Das Hawala-Finanzsystem in Deutschland - ein Fall für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung?: Eine Untersuchung unter Einbeziehung aufsichtsrechtlicher und anderer gesetzlicher Rahmenbedingungen [1 ed.] 9783428528806, 9783428128808

Wie sollte die Politik auf die Geldwäschebekämpfungsproblematik des Hawala-Systems reagieren? Hawala ist ein fast 1200 J

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Das Hawala-Finanzsystem in Deutschland - ein Fall für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung?: Eine Untersuchung unter Einbeziehung aufsichtsrechtlicher und anderer gesetzlicher Rahmenbedingungen [1 ed.]
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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 221

Das Hawala-Finanzsystem in Deutschland – ein Fall für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung? Von Silke Warius

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

SILKE WARIUS

Das Hawala-Finanzsystem in Deutschland – ein Fall für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung?

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 221

Das Hawala-Finanzsystem in Deutschland – ein Fall für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung? Eine Untersuchung unter Einbeziehung aufsichtsrechtlicher und anderer gesetzlicher Rahmenbedingungen

Von Silke Warius

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Bremen hat diese Arbeit im Wintersemester 2007/2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-12880-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinem Mann und meinen Eltern

Vorwort Diese Arbeit lag im Wintersemester 2007/2008 der Juristischen Fakultät der Universität Bremen als Dissertation vor. Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Felix Herzog für das große Interesse an meinem Untersuchungsthema und für die engagierte Betreuung und Förderung der Arbeit. Ebenfalls möchte ich Herrn Prof. Dr. Gralf-Peter Calliess für die Erstellung des Zweitgutachtens danken sowie ferner den Mitarbeitern des Lehrstuhls von Herrn Prof. Dr. Herzog, an dem ich in der Zeit der Erstellung der Arbeit tätig war, und all jenen, die dazu beigetragen haben, dass ich heute auf meine Bremer Zeit mit wunderschönen Erinnerungen zurückblicke. Bedanken möchte ich mich auch bei den Teilnehmern des Bremer Doktorandenkolloquiums im Strafrecht sowie den Mitgliedern des Bremer Instituts für Kriminalpolitik (BRIK), die mit ihren Anregungen und Diskussionen zum Erfolg dieser Arbeit beigetragen haben. Schließlich bedanke ich mich ganz besonders bei meiner Familie und meinem lieben Mann Dipl. Informatiker Frank Warius, der mir in der Zeit der Erstellung der Arbeit stets mit großer Geduld und unendlich viel Verständnis zur Seite stand und der mit seinen Anregungen und Diskussionen maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen hat. Bad Bramstedt, im Februar 2009

Silke Warius

Inhaltsverzeichnis Teil 1 Einleitung und Problemaufriss A. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

Teil 2 Alternative Überweisungssysteme A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Alternative Überweisungssysteme, Schattenbanken und Underground Banking – eine begriffliche Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Underground-Banking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wertetransfers aus dem Untergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Alternative Transfersysteme als Banken im Sinne des KWG? . . . . . . 2. Alternative Überweisungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Alternative Überweisungssysteme im historischen Kontext zum herkömmlichen Bankensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Wertetransfer über Alternative Überweisungssysteme als Sinnbild der „klassischen“ Banküberweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Betrachtung der Transfersysteme nach Arten und verwendeten Methoden . . III. Zusammenfassung und Begriffsbestimmung für die Untersuchung . . . . . . .

33 34 35 35 36 38 38 40 40 42

C. Abgrenzung und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorüberlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unterscheidung von grenzüberschreitenden Zahlungen nach Auftraggeber und Empfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Geldtransfermechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Betrachtung der Ausgangslage bei Auftraggeber und Empfänger . . . . . . 2. Berücksichtigung verschiedener Serviceaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Geldtransferakteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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D. Vorstellung verschiedener Geldtransferakteure und -systeme . . . . . . . . . . . . . . . . I. Formelle Geldtransferakteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 1. Das „klassische“ Bankensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Arten des Geldtransfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Funktionsweise/Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Dauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Money Remittance Agencies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Funktionsweise und Kostenaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mikrofinanzinstitutionen (MFI’s) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wechselstuben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Islamic Banking und Islamic Finance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Halbformelle Geldtransferakteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arten halbformeller Geldtransferakteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Informelle Geldtransferakteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hawala/Hundi Banking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schwarzmarkt-Peso-Tausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Chinesisch-ostasiatische Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Fei-ch’ien-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Chit-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Chop-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53 53 54 56 58 59 60 62 63 68 68 72 73 74 75 75 77 78 79 80 81

E. Analyse der Gemeinsamkeiten und Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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F. Ursachen für die Ausdehnung der alternativen Überweisungssysteme . . . . . . . . I. Historische/kulturelle Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schwächen der formellen Bankensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Globalisierungsprozess und Migrationsbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Illegale Marktaktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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G. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Teil 3 Das Hawala-Finanzsystem A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Das Hawala-Finanzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 I. Ursprünge und Historie des Hawala-Finanzsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 1. Klärung des Begriffs Hawala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 2. Das Rechtsinstitut hawala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 II. Moderne Ausprägung des Hawala-Finanzsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Die Grundprinzipien des Hawala-Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Das „System der zwei Töpfe“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

Inhaltsverzeichnis b) Parallelen zum „Netting“ von Forderungen sowie Möglichkeiten der Verrechnung im Hawala-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regularien im Hawala-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertrauensbasierte Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Regeln der Scharia als überstaatliche Regulation . . . . . . . . . . . . . 3. Nutzen/Gewinn der Hawaladare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Buchführung im Hawala-Finanzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtliche Einordnung des Hawala-Finanzsystems in Deutschland . . . . . . . . . . I. Betreiben von Bankengeschäften ohne Banklizenz, § 54 KWG . . . . . . . . . . 1. Der tatbestandliche Umfang des Finanztransfergeschäfts i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Finanztransfergeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewerbsmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen für das Erteilen einer Erlaubnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anfangskapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zuverlässigkeit von Antragsteller und Geschäftsleiter . . . . . . . . . . . . . c) Vier-Augen-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Organisatorische Vorkehrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Sicherstellung einer wirksamen Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Laufende Aufsicht nach Maßgabe des KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anzeige-, Melde- und Dokumentationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 25a KWG i.V. m. MaRisk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 25b KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verordnung (EG) Nr. 1781/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers (EU-GeldtransferVO) . . . . . . . . . . . III. Vorschriften des GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Identifizierungspflicht nach § 2 GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verlautbarung des BAKred vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Identifizierung im Sinne von § 1 Abs. 5 GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Identifizierung in Verdachtsfällen nach § 6 GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten nach § 8 GwG, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten nach § 9 GwG sowie die Anzeige von Verdachtsfällen nach § 11 GwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Interne Sicherungsmaßnahmen im Sinne von § 14 GwG . . . . . . . . . . . . . IV. Ergänzende Vorschriften für Kreditinstitute, §§ 340 ff. HGB . . . . . . . . . . . . 1. Jahresabschluss und Lagebericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Steuerrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis 1. Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach §§ 140, 141 AO . . . . 2. Mitteilungen zur Bekämpfung der Geldwäsche, § 31b AO . . . . . . . . . . . 3. Grundsatz der Kontenwahrheit, § 154 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Vorschriften des Außenwirtschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Meldevorschriften gemäß § 26 AWG i.V. m. §§ 59 ff. AWV . . . . . . . . . . 2. Verordnungen und Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften im Sinne von § 34 Abs. 4 AWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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D. Ausgewählte Rechtsprechung und Verdachtsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Geldwäsche und Organisierte Kriminalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Terrorismusfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verstoß gegen das Kreditwesengesetz und Umgehung von Devisenrestriktionen zur Eindämmung von Kapitalflucht für den regulierten Auslandszahlungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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E. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

Teil 4 Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 B. Geldwäsche im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Begriff der Geldwäsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Phasen der Geldwäsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Phase 1 „Placement“ (Platzierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Phase 2 „Layering“ (Verschleierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Phase 3 „Integration“ (Legalisierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Erscheinungsformen der Geldwäsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Techniken der Geldwäsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Geldwäsche über Bartransaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Transaktionen über das Finanzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Geldwäsche über den Warenhandel und sonstige Gewerbezweige . . d) Geldwäsche mittels Scheinfirmen und Offshore-Banken . . . . . . . . . . e) Sonstige Erscheinungsformen der Geldwäsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grenzüberschreitender Bargeldtransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Trusts und Stiftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Immobilien, Anlage- und Wertpapierbereich, Gold- und Diamantenmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Umsatzsteuerkarusselle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Virtuelle Welten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Rolle verschiedener Wirtschaftsbereiche im Geldwäscheprozess . .

195 196 200 201 202 203 204 205 205 206 206 208 210 210 211 213 213 214 215

Inhaltsverzeichnis

13

a) (Spezial-)Kreditinstitute und Finanztransferdienstleister im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zahlungsverkehrsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Tafelgeschäfte und Terminbörsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Korrespondenzbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Online-Banking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Moderne Zahlungs- und Kommunikationsmedien . . . . . . . . . bb) Money Remittance Agencies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Alternative Überweisungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nichtbankensektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wechselstuben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Versicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Spielbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Geldwäsche durch bestimmte Personen- oder Berufsgruppen . . IV. Ziele und Methoden der Geldwäschebekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

216 216 216 217 217 219 220 222 223 223 223 224 225 226 229

C. Supra- und internationale Rechtsquellen und Vorgaben zur Geldwäschebekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. „Recommendation“ des Europarats, „Statement of Principles“ der BIZ, 40 Empfehlungen der FATF und „Wolfsberg-Principles“ . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das „Statement of Principles“ der BIZ (1988) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die 40 Empfehlungen der FATF (1990) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die „Wolfsberg-Principles“ (2000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtliche Bindungswirkung der Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. UN-Drogenhandelskonvention, Europaratskonventionen und UN-Terrorismusfinanzierungskonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wiener Drogenkonvention vom 19. Dezember 1988 . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übereinkommen des Europarates vom 8. November 1990 . . . . . . . . . . . . 3. Europaratskonvention vom 16.5.2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. UN-Terrorismusfinanzierungskonvention (1999) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die EU-Geldwäscherichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. 1. EG-Geldwäscherichtlinie (1991) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. 2. EG-Geldwäscherichtlinie (2001) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. 3. EG-Geldwäscherichtlinie (2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Durchführungsbestimmungen für die 3. EG-Geldwäscherichtlinie . . . . . IV. EG-Verordnung über die Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden (2005) . . . . . . . . .

231 232 232 233 234 234 235 235 236 236 237 237 237 238 239 242 243

D. Rahmenbedingungen der Geldwäschebekämpfung in Deutschland . . . . . . . . . . . 244 I. Der Straftatbestand der Geldwäsche, § 261 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 1. Gesetzeshistorie und Zielrichtung des Tatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

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Inhaltsverzeichnis 2. Der Tatbestand des § 261 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Tatobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vortaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeine Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vortatenkatalog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) „Herrühren“ aus der Vortat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tathandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das Verbergen, Verschleiern der Herkunft sowie die weiteren Handlungsalternativen nach § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB . . . . . . . bb) Das Sichverschaffen, Verwahren oder Verwenden nach § 261 Abs. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Strafloser Vorerwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Strafrahmen des § 261 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Versuchsstrafbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Tätige Reue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einziehung und Verfall als Zugriffe auf inkriminierte Vermögenswerte, §§ 73 ff. StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Geldwäschegesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzeshistorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Pflichtenkatalog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sanktionsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Geldwäscheregelungen in anderen Gesetzen und untergesetzlichen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kreditwesengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 6a KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Automatisierter Abruf von Kontoinformationen, § 24c KWG . . . . . . c) Besondere organisatorische Pflichten, § 25a und § 25b KWG . . . . . 2. Abgabenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zollverwaltungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rundschreiben und Verlautbarungen der Bankenaufsicht . . . . . . . . . . . . .

263 263 263 264 266 266 268 270

E. Die Problematik der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem . . . . . . I. Vorüberlegung und Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geldwäsche im Hawala-Finanzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rolle des Hawala-Finanzsystems im Geldwäscheprozess . . . . . . . . . 2. Geldwäschehandlungen im Hawala-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

272 272 273 273 278

245 245 246 246 246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 256 259 259 260 260 260 261 262

Inhaltsverzeichnis

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III. Geldwäschebekämpfung im Hawala-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Lizenzierung und laufende Aufsicht als Maßnahmen in der Geldwäschebekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zur Problematik des „Erkennens“ illegaler Anbieter oder Schnittstellen zwischen Hawala-Finanzsystem und legalem Bankgeschäft . . . . . . . . . . . 3. Erkennen von kriminellem Missbrauch alternativer Überweisungssysteme durch die Anbieter von Geldtransfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

280

F. Auseinandersetzung mit dem Gefahrenpotential des Hawala-Finanzsystems . . I. Externe Einflüsse von Medien, Kriminalpolitik und Finanzwirtschaft auf Darstellung und Sichtweise des Hawala-Finanzsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Labeling-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Labeling-Approach in der Kriminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Kriminalisierungstheorien des Labeling-Approach . . . . . . . . . . . . aa) Individualisierende Labeling-Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Kriminalität als Ergebnis eines Zuschreibungsprozesses . . . (2) Prämissen der individualisierenden Labeling-Ansätze . . . . . bb) Gesellschaftstheoretisch orientierte Labeling-Ansätze . . . . . . . . . 2. Zur Übertragbarkeit des Labeling-Approach auf das Hawala-Finanzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausgangssituation und Phänomenologie im Hawala-Finanzsystem . . b) Übertragung der Prämissen des Labeling-Approach auf die Situation im Hawala-Finanzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schlussfolgerungen aus den Etikettierungstheorien für präventive und kriminalpolitische Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kritische Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

280 282 286 287 288 294 295 295 297 299 299 299 300 300 300 301 303 304

G. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306

Teil 5 Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 B. Verfolgung und Integration als Strategien der sozialen Kontrolle . . . . . . . . . . . . I. Soziale Kontrolle und strafrechtliche Sozialkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Strategien zur Beherrschung sozial unerwünschten Verhaltens . . . . . . . III. Die Ausschöpfung aller Mittel einer präventiven Gefahrenkontrolle – eine Nutzen-Risikoabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

310 310 311 312

C. Kritische Auseinandersetzung mit bestehenden Ansätzen zur Lösung der Geldwäschebekämpfungsproblematik im Bereich des Hawala-Finanzsystems . . 316 I. Grundsätzlich vertretene Strategien im Umgang mit Hawala . . . . . . . . . . . . 316

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Inhaltsverzeichnis 1. Lizenzierung oder Registrierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbesserung des Instrumentariums zur Ermittlung und Strafverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verbesserung der Ausgangssituation im regulierten Banksektor . . . . . . . II. Derzeit praktizierte Vorgehensweisen und Ausblick in die Zukunft . . . . . . . 1. Umgang mit dem Phänomen Hawala in einzelnen Staaten . . . . . . . . . . . a) Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Indien und Pakistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Afghanistan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Saudi Arabien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Vereinigte Arabische Emirate (VAE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Internationale Koordination und Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Internationale Hawala-Konferenzen in den Vereinigten Arabischen Emiraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Weltbank und International Monetary Fund (IMF) . . . . . . . . . . . . . . . c) Maßnahmen der FATF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) 40 Recommendations . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) 9 Special Recommendations . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ansatz der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) EG-Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt . . . . . . . . . (1) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zulassungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ausnahmeregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Sonstige Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) 3. EG-Geldwäscherichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kritische Würdigung der Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D. Eigener Ansatz zur Regulierung der Hawala-Netzwerke in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundsätzliche Überlegungen zu einem problemangemessenen Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetze und Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . 2. Festlegung von Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Konkretisierung des eigenen Lösungsansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schaffung erleichterter Zugangsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriffsbestimmung des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes mit Registrierpflicht statt Lizenzierung und laufender Aufsicht . . . . . . . . b) Mitgliedschaft bei einem nationalen Verbund/Verband . . . . . . . . . . . .

317 319 320 321 322 322 323 324 326 327 328 333 334 336 337 338 339 342 343 344 345 347 349 350 351 354 356 356 356 356 358 359 360 361 362 363

Inhaltsverzeichnis

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aa) Das Genossenschaftsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Aufgaben des Verbandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Überwachung und Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Hinterlegung einer Sicherungssumme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bildung eines Sicherungsfonds zur Absicherung besonderer Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Im „einfachen“ Finanztransfergeschäft tätige Dienstleister/Hawaladare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Persönliche Eignung und zu erbringende Nachweise . . . . . . . . . . bb) Registrierungs- bzw. Antragsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Laufender Betrieb ohne Berücksichtigung von Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausgestaltung der Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung im legalisierten Hawala-Finanzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Identifikation und Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Meldewesen und Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zum Erfordernis der Schaffung eines entsprechenden nebenstrafrechtlichen Instrumentariums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorgehensweise bei Hawaladaren, welche die für das „einfache“ Finanztransfergeschäft festgelegten Grenzen überschreiten . . . . . . . . . . . . . III. Kritische Überprüfung des Lösungsansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tauglichkeitserwägungen zum Problemlösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zur Erfüllbarkeit der Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ansprache der Hawaladare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konformität des Ansatzes mit supranationalem und internationalem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Registrierung und Finanzaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

364 365 366 367 368 370 370 372 373 375 376 377 378 379 379 379 380 381 383 383 387

E. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 Teil 6 Schlussbetrachtung A. Zusammenfassung und Ergebnisse der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 B. Ansätze für Reformen – Empfehlung an den Gesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 Teil 7 Abschlussbemerkung

404

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426

Abkürzungsverzeichnis 1. EU-Geldwäscherichtlinie/1. EGGeldwäscherichtlinie 2. EU-Geldwäscherichtlinie/2. EGGeldwäscherichtlinie 3. EU-Geldwäscherichtlinie/3. EGGeldwäscherichtlinie ABl. EG (Nr.) Abs. Abschn. ACA AEAO AG AktG Alt. AML AO APG ARS Art. AT AufenthG AufenthV Aufl. Ausg. AuslG AWG AWV Az. BaFin BAKred BAnz.

Richtlinie 91/308/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 10.06.1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zweck der Geldwäsche Richtlinie 2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union vom 04.12.2001 zur Änderung der Richtlinie 91/308/EWG Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Absatz, auch bezeichnet mit einer römischen Zahl Abschnitt American Countertrade Association Anwendungserlass zur Abgabenordnung Amtsgericht, Aktiengesellschaft, Ausführungsgesetz Aktiengesetz Alternative Anti Money Laundering Abgabenordnung in der Fassung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866) Asia/Pacific Group in Money Laundering Alternative Remittance System Artikel Österreich/Allgemeiner Teil Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz) Aufenthaltsverordnung Auflage Ausgabe Gesetz über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet (Ausländergesetz) Außenwirtschaftsgesetz Außenwirtschaftsverordnung Aktenzeichen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Bundesanzeiger

Abkürzungsverzeichnis BAV BAWe BayObLG Bd. BFH BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ BGV C 9

BIC BilReG BIZ BKA BKR BMF BMI AT BMJ BMWi BörsG BSP BstatG BStBl. BT-Drucks./BT-Drs. BTR BVerfG bzw. ca. CpD-Konto d.h. DM DSW EBA ECU EDV EFTA EG

19

Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel Bayerisches Oberstes Landesgericht Band Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt (Teil, Seite) Bundesgerichtshof Entscheidungen des BGH in Strafsachen (zitiert nach Band und Seite) Entscheidungen des BGH in Zivilsachen (zitiert nach Band und Seite) Unfallverhütungsvorschrift Kassen des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 1. Oktober 1988 in der Fassung vom 1. Januar 1997 Bank Identifier Code Bilanzrechtsreformgesetz Bank für internationalen Zahlungsausgleich Bundeskriminalamt Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesministerium der Finanzen Bundesministerium des Inneren Österreich Bundesministerium der Justiz Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Börsengesetz Bruttosozialprodukt Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke Bundessteuerblatt (zitiert nach Jahr und Seite) Bundestags-Drucksache (Wahlperiode/Nummer) MaRisk: Besonderer Teil (Risiken) Bundesverfassungsgericht beziehungsweise circa, zirka Conto pro diverse das heißt Deutsche Mark Deutsche Stiftung Weltbevölkerung Euro Banking Association European Currency Unit Elektronische Datenverarbeitung European Free Trade Association Europäische Gemeinschaft

20 EGV

ELMI EMZ engl. EStG etc. EU EU-GeldtransferVO

EUR Europaratsübereinkommen von 1990 EUV EuZW EWR EWWU EZB f. FATF FAZ FBI FEMA FERA ff. FinDAG FIU FS gem. GewAufspG GewO GG GmbH GmbHG GoB GwG GwHdb

Abkürzungsverzeichnis Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 25.3.1957 i. d. F. des Vertrages über die Europäische Union vom 7.2.1992 Electronic-Money-Institution Elektronischer Massenzahlungsverkehr englisch Einkommensteuergesetz et cetera (lat.) = und so weiter Europäische Union Verordnung (EG) Nr. 1781/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers Euro Übereinkommen des Europarates vom 08.11.1990 über Geldwäsche sowie Ermittlung Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten (ETS 141) Vertrag vom 7.2.1992 über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum Europäische Wirtschafts- und Währungsunion Europäische Zentralbank folgende/für Financial Action Task Force on Money Laundering Frankfurter Allgemeine Zeitung Federal Bureau of Investigation Foreign Exchange Management Act Foreign Exchange Regulation Act fortfolgende Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Financial Intelligence Unit Festschrift gemäß Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Gewinnaufspürungsgesetz) Gewerbeordnung Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten – Geldwäschegesetz – vom 25.10.1993 Geldwäschehandbuch

Abkürzungsverzeichnis HBCI HGB h. M. HRRS Hrsg. HTML http HWSt IAS IASB IBAN i. d. F. i. d. R. IFRS IGS IMF Inc. INR Interpol IPI IRFA IRNet i. S. d. ISP i. S. v. IT i.V. m. IVTS IWF JZ Kfz KritV KWG KYC LG MaBV MAH MaIR

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Home Banking Computer Interface Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Höchstrichterliche Rechtsprechung Strafrecht – Internetzeitschrift, hrsg. Gerhard Strate Herausgeber Hypertext Markup Language Hyper Text Transfer Protocol Handbuch Wirtschaftsstrafrecht International Accounting Standards International Accounting Standards Board International Bank Account Number in der Fassung (der Bekanntmachung) in der Regel International Financial Reporting Standards Informelle Geldüberweisungssysteme International Monetary Fund Incorporated Indische Rupie Internationale kriminalpolizeiliche Organisation International Payment Instruction International Review of Financial Analysis International Remittance Network im Sinne des/der Internet Service Provider im Sinne von Information Technology in Verbindung mit Informal Value Transfer Systems Internationaler Währungsfonds Juristenzeitung (Zeitschrift, zitiert nach Jahr und Seite) Kraftfahrzeug Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG) „Know-Your-Customer“ Prinzip Landgericht Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehens- und Anlagevermittler, Bauträger und Baubetreuer Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften Mindestanforderungen an die Ausgestaltung der internen Revision

22 MaK MaRisk MFI Mio. MN MonAwV Mrd. MschrKrim MTCN MüKo m.w. N. NCCT NCCUSL n. Chr. NJ NJW NK No. Nr. NRO NStZ NVwZ Oct. OECD OLG OrgKG o.V. OWi p.a. PassG PAuswG PDF PEP PIN PKS Rdnr./Rn.

Abkürzungsverzeichnis Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft Mindestanforderungen an das Risikomanagement Mikrofinanzinstitution/Monetäre Finanzinstitute Millionen Minnesota Monatsausweisverordnung Milliarden Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform (zitiert nach Jahr und Seite) Money Transfer Control Number Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, München 2003 mit weiteren Nachweisen Non-cooperative Territories and Countries National Conference of Commissioners on Uniform State Laws nach Christus Neue Justiz (zitiert nach Jahr und Seite) Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift, zitiert nach Jahr und Seite) Nomos Kommentar Number Nummer Nichtregierungsorganisation Neue Zeitschrift für Strafrecht (Zeitschrift, zitiert nach Jahr und Seite) Das Bankarchiv. Zeitschrift für das gesamte Bank- und Börsenwesen October Organisation for Economic Cooperation and Development Oberlandesgericht Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität ohne Verfasser Ordnungswidrigkeit per anno Passgesetz Gesetz über Personalausweise Portable Document Format Politically Exposed Person Persönliche Identifikationsnummer Polizeiliche Kriminalstatistik Randnummer

Abkürzungsverzeichnis RechKredV RegE s. S. Sec. SEPA SGB s. o. sog. SolvV StA StGB StPO StV S.W.I.F.T. TAN TARGET Taz u. a. u. ä. Überbl. Übers. UK UMSA UN UNODC UPI URL Urt. USA USD v. VAE/UAE VAG VBG VG VGH

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Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute Regierungsentwurf siehe Seite/Satz Section Single Euro Payments Area Sozialgesetzbuch siehe oben so genannte (s/r) Solvabilitätsverordnung Staatsanwaltschaft oder Staatsanwalt Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.11.1998 (BGBl. I S. 3322) Strafprozessordnung Strafverteidiger, Juristische Fachzeitschrift (zitiert nach Jahr und Seite) Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication Transaktionsnummer Transeuropean Automated Real-time Gross-Settlement Express Transfer Die Tageszeitung unter anderem/und andere und ähnliche (s) Überblick Übersetzer United Kingdom Uniform Money Services Act United Nations United Nations Office on Drugs and Crimes United Press International Uniform Resource Locator Urteil Vereinigte Staaten von Amerika United States Dollar von/vom Vereinigte Arabische Emirate Gesetz über die Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz) Verwaltungsberufsgenossenschaft Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof

24 vgl. VN VO Vol. Vor./Vorb. VwGO Wiener Drogenkonvention wistra WM WOCCU WODC WpHG WpÜG WWW z. B. Ziff. ZIS ZKA ZollVG ZRP ZStR z. T.

Abkürzungsverzeichnis vergleiche Vereinte Nationen Verordnung Volume Vorbemerkung Verwaltungsgerichtsordnung Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20.12.1998 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen (auch so genanntes „Wiener Übereinkommen“) Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Wertpapiermitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (Zeitschrift, zitiert nach Jahr und Seite) World Council of Credit Unions Wetenschappelijk Onderzoek- en Documentatiecentrum Wertpapierhandelsgesetz Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz World Wide Web zum Beispiel Ziffer Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik Zentraler Kreditausschuss/Zollkriminalamt Zollverwaltungsgesetz Zeitschrift für Rechtspolitik (zitiert nach Jahr und Seite) Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht (zitiert nach Jahr, Band und Seite) zum Teil

Teil 1

Einleitung und Problemaufriss A. Problemstellung Kreditinstitute sowie Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG stellen wichtige Intermediäre bei der Abwicklung von Transaktionen im Geldkreislauf im Allgemeinen sowie von Zahlungsverkehrsleistungen im Besonderen dar1. Aber auch neben dem lizenzierten und in Deutschland von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigten Finanzsystem gibt es weltweit eine Reihe von Anbietern, die Zahlungsverkehrsleistungen für Wirtschaftsteilnehmer durchführen, ohne hierfür eine explizite Erlaubnis zu besitzen2. Das wohl gebräuchlichste dieser im unregulierten Bereich operierenden Zahlungssysteme ist ein fast 1200 Jahre altes System, welches seine Wurzeln in der frühmittelalterlichen Handelsgesellschaft des Vorderen und Mittleren Orients hat3 und in der internationalen Diskussion gewöhnlich als „Hawala-Banking“ 4 bezeichnet wird. Das Wort Hawala bezeichnet im modernen Sprachgebrauch den Transfer von Geld oder Nachrichten zwischen zwei Personen, die sich hierfür einer dritten Person bedienen5. Transaktionen über das Hawala-Finanzsystem etwa laufen dabei über so genannte Hawaladare, die oftmals Händler oder Inhaber kleinerer Geschäfte für Lebensmittel, Altwaren oder auch Juwelen sind und die diesen Geldverkehr ne1

Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 11. Vgl. BAKred, Jahresbericht 2000, Kapitel V, S. 130. Im Jahr 2002 ermittelte die BaFin in 120 Verwaltungsverfahren gegen Unternehmen, die illegal, d. h. ohne Erlaubnis, solche grenzüberschreitenden Transferdienstleistungen anboten und durchführten. Im Jahr 2003 wurden weitere 210 Verfahren eröffnet. 3 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 4. 4 Der aus dem Arabischen stammende Begriff Hawala, manchmal auch als Hawallah bezeichnet, lässt sich mit Zahlungsanweisung oder Schuldüberweisung übersetzen, hat aber in Hindi auch die Bedeutung Vertrauen, Transfer. Hawala-Banking ist in dieser oder ähnlicher Form auch unter der Bezeichnung Hundi (Pakistan), Fei’Chien/ chop-chop (China), Chiti (Asien) und Stash House/Kolumbianisches System (Lateinamerika, USA) geläufig. 5 Interpol, The hawala alternative remittance system and its role in money laundering, Lyon, January 2000. 2

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Teil 1: Einleitung und Problemaufriss

ben dem normalen Geschäftsablauf in ihren Läden betreiben. Der Auftraggeber gibt den zu transferierenden Geldbetrag bei einem Hawaladar ab, der dann per Telefon oder Fax Kontakt mit einem Partner am Bestimmungsort des Geldes aufnimmt. Dieser soll dem Empfänger eine entsprechende Summe in der jeweiligen Landeswährung auszahlen. Da bei diesem System Gelder in der Regel auch in entgegengesetzter Richtung fließen, müssen lediglich die Differenzen ausgeglichen werden, das Geld wechselt materiell nicht den Ort6. In den Fokus der Öffentlichkeit gerückt wurde dieses mitunter auch als „Underground Banking“ 7 oder „Parallel Banking“ 8 bezeichnete Finanztransferverfahren vor allem durch die Diskussion über die Finanzierung des Terrorismus, welche auf die Anschläge des 11. September 2001 folgte. Das Hawala-Finanzsystem ist in den meisten Ländern der Welt illegal9. Dennoch haben die im Rahmen des Hawala-Finanzsystems bewegten Gelder trotz Verboten Volumina erreicht, die z. T. sogar deutlich über den im formalen Bankensektor realisierten Transaktionsvolumina liegen10. Etwa 300 Millionen Menschen weltweit nutzen dieses System. Zwischen den bedeutenden islamischen Ländern Iran, Pakistan, Afghanistan und den Ländern der arabischen Halbinsel sind in den letzen Jahren rund dreißig Milliarden US-Dollar über Hawala-Netzwerke bewegt worden11. Weltweit werden innerhalb des Hawala-Systems nach Schätzungen nationaler und supranationaler Organisationen ohne rechtsstaatliche Kontrolle der Geldbewegungen jährlich ca. 200 Mrd. US-Dollar verschoben12. Da das Hawala-Finanzsystem ausschließlich auf dem Vertrauen der Teilnehmer und dem Gewohnheitsrecht basiert, gibt es in der Regel keine Aufzeichnungen über die Transaktionen. Somit ist eine Rückverfolgung der so genannten 6 Vgl. etwa die Beispiele bei Herzog/Warius, Die verborgenen Wege des Geldes, in: Impulse aus der Forschung (Universität Bremen) 01/2006, S. 34. 7 BMF, Monatsbericht 10/2004, Underground Banking, S. 77; FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 4. 8 BMF, Monatsbericht 10/2004, Underground Banking, S. 77; FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 4. 9 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 10; BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking, S. 77, 78. Die Teilnahme am internationalen Zahlungsverkehr ist in vielen EU-Ländern nur Banken vorbehalten. Wer das Finanztransfergeschäft durchführen möchte, benötigt in Deutschland eine Erlaubnis des BaFin. 10 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 11; Nach Schätzungen des pakistanischen Finanzministers Shaukat Aziz gingen von 6 Milliarden Dollar, die im Jahre 2000 nach Pakistan transferiert wurden, lediglich 1,2 Milliarden Dollar über das reguläre Bankensystem seines Landes. 11 o.V., Im Untergrund verirrt, in: Spiegel-Online vom 5.11.2001. 12 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking, S. 78.

A. Problemstellung

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„paper trails“, durch die beispielsweise die inneren organisationellen Strukturen der organisierten Kriminalität aufgedeckt werden sollen13, kaum möglich. Auch die „know-your-customer“ Politik, die einen Mittelpunkt der Geldwäschebekämpfung ausmacht, und die durch die Feststellung der Kundenidentität bzw. des wirtschaftlich Berechtigten einer Transaktion, wie die fortlaufende Überwachung von Konten und Transaktionen erhöhte Transparenz im Geldtransfersektor gewährleisten soll, geht hier fehl. Nicht zuletzt aufgrund dieser besonderen Strukturen wird häufig vermutet, dass die Geldflüsse über die so genannten alternativen Überweisungssysteme einen großen Anteil an den Geldwäscheaktivitäten in der Welt ausmachen. So definiert beispielsweise Interpol 14 Hawala als ein alternatives Überweisungssystem, dass sich aufgrund seiner Strukturen hervorragend für die Geldwäsche eignet. Auch die Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF)15 hat in Typologiearbeiten und anderen durchgeführten Untersuchungen mehrfach auf die äußerst bedeutsame Rolle hingewiesen, die die alternativen Überweisungssysteme als Hilfsmittel der Geldwäsche zu spielen scheinen16. Das Hawala-Finanzsystem wird ebenfalls in Zusammenhang mit einer Reihe weiterer krimineller Phänomene gebracht. Insbesondere seit den Anschlägen vom 11.09.2001 in New York wird gemutmaßt, dass Terroristen sich das System zu Nutze machen17. So bezeichnete das amerikanische TIME Magazine Hawala als „ein für Terroristen geschaffenes Banksystem“ 18. Ein Vergleich der jährlich über Hawala-Netzwerke bewegten Beträge mit den 200.000 US-Dollar, die nach Schätzungen für die Vorbereitung und Durchführung der terroristischen Anschläge in New York und Washington aufgewendet werden mussten19,

13 Kilchling, Die vermögensbezogene Bekämpfung der organisierten Kriminalität, wistra 2000, 241, 242. 14 Interpol, the hawala system, Abschnitt 7 „how is hawala used to launder money?“ 15 Die „Financial Action Task Force on Money Laundering“ (FATF) wurde im Jahr 1989 gegründet und ist das wichtigste internationale Gremium zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. Sie setzt Standards zur Bekämpfung der Geldwäsche, fördert die weltweite Verbreitung der Standards und überwacht die Umsetzung in den Mitgliedsstaaten. Das 33 Mitglieder umfassende Gremium ist der OECD in Paris angegliedert. 16 FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005, S. 3. 17 Schily, WM 2003, 1249, 1252. 18 Ganguli, A Banking System Built for Terrorism, in: TIME Magazine, Artikel vom 05.10.2001. 19 Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Auf der Suche nach Bin Ladens Geld, Artikel vom 26.09.2001, S. 1–2. Nach Ansicht von Terrorismusexperten des FBI ist dies die Summe, die im Verlauf bei Einreise, Aufenthalt und Flugausbildung der Terroristen maximal angefallen sein dürfte.

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Teil 1: Einleitung und Problemaufriss

macht deutlich, dass Hawala-Netzwerke die für die Finanzierung des internationalen Terrorismus benötigten Gelder ohne Probleme bewegen können20. Andererseits ist das Hawala-Finanzsystem historisch gesehen eines der sichersten Systeme, um Geld zu transferieren und erfüllt wichtige ökonomische Funktionen. Vermutungen gehen dahin, dass die Zahl der illegalen Nutznießer des Hawala-Systems gemessen an den Millionen Normalbenutzern zu vernachlässigen sein dürfte21. Es stellt sich somit die Frage, ob dem Hawala-Finanzsystem – vielleicht auch aufgrund seiner durch besondere Strukturen und ethnische Besonderheiten bedingten Eignung – eine bedeutsamere Rolle in Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zugedacht wird, als dieses tatsächlich spielt. Hinter der oftmals kritischen Haltung gegenüber dem Hawala-Finanzsystem könnten auch anders motivierte Gründe stehen: So stellt das von Interpol 22 als kostengünstig, effektiv, vertrauensvoll und völlig unbürokratisch bezeichnete Finanzsystem für Banken und Finanzdienstleister aus aller Welt eine außerordentliche Konkurrenz im nicht regulierten Bereich dar, das mit seinen Transaktionen schnell und sicher selbst entlegene Gebiete der Erde, in denen keine Bankenstruktur vorhanden ist, erreichen kann. Zum Phänomen der Schattenbanken bzw. des so genannten „UndergroundBanking“ existieren viele populärwissenschaftliche Schriften23. Auch historische, politikwissenschaftliche und volkswirtschaftliche Arbeiten sowie Verlautbarungen öffentlicher Stellen sind bereits zu dieser Thematik erschienen24, eine grundlegende juristische Forschung hat sich jedoch trotz der bereits länger an20 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 11. 21 Hackensberger, Das Banksystem der Armen. 22 Interpol, The hawala alternative remittance system and its role in money laundering, Lyon, 2000. 23 Beispielsweise Vaknin, Hawala, or the Bank that never was, in: United Press International, 17. September 2001; Ganguli, A Banking System Built for Terrorism, in: TIME Magazine, Artikel vom 05.10.2001; Kaiser, Einmal Cayman und zurück., in: Die Zeit, Art. v. 18.11.2004; Der Spiegel, Besitzt Bin Laden Schattenbanken in den USA?, Art. v. 07.11.2001 – URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,166575, 00.html; CNN, Following the Osama bin Laden money trail, Art. v. 27.09.2001 – URL: http://archives.cnn.com/2001/COMMUNITY/09/27/weschler/; Norton-Tayler, Iraq war has swollen ranks of al-Qaida, in: The Guardian Art. v. 16.10.2003; Pany, Auf der Jagd nach den Schätzen von Terror, Inc., in: Heise Online Art. v. 18.03.2004; Rohwetter, Gesucht: Die Millionen des Terrors – Auf der Jagd nach dem Vermögen von Osama bin Laden, in: Die Zeit, Art. 39/2001. 24 Beispielsweise Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem; Ehrlich, Das Genehmigungsverfahren für Dual-use-Waren im deutschen Exportkontrollrecht; BMF, Monatsbericht 10/ 2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“; FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005; BMI AT, Im Schatten der Banken – „Hawala“: Anonyme Geldüberweisungen auf Ver-

A. Problemstellung

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dauernden Aktualität bisher nicht entwickelt. Bislang gibt es keine grundlegende juristische Aufarbeitung des Phänomens Hawala-Banking und seiner Verknüpfungen. Zwar sind auf internationaler Ebene bereits verschiedene Arbeiten zu den alternativen Überweisungssystemen erschienen. Dabei sind neben den Arbeiten von Passas25, der vor allem die Rolle der alternativen Überweisungssysteme im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche untersucht hat, die Ausarbeitungen und Empfehlungen der Financial Action Task Force26 und des International Monetary Fund27 zu der Problematik von wesentlicher Bedeutung. Auf nationaler Ebene hat aus juristischer Sichtweise bislang vor allem Findeisen28 verschiedene Aspekte im Zusammenhang mit den alternativen Überweisungssystemen hervorgehoben. An umfassenden juristischen Untersuchungen zum Phänomen des Hawala-Finanzsystems unter Berücksichtigung kriminologischer und kriminalpolitischer Fragestellungen und unter Einbeziehung historischer Ursachen sowie aktueller rechtlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen mangelt es bisher jedoch. Auch ist bislang keine grundlegende Aufarbeitung der Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem erfolgt. Hier stellt sich vor allem die Frage nach dem von den Hawala-Netzwerken tatsächlich ausgehenden Gefahrenpotential in Bezug auf den Missbrauch zu Geldwäschezwekken; ferner sind in diesem Kontext Überlegungen zu wirtschaftlichen und anderen Ursachen für die kritische Haltung gegenüber dem Hawala-Finanzsystem relevant. Die mangelnde juristische Forschung auf diesem komplexen Themengebiet ist kaum erklärlich, werden doch immer wieder Zusammenhänge zwischen dem Geldtransfersystem Hawala und kriminellen Phänomenen wie beispielsweise der Geldwäsche29 und der Terrorismusfinanzierung30 sowie Bereichen der organisierten Kriminalität hergestellt. Eine Erklärungsmöglichkeit wäre, dass die altertrauensbasis in „Schattenbanken“ dienen auch der Geldwäsche; FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000. 25 Vgl. insoweit Passas, A Study into Underground banking networks; Passas, Hawala and other informal Value Transfer Systems; Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering. 26 Vgl. hierzu vor allem FATF, Report on Money Laundering Typologies 2002– 2003. 27 Vgl. etwa International Monetary Fund, Regulatory Frameworks for Hawala and Other Remittance Systems. 28 Vgl. insoweit Findeisen, Nationale und internationale Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus; Findeisen, „Underground Banking“ in Deutschland – Schnittstellen zwischen illegalen „Remittance Services“ i. S. v. § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG und dem legalen Bankgeschäft, WM 2000, 2125, 2133. 29 FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005; FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000.

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Teil 1: Einleitung und Problemaufriss

nativen Überweisungssysteme im Unterschied zu anderen Geldtransfersystemen weitgehend im Untergrund arbeiten, so dass eine tief greifende juristische Aufarbeitung des Phänomens kaum möglich erscheint. Auch andere Faktoren, wie kulturelle, sprachliche und ethnische Barrieren31 sowie Schwierigkeiten in der Beweisführung können hierbei eine Rolle spielen. So haben Ermittlungsbehörden, die Verbindungen zu solchen Systemen finden, oftmals Schwierigkeiten, die Geldflüsse zurückzuverfolgen und die erforderlichen finanziellen Verflechtungen festzustellen, die sie zur Beweisführung brauchen. Es ist so fast unmöglich, die legalen Geldflüsse von den illegalen zu trennen. Die fehlende juristische Forschung zu den alternativen Überweisungssystemen kann man daher nur mit der Komplexität und den diesen Transfersystemen innewohnenden systemimmanenten Eigenheiten erklären. Gerade mit Blick auf die Zukunft und die ungebrochene Aktualität vor allem der Geldwäscheproblematik kann eine kritische juristische Forschung Erkenntnisse bieten, welche international auf strafrechtlicher und strafprozessualer sowie politischer und volkswirtschaftlicher Ebene Voraussetzung für angemessene Reaktionen auf das Phänomen der alternativen Überweisungssysteme sind. Außerdem ist eine rationale und kritische Forschung notwendig, um eine Versachlichung der Debatte über den Zusammenhang von Hawala-Banking und Geldwäsche zu erreichen und einer emotional, kriminalpolitisch und wirtschaftlich bedingten Dämonisierung der „Schattenbanken“ entgegenzuwirken.

B. Zielsetzung Diese Arbeit soll dazu beitragen, das juristische Wissen um das Phänomen Hawala-Banking bezüglich seiner Strukturen, Hintergründe und Zusammenhänge zu erweitern. Ziel der nachstehenden Untersuchung ist es, die nicht zuletzt durch die tragischen Ereignisse vom 11.09.2001 verstärkte und größtenteils über populärwissenschaftliche Beiträge geführte Diskussion über die Rolle des Hawala-Finanzsystems im Zusammenhang mit kriminellen Phänomenen wie Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche zu versachlichen. Hierauf aufbauend soll ein Beitrag zur Diskussion um Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung im Bereich des Hawala-Finanzsystems sowie zu Kontrollmöglichkeiten des Systems geleistet werden. So soll eine umfassende juristische Studie über das Hawala-Banking als Teil der alternativen Überweisungssysteme erarbeitet werden. 30 Ganguli, A Banking System Built for Terrorism, in: TIME Magazine, Artikel vom 05.10.2001; Pany, Auf der Jagd nach den Schätzen von Terror, Inc., in: Heise Online, Art. v. 18.03.2004; FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005. 31 Siehe dazu: FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 8.

C. Gang der Untersuchung

31

C. Gang der Untersuchung Zwei grundlegende Fragestellungen sollen forschungsleitend sein und im Fokus des Erkenntnisinteresses stehen: Erstens wird das Hawala-Finanzsystem als Phänomen untersucht. Zweitens sollen Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung im alternativen Transfersystem Hawala sowie Ansätze für Kontrollmöglichkeiten in diesem Bereich erarbeitet werden. Zu diesem Zweck werden die einzelnen Bestandteile des Hawala-Finanzsystems analysiert, um zu einer möglichst genauen und vollständigen Darstellung zu gelangen. Wegen der bereits angedeuteten Besonderheiten von Gegenstand und Ziel der Arbeit hat die vorliegende Untersuchung zunächst vorwiegend deskriptiven Charakter, um dem Leser einen Einblick in den Gegenstand der Untersuchung zu ermöglichen. Systematisch bedingt die Zielsetzung dieser Arbeit nach der unter Teil 1 vorgenommenen Einleitung zum Thema zunächst unter Teil 2 eine allgemeine Darstellung zu den alternativen Überweisungssystemen, die in einen Kontext zu anderen, formellen Geldtransfersystemen gestellt werden sollen. Um vorab eine einheitliche Diskussionsbasis zu erhalten, wird in Teil 2 insbesondere auf die Definitionsproblematik eingegangen. Anschließend werden die Ursachen für die Ausdehnung der alternativen Überweisungssysteme erörtert. In Teil 3 der Arbeit wird sodann das Hawala-Finanzsystem im Einzelnen unter besonderer Berücksichtigung der Historie dieses Systems untersucht. Um eine korrekte Einordnung des Hawala-Finanzsystems in den rechtlichen Kontext zwischen Legalität und Illegalität gewährleisten zu können, und Aussagen zu etwaigen Integrations- und Kontrollmöglichkeiten des Systems im Rahmen der Geldwäschebekämpfung treffen zu können, soll in diesem Rahmen ebenfalls geklärt werden, welche rechtliche Stellung das Hawala-Finanzsystem in Deutschland einnimmt. Anschließend wird ausgewählte Rechtsprechung zum HawalaFinanzsystem in Deutschland dargestellt und analysiert, um abschließend eine Feststellung zu der Frage zu ermöglichen, wie sich die heutige Kriminalisierung des Hawala-Systems darstellt. Es folgt in Teil 4 der Arbeit speziell die Untersuchung der Geldwäscheproblematik im Bereich des Hawala-Finanzsystems. Nach einer Darstellung der gesetzlichen Grundlagen und der inter- und supranationalen, wie auch der nationalen Bemühungen in der straf- und finanzrechtlich orientierten Geldwäschebekämpfung wird der Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Geldwäsche im Allgemeinen und Geldwäschehandlungen über das Hawala-Finanzsystem untersucht, um abschließend eine Aussage über das Gefahrenpotential des HawalaFinanzsystems in Bezug auf den Missbrauch zu Geldwäschezwecken zu ermöglichen und die Frage zu beantworten, inwieweit in diesem Zusammenhang von einer Überregulierung der Hawala-Netzwerke in Deutschland ausgegangen werden kann. Ausgehend von einer Analyse der Ziele und Methoden sowie der bislang praktizierten Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung im legalen Fi-

32

Teil 1: Einleitung und Problemaufriss

nanzdienstleistungsgeschäft soll sodann ebenfalls die Frage der Anwendbarkeit dieser Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen auf das Hawala-Finanzsystem behandelt werden. Nach Abschluss der Untersuchung der Einzelaspekte werden in Teil 5 der Arbeit sodann verschiedene Möglichkeiten zum weiteren aufsichtsrechtlichen Umgang mit dem Hawala-Finanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland einerseits und zu Kontrollmöglichkeiten der Geldwäscheaktivitäten in diesem System andererseits erörtert. Aufbauend auf einem Überblick über Verfolgung und Integration als grundsätzlichen Strategien der sozialen Kontrolle erfolgt zunächst eine kritische Auseinandersetzung mit bestehenden Ansätzen zur Lösung der Geldwäscheproblematik im Bereich des Hawala-Finanzsystems, bevor abschließend unter besonderer Berücksichtigung sowohl aufsichtsrechtlicher Gesichtspunkte als auch von Gesichtspunkten einer wirksamen Geldwäschebekämpfung ein eigener Ansatz zur Lösung der Problematik erarbeitet und einer kritischen Überprüfung unterzogen wird. Die Untersuchung schließt sodann in Teil 6 mit einer zusammenfassenden Darstellung der gewonnenen Erkenntnisse und einer auf den Ergebnissen dieser Untersuchung aufbauenden Empfehlung an den Gesetzgeber und endet mit einer Abschlussbemerkung in Teil 7 der Arbeit. Die in dieser Arbeit zitierte Literatur und Rechtsprechung befinden sich auf dem Stand von August 2007, soweit nichts Abweichendes vermerkt ist.

Teil 2

Alternative Überweisungssysteme A. Einleitung Im folgenden Abschnitt sollen die alternativen Überweisungssysteme, zu denen auch das Hawala-Finanzsystem gehört, näher dargestellt werden. Hierzu wird ein Überblick über ethnische, kulturelle und historische Hintergründe dieser Systeme gegeben. Anhand einer Abgrenzung zu anderen Transfersystemen im formellen, halbformellen und informellen Bereich sollen schließlich die Ursachen für die Nutzung alternativer Überweisungssysteme herausgearbeitet werden. Zum besseren Verständnis erfolgt jedoch zunächst eine fachterminologische Begriffsbestimmung.

B. Begriffsbestimmung Das Hawala-Finanzsystem ist Teil einer Gruppe von vorwiegend im indischen Subkontinent und in China beheimateten Finanztransfersystemen, die sich im Zuge von Einwanderungen und Wirtschaftsglobalisierung auf der ganzen Welt ausbreiteten und die grenzüberschreitende Zahlungen auf nationaler und internationaler Ebene außerhalb der Kanäle des offiziellen Bankensektors durchführen1. Eine international anerkannte Definition für diese in der gesetzlichen Grauzone angesiedelten bzw. je nach Rechtslage in den einzelnen Staaten auch illegalen Transfersysteme gibt es nicht2. Auch die Methoden der Durchführung grenzüberschreitender Zahlungen unterscheiden sich, nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen ökonomischen und rechtlichen Situation in den einzelnen Staaten zum Teil erheblich voneinander3. Um eine einheitliche Diskussionsbasis zu erhalten, soll daher zunächst dargestellt werden, wie der Begriff der alternativen Überweisungssysteme im Rahmen dieser Untersuchung zu verstehen ist.

1

Findeisen, WM 2000, 2125. Schramm/Taube, The Institutional Foundations of Al Qaida’s Global Financial System, S. 7; Findeisen, WM 2000, 2125, 2126. 3 Findeisen, WM 2000, 2125, 2126. 2

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

I. Alternative Überweisungssysteme, Schattenbanken und Underground Banking – eine begriffliche Abgrenzung Die wohl bekanntesten und am meisten verbreiteten alternativen Finanztransfersysteme sind zum einen das im Rahmen dieser Untersuchung näher zu betrachtende Hawala-Finanzsystem, der Schwarzmarkt-Peso-Tausch sowie die so genannten Chinesisch-Ostasiatischen Systeme, wobei hier vor allem das chinesische, ursprünglich im Teehandel verbreitete Fei’Chien System (Fliegendes Geld)4 eine wichtige Rolle spielt. „Informal Banking“ 5, „Unregulated Banking“ 6, „Underground-Banking“ 7, „Alternative-Banking“, „Quasi-Banking“, „Parallel-Banking“, „Informal Value Transfer Systems (IVTS)“ 8 und „Alternative Remittance Services“ 9 bzw. „Alternative Remittance Systems“ sind nur einige der Begriffe, mit denen diese Finanztransfersysteme auf internationaler Ebene bezeichnet werden10. Im deutschsprachigen Raum sind zur Umschreibung dieser meist illegalen Zahlungsverkehrsdienstleister vor allem die Begriffe „Schattenbanksysteme“, „Alternative Überweisungssysteme“ und „Untergrund-Banking“ gebräuchlich11. Bereits die erhebliche Bandbreite an verwendeten Bezeichnungen für Hawala und ähnliche Finanztransfersysteme zeigt die Schwierigkeiten auf, die Systeme in ihrer Vielfalt in einer Definition zu fassen oder zu beschreiben. Vielleicht auch aus diesem Grund wird in der internationalen Diskussion häufig der Begriff „Hawala“ als ein Synonym für verschiedene dieser Systeme verwendet12. Dies kann einerseits aufgrund der Ähnlichkeit der verwendeten Methoden und einer fehlenden einheitlichen Begriffsbestimmung für die Diskussion nützlich sein. Andererseits besteht jedoch die Gefahr, die Unterschiede der Systeme aus 4

Cassidy, A study of Chinese Underground Banking, 1994. Informal Banking (engl.) für informelles/unformelles Bankgeschäft, auch: Schattenbankgeschäft. Da in der internationalen Diskussion um dieses Phänomen vorwiegend die entsprechenden englischsprachigen Begriffe verwendet werden, werden im Folgenden ebenfalls die englischsprachigen Begriffe verwendet, soweit es sich um feststehende Begriffe und Wendungen handelt. 6 Unregulated Banking (engl.) für unreguliertes, unkontrolliertes Bankgeschäft. 7 Underground-Banking (engl.) für Untergrund-Banken, Untergrund-Banking. 8 Dieser Begriff wurde maßgeblich eingeführt von Passas. Vgl. beispielsweise Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 7. 9 Alternative Remittance Services (engl.) für Alternative Überweisungssysteme. 10 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 9; Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 13 f.; FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 4; BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 78; Findeisen, WM 2000, 2125, 2126; Carroll, Anti-Money Laundering Laws and the Quasi-Banker, S. 3. 11 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 78. 12 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 10. 5

B. Begriffsbestimmung

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den Augen zu verlieren, und „Hawala“ mit Praktiken und Methoden in Verbindung zu bringen, die nichts mit diesem speziellen System gemein haben. Anhand einiger häufig für diese in der gesetzlichen Grauzone bzw. illegal operierenden Finanztransferdienstleister verwendeter Termini sollen im Folgenden zunächst die verschiedenen Finanztransfersysteme überblicksartig in Methodik und Funktionsweise dargestellt werden. Dabei wird deutlich werden, dass Begriffe wie „Underground Banking“, „Alternative Überweisungssysteme“ und „Schattenbanksysteme“ zwar die wohl geläufigsten und am häufigsten verwendeten Begriffe für Zahlungsverkehrsdienstleister wie Hawala sind, diese jedoch die realen Gegebenheiten nur unzureichend wiedergeben und im Einzelfall geeignet sind, den Blick auf diese Systeme zu verfälschen. 1. Underground-Banking a) Wertetransfers aus dem Untergrund Zwar findet der Auslandstransfer von Geldern außerhalb des regulierten Bereiches, d.h. ohne dass die Anbieter hierfür eine explizite Erlaubnis besitzen oder in irgendeiner Form registriert sind, in den meisten Ländern der Welt in der gesetzlichen Grauzone oder illegal statt13. Dennoch trifft der Terminus „Underground“ die angebotenen Zahlungsverkehrsaktivitäten nicht genau. Faktisch gesehen agieren alternative Überweisungssysteme keineswegs nur im Untergrund. In vielen Ländern der Welt werden Dienstleistungen dieser Anbieter trotz der Illegalität relativ offen, beispielsweise über Straßenmärkte14, oder über Inserate in regionalen Zeitungen angeboten15. Diese Vorgehensweise ist vor allem in Indien und Pakistan weit verbreitet. In Taiwan macht beispielsweise die „Untergrund-Wirtschaft“ nach Schätzungen ungefähr 40% des offiziellen Bruttosozialproduktes (BSP) aus16. Untergrundbanken sind dort zahlreich vertreten, teilweise hoch entwickelt und in der Bevölkerung angesehen17. Aus verschiedenen Gründen werden schließlich einige Länder der Welt, so beispielsweise Afghanistan oder Somalia, vom etablierten Bankensystem der Industrieländer geschnitten18. So sind beispielsweise Bankdienstleistungen trotz in 13 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 84. 14 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 9. 15 Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 247; Passas, A Study into Underground banking networks, S. 9. 16 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 9. 17 Economist, The Buried Treasure, November 6, 1993; Asiamoney Where the Black Market is King, Vol. 4, No. 9, 1993, S. 43. 18 Findeisen, WM 2000, 2125, 2128.

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

den letzten Jahren verstärkt unternommener Bemühungen, das Finanzsystem Afghanistans zu reformieren, dort immer noch Beschränkungen unterworfen19. Um auf nationaler oder internationaler Ebene Geldtransfers durchführen zu können, sind solche Länder auf alternative Überweisungssysteme wie Hawala angewiesen20, so dass mitunter auch Botschaften und Hilfsorganisationen gezwungen sind, Gelder über diese Kanäle zu leiten21. Viele Länder tolerieren zudem „Underground-Banking“ als parallelen Zahlungsverkehr ohne Aufsicht, weil damit einem Bedürfnis der Zuwanderer als großer Nutzergruppe dieser Dienstleistungen Rechnung getragen wird22. Schätzungen zufolge sind in Großbritannien bereits etwa 1.500 Anbieter ungeregelter Finanztransferdienstleistungen bei den dortigen Aufsichtsbehörden registriert23. b) Alternative Transfersysteme als Banken im Sinne des KWG? Die von den alternativen Transfersystemen angebotenen Dienstleistungen haben tatsächlich nur wenig mit dem offiziellen Bankensystem zu tun, wie fälschlich der Begriff des Underground „Banking“ suggerieren mag. Der Fokus der Aufmerksamkeit ist hier vor allem auf die Übertragung von Geld und anderen Werten gerichtet. Während das herkömmliche Bankenwesen einerseits weit über diesen Aspekt hinausreicht, ist das Dienstleistungsspektrum der Banken, soweit es um die Übertragung anderer Werte als Geld geht, wiederum enger gefasst: Nach der Begriffsbestimmung des deutschen Kreditwesengesetzes sind Kreditinstitute Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG. Bankleistungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG sind zusammengefasst Zahlungsverkehrsdienstleistungen, Geldanlageleistungen, Finanzierungsleistungen sowie sonstige Bankleistungen, wie beispielsweise die Vermögensverwaltung24. Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG sind Unternehmen, die Finanzdienstleistungen für andere gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer

19 Maimbo, Challenges of Regulating and Supervising the Hawaladars of Kabul, S. 53 f. 20 Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 247. 21 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 79. 22 Schneider, Einzahlungen an der Kebab-Bude, in: FAZ, Feb 09, 2005. 23 Ebenda. 24 Bankgeschäfte nach § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG sind im Einzelnen: Einlagengeschäft, Kreditgeschäft, Diskontgeschäft, Finanzkommissionsgeschäft, Depotgeschäft, Investmentgeschäft, die Eingehung der Verpflichtung, Darlehensforderungen vor Fälligkeit zu erwerben (sog. Revolvinggeschäfte), Garantiegeschäft, Girogeschäft, Emissionsgeschäft, Geldkartengeschäft, und Netzgeldgeschäft.

B. Begriffsbestimmung

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Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, und die keine Kreditinstitute sind. Zu den Finanzdienstleistungen gehört neben der Anlagevermittlung, der Abschlussvermittlung, der Finanzportfolioverwaltung, dem Eigenhandel, der Drittstaateneinlagenverwaltung und dem Sortengeschäft seit dem 01. Januar 199825 auch die hier vor allem interessierende Besorgung von Zahlungsverkehrsaufträgen (Finanztransfergeschäft) gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG26. Im Vergleich hierzu definiert beispielsweise die australische „National Crime Authority,, das Untergrund-Bankenwesen als ein „inoffizielles (oder paralleles) Banksystem (. . .), durch welches Kapital von einem Land zu einem anderen Land ohne Produktion einer Papierspur“ bewegt werden kann27. Nach Carroll ist das „Alternative Bankwesen“ ein „System, das keiner externen Revision, Kontrolle oder Aufsicht unterworfen ist, und wodurch Geld oder andere Vermögenswerte von einem Land zu einem anderen Land“ übertragen werden können28. Das deutsche Bundesministerium der Finanzen sieht als Schlüsselfaktor dieser informellen Systeme an, „dass Gelder für einen Auftraggeber zu einem von ihm bestimmten Empfänger im Ausland von Unternehmen, die keine (lizenzierten) Kreditinstitute sind, gegen Provision transferiert werden, ohne dass ein realer Geldfluss stattfinden muss“ 29. Es wird deutlich, dass im Rahmen des „Underground-Banking“ einzig die bargeldlose und meistens grenzüberschreitende Kapitalbewegung im Vordergrund steht. Es werden keine anderen Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäfte, wie beispielsweise das Einlagen- oder Kreditgeschäft durchgeführt. Dennoch liegen gerade in der Definition des „Underground-Banking“ als grenzüberschreitendem Geldtransfer ohne real stattfindenden Geldfluss auch die Parallelen zum nationalen und internationalen Zahlungsverkehr des offiziellen Bankensystems: Sowohl im Rahmen des Finanztransfergeschäftes gem. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG als auch im Rahmen des klassischen Girogeschäftes der Banken werden Zahlungsaufträge entweder bar (Finanztransfergeschäft) oder

25 Mit der 6. KWG-Novelle wurde zum 01. Januar 1998 für den Modus grenzüberschreitender Zahlungen ein gesetzliches Verbot mit Erlaubnisvorbehalt eingeführt. Vgl. insoweit das Gesetz zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bankund wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften (BT-Drucks. 13/7142). 26 Während das so genannte Girogeschäft (Bankgeschäft) mit der Führung von Konten für Kunden und damit mit der Durchführung von Zahlungsaufträgen von Kundenkonto zu Kundenkonto über die Abrechnungssysteme der lizenzierten Banken verbunden ist, werden im Rahmen des sog. Finanztransfergeschäftes (Finanzdienstleistungsgeschäft) gem. § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG – überwiegend im Barmodus – Zahlungsaufträge besorgt, ohne dass diese Dienstleistung wie beim Girogeschäft mit der Führung von Konten verbunden ist. 27 NCA, Money Laundering in Australia, S. 35. 28 Carroll, Anti-Money Laundering Laws and the Quasi-Banker, S. 3. 29 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking, S. 78.

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

kontengebunden (Girogeschäft, Finanztransfergeschäft) auf nationaler Ebene oder grenzüberschreitend gegen Gebühr oder Provision ausgeführt, ohne dass es zu einem realen Geldfluss kommen muss. „Underground-Banking“ stellt zudem kein einzelnes, in sich abgeschlossenes Untergrund-System dar. In den einzelnen Staaten variieren die informellen Systeme für den (grenzüberschreitenden) Transfer von Geldern, auch aufgrund ihrer unterschiedlichen aufsichts- bzw. kriminalpolitischen Behandlung30. Passas31 sieht diese informellen Systeme denn auch auf einer allgemeineren Ebene als „Systeme oder Netzwerke von Menschen an, die außerhalb der herkömmlichen, geregelten Finanzsysteme arbeiten und auf Vollzeit- oder Teilzeitbasis die nationale oder grenzüberschreitende Übertragung von Werten zum Ziel haben“. Diese Systeme werden nach Passas vor allem durch vertrauensbasierte Kontakte sowie das Fehlen von schriftlichen Akten charakterisiert. In den meisten Beispielen würden Geld oder andere Werte ohne real stattfindenden Geldfluss übertragen. Den im Rahmen des „Underground-Banking“ vorgenommenen Transaktionen liegen nicht immer Handelstätigkeiten zugrunde. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Geld an im Ausland lebende Verwandte versandt werden soll32. Schließlich wird „Underground-Banking“ nicht immer unter Einschaltung von Firmen oder Organisationen durchgeführt; die Transaktionen können auch innerhalb einer Familie oder durch Freunde ausgeführt werden33. 2. Alternative Überweisungssysteme a) Alternative Überweisungssysteme im historischen Kontext zum herkömmlichen Bankensystem Einige der unregulierten Finanztransfer-Systeme entwickelten sich bereits lange vor den herkömmlichen Bankensystemen und stellen somit zumindest aus einem historischen Blickwinkel kaum eine Alternative für traditionelle Banksysteme dar34. Während beispielsweise das Hawala-Finanzsystem seine Wurzeln in der frühmittelalterlichen Handelsgesellschaft des Vorderen und Mittleren

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Passas, A Study into Underground banking networks, S. 10. Siehe dazu: Passas, A Study into Underground banking networks, S. 11. 32 Felber/Ramm, Remittances von Migranten, S. 13; vgl. hierzu auch: Felber, The money of the migrants, S. 1 ff.; Passas, A Study into Underground banking networks, S. 14; Napoleoni, Die Ökonomie des Terrors, S. 205. 33 Findeisen, WM 2000, 2125, 2127; Passas, A Study into Underground banking networks, S. 10. 34 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 78. 31

B. Begriffsbestimmung

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Orients hat35, geht das chinesische Fei’Chien System bereits auf die T’ang Dynastie (618–906 n. Chr.) zurück36. Von der Entstehung eines Bankwesens im herkömmlichen Sinne kann erst seit etwa Mitte des 12. Jahrhunderts gesprochen werden37. Im Jahr 1156 soll als erste bekannte Bank im europäischen Raum in Venedig der „Monte-Vecchio“ gegründet worden sein. Hauptbeweggrund für die Gründung von Bankinstituten war der zunehmend schwieriger werdende Umgang mit den verschiedenen Sorten von Geld, insbesondere bei größeren Volumina. Hinzu kam die Unsicherheit des Aufbewahrens von großen Geldmengen oder Rohmetallen38. Der Transport erheblicher Mengen wertvoller Edelmetalle zwischen den Ländern wurde überflüssig, sobald es die Möglichkeit gab, das Eigentum an Geld und Gold ohne physischen Transport zu übertragen. Durch die Anlage so genannter Folioblätter, die entweder einem realen oder fiktiven Wert entsprachen, konnten Zahlungen zwischen zwei Kontoinhabern fortan durch reinen Übertrag auf den Folioblättern vorgenommen werden39. Erst Mitte des 18. Jahrhunderts wurde von englischen Clearinghäusern ein Abrechnungsverfahren entwickelt, bei dem zwischen den beteiligten Kreditinstituten nur noch der jeweilige Saldo ausgeglichen wurde40. Ein entsprechendes Verfahren machte sich bereits lange vor der Entwicklung dieses Clearingverfahrens beispielsweise auch das Hawala-Finanzsystem zunutze, das deswegen auch als „System der zwei Töpfe“ bezeichnet wird: Innerhalb eines Hawala-Netzwerkes werden Gelder zwischen so genannten „Hawaladars“, die die Gelder an einem Transaktionsort kassieren, und anderen „Hawaladars“, die die Gelder an einem anderen Transaktionsort verteilen, transferiert41. Wenn am Bestimmungsort des Geldes genügend Menschen bei einem anderen Hawaladars Geld nach Deutschland transferieren, werden die Summen durch die Hawaladare verrechnet; das Geld wechselt materiell i. d. R. nicht den Ort42. Da ständig Transaktionen zwischen den Systemen erfolgen, müssen nur die Differenzen ausgeglichen werden. 35 Schramm/Taube, IRFA, Evolution and institutional foundation of the hawala financial system, 405, 406. 36 Buencamino/Gorbunov, Informal Money Transfer Systems: Opportunities and Challenges for Development Finance, S. 3; Cassidy, A study of Chinese Underground Banking. 37 Siehe dazu: Pohl, Einführung in die Deutsche Bankengeschichte, S. 6. 38 Klein, Deutsche Bankengeschichte Bd. 1, S. 137, 139. 39 Pohl, Einführung in die Deutsche Bankengeschichte, S. 6. 40 Hoffmann, Der bargeldlose Zahlungsverkehr, S. 8. 41 Stellvertretend für viele: BMI AT, Im Schatten der Banken – „Hawala“: Anonyme Geldüberweisungen auf Vertrauensbasis in „Schattenbanken“ dienen auch der Geldwäsche. 42 Stellvertretend für Viele: BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 78.

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

Betrachtet man die über die unreglementierten Netzwerke für den Geldtransfer bewegten Geldmengen, so kann allerdings wortwörtlich von einer „Alternative“ gesprochen werden: So hat das formelle Banksystem nicht in allen Teilen der Welt eine vorherrschende Position inne43: Nach Schätzungen des pakistanischen Finanzministers Shaukat Aziz wurden von den 6 Mrd. US-Dollar, die innerhalb des Jahres 2000 nach Pakistan transferiert wurden, nur 1,2 Mrd. über das konventionelle Bankensystem transferiert44. Unter Zugrundelegung dieser Volumina stellen die alternativen Überweisungssysteme eine echte Konkurrenz für das regulierte Bankenwesen dar. b) Der Wertetransfer über Alternative Überweisungssysteme als Sinnbild der „klassischen“ Banküberweisung Der Terminus „Überweisung“ erinnert an die „klassische“, aus dem Bankenwesen stammende Überweisung, wonach eine Überweisung die buchmäßige Übertragung einer Geldsumme vom Konto des Zahlungspflichtigen auf das Konto des Zahlungsempfängers ist45. Grundsätzlich kommt aber gerade die Werteübertragung im Rahmen der alternativen Überweisungssysteme ohne bestehende Kontoverbindung von Sender und Empfänger des Geldes aus. Dies macht einen der Hauptunterschiede zu Geldübertragungen über das offizielle Bankensystem aus, die in der Regel eine Kontoverbindung beider Transaktionspartner voraussetzen. Im Bereich der alternativen Überweisungssysteme kommen für eine Werteübertragung auch keineswegs nur buchmäßige Übertragungen in Betracht. Auch wenn der Großteil der Finanztransfers bargeldlos durchgeführt wird, gehören physische Transfers, beispielsweise durch Busunternehmen ebenfalls zu diesen Systemen46. Diese Besonderheit erklärt sich vor allem dadurch, dass die Transaktionen nicht immer den Geldtransfer zum Ziel haben. Manchmal werden statt Geld auch Waren, Diamanten oder andere Wertsachen versendet47.

II. Betrachtung der Transfersysteme nach Arten und verwendeten Methoden Oft wird gerade der Begriff Hawala vereinfachend als Sammelbegriff für ähnlich funktionierende alternative Überweisungssysteme verwendet48. Diese 43

Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 245. Cheap and Trusted, in: The Economist, Nov. 24th 2001, S. 77; Schramm/Taube, The Institutional Foundations of Al Qaida’s Global Financial System, S. 7. 45 Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 111. 46 Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 33 f.; Beyerle, Der lange Geld-Treck nach Süden, in: Die Zeit vom 15.07.2004, Nr. 30, S. 21. 47 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 10. 44

B. Begriffsbestimmung

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Handhabung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Hawala nur eines von vielen verschiedenen Systemen ist, auch wenn Begriffe synonym verwendet werden und verwendete Methoden ineinander übergehen. Eine ganze Bandbreite von Systemen und Netzwerken alternativer Überweisungssysteme funktioniert auf ähnliche Weise wie Hawala und bietet gleiche oder ähnliche Dienstleistungen oder Funktionen an49. Hierzu gehört sowohl die Kapital und Werteübertragung von Ort zu Ort im Auftrag legaler Akteure, als auch durch Terroristen oder andere kriminelle Gruppen50. Weltweit werden unterschiedliche Bezeichnungen für verschiedene alternative Überweisungssysteme verwendet, die teilweise auch synonym gebraucht werden. Die gebräuchlichsten dieser Begriffe sind das vor allem im Arabischen bzw. Indischen verwendete Hawala51, das aus dem Pakistanischen stammende Hundi52, das chinesische Fei ch’ien53 sowie Phoe kuan (Thailand), Hui K’uan (China/Mandarin)54, Ch’iao hui (China/Mandarin)55, Nging sing kek (China/ Kantonesisch)56, chop chop (China)57, chiti Banking (China)58, Hui or hui kuan (Vietnam)59 und Stash house (Südamerika)60. 48

Passas, A Study into Underground banking networks, S. 10. Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 22. 50 Findeisen, Nationale und internationale Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus, S. 6; Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, 22; Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 249; Passas, A Study into Underground banking networks, S. 3. 51 Das aus dem Arabischen bzw. Indischen stammende Hawala wird manchmal auch als Hawallah bezeichnet. Hawala bedeutet übersetzt in etwa Vertrauen, Verweisung, Austausch; die arabische Wortwurzel h-w-l bedeutet etwas „zu verändern“ oder „zu verwandeln“. 52 Der aus dem Pakistanischen stammende Begriff Hundi wird allgemein übersetzt als Vertrauen; er bedeutet auch Wechsel oder Schuldschein; das Wort hat die sanskritische Wurzelbedeutung, „sich versammeln“. 53 Das chinesische Fei ch’ien hat übersetzt etwa die Bedeutung „Fliegendes Geld“. 54 Hui k’uan stammt aus dem Mandarin Chinesischen und bedeutet in etwa „Geldbeträge überweisen“. 55 Ch’iao hui kann mit Auslands-Überweisung übersetzt werden – Mandarin-Chinesisch. 56 Die Amtssprachen in China sind Mandarin, Kantonesisch und Englisch. Kantonesisch ist die Muttersprache sowohl der Menschen in der chinesischen Provinz Guangdong mit der Provinzhauptstadt Kanton (Guangzhou) als auch der Hongkong-Chinesen und Macau-Chinesen. 57 Chop chop, manchmal auch als chop shop bezeichnet, wird vor allem von Auswärtigen als Bezeichnung für eine der chinesischen Methoden verwendet. 58 Chiti Banking bezieht sich auf den „Zettel“, verwendet als Beleg oder als Anspruchsbegründung aus Transaktionen. Chiti Banking wurde ursprünglich von den Briten in China eingeführt (Kurzform für „chitty“, in Hindi bedeutet „chitthi“ soviel wie Zeichen). 59 Hui or hui kuan (Verband, Verbindung) wird häufig von Vietnamesischstämmigen, die in Australien leben, verwendet. 49

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

Betrachtet man die alternativen Überweisungssysteme im Hinblick auf die verschiedenen Methoden der Transfers, werden für den Geldmittel- und Sachleistungstransfer unter anderem Kurierdienste und andere physische Transportmethoden, internetgestützte Zahlungen und Geldübertragungen, grenzüberschreitende Geldübertragungen unter Verwendung spezieller Gutscheine bzw. Belege oder über Internetwebseiten, aber auch Kunden und Kreditkarten verwendet61. Dabei kann in Abhängigkeit von geographischer Verbreitung und ethnischen Ursprüngen „Underground-Banking“ unterschiedlichste Erscheinungsformen annehmen. In vielen Teilen der Welt gibt es Untergrund-Banken, die sich in ihrer Bandbreite vom kleinen Privatanbieter in der Nachbarschaft bis hin zu hoch entwickelten, jedoch ungeregelten Finanzinstituten erstrecken62. Die Bandbreite von „Underground-Banking“ reicht von Tante-Emma-Läden über Wechselstuben, Nachrichtenagenturen, Makler oder Reisebüros bis hin zum „klassischen“ Hawala-Banker, auf den an späterer Stelle noch ausführlich eingegangen werden wird63.

III. Zusammenfassung und Begriffsbestimmung für die Untersuchung Angesichts der Vielzahl der existierenden unregulierten Finanztransfersysteme und der Vielfalt der verwendeten Methoden sowie der Vermischung von legaler Nutzung und kriminellen Aktivitäten soll zunächst ein einheitlicher und möglichst neutraler Oberbegriff für den weiteren Verlauf der Untersuchung gefunden werden. Dabei wird bei sämtlichen Versuchen, alternative Überweisungssysteme unter eine Definition oder einen einheitlichen Oberbegriff einzuordnen, deutlich, dass das Phänomen der alternativen Überweisungssysteme durchweg von der Position der uns heute bekannten regulierten Bankensysteme aus betrachtet und unwillkürlich mit dem „Bekannten und Bewährten“ verglichen wird. Im Folgenden soll daher versucht werden, sich von dieser Betrachtungsweise zu lösen und alternative Überweisungssysteme bewusst als eigenständiges Phänomen wahrzunehmen. Viele der verwendeten Bezeichnungen wie „Schattenbanken“, „Untergrundbanken“, oder „alternative Überweisungssysteme“ sind entweder ungenau, oder beinhalten einen wertenden Unterton. In den verschiedenen eingangs dargestellten Definitionen sind jedoch wesentliche Kernaussagen über die alternativen

60 Stash house steht für casa de cambio, was etwa mit Wechselstube übersetzt werden kann. 61 Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 7. 62 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 10. 63 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 10.

B. Begriffsbestimmung

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Überweisungssysteme enthalten, die teilweise Schnittmengen enthalten oder sich ergänzen. Fügt man diese Kernaussagen zusammen, ergibt sich ein Gesamtbild, welches diese Finanztransfersysteme in ihrer Gesamtheit relativ deutlich umschreibt: So stellen die alternativen Überweisungssysteme zusammengefasst eine traditionelle Methode der Geldüberweisung dar, die schon vor der Verbreitung westlicher Bankensysteme im 19. und 20. Jahrhundert vorhanden war64. Ein Hauptmerkmal dieser Systeme ist, dass i. d. R. Geld oder andere Vermögenswerte von einem Ort an einen anderen Ort transferiert werden, ohne dass es dabei zum Transport von Devisen kommen muss65. Alternative Überweisungssysteme waren ursprünglich nicht kriminell und werden auch heute noch größtenteils legal genutzt66. Wie bei anderen Zahlungsverkehrssystemen auch besteht jedoch die grundsätzliche Gefahr des Missbrauchs durch Kriminelle67. Aufgrund der Besonderheiten der Systeme werden bei den Transaktionen i. d. R. entweder keine oder verschlüsselte Aufzeichnungen angefertigt, so dass keine Papierspur existiert, durch die man die Transaktionen zurückverfolgen könnte68. Die Systeme sind darüber hinaus weder einer staatlichen Kontrolle noch einer staatlichen Aufsicht unterworfen69. Unter Berücksichtigung dieser Kernaussagen eignet sich der Begriff „Schattenbanksysteme“ als Sammelbegriff für ungeregelte Transfersysteme nur bedingt. Der Begriff „Schattenbank“ ist vor allem aufgrund seiner semantischen Nähe zum Begriff „Schattenwirtschaft“ negativ besetzt und suggeriert eine größtenteils illegale Nutzung der Systeme: So ist Schattenwirtschaft ein Sammelbegriff für sämtliche staatlich unbeobachteten wirtschaftlichen Aktivitäten innerhalb einer Volkswirtschaft70. Im eigentlichen Sinne werden hiervon die Schwarzarbeit und der Schwarzmarkt erfasst, aber auch kriminelle Aktivitäten wie Drogenhandel, Waffenhandel, Schmuggel und Hehlerei zählen zur Schattenwirtschaft71. Aus ähnlichen Gründen erscheint auch der Begriff „UndergroundBanking“ als ungeeignet, um die wesentlichen Charakteristika dieser Systeme

64 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 4. 65 FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 4. 66 Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 249. 67 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 3, 11. Vgl. hierzu auch: Findeisen, Nationale und internationale Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus, S. 6. 68 Beispiele bei: Jost/Sandhu, The hawala alternative remittance system and its role in money laundering, Lyon, January 2000, Appendix C. 69 Carroll, Anti-Money Laundering Laws and the Quasi-Banker, S. 3. 70 Duden, Band 1, Die deutsche Rechtschreibung, S. 845. 71 Vgl. Duden, Band 1, Die deutsche Rechtschreibung, S. 845.

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wiederzugeben. Weder handelt es sich um Bankgeschäfte im engeren Sinne, noch agieren viele der Systeme ausschließlich im Untergrund72. Der Begriff „Alternative Überweisungssysteme“ weist zwar ebenfalls Ungenauigkeiten in seiner Begrifflichkeit auf, umschreibt die ungeregelten Transfersysteme jedoch begriffsneutraler. Daher wird der Begriff „Alternative Überweisungssysteme“ für den weiteren Verlauf dieser Untersuchung als Sammelbegriff für alle ungeregelten Transfersysteme bestimmt73: Soweit der Terminus „Alternative Überweisungssysteme“ im Folgenden verwendet wird, steht er vornehmlich für die grenzüberschreitende Übertragung von Geldern unter Einschaltung ungeregelter Transfersysteme. Zwar handelt es sich bei den meisten Finanztransfersystemen nicht um Überweisungssysteme im herkömmlichen Sinne, zumal nicht nur Geld, sondern oftmals auch andere Werte unter Einschaltung dieser Systeme übertragen werden74. Die Übertragung von anderen Werten als Geld spielt jedoch im Rahmen dieser Untersuchung nur eine untergeordnete Rolle und wird daher nicht näher thematisiert, zumal der Schwerpunkt der Arbeit vornehmlich auf Geldwäscheaktivitäten im Rahmen der Kapitalübertragung, Maßnahmen zu deren Bekämpfung sowie dem Vergleich zu Geldwäscheaktivitäten im Rahmen des offiziellen Bankenwesens liegt. Soweit im Verlauf der Arbeit statt des Begriffs „Alternative Überweisungssysteme“ andere gebräuchliche Bezeichnungen für diese Systeme, wie beispielsweise der von Passas eingeführte und unter anderem in Weltbankstudien verwendete Begriff „Informal Value Transfer Systems“ (IVTS) Erwähnung finden, so werden diese, soweit im Einzelfall nicht abweichend vermerkt, synonym für alle „alternativen Überweisungssysteme“ verwendet. Die Termini „Hawala“, „Hawala-Banking“ und „Hawala-Finanzsystem“ stehen im weiteren Verlauf dieser Untersuchung ausdrücklich nur für das HawalaSystem als solches und sind weder als Sammelbegriff noch als Synonym für andere, gleich oder ähnlich funktionierende alternative Überweisungssysteme zu verstehen. Soweit für das arabische „Hawala“ im Einzelfall die vor allem in nichtarabischen moslemischen Ländern gebräuchliche Bezeichnung „Hawallah“ verwendet wird, handelt es sich lediglich um eine sprachliche Abweichung, die jedoch dasselbe System bezeichnet.

72 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 9; Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 247; Passas, A Study into Underground banking networks, S. 9. 73 Die Festlegung auf den einheitlichen Oberbegriff der „alternativen Überweisungssysteme“ wird ausdrücklich nur für den Rahmen der vorliegenden Untersuchung vorgenommen und beansprucht keine Allgemeingültigkeit. 74 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 10.

C. Abgrenzung und Methodik

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C. Abgrenzung und Methodik I. Vorüberlegung Angesichts des eingangs dargestellten immensen Nutzungsumfangs und der fortschreitenden weltweiten Expansion der alternativen Überweisungssysteme stellt sich die Frage nach den Gründen für den Erfolg dieser Systeme. Systeme wie das Hawala-Finanzsystem fungieren keineswegs nur als „Lückenfüller“ in Regionen mit unterentwickelter Bankeninfrastruktur. Auch in Regionen mit modernsten Finanzmärkten und Ländern mit flächendeckenden und technisch gut entwickelten Gironetzen nimmt die Zahl der Anbieter alternativer Überweisungssysteme stetig zu75. Dies zeigt auf, dass neben dem „klassischen“ Bankensystem und anderen Geldtransfersystemen wie beispielsweise Money Transmittern wie American Express oder iKobo Money Transfer Bedarf an weiteren Geldtransfersystemen besteht, den die alternativen Überweisungssysteme erfüllen. Um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu anderen Geldtransfersystemen und Gründe für die Nutzung alternativer Überweisungssysteme herausarbeiten zu können, bedarf es zunächst einer Analyse der betroffenen grenzüberschreitenden Zahlungen. Hierzu werden im Folgenden zunächst verschiedene Arten grenzüberschreitende Zahlungen getrennt nach Sender und Empfänger des Geldes analysiert. Des Weiteren interessieren die verschiedenen Geldtransfermechanismen. Wenn beispielsweise weder Auftraggeber noch Empfänger des Geldes über eine Kontoverbindung verfügen, kommt ein Konto-zu-Konto Transfer nicht in Betracht. Die kontengebundenen Überweisungssysteme der Kreditinstitute wären damit der Betrachtung wie dem Vergleich außen vor zu lassen. Letztlich sind die an den Transaktionen beteiligten Geldtransferakteure zu betrachten. Diesbezüglich wird eine Trennung nach formellen, halbformellen und informell tätigen Geldtransferakteuren vorgenommen werden.

II. Unterscheidung von grenzüberschreitenden Zahlungen nach Auftraggeber und Empfänger Trennt man die Typen von grenzüberschreitenden Zahlungen nach Sender und Empfänger des Geldes, kommen als Auftraggeber von Zahlungen ins Ausland zunächst vor allem Emigranten in Betracht, die (regelmäßige) Zahlungen an ihre in der Heimat lebenden Familien leisten wollen76. Mit einem geschätzten 75

Findeisen, WM 2000, 2125, 2127. Findeisen, WM 2000, 2125, 2128; Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 248 f.; Felber, The money of the migrants, S. 1, 3; BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 78. 76

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jährlichen Volumen von 66 Mrd. US-Dollar nehmen Überweisungen von Migranten im internationalen Zahlungsverkehr den zweiten Platz nach Transfers in Verbindung mit dem Ölsektor ein77. Im Ausland aufgegebene Zahlungen, deren Zielperson sich im Inland befindet, kommen beispielsweise als Unterstützungsleistungen von Familien vor, wenn Angehörige der Familien in Deutschland oder anderen Ländern eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren. Letztlich sind aber nicht nur Privatpersonen als Sender bzw. Empfänger von Geldleistungen denkbar. Nicht zuletzt spielen aber auch Unternehmen und Behörden als Sender und Empfänger von grenzüberschreitenden Zahlungen eine Rolle. Diesbezüglich kommen vor allem die Begleichung von Rechnungen aus Aufträgen, Schenkungen, Spenden oder auch Geldanlagen und Investitionen als Gründe für den grenzüberschreitenden Geldtransfer in Betracht78. So stellte das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred)79 fest, dass nicht nur Einwanderer diese Zahlungssysteme zur Überweisung nutzen, sondern „[a]uch namhafte deutsche Industriefirmen [. . .], um den Kaufpreis für Exportgüter schnell und ohne Kursverlust zu erhalten“ 80.

III. Geldtransfermechanismen Es gibt grundsätzlich verschiedene Methoden, Geldleistungen grenzüberschreitend zu übertragen. In Abhängigkeit von individuellen Ausgangsvoraussetzungen und Präferenzen bei Sender und Empfänger des Geldes werden in der Regel eine oder mehrere Geldtransfermethoden von den Verwendern präferiert werden, während andere Methoden für den Geldtransfer von vorneherein ausscheiden. Als Geldtransfermethoden kommen diesbezüglich vor allem in Betracht der elektronische Transfer von Geld (beispielsweise unter Einschaltung von Money Transmittern), der elektronische Transfer mit Kreditkarten, der elektronische Transfer mittels „Smart Card“, der Konto-zu-Konto Kabeltransfer (klassischer Überweisungsverkehr der Banken), der Kuriertransfer von Bargeld (physischer Transfer), und nicht zuletzt der Geldtransfer über das Hawala-Finanzsystem und andere alternative Überweisungssysteme81.

77

Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. Felber/Ramm, Remittances von Migranten, S. 3. 79 Zum 1. Mai 2002 ist das BAKred mit den damaligen Bundesaufsichtsämtern für den Wertpapierhandel (BAWe) und das Versicherungswesen (BAV) zur Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verschmolzen worden. 80 o.V., Das illegale Überweisungsgeschäft wächst drastisch, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 03.11.2000, S. 25–26. 81 Felber/Ramm, Remittances von Migranten, S. 13. 78

C. Abgrenzung und Methodik

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1. Betrachtung der Ausgangslage bei Auftraggeber und Empfänger Nicht bei allen Sendern und Empfängern des Geldes liegen die gleichen Ausgangsvoraussetzungen vor. Zunächst muss danach unterschieden werden, ob entweder Auftraggeber oder Empfänger des Geldes oder sogar beide über ein Bankkonto verfügen, das für den Geldtransfer genutzt werden kann. Für diese Überlegung wird von der Prämisse ausgegangen, dass bei Vorhandensein eines Bankkontos dieses auch für den Geldtransfer genutzt würde. Die verschiedenen Gründe, ein vorhandenes Bankkonto nicht für den Geldtransfer zu nutzen, sondern andere Wege zu gehen, liegen auf der Hand, sollen aber an dieser Stelle nicht weiter betrachtet werden, da es im Rahmen dieser Betrachtung vorwiegend auf das Vorliegen der technischen Voraussetzungen für den Geldtransfer ankommt. Neben dem Aspekt, ob Bankkonten für den Geldtransfer vorhanden sind, ist vor allem der Aspekt der Verfügbarkeit der angebotenen Services für die Untersuchung relevant. Nicht in allen Ländern und Gebieten sind alle aufgeführten Geldtransfermethoden verfügbar. In bestimmten vor allem ländlichen oder abgelegenen Regionen der Erde wird es oftmals an der erforderlichen Bankeninfrastruktur fehlen82. Ähnliche Probleme dürften sich im Ergebnis für die Money Transmitter und andere elektronische Geldtransfermethoden ergeben. Neben diesen wohl wichtigsten Aspekten „Bankkonto“ und „Verfügbarkeit der jeweiligen Services“ kommen weitere Grundvoraussetzungen hinzu, deren Vorhanden- oder Nichtvorhandensein für die Entscheidung für oder gegen einen bestimmten Geldtransfermechanismus eine Rolle spielen: Hier seien beispielsweise fehlende Sprachkenntnisse, fehlende Papiere bei illegalem Aufenthalt in einem Land und Analphabetismus genannt. Nicht zuletzt spielt auch der Kostenaspekt eine wichtige Rolle. Bestimmte Transferservices sind teurer als andere. Grundvoraussetzung für die Wahl einer Geldtransfermethode ist damit ein gewisser finanzieller Grundstock, der bei Sender und Empfänger des Geldes vorhanden sein muss, um überhaupt alle Transferservices in Betracht ziehen zu können und eine freie Wahl zwischen verschiedenen Geldtransfermethoden zu ermöglichen. Von dem Kostenaspekt als Grundvoraussetzung ist der Kostenaspekt als Serviceaspekt zu unterscheiden. Im Rahmen der nachfolgenden Überlegungen zu Serviceaspekten wird davon ausgegangen, dass sowohl Sender und Empfänger zwar grundsätzlich die finanziellen Mittel für die freie Wahl einer Transfermethode zur Verfügung stehen, diese sich jedoch aus unterschiedlichen Gründen für eine günstige Transfermethode entscheiden.

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Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 245.

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

2. Berücksichtigung verschiedener Serviceaspekte Neben den benannten Grundvoraussetzungen, die für die Wahl bestimmter Geldtransfermethoden erfüllt sein müssen, beeinflussen verschiedene Serviceaspekte die Entscheidung für oder gegen bestimmte Geldtransfermethoden. Als Serviceaspekte kommen vor allem die Aspekte Kosten, Zugang, Schnelligkeit und Sicherheit in Betracht83. Grundsätzlich wird man davon ausgehen können, dass die meisten Menschen ein Interesse daran haben, grenzüberschreitende Zahlungen möglichst schnell, sicher, kostengünstig, zeitlich flexibel und unkompliziert zu leisten. Darüber hinaus haben bestimmte Bevölkerungsgruppen aus verschiedenen Gründen beispielsweise ein besonderes Interesse an ethnischer Loyalität, d.h. Geschäftsbeziehungen möglichst im Rahmen einer geschlossenen ethnischen Gruppe abzuwickeln84. Wie sich im weiteren Verlauf der Untersuchung herausstellen wird, bedienen nicht alle Geldtransfermethoden in gleichem Maße alle angesprochenen Serviceaspekte. Je nach Priorität der einzelnen Aspekte, die von Nutzer zu Nutzer unterschiedlich ist, werden bestimmte Geldtransfermethoden häufiger gewählt werden als andere. Von einem Kosten-Nutzen Ansatz aus betrachtet, wird man jedoch davon ausgehen dürfen, dass sich, unter Zugrundelegung der Annahme, dass die Konsumenten grundsätzlich bestrebt sind, eine Nutzenmaximierung zu erreichen, im Ergebnis letztlich nur die Geldtransfersysteme auf dem Markt durchsetzen werden, welche möglichst viele Grundvoraussetzungen und Serviceaspekte in sich vereinen und darüber hinaus bestimmte Präferenzen der Nutzer berücksichtigen.

IV. Geldtransferakteure Betrachtet man die auf dem Markt tätigen Anbieter von Geldtransfers, lässt sich grundsätzlich eine Zweiteilung der angebotenen Dienstleistungen feststellen. Während auf der einen Seite verschiedene Unternehmen ganz offiziell und beaufsichtigt Geldtransferdienstleistungen anbieten, gibt es andererseits auch Anbieter von Geldtransferdienstleistungen, die lediglich inoffiziell als Dienstleister tätig sind. Dies können zum einen Unternehmen oder Personen sein, die nicht offiziell als Anbieter von Geldtransferdienstleistungen registriert sind, beispielsweise weil sie keine Erlaubnis für diese Tätigkeit besitzen. Andererseits kommen aber auch Privatpersonen, wie Familie oder Freunde des Auftraggebers 83

Vgl. die Übersicht bei Felber, The money of the migrants, S. 3. Findeisen, WM 2000, 2125, 2127; BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 80; Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 246. 84

C. Abgrenzung und Methodik

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als inoffizielle Geldtransferakteure in Betracht, die mit dem physischen Transport des Geldes eine Gefälligkeit erweisen85. Im Gegensatz zu offiziell tätigen Geldtransferakteuren, deren Tätigkeit in der Regel ein (Geschäftsbesorgungs-)Vertrag zugrunde liegt, basieren die Dienstleistungen inoffizieller Anbieter vornehmlich auf Vertrauen. Erklären sich gar Familie oder Freunde bereit, eine Botentätigkeit zu übernehmen und beispielsweise im Rahmen einer Reise Geld an einen bestimmten Empfänger zu übermitteln, liegt ein Gefälligkeitsverhältnis zugrunde. Ordnet man die beiden Arten von Anbietern verschiedenen Kategorien zu, kommt im Rahmen dieser Untersuchung die Unterscheidung zwischen „formellen“ und „informellen“ Geldtransferakteuren in Betracht86. Während „formell“ nach dem Duden als „förmlich, die Formen beachtend, ausdrücklich“ 87 definiert wird, steht „informell“ für „ohne Formalitäten, zwanglos, nicht offiziell“ 88. Konzentriert man diese allgemeine Definition auf marktbezogene Aktivitäten sowie im speziellen den grenzüberschreitenden Geldtransfer, lassen sich formeller und informeller Sektor folgendermaßen voneinander abgrenzen: Informelle Aktivitäten werden in geringerem Maße oder gar nicht durch gesellschaftlich legitimierte Regeln geschützt, was gleichzeitig fehlenden Schutz rechtlich normierter Rahmenbedingungen für informelle Transaktionen bedeutet89. Insbesondere können vertrauensbasierte Netzwerke informeller Anbieter keinen Ersatz für die Art von Verlässlichkeit darstellen, die durch den Einsatz staatlicher Zwangsmittel garantiert wird. Nur teilweise geht mit der Informalität auch die Umgehung oder Brechung rechtlicher Normen einher90. Basierend auf diesen Merkmalen des informellen Sektors können die auf dem Markt tätigen informellen Geldtransferakteure wie folgt charakterisiert werden: Für den Transfer von Geldern über informelle Kanäle sind grundsätzlich keine oder nur sehr wenige Formalitäten erforderlich. Die Dienstleistungstätigkeit ist in der Regel inoffizieller Natur; entweder, weil die Anbieter nicht registriert sind bzw. keine Erlaubnis für ihre Tätigkeit besitzen, oder weil die Dienstleis85

Felber/Ramm, Remittances von Migranten, S. 14. Die Einordnung der Geldtransferakteure in „formelle“, „informelle“ sowie „halbformelle“ Geldtransferakteure orientiert sich im Wesentlichen an der Studie „Remittances von Migranten“ der Intercooperation Schweiz aus Mai 2005. Die Definitionen der jeweiligen Kategorien sowie die darauf basierende Einteilung der Anbieter in die verschiedenen Kategorien erfolgte durch die Verfasserin selbst und ist von der Studie losgelöst zu betrachten. Vgl. insoweit auch Felber/Ramm, Remittances von Migranten, S. 14. 87 Duden, Band 1, Die deutsche Rechtschreibung, S. 385. 88 Duden, Band 1, Die deutsche Rechtschreibung, S. 454; Duden, Band 5, Fremdwörterbuch, S. 496. 89 Siehe dazu: Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 91 f. 90 Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 92. 86

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tungen – beispielsweise von Familienangehörigen oder Freunden des Senders – rein privater Natur sind und eine Gefälligkeit darstellen. Darüber hinaus basieren die Dienstleistungen inoffizieller Anbieter im Gegensatz zur Tätigkeit formeller Geldtransferakteure regelmäßig auf Vertrauen. Zusammenfassend kann der informelle Finanzdienstleistungssektor als traditionell, ungeschützt und unreguliert bzw. in einigen Fällen als bankaufsichtsrechtlich rechtswidrig91 bezeichnet werden. Als informelle Geldtransferdienstleistungen sind dementsprechend der Geldtransfer über die Familie oder Freunde, der Transfer über den Sender selbst sowie beispielsweise auch der hauptsächlich vertrauensbasierte Geldtransfer mittels Hawala stellvertretend für die meisten alternativen Überweisungssysteme einzustufen. Im Gegensatz hierzu agieren formelle Geldtransferakteure grundsätzlich in einem rechtlich geschützten, regulierten Bereich und unterliegen einer externen Kontrolle. Für diese formal tätigen Anbieter stellt der Geldtransfer in der Regel den Hauptaspekt oder zumindest einen unter mehreren Hauptaspekten ihrer Tätigkeit dar. Basierend auf diesen Vorüberlegungen lassen sich den formellen Anbietern Banken und andere Finanzdienstleister wie Money Transmitter (z. B. Western Union), aber auch Postämter und Wechselbüros zuordnen. Unter Zugrundelegung dieser Feststellungen wird für diese Untersuchung eine Aufteilung der Geldtransferakteure in formal bzw. formell tätige Anbieter und informelle Anbieter von Geldtransfers vorgenommen. Geldtransferakteure, die in einem nur teilweise regulierten Bereich tätig sind oder nicht eindeutig einer der anderen beiden Kategorien zugeordnet werden können, werden im Rahmen dieser Untersuchung als „halbformelle“ Geldtransferakteure bezeichnet. Halbformale Anbieter sind dementsprechend beispielsweise Kurierfirmen oder Busunternehmen92. Diese Anbieter sind in der Regel Unternehmen oder Organisationen, die den Geldtransfer neben ihrer eigentlichen Tätigkeit, die ursprünglich nichts mit dem Geldtransfer zu tun hat, anbieten und durchführen. Für den Geldtransfer über halbformale Kanäle sind in der Regel weniger Formalitäten erforderlich als für den Transfer über formelle Akteure. Andererseits basiert der Transfer über Kurierfirmen oder Busunternehmen jedenfalls nicht hauptsächlich auf Vertrauen, so dass insoweit auch eine Einordnung als informeller Anbieter nicht in Betracht kommt. 91 Aus der bankaufsichtsrechtlichen Rechtswidrigkeit etwa des Finanztransfersystems Hawala folgt jedoch nicht ohne weiteres die zivilrechtliche Nichtigkeit der zu Grunde liegenden Verträge zwischen Einzahler und Hawaladar. Bei Nichterfüllung bestehen vielmehr regelmäßig Schadensersatzansprüche, auch wenn diese (beispielsweise bei Überweisung von Schwarzgeld) wohl kaum eingeklagt werden. Hingewiesen sei an dieser Stelle auch auf die deliktische Haftung eines Hawaladars nach § 823 Abs. 2 i.V. m. StGB (z. B. bei Unterschlagung), etc. Etwaige zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen sollen an dieser Stelle aufgrund der abweichenden Schwerpunktsetzung der Arbeit jedoch nicht weiter vertieft werden. 92 Felber/Ramm, Remittances von Migranten, S. 14.

C. Abgrenzung und Methodik

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Die Unterscheidung in formelle, halbformelle und informelle Kanäle sagt grundsätzlich noch nichts über die Legalität oder Illegalität der jeweiligen Geldtransfers aus. Der Geldtransfer über halbformelle und informelle Anbieter kann dementsprechend unter bestimmten Voraussetzungen aus Anbietersicht in einer gesetzlichen Grauzone ablaufen oder illegal sein, muss es jedoch nicht sein93. Verträge und Transaktionen, die im informellen Sektor abgewickelt werden, entziehen sich in der Regel der dem formellen Sektor immanenten Überwachung und Reglementierung durch staatliche Normen94. Als Reaktion auf die hierdurch entstehende Unsicherheit bei der Vertragsabwicklung entstehen so mitunter in der Grauzone zwischen legaler und illegaler Informalität auch Normgefüge ganz eigener Art, mittels derer die Vertragstreue der Vertragspartner durchgesetzt werden soll95. Ein Beispiel hierfür ist das informelle Hawala-Finanzsystem, das maßgeblich auf dem Vertrauen der Transaktionspartner basiert. Die Transaktionsabwicklung entzieht sich, wie bei den meisten anderen alternativen Überweisungssystemen auch, einer staatlichen Regulierung oder Kontrolle. Dennoch gelten Transaktionen über das Hawala-Finanzsystem als vergleichsweise sicher, weil in vielen Fällen von staatlichen Einflüssen unabhängige Normengefüge die Einhaltung von Verträgen sicherstellen96. Viele Hawala-Netzwerke betrachten beispielsweise die Scharia für sich und ihre Mitglieder als verbindlich und befolgen deren Regeln97. Ethnische und dörfliche Solidarität sind weitere Faktoren, die einen regulativen Einfluss auf die Vertragspartner der Transaktionen ausüben können. Werden wie im dargestellten Beispiel „eigene“ Normengefüge von den Teilnehmern des informellen Wirtschaftsverkehrs als verbindlich betrachtet, können diese folglich eine regelnde Funktion übernehmen. Auch ist mit der Trennung der Geldtransfersysteme in formelle, halbformelle und informelle Kanäle keine Zuweisung zu bestimmten Kriminalitätsformen verbunden. Insbesondere wird durch die Aufteilung keine Entscheidung darüber getroffen, ob Geldtransfersysteme aus Nutzersicht ganz oder teilweise für illegale Zwecke verwendet werden oder in Zusammenhang mit verschiedenen Kriminalitätsformen stehen. So steht längst nicht jedes formlose Finanzsystem im

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Vgl. hierzu Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 145 ff. Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 91. 95 Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 147. 96 In der Rechtssoziologie herrscht seit langem Einigkeit, dass sich Transaktionssicherung durch „formelles“ Recht und durch „informelle Mechanismen“ wie Vertrauen und Reputation nicht ausschließen, sondern regelmäßig ergänzen. Eine Ausnahme bilden solche sozialen Systeme, die auf Illegalität beruhen, bspw. Mafia, vgl. hierzu etwa die Ausführungen von Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem. 97 Schramm/Taube, IRFA, Evolution and institutional foundation of the hawala financial system, S. 413. 94

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

Zusammenhang mit kriminellen Tätigkeiten oder wird zu illegalen Zwecken ausgenutzt98. Im Gegenteil gibt es viele Beispiele von vollkommen legitim arbeitenden formlosen Banksystemen99. Dagegen sind es vor allem Kreditinstitute, die aufgrund ihres breiten Angebots von Finanzdienstleistungen für die Geldwäsche missbraucht werden100. Die im Rahmen dieser Arbeit vorgenommene Aufteilung der Geldtransferakteure in formelle, halbformelle und informelle Kanäle erfolgt losgelöst von diesen Aspekten, auf die an späterer Stelle noch eingegangen werden wird und ist wertneutral zu betrachten.

D. Vorstellung verschiedener Geldtransferakteure und -systeme Der Auslandstransfer von Geldern wird in der Regel über Banken mithilfe des S.W.I.F.T.-Systems101 durchgeführt. Häufig ist auch die Einschaltung so genannter Money Transmitter wie beispielsweise Western Union, American Express und iKobo Money Transfer102. Durch eine Einordnung in das Gefüge dieser offiziellen Geldtransfersysteme sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Hawala-Finanzsystems zu diesen anderen Systemen herausgearbeitet werden. Insbesondere interessiert, warum unter verschiedenen Geldtransfermöglichkeiten die alternativen Überweisungssysteme im Allgemeinen und das HawalaFinanzsystem im Besonderen gewählt werden. Die Absichten und Beweggründe der Nutzer des Hawala-Systems sollen in Relation zu Funktionsweise, Kosten und Aufwand anderer Geldtransfersysteme gesetzt werden. Gegebenenfalls wird man im Ergebnis zu der Erkenntnis gelangen, dass der Versuch einer (zumindest teilweisen) Integrierung des Hawala-Systems sinnvoller ist als die Verfolgung, da ansonsten eine (weitere) Abdrängung des Systems in den Untergrund befürchtet werden muss.

98 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 3, 11. Vgl. hierzu auch: Findeisen, Nationale und internationale Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus, S. 6. 99 Howlett, Investigation and Control of Money Laundering, S. 6. 100 Findeisen, Nationale und internationale Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus, S. 6. 101 S.W.I.F.T. (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) ist eine Gesellschaft, die ein internationales Datenfernübertragungsnetz für Nachrichten von Kreditinstituten an Kreditinstitute betreibt. Mitglieder und Träger der Gesellschaft sind Kreditinstitute. Über das S.W.I.F.T. System werden vor allem Kundenzahlungen ins Ausland vorgenommen. 102 Altenkirch, Techniken der Geldwäsche, S. 40.

D. Vorstellung verschiedener Geldtransferakteure und -systeme

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I. Formelle Geldtransferakteure 1. Das „klassische“ Bankensystem a) Arten des Geldtransfers Der Auslandstransfer von Geldern wird in der Regel über Kreditinstitute durchgeführt. Das Girogeschäft103 umfasst die Durchführung des unbaren Zahlungsverkehrs wie des Abrechnungsverkehrs durch Kreditinstitute unter Verwendung einer eigenen Bankleitzahl104. Während das Girogeschäft (Bankgeschäft) der Kreditinstitute mit der Führung von Konten für Kunden und damit mit der Durchführung von Zahlungsaufträgen von Kundenkonto zu Kundenkonto über die Abrechnungssysteme der lizenzierten Banken verbunden ist, werden im Rahmen des sog. Finanztransfergeschäftes (Finanzdienstleistungsgeschäft) gem. § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG durch Finanztransferdienstleister Zahlungsaufträge besorgt, ohne dass diese Dienstleistung wie beim Girogeschäft mit der Führung von Konten verbunden ist. Die Zahlungsabwicklung im Außenwirtschaftsverkehr der Banken erfolgt entweder in Form von nichtdokumentären oder dokumentären Zahlungen105. Dokumentäre Zahlungen sind im Gegensatz zu den nichtdokumentären Zahlungen mit einem Inkasso- oder Akkreditivgeschäft verbunden und dienen der Sicherung des Zahlungseinganges106. Während dokumentäre Zahlungen hauptsächlich im Warenverkehr vorkommen, liegt der Verwendungsschwerpunkt der nichtdokumentären Zahlungen sowohl im Waren-, als auch im Dienstleistungs- und Kapitalverkehr107. Da der überwiegende Teil des Außenwirtschaftsverkehrs über nichtdokumentäre Zahlungen abgewickelt wird und diese Form der Zahlungsabwicklung nach Sinn und Zweck eine größere Ähnlichkeit mit Zahlungsabwicklungen über die alternativen Überweisungssysteme aufweist, beschränken sich die weiteren Ausführungen zum „klassischen“ Bankensystem auf nichtdokumentäre Zahlungen.

103 Der Begriff des Girogeschäftes leitet eine bankfachliche Umschreibung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs ein. Hiervon abzugrenzen ist die rechtliche Einordnung des Zahlungsverkehrsbegriffes. So unterscheidet das BGB zwischen dem Begriff des Girovertrages und dem des Überweisungsvertrages. Auf diese zivilrechtliche Abgrenzung soll im Folgenden jedoch nicht näher eingegangen werden, da es im Rahmen dieser Darstellung vor allem auf Funktionsweise und bankpraktische Einordnung ankommt. 104 Gabler Bank Lexikon, Band 2, S. 764. 105 Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 475. 106 Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 484. 107 Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 478.

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

Über Kreditinstitute abgewickelte Zahlungen in das Ausland können entweder mittels Überweisung oder per Scheck abgewickelt werden108. Die Möglichkeit grenzüberschreitender Barzahlungen, bei denen weder der Auftraggeber noch der Empfänger des Geldes ein Bankkonto unterhalten, ist im Auslandszahlungsverkehr der Kreditinstitute nicht vorgesehen. Da ein nicht unerheblicher Anteil der grenzüberschreitenden Geldtransfers von Nutzern vorgenommen wird, die kein Konto bei einer Bank unterhalten, die Banken aber auch in diesem Klientel ein wichtiges Potential sehen, nutzen mittlerweile auch immer mehr Kreditinstitute die Dienstleistungen der so genannten Money Remittance Services für ihre Kunden. Verschiedene amerikanische Großbanken haben erkannt, dass man mit dem Zahlungsverkehr Immigranten an sich binden und später für profitablere Bankgeschäfte gewinnen kann109. Während die U.S. Bank110 seit Anfang 2005 mit dem Money Transmitter Moneygram kooperiert und so ohne das Erfordernis eines Bankkontos Überweisungen in rund 160 Länder erleichtern will111, hat auf nationaler Ebene beispielsweise die Postbank das Dienstleistungsangebot der telegrafischen Postanweisung mangels Nachfrage bereits im Jahr 2000 eingestellt und bietet seitdem die so genannte Minutenüberweisung in Kooperation mit Western Union, einer weiteren Money Remittance Agency an. Im Folgenden wird zunächst nur der „klassische“ kontengebundene Überweisungsverkehr der Banken einer näheren Betrachtung unterzogen. Auf die Besorgung von Zahlungsaufträgen durch Finanztransferdienstleister, zu denen unter anderem auch Western Union zählt, wird an späterer Stelle im Einzelnen eingegangen werden. b) Funktionsweise/Voraussetzungen Grundlegende Voraussetzung für die Dienstleistungsangebote der Kreditinstitute im internationalen Zahlungsverkehr sind entweder Korrespondentenverhältnisse mit ausländischen Banken112, über welche die gegenseitigen Rechte und

108 Auf die Zahlungsmöglichkeit per Scheck soll im Folgenden mangels Ähnlichkeit zu den Zahlungsabwicklungen über die alternativen Überweisungssysteme nicht weiter eingegangen werden. 109 Beyerle, Der lange Geld-Treck nach Süden, in: Die Zeit vom 15.07.2004, Nr. 30, S. 21. 110 Die U.S. Bank ist eine Tochtergesellschaft der U.S. Bancorp mit Sitz in Minneapolis, MN, United States. 111 Beyerle, Der lange Geld-Treck nach Süden, in: Die Zeit vom 15.07.2004, Nr. 30, S. 21. 112 Ein Korrespondentenverhältnis zwischen zwei Banken liegt vor, wenn die Banken gegenseitig füreinander Bankengeschäfte ausführen.

D. Vorstellung verschiedener Geldtransferakteure und -systeme

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Pflichten der beteiligten Kreditinstitute festgelegt werden113, oder die Zahlungsabwicklung über Clearingsysteme114. Die technische Abwicklung der Zahlungen erfolgt i. d. R. beleglos über das S.W.I.F.T. System115. In der durch das S.W.I.F.T. System übermittelten Zahlungsnachricht sind alle Angaben zur Ausführung der Überweisung im Empfängerland enthalten. Neben Daten von Auftraggeber und Empfängerbank sind dies vor allem Datum, Währung, Betrag, Angaben über Auftraggeber und Begünstigten sowie Verwendungszweck116. Lediglich die Daten über Geschäftsart, Währung und Korrespondenzbank werden verschlüsselt übertragen. Da S.W.I.F.T. kein Clearing System ist, erfolgt die anschließende Verrechnung der Zahlungen über die zwischen den Korrespondenzbanken geführten Konten, ein weiteres eingeschaltetes Kreditinstitut oder über eines der Clearingsysteme117. Auslandszahlungen durch Überweisungen werden im Zahlungsverkehr der deutschen Kreditinstitute entweder durch eine EU-Standardüberweisung oder durch einen Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr durchgeführt118. EUStandardüberweisungen sind in der Regel schneller und kostengünstiger als die Überweisung mittels Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr. Während der Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr grundsätzlich für alle Auslandszahlungen verwendet werden kann119, müssen für die EU-Standardüberweisung bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. So haben Euro-Überweisungen auf Euro zu lauten und können grundsätzlich nur in die EU-Staaten 113 I.d.R. umfassen solche Regelungen Vereinbarungen über das Korrespondentenverhältnis der Banken, den Austausch von Unterschriftenverzeichnissen und Telegrammschlüsseln, die Einrichtung von Konten sowie die gegenseitige Einräumung von Krediten. 114 Vgl. Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 476. Die gebräuchlichsten Clearingsysteme zur Abwicklung von Auslandszahlungen sind TARGET (Transeuropean Automated Real-time Gross-Settlement Express Transfer), und ferner Euro 1 und Step 2 der privaten Clearingorganisation Euro Banking Association (EBA). Am Clearingsystem TARGET nehmen nur die EU-Länder teil. 115 S.W.I.F.T. (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) ist eine Gesellschaft, die ein internationales Datenfernübertragungsnetz für Nachrichten von Kreditinstituten an Kreditinstitute betreibt. Mitglieder und Träger der Gesellschaft sind Kreditinstitute. Über das S.W.I.F.T. System werden vor allem Kundenzahlungen ins Ausland vorgenommen. 116 Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 480. 117 Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 481. 118 Neben der Auslandsüberweisung und der Ausstellung eines Schecks gibt es noch die Möglichkeit der Zahlung mittels internationalem Zahlungsauftrag (IPI = International Payment Instruction). Da dieser jedoch nur für grenzüberschreitende Zahlungen in Europa eingesetzt werden kann und von ausländischen Rechnungsstellern an inländische Kunden verschickt wird, soll diese Möglichkeit des Geldtransfers nicht weiter betrachtet werden. Vgl. zum gesamten Komplex Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 478 ff. 119 Siehe dazu: Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 478.

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

sowie Norwegen, Island und Liechtenstein gesendet werden. Die standardisierte Euro-Überweisung setzt zudem die Angabe der International Bank Account Number (IBAN) des Begünstigten sowie des Bank Identifier Code (BIC) des Kreditinstitutes des Begünstigten voraus. Die Betragsgrenze für EU-Standardüberweisungen wurde zum 01. Januar 2006 von bisher 12.500 Euro auf 50.000 Euro angehoben120. Für alle Überweisungen, die nicht die Voraussetzungen für eine EU-Standardüberweisung erfüllen, muss dem Kreditinstitut weiterhin der wesentlich umfangreichere Vordruck Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr erteilt werden. Grundsätzlich muss ab einem Betrag in Höhe von 12.500 Euro gemäß §§ 59 ff. Außenwirtschaftsverordnung (AWV) eine Meldung über die Auslandszahlung an die Deutsche Bundesbank zur Außenwirtschaftsstatistik gemacht werden121. Diese Verpflichtung besteht auch nach der Anhebung der Betragsgrenze für EU-Standardüberweisungen auf 50.000 Euro, also solche Zahlungen, die unter die EU-Preisverordnung122 fallen, unverändert weiter. Da der Vordruck für die EU-Standardüberweisung im Gegensatz zum Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr keinen Meldeteil für die Außenwirtschaftsstatistik enthält, muss in diesen Fällen der Auftraggeber der Zahlung die Meldung an die Bundesbank selber – losgelöst von der Erteilung des Auftrags an seine Bank – vornehmen123. c) Dauer Die Überweisungsdauer (Ausführungsfrist) ist in § 676a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Nach § 676a Abs. 2 BGB sind Überweisungen grundsätzlich baldmöglichst zu bewirken, soweit keine anderen Fristen vereinbart werden. Bei grenzüberschreitenden Überweisungen innerhalb der EU und Vertragsstaaten des europäischen Wirtschaftraums124, die auf deren Währung oder Wäh120 Vgl. insoweit Art. 3 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2560/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 2001über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro. 121 Aufgrund der Meldungen über den Außenwirtschaftsverkehr wird die Zahlungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland erstellt. Hier werden alle wirtschaftlichen Transaktionen zwischen Inland und Ausland in einem bestimmten Zeitraum aufgezeichnet. 122 Verordnung (EG) Nr. 2560/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 2001über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro. 123 Bei Erteilung eines Zahlungsauftrages im Außenwirtschaftsverkehr wird der Meldeteil über die ausführende Bank an die Bundesbank weitergeleitet. 124 EU-Staaten sind derzeit: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich, Finnland, Italien, Irland, Griechenland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechi-

D. Vorstellung verschiedener Geldtransferakteure und -systeme

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rungseinheit oder auf Euro lauten, beträgt die Regelausführungsfrist bis zur Gutschrift auf dem Konto des Empfängerinstituts fünf Bankgeschäftstage – hierbei sind Samstage und die landesüblichen Bankgeschäftstage zu berücksichtigen125. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Name des Überweisungsempfängers, sein Konto, sein Kreditinstitut und die sonst zur Ausführung der Überweisungen erforderlichen Unterlagen dem überweisenden Kreditinstitut vorliegen und ein zur Ausführung der Überweisung ausreichendes Guthaben vorhanden oder ein ausreichender Kredit eingeräumt ist. Spätestens einen Werktag nach der Ankunft der Überweisung beim empfangenden Kreditinstitut muss der überwiesene Geldbetrag dem Konto des Empfängers gutgeschrieben werden (Wertstellungszeitpunkt). Längere Fristen können vereinbart werden. Für Überweisungen in Nicht-EU/EWR Staaten gibt es keine gesetzlichen Ausführungsfristen. Sie sind entsprechend § 676a Abs. 2 BGB baldmöglichst zu bewirken. Die Gründe für die fehlenden verbindlichen Vorgaben liegen vor allem in den unterschiedlichen Abrechnungssystemen der jeweiligen Länder. Grundsätzlich wird für derartige Überweisungen jedoch von einer längeren durchschnittlichen Ausführungsdauer als fünf Bankgeschäftstage ausgegangen werden müssen. Grund für die längere Ausführungsdauer von grenzüberschreitenden Überweisungen in Nicht-EU/EWR Staaten ist vor allem das Fehlen von grenzüberschreitenden Gironetzen der Banken126. Es ist grundsätzlich nicht möglich, mit jeder Bank eine Kontoverbindung zu unterhalten. Nur international tätige Banken haben die Möglichkeit, eine selbständige grenzüberschreitende Zahlungsabwicklung im eigenen Niederlassungsnetz durchzuführen. Kleinere, regional tätige Banken sind auf Verbindungen mit Korrespondenzbanken angewiesen, welche entsprechende Kontoverbindungen mit der Empfänsche Republik, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland, Ungarn, Zypern. EWR-Staaten sind derzeit: EU-Staaten und Liechtenstein, Norwegen und Island. 125 Innerhalb desselben Institutes in einer Haupt oder Zweigstelle (institutsintern) beträgt die maximale Ausführungsfrist einen Bankgeschäftstag; bei anderen institutsinternen Überweisungen beträgt die Ausführungsfrist zwei Bankgeschäftstage; bei Überweisungen zwischen verschiedenen Instituten in Deutschland beträgt die Ausführungsfrist drei Bankgeschäftstage. 126 Siehe dazu: Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 475. Für Zahlungen in Länder der EWU wird von Banken häufig das Echtzeit-Bruttoabwicklungssystem TARGET (Trans-European Automated Real-time Gross Settlemant Express Transfer) genutzt. Aufgrund einer einheitlichen Plattform für die Verarbeitung grenzüberschreitender Zahlungen können Beträge so innerhalb weniger Minuten nach Belastung des Zentralbankkontos der überweisenden Bank dem Zentralbankkonto der begünstigten Bank gutgeschrieben werden. Im Gegensatz zur Zahlungsabwicklung beispielsweise beim Hawala-Finanzsystem, bei dem nur Zahlungsspitzen ausgeglichen werden, handelt es sich bei TARGET um ein Bruttoabwicklungssystem, das heißt, jede Zahlung wird einzeltransaktionsorientiert bearbeitet.

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

gerbank pflegen. Trotz des Fehlens grenzüberschreitender Gironetze können so Überweisungen an alle Institute weitergeleitet werden127. Je nach Empfängerbank und Zielland können jedoch Zahlungsketten entstehen, an denen viele verschiedene Banken beteiligt sind128. Dies wirkt sich nicht nur auf die Ausführungsdauer grenzüberschreitender Überweisungen aus, sondern verursacht auch entsprechend höhere Kosten für eine Überweisung129. Auch der grenzüberschreitende Zahlungsausgleich gestaltet sich schwierig. Da sich die meisten Banken nur im begrenzten Maße international engagieren, können die bankeigenen Netze nicht benutzt werden130. Auch die Netze der Zentralbanken unterscheiden sich aufgrund unterschiedlicher Datei-Formate und verschiedener Abwicklungsmodalitäten stark voneinander. Die Verrechnung der Zahlungen erfolgt entweder über Korrespondenzbanken oder – vor allem bei Überweisungen innerhalb der EU – über Clearingsysteme131. Auch hierin liegt ein Grund für die lange Laufzeit und die relativ hohen Kosten von grenzüberschreitenden Überweisungen in das Nicht-EU Ausland. d) Kosten Die Kosten einer Überweisung (Entgelte und Auslagen) in das Ausland sind von Bank zu Bank unterschiedlich geregelt. Üblicherweise kombinieren Banken eine Mindestgebühr mit einer in der Höhe vom jeweiligen Überweisungsbetrag abhängigen prozentualen Gebühr132. Seit dem 1. Juli 2003 gelten für Kreditinstitute die Verpflichtungen der Verordnung (EG) Nr. 2560/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.12.2001 über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro, sofern es sich bei der eingereichten Überweisung um eine „EU-Standardüberweisung“ handelt. Die 127

Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 475. Die Zeit, In zehn Minuten um die Welt, Ausg. 49/2001. 129 Ebenda. 130 Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 475. 131 Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 476. Ein solches Clearing-System zur Abwicklung grenzüberschreitender Euro-Zahlungen zwischen den Ländern des EWR ist beispielsweise STEP2. Dieses Verfahren soll wesentlich zur Standardisierung, Laufzeitverkürzung und kostengünstigen Abwicklung von grenzüberschreitenden Überweisungen innerhalb des EWR beitragen. STEP2-Zahlungen können bis 20:00 Uhr per Datenfernübertragung im SWIFT-Format MT 103+ in den EMZ eingereicht werden. Die Bundesbank leitet die Zahlungen noch am Einreichungstag an STEP2 weiter. Dort werden sie über Nacht verarbeitet und am nächsten Geschäftstag ausgeliefert. Zahlungen, die die Bundesbank aus STEP2 heraus für indirekte Teilnehmer beziehungsweise im Rahmen ihrer Entry Point-Eigenschaft erhält, liefert sie noch am Mittag des Eingangstages – bei gleichzeitiger Gutschrift – per Datenfernübertragung an das begünstigte Kreditinstitut aus. 132 Sander, Capturing a Market Share? Migrant Remittance Transfers & Commercialisation of Microfinance in Africa, S. 10. 128

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EU-Standardüberweisung kann nur unter Angabe der Entgeltregelung „Entgeltteilung“ (sog. „Share“-Regelung) ausgeführt werden133. Hierbei trägt der Überweisende die Entgelte der Bank, der Begünstigte trägt die übrigen Entgelte und Auslagen. Sind diese Bedingungen erfüllt, wird die Überweisung wie eine inländische Überweisung bepreist. Nicht standardisierte Überweisungen und Überweisungen in so genannte Drittländer werden weiterhin nach billigem Ermessen der Bank behandelt und berechnet: Übernimmt der Auftraggeber sämtliche Gebühren (so genannte „OUR-Überweisung“), dürfen zwischengeschaltete Banken keine weiteren Entgelte verlangen, der Überweisungsbetrag muss ungekürzt beim Empfänger ankommen. Neben den Entgelten durch die eigene Bank kommen weitere, im Ausland anfallende Entgelte hinzu. Dies können insbesondere Entgelte durch Korrespondenten, Entgelte durch Drittbanken, wenn das Konto des Begünstigten nicht beim Korrespondenten, sondern bei einem anderen Kreditinstitut geführt wird, und ggf. anfallende zusätzliche Entgelte für spezielle Ausführungsanweisungen sein. Insgesamt können somit für den Auftraggeber mehrere, ggf. auch zeitlich auseinanderfallende Entgeltberechnungen anfallen. Für die Durchführung eines Zahlungsauftrages im Außenwirtschaftsverkehr wird die Bank regelmäßig ein von der Höhe des Überweisungsbetrages abhängiges Grundentgelt verlangen. Hinzu kommen in der Regel anfallende SWIFT Gebühren sowie Devisenan- und -verkaufsprovisionen sowie eine Fremdspesenpauschale134. Vor allem auf internationaler Ebene laufen Bestrebungen, die Kosten für internationale Überweisungen langfristig zu reduzieren. So will beispielsweise die US-Regierung die Kosten für internationale Überweisungen bis 2008 halbieren135. Die Gründe hierfür sind jedoch nicht nur im harten Wettbewerb der Konkurrenten zu suchen. Ziel der angestrebten Kostenreduktion ist es ebenfalls, informelle Kanäle wie das Hawala-System, die im Verdacht stehen, der Geldwäsche und Terrorfinanzierung zu dienen, auszutrocknen. 2. Money Remittance Agencies Für den Geldtransfer ins Ausland werden häufig auch Money Remittance Services wie beispielsweise Western Union, Money Gram, American Express 133

Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 478. Stichproben der Verfasserin in den Preis- und Leistungsverzeichnissen verschiedener deutscher Banken haben im Monat 03/2006 Grundgebühren von durchschnittlich 1,5 %, mind. 15,– EUR, SWIFT-Gebühren in Höhe von etwa 1,55 EUR, Devisenan- und -Verkaufsprovisionen von durchschnittlich 0,25 %, mind. 2,50 EUR, sowie Fremdspesenpauschalen von durchschnittlich 17,50 EUR ergeben. 135 Zum Folgenden: Beyerle, Der lange Geld-Treck nach Süden, in: Die Zeit vom 15.07.2004, Nr. 30, S. 21. 134

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und iKobo Money Transfer eingeschaltet136. Der Geldtransfer über Money Remittance Agencies unterscheidet sich vom klassischen Überweisungsverkehr der Banken vor allem dadurch, dass er nicht kontengebunden abläuft. Der Geldtransfer erfolgt in aller Regel mittels elektronischen Transfers von Bargeld. a) Funktionsweise und Kostenaspekte Nach Einzahlung eines Geldbetrages in einer Filiale eines Money Transmitters steht das Geld in der Regel innerhalb weniger Minuten im Empfangsland zur Abholung zur Verfügung137. Der Sender des Geldes füllt hierzu ein Formular aus, welches neben seinen eigenen Daten Angaben zum transferierenden Geldbetrag sowie zu Empfänger und Auszahlungsort des Geldes enthält. Je nach Höhe des eingezahlten Geldbetrages und staatlichen Vorgaben sind weitere Angaben erforderlich. In der Regel wird an den Sender des Geldes nach Annahme des Zahlungsauftrages eine so genannte Transaktionsnummer ausgehändigt, mittels derer sich der Empfänger des Geldes im Zielland das Geld in einer Filiale des Money Remitters auszahlen lassen kann. In Funktionsweise und Kostenaufwand unterscheiden sich die verschiedenen Anbieter von Money Remittance Services nur unwesentlich. Da für die vorliegende Untersuchung lediglich grundlegende Aspekte wie Funktionsweise, ungefähre Kosten und Infrastruktur interessieren, wird stellvertretend für die verschiedenen auf dem Markt tätigen Money Remittance Agencies im Folgenden lediglich Western Union als einer der bekanntesten und größten Money Transmitter für den Vergleich der verschiedenen Geldtransferakteure herangezogen. Western Union verfügt nach eigenen Angaben derzeit über mehr als 212.000 Anlaufstellen in 195 Ländern und Gebieten138. Um Geld ins Ausland zu transferieren, muss der Versender des Geldes einen Agenturpartner von Western Union aufsuchen. Agenturpartner in Deutschland sind vor allem die Deutsche Postbank AG, die Reisebank, American Express Foreign Exchange Services sowie einzelne Sparkassen. Nach Ausfüllen eines Datenerfassungsblattes und Vorlage eines gültigen Ausweisdokumentes wird der zu transferierende Betrag inklusive der Western Union Gebühr in der Regel in bar eingezahlt. Dem Versender des Geldes wird eine 10-stellige Geldtransferkontrollnummer (MTCN) übergeben. Bei dieser Nummer handelt es sich nicht um eine Geheimzahl oder einen Code, die den Empfänger des Geldes zur Abholung berechtigt. Die 10stellige Nummer soll lediglich die Auszahlung vereinfachen. Der Empfänger kann sich das Geld auch ohne Kenntnis dieser Nummer auszahlen lassen. 136

Suendorf, Geldwäsche, S. 174. Vgl. hierzu Suendorf, Geldwäsche, S. 174. 138 Vgl. hierzu und zum Folgenden die Angaben von Western Union auf http:// www.westernunion.com [Stand 22/10/2006]. 137

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Nach Angaben von Western Union steht das Geld dem Empfänger in der Regel innerhalb von 10 Minuten im Empfangsland zur Verfügung, wobei es alleine dem Geldversender obliegt, die Transferdaten an den Empfänger zu übermitteln. Der Empfänger kann das Geld in jeder Western Union Agentur im Empfangsland abholen. Zur Abholung des Geldes benötigt der Empfänger ein gültiges Ausweisdokument, die auszahlungsrelevanten Daten (Vorname und Nachname des Absenders, Höhe des erwarteten Betrages, Versandland) sowie zur Vereinfachung des Auszahlungsvorganges die Kontrollnummer (nicht obligatorisch). Die Höhe der Gebühren ist abhängig vom zu transferierenden Geldbetrag und variiert je nach Anbieter und Land139. Bei weltweit operierenden Money Transmittern wie Western Union oder MoneyGram liegen die Mindestgebühren für einen Transfer zurzeit bei etwa 15 US-Dollar140. Im Jahr 1998 entfielen auf eine Transaktion über Western Union durchschnittlich noch 9% Provision141. Zwar senkte beispielsweise Western Union in den letzten Jahren die Gebühren insbesondere für Transaktionen in stark nachgefragte Empfängerländer wie Ghana oder Nigeria teilweise erheblich142. Je nach Betrag fallen für eine Überweisung durchschnittlich immer noch 10 Prozent, manchmal sogar bis zu 20 Prozent des Überweisungsbetrags als Provision an143. Der Geldempfang ist in den meisten Ländern kostenfrei. Da die Geldtransfers jedoch üblicherweise in der Währung des Bestimmungslandes ausgezahlt werden, gibt es neben den Transfergebühren für jede Transaktion einen Wechselkurs, um die Gelder in ausländische Währungen umzurechnen. Die Differenz zwischen dem Wechselkurs, der dem Kunden angeboten wird, und jenem, den der jeweilige Money Transmitter erhält, wird gegebenenfalls zusätzlich zu der Überweisungsgebühr einbehalten. Grundsätzlich können über die Western Union Agenturen Gelder in beliebiger Höhe transferiert werden. Ab einem Betrag von 7.500 US-Dollar (dies entspricht etwa einem Betrag von 6.200 Euro) werden zusätzliche Sicherheitsprüfungen durchgeführt, die den gesetzlichen Regelungen des Einzahlungslandes entsprechen. Darüber hinaus muss der Geldversender die in den jeweiligen Auf139 Beispielrechnungen der Verfasserin für Überweisungen aus Deutschland ergaben Provisionen in Höhe von 8,50 Euro für einen Überweisungsbetrag ab 0,01 Cent bis zu einer Gebühr von 228,50 Euro für einen Überweisungsbetrag bis zu 6.110,00 Euro. Für bestimmte Länder gelten temporär abweichende Gebühren. Die abgerufenen Daten befinden sich auf dem Stand 03/2006. 140 Sander, Capturing a Market Share? Migrant Remittance Transfers & Commercialisation of Microfinance in Africa, S. 10. 141 Findeisen, WM 2000, 2125, 2132. 142 Sander, Capturing a Market Share? Migrant Remittance Transfers & Commercialisation of Microfinance in Africa, S. 10. 143 Sander, Capturing a Market Share? Migrant Remittance Transfers & Commercialisation of Microfinance in Africa, S. 10; Beyerle, Der lange Geld-Treck nach Süden, in: Die Zeit vom 15.07.2004, Nr. 30, S. 21.

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tragsländern geltenden gesetzlichen Bestimmungen (in Deutschland beispielsweise die Meldung im Außenwirtschaftsverkehr) einhalten. Nicht in allen Ländern und bei allen Agenturen können zudem Gelder in beliebiger Höhe transferiert werden. Die Betragsgrenzen sind abhängig von länderspezifischen Auszahlungsgrenzen. b) Rechtliche Grundlagen Das gewerbsmäßige Betreiben des Finanztransfergeschäftes zählt seit dem 1. Januar 1998 zu den sog. Finanzdienstleistungen (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG). Wer das Finanztransfergeschäft betreiben will, benötigt seit diesem Zeitpunkt eine schriftliche Erlaubnis der BaFin (§ 32 Abs. 1 KWG). Nach der weiten Definition des Finanztransfergeschäftes i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG unterfallen auch spezialisierte Money Remittance Agencies wie Western Union dem Begriff des Finanztransfergeschäfts: So umfasst das Finanztransfergeschäft im Zusammenhang mit der Durchführung von Zahlungsaufträgen nach den Ausführungen der BaFin144 u. a. „die Entgegennahme von Bargeld und die in der Regel taggleiche Auszahlung der entsprechenden Summe an den Empfänger in bar unter Nutzung eines eigenen Kommunikations-, Transfer- und Clearingnetzes“. Dabei ist es für die Qualifikation grundsätzlich unerheblich, ob der Finanzdienstleister im Rahmen der Transaktion mit Bargeld in Berührung kommt oder lediglich unbare Transaktionen durchführt145. Die rechtliche Einordnung der Tätigkeit der Money Remittance Agencies als Finanztransfergeschäft i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG hat Konsequenzen sowohl für die jeweiligen Dienstleister selbst, als auch für die Sender des Geldes, welche die Dienstleistungen in Anspruch nehmen. So unterliegen Money Remittance Agencies der laufenden Aufsicht durch die BaFin. Ebenso wie Kreditinstitute i. S. v. § 1 Abs. 1 KWG müssen die Finanzdienstleistungsinstitute gemäß § 25a Abs. 1 Nr. 3 KWG dafür Sorge tragen, dass die Aufzeichnungen über die ausgeführten Geschäfte eine lückenlose Überwachung durch die BaFin gewährleisten. Insbesondere haben die nach § 25a Abs. 1 Nr. 3 KWG zu fertigenden Aufzeichnungen darüber Auskunft zu geben, wer wann welche Summe an wen in wessen Auftrag übermittelt146. Die schrift144 BaFin, Schreiben vom 01.08.2006 zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG). 145 BaFin, Schreiben vom 01.08.2006 zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG). 146 Die genauen Anforderungen an die Aufzeichnungspflichten nach § 25a Abs. 1 Nr. 3 KWG haben sich nach Angaben der BaFin maßgeblich an der Generalklausel des § 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG zu orientieren. Die Generalklausel wird insbesondere

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liche Dokumentation einer Transaktion muss unabhängig davon, ob es sich um Gelegenheits- oder Dauerkunden handelt, im Einzelnen den Auftraggeber der Zahlung, d.h. Name, Vorname, Wohnort/Sitz, den Empfänger sowie den Transferweg bzw. die mit der Auszahlung beauftragte Person/Stelle umfassen147. Es wird deutlich, dass Geldtransfers über Money Transmitter zwar schneller, in der Regel aber auch teurer sind als beispielsweise Überweisungen über Kreditinstitute. Abgesehen von dem Umstand, dass bei einem Geldtransfer über Money Remittance Services das Unterhalten einer Kontoverbindung nicht erforderlich ist, sind ebenso wie bei einer Überweisung durch ein Kreditinstitut auch bei Inanspruchnahme von Money Transmittern recht aufwändige Formalitäten zu bewältigen. Insbesondere aus den Aufzeichnungspflichten nach § 25a Abs. 1 Nr. 3 KWG ergeben sich auch für den Auftraggeber der Transaktion mittelbar Mitteilungspflichten über die beabsichtigte Transaktion, die über die reinen zur Übermittlung erforderlichen Angaben hinausreichen, da es aufsichtsrechtliches Ziel beim Finanztransfergeschäft ist, Geldflüsse durch Schaffung einer lückenlosen Papierspur zwischen Auftraggeber und Empfänger einer Zahlung transparent zu machen148. 3. Mikrofinanzinstitutionen (MFI’s) Die Mikrofinanzierung hat zum Ziel, ärmeren Bevölkerungsgruppen – vorwiegend in den so genannten Entwicklungsländern – die keinen regelmäßigen Zugang zu Finanzdienstleistungen durch die klassischen Finanzinstitutionen haben, zu überschaubaren Konditionen den Zugang zu einem lokalen Finanzsystem zu ermöglichen149. Der Begriff „Mikrofinanzinstitutionen“ (MFI’s) dient als Sammelbegriff für eine Reihe von sich in Aufbau und Tätigkeitsfeldern teilweise stark unterscheidenden Finanzinstitutionen, deren überwiegender Geschäftszweck die Bereitstellung von Mikrofinanzdienstleistungen ist. Hierunter fallen vor allem Bankdienstleistungen wie Klein(st)kredite, Spareinlagen und Zahlungsverkehrsdienstdurch die Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche vom 30. Dezember 1997 konkretisiert. 147 BaFin, Schreiben vom 01.08.2006 zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG); vgl. zu den Verpflichtungen für Finanztransferdienstleister auch Deutsche Bundesbank, Übersicht über die wichtigsten Vorschriften für Finanzdienstleistungsinstitute und Wertpapierhandelsbanken. 148 Vgl. hierzu das Schreiben der BaFin vom 01.08.2006 zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG). 149 Terberger, Mikrofinanzierung: Allheilmittel gegen Armut?, in: Forschungsmagazin Ruperto Carola, 3/2002.

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leistungen150. Teilweise bieten MFI’s auch ein breiter gefasstes Spektrum von Dienstleistungen an. Dazu gehören z. B. Versicherungsleistungen, aber auch Geschäftsberatung und Fortbildungsmaßnahmen151. Vor allem mit der Vergabe von Mikrokrediten sollen Kleinstunternehmer und Kleinstbauern in die Lage versetzt werden, in ihre Familienbetriebe zu investieren und sie aus dem Schatten der Subsistenzwirtschaft herauszuführen; die Rolle der MFI’s ist insoweit mit der Rolle von deutschen Sparkassen und Darlehensgenossenschaften im 19. Jahrhundert vergleichbar152. Vor allem in Lateinamerika, Asien und Afrika gelten MFI’s als vielversprechender Weg aus der Armut und zu wirtschaftlicher Entwicklung153. Die verschiedenen Arten von Mikrofinanzinstitutionen lassen sich in fünf Hauptkategorien zusammenfassen: Genossenschaften, Solidaritätsgruppen, Dorfbanken, ein Verknüpfungsmodell und Mikrofinanzbanken154. Mikrofinanzbanken sind formelle Geldtransferakteure, die direkt oder über die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen Mikrofinanzprodukte anbieten155. MFI’s sind aber auch im nur teilweise regulierten semiformellen sowie im informellen Sektor zu finden. Semi-formelle Formen von MFI’s sind vor allem Genossenschaften, Dorfsparkassen und Postbanken. Semi-formelle Mikrofinanzinstitutionen sind zwar als Finanzinstitutionen anerkannt, unterliegen aber nicht derselben Rahmengesetzgebung wie die formellen Banken156. MFI’s im informellen Sektor sind beispielsweise Spar- und Kreditgruppen157. Spar- und Darlehensgenossenschaften agieren geographisch beschränkt, haben durch den Beitritt zu einer regionalen Union oder einem nationalen Verband jedoch die Möglichkeit, technische Unterstützung und Refinanzierung zu erfah-

150 Ledgerwood, Microfinance Handbook: An Institutional and Financial Perspective – Sustainable Banking with the Poor, S. 64. 151 Ledgerwood, Microfinance Handbook: An Institutional and Financial Perspective – Sustainable Banking with the Poor, S. 65. 152 Friedrich Wilhelm Raiffeisen entwickelte damals zum Zwecke der Selbsthilfe ein vergleichbares Konzept, um die arme ländliche Bevölkerung aus der Abhängigkeit von wucherischen Geldverleihern zu befreien. Um das Kapital dort nutzbar machen zu können, wo es erarbeitet wurde, sammelte er Gelder der Dorfgemeinschaft in Form von Spareinlagen und lieh es gegen Sicherheiten zu günstigen Bedingungen im Ort wieder aus. 153 Terberger, Mikrofinanzierung: Allheilmittel gegen Armut?, in: Forschungsmagazin Ruperto Carola, 3/2002. 154 Zeller/Lapenu, Institutionelle Diversität im Mikrofinanz-Bereich ist gefragt, E+Z Nr. 11, November 2000, S. 310–312. 155 Felber, The money of the migrants, S. 3. 156 Ledgerwood, Microfinance Handbook: An Institutional and Financial Perspective – Sustainable Banking with the Poor, S. 101 f. 157 Ledgerwood, Microfinance Handbook: An Institutional and Financial Perspective – Sustainable Banking with the Poor, S. 104 f.

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ren158. Die Dienstleistungen sind auf finanzielle Dienstleistungen beschränkt; vor allem in Afrika und Lateinamerika bieten verschiedene Spar- und Darlehensgenossenschaften ihren Mitgliedern auch das Überweisungsgeschäft als Service an159. Entsprechend dem Modell der deutschen Spar- und Darlehensgenossenschaften aus dem 19. Jahrhundert sind die Genossenschaftsmitglieder die Eigentümer und tragen zum Stammkapital durch Anteilscheine bei; die verwendeten Gelder stammen vorwiegend aus den Einlagen der Mitglieder160. Eine weitere Hauptkategorie von MFI’s sind die Solidaritäts(kredit)gruppen. Wie schon bei den Spar- und Darlehensgenossenschaften handelt es sich bei den Solidaritätsgruppen um Mitgliederorganisationen. Eine Solidaritätsgruppe wird in der Regel aus drei bis zehn Mitgliedern gebildet, um Zugang zu einem von einer Bank oder von einer Entwicklungshilfeorganisation gegebenen Kredit zu erhalten. Die Gruppenmitglieder übernehmen eine gemeinschaftliche Garantie für die Rückzahlung der Kredite; Entscheidungen werden von der kreditgebenden Organisation getroffen. Dorfbanken stellen eine Art Zwischenform zwischen Genossenschaften und Solidaritätsgruppen dar161. Bei diesem System schließen sich die Bewohner eines Dorfes zusammen, um ein System gemeinschaftlicher Spar- und Kreditdienstleistungen aufzubauen, wobei die Refinanzierung auch bei diesem System regelmäßig über Banken oder andere Geberorganisationen erfolgt. Ein Vorteil der Dorfbanken liegt darin, dass sie unabhängig von Strukturen auf höherer Ebene agieren, weshalb Dorfbanken auch in abgelegenen Gebieten existieren. Vielfach bestehen jedoch Geschäftsbeziehungen zu Banken, um die Aufnahme höherer Kredite zu ermöglichen oder ihren Mitgliedern weitere Zahlungsverkehrsdienstleistungen wie den Überweisungs- und Scheckverkehr ermöglichen zu können162. Das Verknüpfungsmodell orientiert sich an den informellen Spar- und Kreditvereinigungen. Ziel dieses Systems ist es, die Stärken des informellen Systems wie Kundennähe, Flexibilität und Erreichbarkeit der Armen mit denen des formellen Systems (Ermöglichung höherer Kredite, Kapitalausgleich und überregionale Verfügbarkeit) zu kombinieren163. Zu diesem Zweck schließen die Mit158 Zeller/Lapenu, Institutionelle Diversität im Mikrofinanz-Bereich ist gefragt, E+Z Nr. 11, November 2000, S. 310–312. 159 Felber, The money of the migrants, S. 3. 160 Zum Folgenden: Zeller/Lapenu, Institutionelle Diversität im Mikrofinanz-Bereich ist gefragt, E+Z Nr. 11, November 2000, S. 310–312. 161 Zum Folgenden: Zeller/Lapenu, Institutionelle Diversität im Mikrofinanz-Bereich ist gefragt, E+Z Nr. 11, November 2000, S. 310–312. 162 Ledgerwood, Microfinance Handbook: An Institutional and Financial Perspective – Sustainable Banking with the Poor, S. 75. 163 Zum Folgenden: Zeller/Lapenu, Institutionelle Diversität im Mikrofinanz-Bereich ist gefragt, E+Z Nr. 11, November 2000, S. 310–312.

