Das Gastmahl des Trimalchio

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PETßOJfüJS

D A S CÄA&TMAHL· DES TRIMALCHIO L A T E I N I S C H UND D E U T S C H

H e r a u s g e g e b e n und Übersetzt v o n Dr. C a r l H o f f m a n n Im E r n s t H e l m e r a n V e r l a g in M t t n c b e n

MCMXXXVII

Auf dem Titelblatt getriebener pompeianischer Silberbecher (nach Mau, Pompeji 1884), auf dem Umsehlag pompeianlsches Fußboden-Mosaik „Vorsicht vor dem Hunde" (heute im Museum Neapel) ; die Leisten auf Seite 15 und 16 nach pompeianischen Wandbildern.

Quid me constricta spectatis fronte, Catones, Damnatisque novae simplicitatis opus? Sermonis puri non tristis gratia ridet, Quodque iacit populus, candida lingua refert. P e t r o n . S a t . 1 3 2 , 15. Was blickt ihr mich mit krauser Stime an, Ka tone? Was tadelt ihr, weil ungewohnt, Natürlichkeiten? Hier lächelt ungeschminkter Rede heit're Anmut, Mit freiem Wort erzähl' ich, wie's die Leute treiben.

Z U R

E

Petrons

I

N

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H

R

U

N

G

Persönlichkeit

Von Petrons Leben und Eigenart hat uns Tacitus in seinen Annalen (XVI, Kap. 17 ff.) ein außerordentlich anschauliches und packendes Bild gegeben *). C. Petronius war ein Mann, der den Tag mit Schlafen, die Nacht mit Geschäften und Vergnügungen hinzubringen pflegte. Wie andere durch Tätigkeit, so hatte er sich durch Nichtstun einen Namen gemacht. Dabei galt er aber nicht für einen gewöhnlichen Schlemmer und Verschwender, sondern für einen Meister verfeinerten Wohllebens. Und je freier und ungenierter seine Worte und Taten waren, desto lieber nahm man sie für Äußerungen einer arglosen Natürlichkeit. Zeitweise bewies er jedoch als Statthalter von Bithynien und als Konsul eine mehr als gewöhnliche Tüchtigkeit und Energie. Später aber wandte er sich seinem Genußleben wieder zu und wurde in den kleinen Kreis der vertrauten Freunde Neros aufgenommen. Hier stieg er sehr bald zum ersten Günstling des Kaisers auf und galt als der anerkannte Schiedsrichter in allen Fragen des feinen Geschmacks (arbiter elegantiae), solange *) Der Taciteische Bericht ist hier in sehr freier Nachbildung wiedergegeben.

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Nero nur das als geschmackvoll und genußreich anerkannte, was Petron ihm empfohlen hatte. Dadurch erregte er den Neid des Gardepräfekten Tigellinus, der in ihm einen weit überlegenen Rivalen in der Wissenschaft des raffinierten Lebensgenusses sah. Um ihn zu verderben, beschuldigte er seinen Gegner der Mitbeteiligung an der Pisonischen Verschwörung, bestach einen seiner Sklaven zur Angeberei und schnitt ihm zugleich jede Gelegenheit zur Verteidigung ab. Als Petron dem Kaiser nach Bajä nachreisen wollte, wurde er in Cumä festgehalten. Hier ertrug er nicht länger das Schwanken zwischen Hoffnung und Furcht, sondern faßte den Entschluß, der drohenden Verurteilung durch Freitod zuvorzukommen (66 n. Chr.). Dennoch beeilte er sich nicht, sein Leben von sich zu werfen, sondern ließ sich bei einem Gastmahle die Pulsadern durchschneiden und dann nach Laune bald verbinden, bald wieder öffnen. Dabei unterhielt er sich mit seinen Freunden, aber nicht mit ernsthaften philosophischen Problemen, sondern mit tändelnden Gedichten und leichtgeschürzten Versen. Von seinen Sklaven beschenkte er die einen reich, andere ließ er auspeitschen. Nach Beendigung des Mahles überließ er sich dem Schlafe, um seinen erzwungenen Tod einem natürlichen Ende möglichst ähnlich zu machen. In seinem Testamente schmeichelte er keineswegs dem Nero oder Tigellin, wie dies die Verurteilten meist taten, vielmehr schrieb er die Ausschweifungen des Kaisers, unter namentlicher Angabe der Lust7

knaben und der Dirnen, sowie alle einzelnen v o n Nero neuerfundenen U n z u c h t a k t e genau auf und schickte dieses Spottschreiben versiegelt an Nero. D a n n zerbrach er den Siegelring, damit er nicht später dazu dienen könne, andere in Gefahr zu bringen.

Das Werk

des

Petronius

Petrons W e r k m i t dem Titel „ S a t i r e n " ist das klassische Meisterwerk des s a t i r i s c h e n menromans,

Schel-

das in der A n t i k e einzig d a s t e h t

und erst in den ähnlich gearteten Schelmenromanen späterer Jahrhunderte, wie in Lesages' „ G i l B l a s " und in Grimmelshausens „ A b e n t e u e r l i c h e m Simplicissimus" N a c h a h m u n g gefunden hat. Den

Inhalt

des Romans bilden die zahllosen

Abenteuer, die der Held Enkolpios in Gemeinschaft mit anderen Landstreichern und Glücksrittern auf weiten Irrfahrten zu Wasser und zu Lande erlebt h a t und in einer zwanglosen, durch eingestreute Verse lustig variierten Prosa selbst erzählt. Der Dichter will aber nicht lediglich Abenteuer und Schelmenstreiche erzählen, sondern auch T y p e n der verschiedenen Gesellschaftsklassen zeichnen und die tiefen sozialen Gebrechen seiner eigenen Zeit, die grauenhafte Unsittlichkeit, die unerhörte Schlemmerei, die häßliche Erbschleicherei und die allgemeine Sittenverderbnis R o m s in scharf realistischen Lebens- und Sittenbildern

malen.

So wird

Petrons

Schelmen-

roman zu einer Zeit- und Sittensatire größten Stils. 8

Der U m f a n g

des Gesamtromans war ursprüng-

lich ungefähr so groß wie die vollständigen Annalen des Tacitus. Er umfaßte nicht weniger als sechzehn Bücher, von denen uns leider nur zwei erhalten sind, und auch diese nur bruchstückweise, ein Verlust, der kultur- und sprachgeschichtlich zu den schwersten der ganzen römischen Literatur gerechnet wird. Als Glanzstück der auf uns gekommenen Partien gilt mit Recht das „ G a s t m a h l d e s T r i m a l c h i o " , das ein in sich abgeschlossenes Ganzes bildet und uns durch einen glücklichen Zufall fast unversehrt erhalten ist. Die Cena Trimalchionis, die in manchem an Piatons Symposion erinnert und an Horazens famose Cena Nasidieni nicht nur im Titel anklingt, schildert uns den ganzen Verlauf eines schlemmerhaften Protzendiners, das der Freigelassene Trimalchio seinen Freunden und Gästen veranstaltet. Die Darstellung ist außerordentlich anschaulich und so dramatisch belebt wie ein gespielter Mimus. Sie beginnt mit einem Vorspiel im Bade und führt uns über das Voressen und die einzelnen Szenen der Hauptmahlzeit (mit ihren Tafelüberraschungen, Tischgesprächen,

