Das Freiburger Stadtrecht von 1520 – Durchsetzung und Bewährung: Dargestellt anhand der Rechtsprechung des Freiburger Stadtgerichts im 16. Jahrhundert zu den ersten beiden Tractaten [1 ed.] 9783428467013, 9783428067015

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Das Freiburger Stadtrecht von 1520 – Durchsetzung und Bewährung: Dargestellt anhand der Rechtsprechung des Freiburger Stadtgerichts im 16. Jahrhundert zu den ersten beiden Tractaten [1 ed.]
 9783428467013, 9783428067015

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WENDT NASSALL

Das Freiburger Stadtrecht von 1520

Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Herausgegeben vom Institut für Rechtsgeschichte und geschichtliche Rechtsvergleichung der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i. Hr.

Neue Folge· Band 13

Das Freiburger Stadtrecht von 1520 - Durchsetzung und BewährungDargestellt an hand der Rechtsprechung des Freiburger Stadtgerichts im 16. Jahrhundert zu den ersten beiden Tractaten

Von

Wendt Nassall

DUßcker & Humblot . Berliß

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Nassall, Wendt: Das Freiburger Stadtrecht von 1520 - Durchsetzung und Bewährung: dargestellt anhand der Rechtsprechung des Freiburger Stadtgerichts im 16. Jahrhundert zu den l. beiden Tractaten / von Wendt Nassall. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1989 (Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen; N. F., Bd. 13) Zugl.: Freiburg (Breisgau), Uni\!., Diss., 1986 ISBN 3-428-06701-0 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

© 1989 Duncker & Humb10t GmbH, Berlin 41 Druck: Wemer Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISSN 0720-6704 ISBN 3-428-06701-0

Für Dorothee

"Es ist in der That ein anderes Ding, unbekümmert um die Folgen und das Unheil, das ein Rechtssatz, den man in den Quellen zu lesen oder aus der Consequenz zu entnehmen glaubt, im Leben anstiftet, sich rein theoretisch mit ihm abzufmden oder aber ihn zur Anwendung zu bringen." Rudolph von !hering (Beiträge zur Lehre von der Gefahr beim Kaufcontract, JhJ. Bd. 3, S. 449 ff. (450».

"Was rechtens sei? -

darum kommt man nicht herum." EmstBloch (Naturrecht und menschliche Würde, S. 11)

VORWORT Diese Arbeit hat im Jahre 1986 der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg als Dissertation vorgelegen. Sie geht zurück auf eine Anregung meines verehrten Doktorvaters, Herrn Professor Dr. Karl Kroeschell, in seiner Vorlesung "Privatrechtsgeschichte der Neuzeit" im Wintersemester 1980/81. Für seine Betreuung und Förderung dieser Arbeit sowie für ihre Aufnahme in die Reihe "Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen" möchte ich ihm an dieser Stelle herzlich danken. Bedanken möchte ich mich auch bei den Mitarbeitern des Freiburger Stadtarchivs, den Direktoren Dr. Franz Laubenberger und Dr. Hans Schadeck sowie den Mitgliedern der Kanzle~ Frau Bettina Schwarz (damals Nußbaumer), Herrn Dieter Hensle und Herrn Helmut Riesterer. Ihnen verdanke ich viele wichtige Hinweise zu den Quellen; ausserdem haben sie für mich manchen Gang in die Archivräume angetreten, um mir benötigte Akten herbeizuschaffen. Das Typoskript besorgte in mühevoller Arbeit Frau Kornelia Blum; die Korrektur übernahm Frau Dorothee-Anette Zwiffelhoffer; auch ihnen gilt mein herzlicher Dank. Dank gebührt schließlich auch dem Korreferenten, Herrn Professor Dr. Detlef Liebs; außerdem der Wissenschaftlichen Gesellschaft Freiburg für den gewährten Druckkostenzuschuß sowie Herrn Nitzsche vom Verlag für seine engagierte Betreuung des Druckes. Freiburg, im August 1988

Wendt Nassa/l

~TSVERZEIC~S

Einleitung

Aufgabe und Methode ........................... .. .. ...... ...... . . . . .... .. .. . . .. . . . 1

Der erst Tractat

4

I. Von mrpieten vod Ladungen Einleitung 1. Ladung als Prozeßvoraussetzung ............................... 2. Ruf und Fürgebot .... ... ...... . . . ....... . ..... . .. .... .. . . .. .. . . . . . 3. Kosten von Fürgebot und Ruf . .. .... .. ........ .. ..... . .. .. . ... . Zu § 1 (Wie einer dem andem ...) ...................................... Zu § 2 (Wie vod wo die Stattknecht ...) ...... .. ............. . .. ...... . Zu § 4 (Ob der antwwter abwesend ...) ............................... Zu § 5 (Wie dem Stattknecht siner ...) ................................. Zu § 10 (Kranckheit wie das fürpieten ...) .............................

35 35 37

40 40 40

41 41

11. Von vogehorsami Zu § 4 Zu § 5 Zu § 8 Zu § 9

(Von den andern vogehorsamen ...) ........................... (Von den dritten vogehorsamen ...) ........................... (Von straff der vogehorsamen.) .................. ...... ......... (Welcher on erloupt vom gericht ... ) ..........................

42

43 43

44

111. Von dem bequemlichen Richter Zu § 1 (Wjr setzen vod ordnen das ...) ................................ 1. "Sachliche" Zuständigkeit .................... ...... .... .. ... .. .. a) Zuständigkeitsverteilung zwischen Stadtgericht und Bürgermeister und Rat .. . . .. . . . . . ... . . ... . . . . b) Zuständigkeit anderer Freiburger Gerichte . . . . .. . . .. . . . aa) Zünfte ............................................ .... ..... bb) Gerichtsbarkeit der Universität ...................... ce) Holzherren und Ruozgenossenschaft ................ dd) Spitalpfleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Örtliche Zuständigkeit ....................... ,. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45 45 45 46 46 48 48 50 51

XII

Inhaltsvencicbnis

Zu § 2 (Zu welchen feIen die vnderthonen ...) ....................... Zu § 5 (Vmb erbschafft so an frembden ...) . .. ....... . . .. . .. . . . .... . . Zu § 6 (Angefangen rechtuertigung ...) ................................ Zu § 9 (Wie die frembden hie ...) ....................................... Zu § 10 (Wie es mit dem arrest ...) ...................................... 1. Zuständigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen ................... '" ..... . . . . . . . . . . . . . . . . ... . . . . 3. Verfahren .......... ................................................ 4. Arrestgegenstand ................................................. 5. Vollstreckung und Folgen des Arrests ........................ Anhang nach § 10: Hinterlegung ..........................................

51 52 53 56 57 58 59 61 63 64 65

IV. Von verdechtlieheit der Riehtere .......................................... 67 V. Von vntogliehkeit des klegers vnd der klag Zu § 2 Zu § 3 Zu § 4 Zu § 6 Zu § 9

(Bennig vnd achter mogen ... ) .... .. .... ....... .. .. .... .... .... (Vff verzigen ansprach oder ...) ................................ (Wider den erben der sich bedenckt ...) ...................... (Wie die vngehorsamen nit ...) ................................. (Wie frembd lüt sicherheit ...) ..................................

68 68 69 69 70

VI. Von gewalthabern Einleitung ............ . .. .... ............... ........... .. .. . . . . . .... . .... ... . .. . Vor §§ 1 ff. ..................................................................... 1. Vollmachtserteilung .......... ............ ............ ............. 2. Zulässigkeit der Prozeßvertretung .. .. ......... .. .. ........ .... 3. Voraussetzungen in der Person des Gewalthabers .................................................. 4. Eigenes Prozßhandeln des Principals, Mandatsentzug und -wechsel .................................... 5. Belohnung des Gewalthabers . . ...... ....... . . . . . ... . . . . . . . . . . . . Zu § 1 (Ejn sun von syns vatters ...) .................................... Zu § 2 (Wyber mogen nit anwelt sin.) .................................. Zu § 3 (Der anwalt ist schuldig ...) .... . .. .. ... . ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu § 4 (Wie der anwalt substituieren ... ) .. .. .. .. ...... .. .. .. .. .. .. ....

73 75 75 75 75 76 78 79 82 83 84

VII. Von den ffirsprechen Einleitung .... .... . . . . . . . . . . . . . . ....... .. .. . .. . . . . .. .. ..... . . ... . . . . . . . . .. . . . . . . . Zu § 1 (Wjewol bißher by vns der ...) .................................. Zu § 3 (Belonung der redner.) ........................................... Zu § 4 (Wie vii reden ein yeder Fürsprech ...) .......................

85 85 86 86

Inhaltsverzeichnis

Zu § 5 Zu § 6 1. 2.

(Die redner sollen einander ...) ...................... ..... ..... (Yede parthy mag ir ...) ................................ ......... Eigener Vortrag der Partei .................................... Beistände ............. ...................................... . .......

xm 86 87 87 87

VIII. Von klag gegenklag vnd antwort wie die gesehen sollen Zu § 1 (Wjr setzen vnd ordnen welcher ...) ........................... Anhang nach § 1 .............................................................. 1. Passivlegitimation ..................... ........ .............. . .... . 2. Processus ex lege diffamari (Aufgebotsverfahren) .......... 3. Abweichungen vom Normaiprozeß ............ ....... ...... ... Zu § 2 (Wie die klag in schmachhendeln ...) ......................... Zu § 3 (Wie die klag mag verworffen ...) ............................ .. Zu § 4 (Jn schweren sachen mag ...) ................................... Zu § 5 (Wenn endrung der klag beschehen sol.) ...................... Zu § 7 (Von zile vnd tag vmb die ...) ................................... Zu § 8 (Wie man abschrifft von ...) ............................ .... .. .... Zu § 9 (Die antwurt sol verstentlich ...) ..................... .... .. .... Zu § 10 (Wie die gegenclag statt haben mag.) .......................... Zu § 11 (Von der kriegsbeuestnung.) ................................... Zu § 12 (Von dem eyd für geferd.) ...................................... Zu § 15 (Die Richter mogen den eyd ...) .............................. Zu § 17 (Wie schub vnd tag in rechtlichen ...) ....................... Zu § 18 (Wie zil vnd tag in kuntschafft ...) ............................ Zu § 19 (Nach offnung der zügen sag ••.) ............................. Zu § 20 (Nach dem rechtsatz sol ...) ...................................

89 90 90 91 91 92 92 93 94 95 97 98 98 101 102 102 103 104 106 107

IX. Von bewysung Einleitung 1. Beweisantritt und Beweisauferlegung ...... .. . . ..... . ..... . .. a) Beweisantrag ............. .... ........ ............... .. .. .. . .. b) Beweisauferlegung ....... . .. ...... .. ........ . . .. ... . . .. .. . .. 2. Beweisführung ...................... .............. . . . ...... . .... .. a) Beweisfälligkeit .............................................. b) Beweisführung durch Streitgenossen ...... . . .. .... .... .. 3. Gegenbeweis ......................... ................. ..... ..... .. 4. Beweisvereitelung ................................................ 5. Verhältnis zwischen mehreren Beweismitteln ............... 6. Exkurs: Beweislast ............... .. ............................. . a) Grundregeln .................................................. b) Verfahren .....................................................

108 108 109 109 109 110 110 114 115 115 115 116

XIV

Inhaltsverzeichnis

Vor §§ 1 ff.: Zeugenbeweis ................................................ 1. Ladung .......................................................... '" 2. Einreden gegen die Zeugenvemehmung ..................... 3. Gegenstand der Zeugenaussage ............. . . .... .. ... .. .. .. . Zu § 11 (Wie fründ einander ...) ........................................ Zu § 12 (Fiend mogen wider einander ...) ..................... . ... . .. Zu § 19 (Ander vrsachen die kuntschafft ...) ......................... Zu § 20 (Zwo personen sind ...) ........................................ Zu § 22 (Stattknecht in ir kuntschafft.) . ......................... ....... Zu § 23 (Jn vffhebung der kuntschafft ...) ............................ Zu § 24 (Der gepruch so man nempt ....) ............................. Zu § 26 (Yetlicher züg in schweren sachen ... ) ...... . . . . . . ....... . . . Zu § 27 (Den parhlen sol man abschrifft ...) ......................... Zu § 28 (So wenn kuntschafft in ...) .................................... Zu § 30 (Vor erkantnus ist die kuntschafft ...) ....................... Vor § 31 ff: Urkundenbeweis .............................................. 1. Editionspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übersetzungspflicht .............................................. 3. Verbleib der Urkunden nach Beendigung des Prozesses . Zu § 31 (Besigelt brieff nach vnserm ...) .............................. Zu § 32 (Wie handtschrifften ...) ....................................... Zu § 35 (Wie koufflüt vnd handtwercher ...) ......................... Zu § 37 (Onbesigelt Copyen vnd ...) ................................... Vor § 38 ff: Beweisung mit dem Eid ... . . . ................ . . . . ... ........ 1. Der gerichtliche Eid im Stadtrecht ............................ 2. Die Auferlegung des Eides ..... .. . . ... . . .... ......... . . . . . .. .. . 3. Die Eidesleistung ................................................. a) Eidesformel ................................................... b) Eigenhändigkeit der Eidesleistung ..... . . . . . .. . . . . .... . . . c) Ort und Eidesleistung ....................................... d) Zeitpunkt der Eidesleistung ............................... e) Erlaß des auferlegten Eides ............................... 4. Wirkung des Eides ............................................... Zu § 38 (Eins mans kuntschafft ...) ...................................... a) Ergänzung eines Zeugenbeweises ........................ b) Ergänzung eines Urkundenbeweises ..................... Zu § 41 (Beweysung mit dem eyd ...) .................................. Zu § 44 (Das sich nit gepüre kuntschafft ...) ......................... Anhang zu Tit. IX: Sachverständigenbeweis ............................ 1. Antritt des Sachverständigenbeweises . ................ ....... 2. Durchführung ..................................................... 3. Verwertung ........................................................

