Das bildnerische Denken: Charles S. Peirce [Illustrated] 3050056967, 9783050056968

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Das bildnerische Denken: Charles S. Peirce [Illustrated]
 3050056967, 9783050056968

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Das bildnerische Denken: Charles S. Peirce

BAND V

ACTUS et I MAGO Berliner Schriften für Bildaktforschung und Verkörperungsphilosophie Herausgegeben von Horst Bredekamp Schriftleitung: Marion Lauschke

Das bildnerische Denken: Charles S. Peirce Herausgegeben von Franz Engel, Moritz Queisner und Tullio Viola

Akademie Verlag

Einbandgestaltung unter Verwendung von Francesco Colonna, „Hypnerotomachia Poliphili“, 1499 (Vorderseite) und Charles S. Peirce, „Epistêmy“, MS 1538, ca. 1902 (Rückseite).

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Akademie Verlag GmbH, Berlin 2012 Ein Wissenschaftsverlag der Oldenbourg Gruppe www.akademie-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. MitarbeiterInnen dieses Bandes: Katharina Lee Chichester, Hanna Fiegenbaum, Jasmin Meinicke, Rebecca Spindler Reihengestaltung: Petra Florath, Berlin Druck und Bindung: DZA Druckerei zu Altenburg GmbH, Altenburg Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-05-005696-8 eISBN 978-3-05-006253-2

I n h a l t s v e r z e i ch n i s

IX 1 39

Vorwort von Horst Bredekamp Zeichnungen von Charles S. Peirce Franz Engel, Moritz Queisner und Tullio Viola Einleitung. Viertheit: Peirce’ Zeichnungen

I. Beg r i f fe 53

John Michael Krois Eine Tatsache und zehn Thesen zu Peirce’ Bildern

65

Helmut Pape Was ist Peirce’ bildnerisches Denken?

II. Bi lder 95

Frederik Stjernfelt Cows, Red Cows, and Red Herrings. A Graphical Experiment Addressing Natural Classes in the Young Peirce

115

Tullio Viola Pragmatism, Bistable Images, and the Serpentine Line. A Chapter in the Prehistory of the Duck-Rabbit

139

Michael Leja Peirce, Visuality, and the Semiotics of Pictures

149

Franz Engel Epistêmy und andere Grotesken

175

Jaime Nubiola and Sara Barrena Drawings, Diagrams, and Reasonableness. Peirce’s Letters from his First Visit to Europe (1870–71)

I I I. A sp ek te 189

Alessandro Topa „A Circle of Categories of which Kant’s Form an Arc “. Zur diagrammatischen Form des topischen Zusammenhangs in der frühen Peirce’schen Kategorienspekulation

219

Sun-Joo Shin How Do Existential Graphs Show What They Show?

235

Steffen Bogen Die Schlinge als Konklusion. Zum Bild des Denkens bei Charles S. Peirce

253

Aud Sissel Hoel Lines of Sight. Peirce on Diagrammatic Abstraction

273

Benjamin Meyer-Krahmer und Mark Halawa Pragmatismus auf Papier. Über den Zusammenhang von Peirce’ graphischer Praxis und pragmatischem Denken

303

Mirjam Wittmann Fremder Onkel. Charles S. Peirce und die Fotografie

A n ha ng 325

Siglen

327

Zusammenfassungen der Beiträge

333

Über die Autoren

337

Dank

339

Personenregister

243

Register der Peirce-Manuskripte

345

Bildnachweise

I n memor ia m Joh n M ic hael K rois (194 3 –2010)

Vo r w o r t

Der knappste Beitrag des vorliegenden Bandes hat den weitestreichenden Anspruch. „Peirce’ Bilder“ von John Michael Krois zielt auf eine radikale Verlagerung des Agens der Philosophie. In dekaloghafter Form entfaltet er die Grundannahme, dass Denkvorgänge allein durch ihre Verkörperung möglich werden. Damit ist das „Bild“ nicht etwa auf einen einzigen Gegenstandsbereich der Artefakte eingegrenzt; vielmehr zielt es auf einen weiten Bereich der gestalteten und empfindungsauslösenden Form, die von Fossilien bis zur Fotografie reichen kann. Von Aristoteles über Galen und Gottfried Wilhelm Leibniz bis zur gegenwärtigen Philosophie der Verkörperung (embodiment) reicht Krois zufolge jene Tradition, die in Peirce ihren wohl entschiedensten Protagonisten findet. Wenn Peirce’ dynamisch aufzufassende Semiotik dagegen oftmals als statische Identifizierung von Zeichenphänomenen missverstanden wurde, so liegt hierin ein intellektuelles Skandalon. Sein gesamtes „pragmatizistisch“ geprägtes Denken lief einer solchen Zuordnung zuwider. Um einer solchen Umpolung von Peirce’ Überlegungen entgegenzuwirken, hat im März des Jahres 2010 das von John Michael Krois, Franz Engel, Moritz Queisner und Tullio Viola konzipierte Symposium zu Peirce’ bildnerischem Denken im Rahmen der Kolleg-Forschergruppe Bildakt und Verkörperung stattgefunden. Alle Sprecher und Autoren haben aus unterschiedlichen Perspektiven mit Verve in diesem Anspruchsrahmen operiert. Das Gros der Beiträge zielt auf eine Seite der Aktivitäten von Peirce, die immer bekannt, bislang aber nicht wirklich begriffen worden ist. Sie besteht darin, dass Peirce gerade als Philosoph davon überzeugt war, sich weniger durch seine Schriften als vielmehr durch seine Zeichnungen angemessen ausdrücken zu können; er dachte in Bildern und durch Bilder. Diese Praxis war nicht auf Gattungen, Medien oder Natur- und Kunstartefakte zu reduzieren, aber sie kulminierte in seinem zeichnerischen Œuvre. Tausende seiner disegni warten

X

VORWORT

auf die Erschließung, und wenn dies geleistet sein wird, dürfte die Definition dessen, was Philosophie ist und sein kann, eine neue Fassung erhalten haben. Der vorliegende Band bietet auch einen Höhepunkt jener Zusammenarbeit zwischen Krois und dem Unterzeichner, die mit dem Sammelband zu dem Kunsthistoriker und Philosophen Edgar Wind begonnen hat.1 Wind war der Erste, der Peirce in Deutschland bekannt machte, und er hat in seiner Habilitationsschrift, die 1934 zur Zeit seines Exils herauskam, jenen Begriff der „Verkörperung“ definiert,2 in dem Peirce’ bildnerisches Denken seinen weiten Rahmen findet. In dieser Tradition steht auch jene „Theorie des Bildakts“, die Krois in seiner 9. These mit dem Denken von Peirce in Beziehung setzt. Sie handelt vom Wechselspiel zwischen der im Bild verkörperten sinnlichen Erkenntnis, gegenüber welcher der Betrachter nicht als Erzeuger, sondern als Teilnehmer auftritt, sowie der gemeinschaftlich erzeugten Bedeutung, die als „Wirklichkeit“ definiert wird. Diese agiert auf den Menschen zu, aber sie beruht auf einem konsensuell erzeugten Verständnis ihrer selbst: Diesem Paradox widmet sich die Theorie des Bildakts als Element der Verkörperungsphilosophie. Das erste Gesicht dieses Januskopfes hat Krois in seiner 9. These niedergelegt, und das zweite hat er dem Unterzeichner in einem seiner letzten Schreiben vor seinem Tod im Oktober 2010 mit Hilfe des Peirce-Zitates verdeutlicht: „Thus, the very origin of the conception of reality shows that this conception essentially involves the notion of a COMMUNITY, without definite limits, and capable of a definite increase of knowledge.“3 „Eine Gemeinschaft, ohne definierte Begrenzungen, aber mit einem entschiedenen Zuwachs an Wissen“: Dies möge als Motto auch über dem hier vorgelegten Sammelband stehen. Horst Bredekamp

1 2 3

Horst Bredekamp/Bernhard Buschendorf/Freia Hartung/John Michael Krois (Hg.): Edgar Wind. Kunsthistoriker und Philosoph, Berlin 1998. Edgar Wind: Das Experiment und die Metaphysik. Zur Auflösung der kosmologischen Antinomien, Tübingen 1934, Neuauflage: Frankfurt/M. 2001. Charles S. Peirce: Some Consequences of Four Incapacities, W 2:239, 1868.

ZE I C H N U N G E N VO N C H A R LE S S . PE I RC E

3

TAFEL I

4

TAFEL II

5

TAFEL III

6

TAFEL IV

7

TAFEL V

8

TAFEL VI

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TAFEL VII

10

TAFEL VIII

11

TAFEL IX

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TAFEL X

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TAFEL XI

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TAFEL XII

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TAFEL XIII

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TAFEL XIV

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TAFEL XV

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TAFEL XVI

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TAFEL XVII

20

TAFEL XVIII

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TAFEL XIX

22

TAFEL XXa, XXb

23

TAFEL XXI

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TAFEL XXII

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TAFEL XXIII

26

TAFEL XXIV

27

TAFEL XXV

28

TAFEL XXVI

29

TAFEL XXVII

30

TAFEL XXVIII

31

TAFEL XXIX

32

TAFEL XXX

33

TAFEL XXXI

34

TAFEL XXXII

Z E IC H N U N G E N VO N C H A R L E S S . P E I RC E

Ta fel n Alle im Katalog reproduzierten Blätter finden sich als Charles S. Peirce Papers Am 1632 in der Houghton Library, Harvard-University, Cambridge, MA. Tafel I Tafel II Tafel III Tafel IV

Tafel V

Tafel VI Tafel VII

Tafel VIII

Labyrinth mit Minotaurus, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 446 × 357 mm, undatiert, MS 1521. „The Tremont Turbine“, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 190 × 127 mm, 1859, MS 1631. Diagramm des „IT“, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 224 × 178 mm, 1. Juni 1859, MS 921, fol. 5 recto. Blatt aus I, Thou, It – A Book Giving Instruction in Some of the Elements of Thought, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 211 × 138 mm, 1861, MS 278(d). Blatt aus Ten Irreducible Conceptions and Their Combinations, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 222 × 173 mm, 8. Juni 1862, MS 923. Blatt aus The Logic of Continuity, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 252 × 200 mm, 1898, MS 948, S. 29. Blatt aus The Art of Reasoning. Chapter II: What is a Sign?, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 261 × 198 mm, 1893–95, MS 404, S. 36. Blatt aus den Harvard Lectures on Pragmatism. Lecture VII. Pragmatism as the Logic of Abduktion, Feder, schwarze und rote Tinte und Bleistift auf Papier, 211 × 178 mm, 1903, MS 315, fol. 4 verso.