Zwischenfällen

und Aufführungen aller

A r t ) bis zum rauschenden Finale des Zechgelages. Dabei hat der Dichter reiche Gelegenheit, seine intimen Studien der lächerlichen Sitten und Manieren in den kampanischen Provinzstädten zu einem satirischen Sittengemälde von unübertrefflicher Echtheit und überwältigender Komik zu gestalten. Die Z e i c h n u n g

der

Charaktere

ist in 9

der Cena besonders meisterhaft durchgeführt und zeigt eine echt theophrastische Schärfe und Plastik. Die Figur des Protzen Trimalchio, eine Gestalt, die ebenso menschlich ist, wie etwa Shakespeares Falstaff oder Cervantes' Don Quichote, ist aus einer Unzahl scharf beobachteter Einzelzüge geschickt herausgearbeitet. Auch der Chor der Nebenpersonen bis zur letzten und unbedeutendsten ist mit liebevoller Kleinmalerei ausgeführt. Meisterhaft ist auch die B e h a n d l u n g d e r S p r a c h e. Sie durchläuft alle Stadien, von der vulgären Sprechweise Trimalchios und seiner plebejischen Tischgenossen über das elegante, wenn auch etwas salopp gehaltene Konversationslatein des Erzählers und der übrigen gebildeten Sprecher bis zum hohen Stil der epischen und tragischen Parodie. Alle diese ganz verschiedenen Stilarten behandelt der Dichter mit gleichem Geschick. So hat er besonders das Vulgärlatein mit seinen kurzen, abgehackten Sätzen und derben Kraftausdrücken, mit seinen zahlreichen Sprichwörtern, griechischen Brocken und groben Sprachschnitzern mit vollendeter Kunst nachgebildet. Die P e r s o n e n sind ausnahmslos griechische oder halbgriechische Freigelassene aus den unteren und mittleren Schichten der griechischen Kolonialstädte Italiens. Da wo echte Römer erwähnt werden, heben sie sich aufs schärfste von der griechischen Bohème ab. Der S c h a u p l a t z des Gastmahls ist eine urbs 10

Graeca am Golf von Neapel, sehr wahrscheinlich Puteoli (das heutige Pozzuoli), das in der Kaiserzeit als die größte und reichste halbgriechische Seehandelsstadt Kampaniens galt. Als Z e i t der Handlung nimmt man wohl mit Recht die ersten Regierungsjahre Neros an. Petrons literarische

Bedeutung

Die Bedeutung des Petronischen Werkes kann nicht leicht überschätzt werden. Man hat mit Recht die „Satiren" als das geistreichste Erzeugnis der römischen Literatur und Petronius als einen der genialsten und freiesten Geister der Weltliteratur bezeichnet. Auch die hohe kultur- und sprachgeschichtliche Bedeutung des Romans ist wiederholt hervorgehoben worden. Das Werk läßt uns, ähnlich wie Pompeji, tiefe Einblicke in das Leben und Treiben italischer Provinzstädte der beginnenden Kaiserzeit tun und gibt uns ein anschauliches Bild jener Zeit, die dem Untergange Pompejis nahesteht. Man hat daher wohl richtig gesagt: „Wer heute durch die stillen Straßen Pompejis wandert, wo aus den merkwürdigen Wandinschriften die einstigen Bewohner vernehmbar zu uns sprechen, der mag sich die Totenstadt mit den Gestalten Petrons bevölkert denken." Sprachgeschichtlich ist der Roman insofern von besonderem Werte, als man wohl in keinem anderen Literaturwerke so reiche Proben aus dem Vulgärlatein der 11

ersten

Kaiserzeit

findet, das bereits

interessante

Ubergänge zu den romanischen Sprachen auiweist. Den Dichter Petron rühmt P. Thomas als den ersten großen Realisten der Weltliteratur und schreibt ihm das große Verdienst zu, den Realismus in den Roman eingeführt zu haben. Huysmanns zollt in „ A Rebours" der Sprachgewalt Petrons sein ganzes ästhetisches Entzücken und würdigt den Dichter als einen der größten Sprachschöpfer und Stilkünstler aller Zeiten. Er hebt an Petrons Sprache besonders die Kühnheit des Ausdrucks, den farbigen Reiz, die Originalität, Leichtigkeit und Kraft, die Genauigkeit des sinnlichen Begriffs und vor

allem

das schwer

nachzubildende

Tempo hervor. Seinen glühendsten Verehrer aber hat Petron in Friedrich Nietzsche gefunden, der seiner Begeisterung für den wesensverwandten und kongenialen Dichter an zahlreichen Stellen seiner Werke enthusiastischen Ausdruck gibt. „Petronius, der mehr als irgendein großer Musiker bisher der Meister des Presto gewesen ist, in Erfindung, Einfallen und Worten. Was liegt zuletzt an allen Sümpfen der kranken, schlimmen Welt, auch der alten Welt, wenn man wie Petron die Füße eines Windes hat, den Zug und Atem, den befreienden Hohn eines Windes, der alles gesund macht, indem er alles laufen macht" (Jenseits von Gut und Böse, Nr. 28). Die Nachwirkung Petrons, dessen „Satiren" schon

12

dem Altertum und dem Mittelalter als klassisch galten, ist auch in der Neuzeit sehr stark gewesen. Im 18. Jahrhundert wurde er als einer der Lieblingsautoren Frankreichs gefeiert. Zu gleicher Zeit erlebte seine Cena Trimalchionis, die einem gespielten Mimus besonders nahe kommt, an zwei deutschen Fürstenhöfen, am Hofe des Kurfürsten von Hannover (1702) und am Hofe Friedrichs des Großen (1751) glanzvolle dramatische Aufführungen durch Mitglieder der Hofgesellschaft. Seit 1773 gehört der Roman durch die kongeniale Neudichtung Wilh. Heinses, des Ardinghello-Dichters, der deutschen Literatur an. Durch H. Sienkiewicz' weltbekannten Roman „ Q u o vadis", der dem Petron eine Hauptrolle gibt, ist die Gestalt des „arbiter elegantiarum" auch in weitesten Kreisen bekannt geworden.

Text Der

und

Ubersetzung

Originaltext

stimmt im allgemeinen

mit der neuesten (6.) Auflage der grundlegenden Petronausgabe von Bücheler-Heräus (Berlin, Weidm. 1922) überein. Die nicht allzu zahlreichen Textveränderungen habe ich fast durchweg auf Grund der Lesarten und Vorschläge von B.-H. (unter Heranziehung des großen kritischen Apparats von Ernout, Paris 1922) vorgenommen. Ein knappes Verzeichnis dieser Textabweichungen findet der philologisch interessierte Leser in den „Textkritischen Anmerkungen" des Anhangs. 13

Von früheren P e t r o n ü b e r s e t z u n g e n

ist

zunächst die Verdeutschung des Gesamtromans von Wilh. Heinse (Schwabach 1703) zu nennen, die allerdings philologisch völlig veraltet ist und mehr freie, bewußt ins Obszöne gewandte Nachdichtung

als

Ubersetzung sein will. Dann ist die Teilübertragung der Cena Trimalchionis von L. Friedländer (in seiner klassischen kommentierten Ausgabe der Cena, Leipzig 1906) besonders hervorzuheben, die aber keinerlei künstlerische Ansprüche macht und nur den Kommentar in nuce bietet. Endlich ist noch die letzte Übertragung des Gesamtwerks von Ludw. Gurlitt (Propyläen-Verlag, Berlin 1923) zu erwähnen, die zwar den Ton im ganzen trifft, aber auf einem willkürlich zurechtgemachten Texte beruht und an zahllosen Stellen schwere Mißverständnisse des Originals aufweist.