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glieder der Gruppe einen Gruppenvertrag mit einer formellen Bank, die der Gruppe im Gegenzug Bankdienstleistungen gewährt. Das Modell der Mikrofinanzbank kommt dem der „klassischen“ Banken am nächsten. Im Gegensatz zu den anderen vier Modellen sind Mikrofinanzbanken in der Regel nicht als Mitgliederorganisation ausgestaltet, sondern erreichen die Kundenbindung über Vertragsschlüsse164. Vor allem die Mikrofinanzbanken bieten neben anderen Bankdienstleistungen auch das Überweisungsgeschäft für ihre Kunden an165. Mit der Nähe zu dem System der „klassischen“ Banken übernehmen viele Mikrofinanzbanken auch eine Schwäche des klassischen Bankensystems: eine schlechtere Erreichbarkeit in besonders ländlichen Gegenden. Mikrofinanzbanken sind aufgrund ihrer Ausgestaltung vor allem in städtischen Gebieten von Schwellenländern oder weniger armen Entwicklungsländern vertreten166. Bei weit verstreuten Siedlungen, schlechter Verkehrsanbindung oder hoher Analphabetenrate sind daher regional begrenzte Mitglieder-Organisationen häufig attraktiver für die Nutzer167. Auch wenn bereits einige Mikrofinanzinstitutionen ihren Mitgliedern bzw. Kunden Zahlungsverkehrsservices anbieten168, ist für die Durchführung solcher Dienstleistungen regelmäßig eine Verbindung zu mindestens einer formellen Bank erforderlich169. Die meisten dieser MFI’s sind daher entweder lizenzierte Banken oder unterhalten vertragliche Beziehungen zu einer Bank oder einem Money Transmitter170. Ein Beispiel hierfür ist die Kenya Post Office Saving Bank, die eine Partnerschaft mit Western Union eingegangen ist171. Weitere Beispiele von MFIs, die für ihre Kunden das Überweisungsgeschäft anbieten, sind die Nationale Mikrofinanzbank Tansanias, die Mikrofinanzvereinigung von Uganda, die hundertjährige ländliche Entwicklungsbank in Uganda sowie die Teba Bank für Minenarbeiter in Südafrika172. Beispiele in Lateinamerika sind die Banco Solidario in Ecuador und PRODEM in Bolivien173. Mitglieder der Weltvereinigung der Kreditgenossenschaften (WOCCU)174 haben zudem die 164

Ebenda. Felber, The money of the migrants, S. 3. 166 Zeller/Lapenu, Institutionelle Diversität im Mikrofinanz-Bereich ist gefragt, E+Z Nr. 11, November 2000, S. 310–312. 167 Ebenda. 168 Felber, The money of the migrants, S. 3. 169 Ledgerwood, Microfinance Handbook: An Institutional and Financial Perspective – Sustainable Banking with the Poor, S. 75. 170 Felber, The money of the migrants, S. 3. 171 Ebenda. 172 Sander, Capturing a Market Share? Migrant Remittance Transfers & Commercialisation of Microfinance in Africa. S. 11. 173 Sander, Capturing a Market Share? Migrant Remittance Transfers & Commercialisation of Microfinance in Africa. S. 11. 174 Abk. für World Council of Credit Unions. 165

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Möglichkeit, am internationalen Zahlungsverkehr über das Überweisungsnetzwerk IRNet175 von WOCCU teilzunehmen176. IRNet arbeitet unter anderem mit den Money Transmittern VIGO und Moneygram zusammen. Zwar sind die meisten MFI’s bedingt durch die Entwicklungsgeschichte der Mikrofinanzierung so genannte „Non-Profit-Organisationen“ und werden häufig von dritter Seite subventioniert; dennoch bedeutet dies nicht automatisch, dass die Nutzer Bankdienstleistungen zu günstigeren Konditionen erhalten177. Die Schaffung eines Zugangs zu Finanzdienstleistungen für ärmere Bevölkerungsschichten in entlegenen Gegenden ist aufwendig und bezogen auf die geringen nachgefragten Volumina teuer178. So sind MFI’s zumindest nicht das Mittel der Wahl, um ärmere Bevölkerungsgruppen mit gut erreichbaren Transferservices zu günstigen Konditionen zu versorgen179. Dennoch werden MFI’s als Chance gesehen, da sie Menschen einen Zugang zu Bankdienstleistungen verschaffen, die sonst von diesem Markt ausgeschlossen sind180. Des Weiteren ist es vor allem die größere Nähe zu den Kunden – sowohl räumlich als auch servicetechnisch gesehen –, welche die Einbeziehung von MFI’s in den Überweisungsmarkt zu einer bedenkenswerten Alternative macht181. Es gibt jedoch ebenfalls Aspekte, die eine (stärkere) Eingliederung von MFI’s in den internationalen Überweisungsmarkt erschweren. Häufig erfüllen MFI’s weder aufsichtsrechtliche noch gesetzliche Erfordernisse, um Bankdienstleistungen im engeren Sinne anzubieten. Auch fehlt es vielen MFI’s an den technischen, organisatorischen und logistischen Voraussetzungen, um lokale und grenzüberschreitende Transferservices anzubieten. So agieren MFI’s regelmäßig lediglich lokal begrenzt und sind nicht Teil nationaler oder internationaler Überweisungsnetzwerke, welche die Teilnahme am Überweisungsverkehr ermöglichen würden. Trotz dieser Nachteile verfügen Mikrofinanzinstitutionen, die Zahlungsverkehrsdienstleistungen anbieten, auf dem Überweisungsmarkt vor allem bei 175

IRNet steht für International Remittance Network. Vgl. hierzu auch Ledgerwood, Microfinance Handbook: An Institutional and Financial Perspective – Sustainable Banking with the Poor, S. 118. 177 Terberger, Mikrofinanzierung: Allheilmittel gegen Armut?, in: Forschungsmagazin Ruperto Carola, 3/2002. 178 Vgl. Terberger, Mikrofinanzierung: Allheilmittel gegen Armut?, in: Forschungsmagazin Ruperto Carola, 3/2002: Zinssätze für Mikrokredite von mehr als 40% p.a. sind keine Seltenheit. 179 Sander, Capturing a Market Share? Migrant Remittance Transfers & Commercialisation of Microfinance in Africa, S. 13. 180 Terberger, Mikrofinanzierung: Allheilmittel gegen Armut?, in: Forschungsmagazin Ruperto Carola, 3/2002. 181 Zum Folgenden: Sander, Capturing a Market Share? Migrant Remittance Transfers & Commercialisation of Microfinance in Africa, S. 12. 176

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innerstaatlichen und regional begrenzten Überweisungen über ein wachsendes Potential182. So wird erwartet, dass Mikrofinanzinstitutionen und Kreditvereinigungen unter bestimmten Voraussetzungen dazu geeignet sind, zukünftig eine Schlüsselstellung in der Finanzintermediation und im Überweisungsgeschäft in ländlichen Gebieten von Schwellen- und Entwicklungsländern einzunehmen183. 4. Wechselstuben Wechselstuben können nicht nur zum Umtausch von in- und ausländischem Bargeld genutzt werden. Auch der grenzüberschreitende Geldtransfer ist über viele Wechselstuben möglich184. In einigen Ländern nehmen Wechselstuben telegraphische Geldüberweisungen entweder direkt mit anderen Wechselstuben im gleichen Land oder im Ausland vor, oder sie bedienen sich konventioneller Finanzinstitutionen, wie beispielsweise Banken oder Money Transmittern185. Der Zahlungsverkehr zwischen Wechselstuben und Banken gilt insoweit als Bankenzahlungsverkehr, womit für die Banken die Prüfungspflichten hinsichtlich der wirtschaftlich Berechtigten nach § 8 Abs. 2 GwG entfallen186. Funktionsweise, Kosten und Abläufe ähneln regelmäßig weitgehend denen der Bereiche der Banken und Money Transmitter und sollen daher an dieser Stelle nicht gesondert beschrieben werden. In Deutschland tätige Wechselstuben betreiben grundsätzlich das Sortengeschäft187, sind damit Finanzdienstleistungsinstitute i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 7 KWG und unterfallen bereits deswegen in Deutschland der Aufsicht der BaFin. Besorgen Wechselstuben darüber hinaus gewerbsmäßigen, insbesondere nicht kontengebundenen Transfer von Geld als Dienstleistung für andere, betreiben sie ebenfalls das Finanztransfergeschäft i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG. Auf die unter Teil 2, C. I. 2. b) gemachten Ausführungen wird hiermit Bezug genommen. 5. Islamic Banking und Islamic Finance Betrachtet man den Umstand, dass eine große Zahl an Nutzern sowohl des Hawala-Finanzsystems, als auch verschiedener anderer alternativer Überwei182 183

Felber, The money of the migrants, S. 3. Pearce/Davis/Onumah/Butterworth, Making rural finance count for the poor,

S. 18. 184

FATF Report on Money Laundering Typologies 2003–2004, S. 4. Vgl. hierzu Suendorf, Geldwäsche, S. 170. 186 Suendorf, Geldwäsche, S. 170. 187 Das Sortengeschäft umfasst den Austausch von Banknoten oder Münzen, die gesetzliche Zahlungsmittel darstellen sowie den Verkauf und Ankauf von Reiseschecks. 185

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sungssysteme Muslime sind188, kommen neben anderen Faktoren auch ideologische bzw. religiöse Gründe für die Bevorzugung bestimmter alternativer Überweisungssysteme gegenüber herkömmlichen Finanztransfersystemen in Betracht. So könnte die Nutzung vor allem des Hawala-Finanzsystems nicht zuletzt in einem Mangel an Vertrauen in die Organisation des westlichen Bankensystems, das im Gegensatz zur religiösen Auffassung vieler Muslime steht, begründet sein189. Vor diesem Hintergrund soll im Folgenden ein Überblick über legale Möglichkeiten, grenzüberschreitende Transaktionen ohne Einschaltung des westlichen Bankensystems und im Einklang mit den Bestimmungen des Korans durchzuführen, gegeben werden. Etwa 20% der Weltbevölkerung sind Muslime. Alleine in Deutschland lebten im Jahr 2004 etwa 3,5 Millionen Muslime verteilt auf rund 800.000 Haushalte190. Mittlerweile bieten daher auch in Deutschland und Europa verschiedenste Finanzinstitutionen Finanzdienstleistungen nach islamischen Prinzipien an191. Zusammengefasst werden diese Bankgeschäfte im Einklang mit den Bestimmungen des islamischen Rechts als Islamic Banking bezeichnet192. Die Weisungen des Korans zur Ausgestaltung des wirtschaftlichen Lebens haben das islamische Finanzwesen bis zum heutigen Tage entscheidend beeinflusst193. Grundgedanke von Islamic Banking und Islamic Finance ist das islamische Verbot des ribâ, was übersetzt etwa Verbot des „Wuchers“ oder des „Zinses“ heißt194. Das Verbot des ribâ ist an verschiedener Stelle im Koran erwähnt, beispielsweise in Sure 2, Vers 275: „Gott hat den Kauf erlaubt und den ribâ verboten.“195

Nach überwiegender Auffassung umfasst dieses Verbot jede Art von Zins. Diese Auffassung liegt auch dem Islamic Banking zugrunde. 188 Vgl. insoweit BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 78, 79. Die Hawala-Finanzstrukturen werden vor allem für Überweisungen von Gastarbeitern an ihre Familien im Heimatland genutzt. Zielländer der Überweisungen sind zurzeit vor allem der Iran, Pakistan, Indien u. a. Im Zahlungsverkehr mit dem Iran und Pakistan übersteigen die Volumina oftmals die über offizielle Zahlungssysteme abgewickelten Transfers. 189 Vgl. hierzu Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 11. 190 Gassner, Islamic Banking, Die Bank 11.2004, 9, 11. 191 Gassner, Islamic Finance, S. 732. 192 Bälz, Islamic Banking, S. 2. 193 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 6. 194 Zum Folgenden: Bälz, Islamic Banking, S. 2. 195 Paret (Übers.), Der Koran, Sure 2, Vers 275. Vgl. hierzu auch: Paret, Der Koran. Kommentar und Konkordanz, Sure 2, Vers 275 m.w. N.

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

Neben der Herausgestaltung des Islamic Banking ist nach Schramm/Taube196 letztlich auch die Etablierung des Hawala-Systems als Arrangement mit den Weisungen des Korans zu verstehen. So habe vor allem das Zinsverbot sich von modernen marktwirtschaftlich ausgerichteten Wirtschaftsordnungen unterscheidende Lösungen erzwungen. In der frühmittelalterlichen Handelsgesellschaft des Vorderen und Mittleren Orients wurden schließlich verschiedenste Formen von Verkäufen mit verzögerten Zahlungen sowie Wechselgeschäfte zu den gebräuchlichsten Instrumenten des Zahlungsverkehrs, bis sich schließlich in diesem Prozess Hawala als leistungsfähiges System etablierte197. Auflagernd auf dem islamischen Zinsverbot hat sich eine Reihe islamischer Finanzierungsmodelle entwickelt, bei denen es sich jedoch nicht um bloße Umgehungsgeschäfte handelt, mit denen das Zinsverbot umgangen werden soll, sondern weitgehend um alternative Finanzierungsformen mit eigenen Risiken198. So sind beispielsweise nach islamischem Recht Miete (Ijara) und Aufpreisfinanzierung mit Zahlungsaufschub (Murabaha) ausdrücklich erlaubt199. Während somit Geldmittelkredite nur zinslos vergeben werden dürfen, basieren Sachmittelkredite auf erlaubtem Gewinn und nicht auf verbotenem Zins200. Zwar werden durch das islamische Zinsverbot die hier vor allem interessierenden Transaktionen im Rahmen des Girogeschäftes nicht unmittelbar berührt. Islamische Banken, die Dienstleistungen im Einklang mit dem islamischen Recht anbieten, müssen jedoch bei allen Bankgeschäften, und somit auch bei der Durchführung grenzüberschreitender Transaktionen für ihre Kunden bestimmte ethische Grundprinzipien einhalten201. Diese gebieten vor allem das Einhalten von Verträgen und Zusagen, das Verbot der Übervorteilung sowie die Entrichtung einer „Zakat“ genannten Sozialabgabe. Diese Sozialabgabe ist auf das Vermögen zu zahlen und steht den Armen als Recht zu. Insoweit ergeben sich zumindest mittelbar auch Auswirkungen auf das Girogeschäft. Bestimmte Bankkunden, die Wert auf die Einhaltung dieser ethischen Grundprinzipien legen, werden neben anderen Bankgeschäften auch das Überweisungsgeschäft nur über Finanzinstitute abwickeln wollen, die diese ethischen Prinzipien einhalten bzw. Bankgeschäfte insgesamt nur in Übereinstimmung mit dem islamischen Recht anbieten.

196 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 6. 197 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 6. 198 Bälz, Islamic Banking, S. 5. 199 Gassner, Islamic Finance, Die Bank 11/2003, 732. 200 Gassner, Islamic Finance, Die Bank 11/2003, 732. 201 Zum Folgenden: Gassner, Islamic Finance, Die Bank 11/2003, 733.

D. Vorstellung verschiedener Geldtransferakteure und -systeme

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Die Entscheidung gegen das westliche Bankensystem und beispielsweise für Islamic Banking oder auch das islamische Hawala könnte für bestimmte Nutzer somit durchaus religiös oder ethisch motivierte Gründe haben, zumal gerade das Hawala-Finanzsystem weitgehend auf ethnischer Loyalität beruht202. Es ist jedoch zu beachten, dass die Regeln der Scharia203 nicht von allen Wirtschaftssubjekten als verbindlich betrachtet werden, womit die Scharia eine regelnde Funktion nur in Fällen übernehmen kann, in denen die Gültigkeit der rechtlichen Prinzipien von den Teilnehmern des Wirtschaftsverkehrs anerkannt wird204. Nach Schramm/Taube zeichnet sich dennoch ein großer Teil der Hawala-Netzwerke durch die strikte Beachtung des islamischen Rechtes aus. Diese Netzwerke haben die Scharia für sich und ihre Mitglieder als verbindlich erklärt und befolgen deren Regeln. Betrachtet man den Umstand, dass Transaktionen über alternative Überweisungssysteme in den meisten Fällen keiner staatlichen Regulierung oder Kontrolle unterworfen sind, kann die Scharia dabei helfen, den sicheren Ablauf der Transaktionen zu gewährleisten, wenn die Mitglieder der Netzwerke die Regeln der Scharia als für sich verbindlich betrachten205. Für einen Teil der Nutzer alternativer Überweisungssysteme wie Hawala, die die Regeln der Scharia als gleichwertig oder höherrangig im Vergleich zu staatlichen Regelungen einstufen, kann dies einen Grund darstellen, sich für eine alternative (Scharia konforme) Methode des Geldtransfers und gegen offizielle Finanztransferdienstleister zu entscheiden. Andererseits ist zu beachten, dass insbesondere das Hawala-Finanzsystem nicht mit Islamic Banking vergleichbar ist und keine richtige Alternative darstellt, wenn es darum geht, Finanztransaktionen im Einklang mit den Bestimmungen des Korans zu tätigen. Denn es erscheint zumindest fraglich, ob Transaktionen im Hawala-Finanzsystem in jedweder Hinsicht als Scharia konform zu betrachten sind. Nach der Scharia sind Zahlungssysteme unter Einschaltung

202

Jean/Rufin, Ökonomie der Bürgerkriege, S. 435. Die Schari’a bzw. deutsch Scharia ist eine religiöse Pflichtenlehre, die die Regelung aller Bereiche des menschlichen Daseins anstrebt. Sie umfasst – nach abendländischem Verständnis – sowohl moralische als auch juristische Komponenten. In kasuistischem Aufbau bestimmt sie die Rechte und Pflichten des Menschen gegenüber anderen und gegenüber Gott. Trotz gelegentlicher Versuche ist die Schari’a nie kodifiziert worden, weshalb Detailfragen immer wieder durchaus strittig diskutiert werden. Die Pflege und Entwicklung der Schari’a obliegt der islamischen Jurisprudenz. Der Begriff „Schari’a“ erscheint in Sure 45, Vers 18 des Korans, woraus sich für Muslime der göttliche Ursprung der Schari’a herleitet. 204 Zum Folgenden: Schramm/Taube, IRFA, Evolution and institutional foundation of the hawala financial system, S. 413. 205 Schramm/Taube, IRFA, Evolution and institutional foundation of the hawala financial system, S. 413. 203

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

eines Geldagenten nur zulässig, wenn Geldforderungen quittiert werden206. Im Gegensatz hierzu wird bei Einschaltung von Geldagenten außerhalb des Bankensystems häufig nur auf das gesprochene Wort vertraut, was im Islam unzulässig ist207. Genau dies dürfte in der Regel auch bei Transaktionen über das Hawala-System der Fall sein. Da das Hawala-Finanzsystem ausschließlich auf dem Vertrauen der Teilnehmer und dem Gewohnheitsrecht basiert, gibt es in der Regel keine Aufzeichnungen über die Transaktionen208. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch eine Textpassage aus dem Koran zur schriftlichen Fixierung von Schuldforderungen: „Ihr Gläubigen! Wenn ihr auf eine bestimmte Frist ein Schuldverhältnis eingeht, dann schreibt es auf! Und ein Schreiber soll (es) in eurem Beisein aufschreiben, so wie es recht und billig ist. Und kein Schreiber soll sich weigern zu schreiben, so wie Gott es ihn gelehrt hat [. . .]. Er soll schreiben. Und der Schuldner soll diktieren und Gott, seinen Herrn, fürchten und nichts davon abzwacken. [. . .] Und laßt es euch nicht verdrießen, es aufzuschreiben, (die Summe sei) klein oder groß, (damit es) bis zu seiner Frist (festgelegt sei)! [. . .].“ (Der Koran, Sure 2, Vers 282) 209

Darüber hinaus haben längst nicht alle Moslems ein Interesse daran, ihre Bankgeschäfte im Einklang mit den Bestimmungen des Korans zu praktizieren210. So darf der Begriff des Islamic Banking nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich in der islamischen Welt mittlerweile ein modernes Bankwesen entwickelt hat, und die Mehrzahl der Banken konventionelle, auf Zinsbasis arbeitende Institute sind211. Letztlich dürften daher eher pragmatische als ideologische oder religiös motivierte Gründe bei der Entscheidung für die alternativen Überweisungssysteme im Allgemeinen und das Hawala-Finanzsystem im Besonderen ausschlaggebend sein.

II. Halbformelle Geldtransferakteure Es gibt grundsätzlich zahlreiche Möglichkeiten, Geld ins Ausland zu transferieren. Neben dem rechtlich geschützten und regulierten formellen Sektor und dem traditionellen, nicht regulierten informellen Sektor werden dem semifor206

Gassner, Islamic Finance, Die Bank 11/2003, 735. Gassner, Islamic Finance, Die Bank 11/2003, 735. 208 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking, S. 80. 209 Paret (Übers.), Der Koran, Sure 2, Vers 282. 210 Vgl. Gassner, Islamic Banking, Die Bank 11.2004, 9: Nach Schätzungen der Islamic Bank of Britain haben 20% der Muslime in Europa kein Interesse am Islamic Banking, während weitere 20% einen hohes Interesse an Islamic Banking bekunden. 60% seien noch unentschlossen. 211 Bälz, Islamic Banking, S. 2. 207

D. Vorstellung verschiedener Geldtransferakteure und -systeme

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mellen Sektor im Folgenden Geldtransferakteure zugeordnet, deren Tätigkeit nur in Teilen reguliert ist. Des Weiteren werden im Rahmen dieser Untersuchung solche Provider als halbformelle Anbieter bezeichnet, die weder eindeutig den formellen noch den informellen Geldtransferakteuren zugeordnet werden können. 1. Arten halbformeller Geldtransferakteure Mikrofinanzinstitutionen sind je nach Ausgestaltung der Einrichtung entweder den formellen Geltransferakteuren oder dem semiformellen Bereich zuzuordnen. Zum semiformellen Sektor zählen vor allem Genossenschaften, Nichtregierungsorganisationen (NROs), Dorfsparkassen und Postbanken212. Semi-formelle Mikrofinanzinstitutionen sind als Finanzinstitutionen anerkannt, unterliegen aber nicht derselben Rahmengesetzgebung wie formelle Bankdienstleister. Neben den Mikrofinanzinstitutionen sind weitere halbformelle Provider beispielsweise Kurierfirmen oder Busunternehmen213. Halbformelle Geldtransferakteure unterscheiden sich von den formellen Akteuren vor allem dadurch, dass der Geldtransfer über semiformelle Provider nur teilweise rechtlich geschützt und reguliert ist. Teilweise stellt der Geldtransfer nicht die Haupttätigkeit der Provider dar, sondern wird neben ihrer eigentlichen Tätigkeit, die ursprünglich nichts mit dem Geldtransfer zu tun hat, angeboten und durchgeführt. Für den Geldtransfer über halbformale Kanäle sind in der Regel weniger Formalitäten erforderlich als für den Transfer über formelle Akteure. Die Transaktionen sind jedoch in der Regel nicht in dem Maße vertrauensbasiert wie beispielsweise Transaktionen über die Familie oder auch das Hawala-Finanzsystem. Das so genannte „Koffergeschäft“ 214 kann unterschiedliche Erscheinungsformen annehmen. In der einfacheren Variante wird das Geld im wahrsten Sinne des Wortes mit dem Bus transportiert215. Von vielen Städten aus findet regelmäßig ein Bustransfer in angrenzende Staaten statt. Zielorte dieser Bustransporte sind häufig Städte in den ehemaligen Ostblockstaaten, wie Kiew, Sofia oder Belgrad. Neben dem Transport von Passagieren und Gepäck wird oftmals auch der Transport von Geld angeboten. Gegen durchschnittliche Transfergebühren von 5% verbringen Busfahrer mit Name, Adresse und Telefonnummer versehene Briefumschläge mit Geld an den jeweiligen Zielort. 212 Zum Folgenden: Ledgerwood, Microfinance Handbook: An Institutional and Financial Perspective – Sustainable Banking with the Poor, S. 101 f. 213 Felber/Ramm, Remittances von Migranten, S. 14. 214 Vgl. hierzu Findeisen, WM 2000, 2125, 2131. 215 Zum Folgenden: Beyerle, Der lange Geld-Treck nach Süden, in: Die Zeit vom 15.07.2004, Nr. 30, S. 21.

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

Geldbeträge werden jedoch nicht nur von Kurieren im Auftrag der Betreiber unmittelbar in bar entgegengenommen und am Zielort an den Empfänger des Geldes ausbezahlt216. Oft werden zu transferierende Geldbeträge zunächst auf Poolkonten bei deutschen Banken gesammelt und dann in bar abverfügt, um sie beispielsweise nach Mazedonien oder in den Kosovo zu verbringen217. Nach Angaben der BaFin werden für das Poolen von Geldern häufig auch Privatpersonen als so genannte „Finanzagenten“ angeworben, deren Aufgabe darin besteht, gegen eine Provision über das inländische Bankkonto Zahlungen Dritter entgegen zu nehmen und diese nach Abzug der versprochenen Provision möglichst umgehend per Bargeldversand an eine im Ausland befindliche Person zu überweisen218. 2. Rechtliche Einordnung Im Zusammenhang mit der Durchführung von Zahlungsaufträgen umfasst das Finanztransfergeschäft u. a. die Entgegennahme von Bargeld, dessen physischen Transport, ggf. auch in anderen Stückelungen und Währungen sowie die Übergabe an den Empfänger in bar219. Grundsätzlich ist damit auch das so genannte „Koffergeschäft“ als Finanztransfergeschäft i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG zu qualifizieren und unterfällt der Erlaubnispflicht durch die BaFin (§ 32 Abs. 1 KWG)220. Zwar stellt der physische Transport einer bestimmten Menge Bargeldes in einer konkreten Stückelung für Dritte noch keine erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung dar221. Beschränkt sich die Transporttätigkeit jedoch nicht auf eine einfache Botentätigkeit, sondern werden darüber hinaus Serviceleistungen für Dritte im Rahmen der Bargeldversorgung angeboten, bei denen Gelder verschiedener Auftraggeber zunächst gepoolt und die Wertsummen anschließend an die vom Auftraggeber bestimmten Empfänger bar oder unbar über Eigenkonten, Treuhandkonten etc. weitertransferiert werden, wird nach den Ausführungen der BaFin das Finanztransfergeschäft betrieben222. Abgrenzungskriterium ist damit, ob eine reine Botentätigkeit vorliegt, wie dies beispielsweise bei Werttransportunternehmen der Fall ist, oder ob der Pro216

Findeisen, WM 2000, 2125, 2131. Ebenda. 218 Vgl. hierzu BaFin, Schreiben vom 10.06.2005 zur Tätigkeit als „Finanzagent“. 219 Vgl. hierzu und zu den weiteren Voraussetzungen für die Beurteilung als Finanztransfergeschäft Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fülbier, KWG, § 1, Rn. 137–140. 220 Findeisen, WM 2000, 2125, 2131. 221 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fülbier, KWG, § 1, Rn. 139. 222 Findeisen, WM 2000, 2125, 2131; hierzu zuletzt auch BaFin, Schreiben vom 01.08.2006 zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG). 217

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vider des Transfergeschäftes Eigentum und Besitz an den Geldern erlangt, wovon regelmäßig auszugehen sein dürfte223. Schließlich benötigt nur eine schriftliche Erlaubnis der BaFin (§ 32 Abs. 1 KWG), wer das Finanztransfergeschäft gewerbsmäßig betreibt (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG). Ein gewerbsmäßiges Betreiben von Geschäften liegt vor, wenn der Betrieb auf eine gewisse Dauer angelegt ist und die Geschäfte mit der Absicht der Gewinnerzielung verfolgt werden224. Alternativ ist das Kriterium des Erfordernisses eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes heranzuziehen, wobei alleine entscheidend ist, ob die Geschäfte einen derartigen Umfang haben, dass objektiv eine kaufmännische Organisation erforderlich ist. Da die Provider von Geldtransferdienstleistungen für ihre Tätigkeit jedoch eine Provision erhalten, dürfte auch diese Voraussetzung regelmäßig erfüllt sein.

III. Informelle Geldtransferakteure Den informellen Geldtransferakteuren sind zunächst der Sender selbst sowie vor allem dessen Familie und Freunde zuzuordnen. Der Geldtransfer erfolgt hier regelmäßig physisch. Dies kann beispielsweise durch die Übersendung des Geldes in einem Brief oder durch eigenhändigen Transport bei einer Reise des Senders in das Zielland geschehen. Neben diesem privaten Bereich zählen vor allem die alternativen Überweisungssysteme zu den informellen Kanälen, über die das Geld zum Empfänger transferiert wird. Die Kosten für eine Überweisung über informelle Geldtransferakteure liegen durchschnittlich bei etwa 3–5% des Überweisungswertes225. 1. Hawala/Hundi Banking Auch wenn an späterer Stelle noch ausführlich auf das Hawala-Finanzsystem eingegangen werden wird, so soll bereits an dieser Stelle ein kurzer Einblick in Funktionsweise und Herkunft dieses Systems gewährt werden, um eine Einordnung in das Gefüge der anderen alternativen Überweisungssysteme, wie auch der „herkömmlichen“ Finanztransfersysteme zu ermöglichen.

223

Findeisen, WM 2000, 2125, 2131. BAKred, Informationsblatt 1/99 für inländische Unternehmen im Finanzdienstleistungssektor. Die BaFin geht von einem gewerbsmäßigen Betrieb bei 5 Transaktionen und einem Geschäftsvolumen von 5.000 Euro im Monatsdurchschnitt aus. Berechnungsgrundlage für das Geschäftsvolumen ist die Summe der eingehenden und ausgehenden Transaktionen, vgl. hierzu Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fülbier, KWG, § 1, Rn. 140. 225 Sander, Capturing a Market Share? Migrant Remittance Transfers & Commercialisation of Microfinance in Africa, S. 10. 224

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

Wie die meisten Systeme von Untergrundbanken basiert auch das bereits Hunderte von Jahren vor der Einführung westlicher Bankpraktiken entstandene und nach dem System der „zwei Töpfe“ 226 funktionierende Hawala-Finanzsystem weitgehend auf ethnischer Loyalität227. Dieses besondere Vertrauensverhältnis ist nicht streng an Verwandtschaft oder andere Beziehungen gebunden228. Da das System neben der noch zu untersuchenden Verbindung zu kriminellen Phänomenen vor allem von Emigranten genutzt wird, um Gelder an Verwandte oder Bekannte in der Heimat zu überweisen, ist das ursprünglich in Südasien beheimatete Hawala-System mittlerweile auf der ganzen Welt verbreitet229. Ursprünglich diente Hawala der einfachen Delegation von Zahlungen bzw. der Überschreibung von Schuldforderungen230. Basierend auf diesem Grundprinzip entwickelte sich hieraus im Laufe der Zeit ein komplexes Vertragsgeflecht zum grenzüberschreitenden Transfer von Geldern231. So soll Hawala beispielsweise als Namensgeber für den modernen Avalkredit gedient haben, der sich heute in seiner Funktionsweise von diesem jedoch deutlich unterscheidet232. Innerhalb der heutzutage existierenden modernen Hawala-Netzwerke werden Gelder zwischen so genannten „Hawaladars“, die die Gelder an einem Transaktionsort kassieren, und anderen „Hawaladars“, die die Gelder an einem anderen Transaktionsort verteilen, transferiert233. Einzelne Hawaladars arbeiten gewöhnlich unabhängig voneinander und sind nicht Teil einer größeren Organisation. Im Allgemeinen sind sie Händler oder Inhaber kleinerer Geschäfte wie Reise226 Der Begriff „System der zwei Töpfe“ wurde im so genannten Bosporus Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt a. M. erstmalig geprägt (88 Js 19670/4/93): Monetäre Zu- und Abflüsse verbleiben im „Topf“ des jeweiligen Finanzintermediärs. Nur wenn es zu Auszahlungsspitzen kommt, d. h. wenn ausnahmsweise nicht zu erwarten ist, dass sich ein Ausgleich der Ein- und Auszahlungen von selbst einstellt, wird in einem Clearingverfahren ein Ausgleich der Salden herbeigeführt. 227 Jean/Rufin, Ökonomie der Bürgerkriege, S. 435. 228 Findeisen, WM 2000, 2125, 2127; BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 79. 229 Findeisen, WM 2000, 2125, 2126; Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 4. 230 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 7. 231 Razavy, Hawala: An Underground haven for terrorists or social phenomenon?, in: Crime, Law and Social Change, Vol. 44, Number 3, Oct. 2005, S. 279; Schramm/ Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 7. 232 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 7. 233 Stellvertretend für viele: BMI AT, Im Schatten der Banken-„Hawala“: Anonyme Geldüberweisungen auf Vertrauensbasis in „Schattenbanken“ dienen auch der Geldwäsche.

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büros, Juweliere, Lebensmittelläden und Altwarenhändler, die die Hawala-Aktivitäten neben dem normalen Geschäftsablauf betreiben234. Hawala wird als effektives Verfahren zum Transfer von Geld angesehen. Die Transaktionen sind nur schwer nachzuvollziehen, weil Unterlagen entweder ganz fehlen oder auf eine bestimmte Art und Weise kodiert sind235. Wenn am Bestimmungsort des Geldes genügend Menschen bei einem anderen Hawaladar Geld nach Deutschland transferieren, werden die Summen durch die Hawaladare verrechnet; das Geld wechselt materiell i. d. R. nicht den Ort236. Da ständig Transaktionen zwischen den alternativen Überweisungssystemen erfolgen, müssen nur die Differenzen ausgeglichen werden. Der Geldausgleich kann über Bargeld oder Sachwerte wie Juwelen oder Gold erfolgen, die dem Geschäftspartner durch Kuriere gebracht werden. Für den Ausgleich der Differenzen werden teilweise auch die Wege über das herkömmliche Bankensystem genutzt237. Die Verrechnung erfolgt dann meist über die Ausstellung fingierter Rechnungen oder überhöhte oder niedrigere Rechnungen über ein tatsächliches Exportgeschäft238. 2. Schwarzmarkt-Peso-Tausch Der Schwarzmarkt-Peso-Tausch wird häufig in demselben Zusammenhang wie Hawala erwähnt, unterscheidet sich jedoch in Funktionsweise und Zweck vom Hawala-Finanzsystem. Auch der Schwarzmarkt-Peso-Tausch wird den informellen Wertübertragungssystemen (IVTS) zugeordnet239. Erst in jüngerer Zeit als Instrument für grenzüberschreitende Zahlungen genutzt, entwickelte sich der SchwarzmarktPeso-Tausch ursprünglich in Lateinamerika als paralleles Finanzsystem, um sowohl den legalen Handel als auch den Schmuggel zwischen Nord- und Südamerika zu fördern240. Die Entwicklung dieses Systems war eine Reaktion auf ausländische Devisen-Beschränkungen und in bestimmten Fällen auch auf die

234 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking, S. 80. 235 Beispiele bei: Interpol, The hawala alternative remittance system and its role in money laundering, Lyon, January 2000, Appendix C. 236 Stellvertretend für Viele: BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking, S. 78. 237 Vgl. o.V., Das illegale Überweisungsgeschäft wächst drastisch, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 03.11.2000, S. 25-26; BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking, S. 83. 238 Altenkirch, Techniken der Geldwäsche, S. 41; Findeisen, WM 2000, 2125, 2127. 239 Buencamino/Gorbunov, Informal Money Transfer Systems: Opportunities and Challenges for Development Finance, S. 4. 240 FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 5.

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Finanzsysteme, die nicht in der Lage waren, für einen zuverlässigen und zeitgerechten Kapitaltransfer zu sorgen241. Obwohl heutzutage eine enge Verflechtung zwischen dem SchwarzmarktPeso-Tausch und dem Rauschgifthandel nachgewiesen werden kann, wird dieses System auch von Gastarbeitern dazu benutzt, um Gelder in ihre Heimatländer zu überweisen242. Unternehmen nutzen das System ebenfalls, um Waren schneller zu bezahlen243. Beim Schwarzmarkt-Peso-Tausch gehen damit – wie bei den anderen Systemen auch – legale und illegale Nutzung des Systems ineinander über. Der Schwarzmarkt-Peso-Tausch ist heutzutage größtenteils auf Nord- und Südamerika beschränkt, reicht jedoch in einigen Fällen, die vor allem mit dem Rauschgifthandel in Verbindung gebracht werden, auch über Amerika hinaus244. Die Funktionsweise des Schwarzmarkt-Peso-Tausches trägt vor allem dem Bedürfnis Rechnung, größere Mengen an Geldüberweisungen vorzunehmen, die vorwiegend aus Rauschgiftverkäufen stammen, ohne hierfür ein anerkanntes Geldinstitut einzuschalten245. Der Auftraggeber bedient sich hierfür eines „Maklers“, der beispielsweise US-Dollar in einer Wechselstube kassiert246. Über ein Partner-Geschäft im Empfängerland wird das Geld für die Lieferanten in lokaler Währung verfügbar gemacht. So wird wie beim Hawala-Finanzsystem Geld ins Ausland transferiert, ohne dass Geld materiell den Ort wechselt. Verkauft der Makler wiederum Dollar an kolumbianische Händler, die ihre Käufe nach Kolumbien bringen und keine kolumbianischen Steuern und Abgaben zahlen wollen, wird der Geldfluss in diesem System kompensiert. Die Händler leisten an den Makler Zahlungen in Pesos in Kolumbien, und der Auftraggeber leistet im Gegenzug Dollar-Zahlungen an ihre Lieferanten in den Vereinigten Staaten oder in irgendeinem dritten Land. 3. Chinesisch-ostasiatische Systeme Auch die chinesisch-ostasiatischen Systeme sind traditionelle Systeme für den Geldtransfer, die es schon vor der Einführung der westlichen Banken-Systeme gab. Das chinesische Fei’Chien System ist in Südostasien bereits seit der Tang-Dynastie verbreitet und wurde über so genannte Auslandschinesen in andere Länder „exportiert“247. Das System diente insbesondere auch als Modell 241

Ebenda. FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 5. 243 Vgl. hierzu Buencamino/Gorbunov, Informal Money Transfer Systems: Opportunities and Challenges for Development Finance, S.4. 244 Vgl. hierzu Passas, A Study into Underground banking networks, S. 24. 245 Buencamino/Gorbunov, Informal Money Transfer Systems: Opportunities and Challenges for Development Finance, S. 4. 246 Zum Folgenden: Passas, A Study into Underground banking networks, S. 24 f. 247 Findeisen, WM 2000, 2125, 2127. 242

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für das südasiatische Hawala-Banking und konnte sich auf diesem Wege in ganz Asien etablieren248. Ursprünglich beruhten die meisten dieser Systeme auf „Gutscheinen“ oder „Metallmarken“ 249. Dem Auftraggeber wird durch einen Überweisungsagenten ein Gutschein übergeben. Der Kunde übersendet den Gutschein dann an den gewünschten Empfänger des Geldes. Der Empfänger kann dann den Gutschein bei einem anderen Überweisungsagenten einlösen und erhält den Geldbetrag ausbezahlt. Daher wurde das System früher oft als Gutschein-System bezeichnet, heutzutage werden jedoch kaum noch Gutscheine verwendet. Die chinesisch/ostasiatischen alternativen Überweisungssysteme werden sowohl für den legalen Kapitalverkehr als auch für illegale Geldtransaktionen, vor allem in der organisierten Kriminalität und im Rauschgifthandel benutzt250. a) Das Fei-ch’ien-System Fei-ch’ien bedeutet übersetzt etwa „fliegendes Geld“ oder „fliegende Münze“. Dieses System der Geldüberweisung entwickelte sich während der letzten Hälfte der T’ang Dynastie (618–906 n. Chr.) infolge des wachsenden Warenhandel innerhalb Chinas251. Während der T’ang Dynastie wurden erstmalig „fliegendes Geld“ genannte Depositenscheine an Kaufleute ausgestellt, gegen deren Einlösung die Kaufleute an bestimmten Orten ihr eingezahltes Geld wieder abheben konnten252. Diese Depositenscheine gelten als Vorform des heutigen Papiergeldes253. Die Depositenscheine avancierten bald zu einem beliebten Tauschmittel, enthoben sie doch die Großhändler und Boten der Provinzregierungen des Risikos, größere Mengen an Geldmünzen physisch über lange Entfernungen von der Hauptstadt bis in die Provinzen zu transportieren und so ein willkommenes Ziel für Überfälle zu bieten254. Mit Aufkommen der chinesischen Auswanderungsbewegung im neunzehnten Jahrhundert wurde das fei-ch’ien-System internationalisiert.255 Es entwickelte sich eine Art zweigeteiltes Familiensystem, das durch einen starken Zusammen248

Ebenda. FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 6. 250 FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 6. 251 Buencamino/Gorbunov, Informal Money Transfer Systems: Opportunities and Challenges for Development Finance, S. 3. 252 Pick, Papiergeld Lexikon, S. 270. 253 Ebenda. 254 Buencamino/Gorbunov, Informal Money Transfer Systems: Opportunities and Challenges for Development Finance, S. 3. 255 Zum Folgenden: Buencamino/Gorbunov, Informal Money Transfer Systems: Opportunities and Challenges for Development Finance, S. 3. 249

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

halt in der Familie und eine auf Vertrauen basierende Bindung, die auch beim Hawala-Finanzsystem zu finden ist, charakterisiert wurde. Zur finanziellen Unterstützung der daheim gebliebenen Familienmitglieder entwickelte sich bald eine Art Überweisungssystem, das heutzutage als Vorläufer der frühen Bankverkehrsdienstleistungen in China gilt. Beispielsweise waren Banken in der Shansi Provinz während der Ch’ing Dynastie (1644–1911) ursprünglich ein System, um Geld sicher von einem Lagerort zu einem anderen Lagerort zu übertragen. Diese Operationen, zu Beginn noch von Familien ausgeführt, überschritten bald die Provinzgrenzen, und erstreckten sich über das ganze Land. Zur Vereinfachung des Zahlungsverkehrs wurde dann im Zuge der Ausbreitung damit begonnen, Wechsel, die unseren heutigen Reiseschecks ähnelten, auszugeben. Die familiäre Struktur des Überweisungsprozesses bot den zusätzlichen Vorteil des Datenschutzes in den Transaktionen, und viele Chinesen nutzten dieses Überweisungssystem zusätzlich, um ihr Einkommen vor den schweren Steuerlasten, die ihnen von einigen Regierungen auferlegt wurde, abzuschirmen256. b) Das Chit-System Das chinesische Chit-System stellt eine weitere Variante des Hawala-Systems, wie auch des fei’chien Systems dar. Chit bedeutet übersetzt etwa Zettel oder auch Notiz und wurde ursprünglich von britischen Kolonialisten in China während des neunzehnten Jahrhunderts eingeführt257. Um den auswärtigen Arbeitern größtmöglichen Schutz vor Räubern zu bieten und zu vermeiden, dass die Arbeiter jeweils größere Mengen an Bargeld, Silberbarren und sogar Waren wie Seide von einem Einsatzort zum Nächsten transportieren mussten, wurden die Gehälter der Arbeiter zunächst auf einem Treuhandkonto abgelegt. Wollten die britischen Arbeiter Lebensmittel und andere Güter bezahlen, die sie für ihr tägliches Leben brauchten, schrieben sie einen „Chit“ aus, und übergaben diesen zur Bezahlung an den jeweiligen Kaufmann. Die Kaufleute sammelten die „Chits“ und legten diese zur Auszahlung entsprechender Geldbeträge dem so genannten „Comprador“ 258, einer Art einheimischem Verwalter dieser Treuhandkonten vor.

256 Buencamino/Gorbunov, Informal Money Transfer Systems: Opportunities and Challenges for Development Finance, S. 3. 257 Zum Folgenden: Buencamino/Gorbunov, Informal Money Transfer Systems: Opportunities and Challenges for Development Finance, S. 3. 258 Ein Comprador war ein Mitglied der chinesischen Kaufmannschaft, der im späten 18., 19., und frühen 20. Jahrhundert von ausländischen Unternehmen dazu angestellt wurde, diesen Unternehmen als ein Mitarbeiter oder Vermittler in Handelsgeschäften zu dienen. Viele Compradore wurden äußerst wohlhabend und eröffneten später eigene Geschäfte.

E. Analyse der Gemeinsamkeiten und Unterschiede

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c) Das Chop-System Das Chop-System ist wie auch das Hawala-Finanzsystem ein System, um Geld auf nationaler und internationaler Ebene zu transferieren und funktioniert ähnlich wie dieses. Basis des Chop-Systems ist der so genannte „Chop“, was übersetzt etwa Siegel oder Stempel bedeutet259. Der Auftraggeber der Geldüberweisung erhält von dem Zwischenhändler im Gegenzug für die Abgabe des zu transferierenden Geldbetrages einen Teil eines „Chops“, den der Vermittler zuvor in zwei Teile gerissen hat. Als „Chop“ kann beispielsweise ein Fahrschein oder eine Spielkarte dienen. Der Auftraggeber übersendet den „Chop“ sodann an den Empfänger des Geldes. Auch der Zwischenhändler sendet sein Gegenstück des „Chops“ an einen anderen Händler am Bestimmungsort des Geldes, der den Geldbetrag nach Vorlage der anderen Hälfte des „Chops“ an den Empfänger des Geldes auszahlt.

E. Analyse der Gemeinsamkeiten und Unterschiede Im Rahmen dieser Untersuchung interessiert vor allem die Frage nach den Ursachen für die Ausdehnung der alternativen Überweisungssysteme, weswegen im Folgenden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Transferakteure insbesondere im Hinblick auf mögliche Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Akteuren und eine (Nutzer-)Tendenz hin zu den alternativen Überweisungssystemen betrachtet werden. Denn grundsätzlich wird man davon ausgehen können, dass mögliche Schwachpunkte eines Systems auf der einen Seite eine stärkere Nutzung eines parallelen, konkurrierenden Systems auf der anderen Seite implizieren. Vergleicht man zunächst die vorgestellten informellen Geldtransfersysteme untereinander, fällt auf, dass vor allem zwischen dem hauptsächlich vertrauensbasierten, auf familiären Bindungen beruhenden Chit-System, dem belegbasierten Chop-System und dem Hawala-Finanzsystem Ähnlichkeiten bestehen. Wie das chinesische Chit-System beruht Hawala hauptsächlich auf Vertrauen, wenn auch beim Hawala-Finanzsystem der ethnische Zusammenhalt der Verwender und nicht familiäre Bindungen Hauptgrund für die vertrauensbasierte Bindung ist. Anstelle der zweigeteilten „Chops“, die als Nachweis des Anspruches auf Auszahlung des Geldes beim Chop-System dienen, funktioniert das HawalaSystem mittels eines Pass- oder Codewortes, das gegenüber dem Hawala-Intermediär genannt werden muss, um das Geld in Empfang nehmen zu können260.

259 Zum Folgenden: Buencamino/Gorbunov, Informal Money Transfer Systems: Opportunities and Challenges for Development Finance, S. 3. 260 Buencamino/Gorbunov, Informal Money Transfer Systems: Opportunities and Challenges for Development Finance, S. 4.

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

Trotz der Gemeinsamkeiten gibt es auch beträchtliche Unterschiede zwischen den Systemen: Transaktionen innerhalb des Hawala-Systems bringen vergleichsweise wenig Dokumentationen hervor, die eine Rückverfolgung der Transaktionen ermöglichen würden, da die Transaktionen vorrangig auf den Elementen Vertrauen und ethnischen Verbindungen beruhen. Darüber hinaus laufen Transaktionen über die chinesisch-ostasiatischen Systeme größtenteils einseitig in Richtung China ab, was es wiederum erforderlich macht, für den Zahlungsausgleich verstärkt herkömmliche Transferwege über offizielle Dienstleister wie beispielsweise Banken zu nutzen261. Im Gegensatz hierzu können südasiatische Systeme wie das Hawala-Finanzsystem eher als bidirektional bezeichnet werden. Hier ist ein Zahlungsausgleich nur in seltenen Fällen erforderlich, da ständig Transaktionen zwischen den Hawala-Intermediären erfolgen und nur die Differenzen ausgeglichen werden müssen. Diese Besonderheit des Hawala-Finanzsystems weist damit Parallelen zum so genannten Netting von Forderungen im Zahlungsverkehr der Banken auf 262. Betrachtet man nun formelle, halbformelle und informelle Geldtransferakteure unter den Gesichtspunkten Grundvoraussetzungen, Vorhandensein verschiedener Serviceaspekte, wie Funktionsweise, Kosten und Aufwand auf der einen Seite und setzt diese in Relation zu möglichen in Betracht kommenden Nutzergruppen der Systeme, unter besonderer Berücksichtigung ihrer Absichten und Beweggründe, zeichnen sich deutliche Unterschiede bei den jeweiligen Geldtransferakteuren ab, die sich wiederum im Nutzerverhalten widerspiegeln. Die Wahl des richtigen Providers, um Geld zu überweisen, hängt von einem Wechselspiel von Faktoren sowohl auf Sender-, als auch auf Empfängerseite ab. Die Hauptkriterien für die Wahl von Überweisungskanälen sind Zugänglichkeit (Vertrautheit, Nähe, eventuelle Sprachbarrieren), Kosten und Qualität des Dienstes (Schnelligkeit, Vertrauen, Zuverlässigkeit). Die formellen Geldtransferakteure werden vor allem durch Geschäftsbanken mithilfe des S.W.I.F.T.-Systems und Money Remittance Agencies wie beispielsweise Western Union, American Express oder VIGO vertreten. Grundlegender Unterschied in der Funktionsweise von Banken und Money Transmittern ist die Notwendigkeit des Vorhandenseins von Bankkonten sowohl auf Sender-, als auch auf Empfängerseite, will man eine Überweisung über eine Bank tätigen. Die Überweisung von Geld durch Banken ist grundsätzlich als zuverlässig zu bezeichnen, auch wenn sich im internationalen Zahlungsverkehr der Banken eine Tendenz feststellen lässt, dass Zahlungsaufträge in bestimmte Länder mit technisch unterentwickelten und für

261 Zum Folgenden: Buencamino/Gorbunov, Informal Money Transfer Systems: Opportunities and Challenges for Development Finance, S. 4. 262 Netting bezeichnet das Aufrechnen von Zahlungsverpflichtungen mit Zahlungseingängen, so dass nur der tatsächliche Saldo ausgeglichen wird.

E. Analyse der Gemeinsamkeiten und Unterschiede

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Manipulationen anfälligen Zahlungsverkehrssystemen und unqualifiziertem bzw. kriminellem Personal den Empfänger nicht erreichen, oder verschwinden263. Mit Laufzeiten von teilweise deutlich mehr als 1 Woche je nach Empfängerland sind Überweisungen über Geschäftsbanken jedoch langsam und scheinen zumindest für eilbedürftige Transaktionen nicht das Mittel der Wahl zu sein. Geldüberweisungen in Länder mit unterentwickelter Bankeninfrastruktur unterliegen zudem erschwerten Bedingungen für Sender und Empfänger des Geldes. Im Gegensatz zu den Banken verfügen Money Remittance Agencies nicht zuletzt aufgrund ihrer Zusammenarbeit mit Postbanken, Wechselstuben, und anderen Dienstleistern auch in entlegeneren urbanen Gebieten meist über ein gutes Filialnetz und damit über eine bessere Zugänglichkeit sowohl für Sender als auch Empfänger des Geldes. Geldtransfers über Money Transmitter sind mit einer durchschnittlichen Transferdauer von unter 1 Stunde zudem erheblich schneller als der Geldtransfer über Banken und vergleichbar sicher. Vergleiche haben gezeigt, dass Money Transmitter unter den formellen Geldtransferakteuren besonders in Ländern mit unterentwickelter Bankeninfrastruktur häufig genutzt werden264. Vergleicht man die für Sender und Empfänger im Rahmen des Geldtransfers anfallenden Kosten, betragen die durchschnittlichen Gebühren für eine Überweisung etwa 13% des Überweisungswerts, wobei Money Remittance Agencies vor Banken die teuerste Alternative darstellen265. Geldtransfers über informelle Geldtransferakteure stellen mit durchschnittlich anfallenden Kosten von 3–5% des Überweisungswertes die günstigste Möglichkeit dar, um Geld zu versenden266. Die relativ hohen Überweisungskosten der Banken erklären sich vor allem dadurch, dass die im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr der Banken verwendeten Zahlungsverkehrssysteme sehr kostenintensiv sind, da sie eine entwickelte Infrastruktur, geschultes Personal und verlässliche Kommunikationsverbindungen erfordern267. Hard- und Software für die automatische Abwicklung des Zahlungsverkehrs haben vergleichsweise kurze Lebenszyklen, was für die Banken hohe IT-Investitionen erforderlich macht, die insbesondere im Zahlungsverkehr außerhalb des EU-Raums kostenmäßig trotz Wachstumsraten im internationalen Zahlungsverkehr nicht alleine durch gesteigerte Stückkostendegression bei steigenden Transaktionsvolumina aufgefangen werden können268. 263 Vgl. hierzu BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 82; Findeisen, WM 2000, 2125, 2129. 264 Felber, The money of the migrants, S. 3. 265 Sander, Capturing a Market Share? Migrant Remittance Transfers & Commercialisation of Microfinance in Africa, S. 9; Felber, The money of the migrants, S. 3. 266 Felber, The money of the migrants, S. 3. 267 Findeisen, WM 2000, 2125, 2129. 268 Findeisen, WM 2000, 2125, 2129.

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

Die Dienstleistungen informeller Akteure sind zudem im Vergleich zum Angebot der Banken schnell und für Sender und Empfänger des Geldes auch in entlegenen ländlichen Gebieten zugänglich. Im Gegensatz zu Banken und Money Remittance Agencies erfordern Überweisungen über informelle Transferakteure in den meisten Fällen nur einen geringen technischen Aufwand (Kommunikation der Überweisungsagenten per Telefon, Email oder Fax über den zu transferierenden Betrag) und sind aufgrund der weitgehend fehlenden Dokumentation der Transaktionen für alle Beteiligten unkompliziert zu handhaben. Der Geldtransfer über formelle Kanäle hingegen erfordert in Abhängigkeit von rechtlichen Vorgaben der jeweiligen Länder die Einhaltung teilweise umfangreicher Dokumentationspflichten durch die Akteure, was den Überweisungsprozess auch für Sender und Empfänger des Geldes verkompliziert (Ausfüllen des Überweisungsformulars, persönliche Angaben zur Legitimation, je nach Betragshöhe und Empfängerland Zahlungsauftrag Z1 im Außenwirtschaftsverkehr mit Meldung nach §§ 59 ff. der Außenwirtschaftsverordnung, AWV). Trotz des Fehlens beweiskräftiger Urkunden und des Mangels an schriftlichen Vertragsabreden gelten Überweisungen über informelle Geldtransferakteure als zuverlässig und sicher269. Die weitgehend vertrauensbasierten Netzwerke verfügen über gut funktionierende Mechanismen sozialer Kontrolle und Sanktionen innerhalb der sozialen Gruppe270, so dass Unterschlagungen in der Praxis kaum feststellbar sind 271. Mikrofinanzinstitutionen sowie Spar- und Kreditkooperativen nehmen im Rahmen dieses Vergleiches eine Zwischenstellung zwischen Banken und Money Remittance Agencies ein. Die meisten Mikrofinanzinstitutionen, die im internationalen Überweisungsverkehr tätig sind, sind lizenzierte Banken272. Viele MFI’s stehen in vertraglichen Beziehungen zu internationalen Money Remittance Agencies und nutzen deren Netzwerke für die Abwicklung ihrer Transaktionen. MFI’s verfügen aufgrund ihrer genossenschaftsähnlichen Strukturen über eine größere Nähe zu den Kunden in den Empfängerländern und damit über eine größere Reichweite als Banken oder Money Transmitter vor allem in ländlichen Gegenden. Gleichzeitig können MFI’s, die mit einer Money Remittance Agency kooperieren, an der Erfahrung, der Technologie und den dichten Netzwerken der Money Remittance Agencies in den Auftraggeberländern partizipieren und diesen Vorteil an ihre Kunden weitergeben. 269 Howlett, Investigation and Control of Money Laundering, S. 6; BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 82. 270 Findeisen, WM 2000, 2125, 2129; Schramm/Taube, IRFA, Evolution and institutional foundation of the hawala financial system, S. 413. 271 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 82. 272 Zum Folgenden: Felber, The money of the migrants, S. 3.

F. Ursachen für die Ausdehnung der alternativen Überweisungssysteme

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Betrachtet man die für Transfers ins Ausland in Betracht kommenden Nutzergruppen, stellen Migranten eine der Hauptnutzergruppen dar273. Überweisungen von Migranten stellen sich hauptsächlich als Arbeiterüberweisungen dar: Das sind Überweisungen, die von einer Einzelperson bzw. einem Haushalt an einen anderen Haushalt regional oder international getätigt werden274. Studien für Lateinamerika zeigten, dass die Mehrheit der Migranten einmal bis mehrmals monatlich kleinere Beträge von durchschnittlich 100 US-Dollar bis 300 US-Dollar an ihre Familien überweisen275; in Afrika variieren die Beträge grenzüberschreitender Überweisungen von Migranten typischerweise zwischen 100 US-Dollar und 1.000 US-Dollar276. Schätzungen zufolge wird ein Großteil dieser regelmäßigen Überweisungen von Migranten über Alternative Überweisungssysteme abgewickelt277. Da gerade Migranten einen Kernbereich der Tätigkeit von Spezialisten für den Bargeldtransfer wie Money Transmittern und alternativen Überweisungssystemen ausmachen, wollen sich insbesondere Money Transmitter auch nicht als direkte Konkurrenz zum klassischen Bankengeschäft verstanden wissen, sondern als Marktergänzung in Form einer Nischenbank, die einen Service anbietet, der speziell auf die Kernzielgruppe der Migranten zugeschnitten sein soll278. So wird beispielsweise bei Western Union Wert darauf gelegt, dass die Mitarbeiter auch Sprachen wie vietnamesisch, russisch, serbisch, arabisch oder türkisch sprechen.

F. Ursachen für die Ausdehnung der alternativen Überweisungssysteme Für die weltweite Ausdehnung der alternativen Überweisungssysteme gibt es verschiedene Ursachen. Neben der historisch-kulturellen Erklärung stellen Schwächen der formellen Bankensysteme eine weitere Hauptursache für den Boom nicht regulierter Finanztransferdienstleister dar. Hinzu kommt, dass die aufgrund des Globalisierungsprozesses im Finanzsektor fortschreitende Entwicklung der Verkehrs- und Kommunikationswege zugunsten transnational ver273

Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. Felber, The money of the migrants, S. 1. 275 Felber, The money of the migrants, S. 1. 276 Sander, Capturing a Market Share? Migrant Remittance Transfers & Commercialisation of Microfinance in Africa, S. 7. 277 Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. 278 So Karl Pichler, Direktor der Western Union International Bank, in einem Interview aus April 2007 aus Anlass der aktuellen Europa-Expansion von Western Union. Das Unternehmen plant nach eigenen Angaben binnen der nächsten 5 Jahre europaweit 200 weitere Filialen zu eröffnen, um speziell Migranten anzusprechen. Vgl. o.V., Western Union Bank startet in Berlin, in: Berliner Morgenpost vom 20. April 2007. 274

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

netzter Wirtschaftsbeziehungen nicht nur der legalen Wirtschaft zugute kommt, sondern auch der Schattenwirtschaft als Kehrseite der Globalisierung279. Sender- und empfängerspezifische Gründe sowie illegale Marktaktivitäten sind weitere Ursachen für das globale Anwachsen alternative Überweisungssysteme. Die Ausdehnung der alternativen Überweisungssysteme ist ein multifaktorielles Phänomen. Verschiedene einander gleichwertige Faktoren, die dynamisch miteinander verwoben sind, können als ursächlich für die globale Ausbreitung der alternativen Überweisungssysteme bezeichnet werden. Insbesondere beinhaltet die im Folgenden gewählte Reihenfolge der Darstellung keine Rangfolge oder Einschätzung der Wichtigkeit der einzelnen Ursachen.

I. Historische/kulturelle Gründe Die meisten alternativen Überweisungssysteme existieren seit vielen Jahrhunderten und sind vor allem in den zentralen Kulturen Asiens als Zahlungssysteme historisch und kulturell fest verwurzelt280. Lediglich für europäische Länder sind alternative Überweisungssysteme ein vergleichsweise neues Phänomen, das vor allem mit der zunehmenden Migrationsbewegung in die Industrienationen an Bedeutung gewonnen hat281. Es ist bemerkenswert, dass die Netzwerke alternativer Überweisungssysteme im Laufe der Zeit nicht vom konventionellen Bankensystem verdrängt wurden, sondern heutzutage über die ganze Welt verstreut sind und sich im Gegenteil weiter ausdehnen. Ein Grund für den fortgesetzten Gebrauch der Strukturen alternativer Überweisungssysteme in einer Zeit der Globalisierung, der Einführung neuer Technologien, ökonomischer Liberalisierung und dem Wachstum einer multinationalen Bankenindustrie ist das historisch/kulturelle und soziale Eingebettetsein dieser Netzwerke in die Kulturen der Länder282. Dies ist ein Faktor, der den meisten alternativen Überweisungssystemen gemeinsam ist, auch wenn sich die Systeme in Strukturen und Funktionsweise zum Teil deutlich voneinander unterscheiden. Die meisten Systeme von Untergrundbanken entstanden lange vor der Etablierung westlicher Bankensysteme und basieren weitgehend auf ethnischem Zusammenhalt283. Absolutes Vertrauen ist die Grundlage dieser auf der Basis von nationaler, ethnischer, religiöser und dörflicher Solidarität funktionierenden Netzwerke, wobei gerade ethnische und religiöse Identifikationsmerkmale als 279

Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. Napoleoni, Die Ökonomie des Terrors, S. 205. 281 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 78. 282 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 27. 283 Jean/Rufin, Ökonomie der Bürgerkriege, S. 435. 280

F. Ursachen für die Ausdehnung der alternativen Überweisungssysteme

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besonders glaubwürdige Signale einer gegebenen Vertrauenswürdigkeit interpretiert werden können284. So kann die Nutzung alternativer Überweisungssysteme auch aus einem Mangel an Vertrauen in die Organisation westlicher Bankensysteme, die im Gegensatz zur religiösen Auffassung vieler Muslime steht, herrühren285. Migranten beispielsweise verfügen häufig über enge soziale Bindungen zu ihren daheimgebliebenen Familien, die sie mit Überweisungen unterstützen. Diese familiären Bindungen und die Möglichkeit, Transaktionen innerhalb ihres kulturellen Kontextes zu tätigen, ist einer der Gründe für die Ausdehnung alternativer Überweisungsnetzwerke286. Die Abwicklung der Transaktionen funktioniert demgemäß vielfach, wenn auch nicht ausschließlich über Familienbande, Clanstrukturen und Geschäftsbeziehungen des Basars287, wobei die Nutzung der Strukturen alternativer Überweisungssysteme in diesem Zusammenhang durchaus als Fortführung einer sozialen Tradition verstanden werden kann. Gerade dieses Auflagern auf einer sozialen Tradition ist es jedoch, was den Umgang mit alternativen Überweisungssystemen so schwierig macht288.

II. Schwächen der formellen Bankensysteme Neben der historisch-kulturellen Erklärung sind es in diesem Bereich jedoch zumeist weniger ideologische als vielmehr pragmatische Überlegungen, die alternative Überweisungssysteme zu häufig und gern genutzten Transferservices werden ließen289. So ist die Ineffizienz nationaler Bankensysteme in einigen Regionen der Welt ein wichtiger Faktor für das weitere Anwachsen alternativer Überweisungssysteme. Insbesondere im internationalen Zahlungsverkehr mit Ländern mit technisch unterentwickelten Zahlungsverkehrssystemen und unqualifiziertem bzw. kriminellem Personal kann zudem in einigen Fällen beobachtet werden, dass Transaktionen den Empfänger nicht erreichen oder stecken bleiben290.

284 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 17. 285 Vgl. zu Hawala: Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 11. 286 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 27. 287 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 80. 288 Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 249. 289 Vgl. zu den Hawala-Netzwerken: Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 12. 290 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 82.

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

Nicht in allen Gebieten der Erde unterhalten Banken ein Zweigstellennetz291. Vor allem in ländlichen, nicht urbanisierten Gegenden der so genannten Dritte Welt Länder gibt es keine nennenswerte Bankeninfrastruktur292. In diesem Zusammenhang erscheint es besonders bemerkenswert, dass sich laut einem Bericht der Weltbank im Jahr 2002 die Überweisungen von Migranten in Entwicklungsländer auf rund 88 Milliarden Dollar beliefen293. Das sind rund 30 Milliarden Dollar mehr als die offizielle Entwicklungshilfe betrug294. In Nicaragua und El Salvador machen Rücküberweisungen von Migranten ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts aus, in Haiti, Lesotho, Jordanien und Somalia beträgt der Anteil gar ein Viertel oder mehr295. Die finanzielle Infrastruktur in Entwicklungsländern weist zudem einige Besonderheiten auf 296. Vorhandene Geschäftsbanken sind entweder staatlich, stehen unter staatlichem Einfluss oder sind Niederlassungen ausländischer Banken, deren Engagement sich in den Entwicklungsländern auf die größeren Städte beschränkt297. Außerhalb der Großstädte besteht daher nur ein eingeschränkter Zugang zum formellen Bankennetz. Hinzu kommen hohe Analphabetenquoten in den Entwicklungsländern, die sich zusätzlich als Zugangsbeschränkungen zum Bankennetz auswirken298. Insgesamt erreicht der formelle Finanzsektor in den Entwicklungsländern nur 10–20% der Bevölkerung299. Aufgrund dieser schlechten Zugangsmöglichkeiten zum Bankennetz ist der informelle Kapitalmarkt in Form von privaten Geldverleihern, Händlern und Kaufleuten vor allem in Entwicklungsländern weit verbreitet300. Geldtransfers über das formelle Bankensystem setzen zudem das Vorhandensein eines Girokontos bei Sender und Empfänger des Geldes voraus. Nur in wenigen Ländern besteht für den Kunden jedoch ein Recht auf ein (Giro-) Konto wie beispielsweise in Frankreich301. Dieser Umstand hat zur Folge, dass ein in einigen Ländern bestimmte sozial und ökonomisch benachteiligte Bevölkerungsgruppen von der Teilnahme am formellen Zahlungsverkehr ausgeschlossen sind302. So haben beispielsweise in Großbritannien 4 Millionen Familien 291

Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. 293 DSW, Weltbevölkerungsbericht 2004, S. 33. 294 DSW, Weltbevölkerungsbericht 2004, S. 33. 295 Beyerle, Der lange Geld-Treck nach Süden, in: Die Zeit vom 15.07.2004, Nr. 30, S. 21. 296 Borrmann, Existenzgründungen in Entwicklungsländern, S. 7. 297 Lachmann, Entwicklungspolitik Bd. 2, S. 68. 298 Vgl. Borrmann, Existenzgründungen in Entwicklungsländern, S. 7. 299 Bittner, Zur Förderung von Sparen und Kredit im informellen Sektor, S. 15. 300 Borrmann, Existenzgründungen in Entwicklungsländern, S. 7. 301 Findeisen, WM 2000, 2125, 2129. 302 Findeisen, WM 2000, 2125, 2129. 292

F. Ursachen für die Ausdehnung der alternativen Überweisungssysteme

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und in den USA 10% der US-Bürger keine Kontoverbindung303. Dieser Teil der Bevölkerung ist, ebenso wie sich illegal in einem Land Aufhaltende, die häufig die für eine Kontoeröffnung erforderlichen Papiere nicht vorweisen können, auf informelle Zahlungssysteme angewiesen, um Zahlungen des täglichen Lebens zu leisten oder zu erhalten. Alternative Überweisungssysteme eignen sich zudem in besonderem Maße für Kompensationen aus Countertrade Geschäften, die unter dem teilweisen Ausschluss von Geldströmen ablaufen, weil sie in grenzüberschreitende, vertrauensbasierte Netzwerke der Countertrade Partner eingebunden sind304. Countertrade ist heutzutage außerhalb der formellen Weltmarktstrukturen angesiedelt und einseitig formalisiert305. Da Countertrade auch von großen, exportorientierten Unternehmen der Industrieländer genutzt wird, um Devisenschwächen der Handelspartner zu umgehen, haben sich einige Unternehmen, wie beispielsweise debis, die WestLB oder die American Countertrade Association (ACA) auf Finanzierung, Assistenz und Beratungsleistungen im Rahmen von Countertrade Geschäften spezialisiert306. Dennoch bedienen sich die Handelspartner von Countertrade Geschäften weiterhin häufig traditioneller, informeller Institute zur Abwicklung von Countertrade Geschäften, da formelle Banken weder die Beratungsleistungen erbringen können, die entwickelter Countertrade verlangt, noch in vergleichbarer Weise wie alternative Überweisungsnetzwerke auf Vertrauen basieren307.

III. Globalisierungsprozess und Migrationsbewegung Vor allem in den letzten Jahrzehnten hat das Phänomen der Globalisierung immer mehr an Bedeutung gewonnen. Der technische Fortschritt in Bereichen wie Kommunikation Transport, Verkehr und Kapital hat zu einer weltweiten Vernetzung nationaler Märkte und Gesellschaften geführt. Einhergegangen ist dieser Prozess nicht zuletzt mit der Öffnung der Finanzmärkte; so gelten Finanzintermediäre dank moderner EDV als Hauptbeschleuniger der Globalisierung, lassen sich doch Milliardenbeträge innerhalb von Sekunden von einem Kontinent zum anderen transferieren308. Die erfolgreiche Integration von Teilen der Wirtschaft und Gesellschaft in die Weltwirtschaft und die globalen Geldkreisläufe hat jedoch eine Kehrseite: das 303 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 81. 304 Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 248. 305 Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 206. 306 Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 206. 307 Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 248. 308 Vgl. hierzu Findeisen, WM 2000, 2125, 2128.

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

gleichzeitige Anwachsen des informellen Sektors309. Erfüllen Regionen und Nationalökonomien nicht die Voraussetzungen für eine Integration in den Weltmarkt, gehen sie entweder unter oder suchen sich alternative Standards310. In der Folge führt dieser Prozess der Peripherisierung und Exklusion zu einem Anwachsen des informellen Sektors, der Schattenwirtschaft311. So verwundert es nicht, dass illegale Transaktionen gerade im Zahlungsverkehr zwischen Deutschland und Russland nach dem Scheitern der Modernisierungsbemühungen zugenommen haben312 und in Russland die Schattenwirtschaft nach Schätzungen mindestens 40% des offiziellen Bruttoinlandsproduktes beträgt313. Mit dem Globalisierungsprozess geht ebenfalls ein beschleunigtes Wachstum der Migrationsbewegung einher314. Hieraus ergeben sich weitere sender- und empfängerspezifische Gründe, die für das Anwachsen alternativer Überweisungssysteme mitverantwortlich sind. So verfügt ein Großteil der Arbeitsmigranten nur bedingt über finanzielle Mittel und überweist häufig Kleinbeträge. Die Gebührenstrukturen der formellen Anbieter von Geldtransfers sind jedoch in der Regel so ausgestaltet, dass für jede Überweisung – unabhängig vom zu überweisenden Betrag – eine bestimmte Mindestgebühr fällig wird. In der Folge sind die für kleinere Überweisungsbeträge anfallenden Kosten regelmäßig am höchsten315. Neben den bereits dargestellten Problemen wie hohen Bankgebühren und schwach ausgeprägter Bankeninfrastruktur in den so genannten Ländern der Dritten Welt und ländlichen Gebieten gibt es weitere Probleme, die ein Abwandern zu alternativen Überweisungssystemen begünstigen. So können Personen, die sich ohne Aufenthaltserlaubnis oder Arbeitserlaubnis in einem Land aufhalten, nicht die geforderten Papiere vorweisen und Analphabeten müssen für das Ausfüllen häufig mehrseitiger Formulare zusätzlich einen Schreiber bezahlen316. Hinzu kommen sprachliche Barrieren. Arbeitsmigranten sind häufig der Sprache des jeweiligen Gastlandes nur unzureichend mächtig, was ebenfalls zu Problemen beim Ausfüllen von Überweisungsformularen und Schwierigkeiten in der Kommunikation beispielsweise mit Bankmitarbeitern führen kann. Auch wenn Kommunikationsschwierigkeiten und fehlende Papiere grundsätzlich als mitursächlich für die Ausdehnung alternativer Überweisungssysteme be309 Findeisen, WM 2000, 2125, 2128; Altvater/Mahnkopf, Grenzen der Globalisierung, S. 339 f. 310 Altvater/Mahnkopf, Grenzen der Globalisierung, S. 433. 311 Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. 312 Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. 313 Altvater/Mahnkopf, Grenzen der Globalisierung, S. 433. 314 Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. 315 Sander, Capturing a Market Share? Migrant Remittance Transfers & Commercialisation of Microfinance in Africa, S. 9. 316 Hackensberger, Das Banksystem der Armen.

F. Ursachen für die Ausdehnung der alternativen Überweisungssysteme

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zeichnet werden können, so ist dennoch nicht davon auszugehen, dass diese Gründe isoliert betrachtet ausschlaggebend für die Wahl eines alternativen Providers statt eines regulierten Transfersystems sind. Vielmehr sind diese im Kontext zu anderen möglichen Ursachen zu sehen. So wurden in den letzten Jahren verstärkt Versuche unternommen, die besonderen Bedürfnisse von Arbeitsmigranten wie sprachliche Probleme, fehlende Papiere und eingeschränkte finanzielle Mittel zu berücksichtigen und die Angebote von Banken und Money Transmittern diesen Bedürfnissen entsprechend anzupassen. Das amerikanische Finanzdienstleistungsunternehmen Wells Fargo bot beispielsweise ein System für Mexikaner an, Geld auch ganz ohne Dokumente und zu günstigen Konditionen nach Hause zu verschicken und Banken im Libanon, Ägypten und Jordanien entwickelten einen Schlüssel speziell für Arbeitsmigranten mit reduzierten Transferkosten, im Ergebnis jedoch ohne nennenswerten Erfolg317.

IV. Illegale Marktaktivitäten Alternative Überweisungssysteme werden immer wieder mit illegalen Marktaktivitäten in Zusammenhang gebracht. Insbesondere werden von Strafverfolgungsbehörden verstärkt Verbindungen zu Straftaten wie Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung, Korruption und Steuerhinterziehung hergestellt318. Tatsächlich steht der illegale Finanztransfer im Zusammenhang mit unterschiedlichen Straftaten319. So veranlasst der international geführte Kampf gegen die Geldwäsche einen Teil der Kundschaft der Banken, vom kontrollierten Bankensystem zu den für Ermittlungsbehörden weitestgehend intransparenten alternativen Überweisungssystemen zu wechseln320. Der Bofors Skandal321 in Indien ist nur ein Beispiel für Korruption im Bereich der alternativen Überweisungssysteme, hier speziell des Hawala-Finanzsystems322. Bestechungsgelder an Beamte werden im Ausland ausgezahlt und über Hawala-Netzwerke nach Indien transferiert323. Neben der Steuerhinterziehung ist die Umgehung von bestehenden nationalstaat317

Hackensberger, Das Banksystem der Armen. Carroll, Alternative remittance systems distinguishing sub-systems of ethnic money laundering in Interpol member countries on the Asian continent, Abschn. 4; El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 12 f. 319 Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. 320 Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. 321 Der Bofors-Skandal war ein großer Korruptionsskandal und beschäftigte die indische und in geringerem Maße auch die schwedische Innenpolitik in den 1980er Jahren. So sollen 1986 im Vorfeld eines Waffengeschäfts zwischen dem schwedischen Konzern Bofors und der indischen Regierung Bestechungsgelder in Millionenhöhe geflossen sein. 322 Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. 323 Jost/Sandhu, Situation Report on Money Laundering in India, July 1999. 318

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

lichen Devisenrestriktionen zur Eindämmung von Kapitalflucht ein weiteres Motiv für die Nutzung alternativer Überweisungssysteme324. Beispielsweise sind in Indien und Pakistan Wechselkursspekulationen nach dem Foreign Exchange Regulation Act verboten. Transaktionen in anderer Währung sind grundsätzlich zum offiziellen Wechselkurs durchzuführen325. Im internationalen Zahlungsverkehr wurden in diesem Zusammenhang zunächst verstärkt Marktaktivitäten der alternativen Überweisungssysteme in Ländern mit bestehenden Devisentransferbeschränkungen festgestellt326. Teilweise werden alternative Überweisungsnetzwerke auch für den Transfer von Geldern genutzt, die der Finanzierung von Bürgerkriegskonflikten dienen sollen327. Nach dem Zusammenbrechen der Bankeninfrastruktur in Somalia und Afghanistan nutzten sowohl die Warlords von Somalia, als auch die Bürgerkriegsparteien in Afghanistan oder die kosovo-albanische UCK eigens aufgebaute alternative Überweisungsnetzwerke, um hierüber Gelder für die Beschaffung von Kriegsmitteln zu transferieren328. So wurden nach Feststellungen der BaFin im Jahr 1999 von über 200 Unternehmen in Deutschland Gelder in den Kosovo transferiert, um Waffenkäufe zu finanzieren329. Trotz nachgewiesener Verbindungen zwischen den alternativen Überweisungssystemen und verschiedenen Straftaten wäre es jedoch falsch, an dieser Stelle zu pauschalieren. Tatsächlich stehen einige alternative Überweisungssysteme wie beispielsweise der Schwarzmarkt-Peso-Tausch in engerem Zusammenhang mit illegalen Marktaktivitäten als andere unregulierte Transfersysteme. In diesem Zusammenhang darf nicht vergessen werden, dass ebenso wie die alternativen Überweisungssysteme auch das regulierte Bankensystem für Straftaten wie beispielsweise die Geldwäsche missbraucht wird330. Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und andere Tatbestände stellen nicht alleine ein Problem der alternativen Überweisungssysteme, sondern ein gemeinsames Problem aller Geldtransfersysteme dar.

324 Trehan, Crime and Money Laundering: The Indian Perspective, S. 122 f.; Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. 325 Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. 326 Trehan, Crime and Money Laundering: The Indian Perspective, S. 122 f.; Findeisen, WM 2000, 2125, 2128; El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 12. 327 Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 249; Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. 328 Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 249; Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. 329 Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. 330 Vgl. hierzu Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 245.

G. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 2

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G. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 2 Das Hawala-Finanzsystem ist Teil einer Gruppe von Netzwerken für den Geldtransfer, die Zahlungen auf nationaler und internationaler Ebene außerhalb des regulierten Bereiches, im so genannten informellen Sektor durchführen331. Für diese Finanztransfersysteme wird im Rahmen dieser Untersuchung der neutrale Oberbegriff „alternative Überweisungssysteme“ verwendet. Das Phänomen der alternativen Überweisungssysteme betrifft verschiedene Länder und Menschen mit verschiedenen Perspektiven und Interessenlagen. Somit wird es zwangsläufig den jeweiligen Intentionen entsprechend unterschiedlich definiert bzw. gleiche Verhaltensweisen werden unterschiedlich wahrgenommen. So werden Anbieter alternativer Überweisungssysteme, Verwender, Strafverfolgungs- und Aufsichtsbehörden, westliche Industrienationen oder so genannte Entwicklungsländer das Vorhandensein und den Umgang mit alternativen Überweisungssystemen entsprechend ihrer sich unterscheidenden Interessenlagen unterschiedlich bewerten. Für die Anbieter alternativer Überweisungssysteme stellt das Einkommen über diese Services häufig das einzige bzw. das Haupteinkommen dar. Nicht selten hängt vom Funktionieren dieser Systeme die wirtschaftliche und gesellschaftliche Existenz der Anbieter ab. Aus Sicht der Verwender stellen sich alternative Überweisungssysteme am Beispiel der Migranten mitunter als einzige Möglichkeit dar, überhaupt Geld in ihre Heimatländer zu transferieren. Aufsichtsbehörden sind vor allem daran interessiert, die Geldflüsse über diese Systeme zu regulieren bzw. einzudämmen, da sich diese Systeme in besonderem Maße für die Nutzung zu illegalen Marktaktivitäten eignen. Für Banken und Finanzdienstleister aus aller Welt stellen alternative Überweisungssysteme eine außerordentliche Konkurrenz im nicht regulierten Bereich dar, die Geldtransfers schnell und sicher und kostengünstiger selbst in entlegene Gebiete der Erde, in denen keine Bankenstruktur vorhanden ist, durchführen können. Für Länder mit schwach entwickelter oder zusammengebrochener Bankeninfrastruktur sind Geldtransfers über alternative Überweisungssysteme demgegenüber häufig die einzige Möglichkeit, am länderübergreifenden Zahlungsverkehr teilzunehmen. Versucht man alternative Überweisungssysteme zu beschreiben und einen neutralen Weg zu finden, mit ihnen umzugehen, ist es unumgänglich, immer auch den Blickpunkt des jeweiligen Betrachters zu berücksichtigen und einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Unabhängig von den verschiedenen Interessenlagen der jeweiligen Betrachter zeichnen sich alternative Überweisungssysteme von einem bereinigten Standpunkt aus betrachtet dadurch aus, dass sie regelmäßig auf langjährigen Traditionen auflagern und größtenteils schon vor der Entstehung westlicher Bankensysteme im 19. und 20 Jahrhundert vorhanden 331

Findeisen, WM 2000, 2125.

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Teil 2: Alternative Überweisungssysteme

waren. Ein Hauptmerkmal alternativer Überweisungssysteme ist, dass Geld oder andere Vermögenswerte von einem Ort an einen anderen Ort transferiert werden, ohne dass es dabei zum Transport von Devisen kommen muss332. Alternative Überweisungssysteme waren ursprünglich nicht krimineller Natur und werden auch heutzutage noch größtenteils legal genutzt, beispielsweise für den Geldtransfer von Arbeitsmigranten an ihre Familien. Üblicherweise sind diese Systeme keiner staatlichen Kontrolle oder Aufsicht unterworfen333. Der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr weist einige Besonderheiten auf, die beim Geldtransfer berücksichtigt werden müssen und Schwierigkeiten bereiten bzw. erhöhten personellen, technischen und Kostenaufwand verursachen334. Neben unterschiedlichen Währungen und Wechselkursen bei länderübergreifenden Transfers sind unterschiedliche Abwicklungsprozesse und Standards im Bereich des Geldtransfers Punkte, die es von den Anbietern zu beachten gilt. Unterschiedliche Rechtsordnungen und rechtliche Vorschriften ziehen Grenzen, innerhalb derer Geldtransfers durchzuführen sind. Letztlich erschweren auch verschiedene Zeitzonen, ggf. mit Überlappung die schnelle und reibungslose Abwicklung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs. Vergleicht man Transaktionen über alternative Überweisungssysteme mit Transaktionen im formellen Sektor – hier kommen vor allem Banken, Money Transmitter und Mikrofinanzbanken in Betracht – unter den Aspekten Grundvoraussetzungen, Funktionsweise, Kosten und Aufwand miteinander, zeichnen sich teilweise gravierende Unterschiede zwischen den einzelnen Transfersystemen ab. Banküberweisungen setzen zunächst das Vorhandensein von Bankkonten sowohl auf Sender-, als auch auf Empfängerseite voraus. Auch wenn der Überweisungsverkehr durch Banken grundsätzlich als zuverlässig bezeichnet werden kann, lässt sich im internationalen Zahlungsverkehr der Banken eine Tendenz feststellen, dass Zahlungsaufträge in bestimmte Länder mit technisch unterentwickelten und für Manipulationen anfälligen Zahlungsverkehrssystemen und unqualifiziertem bzw. kriminellem Personal den Empfänger nicht erreichen, oder verschwinden335. Mit Laufzeiten von teilweise deutlich mehr als 1 Woche je nach Empfängerland sind Überweisungen über Geschäftsbanken jedoch langsamer als beispielsweise Geldtransfers über Money Transmitter mit einer durchschnittlichen Transferdauer von unter 1 Stunde. Vergleicht man die für Sender und Empfänger im Rahmen des Geldtransfers anfallenden Kosten, stellen Geldtransfers über informelle Geldtransferakteure mit durchschnittlich anfallenden Kosten von 3–5% des Überweisungswertes die günstigste Möglichkeit dar, um 332

FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 4. Carroll, Anti-Money Laundering Laws and the Quasi-Banker, S. 3. 334 Zum Folgenden: Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 3. 335 Vgl. hierzu BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 82; Findeisen, WM 2000, 2125, 2129. 333

G. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 2

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Geld zu versenden336. Die relativ hohen Überweisungskosten im formellen Sektor erklären sich vor allem dadurch, dass die im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr verwendeten Zahlungsverkehrssysteme u. a. technisch sehr kostenintensiv sind. Der Geldtransfer über formelle Kanäle erfordert darüber hinaus in Abhängigkeit von rechtlichen Vorgaben der jeweiligen Länder die Einhaltung teilweise umfangreicher Dokumentationspflichten durch die Akteure, was den Überweisungsprozess auch für Sender und Empfänger des Geldes verkompliziert. Für die weltweite Ausdehnung der alternativen Überweisungssysteme gibt es verschiedene Ursachen. Neben der historisch-kulturellen Erklärung stellen Schwächen der formellen Bankensysteme eine weitere Hauptursache für den Boom nicht regulierter Finanztransferdienstleister dar. Hinzu kommt, dass die aufgrund des Globalisierungsprozesses im Finanzsektor fortschreitende Entwicklung der Verkehrs- und Kommunikationswege zugunsten transnational vernetzter Wirtschaftsbeziehungen nicht nur der legalen Wirtschaft zugute kommt, sondern auch der Schattenwirtschaft als Kehrseite der Globalisierung337. Sender- und empfängerspezifische Gründe sowie illegale Marktaktivitäten sind weitere Ursachen für das globale Anwachsen alternative Überweisungssysteme. Gleichzeitig ist eine höhere Verfügbarkeit der Services alternativer Überweisungssysteme auch in ländlichen Regionen von Entwicklungs- oder Schwellenländern gewährleistet. Neben den Gefahren, die von alternativen Überweisungssystemen vor allem im Hinblick auf illegale Marktaktivitäten ausgehen, befriedigen diese Transfersysteme jedoch auch vielfach legitime Bedürfnisse und Interessen ihrer Nutzer, was es schwierig macht, mit ihnen umzugehen, zumal andere Transfersysteme im formellen Sektor aus verschiedenen Gründen nicht dazu in der Lage sind, den Bedarf der Nutzer zu decken. So erweist sich auch die Bestimmung der Grenzen zwischen Illegalität und Legitimität in diesem Zusammenhang als schwierig, da die Frage der Legitimität immer auch von der Perspektive des Betrachters abhängt und sich zwangsläufig je nach Sichtweise und Interessenlage unterscheidet. Aber auch die Grenzen zwischen Legalität und Illegalität lassen sich nur schwer bestimmen, ist es doch gerade die den islamischen Finanzinstitutionen innewohnende subkulturelle Finanzinfrastruktur, die sich staatlichen Zugriffen weitestgehend entzieht und die zu einer erhöhten Missbrauchsanfälligkeit dieser Systeme führt338.

336 337 338

Felber, The money of the migrants, S. 3. Findeisen, WM 2000, 2125, 2128. Bälz, BKR 2002, 447, 448.

Teil 3

Das Hawala-Finanzsystem A. Einleitung Aufbauend auf Teil 2 der Arbeit wird im folgenden Kapitel nun das HawalaFinanzsystem im Einzelnen untersucht werden. Um zu phänomenologischen Erkenntnissen über das Hawala-Finanzsystem zu gelangen, wird im Rahmen der historischen Entwicklung vor allem Hawala als Rechtsinstitut betrachtet. Die Grundprinzipien dieses alternativen Überweisungssystems werden dargestellt, wobei besonderer Wert auf die Regeln der Scharia als überstaatlicher Regulator gelegt werden wird. Vor diesem Hintergrund soll eine Abgrenzung zwischen Legalität, Illegalität und möglicher Kriminalisierung des Hawala-Banking im Vergleich zu anderen Geldtransfersystemen herausgearbeitet werden. Dazu werden die unterschiedlichen Bestandteile sowie Methoden und Funktionsweise des Finanztransfersystems Hawala analysiert und aufgearbeitet sowie Schnittstellen zwischen Hawala-Finanzsystem und legalem Bankgeschäft dargestellt. Um im Folgenden Aussagen zu etwaigen Integrations- und Kontrollmöglichkeiten des Systems im Rahmen der Geldwäschebekämpfung treffen zu können, soll im Rahmen dieses Teils ebenfalls geklärt werden, welche rechtliche Stellung das Hawala-Finanzsystem in Deutschland einnimmt und wie sich in diesem Zusammenhang die heutige Kriminalisierung des Hawala-Systems darstellt. Dazu wird zunächst der tatbestandliche Umfang des Finanztransfergeschäftes i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG herausgearbeitet. Die zurzeit geltenden Antragsvoraussetzungen für die Erlaubniserteilung werden dargestellt und anhand aktueller Zahlen und Fakten einer kritischen Würdigung auf Praktikabilität und Einhaltbarkeit für die im Finanztransfergeschäft tätigen „Hawaladare“ unterzogen. Neben der Erlaubnispflicht für Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG gibt es eine Reihe weiterer rechtlicher Vorschriften, die vom „Hawaladar“ im Rahmen der Durchführung seiner Geschäfte einzuhalten sind. Hier ist insbesondere auf die Vorschriften § 25a, § 25b sowie § 24c KWG sowie auf die Vorschriften des Geldwäschegesetzes und Vorschriften des Außenwirtschaftsrechtes zu verweisen. Darüber hinaus wird auf die ergänzenden Vorschriften für Kreditinstitute gemäß §§ 340 ff. HGB, wie auch auf die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und nicht zuletzt steuerrechtliche Vorschriften eingegangen werden.

B. Das Hawala-Finanzsystem

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B. Das Hawala-Finanzsystem I. Ursprünge und Historie des Hawala-Finanzsystems Das Hawala-Finanzsystem stellt sich in der heutigen Zeit als leistungsstarkes und von bestehenden Rechtsordnungen unabhängiges System zum grenzüberschreitenden Transfer von Geldern dar. Dies war jedoch nicht immer so. Hawala hat sich erst im Laufe der Jahrhunderte zu einem System entwickelt, dass den Vertragspartnern beim Geldtransfer größtmögliche Sicherheit bieten kann. Die Ursachen hierfür liegen vor allem in einer Gesellschaft begründet, die von einem Mangel an formalen Ordnungssystemen geprägt war1. 1. Klärung des Begriffs Hawala Die Entstehungsgeschichte des Hawala-Finanzsystems geht auf die frühmittelalterliche Handelsgesellschaft des Vorderen und Mittleren Orients zurück2, wo auch der Wortursprung des Begriffs Hawala zu finden ist. So stammt Hawala ursprünglich aus dem Arabischen und bedeutet übersetzt etwa Zahlungsanweisung oder auch Schuldüberweisung3. Je nach Land und Sprache variiert die Bedeutung des Begriffs Hawala; in Hindi beispielsweise bedeutet Hawala ebenfalls Vertrauen4. Bezogen auf die historischen Ursprünge des Systems ist die Übersetzung des Begriffs Hawala mit Zahlungsanweisung bzw. Schuldüberweisung funktional zu sehen, denn sie hängt eng mit der ursprünglichen Ausprägung und Funktionsweise des Hawala-Finanzsystems zusammen. So diente Hawala in seiner ursprünglichen Form zur einfachen Delegation von Zahlungen bzw. der Überschreibung von Schuldforderungen5. Entsprechend dem ursprünglichen Charakter von Hawala als einer lediglich der Reduzierung der Kosten der technischen Transaktionsabwicklung dienenden Institution6 funktionierte das System nach einem einfachen Grundprinzip:

1 Schramm/Taube, The Institutional Foundations of Al Qaida’s Global Financial System, S. 2. 2 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 4. 3 Gibb/Kramers, Shorter Encyclopaedia of Islam, S. 137; ausführlich hierzu vgl. Lewis/Menage/Pellat/Schacht, The Encyclopaedia of Islam, Volume III, S. 283 ff. 4 Vgl. Spies, Arabische Quellenbeiträge zum Rechtsinstitut der Delegation (hawala). Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 73, 1972, S. 17 f.; Lewis/Menage/ Pellat/Schacht, The Encyclopaedia of Islam, Volume III, S. 283 f. 5 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 7. 6 Ebenda.

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem Eine Person A schuldet einer zweiten Person B einen bestimmten Geldbetrag, wobei B wiederum einer dritten Person C Geld schuldet. Überträgt nun B seine gegen A bestehende Forderung in der Folge auf C, um damit seine bei C bestehenden Schulden zu tilgen, scheidet B aus der Kette aus. C wird neuer Gläubiger des A.

Basierend auf diesem Grundprinzip entwickelte sich hieraus im Laufe der Zeit ein komplexes Vertragsgeflecht zum grenzüberschreitenden Transfer von Geldern7. In Anlehnung an die moderne Funktionsweise des Hawala-Finanzsystems wird der Begriff Hawala heutzutage auch häufig als „Transfer von Geld oder Nachrichten zwischen zwei Personen, die sich hierfür einer dritten Person bedienen“ 8, definiert. Die ursprüngliche Funktionsweise von Hawala erinnert an das uns heutzutage bekannte Verfahren beim Wechsel, der eine unbedingte Zahlungsanweisung des Gläubigers an den Schuldner enthält, an den Gläubiger oder einen Dritten eine bestimmte Summe zu zahlen, wobei das Recht aus dem Wechsel nur durch Vorlage des Wechsels geltend gemacht werden kann. Die Parallelen der ursprünglichen hawala zum Wechselverfahren sind nicht zufällig. Der Wechsel (suftaga) hat sich im Laufe der Zeit aus der Schuldüberweisung entwickelt9. Auch soll Hawala als Namensgeber für den modernen Avalkredit gedient haben, der sich heute in seiner Funktionsweise von diesem jedoch deutlich unterscheidet10. Auf der Grundlage des Rechtsinstitutes hawala entstanden Finanzsysteme in verschiedenen islamischen Regionen, beispielsweise der Osmanen und der Abbasiden11. Auch wenn die hawala ursprünglich aus dem Islamischen stammt, stellt Hawala keine Methode des Islamic Banking dar, auch wenn das Transfersystem Hawala weitgehend im Einklang mit den Bestimmungen des Islam steht und in vielen Fällen die Transaktionsteilnehmer die Regeln der Scharia als verbindlich für sich anerkennen. 7 Razavy, Hawala: An Underground haven for terrorists or social phenomenon?, in: Crime, Law and Social Change, Vol. 44, Number 3, Oct. 2005, S. 279; Schramm/ Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 7. 8 Interpol, The hawala alternative remittance system and its role in money laundering, Lyon, January 2000. 9 Spies, Arabische Quellenbeiträge zum Rechtsinstitut der Delegation (hawala). Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 73, 1972, S. 17. 10 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 7; vgl. auch Gabler Bank Lexikon, Band 1, S. 131 zum Avalkredit: Mit einem Bankaval übernehmen Kreditinstitute im Auftrage ihrer Kunden gegenüber Dritten die Haftung für eine bestimmte Geldsumme, i. d. R. durch eine Bürgschaft oder Garantie. Da die Bank keine eigenen Mittel, sondern lediglich ihre Kreditwürdigkeit zur Verfügung stellt, ist ein Liquiditätseinsatz regelmäßig nur erforderlich, wenn der Bankkunde zahlungsunfähig wird. 11 Razavy, Hawala: An Underground haven for terrorists or social phenomenon?, in: Crime, Law and Social Change, Vol. 44, Number 3, Oct. 2005, S. 282.

B. Das Hawala-Finanzsystem

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2. Das Rechtsinstitut hawala Die Schuldüberweisung (hawala) taucht als Rechtsinstitut bereits in frühen arabischen Quellenbeiträgen zum islamischen Recht auf. Bereits im Jahre 1327/ 1328 stellte der hanafitische Jurist Abu Bakr b. Mas’ud Al-Kasani die hawala als Rechtsinstitut systematisch dar12. Nach der Darstellung von Al-Kasani bezweckte die hawala eine Sicherung des Gläubigers, indem dem Gläubiger anstelle des bisherigen Schuldners ein neuer, zahlungskräftiger Schuldner gegenüber gestellt wird13. Nach der Lehre von Al-Kasani wird die hawala wiederum abgeleitet von tahwil, Übertragung (naql), weswegen bei der Schuldüberweisung (hawala) zwingende Voraussetzung ein Übergang der Forderung ist14. Frühere islamische Rechtsgelehrte nahmen im Gegensatz hierzu teilweise an, die Schuldüberweisung gewähre eine Sicherung für die Forderung wie die Bürgschaft, wobei der erste Schuldner neben dem neuen Schuldner in der Haftung bleibe15. Basierend auf usul al-fiqh16, den vier Wurzeln des Rechts (dem Koran, der Überlieferung des Propheten (hadith), dem Analogieschluss (qiyas) und dem consensus (igma)), war die hawala ursprünglich ein nach islamischem Recht zulässiges Veräußerungsgeschäft, welches eine Ausnahme von dem im islamischen Recht geltenden Grundsatz „Keine Forderung gegen eine Forderung“ darstellte17. Dieser Grundsatz geht zurück auf die Überlieferung des Propheten Mohammed: „Wenn ein Zahlungsfähiger seinen Gläubiger hinhält, so ist das ein Unrecht, und wenn einer von Euch eine Überweisung auf einen Zahlungsfähigen erhält, so nehme er sie an.“ (Sahih Bukhari II, Kapitel 85, Nummer 12)18

Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit der hawala waren nach Al-Kasani Angebot und Annahme der Vertragsparteien, Delegat (Schuldner der Forderung), Delegant (der übertragende, ursprüngliche Gläubiger) und Delegatar 12 Spies, Arabische Quellenbeiträge zum Rechtsinstitut der Delegation (hawala). Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 73, 1972, S. 18. 13 Spies, Arabische Quellenbeiträge zum Rechtsinstitut der Delegation (hawala). Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 73, 1972, S. 17. 14 Al-Kasani, in: Spies, Arabische Quellenbeiträge zum Rechtsinstitut der Delegation (hawala). Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 73, 1972, S. 27. 15 So beispielsweise Muhammad as-Saibani, in: Spies, Arabische Quellenbeiträge zum Rechtsinstitut der Delegation (hawala). Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 73, 1972, S. 34 ff. 16 Vgl. Zahraa, Characteristic Features of Islamic Law: Perceptions and Misconceptions. Arab Law Quarterly, Vol. 15, 2000, 168, 171. 17 Vgl. Hamilton (Übers.), The Hedaya or guide: A commentary on the Mussulman laws, S. 332. 18 Abgedruckt in: Spies, Arabische Quellenbeiträge zum Rechtsinstitut der Delegation (hawala). Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 73, 1972, S. 41.

100

Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

(neuer Gläubiger)19. Als weitere Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes benennt Al-Kasani unter anderem die Volljährigkeit der Vertragsparteien, der Ausschluss von Geisteskranken oder Minderjährigen von der Schuldüberweisung, die freie Willensbildung der Vertragsparteien sowie die Anwesenheit von Delegat, Delegant und Delegatar. Gegenstand der Übertragung musste nach Al-Kasani eine verbindliche Schuld sein. Durch Angebot und Annahme übertrug der Delegant seine gegen den Delegaten bestehende Forderung an den Delegatar. Rechtsfolge war zum einen das Freiwerden des Deleganten, und zum anderen die Befugnis des neuen Gläubigers, die Forderung gegen den Schuldner geltend machen zu dürfen. Im Wesentlichen wird die hawala auch bei den übrigen islamischen Rechtsgelehrten ähnlich dargestellt, wobei die verschiedenen islamischen Rechtstraditionen teilweise allerdings unterschiedliche Vertragsparameter festgelegt hatten20. Die Etablierung des Rechtsinstitutes der Schuldüberweisung (hawala) in der Handelsgesellschaft des frühen Mittelalters erklärt sich vor allem durch die Unwägbarkeiten der damaligen Rechts- und Ordnungssysteme im Vorderen und Mittleren Orient21. Entweder gab es überhaupt keine formalen Ordnungssysteme, oder diese waren, sofern vorhanden, nicht dazu in der Lage, eine hinreichend ordnende Funktion zu übernehmen. Ein besonderes Problem war ferner, dass es im Mittelalter zahlreiche kleinere, autonom agierende Gebiete gab, die zwar über eigene, nicht jedoch über gebietsübergreifende Ordnungssysteme verfügten. Wollten Geschäftsleute in der damaligen Zeit gebietsübergreifend Geschäfte durchführen, konnten nur der Koran und die Scharia als allgemein anerkannte Gesetzeswerke zumindest eine moralische Verpflichtung auf die Transaktionspartner ausüben. Den Weisungen der vier Wurzeln des Rechts (usul al-fiqh) zur Ausgestaltung des wirtschaftlichen Lebens kam somit damals wie auch heute noch eine entscheidende Bedeutung zu. So heißt es beispielsweise im Buch von Al-Buchari 22 zur Überlieferung des Propheten: Hakim Ibn Hizam, Allahs Wohlgefallen auf

19 Zum Folgenden Al-Kasani, in: Spies, Arabische Quellenbeiträge zum Rechtsinstitut der Delegation (hawala). Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 73, 1972, S. 19 ff. 20 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 7; vgl. Spies, Arabische Quellenbeiträge zum Rechtsinstitut der Delegation (hawala). Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 73, 1972, S. 34 ff. 21 Zum Folgenden: Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 4 ff. 22 Vgl. die Übersetzung von Sahih Bukhari durch M. Muhsin Khan über die University of Southern California, USC-MSA Compendium of Muslim Texts, abrufbar unter: URL:http://www.usc.edu/dept/MSA/fundamentals/hadithsunnah/bukhari/ [Stand 04/02/2007].

B. Das Hawala-Finanzsystem

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ihm, berichtete, dass der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Friede auf ihm, sagte: „Der Käufer und der Verkäufer haben immer solange die freie Entscheidung, bis sie sich voneinander trennen. . . . Wenn sie miteinander wahrhaftig und ehrlich waren, so ist das zwischen ihnen abgewickelte Geschäft segensreich geworden und wenn sie etwas verschwiegen oder gelogen hatten, so ist jeglicher Segen von ihrem Geschäft abgeschnitten.“ (Sahih Bukhari, Volume 3, Book 34, Number 293)

Als Antwort auf die zunehmenden Unbequemlichkeiten und Unsicherheiten, die der Transport größerer Mengen von Silbermünzen als Zahlungsmittel im Mittelalter mit sich brachte, aber auch durch einen anhaltenden Mangel an Zahlungsmitteln überhaupt, etablierten sich in der mittelalterlichen Kaufmannschaft zunächst verschiedenste Formen von Verkäufen mit verzögerten Zahlungen sowie die Schuldüberweisung (hawala) und später der Wechsel als anerkannte und praktische Verrechnungsformen für Geschäfte aller Art23.

II. Moderne Ausprägung des Hawala-Finanzsystems Die ursprüngliche Ausgestaltung der hawala als Schuldüberweisung passte sich im Laufe der Zeit an die sich ändernden Ausgangsbedingungen der Transaktionspartner an24. Mit zunehmenden überregionalen Verflechtungen in allen Bereichen des Handels sowie fortschreitenden Entwicklungen in den Kommunikations- und Transportwegen wurde es erforderlich, überregionale Instrumente der Zahlung und Verrechnung zu finden, wenn sich beispielsweise die Vertragspartner an unterschiedlichen regionalen Standorten aufhielten. Aus der ursprünglichen hawala wurde so im Laufe der Zeit ein komplexes Vertragsgeflecht zur Überweisung von Geldbeträgen auf zunächst nationaler Ebene. Im Zuge der weltweiten Globalisierung und der zunehmenden Migrationsbewegung breiteten sich die Hawala-Netzwerke dann auf der ganzen Welt aus. 1. Die Grundprinzipien des Hawala-Systems Eine grenzüberschreitende Transaktion über Hawala in seiner modernen Ausprägung gestaltet sich im Wesentlichen wie folgt:

23 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 6. 24 Zum Folgenden: Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 5 f.

102

Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

Lokalität A

Lokalität B

Netzwerk Potenzielle Ausgleichszahlung

Finanzintermediär (1)

Monetäre Zu- und Abflüsse

WS

WS

Finanzintermediär (2)

Monetäre Zu- und Abflüsse

WS

WS

WS WS

WS

= Wirtschaftssubjekt

WS

räumliche Disparität

Quelle: Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 8.

Ausgangspunkt einer Überweisung über Hawala-Netzwerke ist ein so genannter „Hawaladar“ am Auftraggeberort, als Anbieter dieser Finanztransferdienstleistungen. Die Bandbreite an Anbietern variiert teilweise sehr stark und kann vom kleinen Warenhändler „um die Ecke“, Reisebüros, Juwelieren, Lebensmittelläden, Imbiss-Stuben und anderen Geschäften bis zum hochspezialisierten Dienstleister, dessen Angebot eher an das Angebot einer Wechselstube oder Bank erinnert, reichen25. Will jemand nun einen bestimmten Geldbetrag in eine andere Stadt, ein anderes Land oder einen anderen Kontinent transferieren, wendet er sich an einen Hawaladar in seiner Stadt, den er entweder über Mund-zu-Mund-Propaganda kennt oder beispielsweise über ein Inserat des Hawaladars in der Zeitung. Der Auftraggeber der Überweisung teilt dem Hawaladar den gewünschten Auszahlungsort sowie Auszahlungszeitpunkt und auszuzahlenden Betrag mit. Nach

25 Schramm/Taube, Hawala – Geldüberweisung ohne Spuren – Flexibles altes islamisches Finanzsystem, in: Neue Zürcher Zeitung vom 31.05.2002, S. 27; Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 56.

B. Das Hawala-Finanzsystem

103

Entrichtung des zu transferierenden Betrages (in der Regel in bar) zuzüglich einer Bearbeitungspauschale in Höhe von etwa 3–5% des zu transferierenden Betrages26 teilt der Hawaladar am Ausgangsort des Geldes dem Auftraggeber einen bestimmten Code mit. Dieser kann beliebig gewählt sein und beispielsweise aus einer Zahlenkombination oder auch einem Koranvers bestehen. Das Ausfüllen von Formularen oder anderen schriftlichen Unterlagen zur Transaktion entfällt. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass der Auftraggeber der Transaktion dem Hawaladar am Auftraggeberort persönliche Daten des Empfängers, beispielsweise dessen Namen oder genaue Adresse mitteilt. Der Hawaladar am Ausgangsort nimmt nun Kontakt zu einem anderen Hawaladar im Zielgebiet auf und übermittelt diesem den Code und den damit verbundenen Auszahlungsbetrag in einem Telefonat bzw. per Fax oder per E-Mail. Mit der Übermittlung dieser Informationen ist für den Hawala-Intermediär am Auftraggeberort die Transaktion abgeschlossen. Eventuell vorhandene Notizen über die Transaktion können vernichtet werden. Auch der Auftraggeber nimmt nun seinerseits mit dem Empfänger des Geldes Kontakt auf und übermittelt diesem den Code, mit dem später die Auszahlung des Geldbetrages erreicht werden kann. In einigen Fällen enthält der übermittelte Code bereits verschlüsselte Informationen über den zuständigen Hawaladar am Empfängerort, so dass eine gesonderte Mitteilung der Kontaktdaten des dortigen Hawaladars entfällt. Der Empfänger des Geldes wird nun nach Übermittlung des Codewortes an den Hawaladar im Zielgebiet das Geld – meistens in Landeswährung – von diesem in Empfang nehmen können. Wie schon zuvor der Hawala-Intermediär am Ausgangsort wird auch der Hawaladar im Zielgebiet eventuell vorhandene Notizen, die auf die Transaktionsparameter hindeuten könnten, löschen. In gleicher Form werden Transaktionen in entgegengesetzter Richtung vorgenommen. Mit dem Wertausgleich zwischen den einzelnen Hawala-Intermediären, der zumeist periodisch auf bilateraler oder multilateraler Netting Basis erfolgt, schließt sich die Transaktionskette im Hawala-Finanzsystem27. Die Übermittlung eines solchen Zahlungsauftrages per Fax von einem Hawala-Intermediär an einen anderen könnte dabei folgendermaßen aussehen:

26 Die Provision kann in Einzelfällen auch weit darüber liegen, vgl. unten: Teil 3, B. II. 3. 27 Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 5.

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

Quelle: Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 61.

Die zur Ausführung der Transaktion weitergegebenen Informationen befinden sich im unteren Abschnitt des Musterfaxes und enthalten verkürzte bzw. verschlüsselte Angaben zu dem Empfänger der Transaktion. Neben einer Kontaktnummer (in diesem Beispiel eine Telefonnummer) ist auf dem Fax der zu übermittelnde Betrag nebst Währung festgehalten (950.000 INR), wobei INR der ISO-4217-Code für die Indische Rupie ist. Als Codenummer zur Identifikation des richtigen Empfängers dient in diesem Fall die Seriennummer einer RupienGeldnote. Nach der Übergabe dieses Geldscheines an den auszahlenden Hawaladar und Entgegennahme des transferierten Geldes wird der Hawala-Intermediär am Auszahlungsort den Geldschein als Quittung für die durchgeführte Auszahlung behalten28. a) Das „System der zwei Töpfe“ Da die an einer Transaktion beteiligten Hawaladare auf den Ausgleich kurzfristig bestehender Ungleichgewichte bei den Zahlungsein- und -ausgängen regelmäßig verzichten und die korrespondierenden Hawaladare darauf vertrauen, dass sich mittel- bis langfristig ihre jeweiligen Ein- und Auszahlungen ausgleichen, ist innerhalb der Hawala-Netzwerke nur in Ausnahmefällen ein (aufwendiges) Clearingverfahren notwendig, wie dies regelmäßig von Banken durchge-

28

Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 61.

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führt wird29. Nur wenn es zu Auszahlungsspitzen kommt, d. h. wenn beispielsweise aufgrund von außergewöhnlich hohen Zahlungsanweisungen nicht zu erwarten ist, dass sich ein Ausgleich der Ein- und Auszahlungen von selbst einstellt, führen die korrespondierenden Hawaladare in einem Clearingverfahren einen Ausgleich der Salden herbei. Ein solcher Ausgleich wäre beispielsweise denkbar als Kuriertransport von Bargeld, oder durch Geschäfte mit Waren, Juwelen oder Gold30. Gegebenenfalls werden auch fingierte Rechnungen oder überhöhte oder niedrigere Rechnungen über ein tatsächliches Exportgeschäft ausgestellt31. Ein Ausgleichsverfahren wird auch in den Fällen erforderlich sein, in denen aufgrund geographischer Besonderheiten Geldflüsse nicht bidirektional verlaufen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Emigranten Gelder zur Unterstützung von Verwandten überweisen. An den Auszahlungsorten, die oftmals in ländlichen Gebieten so genannter Schwellen- oder Entwicklungsländer liegen, werden sodann strukturell bedingt hauptsächlich Auszahlungen vorgenommen werden32. Ein Ausgleich der Salden wird sich hier nicht von selbst einstellen. Dieses Prinzip, bei dem regelmäßig weder ein Devisentransfer noch ein Clearingverfahren erforderlich ist, wird auch als „System der zwei Töpfe“ bezeichnet. Dieser Begriff wurde erstmalig im so genannten Bosporus-Verfahren33 vor dem Landgericht Frankfurt am Main geprägt, einem der bisher größten aufgedeckten Geldwäschefälle. Die Ermittlungen in diesem Fall erstreckten sich auf einen Zeitraum von 1987 bis 1995, wobei die damaligen Angeklagten nach den Feststellungen des Landgerichts Frankfurt am Main die Auswirkungen des in 1993 implementierten GwG auf ihre Tätigkeit wahrgenommen hatten und durchaus strittig diskutierten. Das Urteil zu diesem Fall von Geldwäsche über Wechselstuben erging im April 1998, wobei in diesem Zusammenhang zu beachten ist, dass damals zwar auch Wechselstuben dem neu implementierten Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten – (Geldwäschegesetz – GwG) vom 25. Oktober 1993 (BGBl. I S. 1770) unterlagen, es jedoch keine Aufsichtsbehörde gab, welche die Einhaltung der Pflichten aus dem GwG überprüfte. Wechselstuben wurden erst zum 01.01.1998 der Aufsicht des damaligen BAKred unterstellt. Dem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: 29 Zum Folgenden: Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 9. 30 Schramm/Taube, Hawala – Geldüberweisung ohne Spuren – Flexibles altes islamisches Finanzsystem, in: Neue Zürcher Zeitung vom 31.05.2002, S. 27. 31 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 14. 32 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 9. 33 Urteil Landgericht Frankfurt/Main vom 03.04.1998, Az. 5130/88 Js 19670.4/93 (5/12 Kls (A 1/97)).

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Im Jahr 1987 gründete einer der Angeklagten gemeinsam mit einem Mitangeklagten eine Organisation mit Sitz in Frankfurt am Main, die auch im Handelsregister eingetragen war. Der Leiter der Organisation war Iraner, der in Istanbul lebte und von dort aus die Geschicke der Organisation lenkte. Die Geldwäscheaktivitäten wurden über geschäftlich verbundene Wechselstuben in Deutschland und verschiedenen anderen Ländern ausgeführt, die unabhängig von den jeweiligen handelsrechtlichen Konstruktionen faktisch von den Weisungen des Iraners abhängig war. Neben diversen Import- und Exportgeschäften wurden nach den Feststellungen des Gerichts im Tatzeitraum vor allem drei Geschäftszweige betrieben: Im Rahmen der Eigenschaft als Wechselstube wurden für Laufkundschaft Sortengeschäfte abgewickelt, bei denen bei vergleichsweise bescheidenen Erträgen erhebliche Umsätze anfielen. Daneben tätigte die Organisation Geldtransfergeschäfte vorwiegend in und aus dem Iran. Zu der Organisation im weiteren Sinne gehörten weitere geschäftlich verbundene, ebenfalls von Iranern geleitete Wechselstuben im In- und Ausland, die ihrerseits in geschäftlichem Kontakt zu anderen Wechselstuben standen. Damals unterlag der Devisenverkehr in und aus dem Iran gravierenden Beschränkungen, so dass es fast unmöglich war, Gelder in oder aus dem Iran zu transferieren. Ein so genannter „grauer Devisenmarkt“ entstand, über den Privat und Geschäftsleute zu erheblich günstigeren Kursen Gelder transferieren konnten. Die Betätigung auf diesem „grauen Devisenmarkt“ stellte einen der wesentlichen Geschäftszweige der Organisation dar. Zwar wurde über die Ein- und Auszahlungen zunächst im Wesentlichen Buch geführt. Die Transfergeschäfte zwischen den Geschäftspartnern in Frankfurt am Main und in Teheran wurden aber nicht nach im Einzelnen dokumentierten Einzel- oder Sammel-„Auslandsüberweisungen“ getätigt, sondern nach einem von den Beteiligten in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Frankfurt am Main so apostrophierten „System der zwei Töpfe“. So nutzte die Stelle in Teheran nach den Feststellungen des Gerichts „die dort getätigten Bargeldeinzahlungen in Landeswährung (Rial, Toman) unmittelbar dazu, um die in Deutschland beauftragten Auszahlungen von iranischer Landeswährung im Iran, also die Transferleistungen in die Gegenrichtung, zu bewerkstelligen. Gleichermaßen umgekehrt verfuhr die Filiale in Frankfurt am Main. Beide Stellen standen in täglichem telefonischem und Faxkontakt und übermittelten sich jeweils, welche Auszahlungen am jeweils anderen Ort zu erledigen seien. Jeder erledigte die vom anderen entgegengenommenen Aufträge. Anschließend teilte man sich wechselseitig die entsprechenden Erledigungen mit und rechnete untereinander ab. Ein Devisentransfer zwischen beiden Stellen fand nur dann statt, wenn die Auszahlungen in einer der beiden Stellen die dortigen Einnahmen über die Liquiditätsgrenze hinaus überstiegen. In solchen Fällen sorgte dann die jeweilige Stelle, durch Einschaltung weiterer Devisenhändler, insbesondere in Dubai, für ausreichende Liquidität der anderen.“ Das dritte wesentliche Tätigkeitsfeld der Organisation stellte die Geldwäsche für große kurdische Heroinimporteure, die den europäischen Markt mit Heroin versorgten, dar. Insbesondere wurde dafür gesorgt, dass Gelder, die der Bezahlung von Heroin dienten, ohne dass deren Herkunft später noch ermittelbar gewesen wäre, in Europa sowie in den USA von Bargeld in Buchgeld umgewandelt und sodann in mehreren Etappen in den Nahen Osten transferiert wurde. Alleine zwischen 1993

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und 1995 wurde nach den Feststellungen des Gerichts der Transfer von Geldern illegaler Herkunft, wobei diese überwiegend aus Drogengeldern aus Heroingeschäften bestanden, in Höhe von mindestens 30 Mio. DM zwischen Europa und dem Nahen Osten bewirkt. Die Geldwäscheabläufe stellten sich im Wesentlichen wie folgt dar: Hatte sich bei den regionalen Großhändlern der kurdischen Heroinimporteure genug zu waschendes Geld aus Drogengeschäften angesammelt, nahmen die Heroinimporteure mit dem iranischen Leiter der Geldwäscheorganisation Kontakt auf und erteilten den Auftrag, eine bestimmte Menge Geldes zu waschen. Über Bargeldkuriere wurden die Erlöse aus dem Verkauf der Drogen – teilweise über Umwege – zu den Geldwechselstuben nach Frankfurt am Main verbracht. Regelmäßig erhielten die Kuriere für das abgelieferte Bargeld eine Quittung, die jedoch nur den erhaltenen Bargeldbetrag auswies und ansonsten keine weiteren Hinweise enthielt. In der Wechselstube wurden die Gelder zunächst gezählt und sodann bei deutschen Großbanken in Deutsche Mark umgetauscht. Die Gelder befanden sich durch das Sortengeschäft nun auf dem Konto der Wechselstube bei einer Bank, womit in diesem Moment die Umwandlung von Bargeld in Buchgeld vollzogen war. Nach Rücksprache mit dem Leiter der Organisation wurden die Gelder sodann von der Wechselstube im Rahmen eines Sortengeschäftes auf Bankkonten anderer Wechselstuben im Ausland transferiert. Der Kreislauf des Geldes schloss sich wieder, indem der iranische Kopf der Organisation die Gelder, nachdem diese mehrere Ländergrenzen passiert hatten, dem Konto der kurdischen Heroinimporteure gutschreiben ließ. Die Angeklagten wurden wegen versuchter Geldwäsche in Tateinheit mit versuchtem bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie der Angeklagte A darüber hinaus des Betruges in Tateinheit mit unerlaubtem Betreiben von Bankgeschäften zu Gesamtfreiheitsstrafen von 4 Jahren bzw. 7 Jahren verurteilt. Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 03.04.1998 ist seit dem 06.05.1998 rechtskräftig.

b) Parallelen zum „Netting“ von Forderungen sowie Möglichkeiten der Verrechnung im Hawala-System Wenn die Geldflüsse über Hawala-Intermediäre in einzelnen Fällen stark asymmetrisch verlaufen, also beispielsweise in einem Auswanderungsland verstärkt Einzahlungen vorgenommen werden und im Gegenzug im Heimatland Geldschulden aufgebaut werden, wird ein (regelmäßiger) Saldenausgleich zwischen den beteiligten Hawaladaren erforderlich. Die Beziehungen zwischen Betreiber und Intermediär beruhen oftmals auf familiären und ethnischen Bindungen oder sind so ausgestaltet, dass zwischen den Hawala-Intermediären bereits in anderen Geschäftszweigen wirtschaftliche Beziehungen bestehen, bei denen Transaktionen erforderlich sind und gegenseitige Forderungen in Ausgleich gebracht werden können34. Dieses im Hawala-Finanzsystem verwendete System, 34 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 79.

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bei dem ein Saldenausgleich zwischen den teilnehmenden/verbundenen Hawaladaren periodisch im Wochen- oder Monatsrhythmus erfolgt35, ist mit dem „Netting“ von Forderungen im Zahlungsverkehr der Banken vergleichbar. Netting bezeichnet die vereinbarte Aufrechnung von gegenseitigen Positionen oder Verpflichtungen von Geschäftspartnern oder Teilnehmern eines Zahlungssystems36. Hierdurch werden – gegebenenfalls nach Umrechnung in eine Basiswährung – eine große Zahl von Einzelpositionen oder -verpflichtungen auf eine kleinere Zahl von Positionen oder Verpflichtungen verringert. Die Verrechnung gegenläufiger Zahlungsbewegungen, um Anzahl und Volumen von Zahlungsbewegungen innerhalb von nationalen oder multinationalen Konzernen zu verringern, findet in der regulierten Wirtschaft häufig im Rahmen von Cash-Management-Systemen Anwendung37, um die Kosten der Kapitalbewegungen, wie bspw. Bankgebühren oder Kosten der internen Bearbeitung zu reduzieren38. Mit dem Begriff des Cash Management werden alle Maßnahmen der kurzfristigen Finanzdisposition in einem Unternehmen bezeichnet, die sämtliche Aufgaben und Maßnahmen, die zur Liquiditätssicherung und zur Erreichung höchster Effizienz im Zahlungsverkehr durchgeführt werden, umfassen. Vergleichbar mit den Abwicklungsmodalitäten im Hawala-Finanzsystem wird auch im Rahmen des Cash Management im Ergebnis ein möglichst kostengünstiger Zahlungstransfer angestrebt. Das Netting kann in verschiedenen Formen ausgestaltet sein, wobei nach der Anzahl der beteiligten Parteien zwischen bilateralem und multilateralem Netting unterschieden wird. Bilaterales Netting bezeichnet Vorkehrungen zwischen zwei Parteien, ihre bestehenden Verbindlichkeiten gegeneinander aufzurechnen39. Dagegen bezeichnet multilaterales Netting ein Verfahren zwischen drei oder mehr Parteien, um ihre gegenseitigen Verbindlichkeiten aufzurechnen. Die Variante des Netting zwischen mehr als zwei Parteien, bei dem eine dritte Partei als Gläubiger oder Schuldner in die Kontakte zwischen den beiden Ursprungsparteien eintritt, wird als Substitution bezeichnet. Bei der gegenseitigen Verrechnung im Hawala-Finanzsystem sind sowohl bilaterale, vor allem aber multilaterale Formen des Netting denkbar40, zumal Lieferungs- und Leistungsverflechtungen regelmäßig zwischen mehr als zwei Hawala-Intermediären bestehen dürften. In der regulierten Wirtschaft werden die nach einem Netting entstandenen Nettoforderungen in der Regel mittels Banküberweisung ausgeglichen. Für den 35 36 37 38 39 40

Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 9. Zum Folgenden: Gabler Bank Lexikon, Band 3, S. 1137. Gabler Bank Lexikon, Band 1, S. 349. Zum Folgenden: Gabler Bank Lexikon, Band 1, S. 349. Zum Folgenden: Gabler Bank Lexikon, Band 2, S. 1137 f. Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 9.

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Zahlungsausgleich im Hawala-System nach Durchführung eines „Nettings“ sind verschiedene Ausgleichsmodi denkbar41: In einigen Fällen nutzen auch die unregulierten Zahlungssysteme die Möglichkeit der Abrechnung über formelle Bankensysteme42. Bei der bilateralen Abrechnung über das Bankensystem werden zusätzlich Umrechnungs- und Bankspesen in den Transaktionskosten berücksichtigt43. Diese Variante setzt allerdings voraus, dass in den entsprechenden Ländern eine gewisse Bankeninfrastruktur vorhanden ist und Fremdwährungskonten gehalten werden dürfen. Bei bestehenden Devisenrestriktionen können Banken jedoch entweder keine oder nur beschränkt Fremdwährungskonten halten. In diesen Fällen erfolgt dann häufig eine multilaterale Abrechnung über das Bankensystem. Bei diesem System werden Bankkonten in Drittländern mit freiem Devisenmarkt, z. B. USA oder Dubai unterhalten. Ein Hawala-Intermediär unterhält ein Konto in einem Drittland, wobei die multilaterale Verrechnung über dieses Drittlandkonto erfolgt. In der Abrechnung über das offizielle Bankensystem liegt auch gleichzeitig eine der Schnittstellen zwischen unregulierten Zahlungssystemen wie dem Hawala-Finanzsystem und der regulierten Finanzwirtschaft. Denn auch wenn alternative Überweisungssysteme wie Hawala parallel zum legalen Bankensystem funktionieren, nutzen die Betreiber dieser Netzwerke zur Abwicklung ihrer geschäftlichen Aktivitäten regelmäßig die Dienstleistungen von Banken oder sind gar auf sie angewiesen, beispielsweise zum Führen eines Kontokorrentkontos44 für ihre konventionellen Geschäftstätigkeiten45. Neben der Nutzung für Zwecke des Zahlungsausgleichs oder der Verrechnung nutzen Hawaladare Kontokorrentkonten bei herkömmlichen Banken mitunter auch dazu, um Kundenzahlungen zu empfangen, die nicht bar getätigt werden46. Häufig stellen solche Verbindungspunkte die einzige Möglichkeit für Aufsichts- und Ermittlungsbehörden dar, an die zumeist im Verborgenen operierenden alternativen Überweisungssysteme heranzukommen und Geldflüsse aufzudecken. Neben der Einbeziehung der formellen Bankensysteme in die Verrechnung gibt es weitere Möglichkeiten für Hawaladare, Zahlungsspitzen auszugleichen. Eine gängige Methode stellt der Zahlungsausgleich durch Warenlieferungen, ggf. unter Einbeziehung von Drittländern, statt in Geld dar (bilateraler bzw. multilateraler Handel)47. Teilweise wird im Rahmen von tatsächlich durchge41

Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 9. Passas, A Study into Underground banking networks, S. 15. 43 Zum Folgenden: Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 9. 44 Findeisen, WM 2000, 2125, 2132. 45 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 15. 46 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 15; Carroll, Alternative remittance systems distinguishing sub-systems of ethnic money laundering in Interpol member countries on the Asian continent, Abschnitt Debt Settling. 47 Zum Folgenden: Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 9. 42

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führten Exportgeschäften auch mittels falscher Rechnungen über- bzw. unterfakturiert, um einen Zahlungsausgleich herbeizuführen. Weitere Möglichkeiten zur Verrechnung sind der Transport von Bargeld sowie die Bezahlung durch internationale Investitionen wie beispielsweise Aktien, Obligationen oder Immobilien. Bei der Abrechnung über einen Großhändler kauft, verkauft und konsolidiert der Großhändler, der selbst nicht als Hawaladar tätig ist, Forderungen und Schulden von Hawala-Intermediären in verschiedenen Ländern. Im Hinblick auf die aufsichtliche Anerkennung von Schuldumwandlungsverträgen und Aufrechnungsvereinbarungen („vertragliches Netting“) sei auf die Richtlinie 96/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. März 1996 zur Änderung der Richtlinie 89/647/EWG verwiesen. Die Deutsche Bankenaufsicht hat die Richtlinie durch die erste Verordnung zur Änderung der Kreditbestimmungsverordnung vom 14. Oktober 1996 (Bundesgesetzblatt I 1996, 183) und mit der Bekanntmachung über die Änderung und Ergänzung der Grundsätze über das Eigenkapital und die Liquidität der Kreditinstitute vom 02. Oktober 1996 (Bundesanzeiger S. 11445) in deutsches Recht umgesetzt. Ähnliche Funktionen erfüllt das aus dem Bankenbereich bekannte Kontokorrentverfahren im bargeldlosen Zahlungsverkehr: Die Gutschrift eines Geldbetrages auf dem Konto stellt sich nicht lediglich als bankbetriebstechnischer Vorgang dar. Rechtlich gesehen ist sie ein abstraktes Schuldversprechen im Sinne von §§ 780, 781 BGB48. Die Gutschrift ist, wurde sie einmal dem Konto erteilt, unabhängig gegenüber Einwendungen und Einreden aus dem Deckungs- und Valutaverhältnis49. Wie auch bei der Abwicklung von Transaktionen über die Hawala-Netzwerke war Vertrauen (in die Liquidität der Banken) eine Grundvoraussetzung, um den bargeldlosen Zahlungsverkehr durchzusetzen. Zum anderen musste die durch die Gutschrift erlangte Forderung des Empfängers abstrakter Natur sein50. Denn der Begünstigte war nur dann bereit, eine Gutschrift anstelle von Bargeld entgegenzunehmen, wenn er sicher sein konnte, dass der Gutschrift keine Einwände aus zugrundeliegenden kausalen Beziehungen entgegengesetzt werden konnten. Dabei erfüllt das Kontokorrent nach herrschender Meinung folgende Funktionen, die in vergleichbarer Form auch bei der Verrechnung im Hawala-Finanzsystem wiederzufinden sind: Es dient der Vereinfachung, indem gegenseitige Ansprüche verrechnet werden, sodass nur noch ein verbleibender Saldo auszugleichen ist (vgl. §§ 355 ff. HGB)51. Im Sinne einer Vereinheitlichung werden ähnlich wie bei der Aufrechnung Forderungen und Verbindlichkeiten aus der

48 49 50 51

Gabler Bank Lexikon, Band 3, S. 950. BGHZ 6, 121; 26, 167. Gabler Bank Lexikon, Band 3, S. 950. Vgl. Gabler Bank Lexikon, Band 3, S. 950 f.

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laufenden Geschäftsverbindung unabhängig vom Schuldgrund ständig miteinander verrechnet (Netting). 2. Regularien im Hawala-System Geiger/Wünsch52 charakterisieren die alternativen Überweisungssysteme wie folgt: „IGS (informelle Geldüberweisungssysteme) basieren auf Vertrauen, nicht Verträgen.“

Für die Abwicklung von Geldtransfers über das Hawala-Finanzsystem ist Vertrauen in zweierlei Hinsicht wichtig; sowohl die Geschäftsbeziehung zwischen Kunde und Hawaladar, als auch die Verbindung zwischen den an einer Transaktion beteiligten Hawaladaren untereinander erfordern gegenseitiges Vertrauen. Hawaladare sind (innerhalb der ethnischen Gemeinschaft) meist angesehene Respektspersonen, die über eigene Kapitalreserven und Liquidität verfügen53. Ähnlich dem Korrespondenzbankensystem geben sich Hawaladare im Rahmen der abzuwickelnden Transaktionen gegenseitig Kredit, bis ein Ausgleich durch eine Transaktion in der entgegengesetzten Richtung oder durch eine Ausgleichszahlung herbeigeführt wird. Durch die Basis einer ethnisch geprägten Gemeinschaft, jahrhundertealter Traditionen, persönlicher Beziehungen und Ehre ist dieses Vertrauen auch durchsetzbar54. a) Vertrauensbasierte Netzwerke Das informelle Hawala-Finanzsystem ist traditionell ein selbstreguliertes System. Die Unabhängigkeit von staatlichen Regelungen und Sanktionen ist jedoch keineswegs mit fehlender Beaufsichtigung gleichzusetzen. So enthält jede Selbstregulierung grundsätzlich auch eigene Sanktionsmöglichkeiten, um die Teilnehmer bzw. Mitglieder der Gruppe zu einem regelkonformen Verhalten zu veranlassen55. Als Sanktionsmöglichkeiten sind beispielsweise Konventionalstrafen oder – bei gravierenden Regelverstößen – der Ausschluss aus der Gruppe denkbar56. Auch die Hawala-Netzwerke, die als zuverlässig und sicher gelten,

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Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 24. Zum Folgenden: Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 6. 54 Vgl. hierzu Schramm/Taube, Hawala – Geldüberweisung ohne Spuren – Flexibles altes islamisches Finanzsystem, in: Neue Zürcher Zeitung vom 31.05.2002, S. 27. 55 Vgl. hierzu Schramm/Taube, Hawala – Geldüberweisung ohne Spuren – Flexibles altes islamisches Finanzsystem, in: Neue Zürcher Zeitung vom 31.05.2002, S. 27. 56 Schramm/Taube, Hawala – Geldüberweisung ohne Spuren – Flexibles altes islamisches Finanzsystem, in: Neue Zürcher Zeitung vom 31.05.2002, S. 27; Geiger/ Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 15. 53

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verfügen über gruppeneigene Regeln, die bei Verstößen Sanktionsmaßnahmen vorsehen. So hat ein Hawaladar bei jeder Transaktion zwei Möglichkeiten: Er kann die Regeln einhalten, weitere Transaktionen im System durchführen und davon im Rahmen der festgesetzten Regelungen profitieren57. Verletzt der Hawala-Intermediär die Regeln, und leitet beispielsweise eine Einzahlung nicht an den Empfänger weiter, kann er zwar kurzfristig einen Gewinn verbuchen. Die langfristige Folge ist jedoch ein Vertrauensverlust bei seinen Kunden und bei anderen Hawaladaren. Erfolgt ein Ausschluss des Hawaladars aus dem Netzwerk, verliert der Hawaladar seine Geschäftsgrundlage. Dies wiegt umso schwerer, wenn man bedenkt, dass der Hawaladar nicht nur Geschäftsmann, sondern auch Mitglied der Gesellschaft ist. Betreibt der Hawaladar, wie dies üblicherweise der Fall ist, das Transaktionsgeschäft nur neben seinem eigentlichen Warengeschäft, erstreckt sich der Verlust der Geschäftsgrundlage ebenfalls auf dieses Geschäft des Hawaladars. Vor allem in ländlichen Gebieten stellen die Kunden auch das soziale Umfeld des Hawaladars dar. Ein Ausschluss aus dem Hawala-Netzwerk hätte damit nicht nur geschäftliche, sondern auch gesellschaftliche bzw. soziale Konsequenzen. b) Die Regeln der Scharia als überstaatliche Regulation Der Umstand, dass Hawala-Netzwerke in den meisten Fällen keiner staatlichen Regulierung unterliegen, bedeutet keineswegs, dass Transaktionen über Hawala vollkommen unkontrolliert ablaufen und dass den Transaktionspartnern keinerlei Schutz geboten wird. Neben dem Vertrauen als einem Grundprinzip der meisten alternativen Überweisungssysteme haben sich viele alternative Überweisungssysteme eigene Regularien geschaffen, um einen ordnungsgemäßen Ablauf der Transaktionen zu gewährleisten, unter die sich die Teilnehmer am Rechtsverkehr freiwillig unterwerfen und die größtenteils als verbindlich betrachtet werden58. Schramm/Taube bezeichnen die Hawala-Netzwerke insoweit als „homogene Clubs“, wobei die Hawala-Intermediäre die ungeschriebenen Regeln des Systems sozusagen als Grundbedingung für eine „Clubmitgliedschaft“ und Geschäftstätigkeit akzeptieren59. Als Verstärker wirkt hierbei in besonderem Maße 57 Zum Folgenden: Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 15; Schramm/Taube, Hawala – Geldüberweisung ohne Spuren – Flexibles altes islamisches Finanzsystem, in: Neue Zürcher Zeitung vom 31.05.2002, S. 27. 58 Schramm/Taube, IRFA, Evolution and institutional foundation of the hawala financial system, S. 413; Schramm/Taube, Hawala – Geldüberweisung ohne Spuren – Flexibles altes islamisches Finanzsystem, in: Neue Zürcher Zeitung vom 31.05.2002, S. 27. 59 Zum Folgenden: Schramm/Taube, IRFA, Evolution and institutional foundation of the hawala financial system, S. 411.

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der Umstand, dass Hawala-Netzwerke starke ethnische Bezüge aufweisen, und Transaktionen häufig geschlossen innerhalb einer ethnischen Gruppe abgewickelt werden. Da die Ursprünge des Hawala-Finanzsystems im Islamischen begründet liegen, verwundert es nicht, dass sich ein großer Teil der Hawala-Netzwerke durch die strikte Beachtung des islamischen Rechtes auszeichnet. Tatsächlich sind es oftmals die Regeln der Scharia als einer der Grundpfeiler des islamischen Rechtes, die eine ordnende Funktion ausüben und auf die Teilnehmer des Wirtschaftsverkehrs regelnd einwirken. Dabei darf nicht vergessen werden, dass es sich um eine freiwillige Unterwerfung der Transaktionspartner handelt. Die Scharia kann eine regelnde Funktion nur in den Fällen übernehmen, in denen die Gültigkeit der rechtlichen Prinzipien von den Teilnehmern des Wirtschaftsverkehrs anerkannt wird60. Dies wird nur verständlich, wenn man berücksichtigt, dass die Schari’a, eingedeutscht Scharia sowohl staatliche als auch religiöse Pflichtenlehre des Islam ist und nach westlichem Verständnis sowohl moralische als auch juristische Komponenten umfasst, das heißt die Gesamtheit der religiösen, moralischen, sozialen und rechtlichen Normen, welche im Koran und der prophetischen Tradition beinhaltet sind61. Dennoch ist die Scharia insoweit nicht als kodifiziertes Recht zu verstehen, obwohl die Scharia seit der Kairoer Deklaration aus dem Jahre 1990 als Basis der Gesetzgebung in allen islamischen Ländern festgelegt wurde62. Die Länder gehen mit dieser Vorgabe unterschiedlich um, verfügen doch fast alle moslemischen Staaten ebenfalls über ein kodifiziertes, vom Staat aufgestelltes Rechtssystem betreffend die Bereiche des Zivil- und Strafrechts. Während die Scharia in diesen Staaten vor allem als religiöses Recht angesehen und beispielsweise in Familienangelegenheiten zur Konfliktlösung angewendet wird, orientieren sich andere Rechtssysteme wie beispielsweise der Iran oder Saudi Arabien in sämtlichen Bereichen der Rechtsprechung eng an der Scharia. Aus der Scharia ergibt sich die islamische Rechtsordnung. Neben dem Koran als primärer Quelle des Rechts im Islam63, der jedoch nur wenige Anweisungen 60 Schramm/Taube, IRFA, Evolution and institutional foundation of the hawala financial system, S. 413. 61 Vgl. hierzu die Definition von Bodiveau in: Petersohn, Islamisches Menschenrechtsverständnis unter Berücksichtigung der Vorbehalte muslimischer Staaten zu den UN-Menschenrechtsverträgen, S. 13; vgl. auch Bosworth/van Donzel/Heinrichs/Lecomte, The Encyclopaedia of Islam, Volume IX, S. 321 ff. 62 Die Scharia als Basis des islamischen Rechts wurde im 25. Artikel der „Deklaration der Menschenrechte im Islam“ vom 5. August 1990 auf der 19. islamischen Konferenz der Außenminister in Kairo festgelegt. Artikel 25 lautet insoweit „Die islamische Scharia ist die einzig zuständige Quelle für die Auslegung oder Erklärung jedes einzelnen Artikels dieser Erklärung“. Der deutsche Text der Deklaration ist unter URL: http://www.aidlr.org/german/mag/36_1%20-5.pdf [Stand 04/02/2007] abrufbar. 63 Bosworth/van Donzel/Lewis/Pellat, The Encyclopaedia of Islam, Volume V, S. 400, 402.

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mit juristischen Bezügen enthält und die daher lediglich als Grundlage einer allgemeinen, umfassenderen Gesetzgebung gelten, gibt es drei weitere, von den vier orthodoxen Rechtsschulen anerkannte Quellen des Rechts, die bereits an früherer Stelle erwähnten „vier Wurzeln der Rechtswissenschaft“ (usul alfiqh)64. Die zweite Wurzel der Rechtswissenschaft im Islam ist die Sunna, die Summe der überlieferten Äußerungen und Handlungen des Propheten Mohammed65. Die Berichte über das Verhalten und die Worte Mohammeds werden in den so genannten Hadithen überliefert. Heutzutage gibt es sechs anerkannte HadithSammlungen, die „sechs Bücher“, von denen zwei, Buchari und Muslim, besonderes Ansehen genießen66. Der Analogieschluss (qiyas) ist der dritte Grundpfeiler des islamischen Rechtes67. Er greift in den Fällen ein, in denen weder der Koran, noch die Sunna Aufschluss über die Behandlung einer Rechtsfrage geben können. Mit qiyas werden Rechtsvorschriften durch die Bildung von Analogien auf neue Fälle übertragen. Die vierte und letzte Wurzel der Rechtswissenschaft ist der Konsensus (igma)68. Stimmen die Rechtsgelehrten in einer Frage der islamischen Gemeinschaft bzw. in Fragen des Rechtslebens oder des Glaubens miteinander überein, besteht ein Konsens in dieser Angelegenheit und dieser wird in die Scharia aufgenommen. Der igma als Rechtsquelle liegt im Wesentlichen der Gedanke zugrunde, dass ein Konsensus der Gelehrten niemals im Widerspruch zum Koran und zur Sunna stehen kann. Das wohl wichtigste Grundprinzip des islamischen Rechtes ist das Zinsverbot (ribâ). So heißt es beispielsweise in Sure 2, Vers 275: „Aber Gott hat das Kaufgeschäft erlaubt und die Zinsleihe verboten.“69

64 Bosworth/van Donzel/Heinrichs/Lecomte, The Encyclopaedia of Islam, Volume IX, S. 323 f.; Zahraa, Characteristic Features of Islamic Law: Perceptions and Misconceptions. Arab Law Quarterly, Vol. 15, 2000, 168, 171. 65 Zahraa, Characteristic Features of Islamic Law: Perceptions and Misconceptions. Arab Law Quarterly, Vol. 15, 2000, 168, 169. 66 Lewis/Menage/Pellat/Schacht, The Encyclopaedia of Islam, Volume III, S. 23, 24. 67 Müller, Islam und Menschenrechte: Sunnitische Muslime zwischen Islamismus, Säkularismus und Modernismus, S. 92; vgl. beispielsweise auch die Übersicht von Massing, Die Scharia-Grundlage islamischen Rechts. 68 Zahraa, Characteristic Features of Islamic Law: Perceptions and Misconceptions. Arab Law Quarterly, Vol. 15, 2000, 168, 183. 69 Paret (Übers.), Der Koran, Sure 2, Vers 275. Vgl. hierzu auch: Paret, Der Koran. Kommentar und Konkordanz, Sure 2, Vers 275 m.w. N.