36

ZEICHNUNGEN VON CHARLES S. PEIRCE

Tafel IX

Tafeln X–XI

Tafeln XII–XV Tafel XVI Tafel XVII Tafel XVIII Tafel XIX Tafel XXa Tafel XXb Tafel XXI Tafel XXII Tafel XXIII

Tafel XXIV

Tafel XXV

Tafel XXVI

Tafel XXVII

Blatt aus den Harvard Lectures on Pragmatism. Lecture VII. Pragmatism as the Logic of Abduktion, Feder, schwarze und rote Tinte und Bleistift auf Papier, 211 × 173 mm, 1903, MS 315, fol. 5 recto. 2 Seiten aus On Logical Extension and Comprehension, Feder, schwarze Tinte und Bleistift auf Papier, jeweils 224 × 172 mm, ca. 1870, MS 725. 4 Seiten aus On Logical Extension and Comprehension, Bleistift auf Papier, jeweils 224 x 172 mm, ca. 1870, MS 725. Sog. „Rebus“, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 253 × 203 mm, undatiert, MS 1538. Rebus, Bleistift auf liniertes Papier, 248 × 195 mm, undatiert (vermutlich 1850/60), MS 1538. Rebus, Bleistift auf liniertes Papier, 248 × 195 mm, undatiert (vermutlich 1850/60), MS 1538. Skizzen- und Notizblatt, Feder, schwarze Tinte und Bleistift auf Papier, 197 × 263 mm, undatiert, MS 1538. „Epistêmy“, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 77 x 127 mm, ca. 1902, MS 1538. Karikaturen, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 77 × 127 mm, ca. 1902, MS 1538. Karikaturen, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 128 × 77 mm, ca. 1902, MS 1538. Skizzen- und Notizblatt, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 263 × 177 mm, undatiert, MS 1538. Manuskriptseite mit einem mit einer Nadel angesteckten Perspektiv-Diagramm, Feder, braune Tinte auf Papier, 255 × 196 mm, undatiert, MS 278(a). Mathematische Zeichnung aus Recreations in Reasoning, Feder, schwarze und rote Tinte, Bleistift, grüner und blauer Buntstift auf Papier, 153 × 199 mm, ca. 1895/1900, MS 207, fol. 47 recto. Logische Graphen, aus dem Logic Notebook, Feder, schwarze und rote Tinte auf Papier, 254 × 207 mm, nach 1898, MS 339, fol. 136 recto. Existentielle Graphen, aus dem Logic Notebook, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 254 × 207 mm, 29. Juni 1903, MS 339, fol. 238 recto. Logische Graphen, aus einer Serie 29 beschnittener Blätter, Feder, schwarze Tinte, Schere, Papier, 225 × 151 mm, undatiert (vermutlich nach 1890), S 64.

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ZEICHNUNGEN VON CHARLES S. PEIRCE

Tafel XXVIII

Tafel XXIX

Tafel XXX Tafel XXXI

Tafel XXXII

Seite mit Skizze einer Rom-Karte aus einem Brief von Charles S. Peirce an seine Mutter Sarah Mills, Rom, 14. Oktober 1870, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 204 × 138 mm, MS L341. „Art Chirography“, Beginn von Edgar Allen Poes The Raven, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 261 × 197 mm, ca. 1894–1902, MS 1539. „How is this for blue?“, Feder, blaue Tinte auf Papier, 122 × 76 mm, undatiert, MS 1538. Seite aus den Harvard Lectures on Pragmatism. Lecture IV: The Seven Systems of Metaphysics, Feder, schwarze und rote Tinte auf Papier, 211 × 178 mm, 1903, MS 309, S. 39. Umrisszeichnung von Charles S. Peirce’ rechter Hand mit Markierungen von Flohstichen, aus einem Brief an seine Ehefrau Melusina Fay, Syrakus, 22. September 1870, Bleistift auf Papier, 204 × 138 mm, MS L337.

Franz Engel, Moritz Queisner, Tullio Viola

EINLEI T U NG Viertheit: Peirce’ Zeichnungen

1. D ie E ntdec k u ng von Pei rc e’ Z eic h nu ngen Das wohl wunderlichste Kapitel der Rezeptionsgeschichte von Charles S. Peirce ist noch nicht geschrieben worden. Es handelt von der immensen Fülle von Zeichnungen unterschiedlichster Art, die sich in dem annähernd hunderttausend Manuskriptseiten umfassenden Nachlass des amerikanischen Philosophen und Naturwissenschaftlers in der Houghton Library der Harvard University befinden. Nicht nur im Umfang, sondern auch in seiner Gestalt ist dieser Nachlass mit dem von Gottfried Wilhelm Leibniz vergleichbar. Er lässt deutlich werden, dass hier eine nervöse, agil denkende Hand am Werk war, die sich rastlos zwischen Geometrie, Bilderrätsel, Semiotik, Karikatur, Graphenlogik, Kartographie, Maschinenbau, Statistik, Paläographie, Farbenlehre, Chemie, Architektur, Astronomie, Archäologie, Topologie und Tangram bewegte. Diese Aufzählung ließe sich sicherlich noch weiterführen. Aber spätestens wenn sich eine bildliche Form nicht mehr problemlos in Kategorien fügt, erwächst aus der Faszination über die Entdeckung ein Problem. Die Widerspenstigkeit sowie die Komplexität des Materials trugen dazu bei, dass Bilder in den publizierten Schriften von Peirce kaum eine Rolle spielen. Die großen Editionsprojekte verweigern sich zwar nicht grundsätzlich einer Einbeziehung dieses bildnerischen Œuvres; dennoch vermitteln sie keinen kohärenten Eindruck von der Arbeit eines Gelehrten, der von sich selbst behauptete, niemals in Worten, sondern stets in bildlichen Formen zu denken. Peirce’ viel zitierte These, dass alles Denken in Zeichen geschehe, wird von ihm selber nicht nur in sprachlich diskursiven, sondern in allen erdenklichen sinnlichen Zeichen erprobt, die mithilfe von Stift und Papier zu verkörpern überhaupt möglich sind. Paul Klee, dessen bildnerisches Denken den Titel des vorliegenden Bandes inspiriert hat, spielt für die Frage, woher die Faszination stammt, die jeden ergreift, der sich mit Peirce’ Manuskripten beschäftigt, eine maßgebliche

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FRANZ ENGEL, MORITZ QUEISNER, TULLIO VIOLA

Rolle.1 Klee und seine Künstlergeneration lenkten kraft ihrer Bildschöpfungen die Aufmerksamkeit auf eine Formenwelt, die in Kritzeleien, Schmierereien, Kinderzeichnungen, Marginalien und Tintenklecksen bis dato im Dornröschenschlaf schlummerte. Mit dem Umsturz des traditionellen Formenkanons durch die Künstler der klassischen Moderne wurde jedoch der Blick frei für diese Formen, die Homo pictor seit jeher produzierte. Von Klee ausgehend, wird der Blick auf die Zeichnungen von Peirce ein anderer. Im Mittelpunkt eines losen Blattes, das links mit einigen Zahlenkolonnen versehen ist, zieht ein Tänzer die Aufmerksamkeit auf sich (Bild 1). Prüfend wendet er sein Gesicht mit seitlich abfallenden Augenwinkeln gegen den Betrachter. Die Ruhe des Blicks, der von einem Kopf ausgeht, der genauso groß ist wie sein Körper, kontrastiert mit der Tanzbewegung des Körpers. Die gespreizten Finger, welche die innere Spannung des Tänzers anzeigen, der Hüftschwung sowie der Ausfallschritt, der durch eine feine Bewegungsspur auf dem Boden markiert wird, erscheinen in ähnlicher Weise in Klees Berliner Ölpause Wissen – Schweigen – Vorübergehen (Bild 2). Hypnotisierend im Blick, zeigt die Frauengestalt mit ebenso gespreizten Fingern die vermeintlichen Orte des Wissens und des Schweigens an Stirn und Mund an, während sie das Vorübergehen im eleganten Hüftschwung einer tief eingeknickten Taille in transitorischer Bewegung verkörpert. Wenn Klee durch seine Bildschöpfungen gleichsam als Urheber für das Faszinosum der Zeichnungen von Peirce auftritt, so formuliert er mit dem Titel Wissen – Schweigen – Vorübergehen ein parataktisches Gegenmodell zur Auseinandersetzung mit der ikonischen Welt des amerikanischen Philosophen, voraussehend, dass das Verhalten des Betrachters in die gegenteiligen Tätigkeiten umschwingt: Fragen – Reden – Verweilen. Tätigkeiten, die sich unweigerlich auch bei der Beschäftigung mit den Peirce-Manuskripten einstellen. Dass ausgerechnet Vertreter der Kunstwissenschaft Peirce’ Philosophie und besonders seine Lehre von den Zeichen in meist reduzierter, mitunter banalisierter Form für semiotisch aufgerüstete Bilddeutungen instrumentalisierten,2 während sie den zeichnenden Denker Peirce ignorierten, erscheint in der Reihe von Versäumnissen der Peirce-Rezeption als ein besonders bedauerliches.3 1

2 3

Paul Klee: Das bildnerische Denken. Schriften zur Form- und Gestaltungslehre, Basel u.a. 1956. Vgl. auch Ausst.-Kat.: Paul Klee in Jena 1924. Der Vortrag, hg. v. Thomas Kain/Mona Meister/Franz-Joachim Verspohl, Jena 1999 (Minerva. Jenaer Schriften zur Kunstgeschichte 10). Vgl. hierzu James Elkins: What Does Peirce’s Sign System Have to Say to Art History?, in: Culture, Theory, and Critique 44/1 (2003), S. 5–22. Eine Ausnahme bildet der erste explizit mit Zeichnungen von Peirce befasste Aufsatz von Michael Leja: Peirce, Visuality, and Art, in: Representations 72 (2000), S. 97–122. Vgl. die gekürzte, leicht abgewandelte Fassung im vorliegenden Band, S. 139–148.

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EINLEITUNG

Eine wesentlich fruchtbarere, bislang aber kaum beachtete Rezeption, die sich nicht auf die Unterteilung des Zeichenobjekts in Ikon, Index und Symbol versteifte, sondern die tiefer schürfende Denkungsart eines umfassenden semiotischen Pragmatismus in die kunstwissenschaftliche Forschung miteinbrachte, erfuhr Peirce’ Werk durch jene Generation von Gelehrten aus dem Umfeld der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg, welche die Ikonologie zunächst im angelsächsischen und fortan auch im europäischen Raum als tonangebende Disziplin etablierten.4 Der Philosoph und Kunsthistoriker Edgar Wind (1900– 1971) lernte bei seinem ersten Amerikaaufenthalt in den 1920er Jahren die Philosophie von Peirce kennen. Zurück in Deutschland entwickelte er als Mitarbeiter der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg unter dem Einfluss des amerikanischen Pragmatismus eine Theorie der Verkörperung, wonach Symbole in ihrer konkreten sinnlichen Verkörperung eine Eigendynamik entwickeln, die durch Konventionalismus allein nicht erklärbar ist.5 Obwohl auch Wind und seine Kollegen keine Kenntnis von Peirce’ bildnerischem Werk besaßen, waren sie mit Peirce’ semiotischem Pragmatismus in der Lage, Bilder als Argumente und somit als unentbehrliche Bestandteile innerhalb von Argumentationsketten zu begreifen. Hierauf zielten ihre ikonologischen Studien.