117 117 119 120 120 120 121 123 123 124 125 125 126 126 127 127 127 129 129 130 130 131 132 132 132 133 1:}4134 136 138 139 140 140 141 142 142 143 144 144 145 145 146

Inhaltsverzeichnis

xv

4. Anzahl und Person der Sachverständigen ................... 148 5. Aufgabe der Sachverständigen ................................. 148 X. Von by vnd endvrteil Zu § 1 (Wjr setzen vnd ordnen, das ...) ............................... A. Endurteile ............................................................. 1. Urteilsfindung ..................................................... a) Urteilsberatung .............................................. b) Abstimmungsverfahren ..................................... 2. Urteilsverkündung ...............................................

a) Form ...........................................................

b) Ladung der Parteien ............. ........ . .... .. .... ...... .. c) Gebühren ..................................................... d) Urteilsabschiede ............................................. 3. Urteilsarten ........................................................ a) Anerkennungsurteil ............ .......... ..... . . .... . . .. . . .. b) Grundurteil ................................................... c) Klage auf künftig zu erbringende Leistung .............. d) Teilurteil ........................ ..................... ........ . e) Erledigung der Hauptsache ....................... .... .... f) Einstweiliger Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Beiurteile ...... ........................... . .......... ..... . ..... ... . . .. 1. Urteilsfindung und -verkündung ............................... 2. Beiurteile endlicher Kraft ....................................... 3. Verfahrenseinstellung ........................................... Zu § 2 (Wie wir vnd die Richtere ...) . . . ................ . . .... .. .. . . .. 1. Der Kostenausspruch im Urteil ......... ... ..... ..... . . ... . . .. 2. Kostentaxierung .. ........ ...... .. ........ ........ . . .... . . .... .. .. Zu § 3 (Ob der anwald in der ...) ...................................... Zu § 4 (Execution der vrteiln ...) ........ .. ........ ........ .... .... .. ..

150 150 150 150 151 151 151 152 153 153 153 154 154 157 158 159 160 161 161 161 162 163 163 166 168 168

XI. Von appelacion wie dle geschehen vnd verkündt werden sol Vorbemerkung ................................................. . ............ . Zu § 1 (Djewil die appellacion denen ...) ............................ 1. Einlegung der Appelation unmittelbar nach Eröffnung des Urteils .......................................... 2. Zulassung und Nichtzulassung der Appellation .. ... . .... .. 3. Apostoli refutatorii und reverentiales . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Appellation von Streitgenossen ................................ 5. Appellation und iuramentum decisorium .................... 6. Verzicht auf die Appellation ...................................

170 170 170 170 175 175 176 177

XVI

Inhal~ncichnis

Zu § 2 (Wie innerthalb zehen tagen ...) ............. .. ........ . .. .... Zu § 3 (Wenn die ansprach zwentzig ...) .. .. .... ........ .......... ... Zu § 4 (Wenn die klag über zwentzig ...) ............................. Zu § 5 (Wann nit in zehen tagen geappelliert ...) .... .... .. .. .. .... . Zu § 7 (Ob von byurteilen geappelliert ...) ........................... Zu § 8 (Von bekanten vnd gichtigen ...) .............................. Zu § 10 (Jn welcher zyt die appellacion ...) ........................... Zu § 12 (Zug vom gericht für Rate ...) ................................

1TI 1TI 178 179 180 183 184 185

XII. Von angritTvnd erfolgung der vrteil

Vorbemerkung ............ .. ....... ....... . ................... . . ...... . . . . ... Zu § 1 (Wann es nun zu fälen kumpt ...) ............................. 1. Zuständigkeit bei Vollstreckung wegen Geldforderungen in fahrende Habe .................................. ....... . ....... 2. Unpfändbare Gegenstände ..................................... 3. Einwendungen des Schuldners gegen die Zwangsvollstreckung ............................................. 4. Vollstreckung auswärtiger Urteile ............................ 5. Vollstreckung gegen Curatoren ................................ 6. Beachtung der Paritionsfristen ................................. Anhang nach § 1: Vollstreckung sonstiger Ansprüche ............... Zu § 3 (Wan das ligend gut ...) ......................................... 1. Allgemeines Verfahren der Liegenschaftsvollstreckung .. 2. Zuständigkeit ......................................................

187 192 192 192 193 193 194 195 1% 1% 1% 197

XIII. Von angritTvergantung vnd verkauft'ung der pfand

Vorbemerkung ............................................................... Zu § 2 (Wann der varenden pfand viI ...) ................ ............ 1. Verteilungsverfahren bei mehreren Gläubigem .... ...... . . 2. Verfahren bei einem einzelnen Pfandgläubiger ............. Zu § 6 (Wenn ligende pfand angriffen ...) ........................... Zu § 7 (Jnsatzung vff die gant.) .......................................... Zu § 8 (Wie man vff der gant ...) ......................................

198 198 198 199 200 200 201

XIV. Wie vmb bekantlich schulden angriff beschehen sol

Zu § 1 (Nachdem bekantlich schulden ...) ........................... Zu § 2 (Wenn der schuldner vB ...) .................................... Zu § 4 (Welcher sich vB geferden ...) ...................... ........ .. . Vor §§ 7 ff: Das Konkursverfahren ....................................... Zu § 7 (Wie die froner ein andem ...) ..................... ........ .. . Zu § 9 (Die gond in der fronung vor ...) ..............................

203 204 205 206 208 212

Inhaltsvencichnis

XVII

Zu § 10 (Hyratgut / morgengab vnd ...) ............................... 213 Zu § 11 (Wie das gmein gut der Statt ...) ............................. 213 Zu § 15 (Wie einer von sinen gutem... ) ..... .......... .. .... . .... ... . 214

Der ander Tractat

215

I. Von gelyhner barschaft't Vorbemerkung ............................................................... 218 Zu § 2 1. 2. 3. 4. Zu § 3 1. 2. Zu § 4 Zu § 5 1. 2.

3.

4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

(Wie gelyhne barschafft ...) .................................... Vertraglich vereinbarte Zahlungsziele ........................ Moratorium .................... ....................... . ...... .... . Ablösungsrecht des Schuldners ................................ Beweisfragen . ........................... .......... .......... . .... . (Wie der sumig schuldener ...) ................................ Verzugsvoraussetzungen ........................................ Verzugsfolgen ..................................................... (Von gelyhner barschafft ...) ................................... (Bezalung sol mit gutem ...) .................................... Richtiger Schuldner .............................................. Tilgungsregeln ................................................... . Wertschwankungen .............................................. Ersetzungsbefugnis ............................................... Erfüllung der Hinterlegung ..................................... Leistung durch und an Dritte .................. ....... . ....... . Personenmehrheit auf Schuldnerseite ........................ Quittung ............................................................ Beweisfragen ...................................... ..... .. . ... . ... . Sonstige Anspruche zwischen Darlehensgeber und -nehmer .......................................................

218 218 219 220 220 221 221 223 225 229 229 230 231 231 232 233 234 235 236 237

11. Von lyhen vmb gelt oder vergebens Zu § 1 (Wie einer gelyhne hab ...) ..................................... 239 Zu § 2 (Gelyhne hab zum gepruch ...) ..... . ................ .... . ... . . 240 Zu § 3 (Wenn gelyhne hab by dienern ...) ............................ 241 111. Von hindergelegter hab .......... ..... ..... ...... .............. .. .... .... .. 242 IV. Von koutTen vnd verkoutTen Zu § 1 (Der kouff sol vmb ...) .......................................... 243 1. Besondere Vertragsarten ........... .... .......... ....... .... ... 243

XVIII

Inhaltsverzeichnis

a) Wiederkauf .................................................. . b) Kauf auf Probe .............................................. . c) Reukauf ...................................................... . 2. Gegenstand eines Kaufvertrages ............................. .

243 243

244

244

3. Form ............................................................... . 245 4. Stellvertretung ................................................... . 247 5. pflichtenkreis des Käufers ..................................... . 250 a) Ersetzungsbefugnis ......................................... . 251 b) Abnahmepflicht ............................................. . 252 6. pflichtenkreis des Verkäufers ................................. . 252 a) Unmöglichkeit ............................................... . 252 b) Doppelverkauf .............................................. . 253

7. Verhältnis der gegenseitigen Hauptleistungsanspruche zueinander .......................................... . 8. Aufhebung eines Kaufvertrages .............................. . · e·ti· e Lö·sungsrecht .................................. . a) E InSlgS b) Einverständliche Aufhebung ............................. . 9. Beweisfragen ..................................................... . Zu §§ 3und4 ................................................................ . Zu § 3 (Wie die nechsten sipfründ ...) ............................... . 1. Anwendungsbereich ............................................ . 2. Verwandtschaftsverhältnis ..................................... . 3. Gegenstand des Retrakts ...................................... . 4. Ausübungspflicht ................................................ . 5. Ausschluß des Retraktsrechts ............................... . 6. Beschränkung der Rechtsstellung des Retrahenten nach Ausübung des Retrakts .................. . Anhang nach § 3: Andere Vorkaufs- und Retraktsrechte ........... . 1. Retraktsrecht der Stadt ........................................ . 2. Vertragliches Vorkaufsrecht .................................. . Zu § 4 (Wenn dem anderen ein ingehapt ...) ....................... . 1. Prozessuale Durchsetzung des Retraktsrechts ............. . a) Gesetzliches Retraktsrecht ............................... . b) Vertragliches Vorkaufsrecht ............................. . 2. Vollzug des Retraktes .......................................... . 3. Kaufpreis .......................................................... . 4. Ersatz von Verwendungen ..................................... . 5. Ersatz für Verschlechterung der Kaufsache .............. . Zu § 5 (Harnasch vnd gewer mogen ...) ............................. . Zu § 6 (Wie erkouffte gestolne hab ...) .............................. . Nach § 6: Die Rechtsmängelhaftung des Verkäufers ................ . 1. Haftung des Verkäufers für Eviktion ........................ .

254 255 255 256 257 258 261 261 262 265 266

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273 274 275 276

277 277

277 279 279

Inhaltsverzeichnis

XIX

2. Haftung wegen sonstiger Rechtsmängel ................... , . Zu § 7 (Die zugehorden der hüser sol ...) ............................ Zu § 8 (So ligend oder varend gut ...) ................................. Nach § 8: Die Sachmängelhaftung des Verkäufers .................... Zu § 9 (Wenn einer koufft vnd das gelt ...) .......................... 1. Geltung der lex commissoria . ...... .. ........ . . .... . . . . .. . . .. . . 2. Sonstige Ansprüche des Verkäufers bei Nichterfüllung seitens des Käufers .... . ......... . ... . . . . .. . . .. Nach § 9: Rückabwicklung nach Rücktritt eines Vertragsteiles

280 284 285 285 288 288 289 290

V. Von gedingten arbeitern vnd bestandnen gütern

Vorbemerkung .................... ........ . . ........ . . . ... . . . ... . ... . . Von bestentnuß der güter .................................................... Vor §§ 1 bis 3 ................................................................. 1. Vertragsschluß und -gegenstand .............................. 2. Ansprüche des Locators (Vermieters) ....................... a) Mietzins ....................................................... b) Pfandrecht ................ ......... . ...... .. .... .. .. ... . . .. . . . 3. Ansprüche des Conductors (Mieters) ........ .... . . .. . . . .. . . . 4. Beweislast .......................................................... Zu § 2 (Welcher über die gedingten ...) .............................. 1. Vertragslaufzeit ........................ ........... .... ....... ..... 2. Vertragsbeendigung ............. . ..... . ... ...... . . . ... . . . . . . . .. . 3. Folge der Vertragsbeendigung ................................. 4. Beweislast .......................................................... Von gedingkten arbeitern Zu § 4 (Von dienstlüten die nit ...) .................................... 1. Hauptleistungsansprüche ..... . . . .... ... . . ...... . . . . .. . . . .. . . . .. 2. Schlechterfüllung ................................................. 3. Beendigung des Dienstvertrages ............................... 4. Lehrverhältnisse .................. ........ ......... . . .... . . .. . . ... 5. Beweisfragen ............ ..... .................. ..... . . . .... . . .. . . . Zu §§ 5 ff.: Grundzüge des Werkvertragsrechts ....................... 1. Vertragsschluß .................................................... 2. Hauptleistungsansprüche ....... . ...... ....... . . . . ... . . .. . . .. ... 3. Schlechterfüllung ................................................. a) Haftung für Verschlechterung oder Verlust der Ware des Bestellers ........................... b) Sachmängelgewährleistung .............. .. .... .. .... .... .. 4. Beweisfragen ...................................................... Zu § 6 (Wenn der werchmeister ...) ................................... Zu § 8 (Lütrung wie der werchmeister ...) .............. .. .... .. ... ..

292 292 292 292 294 294 295 295 296 297 297 298 299 300 300 300

303 306 306 309 309 309 310 312 312 313 314 315 315

xx

Inhaltsverzeichnis

VI. Von vertuschen vnd andem gemeinlömgen pacten vnd gedingen Zu § 1 1. 2. 3. 4. Zu § 2 Zu § 4 1.

(Wenn einer mit dem andem ...) ............................. Bindungswirkung des vollzogenen Tausches ....... ......... Gefahrtragung .................................................... Retrakt .......................... .................. . ....... . ... ..... Beweisfragen ...................................... ......... . .... .. (Welcher den tusch ...) ......................................... (Wie gütlich rachtungen in ...) ................................ Der gewöhnliche Vergleich ..................................... a) Begriff; Abgrenzung zu verwandten Instituten ...."..... b) Zustandekommen .......................................... ~ c) Wirkung ....................................................... 2. Der gerichtliche Vergleich ...................................... a) Abgrenzung von verwandten Instituten .................. aa) Eid ........................................................ bb) Compromissum (Schiedsspruch) ................... b) Zustandekommen ................................... ........ c) Wirkung ....................................................... Zu § 5 (Gütlich rachtungen sollen ...) ................................ Zu § 7 (Ob wetten krefftig sye.) ......................................... Zu § 8 (Wer bedechtlich zusagt ...) ................. ....... ... .... .. . . A. Unmittelbare Anwendung des § 8 ................ ......... . . .... B. Einzelne Vertrags typen und Forderungen aus vertragsähnlichen Gründen ............................................. . . .. I. Verträge .......................................................... 1. Handeln in fremdem Geschäftskreis .... ................ A) Auftrag (Mandatum) .................... ............ .... 1. Zustandekommen und Anwendung .. ................ 2. Schuldrechtliche Wirkungen ........................... B) Fürkauf ..................................................... 2. Bürgschaft ..... ................ .... ....................... . . 1. Arten ....................................................... a) Regelfall .............................................. b) Amtsbürgschaft ...................................... c) Kreditauftrag ......................................... d) Zeitbürgschaft ................. ... .. ....... . . .... .... 2. Zustandekommen des Bürgschaftsvertrages ........ 3. Form des Bürgschaftsvertrages ........................ 4. Die Haftung des Bürgen ................................ a) Grundsatz ...........................................'. b) Einreden des Bürgen ...............................