Diese älteren

deutschen

Übersetzungen

(dazu die neueren französischen) habe ich durchweg verglichen und für einzelne Ausdrücke und Wendungen benutzt. Beuthen O / S . Dr. C a r 1 Η o f f m a η η.

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P E R S O N E N Τ r i m a 1 c h i o , „Schlemmer, Sybarit", Freigelassener, protzenhafter und halbgebildeter Emporkömmling F o r t u n a t a , „ D i e Beglückte", ehemalige Gassensängerin, Gattin des Trimalchio H a b i η η a s , Steinsetzmeister, Freund und Zechgenosse Trimalchios S c i n t i l l a , „ F u n k e " , Habinnas Gattin und Busenfreundin der Fortunata Agamemnon,

eingebildeter Rhetor, Lehrer des Enkolp

H e r m e r o s , Freund Trimalchios Diogenes,

ehemaliger Packträger

Ρ r o c u 1 s , Begräbnisunternehmer Ρ h i 1 e r o s , Advokat Ε c h i ο η , Lumpenhändler Plokamus Dama

Mitfreigelassene Trimalchios

Se1 eucu s Ganymedes Ν i k er os Dazu die Hauptpersonen des Gesamtroman (hier stark zurücktretend):

Ε η k o 1 ρ i o s , Hauptheld und Erzähler des Romans. Ein schöner, junger Mensch, Freigelassener von guter Bildung A s k y 11 o s , ein junger, lebensfroher Grieche, etwas jüngerer Kamerad und Spießgeselle des Enkolp G i t ο η , ein schöner Knabe, Lieblingssklave und unzertrennlicher Begleiter des Enkolp S c h a u p l a t z : öffentliches Bad der Stadt, Haus und Speisesaal des Trimalchio. Zweites Triklinium des Hauses.

15

SPEISENFOLGE V o r g e r i c h t e (gustatio). Oliven, Siebenschläfer, Bratwürstchen. Syrische Pflaumen und Granatäpfelkerne. Feigenschnepfen in gepfeffertem Eidotter. Dazu zunächst Honigwein, dann echter Falerner. H a u p t m a h l z e i t (eigentl. cena). Widdererbsen, Rindfleisch, Testikeln und Nieren, afrikanische Feigen, Torten und Kuchen, kleine Seefische, Hasen, Hummer, Gans, Seebarben, Honigwaben, dazu geröstetes Brot. *

Mastgeflügel, Saueuter, Hasen, verschiedene Fische in Kaviarsauce. *

Wildschwein, im ganzen gebraten. Dazu Krammetsvögel, ägyptische und karyothische Datteln. *

Ganzes gebratenes Schwein, dazu Brat- und Blutwürste.

Im ganzen gesottenes Kalb. Kuchen, Früchte und Weintrauben (mit Safransaft gefüllt). Verschiedene Delikatessen: Masthühner und Gänseeier mit Kapern.

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Nachtisch

(secundae mensae).

Krammetsvögel und Quitten. Mastgans, garniert mit allerlei Fischen und Vögeln (alles aus Schweinefleisch). Austern, Kammuscheln, geröstete Schnecken. Neue Delikatessen.

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P E T K O N I U S :

C E N A

I RI M A I C E I O S I

8

26. Venerat iam tertius dies, id est exspectatio liberae cenae, sed tot vulneribus confossis fuga magis placebat quam quies. Itaque cum maesti deliberaremus, quonam genere praesentem evitaremus procellam, unus servus Agamemnonis interpellavit trepidantes et: „ Q u i d ? v o s " inquit „nescitis, hodie apud quem f i a t ? Trimalchio, lautissimus homo, horologium in triclinio et bucinatorem habet subornatum, ut subinde sciat, quantum de vita perdiderit." Amicimur ergo diligenter obliti omnium malorum et Gitona, libentissime servile officium tuentem, inbemus in balneum sequi. 27. Nos interim vestiti errare coepimus, et circulis accedere, cum subito videmus senem calvum, tunica vestitum russea, inter pueros capillatos ludentem pila. Nec tam pueri nos, quamquam erat operae prei

tium, ad spectaculum duxerant, quam ipse pater familiae, qui soleatus pila prasina exercebatur. Nec amplius earn repetebat, quae terram contigerat, sed follem plenum habebat servus sufficiebatque ludentibus. Notavimus etiam res novas. Nam duo spadones in diversa parte circuii stabant, quorum alter matellam tenebat argenteam, alter numerabat pilas, non 18

PETRON:

DAS

GASTMAHL

DES

TRIMALCHIO

26. Schon war der dritte Tag herangekommen und mit ihm die Aussicht auf unsere Henkersmahlzeit. Doch wir dachten, von so vielen Wunden bedeckt I ), mehr an Flucht als an Ruhe. Als wir nun betrübt hin und her überlegten, auf welche Weise wir dem drohenden S t u r m e e n t g e h e n könnten, machte ein Bote des Agamemnon unserer bangen Unschlüssigkeit ein Ende. „Wie? Wißt Ihr denn nicht", rief er uns zu, „bei wem heute etwas los ist? Trimalchio, ein hochfeiner Herr, hat in seinem Speisesaale eine Weltenuhr und einen reichgeschmückten Hornbläser 1 ) um sofort zu wissen, wieviel er von seinem Leben verloren hat." Da vergaßen wir all unser Leid, kleideten uns sorgfältig an und baten den Giton, der bereitwilligst Sklavendienste bei uns versah, uns ins Bad zu folgen. 27. Inzwischen fertig angekleidet, schlenderten wir ein wenig umher und traten auch an die Spielplätze heran. Dort bemerkten wir plötzlich einen glatzköpfigen Alten in einem rotbraunen Gewände, der mit langgelockten Knaben Ball spielte. Dabei zogen weniger die Knaben — obgleich auch ihr Anblick recht lohnend war — unsere Aufmerksamkeit auf sich, als der Alte selbst, der in Sandalen mit lauchgrünen Bällen spielte. Wenn ein Ball dep Boden berührt hatte, dann ließ er ihn nicht wieder aufnehmen. Vielmehr hielt ein Sklave einen vollen Lederbeutel mit Bällen bereit, aus dem er die Spieler versorgte. Auch sonst bemerkten wir ganz Ungewöhnliches: Zwei Eunuchen standen an den entgegengesetzten Seiten des Spiel19