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An anderer Stelle im Koran heißt es: „Und wenn (unter den Schuldnern, die Kapital zurückzahlen müssen) einer ist, der sich in Bedrängnis befindet, dann sei (ihm) Aufschub (gewährt), bis er Erleichterung gefunden hat. Es ist aber besser für euch, ihr gebt (dem, der in Bedrängnis ist) Almosen (indem ihr auf die Rückzahlung überhaupt verzichtet).“ (Der Koran, Sure 2, Vers 28070)

Es wird deutlich, dass der Koran sich nicht auf Rechtssätze wie das Verbot des ribâ beschränkt, sondern ebenso wie die Scharia auch die soziale Interaktion zwischen den Partnern eines Handelsgeschäftes thematisiert. Erkennen die Transaktionspartner der Hawala-Netzwerke diese und weitere Vorgaben des islamischen Rechts als verbindlich für sich an, kann für die Geschäftspartner einer Transaktion unter Umständen eine weitergehende Bindungswirkung und größere Rechtssicherheit erzielt werden, als es staatliche Regularien und Sanktionen zu leisten imstande sind, da die Scharia als religiöse Pflichtenlehre des Islam nicht nur juristische, sondern auch moralische Komponenten enthält. Die Beachtung der Grundprinzipien des islamischen Rechts macht die Hawala-Netzwerke jedoch regelmäßig nicht zu einem Teil dessen, was in der westlichen Welt als Islamic Banking oder Islamic Finance bezeichnet wird. Zwar wird die ursprüngliche hawala (Schuldüberweisung) in verschiedenen Hadithen beschrieben und bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ausdrücklich als zulässig erachtet. Auch die Hedaya, ein Kommentar zu den muslimischen Gesetzen erachtet den Gebrauch der ursprünglichen hawala grundsätzlich als zulässig71. So heißt es in der Hedaya zur Übertragung einer Geldschuld (Hawalit): „The transfer of a debt is lawful [in Islam]; because the Prophet has said, ,Whenever a Person transfers his debt upon a rich man, and the creditor assents to the same, then let the claim be made upon the rich man.“72

Wie zuvor bereits dargelegt, dürfte es aber zumindest fraglich sein, ob Transaktionen im heutigen Hawala-Finanzsystem in jedweder Hinsicht als Scharia konform zu betrachten sind73. So sind nach der Scharia Zahlungssysteme unter Einschaltung eines Geldagenten nur zulässig, wenn die Geldforderungen quittiert werden74. Gerade diese Voraussetzung dürfte bei Transaktionen über das Hawala-System jedoch nur selten gegeben sein, da das Hawala-Finanzsystem

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Paret (Übers.), Der Koran, Sure 2, Vers 280. Hamilton (Übers.), The Hedaya or guide: A commentary on the Mussulman laws, S. 332. 72 Hamilton (Übers.), The Hedaya or guide: A commentary on the Mussulman laws, S. 332. 73 Vgl. oben: Teil 2, D. I. 5. 74 Gassner, Islamic Finance, Die Bank 11/2003, 735. 71

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

weitestgehend auf dem Vertrauen der Teilnehmer basiert und es in der Regel gerade keine Aufzeichnungen über die Transaktionen gibt75. 3. Nutzen/Gewinn der Hawaladare Hawaladare können auf verschiedene Arten von der Teilnahme an HawalaNetzwerken profitieren. Über das Angebot an Geldtransferdienstleistungen besteht zunächst die Möglichkeit, feste sowie Laufkundschaft ebenfalls als Kundschaft für das Hauptgeschäft des Hawaladars zu gewinnen, beispielsweise ein Reisebüro oder ein Warenhandel76. Neben diesem indirekten Nutzen wird für die meisten Transaktion entweder als Pauschalgebühr77 oder betragsabhängig eine bestimmte Provision berechnet, die in den meisten Fällen zwischen 0,25% und 1,25% liegen dürfte78. Von dieser Provision erhalten die anderen an der Transaktion beteiligten Hawaladare (der auszahlende Hawala-Intermediär und ggf. weitere eingeschaltete Zwischenstellen) regelmäßig ebenfalls einen bestimmten Prozentsatz ausbezahlt, beispielsweise 50% der Provision79. Angesichts der häufig niedrigen transferierten Beträge ist die Gewinnspanne aus einer Transaktion für einen Hawaladar relativ klein. Ein finanzieller Nutzen aus dem Transfergeschäft ergibt sich für Hawaladare regelmäßig erst bei größeren Überweisungsmengen. In einigen Fällen liegt die von Hawaladaren für einen Transfer erhobene Gebühr jedoch auch bei 20 bis 25% des zu transferierenden Betrages80. Dabei ist die Höhe der berechneten Provision unter anderem abhängig von der Person des Kunden (gute Bekannte oder Fremde) oder dem Bestimmungsort des Geldes. So verursachen Transfers in entlegene Gebiete, bei denen eventuell noch eine weitere Stelle zwischengeschaltet werden muss, regelmäßig einen höheren Aufwand. Wie auch bei Banken werden besonders eilige Transfers höher bepreist. Größere Geldbeträge oder regelmäßige Transaktionen werden dagegen teilweise zu vergünstigten Konditionen ausgeführt. Ein weiterer Faktor, der die Höhe der Provision beeinflussen kann, sind die Bedingungen im Empfängerland des Geldes. Transfers in Länder mit gering ausgeprägter oder nicht vorhandener Infrastruktur, oder in Länder, die mit Finanzsanktionen oder Embargos belegt sind, werden üblicherweise mit einer höheren Provision belegt. Auch die Währung, in der die Auszahlung erfolgen soll (z. B. Euro/US-Dollar in Indische Rupien, etc.), spielt bei der Berechnung der Höhe der Provision eine Rolle, sofern in 75 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking, S. 80. 76 Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 56. 77 Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 56. 78 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 14. 79 Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 17. 80 Zum Folgenden: Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 58.

B. Das Hawala-Finanzsystem

117

diesen Fällen die erhöhten Kosten nicht bereits über die Wechselkurse an die Kunden weitergegeben werden. Auch Transaktionen mit einem illegalen Hintergrund werden aufgrund des höheren Risikos für die beteiligten Hawaladare mitunter höher bepreist, sofern dies für die Hawaladare im Vorfeld der Transaktion erkennbar ist. Letztlich spielt für die Berechnung der Provision auch der Umstand eine Rolle, ob der Auftraggeber der Transaktion das Geld dem Hawaladar bereits mit Auftragserteilung übergibt oder ob dies erst zu einem späteren Zeitpunkt geschieht, so dass der Hawaladar quasi in Vorleistung tritt. Eine weitere Möglichkeit, aus den Transaktionen einen Gewinn zu erzielen, liegt in der Ausnutzung von Wechselkursunterschieden bzw. der Manipulation von Währungskursen bei grenzüberschreitenden Geldtransfers81. Der Gewinn für die Hawaladare liegt dabei in der Differenz zwischen dem mit dem Kunden vereinbarten Wechselkurs und dem auf den internationalen (Schwarz-)märkten gehandelten Kurs. Neben der Ausnutzung von Währungskursunterschieden verwenden einige Hawaladare das bei ihnen von Kunden zum Transfer eingezahlte Geld auch für kurz- bis mittelfristige Kreditvergaben, solange sie dieses nicht für Auszahlungen an andere Kunden oder zur Verrechnung benötigen82. 4. Buchführung im Hawala-Finanzsystem Hawaladare unterhalten üblicherweise mit zahlreichen anderen Hawaladaren in verschiedenen Ländern Geschäftsverbindungen. In einigen Fällen haben sich Hawaladare auch auf Transaktionen mit einem bestimmten Land – meist dem Land ihrer Herkunft – spezialisiert83. Um einen Überblick darüber zu behalten, wer im Verlauf der Transaktionen wem welchen Betrag schuldet, wann eine Schuld durch eine entsprechende Transaktion in der Gegenrichtung ausgeglichen wurde und wann eventuell eine Zahlung zum Ausgleich von Zahlungsspitzen vorgenommen wurde, nehmen auch Hawala-Intermediäre eine Art vereinfachte Buchführung vor. Üblicherweise werden dabei für jeden Hawala-Intermediär, mit dem ein Hawaladar handelt, getrennte Bücher geführt84. Die auf folgender Seite abgebildete Übersicht von Jost/Sandhu stellt ein Muster einer solchen Buchführung im Hawala-Finanzsystem dar, die auf der Analyse von Aufzeichnungen verschiedener Hawaladare basiert85.

81

Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 56. Ebenda. 83 Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 62. 84 Ebenda. 85 Jost/Sandhu, The hawala alternative remittance system and its role in money laundering, Lyon, January 2000, S. 18. Die Namen und Transaktionen in der Übersicht sind fiktiv gewählt. 82

118 Datum der Transaktion

Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem Name des Hawaladars (Gläubiger)

Betrag Wechselkurs Wert der der Dollar/Rupie Transaktion Transaktion in USD

Zahlungsform

16/6/98

Vinod

100.000

37.6

2659.57

F-1202

16/6/98

Ashish

250.000

39.25

6369.42

F-1203

16/6/98

Nitin Bhai

350.000

42.3

8274.23

B-8146

17/6/98

DK

50.000

38.75

1290.32

F-1204

17/6/98

Suresh Kumar

300.000

39.25

7643.31

B-8147

17/6/98

Anil

200.000

40.1

4987.53

S-5428

17/6/98

Vinod

150.000

39.75

3773.58

F-1205

18/6/98

Manoj

300.000

41.25

7272.72

B-8148

18/6/98

Vinod Bhai

350.000

42.2

8293.83

L-2160

18/6/98

Ganesh Trading

200.000

38

5263.15

19/6/98

Suresh Kumar

175.000

39.5

4430.37

B-8149

Quelle: Jost/Sandhu, The hawala alternative remittance system and its role in money laundering, Lyon, January 2000, S. 18.

Die erste Spalte der tatsächlich zumeist handgeschriebenen Aufzeichnungen bezeichnet die Daten, an denen die jeweiligen Hawala-Transaktionen durchgeführt wurden86. In der zweiten Spalte wurden die Namen der beteiligten Hawaladare vermerkt, denen ein bestimmter Geldbetrag geschuldet wird. Dabei werden gewöhnlich nicht die vollständigen Namen notiert, sondern nur Teile des Namens, verschlüsselte Namen oder Abkürzungen, wie in der Übersicht beispielsweise das Kürzel DK. Daten über die Auftraggeber der Transaktionen sowie über die Empfänger des Geldes werden hingegen nicht festgehalten. Aus der Übersicht ergibt sich eine Tendenz, Transferbeträge in 100er Schritten anzunehmen, so dass für einen Betrag von beispielsweise 150.000 in der Buchhaltung auch Kürzel wie 1,5 oder 1.5 denkbar sind. Neben dem Wechselkurs der jeweiligen Landeswährung, in der vorstehenden Übersicht für Rupien in USDollar, wird der Wert der Transaktion in US-Dollar festgehalten. Die letzte Spalte bezeichnet die jeweilige Zahlungsform, in der eine Zahlung vorgenommen wurde. Dabei stehen die verschiedenen Kürzel wie F-1202 oder B-8149 für bestimmte Zahlungsformen, z. B. für eine Banküberweisung oder die Bezahlung per Scheck oder auch in Gold. Die Kürzel „F“ und „B“ werden gewöhnlich für 86 In einigen Fällen, vor allem in westlichen Ländern werden die Daten auch unter Zuhilfenahme von Computern festgehalten. Zum Folgenden: Jost/Sandhu, The hawala alternative remittance system and its role in money laundering, Lyon, January 2000, S. 18.

C. Rechtliche Einordnung des Hawala-Finanzsystems in Deutschland

119

Banken verwendet, die dazu notierte Zahl kann für eine Schecknummer stehen. Der im Beispiel bei der Ganesh Trading verwendete Vermerk bedeutet „52 t“ in Hindi. Dies steht für 52 Tola Gold87 und wurde anstelle einer Banküberweisung beispielsweise an einen Goldschmied oder Juwelier gezahlt. Regelmäßig werden die Aufzeichnungen über durchgeführte Transaktionen, die Berechnung von Gebühren oder Wechselkursen so lange aufbewahrt, bis die Transaktion vollständig abgeschlossen ist und ggf. Ausgleichsbuchungen zwischen den beteiligten Hawaladaren durchgeführt wurden88.

C. Rechtliche Einordnung des Hawala-Finanzsystems in Deutschland In vielen Ländern der Welt wird der Zahlungsverkehr nicht als Bankgeschäft angesehen. Nach dem englischen Banking Act beispielsweise wird nur die Annahme von Einlagen als Bankgeschäft verstanden, nicht aber der Zahlungsverkehr. Weil Zahlungsinstitute in diesen Ländern keine erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte betreiben, entfällt die Aufsicht89. In Deutschland ist seit einiger Zeit nicht nur die Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 Kreditwesengesetz (KWG) erlaubnisbedürftig. Auch das gewerbsmäßige Betreiben des Finanztransfergeschäftes, das heißt die Besorgung von Zahlungsaufträgen, ohne dass diese Dienstleistung mit der Führung von Konten für Kunden und damit mit der Durchführung von Zahlungsaufträgen von Kundenkonto zu Kundenkonto über die Abrechnungssysteme der lizenzierten Banken verbunden ist, zählt seit dem 1. Januar 1998 in Deutschland zu den so genannten Finanzdienstleistungen im Sinne von § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG und ist an die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis der BaFin geknüpft. Wer ohne Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt, macht sich gem. § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG strafbar und wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Auch kann die BaFin als Aufsichtsbehörde gemäß § 37 KWG die Einstellung des Geschäfts durch Untersagungsverfügung mit den Mitteln des Verwaltungszwangs (§ 17 finDAG – Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht90) verlangen. 87 Eine Tola ist eine alte indische Gewichtseinheit und entsprach dem Gewicht einer von der British East India Company herausgegebenen Silberrupie (180 grains), was umgerechnet 11.6638038 Gramm entspricht. 88 Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 62. 89 Schneider, EuZW 2005, Heft 17, S. 513. 90 Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz – FinDAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. April 2002 (BGBl. I S. 1310), zuletzt geändert durch Art. 4b des Gesetzes vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2809).

120

Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

I. Betreiben von Bankengeschäften ohne Banklizenz, § 54 KWG Im Folgenden soll zunächst die geltende Rechtslage für in Deutschland tätige Hawaladare dargestellt werden. Insbesondere stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Tätigkeit von Hawaladaren überhaupt dem Begriff des Finanztransfergeschäftes im Sinne des KWG unterfällt. Besonderes Augenmerk wird dabei auch auf die Voraussetzung des gewerbsmäßigen Betreibens gelegt werden. 1. Der tatbestandliche Umfang des Finanztransfergeschäfts i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG Gemäß § 1 Abs. 1a Satz 1 KWG sind Finanzdienstleistungsinstitute Unternehmen, die Finanzdienstleistungen für andere gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, und die keine Kreditinstitute sind. Was Finanzdienstleistungen im Einzelnen sind, wird sodann in § 1 Abs. 1a Satz 2 KWG konkretisiert. Hierzu zählt neben der Anlagevermittlung, der Abschlussvermittlung, der Finanzportfolioverwaltung, dem Eigenhandel, der Drittstaateneinlagenvermittlung, dem Sortengeschäft und dem Kreditkartengeschäft auch gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG das Finanztransfergeschäft, das heißt die Besorgung von Zahlungsaufträgen für andere im bargeldlosen Zahlungsverkehr. a) Finanztransfergeschäft Als Auffangtatbestand für das Einlagen- und Girogeschäft konzipiert91, sind nach der BaFin92 vom Begriff des Finanztransfergeschäftes vor allem folgende wesentliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung von Zahlungsaufträgen erfasst, wobei es unerheblich ist, ob der Finanzdienstleister mit Bargeld in Berührung kommt oder die Transaktionen unbar durchgeführt werden: • Die Entgegennahme von Bargeld, dessen physischer Transport, ggf. auch in anderen Stückelungen und Währungen sowie die Übergabe an den Empfänger in bar. Hiermit ist vor allem das so genannte „Koffergeschäft“ gemeint. Dabei werden in der Regel auf Poolkonten bei deutschen Banken gesammelte und in bar abverfügte Gelder von Kurieren in die Empfängerländer verbracht und dort 91

Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fülbier, KWG, § 1, Rn. 139. BaFin, Schreiben vom 01.08.2006 zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG). 92

C. Rechtliche Einordnung des Hawala-Finanzsystems in Deutschland

121

ebenfalls in bar an die zuvor bestimmten Empfänger des Geldes ausbezahlt93. Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich bei dieser Fallvariante allenfalls zur Tätigkeit von Geldtransportunternehmen, wobei diese eine reine Botentätigkeit und nicht die Besorgung von Zahlungsaufträgen schulden. Die reine Botentätigkeit ist jedoch nicht von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG umfasst94. • Die Entgegennahme von Buchgeld oder Bargeld auf einem bei einem Kreditinstitut geführten Konto und Auszahlung des jeweiligen Gegenwertes in bar an den Empfänger bzw. Übergabe eines Schecks sowie die Entgegennahme von Bar- oder Buchgeld oder Schecks mit anschließendem Transfer über Konten des Dienstleisters auf ein Konto des Empfängers. An dieser Stelle stellt sich vor allem die Abgrenzungsfrage zum Girogeschäft als Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und des Abrechnungsverkehrs nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 9 KWG. Um ein solches handelt es sich, wenn ein Kreditinstitut Bargeld von einem Auftraggeber ohne Kontoverbindung bei diesem Institut angenommen wird mit dem Ziel, den Betrag entweder auf ein Konto eines Drittinstitutes weiterzuleiten oder diesen bei dem Drittinstitut in bar auszuzahlen95. • Die Entgegennahme von Bargeld und die in der Regel taggleiche Auszahlung der entsprechenden Summe an den Empfänger in bar unter Nutzung eines eigenen Kommunikations-, Transfer- und Clearingnetzes. Hierbei genügt es, wenn der Begünstigte am Zielort über den Gegenwert – beispielsweise durch Auszahlung aus dort vorhanden Mitteln verfügen kann. Mit dieser letzten Formulierung wird vor allem auf das unter anderem beim Hawala-Banking gebräuchliche „System der zwei Töpfe“ angespielt, bei dem kein physischer Transport des Geldes erfolgt, sondern Auszahlungen aus bereits am Empfängerort vorhandenen Mitteln (beispielsweise aus einer zuvor in einer anderen Transaktion erfolgten Einzahlung) erfolgen. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass eine Erlaubnispflicht auch dann besteht, wenn nur Teilakte der Dienstleistung in der Bundesrepublik durchgeführt werden96. So stellt sich die Wahrnehmung der Funktion als Sende- bzw. Empfängerstelle als Teilakt dar. Von dieser Bestimmung wäre folglich auch der „klassische“ Hawaladar betroffen, der im Transferkreislauf regelmäßig nur entweder als Sende- oder Empfängerstelle fungiert. Nach der Konkretisierung der BaFin ist ein eigenes Kommunikations-, Transfer- und Clearingnetz bereits dann vorhanden, wenn Zahlungen per Fax, Modem oder Telefon an die Empfängerstelle avisiert werden97. Stell93

Ausführlich: Findeisen, WM 2000, 2125, 2131. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fülbier, KWG, § 1, Rn. 139. 95 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fülbier, KWG, § 1, Rn. 140. 96 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fülbier, KWG, § 1, Rn. 142. 97 Zum Folgenden: Schreiben des BAKred vom 06.03.1998, Z 5 C 650/660, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fülbier, KWG, § 1, Rn. 142. 94

122

Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

vertretend für das Bereithalten von Überweisungsträgern reicht nach der BaFin die Vergabe von Codewörtern o. ä. aus, um eine Zuordnung zu einem bestimmten Sender oder Empfänger zu ermöglichen. Dieser Teilbereich reicht demnach über das Geschäftsfeld der klassischen Money Transmitter wie Western Union oder Money Gram, die über ein eigenes Transfer- und Clearingnetz verfügen, hinaus. Es wird deutlich, dass von diesem letzten Teilbereich des Finanztransfergeschäfts speziell auch das Hawala-Finanzsystem umfasst wird, bei dem nach der Entgegennahme von Bargeld durch einen Hawaladar am Sendeort des Geldes die in der Regel taggleiche Auszahlung der entsprechenden Summe an den Empfänger in bar unter Einschaltung eines weiteren Hawaladares am Empfängerort unter Nutzung des so genannten Systems der zwei Töpfe erfolgt. b) Gewerbsmäßigkeit Eine Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG besteht nicht bereits dann, wenn ein Finanztransfergeschäft im Sinne des KWG vorliegt. Zusätzlich ist es nach § 1 Abs. 1a Satz 1 KWG erforderlich, dass die Finanzdienstleistungen für andere gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbracht werden, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Ein gewerbsmäßiges Betreiben von Geschäften liegt vor, wenn der Betrieb auf eine gewisse Dauer angelegt ist und die Geschäfte mit der Absicht der Gewinnerzielung verfolgt werden98. Zur Frage des gewerbsmäßigen Betreibens von Geschäften im Rahmen des Hawala-Banking hat der BGH im Jahr 2002 in einem Strafurteil99 deutlich Stellung genommen: Nach den Feststellungen des Gerichts verhalf der in Deutschland lebende Angeklagte, ein Iraker, in Deutschland ansässigen Landsleuten dazu, notleidende Verwandte in den kurdischen Schutzzonen im Norden des Irak finanziell zu unterstützen. Für den Geldtransfer bediente sich der Angeklagte des Hawala-Finanzsystems dergestalt, dass er nach Entgegennahme des entsprechenden Geldbetrages in bar durch die Auftraggeber Kontakt mit seinem im Irak lebenden Bruder aufnahm und diesen anwies, nach Abzug der vereinbarten Provision in Höhe von 2,5%–5% aus dort vorhandenem Guthaben den entsprechenden Betrag an den jeweiligen Empfänger auszuzahlen. Im Zeitraum zwischen Januar 2000 und November 2000 wurden auf diese Weise Geldtransfers mit einem Gesamtvolumen von DM 609.550 durch den Angeklagten getätigt, wobei den Transaktionen 694 Einzelaufträge zwischen DM 100 und DM 13.700 zugrunde lagen. Das Landgericht Stuttgart sprach den Angeklagten in der Vorinstanz mit Urteil vom 26. September 2001 von dem Vorwurf des Verstoßes gegen das Irak-Embargo gem. 98 BAKred, Informationsblatt 1/99 für inländische Unternehmen im Finanzdienstleistungssektor. 99 BGH 1 StR 73/02 – Urteil vom 11. September 2002 (LG Stuttgart).

C. Rechtliche Einordnung des Hawala-Finanzsystems in Deutschland

123

§ 34 Abs. 4 AWG i.V. m. § 69 e Abs. 2 Buchst. c AWV frei und verneinte im Übrigen einen Verstoß des Angeklagten gegen das Kreditwesengesetz wegen Fehlens der Voraussetzung des gewerbsmäßigen Betreibens. So habe sich der Angeklagte auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz nach §§ 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KWG i.V. m. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG strafbar gemacht, weil er angesichts des auf ihn entfallenden geringen Provisionsanteils von 0,5% nicht mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt habe, was gewerbsmäßiges Handeln für seine Person ausschließe. Im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach §§ 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KWG i.V. m. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG wegen Fehlens einer Genehmigung zum Erbringen von Finanzdienstleistungen stellte der BGH nunmehr fest, dass die Vorinstanz einen Verstoß gegen § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG zu Unrecht verneint habe. So sei das Erfordernis des gewerbsmäßigen Betreibens im vorliegenden Fall grundsätzlich zu bejahen: „Der Angeklagte erbrachte Finanzdienstleistungen, ohne die dazu erforderliche Genehmigung zu besitzen. Die Entgegennahme von Bargeld und dessen Weiterleitung an den Empfänger in einer Weise, dass dieser darüber verfügen kann, ist die Besorgung eines Zahlungsauftrages im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG, wobei es auf den physischen Transport des Geldes nicht ankommt, insbesondere der Einsatz kommunikativer Mittel ausreicht. Der Angeklagte bedurfte einer Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG, weil er solche Finanzdienstleistungen gewerbsmäßig erbrachte. Darauf, dass ihm aufgrund seines Provisionsanteils von 0,5% nur ein relativ geringer Gesamtgewinn zufloss, kommt es nicht entscheidend an. Die Strafbarkeit nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG knüpft nicht an die Gewerbsmäßigkeit des Bankgeschäftes, sondern an das Handeln ohne Genehmigung an. Zwar erfordert auch Gewerbsmäßigkeit im Sinne von § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG, dass die Bankgeschäfte auf Dauer angelegt sind und mit Gewinnerzielungsabsicht verfolgt werden. Soweit die Kammer in diesem Zusammenhang auf den Umfang der tätereigenen Einnahmen abgestellt hat, hat sie jedoch den gewerberechtlichen Charakter des Begriffes der Gewerbsmäßigkeit in §§ 1 Abs. 1, 32 Abs. 1 Satz 1 KWG verkannt, mit dem nicht strafrechtlich tatbestandsmäßiges Verhalten normiert werden, sondern geregelt werden soll, welche Vorgänge der Bankaufsicht unterliegen und der Genehmigung bedürfen. Bei dieser Sachlage ist für die Frage der Gewerbsmäßigkeit auf den Betrieb in seiner Gesamtheit abzustellen und nicht auf die Gewinnerzielungsabsicht des einzelnen Tatbeteiligten. Der Tatzeitraum, die Vielzahl der in diesem Zeitraum durchgeführten Einzelaufträge und die verlangten Provisionen belegen hinreichend, dass der Betrieb hier auf Dauer und Gewinnerzielung angelegt war.“

Die BaFin geht in ständiger Verwaltungspraxis von einem gewerbsmäßigen, erlaubnispflichtigen Betrieb bei 5 Transaktionen mit einem Geschäftsvolumen von 5.000 Euro im Monatsdurchschnitt aus; Berechnungsgrundlage für das Geschäftsvolumen ist die Summe der eingehenden und ausgehenden Transaktionen100. Überschreiten Hawaladare die von der BaFin in ständiger Verwaltungspraxis festgelegten Bagatellgrenzen, dürfte regelmäßig ein gewerbsmäßiges Be100

Vgl. hierzu Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fülbier, KWG, § 1, Rn. 140.

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

treiben des Finanztransfergeschäftes vorliegen. Da die Hawaladare für ihre Tätigkeit Provisionen von in der Regel zwischen 3% und 5% des Auftragswertes erhalten, und nach dem Urteil des BGH zur Frage der Gewerbsmäßigkeit auf die Anzahl der in einem bestimmten Zeitraum durchgeführten Einzelaufträge sowie auf den Betrieb in seiner Gesamtheit abzustellen ist und nicht etwa auf die Gewinnerzielungsabsicht der einzelnen Beteiligten, dürfte davon auszugehen sein, dass Hawaladare ihre Geschäfte regelmäßig auch mit der Absicht der Gewinnerzielung betreiben werden. Letztlich dürfte auch unstreitig davon auszugehen sein, dass der jeweilige Betrieb auf eine gewisse Dauer angelegt ist und es sich nicht um einmalige Dienstleistungen handelt. Alternativ ist das Kriterium des Erfordernisses eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes heranzuziehen, wobei alleine entscheidend ist, ob die Geschäfte einen derartigen Umfang haben, dass objektiv eine kaufmännische Organisation erforderlich ist. Es kommt hingegen nicht darauf an, ob tatsächlich ein kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb besteht101. 2. Voraussetzungen für das Erteilen einer Erlaubnis Da im Ergebnis die Tätigkeit von Hawaladaren regelmäßig das gewerbsmäßige Betreiben des Finanztransfergeschäfts im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG darstellt, ist die Ausübung des Hawala-Banking in Deutschland bei Überschreiten der von der BaFin festgelegten Bagatellgrenzen gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG an das Erteilen einer schriftlichen Erlaubnis der BaFin geknüpft. Während § 32 Abs. 1 Satz 2 KWG die Anforderungen an die Erlaubniserteilung regelt, ergänzt § 33 KWG die Erlaubnispflicht durch eine Regelung der Versagungsgründe. Während § 33 Abs. 3 KWG der Bankenaufsicht Spielraum für ein pflichtgemäßes Ermessen lässt, stellen die Versagungsgründe nach § 33 Abs. 1 KWG dagegen zwingende Vorschriften dar. Der BaFin steht insoweit kein Ermessensspielraum zu. a) Anfangskapital § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG regelt das Erfordernis des Vorhandenseins von Anfangskapital. Stehen die zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel, insbesondere ein ausreichendes Anfangskapital im Sinne des § 10 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 bis 7 im Inland nicht zur Verfügung, ist die Erlaubnis zwingend zu versagen. Für Institute, die lediglich das Finanztransfergeschäft betreiben, eine Voraussetzung, die die meisten Hawaladare erfüllen dürften, sieht § 2 Abs. 7 KWG jedoch eine Ausnahmeregelung vor. So sind gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 KWG die Regelungen über das Anfangskapital auf Finanzdienstleistungsinsti101

Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fülbier, KWG, § 1, Rn. 20.

C. Rechtliche Einordnung des Hawala-Finanzsystems in Deutschland

125

tute, die außer der Drittstaateneinlagenvermittlung, dem Finanztransfergeschäft, dem Sortengeschäft und dem Kreditkartengeschäft keine weitere Finanzdienstleistung erbringen, nicht anzuwenden. b) Zuverlässigkeit von Antragsteller und Geschäftsleiter Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KWG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass ein Antragsteller oder eine der in § 1 Abs. 2 Satz 1 KWG bezeichneten Personen nicht zuverlässig ist. Bei dem Begriff der „Zuverlässigkeit“ handelt es sich um einen auslegungsbedürftigen, so genannten unbestimmten Rechtsbegriff, der sich aus der persönlichen Zuverlässigkeit sowie der fachlichen Eignung zusammensetzt102. Als Auslegungsgrundsatz für die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe persönliche Zuverlässigkeit und fachliche Eignung heranzuziehen sind grundsätzlich gewerberechtliche Grundsätze, die handelsrechtliche Sorgfaltspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns sowie der Schutzzweck des KWG103. Unzuverlässigkeit ist grundsätzlich anzunehmen, wenn der Betreffende nach seiner gesamten Persönlichkeit nicht die Gewähr dafür bietet, seine Tätigkeit ordnungsgemäß zu betreiben, wobei sich die Umstände, aus denen sich die Unzuverlässigkeit ergeben soll, auf das konkret ausgeübte Gewerbe beziehen müssen104. Beispiele für Unzuverlässigkeit sind erhebliche Vorstrafen, insbesondere Vermögensstraftaten, die laufende Verletzung gesetzlicher Verpflichtungen, insbesondere des KWG, persönliche Schwächen oder Unzuverlässigkeit im Arbeitsleben. Antragsteller und Geschäftsleiter brauchen ihre Zuverlässigkeit nicht positiv nachzuweisen, vielmehr ist es Aufgabe der BaFin, die Unzuverlässigkeit aus vorgelegten Unterlagen abzuleiten. Hierzu kann die Vorlage beispielsweise eines polizeilichen Führungszeugnisses bzw. eine Auskunft aus dem Gewerbezentralregister oder Strafregister gefordert werden. Fachliche Geeignetheit wird nicht bereits dann vermutet, wenn keine negativen Tatsachen vorliegen. Diese muss aus dem Lebenslauf, der Ausbildung, berufsspezifischen Vorerfahrungen u. ä. positiv abgeleitet werden105. Die Ansprüche an die Qualifikation von Antragsteller und Geschäftsleiter ist wiederum abhängig von Geschäftsart und Größe des betreffenden Institutes. Die inhaltlichen Anforderungen an die fachliche Eignung sind in § 33 Abs. 2 Satz 1 KWG definiert. Erforderlich sind hiernach theoretische und praktische Kenntnisse in den betreffenden Geschäften sowie Leitungserfahrung, wobei ab einer dreijährigen leitenden Tätigkeit bei einem Institut vergleichbarer Größe und Geschäftsart 102 103 104 105

Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 33, Rn. 26. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 33, Rn. 29. Zum Folgenden: Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 33, Rn. 31 ff. Zum Folgenden: Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 33, Rn. 41.

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

eine fachliche Eignung gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 KWG regelmäßig anzunehmen ist106. c) Vier-Augen-Prinzip Nach dem Wortlaut von § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KWG ist die Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes ebenfalls zu versagen, wenn ein Kreditinstitut oder ein Finanzdienstleistungsinstitut, das befugt ist, sich bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen Eigentum oder Besitz an Geldern oder Wertpapieren von Kunden zu verschaffen [. . .], nicht mindestens zwei Geschäftsleiter hat, die nicht nur ehrenamtlich für das Institut tätig sind. Das Vier-Augen-Prinzip ist zwingende Vorschrift und wurde ursprünglich eingeführt, um Gefahren entgegenzuwirken, die sich aus der Leitung eines Kreditinstitutes durch nur einen Geschäftsleiter ergeben, besonders wenn dieser wegen Urlaub oder Krankheit abwesend oder in nicht nach außen erkennbarer Weise unzuverlässig ist107. Diese Regelung wird nunmehr auch auf Finanzdienstleistungsinstitute angewendet, da sich gleiche Gefahren auch in diesem Bereich ergeben können108. Nach dem Wortlaut von § 33 KWG sind allerdings nur dann zwei Geschäftsleiter erforderlich, wenn sich das Institut „bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen Eigentum oder Besitz an Geldern von Kunden verschafft“ 109. Dagegen setzt die BaFin das Vorhandensein von mindestens zwei zuverlässigen und fachlich geeigneten Geschäftsleitern, die dem Institut nicht nur ehrenamtlich zur Verfügung stehen, für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb des Finanztransfergeschäftes zwingend voraus110. Hieraus wie auch aus den anderen Vorschriften der §§ 32, 33 KWG ergeben sich zahlreiche Probleme betreffend die praktische Umsetzbarkeit dieser Vorschriften. So dürfte es für den „klassischen“ Hawaladar, der unter Umständen nur einen kleinen Gemüseladen oder ein ähnliches kleines Geschäft betreibt, faktisch nicht möglich sein, dem Geschäft einen weiteren Geschäftsleiter beizustellen. An dieser Stelle sollen jedoch zunächst nur die geltenden Rechtsvorschriften für den Betrieb des Finanztransfergeschäftes dargestellt werden. Fragen zu Praktikabilität und Umsetzbarkeit dieser Vorschriften werden im Einzelnen an späterer Stelle dieser Untersuchung thematisiert.

106

Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 33, Rn. 41. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 33, Rn. 66. 108 Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 33, Rn. 67. 109 Zur Definition des Besitzerwerbs im zivilrechtlichen Sinne vgl. etwa Palandt/ Bassenge, BGB-Kommentar, Überbl. v. § 854, Rn. 1 110 BaFin, Schreiben vom 01.08.2006 zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG). 107

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In diesem Zusammenhang stellt sich des Weiteren die Frage nach der zulässigen Rechtsform des antragstellenden Institutes. So dürfen Kreditinstitute gemäß § 2a Abs. 1 KWG nicht mehr in der Rechtsform des Einzelkaufmanns betrieben werden. Dies gilt zwar grundsätzlich nicht für Finanzdienstleistungsinstitute, da aus dem Erfordernis von zwei Geschäftsleitern keine Rückschlüsse darauf gezogen werden können, dass die Rechtsform des Einzelkaufmanns nicht zulässig ist111. Dennoch dürfen Institute, die die Besorgung von Zahlungsaufträgen (Finanztransfergeschäft) erbringen, nach der Verwaltungspraxis der BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde nicht in der Rechtsform des Einzelkaufmanns betrieben werden112. d) Organisatorische Vorkehrungen Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KWG muss das Institut bereit und in der Lage sein, die erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen zum ordnungsmäßigen Betreiben der Geschäfte, für die es die Erlaubnis beantragt, zu schaffen. Zu diesem Zweck muss der Antragsteller einen Geschäftsplan vorlegen, der eine ausführliche Darstellung der Art und Abwicklung der geplanten Geschäfte enthält, § 32 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KWG. Nach Angaben der Deutschen Bundesbank113 hat ein solcher Geschäftsplan unter anderem Angaben zu enthalten über die Art der geplanten Geschäfte unter begründeter Angabe ihrer künftigen Entwicklung. Diese Angaben sind vom Antragsteller durch die Vorlage von Planbilanzen und Plangewinn- und -verlustrechnungen für die ersten drei vollen Geschäftsjahre nach Aufnahme des Geschäftsbetriebs zu konkretisieren. Des Weiteren hat der Geschäftsplan eine nähere Beschreibung der beabsichtigten Geschäftsabwicklung zu enthalten sowie Muster der vorgesehenen Kundenverträge und allgemeinen Geschäftsbedingungen. Der organisatorische Aufbau des Instituts ist unter Beifügung eines Organigramms, das insbesondere die Zuständigkeiten der Geschäftsleiter erkennen lässt, darzustellen. Der Antragsteller hat ferner dem Geschäftsplan eine Darstellung der geplanten internen Kontrollverfahren beizufügen, wobei detailliert darzulegen ist, wie die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem KWG sichergestellt werden soll.

111

Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 33, Rn. 65. BAKred, Informationsblatt 1/99 für inländische Unternehmen im Finanzdienstleistungssektor. 113 Zum Folgenden: Deutsche Bundesbank, Merkblatt über die Erteilung einer Erlaubnis zum Erbringen von Finanzdienstleistungen gemäß § 32 Abs. 1 KWG. 112

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

e) Sicherstellung einer wirksamen Aufsicht § 33 Abs. 3 KWG enthält im Gegensatz zu den Regelungen des § 33 Abs. 1 KWG eine „Kann-Vorschrift“. Hiernach kann die BaFin die Erlaubnis ebenfalls versagen, wenn aufgrund konkreter Tatsachen davon auszugehen ist, dass eine wirksame Aufsicht über das Institut beeinträchtigt wird. Gemäß § 33 Abs. 3 KWG ist dies insbesondere dann der Fall, wenn das Institut mit anderen Personen oder Unternehmen in einen Unternehmensverbund eingebunden ist oder in einer engen Verbindung zu einem solchen steht, der durch die Struktur des Beteiligungsgeflechtes oder mangelhafte wirtschaftliche Transparenz eine wirksame Aufsicht über das Institut beeinträchtigt (§ 33 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 KWG); eine wirksame Aufsicht über das Institut wegen der für solche Personen oder Unternehmen geltenden Rechts- oder Verwaltungsvorschriften eines Drittstaates beeinträchtigt wird (§ 33 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 KWG), oder das Institut Tochterunternehmen eines Instituts mit Sitz in einem Drittstaat ist, das im Staat seines Sitzes oder seiner Hauptverwaltung nicht wirksam beaufsichtigt wird oder dessen zuständige Aufsichtsstelle zu einer befriedigenden Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt nicht bereit ist (§ 33 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 KWG). Die pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Aufsichtsbehörde ist gerichtlich vollumfänglich nachprüfbar114. Die Intransparenztatbestände dürften auf den „klassischen“ Hawaladar wohl in den seltensten Fällen unmittelbare Anwendung finden, da die Tatbestände vor allem die aus (grenzüberschreitenden) Unternehmensverbünden resultierenden Risiken thematisieren. Die Fallgruppen der Absätze 1 bis 3 enthalten jedoch keine abschließende Aufzählung („insbesondere“), weswegen die BaFin eine Eignung zur Beeinträchtigung der Aufsicht auch auf andere Weise begründen kann115. Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang den Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Regelung, die mit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz an entsprechende Regelungen in § 8 VAG angepasst wurde, ist es vornehmliches Ziel, Gefahren für die Gläubigersicherheit und Seriosität des Institutes unter anderem im Zusammenhang mit einem möglichen Missbrauch zu Geldwäschezwecken zu vermeiden. So dürfe die Unübersichtlichkeit der Unternehmensstruktur nicht dazu führen, dass die Überwachung der Einhaltung von Vorschriften der Geldwäscheprävention behindert werde. Die besonderen, uneinsehbaren Geschäftsstrukturen im Hawala-Finanzsystem stellen aus Sicht der Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden aber gerade im Hinblick auf mögliche Geldwäscheaktivitäten eine ernst zu nehmende Gefahr dar. § 33 Abs. 3 KWG soll darüber hinaus nicht lediglich die Einhaltung von Vorschriften der Geldwäscheprävention gewährleisten, sondern weitergehend die 114 115

Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 33, Rn. 76. Zum Folgenden: Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 33, Rn. 76 f.

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Sicherstellung einer wirksamen Überwachung seitens der Aufsichtsbehörde, für die sich aus der Überwachungspflicht vor allem unter Gläubigerschutzaspekten wiederum eigene Rechte und Pflichten ergeben116. Es steht daher zu erwarten, dass ein Erteilen der Erlaubnis, sollten die anderen Voraussetzungen vom antragstellenden Institut erfüllt werden, in den Fällen antragstellender Hawaladare häufig gerade an § 33 Abs. 3 KWG scheitern wird.

II. Laufende Aufsicht nach Maßgabe des KWG Nach Erlaubniserteilung unterliegen die Anbieter des Finanztransfergeschäftes der laufenden Aufsicht der BaFin nach Maßgabe des KWG. Dabei haben die Anbieter insbesondere die Meldepflichten nach § 4 der Monatsausweisverordnung vom 31. Mai 1999 sowie im Einzelfall der Anzeigenverordnung vom 29. Dezember 1997 zu erfüllen. Darüber hinaus ergeben sich weitere Pflichten für die Institute nach Maßgabe des KWG. So haben die Dienstleister in den ersten drei Monaten eines jeden Geschäftsjahres für das jeweils vergangene Geschäftsjahr einen Jahresabschluss aufzustellen und diesen sodann mit dem Prüfungsbericht des Abschlussprüfers einzureichen (§ 26 ff. KWG). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch das Sonderprüfungsrecht nach § 44 KWG, dass der BaFin im Einzelfall das Recht einräumt, auch ohne besonderen Anlass bei den Instituten Prüfungen vorzunehmen sowie die Geschäftsräume der Institute innerhalb der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten zu betreten und zu besichtigen. Im Folgenden sollen lediglich einige besonders relevante Vorschriften näher betrachtet werden. 1. Anzeige-, Melde- und Dokumentationspflichten § 24 KWG regelt die Anzeigepflichten der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute gegenüber den Aufsichtsbehörden BaFin und Deutsche Bundesbank. So haben die Institute gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 KWG die Absicht der Bestellung eines Geschäftsleiters sowie der Ermächtigung einer Person zur Einzelvertretung des Instituts in dessen gesamten Geschäftsbereich anzuzeigen. Hierbei sind ebenfalls die Tatsachen zu benennen, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit und der fachlichen Eignung wesentlich sind. Gleiches gilt, wenn die Bestellung vollzogen wurde. Des Weiteren sind unter anderem anzeigepflichtig das Ausscheiden eines Geschäftsleiters sowie die Entziehung der Befugnis zur Einzelvertretung des Instituts in dessen gesamten Geschäftsbereich (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 KWG), die Übernahme und die Aufgabe von unmittelbaren Beteiligungen an einem anderen Un116

Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 33, Rn. 76 f.

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ternehmen sowie Veränderungen in der Höhe der Beteiligung (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 KWG), Änderungen der Rechtsform oder der Firma (§ 24 Abs. 1 Nr. 4 KWG), Verluste in Höhe von 25% des haftenden Eigenkapitals (§ 24 Abs. 1 Nr. 5 KWG), die Verlegung der Niederlassung oder des Sitzes (§ 24 Abs. 1 Nr. 6 KWG), die Einstellung des Geschäftsbetriebs (§ 24 Abs. 1 Nr. 8 KWG) sowie die Aufnahme und die Einstellung des Betreibens von Geschäften, die nicht Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen sind (§ 24 Abs. 1 Nr. 9 KWG). Für den Bereich der Hawaladare dürfte im Einzelfall insbesondere gerade die Bestimmung des § 24 Abs. 1 Nr. 9 KWG relevant sein, da Hawaladare das Finanztransfergeschäft regelmäßig neben ihrer eigentlichen Berufstätigkeit ausüben. Daneben sind weitere Anzeigepflichten in § 24 KWG geregelt, die für die vorliegende Untersuchung jedoch weniger relevant sind und daher an dieser Stelle nicht weiter betrachtet werden sollen. Ebenso wird an dieser Stelle auf eine gesonderte Darstellung des § 24c KWG zum automatisierten Abruf von Kontoinformationen verzichtet, da Adressaten von § 24c KWG ausschließlich Kreditinstitute sind und Finanzdienstleistungsinstitute vom Regelungsgehalt dieser Vorschrift nicht umfasst sind117. In § 25 KWG sind die Monatsausweispflichten der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute geregelt. Gemäß § 25 Abs. 3 KWG in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776) in Verbindung mit § 1 der Verordnung zur Übertragung der Befugnis zum Erlass von Rechtsverordnungen auf das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen vom 19. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3156) sind ergänzend hierzu von den Instituten die Meldepflichten nach der Monatsausweisverordnung zu beachten. Der Monatsausweis ist von den Instituten vierteljährlich zu erstellen und hat gemäß § 2 der Verordnung zur Einreichung von Monatsausweisen nach dem Gesetz über das Kreditwesen (Monatsausweisverordnung – MonAwV) vom 31. Mai 1999 (BGBl. I S. 1080) zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1857) aus einem Vermögensstatus bezogen auf das Ende des jeweiligen Berichtszeitraums und einer Gewinn- und Verlustrechnung, die den Zeitraum seit dem Ende des letzten Geschäftsjahres umfasst, zu bestehen. Eine Einschränkung für Institute, die ausschließlich das Finanztransfergeschäft betreiben, sieht § 6 Abs. 2 MonAwV vor: So haben Finanztransferdienstleister anstelle des Monatsausweises gemäß § 4 MonAwV lediglich die Agenturen, Unternehmen oder sonstigen Stellen, Einrichtungen oder Institutionen, auch soweit es sich dabei um Einzelpersonen handelt, mit denen sie im Berichtszeitraum die Finanztransferdienstleistungen abgewickelt haben sowie das jeweilige Transfervolumen anzugeben. Dabei sind die Angaben nach Staaten zu ordnen und müssen nach Firma oder Namen, Sitz und Ort der Agentur, 117

Herzog/Mülhausen/Teichmann/Achsnich, GwHdb, § 33, Rn. 23.

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des Unternehmens oder der sonstigen Stelle, über welche die Finanztransferdienstleistung abgewickelt worden ist, aufgegliedert sein. 2. § 25a KWG i.V. m. MaRisk § 25a KWG regelt die besonderen organisatorischen Pflichten von Kreditinstituten und Finanzdienstleistern im Sinne des KWG. So müssen die Institute gemäß § 25a Abs. 1 Satz 1 KWG über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen, die die Einhaltung der von den Instituten zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen gewährleistet. Als Regelbeispiel für eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation wird in § 25a Abs. 1 Satz 2 KWG unter anderem das Vorhandensein eines angemessenen internen Kontrollverfahrens, das aus einem internen Kontrollsystem und einer internen Revision bestehen muss, wobei das interne Kontrollsystem geeignete Regelungen zur Steuerung und Überwachung der Risiken umfassen muss (§ 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWG), genannt. Des Weiteren ist Voraussetzung für die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation gemäß § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 KWG die vollständige Dokumentation der ausgeführten Geschäfte, die eine lückenlose Überwachung durch die BaFin für ihren Zuständigkeitsbereich gewährleistet; insbesondere sind Buchungsbelege zehn Jahre und sonstige erforderliche Aufzeichnungen sechs Jahre aufzubewahren. § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 KWG sieht sodann das Vorhandensein eines angemessenen, geschäfts- und kundenbezogenen Sicherungssystemes gegen Geldwäsche und gegen betrügerische Handlungen zu Lasten des Instituts vor. Darüber hinaus hat das Institut Sachverhalten, die auf Grund des Erfahrungswissens über die Methoden der Geldwäsche zweifelhaft oder ungewöhnlich sind, vor dem Hintergrund der laufenden Geschäftsbeziehung und einzelner Transaktionen nachzugehen. Ziel dieser in § 25a KWG getroffenen Regelungen, die insbesondere auf die Anbieter des Finanztransfergeschäftes abzielen, ist es vor allem, den in diesem Bereich verstärkt zutage getretenen Geldwäscherisiken entgegenzuwirken118. Daher haben sich die genauen Anforderungen an die Aufzeichnungspflichten nach § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 KWG an den Grundprinzipien des Geldwäschegesetzes (GwG) zu orientieren, wobei die Generalklausel des § 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG besonders zu beachten ist. Auf die im Rahmen des Geldwäschegesetzes

118 Vgl. BaFin, Schreiben vom 01.08.2006 zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG).

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

von den Instituten zu beachtenden Vorschriften wird im Folgenden gesondert in Teil 3, Abschnitt B, Unterabschnitt III dieser Arbeit eingegangen werden. Nach der Verlautbarung der BaFin, vormals BAKred zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG) vom April 1999119 haben die nach § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 KWG anzufertigenden Dokumentationen insbesondere darüber Auskunft zu geben, wer, wann, welche Summe, an wen und in wessen Auftrag übermittelt. Transaktionen sind in einer Weise lückenlos schriftlich zu dokumentieren, dass Auftraggeber und Empfänger der Zahlung mit Name, Vorname, Wohnort/Sitz sowie der Transferweg bzw. die mit der Auszahlung beauftragte Person/Stelle schriftlich festgehalten werden. Ferner haben die Institute geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, dass lediglich der vom Absender benannte Begünstigte berechtigt ist, den transferierten Betrag bzw. dessen Gegenwert entgegenzunehmen. Neben der Bereithaltung eines speziellen Kontrollsystems zur Verhinderung von Smurfingaktivitäten ist die Separierung von Transfergeldern und eigenem Vermögen des Dienstleisters sicherzustellen. Ferner muss der Abschluss einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung im Hinblick auf den körperlichen Transport von Bargeld sowie der verwendeten Kontroll- und Sicherheitsverfahren nachgewiesen werden. Zusätzlich konkretisieren die so genannten MaRisk (Mindestanforderungen an das Risikomanagement) die gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation des neu gefassten § 25a KWG vor allem im Hinblick auf die Festlegung einer Strategie (§ 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 KWG) und die Einrichtung angemessener interner Kontrollverfahren. Die MaRisk stellen eine verbindliche Vorgabe der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht für die Ausgestaltung des Risikomanagements in deutschen Kreditinstituten und bei Finanzdienstleistern dar und konsolidieren, aktualisieren und ergänzen die bestehenden Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften (MAH), an die Ausgestaltung der internen Revision (MaIR) und die Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft (MaK) der Kreditinstitute insbesondere um Regelungen zu operationellen Risiken, Zinsänderungsrisiken auf Gesamtinstitutsebene und Liquiditätsrisiken120. 119 Zum Folgenden: BaFin, Schreiben vom 01.08.2006 zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG) unter II. 3. 120 Die MaRisk stellen die Umsetzung der bankaufsichtlichen Überprüfungsprozesse für die in Basel II geregelten Eigenkapitalvorschriften in deutsches Recht dar, so genannte „zweite Säule“ von Basel II. Basel II ist eine Bezeichnung für die Gesamtheit der Eigenkapitalvorschriften, die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht in den letzten Jahren vorgeschlagen wurden. Basel II besteht aus den drei sich gegenseitig ergänzenden Säulen Mindesteigenkapitalanforderungen (Säule 1), bankaufsichtlicher Überprüfungsprozess (Säule 2) und erweiterte Offenlegung (Säule 3). Die Regeln sind offiziell per 1. Januar 2007 in der Europäischen Union in Kraft getreten. Die Umset-

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Der Anwenderkreis der MaRisk umfasst neben Kreditinstituten im Sinne von § 1 Abs. 1 KWG gemäß AT 2.1.2 der MaRisk ausdrücklich auch Finanzdienstleistungsinstitute und Wertpapierhandelsbanken. Diese haben die Anforderungen der MaRisk insoweit zu beachten, wie dies vor dem Hintergrund der Institutsgröße sowie von Art, Umfang, Komplexität und Risikogehalt der Geschäftsaktivitäten zur Einhaltung der gesetzlichen Pflichten aus § 25a KWG geboten erscheint121. Damit werden grundsätzlich auch Finanztransferdienstleister wie Hawaladare in den Regelungsbereich der MaRisk einbezogen. Bei den MaRisk, die gestützt auf § 25a KWG den unbestimmten Rechtsbegriff der „ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation“ konkretisieren, handelt es sich rechtlich gesehen um so genannte norminterpretierende Verwaltungsvorschriften, die über die ständige Verwaltungspraxis der BaFin bindenden Charakter für die Institute haben122. Da Finanzdienstleistungsunternehmen im Allgemeinen, wie auch Hawaladare im Besonderen in der Regel kleinere Unternehmen sind und die Umsetzung der MaRisk in Abhängigkeit von Institutsgröße sowie Art, Umfang, Komplexität und Risikogehalt der Geschäfte zu erfolgen hat, dürfte der Schwerpunkt der Umsetzungsaktivitäten bei den Finanzdienstleistern im Wesentlichen im Bereich der Risikosteuerungs- und -controllingprozesse des BTR der MaRisk, namentlich Adressenausfallrisiken, Marktpreisrisiken, Liquiditätsrisiken sowie der operationellen Risiken liegen. Da im Rahmen des Finanztransfergeschäftes vor allem operationelle Risiken relevant sind, die im Gegensatz zu Adressenausfallrisiken, Marktpreisrisiken oder Zinsänderungsrisiken im Zuge des normalen Bankgeschäfts und damit auch im Rahmen des Finanztransfergeschäfts entstehen können, soll im Folgenden lediglich kurz auf die operationellen Risiken eingegangen werden. So sind operationelle Risiken in Anlehnung an die Definition von Basel II und der Solvabilitätsverordnung zusammengefasst die Gefahr von Schäden, die in Folge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Mitarbeitern, der internen Infrastruktur oder in Folge externer Einflüsse eintreten123. Gemäß BTR 4.1 haben die Institute den operationellen Risiken durch angemessene Maßnahmen Rechnung zu tragen124. Insbesondere muss gewährleistet zung in deutsches Recht erfolgt durch die „Mindestanforderungen an das Risikomanagement“ (MaRisk) für die „zweite Säule“ von Basel II sowie die Solvabilitätsverordnung (SolvV) für die „erste“ und „dritte Säule“ von Basel II. 121 BaFin, Mindestanforderungen an das Risikomanagement, AT 2.1.2. 122 Vgl. insoweit BaFin, Mindestanforderungen an das Risikomanagement, AT 1. 123 Vgl. BaFin, Entwurf über die „Mindestanforderungen an das Risikomanagement“ (MaRisk). Schreiben vom 02.02.2005, BA 14 – GS 8000 – 1/2004, Abschnitt III. operationelle Risiken. 124 Vgl. hierzu im Einzelnen: BaFin, Mindestanforderungen an das Risikomanagement, BTR 4.

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sein, dass wesentliche operationelle Risiken zumindest jährlich identifiziert und beurteilt werden (BTR 4.2) und bedeutende Schadensfälle unverzüglich hinsichtlich ihrer Ursachen analysiert werden (BTR 4.3). Einmal jährlich ist die Geschäftsleitung über bedeutende Schadensfälle und wesentliche operationelle Risiken zu unterrichten, wobei die Berichterstattung die Art des Schadens beziehungsweise Risikos, die Ursachen, das Ausmaß des Schadens beziehungsweise Risikos und gegebenenfalls bereits getroffene Gegenmaßnahmen zu umfassen hat (BTR 4.4). Auf dieser Basis ist zu entscheiden, ob und welche Maßnahmen zur Beseitigung der Ursachen zu treffen oder welche Risikosteuerungsmaßnahmen (z. B. Versicherungen, Ersatzverfahren, Neuausrichtung von Geschäftsaktivitäten) zu ergreifen sind (BTR 4.5). Wie sich die Handhabung der MaRisk vor dem Hintergrund der ständigen Verwaltungspraxis der BaFin in der nächsten Zeit weiter entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Selbst unter Außenvorlassung der MaRisk stellt § 25a KWG jedoch unter dem Gesichtspunkt einer wirksamen Geldwäscheprävention erhebliche Anforderungen an Kreditinstitute und Finanzdienstleister, die zumindest aus Sicht der im Finanztransfergeschäft tätigen Hawaladare nur schwerlich umzusetzen sein dürften. Zwar erscheint es für Hawaladare zumindest technisch möglich, eine vollständige Dokumentation der ausgeführten Geschäfte, die eine lückenlose Überwachung durch die BaFin für ihren Zuständigkeitsbereich gewährleisten soll, vorzunehmen und Buchungsbelege zehn Jahre sowie sonstige erforderliche Aufzeichnungen sechs Jahre aufzubewahren. Sowohl aus Technik-, als auch aus Kostengesichtspunkten stellt sich jedoch die Frage, wie kleinere Finanzdienstleister und Hawaladare beispielsweise das Erfordernis eines internen Kontrollverfahrens, das aus einem internen Kontrollsystem und einer internen Revision bestehen muss sowie eines geschäfts- und kundenbezogenen Sicherungssystemes gegen Geldwäsche und gegen betrügerische Handlungen zu Lasten des Instituts zu erfüllen in der Lage sein sollen. 3. § 25b KWG Nach § 25b Abs. 3 KWG haben Finanztransferdienstleister weitere besondere organisatorische Pflichten zu beachten, sofern sie im grenzüberschreitenden bargeldlosen Zahlungsverkehr tätig sind. Dabei ist der Anwendungsbereich von § 25b KWG auf den außereuropäischen Zahlungsverkehr beschränkt125. Diese Voraussetzung dürfte bei den hier näher zu betrachtenden Hawaladaren jedoch

125 Diergarten, Geldwäsche Kommentar, S. 202; vgl. diesbezüglich auch das Ergebnisprotokoll über ein Treffen zwischen Vertretern der BaFin und des ZKA am 29.3.2004, Punkt 9.

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regelmäßig erfüllt sein, da ein Großteil der Zahlungen im Hawala-Finanzsystem in das außereuropäische Ausland geleitet wird. So verpflichtet § 25b Abs. 3 KWG Finanzdienstleistungsinstitute, welche das Finanztransfergeschäft betreiben, vor der Besorgung eines Zahlungsauftrages den Namen und die Anschrift des Auftraggebers sowie entsprechend den Angaben des Auftraggebers den Namen und die Anschrift des Empfängers des Zahlungsauftrages aufzuzeichnen. Auch diese Vorschrift des KWG wurde im Rahmen des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus vom 08. August 2002 eingefügt und soll vor allem der Einhaltung des „know-your-customer“ Prinzips dienen126. Wie zuvor bereits § 25a KWG steht auch § 25b KWG in direktem Widerspruch zu Strukturen und Funktionsweise des Hawala-Finanzsystems, in dem gerade keine Aufzeichnungen über Auftraggeber und Empfänger des Geldes gefertigt werden. Eine Umsetzung dieser Vorschrift bedeutet, auch wenn die Einhaltung dieser Vorschriften aus Geldwäschebekämpfungsgesichtspunkten unumgänglich erscheint, keine bloße Änderung oder Ergänzung der Strukturen im Hawala-Finanzsystem, sondern eine komplette Umkehrung des Systems. Hawala wäre nicht mehr Hawala. Eine – wenn auch unumgängliche – Anpassung an bestehende rechtliche Vorschriften würde faktisch einer Existenzvernichtung der uns bekannten „klassischen“ Hawala-Netzwerke gleichkommen. Darüber hinaus dürfte die Umsetzung auch in der Praxis nicht unerhebliche Probleme bereiten. Man stelle sich beispielsweise einen Arbeitsmigranten vor, der Gelder zur Unterstützung seiner Verwandtschaft in ein entlegenes ländliches Gebiet eines Schwellen- oder Entwicklungslandes transferieren möchte. Unter Umständen verfügt der Empfänger des Geldes nicht einmal über eine Adresse nach unserem Verständnis, die sich im Namen einer Stadt, eines Dorfes, einem Straßennamen und einer Hausnummer widerspiegelt. Bereits an dieser Stelle ergeben sich sowohl für den Sender des Geldes als auch für den Hawaladar Schwierigkeiten. Unter Umständen ist gerade der dem Empfänger des Geldes am nächsten liegende Hawaladar auch der erste Bezugspunkt mit einer Adresse und einem Telefon. Womit sich folgerichtig die Frage stellt, welche Adressangaben überhaupt den Erfordernissen von § 25b KWG genügen. Genügt in Fällen, in denen der Empfänger nicht über einen Straßennamen oder eine Hausnummer lokalisierbar ist, auch eine Sammeladresse, beispielsweise die der Post oder des einzigen Ladens im Ort? So setzen die Vorschriften des KWG zur Einhaltung Ordnungs- und Wertvorstellungen der Industrienationen voraus, in denen der Großteil der Bürger über einen konkret lokalisierbaren Wohnsitz verfügt. Über den ganzen durchaus sinn126

Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Stein, KWG, § 25 b, Rn. 1.

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vollen und erforderlichen Vorkehrungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung darf jedoch nicht vergessen werden, dass beispielsweise das Hawala-Finanzsystem unter anderem gerade deshalb so erfolgreich ist, weil es auch die Bedürfnisse solcher Teilnehmer am Rechts- und am Zahlungsverkehr berücksichtigt, die aus verschiedensten, größtenteils legitimen Gründen vom klassischen Zahlungsverkehr der Banken und anderen regulierten Finanzdienstleister ausgeschlossen sind. Die Schaffung und Zurverfügunghaltung der formalen und technischen Vorkehrungen im Sinne des KWG, um Transaktionen im Sinne unserer rechtlichen Bestimmungen zu dokumentieren und durchzuführen, hat nicht zuletzt auch Auswirkungen auf die Kosten des Transfers. Für einen Großteil des bisherigen Klientels von Hawala-Netzwerken ist der Kostenfaktor ein ausschlaggebender Gesichtspunkt zur Nutzung dieser Systeme. Steigende Kosten würden in der Folge zwingend den Ausschluss weiterer Nutzer vom Zahlungsverkehr bedeuten, die zwingend bereits jetzt auf das Hawala-Finanzsystem angewiesen sind. Folge wäre gegebenenfalls eine weitere Abdrängung von Hawala und anderer alternativer Überweisungsnetzwerke in den Untergrund. 4. Verordnung (EG) Nr. 1781/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers (EU-GeldtransferVO) Im Zusammenhang mit der Regelung des § 25b KWG sei ebenfalls auf die Verordnung (EG) Nr. 1781/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers hingewiesen, die am 01.01.2007 in Kraft getreten ist und inhaltlich die Verordnung die Regelung des § 25b KWG modifiziert127. Gemäß Artikel 15 Abs. 1 der Verordnung erfolgt eine mögliche Sanktionierung bei Verstößen gegen diese Verordnung und deren Umsetzung allerdings erst ab dem 15.12.2007. Dabei haben die Mitgliedsstaaten gemäß Artikel 15 Abs. 2 der Kommission bis spätestens zum 14. Dezember 2007 mitzuteilen, welche Regelungen getroffen wurden und welche Behörden für die Verhängung der Sanktionen zuständig sind. Ebenfalls haben die Mitgliedsstaaten bis zu diesem Zeitpunkt eine wirksame Überwachung der betroffenen Finanzdienstleister sicherzustellen. Auch wenn seitens der Bundesrepublik Deutschland eine Anpassung des nationalen Rechtsrahmens bislang128 nicht erfolgt ist129, soll an dieser 127 Vgl. zu erforderlich werdenden Maßnahmen im Bereich der Kreditinstitute Ertl, Erhöhte Transparenz im Zahlungsverkehr zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung – Die „Verordnung über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers“, in: ÖBA 10/2006, S. 695–701. 128 Stand 05/02/2007.

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Stelle bereits kurz auf die wesentlichen Kernpunkte der neuen Verordnung über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers eingegangen werden, da die EU-GeldtransferVO über der nationalen Regelung des § 25b KWG steht130. Aufgrund der unmittelbaren rechtlichen Geltung von EUVerordnungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten sind die Regelungen unabhängig davon, ob seitens der Bundesrepublik Deutschland eine inhaltliche Anpassung des § 25b KWG vorgenommen wurde, von den betroffenen Instituten in Deutschland umzusetzen. Gemäß Art. 2 Nr. 5 der Verordnung werden als „Zahlungsverkehrsdienstleister“ alle natürlichen oder juristischen Personen, zu deren gewerblicher Tätigkeit die Erbringung von Geldtransferdiensleistungen gehört, angesehen. Als Geldtransfer wird dabei nach Art. 2 Nr. 7 EU-GeldtransferVO jede Transaktion, die im Namen eines Auftraggebers über einen Zahlungsverkehrsdienstleister auf elektronischem Wege131 mit dem Ziel abgewickelt wird, einem Begünstigten bei einem Zahlungsverkehrsdienstleister einen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen, unabhängig davon, ob Auftraggeber und Begünstigter dieselbe Person sind, definiert. Damit dürften im Ergebnis wie schon bei § 25b KWG insbesondere auch Hawaladare als Dienstleister im Finanztransfergeschäft Adressaten der EU-GeldtransferVO sein. Zentraler Punkt der Verordnung bleibt, wie schon in der Regelung des § 25b KWG der Geldtransfer mit fehlenden oder unvollständigen Angaben zum Auftraggeber. Insbesondere sieht Artikel 5 Abs. 1 bei Transfers auf Auftraggeberseite durch den betroffenen Dienstleister eine vollständige Übermittlung des so

129 Erste Gespräche zur Anpassung des innerstaatlichen Rechtsrahmens und einer möglichen Modifizierung des § 25b KWG wurden von Vertretern des ZKA und BMF bereits Ende September 2006 geführt. 130 Der vollständige Text der Verordnung (EG) Nr. 1781/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union, ABl. L 345 vom 8.12.2006, S. 1–9 ist auch unter URL: http://eur-lex.europa. eu/LexUriServ/site/de/oj/2006/l_345/l_34520061208de00010009.pdf [Stand 05/02/ 2007] abrufbar. 131 Der Begriff „auf elektronischem Wege“ wird in der Verordnung nicht konkretisiert. Es stellt sich die Frage, ob beispielsweise die Avisierung eines Geldbetrages durch einen Hawaladar per Telefon eine Abwicklung auf elektronischem Wege darstellt, wenn man die Definition von Telefon als ein Kommunikationsmittel zur Übermittlung von Tönen und speziell von Sprache mittels elektrischer Signale versteht. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Telefon und Telefax neben dem Internet zu den so genannten elektronischen Medien, also Kommunikationsmitteln, die auf elektronischem Weg übermittelt werden, zählen, dürfte im Ergebnis auch die Übermittlung per Telefon von der Verordnung erfasst sein. Berücksichtigt man zudem den Sinn und Zweck der Verordnung, wonach das Ziel die lückenlose Rückverfolgung von Geldströmen im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ist, dürften gerade alternative Überweisungssysteme, die häufig als „Schlupfloch“ für die Geldwäscherei angesehen werden, nicht von der Überwachung ausgenommen sein.

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genannten Auftraggeberdatensatzes, der aus Namen, Anschrift und Kontonummer (bzw. bei kontenungebundenden Transfers einer kundenbezogenen Identifikationsnummer) des Auftraggebers besteht, vor. Die Anschrift kann nach Art. 5 Abs. 2 der VO durch das Geburtsdatum und den Geburtsort des Auftraggebers, seine Kundennummer oder seine nationale Identitätsnummer ersetzt werden. Bei Geldtransfers innerhalb der EU ist entweder die Kontonummer oder eine kundenbezogene Identifikationsnummer des Auftraggebers mit zu übermitteln. Darüber hinaus ist auf Antrag des Zahlungsverkehrsdienstleisters des Begünstigten der vollständige Auftraggeberdatensatz zur Verfügung zu stellen. Bei Geldtransfers an einen Begünstigten außerhalb der EU ist der vollständige Auftraggeberdatensatz zu übermitteln. Eingehende Geldtransfers sind auf die Vollständigkeit des übermittelten Auftraggeberdatensatzes zu überprüfen. Stellt der Zahlungsverkehrsdienstleister des Begünstigten bei eingehenden Geldtransfers fest, dass die Angaben zum Auftraggeber fehlen oder unvollständig sind, „so weist er entweder den Transferauftrag zurück oder fordert den vollständigen Auftraggeberdatensatz an“, Artikel 9 Abs. 1 EU-GeldtransferVO. Gemäß Art. 5 Abs. 2 hat der Zahlungsverkehrsdienstleister des Auftraggebers vor einem Geldtransfer sämtliche Angaben zum Auftraggeber anhand von Dokumenten, Daten oder Informationen aus einer verlässlichen und unabhängigen Quelle zu überprüfen, wobei Art. 5 Abs. 4 insoweit für kontoungebundene Geldtransfers festlegt, dass der Zahlungsverkehrsdienstleister des Auftraggebers die Angaben des Auftraggebers nur in Fällen zu überprüfen hat, wenn der Betrag 1.000 EUR übersteigt, es sei denn, die Transaktion findet in Form von mehreren offenbar miteinander verbundenen Vorgängen statt, die zusammen 1.000 EUR übersteigen. Zwar gibt es mit § 25b KWG bereits eine umfassende nationale Regelung über die Aufzeichnung von Daten zum Auftraggeber im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr. Da die in der EU-GeldtransferVO getroffenen Regelungen jedoch in einigen Punkten von der bestehenden gesetzlichen Regelung abweichen, bleibt abzuwarten, wie der deutsche Gesetzgeber eine Anpassung des nationalen Rechtsrahmens im Einzelnen vornehmen wird.

III. Vorschriften des GwG Kreditinstitute wie Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne des KWG haben sich im Hinblick auf die Aufzeichnungspflichten nach § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 KWG an den Grundprinzipien des Geldwäschegesetzes (GwG), maßgeblich der Generalklausel des § 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG, konkretisiert durch die Verlautbarung des BAKred über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche vom 30. Dezember 1997132 sowie

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der Verlautbarung des BAKred über Maßnahmen der Kreditinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche vom 30. März 1998133 zu orientieren. 1. Allgemeine Identifizierungspflicht nach § 2 GwG § 2 GwG sieht für Institute zunächst eine allgemeine Identifizierungspflicht vor, wobei als Institute gemäß der Legaldefinition in § 1 Abs. 2 GwG insbesondere auch Finanzdienstleistungsunternehmen im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG anzusehen sind. Für Finanzdienstleistungsinstitute, die wie Hawaladare regelmäßig ausschließlich das – nicht kontengebundene – Finanztransfergeschäft betreiben, besteht die allgemeine Identifizierungspflicht gemäß § 2 Abs. 2 GwG vor allem in der Identifizierung der ihnen gegenüber auftretenden Personen bei der Annahme von Bargeld im Wert von 15.000 Euro oder mehr. Dies gilt gemäß § 2 Abs. 3 GwG auch dann, wenn das Institut mehrere Finanztransaktionen im Sinne des Absatzes 2 durchführt, die zusammen einen Betrag im Wert von 15.000 Euro oder mehr ausmachen, sofern tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass zwischen ihnen eine Verbindung besteht (so genanntes Smurfing). a) Verlautbarung des BAKred vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102) Diese im Rahmen des GwG gemachten Vorgaben zur ordnungsgemäßen Kundenidentifizierung und Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten bei Anknüpfung der Geschäftsbeziehung sowie zur Identifizierung von Gelegenheitskunden nach Maßgabe des § 1 Abs. 5 GwG werden durch die BaFin für Finanzdienstleistungsinstitute, die das Finanztransfer- oder Sortengeschäft betreiben (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 bzw. 7 KWG), allerdings weiter konkretisiert, indem diese Verpflichtungen nach Maßgabe der Verlautbarung über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche vom 30. Dezember 1997134 zu erfolgen haben. In Bezug auf die Grenzbeträge zur

132 BAKred, Verlautbarung vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102), abgedruckt in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, Anhang III. 2, S. 641 ff. 133 BAKred, Verlautbarung vom 30. März 1998 über Maßnahmen der Kreditinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (Z 5 – E 100), abgedruckt in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, Anhang III. 1, S. 617 ff. 134 Vgl. BaFin, Schreiben vom 01.08.2006 zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG), Abschnitt II. 3.

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allgemeinen Identifizierungspflicht nach § 2 GwG bzw. auf das so genannte Smurfing gelten für diese Institute somit besondere Vorschriften. Die Verlautbarung sieht insoweit vor, dass Institute, die das Finanz- bzw. Sortengeschäft betreiben, und aufgrund häufiger Bartransaktionen als geldwäscheanfälliger als andere Institute angesehen werden, bereits ab einem Transaktionsbetrag von 2.500 Euro den auftretenden Kunden nach Maßgabe des § 1 Abs. 5 GwG bzw. des § 7 GwG identifizieren und die Feststellungen gemäß § 9 GwG aufzeichnen sollen135. In diesem Zusammenhang sollte auch die Frage nach dem wirtschaftlich Berechtigten gestellt und diese Angaben dokumentiert werden. Hierbei ist zweierlei interessant. Zum einen ist in der Verlautbarung vom so genannten „Transaktionsbetrag“ die Rede und nicht, wie in § 2 GwG von der Annahme von Bargeld, etc. Damit beziehen sich die Vorgaben der BaFin nicht nur auf die Annahme von Geldern, sondern ebenfalls auf die Abgabe derselben136. Finanzdienstleistungsinstitute, die das Finanztransfergeschäft betreiben, müssen daher in der Konsequenz eine Identifizierung nach § 2 GwG vornehmen, unabhängig davon, ob sie im konkreten Fall als Annahme- oder Ausgabestelle von Bargeld fungieren. Zum anderen ist in der gegenständlichen Verlautbarung lediglich von „sollen“ und nicht etwa von „müssen“ die Rede. Auf den Wortlaut des Textes bezogen handelt es sich hierbei lediglich um eine Handlungsempfehlung der BaFin137. Insoweit führt die BaFin allerdings in einem anderen Rundschreiben an die betroffenen Finanzdienstleistungsinstitute aus: „Vor diesem Hintergrund haben Institute, die das Finanz- bzw. Sortengeschäft betreiben, auch nach Inkrafttreten des Geldwäschebekämpfungsgesetzes entsprechend Rdnr. 41 meiner Verlautbarung vom 30. März 1998 bzw. Rdnr. 45 meiner Verlautbarung vom 30. Dezember 1997 sowohl bei Einzahlungen als auch bei Auszahlungen von 2.500 A und mehr den auftretenden Kunden nach Maßgabe des § 1 Abs. 5 GwG zu identifizieren und die Feststellungen gemäß § 9 GwG aufzuzeichnen. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um Vorkehrungen im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG zur Verhinderung eines Missbrauchs zur Geldwäsche.“ 138

Nach der ständigen Verwaltungspraxis der BaFin reduziert sich damit das den Instituten mit der Handlungsempfehlung eingeräumte Ermessen auf Null. Hierfür spricht ebenfalls folgende Mitteilung der BaFin zu den Voraussetzungen für 135 BAKred, Verlautbarung vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102), abgedruckt in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, Anhang III. 2, S. 641 ff.; hier: Rn. 45. 136 Vgl. insoweit zum Sortengeschäft: Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 2, Rn. 89. 137 Vgl. insoweit zum Sortengeschäft: Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 2, Rn. 89. 138 BaFin, Identifizierungspflichten von Instituten, die das Finanztransfer- oder Sortengeschäft betreiben. Rundschreiben 18/2002 vom 25. September 2002.

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die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG)139: „Konkret müssen folgende Anforderungen erfüllt sein, die ich ggf. im Wege des Auflagenbescheids zum Erlaubnisbescheid (§ 32 Abs. 2 KWG) anordne: Ordnungsgemäße Kundenidentifizierung und Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten bei Anknüpfung der Geschäftsbeziehung nach Maßgabe der Ziffern 7 ff. bzw. 14 ff. der Verlautbarung über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche vom 30. Dezember 1997 sowie Aufzeichnung dieser Daten nach Ziffer 15 ff. dieser Verlautbarung. Identifizierung von Gelegenheitskunden nach Maßgabe des § 1 Abs. 5 GwG sowie Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GwG ab einem Transferbetrag von 5.000,– DM (Ziffer 45 der Verlautbarung) und Dokumentation des Identifizierungsvorgangs i. S. d. § 9 GwG.“

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit der Vorgaben durch die BaFin, soweit sich diese nicht auf eine Erläuterung zu den gesetzlichen Vorgaben beschränken, sondern darüber hinausgehende Pflichten festgelegt werden. Im Hinblick auf eine reine Konkretisierung der gesetzlichen Vorschriften kann zunächst festgestellt werden, dass die begleitenden Verlautbarungen der BaFin für die betroffenen Institute grundsätzlich bindenden Charakter haben140. Legt jedoch die Verlautbarung, wie in diesem Fall über die gesetzlichen Verpflichtungen hinausgehende Pflichten fest, kann von einer bindenden Verpflichtung der Institute nicht mehr ohne weiteres ausgegangen werden141. Rechtlich gesehen kann eine solche Maßnahme lediglich auf § 14 Abs. 2 GwG gestützt werden (organisatorische oder administrative Maßnahmen). Dagegen spricht jedoch, dass bereits § 2 Abs. 1 und 2 GwG die Identifizierungspflichten bei bestimmten Transaktionen abschließend regeln. Die Verpflichtung der BaFin verstößt damit gegen den Wortlaut der spezielleren und im Übrigen höherrangigeren Norm des § 2 GwG142. Nach Suendorf 143 kann die Vorgabe der BaFin somit nur als zweckmäßiger, aber sanktionsloser Hinweis verstanden werden, da anderenfalls ein Verstoß gegen den in Art. 20 Abs. 3 GG festgeleg139 BaFin, Schreiben vom 01.08.2006 zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG), Abschnitt II. 4. 140 Diergarten, Geldwäsche Kommentar, S. 11; zur Einordnung der Verlautbarungen der BaFin als normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften vgl. Herzog, Geldwäschebekämpfung – quo vadis? Rechtsstaatliche Grenzen der Geldwäschebekämpfung durch Aufsichtshandlungen des BAKred, in: WM 1999, 1905, 1911. 141 Vgl. insoweit auch Herzog, Geldwäschebekämpfung – quo vadis? Rechtsstaatliche Grenzen der Geldwäschebekämpfung durch Aufsichtshandlungen des BAKred, in: WM 1999, 1905, 1911 ff. 142 So Suendorf, Geldwäsche, S. 280. 143 Suendorf, Geldwäsche, S. 281.

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ten Vorrang des Gesetzes vorläge144. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Da die vollziehende Gewalt an die Gesetze gebunden ist, soweit gesetzliche Regelungen auf dem betreffenden Gebiet bestehen, dürfen von der Exekutive erlassene Normen nicht gegen höherrangige Normen, wie hier den § 2 GwG verstoßen. Insoweit stellt Diergarten145 jedoch resignierend fest, dass es ungeachtet der Frage der Zulässigkeit der Vorgaben der BaFin nicht empfehlenswert sei, sich gegen diese Pflichten zur Wehr zu setzen. Die Aufsichtsbehörde verfüge über geeignete Mittel, ihre Ansichten durchzusetzen, auch wenn theoretisch die Möglichkeit bestehe, gegen Anordnungen der Aufsicht im Verwaltungsrechtswege vorzugehen. Tatsächlich halten sich die betroffenen Institute regelmäßig auch ohne Zwang an den Inhalt der Verlautbarungen der BaFin, da die Behörde aufgrund des im Rahmen der 6. KWG-Novelle neu eingefügten Absatzes 3 von § 6 KWG dazu befugt ist, gegenüber jedem einzelnen Institut Anordnungen zu treffen, um Missstände in den Instituten zu verhindern oder zu beseitigen und die Institute einen Konflikt mit der BaFin möglichst vermeiden wollen146. Insoweit sieht Herzog147 die Verlautbarungen der BaFin faktisch in die Nähe einer gewerbepolizeilichen Allgemeinverfügung gerückt. Die Betragsgrenze von 2.500 Euro steht damit im Ergebnis nicht im Einklang mit höherrangigen Nomen und ist als rechtswidrig anzusehen. Auch zum in § 2 Abs. 3 GwG geregelten Smurfing gibt es Sonderregelungen für die Bereiche des Finanztransfer- und des Sortengeschäfts148. Da Fälle des Smurfing, beispielsweise durch Übermittlung von Geldern durch verschiedene Einzahler an dieselbe Empfängeradresse oftmals nur schwer zu erkennen seien, sollen die betroffenen Institute nach den Ausführungen der BaFin, sofern die Geschäftsstruktur es gebietet, spezielle Kontrollsysteme entwickeln, die es aus ihrer Sicht ermöglichen, die künstliche Aufsplittung eines einheitlichen Betrages sichtbar zu machen. Die Ergebnisse der Smurfing-Kontrolle seien zu dokumentieren.

144 So beispielsweise auch Herzog, Geldwäschebekämpfung – quo vadis? Rechtsstaatliche Grenzen der Geldwäschebekämpfung durch Aufsichtshandlungen des BAKred, in: WM 1999, 1905, 1913 f. 145 Diergarten, Geldwäsche Kommentar, S. 12. 146 Herzog, Geldwäschebekämpfung – quo vadis? Rechtsstaatliche Grenzen der Geldwäschebekämpfung durch Aufsichtshandlungen des BAKred, in: WM 1999, 1905, 1911. 147 Ebenda. 148 BAKred, Verlautbarung vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102), abgedruckt in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, Anhang III. 2, S. 641 ff.; hier: Rn. 45.

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b) Identifizierung im Sinne von § 1 Abs. 5 GwG Der Begriff des Identifizierens ist in § 1 Abs. 5 GwG legaldefiniert: So ist als Identifizieren im Sinne des GwG das Feststellen des Namens aufgrund eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sowie des Geburtsdatums, des Geburtsortes, der Staatsangehörigkeit und der Anschrift, soweit sie darin enthalten sind, und das Feststellen von Art, Nummer und ausstellender Behörde des amtlichen Ausweises anzusehen. Ferner kann die Identifizierung auch anhand einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne von § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes erfolgen149. Aus dieser Legaldefinition ergibt sich im Umkehrschluss, dass andere Legitimationspapiere, wie beispielsweise der Führerschein keine geeigneten Identifikationsmittel darstellen150. Probleme können sich hier bei ausländischen Staatsangehörigen ergeben, die häufig nicht über vergleichbare Ausweispapiere wie den bundesdeutschen Personalausweis verfügen. Voraussetzung für die Anerkennung von Legitimationspapieren ausländischer Staatsangehöriger ist, dass diese den Anforderungen von § 1 Abs. 2 PauswG und § 4 Abs. 1 PassG entsprechen151. Hier dürften sich in der Anwendungspraxis Probleme ergeben, da ausländische Personalausweise häufig lediglich in der jeweiligen Landessprache verfasst sind, und eine Überprüfung der im Personalausweisgesetz gestellten Anforderungen für Institute kaum möglich ist. Diese Problematik dürfte in besonderem Maße das nicht kontengebundene Finanztransfergeschäft mit einem großen ausländischen Kundenkreis (beispielsweise Emigranten, die über keine Kontoverbindung verfügen) betreffen. Bei Reisepässen, die eine Anschrift des Inhabers regelmäßig nicht enthalten, ist es ausreichend, wenn die Institute diese Angabe durch bloße Nachfrage ermitteln und der Richtigkeit der Angabe keine Zweifel entgegenstehen152. Ebenfalls anerkannt werden internationale Reisedokumente, die als Passersatzpapiere nach § 48 Abs. 1 AufenthG i.V. m. § 3 AufenthV zugelassen sind153. Zu Legitimationsprüfung und Identifizierung von Asylbewerbern, Ausländern und Aussiedlern nach § 154 Abs. 2 AO und dem Geldwäschegesetz hat das BAKred ein eigenes Schreiben herausgegeben, worin unter anderem geregelt ist, unter welchen Voraussetzungen Ausländern, die weder einen Pass besitzen oder erlangen können, gemäß § 48 Abs. 2 AufenthG eine Bescheinigung über die Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung als Ausweisersatz erteilt werden kann154. 149

Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 2, Rn. 52. Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 2, Rn. 53. 151 Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 2, Rn. 56 ff. 152 Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 2, Rn. 63. 153 Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 2, Rn. 56. 154 BAKred, Schreiben vom 31. März 1994 über Legitimationsprüfung und Identifizierung von Asylbewerbern, Ausländern und Aussiedlern nach § 154 Abs. 2 AO und 150

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2. Identifizierung in Verdachtsfällen nach § 6 GwG Die allgemeine Identifizierungspflicht nach § 2 Abs. 2 GwG greift auch bei Unterschreitung eines Betrages von 15.000 Euro, wenn das Institut Tatsachen feststellt, die darauf schließen lassen, dass die vereinbarte Finanztransaktion der Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches oder der Finanzierung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a, § 129b des Strafgesetzbuches dient oder dienen soll, § 6 GwG. Der in § 1 Abs. 6 GwG als jede Handlung, die eine Geldbewegung oder eine sonstige Vermögensverschiebung bezweckt oder bewirkt, definierte Begriff der „Finanztransaktion“ geht über die Annahme von Bargeld, Wertpapieren und Edelmetallen hinaus. Von § 6 GwG sind vielmehr auch sonstige Geschäfte, wie die Abgabe von Barmitteln, Überweisungen und Depotüberträgen umfasst155. Bezogen auf das Finanztransfergeschäft bedeutet dies, dass im Rahmen von § 6 GwG mithin nicht nur die Annahmestellen, sondern auch die Auszahlungsstellen zur Identifizierung nach § 2 Abs. 2 GwG verpflichtet sind, wenn das Institut Tatsachen feststellt, die darauf schließen lassen, dass die vereinbarte Finanztransaktion der Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches oder der Finanzierung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a, § 129b des Strafgesetzbuches dient oder dienen soll. Der Begriff der Tatsachen im Sinne von § 6 GwG umfasst nach der Entwurfsbegründung156 alle Auffälligkeiten bei der Abwicklung von Finanztransaktionen sowie alle Abweichungen vom gewöhnlichen Geschäftsgebaren der Beteiligten, sofern in ihnen ein Bezug zu Geldwäscheaktivitäten oder der Finanzierung terroristischer Vereinigungen erkennbar wird. Erforderlich ist das Vorliegen eines Anfangsverdachts nach § 152 Abs. 2 StPO, das heißt, dass konkrete Anhaltspunkte vorliegen müssen, die es nach kriminalistischer Erfahrung für möglich erscheinen lassen, dass eine Straftat nach § 261 StGB oder nach § 129a, § 129b StGB begangen wurde157. Die BaFin führt hierzu konkretisierend in ihrer Verlautbarung über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche158 aus, dass die Finanzdienstleistungsinstitute für die Beurteilung, ob ein Verdachtsfall vorliegt, die gesamten aus einer Geschäftsbeziehung vor-

dem Geldwäschegesetz (I 5 – B 400), abgedruckt in: Consbruch/Möller u. a., KWG, Nr. 11.04. 155 Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 6, Rn. 5. 156 Begründung RegE GewAufspG, BT-Drucks. 12/2704, S. 15. 157 Zum Vorliegen eines Anfangsverdachts im Allgemeinen: BverfG, NStZ 1982, 430; konkret: Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 6, Rn. 16 ff. 158 BAKred, Verlautbarung vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102), Rn. 24, abgedruckt in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, Anhang III. 2, S. 641 ff.

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handenen Informationen heranziehen sollen. Von Bedeutung seien in diesem Zusammenhang Besonderheiten in der Person des Kunden, dessen finanzielle und geschäftliche Verhältnisse und die Herkunft der einzubringenden Vermögenswerte sowie ggf. Zweck und Art der Transaktion: „Gesteigerte Aufmerksamkeit des Finanzdienstleistungsinstituts wird insbesondere dann erforderlich sein, wenn • eine Transaktion keinen wirtschaftlichen Hintergrund erkennen lässt und deren Umstände undurchsichtig sind; letzteres betrifft insbesondere die Identität der an der Transaktion beteiligten Personen und den Zweck der Transaktion; • die Art und Höhe bzw. die Herkunft der Vermögenswerte bzw. ggf. der Empfänger der Transaktion im Übrigen nicht zu den dem Finanzdienstleister bekannten Lebensumständen bzw. zu der Geschäftstätigkeit des Auftraggebers passen; • die Transaktion über Umwege abgewickelt werden soll bzw. Wege (Einschaltung von weiteren Instituten bzw. Personen) gewählt werden, die kostenintensiv sind und wirtschaftlich sinnlos erscheinen.“

3. Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten nach § 8 GwG, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten nach § 9 GwG sowie die Anzeige von Verdachtsfällen nach § 11 GwG Im Rahmen der allgemeinen Identitätsfeststellung sind die Institute des Weiteren gemäß § 8 Abs. 1 GwG dazu verpflichtet, die Identität des wirtschaftlich Berechtigten der Transaktion festzustellen. Handelt der Auftraggeber der Transaktion nicht für eigene Rechnung, so hat das Institut nach den Angaben des Transaktionspartners Namen und Anschrift desjenigen festzustellen, für dessen Rechnung dieser handelt. Hat das Institut beispielsweise aufgrund der äußeren Umstände der Transaktion Zweifel daran, dass der Kunde für eigene Rechnung handelt, so sind angemessene Maßnahmen zur Feststellung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten zu ergreifen. Angaben zu den Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten sind in § 9 GwG enthalten. So haben die Institute gemäß § 9 Abs. 1 GwG die im Rahmen der Identifizierungsmaßnahmen getroffenen Feststellungen aufzuzeichnen. Hierzu sind entweder die im Rahmen der Identifizierung getroffenen Feststellungen aufzuzeichnen oder durch Anfertigung einer Kopie des zur Feststellung der Identität vorgelegten Ausweises, der diese Angaben enthält, festzuhalten. Als Aufbewahrungsfrist für die Aufzeichnungen sieht § 9 Abs. 3 GwG einen Zeitraum von sechs Jahren vor, wobei der Fristlauf regelmäßig mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die jeweilige Angabe festgestellt worden ist, beginnt. Werden Tatsachen festgestellt, die darauf schließen lassen, dass eine Finanztransaktion einer Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches oder der Finanzierung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a, auch in Verbindung mit

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§ 129b des Strafgesetzbuches dient oder im Fall ihrer Durchführung dienen würde, sind die Institute gemäß § 11 Abs. 1 GwG dazu verpflichtet, diese Tatsachen unverzüglich mündlich, fernmündlich, fernschriftlich oder durch elektronische Datenübermittlung den zuständigen Strafverfolgungsbehörden und in Kopie der Zentralstelle für Verdachtsanzeigen beim Bundeskriminalamt anzuzeigen. In diesen Fällen darf die angezeigte Finanztransaktion erst durchgeführt werden, wenn dem Institut entweder die Zustimmung der Staatsanwaltschaft vorliegt oder, bei fehlender Rückmeldung, nach Ablauf von zwei Werktagen nach dem Abgangstag der Anzeige. Ist in besonderen Fällen ein Aufschub der Finanztransaktion nicht möglich, so darf diese durchgeführt werden, wobei die Anzeige vom Institut unverzüglich nachzuholen ist. Erstattet ein Institut eine Verdachtsanzeige im Sinne von § 11 GwG, dürfen gemäß § 11 Abs. 5 GwG weder der Auftraggeber der Transaktion noch andere Personen außer den benannten staatlichen Stellen hierüber informiert werden. 4. Interne Sicherungsmaßnahmen im Sinne von § 14 GwG Schließlich müssen die Institute interne Sicherungsmaßnahmen im Sinne von § 14 GwG ergreifen, um zu verhindern, dass sie zur Geldwäsche missbraucht werden. In § 14 Abs. 1 Nr. 4 GwG werden ausdrücklich auch Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG hierzu verpflichtet. Abs. 2 sieht insoweit die Bestimmung eines der Geschäftsleitung unmittelbar nachgeordneten Geldwäschebeauftragten, der Ansprechpartner für die Strafverfolgungsbehörden und das Bundeskriminalamt ist, vor. Ebenfalls sind gemäß § 14 Abs. 2 GwG interne Grundsätze, angemessene geschäfts- und kundenbezogene Sicherungssysteme und Kontrollen zur Verhinderung der Geldwäsche und der Finanzierung terroristischer Vereinigungen zu entwickeln. Ferner muss sichergestellt sein, dass die Beschäftigten, die befugt sind, bare und unbare Finanztransaktionen durchzuführen, zuverlässig sind, und regelmäßig über die Methoden der Geldwäsche und die nach dem GwG bestehenden Pflichten unterrichtet werden. § 14 Abs. 2 GwG wird als eine der zentralen Vorschriften des GwG angesehen159. Einzelheiten zu den im Rahmen dieser Generalklausel geforderten internen Grundsätzen, Sicherungssystemen und Kontrollen sind jedoch nicht gesetzlich geregelt, sondern sollen sich an Größe und Struktur des Unternehmens sowie dessen Geschäftsschwerpunkten und Kundenstruktur orientieren160. Der den Instituten im Rahmen von § 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG ausdrücklich eingeräumte Ermessensspielraum wird durch die Verlautbarung des BAKred vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Be159

Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 14, Rn. 4. Zum Folgenden: Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 14, Rn. 74. 160

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kämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102) teilweise konkretisiert. Dies gilt insbesondere für die internen Prüfungen durch die Innenrevision, die an die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter zu stellenden Erfordernisse, das Organisations- und Schulungswesen sowie den Tätigkeitsbereich des Geldwäschebeauftragten161. Grundsätzlich lassen sich die in § 14 Abs. 2 niedergelegten Pflichten in organisatorische Vorkehrungen, Sicherungssysteme sowie den Bereich Kontrollen und Prüfungen unterteilen. Zwar gesteht die BaFin in Abhängigkeit von Größe, Organisation und Gefährdungssituation den einzelnen Finanzdienstleistungsinstituten einen Ermessensspielraum zu162. Gleichzeitig legt die BaFin aber bestimmte Mindestanforderungen fest, die zur Verhinderung der Geldwäsche regelmäßig von allen, also auch kleineren Instituten zu treffen sind: So haben die Institute im Hinblick auf organisatorische Maßnahmen konkrete Arbeitsablaufbeschreibungen (beispielsweise für Legitimationsprüfung und Anzeigenerstattung) und Verhaltensrichtlinien zu den nach dem GwG und den betriebsinternen Leitsätzen einzuhaltenden Pflichten in schriftlicher Form für Mitarbeiter zu schaffen bzw. bereits vorhandene entsprechend zu ergänzen. Dabei sei den Besonderheiten der verschiedenen Geschäftsarten bzw. Betriebsbereiche Rechnung zu tragen. Die Arbeitsablaufbeschreibungen und Verhaltensrichtlinien sollen an die Mitarbeiter ausgegeben werden. Die Einhaltung, Umsetzung und Aktualisierung dieser Grundsätze habe der Geldwäschebeauftragte bzw. eine von ihm hiermit beauftragte Person sicherzustellen. Im Bereich Schulungswesen habe das Finanzdienstleistungsinstitut nach Art und Anzahl hinreichende Schulungen der Mitarbeiter sicherzustellen, wobei die Erstschulung im Gegensatz zur Auffrischungsschulung in der Regel als Präsenzschulung durchgeführt werden solle. Schulungsablauf und Teilnahme seien von den Instituten zu dokumentieren. Ferner sei die regelmäßige Unterrichtung der Mitarbeiter über die neu bekannt gewordenen Erscheinungsformen (Methoden und Techniken) der Geldwäsche sicherzustellen. Auch im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 GwG, die nach den Ausführungen der BaFin eine wesentliche Voraussetzung für die Wirksamkeit des institutsinternen Präventionssystems ist, seien von den Instituten entsprechende Vorkehrungen zu treffen. So gilt als zuverlässig, wer die Gewähr dafür bietet, die Pflichten nach dem GwG und die im Institut 161 Vgl. BAKred, Verlautbarung vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102), Rn. 34 ff., abgedruckt in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, Anhang III. 2, S. 641 ff. 162 Zum Folgenden: BAKred, Verlautbarung vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102), Rn. 40 ff., abgedruckt in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, Anhang III. 2, S. 641 ff.

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eingeführten Grundsätze, Verfahren, Kontrollen und Verhaltensrichtlinien zur Verhinderung der Geldwäsche zu beachten, Sachverhalte, die auf Geldwäsche hindeuten, der zuständigen Stelle zu melden und sich selbst nicht an zweifelhaften Transaktionen aktiv oder passiv zu beteiligen163. Bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses könne eine solche Zuverlässigkeitsprüfung beispielsweise durch Heranziehung des Lebenslaufes, der Zeugnisse und Referenzen erfolgen. Ansonsten lasse sich die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter beispielsweise durch die Beurteilung des Vorgesetzten, oder durch Arbeitszeugnisse überprüfen. Es ist davon auszugehen, dass diese Mindestanforderungen nach ständiger Verwaltungspraxis der BaFin auch von kleineren Finanzdienstleistungsinstituten wie Hawaladaren erfüllt werden müssen, zumal die BaFin gerade das Finanztransfergeschäft als besonders geldwäscheanfällig ansieht, da in diesem Bereich vorwiegend Bartransaktionen durch Gelegenheitskunden, über die das einzelne Institut keine näheren Kenntnisse besitzt, getätigt werden164. Im Rahmen der von den Instituten zu schaffenden organisatorischen Vorkehrungen hält es die BaFin weiterhin für erforderlich, besondere Aufmerksamkeit auf Transaktionen mit Personen und Unternehmen aus so genannten nicht kooperierenden Ländern und Territorien (NCCT) zu richten165. NCCTs sind Staaten oder staatenähnliche Rechtsgebilde, die mit ihrer Gesetzgebung oder der praktischen Durchführung von Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen nicht die von der FATF festgelegten Mindeststandards erfüllen. Die gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG erforderlichen geschäfts- und kundenbezogenen Sicherungssysteme zur Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung haben dem Wortlaut des Gesetzes nach „angemessen“ zu sein. Als „angemessen“ sieht die BaFin hierbei solche Maßnahmen und Systeme an, die der jeweiligen Risikosituation des einzelnen Institutes entsprechen und diese hinreichend abdecken166. Zur Ermittlung der institutseigenen Risikostrukturen sollen die Institute nach Auffassung der BaFin eine Gefährdungsanalyse erstellen167. Konkrete Vorgaben hierzu wurden von der BaFin bislang nur für Kreditinstitute, nicht jedoch für Finanzdienstleistungsinstitute veröffentlicht. Gleichwohl dürfte aber mit der Ansicht der BaFin auch ohne entsprechende Risiko163 BAKred, Verlautbarung vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102), Rn. 43, abgedruckt in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, Anhang III. 2, S. 641 ff. 164 BAKred, Verlautbarung vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102), Rn. 45, abgedruckt in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, Anhang III. 2, S. 641 ff. 165 Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 14, Rn. 86. 166 Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 14, Rn. 87. 167 Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 14, Rn. 87.

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analyse davon auszugehen sein, dass zumindest Finanzdienstleistungsinstitute, die das Finanztransfergeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG betreiben, einem erhöhten Risiko unterliegen, für Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden. Im Bereich der geschäfts- und kundenbezogenen Sicherungssysteme wird regelmäßig zwischen dem so genannten Research und dem Monitoring unterschieden. Research beinhaltet dabei die ständige Durchführung von Untersuchungsmaßnahmen im Verdachtsvorfeld, worunter vor allem die Suche nach verdächtigen Transaktionen zu verstehen ist168. Das Monitoring schließt sich als Überwachung von bestimmten, durch Researchmaßnahmen auffällig gewordenen Geschäftsbeziehungen an die durchgeführten Researchmaßnahmen an169. Da der Einsatz softwarebasierter Research und Monitoring Systeme für kleinere Institute nicht selten eine unverhältnismäßig hohe Kostenbelastung bedeuten würde, hat die BaFin für kleinere Institute (regelmäßig unterhalb einer Bilanzsumme von 250 Mio. Euro) festgelegt, dass anstelle eines EDV-basierten Überwachungssystems auch eine manuelle Überwachung der Vorgänge durch die Institute erfolgen kann170. Der letzte Bereich der Kontrollen und Prüfungen unterteilt sich in die Teilbereiche Geldwäschebeauftragter und Innenrevision, über die alle Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute verfügen müssen. Die Innenrevision hat grundsätzlich die Einhaltung aller Pflichten aus dem Geldwäschegesetz sowie von § 154 Abs. 2 AO zu überprüfen, deren Adressat das Finanzdienstleistungsinstitut ist. Über die Prüfungen sind mindestens einmal im Jahr schriftliche Berichte zu erstellen und der Geschäftsleitung sowie dem Geldwäschebeauftragten des Instituts vorzulegen. Nach den Ausführungen der BaFin müssen die Berichte der Innenrevision u. a. Ausführungen über Art, Zahl und örtliches Vorkommen von Verdachtsanzeigen, die gem. § 11 GwG gegenüber den zuständigen Strafverfolgungsbehörden erstattet worden sind, enthalten171. Zu schildern sei außerdem auch, in welcher Art und Weise die Beschäftigten über die Verhinderung der Geldwäsche informiert worden sind und welche Schulungsmaßnahmen stattgefunden haben. Zweck der Berichte ist ebenfalls die Beurteilung, ob die zur Bekämpfung der Geldwäsche im Finanzdienstleistungsinstitut getroffenen Sicherungsmaßnahmen zweckmäßig und ausreichend sind und der Geldwäschebeauftragte den ihm zu168

Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 14, Rn. 103. Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 14, Rn. 108. 170 Langweg, in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, § 14, Rn. 106. 171 Zum Folgenden: BAKred, Verlautbarung vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102), Rn. 44, abgedruckt in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, Anhang III. 2, S. 641 ff. 169

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gewiesenen Aufgaben nachgekommen ist, wobei sich die Beurteilung auf eine den gesamten Pflichtenkatalog des Geldwäschegesetzes umfassende Prüfung zu stützen hat (beispielsweise durch Stichprobenprüfung). Die Berichte der Innenrevision sind sechs Jahre aufzubewahren. Gem. § 14 Abs. 2 Nr. 1 GwG hat grundsätzlich jedes Finanzdienstleistungsinstitut als Ansprechpartner für die Strafverfolgungsbehörden bei der Verfolgung der Geldwäsche nach § 261 StGB einen Geldwäschebeauftragten zu bestellen, der neben der laufenden Kontrolle der Einhaltung des Geldwäschegesetzes und der internen Grundsätze zur Verhinderung der Geldwäsche insbesondere folgende Aufgaben zu erfüllen hat: die Bearbeitung der internen Verdachtsmeldungen und Entscheidung über die Weiterleitung dieser Meldungen gemäß § 11 GwG an die zuständigen Ermittlungsbehörden, die Zuständigkeit für die Entwicklung, Aktualisierung und Durchführung interner Grundsätze, Verfahren und Kontrollen zur Verhinderung der Geldwäsche sowie die Schulung und zeitnahe Unterrichtung der Beschäftigten über Methoden der Geldwäsche und den Pflichtenkatalog des Geldwäschegesetzes. Die BaFin lässt bei kleineren Finanzdienstleistungsinstituten mit einer Betriebsgröße von in der Regel weniger als zehn Mitarbeitern allerdings eine Ausnahme von der Pflicht zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten zu, wenn sichergestellt ist, dass die Gefahr von Informationsverlusten und -defiziten aufgrund arbeitsteiliger Unternehmensstruktur, die der Gesetzgeber mit dem Erfordernis der Bestellung eines Geldwäschebeauftragten zu kompensieren sucht, nicht besteht172. Da diese Voraussetzungen bei den das Finanztransfergeschäft betreibenden Hawaladaren regelmäßig gegeben sein dürften, soll an dieser Stelle auf weitere Ausführungen zum Erfordernis der Bestellung eines Geldwäschebeauftragten verzichtet werden. Mit der Verpflichtung zur Entwicklung angemessener geschäfts- und kundenbezogener Sicherungssysteme und Kontrollen zur Verhinderung der Geldwäsche und der Finanzierung terroristischer Vereinigungen schließt sich der Kreislauf von GwG und KWG wieder, da insoweit auch § 25a KWG den Instituten im Rahmen einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation unter anderem angemessene interne Kontrollverfahren, die aus einem internen Kontrollsystem und einer internen Revision bestehen müssen, die vollständige Dokumentation der ausgeführten Geschäfte, die eine lückenlose Überwachung durch die Bundesanstalt für ihren Zuständigkeitsbereich gewährleistet sowie ein angemessenes, geschäfts- und kundenbezogenes Sicherungssystem gegen Geldwäsche und gegen betrügerische Handlungen zu Lasten des Instituts vorschreibt. 172 BAKred, Verlautbarung vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102), Rn. 35, abgedruckt in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, Anhang III. 2, S. 641 ff.

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IV. Ergänzende Vorschriften für Kreditinstitute, §§ 340 ff. HGB Die §§ 340 ff. HGB enthalten ergänzende Vorschriften für Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne des KWG zu Erstellung, Festsetzung und Einreichung von Jahresabschluss, Lagebericht und Zwischenabschluss sowie unter anderem zu Bewertungsvorschriften und zur Prüfung und Offenlegung von Jahresabschluss und Lagebericht. Ergänzend sind die in § 26 KWG geregelten aufsichtsrechtlichen Pflichten zur Aufstellung und Einreichung von Jahresabschluss und Lagebericht von den Instituten heranzuziehen. 1. Jahresabschluss und Lagebericht Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 KWG haben Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne des KWG in den ersten drei Monaten eines Geschäftsjahres einen Jahresabschluss für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen. Der aufgestellte sowie später der festgestellte Jahresabschluss sind zusammen mit einem Lagebericht der BaFin und der Deutschen Bundesbank jeweils unverzüglich einzureichen. Für die Erstellung von Jahresabschluss und Lagebericht finden §§ 340a Abs. 1, 340 Abs. 4 HGB Anwendung, die ergänzende Vorschriften für Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute enthalten. Unabhängig von Größe und Rechtsform eines Finanzdienstleistungsunternehmens im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG sind auf den Jahresabschluss damit nicht nur die Vorschriften von §§ 340 ff. HGB, sondern auch §§ 264 bis 289 HGB, die Vorschriften für Jahresabschluss und Lagebericht großer Kapitalgesellschaften anzuwenden, soweit §§ 340 ff. HGB bzw. die RechKredV im Einzelnen nichts anderes bestimmen173. Auf das Vorliegen der Kaufmannseigenschaft im Sinne von § 1 HGB, wonach Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt, wobei als Handelsgewerbe jeder Gewerbebetrieb anzusehen ist, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert, kommt es hiernach für die Anwendbarkeit der Vorschriften des HGB zu Jahresabschluss und Lagebericht nicht an. So kann ein „klassischer“ Hawaladar im Einzelfall ein so genannter Kleingewerbetreibender sein, auf den die Vorschriften des HGB mangels Kaufmannseigenschaft grundsätzlich keine Anwendung finden. Ist der Hawaladar aber Finanzdienstleister im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG, finden über § 26 KWG dennoch die Vorschriften zum Jahresabschluss für Kapitalgesellschaften des HGB Anwendung.

173

Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Braun, KWG, § 26, Rn. 8.

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So wurden mit dem Inkrafttreten der 6. KWG-Novelle am 1. Januar 1998 die ergänzenden Rechnungslegungsvorschriften für Kreditinstitute grundsätzlich auf Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG ausgedehnt, die durch § 340 Abs. 4 HGB den Kreditinstituten weitgehend gleichgestellt wurden174. Lediglich die Offenlegung nach § 340 l HGB wird auf Finanzdienstleistungsinstitute beschränkt, die Kapitalgesellschaften sind. Auch kann die in § 340c Abs. 1 vorgeschriebene Verrechnung von Erträgen und Aufwendungen von Finanzdienstleistungsinstituten nicht vorgenommen werden, da Finanzdienstleister einen wesentlichen Teil ihrer Erträge und Aufwendungen aus derartigen Geschäften erwirtschaften und die Darstellung als Saldoposten eine wesentlich verringerte Aussagekraft der Gewinn- und Verlustrechnung zur Folge hätte175. Des Weiteren können nach § 340k Abs. 4 HGB Finanzdienstleistungsinstitute, deren Bilanzsumme 150 Millionen Euro nicht übersteigt, die Jahresabschlussprüfung durch vereidigte Buchprüfer vornehmen lassen. Bis Ende des Jahres 1997 unterlagen Finanzdienstleistungsinstitute in Abhängigkeit von ihrer Größe und Rechtsform verschiedenen Rechnungslegungsvorschriften. Im Wesentlichen waren hier bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen das Handelsgesetzbuch (HGB), die Abgabenordnung (§ 141 AO), das Börsengesetz (§ 8b BörsG) und die Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehens- und Anlagevermittler, Bauträger und Baubetreuer (Makler- und Bauträgerverordnung – MaBV; § 10 in Verbindung mit § 34c Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 der Gewerbeordnung) als Rechtsgrundlagen für eine Rechnungslegungspflicht der Finanzdienstleistungsinstitute heranzuziehen. Unternehmen, die, wie die meisten Hawaladare ihre Geschäfte lediglich nebenberuflich betrieben und beispielsweise die Kaufmannseigenschaft des HGB nicht erfüllten, mussten lediglich im Rahmen der Einkommensteuererklärung die diesbezüglichen Einnahmen und Ausgaben angeben. Der Jahresabschluss besteht nach § 264 Abs. 1 HGB i.V. m. § 340a Abs. 1 HGB aus der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung und dem Anhang. Die Aufstellungsfrist für Jahresabschluss und Lagebericht beträgt wie auch in § 26 Abs. 1 KWG gemäß § 364 Abs. 1 HGB i.V. m. § 340a Abs. 1 HGB die ersten drei Monate des Geschäftsjahres für das vergangene Geschäftsjahr. Zur Aufstellung des Jahresabschlusses ist von Kreditinstituten wie Finanzdienstleistungsinstituten ergänzend die RechKredV176 heranzuziehen, die abweichende Vorschriften zu den einzelnen Posten von Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang enthält, § 330 Abs. 2 HGB. 174 Böcking/Oldenburger, in: Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Band 4, § 340, Rn. 5 f. 175 Vgl. Merkt, in: Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch Kommentar, § 340, Rn. 4. 176 Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute (RechKredV) vom 11. Dezember 1998 zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 22. Mai 2005 (BGBl. I S. 1373).

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Insbesondere sieht § 340a Abs. 2 HGB i.V. m. § 2 RechKredV eine Ersetzung der in den Regelungen der §§ 266, 275 HGB vorgesehenen Gliederungen von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung durch eigene Formblätter vor, die für alle Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute gelten177. Im Gegensatz zu den Gliederungen nach HGB sind bei der Gliederung nach der RechKredV unter anderem die Positionen auf der Aktivseite nach sinkendem Liquiditätsgrad angeordnet, während die Positionen auf der Passivseite nach abnehmender Dringlichkeit der Rückzahlung anzuordnen sind. Die Ersetzung durch bestimmte Formblätter dient nach den Ausführungen des BMJ einerseits der Sicherstellung einer effektiven Finanzaufsicht und andererseits der Erhaltung möglichst einheitlicher Aufsichtsstandards178. So erleichtere die Vorgabe einheitlicher Formblätter die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse und diene neben den handelsrechtlichen Rechnungslegungsnormen verschiedenen aufsichtsrechtlichen Vorschriften wie beispielsweise der risikobegrenzenden Regelungen als Basis. Neben dem Jahresabschluss ist von den Instituten gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 KWG zwingend ein Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses einzureichen. Der Prüfungsbericht muss zum einen Angaben über die Buchführung und den Jahresabschluss entsprechend den handelsrechtlichen Anforderung nach §§ 316 ff. HGB enthalten179. Zum anderen ist Gegenstand des Prüfungsberichtes vor allem die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen. Auch der Prüfungsbericht dient den Aufsichtsbehörden dazu, sich einen Einblick in die Lage des Unternehmens und die Beachtung gesetzlicher Bestimmungen durch das Unternehmen zu verschaffen. Der schließlich nach § 26 Abs. 1 Satz 1 KWG der BaFin sowie der Deutschen Bundesbank einzureichende Lagebericht soll entsprechend § 289 Abs. 1 Satz 1 HGB den Geschäftsverlauf einschließlich des Geschäftsergebnisses und die Lage des Unternehmens so darstellen, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird. Neben einer umfassenden Analyse des Geschäftsverlaufs und der voraussichtlichen weiteren Entwicklung des Unternehmens soll der Lagebericht gemäß § 289 Abs. 2 HGB unter anderem ebenfalls auf die Risikomanagementziele und -methoden der Gesellschaft einschließlich ihrer Methoden zur Absicherung aller wichtigen Arten von Transaktionen, die im Rahmen der Bilanzierung von Sicherungsgeschäften erfasst werden, eingehen.

177

Zum Folgenden: Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Braun, KWG, § 26, Rn. 32 f. Zum Folgenden: BMJ, Erläuterungen zur zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute, Abschnitt II, Unterabschnitt 2. 179 Zum Folgenden: Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Braun, KWG, § 26, Rn. 3 f. 178

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Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses sind zudem bestimmte allgemeine Rechnungslegungsgrundsätze zu beachten, auf die im folgenden Teil näher eingegangen wird. 2. Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) Unter den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) versteht man eine Fülle von Leitsätzen und Ordnungsprinzipien, die sich einerseits auf die technischen Regeln der Buchführung beziehen und andererseits auf inhaltliche Regelungen, die bestimmen, in welchem Sinne die Lage des Vermögens zu verstehen und dokumentieren ist180. Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung sind teilweise aus der Praxis heraus entstanden oder haben ihre Quellen in der Rechtsprechung und in Empfehlungen von Wirtschaftsverbänden. Zahlreiche GoB finden sich in handels- und steuerrechtlichen Vorschriften. Die formalen und materiellen Grundsätze der GoB, deren Ziel es ist, eine zweckmäßige Gestaltung des Rechnungswesens und der Rechnungslegung sicherzustellen, bilden den Ordnungsrahmen für die laufende Buchführung. So ist gemäß § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ersichtlich zu machen. Unmittelbar adressiert § 238 HGB damit „jeden Kaufmann“ als nach den GoB zur Buchführung Verpflichteten. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist auch hier, wie bereits bei den Vorschriften zu Jahresabschluss und Lagebericht das Vorliegen der Kaufmannseigenschaft im Sinne von § 1 HGB Voraussetzung für die Anwendbarkeit. Gerade diese Kaufmannseigenschaft dürfte aber bei manchen Finanzdienstleistungsunternehmen im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG, und bei den meisten Hawaladaren in der Regel nicht gegeben sein, wenn das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert. Auf die GoB wird allerdings an zahlreichen Stellen im HGB verwiesen, so unter anderem auch in § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB, wonach der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln hat. Da unabhängig von Größe und Rechtsform der Finanzdienstleistungsunternehmen im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG auf den Jahresabschluss nicht nur die Vorschriften von §§ 340 ff. HGB, sondern auch die §§ 264 bis 289 HGB, die Vorschriften für Jahresabschluss und Lagebericht großer Kapitalgesellschaften anzuwenden

180 Ballwieser, in: Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Band 4, § 238, Rn. 19.

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sind, soweit §§ 340 ff. HGB bzw. die RechKredV im Einzelnen nichts anderes bestimmen181, ergibt sich hieraus innerhalb der Grenzen von §§ 340 ff. HGB und den Bestimmungen der RechKredV mittelbar die Verpflichtung für die Finanzdienstleistungsunternehmen, unabhängig vom Vorliegen der Kaufmannseigenschaft die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung zu beachten. Die wichtigsten Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung lauten182: • Der Grundsatz der formellen Richtigkeit besagt, dass Buchungen nicht in einer Weise verändert werden dürfen, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Hieraus folgt, dass keine Radierungen, Rasuren, Überklebungen oder Löschungen erlaubt sind. • Nach dem Grundsatz der Zeitfolge sollen Buchungen zeitnah und geordnet, d.h. in der Folge ihres zeitlichen Anfalls vorgenommen werden, §§ 146 Abs. 1 AO, 239 Abs. 2 HGB. • Aus §§ 146 Abs. 1 AO, 239 Abs. 2 HGB folgen ebenfalls die Grundsätze der Vollständigkeit und der materiellen Richtigkeit, wonach die Buchungen und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen vollständig, lückenlos und ihrem tatsächlichen Inhalt gemäß vorzunehmen sind. • Grundsätzlich gilt nach dem Grundsatz der Klarheit und Nachprüfbarkeit die Buchführung als ordnungsgemäß, wenn sie so beschaffen ist, dass sie einem sachverständigen Dritten, beispielsweise einem Steuerberater oder Betriebsprüfer in angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens vermitteln kann, § 238 HGB, § 145 AO, wobei sich die Geschäftsvorfälle in Ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen müssen. Hieraus folgt insbesondere das Belegprinzip, wonach keine Buchung ohne Beleg durchgeführt werden darf 183. Als sachverständiger Dritter in diesem Sinne dürfte nach Ansicht der Verfasserin im Rahmen der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Finanzdienstleistungsaufsicht insbesondere auch die BaFin anzusehen sein, müssen Finanzdienstleistungsinstitute doch bereits gemäß § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 KWG dafür Sorge tragen, dass die Aufzeichnungen über die ausgeführten Geschäfte eine lückenlose Überwachung durch die BaFin für ihren Zuständigkeitsbereich gewährleisten. Die handelsrechtlichen Buchführungsvorschriften bleiben hiervon unberührt. Die BaFin bzw. der Jahresabschlußprüfer bzw. ein Sonderprüfer müssen nach eigenen Angaben in die Lage versetzt 181

Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Braun, KWG, § 26, Rn. 8. Zum Folgenden: Bornhofen/Busch, Buchführung 1, S. 129 f.; Ballwieser, in: Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Band 4, § 239, Rn. 2 ff. 183 Ballwieser, in: Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Band 4, § 238, Rn. 39. 182

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werden, sämtliche Transaktionen in angemessener Zeit nachzuvollziehen, um eine effektive Aufsicht über die Unternehmen zu gewährleisten184. • Gemäß § 239 Abs. 1 Satz 2 HGB ist für den Fall, dass Abkürzungen, Ziffern, Buchstaben oder Symbole verwendet werden, deren Bedeutung eindeutig festzulegen. • Buchungsbelege, Inventar, Jahresabschluss und Bilanz sind gemäß § 257 Abs. 1 und 4 HGB derzeit für einen Zeitraum von zehn Jahren aufzubewahren, wobei gemäß § 257 Abs. 5 HGB die Aufbewahrungsfrist mit dem Schluss des Kalenderjahrs beginnt, in dem die letzte Eintragung in das Handelsbuch gemacht, das Inventar aufgestellt, die Eröffnungsbilanz oder der Jahresabschluss festgestellt wurde, oder der Buchungsbeleg entstanden ist. Des Weiteren relevant sind die ebenfalls im HGB zum Aufstellen der Bilanz kodifizierten Grundsätze der Bilanzwahrheit, §§ 246 Abs. 1, 239 Abs. 2 HGB und der Bilanzklarheit, §§ 243 Abs. 2, 238 Abs. 1 Satz 2 HGB, die sich teilweise bereits aus den zuvor dargestellten Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ergeben185. So hat nach § 246 Abs. 1 HGB der Jahresabschluss unter anderem sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Erträge zu enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Ferner muss der Jahresabschluss gemäß § 243 Abs. 2 HGB klar und übersichtlich sein. Ein weiterer im HGB kodifizierter Grundsatz ist der Grundsatz der Bilanzkontinuität gemäß §§ 252 I Nr. 1, 265 I, 252 I Nr. 6 HGB. Hiernach müssen insbesondere die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahrs mit denen der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahrs übereinstimmen. Weitere in den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen von § 252 HGB enthaltene Prinzipien sind der Grundsatz der Unternehmensfortführung (Going concern-Prinzip) gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB, der Grundsatz der Vorsicht (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) sowie das Prinzip der Einzelbewertung und Stichtagsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Das True and fair view-Prinzip (§ 264 Abs. 2 HGB) schließlich rundet die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung zum Aufstellen von Bilanz und Jahresabschluss ab: So hat der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln. Verstöße gegen die Buchführungspflicht und das ordnungsgemäße Aufstellen der Bilanz können unter Umständen auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. So sieht § 283b StGB eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder 184 BaFin, Schreiben vom 01.08.2006 zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG). 185 Zu den Grundsätzen vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Braun, KWG, § 26, Rn. 31 ff.

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Geldstrafe für den Fall vor, dass jemand Handelsbücher, zu deren Führung man gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterlässt oder so führt oder verändert, dass die Übersicht über den Vermögensstand erschwert wird. Gleiches gilt für den Fall, dass Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung man nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt werden und dadurch die Übersicht über den Vermögensstand erschwert wird. Auch wer entgegen dem Handelsrecht Bilanzen so aufstellt, dass die Übersicht über den Vermögensstand erschwert wird, oder das Unterlassen, die Bilanz des Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, wird nach § 283b StGB geahndet. Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung bilden damit einen weiteren Grundstein für eine effektive Aufsicht nicht nur über das Finanztransfergeschäft, stehen jedoch wie auch die meisten anderen bislang dargestellten gesetzlichen und überindividuellen Verhaltensnormen in krassem Gegensatz zur der Art und Weise, in der Hawaladare ihre Tätigkeit im Hawala-Finanzsystem ausüben. Diesbezüglich sei nochmals auf den Mangel an Aufzeichnungen im Hawala-Finanzsystem, aber auch auf verschlüsselte Aufzeichnungen und die Vermischung der Transaktionen mit anderen Geschäften hingewiesen, die weder mit den GoB noch mit den anderen rechtlichen Grundlagen für die Tätigkeit als Finanzdienstleister im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG vereinbar sind.

V. Steuerrechtliche Vorschriften Auch die Vorschriften des Steuerrechts einschließlich des Steuerstrafrechts geben den Finanzdienstleistern als Steuerpflichtigen einen gesetzlichen Rahmen vor, innerhalb dessen sie sich bewegen dürfen. Insoweit definiert § 33 Abs. 1 AO die Person des Steuerpflichtigen als denjenigen, der eine Steuer schuldet, für eine Steuer haftet, eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat, wer eine Steuererklärung abzugeben, Sicherheit zu leisten, Bücher und Aufzeichnungen zu führen oder andere ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat. Als besonders relevant sollen an dieser Stelle die Vorschriften des § 140 f. AO zu den Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten der Steuerpflichtigen, des § 31b AO zu Mitteilungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und schließlich des § 154 AO zur Kontenwahrheit näher betrachtet werden. Auf die Strafvorschriften der § 370 und § 370a AO zur (gewerbsmäßigen) Steuerhinterziehung wird hiermit hingewiesen186. Auf eine eingehende Betrachtung der einzel186 So sieht beispielsweise § 370 Abs. 1 AO eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe für denjenigen vor, der den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

nen Vorschriften des Steuerstrafrechts soll an dieser Stelle jedoch verzichtet werden187. 1. Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach §§ 140, 141 AO Das Steuerrecht unterscheidet bei den Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten zwischen der so genannten originären Buchführungspflicht und der derivativen Buchführungspflicht. Die derivative oder abgeleitete Buchführungspflicht ist in § 140 AO geregelt und verpflichtet denjenigen, der bereits nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung relevant sind, diese Buchführungspflicht auch für die Besteuerung zu erfüllen. Als Aufzeichnungen im Sinne von §§ 140, 141 AO gelten alle Buchungen innerhalb einer kaufmännischen Buchführung sowie Ausgabenaufzeichnungen i. S. d. § 4 Abs. 3 EStG188, zusammengefasst das dokumentarische Festhalten aller maßgeblichen Geschäftsvorfälle189. Wer beispielsweise Kaufmann gem. § 1 Abs. 1 HGB und daher gem. § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB zur handelsrechtlichen Buchführung verpflichtet ist, ist dies über die derivative steuerliche Buchführungspflicht gem. § 140 AO auch für steuerliche Zwecke und bilanziert damit gem. § 5 EStG. Im Prinzip werden damit insbesondere die handelsrechtlichen Regelungen zur Buchführung, aber auch Regelungen zur Buchführung nach anderen Gesetzen auf das Steuerrecht übertragen und zu steuerlichen Pflichten transformiert.

macht, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt, oder pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt, und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. 187 Mangels Relevanz für Finanzdienstleistungsinstitute (vgl. hierzu die Ausführungen oben unter Teil 3, C. II. 1.) soll an dieser Stelle ebenfalls auf eine isolierte Untersuchung speziell des § 93 Abs. 7, 8 AO verzichtet werden. Gemäß § 93 Abs. 1 AO haben die Beteiligten und andere Personen der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Abs. 3 sieht insoweit vor, dass die Auskünfte wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen sind, wobei Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die ihnen zur Verfügung stehen, einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen haben. Besonders weitgehend sind die in § 93 Abs. 7, 8 AO seit dem 01.04.2005 neu eingefügten Regelungen, wonach den Finanzbehörden unter anderem im Einzelfall die Möglichkeit eingeräumt wird, über das Bundesamt für Finanzen auf Daten zuzugreifen, die Kreditinstitute bereits heute für Zwecke der Kapitalmarktaufsicht und der Bekämpfung der Geldwäsche und anderer Delikte nach § 24c KWG vorhalten. 188 Vgl. BFH v. 28.05.1968, IV R 150/67, BStBl. II 1968, 648. 189 Zum Folgenden: Kuhfus, in: Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 140, Rn. 2 ff.

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Neben dieser derivativen Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht regelt § 141 AO die eigenständige Buchführungspflicht, wonach Gewerbetreibende und Land- und Forstwirte unter anderem auch dann buchführungspflichtig sind, wenn sie Umsätze von mehr als 500.000 Euro im Kalenderjahr (§ 141 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder Gewinne aus Gewerbebetrieb von mehr als 30.000 Euro im Wirtschaftsjahr (§ 141 Abs. 1 Nr. 4 AO) erwirtschaften. Betroffen von der originären Buchführungspflicht nach § 141 AO sind damit vor allem handelsrechtliche Nichtkaufleute aus den Bereichen Kleingewerbe und Land- und Forstwirtschaft, da selbständig Tätige bereits gemäß § 18 EStG von der steuerlichen Buchführungspflicht ausgenommen sind. Für Nichtkaufleute, die sich unterhalb der in § 141 AO definierten Grenzen bewegen, besteht damit im Umkehrschluss keine Verpflichtung zur steuerrechtlichen Buchführung. Ergänzend sei diesbezüglich allerdings auf die Mitwirkungspflicht der Beteiligten nach § 90 AO hingewiesen. Hiernach müssen Aufzeichnungen über so genannte Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben geführt werden (Gewinnnachweis). Unterlässt der Steuerpflichtige dies, oder werden die Aufzeichnungen nur unzureichend geführt, kann die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlage nach § 162 AO schätzen. Diese Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen nach § 90 AO bildet im Übrigen die Grundlage der steuerrechtlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach §§ 140, 141 AO. Denn im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen an der Sachverhaltsermittlung sind Beweismittel im Sinne von § 92 AO anzugeben. Diese können insbesondere Auskünfte von den Beteiligten und anderen Personen (§ 92 Nr. 1 AO), die Hinzuziehung von Sachverständigen (§ 92 Nr. 2 AO), die Beiziehung von Urkunden und Akten (§ 92 Nr. 3 AO) und die Augenscheinseinnahme (§ 92 Nr. 4 AO) sein. Das Führen der in § 140 AO genannten Bücher und Aufzeichnungen stellt sich folglich als Konkretisierung der Mitwirkungspflicht aus § 90 Abs. 1 AO dar. Entsprechen die geführten Bücher und Aufzeichnungen den Vorschriften der §§ 140 ff. AO, haben sie für die Steuerfestsetzung Beweiskraft190. Anderenfalls greift ggf. wiederum die Schätzungsbefugnis der Finanzbehörden nach § 162 AO. Als Spezialvorschrift kodifiziert § 141 AO originäre steuerrechtliche Buchführungsvorschriften und betrifft einen Personenkreis, der nicht durch § 140 AO erfasst wird. Da sich für den vorliegend relevanten Geschäftszweig des Finanztransfergeschäfts die steuerrechtliche Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht jedoch bereits aus § 140 AO ergibt, soll im Folgenden nicht dezidiert auf die in § 141 AO getroffenen Regelungen eingegangen werden: Zum einen ist nach § 238 HGB jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach 190 Vgl. insoweit den Wortlaut von §§ 97 ff. AO zum Beweis durch Urkunden und Augenschein.

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den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) ersichtlich zu machen. Die handelsrechtliche Buchführungspflicht ergibt sich somit für jede Handelsgesellschaft und für jeden Gewerbetreibenden, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert, § 1 Abs. 2 HGB. Wichtige Vorschriften, aus denen sich die handelsrechtliche Buchführungspflicht ergibt, sind beispielsweise §§ 238– 245, 257–263 HGB; für die Aktiengesellschaft ergibt sich diese Pflicht aus § 91 AktG, für die GmbH aus § 41 GmbHG191. § 140 AO führt nicht nur auf Grund der Buchführungspflicht nach dem Handelsrecht zu steuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungsverpflichtungen, sondern auch auf Grund von Buchführungs- und insbesondere Aufzeichnungsvorschriften bestimmter Branchen und Geschäftszweige192. Für Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG ergibt sich die Verpflichtung zur derivativen Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht unter anderem aus § 25a KWG. So muss ein Institut (Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute) nach § 25a Abs. 1 Satz 1 KWG über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen, die die Einhaltung der von den Instituten zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen gewährleistet. Gemäß § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 KWG umfasst eine solche Geschäftsorganisation insbesondere eine vollständige Dokumentation der ausgeführten Geschäfte, die eine lückenlose Überwachung durch die Bundesanstalt für ihren Zuständigkeitsbereich gewährleistet. Selbst wenn daher bei einem Steuerpflichtigen– was bei Hawaladaren regelmäßig der Fall sein dürfte – die Kaufmannseigenschaft im Sinne von § 1 HGB nicht vorliegen sollte, ergibt sich die steuerliche Buchführungs- bzw. Aufzeichnungspflicht für Finanzdienstleistungsinstitute damit jedenfalls aus der Spezialvorschrift des § 25a KWG. Zu den außersteuerlichen Buchführungsvorschriften für Finanzdienstleistungsinstitute, die durch die Bestimmung des § 140 AO zu einer steuerlichen Pflicht werden, zählt des Weiteren § 26 KWG, wonach die Institute in den ersten drei Monaten eines Geschäftsjahres einen Jahresabschluss für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen haben193. Da unabhängig von Größe und Rechtsform eines Finanzdienstleistungsunternehmens im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG auf den Jahresabschluss nicht nur die Vorschriften von §§ 340 ff. HGB, sondern auch §§ 264 bis 289 HGB, die Vorschriften für Jahresabschluss und Lagebericht großer Kapitalgesellschaften anzuwenden sind, soweit §§ 340 ff. HGB bzw. die RechKredV im Einzelnen nichts anderes bestimmen194, werden über § 140 AO 191

Brockmeyer, in: Klein, Abgabenordnung, § 140, Rn. 4. Vgl. zu den verschiedenen Vorschriften: Brockmeyer, in: Klein, Abgabenordnung, § 140, Rn. 4 f. 193 Brockmeyer, in: Klein, Abgabenordnung, § 140, Rn. 4. 194 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Braun, KWG, § 26, Rn. 8. 192

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auch die sich aus diesen Vorschriften ergebenden Verpflichtungen zu einer steuerlichen Pflicht. 2. Mitteilungen zur Bekämpfung der Geldwäsche, § 31b AO § 31b AO verpflichtet die Finanzbehörden zur Anzeige von Geldwäscheverdachtsfällen. Nach der Konkretisierung durch das Bundesministerium der Finanzen haben die Finanzbehörden den Strafverfolgungsbehörden eine Verdachtsanzeige zu erstatten, wenn objektiv erkennbare Anhaltspunkte vorliegen, die auf eine Geldwäschetat schließen lassen und ein krimineller Hintergrund nicht ausgeschlossen werden kann195. Anzuzeigen sind nach dem Schreiben des BMF „alle Tatsachen, die darauf schließen lassen, dass eine bare oder unbare Finanztransaktion einer Geldwäsche dient oder im Falle ihrer Durchführung dienen würde“ 196. § 31b AO sieht eine Handlungspflicht nur für die Finanzbehörden vor, nicht jedoch für den Steuerpflichtigen. Als rechtliche Rahmenbedingung für geschäftliche Handlungen des Steuerpflichtigen erlangt § 31b AO mittelbar aber dennoch Relevanz, wenn es um die Grenzen der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen geht, zumal die Offenbarung der Verhältnisse nach § 31b AO auch dann zulässig sein soll, wenn die Voraussetzungen nach § 30 Abs. 4 Nr. 4 AO197 nicht vorliegen198. Einerseits hat der Steuerpflichtige in Erfüllung steuerlicher Pflichten gegenüber den Finanzbehörden Vorgänge zu erklären, die steuerlich relevant sind und Bezüge zu Geldwäschehandlungen aufweisen199. Andererseits gilt der „nemo-tenetur“ Grundsatz, wonach niemand verpflichtet ist, sich selbst wegen einer Straftat zu bezichtigen. Nimmt beispielsweise der Strafvertei-

195 BMF-Schreiben vom 10. Januar 2003 – IV A 4 – S 0062 – 17/02 – Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO), BStBl. I, 2003, S. 17, Nr. 6 zu § 31b AO. 196 BMF-Schreiben vom 10. Januar 2003 – IV A 4 – S 0062 – 17/02 – Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO), BStBl. I, 2003, S. 17, Nr. 6 zu § 31b AO. 197 Nach § 30 Abs. 4 Nr. 4 AO ist eine Offenbarung zulässig, soweit sie der Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer Tat dient, die keine Steuerstraftat ist, und die Kenntnisse entweder ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung oder unter Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht oder in einem Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit erlangt worden sind; letzteres gilt jedoch nicht für Tatsachen, die der Steuerpflichtige in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens offenbart hat oder die bereits vor Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens im Besteuerungsverfahren bekannt geworden sind. 198 Blesinger, in: Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 31b, Rn. 2. 199 Zum Folgenden: Blesinger, in: Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 31b, Rn. 5.

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diger ein Honorar entgegen, von dem er weiß, dass es aus einer Katalogtat im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB herrührt, kann dieser sich wegen Geldwäsche strafbar machen, wenn er im Zeitpunkt der Annahme des Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft hat200. Auch diese Gelder müsste der Steuerpflichtige allerdings ordnungsgemäß versteuern201. So ist es nach § 40 AO für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Diese Problematik stellt sich freilich nicht nur beim Strafverteidigerhonorar, sondern lässt sich auch auf andere Handlungen im geschäftlichen Verkehr übertragen, die entsprechende Bezüge zu § 31b AO aufweisen. Könnte der Beschuldigte außerhalb des Strafverfahrens zur Selbstbelastung gezwungen werden und würden die Erkenntnisse aus der Selbstbelastung im Rahmen des Strafverfahrens gegen den Beschuldigten verwendet werden, würde das strafrechtliche Schweigerecht des Beschuldigten im Ergebnis umgangen werden202. Nach § 393 Abs. 2 AO dürfen Umstände nicht für Zwecke eines nichtsteuerlichen Strafverfahrens verwendet werden, die der Steuerpflichtige der Finanzbehörde vor Einleitung des Strafverfahrens oder in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens in Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten offenbart hat. Es stellt sich die Frage, ob die Finanzbehörden den Strafverfolgungsbehörden Erkenntnisse für Zwecke eines nichtsteuerlichen Strafverfahrens mitteilen dürfen, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 30 Abs. 4 Nr. 4 AO durch Angaben des Steuerpflichtigen, die dieser in Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten getätigt hat, festgestellt wurden. Im Ergebnis dürfte dies zu verneinen sein203. 3. Grundsatz der Kontenwahrheit, § 154 AO § 154 Abs. 1 AO richtet sich zunächst an denjenigen, der zu einem anderen in laufende Geschäftsbeziehung tritt und ein Konto errichtet. Hiernach darf niemand auf einen falschen oder erdichteten Namen für sich oder einen Dritten ein Konto errichten oder Buchungen vornehmen lassen, Wertsachen in Verwahrung geben oder verpfänden oder sich ein Schließfach geben lassen. Da entgegen dem Wortlaut von § 154 Abs. 1 AO der Begriff „Konto“ weit auszulegen ist und nicht nur Bankkonten im klassischen Sinne betrifft, sondern 200

Vgl. BGH, Urteil vom 04.07.2001, 2 StR 513/00. Zum Folgenden: Blesinger, in: Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 31b, Rn. 5. 202 Vgl. BVerfG vom 13.01.1981, Az: 1 BvR 116/77; auch: BVerfGE 56, 37, 51. 203 Vgl. hierzu die Ausführungen von Blesinger, in: Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 31b, Rn. 5. 201

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ebenfalls im gewöhnlichen Geschäftsverkehr und unter Privatpersonen gilt204, werden von dem Verbot des § 154 Abs. 1 AO grundsätzlich auch die Kunden von im Finanztransfergeschäft tätigen Dienstleistern – und folglich auch von Hawaladaren, die Geldtransfers anbieten – erfasst. Tritt jemand zu einem anderen in laufende Geschäftsbeziehungen und hält den jeweiligen Stand buch- und rechnungsmäßig fest, stellt § 154 Abs. 1 AO insoweit klar, dass dies nicht unter falschem oder erdichtetem Namen geschehen darf. Es ist streitig, ob sich das Verbot, unter falschem oder erdichtetem Namen zu handeln, über den Wortlaut von § 154 Abs. 1 AO hinaus nicht nur an den Kunden, sondern auch an den jeweiligen Kontoführer richtet205. Im Ergebnis spricht vor allem der Umstand, dass nicht dem Kunden eine Handlung verboten sein kann, während dem Kontoführer die korrespondierende Handlung erlaubt ist, dafür, dass auch die Kontoführer Normadressaten von § 154 Abs. 1 AO sind206. Erkennt der Kontoführer das Handeln des Kunden unter falschem oder erdichtetem Namen oder hätte er dies erkennen können, verletzt er das Verbot des § 154 Abs. 1 AO. Besondere Prüfungspflichten enthält Abs. 1 hingegen nicht. Die vorsätzliche oder leichtfertige Verletzung des Grundsatzes der Kontenwahrheit nach § 154 Abs. 1 AO stellt gemäß § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO eine Ordnungswidrigkeit dar. Für den – praktisch wohl selten anzunehmenden – Fall, dass ein Kunde regelmäßig Geldtransfers über einen Hawaladar vornehmen lässt und dieser den jeweiligen Auftragsstand in seinen Büchern festhält, weil beispielsweise mehrere (telefonisch aufgegebene) Aufträge des Kunden durch diesen erst zu einem späteren Zeitpunkt mit einer Sammelzahlung ausgeglichen werden sollen, erlangt § 154 Abs. 1 AO dergestalt Relevanz, dass nicht nur die Einrichtung eines „Kontos“ unter falschem Namen verboten ist, sondern auch das Vornehmen lassen von Buchungsvorgängen auf Konten. Hierunter fallen sowohl Einzahlungen oder Überweisungen unter fremdem Namen als auch die Angabe von falschen oder erdichteten Namen über die Empfänger bei Abflüssen vom Kundenkonto207. An dieser Stelle sei des Weiteren auf das Verbot, im eigenen Geschäftsbetrieb falsche oder erdichtete Namen für Konten zu gebrauchen, hingewiesen. So sieht § 146 Abs. 1 AO im Hinblick auf Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen vor, dass Buchungen und sonst erforderliche Aufzeichnungen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen sind und Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festgehalten werden sollen.

204

BMF Schreiben vom 15.07.1998, BStBl. I, 1998, S. 630. Vgl. zu dem Streit ausführlich: Brockmeyer, in: Klein, Abgabenordnung, § 154, Rn. 3; Kuhfus, in: Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 154, Rn. 2. 206 Zum Folgenden: Brockmeyer, in: Klein, Abgabenordnung, § 154, Rn. 3. 207 Brockmeyer, in: Klein, Abgabenordnung, § 154, Rn. 2. 205

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Adressat von § 154 Abs. 2 AO ist der Kontoführer. Hiernach hat, wer ein Konto führt, Wertsachen verwahrt oder als Pfand nimmt oder ein Schließfach überlässt, sich zuvor Gewissheit über die Person und Anschrift des Verfügungsberechtigten zu verschaffen und die entsprechenden Angaben in geeigneter Form, bei Konten auf dem Konto, festzuhalten. Wie schon in § 154 Abs. 1 AO sind von dieser Regelung nicht nur Kreditinstitute betroffen. § 154 Abs. 2 AO begründet Pflichten im geschäftlichen Verkehr auch für Nichtbanken sowie für Privatpersonen untereinander, soweit diese in laufende Geschäftsbeziehungen zueinander treten und den jeweiligen Stand buch- und rechnungsmäßig festhalten208. Die Legitimationspflicht des § 154 Abs. 2 AO umfasst den Kontoinhaber und ggf. die Verfügungsberechtigten209, wobei die Legitimation vor allem durch die Vorlage amtlicher Ausweispapiere zu erfolgen hat. In der Regel sind wenigstens der vollständige Name, das Geburtsdatum und der Wohnsitz des Verfügungsberechtigten festzuhalten. Welche Daten weiterhin festzuhalten sind und in welcher Form dies zu geschehen hat, wird im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 154, Nr. 4 konkretisiert. Ein Verstoß gegen § 154 Abs. 2 AO stellt für sich genommen noch keine Ordnungswidrigkeit dar, kann aber als Indiz für eine Zuwiderhandlung gegen § 154 Abs. 1 gewertet werden, die gemäß § 379 Abs. 2 Nr. 2 AO eine Ordnungswidrigkeit darstellt210.

VI. Vorschriften des Außenwirtschaftsrechts Bei der Abwicklung grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs oder Finanztransfergeschäfts stellt sich für die Institute grundsätzlich die Frage, ob derartige Geschäfte genehmigungsfrei oder genehmigungspflichtig sind bzw. ob die Geschäfte bestimmten Meldevorschriften unterliegen. Das deutsche Außenwirtschaftsgesetz (AWG)211 bildet in Ergänzung mit der Außenwirtschaftsverordnung (AWV)212 die Rechtsgrundlage für die Abwicklung von grenzüberschreitenden Export-, Import- und Dienstleistungsgeschäften. Es gilt gemäß § 1 Abs. 1 AWG der Grundsatz, dass der Waren-, Dienstleistungs-, Kapital-, Zahlungs- und sonstige Wirtschaftsverkehr mit fremden Wirt208 BMF Schreiben vom 15.07.1998, BStBl. I, 1998, S. 630; von Wedelstädt, in: Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 154, Rn. 5. 209 Als Verfügungsberechtigte gelten nach h. M. der Kontoinhaber, der gesetzliche Vertreter und jede zur Verfügung berechtigte Person. Vgl. m.w. N. von Wedelstädt, in: Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 154, Rn. 5. 210 Brockmeyer, in: Klein, Abgabenordnung, § 154, Rn. 10. 211 Außenwirtschaftsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 2006 (BGBl. I S. 1386), geändert durch die Verordnung vom 18. Dezember 2006 (BAnz. 2006 Nr. 245 S. 7462). 212 Verordnung zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes (Außenwirtschaftsverordnung – AWV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. November 1993 (BGBl. I S. 1934, 2493), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 10. Juli 2006.

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schaftsgebieten sowie der Verkehr mit Auslandswerten und Gold zwischen Gebietsansässigen (Außenwirtschaftsverkehr) frei ist. Er unterliegt jedoch den Beschränkungen, die entweder das Außenwirtschaftsgesetz enthält oder die durch Rechtsverordnung auf Grundlage des AWG vorgeschrieben werden.

1. Meldevorschriften gemäß § 26 AWG i.V. m. §§ 59 ff. AWV Die Rechtsgrundlage für Meldungen im Außenwirtschaftsverkehr bildet § 26 Abs. 2 Außenwirtschaftsgesetz (AWG), wonach durch Rechtsverordnung angeordnet werden kann, dass Rechtsgeschäfte und Handlungen im Außenwirtschaftsverkehr, insbesondere aus ihnen erwachsende Forderungen und Verbindlichkeiten sowie Vermögensanlagen und die Leistung oder Entgegennahme von Zahlungen unter Angabe des Rechtsgrundes an die Deutsche Bundesbank zu melden sind. Diese Meldepflicht dient der Feststellung, ob die Voraussetzungen für die Aufhebung, Erleichterung oder Anordnung von Beschränkungen vorliegen (§ 26 Abs. 2 Nr. 1 AWG), der Erstellung der Zahlungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland (§ 26 Abs. 2 Nr. 2 AWG), der Gewährleistung der Wahrnehmung außenwirtschaftspolitischer Interessen (§ 26 Abs. 2 Nr. 3 AWG) sowie der Erfüllung von Verpflichtungen aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen (§ 26 Abs. 2 Nr. 4 AWG). Auf § 26 Abs. 2 AWG aufbauend bilden vor allem die §§ 59 bis 64 der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) sowie sinngemäß das Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (BStatG), wonach die Befragten zur wahrheitsgemäßen, vollständigen und fristgerechten Beantwortung der Fragen verpflichtet sind, weitere Rechtsgrundlagen für die Meldevorschriften im Außenwirtschaftsverkehr. Die folgende Darstellung bezieht sich insbesondere auf diejenigen Meldevorschriften im Außenwirtschaftsrecht, die für die im Rahmen dieser Untersuchung näher zu betrachtenden Finanztransferdienstleister im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG relevant sind und ist daher nicht als umfassende Übersicht zu verstehen. Die Meldepflichten der §§ 5 6a ff. AWV betreffen grundsätzlich alle Gebietsansässigen im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 5 AWG, das heißt vor allem natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Wirtschaftsgebiet. Gemäß § 59 Abs. 1, 2 AWV haben Gebietsansässige eingehende und ausgehende Zahlungen von mehr als 12.500 Euro oder dem Gegenwert in anderer Währung, die sie entweder von Gebietsfremden oder für deren Rechnung von Gebietsansässigen entgegennehmen, oder an Gebietsfremde oder für deren Rechnung an Gebietsansässige leisten, zu melden. Der Begriff der Zahlung ist dabei im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen und umfasst jeden Transfer von Zahlungsmitteln zwischen zwei Personen, unabhängig davon, ob es sich um

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Bargeld oder Buchgeld handelt213. Neben Bar-, Scheck- und Wechselzahlungen sowie Überweisungen über Kreditinstitute kommen ebenfalls Aufrechnungen im Sinne von § 387 BGB und Verrechnungen (§ 355 HGB) in Betracht, die zur Erfüllung einer Geldforderung führen214. Ob bei den Transfers ein realer Geldfluss stattfindet oder nicht, ist daher für die Klassifizierung als Zahlung im Sinne des Außenwirtschaftsrechts unerheblich. Auch Geldübertragungen über das Hawala-Finanzsystem stellen Zahlungen nach §§ 56 ff. AWV dar und unterliegen der Meldepflicht, wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Die Meldung hat grundsätzlich auf den Vordrucken der Deutschen Bundesbank Z1215 „Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr“ (§ 60 Abs. 1 AWV), Z4216 „Zahlungen im Außenwirtschaftsverkehr“ (§ 60 Abs. 2 und 3 AWV) oder Z10217 „Wertpapiergeschäfte und Finanzderivate im Außenwirtschaftsverkehr“ (§ 60 Abs. 4 AWV) zu erfolgen und erfordert im Wesentlichen die Angabe des empfangenen oder gezahlten Betrages, Erläuterungen zu den Leistungspositionen, die Angabe des Schuldner- bzw. Gläubigerlandes sowie der wichtigsten Einzelheiten des Grundgeschäftes bzw. die Angabe des Zahlungszweckes218. Die Meldepflichten im Außenwirtschaftsverkehr gemäß § 59 ff. AWV betreffen grundsätzlich die Auftraggeber und Empfänger der jeweiligen Zahlungen, nicht jedoch die ausführenden Institute. Neben der Verpflichtung, Meldungen über ihre Eigengeschäfte im Außenwirtschaftsverkehr zu erstatten, haben Geldinstitute, soweit sie ausgehende Auslandszahlungen im Kundenauftrag leisten, gemäß § 63 Abs. 2 AWV ebenfalls die Verpflichtung, eine Ausfertigung des bei Ihnen einzureichenden Vordrucks Z1 „Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr“ an die Deutsche Bundesbank weiterzuleiten. Eingehende Auslandszahlungen sowie Zahlungen, die über andere Vordrucke an die Deutsche Bundesbank zu melden sind, haben die jeweiligen Auftraggeber bzw. Empfänger der Zahlungen hingegen selbstständig an die Deutsche Bundesbank zu melden. Der Begriff des Geldinstitutes ist weder im Außenwirtschaftsgesetz noch in der Außenwirtschaftsverordnung legaldefiniert. Grundsätzlich dürfte jedoch der Begriff des Geldinstitutes im Bereich des Außenwirtschaftsrechts dem Begriff des Kreditinstitutes im Sinne von § 1 Abs. 1 KWG entsprechen, wobei die Bausparkassen nicht dem Begriff des Geldinstitutes unterfallen219. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Finanztransferdienstleister im Sinne von § 1 Abs. 1a

213 214 215 216 217 218 219

John/Hohmann, Ausfuhrrecht, Kommentar, Teil 4, Rn. 3. Haug/Häge, in: Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts, § 15, Rn. 44. Beilage zum BAnz. 2005 Nr. 244a v. 24.12.2005, S. 8 bis 10. Beilage zum BAnz. 2005 Nr. 244a v. 24.12.2005, S. 11 und 12. Beilage zum BAnz. 2004 Nr. 119b v. 30.6.2004, S. 21 und 22. Haug/Häge, in: Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts, § 15, Rn. 49. Haug/Häge, in: Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts, § 12, Rn. 132.

