Das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel (381): Herkunft, Geltung und Rezeption. Neue Texte und Studien zu den antiken und frühmittelalterlichen ... II 3110714612, 9783110714616

Dieses Buch bietet eine umfassende neue Untersuchung zur Entstehung, Verabschiedung und Rezeption jenes Glaubensbekenntn

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Das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel (381): Herkunft, Geltung und Rezeption. Neue Texte und Studien zu den antiken und frühmittelalterlichen ... II
 3110714612, 9783110714616

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Liste der Sigla für Glaubenssymbole
Bibliographische Abkürzungen
Schreibweise antiker Namen
1 Einleitung
2 Das Bekenntnis von Konstantinopel: Bemerkungen zur Forschungslage
3 Methodologische Überlegungen und Thesenskizze
4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel: Die Bekenntnisse von Nizäa, Antiochien und Konstantinopel im Vergleich
5 Debatten um die Suffizienz von N unter den Nizänern
6 Die römische Synode von 377/78
7 Die Meletianersynode in Antiochien (379)
8 Das Konzil von Konstantinopel (381) und sein Bekenntnis
9 Die Rezeption der Bearbeitungen von N bis zum Konzil von Chalkedon (451)
10 Die Approbation von N und C2 als Normbekenntnissen auf dem Konzil von Chalkedon (451)
11 Der Text von N und C2 auf der 5./6. Sitzung des Konzils von Chalkedon
12 Die Rezeption von C2in der Zeit nach Chalkedon
Literaturverzeichnis
Register der Bibelstellen
Register der sonstigen antiken Quellen
Register der Paragraphen in FaFo
Register der Handschriften
Register der antiken Namen
Register der modernen Namen

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Wolfram Kinzig Das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel (381)

Arbeiten zur Kirchengeschichte

Begründet von Karl Holl † und Hans Lietzmann † Herausgegeben von Christian Albrecht, Christoph Markschies und Christopher Ocker

Band 147

Wolfram Kinzig

Das Glaubensbekenntnis von Konstantinopel (381)

Herkunft, Geltung und Rezeption Neue Texte und Studien zu den antiken und frühmittelalterlichen Glaubensbekenntnissen II

ISBN 978-3-11-071461-6 e-ISBN (PDF) 978-3-11-072095-2 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-072098-3 ISSN 1861-5996 Library of Congress Control Number: 2021930976 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: Meta Systems Publishing & Printservices GmbH, Wustermark Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

In memory of Henry Chadwick (1920–2008)

Vorwort Eigentlich hatte ich gedacht, ich könnte meine Arbeiten zu den spätantiken und frühmittelalterlichen Glaubensbekenntnissen nun mit einer handlichen Gesamtdarstellung der Geschichte der Symbole abschließen. Doch erwiesen sich die Untersuchungen zum Bekenntnis von Konstantinopel als so komplex, dass ich mich entschloss, das Problem der Herkunft, Geltung und Rezeption dieses Symbols in einer eigenen Monographie zu analysieren. Der vorliegende Band ist also eine Spezialstudie, in der ich, auf den Schultern der Riesen unseres Faches stehend, eine Reihe klassischer und bisher ungelöster Probleme, die sich mit diesem Bekenntnis verbinden, erneut untersuche. Ein dritter Band mit weiteren Symboleditionen und -studien wird demnächst in dieser Reihe folgen. Das weiterhin geplante Lehrbuch wird die in nunmehr bald 30jähriger Forschung am Thema erzielten Ergebnisse für eine breitere Leserschaft zusammenfassen. Mit der Abfassung dieses Buches und meinen damit verwandten Arbeiten verbindet sich eine besondere Geschichte: Im Jahr 1993 bot mir Henry Chadwick die von Eduard Schwartz herausgegebenen Bände der Acta Conciliorum Oecumenicorum zum Kauf an, da er im Zusammenhang seines Auszugs aus der Master’s Lodge in Peterhouse, Cambridge, und seiner Rückkehr nach Oxford seine legendäre Bibliothek zu verkleinern suchte. Er hatte die Exemplare, wie ein Besitzstempel beweist, seinerseits von der anglikanischen Communion of the Resurrection in Mirfield, West Yorkshire übernommen. Es war ein Kauf, der von einem jungen Research Fellow mit knappem Einkommen wohl bedacht sein wollte. Nach kurzem Zögern habe ich mich dennoch dazu entschlossen, mir die Gelegenheit nicht entgehen zu lassen, zumal der Preis weit unter dem lag, was die Bände im Antiquariat gekostet hätten. Ich habe damals zu meiner Frau gesagt, ich müsse sie haben, auch wenn ich nicht plante, viel damit zu arbeiten! Ich bin sicher, Henry hätte sich sehr gefreut, wenn er gewusst hätte, dass ich mittlerweile fast täglich darin lese und wir in Bonn an einer kommentierten Übersetzung der Akten von Ephesus (431) auf der Basis dieser Edition arbeiten. Seinem Andenken sei dieser Band darum gewidmet. Einer Reihe von freundlichen Menschen gilt mein herzlicher Dank: Frau Dr. Annette von Stockhausen hat mir kurz vor Drucklegung Einsicht in die soeben erschienene 5. Lieferung der „Dokumente zur Geschichte des Arianischen Streites“ gewährt. Frau Dr. Maria Munkholt Christensen und Herr Dr. Thomas Brüggemann halfen mir bei den Mühen des Korrekturlesens. Frau Nathalie Thies hat sich in bewährter Weise der Vorbereitung des Manuskripts für den Druck https://doi.org/10.1515/9783110720952-201

VIII

Vorwort

angenommen. Frau Dr. Munkholt, Frau Thies und Herr Cornelius Brühn unterstützten mich dankenswerterweise auch bei der Erstellung der Register. Frau Alina Möller-Börkel und Herr Brühn haben sich den Mühen der Literaturbeschaffung (unter Corona-Bedingungen!) unterzogen. Die Zusage der Herausgeber der Reihe kam sozusagen postwendend auf meine Anfrage. Der Verlag De Gruyter, vertreten durch Herrn Dr. Albrecht Döhnert, Frau Katrin Mittmann und Frau Sabina Dabrowski, hat wie stets aus dem Manuskript ein wunderschönes Buch gemacht. Oberdollendorf, im Dezember 2020 (temporibus coronae)

Wolfram Kinzig

Inhalt Vorwort

VII

Liste der Sigla für Glaubenssymbole Bibliographische Abkürzungen Schreibweise antiker Namen

XI

XII XIII

1

Einleitung

2

Das Bekenntnis von Konstantinopel: Bemerkungen zur Forschungslage 4

3

Methodologische Überlegungen und Thesenskizze

4 4.1 4.2 4.3 4.4

Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel: Die Bekenntnisse von Nizäa, Antiochien und Konstantinopel im Vergleich 19 Philologischer Vergleich der Bekenntnisse 19 Prinzipien der Redaktion von NAnt 33 Prinzipien der Redaktion von C2 37 Das kurze Bekenntnis von Konstantinopel (C1) 51

5

Debatten um die Suffizienz von N unter den Nizänern

6

Die römische Synode von 377/78

7

Die Meletianersynode in Antiochien (379)

8

Das Konzil von Konstantinopel (381) und sein Bekenntnis

9

Die Rezeption der Bearbeitungen von N bis zum Konzil 102 von Chalkedon (451)

10

Die Approbation von N und C2 als Normbekenntnissen auf dem Konzil von Chalkedon (451) 109

1

12

63

80 89 93

X

Inhalt

11 11.1 11.2

Der Text von N und C2 auf der 5./6. Sitzung des Konzils 128 von Chalkedon 128 Forschungsstand 140 Erneute Prüfung der Textüberlieferung

12 12.1 12.2

Die Rezeption von C2 in der Zeit nach Chalkedon 164 Die östliche Rezeption 173 Die westliche Rezeption

Literaturverzeichnis

185

Register der Bibelstellen

197

Register der sonstigen antiken Quellen 211

Register der Paragraphen in FaFo Register der Handschriften Register der antiken Namen Register der modernen Namen

215 217 221

199

164

Liste der Sigla für Glaubenssymbole C C1 C2

J N N Ant N Ant1 N Ant2 N Ant3 N Nest N Her R T

Glaubensbekenntnis von Konstantinopel (381) in Konstantinopel approbierte Fassung von C (= N Nest) in Konstantinopel nicht approbierte Fassung von C (das sog. „Bekenntnis von Konstantinopel“ oder „von Nizäa-Konstantinopel/NicaenoConstantinopolitanum“, in der älteren Forschung gemeinhin als C oder NC bezeichnet) Glaubensbekenntnis von Jerusalem Nizänisches Glaubensbekenntnis (authentische Fassung von 325) erweiterte Fassung des Nizänums, in Antiochien in Gebrauch Version dieses Bekenntnisses bei Theodor von Mopsuestia Version dieses Bekenntnisses bei Euseb von Dorylaion und Johannes Cassian Version dieses Bekenntnisses bei den späteren Nestorianern Bekenntnis des Nestorios (= C 1)1 Bekenntnis im Liber Heraclidis Römisches Glaubensbekenntnis Apostolisches Glaubensbekenntnis

1 In Kinzig, Zwei neuentdeckte Predigten, 2020 habe ich die wesentliche Übereinstimmung zwischen den Symbolzitaten in den bisher bekannten Nestoriostexten (dort als N Nest bezeichnet) und in einer neu entdeckten und dort edierten Homilie (N Hom) aufgezeigt, die Nestorios zuzuschreiben sein dürfte. Ich nehme daher an, dass gilt: N Nest = N Hom. Zu den verbleibenden Unterschieden (v. a. Zusatz von καὶ μόνον θ. ἀληθινόν im 1. Artikel) vgl. ebenda, S. 488. https://doi.org/10.1515/9783110720952-202

Bibliographische Abkürzungen FaFo

Wolfram Kinzig, Faith in Formulae: A Collection of Early Christian Creeds and Creed-related Texts, 4 Bde., Oxford 2017 (OECS)

Alle übrigen Abkürzungen nach Siegfried M. Schwertner, IATG3 – Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete. Zeitschriften, Serien, Lexika, Quellenwerke mit bibliographischen Angaben, 3. Aufl., Berlin/Boston 2014

https://doi.org/10.1515/9783110720952-203

Schreibweise antiker Namen Griechische Namen werden i.a. philologisch korrekt transkribiert (also Nestorios statt Nestorius), lateinische Namen, die in griechischen Quellen zitiert werden, allerdings in lateinischer Form und umgekehrt. Bei sehr bekannten Namen (Eusebius, Basilius usw.) habe ich auf die im Deutschen geläufige lateinische Form zurückgegriffen.

https://doi.org/10.1515/9783110720952-204

1 Einleitung Es ist wohl nicht übertrieben zu sagen, dass das Glaubensbekenntnis, das man gemeinhin mit dem II. Ökumenischen Konzil von Konstantinopel (381) verbindet (das sog. Nicaeno-Constantinopolitanum; oft abgekürzt C oder NC, von mir im Folgenden als C 2 bezeichnet 2 ), der in der Geschichte der Christenheit einflussreichste nichtbiblische Text gewesen ist. In Theologie und Liturgie, in der christlichen Bildung und auch im Alltagsleben hat er eine kaum zu überschätzende Rolle gespielt. Unter den drei altkirchlichen Symbolen (Apostolicum, NicaenoConstantinopolitanum und Athanasianum) ist C 2 das wichtigste Bekenntnis, weil es (im Unterschied zu dem nur in der lateinischen Kirche rezipierten Apostolicum) in fast allen großen christlichen Kirchen zum Grundbestand der Bekenntnis- und Lehrtradition gehört und das theologische Denken und die christliche Identität darum in einer elementaren Weise geprägt hat. Dennoch sind wichtige Fragen, die dieses Bekenntnis betreffen, nach wie vor ungeklärt. Das hat in erster Linie mit der Quellenlage zu tun, die einerseits dürftig und andererseits ungeheuer komplex ist: Sie ist dürftig vor allem im Hinblick auf die Entstehungs- und frühe Rezeptionsgeschichte. So besitzen wir keine Akten des Konzils von Konstantinopel mehr (sofern es solche überhaupt gegeben hat 3 ); außerdem wird das mit dem Konzil verbundene Bekenntnis erst 70 Jahre später auf dem IV. Ökumenischen Konzil in Chalkedon (451) ausdrücklich als solches zitiert. Für die Zeit dazwischen sind wir ausschließlich auf (mögliche) Zitate aus dem Symbol und Anspielungen hierauf angewiesen (die überdies nicht durchgängig mit dem kritisch rekonstruierten Urtext übereinstimmen). Die Quellenlage ist aber gleichzeitig auch extrem komplex, weil die erste Zitation des „Symbols der 150 Väter“ (wie man C 2 traditionell meist bezeichnet) in Chalkedon in eine Fülle von Dokumenten eingebettet ist, deren Text- und Überlieferungsgeschichte kaum zu überschauen ist, und auch der Text des Symbols selbst zu vielschichtigen gelehrten Diskussionen geführt hat. Schließlich ist die Geschichte der Rezeption des Symbols und seines Verhältnisses zum Bekenntnis von Nizäa unübersichtlich und anders, als man es häufig liest, nicht einfach ein „Triumphzug“. Dies hatte und hat zur Folge, dass man in der modernen Forschung zum einen mit Hypothesen über den Ursprung von C 2 arbeitet, die von bestimmten methodischen Vorentscheidungen abhängen und sich anhand des lückenhaften Quellenbestands letztlich nicht zwingend belegen lassen, und dass man sich

2 Zu den hier verwendeten Abkürzungen vgl. oben S. XI die Liste der Sigla. 3 Vgl. dazu unten Anm. 496. https://doi.org/10.1515/9783110720952-001

2

1 Einleitung

zum anderen im Hinblick auf die Rezeption von C 2 auf dem Konzil von Chalkedon und danach in äußerst zeitraubender Weise in einen Wirrwarr von miteinander nicht kongruenten Texten und Übersetzungen einarbeiten muss, um zu verstehen, welche Rolle das Symbol in diesen Zusammenhängen gespielt hat. Infolgedessen haben sich in die Diskussion um die hier verhandelten Fragen so viele Ungenauigkeiten und Fehler eingeschlichen, dass es höchste Zeit ist, den gesamten mit diesem einflussreichen Text verbundenen Problemkomplex einer erneuten Prüfung zu unterziehen. Dieser Problemkomplex besteht aus fünf Themenkreisen, die ich im Folgenden nacheinander abhandeln möchte: 1. der Herkunft des Textes von C 2, 2. der damit eng verknüpften, aber nicht identischen Frage des Zusammenhangs zwischen C 2 und dem II. Ökumenischen Konzil von 381, 3. der Aufnahme von C 2 unter die dogmatischen Referenztexte auf dem Konzil von Chalkedon (451), 4. dem Problem des Symboltextes auf der 5./6. Sitzung von Chalkedon 5. und der Nachgeschichte mit der allmählichen Verdrängung des Symbols von Nizäa durch das von Konstantinopel. Diese Themen bedingen auch die Grenzen der vorliegenden Untersuchung: Es findet sich im Folgenden also keine Geschichte der Konzilien des 4. und 5. Jahrhunderts – das ist insbesondere für Konstantinopel (381) zu beachten. Es geht auch nicht um eine vollständige Darstellung der „Theologie von C“. Vielmehr frage ich ausschließlich nach dem text- und überlieferungsgeschichtlichen Schicksal einer spezifischen Glaubensformel. Um die äußerst komplexe Materie in den Griff zu bekommen, sind die folgenden Ausführungen in zwölf Abschnitte untergliedert: Nach dieser Einleitung (Kapitel 1) und einem Überblick über die Forschungslage (Kapitel 2) stelle ich in Kapitel 3 einige methodologische Überlegungen an und biete eine knappe Skizze meiner These. In Kapitel 4 möchte ich sodann unter Anwendung der stemmatischen Methode, wie sie aus der Klassischen Philologie bekannt ist, die Symbole, welche im 4. Jahrhundert in der einen oder anderen Weise auf Nizäa (N) zurückgeführt werden, miteinander vergleichen. Dies führt zu der Vermutung, dass es bereits vor Konstantinopel ein Bekenntnis gegeben hat, welches als Überarbeitung von N anzusehen, aber mit C 2 nicht identisch ist und welches dann als Vorlage von C 2 gedient hat. Diese Vorlage scheint eng mit zwei Synoden in Rom (377/378) und Antiochien (379) zusammenzuhängen. Darum stelle ich in Kapitel 5 zunächst die Vorgeschichte der römischen und antiochenischen Synode dar, bevor ich dann auf diese selbst in Kapitel 6 bzw. 7 eingehe. In Kapitel 8 wird weiterhin gefragt, wie C 2 in den historischen Kontext von Kons-

1 Einleitung

3

tantinopel einzuordnen ist. Daraus wird sich ergeben, dass wir in Konstantinopel vermutlich mit zwei Fassungen von C zu rechnen haben: einer Kurzfassung C 1, welche fortan in Konstantinopel und an einigen anderen Orten ebenfalls als „N“ galt, und einer Langfassung C 2, die nicht approbiert wurde. Kapitel 9 geht sodann auf die Rezeption bzw. Nichtrezeption dieser zwei Bekenntnisfassungen im Zeitraum zwischen Konstantinopel (381) und Chalkedon (451) ein. In Kapitel 10 behandle ich die Aufnahme von N und C 2 in die Glaubensdefinition des Konzils, genauer die Frage, warum man überhaupt C 2 in die Reihe der Referenzdokumente aufgenommen hat, nachdem dieses Bekenntnis von Konstantinopel jahrzehntelang keine erkennbare Rolle gespielt hatte. Ein damit eng verknüpftes Sonderproblem ist die Frage nach den verschiedenen Fassungen von C 2 (und N), die mit Chalkedon in Verbindung gebracht werden. Denn in der maßgeblichen kritischen Ausgabe von Eduard Schwartz in den Acta Conciliorum Oecumenicorum ist der Text beider Symbole in der Glaubensdefinition, wie sie auf der 5. und 6. Sitzung proklamiert wurde, nicht identisch mit den authentischen Textfassungen, die auf der 2.(3.) Sitzung zitiert wurden (Kapitel 11). In Kapitel 12 wende ich mich schließlich der Frage nach der Rezeption von C 2 in den Jahrhunderten nach Chalkedon zu. Es ergibt sich, dass sie deutlich komplexer verlaufen ist, als dies die bisherige Forschung dargestellt hat. Wer sich die im Einzelnen sehr anspruchsvollen und technischen Beweisführungen nicht zumuten möchte, kann sich mit der Lektüre der Kapitel 2 und 3 begnügen.

2 Das Bekenntnis von Konstantinopel: Bemerkungen zur Forschungslage Ein großer Teil der Diskussion in der neueren Symbolforschung dreht sich um die Frage, ob C 2 eine Überarbeitung von N oder ein davon prinzipiell zu unterscheidendes, eigenständiges Symbol darstellt. Dabei wurde freilich nur selten genau bestimmt, ab wann man denn überhaupt von „Eigenständigkeit“ sprechen könne. John Norman Davidson Kelly sah es in seiner grundlegenden Darstellung der Geschichte des Glaubensbekenntnisses (in Aufnahme älterer Arbeiten von Fenton John Anthony Hort 4 und Adolf von Harnack5) als bewiesen an, dass in N und C 2 „zwei völlig verschiedene Dokumente“ vorlägen.6 Die zwei Symbole seien „in Wirklichkeit zwei ganz verschiedene Texte, die einander in groben Zügen“ ähnelten, „aber nicht mehr als jedes andere Paar östlicher Formeln“.7 Schon Hort und Harnack hatten auf die Unterschiede zwischen N und C 2 verwiesen. Hort sah in C 2 ein im 2. Artikel nizänisch und im 3. Artikel antipneumatomachisch überarbeitetes Lokalbekenntnis, dessen Herkunft er in Palästina lokalisierte. Die Revision, die bereits in den Jahren 362–364 erfolgt sei,8 schrieb er Kyrill von Jerusalem zu.9 Nach einem sprachlichen Vergleich von N und C 2 war auch Harnack zu der Auffassung gekommen, dass man die Abweichungen in C 2 gegenüber N nicht als Ergebnis einer Redaktion von N beschreiben könne. Er zog den Schluss: Kein Einsichtiger wird bei diesem Thatbestande mehr behaupten können, das C[onstantino]p[olit]anum sei lediglich eine leicht modifizierte Rezension des Nicänums, sondern der Schluß ist unabweislich, daß es entweder ein ganz selbstständiges neues Symbol ist mit gewissen nicänischen Einschiebseln oder daß ihm irgend ein anderes älteres Taufsymbol zu Grunde liegt, welches nur nicänisch redigiert ist.

Etwas später bezeichnete er es als „ein eigentümliches, freilich orthodoxes Symbol, in welches man die notwendigsten nicänischen Stichworte aufgenommen hat, ein älteres provinzialkirchliches Symbol.“ 10 Auch Harnack sah Kyrill als dessen Urheber an. 4 Vgl. Hort 1876. 5 Vgl. Harnack 1902. 6 Kelly 1972, S. 300. Zum Vergleich von N und C 2 S. 300–302. Zu Kellys Buch vgl. auch meine Würdigung in Kinzig, What’s in a Creed?, 2021. 7 Kelly 1972, S. 302. 8 Sowohl Hort als auch Harnack waren noch irrtümlich davon ausgegangen, dass Epiphanios in seinem Ancoratus 118 (verfasst 374) bereits C 2 zitiert habe. Diese Annahme ist mittlerweile obsolet; vgl. FaFo § 175. 9 Vgl. Hort 1876, S. 73–79. 10 Harnack 1902, S. 19 f. https://doi.org/10.1515/9783110720952-002

2 Das Bekenntnis von Konstantinopel: Bemerkungen zur Forschungslage

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Die Fokussierung auf die ohne Zweifel bestehenden Unterschiede zwischen den beiden Bekenntnissen hat allerdings dazu geführt, dass man nur wenig darauf achtete, wie groß die Ähnlichkeiten zwischen N und C 2 sind, legt man etwa einflussreiche Kollektivbekenntnisse11 des 4. Jahrhunderts wie das zweite Bekenntnis von Antiochien 34112 oder die Ekthesis Makrostichos13 daneben. Es wird noch zu zeigen sein, dass man C 2 unbedingt als (indirekten) Abkömmling von N sehen muss und man sämtliche Abweichungen historisch-genetisch erklären kann.14 Abgesehen davon bestritt Kelly auch, dass C 2 von den Konzilsvätern in Konstantinopel förmlich verabschiedet wurde, wie frühere Forscher, unter ihnen vor allem der einflussreiche Eduard Schwartz,15 angenommen hatten. Davon sei in den erhaltenen Dokumenten der Synode und in den Berichten über diese keine Rede, im Gegenteil: Kanon 1 der Synode16 und ebenso der Brief an Kaiser Theodosius17 hätten den Glauben von Nizäa bekräftigt. Auch sei aus der Zeit zwischen 381 und dem Konzil von Chalkedon 451 kein einziger Bezug auf C 2 belegt, in dem das Symbol mit dem Konzil von Konstantinopel in Verbindung gebracht werde. Vielmehr werde immer das Symbol von Nizäa als Referenzpunkt angesehen. Dennoch habe es irgendeine Verbindung mit Konstantinopel gegeben, denn sonst wäre C 2 in Chalkedon nicht gerade diesem Konzil zugeschrieben worden.18 Für die Verbindung von C 2 und Konstantinopel hat man verschiedene Lösungen vorgeschlagen: Hort und (im Anschluss an ihn) Harnack behaupteten etwa, dass Kyrill von Jerusalem das (nizänisch revidierte) Bekenntnis seiner Bischofsstadt dem Konzil vorgelegt habe, um seine Rechtgläubigkeit zu beweisen.19 Johannes Kunze und Einar Molland hingegen meinten, es handle sich bei

11 Ich verzichte bewusst auf den Begriff „Synodalbekenntnis“, weil unklar ist, ob R als solches angesprochen werden kann. „Kollektivbekenntnis“ meint ein fest formuliertes Bekenntnis, welches – im Unterschied zu „Einzelbekenntnissen“, die von Individuen formuliert sind (früher meist „Privatbekenntnis“ genannt) – in liturgischen oder synodalen Sitzen im Leben den Glauben eines Kollektivs (Gläubige, Bischöfe) zum Ausdruck bringt. Das Bekenntnis muss dabei nicht notwendig in der 1. Person Plural formuliert sein. 12 Vgl. FaFo § 141b. 13 Vgl. FaFo § 145. 14 Vgl. unten Kap. 4.3. 15 Vgl. die in Kelly 1972, S. 310 f. gesammelten Stimmen, v. a. Schwartz 1926, S. 81 f. Vgl. auch unten Anm. 393. 16 Vgl. FaFo § 565c. 17 Vgl. FaFo § 565b. 18 Vgl. Kelly 1972, S. 319–327. 19 Vgl. Hort 1876, S. 106 f.; Harnack 1902, S. 27. Ferner Kelly 1972, S. 308 f.

6

2 Das Bekenntnis von Konstantinopel: Bemerkungen zur Forschungslage

C 2 um das Taufsymbol des Nektarios von Konstantinopel, der dritter Konzilspräsident wurde.20 Im Unterschied zu Hort und Harnack war Kelly der Auffassung, dass C 2 keine Überarbeitung eines palästinischen Symbols sein könne und es auch keine Hinweise darauf gebe, dass es den Vätern von Konstantinopel von Kyrill vorgelegt worden sei. Gegen Kunze und Molland wandte er ein, dass es keine direkten Belege dafür gebe, dass C 2 das Taufsymbol des Nektarios gewesen sei.21 Kellys grundlegende methodische Prämisse („ein Umstand von unermeßlicher Bedeutung“ 22 ) bestand in der – nicht nur von ihm vertretenen – Annahme, die Rede vom „Glauben von Nizäa“ müsse sich nicht notwendig auf den authentischen Text von N beziehen – vielmehr habe man auch in C 2 diesen „Glauben“ aufgehoben gesehen, weshalb dann mit der Begrifflichkeit auch C 2 bezeichnet worden sei.23 C 2 selbst sei kein Ergebnis synodaler Beratungen, sondern gehe auf von ihm nicht näher spezifizierten liturgischen Gebrauch zurück und sei in Konstantinopel allenfalls überarbeitet worden.24 Den Grund hierfür sah Kelly in der Auseinandersetzung mit den Pneumatomachen. Hier griff er in der 3. Auflage seines Werkes eine These Adolf Martin Ritters aus dessen Dissertation von 1965 auf.25 C 2 sei ein Kompromissdokument gewesen, um einen Konsens mit denen zu erreichen, die die (volle) Göttlichkeit des Geistes bestritten, weshalb man einerseits den 3. Artikel (über den Heiligen Geist) erweitert, andererseits aber die Homousie des Geistes dort nicht ausdrücklich festschrieben habe.26 Einen kleinen Dissens zwischen Kelly und Ritter gab es nur insofern, als Kelly davon ausging, das Konzil habe sich C 2 „zu eigen gemacht“ (ohne dies freilich genauer zu erläutern),27 während Ritter der Auffassung war, das Bekenntnis sei nie förmlich angenommen worden, nachdem die Verhandlungen mit den Pneumatomachen gescheitert waren. Ritter fasste die Situation nach diesem Scheitern bezüglich C 2 folgendermaßen zusammen: Es ist deshalb möglich, daß man noch während des Konzils bei der einen oder anderen Gelegenheit auf C [= C 2 ] rekurrierte. Beispielsweise könnte man sich seiner bei der Taufe und Inthronisation des Nektarios erneut bedient haben. Ebenso ist denkbar, daß man es

20 Vgl. Kunze 1898, S. 31–34; Molland 1970, S. 236 f. 21 Vgl. Kelly 1972, S. 311–313. 22 Kelly 1972, S. 319. 23 Kelly 1972, S. 319–321. 24 Kelly 1972, S. 322. 25 Vgl. Ritter 1965. 26 Vgl. Kelly 1972, S. 323–327. Ähnlich auch Simonetti 1975, S. 538–540 (vgl. aber auch die Kritik an Ritters Chronologie ebenda, S. 531, Anm. 12); Perrone 1993, S. 82 f.; Behr 2004, Bd. II, S. 374 f. 27 Kelly 1972, S. 327.

2 Das Bekenntnis von Konstantinopel: Bemerkungen zur Forschungslage

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in den Tomos übernahm und dort am Schluß gleichsam als Resümee aufführte, als das es der Sache, wenn auch nicht dem Wortlaut nach, in der Tat zur Not gelten konnte. Zugleich hätte man ihm mit der Einfügung in den wesentlich ‚entschiedener‘ gehaltenen Tomos einen festen Auslegungskanon mitgegeben, der es vor Mißverständnis und Mißbrauch schützen mochte.28

Allerdings blieb Ritter in seiner Beurteilung von C 2 einigermaßen widersprüchlich, indem er einerseits konzedieren musste, dass es „keinen Beleg dafür gebe, daß C, abgesehen von den Verhandlungen mit den ‚Makedonianern‘, auf dem Konstantinopler Konzil noch eine Rolle spielte,“ er es aber andererseits für „einigermaßen sicher“ hielt, dass das Symbol „für die Mehrzahl der Synodalen, anders als für ihren ehemaligen Präsidenten, Gregorios von Nazianzos, durch die Umstände seiner Entstehung nicht als diskreditiert galt,“ ja, dass es „wohl noch unter dem Episkopat des Nektarios in Konstantinopel als Taufsymbol eingeführt wurde.“ 29 Mehr noch: Seit dem Ende des vierten Jahrhunderts gebe es „eine fast ununterbrochene Reihe von Zeugnissen aus Konstantinopel“, die „eine Kenntnis von C“ verrieten, „freilich nicht als solchem, sondern als ‚nikäischem Symbol‘.“ 30 Was die Herkunft von C 2 anging, so ließ Ritter es offen, ob es sich bei C 2 um eine neues Symbol handelte oder „ob die konstantinopolitanischen Väter dabei eine ältere, als ‚nikäisch‘ geltende Formel, und zwar dann wahrscheinlich palästinischer Herkunft, als Vorlage benutzt“ hatten.31 Es sei hier bereits vorweggenommen, dass durch die Entdeckung des (vollständigen) Symbols des Nestorios nunmehr ausgeschlossen werden kann, dass C 2 Taufsymbol in Konstantinopel gewesen ist und sich wohl alle vermeintlichen Zitate von C 2 auf dieses, mit C 2 eng verwandte, aber mit diesem nicht identische Symbol beziehen. Das wirft eine Reihe schwieriger neuer Fragen im Hinblick auf die Herkunft und den Redaktionsprozess von C 2 auf. Noch in Unkenntnis dieser Neuentdeckung unternahm Luise Abramowski im Jahre 1992 einen weiteren Versuch, die Herkunft von C 2 zu erklären. Sie stellte „die Hypothese auf, daß C [= C 2 ] die Gestalt ist, die dem Romano-Nicaenum auf der Meletianersynode in Antiochien gegeben wurde“. Damit bezog sie sich auf eine erweiterte Fassung von N, die ihrer Ansicht nach in Rom auf einer Synode unter Damasus etwa 378 erstellt und auf einer von Meletianern in Antio-

28 Ritter 1965, S. 196 f. 29 Ritter 1965, S. 197. 30 Ritter 1965, S. 197 f. Vgl. dazu auch ebenda, Anm. 1 sowie die darauf folgenden Ausführungen Ritters. 31 Ritter 1965, S. 187. Palästinische Herkunft vermutet auch Perrone 1993, S. 82.