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5. Die Stellung von Hauptschuldner und Bürgen gegenüber dem Gläubiger ...................... 6. Mitbücgen ................................................... 7. Der Rückgriff des Bürgen ............................... a) Gegen den Hauptschuldner .......................... b) Gegen Mitbürger etc. ............................ ..... 8. Beweislast ................................................... 9. Prozessuales ................... .............. ..... ...... .... 11. Forderungen aus vertragsähnlichen Gründen ............ 1. Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio) 1. Voraussetzungen ........... .. .. ...... .... .. ..... . . . .... . 2. Rechtsfolgen .................... ....... ....... ...... .... . 2. Ungerechtfertigte Bereicherung ......................... 3. Gemeinschaft ................................................ III. Forderungen aus Vergehen ................................ 1. Haftungsvoraussetzungen .............................. 2. Besondere Haftungstatbestände ... . ...... ...... .. ... a) Amtspflichtverletzung .............................. b) Haftung für Tiere ...... .............. .. .... .. .. ..... c) Haftung für Andere ................................. d) Injurie ................................................. 3. Umfang der Haftung ................................... 4. Haftung mehrerer Schädiger .......................... 5. Beweislast ................................................ C. Institute des Allgemeinen Schuldrechts ......................... I. Mehrheit von Schuldnern ..... .. ........ ...... ...... .... .. . 11. Schuldübernahme und Cession .. ...... .. .... .. .... .. .... . 1. Schuldübernahme ............. .. .. ...... . . ... . . ... . . . . .. . . . 2. Cession . ......................... .. ........ . . .... . . .. .. .. .. . . . 111. Aufrechnung (compensatio) .... ........ .. .... . ..... .... . . . 1. Materiellrechtliche Wirkung .. ........ ...... ...... .. .... . 2. Prozessuale Behandlung ..................................

XXI

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VII. Von gaben vnd schencken

1. Materiellrechtliche Fragen ............................................. 369 2. Beweislast .. .......... ........ ... ......... ...... .. . ....... .. .... . . ........ . 371 VIII. Von pfandungen vnd was daran hangt Zu § 1 (Pfandung varender hab ...) .................................... 372 Zu § 4 (Verpfandung ligender güter vmb ...) .... ........ ....... .. .. . 372 Zu § 5 (Wenn das pfand ...) ............................................ 373

XXII

Inhaltsverzeichnis

Zu § 7 (Welcher verpfendte ...) ........................................ Zu § 9 (Losung des pfands ...) ......................................... Zu § 10 (Wenn der pfandtschilling nit ...) ............................ Zu § 13 (Vnzimlich pact vnd geding ...) ............................... Zu § 14 (Jngefurte hab in das bestelt ... ) ..............................

374 374 375 376 377

IX. In welchen mllen die contract nit krefftig sin sollen Zur Vorrede (Vorred dises Titels) ....................................... Zu § 1 (Vogtbam personen mogen ...) ............................... Zu § 8 (Die frow mag sich für im ...) .... .. .. .. ...... .......... ....... Zu § 15 (All Contract so über ligende ...) .............................

378 378 379 379

Zusammenfassung

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ANHANG Quellen und Literaturverzeichnis A. Entscheidungen der Freiburger Gerichte ................................ 385

Stadtgericht .............................................................. 1. Gerichtsprotokolle .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Urteilsbriefe ......................................................... 3. Sonstiges ............................................................. 11. Gericht vor Bürgermeister und Rat ................................. 111. Gantsachen .............................................................. IV. Anmerkungen zur Edition ........................................... I.

385 385 385 386 386 386 387

B. Verzeichnis der Rechtsquellen ............................................ 388 I. Freiburger Stadtrecht . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Sonstiges ... ..................... . .. . . .. . . . . . . . . . ....... . . ..... ... . . . ... .. 1. Reichsgesetzgebung ..... . . .... ... . .... . .. ......... ...... .. . ..... .. 2. Römisches Recht ................................................... 3. Stadt- und Landrechte ............................................

388 389 389 390 390

C. Literaturverzeicbnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392

Verzeichnis der Fundstellen der Entscheidungen des Stadtgerichts in den Gerichtsprotokollen ...................

397

yerzeichnis der in dieser Arbeit wiedergegebenen Anderungen und Ergänzungen des Stadtrechts von 1520 . 408

EINLEITUNG

Aufgabe und Methode Die vorliegende Untersuchung geht der Frage nach, ob sich das Freiburger Stadtrecht von 15201 in der Rechtswirklichkeit durchsetzen und bewährenkonnte. Anders als die früheren neuzeitlichen Stadtrechte vor allem norddeutscher Städte2 ist das Freiburger Stadtrecht von 1520 eine "Reformation". Es zielt statt auf Fixierung des überkommenen Rechts auf Rechtserneuerung. Sowohl in seiner Bezeichnung als "Nüwe Stattrechten vnd Statuten..." als auch in seiner Vorrede verleiht das Stadtrecht diesem Bestreben deutlichen Ausdruck. Das neue Stadtrecht von 1520 wird sich daher zumindest stellenweise alten Rechtstraditionen entgegengestellt haben. Hat es sich gegen diese Rechtstraditionen durchsetzen können3? Das Freiburger Stadtrecht von 1520 gilt wegen seiner abgewogenen rechtspolitischen Zielsetzung, der Klarheit und Straffheit seines Aufbaus, der überlegten Auswahl seiner Bestimmungen und wegen der verständigen Erhaltung brauchbaren oder vorzugswücdigen heimischen Rechts als das vorzüglichste Stadtrecht seiner Zeit4• Wie hat es sich in der Praxis bewährt? Hat die Rechtspraxis das neue Stadtrecht überhaupt als die für sie maßgebende Kodifikation aufgefaßt oder hat sie auf das Stadtrecht nur in den

1 Nüwe Stattrechten vnd Statuten der loblichen Statt Fryburg im Pryszgow gelegen. Basel, 1520. Die Entstehungsgeschichte des Stadtrechts hat Knoche in seiner 1957 erschienenen Dissertation untersucht, in dem er auch eine systematische und rechtsvergleichende Darstellung der Regelungen des Stadtrechts gibt. Auf die einschlägigen Stellen des zweiten Teils von Knoche' s Arbeit (Der Inhalt des Freiburger Stadtrechts) weise ich zu Beginn eines jeden Titels durch ein Sternchen (*) hin. Z Vgl. Wicaeker, S. 19lf. 3 Vgl. dazu Wicacker, S. 190 bei Anm. 3. Soweit ersichtlich, sind auch die anderen Stadtrechtsreformationen unter diesem Aspekt noch nicht untersucht worden; gleiches gilt für die Landrechte, mit zwei Ausnahmen: Wend's Arbeit über das Trierer Stadtrecht von 1668/1713 und Diestelkamps Untersuchung zu den oberhcssischen Erbgewohnheiten von 1572.

4 Wicaeker, S~ 194.

2

Einleitung

Fällen zurückgegriffen, in denen durch Widersprüche~egen überkommendes Gewohnheitsrecht Unklarheiten aufgetreten waren ?

Kann man das Stadtrecht als wirkliches Gesetzbuch im modemen Sinne ansehen, oder handelt es sich in Wahrheit um eine Rechtsinstruktion, welche die Praxis mit den Regeln des gemeinen Rechts vertraut machen so1l6? Eine Antwort auf diese Fragen kann nur eine Untersuchung der urkundlich festgehaltenen Rechtswirklichkeit des 16. Jahrhunderts geben. Rechtshistorisch von besonderem Interesse sind lediglich die ersten drei Tractate des Stadtrechts, die das Prozeß-, Vertrags- sowie Familien- und Erbrecht betreffen. Die anderen Tractate sind daher in die Untersuchung nicht einbezogen worden. Um im Rahmen einer Dissertation Urkundenmaterial in dem Maße auswerten zu können, welches erforderlich ist, gesicherte Aussagen zu treffen, ist es ratsam erschienen, die Praxis nur eines der beiden Freiburger Gerichte ZU untersuchen. Die Wahl ist auf das Stadtgericht7 gefallen, weil dieses Gericht nach dem Stadtrecht erste Instanz für alle "streitigen" ZivilrechtsfäIle ist; Bürgermeister und Rat besitzen insoweit nur die Appellationszuständigkeit, darüberhinaus allerdings die Kompetenz in Familien- und Erbschaftssachen. Diese Beschränkung auf die Rechtsprechung des Stadtgerichts hat dazu geführt, daß das berühmte Pllichtteilsrecht des Freiburger Stadtrechts - wie der dritte Tractat überhaupt - im folgenden unberücksichtigt blieb; die Arbeit bietet dafür eine umfassende Darstellung des allgemeinen Zivilrechts, auch soweit es nicht im Stadtrecht normiert ist. Die Darstellung besteht aus einer Kombination von Kommentar und Rechtsprechllngs.qmmlung. Die Gliederung folgt der des Freiburger Stadtrechts. Seine Änderungen und Ergänzungen durch Beschlüsse von Bürgermeister und Rat (Vgl. Register S. 408) sind berücksichtigt. Soweit sich die Handhabung der Bestimmungen des Stadtrechts durch das Stadtgericht seinen Entscheidungen ohne weiteres entnehmen läßt, werden diese Entscheidungen unter dem betroffenen Paragraphen unkommentiert wiedergegeben; andernfalls sind sie mit Erläuterungen versehen, welche gelegentlich den Charakter kleiner Übersichten über das jeweilige Rechtsinstitut annehmen. Die Rechtsprechung zu nicht im Stadtrecht geregelten Rechtsinstituten ist an passender Stelle eingefügt und kommentiert. 5 Vg1. Diste/ksmp, S. 30. 6 Vg1. Distclksmp, ZHF S. 410; EbeJ, Legaldefinitionen, S. 95 ff. und - speziell für Freiburg - S. 97 f., der allerdings als Adressaten nicht nur die Praktiker, sondern alle Bürger ansieht (S. 61 ff.). 7 Zur Auswahl der Quellen vgl. die Anmerkungen im Quellenvcrzeichnis.

Aufgabe und Methode

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Die rechtsvergleichenden Hinweise berücksichtigen vor allem solche Kodiftkationen, welche aus dem Untersuchungszeitraum datieren und entweder großen Einfluß auf die Rechtspraxis anderer Körperschaften gehabtwie die Reichsprozeßordnungen8 - oder die zeitgenössische Rechtswissenschaft in besonderem Maße berücksichtigt haben - wie die beiden vom Zasiusschüler Fichard verfaßten Rechte der Stadt Frankfurt (1578) und der Grafschaft Solms (1571t Aus der zeitgenössischen, rechtswissenschaftlichen Literatur werden in erster Linie Zasius' Opera Omnia herangezogen.

8 Vgl. Wieacker, S. 182 f.; weit verbreitet war z.B. der 1566 erstmals erschienene Kommentar des Heidelberger Rates und Advokaten beim Reichskammergericht Meurer zur Reichskammergerichtsordnung von 1555 (hierzu vgI. den Textband zur Heidelberger Ausstellung der Bibliotheca Palatina, S. 284). 9

Vgl. Wieseker, S.l94 und 197.

DER ERST TRACTAT sagt von gerichtshaltung I proceß I vrteiln I appellacion I angritTvnd andern anhengen I hat vierzehen Tittel.

Die Bestimmungen des ersten Tractates über das Prozeßrecht werden in den Jahren 1554 und 1580 durch neue Gerichtsordnungen ergänzt. Die Gerichtsordnung von 1580 übernimmt dabei weitgehend die Regelungen der Gerichtsordnung von 1554; 1.19 bis 4 a.E. GO 1554 stimmen mit 8.6. bis 12.1. GO 1580 überein, ebenso 5.1. bis 7.10. GO 1554 mit 14.6. bis 16.10. GO 1580, 7.11. bis 7.15. GO 1554 mit 25.13. bis 25.18. GO 1580 und 10.1. ff. GO 1554 mit 16.10. bis 18.a.E. GO 1580. Lediglich die Vorschriften der GO 1554 über das Säumnis- und das Vollstreckungsverfahren (7.16. bis 9. a.E.) werden in der GO 1580 ausführlicher und teilweise neu geregelt. Zum Verständnis der Kommentierung des ersten Tractates reicht daher die Gerichtsordnung von 1580 vollkommen aus. Im folgenden wird die Gerichtsordnung von 1580 zeilengetreu wiedergegeben. Die Zahlen am linken Rand bedeuten die Seiten.

Der erst Tractat

Ernewerte Gerichtsordnung der Statt Freyburg im Preißgau, Anno d 1580 publiciert.

1

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Wür Bürgermeister und Rath der Statt Freyburg ihm Preißgau thuen kundt hiemit, nach dem auß täglicher erfahrung sich befunden, daß ietzo viI jahr aller und mancherlei mißbrauch und unordnungen bey dem alhieigen Stattgericht eingerissen und noch täglich jhe lenger yeh mehr, undt grössere einreißen, also da solchem durch gebirende mitel und weg nit zeitlich und stattlich fürkhommen werden solte, daßelbig nit allein gemainer Statt alhie zue etwas verkleinerung, unglimpf und mißgunst, sonder auch meniglichen, so vor solchem gericht zue thuen und zue handlen, zue grossem nachtail undt schaden raichen mögen, wie dan solches, wa vonöten weitleüfig anzeigt, deduciert und ußgefiert werden möchte, daß derhalben wür zue abschaffung undt abwendung solcher mißordnung, auch zue befürderung der justitien, auß zeitlicher langehabter vorbetrachtung und mit rath der rechtverstendigen nachvolgende gerichtsordnung fürgenommen, gemacht und auffgericht, auch die ordnung undt satzung, so wür hievor der richter und fürsprechen halben gemacht und uffgericht, solcher ordnung auch inverleibt. Und also in ein ordnung zuesammen gezogen, undt zue lauterem und richtigem verstandt, in drey underschiedlich thail und tractat gesöndert, und verthailt, zue deren ersten von dem gericht und deren personen, im anderen von den gemainen geschwornen redneren und fürsprechen, auch beitlen undt stattknechten, und in dem dritten von den partheien und execution ergangener urthail gehandlet würdet.