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KWG, wozu regelmäßig auch Hawaladare zu zählen sein dürften, keine Geldinstitute nach dem Außenwirtschaftsrecht sind. Der Vordruck Z1 „Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr“ betrifft alle ausgehenden Zahlungen über gebietsansässige Geldinstitute mit Ausnahme des Transithandels, der mit Anlage Z4 zur AWV zu melden ist und der Wertpapiergeschäfte und Finanzderivate, die mit Anlage Z10 zur AWV gemeldet werden. Die Anlage Z4 zur AWV betrifft alle ein- und ausgehenden Zahlungen, die nicht mit dem Vordruck Z1 oder Z10 zu melden sind, einschließlich aller Zahlungen, die über Konten im Ausland abgewickelt werden sowie Auf- und Verrechnungen. Für Zahlungen, die über Finanztransferdienstleister abgewickelt werden, ist folglich ausschließlich der Vordruck Z4 der Deutschen Bundesbank zu verwenden. Die Verpflichtung nach § 63 Abs. 2 AWV, eine Ausfertigung des bei den Geldinstituten einzureichenden Vordrucks Z1 „Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr“ an die Deutsche Bundesbank weiterzuleiten, entfällt damit für die Institute. Neben den Zahlungs- oder Transaktionsmeldungen sieht die Außenwirtschaftsverordnung so genannte Bestandsmeldungen vor. Im Zahlungsverkehr haben diese gemäß § 62 AWV zu erfolgen. Hiernach haben gebietsansässige natürliche und juristische Personen ihre Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Gebietsfremden zu melden, wenn diese Forderungen oder Verbindlichkeiten bei Ablauf eines Monats zusammengerechnet jeweils mehr als 5 Mio. Euro betragen, § 62 Abs. 1 AWV. Monetäre Finanzinstitute (MFI) sind von dieser Verpflichtung ausgenommen. Gemäß Art. 2 Abs. 1 der EZB-VO 2001/13 sind monetäre Finanzinstitute gebietsansässige Kreditinstitute im Sinne des Gemeinschaftsrechts sowie andere gebietsansässige Finanzinstitute, die vom Publikum Einlagen oder den Einlagen nahestehende Substitute entgegennehmen, Kredite auf eigene Rechnung gewähren und/oder in Wertpapieren investieren. Monetäre Finanzinstitute im Sinne von § 62 AWV umfassen die Europäische Zentralbank, die nationalen Zentralbanken, gebietsansässige Kreditinstitute, rechtlich selbständige und unselbständige Bausparkassen, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, Geldmarktfonds sowie die inländischen Zweigstellen ausländischer Banken. Die Regelung des § 62 AWV betrifft damit ausschließlich Nichtbanken und damit im Ergebnis auch Hawaladare. Die Betragsgrenze von 5 Mio. Euro dürfte von Hawaladaren in der Regel zwar nicht erreicht werden. Gerade bei dem im Hawala-Finanzsystems verwendeten 2-Töpfe-System, bei dem nicht nach jeder Zahlung eine Verrechnung herbeigeführt, sondern darauf vertraut wird, dass sich eingehende und ausgehende Zahlungen im Laufe der Zeit ausgleichen, besteht jedoch zumindest theoretisch die Möglichkeit, dass sich Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber anderen Hawaladaren summieren, die 5 Mio. Grenze im Einzelfall überschritten wird und eine Meldepflicht nach § 62 Abs. 1 AWV entsteht.

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Hawaladare als Finanztransferdienstleister im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG sind damit weder Geldinstitute noch monetäre Finanzinstitute im Sinne des Außenwirtschaftsrechts. Zusammenfassend sind im Hinblick auf Eigengeschäfte der Institute insbesondere die allgemeinen Vorschriften der §§ 59 bis 66 AWV, einschließlich des für Nichtbanken geltenden § 62 AWV zu beachten. Nicht relevant hingegen sind die speziellen Meldevorschriften für gebietsansässige Geldinstitute nach § 69 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 AWV, die vor allem eingehende und ausgehende Zahlungen für die Veräußerung und den Erwerb von Wertpapieren und Finanzderivaten sowie Zins- und Dividendenzahlungen auf inländische Wertpapiere betreffen, aber an dieser Stelle mangels Anwendbarkeit auf das Finanztransfergeschäft nicht weiter betrachtet werden sollen. Nehmen Hawaladare Zahlungen im Kundenauftrag vor, obliegt den Kunden die Meldepflicht. Eine Weiterleitungspflicht besteht für die Institute nicht. Bei Unterlassen der vorgeschriebenen Meldungen kann der Meldepflichtige unter Androhung eines Zwangsgeldes aufgefordert werden, die Meldevordrucke ordnungsgemäß ausgefüllt abzugeben220. Die sofortige Vollziehung der Aufforderung zur Abgabe der Meldungen und der Zwangsgeldandrohung können gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet werden. Unterlässt der Meldepflichtige die Abgabe der Meldung weiterhin, erfolgt zunächst die Festsetzung des angedrohten Zwangsgeldes mittels Leistungsbescheides nach §§ 9, 11, 14 VwGO und, nach einer weiteren Mahnung, die Vollstreckung. Parallel besteht die Möglichkeit der Einleitung eines Ordnungswidrigkeiten-Verfahrens und der Verhängung eines Bußgeldes. 2. Verordnungen und Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften im Sinne von § 34 Abs. 4 AWG Grundlage für Beschränkungen des Kapital- und Zahlungsverkehrs in Deutschland sind Sanktionsmaßnahmen der Vereinten Nationen, der Europäischen Union beziehungsweise der Europäischen Gemeinschaft sowie der nationalen Behörden221. Mit dem Vertrag von Maastricht ist die Zuständigkeit zum Erlass von beschränkenden Maßnahmen in diesem Bereich von den einzelnen Mitgliedsstaaten auf die Europäische Union beziehungsweise die Europäische Gemeinschaft übergegangen. Innerhalb der EG sowie im Verhältnis der Gemeinschaft zu Drittstaaten gilt der Grundsatz der Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit. Ausnahmen hiervon sind im Wesentlichen auf den Bereich der Finanzsanktionen beschränkt. Sanktionsmaßnahmen, die auf Resolutionen des

220 Zum Folgenden: Haug/Häge, in: Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts, § 15, Rn. 27 ff. 221 Zum Folgenden: Deutsche Bundesbank, Allgemeine Informationen zu Finanzsanktionen im Außenwirtschaftsverkehr.

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Sicherheitsrats der Vereinten Nationen beruhen, haben keine unmittelbare Geltung in den einzelnen Mitgliedsstaaten, sondern bedürfen der vorherigen Umsetzung in den jeweiligen Rechtsordnungen. Die Umsetzung erfolgt in der Regel durch EG-Verordnungen222, die unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat gelten, auf der Grundlage von Artikel 301 EG und Artikel 60 Absatz 1 EG. Auch Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft werden in der Regel mittels EG-Verordnungen umgesetzt. Nur in Ausnahmefällen haben die Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, bei Vorliegen schwerwiegender politischer Umstände aus Gründen der Dringlichkeit einseitige Maßnahmen auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs zu treffen, solange der Rat keine Maßnahmen getroffen hat. Rechtsgrundlage hierfür ist Artikel 60 Absatz 2 EG. In der Bundesrepublik Deutschland können beschränkende Eilmaßnahmen vor allem auf der Grundlage von § 2 Abs. 2 AWG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 AWG sowie der allgemeinen Regelungen in §§ 5 bis 7 AWG223 erlassen werden224. Nach § 2 Abs. 2 AWG i.V. m. § 7 Abs. 1 AWG kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium der Finanzen die notwendigen Beschränkungen von Rechtsgeschäften oder Handlungen im Außenwirtschaftsverkehr anordnen, um die wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten, eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker zu verhüten oder zu verhüten, dass die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich gestört werden. Zuwiderhandlungen gegen Beschränkungen des Kapital- und Zahlungsverkehrs stellen – je nach Art des Embargos – eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat im Sinne von § 33 und § 34 AWG dar und können entsprechend geahndet werden. Als besonders relevant für den Bereich des Kapital- und Zahlungsverkehrs soll im Folgenden lediglich der Embargotatbestand des § 34 Abs. 4 AWG im Einzelnen betrachtet werden. So macht sich nach § 34 Abs. 4 AWG strafbar, 222 Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft sind Gesetzgebungsakte der Europäischen Gemeinschaft und werden nach Art. 249 des EG-Vertrages erlassen. EG-Verordnungen binden ihre Adressaten unmittelbar und sind bindendes Recht in allen EG-Mitgliedsstaaten. Im Gegensatz hierzu sind EG-Richtlinien Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft, die an die Mitgliedsstaaten gerichtet sind und diese zur Verwirklichung eines bestimmten Ziels verpflichten. Richtlinien haben keine unmittelbare Geltung in den Mitgliedsstaaten, sondern setzen regelmäßig eine Frist, innerhalb derer sie in innerstaatliches Recht umgesetzt werden müssen. 223 Vgl. zu den Beschränkungsmöglichkeiten des Kapital- und Zahlungsverkehrs aufgrund §§ 5 bis 7 AWG Haug/Häge, in: Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts, § 12, Rn. 93 f. m. w.V. 224 Diese (Eil-)Maßnahmen ergehen meist im Vorgriff auf Maßnahmen der Europäischen Union beziehungsweise der Europäischen Gemeinschaft und dienen vor allem der zeitnahen Umsetzung von Sanktionsmaßnahmen. Nach Inkrafttreten entsprechender europarechtlicher Maßnahmen werden die nationalen Beschränkungen auf der Grundlage des Außenwirtschaftsgesetzes regelmäßig wieder aufgehoben.

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

wer einer aufgrund des Außenwirtschaftsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, die der Durchführung einer vom UN-Sicherheitsrat nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen (§ 34 Abs. 4 Nr. 1a AWG), oder einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik (§ 34 Abs. 4 Nr. 1b AWG) beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient. Der Embargotatbestand des § 34 AWG stellt eine so genannte Blankettnorm dar, die der Ausfüllung entweder durch das AWG selbst, durch eine aufgrund des AWG erlassenen nationalen Rechtsverordnung oder durch einen im BGBl. oder im BAnz. veröffentlichten Rechtsakt der EU zur Beschränkung des Außenwirtschaftsverkehrs bedarf225. Die genannten Ausfüllungsnormen stehen unter einem Resolutionsvorbehalt, d.h. sie müssen der Durchführung einer vom Sicherheitsrat der VN nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen226, oder einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (§ 34 Abs. 4 Nr. 1b AWG) beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit dienen. Regelungsgrundlage muss ein Sachverhalt des Außenwirtschaftsverkehrs sein. Vorschriften, die lediglich innerstaatliche oder nicht wirtschaftliche Vorgänge regeln, sind als Ausfüllungsnorm nicht zulässig227. Die Ausfüllungsnormen sind entweder als Verbot ausgestaltet oder stehen unter einem Genehmigungsvorbehalt. Dabei wird unterschieden zwischen länderbezogenen und – wie die Beschränkungsmaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung, Taliban-Embargo und Terrorismusembargo, die auf natürliche und juristische Personen sowie Organisationen ausgerichtet sind228 – personenbezogenen Ausfüllungsnormen. In § 69a bis § 69 l AWV sind verschiedene Beschränkungen des Außenwirtschaftsverkehrs in der Regel aufgrund von Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen enthalten, die sich derzeit229 gegen die Länder Somalia, Ruanda, Sierra Leone, Irak, Demokratische Republik Kongo, Liberia, Simbabwe, Birma/Myanmar, Cote d’Ivoire, Sudan, Usbekistan sowie gegen Osama bin Laden, Mitglieder der Al-Qaida-Organisation und die Taliban sowie andere 225 Zum Folgenden: Bieneck, in: Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts, § 30, Rn. 1. 226 BGBl. II, S. 430; Beitritt der Bundesrepublik Deutschland am 06.06.1973. 227 Zum Folgenden: Bieneck, in: Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts, § 30, Rn. 1. 228 Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk oder den Taliban in Verbindung stehen. Grundlegend hierfür ist die Verordnung (EG) Nr. 881/2002 vom 27. Mai 2002 (ABl. EG Nr. L 139 Seite 9); Maßnahmen gegen sonstige terrorverdächtige Personen und Organisationen. Grundlegend hierfür ist die Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 vom 27. Dezember 2001 (ABl. EG Nr. L 344 Seite 70). 229 Stand 22/1/2007.

C. Rechtliche Einordnung des Hawala-Finanzsystems in Deutschland

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mit ihnen verbündete Personen, Gruppen, Unternehmen und Einrichtungen sowie zur Bekämpfung des Terrorismus richten. Beispielhaft soll im Folgenden lediglich auf Beschränkungen aufgrund der Resolutionen 1390 (2002) vom 16. Januar 2002 und 1373 (2001) vom 16. Januar 2002 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen gegen Osama bin Laden, Mitglieder der Al-Qaida-Organisation und die Taliban sowie andere mit ihnen verbündete Personen, Gruppen, Unternehmen und Einrichtungen sowie zur Bekämpfung des Terrorismus eingegangen werden (§ 69d AWV)230. Die Finanzsanktionen gegen Al-Qaida, die Taliban und Osama bin Laden beinhalten im Wesentlichen ein Verbot, bestimmten Personen Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Sämtliche Gelder und wirtschaftliche Ressourcen dieser Personen werden eingefroren. Unter bestimmten Voraussetzungen (z. B. für Grundausgaben gelisteter Personen) kann die Deutsche Bundesbank im Rahmen dieser Sanktionen Ausnahmegenehmigungen erteilen. Maßgebender Rechtsakt für diese Finanzsanktionen ist die Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 467/2001 des Rates über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 139 vom 29. Mai 2002, Seite 9 mit zahlreichen Änderungen231. Ähnlich umfangreich stellen sich die Rechtsakte zu Beschränkungen für die verschiedenen Länder dar. Mit einer Strafandrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe ist § 34 Abs. 4 AWG ein Vergehen im Sinne von § 12 Abs. 2 StGB. Der Versuch ist gemäß § 34 Abs. 5 AWG strafbar. Unter bestimmten Voraussetzungen sind Embargoverstöße Verbrechen i. S. v. § 12 Abs. 1 StGB232. Für § 34 230 Eine aktuelle Auflistung der geltenden Embargos nebst zugrundeliegenden Rechtsvorschriften hält das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle bereit und ist unter www.bafa.de abrufbar. 231 Mit Stand 22/01/2007 enthält die Verordnung (EG) Nr. 881/2002 insgesamt 74 Änderungen. Die bislang letzte Änderung wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 14/ 2007 der Kommission vom 10. Januar 2007 zur vierundsiebzigsten Änderung der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 467/2001 des Rates, Amtsblatt der Europäischen Union L 6 vom 11. Januar 2007, Seite 6 vorgenommen. 232 Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind, § 12 Abs. 1 StGB.

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

Abs. 4 AWG gilt dies dann, wenn eine dort bezeichnete Handlung gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Straftaten verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begangen wird (§ 34 Abs. 6 Nr. 2), oder eine in Absatz 4 bezeichnete Handlung begangen wird, die geeignet ist, die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, das friedliche Zusammenleben der Völker oder die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden (§ 34 Abs. 6 Nr. 4 AWG). Dann tritt neben die Strafbarkeit des Versuchs nach § 23 Abs. 1 StGB auch die Strafbarkeit bestimmter Vorbereitungshandlungen nach § 30 StGB hinzu233. Hiernach macht sich bereits strafbar, wer einen anderen zu einem Embargoverstoß zu bestimmen versucht, sich zu seiner Begehung bereit erklärt, das Anerbieten einen anderen hierzu annimmt oder die Begehung mit anderen verabredet. Embargoverstöße sind als Verbrechen taugliche Vortat der Geldwäsche nach § 261 StGB. In Betracht kommen hier Erlöse aus verbotenen oder, bei unter Genehmigungsvorbehalt stehenden Geschäften, aus nicht genehmigten Außenwirtschaftsgeschäften sowie Gelder, auf die sich Beschränkungen im Kapital- und Zahlungsverkehr beziehen234. Wirtschaftsunternehmen sowie Banken und Finanzdienstleister, die vor allem im Hinblick auf Beschränkungsmaßnahmen des Kapital- und Zahlungsverkehrs von den Sanktionsmaßnahmen betroffen sind, werden im täglichen Umgang mit den verschiedenen Finanzsanktionen vor mitunter erhebliche Probleme gestellt. Besondere Probleme ergeben sich insbesondere bei der Informationsbeschaffung und -verarbeitung235. Selbst Geübten auf dem Gebiet des Außenwirtschaftsrechts fällt es schwer, die relevanten Texte beispielsweise einer Resolution oder EG-Verordnung nebst Anhängen, einer Namensliste und anderer Informationsquellen wie Merkblätter, Rundschreiben oder Ähnliches vollständig und zeitlich einschlägig herauszufinden und festzustellen, ob ein bestimmtes Vorhaben erlaubt, genehmigungsbedürftig oder etwa verboten ist, zumal kaum ein Finanzembargo dem anderen gleicht. Da verwundert es nicht, dass unter den wenigen bislang gewordenen Strafverfahren gegen in Deutschland tätige Hawaladare neben einer Strafbarkeit nach § 54 KWG wegen Erbringens von Finanzdienstleistungen ohne Erlaubnis vor allem das Zuwiderhandeln gegen wirtschaftliche Embargos eine große Rolle spielt236. 233 Zum Folgenden ausführlich: Bieneck, in: Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts, § 30, Rn. 5 ff. 234 Bieneck, in: Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts, § 30, Rn. 9. 235 Zum Folgenden: Haug/Häge, in: Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts, § 12, Rn. 89 ff. 236 Einzelheiten hierzu im nächsten Kapitel unter „Ausgewählte Rechtsprechung“. Vgl. hierzu insbesondere das Urteil des LG Berlin vom 30.11.2005, Aktenzeichen: (514) 83 Js 86/02 KLs (14/05).

D. Ausgewählte Rechtsprechung und Verdachtsfälle

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Zwar haben sich mittlerweile einige Firmen auf die Aufbereitung und ständige Aktualisierung beispielsweise der so genannten „Taliban-Liste“ oder von EU-Rechtsakten spezialisiert, die betroffenen Unternehmen gegen Entgelt zur Verfügung gestellt wird. Vor allem für kleinere Unternehmen dürfte dies aber aufgrund der hohen Kosten keine gangbare Option darstellen. Eine EU-Sanktionsliste, die alle durch EU-Rechtsakte mit Finanzsanktionen belegten Personen und Organisationen enthält, wird von der Kommission mittlerweile kostenlos zur Verfügung gestellt.

D. Ausgewählte Rechtsprechung und Verdachtsfälle Die bisher ergangene Rechtsprechung mit Bezugnahmen auf das Hawala-Finanzsystem in der Bundesrepublik Deutschland ist überschaubar. Diese fehlende Präsenz in der bundesdeutschen, wie Übrigens auch der internationalen Rechtsprechung ist durchaus erstaunlich bei einem System, dass zumindest seit dem 11.09.2001 in aller Munde ist und häufig in Zusammenhang mit verschiedenen Straftaten wie beispielsweise der Geldwäsche, der Steuerhinterziehung oder der Terrorismusfinanzierung gebracht wird. Die Gründe für diese Diskrepanz mögen zum einen an der – nicht zuletzt mangels Buchführung und fehlenden Buchungsbelegen – schweren Greifbarkeit des Hawala-Finanzsystems liegen. Zum anderen drängt sich die Frage auf, ob die aus Verbindungen des Hawala-Finanzsystems insbesondere zu Straftaten wie der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung resultierenden Gefahren in der öffentlichen Darstellung nicht überbewertet werden, ist es doch vor allem auch der regulierte Zahlungsverkehr, der zu kriminellen Zwecken missbraucht wird. Nachfolgend wird beispielhaft eine Auswahl von Urteilen bzw. Verdachtsfällen mit Bezugnahme auf das Hawala-Finanzsystem zu verschiedenen (Straf-) Rechtsgebieten dargestellt. Ein Großteil der in Deutschland ergangenen Rechtsprechung zum Hawala-Finanzsystem bezieht sich dabei auf eine Strafbarkeit nach § 54 KWG wegen Erbringens von Finanzdienstleistungen ohne Erlaubnis sowie auf die Strafbarkeit nach § 34 Abs. 4 AWG wegen Zuwiderhandelns gegen wirtschaftliche Embargos.

I. Geldwäsche und Organisierte Kriminalität Die bundesdeutsche Rechtsprechung in Bezug auf Geldwäschestraftaten bleibt überschaubar. So sind in Deutschland verhältnismäßig wenige Verurteilungen wegen Geldwäsche bekannt, was teilweise jedoch durch den Umstand relativiert wird, dass der Geldwäscheparagraf dann obsolet wird, wenn dem An-

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

geklagten die Beteiligung an einer Vortat – Betrug, Untreue, Diebstahl oder Ähnliches – nachgewiesen werden kann237. Nicht anders verhält es sich mit Geldwäsche-Urteilen, in denen das HawalaFinanzsystem eine Rolle spielt. Weitaus häufiger werden Wechselstuben für Zwecke der Geldwäsche missbraucht, die teilweise jedoch in engem Zusammenhang mit Untergrundbankensystemen stehen. So werden Systeme von Untergrundbanken in Deutschland keineswegs nur in Form von Im- und Exportgesellschaften oder beispielsweise neben einem Gold- und Schmuckhandel oder anderen Ladengeschäften betrieben238. Teilweise handelt es sich bei diesen Untergrundbankensystemen wie Hawala auch um Wechselstuben239. So wurden Wechselstuben bislang ebenfalls häufig von türkischen, vietnamesischen, nigerianischen und russischen organisierten Tätergruppen genutzt, um inkriminierte Gelder zu waschen240. Im so genannten Bosporusfall (vgl. oben Teil 3, A. II. 2.) arbeiteten die Wechselstuben sogar zum Zwecke der Geldwäsche mit organisierten Tätergruppen zusammen. Das Bundeskriminalamt 241 schilderte den folgenden Fall von Geldwäsche im so genannten 2-Töpfe-System, der im Zuge von Finanzermittlungen bekannt wurde: Beispiel: Eine Schleusungsorganisation – überwiegend bestehend aus Staatsangehörigen des Staates A – besaß neben einem „Statthalter“ in Deutschland, der auch als Auftraggeber bei Geldtransfers in Erscheinung trat, weitere Vertretungen in Europa. Das von den Geschleusten in Deutschland eingesammelte Geld floss in die Staaten B und C. Teile des Geldes gingen von dort weiter in Land D. Für den Geldtransfer fanden verschiedene Alternativen Verwendung: Bei einer in Deutschland ansässigen Filialbank des Landes A wurde Geld mit dem Ziel der Gutschrift im Land A in bar eingezahlt. Durch Kuriere wurden Gelder zu den jeweiligen Bestimmungsorten transportiert. Ein System des „Zahlungsausgleichs“ wurde angewandt. Grundlage dieses Systems ist die Existenz zweier getrennter (nicht-kontogebundener) „Geldtöpfe“, wobei einer im Land D und der andere in Deutschland verwaltet wird. Aus diesen Töpfen werden die jeweiligen Kosten bestritten bzw. werden die entsprechenden Einnahmen eingezahlt. Zahlungsflüsse erfolgten lediglich im Rahmen des regelmäßigen (monatlichen) Ausgleichs der Salden zwischen Ein- und Auszahlungen (Ausgleich der Zahlungsspitzen). Durch Kuriere wurden Gelder zu den jeweiligen Bestimmungsorten transportiert. Dieses System verzichtet weitgehend auf internationale Geldtransfers. [. . .].

237 Janisch, So schnell wird man zum Geldwäscher, in: Handelsblatt, Art. vom 09. März 2005. 238 Suendorf, Geldwäsche, S. 181. 239 Suendorf, Geldwäsche, S. 181. 240 Zum Folgenden: Suendorf, Geldwäsche, S. 170 ff. 241 Bundeskriminalamt, Jahresbericht 2003, FIU Deutschland, S. 28.

D. Ausgewählte Rechtsprechung und Verdachtsfälle

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Nach Ackermann242 wurden von einer Hawala-Organisation in Großbritannien alleine im Jahr 1998 rund 200 Millionen US-Dollar gewaschen. Das Betreiben eines alternativen Überweisungssystems war ebenfalls Grundlage eines großen, im Sommer 1999 bekanntgewordenen Falls von Geldwäsche bei der Bank of New York243. Über zwei bei der Bank of New York gehaltene Konten wuschen eine Mitarbeiterin der Bank und ihr Ehemann mindestens 7 Mrd. US-Dollar für russische Banken und Firmen, indem mittels dieser Konten ein alternatives Überweisungssystem zur Umgehung von Steuern und Devisenvorschriften in Russland unterhalten wurde. Ein weiterer Fall von Geldwäsche über Wechselstuben, in dem aus dem Drogenhandel erwirtschaftete illegale Gelder über ein Underground-Banking System ins Ausland geschleust wurden, ist der so genannte „Mozart-Fall“ 244. Den geschilderten Bosporusfall wie auch den im Folgenden geschilderten MozartFall verbindet eine nahezu identische Funktionsweise: das bereits bekannte und auch dem Hawala-Finanzsystem immanente „Systems der zwei Töpfe“, bei dem ein Devisentransfer zwischen den beteiligten Stellen nur dann stattfindet, wenn die Auszahlungen in einer der Stellen die dortigen Einnahmen über die Liquiditätsgrenze hinaus übersteigen: Entscheidung: In dem vom BGH im Jahr 1997 entschiedenen Fall, einem der damals größten Geldwäschefälle in Deutschland 245, ging es im Wesentlichen um umfangreiche Heroinlieferungen von Drogenhändlern aus der Türkei nach Italien und Spanien246. Der Erlös aus dem Verkauf dieser Drogen wurde sodann zu einer Firma in Mailand verbracht. In italienischer Währung transportierten Kuriere den Erlös aus dem Verkauf der Drogen in Geldwechselstuben nach München. Nachdem das Geld in den Wechselstuben von Mitgliedern der türkischen Betreiberfamilie in Empfang genommen und gezählt worden war, wurden die Geldbeträge entweder über Bankkonten von Geschäftspartnern des türkischen Familienoberhauptes M in die Türkei transferiert oder durch Kuriere als Bargeld in nach Istanbul gebracht. Von Istanbul aus wurden sodann die jeweils durch Telefon oder Telefax zeitnah mitgeteilten Geldgeschäfte organisiert. Für die Weiterleitung des Wertes der Drogenerlöse erhielt das Familienoberhaupt 5% der umgesetzten Geldbeträge als Provision; ihm selbst wurde der Wert der Drogenerlöse gesondert als angebliches Entgelt für Warenlieferungen gutgebracht. M leitete den Wert der Drogenerlöse sodann aus seinen eigenen Geldbeständen in Istanbul weiter. Der Wert der Drogenerlöse wurde dem Familienoberhaupt teilweise 242

Ackermann, Geldwäscherei – Money Laundering, S. 17 f. Vgl. o.V., Praktiken der Kapitalflucht aus der Ex-Sowjetunion, in: Handelsblatt vom 03.09.99, S. 3. 244 Nachreiner, Geldwäsche – Ein Delikt im kriminalistischen „Versuchsstadium“, in: Kriminalistik 6/1995, S. 407 f.; Findeisen, WM 2000, 2129 f. 245 Lesenswert hierzu: Lang, Die Pflichten der Kreditwirtschaft bei der Bekämpfung der Geldwäsche, S. 23 ff. 246 BGH 1 StR 791/96 – Urteil vom 17. Juli 1997 (LG München I); vgl. zu diesem Fall auch: Suendorf, Geldwäsche, S. 173 f. 243

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

über die Verrechnung legaler Geldeingänge in der Wechselstube in Istanbul mit Drogengeldern der Wechselstube in München gutgeschrieben. Diese legalen Geldeingänge stammten beispielsweise aus der Begleichung von Rechnungen durch in Deutschland ansässiger türkischer Unternehmer. Durch diese Saldierung war ein tatsächlicher Devisentransfer nur in seltenen Fällen erforderlich. Sollte ausnahmsweise doch ein Devisentransfer stattfinden, wurden die Gelder in der Regel von München nach Istanbul im Rahmen eines so genannten „Koffergeschäftes“ oder als angebliches Entgelt für Warenlieferungen transferiert, für die gefälschte Rechnungen ausgestellt wurden247. Der in diesem Verfahren Angeklagte war Mitgesellschafter einer Gesellschaft, welche eine der gegenständlichen Geldwechselstuben in München betrieb und sowohl reguläre Geldumtauschgeschäfte vornahm, als auch Anlaufstelle für Geldkuriere aus Italien und Spanien war. Der Angeklagte erhielt bei Geldlieferungen der Kuriere im Einvernehmen mit dem türkischen Familienoberhaupt M durchschnittlich 3% Provision. Ihm oblag ebenfalls die Entlohnung der Kuriere. Das Landgericht München I verurteilte den Angeklagten wegen leichtfertiger Geldwäsche in sieben Fällen und vorsätzlicher Geldwäsche in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten, entzog ihm die Fahrerlaubnis, zog seinen Führerschein ein und ordnete eine Sperrfrist von einem Jahr für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis an; ferner hat es sein Kraftfahrzeug eingezogen, den Verfall des Wertersatzes von 16.000 DM angeordnet und ein Verbot für die Ausübung des Geld- und Kreditgewerbes sowie sonstiger Finanzdienstleistungen für die Dauer von drei Jahren ausgesprochen. Die hiergegen eingelegte Revision des Angeklagten sah der BGH als unbegründet an, diejenige der Staatsanwaltschaft hatte Erfolg.

Die beiden geschilderten Fälle, der Bosporus-Fall sowie der vom BGH am 17. Juli 1997 entschiedene Fall zur Geldwäsche über Wechselstuben zeigen nachdrücklich, dass eine klare Abgrenzung zwischen Geldwäschehandlungen, die ausschließlich über das Hawala-Finanzsystem ablaufen und Geldwäschehandlungen, die zwar unter Zuhilfenahme des „Systems der zwei Töpfe“ ablaufen, jedoch nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Hawala-Finanzsystem im engen Sinne stehen, oftmals nicht oder nur schwer möglich ist. Häufig kommt es auch zu Mischformen im Rahmen der abgewickelten Finanztransfergeschäfte, wie beispielsweise beim Bosporus-Verfahren, in dem der Begriff des „Zwei-Töpfe-Systems“ geprägt wurde. In diesem Verfahren wurde das Hawala-Finanzsystem zunächst vorwiegend dazu verwendet, um Gelder über den so genannten „grauen Devisenmarkt“ zu transferieren, da der Devisenverkehr in und aus dem Iran damals gravierenden Beschränkungen unterlag. Auch in diesem Fall gehörten der Organisation, die Geldtransfergeschäfte in den Iran vornahm, Wechselstuben im In- und Ausland, 247 Ein regelmäßiger Geldfluss zwischen München und Istanbul fand nicht statt. Nach dem System der zwei Töpfe war das Ziel auf „gleich volle“ Töpfe ausgerichtet. Trat in einem der Töpfe ein Defizit auf, wurde der Überhang beispielsweise durch Familienangehörige auf dem Luftweg ausgeglichen.

D. Ausgewählte Rechtsprechung und Verdachtsfälle

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die ihrerseits in geschäftlichem Kontakt zu anderen Wechselstuben standen, an. Drogenschmuggel und Geldwäsche kamen später als weitere Geschäftszweige hinzu und wurden teils über Konten der Wechselstuben, teils mittels des „Systems der zwei Töpfe“ abgewickelt. Gemeinsam sind diesen Fällen, in denen ein tatsächlicher Devisenaustausch nicht stattfindet, sondern in denen nach Saldierung lediglich die Zahlungsspitzen ausgeglichen werden, jedoch die sich hieraus ergebenden Gefahren: Je weniger „tatsächlicher“ Zahlungsverkehr stattfindet, umso geringer ist das Risiko der Entdeckung für die Tätergruppen und umso schwieriger ist es beispielsweise für Strafverfolgungsbehörden, die Spuren des Geldes im Rahmen der Geldwäscheermittlungen zurückzuverfolgen.

II. Terrorismusfinanzierung Der folgende Fall thematisiert die Ausweisung gemäß § 54 Nr. 5 AufenthG wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, hier der Ansar al-Islam, unter anderem im Zusammenhang mit der Abwicklung von Transaktionen über das Hawala-Finanzsystem. Über die Zusammenhänge zwischen dem Hawala-Finanzsystem und der Terrorismusfinanzierung wird insbesondere seit den Anschlägen in New York aus dem Jahre 2001 viel spekuliert. Diese mediale Präsenz steht jedoch in krassem Gegensatz zu den mit dieser Thematik vor bundesdeutschen Gerichten verhandelten Fällen. Tatsächlich gibt es nur vereinzelt Entscheidungen, in denen Hawala überhaupt in Verbindung mit der Terrorismusfinanzierung genannt wird. Entscheidung: In dem vom VGH München im Jahr 2005 verhandelten Fall248 ging es im Wesentlichen um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Ausweisungsverfügung wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Der A, ein irakischer Staatsangehöriger kurdischer Abstammung betrieb in der Bundesrepublik Deutschland ein Asylverfahren und erhielt zunächst auf Basis des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, wonach ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden darf, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist, eine bis zum Jahr 2004 befristete Aufenthaltsbefugnis. Im Jahr 2003 wurde A im Rahmen der Informationsgewinnung im Bereich islamischer Fundamentalismus sicherheitsrechtlich vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz befragt. A gab bei der Befragung an, er sei weder Mitglied der Ansar al-Islam noch habe er zu ihr Kontakt gehabt. Daneben wurde der Telefonverkehr des A überwacht und darüber in einer Erkenntniszusammenstellung berichtet. Im Jahr 2004 beantragte A, der mit 248 VGH München, Beschluss vom 25.10.2005 – 24 CS 05.1716, 24 CS 05.1717; VGH München, NVwZ 2006, 227, 229.

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, woraufhin A mit Bescheid vom 03.02.2005 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen und der Antrag auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels abgelehnt wurde. Zudem wurde mit Bescheid vom 25.1.2005 der Bescheid hinsichtlich der Feststellung über die Voraussetzung des § 51 Abs. 1 AuslG widerrufen. Dieser Bescheid ist mittlerweile rechtskräftig. Zur Begründung des Ausweisungstatbestandes des § 54 Nr. 5 AufenthG führte die Behörde an, A habe die als terroristisch eingeschätzte Organisation Ansar al-Islam unterstützt. Dies ergebe sich unter anderem aus den Äußerungen des A in Gesprächen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz. A hatte sich hierbei zu seiner politischen Einstellung und seiner Einstellung zum internationalen Terrorismus und zu Osama bin Laden geäußert, wobei die nach den Feststellungen des Gerichts durchaus als fundamentalistisch zu wertenden Äußerungen allerdings nicht für die Öffentlichkeit gedacht waren. Im Bescheid verwies die Behörde darauf, dass als Unterstützungshandlung jede Handlung anzusehen sei, die für die Bestrebungen der Vereinigung objektiv vorteilhaft sei, ohne allerdings konkrete Handlungen, die als Unterstützungshandlungen aufgefasst werden könnten, im Bescheid zu benennen. In einem der überwachten Telefonate habe A offen über das Überweisungssystem Hawala gesprochen. In diesem Telefonat sei zunächst über Geldtransfers gesprochen worden, dann habe sich A nach der Lage der „Anhänger der Ansar“ und nach gefangen genommenen und gefallenen „Märtyrern“ erkundigt. Nach den Ausführungen der Behörde sei ein rein familiärer Hintergrund der Geldtransfers unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht glaubhaft. Die Landesanwaltschaft, die an dem Verfahren als Vertreterin des öffentlichen Interesses beteiligt war, legte im Rahmen des Verfahrens sodann einen Auszug aus einem Heft der Bundeszentrale für politische Bildung vor, in dem über die Gefahren des Hawala-Überweisungssystems im Zusammenhang mit dem internationalen islamistischen Terrorismus berichtet wird 249. Hierin heißt es unter anderem: „[. . .] Bei der Verschleierung der Finanzströme hilft islamistischen Terroristen ein Jahrtausende altes Überweisungssystem, das Hawala genannt wird. [. . .] Auch Osama Bin Laden nutzte diese Art der „Geldüberweisung“. Und so war es für Ermittler schwierig, die Spuren jenes Geldes nachzuvollziehen, mit dem Anschläge finanziert werden sollten.“ Das Verwaltungsgericht Ansbach lehnte in der Folge den Eilantrag des A gegen die für sofort vollziehbar erklärte Ausweisungsverfügung wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ab, wobei sich die Entscheidung maßgeblich auf die Erkenntnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz stützte. Nach den Feststellungen des VG rechtfertigten neben den die Ansar al-Islam betreffenden Telefongespräche, die der A bestritt, vor allem Erkenntnisse über die Einbindung des A in Geldtransfers in den Irak die Annahme, dass A nach wie vor der Ansar alIslam zuzurechnen und als deren Unterstützer zu betrachten sei250. Wörtlich heißt

249 Ulfkotte, Internationaler islamistischer Terrorismus, in: Informationen zur politischen Bildung, Heft 274. 250 VG Ansbach, Entscheidungen vom 07. Juni 2005 – AN 5 S 05.633 und AN 5 K 05.634.

D. Ausgewählte Rechtsprechung und Verdachtsfälle

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es hierzu in der Entscheidung des VG: „Der Antragsteller erfüllt den Ausweisungstatbestand des § 54 Nr. 5 AufenthG, weil er mit der Ansar al-Islam demzufolge eine Vereinigung, die den Terrorismus unterstützt, selbst unterstützt, wenn er nicht sogar Mitglied der Gruppe ist. Dies ergibt sich daraus, dass der Antragsteller Kontakt mit Mitgliedern und Anhängern der Ansar al-Islam hält, die Telefonnummer des [. . .] an Dritte weiterleitet, offenbar an Geldtransaktionen in den Irak beteiligt ist und sich schließlich mit den Zielen der Gruppe identifiziert und auch bereit ist, denjenigen zu töten, der gegen Allah und den Islam etwas sagt.“ Die gegen die Entscheidung des VG eingelegte Beschwerde des A hatte Erfolg. Mit Beschluss vom 25. Oktober 2005 hob der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Beschluss des Gerichts vom 7. Juni 2005 auf und stellte die aufschiebende Wirkung der Klage wieder her bzw. ordnete sie an. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es bestünden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausweisung bzw. der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Ausweisung und der auf die Ausweisungsgründe gestützten Verweigerung der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis sowie der Maßnahmen nach § 54a AufenthG. Zu dem Vorwurf der Einbindung des A in Geldtransfers in den Irak habe das VG nicht ausgeführt, wer der jeweilige Empfänger der Transfers war und welchem Zweck die Geldtransfers dienten. Ohne eine solche Zuordnung sei es jedoch nicht möglich, die Tatsache zu belegen, dass Zweck der Geldtransfers die Unterstützung der Ansar al-Islam gewesen sei. Vielmehr lässt es sich nach den Feststellungen des Gerichts nicht ausschließen, dass A die beanstandeten Geldtransfers in den Irak bzw. nach Großbritannien an Angehörige zu persönlichen Zwecken veranlasste. Es sei ebenfalls ungeklärt, ob A überhaupt Geld über Hawala übermittelt habe und ob daraus Rückschlüsse auf den Zweck der Transfers gezogen werden könnten. Ohne konkrete Tatsachenfeststellungen in dieser Richtung könne nicht ohne weiteres von Unterstützungshandlungen des A zu Gunsten der Ansar al-Islam ausgegangen werden.

Ergänzend sei hinzugefügt, dass das VG Ansbach mit Urteil vom 16.02.2006 die Klage im Hauptsacheverfahren als unbegründet abwies251. Insbesondere sei die verfügte Ausweisung des Klägers rechtmäßig, da die Regelung des § 54 Nr. 5 AufenthG gegenüber der entsprechenden früheren Regelung in § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG i.V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG eine deutliche Gesetzesverschärfung darstelle, die – unter anderem – auf geringeren Beweisanforderungen beruhe252.

251

VG Ansbach, Urteil vom 16.02.2006, Az: AN 5 K 05.00634. Nach § 54 Nr. 5 AufenthG wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat. Die ursprüngliche Regelung in § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG i.V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG sah vor, dass ein Ausländer in der Regel ausgewiesen werden konnte, wenn wegen des Vorliegens der Voraussetzungen eines Versagungsgrundes gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 5 keine Aufenthaltsgenehmigung erhalten dürfte. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG wurde die Aufenthaltsgenehmigung auch versagt, wenn der Ausländer die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet oder sich bei der Verfolgung politischer Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zu Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder wenn Tatsachen belegen, dass er einer Vereinigung ange252

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

Jetzt genüge es, dass Tatsachen die Mitgliedschaft bzw. Unterstützungshandlungen im Wege einer Schlussfolgerung zuließen. Die Ausweisung könne damit schon auf den Verdacht der Mitgliedschaft bzw. Unterstützung hin erfolgen. Ergänzend führt das VG Ansbach aus, dass die Eingriffsschwelle angesichts der vom internationalen Terrorismus ausgehenden außerordentlichen Gefahren nicht zu hoch anzusetzen sei. Schließlich sei es für international operierende terroristische Täter oder Vereinigungen geradezu typisch, dass gerichtsfeste Feststellungen über die Begehung terroristischer Handlungen oder die Mitgliedschaft in terroristischen Vereinigungen oftmals nicht vorlägen, wohl aber konkrete Anhaltspunkte dafür. Gemäß § 54 Nr. 5 AufenthG wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat, wobei die Ausweisung auf zurückliegende Mitgliedschaften oder Unterstützungshandlungen nur gestützt werden kann, soweit diese eine gegenwärtige Gefährlichkeit begründen. Die der Beschwerde des A stattgebende Entscheidung des VGH München stützt sich im Ergebnis im Wesentlichen darauf, dass die für eine Ausweisung erforderlichen Tatsachen durch die Ausländerbehörde nicht zweifelsfrei dargelegt werden konnten. Insbesondere vermochte der VGH das konkrete Leisten von Hilfsdiensten oder eine sonstige konkrete Förderung, durch die sich die von der Organisation ausgehenden Gefahren nicht nur unwesentlich erhöhen oder manifestieren, nicht festzustellen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall lediglich verschiedene Verdachtsgründe vorliegen, die eine Unterstützungshandlung als möglich erscheinen lassen. Man beachte – bezogen auf den Vorwurf der Geldtransfers in den Irak – insbesondere die Formulierung des VG, A sei offenbar an Geldtransaktionen in den Irak beteiligt. Nach den Ausführungen des VGH München kann jedoch eine auf Verdachtsgründen oder Vermutungen basierende Ausweisungsverfügung keinen Bestand haben, da dies mit rechtsstaatlichen Anforderungen nicht vereinbar wäre und die Möglichkeit eröffnen würde, Ausländer ohne jeden Nachweis einer Tathandlung des Landes zu verweisen. Interessant an dieser Entscheidung, die neben den Geldtransfers über das Hawala-Finanzsystem in den Irak auch noch andere angebliche Unterstützungshandlungen des A thematisiert, ist in Bezug auf mögliche Geldtransfers über Hawala zweierlei: Erstens veranschaulicht diese Entscheidung die Probleme, die sich aus der regelmäßig fehlenden schriftlichen Dokumentation der Transaktionen im Hawala-Finanzsystem für die Ermittlungsbehörden ergeben. So waren weder die hört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt.

D. Ausgewählte Rechtsprechung und Verdachtsfälle

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im geschilderten Fall zuständige Behörde noch das entscheidende Gericht dazu in der Lage, zu dem Vorwurf der Einbindung des A in Geldtransfers in den Irak darzulegen, wer der jeweilige Empfänger der Transfers war und welchem Zweck die Geldtransfers dienten. Eine solche Zuordnung wäre jedoch Grundvoraussetzung für den Nachweis der Tatsache gewesen, dass Zweck der Geldtransfers die Unterstützung der Ansar al-Islam gewesen ist. Zweitens verdeutlicht die Entscheidung aber auch die Gefahren, die sich aus einer einseitigen und tendenziösen Darstellung des Hawala-Finanzsystems in den Medien ergeben. So zog zunächst die Behörde und in der Folge das VG aus dem Umstand, dass das Transfersystem Hawala und die Ansar-al-Islam von A zwar in demselben Telefonat, jedoch in keinem Zusammenhang erwähnt wurden, Rückschlüsse auf einen möglicherweise rechtswidrigen Zweck der geplanten Transfers. Ein rein familiärer Hintergrund der Geldtransfers war nach den Ausführungen der Behörde unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht glaubhaft. Als „Verstärker“ wirkte im vorliegenden Fall zudem der von der Landesanwaltschaft vorgelegte Auszug aus einem Heft der Bundeszentrale für politische Bildung über die Gefahren des Hawala-Überweisungssystems im Zusammenhang mit dem internationalen islamistischen Terrorismus. Die hierin mitgeteilten Informationen über das Hawala-System sind zwar im Ergebnis korrekt; die gezielte Auslassung beispielsweise von Informationen darüber, dass Hawala auch häufig mit legalem Hintergrund genutzt wird, begünstigt jedoch einen einseitigen und unausgewogenen Blickwinkel auf das Hawala-Finanzsystem.

III. Verstoß gegen das Kreditwesengesetz und Umgehung von Devisenrestriktionen zur Eindämmung von Kapitalflucht für den regulierten Auslandszahlungsverkehr Folgender Fall verdeutlicht die Folgen des Betreibens von Finanztransfergeschäften im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG, ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis der BaFin zu besitzen. Die in diesem Fall erfolgte Verurteilung des Angeklagten durch das Landgericht Berlin wegen des Betreibens des Hawala-Banking wurde neben einem Verstoß gegen das Kreditwesengesetz auf die Zuwiderhandlung gegen Sanktionsmaßnahmen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gestützt, § 34 Abs. 4 AWG, § 69e Abs. 2 AWV und § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG253: Entscheidung: „Hawala-Banking“ als Verbotsirrtum bei Unkenntnis des Genehmigungserfordernisses

253 Urteil LG Berlin vom 30.11.2005, Aktenzeichen: (514) 83 Js 86/02 KLs (14/ 05); vgl. auch die Revisionsentscheidung des BGH in dieser Angelegenheit BGH 5 StR 105/06 – Beschluss vom 23. August 2006 (LG Berlin).

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

Nach den Feststellungen des Landgerichts Berlin fasste der in Deutschland lebende A irakischer Staatsangehörigkeit den Entschluss, gegen eine Provision von regelmäßig 5% der Transfersumme Geldtransfergeschäfte vorzunehmen, um sich dadurch eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen. In der Folgezeit knüpfte A Kontakte zu verschiedenen jordanischen Unternehmen, über welche die Geldtransfers, vorwiegend in den Irak, abgewickelt werden sollten. Die Auftraggeber der Geldtransfers zahlten die entsprechenden Transferbeträge zuzüglich einer vereinbarten Provision nach vorheriger telefonischer Absprache auf eines der Bankkonten des A ein. A nahm sodann telefonisch Kontakt mit den jordanischen Unternehmen auf, und teilte seinem Gesprächspartner die ihm von den Einzahlern genannten Namen der Empfänger im Irak, deren Anschrift oder Telefonnummer sowie den auszuzahlenden Betrag mit. Nach der Auszahlung der entsprechenden Beträge an die Empfänger durch die Unternehmen, leistete der A aus dem bei ihm vorhandenen Einzahlungsguthaben Zahlungen in entsprechender Höhe an ihm zuvor benannte, in der Regel deutsche Betriebe, welche aufgrund von Warenlieferungen offene Forderungen gegen die jordanischen Geschäftspartner des A besaßen. Von der einbehaltenen Provision leitete der A einen Teil an die jordanischen Betriebe weiter. Aus den Transfergeschäften erzielte A durchschnittlich Einnahmen in Höhe von etwa 250 Euro monatlich, die er ordnungsgemäß versteuerte. Eine Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes nach dem KWG besaß A nicht und wusste nach den Feststellungen des Gerichts auch nichts von einer Erlaubnispflicht zum Betreiben der Geschäfte. Aufgrund eines Beschlusses des UN-Sicherheitsrates bestand im Tatzeitraum ein umfassendes wirtschaftliches Embargo gegen den Irak, das unter anderem auch Geldüberweisungen an dort ansässige Personen verbot. Dem Angeklagten war dies bekannt, er nahm jedoch an, dass Zahlungen aus rein humanitären Gründen keinen Einschränkungen unterlagen, wobei er davon ausging, dass es sich bei sämtlichen der von ihm vermittelten Zahlungen in den Irak um Zahlungen aus humanitären Gründen handelte, welche die Einzahler Angehörigen zukommen lassen wollten, die sich in akuten Notsituationen befanden. A besaß ebenfalls keine Genehmigung für humanitäre Zahlungen in den Irak. Das Landgericht verurteilte den A wegen der Zuwiderhandlung gegen Sanktionsmaßnahmen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen in 317 Fällen, davon in 288 Fällen in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Kreditwesengesetz, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten. Nach den Feststellungen des Gerichts war dem Angeklagten nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen, dass er von der Genehmigungs- bzw. Erlaubnisbedürftigkeit der Transfergeschäfte wusste. A habe Zahlungsaufträge im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG besorgt, ohne im Besitz einer Erlaubnis hierfür zu sein, wobei er sowohl hinsichtlich der Zuwiderhandlungen gegen Sanktionsmaßnahmen der Vereinten Nationen als auch hinsichtlich der Verstöße gegen das Kreditwesengesetz vorsätzlich handelte. Die Unkenntnis des Angeklagten in Bezug auf das Genehmigungserfordernis bzw. die Erlaubnisbedürftigkeit stellt nach den Ausführungen des Gerichts einen vermeidbaren Verbotsirrtum dar. Insoweit komme es darauf an, ob die Genehmigung nur der Kontrolle eines im Allgemeinen sozialadäquaten Verhaltens dienen solle und die Tat ihren Unwert erst aus dem Fehlen der Genehmigung herleite – Tatbestandsirrtum – oder ob es sich um ein grundsätzlich

D. Ausgewählte Rechtsprechung und Verdachtsfälle

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wertwidriges Verhalten handele, das im Einzelfall aufgrund der Genehmigung erlaubt ist – Verbotsirrtum –. A habe sich zudem vor Aufnahme seiner Tätigkeit in Deutschland kompetenten Rechtsrat, etwa bei einem Anwalt einholen müssen. So müsse sich, wer geschäftlich tätig ist, in der Regel über die geltenden Vorschriften informieren. Auf die Revision des Angeklagten hob der BGH mit Beschluss vom 23. August 2006 das Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. November 2005 nach § 349 Abs. 4 StPO lediglich im Strafausspruch auf. Die weitergehende Revision wurde als unbegründet verworfen. So habe die Überprüfung des Urteils bezüglich des Schuldspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Urteil und Revisionsentscheidung haben die gerade im Nebenstrafrecht relevante Unterscheidung von Tatbestandsirrtum und Verbotsirrtum beim Erfordernis von (behördlichen) Genehmigungen zum Gegenstand. Im Ergebnis schlägt hier die verwaltungsrechtliche Unterscheidung zwischen sog. präventiven Verboten mit Erlaubnisvorbehalt und sog. repressiven Verboten mit Befreiungsvorbehalt auf das Strafrecht durch254. So ist in dem Sonderfall der Unkenntnis eines Genehmigungserfordernisses die Unterscheidung mit Blick auf den jeweiligen Tatbestand zu treffen255. Stellt sich der Verbotstatbestand als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt dar, ist die Unkenntnis der Erlaubnispflichtwidrigkeit eines Verhaltens als Tatbestandsirrtum zu werten, während beispielsweise der Irrtum über die Reichweite einer bestehenden Erlaubnis Verbotsirrtum wäre256. Liegt dagegen ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt vor, handelt es sich um einen Irrtum über Existenz und rechtliche Reichweite eines Rechtfertigungsgrundes, so dass ein Verbotsirrtum vorliegt257. Das LG Berlin geht in dem vorliegenden Fall sowohl in Bezug auf die Zuwiderhandlung gegen Sanktionsmaßnahmen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen als auch im Hinblick auf den Verstoß gegen das Kreditwesengesetz vom Vorliegen eines – vermeidbaren – Verbotsirrtums aus, wobei es den Verbotsirrtum als grundsätzlich wertwidriges Verhalten klassifiziert, das im Einzelfall aufgrund der Genehmigung erlaubt ist. Während ein Tatbestandsirrtum im Sinne von § 16 Abs. 1 StGB also vorliegt, wenn jemand bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, ist der Verbotsirrtum dagegen – wie im geschilderten Fall – ein Irrtum über die Rechtswidrigkeit der Tat in ihrer tatbestandsspezifischen Gestalt258. Der Täter weiß in

254

Vgl. hierzu OLG Celle, Az. 222 Ss 71/04 OWi, NStZ 2005, 412. Tröndle/Fischer, StGB, § 17, Rn. 11a. 256 Tröndle/Fischer, StGB, § 17, Rn. 11a; vgl. zu der Abgrenzung von Tatbestandsirrtum und Verbotsirrtum bei Genehmigungserfordernissen auch Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 17, Rn. 12a. 257 Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 17, Rn. 12a. 258 Vgl. zum Außenwirtschaftsrecht John/Hohmann, Ausfuhrrecht, Kommentar, Teil 3, § 34, Rn. 88, 91 ff.; zum KWG vgl. Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG Kommentar, 255

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

diesem Fall positiv, was er tatbestandlich tut, nimmt aber irrig an, sein Tun sei erlaubt259. So wird man im Ergebnis für den Bereich der Verstöße gegen das Außenwirtschaftsrecht tatsächlich vom Vorliegen eines (vermeidbaren) Verbotsirrtums ausgehen dürfen, da der Angeklagte nach den Feststellungen des Gerichts um das generelle Zahlungsverbot wusste, jedoch davon ausging, Überweisungen zu humanitären Zwecken würden nicht hierunter fallen. Bei den Vorschriften der § 34 Abs. 4 AWG i.V. m. § 69e Abs. 2 Buchstabe c AWV handelte es sich um ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt. Zahlungen in den Irak wurden grundsätzlich als sozialwidrig erachtet und sollten nur im Ausnahmefall erlaubt sein. Irrt sich der Angeklagte, der von dem Embargo im Grundsatz Kenntnis hat, über dessen rechtliche Reichweite, unterliegt er einem Subsumtionsirrtum, der den Vorsatz unberührt lässt. Gleiches wird man entgegen den Ausführungen des Gerichts jedoch nicht ohne Weiteres im Hinblick auf die Unkenntnis des Angeklagten über die Erlaubnisbedürftigkeit der von ihm getätigten (Bank-)Geschäfte annehmen dürfen. Soweit das Landgericht Berlin folglich zu den Verstößen gegen das Kreditwesengesetz lediglich kurz feststellt, es handele sich ebenfalls nur einen (vermeidbaren) Verbotsirrtum, begegnet dies durchgreifenden Bedenken. Während das LG die im Nebenstrafrecht relevante Unterscheidung von Tatbestandsirrtum und Verbotsirrtum beim Erfordernis von Genehmigungen für den Bereich des Außenwirtschaftsstrafrechts noch vorgenommen hat, ist dies im Rahmen der Prüfung von § 54 KWG unterblieben. Auch die Strafnorm des § 54 KWG hat jedoch die behördliche Erlaubnis im Nebenstrafrecht zum Gegenstand. So lautet § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG: „Wer ohne Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“. Die BaFin ist dabei eine bundesunmittelbare, rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts und untersteht gemäß § 2 finDAG260 der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen (Bundesministerium). Überträgt man die soeben dargestellten Grundsätze auf §§ 32, 54 KWG, stellt sich folglich die Frage, ob sich das Betreiben des Finanztransfergeschäftes grundsätzlich als sozialwidrig darstellt und nur im Ausnahmefall erlaubt sein soll oder ob die Regelung des § 32 KWG ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ist. So ist bei der Frage, ob sich ein Irrtum über die Erforderlichkeit einer Erlaubnis zum Finanztransfergeschäft als Tatbestands- oder Verbotsirrtum darstellt, zunächst die Zielrichtung von § 32 KWG als Verbotsgesetz zu bestim§ 54, Rn. 4; allgemein zur Abgrenzung Tatbestandsirrtum und Verbotsirrtum vgl. Wessels/Beulke, Strafrecht AT, § 11, Rn. 455 ff. 259 BGHSt GrS 2, 194, 197. 260 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom 22. April 2002 (BGBl. I S. 1310).

D. Ausgewählte Rechtsprechung und Verdachtsfälle

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men. Es hängt insoweit vom Tatbestands- oder Rechtfertigungscharakter der Genehmigung ab, ob der Irrtum über die Genehmigungspflicht eines Verhaltens Tatbestands- oder Verbotsirrtum ist261. Die Erlaubnis ist Tatbestandsmerkmal, wenn ein Verhalten von der allgemeinen Handlungsfreiheit aufgrund der Sozialadäquanz oder der Wertneutralität an sich gedeckt wird und sie lediglich den Zweck hat, eine Kontrolle über potenzielle Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu ermöglichen (präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt)262. Einen Rechtfertigungsgrund stellt die behördliche Erlaubnis dagegen dar, wenn das grundsätzlich wertwidrige Verhalten an sich verboten ist, im Einzelfall aber das Verbot auf Grund einer Interessenabwägung aufgehoben werden kann (repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt). Im ersten Fall läge ein Tatbestandsirrtum vor, im zweiten Fall ein Verbotsirrtum. Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bedarf der schriftlichen Erlaubnis der BaFin, wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen will. Hierbei handelt es sich um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt263. Das Verbot des Betreibens von Bank-, bzw. Finanzdienstleistungsgeschäften steht insoweit von vornherein unter dem Vorbehalt, dass die Erlaubnis antragsgemäß erteilt werden muss, wenn keine Versagungsgründe vorliegen. So sieht § 33 Abs. 4 KWG vor, dass aus anderen als den in den Absätzen 1 und 3 genannten Gründen die Erlaubnis nicht versagt werden darf. Es liegt in diesen Fällen gerade ein an sich erlaubtes, sozialadäquates Verhalten vor, dessen Genehmigungspflicht nur der Kontrolle möglicher Gefahren dient. Soweit im vorliegenden Fall jedoch vom Vorliegen eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt ausgegangen werden kann, ist die Erlaubnis Tatbestandsmerkmal und es hätte zwingend eine Abgrenzung zum Tatbestandsirrtum im Sinne von § 16 Abs. 1 StGB hätte erfolgen müssen, bei dem der Handelnde im Gegensatz zum Verbotsirrtum im Sinne von § 17 StGB bereits nicht weiß, was er in tatbestandlicher Hinsicht tut und ihm das für den Tatbestandsvorsatz erforderliche Vorstellungsbild fehlt. Beim Tatbestandsirrtum handelt der Täter hinsichtlich des fraglichen Tatbestandsmerkmals ohne Vorsatz; ob der Irrtum vermeidbar oder unvermeidbar war, oder ob er durch schlichtes Nichtwissen oder durch eine konkrete Fehlvorstellung tatsächlicher oder rechtlicher Art entstanden ist, käme es nicht mehr an264. Es dürfte in der täglichen Praxis tatsächlich in nicht wenigen Fällen da261 Vgl. Kühl, Strafrecht AT, § 9, Rn. 119 ff.; vgl. auch OLG Celle, Az. 222 Ss 71/ 04 OWi, NStZ 2005, 412. 262 Zum Folgenden OLG Celle, Az. 222 Ss 71/04 OWi, NStZ 2005, 412. 263 Vgl. beispielsweise Schwintowski, Bankrecht, S. 583; so auch NK-Kapitalmarktstrafrecht/Janssen, Vor § 54 KWG, S. 628. 264 Vgl. Tröndle/Fischer, StGB, § 16, Rn. 2 ff.; vgl. auch BGH JZ 89, 549.

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

von auszugehen sein, dass Hawaladare, die Geldtransfers neben ihrem eigentlichen Geschäftsbetrieb anbieten, ihre Tätigkeit nicht als (erlaubnispflichtige) Finanzdienstleistung im Sinne des KWG einstufen, zumal sich die Unterscheidung von gewerbsmäßiger und nicht gewerbsmäßiger Tätigkeit im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG mitunter schwierig gestaltet. Hier hätte es einer genauen Abgrenzung im Einzelfall bedurft. Selbst wenn man jedoch – in Übereinstimmung mit dem LG Berlin – den Irrtum des A über die Erlaubnispflicht nach KWG als Verbotsirrtum im Sinne von § 17 StGB einstufen würde, stellt sich die Frage nach der Vermeidbarkeit des Irrtums. So wurde gegen A zunächst wegen eines gegen ihn bestehenden Geldwäscheverdachtes ermittelt. Um etwaige Verdachtsgründe auszuräumen, legte A erst das von ihm praktizierte Transfersystem offen, das den Ermittlungsbehörden bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen war. Erst diese Einlassung des A führte in der Folge zur Aufnahme der Ermittlungen wegen eines Verstoßes gegen das Außenwirtschafts- und das Kreditwesengesetz. Hätte A die Genehmigungs- bzw. Erlaubnisbedürftigkeit der Geschäfte gekannt, hätte er diese aller Voraussicht nach nicht offengelegt. Das Gericht hat den Verbotsirrtum des A letztlich als vermeidbar eingestuft, mit der Begründung, A habe eine Informationspflicht hinsichtlich der von ihm betriebenen Geschäfte getroffen, wobei ihm eine solche Erkundigungspflicht auch nach seinem Bildungsstand und seinen Erfahrungen im Wirtschaftsleben ohne weiteres zuzumuten gewesen sei. Derjenige, der es übernehme, einen bisher nicht bestehenden Zahlungsverkehr wie eine Bank zu organisieren und durchzuführen, regelmäßig wesentlich weitergehende Überlegungen über die Zulässigkeit seines Vorgehens und dessen Genehmigungsbedürftigkeit anstellen werde, als der Einzahler. Dem ist zwar grundsätzlich zuzustimmen, von einer Vergleichbarkeit der Tätigkeit eines „Hawaladars“ mit der professionellen Organisation und dem Aufbau des Zahlungsverkehrs einer Bank wird man jedoch ohne weiteres nicht ausgehen können. Ein Verbotsirrtum ist nach den strengen Anforderungen der Rechtsprechung vermeidbar, wenn dem Täter sein Vorhaben unter Berücksichtigung seiner Fähigkeiten und Kenntnisse hätte Anlass geben müssen, über dessen mögliche Rechtswidrigkeit nachzudenken oder sich zu erkundigen, und er auf diesem Wege zur Unrechtseinsicht gekommen wäre265. Konkret setzt die Vermeidbarkeit eines Verbotsirrtums zunächst voraus, dass für den Täter eine real nachweisbare Möglichkeit zur Erkenntnis der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bestand und der Täter des Weiteren einen konkreten Anlass dazu hatte, sich über die rechtliche Qualität seines Handelns Gedanken zu machen266. Zuletzt muss 265 Vgl. Urteil LG Berlin vom 30.11.2005, Aktenzeichen: (514) 83 Js 86/02 KLs (14/05); Tröndle/Fischer, StGB, § 17, Rn. 7. 266 Zum Folgenden: John/Hohmann, Ausfuhrrecht, Kommentar, Teil 3, § 34, Rn. 96.

D. Ausgewählte Rechtsprechung und Verdachtsfälle

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es dem Handelnden zumutbar gewesen sein, eine ihm mögliche Erkenntnis der Rechtswidrigkeit zu ergreifen; hier kommt es insbesondere darauf an, ob ein verantwortungsbewusst handelnder Mensch in dieser konkreten Situation diese Erkenntnis ebenfalls nicht erlangt hätte. Im geschilderten Fall ist A davon ausgegangen, seine Tätigkeit bedürfe keiner Erlaubnis. Erkundigungen hat A vor der Aufnahme seiner Tätigkeit nicht eingeholt. Unterlässt es der Täter, der sich im Verbotsirrtum befindet, sich bei einem sachverständigen Dritten über die rechtliche Qualität seines Handelns zu informieren, ist das Handeln als vermeidbar einzustufen, wenn der Täter einen Anlass hatte, über die rechtliche Qualität seines Handelns nachzudenken267. Des Weiteren erforderlich ist die Zumutbarkeit des Einholens einer sachverständigen Auskunft, die den Täter zudem die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens hätte erkennen lassen müssen268. Ein Anlass, über die rechtliche Qualität des eigenen Handelns nachzudenken, wird jedenfalls bei der Planung der erstmaligen Aufnahme eines Gewerbes oder beim erstmaligen Tätig werden im geschäftlichen Verkehr anzunehmen sein. Auch dürfte die Informationspflicht über die im jeweiligen Land geltenden Rechtsvorschriften vor Aufnahme einer entsprechenden Tätigkeit in den Rahmen des Zumutbaren fallen. Nicht nur im geschilderten Fall stellt sich jedoch die Frage, ob eine solche pflichtgemäß erteilte Auskunft die Rechtswidrigkeit des Verhaltens hätte erkennen lassen müssen, gestaltet sich doch die Abgrenzung von gewerbsmäßiger und nicht gewerbsmäßiger Tätigkeit im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG gerade bei Hawaladaren, die Geldtransfers häufig nur in kleinem Rahmen und neben ihrem eigentlichen Geschäftsbetrieb anbieten, mitunter als schwierig. Denn nur in den Fällen, in denen das Täterverhalten aufgrund eindeutiger Rechtslage oder bei leicht auffindbaren Urteilen oder Normen als rechtswidrig einzustufen ist, ist der Verbotsirrtum des Täters als vermeidbar zu betrachten269. Ist jedoch – beispielsweise aufgrund objektiv zweifelhafter oder inkonsequenter und schwer verständlicher Rechtslage – nicht auszuschließen, dass eine entsprechende Auskunft das Verhalten des Handelnden als rechtmäßig eingestuft hätte, so kann nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ der Verbotsirrtum des Handelnden nicht als vermeidbar gewertet werden270. Es erscheint zumindest fraglich, ob beispielsweise ein einfacher Steuerberater oder Rechtsanwalt, der keinen besonderen Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich des KWG hat, einem Unternehmensgründer neben den Vorschriften des Außenwirtschaftsrechts auch die Vorschriften des KWG zur Erlaubnisbedürftigkeit des Finanztransfergeschäftes bei geplantem Betreiben des Geschäftes in kleinem 267 268 269 270

John/Hohmann, John/Hohmann, John/Hohmann, John/Hohmann,

Ausfuhrrecht, Ausfuhrrecht, Ausfuhrrecht, Ausfuhrrecht,

Kommentar, Kommentar, Kommentar, Kommentar,

Teil Teil Teil Teil

3, 3, 3, 3,

§ § § §

34, 34, 34, 34,

Rn. Rn. Rn. Rn.

101 ff. 106. 107. 109.

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

Rahmen würde benennen können271, zumal auch Gerichte mitunter das gewerbsmäßige Betreiben von Finanzdienstleistungen bei Hawaladaren verneinen. So geschehen beispielsweise im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 26. September 2001, das später in der Revision vom BGH aufgehoben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen wurde272. In diesem Fall verneinte das Landgericht Stuttgart erstinstanzlich einen Verstoß gegen § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG durch einen Hawaladar, da der Angeklagte die Finanzdienstleistungen nicht gewerbsmäßig erbracht habe und daher keiner Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bedurft habe. Für die Beurteilung stellte das Landgericht vorwiegend darauf ab, dass dem Angeklagten aufgrund seines Provisionsanteils von 0,5% nur ein relativ geringer Gesamtgewinn zufloss. Der BGH hingegen stellte für die Frage der Gewerbsmäßigkeit nicht auf den Umfang der Einnahmen durch den Angeklagten ab, sondern auf den Betrieb in seiner Gesamtheit. Hier seien der Tatzeitraum, die Vielzahl der in diesem Zeitraum durchgeführten Einzelaufträge und die verlangten Provisionen zu berücksichtigen273. Von einer eindeutigen Rechtslage bzw. leicht zu interpretierenden Normen kann jedenfalls nicht ohne weiteres ausgegangen werden, zumal die Beurteilung der Gewerbsmäßigkeit letztlich von verschiedenen Faktoren abhängt. Will man den Verbotsirrtum des Täters als vermeidbar einstufen, ersetzt die pauschalierende Feststellung, der Täter habe sich kompetenten Rechtsrat einholen und sich über die geltenden Vorschriften informieren müssen, nicht die genaue Nachprüfung im Einzelfall, ob der Rat eines Rechtsanwaltes oder Steuerberaters zum gleichen Ergebnis geführt hätte. Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass die im geschilderten Fall zum „Hawala-Banking“ als Verbotsirrtum bei Unkenntnis des Genehmigungserfordernisses eher zufällige Offenlegung der Tätigkeit als Hawaladar, die zunächst in keinem Zusammenhang mit den anfangs geführten Ermittlungen wegen Verdachts auf Geldwäsche stand, durchaus als charakteristisch für das nur schwer greifbare Hawala-Finanzsystem bezeichnet werden kann. Bis auf einige größere Fälle von herausragender Bedeutung, die in engem Zusammenhang zu Geldwäschehandlungen und der Terrorismusfinanzierung stehen, scheint die „alltägliche“ Tätigkeit der Mehrheit der Hawaladare zwar in Bezug auf die Strafnormen 271 Anfragen der Verfasserin bei einigen regional tätigen Steuerberatern und Rechtsanwälten ergaben zwar regelmäßig Hinweise auf die Vorschriften des Außenwirtschaftsrechts, nicht jedoch auf die Vorschriften des KWG, wobei die Anwendbarkeit der Vorschriften des KWG gerade mit Blick auf das Fehlen des gewerbsmäßigen Betreibens verneint wurde. 272 BGH 1 StR 73/02 – Urteil vom 11. September 2002 (LG Stuttgart). 273 Vgl. den geschilderten Fall oben: Teil 3, C. I. 1. b).

E. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 3

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des KWG und mitunter des Außenwirtschaftsgesetzes relevant zu sein, durchgehende Bezüge zum Geldwäschetatbestand und der Terrorismusfinanzierung, die womöglich über den Anteil der regulierten Finanzwirtschaft an diesen Straftatbeständen hinausgehen, vermögen jedoch nicht hergestellt zu werden.

E. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 3 Die Entwicklung des modernen Hawala-Finanzsystems geht zurück auf das Rechtsinstitut der islamischen Schuldüberweisung (hawala), die bereits im Jahre 1327/1328 von dem hanafitischen Jurist Abu Bakr b. Mas’ud Al-Kasani systematisch dargestellt wurde274. Dabei war die Etablierung der ursprünglichen hawala in der Handelsgesellschaft des frühen Mittelalters vor allem eine Antwort auf die Unwägbarkeiten der damaligen Rechts- und Ordnungssysteme im Vorderen und Mittleren Orient275. In ihrer ursprünglichen Form weist die hawala gewisse Parallelen zum Wechsel der italienischen Händler auf276. Basis für das Funktionieren des informellen, selbstregulierten Hawala-Finanzsystems in der heutigen Zeit ist eine ethnisch geprägte Gemeinschaft sowie das Auflagern auf einer jahrhundertealten Tradition. Dabei zeichnen sich die Hawala-Netzwerke größtenteils auch heute noch durch eine strikte Adhärenz zum islamischen Recht aus277. Hawaladare sind in den meisten Fällen angesehene Mitglieder der Gemeinschaft, die über eigene Kapitalreserven und Liquidität verfügen278. Unabhängig von staatlicher Einflussnahme verfügt das Hawala-Finanzsystem über effektive Mechanismen der Selbstregulierung, denen sich die Transaktionspartner freiwillig unterwerfen279. Neben Sanktionen wie Konventionalstrafen oder dem Ausschluss des Hawaladars aus dem Netzwerk sind es oftmals die Regeln der Scharia als einer der Grundpfeiler des islamischen Rechtes, die eine ordnende Funktion ausüben und auf die Teilnehmer des Wirtschaftsverkehrs regelnd einwirken280.

274 Spies, Arabische Quellenbeiträge zum Rechtsinstitut der Delegation (hawala). Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 73, 1972, S. 18. 275 Schramm/Taube, The Institutional Foundations of Al Qaida’s Global Financial System, S. 2. 276 Spies, Arabische Quellenbeiträge zum Rechtsinstitut der Delegation (hawala). Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 73, 1972, S. 17. 277 Zum Folgenden: Schramm/Taube, IRFA, Evolution and institutional foundation of the hawala financial system, S. 411. 278 Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 5. 279 Schramm/Taube, Hawala – Geldüberweisung ohne Spuren – Flexibles altes islamisches Finanzsystem, in: Neue Zürcher Zeitung vom 31.05.2002, S. 27. 280 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 5 f.

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

Die Transaktionskette im modernen Hawala-System erhält ihre besondere Prägung durch das so genannte Zwei-Töpfe-System, bei dem die an einer Transaktion beteiligten Hawaladare auf den Ausgleich kurzfristig bestehender Ungleichgewichte bei den Zahlungsein- und -ausgängen regelmäßig verzichten und darauf vertrauen, dass sich mittel- bis langfristig Ein- und Auszahlungen von selbst ausgleichen281. Eventuelle Wertausgleiche erfolgen zwischen den Hawaladaren meist periodisch auf bilateraler oder multilateraler Netting-Basis und beinhalten entweder den Ausgleich in Geld oder Waren282. Hierin liegt zudem eine der Schnittstellen zum regulierten Bankensektor, da für den Wertausgleich häufig Kontokorrentkonten von formellen Banken verwendet werden. Neben betragsabhängigen Provisionen, die in der Regel zwischen 0,25% und 5% liegen, erzielen Hawala-Intermediäre vor allem durch die Ausnutzung von Wechselkursunterschieden bei grenzüberschreitenden Geldtransfers sowie teilweise durch kurz- bis mittelfristige Kreditvergaben Gewinne283. Ein indirekter Nutzen ergibt sich zudem durch die Möglichkeit, neue Kundschaft für das Hauptgeschäft des Hawaladars zu gewinnen284. In den einzelnen Staaten bestehen unterschiedliche gesetzliche Vorgaben im Hinblick auf die Aufsicht über Geldtransferdienstleister wie das Hawala-Finanzsystem, die von einer bloßen Registrierpflicht bis hin zu einer laufenden Aufsicht reichen285. Die Nutzung alternativer Überweisungssysteme durch den Kunden hingegen ist bislang in keinem Land illegal286. In Deutschland zählt das gewerbsmäßige Betreiben des Finanztransfergeschäftes, das heißt die Besorgung von Zahlungsaufträgen, ohne dass diese Dienstleistung mit der Führung von Konten für Kunden und damit mit der Durchführung von Zahlungsaufträgen von Kundenkonto zu Kundenkonto über die Abrechnungssysteme der lizenzierten Banken verbunden ist, seit dem 1. Januar 1998 zu den so genannten Finanzdienstleistungen im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG und ist an die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis der 281 Schramm/Taube, Hawala – Geldüberweisung ohne Spuren – Flexibles altes islamisches Finanzsystem, in: Neue Zürcher Zeitung vom 31.05.2002, S. 27. 282 Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 5. 283 Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 56. 284 Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 56. 285 Die Missachtung der Genehmigungs- oder Registrierpflicht durch Unternehmen, die Geldtransfers vornehmen, ist bislang in allen Mitgliedsstaaten der EU außer Finnland, Griechenland und Irland strafbar. Geldtransferleistungen sind in Dänemark, Finnland, Italien, Österreich, Schweden und dem Vereinigten Königreich registrierpflichtig; eine Genehmigungspflicht besteht derzeit in Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Portugal und Spanien. In Griechenland oder Irland gilt derzeit keine Registrier- oder Genehmigungspflicht. In Deutschland und Frankreich müssen Unternehmen, die Geldtransfers vornehmen, als Banken bzw. für das Finanztransfergeschäft zugelassen sein. 286 Schriftliche Anfrage E-2603/02 von Gerhard Schmid an die Kommission. Informelle Geldtransfersysteme. Amtsblatt Nr. C 222 E vom 18/09/2003 S. 0011–0012.

E. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 3

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BaFin geknüpft. Im Ergebnis dürften Hawaladare in den weitaus meisten Fällen dem Begriff des Finanztransferdienstleisters im Sinne des KWG unterfallen. Mit weitreichenden Konsequenzen: Neben der Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG sind vom Hawaladar im Rahmen der Durchführung seiner Geschäfte eine Reihe weiterer rechtlicher Vorgaben einzuhalten, die weitestgehend den Vorschriften für Kreditinstitute angeglichen sind und teilweise, wie im Fall der §§ 340 ff. HGB, gar den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften entsprechen. Während bestimmte Anzeigepflichten der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute gegenüber den Aufsichtsbehörden BaFin und Deutsche Bundesbank in § 24 KWG geregelt sind, sehen § 25a und § 25b Abs. 3 KWG weitere organisatorische Pflichten vor, die von Instituten, die im grenzüberschreitenden bargeldlosen Zahlungsverkehr tätig sind, zu beachten sind. Im Hinblick auf die Aufzeichnungspflichten nach § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 KWG haben sich Finanzdienstleistungsinstitute vor allem an den Grundprinzipien des Geldwäschegesetzes (GwG), maßgeblich der Generalklausel des § 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG, konkretisiert durch die Verlautbarung des BAKred über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche vom 30. Dezember 1997 zu orientieren. Neben den weiteren Vorschriften des Geldwäschegesetzes und – insbesondere im Hinblick auf den Jahresabschluss der Institute – den Vorschriften der §§ 340 ff. HGB sowie den GoB sind weiterhin vor allem Vorschriften des Außenwirtschaftsrechtes und des Steuerrechts von den Finanztransferdienstleistern zu beachten. Das Ziel ist im Ergebnis das Erreichen einer (erleichterten) Aufsicht von Betreibern alternativer Überweisungssysteme. Unabhängig von der expliziten Ausgestaltung der verschiedenen gesetzlichen Regelungen kann an dieser Stelle zunächst festgestellt werden, dass die laufende Aufsicht und die zwingende Einhaltung von gesetzlichen Regelungen sowie den verschiedenen ComplianceRichtlinien den alternativen Überweisungssystemen einige ihrer Wettbewerbsvorteile nehmen (z. B. Anonymität) und deren Kosten steigern würden. Zwingende Folge wäre eine Weitergabe der erhöhten Preise an die Kundschaft, was wiederum der Wettbewerbsfähigkeit der Betreiber schadet287. Dabei drängt sich die Frage auf, ob es für kleine Betreiber des Finanztransfergeschäftes, die keinem größeren Verbund angeschlossen sind, unter den aktuellen rechtlichen Bedingungen in Deutschland faktisch möglich ist, das Finanztransfergeschäft überhaupt zu betreiben. Derzeit besitzen in Deutschland insgesamt lediglich 43 Anbieter (mit fallender Tendenz288) eine Erlaubnis der BaFin zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes, wobei auch spezialisierte Money Remittance Agencies 287

Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 24. Im Jahr 2000 waren es noch 51 Anbieter, die eine Erlaubnis der BaFin zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes besaßen, vgl. zu den Zahlen im Jahr 2000: Findeisen, WM 2000, 2125, 2132. 288

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Teil 3: Das Hawala-Finanzsystem

wie Western Union oder Money Gram hierunter fallen. Diese geringe Anzahl verwundert in Anbetracht der hohen rechtlichen – und im Ergebnis wohl auch finanziellen – Hürden, die es für die Betreiber zu überwinden gilt, keineswegs. Hier überhaupt von einer laufenden Aufsicht des Hawala-Finanzsystems zu sprechen, erscheint beinahe kafkaesk, wenn es für den „typischen“ Hawaladar de facto nicht möglich ist, überhaupt eine Erlaubnis zu erhalten. Angesichts des Grundsatzes, dass nur reguliert werden soll, was auch überwacht werden kann, stellt sich die Frage, ob die derzeitigen Regulierungsmechanismen für alternative Überweisungssysteme effektiv und sinnvoll sind, oder ob für alternative Überweisungssysteme nicht spezielle Regulierungsmechanismen geschaffen werden müssen, die insbesondere auf die Bedürfnisse kleinerer Betreiber wie Hawaladare besser zugeschnitten sind. Bei der Frage, ob ein bestimmtes System überreguliert ist, oder ob gar an den besonderen Bedürfnissen „vorbeireguliert“ wird, kommt es immer auch auf den Blickwinkel an. So führt jede Störung im Bankensystem zu neuen Regelungen durch den Gesetzgeber, was im Prinzip auch gut so ist289. Doch lassen sich Regelungen, die für Kreditinstitute und die meisten Finanzdienstleister sinnvoll sind, nicht ohne weiteres auf den üblichen Ein-Mann-Betrieb im klassischen Hawala-Netzwerk übertragen. Es bestehen Zweifel, ob die derzeitigen gesetzlichen und aufsichtlichen Regelungen für eine laufende Aufsicht speziell des traditionell selbstregulierten Hawala-Finanzsystems hinreichend geeignet sind oder ob die bestehenden Regelungen unter dem Deckmantel der Registrierung und Aufsicht nicht faktisch einem Verbot für das Betreiben von Hawala-Netzwerken in Deutschland gleichkommen. Auch der Umstand, dass die bundesdeutsche Rechtsprechung in Bezug auf Geldwäschestraftaten allgemein – nicht nur in Bezug auf das Hawala-Finanzsystem – aus verschiedenen Gründen überschaubar bleibt und nach wie vor von einer hohen Dunkelziffer im Bereich der Geldwäschekriminalität ausgegangen werden muss, lässt an der Wirksamkeit der bestehenden Strafgesetze wie aufsichtsrechtlichen Regularien zweifeln. Andererseits spricht die steigende Anzahl von Verwaltungsverfahren durch die BaFin gegen Anbieter, die das Finanztransfergeschäft unerlaubt betreiben290, für Erfolge im Rahmen der laufenden Aufsicht. Auch vereinzelte Urteile und bekanntgewordene Verdachtsfälle, die Geld289 Bekanntes Beispiel ist das private Kölner Bankhaus Herstatt, das im Juni 1974 infolge von Devisenspekulationen insolvent wurde. Der Zusammenbruch war die damals größte Bankenpleite der deutschen Nachkriegsgeschichte. Folge des Konkurses von Herstatt war die Gründung eines Einlagensicherungsfonds der Banken, um Sparer im Falle einer Banken-Insolvenz vor dem Komplettverlust ihrer Einlagen zu schützen. Weitere Folge war eine wesentliche Verschärfung des Kreditwesengesetzes. 290 Im Jahr 2003 wurden insgesamt 201 neue Verfahren wegen unerlaubten Betreibens des Finanztransfergeschäfts und/oder des Sortengeschäfts eröffnet; 2005 wurden durch die BaFin 215 neue Verfahren wegen unerlaubt betriebener Finanztransfer-, Sorten- oder Kreditkartengeschäfte eingeleitet, vgl. BaFin, Jahresbericht 2005, S. 185. Da-

E. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 3

193

wäschekriminalität im „Underground-Banking“ – zumeist in größerem Umfang – zum Inhalt haben291, sprechen für ein wirksames, ggf. ausbaubedürftiges Regulativ. Betrachtet man allerdings die Tatsache, dass sich die bisher in Deutschland ergangene Rechtsprechung zum Hawala-Finanzsystem abgesehen von den angesprochenen Einzelfällen zumeist auf eine Strafbarkeit nach § 54 KWG wegen Erbringens von Finanzdienstleistungen ohne Erlaubnis sowie auf die Strafbarkeit nach § 34 Abs. 4 AWG wegen Zuwiderhandelns gegen wirtschaftliche Embargos bezieht, dann stellt sich die Frage, ob der personelle bzw. finanzielle Aufwand von Strafverfolgungs-, wie Aufsichtsbehörden jedenfalls im Hinblick auf das eigentliche Ziel der Geldwäschebekämpfung noch gerechtfertigt erscheint. Schließlich gibt das derzeit bestehende umfassende Verbot von Geldtransfers über Hawala-Netzwerke Anlass zu der Fragestellung, inwieweit das vom Hawala-Finanzsystem ausgehende Gefahrenpotential in Bezug auf den Missbrauch zu Geldwäschezwecken als Rechtfertigung für eine solche Kriminalisierung herangezogen werden kann. Dies zu klären wird Gegenstand der Ausführungen im folgenden Teil der Untersuchung sein.

bei ist die im Vergleich zum Jahr 2004 (125 Verfahren) gestiegene Zahl an Verfahren nach Angaben der BaFin allein auf das Phänomen der Finanzagenten zurückzuführen. 291 Vgl. beispielsweise die oben unter Teil 3, D. I. sowie bei Diergarten/Reiner, Geldwäscheverdachtsfälle, S. 144 oder vom Bundeskriminalamt, Jahresbericht 2003, FIU Deutschland, S. 28 geschilderten Fälle.

Teil 4

Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem A. Einleitung Zur Ermöglichung eines besseren Verständnisses hinsichtlich der zugrunde liegenden Fragestellungen in Bezug auf Geldwäschebekämpfungsmöglichkeiten im Hawala-Finanzsystem bedarf es zunächst einer Einführung in die Materie der Geldwäschebekämpfung, bei der neben allgemeinen Erwägungen insbesondere auch auf die bestehenden nationalen, wie inter- und supranationalen Regelungen einzugehen sein wird. Während im nationalen Bereich vor allem die Vorschrift des § 261 StGB und die Vorschriften des Geldwäschegesetzes (GwG) für eine rechtliche Einordnung relevant sind, sind auf supranationaler Ebene die UN-Drogenhandelskonvention vom 20.12.19881, die Europaratskonvention 141 aus dem Jahr 19902, die UN-Terrorismusfinanzierungskonvention von 1999, sowie die 1.3 und 2.4 EU-Geldwäscherichtlinie zu beachten. Des Weiteren wird auf die „Recommendation No. R (80) 10“ des Europarates, das „Statement of Principles“ der BIZ5 sowie auf die 40 Empfehlungen der FATF6 eingegangen werden7.

1 „Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20.12.1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen“ (so genanntes „Wiener Übereinkommen“). 2 „Übereinkommen des Europarats über das Waschen, das Aufspüren, die Beschlagnahme und die Einziehung der Erträge aus Straftaten“ (so genanntes „Europaratsübereinkommen“) 8.11.1990 in Straßburg. 3 „Richtlinie 91/308/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 10.06.1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zweck der Geldwäsche“ („1. EU-Geldwäscherichtlinie“). 4 „Richtlinie 2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union vom 04.12.2001 zur Änderung der Richtlinie 91/308/EWG“ („2. EUGeldwäscherichtlinie“). 5 Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) formulierte am 12.12.1988 mit den „Statements of Principles“ generell gehaltene Prinzipien gegen den kriminellen Missbrauch des Bankensystems. 6 Die Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) – ein zwischenstaatliches Gremium aus Rechts- und Finanzexperten – erließ am 07.02.1990 vierzig konkretisierte Empfehlungen zur Bekämpfung der Geldwäsche: FATF, the forty recommendations.

B. Geldwäsche im Überblick

195

Die Frage nach den vom Hawala-Finanzsystem ausgehenden Gefahren für den Bereich der Geldwäsche wird insbesondere seit den Anschlägen in New York vom 11.9.2001 kontrovers diskutiert. Dabei ist die Bandbreite der bislang zum Hawala-Finanzsystem veröffentlichten Studien8 je nach Verfasser oder kriminalpolitischem Hintergrund geeignet, eine Meinungsbildung in die eine, als auch die andere Richtung zu begünstigen. Daher wird in diesem Teil der Arbeit nicht nur die Frage untersucht werden, welchen Einfluss die Existenz des Hawala-Finanzsystems auf die Entwicklung der Geldwäschekriminalität nimmt, sondern auch, inwieweit Erfolge und vor allem Misserfolge in der Bekämpfung der Geldwäschekriminalität9 unter Berücksichtigung (kriminal-)politischer wie wirtschaftlicher Interessen geeignet sind, einen Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung des Hawala-Banking im Zusammenhang mit Geldwäschegefahren zu bewirken. Im Folgenden soll unter Einbeziehung eines kriminologisch-soziologischen Ansatzes zunächst versucht werden, ein möglichst objektives Bild der von den Hawala-Netzwerken ausgehenden Geldwäschegefahren wiederzugeben. Dabei wird im Rahmen dieser Erörterung ebenfalls auf die Frage einzugehen sein, inwieweit die verschiedenen über das Hawala-Finanzsystem erstellten Studien und die Berichterstattung in den Medien zu einem „Labelingprozess“ und in der Folge zu einer Überbewertung der vom Hawala-System ausgehenden Gefahren beitragen.

B. Geldwäsche im Überblick Der Begriff der Geldwäsche geht auf den legendären Gangsterboss Al Capone zurück, der in den 1920er Jahren Gewinne aus illegalen Geschäften, vor allem aus den Bereichen illegales Glücksspiel, Prostitution und während der Prohibitionszeit aus dem illegalen Alkoholhandel in Waschsalons, so genannten

7 Zwar entfalten die zuletzt genannten Empfehlungen und Prinzipien keine völkeroder gemeinschaftsrechtliche Verbindlichkeit. Um Antworten auf die zentralen Fragestellungen der Arbeit zu finden, können sie aber dennoch hilfreich sein. 8 Vgl. beispielsweise APG Typologies Working Group, Consideration and Adoption of the APG Alternative Remittance Regulation Implementation Package; BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 78 ff.; El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System; FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005; Felber, The money of the migrants; Howlett, Investigation and Control of Money Laundering; Carroll, Alternative remittance systems distinguishing sub-systems of ethnic money laundering in Interpol member countries on the Asian continent; Passas, A Study into Underground banking networks; Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering. 9 Vgl. hierzu Kaiser, wistra 2000, 121, 129.

196

Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

laundromats investierte, um deren wahre Herkunft zu verschleiern10. Weil Al Capone die Herkunft seiner Vermögenswerte nicht nachweisen konnte, wurde er schließlich wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Geldwäsche zu einer 11-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Das hohe Dunkelfeld im Bereich der Geldwäsche lässt exakte Aussagen über den Umfang der national wie international gewaschenen Gelder nicht zu, zumal es an zuverlässigen Berechnungsmethoden und einer verlässlichen Dunkelfeldforschung fehlt11. Schätzungen des IWF aus dem Jahr 1999 gehen indes davon aus, dass zwischen 2 bis 5% des globalen Welt-Bruttoinlandsprodukts, d.h. zwischen 700 bis 1.500 Mrd. US-Dollar aus illegalen Quellen stammen12.

I. Der Begriff der Geldwäsche Einleitend kann festgestellt werden, dass es eine einheitliche Definition des Begriffs der Geldwäsche nicht gibt, auch wenn national wie international eine Entwicklung hin zu einer Ausweitung des Geldwäschebegriffs erkennbar ist. Der Begriff der Geldwäsche ist zunächst in § 261 StGB legaldefiniert. Hiernach wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, wer Gegenstände illegaler Herkunft, die aus einer der in § 261 StGB abschließend aufgezählten Vortaten stammen, verbirgt, deren Herkunft verschleiert oder die

10 Anschaulich o.V., Al Capone und der Waschsalon, in: Die Zeit vom 18.11.2004, Nr. 48. 11 Findeisen, Nationale und internationale Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus, S. 4. Sehr lesenswert zu den Methoden zur Schätzung des Geldwäschevolumens der Überblick bei Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche. Formen, Akteure, Größenordnung – und warum die Politik machtlos ist, S. 15 ff. Bei den Methoden zur Schätzung des Volumens der Geldwäsche wird im Wesentlichen zwischen direkten und indirekten Methoden unterschieden. Während die direkten Methoden auf Schätzungen anhand von Zahlungsströmen basieren, beziehen sich die indirekten Methoden meist auf Umsätze oder Gewinne aus Vortaten oder eine Schätzung als latente unbeobachtbare Größe. Beide Ansätze bergen verschiedene Probleme, wie beispielsweise die fehlende Unterscheidbarkeit zwischen legalen und illegalen Geldern bei der Schätzung anhand von Zahlungsströmen, oder dem Basieren der Schätzung auf Dunkelziffern bei der indirekten Methode, so dass im Ergebnis keine konkreten Angaben über den tatsächlichen Geldwäscheumfang getroffen werden können. 12 Altvater/Mahnkopf, Globalisierung der Unsicherheit, S. 221 f., Findeisen, Nationale und internationale Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus, S. 4. Die Studie von Peter J. Quirk aus dem Jahr 1996 für den Internationalen Währungsfonds ist die bekannteste und wohl am häufigsten zitierte Studie zum globalen Geldwäschevolumen und beinhaltet unter anderem eine internationale Querschnittsuntersuchung von 19 Industrieländern für 1983 und 1990 mit einem makroökonomischen, ökonometrischen Ansatz zur Geldnachfrage und zum Wirtschaftswachstum kombiniert mit einer Kriminalitätsvariable. Vgl. hierzu die Ausführungen bei Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche. Formen, Akteure, Größenordnung – und warum die Politik machtlos ist, S. 45 ff.

B. Geldwäsche im Überblick

197

Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet. Zu den Katalogtaten des § 261 StGB zählen zunächst alle Verbrechen, d.h. Straftaten, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind. Des Weiteren werden in § 261 StGB unter anderem Bestechung und Bestechlichkeit, Rauschgifthandel und -schmuggel, Untreue und Betrug, Diebstahl, Hehlerei und Unterschlagung sowie Erpressung als mögliche Vortaten der Geldwäsche aufgeführt. Wird ein Vergehen im Sinne von § 12 Abs. 2 StGB13 von einem Mitglied einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung gemäß den §§ 129 ff. StGB begangen, wird auch dieses vom Vortatenkatalog erfasst. Neben dem gewerbsmäßigen, gewaltsamen und bandenmäßigen Schmuggel gemäß § 373 und, bei gewerbsmäßigem Handeln des Täters, der Steuerhehlerei nach § 374 AO ist seit dem Jahr 2001 auch die gewerbs- oder bandenmäßige Steuerhinterziehung gemäß § 370a AO im Vortatenkatalog enthalten14. Nach dem deutschen Gesetzgeber stellt Geldwäsche „das Einschleusen von Vermögensgegenständen aus organisierter Kriminalität in den legalen Finanzund Wirtschaftskreislauf zum Zwecke der Tarnung“ dar15. Auffallend an dieser Definition ist die Beschränkung der Geldwäsche auf solche Vermögenswerte, die aus der Organisierten Kriminalität stammen. Dieser Festlegung des Begriffs auf Vermögenswerte aus der Organisierten Kriminalität wird zurecht entgegengehalten, dass, auch wenn der Schwerpunkt der Geldwäscheaktivitäten im Bereich der Organisierten Kriminalität liegen mag16, man denke hier beispielsweise an das Betäubungsmittelrecht, auch in anderen Kriminalitätsformen die Notwendigkeit besteht, Gelder zu waschen, insbesondere in den Bereichen der Wirtschaftskriminalität, der Steuerhinterziehung oder der Korruption17. Auch eigne sich der bis dato wenig konkretisierte Begriff der Organisierten Kriminalität nur bedingt, um den Geldwäsche einzugrenzen18. Hierzu ist anzumerken, dass der Begriff der Organisierten Kriminalität international nicht einheitlich 13 Vergehen im Sinne von § 12 Abs. 2 StGB sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe als einem Jahr oder mit Geldstrafe bedroht sind. 14 Der vollständige Vortatenkatalog ist unter § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB aufgeführt. 15 Vgl. BT-Drs. 12/989, S. 26. 16 Vgl. Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 1 Rn. 15 ff.: Untersuchungen haben ergeben, dass in einem Drittel aller OK-Verfahren (bezogen auf das Berichtsjahr 2004) Hinweise auf Geldwäscheaktivitäten im kriminologischen Sinne festgestellt wurden. Dabei stellte der Rauschgifthandel und -schmuggel mit 32,1% im Jahr 2004 den größten Anteil an der Organisierten Kriminalität dar. 17 So beispielsweise Hetzer, ZRP 1999, S. 245; Hufnagel, Der Strafverteidiger unter dem Generalverdacht der Geldwäsche gemäß § 261 StGB – eine rechtsvergleichende Darstellung, S. 6 f. m.w. N. 18 Vgl. Hetzer, ZRP 1999, S. 245; so auch Hufnagel, Der Strafverteidiger unter dem Generalverdacht der Geldwäsche gemäß § 261 StGB – eine rechtsvergleichende Darstellung, S. 6.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

festgelegt ist19. In Deutschland hingegen hat sich die gemeinsame Arbeitsgruppe von Justiz und Polizei im Jahr 1990 auf eine einheitliche Definition der Organisierten Kriminalität geeinigt20. Hiernach ist Organisierte Kriminalität „die von Gewinn- und Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen, unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken.“ 21 Neben dem juristischen Begriff der Geldwäsche wird Geldwäsche kriminologisch definiert als „jeder rechtliche oder tatsächliche Vorgang, der dazu dient, die Spuren der unrechtmäßigen Herkunft von Erlösen aus Straftaten wirksam zu verschleiern, um so die unerlaubt erlangten Vermögenswerte (in der Regel Geld) als scheinbar legales Vermögen in den regulären Wirtschaft- und Finanzkreislauf einzuführen“ 22. Dabei ist die kriminologische Umschreibung des Geldwäschebegriffs weiter gefasst als die rechtliche Definition, weil sie über die Wäsche von Vermögenswerten, die aus den in § 261 StGB abschließend aufgeführten Handlungen stammen, hinausgeht23. Kurz definiert kann Geldwäsche als „die Transformation illegal erwirtschafteter Gelder in Vermögenswerte mit dem Ziel, den Anschein des legalen Erwerbs zu erwecken“ 24 angesehen werden. Dabei sind die illegalen Gelder entweder das Ergebnis illegaler Tätigkeiten oder sollen der Finanzierung illegaler Tätigkeiten dienen, wozu nach den neueren internationalen Entwicklungen insbesondere auch der Terrorismus zählt. Diese Definition deckt sich mit neueren internationalen Standards, die nicht mehr auf einen spezifischen Vortatenkatalog abstellen, sondern allgemein von (schwerwiegenden) illegalen Aktivitäten ausgehen25.

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Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 1 Rn. 14. Vgl. den Nachweis in Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 1 Rn. 14. 21 Gemeinsame Arbeitsgruppe Justiz/Polizei, Mai 1990. Der Begriff der Organisierten Kriminalität umfasst nach der Arbeitsgruppe Justiz/Polizei nicht die Straftaten des Terrorismus. 22 Stellvertretend für viele: Suendorf, Geldwäsche, S. 44 m.w. N.; vgl. auch Ackermann, Geldwäscherei – Money Laundering, S. 3. 23 Suendorf, Geldwäsche, S. 44. 24 Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 8 f.; ähnlich auch BT-Drs. 12/989, S. 26, hier allerdings noch unter Einbeziehung der Organisierten Kriminalität; Müller-Gugenberger/Bieneck/Häcker, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, § 51, S. 1339. 25 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 1 Rn. 11. 20

B. Geldwäsche im Überblick

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Auf internationaler Ebene definiert beispielsweise die Financial Action Task Force (FATF) Geldwäsche als Transformation illegal erwirtschafteter Gelder im Vermögenswerte mit dem Ziel, den Anschein legalen Erwerbs zu erwecken26. „The goal of a large number of criminal acts is to generate a profit for the individual or group that carries out the act. Money laundering is the processing of these criminal proceeds to disguise their illegal origin. This process is of critical importance, as it enables the criminal to enjoy these profits without jeopardising their source.“ 27 In Übereinstimmung mit der Aussage der Palermo Konvention aus dem Jahr 200028 hält die FATF damit ebenfalls ein möglichst weites Spektrum an Vortaten der Geldwäsche für geboten29. Die Gesetzgebung der Vereinigten Staaten von Amerika definiert Geldwäsche als „The problem of money laundering, the means by which one conceals the existence, illegal source, or illegal application of income, and then disguises that income to make it appear legitimate [. . .]“ 30. Betrachtet man die Entwicklung in der Definition des Geldwäschebegriffes, ist eine deutliche Tendenz hin zu einer Ausweitung zu erkennen. Dabei ist den verschiedenen Ansätzen gemeinsam, dass die Tathandlung des Verbergens oder Verschleierns von kriminell erlangten Geldern oder Vermögen in den Vordergrund gerückt wird31. Besonders deutlich wird diese Entwicklung an den verschiedenen Definitionen der Geldwäsche in den drei Geldwäscherichtlinien. War der Geldwäschebegriff in der 1. EG-Geldwäscherichtlinie anfangs noch auf das Waschen von Erlösen aus Drogenstraftaten, namentlich Straftaten im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a) des Wiener Übereinkommens32 begrenzt33, ist seit einigen Jahren ein Trend zu einer erheblich weiter gefassten Definition der Geldwäsche auf der Grundlage eines breiteren Spektrums von Straftaten, die der Geldwäsche vorangehen, oder gar einer Ersetzung des Vortatenkataloges

26

Vgl. den Nachweis in Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 1 Rn. 7. Financial Action Task Force on Money Laundering, URL: http://www.fatf-gafi. org/document/29/0,2340,en_32250379_32235720_33659613_1_1_1_1,00.html [Stand 06/02/2007]. 28 United Nations Convention Against Transnational Organized Crime 2000 (Palermo Convention). 29 Vgl. den Nachweis in Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 1 Rn. 8 f. 30 Vgl. den Nachweis in Arzt, ZStrR 1989, S. 167; zustimmend Hufnagel, Der Strafverteidiger unter dem Generalverdacht der Geldwäsche gemäß § 261 StGB – eine rechtsvergleichende Darstellung, S. 7. 31 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 1, Rn. 11 f. 32 Vgl. das in Wien geschlossene „Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20.12.1998 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen“ (sogenanntes „Wiener Übereinkommen“). 33 Richtlinie 91/308/EWG des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche, ABl. L 166 vom 28.6.1991, S. 77–83. 27

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

durch einen „all crime“-Ansatz, wonach jede Straftat geeignete Vortat für die Geldwäsche sein kann, erkennbar34. Mit der Zweiten EG-Geldwäscherichtlinie35 wurde der Vortatenkatalog der strafbaren Geldwäsche insbesondere hinsichtlich der Bekämpfung der organisierten Kriminalität erweitert36. Als Katalogtaten galten nun mindestens Betäubungsmittelstraftaten im Sinne von Art. 3 Abs. 1a) des Wiener Übereinkommens, Handlungen krimineller Vereinigungen, schwere Betrug, Bestechung, sowie sonstige mit langjähriger Freiheitsstrafe bedrohte Straftaten, die beträchtliche Erfolge hervorbringen können. Mit der 3. EG-Geldwäscherichtlinie37 wurde die Definition des Geldwäschebegriffes dann erneut weiter gefasst. Nach der Auffassung des europäischen Parlamentes und des Rates gilt als Geldwäsche im Sinne der 3. EG-Geldwäscherichtlinie gemäß Artikel 1 Abs. 2 „der Umtausch oder Transfer [. . .], das Verheimlichen oder Verschleiern [. . .], der Erwerb, der Besitz oder die Verwendung von Vermögensgegenständen [. . . aus einer kriminellen Tätigkeit oder aus der Teilnahme an einer solchen Tätigkeit [. . .] sowie die Beteiligung an einer dieser Handlungen“. Dabei wird in der 3. Geldwäscherichtlinie der EU der Begriff der schweren Straftaten, die als kriminelle Tätigkeit im Sinne der Richtlinie gelten, u. a. auf Straftaten erweitert, „[. . .] die mit einer Freiheitsstrafe oder einer die Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung von mindestens mehr als sechs Monaten belegt werden können“. Ebenso werden in der 3. Geldwäscherichtlinie die Maßnahmen auf die „Finanzierung des Terrorismus“ ausgeweitet.

II. Die Phasen der Geldwäsche Der Vorgang der Geldwäsche wird zum besseren Verständnis der teilweise komplexen Abläufe in verschiedene Ablaufschritte unterteilt. Im Folgenden soll lediglich das international etablierte und am häufigsten verwendete 3-PhasenModell dargestellt werden38. 34 Vgl. hierzu die Erlassbegründung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABl. L 309 vom 25.11.2005, S. 15. 35 Richtlinie 2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/308/EWG des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche, ABl. L 344 vom 28.12. 2001, S. 76–82. 36 Vgl. insoweit die Erlass-Begründung der 2. EG-Geldwäscherichtlinie (vor Art. 1) unter Punkt (9) und (10). 37 Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABl. L 309 vom 25.11.2005, S. 15–36. 38 Neben dem 3-Phasen-Modell gibt es noch weitere Modelle, die den Vorgang der Geldwäsche beschreiben, so beispielsweise das 2-Phasen-Modell, das Zielmodell oder

B. Geldwäsche im Überblick

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1. Phase 1 „Placement“ (Platzierung) Im ersten Schritt, dem Placement, erfolgt die Einspeisung der illegalen Gelder in den Finanz- oder Wirtschaftskreislauf. Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, werden hier häufig getrennt voneinander viele Kleinbeträge platziert39. Diesem Phänomen des so genannten „Smurfing“ hat der bundesdeutsche Gesetzgeber mit der in § 2 Abs. 3 GwG enthaltenen Regelung Rechnung getragen. Führt hiernach ein Institut mehrere Finanztransaktionen im Sinne von § 2 Abs. 2 GwG durch, die zusammen einen Betrag im Wert von 15.000,– A oder mehr ausmachen, ist das Institut zur Identifizierung der auftretenden Person gemäß § 2 Abs. 2 GwG verpflichtet, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass zwischen den Transaktionen eine Verbindung besteht (Smurfing) und deshalb von einer künstlichen Aufsplittung einer einheitlichen Finanztransaktion ausgegangen werden muss. Für die Bewertung dieser Umstände im Wege einer Gesamtschau aller Einzelfallumstände räumt die BaFin den Instituten einen Beurteilungsspielraum ein40. Die Einspeisung illegaler Gelder in den Finanzkreislauf, meistens in Form der Umwandlung von Bargeld in Buchgeld kann beispielsweise erfolgen durch die Einzahlung des Geldes auf ein Bankkonto bei einem Kreditinstitut oder durch Einwechseln bei einer Wechselstube, aber auch etwa durch die Umwandlung in andere transferierbare Formen, wie den Erwerb von Wertpapieren oder Vermögensgegenständen41. In dieser ersten Phase sind zahlreiche Handlungsvarianten mit dem Ziel, den Anschein der Legalität zu erwecken, denkbar42. Als plausible Gründe für einen Bargeldanfall in größerem Umfang können beispielsweise Einnahmen aus verschiedensten Geschäften, etwa einem Kfz- oder Juweliergeschäft, aber auch Gewinne aus einem Spielbankenbesuch oder Ähnlichem herhalten43. Durch den Einsatz von gefälschten Rechnungen oder Verträgen wird häufig versucht, aufkommende Verdachtsmomente auf einen Geldwäschevorgang bei den dergestalt in Anspruch genommenen Dienstleistern zu zerstreuen.

das Kreislauf-Modell. Vgl. zu diesen Modellen beispielsweise Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 10 f. oder die Nachweise bei Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 1. 39 Financial Action Task Force on Money Laundering, URL: http://www.fatf-gafi. org/document/29/0,2340,en_32250379_32235720_33659613_1_1_1_1,00.html [Stand 09/02/2007] – How is money laundered? 40 BAKred, Verlautbarung vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102), Rn. 18, abgedruckt in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, Anhang III. 2, S. 641 ff. 41 Suendorf, Geldwäsche, S. 162 ff. 42 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 2. 43 Vgl. Körner, in: Körner/Dach, Geldwäsche, S. 28, Rn. 43.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

2. Phase 2 „Layering“ (Verschleierung) In einem zweiten Schritt schließt sich dann die Phase des so genannten Layering an, in der die Herkunft der Vermögenswerte verschleiert werden soll. Im Wesentlichen erfolgt das „Layering“ durch das Hin und Herschieben des Geldes in einer Vielzahl von Transaktionen, so dass die kriminelle Herkunft nicht mehr nachvollzogen oder bewiesen werden kann44. In dieser Phase werden auch bereits erste Formen der Geldanlage gewählt, wobei die verfügbaren Gelder hauptsächlich auf Kontokorrentkonten oder Festgeldkonten, seltener jedoch auf Sparkonten gelagert werden, was wiederum Rückschlüsse auf ein eher kurzfristiges Anlageverhalten der Tätergruppen zulässt45. Wie schon in der Platzierungsphase gibt es auch in der Verschleierungsphase zahlreiche Möglichkeiten, Handlungs- und Transaktionsketten für inkriminierte Gelder aufzubauen, wobei allerdings die meisten Gelder über Kreditinstitute in das Ausland oder aus dem Ausland in das Inland überwiesen werden46. Dabei erfolgt häufig eine Verschleierung über „Kettentransaktionen“, d.h. mehrere hintereinander geschaltete, zumeist wirtschaftlich sinnlose Überweisungen über verschiedene Ländergrenzen, die über das bankeneigene S.W.I.F.T.-Zahlungsverkehrssystem47 abgewickelt werden48. Neben Banküberweisungen erfolgen Zahlungen in das Ausland seltener auch unter Zuhilfenahme von Dokumenteninkassi, Akkreditiven oder Bankenorderschecks49. Auch der Einsatz von CpD-Konten (Konto pro Diverse) – bankinternen Sammelkonten, bei denen Geschäftsvorfälle für verschiedene dritte Personen z. B. bei unklaren oder unvollständigen Aufträgen im Zahlungsverkehr gebucht werden50 – die für außenstehende Dritte weder den Auftraggeber noch den Begünstigten einer Transaktion erkennen lassen, wurde beobachtet51. CpDKonten sind nach § 30a Abs. 3 AO Konten, für die keine Legitimationsprüfung durchgeführt worden ist52. Daher ist die Abwicklung von Geschäftsvorfällen über CpD-Konten unzulässig, wenn der Name eines Dritten bekannt ist oder unschwer ermittelt werden kann und für ihn bereits ein entsprechendes Konto geführt wird53. Im Hinblick auf Geldwäscheaktivitäten ist neben der Buchung un44 45 46 47 48 49 50 51 52 53

Sehr anschaulich zur Verschleierungsphase: Suendorf, Geldwäsche, S. 184 ff. Suendorf, Geldwäsche, S. 183. Suendorf, Geldwäsche, S. 185. Vergleiche oben Teil 2, D. I. 1. Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 3. Suendorf, Geldwäsche, S. 190. Vgl. Gabler Bank Lexikon, Band 1, S. 369. Vgl. Suendorf, Geldwäsche, S. 147. Gabler Bank Lexikon, Band 1, S. 369. Ebenda.

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vollständiger Zahlungsaufträge ein Missbrauch von CpD-Konten beispielsweise denkbar, wenn ein (bestochener) Bankangestellter trotz bestehendem Kundenkonto Buchungen hierauf vornimmt54. Für den Geldtransfer in das Ausland, oftmals in Länder mit geringen Schutzvorschriften gegen Geldwäsche oder bestechlichen Beamten55, werden unter anderem Scheingesellschaften wie Briefkastenfirmen, beispielsweise aber auch Stiftungen, Treuhänder oder Trusts eingeschaltet56. Durch die Aufsplittung von Transaktionssummen, Barabhebungen oder die Zusammenführung mit legalen Vermögenswerten innerhalb der Handlungskette wird die Rückverfolgung der so genannten „paper trail“ (Papierspur) weiter erschwert57. Mitunter werden im Rahmen des „Layering“ auch Kreditaufnahmen bei Banken, Anlagen im Wertpapierbereich sowie der Abschluss von Lebensversicherungen vorgenommen, um die ursprüngliche Herkunft der Gelder zu verschleiern und eine Zuordnung unmöglich zu machen58. 3. Phase 3 „Integration“ (Legalisierung) Nachdem die illegale Herkunft des Geldes nicht mehr feststellbar ist, wird das nunmehr „gewaschene“ Geld in der letzten Phase des Geldwäschezyklus wie ein Ergebnis rechtmäßiger Geschäftstätigkeit genutzt. Die Einschleusung der Vermögenswerte in den legalen Finanzkreislauf beginnt, beispielsweise durch den Erwerb von Immobilien, Firmenanteilen, Aktienpaketen oder Lebensversicherungen59. Auch wenn Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen in allen drei Phasen der Geldwäsche ansetzen können, ist es in dieser letzten Phase der Geldwäsche für Ermittlungsbehörden kaum noch möglich, die Herkunft der Gelder zu ermitteln, zumal die verdächtigen Personen oftmals auch über legale Einkünfte verfügen und eine Vermischung von legalen und illegalen Geldern wahrscheinlich ist60.

54

Suendorf, Geldwäsche, S. 147. Vgl. Körner, in: Körner/Dach, Geldwäsche, S. 28, Rn. 44, S. 29, Rn. 46; vgl. insoweit auch Financial Action Task Force on Money Laundering, URL: http://www. fatf-gafi.org/document/29/0,2340,en_32250379_32235720_33659613_1_1_1_1,00.html [Stand 09/02/2007] – How is money laundered? 56 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 3; so auch Körner, in: Körner/Dach, Geldwäsche, S. 28, Rn. 44. 57 Vgl. Richards, Transnational Criminal Organizations, Cybercrime, and Money Laundering, S. 48 f. 58 Ausführlich hierzu: Suendorf, Geldwäsche, S. 192 ff. 59 So beispielsweise Diergarten, Geldwäsche Kommentar, S. 13, oder Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 4. 60 Vgl. Suendorf, Geldwäsche, S. 198. 55

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

III. Erscheinungsformen der Geldwäsche Geldwäsche kann in verschiedenen Formen auftreten. Eine dieser Erscheinungsformen stellt die Geldwäsche über alternative Überweisungssysteme und speziell über das Hawala-Finanzsystem dar, auf die im weiteren Verlauf dieses Kapitels näher eingegangen werden wird. Es gibt jedoch auch zahlreiche andere Variationen der Geldwäsche, die in den verschiedenen Phasen der Geldwäsche in Erscheinung treten können und von denen einige im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen. Der nachstehende Überblick zeigt eine Auswahl an verschiedenen Techniken der Geldwäsche in den verschiedenen Phasen nebst Involvierung bestimmter Wirtschaftsbereiche in den Geldwäscheprozess. Es wird deutlich, dass die drei Phasen nicht zwingend nacheinander ablaufen müssen, sondern auch Verlage3. Techniken der Integration/3. Stufe Direktinvestitionen Darlehen Beteiligung an Geschäften, Unternehmenserwerb, Immobilienkäufe, etc. 2. Techniken des Layerings/2. Stufe Internationale Transaktionen über Banken, Money Transmitter, Alternative Überweisungssysteme, etc. Anlage- und Wertpapierbereich, Lebensversicherungen Offshore-Zentren Unter-/Überfakturierung 1. Techniken des Placements/1. Stufe Banken (Bargeldeinzahlungen auf Konten, Sorten- und Devisentausch, Reiseschecks, Tafelgeschäfte), Money Transmitter, Wechselstuben Alternative Überweisungssysteme Kauf von Sachwerten, Begleichung von Warenrechnungen Unternehmensgründungen, Kapitalanlagegesellschaften, Glücksspiel o. ä. Techniken des Transfers – Vorstufe der Geldwäsche Transfer Transfer Transfer Transfer

von Geld und Gütern mittels Überweisung mittels Alternativer Überweisungssysteme (z. B. „Hawala“) mittels Unter-/Überfakturierung

Quelle: In Anlehnung an Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche. Formen, Akteure, Größenordnung – und warum die Politik machtlos ist, S. 7.

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rungen möglich sind, oder bestimmte Stufen gleichzeitig ablaufen können61. Auch können bestimmte beteiligte Wirtschaftsbereiche unter Umständen auf mehreren oder allen Stufen des Geldwäscheprozess in Erscheinung treten. Ist die Platzierung der illegalen Erlöse in einem bestimmten Land mit einem erheblichen Risiko verbunden, wird unter Umständen auf einer Vorstufe zur eigentlichen Geldwäsche ein Geldtransfer in das Ausland bevorzugt, wo die Platzierungsphase eingeleitet werden kann62. 1. Techniken der Geldwäsche Die zur Geldwäsche verwendeten Techniken sind aufgrund ihrer Vielfalt nur schwer eingrenzbar. Der nachfolgende Überblick beschränkt sich daher auf einige besonders relevante, häufig zu beobachtende Techniken und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. a) Geldwäsche über Bartransaktionen Bargeldtransaktionen stellen eine gängige und häufig angewandte Technik im Geldwäscheprozess dar. So fällt in vielen Bereichen der (organisierten) Kriminalität, beispielsweise der Betäubungsmittelkriminalität, der Prostitution oder dem Glücksspiel Bargeld durch Straftaten an, das in Buchgeld umgewandelt werden muss63. Die Geldwäsche über Bartransaktionen ist dabei zwar grundsätzlich für alle Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz relevant, insbesondere jedoch für den Banken- und Finanzdienstleistungsbereich. Andere Möglichkeiten der Umwandlung von deliktischem (Bar-)Geld sind unter anderem Anlagen in beweglichen Sachanlagen, in stillen Gesellschaften sowie Darlehensgewährungen64. Betrachtet man in diesem Zusammenhang die im Jahr 2005 in Deutschland gemäß GwG abgegebenen Verdachtsanzeigen nebst Verdachtsgründen, wurde der Verdachtsgrund „Barzahlung“ mit 4.429 Fällen mit Abstand am häufigsten genannt65. Umso wichtiger ist es daher für die Geldwäscher, das Vorhandensein hoher Bargeldbestände gut zu tarnen, indem ein legales Geschäft vorgetäuscht wird, dass üblicherweise mit einem hohen Bargeldanfall einhergeht, beispielsweise in der Gastronomie, Spielbanken oder dem Gebrauchtwagenhandel66. 61

Suendorf, Geldwäsche, S. 145. Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche. Formen, Akteure, Größenordnung – und warum die Politik machtlos ist, S. 14. 63 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 9. 64 Körner, in: Körner/Dach, Geldwäsche, S. 28, Rn. 43. 65 FIU Deutschland, Jahresbericht 2005, S. 18. 66 Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 14. Zu den einzelnen Wirtschaftsbereichen vgl. unten Teil 4, B. III. 2. 62

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b) Transaktionen über das Finanzsystem Neben den bereits im Rahmen der Ausführungen zum Layering geschilderten Techniken der Transaktion von Geldern über das Finanzsystem, wie der Überweisung von Geldern in das Ausland, die meist über „Kettentransaktionen“, d.h. mehrere hintereinander geschaltete, zumeist wirtschaftlich sinnlose Überweisungen über verschiedene Ländergrenzen erfolgen, und Zahlungen unter Zuhilfenahme von Dokumenteninkassi, Akkreditiven oder Bankenorderschecks, soll an dieser Stelle lediglich noch das Phänomen des Phishing hervorgehoben werden. Unter Phishing wird im Wesentlichen das Ausspionieren von Persönlicher Identifikationsnummer (PIN) und TAN-Nummern von Bankkunden über das Internet verstanden, um damit Finanztransaktionen durchzuführen. Zum Phänomen des Phishing bzw. der so genannten Finanzagenten wurden nach Angaben der FIU im Jahr 2005 insgesamt 346 Verdachtsanzeigen erstattet67. Phishing als Vorbereitung der tauglichen Katalogtat Betrug für die strafbare Geldwäsche sei im Zusammenhang mit dem Phänomen der Finanzagenten zu sehen, über die illegal erlangte Vermögenswerte gewaschen werden sollen68. Dabei werden Personen – meist über Angebote im Internet – angeworben und durch das Versprechen einer Provision dazu gebracht, ihr Bankkonto für Transaktionen zur Verfügung zu stellen. Im Wesentlichen besteht die Tätigkeit der Personen dann darin, über das inländische Bankkonto Zahlungen Dritter entgegen zu nehmen und diese nach Abzug der versprochenen Provision möglichst umgehend per Bargeldversand an eine im Ausland befindliche Person zu überweisen; die überwiesenen Gelder stammen dabei meist von Dritten, die Opfer krimineller, insbesondere betrügerischer Handlungen geworden sind69. c) Geldwäsche über den Warenhandel und sonstige Gewerbezweige Eine weitere Methode der Geldwäsche ist die Geldwäsche durch vorgetäuschte Warengeschäfte. Aber auch die Über-, Unter- bzw. Doppelfakturierung von Rechnungen, die falsche Deklaration von Gütern oder so genannte „backto-back-loan“-Finanzierungsgeschäfte stellen gängige Methoden der Geldwäsche im Warenhandel dar70. Die Geldwäsche unter Zuhilfenahme von fingierten Handelsgeschäften oder mittels der Transaktion von Gütern zu absichtlich überhöhten Preisen wird neben der Geldwäsche über das Finanzsystem und dem physischen Transport von Geldnoten als eine der Hauptmethoden angesehen,

67

FIU Deutschland, Jahresbericht 2005, S. 19. FIU Deutschland, Jahresbericht 2005, S. 19. 69 BaFin, Schreiben vom 10.06.2005 zur Tätigkeit als „Finanzagent“. 70 Vgl. Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 16 ff.; FATF, Trade Based Money Laundering 2006, S. 4. 68

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die Herkunft illegaler Gelder zu verschleiern und diese wieder in den legalen Wirtschafts- und Finanzkreislauf zu integrieren71. „Back-to-back-loan“-Geschäfte sind Finanzierungsmethoden, bei der eine Person oder ein Unternehmen aus illegalen Quellen stammende Gelder bei einer Bank als Garantie für eine Investition oder Finanzierung eines anderen Unternehmens des gleichen Konzerns durch die gleiche Bank hinterlegt72. Die Täter, die sich wirtschaftlich betrachtet, ihr eigenes Geld von der Bank leihen, sind mittels dieser Konstruktion dazu in der Lage, nachzuweisen, dass ihre finanziellen Mittel aus einem Bankdarlehen stammen73. Bei der Überfakturierung werden für eine zu liefernde Ware überhöhte Rechnungen ausgestellt, die über dem tatsächlichen Wert der Ware liegen. Der Aussteller kann so einerseits anhand der überhöhten Rechnung schriftlich den Rechnungsbetrag belegen und andererseits dem zum Ausgleich der Differenz beigemischten illegalen Geld den Schein eines legalen Warengeschäftes verleihen. Im Gegensatz hierzu hat bei der Unterfakturierung die gelieferte Ware einen höheren Wert als der in der Rechnung angegebene und gezahlte Preis. Die Unterfakturierung von Rechnungen wird häufig bei Luxusgütern mit undurchsichtiger Preisgestaltung angewendet74. Bei der Doppelfakturierung von Gütern werden für ein und dieselbe Warenlieferung mehrere Rechnungen ausgestellt; auf diese Weise sind Geldwäscher in der Lage, mehrere Zahlungen für eine Lieferung zu begründen75. Selbst wenn ein Fall von Doppelfakturierung einmal entdeckt werden sollte, gibt es eine Reihe von legitim erscheinenden Erklärungen für das mehrfache Vorhandensein einer Rechnung, wie beispielsweise Änderungen in den Zahlungsbedingungen oder im Zahlungsziel, geänderte Zahlungsanweisungen oder die Nachzahlung von Gebühren76. Beispiel 77: Eine norwegische Gesellschaft kaufte Waren von einem deutschen Unternehmen und gab in der Folge die Anweisung, dass die Güter an eine Filiale des norwegischen Unternehmens mit Sitz in den Balkanstaaten ausgeliefert werden sollten. Die deutsche Firma übersandte dem Vertragspartner in Norwegen sodann eine Rechnung über den Warenkauf, der von dem Norweger Unternehmen mittels elektronischer Überweisung beglichen wurde. Daraufhin übersandte die Hauptstelle des Unternehmens in Norwegen seiner Filiale in den Balkanstaaten seinerseits eine 71

Vgl. FATF, Trade Based Money Laundering 2006, S. 1. Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 16. 73 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 16. 74 Heim, Organisierte Geldwäsche durch überfakturierte Ost-. West-Geschäfte, Kriminalistik 2002, S. 600. 75 FATF, Trade Based Money Laundering 2006, S. 5. 76 FATF, Trade Based Money Laundering 2006, S. 5. 77 FATF, Trade Based Money Laundering 2006, S. 17. 72

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

(deutlich höhere) Rechnung, die neben dem Preis für die Warenlieferung verschiedene überhöhte Verwaltungskosten beinhaltete. Die Gesellschaft mit Sitz auf dem Balkan beglich diese Rechnung der norwegischen Muttergesellschaft durch Bareinzahlung auf ein Bankkonto des norwegischen Unternehmens. Vermutlich handelte es sich bei diesem bar eingezahlten Geld um Einnahmen, die aus Verbrechen stammten. In diesem Fall hat die norwegische Gesellschaft die Waren gegenüber der Filiale auf dem Balkan neu fakturiert, um deren Wert deutlich zu überhöhen. Die Zahlung, die die Filiale mit Sitz in den Balkanstaaten sodann in bar vorgenommen hat, enthielt weder einen Hinweis auf die zugrunde liegende Rechnung noch auf die Warenlieferung an das Unternehmen. Dieser Umstand erschwerte es in besonderem Maße, Rechnungen und Zahlungen miteinander zu vergleichen. Im Ergebnis konnten hier mit einem minimalen Risiko der Entdeckung Gelder von dem Unternehmen auf dem Balkan nach Norwegen transferiert werden.

Eine neue Methode der Geldwäsche über den Warenhandel stellt nach Angaben des BKA das Vorgehen von Internetbetrügern dar, die zum Schein auf kostspielige Geschäfte mit Privatleuten oder Firmen eingehen, um wenig später die geleisteten Zahlungen oder Vorauszahlungen wieder zurückzuverlangen78. Häufig geht es in diesen Fällen um den Kauf von Gebrauchtwagen oder Ferienwohnungen. Typisch seien auch umfangreiche Bestellungen hochwertiger Waren, die später storniert oder auf ein Minimum reduziert würden. d) Geldwäsche mittels Scheinfirmen und Offshore-Banken Neben der Kapitalflucht und der Steuerhinterziehung bieten so genannte Offshore-Zentren auch für Geldwäscher attraktive Rahmenbedingungen. Banktechnisch gesehen sind Offshore Finanzmärkte Märkte mit Handelsplätzen entweder außerhalb des hoheitlichen Geltungsbereichs der gehandelten Währung oder Märkte, die von bestimmten legislativen bzw. kreditpolitischen Bestimmungen des betreffenden Staates ausgenommen sind79. Wichtige Offshore-Zentren sind beispielsweise die Bahamas, die Cayman Islands, die Bermudas, Panama, die Niederländischen Antillen, Barbados, die Kanalinseln, die Isle of Man, aber auch bestimmte Bundesstaaten in den USA80. Gemeinsam ist den meisten Offshore-Zentren die fehlende oder eingeschränkte Bankenaufsicht, ein ausgeprägtes Bankgeheimnis, fehlende Buchführungspflichten, mangelhafte Steuerkontrolle, unzureichende Rechtshilfebestim78 Vgl. die Meldung bei Heise Online vom 20.10.2006, abrufbar unter http://www. heise.de/newsticker/result.xhtml?url=/newsticker/meldung/79803&words=Geldw%E4 sche [Stand 27/02/2007]. 79 Gabler Bank Lexikon, Band 3, S. 1166. 80 Gabler Bank Lexikon, Band 3, S. 1166; vgl. auch Körner, in: Körner/Dach, Geldwäsche, S. 28, Rn. 44 ff.

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mungen und mangelhafte Strafvorschriften81. Diese Eigenschaften machen die Nutzung von Offshore Finanzplätzen für Geldwäscher vor allem in der Phase des Layerings (2. Phase der Geldwäsche) interessant, in der die ursprüngliche Herkunft der inkriminierten Gelder verschleiert und die Zuordenbarkeit erschwert werden sollen. Mit den genannten Vorteilen der Offshore-Zentren einher geht die Möglichkeit der Errichtung von Briefkastenfirmen, Trusts und Holdings mit geringen Publizitätsanforderungen82. Eine Briefkastenfirma oder Domizilgesellschaft ist eine Gesellschaft, die lediglich eine Adresse unterhält, ohne eine unternehmerische Tätigkeit vor Ort vorauszusetzen, vorzugsweise in Staaten mit niedrigen Steuersätzen und einem Gesellschaftsrecht, das für die Errichtung der Gesellschaft die Bestellung eines Repräsentanten mit Postvollmacht ausreichen lässt83. Neben der Erlangung von Steuervorteilen dienen Briefkastengesellschaften auch der Steuerhinterziehung und der Verschleierung von Geldströmen, insbesondere im Rahmen der Geldwäsche84. Eine Scheinfirma ist dagegen ein Unternehmen, welches zwar formal rechtlich existiert, aber regelmäßig keine oder kaum wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt, die die Einkünfte des Unternehmens erklären könnten. Meist werden bei Scheinfirmen nur der Name oder die Adresse benutzt, um die Vorteile der Firma zu nutzen und eine legale Wirtschaftstätigkeit vorzutäuschen. Folgenden Fall von Geldwäsche unter Verwendung einer Scheinfirma mit Geschäftssitz in Deutschland schildert das BKA85: Beispiel: Mehrere russische Staatsangehörige waren als Geschäftsführer von zwei in Deutschland eingetragenen, mutmaßlich geschäftlich inaktiver Firmen eingesetzt worden. Die Privatanschrift eines weiteren Geschäftsführers, eines deutschen Steuerberaters, diente als Anschrift der beiden Firmen. Von den Firmenkonten wurden häufig Auslandsüberweisungen – vorwiegend in die Russische Föderation – getätigt, wobei die Zahlungsaufträge immer per Fax erteilt wurden. Geldeingänge wurden zeitnah entweder bar abverfügt oder betragsgleich in das Ausland weitergeleitet. Die eingegangenen Beträge wurden sodann über diverse ausländische Banken in Offshore-Gebieten auf die Firmenkonten in Deutschland geleitet. Branchenübliche Geldbewegungen, die die Einkünfte der Unternehmen erklären könnten, wurden jedoch nicht festgestellt.

81 Vgl. Körner, in: Körner/Dach, Geldwäsche, S. 28, Rn. 44 ff.; Harnischmacher, Internationale Geldwäsche, Kriminalistik 2002, S. 655 f. 82 Vgl. Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 28 m.w. N. 83 Alpmann Brockhaus, Fachlexikon Recht, S. 282. 84 Vgl. Körner, in: Körner/Dach, Geldwäsche, S. 28, Rn. 44 ff.; Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 10. 85 FIU Deutschland, Jahresbericht 2005, S. 28.

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e) Sonstige Erscheinungsformen der Geldwäsche aa) Grenzüberschreitender Bargeldtransport Der grenzüberschreitende Bargeldtransport wird von der FATF als eine der am häufigsten verwendeten Methoden der Geldwäsche angesehen86. Die körperliche Verbringung von Bargeld über die Grenze kann beispielsweise als klassisches Koffergeschäft mittels Privatpersonen, Kurierfirmen oder Busunternehmen erfolgen87. Auch die physische Verbringung illegaler Gelder mit dem Flugzeug in das Ausland, oftmals in Offshore-Zentren und in letzter Zeit auch vermehrt in die osteuropäischen Staaten, nimmt zu88. Eine andere Erscheinungsform stellt das Verstecken von Bargeld in Frachtlieferungen dar; teilweise werden bei dieser Methode ganze Unternehmen aufgekauft, die mit dem Transport von Waren befasst sind und sodann das „schmutzige“ Geld in den Warenlieferungen verborgen89. Die Zunahme des körperlichen Transports von inkriminiertem Bargeld in das Ausland wird unter anderem auf die engmaschiger werdenden Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen in Banken und bei Finanzdienstleistern zurückgeführt90; inkriminierte Gelder können in Staaten mit geringeren Schutzvorschriften gegen Geldwäsche einfacher gewaschen werden als im Inland. Zudem unterliegt die Bargeldausfuhr und -einfuhr in Deutschland keinen Beschränkungen oder Deklarationspflichten91. In diesem Zusammenhang sei allerdings auf § 12a Zollverwaltungsgesetz (ZollVG)92 verwiesen, der den Zollbediensteten ein Fragerecht einräumt, wonach Personen auf Verlangen der Zollbediensteten Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel im Wert von 15.000 Euro oder mehr, die sie in die, aus den oder durch das Zollgebiet der Gemeinschaft verbringen oder befördern, nach Art, Zahl und Wert anzuzeigen sowie die Herkunft, den wirtschaftlich Berechtigten und den Verwendungszweck darzulegen haben, § 12a Abs. 1 ZollVG93.

86

FATF, Trade Based Money Laundering 2006, S. 1. Vgl. zum Koffergeschäft Suendorf, Geldwäsche, S. 159 f.; Findeisen, WM 2000, 2125, 2131. 88 Suendorf, Geldwäsche, S. 160. 89 Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 20. 90 Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 20. 91 Suendorf, Geldwäsche, S. 158. 92 Zollverwaltungsgesetz (ZollVG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2125 (1993, 2493)), zuletzt geändert durch Artikel 31 des Gesetzes vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1818). 93 Vgl. hierzu im Einzelnen die Ausführungen unten unter Teil 4, D. IV. 3. 87

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bb) Trusts und Stiftungen Auch Trusts und Stiftungen eignen sich aufgrund ihrer vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten und ihres hohen Anonymisierungsgrades zur Geldwäsche, zumal diese Gestaltungsformen in vielen Staaten legal sind. Gemeinsames Merkmal von Trusts und ähnlichen Organisationsformen ist, dass der wirtschaftlich Berechtigte an den (inkriminierten) Geldern nach außen hin nicht in Erscheinung tritt. Nach der Definition des Haager Übereinkommens über das auf Trusts anwendbare Recht und deren Anerkennung vom 01.07.1985 94 ist ein Trust „ein Rechtsverhältnis, bei dem ein Treugeber seine Vermögenswerte an einen Verwalter, den Treuhänder, zugunsten einer dritten Person, dem Begünstigten oder zu einem bestimmten Zweck überträgt. Während der Treuhänder zum rechtmäßigen Eigentümer des Vermögens wird, wird der Begünstigte zum wirtschaftlich Berechtigten. Ein Trust bezeichnet damit kein Rechtssubjekt, sondern eine Verbindung zwischen (juristischen) Personen, Treugeber, Treuhänder und Begünstigtem95. Trusts können verschiedenste Erscheinungsformen annehmen; je nach Gesetzgebung der einzelnen Staaten sind dabei die an Trusts zu stellenden Kontrollund Transparenzanforderungen unterschiedlich stark ausgestaltet: Während in einigen Ländern weder die Identität der Beteiligten noch der Zweck des Trusts zu dokumentieren sind, gibt es Arten von Trusts, bei denen entweder die Identität des Begünstigten nicht angegeben werden muss, oder nur der Treuhänder namentlich benannt wird und die Identität der übrigen Beteiligten nicht aufgedeckt werden muss96. Damit eignen sich Trusts in besonderem Maße für Geldwäschezwecke, wobei insbesondere für die Phasen des Layering und der Integration (Phasen 2 und 3) von einer verstärkten Nutzung ausgegangen werden dürfte. Beispiel 97: Eine Person B baute eine internationale Struktur von On- und Offshore Gesellschaften sowie verschiedenen Trusts auf, um Versicherungsgesellschaften aufzukaufen. Die Versicherungsgesellschaften wurden sodann unter Einschaltung der Trusts aufgekauft, um die persönliche Beteiligung des B zu verbergen. Das Vermögen der aufgekauften Gesellschaften wurde anschließend abgeleitet und für persön94 Die Definition von Trusts in Artikel 2 des Haager Übereinkommens über das auf Trusts anwendbare Recht und deren Anerkennung vom 01.07.1985 lautet im Original: „For the purposes of this Convention, the term ,trust‘ refers to legal relationships created . . . by a person, the settlor, when assets have been placed under the control of a trustee for the benefit of a beneficiary or for a specified purpose.“ 95 FATF, The Misuse of Corporate Vehicles, including Trust and Company Service Providers, S. 25. 96 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 27 f. 97 FATF, The Misuse of Corporate Vehicles, including Trust and Company Service Providers, S. 4.

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liche Zwecke verwendet. Dabei wurde die Trockenlegung des Vermögens verborgen, indem die Gelder mittels elektronischer Überweisung auf Konten innerhalb und außerhalb der USA transferiert wurden. Nach dem Erwerb der Gesellschaften übertrug B mehrere Millionen US-Dollar an Währungsreserven auf eine amerikanische, ebenfalls von ihm gegründete Gesellschaft. Von dort aus wurde das Kapital im Auftrag einer anderen von B kontrollierten Gesellschaft auf ein weiteres Konto einer Offshore Bank übertragen. Auf dem Konto der Offshore Bank gutgeschrieben, verwendete B die Guthaben für seinen persönlichen Bedarf. Auf diese Weise wurden über einen Zeitraum von 9 Jahren insgesamt etwa 225 Millionen US-Dollar gewaschen.

Die Stiftung ist eine in Deutschland legale Rechtsform und in §§ 80 bis 88 BGB geregelt. Diese wird definiert als „eine mit Rechtsfähigkeit ausgestattete, nicht verbandsmäßig organisierte Einrichtung, die einen vom Stifter bestimmten Zweck mit Hilfe eines dazu gewidmeten Vermögens dauernd fördern soll“ 98. Je nach Landesrecht und Ausgestaltung der Transparenzvorschriften99 können Stiftungen ebenso wie Trusts von einem hohen Anonymisierungsgrad profitieren, weswegen auch Stiftungen im Hinblick auf die Nutzung für Geldwäschezwecke kritisch zu sehen sind. Für Geldwäschezwecke kann beispielsweise die Stiftung nach liechtensteinischem Recht unter anderem nach folgendem Schema genutzt werden100: Ein ausländischer Kapitaleigner gründet eine Offshore-Stiftung mit lediglich juristischem Sitz in Liechtenstein. Nach der Gründung der Stiftung werden im Namen der Stiftung sodann Konten bei Schweizer oder Liechtensteiner Banken eröffnet. Sämtliche nachfolgenden Bartransaktionen werden sodann von einem von der Bank vorgeschlagenen Treuhänder durchgeführt. Hier wird also ein Stiftungsauftrag einem Strohmann, in der Regel einem Treuhänder oder Rechtsanwalt übertragen, so dass der wahre wirtschaftlich Berechtigte an den inkriminierten Geldern, der Straftäter, nicht in Erscheinung tritt. Da je nach Stiftungsart weder eine Eintragung in das Öffentlichkeitsregister erforderlich ist, noch Buchführungspflichten bestehen, existiert auch keine Vorlagepflicht bei der liechtensteinischen Steuerbehörde. Der Begünstigte bleibt dabei anonym, zumal dieser auch nicht aus den Errichtungsdokumenten der Stiftung, die beim liechtensteinischen Öffentlichkeitsregister zu hinterlegen sind, ersichtlich ist.

98 BayObLG NJW 73, 249; vgl. auch Palandt/Heinrichs, BGB-Kommentar, Vor § 80, Rn. 1, 5. 99 Als besonders anfällig für die Nutzung zur Geldwäsche ist die Stiftung nach liechtensteinischem Recht zu sehen. Diese kann jederzeit aufgelöst werden, der Stifter darf sich unter anderem selbst begünstigen und als alleiniges Entscheidungsorgan eingesetzt werden. Vgl. insoweit Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 29. 100 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 30 f.

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cc) Immobilien, Anlage- und Wertpapierbereich, Gold- und Diamantenmarkt Der Gold- und Diamantenmarkt, der Handel mit Immobilien und sonstigen Wertgegenständen sowie letztlich der gesamte Anlage- und Wertpapierbereich sind weitere Anlaufstellen von Geldwäschern. Vor allem der Handel mit Gold als dem einzigen Rohmaterial, das mit Geld vergleichbar ist, scheint von Geldwäschern im Vergleich zu anderen Edelmetallen oder Diamanten bevorzugt zu werden101. Die Handelbarkeit von Gold auf den Weltmärkten, die Akzeptanz als Devisenmedium, die Anonymität sowie die leichte Änderbarkeit in der Form bergen nach Ansicht der FATF ein besonderes Gefahrenpotential, welches die Goldmärkte für die Geldwäsche anfällig macht102. Darüber hinaus eigne sich der Goldmarkt ebenso wie der Warenhandel zur Geldwäsche mittels Über-, Unter- oder Doppelfakturierung von Rechnungen sowie mittels falscher Lieferungen. Ähnliches gilt für den Handel mit Immobilien und sonstigen Wertgegenständen. Zum einen können inkriminierte Gelder durch die Veräußerung hochpreisiger Güter weit unter oder über dem Marktwert gewaschen werden103. Zum anderen können durch den Erwerb beispielsweise von Immobilien, Schiffen oder Flugzeugen große Bargeldmengen in unverdächtige Vermögenswerte umgewandelt werden. dd) Umsatzsteuerkarusselle § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB legt die banden- oder gewerbsmäßige Steuerhinterziehung gemäß § 370a AO als mögliche Vortat der Geldwäsche fest. In diesem Zusammenhang ist der modus operandi so genannter Umsatzsteuerkarusselle in den Blickpunkt von Geldwäscheermittlungen gerückt104. Mit dem am 01.01.1993 in Kraft getretenen EG-Binnenmarktgesetz, das den steuerneutralen innergemeinschaftlichen Warenverkehr regelt, entfiel die Einfuhrumsatzsteuer bei grenzüberschreitendem Warenverkehr innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Hierdurch konnte mit den Umsatzsteuerkarussellen eine neue Methode der Steuerhinterziehung entwickelt werden. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss mehrerer Personen, die Firmen im Inland und in Staaten der Europäischen Union gründen oder aufkaufen, um die innerstaatliche 101 Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 34. 102 FATF, Report on Money Laundering Typologies 1997–1998, Nr. 35 ff. 103 Zum Folgenden: Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 34. 104 Vgl. die Darlegung bei Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 20.