2. I kon i z it ä t u nd Verkör p er u ng Als Peirce 1909 den Satz „I do not think I ever reflect in words“6 notierte, berief er sich auf eine Konzeption des diagrammatischen Denkens, die er in der letzten Phase seines Lebens im Einklang mit einer Philosophie der Mathematik entwickelte. Gemäß dieser Auffassung ist die Mathematik weniger eine durch einen präzisen Gegenstandsbereich (z. B. Zahlen, Quantitäten) definierbare Wissenschaft, als vielmehr als Gesamtheit aller Denkvorgänge zu begreifen, welche darauf abzielen, notwendige Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies kann sie leisten, indem sie von der externen Erfahrung und von der Existenz ihrer Gegenstände abstrahiert. Der erste Schritt jedes mathematischen Schließens ist das hypothetische Postulieren eines abstrakten Objekts, welches die relationale Struktur eines möglichen Sachverhalts abbildet: ein Diagramm. Dieses wird im

4

5 6

Vgl. hierzu John Michael Krois: Kunst und Wissenschaft in Edgar Winds Philosophie der Verkörperung, in: Horst Bredekamp/Bernhard Buschendorf/Freia Hartung/John Michael Krois (Hg.): Edgar Wind. Kunsthistoriker und Philosoph, Berlin 1998, S. 181–205 sowie Tullio Viola: Peirce and Panofsky: Habitus, Embodiment, and the Analogy between Philosophy and Architecture, in: European Journal of Pragmatism and American Philosophy 4/1 (2012), im Erscheinen. Edgar Wind: Das Experiment und die Metaphysik. Zur Auflösung der kosmologischen Antinomien, Tübingen 1934, Neuauflage: Frankfurt/M. 2001. Charles S. Peirce: Studies in Meaning, 1909, MS 619, S. 8.

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FRANZ ENGEL, MORITZ QUEISNER, TULLIO VIOLA

Bild 1 Charles S. Peirce: Notiz- und Skizzenblatt aus MS 1538, undatiert, 204 × 168 mm.

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EINLEITUNG

Bild 2 Paul Klee: Wissen – Schweigen – Vorübergehen, 1921, Ölpause und Aquarell auf Papier, 452 × 300 mm, Staatliche Museen zu Berlin, Museum Berggruen.

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FRANZ ENGEL, MORITZ QUEISNER, TULLIO VIOLA

zweiten Schritt zum Gegenstand einer an ihm vollzogenen Manipulation, die Peirce mit einem Experiment vergleicht. Eine solche Manipulation ist insofern kreativ, als sie etwas zum Diagramm hinzufügt, das zwar mit den Anfangsbedingungen kohärent ist, aus diesen allein aber nicht abgeleitet werden kann. Die Schlussfolgerung ergibt sich dann aus der Beobachtung der Ergebnisse eines solchen Experiments.7 In der Zeichenlehre von Peirce bildet das Diagramm eine Unterkategorie des Ikons, das seinerseits weit über Peirce’ Philosophie der Mathematik hinausweist. Als erste, jedoch systematisch nicht befriedigende Definition lässt sich ein Ikon als dasjenige Element der Zeichentrias begreifen, das weder eine direkt kausale (indexikalische) noch eine konventionelle (symbolische) Beziehung zu seinem Objekt eingeht, sondern durch Ähnlichkeit zum Objekt bestimmt ist. (EP 2:460, 1909) Peirce begnügt sich aber nicht mit dieser traditionellen Bestimmung. Durch eine „non-triviale“ Definition8 etabliert Peirce das Ikon vielmehr als grundlegende Kategorie seiner Erkenntnistheorie. Dieser Definition zufolge wird das Ikon als Zeichen dadurch bestimmt, dass es seine referentielle Funktion durch die Verkörperung einer Qualität erhält, unabhängig davon, ob sein Objekt tatsächlich existiert oder nicht. (EP 2:273, 291, 1903) Die Qualitäten oder möglichen Relationen, die ein Ikon verkörpert, sind potentiell unendlich. Indes besteht der Unterschied zum Index darin, dass das ikonische Zeichen (das Peirce zufolge der Gesamtheit des logisch Möglichen gleicht) grundsätzlich mehrdeutig und unbestimmt ist. Es enthält notwendigerweise eine größere Anzahl von Qualitäten als diejenigen, die ursprünglich vorhersehbar waren. Es ist ein Hauptmerkmal des Ikons, dass durch direkte Beobachtung Wahrheiten über sein Objekt entdeckt werden können, die über jene hinausreichen, die seine Konstruktion bestimmen.9 Auf dieser Dynamis des Ikons basieren alle Vorgänge, die insofern kreativ sind, als sie einen Erkenntnisgewinn erzeugen. Dies

7

8 9

Peirce’ wichtigste Schriften zur Philosophie der Mathematik sind in PM zu finden. Besonders prägnant ist die Beschreibung in PM:19, CP 3.559 (1898): „The The skeletonization or diagrammatization of the problem serves more purposes than one; but its principal purpose is to strip the significant relations of all disguise. […] Thus, the mathematician does two very different things; namely, he first frames a pure hypothesis stripped of all features which do not concern the drawing of consequences from it, and this he does without inquiring or caring whether it agrees with the actual fact or not; and, secondly, he proceeds to draw necessary consequences from it.“ Dieser Begriff wurde von Frederik Stjernfelt: Diagrammatology. An Investigation on the Borderlines of Phenomenology, Ontology, and Semiotics, Dordrecht 2007, S. 90f. geprägt. „For a great distinguishing property of the icon is that by the direct observation of it other truths concerning its object can be discovered than those which suffice to determine its construction.“ (CP 2.279, ca. 1895)

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EINLEITUNG

kann sogar auf die allgemeine logische Form der Inferenz zutreffen.10 Eine anikonische Erkenntnis ist Peirce zufolge nicht möglich.11 Trotz der Spannung, die sich zwischen den Begriffsbereichen des Ikonischen und des Visuellen (die nicht dasselbe meinen) ergibt, lassen sich Argumente für Peirce’ Mutmaßung anbringen, derzufolge „alles Wissen aus der Beobachtung kommt.“12 Abgesehen von der mathematischen Erkenntnis als Beobachtung von hypothetischen Diagrammen ist mit dieser einerseits metaphorisch, andererseits wörtlich zu verstehenden „Beobachtung“ zweierlei gemeint: Im Falle der philosophischen Erkenntnis besteht sie zunächst in der Übung, das wahrzunehmen, was stets vor Augen ist und gerade aus diesem Grunde nur schwer erkannt wird – ähnlich einer Brille, von der man vergisst, dass man sie trägt. In den wissenschaftlichen Disziplinen hingegen kommt eine solche „Beobachtung“ der üblichen Wahrnehmung sehr nah; sie verbindet sich mit der aristotelischen These, dass alle Erkenntnis von den Sinnen kommt.13 Diese Grundannahmen der Peirce’schen Erkenntnistheorie finden ihre Entsprechung in den Existential Graphs, einem logischen System, das auf operativen Manipulationen von Diagrammen (bzw. „Graphen“) beruht (Taf. XXV– XXVI).14 Dieses komplexe System, das Peirce in immer neuen Anläufen in diversen Varianten entwickelte, bestärkte ihn in der Ansicht, dass Diagramme das am besten geeignete Vehikel des Denkens darstellen: „II employ visual diagrams, first because this way of thinking is my natural way of self communion, and secondly, because I am convinced that it is the best system for the purpose.“15 Die natürlichen Sprachen bekleiden die Denkgehalte dagegen gewissermaßen mit zu viel Stoff; aus diesem Grund können sie nicht als Grundlage des Denkens fungieren. Demgegenüber erscheint im diagrammatischen Kalkül der 10

11 12 13 14

15

Die Abduktion oder Hypothese, die für Peirce die einzige Schlussform ist, die überhaupt neue Erkenntnis hervorrufen kann, ist „an argument which presents a similarity to the fact stated in the conclusion but which could perfectly be true without the latter being so.““ (CP 2.96, 1902) Darüber hinaus scheint jede Schlussfolgerung eine ikonische Grundlage zu haben: „Whenever Whenever one thing suggests another, both are together in the mind for an instant. […] every proposition like the premise, that is having an icon like it, would involve […] a proposition related to it as the conclusion.“ (EP 2:24, ca. 1893) Siehe insbesondere CP 4.530–572 (1906); vgl. Stjernfelt: Diagrammatology (wie Anm. 8), bes. S. 49–116. „All knowledge whatever comes from observation […].“ (CP 1.238, 1902) Siehe CP 1.133–134 (c. 1894); 1.238–242 (1902). Zu Peirce’ Aneignung des aristotelischen Lehrsatzes siehe EP 2:226 (1903). Die wichtigsten Texte zu den Existential Graphs sind im zweiten Buch von CP 4 versammelt. Siehe auch Don D. Roberts: The Existential Graphs of Charles S. Peirce, The Hague/Paris 1973; Sun-Joo Shin: The Iconic Logic of Peirce’s Graphs, Cambridge, MA/London 2002. Wie Anm. 6.

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Denkprozess in seiner „skelettierten“ Form, um dadurch auf effizientere Weise operationalisierbar zu werden. Indes ist zu berücksichtigen, dass auch und gerade Diagramme eine Verkörperung des Denkens darstellen. Denn ein nicht zeichenhaftes, nicht dialogisches, körperloses Denken kann es Peirce zufolge nicht geben. In seiner Anthropologie nennt Kant die Fähigkeit, die „Hülle“ der Ideen „von der Sache selbst zu unterscheiden“, Aufklärung.16 Peirce’ Begriff des Diagramms lässt sich als eine Korrektur an Kants Diktum lesen. Er vergleicht die Unmöglichkeit, „die Sache selbst“ oder das Wesen des Denkens durch Abschälen der Hülle zu ergründen mit dem Bild einer Zwiebel: „One selfsame thought may be carried upon the vehicle of English, German, Greek or Gaelik; in diagrams, or in equations, or in graphs; all these are but so many skins of the onion, its inessential accidents. Yet that the thought should have some possible expression for some possible interpreter, is the very being of its being.“ (CP 4.6, 1906) Peirce’ Denkstil ergibt sich aus einer andauernden Spannung, die seine Philosophie in Bewegung hält: Einerseits dem Streben nach allgemeiner und universeller Rationalität; andererseits dem Augenmerk auf das physische, individuelle und kontextgebundene Konkrete. Die Übertragung dieser Spannung ins Gebiet der Metaphysik wird durch den Begriff der Verkörperung (embodiment) geleistet. Dieser oftmals verwendete Terminus bezeichnet in erster Linie die Weise, in der die Kategorie der Drittheit (mittels derer rationale, kognitive und semiotische Prozesse eingefangen werden) die physische Wirklichkeit (die Zweitheit) innerviert. Nicht nur von Menschen geschaffene Zeichen, sondern auch Naturgesetze sind Beispiele von Drittheit, die in den physischen Phänomenen verkörpert sind. Peirce vergleicht sie mit Gewohnheiten (habits), die den Körper und das Verhalten beherrschen. Auch Begriffe lassen sich anhand der „pragmatischen Maxime“ als verkörperte Handlungsgewohnheiten beschreiben. Im Bereich der symbolischen Zeichen spiegelt sich dieses Verhältnis zwischen Drittheit und Zweitheit in der bis heute geläufigen Unterscheidung von Type und Token wider. Die abstrakten Types verwirklichen sich in konkreten Tokens, aber sie sind auf die letzteren keineswegs reduzierbar. Vielmehr stellen sie die Regel dar, welche die potentiell unendliche Abfolge der Produktion der Tokens bestimmt. Bemerkenswert ist, dass dieses Begriffspaar17 genetisch und systematisch eng mit einer Reflexion über die menschliche Natur verbunden ist. Nicht nur findet für Peirce Denken in Zeichen statt, sondern der Mensch selbst wird zu einem Zeichen, dessen Seele als ein Type zu verstehen ist, der den 16 17

Immanuel Kant: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, 1798, 21800, § 38. Peirce hatte dieses Begriffspaar mit dem der Erstheit entsprechenden Tone als Trias angelegt; vgl. CP 4.536 (1906).