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Der erst Tractat

Der erste thail Von dem gericht unde dessen personen Und erstlieh von den richtern

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Erstlichen setzen, ordnen und wöllen wür, soviel die zeit der gerichtshaltung belangt, daß fürhin allwegen morgens zue sommers und winters zeit, wan man in unser lieben frauen kumbt, unseren herren eleviert und erhebt und also außleutet, zue allen gewohnlichen und ordenlichen gerichts tägen, als am zinstag und sambstag, der Schultheiß, oder in seinem abwesen der Statthalter, und die richter zue gericht gehen undt daselbig besitzen sollen. Und dan als in unsem Statrechten, under dem dritten titul des ersten tractats, folio nono sub rubrica wie man daß gericht verbannen mag, lauter versehen, geordnet und gesezt, daß Schultheiß oder Statthalter zue den zeiten ihrer gerichtshaltung noch gelegenhait und ihm guetbedunkhen daß gericht verbannen mögen, so ordnen und wöllen wür, daß fürhin zue ieder zeit, wan man gericht halten will, das gericht durch den statknecht, so der selben zeit auf den Schultheissen oder Stathalter zue warten schuldig, bei straff dreyen schilling verbannet werden solle, namblich daß niemandts, so vor gericht zuegegen, heimisch oder frembd, in waß standts oder wesens der seye, durch sich selbs reden, sonder durch seinen fürsprechen, sein noturf gerichtlichen fürbringen lassen, auch weder durch sich selbs noch seinen fürsprechen in der rechtshandlung frevenliche truzige schmahliche und ohnbeschaidene worth brauchen und außstossen, auch dem Schuldtheissen oder gericht, waß sie auß richterlichem ambt befelhen und heißen werden, nit ungehorsamb und widerspennig sein solle, und so jemandts welcher der seye, darwider thuen und handlen wurde, der soll unsem gemeinen guet ins khaufthauß drei schilling straff verfallen, und die richter schuldig sein, bei ihren ayden undt gerichts

Der erst Tractat

pflichten, uf daß diser punct bestendig erhalten werde, diejenige, so bierwider frevenlich handlen in obbestimbten panfahl der drei schilling zuerkhennen, auch der gerichtschreiber, so oft es sich also begibt, einen straff zetl, wie in den andem gerichtlichen frevelsahen braucbig ist, ins khaufhaus zue schikhen. 5

Uff Nachvolgende form und mainung aber mag daß gericht durch den stattknecht verbannet werden, namblichen innamen und auß befelh des herren oder Statthalters und des ersamen gerichts, gebeüt ich allnen, so bie zuegegen, waß standt oder wesens der seye, bey straff dreyer schilling, daß niemandts durch sich selbs reden sonder durch seinen fürsprechen sein noturft gerichtlich fürbringen lassen, auch durch sich selbs oder seinen fürsprechern, in der rechts handlung keine frevenliche truzige, schmähliche anzugige und unbescheidene wort wider jemanden brouchen und außstossen, auch dem herren Schuldtheißen oder Statthalter und dem gericht, was sie ambts halben bevelhen und heissen werden ungehorsam undt widerspennig sein solle, dann welcher darwider handlen und thuen würdet, von demselben solle die straff der drey schilling alsbald ohnnachläßlich gefordert und eingezogen werden, darum so wisse ein jeder sich daruor zue bieten. Es solle auch ein jeder, der vor gericht zue schaffen hat, bey vorgemelter straff der 3 ß der urthel abwarten.

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Item wan daß gericht gesessen ist, und die parteyen ihr sach und handlung, durch ihre fürsprechen und redner, wie sich gepeürt fürbringen, und man daß erstemahl abdritet, und darauf zum ersten mahl die urthlen eröffnet hat, solle erlaubt sein üblichen gebrauch nach den ungehorsamen, sie seyen gleich heumisch oder frembdt, rueffen zue lassen. Sodann setzen ordnen und wöllen wür, daß fürhin khein richter und gericht persohn, in craft seines gethanen und erstatteten richter aydts,

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Der erst Tractat

auf die gewonliche gerichtstäg, über feld ziehen und raißen oder sich sonsten (es geschehe dan auch leibs not.) abwesendt machen und enteüßeren, da aber ein richter über landt raisen wolte, oder mieste, oder sunst geschefft vorhanden hette, die keinen Verzug leiden und also ohne schaden nit eingestelt und uffzogen werden, könten, daß derselbig am abendt zuvor sich dem Schuldtheißen oder in seinem abwesen seinem Statthalter anzeigen solle, damit der Schultheiß oder Statthalter wissen könte, wievil und welcher richter des mordrlgen tags daß gericht besizen werden, oder bei gueter zeit an der abwesenden statt, so es vonnöten, andere erforderen möge. Welcher richter aber hierwider handeln würde, der selbig solle seinen ungehorsamen halben, ein pfundt rappen zue straff unnachläßlichen unßerm gemainen guet ins khaufhauß verfallen sein. Wür setzen und ordnen auch. daß ein jeder Statthalter, wan er uber feld raisen oder uber nacht von hauß sein will, daß gerichtssigel gestrakhs in abwesen deß Schuldtheißen dem eltisten richter uberantworten solle, und solcher zuethuen, wellen wür einen jeden ye zue zeiten wesendten Statthalter bei seinem richterlichen gethanen aydt alles ernst hiemit auferlegt und eingebunden haben.

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Item wan man ausserhalben der gewonlichen gericht khaufgericht halten will, so solle daßelbig allwegen den richtern wie auch dem gerichtsschreiber innerhalben dreien oder auf daß wenigst zweien stunden darvor, sich damach zue richten wissen, umbgesagt und angezeigt werden. Und als ein jeder richter hieuor für sein gerrichtsgang jedes jahrs zwey pfundt Rappen gehabt, sollen die selben zwey pfund iezo absein, und an statt deren fürhin alle gewohnliche gerichts täg, da gericht gehalten würdet, einem jeden richter, so er zuegegen, und gebeürender rechter zeit, wie hemach geschrieben stehet erschinen,

Der erst Tractat

zwen schilling rappen für sein gerichtsgang und belonung, doch aller erst zue letst am ende, wan man kheine sachen mehr hören, undt der schuld heiß oder Statthalter aufstehen will, geben werden.

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Und dieweil der Statthalter des Schulthaißen, auch den gewohnlichen richteraydt schweret, soll er auch die belohnung wie der anderen richter einer haben, dargegen aber diser ordnung schuldig und verbunden sein, in sachen, wan er darumb erfordert, auch zue rothen, außgenommen so umb frevel erkhant würdet, da soll er gleich wie der Schultheiß abtretten; aber dem Schuldhaißen soll drei schilling nit gegeben werden, sonder deßhalben bei dem alten herkhommen bleiben.

Und soll ain sanduhr, die ein viertel von einer stundt seye, gemacht werden, welche der gerichtschreiber bei seinem ambtayd alle gerichts tag, so bald man in unser lieben Frauen minister zue der friemeß unseren herren Gott erhebt, gestrakhs umbwenden und lauffen lassen, und so bald die außgeloffen, soll der stattknecht darauf an der schellen vor der rathsstuben zehen züg oder zaichen thuen, und der gerichtschreiber gleich demnach die richter nocheinand10 eren mit namen verlesen, und welcher dan under ihnen, so bald sein Nam verlesen worden, nit zuegegen ist, auch nochgeschribner ursachen kheine hat, der soll verzaichnet werden und zwen schilling zue pein und straff unnachleslichen verfallen und nicht destoweniger, so er hemacher khombt, nidersizen und biß zue endt zue bleiben schuldig sein; doch aber mit diser leüterung, wan ihren einer innerthalben der vorberierten viertellstundt (Welche gleich und so bald die richter mit namen verlesen worden, widerumb umbgewendt werden solle.) hemacher erscheindt undt biß zue endt verbleibt, so solle er sein straff widerumb damit abgelegt haben, aber khein belohnung empfahen. Welcher aber uber die viertelstundt allererst khombt, der soll nichts ablegen, sonder sein straff

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Der erst Tractat

verfallen undt nicht destoweniger niderzuesitzen und biß zue end zuverharren schuldig sein. Wan auch erkhaufte gericht gehalten und den richtern darzue verkhündet und gebotten wirdet, 11 sollen sie auf die ernante und gebotene zeit und stund gehorsam zue erscheinen auch verbunden sein, aber ihnen darumben khein andere belohnung dan waß ihnen bißher von erkhauften gerichten worden, gegeben werden. Welcher aber (.so fehr ihme gepotten, und daß zuewissen gethan.) ungehorsam außbleibt oder ein viertel noch gepotner stunde erst erscheint, der soll nit allein nichts empfahen, sonder darzue die straff als einen schilling verfallen und abzuerichten schuldig sein. Und sollen fürohin weder der Schuldheiß, noch sein Statthalter kheinen zue erlauben macht haben. Eß sollen auch die richter, so ämbter von der Statt wegen tragen, one sonder unser gehaiß ihre ambts geschäfft nit auf die zeit, so man gericht haltet verziehen und sparen, wa sie aber 12 darüber thuen wurden, sollen sie die straff verfallen sein und verwürkht haben. Es sollen auch die richtere bei ihren gerichts pflichten und ayden schuldig und verbunden sein, wan und so oft partheyen, es seien gleich heimische, daß ist satz oder andere burgeren, zinftige und hindersässen, oder aber außlendische, die allhie nicht verburgert noch zünftig wehren, vor unßerem Stattgericht zue rechtliche gespenn und gezenkh khommen, oder man sonsten deßen in eigentliehe Erfahrung kheme, daß einer oder der anderthail, ligende stukh und guetere, in unßer obrigkeit und jurisdiction zwing und bann gelegen, khaufen, verkhaufen, vertauschen oder sonst in anderweg alienieren, verenderen oder gäntzlichen von handen geben oder sonsten zinß und gilt daruffschlagen, und ein ander die selben stukh und guetere unserm Stattrechten, auch jüngster erkhantnus underem dato mitwochs

Der erst Tractat

den neinten Septembris anno d der weniger zahl 13 ihm neÜDundzwanzigsten, und darüber auf allen zunften anbevelhener und gesehener publication gemeß, innerthalben der darin bestimbten zeit, der vierzehen tagen, gleich von dato geschehenen contracts an zuverstehen. (.es hete dan erhebliche, bewegliche und gnuegsame ursachen, die bei unßerer erkhantnus stehen sollen.) vor unserm Stattgericht wie recht nit vertigen oder sonst verbotne und in recht nit zueläßliche winkhelcontract gebrauchen, auch allein mit den alten vertigungsbriefen, einander weisen theten oder wolten, daß man dan dieselben partheien, so also wider unser Statrecht und darüber gevolgte offentliehe promulgation gefreffelt und mißhandelt, in die pein der fünf pfundt rappen derselben promulgation einverleibt, rechtlich condemnieren und erkhennen, die selben straffen, auch unßerm gemeinen guet heimbdienen und zuefallen, auch gestrakhs durch den jewesenden geschwornen gerichtsschreiber, wie andere straffzedel, durch 14 durch unser stattknecht unseren verordneten Ambtsherren ins khaufhauß gelifert und dorinnen einanden verschont werden, wie wür dan solches hieunden, underm drittenthail dieser gerichtsordnung, so von den parteien meldet, ernstlich angeregt und verordnet haben. Ursachen der entschuldigung Welcher ausz fIhlhafften ursachen, doch mit wissen des Schultheissen oder Statthalters, wie obgesezt nit in der statt ist oder leibskrankheit halben in daß gericht nit khommen mag, der solle entschuldigt sein, aber nichts empfahen. Wa aber einer jemanden seiner freünden, zunftbrudern nochbauren oder andere zue der zeit oder dem opfer zuefieren erpetteil wurde, so er dan gleich gestraks nachvolbrachten kürchgang oder opfer im gericht erscheint und biß zue endt verharret, so solle ihme sein gebeürende belohnung wie anderen verfolget werden. Welcher auch von der Statt wegen ausgeschikt würdt, 15 oder sonst auß unserm bevelh und geheiß in der statt und

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unsern geschefften ist, dem solle auch sein gebürliche belohnung nicht destoweniger gegeben werden, sonst solle kheinen nichts freyen und entheben. Und sollen an einen yeden gerichtstag zum allerersten die so nehst darvor ungehorsam außbliben oder gar zue spath erschinen seindt, angezeigt und fürgestelt werden, welche dan der obangezognen ursachen eine haben und die bei ihm gerichtspflichten, darbei sie von dem Schultheißen oder seinem Statthalter zufragen seindt, behalten mögen, die sollen entschuldigt sein, die andern aber ihre straff leiden und erstatten. Und welcher dan wie gehört zue speth, als noch der letsten viertelstundt, oder gar nit erscheint und erzölter ursachen und entschuldigung kheine hat und sein straff denselben oder den nechsten gerichtstag darnach im gericht nit bar erlegte, alß viI gerichtstag er dan ersitzen lasset, sovil schilling soll er zue weiteren straff zuegeben und zue erlegen schuldig sein und daran kheinen ichzit und etwas nochgelassen werden. 16 Welcher aber uber fünf gerichtstag anstehen liesse, der solle demnach von uns solcher seiner ungehorsame und seines außbleibens halben darzue weiter und sonderlich auch gestraft werden. Und sollen die belonungen durch einen gerichtschreiber außgethailt, die straffen dargegen durch ihne empfangen, dariber ordenliehe und läutere rechnung gehalten, und für solche und andere sein mieh und arbeit ihme die belonung wie der richter einen verfolget werden. Von dem Gerichtsschreiber So dan desz gerichtsschreibers halben setzen, ordnen und wöllen wür, daß er zue sambt seinem gewonlieh ambtaide auch schwören solle namblichen: Daß er fürhin alle endt urthlen, auch die interlocutorien und bey urthlen, aigentlich verzaichnen und aufschreiben, die auch in schriften verlesen und nit mehr mündtlich durch die richter wie bißher außgesprochen werden sollen, daß soll er der gerichtschreiber.