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Umsatzsteuer, die beim Verkauf von Waren fällig wird, zu hinterziehen105. Durch die Steuerhinterziehung kann die Ware dann deutlich unter dem Abgabepreis des Herstellers an den Großhandel angeboten und weiter veräußert werden. Wird die Ware durch Weiterveräußerung an die ursprünglich liefernde Auslandsfirma erneut in diesen Kreislauf eingebracht, entsteht ein Umsatzsteuerkarussell. ee) Virtuelle Welten Besonders in letzter Zeit nehmen auch die Warnungen vor Geldwäschegefahren zu, die von so genannten virtuellen Welten wie Second Life oder World of Warcraft ausgehen. Da diese virtuellen Märkte derzeit noch keiner ausreichenden rechtlichen Regelung unterworfen sind, wird vermehrt gefordert, virtuelle Währungen wie beispielsweise den Linden-$ bei Second Life derselben Aufsicht und Kontrolle wie reales Geld zu unterwerfen, um mögliche Schlupflöcher für Geldwäsche, Betrug und Steuerflucht zu schließen106. Überlegungen zielen im Wesentlichen darauf ab, die Betreiber der virtuellen Welten letztlich denselben aufsichtsrechtlichen Regelungen wie Kreditinstituten und Finanzdienstleistern zu unterwerfen, so dass diese zukünftig unter anderem auch verdächtige (virtuelle) finanzielle Transaktionen zu melden hätten. Im Zusammenhang mit Möglichkeiten des Kreditkartenbetruges, des Eindringens in Datenbanken und des Diebstahls persönlicher Daten (identity theft), der Steuerflucht und der unkontrollierbaren Verschiebung von Geldern über staatliche Grenzen weist beispielsweise das britische Fraud Advisory Panel des Institute of Chartered Accountants in einem Bericht von Anfang Mai 2007 auf die Gefahr des Geldwaschens durch falsche Online-Identitäten in virtuellen Welten hin107. Auch seitens der USA wurde mittlerweile eine Überprüfung der rechtlichen Situation finanzieller Transaktionen in virtuellen Welten durch den gemeinsamen Wirtschaftsausschuss des Senats und des Repräsentantenhauses angekündigt108.

105 Zum Folgenden: Bundeskriminalamt, Lagebild Organisierte Kriminalität 2000 Bundesrepublik Deutschland, S. 28. 106 Vgl. hierzu den Bericht bei o.V., Virtuelle Währungen sollten denselben Gesetzen wie wirkliches Geld unterworfen werden, in: Heise Online vom 15.05.2007. 107 Der Bericht des Fraud Advisory Panel kann unter URL: http://www.fraudadvi sorypanel.org/newsite/PDFs/pressreleases/Government%20Should%20Extend%20Le gislation%20into%20Virtual%20World%20010507.pdf [Stand 18/05/2007] abgerufen werden. 108 So die Pressemitteilung durch den gemeinsamen Wirtschaftsausschuss des Senats und des Repräsentantenhauses vom 17. Oktober 2006, abrufbar unter URL: http://www.house.gov/jec/news/news2006/pr109-98.pdf [Stand 18/05/2007].

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Hintergrund dieser Warnungen sind unter anderem die Schnittstellen solcher virtuellen Welten zur realen Welt, die Einbindung in den realen Wirtschaftskreislauf. Second Life beispielsweise ist eine seit dem Jahr 2003 angebotene 3D-Web-Plattform einer von den Benutzern gestalteten virtuellen Welt, in der Menschen spielen, Handel betreiben und miteinander kommunizieren können. Auch wenn virtuelle Welten wie Second Life bislang vor allem dazu dienen, virtuelle Güter und Dienstleistungen über virtuelles Geld zu kaufen und verkaufen, ist Second Life ebenfalls in den realen Wirtschaftskreislauf eingebunden. So bietet der Betreiber Linden Lab den Teilnehmern die Möglichkeit, virtuelles Geld zu einem bestimmten festgelegten Wechselkurs in reale Währung umzutauschen oder umgekehrt. Nach Informationen von Linden Lab sind jeden Monat Millionen virtueller Linden-Dollar für Produkte und Dienstleistungen, die von den Bewohnern selbst entworfen und angeboten werden, im Umlauf109. Dieses virtuelle Geld kann nach Angaben des Betreibers dann über Drittanbieter, die teilweise sogar „Geldautomaten“ in Second Life bereithalten, um Transaktionen zu vereinfachen, gegen reales Geld umgetauscht werden. Der Verschiebung virtueller Gelder über staatliche Grenzen, die dann problemlos in reale Währungen zurückgetauscht werden können, sind auf diesem Wege kaum Grenzen gesetzt; eine Aufsicht und Kontrolle, wie sie beispielsweise im Zahlungsverkehrsbereich der Finanzdienstleister erfolgt, entfällt weitestgehend. Eine weitere Schnittstelle zur realen Welt und damit die Möglichkeit der Nutzung zu illegalen Zwecken ergibt sich beispielsweise, wenn virtuelle Güter zu teilweise immensen Preisen über Online Auktionshäuser wie eBay ersteigert oder versteigert werden, um diese dann in Online-Plattformen wie Second Life für sich nutzbar zu machen oder weiter zu veräußern. 2. Die Rolle verschiedener Wirtschaftsbereiche im Geldwäscheprozess In den Geldwäscheprozess können verschiedenste Wirtschaftsbereiche eingebunden sein. Neben Banken und alternativen Überweisungssystemen im Banken bzw. Parabankenbereich stellen im Nichtbankenbereich unter anderem Money Remittance Agencies, Wechselstuben, Versicherungen und bestimmte Personen- bzw. Berufsgruppen besondere Risikogruppen dar, die in einer oder auch mehreren Phasen der Geldwäsche eine Rolle spielen können.

109 So die Information von Linden Lab über Second Life auf URL: http://second life.com/ [Stand 17/05/2007].

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

a) (Spezial-)Kreditinstitute und Finanztransferdienstleister im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG aa) Kreditinstitute Transaktionen über das Finanzsystem sind eine einfache und häufig verwendete Methode der Umwandlung von Bargeld in Buchgeld. So stellt der Bankensektor trotz der zwischenzeitlichen Implementierung umfangreicher Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche nach wie vor eines der wichtigsten Einfallstore für die Platzierung illegaler Gelder dar110. So spielen neben der Bargeldeinzahlung auf Konten vor allem die Bereiche des Sorten- und Devisentausches sowie die Ausgabe von Reiseschecks eine wichtige Rolle für die Platzierung inkriminierter Gelder111. Kreditinstitute können aber auch in den anderen Phasen der Geldwäsche eine zentrale Rolle spielen; so beispielsweise im Zahlungsverkehrsbereich bei der Unterbringung von Bargeldbeständen, der Inanspruchnahme bankspezifischer Finanzdienstleistungen zur Verteilung, wie etwa einer (durch Bürgschaft abgesicherten) Kreditaufnahme, im Anlage- und Wertpapierbereich112 oder durch Hilfe bei der Integration, etwa durch das Ausstellen von Schecks, Wechseln oder die Durchführung von Darlehenstransaktionen113. (1) Zahlungsverkehrsbereich Nachdem in einem ersten Schritt die Platzierung der Gelder erfolgt ist, regelmäßig durch die Einzahlung von Bargeldbeträgen auf ein Konto oder Sparbuch bei einer Bank (ggf. durch vorherige Aufsplittung in viele kleinere Beträge, Smurfing), werden die zu Buchgeld gewordenen Bargeldbestände in der zweiten Phase der Geldwäsche, dem „Layering“ durch zahlreiche hintereinandergeschaltete Überweisungen oftmals auf Nummernkonten in Ländern mit striktem Bankgeheimnis oder zu Offshore-Banken transferiert114. Neben den so genannten Clean Payments, also nicht dokumentären Zahlungen in das Ausland wurden seltener auch Zahlungen im Zusammenhang mit Geldwäscheaktivitäten beobachtet, die mit einem Inkasso- oder Akkreditivgeschäft verbunden sind115. Da hinter diesen Transaktionen regelmäßig ein durch Dokumente belegbares Warengeschäft zu stehen scheint, sind in diesem Bereich verdächtige Transaktionen für Bankmitarbeiter oftmals nur schwer zu erkennen; in der Regel ist dies 110

Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 9. Suendorf, Geldwäsche, S. 162 ff. 112 Suendorf, Geldwäsche, S. 192 ff. 113 Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 27. 114 Vgl. Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 21 ff.; Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 18. 115 Vgl. Suendorf, Geldwäsche, S. 190. 111

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dann der Fall, wenn das Grundgeschäft nicht plausibel, oder die Zahlungsform nicht wirtschaftlich erscheint116. Da dokumentäre Zahlungen aber regelmäßig teurer als einfache Überweisungen sind und wegen des Erfordernisses der Vorlage spezieller Dokumente (Konnossemente, etc.) zu aufwendig, ist diese Zahlungsform für Geldwäschezwecke nicht besonders attraktiv. (2) Tafelgeschäfte117 und Terminbörsen Eine weitere Möglichkeit der Einbeziehung von Banken in Geldwäscheaktivitäten stellt der Erwerb von Inhaberpapieren (insbesondere Bankschecks) dar118. Da sich auf den Inhaberpapieren kein Hinweis auf den Berechtigten befindet, können die Inhaberpapiere vor der Einlösung auf andere Personen übertragen werden, um die Papierspur zu unterbrechen. Des Weiteren wurde die Verwendung fundierter Anleihen beobachtet, d.h. Darlehen, die durch Einlagen gesichert sind. Hierbei werden die zu waschenden Gelder zur Rückführung der Darlehen verwendet, mit dessen Valuta zuvor meist ausländische Spekulationsgeschäfte finanziert wurden. Auch der Effektenmarkt119 und schließlich Terminbörsen werden, etwa durch fiktive Warentermin- oder Optionsgeschäfte für Geldwäschezwecke missbraucht120. (3) Korrespondenzbanken Auch im Korrespondenzbankenverkehr wird ein erhebliches Missbrauchspotential für Geldwäschezwecke gesehen121. Ein Korrespondenzverhältnis liegt vor, wenn zwei Banken in ständiger Geschäftsverbindung miteinander stehen 116

Zum Folgenden: Suendorf, Geldwäsche, S. 190. Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 286: Tafelgeschäfte liegen vor, wenn Kreditinstitute am Schalter Wertpapiere Zug um Zug gegen Barzahlung verkaufen oder effektive Stücke gegen Barzahlung kaufen. Allerdings muss bei Tafelgeschäften eine Legitimationsprüfung des Kunden und die Prüfung seiner devisenrechtlichen Stellung durchgeführt werden. Dabei ist die Aufzeichnung von Namen, Geburtsort und -datum sowie Staatsangehörigkeit und Anschrift im Rahmen der Auskunftspflicht nicht nur nach dem GwG, sondern ebenfalls nach § 16 WpHG erforderlich. 118 Zum Folgenden: Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 17. 119 Bei der „cross-trading“ genannten Transaktion werden von einer scheinbar unbeteiligten AG Aktien oder Obligationen herausgegeben, die mit den aus illegalen Quellen stammenden Geldern erworben werden. Der Käufer erhält legal erscheinende Wertpapiere, während der beteiligte Geschäftspartner sein Kapital erhöht, vgl. insoweit Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 18. 120 Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 17 f. 121 Vgl. FATF, Report on Money Laundering Typologies 2001–2002, S. 8 ff. 117

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und gegenseitig füreinander Bankgeschäfte ausführen, beispielsweise um Transaktionen in Länder durchzuführen, in denen sie selbst über keine Niederlassung verfügen122. Zu unterscheiden ist weiterhin zwischen Banken die gegenseitig eine Kontoverbindung unterhalten, so genannten A-Korrespondenten, und BKorrespondenten, die lediglich Kontrolldokumente austauschen123. In letzterem Fall schalten die Korrespondenzbanken üblicherweise für die Abwicklung von Transaktionen u. ä. eine dritte Bank, die Remboursbank ein, bei der eine der beiden Korrespondenzbanken ein Konto unterhält. Häufig räumen sich Korrespondenzbanken zwecks einfacher Abwicklung von Zahlungs- und Finanzierungsgeschäften auch gegenseitig Kreditlinien ein124. Ein besonderes Risiko wird vor allem in der nur indirekten Verbindung der Korrespondenzbank zum Kunden gesehen125. So führt die Korrespondenzbank im Namen eines Kunden einer anderen Bank Geschäfte durch, zu dem sie keine direkte Verbindung unterhält. Die Korrespondenzbank muss in diesem Fall darauf vertrauen, dass die Hausbank des Kunden im Korrespondentenverhältnis Sorgfaltspflichten eingehalten und gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen, beispielsweise nach dem GwG durchgeführt hat126. Problematisch sind insbesondere die Fälle, in denen die Hausbank ihren Sitz in einem Land mit schwächeren gesetzlichen Vorgaben zur Geldwäschebekämpfung hat und dementsprechend weniger Prüfungen gegenüber ihrem Kunden durchführt, als es die Korrespondenzbank zu tun verpflichtet wäre, wenn der Auftraggeber der Transaktion ihr eigener Kunde wäre. Ähnliche Probleme ergeben sich, wenn ein BKorrespondentenverhältnis vorliegt und zusätzlich eine Remboursbank zur Abwicklung eingeschaltet werden muss127. Zusätzlich bergen so genannte „shell banks“ (fiktive Banken128), bestimmte Offshore Banken sowie Banken, die NCCT-Ländern angehören, in Bezug auf Korrespondenzbankbeziehungen ein besonderes Missbrauchsrisiko129. Beispiel 130: Eine Bank mit Sitz in Land D beobachtete über den Zeitraum von einem Monat Aktivitäten auf einem bei ihr für eine Bank mit Sitz in Land E geführ122

So auch Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 33 f. Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 476. 124 Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 476. 125 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 34. 126 FATF, Report on Money Laundering Typologies 2001–2002, S. 8. 127 Vgl. FATF, Report on Money Laundering Typologies 2001–2002, S. 8. 128 Nach der Definition der 3. EG-Geldwäscherichtlinie ist eine shell bank „BankMantelgesellschaft“ ein Kreditinstitut oder gleichwertige Tätigkeiten ausübendes Institut, das in einem Land gegründet wurde, in dem es nicht physisch präsent ist, sodass eine echte Leitung und Verwaltung stattfinden könnten, und das keiner regulierten Finanzgruppe angeschlossen ist. 129 FATF, Report on Money Laundering Typologies 2001–2002, S. 8. 130 FATF, Report on Money Laundering Typologies 2001–2002, S. 10; vgl. zu dem Beispiel auch Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 34. 123

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ten Korrespondenzbanken-Konto. Dabei entdeckte die Bank aus Land D einen Kunden der Bank aus Land E, bei dem es sich offensichtlich um eine Scheinfirma handelte und die entweder elektronische Überweisungen an weitere verdächtige Scheinunternehmen schickte, oder Überweisungen von solchen Unternehmen empfing. Insgesamt handelte es sich um 51 auf dem Konto eingegangene Überweisungen mit einem Gesamtvolumen von 7,4 Millionen US-Dollar. Einige der verdächtigen Scheinunternehmen hatten ihren Firmensitz in Land D und unterhielten Bankkonten bei einer Bank in Land F. Wirtschaftlicher Hintergrund einiger Transfers schienen Erdölprodukte zu sein, weitere Nachforschungen durch die Bank in Land D über die beteiligten Unternehmen bestätigten diesen Geschäftszweck jedoch nicht. Weitere Überprüfungen in öffentlichen Registern und amtlichen Firmenverzeichnissen über die Scheinfirma in Land D blieben im Wesentlichen ergebnislos. Die Recherchen über die Firma führten dabei lediglich zu der Wohnung einer Privatperson. Mindestens eine der Scheinfirmen war nach dem Ergebnis der Ermittlungen bereits früher Gegenstand von Verdachtsanzeigen gewesen.

Die Probleme, die insbesondere shell banks für Korrespondenzbankbeziehungen bergen, führten zur Aufnahme eines entsprechenden Passus in den Richtlinientext der 3. Geldwäscherichtlinie der EU. So schreibt Artikel 13 Abs. 5 der 3. EG-Geldwäscherichtlinie den Mitgliedsstaaten vor, Kreditinstituten die Aufnahme oder Fortführung einer Korrespondenzbankbeziehung mit einer BankMantelgesellschaft (shell bank) zu untersagen und dafür zu sorgen, dass die Kreditinstitute angemessene Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass sie eine Korrespondenzbankbeziehung mit einer Bank eingehen oder fortführen, von der bekannt ist, dass sie zulässt, dass ihre Konten von einer Bank-Mantelgesellschaft genutzt werden. Auch die Verordnung (EG) Nr. 1781/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers (EU-GeldtransferVO)131 schreibt „zwischengeschalteten Zahlungsverkehrsdienstleistern“, also Zahlungsverkehrsdienstleistern, bei dem es sich weder um den des Auftraggebers noch um den des Begünstigten handelt und der an der Ausführung von Geldtransfers beteiligt ist (Artikel 2 Nr. 6), bestimmte Sorgfaltspflichten vor. (4) Online-Banking Die FATF hat bereits in ihrem XI. Bericht über Geldwäschetypologien aus den Jahren 1999 bis 2000 auf die zunehmende Bedeutung des Online-Banking für die Geldwäsche hingewiesen132. Der Begriff des Online-Banking im weiteren Sinne umfasst dabei jeglichen indirekten Zugang zu Finanzdienstleistungen, 131 Vgl. zu der Verordnung (EG) Nr. 1781/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006 über die Übermittlung von Angaben zum Auftraggeber bei Geldtransfers im Einzelnen die Ausführungen oben unter Teil 3, C. II. 4. 132 FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 2 ff.

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d.h. per Telefon, über Geldautomaten (ATM) und Internet133. Die Zahl der Banken, die über einen eigenen Internetauftritt verfügen und über das Medium des Internets die Durchführung finanzieller Transaktionen und verbundene Dienstleistungen, wie beispielsweise direkte Zahlungen, elektronische Geldüberweisungen, Ausgabe von Schecks, Kauf von Wertpapieren sowie das Eröffnen und Schließen von Konten anbieten, hat in den letzten Jahren stetig zugenommen134. Ein entscheidendes Risiko wird beim Online-Banking vor allem darin gesehen, dass zwischen dem Kunden und der Bank kein direkter Kontakt mehr besteht135. Dieser fehlende Direktkontakt bedingt einen höheren Anonymisierungsgrad und eine größere Intransparenz von Finanztransaktionen136. Da sich die Kunden beispielsweise beim Internet-Banking den Kontenzugang über einen PC mittels Internet Browser Software und über einen Internet Service Provider (ISP) verschaffen und der Zugang entweder durch die Eingabe eines PIN-Codes in den Web Server der Bank oder über das modernere HBCI-Verfahren hergestellt wird, bei dem der Nutzer über ein Chipkartenlesegerät eine so genannte elektronische Signatur unter Verwendung spezieller Software leistet, steht der Bank kein Mittel zur Verfügung, um die Identität der Person zu überprüfen, die sich gerade Zugang zum Konto verschafft137. Das Internet bietet damit eine breit gefächerte Plattform für Menschen, die ihre wahre Identität verschleiern möchten, sich unbeschränkten Online-Zugang zu seinen Bankkonten zu verschaffen und darüber von jedem beliebigen Ort aus zu verfügen. Obwohl regelmäßig eine Identifizierung des Kunden bei Beginn der Geschäftsbeziehung verpflichtend zu erfolgen hat, sind diese Maßnahmen nach Ansicht der FATF unzureichend, um schwere oder organisierte Kriminalitätsstrukturen festzustellen. (5) Moderne Zahlungs- und Kommunikationsmedien Während die im Rahmen des Internet-Banking über Kreditinstitute veranlassten Transaktionen jedenfalls bislang noch kontengebunden ablaufen und insoweit eine Papierspur vorhanden ist, die zurückverfolgt werden kann138, ist das Missbrauchspotential beim Einsatz neuer Zahlungsmedien wie beim E-Geld, vorausbezahlten Zahlungseinheiten, die anstelle von Bargeld oder Buchgeld ver133 Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 19; FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 2. 134 Vgl. FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 2. 135 FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 2. 136 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 41. 137 Vgl. zum PIN/TAN sowie zum HBCI-Verfahren die Ausführungen bei Grill/ Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 19. 138 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 41.

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wendet werden können bzw. der elektronischen Geldbörse ungleich höher139. Elektronische Geldbörsen (Multi-Purpose Prepaid Cards) sind personenneutrale Wertkarten, auf denen Geldbeträge elektronisch gespeichert werden und die auf dem Markt insbesondere für die Bezahlung von Waren und Dienstleistungen verwendet werden140. E-Geld wird derzeit, nicht zuletzt deswegen, weil die verfügbaren Beträge limitiert sind, zumeist nur für die Bezahlung von kleineren Beträgen genutzt141. Auch weil im Euroraum E-Geld nur von Kreditinstituten und so genannten E-Geld-Instituten (ELMIs = Electronic-Money-Institutions), die in Deutschland als Spezialkreditinstitute der Bankenaufsicht unterliegen142, herausgegeben und verwaltet werden darf, wird das Missbrauchsrisiko für Geldwäschezwecke als überschaubar eingestuft143. Allerdings bergen sowohl die bereits jetzt bestehende technische Möglichkeit, die Karten auch mit hohen Beträgen aufzuladen, als auch die Nutzung der E-Geld Karten für grenzüberschreitende Transaktionen ein erhöhtes Missbrauchspotential144. Dies gilt aufgrund der fehlenden Identifikation des Karteninhabers bzw. Nutzers insbesondere für die nicht personalisierten kontenungebundenen Geldkarten (so genannte whitecards), die an ungebundenen Ladeterminals gegen Bargeldhingabe aufgeladen werden können145. Einschränkend sei allerdings hinzugefügt, dass auf die Geldkarte geladene Beträge einem Börsenverrechnungskonto des kartenausgebenden Institutes gutgeschrieben und einer Börsenevidenzzentrale gemeldet werden146. Die Evidenzzentrale führt für jede ausgegebene Geldkarte, auch für nicht personalisierte white-cards, einen so genannten „Schattensaldo“, der durch Ladevorgänge oder Verfügungen von der Geldkarte betragsmäßig erhöht bzw. vermindert wird147. Obwohl das bargeldlose Zahlen aus der elektronischen Geldbörse im Verhältnis des Karteninhabers zur Akzeptanzstelle damit anonym wie eine Barzahlung erfolgt, führt die gesonderte Registrierung sämtlicher Buchungsvor139 Vgl. zur Geldwäsche unter Einsatz moderner Zahlungs- und Kommunikationsmedien FATF, Report on New Payment Methods. 140 Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 135. 141 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 42. In der Regel erfolgt derzeit eine Begrenzung des maximal aufladbaren Betrages auf 200 Euro, vgl. hierzu Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 136. 142 Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG sind Kreditinstitute Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Dabei ist Bankgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 KWG die Ausgabe und die Verwaltung von elektronischem Geld (E-Geld-Geschäft). 143 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 42. 144 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 42. 145 Neben den „white cards“ gibt es noch die personalisierten, kontengebundenen Geldkarten mit Chipfunktion, die von Kreditinstituten regelmäßig in Verbindung mit der Bank- oder EC-Karte angeboten werden. 146 Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 136. 147 Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 136.

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gänge sowohl für Kunden-, als auch Händlergeldkarten über das bei der Evidenzzentrale geführte Kontrollkonto zu einer Art nicht personalisierter, jedoch kartengebundener „electronic trail“. Ein entsprechendes Risikopotential ergibt sich auch für Netzgeld bzw. softwaregestütztes E-Geld, bei dem Werteinheiten, die elektronisch auf der Festplatte des PC gespeichert werden, über das Internet oder beispielsweise als Anhang einer Email schnell und mit minimalem Entdeckungsrisiko versendet werden können148. Auch hier findet der Zahlungsvorgang in der Regel anonym statt, beispielsweise durch direkte Übertragung vom Speicher des Zahlenden auf den Speicher des Zahlungsempfängers149. bb) Money Remittance Agencies Money Remittance Agencies150 werden ebenso wie Banken oder Wechselstuben häufig zur Geldwäsche missbraucht151. Da Money Transmitter wie Western Union häufig vertraglich mit Banken oder Wechselstuben kooperieren und diese als Auszahlstellen fungieren152, ist mitunter nicht eindeutig unterscheidbar, ob ein Fall von Geldwäsche eine Wechselstube oder einen Money Transmitter betrifft. Gleiches gilt im Übrigen auch für die mitunter bestehenden Verbindungen zwischen Alternativen Überweisungssystemen und Wechselstuben, wenn beispielsweise neben dem Betrieb einer Wechselstube auch Transfers über Alternative Überweisungssysteme angeboten werden, meist mittels des so genannten Systems der zwei Töpfe153. Obwohl Money Remittance Agencies mittlerweile als Finanztransferdienstleister gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG ebenso wie Banken und Wechselstuben der laufenden Aufsicht durch die BaFin unterstellt sind, sind die Transferservices von Money Transmittern für Geldwäscher vor allem in der Platzierungsphase weiterhin von erheblichem Interesse154. So gibt es im nationalen wie im internationalen Bereich zahlreiche Anhaltspunkte, dass inkriminierte Gelder über Money Transmitter in das Ausland transferiert und dort ausgezahlt werden. 148

Vgl. Grill/Perczynski, Wirtschaftslehre des Kreditwesens, S. 106. Findeisen, Geldwäschebekämpfung im Zeitalter des Electronic Banking, in: Kriminalistik 2/98, S. 107, 114. 150 Vgl. zur Funktionsweise und zur rechtlichen Einordnung von Money Remittance Agencies im Einzelnen die Ausführungen oben unter Teil 2, D. I. 2. 151 Vgl. FATF Report on Money Laundering Typologies 2003–2004, S. 4 f.; ähnlich auch Suendorf, Geldwäsche, S. 174. 152 In Deutschland kooperiert beispielsweise Western Union unter anderem mit der Reisebank, der Postbank und der Wechselstubengruppe Travelex. 153 Vgl. insoweit den bei FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999– 2000 geschilderten Fall Nr. 11, S. 25 f. 154 Zum Folgenden: Suendorf, Geldwäsche, S. 174. 149

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Betroffen scheinen hier vor allem Transfers in die USA und Südamerika zu sein. Folgendes Beispiel für Geldwäsche über eine Money Remittance Agency findet sich bei Suendorf 155: Beispiel: Bei einer Wechselstube in Südwestdeutschland, die an eine Money Remittance Agency angeschlossen war, wurde von einer Person wöchentlich ein Betrag von knapp unter 20.000 DM zum sofortigen Transfer nach Sao Paulo (Brasilien) eingezahlt. Auf Nachfrage eines Mitarbeiters der Wechselstube erklärte der Täter, dass das Geld für die Begleichung von Schadensersatzforderungen bestimmt sei. Die anschließend vorgenommene Ausweiskontrolle verlief unauffällig. Nach Abschluss des Transfers telefonierte der Täter, ein Italiener noch in der Wechselstube auf Italienisch. Ein Mitarbeiter der Wechselstube verstand, dass es bei dem Telefonat um Rauschgift ging und erstattete eine Verdachtsanzeige, die in der Folge zu der Verhaftung des italienischen Staatsangehörigen führte. Nach Abschluss der Ermittlungen wurde der Täter in einem Gerichtsverfahren zu einer Haftstrafe von 6 Jahren verurteilt.

cc) Alternative Überweisungssysteme156 Auch alternative Überweisungssysteme scheinen in den verschiedenen Phasen der Geldwäsche eine bedeutsame Position einzunehmen. Auf die Rolle Alternativer Überweisungssysteme und speziell des Hawala-Finanzsystems im Geldwäscheprozess wird im weiteren Verlauf der Untersuchung noch im Einzelnen eingegangen157. Auf eine gesonderte Darstellung soll daher an dieser Stelle verzichtet werden. b) Nichtbankensektor aa) Wechselstuben Wechselstuben spielen nach wie vor eine zentrale Rolle für Geldwäscheaktivitäten. Auch wenn der Handel mit Sorten in Deutschland gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 7 KWG als Finanzdienstleistungsgeschäft der Genehmigungspflicht sowie der laufenden Aufsicht durch die BaFin unterfällt, unterliegen Wechselstuben im internationalen Bereich häufig noch einer geringeren Aufsicht als Banken158. Wechselstuben unterhalten regelmäßig Konten bei Kreditinstituten159. Da der Zahlungsverkehr zwischen Wechselstuben und Banken aber als Interbankenzahlungsverkehr gilt, obliegen den Banken keine Prüfpflichten hin155

Suendorf, Geldwäsche, S. 174 f. Vgl. hierzu im Einzelnen die Darstellung oben unter Teil 2. 157 Vgl. unten Teil 4, E. II. 158 Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 30. 159 Suendorf, Geldwäsche, S. 170. 156

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sichtlich der wirtschaftlich Berechtigten. So sieht § 8 Abs. 2 GwG hinsichtlich der Feststellung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten vor, dass dies nicht im Verhältnis von Instituten untereinander gilt. Ein von der FATF geschilderter Fall von Geldwäsche in Wechselstuben trug sich wie folgt zu160: Beispiel: Im Rahmen von Rauschgiftermittlungen stellten die Ermittlungsbehörden fest, dass Bargeld aus dem Verkauf von Rauschgift zu einer Wechselstube an der Grenze gebracht wurde, wo hohe Geldbeträge in kleinen Stückelungen in Banknoten einer fremden Währung umgetauscht wurden. Das Geld wurde dann in der Folge bar in Taschen über die Grenze ins Ausland geschafft, womit weitere Drogenkäufe finanziert wurden. Im Rahmen dieser Ermittlungen wurde ebenfalls eine Geldwaschmethode festgestellt, bei der illegal erworbene Gelder unter einem falschen Namen auf ein Holding-Konto bei der Wechselstube eingezahlt wurden, die von den Geldwäschern kontrolliert wurde. Bei einer Durchsuchung der Räumlichkeiten wurde außerdem festgestellt, dass bei der Wechselstube keinerlei detaillierte Geschäftsunterlagen über Bargeldtransaktionen geführt wurden.161

bb) Versicherungen Die FATF hat bereits mehrfach auf die bedeutsame Rolle hingewiesen, die Versicherungen im Geldwäscheprozess zu spielen scheinen. Insbesondere für die Phasen des Layering und der anschließenden Integration gehen Fachleute von einer erhöhten Anfälligkeit der Versicherungsbranche aus162. Neben der Struktur der Versicherungsbranche als solcher, der Vielzahl der angebotenen Produkte sowie der immensen Größe163 ist vor allem die in der Versicherungsbranche übliche Praxis der Einschaltung von Vermittlern zum Verkauf von Versicherungen problematisch164. Obwohl die Versicherungsgesellschaften für die Meldung verdächtiger Kontakte verantwortlich sind, haben diese häufig nur indirekten Kontakt zu ihren Versicherungsnehmern, deren direkter Ansprechpartner in den meisten Fällen der vor Ort ansässige Vermittler ist165. Trotz der Sensibilisierung der Versicherungsbranche in Bezug auf Geldwäscheaktivitäten scheinen Vermittler häufig noch nicht in dem Maße geschult zu sein, wie dies zur Ergreifung effektiver Maßnahmen gegen Geldwäsche erforderlich wäre. Hinzu kommt, dass Vermittler nicht zuletzt aufgrund zu erwar160

FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 23 f. Zu weiteren Fällen von Geldwäsche über Wechselstuben vgl. die Ausführungen bei Suendorf, Geldwäsche, S. 170 ff. 162 FATF Report on Money Laundering Typologies 2003–2004, S. 15. 163 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 39. 164 Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 31. 165 FATF Report on Money Laundering Typologies 2003–2004, S. 15; so auch Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 31. 161

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tender Provisionen eher auf den Abschluss eines Geschäftes ausgerichtet sind166. Die Möglichkeiten der Ausnutzung für Geldwäschezwecke gestalten sich vielfältig. Neben Versicherungspolicen mit hohen Einmalzahlungen, die in bar bezahlt werden, aber in krassem Widerspruch zum angegebenen Einkommen und Beruf des Versicherungsnehmers stehen, wurde von Fachleuten auch der Kauf von Versicherungspolicen aus zweiter Hand beobachtet, bei denen Geldwäscher bestehende Policen von den bisherigen Versicherungsnehmern erwerben und sich dann von der Versicherung den Rückkaufswert auszahlen lassen. Besondere Aufmerksamkeit ist auch beim Abschluss von Versicherungspolicen mit anschließender Barzahlung und kurz darauf erklärtem Rücktritt, bei dem die Rückzahlung des Geldes ebenfalls in bar erfolgen soll, gefordert167. In der dritten Phase der Geldwäsche, der Integration scheint zudem der Erwerb von Lebensversicherungspolicen für Zwecke der persönlichen Alters- und Risikoabsicherung der Täter typisch zu sein168. Beispiel 169: Ein Geldwäscher erwarb bei einer Versicherungsgesellschaft eine Haftpflicht- bzw. Unfallversicherung für ein angeblich vorhandenes Seeschiff. In der Folge zahlte er hohe Prämien auf die Police ein und beeinflusste die Vermittler, so dass der Versicherung regelmäßig Schadensfälle gemeldet und von dieser auch reguliert wurden. Dabei achtete er darauf, dass die Schadensfälle betragsmäßig unter den von ihm eingezahlten Versicherungsprämien blieben, damit die Versicherung für sich auf die Police einen Gewinn verbuchen konnte. Durch diese Vorgehensweise war der Täter dazu in der Lage, die von der Versicherung zum Ausgleich der Schadensfälle übergebenen Schecks zum Waschen von Geldern zu benutzen. Nur wenige stellten den Ursprung der Finanzmittel in Frage, schienen die Gelder doch von einer angesehenen Versicherungsgesellschaft zu stammen.

cc) Spielbanken Spielbanken und andere Glücksspielbetreiber eignen sich wie grundsätzlich alle Betriebe mit hohem Bargeldvolumen sehr gut zum Fingieren von Umsätzen170. So wies die FATF bereits im Jahr 1998 auf die zentrale Rolle hin, die Spielbanken vor allem in der ersten Phase der Geldwäsche, dem Placement spielen171. Neben einem gewissen Grad an Anonymität bieten die Betreiber 166 FATF Report on Money Laundering Typologies 2003–2004, S. 15; so auch Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 39. 167 Vgl. zu den Beispielen Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 31 f. 168 Suendorf, Geldwäsche, S. 200 f. 169 Dieses und weitere Beispiele sind geschildert bei FATF Report on Money Laundering Typologies 2003–2004, S. 16 f. 170 Körner, in: Körner/Dach, Geldwäsche, S. 28, Rn. 43. 171 Vgl. FATF, Report on Money Laundering Typologies 1997–1998, Nr. 54 ff.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

ihren Kunden oftmals auch ergänzende Dienstleistungen wie beispielsweise die Einräumung von Krediten, das Ausstellen von Schecks, die Nutzung von Tresoranlagen oder gar die Eröffnung von Konten mit entsprechenden Überweisungsmöglichkeiten an172. Das Placement von illegalen Geldern über eine Spielbank läuft dabei im Grundprinzip folgendermaßen ab: Zunächst werden Chips gegen Bargeldhingabe erworben. Bei Beendigung des Spielbankbesuches wird die Spielbank dann gebeten, anstelle der Bargeldauszahlung einen Scheck über den entsprechenden Betrag auszustellen173. Verfügt eine Spielbank über mehrere Niederlassungen oder Filialen in verschiedenen Ländern, sieht das Szenario oftmals so aus, dass keine Auszahlung des Guthabens in der Spielbank erfolgt, in der die Chips erworben wurden, sondern die Täter darum bitten, das aufgelaufene Guthaben auf eine Niederlassung der Spielbankenkette im Ausland zu übertragen, da man im Rahmen eines baldigen Auslandsaufenthaltes einen Besuch der dortigen Spielbank plane. Zu gegebener Zeit wird das Guthaben im Ausland dann in Form eines Schecks abverfügt. Obwohl auch Spielbanken in Deutschland mittlerweile zu dem Kreis der Verpflichteten nach dem GwG zählen und diesen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 GwG gegenüber Kunden, die Spielmarken im Wert von 1.000 Euro oder mehr kaufen oder verkaufen, allgemeine Identifizierungspflichten obliegen174, werden Spielbanken nach Einschätzung der FATF nicht zuletzt wegen der zunehmenden Internationalität und Expansion in Tourismusregionen im Bereich der Geldwäschekriminalität auch zukünftig eine große Rolle spielen175. dd) Geldwäsche durch bestimmte Personen- oder Berufsgruppen Im Nichtbankensektor ist in letzter Zeit auch die Geldwäsche mittels bestimmter Personen- oder Berufsgruppen in den Blickpunkt des Interesses gerückt. Vor allem Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, und ähnliche Berufsgruppen, die über ein gewisses Ansehen verfügen sowie häufig treuhänderisch für Kunden und Mandanten tätig werden, scheinen für Geldwäschezwecke besonders attraktiv zu sein176. Zudem ist die Tätigkeit die172 Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 33. 173 Zum Folgenden: FATF, Report on Money Laundering Typologies 1997–1998, Nr. 55. 174 Der Identifizierungspflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 GwG kann auch dadurch nachgekommen werden, dass die Kunden bereits beim Betreten der Spielbank identifiziert werden. 175 Vgl. FATF, Report on Money Laundering Typologies 1997–1998, Nr. 58. 176 Vgl. FATF Report on Money Laundering Typologies 2003–2004, S. 24, Nr. 86 ff.; so auch Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 13.

B. Geldwäsche im Überblick

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ser freien Berufe meist durch ein gesetzlich anerkanntes Berufsgeheimnis geschützt177. Oftmals ist gerade auch das besondere Fachwissen dieser Berufsgruppen, beispielsweise in Bezug auf Unternehmensgründungen, Trusts und Investmentanlagen für Geldwäscher interessant178. Seit dem 15.08.2002 unterliegen Rechtsanwälte, Rechtsbeistände, die Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sind, Patentanwälte und Notare bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit den Vorschriften des GwG, wenn sie für ihre Mandanten an der Planung oder Durchführung von folgenden Geschäften mitwirken, § 3 Abs. 1 Nr. 1 GwG: • Kauf und Verkauf von Immobilien oder Gewerbebetrieben, • Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten ihres Mandanten, • Eröffnung oder Verwaltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten, • Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen Mittel, • Gründung, Betrieb oder Verwaltung von Treuhandgesellschaften, Gesellschaften oder ähnlichen Strukturen, • Durchführung von Finanz- oder Immobilientransaktionen im Namen und auf Rechnung des Mandanten. Außerhalb dieser enumerativ aufgelisteten Betätigungsbereiche greifen die Identifizierungs- und Anzeigepflichten des Geldwäschegesetzes nicht und es verbleibt bei der umfassenden, strafrechtlich sanktionierten anwaltlichen Schweigepflicht. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2–4 GwG zählen auch Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Immobilienmakler und – unter engen Voraussetzungen – auch Spielbanken zu den Verpflichteten nach dem GwG. Trotz der zwischenzeitlichen Einbeziehung in den Kreis der Verpflichteten nach dem GwG werden die so genannten „gatekeeper“-Berufsgruppen nach wie vor häufig genutzt, um bei der Platzierung illegal erwirtschafteter Gelder zu helfen179. Gängige Methoden für die Platzierung und Verschleierung illegal erwirtschafteter Gewinne sind beispielsweise die Entgegennahme und Verwahrung von Geldern auf Treuhand- oder Anderkonten des Rechtsanwalts oder Notars,

177 Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 35. 178 FATF Report on Money Laundering Typologies 2003–2004, S. 24, Nr. 87. 179 Vgl. Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 35.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

also auf eigenen Konten unter eigenem Namen180. Weitere Methoden stellen die Einrichtung von Dachgesellschaften, Trusts oder Partnerschaften durch Rechtsanwälte oder andere Angehörige der „gatekeeper“-Berufsgruppen, bei denen die eigentlichen Eigentümer im Hintergrund bleiben181, aber auch beispielsweise der Erwerb von Immobilien oder anderer hochwertiger Wirtschaftsgüter auf eigene Rechnung, aber im Kundenauftrag dar182. Die Erstreckung des Geldwäschebekämpfungsgesetzes unter anderem auf die Berufsgruppe der Rechtsanwälte hat nicht nur eine Durchbrechung der Verschwiegenheitsverpflichtung zur Folge. Auf das Risiko einer strafbaren Geldwäsche durch Entgegennahme von Anwaltshonorar aus bemakelten Geldern sei an dieser Stelle ebenfalls hingewiesen183. In Rede steht dabei insbesondere § 261 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB, wonach wegen Geldwäsche bestraft wird, wer sich einen bestimmten, aus dem Vortatenkatalog des Absatzes 1 Satz 2 herrührenden Gegenstand verschafft. Auch der Problematik der Geldwäsche durch „Politically Exposed Persons“ (PEPs), einen Personenkreis, der bekannte öffentliche Funktionen in einem Land inne hat oder hatte, hat sich die FATF in verschiedenen Geldwäsche-Typologieberichten gewidmet184. Zu den PEPs zählen beispielsweise leitende Regierungsmitglieder und Politiker, Vorstände von staatseigenen Unternehmen oder leitende Justizangehörige185. Gefahren werden hier insbesondere in der herausgehobenen Position der PEPs sowie in den oftmals extrem hohen Transfersummen gesehen, aufgrund derer Banken und andere Finanzdienstleister Transaktionen für diese Personengruppe grundsätzlich mit besonderer Diskretion durchführen186. Häufig sind hier Verbindungen zu den „gatekeeper“-Berufsgruppen erkennbar, wenn PEPs Transaktionen nicht selber durchführen, sondern Treuhänder oder Rechtsanwälte als Mittelsmänner zwischengeschaltet werden. Auch Verbindungen zu Offshore Finanzplätzen sind in diesem Zusammenhang ein Problem, da die Gelder häufig erst durch ein Netzwerk aus Briefkastenfirmen und Offshore-Banken geschleust werden, ehe sie zu westeuropäischen Finanzplätzen gelangen187. Die FATF schilderte folgendes Beispiel für Geldwäsche180 Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 35. 181 Vgl. FATF Report on Money Laundering Typologies 2003–2004, S. 24, Nr. 87. 182 Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 35. 183 Vgl. hierzu BverfG, Urteil vom 30.03.2004, NJW 2004, 1305 ff.; lesenswert zu der Problematik beispielsweise die Ausführungen von Hufnagel, Der Strafverteidiger unter dem Generalverdacht der Geldwäsche gemäß § 261 StGB – eine rechtsvergleichende Darstellung. 184 Vgl. FATF Report on Money Laundering Typologies 2003–2004, S. 19 ff. 185 FATF Report on Money Laundering Typologies 2003–2004, S. 19, Nr. 76. 186 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 15. 187 Herzog/Mülhausen/Vogt, GwHdb, § 2, Rn. 15.

B. Geldwäsche im Überblick

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aktivitäten durch „Politically Exposed Persons“, bei dem ein führender Regierungsbeamter veruntreute Staatsmittel über Mitglieder seiner Familie gewaschen haben soll188: Beispiel: Die Familie eines ehemaligen führenden Regierungsbeamten eines Landes A, gründete eine Stiftung in Land B, einem fiskalisch attraktiven Finanzplatz. Der Sohn der Familie wurde als Hauptbegünstigter der Stiftung eingesetzt. Die Stiftung verfügte über ein Konto in Land C, von dem aus ein Geldbetrag von annähernd 1,5 Mio. US-Dollar auf das Gemeinschaftskonto des Ehepartners transferiert wurde, welches zwei Monate zuvor bei einem im benachbarten Land D ansässigen Bankunternehmen eröffnet worden war. Diese Geldbewegung führte zu einer Verdachtsmeldung seitens des Bankunternehmens an die nationale FIU. Die auf Grundlage der Verdachtsmeldung eingeleiteten Untersuchungen ergaben Hinweise auf zwei weitere grenzüberschreitende Transfers hoher Geldsummen von einem Bankkonto der Ehefrau des Regierungsbeamten, unterhalten in deren Heimatland A und die Tatsache, dass die Ehefrau Bankkonten auch bei anderen nationalen Bankunternehmen unterhielt, auf die Gelder übertragen und sodann wieder abgehoben wurden. Die Abwesenheit von wirtschaftlichen Gründen zur Rechtfertigung der Transaktionen und Informationen über die Einleitung gesetzlicher Schritte gegen den Regierungsbeamten wegen Veruntreuung von Staatsmitteln führte schließlich zu der Annahme, dass in diesem speziellen Fall ein System zur Wäsche von veruntreuten Staatsgeldern etabliert wurde. Ermittlungen wurden eingeleitet.

IV. Ziele und Methoden der Geldwäschebekämpfung Mit dem Phänomen der Geldwäsche sind ernst zu nehmende Gefahren für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft verbunden, weswegen die Geldwäsche in vielen Ländern verboten ist und mittlerweile weltweit zu verhindern versucht wird189. So führte beispielsweise die Enquete-Kommission „Globalisierung der Weltwirtschaft“ des Deutschen Bundestages in ihrem im Jahr 2002 vorgelegten Abschlussbericht zu den Gründen für die soziale und ökonomische Schädlichkeit der Geldwäsche aus190: • Durch Geldwäsche erhalten kriminelle und anti-konstitutionelle Kreise zusätzliche Macht. Gewaschenes und daher frei verwendbares Geld ist eine Ressource, die eingesetzt werden kann, um eine Art krimineller oder extralegaler „Gegengesellschaft“ zu alimentieren. • Durch die Geldwäsche werden Straftaten durch Geldwäsche nicht nur vertuscht, sondern kriminelle Vortaten monetär belohnt. 188

FATF Report on Money Laundering Typologies 2003–2004, S. 20. Vgl. Deutscher Bundestag, Schlussbericht der Enquete-Kommission Globalisierung der Weltwirtschaft, BT-Drs. 14/9200, S. 79. 190 Deutscher Bundestag, Schlussbericht der Enquete-Kommission Globalisierung der Weltwirtschaft, BT-Drs. 14/9200, S. 80 f. Ähnlich formuliert die Weltbank die negativen Effekte der Geldwäsche, vgl. hierzu den Nachweis bei Herzog/Mülhausen/ Vogt, GwHdb, § 1, Rn. 36. 189

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

• Von der Geldwäsche geht ein negativer Effekt auf die Legitimation von politischen Institutionen aus, wodurch im Ergebnis die Demokratie geschwächt wird. • Der öffentlichen Hand fehlen die hinterzogenen (und per Geldwäsche auf private Konten umgeleiteten) Steuern bei der Bereitstellung öffentlicher Güter. In Entwicklungs- und Industrieländern werden Einnahmen aus kriminellen Aktivitäten nicht versteuert; ihre Herkunft wird durch Geldwäsche unkenntlich gemacht (Steuerhinterziehung war bis zum Jahr 2001 nicht als Vortat der Geldwäsche definiert). • Mit den umfangreichen Kapitalflüssen aus der Geldwäsche können ökonomische Größen (wie Zinsen, Renditen und Wechselkurse) in eine Richtung beeinflusst werden, die für die makroökonomische Entwicklung von betroffenen Ländern und deren Währungen nicht wünschenswert ist. • Geldwäsche kann negative Wirkungen auf den globalen Umweltschutz haben, wenn Geld gewaschen wird, das mit illegalem Handel von Tieren oder Pflanzen durch illegalen Export von Tropenhölzern, von Fellen etc. erworben worden ist. Der Vorgang der Geldwäsche stellt sich im Ergebnis als Schnittpunkt von illegalen Erlösen aus Straftaten und legalem Finanzkreislauf dar, weswegen es vorrangiges Ziel von Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung sein muss, zu verhindern, dass aus illegalen Aktivitäten stammende, verschleierte Gelder und Vermögenswerte in den legalen Finanzkreislauf gelangen191. Durch die Verkehrsunfähigmachung der schmutzigen Vermögenswerte sollen die Täter wirtschaftlich isoliert werden und ihnen der Reiz für geldwäschetaugliche Vortaten genommen werden192. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche setzen an verschiedenen Punkten an: Neben Maßnahmen der Finanzmarktaufsicht, in Deutschland auf der Grundlage der Aufsichtsgesetze (KWG, VAG) und der Vorschriften des Geldwäschegesetzes (GwG), für dessen Umsetzung im Finanzsektor die BaFin zuständig ist, tritt die Strafbarkeit der Geldwäsche nach § 261 StGB193. Flankierende Maßnahmen des Strafverfahrensrechts bilden den dritten Pfeiler einer erfolgreichen Geldwäschebekämpfung. Durch den Zugriff auf schmutzige Vermögensgegenstände, insbesondere durch Verfall und Einziehung194 erhoffen sich die nationalen Gesetzgeber, die Netzwerke an ihrem ökonomischen Nerv 191

Vgl. BT-Drs. 12/989, S. 26. So beispielsweise Körner, in Körner/Dach, Geldwäsche, S. 13, Rn. 4. 193 Zum Folgenden: Findeisen, Nationale und internationale Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus, S. 10; vgl. hierzu auch Suendorf, Geldwäsche, S. 249 f. 194 Vgl. zur Gewinnabschöpfung und zum Vermögenszugriff durch Einziehung und Verfall Herzog/Mülhausen/Herzog, GwHdb, § 23, Rn. 1 ff. 192

C. Supra- und internationale Vorgaben zur Geldwäschebekämpfung

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zu treffen und gleichzeitig die künftige Investitionsbasis für weitere illegale Aktivitäten zu entziehen. Im Einzelnen soll vor allem eine höhere Transparenz der Kapitalbewegungen verhindern, dass aus illegalen Aktivitäten stammende Gelder in den legalen Finanzkreislauf gelangen195. Die Erstellung einer so genannten „paper-trail“ – einer Papierspur illegaler Finanzströme – soll es den Strafverfolgungsbehörden ermöglichen, den Herkunftsweg illegaler Vermögenswerte zu verfolgen und damit bis zu den Hintermännern des Verbrechens vorzudringen196. Ein weiterer Ansatzpunkt zur Bekämpfung der Geldwäsche wird laut der Konferenz der Parlamente der Europäischen Union über die Bekämpfung der Geldwäsche in der Schlusserklärung vom 8. Februar 2002 in Sanktionen gegen nicht kooperierende Länder und Territorien gesehen (so genannte NCCT-Länder)197. Insbesondere die Offshore-Finanzzentren seien eine Schwachstelle des internationalen Finanzsystems. Durch eine Verbesserung der gerichtlichen, polizeilichen und administrativen Zusammenarbeit der Länder sowie durch eine Kooperation bei der Bankenaufsicht soll die Ausnutzung von „Special Jurisdictions“ unterbunden werden. Angesichts der globalen Reichweite von Netzwerken der organisierten Kriminalität oder von Terrorgruppen und der wachsenden Bedeutung des elektronischen Zahlungsverkehrs sei eine länderübergreifende Kooperation erforderlich. Auch bankaufsichtliche Vorschriften werden international als Schlüsselfaktor für die Bekämpfung der Geldwäsche angesehen: Eine (weitere) Verstärkung der Bankenaufsicht, die Begrenzung von Bargeschäften (in Deutschland vorhanden) sowie die (länderübergreifende) Einführung einer Genehmigungspflicht seitens der Regulierungsbehörde für Finanzdienstleistungen könnten helfen, Geldwäsche wirksam zu bekämpfen.

C. Supra- und internationale Rechtsquellen und Vorgaben zur Geldwäschebekämpfung Geldwäscher nutzen die fortschreitende Globalisierung zur leichteren Verschleierung des Ursprungs inkriminierter Gelder. Insbesondere durch das (häu195 So die Konferenz der Parlamente der Europäischen Union über die Bekämpfung der Geldwäsche in der Schlusserklärung vom 8. Februar 2002 („Erklärung von Paris über die Bekämpfung der Geldwäsche“), Nachweis in: Deutscher Bundestag, Schlussbericht der Enquete-Kommission Globalisierung der Weltwirtschaft, BT-Drs. 14/9200, S. 81 f. 196 So etwa Körner, in Körner/Dach, Geldwäsche, S. 13, Rn. 4; Kilchling, Die vermögensbezogene Bekämpfung der organisierten Kriminalität, wistra 2000, 241, 242. 197 Zum Folgenden die Konferenz der Parlamente der Europäischen Union über die Bekämpfung der Geldwäsche in der Schlusserklärung vom 8. Februar 2002 („Erklärung von Paris über die Bekämpfung der Geldwäsche“), in: Deutscher Bundestag, Schlussbericht der Enquete-Kommission Globalisierung der Weltwirtschaft, BT-Drs. 14/9200, S. 81 f.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

fig mehrfache) Überschreiten nationaler Grenzen in den verschiedenen Phasen der Geldwäsche gestaltet sich die Rückverfolgung der Geldströme für Ermittlungsbehörden schwierig. Insofern greifen nationale Schutzmaßnahmen nur bedingt; eine internationale Koordinierung und Zusammenarbeit ist erforderlich, um Geldwäsche wirksam bekämpfen zu können198.

I. „Recommendation“ des Europarats, „Statement of Principles“ der BIZ, 40 Empfehlungen der FATF und „Wolfsberg-Principles“ Mit der Empfehlung Nr. R (80)10 des Ministerausschusses des Europarats vom 27. Juni 1980 über Maßnahmen gegen die Überweisung und Verwahrung von Geldern krimineller Herkunft wurde erstmalig empfohlen, unter anderem Identifikationspflichten in nationales Recht zu übernehmen. 1. Das „Statement of Principles“ der BIZ (1988) Am 12. Dezember 1988 verabschiedete der vormalige Ausschuss für Bankenbestimmungen und -überwachung bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel (BIZ)199 dann die „Grundsatzerklärung zur Verhinderung des Missbrauchs des Bankensystems durch die Geldwäsche“ 200. Die „Statements of Principles“ enthalten generelle Prinzipien gegen den kriminellen Missbrauch des Bankensystems, ohne allerdings völker- oder gemeinschaftsrechtliche Verbindlichkeit zu entfalten. Nach den Ausführungen des Ausschusses war die Grundsatzerklärung demnach zu verstehen als „allgemeine Erklärung ethischer Grundsätze, die die Geschäftsleitungen der Banken darin bestärkt, wirksame Verfahren festzulegen, um die sorgfältige Identifikation sämtlicher Personen sicherzustellen, die mit ihrem Institut Geschäfte tätigen, um Transaktionen abzuwehren, die illegal erscheinen [. . .]“. Nach den Grundsätzen gehört es zur ordnungsgemäßen Geschäftspolitik eines Kreditinstituts, sich generell von Transaktionen mit kriminellem Hintergrund, und dabei insbesondere von Geldwäschevorgängen, fernzuhalten und zu ihrer Aufdeckung und Bekämpfung beizutragen. Nach der Überzeugung des Ausschusses könnten die Bankenaufsichtsbehörden dem Missbrauch der Banken durch Straftäter nicht gleichgültig gegenüberstehen, da hierdurch unter anderem das öffentliche Vertrauen in die Bankenwelt geschädigt werden könne. Als präventive Maßnahme im Finanzsektor, die besonders zur Geldwäschebekämpfung beitragen kann, wurde insbesondere die Kundenidentifikation bei bedeutenden Geschäften benannt. 198

Vgl. die Erlassbegründung (vor Art. 1) der 1. EG-Geldwäscherichtlinie. Jetzt: Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht. 200 Die Grundsatzerklärung ist im Internet unter http://www.bis.org/publ/bcbsc 137de.pdf [Stand 05/03/2007] abrufbar. 199

C. Supra- und internationale Vorgaben zur Geldwäschebekämpfung

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2. Die 40 Empfehlungen der FATF (1990) Von besonderer Bedeutung für die internationale Koordination der Bemühungen zur Geldwäschebekämpfung sind die 40 Empfehlungen der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) zur Bekämpfung der Geldwäsche vom 07.02.1990201. Ursprünglich von den Staatschefs der G 7-Staaten und dem Präsidenten der EG-Kommission bei dem Gipfeltreffen vom Juni 1989 in Paris als Expertengruppe mit dem Auftrag, die Methoden der Geldwäsche zu analysieren und Maßnahme zu ihrer Bekämpfung zu entwickeln, eingesetzt, hat sich die FATF mittlerweile als führendes Organ für die Festlegung von Standards zur Bekämpfung der Geldwäsche etabliert202. Der FATF als zwischenstaatliches Gremium aus Rechts- und Finanzexperten gehören gegenwärtig 31 Länder, die Europäische Kommission sowie der Kooperationsrat der Golfstaaten an. Die 40 Empfehlungen der FATF sind bis zum heutigen Tage mehrfach aktualisiert worden und haben in ihrer jeweiligen Fassung größtenteils Eingang in die Geldwäscherichtlinien der EG gefunden. Zunächst sehen die Empfehlungen eine Erweiterung der Geldwäschevortaten über den Drogenhandel hinaus vor; die Länder sollten Geldwäsche auf der Basis der UNO-Konvention von 1988 gegen Unerlaubten Drogenhandel und Psychotrope Substanzen (Wiener Konvention) und der UNO-Konvention von 2000 über Transnationale Organisierte Kriminalität (Palermo Konvention) unter Strafe stellen und das Verbrechen der Geldwäsche auf alle schweren Verbrechen unter Berücksichtigung einer weitgefassten Bandbreite von Vortaten anwenden (siehe Empfehlung 1). Daneben sind Empfehlungen hinsichtlich von Kreditinstituten, Nicht-Banken und anderen Berufsgruppen zu ergreifenden Maßnahmen zur Vorbeugung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung enthalten, unter anderem die Einhaltung bestimmter Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden, die Meldung verdächtiger Transaktionen sowie besondere zu ergreifende Maßnahmen hinsichtlich der Länder, die die FATFEmpfehlungen nicht oder unzureichend erfüllen. Auch sind Empfehlungen zur internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung enthalten. Von Relevanz im Zusammenhang mit den 40 Empfehlungen sind ferner die verschiedenen Auslegungsbestimmungen der FATF zu den Empfehlungen. Ergänzend sei an dieser Stelle noch auf die 9 Special Recommendations der FATF zur Finanzierung des Terrorismus vom 22. Oktober 2004 hingewiesen, die gemeinsam mit den 40 Empfehlungen den elementaren Rahmen zur Aufde-

201 Die aktuelle Fassung der 40 Empfehlungen der FATF kann im Internet unter http://www.fatf-gafi.org/dataoecd/7/40/34849567.PDF [Stand 05/03/2007] abgerufen werden. 202 Vgl. Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 38.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

ckung, Verhütung und Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung und terroristischer Akte bilden sollen203. 3. Die „Wolfsberg-Principles“ (2000) Die „Wolfsberg-Principles“ (Global Anti-Money-Laundering Guidelines for Private Banking)204 schließlich gehen auf eine Privatinitiative einer Gruppe der weltweit zwölf größten privaten Bankhäuser zurück. Mit diesen Prinzipien sollte ein Standard für den Einsatz von Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen gesetzt werden, welcher der Bankenbranche als realistisch und umsetzbar erschien205. Die Wolfsberg AML Principles wurden schließlich im Oktober 2000 publiziert und sind mittlerweile auch außerhalb der Bankengruppe als Standards anerkannt. Neben allgemeinen Richtlinien für die Kundenannahme, die Vorgaben zur Identitätsfeststellung, zur Sorgfaltspflicht, den Umgang mit Nummernkonten und Offshore Ländern enthalten, werden bestimmte Situationen dargestellt, die eine erhöhte Sorgfaltspflicht seitens der Banken bei der Feststellung der Kundenidentität erfordern. Darüber hinaus wird ein Standard-Verfahren bei der Erkennung ungewöhnlicher oder verdächtiger Aktivitäten festgelegt. Die Prinzipien enthalten ferner Maßgaben zu Überwachungstätigkeiten, Kontrollverantwortlichkeiten, Berichterstattungen über Entwicklungen im Bereich der Geldwäsche, Aufbewahrungspflichten sowie zu Schulung und Information der Mitarbeiter. 4. Rechtliche Bindungswirkung der Vorgaben Die zuvor dargestellten Empfehlungen und Prinzipien entfalten keine völkeroder gemeinschaftsrechtliche Bindungswirkung, sondern stellen nach allgemeiner Meinung als so genanntes „soft law“206 lediglich unverbindliche Mindeststandards dar207. In Deutschland sind allgemeine Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts, gehen den nationalen Gesetzen vor und erzeugen unmittelbare Rechte und Pflichten für die Bewohner (Art. 25 GG)208. Verträge des Bundes, die nicht nur Verwaltungsabkommen sind, werden auf dem Weg der 203 FATF, Special Recommendations on Terrorist Financing, im Internet abrufbar unter http://www.fatf-gafi.org/dataoecd/8/17/34849466.pdf [Stand 05/03/2007]. 204 www.wolfsberg-principles.com [Stand 07/03/2007]. 205 Vgl. Herzog/Mülhausen/Pieth, GwHdb, § 6, Rn. 6. 206 Der Begriff des „soft law“ bezeichnet das so genannte „weiche“ Völkerrecht als allgemein nicht rechtsverbindliche Übereinkünfte, Absichtserklärungen, Leitlinien und Empfehlungen, vgl. Alpmann Brockhaus, Fachlexikon Recht, S. 1185. 207 Stellvertretend für viele Ackermann, Geldwäscherei – Money Laundering, S. 88. 208 Vgl. Alpmann Brockhaus, Fachlexikon Recht, S. 1466, 1468.

C. Supra- und internationale Vorgaben zur Geldwäschebekämpfung

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Gesetzgebung Bundesrecht (Art. 59 Abs. 2 GG209). Dagegen zählt das „soft law“ mangels normativem Charakter nicht zu den Völkerrechtsquellen210.

II. UN-Drogenhandelskonvention, Europaratskonventionen und UN-Terrorismusfinanzierungskonvention 1. Wiener Drogenkonvention vom 19. Dezember 1988 Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen vom 19. Dezember 1988, die so genannte Wiener Drogenkonvention211 steht in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Grundsatzerklärung des Baseler Ausschusses für Bankenbestimmungen und -überwachung vom 12. Dezember 1988 und dient vor allem der Verhinderung der Geldwäsche aus dem illegalen Drogenhandel. Hierauf ist auch die Definition des Tatbestandes der Geldwäsche in der Konvention ausgerichtet. So gilt als mögliches Tatobjekt jeder Vermögensgegenstand, der aus einer bestimmten Vortat stammt, wobei Vortaten in diesem Sinne nach der Wiener Konvention nur Betäubungsmittelstraftaten sind. Die Wiener Drogenkonvention, die auf den internationalen Drogenkontrollverträgen der Vereinten Nationen von 1961 über Suchtstoffe212 sowie vom 21. Februar 1971 über psychotrope Stoffe213 aufbaut, verpflichtet alle Unterzeichnerstaaten dazu, neben der Produktion, dem Handel und dem Besitz von Rauschgift auch das Waschen von Erlösen aus illegalen Verkäufen von Betäubungsmitteln als Straftatbestand in die nationalen Gesetzeswerke aufzunehmen. Damit bezweckt die Wiener Drogenkonvention im Wesentlichen die Beschränkung von Angebot und Nachfrage für Suchtstoffe und psychotrope Substanzen auf medizinische und wissenschaftliche Bedürfnisse214.

209 Artikel 59 Abs. 2 GG lautet: „Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes. Für Verwaltungsabkommen gelten die Vorschriften über die Bundesverwaltung entsprechend.“ 210 Alpmann Brockhaus, Fachlexikon Recht, S. 1185. Als Völkerrechtsquellen gelten internationale Übereinkünfte wie völkerrechtliche Verträge, das Völkergewohnheitsrecht und allgemeine Rechtsgrundsätze. 211 Die Bundesrepublik Deutschland hat das Übereinkommen am 19. Januar 1989 unterzeichnet und mit Gesetz vom 22. 7.1993 ratifiziert (BGBl. II, 1993, 1136). Der vollständige Wortlaut der Konvention ist im Internet unter http://www.unodc.org/pdf/ convention_1988_en.pdf [Stand 07/03/2007] abrufbar. 212 BGBl. II, 1977, 112. 213 BGBl. II, 1976, 1477. 214 Hoyer/Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 37.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

2. Übereinkommen des Europarates vom 8. November 1990 Das Übereinkommen des Europarates vom 8. November 1990 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten215, das von der Bundesrepublik Deutschland am gleichen Tag unterzeichnet und am 16.09.1998216 ratifiziert wurde, hat, wie schon die Wiener Drogenkonvention zum Ziel, die Geldwäsche unter Strafe zu stellen. Während die Drogenkonvention aus dem Jahr 1988 in ihrem Anwendungsbereich aber auf den Bereich der Drogendelikte beschränkt blieb, verfolgt das Europaratsübereinkommen einen umfassenderen Ansatz und erstreckt den Anwendungsbereich auf alle Formen schwerer Kriminalität, soweit hieraus Vermögenszuwächse auf Täterseite erfolgen. Erstmalig wird mit dem Europaratsübereinkommen zudem festgelegt, dass auch Auslandsstraftaten als Vortat einer Geldwäsche gelten. Den Unterzeichnerstaaten wird ferner die Verpflichtung auferlegt, geeignete Maßnahmen zu treffen, die es den Staaten ermöglichen, Vermögenswerte, die der Einziehung unterliegen, zu ermitteln und Geschäfte mit diesen Vermögenswerten sowie die Übertragung oder Veräußerung dieser Werte zu verhindern. Mit der Vorgabe von Leitlinien für alle Verfahrensstufen bis hin zur grenzüberschreitenden Vollstreckung von gewinnabschöpfenden Sanktionen und internationaler Kooperation wurde zudem die Grundlage für eine umfassende, grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Unterzeichnerstaaten bei Ermittlung und Zugriff auf „schmutzige“ Vermögensgegenstände geschaffen. 3. Europaratskonvention vom 16.5.2005 Die neue Europaratskonvention zur Geldwäsche, zur Suche, Beschlagnahme und Einziehung von Deliktserlösen sowie zur Finanzierung von Terrorismus vom 16.5.2005217 stellt eine Erweiterung und Aktualisierung der Konvention aus dem Jahre 1990 dar218 und berücksichtigt insbesondere den Umstand, dass sich der Terrorismus nicht nur durch Geldwäsche aus kriminellen Handlungen, sondern auch durch legitime Aktivitäten finanziert.

215 Das Übereinkommen kann im Volltext im Internet unter http://conventions. coe.int/treaty/en/Treaties/Html/141.htm [Stand 07/03/2007] abgerufen werden. 216 BGBl. II, 1998, 519. 217 Convent of Europe Treaty Series No. 198, Warschau, 16.05.2005; der vollständige Text der Europaratskonvention kann im Internet unter http://conventions.coe.int/ Treaty/EN/Treaties/Html/198.htm [Stand 06/03/2007] abgerufen werden. Bis zum heutigen Tage [06.03.2007] haben 24 Staaten bei 1 Ratifizierung den Vertrag unterzeichnet, die Bundesrepublik Deutschland bislang nicht. Der Vertrag tritt bei 6 Ratifizierungen umfassend 4 Staatenmitglieder in Kraft. 218 Übereinkommen des Europarates vom 8. November 1990 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten.

C. Supra- und internationale Vorgaben zur Geldwäschebekämpfung

237

Zwar befassen sich insbesondere Artikel 9 und 13 der neuen Europaratskonvention mit der Prävention und der Kontrolle der Geldwäsche, wesentlicher Punkt der Konvention stellt jedoch wie bereits beim Übereinkommen des Europarates aus dem Jahr 1990 die Blockierung und Einziehung von Vermögenswerten aus Delikten dar219. Im Wesentlichen sei der schnelle Zugang zu Finanzdaten oder Informationen über Vermögenswerte krimineller Organisationen der Schlüssel zu erfolgreichen präventiven und repressiven Maßnahmen und schließlich der beste Weg, sie zu stoppen, so der erläuternde Bericht zur Konvention des Europarates220. 4. UN-Terrorismusfinanzierungskonvention (1999) Mit der Terrorismusfinanzierungskonvention der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1999 („International Convention for the Suppression of the Financing of Terrorism“)221 und der so genannten Palermo-Konvention zur Bekämpfung der transnationalen Organisierten Kriminalität vom 25. November 2000222 wurde schließlich der Grundstein für eine Ausweitung der Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung auf die Finanzierung des Terrorismus und die organisierte Kriminalität gelegt.

III. Die EU-Geldwäscherichtlinien 1. 1. EG-Geldwäscherichtlinie (1991) Gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, stellt die Richtlinie 91/308/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 10.06.1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zweck der Geldwäsche (1. EG-Geldwäscherichtlinie) 223 auf europäischer Ebene das zentrale Instrument zur Bekämpfung der Geldwäsche dar224. Zentraler 219

Vgl. Herzog/Mülhausen/Pieth, GwHdb, § 7, Rn. 6. Vgl. die Zusammenfassung sowie den erläuternden Bericht zur Konvention unter http://conventions.coe.int/Treaty/EN/Reports/Html/198.htm [Stand 07/03/2007]. 221 Die Konvention ist im Volltext im Internet unter http://untreaty.un.org/English/ Terrorism/Conv12.pdf [Stand 07/03/2007] abrufbar. 222 http://www.unodc.org/unodc/crime_cicp_convention.html [Stand 07/03/2007]. 223 Richtlinie 91/308/EWG des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche, Amtsblatt Nr. L 166 vom 28/ 06/1991 S. 77–83. 224 Mitteilung der Kommission der europäischen Gemeinschaften an den Rat und das Europäische Parlament über Prävention und Bekämpfung der Organisierten Kriminalität im Finanzbereich. Brüssel, den 16.4.2004; KOM(2004) 262. Im Internet abrufbar unter URL: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/com/2004/com2004_0262 de01.pdf [Stand 01/04/2007]. 220

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

Punkt der 1. EG-Geldwäscherichtlinie stellt neben der Erhaltung der Solidität des europäischen Finanzsystems und des Vertrauens der Öffentlichkeit hierin die Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität und daraus resultierender Geldwäschehandlungen dar. So wurde im Waschen der Erlöse aus illegalen Tätigkeiten ein offenkundiger Einfluss auf die Zunahme des organisierten Verbrechens im Allgemeinen und des Rauschgifthandels im Besonderen gesehen225. Grundlegendes Ziel der 1. EG-Geldwäscherichtlinie ist es, zum Schutz des Finanzsystems gegen die Geldwäsche Kredit- und Finanzinstitute auf präventiver Ebene in das Geldwäschebekämpfungssystem einzubinden226 Im Wesentlichen verpflichtet die Richtlinie daher Kredit- und Finanzinstitute zur Feststellung der Identität ihrer Kunden bei der Anknüpfung von Geschäftsbeziehungen (Art. 3 Abs. 1) sowie ferner bei allen Transaktionen mit nicht unter Absatz 1 fallenden Kunden, bei denen der Transaktionsbetrag sich auf 15.000 ECU oder mehr belief (Art. 3 Abs. 2). Bei einem Verdacht auf Geldwäsche sind die Kredit- und Finanzinstitute gehalten, die Kundenidentität festzustellen, selbst wenn der Betrag der Transaktion unter dieser Betragsgrenze liegt (Art. 3 Abs. 6). Weitere zentrale Pflichten der 1. EG-Geldwäscherichtlinie sind das Aufbewahren von Belegen (Art. 4) und die Durchführung besonderer Fortbildungsprogramme zur Bekämpfung der Geldwäsche (Art. 11). Ferner wurden die Institute mit dieser Richtlinie erstmalig dazu verpflichtet, verdächtige Finanztransaktionen zu melden (Art. 6). Mit diesem Pflichtenkatalog übernahm die Europäische Kommission speziell diejenigen der ursprünglichen „40 Empfehlungen“ der FATF, die den Finanzbereich betreffen. 2. 2. EG-Geldwäscherichtlinie (2001) Während die 1. EG-Geldwäscherichtlinie noch vor allem auf die Vortaten aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität, speziell unter dem Aspekt der inkriminierten Gewinne aus Drogendelikten abstellte und Regelungen der Identifizierung und der Pflichten zur Erstattung von Verdachtsanzeigen für Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Versicherungsunternehmen formuliert hat, wurden mit der 2. EG-Geldwäscherichtlinie (Richtlinie 2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/308/EWG des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche) unter anderem der Adressatenkreis der Richtlinie auf den Bereich der freien Berufe und der Nicht-Finanzunternehmen ausgeweitet und die Vorgaben der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) zur Geldwäschebekämpfung in ihrer aus dem Jahre 2003 überarbeiteten Fassung innerstaatlich umgesetzt. 225 226

Vgl. die Erlassbegründung (vor Art. 1) der 1. EG-Geldwäscherichtlinie. Vgl. die Erlassbegründung (vor Art. 1) der 1. EG-Geldwäscherichtlinie.

C. Supra- und internationale Vorgaben zur Geldwäschebekämpfung

239

Der Begriff des Finanzinstitutes wurde im Vergleich zur 1. EG-Geldwäscherichtlinie ausgeweitet und umfasst nunmehr ausdrücklich auch die Tätigkeiten von Wechselstuben und Unternehmen, die das Finanztransfergeschäft betreiben. Der neu eingefügte Artikel 2a erweitert den Kreis der nach der 2. EG-Geldwäscherichtlinie Verpflichteten neben Kredit- und Finanzinstituten auf Abschlussprüfer, externe Buchprüfer, Steuerberater, Kasinos, Immobilienmakler, Personen, die mit hochwertigen Gütern wie Edelsteinen und Edelmetallen oder mit Kunstwerken handeln, und Versteigerern, wenn eine Zahlung in bar erfolgt und sich der Betrag auf mindestens 15.000 Euro beläuft sowie Notare und Rechtsanwälte, sofern bestimmte, hoch sensible Geschäftsbereiche (Finanz-, Vermögensund Unternehmensbereich) betroffen sind. Darüber hinaus wurde der Vortatenkatalog der strafbaren Geldwäsche auf eine Reihe anderer schwerwiegender Formen der Kriminalität und vor allem im Hinblick auf die Bekämpfung des organisierten Verbrechens ausgeweitet227. 3. 3. EG-Geldwäscherichtlinie (2005) Am 15.12.2005 ist die Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (3. EG-Geldwäscherichtlinie) in Kraft getreten. Den Mitgliedsstaaten ist zur Umsetzung in nationales Recht eine Frist bis zum 15.12.2007 gesetzt228. Dabei ergibt sich die Umsetzungspflicht der Vorgaben der 3. EG-Geldwäscherichtlinie wie auch anderer europäischer Richtlinien in innerstaatliches Recht für die Mitgliedsstaaten aus europäischem Gemeinschaftsrecht, namentlich aus Art. 249 Abs. 3 i.V. m. Art. 10 EGV. Die 3. EU-Geldwäscherichtlinie soll nunmehr die „Lücken im Maßnahmenkatalog gegen Geldwäsche (Risk Management und Customer Due DiligenceStandards im unbaren internationalen Zahlungsverkehr, Maßnahmen zur Verfolgung des Underground-Banking und der Regulierung des Finanztransfergeschäfts) schließen [. . . und] der Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus dienen“ 229. Entscheidend ist jedoch die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Richtlinie auf die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung. Seit den Vorfällen des 11. September 2001 werden Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche 227 Vgl. im Einzelnen die Erlass-Begründung der 2. EG-Geldwäscherichtlinie (Vor Art. 1) unter Punkt (9) und (10) sowie die Definition der kriminellen Tätigkeit in Artikel 1 der Richtlinie. 228 Am 01.08.2006 hat die Europäische Kommission die Richtlinie 2006/70/EG mit Durchführungsbestimmungen für die 3. EU-Geldwäsche-Richtlinie erlassen, die am 04.08.2006 im Amtsblatt der Europäischen Union (L 214/29) veröffentlicht wurden und am 24.08.2006 in Kraft getreten sind. 229 BMF, Monatsbericht 08/2002, Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche und der Finanzströme des Terrorismus, S. 57.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

verstärkt mit Maßnahmen zur Bekämpfung und Verhinderung der Finanzierung des Terrorismus verknüpft. Ebenso wie im Bereich der Organisierten Kriminalität (OK) sollen terroristischen Gruppierungen die finanziellen Grundlagen entzogen werden, um sie nachhaltig zu schwächen. Ziel ist die weltweite Austrocknung der Finanzquellen des Terrorismus230. Die Problematik, die Kontrolle legalen Vermögens als Unterfall der Geldwäsche einzuordnen, hat das europäische Parlament zwar erkannt und gegenüber der ursprünglichen Formulierung im Richtlinienentwurf entsprechende Änderungen vorgenommen. Dennoch erstreckt sich die Kontrolle nicht mehr nur auf durch Straftaten erworbenes „schmutziges“ Geld, sondern auch auf rechtmäßig erworbenes Vermögen, sobald es sich dem Verdacht ausgesetzt sieht, dem Terrorismus zu dienen. Verdächtig ist gemäß Art. 1 Abs. 1, 4 der Richtlinie auch derjenige, der finanzielle Mittel bereitstellt, die ganz oder teilweise in der Zukunft zu terroristischen Straftaten verwendet werden könnten. Als weitere wesentliche Änderung wird mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Nr. 2 e) der 3. EG-Geldwäscherichtlinie der Adressatenkreis erneut erweitert. Neben Kredit- und Finanzinstituten, Abschlussprüfern, Steuerberatern, Notaren, Rechtsanwälten, Immobilienmaklern und Casinos als Adressaten werden erstmalig auch Versicherungsvermittler (soweit Versicherungen mit einem „Anlagezweck“ vermittelt werden) sowie Treuhand- und Unternehmensdienstleister in den Geltungsbereich der Richtlinie einbezogen. Des Weiteren zählen gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 e) der Richtlinie nunmehr ebenfalls „natürliche oder juristische Personen, die mit Gütern handeln, soweit Zahlungen in bar in Höhe von 15.000 EUR oder mehr erfolgen“ zum erweiterten Adressatenkreis. Die Richtlinie nimmt eine erneute Erweiterung des Kataloges der Geldwäsche-Vortaten vor. Gemäß Art. 3 Nr. 5 f) der 3. EG-Geldwäscherichtlinie gelten nunmehr unter anderem solche Straftaten als Geldwäsche-Vortaten, „die mit einer Freiheitsstrafe oder einer die Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung im Höchstmaß von mehr als einem Jahr [. . .] oder von mindestens mehr als sechs Monaten belegt werden können“. Des Weiteren sind gemäß Art. 3 Nr. 5a) der Richtlinie nunmehr ausdrücklich auch terroristische Straftaten als Vortaten der Geldwäsche erfasst. Auch im Bereich „Identifizierung und Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten“ haben sich Änderungen ergeben. Der Begriff des „wirtschaftlich Berechtigten“, in Deutschland in § 8 GwG geregelt, wird mit Art. 3 Nr. 6 der Richtlinie grundlegend neu definiert. Hiernach ist „wirtschaftlicher Eigentümer nicht nur die natürliche Person, unter deren Kontrolle der Kunde steht oder in deren Auftrag eine Tätigkeit durchgeführt wird. Als „wirtschaftlicher Eigentümer“ gilt nun ebenfalls, wer 25% oder mehr Anteile bzw. Stimm- oder Kontrollrechte an 230

Zum Folgenden ausführlich: Höche, WM 2005, 8 ff.

C. Supra- und internationale Vorgaben zur Geldwäschebekämpfung

241

juristischen Personen, Stiftungen, Trusts oder Rechtsvereinbarungen ausübt. Die deutschen Gesetze sehen jedoch keine entsprechenden Mitteilungs- oder Veröffentlichungspflichten vor: Die an Unternehmen und nicht an natürliche Personen gerichteten Mitteilungspflichten gemäß §§ 20, 21 AktG setzen zwar ebenfalls ab einem Anteilsbesitz ab 25% ein. Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten gemäß §§ 21, 25 und 26 WpHG und § 29 WpÜG wenden sich jedoch lediglich an börsennotierte Unternehmen, die gemäß Art. 3 Nr. 6 a) i) der Richtlinie vom Anwendungsbereich ausgenommen sind. Auch das deutsche GmbH-Recht kennt neben der Pflicht zur Anmeldung der Gesellschafter und ihrer Stammeinlage keine entsprechenden Schwellenbeträge. Um den Adressaten des GwG die Erfüllung ihrer Pflichten zu ermöglichen, dürften entsprechende Änderungen im Gesellschaftsrecht erforderlich werden. Art. 13 Abs. 4 der Richtlinie sieht hinsichtlich Geschäftsbeziehungen zu politisch exponierten Personen verstärkte Sorgfaltspflichten vor. Neben der Frage der Abgrenzbarkeit politisch exponierter Personen zu anderen Kunden – nach Art. 13 Abs. 4 sind politisch exponierte Personen, solche natürlichen Personen, „die wichtige öffentliche Ämter ausüben oder ausgeübt haben, und deren unmittelbare Familienmitglieder oder ihnen bekanntermaßen nahe stehende Personen“ – ergeben sich vor allem Probleme in der praktischen Umsetzbarkeit für die Adressaten der Richtlinie. Gemäß Art. 13 Abs. 4 a) der Richtlinie sollen die der Richtlinie unterliegenden Institute und Personen über risikobasierte Verfahren verfügen, anhand derer bestimmt werden kann, ob es sich bei dem Kunden um eine politisch exponierte Person handelt. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn die entsprechenden Faktoren den Instituten vorher bekannt sind und zusätzlich zur Feststellung und Überprüfung der Identität des Kunden abgefragt werden. Daneben stellen die Einbeziehung von Dritten in die Kundenidentifizierung gemäß Art. 14 ff. der 3. EG-Geldwäscherichtlinie, das Verbot des Geschäftsverkehrs mit so genannten „shell banks“ („Bank-Mantelgesellschaften“) gemäß Art. 13 Abs. 5 der Richtlinie, Regelungen zum Schutz von Mitarbeitern, einem Verfahren zur Auskunftserteilung über Kontoinformationen sowie in Art. 40 ff. der Richtlinie die Einführung eines Komitologieverfahrens weitere wesentliche Änderungen dar. Es ist derzeit noch offen, ob durch die mit der 3. EG-Geldwäscherichtlinie vorgenommenen Änderungen, insbesondere der Erweiterung des Kataloges der Geldwäsche-Vortaten, eine Änderung von § 261 StGB, der zentralen deutschen Geldwäsche-Strafnorm, erforderlich werden wird. Denn insbesondere durch die Einbeziehung der §§ 129a, 129b StGB in den Vortatenkatalog des § 261 StGB hat der deutsche Gesetzgeber seiner Umsetzungspflicht bereits im Wesentlichen entsprochen. Im Übrigen wird jedoch davon ausgegangen werden können, dass der nach Inkrafttreten der 3. EG-Geldwäscherichtlinie entstandene Umsetzungs-

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

bedarf zu einer weiteren Ergänzung des Geldwäschegesetzes, und gegebenenfalls auch des Gesellschafts- und Registerrechts führen wird, die auch Auswirkungen auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Finanztransfergeschäftes mit sich bringen wird. Es bleibt letztlich abzuwarten, welche Auswirkungen die neuen Regelungen der 3. EU-Geldwäscherichtlinie231 auf die Entwicklung und Behandlung des Underground-Banking haben werden und ob die geplanten Verfolgungsmaßnahmen erfolgreich durchgesetzt werden können. 4. Durchführungsbestimmungen für die 3. EG-Geldwäscherichtlinie Am 01.08.2006 hat die Europäische Kommission die Richtlinie 2006/70/ EG232 mit Durchführungsbestimmungen für die Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Begriffsbestimmung von „politisch exponierte Personen“ und der Festlegung der technischen Kriterien für vereinfachte Sorgfaltspflichten sowie für die Befreiung in Fällen, in denen nur gelegentlich oder in sehr eingeschränktem Umfang Finanzgeschäfte getätigt werden, erlassen. Nach der Veröffentlichung der Durchführungsbestimmungen zur 3. EG-Geldwäscherichtlinie im Amtsblatt der Europäischen Union (L 214/ 29) am 04.08.2006 sind die Bestimmungen am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung, also am 24.08.2006 in Kraft getreten. Die den Instituten gemachten Vorgaben sind wie auch die Regelungen in der Geldwäscherichtlinie bis spätestens zum 15.12.2007 in nationales Recht umzusetzen. Die Durchführungsbestimmungen enthalten zunächst eine Konkretisierung des Begriffes der „politisch exponierten Personen (PEP)“. Als politisch exponierte Person anzusehen sind nach Artikel 2 der Richtlinie unter anderem Staatschefs, Regierungschefs, Minister, Parlamentsmitglieder, Mitglieder von Obersten Gerichten, Mitglieder der Rechnungshöfe, Vorstände von Zentralbanken, Botschafter, etc. Hiervon ausgenommen sind Funktionsträger, die mittlere oder niedrigere Funktionen ausüben. Artikel 3 der Richtlinie lässt darüber hinaus in bestimmten Fällen vereinfachte Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden zu, während Artikel 4 bei lediglich gelegentlichen oder sehr eingeschränkten Finanzgeschäften Ausnahmen vom Anwendungsbereich der 3. Geldwäscherichtlinie der EG vorsieht. Nach den Durchführungsbestimmungen müssen hierfür unter anderem folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Das Finanzgeschäft ist in seiner Höhe begrenzt und in der Anzahl seiner Transaktionen beschränkt, das 231

Vgl. hierzu im Einzelnen Höche, WM 2005, 8, 14. Die Richtlinie 2006/70/EG vom 1. August 2006 mit Durchführungsbestimmungen für die Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 214 vom 4.8.2006, S. 29–34 kann im Internet abgerufen werden unter http://eur-lex. europa.eu/LexUriServ/site/de/oj/2006/l_214/l_21420060804de00290034.pdf [Stand 06/03/2007]. 232

C. Supra- und internationale Vorgaben zur Geldwäschebekämpfung

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Finanzgeschäft stellt nicht die Haupttätigkeit dar, sondern ist ein Zusatzgeschäft, das in direktem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit steht und darf nur Kunden im Zusammenhang mit der Haupttätigkeit, nicht aber der allgemeinen Öffentlichkeit angeboten werden. Zu den entsprechenden Schwellenwerten enthalten die Durchführungsbestimmungen keine Vorgaben, diese sollen abhängig von der Art des Finanzgeschäfts von den einzelnen Staaten festgelegt werden. Diese Ausnahmen gelten nach der Auffassung der Kommission jedoch nicht für Finanztransaktionen wie Geldüberweisungen oder Finanztransferdienste, da bei diesen Anbietern die Wahrscheinlichkeit höher sei, dass sie zum Zwecke der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung verwendet oder missbraucht werden. Daher müsse sichergestellt werden, dass diese oder ähnliche Finanztransaktionen nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/60/EG ausgenommen werden233.

IV. EG-Verordnung über die Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden (2005) Mit der Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden234, sollen inhaltlich die zweite und dritte EG-Geldwäscherichtlinie ergänzt werden und harmonisierte Regelungen für die Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden, geschaffen werden235. Die EG-Verordnung gilt seit dem 15. Juni 2007 unmittelbar in jedem Mitgliedstaat und bedarf keiner Umsetzung in nationales Recht mehr. Artikel 3 der EG-Verordnung legt fest, dass alle natürlichen Personen, die in die Gemeinschaft einreisen oder aus der Gemeinschaft ausreisen und die Barmittel in Höhe von 10.000 Euro oder mehr mit sich führen, diesen Betrag bei den zuständigen Behörden des jeweiligen Mitgliedstaats anmelden müssen. Die Anmeldung hat nach der Verordnung Angaben zum Anmelder, einschließlich Vor- und Zuname, Geburtsdatum und Geburtsort sowie Staatsangehörigkeit, zum Eigentümer der Barmittel, zum vorgesehenen Empfänger der Barmittel, zu Höhe und Art der Barmittel, zu Herkunft und Verwendungszweck der Barmittel, 233

Vgl. die Erlassbegründung (vor Artikel 1), Nr. 13 der Durchführungsbestimmun-

gen. 234 Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden, ABl. Nr. L 309 vom 25.11.2005, S. 9– 12. 235 Vgl. die Erlassbegründung in Artikel 1 Abs. 1 der Verordnung.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

zum Reiseweg und zu den benutzten Verkehrsmitteln zu enthalten, Artikel 3 Abs. 2. Um Verstöße gegen die Anmeldepflicht zu verhindern, ist es den Beamten der zuständigen Behörden erlaubt, Personenkontrollen durchzuführen und natürliche Personen, ihr Gepäck und das verwendete Verkehrsmittel zu kontrollieren, vgl. Art. 4 der Verordnung. Wird eine Verletzung der Anmeldepflicht festgestellt, können die Barmittel auf dem Verwaltungsweg einbehalten werden. Ergeben Kontrollen, dass eine natürliche Person mit Barmitteln in Höhe von weniger als 10.000 Euro in die Gemeinschaft einreist oder aus der Gemeinschaft ausreist, es jedoch Hinweise auf einen Zusammenhang mit rechtswidrigen Handlungen im Sinne der EG-Geldwäscherichtlinien gibt, erlaubt die Verordnung ebenfalls die Aufzeichnung und Verarbeitung der Informationen über die betreffende Person, Artikel 5 Abs. 2 EG-Verordnung. Schließlich sind die aufgrund einer Anmeldung oder im Zuge einer Kontrolle erlangten Informationen aufzuzeichnen, zu verarbeiten und den für die Bekämpfung der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung zuständigen Behörden zur Verfügung zu stellen, Art. 5 Abs. 1. Mit Zustimmung der zuständigen Behörden von den Mitgliedsstaaten oder der Kommission ist ferner die Übermittlung der Daten an einen Drittstaat möglich, sofern dabei die nationalen und gemeinschaftlichen Vorschriften über die Übermittlung personenbezogener Daten eingehalten werden. Die EG-Verordnung über die Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden, zielt mit ihrem Regelungsgehalt vor allem auf Steuersünder, die Schwarzgelder bei Banken in Liechtenstein oder in der Schweiz anlegen, da nur an den EU-Außengrenzen mitgeführte Geldbeträge von der Verordnung erfasst werden. Für die Durchfuhr innerhalb der Europäischen Gemeinschaft gilt weiterhin die im deutschen Zollverwaltungsgesetz getroffene Regelung, wonach mitgeführte Bargeldbeträge im Wert von 15.000 Euro oder mehr, die durch das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, lediglich auf Verlangen der Zollbediensteten nach Art, Zahl und Wert anzuzeigen sowie Herkunft und Verwendungszweck darzulegen sind, § 12a Abs. 1 ZollVG.

D. Rahmenbedingungen der Geldwäschebekämpfung in Deutschland Die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Geldwäschebekämpfung in Deutschland werden insbesondere durch den Straftatbestand der Geldwäsche, § 261 StGB und die im Geldwäschegesetz enthaltenen Regelungen vorgegeben. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Geldwäscheregelungen, die (teilweise) in anderen Gesetzen verankert sind, so beispielsweise in §§ 6a, 24c, 25a und 25b

D. Rahmenbedingungen der Geldwäschebekämpfung in Deutschland

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Kreditwesengesetz oder in der Abgabenordnung (vgl. §§ 31b, 154, 370a AO). Neben den §§ 73 ff. StGB, die Regelungen zu Einziehung und Verfall enthalten, stellen schließlich auch die (konkretisierenden) Verlautbarungen und Rundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht maßgebliche Rahmenbedingungen der Geldwäschebekämpfung in Deutschland dar.

I. Der Straftatbestand der Geldwäsche, § 261 StGB 1. Gesetzeshistorie und Zielrichtung des Tatbestandes Mit der Einfügung des Straftatbestandes der Geldwäsche in das deutsche Strafgesetzbuch durch Art. 1 Nr. 19 des Gesetzes zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15.07.1992236 wurde in Deutschland die Strafbarkeit der Geldwäsche erstmals speziell geregelt237. Hintergrund dieser Änderungen waren die Vorgaben der 1. EG-Geldwäscherichtlinie zur Strafbarkeit der Geldwäsche, die vom deutschen Gesetzgeber insbesondere durch das OrgKG in nationales Recht transformiert wurden. Nach der Intention des deutschen Gesetzgebers sollte durch § 261 StGB das Einschleusen von Vermögenswerten aus der organisierten Kriminalität in den legalen Finanz- u. Wirtschaftskreislauf zum Zweck der Tarnung verhindert und auf diesem Wege die organisierte Kriminalität bekämpft werden238. Neben der Bewahrung des legalen Finanz- und Wirtschaftskreislaufs vor einer Durchmischung mit illegalen Vermögenswerten239 ist der Straftatbestand der Geldwäsche im Wesentlichen darauf ausgerichtet, die Vortäter durch die Verkehrsunfähigmachung inkriminierter Gegenstände zu isolieren und damit im Ergebnis die Vortaten der Geldwäsche einzudämmen240. 2. Der Tatbestand des § 261 StGB a) Tatobjekt Gemäß § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, wer einen Gegenstand, der aus einer bestimmten, in Abs. 1 Satz 2 aufgeführten rechtswidrigen (Vor-)Tat herrührt, verbirgt, dessen 236

BGBl. I, S. 1302. Zu den zahlreichen Änderungen des Straftatbestandes der Geldwäsche vgl. die Übersicht bei Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 1. 238 BT-Drs. 12/9879 S. 26, vgl. auch Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 1. 239 So beispielsweise Lampe, Der neue Tatbestand der Geldwäsche, in: JZ 1994, 123, 125. 240 BT-Drs. 12/9879, S. 26 f.; Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 1. 237

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

Herkunft verschleiert oder die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet. aa) Gegenstand Gegenstände im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB können alle Gegenstände mit Vermögenswert sein241. Neben Bargeld und Buchgeld in inländischer wie ausländischer Währung unterfallen auch Forderungen und andere Rechte, Wertpapiere, Patente, bewegliche Sachen wie Edelmetalle, Edelsteine, Drogen, Kunst- u. Sammelobjekte, Grundstücke und Rechte an ihnen sowie Unternehmensanteile dem Begriff des „Gegenstandes“ nach § 261 StGB242. bb) Vortaten (1) Allgemeine Anforderungen In § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB sind die (Vor-)Taten aufgeführt, aus denen der Gegenstand im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB herrühren muss. Die Vortat, die im Übrigen hinreichend konkretisiert festgestellt worden sein muss243, muss nach dem Gesetzeswortlaut „rechtswidrig“ sein, eine schuldhafte und strafbare Begehung ist nicht erforderlich244. Das Vorliegen von Entschuldigungsgründen oder etwa das Eingreifen von Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgründen hinsichtlich der Vortat haben demgemäß auf die Strafbarkeit wegen Geldwäsche nach § 261 StGB keinen Einfluss245. Das ursprünglich in § 261 Abs. 1 StGB a. F. vorgesehene Erfordernis, dass es sich um die (Vor)Tat eines anderen handeln muss, wurde durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom 04.05. 1998246 (OrgKG) aufgegeben. Seitdem kann auch der Vortäter Täter oder Teilnehmer der Geldwäsche sein. Nach § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB wird er wegen Geldwäsche jedoch nicht bestraft, wenn er bereits wegen der Beteiligung an der Vortat strafbar ist. Voraussetzung ist, dass die Beteiligung an der Vortat feststeht; kann hingegen nicht eindeutig festgestellt werden, ob der Täter der Geldwäsche auch der Vortäter war, so bleibt die Strafbarkeit wegen Geldwäsche be-

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Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 6; Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261,

Rn. 3. 242

Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 6; Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261,

Rn. 3. 243 244 245 246

BGH, wistra 2000, 65; Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 9. Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 4. Vgl. hierzu Herzog/Mülhausen/Nestler, GwHdb, § 17, Rn. 5. BGBl. I, S. 845.

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stehen247. Unter den Voraussetzungen des § 261 Abs. 8 StGB schließlich können auch Auslandstaten taugliche Vortat einer Geldwäsche sein, sofern die Tat auch am (ausländischen) Tatort mit Strafe bedroht ist. Die Tat muss ein Delikt sein, dass, wäre es im Inland begangen worden, als rechtswidrige Tat die Voraussetzungen von § 261 Abs. 1 StGB erfüllt248. (2) Vortatenkatalog Vom Vortatenkatalog des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB erfasst sind zunächst nach Nr. 1 Verbrechen im Sinne von § 12 Abs. 1 StGB, also rechtwidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind. Dabei ist es unerheblich, ob sich das Verbrechen gegen fremdes Vermögen, oder gegen andere Rechtsgüter richtet bzw. ob die Tat der organisierten Kriminalität zuzurechnen ist249. Daneben umfasst der Vortatenkatalog des § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB eine Reihe von Vergehen, über die im Folgenden lediglich ein kurzer Überblick gegeben werden soll250. Als taugliche Vortaten werden in § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB werden unter anderem aufgeführt Bestechungsdelikte (§ 332 Abs. 1, auch i.V. m. Abs. 3, § 334 StGB), Delikte mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, § 29 Abs. 1 Nr. 1 GrundstoffüberwachungsG), die Bildung krimineller und terroristischer Vereinigungen nach den §§ 129, 129a Abs. 3 StGB sowie Taten von Mitgliedern einer kriminellen und terroristischen Vereinigung (§§ 129, 129a StGB), Schmuggel (§ 373 AO), und Steuerhehlerei (§ 374 AO), soweit sie gewerbsmäßig begangen wird. Außerdem zählen folgende weitere Vergehen zum Vortatenkatalog, sofern sie gewerbsmäßig oder von einem Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Vergehen verbunden hat, begangen worden sind: Fälschung von Zahlungskarten, Schecks und Wechseln (§ 152a StGB), Menschenhandel (§§ 232 ff. StGB), Zuhälterei (§ 181a StGB), Diebstahl (§ 242 StGB), Unterschlagung (§ 246 StGB), Erpressung (§ 253 StGB), Hehlerei (§ 259 StGB), Betrug, Computerbetrug und Subventionsbetrug (§§ 263, 26 3a, 264 StGB), Untreue (§ 266 StGB), Urkundenfälschung (§ 267 StGB), Fälschung beweiserheblicher Daten (§ 269 StGB), Glücksspiel (§ 284 StGB), unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen (§ 326 Abs. 1, 2, 4 StGB), unerlaubter Umgang mit ra-

247 Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 5: Der Regelung des § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB liegt der Gedanke der mitbestraften Nachtat zugrunde; der BGH will hier einen persönlichen Strafausschließungsgrund annehmen, BGH NJW 2000, 3725. 248 Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 6. 249 Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 10. 250 Für einen ausführlichen Überblick über die Katalogtaten des § 261 StGB vgl. beispielsweise Diergarten, Geldwäsche Kommentar, S. 214 ff.

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dioaktiven Stoffen (§ 328 Abs. 1, 2, 4 StGB) sowie des Weiteren Verstöße nach § 96 AufenthaltsG und § 84 AsylverfahrensG. cc) „Herrühren“ aus der Vortat Der Begriff des „Herrührens“ aus der Vortat ist bewusst weitgefasst und wurde auch im Gesetzgebungsverfahren nicht eingegrenzt251. Damit wird der Anwendungsbereich des § 261 StGB im Vergleich insbesondere zu dem Straftatbestand der Hehlerei (§ 259 StGB) massiv ausgeweitet, der den Kreis der tauglichen Vortaten auf Vermögensdelikte einschränkt und voraussetzt, dass die Sache durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat unmittelbar erlangt wurde252. Nach der Gesetzesbegründung soll von dem Begriff des „Herrührens“ insbesondere auch erfasst werden, was unter Beibehaltung des Wertes nach mehreren Austausch- und Umwandlungsaktionen, beispielsweise durch die typischen Verschleierungshandlungen im Geldwäscheprozess, als Surrogat an die Stelle des ursprünglichen Gegenstandes getreten ist253. Ziel war es insoweit, den Zugriff auf inkriminierte Vermögenswerte nicht schon nach einem „Waschvorgang“ zu verlieren254. Allerdings macht der Gesetzgeber eine Einschränkung dahingehend, als Gegenstände, deren Wert infolge einer Weiterverarbeitung im Wesentlichen auf eine spätere selbständige Leistung Dritter zurückzuführen ist, nicht mehr geldwäschetauglich sein sollen255. Auch in Rechtsprechung und Literatur ist bislang nicht eindeutig geklärt, wie eine hinreichende Konkretisierung des „Herrührens“ aussehen kann256. Übereinstimmung besteht jedenfalls insoweit, als das „Herrühren“ einen Kausalzusammenhang dergestalt erfordert, als die Existenz des Gegenstandes in der Vermögenssphäre des Täters oder eines Drittem ursächlich auf die Vortat zurückzuführen sein muss257, der Gegenstand im Ergebnis also einerseits einer bestimmten Vortat entstammen und diese andererseits die Ursache für die Erlangung des Gegenstandes gewesen sein muss258. Da sich das Kausalitätskriterium alleine 251 Vgl. beispielsweise Barton, Das Tatobjekt der Geldwäsche, in: NStZ 1993, 159; Bottke, Teleologie und Effektivität der Normen gegen Geldwäsche, in: wistra 1995, 90. 252 BGH NJW 1969, 1260. 253 BT-Drs. 12/989, S. 27; Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 6. 254 BT-Drs. 12/989, S. 27. 255 BT-Drs. 12/989, S. 27. 256 Vgl. zum Streitstand beispielsweise Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 7 f. 257 Herzog/Mülhausen/Nestler, GwHdb, § 17, Rn. 19; Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 8. 258 Barton, Das Tatobjekt der Geldwäsche, in: NStZ 1993, 159 f.; vgl. auch Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 8.

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jedoch nur bedingt dazu eignet, den Begriff des Herrührens einzugrenzen, wurden vielfach Bemühungen unternommen, das Kausalitätskriterium um weitere Merkmale zu ergänzen259. Beispielhaft sei an dieser Stelle der Versuch einer Einschränkung in Beziehung zur Einziehung oder zum Verfall zu nennen, wonach nur Gegenstände Tatobjekt sein sollen, die in einem den Verfall oder die Einziehung rechtfertigenden Zusammenhang stehen260. Andere Ansätze zu einer Einschränkung wiederum heben auf den Gesichtspunkt der Adäquanz und rechtlichen Signifikanz der Vortat für den Gegenstand ab, wonach der Begriff des „Herrührens“ nur dann erfüllt sein soll, wenn die Vortat adäquat kausal für Existenz und wirtschaftliche Zuordnung des Tatobjektes ist und der ursächliche Zusammenhang nicht durch fehlende rechtliche Signifikanz (der Vortat) unterbrochen wird261. Ein anderer Ansatz will nur vermögenswerte Gegenstände als Tatobjekt ausreichen lassen, die wirtschaftlich gesehen mittels eines Umwandlungsprozesses die gewaschenen Werte ersetzen262. Mangels allgemeingültiger Eingrenzungskriterien wird von Literatur und Rechtsprechung, wie auch durch den deutschen Gesetzgeber überwiegend eine fallgruppenbezogene Spezifikation des Merkmals „Herrühren“ vorgenommen263. Hiernach sind mögliche Tatobjekte neben den unmittelbar aus der Vortat herrührenden Gegenständen wie der Diebesbeute, dem Tatlohn und anderen aus der Vortat stammenden Entgelten oder durch die Straftat hervorgebrachten Gegenständen (producta sceleris im Sinne von § 74 StGB, aber auch Beziehungsgegenstände, die der Einziehung unterliegen) auch mittelbar auf die Tat zurückzuführende Gegenstände, die Surrogate des ursprünglich Erlangten264. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein konkreter Zusammenhang des Surrogates mit dem aus der Vortat stammenden Vermögensgegenstand besteht265. b) Tathandlungen Die Tathandlungen des Geldwäschetatbestandes sind zum einen nach § 261 Abs. 1 StGB das Verbergen oder Verschleiern der Herkunft (Alt. 1) sowie weiterhin das Vereiteln oder Gefährden der Ermittlung der Herkunft, des Auffin259 Vgl. beispielsweise Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 8, der ansonsten die Gefahr einer uferlosen Reichweite des § 261 StGB sieht. 260 Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 8 m.w. N. 261 Barton, Das Tatobjekt der Geldwäsche, in: NStZ 1993, 159, 165; kritisch Herzog/Mülhausen/Nestler, GwHdb, § 17, Rn. 19. 262 So Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 8. 263 Eine sehr ausführliche Darstellung der einzelnen Fallgruppen findet sich bei Herzog/Mülhausen/Nestler, GwHdb, § 17, Rn. 20 ff. 264 Vgl. Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 7 a. 265 Hierzu im einzelnen Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 8 f.

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dens, des Verfalls, der Einziehung oder der Sicherstellung (Alt. 2) eines inkriminierten Gegenstandes. § 261 Abs. 2 StGB erfasst als Tathandlungen ferner das Sich- oder einem Dritten verschaffen sowie das Verwahren oder Verwenden von Gegenständen im Sinne des Absatz 1, sofern der Täter die Herkunft des Gegenstandes zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat. aa) Das Verbergen, Verschleiern der Herkunft sowie die weiteren Handlungsalternativen nach § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB Die Tathandlungen des Absatzes 1 sind einerseits auf das Verschleiern der Identität inkriminierter Gegenstände in der 1. Alternative und andererseits auf das Vereiteln des staatlichen Zugriffs auf diese Gegenstände in der 2. Alternative angelegt266. Dabei zielen alle Verhaltensweisen darauf ab, inkriminierte Gegenstände unter Verdeckung ihrer wahren Herkunft in den Finanz- und Wirtschaftskreislauf einzuschleusen267. Ein Verbergen von Gegenständen im Sinne von § 261 Abs. 1 StGB setzt eine Tätigkeit voraus, die mittels einer nicht üblichen örtlichen Unterbringung oder einer den Gegenstand verdeckenden Handlung den Zugang zu einem Tatobjekt erschwert, wie beispielsweise das Verstecken, Vergraben oder die Unkenntlichmachung einer Sache268. Ein Verschleiern der Herkunft liegt dagegen vor bei allen irreführenden Handlungen, die den Nachweis erschweren, dass der Gegenstand aus einer Straftat stammt269. Beispiele für ein Verschleiern der Herkunft sind etwa Falschbuchungen, die Kontoführung unter falschem Namen, oder sonstige unrichtige Angaben oder das Vermischen schmutziger Gelder mit sauberen Geldern270. Die beiden Handlungsalternativen des Verschleierns der Herkunft und des Verbergens werden daher häufig auch als so genannter „Verschleierungstatbestand“ zusammengefasst271. Im Gegensatz zu den Handlungsalternativen des § 261 Abs. 2 StGB ist § 261 Abs. 1 StGB ein konkretes Gefährdungsdelikt; für die Tatvollendung genügt als Erfolg die bloße abstrakte Gefährdung des Zugriffs auf die Tatobjekte auch für das Verbergen und das Verschleiern der Herkunft nicht aus272. 266

Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 10. Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 19. 268 Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 11. 269 Stellvertretend für viele: Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 21. 270 Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 11. 271 Vgl. beispielsweise Körner, in Körner/Dach, Geldwäsche, Rn. 29 f.; oder auch Kargl, Probleme des Tatbestands der Geldwäsche, in: NJ 2001, 57, 59; Herzog/Mülhausen/Nestler, GwHdb, § 17, Rn. 35. 272 Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 11; a. A. Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 21a. 267

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Durch die weiteren Handlungsalternativen des Vereitelns oder Gefährdens der Ermittlung der Herkunft, des Auffindens, des Verfalls (§§ 73 ff. StGB), der Einziehung (§§ 74 ff. StGB) oder der Sicherstellung (§§ 111b ff. StPO) eines inkriminierten Gegenstandes, dem so genannten „Vereitelungs- und Gefährdungstatbestand“ 273, soll der Zugriff der Strafverfolgungsbehörden auf diesen Gegenstand verhindert oder jedenfalls gefährdet werden274. Dabei bedeutet „Gefährden“ das Herbeiführen einer konkreten, nicht lediglich abstrakten Gefahr, dass die Ermittlung der Herkunft oder das Auffinden, etc. unterbleiben275. bb) Das Sichverschaffen, Verwahren oder Verwenden nach § 261 Abs. 2 StGB § 261 Abs. 2 StGB ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt und insoweit als Auffangtatbestand für die Handlungsalternativen von § 261 Abs. 1 StGB konstruiert worden276. Hiernach werden das Sichverschaffen sowie das Verwahren oder Verwenden von Gegenständen im Sinne des Absatzes 1 unter Strafe gestellt, um die Vortäter zu isolieren und „schmutzige“ Vermögenswerte verkehrsunfähig zu machen277. Das Sichverschaffen gemäß § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter sich oder einem Dritten einen geldwäschetauglichen Gegenstand verschafft, indem er im Einverständnis mit dem Vortäter oder sonstigen Inhaber des Gegenstands278 eigene Verfügungsgewalt auf abgeleitetem Wege über den Gegenstand erlangt, wobei es unerheblich ist, ob der Täter den Gegenstand aufgrund eines rechtlichen Anspruchs erlangt279. Aufgrund dieser sehr weitgefassten Definition werden praktisch sämtliche Geschäfte des täglichen Lebens, die mit inkriminierten Vermögensgegenständen getätigt werden, von der Handlungsalternative des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB erfasst, die insbesondere auch für Bankgeschäfte und verwandte Finanztransaktionen wie beispielsweise das Finanztransfergeschäft einschlägig sein dürfte280. Während also die Annahme von (inkriminierten) Geldern durch einen Bankangestellten oder anderen Finanzdienstleister im Rahmen von Einzahlungen und beispielsweise Transaktionen 273 Körner, in Körner/Dach, Geldwäsche, Rn. 31 ff.; Herzog/Mülhausen/Nestler, GwHdb, § 17, Rn. 36; Kargl, Probleme des Tatbestands der Geldwäsche, in: NJ 2001, 57, 59. 274 Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 22. 275 Vgl. BGH, NJW 1999, 436. 276 Oswald, Die Implementation gesetzlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche in der Bundesrepublik Deutschland, S. 70; Herzog/Mülhausen/Nestler, GwHdb, § 17, Rn. 40. 277 Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 23. 278 Herzog/Mülhausen/Nestler, GwHdb, § 17, Rn. 41 m.w. N. 279 Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 24. 280 Vgl. Herzog/Mülhausen/Nestler, GwHdb, § 17, Rn. 41.

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zur Vermögensanlage tatbestandsmäßig sind, erfüllt die bloße Kontoführung nicht die Voraussetzungen des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB, da hierdurch der Bank oder einem Dritten kein Vermögenswert verschafft wird281. Ein Verwahren im Sinne von § 261 Abs. 2 Nr. 2 1. Var. StGB liegt dann vor, wenn über eine Sache bewusst der Gewahrsam ausgeübt wird, um sie für sich oder einen Dritten zur Verfügung zu halten282. Voraussetzung ist, dass der Verwahrer die Herkunft der verwahrten Sache zum Zeitpunkt der Gewahrsamsbegründung gekannt hat283. Verwendet der Täter den Gegenstand für sich oder einen Dritten im Sinne von § 261 Abs. 2 Nr. 2 2. Var. StGB, muss der Täter den Gegenstand im Einverständnis mit dem Inhaber der Verfügungsgewalt bestimmungsgemäß gebrauchen. Von der Tatbestandsvariante des Verwendens sind insbesondere die vielfältigen Geldgeschäfte betroffen284. Die Strafbarkeit des Verwahrens oder Verwendens steht unter dem Vorbehalt, dass der Täter bei der Besitzerlangung hinsichtlich der Herkunft des Gegenstandes bösgläubig war. Entgegen dem Wortlaut der Vorschrift, wonach zum Zeitpunkt der Erlangung des Gegenstandes „Kenntnis“ über dessen Herkunft vorgelegen haben muss, soll „Kenntnis“ im Sinne von § 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB nach überwiegender Meinung bereits dann vorliegen, wenn der Täter den Gegenstand mit bedingtem Vorsatz hinsichtlich der Herkunft erlangt hat285. Demnach ist es für die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmal ausreichend, wenn der Täter es für möglich hält, dass der inkriminierte Gegenstand aus einer Katalogtat des § 261 StGB stammt und sich damit abfindet. Sicheres Wissen ist, wie schon in § 261 Abs. 1 StGB nicht erforderlich. c) Strafloser Vorerwerb Die Strafbarkeit nach § 261 Abs. 2 StGB ist ausgeschlossen, wenn zuvor ein Dritter den Gegenstand erlangt hat, ohne hierdurch eine Straftat (nach § 261 StGB286) zu begehen, § 261 Abs. 6 StGB. Ziel dieser Einschränkung des Anwendungsbereiches des Absatzes 2 ist die Vermeidung der Ausuferung strafbarer Anschlusstaten zum Schutz des allgemeinen Rechtsverkehrs287. 281

Werner, Bekämpfung der Geldwäsche in der Kreditwirtschaft, S. 229. Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 25. 283 Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 13. 284 Vgl. BT-Drs. 12/989 S. 27. 285 Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 26 a; Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 13 m.w. N. Begründet wird dies damit, dass sich ansonsten ein Wertungswiderspruch zu § 261 Abs. 1 StGB ergäbe, für den bedingter Vorsatz ausreicht. Darüber hinaus sieht § 261 Abs. 5 StGB in Bezug auf die Herkunft der Geldwäscheobjekte eine Strafbarkeit bereits bei Leichtfertigkeit sowohl für die Tathandlungen nach Abs. 1 als auch nach Abs. 2 vor. 286 Dies ist h. M. Vgl. insoweit Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 27 m.w. N. 282

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Von praktischer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit die Regelung des § 261 Abs. 6 StGB auf Banküberweisungen Anwendung finden kann. Wird beispielsweise inkriminiertes Geld auf ein Bankkonto eingezahlt, und nimmt der Vortäter im Anschluss hieran Überweisungen an Personen vor, die hinsichtlich der Herkunft der inkriminierten Vermögenswerte bösgläubig sind, stellt sich die Frage, ob die Annahme des Geldes zur Einzahlung auf das Bankkonto durch den (regelmäßig) gutgläubigen Bankangestellten den bösgläubigen Empfänger der Überweisung gemäß § 261 Abs. 6 StGB von der Strafbarkeit nach § 261 Abs. 2 StGB zu befreien vermag288. Sieht man in dieser Fallkonstellation einen Befreiungsgrund nach § 261 Abs. 6 StGB289, berücksichtigt diese Auffassung nicht die bankinternen Vorgänge im Zusammenhang mit der Durchführung der Überweisung290. So kommt es bei Auszahlungen von dem betreffenden Bankkonto nicht auf das ausgezahlte Geld, sondern auf die Übertragung einer Forderung gegen die Bank an, so dass § 261 Abs. 6 nicht greift291. Die Bank erwerbe zwar gutgläubig die Geldscheine, der Vortäter erwerbe aber gleichzeitig einen Auszahlungsanspruch gegen die Bank, der aus dem Tatgegenstand herrühre; diese Forderung sei es, die an den Empfänger übertragen werde292. Im Ergebnis dürfte es daher ausgeschlossen sein, Vortaterlöse bei bösgläubigem Überweisungsempfänger mittels Banküberweisung zu „waschen“. Einschränkend ist allerdings zu berücksichtigen, dass § 261 Abs. 6 StGB lediglich die Strafbarkeit nach § 261 Abs. 2 StGB ausschließt; die Strafbarkeit nach Absatz 1 bleibt hiervon unberührt. Eine vergleichbare Problematik dürfte sich im Übrigen nicht nur im Hinblick auf Banküberweisungen, sondern auch im Rahmen beispielsweise des kontenungebunden ablaufenden Finanztransfergeschäftes stellen. d) Subjektiver Tatbestand Im subjektiven Tatbestand erfordert § 261 StGB grundsätzlich bedingten Vorsatz für alle Tathandlungen293, wobei der Vorsatz Tatobjekteigenschaft, Tathand-

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Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 14. Vgl. beispielsweise Herzog/Mülhausen/Nestler, GwHdb, § 17, Rn. 55. 289 So beispielsweise noch OLG Hamm, NJW 2000, 636, 638; Bernsmann, Das Grundrecht auf Strafverteidigung und die Geldwäsche–Vorüberlegungen zu einem besonderen Rechtfertigungsgrund, in: StV 2000, 40, 43. 290 Herzog/Mülhausen/Nestler, GwHdb, § 17, Rn. 55. 291 So die wohl überwiegende Meinung; vgl. Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 29; Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 14, jeweils m.w. N. 292 Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 29. 293 Zur Ausnahme für Strafverteidiger vgl. BVerfG, Urteil vom 30.03.2004 – 2 BvR 1520/01 und 2 BvR 1521/01 – in: NJW 2004, 1305 ff. 288

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lung und Taterfolg umfassen muss294. Erforderlich ist weiterhin, dass der Täter es jedenfalls billigend in Kauf nimmt, dass das Tatobjekt aus einer Katalogtat im Sinne von § 261 StGB herrührt295, wohingegen es grundsätzlich nicht ausreichend ist, dass der Täter die illegale Herkunft des Gegenstandes lediglich annimmt296. Eine Ausnahme hinsichtlich der Tatobjekteigenschaft macht § 261 Abs. 5 StGB, der ein leichtfertiges Verkennen, dass der Gegenstand aus einer Katalogtat herrührt, für das Erfüllen des subjektiven Tatbestandes nach Absatz 5 ausreichen lässt. Leichtfertigkeit in diesem Sinne ist anzunehmen, wenn jemand grob fahrlässig nicht bedenkt, dass der Gegenstand aus einer Katalogtat herrührt, und sich in grober Achtlosigkeit keine oder unzutreffende Gedanken über die Herkunft des Gegenstandes macht, obwohl sich die wahre Herkunft nach der Sachlage geradezu aufdrängt297. Hinsichtlich des Merkmals der Leichtfertigkeit ergeben sich im Hinblick auf die Annahme von Leistungsentgelten vor allem für berufsmäßig neutrale Tätigkeiten Probleme in der Praxis298. Neben den steuerberatenden Berufen, Notaren, Immobilienmaklern sind hiervon unter anderem auch Finanzdienstleistungsunternehmen betroffen. Tröndle/Fischer299 fordern insoweit, die Maßstäbe für ein den Leichtfertigkeitsvorwurf rechtfertigendes Verhalten an den Besonderheiten der jeweiligen Fallgruppe auszurichten, ansonsten würden ganze Berufsgruppen mit einem pauschalen Straftatverdacht überzogen. So komme es für den Vorwurf der Leichtfertigkeit darauf an, ob und in welchem Maße sich Anhaltspunkte für eine kriminelle Herkunft der Leistungsentgelte aufdrängen. In bestimmten Fällen sei es dem Empfänger der Leistungsentgelte auch zuzumuten, nachzufragen. e) Strafrahmen des § 261 StGB Die Regelstrafdrohung in § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB sieht einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vor. Dieser Strafrahmen gilt für alle Vorsatztaten nach § 261 Abs. 1 und Abs. 2 StGB. Für den Fall des leichtfertigen Nichterkennens, dass der Gegenstand aus rechtswidrigen Vortat herrührt, gilt gemäß § 261 Abs. 5 StGB ein geringerer Strafrahmen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

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Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 18. Ebenda. 296 Vgl. BGH, wistra 2003, 260. 297 BGH 43 168; Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 19; ähnlich Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 42. 298 Vgl. hierzu unter anderem Herzog/Mülhausen/Nestler, GwHdb, § 17, Rn. 61 ff. 299 Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 32 ff., 43. 295

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In besonders schweren Fällen (§ 261 Abs. 4 StGB) liegt die Strafandrohung bei einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Als Regelfälle werden in § 261 Abs. 4 StGB das gewerbsmäßige Handeln des Täters sowie das Handeln als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Geldwäsche verbunden hat, genannt. Dabei kann es für die Annahme gewerbsmäßigen Handelns ausreichen, dass der Täter sich nur mittelbar geldwerte Vorteile verspricht300, beispielsweise in Form einer Gehaltsaufbesserung oder auch durch den Erhalt des Arbeitsplatzes bei dem von der Geldwäsche begünstigten Arbeitgeber301. Ein besonders schwerer Fall im Sinne von § 261 Abs. 4 StGB kann unter Umständen auch bei der Geldwäsche von sehr hohen Werten zu bejahen sein302. f) Versuchsstrafbarkeit Die Geldwäsche nach § 261 StGB ist ein Vergehen im Sinne von § 12 Abs. 2 StGB. Der Versuch eines Vergehens ist gemäß § 23 Abs. 1 StGB nur strafbar, wenn das Gesetz dies, wie in § 261 Abs. 3 StGB geschehen, ausdrücklich bestimmt. Nach Tröndle/Fischer303 dürfte es trotz der zahlreichen Möglichkeiten irriger Annahmen und falscher Wertungen, die zu einem breiten Feld untauglicher, jedoch strafbarer Versuche führen, in der Praxis jedoch häufig an der Nachweisbarkeit fehlen. So sei beispielsweise eine zumindest in groben Zügen zutreffende Vorstellung von einer Katalogtat erforderlich, an der es fehle, wenn das Sich-Verschaffen von Vermögensgegenständen in der Annahme erfolge, dass diese aus „betrügerischen“ oder „illegalen“ Geschäften herrührten. Es besteht gemäß § 23 Abs. 2 StGB die Möglichkeit der obligatorischen Strafmilderung i.V. m. § 49 Abs. 1 StGB. Ferner kann das Gericht gemäß § 49 Abs. 2 StGB von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern, wenn der Täter aus grobem Unverstand verkannt hat, dass der Versuch nach der Art des Gegenstandes oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte. Die Strafmilderungsmöglichkeit nach § 49 Abs. 2 StGB ist im Übrigen ebenfalls in den Fällen der so genannten „kleinen Kronzeugenregelung“ von Relevanz304. Insoweit sieht § 261 Abs. 10 StGB vor, dass das Gericht in allen Fällen der Geldwäsche die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) 300

BGH NStZ 98, 622. Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 22. Zu den Voraussetzungen des Merkmals des Handelns als Mitglied einer Bande vgl. etwa Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 48 m.w. N. 302 Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 22 mit weiteren Beispielen zu besonders schweren Fällen. 303 Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 45. 304 Vgl. Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 52. 301

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

oder von Strafe absehen kann, wenn der Täter durch die freiwillige Offenbarung seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus oder eine in Absatz 1 bezeichnete Vortat eines anderen aufgedeckt werden konnte. g) Tätige Reue Neben der in § 261 Abs. 10 StGB vorgesehenen „kleinen Kronzeugenregelung“ ist in § 261 Abs. 9 Satz 1 StGB ein weiterer Fall der tätigen Reue geregelt. So wird wegen Geldwäsche nicht bestraft, wer die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder eine solche Anzeige veranlasst. Dies gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Tat zum Zeitpunkt der Anzeige bei der Behörde noch nicht entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der nicht Sachlage keinen Anlass hatte, davon auszugehen, dass die Geldwäsche bereits entdeckt war. Dabei genügt der bloße Tatverdacht für die Annahme des Merkmals „Tatentdeckung“ nicht305. Erforderlich ist nach dem BGH 306 so viel an Erkenntnissen, dass ein Erfolg der strafrechtlichen Ermittlungen wahrscheinlich ist. Zusätzlich ist es in den Fällen der vorsätzlichen Geldwäsche erforderlich, dass die Sicherstellung aller Gegenstände bewirkt wird, auf die sich die Tat bezieht, § 261 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 StGB i.V. m. § 111b StPO. Dem Anzeigeerfordernis ist grundsätzlich genüge getan, wenn der Täter den Behörden die Geldwäsche in ihrem gesamten Umfang mitteilt307. Zuständige Behörden für die Anzeige nach § 261 Abs. 9 StGB sind die Polizei, die Staatsanwaltschaft (StA) oder das Amtsgericht entsprechend der Regelung in § 158 Abs. 1 StPO. Ziel der Fallkonstellationen der tätigen Reue war die Schaffung eines Anreizes für die Anzeige der strafbaren Geldwäsche durch die Täter in der Hoffnung, durch die Anzeige nicht nur den eigentlichen Geldwäschevorgang, sondern auch die Vortaten der Geldwäsche aufklären zu können308.

II. Einziehung und Verfall als Zugriffe auf inkriminierte Vermögenswerte, §§ 73 ff. StGB Grundsätzlich können nach § 74 Abs. 1 StGB Gegenstände, die durch die Begehung einer vorsätzlichen Straftat hervorgebracht wurden (producta sceleris), oder die zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (instrumenta sceleris), eingezogen werden. So genannte 305 306 307 308

Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 25. Vgl. BGH NStZ 83, 415 zu § 371 II Nr. 2 AO. Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 25. BT-Drs. 12/989, S. 28; vgl. auch Körner, in: Körner/Dach, Geldwäsche, S. 38 f.

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Beziehungsgegenstände, Gegenstände die zwar in die Tat verstrickt sind, jedoch keinen spezifischen Sachzusammenhang zur Tat aufweisen, also lediglich Objekt der Tathandlung sind309, unterliegen hingegen nicht der Einziehung310. Ausnahmen hiervon sind unter den Voraussetzungen des § 74 Abs. 4 StGB möglich. Von der Möglichkeit der spezialgesetzlichen Anordnung der Einziehung von Beziehungsgegenständen hat der Gesetzgeber auch bei dem Straftatbestand der Geldwäsche Gebrauch gemacht; insoweit ermöglicht § 261 Abs. 7 StGB auch die Einziehung von Beziehungsgegenständen, also der Einziehung inkriminierter Gegenstände, auf die sich die Geldwäsche bezieht311. Die §§ 74 ff. regeln damit den staatlichen Zugriff auf der Einziehung unterliegende Gegenstände; die Einziehung dient sowohl der Gefahrenabwehr (dies gilt vor allem im Fall des § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB, wonach die Einziehung an die Voraussetzung geknüpft wird, dass die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden) als auch einer zusätzlichen Bestrafung des Täters, wenn die eingezogenen Gegenstände in dessen Eigentum stehen312. Abweichend von § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB313 dürfen die Tatobjekte als die Gegenstände, auf die sich die Geldwäschehandlung bezogen hat, auch dann eingezogen werden, wenn derjenige, dem sie zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen, wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen ist, oder er die Gegenstände in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erworben hat, § 74a StGB. Damit erlaubt § 261 Abs. 7 Satz 2 i.V. m. § 74a StGB bei Vorliegen der Voraussetzungen auch die Einziehung solcher Tatobjekte, die dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Entscheidung nicht gehören oder zustehen314. Nach § 74e StGB geht das Eigentum an den Tatobjekten mit der Rechtskraft der Entscheidung des Gerichts auf den Staat über, wenn ein Gegenstand eingezogen wird. Prozessual erfolgt die Sicherstellung des Verfallsgegenstandes durch Beschlagnahme gemäß §§ 111b, 11c StPO.

309

Tröndle/Fischer, StGB, § 74, Rn. 10. Vgl. Herzog/Mülhausen/Herzog, GwHdb, § 23, Rn. 58. 311 Tröndle/Fischer, StGB, § 261, Rn. 49. 312 Herzog/Mülhausen/Herzog, GwHdb, § 23, Rn. 1. 313 § 74 Abs. 2 Nr. 1, 2 StGB bestimmt, dass nur Gegenstände eingezogen werden dürfen, die dem Täter oder Teilnehmer gehören bzw. zustehen oder die nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder bei denen die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden. 314 Vgl. hierzu weitergehend Herzog/Mülhausen/Herzog, GwHdb, § 23, Rn. 44 ff. 310

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

Daneben unterliegen Gegenstände, die der Täter oder Teilnehmer für die Tat oder aus ihr erlangt hat, gemäß § 73 Abs. 1 StGB dem Verfall. Hat das Gericht den Verfall eines Gegenstandes angeordnet, geht das Eigentum an der Sache oder das verfallene Recht mit Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, § 73e Abs. 1 StGB. Verfallsgegenstände als Gesamtheit des aus der Tat materiell Erlangten315 können sein bewegliche Sachen aller Art, dingliche und obligatorische Rechte, Nutzungen, geldwerte Vorteile, aber auch etwa eine Belohnung oder das Entgelt für die Tat (Lohn)316 sowie die Diebesbeute317. Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Geldwäsche verbunden hat, kann darüber hinaus der erweiterte Verfall gemäß § 261 Abs. 7 S. 3, 4 i.V. m. § 73d StGB angeordnet werden. Hiernach ist es ausreichend, wenn Umstände die Annahme rechtfertigen, dass die Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen erlangt worden sind, ohne dass ein Zusammenhang zu einer konkreten rechtswidrigen Tat nachgewiesen werden muss318. Der Kernpunkt von § 73d StGB liegt damit im Beweisrecht319. Während es nach dem Regierungsentwurf320 noch genügen sollte, dass sich bei fehlender Feststellbarkeit der Herkunft des Verfallsgegenstandes eine ganz hohe Wahrscheinlichkeit der Herkunft aus einer rechtswidrigen Tat im Sinne eines „Aufdrängens“ ergeben müsse, kann nach Ansicht des BGH eine ganz hohe Wahrscheinlichkeit deliktischer Herkunft nicht ausreichen321. Eine Anordnung komme insoweit nur in Betracht, wenn der Tatrichter die uneingeschränkte Überzeugung von der deliktischen Herkunft der Gegenstände gewonnen habe, ohne dass die Taten selbst im Einzelnen festgestellt werden müssten. Auf die Vermögensstrafe nach § 43a StGB, deren Anwendung nach § 261 Abs. 7 Satz 3 StGB ausdrücklich zugelassen ist, wenn der Täter als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Geldwäsche verbunden hat, soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden, da § 43a StGB nach der Entscheidung des BVerfG vom 20.03.2002322 verfassungswidrig und damit nichtig ist. 315

BT-Drs. 12/989, S. 23; Tröndle/Fischer, § 73, StGB, Rn. 7. Tröndle/Fischer, § 73, StGB, Rn. 8. 317 Dieses und viele weitere Beispiele geschildert bei Herzog/Mülhausen/Herzog, GwHdb, § 23, Rn. 15 ff. 318 Vgl. BGHSt. 40, 373; hierzu ebenfalls ausführlich mit weiteren Nachweisen Herzog/Mülhausen/Herzog, GwHdb, § 23, Rn. 7 ff. 319 Vgl. Tröndle/Fischer, StGB, § 73d, Rn. 3. 320 BT-Drs. 11/6623, S. 7, 8; vgl. zu der Problematik auch Suendorf, Geldwäsche, S. 273. 321 BGHSt 40, 371, 373. 322 Entscheidung des BVerfG vom 20.03.2002, BGBl. I, S. 1340 (2 BvR 794/95) zur Vereinbarkeit mit Art. 103 Abs. 2 GG. 316

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III. Das Geldwäschegesetz Während im Rahmen der obigen Ausführungen zum Geldwäschegesetz der Schwerpunkt auf den aus Sicht der Hawaladare einzuhaltenden Identifikationspflichten, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten sowie vorzunehmenden internen Sicherungsmaßnahmen lag (vgl. insoweit die Ausführungen oben unter Teil 3, C. III.), berücksichtigen die nachfolgenden Ausführungen zum Geldwäschegesetz nunmehr ebenfalls Blickwinkel und Interessenlage von Gesetzgeber, Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden insbesondere in Bezug auf Regelungszweck und Regelungsinhalt des Geldwäschegesetzes. 1. Gesetzeshistorie Mit dem Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten vom 25. Oktober 1993323, das am 29. November 1993 in Kraft getreten ist, wurden die Vorgaben der 1. EG-Geldwäscherichtlinie aus dem Jahr 1991 in nationales Recht umgesetzt. Das „Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität“ vom 04. Mai 1998324 und das „Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus“ (Geldwäschebekämpfungsgesetz) vom 08.08.2002325 führten dann jeweils zu umfassenden Novellierungen des Geldwäschegesetzes. Neben der Umsetzung der 2. EG-Geldwäscherichtlinie vom 4. Dezember 2001 in innerstaatliches Recht hatte das Geldwäschebekämpfungsgesetz aus dem Jahr 2002 die innerstaatliche Umsetzung der im Zuge der Terroranschläge in den USA geänderten Vorgaben seitens der FATF, das vorhandene Geldwäscheinstrumentarium nunmehr auch zur Aufdeckung von Finanztransaktionen, die der Finanzierung des Terrorismus dienen, zu nutzen, zum Gegenstand. Weitere Schwerpunkte des Geldwäschebekämpfungsgesetzes waren die Ausgestaltung und Effektivierung der deutschen Zentralstelle für Verdachtsanzeigen des Bundeskriminalamtes (FIU) insbesondere im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit den Financial Intelligence Units anderer Staaten sowie die Umsetzung der bisherigen Erfahrungen mit dem Geldwäschegesetz (z. B. die Gleichstellung von elektronischem Geld mit Bargeld in § 1 Abs. 7 GwG)326. Es bleibt derzeit abzuwarten, inwieweit die Umsetzung der Vorgaben der 3. EG-Geldwäscherichtlinie zu einer erneuten Novellierung des Geldwäschegesetzes führen wird.

323

BGBl. 1993, I, S. 1770. BGBl. 1998, I, S. 845. 325 BGBl. 2002, I, S. 3105. 326 Vgl. zu diesem Komplex Herzog/Mülhausen/Teichmann/Achsnich, GwHdb, § 29, Rn. 31 ff. 324

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2. Regelungszweck Das GwG ist im Gegensatz zu § 261 StGB in erster Linie auf einen präventiven Geldwäschebekämpfungsansatz ausgelegt und ergänzt damit den strafrechtlich-repressiven Ansatz der Strafnorm des § 261 StGB. Nach der Regierungsbegründung zum Geldwäschegesetz327 soll das GwG zu einer effektiven Geldwäschebekämpfung beitragen, indem den Strafverfolgungsbehörden Anhaltspunkte für Geldwäschetransaktionen verfügbar gemacht werden. Diese müssten im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren auf Unterlagen zugreifen können, die Finanztransaktionen und die daran Beteiligten dokumentieren. Außerdem müssten Wirtschaftsunternehmen Vorkehrungen zum Schutz dagegen ergreifen, dass sie für Geldwäschezwecke missbraucht werden. Nach der Erlassbegründung zur 1. EG-Geldwäscherichtlinie328 ist die Wahrung der Solidität und Integrität des Finanzsystems ein wichtiges Ziel, das mit der Implementierung des Geldwäschegesetzes erreicht werden soll. Das Geldwäschegesetz trägt der Notwendigkeit der Mitwirkung der Kredit- und Finanzwirtschaft bei der Geldwäschebekämpfung Rechnung und erlegt den Instituten – je nach angenommener Missbrauchsgefährdung unterschiedlich weit reichende – Pflichten auf. Diese reichen von der Pflicht zur Identifizierung der Kunden sowie der Pflicht zur Aufzeichnung und Aufbewahrung der Identifizierungsangaben, der Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten einer Transaktion, bis hin zur Meldepflicht verdächtiger Finanztransaktionen und der Einführung interner Sicherungsmaßnahmen zum Schutz gegen Geldwäsche. Das Geldwäschegesetz gehört von seinem Regelungsgehalt her in den Bereich des Gewerberechts und ist damit Wirtschaftsverwaltungsrecht329. Mit dem Ziel, den Strafverfolgungsbehörden Anhaltspunkte für Geldwäschetransaktionen verfügbar zu machen, dürfte das Geldwäschegesetz insoweit jedoch dem Bereich des Sicherheits- und Ordnungsrechts zuzuordnen sein330. 3. Regelungsinhalt a) Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz Zu den nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten zählen unter dem Oberbegriff der „Institute“ zunächst Kreditinstitute (§ 1 Abs. 1 KWG), Finanzdienstleis327

Vgl. BT-Drs. 12/2704. Erlassbegründung zur Richtlinie 91/308/EWG des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche, Amtsblatt Nr. L 166 vom 28/06/1991 S. 77–83. 329 Suendorf, Geldwäsche, S. 276; ähnlich auch Findeisen, wistra 1997, S. 121, 122. 330 So Herzog/Mülhausen/Teichmann/Achsnich, GwHdb, § 29, Rn. 37. 328

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tungsinstitute im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG, Investmentaktiengesellschaften im Sinne des § 2 Abs. 5 Investmentgesetz, Finanzunternehmen (§ 1 Abs. 3 KWG) und Versicherungsunternehmen, die Unfallversicherungsverträge mit Prämienrückgewähr oder Lebensversicherungsverträge anbieten (§ 4 GwG). Da Finanztransferdienstleister, zu denen bei gewerbsmäßigem Betreiben auch Hawaladare zählen, das Finanzdienstleistungsgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG betreiben, zählen auch diese zum Adressatenkreis des Geldwäschegesetzes. Zu den Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz gehören auch Vermögensverwalter, entweder als Finanzdienstleistungsinstitute, jedenfalls aber als „Personen, die entgeltlich fremdes Vermögen verwalten“ gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GwG. Gemäß § 1 Abs. 3 GwG gelten auch im Inland gelegene Zweigstellen eines Kreditinstituts, Finanzdienstleistungsinstituts oder Finanzunternehmens mit Sitz im Ausland als Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder Finanzunternehmen im Sinne des GwG. Neben der Gruppe der „Institute“ wurden mit Umsetzung der 2. EG-Geldwäscherichtlinie erstmalig auch andere Unternehmen und Personen in den Adressatenkreis des Geldwäschegesetzes aufgenommen. So unterliegen den allgemeinen Identifizierungspflichten nach § 3 Abs. 1 GwG bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit grundsätzlich auch Rechtsanwälte, Rechtsbeistände, die Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sind, Patentanwälte und Notare, wenn sie für ihre Mandanten an der Planung oder Durchführung von bestimmten Geschäften mitwirken. Zu diesen Geschäften zählen der Kauf und Verkauf von Immobilien oder Gewerbebetrieben, die Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Vermögenswerten ihres Mandanten, die Eröffnung oder Verwaltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten, die Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen Mittel, die Gründung, der Betrieb oder die Verwaltung von Treuhandgesellschaften, Gesellschaften oder ähnlichen Strukturen, und die Durchführung von Finanz- oder Immobilientransaktionen im Namen und auf Rechnung ihrer Mandanten. Als weitere nach dem Geldwäschegesetz Verpflichtete werden in § 3 GwG Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Immobilienmakler und Spielbanken gegenüber Kunden, die Spielmarken im Wert von 1 000 Euro oder mehr kaufen oder verkaufen, aufgeführt. Auch sonstige Gewerbetreibende, soweit sie in Ausübung ihres Gewerbes handeln, unterliegen bei Annahme von Bargeld im Wert von 15.000 Euro oder mehr den allgemeinen Identifizierungspflichten nach dem GwG. b) Pflichtenkatalog Das in § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 GwG verankerte „Know Your Customer“ Prinzip (KYC) und die daraus resultierenden umfangreichen Identifizierungspflichten für die nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten dienen vor allem

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dem Zweck, durch den Wegfall der Anonymität der Kunden einem Missbrauch der Verpflichteten für Geldwäschezwecke vorzubeugen. So wurde bereits in der Erlassbegründung zur 1. EG-Geldwäscherichtlinie331 auf die Gefahr hingewiesen, dass Geldwäscher die Anonymität für ihre kriminellen Tätigkeiten ausnutzen könnten. Um diesen Risiken entgegenzutreten, müsse sichergestellt sein, dass Kredit- und Finanzinstitute von ihren Kunden die Bekanntgabe ihrer Identität verlangen, wenn sie zu ihnen in Geschäftsbeziehungen treten oder für sie Transaktionen durchführen, die über bestimmte Beträge hinausgehen332. Neben der Identifizierungspflicht bei dauerhaften Vertragsverhältnissen (§ 2 Abs. 1 GwG) und bei der Annahme von Bargeld im Wert von 15.000 Euro oder darüber333 (§ 2 Abs. 2 GwG) verpflichtet § 6 GwG unabhängig von dieser Betragsgrenze zu einer Identifizierung, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf schließen lassen, dass die vereinbarte Finanztransaktion einer Geldwäsche nach § 261 StGB oder der Finanzierung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a, § 129b StGB dient oder im Fall ihrer Durchführung dienen würde (Identifizierung in Verdachtsfällen). Auch die Feststellung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten nach § 8 GwG unterfällt dem „Know Your Customer“ Prinzip. § 7 GwG sieht bestimmte Ausnahmen von der Pflicht zur Identifizierung vor. Hiernach kann von einer Identifizierung abgesehen werden, wenn der zu Identifizierende persönlich bekannt ist und bereits bei früherer Gelegenheit identifiziert wurde. Auch für gewerbliche Geldbeförderungsunternehmen gelten Ausnahmen von der Identifizierungspflicht. Zu dem Inhalt des KYC-Prinzips im Detail sowie bezüglich der weiteren Pflichten nach dem Geldwäschegesetz, insbesondere zu den Aufzeichnungsund Aufbewahrungspflichten, der Heranziehung und Verwendung von Aufzeichnungen, internen Sicherungsmaßnahmen sowie der Meldung von Verdachtsfällen wird auf die obigen Ausführungen zur rechtlichen Einordnung der Tätigkeit von Hawaladaren verwiesen (vgl. oben Teil 3, C. III.). c) Sanktionsvorschriften Das vorsätzliche oder leichtfertige Zuwiderhandeln gegen die Pflichten nach dem Geldwäschegesetz stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann nach § 17 Abs. 3 GwG im Einzelfall mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro geahndet werden. 331 Erlassbegründung zur Richtlinie 91/308/EWG des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche, Amtsblatt Nr. L 166 vom 28/06/1991 S. 77–83. 332 Das „Know Your Customer“ Prinzip ist im Übrigen auch in den 40 Empfehlungen der FATF enthalten, vgl. FATF, The forty recommendations, Nr. 5. 333 Zu den Ausnahmen, die sich hier für das Finanztransfergeschäft ergeben, vgl. die Ausführungen oben unter Teil 3, C. III. 1. a).

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So handelt nach § 17 Abs. 1 GwG unter anderem ordnungswidrig, wer der allgemeinen Identifizierungspflicht nach § 2 GwG nicht nachkommt oder wer Feststellungen nicht, nicht richtig oder nicht vollständig aufzeichnet bzw. Aufzeichnungen nicht entsprechend den Vorschriften des Geldwäschegesetzes aufbewahrt. Ordnungswidrig handelt ferner, wer die Feststellung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten nicht vornimmt oder wer im Rahmen der Anzeige von Verdachtsfällen entgegen den Vorschriften den Auftraggeber oder einen anderen als staatliche Stellen in Kenntnis setzt.

IV. Geldwäscheregelungen in anderen Gesetzen und untergesetzlichen Vorschriften 1. Kreditwesengesetz Neben den von den Instituten gemäß § 25a KWG einzuhaltenden besonderen organisatorischen Pflichten und dort insbesondere der Regelung des § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 KWG zu internen Sicherungsmaßnahmen (Konten-Screening), wonach die Institute verpflichtet werden, angemessene, geschäfts- und kundenbezogene Sicherungssysteme gegen Geldwäsche und gegen betrügerische Handlungen zulasten des Institutes einzuführen, enthalten fernerhin die §§ 6a, 24c und schließlich 25b KWG mit besonderen organisatorischen Pflichten im grenzüberschreitenden bargeldlosen Zahlungsverkehr Geldwäscheregelungen. a) § 6a KWG Gemäß § 6a Abs. 1 KWG kann die BaFin den Instituten Anweisungen erteilen, Verfügungen von dort geführten Konten oder Depots sowie die Durchführung von sonstigen Finanztransaktionen untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, die darauf schließen lassen, dass von einem Institut angenommene Einlagen, sonstige einem Institut anvertraute Vermögenswerte oder eine Finanztransaktion der Finanzierung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a (auch in Verbindung mit § 129b) des Strafgesetzbuches dienen oder im Falle der Durchführung einer Finanztransaktion dienen würden. Tatsachen im Sinne des Absatzes 1 sind dabei insbesondere dann anzunehmen, wenn es sich bei dem Inhaber eines Kontos oder Depots, dessen Verfügungsberechtigten oder dem Kunden eines Instituts um eine natürliche oder juristische Person oder eine nicht rechtsfähige Personenvereinigung handelt, deren Name in die im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus angenommene Liste des Rates der Europäischen Union zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates334 aufgenommen wurde, § 6a Abs. 2 KWG. 334 Gemeinsamer Standpunkt des Rates 2001/931/GASP vom 27. Dezember 2001 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus (ABl. EG Nr. L 344 S. 93) in der jeweils geltenden Fassung.