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EINLEITUNG

Körper zwar regiert, aber durch ihn nicht begrenzt ist.18 Die traditionelle Gegenüberstellung von Leib/Seele- und Zeichen/Bedeutung-Relationen findet hierin einen spezifischen Ausdruck. Sie bezeichnet dieselbe Spannung zwischen Konkretion und Abstraktion, die für das Peirce’sche Denken charakteristisch ist: Einerseits scheint Peirce die Möglichkeit der Loslösung der Seele von einem bestimmten Körper hervorzuheben, andererseits verkörpert sich für ihn das Denken gerade im hermeneutisch-pragmatischen Spannungsverhältnis eines abstrakten Ganzen und seiner konkreten Teile, einer allgemeinen Umwelt und eines konkreten Körpers. Damit ist die Spur von Peirce zum kognitionswissenschaftlichen Paradigma des Extended Mind gelegt,19 demzufolge die Erweiterung des menschlichen Körpers durch Werkzeuge und eine als Werkzeug begriffene Umwelt für den Kognitionsprozess genauso wichtig wird wie der menschliche Körper selbst: A psychologist cuts a lobe of my brain and then, when I cannot express myself, he says, “You see, your faculty of language was localized in that lobe.” No doubt it was; and so if he had filched my inkstand, I should not have been able to continue my discussion until I had got another. Yea, the very thoughts would not come to me. So my faculty of discussion is equally localized in my inkstand. (CP 7.366, 1902) Peirce’ Philosophie setzt zwei eigenwillige Schwerpunkte, die mit dem von Helmut Pape geprägten Begriff der Visualität zusammenhängen: zum einen das erkenntnistheoretische Primat der Beobachtung, zum anderen die Manipulation ikonischer Formen.20 Diese Prozesse dürfen aber nicht internalistisch (als Vorgänge im Kopf) missverstanden werden. Sie realisieren sich vielmehr erst in ihrer materiellen Ausführung mithilfe eines Körpers, der „mit einem Bleistift und viel Papier“21 ausgestattet ist. Auch John Michael Krois hat betont, dass die Verkörperung und die Ikonizität eng miteinander verflochten sind: „[R]easoning is the observation of relations, mainly by means of diagrams and the like. [… it] is not done by the unaided brain, but needs the cooperation of the eyes and the hand.“22 18 19 20 21 22

Vgl. hierzu insbesondere die „anti-cartesianische“ Aufsatzreihe der Jahre 1868– 1869, W 2:162–272. Siehe Andy Clark: Supersizing the Mind. Embodiment, Action, and Cognitive Extension, Oxford/New York 2008; Richard Menary (Hg.): The Extended Mind, Cambridge, MA 2010. Vgl. Helmut Pape: Die Unsichtbarkeit der Welt. Eine visuelle Kritik neuzeitlicher Ontologie, Frankfurt/M. 1997 sowie seinen Beitrag im vorliegenden Band, S. 65–91. „The unaided mind is also limited in this as in other respects; but the mind working with a pencil and plenty of paper has no such limitation.“ (W 6:71, 1887) Charles S. Peirce: Brief an J. M. Hantz, 29. März 1887, zitiert nach W 6:xxix; vgl. hierzu John M. Krois: Image, Science and Embodiment or: Peirce as Image Scien-

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Als Konsequenz (die Peirce explizit nicht zieht) aus dem Zusammenhang einer so vorgestellten Verkörperungstheorie und Semiotik erweist sich der menschliche Körper als Interpretant des Geistes. Geist lässt sich wiederum als die allgemeine Regel oder Gewohnheit betrachten, die den Körper durch implizites Wissen beherrscht. In ähnlicher Weise lassen sich alle menschlichen Aktionen und Artefakte – Bilder inbegriffen – als Interpretanten von Gedanken verstehen, deren Zeichenprozesse nicht zwingend in Gegenwart eines menschlichen Subjekts vonstatten gehen müssen. Die Zeichnung kann anhand von Peirce’ Theorie als ein Mittel des Denkens ausgelegt werden, wie auch als eine Spur, die der Interpret abduktiv verfolgt. Der Pragmatismus ist damit ebenso eine Theorie der Verkörperung wie die „Logik der Abduktion“. (EP 2:226, 1903)

3. Fü r ei n bi ld ner isc hes Den ken Peirce’ Manie, permanent zu zeichnen, ist nicht die bizarre Idiosynkrasie eines eigenwilligen Intellektuellen, sondern ein zentraler Bestandteil seiner Philosophie. Damit bildet Peirce’ bildnerisches Denken wichtige Anknüpfungspunkte für eine Debatte, in der visuelle Formen der Erkenntnis-, Wissens- und Sinnerzeugung auch jenseits der Übergänge und Differenzen zwischen textuellen und bildlichen Formen thematisiert werden. Das systematische Nachdenken über das Verhältnis von Zeichnen, Bild und Denken lässt sich ideengeschichtlich mindestens bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen, findet sich aber auch in den aktuellen Debatten über Bildlichkeit und Verkörperung. So hob etwa die manieristische Disegno-Theorie des Cinquecento die Reflexion über die kognitive und welterschließende Funktion der Zeichnung auf ein kaum übertroffenes philosophisches Niveau.23 Auf der anderen Seite lässt sich eine Brücke zur Philosophie des Extended Mind schlagen. Von der linea serpentinata zu Peirce’ line of identity24 zieht sich der Faden einer philosophischen Tradition, welche die erkenntnisstiftende Kraft der Linie in den Mittelpunkt stellt. Während sich die Inflation der Erforschung des epistemischen Potentials von Bildlichkeit für den Bereich der auf Visualisierungsund Verbildlichungsprozesse angewiesenen Naturwissenschaften bereits seit einiger Zeit abzeichnet, thematisiert auch die Philosophie zunehmend Aspekte

23 24

tist, 2009, in: ders.: Bildkörper und Körperschema. Schriften zur Verkörperungstheorie ikonischer Formen, hg. v. Horst Bredekamp/Marion Lauschke, Berlin 2011 (Actus et Imago 2), S. 194-209. Martin Kemp: Disegno. Beiträge zur Geschichte des Begriffs, in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 19 (1974), S. 219–240. Die „line of identity“ stellt in der Logik der Existential Graphs zugleich das Prädikations- als auch das Quantorzeichen dar; siehe z. B. CP 4.444 (ca. 1903).

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EINLEITUNG

der Hervorbringung von Wissen jenseits sprachlicher Rationalität. Das Vorhaben, jenes Denken denkbar zu machen, das sehend, aber nicht sprachlich erfasst werden kann, führt konsequent zu der These, dass Bildlichkeit selbst ein Erkenntniswerkzeug, ein Instrument des Denkens ist.25 Gleichsam eine Galionsfigur für diese Ansätze ist Peirce’ „Epistêmy“ (Taf. XXa). Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts fordert Epistêmy eine Epistemik, die bildlich und nicht als Text in den Blick genommen werden kann. Bereits hier wird die Frage nach der Differenz, nach dem Anders-Sein eines ikonischen Hervorbringens von Sinn explizit gestellt – wenn auch noch als flüchtiger Moment, als vage Diagnose, wie die scheinbar achtlos hingeworfenen, offen gelassenen Konturen des Kopfes und die groben, verschrobenen Gesichtszüge Epistêmys es nahelegen. Indem er Epistêmy im Angesicht der Konkurrenz des Sprachlichen als Zähne fletschenden Querulanten auftreten lässt, präsentiert Peirce die trotzige Karikatur einer visuellen Praxis, deren Stellenwert als Erkenntnismedium zwar anerkannt wird, die aber lediglich als Illustration des Textuellen fungiert und demzufolge nur einen abgeleiteten Status als Stellvertreter besitzt. Das Aufeinandertreffen von Epistêmy als Text und Epistêmy als Bild macht aber nicht nur den Schatten sichtbar, den die Sprache über die Bilder geworfen hat. Bis heute zieht sich dieser durch die Theorien des Bildes. Die Gegenüberstellung markiert zugleich auch eine Differenz, indem sie das Bildliche als grimmige, fast höhnische Fratze des sprachlich Unfassbaren zeigt, das als Symbolsystem nur instabil, unabgeschlossen, unvollständig existieren kann und das – im Unterschied zum bezeichnenden Text – jede Zuordnung, Unterscheidung oder Referenz unscharf werden lässt. Hier zeigt sich, dass Peirce’ visuelle Praxis die Dichotomie von Diskursivität und Visualität durchkreuzt. Denn während die Diskussion über Bilder für gewöhnlich in der Form geschriebener Texte und gesprochener Worte erfolgt, vermitteln Peirce’ Zeichnungen ästhetische Verfahren, anhand derer sich zeigen lässt, dass nicht nur über, sondern auch in Bildern gedacht werden kann. In seinen Zeichnungen scheint die traditionelle Trennung zwischen künstlerischen und wissenschaftlichen Praktiken unscharf zu werden; es verschränken sich in ihnen die methodologischen Differenzen von natur- und geisteswissenschaftlichen Denkweisen. Peirce etabliert damit bildnerische Formen der Erkenntnis, die in den Geisteswissenschaften ebenso marginalisiert sind, wie ästhetische Verfahren, die wissenschaftlich operieren, in den Künsten kaum Anerkennung finden. Er legt wichtige Fundamente für eine Debatte über die 25

In diesem Zusammenhang sei vor allem auf Jörg Huber/Bettina Heintz (Hg.): Mit dem Auge Denken, Wien 2001, auf Gottfried Boehm: Wie Bilder Sinn erzeugen, Berlin 2007 sowie auf Dieter Mersch/Martina Heßler (Hg.): Logik des Bildlichen. Zur Kritik der ikonischen Vernunft, Bielefeld 2009 hingewiesen.

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logische Struktur des Bildlichen, deren Opposition zum Dualismus von Sprache und Denken längst nicht mehr unter dem Schlagwort einer Sprachkritik firmiert, sondern die gegenwärtig das Verhältnis von Logik und Bild mit Begriffen wie bildliches Denken, ikonisches Denken, visuelles Denken oder bildnerisches Denken zu begründen versucht.

4. Zu r Gest a lt des Ba ndes Es ist unmöglich, die Weite von Peirce’ bildnerischem Œuvre auf 32 Tafeln zu zeigen. Daher sei auch auf die im Textteil wiedergegebenen Zeichnungen verwiesen. Besonders problematisch ist der Versuch, die Zeichnungen nach äußeren Kriterien wie der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Disziplin oder einer übergreifenden Kategorie, wie z. B. „Semiotik“ oder „Gegenständliche Zeichnung“, vorzunehmen. An eine chronologische Ordnung ist nicht zu denken, da viele Zeichnungen undatiert sind. Als sinnvoller erweist sich daher eine morphologische Reihung, die dem Vorbild von Aby Warburgs Bilderatlas Mnemosyne nachempfunden ist. Auf diese Weise ergeben sich teils konsequente, teils lockere Verbindungen zwischen den Zeichnungen, die in einigen Fällen auch mit den Aufsätzen des Bandes korrespondieren. Der Textteil ist seinerseits in drei Abschnitte gegliedert, die das gedankliche Spannungsfeld zwischen Abstraktion und Konkretion abdecken sollen. So werden in dem Abschnitt Begriffe theoretische Erklärungsmodelle für Peirce’ bildnerisches Denken konstruiert, während im Abschnitt Bilder durch objektnahe Analysen die These von der Möglichkeit bildlichen Denkens exemplarisch unter Beweis gestellt werden soll. Im letzten Abschnitt Aspekte werden Felder des Peirce’schen Denkens beleuchtet, die auch die Bildproblematik thematisieren, darüber hinaus aber den Blick auf Peirce’ Kategorienlehre, den Pragmatismus, allgemeine Logik sowie auf wahrnehmungspsychologische und fototheoretische Gebiete ausweiten. Wenn es gelingen sollte, dem Missbrauch entgegenzuwirken, welcher der Peirce’schen Philosophie durch spätere, verkürzende Anleihen widerfahren ist, und wenn über die beschränkte Lektüre seiner Schriften hinaus auch seine Zeichnungen einbezogen würden, so wäre das Ziel des vorliegenden Bandes erreicht. Wenn es darüber hinaus gelänge, Peirce seinen verdienten Platz in der Diskussion um eine allgemeine Logik des Bildlichen zu verschaffen, so wäre der Nachweis für die Wirkmacht der Peirce’schen Zeichnungen erbracht, die nach über hundert Jahren nicht verebbt ist, sondern im Gegenteil erst jetzt durchzuschlagen beginnt.