Der erst Tractat

17 Alle endurthlen und interlocutoren, so craft einer endurthel auf ihm tragen, allwegen vor eröffnung die richter solche abhören laBen, ob die der mehren erkhandtnuis noch gestelt oder waB darin vergeBen seye oder nit.

Es sollen auch aller solcher urthlen und gerichts sachen, auch aller contrachten und handlungen, so under des gerichts sigell außgehen, ordenlich prothocoll und registratur gehalten werden und ein jeder gerichtschreiber die partheyen mit briefen fertigen, nit saumen, uber die gebüer uffhalten, noch zue klag khommen laBen, sondern alwegen in nechst monatsfrist nach geschehehner vertigung die contract brief, so under des gerichts insigel ußgangen, bey pein eines pfundt rapens zuverfertigen, damit sich die parteyen langen ufzugs nit zue beschweren haben, dargegen aber sollen die parteyen auch schuldig sein, gleich bey ausgebung ihrer vertigung einen jeden gerichtsschreiber sein briefcosten laut unßer daraufgesezten justen tax zuerstatten, damit er nit vergeb18 lichen costen und arbeit anlege. Sonderlich aber soll auch er jederzeit aigentlich verzaichnen und aufschreiben, wan zwen frembde einandern oder ein heimische einen frembden umb schulden oder andere sachen alhie mit dem stab heben laBen und dieselben für gericht khommen, wannenher sie seyen, was auch die sach und Ansprach gewesen, darmit man deBen zue notturft bericht und wissens haben möge. Ferners soll er auch ehrschätz, deren er in angebung der vertigungen und sonst bericht einnimbt, in ein sunder buch oder register verzaichnen und auf schreiben, darvon er von jedem stukh zwen pfennig haben solle, und von solcher verzaichnus und aufschreibung, dem einsambien der selben ehrschätz alle fronfasten ein gleichlautend register zuestellen, damit die einbracht werden mögen.

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Der erst Tractat

Und damit er solches alles desto minder in vergeß stelle, so solle jedes mahl, wan man das gericht besezt und den richtern ihrn aydte verliset, ihme sein aydt auch vorgelesen werden, allein zue errinnerung, nit daß er von neuen darüber schweren mieBen. Der ander thail Von den fürsprechen und geschwornen rednern. 19

Der fürsprechen und gemeinen redner halben setzen, ordnen und wöllen wür, daß sie in ihren rechtlichen gerichtlichen fürtrag und sonsten vor gericht kheine frevenliche, truzige, schmähliche, anzigige, ungebirliche und unbeschaidne wort wider jemanden, viIweniger wider den Schultheißen oder Stathalter und die richter, brauchen und außstossen, auch dem Schultheissen oder Stathalter und dem gericht, was sie ihres ambts halben ihnen jederzeit befelhen und uflegen werden, nit ungehorsam und widerspennig sein sollen, bei straff drey schilling rappen, die ein jeder, so darwider thuen und handlen würdet, ohnnochläßlichen in die büchs zue legen schuldig sein solle, so durch die statknecht einzogen werden sollen; und sie möchten sich so gar truzig, frevenlich und ungehorsam wider den Schultheißen oder Stathalter und daß gericht erzaigen, daß sie uf des gerichts anzeig höcherer straff von unß gegenwertig sein miessen.

Und dieweil die fürsprechen und redner bißher gemeinlieh ihre parteien sach und handlung nit allein weitleiffig, mit einmischung allerlei, so der spennig haubtsach gar nit dienstlich, sonder auch gantz unformblich und wider ordnung 20 rechtens fürbracht und fürtragen, dardurch dan vii zeit vergebenlieh verloren und verzert und aber den parteien wenig darmit geholfen worden, so wöllen wür solche weitleffige, undienstliche und unformbliche fürträg hiemit gäntzlichen casziert, abgethan und abgeschaffen haben, und setzen und ordnen hierauf, daß fürhin ein jeder fürsprech und redner seiner parteien sach und handlung lautverstendiglich, auf das kurzest es sein kan oder mag, mit anzeigung des clegers und

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bedagten thauff und zuenamen, auch mit geschikter erzehlung der geschieht, warumb und auß was ursachen sein partey dag fürbringe, und darauf sein bit und begern was er vermeint, daß der bedagt auf sein forderung zue geben oder zuethuen schuldig seye, thuen solle, auch sittlich und langsam, besonders in solchen sachen, daran gelegen ist und etwas appelliert werden möcht, reden und ihr für träg zuverzeichnen, in die feder angeben, sonsten ihre dag und andtworth nit gehört noch angenommen werden, so dann der bedagt und antwurter der forderung und dag, die wider ihne fürbracht und beschehen, nit gestendig und bekhandtlich, so solle sein fürsprech 21 und redner kürtzlich litern darauf contestieren und den krieg rechtens angevahrlich auf dise meinung bevestigen, namblichen daß er der c1ag inmassen und gestalt sie einbracht und eingefüehrt gar nit gestendig und verhoffe, der cläger werde dieselbig, daß zue recht genueg ist, nit erweißen und beibringen kinden oder mögen, und beger hierauf mit urtheil absoluiert und ledig erkhant zue werden, sambt abtrag costens und schadens. Wan aber der bec1agt und antwurter der c1ag, so wider ihne eingeführt, gestendig, und aber ursach zuehaben vermeint, daß er befiegt gewesen, daß jenig zue thuen, so wider ihne bec1agt worden, so soll sein des bec1agten fürsprech darauf kurtzlichen antwurten, daß er der einkhommen c1ag gleichwol gestendig, und aber er bec1agter sey solches zuethuen befiegt gewesen, und darauff die ursachen mit kurtzen und verständigen worten erzölen, als man jemandts bec1agt würdet, daß er den anderen geschlagen geschedigt verwundt und verlezt, und der bec1agt solches gestendig, und aber vermeint, daß der c1eger ihme den bec1agten darzue ursach geben, daß er bec1agter sich gegen dem c1eger erwären, und also sich 22 selbst schitzen und defendieren miessen: So soll daßelbig durch den fürsprechen auf daß kürzest ohne weitleüffigkeit und formblichen fürbracht werden. Wür sezen und wöllen auch, daß die fürsprechen und redner fürhin in ihren gerichtlichen fürbringen und sonsten vor gericht einandern mit ungebürlichen, unbeschaidnen, frevenlichen, anzügigen worten, wie die seien, nit antasten schelten und außscheüpen sollen, bei straff einem pfundt rappen, die ein jeder, so darwider thuen und handlen würdet, ohne alles nochlassen uns zue er-

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legen schuldig sein, auch die richter darein erkhant, und deßhalben wie in anderen frevelsachen ein straffzetl in unser khaufhauß geschikt werden solle. So ein parthey durch außgesprochene bei oder endurthel sich beschwert befunden würde und darvom appellieren wolte, so mag sein fürsprech und redner aIßbald in fuoßstapfen noch eröffnung derselbig mündtlich mit lebendiger stim an uns oder daß fürstlich hoffgericht zue Enßißheim vermög und Inhalt unßers Stattrechtens appellieren und darauff acta apostolos 23 und urthel brief begeren. Und solle die appellation mit diesen oder der gleichen worten durch den fürsprechen beschehen: der jetz ergangnen urthel beschwerdt sich mein parthey und besorget nochmehr beschwerdt zue werden, derhalben berueft er sich derselben und appelliert die für und an N., bitet und begert ihme diser appellation und aller in diser sachen ergangener handlung apostolos urkundt und gerichts acta mitzuetheilen. Und wan die appellierend parthey bedacht ist, ihr fürgenomne appellation zue prosequieren, soll sie bei zimblicher gebührender zeit ein solches in der gerichtschreiberei anzeigen, und umb fertigung der acten oder urtheilbriefs anhalten. Und sollen die partheien und ihre fürsprechen, wan sie sich der ergangenen außgesprochenen urthlen beschweren und davon appellieren, sich aller ungebürlichen, unzimblichen, hitzigen, truzigen worten und reden genzlich enthalten, die richter solcher urteil halben im wenigsten nit anziehen und antasten, 24 verdainern und verschmehen, sonder die gemeine form deß appellierens nach ordnung rechtens gebrauchen, und welcher darwider thuen und handlen würdet, der solle uns ein uarkh silber zue straff onnachleslich verfallen sein, und es möchte jemandts in dem appellieren sich so ungebürlich, so truzig und so frefenlich gegen den richteren erzaigen, es wurde ein höchere und schärpfere straff gegen demselben noch gestaltsame der sachen fürgenommen und gebraucht werden. Eß sollen auch die fürsprechen kheiner partheien ihr dag oder fürtag, es seye vor us oder dem ge-

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richt einpringen oder thuen, der gegenthail, welcher die sach berieret, seie dan gegenwertig, damit wür und dz gericht nit mit vergebenlichen reden aufgehalten und andere partheien desto eher befürdert werden, es wer dan sach, daß der cläger oder die gehorsam erscheinende partey der ungehorsamen ruefen lassen wolte, daß soll und mag er durch den fürsprechen und nit selbs thuen lassen und weiter umb recht und wessen 25 er sich gegen der ungehorsamen parteyen halten solte fragen und begeren. Und wan frembde und außlendige persohnen, so nit in der Statt alhie won und seßhafft, vor vor uns oder dem gericht zue thuen und zueschaffen, so sollen die fürsprechen solche persohnen vor den heimischen in ihm sachen und handlungen befürdern undt ir sach und handlung zuevorderst fürbringen und fürtragen, damit sie desto eher abgefertigt werden und widerumb zue hauß khommen mögen, bey pein drey schilling rappen, unßerm gemeinen guet heimbfellig. Es sollen auch zue befürderung der sachen die fürsprechen und redner fürhin, wan man abgetreten und demnach die partheyen wiederumb gehört werden, keine neue clagen einfühern, sie haben dan zuvor auch auf die darvor eingefierte clag antwurt geben. Dieweyl ein jeder arbeiter seiner belonung würdig, und damit auch die ordnung, so von den fürsprechen noch unßern Stattrechten gesetzt, gehandthabt, die fürsprechen und geschwornen redner dabey bleiben, 26 und die partheien von ihnen umb ein zimliche billiche belonung desto eher und flaißiger gefürdert werden mögen, so haben wür unßern geschwornen rednern und fürsprechen ihrer belohnung halben nachuolgende tax fürhin gesezt und zue geben erkhant, wie wür die hiemit auch setzen und erkhennen, wollen auch daß fürhin die fürsprechen und die partheien, denen sie reden und handlen, sich derselben in allen puncten und articuln gebrauchen, die wahr, vest und stetth halten und dern ohne verwiderung nahkhommen und geleben sollen.

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Zuem ersten, so unßer angenomner redner und fürsprechen von den partheyen zue gewalthabern vor uns oder dem gericht zue handlen bestelt wer, sollen sie des verschribnen gewalt von den gewaltgebern zuevorderst empfahen und den selben vor uns und unserm gericht vor allen handlung einlegen, oder wa daz under lassen, in ihrn fürträg nit gehört werden. Und so die partheyen gegen einandern schriftlichen procedieren undt handlen, so sollen die fürsprechen khain product oder schrifft einlegen und ubergeben, sie seye dan zuvor uberschriben und einti27 tituliert, ob es ein clag, exception, antwurt, replic, duplic, triplic oder waß es für ein product seie, und in solchen schweren langwürigen processen und rechtfertigungen, soll ein jeder redner von anfang biß zue endt, so lang der handlung volfiehrt wurdet, alle termin und rechtstag, so er von seiner partey wegen verstanden und vertretten, mit reden oder einlegung der schrifften in ein register verzaichnen, und so sollhe rechtfertigung zue ende khombt, sollch register vor uns den fürsprechen hierin taxiert wirdet, sollen die parteien ihnen zue geben schuldig sein. Es sollen auch die fürsprechen, sovil inen möglich und an ihnen gelegen, auf alle und jede angesezte termin zue procedieren sich gefast mahen, und kheine handel und sachen für sich selbs lenger aufziehen, dan die rechtliche termin, so den partheien jederzeit mit urthel ertheilt und geben werden, sich erstrekhen, auch ihren parteien auf die angesezte rechts tag nichts versaumen, wie dan ir ayde im Stattrechten auch außweist, damit niemandt sich der 28 verlengerung und umbtreibung der sachen oder verzug rechtens ob uns zu beclagen habe. Zum anderen, so mundtlich von den parteyen und nit in schrifften procediert würdet, haben wür ihnen für ihr belohnung wie hiernach volgt taxiert: Erstlichen in appellation rechtfertigung, von einer appellation clag oder antwurt, so auf einen tag auBgericht würdet fürzuetragen und fürzuebringen, einen schilling.