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Adressaten der in § 6a KWG getroffenen Regelungen sind Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute335. Nicht vom Anwendungsbereich des § 6a KWG erfasst sind andere Vermögenswerte wie Bargeld, Immobilien oder sonstige Wertgegenstände der gelisteten Personen, da diese regelmäßig weder Einlagen noch sonstige dem Institut anvertraute Vermögenswerte darstellen336. Insoweit sei jedoch auf die Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, [. . .]337 verwiesen, wonach alle Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen von gelisteten natürlichen oder juristischen Personen, Gruppen oder Organisationen eingefroren werden können (Art. 2 Abs. 1). b) Automatisierter Abruf von Kontoinformationen, § 24c KWG Adressaten von § 24c KWG, sind ausschließlich Kreditinstitute gemäß § 1 Abs. 1 KWG sowie fernerhin deutsche Niederlassungen von Kreditinstituten aus anderen EU-Staaten, deutsche Niederlassungen von Kreditinstituten mit Hauptsitz in einem anderen EU-Staat (vgl. §§ 53 ff. KWG) sowie die Deutsche Bundesbank, soweit sie Konten für Dritte führt (§ 24c Abs. 8 KWG). Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG und Finanzunternehmen werden vom Anwendungsbereich des § 24c KWG hingegen nicht erfasst. Mit dem Ziel aufgenommen, bestehende Lücken in der Geldwäschebekämpfung zu schließen und Gelder, die der Finanzierung des Terrorismus dienen, aufzuspüren, ermöglicht § 24c KWG, der am 1. April 2003 in Kraft getreten ist, der BaFin den automatisierten Abruf von Kontenstammdaten bei Kreditinstituten und die Feststellung, bei welchen Instituten bestimmte Personen oder Organisationen Kontenbeziehungen unterhalten338. So werden Kreditinstitute nach 335

Herzog/Mülhausen/Teichmann/Achsnich, GwHdb, § 33, Rn. 4. Vgl. Herzog/Mülhausen/Teichmann/Achsnich, GwHdb, § 33, Rn. 4. 337 Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 467/2001 des Rates über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 139 vom 29. Mai 2002, Seite 9 mit zahlreichen Änderungen. 338 Mit Beschluss vom 13.06.2007 hat das BVerfG Vorschriften, nach denen Behörden zum Abruf von Kontodaten berechtigt sind, weitgehend für verfassungsgemäß erklärt. Der Abruf diene stets gewichtigen Gemeinwohlbelangen und stehe daher zum Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen nicht außer Verhältnis, BVerfG, 1 BvR 1550/03 vom 13.6.2007. Vgl. zu § 24c KWG auch Herzog/Mülhausen/Teichmann/Achsnich, GwHdb, § 33, Rn. 5, zur umfangreichen Kritik an dieser bankenaufsichtsrechtlichen Regelung, auf 336

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§ 24c Abs. 1 Satz 1 KWG dazu verpflichtet, eine Datei zu führen, in der Konto- oder Depotnummern nebst dem Tag der Errichtung und dem Tag der Auflösung, der Name sowie bei natürlichen Personen der Tag der Geburt, des Kontoinhabers, der Verfügungsberechtigten sowie Name und Anschrift eines abweichend wirtschaftlich Berechtigten zu speichern sind. Die Kreditinstitute haben ferner sicherzustellen, dass die BaFin als zuständige Aufsichtsbehörde jederzeit auf diese Daten zugreifen kann, ohne dass diese Abrufe dem Institut zur Kenntnis gelangen. Kontostände oder Kontobewegungen werden nicht in der Datei erfasst339. Voraussetzung für den Abruf von Daten durch die BaFin ist, dass dies zur Erfüllung ihrer aufsichtlichen Aufgaben nach dem KWG oder dem GwG erforderlich ist und besondere Eilbedürftigkeit im Einzelfall vorliegt. Erforderlichkeit wird insbesondere im Hinblick auf unerlaubte Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen oder den Missbrauch der Institute durch Geldwäsche oder betrügerische Handlungen zu Lasten der Institute anzunehmen sein, § 24c Abs. 2 KWG. Auf Ersuchen erteilt die BaFin den in § 24c Abs. 3 KWG und § 5 GwG abschließend aufgeführten Bedarfsträgern Auskunft aus diesen Dateien. Zu den Bedarfsträgern zählen zunächst die für die Leistung der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen sowie im Übrigen für die Verfolgung und Ahndung von Straftaten zuständigen Behörden oder Gerichte, soweit dies für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist, vgl. § 24c Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KWG340, wobei die Auskunftsberechtigung im Rahmen der Strafverfolgung die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens voraussetzt. Weitere Bedarfsträger sind das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) im Rahmen von Embargomaßnahmen und im Zusammenhang mit dem Einfrieren von Vermögensgegenständen bei der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung, das BKA für seine zum Zwecke der Geldwäschebekämpfung errichtete Financial Intelligence Unit (FIU) im Rahmen der sich daraus ergebenden Aufgaben sowie Finanzbehörden, soweit sie für die Verfolgung und Ahndung von Straftaten zuständig sind und dies für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist.

die mangels Relevanz für Finanzdienstleistungsinstitute an dieser Stelle jedoch nicht weiter eingegangen werden soll. 339 Vgl. das Infoblatt der BaFin zum automatisierten Abruf von Kontoinformationen gemäß § 24c KWG; auf der Homepage der BaFin abrufbar unter http://www.bafin.de/ infoblaetter/050221_kontenabruf.htm [Stand 10/03/2007]. 340 Hierzu gehören nach der Auflistung auf dem entsprechenden Informationsblatt der BaFin ordentliche Gerichte, Staatsanwaltschaften, Polizeibehörden, Zollfahndungsämter, Finanzämter für Fahndung und Strafsachen, Steuerfahndungsstellen bei den Finanzämtern, Straf- und Bußgeldsachenstellen von Finanzämtern, Bundespolizeiinspektionen.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

Die Erforderlichkeit des Abrufs von Kontenverbindungen (seitens der Bedarfsträger) wird insbesondere damit begründet, dass bei Vermögensdelikten Gelder auf diesen Konten durch Vermögensabschöpfung gesichert werden könnten, wobei das Nachvollziehen der über Konten geleiteten Geldflüsse als Indiz den Tatnachweis unterstützen könne341. Ferner könne die BaFin bei der Verhinderung unerlaubt betriebener Bankgeschäfte den Nachweis von Verstößen gegen die Verpflichtungen des KWG leichter führen und aufsichtsrechtliche Verstöße bzw. illegale Bankgeschäfte wirksamer unterbinden, wenn die Konten bekannt sind. Schließlich ermögliche es das automatisierte Kontenabrufverfahren, im Rahmen der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung, Vermögensgegenstände Verdächtiger in Erfüllung der Beschlüsse des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und der Verordnungen der Europäischen Union schnell und wirksam einzufrieren. Im Zusammenhang mit dem automatisierten Abruf von Kontoinformationen nach § 24c KWG sei ebenfalls auf das uneingeschränkte Auskunftsrecht der BaFin gemäß § 44 KWG hingewiesen. § 44 Abs. 1 Satz 1 KWG verpflichtet die Institute, der BaFin und der Deutschen Bundesbank auf Verlangen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. § 44 KWG, der auch für Finanzdienstleistungsinstitute gilt, muss von den Aufsichtsbehörden einzelfallbezogen durch Auskunftsersuchen bei den Instituten ausgeübt werden, was vor allem bei Massenabfragen einen immensen personellen und zeitlichen Aufwand bedeutet342. c) Besondere organisatorische Pflichten, § 25a und § 25b KWG Zu den in § 25a und § 25b KWG enthaltenen Geldwäscheregelungen wird hiermit auf die Ausführungen unter Teil 3, C. II. 2. bzw. unter Teil 3, C. II. 3. verwiesen. 2. Abgabenordnung Neben der Meldepflicht der Finanzbehörden nach § 31b AO343, wonach die Behörden den Strafverfolgungsbehörden eine Meldung zu erstatten haben, wenn sie bei ihren Prüfungen auf Tatsachen stoßen, die auf eine Geldwäsche hindeuten, und der Identifizierungspflicht bei Kontoeröffnungen nach § 154 AO344, wobei entgegen dem Wortlaut von § 154 Abs. 1 AO der Begriff „Konto“ weit auszulegen ist und nicht nur Bankkonten im klassischen Sinne betrifft, sondern 341 So das Merkblatt der BaFin zum automatisierten Abruf von Kontoinformationen gemäß § 24c KWG. 342 Vgl. Herzog/Mülhausen/Teichmann/Achsnich, GwHdb, § 33, Rn. 9. 343 Vgl. die Ausführungen oben unter Teil 3, C. V. 2. 344 Vgl. die Ausführungen oben unter Teil 3, C. V. 3.

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ebenfalls im gewöhnlichen Geschäftsverkehr und unter Privatpersonen gilt345, ist es vor allem der Tatbestand der gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung gemäß § 370a AO, der Relevanz für die Geldwäschebekämpfung erlangt hat. Nach § 370a AO wird bestraft, wer gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelnd, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt und dadurch in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Im Rahmen des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes vom 19. Dezember 2001 eingeführt, ist § 370a AO mit einem Strafmaß von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe in der Rechtsfolge Verbrechen im Sinne von § 12 Abs. 1 StGB und unterfällt damit gemäß § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB dem Vortatenkatalog der strafbaren Geldwäsche. Hieraus folgt im Übrigen ebenfalls die Verpflichtung zur Anzeige von Verdachtsfällen gemäß § 11 GwG. So ist nach § 11 Abs. 1 Satz 1 GwG bei Feststellung von Tatsachen, die darauf schließen lassen, dass eine Finanztransaktion einer Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches dient oder im Falle ihrer Durchführung dienen würde, unverzüglich eine Mitteilung an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden und in Kopie dem Bundeskriminalamt – Zentralstelle für Verdachtsanzeigen – zu erstatten. Eine einheitliche Definition für das Tatbestandsmerkmal der gewerbs- oder bandenmäßigen Begehung im Sinne von § 370a AO gibt es ebenso wenig wie für das Merkmal des „großen Ausmaßes“ 346. Nach einer Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2001 bedeutet bandenmäßig einen Zusammenschluss von mindestens drei Personen347. Gewerbsmäßig handelt dagegen, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen möchte, ohne dass er daraus ein „kriminelles“ Gewerbe zu machen braucht; unter Umständen reicht hier bereits eine einmalige Gesetzesverletzung aus348. Zusätzlich erforderlich ist nach dem BGH ein Gewinnstreben von einer gewissen Intensität bezüglich des erstrebten Zugewinns oder/und der Nachhaltigkeit des Tätigwerdens349.

345 346

BMF Schreiben vom 15.07.1998, BStBl. I, 1998, S. 630. Vgl. zum Streitstand Herzog/Mülhausen/Teichmann/Achsnich, GwHdb, § 34,

Rn. 7. 347 348 349

BGHSt 46, 321; Entscheidung vom 22.03.2001. Tröndle/Fischer, StGB, Vor § 52, Rn. 62. BGHSt 29, 189.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

Im Gesetzgebungsverfahren nicht geklärt wurde die Frage, ab wann von einem Schaden großen Ausmaßes auszugehen ist. Dies führte mittlerweile dazu, dass gegen § 370a AO verfassungsrechtliche Bedenken wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot geäußert wurden350. Die BaFin351 nimmt einen Schaden großen Ausmaßes im Sinne von § 370a AO in Anlehnung an eine Entscheidung des BGH 352 dann an, ein Betrag von ca. 700.000 DM verkürzt wurde und verweist darauf, dass nach der herrschenden Meinung in der juristischen Literatur dieses Tatbestandsmerkmal zumindest immer dann anzunehmen sei, wenn ein Steuerschaden in Millionenhöhe vorliege. Daher sei in der Praxis der Institute bereits bei einem aus der Geschäftsbeziehung mit einem Kunden bekannt gewordenen Sachverhalt, der auf einen besonders hohen Verkürzungsbetrag hindeute, vom Vorliegen eines anzeigepflichtigen Verdachts auszugehen. Dagegen nehmen Tröndle/Fischer einen Schaden von großem Ausmaß bereits ab einem Betrag von 50.000 Euro an353. Kohlmann 354 schlägt insoweit vor, eine Mindestbetragsgrenze von 50.000 Euro für das Merkmal des „großen Ausmaßes“ festzulegen und darüber hinaus die Entscheidung von den Gesamtumständen des Einzelfalles anhängig zu machen. 3. Zollverwaltungsgesetz § 1 Abs. 3a Satz 1 des Zollverwaltungsgesetzes (ZollVG)355 sieht zur Verhinderung und Verfolgung der Geldwäsche nach § 261 des Strafgesetzbuches die zollamtliche Überwachung der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr sowie das sonstige Verbringen von Bargeld und gleichgestellten Zahlungsmitteln in das, aus dem und durch das Zollgebiet der Gemeinschaft vor. Neben Bargeld sind hiervon auch Wertpapiere im Sinne des § 1 Abs. 1 des Depotgesetzes und § 808 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie Schecks, Wechsel, Edelmetalle und Edelsteine sowie elektronisches Geld im Sinne von § 1 Abs. 14 KWG356 betroffen. 350

BGH, Beschluss vom 22. Juli 2004 (5 StR 85/04); BGH NJW 2004, 2990. BaFin, Rundschreiben 26/2002 (Q) zum Verhalten von Instituten bzw. Versicherungsunternehmen in Verdachtsfällen; § 370a der Abgabenordnung (AO) als Vortat des Geldwäschestrafbestands (§ 261 StGB) vom 15. November 2002. 352 BGH, Urteil vom 7. November 1986 – 2 StR 280/86. 353 Tröndle/Fischer, StGB (53. Auflage), § 261, Rn. 13a; vgl. zu der Diskussion auch Herzog/Mülhausen/Teichmann/Achsnich, GwHdb, § 34, Rn. 7. 354 Kohlmann, Steuerstrafrecht mit Ordnungswidrigkeitenrecht und Verfahrensrecht. Kommentar zu den §§ 369–412 AO 1977, § 370 AO, Rn. 330; so auch Herzog/Mülhausen/Teichmann/Achsnich, GwHdb, § 34, Rn. 7. 355 Zollverwaltungsgesetz (ZollVG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2125 (1993, 2493)), zuletzt geändert durch Artikel 31 des Gesetzes vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1818). 356 Als elektronisches Geld im Sinne von § 1 Abs. 14 KWG gelten Werteinheiten in Form einer Forderung gegen die ausgebende Stelle, die auf elektronischen Datenträ351

D. Rahmenbedingungen der Geldwäschebekämpfung in Deutschland

269

§ 12a Zollverwaltungsgesetz (ZollVG) räumt den Zollbediensteten insoweit ein Fragerecht ein, wonach Personen auf Verlangen der Zollbediensteten Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel im Wert von 15.000 Euro oder mehr, die sie in die, aus den oder durch das Zollgebiet der Gemeinschaft verbringen oder befördern, nach Art, Zahl und Wert anzuzeigen sowie die Herkunft, den wirtschaftlich Berechtigten und den Verwendungszweck darzulegen haben, § 12a Abs. 1 ZollVG. Besteht Grund zu der Annahme, dass Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel zum Zwecke der Geldwäsche über die Grenze gebracht werden sollen, dürfen die Zollbediensteten die Gelder bis zum Ablauf des dritten Werktages nach dem Auffinden sicherstellen und in zollamtliche Verwahrung nehmen, um die Herkunft oder den Verwendungszweck aufzudecken. Durch Entscheidung eines Richters kann diese Frist bis zu einem Monat verlängert werden. Zur Ermittlung des Sachverhaltes ist es den Zollbediensteten gestattet, Personen und Beförderungsmittel anzuhalten und die Personalien festzustellen sowie Beförderungsmittel und Gepäck zur Feststellung der Einhaltung der Zollvorschriften zu prüfen. Auf Verlangen ist gegenüber den Bediensteten die Herkunft der Gelder anzugeben. Werden das mitgeführte Bargeld oder die gleichgestellten Zahlungsmittel auf Verlangen der zuständigen Beamten des Zolldienstes oder der Bundespolizei nicht oder nicht vollständig anzeigt, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die gemäß § 31a Abs. 2 ZollVG mit einem Bußgeld bedroht ist. Bei vorsätzlichem Handeln kann die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zur Hälfte, bei fahrlässigem Handeln mit einer Geldbuße bis zu einem Viertel des Betrages der mitgeführten, nicht angezeigten Zahlungsmittel geahndet werden. In besonders schweren Fällen kann die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zur Höhe des vollständigen Betrages mitgeführten Zahlungsmittel geahndet werden, § 31a Abs. 3 Satz 1 ZollVG. Ein solcher ist nach § 31a Abs. 3 Satz 2 ZollVG regelmäßig dann anzunehmen, wenn der Täter das Zahlungsmittel am Körper, in der Kleidung, im Gepäck, in einem Transportmittel oder sonst auf schwer zu entdeckende Weise verbirgt, bei der Beförderung der Zahlungsmittel eine Schusswaffe bei sich führt oder bei der Beförderung der Zahlungsmittel eine Waffe oder sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand eines anderen durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden. Ergänzend sei auf die Verordnung (EG) Nr. 1889/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Überwachung von Barmitteln, die in die Gemeinschaft oder aus der Gemeinschaft verbracht werden, gern gespeichert sind, gegen Entgegennahme eines Geldbetrags ausgegeben werden und von Dritten als Zahlungsmittel angenommen werden, ohne gesetzliches Zahlungsmittel zu sein.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

hingewiesen, wonach seit dem 15. Juni 2007 jede natürliche Person, die in die Gemeinschaft einreist oder aus der Gemeinschaft ausreist und Barmittel in Höhe von 10.000 Euro oder mehr mit sich führt, diesen Betrag bei den zuständigen Behörden anmelden muss357. Insoweit ersetzt die EG-Verordnung die im Zollverwaltungsgesetz getroffenen Regelungen. 4. Rundschreiben und Verlautbarungen der Bankenaufsicht Ausgerichtet auf die präventive Geldwäschebekämpfung, zielen die Maßnahmen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht als Aufsichtsbehörde darauf ab, dass in den Instituten geeignete Mechanismen und Strukturen bestehen, die einen möglichst wirksamen Schutz vor dem Missbrauch zu Geldwäschezwecken bieten358. Zu diesem Zweck gibt die BaFin regelmäßig an die Institute gerichtete Rundschreiben, Auslegungsentscheidungen, Merkblätter & Formulare und Leitfäden heraus. Als besonders relevant für den Bereich der Geldwäscheprävention sind neben der Verlautbarung des (damaligen) Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche vom 30. Dezember 1997, die Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen über Maßnahmen der Kreditinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche vom 30. März 1998359, das Eil-Rundschreiben 21/2002 (Q)360 sowie das Schreiben der BaFin vom 06. November 2000 zu Sicherungsmaßnahmen gegen Geldwäsche bei Kreditinstituten, die als Korrespondenzbanken tätig sind361, zu nennen. Rechtlich gesehen handelt es sich bei den Verlautbarungen der BaFin um untergesetzliche, normkonkretisierende und norminterpretierende Verwaltungsvorschriften, die sich, entgegen Verwaltungsvorschriften im klassischen Sinne nicht nur an nachgeordnete Behörden wenden, sondern auch an die Kreditwirtschaft, und somit Außenwirkung entfalten. Die Rundschreiben und Verlautbarungen sind insoweit als Empfehlungen zur Auslegung und Anwendung der Vorschriften des GwG in der täglichen Praxis zu verstehen362, wobei diese in manchen 357

Vgl. insoweit bereits die Ausführungen oben unter Teil 4, C. IV. der Arbeit. Herzog/Mülhausen/Mülhausen, GwHdb, § 44, Rn. 5. 359 Die Verlautbarung kann im Internet im Volltext auf der Homepage der BaFin unter http://www.bafin.de/verlautbarungen/gwg34fin.htm [Stand 09/03/2007] abgerufen werden. 360 Das Rundschreiben kann im Internet im Volltext auf der Homepage der BaFin unter http://www.bafin.de/rundschreiben/92_2002/021024.htm [Stand 09/03/2007] abgerufen werden. 361 Das Schreiben ist auf der Homepage der BaFin im Volltext abrufbar unter http://www.bafin.de/verlautbarungen/gw_001106.htm [Stand 09/03/2007]. 362 Herzog/Mülhausen/Teichmann/Achsnich, GwHdb, § 29, Rn. 50. 358

D. Rahmenbedingungen der Geldwäschebekämpfung in Deutschland

271

Punkten, wie beispielsweise bei der Identifikations- und Aufzeichnungspflicht ab einem Betrag von 2.500 Euro beim Sorten- und Finanztransfergeschäft, wenn die Transaktion nicht über ein bei dem Institut geführtes Konto abgewickelt wird, aber auch darüber hinausreichen363. Die Verlautbarungen haben für die betroffenen Institute bindenden Charakter, jeweils soweit diese nicht über die gesetzlichen Regelungen hinausgehende Pflichten festlegen364. Für den Bereich des im Rahmen der Ausarbeitungen vor allem interessierenden Finanztransfergeschäftes, dem in der Regel auch das Hawala-Banking zuzuordnen sein dürfte, sind insbesondere die Verlautbarungen des (damaligen) Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche vom 30. Dezember 1997, auf die im Verlauf der Ausarbeitungen bereits näher eingegangen wurde365 von Relevanz. Auf eine gesonderte Darstellung der Rundschreiben und Verlautbarungen, die ausschließlich Kreditinstitute und das Korrespondenzbankengeschäft betreffen, soll daher an dieser Stelle verzichtet werden. Das Eil-Rundschreiben 21/2002 (Q) sieht die Implementierung institutsinterner Geldwäschepräventionssysteme unter Berücksichtigung der auf der FATFPlenumsitzung am 11. Oktober 2002 getroffenen Entscheidung über nichtkooperierende Länder und Territorien vor und betrifft alle Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute. So sieht die BaFin als geeignete Präventionsmaßnahme beim Aufbau instituts- bzw. unternehmensspezifischer Sicherungssysteme gegen Geldwäsche unter anderem die Berücksichtigung entsprechender Länderlisten mit sogenannten „high risk countries“ oder „nicht-kooperierenden“ Ländern, die die internationalen Geldwäschebekämpfungsstandards nicht erfüllen, an. Insoweit sei es erforderlich, dass alle dem Geldwäschegesetz unterliegenden Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Versicherungsunternehmen im Rahmen der nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG zu schaffenden Geldwäschebekämpfungssysteme besondere Aufmerksamkeit auf Geschäftsbeziehungen mit Personen, einschließlich Gesellschaften und Instituten, aus den vorgenannten nicht-kooperierenden Ländern und Territorien sowie auf Zahlungen aus diesen Ländern richten. Die Ergebnisse der getroffenen Sicherungs- und Überprüfungsmaßnahmen seien für die interne und externe Revision nachvollziehbar zu dokumentieren, wobei die Aufzeichnungen so vorzunehmen seien, dass aus ihnen für die externe Revision für jedes Land die Art der jeweils getroffenen Maßnahmen sowie das jeweilige Land ersichtlich sind. 363

Vgl. Diergarten, Geldwäsche Kommentar, S. 11. Zu der Problematik der Zulässigkeit und Bindungswirkung von Vorgaben durch die Aufsichtsbehörde, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausreichen, vgl. Diergarten, Geldwäsche Kommentar, S. 12; Suendorf, Geldwäsche, S. 280 f.; Herzog, Geldwäschebekämpfung – quo vadis? Rechtsstaatliche Grenzen der Geldwäschebekämpfung durch Aufsichtshandlungen des BAKred, in: WM 1999, 1905 ff. 365 Vgl. die Ausführungen oben unter Teil 3, C. III. 1. a). 364

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

Da die BaFin mit Datum vom 31.10.2006 die Streichung von Myanmar als letztem noch verbliebenem Land der ursprünglich elf NCCTs aus der Liste der nicht-kooperierenden Länder bekannt gegeben hat366 und sich damit derzeit kein Land mehr auf der Liste befindet, hat das Eil-Rundschreiben 21/2002 (Q) praktisch keine Bedeutung mehr für die Institute. Lediglich im Hinblick auf Myanmar, dass für ein Jahr einem intensiven Monitoringprozess unterworfen ist, ist es laut BaFin für diesen Zeitraum noch angezeigt, Geschäftsbeziehungen und Geschäfte mit Personen, Instituten und Unternehmen, die in diesem Land beheimatet sind, ebenso wie Zahlungen aus diesem Land auch weiterhin mit besonderer Sorgfalt zu behandeln.

E. Die Problematik der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem I. Vorüberlegung und Problemstellung Die Problematik der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem ist mit der Geldwäschebekämpfung in anderen Wirtschaftsbereichen nur bedingt vergleichbar. Bei dem Versuch, die zuvor dargestellten Rechtsgrundlagen und gesetzlich implementierten Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen auf die Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem zu übertragen und anzuwenden, ergeben sich zweierlei Probleme: Als Finanztransfergeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1a KWG steht das (gewerbsmäßige) Betreiben des Hawala-Banking unter dem Genehmigungsvorbehalt und der laufenden Aufsicht der Aufsichtsbehörde BaFin. In diesem Zusammenhang stellt sich zunächst die Frage, wie sich ein System wie das Hawala-Finanzsystem überhaupt unter eine Finanzdienstleistungsaufsicht wie diese in der Bundesrepublik Deutschland vorgesehen ist, stellen lässt. Unter der Prämisse, dass eine laufende Aufsicht des Hawala-Systems nicht nur in der Theorie möglich ist, stellt sich des Weiteren die Frage nach der praktischen Umsetzbarkeit der Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen. Wie lassen sich also die gesetzlich vorgesehenen Schutzmaßnahmen gegen Geldwäsche überhaupt und wenn ja, sinnvoll auf das System anwenden, um einen größtmöglichen Schutz vor dem Missbrauch zu Geldwäschezwecken zu erreichen und nicht etwa ein weiteres Abwandern des Hawala-Systems in den Untergrund zu provozieren? Das zweite Problem der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem stellen die illegalen, nicht registrierten Anbieter dar. Hier stellt sich die Frage, wie Geldwäsche bei Hawala-Dienstleistern, die nicht in Deutschland als Finanzdienstleister registriert sind – dieses Szenario dürfte im Übrigen auf die weitaus 366 Vgl. das Rundschreiben 8/2006 (GW) vom 31.10.2006, im Internet abrufbar unter http://www.bafin.de/rundschreiben/88_2006/061031.htm [Stand 09/03/2007].

E. Die Problematik der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem

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meisten wenn nicht auf alle Anbieter zutreffen – erkannt und wirksam bekämpft werden kann. Eine laufende Aufsicht nach Maßgabe der BaFin wäre zwar schön für die Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem, ist aber leider nur Theorie. Insoweit liegt die Vermutung nahe, dass die bestehenden Maßnahmen des Gesetzgebers und untergesetzlichen Vorgaben der BaFin (bezogen auf die Besonderheiten im Hawala-Finanzsystem) in der praktischen Umsetzung nahezu unbrauchbar sind, weil sich aus verschiedenen Gründen kein „klassischer“ Hawaladar registrieren lässt. Wie also lassen sich die „illegalen“ Anbieter des Hawala-Banking erkennen und wie kann Geldwäsche an dieser Stelle wirksam bekämpft werden? Wo liegen die Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung sowohl im Rahmen einer laufenden Aufsicht als auch beim Erkennen illegaler Anbieter im Hawala-Finanzsystem?

II. Geldwäsche im Hawala-Finanzsystem In diesem Fragenkontext soll zunächst die Rolle des Hawala-Finanzsystems im Geldwäscheprozess untersucht werden. Besondere Berücksichtigung sollen in diesem Zusammenhang auch die möglichen Erscheinungsformen von Hawala in den verschiedenen Phasen der Geldwäsche finden. 1. Die Rolle des Hawala-Finanzsystems im Geldwäscheprozess Das Hawala-Finanzsystem ist erst seit den Anschlägen in New York aus dem Jahr 2001 verstärkt in den Blickpunkt der internationalen Geldwäschebekämpfung gerückt. Hierzu ist zunächst anzumerken, dass die meisten Studien und Berichte lediglich den Zusammenhang zwischen alternativen Überweisungssystemen im Allgemeinen und Geldwäschekriminalität bzw. Terrorismusfinanzierung thematisieren367. Eine Aufteilung auf die verschiedenen alternativen Überweisungssysteme findet dabei regelmäßig nicht statt; vielmehr werden – bedingt durch die fehlende Unterteilung – häufig alle alternativen Überweisungssysteme „über einen Kamm geschoren“, obwohl sich die verschiedenen Systeme, was Geschichte, Funktionsweise und auch Zusammenhänge mit kriminellen Aktivitäten anbelangt, durchaus voneinander unterscheiden368. Dies erschwert es im Folgenden, konkret auf das Hawala-Finanzsystem bezogene Aussagen zu treffen. Obwohl alternative Überweisungssysteme nach Ansicht der FATF größtenteils mit legitimem Hintergrund genutzt werden, stellen sie im Hinblick auf einen 367 So beispielsweise bei Herzog/Mühlhausen/Vogt, GwHdb § 2, Rn. 35 ff.; Hoyer/ Klos, Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis, S. 28; BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 83 ff.; FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005, S. 3 ff. 368 Vgl. insoweit die Ausführungen oben unter Teil 2, B., D. III.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

möglichen Missbrauch zu Geldwäschezwecken weiterhin eine Schwachstelle dar, weil sie sich regelmäßig einer staatlichen Kontrolle oder Aufsicht entziehen369. Zudem haben sich in der letzten Zeit die Methoden der Nutzung alternativer Überweisungssysteme durch Kriminelle weiterentwickelt und sind differenzierter geworden, um eine Entdeckung durch Verfolgungsbehörden zu vermeiden370. Der Gebrauch alternativer Überweisungssysteme zu kriminellen Zwecken variiert von einfachen Transaktionen mit dem Ziel, inkriminierte Gelder zu bewegen oder die Spuren von auf Bankkonten gehaltenen Geldern zu verwischen, bis hin zu äußerst komplizierten Transaktionen, die sich verschiedene Abrechnungssysteme zunutze machen und auf dem Weg zum Empfänger mehrere Zwischenstationen passieren371. Ein besonderer Problempunkt stellt bei den alternativen Überweisungssystemen immer noch der Prozess des Zahlungsausgleiches zwischen den einzelnen Anbietern dar. Häufig wird das konventionelle Bankensystem für den Zahlungsausgleich zwischen einzelnen Providern genutzt, indem beispielsweise die bei einem Provider angesammelten Guthaben auf Bankkonten gesammelt und dann an andere Orte überwiesen werden. Der Zahlungsausgleich zwischen den Providern alternativer Überweisungssysteme kann aber auch auf anderem Wege erfolgen, beispielsweise mittels Bargeldtransport372. Wie auch bei anderen Finanztransferdienstleistern und Banken verwischen hier teilweise die Grenzen zu anderen Methoden der Geldwäsche; auch können in einen Geldwäschevorgang verschiedene Wirtschaftsbereiche involviert sein. Abgesehen von wenigen Besonderheiten, wie unter anderem der fehlenden Dokumentation der Transaktionen, weisen die für die Geldwäsche verwendeten Methoden im kontrollierten Bankensektor und die bei den alternativen Überweisungssystemen verwendeten Methoden eine große Ähnlichkeit auf 373. So variieren die angewandten Methoden der Geldwäsche von der Einbeziehung von Banken bis hin zur Nutzung von Kanälen über Nicht-Banken, wie beispielsweise Wechselstuben, Versicherungen, oder dem Warenhandel 374. Die FATF hat speziell für den Bereich der alternativen Überweisungssysteme verschiedene Geldwäschetypologien herausgearbeitet. Dabei sind die Anbieter von Geldtransfers in einigen Szenarios vollumfänglich in den Geldwäschevor369 FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005, S. 3. 370 Ebenda. 371 Vgl. FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005, S. 4. 372 FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005, S. 4. 373 El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 13. 374 Ebenda.

E. Die Problematik der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem

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gang integriert, haben also nicht nur Kenntnis von den kriminellen Aktivitäten, sondern wirken aus eigenem Interesse daran mit. In anderen Fällen besitzen die Provider zumindest teilweise Kenntnis von dem Geldwäschevorgang, oder aber werden ohne ihr Wissen für die Geldwäsche missbraucht375. Zu den Fallkonstellationen, in denen die Anbieter von Transferservices vollumfänglich in die Geldwäscheaktivitäten involviert sind, zählt zunächst das so genannte „Cuckoo Smurfing“ 376. Hiermit wird eine neue Technik der Geldwäsche umschrieben, die in engem Zusammenhang mit dem Geldtransfer über alternative Überweisungssysteme steht und vor allem in Europa verwendet wird. Diese Methode der Geldwäsche beinhaltet den Transfer von inkriminierten Geldern mittels alternativer Überweisungssysteme auf Konten von ahnungslosen Personen, die Gelder aus dem Ausland erwarten377. Bei dieser Methode sind neben alternativen Überweisungssystemen auch Banken in den Geldwäscheakt involviert. Eine weitere Methode der Geldwäsche, für die ebenfalls speziell alternative Überweisungssysteme genutzt werden, ist die Verwendung von sich unterscheidender Buchführung378. Bei dieser Methode führen die Anbieter von Geldtransfers zwei verschiedene Bücher. Dabei weist die offizielle Buchführung für die Steuerbehörde lediglich die Geldsummen aus, die über Bankkonten ins Ausland überwiesen wurden. Die inoffizielle Buchführung hingegen beinhaltet sämtliche Details des zur Verfügung gehaltenen Geldes nebst Angaben über die Person des Einzahlenden, den Namen der Begünstigten, das Bestimmungsland, in das bestimmte Geldbeträge überwiesen werden sollen und den genauen Überweisungsbetrag. Die inoffizielle Buchführung wird dabei ausschließlich in der Landessprache des jeweiligen Providers geführt und enthält teilweise Abkürzungen und Verschlüsselungen, um die Papierspur des Geldes nicht zurückverfolgen zu können. Auch alternative Überweisungssysteme machen sich schließlich die Möglichkeit der Über- bzw. Unterfakturierung von Rechnungen über Exportgüter zunutze379. Dies kann entweder mit oder auch ohne Wissen der jeweiligen Anbieter alternativer Überweisungssysteme geschehen. In einem von der FATF ge375 FATF, 10.06.2005, 376 FATF, 10.06.2005, 377 FATF, 10.06.2005, 378 FATF, 10.06.2005, 379 FATF, 10.06.2005,

Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, S. 4. Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, S. 18. Das englische Cuckoo bedeutet übersetzt so viel wie Kuckuck. Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, S. 19. Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, S. 21. Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, S. 21.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

schilderten Fall380 unterhielten zwei Provider alternativer Überweisungssysteme in Europa und in Südostasien eine Verbindung zueinander. Der Anbieter aus Südostasien führte Auszahlungen für aus Europa stammende Überweisungen durch, wobei er den europäischen Anbieter darum bat, die in Europa eingegangenen Gelder für diese Auszahlungen auf einem Konto zu sammeln. Die gesammelten Gelder wurden in der Folge mit einzelnen größeren Zahlungen an eine dritte Partei in Asien transferiert. Die Begünstigten dieser Zahlungen nach Asien waren Exporteure, die ihre Exportgüter zu hoch bewertet hatten. Die entsprechend höheren Zahlungen aus Europa wurden dann von den Exporteuren dazu genutzt, ihre angebliche Forderung zu belegen und einen Anspruch auf Steuervergünstigung geltend zu machen. Eine weitere Methode der Geldwäsche ist die Nutzung des Warenhandels zur Geldwäsche unter Einbeziehung alternativer Überweisungssysteme381. Hierbei machen sich Anbieter von alternativen Überweisungssystemen den Warenhandel zunutze, um illegalen Organisationen eine Möglichkeit zu geben, inkriminierte Gelder unter dem Deckmantel legitimen Warenhandels zu transferieren. Eine weitere Möglichkeit der Geldwäsche über den Warenhandel besteht darin, dass die Provider von Geldtransfers zunächst Güter aufkaufen und dann an den Bestimmungsort des Geldes übersenden. Dort werden die Güter dann veräußert und die Erlöse an den Empfänger ausbezahlt. Beispiel 382: Als ein Beispiel für die Funktionsweise des Hawala-Finanzsystems und verwandter alternativer Überweisungssysteme schildert die FATF den Fall der Aktiengesellschaft Servicio Uno. In diesen Fall war eine Anzahl von verschiedenen ausländischen Überweisungsdiensten verwickelt. Gemeinsames Merkmal dieser Überweisungsdienste war, dass sie von Einzelhandelsgeschäften aus, die Kleider oder Stoffe verkauften, operierten und auf diesem Weg den Transfer von Geldern in ein Land A arrangierten. Für den Transfer der Gelder wurde regelmäßig eine Gebühr verlangt. Die Aktiengesellschaft „Servicio Uno“ war mit einen Jahresumsatz von mehr als 3,3 Millionen US-Dollar der größte dieser Überweisungsdienste, gegen die Ermittlungen durchgeführt wurde. Servicio Uno nahm Gelder von einzelnen Kunden entgegen, erhielt aber auch Gelder von kleinen lokalen und regionalen Überweisungsdiensten. Die AG unterhielt auf Familienbasis ein intensives Liefernetz im Land A, dass auch die kleinen Büros zum Durchleiten von Geldern nutzten. „Servicio Uno“ verfuhr regelmäßig nach der Methode, dass von Kunden und Untervertretern, den kleineren Büros, Bargeld angenommen wurde, von dem ein Teil bei einer örtlichen Bank deponiert und ein anderer Teil zur Verfügung gehalten wurde. Der Transfer der Gelder in das Land A wurde regelmäßig auf zwei verschiedene Arten vorgenommen: entweder durch telegrafische Überweisung per Bar- oder Scheckeinzahlung oder durch das Verschicken von Geld an eine Handelsgesellschaft 380

Ebenda. Zur Geldwäsche über den Warenhandel allgemein vgl. die Ausführungen oben unter Teil 4, B. III. 1. c). 382 FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 20. 381

E. Die Problematik der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem

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mit dem Namen „Trans-Expedicion SA“ im Land B. Diese zweite Firma betrieb Geschäfte im Land A und hatte dort Geschäftspartner, die ihr Geld schuldeten. Nachdem „Trans-Expedicion“ das Geld im Land B von „Servicio Uno“ erhalten hatte, wies die Firma ihre Schuldner im Land A an, einen bestimmten Betrag direkt an ein anderes Überweisungsbüro, nämlich an „Remesas-X“ im Land A, zu bezahlen. Zweimal wöchentlich faxte „Servicio Uno“ eine Liste der gewünschten Lieferungen an eine Firma, die sie im Land A besaß und betrieb; in dem Fax standen genaue Angaben über Absender, Empfänger, ihre Adressen, über die Beträge, die Art der Währung oder über die Goldbarren, die geliefert werden sollten. Dafür erhob die AG eine Gebühr in Höhe von 5–10%. Zudem flossen beträchtliche Geldsummen aus dem Land A zurück zu „Servicio Uno“. Aus dem Land A wurde ein Fax an „Servicio Uno“ geschickt, in welchem das Unternehmen angewiesen wurde, einer Person in dem Land in dem „Servicio Uno“ seinen Firmensitz hatte, einen bestimmten Geldbetrag zur Verfügung zu stellen oder Gelder dort auf ein bestimmtes Bankkonto einzuzahlen. Tatsächlich wurden aber keine Gelder aus dem Land A transferiert. Stattdessen wurde eine Methode angewendet, nach der die Überweisungsbüros auf beiden Seiten ihre wechselseitigen Verbindlichkeiten aus ihrem Vermögen bezahlten. Ermittlungen ergaben, dass mehrere legale Firmen in dem Land von „Servicio Uno“ ebenfalls Gelder nach dieser Methode in das Land A transferiert hatten. Die Ermittler stellten außerdem fest, dass ein bereits vorbestrafter Geldwäscher bei mindestens einer Gelegenheit 60.000 US-Dollar über „Servicio Uno“ in das Land A transferiert hatte. Außerdem hatte ein Untervertreter des Unternehmens Gelder für zwei aktive Drogenhändler überwiesen. Beispiel 383: Bei einem Banksystem in einem Land N traten Schwierigkeiten auf, die zu der Entstehung eines parallelen Bankensystems geführt haben. Ursächlich hierfür waren ein Mangel an Devisen, fehlendes Vertrauen in das System, hohe Besteuerung und langsame Durchführung von internationalen Banktransaktionen. Auswanderer aus dem Land N, die im Land G gearbeitet hatten, zogen es zum größten Teil vor, nach dem Eintritt in den Ruhestand ihr Bankkonto bei einem Geldinstitut im Land G beizubehalten, selbst wenn sie das Land zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen hatten. Ihre Sozialrente konnte daher direkt auf ihr Konto in der Landeswährung des Landes G eingezahlt werden. Wenn sich diese Rentner nun im Land N aufhalten, entweder um dort zu leben oder um dort Urlaub zu machen, hatten sie das Problem, ihr Geld in örtliche Währung umzutauschen. Da sie üblicherweise kein Vertrauen in die Banken oder Postanweisungen im Land N hatten, stellen sie Schecks in der Währung des Landes G aus und übergaben sie an Personen, die auf diese Art von Transaktionen spezialisiert waren. Diese Geldwechsler gaben den Rentnern dann den Gegenwert in der Währung des Landes N. Diese Transaktionen fanden zum größten Teil auf der Straße statt, da die Geldwechsler in diesem Land offenbar sehr leicht zu finden waren. Die Schecks wurden gesammelt und per Kurier in das Land G zurückgeschickt, wo sie sodann auf Sammelkonten eingezahlt werden, die von Auswärtigen aus dem 383

FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 20.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

Land N bei Banken in dem Land G eröffnet worden waren. Diese Sammelkonten, die im Wesentlichen durch die Einlagen der Rentnerschecks gespeist wurden, wurden in der Folge dazu benutzt, um den Kauf von Gütern und Waren zu finanzieren, die an die Händler in dem Land N zurückgesandt wurden. Diese Käufe fanden in dem Land G und an anderen Orten in der Welt statt, wofür zahlreiche telegrafische internationale Überweisungen von diesen Konten durchgeführt wurden. Nachdem die Händler des Landes N die Aufträge im Ausland aufgegeben und die Sammelkonten benutzt hatten, um ihre Zahlungen zu leisten, zahlten sie den Geldwechslern die Beträge in der Währung des Landes N zurück. Dieses Geld verließ nie das Land N und diente so als Kapital, das für die Einlösung der Rentnerschecks verwendet werden konnte. Das geschilderte System beruhte auf Kompensation dergestalt, dass die Gelder zwischen dem Land N und dem Land G nicht mit telegrafischer Überweisung transferiert wurden. Lediglich die Schecks, die im Land N in der Währung den Landes G ausgestellt wurden, gelangten auf physischen Weg in das Land G und wurden dort eingezahlt. Täglich liefen riesige Beträge von Devisen des Landes G über die Sammelkonten. Den Ermittlungsbehörden ist bislang nicht bekannt, ob für die Konvertierung oder den Transfer Gebühren oder Provisionen erhoben wurden.

Neben den Fallkonstellationen, in denen die Anbieter von Geldtransfers über alternative Überweisungssysteme in die illegalen Aktivitäten verwickelt sind bzw. diese sogar von ihnen ausgehen, gibt es auch Fälle, in denen die Anbieter zwar Kenntnis von den illegalen Aktivitäten besitzen, aber nicht unmittelbar in die kriminelle Handlung involviert sind. Schließlich werden Anbieter alternativer Überweisungssysteme auch unwissentlich für kriminelle Aktivitäten missbraucht. Dies dürfte tatsächlich in den weitaus meisten Fällen der Fall sein384. In einem dieser von der FATF geschilderten Fälle385 nutzte eine kriminelle Organisation für den Schmuggel von Kokain mittels eines Kuriers aus der Karibik nach Europa ein international operierendes, registriertes alternatives Überweisungssystem, um die Gebühren für die Kuriere zu begleichen. Wesentliches Merkmal dieser Transaktionen war die Vermischung von legalen und illegalen Geldern, um eine Entdeckung zu vermeiden. 2. Geldwäschehandlungen im Hawala-System Wie auch bei Banken sind Geldwäschehandlungen im Hawala-Finanzsystem, in dem vorwiegend mit Bargeld umgegangen wird, in zahlreichen Varianten möglich386. Lässt man zunächst einmal die drei Phasen der Geldwäsche (Place384 Vgl. insoweit die Äußerung der FATF über die Anbieter alternativer Überweisungssysteme: „[. . .] the alternative remittance sector is largely composed of legitimate operators, [. . .]“. FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004– 2005, Paris, 10.06.2005, S. 3. 385 FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005, S. 25 f.

E. Die Problematik der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem

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ment, Layering und Integration) außer acht, kann Hawala-Banking bereits auf der Vorstufe der Geldwäsche387 als mögliche Transfertechnik eingesetzt werden. Hat ein Land, in dem eine Straftat aus dem Vortatenkatalog der Geldwäsche begangen wurde, Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung implementiert, ist die Platzierung der illegalen Erlöse mit einem erheblichen Risiko verbunden, so dass in vielen Fällen ein Transfer der inkriminierten Gelder in Länder bevorzugt wird, die weniger strenge Vorschriften der Geldwäschebekämpfung haben388. Neben dem Transfer über Hawala kommen als weitere Techniken des Geldtransfers in das Ausland unter anderem auch der Transfer von Geld oder Gütern, beispielsweise per Bargeldkurier oder über den Kauf und Verkauf von kompakten, leicht transportierbaren Luxusgütern, Gold oder Diamanten, des weiteren der Transfer mittels Banküberweisung sowie vor allem in Ländern mit strengen Import- Exportkontrollen der Transfer mittels Unter-/Überfakturierung in Betracht389. Beim Placement, der ersten Phase der Geldwäsche, werden illegale Gelder in den Finanz- oder Wirtschaftskreislauf eingespeist. Die Umwandlung von Bargeld in Buchgeld erfolgt im Hawala-Finanzsystem vor allem durch die Entgegennahme von Bargeld, das vom Auftraggeber zur Versendung ins Ausland bestimmt ist390. Zudem entsteht im Hawala-Finanzsystem durch die Umwandlung von Bargeld in Buchgeld regelmäßig keine Papierspur391. Gleiches gilt für die Einreichung von Schecks oder Gutschriften von Schecks, da von den Hawaladaren regelmäßig auch andere geschäftliche Aktivitäten ausgeübt werden, in deren Rahmen die Einreichung von Schecks nicht unüblich oder ungewöhnlich ist392. Schließlich eignet sich der weitgehend anonyme Geldtransfer über das Hawala-Finanzsystem in das Ausland ganz besonders zur Verschleierung der Herkunft inkriminierter Vermögenswerte in der sich anschließenden zweiten Phase der Geldwäsche durch das Hin und Herschieben der Gelder in einer Vielzahl von Transaktionen, so dass die kriminelle Herkunft nicht mehr nachvollzogen 386 Findeisen, WM 2000, 2125, 2130; vgl. auch Wöß, Geldwäscherei und Banken. Methoden und Formen, S. 38 f. sowie Pieth, Die Bekämpfung der Geldwäscherei – Modellfall Schweiz?, S. 27 zur Bedeutung des Bargeldes für die Geldwäscherei, der insoweit von einem Dogma vom „kriminogenen Charakter des Bargeldes“ spricht. 387 Zu einer den drei Phasen der Geldwäsche vorgeschalteten Vorstufe der Geldwäsche vgl. Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche. Formen, Akteure, Größenordnung – und warum die Politik machtlos ist, S. 13 ff. 388 Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche. Formen, Akteure, Größenordnung – und warum die Politik machtlos ist, S. 14. 389 Schneider/Dreer/Riegler, Geldwäsche. Formen, Akteure, Größenordnung – und warum die Politik machtlos ist, S. 14 f. 390 Jost/Sandhu, The hawala alternative remittance system and its role in money laundering, Lyon, January 2000, S. 12. 391 Findeisen, WM 2000, 2125, 2130. 392 Findeisen, WM 2000, 2125, 2130.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

oder bewiesen werden kann393. Anschließend können die Vermögenswerte im Empfängerland dann wie ein Ergebnis rechtmäßiger Geschäftstätigkeit genutzt werden394. Auch in dieser letzten Phase der Geldwäsche, der „Integration“ kann Hawala genutzt werden. So eignet sich die beleglose Transfertechnik im Hawala-Finanzsystem auch, um Gelder in jedwede Vermögensform zu transformieren und ihnen gerade durch die relativ engen Anknüpfungspunkte von Hawala zu verschiedenen Wirtschaftsbereichen den Anschein legaler Geschäftstätigkeit zu verleihen395.

III. Geldwäschebekämpfung im Hawala-System Im Folgenden sollen nun die Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem betrachtet werden. Hier ergeben sich im Wesentlichen zwei Ansatzpunkte. Zum einen sind dies die Bestrebungen hin zu einer Lizenzierung und laufenden Finanzaufsicht über das Hawala-Finanzsystem und damit die Integration des Systems in die derzeitigen Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen. Zum anderen bauen Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen darauf auf, illegale, nicht lizenzierte Anbieter zu erkennen und zu bekämpfen. In diesem Zusammenhang stellt sich insbesondere die Frage, wo mögliche Schnittstellen zwischen dem Hawala-Finanzsystem und reguliertem Bankgeschäft liegen. 1. Lizenzierung und laufende Aufsicht als Maßnahmen in der Geldwäschebekämpfung Vermutungen gehen dahin, dass nicht alle Anbieter illegal betriebener alternativer Überweisungssysteme alleine mit repressiven Mitteln vom Markt ferngehalten werden können396. Die Ursachen hierfür werden unter anderem darin gesehen, dass alternative Überweisungssysteme vielfach legitime Bedürfnisse ihrer Kunden erfüllen und mitunter die einzige Möglichkeit bieten, Gelder in das Ausland zu transferieren. So hat sich die Bundesrepublik Deutschland für das aufsichtspolitische Ziel entschieden, durch die Lizenzierung lediglich einzelner geeigneter Anbieter des nicht kontengebundenen Geldtransfers die Geldströme zu kanalisieren und dadurch besser beaufsichtigen zu können397.

393 Jost/Sandhu, The hawala alternative remittance system and its role in money laundering, Lyon, January 2000, S. 12. 394 Vgl. Findeisen, WM 2000, 2125, 2130. 395 Jost/Sandhu, The hawala alternative remittance system and its role in money laundering, Lyon, January 2000, S. 13. 396 Findeisen, WM 2000, 2125, 2132. 397 BaFin, Jahresbericht 2002, S. 22.

E. Die Problematik der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem

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Die Staaten Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande, Portugal und Spanien haben derzeit eine Genehmigungspflicht für das Anbieten von Geldtransferdienstleistungen. Neben Deutschland hat derzeit lediglich Frankreich eine ähnlich strenge Zulassungsregelung für Anbieter des kontenungebundenen Geldtransfers. Während hier Unternehmen, die Geldtransfers vornehmen, als Banken bzw. für das Finanztransfergeschäft zugelassen sein müssen, sind Geldtransferleistungen in Dänemark, Finnland, Italien, Österreich, Schweden und dem Vereinigten Königreich lediglich registrierpflichtig. In Griechenland und Irland besteht derzeit keine Registrier- oder Genehmigungspflicht. Die Möglichkeiten der Geldwäschebekämpfung, die sich aus der Einbeziehung des Hawala-Banking unter den Begriff des Finanztransfergeschäftes im Sinne von § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG ergeben, liegen auf der Hand. Der laufenden Aufsicht der BaFin und damit dem Postulat transparenter Zahlungsströme unterworfen, wäre nicht nur die Anwendbarkeit des „know-your-customer“ Prinzips auf das Hawala-Finanzsystem gesichert. Gleichzeitig ergibt sich die Möglichkeit, nicht lizenzierte Anbieter mit strafrechtlichen Mitteln und Untersagungsverfügungen nach § 37 KWG zu verfolgen. In diesem Zusammenhang stellt sich jedoch die Frage, inwieweit es Sinn macht, lediglich wenige ausgewählte Anbieter zu lizensieren und alle anderen mit repressiven Mitteln zu verfolgen. So hat sich bislang kein wesentlicher Erfolg im (bundesdeutschen) Umgang mit dem Hawala-Finanzsystem eingestellt, zumal nach Schätzungen supranationaler Organisationen jährlich weiterhin weltweit etwa 200 Milliarden Dollar unter Zuhilfenahme der Hawala-Netzwerke transferiert werden. Mit der laufenden Aufsicht über das Hawala-Finanzsystem werden gleichzeitig auch die Grenzen der Geldwäschebekämpfung abgesteckt. Derzeit besitzen insgesamt lediglich 43 Anbieter398 eine Erlaubnis der BaFin zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes, wobei allerdings auch spezialisierte Money Remittance Agencies wie Western Union oder Money Gram hierunter fallen. Ein konkrete Aufschlüsselung der erteilten Erlaubnisse, etwa zu bislang erteilten Erlaubnissen an Hawaladare oder andere Anbieter so genannter alternativer Überweisungssysteme nimmt die BaFin nach eigenen Angaben nicht vor, da unter anderem aufgrund der Vielfalt der Erscheinungsformen keine klare Abgrenzung zwischen Anbietern alternativer Überweisungssysteme und anderen Anbietern des kontenungebundenen Transfergeschäftes getroffen werden könne. Die Zahlen der in den letzten Jahren an Finanztransferdienstleister insgesamt erteilten Lizenzen durch die BaFin lassen jedoch Rückschlüsse darauf zu, dass jedenfalls kein „klassischer“ Hawaladar lizenziert wurde und das Finanztransfergeschäft mit Erlaubnis der BaFin betreibt. So erhielten im Jahr 2003 insge398 Angaben Stand 11/11/2006. Abgleich erfolgte anhand einer von der BaFin veröffentlichten Gesamtliste der zugelassenen Finanzdienstleister in der Bundesrepublik Deutschland (Stand 11/11/2006: 751).

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

samt lediglich zwei Institute die Erlaubnis der BaFin, das Finanztransfergeschäft zu betreiben, im Jahr 2004 waren es drei Institute399. Zu der Häufigkeit der einzelnen Versagungsgründe von Anträgen auf Zulassung zum Finanztransfergeschäft führt die BaFin nach eigenen Angaben keine Listen oder Statistiken. Im Jahr 2002 leitete die BaFin 120 Verfahren wegen unerlaubten Betreibens des Sorten- und Finanztransfergeschäfts ein400; im Jahr 2004 wurden 125 Verfahren wegen unerlaubten Betreibens von Finanztransfer und/oder Sortengeschäften401 eingeleitet. 2006 eröffnete die BaFin 141 neue Verfahren wegen unerlaubt betriebener Finanztransfer-, Sorten- oder Kreditkartengeschäfte402. Die von der BaFin im Rahmen der jeweiligen Jahresberichte zum „Underground-Banking“ bekanntgegebenen Zahlen beziehen sich auf sämtliche Unternehmen, die das Finanztransfergeschäft ohne die erforderliche Erlaubnis der BaFin betreiben. Die Zahlen zu Verwaltungsverfahren gegen unerlaubt tätige Unternehmen beziehen sich daher nicht nur auf das Hawala-Banking im eigentlichen Sinne und reichen auch über den im Rahmen dieser Arbeit festgelegten Begriff der alternativen Überweisungssysteme hinaus, da im Rahmen der Erhebungen der BaFin beispielsweise ebenfalls die Tätigkeit so genannter Finanzagenten enthalten ist, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht relevant ist. 2. Zur Problematik des „Erkennens“ illegaler Anbieter oder Schnittstellen zwischen Hawala-Finanzsystem und legalem Bankgeschäft Die Wirkungen, die sich aus einer Lizenzierung und laufenden Aufsicht des Hawala-Finanzsystems in der Bundesrepublik Deutschland ergeben, müssen im Hinblick auf die sich hierdurch ergebenden Möglichkeiten der Geldwäschebekämpfung als äußerst begrenzt betrachtet werden, da aufgrund der derzeit geltenden strengen Zulassungsvoraussetzungen nach dem KWG nicht davon auszugehen sein dürfte, dass sich Hawaladare unter diesen Voraussetzungen lizensieren lassen (können). Weitere grundlegende Voraussetzung für die effektive Bekämpfung von Geldwäschehandlungen im Hawala-System und die Erarbei-

399

BaFin, Jahresbericht 2004, S. 121; BaFin, Jahresbericht 2003, S. 100. BaFin, Jahresbericht 2002, S. 23. 401 BaFin, Jahresbericht 2004, S. 82: In 23 Fällen wurden verdächtige Unternehmen vor Ort geprüft und durchsucht, ggf. unterstützt durch die Polizei. Gegen 20 der Unternehmen verhängte die BaFin daraufhin förmliche Maßnahmen. Dabei betrieben mehrere Unternehmen die ihnen untersagten Geschäfte weiter, nachdem die BaFin förmliche Maßnahmen erlassen hatte. Nach eigenen Angaben konnte die BaFin in aufwändiger Detailarbeit die (vernichteten) Aufzeichnungen rekonstruieren und entschlüsseln und so das fortgesetzte unerlaubte Betreiben der Geschäfte nachweisen. 402 BaFin, Jahresbericht 2006, S. 195; BaFin, Jahresbericht 2005, S. 185: Die Zahl der im Jahr 2005 eröffneten Verfahren (215) beinhaltet zusätzlich sämtliche Verfahren gegen die so genannten Finanzagenten und erschwert insoweit eine Vergleichbarkeit. 400

E. Die Problematik der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem

283

tung eines entsprechenden Maßnahmenkataloges ist es daher, illegal operierende, sich der staatlichen Aufsicht entziehende Anbieter überhaupt zu erkennen und ausfindig zu machen. Insoweit gilt gerade für die Abwicklung von Transaktionen über das Hawala-System, dass wesentliches Anwendungsproblem von Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen die (Nicht) Erkennbarkeit der Geldwäsche ist, zumal illegale Transaktionen aufgrund guter Tarnung kaum von legalen Transaktionen zu unterscheiden sind403. Ein Hauptansatzpunkt der Geldwäschebekämpfung in den Hawala-Netzwerken wird national wie international in den zwischen Hawala-Finanzsystem und offiziellem Bankgeschäft liegenden Schnittstellen gesehen. So nutzen Hawaladare Kontokorrentkonten bei Banken mitunter zum Lagern von Kundengeldern, aber beispielsweise auch, um Kundenzahlungen zu empfangen, die nicht bar getätigt werden bzw. zur Einlösung von Schecks404. Daneben werden Kontokorrentkonten bei Banken auch für Zwecke des Zahlungsausgleichs oder der Verrechnung mit anderen Hawaladaren genutzt405. Auch bei der Abwicklung der konventionellen, neben dem Transfergeschäft ausgeübten Geschäftstätigkeit greifen Hawaladare auf das Dienstleistungsangebot von Banken zurück406. Allgemein liegen Anknüpfungspunkte für Geldwäscheverdachtsmomente im Bankenbereich regelmäßig bei der Person oder der Höhe einer Transaktion bzw. im Geschäftsablauf407. So müssen sich Banken im Rahmen des „Know-YourCustomer Prinzips“ nicht nur Klarheit über die Identität der Kunden verschaffen, sondern auch über den wirtschaftlichen Hintergrund und die Art der geschäftlichen Aktivitäten, um die Herkunft der Kundengelder abklären zu können408. Transaktionen gelten vor allem dann als auffällig, wenn sie entweder für den konkreten Kunden untypisch sind, also beispielsweise vom wirtschaftlichen Hintergrund des Kunden abweichen409. Auffällig ist auch ein Kundenverhalten, das vom Verhalten vergleichbarer Kunden abweicht, etwa bei wirtschaftlich sinnlos erscheinenden Geschäften bzw. beim Geldtransfer in bestimmte kritische Länder410.

403

Vgl. Oswald, wistra 1997, 328, 331. Passas, A Study into Underground banking networks, S. 15; Carroll, Alternative remittance systems distinguishing sub-systems of ethnic money laundering in Interpol member countries on the Asian continent, Abschnitt Debt Settling. 405 Vgl. hierzu die Ausführungen oben unter Teil 3, B. II. 1. b). 406 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 15. 407 Suendorf, Geldwäsche, S. 325. 408 Findeisen, WM 2000, 2125, 2133. 409 Suendorf, Geldwäsche, S. 325. 410 Vgl. insoweit auch BAKred, Verlautbarung vom 30. März 1998 über Maßnahmen der Kreditinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (Z 5 – E 100), abgedruckt in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, Anhang III. 1, S. 617 ff. 404

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

Ähnliches gilt für mögliche Anknüpfungspunkte, was die Nutzung von Kontokorrentkonten für das unerlaubte Betreiben alternativer Überweisungssysteme anbelangt. So sind die Kontoinhaber nach Angaben der BaFin häufig Branchen wie Import/Export-Unternehmen, Reisebüros, dem Lebensmitteleinzelhandel, dem Gold- und Edelsteinhandel, dem Teppichhandel bzw. so genannten Telefonoder Callshops zuzuordnen411. Auffällig sind in diesem Zusammenhang beispielsweise auch ideelle oder religiöse Vereinigungen wie Kultur- und Sportvereine von Immigranten oder islamische Kulturvereine. Einen weiteren Anknüpfungspunkt für das unerlaubte Betreiben des Finanztransfergeschäftes sieht Findeisen412 im Firmennamen bzw. in Zusätzen hierzu. So könnten Zusätze wie „Transfer“, „Transport“, „Exchange“ oder „Devisenhandel“ auf das Betreiben alternativer Überweisungssysteme hinweisen. Den wohl wichtigsten Anknüpfungspunkt bietet jedoch die Kontoführung selber. Neben der Poolung von runden Überweisungsbeträgen oder Bareinzahlungen können ferner Überweisungen auffällig sein, denen sich bezüglich der Transaktionshöhe einheitliche Provisionszuschläge zuordnen lassen. Bei Bareinzahlungen haben die Einzahler zudem häufig den gleichen ethnischen Hintergrund wie Kontoinhaber und Verfügungsberechtigter. Weitere Beispiele, die auf das unerlaubte Betreiben des Finanztransfergeschäftes hindeuten können, sind häufige Überweisungen und Scheckeinreichungen aus dem In- und Ausland für ein Unternehmen, dass nach dem Unternehmenszweck offensichtlich nur lokal tätig ist und keine Geschäftsverbindungen in das Ausland unterhält. Auch eine Vielzahl von Einzahlungen durch unterschiedliche Personen mit anschließenden Barabhebungen des Gesamtbetrages deutet schließlich auf eine Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Finanztransfergeschäft hin. Auffällig in diesem Zusammenhang ist auch die Angabe von Mitteilungen wie „Geschenk“, Transfer“ oder „Unterhalt“ nebst einem Namen im Verwendungszweck der Überweisung. Überweisungen in das Ausland, die an Hawaladare gerichtet sind, werden häufig über Intermediäre und Clearingstellen abgewickelt. Für die Zielländer Pakistan, Indien, Somalia und Iran sind die Zwischenstellen – beispielsweise Exchange Büros, Wechselstuben oder Goldhändler – häufig in den Golfstaaten ansässig. Es stellt sich die Frage, inwieweit beim Ausfindigmachen illegaler Anbieter des Finanztransfergeschäftes aufgrund von Schnittstellen zum offiziellen Banksystem von Erfolgen in der Geldwäschebekämpfung gesprochen werden kann und wo andererseits die Grenzen zu ziehen sind. Problematisch im Zusammenhang mit den geschilderten Anhaltspunkten dürfte es jedenfalls sein, dass längst nicht bei jeder Überweisung, die eine oder mehrere Auffälligkeiten beinhaltet, ein unerlaubtes Betreiben des Finanztransfergeschäftes vorliegen muss. Hier besteht insoweit die Gefahr einer Pauschalierung und eines Generalverdachtes kri411 412

Vgl. Findeisen, WM 2000, 2125, 2131 m.w. N. Zum Folgenden Findeisen, WM 2000, 2125, 2133.

E. Die Problematik der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem

285

minellen Handelns, dem sich bestimmte ethnische Bevölkerungsgruppen ausgesetzt sehen könnten. Etwaige Übereinstimmungen mit den dargestellten Anhaltspunkten sind daher mit entsprechender Vorsicht und Zurückhaltung zu behandeln. Nach Angaben der BaFin hat diese im Jahr 2005 insgesamt rund 62.000 Anfragen im Rahmen des Kontenabrufverfahrens nach § 24c KWG bearbeitet413. Im Jahr 2004 waren es im Vergleich noch 39.000 Anfragen. Dabei kamen im Berichtsjahr 2005 rund 600 Anfragen aus der BaFin selbst und betrafen in den meisten Fällen Anhaltspunkte, dass jemand Bankgeschäfte betrieb oder Finanzdienstleistungen erbrachte, ohne eine Erlaubnis dafür zu besitzen. Dabei ging es nach Angaben der BaFin „vielfach“ um Finanztransfergeschäfte414. Die BaFin leitete im Jahr 2005 daraufhin insgesamt 215 neue Verfahren wegen unerlaubt betriebener Finanztransfer-, Sorten- oder Kreditkartengeschäfte ein, wobei hiervon allerdings auch die so genannten Finanzagenten erfasst werden415. Eine Aufschlüsselung dieser Verfahren speziell nach dem illegalen Betreiben alternativer Überweisungssysteme bzw. nach dem Hawala-Banking ist nicht erfolgt und von der BaFin nach eigenen Angaben auch nicht vorgesehen. Ursächlich für die fehlenden Statistiken in diesem Bereich seien vor allem die Vielfalt der Erscheinungsformen des kontenungebundenen Transfergeschäftes und die damit einher gehenden Schwierigkeiten, Hawala und andere alternative Überweisungssysteme gegenüber den weiteren kontenungebundenen Geldtransfertätigkeiten abzugrenzen. Gleiches gilt für die Aufschlüsselung der einzelnen Gründe, die letztlich für die Annahme, dass ein unerlaubtes Betreiben des Finanztransfer-, Sorten- oder Kreditkartengeschäfte vorliegt, ausschlaggebend waren und in der Folge zu einer Anfrage im Rahmen des Kontenabrufverfahrens nach § 24c KWG geführt haben bzw. für die jeweiligen Ergebnisse der durchgeführten Kontenabrufverfahren. Zudem werden Kontostände oder Kontobewegungen nicht in der Datei erfasst416. Auswertungen von Verdachtsanzeigen verschiedener Banken im Hinblick auf Geldwäscheverdachtsmomente im Allgemeinen haben ergeben, dass Verdachtsgründe besonders häufig in der Person des Kunden liegen sowie in der Betragshöhe aufgrund ungewöhnlich hoher Bartransaktionen417. Häufig waren auch Auffälligkeiten im Geschäftsablauf bei der Involvierung bestimmter kritischer 413

BaFin, Jahresbericht 2005, S. 184 ff. BaFin, Jahresbericht 2005, S. 186. 415 BaFin, Jahresbericht 2005, S. 185. Im Jahr 2004 waren es ohne das Phänomen der Finanzagenten insgesamt 125 neue Verfahren wegen unerlaubt betriebener Finanztransfer-, Sorten- oder Kreditkartengeschäfte. 416 Vgl. das Infoblatt der BaFin zum automatisierten Abruf von Kontoinformationen gemäß § 24c KWG; auf der Homepage der BaFin abrufbar unter http://www.bafin.de/ infoblaetter/050221_kontenabruf.htm [Stand 10/03/2007]. 417 Suendorf, Geldwäsche, S. 325 ff. 414

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

Länder in Transaktionen, oder zweifelhafte Angaben im Verwendungszweck einer Transaktion, etc.418. Laut FIU wurden im Jahr 2005 als Verdachtsgründe am häufigsten die Gründe „Barzahlung“, „Kontoeröffnung bzw. -führung“, „Überweisung“, gefolgt von „Verhalten involvierter Personen“ angegeben419. Daneben waren im Jahr 2005 die am häufigsten im Zusammenhang mit der Meldung von Geldwäscheverdachtsfällen gemeldeten Firmenbranchen neben dem Baugewerbe, der Bereich Import/Export, der Kraftfahrzeughandel sowie der Bereich der Immobilienmakler420. In einigen Bereichen ist zwar eine gewisse Korrelation zu möglichen Anknüpfungspunkten für das unerlaubte Betreiben des Finanztransfergeschäftes zu erkennen. In keinem der Fälle erfolgte jedoch eine spezifische Aufschlüsselung nach speziell auf das unerlaubte Betreiben des Finanztransfergeschäftes bezogenen Anhaltspunkten. Etwaige Schlussfolgerungen im Hinblick auf mögliche Erfolge im Erkennen des unerlaubt betriebenen Hawala-Banking auf der Basis von Anknüpfungspunkten zum legalen Bankgeschäft können demnach nur als rein spekulativ bezeichnet werden. 3. Erkennen von kriminellem Missbrauch alternativer Überweisungssysteme durch die Anbieter von Geldtransfers Ein weiterer Ansatzpunkt zur Verhinderung von Geldwäschehandlungen im Hawala-Finanzsystem ist die Einbeziehung der Hawaladare in Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung, also die Fälle, in denen Hawaladare oder Anbieter anderer alternativer Überweisungssysteme unwissentlich für die Geldwäsche missbraucht werden. Wie bei Banken und anderen Finanzdienstleistern gibt es auch bei alternativen Überweisungssystemen spezielle Indikatoren, die auf einen Missbrauch zur Geldwäsche hindeuten und denen die Anbieter besondere Aufmerksamkeit widmen können421. Zu diesen Indikatoren zählen unter anderem • Smurfing Transaktionen, bei denen ein Geldbetrag in eine Vielzahl kleinerer Geldbeträge aufgeteilt wird, die dann in mehreren Tranchen transferiert werden; • Geldtransfers, die in keinem Verhältnis zum wirtschaftlichen Hintergrund des Einzahlenden stehen, beispielsweise der Höhe des monatlichen Einkommens, oder wirtschaftlicher Aktivitäten;

418

Ebenda. FIU Deutschland, Jahresbericht 2005, S. 18. 420 FIU Deutschland, Jahresbericht 2005, S. 17. 421 FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005, S. 33. 419

F. Auseinandersetzung mit dem Gefahrenpotential

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• extrem hohe oder zahlreiche Transfers an Einzelpersonen, die die Grenze des Üblichen überschreiten; • persönliche Transaktionen einer Privatperson, die an Empfängerorte gesendet werden, zu denen erkennbar weder private, familiäre oder wirtschaftliche Verbindungen bestehen; • Transaktionen, die erkennbar außerhalb der üblichen Bestimmungsorte von Transaktionen durch Migranten liegen; • die Weigerung von Kunden, den Grund für einen gewünschten Geldtransfer anzugeben; • persönliche Überweisungen, beispielsweise von Migranten, die nicht in zeitlichem Zusammenhang mit der monatlichen Gehaltszahlung stehen. Einige dieser Indikatoren sind besonders auf Migranten als einen wesentlichen Teil der Kundschaft von Anbietern alternativer Überweisungssysteme zugeschnitten, während andere Indikatoren auch auf Banken und andere Finanztransferdienstleister anwendbar sind. Sind Hawaladare nun in einem Land registriert oder mit Erlaubnis tätig422, könnten solche speziell auf die Geldwäsche in alternativen Überweisungssystemen zugeschnittene Indikatoren, ggf. in Verbindung mit Informations- oder Schulungsmaßnahmen ebenfalls dazu beitragen, Geldwäsche im Hawala-Finanzsystem zu bekämpfen.

F. Auseinandersetzung mit dem Gefahrenpotential des Hawala-Finanzsystems Soweit im Rahmen der bisherigen Ausführungen auf die Rolle des HawalaFinanzsystems im Geldwäscheprozess und auf mögliche Geldwäschehandlungen in den drei Phasen der Geldwäsche eingegangen wurde, stellt sich nunmehr die Frage, ob das skizzierte Gefahrenpotential in Bezug auf den Missbrauch des Systems zu Geldwäschezwecken tatsächlich die objektiven Gegebenheiten wiedergibt oder ob das entstandene Bild über das Hawala-Finanzsystem nicht aus verschiedenen Gründen als verzerrt anzusehen ist und einer Relativierung bedarf. So hängen die Art der Darstellung und Sichtweise des Hawala-Systems bis zu einem gewissen Grad auch von externen Einflüssen ab, von denen im Folgenden einige thematisiert werden sollen.

422 Nicht in allen Ländern sind die Hürden für Hawaladare, Geldtransfers auf dem regulierten Markt anzubieten, so hoch wie beispielsweise in Deutschland. In den Vereinigten Arabischen Emiraten beispielsweise haben bereits bis Anfang des Jahres 2004 insgesamt 118 Hawaladare eine Registrierung beantragt; so der Leiter der Zentralbank der VAE, Sultan Bin Nasser Al Suwaidi auf der Eröffnungsrede zur zweiten Konferenz über Hawala vom 2.4.–4.4.2004 in Katar. Vgl. hierzu auch Herzog/Mühlhausen/ Vogt, GwHdb § 2, Rn. 35.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

I. Externe Einflüsse von Medien, Kriminalpolitik und Finanzwirtschaft auf Darstellung und Sichtweise des Hawala-Finanzsystems Aufgrund der Intransparenz der Geldtransfers über alternative Überweisungssysteme ist das Dunkelfeld bezüglich illegal, also ohne Erlaubnis tätiger Unternehmen wegen der Art der Ausführung ihrer Aktivitäten und des spezifischen Kundenkreises, der verschiedenste Nationalitäten und Ethnien umfasst, nach wie vor groß423. Genaue Zahlen über illegale Marktaktivitäten im Rahmen der illegalen Geldtransferdienstleister gibt es nicht. So gehen in Deutschland einund ausgehende Zahlungen, die über das Hawala-Finanzsystem oder andere alternative Überweisungssysteme abgewickelt werden, nicht in Statistiken im Zusammenhang mit der Erstellung der Zahlungsbilanz ein, da unter anderem die Meldevorschriften des Außenwirtschaftsrechts von den illegal tätigen Unternehmen nicht erfüllt werden424. Der IWF gibt an, weder theoretische Literatur noch empirische Studien über die Schattenwirtschaft mit der beherrschenden Rolle der Geldwäsche bei illegalen Aktivitäten zur Verfügung stehen zu haben425. Schätzungen über die weltweite Verbreitung der Geldwäsche gäben jedoch Anlass zu der Vermutung, dass sie eine unabhängige Auswirkung auf die Gesamtwirtschaft habe426. Passas427 stellt diesbezüglich fest, dass lediglich nachweisbar sei, dass alternative Überweisungssysteme eine von zahlreichen verfügbaren Alternativen für kriminelle Organisationen seien. Im Gegenteil würden sogar andere Möglichkeiten Geld zu waschen oder zu transferieren von kriminellen Organisationen bevorzugt werden. So habe auch die Analyse der terroristischen Anschläge vom 11.09.2001 ergeben, dass der größte Teil der finanziellen Mittel, welche die Entführer erhielten, die USA über offizielle Finanztransferdienstleister erreichte428. In diesem Zusammenhang weist Findeisen429 darauf hin, dass vor allem Banken aufgrund ihres breiten Angebots von Finanzdienstleistungen für die Geldwäsche missbraucht werden. Ihre Attraktivität beruhe auf der Qualität ihrer Services und könne schon aus logistischen Gründen nicht vollständig

423

Findeisen, WM 2000, 2125, 2126. Findeisen, WM 2000, 2125, 2126. 425 Hetzer, ZRP 2001, 266, 267. 426 Hetzer, ZRP 2001, 266, 267. 427 Passas, A Study into Underground banking networks, S. 3. 428 Vgl. hierzu: Jost, Testimony before the U.S. Senate Committee on Banking, Housing, and Urban Affairs, Hearing on „Hawala and Underground Terrorist Financing Mechanisms“, November 14, 2001, S. 30. 429 Findeisen, Nationale und internationale Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus, S. 6. 424

F. Auseinandersetzung mit dem Gefahrenpotential

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durch die Nutzung anderer Techniken, wie beispielsweise illegaler Überweisungssysteme im „Underground-Banking“ ersetzt werden. Neben den bekannt gewordenen Verbindungen der alternativen Überweisungssysteme zu verschiedenen Straftaten werden in nicht unbeträchtlichem Umfang Verbindungen der alternativen Überweisungssysteme zu illegalen Marktaktivitäten vermutet. Im Zusammenhang mit den immer wieder angestellten Vermutungen über Verbindungen der alternativen Überweisungssysteme zu verschiedenen Straftaten ist es zunächst wichtig, sich die besondere Eignung der alternativen Überweisungssysteme für die Nutzung zu kriminellen Zwecken bewusst zu machen. Diese Eignung für die Nutzung zu illegalen Marktaktivitäten ist vorwiegend auf historisch und kulturell bedingte Strukturen der alternativen Überweisungssysteme zurückzuführen, wobei hier insbesondere die mangelnden oder verschlüsselten Dokumentationen der Transaktionen, wie auch die hierdurch bedingte Anonymität der Transaktionen zu nennen sind. Darüber hinaus spielen auch andere Faktoren, wie kulturelle, sprachliche und ethnische Barrieren430 sowie Schwierigkeiten in der Beweisführung für die Bewertung eine Rolle. Ermittlungsbehörden, die Verbindungen zu solchen Systemen finden, haben oftmals Schwierigkeiten, die Geldflüsse zurückzuverfolgen und die erforderlichen finanziellen Verflechtungen festzustellen, die sie zur Beweisführung brauchen. Auch wenn Vermutungen dahin gehen, dass die Zahl der illegalen Nutznießer alternativer Überweisungssysteme gemessen an den Millionen Normalbenutzern zu vernachlässigen sein dürfte431, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein System, das sich in besonderem Maße für illegale Marktaktivitäten eignet, auch zu einem gewissen Anteil für illegale Zwecke genutzt wird. Es gilt mittlerweile als sicher, dass Untergrund-Bankensysteme aufgrund ihrer Besonderheiten wie der Intransparenz für Außenstehende, der fehlenden Papierspuren, etc. eine der sichersten Methoden für Geldwäsche sind. Sie dürfen daher bei Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung nicht ausgeklammert werden432. Im Zuge der Geldwäschebekämpfung und der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung sind in den letzten Jahren eine Vielzahl von gesetzlichen Vorschriften erlassen worden, die Banken und andere Dienstleister nach den Vorschriften des Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG) vom 25. Oktober 1993 (BGBl. I S. 1770), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. August 2002 (BGBl. I S. 3105) vor allem zu Identifizierungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungsmaßnahmen, zur An-

430

Zum Folgenden: FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000,

S. 8. 431 432

Hackensberger, Das Banksystem der Armen. Findeisen, WM 2000, 2125, 2129.

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zeige von Verdachtsfällen, zur Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten sowie zu internen Sicherungsmaßnahmen verpflichtete. Deutschland ist insoweit eingebunden in eine Vielzahl sich wechselseitig beeinflussender rechtlicher Rahmenbedingungen auf europäischer und internationaler Ebene. Dem VN-Übereinkommen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen, dem EuroparatsÜbereinkommen vom 8. November 1990 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten und der Richtlinie 91/308/EWG des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche (1. EG-Geldwäscherichtlinie) trat im Jahre 1990 mit den 40 Empfehlungen der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) das Instrumentarium des Bankaufsichtsrechts zur Seite. Nach der im Dezember 2001 in Kraft getretenen 2. EG Geldwäscherichtlinie433 steht nunmehr die Umsetzung der 3. EG-Geldwäscherichtlinie434 in nationales Recht unmittelbar bevor. In Anbetracht dieses gesetzlichen Instrumentariums, in das die regulierte Finanzwirtschaft eingebunden ist, stellt sich die Frage, inwiefern Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung und Terrorismusfinanzierung im regulierten Finanzdienstleistungssektor Schlussfolgerungen im Hinblick auf eine mögliche Wechselbewegung eines entsprechenden Klientels mit der Absicht der Nutzung des Finanzsystems zu unlauteren Zwecken weg vom regulierten Bankensystem hin zu den Alternativen Überweisungssystemen erlauben. So erstatteten die Kreditinstitute im Jahr 2005 81% aller Verdachtsanzeigen nach dem GwG 435. Für den Zeitraum zwischen 1995 und 2005 ist eine Verdreifachung des Aufkommens an Verdachtsanzeigen nach dem GwG von 2.759 im Jahr 1995 auf 8.241 im Jahr 2005 feststellbar436. Schließt man ausgehend von den in den letzten Jahren umfangreicher gewordenen Identifizierungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten, Pflichten zur Anzeige von Verdachtsfällen und zur Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten sowie auf der anderen Seite der steigenden Anzahl von Verdachtsfällen auf ein engmaschigeres Netz der Strafverfolgungsbehörden und somit auf ein größeres Risiko, dass laufende Geldwäscheaktivitäten im regulierten Finanzdienstleistungssektor erkannt und geahndet werden, lässt dies wiederum die Schlussfolgerung zu, dass sich ein gewisser Anteil an Nutzern mit illegalen Absichten alternative Möglichkeiten der Geldwäsche sucht und gegebenenfalls in den weitgehend unkontrollierten Bereich der alternativen Über433 Richtlinie 2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union vom 04.12.2001 zur Änderung der Richtlinie 91/308/EWG. 434 Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung vom 26. Oktober 2005. 435 FIU Deutschland, Jahresbericht 2005, S. 5. 436 FIU Deutschland, Jahresbericht 2005, S. 9.

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weisungssysteme wechselt. Bis zu einem gewissen Prozentsatz wird man hier einen Wechsel sogar als wahrscheinlich bezeichnen können. Erfolge und Misserfolge in der Bekämpfung von Geldwäsche und anderen Straftaten könnten andererseits aber auch Auswirkungen auf die öffentliche Wahrnehmung der alternativen Überweisungssysteme im Zusammenhang mit kriminellen Phänomenen haben und so gegebenenfalls das Entstehen eines verfälschten Bildes über das Ausmaß illegaler Marktaktivitäten im unregulierten Finanztransferbereich begünstigen. Trotz des Bestehens umfangreicher Kontrollmaßnahmen werden Banken und andere regulierte Geldtransferdienstleister weiterhin zu Geldwäschezwecken und für andere illegale Marktaktivitäten missbraucht437. Nach Schätzungen werden weltweit jährlich insgesamt 300 bis 500 Milliarden USD an Geldern gewaschen, der Internationale Währungsfonds geht sogar von 590 bis 1.500 Milliarden Dollar aus438. Schätzungen für Deutschland beliefen sich vor zwei Jahren auf rund 468 Millionen Euro439. Zwar war in den letzten Jahren ein deutlicher Anstieg der so genannten Ersthinweise auf mögliche Geldwäschesachverhalte zu verzeichnen, was nicht zuletzt auf die umfangreichen gesetzgeberischen Initiativen in Bezug auf Geldwäschebekämpfung und Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus zurückzuführen ist. Auch konnte ergänzend eine Qualitätsverbesserung der erstatteten Verdachtsanzeigen festgestellt werden440. Die zahlenmäßige Steigerung der Verdachtshinweise nach dem GwG in den letzten Jahren sowie die Steigerung der in der polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Fälle von Geldwäsche von 198 Fällen im Jahre 1994 auf 2.023 Fälle im Jahr 2005441 dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach wie vor von einer enormen Dunkelziffer in diesem Bereich ausgegangen werden muss442. So liegt es in der Natur der Kriminalität, dass Straftaten verdeckt betrieben werden. Auch kann nach wie vor von einer großen Diskrepanz zwischen 437 Vgl. hierzu Hetzer, Globalisierte Kriminalität auf internationalen Finanzmärkten?, in: Kriminalistik 10/2006, S. 583 f. 438 OECD Observer, No. 217–218, Summer 1999, Page 85. 439 Herzog, in: taz Bremen vom 28.12.2005, S. 18. 440 Suendorf, Geldwäsche, S. VII. 441 Bundeskriminalamt, Polizeiliche Kriminalstatistik Zeitreihe von 1987 bis 2005, S. 111. 442 Vgl. Bundeskriminalamt, Polizeiliche Kriminalstatistik 2005, S. 7: Die PKS erfasst grundsätzlich nur die der Polizei bekannt gewordenen und durch sie endbearbeiteten Straftaten, einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche. Das Dunkelfeld umfasst die nicht der Polizei bekannt gewordene Kriminalität und kann daher in der Kriminalstatistik nicht zum Ausdruck kommen. Auch wenn sich beispielsweise das Anzeigeverhalten der Bevölkerung oder die Verfolgungsintensität der Polizei verändern, so kann sich die Grenze zwischen Hell- und Dunkelfeld verschieben, ohne dass eine Änderung des Umfangs der tatsächlichen Kriminalität damit verbunden sein muss.

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der geringen Anzahl an Verurteilungen und den Fällen, die trotz eines hohen Verdachtsgrades aus unterschiedlichen Gründen nicht aufgeklärt werden können, gesprochen werden443. Betrachtet man die Entwicklung der Verdachtsanzeigen nach dem GwG (Ersthinweise), ergibt sich auch diesbezüglich keine andere Einschätzung. So lässt sich im Zeitraum zwischen 2001 und 2005 eine weitestgehende Stagnation, im Zeitraum zwischen 2002 und 2005 trotz zwischenzeitlicher Implementierung der 2. EG-Geldwäscherichtlinie sogar ein leichter Rückgang der Verdachtsanzeigen feststellen444. Von im Jahr 2003 insgesamt rund sechs Milliarden von deutschen Banken ausgeführten Überweisungen lösten nach Angaben des Bundeskriminalamtes nur in 1270 Fällen verdächtige Überweisungen einen Alarm in den Überwachungssystemen der Banken aus, was umgerechnet einem Prozentsatz von 0,00211 Prozent aller Überweisungen entspricht445. Angesichts der vermuteten volkswirtschaftlichen Bedeutung der Geldwäsche und dem immensen finanziellen Aufwand zur Geldwäschebekämpfung, der sich nach Schätzungen der Beratung Celent für das Jahr 2003 für Finanzdienstleister in Europa und den USA auf mehr als fünf Milliarden US-Dollar belief, vermag dieser Anteil nicht zu überzeugen446. Auch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus stellen sich im Ergebnis als keineswegs zufrieden stellend dar. So stellt die Financial Intelligence Unit (FIU) Deutschland im Jahresbericht 2005 ein noch verhältnismäßig geringes Aufkommen von Verdachtsanzeigen mit Verdachtsgrund Terrorismusfinanzierung fest447. Insoweit bleibe abzuwarten, ob eine Steigerung der Verdachtsanzeigen mit Verdachtsgrund Terrorismusfinanzierung nach Umsetzung der 3. EG-Geldwäscherichtlinie in innerstaatliches Recht erreicht werden könne. 443 Herzog/Mühlhausen/Vogt, GwHdb § 2, Rn. 54. Vergleicht man die hohe Zahl der Verdachtsmeldungen mit der Zahl der in der PKS erfassten Fälle von Geldwäsche und den tatsächlich erfolgten Verurteilungen, lässt sich eine deutliche Trichterwirkung erkennen. Den in der PKS erfassten Fällen (2003: 745; 2004: 776; 2005: 2023; 2006: 2997) stehen jedoch immerhin 129 Verurteilungen im Jahr 2005, 144 Verurteilungen im Jahr 2004 und 171 Verurteilungen im Jahr 2003 wegen Geldwäsche gegenüber, vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland, Strafverfolgungsstatistik 2003, S. 30 f.; Statistisches Bundesamt Deutschland, Strafverfolgungsstatistik 2004, S. 36 f.; Statistisches Bundesamt Deutschland, Strafverfolgungsstatistik 2005, S. 36. 444 FIU Deutschland, Jahresbericht 2005, S. 9. 445 Kaiser, Einmal Cayman und zurück, in: Die Zeit, Artikel vom 18.11.2004, Nr. 48. 446 Vgl. hierzu: Kaiser, Einmal Cayman und zurück, in: Die Zeit, Artikel vom 18.11.2004, Nr. 48. 447 Von insgesamt 18.668 im Jahr 2005 in Deutschland zu den Verdachtsanzeigen genannten Verdachtsgründen (Mehrfachnennungen waren möglich) bezogen sich 104 Verdachtsgründe auf den Verdachtsgrund Terrorismusfinanzierung. FIU Deutschland, Jahresbericht 2005, S. 18, 36, 40 f.

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Entsteht nun in der öffentlichen Diskussion – gegebenenfalls verstärkt durch aktuelle Geschehnisse wie Terroranschläge448 – das Meinungsbild, dass der Maßnahmenkatalog gegen Geldwäsche und Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus im kontrollierten Finanzsektor möglicherweise nicht effektiv genug ist, bieten sich die intransparenten, weitgehend dokumentationslos arbeitenden und aufgrund ihrer andersartigen kulturellen und ethnischen Grundlagen fremdartigen alternativen Überweisungssysteme unter anderem als Erklärung für die hohe Dunkelziffer in den Bereichen Geldwäschebekämpfung und Organisierte Kriminalität geradezu an, zumal sie sich Kontrollmaßnahmen weitestgehend entziehen und in deutlichem Widerspruch zur praktizierten „know-your-customer“-Politik stehen. Hierzu trägt nicht zuletzt auch das nach wie vor hohe Dunkelfeld in Deutschland illegal tätiger Finanzdienstleistungsunternehmen bei449. Letztlich dürfte auch die regulierte Finanzwirtschaft ein nicht zu unterschätzendes Interesse daran haben, alternative Überweisungssysteme vom Markt zu verdrängen, da Banken wie Finanztransferdienstleistern durch die Konkurrenz auf dem nicht regulierten Markt finanzielles Auftragsvolumen verloren geht450. In diesem Zusammenhang darf auch die Rolle der Medien nicht unterschätzt werden, die als eine öffentliche Institution die Aufgabe haben, Informationen zu liefern, an der Meinungsbildung mitzuwirken und Kontrolle und Kritik auszuüben451. Insoweit sind die Medien als Filter zwischen den konkreten Ereignissen und ihrer Vermittlung an das Publikum zu betrachten452: „Insofern Medien aus der Flut der tagtäglichen Ereignisse nur bestimmte Ereignisse auswählen und diese in einer sehr spezifischen Form präsentieren, kann behauptet werden, dass Medien Wirklichkeit erst herstellen. Medien sind ein aktives Element des sozialen Prozesses, aus dem eine Vorstellung von Wirklichkeit erst hervorgeht.“ 453 Es ist keinesfalls beabsichtigt, die Zusammenhänge zwischen alternativen Überweisungssystemen und kriminellen Phänomenen wie Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung herunterzuspielen oder gar zu verharmlosen. Tatsächlich gibt es viele nachgewiesene Fälle von kriminellem Missbrauch alternativer Überweisungssysteme, ebenso wie es mittlerweile als sicher gilt, dass Untergrund-Bankensysteme aufgrund ihrer Besonderheiten beispielsweise eine der si448 Zum Beitrag von Politik, Medien und Unterhaltungsindustrie im Hinblick auf die Anstachelung von Ängsten in der Bevölkerung im Zusammenhang mit den Verbrechen des 11. September 2001 vgl. Herzog, Terroristische Netzwerke und para-totalitäres Strafrechtsdenken, in: KritV 2006, S. 343 ff. 449 Findeisen, WM 2000, 2125, 2126. 450 Vgl. Herzog/Mühlhausen/Vogt, GwHdb § 2, Rn. 35. 451 Althoff, Die Herstellung von rassistischen Bildern in den Medien, S. 392. 452 Althoff, Die Herstellung von rassistischen Bildern in den Medien, S. 392; vgl. auch Christmann, Strafrechtliche Schuld und gesellschaftliche Wirklichkeit, S. 179. 453 Althoff, Die Herstellung von rassistischen Bildern in den Medien, S. 392.

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chersten Methoden für Geldwäsche sind454. So liegen Schlussfolgerungen über Zusammenhänge zwischen hohem Dunkelfeld einerseits und Geldwäschehandlungen über unregulierte Transfersysteme andererseits in diesem Zusammenhang nahe und sind für die Schaffung effektiver und umfassender Mechanismen der Geldwäschebekämpfung legitim und sogar notwendig. Dennoch ist es unabdingbar, Vermutungen über Zusammenhänge zwischen Geldtransfers über alternative Überweisungssysteme und illegalen Marktaktivitäten entsprechend vorsichtig und differenziert zu betrachten. Schätzungen in diesem Bereich wie auch in anderen Bereichen sind spekulativ und dienen nicht selten dazu, erweiterte Befugnisse durchzusetzen455. Vor dem Hintergrund fortschreitender Globalisierung von Wirtschaft, Geldtransfer und Geldwäsche könnte die seit den Ereignissen des 11.9.2001 in den U.S.A. weltweit stärker gewordene – vorwiegend negative – Präsenz alternativer Überweisungssysteme in der Öffentlichkeit auch auf einen Wandel in der Wahrnehmung zurückzuführen sein. Historisch gesehen zählen alternative Überweisungssysteme zu den sichersten und ausgereiftesten Systemen, um Geld zu transferieren und erfüllen darüber hinaus wichtige ökonomische Funktionen. Alternative Überweisungssysteme wurden und werden – ebenso wie Banken und andere geregelte Finanzdienstleister – nicht erst in der jüngeren Geschichte für kriminelle Aktivitäten missbraucht. So wird Schätzungen zufolge rund die Hälfte des weltweit gewaschenen Geldes weiterhin über Banken gewaschen456. In diesem Zusammenhang ist die verstärkte öffentliche Präsenz alternativer Überweisungssysteme im Zusammenspiel vor allem mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in der letzten Zeit auch als Folge eines sich ändernden Verständnisses von Kontrolle und Sicherheit der Bevölkerung zu sehen, vor allem vor dem Hintergrund der tragischen Geschehnisse vom 11.09.2001 in New York.

II. Labeling-Ansatz „I mean, rather, that social groups create deviance by making the rules whose infraction constitutes deviance, and by applying those rules to particular people and labeling them as outsiders. From this point of view, deviance is not a quality of the act the person commits, but rather a consequence of the application by others of rules and sanctions to an „offender“. The deviant is one to whom that label has successfully been applied; deviant behavior is behavior that people so label.“ (Howard S. Becker, 1963)457 454 455 456

Vgl. hierzu: Findeisen, WM 2000, 2125, 2129. Herzog, in: taz Bremen vom 28.12.2005, S. 18. Kaiser, Einmal Cayman und zurück, in: Die Zeit, Artikel vom 18.11.2004, Nr.

48. 457 Becker, Outsiders: Studies in Sociology of Deviance, S. 8 f. Hier die deutsche Übersetzung dieser Textpassage von Becker: „Ich meine vielmehr, dass gesellschaft-

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1. Der Labeling-Approach in der Kriminologie Der Labeling-Approach, der ursprünglich in den 1930er Jahren in den USA entwickelt wurde458, geht vom Begriff her auf das englisch-amerikanische labeling bzw. das englische to label zurück, was mit auszeichnen oder etikettieren übersetzt werden kann. Der englische Begriff „approach“ bedeutet wörtlich übersetzt soviel wie Annäherung bzw. sich annähern an, oder auch an etwas herantreten. a) Definition Die Bedeutung, die von Gesellschaft und Justizorganen, aber auch von Familie, Schule und Berufsverhältnissen für Definition, Entstehung und unterschiedliche Beachtung delinquenten Verhaltens ausgeht, wurde in der Vergangenheit vielfach thematisiert459. Der Labeling-Approach, häufig auch als Etikettierungsoder Definitionsansatz bzw. als sozialer Reaktionsansatz bezeichnet, gehört in seinen verschiedenen Ausprägungen den Kriminalisierungs- oder Interaktionstheorien an460. Nach den Theorien des Labeling-Approach entsteht Kriminalität durch Kontakte. Dies kann beispielsweise der Fall sein, indem bestimmte Individuen durch Kontaktmechanismen aus der Bevölkerung ausgewählt und ihre Handlungen als kriminell bezeichnet werden, aber auch indem Kontakte faktisch kriminelles Verhalten hervorbringen oder verstärken461. Der Labeling-Approach, der als soziologische Sichtweise die Erklärung sozialer Realität zum Gegenstand hat462, versucht folglich abweichendes Verhalten zu begreifen, indem über die Handlung seitens des devianten Akteurs hinaus die Handlungen und Interpretationen anderer in Betracht gezogen werden463. Nicht das krimiliche Gruppen abweichendes Verhalten dadurch schaffen, dass sie Regeln aufstellen, deren Verletzung abweichendes Verhalten konstituiert, und dass sie diese Regeln auf bestimmte Menschen anwenden, die sie zu Außenseitern abstempeln. Von diesem Standpunkt aus ist abweichendes Verhalten keine Qualität der Handlung, die eine Person begeht, sondern vielmehr eine Konsequenz der Anwendung von Regeln durch andere und der Sanktionen gegenüber einem „Missetäter“. Der Mensch mit abweichendem Verhalten ist ein Mensch, auf den diese Bezeichnung erfolgreich angewandt worden ist; abweichendes Verhalten ist Verhalten, das andere so bezeichnen.“, aus Becker, Außenseiter. Zur Soziologie abweichenden Verhaltens, S. 8 f. 458 Alpmann Brockhaus, Fachlexikon Recht, S. 827. 459 v. Engelhardt, Der „Labeling approach“ in kriminologischer Sicht, in: Kriminologisches Journal 4/1972, S. 58. 460 Vgl. beispielsweise Meier, Kriminologie, S. 70, Rn. 91 ff. 461 v. Engelhardt, Der „Labeling approach“ in kriminologischer Sicht, in: Kriminologisches Journal 4/1972, S. 56. 462 Schumann, Labeling-Approach und Abolitionismus, in: Kriminologisches Journal 1/1985, S. 24. 463 Schumann, Labeling-Approach und Abolitionismus, in: Kriminologisches Journal 1/1985, S. 21.

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nelle Handeln, sondern die gesellschaftliche Reaktion hierauf steht folglich im Mittelpunkt der Analyse464. Ausgangspunkt des Labeling-Approach sind Normsetzungsprozesse in der Gesellschaft, durch die erst die Voraussetzung für die Möglichkeit eines von diesen Normen abweichenden Verhaltens geschaffen wird. Soziale bzw. gesellschaftliche Normen schaffen so deviantes Verhalten und in der Folge Kriminalität. Erforderlich für die Bewertung einer Handlung als konform oder abweichend sind zum einen eine Norm, die in diesem Sinne als Bewertungsschema zu verstehen ist und zum anderen ein Bewertungsvorgang465. Im Verlauf dieses Interaktionsprozesses wird bestimmten Personen durch eine andere Gruppe von Personen die Eigenschaft des abweichenden bzw. kriminellen zugeschrieben. Der eingangs zitierte Satz von Howard S. Becker, der im Übrigen einer der wohl meistzitierten Sätze im Zusammenhang mit dem Labeling-Approach sein dürfte, charakterisiert den typischen Zugriff des Labeling-Ansatzes auf das gesellschaftliche Phänomen devianten Verhaltens. Der Labeling-Ansatz von Becker basiert auf der Prämisse, dass alle gesellschaftlichen Gruppen Regeln aufstellen und versuchen, diese auch durchzusetzen466. Situationen und entsprechende adäquate Verhaltensweisen werden nach Becker durch soziale Regeln definiert, so dass in der Folge bestimmte Verhaltensweisen als richtig und andere Verhaltensweisen als falsch festgelegt werden. Bricht eine Person diese als adäquat festgelegten Regeln, wird sie in der Folge als „Außenseiter“ abgestempelt, der sich nicht nach den von der Gruppe festgelegten Regeln richtet. Betrachtet man jedoch den „Außenseiter“, ergibt sich häufig eine andere Sicht der Dinge. So könnten seine Beweggründe, die aufgestellten Regeln nicht zu akzeptieren, beispielsweise darin liegen, entweder die Regeln selbst oder die Gruppe, die diese aufgestellt hat, als nicht kompetent oder legitimiert hierzu zu betrachten. Abweichendes Verhalten bezieht sich danach nicht auf die Qualität des Handelns des Täters, sondern stellt eine Konsequenz der Anwendung von Regeln und Sanktionen auf den Täter dar467. Mittelpunkt der Analyse ist folglich nicht das Verhalten des Täters als solches oder gar die sich abweichend verhaltende Person selber, sondern die Bezeichnung des Verhaltens und die definierende Gruppe468. Theoretische Erklärungsansätze in der Soziologie sehen abweichendes Verhalten als ein Verhalten, dass von bestehenden sozialen Normen abweicht469. 464

Meier, Kriminologie, S. 70, Rn. 91; S. 71, Rn. 92. In Anlehnung an die Darstellung des Labeling-Approach bei Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht, URL: www.iuscrim.mpg.de/info/ aktuell/lehre/docs/alb_KrimIV4.ppt [Stand 21/03/2007]. 466 Zum Folgenden Becker, Outsiders: Studies in Sociology of Deviance, S. 1. 467 Becker, Outsiders: Studies in Sociology of Deviance, S. 8. 468 Rüther, Abweichendes Verhalten und labeling approach, S. 2. 465

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Kriminelles Verhalten ist danach das Abweichen von gesetzlich fixierten Strafrechtsnormen. Ausgangspunkt dieser soziologischen Erklärungsansätze ist im Gegensatz zu dem Ansatz von Becker die Analyse der sozialen Ursachen für das abweichende oder kriminelle Verhalten470. b) Die Kriminalisierungstheorien des Labeling-Approach Ausgangspunkt der verschiedenen Kriminalisierungstheorien des LabelingApproach471 sind zunächst die älteren ätiologischen Ansätze, zu denen insbesondere die biologischen, psychologischen, soziologischen sowie die Mehr-Faktoren-Ansätze zählen, die verschiedene Variablen aus den jeweiligen Humanund Sozialwissenschaften beinhalten, dass Phänomen der Entstehung von Kriminalität jedoch nicht als Ganzes zu erklären vermögen472. So versuchten beispielsweise die biologischen Theorien zu beweisen, dass Verbrecher durch eine biologische Unterentwicklung und durch ererbte Fehlanlagen zum Verbrechen bestimmt seien; die psychologischen Erklärungsansätze interpretierten Störungen im geistigen und emotionalen Bereich als Ausfluss bestimmter Kindheitserlebnisse473. Schwerpunkte der Forschungen von Psychologen lagen unter anderem auf Persönlichkeitsstruktur, Charakter und Intelligenzgrad als Merkmalen der geistigen und emotionalen Ausstattung des Menschen. Abgelöst wurde die Vorrangstellung der ätiologischen Ansätze mit der Verlagerung des Forschungsinteresses auf die Definitionsproblematik auch in Deutschland spätestens Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre474. Der Ursprung der neueren Labeling-Ansätze wird überwiegend in dem von Frank Tannenbaum im Jahre 1938 formulierten Etikettierungsansatz gesehen, der in den Umweltdefinitionen und -reaktionen eine wesentliche Ursache für ein im gewissen Rahmen vordefiniertes, sich verstärkendes abweichendes Verhalten sah475. Im Ergebnis kommt es zu einer „self-fulfilling prophecy“, da durch die Etikettierung ein kriminelles Selbstbild verursacht wird und zu weiterem kriminellen Verhalten des Delinquenten führt. Von Tannenbaum stammt auch der vielzitierte Satz „The young delinquent becomes bad, because he is defined as bad“ 476. 469

Rüther, Abweichendes Verhalten und labeling approach, S. 1. Ebenda. 471 Nachfolgende Darstellung beschränkt sich im Wesentlichen auf einen Überblick über die Labeling „Klassiker“. Eine ausführliche Darstellung der verschiedenen Labeling-Ansätze findet sich beispielsweise bei Rüther, Abweichendes Verhalten und labeling approach. 472 Rüther, Abweichendes Verhalten und labeling approach, S. 19. 473 Rüther, Abweichendes Verhalten und labeling approach, S. 5 ff. 474 Vgl. Rüther, Abweichendes Verhalten und labeling approach, S. 19. 475 Rüther, Abweichendes Verhalten und labeling approach, S. 27. 476 Tannenbaum, Crime and the community, S. 17 f. 470

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Edwin M. Lemert und Howard S. Becker griffen schließlich im Jahr 1951 den Ansatz von Tannenbaum wieder auf und präzisierten ihn. Lemert477 unterteilt abweichendes Verhalten in die so genannte primäre und sekundäre Devianz. Während primäre Abweichung das ursprünglich abweichende Verhalten einer Person bezeichnet, stellt sich die für Lemert maßgebliche sekundäre Devianz als Folge gesellschaftlicher Reaktionen und Rollenzuschreibungen dar. Rollenzuschreibungen der Umwelt werden von Lemert als Ursache für sekundäre Devianz gesehen; die Rolle des Abweichlers wird folglich nicht durch die primäre Devianz festgelegt, sondern im Rahmen der sekundären Devianz478. Die soziale Umwelt einer Person entscheidet mit ihrer Reaktion und Definition, ob dem Devianten in der Folge eine abweichende Rolle zugeschrieben wird, die er übernimmt und in sein weiteres Handeln integriert479. Abweichende Verhaltensmuster des Devianten werden hiernach in einem dynamischen Interaktionsprozess verfestigt, der von Lemert als Aufschaukelungsprozess dargestellt wird480. Becker481 bezeichnet diesen Aspekt des Labeling in seinem Werk „Outsiders“ als sequentielles Modell der abweichenden Karriere. Über den Aspekt der Zuschreibung devianter Verhaltensmuster hinaus bezieht Becker anders als Lemert auch den Prozess der Normsetzung in seine Theorie mit ein, wonach durch die Normsetzung zusammen mit der Normanwendung durch eine gesellschaftliche Gruppe auf eine Person abweichendes oder kriminelles Verhalten erst definiert und damit begründet wird482. Ein Verhalten wird nach Becker erst dadurch zu einem abweichenden, nicht normenkonformen Verhalten, dass eine soziale Gruppe Regeln aufstellt, und damit definiert, was als regelkonform und was als abweichend gilt. Mit der anschließenden Normanwendung auf einzelne Individuen werden diese als Außenseiter gekennzeichnet, wobei nach Becker erst durch die selektierende Normenanwendung durch eine gesellschaftliche Gruppe das tatsächliche abweichende Verhalten, das sich von dem gesamten regelverletzenden Verhalten unterscheidet, definiert wird483. Der Begriff der selektiven Normenanwendung ist dabei so zu verstehen, dass gleichartige Verhaltensweisen von der normanwendenden Gruppe situations- und personenspezifisch unterschiedlich entweder als abweichend oder normkonform definiert werden.

477 Lemert, Social pathology: a systematic approach to the theory of sociopathic behavior. 478 Vgl. Rüther, Abweichendes Verhalten und labeling approach, S. 28. 479 Ebenda. 480 Lemert, Social pathology: a systematic approach to the theory of sociopathic behavior, S. 77. 481 Becker, Outsiders: Studies in Sociology of Deviance, S. 22, 24. 482 Vgl. Becker, Outsiders: Studies in Sociology of Deviance, S. 8 f. 483 Becker, Outsiders: Studies in Sociology of Deviance, S. 12 f.; vgl. hierzu auch Rüther, Abweichendes Verhalten und labeling approach, S. 30.

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Auch bei den später erfolgten Veröffentlichungen von John J. Kitsuse und Kai T. Erikson aus dem Jahr 1962 standen der Definitionsprozess und die Reaktionen der Umwelt im Mittelpunkt der Theorie abweichenden Verhaltens484. Mit der Unterscheidung zwischen einer mikro- und einer makrosoziologischen Ebene wurde zwischen den zunächst durch einzelne Personen oder soziale Gruppen vorgenommenen Etikettierungen und der Übernahme durch formelle Kontrollinstanzen im weiteren Verlauf unterschieden. Des Weiteren soll an dieser Stelle lediglich noch Fritz Sack 485 erwähnt werden, der Ende der sechziger Jahre in der Bundesrepublik Deutschland eine grundlegende und heftig diskutierte Position vertrat. Sack lehnte jegliche Ursachenforschung ab und sah den Grund für das Auftreten von Kriminalität in der Gesellschaft ausschließlich in den Definitions- und Zuschreibungsprozessen der Gesellschaft486. aa) Individualisierende Labeling-Ansätze (1) Kriminalität als Ergebnis eines Zuschreibungsprozesses487 Die individualisierenden Labeling-Ansätze, zu deren Vertretern vor allem Lemert und Becker gehören, interpretieren Kriminalität zusammengefasst als soziale Bedeutung, die durch Zuschreibung entsteht488. Kriminalität entsteht hiernach erst durch strafjustitielle Erfassung und die Definition einer Handlung als kriminell. Normkonformes Verhalten und Abweichung lassen sich dabei nicht eindeutig trennen, erst die Intervention und Definition durch eine soziale Gruppe lässt aus abweichendem Verhalten kriminelles Verhalten entstehen. Die Erkenntnisinteressen der individuellen Labeling-Ansätze liegen damit vor allem in der Ergründung der außerstrafrechtlichen Bedingungen der Zuschreibung von Kriminalität wie beispielsweise Schichtzugehörigkeit, Beschwerdemacht oder informellen Handlungsregeln seitens des Strafverfolgungspersonals. (2) Prämissen der individualisierenden Labeling-Ansätze Nach den individualisierenden Labeling-Ansätzen entsteht Kriminalität über einen dreistufigen Prozess489. An erster Stelle steht die Normgenese. An dieser 484 Zum Folgenden vgl. Rüther, Abweichendes Verhalten und labeling approach, S. 32 f. 485 Sack, Neue Perspektiven der Kriminologie. 486 Vgl. zu der Position von Sack ausführlich Rüther, Abweichendes Verhalten und labeling approach, S. 46 ff. 487 Die grundsätzliche Unterscheidung zwischen individualisierenden und gesellschaftstheoretisch orientierten Labeling-Ansätzen orientiert sich im Wesentlichen an Albrecht, Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht, S. 34 ff. 488 Zum Folgenden Albrecht, Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht, S. 34. 489 Zum Folgenden Albrecht, Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht, S. 35.

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Stelle erfolgt die Strafgesetzgebung im Rahmen von gesellschaftlichen Machtverhältnissen. In der zweiten Phase der Normanwendung im Rahmen des Strafverfolgungsprozesses erfolgt die Zuschreibung der Definitionen von Devianz auf bestimmte Personen. Gesteuert wird dieser Prozess einerseits durch formalrechtliche Kriterien (Gesetz) und andererseits durch informelle Regeln (z. B. Verdachtskriterien der Polizei, etc.). Auf der dritten und letzten Stufe erfolgt die Bedeutungszuschreibung über die Interaktion mit der sozialen Umgebung. Die Umwelt des Abweichenden reagiert auf die von Justizorganen ausgehende Bedeutungszuschreibung mit der Einschränkung oder dem Entzug von Interaktions- und Beteiligungschancen für den Devianten, der im weiteren Verlauf in einen sich selbst verstärkenden Prozess der kriminellen Karriere gerät. bb) Gesellschaftstheoretisch orientierte Labeling-Ansätze Die gesellschaftstheoretisch orientierten Labeling-Ansätze, zu deren Vertretern insbesondere Fritz Sack gehört, erweitern den individuellen Labeling-Ansatz um einen gesellschaftstheoretischen Aspekt. Die Zuschreibung von Kriminalität erfolgt hiernach im Wesentlichen als ein Prozess gesellschaftlicher Machtabsicherung durch herrschende Interessengruppen490. In engem Zusammenhang hiermit steht die Frage nach den hinter den jeweiligen Gesetzgebungsprozessen stehenden Interessen an Kontrolle und Disziplinierung. 2. Zur Übertragbarkeit des Labeling-Approach auf das Hawala-Finanzsystem Betrachtet man die exponierte Rolle, die dem Hawala-Finanzsystem im Zusammenhang mit dem Missbrauch zu Geldwäschezwecken insbesondere seit den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York in der öffentlichen Darstellung zugedacht wird, stellt sich die Frage, ob auch beim (gesellschaftlichen) Umgang Hawala-Finanzsystem von einem „Labelingprozess“ ausgegangen werden kann und inwiefern in diesem Kontext außerstrafrechtliche Bedingungen für die Zuschreibung von Kriminalität verantwortlich sind. a) Ausgangssituation und Phänomenologie im Hawala-Finanzsystem Ruft man sich noch einmal die Ausgangssituation im Hawala-Finanzsystem ins Gedächtnis, stellt sich Hawala als ein System dar, dass unabhängig von staatlichen Regularien auf einer gut funktionierenden Selbstregulierung aufbaut. 490 Albrecht, Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht, S. 36 f.; vgl. zur deutschen Rezeption des Labeling-Approach durch Sack auch Schneider, Schöpfung aus dem Nichts. Mißverständnisse in der deutschen Rezeption des Labeling-Approach, in: MschrKrim 1999, S. 203 ff.

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Dabei geht die Schaffung eigener Regularien in der Handelsgesellschaft des frühen Mittelalters auf Unwägbarkeiten der damaligen Rechts- und Ordnungssysteme im Vorderen und Mittleren Orient zurück, die, sofern überhaupt vorhanden, nicht dazu in der Lage waren, hinreichend ordnende Funktionen zu übernehmen491. Nur auf diesem Wege konnte ein ordnungsgemäßer Ablauf der Transaktionen gewährleistet werden. Die Teilnehmer am Hawala-System betrachteten die geschaffenen Regularien als verbindlich und tun dies im Übrigen auch heute noch. Ursprünglich von angesehenen Kaufleuten für Import- und Exportgeschäfte und auch heute noch größtenteils legal genutzt, geriet das Hawala-Finanzsystem in der jüngeren Zeit dennoch in das Visier der Etikettierung und des Strafbaren. Betrachtet man einmal den gesellschaftlichen Umgang mit anderen Geldtransfersystemen im Vergleich, kommt man nicht umhin, bei Hawala von einem Labeling Prozess auszugehen. So werden auch Banken, Versicherungen und andere Finanzdienstleister für Geldwäschezwecke missbraucht; die Menge der über das formale Bankensystem gewaschenen Gelder ist nach Schätzungen sogar höher als die über Hawala gewaschenen Gelder. Dennoch haben Banken den gesellschaftlichen Ruf, angesehene Institute zu sein. Hört man den Begriff „Bank“ oder „Kreditinstitut“, verbindet man hiermit nicht in erster Linie die Gefahr des Missbrauchs zu Geldwäschezwecken oder gar zur Terrorismusfinanzierung. Beim Hawala-Finanzsystem verhält es sich genau entgegengesetzt. Mit dem Begriff „Hawala“ wird in erster Linie krimineller Missbrauch verbunden und nicht ein gut funktionierendes weil von staatlichen Regelungen unabhängiges Finanzsystem, dass schneller, sicherer und kostengünstiger ist als Banken, dabei aber nicht mehr oder weniger als andere Institutsgruppen zur Geldwäsche missbraucht wird. b) Übertragung der Prämissen des Labeling-Approach auf die Situation im Hawala-Finanzsystem Zieht man noch einmal den Zugriff von Howard S. Becker auf das Phänomen der Devianz heran492, stellt sich folgende Grundsituation im Hawala-Finanzsystem dar: Behält eine Person oder eine Gruppe von Personen (hawala) über einen langen Zeitraum hinweg ein bestimmtes Verhalten, ggf. basierend auf eigenen Regeln, jedenfalls aber im Einklang mit von der Gesellschaft festgelegten Regeln unverändert bei, und dieses bislang regelkonforme Verhalten gilt aufgrund einer plötzlichen Änderung gesellschaftlicher Regeln durch eine andere Gruppe nicht mehr als regelkonform (Geldwäschebekämpfungsgesetzgebung), 491 Zum Folgenden: Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 4 ff. 492 Vgl. das Zitat von Becker, abgedruckt unter Teil 4, F. II. der Arbeit.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

ergeben sich in der Folge zwei Möglichkeiten für die dergestalt betroffene Person oder Gruppe. Entweder erfolgt eine Anpassung an die neuen Regeln oder das bisher konforme Verhalten wird aus verschiedenen Gründen als „richtig“ beibehalten und die Betroffenen werden zum „Außenseiter“ abgestempelt. Gerade die Situation im Hawala-Finanzsystem zeigt deutlich auf, dass die Klassifizierung eines Verhaltens als „richtig“ oder „falsch“ nicht zwingend eine Konsequenz der Handlungsqualität einer Person ist, sondern nach Becker vielmehr eine Konsequenz der Anwendung von Regeln durch andere. So hat sich die Art der Abwicklung von Transaktionen im Hawala-System über Jahrhunderte nicht geändert. Wurde ein und dieselbe Verhaltensweise jedoch vor einiger Zeit noch als regelkonform gewertet, ist es die gleiche Verhaltensweise heute im Zuge der geänderten Geldwäschebekämpfungsgesetzgebung nicht mehr. Auch im Hawala-System lassen sich normkonformes Verhalten und Devianz nicht eindeutig trennen; erst die Intervention und Definition durch eine soziale Gruppe, hier den Staat, lässt aus abweichendem Verhalten kriminelles Verhalten entstehen. So vollzieht sich auf der Ebene der Normgenese im Rahmen gesellschaftlicher Machtverhältnisse und der sich anschließenden Ebene der Normanwendung die Definition und Begründung von deviantem bzw. kriminellem Verhalten493. Besonders relevant für die Situation im Hawala-Finanzsystem stellt sich ferner die Steuerung der Normanwendung dar, die eben nicht nur durch formal-rechtliche, sondern auch auf Basis informeller Regeln (Metaregeln) erfolgt, zu denen beispielsweise auch Verdachtskriterien seitens der Strafverfolgungs- oder anderer Organe gehören494. Auf der dritten Stufe kommt es nun zur Bedeutungszuschreibung. Aufgrund der Normanwendung auf Hawala kommt es in der Folge zu einem Etikettierungsprozess. Dem System erhält den Status des Strafbaren und Kriminellen, wobei allgemein die Gefahr einer Anpassung an die zugedachte Rolle gesehen wird495. So birgt die gesellschaftliche Isolierung des Systems zusätzlich die Gefahr, dass sich das System nach einer weiteren Ausgrenzung einem Zugriff gänzlich entzieht. Mit dem Hawala-Finanzsystem liegt also ein System vor, dass bestimmte soziale Merkmale aufweist (selbstreguliertes System, weitestgehende beleglose Abwicklung von Transaktionen, Begrenzung in der Regel auf bestimmte gesellschaftliche bzw. religiöse Gruppen) und von der Umwelt des Status des Kriminellen zugeschrieben erhält. Rüther496 spricht insoweit von einem „Zuschreibungs-Labeling“ und führt das Beispiel der Bezeichnung als Dieb an, wonach ein Mensch, der einmal als Dieb bezeichnet wurde, die beruhigende Identität 493

Vgl. Becker, Outsiders: Studies in Sociology of Deviance, S. 8 f. Vgl. zur Steuerung der Zuschreibung von Devianzdefinitionen Albrecht, Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht, S. 35. 495 Vgl. Albrecht, Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht, S. 35. 496 Rüther, Abweichendes Verhalten und labeling approach, S. 44. 494

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eines Menschen, der unter anderem auch einmal einen Diebstahl begangen hat, verliert: „Ein Gegenstand, gleich ob Mensch oder Ding, der als etwas bezeichnet wird, erhält dadurch größere Bedeutung“. So wird Hawala zu einem System, dem allgemein der Status des Missbräuchlichen für Geldwäschezwecke und der Terrorismusfinanzierung anhaftet, während dieser Status beispielsweise Kreditinstituten nicht anhaftet, obwohl diese häufiger für Geldwäschezwecke missbraucht werden. c) Schlussfolgerungen aus den Etikettierungstheorien für präventive und kriminalpolitische Maßnahmen Es stellt sich die Frage, welche Schlussfolgerungen aus dem Labeling-Ansatz im Hinblick auf präventive wie kriminalpolitische Maßnahmen im Hawala-Finanzsystem gezogen werden können. Grundsätzlich sind aus Sicht der individualisierenden Labeling-Ansätze wünschenswerte Präventionsziele zum einen die Ausschließung oder Verringerung kriminalisierender Abstempelungsprozesse und andererseits eine Verringerung stigmatisierender Reaktionen im sozialen Umfeld der Devianten497. Dabei liegt nicht nur den personenbezogenen Labeling Theorien die Annahme zugrunde, dass Kriminalität keine Verhaltensqualität hat, sondern vielmehr eine Konsequenz der Anwendung von Regeln durch andere darstellt. Dies wiederum wirkt sich in bedeutendem Maße auf die Zielrichtung von etwaigen präventiven Maßnahmen aus. Hiernach stellt die Grundlage präventiven Handelns gerade nicht die Behandlung des Täters, sondern die Neugestaltung von Formen der Interaktion und Kommunikation dar498. Aus Sicht der gesellschaftstheoretisch orientierten Labeling-Ansätze ist Prävention untrennbar mit Kriminalpolitik und darüber hinaus sogar mit Gesellschaftspolitik verbunden499. Präventionsstrategien, die im Ergebnis zur Normbefolgung aufrufen, werden als reine Optimierung von Kontrollstrategien abgelehnt. Erforderlich ist nach diesem Ansatz vielmehr die Schaffung eines Bewusstseins für alternative Gesellschaftsmodelle; Kriminalpolitik ist in diesem Zusammenhang als ein politisches Bewusstsein, dass andere Verhaltensstrategien und Formen des Widerstandes zulässt, zu verstehen. Lässt man zunächst einmal den gesellschaftstheoretisch orientierten LabelingAnsatz außer acht, der das Strafrecht als solches kritisch betrachtet, ist festzustellen, dass die individualisierenden Ansätze die strafrechtlichen Normenkomplexe nicht thematisieren. Die Prozesse staatlich organisierter Disziplinierung 497

So beispielsweise Albrecht, Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht,

S. 36. 498

Albrecht, Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht, S. 36. Zum Folgenden Albrecht, Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht, S. 37 f. 499

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

und Kontrolle bleiben in Struktur und Dynamik vielmehr außer Reichweite500. Wie aber können nun, bezogen auf die Situation der Geldwäschekriminalität im Hawala-Finanzsystem mögliche Anknüpfungspunkte aussehen? Zur Begründung abweichenden Verhaltens über die Handlung des Delinquenten hinaus die Handlungen und Interpretationen anderer in Betracht zu ziehen, bedeutet zunächst keineswegs, die Politik des Labeling-Approach als Politik der Non-Intervention aufzufassen501. Anknüpfungspunkt für kriminalpolitische Implikationen des Labeling approach502 neben einer Zurücknahme des Strafrechts mit einer Einschränkung staatlicher Interventionsrechte im Sinne eines „do less about crime“ könnte beispielsweise der Versuch einer Änderung von Selektionsmechanismen sein; hier sei etwa auf die bei Lemert beschriebene sekundäre Devianz oder Kitsuse’s Belege für selektive Strafverfolgung verwiesen503. An diesem Punkt stellt sich jedoch die Frage, ob Versuche, weniger zu stigmatisieren, wirklich diesen Effekt haben können. So enthalten nach Schumann504 auch betonter ablaufende Prozesse informeller Sozialkontrolle Statuszuweisungen oder Ausgrenzungen für den Devianten und bleiben Sanktionsmilderungen Gnadenakte, solange die Entscheidung über das Maß an Intervention in das Belieben der Kontrollorgane gestellt ist. Ist es langfristig gesehen das Ziel, kriminalisierende Abstempelungsprozesse bezogen auf die Situation im Hawala-Finanzsystem zu verringern bzw. auszuschließen, muss zunächst ein gesellschaftliches Bewusstsein für Verhaltensweisen, die als abweichend gelten und die Ursachen hierfür, die in der Historie dieses Systems begründet liegen, geschaffen werden.

III. Kritische Auseinandersetzung Es wäre zu kurz gegriffen, Kriminalität im Hawala-Finanzsystem wie auch anderswo vorwiegend mit Zuschreibungsprozessen erklären zu wollen; insoweit vermag der Labeling-Approach als Kriminalitätstheorie nicht zu überzeugen505. Dennoch macht der Labeling-Approach deutlich, dass Verurteilungen nicht be500

Albrecht, Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht, S. 38. Vgl. Schumann, Labeling-Approach und Abolitionismus, in: Kriminologisches Journal 1/1985, S. 21. 502 Kaiser nennt als kriminalpolitische Postulate des Labeling-Ansatzes: Entregelung, Entkriminalisierung, Dezentralisierung, Diversion und Alternativen zur Freiheitsstrafe bis hin zur radikalen Nichtintervention, vgl. Kaiser, Kriminologie – Eine Einführung in die Grundlagen, S. 159. 503 Schumann, Labeling-Approach und Abolitionismus, in: Kriminologisches Journal 1/1985, S. 21. 504 Schumann, Labeling-Approach und Abolitionismus, in: Kriminologisches Journal 1/1985, S. 26. 505 Vgl. zur Kritik am Labeling-Approach beispielsweise Meier, Kriminologie, S. 74, Rn. 98; Kaiser, Kriminologie – Eine Einführung in die Grundlagen, S. 159 f. 501

F. Auseinandersetzung mit dem Gefahrenpotential

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absichtigte Effekte haben und unter bestimmten Umständen zu einer Verfestigung krimineller „Karrieren“ führen können, wenn der Abweichende die Rollenzuweisung als Krimineller in sein Selbstbild übernimmt und zur Grundlage seines weiteren Handelns macht („self-fulfilling prophecy“)506. Der LabelingApproach als sozialer Reaktionsansatz ermöglicht so einen besonderen Zugriff auf die Strategien strafrechtlicher Sozialkontrolle507. Auch ist der Grundgedanke des Labeling-Approach, das ein Vorgang wie beispielsweise die Begehung einer Straftat seine soziale Bedeutung erst durch den Prozess öffentlicher Zuschreibung erhält508, richtig und auch wichtig für den gesellschaftlichen Umgang mit Kriminalität, nicht nur im Hawala-Finanzsystem. Denn trotz der Gefahren, die von der Geldwäsche unter anderem für das Finanzsystem ausgehen, treten neben aufsichtsrechtliche Maßnahmen und polizeiliche Strategien der Geldwäschebekämpfung die Notwendigkeit gesellschaftlicher Auseinandersetzung mit dem Hawala-Finanzsystem und des Bewusstseins der gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Notwendigkeit der Erhaltung eines solchen Systems. So besteht bei einer weiteren Ausweitung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen und der Schaffung vermehrter Eingriffsbefugnisse im Rahmen der Geldwäschebekämpfung auch immer die Gefahr einer Auflösung rechtsstaatlicher Schutznormen509. Zudem birgt die nicht zuletzt wegen der vermuteten Zusammenhänge zwischen Geldwäschekriminalität und Terrorismusfinanzierung im Hawala-Finanzsystem hochemotionalisierte öffentliche Meinung weiterhin die Gefahr, dass Präventions- wie Verfolgungsmaßnahmen im Hawala-System unverhältnismäßig drastisch ausfallen und in keinem Verhältnis zur überwiegend legalen Nutzung des Systems mehr stehen. In diesem Zusammenhang sei nur auf die Verpflichtung für Hawaladare, die Finanztransferdienstleister im Sinne von § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG sind, hingewiesen, unabhängig von Größe und Rechtsform auf den Jahresabschluss nicht nur die Vorschriften von §§ 340 ff. HGB, sondern auch §§ 264 bis 289 HGB, die Vorschriften für Jahresabschluss und Lagebericht großer Kapitalgesellschaften anzuwenden, soweit §§ 340 ff. HGB bzw. die RechKredV im Einzelnen nichts anderes bestimmen510. Ein Maßnahmenkatalog jedoch, der nicht mehr als verhältnismäßig angesehen werden kann, trägt wiederum zu einer weiteren Kriminalisierung des Systems bei. Trotz der unbestrittenen Notwendigkeit, Geldwäsche präventiv wie repressiv zu bekämpfen, stellt sich hier die Frage, ob die derzeit praktizierte staatliche Reaktion auf möglichen Geldwäschemissbrauch im Hawala-System nicht zu einer weiteren Kriminalisierung des Systems und Abdrängung in den Untergrund 506 507 508 509 510

Meier, Kriminologie, S. 71, Rn. 92. Vgl. Kaiser, Kriminologie – Eine Einführung in die Grundlagen, S. 159. Meier, Kriminologie, S. 73, Rn. 96 ff. Vgl. v. Danwitz, Kriminologie, B II., Rn. 105. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Braun, KWG, § 26, Rn. 8.

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

führt und im Ergebnis das Gegenteil von dem bewirkt, was man sich ursprünglich von der Implementation des Maßnahmenkataloges erhofft hatte, nämlich die Rückführung ausgewählter alternativer Überweisungssysteme in die Legalität. Möglicherweise sind hier Präventionsmaßnahmen, die – im Sinne einer bereits zuvor erwähnten Neugestaltung von Formen der Interaktion und Kommunikation – ein individuelles Berücksichtigen der Besonderheiten des Systems ermöglichen, geeigneter, das Hawala-System zumindest teilweise in unser rechtsstaatliches System zu integrieren. Hawala ist insoweit als ein System zu begreifen, dass sich zunächst aufgrund eines Mangels an formalen Ordnungssystemen entwickelte511 und über lange Zeit im Einklang mit dem Gesetz stand. Erst in der jüngeren Zeit sah sich das System mit einem (notwendigerweise) geänderten Normengefüge konfrontiert, dass größtenteils im Widerspruch zur Funktionsweise des Systems steht und nunmehr in den meisten Staaten der Welt illegal ist. Der Labeling-Approach bietet mit Sicherheit kein Patentrezept im Hinblick auf den richtigen Umgang mit dem Hawala-Finanzsystem, kann aber vielleicht als Denkanstoß zu einem anderen, angemesseneren Umgang mit einem ursprünglich angesehenen Geldtransfersystem, dass von angesehenen Kaufleuten für Import- und Exportgeschäfte genutzt wurde und dessen Existenz auch heutzutage noch für große Teile der Weltwirtschaft als notwendig bezeichnet werden muss, beitragen.

G. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 4 Als Ergebnis der vorangegangenen Untersuchung lässt sich zunächst festhalten, dass sich die Geldwäscheproblematik in einer schier unendlichen Vielzahl von Erscheinungsformen äußert. Neben Banken und anderen Finanzdienstleistern spielen im Nichtbankensektor abgesehen von den alternativen Überweisungssystemen vor allem der Warenhandel und sonstige Gewerbezweige, Scheinfirmen und Offshore-Banken, Wechselstuben, Versicherungen, Spielbanken und bestimmte Personen- oder Berufsgruppen im Geldwäscheprozess eine wesentliche Rolle. Dieser Entwicklung tragen auch die nationalen und internationalen Rahmenbedingungen der Geldwäschebekämpfung Rechnung, indem die Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen den Kreis der Verpflichteten zunehmend weiter ausdehnen. Das Hawala-Finanzsystem kann, wie beispielsweise auch der regulierte Bankensektor in allen drei Phasen der Geldwäsche, „Placement“, „Layering“ und „Integration“ eingesetzt werden. Diesen Umstand berücksichtigt insbesondere die bis Ende 2007 in innerstaatliches Recht umzusetzende 3. EU-Geldwäsche511 Schramm/Taube, The Institutional Foundations of Al Qaida’s Global Financial System, S. 2.

G. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 4

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richtlinie, die neben „Lücken im Maßnahmenkatalog gegen Geldwäsche (Risk Management und Customer Due Diligence-Standards im unbaren internationalen Zahlungsverkehr, Maßnahmen zur Verfolgung des Underground-Banking und der Regulierung des Finanztransfergeschäfts) schließen [. . . und] der Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus dienen soll“ 512. In diesem Zusammenhang interessant sind auch die Durchführungsbestimmungen zur 3. Geldwäscherichtlinie der EG, die weitere Vorgaben für die Staaten enthalten. Bei der heutigen Geldwäschebekämpfungspolititk ist insbesondere fraglich, ob sich die vom Hawala-Finanzsystem ausgehenden Geldwäschegefahren tatsächlich mit der national wie international angewandten kombinierten Strategie von Aufsicht und Registrierung und – bei Verstößen – mit strafrechtlicher Repression bekämpfen lassen. Dabei kann zunächst festgestellt werden, dass bestehende Regulierungsmechanismen für Banken und Finanzdienstleister, die von einer bloßen Registrierpflicht bis hin zu einer laufenden Aufsicht wie in Deutschland variieren, nicht ohne weiteres auf das Hawala-Finanzsystem angewendet werden können. Sind die Hürden für Hawaladare, ihre Tätigkeit in Deutschland legal und unter laufender Aufsicht der BaFin fortzuführen, zu groß, wovon bei der derzeitigen Rechtslage auszugehen sein dürfte, wird unter Berücksichtigung der effektiven Mechanismen der Selbstregulierung in diesem System die zwingende Folge nicht etwa die Aufgabe des Geschäftes durch den solchermaßen betroffenen Hawaladar sein, sondern die weitere Abdrängung der Hawala-Netzwerke in den Untergrund. So spricht vor allem die Tatsache, dass trotz der offensichtlichen Eignung alternativer Überweisungsnetzwerke für Geldwäscheaktivitäten weiterhin mehr als 50% der Gelder über den regulierten Bankensektor gewaschen werden, gegen den eingeschlagenen Kurs. Mit einem Verbot der Hawala-Netzwerke würde die Geldwäscheproblematik nicht eingedämmt werden. Im Gegenteil lässt die ungebrochene Aktualität der Geldwäscheproblematik an der Wirksamkeit der bestehenden Strafgesetze wie Regulierungsmechanismen zweifeln. Die Geldwäschegefahren, die sich aus alternativen Überweisungssystemen wie Hawala ergeben, sind mittlerweile in verschiedenen Studien thematisiert und untersucht worden513. Die Ergebnisse bleiben vage. Mehr noch als tatsäch512 BMF, Monatsbericht 08/2002, Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche und der Finanzströme des Terrorismus, S. 57. 513 Vgl. etwa APG Typologies Working Group, Consideration and Adoption of the APG Alternative Remittance Regulation Implementation Package; Ballard, A Background Report on the Operation of Informal Value Transfer Systems; BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 78 ff.; El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System; FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005; Felber, The money of the migrants; Howlett, Investigation and Control of Money Laundering; Carroll, Alternative remittance systems distinguishing sub-systems of ethnic money laundering in Interpol member countries

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Teil 4: Grundlagen und Ansätze der Geldwäschebekämpfung

liche Zusammenhänge werden Zusammenhänge zwischen dem Hawala-Finanzsystem und Geldwäscheaktivitäten vermutet, nicht zuletzt unter Bezugnahme auf die besondere Eignung dieser Systeme zur Geldwäsche oder auf das nach wie vor große Dunkelfeld im Bereich der Geldwäschekriminalität. Zu einem „Labelingprozess“ und in der Folge zu einer Überbewertung der vom HawalaSystem ausgehenden Gefahren trägt schließlich auch die überwiegend negative Darstellung des Systems in den Medien bei. Solange wissenschaftliche Studien nicht eindeutige Hinweise auf einen besonderen Zusammenhang von Geldwäschekriminalität und Hawala ergeben, die über den Bereich von Vermutungen und Mutmaßungen hinausreichen, muss – bezogen auf den Vergleich mit anderen Finanzdienstleistern – auch unter Berücksichtigung bestehender Risiken von einer relativen Unauffälligkeit des Hawala-Finanzsystems in Bezug auf den Missbrauch zu Geldwäschezwecken ausgegangen werden. Unumgänglich ist insbesondere eine deutliche Trennung zwischen dem unwissentlichen Missbrauch von Hawaladaren zu Geldwäschezwecken, wie dies im Übrigen in den weitaus meisten Situationen der Fall sein dürfte, und der eher seltenen wissentlichen Involvierung von Hawaladaren in Geldwäschehandlungen. Es bleibt zunächst offen, welche Konsequenzen sich hieraus für die weitere aufsichtsrechtliche Behandlung des Hawala-Finanzsystems in Deutschland ergeben. Wenn jedoch im folgenden Abschnitt Möglichkeiten der Regulierung und Kontrolle des Hawala-Finanzsystems erörtert werden, muss in diesem Rahmen ebenfalls geklärt werden, inwiefern die national- und internationalrechtliche Situation in Deutschland eine Sonderbehandlung des Hawala-Finanzsystems im Vergleich zu anderen Finanzdienstleistern überhaupt zulässt und unter welchen Voraussetzungen ggf. eine Lockerung des Umgangs mit Hawala sinnvoll und rechtlich möglich wäre. Für eine möglicherweise erforderlich werdende Neuformulierung des gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Umgangs mit Hawala bilden schließlich neben den UN-Konventionen, namentlich UN-Drogenhandelskonvention und UN-Terrorismusfinanzierungskonvention, und den Europaratskonventionen auch die Inhalte der drei EU-Geldwäscherichtlinien sowie der EG-Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt die Schranken für eine Reform. Bei den nationalen Regelungen sind neben § 261 StGB vor allem Geldwäschegesetz und KWG für die Geldwäschebekämpfung relevant.

on the Asian continent; Passas, A Study into Underground banking networks; Wöß, Geldwäscherei und Banken. Methoden und Formen, S. 38 ff.

Teil 5

Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem A. Einleitung Die derzeitige aufsichtsrechtliche Behandlung des Hawala-Finanzsystems in der Bundesrepublik Deutschland stellt sich als unbefriedigend dar. Im Zusammenhang mit der Frage, wie ein sinnvoller und verhältnismäßiger Umgang mit den Hawala-Netzwerken aussehen kann, soll folgend zunächst ein Überblick über Verfolgung und Integration als grundsätzliche Strategien der sozialen Kontrolle gegeben werden. Darauf aufbauend erfolgt eine kritische Auseinandersetzung mit bestehenden Ansätzen zur Lösung der Geldwäscheproblematik im Bereich des Hawala-Finanzsystems. Hierzu werden verschiedene Ansätze, die die derzeitige, rechtlich unbefriedigende Situation in Deutschland und weltweit zu entschärfen versuchen, dargestellt und kritisch gewürdigt. Die aktuelle Situation und derzeit praktizierte Gegenmaßnahmen in Deutschland und der Europäischen Union, wie auch Empfehlungen der Financial Action Task Force for Money Laundering (FATF) werden dargestellt und erörtert. Schließlich wird ein eigener Ansatz zur Lösung der Problematik vorgestellt. Unter besonderer Berücksichtigung sowohl aufsichtsrechtlicher Gesichtspunkte als auch von Gesichtspunkten einer wirksamen Geldwäschebekämpfung werden Vor- und Nachteile des Lösungsansatzes erarbeitet und gegeneinander abgewogen. Grundsätzlich sind hier vor allem die Tauglichkeit zur Lösung der Geldwäscheproblematik sowie mögliche Probleme in der praktischen Umsetzbarkeit zu beachten. Hinsichtlich einer eventuell erforderlich werdenden Änderung nationaler Rechtsvorschriften in Bezug auf das Hawala-Finanzsystem, namentlich insbesondere der Vorschriften des KWG und des GwG ist weiterhin auf die Konformität des Lösungsansatzes mit supranationalem und internationalem Recht zu achten. Insoweit ist Deutschland durch die EG-Geldwäscherichtlinien und nicht zuletzt durch die Ratifizierung verschiedener internationaler Konventionen an deren Inhalte gebunden. Zur Überprüfung des gesetzgeberischen Handlungsspielraumes hinsichtlich einer möglichen Umgestaltung nationalen Rechts wird insoweit ebenfalls auf die sich für Deutschland aus den Richtlinien und Konventionen ergebenden Verpflichtungen und Vorgaben einzugehen sein. Abschließend wird dann im letzten Teil der Arbeit eine Empfehlung an den Gesetzgeber formuliert werden.

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

B. Verfolgung und Integration als Strategien der sozialen Kontrolle I. Soziale Kontrolle und strafrechtliche Sozialkontrolle Wenn es um die Frage geht, wie künftig ein sinnvoller Umgang mit dem sich außerhalb unserer geltenden Rechtsnormen bewegenden Hawala-Finanzsystem ausgestaltet sein kann, um normenkonformes Verhalten innerhalb unserer Rechtssysteme zu erreichen bzw. um Konfliktverhalten im Hawala-Finanzsystem zu überwachen, stellt sich immer auch die Frage nach der Anwendbarkeit bestimmter Strategien der sozialen Kontrolle bzw. der strafrechtlichen Sozialkontrolle als einem Teilbereich der Mechanismen sozialer Kontrolle. Dabei werden als Gegenstand und Inhalt sozialer Kontrolle grundsätzlich die Mechanismen bezeichnet, derer sich die Gesellschaft bedient, um Gegensätzlichkeiten zu steuern, Spannungen und Konflikte zu überwinden und normkonfomes Verhalten anzustreben1, oder, anders ausgedrückt, „jene gesellschaftlichen Mechanismen, die zum einen der Prävention von abweichenden Verhalten [. . .] dienen, zum anderen eine Reaktion auf abweichendes Verhalten bilden. Soziale Kontrolle stellt somit den Versuch dar, gesellschaftlich erwünschte Verhaltensweisen zu erreichen“ 2. In diesem Kontext nimmt die strafrechtliche Sozialkontrolle als Verbrechenskontrolle einen rein strafrechtsbezogenen Blickwinkel ein und beschreibt die Gesamtheit der präventiven und repressiven gesellschaftlichen Maßnahmen hinsichtlich begangener bzw. künftig zu erwartender Delikte3. Dabei erstreckt sich der Begriff der strafrechtlichen Sozialkontrolle sowohl auf informelle Maßnahmen als auch auf förmliche Verfahren, die im Zusammenhang mit der Verhinderung, Entdeckung und Verfolgung strafbarer Handlungen im Zusammenhang stehen und die Ermittlung und Behandlung von Rechtsbrechern zum Gegenstand haben4. Es wird deutlich, dass die Möglichkeiten der Gesellschaft, gegen soziale Abweichungen von Personen oder Personengruppen vorzugehen, sehr unterschiedlich sein können und von Mitteln der informellen Sozialkontrolle, wie beispielsweise der bloßen Missbilligung durch den sozialen Tadel bis hin zu solchen der formellen Sozialkontrolle reichen5. Das Spektrum an Reaktionsmöglichkeiten der Gesellschaft, dem auch die Oberbegriffe der Verfolgung und Integration un1 Eisenberg, Kriminologie, § 1, S. 2. Vgl. beispielsweise auch die Definition von Peters, in: Peters, Devianz und soziale Kontrolle. Eine Einführung in die Soziologie abweichenden Verhaltens, S. 9, wonach unter „sozialer Kontrolle“ allgemein „Maßnahmen zur Verhinderung abweichenden Verhaltens“ zu verstehen sind. 2 Kerner, Soziale Kontrolle, S. 304. 3 Göppinger, Kriminologie, S. 151; so auch Mergen, Die Kriminologie – Eine systematische Darstellung, S. 35. 4 Ebenda.

B. Verfolgung und Integration als Strategien der sozialen Kontrolle

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terfallen, umfasst neben der Kriminalisierung von bestimmten Verhaltensweisen beispielsweise auch die Überwachung, die Schlichtung, die Wiedergutmachung, die Verfolgung und Verbannung, und – in einer gesteigerten Form – die Freiheits- und Todesstrafe6.

II. Die Strategien zur Beherrschung sozial unerwünschten Verhaltens Die Sozialkontrolle ist als Mittel, mit dem die Gesellschaft Verhaltenskonformität erreichen will, Hauptbestandteil aller Prozesse sozialer Integration7. Sie bedient sich dabei im Wesentlichen der Strategien der Prävention, um sozialschädliches Verhalten von vornherein zu verhindern und Sozialisation und Integration der sich abweichend Verhaltenden zu erreichen sowie der der Repression bzw. der Konfliktregelung als der nachträglichen Unterdrückung von nicht erwünschten, abweichenden Verhaltensweisen8. Im Wesentlichen lassen sich die Strategien zur Beherrschung unerwünschten Verhaltens in die Bereiche Verrechtlichung und Kriminalisierung, Überwachung und Verbrechensvorbeugung, Schlichtung und Wiedergutmachung sowie schließlich die Sanktionierung unterteilen9. Dabei zielt der Bereich der Verrechtlichung und Kriminalisierung sozial unerwünschten Verhaltens durch die Beschreibung und Stigmatisierung der Normverletzung ausschließlich darauf ab, unerwünschte Verhaltensweisen zurückzudrängen10. Die Verbrechensvorbeugung erfordert dagegen spezielle Kenntnisse und die Möglichkeit der Identifikation von Handlungen, Umständen und Örtlichkeiten mit Gefährdungspotential und umfasst damit zwangsläufig auch den Bereich der Kontrolle und Überwachung. Der Bereich der Schlichtung und Wiedergutmachung, gegebenenfalls in Verbindung mit dem Täter-Opfer-Ausgleich kommt schließlich vor allem bei Eigentumsund Gewaltdelikten geringeren Gewichts zur Anwendung, findet jedoch seine Grenzen im Bereich der abstrakten Gefährdungsdelikte und den so genannten „opferlosen“ Verbrechen in den Bereichen Drogen, Umwelt, aber auch der Wirtschaftskriminalität, und soll daher an dieser Stelle nicht weiter betrachtet werden. Zu den Sanktionsmitteln als weiterer Strategie zur Erreichung normenkon5 Kaiser, Kriminologie – Ein Lehrbuch, § 28, S. 215; ähnlich Kaiser, Kriminologie – Eine Einführung in die Grundlagen (1997), S. 45. 6 Kaiser, Kriminologie – Ein Lehrbuch, § 28, S. 215; ähnlich Kaiser, Kriminologie – Eine Einführung in die Grundlagen (1997), S. 45. 7 Kaiser, Kriminologie – Ein Lehrbuch, § 28, S. 209. 8 Ebenda. 9 So jedenfalls die Unterteilung bei Kaiser, Kriminologie – Ein Lehrbuch, § 28, S. 216 ff.; ähnlich Kaiser, Kriminologie – Eine Einführung in die Grundlagen (1997), S. 46 ff.; Meier, Kriminologie, S. 232 ff. 10 Zum Folgenden: Kaiser, Kriminologie – Ein Lehrbuch, § 28, S. 216 f.