I . B EG R I F F E

John Michael Krois

E I N E TAT SAC H E U N D Z E H N T H E SE N Z U P E I RC E ’ BI L D E R N 1

Welche Rolle spielt die enorme Menge an Zeichnungen, die Peirce angefertigt hat, innerhalb seiner Philosophie und welche Rolle spielen Zeichnungen in der Philosophie? Der hier gewählte scholastische Titel Eine Tatsache und zehn Thesen zu Peirce’ Bildern knüpft an Peirce’ eigene Praxis an, bei fundamentalen Fragen bewusst auf die philosophische Tradition zurückzugreifen – ohne diese als sakrosankt anzusehen. Wenn Peirce die Geschichte der Philosophie betrachtete, ging es ihm als beruflichem Naturwissenschaftler darum, etwas Neues zu erkennen, und nicht darum, traditionelle Antworten auf philosophische Fragen besser zu begründen. So wird hier argumentiert, nicht um abzusichern, sondern um zu erschließen. Die „Tatsache“ besteht darin, dass Peirce sein Leben lang Zeichnungen verschiedenster Art produzierte und mit seiner Kategorienlehre und semeiotic die Grundlage für eine Bildphilosophie formulierte. Paradigmatische, aus der Unmenge seiner Zeichnungen genommene Beispiele zeigen eine graphische Darstellung von verschiedenen Abläufen (Taf. XXIV) sowie einen merkwürdigen Versuch, sprachliche Aussagen in Piktogramme zu übersetzen (Bild 1). Peirce hat sich sein Leben lang mit derartigen Dingen beschäftigt und hat sich auch in seinen beruflichen Tätigkeiten mit Zeichnungen und Graphiken auseinandergesetzt; so z. B. sein Entwurf beziehungsweise die fertige Darstellung seines Entwurfs, ausgeführt von der Firma Repsold in Hamburg (Bild 2). Repsold hat für Peirce die Pendel gebaut, die er ersonnen hat; mit diesem Gerät hat er die Erdanziehungskraft gemessen. Hier sind Ölmarkierungen zu sehen, da man bei Repsold diesen Plan verwendete, um danach das Pendel in Hamburg zu 1

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um die Transkription eines frei gehaltenen Vortrags vom 22. März 2010 auf dem Workshop „Peirce’ bildnerisches Denken“, Kolleg-Forschergruppe Bildakt und Verkörperung, Humboldt-Universität zu Berlin. Die bibliographischen Hinweise und die Bildquellen sind von den Herausgebern dieses Bandes hinzugefügt worden.

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Bild 1 Charles S. Peirce: Blatt aus „Primary Arithmetic“, Feder, schwarze Tinte auf Papier, 300 × 232 mm, undatiert, MS 181.

bauen. Diese graphische Zeichnung – das ist zumindest meine These – bildet vermutlich den Anfang für die Philosophie des Pragmatismus. Peirce fuhr mit seinem Pendelgerät von Hamburg nach Berlin, um in Schinkels Sternwarte (Bild 3), die heute nicht mehr existiert, gemeinsam mit General Johann Jacob Baeyer (1794–1885), der damals der Vorsitzende der internationalen geodätischen Gesellschaft war, Untersuchungen durchzuführen. Peirce fand heraus, dass selbst dieses kaum bewegliche Stativ zu Ungenauigkeiten bei der Messung führte. (CP 7.1-20) Dies war allein durch die Tatsache bedingt, dass ein Pendel Eigenbewegungen produziert, welche die Ergebnisse verfälschen. An sich sollte

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das Gerät nur die Erdanziehungskraft messen. Wenn es zum Stillstand kam, hatte man die Möglichkeit, durch eine genauere Zeitmessung anzugeben, wie stark die Erdanziehungskraft an der entsprechenden Stelle war. Peirce behauptete, dass ein Gerät, das ein physischer Teil der Welt sei, niemals außerhalb der Welt stehen und die Welt von außen messen könne. Hieraus folgerte er, dass die Instrumente und die Mittel, mit denen Erkenntnisse über die Welt zu gewinnen sind, zu dieser Welt gehören. Damit aber gibt es keine Möglichkeit, absolute Erkenntnis durch Geräte zu erlangen. Das war der Beginn von Peirce’ Einsichten in den Pragmatismus, der darauf hinausläuft, dass Bedeutung mit sinnlichen Wirkungen zusammenhängt und niemals völlig abstrakt sein kann.

Bild 2 Konstruktionszeichnung der Firma Repsold (Hamburg) für ein Pendel zur Erdanziehungsmessung, nach Vorlagen von Charles S. Peirce, Kopie aus dem Nachlass von John Michael Krois.

Pointiert gesagt: der amerikanische Pragmatismus entstand auf der Straße zwischen Hamburg und Berlin. In der Schrift, auf die ich mich bezogen habe,2 ist Peirce’ wunderbare scholastische Argumentation gegen das scholastische Weltbild, das statisch ist, zu finden.

2

Charles S. Peirce: Questions Concerning Certain Faculties Claimed for Man, in: Journal of Speculative Philosophy 2 (1868), W 2:193–211.

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Bild 3 Karl Friedrich Schinkel: Königliche Sternwarte in Berlin (nach Plänen Karl Friedrich Schinkels), um 1835, Tuschezeichnung, 50 x 66 cm, Berlin, Schinkel Museum.

Peirce’ philosophische Gewährsleute waren Aristoteles und Leibniz und seine Gegner waren Platon und Descartes; seine eigene Philosophie aber – davon zeugt gerade dieser Text – ist durch seine Arbeit als empirischer Naturwissenschaftler und Logiker bedingt. Diese zwei Elemente waren für ihn entscheidend. Zum Titel des Workshops3 ist anzumerken, dass Peirce’ bildnerisches Denken insofern etwas Besonderes ist, als Peirce im Gegensatz zu Paul Klee (von dem wir diesen Terminus „bildnerisches Denken“4 geborgt haben) nicht meinte, dass Bilder, anstatt das Sichtbare nur zu reproduzieren, etwas sichtbar machen; vielmehr geht Peirce’ bildnerisches Denken weiter, indem es darauf zielt, dass Bilder etwas zugänglich machen. Dies soll durch zehn Thesen konkretisiert werden.

These 1 Peirce’ Bildtheorie ist ein Aspekt seiner Theorie von Zeichenprozessen. Peirce’ Ausführungen über Bilder haben etwas mit seiner Theorie der semeiotic zu tun. Bei Peirce ist die erste oder die grundlegende Art von Zeichen – ich ver3 4

Siehe Anm. 1; vgl. hierzu auch Helmut Papes Beitrag im vorliegenden Band. Paul Klee: Das bildnerische Denken. Schriften zur Form- und Gestaltungslehre, Basel u. a. 1956.

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wende das Wort Zeichen, obwohl es bei mir immer auf Widerstand stößt – die Ikonizität oder die Bildlichkeit von Erscheinungen. Die Ikonizität vereinigt die drei Grundelemente seiner phänomenologischen Lehre von den Kategorien, nämlich erstens qualitative Beschaffenheit, zweitens Diskontinuität und drittens Kontinuität. Diese drei Elemente, welche die wesentlichen Elemente seiner Kategorienlehre sind, charakterisieren auch jedes Bild. Jedes Bild hat sinnliche Qualitäten als auch Kontinuitäten und Diskontinuitäten. Nun lautet die These, dass Peirce’ Theorie von Bildern etwas mit seiner Auffassung von Zeichenprozessen zu tun hat. Ich lasse dieses Wort „Zeichen“ stehen, wobei wahrscheinlich zunächst Kulturphänomene und -produkte assoziiert werden. Aber es geht in seiner semeiotic nicht nur um Kulturphänomene.

These 2 Für Peirce sind Zeichenprozesse die materielle Ordnung der Logik und daher sowohl Naturprozesse als auch kulturelle Schöpfungen. Peirce spricht selten von Zeichen als statischen Einzeldingen. Das Wort, das er verwendet, wenn er in seiner Theorie der Zeichen über diese Phänomene spricht, ist semiosis. Semiosis definiert er als „an action or influence, a cooperation of three subjects“, und zwar „three subjects“, die nicht auf eine dyadische Relation reduziert werden können. (EP 2:411, 411, 1907) Er meint damit, dass in etwas Materiellem ein Sinn enthalten ist, der eine Interpretation veranlasst, sei es ein Gefühl, etwas rein Dynamisches oder etwas, das eine intellektuelle Bedeutung haben kann. Diese Prozessualität ist entscheidend. Die starke Betonung von dynamischen Prozessen unterscheidet Peirce radikal von statischen Strukturen, wie sie in der strukturalistischen Linguistik üblich sind.

These 3 Die Lehre von den Symptomen bei Hippokrates, Galen und anderen Medizinern war Peirce’ Vorbild für Zeichenprozesse. Peirce unterstrich einige Male, dass seine Wissenschaft der Zeichen semeiotic – er betont die griechische Aussprache und Schreibweise – genannt werden solle, weil er von der Medizin ausging. Die Mediziner haben es mit bestimmten Erscheinungen zu tun, wie dem Aussehen eines Menschen, der Schnelligkeit des Pulses, der Körpertemperatur oder Ähnlichem. Die Deutung des Pulsschlags, der Körpertemperatur, der Hautfarbe usw. durch die Mediziner hieß semeiotic und die eigentlichen Prozesse, die dort stattgefunden haben, wurden semiosis genannt.

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Peirce’ Hauptbegriffe semeiotic und semiosis sind direkt von der antiken Medizin übernommen. Das hat Thomas Sebeok vor Jahren als Erster herausgefunden.5 Dieses Gebiet der Peirce-Forschung, das weiter durchdacht werden muss, ist mit seinem Verständnis von Zeichenprozessen unendlich weit entfernt vom linguistischen Strukturalismus. Wir haben es hier nicht mit letzten elementaren Teilchen von Bedeutung und Reihen von Wörtern, sondern vielmehr mit Gesamterscheinungen zu tun, und vor allen Dingen haben wir es mit konkreten Phänomenen zu tun und nicht einmal nur mit sichtbaren. Denn der Pulsschlag und die Temperatur sind keine sichtbaren Phänomene.