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Item von einer anderen clag od antwurt, in geringen, klainfiegigen sachen, ein plapert Item in errierenden sachen und schmahhandlung von einer clag oder antwurt, so mundtlich fürtragen wirdet, ein schilling pfennig. Item in sachen von einem extraordinari und khaufften gericht ein schilling pfennig Item so die Partheien khundtschaft schriftlich verfassen und die fürsprechen darzue beruefen 29 laBen, dem fürsprechen zue lohn ein schilling pfennig. Wan aber frembde oder haimische personen inen selbs oder anderen ihr aigene oder andere sach und handlung vor uns oder dem gericht fürzuebringen und fürzuetragen begerten, und ihnen solches zue gelassen wurde, so sollen dieselben personen nicht destoweniger den fürsprechen die gebeürende belohnung geben, welche aIßdan under sie die fürsprechen zue gleich verthailt werden solle und nit bei dem allein bleiben, bei welchem solche persohnen, so ihnen selbs oder andern geredt, gestanden verbleiben, so aber von den fürsprechen angezeigt wurde, daß die selben personen ihnen den fürsprechen die belonung nit erlegt, so solle er sie vor uns oder dem gericht die urthail oder der beschaidt nit eröffnet werden, die fürsprechen seien dan zuvor ihrer belohnung der gebühr noch verniegt und bezalt. Und damit die fürsprechen von den parteyen 30 ihren belohnung halben nit umbgetrieben und aufgehalten werden, sonder deren desto gewisser sein mögen, so haben wür den fürsprechen bewilliget und zuegelassen, daß sie keinen parteyen oder personen, von denen sie die belohnung nit gewiß zue sein sich besorgen, ihre sachen vor uns oder dem gericht fürzuetragen, fürzuebringen und zue reden schuldig sein sollen, sie seien dan zuvor der belohnung halben mit ihnen uberkhommen, und seye ihnen ein willen hie rumb gemacht, ußgenommen arme Betler oder dergleichen personen, so daß nit vermögen, den sollen die fürsprechen ihr sach

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und handlung umb Gottes willen fürtragen und fürbringen. Welcher aber under den fürsprechen und rednern dise ordnung und fürgeschribene tax nit halten, sonder darwider thuen, und von dem anderen deßen beclagt wurde, der bessert jedes mahl drei schilling, es seie gleich vor uns oder dem gericht. 31

Ob sich auch begebe, daß jemandts einem fürsprechen seiner belohnung halben litzel oder vii schuldig bliben were, und zuvor und ehe er ihne bezalt, einen anderen fürsprechen nemmen, und daß von dem ersten dem er noch schuldig, dem selben anderen fürsprechen angezeigt wurde, so soll der selb ander fürsprech ihme seine sachen nit reden und fürtragen, er habe dan zuuor den ersten fürsprechen seines lohns halben allerdings verniegt und befridiget. Aber sonsten soll es bei allen articulen, wie es in unßerm Stattrechten der fürsprechen undt redner halben gesezt bleiben und gehalten werden, alles aufrecht, erbarlich und ungevahrlichen. Von beütlen und stadt knechten

Damit daß gericht jederzeit alle gerichtstäg stattlich und ordenlich, wie sich in allweg gebührt, gehalten und nit verhindert undt gesaumbt werden 32 möge, so setzen undt wöllen wür der beütel undt stattknecht halben, daß der stattknecht, so jederzeit auf den Schultheissen oder Statthalter der ordnung noch zue warten schuldig, dem gericht von anfang biß zum endt, fleissig undt treulich außwarten, zue eingang des gerichts die schellen vor der rathstuben leüten undt daß gericht wie hieoben zue anfang diser ordnung gesezt verbannen solle. Es sollen auch die anderen unßere beütel undt geschworne Stattknecht sambtlich morgens zue bequemmer frier gerichts zeit, im gericht erscheinen, demselbigen alleß fleiß außwarten undt obligen undt darvon ohne vorwissen undt erlaubnus deß Schulthaissen oder Statthalters

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nit abweichen, es were dan einer oder mehr von unß den heübteren ervordert; aIßdann sollen dem oder denselben erlaubt sein, doch daß er oder die selben bej ihrm ambts ayden nach verrichtung ihrer anbevolhenen ambtsgeschäfft gleich aIßbald (Ihm fall man noch zue gericht setzen wurde.) sich widerumb in daß gericht 33 verfiegen undt von dem selben sich genztlich nit enteüssern sollen. Item wann ein Stattknecht von einer Partey den fürbiet lohn, jemanden für rath oder gericht zue bieten genommen, undt empfangen, undt aber denselben nit fürgebotten hette, so soll er sechs pfennig zue straff erlegen undt der Partey daß empfangen fürbott gelt widerumben erstatten. Wür setzen und wöllen auch, daß die beütel undt stattknecht als diener dem Schultheissen oder Statthalter undt den richtern alle gebürende reverentz und gehorsame erweisen undt erzaigen undt vor gericht einiche ungebürliche spötische wort undt reden nit brauchen undt yeben, auch khein schimpf, lach und spotthwerkh inn einichen weg treiben sollen, bei straff dreyer schilling pfennig, in die büchs zue legen. Dieweil man auf die zinstag und gerichtstag, auf welchen bei alhieiger uniuersitet actus doctoratus und magistery gehalten werden, daß gericht etwas frier dann sonsten zue halten pflegt, so sollen die stattknecht, bei ihrn ambtsayden am abend zuvor den richtern und gerichtsschreibern, solches 34 zue hauß umbsagen undt verkünden, damit ein jeder desto baß sich darnach zue richten undt zue rechter zeit in daß gericht zue erscheinen wisse. Und damit die stattknecht und beütel dem gericht iederzeit wie sich gepürt von anfang biß zum endt außwarten könden und daran nit verhindert werden mögen, so sollen die turngeschefft ihret halben an gerichtstagen allwegen biß nach dem gericht eingestelt werden.

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Der dritt theil Von den partheyen Der Partheyen halben, so vor gericht zue thuen undt zue schaffen, setzen und ordnen wür, daß niemandt, wer der sey, sein sach undt handlung selbs, sonder durch einen fürsprechen gerichtlichen für undt einbringen solle; es hetten dann der fürsprech der sachen nit genuegsam bericht, alß dann nach die parthej, den Schultheissen oder Statthalter umb erlaubnus bitten, ihrn selbs zue reden undt ihr sach selbs ihn rechten fürzuetragen undt fürzuebringen. Welcher darwider 35 thuen und handlen wurdet, solle drey schilling zue straff verfallen sein.

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Wiewoll der ungehorsamen halben, so auf beschehen fürpott außbleiben oder gar nit erscheinen oder sich in ihrn heüßern oder in der statt verschlagen oder sich sonst auß der statt ohne redlich abwesendt machen, daß man ihnen und auch gar nit fürbieten khan oder mag, wie hievor montags nach Reminiscere deß verschinen 4 und 50 ten jahrs der wenigern zahl ein ordnung fürgenommen und gemacht, wie es gegen denselben ungehorsamen gehalten und wie wider sie procediert werden solle, so wöllen doch wür außer beweglichen undt rechtmeßigen uhrsachen solche ordnung dises puncten halben hiemit gentzlichen abgethan, cassiert und uffgehebt haben und setzen und ordnen hierauf, wöllen auch, daß fürhin wider alle ungehorsamen, deren laut unsers Stattrechtens, under dem andern Titul des ersten tractats, am sechsten plat, dreyerley befunden werden, alß erstlich, die so sich verhalten und verbergen, daß sie von den statknechten nit funden werden mögen. Item die andern, welche, ob ihnen gleichwol under augen fürpoten ist, dannach not erscheinen, sonder außbleiben, und die dritt, die zue anfang gleich gehorsam erscheinen, und aber in hangendem rechten vor

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außtrag desselben ungeh.seindt, vermög und inhalt obangeregts unßers Stattrechtens, durchauß procediert und gehandlet werden solle. AlB namblich von den ersten ungehorsamen, die sich in den heüßem oder in der statt verschlagen oder sich sonst ußer der statt ohn redlich ursachen abwesendt machen, daß man ihnen under augen nit fürbieten mag, setzen wür dise ordnung, so wan sich einer derselben gestalt ungehorsam macht, so soll man ihme zue hauß undt hoff dreymahlen fürbieten, khombt er auf den dritten rechts tag nit, solle ihme uff daß viert mahl zum uberfluß zue hauß und hoff verkündt werden, wer dan, daß er abermahl nit erschine, so heret man den cläger in seiner clag, gibt er das glaublich anzeig, so 37 sollen wür oder die richter in in deß abwesenden abflüchtigen guet, es seye ligendts oder vahrendts, so vii insetzen, alß ungevahrlich die schuld mit sambt dem gelitnen undt khünftigen costen verlaufen mag, und daßelb guet soll der cläger sechs wochen undt drey tag inhaben undt daß behieten, aber khein nutzung die zeit davon innemmen; doch soll er dise frucht, die hiezwüschen gefiel, sambien und getreulich behalten, undt ob mitlerzeit ander schuldtherren vor uns oder dem erschinen und sich auch erclagten, daß sie zue hauß undt hoff, wie obsteth, dem schuldner fürgebotten undt denselben nit funden hetten, sover sie den umb ihr schuldt glaublich anzaig thuendt, so sollen sie auch jhe yeder noch vermög seiner schuldt ingesezt undt gehalten werden, wie aller nachst obbegriffen ist; wer dan sach, daß der ungehorsam in den gesezten sechs wochen und dreien tagen erschine undt den ingesezten schuldtherren einer oder mehr, die dan jhe zue zeiten ingesezt werden, umb ihr erlitten costen undt schaden ußrichtung, darzue sicherhait thete, mit bürgschaft oder sonst gnuegsamblich nach 38 unßer oder der richter erkhandtnus, daß er dem rechten gehorsam und gewertig sein wöll, so sollen die ingesezten schuldt herren einer oder mehr frey ohn fürwort von der besizung abstahn undt sich des rechten bringen lassen.

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Wer aber, daß der ungehorsam in denselben sechs wochen und dreien tagen nit erschine, und die ingesezten schuldtherren nit lenger stillhalten wolten, so sollen wür oder der Schultheiß uff ihr anruefen dem benanten ungehorsamen durch die stattknecht zue seinem hauß und hoff, oder aber er nit hauß und hoff het, offentlich an der cantzell, da man die frönung pflegt ußzueruefen, etlich citiern, daß er in vierzehen tagen erschine, antwurt geb, daß Recht verstandt und seiner güeter beschürmen, mit aigentlicher undericht, er khom oder nit, daß man uff der ingesezten anruefen yeden zue erlangung seiner schuldt recht ergehn lassen wöllj erscheint er nit, sover dan die schuldtherren ihr forderung mit kundtschafft darthuent, so sollen die 39 besessen güeter, undt aber deren nit gnueg wer, andere seine güeter mit recht angriffen vergantet undt gehalten werden, wie hienach in diesem tractat weiter geschriben istj undt waß uß den guetern erlöst würdt, soll daß gelt jedem schuldtherren, welcher der erst im insatz gewesen, bezalt werden, so weit sich sollch guet strekhen magj wer aber daß der cleger nit gnuegsam beweise undt aber umb recht anrueffen, so sollen und wöllen wür auß obrigkeit mit dem schuldneren, sovil wür ambtshalb vermögen handlen undt dem zwingen, auch mit gefenknus, wo not wer, dazu halten, damit er dem cleger daß recht nit verhindere, sondern zum rechten standt. Begebe sich auch, da sich der schuldner nit verschlieg, sonder fmden ließ, also daß ihme die fürgepott eins oder mehr under augen beschehen, undt aber uff daß dritt furgepott nit erschine, so soll dem cleger sein dag gehört undt dem ungehorsamen zum uberfluß zum vierten mahl fürgebotten werden, auf die clag antwort zuegebenj erscheindt er nit, souer dann der cleger einich glaublich anzeig umb seinen an40 sprach thet, so soll er in des schuldners haab undt guet auch ingesezt und damit aller gestalt und maß, wie obstehet, gehalten werden.

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Wer aber, daß der schuldner am anfang erschinen wer, und auf die clag antwurt geben het, also daß der krieg bevestnet wer, undt aber in hangendem rechten ungehorsam wurdt, so soll man denselben schuldner noch ein mahl rechtlichen fürbieten, ihm zue seinem hauß undt hof verkünden, er seye in der statt oder nit, undt demnach soll der cleger zue seiner clage zuegelassen werden; hat er dan gnuegsam khundtschafft, so soll man ihme die urtheil geben, umdt demnach stab und angriff uber des schuldners guet erlauben, brecht er aber nicht für, so soll der beclagt mit oder ohne den aydt ledig erkhandt werden, wie es uns oder die richter ye zue zeiten billich bedaucht, aber nicht destominder umb sein ungehorsam gestrafft werden.

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Doch wöllen wür hiemit gelütert, geordnet uns unß, undt dem Stattrecht vorbehalten haben, wan die antwurtend persohn, sie sey ungehorsam welchers gestalt sie wöll, vor uns oder dem Stattgericht erscheindt, einmal endtlich geurtheilt, oder als endtlich angriff oder frönung beschehen, daß als dann die selb ungehorsam persohn uff unßer undt des gerichts erkhennen widerumb zue ihren rechten und guetern zuegelassen werden mag, doch daß sie dem gegenthail costen undt schaden noch unßer des gerichts muetmassung solcher ungehorsamen halb erlitten zuvorderst abtrag undt darzue sicherhait thuen soll mit bürgen oder pfanden, dem rechten außzuewarten und gnuegzuethuen. Und so aber nach der endtlichen urtheil oder frönung ein ungehorsamer kheme undt vermeinte, seiner ungehorsammen halb gnuegsam schein undt ehrhafft ursachen anzuezaigen, mit beger, ihn widerumb zuezuelassen, so der soll nit anders dan in beywesen seins gegenthails gehört undt darüber geurtheilt werden, waß zimblich und billig ist.

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Jedoch wellen wür darneben gegen den ungehorsamen, welchen auf daß vierte mal zue allem uberfluß, zue hauß und hoff oder under augen fürgepotten

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worden, auf des gerichts anzeigung die gebfuende straff anderen zue einem exempel und abscheuchen in allweg vorbehalten haben, dieselben mit einer gelt oder turmstraff oder sonsten anderweg nach gestaltsame der sachen undt gelegenhait der persohn zue straffen undt gehorsam zue machen. Und dieweil in unßerm Stattrechten nit vermeldet undt gesezt, wie die fürbott aufeinandern beschehen sollen undt miessen, daß jemandts, so darauf nit erscheint, für ungehorsam gehalten undt erkhandt werden möge, so setzen und wöllen wür, daß fürhin die fiirpotth under den heimisch von einem gerichtstag zum nechstandern gerichtstag beschehen sollen, also wan yemandts auf daß erst ihme beschehen fürbot nit erscheinet, so solle der erst ruef, undt ihme dan dem nechsten daraufvolgendem, gerichtstag widumb fürgebotten werden. Undt so er obermahlen nit erscheint, der ander ruef, undt a1ß dan ihme widerumb uf den nechst hernach43 gehenden dritten gerichtstag das dritmahlfürgepott werden; und so er abmahl außbleibt und nit erscheindt, der drit ruef beschehen und ergehn; und derselbig ungehorsam soll als dan zum uberfluß den vierten gerichtstag auch vertagt werden, und so er dan abmahlen nit erscheint, der cleger in seiner clag gehört und in der sachen vermög des obangezognen unsers Stattrechtens, procediert und fürgefahren werden, und sollen die Richter solche der außbleibenden parthey ungehorsamen uns dem nechsten rechtstag darnach, dieselbig der gebühr nach zue straffen haben, anzeigen und fürbringen, und wie es obvermeltenmaßen mit den fürpotten und ruefen under den heimisch von einem gerichtstag zum nechsten andern zuverstehen ist, also solle es ein meinung haben mit den frembden von einem achttag zum nechste andren, da man mundtlich handlet, aber in geschriftlichen sachen bleibt es bey dem alten gebrauch. 44

Nochdem ein jeder, so in rechten angelobt, zuegesagt und verspricht, seinem schuldglaubiger und gelter umb sein schuldt und forderung auf einen

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benanten, bestimbten gesezten tag bezahlung und außrichtung zuethuen, gegen demselbigen schuldglaubiger der schuldt bekhantlich und gestendig, und zuverhietung grossers costens, auch zue abschaffung der rechtlichen process, die bezahlung zuethuen und versprochen, und also durch solch angeloben und versprechen sich stillschweigendt und tacite alles rechtlichen behelfs verzigen und begeben, so ist derselbig einmahlen schuldig, auf die emante angesezte ohne alle weigerung und ußzüg bezahlung und außrichtung zuethuen, er hette dann große merkliche, bewegliche und rechtmeßige ursachen, daß er solche bezahlung nit thuen könde.