quidem eas, quae inter manus lusu expeliente vibrabant, sed eas, quae in terram decidebant. Cum has ergo miraremur lautitias, accurrit Menelaus e t : „Hic est" inquit „apud quem cubitum ponetis, et quidem iam principium cenae videtis". E t iam non loquebatur Menelaus, cum Trimalchio dígitos concrepuit, ad quod signum matellam spado ludenti subiecit. Exonerata ille vesica aquam poposcit ad manus, digitosque paululum adspersos in capite pueri tersit. 28. Longum erat singula excipere. Itaque intravimus balneum, et sudore calfacti momento temporis ad frigidam eximus. Iam Trimalchio unguento perfusus tergebatur, non linteis, sea palliis ex lana mollissima factis. Tres interim iatraliptae in conspectu eius Falernum potabant, et cum plurimum rixantes effunderent, Trimalchio hoc suum propin esse dicebat. Hinc involutus coccina gausapa lecticae impositus est praecedentibus

phaleratis cursoribus quattuor

et

chiramaxio, in quo deliciae eius vehebantur, puer vetulus, 20

lippus,

domino

Trimalchione

deformior.

feldes. Der eine hielt ein silbernes Nachtgeschirr, der andere zählte die Bälle, aber nicht etwa diejenigen, die im Prellspiel von Hand zu Hand flogen, sondern gerade die, die zu Boden fielen. Als wir diese Feinheiten bewunderten, kam (der Vorschullehrer) Menelaus gelaufen und sagte: „Das ist der berühmte Mann, bei dem Ihr speisen werdet, und was Ihr hier seht, ist bereits das Vorspiel des Mahles." Kaum hatte Menelaus geendet, als Trimalchio mit den Fingern schnippte. Auf dieses Zeichen hielt ihm der eine Eunuch während des Spiels das Nachtgeschirr unter. Nachdem er seine Blase entleert hatte, forderte er Wasser zum Händewaschen, besprengte aber nur die Fingerspitzen ein wenig und trocknete sie dann an dem Lockenkopfe eines Pagen ab. 28. Es würde zu weit führen, alle Einzelheiten aufzuzählen. Wir begaben uns also ins Bad und gingen aus dem Schwitzbad sofort ins Kaltbad. Trimalchio ließ sich nämlich bereits, von Salböl triefend, abreiben, freilich nicht mit gewöhnlichen Leinentüchern, sondern mit Bademänteln aus feinster Wolle. Inzwischen zechten drei Badediener auf sein Geheiß Falernerwein. Und als sie sich zankten und dabei das meiste verschütteten, erklärte Trimalchio, das sei sein eigener Vortrunk 2). Dann ließ er sich in eine scharlachfarbene Friesdecke wickeln und in seine Sänfte heben. Vor ihm zogen vier Läufer in prächtigem Metallschmuck, dann folgte ein Kinderwagen, in dem sein Lieblingssklave saß, ein alter triefäugiger 21

Cam ergo auferretur, ad caput eius symphoniacus cum minimis tibiis accessit et tamquam in aurem aliquid secreto diceret, toto itinere cantavit. Sequimur nos admiratione iam saturi et. cum Agamemnone ad ianuam pervenimus, in cuius poste libellus erat cum hac inscriptione fixus: „Quisquís servus sine dominico iussu foras exierit, accipiet plagas centum." In aditu autem ipso stabat ostiarius prasinatus, cerasino succinctus cingulo, atque in lance argentea pisum purgabat. Super limen autem cavea pendebat aurea, in qua pica varia intrantes salutabat. 29. Ceterum ego dum omnia stupeo, paene resupinatus crura mea fregi. Ad sinistram enim intrantibus non longe ab ostiarii cella canis ingens, catena vinctus, in pañete erat pictus superque quadrata littera scriptum „cave canem". Et collegae quidem mei riserunt, ego autem collecto spiritu non destiti totum parietem persequi. Erat autem venalicium cum titulis pictum, et ipse Trimalchio capillatus caduceum tenebat Minervaque ducente Romam intrabat. Hinc quemadmodum ratio22

Knabe, der noch häßlicher war als sein Herr Trimalchio. Als er weggetragen wurde, trat ein Musiker mit winzig kleinen Flöten dicht an seinen Kopf heran und blies den ganzen Weg, als wenn er ihm etwas heimlich ins Ohr flüstern wollte. Wir gehen hinterdrein, schon ganz voll von Bewunderung, und kommen mit Agamemnon an die Haustür, an deren Pfosten eine Tafel mit der Aufschrift angebracht war: „Jeder Sklave, der ohne Geheiß des Herrn das Haus verläßt, soll hundert Streiche erhalten." Am Eingange selbst stand der Portier in lauchgrüner Kleidung mit kirschrotem Gürtel und putzte in einer silbernen Schüssel Erbsen. Uber der Schwelle aber hing ein goldener Käfig, aus dem eine buntgesprenkelte Elster die Eintretenden begrüßte. 29. Während ich all das bestaunte, wäre ich beinahe rücklings hingefallen und hätte mir die Beine gebrochen. Links vom Eingang, nicht weit von der Portierloge, war nämlich ein riesiger Kettenhund an die Wand gemalt und darüber in Kapitalschrift geschrieben: „Achtung, bissiger Hund!" Meine Gefährten lachten mich aus, ich konnte es mir aber, sobald ich meine Fassung wiedererlangt hatte, doch nicht versagen, die ganze Wand genau zu betrachten. Ein Gemälde mit Beischriften stellte einen Sklavenmarkt dar. Man sah Trimalchio selbst in langen Knabenlocken, wie er den Merkurstab in der Hand hielt und von Minerva geleitet in Rom einzog. Wie er dann das Rechnen erlernte, und wie er schließlich Schatzmeister wurde, all das hatte der sorgfältige Maler mit er23

einari didicisset, denique dispensator factus esset, omnia diligenter curiosus pictor cum inscriptione reddiderat. In deficiente vero iam porticu levatum mento in tribunal excelsum Mercurius rapiebat. Praesto erat Fortuna cornu abundanti copiosa et tres Parcae aurea pensa torquentes. Notavi etiam in porticu gregem cursorum cum rnagistro se exercentem. Praeterea grande armarium in ángulo vidi, in cuius aedicula erant Lares argentei positi Venerisque signum marmoreum et pyxis aurea non pusilla, in qua barbam ipsius conditam esse dicebant. Interrogare ergo atriensem coepi, quas in medio picturas haberent. „Iiiada et Odyssian" inquit ,,ac Laenatis gladiatorium munus." non licebat multa ad aciam considerare. 30. Nos iam ad triclinium perveneramus, in cuius parte prima procurator-rationes accipiebat. Et quod praecipue miratus sum, in postibus triclinii fasces erant cum securibus fixi, quorum unam partem quasi embolum navis aëneum finiebat, in quo erat scriptum: „C. Pompeio Trimalchioni, seviro Augustali, Cinnamus dispensator." Sub eodem titulo et lucerna bilychnis de camera pendebat, et duae tabulae in utroque poste defixae, quarum altera, si bene memini, 24