These 4 Die (hypothetische) Erfassung eines Bildes erfolgt durch eine Reihe von abduktiven Inferenzen zunächst durch unbewusste Wahrnehmungsurteile und dann durch unsere intellektuelle Interpretation. Das wunderbare Labyrinth mit dem Minotaurus in der Mitte (Taf. I) würde Peirce folgendermaßen zu registrieren und zu erfassen suchen: Zunächst einmal das wirklich unbewusste Wahrnehmungsurteil „Dies ist ein konzentrisches Muster“ – reine Erstheit, wenn man so will. Zweitens: In diesem Bild heben sich bestimmte Wege ab, die sich bei näherer Betrachtung als verschiedene Wege entpuppen. Dies ist eine zusätzliche Interpretation, die aber nicht mehr derart unbewusst ist wie die schiere Erfassung. Drittens folgt die symbolische Interpretation, derzufolge dieses Bild den Minotaurus in seinem Labyrinth zeigt. Der Mythos muss bekannt sein, um diesen Sachverhalt zu erkennen. Dieser Aufbau entspricht Panofskys Lehre von dem Präikonographischen, dem Ikonographischen und dem Ikonologischen, allerdings mit der Abweichung vor allem auf der ersten Stufe, in der Panofsky die Sachwahrnehmung und Ausdruckswahrnehmung an den Anfang stellt.6 Peirce würde Sachwahrnehmung eher zu der dritten Stufe des Symbolischen hinzurechnen. Aber dies 5

6

Thomas Sebeok/Jean Umiker-Sebeok: “You know my method”: A juxtaposition of Charles S. Peirce and Sherlock Holmes, Bloomington 1980; dt. Übers.: „Du kennst meine Methode“: Charles S. Peirce und Sherlock Holmes, Frankfurt/M. 1982. Krois bezog sich im Vortrag auch auf Gespräche, die er mit dem Medizinhistoriker Volker Hess geführt hatte. Vgl. Erwin Panofsky: Zum Problem der Beschreibung und Inhaltsdeutung von Werken der bildenden Kunst, in: Logos 21 (1932), S. 103–119 sowie ders.: Iconography and Iconology: An Introduction to the Study of Renaissance Art, in: Meaning in the Visual Arts, Garden City 1955 und Gloucester 1957, S. 26–41; beide wieder abgedruckt in Ekkehard Kaemmerling (Hg.): Bildende Kunst als Zeichensystem, Bd. 1: Ikonographie und Ikonologie: Theorien, Entwicklung, Probleme, Köln 61994, S. 185–206, 207–225.

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können wir dahingestellt lassen. Entscheidend ist, dass Peirce die Erfassung von Bildern durch seine Theorie der Abduktion zu erklären vermag.

These 5 Peirce’ „semeiotic“ und Lehre von Bildern oder „icons“ basieren auf seiner Philosophie des Pragmatizismus, die vermeintlich statische Sachverhalte als dynamische Prozesse konzipiert. Dynamische Prozesse sind im Spiel, wenn wir an die medizinische semeiotic denken. Es geht nicht darum, einen Satz einfach nur zu lesen und zu verstehen, sondern darum, durch unterschiedliche Operationen herauszufinden, wie schnell der Puls schlägt oder wie hoch die Körpertemperatur eines Menschen ist. Bei Peirce ist die Wahrnehmung von Sinn in den Erscheinungen auf einer rein dynamischen und einer vorsprachlichen Ebene lokalisiert. Peirce hat von seiner Lehre als Pragmatizismus gesprochen – ein schreckliches Wort, aber er hat es geprägt, um sich von dem damals viel verwendeten Begriff Pragmatismus zu distanzieren. Mit diesem konnte er nichts anfangen, weil dieser als die Lehre verstanden wurde, dass wahr ist, was nützt, und dies widersprach Peirce’ Auffassung radikal. Er hat stattdessen die Idee vertreten, dass Sätze oder Aussagen immer aus der statischen aristotelischen Aussageform „S ist P“ in Konditionalsätze der Form übersetzt werden sollen: „Wenn sie es so und so machen, wird dieses und jenes daraus folgen“. Sätze wie: „Dieser Mensch hat Fieber“ sollen in die Konditionalform: „Wenn die Stirn besonders heiß und der Puls erhöht ist, dann ist dies eine fiebrige Krankheit, und wenn eine fiebrige Krankheit nicht auf antibiotische Behandlung reagiert, liegt eine Virusinfektion vor“ gebracht werden. Pragmatizismus denkt operativ, nicht klassifizierend.

These 6 Naturbilder und von Menschen geschaffene Bilder sind für Peirce nur graduell und nicht grundsätzlich unterschieden. Für Peirce sind Fossilien wie der Trilobit (Bild 4) hervorragende Beispiele für natürliche Bilder. Peirce sprach aus tiefer Kenntnis, denn er hat einige Jahre lang im Harvard Museum of Comparative Zoology gearbeitet. Peirce’ Aufgabe war es, Fossilien wie diese zu klassifizieren. Hierbei hat er jahrelang mit Louis Agassiz, einem der größten Kenner naturwissenschaftlicher Klassifikation nicht nur von Fossilien, sondern von Lebewesen überhaupt, zusammengearbeitet. Er war als Naturwissenschaftler mit der Problematik der Klassifikation vertraut. Es gibt allerlei berühmte Fossilien wie das nebenstehende „Bild“ eines großen

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Bild 4

Trilobit Fossil, Hill City, South Dakota Museum.

Bild 5 Großer Fisch isst kleinen Fisch, Fossil, Petersburg, KY, Creation Museum.

Fisches, der einen kleinen frisst (Bild 5). Zu dem weitgehend unerforschten Gebiet „Peirce und Fossilien“ gehört als noch wichtigerer Teil von Peirce’ Zugang zu diesem Thema die Fotografie (Bild 6). Die in Berlin, Unter den Linden – Ecke Friedrichstraße, aufgenommene, Charles Peirce als Dandy zeigende Aufnahme mag als Anregung dienen. Carl Suck ist der berühmte Fotograf, der dieses Bild 1875 von ihm gemacht hat.

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Bild 6 Charles S. Peirce in Berlin, 1875, Fotografie von Carl Suck.

These 7 Fotografie ist ein Grenzphänomen zwischen Kultur- und Naturbildern. Fotografie weist Indexikalität auf, aber gleichzeitig zeigt sie, dass Indexikalität etwas ist, das keine Kodierung hat. Fotografien kommen zustande, ohne dass Codes in den Fotoapparat, in die Filmplatte oder in die fotochemischen Prozesse eingegeben werden. Gleichzeitig, und dies ist für Peirce wichtig,7 sind derartige Bilder weder einfache Abbilder, noch sind sie unkritisierbare Evidenz, worin oft ein Hauptmerkmal von Fotografien gesehen wurde. Peirce betont stattdessen, dass jedes Foto eine „composite photograph“ ist. Das basiert auf Francis Galtons Idee einer Familienähnlichkeit, die auch sehr stark auf Wittgenstein gewirkt 7

Krois bezieht sich hier auf einen Diskussionsbeitrag von Mirjam Wittmann, der im vorliegenden Band ausgearbeitet worden ist, S. 303–322.

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hat. Galton nahm die Fotografie eines Menschen, der zu einer gewissen Gruppe gehört, wie z. B. Verbrecher oder Menschen mit bestimmten Krankheiten. Durch die doppelte oder Mehrfachbelichtung einer lichtsensitiven Platte erstellte er eine Art allgemeine Fotografie einer bestimmten Menschengruppe, auf deren Grundlage wissenschaftliche Wahrheiten zu erschließen sein sollten. Peirce vertrat diese physiognomische Lehre allerdings nicht, vielmehr nahm er lediglich die Tatsache, dass eine Fotografie auch eine Zusammensetzung sein kann, zum Anlass, seine Theorie der Fotografie zu entwickeln. In diesem Zusammenhang steht der oft zitierte Satz: „Even what is called an ‘instantaneous photograph,’ taken with a camera, is a composite of the effects of intervals of exposure more numerous by far than the sands of the sea“. (EP 2:21, ca. 1885) Die Photonen, die übereinander auf die lichtsensitive Platte fallen, verursachen demzufolge ein Bild, das viele Aufnahmen auf einmal registriert und mit der Zeit aufnimmt. Selbst die Sofort-Fotografie ist nicht eine Sofort-Fotografie; sie ist vielmehr in der Zeit entstanden und hat eine Geschichte. Auch wenn sie für die menschliche Vorstellung eine sehr kurze Geschichte ist, geht es hier um mehr Eindrücke, als es Sandkörner an den Stränden der Welt gibt. Peirce kannte die Fotografie sehr gut. Er ist zufällig im gleichen Jahr, 1839, geboren, als sich die Fotografie in den Pariser und Londoner Akademien etablierte. In seiner Jugendzeit wurde an der Harvard University Fotografie in den Wissenschaften stark rezipiert. Die erste große Sammlung von fotografischen Aufnahmen von europäischen Gemälden wurde bereits in den 1850er Jahren von einem gewissen Francis Calley Gray (1790–1856) angeschafft. Er hat 4000 Fotografien von Gemälden europäischer Sammlungen an Harvard gespendet.8 Peirce wusste alles über die Harvard University, denn sein Vater, Benjamin Peirce, Professor für Mathematik, war dort eine der Hauptfiguren und die Universität war ständig bei den Peirces zu Hause. Ihr Haus befand sich buchstäblich auf dem Campus; Peirce ging aus der Tür und war auf dem Universitätsgelände – umgeben von Studenten. Zur gleichen Zeit, in den fünfziger Jahren, als Harvard diese enorme Sammlung von Kunstfotografien erworben hatte, begann das Harvard Observatory, wo auch Peirce als junger Mann arbeitete, den Mond systematisch zu fotografieren. Der Präsident von Harvard, James Walker, hielt in diesem Zusammenhang eine Rede.9 Man glaubte mit der astronomischen Fotografie ein 8 9

Vgl. Melissa Banta: Introduction: „Photographs at Harvard“, 2007, unter: http:// preserve.harvard.edu/photographs/directory_intro.html (07. 10. 2011). James Walker: Thirty-Fifth Annual Report of the President of Harvard College to the Overseers. Exhibiting the State of the Institution for the Academic Year 1856– 57, Cambridge, MA 1857, S. 7.

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Gebiet gefunden zu haben, das bedeutender sein würde als die Forschungen Galileis. Auch zu Peirce’ Lebzeiten gab es erste Versuche, den gesamten Himmel fotografisch zu erfassen und die Lichtstärke der Sterne zu messen; Peirce selbst war als junger Mann an dieser Entwicklung beteiligt. Er hat sich mit der Fotografie als wissenschaftlichem Mittel lange Zeit beruflich beschäftigt; sie war ihm ein Medium der philosophischen Reflexion.

These 8 Fotografie war für Peirce philosophisch wichtig, weil sie zeigte, dass jedes Bild ein Original ist. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! Walter Benjamins Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit hätte Peirce lustvoll widersprochen.10 Selbst ein Foto war ihm eine einmalige Zusammensetzung im Sinne der berühmten Idee, dass jedes Foto eine „composite photograph“ ist. Auf der anderen Seite behauptet er, dass jedes Bild – er sagt image – eine kontinuierliche Einheit ist, zusammengesetzt aus „innumerable particulars“. Hierin ist seine Theorie der Kontinuität und die Frage nach dem Verhältnis zwischen Teil und Ganzem begründet. Die Grundthese ist, dass für Peirce Bilder sowohl einheitlich sind als auch gleichzeitig aus unzählbaren Einzelheiten bestehen. Damit ist die gesamte Problematik seiner Kontinuitätstheorie in seinem Begriff image zusammengefasst.