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Wan aber solchem angeloben und versprechen biß anhero zue vilmahln zuewider gehandlet, daßelbig nit gehalten und die schuldglaubiger etwan dardurch in grossen costen und schaden gefiehrt und gebracht worden, so will uns ambts halben undt von obrigkeit wegen gebfuen undt. zuestehen dis orths ein gebürlichs einsehens zuehaben und diejenigen, so wider ir glübt und angeschwomer aidtsstatt gegeben treu also frövenlich handlen, als treulose undt ubertreter ihrer glübdt ihm verschulden noch anderm zue einem exempel statlichen zue straffen.

Derhalben so setzen und wöllen wür, wan jemandt vor gericht oder ausserhalben gerichts dem Schuldtheissen oder Statthalter angelobt, zuegesagt und versprochen, seine schuldtforderer auf einen gewissen undt hierzue angesezten tag bezahlung undt ußrichtung zuethuen, undt solcher glübdt nit khombt auf die emante zeit, die versprochene bezahlung nit erstatet undt von seinem gegenthai1, dem schuldtgleubiger, vor dem gericht deßhalben beclagt würdet, daß im fahl derselbig sich nit gnuegsam entschuldigen khan, daß er seinem versprechen noch nit bezahlung gethan, die richter denselben in unßer straff erkhennen undt seinen gegenthail zue erholung beschaidts für uns weisen sollen, alßdan soll dem selbigen, so also wider sein glübdt und treu gehandlet, der ge46 bür noch sein straff von uns auferlegt undt seinem widerthail, dem schuldtforderer, waß billig

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undt recht sein würdet, auf sein rechtlich anruefen undt begeren erthailt undt gevolgt werden, vide Stattrecht folio 29 wer die pfruend anziehent folio 26. Dieweil zue disen zeiten die schmachsachen undt handlungen yhe lenger, yhe mehr sich einreissen, und daß iniurirn, frävenlich schelten undt schmehen von tag zue tag je lenger, jeh mehr zue nemmen und sich hauffen will, also das ein gericht mehr mit solchen schmach als mit anderen sachen zuethuen undt zue schaffen, wie dan die tägliche erfahrung solches mitbringt, welches auß dem villeicht ervolgt, daß die iniurianten und schmähenden bißher gar ring, alB namblich nur umb zwölf schilling rappen, ihrer außgossenen schelt und schmahwort halben gestrafft werden, und derohalben die grosse hohe noturft in allweg erforderen will, solchen 47 durch guete ordnung undt gebürende mittel zue fürkhommen, damit solch täglich frevenlich, muetwillig schmähen und schelten undt iniurieren abgeschaffen undt abgestelt werden möge. So setzen ordnen und wöllen wür, wann jemandts den anderen fürsetzlicher, frevenlicher, truziger undt muotwilliger weiß an seinen ehren, seinem glimpf, guetem lob und herkhommen anstoßet, anzeügt, schmecht undt iniuriert undt des halben beclagt wurdet, und aber solcher beclagter iniuri und schmach nit gestendig sein will, und die clagende parthey hierauß den beclagten der angeclagten schmach und scheltwort halben uberzeügt und uberweiset und zue errettung seiner ehre ihme ein widerruef zuethuen begert, daß die richter in solchem fahl der urteil sich zue bedenkhen nemmen und alBdan uns die sach fürbringen und anzaigen sollen, so solle hierauf ergehen und beschehen, waß noch gestaltsame der sachen billich und recht sein würdet. 48

A1ß dan wür auch in unserm Stattrechten underm

neündten titul, des andern tractats, über uncräftige conträct besagende, under dem paragrapho: so uber ligende güeter beschehen sollen vor

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unserm Stattgericht gevertiget werden, gemeinlich gesezt und geordnet, daß alle die selben conträcht, waß gestalt je solche seindt und sich zuetragen möchten, die unßere burgern inwohnere, zünfftige und hindersässen, die unßer jurisdiction und obrigkheit underwerfen, zuegehörn undt in unßerm zwang seindt, oder ob sie gleich auch außlendisch weren, die über ligende güetere in unßern bezwikhen zwing und bannen, undt burgfiden gelegen, yhe zue zeiten abreden undt beschliessen, es seie gleich daß die güetere gentzllch von handen geben oder zinß und gült darauf geschlagen, daß ist khauf, verkhauf, verthauscht, geendert oder versezt oder mit zinsen bschwerdt, dieselben vor unßerm Stattgericht gevertiget und durch richterlich decret 49 bestetigt, auch solche conträctliche sachen und handlungen allwegen innerhalb vierzehen tagen dem nechsten noch geschehenem contract an zuverstehen (.es wern dann zuer selbigen zeit kheine gerichtstäg oder hetten die partheyen diser nit vollziehung halben sonsten erhebliche und gnuegsame ursachen, die allwegen bey unßer erkhantnuß stehen sollen.) in recht fürbracht, zuvertigen begert werden sollen, alles bei pein und straff fünf pfundt rappen, wie wür dan derwegen ein sonder ernstlich decret underm dato mitwochs den neünten septembris im jüngst abgeloffnen neünundsibenzigsten jahre ußgeben und solches, damit sich niemandts der unwissenhait zueentschuldigen, uff allen zunften offentlichen in geschriften publicieren und verlesen, auch allen zunftmaistern bey ihren aiden anzeigen undt bevehlen lassen haben, daß sye hinfüro jährlichs zwey mahl des jahrs solches decret undt erkhandtnus unserer gemaindt, doch jeder zunftmeister auf seiner zunft, gewißlich undt offentlich fürhalten undt verlesen sollen und wellen, so lassen wür es nochmahlen bei unserm Stattrechten, auch derowegen 50 ußgangnem obangeregtem publicierten jüngsten decret der vertigung, wie auch der straff halben, endtlich und ernstlich ongeendert bleiben, undt soll in disem fahl niemandts verschondt, sondern mit der aufgesezten straff gegen den ubertretteren unnach-

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leßlichen fürgeschritten werden, darvor sich ein jeder nochmahlen wisse zue richten. Von execution und volnstreckhung ergangner und außgesprochner urtheyl Dieweil eß umbsunst und vergeblich were, urthel außzuesprechen undt zuerthailn, wo die selben nit gebürendermassen exequiert undt volstrekht werden solten, so setzen ordnen und wollen wür, so ein urthel vor unserm gericht ergangen und außgesprochen und davon nit appelliert, oder von derselben appelliert, die appellation deßert und verloschen werden, daß der sigenden obligenden und gewinnenden partey auf ihr gerichtlich anruefen 51 und begeren, gebürende undt schleinige execution und volstrekhung der urtheil nochvolgender massen und gestalt beschehen solle. Namblich wölcher erlangte recht hat und der urtheil wie rechtlich erkhant werden, aber der angelobten bezahlung, in erkhanter versprochener zeit nit statt geschieht, so solle aIß dan die clagendt oder anrueffendt parthey wider die heimische und hindersässen bey dem Schultheißen oder seinem Statthalter usserhalb gerichts umb execution, da aber die execution wider frembde und ußlendische oder satzburgere, priestere oder universitetische weren, dieselbig vor gericht begert, und darüber noch altem gebrauch executorialia erkhandt und erthailt werden, dergestalt, wan die urtheil in actione reali ergangen, aIßda man umb ligende und unbewegliche oder vahrende und bewegliche stukh undt güetere, oder aber in actione personali, daß ist umb persohnliche vorderung, schulden oder andem dergleichen sachen geclagt hatte, solle dem verlustigtem thail gebotten werden, solch stukh undt guet, es seye ligendt oder vahrendt oder aber die schuld oder worumben die persöhnlich clag gewesen ist, dem obsigenden cleger einzueraumen und zuehand zuestellen; und obgleichwol noch stremigen der gemeinen geschribnen recht (wie wür berichtet) nit vonnöten ist, dem verlustigten thail in disem fahl einiche lange zeit und fristung zue abtretting der beclagter gueter oder zue bezahlung der schuld oder

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persöhnlichen vorderung zuegeben, sondern vilmehr dieselb verlustiget parthey verbunden, dem gewinnendem thail die aberkhante güetere sambt derselben nutzung oder schuld undt persähnliche vorderung onverzug gleich noch der zeit, aIß die urthel zue cräften geloffen und zue würden khommen ist, einzueraumen, zuezuestellen und volgen zuelassen. Jedoch so wollen wür hiemit den richtern zuelassen, solle auch also gehalten werden, daß sye noch gelegenhait und gestaltsamen der sachen, in erwegung allerhand umbstend, dem verlustigtem theil ein zeit und termin zue volziehung der urthel benennen und ansezen mögen, welcher termin auch der urthel angehenkht und darmit eröffnet werden solle. 53 AlB so die ansprach under oder biz in fünf gulden were, solle die bezahlung geschehen innerhalb demnechsten vierzehen tagen noch ergangener urthel; ligendt oder vahrendt guet, were der schuld aber uber fünf gulden, biß uff fünftzig gulden, ein monat lang, und waß uber fünftzig gulden, es seye weniger oder mehr, zween monath dilation zuegelassen undt erkhant sein, undt die execution aIß obstehet zuetragenden fahl geschehen undt fürgenommen werden eintweders mit einraumung der ligender güeter in der zeit, wie der richter erkhant, oder in schuldtsachen mit außtragung der pfandt, die der Schultheiß oder sein Statthalter sollen dem stattknecht befeIhen und auferlegen, oder mit erthailung gebürlicher undt gewohnlicher executorialien gegen den frembden, uniuersitetischen, satzburgern oder priesterschaften, undt die pfandt auch in daß gant oder ruefheüßlin getragen und hinderlegt und dergestalt damit gehandlet werden, als wan dieselben hinderlegten pfandt vierzehen tag lang still ligen, und dem schuldner zuegelassen sein, in solcher zeit die pfandt widerumbern zuelösen undt an sich zuebringen 54 welches alßdann geschehen mag, so der schuldner der uhrtel inmassen die ergangen ein geniegen thuet und alles entricht und bezahlt, waß er zueentrichten und zuebezahlen schuldig.

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Da aber der schuldner die pfandt in vierzehen tagen nit lösen würde, so sollen noch verscheinung derselben vierzehen tagen dieselben am nechsten donnerstag oder sambstag darnach alhie an offenem markht per licitationem, daß ist mit offenem ruef undt freyer gandt durch einen stattknecht umb bargelt, dem, so am meisten darauf beütet hingeben undt khein geverd darinnen fürgenommen und gebraucht werden. Eß soll auch in der pfandung und volstrekhung der urthel dise maß und beschaidenhait gehalten werden, daß solche stukh undt gueter, so dem beclagten, wan er dern manglen inueß, am wenigsten schaden bringen und doch dem cleger zuvolziehung der urthell gnuuegsam seyen, genohmen worden. 55

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Und im fahl jemandt erscheint, so die gepfendte güeter für sein aigen guet außprechen wurde, auf zeit der pfandung oder darnach, so soll die sach für daß gericht gewisen und noch ordnung rechtens darüber erkhant werden So die verpfendte stukh und güeter, wie oben gesezt vergantet und verkhauft, soll der obsigenden partey von dem gelt, so darauß erlöst, mit wissen des Schultheißen oder seines Statthalters für ihr schuldtvorderung und erlangten taxierten gerichtscosten außrichtung beschehen, doch wo es waß ubrig sein wurde, daß soll dem beklagten oder schuldner zue guetem khommen, darumben daßselbig ihme widerumben geben und zuegestelt werden solle. Deßgleichen wa die verpfandte, verkhaufte stukh und güeter für die haubtschuldt und gerichtscosten nit gnuegsam, so soll dan glaubiger und schuldforderer am andern des schuldners guetern für den ubrigen rest und außstandt fernerer execution undt volstrekhung wie recht beschehen.

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Item wür wöllen auch, daß die underkheüfer, beütel oder stattknecht, so die gepfendte güeter verkhaufen oder mit offenem ruef verganten, weder durch sich selbs noch jemandt andem von ihrentwegen heimlich noch offentlich von den selben güetem etwas khaufen oder zue ihren handen bringen sollen, alles bey ihm aydtpflichten, und schwere straff zuvermeiden. Dem glaubiger oder schuldtforderer oder der Parteyaber, so die urthel für sich erthailten, solle zuegelassen sein, die underpfandte güeter obgemeltermassen wie einem frembden zue khaufen und an sich zue bringen. Hierauf und demnach gebieten wür unserm Schuldtheissen, desselben Statthalter, den gerichtspersohnen und richtern, dem gerichtschreiber, den geschwomen red57 nem undt fürsprechen und stattknechten, desgleichen allen undt jeden unßem burgern, einwonem, hindersässen, zünftigen und underthanen, was standts und wesens die seyen, auch allen andem, so sich under unßer jurisdiction und gerichtszwang begeben, unßer stattknecht alhie brauchen werden undt wöllen, daß sye sambt und sonders, diser unßer Newen Gerichtsordnung, und andem darin begriffnen satzungen, so wür auß hochbeweglichen .ursachen undt tringenten, auch rechtmessigen ursachen heben unserm Stattrechten jezo fürgenommen, gesezt und gemacht, in allen und jeden ihrn stukhen, puncten und articulen, sovil einen jeden die berieren würdet vestiglich nochkhommen, darwider nit thuen noch handlen sollen in keinerley weiß, bei vermeidung der straff, so wider die verbrecher hierin gesezt und bestimbt. Doch wellen wür uns undt unsem nachkhommen in disen und allem anderm, so zue verbesserung diser ordnung, underhaltung unsers Stattgerichts, auch zur befürderung der iusticien dienstlich, hiemit außtrukhlich und bedinglich vorbehalten haben, solche unßer 58 ordnung, auch die straffen khünftiglich jederzeit

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noch gelegenhait der leüf und sachen zue endern, zue mindern und zue mehren, noch unserm und unser nochkhommen willen und wolgefallen, wie uns alwegen für unßere burger und inwohner nutzlich und notturftig sein bedunkhen wurdt. Dessen zue urkhundt und wahrer gezeügnus, wür unserer statt secret insigel an dise unßer neue Gerichtsordnung hankhen lassen. Actum et decretum auf mitwochen den zwölften monatstag Octobris noch Christi Jesu unßers lieben herren und seligmachers geburt fünfzehenhundertundtachtzig jahr. J 0: H: Schmidtlin Stattschreiber

I. Von fiirpieten vnd ladungenEinleitung 1. Ladung als Prozeßvoraussetzung Wie sich schon aus der Vorrede des ersten Titels ergibt, ist eine ordnungsgemäße Ladung (FÜTgebot) des Gegners Prozeßvoraussetzung:

Ist zue Recht erkhandt. wölle ennelte Clegerin wider sye antwurterin Clog einfueren, solle sye derselben zuurderst, wie sichs geburt gerichtlich filrtogen, demnach ferner ergehen was Recht ist.