8

2 Das Bekenntnis von Konstantinopel: Bemerkungen zur Forschungslage

chien im Jahre 379 abgehaltenen Versammlung revidiert worden war.32 An diesem Punkt stimmte sie mit Reinhart Staats überein, der Ähnliches bereits 1990 in einem Aufsatz33 und später in einer Monographie über C 2 geäußert hatte.34 Henry Chadwick, Susanne Hausammann, Khaled Anatolios und Wolfgang Ullmann schlossen sich dieser Hypothese an.35 Auch von Peter Bruns wurde sie im Zusammenhang der Untersuchung des Symbols Theodors von Mopsuestia weithin übernommen: Der Grundstock in Theodors Symbol geht auf N zurück, Erweiterungen sind römischen beziehungsweise antiochenischen Ursprungs, im dritten Hauptteil fast völlig römisch. Man kann daher das vorliegende Symbol als die gemeinsame Frucht des römischen und des antiochenischen Glaubenssinnes ansehen, eine gelungene Synthese von West und Ost. Die Gemeinsamkeiten zwischen C und Theodor gerade im ersten und zweiten Artikel reichen jedoch nicht aus, eine direkte Abhängigkeit von C zu beweisen, wie dies häufig geschieht. Die großen Abweichungen im dritten Artikel – Theodor ist wesentlich knapper als C – lassen einen solchen Schluß noch viel weniger zu. Man kann eher umgekehrt annehmen, daß C ein antiochenisches Symbol vorliegen hatte, das dem Theodorschen sehr ähnlich war. C hätte dann die antiochenische Vorlage im dritten Artikel über den Heiligen Geist verlassen, den in Antiochien herrschenden römischen Einfluß zurückgedrängt und dafür die kleinasiatische Tradition aufgewertet.36

Ritter hingegen lehnte Abramowskis These ab, hauptsächlich deshalb, weil Abramowski „keine Erklärung dafür“ liefere, „warum man – wann und wo auch immer: in Rom 378, in Antiochien 379 oder (wie ich noch immer glaube) in Konstantinopel 381 – auf das explizite Bekenntnis der Gottheit und Homousie des Hl. Geistes verzichtete“.37 Wolf-Dieter Hauschild wiederum hielt daran fest, dass C 2 ein in Konstantinopel „mit Ergänzungen versehenes – oder ausdrücklich überarbeitetes – N“ sei, wobei die Zusätze in erster Linie „aus der Gemeindepraxis – vor allem im Zusammenhang der Taufbelehrung – erwachsene Interpretamente“ seien, die „sich an die Textform N angefügt“ hätten oder von den

32 Abramowski 1992, S. 501. 33 Vgl. Staats 1990. 34 Vgl. Staats 1999 (Erstauflage 1996), S. 175–179. Auch Staats sah im Jerusalemer Symbol (J) den Ursprung von C 2; vgl. ebenda, S. 163: „Literargeschichtlich ist das NC hauptsächlich ein um antiarianische Klauseln von N und um eigene antipneumatomachische Klauseln erweitertes J.“ 35 Vgl. Chadwick 2001, S. 426 f.; Hausammann 2007, S. 130–133; Anatolios 2011, S. 27; Ullmann 2020, Bd. II, S. 324–332. 36 Bruns 1994, S. 33 f. Bruns ging darum von einer Entstehung der Homilien Theodors während der Zeit seines antiochenischen Presbyterates aus; vgl. ebenda, S. 34 f. 37 Ritter 1993(2003), S. 89.

2 Das Bekenntnis von Konstantinopel: Bemerkungen zur Forschungslage

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Vätern in C 2 hinzugefügt worden seien, auch wenn er eine Entstehung in Antiochien nicht völlig ausschloss.38 Volker Drecoll ging demgegenüber wieder einen Schritt zurück. Er meinte, es habe vor Konstantinopel keine Bearbeitung von N auf einem römischen Konzil gegeben. Stattdessen rechnete er mit der Möglichkeit, dass die auf dem Konzil von Chalkedon verkündete Fassung des Konstantinopel zugeschriebenen Symbols mit dem eigentlich von dieser Synode angenommenen Bekenntnis nicht übereinstimme. Letztere Fassung könne man nicht mehr rekonstruieren, es könne sich „um wenige Abweichungen von N gehandelt haben, weswegen von einem neuen Symbol des Konzils von Konstantinopel in der Zeit direkt nach 381 nirgends die Rede“ sei. Die erhaltene Form des Symbols sei hingegen Ergebnis des Versuchs des Konstantinopeler Klerus und der kaiserlichen Beamten in Chalkedon (!), „angesichts der Tatsache, daß die meisten Bischöfe auf dem Wortlaut von N beharrten, wenigstens die wohl schon Ende des 4. Jahrhunderts gängig gewordene Form des Glaubensbekenntnisses – wirklich ein ‚nizänischkonstantinopolitanisches‘ Symbol – als legitim mitaufzunehmen, und zwar eben unter Berufung auf das Konzil von Konstantinopel von 381“.39 Simon Gerber wiederum sah ähnlich wie Bruns in C 2 die Überarbeitung des antiochenischen Symbols, wie es bei Theodor von Mopsuestia bezeugt ist.40 Dieses gehe seinerseits auf die antiochenische Meletianersynode von 379 zurück, die zudem die Einleitung und Anathematismen 1–8 des Tomus Damasi approbiert habe, welche anschließend ebenfalls in Konstantinopel 381 vorgelegen hätten.41 Er beobachtete im 3. Artikel dieses Antiochenums „ein Entgegenkommen den Pneumatomachen gegenüber“ und erwog die Möglichkeit, die antiochenische Formel sei schon vor Konstantinopel „Grundlage eines orthodox-pneumatomachischen Religionsgespräches“ gewesen.42 Adolf Martin Ritter wies in einer Rezension von Gerbers Buch auch dessen Hypothese ab. Sie setze dreierlei voraus: 1. daß das C [= C 2 ] als Bearbeitung von Theodors Symbol anzusehen wäre und nicht umgekehrt; 2. daß in Theodors 9. Kat. Hom. (§ 1. 14–16) durchweg von der Synode von Antiochien 379 die Rede wäre; 3. daß der 1. Teil des Tomus Damasi (can. 1–8) der

38 Hauschild 1994, S. 449. 39 Drecoll, Wie nizänisch, 1996, S. 18. 40 Vgl. Gerber 2000, S. 145–158. 41 Vgl. Gerber 2000, S. 136–143. 42 Gerber 2000, S. 157. Weitgehend zustimmend Drecoll 2002, der aber unverändert davon ausgeht, die Homilien Theodors seien „sicher: nach 381“ zu datieren und dann die Konsequenz ziehen muss, „dass der Wortlaut des in Chalkedon belegten Symbols nicht dem entspricht, was 381 als Erweiterung des Nizänums verabschiedet wurde“ (Sp. 64).

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2 Das Bekenntnis von Konstantinopel: Bemerkungen zur Forschungslage

Synode von Antiochien 379 zuzuordnen wäre, can. 9 hingegen mitsamt dem Rest der Zeit nach 381.43

Alle drei Voraussetzungen seien unwahrscheinlich. Gerber könne (ad 1) nicht erklären, warum die Einzigkeit des Geistes im 3. Artikel in Theodors Bekenntnis in Konstantinopel gestrichen worden sei (weshalb die Formel Theodors wie die Konstantinopels „selbständige Symbole“ seien, „die in der Hauptsache nur im Faktum der [autoritativen, in erster Linie pneumatologischen] Ergänzung von N“ übereinstimmten). Ferner könne man (ad 2) die Behauptung Theodors, die Synode, die N ergänzt habe, sei ökumenisch gewesen, nicht einfach übergehen. Schließlich (ad 3) gebe es keinen erkennbaren Zusammenhang zwischen den möglicherweise tatsächlich in Antiochien rezipierten Kanones 1–8 des Tomus Damasi und dem Konzil von Konstantinopel.44 In allerneuester Zeit hat Uta Heil unter Berufung auf eine Bemerkung des Sokrates45 die Möglichkeit angedeutet, C 2 sei nicht der Synode von 381, sondern der von 383 zuzuschreiben, für die Theodosius unterschiedliche theologischen Gruppen nach Konstantinopel berief und er ihnen eine Darlegung der jeweiligen Glaubensdefinition abverlangte. C 2 sei somit das Bekenntnis des Nektarios von Konstantinopel, vorgelegt auf einer Synode von Konstantinopel, allerdings nicht im Jahr 381, sondern im Jahr 383. Auf der Synode zwei Jahre zuvor im Jahr 381 ging es eigentlich nur darum, das Nizänum zu etablieren; der bedeutende Text im Jahr 381 war also das Nizänum, nicht NC [= C 2 ]. Dieser andere Text, das NC, wahrscheinlich von Nektarius von Konstantinopel verfasst, ist dementsprechend als Auslegung des Nizänums zu verstehen bzw. wurde dann als Auslegung des Nizänums betrachtet. So wäre es eine historische Zufälligkeit, dass wir heute neben dem Nizänum auch das NC überhaupt haben.46

Nun ist zwar angesichts der so lückenhaften Überlieferung grundsätzlich (fast) nichts unmöglich – aber für sehr wahrscheinlich halte ich diese These bis auf weiteres nicht, aus dem einfachen Grund, weil C 2 immer dem „Konzil der 150 Väter“ zugeschrieben wurde und es sich bei der Zusammenkunft 383 um eine Art Religionsgespräch mit einer offensichtlich überschaubaren Zahl von Teilnehmern und kein (größeres) Konzil handelte (nach Sokrates insgesamt 6 [mit dem Kaiser], wozu eine gewisse Anzahl an „Fußvolk“ hinzugekommen sein mag).

43 44 45 46

Ritter 2004, S. 139 f. Ebenda. Vgl. Historia Ecclesiastica 5,10,21–26 (FaFo § 163c1). Heil 2019, S. 24 (Hervorhebung im Original). Vgl. auch S. 32 f.

2 Das Bekenntnis von Konstantinopel: Bemerkungen zur Forschungslage

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Um den geneigten Leser bzw. die geneigte Leserin nicht unnötig zu beanspruchen, möchte ich nun die bereits vorgetragenen Argumente nicht einzeln würdigen, sondern stattdessen auf der Basis einer erneuten Durchmusterung der Quellen eine eigene These vortragen, die vieles von dem, was ältere Forscherinnen und Forscher bereits gesehen haben, aufnimmt, in ihrer Gesamtheit dann aber doch ein modifiziertes Bild ergibt.

3 Methodologische Überlegungen und Thesenskizze Zuvor möchte ich allerdings einige methodologische Vorentscheidungen nennen, die dieser Sicht zugrunde liegen. Man muss diese Vorentscheidungen nicht teilen. Mir scheint aber bei meinem derzeitigen Stand der Erkenntnis, dass sie es erlauben, eine synthetische Sicht zu entwickeln, die zwar nicht alle Probleme löst, aber doch mehr Steine aus dem Weg räumt, als dies in anderen Darstellungen der Fall ist. 1. Zunächst hat die Frage, was ein „unabhängiges“ oder „selbständiges“ Symbol sei, große Verwirrung ausgelöst. Um das Problem an einem Beispiel zu verdeutlichen: Handelt es sich um „Selbstständigkeit“ wie (1) bei verschiedenen Automarken (also Mercedes, Volkswagen, BMW) oder vielmehr wie (2) bei der Weiterentwicklung desselben Automodells (also VW Golf II, III, IV usw.)? Unter „selbstständigen“ Symbolen verstehe ich im Sinne von (1) im Folgenden Symbole, die sich weder aus einer gemeinsamen Vorlage noch auseinander (im Sinne einer Revision) ableiten lassen. Im strengen Sinn ist „Selbstständigkeit“ nirgends gegeben, da jede Gattungsbestimmung eine Verwandtschaft der Exemplare der Gattung untereinander und insofern irgendeine Form von Abhängigkeit voraussetzt (das gilt auch für das Beispiel der Automarken: VW und BMW sind bei allen Unterschieden immer noch Autos und stammen letztlich von dem Benz Patent-Motorwagen Nummer 1 ab). Lässt man dieses (gleichwohl nicht triviale) Problem einmal beiseite, so gibt es unter den Kollektivbekenntnissen in der Antike wenigstens zu Beginn streng genommen nur zwei Symbolformen, die weiter verbreitet gewesen sind, nämlich ein westliches Symbol, welches in seiner frühesten fixierten (!) Fassung in R vorliegt, und ein östliches Symbol, dessen früheste fixierte Fassung möglicherweise das Bekenntnis Eusebs von Caesarea ist.47 Freilich weisen auch R und das Bekenntnis Eusebs erhebliche Gemeinsam-

47 Ob das Symbol von Jerusalem als eine dritte Symbolform anzusehen oder auf eines beiden anderen Symbole zurückgeht, ist unklar (vgl. dazu auch unten S. 13). Das hängt auch mit der Frage nach der Fixierung des Bekenntnisses von Caesarea zusammen, welche einer eigenen Diskussion bedürfte. Es gibt gute Gründe, das Bekenntnis von Caesarea noch nicht als fixiertes Taufbekenntnis anzusehen (vgl. bereits Campenhausen 1976[1979]). Pietras 2016, S. 182, glaubt, dass das Bekenntnis von Caesarea von Euseb ad hoc aufgesetzt wurde, denn es sei wenig sinnvoll, der eigenen Gemeinde diesen Text, den sie ja kannte, mitzuteilen. In diesem Fall käme das Bekenntnis von Antiochien 324–325 (FaFo § 133) als ältester fixierter Text in Frage. Dessen Authentizität wird allerdings bekanntlich bestritten (vgl. die ebenda zitierte Literatur). Daher könnte tatsächlich auch N ein möglicher Kandidat sein. https://doi.org/10.1515/9783110720952-003

3 Methodologische Überlegungen und Thesenskizze

2.

3.

4.

5.

48 49 50 51 52 53

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keiten auf, doch gibt es Gründe, hierfür keine fixierte Vorlage anzunehmen, weshalb hier von einer (relativen) Selbstständigkeit gesprochen werden kann. Alle westlichen Taufbekenntnisse sind, wie Liuwe Westra gezeigt hat,48 Derivate von R, alle östlichen Taufbekenntnisse nach 325 (vermutlich mit Ausnahme des Bekenntnisses von Jerusalem) Überarbeitungen von oder Reaktionen auf N bis hin zum homöischen Reichsbekenntnis von Niké/ Konstantinopel (359/360). Danach setzt eine Bewegung zurück zu N ein. Wie die Entwicklung von R im Westen hin zum Apostolicum (T) zeigt, muss man immer mit lokalen Varianten rechnen. Von Selbstständigkeit zweier Symbole sollte daher nicht aufgrund von einzelnen Abweichungen gesprochen werden, sondern nur aufgrund von Variantenclustern. Nicht signifikant sind insbesondere: Singular πιστεύω oder Plural πιστεύομεν, die Wiederholung oder Auslassung von πιστεύω/πιστεύομεν im christologischen oder pneumatologischen Artikel, die Setzung oder Auslassung von Artikeln oder Konjunktionen wie καί oder τε sowie kleinere Wortumstellungen. Lokale Gemeindesymbole im Sinne fest fixierter Formeln, die bei der Taufe Verwendung finden, sind im 4. Jahrhundert – im Gegensatz zu dem, was die Forschung bisher weithin angenommen hat 49 – keineswegs überall selbstverständlich. Im Westen kommt der Ritus der Traditio symboli, der eine solche Fixierung voraussetzt, erst in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts auf.50 Die dort verwendeten Symbole variieren zwar in Einzelheiten, sind aber nicht voneinander unabhängig, sondern Derivate von R. Im Osten gibt es bis zu Konstantinopel neben den „großen“ (und fast durchweg erhaltenen51 ) Synodalsymbolen nur an einzelnen Stellen Sondertraditionen, die sich nur selten (Caesarea?,52 Jerusalem) mit der Taufpraxis in Verbindung bringen lassen. Die Annahme, man habe sich (zum Beispiel in Konstantinopel) eines „Lokalsymbols“ bedient, um damit den nizänischen Glauben zum Ausdruck zu bringen, unterschätzt deutlich die normative Kraft von N als Formel am Ende des 4. Jahrhunderts und führt zu neuen methodischen Problemen.53 Hier gilt Ockhams Rasiermesser: Es ist einfacher, C 2 als Variante von N zu

Vgl. Westra 2002. Vgl. oben Kap. 2 und Kinzig, What’s in a Creed?, 2021. Vgl. Kinzig 2019, S. 392–394. Zu den Ausnahmen zählt das sog. Dritte Bekenntnis von Sirmium (358; FaFo § 156). Vgl. oben Anm. 47. Vgl. dazu auch unten Kap. 5.

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erklären als es als „selbstständiges“ Symbol anzusehen, dessen Herkunft dann auch wieder durch eine komplexe Hypothesenbildung erklärt werden müsste. 6. Da es im Griechischen keinen terminus technicus für „Symbol“ gegeben hat,54 muss man quellensprachlich sorgfältig unterscheiden, ob sich der Ausdruck des „Glaubens von Nizäa“ auf einen Text oder einen theologischen Sachverhalt bezieht. Theologisch gesprochen repräsentierte das Symbol von Konstantinopel selbstverständlich den „Glauben von Nizäa“. Wenn in den Quellen hingegen von einer Glaubensformel die Rede ist, so ist damit eigentlich immer ein Symbol gemeint, welches mit N entweder identisch oder unschwer als Revision von N erkennbar ist. Eine nur theologische Übereinstimmung reicht nicht aus. Es ist einer der am weitesten verbreiteten Irrtümer in der Symbolforschung anzunehmen, die genaue Formulierung eines Symbols sei sekundär gewesen.55 Hiergegen ist in Erinnerung zu rufen, dass (a) auf den Konzilien des 4. und 5. Jahrhunderts, angefangen mit Antiochien bzw. Nizäa, in langen Verhandlungen erarbeitete und schriftliche niedergelegte Symbolformeln als rechtlich bindende Dokumente von den Bischöfen unterzeichnet wurden (die dann teilweise auch Eingang in die liturgische Praxis fanden) und dass (b) Rufin in Bezug auf das Romanum eigens hervorhebt, dass das Symbol in Rom bei der Redditio symboli absolut wörtlich wiedergegeben werden müsse, um zu verhindern, dass es durch häretische Formeln verfremdet werde.56 Diese Annahme hat zur Folge: 7. Wenn ein Autor vom Symbol von Nizäa spricht, meint er ein fixiertes Bekenntnis, welches seiner subjektiven Auffassung nach mit diesem Konzil in einem (mehr oder weniger unmittelbaren) historischen oder genealogischen Zusammenhang steht. Dies bedeutet freilich nicht, dass der jeweils zitierte Text mit N völlig identisch ist, wohl aber ein unmittelbares Derivat (also N a, N b, N c usw.) darstellt. Die Variationsbreite ist dabei, wie wir noch sehen werden, nicht beliebig. 8. Wenn in unseren Texten von einem Bekenntnis „der 150 Väter“ die Rede ist und dieses mit dem Konzil von Konstantinopel 381 in Zusammenhang

54 Vgl. Kinzig, Symbolum, 2021 (im Druck). 55 So jüngst wieder Heil 2019, S. 32 f. Ferner Gerber 2000, S. 277 mit zahlreichen älteren Stimmen ebendort Anm. 61. 56 Vgl. Rufin, Expositio symboli 3 (FaFo § 638): „In ecclesia tamen urbis Romae hoc non deprehenditur factum. Pro eo arbitror, quod neque haeresis ulla illic sumpsit exordium et mos inibi servatur antiquus eos, qui gratiam baptismi suscepturi sunt, publice, id est fidelium populo audiente, symbolum reddere; et utique adiectionem unius saltim sermonis eorum, qui praecesserunt in fide, non admittit auditus.“

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gebracht wird, so ist zunächst davon auszugehen, dass es mit diesem Konzil in einem unmittelbaren historischen Zusammenhang steht. Angesichts der zweideutigen Quellenlage gilt wie so oft, so auch hier: Historische „Beweise“ oder „Gewissheiten“ im strengen Sinne kann es in der Darstellung des Zusammenhangs zwischen Konstantinopel (381) und dem diesem Konzil zugeschriebenen Symbol nicht geben. Man kann allenfalls neue Formen von „Plausibilität“ der Geschehensabläufe rekonstruieren, die den älteren überlegen sein mögen. Dies nach bestem Wissen und Gewissen versucht zu haben, möchte ich allerdings für mich in Anspruch nehmen. Wie sich nämlich zeigen wird, erlauben die genannten methodischen Vorannahmen eine einigermaßen kohärente Darstellung der Entwicklung des östlichen Glaubensbekenntnisses in der Zeit zwischen etwa 370 und 451.57 Die im Folgenden zu entfaltende These sei hier bereits in der gebotenen Kürze vorweggenommen: 1. Das Symbol von Nizäa (N) wurde auf einer Synode in Rom unter Papst Damasus in den Jahren 377/78 in antiapolinaristischer Absicht überarbeitet, wobei die Synode gleichzeitig eine Harmonisierung mit dem traditionellen römischen Symbol (R) anstrebte. Diese Revisionsstufe ist nicht erhalten. Sie wurde sodann in den Osten geschickt, wo sie in Antiochien 379 von einer großen Zahl von Bischöfen um Meletios von Antiochien erneut überarbeitet und approbiert wurde (im Folgenden: N Ant). Dieses Symbol ist im Wesentlichen identisch mit dem Theodors von Mopsuestia. „Römische“ Charakteristika sind die Aufnahme der Jungfrauengeburt, die Kreuzigung unter Pontius Pilatus und die Grablege – alles Christologumena, die die Vorstellung ausschlossen, das Fleisch Christi könne vom Himmel herabgekommen sein, ein Gedanke, der Apolinarios und seinen Anhängern unterstellt wurde. 2. Das Symbol von Konstantinopel (C 2 ) wurde erstmals auf der 2.(3.) Sitzung von Chalkedon zitiert. Diese in den Akten erhaltene Version ist aber nicht die erste in Konstantinopel erarbeitete Fassung. Vielmehr gab es eine frühere, kürzere Version (C 1), die eine Überarbeitung von N Ant unter Hinzuziehung von N und dem Symbol von Jerusalem darstellt und die uns hauptsächlich durch Nestorios noch belegt ist. N Ant wurde dabei nicht einfach übernommen, denn dieses Bekenntnis war auf einer Synode unter dem Vorsitz des Meletios approbiert worden. Während des Konzilsvorsitzes Gregors von Nazianz war aber in Konstantinopel die Fraktion derer, die im antiochenischen Schisma Paulinos, den Rivalen des Meletios, favorisierten, gestärkt

57 Dass auch in meiner Darstellung noch einige loose ends bleiben, werde ich im Folgenden an den entsprechenden Stellen anzeigen.

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worden, weshalb N Ant womöglich als „meletianisch“ kompromittiert galt. Stattdessen wurde ein neuer Kompromiss ausgearbeitet (C 1), welcher weiterhin als N angesehen wurde. 3. Die in Chalkedon zitierte zweite Redaktion (C 2, bisher üblicherweise als C oder NC bezeichnet) enthält weitere Änderungen und eine Erweiterung des 3. Artikels um die Aussagen zur Taufe, zur Auferstehung der Toten und zum ewigen Leben. Dieses erweiterte Symbol war aber deshalb in Konstantinopel nicht konsensfähig, weil es sich zu weit von N entfernt hatte. Der Grund dafür, dass es sich nicht durchsetzen konnte, war also nicht, wie man bisher weithin angenommen hat, die Nichtakzeptanz durch die Pneumatomachen. 4. Stattdessen wurde am Ende in Konstantinopel in C 1 eine Fassung von N approbiert, die einen deutlichen Einfluss von N Ant aufweist, aber unter anderem durch Streichung des in N Ant noch enthaltenen Zitats von Kol 1,15 („Erstgeborener aller Schöpfung“) die Gottheit des Sohnes stärker hervorhob als N Ant. Diese kürzere Redaktion von N, die Nestorios später zitiert, wurde sodann von den Konzilsvätern bestätigt und fungierte fortan in der Hauptstadt des Ostens als Taufsymbol, wurde aber zunächst nicht reichsweit rezipiert. 5. Mit anderen Worten waren am Ende in der Zeit bis 451 im Osten mindestens drei Varianten von N im Gebrauch, nämlich N, N Ant und C 1, die alle (mit Recht) sowohl literarisch als auch theologisch als nizänisch verstanden wurden. a. Der authentische Text des Nizänums stand – als Erbe des Athanasius – in erster Linie in Alexandrien in Geltung. b. Die in Rom und Antiochien überarbeitete Fassung von N (N Ant) wurde nach 379 vor allem in Antiochien und später bei den Nestorianern benutzt. c. Die in Konstantinopel approbierte Fassung (C 1) wurde weiterhin als N angesehen, stellte in Wahrheit aber N Ant mit Streichungen und Zusätzen unter Berücksichtigung von N und J dar, um jede Form von Subordinatianismus zu vermeiden und (möglicherweise) antiapolinaristische Eindeutigkeit zu erreichen. Sie war nach 381 vor allem in Konstantinopel in Gebrauch und ist uns durch Nestorios bezeugt. Typisch für C 1 ist die Formel καὶ σαρκωθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου, die später dann einen Anstoß für die Alexandriner darstellte. 6. C 2 wurde demgegenüber, wie gesagt, nicht approbiert, und zwar wohl wegen massiven Widerstands derer, denen diese Rezension von N bzw. N Ant zu weit ging (so z. B. Gregor von Nazianz, der damit im Grunde indirekt die Linie seines bereits verstorbenen Freundes Basilius fortführte). Dieses

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Symbol wurde zwar in eine lokale Kanonessammlung unmittelbar nach N aufgenommen, wurde aber zunächst nirgends rezipiert. 7. Die eigentliche Rückbesinnung auf die authentische Fassung von N begann mit dem Konzil von Ephesus 431, insofern sich dort beide Parteien auf den ursprünglichen Symboltext bezogen. Gleichwohl blieb C 1 daneben weiterhin in Gebrauch. 8. Erst in Chalkedon wurde C 2 von den kaiserlichen Beamten, welche das Konzil leiteten, als das Bekenntnis „der 150 Väter“ in die ökumenische Diskussion wiedereingeführt, um damit die faktisch bestehende Konkurrenz von N mit N Ant bzw. C 1 zu entschärfen und ebenso ein Bekenntnis der östlichen Hauptstadt präsentieren zu können, welches fortan als Explikation von N galt. 9. Als authentischer Text von N und C 2 innerhalb der in Chalkedon auf der 5./6. Sitzung approbierten Glaubensdefinition hat die Fassung zu gelten, welche auf der 2.(3.) Sitzung verlesen wurde. Die bei Eduard Schwartz als authentisch gedruckte Fassung der Symbole der 5./6. Sitzung stellt demgegenüber eine nachträgliche Kürzung und Homogenisierung dar. Die Edition Schwartzens wäre dementsprechend zu korrigieren. 10. Die Rezeption von C 2 nach 451 hängt eng mit der verzögerten (und am Ende nur partiellen) Rezeption der Glaubensdefinition von Chalkedon zusammen und verlief vor allem in Ägypten bzw. in miaphysitischen Kreisen nur schleppend. Aber auch im Westen wurde N noch lange Zeit als maßgebliches Symbol (neben R bzw. T) zitiert. Die Abhängigkeiten, die ich im Folgenden im Einzelnen begründen werde, lassen sich in folgendem Schaubild darstellen:

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Caes N R J NAnt1 NAnt2 NAnt3 C1 C2

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Bekenntnis Eusebs Nizänum (authentischer Text) Romanum Bekenntnis von Jerusalem antiochenische Rezension von N, bezeugt durch Theodor von Mopsuestia antiochenische Rezension von N, bezeugt durch Euseb von Dorylaion und Johannes Cassian antiochenische Rezension von N, die sich bei den Nestorianern erhalten hat Taufsymbol von Konstantinopel; bezeugt durch Nestorios. In Konstantinopel 381 approbiert sog. „Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel“ (bisher: NC) oder „Konstantinopel“ (bisher: C), bis 451 nicht in allgemeinem Gebrauch

kursiv = hypothetisch, weil nicht erhalten oder direkt bezeugt direkter Einfluss (Übernahme der Grundstruktur und des Grundtextes) indirekter Einfluss (Übernahme einzelner Wendungen) Caes?

N R J Damasus-Synode Rom (377/78)

Alexandrien: N

Synode der Meletianer in Antiochien (379): NAnt1

Konstantinopel 381: C1 (N „bekräftigt“) N

Ant2

NAnt3

Konstantinopel 381: C2 (nicht „bekräftigt“)

Kanonessammlung

N + C2 in Chalkedon (2.[3]. und 5./6. Sitzung)

Kurztext von N + C2 (5./6. Sitzung; cod. R und lat. Überlieferung) N + C2 (2.[3]. und 5./6. Sitzung; sonstige Überlieferung)

Abb.: Schaubild der Abhängigkeiten.

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel: Die Bekenntnisse von Nizäa, Antiochien und Konstantinopel im Vergleich 4.1 Philologischer Vergleich der Bekenntnisse In diesem Abschnitt möchte ich zunächst der Frage nach der Herkunft von C 2 nachgehen, hat doch der Überblick über die Forschung (Kap. 2) gezeigt, dass man in jedem Fall davon ausgehen muss, dass der Text des Symbols auf älteren Vorlagen beruht. In diesem Zusammenhang sollen nun vier ältere Bekenntnisse berücksichtigt werden: das Nizänum (N), das Romanum (R), das Bekenntnis von Jerusalem (J) und das Bekenntnis von Antiochien (N Ant). Im Folgenden wird sehr schnell deutlich werden, dass R und J in diesem Zusammenhang nur eine sekundäre Funktion haben. Die eigentliche, in der Forschung heftig diskutierte Frage bezieht sich darauf, ob C 2 eine (unmittelbare) Überarbeitung von N darstellt oder ob in seiner Entstehung das Bekentnis von Antiochien eine größere Rolle gespielt hat oder ob C 2 stattdessen auf ein näher zu bestimmendes Lokalbekenntnis zurückgeht. Letztere Möglichkeit lässt sich allerdings nicht überprüfen und darum auch nicht seriös ausschließen, da weder für Konstantinopel noch für andere Gebiete ältere Bekenntnisse belegt sind, die dafür ernsthaft in Frage kämen. Die derzeit wohl populärste, freilich auch nicht unumstrittene These ist die, dass es sich bei C 2 um eine revidierte Fassung von N Ant handelt, und diese möchte ich im Folgenden genauer überprüfen. Dabei bediene ich mich der aus der Editionspraxis antiker Texte bekannten stemmatischen Methode.58 Das heißt, ich frage aufgrund von Übereinstimmungen bzw. Varianten, ob ein genealogischer Zusammenhang N – N Ant – C 2 hergestellt werden kann. Dabei wird das neu entdeckte (vollständige) Symbol des Nestorios in die Überlegungen miteinzubeziehen sein, welches große Ähnlichkeit mit C 2 aufweist, ohne mit ihm identisch zu sein.59 Theodor von Mopsuestia geht in seiner 9. Homilia Catechetica davon aus, dass das in Antiochien überlieferte Taufbekenntnis eine Überarbeitung von N darstellt.60 Wir müssen auf sein Zeugnis später noch einmal ausführlicher zurückkommen.61 Aus den Homilien Theodors lässt sich nun dieses Bekenntnis

58 59 60 61

Vgl. dazu einführend Jäger 1990, S. 43–48. Vgl dazu jetzt ausführlich Kinzig, Zwei neuentdeckte Predigten, 2020, S. 479–489. Vgl. FaFo § 180b. Siehe unten S. 82–85, 89, 91 f.

https://doi.org/10.1515/9783110720952-004

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4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

leicht extrahieren. Schon längst hat man erkannt, dass diese Symbolform auch sonst für Antiochien und dann (in abgewandelter Form) für die späteren Nestorianer belegt ist. Das bedeutet aber, dass für die großen Patriarchate Konstantinopel, Antiochien und Alexandrien im späten 4. Jahrhundert (mindestens) vier Grundformen des Bekenntnisses nachzuweisen sind: 1. das „reine“ Nizänum, welches 325 beschlossen wurde, und welches – wie noch zu zeigen sein wird 62 – noch zur Zeit Kyrills und darüber hinaus das Taufbekenntnis in Alexandrien gewesen ist (N); 2. eine Form des Bekenntnisses, die in antiochenischen Gemeinden kursierte und von Theodor von Mopsuestia als N, von Euseb von Dorylaion und Johannes Cassian hingegen ausdrücklich als „antiochenisches“ Symbol bezeichnet wird.63 Kombiniert man diese Angaben, muss es eine spezifisch antiochenische Form von N gegeben haben (N Ant); 3. das Bekenntnis, welches durch Nestorios als das Taufbekenntnis von Konstantinopel bezeugt ist und aus dem 4. Jahrhundert stammen dürfte (N Nest = C 1); 4. und schließlich das Bekenntnis, welches auf dem Konzil von Chalkedon 451 mit Konstantinopel in Verbindung gebracht wurde (C 2 ). In welchem Verhältnis stehen nun diese Bekenntnisse zueinander? Ich lasse zunächst N Nest außen vor, das weiter unten diskutiert wird,64 und nehme stattdessen in der folgenden Übersicht auch noch das Romanum (R; nach Markell) und das Bekenntnis von Jerusalem (J; nach Kyrill) hinzu.