These 9 Peirce war ein Vordenker der Bildakttheorie. Horst Bredekamps Lehre von den Bildakten ist für uns dadurch nicht vorweggenommen, aber sie hat in Peirce einen Vorläufer.11 Dies zeigt sich folgendermaßen: Jede physikalische Markierung, die eine Spur ist, ermöglicht es, eine räumliche Kontinuität herzustellen. Die relative räumliche (und übrigens auch zeitliche) Dauer einer materiellen Form ist zunächst ein einmaliges Phänomen, das Peirce eine Zweitheit nennt. Die qualitative Erscheinung sowohl der Zweitheit als auch der räumlichen Kontinuität als Drittheit verstanden, hat eine Autonomität. Bildliche Erscheinungen sind für Peirce autonom. Sie müssen keinen 10 11

Walter Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, in: Gesammelte Schriften, Bd. 1, hg. v. Rolf Tiedemann/Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt/M. 1980, S. 431–469. Vgl. Horst Bredekamp: Theorie des Bildakts, Berlin 2010.

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Urheber haben (wie beispielsweise Fossilien oder natürliche Bilder). Vielmehr gehen sie überall über die subjektiven Zugriffe der Interpretation hinaus. Ihre zukünftigen Wirkungen sind die Summe der möglichen sinnlichen Effekte, die das Original in sich sammelt. Dies nennt Peirce Verkörperung (embodiment). Frederik Stjernfelt hat in diesem Sinn die Information als „the knowledge that the sign embodies“ definiert.12 Oder, wie Peirce in seiner berühmten Schrift New list of categories über Farbe schreibt: „the stove embodies blackness“ (W 2:52, 1898) – Peirce sagt nicht „repräsentiert“, sondern „embodies blackness“. Wir haben es hier also mit einer Auffassung eines semiotischen Prozesses zu tun, die nicht unbedingt etwas mit Menschen zu tun hat; als Prozess, der abläuft und an dem Menschen, platonisch gesprochen, als Teilnehmer, aber nicht als Urheber auftreten.

These 10 Peirce’ eigene Bilder erschließen verschiedene Gedankenräume. Sie sind der Beweis dafür, dass seine grundlegende Konzeption von Logik (die man als die Lehre von Formen definieren kann) bildlich war. Peirce’ Philosophie ist Platonismus auf den Kopf gestellt. Die bildlichen Formen sind der Anfang und das Ende der Philosophie, weil Bilder mit den grundlegenden Kategorien seiner Philosophie zu tun haben: mit qualitativen, diskontinuierlichen und kontinuierlichen Erscheinungen. In keinem Fall handelt es sich um den platonischen Dualismus des Bildes und Abbildes. Lange Zeit ist insbesondere die Fotografietheorie davon ausgegangen, dass Fotografien perfekte Abbildungen seien. Peirce will nichts mit dieser Auffassung zu tun haben, er verneint dies. Peirce stellte heraus, wie unbrauchbar und ungenau Fotografie für die Naturwissenschaften ist, und nicht, wie genau sie ist.13 Denn es geht bei der Fotografie nicht um die perfekte Evidenz des Abbildes, sondern es geht um einen Prozess der Semiosis.

12 13

CP 3.433, 1896; vgl. hierzu Frederik Stjernfelt im vorliegenden Band, bes. S. 97. Vgl. hierzu Mirjam Wittmann im vorliegenden Band, bes. S. 306–311.

(9:UR A(

        J              F @

@D  6 < - V 4 K U #4 X(

The disagreement between A and B is about perceptual judgment, that is, about what is shownp. In contrast, what C objects to is A’s inference, which is based on perceiving Maria’s tear, that is, what is showns even though they agree on what is shownp. This short paper focuses on a more specific relation between the two kinds of ‘show’ – logical inference – and illustrates how various logical systems implement it in different ways. In the analysis of the above conversation, we use the word ‘inference’ in a broad way. We can easily see why A and C infer different propositions from the same observation and the seemingly contradictory judgments could be resolved or accepted in one way or another. However, when we focus on logical inference, we do not expect this kind of disagreement. No logical system tolerates ambiguity. One sure way to prevent ambiguity would be to block any inference from what is shown p. At the same time, a logical system, at least an interesting one, should allow us to infer more than what is shownp. A role of inference rules is to resolve the tension between these two conflicting desiderata. Put in a more traditional way, a logical system aims to be both sound and complete. Let me illustrate how a system can, and should, handle the two kinds of showing using a simple example. Premise: Q. Tom: The premise shows that Q R. Jerry: No, it shows Q, not Q R. >

>

According to our analysis, this conversation can be indexed in the following way to resolve an apparent conflict: Premise: Q. Tom: The premise showss that Q R. Jerry: The premise showsp Q, not Q R. >

> >

>

Tom’s task is to convince Jerry that Q showss Q R. Hence, Tom: We can transform Q to Q R (by -introduction rule). Jerry: Ok, Q R is now shownp. >

Our simple example makes it clear that a logical system aims to mechanize a transition from what is shownp, say X, to what is showns, say Y, so that we may show p Y. That is, eventually we will have to show p (not just shows) the conclusion! Let’s further explore the road from show p to shows. I would like to bring Peirce’s pragmatic maxim into the picture and claim that Peirce’s invention of Existential Graphs is directly related to paving a smoother way from the primary show to the secondary show.

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2. Prag mat ic Ma x i m Peirce extended the horizon of logic in two different dimensions – both in what to represent and in how to represent. This paper examines inspirational sources for Peirce’s graphical systems and locates them in a bigger picture in Peirce’s own philosophy as well as in the discussions of logical systems in general. I would like to offer a connection between Peirce’s two major contributions to modern logic: in his case, the extension of the territory of logic necessitates the extension of the modes of logical systems. Frege and Peirce, independently of one another, founded modern logic by extending formalization from the monadic to the relational system. One of Frege’s main motivations for a more powerful formalization was to ground arithmetic on a logical system. By contrast, Peirce’s journey into modern logic early in his career aimed to apply Boole’s spirit of calculus to formalizing relations, or as the title of his 1870 paper phrases it: “Description of a Notation for the Logic of Relatives, Resulting from an Amplification of the Conceptions of Boole’s Calculus.” I claim that Peirce’s specific intention – to formalize relations (as opposed to properties) – served a crucial role in his exploration of an alternative logical system after he had invented his own symbolic system. The point of Peirce’s agenda was not to present various forms of representation, but rather to invent a better system altogether. This is why it is important to note the chronological order of Peirce’s symbolic and graphical representations: More than a decade lies between Peirce’s comprehensive algebraic system and the first appearance of his graphical representation.2 Had he believed a symbolic system to be a better logical system than a graphic one, his Existential Graphs would not have been born. Correctly realizing that there is a fundamental logical difference between monadic and relational predicates, 3 Peirce was not fully satisfied with his own algebraic representation of relations. In the paper in which he first discussed graphical notation, Peirce himself stressed this point: “I must clearly show what a relation is.” (CP 3.456, 1897) What is wrong with his first form of algebraic notation of relations? Why was Peirce sceptical about his own 1885 invention of the logic of relations? It is important to note that one of the very first appearances of Peirce’s graphical representation of a relation takes place in the section titled “Of Relation in the Third Grade of Clearness.” (CP 3.468) This is clear evidence that Peirce’s search for a new notation for the new logic was part of his overall project 2

3

See his 1885 paper: On the Algebra of Logic. A Contribution to the Philosophy of Notations, W 5:162–190; and his 1897 paper: The Logic of Relatives, CP 3.456–552. However, Peirce’s efforts regarding diagrammatic notation started much earlier than 1897, as our discussion will soon show. After all, the logic of relations is not decidable, as Church showed.

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of pragmatism. Peirce’s well-known three grades of meaning were presented in “How to Make Our Ideas Clear” (1878) and the final, clearest third grade of meaning is achieved by the pragmatic maxim: “It appears, then, that the rule for attaining the third grade of clearness of apprehension is as follows: Consider what effects, which might conceivably have practical bearings, we conceive the object of our conception to have. Then, our conception of these effects is the whole of our conception of the object.” (W 3:266) According to Peirce’s pragmatic maxim, we understand the word X when we understand its pragmatic effects. Hence, the clearest degree of understanding X is achieved when its effects are understood. Applying this general principle of Peirce’s to the logic of relations, we may arrive at the following:4 1. We understand a relation, say R, when we understand its logical consequences (by the pragmatic maxim) 2. Relation R can be understood at the third grade, to the clearest degree, when its logical consequences are understood (by Peirce’s definition of the ‘third grade’ of understanding). For example, one cannot be said to understand the sentence “There is some woman adored by every Catholic” unless one sees “Every Catholic adores some woman” as its logical consequence. Let us revisit our discussion of the previous section: Suppose Y is a logical consequence of X. Then, X showss Y. In order to understand X at the clearest level, one needs to know Y as well upon encountering the representation of X, according to Peirce’s terminology. When X does not show p Y, one transforms X by inference rules so that we can obtain Y. This is a way to prove that X showss Y, and we call it a proof of logical consequence from X to Y. Suppose we have more than one way to represent X. In one representation, Y is shownp in the way X is represented. Another representation of X does not show p Y. The two representation systems being equivalent to each other, Y is obtainable from X in both cases. A major difference, however, is that in the latter we need to prove that the representation of X showss Y. Hence, one form of representation requires more manipulations than the other. I claim that this is where Peirce’s pragmatic maxim along with his three grades of understanding can serve as a guideline for comparing the two different representational forms: 4

One might claim that logical consequences may have provided Peirce with a model of his pragmatic maxim framework.

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(1)

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The more transparent the consequences are, the easier it is for the third grade of understanding to occur.

Our distinction between two kinds of showing can sharpen the word ‘transparent’ in the above sentence. Hence, (2) When consequences are shownp, the third grade of understanding occurs more easily than when they are just showns. As we noted above, Peirce’s search for a new form of representation was motivated by the need for a clearer understanding, and hence a better representation of a relation. Then, according to (2), Peirce invented his new notation, Existential Graphs, in order for the logical consequences of a relation not to be just showns, but more transparent, that is, shownp. In the next section, I would like to explore how Peirce achieved this specific goal.

3. To Re present Hae c c eit ies As Peirce himself indicated, there are two sources of inspiration for the representation of a relation in EG: Alfred B. Kempe’s work on graphical representation of relations and the graphical representation of chemical compounds. First, let me compare Kempe’s and Peirce’s graphical representation of relations. In a second step, I will explore an analogy between chemical diagrams and Peirce’s EGs. Finally, I will argue that both Kempe’s representation and chemical diagrams reinforced Peirce’s motivation to show p what a given relation implies. We will find structural representation to be a key element underlying Kempe’s and the EG’s representation of relations and chemical diagrams. In “A Memoir on the Theory of Mathematical Form,” Kempe begins with the concept of a mathematical form as follows:5 “Every collection of units has a definite form due (1) to the number of its component units, and (2) to the way in which the distinguished and undistinguished units, pairs, triads, &c, are distinguished through the collection. Two collections of the same number of units but having different distributions will be of different forms. [For example:]” ❅ ❅

5

Alfred B. Kempe: A Memoir on the Theory of Mathematical Form, in: Philosophical Transactions of the Royal Society of London 177 (1886), pp. 1–70.