klärenden Beischriften, genau abgebildet. Am Ende des Säulenganges sah man bereits, wie Trimalchio, am Kinn untergefaßt, von Merkur auf ein hochragendes Tribunal gehoben wurde. Zur Seite stand ihm Fortuna, mit überreichem Füllhorn ausgestattet, und die drei Parzen, goldene Fäden spinnend. In diesem Säulengange bemerkte ich auch eine Schar von Läufern, die mit ihrem Lehrmeister übten. Außerdem sah ich in einer Ecke einen großen Wandschrank, in dessen Kapellchen silberne Hausgötter standen, eine Marmorstatuette der Venus und eine ziemlich große goldene Büchse, in der, wie man uns erzählte, der erste Bart des Hausherrn aufbewahrt wurde. Ich fragte den Haushofmeister, was für Gemälde sie in der Mitte hätten. „Die Ilias und die Odyssee", antwortete er, „und die Gladiatorenkämpfe des Länas." Es war mir aber nicht möglich, die vielen Darstellungen genauer zu betrachten. 30. Schon waren wir zum Speisesaal gelangt, in dessen vorderem Teile der Hausverwalter Rechnungen entgegennahm. Was mich besonders verwunderte, an den Türpfosten des Speisesaales waren Rutenbündel mit Beilen angebracht, die an einem Ende in eine Art von ehernem Schiffsschnabel ausliefen, auf dem geschrieben stand: „Dem Gajus Pompejus Trimalchio, Sevir 3) der Augustalen, geweiht vom Kassierer Cinnamus." Mit gleicher Inschrift war auch eine zweiflammige Lampe versehen, die von der Decke herabhing. Und an den beiden Pfosten waren zwei Tafeln angeschlagen. Die eine trug, wenn ich 25

hoc habebat inscriptum: „ I I I . et pridie Kalendas Januarias C. noster foras cenat", altera lunae cursum stellarumque septem imagines pietas; et qui dies boni quique incommodi essent, distinguente bulla notabantur. His repleti voluptatibus cum conaremur in triclinium intrare, exclamavit unus ex pueris, qui super hoc officium erat positus: „Dextro pede." Sine dubio paulisper trepidavimus, ne contra praeceptum aliquis nostrum limen transiret. Ceterum ut pariter movimus dextros gressus, servus nobis despoliatus procubuit ad pedes ac rogare coepit, ut se poenae eriperemus: nec magnum esse peccatum suum, propter quod periclitaretur; subducta enim sibi vestimenta dispensatoris in balneo, quae vix fuissent decern sestertiorum. Rettulimus ergo dextros pedes dispensatoremque in atrio áureos numerantem deprecati sumus, ut servo remitteret poenam. Superbus ille sustulit vultum e t : „Non tam iactura me movet" inquit „quam negligentia nequissimi servi. Vestimenta mea cubitoria perdidit, quae mihi natali meo cliens quidam donaverat, Tyria sine dubio, sed iam semel lota. Quid ergo est? dono vobis eum."

26

mich recht erinnere, die Inschrift: „Am 30. und 31. Dezember speist unser Herr Gajus außer Haus." Die andere zeigte die Bahn des Mondes und die Bilder der sieben Planeten. Auch waren die günstigen und ungünstigen Tage des Jahres mit verschiedenfarbigen Knöpfen bezeichnet. Als wir nun, ganz erfüllt von diesen Genüssen, in den Speisesaal eintreten wollten, rief uns einer der jungen Sklaven, der eigens für diesen Dienst bestimmt war, mit lauter Stimme zu: „Mit dem rechten Fuße!" Natürlich wurde uns dabei ein wenig bange, es könnte einer von uns doch gegen die Vorschrift die Schwelle überschreiten. Als wir nun alle zugleich mit dem rechten Fuße eintraten, fiel uns ein entkleideter Sklave zu Füßen und bat, wir möchten ihn doch von seiner Strafe befreien. Seine Schuld sei nicht groß, derentwegen er in Gefahr schwebe. Es seien ihm nämlich im Bade die Kleider des Kassierers gestohlen worden, die aber kaum zehn Sesterzen wert gewesen seien. Wir zogen also unsern rechten Fuß wieder zurück und baten den Kassierer, der im Atrium Goldmünzen zählte, er solle dem Sklaven die Strafe erlassen. Der steckte aber eine hochmütige Miene auf und sagte: „Mich ärgert nicht so sehr der Verlust als die Nachlässigkeit dieses nichtsnutzigen Burschen. Er hat mir meine Tafelkleider verloren, die mir ein Klient zu meinem Geburtstage geschenkt hatte, natürlich aus echt tyrischem Purpur, aber schon einmal gewaschen. Was macht mir das also aus? Ich schenke euch den ganzen Kerl". 27

31. Obliga ti tam grandi beneficio cum intraremus triclinium, occurrit nobis ille idem servus, pro quo rogaveramus, et stupentibus spississima basia impegit gratias agens humanitati nostrae. „Ad sumtnam, statim scietis" ait „cui dederitis beneficium. Vinum dominicum minstratoris gratia est." Tandem

ergo discubuimus

pueris

Alexandrinis

aquam in manus nivatam infundentibus aliisque insequentibus ad pedes ac paronychia cum ingenti subtilitate tollentibus. Ac ne in hoc quidem tam molesto tacebant officio, sed obiter cantabant. Ego experiri volui, an tota familia cantaret, itaque potionem poposci. Paratissimus puer non minus me acido cantico excepit, et quisquís aliquid rogatus erat, ut daret. Pantomimi chorum, non patris familiae triclinium crederes. Aliata est tamen gustatio valde lauta; nam iam omnes discubuerant praeter ipsum Trimalchionem, cui locus novo more primus servabatur. Ceterum in promulsidari asellus erat Corinthius cum bisaccio positus, qui habebat olivas in altera parte albas, in altera nigras. Tegebant asellum duae lances, in quaru m marginibus nomen Trimalchionis inscriptum erat et 28

31. Als wir, durch eine so große Freigebigkeit verpflichtet, den Speisesaal betreten hatten, kam uns derselbe Sklave, für den wir gebeten hatten, entgegen und überschüttete uns zu unserm größten Erstaunen mit einer Flut von Küssen, um uns für unsere Menschenfreundlichkeit zu danken. „Kurz gesagt", meinte er, „ihr werdet gleich erfahren, wem ihr eure Wohltat erwiesen habt: Des Herren Wein ist der Dank des Mundschenken." Endlich nahmen wir an der Tafel Platz. Alexandrinische Sklaven gössen uns schneegekühltes Wasser über die Hände. Andere kamen hinterdrein, die sich an die Fußpflege machten und unsere Nietnägel mit außerordentlicher Gründlichkeit beseitigten. Selbst bei diesem schwierigen Geschäft schwiegen sie nicht, sondern sangen gleichzeitig. Ich wollte mich überzeugen, ob die ganze Dienerschaft aus Sängern bestehe, und verlangte deshalb zu trinken. Siehe da, ein sehr dienstbeflissener Sklave antwortete mit einem ebenso gellenden Gesänge, und so jeder, den man um irgendeine Handreichung bat. Man konnte glauben, beim Chor einer Pantomime zu sein, nicht im Speisesaal eines Privathauses. Endlich wurde ein sehr leckeres Voressen aufgetragen. Denn alle Gäste hatten bereits Platz genommen außer Trimalchio selbst, für den nach neuester Mode der erste Platz freigehalten wurde. Auf einer Vorkostschüssel stand ein Esel aus korinthischem Erz mit einem Quersack, der auf der einen Seite helle, auf der andern dunkle Oliven enthielt. Den Esel bedeckten zwei Schüsseln, auf deren 29