62 Siehe unten S. 105–107, 164–173. 63 Sie kann nur mit relativer Sicherheit rekonstruiert werden, weil die Zeugen Euseb von Dorylaion und Johannes Cassian aus der Zeit um 430 stammen und die Version Theodors aus dem Syrischen rückübersetzt werden muss. 64 Vgl. unten Kap. 4.4.

Romanum (R; vor 340)66

πατέρα, παντοκράτορα·

Theodor v. Antiochien Mopsuestia (N Ant2; um 430)69 (N Ant1; 379–392)68

Πιστεύομεν εἰς ἕνα Πιστεύομεν εἰς ἕνα Πιστεύω εἰς ἕνα θεόν, θεόν, καὶ μόνον ἀληθινὸν θεόν, πατέρα, πατέρα, πατέρα, παντοκράτορα, παντοκράτορα, παντοκράτορα, ποιητὴν οὐρανοῦ καὶ γῆς ὁρατῶν τε πάντων πάντων ὁρατῶν τε πάντων ὁρατῶν τε καὶ ἀοράτων· καὶ ἀοράτων καὶ ἀοράτων κτισμάτων ποιητήν· ποιητήν [vel κτιστήν vel δημιουργόν]·

Kyrill v. Jerusalem (J; 351)67

Bekenntnis von Konstantinopel (C 2, 381)71

ποιητήν·

πάντων ὀρατῶν τε καὶ ἀοράτων

παντοκράτορα,

πατέρα, παντοκράτορα, ποιητὴν οὐρανοῦ καὶ γῆς ὁρατῶν τε πάντων καὶ ἀοράτων·

Πιστεύομεν εἰς ἕνα Πιστεύομεν εἰς ἕνα θεὸν θεόν,

Nestorianer (N Ant3; 5. Jh.?)70

65 Vgl. FaFo § 135c. 66 Rekonstruktion nach Markell von Ankyra, Brief an Julius von Rom bei Epiphanios, Panarion 72,3,1 (FaFo § 253) und Rufin, Expositio symboli (FaFo § 254b). 67 Vgl. FaFo § 147. 68 Vgl. FaFo § 180a. 69 Vgl. Euseb von Dorylaion, Contestatio (FaFo § 198) und Johannes Cassian, De incarnatione domini 6,3,2; 6,4,2; 6,9,1–2 (FaFo § 203). 70 Vgl. FaFo § 208. 71 Nach Konzil von Chalkedon, Actio II(III) 14 (FaFo § 184e1).

ποιητήν·

πάντων ὁρατῶν τε καὶ ἀοράτων

πατέρα, παντοκράτορα,

Πιστεύομεν εἰς ἕνα Πιστεύω οὖν εἰς θεόν, θεόν,

Nizänum (N; 325)65

4.1 Philologischer Vergleich der Bekenntnisse

21

καὶ εἰς Χριστὸν Ἰησοῦν,

τὸν υἱὸν αὐτοῦ τὸν μονογενῆ, τὸν κύριον ἡμῶν,

καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν,

τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ

θεὸν ἐκ θεοῦ, φῶς ἐκ φωτός, θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ, γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα, ὁμοούσιον τῷ πατρί,

γεννηθέντα ἐκ τοῦ πατρός, μονογενῆ, τουτέστιν ἐκ τῆς οὐσίας τοῦ πατρός,

Romanum (R; vor 340)

Nizänum (N; 325)

(fortgesetzt)

θεὸν ἀληθινὸν

τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα

τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ,

καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν,

Kyrill v. Jerusalem (J; 351)

καὶ τὸν πρωτότοκον πάσης κτίσεως, ἐξ αὐτοῦ γεννηθέντα

πρὸ πάντων τῶν αἰώνων καὶ οὐ ποιηθέντα,

τὸν πρωτότοκον πάσης κτίσεως, τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα

πρὸ πάντων τῶν αἰώνων καὶ οὐ ποιηθέντα,

θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ,

ὁμοούσιον τῷ πατρί,

θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ,

ὁμοούσιον τῷ πατρί,

τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ,

καὶ εἰς τὸν κύριον [ἡμῶν] Ἰησοῦν Χριστόν, τὸν υἱὸν αὐτοῦ τὸν μονογενῆ,

Antiochien (N Ant2; um 430)

καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν,

Theodor v. Mopsuestia (N Ant1; 379–392)

ὁμοούσιον τῷ πατρί,

θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ,

πρὸ πάντων τῶν αἰώνων καὶ οὐ ποιηθέντα,

τὸν πρωτότοκον πάσης κτίσεως, τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα

τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ μονογενῆ,

καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν,

Nestorianer (N Ant3; 5. Jh.?)

φῶς ἐκ φωτός, θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ, γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα, ὁμοούσιον τῷ πατρί,

πρὸ πάντων τῶν αἰώνων,

τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα

τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ,

καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν,

Bekenntnis von Konstantinopel (C 2, 381)

22 4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

τὰ πάντα ἐγένετο

[τὸν σαρκωθέντα

καὶ] ἐνανθρωπήσαντα,

καὶ σαρκωθέντα,

ἐνανθρωπήσαντα,

τὸν γεννηθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου

τὰ πάντα ἐγένετο,

δι᾿ οὗ

τά τε ἐν τῷ οὐρανῷ καὶ τὰ ἐν τῇ γῇ, τὸν δι᾿ ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν κατελθόντα

πρὸ πάντων τῶν αἰώνων, δι᾿ οὗ δι᾿ οὗ οἱ αἰῶνες κατηρτίσθησαν καὶ τὰ πάντα ἐγένετο,

γεννηθέντα

καὶ ἐνανθρωπήσαντα,

καὶ σαρκωθέντα

καὶ γεννηθέντα

τὸν δι᾿ ἡμᾶς τοὺς τὸν δι᾿ ἡμᾶς ἀνθρώπους καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν ἐλθόντα κατελθόντα ἐκ τῶν οὐρανῶν

δι᾿ οὗ οἱ αἰῶνες κατηρτίσθησαν καὶ τὰ πάντα ἐγένετο,

καὶ ἄνθρωπον γενόμενον καὶ συλληφθέντα καὶ γεννηθέντα

καὶ σαρκωθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου

τὸν δι᾿ ἡμᾶς ἀνθρώπους καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν κατελθόντα ἐκ τῶν οὐρανῶν

δι᾿ οὗ οἱ αἰῶνες κατηρτίσθησαν καὶ τὰ πάντα ἐγένετο,

καὶ σαρκωθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου καὶ ἐνανθρωπήσαντα

τὸν δι᾿ ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν κατελθόντα ἐκ τῶν οὐρανῶν

τὰ πάντα ἐγένετο,

δι᾿ οὗ

4.1 Philologischer Vergleich der Bekenntnisse

23

ἀναβάντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ καθήμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ πατρός,

ὅθεν ἔρχεται

κρίνειν ζῶντας καὶ νεκρούς·

καὶ εἰς τὸ ἅγιον πνεῦμα,

ἐρχόμενον

κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς·

καὶ εἰς τὸ ἅγιον πνεῦμα.

ἐκ τῶν νεκρῶν,

καὶ ταφέντα καὶ τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ ἀναστάντα

καὶ εἰς ἓν ἅγιον πνεῦμα,

ἐν δόξῃ κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς, οὗ τῆς βασιλείας οὐκ ἔσται τέλος·

καὶ ἐρχόμενον

καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ καθίσαντα ἐκ δεξιῶν τοῦ πατρὸς

καὶ ταφέντα καὶ] ἀναστάντα [ἐκ νεκρῶν] τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ

καὶ εἰς ἓν πνεῦμα ἅγιον,

κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς·

καὶ πάλιν ἐρχόμενον

κατὰ τὰς γραφὰς καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ καθεζόμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ θεοῦ

ταφέντα καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ

καὶ σταυρωθέντα ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου,

[τὸν σταυρωθέντα

τὸν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου σταυρωθέντα

Theodor v. Mopsuestia (N Ant1; 379–392) ἐκ Μαρίας τῆς παρθένου

Kyrill v. Jerusalem (J; 351)

καὶ Μαρίας τῆς παρθένου,

Romanum (R; vor 340)

ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανούς,

καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ,

παθόντα

Nizänum (N; 325)

(fortgesetzt)

κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς.

καὶ πάλιν ἐρχόμενον

κατὰ τὰς γραφὰς καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανούς

καὶ ταφέντα καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ

καὶ σταυρωθέντα ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου

ἐκ Μαρίας τῆς παρθένου

Antiochien (N Ant2; um 430)

καὶ εἰς ἓν πνεῦμα ἅγιον,

κρῖναι νεκροὺς καὶ ζῶντας·

καὶ πάλιν ἐρχόμενον

κατὰ τὰς γραφάς, ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανούς, καθεζόμενον ἐκ δεξιῶν τοῦ πατρὸς

καὶ ταφέντα καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ

ἐκ Μαρίας τῆς παρθένου καὶ παθόντα καὶ σταυρωθέντα ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου

Nestorianer (N Ant3; 5. Jh.?)

καὶ εἰς τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον,

κατὰ τὰς γραφὰς καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ καθεζόμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ πατρὸς καὶ πάλιν ἐρχόμενον μετὰ δόξης κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς, οὗ τῆς βασιλείας οὐκ ἔσται τέλος·

σταυρωθέντα τε ὑπὲρ ἡμῶν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου καὶ παθόντα καὶ ταφέντα καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ

Bekenntnis von Konstantinopel (C 2, 381)

24 4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

[Anathematismen]

ζωὴν αἰώνιον.

σαρκὸς ἀνάστασιν,

ἄφεσιν ἁμαρτιῶν,

ἁγίαν ἐκκλησίαν,

μίαν ἐκκλησίαν καθολικήν,

τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον, πνεῦμα ζωοποιόν,

καὶ εἰς σαρκὸς ἀνάστασιν· καὶ εἰς ζωὴν αἰώνιον.

καὶ ζωὴν αἰώνιον.

ἀνάστασιν σαρκὸς

καὶ εἰς ἓν βάπτισμα μετανοίας εἰς ἄφεσιν ἁμαρἄφεσιν ἁμαρτιῶν, τιῶν· καὶ εἰς μίαν, ἁγίαν καθολικήν ἐκκλησίαν·

τὸ λαλῆσαν ἐν τοῖς προφήταις·

τὸν παράκλητον,

πνεῦμα τῆς ἀληθείας,

καὶ ζωὴν αἰώνιον.

ἀνάστασιν σαρκὸς

εἰς ἄφεσιν ἀμαρτιῶν,

καὶ εἰς μίαν, ἁγίαν καὶ ἀποστολικὴν ἐκκλησίαν καθολικήν. Ὁμολογοῦμεν ἓν βάπτισμα

τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον, πνεῦμα ζωοποιόν,

τὸ πνεῦμα τῆς ἀληθείας,

καὶ ζωὴν τοῦ μέλλοντος αἰῶνος. Ἀμήν.

Προσδοκῶμεν ἀνάστασιν νεκρῶν

εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν.

τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ συμπροσκυνούμενον καὶ συνδοξαζόμενον, τὸ λαλῆσαν διὰ τῶν προφητῶν· εἰς μίαν, ἁγίαν, καθολικὴν καὶ ἀποστολικὴν ἐκκλησίαν. Ὁμολογοῦμεν ἓν βάπτισμα

τὸ κύριον καὶ ζωοποιόν, τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον,

4.1 Philologischer Vergleich der Bekenntnisse

25

26

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

Schon auf den ersten Blick lässt sich erkennen, dass Theodors Symbol mit dem antiochenischen und dem nestorianischen Symbol gewisse Gemeinsamkeiten aufweist. Wie sind diese genauer zu bestimmen, und wie verhalten sie sich zu N und C 2? Dazu müssen wir die Varianten etwas genauer betrachten. Ich frage: 1. Worin unterscheiden sich N Ant1, N Ant2 und N Ant3 gemeinsam von N, und wo sind diese Abweichungen sonst belegt? 2. Worin unterscheiden sich die drei Symbole gemeinsam von C 2, und wo sind diese Abweichungen sonst belegt? 3. Wie sind die Unterschiede der drei Symbole untereinander zu beurteilen? 4. Gibt es Gemeinsamkeiten von N und C 2 gegenüber den antiochenischen Symbolen? In den Fußnoten gebe ich (in Auswahl) weitere Parallelen aus der griechischen Tradition. Die westliche Tradition bleibt bei diesem Vergleich mit Ausnahme der sog. Traditio Apostolica unberücksichtigt, da hier die meisten Symbole Derivate von R sind. 1 Gemeinsamkeiten von N Ant1, N Ant2 und N Ant3 gegenüber N 1.1 Gemeinsame Zusätze von N Ant1, N Ant2 und N Ant3 gegenüber N (Übereinstimmungen mit R und/oder C 2 in Klammern): a. τὸν πρωτότοκον πάσης κτίσεως (Kol 1,15)72 b. πρὸ πάντων τῶν αἰώνων (= C 2 )73 c. καὶ οὐ ποιηθέντα nach αἰώνων (sonst so nicht nachweisbar) d. οἱ αἰῶνες κατηρτίσθησαν καί (vgl. Heb 11,3)74 e. ἐκ τῶν οὐρανῶν (nur N Ant1 und N Ant3; = C 2 )75 f. (καὶ) γεννηθέντα ἐκ Μαρίας τῆς παρθένου (= R, hier aber um den Geist erweitert)76 g. καὶ σταυρωθέντα ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου (= R, C 2 )77

72 Vgl. auch Euseb von Caesarea, Epistula ad ecclesiam Caesariensem 4 (Urkunde 22 Opitz; FaFo § 134a); sog. 2. Bekenntnis von Antiochien (341; FaFo § 141b[2]); Eunomios, Confessio fidei 3 (FaFo § 163c2); Constitutiones Apostolorum 7,41,5 (FaFo § 182c). 73 Vgl. auch Pseudo-Johannes Chrysostomos, In illud: Simile est regnum caelorum patri familias 3 (FaFo § 196[4]); Nestorios (FaFo § 197f1). 74 Vgl. auch Datiertes Bekenntnis (Sirmium 359; FaFo § 157[3]). 75 Vgl. auch Bekenntnis des Charisios (FaFo § 204a). 76 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c; um den Geist erweitert); Datiertes Bekenntnis (Sirmium 359; FaFo § 157[4]); Bekenntnis des Mönchs Markos (FaFo § 200). 77 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c).

4.1 Philologischer Vergleich der Bekenntnisse

27

h. (καὶ) ταφέντα (= R, J [unsicher], C 2 )78 i. κατὰ τὰς γραφάς (vgl. I Kor 15,4; an dieser Stelle sonst nur in C 2 ) j. (καὶ) καθεζόμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ θεοῦ/ἐκ δεξιῶν τοῦ πατρός (nur N Ant1 und N Ant3; vgl. Kol 3,1; Röm 8,34; Ps 109,1; = R, J [καὶ καθίσαντα ἐκ δ. τ. π.], C 2 )79 k. ἕν beim Geist (J: εἰς ἓν ἅγιον πνεῦμα). Die folgenden Zusätze nur in N Ant1 und N Ant3 (N Ant2 hier nicht erhalten): l. (τὸ) πνεῦμα τῆς ἀληθείας (vgl. Joh 4,24 v.l.; 14,17; 15,26; 16,13; I Joh 4,6; 5,6)80 m. τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον (vgl. Joh 15,26; = C 2 )81 n. πνεῦμα ζωοποιόν (vgl. Joh 6,63; Ι Κοr 15,45; II Kor 3,6; sonst so nicht nachweisbar) o. μίαν ἐκκλησίαν καθολικήν (nur N Ant1; N Ant3: εἰς μίαν, ἁγίαν καὶ ἀποστολικὴν ἐκκλησίαν καθολικήν; vgl. R: ἁγίαν ἐκκλησίαν; J: εἰς μίαν, ἁγίαν καθολικήν ἐκκλησίαν; C 2 wie N Ant3 aber mit anderer Wortstellung)82 p. (εἰς) ἄφεσιν ἁμαρτιῶν (= R, J, C 2 )83 q. ἀνάστασιν σαρκός (= R, J)84 r. ζωὴν αἰώνιον (= R, J).85

78 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c); Bekenntnis von Niké/Konstantinopel (359: FaFo §§ 159a[5]; 160[3]); Bekenntnis des Makarios von Alexandrien (FaFo § 188a, b); Nestorios (FaFo § 197b); Bekenntnis des Mönchs Markos (FaFo § 200; unsicher). 79 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c); Datiertes Bekenntnis (Sirmium 359; FaFo § 157[4]); Bekenntnis des Makarios von Alexandrien (FaFo § 188b); Bekenntnis von Niké/Konstantinopel (359: FaFo §§ 159a[4]; 160[3]). 80 Vgl. auch sog. 3. Bekenntnis von Antiochien (341; FaFo § 141a[4]); Bekenntnis von Niké/ Konstantinopel (359: FaFo §§ 159a[6]; 160[4]); Bekenntnis des Auxentius (FaFo § 453); Eunomios, Confessio fidei 4 (FaFo § 163c2); Pseudo-Johannes Chrysostomos, In illud: Simile est regnum caelorum patri familias 3 (FaFo § 196[7]); Bekenntnis des Charisios (FaFo § 204a); 81 Vgl. auch Epiphanios, Ancoratus 119,9 (FaFo § 175). 82 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c: wie R); Epistula Arii et Euzoii ad Constantinum imperatorem (Urkunde 30 Opitz), 3 (FaFo § 131c: εἰς μίαν καθολικὴν ἐκκλησίαν); Synode von Antiochien, Epistula synodica (324–325; Urkunde 18 Opitz), 12 (FaFo § 133); Epiphanios, Ancoratus 119,11 (FaFo § 175: εἰς μίαν καθολικὴν καὶ ἀποστολικὴν ἐκκλησίαν). 83 Vgl. auch Apolinarios von Laodikeia, Fides secundum partem 32 (FaFo § 164a2); Constitutiones Apostolorum 7,41,8 (FaFo § 182c). 84 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c); sog. 1. Bekenntnis von Antiochien (341; FaFo § 141c[5]); Didascalia CCCXVIII patrum Nicaenorum 7; 9 (FaFo § 176); Glaubensauslegung des Pseudo-Athanasius (FaFo § 185). 85 Vgl. auch Johannes Chrysostomos, In Iohannem homilia 17, 4 (FaFo § 189d).

28 1.2 a. b. c. d. e. f.

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

Gemeinsame Auslassungen von N Ant1, N Ant2 und N Ant3 gegenüber N: τουτέστιν ἐκ τῆς οὐσίας τοῦ πατρός (= R, J, C 2 )86 θεὸν ἐκ θεοῦ (= R, J, C 2 )87 φῶς ἐκ φωτός (= R, J)88 γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα (= R, J)89 τά τε ἐν τῷ οὐρανῷ καὶ τὰ ἐν τῇ γῇ (= R, J, C 2 ).90 παθόντα (nur N Ant1 und N Ant2, in N Ant3 vorgezogen; = R, J)91

1.3 Gemeinsame Umstellungen von N Ant1, N Ant2 und N Ant3 gegenüber N: a. Voranstellung von (τὸν) μονογενῆ (vgl. Joh 1,18 v.l.; 3,16; 1 Joh 4,9; = R, J, C 2 )92 b. Umstellung τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα (nur N Ant1 und N Ant3; = J, C 2 ). 2 Gemeinsamkeiten von N Ant1, N Ant2 und N Ant3 gegenüber C 2 2.1 Gemeinsame Zusätze von N Ant1, N Ant2 und N Ant3 gegenüber C 2: a. τὸν πρωτότοκον πάσης κτίσεως (Kol 1,15)93 b. καὶ οὐ ποιηθέντα (sonst so nicht nachweisbar) c. οἱ αἰῶνες κατηρτίσθησαν καί (vgl. Heb 11,3)94

86 Vgl. auch Euseb von Caesarea, Epistula ad ecclesiam Caesariensem 4 (Urkunde 22 Opitz; FaFo § 134a: υἱὸν μονογενῆ, πρωτότοκον πάσης κτίσεως); sog. 1. Bekenntnis von Antiochien (341; FaFo § 141c[4]): υἱὸν τοῦ θεοῦ μονογενῆ, πρὸ πάντων αἰώνων ὑπάρχοντα); Bekenntnis des Pseudo-Ambrosius (FaFo § 199: τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ, πρὸ πάντων μὲν τῶν αἰώνων ἀνάρχως ἐκ πατρὸς γεννηθέντα); Bekenntnis des Charisios (FaFo § 204a: τὸν υἱὸν αὐτοῦ τὸν μονογενῆ, θεὸν ἐκ θεοῦ). 87 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c). 88 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c). 89 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c); Bekenntnis des Charisios (FaFo § 204a). 90 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c). 91 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c); Constitutiones Apostolorum 7,41,5 (FaFo § 182c). 92 Vgl. auch Alexander von Alexandrien (FaFo § 132[46]: τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ μονογενῆ); Epistula Arii et Euzoii ad Constantinum imperatorem 2 (FaFo § 131c: τὸν υἱὸν αὐτοῦ τὸν μονογενῆ); sog. 1. Bekenntnis von Antiochien (341; FaFo § 141c[4]: ἕνα υἱὸν τοῦ θεοῦ μονογενῆ); Johannes Chrysostomos, Catechesis baptismalis 3/1, 21 (FaFo § 189a: τὸν υἱὸν αὐτοῦ τὸν μονογενῆ); Pseudo-Johannes Chrysostomos, In illud: Simile est regnum caelorum patri familias 3 (FaFo § 196[4]: τὸν υἱὸν αὐτοῦ τὸν μονογενῆ); Nestorios (FaFo § 197e: τὸν υἱὸν αὐτοῦ τὸν μονογενῆ; § 197f1 und h: τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ); Pseudo-Ambrosius (FaFo § 199a[1, 2]: τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ); Bekenntnis des Charisios (FaFo § 204a: τὸν υἱὸν αὐτοῦ τὸν μονογενῆ); Bekenntnis der Quartodezimaner (FaFo 204b: ἕνα υἱὸν θεοῦ μονογενῆ). 93 Vgl. oben Anm. 72. 94 Vgl. oben Anm. 74.

4.1 Philologischer Vergleich der Bekenntnisse

29

d. (καὶ) γεννηθέντα ἐκ Μαρίας τῆς παρθένου (= R, hier aber um den Geist erweitert).95 Gemeinsame Auslassungen von N Ant1, N Ant2 und N Ant3 gegenüber C 2: ποιητὴν οὐρανοῦ καὶ γῆς (= N, R)96 φῶς ἐκ φωτός (= R, J)97 γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα (= R, J)98 ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου (nur N Ant1 und N Ant2; N Ant3 bietet: ἐκ πνεύματος ἁγίου; fehlt auch in N, R, J)99 e. καὶ ἐνανθρωπήσαντα (nur N Ant2 und N Ant3; = R)100 f. ὑπὲρ ἡμῶν (= N [wo aber die ganze Klausel fehlt], R, [J])101 g. καὶ παθόντα (nur N Ant1 und N Ant2, in N Ant3 vorgezogen; = R, J)102 h. μετὰ δόξης (= N, R; J: ἐν δόξῃ)103 i. οὗ τῆς βασιλείας οὐκ ἔσται τέλος (= N, R)104 2.2 a. b. c. d.

Die folgenden Auslassungen nur in N Ant1 und N Ant3 (N Ant2 hier nicht erhalten):

95 Vgl. oben Anm. 76. 96 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (äth.; FaFo § 89c). 97 Vgl. oben Anm. 88. 98 Vgl. oben Anm. 89. 99 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c); Glaubensauslegung des Pseudo-Athanasius (FaFo § 185: σαρκωθέντα, ἐνανθρωπήσαντα); Bekenntnis des Mönchs Markos (FaFo § 200: σαρκωθέντα, γεννηθέντα); Bekenntnis des Charisios (FaFo § 204a: σαρκωθέντα, γεννηθέντα ἐκ τῆς ἁγίας παρθένου). 100 Vgl. auch Bekenntnis des Mönchs Markos (FaFo § 200: σαρκωθέντα, γεννηθέντα); Bekenntnis des Charisios (FaFo § 204a: σαρκωθέντα, γεννηθέντα ἐκ τῆς ἁγίας παρθένου). 101 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c); Constitutiones Apostolorum 7,41,5 (FaFo § 182c). 102 Vgl. oben Anm. 91. 103 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c); Epistula Arii et Euzoii ad Constantinum imperatorem (Urkunde 30 Opitz), 2 (FaFo § 131c); sog. 1. Bekenntnis von Antiochien (341; FaFo § 141c[4]); Eunomios, Confessio fidei 3 (FaFo § 163c2); Bekenntnis des Makarios von Alexandrien (FaFo § 188a); Nestorios, Liber Heraclidis (FaFo § 197h); Bekenntnis des Mönchs Markos (FaFo § 200); Bekenntnis des Charisios (FaFo § 204a). 104 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c); Epistula Arii et Euzoii ad Constantinum imperatorem (Urkunde 30 Opitz), 2 (FaFo § 131c); Euseb von Caesarea, Epistula ad ecclesiam Caesariensem 4 (Urkunde 22 Opitz; FaFo § 134a); sog. 2. Bekenntnis von Antiochien (341; FaFo § 141b[2]); Bekenntnis der Synode von Seleukeia (359; FaFo § 158a[4]); Bekenntnis des Charisios (FaFo § 204a).

30 j. k. l. m. n.

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

τὸ κύριον καὶ ζωοποιόν (= N, R, J)105 τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ συμπροσκυνούμενον καὶ συνδοξαζόμενον (= N, R, J) τὸ λαλῆσαν διὰ τῶν προφητῶν (= N, R)106 προσδοκῶμεν (= N, R, J) [καὶ ζωὴν] τοῦ μέλλοντος αἰῶνος (= N, R, J).107

2.3 Sonstige gemeinsame Variante von N Ant1, N Ant2 und N Ant3 gegenüber C 2: ἀνάστασιν σαρκός statt ἀνάστασιν νεκρῶν (= R, J)108 3 Unterschiede von N Ant1, N Ant2 und N Ant3 untereinander a. N Ant1 liest: ἐν δεξιᾷ τοῦ θεοῦ, N Ant3 hingegen ἐκ δεξιῶν τοῦ πατρός (wenig signifikant). b. N Ant1 setzt zu: καὶ ἐνανθρωπήσαντα (= N, C 2 ). c. N Ant2 liest: I. τὸν υἱὸν αὐτοῦ statt τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ (wenig signifikant) II. ἐξ αὐτοῦ γεννηθέντα statt τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα (wenig signifikant) III. ἐλθόντα statt κατελθόντα (wenig signifikant). d. N Ant2 setzt zu: I. καὶ μόνον ἀληθινὸν (θεόν)109 II. κτισμάτων.110 e. N Ant2 lässt aus: I. (τοὺς) ἀνθρώπους καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν (= N, J, R)111 II. ἐκ τῶν οὐρανῶν (= N, J, R)112

105 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c); Pseudo-Johannes Chrysostomos, In illud: Simile est regnum caelorum patri familias 3 (FaFo § 196[4]: τὸ πνεῦμα τῆς ἀληθείας, τὸ [ὃ] παρὰ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον [ἐκπορεύεται]. 106 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c) und die übrige Symboltradition. 107 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c) und die übrige Symboltradition. 108 Vgl. oben Anm. 84. 109 Vgl. Joh 17,3; ferner Bekenntnis der Synode von Niké (359; FaFo § 159a[3]); Proklos von Konstantinopel, Mystagogia in baptisma 4 (16. 19–21. 23); 9 (55); Pseudo-Johannes Chrysostomos, In illud: Simile est regnum caelorum patri familias 4 (FaFo § 196[3]). 110 Vgl. auch Bekenntnis Sahaks (FaFo § 210c). 111 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c); Nestorios (FaFo § 197b). 112 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c); Epistula Arii et Euzoii ad Constantinum imperatorem (Urkunde 30 Opitz), 2 (FaFo § 131c); sog. 3. Bekenntnis von Antiochien (341; FaFo § 141a[3]); sog. 2. Bekenntnis von Antiochien (341; FaFo § 141b[2]); sog. 1. Bekenntnis von Antiochien (341; FaFo § 141c[4]); Epiphanios, Ancoratus 119,5 (FaFo § 175); Glaubensauslegung des Pseudo-Athanasius (FaFo § 185); Nestorios (FaFo § 197b und h); Bekenntnis Sahaks (FaFo § 210c).

4.1 Philologischer Vergleich der Bekenntnisse

31

III. καὶ σαρκωθέντα (= R)113 IV. καθεζόμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ θεοῦ // ἐκ δεξιῶν τοῦ πατρός (= N).114 e. Die folgenden Unterschiede nur zwischen N Ant1 und N Ant3 (N Ant2 hier nicht erhalten): I. N Ant1 μίαν ἐκκλησίαν καθολικήν // N Ant3 καὶ εἰς μίαν, ἁγίαν καὶ ἀποστολικὴν ἐκκλησίαν καθολικήν (= C 2 ) II. N Ant1 ἄφεσιν ἁμαρτιῶν (= R, [J]) // N Ant3 ὁμολογοῦμεν ἓν βάπτισμα εἰς ἄφεσιν ἀμαρτιῶν (= C 2 ) Ant3 setzt zu: f. N I. ἐκ πνεύματος ἁγίου II. καὶ ἄνθρωπον γενόμενον115 III. καὶ συλληφθέντα116 IV. καὶ παθόντα (= R [N, C 2, aber an späterer Stelle]). g. N Ant3 lässt aus: πατέρα.117 4 Gemeinsamkeiten von N und C 2 gegenüber N Ant1, N Ant2 und N Ant3 4.1 Überschießender Text von N und C 2 gegenüber N Ant1, N Ant2 und N Ant3: a. φῶς ἐκ φωτός b. γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα. 4.2 a. b. c.