2. Ruf und Fürgebot Die Überschrift des ersten Titels spricht von "fürpieten" und "ladungen". In den einzelnen Bestimmungen dieses Titels ist jedoch nur vom "FÜTpieten" die Rede. Gleichwohl unterscheidet die Freiburger Praxis zwischen "Fürpoth" und "Ruer. Nach der Gerichtsordnung von 1580 (42.9 ff.) wird der Beklagte durch den Stadtknecht auf Antrag des Klägers zunächst "fürgeboten"; insoweit stimmt die Gerichtsordnung von 1580 mit dem Stadtrecht (1.1.§ 1) überein. Erst, wenn der Beklagte auf das FÜTgebot hin nicht vor Gericht erscheint, ergeht ein "Ruer' (GO 1580 6.1. ff.). Über diesen Ruf entscheidet das Stadtgericht auf Antrag des Klägers. Der Ruf setzt voraus, daß die Klage bereits bei Gericht eingeführt ist (GO 1580 6.1 ff.)l. Ausgeführt wird der Ruf wie das FÜTgebot durch den Stadtknecht (GO 158042.9 ff.) .

• 1

Knoche, S. 53 f.

So auch Frankfurt I. XV. § I Abs. I.

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Wie sich aus den folgenden Entscheidungen Nr. 2 und 6 ergibt, stellt die Gerichtsordnung von 1580 hinsichtlich des Ladungsverfahrens keine Neuerung, sondern nur eine KodifIzierung der bis dahin geübten Praxis dar.

... Ist erkhant diewyl (Bekl.) vertagt er aber nitt erschint, so soll er Clegem heutgen Costen abtragen vnnd mag Ime rueffen lassen. ... dieweill des antrs. beuelchabers Principal gestrigs tags durch einen tagzettell, ordenlicher weise vertagt, daJUber aber vngehorsams vsplieben, vnd nit erschienen, Ist Ime durch den herrn Statthaltem, vf des clagenden gewalthabers begeren gerufen worden, vnnd zur Straff drey schilling pfennig verfallen, sampt abtrag des vferlofenen kaufgerichts Costen ... Vff Gerichtlich anrueffen. (Kl.) Ime. wider (Bekl.) einen ruof ergehn zelassen, ist sollich begeren dwei~ ehe man die Clagen eingejilert hat, Ime Clegem angezaigt worden, das der beclagt vf dis mahl vf Ine zueclagen nit bedacht seye, hiemit abgeschlagen!

Die Klage richtet sich gegen den Stadtknecht: ... ist zue Recht erkant, der beclagt, dweil Er dem Cleger das jilrbott vf anrueffen (X), nit ordenlicher weiß gethan. solle schuldig sein Ime Clegem. den ruof so iüngst wider Im ergangen ist, abzetragen! ... Ist nach verhörung (X) des potten. Erkhanndt dieweil der Beclagt nit erschinen möge die Clögerin Ime weither vertagen vnd zu dißem mal Ruoffen lassen. ... Ist erkhannt dieweill (X), der geschwome Stattknecht, bey seinem amptaydt, beteürt, daß er dem antr. vnnd seiner frawen, wegen der Clegerin, gebotten, der

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aber Jetzunder, in recht waß sich gebürt nit verhanndlet, das dan ... dem fürsprechen (der KJägerin), vergundt, ein Ruoff Jnnamen der Clegerin, wider antr. vnnd sein frawen, ergehen zelassen, vnnd soll er (Bekl.) auch sich hiezwischen nechstem gericht, mit seinem theill Rahtschlag gelltt gefast machen ... Die letzte Entscheidung läßt außerdem erkennen, daß das Stadtgericht eine Partei, die zwar erscheint, sich aber nicht auf die Klage einläßt, als abwesend ansieht2• So auch in:

... ist zue Recht erkhanndt. Ant. solle noch dis werenden gericht vf einkhomne clag antwurt geben, wa nit steet Clegem beuor. demselben einen rue! ergehn zelassen ...

3. Kosten von Fürgebot und Ruf Für das Fürgebot erhält der Stadtknecht von seinem Auftraggeber den "fürbiet lohn" (GO 158033.4); soweit es um das erste Fürgebot geht, zählt diese Aufwendung zu den Verfahrenskosten der Partei und wird Von ihr gegebenenfalls über den Kostentitelliquidiert3. Da der Kostenschuldner aber nur die notwendigen Verfahrenskosten zu erstatten hat4, kann der Kläger den zur Kostenerstattung verurteilten Beklagten nicht auf Ersatz der Kosten eines unwirksamen Fürgebots in Anspruch nehmen:

Der Beklagte soll Treu geben.

... das er zur zeit als der her Cleger Jm zehauß lassen vertagen. nit anheimbsch gewesen. solle er ant. dem

2 Vgl. bei Nr. 9 zu LVIII. § 7. 3 Zasius F. 57.41 ff.; F. 52.2; C.501.2. 4 Zasius F. 57.41 ff.

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hem Cleger vmb dj X d fürbieterlohns nichzit zegeben schuldig sein. In diesem Fall hätte der Kläger nämlich nach § 4 mit der Ladung bis zur Rückkehr des Beklagten warten müssen.

Das Rufgeld dagegen erhält nicht der Stadtknecht, sondern es wird vom Gerichtsschreiber eingezogen (GO 1554 8.14). Die Gerichtsordnung von 1554 regelt es neben den gewöhnlichen Gerichtskosten als gesonderten Kostenpunkt (8.21); es wird nicht beim Kläger, sondern - ausweislich eines Ratsbeschlusses von 15565 - beim ausgebliebenen Beklagten eingefordert. Dies bestätigen auch die beiden nachfolgenden Entscheidungen: In beiden Fällen begehrt der Beklagte des Hauptprozesses und nunmehrige Kläger von seinem Gegner Erstattung des Rufgeldes, weil der Ruf mangels Säumnis nicht habe ergehen dürfen. Der Unterschied zu Nr. 9 ist augenfällig: Dort verlangt ja der Kläger des Hauptprozesses vom Beklagten Erstattung eines bestimmten Kostenpunktes, und der Beklagte wehrt sich mit der Behauptung, die Kosten seien vom Kläger unnötig verursacht worden. Folglich ist beim "Fürbieterlohn" der Kläger, beim Rufgeld dagegen der Beklagte Kostenschuldner des Gerichts:

... wegen geclagten abtrag des Rufs. so der Antr. jüngsten wider Ine Clegem ergehen lassen. ist zue Recht erkhanndt. Wann der Cleger dem hem Statthaltem sein trew, an aidtstatt geben möge vndt wölle das gedachter Antr. Ine verschiener gerichtztagen gehaissen wider heimbd gehen. wölle wider Ine nit gerichtlichen procedieren, das dan gedachter Antr. schuldig sein solle. Ime Clegem solchen ergangnen Ruf! wider abzetragen a... Nr.l1 a)

b)

5

... (Kl.) soll...bewysen dz (Bekl.) Ime Jurpieten lassen,

vnd volgendtz. zu Im geschickt vnd Im anzeigen lassen er dorffe nitt khomen. aber daruber rueffen lassen...

Ist erkhant dz der Cleger luth vßganngner vrtel nitt gnug Jurbracht vnnd soll den beschehnen Ruf abrichten vnd zain.

RP 369/370' 55/57.

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Somit kann sich der Beklagte wegen des Rufgeldes an den Kläger halten, wenn dieser ihn nicht wirksam geladen oder wieder "ausgeladen" hatte. Dasselbe gilt wenn der Beklagte nicht verpflichtet gewesen war, vor Gericht zu erscheinen oder dort zu warten:

... Ist erkhannt wann (Kl.) dem hem Statthalter trew gibt das er den gerichtztag als Im vertagt. kranckh gewesen vnd nitt vsgan khonnen. auch der frawen (d. h. der beklagten Witwe) vogt sollichs angezeigt vnd zuwissen than. so soll die fraw den Ruf abzutragen schuldigsein ... In einem solchen Fall kann das Rufgeld aber auch gleich dem Kläger auferlegt werden: Der Bekl. soll Treu geben, ... das er erst nach dem hinweg gangen als der he"

Statthalter anzeigt. Man werde khein Clag mehr horen. so soll (Bekl.) des rufs halb ledig vnnd (Kl.) denselben dem Statthalter zuerlegen schuldig sein. Vnnd souyl die hauptsach belanngt. soll (Bekl.) zur nechstem gericht anntwurt geben...

Offensichtlich hatte der Beklagte sich in diesem Fall gegen die Auferlegung des Rufgeldes verwahrt; anders als in Nr. 10 ff. fordert das Stadtgericht das Rufgeld sogleich beim Kläger ein. Hatte dagegen der Stadtknecht dem Beklagten fehlerhaft fürgeboten, muß nicht der Kläger, sondern der Stadtknecht dem Beklagten das Rufgeld erstatten (vgl. oben Nr. 5). Die vom Freiburger Stadtgericht praktizierte kostenrechtliche Behandlung von Ffugebot und Ruf entspricht gemeinrechtlicher Praxis*6.

6 S. Fn. 3 und 4; Bayer, S. 83 m.w.N. Unumstritten war dies alles freilich Qicht. So vertritt Zasius, C.501.23, in Anschluß an die Glossatoren die Ansicht, der Beklagte sei zur Erstattung der Rufgelder niCht verpfliChtet, weil er sich ja mehrmals rufen lassen dürfe, ehe er als contumax verurteilt werden könne: "nihil videtur iniuria faeere qui iure permittente faeit". Er räumt aber ein: "at consuetudo Consistorium nostrorum hanc opinionem non servat". Freilich muß der Beklagte auch nach Zasi~ Ansicht die Rufgelder b~hlen, wenn er im Ergebnis zur Tragung der Prozeßkosten verurteilt wird.

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Zu § 1 (Wie einer dem anderen ... ) Die Vorschrift steht in Regelungszusammenhang mit l.II.§ 4. Näheres vgl. daher dort.

Zu § 2 (Wie vnd wo die Stattknecht ... ) Die Form des Fürgebots läßt sich den beiden folgenden Entscheidungen entnehmen: ... Soll Jm durch ein tagzedel verkhunden vnd diewyl er Jm heut nicht vertagt heutgen gerichtz costen abtragen ... ... ist zue Recht erkhandt. Cleger solle zuuorderst wie sichs gebUert genugsam darthuen vnnd beweisen dz dem gegenteil die ausgangen ladung wie sichs geburt vberantwurt worden. als dan vf sein weither anruefen abermaln ergehn was recht ist.

Dem Beklagten wird also ein "Tagzettel" übergeben. Im übrigen muß dem Beklagten auch mitgeteilt werden, weshalb er vor Gericht geladen wird: ... Wann antwurter mag trew geben dz Jm der stattknecht nitt gesagt warumb sye Jm vertagt soll er der Clag ledig sein.

Dies entspricht gemeinrechtlicher Praxis7.

Zu § 4 (Ob der antwurter abwesend ... ) Vff anrueffen vnnd begem (Kl.) wider (BekJ.) Geben die hem Statthalter vnnd Richtere disen bescheid das man den anrueffenden noch zue zeyten. Jnn seiner 7 Zasius H. 377.28; Frankfurt I.x. § I Abs. I.

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Clag zuehören vnnd rechtlichen prozeß zugestatten nitt khonne Jnn ansehung das er (BekI.) Jnn der Rom. Kay. Mt. kriegs dhienst verzogen. wouer aber (K1.) was sich sonst derwegen rechtlich gebuert begem wurde. soll Jme als dann widerfaren vnnd geuolgen ... Nr.2 (Wiedergegeben als Nr. 9 zur Einleitung dieses Titels).

Zu § 5 (Wie dem Stattknecht siner...) Nr.1 (Wiedergegeben als Nr. 7 zur Einleitung dieses Titels). Nr.2 (Wiedergegeben als Nr.1 zu l.IX § 22.).

Zu § 10 (Kranckheit wie das twieten...) ... ist erkhanndt.dwei/ ennelter Ant. wegen obliegender leibsschwachheit Jnn Recht nit kann erscheinen. das er dann bizzue nechstem gericht einen vollmechtigen gewalthaber verordnen vnnd durch denselben dem Cleger vi sein clag in Recht antwurt geben solleI. Leider teilt die Entscheidung nicht den medizinischen Befund mit; daher läßt sich nicht überprüfen, ob des Beklagten Leibesschwäche längerfristiger Art war. Immerhin bestätigt sie den in § 10 enthaltenen Grundsatz, daß Krankheit kein Ladungs- und damit auch kein Prozeßhindernis ist8.

8 Nach Zssius C.520.6 ist der aus Krankheit Verhinderte grundsätzlich nicht gehalten, einen Procurator zu schicken, sofern er nicht auf Dauer krank ist (C.520.8.; weitere Ausnahmen C.520.7., 9 ff.).

11. Von vngehorsami.· Zu § 4