argenti pondus. Ponticuli etiam ferruminati sustinebant glires melle ac papavere sparsos. Fuerunt et tomacula super craticulam argenteam ferventia posita, et infra craticulam Syriaca pruna cum granis Punici mali. 32. In his eramus lautitiis, cum ipse Trimalchio ad symphoniam allatus est positusque inter cervicalia munitissima expressit imprudentibus risum. Pallio enim coccíneo adrasum excluserat caput circaque oneratas veste cervices laticlaviam immiserat mappam fimbrii? hinc atque illinc pendentibus. Habebat etiam in minimo digito sinistrae manus anulum grandetti subauratum, extremo vero articulo digiti sequentis minorem, ut mihi videbatur, totum aureum, sed plane ferreis veluti stellis ferruminatimi. Et ne has tantum ostenderet divitias, dextrum nudavit lacertum armilla aurea cultum et eboreo circulo lamina splendente conexo. 33. Ut deinde pinna argentea dentes perfodit: „Amici" inquit „nondum mihi suave erat in triclinium venire, sed ne diutius absentivos morae vobis essem, omnem voluptatem mihi negavi. Permittetis 30

Rändern der Name Trimalchios eingraviert war, dazu das Gewicht des Silbers. Kleine angelötete Stege trugen Siebenschläfer, mit Honig und Pfeffer bestreut. Auch lagen auf einem kleinen silbernen Rost heiße Würste, und unter dem Rost syrische Pflaumen mit Granatäpfelkernen. 32. Mit diesen Herrlichkeiten waren wir beschäftigt, als Trimalchio selbst unter den Klängen des Orchesters hereingetragen wurde und sich auf seinen sorgfältig aufgebauten Kissen niederließ. Sein Anblick brachte uns Neulinge zum Lachen. Er h a t t e nämlich seinen glattrasierten Kopf aus einem scharlachroten Mantel herausgesteckt und um seinen mit Gewändern bepackten Hals noch einen Schal geschlungen mit breitem Pupurstreifen 4) und beiderseits herabhängenden Fransen. Sogar am kleinen Finger seiner linken Hand trug er einen großen vergoldeten 4) Ring, am letzten Gliede des Ringfingers aber einen etwas kleineren, wie mir schien, rein goldenen, der jedoch mit aufgelöteten eisernen Sternchen ganz besetzt war. Und um nicht nur diese Reichtümer zu zeigen, h a t t e er auch noch seinen rechten Arm entblößt, der mit einer goldenen Spange und einem elfenbeinernen Reif mit glänzender Verschlußplatte geziert war. 33. Als er sich mit einem silbernen Zahnstocher die Zähne ausgestochert hatte, meinte er: „Liebe Freunde, ich h a t t e eigentlich noch keine Lust, zum Essen zu kommen, aber um euch durch mein Ausbleiben nicht länger aufzuhalten, habe ich mir das ganze Ver31

tarnen finiri lusum." sequebatur puer cum tabula terebinthina et crystallinis tesseris, notavique rem omnium delicatissimam. Pro calculis enim albis ac nigris áureos argenteosque habebat denarios. Interim dum ille omnium textorum dicta inter lusum consumit, gustantibus adhuc nobis repositorium allatum est cum corbe, in quo gallina erat lignea patentibus in orbem alis, quales esse soient quae incubant ova. Accessere continuo duo servi et symphonia strepente scrutari paleam coeperunt, erutaque subinde pavonina ova divisere convivís. Convertit ad hanc scaenam Trimalchio vultum et: „Amici" ait „pavonis ova gallinae iussi supponi. Et mehercules timeo, ne iam concepti sint; temptemus tarnen, si adhuc sorb ilia sunt." Accipimus nos cochlearia non minus selibras pendentia ovaque ex farina pingui figurata pertundimus. Ego quidem paene proieci partem meam, nam videbatur mihi iam in pullum coisse. Deinde ut audivi veterem convivam: ,,Hic nescio quid boni debet esse", persecutus putamen manu pinguissimam ficedulam inveni piperato vitello circumdatam. 34. Iam Trimalchio eadem omnia lusu intermisso 32

gnügen versagt. Erlaubt mir aber, mein Spiel hier zu Ende zu' bringen." Hinter ihm kam ein Sklave mit einem Spielbrett aus Terebinthenholz und Würfeln aus Kristallglas. Und ich bemerkte etwas äußerst Feines: Statt weißer und schwarzer Spielsteine hatte er goldene und silberne Denare. Während er nun bei seinem Spiel sämtliche knotige Witze erschöpfte, wurde uns — wir waren noch bei der Vorkost — ein Speisebrett mit einem Korbe gebracht, in dem eine hölzerne Henne mit ringsum ausgebreiteten Flügeln saß, wie wenn sie Eier ausbrütete. Sogleich traten zwei Sklaven heran, durchsuchten unter rauschender Musikbegleitung das Stroh, fanden immer wieder Pfaueneier darin und verteilten sie unter die Gäste. Trimalchio sah nach dieser Szene hin und meinte: „Freunde, ich habe der Henne Pfaueneier unterlegen lassen. Und ich fürchte wahrhaftig, daß sie schon angebrütet sind. Aber wir wollen versuchen, ob sie nicht doch noch eßbar sind." Wir bekommen kleine silberne Eßlöffel — sie wogen nicht weniger als ein halbes Pfund — und zerbrechen die aus fettem Mehlteig geformten Eier. Ich hätte beinahe mein Teil fortgeworfen, denn es schien mir, daß sich bereits ein Junges gebildet hätte. Als ich aber dann einen alten Stammgast sagen hörte: „Darin muß was Gutes stecken", untersuchte ich die Schale mit der Hand und fand darin eine sehr fette Feigenschnepfe, in gepfefferten Eidotter gehüllt. 34. Schon hatte sich Trimalchio nach Unterbre33

poposcerat feceratque potestatem clara voce, si quis nostrum iterum vellet mulsum sumere, cum subito signum symphonia datur et gustatoria pariter a choro cantante rapiuntur. Ceterum inter tumultum cum forte paropsis excidisset et puer iacentem sustulisset, animadvertit Trimalchio colaphisque obiurgari puerum acproicererursusparopsidemiussit. Insecutus est supellecticarius argentumque inter reliqua purgamenta scopis coepit everrere. Subinde intraverunt duo Aethiopes capillati cum pusillis utribus, quales soient esse, qui harenam in amphitheatro spargunt, vinumque dederunt in manus; aquam enim nemo porrexit. Laudatus propter elegantias dominus: „Aequum" inquit „Mars amat. Itaque iussi suam cuique mensam assignari. Obiter et putidissimi servi minorem nobis aestum frequentia sua facient." Statim allatae sunt amphorae vitreae diligenter gypsatae, quarum in cervicibus pittacia erant affixa cum hoc titulo: „Falernum Opimianum annorum centum." Dum títulos perlegimus, complosit Trimal34