Fehlender Text in N und C 2 gegenüber N Ant1, N Ant2 und N Ant3: (καὶ) τὸν πρωτότοκον πάσης κτίσεως (Kol 1,15) καὶ οὐ ποιηθέντα (erscheint in N und C 2 später) (καὶ) οἱ αἰῶνες κατηρτίσθησαν καί (vgl. Heb 11,3).

Anhand dieser Beobachtungen ist nun weiter zu fragen: 1. Kann man die antiochenischen Symbole als Revisionen von N unter römischem Einfluss verstehen (wie man nach den Auskünften Theodors vermuten muss118 )?

113 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (lat. und äth.; FaFo § 89b, c); sog. 1. Bekenntnis von Antiochien (341; FaFo § 141c[4]: κατελθόντα καὶ γεννηθέντα). 114 Vgl. auch Nestorios, Liber Heraclidis (§ 197h); Bekenntnis des Charisios (FaFo § 204a). 115 Vgl. auch sog. 2. Bekenntnis von Antiochien (341; FaFo § 141b[4]). 116 Sonst im Osten nicht belegt, wohl aber später in westlicher Tradition: Hieronymus, Altercatio Luciferiani et Orthodoxi 17 (FaFo § 159b), sodann ab dem 5. Jahrhundert in den meisten westlichen Bekenntnissen. 117 Vgl. auch sog. Traditio apostolica (äth.; FaFo § 89c); lateinische Übersetzung von N im cod. Turin, Biblioteca Nazionale Universitaria, G. V. 26, f. 5v (FaFo § 135d32); das Gregor dem Großen zugeschriebene Bekenntnis FaFo § 446. 118 Vgl. dazu im Einzelnen unten S. 82–85, 89, 91 f.

32 2.

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

Ist C 2 eine Revision der antiochenischen Symbolform oder umgekehrt, oder handelt es sich um voneinander „unabhängige“ Symbole?119

Um diese Fragen zu beantworten, versuche ich die Symbole in einer genealogischen Abfolge anzuordnen. Dabei setze ich probehalber voraus, dass es tatsächlich eine Genealogie gibt und N Ant bzw. C 2 als Abkömmlinge von N anzusehen sind. Dies ist bekanntlich strittig.120 Allerdings hatte ich bereits eingangs summarisch darauf hingewiesen, dass N und C 2 größere Ähnlichkeiten untereinander als beide gemeinsam im Vergleich mit anderen Kollektivbekenntnissen des 4. Jahrhunderts aufweisen, so dass es naheliegt, eine Verwandtschaft zu vermuten. Nur falls es nicht möglich sein sollte, die Varianten der Symbole untereinander in genealogischer Form zu erklären, wird man von der gattungsgeschichtlichen Unabhängigkeit der Symbole voneinander ausgehen dürfen. Welche Schlüsse kann man also aus dem oben notierten Befund ziehen? (1) N Ant1, N Ant2 und N Ant3 müssen aufgrund ihrer Bindevarianten sowohl gegenüber N als auch gegenüber C 2 (vgl. oben die Listen 1 bzw. 2) als Einheit betrachtet werden – es gibt also tatsächlich ein Bekenntnis N Ant (welches in einer vergleichsweise geringen Variationsbreite vorliegt; vgl. oben Liste 3). (2) Die Unterschiede von N Ant zu R sind vor allem im 2. Artikel ungleich größer als die zu N. Umgekehrt weisen N und N Ant so viele Gemeinsamkeiten auf, dass es sinnvoll ist, zunächst davon auszugehen, dass hier ein genealogischer Zusammenhang besteht. (3) Es gibt allerdings zwischen N und C 2 gegenüber N Ant ebenfalls Gemeinsamkeiten, die nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen und darum erklärungsbedürftig sind (vgl. oben Liste 4). (4) Aber auch im Falle von N Ant und R bzw. J gibt es Bindevarianten gegenüber N und C 2 bzw. im 3. Artikel nur gegenüber C 2: a. Auslassung von φῶς ἐκ φωτός (1.2c; 2.2b) b. Auslassung von γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα (1.2d; 2.2c) c. die Geburt aus der Jungfrau Maria (1.1f; in R um den Geist erweitert; auch sonst belegt; nicht in J), d. die Auferstehung des Fleisches (1.1q; auch sonst belegt), e. das ewige Leben (1.1r; sonst nur noch bei dem Antiochener Johannes Chrysostomos belegt). (5) Weiterhin gibt es Bindevarianten von N Ant mit C 2 gegenüber N, R und J (im 3. Artikel nur gegenüber R und J):

119 Zum Problem der Unabhängigkeit von Symbolen vgl. oben S. 12 f. 120 Vgl. oben Kap. 2.

4.2 Prinzipien der Redaktion von N Ant

33

a.

die Umstellung τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα (καὶ) οὐ ποιηθέντα (1.3b; = J; auch sonst belegt), b. den Zusatz πρὸ πάντων τῶν αἰώνων (1.1b; auch sonst belegt; in J nachgestellt), c. den Zusatz ἐκ τῶν οὐρανῶν (1.1e; auch sonst belegt), d. den Zusatz κατὰ τὰς γραφάς nach τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ (1.1i), e. den Zusatz τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον (1.1m; auch sonst belegt). Setzt man voraus, dass R und J älter als N Ant sind, ergibt sich der Schluss, dass N Ant (verstanden als Variante von N; s. o.) nach R bzw. J überarbeitet wurde und dass ein enger Zusammenhang mit C 2 besteht, auf den noch einzugehen sein wird.

4.2 Prinzipien der Redaktion von N Ant Der Überarbeitung von N Ant dürften folgende Überlegungen zugrunde gelegen haben:121 1. Artikel Hier stimmen N Ant und N im Wesentlichen überein. 2. Artikel 1. Im 2. Artikel wurde (τὸν) μονογενῆ mit R und J vorgezogen, um eine Angleichung an biblischen (johanneischen) Sprachgebrauch zu erreichen. 2. Die auch sonst häufig ausgelassene und stilistisch unschöne Erklärung τουτέστιν ἐκ τῆς οὐσίας τοῦ πατρός fiel weg, weil sie den Zusammenhang störte und auch im Licht der sonstigen Korrekturen und des theologischen Diskussionsstands überflüssig geworden war. 3. Die Auslassung der Erläuterung τουτέστιν ἐκ τῆς οὐσίας τοῦ πατρός sowie die Aufnahme des Zitats von Kol 1,15 dürfte zudem den Homöusianern die Zustimmung erleichtert haben. Sieht man nämlich die sonstigen Nennungen des „Erstgeborenen aller Schöpfung“ in den Symbolen des 4. Jahrhunderts durch, so wird deutlich, dass wir es hier mit einer spezifisch antiochenischen Tradition zu tun haben, auf die man sich vor allem in homöusianischen Kreisen weiterhin berief.122 Die Aufnahme hier könnte sich daraus erklären, dass man in Antiochien zu einem noch genauer zu bestimmenden Zeitpunkt versuchte, eine gewissermaßen „weiche“ neunizänische Kompromissformel zu 121 Vgl. dazu auch Gerber 2000, S. 153–155. 122 Vgl. oben Anm. 72. Ferner Sozomenos, Historia ecclesiastica 6,12,4 und Ritter 1965, S. 71, 75.

34

4. 5.

6. 7.

8. 9.

10.

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

finden, die für möglichst viele Theologen, auch aus dem Lager der Homöousianer, akzeptabel war. Die Umstellung τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα (mit J) statt γεννηθέντα ἐκ τοῦ πατρός dürfte wiederum stilistische Gründe haben. Der nun nach oben verschobene Zusatz von οὐ ποιηθέντα ermöglichte es, das in N weiter unten wiederholte γεννηθέντα zu streichen. Der Zusatz von πρὸ πάντων τῶν αἰώνων hob zudem die Präexistenz und die Nichtgeschöpflichkeit des Sohnes vor und diente vor allem der Abgrenzung von den Eunomianern. Dass mit der Betonung der (Einzig-)Geburt und der Ewigkeit des Sohnes auch ein römisches Anliegen aufgenommen wurde, ergibt sich aus dem Fragment Non nobis quidquam (FaFo § 439c), wo ausdrücklich an beidem festgehalten wird.123 Die Auslassung von θεὸν ἐκ θεοῦ (mit R und J) dürfte stilistisch begründet sein, um die Doppelung zum folgenden θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ zu tilgen. Diese Streichung hatte dann Konsequenzen für φῶς ἐκ φωτός: Der Zusatz wurde (mit R und J) ebenfalls gestrichen, weil sonst nunmehr die Lichtrelation der (ontologisch „stärkeren“, weil eindeutigeren) Gottesrelation vorausgegangen wäre. (Dies hat man bezeichnenderweise in C 2 wieder rückgängig gemacht und diese leichte Unschärfe in Kauf genommen.) Die Auslassung von γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα ergab sich aus der Vorziehung von οὐ ποιηθέντα (s. o.). Der Zusatz (δι᾽ οὗ) οἱ αἰῶνες κατηρτίσθησαν diente einerseits der biblischen Rückbindung (durch Anspielung auf Heb 11,3) und andererseits erneut (antieunomianisch) der Betonung der Präexistenz des Sohnes, der an der „Einrichtung“ der Äonen (das heißt an der Zeit selbst) beteiligt war und dessen Existenz darum den Äonen vorausging.124 Er erscheint außerhalb der antiochenischen Tradition nur im 4. Bekenntnis von Sirmium (359, sog. Datiertes Bekenntnis; FaFo § 157), das aber ansonsten ganz anders aufgebaut ist. Ob hier ein unmittelbarer traditionsgeschichtlicher Zusammenhang besteht (etwa indem hier eine antiochenische Lokaltradition eingeflossen ist) oder ob hier ebenfalls ein westlicher Zusatz vorliegt,125 ist unklar. Umgekehrt war durch δι᾿ οὗ οἱ αἰῶνες κατηρτίσθησαν καὶ τὰ πάντα ἐγένετο schlechterdings alles ausgesagt, und man konnte auf den letztlich redundanten Zusatz von τά τε ἐν τῷ οὐρανῷ καὶ τὰ ἐν τῇ γῇ (mit R und J) verzichten.

123 Vgl. FaFo § 439c: „… ita etiam plenitudinem dei verbi non prolativi sed nati neque in patre remanentis, ut non sit, sed ex aeterno in aeternum subsistentis perfectum, id est, integrum transgressorem assumpsisse et salvasse confidimus.“ 124 Freilich war dieser Gegensatz zur anhomöischen Theologie relativ vorsichtig formuliert. Zur Diskussion um die Präexistenz in diesem Kontext vgl. Vaggione 2000, S. 141–143. 125 Vgl. etwa Hilarius, De trinitate 7,6 (§ 151c3): „Credendus est filius, per quem saecula facta sunt …“

4.2 Prinzipien der Redaktion von N Ant

35

11. Der Zusatz ἐκ τῶν οὐρανῶν diente der Verdeutlichung von κατελθόντα. 12. Der Zusatz γεννηθέντα ἐκ Μαρίας τῆς παρθένου entsprach römischer Tradition, wobei man die dortige Hinzufügung des Geistes möglicherweise als missverständlich empfand und deswegen hier ausließ (im Westen hat man später bekanntlich auch häufig zwischen Empfängnis „durch“ den Heiligen Geist und Geburt „von“ der Jungfrau Maria unterschieden). Gleichzeitig konnte man dadurch jegliches doketisches Missverständnis (welches auch dem Apolinarismus unterstellt wurde126 ) vermeiden und auch einer Interpretation entgegentreten, wie sie später Nestorios vertrat, demzufolge die Inkarnation in N als „Einwohnung im Menschen“ (ἐνοίκησις εἰς ἄνθρωπον) zu verstehen sei.127 Schließlich dürfte die Betonung der jungfräulichen Geburt auch der aufblühenden Marienfrömmigkeit geschuldet sein. 13. Der ebenfalls nur westlich bezeugte Zusatz der Kreuzigung unter Pontius Pilatus diente wiederum antidoketischen Zwecken und erlaubte überdies die feste historische Verortung der Passion. Er zeigt vielleicht am deutlichsten römischen Einfluss.128 14. Damit war das Partizip παθόντα, welches inhaltlich zudem patripassianische Missverständnisse hervorrufen mochte,129 überflüssig und konnte (mit R und J) gestrichen werden. (Die Vorziehung in N Ant3 dürfte sekundär sein.) 15. Der Zusatz (καὶ) ταφέντα stammte wiederum aus R bzw. J und diente erneut der Abweisung doketischer Vorstellungen jedweder Provenienz. 16. Der an dieser Stelle sonst nirgends bezeugten Zusatz κατὰ τὰς γραφάς ist nicht recht erklärlich. Möglicherweise sollte damit der Schriftbezug verstärkt werden (I Kor 15,4), und/oder er ist einmal mehr antidoketisch zu verstehen. In jedem Fall wird dadurch das Auferstehungsgeschehen in besonderer Weise beglaubigt. 17. Das (nur in N Ant1 und N Ant3 belegte) „Sitzen zur Rechten“ entstammt vielleicht erneut römischer Symboltradition, ist aber auch für Jerusalem belegt. Die Aufnahme verstärkte die biblische Rückbindung (v. a. Kol 3,1) und diente gegen Markell von Ankyra der Betonung der bleibenden Unterscheidung sowie antiarianisch der Gleichrangigkeit von Vater und Sohn.130

126 127 128 129 130

Vgl. unten S. 42–44. So etwa bei Kyrill, Contra Nestorium 1,7,3 (ACO I 1/6, S. 27, Z. 15–17). Vgl. Staats 1990, S. 211 f.; Bruns 1994, S. 29 f.; Staats 1999, S. 168 f. Diese Überlegung verdanke ich Dr. Maria Munkholt Christensen. Vgl. Markschies 1993(2000), bes. S. 47–59; Staats 1999, S. 251 f.

36

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

3. Artikel Hierzu verweise ich zusätzlich auch auf Theodors Erläuterungen: 1. Die Hinzufügung der „Einzigkeit“ beim Heiligen Geist ist unten noch genauer zu diskutieren; sie könnte aus J stammen (Homilia 9, 16–18; 10, 1–3).131 2. Gemäß Joh 15,26 usw. fügten die Synodalen ferner „Geist der Wahrheit“ (πνεῦμα τῆς ἀληθείας) hinzu (Homilia 10, 3–7). 3. Ebenfalls aus Joh 15,26 stammte die Ergänzung „der aus dem Vater hervorgegangen ist“ (τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον; 10, 7–10), ohne dass damit allerdings dessen strenge Homousie ausgesagt wurde. 4. Auf Joh 6,63, Ι Κοr 15,45 und II Kor 3,6 spielt die Ergänzung „lebenschaffender Geist“ (πνεῦμα ζωοποιόν) an (10, 11–12).132 Damit enden die Zusätze, die mutmaßlich in Rom (mit Ausnahme von 1?) zur Verdeutlichung der Gottheit des Geistes gemacht wurden133 und die ganz eindeutig deren biblischer Begründung dienten (vgl. Homilia 10, 13). Freilich folgen nun weitere Zusätze, die Theodor zwar derselben Rezension von N entnahm, deren Notwendigkeit von ihm aber nicht mehr eigens erläutert werden. Es sind dies die Früchte der (in N Ant vermutlich nicht genannten134 ) Taufe, die alle auch in R und J bezeugt sind (10, 14): 1. der Glaube „(an) die eine (heilige) katholische Kirche“ ([καὶ εἰς] μίαν [ἁγίαν] ἐκκλησίαν καθολικήν; 10, 15–19) 2. „zur/an die Vergebung der Sünden“ ([εἰς] ἄφεσιν ἀμαρτιῶν; 10, 20) 3. „zur/an die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben“ ([εἰς] ἀνάστασιν σαρκὸς καὶ ζωὴν αἰώνιον; 10, 21). In kleineren Punkten bestehen gewisse Unsicherheiten (hier eingeklammert), aber im Großen und Ganzen ist der Text klar. Dabei entsprechen die Elemente Kirche – Vergebung der Sünden – Auferstehung des Fleisches – ewiges Leben sogar in ihrer Reihenfolge exakt R. Eine Änderung gab es lediglich bei der Kirche: Die Katholizität der Kirche geht vielleicht ebenfalls auf westlichen Einfluss zurück, denn sie findet sich auch in der Fassung von R, welche Leo zitiert (FaFo § 255). Sie ist aber wie die Einzigkeit der Kirche auch in J und sonst belegt.135

131 Vgl. unten S. 84. 132 Vgl. dazu auch De Halleux 1979(1990), S. 325 f. (allerdings auf C 2 bezogen), der darin auch eine antipneumatomachische Ausrichtung sieht. 133 Vgl. unten Kap. 6. 134 Zur Begründung vgl. Gerber 2000, S. 118 f. 135 Einzigkeit und Katholizität der Kirche gemeinsam: Epistula Arii et Euzoii ad Constantinum imperatorem 3 (§ 131c); Bekenntnis des Alexander von Alexandrien 53 (§ 132); Bekenntnis von Antiochien (324–325) 12 (§ 133); Epiphanios, Ancoratus 119,11 (§ 175). Einzigkeit: Apolinarios, Fides se-

4.3 Prinzipien der Redaktion von C 2

37

Damit ist deutlich, dass sich die Revision von N, wie sie Antiochien von Rom übernahm (und in einzelnen Punkten noch modifizierte), an folgenden Grundsätzen orientierte: 1. N wurde stilistisch geglättet. 2. Die biblischen Bezüge wurden verstärkt (man kann geradezu von einer johanneischen Redaktion sprechen), während unbiblische Formulierungen gestrichen wurden. 3. Die Homousie des Sohnes sollte nicht zu „hart“ im Sinne einer vollständigen Gleichrangigkeit der beiden göttlichen Personen formuliert werden, um den Homöusianern (und eventuell auch „milden“ Homöern) Brücken zu bauen. 4. Andererseits sollte eine anhomöische Christologie abgewehrt werden. 5. Insgesamt wurde durch die Angleichung an R eine Brücke zwischen Ost und West geschlagen. 6. Die Zusätze im 3. Artikel dienten der Betonung der Göttlichkeit des Geistes: Dabei verzichteten die Konzilsväter auf das unbiblische ὁμοούσιος und griffen stattdessen auf Stellen aus dem Johannesevangelium zurück. Die Einzigkeit des Geistes ist (wie schon die Aufnahme von Kol 1,15, die Zeugung aus dem Vater vor aller Zeit und die Aufnahme von Heb 11,2 im 2. Artikel) nicht westliches, sondern östliches Erbe (nämlich vielleicht aus Jerusalem), so dass man vermuten darf, dass die Symbolform, die von Rom nach Antiochien geschickt wurde, und die Bekenntnisform, die dann von dort mit den Unterschriften der Meletianer zurückkam, nicht völlig identisch waren. 7. Hinzu kamen weitere Erläuterungen, die von Theodor offensichtlich nicht als pneumatologische Aussagen aufgefasst, sondern in Homilie 10, 14 vom dogmatischen Teil des Bekenntnisses abgetrennt wurden. Diese weiteren Zusätze, die Theodor offenbar in ihrer Notwendigkeit und in ihrem theologischen Sinn Schwierigkeiten bereiteten, versuchte er dadurch herunterzuspielen, dass er sie von den (im engeren Sinn) theologischen Aussagen abkoppelte und stattdessen auf die Taufe bezog. Wir finden sie teilweise vor 370 noch im Bekenntnis Kyrills von Jerusalem.

4.3 Prinzipien der Redaktion von C 2 Da Theodor, wie dargelegt, nicht C 2, sondern eine ältere, in Antiochien gebräuchliche Fassung von N kommentiert (nämlich die mit Rom abgestimmte), ferner C 2 literarisch mit N Ant eng verknüpft und mutmaßlich jünger ist, dürfte cundum partem 32 (§ 164a2); Didascalia CCCXVIII patrum Nicaenorum (§ 176[9]); Katholizität: Martyrium Calixti 3 (FaFo § 90); Dêr Balyzeh Papyrus (§ 146); Constitutiones Apostolorum 7,41,7 (§ 182c).

38

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

C 2 seinerseits eine Überarbeitung von N Ant sein. Bei dieser Revision wurden gleichzeitig auch N und das Bekenntnis Kyrills von Jerusalem (J) berücksichtigt. (Letzterer gehörte auch zu den Konzilsteilnehmern.)136 1. Artikel Als stilistische Glättung kann die Wortumstellung von ποιητήν gesehen werden. Durch den Zusatz von οὐρανοῦ καὶ γῆς, der sich auch in J findet,137 wurde der bereits durch ὁρατῶν τε καὶ ἀοράτων gegebene Bezug auf Kol 1,16 gewissermaßen weiter „ausgebaut“ (vgl. auch Gen 1,1; Act 4,24; 14,15; Apk 14,7). Der Zusatz πάντων wurde mit N wieder eingefügt, aber an anderer Stelle, wodurch eine Übereinstimmung mit J erreicht wurde. 2. Artikel 1. Die Auslassung von τὸν πρωτότοκον πάσης κτίσεως ist eine Rückangleichung an N. Möglicherweise hatte man das Zitat von Kol 1,15 als eine zu starke Konzession an die Homöusianer bzw. Homöer empfunden. 2. Die Wiedereinfügung von φῶς ἐκ φωτός verstärkte nicht nur den Bezug zu N, sondern schlug gleichzeitig auch eine Brücke zur nichtnizänischen Bekenntnistradition.138 3. Umgekehrt zog die Wiedereinfügung von γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα im Sinne von N eine rote Linie gegenüber den Anhomöern, die deutlicheren Widerstand signalisierte als N Ant. 4. Dabei wurde auch der nunmehr überflüssige Verweis auf die Schöpfung der Äonen wieder entfernt. 5. Auffällig sind die Änderungen bei der Inkarnation: Hier wurden der Heilige Geist und die Jungfrau nun auf die Fleischwerdung bezogen. Das dürfte zunächst seinen Grund darin haben, dass man die unelegante dreifache Bezeichnung der Inkarnation in N Ant (σαρκωθέντα – ἐνανθρωπήσαντα – γεννηθέντα) zu reduzieren suchte. Eine andere Frage ist, warum neben der Jungfrau noch der Heilige Geist hinzugesetzt wurde. Man möchte dies auf direkten römischen Einfluss zurückführen – doch war dieser bekanntlich auf der Konstantinopler Synode minimal.139 Die Symboltradition des 4. Jahr-

136 Vgl. auch Gerber 2000, S. 153–155. Zur Teilnahme Kyrills am Konzil vgl. Sokrates, Historia ecclesiastica 5,8,3; Sozomenos, Historia ecclesiastica 7,7,3. 137 Vgl. auch Bekenntnis der Synode von Antiochien (324–325; Urkunde 18 Opitz), 8 (FaFo § 133); Bekenntnis der Synode von Seleukeia (359; FaFo § 158a[4]). 138 Vgl. Bekenntnis Eusebs (FaFo § 134); sog. 4. Bekenntnis von Antiochien (§ 141d); Ekthesis von Serdika (342; § 143a2 und c); Langzeiliges Bekenntnis (§ 145); 1. Bekenntnis von Sirmium (§ 148); 2. Bekenntnis von Sirmium (§ 154). Zur Formel vgl. außerdem Staats 1999, S. 227, 231–234. 139 Vgl. Ritter 1965, S. 39 mit Anm. 3.

4.3 Prinzipien der Redaktion von C 2

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hunderts kannte die Bezeichnung des doppelten Ursprungs des Inkarnierten freilich auch sonst.140 Allerdings hatte sie diesen Ursprung nur auf dessen Geburt, nicht auf dessen Fleischwerdung bezogen.141 Diese Verschiebung bzw. diesen Zusatz zur Fleischwerdung hat man in der Tradition mindestens seit der Zeit des Nestorios immer als antiapolinaristisch verstanden.142 Vor allem Ritter und Kelly haben dies vehement bestritten.143 Apolinarios hatte nun allerdings selbst, vor allem in seiner Apodeixis in Auslegung von I Kor 15,44–49, von dem „himmlischen Menschen“ (ἐπουράνιος ἄνθρωπος) Christus gesprochen.144 In diesem Zusammenhang war er auch ausführlich auf das πνεῦμα Gottes/Christi eingegangen. Apolinarios vertrat unter anderem die These, der Mensch (!) Christus habe nicht so präexistiert, dass der göttliche Geist eine von ihm zu unterscheidende Existenz besessen habe, sondern so, dass er das „herrschende Element“ in der Natur des Gottmenschen gewesen sei.145 Er behauptete wohl auch, der von ewig her existierende, „fleischseiende Gott“ sei erst später von einer Frau geboren worden.146 Damit wollte er – möglicherweise in Auseinandersetzung

140 Vgl. Traditio Apostolica 21 (FaFo § 89c: γεννηθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου); ebenso Bekenntnis von Niké/Konstantinopel (359; FaFo §§ 159a[4]; 160[3]); Epiphanios, Ancoratus 119,5 (§ 175: καὶ σαρκωθέντα, τουτέστι γεννηθέντα τελείως ἐκ τῆς ἁγίας Μαρίας τῆς ἀειπαρθένου διὰ πνεύματος ἁγίου). Ferner Ritter 1965, S. 194, Anm. 2. 141 Vgl. aber Melito, Paschahomilie 784 (FaFo § 107): ὁ ἐν παρθένῳ σαρκωθείς. Synode von Antiochien (324–325; FaFo § 133, rekonstruiert und evtl. unecht): καὶ ἐν σαρκὶ ἐκ τῆς θεοτόκου Μαρίας τεχθείς. 142 Vgl. Kelly 1972, S. 333 unter Berufung auf Santer 1971; Hübner 1989, S. 209–229; Grillmeier 1990(2004), S. 483 f.; Staats 1999, S. 55, 109, 176, 239, 242. 143 Vgl. Ritter 1965, S. 192–195; Kelly 1972, S. 328–333. Ferner Behr 2004, Bd. II, S. 378. 144 Vgl. Gregor von Nyssa, Antirrheticus 25 (S. 213, Z. 14 f. = Lietzmann 1904, S. 227, Z. 24 f., Fr. 89): Ἀ λ λ ὰ κ α ὶ ἐ π ο υ ρ ά ν ι ο ς ἄ ν θ ρ ω π ο ς, περὶ τοῦ κυρίου τοῦτο λέγει, κ α ὶ π ν ε ῦ μ α ζ ω ο π ο ι ο ῦ ν. Ebenda, (S. 213, Z. 21–25 = Lietzmann 1904, S. 227, Z. 34–228, Z. 2, Frg. 90): Ε ἰ ἐ κ π ά ν τ ω ν, φησί, τ ῶ ν ἴ σ ω ν ἡ μ ῖ ν ἐ σ τ ι τ ο ῖ ς χ ο ϊ κ ο ῖ ς ὁ ἐ π ο υ ρ ά ν ι ο ς ἄ ν θ ρ ω π ο ς , ὥστε καὶ τὸ πνεῦμα ἴσον ἔχειν τοῖς χοϊκοῖς, οὐκ ἐπουράνιος ἀλλ’ ἐπουρ α ν ί ο υ θ ε ο ῦ δ ο χ ε ῖ ο ν. 145 Vgl. Gregor von Nyssa, Antirrheticus 10 (GNO 3/1, S. 147, Z. 12–15 = Lietzmann 1904, S. 211, 25–28, Frg. 32): Κ α ὶ π ρ ο ϋ π ά ρ χ ε ι, φησίν, ὁ ἄ ν θ ρ ω π ο ς Χ ρ ι σ τ ὸ ς ο ὐ χ ὡ ς ἑ τ έ ρ ο υ ὄντος παρ’ αὐτὸν τοῦ πνεύματος, τουτέστι τοῦ θεοῦ, ἀλλ’ ὡς τοῦ κυρίου ἐ ν τ ῇ τ ο ῦ θ ε ο ῦ ἀ ν θ ρ ώ π ο υ φ ύ σ ε ι θ ε ί ο υ π ν ε ύ μ α τ ο ς ὄ ν τ ο ς. Vgl. auch ebenda (S. 143, Z. 1–3 = Lietzmann 1904, S. 210, Z. 23–25, Frg. 25): Τ ὸ δ ὴ π ν ε ῦ μ α , τ ο υ τ έ σ τ ι τ ὸ ν νοῦν, θεὸν ἔχων ὁ Χριστὸς μετὰ ψυχῆς καὶ σώματος εἰκότως ἄνθρωπος ἐξ ο ὐ ρ α ν ο ῦ λ έ γ ε τ α ι. 146 Vgl. Gregor von Nyssa, Antirrheticus 16 (GNO 3/1, S. 169, Z. 3–8 = Lietzmann 1904, S. 216, Z. 4–8, Frg. 50): Ἀλλ’ ἐπειδὴ βούλεται αὐτὴν τὴν τεχθεῖσαν σάρκα θεότητα εἶναι καὶ κατασκευάσαι οὐκ ἐν σαρκὶ πεφηνέναι τὸν θεόν, λέγει· Ἀ λ λ ὰ θ ε ὸ ν ἔ ν σ α ρ κ ο ν π ρ ὸ α ἰ ώ ν ω ν ὄντα μετὰ ταῦτα διὰ γυναικὸς τετέχθαι καὶ πρὸς τὴν τῶν παθημάτων