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In order to convince the reader that a number of units is not a sufficient condition for defining collections of the same form, and that the distributions among units matter, Kempe chooses a graphic representation of distributions of units. Kempe’s representation of a relation inspired Peirce in two opposing ways: On the positive side, Peirce appreciated Kempe’s use of spots and lines (instead of an algebraic notation) and its similarity to chemical diagrams. On the negative side, Peirce criticized Kempe’s relations for being completely openended: “Mr. Kempe seems to consider a relationship to be nothing but a complex of bare connexions of pairs of objects.” (CP 3.468) Hence, Peirce kept Kempe’s spots and lines in his EG and pushed the analogy to chemical compounds further, as we will presently see in greater detail. At the same time, he abandoned the relation as a free form of association, and instead assigned a fixed number of arities to each relation. In light of the different goals Kempe and Peirce pursued, it becomes understandable why the two came to opposite conclusions about whether the number of objects is fixed in modelling a relation. Peirce was interested in formalizing relations in ordinary reasoning and Kempe in a mathematical discourse.6 Peirce further diverged from Kempe’s work in reversing the role of lines and spots: “In my method of graphs, the spots represent the relatives, their bonds the hecceities [sic]; while in Mr. Kempe’s method, the spots represent the objects, whether individuals or abstract ideas, while their bonds represent their relations.” (CP 3.479, fn. 1) I find this reversal crucial to increasing the power of expression in EG, as Peirce himself recognized: “Now there remains only one little bit of a feature to complete the description of the system. But this little feature is everything. Namely, we will use a heavy line to assert the identity of its extremities.” (RLT:153, 1898) At first glance, Kempe’s graphs look more natural than EG in that spots represent individuals and lines which connect spots represent relations. But, in order to achieve Peirce’s own goal – to clarify and explore relations – Peirce decided to represent a relation as a spot and let individuals connect these spots, that is, relations. For example: (CP 3.469) ✤



6

For example, Peirce raised the question “Is relation anything more than a connexion between two things?” (CP 3.464) However, the nature of a relation was not an issue at all.

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Hence, one and the same bond relation graphically represents the identity. In this sense, Kempe’s work provided Peirce with some raw material, that is, lines and spots, but somewhat ironically, Peirce’s brilliance lies precisely in reversing Kempe’s representations. Next, what did Peirce learn from the graphical representation of chemical compounds? Let me start with the following chemical graph Peirce cited: (CP 3.469) ✎































A chemical element is represented by a spot or node. In this sense, Kempe’s representation is more similar to chemical graphs than the EG is. But there is a crucial lesson Peirce learned from this chemical graph: Each chemical atom has a fixed number of loose ends, which Peirce took to be the best model for representing relations: “A chemical atom is quite like a relative having a definite number of loose ends or ‘unsaturated bonds,’ corresponding to the blanks of the relative.” (CP 3.469) In the chemical graph above, atom H has one loose end, while atom N has three loose ends. Hence, the entire compound only then becomes complete if no loose ends are left. For example, the following would be an impossible representation of a chemical compound:

Similarly, the following graph would not be acceptable as an EG:

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Both ‘tall’ and ‘a teacher’ are unary predicates, which means each should have only one loose end, while ‘love’ has two. In consequence, the above graph is not a grammatical EG. Peirce pointed out: “it becomes plain that every node of bonds is equivalent to a relative; and the doctrine of valency is established for us in logic.” (CP 3.471) Thus, Peirce’s objection to Kempe’s arbitrary associations was met in the chemical graph model. However, the doctrine of valency is applied quite differently in chemical graphs than in EG, as we will see below. Similar to Kempe’s representation, in chemical diagrams, spots represent individuals and lines represent connections among these individuals. As mentioned above, the EG’s representation functions in exactly the opposite way: spots stand for relatives and lines represent thisness. Because of this crucial difference, the graph on the left represents a non-saturated chemical compound, while the EG on the right is saturated:

Importantly, the meaning of a loose end is slightly different in EG than in chemical diagrams, albeit in an important way. In the above chemical diagram, atom N has three loose ends, each of which should be saturated by an atom to be complete, which holds true for all but one. Each loose end in a chemical diagram needs to be filled with a node. In contrast, in EG, each of the loose ends of ‘love’ does not need to get hooked by a node since a line itself already represents something. Evidently, the doctrine of valency, which Peirce borrowed from chemistry and applied to logical diagrams, works differently. In the case of chemical compounds, each loose end needs to be connected with an atom to be saturated. In the case of EG, each predicate needs to be assigned a fixed number of loose ends to be completed as a proposition. I believe this difference derives from the reversal of the roles of a line and a node in the two systems of representation. When a line connects two elements, we need each node to be filled with one of them, but when a line itself represents a thing, we do not need a property or a relation which this thing should possess or is related to. For example, the following identity line alone is an EG meaning “There is something” or “Something is identical with something”:

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By representing identity as a line, Peirce’s EG takes on the power of expression that is characteristic both of variables and constants in symbolic notation. The sentence “Tom fights Jerry” is represented in the following way:

>

Variables in a symbolic system do not denote anything but rather are just placeholders. So, whenever there is a variable not bound by a quantifier, it is not a sentence, and hence no truth value can be assigned, e.g. 3y Love(x, y). By contrast, in the case of constants, standard logic assumes the existence of a referent for each constant. Hence, the sentence “Tall(c)”7 is obtainable from “ x Tall(x)” by the universal instantiation rule. A line of identity in EG is (in a way) between these two syntactic entities. Both variables and constants are related to individuals in the domain, one indirectly by variable assignments, and the other by direct denotation. The same holds true for EG’s identity line. Simultaneously, unlike a variable, the identity line refers to/denotes/represents, something, thisness, which is quite similar to the way in which a constant functions in a symbolic system. But, surprisingly, constants of symbolic notation, for example, ‘Tom’ or ‘Mary,’ are syntactically treated like a relative in EG, as we will see. This constitutes a major difference between symbolic and EG notation. Then how is the assumption that every constant refers to a thing implemented in EG? Interestingly enough, the assumption is syntactically resolved and we do not need a separate assumption. In the case of ‘Tom,’ it is a one-place predicate. Therefore, it requires one loose end for representation. In consequence, the first graph is not syntactically correct, while the second one is:

Note that the second graph says there is someone who is Tom. Hence, the existence of a referent of ‘Tom’ is guaranteed at the syntactic level: The relative ‘Tom’ should have one loose end to be filled and an identity line denotes someone. Could an EG express the formula Tall(x)? I do not think so, and I do not believe that this poses any problem. Let’s recall why a symbolic system has to deal with non-sentence formulas: Tarski’s recursive semantics requires the domain to be defined inductively, and we cannot define sentences inductively, but only with formulas. Thus, at the syntactic level, we needed an auxiliary level called a set of formulas, and at the semantic level, Tarski’s satisfactions were 7

Assume ‘c’ is a constant.

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defined as a mediate step to defining truth. EG with its different syntactic structure has no reason to be equipped with one-to-one corresponding units as in the case of symbolic notation. I would like to explore how the identity line’s unique nature strengthens EG as a logical system. Peirce’s decision to represent haecceity in terms of a line, I will argue, helps EG to exhibit information more transparently than his own symbolic system allows. According to the terminology developed above, and thanks to the adoption of an identity line, the EGs can show p the information that could only be showns otherwise. Let me illustrate this point with a couple of examples. Example 1. Let’s compare graphical versus symbolic notation. Love (t, m)

(1)

3x Love (t, x)

(2)

3x3y Love (x, y) (3) Here (1) logically implies (2), (2) implies (3), and hence (3) is implied by (1), as well. We can say that (1) showss (2) and (3), and (2) showss (3). In the case of graphic representation, the first graph showsp the third one, while in symbolic notation we need to transform the first one to get the second one, and so on, by inference rules to prove that the first sentence showss the second and the third sentences. Example 2. The first piece of information implies the second piece of information. Compare show p versus shows in the following two kinds of notation:8 ✤







3x Love (x, x)

3x 3y Love (x, y) Before we discuss another of the EG’s important syntactic devices, allow me to summarize the key points of the three forms of representation discussed so far:

8

Note that in the first line we have one identity line, which is translated into the same person.

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Formal Structure Vocabulary Associations Line represents Node represents

Chemical G. chemical compounds lines and nodes valency doctrine connection element

Kempe’s G. mathematical relations lines and nodes arbitrary connection individual

EG relations lines and nodes valency doctrine haecceity relative

In Peirce’s search for a new notation for the new logic,9 he drew on Kempe’s graphs to show that relations could be represented by lines and nodes, and the valency doctrine of a chemical compound provided him with a clue about how to represent a definite arity of each relative. However, a crucial move Peirce made in developing EG is to represent a relative by a node and an individual by a line, which is opposite to both Kempe’s diagrams and chemical ones. A line which represents a thing and connects predicates has rendered the logic of relations more transparent by showing p what is showns. So far, we have made a case for showing p what is showns. An important warning is in order: Sometimes what seems to be shownp might not be what is showns. Example 3. The graph on the right-hand side seems to be shownp in the graph on the left-hand side ✎







The oval, which is called ‘cut,’ denies the content drawn inside. The first graph states that someone does not love someone and the second says that someone loves someone. Hence, we do not want to say that the first graph showss the second one. What if one thinks the second graph is shownp in the first graph? It is time to examine a syntactic device: the cut.

9

“I desire to convey some idea of what the new logic is, how two ‘algebras,’ that is, systems of diagrammatical representation by means of letters and other characters, more or less analogous to those of the algebra of arithmetic, have been invented for the study of the logic of relatives […].” (CP 3.456)

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4. A sser t i ng Some t h i ng w it hout A sser t i ng It In EG, the entirety of everything that is written down forms one single assertion. For example: It is sunny If we write down two sentences, for example: It is sunny It is sunny It is windy

It is windy

each graph signifies “It is sunny and windy.” Peirce adopts an intuitive mechanism, namely juxtaposition, as a conjunction without adding to the syntactic vocabulary. Hence, the above graphs show p that it is sunny and windy. There is a price to pay, though. As soon as I write down a proposition, say P, I assert it is the case that P. Then how can we talk about a proposition without asserting it? Here is Peirce’s solution: “When we wish to assert something about a proposition without asserting the proposition itself, we will enclose it in a lightly drawn oval, which is supposed to fence it off from the field of assertion.” (RLT:151, 1898) What if we want to assert that it is not the case that P? We would like to talk about P. So by using an oval as suggested here, let us first enclose the proposition P and then assert that P is false. Hence: ✤







Instead of choosing this option, Peirce proceeded in a slightly different way: It [the negation of a proposition] is also by far the commonest thing we have occasion to say of propositions without asserting them. For those reasons, let it be understood that if a proposition is merely fenced off from the field of assertion without any assertion being explicitly made concerning it, this shall be an elliptical way of saying that is false. (RLT:151–152, 1898) Now the following graph asserts that it is not the case that P:10

10









Note that the graph drawn as the first attempt above now asserts that the negation of P is false, meaning that P, which is the opposite of the graph here.

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This is the way in which a new syntactic device representing negation, the cut, was introduced to EG. Peirce correctly points out that the combination of juxtaposition and cut has the power to express disjunctive and conditional statements as well. That is, the graph on the left-hand side asserts that P or Q, and the graph on the right-hand side asserts that if P, then Q: ✬ ✬ ✩ ✓ ✏✓ ✏

✩ ✓ ✏

✒ ✑✒ ✑ ✫ ✪ ✫

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Applying the algorithm, we can obtain the following sentences for the graph in example 4: – Apply 4(c): P → Q. – Apply 4(b) and 3 in order: ¬P ¬ ¬Q, i.e. ¬P Q. – Apply 3, 4(a), and 3 in order: ¬(P ¬Q).