chung seines Spiels von allen Speisen reichen lassen und uns mit lauter Stimme freigestellt, zum zweiten Male Honigwein zu nehmen. Da gab das Orchester plötzlich ein Zeichen, worauf die Vorkostschüsseln von der singenden Dienerschar eiligst abgeräumt wurden. Bei diesem Durcheinander war zufällig eine Schüssel zu Boden gefallen, und der Sklave hatte sie wieder aufgehoben. Als Trimalchio dies bemerkte, befahl er, der Diener solle geohrfeigt werden und die Schüssel wieder hinwerfen. Dann kam der Aufseher für das Hausgerät und begann, das Silber unter dem übrigen Kehricht mit dem Besen hinauszufegen. — Darauf traten zwei Negersklaven in ihrem Haarputz mit winzig kleinen Schläuchen ein, die so aussahen wie die Schläuche, mit denen man im Amphitheater die Arena besprengt. Aus diesen Schläuchen gössen sie Wein über unsere Hände: Wasser bot keiner an. Als wir den Hausherrn wegen dieser Feinheiten bewunderten, meinte er: „Mars liebt die Gleichheit! Ich habe deshalb jedem Gast einen kleinen Tisch für sich anweisen lassen. Dabei werden wir auch unter der Hitze weniger zu leiden haben, die sonst diese stinkigen Kerle von Sklaven durch ihr Gedränge verursachen." Unmittelbar darauf wurden sorgfältig vergipste Amphoren hereingebracht, an deren Halse Etiketten angebracht waren mit der Aufschrift: „Hundertjähriger Falerner, Jahrgang des Opimius." Während wir die Aufschriften studierten, schlug Trimalchio die Hände über dem Kopfe zusammen und rief: „Ach, 35

chio manus et: „Eheu" inquit „ergo diutius vivit vinum quam homuncio. Quare tangomenas faciamus. Vita vinum est. Verum Opimianum praesto. Heri non tam bonum posui, et multo honestiores cenabant." Potantibus ergo nobis et accuratissime lautitias mirantibus larvam argenteam attulit servus sic aptatam, ut articuli eius vertebraeque laxatae in omnem partem flecterentur. Hanc cum super mensam semel iterumque abiecisset, et catenatio mobilis aliquot figuras exprimeret, Trimalchio adiecit: „Ehen nos miseros, quam totus homuncio nil est. Sic erimus cuncti, postquam nos auferet Orcus. Ergo vivamus, dum licet esse bene." 35. Laudationem ferculum est insecutum plane non pro expectatione magnum; novitas tarnen omnium convertit oculos. Rotundum enim repositorium duodecim habebat signa in orbe disposita, super quae proprium convenientemque materiae structor imposuerat cibum: super arietem cicer arietinum, super taurum bubulae frustum, super geminos testículos ac rienes, super cancrum coronam, super leonem 36

ach, so lebt also der Wein länger als wir armen Menschlein! Darum wollen wir uns auch ordentlich beschwipsen! Wein ist Leben. Echten Opimianer setze ich euch vor. Gestern gab's nicht so guten, und doch waren viel feinere Leute bei mir zu Gaste." Während wir nun zechten und alle Feinheiten aufs eingehendste bewunderten, brachte ein Sklave ein Skelett 6 ) aus Silber herbei, das so eingerichtet war, daß sich seine Glieder und Gelenke locker nach allen Seiten bewegen ließen. Er ließ es einige Male auf den Tisch niederfallen, wo das bewegliche Gefüge mannigfache Gestalten annahm. Dazu deklamierte Trimalcho: „Ach wir Armen, ach ! Das ganze Menschlein ist ein reines Nichts. So ein Gerippe werden einst wir alle sein, Sobald der finstre Orkus uns verschlingt. Drum lasset uns das Leben froh genießen, Solange es das Schicksal uns vergönnt." 35. Dem allgemeinen Beifall folgte ein Gang, der unseren Erwartungen gar nicht entsprach; doch seine Ungewöhnlichkeit zog aller Augen auf ihn hin. Ein rundes Speisebrett zeigte nämlich in kreisförmiger Anordnung die zwölf Himmelszeichen, und der Anrichter hatte auf jedes von ihnen ein eigentümliches und passendes Gericht gelegt: Auf den Widder Widdererbsen, auf den Stier ein Stück Rindfleisch, auf die Zwillinge Hoden und Nieren, auf den Krebs einen Kranz, auf den Löwen afrikanische Feigen, auf die Jungfrau die Gebärmutter einer Jungsau, auf die 37

ficum Africanum, super virginem steriliculam, super libram stateram, in cuius altera parte scriblita erat, in altera placenta, super scorpionem pisciculum marinum, super sagittarium alopecum, super capricornum locustam marinam, super aquarium anserem, super pisces duos mullos. In medio autem caespes cum herbis excisus favum sustinebat. Circumferebat Aegyptius puer clibano argenteo panem atque ipse etiam taeterrima voce de Laserpiciario mimo canticum extorsit. Nos ut tristiores ad tam viles accessimus cibos: „Suadeo" inquit Trimalchio „cenemus; hoc est ius cenae." 36. Haec ut dixit, ad symphoniam quattuor tripudiantes procurrerunt superioremque partem repositorii abstulerunt, quo facto videttius infra altilia et sumina leporemque in medio pinnis subornatum, ut Pegasus videretur. Notavimus etiam circa ángulos repositorii Marsyas quattuor, ex quorum utriculis garum piperatum currebat super pisces, qui tanquam in euripo natabant. Damus omnes plausum a familia inceptum et res electissimas ridentes aggredimur. Non minus et Trimalchio eiusmodi methodio

laetus:

„Carpe" inquit. Processit statim scissator et ad symphoniaw gesticulatus ita laceravit obsonium, ut pu3§