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4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

mit Juden und Heiden147 – die Möglichkeit der irdischen Geburt Gottes plausibilisieren. Daraus zogen seine Gegner den Schluss, dass das, was durch das Fleisch aus der Jungfrau manifest wurde, nicht nur die Ewigkeit der Gottheit, sondern auch des Fleisches impliziere und Apolinarios somit die Lehre einer Präinkarnation vertrete.148 Dabei konzentrierte sich die Diskussion π ε ῖ ρ α ν κ α ὶ π ρ ὸ ς τ ὴ ν τ ῆ ς φ ύ σ ε ω ς ἀ ν ά γ κ η ν ἐ λ θ ε ῖ ν. Die Echtheit des Zitats ist allerdings strittig (vgl. z. B. Grelier 2008, S. 181 f.; Orton 2015, S. 152, Anm. 241). An anderer Stelle ist stattdessen vom präexistenten νοῦς ἔνσαρκος die Rede: Ebenda, 15 (S. 166, Z. 22–28 = Lietzmann 1904, S. 215, Z. 20–26, Frg. 48): […] τὴν προαιώνιον σάρκα διὰ τῆς ματαιότητος τῶν λόγων τῷ Χριστῷ περιπλάσσων καὶ λέγων νοῦν ἔνσαρκον ὄντα τὸν υἱὸν ἐκ γυναικὸς τεχθῆναι οὐκ ἐν τῇ παρθένῳ σάρκα γενόμενον, ἀλλὰ παροδικῶς δι’ αὐτῆς διεξελθόντα, οἷος πρὸ τῶν αἰώνων ἦν, τότε φανερωθῆναι αὐτὸ τὸ φαινόμενον σάρκινον ὄντα θεὸν ἤ, καθὼς αὐτὸς ὀνομάζει, ἔνσαρκον νοῦν. Ebenso ebenda, 21 (S. 186, Z. 21–23 = Lietzmann 1904, S. 220, Z. 23– 25, Frg. 69; zitiert unten Anm. 148); ebenda, 23 (S. 190, Z. 26 f., = Lietzmann 1904, S. 221, Z. 22 f., Frg. 72). 147 Vgl. Gregor von Nyssa, Antirrheticus 16 (GNO 3/1, S. 168, Z. 28–30 = Lietzmann 1904, S. 216, Z. 1–3, Frg. 49): Ἕ λ λ η ν ε ς γ ά ρ, φησί, κ α ὶ Ἰ ο υ δ α ῖ ο ι π ρ ο φ α ν ῶ ς ἀ π ι σ τ ο ῦ σ ι , μ ὴ κ α τ α δ ε χ ό μ ε ν ο ι θ ε ὸ ν ἀ κ ο ύ ε ι ν τ ὸ ν ἐ κ γ υ ν α ι κ ὸ ς τ ε χ θ έ ν τ α. Ebenda (GNO 3/1, S. 169, Z. 21–23 = Lietzmann 1904, S. 216, Z. 9–11, Frg. 51): Ἀλλ’ ἐ δ έ ξ α ν τ ο ἄ ν, φησίν, Ἕ λ λ η ν ε ς καὶ Ἰουδαῖοι, εἴπερ ἄνθρωπον ἔνθεον εἶναι τὸν τεχθέντα ἐλέγομεν, ὥσπερ Ἠ λ ί α ν. 148 Vgl. Gregor von Nyssa, Antirrheticus 10 (GNO 3/1, S. 148, Z. 1–4]): Ἡ μὲν οὖν διάνοια τῶν εἰρημένων αὕτη, ὅτι τὸ διὰ σαρκὸς ἐκ τῆς παρθένου φανερωθὲν οὐ μόνον κατὰ τὴν τῆς θεότητος ἀϊδιότητα προεπινοεῖται τῶν ὄντων, καθὼς πάντες πιστεύομεν, ἀλλὰ καὶ κατ’ αὐτὴν τὴν σάρκα. Ferner ebenda (S. 148, Z. 14 f.): Εἰ προαιώνιος ἡ σάρξ, εἰ πρὸ τοῦ Ἀβραὰμ γενέσθαι τῷ ἐκ Μαρίας ἦν […]. Ebenda (S. 150, Z.25–151, Z. 2 = Lietzmann 1904, S. 212, Z. 10–12, Frg. 34): Εἰ οὖν ἡ θεία σάρκωσις, καθὼς ὁ Ἀπολινάριος λέγει, οὐ τὴν ἀρχὴν ἐκ τῆς παρθένου ἔσχεν, ἀλλὰ καὶ πρὸ τοῦ Ἀβραὰμ καὶ πρὸ πάσης κτίσεως ἦν […]. Die Lehre der Inkarnation „vor Abraham und vor aller Schöpfung“ lässt sich auch unmittelbar aus Apolinarios belegen. Vgl. Frg. 143 (Lietzmann 1904, S. 241, Z. 29–34); dazu Mühlenberg 1969, S. 218. Weiterhin Gregor von Nyssa, Antirrheticus 19 (GNO 3/1, S. 182, Z. 26 f.): Ἀλλ’ ἐξ ὧν παρέθετο λόγων, ἐξ οὐρανοῦ καταβεβηκέναι τὸν ἄνθρωπον λέγει. Ebenda, 21 (S. 186, Z. 5–17. 21–23; vgl. Lietzmann 1904, S. 220, Z. 23–25, Frg. 69): Εἰ γάρ τις οὐρανίου ἀνθρώπου πλάσις καθ’ ὁμοιότητα τοῦ χοϊκοῦ παρ’ αὐτοῦ πρότερον ἐπεδείχθη, προήχθημεν ἂν δι’ ἀκολουθίας τῷ μύθῳ, μαθόντες παρὰ τῆς καινῆς ταύτης σοφίας, ὅτι τὸ μὲν ἐπίγειον τῶν ἀνθρώπων φῦλον ἐκ νοερᾶς ψυχῆς καὶ σώματος τὴν σύστασιν ἔχει, γένος δέ τι ἔστιν ἐπουρανίων ἀνθρώπων, οἷς ἄλογος μὲν ἡ ψυχὴ σῶμα δὲ ἀνθρώπινον καὶ θεὸς ἀντὶ νοῦ τῷ λόγῳ τοῦ σώματος καὶ τῆς ψυχῆς ἀνακιρνᾶται, ἐξ ὧν εἶναι τὸν ἐπὶ γῆς φανέντα Ἀπολινάριος οἴεται. ἐκείνου δὲ μήτε ἀποδειχθέντος μήτε ὄντος, τοῦ δὲ διὰ τῆς παρθένου γεννηθέντος ἀθετουμένου ὡς οὐδὲ τῆς ἡμετέρας μετασχόντος φύσεως, ἀλλότριον ἡγοῦμαι καὶ ἀνακόλουθον σῶμα μὲν ὀνομάζεσθαι τὸ μὴ σῶμα, ψυχὴν δὲ ἀνθρώπου τὴν μὴ ψυχήν. […] Ο ὐ γ ὰ ρ ἄ ν, φησίν, ἐ ν ὁ μ ο ι ώ μ α τ ι ἀ ν θ ρ ώ π ο υ γ ε γ ο ν ὼ ς ε ἴ η , ε ἰ μ ὴ τ υ γ χ ά ν ο ι κ α θ ά π ε ρ ἄ ν θ ρ ω π ο ς ν ο ῦ ς ἔ ν σ α ρ κ ο ς ὤ ν. Ebenda, 23 (S. 196, Z. 5–15; vgl. Lietzmann 1904, S. 223, Z. 9–18, Frg. 77): Πῶς δὲ θείαν τινὰ καὶ οὐρανίαν σάρκα περιπλάσσει τῷ λόγῳ, μᾶλλον δὲ αὐτὸν προαποσαρκοῖ τὸν λόγον, οὐκ οἰκονομικῶς ἐπ’ ἐσχάτων ἡμερῶν

4.3 Prinzipien der Redaktion von C 2

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mit den Neunizänern auch auf die Auslegung von Lk 1,35 sowie auf die korrespondierende Inkarnationsaussage in N. Der Vorstellung vom himmlischen Menschen gegenüber berief sich Gregor von Nyssa auf die Verkündigung des Herrn: Man glaube doch (πιστεύεται!), der Heilige Geist sei über Marien gekommen und die Kraft des Höchsten habe eben die überschattet, aus der Jesus geboren wurde.149 In der Annahme, dass der Antirrheticus nach Konstantinopel entstanden ist,150 darf man hierin vielleicht eine Anspielung auf C 1 bzw. C 2 sehen und daraus vorsichtig auf die antiapolinaristische Zielrichtung der Klausel καὶ σαρκωθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου καὶ ἐνανθρωπήσαντα schließen. An anderer Stelle bezieht sich Gregor von Nyssa allerdings ganz ausdrücklich auf N (möglicherweise weil Apolinarios in seinem vielleicht noch vor Konstantinopel verfassten Traktat 151 selbst jenes ältere Symbol herangezogen hatte).152

τὴν ἡμετέραν ὑπελθόντα μορφήν, ἀλλ’ ἀεὶ τοῦτο ὄντα καὶ ἀεὶ ἐν τῷ αὐτῷ διαμένοντα; ὁ γὰρ ἐπιδεᾶ λέγων εἶναι τοῦ ἀτρέπτου τὴν σάρκα καὶ τοῦ καθηγουμένου προσδέεσθαι, τὴν ἡμετέραν ἄντικρυς λέγει σάρκα τὴν διὰ τὸ τρεπτὸν τῆς φύσεως εἰς ἁμαρτίαν πεσοῦσαν. εἰ δὲ ὑπερουράνιόν τι καὶ θεῖον σῶμα, καθώς φησι, θεωρεῖται περὶ τὸν λόγον, οὔτε τὸ τρεπτὸν αὐτῷ πάντως κατὰ τὸ ἀκόλουθον δίδωσιν οὔτε τὸ ἐπιδεὲς τοῦ εὐθύνοντος· […]. Ebenda, 26 (S. 218, Z. 1–4): […] καὶ ψευδὴς ὁ λέγων ἐκ τῶν ἄνωθεν καταβεβηκέναι πρὸς ἡμᾶς τὸ ἀνθρώπινον καὶ πρὸ τῆς ἀνθρωπίνης φύσεως ἐκεῖνον εἶναι τὸν ἄνθρωπον, δι’ οὗ τὸ θεῖον τῇ ἀνθρωπίνῃ κατεμίχθη ζωῇ. Dass die Darstellung Gregors aber die Lehre des Apolinarios möglicherweise verzerrt, betont Mühlenberg 1969, S. 77. 149 Vgl. Gregor von Nyssa, Antirrheticus 22 (GNO 3/1, S. 191, Z. 8–17; vgl. Lietzmann 1904, S. 221, Z. 31 f., Frg. 73): Ἐ π ε ι δ ὴ ἄ ν θ ρ ω π ο ς, φησίν, ἦ ν κ α ὶ ἐ π ο υ ρ ά ν ι ο ς , ο ὗ τ ο ς ὁ χ ο ϊ κ ό ς. πάλιν λέγω ἐπιλελῆσθαι τῆς Μαρίας, ᾗ εὐαγγελίζεται ὁ Γαβριήλ, ἐφ’ ἣν ἐληλυθέναι τὸ ἅγιον πνεῦμα πιστεύεται, ᾗ ἐπισκιάζει τοῦ ὑψίστου ἡ δύναμις, ἀφ’ ἧς τίκτεται ὁ Ἰησοῦς ὁ ἔχων τὴν ἀρχὴν ἐπὶ τοῦ ὤμου αὐτοῦ, τουτέστιν ὁ βαστάζων ἐφ’ ἑαυτοῦ τὴν ἀρχήν. ἀρχὴ δὲ πάντως ἐστὶν ὁ θεὸς λόγος ὁ ἐν ἀρχῇ ὢν καὶ ἀρχὴ ὤν, καθώς φησί που τῆς γραφῆς ὁ λόγος, ὅτι Ἐγώ εἰμι ἡ ἀρχή [Apk 1,8]. ἢ τοίνυν δειξάτω μὴ ἐν γῇ τὴν παρθένον ἢ ἄνθρωπον οὐράνιον μὴ πλασσέτω […]. 150 Vgl. Grelier 2008, S. 69–76; Orton 2015, S. 35–38. 151 Zur Datierung vgl. Orton 2015, S. 27 f. 152 Vgl. Gregor von Nyssa, Antirrheticus 8–9 (GNO 3/1, S. 143, Z. 6–14; 19–25. 31 – 144, Z. 3. 11– 14): Τί τοιοῦτον ἐν τοῖς κατὰ Νίκαιαν δόγμασιν ἔδειξεν; τὸν καταβάντα ἐκ τῶν οὐρανῶν ἡ πίστις λέγει καὶ σαρκωθέντα, ὡς μὴ πρὸ τῆς καθόδου νοεῖσθαι τὴν σάρκα, ἀλλὰ δευτερεύειν μετὰ τὴν κάθοδον τὸν σαρκωθέντα καὶ ἐνανθρωπήσαντα; τοῦτο παρὰ πάντων ἐν ἐκκλησίαις κηρύσσεται καὶ οὗτος ἡμέτερος, μᾶλλον δὲ τῆς ἐκκλησίας ὁ λόγος. ποῦ τοίνυν ἐν τοῖς εἰρημένοις ἐστίν, ὅτι τὸ πνεῦμα, τουτέστι τὸν νοῦν, θεὸν ἔχων ὁ Χριστὸς μετὰ ψυχῆς καὶ σώματος ἐξ οὐρανοῦ ἄνθρωπος λέγεται; […] ἡ δὲ διάνοια τῶν εἰρημένων τί κοινὸν πρὸς τὰ δι’ ἐκείνης δηλούμενα δείκνυσιν; φησὶν οὗτος τὸν σαρκωθέντα τῇ ἀνθρωπίνῃ σαρκὶ Χριστὸν ἐν ἑαυτῷ θεὸν τὸ πνεῦμα, τουτέστι τὸν νοῦν, ἔχειν· λέγει δὲ τοῦτο ὁ κελεύων ἔνθεον ἄνθρωπον μὴ λέγειν τὸν Χριστόν, θεὸν ἔχοντα ἐν ἑαυτῷ ὡς ἄλλον ἐν ἄλλῳ, αὐτὸς πρὸ τῶν ἄλλων τοῦτο κατασκευάζων. ἡ δὲ τῆς συνόδου φωνὴ τὸν ἐξ οὐρανοῦ καταβάντα λέγει. […] πλὴν ὅπως ἂν ᾖ φίλον τῷ βουλομένῳ δέχεσθαι τὴν κάθοδον, τὸν σαρκωθέντα πάλιν ὁ τῆς συνόδου λόγος φησὶ

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Darüber hinaus gibt es eindeutige Belege dafür, dass unter den Apolinaristen die Art der Fleischwerdung aus Maria strittig gewesen ist.153 Apolinarios und seine Anhänger vertraten mindestens zeitweise (auch) die Lehre einer doppelten Zeugung (nämlich des Logos aus Gott und des Fleisches aus der Jungfrau) und darum auch einer doppelten Homousie (mit dem göttlichen Logos und mit uns bzw. den Menschen).154 Die neunizänische Formulierung der Fleischwerdung „aus dem Geist und der Jungfrau Maria“ sollte somit sowohl der Lehre der Präinkarnation als auch der These einer doppelten Zeugung wehren, derzufolge der Geist allein auf die Zeugung des präexistenten Logos und daher nur die Zeugung des (irdischen) Fleisches auf Maria bezogen wurde.155 Dahinter standen eine Auslegung von Lk 1,35, in der die „Herabkunft“ des Geistes im Sinne einer „Herabkunft“ des Logos in die Jungfrau verstanden wurde, und ein Verständnis der Inkarnation, in

καλῶς καὶ τοῦτο λέγων· πῶς γὰρ ἂν οἰκειότερον τὴν ἐκ γυναικὸς ἡρμήνευσε γέννησιν; […] Ποῦ τοίνυν ἐν τούτοις φησὶν ὁ λόγος, ὅπερ τῷ Ἀπολιναρίῳ δοκεῖ, τὸ πνεῦμα, τουτέστι τὸν νοῦν, θεὸν ἔχων ὁ Χριστὸς μετὰ ψυχῆς καὶ σώματος, εἰκότως ἐξ οὐρανοῦ ἄνθρωπος λέγεται; Zum Bezug auf Nizäa bei Apolinarios vgl. auch ebenda, 12 (S. 157, Z. 27 f.). 153 Vgl. die Gegner des Athanasius in der Epistula ad Epictetum 2 und 4 (Homousie von Leib und Gottheit des Logos). Es handelt sich dabei eindeutig um Nizäner; vgl. ebenda, 3 (Ludwig 1911, S. 6, Z. 4–6): Διὰ ταῦτα διεκρι ́νοντο και ̀ διεμάχοντο πρὸς ἀλλήλους οι ̔ αὐχοῦντες ἐπι ̀ τῇ ὁμολογι ́ᾳ τῶ ν πατέρων τῇ ἐν Νικαι ́ᾳ γενομένῃ. Sie stellten sich offenbar vor, der (himmlische) Leib Christi sei in die Jungfrau „eingeführt“ worden; vgl. ebenda, 5 (Ludwig 1911, S. 9, Z. 7– 10): […] και ̀ ὁ Γαβριὴλ δὲ ἀ σφαλῶ ς εὐηγγελι ́ζετο αὐτῇ λέγων οὐχ ἁπλῶ ς τὸ γεννώ μενον ἐν σοι ́, ἴνα μὴ ἔξωθεν ἐπεισαγόμενον αὐτῇ σῶ μα νομισθῇ, ἀ λλ’ ἐκ σοῦ, ἴν’ ἐξ αὐτῆς φύσει τὸ γεννώ με͂ νον εἰναι πιστευθῇ, φανερῶ ς και ̀ τοῦτο τῆς φύσεως δεικνυούσης, […]. Athanasius wehrt sich in einer Weise, die die Diskussionslage um das Nizänum deutlich erkennen lässt (ebenda, 4 [Ludwig 1911, S. 8, Z. 8–11]): […] εἰ γὰρ ὁμοούσιος ὁ λόγος τῷ σώματι, περιττὴ τῆς Μαρίας ἡ μνήμη καὶ ἡ χρεία, δυναμένου τοῦ σώματος εἶναι καὶ πρὸ Μαρίας ἀϊδίως, ὥσπερ οὖν ἐστι καὶ αὐτὸς ὁ λόγος, εἴ γε καθ’ ὑμᾶς ὁμοούσιός ἐστι τῷ σώματι. Ferner Epiphanios, Panarion 77,2,4 (Holl/Dummer 1985[2009], S. 417, Z. 8–10): Πολλὰ γὰρ ἦν, ἃ ἐν αὐτοῖς τοῖς πρὸς ἡμᾶς ἐρχομένοις ἀμφεβάλλετο· τινὲς μὲν γὰρ αὐτῶν ἐτόλμησαν λέγειν ἄνωθεν τὸν Χριστὸν τὸ σῶμα κατενηνοχέναι. Epiphanios bezieht sich also nicht nur auf den Brief des Athanasius an Epiktet (den er im Folgenden zitiert), sondern auch auf eigene Erfahrung. Ähnlich Augustin, De haeresibus 55 (CChr.SL 46, S. 325, Z. 6–11): „De ipsa uero eius carne sic a recta fide dissensisse perhibentur, ut dicerent carnem illam et uerbum unius eiusdemque substantiae, contentiosissime asseuerantes uerbum carnem factum, hoc est, uerbi aliquid in carne fuisse conuersum atque mutatum, non autem carnem de Mariae carne susceptam.“ 154 Vgl. Apolinarios, De unione 8 (Lietzmann 1904, S. 188); Timotheos bei Lietzmann 1904, Frg. 181 (S. 279); Bekenntnis des Vitalis (FaFo § 177[1]). Unklar ist allerdings, wie sich diese Vorstellung mit der oben skizzierten Lehre vom „himmlischen“ Menschen in der Apodeixis verträgt. 155 Vgl. Apolinarios, Ad Iovianum 3 (FaFo § 164b); ferner Lietzmann 1904, S. 185, Z. 4–6. Ferner Andrist 2005, S. 95–99 (mit weiteren Belegen); Drecoll, Apollinarius, 2015, S. 39.

4.3 Prinzipien der Redaktion von C 2

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dem Logos und Fleisch im Inkarnierten immer konsequent unterschieden blieben und so dessen Personeinheit gefährdet wurde. Das rief auf Seiten der Nizäner die Befürchtung hervor, Apolinarios vertrete einen Doketismus.156 Athanasius warf seinen (apolinaristischen?) Gegnern zudem vor, eine göttliche Quaternität einzuführen.157 Die Frage, inwiefern Apolinarios selbst derartige Thesen vertreten hat und inwiefern sie (nur) seinen Anhängern zuzuschreiben sind, würde eine detaillierte Untersuchung nicht nur der Lehre des Apolinarios, sondern auch seines Umfelds erfordern und kann hier auf sich beruhen bleiben.158 Entscheidend ist lediglich, dass man Apolinarios diese Auffassungen unterstellt hat und sie durch Zufügungen zu N bzw. N Ant abzumildern suchte. Man kann vermuten, dass man auch hier eine möglichst weite, für Neunizäner ebenso wie für (milde) Apolinaristen wie Timotheos von Berytos, einen Teilnehmer des Konzils,159 und Vitalis, mittlerweile Bischof einer Sondergemeinde in Antiochien,160 akzeptable Formulierung bei größtmöglicher theologischer Präzision gewählt hat: Die Geisthaftigkeit wird einerseits auf das

156 Vgl. Apolinarios, Ad Iovianum 3 (FaFo § 164b). Zum Vorwurf des Doketismus vgl. etwa Grillmeier 1990(2004), S. 483; Andrist 2005, S. 71 f. 157 Vgl. Athanasius, Ad Epictetum 2 (Ludwig 1911, S. 5, Z. 3–7): Τίς δὲ τὴν ἀθέμιτον ταύτην ἐπενόησεν ἀσέβειαν, ὥστε κἂν εἰς ἐνθύμησιν ἐλθεῖν καὶ εἰπεῖν, ὅτι ὁ λέγων ἐκ Μαρίας εἶναι τὸ κυριακὸν σῶμα οὐκέτι τριάδα, ἀλλὰ τετράδα ἐν τῇ θεότητι φρονεῖ; ὡς διὰ τοῦτο τοὺς οὕτω διακειμένους τῆς οὐσίας τῆς τριάδος εἶναι λέγειν τὴν σάρκα, ἣν ἐνεδύσατο ἐκ Μαρίας ὁ σωτήρ […]. Dazu vor allem Grelier 2011. 158 Die metaphysischen Hintergründe der Vorstellung vom präexistenen Fleisch Christi sind aufgrund der schlechten Quellenlage in mancherlei Hinsicht unklar; auch wird die Vorstellung von Apolinarios selbst abgewehrt (vgl. Ad Iovianum 3 [Lietzmann 1904, S. 253, Z. 7 f. = FaFo § 164b]; ders., Ad Serapionem, Frg. 159 [S. 254, Z. 3 f.], 160 [ebenda, Z. 6–10]; ders., Epistula I ad Dionysium 7 [S. 259, Z. 2–14]; ders., Ad Terentium [S. 255, Z. 11–14, Frg. 163]; ders., Epistula II ad Dionysium [S. 262, Z. 13–16, Frg. 164]. Ebenso das Bekenntnis des Vitalis von Antiochien (FaFo § 177[2]). Zur neueren Diskussion vgl. Mühlenberg 1969, S. 61 f., 216–218; Grelier 2008, S. 166 f., 181–184, 550–552 u. ö.; Grelier 2011; Lekkas 2011; Drecoll, Apollinarius, 2015, S. 41, 44; Orton 2015, S. 55–58. Die Lehre war auch im 5. Jahrhundert noch lebendig, denn Attikos von Konstantinopel verwendet einige Energie auf die Widerlegung folgender Vorstellung: „Ce n’est pas de sainte Marie qu’il a pris le corps, mais d’un autre côté, soit qu’il auparavant, soit que je ne sache pas comment ceux qui ont eu (cette) audace ont osé (le) dire“ (Epistula ad Eupsychium, ed. Brière 1933/34, S. 406). Zur Widerlegung vgl. ebenda, S. 421–424. 159 Er gehörte offenbar zu den Unterzeichnern unter die Beschlüsse von Konstantinopel. Vgl. Lietzmann 1904, S. 31, 153f; Raven 1923, S. 145. Ihm und seinem Lehrer Polemion wurde von dem Apolinaristen Valentinos unterstellt, die Homousie von Logos und Fleisch gelehrt zu haben. Vgl. Valentinos, Capita apologiae 1–2 (Lietzmann 1904, S. 287, Z. 20 – 288, Z. 20); dazu schon oben Anm. 153 sowie Mühlenberg 1969, S. 62. 160 Zu ihm vgl. Mühlenberg 1969, S. 45–63.

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4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

Fleisch bezogen und damit die historische Tatsächlichkeit der Inkarnation im Sinne einer materiellen „Verdinglichung“ sichergestellt. Sie wird andererseits aber auch mit der Menschwerdung verbunden, das heißt, dass die Fleischwerdung nicht anthropologisch verkürzt wird („nur das Fleisch“), sondern im Sinne einer Annahme des ganzen Menschen gelesen werden kann. Diesen Gegensatz hat der Apolinarist (!) Valentinos in Auseinandersetzung mit dem genannten Konzilsteilnehmer Timotheos auf den Punkt gebracht, indem er ihm vorwarf, mit seiner Lehre von der Homousie des Fleisches Christi mit Gott die Jungfrauengeburt zu verdunkeln.161 Diese Vermutung, dass man die Fleischwerdung und die Menschwerdung zusammen lesen muss, bestätigt sich auch bei einem Blick auf das Konstantinopler Synodalschreiben von 382. Hier wird diese Verbindung nämlich ausbuchstabiert: Die „Ökonomie des Fleisches“ wird im Sinne der vollkommenen Menschwerdung (das heißt unter Einschluss von Seele und Nous) verstanden.162 Neunizänischen Theologen wie Ambrosius ging dies offenbar nicht weit genug. Er und seine italischen Mitbischöfe beklagten

161 Valentinos, Capita apologiae 2 (zit. nach Daley 2017, S. 536, Z. 6–14 = Lietzmann 1904, S. 287, Z. 32 – 288, Z. 9): Καὶ ἔτι τούτου ἀσεβέστερον, ὦ Τιμόθεε, ὅτι τὴν σάρκα ἣν ἐφόρεσεν ἡμῶν ὁ Κύριος Ἰησοῦς Χριστὸς ἐκ τῆς ἁγίας Παρθένου ἀφανῆ ποιεῖτε, εἴπερ, ὡς ὑμεῖς λέγετε, ὅτι “Ὡς Λόγος Θεοῦ ὁμοούσιος ἡ σάρξ, δι’ ἧς σωτηρίας ἡμεῖς ἐτύχομεν, καὶ πιστεύομεν ὅτι τῷ Λόγῳ τοῦ Θεοῦ συμπροσκυνεῖται καὶ συνθεολογεῖται καὶ συνδοξάζεται ἡ τοῦ Κυρίου σάρξ, ἣν ἐκ Παρθένου προσείληφεν, δι’ ἧς καὶ μεσιτεία ἡμῖν ἀεὶ φυλάττεται, ἡγεμονευομένης εἰς τὸ διηνεκὲς ὑπὸ τοῦ ζωοποιοῦ καὶ Θεοῦ Λόγου· καὶ οὕτως ἓν πρόσωπον ἀποδέδεικται ὁ Κύριος ἡμῶν Ἰησοῦς Χριστός, ὁ ἐκ σαρκὸς καὶ Λόγου.” Vgl. auch die Auseinandersetzung zwischen Vitalis und Epiphanios in Panarion 77,22,3–6 (Holl/Dummer 1985[2009] S. 435, Z. 24 – 436, Z. 1; der Fragesteller ist Epiphanios): Εἰδότες ἡμεῖς τὴν διάνοιαν τῶν προφάσεων τὸν νοῦν τῶν ἰδίων ἀδελφῶν σφετεριζόντων τὸ ἀκριβὲς ἐνεμείναμεν ἐρωτῶντες ὅτι φύσει σάρκα ὁμολογεῖς τὸν Χριστὸν εἰληφέναι; ὁ δὲ συνετίθετο ὅτι ναί. ἀπὸ Μαρίας τῆς ἁγίας παρθένου ἄνευ σπέρματος ἀνδρὸς καὶ διὰ πνεύματος ἁγίου; ὁ δὲ καὶ τοῦτο ὡμολόγει. φύσει ἐκ τῆς παρθένου ἐλθὼν τὴν σάρκα ἀνείληφεν ὁ θεὸς λόγος, ὁ υἱὸς τοῦ θεοῦ; ὁ δὲ μετὰ βάρους συνετίθετο. ἤδη δὲ ἐν χαρᾷ καθιστάμεθα, ἐπειδὴ παρά τινων πρὸς ἡμᾶς εἰς Κύπρον ἐλθόντων ἠκούσαμεν τῶν προειρημένων παίδων ὅτι οὐδ’ ὅλως ἡ σὰρξ ἀπὸ Μαρίας ὡμολογεῖτο. ὅτε δὲ αὐτὸς ὁ εὐλαβέστατος ἀνὴρ ἐκ Μαρίας τὴν σάρκα ἀνειληφέναι τὸν κύριον ἡμῶν Ἰησοῦν Χριστὸν ὡμολόγησε, πάλιν παρ’ ἡμῶν ἠρωτᾶτο εἰ καὶ ψυχὴν εἴληφεν. ὁ δὲ καὶ εἰς τοῦτο ὁμοίως μετὰ βάρους συνετίθετο, ὡς οὐ χρὴ λέγειν ἄλλως, ἀλλὰ κατὰ πάντα ἀληθεύειν. Es wird aus diesen Passagen deutlich, wie strittig offensichtlich unter den Apolinaristen die Herkunft des Fleisches war. 162 Vgl. FaFo § 566a[12]: Καὶ τὸν τῆς ἐνανθρωπήσεως δὲ τοῦ κυρίου λόγον ἀδιάστροφον σώζομεν οὔτε ἄψυχον οὔτε ἄνουν ἢ ἀτελῆ τὴν τῆς σαρκὸς οἰκονομίαν παραδεχόμενοι, ὅλον δὲ εἰδότες τέλειον μὲν πρὸ αἰώνων ὄντα θεὸν λόγον, τέλειον δὲ ἄνθρωπον ἐπ᾿ ἐσχάτων τῶν ἡμερῶν διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν γενόμενον.

4.3 Prinzipien der Redaktion von C 2

45

sich darüber in einem Brief an Kaiser Theodosius: Die Apolinaristen hätten „eine gewisse Lehrmeinung des Apolinarios in die Kirche einzuführen versucht“. Diese hätte man in Konstantinopel entschlossen zurückweisen müssen, damit er „in seiner neuartigen Lehrmeinung widerlegt und seines Irrtums überführt sich keinesfalls mehr unter der allgemeinen Bezeichnung des Glaubens verstecken könne“, sondern auch seines Bischofsamtes verlustig ginge.163 Ob hier mit den Worten sub generali fidei lateret nomine darauf angespielt wird, dass man in Konstantinopel im Symbol eine Formulierung gewählt hatte, die den Apolinaristen noch eine Tür offenließ? 6. Auffällig ist der Zusatz ὑπὲρ ἡμῶν bei der Kreuzigung, der den Erlösungsgedanken mit biblischem Vokabular (Röm 5,8; 8,32; I Thess 5,10 usw.) verstärkt. Er ist auch in antiochenischer Tradition bezeugt.164 7. Die Reihung von Kreuzigung und Leidensaussage dürfte auf eine Zusammenfügung von καὶ σταυρωθέντα ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου aus N Ant und παθόντα aus N zurückgehen.165 8. Der Zusatz vom Kommen „in Herrlichkeit“ findet sich schon in J. 9. Die Anfügung von οὗ τῆς βασιλείας οὐκ ἔσται τέλος nach Lk 1,33 gilt gemeinhin als antimarkellisch.166 Die Formulierung findet sich ebenfalls im Jerusalemer Bekenntnis. Für Antiochien ist diese Erwartung auch in den Constitutiones Apostolorum belegt.167 3. Artikel 1. Gegenüber N Ant fehlt in C 2 die durch den Zusatz von ἕν zum Ausdruck gebrachte Einzigkeit des Geistes. Ritter sah darin (wie oben dargestellt) einen der Gründe, warum er Gerbers These, N Ant sei Vorlage von C 2 gewesen, nicht akzeptieren mochte. Es sei nämlich unerklärlich, warum die (unstritti-

163 Ambrosius, Epistula 8(14) (extra coll.), 4 (Z. 27–36; CSEL 82/3, S. 199): „Non solum enim de his de quibus clementia tua dignata est scribere, sed etiam de illis qui dogma nescio quod Apollinaris asseritur in ecclesiam conantur inducere, nos pleraque moverunt; quae partibus fuerant resecanda praesentibus, ut convictus in dogmate novo et redargutus in errore nequaquam sub generali fidei lateret nomine, sed ilico, quod doctrinae magisterio non teneret, et officium deponeret et vocabulum sacerdotis neque fimbrae aliquae posthac fallere cupientibus et praestigiarum commenta remanerent.“ Vgl. dazu auch Lietzmann 1904, S. 29–31. 164 Vgl. auch Ignatius von Antiochien, Epistula ad Smyrnaeos (mittlere und lange Rezension) 1,2 (FaFo § 98e1 bzw. e2); 2. Bekenntnis von Antiochien (341; § 141b); Constitutiones Apostolorum 7,41,5 (§ 182c). Ferner Cyprian, De mortalitate 21 (§ 122c); Pseudo-Athanasius, Expositio fidei 1 (§ 149); Athanasius, Epistula ad Iovianum 2 (§ 164b). 165 Vgl. bereits Gerber 2000, S. 153. 166 Vgl. etwa Molland 1970; Kelly 1972, S. 333 f.; Behr 2004, Bd. II, S. 378. 167 Vgl. Constitutiones Apostolorum 7,41,6 (FaFo § 182c).

46

2.