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

formen Verhaltens zählen zum einen die verschiedenen Varianten der Strafe, ferner aber auch die Möglichkeiten zur Überwachung, die beispielsweise Kartellamt, Gewerbeaufsicht oder Finanzaufsicht eingeräumt wurden. Die Grundbegriffe der Verfolgung und der Integration, die bereits im Zusammenhang mit Überlegungen zum weiteren Umgang mit dem Hawala-Finanzsystem Eingang in die Untersuchung gefunden haben, stellen also grundlegende – sich jedoch gänzlich unterscheidende – Strategien zur Beherrschung sozial unerwünschter Verhaltensweisen dar. Sie spiegeln ferner eine Grundeinstellung zum Umgang mit Devianz, wie die jeweilige Gesellschaft sie definiert, wider. Zu Problemen im Rahmen von Integrationsbemühungen mag es kommen, wenn die mit der Verbrechensvorbeugung verbundene Überwachung und Kontrolle de facto ausschließend wirkt, dem Devianten also praktisch keine Integrationsmöglichkeiten eröffnet werden und unerwünschte Verhaltensweisen lediglich durch Kriminalisierung und Stigmatisierung zurückgedrängt werden.

III. Die Ausschöpfung aller Mittel einer präventiven Gefahrenkontrolle – eine Nutzen-Risikoabwägung Historisch betrachtet ist über die letzten Jahrzehnte hinweg eine Tendenz zur Ausdehnung der legislatorischen, reaktiven strafrechtlichen Sozialkontrolle auch in solche Bereiche erkennbar, die zuvor Gegenstand lediglich der informellen bzw. formellen Sozialkontrolle außerhalb des Strafrechts waren11. Die Gründe für diesen Wandel im System sozialer Kontrolle liegen unter anderem in der sozialen und ökonomischen Transformation von gesellschaftlichen Strukturen begründet, die mit einem sich ändernden Bild von Risiko, Gefahr und Abweichung verbunden ist und gleichzeitig ein neues Verständnis von Gegenstand und Ziel sozialer Kontrolle hervorbringt12. Besonders deutlich wird die zunehmende Auflösung des klassischen Strafrechtsverständnisses am Beispiel der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung, bei dem das Herstellen von Strafgerechtigkeit in einem metaphysischen Sinne zunehmend einer Effizienz des Strafrechtssystems in einem handfesten Sinne der Bekämpfung und des „war against crime“ weichen muss13. So reichen zunehmend Risikoverdachtsmomente aus, um Handlungs- und Eingriffspflichten des Staates zu kreieren und Eingriffe in die Privatsphäre der Bürger zu legiti-

11

Eisenberg, Kriminologie, § 1, S. 2. Singelnstein/Stolle, Gefahr im Überfluss – Soziale Kontrolle und sozialer Ausschluss im 21. Jahrhundert; vgl. zu dieser Thematik auch den Beitrag von Singelnstein/Stolle, Die Sicherheitsgesellschaft. Soziale Kontrolle im 21. Jahrhundert. 13 Herzog, Die Spuren des „schmutzigen“ Geldes – Finanzermittlungen vor der Verdachtsschwelle, in: FS für Günter Kohlmann, S. 429. 12

B. Verfolgung und Integration als Strategien der sozialen Kontrolle

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mieren14. Eine Ausweitung der Eingriffsmöglichkeiten des Staates im Bereich der Strafverfolgung bereits vor der Schwelle des Anfangsverdachtes in Form von Vorfeldermittlungen ist ebenso wie beispielsweise die Einbeziehung Privater in die Strafverfolgung Zeichen für einen Paradigmenwechsel sowohl im Strafrecht als auch in der Kriminalpolitik15. Nicht erst seit den apokalyptischen Anschlägen des 11. September 2001 besteht eine Tendenz dahingehend, die Implementation staatlicher Handlungs- und Eingriffspflichten „zunehmend an diffusen Gefühlen, Ängsten und Befürchtungen“ der Bevölkerung zu orientieren, ohne im Vorfeld den Gründen für die Unruhe und Unzufriedenheit in der Bevölkerung nachzugehen16. Während in den wirtschaftlich aufstrebenden westeuropäischen Sozial- und Wohlfahrtsstaaten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Sozialkontrolle im Wesentlichen im Zeichen der Integration stand und auf die Abweichung von gesellschaftlichen Normen mit (Re-)Integrationsmöglichkeiten reagiert wurde, setzte in den meisten westlichen Staaten mit Beginn der neunziger Jahre ein Wandel in der Sicherheits- und Kriminalpolitik mit dem Ergebnis einer immer umfassenderen Kontrolle einerseits und einem repressiven Ausschluss andererseits ein17. An die Stelle der Eröffnung von Möglichkeiten sozialer Reintegration von Delinquenten trat verstärkt die Strategie des Ausschlusses aus der Gesellschaft, wobei diese Maßnahmen weniger auf die Änderung bzw. Anpassung von abweichenden Verhaltensweisen, als vielmehr auf Vorsorge, Risikoabwehr und Vergeltung zielen18. Diente staatliche Überwachung und Kontrolle zunächst vor allem der Beschaffung von Beweisen zum Nachweis der Schuld eines Täters bzw. der Erkennung von – auf einen konkreten Sachverhalt bezogenen – Gefahren, ist im Zuge eines sich verändernden Verständnisses von Kriminalität und Abweichung, die nicht erst seit der zunehmenden Bedrohung durch Terrorismusszenarien als allgegenwärtige Risiken betrachtet werden, ein Wandel hin zu einer präventiven, „proaktiven“ 19 Gefahrenkontrolle wahrzunehmen, die keine konkreten Bezüge 14

Hesse, Der Schutzstaat. Rechtssoziologische Skizzen in dunkler Zeit, S. 21 f. Herzog, Die Spuren des „schmutzigen“ Geldes – Finanzermittlungen vor der Verdachtsschwelle, in: FS für Günter Kohlmann, S. 429. 16 Hesse, Der Schutzstaat. Rechtssoziologische Skizzen in dunkler Zeit, S. 18; vgl. hierzu auch Herzog, Die Spuren des „schmutzigen“ Geldes – Finanzermittlungen vor der Verdachtsschwelle, in: FS für Günter Kohlmann, S. 428. 17 Singelnstein/Stolle, Gefahr im Überfluss – Soziale Kontrolle und sozialer Ausschluss im 21. Jahrhundert. 18 Ebenda. 19 Das Schlagwort der „proaktiven“ Strategien, bei denen Kontrolle nicht mehr als Reaktion konzipiert ist, wird im Übrigen auch gerne im Zusammenhang mit Strategien verwendet, die sich mit der Kontrolle und Überwachung der alternativen Überweisungssysteme beschäftigen, vgl. insoweit beispielsweise die unter Teil 5, C. I. 2. der Arbeit beschriebenen Strategien. 15

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

mehr aufweist, sondern allumfassend ist20. Im Ergebnis wartet staatliche Kontrolle das Vorhandensein einer konkreten Gefahr häufig nicht mehr ab, sondern setzt bereits dann ein, wenn in der Bevölkerung lediglich ein diffuses Gefühl einer Gefahr vorherrscht, nicht zuletzt, um die steigende gesellschaftliche Bedeutung persönlicher Sicherheit und sozialer Kontrolle zu befriedigen; Einhalt wird dem staatlichen Eingriffshandeln nur noch durch verfassungsrechtliche Beschränkungen geboten21. In Anbetracht der derzeit stattfindenden Entwicklung in der Kriminalpolitik, die von der „ultima ratio“-Funktion des Strafrechts, als der Einschränkung der formellen Sozialkontrolle auf das unabdingbar Erforderliche wegführt und hinführt zu einer Ausdehnung und Verschärfung der strafrechtlichen Sozialkontrolle, stellt sich nicht nur in Bezug auf den weiteren Umgang mit dem HawalaFinanzsystem die Frage nach den Auswirkungen einer Vermehrung und Ausweitung von Eingriffstatbeständen und der Perfektionierung von Sanktionsinstrumenten22. In Bezug auf die immer restriktiver und umfassender werdenden Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen, mit denen zugleich auch die Terrorismusfinanzierung eingedämmt werden soll, stellt beispielsweise Herzog23 fest, man müsse sich „davor hüten, Bedrohungen zu dramatisieren und weitläufige Szenarien sachlich zu trennender Bereiche von der Steuerflucht über Wirtschaftskriminalität und Organisierte Kriminalität bis hin zur Terrorismusfinanzierung aufzubauen, die letztlich nur von dem Grundsatz beherrscht werden, dass der Zweck, wirtschaftlichen Schaden und gesellschaftliches Unheil abzuwenden, alle Mittel einer präventiven Gefahrenkontrolle und dafür als notwendig erachteter Informationsbeschaffung heiligt“. So sei der Verkehr mit Geld nicht per se eine verdächtige Situation, nur weil es schmutziges Geld gebe, und von Finanzdienstleistungsunternehmen gehe nicht per se eine Art von Betriebsgefahr aus, weil dort auch schmutzige Gelder fließen können24. Kritisch konstatiert auch Hassemer25, dass nicht das Präventionsparadigma im Strafrecht als solches einer besonderen 20 Singelnstein/Stolle, Gefahr im Überfluss – Soziale Kontrolle und sozialer Ausschluss im 21. Jahrhundert; so auch Albrecht, Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht, S. 60; Sinn, Moderne Verbrechensverfolgung – Auf dem Weg zu einem Feindstrafrecht?, in: ZIS 03/2006, S. 108 f. 21 Singelnstein/Stolle, Gefahr im Überfluss – Soziale Kontrolle und sozialer Ausschluss im 21. Jahrhundert. Albrecht bezeichnet dieses Phänomen als kritisch „nachpräventives Sicherheitsstrafrecht“: Albrecht, Kriminologie. Eine Grundlegung zum Strafrecht, S. 60, 69 f. 22 Vgl. zur Problematik allgemein Meier, Kriminologie, S. 269. 23 Herzog, Die Spuren des „schmutzigen“ Geldes – Finanzermittlungen vor der Verdachtsschwelle, in: FS für Günter Kohlmann, S. 430. 24 Herzog, Die Spuren des „schmutzigen“ Geldes – Finanzermittlungen vor der Verdachtsschwelle, in: FS für Günter Kohlmann, S. 431. 25 Hassemer, Sicherheit durch Strafrecht, in: HRRS 04/2006, S. 139.

B. Verfolgung und Integration als Strategien der sozialen Kontrolle

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Aufmerksamkeit und kritischen Beschäftigung bedarf, sondern vielmehr die Größe und die Ausstattung des Raums, den das Präventionsparadigma mittlerweile besetzt hält. Wie aber sieht der Nutzen einer solchen Einschränkung individueller Freiheiten zugunsten einer – scheinbaren – Erhöhung der kollektiven Sicherheit aus? Gerade in Bezug auf den internationalen Terrorismus lässt sich von einer existentiellen Bedrohung unserer Gesellschaft sprechen, der es entschlossen zu entgegnen gilt26. Auch die negativen Auswirkungen, die die Geldwäsche auf Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ausübt, legitimiert den Einsatz von Mitteln und Befugnissen, um die Gesellschaft zu schützen, zumal mit dem Phänomen der Geldwäsche auch die Gefahr der Vorbereitung und Durchführung terroristischer Aktivitäten und nicht zuletzt die Gefahr der Stärkung der Kapitalkraft des organisierten Verbrechens einhergehen. So stellt sich der Trend des modernen, präventiven Strafrechts hin zu einem Gefahrenabwehrrecht als Antwort auf normative Desorientierung, Verbrechensfurcht und Kontrollbedürfnisse einer Risikogesellschaft dar, der durchaus ernst genommen werden muss27. Bei allem Bedürfnis nach Sicherheit darf jedoch nicht die grundlegende Tradition des Strafrechts, nämlich der Bezug auf die Person und die Angemessenheit einer Antwort auf Unrecht und Schuld aus den Augen verloren werden28. Hier bedarf es mehr denn je einer ausgewogenen, die Verhältnismäßigkeit wahrende Lösung, bei der einerseits dem staatlichen Verfolgungsinteresse und dem Bedürfnis der Bevölkerung nach Sicherheit Rechnung getragen werden muss, andererseits aber auch darauf geachtet wird, dass rechtsstaatliche Garantien nicht auf der Strecke bleiben. Ruft man sich noch einmal die rechtliche Situation des Hawala-Finanzsystems in der Bundesrepublik Deutschland ins Gedächtnis, verbleiben Zweifel daran, ob Risikopotential und Gefahrenlage des Systems einerseits eine derart umfassende Ausschöpfung von Mitteln der präventiven Gefahrenkontrolle andererseits zu rechtfertigen vermögen. In diesem Zusammenhang drängt sich mehr denn je das gängige Bild von einem Strafrechtssystem auf, bei dem man die Kleinen hängt und die Großen laufen lässt29. Auch steht es in Frage, ob der mit den gegenüber den alternativen Überweisungssystemen eingesetzten Mitteln präventiver Gefahrenkontrolle verfolgte Zweck, wirtschaftlichen Schaden und Bedrohungen für die Gesellschaft abzuwenden, tatsächlich erreicht werden kann, 26 Zur Annäherung der Kriminalrealpolitik an das anglo-amerikanische Konzept des War against Crime vgl. Herzog, War against Crime – ein gerechter Krieg?, in: KritV Sonderheft Hassemer 2000, S. 65. 27 Hassemer, Sicherheit durch Strafrecht, in: HRRS 04/2006, S. 143. 28 Hassemer, Sicherheit durch Strafrecht, in: HRRS 04/2006, S. 143. 29 Vgl. hierzu auch Hassemer, Gewinnaufspürung: Jetzt mit dem Strafrecht, in: WM 1994, S. 1369.

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oder ob er sich gar ins Gegenteil verkehrt, und im Ergebnis mit der (weiteren) Abdrängung des Hawala-Finanzsystems in den Untergrund ein weitaus größerer Schaden provoziert wird. Vor diesem Hintergrund sollen im Folgenden zunächst die von einigen ausgewählten Staaten vertretenen Strategien zur Lösung der Geldwäschebekämpfungsproblematik im Hawala-Finanzsystem erörtert werden, um im Anschluss hieran auf internationale Erwägungen hinsichtlich des für die Zukunft geplanten aufsichtsrechtlichen Umgangs mit den alternativen Überweisungssystemen einzugehen.

C. Kritische Auseinandersetzung mit bestehenden Ansätzen zur Lösung der Geldwäschebekämpfungsproblematik im Bereich des Hawala-Finanzsystems I. Grundsätzlich vertretene Strategien im Umgang mit Hawala Neben einem grundsätzlichen Verbot und einer Verfolgung der Hawala-Netzwerke ergeben sich im Hinblick auf Überlegungen zu einer Integration des Hawala-Finanzsystems in die Rechtssysteme der verschiedenen Staaten drei grundsätzlich mögliche Optionen, wobei national wie international jedenfalls die Option, auf eine staatliche Regulierung des Systems zu verzichten und auf die – durchaus effektive – Selbstregulierung des Systems zu vertrauen, schon aus Geldwäschebekämpfungsgesichtspunkten nicht diskutiert wird30: (1) Verbot und Verfolgung von Hawala; (2) keine staatliche Regulierung, d.h. Selbstregulierung des Hawala-Finanzsystems; (3) Anwendung bestehender Regulierungsmechanismen für Kreditinstitute und Finanzdienstleister; (4) spezielle Formen der Regulierung. Während in einigen Staaten das Hawala-Finanzsystem offiziell verboten ist, wenden andere Staaten wiederum die für Banken und Finanzdienstleister geltenden Regulierungsmechanismen unverändert auf das Hawala-Banking an. Da die Vorgaben für Banken in den einzelnen Ländern von einer bloßen Registrierung bis hin zu einer Lizenzierung und laufenden Aufsicht variieren, stellt sich auch die Situation für die Hawala-Netzwerke in den einzelnen Ländern trotz der Anwendung der gleichen Strategie teilweise sehr unterschiedlich dar. Verschiedene 30 Vgl. beispielsweise auch die Unterteilung bei Maimbo, The Money Exchange Dealers of Kabul. A Study of the Hawala-System in Afghanistan, S. 15 ff.

C. Ansätze zur Lösung der Geldwäschebekämpfungsproblematik

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andere Staaten präferieren spezielle Formen der Regulierung für Hawaladare oder setzen unter Verzicht auf eine staatliche Regulierung gänzlich auf die Selbstregulierungsmechanismen im Hawala-System. Ausgehend von diesen vier wesentlichen Strategien im Umgang mit den Hawala-Netzwerken sollen im Folgenden zunächst bestehende Ansätze zur Lösung der Geldwäschebekämpfungsproblematik im Bereich des Hawala-Finanzsystems unter anderem anhand der aktuellen Situation in einigen ausgewählten Staaten dargestellt werden. Neben Überlegungen zu einer Lizenzierung und Registrierung der Hawala-Netzwerke werden vor allem die Verbesserung des Instrumentariums zur Ermittlung und Strafverfolgung sowie die Verbesserung der Ausgangssituation im regulierten Banksektor als mögliche Maßnahmen diskutiert. 1. Lizenzierung oder Registrierung Die Lizenzierung bzw. Registrierung der Hawala-Netzwerke wird national wie international zunehmend für erforderlich erachtet. Die von den einzelnen Staaten praktizierten Strategien zur Ausgestaltung solcher Regularien unterscheiden sich – in Anlehnung an die unterschiedlichen Regulierungsmechanismen für Banken und Kreditinstitute in den einzelnen Ländern – teilweise jedoch immens31. Neben der Anwendung bestehender Regulierungsmechanismen für Banken und Finanzdienstleister auf Hawala werden auch im Rahmen von Erwägungen zu speziellen Mechanismen der Lizenzierung bzw. Registrierung von Hawaladaren verschiedene Modelle diskutiert. So wird unter anderem vorgeschlagen, die Aktivitäten alternativer Überweisungssysteme auf wenige, entsprechend autorisierte Geldinstitute zu beschränken32. Alternativ wird die Einführung eines Agentensystems diskutiert, bei dem die Tätigkeit der Überweisungsagenten an die Erteilung einer Lizenz geknüpft sein könnte33. Auch eine genauere Regelung der Geschäftsfelder beim Überweisungs- und Transfergeschäft könne zu einer verbesserten Aufsicht und Kontrolle alternativer Überweisungssysteme beitragen. Dabei wird international auch die Schaffung von Strafmaßnahmen für den Fall der Nichteinhaltung der Regelungen, ebenso wie die Verpflichtung der Hawaladare zu Buchführung und Dokumentation zwingend für erforderlich gehalten34. Als wegweisend für den weiteren Umgang mit dem Hawala-Finanzsystem dürfte dabei die „Abu Dhabi Declaration on Hawala“ aus dem Jahr 2002 anzusehen sein, die unter Einhaltung der 40 Empfehlungen sowie der 9 Sonderemp31 Vgl. FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005, S. 14. 32 FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 8. 33 Ebenda. 34 FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 8.

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fehlungen der FATF eine effektive, jedoch nicht zu strenge Form der Regulierung und Kontrolle von Hawala präferiert: Abu Dhabi Declaration on Hawala35 „1. Recognizing the need to better understand Hawala and other informal remittance systems and to ensure that this system is not abused by money launderers and terrorist financiers, the Government of the United Arab Emirates brought together experts and representatives of international and regional bodies and regulatory and law enforcement agencies, as well as bankers and money changers, in Abu Dhabi on May 15–16, 2002. 2. The word „Hawala“ comes originally from the Arabic language and means transfer or remittance, but in this context refers specifically to informal money or value transfer systems or networks outside the formal financial sector. 3. The conference participants agreed that Hawala and other informal remittance systems have many positive aspects and that most of the activities conducted by Hawaladars (Hawala Operators) relate to legitimate business. Hawala provides a fast and cost effective method for worldwide remittance of money or value, particularly for persons who may be outside the reach of the financial sector. 4. However, the participants also raised concerns about Hawala and other informal remittance systems, noting that a lack of transparency and accountability, as well as the absence of governmental supervisions, presents the potential for abuse by criminal elements. 5. In light of these concerns, the participants agreed: • Countries should adopt the 40 Recommendations of the Financial Action Task Force (FATF) on Money Laundering and the 8 Special recommendations on Terrorist Financing in relation to remitters, including Hawaladars and other alternative remittance providers. • Countries should designate competent supervisory authorities to monitor and enforce the application of these recommendations to Hawaladars and other alternative remittance providers. • Regulations should be effective but not overly restrictive. • The continued success in strengthening the international financial system and combating money laundering and terrorist financing requires the close support and unwavering commitment of the international community. • The international community should remain seized with the issue and should continue to work individually and collectively to regulate the Hawala system for legitimate commerce and to prevent its exploitation or misuse by criminals and others. 35 Die „Abu Dhabi Declaration on Hawala“ wurde von den Teilnehmern auf der ersten internationalen Konferenz zu Hawala in den Vereinigten Arabischen Emiraten am 16. Mai 2002 abgegeben. Die Erklärung ist im Internet beispielsweise abrufbar unter URL: http://www.ustreas.gov/offices/enforcement/programs/Hawala-conf.pdf [Stand 01/04/2007].

C. Ansätze zur Lösung der Geldwäschebekämpfungsproblematik

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6. The participants wish to express their deep appreciate to the Government of the United Arab Emirates and particularly the Central Bank for their leadership in hosting this groundbreaking conference.“

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass sämtliche Erwägungen, wie auch Empfehlungen und Vorgaben, soweit sie die Registrierung bzw. Lizenzierung von Hawaladaren zum Gegenstand haben, weitgehend allgemein gehalten sind und wenig konkret werden. Dies dürfte unter anderem als ein Hinweis darauf zu werten sein, dass eine Regulierung und Kontrolle von Hawala und anderen alternativen Überweisungssystemen zwar allgemein als wünschenswert angesehen wird, es jedoch an konkreten Vorstellungen fehlt, wie ein sinnvoller aufsichtsrechtlicher Umgang mit Hawala auch praktisch umsetzbar ausgestaltet werden kann. Damit bleibt im Ergebnis weitgehend offen, wie das Ziel eines wirksamen und durchsetzbaren Regulierungsmechanismus für das Hawala-Finanzsystem erreicht werden kann, ohne dabei jedoch überregulierend zu wirken und die Betreiber alternativer Überweisungssysteme weiter in den Untergrund zu treiben. 2. Verbesserung des Instrumentariums zur Ermittlung und Strafverfolgung Mit einer Verbesserung des Instrumentariums zur Ermittlung und Strafverfolgung erhoffen sich Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden, illegal tätige Anbieter alternativer Überweisungssysteme besser ausfindig machen und effektiver verfolgen zu können. Dies betrifft sowohl alternative Überweisungssysteme, die in bestimmten Staaten grundsätzlich verboten sind, als auch Anbieter von Systemen, die trotz entsprechender Vorschriften nicht lizenziert oder registriert und somit ebenfalls illegal tätig sind. Als mögliche Strategien in diesem Zusammenhang werden vor allem die Entwicklung proaktiver Strategien und Sensibilisierung der Ermittler sowie die Verbesserung der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches zwischen den Ländern diskutiert36. Da viele alternative Überweisungssysteme von Strukturen und Funktionsweise her noch weitgehend unbekannt sind, wird es allgemein als erforderlich angesehen, auch bei Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden ein Bewusstsein für die Existenz dieser Anbieter zu schaffen und auf verwendete Methoden aufmerksam zu machen37. Als wesentliches Anwendungsproblem dürfte sich jedoch auch hier wiederum die Nichterkennbarkeit illegaler Anbieter von Hawala-Transaktionen sowie die Unzugänglichkeit dieser Systeme für Außenstehende erweisen. 36 Vgl. FATF, Combating the Abuse of Alternative Remittance Systems: International Best Practices, S. 3 f.; FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 8; FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005, S. 3. 37 FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 7 f.

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Zudem erhofft man sich, durch die Sensibilisierung der „offiziellen“ Finanzdienstleister illegal betriebene alternative Überweisungssysteme aufzudecken38. Dieser Ansatz berücksichtigt vor allem den Umstand, dass Hawaladare und andere Anbieter alternativer Überweisungssysteme beispielsweise zu Zwecken des Zahlungsausgleichs oder zur Lagerung von Kundengeldern regelmäßig auch die Dienstleistungen des offiziellen Bankensystems in Anspruch nehmen. Für Aufsichts- und Ermittlungsbehörden sind diese Verbindungspunkte ein wesentlicher Faktor, auf die zumeist im Verborgenen operierenden alternativen Überweisungssysteme zuzugreifen. Andere Ansätze verfolgen die Zielsetzung, durch eine Erweiterung der Verfolgungsmöglichkeiten über die Schaffung einschlägiger (straf-)rechtlicher Vorschriften besser an illegale Anbieter heranreichen zu können39. Die konsequente Anwendung repressiver Maßnahmen als einer der möglichen Strategien sozialer Kontrolle auf strafrechtlich relevante Normenbrüche dient in diesem Zusammenhang weniger der Vermeidung strafbarer Handlungen als vielmehr der Abschreckung; der Präventionsgedanke wird an dieser Stelle von Strafe und Verbot überdeckt. Auch die Ausweitung von Kontrollen und Kontrollbefugnissen seitens der Aufsichtsbehörden wird in diesem Zusammenhang diskutiert40. Konkrete Erwägungen, wie etwaige (verschärfte) strafrechtliche Vorschriften aussehen könnten, gibt es derzeit jedoch nicht. 3. Verbesserung der Ausgangssituation im regulierten Banksektor Überlegungen zur Verbesserung der Ausgangssituation im regulierten Bankensektor basieren im Wesentlichen auf der Annahme, durch eine Verbesserung des Zugangs zu regulären Bankdienstleistungen eine Alternativoption für die Bevölkerung zu schaffen und alternative Überweisungssysteme wie Hawala letztlich entbehrlich zu machen. Daneben sollen Reformen des bestehenden Bankensystems, die vor allem in den Bereichen Erreichbarkeit in ländlichen Gegenden so genannter Entwicklungsländer, Überweisungsdauer und der Höhe der Gebühren für Geldtransaktionen ansetzen41, zu einer Reduktion der Menge der 38 Vgl. beispielsweise FATF, Combating the Abuse of Alternative Remittance Systems: International Best Practices, S. 6; FATF, Report on Money Laundering Typologies 2002–2003, S. 8; FATF, Money Laundering & Terrorist Financing Typologies 2004–2005, Paris, 10.06.2005, S. 29, 31. 39 FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 8; FATF, Combating the Abuse of Alternative Remittance Systems: International Best Practices, S. 9. 40 Vgl. etwa BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 85. 41 Vgl. insoweit auch die Ausführungen unter Teil 2, D. I. 1. zu den Schwächen des formellen Banksystems.

C. Ansätze zur Lösung der Geldwäschebekämpfungsproblematik

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über alternative Überweisungssysteme laufenden legalen Gelder führen und so im Gegenzug das Hawala-Finanzsystem als Deckmantel für den Transfer illegaler Gelder weniger attraktiv machen42. Die Wettbewerbsförderung als einer der Kernpunkte zu einer Stärkung regulierter Finanzinstitutionen impliziert schließlich auch im Nichtbankensektor den Aufbau von Netzwerken mit gemeinsamen Transfersystem, um ländliche Gebiete besser erschließen zu können43. Die Unterstützung von Mikrofinanzinstitutionen (MFI’s)44 in ländlichen Gebieten, um das Angebot von Geldtransfers auszubauen und kombinierte Produkte anbieten zu können, ist ein Beispiel hierfür. Im Rahmen von Überlegungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Angebot von Geldtransferservices werden für den internationalen Bereich unter anderem eine Verbesserung und ggf. Umstrukturierung der Bankenaufsicht bei einer stufenweise Regulierung des Nichtbankensektors, die Privatisierung bislang staatlicher Banken und der Post zwecks besserem Service und ein freier Kapitalfluss und marktgerechte Wechselkurse, um nicht formale Anbieter zu diskriminieren, genannt45.

II. Derzeit praktizierte Vorgehensweisen und Ausblick in die Zukunft Auf internationaler Ebene fehlt es bislang an einem Standard und damit verbindlichen Konzept zur Bekämpfung und Eindämmung der illegalen Anbieter für Underground-Banking46. Dabei verfolgt die Bundesrepublik Deutschland die Strategie, lediglich einen ausgewählten Teil des bislang illegalen Marktes zu lizenzieren, unter die laufende Aufsicht der Aufsichtsbehörde BaFin zu stellen und damit in die Legalität zu führen. Nicht kooperationswillige bzw. -fähige Unternehmen sollen unter Anwendung repressiver Maßnahmen verfolgt und vom Markt ferngehalten werden. Deutschland verfolgt damit das Konzept der Anwendung bestehender Regulierungsmechanismen für Kreditinstitute und Finanzdienstleister auf das Hawala-Finanzsystem. Es stellt sich die Frage, wie die Strategien anderer Staaten im Umgang mit dem Phänomen Hawala aussehen.

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Vgl. FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 8. Vgl. Felber/Ramm, Remittances von Migranten, S. 18. 44 Vgl. auch die Ausführungen unter Teil 2, D. I. 3. 45 Vgl. Felber/Ramm, Remittances von Migranten, S. 18. 46 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking, S. 84. 43

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

1. Umgang mit dem Phänomen Hawala in einzelnen Staaten47 a) Großbritannien Hawala-Transaktionen sind in Großbritannien nicht grundsätzlich verboten48. Vergleichbar mit der Bundesrepublik Deutschland wendet auch Großbritannien bestehende Regulierungsmechanismen für Kreditinstitute und Finanzdienstleister auf das Hawala-Finanzsystem an. Jedoch erfordert das dortige Rechtssystem lediglich die Registrierung, nicht aber die Lizenzierung von Hawaladaren, die Geldtransfers anbieten wollen. Seit den Anschlägen in den USA aus dem Jahr 2001 hat Großbritannien allerdings mehrfach die Anforderungen, die für eine Registrierung erfüllt werden müssen, verschärft49. Dies gilt unter anderem für den Bereich der Dokumentation der Transaktionen, die Durchführung interner Sicherungsmaßnahmen, und die Kundenidentifikation. Bei der Registrierung müssen nach Nr. 5 Abs. 3 der Statutory Instruments 2001 bzw. nach Nr. 10 Abs. 2 der Statutory Instruments 2003 im wesentlichen Angaben über den Namen des Antragstellers und einen ggf. abweichenden Namen des Unternehmens gemacht werden sowie über die Art und Adresse des betriebenen Gewerbes, über Namen und Adressen aller relevanten Geschäftsführer, Franchisenehmer oder -geber, etc., den Namen des jeweiligen Geldwäschebeauftragten. Ferner ist vom Antragsteller anzugeben, ob in dem Unternehmen eine Person tätig ist, die bereits im Zusammenhang mit Geldwäscheaktivitäten verurteilt wurde. Die beantragte Registrierung darf nur unter bestimmten Voraussetzungen versagt werden. Dies betrifft vor allem Fälle, in denen der Antragsteller falsche oder unvollständige Angaben macht, die Gebühr für die Registrierung nicht beglichen werden oder die gesetzlich erforderlichen Dokumentationen, internen Sicherungsmaßnahmen oder die ab bestimmten Mindestbeträgen erforderlich werdenden Kundenidentifikationsmaßnahmen nicht durchgeführt werden, Nr. 7 (2001) bzw. Nr. 12 (2003).

47 Vergleichbare Länderübersichten finden sich beispielsweise auch bei El Qorchi/ Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 22 ff.; International Monetary Fund, Regulatory Frameworks for Hawala and Other Remittance Systems, S. 30 ff. 48 Vgl. hierzu die Darstellung bei El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 23. 49 Vgl. Statutory Instruments, 2001, No. 3641 of the Anti-Money Laundering Regulations vom 9. November 2001, im Internet abrufbar beispielsweise unter URL: http:// www.opsi.gov.uk/si/si2001/20013641.htm [Stand 06/04/2007] und Statutory Instruments, 2003, No. 3075 of the Anti-Money Laundering Regulations vom 28. November 2003, abrufbar unter URL: http://www.opsi.gov.uk/SI/si2003/20033075.htm [Stand 06/04/2007].

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b) Indien und Pakistan Mit Indien und Pakistan ist das Hawala-Finanzsystem in zwei Ländern, in denen besonders häufig Transaktionen über Hawala empfangen werden, offiziell verboten. Grundlage für die gesetzlichen Verbote in Indien sind der „Foreign Exchange Regulation Act“ (FERA)50 aus dem Jahr 1973 und der „Foreign Exchange Management Act“ (FEMA)51 aus dem Jahr 2000. Während Geldtransfers nach Kapitel 3, Nr. 10 Abs. 1 FEMA lediglich von bestimmten, von der Zentralbank autorisierten Institutionen durchgeführt werden dürfen, verbietet der „Foreign Exchange Management Act“ in Kapitel 2, Nr. 3d ausdrücklich Geldtransfers, die nach dem Hawala-Modell vorgenommen werden: „[No person shall] enter into any financial transaction in India as consideration for or in association with acquisition or creation or transfer of a right to acquire, any asset outside India by any person.“ 52 Daneben verfolgt Indien die Strategie, durch den massiven Ausbau der Bankeninfrastruktur auch in ländlichen Gebieten und Maßnahmen zur Kostensenkung die Effizienz von Überweisungen über den regulierten Bankensektor zu steigern und alternative Überweisungssysteme auf diesem Wege für die Kunden entbehrlich zu machen53. Um auch in nicht-urbanisierten Gegenden Geldtransfers anbieten zu können, dürfen mit Erlaubnis der indischen Zentralbank unter bestimmten Umständen auch Nicht-Banken Serviceleistungen im Geldtransferbereich anbieten, beispielsweise für die Auszahlung von Geldtransfers von Privatpersonen an Empfänger in Indien54. In Pakistan sind Überweisungen ausschließlich lizenzierten Banken vorbehalten; Wechselstuben dürfen keine Geldtransfers anbieten55. Rechtsgrundlage hierfür ist vor allem der „Foreign Exchange Regulations Act“ aus dem Jahr 1947. Daneben gibt es seit Juli 2002 Bestrebungen, private Wechselstuben in Devisenunternehmen umzuwandeln und so einer Registrierpflicht und staatlichen Finanzaufsicht zu unterstellen56. Durch die Umstrukturierung des Geldwechsel50 Der „Foreign Exchange Regulation Act“ (FERA) trat am 01. Juni 2000 Außerkraft und wurde durch den „Foreign Exchange Management Act“ (FEMA) ersetzt. 51 Foreign Exchange Management Act, Act No. 42 of 1999 vom 29. Dezember 1999; im Internet abrufbar auf der Homepage der Reserve Bank of India unter URL: http://www.rbi.org.in/scripts/Fema.aspx [Stand 09/04/2007]. 52 Vgl. hierzu auch El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 22. 53 El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 23. 54 El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 23. 55 El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 22. 56 Ebenda.

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geschäftes erhofft sich die pakistanische Regierung, auch das Hawala-Finanzsystem in diesem Bereich einer Regulierung zuzuführen57. c) Afghanistan Während der Taliban-Herrschaft waren Hawaladare in Afghanistan zeitweise die einzig aktiven Anbieter von Geldtransferdienstleistungen im Land58. Bis zum Jahr 2004 konnten sich Hawaladare bei der dortigen Zentralbank registrieren lassen59. Voraussetzung für eine Registrierung war die Hinterlegung einer Bareinlage in Höhe von 20 Millionen Afghanis (AFA), etwa 526 US-Dollar bei der Zentralbank60. Danach fiel für die Ausübung der Tätigkeit eine jährliche Gebühr in Höhe von 1 Million Afghanis (26 US-Dollar) an. Im Jahr 2003 waren etwa 300 Geldtransferdienstleister in Afghanistan offiziell registriert, die sich in einer Art selbstreguliertem Markt organisierten61. Schätzungen gehen jedoch dahin, dass mit etwa 500 bis 2.000 Anbietern eine erheblich höhere Anzahl an Unternehmen weiterhin illegal tätig ist62. Vergleichbar mit einer Aufsichtsbehörde wurden in einem Komitee die Belange der registrierten Mitglieder diskutiert und darauf geachtet, dass alle Mitglieder des Komitees deren ungeschriebenen Regeln einhielten63. Im Zuge der weltweiten Bemühungen, Geldwäschekriminalität und Terrorismusfinanzierung zu unterbinden und Geldtransfers nachvollziehbarer zu gestalten, hat Afghanistans Zentralbank nach Beendigung des Afghanistan Krieges und im Zuge der ersten (freien) Präsidentenwahlen vom 9. Oktober 2004, aus denen Hamid Karsai als Sieger hervorging, im September 2004 damit begonnen, Gesetze zur Regulierung und Beaufsichtigung von Geldtransferdienstleistern einzuführen64. Die Implementierung der neuen Regeln gestaltet sich jedoch

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Vgl. hierzu den Bericht von Interpol, URL: http://www.interpol.int/Public/Bio Terrorism/NationalLaws/Pakistan.pdf [Stand 09/04/2007], S. 137. 58 Maimbo, Challenges of Regulating and Supervising the Hawaladars of Kabul, S. 51. 59 Maimbo, The Money Exchange Dealers of Kabul. A Study of the Hawala-System in Afghanistan, S. 3; El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 23. 60 Die Daten beruhen auf einer Erhebung aus Dezember 2002, vgl. Maimbo, The Money Exchange Dealers of Kabul. A Study of the Hawala-System in Afghanistan, S. 3. 61 El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 23. 62 El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 23. 63 Ebenda. 64 Maimbo, Challenges of Regulating and Supervising the Hawaladars of Kabul, S. 47.

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aus unterschiedlichen Gründen als schwierig65. So hat in Afghanistan das informelle Finanzsystem eine lange Historie der Unabhängigkeit und Selbstregulierung. Zudem wird die Einhaltung der Regeln durch Schwächen von Legislative und Judikative unterminiert. Dennoch wird eine Regulierung sowohl für den formellen als auch informellen Sektor für zwingend erforderlich erachtet, da gerade der Geldtransferbereich in Afghanistan große Risiken, zu kriminellen Zwecken missbraucht zu werden, berge. Nach der Taliban-Herrschaft ist das formelle Bankensystem zwar immer noch als schwach zu betrachten; seit dem Jahr 2005 ist jedoch der Wiederlizenzierungsprozess der staatlichen Banken abgeschlossen66. Ein neues Zentralbankengesetz garantiert die Unabhängigkeit der Afghanischen Zentralbank. Auch für den informellen Sektor sind Regulierungen erarbeitet worden, die Anforderungen bezüglich der einzuhaltenden Kriterien für den Erwerb einer Lizenz und Anforderungen zum Einhalten von Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen enthalten67. Hawaladare müssen hiernach über ein bestimmtes Minimalkapital sowie über ein Akkreditiv oder eine andere Art von Garantieerklärung verfügen und mindestens 2 Personen einstellen, die persönlich und fachlich geeignet sind, das Unternehmen zu führen. Ferner ist ein Business Plan beizubringen, der unter anderem dezidierte Angaben über organisatorische Struktur des Unternehmens, geplante interne Kontrollmechanismen und ein angemessenes Buchhaltungssystem zur Dokumentation der Transaktionen enthalten soll. Das beizubringende Mindestkapital für den Betrieb eines Geldtransferservices ist abhängig vom Umsatzvolumen in den letzten 12 Monaten und betrug im Jahr 2005 mindestens 1 Mio. Afghani68, wobei das Erfordernis eines Mindestkapitals für Hawaladare durchaus strittig diskutiert wird. Maimbo69 schlägt insoweit eine Mindestliquiditätsreserve für Hawaladare vor. Die Garantieerklärung bzw. das beizubringende Akkreditiv muss von einem lizenzierten Kreditinstitut oder einem anderen von der Zentralbank benannten Institut ausgestellt worden sein und einen Betrag von mindestens 5 Mio. Afghani ausweisen70.

65 Zum Folgenden Maimbo, Challenges of Regulating and Supervising the Hawaladars of Kabul, S. 48. 66 Maimbo, Challenges of Regulating and Supervising the Hawaladars of Kabul, S. 53. 67 Zum Folgenden Maimbo, Challenges of Regulating and Supervising the Hawaladars of Kabul, S. 55. 68 Der durchschnittliche Umrechnungskurs lag im April 2007 bei etwa 1 Euro = 67 Afghani. 69 Maimbo, Challenges of Regulating and Supervising the Hawaladars of Kabul, S. 56, Fn. 9. 70 Maimbo, Challenges of Regulating and Supervising the Hawaladars of Kabul, S. 56.

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Darüber hinaus sollen die Hawaladare Afghanistans bestimmte Vorkehrungen gegen den Missbrauch zu Geldwäschezwecken treffen71. Insoweit hat die afghanische Regierung in Zusammenarbeit mit dem International Monetary Fund (IMF) und dem United Nations Office on Drugs and Crimes (UNODC) gesetzliche Regelungen erarbeitet, die im Wesentlichen den internationalen Standard widerspiegeln und unter anderem das bekannte „Know-Your-Customer-Prinzip“ umsetzen sollen72. Einschränkend bleibt festzuhalten, dass es derzeit noch keinerlei praktische Erfahrungen im Hinblick auf Praktikabilität und Umsetzbarkeit der von der Regierung erarbeiteten, auch für Hawaladare geltenden Regelungen gibt. Gleiches gilt für die Durchsetzbarkeit von Sanktionen im Falle der Nichteinhaltung der erarbeiteten Regelungen. d) USA In den Vereinigten Staaten von Amerika können neben Banken auch andere Dienstleister Geldtransfers anbieten, sofern sie entsprechend lizenziert bzw. registriert sind73. Rechtsgrundlage für den Erwerb einer Lizenz für das Geldtransfergeschäft ist seit dem Jahr 2000 der „Uniform Money Services Act“ 74. Im Antrag sind zunächst Angaben über Namen, Privat- und Firmenanschrift des Antragstellers zu machen, Art. 2, Sec. 202 UMSA. Daneben erfordert der Antrag auf Lizenzierung für das Finanztransfergeschäft Angaben des Antragstellers über eventuelle Vorstrafen, laufende Gerichtsverfahren, frühere Geschäftstätigkeiten, und parallel ausgeübte gewerbliche Tätigkeiten in anderen Staaten vor. Ferner sind beispielsweise Angaben über die vorgesehenen Geschäftsführer bzw. Beauftragten des Unternehmens zu machen und ist die Art und Weise der zu verwendenden Zahlungsmedien anzugeben. Ebenfalls erforderlich sind Angaben über Namen und Adressen der Banken, die der Antragsteller für Dienstleistungen rund um die von ihm anzubietenden Transferservices nutzen will sowie über die Herkunftsquelle der Gelder bzw. Kredite, mit denen das Gewerbe finanziert werden soll (Art. 2, Sec. 202, b UMSA). Daneben sieht Art. 2, Sec. 203 UMSA die Hinterlegung einer Sicherheit in Höhe von mindestens 50.000 US-Dollar in Form eines Akkreditivs oder Ähn71 Maimbo, Challenges of Regulating and Supervising the Hawaladars of Kabul, S. 57. 72 Ebenda. 73 El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 24. 74 Der Uniform Money Services Act (UMSA, früher Non-Depository Providers of Financial Services Act bzw. Uniform Money Services Business Act) wurde von der National Conference of Commissioners on Uniform State Laws (NCCUSL) vom 3. August 2000 ist im Internet abrufbar unter URL: http://www.kentlaw.edu/classes/ rwarner/legalaspects/paymentsystems/money_services_act.pdf [Stand 11/04/2007].

C. Ansätze zur Lösung der Geldwäschebekämpfungsproblematik

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lichem vor. Die erworbene Lizenz muss jährlich erneuert werden. Hierzu sind neben der Entrichtung einer jährlichen Gebühr in Höhe von 2.000 US-Dollar Angaben über den laufenden Stand der wirtschaftlichen Aktivitäten des Unternehmens zu machen. Ferner sieht der Uniform Money Services Act die Durchführung bestimmter Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten und von Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen vor. So sind von den Antragstellern insbesondere die im Rahmen des „Know-Your-Customer“ Prinzips vorzunehmenden Aufzeichnungspflichten und Verpflichtungen über die Meldung verdächtiger Transaktionen zu beachten (derartige Regelungen sind beispielsweise in 31 U.S.C. Section 5311 (1994), 31 C.F.R. Section. 103 (2000) und weiteren Gesetzen enthalten). Mit dem USA Patriot Act75 (Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism Act of 2001), der vom Kongress am 25. Oktober 2001 im Zuge der Geschehnisse des 11. September 2001 verabschiedet wurde, wurden die Vorgaben für Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfungsmaßnahmen nochmals verschärft, unter anderem im Bereich der Aufzeichnungspflichten und der Pflicht zur Meldung verdächtiger Transaktionen. Besonderes Augenmerk liegt dabei auch auf dem so genannten „Underground-Banking“ (vgl. beispielsweise Sec. 359 des USA Patriot Act)76. e) Saudi Arabien Auch Artikel 2 des saudi-arabischen „Banking Control Law“ 77 beschränkt das Angebot von Geldtransferdienstleistungen auf hierfür lizenzierte Personen und Institutionen. Als Bank gelten nach dem Banking Control Law insoweit allerdings nicht nur Kreditinstitute im eigentlichen Sinne, sondern grundsätzlich jeder, der ein Bankgeschäft betreibt. Grundsätzlich dürfen Wechselstuben nach dem Banking Control Law zwar keine Überweisungsdienste anbieten, insoweit

75 Der USA Patriot Act, HR 3162 RDS, vom 24. Oktober 2001 ist im Internet abrufbar unter URL: http://www.epic.org/privacy/terrorism/hr3162.pdf [Stand 11/04/ 2007]. 76 Besonders lesenswert in diesem Zusammenhang ist das Hearing on „Hawala and Underground Terrorist Financing Mechanisms: Informal International Financing Networks that can serve as a Pipeline of Funds for Terrorist“ vor dem U.S. Senate Committee on Banking, Housing, and Urban Affairs, Subcommittee on International Trade and Finance, vom 14. November 2001. URL: http://www.au.af.mil/au/awc/awcgate/ congress/hawala_14nov01.pdf [Stand: 03/09/2006]. 77 Das Banking Control Law, No. M/5 vom 22.2.1386 (11.06.1966) kann im Internet auf der Homepage der Saudi Arabian Monetary Agency unter URL: http:// www.sama.gov.sa/en/control/procedure/cofmblr/3.htm [Stand 11/04/2007] abgerufen werden.

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

sehen jedoch die „Regulations for the Money Changing Business“ 78 eine Ausnahme vor, wonach Wechselstuben von der Saudi Arabian Monetary Agency lizenziert werden können, Bargeldtransfers anzubieten, vgl. Art. 3. In diesen Fällen müssen die Wechselstuben gemäß Art. 7allerdings dazu in der Lage sein, sämtliche ausstehenden Überweisungssummen finanziell abdecken zu können. Ergänzend sei noch auf das „Anti-Money-Laundering Law“ 79 hingewiesen, das zum Einhalten von Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen verpflichtet. Die Maßnahmen entsprechen im Wesentlichen den bekannten Standards westlicher Industrienationen und sollen an dieser Stelle nicht im Einzelnen erörtert werden. Insoweit hat die saudi-arabische Regierung nicht nur die 40 Recommendations und die 9 Special Recommendations der FATF nebst „Know-Your-Customer“ Regeln in ihr Gesetzeswerk übernommen, sondern arbeitet in Geldwäschefragen auch eng mit verschiedenen internationalen Organisationen zusammen. Daneben verfolgt Saudi Arabien wie viele andere Länder die Strategie, illegal betriebene alternative Überweisungssysteme durch den Ausbau der Qualität des Angebotes formeller Finanzdienstleister weiter zurückzudrängen80. So sollen vor allem niedrigere Gebühren für Überweisungen und der Filialausbau in ländlichen Gebieten für einen Zulauf zum regulierten Bankensektor sorgen. Einige Banken sind bereits dazu übergegangen, auszuzahlende Gelder mittels Lieferservice an die Kunden zu überbringen, während Auftraggeber von Überweisungen im formellen Bankensektor mit Bonusprogrammen an die Institute gebunden werden sollen. f) Vereinigte Arabische Emirate (VAE) In den Vereinigten Arabischen Emiraten kann das Geldtransfergeschäft sowohl von Banken als auch von Nichtbanken ausgeübt werden, sofern eine entsprechende Lizenz hierfür erworben wurde. Rechtsgrundlage für die Ausübung des Finanztransfergeschäftes sind neben dem „Union Law No. 10“ von 198081, dass die Zentralbank, das Währungssystem und die Organisation der gesamten Bankenwelt in den VAE betrifft, die Resolutionen No. 31/2/198682 und No. 78 Regulating Money Changing Business, No. 31920 vom 16.2.1402 (12.12.1981); abrufbar bei der Saudi Arabian Monetary Agency unter URL: http://www.sama.gov. sa/en/control/procedure/cofmblr/5.htm [Stand 11/04/2007]. 79 Das AML ist abrufbar bei der Saudi Arabian Monetary Agency unter URL: http://www.sama.gov.sa/ar/control/procedure/aml.pdf [Stand 11/04/2007]. 80 Zum Folgenden El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 24. 81 Union Law No. 10 (1980) concerning the Central Bank, monetary system, and organization of Banking, auf der Homepage der Zentralbank der VAE abrufbar unter URL: http://centralbank.ae/pdf/arGazt.pdf [Stand 11/04/2007]. 82 Resolution No. 31/2/1986 Regarding the Regulation of Money Changing Business in the U.A.E.

C. Ansätze zur Lösung der Geldwäschebekämpfungsproblematik

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123/7/9283, die speziell die Regulierung des Geldwechselgeschäftes zum Gegenstand haben. Dabei umfasst der Begriff des Geldwechselgeschäfts nach Artikel 1, 1.1c der Resolution No. 123/7/92 nicht lediglich das klassische „Wechselstubengeschäft“ in Form des An- und Verkaufs fremder Währungen, sondern darüber hinaus auch das Überweisungsgeschäft in in- und ausländischer Währung: „,Money changing business‘ means the purchase and sale of foreign currencies in the form of banknotes and coins, the purchase and sale of travellers cheques, the handling of remittance business in both the local and foreign currencies and other matters approved by the Central Bank.“

Um eine in Artikel 2 der Resolution No. 123/7/92 näher bezeichnete Lizenz für das Finanztransfergeschäft erwerben zu können, müssen bestimmte, in Artikel 3 und 4 näher aufgeführte Voraussetzungen erfüllt sein. Grundsätzlich kann hiernach jede natürliche oder juristische Person eine Lizenz für das Geldwechsel- bzw. das Remittancegeschäft beantragen. Dem Antrag ist eine Stellungnahme seitens des Antragstellers beizufügen über die Art des ausgeübten Gewerbes, eine Prognose über die zu erwartende Entwicklung des Geschäftes und über Maßnahmen, die der Antragsteller hinsichtlich des Managements getroffen hat oder zu treffen gedenkt. Des weiteren sind dem Antrag Name und Adresse des Antragstellers sowie eine Kopie seines Reisepasses bzw. Personalausweises beizufügen. Ferner sind dem Antrag Verpflichtungserklärungen seitens des Antragstellers beizufügen, wonach für den Fall des Erteilens einer Lizenz eine Bankgarantie beigebracht wird und der Antragsteller erklärt, dass er die im Federal Law No. 10 und allen weiteren Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien, etc. getroffenen Bestimmungen beachten wird. Daneben unterliegen sämtliche Aufzeichnungen und Dokumente des Antragstellers der Prüfung und Aufsicht der Zentralbank (Artikel 3). Nach Artikel 4 soll eine Lizenz nur erteilt werden, wenn der Antragsteller über ein Anfangskapital von mindestens 2 Mio. Dirham84 verfügt und mindestens 21 Jahre alt ist. Des weiteren muss der Antragsteller über die erforderliche persönliche und fachliche Eignung zur Ausübung des Überweisungsgeschäftes verfügen. Insoweit legt Artikel 4 hinsichtlich des Vorliegens der persönlichen Eignung fest, dass der Antragsteller neben einem guten Betragen keine Vorstrafen speziell wegen Betruges und betrugsähnlicher Delikte sowie wegen Gewaltdelikten haben soll und bislang seine Verbindlichkeiten gegenüber Banken und anderen Kreditgebern ordnungsgemäß erfüllt hat. Auch darf keine Bankrotterklärung vorliegen. Die fachliche Geeignetheit setzt im Einzelnen voraus, dass 83 Resolution No. 123/7/92 Regarding Regulating of Money Changing Business in the U.A.E., auf der Homepage der Zentralbank der VAE abrufbar unter URL: http:// centralbank.ae/pdf/Releases/123-7-92.pdf [Stand 12/04/2007]. 84 1 Dirham entspricht etwa einem Wert von 0,2028 Euro [Stand 11/04/2007].

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

der Antragsteller das für die Ausübung des Gewerbes erforderliche theoretische Wissen mitbringt. Daneben sieht die Resolution No. 123/7/92 vor, dass jegliche im Rahmen des ausgeübten Gewerbes durchgeführten Transaktionen entsprechend zu dokumentieren und offiziell zu quittieren sind: „That dealings between the licensed person and his customers shall be supported by official receipts for all money changing transactions and, that a notice advising customers of the necessity for obtaining receipts regarding all sales or purchases of foreign currencies or travellers cheques or remittances conducted through the licensed person, and that another notice declaring rates applicable to currency sales and purchases must be prominently displayed at the premises of the licensed person.“

Wie die meisten anderen Staaten haben auch die Vereinigten Arabischen Emirate im Zuge der Ereignisse des 11. September ihre Vorkehrungen zum Schutz des Finanzsystems gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verschärft und entsprechende an westlichen Standards orientierte Regelungen erlassen, die den Verpflichteten vor allem Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten sowie die Verpflichtung zur Meldung verdächtiger Transaktionen vorschreiben85. Eine vollständige Identifikation der Kunden anhand der Personalausweises, Reisepasses oder Führerschein hat dabei grundsätzlich nur in Fällen zu erfolgen, in denen der zu transferierende Betrag die Summe von 2.000 Dirham übersteigt86. Liegt der Betrag darunter, entfallen die Identifikationspflichten und der Kunde erhält lediglich eine einfache Quittung. Zu notieren ist daneben lediglich die Telefonnummer des Kunden, nicht jedoch seine vollständige Adresse. Um auch die weiterhin größtenteils informell tätigen Hawaladare einer Regulierung zuzuführen, entwickelten die Vereinigten Arabischen Emirate neben den für das Finanztransfergeschäft geltenden Regelungen ein speziell auf Hawaladare zugeschnittenes Konzept der Registrierung. Dieses Konzept basiert im Wesentlichen auf der „Abu Dhabi Declaration on Hawala“ und sieht vereinfachte Vorgaben im Hinblick auf Registrierung und Dokumentationspflichten vor87. In 85 Eine Übersicht der Gesetze und anderen Regelungen ist auf der Homepage der VAE abrufbar. Einige der in der letzten Zeit erlassenen Regelungen sind beispielsweise: Federal Law No. 1 Decree on Combating Terrorism (2004), Circular Concerning Procedures for Anti-Money Laundering (2004), Circular to Audit Firms Confronting money laundering operations in Companies (2002), Customs Regulation Regarding declaration when importing cash money into the UAE (2002), Federal Law No. 4 Criminalization of Money Laundering (2002), Circular to Insurance Companies Anti-Money Laundering Procedures (2002), Notice No. 1815 Outgoing Transfers (2001), Cautionary Notice Regarding Financial Remittances (2001), Circular No. 24/ 2000 Regulation concerning Procedures for Anti-Money Laundering (2001). 86 Zum Folgenden El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 25. 87 Central Bank of the UAE, Hawala Regulations System in the UAE-Registration of Hawaladars (Hawala Brokers), S. 3.

C. Ansätze zur Lösung der Geldwäschebekämpfungsproblematik

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der Folge schaltete die Zentralbank der V.A.E. am 04. November 2002 in verschiedenen regionalen Tageszeitungen eine Annonce, die sich speziell an Hawaladare richtete88. Hierin teilte die Zentralbank mit, dass sie beabsichtige, das bislang informelle Hawala-Finanzsystem einer staatlichen Regulierung zuzuführen: „The Central Bank of the UAE is pleased to announce that it is going to implement a simple system of registration and reporting for Hawala Brokers (Hawaladars). Based on the Abu Dhabi Declaration on Hawala, almost all representatives of the major countries of the world have agreed that the Hawala-System is very important to handle transfers of low-paid workers who are mostly illiterate. They also agreed that the system is very important because it reaches remote places that are not serviced by normal banking networks. To regulate this, the Central Bank of the UAE will start registering and issuing a simple Certificate to all Hawala Brokers (Hawaladars) in the UAE, free of charge. The Central Bank of the UAE assures Hawala Brokers (Hawaladars) that their names and details will be kept safe at the Central Bank. Hawala Brokers (Hawaladars), on the other hand, should provide the Central Bank with details of the Remitters and Beneficiaries who receive transfers from abroad on simple forms (available at the Central Bank of the UAE). Also, Hawala Brokers (Hawaladars) are required to Report Suspicious Transfers, whenever they doubt such transfers occurred. Hawala Brokers (Hawaladars) should contact: (Name: – Telephone: – Fax: –) as soon as possible, to register and receive their „Certificate“. This Certificate will be necessary to deal with Banks or Moneychangers, and avoid any Money Laundering Suspicion.“

Die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich damit gegen die Anwendung der für Banken und Finanzdienstleister geltenden engen Regulierungsmechanismen und für eine spezielle, vereinfachte Form der Regulierung des Hawala-Finanzsystems entschieden. Hawaladare erhalten nach ihrer Registrierung bei der Zentralbank der VAE ein Zertifikat, dass sie berechtigt, Geldtransfers über Hawala-Netzwerke anzubieten89. Die Registrierung ist, im Gegensatz zu den beispielsweise für Wechselstuben geltenden Regelungen kostenlos und weder an ein beizubringendes Mindestkapital, eine Garantie, oder gar an die persönliche und fachliche Geeignetheit gebunden. Auf dem Registrierformular sind lediglich Namen, Adresse, Nationalität, Berufstätigkeit, Alter und Telefonnummer anzugeben und Kopien von Reisepass und Gewerbeschein sowie ein Lichtbild beizufügen (siehe Abbildung).

88 Central Bank of the UAE, Hawala Regulations System in the UAE-Registration of Hawaladars (Hawala Brokers), S. 5 ff. 89 Ein Beispiel für ein solches Zertifikat ist bei Ismat, Hawala Regulation System in the UAE. PowerPoint Presentation of the Hawala Conference 2007, S. 24 abgedruckt.

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Quelle: Central Bank of the UAE, Hawala Regulations System in the UAE-Registration of Hawaladars (Hawala Brokers), S. 9.

Die Zentralbank versichert den Hawaladaren zudem, Namen und andere persönliche Details sicher aufzubewahren und nicht an Dritte weiterzugeben. Nach dem Erhalt des Zertifikates dürfen Hawaladare offiziell mit Banken und Wechselstuben beispielsweise zur Abwicklung von Ausgleichsbuchungen zusammenarbeiten. Registrierte Hawaladare verpflichten sich im Gegenzug, sowohl für eingehende als auch für ausgehende Geldbeträge auf einem einfachen Formblatt Namen, Arbeitsort, Nationalität und Reisepassnummer des Kunden, die Höhe des zu transferierenden Betrages, den Namen des Begünstigten, Auftraggeberund Empfängerland sowie den Zweck des Transfers anzugeben und gegebenenfalls verdächtige Transaktionen an die Zentralbank als Aufsichtsbehörde zu melden90. Die ausgegebenen Zertifikate haben eine Gültigkeitsdauer von jeweils einem Jahr; danach muss die Registrierung bei der Zentralbank der VAE verlängert werden91. Die Zentralbank hat als Aufsichtsbehörde das Recht, die Registrierungen jederzeit zu widerrufen92. 90 Beispiele für die entsprechenden Formblätter sind bei Central Bank of the UAE, Hawala Regulations System in the UAE-Registration of Hawaladars (Hawala Brokers), S. 9 ff. abgedruckt. 91 Vgl. Ismat, Hawala Regulation System in the UAE. PowerPoint Presentation of the Hawala Conference 2007, S. 13.

C. Ansätze zur Lösung der Geldwäschebekämpfungsproblematik

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Seit dem Start der Kampagne im April 2003 haben bislang93 258 Hawaladare einen Antrag auf Registrierung bei der Zentralbank der VAE gestellt; insgesamt 215 Hawaladare wurden daraufhin offiziell registriert94. Derzeit liegen der Zentralbank 43 Anträge auf Registrierung von Hawaladaren vor, die noch nicht abschließend bearbeitet sind. Mehr als 700 Transaktionen wurden im Zeitraum seit 2003 von registrierten Hawaladaren bei der Zentralbank gemeldet. Angesichts der voraussichtlich weit darüber liegenden Zahl noch informell tätiger Hawaladare in den Vereinigten Arabischen Emiraten kann zwar von einem durchgreifenden Erfolg nicht die Rede sein. Als durchweg positiv zu bewerten ist allerdings der Umstand, dass die VAE mit ihrem vereinfachten Konzept der Registrierung überhaupt Hawaladare dazu bringen, sich registrieren zu lassen. Dies sollte national wie international als Zeichen gewertet werden, dass Hawaladare durchaus daran interessiert zu sein scheinen, vom Negativ-Image des „Underground-Bankers“ abzurücken und ihr Geschäft legal zu betreiben, sofern die Voraussetzungen erfüllbar sind. Auch die Auferlegung von Dokumentationsund Meldepflichten steht nicht per se im Widerspruch zum Hawala-Banking, sondern lassen sich in der praktischen Handhabung durchaus miteinander vereinen, sofern die Pflichten für Hawaladare überschaubar und vor allem erfüllbar bleiben. 2. Internationale Koordination und Zusammenarbeit Auf inter- wie supranationaler Ebene haben sich verschiedenste Institutionen der Problematik der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem angenommen. Neben den Untersuchungen der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) und Projekten von Interpol und der Asiatisch-Pazifischen Gruppe zur Bekämpfung von Geldwäsche beschäftigen sich unter anderem auch Weltbank und der International Monetary Fund (IMF) sowie beispielsweise das US-amerikanische Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN) mit den Hawala-Netzwerken. Besonders hervorzuheben sind auch die regelmäßig in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfindenden internationalen Hawala-Konferenzen, die mögliche Strategien für den weiteren Umgang mit Hawala aufzeigen und die aktuelle Situation in den einzelnen Staaten thematisieren. Die nachfolgende Darstellung ist insoweit nicht als abschließend zu verstehen, sondern beschränkt sich auf die Erörterung einiger exemplarisch ausgewählter Projekte und Maßnahmen, die sich speziell mit der Problematik der Registrierung und Lizenzierung im Hawala-Finanzsystem beschäftigen.

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Ebenda. Stand März 2007. 94 Zu den Zahlen vgl. Ismat, Hawala Regulation System in the UAE. PowerPoint Presentation of the Hawala Conference 2007, S. 32. 93

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a) Internationale Hawala-Konferenzen in den Vereinigten Arabischen Emiraten Die erste von mittlerweile vier internationalen Hawala-Konferenzen in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten fand vom 15.–16. Mai 2002 statt. Als wesentliches Ergebnis der Konferenz, an der mehr als 300 Repräsentanten 58 verschiedener Staaten teilnahmen, ist die bereits an früherer Stelle der Arbeit zitierte „Abu Dhabi Declaration on Hawala“ entstanden. Die dort enthaltenen Empfehlungen sehen eine Regulierung des Hawala-Finanzsystems als erforderlich an, um vor allem die Geldwäschekriminalität in den Hawala-Netzwerken wirksam bekämpfen zu können. Dabei stimmen die Teilnehmer der Konferenz darin überein, dass die Hawala-Netzwerke viele positive Aspekte haben und der Großteil der Hawaladare gesetzmäßig handelt. Neben der Übernahme der 40 Recommendations und den 8 Special Recommendations zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung der FATF in Bezug auf das Hawala-Finanzsystem sieht die Declaration im Wesentlichen vor, dass Aufsichtsbehörden die Einhaltung der Empfehlungen der FATF überwachen und gegebenenfalls durchsetzen sollen. Dabei wird jedoch allgemein anerkannt, dass eventuelle Regulierungsmechanismen nicht zu restriktiv sein dürfen, um eine Abdrängung der Hawala-Netzwerke in den Untergrund zu vermeiden. Auf der zweiten internationalen Hawala-Konferenz vom 3.–5. April 2004, an der insgesamt 375 Vertreter aus 70 Staaten teilnahmen, wurden die Inhalte der „Abu Dhabi Declaration on Hawala“ nochmals bekräftigt. In der die Konferenz abschließenden Erklärung95 wurde die wichtige Schlüsselfunktion von Hawala als Überweisungsnetzwerk vor allem für Migranten und nicht zuletzt die Bedeutung von Hawala und anderen alternativen Überweisungsnetzwerken für das internationale Finanzsystem hervorgehoben. So sei die Existenz alternativer Überweisungsnetzwerke im Kontext mit einem sich verändernden sozio-kulturellen, rechtlichen und ökonomischen Umfeld zu begreifen. Dabei seien im Zusammenhang mit Bestrebungen zur Regulierung alternativer Überweisungssysteme von den Staaten einige besondere Herausforderungen zu bewältigen. Als solche wurden im „Conference Statement“ insbesondere die Gefahr einer Überregulierung der Netzwerke genannt, die zu einer weiteren Abdrängung in den Untergrund führen könnte. Daneben sollten eventuelle Lösungsansätze berücksichtigen, dass diese nicht außer Verhältnis zu den dem Hawala-System innewohnenden Risiken stehen dürften, aber auch mögliche unbeabsichtigte Konsequenzen berücksichtigen müssten. Zudem gingen die sich aus einer Regulierung des Systems ergebenden Vorteile mit einem höheren (Kosten-)Aufwand für die An-

95 Das abschließende „Conference Statement“ der zweiten internationalen HawalaKonferenz ist auf der Homepage der Central Bank der VAE abrufbar unter URL: http://centralbank.ae/pdf/Hawala/Press%20Release-Draft-g-E.pdf [Stand 14/04/2007].

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bieter alternativer Geldtransfers einher. Die Teilnehmer der Konferenz stimmten darin überein, dass eine Lösung für diese Probleme vor allem im Dialog mit den Hawaladaren und den Nutzern dieser Überweisungssysteme zu finden sei, um konstruktive Lösungen zu erarbeiten. Ein erster Schritt sollte national wie international sein, alternative Überweisungssysteme zu registrieren bzw. zu lizenzieren. In Zusammenarbeit mit der FATF und anderen internationalen Institutionen sollten in einem zweiten Schritt dann angemessene weitergehende Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen im alternativen Überweisungssektor implementiert werden. Der Schwerpunkt der 3. Internationalen Hawala-Konferenz vom 2.–3. April 2005 lag denn auch auf der Diskussion der Notwendigkeit, allgemein die Transparenz alternativer Überweisungssysteme zu erhöhen, indem Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen, die auf das Hawala-Finanzsystem angewendet werden, bekannten internationalen Standards entsprechen sollten96. Auch sei es in diesem Zusammenhang wichtig, für registrierte Anbieter alternativer Überweisungssysteme besondere Schulungsmaßnahmen anzubieten und ihnen weiterhin Zugang auch zum „offiziellen“ Bankensektor zu gewähren. Auf der 4. Internationalen Hawala-Konferenz, die vom 18.–20. März 2007 stattfand, wurde insbesondere das Erfordernis einer ausgewogenen, nicht zu strengen Regulierung des Hawala-Systems betont97. Eine Regulierung von Hawala und anderen alternativen Überweisungsnetzwerken sei jedoch erforderlich, um die „schwarzen Schafe“ unter den Nutzern dieser Systeme zu isolieren. Aufsichtsbehörden, Regierungen und Strafverfolgungsorgane müssten in Zusammenarbeit mit dem privaten Bankensektor geeignete Mechanismen erarbeiten, um das Hawala-Finanzsystem einer staatlichen Aufsicht und Kontrolle zu unterwerfen, die Hawaladare umzusetzen imstande sind. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Tenor der Hawala-Konferenzen dahin geht, für alternative Überweisungssysteme wie Hawala eine – geeignete – Form der Regulierung und Kontrolle zu finden, die an Hawaladare keine unüberwindbaren Anforderungen stellt. Am grundsätzlichen Erfordernis des Vorhandenseins einer Kontrolle alternativer Überweisungssysteme bestehen dabei vor dem Hintergrund der globalen Gefahren für das internationale Finanzsystem durch Geldwäschekriminalität ebenso wenig Zweifel, wie an der wichtigen Funktion, die die Hawala-Netzwerke in vielen Teilen der Welt innehaben.

96 Vgl. Ismat, Hawala Regulation System in the UAE. PowerPoint Presentation of the Hawala Conference 2007, S. 39. 97 Die Abschlusserklärung zur vierten internationalen Hawala-Konferenz aus dem Jahr 2007 ist im Internet unter URL: http://centralbank.ae/pdf/Releases/pressRel20-32007-1.pdf [Stand 14/04/2007] abrufbar.

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

b) Weltbank und International Monetary Fund (IMF) Auch Weltbank und International Monetary Fund haben sich bereits in verschiedenen Studien mit der Problematik der alternativen Überweisungssysteme auseinandergesetzt und Lösungsvorschläge für einen sinnvollen weiteren Umgang mit dem Hawala-Finanzsystem erarbeitet98. Basierend auf einer Analyse der historischen Ursprünge des Hawala-Finanzsystems, der aktuellen Situation und des Nutzungsumfanges in verschiedenen Staaten sowie einer ökonomischen Analyse der über Hawala getätigten Transaktionen kommen die Studien im Wesentlichen zu folgenden Schlussfolgerungen99: Historisch gesehen stellen alternative Überweisungssysteme nichts Ungewöhnliches oder Neues dar und sind weit verbreitet. Dabei hat sich speziell das Hawala-Finanzsystem besonders in Rechtssystemen entwickelt, in denen der formelle Bankensektor entweder nur schwach ausgeprägt oder überhaupt nicht vorhanden war. Der Gebrauch des Hawala-Finanzsystems zu illegalen Zwecken ist dagegen nicht von der Entwicklung des formellen Bankensektors abhängig. Die besondere Art und Weise der Durchführung von Transaktionen über Hawala-Netzwerke ohne dass es – wie im Übrigen auch bei Banken – zu einem physischem Transport von Bargeld kommen muss, hat wie auch das weitestgehende Fehlen von Dokumentationen der Transaktionen Auswirkungen auf die ökonomische wie aufsichtsrechtliche Betrachtung des Hawala-Finanzsystems. Daneben erschweren es die fehlenden oder verschlüsselten Aufzeichnungen den einzelnen Staaten, eine genaue Analyse der ökonomischen und finanziellen Situation eines Landes zu erstellen. Da illegal tätige Hawala-Anbieter naturgemäß auch nicht besteuert werden, hat die Existenz des informellen Hawala-Finanzsystems auch Auswirkungen auf die steuerliche Situation der Länder. Eine verlässliche Schätzung über die Menge der tatsächlich über Hawala-Netzwerke durchgeführten Transaktionen ist ebenfalls nicht möglich. Bezogen auf Maßnahmen der Regulierung und Kontrolle des Hawala-Finanzsystems stellen Weltbank und International Monetary Fund (IMF) fest, dass es gravierende Unterschiede in der aufsichtsrechtlichen Behandlung von Hawala vor allem zwischen Sender- und Empfängerländern, also den Ländern, in denen Hawala-Transaktionen hauptsächlich in Auftrag gegeben werden (z. B. Industrie-

98 Vgl. beispielweise die Studien von International Monetary Fund, Regulatory Frameworks for Hawala and Other Remittance Systems; El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System; Maimbo, The Money Exchange Dealers of Kabul. A Study of the Hawala-System in Afghanistan. 99 Die nachfolgend dargestellten Schlussfolgerungen basieren auf der Weltbank-Studie von El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 26 ff.

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staaten) und Ländern, in denen vorwiegend Transaktionen empfangen werden (z. B. Heimatländer von Migranten), gibt. In diesem Zusammenhang spielen unter anderem wiederum der Grad der Entwicklung des formellen Bankensystems und die politische Stabilität eines Landes eine wesentliche Rolle für den Umgang mit Hawala. Im Gegensatz zu den Empfängerländern verfügen die Senderländer meist über gut ausgebaute Banken- und Transfersysteme und eine liberale Devisenpolitik. In diesen Ländern sind die Bemühungen um eine Verhinderung des Missbrauchs des Finanzsystems zu kriminellen Zwecken regelmäßig stärker ausgeprägt. Im Zuge der weltweit steigenden Besorgnis über Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung haben die Bemühungen der Länder, die Tätigkeit alternativer Überweisungssysteme zu regulieren und einer staatlichen Aufsicht zu unterstellen, zugenommen. Besonderen Grund zur Besorgnis bereitet den Ländern dabei vor allem die Anonymität der Transfers. Weltbank und IMF geben insoweit jedoch zu bedenken, dass die Implementation internationaler Standards der Geldwäschebekämpfung mit Rücksicht auf etwaige ökonomische und rechtliche Besonderheiten in den einzelnen Staaten erfolgen müsse. So könnten Maßnahmen, die sich in einem Land als sinnvoll erweisen, in einem anderen Land nicht durchführbar sein. Daneben sei der Umstand zu berücksichtigen, dass allein die Implementation von Regulierungs- und Kontrollmechanismen für alternative Überweisungssysteme nicht gleichzeitig die Einhaltung der Regelungen durch die Anbieter gewährleistet. Selbst die restriktive Verfolgung nicht registrierter oder lizenzierter Anbieter hat bislang in keinem Staat dazu geführt, illegale Anbieter komplett vom Markt zu verdrängen. Die Mehrzahl der Staaten ist mittlerweile dazu übergegangen, das Hawala-Finanzsystem irgendeiner Form von Regulierung zu unterwerfen. Nach Weltbank und IMF solle versucht werden, alternative Überweisungssysteme unter anderem durch höhere Transparenz näher an den formellen, regulierten Finanzsektor heranzuführen, ohne dabei aber die spezifische Natur dieser Systeme zu ändern. Gleichzeitig wird empfohlen, mit einem Maßnahmenkatalog die häufig unbefriedigende Situation im formellen Bankensektor vor allem in den Bereichen Kosten, Zugang und Effektivität zu verbessern. c) Maßnahmen der FATF Die Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) greift sowohl in ihren 40 Empfehlungen zur Bekämpfung der Geldwäsche aus dem Jahr 1990 als auch in den 9 Sonderempfehlungen zur Finanzierung des Terrorismus vom 22. Oktober 2004, die gemeinsam den elementaren Rahmen zur Aufdeckung, Verhütung und Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung und terroristischer Akte bilden sollen, die Problematik der Kontrolle und Aufsicht über Finanzinstitutionen auf, ohne jedoch in den Empfehlungen eine Entscheidung zugunsten

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

einer stärker einschränkenden Lizenzierung oder aber lediglich einer Registrierung auszusprechen. aa) 40 Recommendations Innerhalb der 40 Empfehlungen der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) vom 07.02.1990100 als internationalem Maßnahmenkatalog gegen Geldwäsche geht insbesondere die Empfehlung Nr. 23 auf die Frage der Regulierung und Kontrolle von Finanzinstitutionen ein: „Countries should ensure that financial institutions are subject to adequate regulation and supervision and are effectively implementing the FATF Recommendations. Competent authorities should take the necessary legal or regulatory measures to prevent criminals or their associates from holding or being the beneficial owner of a significant or controlling interest or holding a management function in a financial institution. For financial institutions subject to the Core Principles („Core Principles“ refers to the Core Principles for Effective Banking Supervision issued by the Basel Committee on Banking Supervision, the Objectives and Principles for Securities Regulation issued by the International Organization of Securities Commissions, and the Insurance Supervisory Principles issued by the International Association of Insurance Supervisors.), the regulatory and supervisory measures that apply for prudential purposes and which are also relevant to money laundering, should apply in a similar manner for anti-money laundering and terrorist financing purposes. Other financial institutions should be licensed or registered and appropriately regulated, and subject to supervision or oversight for anti-money laundering purposes, having regard to the risk of money laundering or terrorist financing in that sector. At a minimum, businesses providing a service of money or value transfer, or of money or currency changing should be licensed or registered, and subject to effective systems for monitoring and ensuring compliance with national requirements to combat money laundering and terrorist financing.“ (Recommendation 23, FATF)

Nach der Empfehlung Nr. 23 der FATF haben die Länder also sicherzustellen, dass Finanzinstitutionen einer adäquaten Regulierung und Aufsicht unterstellt werden. Dem Begriff der Finanzinstitutionen unterfallen laut FATF dabei alle natürlichen oder juristischen Personen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit unter anderem den Transfer von Geldern oder Werten für Kunden oder im Kundenauftrag anbieten bzw. durchführen. Diese Definition umfasst ausdrücklich nicht nur finanzielle Aktivitäten im formellen, sondern auch im so genannten informellen Finanzsektor; als Beispiel für eine Tätigkeit im informellen Sektor wird insoweit explizit auf die alternativen Überweisungssysteme Bezug genommen101. 100 Die aktuelle Fassung der 40 Empfehlungen der FATF kann im Internet unter http://www.fatf-gafi.org/dataoecd/7/40/34849567.PDF [Stand 05/03/2007] abgerufen werden. 101 FATF, The forty recommendations, S. 13.

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Soweit es Finanzinstitutionen anbelangt, die nicht unmittelbar der „Grundsatzerklärung zur Verhinderung des Missbrauchs des Bankensystems durch die Geldwäsche“ 102 des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht vom 12. Dezember 1988 unterliegen, sieht die Empfehlung eine „angemessene“ Regulierung in Form der Lizenzierung oder Registrierung der Finanzinstitutionen vor. Als Minimalanforderung sollen nach der Empfehlung Nr. 23 jedenfalls Anbieter des Finanztransfergeschäftes und Wechselstuben lizenziert oder registriert werden und darüber hinaus effektiven Systemen zur Überwachung und Sicherstellung der Einhaltung entsprechender nationaler Regelungen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unterliegen. Dagegen werden weder in den 40 Empfehlungen selbst, noch in der ergänzenden „Interpretative Note“ konkrete Aussagen dazu getroffen, welche Voraussetzungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, damit sich beispielsweise Anbieter alternativer Überweisungssysteme lizenzieren oder registrieren lassen können. Gleiches gilt für die Art und Weise der Beaufsichtigung der Anbieter. So unterscheiden sich Registrierung und Erlaubniserteilung, ggf. mit anschließender laufender Aufsicht deutlich in Qualität und Umfang der damit verbundenen Beaufsichtigung. Die Empfehlung belässt die Entscheidung über Art und Weise der Regulierung damit im Wesentlichen den Ländern, die ohnehin über sich teilweise stark unterscheidende Regularien für Banken und Finanzdienstleister verfügen. bb) 9 Special Recommendations Die Sonderempfehlung VI103 vom November 2001 ist im Gegensatz zu der allgemeiner gehaltenen Empfehlung Nr. 23 speziell auf alternative Überweisungssysteme ausgerichtet und sieht die Sicherstellung eines speziellen Maßnahmenkataloges vor: „Each country should take measures to ensure that persons or legal entities, including agents, that provide a service for the transmission of money or value, including transmission through an informal money or value transfer system or network, should be licensed or registered and subject to all the FATF Recommendations that apply to banks and non-bank financial institutions. Each country should ensure that persons or legal entities that carry out this service illegally are subject to administrative, civil or criminal sanctions.“ (Special Recommendation VI: Alternative Remittance, FATF)

102 Die Grundsatzerklärung ist im Internet unter http://www.bis.org/publ/bcbsc 137de.pdf [Stand 05/03/2007] abrufbar. 103 FATF, Special Recommendations on Terrorist Financing, S. 2.

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Die Sonderempfehlung VI besteht somit aus drei verschiedenen Elementen104: Zum einen sollen die FATF-Mitgliedsstaaten Personen und Unternehmen, die Zahlungsverkehrsdienstleistungen auch außerhalb der formellen Zahlungsverkehrssysteme anbieten, lizenzieren oder registrieren. Daneben sollen die Staaten sicherstellen, dass alternative Überweisungssysteme den für Finanzdienstleistungsinstitute geltenden Empfehlungen der FATF unterworfen werden. Ferner haben die Staaten dafür Sorge zu tragen, dass Unternehmen, die Finanztransferdienstleistungen ohne Erlaubnis oder Registrierung anbieten, zivil- oder strafrechtlich sanktioniert werden. Dabei erfolgt die Sicherstellung der Einhaltung der FATF-Sonderempfehlung VI über die Prüfungsmechanismen von internationalem Währungsfonds und Weltbank105. Der Begriff der alternativen Überweisungssysteme („alternative remittance services“) wird von der FATF relativ allgemein definiert als Finanzdienstleistungen, die von natürlichen oder juristischen Personen traditionell außerhalb des konventionellen Finanzsektors ausgeübt werden und die aus dem Transfer von Geldern oder Werten von einem Ort an einen anderen Ort bestehen106. Dabei ist es unerheblich, ob die Anbieter Bargeld, Schecks, oder andere Zahlungsmedien annehmen, solange ein entsprechender Betrag, gleich mittels welchem Zahlungsmedium wieder an den Empfänger des Geldes ausgezahlt wird. Ebenso unerheblich ist, welche Kommunikationsmittel für den Transfer der Gelder oder Werte verwendet werden oder ob für den Transfer Dritte Parteien zwischengeschaltet werden107. Die „Interpretative Note“ nimmt insoweit ausdrücklich auf Transfersysteme wie Hawala, Hundi, fei-ch’ien und den Schwarzmarkt-PesoTausch Bezug. Ähnlich wie schon in der Empfehlung Nr. 23 wird die Entscheidung über die Art und Weise der Regulierung alternativer Überweisungssysteme weitgehend den FATF-Mitgliedsstaaten überlassen. Während eine Registrierung nach der FATF lediglich das Erfordernis einer Eintragung in ein Register oder eine Erklärung gegenüber einer entsprechenden Behörde, einen Geldtransferservice zu betreiben, verlangt, geht der Begriff der Lizenzierung weiter und wird definiert als Erfordernis, eine Genehmigung von einer zuständigen Behörde einzuholen, um das Gewerbe legal ausüben zu können. Über die an die Erteilung der Genehmigung zu stellenden Anforderungen wird wiederum keine Aussage getroffen, mit der Folge, dass es in einigen FATF-Ländern für die Anbieter erheblich 104 So auch FATF, Interpretative Note to Special Recommendation VI: Alternative Remittance, S. 1. 105 Vgl. hierzu auch BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 86. 106 FATF, Combating the Abuse of Alternative Remittance Systems: International Best Practices, S. 1. 107 FATF, Interpretative Note to Special Recommendation VI: Alternative Remittance, S. 1.

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leichter sein dürfte, sich registrieren oder lizenzieren zu lassen als in anderen Ländern, zumal selbst die Genehmigungserteilung nicht unter dem Vorbehalt etwa einer laufenden Aufsicht steht. Allerdings sieht die FATF das Kernelement einer Regulierung alternativer Überweisungssysteme vor allem in dem Umstand, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden überhaupt Kenntnis von der Existenz eines solchen Transferservices erlangen, mit der Folge einer höheren Transparenz der Tätigkeit dieser Anbieter108. Dieses kann jedoch mit einigen Abstrichen von Registrierung und Lizenzierung gleichermaßen geleistet werden. In Ergänzung zu der Sonderempfehlung VI konkretisiert das „Best Practices Paper“ der FATF die Handlungsempfehlungen an die Staaten, um die Einhaltung von bestimmten Minimalanforderungen sicherzustellen. In Bezug auf das Erfordernis der Registrierung bzw. Lizenzierung wird den Aufsichtsbehörden beispielsweise aufgegeben, Hintergrundanalysen der Anbieter alternativer Überweisungssysteme durchzuführen, um deren persönliche und fachliche Geeignetheit für die Tätigkeit des Finanztransfergeschäftes festzustellen109. Hierzu gehört nach der FATF vor allem die Überprüfung eventueller (einschlägiger) Vorstrafen von Antragstellern, Geschäftsführern und Eigentümern des Gewerbes. Ferner wird den Mitgliedsländern aufgegeben, die Geschäftsadressen des auszuübenden Gewerbes festzuhalten und die Antragsteller zu einer Mitteilung von etwaigen Änderungen von Adresse oder Art der Geschäftstätigkeit zu verpflichten. Daneben sollen von den Anbietern Namen und Adressen von Banken und anderen (offiziellen) Finanzdienstleistungsinstitutionen mitgeteilt werden, mit denen die Anbieter zusammenarbeiten, beispielsweise um Kundengelder zu transferieren oder ein Clearing der Transaktionen herbeiführen110. Übereinstimmend mit der Einschätzung anderer Institutionen erkennt jedoch auch die FATF, dass zu restriktive Regulierungsmechanismen das Gegenteil von dem bewirken könnten, was mit der Implementierung von Kontrollmechanismen eigentlich bezweckt werden sollte und sich die Systeme in der Folge jeglicher Aufsicht und Kontrolle entziehen111. In Bezug auf die Implementation von Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung in den alternativen Überweisungssystemen, wie beispielsweise dem KnowYour-Customer-Prinzip, Aufzeichnungspflichten und der Pflicht zur Meldung verdächtiger Transaktionen sieht die FATF vor, dass alternative Überweisungssysteme wenigstens die in der Empfehlung Nr. 5 vorgesehenen Identifikations108 FATF, Combating Best Practices, S. 3. 109 FATF, Combating Best Practices, S. 4. 110 FATF, Combating Best Practices, S. 4. 111 FATF, Combating Best Practices, S. 7.

the Abuse of Alternative Remittance Systems: International the Abuse of Alternative Remittance Systems: International the Abuse of Alternative Remittance Systems: International the Abuse of Alternative Remittance Systems: International

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pflichten zu erfüllen haben, um das Know-Your-Customer-Prinzip einzuhalten112: „[. . .] identifying the customer and verifying that customer’s identity using reliable, independent source documents, data or information.“

Zur Identifikation der Kunden sind dabei ausschließlich Personalausweis, Reisepass, Führerschein oder Sozialversicherungskarte zu verwenden. Kann die Identifikation nicht in ausreichender Form durchgeführt werden, ist die Durchführung der Transaktion zu verweigern. Auch Transaktionen, die telefonisch, per Internet oder Telefax aufgegeben werden dürfen nur nach vorheriger Identifikation der Kunden ausgeführt werden. Was die Aufzeichnungspflichten anbelangt, traditionell eine Schwachstelle bei den alternativen Überweisungssystemen, erwartet die FATF die Einhaltung bestimmter Minimalanforderungen, deren Festlegung sie aber in die Verantwortung der einzelnen Mitgliedsstaaten legt113. Zwar wird grundsätzlich die Einhaltung von Aufzeichnungspflichten gerade im Bereich der alternativen Überweisungssysteme für besonderes wichtig gehalten, um eine effektive Regulierung dieser Systeme sicherzustellen114. Andererseits sei es ebenso wichtig, auf eine Balance zwischen den Bedürfnissen der Aufsichtsbehörden und der damit verbundenen Belastung für die Anbieter zu achten. Ähnliches gilt für die Verpflichtung zur Meldung verdächtiger Transaktionen. Für den Bereich des Compliance Monitoring soll durch die Gesetzgebung der Staaten sichergestellt werden, dass Aufsichtsbehörden die Möglichkeit haben, die von den Dienstleistern alternativer Überweisungssysteme gefertigten Aufzeichnungen einzusehen und die Tätigkeit der Anbieter zu kontrollieren, beispielsweise durch nicht angekündigte Besuche115. d) Ansatz der Europäischen Union Auf europäischer Ebene hat das Europäische Parlament die Tätigkeit von Wechselstuben und Unternehmen, die das Finanztransfergeschäft betreiben, bereits in der 2. EG-Geldwäscherichtlinie aus dem Jahr 2001 (Richtlinie 2001/97/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/308/EWG des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche) ausdrücklich erfasst116. Der 112 FATF, Combating the Abuse of Alternative Remittance Systems: International Best Practices, S. 7 f. 113 Ebenda. 114 Ebenda. 115 FATF, Combating the Abuse of Alternative Remittance Systems: International Best Practices, S. 8. 116 Vgl. insoweit die Ausführungen oben unter Teil 4, C. III. 2.

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ausdrücklichen Benennung des Finanztransfergeschäftes hätte es jedoch gar nicht bedurft, erstreckt sich doch der Anwendungsbereich der 2. EG-Geldwäscherichtlinie neben Kreditinstituten auch auf Finanzinstitute, als Unternehmen, die nicht Kreditinstitute sind, und „die eines oder mehrere der in den Nummern 2 bis 12 und 14 der Liste in Anhang I der Richtlinie 2000/12/EG117 aufgeführten Geschäfte tätigen“. So sind unter Nr. 4 der in Anhang I der Richtlinie 2000/ 12/EG aufgeführten Geschäfte „Dienstleistungen zur Durchführung des Zahlungsverkehrs“ aufgeführt. Hierunter fällt eben auch die Tätigkeit des Finanztransfergeschäftes, da der Zahlungsverkehr die Gesamtheit der Zahlungsvorgänge innerhalb eines Staates oder im Verhältnis zu anderen Staaten, aber auch alle Zahlungstransaktionen einer einzelnen Person oder Bank erfasst118. Dabei ist es unerheblich, ob der Zahlungsverkehr unbar im Rahmen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, halbbar, beispielsweise mittels Zahlungsanweisung oder in bar mittels Banknoten erfolgt119. Allerdings haben die für die Geschäftstätigkeiten der Kreditinstitute einschlägigen EU-Bankenrichtlinien, insbesondere die Richtlinie 2000/12/EG über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute120, ebenso wie die ersten beiden EG-Geldwäscherichtlinien aus den Jahren 1991 und 2000 Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Durchführung des Zahlungsverkehrs bislang weitgehend unreguliert gelassen. Insoweit spricht das deutsche Bundesministerium der Finanzen von der Existenz eines signifikanten Aufsichts- und Regulierungsgefälles in der Europäischen Union121. aa) EG-Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt Im Rahmen der Neuregelung des Rechtsrahmens für den Zahlungsverkehr im Binnenmarkt hat die Europäische Kommission am 01.12.2005 einen Vorschlag für eine Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt vorgelegt122. Neben 117 Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABl. L 126 vom 26.5.2000, S. 1–59. 118 Zur Definition des Begriffes des Zahlungsverkehrs vgl. Gabler Bank Lexikon, Band 4, S. 1729. 119 Ebenda. 120 Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute. ABl. L 126 vom 26.5.2000, S. 1–59. URL: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/oj/ 2000/l_126/l_12620000526de00010059.pdf [Stand 23/04/2007]. 121 BMF, Monatsbericht 10/2004, Der Missbrauch des Finanzsystems durch „Underground Banking“, S. 85. 122 Der Kommissionsentwurf vom 1.12.2005 für eine „Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt“ Ratsdok.-Nr.: 15625/05; Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über Zahlungsdienste im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2000/12/EG und 2002/65/EG ist im Internet unter URL:http://

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der Harmonisierung des nationalen Zivilrechts für Zahlungsdienste (z. B. Überweisung, Lastschrift, Kreditkarten) beabsichtigt der Vorschlag die Schaffung eines einheitlichen Aufsichtsrechts über Zahlungsdienstleister. Hiernach sollen für alle Anbieter von Zahlungsverkehrsdienstleistungen, inklusive derjenigen für das Remittance-Geschäft, eine Erlaubnispflicht und ein System laufender Aufsicht wie in Deutschland vorgesehen werden. Zudem sollen unlizenziert tätige Betreiber sanktioniert und vom Markt genommen werden. Die EG-Richtlinie ergänzt damit eine Initiative der Zahlungsverkehrsbranche, die sich verpflichtet hat, bis zum Jahr 2010 einen „einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum“ (SEPA) mit integrierten Zahlungsverkehrssystemen und -produkten zu schaffen. Im Einzelnen soll durch die neue EG-Richtlinie ein europaweit einheitliches Recht für Nicht-Banken (Zahlungsdienstleister) zur Erbringung von Zahlungsdiensten an die Allgemeinheit durch die Festlegung einer Reihe harmonisierter Marktzugangsanforderungen für die Institute geschaffen werden. Daneben ist die Einführung harmonisierter Informationspflichten, die alle Zahlungsdienstleister erfüllen müssen sowie ferner die Festlegung von Rechten und Pflichten der Nutzer und Anbieter von Zahlungsdiensten Gegenstand der Zahlungsdienste-Richtlinie. Die Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates über Zahlungsdienste im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2000/12/ EG und 2002/65/EG wird in den nächsten Monaten im Amtsblatt der EU veröffentlicht123. Den Mitgliedsstaaten ist zur Umsetzung in nationales Recht eine Frist bis zum 01. November 2009 gesetzt. (1) Anwendungsbereich Nach Artikel 2 Nr. 1 der Richtlinie ist der Anwendungsbereich grundsätzlich für alle „Zahlungsdienste“ innerhalb der Gemeinschaft eröffnet. Dem Begriff der „Zahlungsdienste“ nach Artikel 4 der Richtlinie unterfällt dabei ausdrücklich auch das im Anhang der Richtlinie unter Absatz 7 aufgeführte Finanztransfergeschäft, als „Zahlungsdienst, bei dem ohne Einrichtung eines Zahlungskontos auf den Namen des Zahlers oder des Zahlungsempfängers ein Geldbetrag von einem Zahler ausschließlich zur Überweisung eines entsprechenden Betrags www.bmelv.de/cln_044/nn_760530/SharedDocs/downloads/02-Verbraucherschutz/Mar kt/RichtlinieZahlungsdiensteBinnenmarkt,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/ RichtlinieZahlungsdiensteBinnenmarkt.pdf [Stand 23/04/2007] abrufbar. 123 Nach der erfolgten Zustimmung durch das Europäische Parlament wurde nunmehr auch das Richtliniensetzungsverfahren abgeschlossen [Stand August 2007]. Mit einer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union wird jedoch frühestens in einigen Monaten zu rechnen sein, da der Richtlinientext noch in die Amtssprachen der Europäischen Union übersetzt werden muss. Der für die Mitgliedsstaaten innerhalb der Richtlinie vorgeschriebene späteste Umsetzungszeitpunkt in nationales Recht ist der 1. November 2009.

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an einen Zahlungsempfänger oder an einen anderen, im Namen des Zahlungsempfängers handelnden Zahlungsdienstleister, entgegengenommen wird und/ oder bei dem der Geldbetrag im Namen des Zahlungsempfängers entgegengenommen und diesem verfügbar gemacht wird“, vgl. Artikel 4 Abs. e der Richtlinie. Soweit es die in Teil II der Richtlinie getroffenen Zulassungsregelungen und sonstige zu erfüllende Anforderungen im Zusammenhang mit der auszuübenden Tätigkeit betrifft, ist es grundsätzlich ausreichend, dass lediglich einer der an einem Zahlungsvorgang beteiligten Zahlungsdienstleister in der Europäischen Gemeinschaft ansässig ist. Im Ergebnis werden damit alle in der Europäischen Gemeinschaft tätigen Hawaladare – deren Tätigkeit bislang ja auch schon dem Begriff des Finanztransfergeschäftes unterfällt – vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst, unabhängig davon, ob ein Zahlungsvorgang innerhalb der EG ausgeführt wird oder ob die Gelder an einen Empfänger im außereuropäischen Ausland geleitet werden sollen. (2) Zulassungsvoraussetzungen Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Zulassung als Zahlungsinstitut sind in den Artikeln 5 ff. der Richtlinie geregelt. Dem bei der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats einzureichenden Antrag sind nach Artikel 5 der Richtlinie unter anderem ein Tätigkeitsprogramm, aus dem insbesondere die Art der beabsichtigten Zahlungsdienste hervorgeht sowie ein Geschäftsplan mit einer Budgetplanung für die ersten drei Geschäftsjahre beizufügen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller über angemessene und geeignete Systeme, Ressourcen und Verfahren verfügt, um seine Tätigkeit solide auszuführen. Ferner muss der Antragsteller eine Beschreibung der Unternehmenssteuerung und der internen Kontrollmechanismen des Antragstellers einschließlich der Verwaltungs-, Risikomanagement- und Rechnungslegungsverfahren abgeben, aus der hervorgeht, dass Unternehmenssteuerung, Kontrollmechanismen und Verfahren verhältnismäßig, angemessen, zuverlässig und ausreichend sind. Erforderlich ist im Einzelnen das Vorhandensein einer soliden Unternehmenssteuerung für das Zahlungsdienstgeschäft mit einer klaren Organisationsstruktur mit genau abgegrenzten und transparenten Verantwortungsbereichen sowie von wirksamen Verfahren zur Ermittlung, Steuerung, Überwachung und Meldung der Risiken, denen das Unternehmen ausgesetzt ist oder ausgesetzt sein könnte sowie von angemessenen internen Kontrollmechanismen, einschließlich soliden Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren, Artikel 6 Zahlungsdiensterichtlinie. Neben einer Darstellung des organisatorischen Aufbaus des geplanten Unternehmens, gegebenenfalls einschließlich einer Beschreibung der geplanten Inanspruchnahme von Zweigniederlassungen und Bevollmächtigten sowie einer Darstellung der Auslagerungsvereinbarungen, und einer Beschreibung der Art und

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Weise seiner Teilnahme an einem einzelstaatlichen oder internationalen Zahlungssystem, sind ferner die internen Kontrollmechanismen, die der Antragsteller eingeführt hat, um unter anderem die Anforderungen der 3. EG-Geldwäscherichtlinie zu erfüllen, zu beschreiben. Des Weiteren sieht Artikel 5 die Angabe der Namen der Personen, die Beteiligungen an dem antragstellenden Unternehmen halten, die Höhe ihrer effektiven Beteiligung sowie den Nachweis, dass sie den an eine solide und umsichtige Führung des Zahlungsinstituts zu stellenden Ansprüchen genügen. Ferner sind im Antrag auf Zulassung Angaben über die Namen der Geschäftsführer und die für die Geschäftsführung des Zahlungsinstituts verantwortlichen Personen zu machen, und nachzuweisen, dass sie über einen guten Leumund und über die vom Herkunftsmitgliedstaat des Zahlungsinstituts festgelegten angemessenen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erbringung von Zahlungsdiensten verfügen. Ergänzend sind weiterhin Rechtsform und Satzung des antragstellenden Instituts zu benennen sowie gegebenenfalls die Namen von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften124 sowie die Anschrift der Hauptverwaltung des Unternehmens. Ferner sieht Artikel 5 die Beschreibung der Abschlussprüfungsverfahren und organisatorischen Regelungen vor, die es dem Antragsteller ermöglichen, alle von ihm zu erwartenden Vorkehrungen zu treffen, um die Interessen seiner Nutzer zu schützen und bei der Erbringung von Zahlungsdiensten Kontinuität und Verlässlichkeit zu garantieren. Eine Zulassung als Zahlungsinstitut ist ferner an das Vorhandensein bestimmter Eigenmittel geknüpft. Bezogen auf das Betreiben des Finanztransfergeschäftes legt Artikel 5b der Richtlinie fest, dass die Institute jederzeit über ein Eigenkapital in Höhe von mindestens 20.000 Euro verfügen müssen. Betreibt ein Institut neben den Zahlungsdienstleistungen zugleich noch andere Geschäftstätigkeiten, sind ferner in Artikel 5d der Richtlinie festgelegte, bestimmte Schutzbestimmungen zu beachten. Hierzu gehört beispielsweise das Verbot der Vermischung von Kundengeldern mit Geldbeträgen anderer natürlicher oder juristischer Personen als der Zahlungsdienstnutzer, für die sie gehalten werden, und – für den Fall einer Insolvenz – dem Schutz der Kundengelder vor den Forderungen anderer Gläubiger des Zahlungsinstituts. Alternativ ist auch die Beibringung einer Versicherungspolice oder einer vergleichbaren Garantie über die Beträge, die sonst getrennt gehalten werden müssten, möglich, die im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Zahlungsinstituts auszuzahlen ist. Erbringt ein Zahlungsinstitut einen Zahlungsdienst wie beispielsweise das Finanztransfergeschäft und geht dabei zugleich anderen Geschäftstätigkeiten nach, können die zuständigen Behörden ferner vorschreiben, dass eine eigene Geschäftseinheit für das Zahlungsdienstgeschäft geschaffen werden muss, wenn die Nicht-Zahlungs124 Zu den Voraussetzungen, die an Rechnungslegung und Abschlussprüfung zu stellen sind, vergleiche im Einzelnen Artikel 9a der Zahlungsdiensterichtlinie.

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dienstgeschäfte des Zahlungsinstituts entweder die finanzielle Solidität des Zahlungsinstituts oder die Fähigkeit der zuständigen Behörden beeinträchtigen oder beeinträchtigen könnten, vgl. Artikel 6. Zahlungsinstitute sind nach Artikel 16 der laufenden Aufsicht und Kontrolle von Aufsichtsbehörden zu unterstellen. Um die Einhaltung der einzelnen Bestimmungen zu überprüfen, sind die Aufsichtsbehörden der einzelnen Mitgliedsstaaten unter anderem dazu befugt, von den Instituten die Angaben anzufordern, die notwendig sind, um die Einhaltung dieser Bestimmungen zu überprüfen, Inspektionen vor Ort durchzuführen sowie Empfehlungen und Leitlinien sowie verbindliche Verwaltungsvorschriften zu erlassen. (3) Ausnahmeregelungen Frei nach dem Motto „Keine Regel ohne Ausnahme“ lässt auch Artikel 21 der EG-Richtlinie Ausnahmen von den einzelnen Bestimmungen der Richtlinie zu und stellt die Optierung zu einer solchen Ausnahmeregelung und der Ausgestaltung der Ausnahmeregelungen im Einzelnen in das Belieben und die Verantwortung der jeweiligen Mitgliedsstaaten. So können nach der Zahlungsdiensterichtlinie zunächst grundsätzlich nur juristische Personen eine Zulassung für die gemeinschaftsweite Erbringung und Ausführung von Zahlungsdiensten erhalten, vgl. Art. 4 Abs. 2b („Zahlungsinstitute“). Unter den Voraussetzungen von Artikel 21 können jedoch auch natürliche Personen Zahlungsdienste erbringen und werden wie Zahlungsinstitute behandelt, sofern die jeweiligen Mitgliedsstaaten hierzu optieren. Schwerpunktmäßig sollen durch die in Artikel 21 getroffene Möglichkeit, von den einzelnen strengen Zulassungsvoraussetzungen abzusehen und Anbieter ggf. unter vereinfachten Voraussetzungen den Betrieb von Zahlungsdiensten zu ermöglichen, jedoch nicht natürliche Personen angesprochen werden, sondern vor allem solche Finanztransferdienstleister, die dem bekannten Begriff der „alternativen Überweisungssysteme“ unterfallen: „Da es wünschenswert ist, dass Namen und Sitz aller Finanztransferdienstleister registriert werden und jedem von ihnen unabhängig davon, ob er sämtliche Voraussetzungen für eine Zulassung als Zahlungsinstitut erfüllt, eine gewisse Form der Anerkennung zugestanden wird, damit niemand in die Schattenwirtschaft gedrängt wird und alle Finanztransferdienstleister bestimmten rechtlichen Mindestanforderungen unterworfen werden, sollte im Einklang mit dem Grundprinzip der Sonderempfehlung VI der Arbeitsgruppe „Financial Action Task Force“ (FATF) eine Möglichkeit geschaffen werden, die es erlaubt, auch solche Zahlungsdienstleister, die nicht alle Voraussetzungen erfüllen können, als Zahlungsinstitute zu behandeln. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedsstaaten diese Finanztransferdienstleister in das Register der Zahlungsinstitute aufnehmen, auch wenn sie nicht alle oder nur einen Teil der Zulassungsvoraussetzungen erfüllen. Doch sollte diese Ausnahmemöglichkeit an strikte Bedingungen, d.h. ein bestimmtes Transaktionsvolumen, geknüpft

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werden. Freigestellten Zahlungsinstituten wird weder die Niederlassungsfreiheit noch der freie Dienstleistungsverkehr gewährt noch sollten sie diese Rechte indirekt, als Mitglieder eines Zahlungssystems, ausüben können.“ 125

Damit stellt die Europäische Gemeinschaft auch die Voraussetzungen, unter denen alternative Überweisungssysteme Zahlungsdienstleistungen erbringen dürfen, ausdrücklich in die Verantwortung der einzelnen Staaten. Von der beabsichtigten Schaffung eines einheitlichen Aufsichtsrechts über alle Zahlungsdienstleister kann insofern keine Rede sein, zumal die für die Annahme einer Ausnahmeregelung zwingend zu erfüllenden Mindestvoraussetzungen lediglich vorsehen, dass der Gesamtbetrag der Zahlungsvorgänge, die von der betreffenden Person ausgeführt werden, im Monatsdurchschnitt der vorangegangenen zwölf Monate höchstens 3 Mio. Euro betragen darf und darüber hinaus keine der für die Leitung oder den Betrieb des Unternehmens verantwortlichen natürlichen Personen wegen Verstößen gegen Geldwäschevorschriften oder wegen Terrorismusfinanzierung oder anderen Finanzstraftaten verurteilt worden sein darf. Natürliche oder juristische Personen, die unter die Ausnahmeregelung fallen, müssen zudem ihre Hauptverwaltung oder ihren Wohnort zwingend in dem Mitgliedstaat haben, in dem sie ihre Tätigkeit tatsächlich ausüben. Die für zugelassene Zahlungsinstitute bestehende Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit innerhalb der Staaten der europäischen Gemeinschaft gilt nicht für Personen und Unternehmen, die unter die Ausnahmeregelung des Artikel 21 fallen. Eine weitere Einschränkung macht Artikel 21 insoweit, als sich die von den Mitgliedsstaaten im Einzelnen zu erarbeitenden Ausnahmeregelungen in keinem Fall auf die in der 3. EG-Geldwäscherichtlinie getroffenen Bestimmungen oder einzelstaatliche Bestimmungen zur Bekämpfung der Geldwäsche erstrecken dürfen. Optiert ein Mitgliedsstaat zu einer entsprechenden Ausnahmeregelung, sind die der Ausnahmeregelung unterfallenden Zahlungsdienste zusammen mit den Zahlungsinstituten in einem öffentlichen Register aller Zahlungsdienste einzutragen, dass von jedem Mitgliedsstaat zu errichten ist, vgl. Artikel 8, 22. Dabei sind zugelassene Zahlungsinstitute im Register getrennt von den gemäß Artikel 21 registrierten natürlichen und juristischen Personen aufzuführen. Es erfolgt also eine Trennung zwischen Zahlungsinstituten, von denen sämtliche in der Richtlinie vorgeschriebenen Voraussetzungen zu erfüllen sind, um eine Zulassung durch die Finanzaufsicht zu erhalten und den so genannten Zahlungsdiensten, wozu zum einen die Zahlungsinstitute gehören, zum anderen aber auch solche Zahlungsdienstleister, die nicht alle Voraussetzungen erfüllen, um 125

12.

So die Erlassbegründung (vor Artikel 1) der EG-Zahlungsdienste-Richtlinie, Nr.

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Zahlungsinstitut sein zu können. Die Zahlungsdiensterichtlinie der EG unterscheidet damit im Ergebnis zwischen einem System der Zulassung und laufenden Aufsicht von Zahlungsinstituten auf der einen Seite und der reinen Registrierung von Zahlungsdiensten, die keine Zahlungsinstitute sind auf der anderen Seite. Auch wenn die Zielrichtung der Zahlungsdiensterichtlinie eindeutig darauf ausgerichtet ist, möglichst allen Finanzdienstleistern – unabhängig davon, ob sie sämtliche Voraussetzungen für eine Zulassung als Zahlungsinstitut erfüllen – durch eine Registrierung eine gewisse Form der Anerkennung zuzustehen, um eine Abdrängung in die Schattenwirtschaft zu vermeiden, sind aller Voraussicht nach auch zukünftig keine wesentlichen Änderungen im aufsichtsrechtlichen Umgang der einzelnen Staaten mit den alternativen Überweisungssystemen zu erwarten, da letztlich sowohl die Optierung zu der Ausnahmeregelung als auch die Ausgestaltung im Einzelnen ausdrücklich in das Belieben der Mitgliedsstaaten gestellt wird (Artikel 21, 22) und lediglich das System der Zulassung und laufenden Aufsicht für Zahlungsinstitute von den Mitgliedsstaaten zwingend zu beachten ist. (4) Sonstige Bestimmungen Des Weiteren enthält die EG-Richtlinie Vorgaben über die Transparenz der Vertragsbedingungen und Informationspflichten für Zahlungsdienste (Titel III) und legt bestimmte Rechte und Pflichten bei der Erbringung und Nutzung von Zahlungsdiensten fest (Titel IV). Diese Vorgaben sind, unabhängig davon, ob es sich um ein Zahlungsinstitut oder einen Zahlungsdienst handelt, von allen Zahlungsdienstleistern – also auch zugelassenen oder registrierten Hawaladaren – zu beachten, sofern sowohl Auftraggeber- als auch Empfängerdienstleister in der Europäischen Gemeinschaft ansässig sind, Artikel 2. Unter anderem wird für die Durchführung von Einzelzahlungen, die nicht Gegenstand eines Rahmenvertrages (beispielsweise Kontokorrentvertrag bei einem Kreditinstitut) sind, festgelegt, dass dem Nutzer des Zahlungsdienstes bestimmte Informationen zu übermitteln sind; hierzu gehören beispielsweise die maximale Ausführungsfrist für den zu erbringenden Zahlungsdienst; alle Gebühren, die der Zahlungsdienstnutzer an den Zahlungsdienstleister zu entrichten hat sowie der dem Zahlungsvorgang zugrunde zu legende tatsächliche Wechselkurs oder Referenzwechselkurs (Art. 26). Diese Informationen und andere Vertragsbedingungen sind dem Nutzer in einer für diesen leicht zugänglichen Form (Papierform, etc.) mitzuteilen, bevor sich der Zahlungsdienstnutzer durch einen Vertrag oder ein Angebot für die Ausführung einer Einzelzahlung rechtlich bindet (Art. 25). Ergänzende Vorgaben machen Artikel 27 im Hinblick auf die dem Zahler nach Eingang der Zahlungsanweisung zu übermittelnden Angaben und Artikel 28 hinsichtlich der dem Zahlungsempfänger nach Ausführung des Zahlungsvorgangs zu übermittelnden Angaben.

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Ebenfalls geregelt werden in der EG-Richtlinie unter anderem die Haftung des Zahlungsdienstleisters für durch den Kunden nicht autorisierte Zahlungsvorgänge, die Voraussetzungen für eine Rückerstattung eines von einem oder über einen Zahlungsempfänger angewiesenen Zahlungsvorgangs, Bestimmungen zu der Ablehnung der Durchführung von in Auftrag gegebenen Zahlungsanweisungen, oder zur Unwiderruflichkeit von Zahlungsanweisungen (nach dem Eingang der Zahlung beim Zahlungsdienstleister des Zahlers kann die Zahlungsanweisung nicht mehr widerrufen werden). Ferner sind Regelungsgegenstände der Richtlinie Ausführungsart und Wertstellungsdatum von Zahlungen und Haftungsregelungen unter anderem für falsch oder nicht ausgeführte Geldtransfers. bb) 3. EG-Geldwäscherichtlinie Die 3. EG-Geldwäscherichtlinie (Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung) verpflichtet nunmehr die Mitgliedsstaaten, dass Unternehmen, die das Finanztransfergeschäft betreiben, zugelassen oder eingetragen sein müssen, um ihr Gewerbe legal betreiben zu können, Art. 36 Abs. 1. Dabei haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 36 Abs. 2 der Richtlinie die Zulassung oder Eintragung von Anbietern des Finanztransfergeschäftes zu verweigern, wenn sie nicht davon überzeugt sind, dass die Personen, die die Geschäfte solcher Einrichtungen faktisch führen oder führen werden, oder die wirtschaftlichen Eigentümer solcher Einrichtungen über die notwendige Zuverlässigkeit und fachliche Eignung verfügen. Spezifische Vorgaben im Hinblick auf die Art der erforderlichen Zulassung oder Eintragung bzw. über die an Zuverlässigkeit und fachliche Eignung zu stellenden Anforderungen werden hingegen nicht gemacht. Daneben haben die Mitgliedsstaaten dafür Sorge zu tragen, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden überwachen, ob die der Richtlinie unterliegenden Institute und Personen die darin festgelegten Anforderungen einhalten, und ggf. Maßnahmen treffen, um deren Einhaltung sicherzustellen, Art. 37 Abs. 1 der 3. EG-Geldwäscherichtlinie. Dafür sind den Aufsichtsbehörden angemessene Befugnisse, einschließlich der Möglichkeit, alle Auskünfte in Bezug auf die Überwachung der Einhaltung der einschlägigen Vorschriften zu verlangen und Kontrollen einschließlich Prüfungen vor Ort durchzuführen, einzuräumen. Zwar hat die Bundesrepublik Deutschland diese Anforderungen mit den im KWG enthaltenen Regelungen bereits überobligatorisch erfüllt; die Vorgaben der 3. EG-Geldwäscherichtlinie bleiben jedoch relevant, wenn es nachfolgend um die Frage der Konformität einer für den weiteren Umgang mit dem HawalaFinanzsystem auszuarbeitenden Strategie mit supranationalem Recht geht.

C. Ansätze zur Lösung der Geldwäschebekämpfungsproblematik

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III. Kritische Würdigung der Ansätze Neben der Entscheidung für ein Verbot und die Verfolgung der Hawala-Netzwerke werden vor allem verschiedene Möglichkeiten der Regulierung und Kontrolle des Hawala-Systems präferiert. Dabei ist den Ansätzen, die eine Problemlösung in der Verfolgung und Ausschaltung alternativer Überweisungssysteme sehen, zunächst kritisch entgegenzuhalten, dass traditionelle alternative Überweisungssysteme wie Hawala, Fei’Chien und Hundi sehr alt und in der Kultur vieler ethnischer Gruppen verwurzelt sind. So sieht beispielsweise Passas126 den Versuch diese Systeme zu stoppen oder zu beseitigen, als unrealistisch an. Durch derartige Bestrebungen werde außer der Kriminalisierung sich ansonsten gesetzestreu verhaltender Mitglieder der Gesellschaft nichts erreicht127. Andererseits ist jedoch ebenfalls zu berücksichtigen, dass die illegal tätigen HawalaNetzwerke gegen eine Vielzahl rechtlicher Vorschriften verstoßen, auch wenn es durchaus legitime Beweggründe für die Nutzung des Hawala-Finanzsystems geben mag. Tatsächlich kann auf die Einhaltung rechtlicher Vorschriften nicht einfach deshalb verzichtet werden, nur weil es aus verschiedensten Gründen unrealistisch ist, ihre Einhaltung durchzusetzen. Sieht man einmal davon ab, dass die Durchsetzung eines Verbotes der Hawala-Netzwerke aus verschiedenen Gründen in der Praxis nicht erfolgversprechend ist und ein Verbot im Ergebnis genau dass bewirken würde, das zu verhindern das Ziel ist, nämlich das komplette Agieren der Netzwerke aus dem Untergrund mit der Folge des Entzuges eines jeglichen Zugriffs, sprechen auch pragmatische Gründe dafür, von der Problemlösung über ein totales Verbot der Netzwerke abzusehen: Warum soll man ein System eliminieren, dass sich über lange Zeit hinweg bewährt hat, und das dem konventionellen Bankensystem in den Aspekten Kosten, Schnelligkeit, Effektivität, Erreichbarkeit und – auch wenn es den Menschen in den westlichen Industrienationen schwer fallen mag zu glauben – auch im Bereich der Sicherheit um Längen voraus ist? Die Rufe nach einem Verbot der Hawala-Netzwerke berücksichtigen zudem nicht, dass es unter anderem die sozialen und wirtschaftlichen Begleitumstände in vielen Ländern sind, die dieses System so erfolgreich machen. Mit der reinen Kriminalisierung und Zurückdrängung unerwünschter Verhaltensweisen ist es in diesem Fall nicht getan, wenn nicht gleichzeitig die Ursachen für das von der Gesellschaft erst in der jüngeren Zeit als „abweichend“ bezeichnete Verhalten beleuchtet werden. Wägt man die Chancen und Gefahren ab, die sich aus einem Verbot der Hawala-Netzwerke ergeben, überwiegen bei weitem die Risiken, die von einem vollkommen im Untergrund agierenden System ausgehen, welches dann vermutlich tatsächlich solche kriminellen Elemente anziehen würde, vor denen sich die Welt so gerne schützen möchte. 126 127

Passas, IVTS, Terrorism and Money Laundering, S. 8. Ebenda.

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

Demgegenüber wird im Rahmen von Überlegungen zu einer Integration bzw. verbesserten Kontrolle alternativer Überweisungssysteme derzeit allgemein die Notwendigkeit diskutiert, die Transparenz der alternativen Überweisungssysteme gegenüber den nationalen Behörden zu erhöhen128. Eine Möglichkeit wäre beispielsweise die Lizensierung oder Registrierung von Hawala-Betreibern129. Jedoch bestehen allgemein Bedenken, dass die alternativen Überweisungssysteme durch eine Überregulierung weiter in den Untergrund getrieben werden könnten130. Betrachtet man nun diejenigen Ansätze näher, die eine Regulierung und Kontrolle des Hawala-Finanzsystems und anderer alternativer Überweisungssysteme präferieren, zeichnet sich eine Zweiteilung ab: So lässt sich ausgehend von den Maßnahmen einzelner Staaten zunächst feststellen, dass die überwiegende Mehrheit der Staaten die Anwendung bestehender Regulierungsmechanismen für Kreditinstitute und Finanzdienstleister auf Hawala praktiziert; spezielle Formen der Regulierung werden nur in wenigen Fällen, wie beispielsweise dem von den Vereinigten Arabischen Emiraten praktizierten Modell angewendet. Das dabei grundsätzlich zu beobachtende Gefälle in den angewendeten Regulierungs- und Kontrollmechanismen lässt sich vor allem durch den Umstand erklären, dass die einzelnen Staaten bereits im Hinblick auf die Regulierung des offiziellen Bankensektors über unterschiedlich strenge rechtliche Vorgaben verfügen, die sich naturgemäß auch auf die aufsichtsrechtliche Behandlung des Hawala-Finanzsystems niederschlagen. Die Bandbreite variiert hier von Systemen der einfachen Registrierung wie beispielsweise in Großbritannien bis hin zu einer Erlaubnispflicht mit einer anschließenden laufenden Aufsicht wie in Deutschland. Insgesamt ist etwa seit Beginn der Jahrtausendwende national wie international eine zunehmende Tendenz hin zu strengeren Regulierungsmechanismen für Finanzdienstleister zu beobachten. So zählt in Deutschland das gewerbsmäßige Betreiben des Finanztransfergeschäftes erst seit der 6. KWG-Novelle aus dem Jahr 1998 zu den erlaubnispflichtigen Finanzdienstleistungen (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG), das der laufenden Aufsicht und Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde BaFin untersteht (§ 32 Abs. 1 KWG). Begründet wurde die Aufnahme des Finanztransfergeschäftes in den Kreis der Finanzdienstleistungen ausschließlich mit der Bekämpfung der Geldwäsche131. Für die Zukunft wird ebenfalls eine schrittweise Verschärfung der Strafverfolgung nach dem KWG erwartet, um speziell alternative Überweisungssysteme und mit ihnen den grauen Kapitalmarkt stärkeren staatlichen Kontrollen und Erlaubnissen zu unterwerfen132.

128

FATF, Report on Money Laundering Typologies 2002–2003, S. 10. FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 18. 130 Johnston, Work of the IMF in Informal Funds Transfer Systems, S. 3; FATF, Report on Money Laundering Typologies 2002–2003, S. 10. 131 BT-Drucks. 13/7142, S. 66. 129

C. Ansätze zur Lösung der Geldwäschebekämpfungsproblematik

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Betrachtet man andererseits die verschiedenen Empfehlungen und Vorgaben durch FATF, Weltbank und International Monetary Fund, aber auch durch die Europäische Gemeinschaft oder die vier internationalen Hawala-Konferenzen in den Vereinigten Arabischen Emiraten zum weiteren Umgang mit dem alternativen Hawala-System wie auch anderen alternativen Überweisungssystemen, ist ein gegenläufiger, jedoch überraschenderweise weitgehend einheitlicher Ansatz zu erkennen: Hawala soll transparenter werden, aber nicht um jeden Preis. Als wünschenswert, aber auch erforderlich wird irgendeine – aber nicht zu restriktive – Form der Regulierung von Hawala angesehen, wobei offen gelassen wird, ob es sich hierbei lediglich um eine Registrierung oder um ein System der Zulassung mit anschließender laufender Aufsicht handeln soll. Immer wird jedoch auch auf die Gefahren hingewiesen, die mit einer Überregulierung alternativer Überweisungssysteme einhergehen und die daher von den Staaten möglichst vermieden werden soll. Auf konkrete Vorgaben für die Staaten oder Beispiele, wie eine optimale Regulierung des Hawala-Finanzsystems aussehen könnte, wird regelmäßig verzichtet. Konkret werden die Vorgaben lediglich, wenn es um die Verpflichtung auch der alternativen Überweisungssysteme zur vollumfänglichen Einhaltung der im Rahmen von Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen vorzunehmenden Aufzeichnungs-, Dokumentations- und Meldepflichten geht. Ansonsten lautet das Credo „Vermeidung der (weiteren) Abdrängung in die Schattenwirtschaft bei einer nicht zu restriktiven Regulierung“. So sieht auch die FATF das Kernelement einer Regulierung alternativer Überweisungssysteme vor allem in dem Umstand, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden überhaupt Kenntnis von der Existenz dieser Transferservices erlangen, mit der Folge einer höheren Transparenz der Tätigkeit dieser Anbieter133. So wünschenswert Regulierung und Kontrolle des Hawala-Finanzsystems auch sein mögen, die rechtlichen Vorgaben und Empfehlungen bleiben bislang mehr als vage. Und das aus gutem Grund: Der international bestehende Minimalkonsens wird den einzelnen Staaten mit der Maßgabe an die Hand gegeben, die Ansätze entsprechend den geltenden Rechtssystemen in den jeweiligen Ländern anzupassen. So mag eine Lösung, die vielleicht für die Vereinigten Arabischen Emirate sinnvoll ist, beispielsweise in europäischen Ländern aufgrund eines sich weitgehend unterscheidenden Rechtssystems und eines anderen sozialen und kulturellen Hintergrundes nicht umsetzbar sein. Mehr kann Politik nicht leisten. Dieser Deutungsspielraum, den die allgemein formulierten Handlungsempfehlungen in der Theorie lassen, kehrt sich jedoch der Praxis in einen entscheiden132

Vgl. Achenbach/Ransiek/Schröder, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, X 3, Rn. 23,

72. 133 FATF, Combating the Abuse of Alternative Remittance Systems: International Best Practices, S. 3.

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

den Nachteil um, wenn sich faktisch im Umgang mit Hawala keine Änderungen abzeichnen. Vor allem Staaten, die eigentlich nichts am restriktiven Umgang mit Hawala ändern wollen und es, wie beispielsweise Deutschland unter Verweis auf die doch schon praktizierte Lizenzierung und Aufsicht über alternative Überweisungssysteme einfach bei ihrer bisherigen Vorgehensweise belassen, wird mit solchermaßen vagen Minimalvorgaben ein Schlupfloch eröffnet. Hinzu kommt, dass sich die Forderung nach einer Lockerung des Umgangs mit Hawala einerseits und die weiter fortschreitende Verschärfung von Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen und Maßnahmen der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung andererseits diametral entgegengesetzt gegenüberstehen und die Staaten vor Probleme in der praktischen Umsetzbarkeit stellen. Nichtsdestotrotz ist insbesondere die bundesdeutsche Lösung mit Erlaubnispflicht und umfassender Kontrolle als beispiellose Überregulierung eines Systems zu betrachten, dessen Gefahrenpotential eine solch umfassende Kriminalisierung einfach nicht zu rechtfertigen vermag und die zudem im Widerspruch zu dem mittlerweile international propagierten Ziel der Vermeidung einer zu restriktiven Regulierung der Hawala-Netzwerke steht. Im Ergebnis ist trotz der mit einer Lockerung des Umgangs mit Hawala einhergehenden Risiken die sich andeutende Umkehr im Umgang mit Hawala und anderen alternativen Überweisungssystemen ausdrücklich zu begrüßen. Gleichzeitig muss davor gewarnt werden, die mit Geldwäscheproblematik und ungebrochener Terrorismusgefahr einhergehenden Bedrohungen zu dramatisieren und dem Hawala-Finanzsystem eine Art Betriebsgefahr zu bescheinigen, die objektiv nicht vorhanden ist134.

IV. Zwischenergebnis Zusammenfassend lässt sich zunächst feststellen, dass bestehende Ansätze zur Lösung der Geldwäscheproblematik im Bereich des Hawala-Finanzsystems eine überwiegende Tendenz hin zu verschiedenen Formen der Regulierung und Kontrolle von Hawala erkennen lassen. Dabei wenden die betrachteten Staaten jedoch größtenteils die bereits für Banken und Finanztransferdienstleister existierenden Aufsichtsmodelle, meist kombinierte Modelle von Lizenzierung und Aufsicht sowie strafrechtlicher Verfolgung bei Nichteinhaltung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben unverändert auf Hawala an. International zeichnet sich mittlerweile ein weitgehender Konsens darüber ab, Hawala bei Vermeidung einer Überregulierung unter eine (wenigstens gemäßigte) Form staatlicher Kontrolle und Aufsicht zu stellen. Angesichts der Gefahren, die sich aus einer weiteren Abdrängung alternativer Überweisungssysteme in den Untergrund erge134 Vgl. Herzog, Die Spuren des „schmutzigen“ Geldes – Finanzermittlungen vor der Verdachtsschwelle, in: FS für Günter Kohlmann, S. 430 f.

C. Ansätze zur Lösung der Geldwäschebekämpfungsproblematik

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ben, setzen internationale Empfehlungen und rechtliche Vorgaben zunehmend darauf, solche Systeme nur bestimmten, nicht zu hoch anzusetzenden rechtlichen Mindestanforderungen zu unterwerfen und nach Möglichkeit allen Anbietern in Form entweder einer Registrierung oder Lizenzierung eine gewisse Form der Anerkennung zuzugestehen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass nach aktuellen Erkenntnissen nicht mehr von einem weit erhöhten Risikopotential der größtenteils mit legalem Hintergrund genutzten Hawala-Netzwerke ausgegangen werden kann, welches die umfassende Kriminalisierung dieses Systems rechtfertigen könnte und den sich aus einer umfassenden Ausschöpfung von Mitteln der präventiven Gefahrenkontrolle ergebenden Gefahren ist diese internationale Tendenz hin zu einem „weniger ist mehr“ als ausgesprochen positiv zu bewerten. Als Ergebnis der Analyse des Hawala-Finanzsystems und verschiedener Ansätze zum weiteren Umgang mit den Hawala-Netzwerken bleibt schließlich festzuhalten, dass der Versuch einer Integration von Hawala in unser geltendes Rechtssystem – trotz der sich bereits zu diesem Zeitpunkt andeutenden Gratwanderung hin zu einer Überregulierung – am sinnvollsten erscheint, um die Geldwäschekriminalität im Hawala-Finanzsystem wirksam bekämpfen zu können. So zeigt insbesondere das Modell der Vereinigten Arabischen Emirate, dass das Hawala-Finanzsystem sich nicht von vorneherein als resistent gegen Versuche, das System transparenter zu gestalten, erweist. Im Gegenteil können auch Hawaladare aus einem veränderten Öffentlichkeitsbild des Transfersystems Vorteile ziehen. Unabhängig von der Frage, wie eine sinnvolle Regulierung des Systems letztlich ausgestaltet sein mag, sie funktioniert nur unter Einbeziehung der solchermaßen betroffenen Hawaladare. Entgegen beispielsweise der bundesdeutschen Lösung, bestehende Regulierungsmechanismen für Kreditinstitute und Finanzdienstleister unverändert auf die besondere Situation im Hawala-Finanzsystem anzuwenden, ist es jedoch zwingend erforderlich, eine spezielle Form der Regulierung für Hawaladare zu finden, um die befürchtete Abdrängung in die Schattenwirtschaft zu vermeiden. So sollen Hawaladare nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität die Chance auf eine Lizenzierung bzw. Registrierung haben. Dies impliziert jedoch auch die Inkaufnahme gewisser Abstriche im Hinblick auf Umfang und Qualität von Aufsicht und Kontrolle, wie sie derzeit in der Bundesrepublik Deutschland gehandhabt wird. Wie ein solchermaßen vereinfachter Regulierungsmechanismus bezogen auf die aufsichtsrechtliche Situation in der Bundesrepublik Deutschland im Einzelnen ausgestaltet sein kann, ist Gegenstand der Erörterung im folgenden Teil der Untersuchung.

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

D. Eigener Ansatz zur Regulierung der Hawala-Netzwerke in der Bundesrepublik Deutschland Basierend auf den zuvor dargestellten Ansätzen zur Lösung der Problematik im Hawala-Finanzsystem, die neben verschiedenen Formen der Regulierung und Kontrolle schwerpunktmäßig auf eine Erweiterung des Instrumentariums zur Ermittlung und Strafverfolgung sowie auf die Stärkung des regulierten Finanzsektors in ländlichen Gebieten und eine Verbesserung der Bankenaufsicht setzen, um informelle Anbieter unter anderem durch freien Kapitalfluss und marktgerechtere Wechselkurse vom Markt zu verdrängen, soll im Folgenden ein eigener Ansatz zur Lösung der Problematik erarbeitet und vorgestellt werden, der sowohl aufsichtsrechtliche Aspekte als auch Gesichtspunkte einer wirksamen Geldwäschebekämpfung berücksichtigen soll.

I. Grundsätzliche Überlegungen zu einem problemangemessenen Lösungsansatz Ein problemangemessener Lösungsansatz erfordert zunächst die Festlegung bestimmter Kriterien, die im Rahmen des abschließenden Lösungsvorschlages Berücksichtigung finden sollten. Um die sich in diesem Zusammenhang stellende Frage, welche Ziele mit dem zu erarbeitenden Lösungsansatz konkret erreicht werden sollen, beantworten zu können, soll nachfolgend noch einmal skizzenhaft die Ausgangssituation für den Betrieb des Finanztransfergeschäftes in der Bundesrepublik Deutschland dargestellt werden. 1. Ausgangssituation a) Gesetze und Aufsicht Soweit es die Aspekte Gesetze und Aufsicht anbelangt, stellt sich das deutsche Finanztransfergeschäft als zu pauschal reguliert und daher insgesamt als überreguliert dar. Insbesondere fehlt es an einer angemessenen Differenzierung des Finanztransfergeschäftes, beispielsweise nach Volumen und Anzahl der wöchentlich oder monatlich vorgenommenen Transaktionen. Konkret stellen das deutsche Kreditwesengesetz nebst in Bezug genommenen Gesetzen wie dem HGB zu pauschale und damit überhöhte Anforderungen an Vorhandensein und Ausgestaltung der Geschäftsführung der Dienstleister sowie ferner an die vorzuhaltenden Aufzeichnungspflichten und das von den Instituten einzuhaltende Bilanzierungssystem, dass sich an den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften zu orientieren hat (vor diesem Hintergrund könnte sich unter Umständen für die Zukunft gar eine Tendenz weg von der bisherigen Rechnungslegung nach HGB und hin zu der internationalen IFRS Rechnungslegung andeuten135).

D. Eigener Ansatz zur Regulierung der Hawala-Netzwerke

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Hinzu kommen weitere Auflagen durch das GwG. Als zu pauschal und daher bedenklich im Hinblick auf kleine Finanztransferdienstleister sind hier insbesondere die nach § 14 GwG vorzunehmenden internen Sicherungsmaßnahmen anzusehen, die unter anderem die Entwicklung interner Grundsätze, angemessener geschäfts- und kundenbezogener Sicherungssysteme und Kontrollen zur Verhinderung der Geldwäsche und der Finanzierung terroristischer Vereinigungen vorsehen. Im Rahmen der laufenden Finanzaufsicht durch die Aufsichtsbehörde BaFin kommt es zu einer zusätzlichen Verschärfung des Regulierungsdrucks auf Anbieter insbesondere des Finanztransfergeschäftes136 durch eine restriktive ständige Verwaltungspraxis. Die in Geldwäschegesetz und Kreditwesengesetz enthaltenen gesetzlichen Regelungen für das Finanztransfer- und das Sortengeschäft erfahren durch die Verlautbarungen und Rundschreiben der BaFin vor allem im Hinblick auf die Reduzierung gesetzlicher Bagatellgrenzen, im Vergleich zu den gesetzlichen Regelungen verschärften Zulassungsregeln und einer umfassenden Durchsetzung des „Know-Your-Customer“ Prinzips eine Verschärfung, die gerade im Hinblick auf Kleinstanbieter als unverhältnismäßig anzusehen sein dürfte. Als eine solche unverhältnismäßige und im Übrigen auch rechtlich nicht haltbare Verschärfung der laufenden Aufsicht über die betroffenen Dienstleister, die über die im Geldwäschegesetz enthaltenen Vorgaben hinausreicht137, stellen sich beispielsweise die in der Verlautbarung des (damaligen) Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche vom 30. Dezember 1997 für das Finanztransfer- und Sortengeschäft enthaltenen Vorgaben zu Identifikations- und Aufzeichnungspflichten ab einem Betrag von 2.500 Euro dar. § 2 Abs. 2 GwG

135 Die International Financial Reporting Standards (IFRS) sind internationale Rechnungslegungsvorschriften und umfassen im Wesentlichen die bisherigen Standards des International Accounting Standards Board (IASB) und die International Accounting Standards (IAS) des International Accounting Standards Committee. Zwar sind bislang in der EU nur kapitalmarktorientierte Unternehmen dazu verpflichtet, ihre konsolidierten Abschlüsse für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2005 beginnen, nach IFRS-Regeln aufzustellen. Mit dem Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) hat der deutsche Gesetzgeber die Verpflichtung zur Anwendung der IFRS nunmehr auch auf Unternehmen ausgedehnt, deren Wertpapiere zwar noch nicht gehandelt werden, die sich aber im Zulassungsprozess befinden. Alle anderen Unternehmen können ihren Konzernabschluss bislang freiwillig nach IFRS aufstellen. Auf Dauer gesehen dürfte es allerdings wahrscheinlich sein, dass die internationalen Regelungen auch auf mittlere und kleinere Unternehmen ausgedehnt werden. Dementsprechend hat der IASB am 26.2.2007 bereits den Entwurf eines IFRS-Standards für kleine und mittlere Unternehmen vorgelegt. 136 Neben dem Finanztransfergeschäft sind hier insbesondere Wechselstuben betroffen, die das Sortengeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 7 KWG betreiben. 137 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen oben unter Teil 3, C. III. 1. a).

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

sieht im Gegensatz hierzu lediglich eine Verpflichtung zur Identifikation bei Annahme von Bargeld, Wertpapieren im Sinne des § 1 Abs. 1 des Depotgesetzes oder Edelmetallen im Wert von 15.000 Euro oder mehr vor. Auch zum in § 2 Abs. 3 GwG geregelten Smurfing sehen die Verlautbarungen der BaFin restriktive Sonderregelungen für die Bereiche des Finanztransferund des Sortengeschäfts vor138. Da Fälle des Smurfing, beispielsweise durch Übermittlung von Geldern durch verschiedene Einzahler an dieselbe Empfängeradresse oftmals nur schwer zu erkennen seien, sollen die betroffenen Institute nach den Ausführungen der BaFin, sofern die Geschäftsstruktur es gebietet, spezielle Kontrollsysteme entwickeln, die es aus ihrer Sicht ermöglichen, die künstliche Aufsplittung eines einheitlichen Betrages sichtbar zu machen. Die Ergebnisse der Smurfing-Kontrolle seien zu dokumentieren. b) Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland Außerhalb des Systems der alternativen Überweisungssysteme stellen sich die Rahmenbedingungen für das Überweisungs- und Bartransfergeschäft in Deutschland wie folgt dar: Die Kostenstrukturen etablierter Banken und Finanztransferdienstleister für Bar-Geschäfte sind im Vergleich zu teuer, was sich auf die für den Endkunden anfallenden Kosten für Bartransaktionen niederschlägt. Eine weitestgehende Automatisierung des Bargeschäftes durch die Kreditinstitute, beispielsweise durch die flächendeckende Einführung von Geldautomaten bei gleichzeitiger Reduktion der Anzahl von Kassen in den Filialen der Banken ist die Folge. Auch verzichten Banken aus Kostengründen zunehmend fast gänzlich auf das Dienstleistungsangebot der Tätigung von „Bar-zu-Bar“ Überweisungen. An deren Stelle rückt die Zusammenarbeit mit Finanztransferdienstleistern wie Western Union, an die Kunden, die Bartransfers tätigen möchten, verwiesen werden. Mit der zunehmenden Etablierung von Konten auf Guthabenbasis für Jedermann soll andererseits ein günstiger kontengebundener Geldtransfer für einen möglichst breiten Kundenkreis ermöglicht werden. Derzeit ist – vor allem aus Kostengründen – auch ein Rückzug etablierter Banken aus der Fläche zu beobachten, der in der Folge zu einem Engpass in der Bargeldversorgung in den betroffenen, meist außerstädtischen Gebieten führen wird. Im Ergebnis dürften in diesen Gebieten dann Post Filialen häufig die einzige Möglichkeit sein, Bargeld zu erhalten und, ggf. in Kooperation mit Western Union, Überweisungen zu tätigen. In diesem Kontext dürfte auch der Fall des Briefmonopols seitens der Deutschen Post zum Ende des Jahres 2007 Auswirkungen auf die Filialsituation der Post haben. So will die Deutsche Post 138 BAKred, Verlautbarung vom 30. Dezember 1997 über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche (I 5 – E 102), abgedruckt in: Fülbier/Aepfelbach, GwG-Kommentar, Anhang III. 2, S. 641 ff.; hier: Rn. 45.

D. Eigener Ansatz zur Regulierung der Hawala-Netzwerke

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AG Zeitungsberichten zufolge ihr Dienstleistungsangebot in kleinen und ländlichen Filialen nach dem Fall des Briefmonopols einschränken139. Daneben bleibt Dritten, wie z. B. Supermärkten, etc. aufgrund der restriktiven gesetzlichen Regelungen und der „ständigen Verwaltungspraxis“ der BaFin der Markteintritt in den Low-Level Geldversorgungs- und -transfermarkt weitestgehend verwehrt140. Die sich im Gegenzug aus der zunehmenden Modernisierung des Zahlungsverkehrs der Banken ergebenden Möglichkeiten, wie beispielsweise das Online-Banking sprechen wiederum nur einen Großteil der festen Kundschaft von Banken an; Teile der Bevölkerung, denen aus verschiedenen Gründen der Zugang zu einem Kontokorrentkonto verwehrt bleibt, profitieren hiervon nicht. Für die Kunden dürfte letztlich neben dem Wunsch nach günstiger Geldversorgung und schnellem, kostengünstigen Zahlungsverkehr eine einfache und unbürokratische Abwicklung von Transaktionen sowie das Verlangen nach Sicherheit gegen Betrug und Verlust des Geldes im Vordergrund stehen. Auf den Wunsch nach Ermöglichung anonymer Transaktionen soll in diesem Rahmen hingegen bewusst nicht eingegangen werden, da hiermit im Wesentlichen kriminelle Interessen bedient würden. 2. Festlegung von Kriterien Betrachtet man die soeben skizzierte Ausgangssituation, wie sie sich beim Betrieb des Finanztransfergeschäftes in Deutschland derzeit darstellt, wird deutlich, dass für die Erarbeitung eines Lösungsansatzes verschiedene Aspekte relevant sind, die nicht sämtlich mit der Geldwäscheproblematik im Hawala-Finanzsystem zusammenhängen. So soll ein problemangemessener Lösungsansatz neben dem Schutz vor Geldwäschekriminalität ebenfalls das Vermögen der Verbraucher vor einem Verlust schützen, die Gelder zum Transfer bei einem Hawaladar abgeben. Unter Einbeziehung des zuvor formulierten Zwischenergebnis139 Vgl. beispielsweise entsprechende Meldungen in o.V., Briefmonopol, in: Focus. de vom 20.03.2007; o.V., Briefmonopol. Postler protestieren gegen Stellenabbau, in: Frankfurter Rundschau vom 20.03.2007. 140 An dieser Stelle sei allerdings auf die dem Handelsunternehmen REWE erteilte Ausnahmegenehmigung der BaFin hingewiesen, wonach für Kunden von REWE die Möglichkeit besteht, an Supermarkt-Kassen per EC-Karte Bargeld vom Girokonto abzuheben. „Tatbestandsmäßig liegt mit jeder Auszahlung ein Kreditgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) vor, für dessen Betreiben grundsätzlich gemäß § 32 Abs. 1 KWG die Erlaubnis der BaFin Voraussetzung ist. Von der Erlaubnispflicht und der laufenden Aufsicht nach dem KWG stellt die BaFin einzelne Handelsunternehmen auf Antrag in gewissen Grenzen nach § 2 Abs. 4 KWG frei, sofern das Wareneinkaufsgeschäft und nicht das zusätzliche Serviceangebot „Barauszahlung“ im Vordergrund steht. Pro Einkauf ist die Bargeldausgabe auf einen Höchstbetrag von 100 Euro begrenzt; die Mindesteinkaufssumme muss 20 Euro betragen.“, so die Bundesregierung in: BT-Drucks. 15/2567, S. 6 f.

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

ses, wonach das Ziel des weiteren Umgangs mit dem Hawala-Finanzsystem eine Registrierung bzw. Lizenzierung von Hawaladaren unter erleichterten Bedingungen sein soll, ist weiteres Kriterium eines angemessenen Lösungsansatzes die schrittweise Legalisierung der Hawala-Netzwerke möglichst unter Vermeidung einer weiteren Abdrängung des Systems in den Untergrund. Eine angemessene Lösung hat ferner aber auch das regulatorische Umfeld berücksichtigen, dass in Deutschland und der Europäischen Union in Bezug auf Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute sehr weit fortentwickelt ist; nicht zuletzt vor diesem Hintergrund erscheint es unrealistisch, einen Lösungsansatz, der weitgehend auf Kontrollmechanismen für Hawaladare verzichtet, in Deutschland implementieren zu können. Aus ähnlichen Gründen verbietet sich auch beispielsweise die (unveränderte) Übernahme des in den Vereinigten Arabischen Emiraten praktizierten und im Übrigen als sehr positiv zu bewertenden Modells der Registrierung von Hawaladaren in das bundesdeutsche Rechtssystem. Es gilt folglich, einen Kompromiss zu finden, der einerseits bei in Deutschland tätigen Hawaladaren eine möglichst breite Akzeptanz findet, der andererseits aber auch ein bestimmtes Mindestmaß an Regulierung und Kontrolle enthält, um im Rahmen des in Deutschland herrschenden regulatorischen Umfeldes praktikabel zu sein. Als wesentliche Kriterien, die ein problemangemessener Lösungsansatz berücksichtigen sollte, werden für die nachfolgende Bearbeitung mithin folgende festgelegt: (1) Schutz der Verbraucher und Konsumenten vor dem Verlust ihrer Gelder, (2) Legalisierung des Hawala-Systems durch angemessene Instrumente der Registrierung oder Lizenzierung, (3) Schutz vor Geldwäschekriminalität, (4) Kontrollierbarkeit des Transfersystemes innerhalb unserer Rechtsnormen, (5) Vermeidung der weiteren Abdrängung in den Untergrund durch Überregulierung. Die Aufzählung ist nicht als abschließend zu verstehen, sondern umfasst nur für die Untersuchung besonders wichtig erscheinende wesentliche Kernpunkte. Die Frage der Vereinbarkeit des Lösungsansatzes insbesondere mit supranationalem Recht sowie mögliche Umsetzungsprobleme in der Praxis werden an späterer Stelle der Arbeit thematisiert und sollen an dieser Stelle zunächst keine Berücksichtigung finden.