Waage eine wirkliche Waage, die in der einen Schale eine Torte, in der anderen einen Kuchen trug, auf den Skorpion einen kleinen Seefisch, auf den Schützen einen Hasen, auf den Steinbock einen Hummer, auf den Wassermann eine Gans und auf die Fische zwei Seebarben. In der Mitte aber lag ein mit der Grasnarbe ausgeschnittenes Rasenstück und darauf eine Honigwabe. Ein ägyptischer Sklave bot auf einer silbernen Backpfanne geröstetes Brot an und quälte sich dabei mit widerwärtiger Stimme ein Couplet aus der Posse „Asafötida" ab. Als wir uns etwas verstimmt an diese schlichten Speisen heranmachten, sagte Trimalchio: „Ich rate euch, ordentlich zuzugreifen, das ist nun mal guter Brauch beim Mahle." 35. Bei diesen Worten eilten vier Diener im Tanzschritt unter Orchesterbegleitung herbei und hoben den oberen Teil der Anrichte ab. Da erblickten wir im unteren Teile Masthühner, Saueuter und einen Hasen, der in der Mitte mit Federn geschmückt war, so daß er einem Pegasus glich. Auch bemerkten wir an den Ecken der Anrichte vier Marsyasfiguren, aus deren kleinen Schläuchen eine pikante Sauce über die Fische flöß, die wie in einem Teich schwammen. Wir klatschen alle Beifall, womit die Dienerschaft den Anfang gemacht hatte, und fallen lachend über die auserlesenen Gerichte her. Nicht weniger war Trimalchio über ein derartiges Kunststück erfreut und rief vergnügt: „Schneider"! Sofort kam der Vorschneider herbeigelaufen und zerlegte die Gerichte mit rhythmischen Bewegungen nach dem Takte der 39

ares essedarium hydraule cantante pugnare. Ingerebat nihilo minus Trimalchio lentissima voce: „Carpe, carpe." Ego suspicatus ad aliquam urbanitatem totiens iteratam vocem pertinere, non erubui eum, qui supra me accumbebat, hoc ipsum interrogare. At ille, qui saepius eiusmodi ludos spectaverat: „Vides ilium" inquit „qui obsonium carpit: Carpus vocatur. Itaque quotiescumque dicit „Carpe", eodem verbo et vocat et imperat." 37. Non potui amplius quicquam gustare, sed conversus ad eum, ut quam plurima exciperem, longe accersere fabulas coepi sciscitarique, quae esset mulier illa, quae hue atque illuc discurreret. „Uxor" inquit „Trimalchionis,

Fortuna

appellatur, quae

nummos modio metitur. Et modo, modo quid fuit? Ignoscet mihi genius tuus, noluisses de manu illius panem aeeipere. Nunc, nec quid nec quare, in caelum abiit et Trimalchionis topanta est. Ad summam, mero meridie si dixerit illi tenebras esse, credet. Ipse nescit, quid habeat, adeo saplutus est; sed haec Iupatria providet omnia et ubi non putes. Est sicca, sobria, bonorum consiliorum, est tarnen malae lin40

Musik. Man konnte glauben, ein Wagenkämpfer führe unter Orgelbegleitung einen Scheinkampf aus. Trotzdem wiederholte Trimalchio immer wieder in langgezogenen Tönen: „Schneider, schneid' er" *). Ich vermutete, daß hinter diesem so oft wiederholten Ausrufe irgendein Scherz stecken müsse, und scheute mich nicht, meinen Nachbar, der über mir lag, danach zu fragen. Der hatte schon öfters derartige Spässe miterlebt und antwortete mir: „Du siehst den Mann, der die Gerichte vorschneidet. Er heißt Schneider. So oft also Trimalchio ,Schneider!' ruft, ruft er ihn beim Namen und gibt ihm zugleich seinen Befehl." 37. Da ich keinen Bissen mehr hinunterbringen konnte, wandte ich mich wieder an meinen Tischnachbar, um möglichst viel von ihm zu erfahren. Ich holte zunächst weit aus und erkundigte mich, wer die Frau sei, die so geschäftig hin und her lief. „Das ist Trimalchios Gattin", sagte er, „Fortunata heißt sie: die mißt das Geld mit Scheffeln. Aber noch ganz vor kurzem, was war sie da ? Mit Respekt zu sagen, kein Hund hätte ein Stückchen Brot aus ihrer Hand genommen. Jetzt aber, man weiß nicht wieso und warum, kommt sie sich wie eine Göttin vor und ist Trimalchios ein und alles. Kurz gesagt, wenn sie ihm am heilichten Tage sagt, es sei stockfinstere Nacht •— so glaubt er's. Er selber weiß gar nicht, wieviel er h a t ; so schwer reich ist er. Aber dieses Teufelsweib *) Wir können Trimalchios Wortwitz glücklicherweise genau nachbilden.

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guae, pica pulvinaris. Quem amat, amat; quem non amat, non amat. Ipse Trimalchio fundos habet, qua milvi volant, nummorum nummos. Argentum in ostiarii illius cella plus iacet, quam quisquam in fortunis habet. Familia vero babae babae, non mehercules puto decumam partem esse, quae dominum suum noverit. Ad summam, quemvis ex istis babaecalis in rutae folium coniciet. 38. Nec est quod pûtes ilium quicquam-emere. Omnia domi nascuntur: lana, credrae, piper, lacte gallinaceum si quaesieris, invenies. Ad summam, parum illi bona lana nascebatur; arietes a Tarento emit, et eos culavit in gregem. Mei Atticum ut domi nasceretur, apes ab Athenis iussit afferri; obiter et vernaculae quae sunt, meliusculae a Graeculis fient. Ecce intra hos dies scripsit, ut illi ex India semen boletorum mitteretur. Nam mulam quidem nullam habet, quae non ex onagro nata sit. Vides tot culcitras: nulla non aut conchyliatum aut coccineum tomentum habet. Tanta est animi beatitudo.

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hat ihre Augen überall, auch wo man es nicht vermuten würde. Sie ist mäßig, nüchtern und nicht dumm. Aber sie hat eine sehr böse Zunge, eine richtige jSophaelster' ist sie. Wen sie liebt, den liebt sie; und wen sie nicht liebt, den liebt sie eben nicht. Trimalchio hat Ländereien, soweit der Habicht fliegt, und Geld über Geld. In der Kammer seines Pförtners liegt mehr Silbergerät, als sonst einer Vermögen hat. Und erst seine Sklaven, potztausend! Wahrhaftig, ich glaube, nicht der zehnte Teil von ihnen kennt überhaupt seinen Herrn. Kurz und gut, er ist imstande, jedem von diesen Dummköpfen hier in ein Rautenblättchen einzuwickeln. 38. Auch darfst du nicht glauben, daß er irgend etwas einkauft. Alles wächst auf seinem eigenen Grund und Boden: Wolle, Zitronen und Pfeffer; wenn du Hühnermilch verlangst, auch die ist da. Die Wolle eigener Zucht war ihm nicht gut genug. Er kaufte also Widder aus Tarent und kreuzte sie mit seinen Mutterschafen. Um attischen Honig auf seinem Boden zu erzeugen, ließ er sich Bienen aus Athen kommen. Nebenher würden die heimischen Bienen durch die griechischen noch etwas veredelt werden. In den letzten Tagen hat er sich sogar Champignonsamen aus Indien verschrieben. Unter seinen Maultieren befindet sich nicht ein einziges, das nicht von einem Wildesel abstammt. Und siehst du alle diese Kissen? Da ist keines, das nicht eine purpuroder scharlachfarbene Polsterung hätte. Er hat eben alles, was das Herz begehrt. 43

Reliquos autem collibertos eius cave contemnas. Valde sucossi sunt. Vides ilium, qui in imo imus recumbit: hodie sua octingenta possidet. De nihilo crevit. Modo solebat collo suo ligna portare. Sed quomodo dicunt — ego nihil scio, sed audivi — quom Incuboni pilleum rapuisset, thesaurum invenit. Ego nemini invideo, si quid deus dedit. Est tarnen sub alapa et non vult sibi male. Itaque proxime