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

ge) Erwähnung der Einzigkeit des Geistes wieder gestrichen worden sei.168 Nun dürfte die Übereinstimmung von N Ant mit J in diesem Punkt kein Zufall sein.169 Aber wenn man sich die Auslegung Kyrills wie die Theodors näher anschaut, wird klar, dass weder der eine noch der andere wusste, warum die Einzigkeit hier überhaupt zugesetzt worden war. Kyrill von Jerusalem meinte, es gehe darum, die Vorstellung der Markioniten abzuwehren, derzufolge im Alten Testament ein anderer Geist als im Neuen gesprochen habe.170 Das war aber natürlich keine aktuelle Debatte mehr. Theodor wiederum leitet sie von der einen göttlichen Natur sowie von der Parallelität zur Einzigkeit von Vater und Sohn ab. Die Auseinandersetzung mit den Pneumatomachen wird dabei nur angedeutet.171 Sofern in J und N Ant nicht einfach redaktionell der 3. Artikel an den 1. und 2. angeglichen wurde, könnte man annehmen, dass man καὶ εἰς ἕν πνεῦμα ἅγιον, πνεῦμα τῆς ἀληθείας dort zusammen lesen muss. Es gibt einen Heiligen Geist, und dieser ist der Geist der Wahrheit. Hingegen gibt es natürlich auch einen „Geist des Irrtums“ (τὸ πνεῦμα τῆς πλάνης; I Joh 4,6), bei ihm handelt es sich aber nicht um Heiligen Geist. Der Geist der Wahrheit hingegen bekennt, „dass Jesus Christus im Fleisch gekommen ist“, während der Geist des Antichristen dies nicht tut (I Joh 4,2–3). In welchem Kontext diese Überlegung in Antiochien eine Rolle gespielt hat, während sie in Konstantinopel offensichtlich nicht (mehr) ventiliert wurde, entzieht sich unserer Kenntnis. In Konstantinopel setzte man allerdings den Artikel hinzu.172 Möglicherweise war dadurch der Heilige Geist genügend individualisiert und somit in seiner Einzigkeit erfasst. Τὸ stand also im 3. Artikel anstelle des ἕνα in den beiden vorangehenden Artikeln. Dort war das die Einzigkeit noch stärker betonende ἕνα in Anlehnung an I Kor 8,6 gesetzt worden, um die Vorstellung einer Vielzahl von Göttern und Herren abzuwehren. In I Kor 8,6 fehlte aber der Heilige Geist, so dass in C 2 eine Angleichung an eben diesen biblischen Sprachgebrauch vorliegen dürfte. Die Einzigkeit des Geistes war dabei durch den Artikel hinreichend determiniert. Auffälligerweise taucht mitten in dem Abschnitt zum Heiligen Geist die doxologische Formel τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ συμπροσκυνούμενον καὶ συνδοξαζόμενον auf. Es liegt nahe, hier formgeschichtlich noch ein früheres Bear-

168 Vgl. oben S. 9 f. 169 Es kann keine davon die Rede sein, dass „die meisten östlichen Bekenntnisse“ die Einzigkeit des Geistes enthalten hätten (so Gerber 2000, S. 152). 170 Vgl. Homilia catechetica 16, 4. 171 Vgl. Homilia catechetica 9, 16–18; 10, 1–3. 172 Die folgende Überlegung verdanke ich Dr. Thomas Brüggemann.

4.3 Prinzipien der Redaktion von C 2

47

beitungsstadium zu erkennen: In den Diskussionen auf dem Konzil hatte man möglicherweise an καὶ εἰς τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον zunächst nur die Doxologie τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ συμπροσκυνούμενον καὶ συνδοξαζόμενον angehängt – das ist noch der Diskussionsstand bei Basilius und war vermutlich auch die von Gregor von Nazianz favorisierte Lösung, weil man damit das Bekenntnis liturgisch abschloss, auf diese Weise elegant die Homousie des Geistes hervorhob, ohne das Homousion selbst zu verwenden und so weiterhin die Unveränderlichkeit von N behaupten konnte.173 3. Diese Position erwies sich in den Verhandlungen mit den Pneumatomachen dann aber offenbar nicht als ausreichend, auch wenn man das Homousion weiterhin nicht verwenden wollte, um den Pneumatomachen an diesem Punkt noch Verhandlungsspielraum zu belassen. Gleichzeitig wollte man auch die Verbindung zum römischen Bekenntnis, die ja in N Ant bereits enthalten war, nun auch in C 2 (indirekt) stärker hervorheben. So wurden weitere Elemente aus N Ant übernommen: – τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον – (πνεῦμα) ζωοποιόν, – μίαν ἐκκλησίαν καθολικήν, nunmehr umformuliert in εἰς μίαν, ἁγίαν, καθολικὴν καὶ ἀποστολικὴν ἐκκλησίαν, – (εἰς) ἄφεσιν ἁμαρτιῶν, – ἀνάστασιν, – ζωήν. 4. Die merkwürdige Doppelung πνεῦμα τῆς ἀληθείας – πνεῦμα ζωοποιόν in N Ant wurde so gelöst, dass man die erstere Junktur strich und statt dessen die besondere Herrschaft und Lebensschaffung des Geistes in einer eigenen neuen Junktur hervorhob. Die Streichung des johanneischen „Geistes der Wahrheit“ könnte darin begründet sein, dass man sich von homöischen bzw. anhomöischen Bekenntnissen distanzieren wollte, in denen diese Prädikation des öfteren vorkommt.174 5. Stattdessen wurde durch die Aufnahme des „Herrentitels“ 175 – unter Rückgriff auf biblische Sprache (II Kor 3,17–18) – die Gottheit des Geistes unterstrichen und diese mit dem ebenfalls gut biblischen Epitheton ζωοποιόν aus N Ant 176 verbunden, so dass es weiter unten gestrichen werden konnte.

173 Vgl. 174 Vgl. 175 Vgl. 257 f. 176 Vgl.

unten S. 68 f., 77–79, 99 f. Ferner Kelly 1972, S. 337. oben S. 27 mit Anm. 80. dazu De Halleux 1979(1990), S. 324; Abramowski 1992, S. 500; Staats 1999, S. 24 f., oben S. 27.

48

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

6. Der Verweis auf die Propheten (τὸ λαλῆσαν διὰ τῶν προφητῶν) wurde wohl eingefügt, um durch enge Bindung an das Alte Testament den Geist genauer zu bestimmen: Es ist der Geist der Propheten, der hier angebetet wird und dessen Identität dem Kontext von Altem und Neuem Testament zu entnehmen ist – damit konnte man enthusiastische Pneumatologien (wie etwa bei den Montanisten, die Montanus als den Parakleten verehrten und im 4. Jahrhundert in unterschiedlichen Ausprägungen durchaus noch existierten,177 oder bei den Messalianern und ähnlichen asketischen Gruppen178 ) abwehren und so verhindern, dass die trinitarische Doxologie gewissermaßen enthusiastisch „ausgehöhlt“ wurde.179 Umgekehrt wurde damit hervorgehoben, dass bereits im Alten Testament die Hypostase des Geistes präsent und aktiv gewesen war.180 Die Formel ist in älteren Bekenntnissen, vor allem wiederum bei Kyrill von Jerusalem, belegt, dessen Symbol hier eingewirkt haben dürfte.181 Ob dahinter II Petr 1,21 steht, wie Kelly und Staats vermutet haben,182 muss offenbleiben. (Man vgl. etwa auch Röm 1,2 und Hebr 1,1.)183

177 Vgl. Markschies 2012, Sp. 1218 f. (die Nachrichten sind aber spärlich und im Einzelnen unzuverlässig). 178 Vgl. Staats 1992, S. 608 f. 179 Zum Wirken des Heiligen Geistes im Alten Testament vgl. etwa Crouzel 1976, Sp. 532 f. (Irenäus), 535 (Origenes). 180 Anders zum Beispiel Theodor von Mopsuestia, Commentarius in XII prophetas minores zu Joel 2,28–32 (Sprenger 1977, S. 95, Z. 16–21): Παρέξω δὴ πᾶσιν, φησίν, πλουσίαν τὴν κηδεμονίαν τὴν ἐμήν· τοῦτο γὰρ λέγει τὸ ἐκχεῶ ἀπὸ τοῦ πνεύματός μου, τῶν ἐπὶ τῆς παλαιᾶς διαθήκης πνεῦμα μὲν ἅγιον μοναδικὸν ἐν ὑποστάσει κεχωρισμένως τῶν λοιπῶν θεοῦ τε ὂν καὶ ἐκ θεοῦ οὐκ ἐπισταμένων, πνεῦμα δὲ θεοῦ καὶ πνεῦμα ἅγιον καὶ πᾶν ὅ τι δήποτε τοιοῦτο τὴν χάριν αὐτοῦ καὶ τὴν κηδεμονίαν καὶ τὴν διάθεσιν καλούντων, […]. Ferner ebenda, zu Haggai 2,2–5a (Sprenger 1977, S. 311, Z. 16–20): Ἡ παλαιὰ δέ, ὡς ἔφην, πνεῦμα ἅγιον ἐν ἰδίῳ προσώπῳ καὶ ὑποστάσει ἰδίᾳ κεχωρισμένως τοῦ θεοῦ οὐκ ἠπίστατο, πνεῦμα δὲ ἅγιον ἐκάλει ἤτοι πνεῦμα θεοῦ τὴν χάριν αὐτοῦ ἢ τὴν ἐπιστασίαν ἢ τὴν κηδεμονίαν ἢ τὴν περί τι διάθεσιν, ἢ εἴ τι τοιοῦτον. Inwiefern Theodor hier ältere exegetische Traditionen reproduziert, deren Abwehr auf die Formulierung von C 2 eingewirkt haben könnte, ist ungewiss. 181 Vgl. ferner Langzeiliges Bekenntnis (FaFo § 145[10]); Epiphanios, Ancoratus 119,9 (FaFo § 175); Didascalia CCCXVIII patrum Nicaenorum (§ 176[4]); Bekenntnis des Amphilochios von Ikonion (FaFo 181[2]); Glaubensauslegung des Pseudo-Athanasius (FaFo § 185). 182 Vgl. Kelly 1972, S. 336 f.; Staats 1999, S. 258. Vgl. auch ebenda, S. 261–264. 183 Zur Diskussion, die hier dahinter stehen könnte, vgl. etwa das anonyme Katenenfragment (zu II Petr 1,20–21) bei Cramer 1840, S. 89, Z. 19–31: Οὐκ αὐτοί φησιν ἑαυτοὺς ἡρμήνευσαν οἱ προφῆται· οὐ γὰρ ἑαυτοῖς ἐφθέγγοντο, ἀλλὰ διακονοῦντες τῷ Πνεύματι τῷ Ἁγίῳ· τίς οὖν ἡ ἑρμηνεία αὐτῶν, ἢ τὰ ἔργα ἃ ἔδειξεν ὁ Χριστὸς ἐλθών; ὥστε ὁ τῶν προφητῶν τοὺς λόγους ἀκριβῶσαι βουλόμενος, τὴν εἰς τὸν Κύριον Ἰησοῦν πίστιν ἁρπάσει, δι’ ἧς τὰ τῶν προφητῶν γινώσκεται λόγια. Τὸν Ἰωάννην πρὸ ἡμῶν μαρτυροῦντα. Ὁ Χριστὸς ἔλθῃ ἀπ’ οὐρανοῦ, φωτίζων πάντα ἄνθρωπον. ἄντικρυς γοῦν δείκνυσιν, ὅτι τοῦ Ἁγίου Πνεύματος ἔστιν ἐνέργεια τὸ προφητεύειν· καὶ ὁ Παῦλος δὲ τῷ Ἁγίῳ Πνεύματι τὴν προφητείαν δίδωσι λέγων· “ἄλλῳ δὲ

4.3 Prinzipien der Redaktion von C 2

49

7.

Es muss dann zu Diskussionen darüber gekommen sein, ob die Kirche, die Taufe mit Sündenvergebung, die Auferstehung des Fleisches bzw. der Toten und das ewige Leben in N Ant ebenfalls Glaubensgegenstand und inwiefern sie dem Heiligen Geist und seiner Wirksamkeit zuzuordnen seien. Man muss schließlich entschieden haben, diese Punkte zwar mit aufzunehmen, aber ihnen einen niedrigeren „pisteologischen“ Status zuzuordnen. 8. Daher wurde nun (möglicherweise unter Rückgriff auf ähnliche Tendenzen 184 bereits in N Ant ) eine differenzierte „Affirmationshierarchie“ der in J und N Ant gleichermaßen übrig gebliebenen Symbolklauseln Kirche, Taufe und Sündenvergebung, Auferstehung und ewiges Leben eingeführt: Die Kirche wurde auf der einen Seite durch die doxologische Zäsur von der Trinität abgegrenzt, auf der anderen Seite blieb sie Glaubensgegenstand bzw. wurde im Vergleich zur Vorlage sogar erst zu diesem gemacht (ein Punkt, der mindestens im Westen bei der Auslegung des Romanums bzw. seiner Tochterbekenntnisse immer strittig gewesen ist 185 ). Auch hier könnte wiederum Kyrill von Jerusalem eingewirkt haben.186 Zu dieser Aufwertung der Kirche (die zum Geist nun eigentlich als 4. Artikel hinzutritt) passt, dass (mindestens gegenüber N Ant1) ihre Heiligkeit und Apostolizität eigens betont wird. Demgegenüber wurden das Bekenntnis zur Taufe „zur“ Sündenvergebung (wobei der Bezug auf die „eine“ Taufe, die weitere Waschungen ausschließt, wieder J entnommen scheint) sowie die Erwartung der Auferstehung der Toten und des ewigen Lebens nun nicht mehr als Inhalt der πίστις im engeren Sinne angesehen. 9. Dem „Bekennen“ (welches sprachlich weniger „stark“ als das „Glauben an“ ist) wurde die einmalige Taufe „zur Sündenvergebung“ zugeordnet, während die Auferstehung der Toten und das Leben des zukünftigen Äons nunmehr nur noch „erwartet“ werden. Nicht mehr ganz sicher erkennbar ist, welche Elemente hier genau aus N Ant übernommen wurden: Zu diesen zählen in jedem Fall τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον, μίαν ἐκκλησίαν καθολικήν, (εἰς) ἄφεσιν ἁμαρτιῶν und ἀνάστασιν. Das Bekenntnis zur Taufe „zur“ Sündenvergebung könnte auch J entnommen sein (und wäre dann in N Ant3 wiederum sekundär).

προφητεία,” [I Kor 12,10] καὶ τὰ ἑξῆς·οὐκοῦν ὁ προφητεύων ἀναμφιβόλως ἐξ Ἁγίου Πνεύματος γλώσσῃ ἐνεργουμένῃ ἀποφθέγγεται. 184 Das „Bekenntnis“ zur einen Taufe in N Ant3 könnte allerdings auch aus nachträglichem Einfluss von C 2 auf N Ant3 erklärbar sein. 185 Vgl. Westra 2017. 186 Vgl. ferner auch Epistula Arii et Euzoii ad Constantinum imperatorem (Urkunde 30 Opitz), 3 (FaFo § 131c); Apolinarios von Laodikeia, Fides secundum partem 32 (FaFo § 164a2); Epiphanios, Ancoratus 119,11 (FaFo § 175); Didascalia CCCXVIII patrum Nicaenorum (§ 176[9]); Glaubensauslegung des Pseudo-Athanasius (FaFo § 185).

50

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

10. Wegen der Differenzen zwischen N Ant1 und N Ant3 bleibt also unklar, ob die „Heiligkeit“ und „Apostolizität“ der Kirche und das Bekenntnis der Taufe bereits in N Ant enthalten waren oder ob, was ich einstweilen für wahrscheinlicher halte, umgekehrt C 2 auf N Ant3 zurückgewirkt hat. 11. Die Ersetzung des „Fleisches“ durch die „Toten“ diente sicher der Abwehr eines „fleischlichen“ Verständnisses dieses Vorgangs, welches unter anderem in der Eschatologie des Apolinarios und judenchristlicher Kreise in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts durchaus lebendig war.187 12. Die Erwähnung des „zukünftigen Äons“ nimmt Heb 6,5 auf. Mit der „Erwartung“ wird der „zukünftige Äon“ bereits in der Apologie des Aristides und bei Origenes verknüpft,188 entspricht aber auch (neu)nizänischer Theologie.189 Insgesamt lässt sich erkennen: 1. In Konstantinopel wurde vor allem der 3. Artikel weiter verändert, wodurch ein neues Bekenntnis, eben C 2, der „Glaube der 150 Väter“ entstand. Der Vergleich mit der Vorlage N Ant ergibt dabei, dass C 2 die Gottheit des Geistes noch stärker betont als die Vorlage.190 2. Deutlich ist sodann, dass die antiochenischen Symbole wenig Text bieten, der in C 2 nicht zu finden ist, während umgekehrt der Text von C 2 an einigen Stellen länger ist. In Kombination mit den oben genannten Bindevarianten

187 Vgl. Kinzig 2003. 188 Vgl. Aristides, Apologie, Frg. 15,3 (Vona 1950, S. 125): Ἔχουσι τὰς ἐντολὰς αὐτοῦ τοῦ Κυρίου Ἰησοῦ Χριστοῦ ἐν ταῖς καρδίαις κεχαραγμένας, καὶ ταύτας φυλάττουσι, προσδοκῶντες ἀνάστασιν νεκρῶν καὶ ζωὴν τοῦ μέλλοντος αἰῶνος. Origenes, Fragmenta in Lucam, Frg. 154 zu Lk 9,58, Z. 3 f. (Rauer 1959, S. 288): […] [ἐπ’ οὐδενὶ] τὴν ἀνάπαυσιν ἐνταῦθα μὴ προσδοκῶν, ἀλλ’ ἐν τῷ αἰῶνι τῷ μέλλοντι. 189 Vgl. Athanasius, Expositiones in Psalmos, zu Ps 111,1 (PG 27, Sp. 465B): […] ἀγαθὰς προσδοκίας εἰς τὸν μέλλοντα αἰῶνα παρέχεται. Ebenda, zu Ps 60,6 (PG 27, Sp. 572C–D; Eusebius und Athanasius zugeschrieben): Ἰστέον μέντοι, ὅτι ταῦτα αἴνιγμα ἔχει καὶ τῆς ἀληθοῦς κληρονομίας. Αὕτη δέ ἐστιν ἡ αἰώνιος ζωή. Ἀλλὰ μὴν αὕτη ἐν τῷ μέλλοντι αἰῶνι δοθήσεται· πῶς οὖν εἶπε, Δέδωκας; Ὅτι, εἰ καὶ προσδοκᾶται μετὰ τὴν ἀνάστασιν, ἀλλά γε τῷ ἤδη εὐπρέπεσθαι, δέδοται τοῖς αὐτὴν κατὰ καιρὸν τὸν δέοντα ληψομένοις (vgl. dazu auch Theodoret, Interpretatio in Psalmos, zu Ps 60,6 [PG 80, Sp. 1325C]). Basilius, Regulae morales 68 (PG 31, Sp. 805C): Ὅτι οὐ δεῖ τὰ ἰδιώματα τοῦ αἰῶνος τούτου καὶ μετὰ τὴν ἀνάστασιν προσδοκᾷν, ἀλλὰ ἀγγελικὸν καὶ ἀπροσδεῆ βίον εἰδέναι ἐν τῷ μέλλοντι αἰῶνι. Didymos, Fragmenta in Psalmos, Frg. 22 (Mühlenberg 1975–78, Bd. I, S. 130, Z. 1 f.): Εἰ καὶ οὗτοι ἀπὸ τῶν ἡδέων αὑτοῖς ἔδοξαν πληθύνεσθαι, ἀλλά γε ἐγὼ προσδοκῶν αἰῶνα μέλλοντα καὶ μισθὸν ὀρθῆς πολιτείας […]. Ebenda, Frg. 624a (Mühlenberg 1975–78, Bd. II, S. 35, Z. 17 f.): Εἰ γὰρ καὶ προσδοκᾶται δοθησομένη κατὰ τὴν ἀνάστασιν ἐν τῷ μέλλοντι αἰῶνι, […]. 190 Anders Kelly 1972, S. 337: „Ein oftmals als seltsam empfundenes Merkmal dieses Artikels über den Geist ist die verhältnismäßig große Milde seines Tons.“

4.4 Das kurze Bekenntnis von Konstantinopel (C 1 )

51

zwischen Antiochien und C 2 ist davon auszugehen, dass C 2 eine weitere Überarbeitungsstufe ist. 3. Die Gemeinsamkeiten zwischen N und C 2 sowie zwischen J und C 2 weisen darüber hinaus darauf hin, dass die Revision von C 2 nicht allein auf der Basis der antiochenischen Symbole durchgeführt wurde, sondern N und J ebenfalls vorlagen. 4. Im 3. Artikel gab es offenbar zwei Revisionsstufen: nämlich den Abschluss mit Doxologie, der folgendermaßen gelautet haben dürfte: καὶ εἰς τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον, τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ συμπροσκυνούμενον καὶ συνδοξαζόμενον. Er ist sicher älter als C 2. Diese Form des 3. Artikels wurde jedoch verworfen, weil sich durch die übrige Symbolentwicklung auch die Berücksichtigung der nun im 3. Artikel enthaltenen Stücke nahelegte. 5. Die so entstandene Revisionsstufe C 2, das Symbol der 150 Väter, war mutmaßlich deshalb nicht konsensfähig, weil sie sich am Ende zu weit von N entfernt hatte und von den Konzilsvätern darum nicht akzeptiert wurde.

4.4 Das kurze Bekenntnis von Konstantinopel (C 1 ) Nun kommt erschwerend hinzu, dass in einer unlängst entdeckten Homilie des Nestorios ein Symbol erhalten ist, welches aus Konstantinopel stammen muss.191 Es weist große Ähnlichkeiten mit C 2 auf, ist aber insgesamt (vor allem im 3. Artikel) kürzer. Schon bei meiner Edition dieser Homilie habe ich angedeutet, dass das dort zitierte Symbol in der bei Nestorios erhaltenen Form in Konstantinopel approbiert worden sein dürfte. Dass es kein Partikularsymbol des Nestorios gewesen ist, ergibt sich aus der Übereinstimmung des 1. Artikels mit dem Symbol des Proklos von Konstantinopel.192 Ganz offensichtlich war es in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts in der östlichen Hauptstadt als Taufsymbol in Gebrauch. Abgesehen davon ist es in entscheidenden Formulierungen mit C 2 identisch. Blicken wir nun auf das Bekenntnis des Nestorios im Vergleich zu N, N Ant und C 2. Falls meine Theorie stimmt, dass N Nest eine in Konstantinopel gebilligte Version von N mit gegenüber C 2 kürzerem 3. Artikel (neben einigen weiteren Unterschieden) ist (also N Nest = C 1), müssten N Nest und C 2 theologisch bedeutsame Bindevarianten gegenüber N und N Ant aufweisen. Dabei beschränke ich

191 Zur Edition und zur Diskussion der Herkunft vgl. Kinzig, Zwei neuentdeckte Predigten, 2020. 192 Vgl. Mystagogia in baptisma 4,16. 19. 20. 21. 23 und 9,55. Dazu Kinzig, Zwei neuentdeckte Predigten, 2020, S. 486.

52

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

mich im Folgenden auf den Vergleich mit N Ant1 und führe außerdem das Bekenntnis im Liber Heraclidis, dessen Zuschreibung an Nestorios nicht völlig gesichert ist (N Her),193 separat auf.

193 Vgl. unten S. 103.

Πιστεύομεν εἰς ἕνα θεόν,

πατέρα, παντοκράτορα,

ὁρατῶν τε καὶ ἀοράτων

ποιητήν·

καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν, τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ, τὸν πρωτότοκον πάσης κτίσεως, τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα

Πιστεύομεν εἰς ἕνα θεόν,

πατέρα, παντοκράτορα,

πάντων ὁρατῶν τε καὶ ἀοράτων

ποιητήν·

καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν, τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ

τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα

Πιστεύω εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν, τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ,

Πιστεύω εἰς ἕνα [καὶ μόνον] θεὸν [ἀληθινόν], πατέρα, παντοκράτορα, κτίστην πάντων ὁράτων τε καὶ ἀοράτων ποιημάτων.

Nestorios (N Nest = C 1)196

Πιστεύομεν εἰς ἕνα θεόν,

Bekenntnis von Konstantinopel (C 2, 381)198

τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα

καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν, τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ,

ποιητήν·

τὸν ἐκ τοῦ πατρὸς γεννηθέντα

καὶ εἰς ἕνα κύριον Ἰησοῦν Χριστόν, τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ,

πατέρα, παντοκράτορα, ποιητὴν οὐρανοῦ καὶ γῆς πάντων ὁρατῶν καὶ ἀοράτων ὁρατῶν τε πάντων καὶ ἀοράτων·

πατέρα, παντοκράτορα,

Πιστεύομεν εἰς ἕνα θεόν,

Nestorios (Liber Heraclidis; N Her)197

194 Vgl. FaFo § 135c. 195 Vgl. FaFo § 180a. 196 Vgl. Kinzig, Zwei neuentdeckte Predigten, 2020, S. 479 f. Ferner FaFo § 197a–g. Zu den Unterschieden in den Fassungen vgl. Kinzig, Zwei neuentdeckte Predigten, 2020, S. 481–489. 197 Vgl. FaFo § 197h. 198 Nach Konzil von Chalkedon, Actio II(III) 14 (FaFo § 184e1).

γεννηθέντα ἐκ τοῦ πατρός,

Theodor v. Mopsuestia (N Ant1, 379–392)195

Nizänum (N; 325)194

4.4 Das kurze Bekenntnis von Konstantinopel (C 1 )

53

καὶ σαρκωθέντα,

τὰ πάντα ἐγένετο τά τε ἐν τῷ οὐρανῷ καὶ τὰ ἐν τῇ γῇ, τὸν δι᾿ ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν κατελθόντα

μονογενῆ, τουτέστιν ἐκ τῆς οὐσίας τοῦ πατρός, θεὸν ἐκ θεοῦ, φῶς ἐκ φωτός, θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ, γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα, ὁμοούσιον τῷ πατρί, δι᾿ οὗ

Nizänum (N; 325)

(fortgesetzt)

τὸν δι᾿ ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν κατελθόντα ἐκ τῶν οὐρανῶν καὶ σαρκωθέντα

ὁμοούσιον τῷ πατρί, δι᾿ οὗ οἱ αἰῶνες κατηρτίσθησαν καὶ τὰ πάντα ἐγένετο,

καὶ σαρκωθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου

κατελθόντα

θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ, γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα, ὁμοούσιον τῷ πατρί,

πρὸ πάντων τῶν αἰώνων,

πρὸ πάντων τῶν αἰώνων καὶ οὐ ποιηθέντα,

θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ,

Nestorios (N Nest = C 1)

Theodor v. Mopsuestia (N Ant1, 379–392)

καὶ σαρκωθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου

τὰ πάντα ἐγένετο τά τε ἐν τῷ οὐρανῷ καὶ τὰ ἐν τῇ γῇ, τὸν δι᾿ ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν κατελθόντα

τουτέστιν ἐκ τῆς οὐσίας τοῦ πατρός, θεὸν ἐκ θεοῦ, καὶ φῶς ἐκ φωτός, θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ, γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα, ὁμοούσιον τῷ πατρί, δι᾿ οὗ

Nestorios (Liber Heraclidis; N Her)

τὸν δι᾿ ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν κατελθόντα ἐκ τῶν οὐρανῶν καὶ σαρκωθέντα ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου

τὰ πάντα ἐγένετο,

φῶς ἐκ φωτός, θεὸν ἀληθινὸν ἐκ θεοῦ ἀληθινοῦ, γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα, ὁμοούσιον τῷ πατρί, δι᾿ οὗ

πρὸ πάντων τῶν αἰώνων,

Bekenntnis von Konstantinopel (C 2, 381)

54 4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

καὶ εἰς ἕν πνεῦμα ἅγιον,

πνεῦμα τῆς ἀληθείας,

καὶ εἰς τὸ ἅγιον πνεῦμα.

[Anathematismen]

τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον, πνεῦμα ζωοποιόν,

κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς·

ταφέντα καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ κατὰ τὰς γραφὰς καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ καθεζόμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ θεοῦ καὶ πάλιν ἐρχόμενον

ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου,

καὶ ἐνανθρωπήσαντα, γεννηθέντα ἐκ Μαρίας τῆς παρθένου καὶ σταυρωθέντα

κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς·

ἐρχόμενον

ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανούς,

καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ,

παθόντα

ἐνανθρωπήσαντα,

τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ

τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ συμβασιλεῦον

καὶ εἰς τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον,

σταυρωθέντα τε ὑπὲρ ἡμῶν ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου καὶ παθόντα καὶ ταφέντα καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ κατὰ τὰς γραφὰς καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς καὶ καθεζόμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ πατρὸς καὶ πάλιν ἐρχόμενον μετὰ δόξης κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς, οὗ τῆς βασιλείας οὐκ ἔσται τέλος·

καὶ ἐνανθρωπήσαντα

τὸ κύριον καὶ ζωοποιόν, τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον,

[Anathematismen]

κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς·

καὶ ἐρχόμενον

καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς

καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ

καὶ παθόντα

καὶ ἐνανθρωπήσαντα,

τὸ κύριον καὶ ζωοποιόν, τὸ ἐκ τοῦ πατρὸς ἐκπορευόμενον,

Πιστεύω καὶ εἰς τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον,

κρῖναι ζῶντας καὶ νεκρούς.

καὶ πάλιν ἐρχόμενον

καὶ ἀνελθόντα εἰς τοὺς οὐρανοὺς

καὶ ταφέντα καὶ ἀναστάντα τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ

καὶ σταυρωθέντα

καὶ ἐνανθρωπήσαντα

4.4 Das kurze Bekenntnis von Konstantinopel (C 1 )

55

Nizänum (N; 325)

(fortgesetzt)

ἀνάστασιν σαρκὸς καὶ ζωὴν αἰώνιον.

ἄφεσιν ἁμαρτιῶν,

μίαν ἐκκλησίαν καθολικήν,

Theodor v. Mopsuestia (N Ant1, 379–392)

καὶ συμπροσκυνούμενον καὶ συνδοξαζόμενον, τὸ λαλῆσαν διὰ τῶν προφητῶν. Πιστεύω εἰς μίαν καθολικὴν καὶ ἀποστολικὴν ἐκκλησίαν.

Nestorios (N Nest = C 1)

Nestorios (Liber Heraclidis; N Her)

Προσδοκῶμεν ἀνάστασιν νεκρῶν καὶ ζωὴν τοῦ μέλλοντος αἰῶνος. Ἀμήν.

συμπροσκυνούμενον καὶ συνδοξαζόμενον, τὸ λαλῆσαν διὰ τῶν προφητῶν· εἰς μίαν, ἁγίαν, καθολικὴν καὶ ἀποστολικὴν ἐκκλησίαν. Ὁμολογοῦμεν ἓν βάπτισμα εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν.