II. Konkretisierung des eigenen Lösungsansatzes Für große, international oder flächendeckend national agierende Konzerne stellt es üblicherweise kein Problem dar, die für den Zugang zum Finanztransfergeschäft vorgegebenen Voraussetzungen zu erfüllen. Daher liegt der Fokus

D. Eigener Ansatz zur Regulierung der Hawala-Netzwerke

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der nachfolgenden Ausführungen vor allem auf Einzelkaufleuten bzw. Ein-Personen Betrieben, um eine Vergleichbarkeit mit der Situation der „typischen“ Hawaladare in Deutschland zu gewährleisten. Um jedoch insbesondere dem in Artikel 3 des deutschen Grundgesetzes verankerten Gleichheitsgrundsatz zu genügen, und andere, vergleichbare Finanztransferdienstleister gegenüber Hawaladaren nicht unangemessen zu benachteiligen, bezieht sich der nachfolgende Lösungsansatz nicht ausschließlich auf die Situation der Hawaladare, sondern soll auch anderen natürlichen und juristischen Personen unter den gleichen skizzierten Voraussetzungen einen vereinfachten Zugang zum Finanztransfergeschäft in der Bundesrepublik Deutschland ermöglichen. Soweit im Folgenden dennoch speziell Hawaladare als Dienstleister des Finanztransfergeschäftes angesprochen werden, so ist dies dem Erfordernis geschuldet, einen konkret auf diese Zielgruppe zugeschnittenen Lösungsansatz zu erarbeiten. Die Ausarbeitungen lassen sich jedoch gleichermaßen auf andere, vergleichbare Dienstleister im Finanztransfergeschäft übertragen. Schließlich bleibt festzuhalten, dass die nachfolgenden Ausführungen mögliche Lösungsansätze zur Lösung der Geldwäscheproblematik im Hawala-Finanzsystem lediglich skizzenhaft aufzeigen sollen. Ein dezidiertes Eingehen auf sämtliche Einzelaspekte kann und soll in diesem Rahmen hingegen nicht geleistet werden, weswegen eine weitere Konkretisierung und Überprüfung der skizzierten Aspekte für den Fall einer geplanten Umsetzung unumgänglich ist. Die nachfolgend diskutierten Optionen zur Schaffung erleichterter Zugangsvoraussetzungen sind schließlich nicht zwingend kumulativ im Rahmen eines einzigen Lösungsansatzes anzuwenden, sondern vielmehr als Vorschlag zu sehen, in dessen Rahmen auch auf einzelne vorgestellte Sicherungsmaßnahmen zugunsten anderer Maßnahmen oder zur Schaffung eines größeren Freiraumes verzichtet werden kann. 1. Schaffung erleichterter Zugangsvoraussetzungen Ausgangspunkt der nachfolgenden Ausführungen ist das bereits von den Vereinigten Arabischen Emiraten praktizierte Modell der vereinfachten Registrierung von Hawaladaren; insoweit basieren die Ausführungen auf der grundsätzlichen Prämisse, dass Hawaladare bei einem stark vereinfachten Zugang zum Betrieb des Finanztransfergeschäftes der Einhaltung weiterer, angemessener und erfüllbarer Verpflichtungen, wie beispielsweise der laufenden Dokumentation von Transaktionen nicht grundsätzlich abgeneigt gegenüberstehen. Wesentliches Ziel ist es daher, Hawaladaren einen möglichst unkomplizierten und damit attraktiven Zugang zum Betrieb des Finanztransfergeschäftes zu ermöglichen. Hingegen soll nicht grundsätzlich auf die im Rahmen des laufenden Betriebes einzuhaltenden wesentlichen Verpflichtungen, wie die Dokumentation von Transaktionen oder elementare Buchführungspflichten verzichtet werden. Solche Ver-

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

pflichtungen treffen regelmäßig auch kleinste Betriebsstätten und dürften mit relativ geringem Aufwand auch von Hawaladaren zu erfüllen sein. Angriffspunkt sind vielmehr die als nicht mehr angemessen zu bezeichnenden Pflichten, wie etwa die Verpflichtung zur Vornahme eines Jahresabschlusses nach den Regeln für große Kapitalgesellschaften, denen Hawaladare bei gewerbsmäßigem Betreiben des Finanztransfergeschäftes in Deutschland derzeit unterliegen. a) Begriffsbestimmung des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes mit Registrierpflicht statt Lizenzierung und laufender Aufsicht Das Ziel ist es, neben dem bereits bekannten Begriff des Finanztransfergeschäftes im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG eine Art vereinfachtes Finanztransfergeschäft zu etablieren, dass den in Betracht kommenden Dienstleistern bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen einen vereinfachten Zugang zu diesem Dienstleistungsangebot einerseits sowie einen vereinfachten laufenden Geschäftsbetrieb andererseits ermöglicht. Wesentliches Merkmal des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes im Vergleich zum herkömmlichen Finanztransfergeschäft stellt die Beschränkung auf bestimmte, im Einzelnen noch festzulegende durchschnittliche monatliche oder jährliche Transaktionsvolumina141 oder die Einführung von Höchstbetragsgrenzen je Transaktion dar. In Relation zu der durchschnittlichen Transaktionshöhe der von Migranten als einer der Hauptnutzergruppen des Hawala-Finanzsystems regelmäßig vorgenommenen Transfers, die zwischen 100 und 1.000 US-Dollar liegt142, könnte der Höchstbetrag pro Transaktion beispielsweise auf 1.500 Euro oder 2.000 Euro festgelegt werden. Die Einführung entsprechender Höchstbetragsgrenzen pro Transaktion bzw. die Beschränkung auf jährliche Transaktionsvolumina würde auch eine klare Abgrenzung zum regulären Finanztransfergeschäft ermöglichen; insoweit ist das Institut des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes auch nicht als Konkurrenz zu Kreditinstituten und großen Finanztransferdienstleistern, sondern vielmehr als auf die Kernzielgruppe der Migranten143 und anderer Kleinnutzer zugeschnittene Marktergänzung zu verstehen. 141 Die EG-Richtlinie für Zahlungsdienste im Binnenmarkt sieht im Rahmen einer ähnlichen Konstruktion für Zahlungsdienstleister vor, dass der Gesamtbetrag der Zahlungsvorgänge, die von der betreffenden Person ausgeführt werden, im Monatsdurchschnitt der vorangegangenen zwölf Monate höchstens 3 Mio. Euro betragen darf, vgl. insoweit die Ausführungen unter Teil 5, C. II. 2. d) aa). 142 Vgl. insoweit die Ausführungen unter Teil 2, E. der Arbeit. 143 Als Marktergänzung in Form einer Nischenbank versteht sich beispielsweise auch Western Union, so jedenfalls Karl Pichler, Direktor der Western Union International Bank, in einem Interview aus April 2007 aus Anlass der aktuellen Europa-Expansion von Western Union. Das Unternehmen plant nach eigenen Angaben binnen der nächsten 5 Jahre europaweit 200 weitere Filialen zu eröffnen, um speziell Migranten anzusprechen. Vgl. o.V., Western Union Bank startet in Berlin, in: Berliner Morgenpost vom 20. April 2007.

D. Eigener Ansatz zur Regulierung der Hawala-Netzwerke

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Um dem mit vereinfachten Zugangsvoraussetzungen einhergehenden vergrößerten Missbrauchsrisiko entgegenzuwirken, muss das „einfache“ Finanztransfergeschäft im Vergleich zum allgemeinen Finanztransfergeschäft jedoch verschiedenen Beschränkungen unterworfen werden. Als solche Beschränkungen, die die Dienstleister nicht unangemessen benachteiligen, kommen neben der Einführung von Höchstbetragsgrenzen etwa die Verpflichtung zur Hinterlegung einer Sicherungssumme in Abhängigkeit von dem monatlich erzielten Durchschnittsumsatz, oder auch Mitgliedschaft der Dienstleister bei einem nationalen Verband in Betracht. Im Gegenzug könnte das bislang für das Finanztransfergeschäft vorgeschriebene kombinierte System von Lizenzierung und laufender Aufsicht durch die Aufsichtsbehörde BaFin für das „einfache“ Finanztransfergeschäft durch eine bloße Registrierpflicht ersetzt werden. Schließlich gilt es eine Lösung zu finden, bei der die an die Dienstleister zu stellenden Anforderungen in einem angemessenen Verhältnis zum Risikopotential stehen. Eine solchermaßen geplante Ausgestaltung für das „einfache“ Finanztransfergeschäft, die vor allem, aber nicht ausschließlich auf die Situation der alternativen Überweisungssysteme ausgerichtet ist, entspräche schließlich auch der durch die Sonderempfehlung VI der FATF und die EG-Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt vorgegebenen Zielrichtung, wonach es als wünschenswert betrachtet wird, allen Finanztransferdienstleistern wenigstens in Form einer Registrierung eine gewisse Form der Anerkennung zuzugestehen, sofern bestimmte rechtliche Mindestanforderungen erfüllt werden. Dies gelte insbesondere für den Fall, dass Finanztransferdienstleister nicht dazu in der Lage seien, die strengen, an eine Lizenzierung zu stellenden Voraussetzungen zu erfüllen144. b) Mitgliedschaft bei einem nationalen Verbund/Verband Als weitere Maßnahme, um den mit einem wesentlich vereinfachten Zugang zum Finanztransfergeschäft einhergehenden höheren Risiken entgegenzuwirken, ist ein Kontext eines Verbundes von nationalen Verbänden und einem internationalen Dachverband, dessen Aufgabe darin bestünde, die länderübergreifende Zusammenarbeit zu regeln sowie internationale Statuten und Regelungen aufzustellen, denkbar. Der Zugang von Dienstleistern zum „einfachen“ Finanztransfergeschäft könnte insoweit an die Mitgliedschaft in einem entsprechend auszugestaltenden nationalen Verband und Sicherungssystem gebunden werden. Neben der Übernahme einer risikominimierenden Funktion hätten die nationalen Verbände für die Dienstleister auch den Vorteil, eine speziell auf ihre Mitglieder zugeschnittene Interessenwahrnehmung anbieten zu können. So wäre etwa ein Verband denkbar, der sich speziell um die Belange der Hawaladare in 144 So die Erlassbegründung (vor Artikel 1) der EG-Zahlungsdienste-Richtlinie, Nr. 12.

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Deutschland kümmert und der darüber hinaus als Intermediär zwischen seinen Mitgliedern und der Aufsichtsbehörde BaFin fungieren könnte. aa) Das Genossenschaftsprinzip Ein solcher nationaler Verband könnte beispielsweise in Form eines eingetragenen Vereins oder auch etwa als (Dienstleistungs-)Genossenschaft organisiert sein. So weist gerade der Grundgedanke der Genossenschaft, deren zentrales Anliegen es ist, gemeinsame wirtschaftliche, soziale und kulturelle Bedürfnisse ihrer Mitglieder zu befriedigen145, gewisse Parallelen zu Geschichte und Strukturen des Hawala-Finanzsystems auf. Traditionell als Wertegemeinschaften aufgestellt, zielt das genossenschaftliche Prinzip historisch gesehen auf die Einhaltung grundlegender ethischer Werte wie Ehrlichkeit, Offenheit, Sozialverantwortlichkeit, Selbsthilfe und Selbstverantwortung146. Als Begründer der deutschen Genossenschaften gelten Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Herrmann Schulze-Delitzsch, die als Antwort auf die sich infolge der Industrialisierung zunehmend verschlechternde wirtschaftliche Situation von Handwerkern, Gewerbetreibenden und Bauern unabhängig voneinander im Jahre 1850 in Delitzsch (Sachsen) den „Eilenburger Vorschußverein“ als Vorstufe der späteren Volksbanken (Schulze-Delitzsch) und im Jahre 1864 den auf dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe beruhenden „Heddesdorfer Darlehenskassen-Verein“ (Raiffeisen) gründeten147. Hiernach musste jeder, der ein Darlehen erhalten wollte, Mitglied des Vereins sein. Ausgangspunkt für die spätere Gründung dieser ersten Kreditgenossenschaft Deutschlands war die Gründung des „Weyerbuscher Brodvereins“ nach einer Missernte im Winter 1846/47 durch Friedrich Wilhelm Raiffeisen, um die arme Bevölkerung vor dem Hungertod zu retten148. Der Verein basierte auf dem Prinzip, dass die wohlhabenden Bürger Geld für den Kauf von Mehl zur Verfügung stellten, die Bedürftigen Brot gegen Schuldscheine erhielten und die Kredite anschließend mit geringen Zinsen zurückzahlten149. 1849 folgte dann die Gründung der „Schuhmacher-Assoziation“ durch Schulze-Delitzsch mit dem Ziel der Verbesserung der Situation des Mit145 Vgl. insoweit auch § 1 Abs. 1 Genossenschaftsgesetz (GenG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2230), geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. November 2006 (BGBl. I S. 2553), wonach das Wesen der Genossenschaft darin besteht, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern (Genossenschaften). 146 Schulte, in: Lang/Weidmüller, Genossenschaftsgesetz Kommentar, § 1, Rn. 2 ff. 147 Schaffland/Schulte, in: Lang/Weidmüller, Genossenschaftsgesetz Kommentar, Einf., Rn. 4; Kluthe, Genossenschaften und Staat in Deutschland, S. 73, 75 f.; Faust, Geschichte der Genossenschaftsbewegung, S. 29, 173 ff., 268 ff. 148 Faust, Geschichte der Genossenschaftsbewegung, S. 274. 149 Faust, Geschichte der Genossenschaftsbewegung, S. 274.

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telstands150. Durch den Zusammenschluss Einzelner sollten durch einen gemeinsamen Einkauf wirtschaftliche Vorteile erlangt werden, ohne dabei jedoch die Selbständigkeit aufgeben zu müssen151. Wie die Begründung der frühen Genossenschaften stellt sich auch die Etablierung des Rechtsinstitutes der hawala in der Handelsgesellschaft des frühen Mittelalters als Antwort auf grundlegende Mängel in der damaligen Gesellschaft dar und ist insoweit auch als Selbstverwaltung bzw. Selbsthilfe gegenüber den Unwägbarkeiten der damaligen Rechts- und Ordnungssysteme im Vorderen und Mittleren Orient zu verstehen, die nicht dazu in der Lage waren, eine hinreichend ordnende Funktion zu übernehmen152. Ähnlich wie bei den Genossenschaften ist auch beim Hawala-Finanzsystem die Basis eines guten Funktionierens die Einhaltung bestimmter ethischer Prinzipien, zu denen neben dem Vertrauen die jahrhundertealte Tradition einer ethnisch geprägten Gemeinschaft sowie persönliche Beziehungen und die Ehre zählen153. Auch in den heutigen Genossenschaften finden sich die genossenschaftlichen Merkmale, zu denen vor allem die Grundsätze der Selbsthilfe, der Selbstverwaltung und der Selbstverantwortung gehören, wieder154. Der genossenschaftliche Grundauftrag, die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder bzw. deren soziale oder kulturelle Belange durch den gemeinsamen Geschäftsbetrieb ist in § 1 Genossenschaftsgesetz gesetzlich verankert155. Als Genossenschaftstyp beispielsweise für den Zusammenschluss von Hawaladaren käme vorliegend etwa der Zusammenschluss in einer Dienstleistungsgenossenschaft als wirtschaftlichem Zusammenschluss von Dienstleistern, die in der Unternehmensform der Genossenschaft Vorteile für ihre Mitglieder am Markt erreichen wollen, in Betracht156. bb) Aufgaben des Verbandes Die als Genossenschaft oder auch anders organisierten Verbände, deren Mitglieder die im „einfachen“ Finanztransfergeschäft tätigen Dienstleister sind, müssten durch die nationale Finanzaufsicht anerkannt bzw. akkreditiert werden. 150

Faust, Geschichte der Genossenschaftsbewegung, S. 187. Faust, Geschichte der Genossenschaftsbewegung, S. 187. 152 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 4 ff. 153 Vgl. hierzu Schramm/Taube, Hawala – Geldüberweisung ohne Spuren – Flexibles altes islamisches Finanzsystem, in: Neue Zürcher Zeitung vom 31.05.2002, S. 27. 154 Schulte, in: Lang/Weidmüller, Genossenschaftsgesetz Kommentar, § 1, Rn. 5 ff. 155 Schulte, in: Lang/Weidmüller, Genossenschaftsgesetz Kommentar, § 1, Rn. 26. 156 Schaffland/Schulte, in: Lang/Weidmüller, Genossenschaftsgesetz Kommentar, Einf., Rn. 5; vgl. zu den Dienstleistungsgenossenschaften auch Schulte, in: Lang/ Weidmüller, Genossenschaftsgesetz Kommentar, § 1, Rn. 88 ff. 151

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Die an die Vorstände der Verbände zu stellenden Anforderungen hinsichtlich deren persönlicher und fachlicher Geeignetheit könnten insoweit nach Maßgabe der BaFin ausgestaltet werden. Dabei erscheint es empfehlenswert, die an die Geeignetheit der Vorstände anzulegenden Maßstäbe nicht zuletzt im Hinblick auf die mögliche Übernahme von Überwachungs- und Prüfungsaufgaben strenger auszugestalten, als dies nach dem hier vorgestellten Lösungsmodell bei den einzelnen Dienstleistern der Fall ist. Neben der (Vor-)Prüfung und Einreichung von Anträgen auf Registrierung für die Verbandsmitglieder bei der BaFin könnten die nationalen Verbände weitere Aufgaben übernehmen, zu denen beispielsweise der Aufbau bzw. Ausbau von Zahlungs- und Kommunikationswegen ins Ausland zählen könnte, die Zusammenarbeit mit Partnern in anderen Ländern, oder auch die Etablierung und Fortführung von Sicherungs-, Überwachungs- und Prüfsystemen. Daneben obliegt den nationalen Verbänden die Fortentwicklung des Geschäftsbetriebes des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes sowohl in technischer Hinsicht als auch beispielsweise im Hinblick auf die Implementation geeigneter Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung. Ein internationaler Verband als Zusammenschluss verschiedener nationaler Verbände wiederum könnte auf der Basis einer Anerkennung durch internationale Institutionen bzw. Gremien wie FATF, UNO oder Weltbank Regelungen und Statuten aufstellen, nach denen das „einfache“ Finanztransfergeschäft der Mitgliedsverbände ablaufen soll, und die unter bestimmten Voraussetzungen auch ethnische, kulturelle oder religiöse Spezifikationen aufweisen könnten. Dabei könnte die Anerkennung eines internationalen Verbandes etwa durch die FATF zur Voraussetzung für die Anerkennung der nationalen Mitgliedsverbände durch die BaFin in Deutschland gemacht werden. Gerade die Tätigkeit internationaler oder auf europäischer Ebene agierender Verbände könnte langfristig gesehen zu einer Harmonisierung der in den einzelnen Ländern geltenden Rechtsvorschriften zum Ausüben des Finanztransfergeschäftes beitragen. cc) Überwachung und Prüfung Die laufende Überwachung der Dienstleister umfasst beispielsweise die Überprüfung, ob die von den Dienstleistern hinterlegte Sicherungssumme, deren Höhe abhängig vom monatlichen bzw. jährlichen Transaktionsvolumen der Dienstleister festzulegen ist, in der Höhe noch ausreichend ist, und kann entweder primär von der BaFin ausgeübt werden, oder auch an die Verbände delegiert werden. Als weitere Aufgaben im Rahmen der laufenden Überwachung sind die Erstellung von Statistiken und Meldungen, die Ausübung einer Mittlerfunktion zwischen der Aufsichtsbehörde und den einzelnen Dienstleistern, die Unterstützung der Dienstleister bei der Erstellung des Jahresabschlusses oder auch die Annahme und Weiterleitung von Verdachtsmeldungen nach dem GwG denkbar.

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Soweit eine hierüber hinausgehende laufende Überwachung der Dienstleister in der Form, wie sie zurzeit von der BaFin ausgeübt wird, für erforderlich erachtet wird, könnte zusätzlich beispielsweise die Möglichkeit von Sonderprüfungen durch die Aufsichtsbehörde vor Ort in Betracht gezogen werden157. Unabhängig von der Überwachung wird die Etablierung einer Prüfungsinstanz für zweckmäßig erachtet, die auch organisatorisch von der Überwachung getrennt werden sollte. Als Organ der nationalen Verbände oder als externe, anerkannte Prüfungsgesellschaft könnte es zu den Aufgaben der Prüfungsinstanz gehören, Stichprobenprüfungen vorzunehmen und die ordnungsgemäße Ausübung der Überwachungsfunktion durch die Verbände zu überprüfen. Fernerhin könnte die Prüfinstanz auch eine Beratungsfunktion in rechtlichen, steuerlichen sowie betriebswirtschaftlichen Angelegenheiten für die Dienstleister übernehmen. In diesem Zusammenhang wird es im Übrigen für ausreichend erachtet, den Dienstleistern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen von § 242 HGB die Verpflichtung aufzuerlegen, einen „einfachen“ Jahresabschluss nach §§ 242 ff. des Handelsgesetzbuches, bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung vorzunehmen, der sich nicht nach den strengeren Maßgaben für große Kapitalgesellschaften richtet. Aus Kundenschutzgesichtspunkten kann hier jedoch über die Auferlegung der Verpflichtung zu einer einfachen Prüfung des Jahresabschlusses durch die Prüfungsinstanz nachgedacht werden. c) Hinterlegung einer Sicherungssumme Die Hinterlegung einer Sicherungssumme durch die Dienstleister, die gegebenenfalls auch in Form einer Bankbürgschaft oder eines Avals erbracht werden kann, dient vor allem anderen Kundenschutzgesichtspunkten158. Fällt ein Dienstleister beispielsweise wegen Zahlungsunfähigkeit aus, und kann erforderliche Auszahlungen nicht mehr vornehmen oder Ausgleichszahlungen gegenüber anderen Dienstleistern erbringen, könnten solche Ausfälle mit der Sicherheitsleistung aufgefangen werden. Da vorliegend kein Einlagengeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG159 betrieben wird, ist die auf einen Hawaladar entfallende potentielle maximale Haftungshöhe eher gering. In Frage 157 Die Möglichkeit, Sonderprüfungen bei den Instituten vorzunehmen, ist derzeit in § 44 KWG geregelt. Hiernach haben Institute und die Mitglieder seiner Organe sowie seine Beschäftigten der Bundesanstalt, den Personen und Einrichtungen, deren sich die Bundesanstalt bei der Durchführung ihrer Aufgaben bedient sowie der Deutschen Bundesbank auf Verlangen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Auch kann die Bundesanstalt ohne besonderen Anlass bei den Instituten Prüfungen vornehmen. 158 Zum Vorschlag einer Mindestliquiditätsreserve für Hawaladare vgl. bereits Maimbo, Challenges of Regulating and Supervising the Hawaladars of Kabul, S. 56, Fn. 9. 159 Als Einlagengeschäft im Sinne des KWG wird die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums ohne Rücksicht

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stehen hier alle laufenden, nicht ausgezahlten Transaktionen, wobei falsch ausgezahlte Transaktionen noch hinzu kommen. Aufgrund der Art der Transaktionen im Finanztransfergeschäft im Allgemeinen und im Hawala-Finanzsystem im Besonderen dürfte eine mittlere Transaktionsdauer von etwa 1–3 Tagen anzusetzen sein. Geeignete Überwachungs- und Meldesysteme vorausgesetzt, ist davon auszugehen, dass der Ausfall eines Hawaladars160 innerhalb von 4–5 Tagen entdeckt wird. Die individuelle Haftungs-/ oder Ausfallhöhe und damit die Sicherungssumme ließe sich also auf ein Viertel oder maximal ein Drittel eines durchschnittlichen Monatsumsatzes beschränken. Darüber hinaus gehende Haftungsfälle könnten durch einen entsprechenden Haftungsfonds gedeckt werden, auf den im Folgenden noch im Einzelnen eingegangen werden wird. d) Bildung eines Sicherungsfonds zur Absicherung besonderer Risiken Optional zu der von den Anbietern des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes zu hinterlegenden Sicherheitsleistung kommt ferner die Einrichtung eines Sicherungsfonds in Betracht, der für Ausfälle im Transfergeschäft haften soll, wenn die Haftungsmöglichkeiten des in Anspruch genommenen Dienstleisters erschöpft sind. Ein solcher Haftungsfonds würde insbesondere in Fällen eingreifen, in denen etwa die Ausfallsumme aus verschiedenen Gründen nicht von der einmaligen von den Dienstleistern hinterlegten Sicherheitsleistung gedeckt wird, oder diese betragsmäßig darüber hinausreicht. Vom Prinzip her entspräche ein solcher Sicherungsfonds damit dem bekannten System der Einlagensicherungsfonds der Banken, deren Zweck im Wesentlichen im Schutz der Kundengelder vor Verlusten im Falle der Insolvenz einer Bank besteht. Seit 1998 besteht neben den Einlagensicherungsfonds als freiwilligen Sicherungssystemen der Banken zum Schutz von Kundengeldern die Verpflichtung zum Anschluss an ein gesetzliches Einlagensicherungssystem161. Diese gesetzlich vorgeschriebene Mindestabsicherung von Kundeneinlagen geht zurück auf das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (ESAEG)162, wonach generell Forderungen aus Einlagen und Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften von Bankkunden jeweils bis zu einer Höhe von 90% der Kundengeldarauf, ob Zinsen vergütet werden, bezeichnet, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird. 160 Denkbar wäre hier beispielsweise der Fall, dass ein Hawala-Intermediär alle eingezahlten Gelder unterschlägt und ab dem Stichtag keine Transaktionen mehr ausführt. 161 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 23a, Rn. 1 f. 162 Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1842), zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 15. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2676).

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der, maximal jedoch bis zu einem Entschädigungswert von 20.000 Euro pro Bankkunde geschützt sind163. Ist ein Entschädigungsfall eingetreten, haben Bankkunden einen zivilrechtlich einklagbaren Anspruch auf Entschädigung gegen die Entschädigungseinrichtung des betroffenen Institutes164. Zwar sind Einlagensicherungsfonds gesetzlich verpflichtend in § 23a KWG nur für Kreditinstitute, die das Einlagengeschäft, das Finanzkommissionsgeschäft und das Emissionsgeschäft sowie des Weiteren für Finanzdienstleistungsinstitute, die Anlagevermittlung, Abschlussvermittlung, Finanzportfolioverwaltung oder Eigenhandel in Form der Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten im Wege des Eigenhandels für andere betreiben, vorgesehen. Finanzdienstleistungsinstitute, die das Finanztransfergeschäft betreiben, unterfallen dagegen nicht dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz, das Institute dazu verpflichtet, Einlagen und Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften vor Verlusten zu schützen165. Die Schaffung eines vergleichbaren Sicherungsinstruments auch für das „einfache“ Finanztransfergeschäft zur Sicherung der den Anbietern für einen Geldtransfer überlassenen Gelder erscheint jedoch zweckmäßig, um im Gegenzug die Registrierung der Anbieter des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes an erleichterte Voraussetzungen, beispielsweise bei der persönlichen und fachlichen Geeignetheit der Geschäftsführer knüpfen zu können und gleichzeitig dem hiermit verbundenen vergrößerten Missbrauchsrisiko entgegenzuwirken. Ähnlich wie bei den gesetzlichen Entschädigungseinrichtungen, bei denen die Institute einer öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Leistung von Beiträgen an ihre Entschädigungseinrichtung unterliegen, wäre auch die Bildung eines Sicherungsfonds für das „einfache“ Finanztransfergeschäft von Beiträgen der angeschlossenen Mitglieder abhängig. Da jedoch das Risikopotential von lediglich zum Transfer überlassenen Geldern im Vergleich zu erbrachten Kundeneinlagen als vergleichsweise gering zu beurteilen ist, käme ein im Rahmen des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes gebildeter Sicherungsfonds mit einer lediglich geringen Erstausstattung aus. Gegebenenfalls wären die Mitglieder zur Leistung von Sonderbeiträgen bzw. zu einer Nachschusspflicht im Entschädigungsfall zu verpflichten, die in der Höhe vom jeweiligen durchschnittlichen Monats- bzw. Jahresumsatz abhängig gemacht werden könnte. Eine solche Entschädigungseinrichtung unterläge dann wie die vom Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz vorgesehenen Einrichtungen der laufenden Aufsicht der BaFin, die neben dem Recht zur Vornahme von Sonderprüfungen nach § 44 Abs. 1 KWG auch die Möglichkeit hätte, Anordnungen zur Verhinderung von Miss163 164 165

Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 23a, Rn. 4. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 23a, Rn. 3. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 23a, Rn. 2.

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ständen zu treffen166. Schließlich könnte in diesem Zusammenhang auch über die Etablierung einer Beschwerdestelle bzw. die Einrichtung einer eigenen Schlichtungsstelle mit Ombudsmann nachgedacht werden. Vor dem Hintergrund, dass Hawaladare, aber auch andere kleinere Anbieter des Finanztransfergeschäftes regelmäßig alleine tätig sind, erlauben die zuvor skizzierten Sicherungsmaßnahmen der Bildung eines Sicherungsfonds und der Hinterlegung einer Sicherungssumme jedenfalls aus Kundenschutzgesichtspunkten auch den Verzicht auf die für das allgemeine Finanztransfergeschäft nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KWG grundsätzlich vorgeschriebenen zwei persönlich und fachlich geeigneten Geschäftsleiter. Zwar ist die ursprünglich mit der 2. KWG-Novelle 1976 eingeführte Regelung zum Vier-Augen-Prinzip heute sowohl auf Grund der 1. Bankrechtskoordinierungsrichtlinie167 als auch der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 168 zwingende Vorschrift169. Eine Ausnahme vom Vier-Augen-Prinzip gilt allerdings ohnehin für die Fälle, in denen Finanzdienstleistungsinstitute nicht dazu befugt sind, sich bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen Eigentum oder Besitz an Geldern oder Wertpapieren von Kunden zu verschaffen170. e) Im „einfachen“ Finanztransfergeschäft tätige Dienstleister/Hawaladare Vor dem Hintergrund von Überlegungen zu einer Eingliederungspflicht aller im „einfachen“ Finanztransfergeschäft tätigen Dienstleister in einen nationalen Verband, der Einführung von Höchstbetragsgrenzen sowie letztlich der Hinterlegung einer Sicherungssumme und ggf. der Einrichtung eines Sicherungsfonds zur Absicherung darüber hinausgehender weiterer finanzieller Ausfallrisiken der Dienstleister erscheint es im Gegenzug möglich, die konkret an die einzelnen Dienstleister im „einfachen“ Finanztransfergeschäft zu stellenden Anforderungen stark zu vereinfachen und somit auch solchen Dienstleistern den Zugang zur Ausübung des Finanztransfergeschäftes zu ermöglichen, für die bislang die formellen an die Zulassung geknüpften Hürden nicht zu überwinden waren. aa) Persönliche Eignung und zu erbringende Nachweise Soweit es die persönliche Eignung von Hawaladaren zum Betreiben des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes betrifft, kann sich diese im Wesentlichen auf 166 167

Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 23a, Rn. 10 f. 1. Bankrechtskoordinierungsrichtlinie, ABl. EG Nr. L 322 vom 17. Dezember

1977. 168 169 170

Wertpapierdienstleistungsrichtlinie, ABl. EG Nr. L 141 vom 11. Juni 1993. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 33, Rn. 1. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, KWG, § 33, Rn. 70.

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das Erfordernis des Nachweises des Fehlens einschlägiger Vorstrafen beschränken. Hierzu könnte evtl. die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses verlangt werden. Eventuell könnte die Registrierung weiterhin an das Erreichen eines bestimmten Mindestalters der einzelnen Dienstleister geknüpft werden. Sollten sich diese schwachen, an die persönliche Eignung zu stellenden Mindestvoraussetzungen als praktisch nicht gangbar erweisen, könnte der Nachweis der persönlichen Eignung optional von der Beibringung eines Leumundszeugen oder Bürgen aus dem Verband abhängig gemacht werden. Neben diesen beizubringenden Mindestnachweisen könnte der Nachweis der Befähigung zur Durchführung des vereinfachten Finanztransfergeschäftes an die Erfüllung weiterer, von den nationalen Verbänden aufgestellten Rahmenbedingungen geknüpft werden. Bezogen auf die islamischen Hawaladare käme hier beispielsweise die Verpflichtung, Geldgeschäfte ausschließlich nach den Regeln der Scharia abzuwickeln, in Betracht. Dabei sind die von den nationalen Verbänden aufgestellten Regeln von den Dienstleistern zwingend zu beachten. Gravierende Verstöße gegen die verbandsinternen Regelungen könnten etwa einen Verbandsausschluss nach sich ziehen, wobei die fehlende Pflichtmitgliedschaft in einem Verband im Nachgang zwingend auch den Widerruf der Registrierung für das „einfache“ Finanztransfergeschäft zur Folge hätte. Die von den Verbänden aufgestellten Kriterien wären vorab mit der BaFin als zuständiger Aufsichtsbehörde abzustimmen und müssten bestimmten, aufsichtsrechtlichen Mindestkriterien genügen, um ein Ungleichgewicht in der Behandlung der Dienstleister durch die einzelnen Verbände zu vermeiden. Hierzu gehört neben der verbindlichen Festlegung, wann und nach welchen Kriterien ein Verbandsausschluss vorzunehmen ist, auch die verbindliche Beantwortung beispielsweise der Frage, ob und wie verbandsinterne Schlichtungen durchgeführt werden können. Wesentlicher Kern- und Problempunkt dürfte in diesem Zusammenhang jedoch die Überlegung sein, die Registrierung bestimmter Gruppen von Dienstleistern neben dem Nachweis bestimmter Mindestkriterien von der Einhaltung unter Umständen auch religiöser Grundsätze abhängig zu machen. Ausdrücklich Bezug genommen sei in diesem Zusammenhang auf die Regeln der Scharia, die bei einem bestimmten Teil der Hawaladare bereits jetzt regelnde Funktionen übernimmt. Um ein Ausufern der Problematik zu vermeiden, könnte man hier darauf abstellen, dass die verbandsinterne Festlegung „religiöser“ Kriterien nur optional neben den mit der BaFin abgestimmten Mindestkriterien erfolgen darf. Eine Ersetzung anderer „harter“ Kriterien durch einen religiösen Verhaltenskodex erscheint mangels Vergleichbarkeit bzw. Überprüfbarkeit derzeit nicht in Betracht zu kommen. Insgesamt wäre die Registrierung von Hawaladaren und anderen Dienstleistern für das „einfache“ Finanztransfergeschäft damit neben dem Nachweis der

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persönlichen Eignung vor allem an den Nachweis der Mitgliedschaft bei einem nationalen Verband, etwa einem „Bundesverband deutscher Hawaladare“ nebst Anerkennung der Regeln des Verbandes sowie der Beibringung einer angemessenen Sicherheitsleistung entsprechend der für Haftungsfälle festgelegten Kriterien gebunden. Ergänzend wären im Rahmen des Registrierprozesses dann lediglich noch Angaben zu Name, Alter, Nationalität, Adresse und Kontaktdaten des Dienstleisters zu machen, die durch die Hinterlegung einer Kopie von Personalausweis oder Reisepass zu bestätigen sind sowie ggf. Angaben zu weiteren ausgeübten Tätigkeiten. bb) Registrierungs- bzw. Antragsprozess Zur Vereinfachung der Antragstellung bzw. des Registrierprozesses für Hawaladare erscheint es zunächst zweckmäßig, die nationalen Verbände zwecks Vorprüfung der zu stellenden Anträge in den Entscheidungsprozess zwischenzuschalten, bevor die bereits gefilterten Anträge dann durch die Verbände an die zuständige Aufsichtsbehörde weitergeleitet werden. Dies brächte auch den Vorteil mit sich, dass Hawaladare mit den nationalen Verbänden einen direkten, nahegelegenen und speziell auf ihre Bedürfnisse ausgerichteten Ansprechpartner zur Klärung von Fragen und Unstimmigkeiten haben und eine Weiterleitung nur solcher Anträge gewährleistet wäre, die Aussicht auf positive Bescheidung durch die Aufsichtsbehörde haben. Die endgültige Entscheidungsgewalt über die Registrierung läge damit immer noch bei der BaFin, die jedoch durch die im Vorfeld durchgeführte Vorprüfung der Anträge eine Arbeitserleichterung einerseits erfährt und der andererseits mit den nationalen Verbänden ein kompetenter Ansprechpartner zur Seite gestellt wird. Ferner müsste auch im Rahmen des laufenden Betriebes die dauerhafte Einhaltung der einmal nachgewiesenen Voraussetzungen durch die Dienstleister sichergestellt werden. Dies kann etwa durch die Verpflichtung der Dienstleister, etwaige Änderungen in der persönlichen und fachlichen Geeignetheit oder des durchschnittlichen monatlichen oder jährlichen Transaktionsvolumens171 unverzüglich der Aufsichtsbehörde mitzuteilen, geschehen. Alternativ oder kumulativ könnten die Dienstleister dazu verpflichtet werden, jährlich wiederkehrend die Nachweise zu erneuern, um nicht die Registrierung zu verlieren.

171 Die Höhe des Transaktionsvolumens ist zum einen für die Berechnung der zu hinterlegenden Sicherungssumme und zum anderen für die Frage entscheidend, ob ein Dienstleister begrifflich überhaupt noch dem „einfachen“ Finanztransfergeschäft unterfällt.

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cc) Laufender Betrieb ohne Berücksichtigung von Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung Ist eine Registrierung erfolgreich abgeschlossen, müsste im Rahmen des laufenden Betriebes des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes ferner sichergestellt werden, dass die Durchführung der Geschäfte ordnungsgemäß erfolgt. Dies betrifft vor allem die – noch gesondert zu betrachtende – Ausgestaltung von Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung, aber auch die Einhaltung weiterer geldwäscheunabhängiger Regelungen und Schutzmaßnahmen, wie beispielsweise die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB)172 oder bei Beschäftigung von Mitarbeitern die Vornahme verpflichtender Maßnahmen nach dem Arbeitsschutzgesetz, die Pflichtzugehörigkeit zu einer Berufsgenossenschaft, und weiteres mehr. Auch in diesen Fällen dürften sich die nationalen Verbände als wichtige Ansprechpartner zur Klärung von Fragen oder zum Leisten von Hilfestellungen erweisen. Um eine reibungslose Datenverarbeitung und in diesem Zusammenhang auch möglichst einheitliche Dokumentation der Transaktionen zu gewährleisten, erscheint es sinnvoll, die Verbandsmitglieder etwa zum Betrieb geeigneter und entsprechend zertifizierter IT-Systeme zu verpflichten. Im Zusammenhang mit dem Zahlungsverkehr mit Bargeld empfiehlt sich die Vornahme einer elektronischen Buchführung mit Kassenbuch, in dem Zahlungen täglich getrennt nach Einzahlungen und Auszahlungen einzutragen sind. Zur Ermittlung des buchmäßigen Bargeldbestands wäre zudem zwingend ein täglicher Abschluss des Kassenbuches durch einen Abgleich des buchmäßigen Geldbestandes mit dem tatsächlich vorhandenen Bargeld vorzunehmen. Das Unterhalten einer elektronischen Buchführung ermöglicht es darüber hinaus, Statistiken über offene und bearbeitete Transaktionen, empfangene Auftraggeber-Gelder, noch nicht ausbezahlte Empfänger-Gelder und das durchschnittliche Tagesvolumen an durchgeführten Transaktionen zu erstellen und zu bestimmten Stichtagen automatisiert an die Verbände zu melden, die in diesem Rahmen eine Überwachungsfunktion übernehmen könnten. Da auch im informellen Hawala-Finanzsystem mit einer Art vereinfachten Buchführung gearbeitet wird, um den Hawaladaren einen Überblick über offene Posten, Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber anderen Hawaladaren zu erhalten173, dürfte diese Anforderung im Ergebnis zu keinen nennenswerten Problemen bei der Umsetzung führen. Aus Sicht der Betriebe erscheint zudem die Erstellung einer (ggf. maschinellen) Quittung im Rahmen jeder Transaktion sinnvoll, die mindestens Angaben zu Betrag, Datum, Uhrzeit, Ziel und Codenummer enthält. Eine solche Quittung dient dabei nicht nur dem Schutz der Kunden, sondern vor allem auch dem 172 173

Vgl. insoweit bereits die Ausführungen oben unter Teil 3, C. IV. 2. Vgl. insoweit bereits die Ausführungen oben unter Teil 3, B. II. 4.

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Schutz der beteiligten Dienstleister, um ggf. einen Nachweis für durchgeführte Auszahlungen oder erhaltene Einzahlungen erbringen zu können. Mögliches Konfliktpotential könnten hingegen erforderlich werdende Sicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Geldgeschäft zum Schutz von Mitarbeitern der Dienstleister bergen: So besteht für Unternehmen, die Mitarbeiter in ihrem Betrieb beschäftigen, regelmäßig eine Versicherungspflicht bei einer Berufsgenossenschaft, deren Vorschriften für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit von den Unternehmen zwingend zu beachten sind. Die Berufsgenossenschaften als solche sind die Träger der im SGB VII verankerten gesetzlichen Unfallversicherung für die Unternehmen der deutschen Privatwirtschaft und deren Beschäftigte und haben die Aufgabe, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten174. Zuständig für die Dienstleister im Finanztransfergeschäft ist die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG), die nach § 3 ihrer Satzung neben Banken und Sparkassen unter anderem auch für Kredit- und sonstige Geldverkehrseinrichtungen, wie beispielsweise Geldwechselinstitute sachlich zuständig ist175. Als besonderes relevant in diesem konkreten Zusammenhang soll hier lediglich beispielhaft die Unfallverhütungsvorschrift Kassen (BGV C 9)176 der VBG herausgegriffen werden, die den Unternehmen für Betriebsstätten mit Bargeldverkehr zum Schutz ihrer Mitarbeiter umfangreiche Sicherungspflichten auferlegt. Zu diesen gehört unter anderem die Verpflichtung, Betriebsstätten mit Bargeldverkehr an eine Überfallmeldeanlage anzuschließen, optische Raumüberwachungsanlagen zu installieren, spezielle Sicherungen an Fenstern und Türen anzubringen sowie Bargeldbestände zu sichern. Zwar ist der Geltungsbereich der hier angesprochenen BGV C 9 nach dem Wortlaut der Vorschrift ausdrücklich auf Kreditinstitute und Geldwechselinstitute beschränkt. Jedoch dürfte insbesondere über die im Arbeitsschutzgesetz177 für die Unternehmen zwingend vorgeschriebene Gefährdungsanalyse des Arbeitsplatzes178 hinsichtlich des in 174 Vgl. hierzu etwa Schmitt, SGB VII. Gesetzliche Unfallversicherung, § 122, Rn. 1 ff. 175 Die Satzung der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft kann im Internet unter URL: http: // www. vbg.de/imperia/md/content/produkte/downloads/satzung_5._nachtrag.pdf [Stand 16/06/2007] abgerufen werden. 176 Die Unfallverhütungsvorschrift Kassen vom 1. Oktober 1988 in der Fassung vom 1. Januar 1997 mit Durchführungsanweisungen vom Oktober 2001 der VBG ist im Internet unter URL: http://www.vbg.de/imperia/md/content/produkte/vorschriften/ bgv_c9.pdf [Stand 16/06/2007] abrufbar. 177 Das Arbeitsschutzgesetz vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246), zuletzt geändert durch Artikel 227 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) dient dazu, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern, vgl. § 1 Abs. 1 ArbSchG. 178 Grundlage für die Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes ist insoweit § 5 Arbeitsschutzgesetz, mit dessen Einführung verschiedene europäische Rahmenrichtli-

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den Betriebsstätten vorkommenden Bargeldverkehrs eine Vergleichbarkeit des Finanztransfergeschäftes etwa mit dem Sortengeschäft und damit die Verpflichtung zur Schaffung vergleichbarer Sicherungsvorkehrungen anzunehmen sein. Gerade für kleinere Unternehmen – betroffen sind hier auch Hawaladare als Dienstleister des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes – könnten sich die für Betriebsstätten mit Bargeldverkehr zu treffenden Schutzvorkehrungen damit im Ergebnis als zu kostenintensiv und aufwendig in der Umsetzung erweisen. Ähnliche Probleme dürften sich auch im Rahmen anderer (berufs-)rechtlicher Vorschriften und Regelwerke ergeben, die an dieser Stelle jedoch nicht weiter problematisiert werden sollen. Der Verweis auf die BGV C 9 ist insoweit nicht als abschließende Betrachtung sämtlicher für den Bereich des Finanztransfergeschäftes relevanter Regelwerke zu verstehen, sondern lediglich zur Veranschaulichung möglichen Konfliktpotentials bei der Ausgestaltung des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes. 2. Ausgestaltung der Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung im legalisierten Hawala-Finanzsystem Zu den Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung im engeren Sinne zählen neben den im Rahmen des „Know-Your-Customer Prinzips“ vorzuhaltenden Maßnahmen der Identifikation, die Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten einer Transaktion, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten, die Meldung von Verdachtsfällen sowie ferner die Verpflichtung der Institute zur Durchführung bestimmter interner Sicherungsmaßnahmen nach § 14 GwG. Hinzu kommen insbesondere die Verpflichtungen nach §§ 25a, 25b KWG. Grundsätzlich bleibt diesbezüglich zunächst festzuhalten, dass Hawaladare nicht von der Durchsetzung grundlegendster Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung ausgenommen werden können, nur weil die Durchsetzung dieser Maßnahmen unrealistisch erscheinen mag. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Risikopotential für den Missbrauch des Systems zu Geldwäschezwecken im Vergleich zu anderen Dienstleistern nicht als signifikant erhöht bewertet werden kann und bislang kein Nachweis für einen vergleichsweise starken Missbrauch der Hawala-Netzwerke zu Geldwäschezwecken geführt werden konnte. Die Verpflichtung auch von Hawaladaren zur Einhaltung von Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung nach diesem Lösungsansatz bezieht sich allerdings ausdrücklich nicht auf die seitens der BaFin einseitig aufgestellten restriktiven Sonderregelungen für das Finanztransfergeschäft, denen es bereits an einer nien zum Arbeitsschutz umgesetzt worden sind. Hiernach hat der Arbeitgeber durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Hiermit einher geht die Verpflichtung für den Unternehmer, nachvollziehbar die Einhaltung von Sorgfaltspflichten bezogen auf Arbeitsmittel oder Gefahrstoffe nachzuweisen.

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ausreichenden gesetzlichen Grundlage mangelt und auf die daher an dieser Stelle auch nicht weiter eingegangen werden soll179. In diesem Zusammenhang sei im Übrigen nochmals auf die eingangs aufgestellte Prämisse verwiesen, wonach Hawaladare bei einem stark vereinfachten Zugang zum Betrieb des Finanztransfergeschäftes der Einhaltung weiterer, angemessener und erfüllbarer Verpflichtungen, wie beispielsweise der laufenden Dokumentation von Transaktionen nicht grundsätzlich abgeneigt gegenüberstehen. Dies wird insbesondere durch das bereits seit mehreren Jahren von den Vereinigten Arabischen Emiraten praktizierte Modell der vereinfachten Registrierung von Hawaladaren bestätigt, bei dem Hawaladare auch bestimmten Identifizierungspflichten sowie der Verpflichtung zur Meldung verdächtiger Transaktionen unterliegen und diese, soweit eine Registrierung vorgenommen wurde, auch durchführen. Im Wesentlichen soll im Rahmen des hier vorgestellten Lösungsansatzes daher lediglich eine Überbürdung der betroffenen Dienstleister mit Dokumentations- und Aufzeichnungs- und Sicherungspflichten vermieden werden. a) Identifikation und Dokumentation Für erforderlich, aber auch ausreichend wird im Bereich der Identifikationsmaßnahmen und Aufzeichnungspflichten die Aufzeichnung bestimmter Mindestdaten für eingehende und ausgehende Transfers einerseits sowie für die Meldung verdächtiger Transaktionen andererseits erachtet. Wie bei dem seitens der Vereinigten Arabischen Emirate praktizierten Modell von Identifikation und Dokumentation könnten den Hawaladaren hier 3 verschiedene, einfach gestaltete Standardvordrucke zur Verfügung gestellt werden, in welche die aufgenommenen Daten lediglich noch eingetragen werden müssen. Neben der Angabe der Höhe des transferierten Betrages kommen zur Aufnahme in das Formular weiterhin Angaben zu Namen, Wohn- oder Arbeitsort, Nationalität, ggf. Reisepassnummer des Kunden als Auftraggeber oder Empfänger des Geldes, der Name des Begünstigten/Auftraggebers auf der anderen Seite nebst Bestimmungsort des Geldes sowie des Weiteren die Angabe des Zweckes des Transfers in Betracht180. Die Meldung verdächtiger Transaktionen sollte an zusätzliche Angaben zu den Hintergründen der Verdachtsmeldung geknüpft werden.

179 Bedenklich stimmt hier etwa auch die Äußerung der BaFin, wonach es bei Finanztransferdienstleistern in der Regel nicht risikoadäquat sei, Kunden erst ab bestimmten Schwellenwerten zu identifizieren. Sie müssten vielmehr jeden Kunden identifizieren, um Geldwäsche zu verhindern, vgl. BaFin, Jahresbericht 2005, S. 184. Insoweit erfährt der bereits eigenmächtig auf einen Schwellenwert von 2.500 Euro herabgesetzte Betrag faktisch eine Nullreduzierung. 180 Beispiele für die entsprechenden Formblätter sind bei Central Bank of the UAE, Hawala Regulations System in the UAE-Registration of Hawaladars (Hawala Brokers), S. 9 ff. abgedruckt.

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Neben die schriftliche Dokumentation der Transaktionen in der Weise, dass der Auftraggeber der Zahlung, der Empfänger sowie ggf. der Transferweg bzw. die mit der Auszahlung beauftragte Person/Stelle schriftlich festgehalten werden, tritt die Verpflichtung zur Identifikation der Kunden. Derzeit liegt der gesetzliche Schwellenwert für von den Instituten durchzuführende Identifikationsmaßnahmen nach dem GwG bei der Annahme von Bargeld, Wertpapieren oder Edelmetallen bei 15.000 Euro, wobei der Grenzwert für die Identifikation in Verdachtsfällen nicht gilt. Gemäß Art. 5 Abs. 4 EU-GeldtransferVO hat der Zahlungsverkehrsdienstleister des Auftraggebers bei kontoungebundenen Geldtransfers vor der Ausführung sämtliche Angaben zum Auftraggeber anhand von Dokumenten, Daten oder Informationen aus einer verlässlichen und unabhängigen Quelle nur in Fällen zu überprüfen, wenn der Betrag 1.000 EUR übersteigt, es sei denn, die Transaktion findet in Form von mehreren offenbar miteinander verbundenen Vorgängen statt, die zusammen 1.000 EUR übersteigen. b) Meldewesen und Kontrolle Im Bereich Meldewesen und Kontrolle unterliegen die Institute derzeit umfangreichen Verpflichtungen in den Bereichen ordnungsgemäße Geschäftsorganisation (vgl. insbesondere § 25a KWG) und internen Sicherungsmaßnahmen (vgl. etwa § 14 GwG), die in Bezug auf die Dienstleister des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes auf ein unumgängliches Mindestmaß reduziert werden sollten, um die Einhaltung der Vorschriften gerade durch Hawaladare zu gewährleisten. Soweit es den Bereich des Compliance Monitoring anbelangt, sollte jedenfalls den Aufsichtsbehörden die Möglichkeit eingeräumt werden, die von den Dienstleistern gefertigten Aufzeichnungen einzusehen und die Tätigkeit der Anbieter beispielsweise durch nicht angekündigte Besuche zu kontrollieren181. Ferner erscheint im Rahmen einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation die Durchsetzung von Aufbewahrungspflichten für Buchungsbelege und sonstige erforderliche Aufzeichnungen realisierbar. Hinsichtlich der von den Instituten zu ergreifenden internen Sicherungsmaßnahmen im Sinne von § 14 GwG könnten wiederum wesentliche Funktionen von den Verbänden übernommen werden. Dies bezieht sich insbesondere auf die Erstellung konkreter Arbeitsablaufbeschreibungen und Verhaltensrichtlinien zu den nach dem GwG und den betriebsinternen Leitsätzen einzuhaltenden Pflichten sowie die Schulung von Mitarbeitern der Dienstleister über neu bekannt gewordenen Erscheinungsformen (Methoden und Techniken) der Geldwäsche. Für den Bereich der geschäfts- und kundenbezogenen Sicherungssysteme dürfte anstelle eines EDV-basierten Überwachungssystems schließlich auch eine 181 Vgl. Zum Bereich der alternativen Überweisungssysteme die Empfehlung der FATF, Combating the Abuse of Alternative Remittance Systems: International Best Practices, S. 8.

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manuelle Überwachung der Vorgänge durch die Dienstleister ausreichen, zumal gerade im „klassischen“, regelmäßig aus einer Person bestehenden Hawala-Betrieb der Kundenkreis überschaubar und dem Dienstleister oftmals auch von Person bekannt sein dürfte. Die Auferlegung weiterer, über die zuvor beschriebenen Verpflichtungen hinausgehender Pflichten erscheint vor dem Hintergrund des Risikos einer Überregulierung mit der Folge einer möglichen Abdrängung der alternativen Überweisungssysteme in den Untergrund derzeit nicht empfehlenswert. Jedenfalls wäre in einem solchen Fall eine genaue Überprüfung im Hinblick auf mögliche nachteilige Auswirkungen im Einzelfall unumgänglich. 3. Zum Erfordernis der Schaffung eines entsprechenden nebenstrafrechtlichen Instrumentariums Damit die zuvor dargestellten Regularien zum „einfachen“ Finanztransfergeschäft auch eingehalten werden, müssen Zuwiderhandlungen ordnungswidrigkeitsrechtlich bzw. strafrechtlich sanktioniert werden. Bislang wird nach § 54 Abs. 1 KWG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer ohne Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt, wozu auch das unerlaubte Betreiben des in § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG geregelten Finanztransfergeschäftes zählt. Sofern das „einfache“ Finanztransfergeschäft ohne die gesetzlich vorgeschriebene Registrierung bzw. Eintragung betrieben wird, müssen schließlich auch die Sanktionsverpflichtungen aus Artikel 39 in Verbindung mit Art. 36 Abs. 1 der 3. EG-Geldwäscherichtlinie beachtet werden. Während der Gesetzgeber nach Art. 36 Abs. 1 der 3. EG-Geldwäscherichtlinie dafür Sorge zu tragen hat, dass Unternehmen, die das Finanztransfergeschäft betreiben, zugelassen oder eingetragen sein müssen, um ihr Gewerbe legal betreiben zu können, ist von den Mitgliedsstaaten nach Art. 39 sicherzustellen, dass die der Richtlinie unterliegenden natürlichen und juristischen Personen für Verstöße gegen die nach der 3. EG-Geldwäscherichtlinie erlassenen nationalen Vorschriften verantwortlich gemacht werden können. Dabei haben die Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend zu sein. Auch wenn das in der 3. EG-Geldwäscherichtlinie vorgesehene Sanktionensystem eine Unrechtsabstufung im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenrechts damit grundsätzlich zulässt, erscheint nicht zuletzt vor dem Hintergrund der sich aus dem Missbrauch des Finanzsystems zu Zwecken der Geldwäsche ergebenden Gefahren die Schaffung eines entsprechenden nebenstrafrechtlichen, im KWG zu verankernden Instrumentariums auch für das „einfache“ Finanztransfergeschäft unumgänglich182. 182 Nach der Auffassung des Gesetzgebers bedeuten die in §§ 54 bis 55b enthaltenen Straftatbestände des Kreditwesengesetzes so großes Unrecht, dass Verbote und

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4. Vorgehensweise bei Hawaladaren, welche die für das „einfache“ Finanztransfergeschäft festgelegten Grenzen überschreiten Abschließend bleibt die Frage zu klären, wie im Rahmen dieses Lösungsansatzes Hawaladare, welche die für das „einfache“ Finanztransfergeschäft festgelegten Betragsgrenzen überschreiten, aufsichtsrechtlich zu behandeln sind. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Vergleichbarkeit mit größeren Finanztransferdienstleistern und dem Girogeschäft der Kreditinstitute ist es hier sachlich gerechtfertigt, höhere Anforderungen an persönliche und fachliche Geeignetheit der Dienstleister oder auch im Rahmen der Finanzaufsicht allgemein zu stellen. Daher erscheint es vertretbar, solche Dienstleister, die bestimmte durchschnittliche monatliche Transaktionsvolumina überschreiten, sowohl im Hinblick auf Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung als auch im Hinblick auf Kundenschutzgesichtspunkte dem derzeit in Deutschland geltenden strengeren System von Lizenzierung und laufender Aufsicht zu unterstellen. Insoweit sollen durch den hier vorgestellten Lösungsansatz vor allem kleinere Anbieter des Finanztransfergeschäftes begünstigt werden, die – wie etwa Hawaladare – Migranten und andere Kleinnutzer als eine wesentliche Kernzielgruppe ansprechen.

III. Kritische Überprüfung des Lösungsansatzes Nachfolgend soll nunmehr kritisch hinterfragt werden, ob sich der entworfene Lösungsansatz tatsächlich zur Lösung der Geldwäscheproblematik einerseits wie auch zur Lösung der aufsichtsrechtlichen Problematik andererseits eignet. In diesem Zusammenhang soll insbesondere auch auf mögliche Probleme in der praktischen Umsetzbarkeit und die Frage nach der Vereinbarkeit des Lösungsansatzes mit supranationalem und internationalem Recht eingegangen werden. 1. Tauglichkeitserwägungen zum Problemlösungsansatz Zu Beginn der Ausführungen zu einem eigenen problemangemessenen Lösungsansatz sind einige Kriterien festgelegt worden, die der Lösungsansatz berücksichtigen sollte. Als solche wurden zunächst der Schutz vor Geldwäschekriminalität sowie des Weiteren der Schutz der Verbraucher und Konsumenten vor dem Verlust ihrer Gelder, die Legalisierung des Hawala-Systems durch Registrierung oder Lizenzierung, die Kontrollierbarkeit des Transfersystemes innerhalb unserer Rechtsnormen und letztlich die Vermeidung der weiteren Abdrängung in den Untergrund durch Überregulierung aufgeführt.

Geldbußen nicht ausreichen, um die Rechtsordnung wiederherzustellen, vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, KWG, § 54, Rn. 1.

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a) Zur Erfüllbarkeit der Kriterien Ein besonderes Problem im Rahmen von Überlegungen zu Regulierung und Kontrolle des Hawala-Finanzsystems stellt zweifellos die Frage nach der praktischen Umsetzbarkeit des Lösungsansatzes in einem System dar, dass sich bisher staatlichen Versuchen, Hawala einer Finanzaufsicht zu unterwerfen, weitestgehend entzogen hat. Erweisen sich die vorgestellten Kriterien zur Lösung der Geldwäscheproblematik im Hawala-Finanzsystem letztlich als wiederum nicht erfüllbar für Hawaladare oder erreicht das Vorhaben einer vereinfachten Regulierung des Hawala-Systems als Teil des Finanztransfergeschäftes die in Deutschland tätigen Hawaladare womöglich gar nicht erst, würde sich an der derzeitigen aufsichtsrechtlichen Situation faktisch nichts ändern und sämtliche Reformbestrebungen blieben auf theoretische Erwägungen beschränkt. Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass sich insbesondere die Kriterien Kundenschutz und Schutz vor Geldwäschekriminalität auf der einen Seite und Vermeidung der Abdrängung in den Untergrund durch Überregulierung und Erfüllbarkeit der Kriterien durch Hawaladare auf der anderen Seite diametral zueinander verhalten, eine vollumfängliche Erfüllung sämtlicher Kriterien vor diesem Hintergrund mithin praktisch unmöglich ist. Je umfangreicher Kundenschutzund gesetzliche Schutzmaßnahmen vor Geldwäschekriminalität ausgestaltet sind, die naturgemäß mit einer entsprechenden Regulierung und Kontrolle der Dienstleister einhergehen, umso größer ist gleichzeitig die Gefahr der Überregulierung von Anbietern alternativer Überweisungssysteme. Die Inkaufnahme von Abstrichen war folglich bei allen Kriterien unvermeidbar. Zu beachten war in diesem Zusammenhang ebenfalls, dass Deutschland in einen immensen regulatorischen Komplex – bestehend aus Regelungen zum Schutz des Finanzsystems vor Geldwäsche, Kunden- und Arbeitsschutzregelungen, steuerrechtlichen und Bilanzierungsregelungen usw. – eingebunden ist, der die eigentlich zwingend erforderliche Vereinfachung des Finanztransfergeschäftes nicht ohne weiteres zulässt. Eine dem Modell der Vereinigten Arabischen Emirate vergleichbar einfache Regelung wäre im Ergebnis zwar wünschenswert, ist in Deutschland aber praktisch nicht umsetzbar. Vor dem Hintergrund der Vielzahl an zu beachtenden, hier aber nicht sämtlich diskutierter Vorschriften ist auch der Vorschlag zur Etablierung eines Verbandes zu betrachten, der insoweit Aufgaben als Informationsdienstleister und als Vermittler zwischen den Dienstleistern und der (Aufsichts-) Behörde erfüllt. Während mit der von den Dienstleistern zu hinterlegenden Sicherheitsleistung und ggf. mit dem Sicherungsfonds vor allem Kundenschutzgesichtspunkte berücksichtigt wurden, dürfte mit der Schaffung eines vereinfachten Zugangs zum „einfachen“ Finanztransfergeschäft durch Registrierung für einen wesentlichen Teil der Dienstleister alternativer Überweisungssysteme eine realistische Möglichkeit für den Betrieb des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes geschaffen

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worden sein. Gleichzeitig wird mit der Kontrollierbarkeit vor allem der Anbieter alternativer Überweisungssysteme innerhalb unserer Rechtsnormen der Schutz vor Geldwäschekriminalität in diesen Bereichen ausgeweitet. Das mit der verminderten Kontrolle einhergehende vergrößerte Geldwäscherisiko dürfte im Ergebnis zurücktreten183; hier überwiegen die Vorteile der Integration von Anbietern alternativer Überweisungssysteme die mit der verminderten Kontrolle einhergehenden Nachteile. b) Ansprache der Hawaladare Bislang dürfte es vielen in Deutschland tätigen Hawaladaren nicht einmal bekannt sein, dass ihre Tätigkeit als erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft im Sinne des KWG zu klassifizieren ist. Hierfür spricht auch die recht umfangreiche Rechtsprechung, die eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Betreibens von Finanzdienstleistungen nach § 54 KWG zum Gegenstand hat, bei der nicht selten von einem Irrtum über die Erlaubnispflicht der Tätigkeit auszugehen ist184. Ähnliches gilt für die Frage, ab welchem Tätigkeitsumfang überhaupt von einer erlaubnispflichtigen gewerbsmäßigen Tätigkeit auszugehen ist. Einen besonders wichtigen Punkt, um die vereinfachte Möglichkeit der Registrierung speziell für die Zielgruppe der Hawaladare auch in der Praxis erfolgreich etablieren zu können, stellt daher die gezielte Einbeziehung und Ansprache der Hawaladare dar, die letztlich dazu bewegt werden sollen, sich registrieren zu lassen. Da nicht davon auszugehen sein dürfte, dass die angesprochene Zielgruppe regelmäßig die seitens der BaFin veröffentlichten Informationen abruft, wird es für dringend erforderlich erachtet, sich zusätzlich auf anderem Wege an die Hawaladare zu wenden. Diese Aufgabe könnte in Abstimmung mit der BaFin den bereits angesprochenen Verbänden übertragen werden, die insofern ohnehin die Aufgabe des unmittelbaren Ansprechpartners bzw. eines Mittlers zwischen den einzelnen Hawaladaren und der Aufsichtsbehörde wahrnehmen sollen. Um einen möglichst breiten Kreis von Hawaladaren anzusprechen, empfiehlt sich in Anlehnung an die durch die Vereinigten Arabischen Emirate bereits erfolgreich durchgeführte Ansprache von Hawaladaren über örtliche Tageszeitungen auch für Deutschland eine entsprechende Vorgehensweise. Da Hawaladare 183 Nach Auffassung der Deutschen Bundesbank soll es auch künftig keine „vereinfachte Bankerlaubnis“ für Zahlungsverkehrs-Dienstleister geben. Mit der Einbeziehung dieser Geschäftstypen in die Bankenaufsicht solle vielmehr die Sicherheit und Leichtigkeit des volkswirtschaftlich bedeutsamen bargeldlosen Zahlungs- und Abrechnungsverkehrs gewährleistet werden, vgl. Deutsche Bundesbank, Stellungnahme gegenüber der Europäischen Kommission zu einem möglichen Rechtsrahmen für einen einheitlichen Zahlungsverkehrsraum im Binnenmarkt vom 31.07.2002, S. 4 f. 184 Vgl. etwa die Ausführungen oben unter Teil 3, D. III.

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häufig aus einem fremden Kulturkreis stammen und ein Klientel mit bestimmtem ethnischen Hintergrund ansprechen, sollten sich entsprechende Annoncen jedoch nicht auf rein deutsche örtliche Tageszeitungen beschränken, sondern darüber hinaus auch in Tageszeitungen verschiedener anderer Kulturkreise in der jeweiligen Landessprache geschaltet werden. Der Inhalt der Annoncen muss zudem übersichtlich gegliedert sein und sollte neben der Herausstellung von Vorteilen, die eine Registrierung für Hawaladare hat (beispielsweise Möglichkeit der Ansprache eines erheblich größeren Kundenkreises als bislang durch Ermöglichung offizieller Werbung), auch die wesentlichen Grundvoraussetzungen, die es zu erfüllen gilt (keine relevanten Vorstrafen, etc.) benennen, um die Hemmschwelle bei den Hawaladaren, sich zwecks Registrierung zu melden, zu senken. Die Hawaladare sollten bereits im Vorfeld einer Registrierung das Gefühl haben, die Voraussetzungen, die an eine Registrierung zu stellen sind, tatsächlich erfüllen zu können. Andererseits werden sich vermutlich viele Hawaladare, die zwar ein grundsätzliches Interesse an einer Registrierung haben, aus Angst vor Repressalien im Falle der Ablehnung eines Antrages gar nicht erst melden. Neben der flächendeckenden Schaltung von Zeitungsannoncen kommt ergänzend auch die Verteilung von Flugblättern in verschiedenen Städten in Betracht. Zudem kann über die Zusammenarbeit mit anderen Staaten, beispielsweise mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, die ihren Hawaladaren ein ähnliches Registrierungsmodell anbieten, eine Ansprache der in Deutschland tätigen Hawaladare betrieben werden, indem die VAE den dort bereits registrierten Hawaladaren eine gezielte Ansprache deutscher Geschäftspartner aufgeben, um auch hiesige Hawaladare zu einer Registrierung zu bewegen. Ist das Interesse erst einmal geweckt, muss den Hawaladaren auch der Weg zu einer Registrierung so leicht wie möglich gemacht werden. Hierzu gehört in jedem Fall neben der Einrichtung einer zentralen Infohotline mit der Möglichkeit der Ansprache der Interessenten in der jeweiligen Landessprache die Einrichtung örtlicher Anlaufstellen der Verbände in allen größeren Städten. Die Ansprechpartner auf Seiten des Verbandes sollten idealerweise über einen vergleichbaren ethnischen Hintergrund und entsprechende Sprachkenntnisse wie potentielle Antragsteller verfügen, um eine problemlose Kommunikation zu ermöglichen und eine vertrauensvolle Basis zwischen den Beteiligten zu schaffen. Idealerweise könnte es sich bei den Ansprechpartnern selbst um – etwa vorab ausgewählte – Hawaladare handeln. Zudem sollte eine Schlechterstellung interessierter Hawaladare, die ihre bisherige illegale Tätigkeit zwecks Registrierung offenlegen, in jedem Fall vermieden werden, zumal das ohne Erlaubnis betriebene Finanztransferschäft den Straftatbestand von § 54 KWG erfüllt. Dies könnte etwa durch die Zusicherung, durch die Offenlegung der illegalen Tätigkeit als Hawaladar keine aufsichts-

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rechtlichen oder gar strafrechtlichen Konsequenzen befürchten zu müssen, sichergestellt werden. 2. Konformität des Ansatzes mit supranationalem und internationalem Recht Der gesetzgeberische Handlungsspielraum für eine Reformierung der für Hawaladare geltenden aufsichtsrechtlichen Bestimmungen richtet sich zunächst nach nationalem Recht und findet seine Grenzen in den im deutschen Grundgesetz verankerten Grundsätzen. Aber auch supranationale und internationale Vorgaben bilden Schranken für eine Reform des deutschen Kreditwesengesetzes. Nachfolgend wird daher vor allem zu untersuchen sein, ob der Umsetzung des Reformvorschlages Gründe des supranationalen und internationalen Rechts entgegenstehen, welche die dem deutschen Gesetzgeber mit dem Reformvorschlag aufgegebenen Handlungsmöglichkeiten einschränken würden. Im Wesentlichen lässt sich das derzeit geltende System staatlicher Geldwäschebekämpfung und innerhalb dieses Rahmens die Regulierung und Kontrolle des Hawala-Finanzsystems als Teil des Finanztransfergeschäftes im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG mit der UN-Drogenhandelskonvention, den Europaratskonventionen und der UN-Terrorismusfinanzierungskonvention auf vier internationale Konventionen sowie die Inhalte der drei EG-Geldwäscherichtlinien und der EG-Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt auf supranationaler Ebene zurückführen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird der vorgeschlagene Reformansatz nachfolgend in die Teilbereiche der Registrierung und Finanzaufsicht einerseits und in den Bereich der von den registrierten Finanztransferdienstleistern vorzunehmenden laufenden Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung andererseits aufgeteilt. a) Registrierung und Finanzaufsicht Auf internationaler Ebene machen weder die Wiener Drogenkonvention, die hauptsächlich dazu verpflichtet, neben der Produktion, dem Handel und dem Besitz von Rauschgift auch das Waschen von Erlösen aus illegalen Verkäufen von Betäubungsmitteln als Straftatbestand in die nationalen Gesetzeswerke aufzunehmen, noch das Übereinkommen des Europarates vom 8. November 1990 konkrete Vorgaben hinsichtlich der Ausgestaltung von Zulassung und Aufsicht über den Finanzdienstleistungssektor zu Geldwäschebekämpfungszwecken. Lediglich die Terrorismusfinanzierungskonvention der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1999 („International Convention for the Suppression of the Financing of Terrorism“) sieht in Artikel 18 Nr. 2 vor, dass die Staaten im Rahmen der Ergreifung von Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung und der Bekämpfung

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der Terrorismusfinanzierung auch Maßnahmen der Aufsicht über Geldüberweisungsdienste in Betracht ziehen sollen, wobei die Lizenzierung von Geldinstituten als Beispiel aufgeführt wird185. Die sehr allgemein gehaltene Vorgabe steht damit dem Lösungsvorschlag nicht entgegen, zumal die Lizenzierung von Geldinstituten lediglich beispielhaft aufgeführt wird. Die Europaratskonvention aus dem Jahre 2005 nimmt im Rahmen dieser Prüfung insoweit eine Sonderstellung ein, als sie bislang weder von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet wurde, noch in Kraft getreten ist. Bis zum heutigen Tage186 haben 24 Staaten bei 1 Ratifizierung den Vertrag unterzeichnet; die Konvention tritt bei 6 Ratifizierungen umfassend 4 Staatenmitglieder in Kraft. Letztlich stünden aber auch die hierin enthaltenen Vorgaben zur Aufsicht und Kontrolle über das Transfergeschäft dem entworfenen Lösungsvorschlag nicht entgegen: Hinsichtlich der von den Staaten zu ergreifenden Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung sieht Artikel 13 Nr. 1 allgemein vor, dass erforderliche Maßnahmen der Regulierung und Aufsicht von den Staaten zu treffen seien, um Geldwäsche wirksam zu bekämpfen187. Allenfalls über den ebenfalls in Artikel 13 Nr. 1 enthaltenen Querverweis auf die Empfehlungen der FATF ließe sich eine Vorgabe zur aufsichtsrechtlichen Behandlung alternativer Überweisungssysteme konstruieren. Soweit es die „Grundsatzerklärung zur Verhinderung des Missbrauchs des Bankensystems durch die Geldwäsche“ 188 des vormaligen Ausschusses für Bankenbestimmungen und -überwachung bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel (BIZ)189, die 40 Empfehlungen sowie die 9 Sonderempfehlungen der FATF, und fernerhin die „Wolfsberg-Principles“ (Global AntiMoney-Laundering Guidelines for Private Banking)190 betrifft, entfalten die dortigen Empfehlungen und Prinzipien als unverbindliche Mindeststandards191 keine unmittelbare völker- oder gemeinschaftsrechtliche Bindungswirkung und sind für die Grenzziehung des gesetzgeberischen Handlungsspielraumes allenfalls als international unverbindlicher Maßstab heranzuziehen, an dem sich et185 Vgl. den Wortlaut von Artikel 18 Nr. 2, wonach „[. . .] States Parties shall further cooperate in the prevention of offences [. . .] by considering: Measures for the supervision, including, for example, the licensing, of all moneytransmission agencies“. 186 Stand 22/05/2007. 187 Art. 13 Nr. 1 sieht insoweit vor, dass „Each Party shall adopt such legislative and other measures as may be necessary to institute a comprehensive domestic regulatory and supervisory [. . .] regime to prevent money laundering and shall take due account of applicable international standards, including in particular the recommendations adopted by the Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF)“. 188 Die Grundsatzerklärung ist im Internet unter http://www.bis.org/publ/bcbsc137 de.pdf [Stand 05/03/2007] abrufbar. 189 Jetzt: Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht. 190 www.wolfsberg-principles.com [Stand 07/03/2007]. 191 Stellvertretend für viele Ackermann, Geldwäscherei – Money Laundering, S. 88.

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waige Reformbestrebungen messen lassen müssen. Jedenfalls hinsichtlich der Empfehlungen der FATF ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese mittlerweile weltweit den wichtigsten, multidisziplinären Standard gegen Geldwäsche im repressiven und präventiven Bereich darstellen192 und insoweit nicht unberücksichtigt bleiben können, wenn es um die Frage einer Änderung bzw. Lockerung von Maßnahmen der Finanzmarktaufsicht geht. Denn auch wenn es sich bei den Empfehlungen der FATF nur um „soft law“ der wichtigsten Industrieländer ohne unmittelbare rechtliche Bindungswirkung handelt, ist der FATF-Standard in Form der so genannten „Schwarzen Listen“ mit einem politischen Sanktionsmechanismus auch gegenüber Nicht-Mitgliedsstaaten ausgestattet und damit im Ergebnis für den einzelnen Nationalstaat genauso verpflichtend wie eine Konvention mit rechtlicher Bindung193. Wie bereits an früherer Stelle der Untersuchung thematisiert, sehen aber sowohl die 40 Empfehlungen als auch die 9 Sonderempfehlungen der FATF in Empfehlung Nr. 23 bzw. Sonderempfehlung Nr. VI lediglich eine „angemessene“ Regulierung in Form der Lizenzierung oder Registrierung der Finanzinstitutionen vor194. Als Minimalanforderung sollen nach der Empfehlung Nr. 23 jedenfalls Anbieter des Finanztransfergeschäftes und Wechselstuben lizenziert oder registriert werden und darüber hinaus effektiven Systemen zur Überwachung und Sicherstellung der Einhaltung entsprechender nationaler Regelungen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unterliegen. Ergänzend soll nach der Sonderempfehlung VI von den Staaten sichergestellt werden, dass Personen und Unternehmen, die Zahlungsverkehrsdienstleistungen auch außerhalb der formellen Zahlungsverkehrssysteme anbieten, lizenziert oder registriert werden und dass Unternehmen, die Finanztransferdienstleistungen ohne Erlaubnis oder Registrierung anbieten, zivil- oder strafrechtlich sanktioniert werden. Da beide Empfehlungen den einzelnen Staaten einen relativ breiten Handlungsspielraum zugestehen, was die Ausgestaltung von Maßnahmen der Regulierung und Kontrolle alternativer Überweisungssysteme anbelangt, und die FATF im Übrigen – in Übereinstimmung mit dem hier erarbeiteten Lösungsansatz der reinen Registrierung für das „einfache“ Finanztransfergeschäft – eine Überregulierung alternativer Transfersysteme vermeiden will, steht das hier vorgeschlagene System der Registrierung für Hawala nicht im Widerspruch zu den Empfehlungen der FATF, zumal auch der Reformvorschlag entsprechende Maßnahmen der Sanktionierung bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben beinhaltet.

192 Findeisen, Nationale und internationale Maßnahmen gegen die Geldwäsche und die Finanzierung des Terrorismus, S. 12. 193 Ebenda. 194 Vgl. hierzu bereits die Ausführungen oben unter Teil 5, C. II. 2. c).

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Auch das in Ergänzung zur Sonderempfehlung VI von der FATF herausgegebene „Best Practices Paper“, das die Einhaltung bestimmter Minimalanforderungen wie die Feststellung der persönlichen und fachlichen Geeignetheit der Antragsteller für die Tätigkeit des Finanztransfergeschäftes, zu der insbesondere die Überprüfung eventueller (einschlägiger) Vorstrafen von Antragstellern, Geschäftsführern und Eigentümern des Gewerbes gehört195, sicherstellen soll, steht dem Vorschlag auf Registrierung der Tätigkeit von Hawaladaren nicht entgegen. Besonderes Augenmerk soll nachfolgend jedoch auf die 3. EG-Geldwäscherichtlinie und die EG-Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt gelegt werden, da diese die wesentliche Grundlage für die Regulierung des HawalaFinanzsystems als Teil der alternativen Überweisungssysteme enthalten. Von den drei EG-Geldwäscherichtlinien macht lediglich die Richtlinie 2005/ 60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (3. EG-Geldwäscherichtlinie) Vorgaben hinsichtlich der Regulierung und Kontrolle alternativer Überweisungssysteme als Teil des Finanztransfergeschäftes196, wobei auch diese dem hier unterbreiteten Reformvorschlag nicht entgegenstehen: Nach der Bestimmung in Art. 36 Abs. 1 haben die Mitgliedsstaaten dafür Sorge zu tragen, dass „[. . .] Unternehmen, die das Finanztransfergeschäft betreiben, zugelassen oder eingetragen sein müssen, um ihr Gewerbe legal betreiben zu können“. Die Zulassung oder Eintragung von Anbietern des Finanztransfergeschäftes ist nach Art. 36 Abs. 2 lediglich zu verweigern, wenn die Mitgliedsstaaten „nicht davon überzeugt sind, dass die Personen, die die Geschäfte solcher Einrichtungen faktisch führen oder führen werden, oder die wirtschaftlichen Eigentümer solcher Einrichtungen über die notwendige Zuverlässigkeit und fachliche Eignung verfügen“. Wie schon bei den Empfehlungen der FATF wird die Entscheidung über die Art der geforderten Zulassung oder Registrierung bzw. über die an Zuverlässigkeit und fachliche Eignung zu stellenden Anforderungen im Wesentlichen den einzelnen Staaten überlassen. Die in der zitierten Vorschrift verwandte Formulierung lässt insbesondere den Raum, Differenzierungen zwischen Teilen des Finanztransfergeschäftes, etwa im bundesdeutschen Kreditwesengesetz, vorzunehmen und ermöglicht den Mitgliedsstaaten eine Vereinfachung der Regulierung des Finanztransfergeschäftes. Letztlich stehen auch die in der EG-Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt enthaltenen Mindestanforderungen an die Regulierung alternativer Überweisungssysteme nicht im Widerspruch zu dem erarbeiteten Lösungsvor195 Vgl. zu den Anforderungen im Einzelnen die Ausführungen oben unter Teil 5, C. II. 2. c) bb); FATF, Combating the Abuse of Alternative Remittance Systems: International Best Practices, S. 4. 196 Siehe hierzu bereits die Ausführungen oben unter Teil 5, C. II. 2. d) bb).

D. Eigener Ansatz zur Regulierung der Hawala-Netzwerke

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schlag197. Unter den in Artikel 21 genannten Voraussetzungen können die Mitgliedsstaaten zu einer Ausnahmeregelung optieren und die Tätigkeit von Finanztransferdienstleistern abweichend von dem in der Richtlinie grundsätzlich vorgesehenen System der Zulassung und laufenden Aufsicht von einer reinen Registrierung im Register der Zahlungsinstitute abhängig machen. Entsprechend der unter Nr. 12 der Erlassbegründung (vor Artikel 1) der EG-ZahlungsdiensteRichtlinie sollen von dieser Ausnahmemöglichkeit vor allem alternative Überweisungssysteme im Sinne der Sonderempfehlung VI der FATF profitieren. Auch die in Artikel 21 genannten Mindestvorschriften für eine Ausnahmeregelung, namentlich die Bestimmungen, dass der Gesamtbetrag der Zahlungsvorgänge, die von der betreffenden Person ausgeführt werden, im Monatsdurchschnitt der vorangegangenen zwölf Monate höchstens 3 Mio. Euro betragen darf und darüber hinaus keine der für die Leitung oder den Betrieb des Unternehmens verantwortlichen natürlichen Personen wegen Verstößen gegen Geldwäschevorschriften oder wegen Terrorismusfinanzierung oder anderen Finanzstraftaten verurteilt worden sein darf, stehen letztlich nicht im Widerspruch zu der vorgeschlagenen vereinfachten Form der Regulierung, zumal die für den Reformvorschlag erarbeiteten Höchstbetragsgrenzen niedriger als in der Richtlinie angesetzt sind. Als Zwischenergebnis bleibt damit zunächst festzuhalten, dass einer Umsetzung des im Rahmen der Untersuchung vorgestellten Lösungsvorschlages jedenfalls im Hinblick auf das angestrebte System der Registrierung und der damit verbundenen vereinfachten Regulierung von Teilen des Finanztransfergeschäftes keine Gründe des supranationalen oder internationalen Rechts entgegenstehen. b) Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen Schließlich stehen einer Umsetzung des Vorschlages auch hinsichtlich der laufend von den Verpflichteten vorzuhaltenden Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung keine Gründe des internationalen oder supranationalen Rechts entgegen. Hier enthalten vor allem die Europaratskonvention aus dem Jahr 2005198 und die 3. EG-Geldwäscherichtlinie konkrete Vorgaben zur Geldwäschebekämpfung, die sich im Wesentlichen an die 40 Empfehlungen der FATF anlehnen und hauptsächlich Maßnahmen zur Identifikation von Kunden und wirtschaftlich Berechtigtem an einer Transaktion, der Meldung verdächtiger Transaktionen, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten sowie die Verpflichtung zur Durchführung von Schulungen und zu internen Sicherungsmaßnahmen enthalten, deren Ausgestaltung im Einzelnen jedoch den Staaten überlassen wird. 197

Siehe bereits oben unter Teil 5, C. II. 2. d) aa). Vgl. die in Artikel 13 der Konvention enthaltenen Vorgaben zur Geldwäschebekämpfung. 198

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

Gegen eine Umsetzung des Vorschlages spricht auch nicht die in Art. 34 Abs. 1 der 3. EG-Geldwäscherichtlinie enthaltene Bestimmung, wonach die Mitgliedsstaaten dafür Sorge zu tragen haben, dass „[. . .] die dieser Richtlinie unterliegenden Institute und Personen angemessene und geeignete Strategien und Verfahren für die Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden, Verdachtsmeldungen, die Aufbewahrung von Aufzeichnungen, die interne Kontrolle, die Risikobewertung, das Risikomanagement, die Gewährleistung der Einhaltung der einschlägigen Vorschriften und die Kommunikation einführen, um Transaktionen, die mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zusammenhängen, vorzubeugen und zu verhindern“. Mit der Beschränkung auf den Passus „angemessen und geeignet“ wird den nationalen Gesetzgebern bewusst ein Handlungsspielraum eingeräumt, innerhalb dessen die Vorgaben aus der 3. EG-Geldwäscherichtlinie umgesetzt werden können. Innerhalb dieses Handlungsspielraumes bewegt sich auch der Ansatz zur Lösung der Geldwäscheproblematik im Hawala-Finanzsystem, der im Wesentlichen auf der Schaffung eines stark vereinfachten Zugangs zum Betrieb des Finanztransfergeschäftes beruht, in dessen Rahmen hingegen nicht auf die Einhaltung grundlegender Verpflichtungen wie die Dokumentation von Transaktionen, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten sowie die Verpflichtung zur Meldung verdächtiger Transaktionen verzichtet werden soll. Daneben enthält die EG-Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt hauptsächlich Vorgaben über die Transparenz der Vertragsbedingungen und Informationspflichten für Zahlungsdienste und legt bestimmte Rechte und Pflichten bei der Erbringung und Nutzung von Zahlungsdiensten fest, zu denen unter anderem die Verpflichtung zählt, den Nutzern des Zahlungsdienstes bestimmte Informationen zu übermitteln. Auch der Einhaltung dieser wie weiterer ergänzender Vorgaben steht der Lösungsvorschlag nicht entgegen, solange die Dienstleister im „einfachen“ Finanztransfergeschäft im Rahmen des laufenden Betriebes dazu verpflichtet werden, Auftraggebern und Empfängern bestimmte Angaben zu übermitteln, zu denen etwa die maximale Ausführungsfrist für den zu erbringenden Zahlungsdienst, anfallende Gebühren, die der Zahlungsdienstnutzer an den Zahlungsdienstleister zu entrichten hat sowie den dem Zahlungsvorgang zugrundeliegenden tatsächlichen Wechselkurs oder Referenzwechselkurs199 zählen. Im Ergebnis lässt sich daher feststellen, dass weder die auf internationaler Ebene noch auf EU-Ebene eingegangenen Verpflichtungen einer gebotenen Umgestaltung von Teilen des Finanztransfergeschäftes entgegenstehen, solange dass „einfache“ Finanztransfergeschäft entweder an eine Registrierung oder an eine Lizenzierung gebunden ist und wesentlichen Verpflichtungen wie der Identifikation von Kunden und wirtschaftlich Berechtigtem an einer Transaktion, der Meldung verdächtiger Transaktionen, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungs199

Vgl. Art. 26 der EG-Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt.

E. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 5

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pflichten sowie der Einhaltung interner Sicherungsmaßnahmen nachgekommen wird.

E. Ergebnis und Zusammenfassung von Teil 5 Mithin kommt diese Untersuchung zu dem Ergebnis, dass es hinsichtlich der im KWG genannten Voraussetzungen für den Betrieb des Finanztransfergeschäftes einer gesetzgeberischen Korrektur bedarf, um die dringend erforderliche Integration des Hawala-Finanzsystems in unser geltendes Rechtssystem zu ermöglichen und Geldwäsche im Bereich der alternativen Überweisungssysteme wirksam bekämpfen zu können. Sowohl die im Vergleich zu den regulierten Finanzdienstleistern nicht als signifikant höher zu bewertende Gefahrenlage als auch die für das Erreichen größtmöglicher Kontrollierbarkeit des Hawala-Finanzsystems innerhalb unserer Rechtsnormen erforderlichen Maßnahmen machen schließlich die Implementierung eines vereinfachten Modus des Finanztransfergeschäftes im KWG unumgänglich. Vor dem Hintergrund der von der Geldwäschekriminalität für das internationale Finanzsystem ausgehenden Gefahren wird dabei ein Minimum an Regulierung und Beaufsichtigung des Hawala-Finanzsystems für zwingend erforderlich gehalten, so dass es grundlegende Prämisse des ausgearbeiteten Lösungsansatzes ist, Hawaladaren einen möglichst unkomplizierten und attraktiven Zugang zum Betrieb des Finanztransfergeschäftes zu ermöglichen, dabei aber nicht auf wesentliche, im Rahmen von Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen einzuhaltende Pflichten, zu denen unter anderem Identifikations- und Dokumentationspflichten zählen, zu verzichten. Wesentliches Merkmal des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes im Vergleich zum herkömmlichen Finanztransfergeschäft stellt die Beschränkung auf bestimmte, im Einzelnen noch festzulegende durchschnittliche monatliche oder jährliche Transaktionsvolumina200 oder die Einführung von Höchstbetragsgrenzen je Transaktion dar, wobei der Zugang zum laufenden Geschäftsbetrieb über eine vergleichsweise einfache Registrierung erfolgen kann. Dabei waren Abstriche im Vergleich zu den bisherigen von den Dienstleistern zu erfüllenden Anforderungen vor allem im Bereich der persönlichen und fachlichen Geeignetheit der Dienstleister zu machen, um eine praktikable Lösung zu schaffen. Soweit an dieser Stelle eingewendet wird, dass mit dem Verzicht auf Lizenzierung und laufende Aufsicht sowie auf wesentliche von den Antragstellern zu 200 Die EG-Richtlinie für Zahlungsdienste im Binnenmarkt sieht im Rahmen einer ähnlichen Konstruktion für Zahlungsdienstleister vor, dass der Gesamtbetrag der Zahlungsvorgänge, die von der betreffenden Person ausgeführt werden, im Monatsdurchschnitt der vorangegangenen zwölf Monate höchstens 3 Mio. Euro betragen darf, vgl. insoweit die Ausführungen unter Teil 5, C. II. 2. d) aa).

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Teil 5: Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung

erfüllende persönliche und fachliche Voraussetzungen erhöhte Geldwäschegefahren verknüpft sind201, kann dem nicht zugestimmt werden. Tatsächlich ergeben sich aus einer vereinfachten Regulierung von Teilen des Finanztransfergeschäftes weitaus größere Gefahren aus Kundenschutzgesichtspunkten als für den Bereich der Geldwäsche, zumal der Fokus des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes wie im Wesentlichen auch bei Transaktionen über das Hawala-Finanzsystem auf dem Transfer kleinerer Beträge liegt und Großbetragstransaktionen die Ausnahme bilden dürften. So waren es vor allem Kundenschutzgesichtspunkte, weswegen das „einfache“ Finanztransfergeschäft im Vergleich zum allgemeinen Finanztransfergeschäft weiteren Beschränkungen unterworfen wurde. Als solche kamen – alternativ oder kumulativ – die Einführung von Höchstbetragsgrenzen, die Verpflichtung zur Hinterlegung einer Sicherungssumme in Abhängigkeit von der durchschnittlichen monatlichen Transaktionshöhe, die Einrichtung eines Sicherungsfonds analog dem System der Einlagensicherungseinrichtungen der Banken oder auch eine Mitgliedschaft der Dienstleister bei einem nationalen Verband in Betracht. In diesem Zusammenhang ist jedenfalls dringend dazu anzuraten, die von den Antragstellern zu erfüllenden Voraussetzungen deutlicher als bisher zu umschreiben; dies gilt insbesondere für die Festlegung der Grenzen, ab wann überhaupt ein gewerbsmäßiges Betreiben des Finanztransfergeschäftes anzunehmen ist. Mit der Schaffung einer realistischen Möglichkeit für den Betrieb des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes durch Registrierung geht schließlich die Kontrollierbarkeit vor allem der Anbieter alternativer Überweisungssysteme innerhalb unserer Rechtsnormen einher, so dass trotz der Tendenz hin zu einer Reduktion staatlicher Regulierung und Kontrolle von einer Ausweitung des Schutzes vor Geldwäschekriminalität in diesem Bereich gesprochen werden kann. Eine vereinfachte Regulierung von Teilen des Finanztransfergeschäftes in der Bundesrepublik Deutschland steht schließlich nicht im Widerspruch zu supranationalen oder internationalen Regelungen, so dass der deutsche Gesetzgeber hiermit dazu aufgerufen wird, die in diesem Rahmen vorgeschlagenen Regelungen umzusetzen und damit den supranational eingeräumten Handlungsspielraum zu nutzen, um die weitere Abdrängung von Anbietern alternativer Überweisungssysteme in den Untergrund zu vermeiden und so einen wichtigen Beitrag zur Geldwäschebekämpfung auf diesem Gebiet zu leisten.

201 Vgl. in diesem Zusammenhang etwa Deutsche Bundesbank, Stellungnahme gegenüber der Europäischen Kommission zu einem möglichen Rechtsrahmen für einen einheitlichen Zahlungsverkehrsraum im Binnenmarkt vom 31.07.2002, S. 4 f.

Teil 6

Schlussbetrachtung In diesem letzten Teil der Arbeit sollen die im Rahmen der Untersuchung insgesamt ermittelten Ergebnisse noch einmal zusammenfassend dargestellt werden, um im Anschluss hieran dann eine Empfehlung an den bundesdeutschen Gesetzgeber zu einem geeigneten aufsichtsrechtlichen Umgang mit dem Hawala-Finanzsystem auszusprechen, die auf den Ergebnissen dieser Untersuchung aufbaut und die den international bestehenden Erkenntnisstand über Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem berücksichtigt.

A. Zusammenfassung und Ergebnisse der Untersuchung Nachdem in Teil 1 der Arbeit die Fragen aufgeworfen wurden, inwieweit sachlich begründbare Zusammenhänge zwischen dem Phänomen Hawala und der weltweiten Geldwäschekriminalität bestehen, wo aufbauend auf Strukturen und Hintergründen Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem liegen und wo letztlich Kontrollmöglichkeiten des Systems zu sehen sind, wurde im 2. Teil der Arbeit zunächst das Hawala-Finanzsystem als Teil der alternativen Überweisungssysteme im Kontext zu anderen Möglichkeiten des Geldtransfers dargestellt, um eine einheitliche Diskussionsgrundlage zu erhalten. Die in diesem Kontext ebenfalls gestellte Frage nach den Ursachen für die Ausdehnung der alternativen Überweisungssysteme war im weiteren Verlauf der Untersuchung vor allem für die Beantwortung der Frage aufschlussreich, wie ein sinnvoller weiterer Umgang mit dem Hawala-Finanzsystem ausgestaltet sein kann. Hierbei wurde festgestellt, dass das Hawala-Finanzsystem Teil einer Gruppe von Netzwerken für den Geldtransfer ist, die Zahlungen auf nationaler und internationaler Ebene außerhalb des regulierten Bereiches, im so genannten informellen Sektor durchführen1. Dabei entstanden die meisten alternativen Überweisungssysteme bereits weit vor der Entstehung westlicher Bankensysteme im 19. und 20 Jahrhundert, waren ursprünglich nicht krimineller Natur und werden auch heutzutage noch größtenteils legal genutzt, beispielsweise für den Transfer 1

Findeisen, WM 2000, 2125.

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Teil 6: Schlussbetrachtung

von Geldern von Arbeitsmigranten an ihre Familien. Besonderes Merkmal dieser Systeme, die Geld oder andere Vermögenswerte von einem Ort an einen anderen Ort transferieren, ohne dass es dabei zum Transport von Devisen kommen muss2, ist zum einen das Fehlen einer staatlichen Kontrolle oder Aufsicht3 und zum anderen die weitgehende Dokumentationslosigkeit der Transaktionen. Vergleicht man Transaktionen über alternative Überweisungssysteme mit Transaktionen, die über Banken und Money Transmitter abgewickelt werden, steht fest, dass über alternative Überweisungssysteme abgewickelte Transfers schneller, kostengünstiger, effizienter und – trotz des Fehlens einer staatlichen Aufsicht – sicherer sind als der Geldtransfer über formelle Anbieter, was sie zu einer außerordentlichen Konkurrenz im nicht regulierten Bereich macht. Die Ursachen für die weltweite Ausdehnung der alternativen Überweisungssysteme liegen neben historisch kulturellen Gründen vor allem in den Schwächen der formellen Bankensysteme begründet. So sind gerade die Transfersysteme im formellen Sektor aus verschiedenen Gründen häufig nicht dazu in der Lage, die Bedürfnisse der Nutzer zu befriedigen. Letztlich erschwert aber gerade der Umstand, dass alternative Überweisungssysteme vielfach legitime Bedürfnisse und Interessen ihrer Nutzer befriedigen, den Umgang mit diesen Netzwerken und macht es so schwer, die Existenzberechtigung alternativer Überweisungssysteme in Frage zu stellen. Tatsächlich stellen illegale Marktaktivitäten abweichend von der in der öffentlichen Berichterstattung häufig herausgehobenen und besonders betonten Darstellung nur eine unter vielen Ursachen für das globale Anwachsen alternative Überweisungssysteme dar, die in Anbetracht der wichtigen Funktionen, die Hawala und andere alternative Überweisungssystemen ansonsten für Wirtschaft und Gesellschaft erfüllen, als zweitrangig betrachtet werden muss. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wurde sodann in Teil 3 der Arbeit das Hawala-Finanzsystem im Einzelnen untersucht, wobei neben der Frage nach den Grundprinzipien des Hawala-Finanzsystems besonderer Wert auf die Frage gelegt wurde, welche rechtliche Stellung Hawala in der Bundesrepublik Deutschland derzeit einnimmt und inwieweit in diesem Zusammenhang von einer Kriminalisierung des Hawala-Systems ausgegangen werden muss. In diesem Kontext wurde zunächst die historische Entwicklung des Hawala-Finanzsystems dargestellt. Danach geht die Entwicklung des modernen Hawala-Finanzsystems zurück auf das Rechtsinstitut der islamischen Schuldüberweisung (hawala), die bereits im Jahre 1327/1328 von dem hanafitischen Jurist Abu Bakr b. Mas’ud Al-Kasani systematisch dargestellt wurde4. Im Ergebnis ist die Etablierung der ursprünglichen hawala in der Handelsgesellschaft des frühen Mittelalters vor 2

FATF, Report on Money Laundering Typologies 1999–2000, S. 4. Carroll, Anti-Money Laundering Laws and the Quasi-Banker, S. 3. 4 Spies, Arabische Quellenbeiträge zum Rechtsinstitut der Delegation (hawala). Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft, 73, 1972, S. 18. 3

A. Zusammenfassung und Ergebnisse der Untersuchung

393

allem als Antwort auf die Unwägbarkeiten der damaligen Rechts- und Ordnungssysteme im Vorderen und Mittleren Orient zu verstehen5. Um vor diesem historischen Hintergrund eine Einordnung des heutigen Hawala-Banking in den rechtlichen Kontext zwischen Legalität und Illegalität zu ermöglichen, wurden die unterschiedlichen Bestandteile sowie Methoden und Funktionsweise des Finanztransfersystems Hawala analysiert und aufgearbeitet sowie Schnittstellen zwischen Hawala-Finanzsystem und legalem Bankgeschäft dargestellt. Hiernach ist Basis für das Funktionieren des informellen, selbstregulierten Hawala-Finanzsystems in der heutigen Zeit zunächst eine ethnisch geprägte Gemeinschaft sowie das Auflagern auf einer jahrhundertealten Tradition. Aufgrund des früheren Fehlens staatlicher Ordnungssysteme verfügt das Hawala-Finanzsystem unabhängig von staatlicher Einflussnahme auch heutzutage noch über effektive Mechanismen der Selbstregulierung, denen sich die Transaktionspartner freiwillig unterwerfen6. Neben den Regeln der Scharia als einer der Grundpfeiler des islamischen Rechtes, die eine ordnende Funktion ausüben und auf die Teilnehmer des Wirtschaftsverkehrs regelnd einwirken7, bedienen sich die Hawala-Netzwerke, deren Mitglieder in den meisten Fällen angesehene Mitglieder der Gemeinschaft sind, die über eigene Kapitalreserven und Liquidität verfügen8, bei Verstößen auch Sanktionen wie Konventionalstrafen oder in gravierenden Fällen der Möglichkeit des Ausschlusses eines Mitglieds aus dem Netzwerk. Das moderne Hawala-Finanzsystem macht sich für die Transaktionsabwicklung das so genannte Zwei-Töpfe-System zunutze, bei dem die an einer Transaktion beteiligten Hawaladare auf den Ausgleich kurzfristig bestehender Ungleichgewichte bei den Zahlungsein- und -ausgängen regelmäßig verzichten und darauf vertrauen, dass sich mittel- bis langfristig Ein- und Auszahlungen von selbst ausgleichen9. Schnittstellen zum regulierten Bankensektor, die von Aufsichts-, wie Strafverfolgungsbehörden als wichtig für die Geldwäschebekämpfung im weitgehend dokumentationslos funktionierenden Hawala-Finanzsystem erachtet werden, liegen dabei insbesondere in den periodisch erforderlich werdenden Wertausgleichen zwischen den an einer Transaktion beteiligten Hawaladaren, für die häufig Kontokorrentkonten von formellen Banken verwendet werden. 5 Schramm/Taube, The Institutional Foundations of Al Qaida’s Global Financial System, S. 2. 6 Schramm/Taube, Hawala – Geldüberweisung ohne Spuren – Flexibles altes islamisches Finanzsystem, in: Neue Zürcher Zeitung vom 31.05.2002, S. 27. 7 Schramm/Taube, Ordnungsprinzipien der supranationalen Transaktionssicherung im islamischen hawala-Finanzsystem, S. 5 f. 8 Geiger/Wünsch, Alternative Zahlungssysteme, Hawala, S. 5. 9 Schramm/Taube, Hawala – Geldüberweisung ohne Spuren – Flexibles altes islamisches Finanzsystem, in: Neue Zürcher Zeitung vom 31.05.2002, S. 27.

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Teil 6: Schlussbetrachtung

Hiernach wurde erörtert, welche rechtliche Stellung das Hawala-Finanzsystem in Deutschland einnimmt. Dazu wurde zunächst der tatbestandliche Umfang des Finanztransfergeschäftes i. S. v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG herausgearbeitet. So zählt das gewerbsmäßige Betreiben des Finanztransfergeschäftes, als die Besorgung von Zahlungsaufträgen, ohne dass diese Dienstleistung mit der Führung von Konten für Kunden und damit mit der Durchführung von Zahlungsaufträgen von Kundenkonto zu Kundenkonto über die Abrechnungssysteme der lizenzierten Banken verbunden ist, seit dem 1. Januar 1998 in Deutschland zu den so genannten Finanzdienstleistungen im Sinne von § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG und ist an die Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis der BaFin geknüpft. Nach den geltenden Voraussetzungen dürfte das Betreiben des Hawala-Banking im Ergebnis in den weitaus meisten Fällen diesem Begriff des Finanztransfergeschäftes im Sinne des KWG unterfallen. Neben der in § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG geregelten Erlaubnispflicht sind vom Hawaladar im Rahmen der Durchführung seiner Geschäfte eine Reihe weiterer rechtlicher Vorgaben einzuhalten, die weitestgehend den Vorschriften für Kreditinstitute angeglichen sind und teilweise, wie im Fall der §§ 340 ff. HGB, auch den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften entsprechen. Neben bestimmten Anzeigepflichten der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute gegenüber den Aufsichtsbehörden BaFin und Deutsche Bundesbank gemäß § 24 KWG, sehen § 25a und § 25b Abs. 3 KWG weitere organisatorische Pflichten vor, die von Instituten, die im grenzüberschreitenden bargeldlosen Zahlungsverkehr tätig sind, zu beachten sind. Im Hinblick auf die Aufzeichnungspflichten nach § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 KWG haben sich Finanzdienstleistungsinstitute vor allem an den Grundprinzipien des Geldwäschegesetzes (GwG), maßgeblich der Generalklausel des § 14 Abs. 2 Nr. 2 GwG, konkretisiert durch die Verlautbarung des BAKred über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche vom 30. Dezember 1997 zu orientieren. Hinzu kommt die Verpflichtung zur Beachtung der weiteren Vorschriften des Geldwäschegesetzes und – insbesondere im Hinblick auf den Jahresabschluss der Institute – der Vorschriften der §§ 340 ff. HGB sowie ergänzender Vorschriften des Außenwirtschaftsrechtes und des Steuerrechts. Vor diesem Hintergrund wurden die derzeit in Deutschland geltenden Antragsvoraussetzungen für die Erlaubniserteilung dargestellt und anhand aktueller Zahlen und Fakten einer kritischen Würdigung auf Praktikabilität und Einhaltbarkeit für die im Finanztransfergeschäft tätigen „Hawaladare“ unterzogen. Dabei konnte festgestellt werden, dass Deutschland von dem erklärten Ziel, eine erleichterte Aufsicht von Betreibern alternativer Überweisungssysteme zu erreichen, tatsächlich weit entfernt ist, sondern im Gegenteil von einer umfassenden Kriminalisierung von Geldtransfers über alternative Überweisungsnetzwerke ausgegangen werden muss. So traten hinsichtlich der nach wie vor hohen Dunkelziffer im Bereich der Geldwäschekriminalität und der Überschaubarkeit der

A. Zusammenfassung und Ergebnisse der Untersuchung

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bundesdeutschen Rechtsprechung in Bezug auf Geldwäschestraftaten allgemein einerseits als auch bezüglich der Zahl der insgesamt zugelassenen Finanztransferdienstleister andererseits bereits an dieser Stelle Zweifel an der Wirksamkeit und Effektivität der entsprechenden Normen des KWG und des GwG auf. Insbesondere die geringe Zahl der in Deutschland für das Betreiben des Finanztransfergeschäftes zugelassenen Anbieter – derzeit besitzen insgesamt lediglich 43 Anbieter mit fallender Tendenz10 eine Erlaubnis der BaFin zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes, wobei auch spezialisierte Money Remittance Agencies wie Western Union oder Money Gram hierunter fallen – ließ Zweifel daran aufkommen, ob die derzeitigen gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Regelungen für eine laufende Aufsicht speziell des traditionell selbstregulierten Hawala-Finanzsystems hinreichend geeignet sind oder ob die bestehenden Regelungen nicht faktisch einem Verbot für das Betreiben von Hawala-Netzwerken in Deutschland gleichkommen. Aus diesem Grund wurde in Teil 4 der Arbeit ermittelt, inwieweit – anhand der Untersuchung der Geldwäscheproblematik im Hawala-Finanzsystem – das Gefahrenpotential des Systems in Bezug auf den Missbrauch zu Geldwäschezwecken die bestehende umfassende Kriminalisierung von Geldtransfers über Hawala-Netzwerke zu rechtfertigen mag und wo Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem liegen. Hierzu wurde aufbauend auf einer Darstellung der gesetzlichen Grundlagen und der inter- und supranationalen, wie auch der nationalen Bemühungen in der straf- und finanzrechtlich orientierten Geldwäschebekämpfung im Allgemeinen speziell die Geldwäscheproblematik im Bereich des Hawala-Finanzsystems dargelegt. Hier blieb zunächst festzuhalten, dass sich die Geldwäscheproblematik in einer schier unendlichen Vielzahl von Erscheinungsformen äußert, und das HawalaFinanzsystem nur eine unter zahlreichen verfügbaren Optionen darstellt, wenn es um den Missbrauch des Finanzsystems zu Geldwäschezwecken geht. So spielen neben Banken und anderen Finanzdienstleistern im Nichtbankensektor vor allem der Warenhandel und sonstige Gewerbezweige, aber auch Scheinfirmen und Offshore-Banken, Wechselstuben, Versicherungen, Spielbanken und bestimmte Personen- oder Berufsgruppen im Geldwäscheprozess eine wesentliche Rolle. Dabei kann das Hawala-Finanzsystem, wie beispielsweise auch der regulierte Bankensektor grundsätzlich in allen drei Phasen der Geldwäsche, „Placement“, „Layering“ und „Integration“ eingesetzt werden. Im Ergebnis dürfte trotz der sich aus der weitgehenden Dokumentationslosigkeit des Hawala-Finanzsystems ergebenden Gefahren, die unter den derzeitigen Gegebenheiten zudem eine staatliche Kontrolle über das System nahezu unmöglich machen, jedenfalls im Hinblick auf den tatsächlich erfolgenden Missbrauch zu Geldwäschezwecken 10 Im Jahr 2000 waren es noch 51 Anbieter, die eine Erlaubnis der BaFin zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes besaßen, vgl. zu den Zahlen im Jahr 2000: Findeisen, WM 2000, 2125, 2132.

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Teil 6: Schlussbetrachtung

nicht von einer signifikant erhöhten Gefahrenlage im Vergleich zu Banken und anderen regulierten Finanzdienstleistern auszugehen sein. Nach dieser Feststellung war im Rahmen der Erörterung ebenfalls auf die Frage einzugehen, inwieweit die verschiedenen über das Hawala-Finanzsystem erstellten Studien zu einem „Labelingprozess“ und in der Folge zu einer Überbewertung der vom Hawala-System ausgehenden Gefahren beitragen, zumal national wie international eine zunehmende Tendenz hin zu einer weiteren Ausdehnung und Verschärfung von Maßnahmen der Geldwäschebekämpfung erkennbar ist, die sich vor allem auf das Phänomen der alternativen Überweisungssysteme erstreckt. So hat es sich beispielsweise die 3. EU-Geldwäscherichtlinie zum Ziel gesetzt, „Lücken im Maßnahmenkatalog gegen Geldwäsche (Risk Management und Customer Due Diligence-Standards im unbaren internationalen Zahlungsverkehr, Maßnahmen zur Verfolgung des Underground-Banking und der Regulierung des Finanztransfergeschäfts) zu schließen [. . . und] der Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus zu dienen“ 11. Bei dieser Überprüfung konnte zunächst festgestellt werden, dass die Ergebnisse verschiedener Studien, die sich mit den Geldwäschegefahren, die aus alternativen Überweisungssystemen wie Hawala resultieren, vage bleiben. Nicht zuletzt unter Bezugnahme auf die besondere Eignung der Systeme zur Geldwäsche oder auf das nach wie vor große Dunkelfeld im Bereich der Geldwäschekriminalität werden im Wesentlichen Zusammenhänge zwischen dem Hawala-Finanzsystem und Geldwäscheaktivitäten vermutet. Tatsächliche Zusammenhänge lassen sich eher selten ziehen. Als besonders problematisch erwies sich in diesem Zusammenhang die häufig fehlende Trennung zwischen dem unwissentlichen Missbrauch von Hawaladaren zu Geldwäschezwecken, wie dies im Übrigen in den weitaus meisten Situationen der Fall sein dürfte und der eher selten anzunehmenden wissentlichen Involvierung von Hawaladaren in Geldwäschehandlungen. Insoweit war ebenfalls festzustellen, dass auch die überwiegend negative Präsenz des Hawala-Systems in der öffentlichen Darstellung zu einem „Labelingprozess“ und in der Folge zu einer Überbewertung der vom Hawala-System ausgehenden Gefahren beiträgt. Denn obwohl Banken ungleich häufiger als das Hawala-Finanzsystem zu Geldwäschezwecken missbraucht werden, scheint die Involvierung der regulierten Finanzwelt in die Geldwäschekriminalität deren gesellschaftlichem Ruf nicht im mindesten zu schaden. So bleibt des Weiteren als Ergebnis festzuhalten, dass das langfristig verfolgte Ziel, Hawala den bestehenden gesellschaftlichen Regelungen zu unterwerfen, nur erreicht werden kann, wenn zunächst ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Besonderheiten des Hawala-Finanzsystems, die über Jahrhunderte hinweg gesellschaftlich akzeptiert waren, von der heutigen Gesellschaft jedoch als abweichend eingestuft werden 11 BMF, Monatsbericht 08/2002, Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche und der Finanzströme des Terrorismus, S. 57.

A. Zusammenfassung und Ergebnisse der Untersuchung

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und die Ursachen hierfür, die in der Historie dieses Systems begründet liegen, geschaffen wird. Soweit es die Möglichkeiten und Grenzen der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem in Deutschland anbelangt, konnten mit Bestrebungen hin zu einer Lizenzierung und laufenden Finanzaufsicht über das Hawala-Finanzsystem einerseits und dem Erkennen und Bekämpfen illegaler, nicht lizenzierter Anbieter andererseits im Wesentlichen zwei Ansatzpunkte festgestellt werden, die jedoch beide signifikante Schwachstellen in der praktischen Anwendung aufweisen. So sind die Wirkungen, die sich aus einer Lizenzierung und laufenden Aufsicht des Hawala-Finanzsystems ergeben, im Hinblick auf die sich hierdurch ergebenden Möglichkeiten der Geldwäschebekämpfung als äußerst begrenzt zu betrachten, da aufgrund der derzeit geltenden strengen Zulassungsvoraussetzungen nach dem KWG nicht davon auszugehen sein dürfte, dass sich Hawaladare unter diesen Voraussetzungen in Deutschland lizensieren lassen können. Auch das Bekämpfen illegaler Anbieter erweist sich nicht zuletzt aufgrund der nur schwer greifbaren Schnittstellen zum legalen Finanzsektor als äußerst begrenzt in der praktischen Anwendung. Dennoch kann heute auch unter Berücksichtigung der stark eingeschränkten Möglichkeiten der Geldwäschebekämpfung im Hawala-Finanzsystem nicht mehr von einem weit erhöhten Risikopotential der größtenteils mit legalem Hintergrund genutzten, über eigene effektive Mechanismen der sozialen Kontrolle verfügenden Hawala-Netzwerke ausgegangen werden, welches die derzeit in Deutschland bestehende umfassende Kriminalisierung von Hawala rechtfertigen könnte. Aus diesem Grund ergab sich sodann die in Teil 5 der Untersuchung thematisierte Fragestellung, wie – ausgehend von der derzeitigen unbefriedigenden aufsichtsrechtlichen Behandlung des Hawala-Finanzsystems in der Bundesrepublik Deutschland – ein sinnvoller und verhältnismäßiger Umgang mit den HawalaNetzwerken im Hinblick auf den aufsichtsrechtlichen Umgang einerseits und Kontrollmöglichkeiten der Geldwäscheaktivitäten in diesem System andererseits ausgestaltet sein kann. Eine Überprüfung bestehender Ansätze zur Lösung der Geldwäscheproblematik im Bereich des Hawala-Finanzsystems, bei der die aktuelle Situation und derzeit praktizierte Gegenmaßnahmen in Deutschland und verschiedenen Ländern weltweit, wie auch internationale Vorgaben und Empfehlungen zum Umgang mit Hawala wie die Empfehlungen der Financial Action Task Force for Money Laundering (FATF) gewürdigt wurden, ergab zunächst eine überwiegende Tendenz hin zu verschiedenen Formen der Regulierung und Kontrolle von Hawala. Mit Ausnahme der Vereinigten Arabischen Emirate, die ein speziell auf Hawala zugeschnittenes vereinfachtes Regulierungsmodell anbieten, wenden die meisten betrachteten Staaten jedoch unverändert die bereits für Banken und Finanztransferdienstleister existierenden Aufsichtsmodelle, meist kombinierte Modelle von Lizenzierung oder Regulierung und Aufsicht sowie strafrechtlicher Verfolgung bei Nichteinhaltung der auf-

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Teil 6: Schlussbetrachtung

sichtsrechtlichen Vorgaben auf Hawala an, ohne die Besonderheiten dieses alternativen Systems zu berücksichtigen. Zumindest für das bundesdeutsche Modell musste im Ergebnis davon ausgegangen werden, dass die mit der Verbrechensvorbeugung verbundene Überwachung und Kontrolle de facto ausschließend wirkt, den illegalen Anbietern im Hawala-Finanzsystem praktisch keine Integrationsmöglichkeiten eröffnet werden und unerwünschte Verhaltensweisen durch Kriminalisierung und Stigmatisierung zurückgedrängt werden. Die nachfolgende Überprüfung verschiedener internationaler Empfehlungen und Vorgaben zu einem geeigneten Umgang mit dem Hawala-Finanzsystem ergab schließlich einen weitestgehenden Konsens darüber, Hawala bei Vermeidung einer Überregulierung unter eine (wenigstens gemäßigte) Form staatlicher Kontrolle und Aufsicht zu stellen. Sowohl die Empfehlungen der FATF, als auch die EG-Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt oder beispielsweise die Hawala-Konferenzen in den Vereinigten Arabischen Emiraten haben die im Vergleich zu anderen Finanzdienstleistern spezifische Situation von Hawala und anderen alternativen Überweisungssystemen erkannt und drängen darauf, den alternativen Überweisungssystemen bei Unterwerfung unter bestimmte, nicht zu hoch anzusetzende rechtliche Mindestanforderungen, in Form entweder einer Registrierung oder Lizenzierung eine gewisse Form der Anerkennung zuzugestehen, um die befürchtete Abdrängung in die Schattenwirtschaft zu vermeiden. Es gilt, eine Balance zwischen den Bedürfnissen der Aufsichtsbehörden einerseits und der Erfüllbarkeit der den Anbietern alternativer Überweisungssysteme auferlegten Anforderungen zu finden, wobei die entsprechenden Vorgaben und Empfehlungen lediglich vage bleiben, was die mögliche konkrete rechtliche Umsetzung in den einzelnen Staaten betrifft. Im Ergebnis konnte damit das Bestehen einer wesentlichen Diskrepanz zwischen dem derzeitigen aufsichtsrechtlichen Umgang mit dem Hawala-Finanzsystem in Deutschland und dem internationalen Erkenntnisstand festgestellt werden. Ausgehend von dieser Basis wurde sodann bezogen auf die Situation in der Bundesrepublik Deutschland unter besonderer Berücksichtigung sowohl aufsichtsrechtlicher Gesichtspunkte als auch von Gesichtspunkten einer wirksamen Geldwäschebekämpfung ein eigener Ansatz zur Lösung der Problematik im Hawala-Finanzsystem erarbeitet und einer kritischen Überprüfung unterzogen. Der Lösungsansatz berücksichtigt in besonderem Maße den Umstand, dass Risikopotential und Gefahrenlage des Hawala-Finanzsystems die derzeit gehandhabte umfassende Ausschöpfung von Mitteln der präventiven Gefahrenkontrolle nicht zu rechtfertigen vermögen. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass der mit den gegenüber den Hawala-Netzwerken eingesetzten Mitteln präventiver Gefahrenkontrolle verfolgte Zweck, wirtschaftlichen Schaden und Bedrohungen für die Gesellschaft abzuwenden, sich ins Gegenteil verkehrt, und im Ergebnis mit der (weiteren) Abdrängung des Hawala-Finanzsystems in den Untergrund ein weitaus größerer Schaden provoziert wird.

A. Zusammenfassung und Ergebnisse der Untersuchung

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Als wesentlicher Ansatzpunkt für die Ausarbeitung eines Lösungsvorschlages bot sich das bereits von den Vereinigten Arabischen Emiraten praktizierte Modell der vereinfachten Registrierung von Hawaladaren an; so basiert der Ansatz auf der grundsätzlichen Prämisse, dass Hawaladare bei einem stark vereinfachten Zugang zum Betrieb des Finanztransfergeschäftes der Einhaltung weiterer, angemessener und erfüllbarer Verpflichtungen, wie beispielsweise der laufenden Dokumentation von Transaktionen nicht grundsätzlich abgeneigt gegenüberstehen. Wesentliches Ziel war es daher, Hawaladaren einen möglichst unkomplizierten und damit attraktiven Zugang zum Betrieb des Finanztransfergeschäftes zu ermöglichen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des in Deutschland und der Europäischen Union in Bezug auf Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute sehr weit fortentwickelten regulatorischen Umfeldes verbot sich jedoch die unveränderte Übernahme des in den Vereinigten Arabischen Emiraten praktizierten und im Übrigen als sehr positiv zu bewertenden Modells der Registrierung von Hawaladaren in das bundesdeutsche Rechtssystem. Es galt, einen geeigneten Kompromiss zu finden, der einerseits bei in Deutschland tätigen Hawaladaren eine möglichst breite Akzeptanz finden kann, der andererseits aber auch ein bestimmtes Mindestmaß an Regulierung und Kontrolle enthält, um im Rahmen des in Deutschland herrschenden regulatorischen Umfeldes praktikabel zu sein. Mit der Etablierung eines Begriffes des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes wird Hawaladaren bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen mit einer einfachen Registrierung ein stark vereinfachter Zugang zu diesem Dienstleistungsangebot einerseits sowie ein vereinfachter laufender Geschäftsbetrieb andererseits ermöglicht, der im Wesentlichen an den Nachweis der persönlichen und fachlichen Eignung sowie an die Hinterlegung einer Sicherungssumme geknüpft sein könnte. Um dem mit vereinfachten Zugangsvoraussetzungen einhergehenden vergrößerten Missbrauchsrisiko entgegenzuwirken, wurde das „einfache“ Finanztransfergeschäft im Vergleich zum allgemeinen Finanztransfergeschäft jedoch verschiedenen Beschränkungen unterworfen. Als solche Beschränkungen, die die Dienstleister nicht unangemessen benachteiligen, kamen neben der Einführung von Höchstbetragsgrenzen etwa die Verpflichtung zur Hinterlegung einer Sicherungssumme in Abhängigkeit von der durchschnittlichen monatlichen Transaktionshöhe, oder auch eine Mitgliedschaft der Dienstleister bei einem nationalen Verband in Betracht, dem eine wichtige Mittlerfunktion zwischen den Hawaladaren und der Aufsichtsbehörde BaFin zukommt. Schließlich stehen weder die auf internationaler Ebene noch auf EU-Ebene eingegangenen Verpflichtungen einer gebotenen Umgestaltung von Teilen des Finanztransfergeschäftes entgegen, solange dass „einfache“ Finanztransfergeschäft an eine Registrierung gebunden ist und wesentlichen Verpflichtungen wie der Identifikation von Kunden und wirtschaftlich Berechtigtem an einer Transaktion, der Meldung verdächtiger Transaktionen, Aufzeichnungs- und Aufbe-

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Teil 6: Schlussbetrachtung

wahrungspflichten sowie der Einhaltung interner Sicherungsmaßnahmen nachgekommen wird.

B. Ansätze für Reformen – Empfehlung an den Gesetzgeber Ausgehend von den zuvor dargestellten Ergebnissen und auf dem im Rahmen der Untersuchung vorgestellten Ansatz zur Lösung der Geldwäscheproblematik im Hawala-Finanzsystem aufbauend wird im Folgenden eine Empfehlung an den deutschen Gesetzgeber ausgesprochen, um so zu erreichen, dass dieser dem sich mittlerweile international durchsetzenden Kenntnisstand über Hawala in der gebotenen Weise Rechnung trägt12. Auf einen ausformulierten Vorschlag zu einer entsprechenden Änderung des Kreditwesengesetzes nebst konkretisierenden Rundschreiben und Verlautbarungen der Bankenaufsicht soll in diesem Rahmen hingegen bewusst verzichtet werden, da dies über die Inhalte dieser Forschungsarbeit hinausgehen würde. Empfehlungen 1. Der bundesdeutsche Gesetzgeber sollte sich davon lösen, die für Banken und das allgemeine Finanztransfergeschäft geltenden engen gesetzlichen Regelungen unverändert auf das Hawala-Finanzsystem anzuwenden. Die Besonderheiten des Hawala-Finanzsystems gebieten es, eine spezielle Form der Regulierung für Hawaladare zu finden, um die befürchtete Abdrängung in die Schattenwirtschaft zu vermeiden. Dies impliziert jedoch auch die Inkaufnahme gewisser Abstriche im Hinblick auf Umfang und Qualität von Aufsicht und Kontrolle, wie sie derzeit in der Bundesrepublik Deutschland gehandhabt wird. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass nach aktuellen Erkenntnissen nicht mehr von einem weit erhöhten Risikopotential der größtenteils mit legalem Hintergrund genutzten Hawala-Netzwerke ausgegangen werden kann, welches die umfassende Kriminalisierung dieser Systeme rechtfertigen könnte, sollte der bundesdeutsche Gesetzgeber darauf hinwirken, Hawala nur bestimmten, nicht zu hoch anzusetzenden rechtlichen Mindestanforderungen zu unter-

12 Solche oder ähnliche Empfehlungen zum weiteren Umgang mit dem Hawala-Finanzsystem wurden auch bereits im internationalen Bereich in verschiedenen Studien ausgesprochen, vgl. beispielsweise: Maimbo, The Money Exchange Dealers of Kabul. A Study of the Hawala-System in Afghanistan, S. 23 ff.; El Qorchi/Maimbo/Wilson, Informal Funds Transfer Systems – An Analysis of the Informal Hawala-System, S. 26 ff.; vgl. insoweit auch die im Auftrag des Monetary and Financial Systems Department/IMF erstellten internationalen Studien, in: International Monetary Fund, Regulatory Frameworks for Hawala and Other Remittance Systems.

B. Ansätze für Reformen – Empfehlung an den Gesetzgeber

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werfen und nach Möglichkeit allen Anbietern in Form entweder einer Registrierung oder Lizenzierung eine gewisse Form der Anerkennung zuzugestehen. 2. Dabei ist es erforderlich, speziell auf die besondere Situation im HawalaFinanzsystem zugeschnittene, vereinfachte Regularien zu entwerfen, um eine weitere Abdrängung der Hawala-Netzwerke in den Untergrund zu vermeiden. Wesentliches Ziel für den Entwurf angemessener, vereinfachter Regularien sollte es sein, Hawaladaren einen möglichst unkomplizierten und damit attraktiven Zugang zum Betrieb des Finanztransfergeschäftes zu ermöglichen. Hingegen soll nicht grundsätzlich auf die im Rahmen des laufenden Betriebes einzuhaltenden wesentlichen Verpflichtungen, wie die Dokumentation von Transaktionen oder elementare Buchführungspflichten verzichtet werden. So hat bereits das von den Vereinigten Arabischen Emiraten praktizierte Modell der vereinfachten Regulierung von Hawaladaren gezeigt, dass diese durchaus dazu bereit sind, angemessenen Dokumentations- und Buchführungspflichten nachzukommen. Angriffspunkt sollten vielmehr als nicht mehr angemessen zu bezeichnende Pflichten, wie etwa die Verpflichtung zur Vornahme eines Jahresabschlusses nach den Regeln für große Kapitalgesellschaften, denen Hawaladare bei gewerbsmäßigem Betreiben des Finanztransfergeschäftes in Deutschland derzeit unterliegen, sein. In Anlehnung an den im Rahmen der Untersuchung ausgearbeiteten Lösungsvorschlag könnte sich hier etwa die Aufnahme eines Passus zum „einfachen Finanztransfergeschäft“ in das KWG – mit der Einführung von vereinfachten Zulassungsvoraussetzungen für einen Teil der Finanztransferdienstleister, die an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen zu knüpfen sind – anbieten. 3. Schließlich sollte auch das „einfache“ Finanztransfergeschäft durch entsprechende Regularien und Gesetze einer angemessenen Kontrolle und Sicherheit unterstellt werden, wobei neben Gesichtspunkten der Geldwäschebekämpfung vor allem Kundenschutzgesichtspunkte zu beachten sind. Der Gesetzgeber ist dazu aufgerufen, einen Kompromiss zu finden, der einerseits unter Vermeidung einer Überregulierung bei in Deutschland tätigen Hawaladaren eine möglichst breite Akzeptanz findet, der andererseits aber auch ein bestimmtes Mindestmaß an Regulierung und Kontrolle enthält, um im Rahmen des in Deutschland herrschenden regulatorischen Umfeldes praktikabel zu sein. So sind Kontrolle und Sicherheit grundsätzlich nicht nur im Hinblick auf einen effektiven Schutz vor Geldwäschekriminalität bedeutsam. Schließlich soll ebenfalls das Vermögen der Verbraucher, die Gelder zum Transfer bei einem Hawaladar abgeben, vor einem Verlust geschützt werden. Die wesentlichen Kriterien, die vom Gesetzgeber im Rahmen der Schaffung entsprechender Regularien und Gesetze berücksichtigt werden sollten, sind daher vor allem der Schutz der Verbraucher und Konsumenten vor dem Verlust ihrer Gelder, die Legalisierung des Hawala-Systems durch angemessene Instrumente der Registrierung oder Lizen-

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Teil 6: Schlussbetrachtung

zierung, der Schutz vor Geldwäschekriminalität, die Kontrollierbarkeit des Transfersystemes innerhalb unserer Rechtsnormen und in diesem Zusammenhang schließlich die Vermeidung einer weiteren Abdrängung in den Untergrund durch Überregulierung. 4. Um Konflikte vor allem mit supranationalen Regelungen zu vermeiden, muss auch das vereinfachte Finanztransfergeschäft wenigstens einer Registrierpflicht unterworfen werden und müssen grundlegende Verpflichtungen zur Geldwäschebekämpfung eingehalten werden. Weder die auf internationaler Ebene noch auf EU-Ebene eingegangenen Verpflichtungen stehen einer gebotenen Umgestaltung von Teilen des Finanztransfergeschäftes entgegen, solange das „einfache“ Finanztransfergeschäft entweder an eine Registrierung oder an eine Lizenzierung gebunden ist und wesentlichen Verpflichtungen wie der Identifikation von Kunden und wirtschaftlich Berechtigtem an einer Transaktion, der Meldung verdächtiger Transaktionen, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten sowie der Einhaltung interner Sicherungsmaßnahmen nachgekommen wird. Als besonders relevant in diesem Kontext sind neben der EG-Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, die wesentliche Vorgaben zum Zugang zu Finanzdienstleistungen enthält, die Bestimmungen der 3. EG-Geldwäscherichtlinie zu betrachten, die hierneben auch zur Einhaltung laufender Verpflichtungen im Rahmen der Geldwäschebekämpfung, wie etwa des Know-Your-Customer Prinzips verpflichtet. 5. Um einen größtmöglichen Schutz vor Missbrauch gewährleisten zu können, sollte die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für die Registrierung und Ausübung des „einfachen“ Finanztransfergeschäftes staatlichen Kontrollen unterliegen; Verstöße sind mit entsprechenden Sanktionen zu belegen. Soweit es den Bereich des Compliance Monitoring anbelangt, sollte den Aufsichtsbehörden jedenfalls die Möglichkeit eingeräumt werden, die von den Dienstleistern gefertigten Aufzeichnungen einzusehen und die Tätigkeit der Anbieter beispielsweise durch nicht angekündigte Besuche zu kontrollieren. Daneben müssen Zuwiderhandlungen ordnungswidrigkeitrechtlich bzw. strafrechtlich sanktioniert werden, damit die zuvor dargestellten Regularien zum „einfachen“ Finanztransfergeschäft auch eingehalten werden. In diesem Zusammenhang müssen insbesondere die Sanktionsverpflichtungen aus Artikel 39 in Verbindung mit Art. 36 Abs. 1 der 3. EG-Geldwäscherichtlinie vom Gesetzgeber beachtet werden, wonach der Gesetzgeber dafür Sorge zu tragen hat, dass die der Richtlinie unterliegenden natürlichen und juristischen Personen für Verstöße gegen die nach der 3. EG-Geldwäscherichtlinie erlassenen nationalen Vorschriften verantwortlich gemacht werden können. Dabei haben die Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend zu sein. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der sich aus dem Missbrauch des Finanzsystems zu Zwecken der Geldwäsche ergebenden Gefahren empfiehlt sich auch für das „einfache“ Finanztransferge-

B. Ansätze für Reformen – Empfehlung an den Gesetzgeber

403

schäft die Schaffung eines entsprechenden nebenstrafrechtlichen, im KWG zu verankernden Instrumentariums. 6. Zusätzlich zur Schaffung erleichterter Zugangsvoraussetzungen ist der Gesetzgeber angehalten, die gesetzlichen Tätigkeitsvoraussetzungen deutlicher als bisher zu umschreiben und auf einen Informationsaustausch mit Hawaladaren hinzuwirken. In diesem Zusammenhang sollten die von den Antragstellern zu erfüllenden Voraussetzungen deutlicher als bisher umschrieben werden; dies gilt insbesondere für die Festlegung der Grenzen, ab wann überhaupt ein gewerbsmäßiges Betreiben des Finanztransfergeschäftes anzunehmen ist. So dürfte es in vielen Fällen in Deutschland tätigen Hawaladaren nicht bekannt sein, dass ihre Tätigkeit als erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft im Sinne des KWG zu klassifizieren ist. Um einen möglichst breiten Kreis von Hawaladaren anzusprechen, empfiehlt sich in Anlehnung an die durch die Vereinigten Arabischen Emirate bereits erfolgreich durchgeführte Ansprache von Hawaladaren über örtliche Tageszeitungen auch für Deutschland eine entsprechende Vorgehensweise. Da Hawaladare häufig aus einem fremden Kulturkreis stammen und ein Klientel mit bestimmtem ethnischen Hintergrund ansprechen, sollten sich entsprechende Annoncen jedoch nicht auf rein deutsche örtliche Tageszeitungen beschränken, sondern darüber hinaus auch in Tageszeitungen anderer Kulturkreise in der jeweiligen Landessprache geschaltet werden. 7. Durch die Schaffung einer Ausnahme- bzw. Amnestieregelung kann der Gesetzgeber dazu beitragen, die Bereitschaft von Hawaladaren zu einer Registrierung und damit Offenlegung ihrer Tätigkeit zu erhöhen. Nach den bisherigen gesetzlichen Regelungen besteht die Gefahr einer Schlechterstellung interessierter Hawaladare, die ihre bisherige illegale Tätigkeit zwecks Registrierung offenlegen, da das ohne Erlaubnis betriebene Finanztransferschäft den Straftatbestand von § 54 KWG erfüllt. Eine solche Schlechterstellung führt im Ergebnis dazu, dass viele grundsätzlich an einer Registrierung interessierte Hawaladare ihre Tätigkeit nicht offenlegen werden und sollte in jedem Fall vermieden werden. Dies könnte etwa durch die Zusicherung, durch die Offenlegung der illegalen Tätigkeit als Hawaladar keine aufsichtsrechtlichen oder gar strafrechtlichen Konsequenzen befürchten zu müssen, sichergestellt werden. 8. Schlussendlich sollte die Bundesrepublik Deutschland nach der Einführung entsprechender nationaler Regularien die Zusammenarbeit und den Erkenntnisaustausch über Hawala auf internationaler Ebene intensivieren, um auf diesem Wege auch in anderen Ländern einen bewussten und angemessenen Umgang mit den Hawala-Netzwerken zu fördern.

Teil 7

Abschlussbemerkung Abschließend sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass es – den regulierten Bankenbereich eingeschlossen – wahrscheinlich kein Geldtransfersystem gibt, welches gegen einen kriminellen Missbrauch durch die Menschen gefeit ist. Schließlich muss die Tatsache anerkannt werden, dass das Hawala-Finanzsystem wichtige ökonomische und soziale Funktionen erfüllt, welche der regulierte Banken- und Finanzdienstleistungssektor aus verschiedenen Gründen nicht zu leisten in der Lage ist. Eine allgemeingültige Empfehlung, wie der deutsche Gesetzgeber mit diesem Umstand umzugehen hat, kann und soll an dieser Stelle nicht ausgesprochen werden. Zwar kann auf die Einhaltung von Regeln nicht einfach verzichtet werden, weil diese sich faktisch als nicht durchsetzbar erweisen bei einem System, dass seit jeher unabhängig von staatlichen, sich über die Jahrhunderte hinweg stetig ändernden Regelungen agiert und nach althergebrachten eigenen wirksamen Regelungen funktioniert. Dennoch sollte der Staat vor der Ergreifung weiterer Maßnahmen zum Schutz der Gesellschaft vor Geldwäschekriminalität zwischen dem zu erwartenden Nutzen und den sich für die Gesellschaft ergebenden Nachteilen abwägen und nicht zögern, bereits ergriffene Maßnahmen und bestehende gesetzliche wie aufsichtsrechtliche Regelungen kritisch zu hinterfragen. Dabei kann Bewertungsgrundlage für den weiteren Umgang mit dem Hawala-Finanzsystem vor dem Hintergrund der durchgeführten Untersuchung nur das von diesem alternativen Überweisungssystem ausgehende Risikopotential in den Bereichen Geldwäschekriminalität und Verbraucherschutz sein, dass bei Implementation entsprechender Mindestanforderungen als vergleichsweise gering zu beurteilen ist. Soweit von staatlicher Seite aus immer wieder bekräftigt wird, dass man mit den bestehenden gesetzlichen Regelungen doch bereits die Integration „ausgewählter“ Anbieter alternativer Überweisungssysteme ermögliche und man insofern keinen Handlungsbedarf für eine Lockerung aufsichtsrechtlicher Regelungen sehe, ist es an der Zeit, sich einzugestehen, dass mit den bestehenden Maßnahmenkatalogen an der Wirklichkeit vorbeireguliert wird und ein Einklang mit der mittlerweile international verfolgten Zielrichtung, die Regulierung des Hawala-Systems dergestalt zu vereinfachen, dass eine Überregulierung des Systems nach Möglichkeit vermieden wird, praktisch nicht besteht. So ist es

Teil 7: Abschlussbemerkung

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manchmal einfach erforderlich, ein geringes Risiko – hier in Form einer vereinfachten Regulierung von Hawala – zuzulassen, um letztlich weitaus größere Risiken vermeiden zu können, die von einem vollkommen aus dem Untergrund agierenden Hawala-Finanzsystem ausgehen würden.

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Sachverzeichnis 1. EG-Geldwäscherichtlinie 237 2. EG-Geldwäscherichtlinie 200, 238 3. EG-Geldwäscherichtlinie 239, 350 Abgabenordnung 152 – Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten 158 – Kontenwahrheit 157, 162 – Meldepflicht 266 – Mitteilungspflichten 161 Abu Dhabi Declaration 318 Akkreditivgeschäft 216 Al Capone 195 Al-Qaida 171 Analphabetenquote 88 Anderkonto 227 Anwendungserlass zur Abgabenordnung 164 Anzeige von Verdachtsfällen, § 11 GwG 145 Außenwirtschaftsgesetz 165 Außenwirtschaftsrecht 164 – Verstoß 184 Außenwirtschaftsverkehr 53, 165, 166 Außenwirtschaftsverordnung 165 AufenthG 180 Auslandsüberweisung 209 Auswärtiges Amt 169 Back-to-back-loan 207 BaFin 75, 123 – Verlautbarung für Finanzdienstleistungsinstitute 139 Bank of New York 175 Bankenaufsicht 270 Bankgeschäft 53 Banking Act 119

Bankkonto 162 Bankscheck 217 Bankwesen 39 Bargeld 166 Bargeldkurier 175 Bestechung 197 Blankettnorm 170 Bofors Skandal 91 Börsengesetz 152 Bosporus-Verfahren 105 Briefkastenfirmen 209 Buchführung 163 Buchführungsvorschriften, außersteuerliche 160 Buchgeld 166 Buchungsbeleg 131 Bundeskriminalamt 174 Chinesisch-ostasiatische Systeme 34, 78 Chit-System 80 Chop-System 81 Clean Payments 216 Clearingverfahren 39 Comprador 80 Countertrade 89 Cuckoo Smurfing 275 Darlehenstransaktionen 216 Deutsche Bundesbank 191 Devianz 303 Devisentausch 216 Devisenverkehr 176 Diamantenmarkt 213 Domizilgesellschaft 209 Drittstaaten 168 Dunkelfeldforschung 196

Sachverzeichnis Effektenmarkt 217 EG-Binnenmarktgesetz 213 E-Geld-Institut 221 Einlagengeschäft 120 Einziehung 197 elektronische Geldbörse 221 Embargotatbestand 170 Embargoverstoß 172 Emigranten 45 Entwicklungsland 88 Ethnische Solidarität 51 EU-Geldtransfer-Verordnung 136 EU-Sanktionsliste 173 EU-Standardüberweisung 55 Europäische Zentralbank 167 FATF 199, 233, 337 – 9 Sonderempfehlungen 339 – 40 Empfehlungen 338 Fei’Chien System 34 Fei-ch’ien 79 Finanzbehörden 161 Finanzderivate 168 Finanzdienstleistungsinstitut 36 Finanzmarktaufsicht 230 Finanzsystem 216 Finanztransfergeschäft 37, 62, 74, 120 – Erlaubnis 124 – Vier-Augen-Prinzip 126 FIU 206 Geldinstitut 166 Geldtransferakteure 49 Geldtransferdienstleister 190 Geldtransfermechanismus 47 Geldtransfermethoden 46 Geldwäsche 173 – Begriff 195 – Definition 198 – Dunkelfeld 291 – Phasen 200 – Straftatbestand 245

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– Techniken 205 – Vortaten 246 – Wirtschaftsbereiche 215 Geldwäschebekämpfung 229 – Rechtsquellen 232 Geldwäschegesetz 138, 259 – Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten 145 – Gesetzeshistorie 259 – Identifizierungspflicht 143 – interne Sicherungsmaßnahmen 146 – Legitimationsprüfung 147 – Pflichtenkatalog 261 – Regelungsinhalt 260 – Regelungszweck 260 – Verdachtsfall 144 Geldwäsche-Typologieberichte 228 Genehmigungsvorbehalt 170 Genossenschaft 364 Genossenschaftsprinzip 364 Girogeschäft 38, 53 Globalisierung 86 Globalisierungsprozess 90 grenzüberschreitender Bargeldtransport 210 Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 154 handelsrechtliche Buchführungspflicht 160 Hawala 33, 76, 96 – aufsichtsrechtliche Behandlung 309 – Buchführung 117 – Entstehungsgeschichte 97 – Funktionsweise 101 – Gefahrenpotential 287 – Geldwäschebekämpfung 194, 280, 316 – Geldwäschehandlungen 273 – Grundprinzipien 101 – Historie 97 – Labeling 300 – Nutzen 116

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Sachverzeichnis

– rechtliche Einordnung 119 – Rechtsprechung 173 – Registrierung 317 – Regularien 111 – Saldenausgleich 107 – Sanktionen 111 – Sicherungsfonds 368 – System der zwei Töpfe 104 – Verdachtsfälle 173 – Zahlungsauftrag 103 Hawala-Konferenzen 334 Hawaladar 39 Hawallah 44 HGB – Jahresabschluss 151 – Kaufmannseigenschaft 151 – Lagebericht 151 Hundi 41

Korrespondenzbanken 218 Korrespondenzbankenverkehr 217 Korruption 197 Kreditinstitut 36, 220 Kreditkooperative 84 Kreditvergabe 190 Kreditwesengesetz 119 – Verstoß 181

Ijara 70 Immobilientransaktionen 227 Informal Banking 34 Informal Value Transfer Systems 34 Informalität 49 informelle Geldtransferakteure 75 Infrastruktur 88 Inhaberpapiere 217 International Monetary Fund 333 Islam 113 Islamic Banking 69 Islamic Finance 69 islamisches Recht – Grundprinzipien 115

MaRisk 133 Meldevorschriften 165 Migranten 85, 87 Migrationsbewegung 90 Mikrofinanzbanken 64 Mikrofinanzierung 63 Mikrofinanzinstitutionen 63 Monatsausweispflicht 130 Monetäre Finanzinstitute 167 Money Remittance Agencies 59 Money Transmitter 52, 222 Mozart-Fall 175

Jahresabschluss 151 Kapitalflucht 92, 208 Know-Your-Customer Prinzip 261 Koffergeschäft 73, 120 Konten-Screening 263 Konto pro Diverse 202 Koran 69, 115

Labeling-Approach 295 – gesellschaftstheoretisch orientierte Labeling-Ansätze 300 – individualisierende Labeling-Ansätze 299 – Kriminalisierungstheorien 297 Labelingprozess 195 Landesanwaltschaft 178 Layering 202

NCCT 148, 272 Nebenstrafrecht 184 Netting 108 – bilaterales 108 – vertragliches 110 Nichtbankensektor 226 Nummernkonto 216 Offshore Finanzmärkte 208 Online-Banking 219

Sachverzeichnis operationelle Risiken 133 Organisierte Kriminalität 173, 197 Placement 201 Platzierungsphase 202 politisch exponierte Person 242 präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt 185 Prostitution 195 Rauschgifthandel 79, 197 repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt 185 ribâ 69 Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt 343 Scharia 113 Schattenbanksystem 35 Schattenwirtschaft 43 Schmuggel 197 Schuldforderung 76 Schuldüberweisung 99 Schwarzmarkt-Peso-Tausch 34, 77 Second Life 215 SEPA 344 shell bank 219 Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 169 Smurfing 201 Solvabilitätsverordnung 133 Sozialabgabe 70 soziale Kontrolle 310 Sozialkontrolle – Strategien 311 Spar- und Darlehensgenossenschaften 65 Spielbanken 225 Spielmarken 226 Statement of Principles 232 Steuerhehlerei 197 Steuerhinterziehung 91, 208, 209 Steuerrecht 157 Stiftungen 211 strafrechtliche Sozialkontrolle 310

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Strafverfahren 162 Strafverteidigerhonorar 162 S.W.I.F.T.-System 52 System der zwei Töpfe 39 Taliban 170 Taliban-Liste 173 T’ang Dynastie 39, 79 Tatbestandsirrtum 184 Terrorismusembargo 170 Terrorismusfinanzierung 177 Terroristen 27 Treuhandgesellschaften 227 Trusts 211 Typologiearbeiten 27 Umsatzsteuerkarusselle 213 Underground-Banking 36 UNO 233 Untergrundbanken 174 UN-Terrorismusfinanzierungskonvention 237 Unterschlagung 197 Verbotsirrtum 184 Verfall 197 Verordnungen und Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften 168 Versicherungsbranche 224 Virtuelle Welten 214 Warenhandel 206 Wechsel 98 Wechselstube 42, 105 Wechselstuben 68, 223 Weltbank 336 Wertpapiere 168 Western Union 60 Wiener Drogenkonvention 235 Wirtschaftskreislauf 215 Wolfsberg-Principles 234 Wucher 69 Wurzeln der Rechtswissenschaft 114

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Sachverzeichnis

Zahlungsauftrag im Außenwirtschaftsverkehr 167 Zahlungsbilanz 165 Zahlungsverkehr 53 – bargeldloser 120

Zakat 70 Zins 69 Zollverwaltungsgesetz 268