Bekenntnis von Konstantinopel (C 2, 381)

56 4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

4.4 Das kurze Bekenntnis von Konstantinopel (C 1 )

57

Die Varianten in N Nest (= C 1) stellen sich folgendermaßen dar:199 (1) N Nest: κτίστην ≠ N, N Ant1, N Her, C 2: Sondervariante (2) N Nest, (N Her): πάντων ὁράτων τε καὶ ἀοράτων = N, (C 2 ), ≠ N Ant1 (3) N Nest: ποιημάτων ≠ N, N Ant1, N Her, C 2: Sondervariante (4) N, N Ant1, N Her, C 2: ποιητήν ≠ N Nest: Sondervariante (5) N Nest, N Her: τὸν μονογενῆ = N Ant1, C 2, ≠ N (6) N Ant1: τὸν πρωτότοκον πάσης κτίσεως ≠ N, N Nest, N Her, C 2 (7) N Nest: πρὸ πάντων τῶν αἰώνων = N Ant1, C 2, ≠ N, N Her (8) N Ant1: καὶ οὐ ποιηθέντα ≠ N, N Nest, N Her, C 2 (9) N: μονογενῆ ≠ N Ant1, N Nest, N Her, C 2 (siehe oben: τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ τὸν μονογενῆ) (10) N: τουτέστιν ἐκ τῆς οὐσίας τοῦ πατρός = N Her, ≠ N Ant1, N Nest, C 2 (11) N: θεὸν ἐκ θεοῦ = N Her, ≠ N Ant1, N Nest, C 2 (12) N: φῶς ἐκ φωτός = N Her, C 2, ≠ N Ant1, N Nest (13) N Nest, N Her: γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα = N, C 2, ≠ N Ant1 (14) N: δι᾿ οὗ = N Ant1, N Her, C 2, ≠ N Nest: Sondervariante (15) N Ant1: οἱ αἰῶνες κατηρτίσθησαν ≠ N, N Nest, N Her, C 2 (16) N: τὰ πάντα ἐγένετο = N Ant1, N Her, C 2, ≠ N Nest: Sondervariante (17) N: τά τε ἐν τῷ οὐρανῷ καὶ τὰ ἐν τῇ γῇ = N Her, ≠ N Ant1, N Nest, C 2 (18) N: τὸν δι᾿ ἡμᾶς τοὺς ἀνθρώπους καὶ διὰ τὴν ἡμετέραν σωτηρίαν = N Ant1, N Her, C 2, ≠ N Nest: Sondervariante (19) N Ant1: ἐκ τῶν οὐρανῶν = C 2, ≠ N, N Nest, N Her (20) N Nest, N Her: ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ Μαρίας τῆς παρθένου = C 2, ≠ N, N Ant1 (21) N Ant1: γεννηθέντα ἐκ Μαρίας τῆς παρθένου ≠ N, N Nest, N Her, C 2 (22) N Nest: σταυρωθέντα = N Ant1, C 2, (23) C 2: ὑπὲρ ἡμῶν ≠ N, N Ant1, N Nest, N Her (24) N Ant1: ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου = C 2, ≠ N, N Nest, N Her (25) N: παθόντα = N Her, C 2, ≠ N Ant1, N Nest (26) N Nest: ταφέντα = N Ant1, C 2, ≠ N, N Her (27) N Ant1: κατὰ τὰς γραφάς = C 2, ≠ N, N Nest, N Her (28) N Ant1: καὶ καθεζόμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ θεοῦ = C 2 (πατρός), ≠ N, N Nest, N Her (29) N Nest: πάλιν = N Ant1, C 2 ≠ N, N Her (30) C 2: μετὰ δόξης ≠ N, N Ant1, N Nest, N Her (31) C 2: οὗ τῆς βασιλείας οὐκ ἔσται τέλος ≠ N, N Ant1, N Nest, N Her Ab hier fällt N Her aus. (32) N Ant1: ἕν (πνεῦμα) ≠ N, N Nest, C 2 Hier endet N. 199 Vgl. dazu auch Kinzig, Zwei neuentdeckte Predigten, 2020, S. 486–489. Ich übergehe hier den Sonderfall der nicht in N Ant1, sondern nur in N Ant2 belegten Variante καὶ μόνον θεὸν ἀληθινόν im 1. Artikel, die ich a. a. O., S. 486 diskutiert habe. Vgl. dazu auch oben S. 51 mit Anm. 192.

58

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

(33) N Ant1: πνεῦμα τῆς ἀληθείας ≠ N Nest, C 2 (34) N Nest: τὸ κύριον καὶ ζωοποιόν = C 2, ≠ N Ant1 (35) N Ant1: πνεῦμα ζωοποιόν ≠ N Nest, C 2 (36) N Nest: τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ = C 2, ≠ N Ant1 (37) N Nest: συμβασιλεῦον ≠ N Ant1, C 2, Sondervariante (38) N Nest: συμπροσκυνούμενον καὶ συνδοξαζόμενον = C 2, ≠ N Ant1 (39) N Nest: τὸ λαλῆσαν διὰ τῶν προφητῶν = C 2, ≠ N Ant1 (40) C 2: ἁγίαν ≠ N Ant1, N Nest (41) N Nest: ἀποστολικήν = C 2, ≠ N Ant1 Hier endet N Nest. Im Folgenden betrachte ich die Varianten wieder in unterschiedlichen Kombinationen (in Auswahl). Dabei werden die Differenzen und Gemeinsamkeiten ab dem pneumatologischen Artikel durch // abgegrenzt. Sondervarianten von N Nest gegenüber allen anderen Bekenntnissen: (1), (3), (4), (14), (16), (18), // (37) Varianten gegenüber einzelnen anderen Symbolen (die Sondervarianten von N Nest [die natürlich identisch mit denen der obigen Liste sind]) sind im Folgenden kursiv gesetzt): – Trennvarianten von N Nest gegenüber N: (1), (3), (4), (5), (7), (9), (10), (11), (12), (14), (16), (18), (20), (22), (25), (26), (29) // – Trennvarianten von N Nest gegenüber N Ant1: (1), (2), (3), (4), (6), (8), (13), (14), (15), (16), (18), (19), (20), (21), (24), (27), (28) // (32), (33), (34), (35), (36), (37), (38), (39), (41) – Trennvarianten von N Nest gegenüber N Her: (1), (3), (4), (7), (10), (11), (12), (14), (16), (17), (18), (22), (25), (26), (29) // – Trennvarianten von N Nest gegenüber C 2: (1), (3), (4), (12), (14), (16), (18), (19), (23), (24), (25), (27), (28), (30), (31), // (37), (40) – Bindevarianten N und N Ant1 gegenüber N Nest: (1), (3), (4), (14), (16), (18), (20) // – Bindevarianten N und N Nest gegenüber N Ant1: (2), (6), (8), (13), (15), (19), (21), (24), (27), (28) // (32) – Bindevarianten N und N Nest gegenüber N Her: keine – Bindevarianten N und N Nest gegenüber C 2: (23), (24), (27), (28), (30), (31) // – Bindevarianten N und N Her gegenüber N Nest: (1), (3), (4), (7), (10), (11), (12), (14), (16), (17), (18), (22), (25), (26), (29) // – Bindevarianten N und C 2 gegenüber N Nest: (1), (3), (4), (12), (14), (16), (18), (25) // – Bindevarianten N Ant1 und N Nest gegenüber N: (5), (7), (9), (10), (11), (12), (17), (22), (25), (26), (29) //

4.4 Das kurze Bekenntnis von Konstantinopel (C 1 )

– – – – – – – – – – – –

59

Bindevarianten N Ant1 und N Nest gegenüber C 2: (12), (23), (25), (30), (31), // (40) Bindevariante N Ant1 und N Nest gegenüber N und C 2: (12), (25) // Bindevarianten N Nest und C 2 gegenüber N Her: (7), (10), (11), (17), (22), (26), (29) // Bindevarianten N Her und C 2 gegenüber N Nest: (1), (3), (4), (12), (14), (16), (18), (25) // Bindevarianten N Nest und N Her gegenüber N: (5), (9), (20) // Bindevarianten N Nest und N Her gegenüber C 2: (19), (23), (24), (27), (28), (30), (31) // Bindevarianten N Nest, N Her und N gegenüber C 2: (19), (23), (24), (27), (28), (30), (31) // Bindevarianten N Nest, N Her und C 2 gegenüber N: (5), (9), (20) // Bindevarianten N Ant1 und C 2 gegenüber N Nest: (1), (3), (4), (14), (16), (18), (19), (24), (27), (28), // (37) Bindevarianten N Nest und C 2 gegenüber N: (5), (7), (9), (10), (11), (17), (20), (22), (26), (29) // Bindevarianten N Nest und C 2 gegenüber N Ant1: (2), (6), (8), (13), (15), (20), (21) // (32), (33), (34), (35), (36), (38), (39), (41) Bindevarianten N Nest und C 2 gegenüber N und N Ant1: (20) //

Schlussfolgerungen: 1. N Nest ist mit keinem der anderen Symbole identisch. Es gibt eine ganze Reihe von Sondervarianten, die sich hauptsächlich daraus ergeben, dass N Nest kürzer ist als die anderen Symbole. Die Lesart συμβασιλεῦον im pneumatologischen Artikel ist hingegen in der ganzen Symboltradition einzigartig.200 2. Es ist anhand der Zahl der Bindevarianten N und N Her gegenüber N Nest im Unterschied zu den Bindevarianten N und N Nest gegenüber N Her sowie an den Anathematismen unschwer erkennbar, dass N Her N wesentlich näher steht als N Nest. 3. Umgekehrt stellt sich das Verhältnis von N Nest bzw. N Her zu C 2 komplexer dar. 4. Schließlich gibt es eine hohe Zahl von Trennvarianten zwischen N Nest und N Her. Die Verfasserschaft von N Her muss daher hier offenbleiben. Ich betrachte N Her im Folgenden nicht weiter.201 5. Mit C 2 weist N Nest eine hohe Zahl von Gemeinsamkeiten auf, wie sich an den Bindevarianten gegenüber den anderen Symbolen erkennen lässt. Das gilt vor allem für den pneumatologischen Artikel. 200 Vgl. dazu im Einzelnen Kinzig, Zwei neuentdeckte Predigten, 2020, S. 472 f. 201 Vgl. aber unten S. 103.

60

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

6. Mit N Ant1 weist N Nest ebenfalls eine Reihe von Gemeinsamkeiten auf. 7. Nicht zuletzt aus der Nennung von Heiligem Geist und Jungfrau Maria bei der Fleischwerdung sowie dem pneumatologischen Artikel ergibt sich, dass N Nest insgesamt C 2 deutlich näher steht als N Ant1. Es kann eigentlich kein Zweifel daran bestehen, dass N Nest und C 2 in einem engen Zusammenhang entstanden sein müssen. An anderer Stelle habe ich aber bereits gezeigt, dass N Nest nicht Vorlage für C 2 und umgekehrt auch keine Kürzung von C 2 gewesen sein kann, weil beide nicht unbeträchtliche Unterschiede aufweisen, die sich so nicht erklären lassen.202 8. Lässt man die Sondervarianten in N Nest einmal außer Betracht, so bleiben als überschießender Text in N Ant1 und C 2 gegenüber N Nest übrig: ἐκ τῶν οὐρανῶν (fehlt in N Ant2 ), ἐπὶ Ποντίου Πιλάτου, κατὰ τὰς γραφάς, καὶ καθεζόμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ θεοῦ (fehlt in N Ant2 ). Das heißt vermutlich, dass N Ant1 einen von N Nest unabhängigen Einfluss auf C 2 ausgeübt hat. 9. Gleichzeitig gibt es allerdings auch eine Reihe von Bindevarianten zwischen N und N Nest gegenüber N Ant1. Das lässt sich eigentlich nur so erklären, dass bei der Abfassung von N Nest auch auf N zurückgegriffen wurde. Dazu passt die Feststellung, dass Nestorios stets davon ausging, eine Version von N vor sich zu haben, da er sich in seiner Kontroverse mit Kyrill hermeneutisch immer auf eine literale Exegese von N berief.203 Dies ergibt nur dann einen Sinn, wenn das ihm vorliegende Bekenntnis weiterhin als N firmierte. N Nest/C 1 dürfte also wie C 2 eine Überarbeitung von N Ant1 sein, zu der auch N und J hinzugezogen wurden. Das ist im Folgenden noch genauer zu zeigen: 1. Die Änderung im 1. Artikel besteht in der Wiederaufnahme (?)204 von πάντων und der präzisierenden Hinzufügung von ποιημάτων, die dann aus stilistischen Gründen die Änderung von ποιητήν in κτίστην zur Folge hatte.

202 Vgl. Kinzig, Zwei neuentdeckte Predigten, 2020, S. 489. 203 Vgl. dazu Graumann 2002, S. 286, Anm. 30; Smith 2018, S. 38–42. Besonders instruktiv ist hierfür Kyrills Auseinandersetzung mit Nestorios in Contra Nestorium 1,7–8: Beide Seiten streiten um den genauen Wortlaut von N, wobei Kyrill Nestorios die Abänderung des Symbols unterstellt, obwohl dieser sich gerade auf den ursprünglichen Text zu berufen glaubte (v. a. ACO I 1/7, S. 28, Z. 24–27; 29, Z. 11–13; dazu schon Schwartz 1926, S. 82 f.; ferner Gerber 2000, S. 277; Smith 2018, S. 49 f.). Diese Auseinandersetzung wird sich auf der 1. Sitzung von Chalkedon zwischen Diogenes von Kyzikos und den ägyptischen Bischöfen in veränderter Form wiederholen, wo man allerdings sehr genau wusste, dass N nachträglich verändert worden war (vgl. unten S. 109 f.). Vgl. sodann auch Proklos von Konstantinopel, der sich in seinem Tomus ad Armenios 33 auf N bezieht (FaFo § 210b). Proklos dürfte dasselbe Bekenntnis wie Nestorios gehabt haben (vgl. oben S. 51 mit Anm. 192). 204 Vgl. dagegen allerdings N Ant2.

4.4 Das kurze Bekenntnis von Konstantinopel (C 1 )

2. 3. 4. 5.

6. 7. 8. 9. 10.

11.

12.

61

Dafür blieb der auf Joh 17,3 Bezug nehmende Zusatz καὶ μόνον ἀληθινόν aus N Ant2 (möglicherweise noch) stehen. In C 2 hat man das anders (und besser) gelöst.205 Zur Auslassung von τὸν πρωτότοκον πάσης κτίσεως vgl. oben zu C 2.206 Zur Auslassung von καὶ οὐ ποιηθέντα vgl. oben zu C 2.207 Die Einfügung von γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα entspricht N (so auch C 2 ).208 Die folgenden Auslassungen einer Reihe von Aussagen in N Ant1 (teilweise in Übereinstimmung mit J) dürften durch das Bemühen um Kürze im Sinne katechetischer „Handhabbarkeit“ verursacht sein. Umgekehrt sind für die Hinzufügung von Heiligem Geist und Jungfrau dieselben Gründe wie oben zu C 2 namhaft zu machen.209 Die Auslassung des Pontius Pilatus und von κατὰ τὰς γραφάς entspricht N und J. Die Auslassung von καὶ καθεζόμενον ἐν δεξιᾷ τοῦ θεοῦ entspricht N. Zum pneumatologischen Artikel gilt, soweit N Nest mit C 2 übereinstimmt, das oben zu C 2 Gesagte.210 Den in der theologischen Diskussion der Zeit zwar nicht ungebräuchlichen, aber in der Symboltradition dann doch singulären Zusatz συμβασιλεῦον kann ich nicht erklären.211 Auffällig ist, dass auch in N Nest der 3. Artikel nicht mit der (sicher älteren) doxologischen Formel τὸ σὺν πατρὶ καὶ υἱῷ (συμβασιλεῦον καὶ) συμπροσκυνούμενον καὶ συνδοξαζόμενον abschloss, dürfte dies doch die Formel sein, mit der Basilius seine Rezitation von N beendete.212 Die Streichung der Sündenvergebung, der Auferstehung des Fleisches und des ewigen Lebens (N Ant1) lässt sich erneut allein mit dem Bemühen um Kürze erklären.

Zusammenfassend lässt sich also feststellen: 1. Das Bekenntnis Theodors (dem sich dann die weitere antiochenische Tradition anschließt) ist im Wesentlichen eine auf der Basis von N unter Hinzuziehung von R und J hergestellte Rezension, wobei sich gerade im christologischen Artikel auch antiochenische Besonderheiten finden.

205 206 207 208 209 210 211 212

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

oben S. 38. oben S. 38. oben S. 38. oben S. 38. oben S. 38–45. oben S. 45–50. dazu auch S. 59. oben S. 47 und unten S. 68 f., 77–79.

62

4 Die Herkunft des Symbols von Konstantinopel

2.

Die Untersuchung des Bekenntnisses des Nestorios und des Nicaeno-Constantinopolitanums ergibt, dass hier weitere Redaktionsstufen von N vorliegen, die auf der Basis von N Ant erfolgten, bei denen man aber erneut auf N und darüber hinaus auch auf J zurückgriff. 3. Ferner müssen C 1 und C 2 in enger Nachbarschaft zueinander entstanden sein; sie gehen aber nicht auseinander hervor. 4. Aus Äußerungen des Nestorios ergibt sich, dass N Nest (= C 1) als eine Version von N angesehen wurde.213 5. Aus der Behandlung von C 2 in Chalkedon ergibt sich, dass dieses Bekenntnis nicht mehr als N, sondern als das „der 150 Väter“ betrachtet wurde.214 6. Das kann eigentlich nichts anderes bedeuten, als dass in Konstantinopel 381 zwei Versionen von C erarbeitet wurden, wobei C 1 die dort approbierte Fassung darstellt, die weiterhin als N angesehen wurde. Wie lässt sich dieser Befund nun in die historischen Abläufe einordnen? Dazu müssen wir uns zunächst der Frage zuwenden, welche Hinweise es dafür gibt, dass N als nicht mehr ausreichend angesehen wurde und sich somit die Frage einer Revision stellte.

213 Vgl. oben Anm. 203 und unten S. 104. 214 Vgl. dazu unten S. 111 f.

5 Debatten um die Suffizienz von N unter den Nizänern Diskussionen um die Frage, ob man N durch Zusätze gegen neu entstandene „Häresien“ absichern solle, reichten lange zurück. Sie nahmen in dem Moment an Fahrt auf, in dem sich gegen das homöische Reichsbekenntnis eine Opposition formiert hatte, welche N zu neuer Geltung zu bringen gedachte.215 Auch wenn klar war, dass N durch das ὁμοούσιος und die sich daran anschließende Diskussion gegen homöusianische oder homöische Missverständnisse gefeit war, musste die Frage entstehen, (1) ob der christologische Artikel umgekehrt gegen Auffassungen schützte, in denen die Menschheit des Inkarnierten zu wenig betont wurde, und (2) ob der knappe pneumatologische Artikel ausreichte, um die Homousie des Geistes sicher zu stellen. Offensichtlich hatte es bereits auf dem (westlichen) Konzil von Serdica (342) in Anwesenheit von Athanasius Debatten um die Suffizienz von N gegeben. Man sah aber hier durchaus noch die Möglichkeit, den nizänischen Glauben in ausführlicheren Erläuterungen gegen arianische Missverständnisse und Missdeutungen zu schützen.216 Die Glaubenserklärung von Serdica war so zu verstehen, dass der Text von N unverändert blieb, aber in einem kleinen theologischen Traktat expliziert wurde, der selbst nicht als πίστις gedacht war. Im Hinblick auf N selbst galt vielmehr, wie der Brief des Ossius von Cordoba und des Protogenes von Serdica an Julius von Rom bezeugt, die von nun an immer wiederholte sog. Kanonisierungsformel, man dürfe zu einem vorliegenden Text „nichts hinzufügen oder wegnehmen“.217 Sie ist biblisch in Apk 22,18–19 belegt, wo wiederum Dtn 4,2 bzw. 13,1 aufgenommen ist (vgl. auch Koh 3,14), fand aber auch sonst breite Verwendung.218 Sie wurde hier erstmals auf einen Bekenntnistext, eben das Nizänum, angewendet und trug so maßgeblich zu dessen Sakralisierung und damit auch Unveränderlichkeit bei. Das hatte auch zur Folge, dass Athanasius noch zwei Jahrzehnte später behaupten konnte, Serdica habe keine neue πίστις verabschiedet.219 Jahrhundertelang wurde dann ab der endgültigen

215 Zur Vorgeschichte der (Nicht-)Rezeption Nizäas vgl. jetzt Smith 2018, S. 13–22. Aus der älteren Literatur vgl. u. a. De Halleux 1985(1990), S. 25–42; Gerber 2000, bes. S. 97–99. 216 Vgl. das Fragment des Briefes des Ossius von Cordoba und des Protogenes von Serdica an Julius von Rom (Urkunde 43.6 bei Brennecke et al. 2007; FaFo § 144b) sowie die Zusammenfassung bei Sozomenos, Historia ecclesiastica 3,12,6 (Urkunde 43.6 bei Brennecke et al. 2007). Das Bekenntnis selbst findet sich unter FaFo § 144a. 217 Vgl. FaFo § 144b[1]. 218 Vgl. dazu van Unnik 1949(1980). 219 Vgl. Tomus ad Antiochenos 5,1 (FaFo § 144c). https://doi.org/10.1515/9783110720952-005

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Durchsetzung des Neunizänismus dieser Grundsatz der Unveränderlichkeit unter Berufung auf die Kanonisationsformel mantraartig wiederholt,220 wobei aber nicht immer klar war, was das konkret bedeutete, ob es vor allem jeglichen verdeutlichenden Zusatz ausschloss und wie dieser gegebenenfalls auszusehen hätte (als Änderung der Formel oder als Appendix). Im Westen versuchte man das Problem zunächst in der Weise zu lösen, dass man auf der Synode von Rimini im Juli 359 die unverbrüchliche Geltung von N feststellte und den Grundsatz erließ, es dürfe daran nichts verändert und das hieß auch: nichts zugesetzt werden.221 Dass eine solche Position angesichts der obwaltenden religionspolitischen Verhältnisse nicht durchzuhalten war, machten die weiteren Entwicklungen in Rimini und anschließend die Oktroyierung der homöischen Bekenntnisse von Niké bzw. Konstantinopel deutlich.222 Im Osten war dann auf der Synode von Alexandrien, die im Jahre 362 nach der Rückkehr des Athanasius in die ägyptische Hauptstadt abgehalten wurde, die Suffizienz von N Thema. Hier gab es Debatten um die Gottheit des Heiligen Geistes sowie um die Annahme des ganzen Menschen in der Inkarnation. Die von der Synode propagierte Lösung bestand auch hier nicht in einer Änderung von N selbst (man bestritt sogar, dass Serdica eine neue Glaubensdefinition verabschiedet habe223 ), aber doch in einer Ergänzung der Anathematismen um solche, die verdammten, wer behaupte, „der Heilige Geist sei ein Geschöpf und vom Wesen Christi getrennt“.224 Dementsprechend betonten auch Eusebius von Vercelli und Paulinos von Antiochien in ihren Unterschriften unter den Tomos

220 Vgl. z. B. Glaubensdefinition des Konzils von Rimini 359 (FaFo § 564a); Ambrosius, Explanatio symboli 7 (§ 15a2); Pseudo-Athanasius (Didymos?), De sancta trinitate dialogus 3,1 (§ 183); Konzil von Ephesus (431), Collectio Atheniensis 48, 4 (Relatio orientalium; § 205); ebenda, Collectio Vaticana 163 / Orientalium relatio ad imperatores (ACO I 1,5, S. 134, Z. 38 – 135, Z. 4); Kyrill, Epistula 33, 5 (an Akakios von Beröa); Johannes von Antiochien in Collectio Atheniensis 105; Brief Theodosius’ II. an Dioskur von Alexandrien (Konzil von Chalkedon, Actio I, 52 [ACO II 1, S. 74, Z. 24–27; vgl. dazu auch unten S. 113]); Konzil von Chalkedon, Actio IV, 6 (§ 570d[6]). Zu den Belegen im Zusammenhang mit Ephesus II (449) vgl. unten Anm. 481. Zu Chalkedon und der späteren Zeit auch unten Anm. 469, 522, 672, 673, 675, 680, 715. 221 Vgl. FaFo § 564 in Verbindung mit § 135d4. 222 Zu den Ereignissen in Rimini vgl. Brennecke et al. 2014, S. 445 f. 223 Vgl. oben Anm. 219 sowie Tetz 1975(1995), S. 115–117; De Halleux 1985(1990), S. 37–39; De Halleux 1991, S. 28 f.; Karmann 2009, S. 214–218; Fairbairn 2015 (mit älterer Lit.); Smith 2018, S. 22 f. 224 Tomus ad Antiochenos 3,1 (Brennecke/Heil/Stockhausen 2006, S. 342, Z. 17 – 343, Z. 3): […] μηδὲν πλέον ἀπαιτήσητε παρ’ αὐτῶν ἢ ἀναθεματίζειν μὲν τὴν Ἀρειανὴν αἵρεσιν, ὁμολογεῖν δὲ τὴν παρὰ τῶν πατέρων ὁμολογηθεῖσαν ἐν Νικαίᾳ πίστιν, ἀναθεματίζειν δὲ καὶ τοὺς λέγοντας κτίσμα εἶναι τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον καὶ διῃρημένον ἐκ τῆς οὐσίας τοῦ Χριστοῦ. Zur Suffizienz von N vgl. auch ebenda, 5,3; 6,4. Vgl. dazu auch Tetz 1975(1995), S. 112–115.

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die Suffizienz von N,225 wobei Paulinos noch eigens hervorhob, dass der Inkarnierte „aus der heiligen Jungfrau und dem Heiligen Geist“ gezeugt worden sei,226 und die verurteilte, die von der rechten Lehre der Inkarnation und der Pneumatologie abgewichen seien.227 Darüber hinaus stellte das wohl mit dieser Synode in Zusammenhang stehende Zirkularschreiben fest, es entspreche der buchstäblichen Intention von Nizäa, wenn der Sohn als wesensgleich/-eins mit dem Vater bekannt und der Geist zusammen mit Vater und Sohn verherrlicht werde, woraufhin noch die christologischen Aussagen von N kurz rekapituliert wurden.228 Der Bezug auf eine trinitarische Doxologie war freilich eine Verlegenheitsauskunft, denn eine entsprechende Formulierung sucht man in N bekanntlich vergebens. Es wird aber gleich noch zu zeigen sein, inwiefern diese Bemerkung nachgewirkt hat. Eine römische Synode unter Papst Damasus, die 371 stattgefunden haben dürfte,229 beschritt einen anderen Weg, indem sie – vor allem in Auseinandersetzung mit der homöischen Position des Auxentius von Mailand – in einem Synodalschreiben (Confidimus quidem), das an die illyrischen Bischöfe adressiert war, aber weitere Verbreitung erfuhr,230 die Homousie Nizäas knapp erläuterte. Es sei zu glauben, „dass Vater, Sohn und Heiliger Geist eine einzige Gottheit (deitas), eine einzige Kraft (virtus), eine einzige Gestalt (figura) und eine einzige Substanz (substantia)“ darstellten.231 Basilius von Caesarea reagierte darauf in einem Brief aus dem Jahr 372 an die Bischöfe des Westens, in dem er deren Orthodoxie pries und die Zustände im Osten bitter beklagte. Auch für ihn war N das orthodoxe Referenzdokument, dessen Inhalt er folgendermaßen resümierte: Es seien dort die Wesenseinheit

225 Vgl. Tomus ad Antiochenos 10,3; 11,2. Dazu Tetz 1975(1995), S. 130–132. 226 Vgl. 11,2 (Brennecke/Heil/Stockhausen 2006, S. 351, Z. 5–7): […] ἀλλ’ ὅτι ἄνθρωπος δι’ ἡμᾶς γέγονεν ἐκ τῆς ἁγίας παρθένου Μαρίας καὶ ἁγίου πνεύματος γεννηθείς. 227 Zur Subskription des Paulinos vgl. auch Amidon 2002. 228 Athanasius, Epistula catholica 8 (FaFo § 166b): Ταῦτα γὰρ καὶ τὸ τῆς μεγάλης συνόδου τῆς ἐν Νικαίᾳ γράμμα βούλεται· ὁμοούσιον εἶναι τῷ πατρὶ τὸν υἱὸν καὶ τὸ πνεῦμα τῷ πατρὶ καὶ τῷ υἱῷ συνδοξάζεσθαι· θεὸν ἀληθινὸν τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ σεσαρκῶσθαι, πεπονθέναι, ἀναστῆναι, εἰς οὐρανοὺς ἀνεληλυθέναι, ἥξειν κριτὴν ζώντων καὶ νεκρῶν […]. Dazu Smith 2018, S. 23. 229 So Reutter 2009, S. 307; Sieben 2014/15, S. 194 (Anm. 264), 195. Andere Datierungsvorschläge bei Field 2004, S. 117, Anm. 2. Brennecke/Stockhausen 2020, S. 735 f. datieren Confidimus quidem jetzt ins Jahr 366/367. 230 So scheinen Athanasius und Basilius davon Kenntnis erhalten zu haben. Zur Frage der Adressaten vgl. Reutter 2009, S. 289–307; Sieben 2014/15, S. 194, Anm. 263. 231 Confidimus quidem (FaFo § 438): „[…] ut patrem, filium spiritumque sanctum unius deitatis, unius virtutis, unius figurae, unius credere oporteret substantiae […].“ Dazu auch Pietri 1976, Bd. I, S. 792 f., 797–800; Field 2004, S. 117–122; Vinzent 2013, S. 278 f.; Sieben 2014/15, S. 196, Anm. 274. Zum Folgenden vgl. auch Hanson 1988(1997), S. 797 f.

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des Sohnes mit dem Vater bekannt und der Geist „mit gleicher Ehre mitgezählt und mitverehrt“ worden.232 Damit griff Basilius im Wesentlichen auf die erwähnte Sprachregelung zurück, die bereits zehn Jahre zuvor auf dem Konzil in Alexandrien unter Athanasius getroffen worden war.233 Darüber hinaus stimmte Basilius den Entscheidungen des Westens zu.234 Auch Athanasius hielt in seinem Brief an Epiktet von Korinth um 372 noch an der Suffizienz von N fest, das „zur Ausrottung jeglicher Gottlosigkeit und zur Festigung des frommen Glaubens an Christus“ genüge.235 In einem Synodalbrief des Meletios von Antiochien und einer Reihe weiterer Bischöfe (darunter auch Basilius) an die Bischöfe in Italien und Gallien236 baten die östlichen die westlichen Prälaten im Kampf gegen die Homöer, aber auch wegen des Schismas in Antiochien um Hilfe und um Mitwirkung an einer Synode. Ziel dieser Zusammenkunft sollte es sein, ein Bekenntnis zu N abzulegen, jegliche Häresie abzuwehren und unter den Orthodoxen Einigkeit herbeizuführen. Ausdrücklich erklärten sie ihre Zustimmung zum „Glauben“ und zum Synodalbrief von Nizäa.237 Von einer Änderung oder Ergänzung von N war hier weiterhin nicht die Rede. Bekanntlich hat sich der Westen diesen Avancen zunächst verweigert, weil Rom im antiochenischen Schisma nicht Meletios, sondern dessen nizänischen Kontrahenten Paulinos unterstützte.238 Man war dort aber auch der Meinung, es müsse von den östlichen Bischöfen zunächst ein Brief ausgehen, der wörtlich auf ein nicht näher bezeichnetes Schreiben aus Rom Bezug nehme, und man solle außerdem von dort eine Gesandtschaft nach Rom zu einer ersten persön-

232 Epistula 90, 2, Z. 19–24 (Courtonne 1957–66, Bd. I, S. 196): Λαλείσθω καὶ παρ’ ὑμῖν μετὰ παρρησίας τὸ ἀγαθὸν ἐκεῖνο κήρυγμα τῶν Πατέρων, τὸ καταστρέφον μὲν τὴν δυσώνυμον αἵρεσιν τὴν Ἀρείου, οἰκοδομοῦν δὲ τὰς Ἐκκλησίας ἐν τῇ ὑγιαινούσῃ διδασκαλίᾳ ἐν ᾗ ὁ Υἱὸς ὁμοούσιος τῷ Πατρὶ ὁμολογεῖται καὶ τὸ Πνεῦμα τὸ Ἅγιον ὁμοτίμως συναριθμεῖταί τε καὶ συλλατρεύεται […]. Auch in Epistula 91 (an Valerian von Aquileia) wiederholt Basilius das Bekenntnis zur „guten Lehre“ von Nizäa. Vgl. dazu auch Kelly 1972, S. 337; Pietri 1976, Bd. I, S. 800 f.; Brennecke/Stockhausen 2020, S. 760, 763. 233 Zur Rezeption des Tomus ad Antiochenos bei Basilius vgl. De Halleux 1991, S. 30 f.; Drecoll, Entwicklung, 1996, S. 270–276. 234 Vgl. Reutter 2009, S. 209 f. 235 Epistula ad Epictetum 1 (Ludwig 1911, S. 3, Z. 1–5): Ἐγὼ μὲν ἐνόμιζον πᾶσαν ματαιολογίαν πάντων, ὅσοι δηποτοῦν εἰσιν αἱρετικοί, πεπαῦσθαι ἐκ τῆς γενομένης ἐν Νικαίᾳ συνόδου· ἡ γὰρ ἐν αὐτῇ παρὰ τῶν πατέρων κατὰ τὰς θείας γραφὰς ὁμολογηθεῖσα πίστις αὐτάρκης ἐστὶ πρὸς ἀνατροπὴν μὲν πάσης ἀσεβείας, πρὸς σύστασιν δὲ τῆς εὐσεβοῦς ἐν Χριστῷ πίστεως. 236 Basilius, Epistula 92 (372). Zum Hintergrund dieses Briefes vgl. Epistula 89 und Reutter 2009, S. 310; Brennecke/Stockhausen 2020, S. 765. 237 Vgl. Opitz 1934/1935, Urkunde 23. 238 Vgl. Brennecke 2016, Sp. 809 f.

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lichen Kontaktaufnahme schicken.239 Ursula Reutter weist zu Recht darauf hin, dass wir nicht sicher wissen, ob sich die Forderung nach wörtlicher Zustimmung auf ein (nicht erhaltenes) westliches Glaubensbekenntnis oder auf das bereits erwähnte Schreiben Confidimus quidem bezieht.240 Die gemeinsame Synode kam aber letztlich nicht zustande, wobei Theodor von Mopsuestia in der Rückschau die „arianische Verfolgung“ im Osten dafür verantwortlich machte,241 aber auch die Weigerung des Basilius eine Rolle gespielt haben dürfte, der eine vorherige Gesandtschaft in den Westen ablehnte.242 Darüber hinaus wandte sich aber Basilius, wie nun zu zeigen sein wird, auch strikt gegen eine Veränderung des Wortlauts von N, was darauf hindeuten könnte, dass es zwischen West und Ost auch um die Zustimmung zu einer revidierten Fassung von N ging. Das Problem verschärfte sich bald im Hinblick auf den pneumatologischen Artikel von N, wie aus dem Bekenntnis erkennbar wird, welches Basilius Eustathios von Sebaste im Sommer 373 zur Unterschrift vorlegte.243 Nach einem Zitat von N stellte der Verfasser fest, dass hier alle Punkte außer einem hinreichend definiert seien. Dieser eine Punkt betreffe die Lehre vom Heiligen Geist, der in N lediglich beiläufig erwähnt werde, da seine Gottheit in Nizäa nicht strittig gewesen sei. Basilius entwarf sodann eine knappe Pneumatologie und verurteilte jene, welche die Gottheit des Geistes bestritten, ohne die Vertreter dieser Lehre beim Namen zu nennen. Hier ist deutlich, dass der Bischof von Cäsarea weiterhin versuchte, die mittlerweile festgestellte Lücke nicht durch einen Zusatz zum Wortlaut von N zu lösen, sondern stattdessen in Form eines Kommentars die entsprechenden Lehrpunkte und Anathematismen ergänzte. Dies wiederholte er im Herbst 373 in kürzerer Form auch in einem Brief an die Antiochener:244 Hier lehnte er ein neues Bekenntnis, verfasst von anderen, 239 Vgl. Basilius, Epistula 138, 2, Z. 10–18 (Courtonne 1957–66, Bd. II, S. 55): Ὁ πρεσβύτερος Εὐάγριος, ὁ υἱὸς Πομπηϊανοῦ τοῦ Ἀντιοχέως, ὁ συναπάρας ποτὲ ἐπὶ τὴν Δύσιν τῷ μακαρίῳ ἀνδρὶ Εὐσεβίῳ, ἐπανήκει νῦν ἐκ τῆς Ῥώμης ἀπαιτῶν ἡμᾶς ἐπιστολὴν αὐτὰ τὰ παρ’ ἐκείνων γεγραμμένα ἔχουσαν αὐτολεξεὶ (ἀνεκόμισε δὲ ἡμῖν εἰς τοὐπίσω τὰ παρ’ ἡμῶν, ὡς οὐκ ἀρέσαντα τοῖς ἀκριβεστέροις τῶν ἐκεῖ) καὶ πρεσβείαν τινὰ δι’ ἀνδρῶν ἀξιολόγων ἤδη κατεπείγεσθαι, ὑπὲρ τοῦ εὐπρόσωπον ἔχειν ἀφορμὴν τοὺς ἄνδρας τῆς ἐπισκέψεως ἡμῶν. Vgl. dazu auch Pietri 1976, Bd. I, S. 803–806. 240 Zu Confidimus quidem vgl. FaFo § 438 und oben S. 65. Ferner Reutter 2009, S. 313. Von einer „confession of faith“ spricht Hanson 1988(1997), S. 798. 241 Homilia catechetica 9, 1 (FaFo § 180b1). 242 Vgl. Epistula 156, 3; dazu Hanson 1988(1997), S. 798; Reutter 2009, S. 315. 243 Epistula 125 (FaFo §§ 135c, 174a). Dazu auch Dörries 1956, S. 166 f.; De Halleux 1985(1990), S. 40–42; De Halleux 1991, S. 30 f.; Drecoll, Entwicklung, 1996, S. 270–276; Reutter 2009, S. 314. Zur Datierung Fedwick 1981, S. 16. 244 Epistula 140, 2 (373; FaFo §§ 135c, 174b). Dazu auch Dörries 1956, S. 167; Pietri 1976, Bd. I, S. 806; Reutter 2009, S. 313; Vinzent 2013, S. 281; Brennecke/Stockhausen 2020, S. 773. Zur Datierung vgl. Fedwick 1981, S. 16.

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oder eigene pneumatologische Ausführungen ab. N sei das Bekenntnis, welches in Caesarea „seit den Vätern“ in Gebrauch sei. Dies gelte seines Wissens auch für Antiochien. Dennoch zitierte Basilius N noch einmal vollständig. Anschließend stellte er fest, es habe in Nizäa noch keine Notwendigkeit für eine Verurteilung der Pneumatomachen gegeben, daher sei die Lehre über den Heiligen Geist „undefiniert“ (ἀδιόριστος) geblieben.245 Auch hier spielte Basilius offenbar mit dem Gedanken, man könne die fehlende Pneumatologie in N durch zusätzliche Anathematismen ausgleichen. Auch gegenüber dem Comes Magnenianus, der ihn um eine Darlegung über den Glauben gebeten hatte, lehnte er ein Jahr später nicht nur diese, sondern auch die Abfassung neuer Bekenntnisse mit der Begründung ab, es reiche aus, „die Bezeichnungen zu bekennen, die wir aus der Heiligen Schrift empfangen haben“. Man solle „alle Neuerung diesbezüglich vermeiden“. „Unsere Rettung“, so fuhr er fort, „liegt nicht in der Erfindung von Anredeformen, sondern in dem gesunden Bekenntnis der Gottheit, an die wir glauben.“ 246 Ebenso hielt Basilius im (nicht sicher datierten247 ) Brief an einen sonst unbekannten Eupaterios und dessen Tochter (Epistula 159) an der Normativität von N fest und paraphrasierte das Bekenntnis knapp.248 Erneut stellte er fest, dass der 3. Artikel in Nizäa gewisse unlängst aufgekommen Fragen nicht beantworte, und legte darum in Kürze seine Lehre über den Heiligen Geist dar. Hier stellte er einen theologischen Zusammenhang zwischen der Taufe auf den dreieinigen Gott, dem trinitarischen Bekenntnis und der Doxologie her. Die Doxologie werde entsprechend dem Bekenntnis vollzogen. Der Geist werde gemeinsam mit Vater und Sohn verherrlicht, weil er der göttlichen Natur nicht fremd sei (… συνδοξάζοντες Πατρὶ καὶ Υἱῷ τὸ Ἅγιον Πνεῦμα τῷ πεπεῖσθαι μὴ ἀλλότριον εἶναι τῆς

245 Epistula 140, 2, Z. 28–37 (Courtonne 1957–66, Bd. II, S. 62; FaFo § 174b): Ἐπειδὴ δὲ ἀδιόριστός ἐστιν ὁ περὶ τοῦ Ἁγίου Πνεύματος λόγος, οὔπω τότε τῶν πνευματομάχων ἀναφανέντων, τὸ χρῆναι ἀναθεματίζεσθαι τοὺς λέγοντας τῆς κτιστῆς εἶναι καὶ δουλικῆς φύσεως τὸ Πνεῦμα τὸ Ἅγιον ἐσίγησαν. Οὐδὲν γὰρ ὅλως τῆς θείας καὶ μακαρίας Τριάδος κτιστόν. 246 Epistula 175, Z. 13–21 (Courtonne 1957–66, Bd. II, S. 112): Ἡμεῖς δὲ παρακαλοῦμεν τοὺς ἠλπικότας εἰς Χριστὸν μηδὲν παρὰ τὴν ἀρχαίαν περιεργάζεσθαι πίστιν, ἀλλ’ ὡς πιστεύομεν, οὕτω καὶ βαπτίζεσθαι, ὡς δὲ βαπτιζόμεθα, οὕτω καὶ δοξολογεῖν, ὀνόματα δὲ ἀρκεῖν ἡμῖν ἐκεῖνα ὁμολογεῖν ἃ παρελάβομεν παρὰ τῆς Ἁγίας Γραφῆς καὶ τὴν ἐπὶ τούτοις καινοτομίαν διαφεύγειν. Οὐ γὰρ ἐν τῇ ἐφευρέσει τῶν προσηγοριῶν ἡ σωτηρία ἡμῶν, ἀλλ’ ἐν τῇ ὑγιεῖ περὶ τῆς Θεότητος εἰς ἣν πεπιστεύκαμεν ὁμολογίᾳ. Vgl. dazu auch Drecoll, Entwicklung, 1996, S. 210 f. Zur Datierung vgl. Fedwick 1981, S. 16. 247 374/375? Vgl. Fedwick 1981, S. 16. 248 Vgl. dazu auch Dörries 1956, S. 166.

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θείας φύσεως …).249 In seiner eigenen Gemeinde führte Basilius entsprechende doxologische Formeln ein, für die er offenbar heftig kritisiert wurde.250 Die Situation wurde noch dadurch kompliziert, dass in den 370er Jahren zwischen Rom und Antiochien offenbar über mehrere Glaubensbekenntnisse verhandelt wurde. Damasus versuchte nämlich auf der einen Seite, auf der Basis eines ergänzten N die Kircheneinheit mit Paulinos herzustellen, und produzierte auf der anderen Seite eigene Bekenntnisse und Lehrschreiben, die uns nur bruchstückhaft erhalten und historisch darum schwierig einzuordnen sind. Wir wissen aus einem Brief des Basilius (Epistula 216, Sommer/Herbst 376251 ), dass in Antiochien wohl im Sommer 376 ein Bekenntnis zirkulierte, welches in den Verhandlungen zwischen Paulinianern und Meletianern über die Kircheneinheit in der östlichen Metropole eine gewisse Rolle spielte.252 Dieses Bekenntnis muss nach Lage der Dinge theologisch nizänisch orientiert gewesen sein, da sowohl Paulinos als auch Meletios die beiden nizänischen Lager im Streit der antiochenischen Bischöfe repräsentierten. Nun kann dieses Bekenntnis aber auch nicht einfach mit N identisch gewesen sein – denn in beiden Lagern bildete ja N von vornherein die Bekenntnisgrundlage, worüber also keine Verhandlungen notwendig gewesen wären.

249 Epistula 159, 2, Z. 11 f. (Courtonne 1957–66, Bd. II, S. 86). Derselbe Zusammenhang zwischen Taufe und Bekenntnis auch in De spiritu sancto 12,28 (FaFo § 174c). Vgl. auch Kelly 1972, S. 337; Drecoll, Entwicklung, 1996, S. 210. 250 Vgl. De spiritu sancto 1,3, Z. 1–6 (SC 17bis, S. 256–258): Προσευχομένῳ μοι πρῴην μετὰ τοῦ λαοῦ, καὶ ἀμφοτέρως τὴν δοξολογίαν ἀποπληροῦντι τῷ Θεῷ καὶ Πατρί, νῦν μὲν μετὰ τοῦ Υἱοῦ σὺν τῷ Πνεύματι τῷ ἁγίῳ, νῦν δὲ διὰ τοῦ Υἱοῦ ἐν τῷ ἁγίῳ Πνεύματι, ἐπέσκηψάν τινες τῶν παρόντων, ξενιζούσαις ἡμᾶς φωναῖς κεχρῆσθαι λέγοντες, καὶ ἅμα πρὸς ἀλλήλας ὑπεναντίως ἐχούσαις. Dazu auch Hauschild 1967, S. 50–52; Benoît Pruche in: SC 17bis, S. 41–52; De Halleux 1979(1990), S. 326; Drecoll, Entwicklung, 1996, S. 196, 209–212. 251 Zur Datierung von Epistula 216 vgl. Fedwick 1981, S. 17 (anders Pietri 1976, Bd. I, S. 808, Anm. 3 und 821, Anm. 1, der die Briefe 214–218 in das Jahr 375 datiert; Brennecke/Stockhausen 2020, S. 876: Ende 376). Zum Hintergrund auch Reutter 2009, S. 374–377; Brennecke/Stockhausen 2020, S. 876. 252 Vgl. Epistula 216, Z. 13–25 (Courtonne 1957–66, Bd. III, S. 208): Ἐπεὶ δὲ ἐπανήλθομεν ἐκ τῶν ὄμβρων καὶ τῶν ἀθυμιῶν πολλὴν ἀρρωστίαν συναγαγόντες, εὐθὺς ἡμᾶς ἐκ τῆς Ἀνατολῆς κατέλαβε γράμματα σημαίνοντα τοῖς περὶ Παυλῖνον ἀπὸ τῆς Δύσεως ἐπιστολάς τινας ὥσπερ τινὸς ἀρχῆς συνθήματα κεκομίσθαι, καὶ μέγα φρονεῖν τοὺς στασιαστὰς τοῦ μέρους ἐκείνου καὶ ἐπαγάλλεσθαι τοῖς γράμμασιν, εἶτα καὶ πίστιν προτείνεσθαι καὶ ἐπὶ ταύτῃ ἑτοίμως ἔχειν συνάπτεσθαι τῇ καθ’ ἡμᾶς Ἐκκλησίᾳ. Πρὸς δὲ τούτοις κἀκεῖνο ἡμῖν ἀπηγγέλη ὅτι ὑπηγάγοντο πρὸς τὴν ὑπὲρ αὐτῶν σπουδὴν τὸν πάντα ἄριστον ἄνδρα Τερέντιον, ᾧ ταχέως ἐπέστειλα καθ’ ὅσον ἦν μοι δυνατόν, ἐπέχων αὐτὸν τῆς ὁρμῆς καὶ διδάσκων τὴν κατ’ αὐτοὺς ἀπάτην. Vgl. dazu auch Epistula 214, 2 an den Comes Terentius, in der aber das Bekenntnis nicht explizit erwähnt wird, sondern Basilius nur allgemein von „Schriften“ (γράμματα) spricht. Zur verworrenen Situation in Antiochien vgl. Reutter 2009, S. 358–361 mit Hinweisen auf weitere Literatur.

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Woher stammte diese Formel? De Halleux schreibt die Urheberschaft an dieser Pistis den Paulinianern Antiochiens zu.253 Reutter meint hingegen, es habe sich dabei um die in dem Brief Per ipsum filium erwähnte fides römischer Herkunft gehandelt.254 In diesem Brief des Damasus an Paulinos (vermutlich aus dem Jahr 376255 ) erwähnt der römische Bischof, er habe eine fides in den Osten gesandt, welche von denen, die mit Paulinos Kircheneinheit suchten, zu unterzeichnen seien.256 Nur wenig später fährt Damasus fort: Wenn also mein oben genannter Sohn Vitalis und diejenigen, die bei ihm sind, sich dir anschließen wollen, müssen sie zuerst die Darlegung des Glaubens unterschreiben, die bei Nizäa durch den frommen Willen der Väter festgelegt worden ist. Dann muss, da niemand Medizin für zukünftige Wunden anwenden kann, diese Häresie ausgerottet werden, die später im Osten aufgekommen sein soll, d. h., dass bekannt werden muss, dass die Weisheit selbst, das Wort, der Sohn Gottes einen menschlichen Leib, Seele und Verstand angenommen hat, d. h. den unversehrten Adam, und, um es noch deutlicher zu sagen, unseren ganzen alten Menschen ohne die Sünde.257

Diese Ausführungen ergeben aus meiner Sicht nur dann einen Sinn, wenn Damasus eine fides nach Antiochien geschickt hatte, die er zwar im Wesentlichen als mit N identisch ansah, die aber nicht in allen Formulierungen der Urfassung von N entsprach (deren Kenntnis er in Antiochien ja in jedem Fall voraussetzen durfte).258 Die Häresie, die hier abgewehrt wurde, war – wie auch die weiteren 253 Vgl. De Halleux 1984[1990], S. 319. 254 Vgl. Reutter 2009, S. 351 mit Anm. 352, 374–380. Ferner Sieben 2014/15, S. 211, Anm. 313. 255 Vgl. Reutter 2009, S. 372 und 517. 256 Vgl. Reutter 2009, S. 350 f.: „Unde ne aut tibi scrupulus resideret et volentes forsitan ecclesiae copulari tua cautio probanda differet, Fidem misimus non tam tibi qui eiusdem fidei communione sociaris quam his qui in ea subscribentes tibi, id est nobis per te, voluerint sociari, dilectissime frater.“ 257 Reutter 2009, S. 352 f.: „Quapropter si supradictus filius meus Vitalis et ii qui cum eo sunt, tibi voluerint aggregari, primum debent in ea expositione fidei subscribere, quae apud Nicaeam pia patrum voluntate firmata est. Deinde, quoniam nemo potest futuris vulneribus adhibere medicinam, ea haeresis eradicanda est, quae postea in Oriente dicitur pullulasse, id est confitendus ipsa sapientia, sermo filius Dei humanum suscepisse corpus, animam, sensum, id est, integrum Adam, et, ut expressius dicam, totum veterem nostrum sine peccato hominem.“ (Übersetzung Reutter, verändert). 258 Die fides dürfte darum auch nicht die Epistula sein, deren Unterzeichnung Damasus am Schluss fordert („quicumque huic epistolae subscribere voluerit […]“), wie Reutter 2009, S. 355, Anm. 367 annimmt (derzufolge die fides Briefform hatte). Vielmehr ist mit der epistola eindeutig der vorliegende (huic!) Brief gemeint, dem eine Unterzeichnung der (nizänischen, aber von Damasus erweiterten) fides (und der Kanones) vorausgegangen sein musste. Denn Damasus fährt fort: „[…] ita tamen ut in ecclesiasticis canonibus, quos optime nosti, et in Nicaena fide ante subscripserit, hunc debebis absque aliqua ambiguitate suscipere“ (Reutter 2009, S. 355). Entscheidender als die Unterzeichnung des vorliegenden Briefes ist also für Damasus die Un-

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Ausführungen deutlich machen – zwar nicht allein, aber doch auch der Apolinarismus.259 Dass man sich in jener Zeit in Rom mit den Lehren des Apolinarios auseinandersetzte, ergibt sich auch aus dem Brieffragment Illud sane miramur,260 welches in das Jahr 377 oder bereits früher (375) zu datieren ist.261 In diesem Fall muss die fides also dem Schreiben Per ipsum filium vorausgegangen sein. Ausdrücklich gesagt wird dies allerdings im Brief des Basilius nicht – es heißt lediglich allgemein, dass eine fides „vorgelegt“ worden sei, ohne dass die Urheber ausdrücklich genannt werden. Aus textgeschichtlichen Gründen ist es wahrscheinlich, dass mit der in Per ipsum filium erwähnten fides die Urfassung des Tomus Damasi (Epistula 4) gemeint ist, welche etwa in das Jahr 375 zu datieren ist,262 werden doch Per ipsum filium und Tomus Damasi gemeinsam überliefert.263 Diese fides enthielt nun tatsächlich einen Zusatz zu N, und ihre Verwerfungen waren tatsächlich (auch) gegen den Apolinarismus gerichtet. Zur Erklärung des mit dem Tomus gegebenen Befundes ist allerdings ein Blick auf die komplexe Überlieferung dieses Textes notwendig. Exkurs: Der Zusatz „neque facturam neque creaturam sed de substantia deitatis“ Meistens wird in der Diskussion übersehen, dass das Zitat von N in der lateinischen Fassung des Tomus Damasi (1. Version), die das Symbol enthält,264 in einem Teil der Überlieferung

terzeichnung der (antiapolinaristisch) erweiterten Form von N und der (nizänischen und evtl. serdicensischen) Kanones, die offenbar ein Dokument bildeten. 259 Zur Kenntnis des Apolinarismus in Rom, die mit den Aktivitäten des Presbyters und späteren antiochenischen Bischofs Vitalis zusammenhängt, vgl. Reutter 2009, S. 362–374. Das Bekenntnis des Vitalis jetzt in FaFo § 177 mit weiterer Literatur. 260 Epistula 2/3 (FaFo § 439b). 261 Vgl. dazu im Einzelnen Reutter 2009, S. 367–374. Zur chronologischen Einordnung vgl. ebenda, S. 371, Anm. 456 und S. 517. Ferner Sieben 2014/15, S. 204, Anm. 301. 262 Vgl. Reutter 2009, S. 409 f. Anders etwa Charles Pietri, der ursprünglich den gesamten Tomus der Synode von 377 zuschrieb (vgl. Pietri 1976, S. 834–840; 873–880). Vgl. dagegen aber Pietri 1996(2010), S. 442, wo die mutmaßlichen zwei Teile des Tomus auf die römischen Synoden von 378 (!) bzw. 382 zurückgeführt werden. Sieben 2014/15, S. 215: 377/378. Ferner Markschies 1995, S. 144–164; Field 2004, S. 139–143 (mit einer Liste der Datierungsversuche S. 139, Anm. 10). 263 Vgl. Reutter 2009, S. 398 f., 410. 264 Das Symbol ist nur in den nachfolgend aufgeführten Zeugen als wohl ursprünglicher Bestandteil des Tomus diesem unmittelbar vorangestellt. Vgl. Reutter 2009, S. 381, 397 f. In den Handschriften der Collectio Frisingensis prima (5. Jh.; Zeugen: codd. München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 5508; ebenda, Clm 6243; Würzburg, Universitätsbibliothek, M.p.th.f. 146; EOMIA Sigle M; dazu Kéry 1999, S. 2 f.) ist N in der Übersetzung FaFo § 135d16 durch eine längere (und augenscheinlich sekundäre) Überleitung mit dem Tomus verbunden (ungenau Reutter 2009, S. 398).

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einen Zusatz aufweist, der in der gesamten griechischen Überlieferung zu fehlen scheint.265 Es handelt sich um die Worte neque facturam neque creaturam sed de substantia deitatis, die an et in spiritum sanctum angehängt sind. Nach bisheriger Erkenntnis findet sich dieser Zusatz in folgenden Handschriften:266 – in dem wichtigsten Zeugen der wohl gegen Ende des 6. Jahrhunderts in Südgallien entstandenen Collectio Sancti Mauri,267 dem cod. Den Haag, Museum Meermanno-Westreenianum (Huis van het Boek) 10 B 4 (Nordfrankreich, s. VIII/2)268, der als Vorlage für cod. Paris, Bibliothèque Nationale, lat. 1451 (Gebiet von Tours, 800–816)269, f. 25vb270 und Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Reg. lat. 1127 (Angoulême, 825–850)271, f. 32vb272 (in EOMIA unter der Sigle F zusammengefasst) gedient hat;273 – in den Codices der sog. Sammlung von Sankt Blasien (Collectio Sanblasiana; EOMIA: S), die vielleicht unter Papst Hormisdas (514–523) in Rom entstanden ist:274 – Köln, Diözesan- und Dombibliothek, 213 (Northumbrien oder Einflussgebiet auf dem Festland; s. VIII in.)275, f. 138r276

265 Vgl. Dossetti 1967, S. 236, app. ad loc. 266 Vgl. dazu EOMIA I/2 1, S. 281 sowie 283 app. ad loc.; danach Reutter 2009, S. 382, Anm. 502, 398 f. 267 Zur Sammlung vgl. Stürner 1969, S. 83 f.; Mordek 1975, S. 55, Anm. 81; Contreni 1980; Kéry 1999, S. 45 f. 268 Vgl. Stürner 1969, S. 83; Mordek 1975, S. 55, Anm. 81; Keefe 2012, S. 239 f.; URL ; ; (29. 11. 2019). Lesart nicht überprüft. 269 Vgl. auch Keefe 2012, S. 301 f.; URL ; ; (30. 11. 2019). 270 Lesart am Scan überprüft; vgl. URL (30. 11. 2019). 271 Vgl. auch Keefe 2012, S. 369 f.; URL (30. 11. 2019). 272 Lesart am Scan überprüft; vgl. URL (30. 11. 2019). 273 Vgl. Turner 1931; Dossetti 1967, S. 96, Anm. 125; 146, Anm. 212; Keefe 2012, S. 239. 274 Zu dieser Sammlung vgl. Maassen 1870, S. 504–512; Eduard Schwartz in: ACO II 2/2, S. VI–VIIII; Dossetti 1967, S. 145; Stürner 1969, S. 79–82; Mordek 1975, S. 240 f.; Wirbelauer 1993, S. 122–128; Anton von Euw in: URL (30. 11. 2019); Kéry 1999, S. 29–31; Elliot 2013, S. 228–277; cf. auch: URL (29. 11. 2019). 275 Vgl. Wirbelauer 1993, S. 180 f.; Keefe 2012, S. 248; Elliot 2013, S. 109 f.; URL (29. 11. 2019). 276 Lesart am Scan überprüft (die Folienangabe bei EOMIA I/2 1, S. 281: „f. 137b“ ist ungenau); vgl. URL (29. 11. 2019).

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Sankt Paul im Lavanttal (Kärnten), Stiftsbibliothek, 7/1 (Italien, s. VIII)277, f. 138r278 Paris, Bibliothèque Nationale, lat. 3836 (Corbie oder Umgebung; s. VIII/2)279, f. 89v280 olim Cheltenham, Phillipps Collection (Italien, s. VIII ex.), MS 17849281 Lucca, Biblioteca Capitolare Feliniana, 490 (Lucca; s. VIII–IX)282, f. 266v283 Paris, Bibliothèque Nationale, lat. 1455 (Reims?, IX/2)284, f. 39vb285. Von dieser Sammlung in diesem Punkt abhängig ist auch der Codex – München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 5508 (s. VIII ex.; sog. Collectio Diessensis)286, f. 128v287.

Unabhängig vom Tomus Damasi bzw. den Collectiones Sancti Mauri und Sanblasiana ist dieser Zusatz auch noch überliefert in einer kleinen Sammlung von Glaubensbekenntnissen im cod. Mailand, Biblioteca Ambrosiana, I.101.sup. (Bobbio, s. VII–VIII oder um 750)288, f. 75v289. Für unseren Zusammenhang ist wichtig, dass die Version des Tomus in der Collectio Sancti Mauri älter ist als die in der Collectio Sanblasiana erhaltene Fassung, die Züge späterer Überar-

277 Vgl. auch Wirbelauer 1993, S. 307; Keefe 2012, S. 346; URL (30. 11. 2019). 278 Lesart nicht überprüft. 279 Vgl. auch Wirbelauer 1993, S. 195 f.; Keefe 2012, S. 315 f.; Elliot 2013, S. 119 f.; URL ; ; (29. 11. 2019). 280 Lesart am Scan überprüft; vgl. URL (29. 11. 2019). 281 Vgl. auch Keefe 2012, S. 227; Elliot 2013, S. 114 f. Lesart nicht überprüft. 282 Vgl. auch Wirbelauer 1993, S. 182 f.; Keefe 2012, S. 260–262; URL ; (29. 11. 2019). 283 Lesart nicht überprüft. 284 Vgl. auch Wirbelauer 1993, S. 193 f.; Keefe 2012, S. 303; URL ; (29. 11. 2019). 285 Lesart am Scan überprüft; vgl. URL (29. 11. 2019). 286 Vgl. Stürner 1969, S. 84 f.; Mordek 1975, S. 9, Anm. 32; Wirbelauer 1993, S. 186 f.; Kéry 1999, S. 3 f.; Keefe 2012, S. 277; URL ; (30. 11. 2019). Zur Abhängigkeit vgl. Stürner 1969, S. 84 f.; Mordek 1975, S. 9 mit Anm. 32; 241. 287 Lesart am Scan überprüft: URL (29. 11. 2019). 288 Vgl. FaFo § 135d44. Ferner Keefe 2012, S. 267 f.; URL ; (29. 11. 2019; Datierung: 725–775). 289 Lesart nicht überprüft.

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beitung aufweist,290 auch wenn umgekehrt die Rechtssammlung von Sankt Blasien älter als die aus Sankt Maur ist. Die übrigen lateinischen Zeugen des Tomus Damasi, die N enthalten, aber überlieferungsgeschichtlich später anzusetzen sind, bieten die Lesart nicht.291 Folgt man dieser Fassung, so nimmt der Tomus Damasi in der Einleitung (bzw. Überleitung) zu den Anathematismen („spiritum sanctum factum esse per filium“) sowie in Anathematismen 3 und 18 genau auf diesen Zusatz Bezug. Es ist völlig eindeutig, dass sich der Zusatz gegen die richtet, welche die Gottheit des Geistes bestreiten. Dazu zählen nach Anathematismus 3 Arius und Eunomios, die Sohn wie Geist für creaturae halten. Welcher Gegner vom Geist als factura spricht, wird in Anathematismus 18 nicht gesagt. Wenn die Beobachtung Ursula Reutters richtig ist, dass die Sätze 10–24 „gewissermaßen als Kommentar zum Nicaenum“ gedacht sind,292 dann setzt Anathematismus 18 den Zusatz neque facturam eindeutig voraus. Die Junktur κτίσμα καὶ ποίημα ist in der östlichen Debatte jedenfalls in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts gut belegt.293

290 Zum Problem der beiden Fassungen vgl. Reutter 2009, S. 397–426. Zur Mischform der Collectio Sanblasiana vgl. S. 398. 291 Es handelt sich um: – cod. Berlin, Staatsbibliothek, Phillipps 84 (1743; Bourges, s. VIII; Sigle EOMIA: R), f. 38v (sog. Collectio Remensis aus der 2. Hälfte des 6. Jahrhunderts; nicht eingesehen); zum Codex vgl. Rose 1893, S. 171–179; URL ; zur Sammlung Mordek 1975, S. 10, Anm. 38; Kéry, S. 50; – cod. Köln, Erzbischöfliche Diözesan- und Dombibliothek, 33 (Köln, s. IX; Sigle EOMIA: Col), f. 109r (Lesart am Scan überprüft: URL ; 10. 09. 2020); dazu Keefe 2012, S. 244 f. sowie die Beschreibungen in URL ;