Das Arbeitsrecht der Presse [2., neu bearbeitete Auflage] 9783504383206

Die rechtliche Behandlung der Mitarbeiter in Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen ist nicht immer einfach. Für diese B

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Das Arbeitsrecht der Presse [2., neu bearbeitete Auflage]
 9783504383206

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Schaffeld/Hörle Das Arbeitsrecht der Presse

AfP

Praxisreihe Herausgegeben von

Rechtsanwalt Georg Wallraf

Das Arbeitsrecht derPresse von

Bur.khard Schaffeld Justiziar des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e.V., Berlin

Ulrich Hörle Rechtsanwalt, Harnburg

2.Auflage

2007

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Verlag Dr.OttoSchmfdt

Köln

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel.: 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-9 43 e-mail: [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 10: 3-504-67103-3 ISBN 13: 978-3-504-67103-7

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2007 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich Umschlaggestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: Satzbetrieb Schäper GmbH, Bonn Druck und Verarbeitung: Kösel, Altusried-Krugzell Printed in Germany

Vorwort Seit Erscheinen der Vorauflage sind 18 Jahre vergangen. In dieser Zeit sind die für Pressejournalisten geltenden Tarifverträge mehrfach geändert worden. Auch der Gesetzgeber ist nicht untätig geblieben und hat zahlreiche Neuregelungen verabschiedet. Zu erinnern ist nur beispielhaft an die Einbeziehung der Arbeitsverträge in die Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und das kürzlich verabschiedete Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung wurde fortentwickelt. Trotz aller Kritik an der Tarifpolitik werden auch heute noch die Arbeitsverhältnisse der Pressejournalisten maßgebend von den Tarifverträgen bestimmt. Einen Schwerpunkt dieses Buches bilden deshalb die für Redakteure an Tageszeitungen und Zeitschriften einschlägigen Tarifverträge, insbesondere die Gehalts- und Manteltarifverträge und der Tarifvertrag über die Altersversorgung. Stellung genommen wird aber auch zu den Folgen, die mit der so genannten OT-Mitgliedschaft in den Verbänden (Mitgliedschaft ohne Tarifbindung) verbunden sind. Der Aufbau der Darstellung wurde gegenüber der Vorauflage geändert. Im ersten Kapitel werden die Grundbegriffe, die für die Anwendung der Rechtsregeln entscheidend sind, erläutert. Getrennt wird dann zwischen dem Individualarbeitsrecht und dem kollektiven Arbeitsrecht. Wegen der besonderen Bedeutung, die der Tendenzschutz im Pressebereich hat, hielten es die Autoren für angemessen, die Beschränkungen der betrieblichen Mitbestimmung in Presseverlagen ausführlich in einem eigenen Kapitel zu behandeln. Bei den Ausführungen zum Individualarbeitsrecht wird an den geeigneten Stellen auf die Ausführungen zum Tendenzschutz verwiesen. Die Darstellung zum Individualarbeitsrecht folgt dem Ablauf von der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zu dessen Beendigung. Ein kurzer Überblick über das Urhebervertragsrecht, das für den Medienbereich große Bedeutung hat, rundet die Darstellung ab. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur konnten bis November 2006 berücksichtigt werden. Aus dem Autorenteam der 1. Auflage sind Herr Rechtsanwalt Dr. Hesse und Herr Rechtsanwalt Rübenach ausgeschieden. Als neuer Bearbeiter konnte Herr Rechtsanwalt Hörle, der sich mit den Verhältnissen in der Presse als langjähriger Berater von Presseunternehmen bestens auskennt, gewonnen werden. Herr Rechtsanwalt Schaffeld ist als Justiziar des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e.V. mit den rechtlichen Problemen seit vielen Jahren intensiv vertraut. Möge auch diese Auflage die gleiche Aufmerksamkeit und Anerkennung finden wie die erste. Für Anregungen und Kritik sind die Autoren aufgeschlossen. Berlin/Hamburg, im November 2006

Die Verfasser V

Inhaltsübersicht Seite

Vorwort . . . . . . . . . . Inhaltsverzeichnis . . . . Literaturverzeichnis . . . Abkürzungsverzeichnis .

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1. Ausschreibung von Arbeitsplätzen . . . . . . . . . . . . . . 2. Einstellung, Übernahme aus dem Ausbildungsverhältnis 3. Arbeitsvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Arbeitsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Arbeitszeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Finanzielle Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Entgeltzahlung ohne Arbeitspflicht . . . . . . . . . . . . . 8. Urheberrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Nebentätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Anspruchsverfolgung und Schlichtung . . . . . . . . . . . 11. Beendigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . .

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1. Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg . . . . . 5 2. Arbeitnehmerschutz und Pressefreiheit . . . . . . . . . . . . 144

104 146

A. Grundbegriffe 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . 2. Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Arbeitnehmer, freier Mitarbeiter 4. Journalist/Redakteur . . . . . . . 5. Arbeitnehmerähnliche Personen 6. Volontär, Praktikant. . . . . . . . 7. Leitende Angestellte. . . . . . . .

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B. Individualarbeitsrecht

C. Tendenzschutz

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D. Tarifrecht Rz.

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E. Tarifvertrag über die Altersversorgung für Redakteure

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1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ursachen der Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Tarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Tarifverträge für Redakteure, Redaktionsvolontäre und arbeitnehmerähnliche freie Journalisten . . . . . . . . . 5. Rechtsnatur des Tarifvertrages . . . . . . . . . . . . . . .

F. Urhebervertragsrecht 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 3 8

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Anhang 1. Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 2. Tarifvertrag über die Altersversorgung für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen vom 15. Dezember 1997 . . . . . . 206 3. Gehaltstarifvertrag für Redakteure/Redakteurinnen an Tageszeitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VIII

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Vorwort . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . Literaturverzeichnis . . . Abkürzungsverzeichnis .

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1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verleger, Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zeitungen und Zeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . 3. Arbeitnehmer, freier Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . a) Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Notwendigkeit der Beschäftigung freier Mitarbeiter . c) Abgrenzung freier Mitarbeiter, Arbeitnehmer. . . . . 4. Journalist/Redakteur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Arbeitnehmerähnliche Personen . . . . . . . . . . . . . . 6. Volontär, Praktikant. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Leitende Angestellte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Ausschreibung von Arbeitsplätzen . . . . . . . . . . . . . . a) Benachteiligungsfreie, insbesondere geschlechtsneutrale Stellenausschreibung . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Fristen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einstellung, Übernahme aus dem Ausbildungsverhältnis a) Fragerecht, Kosten, Übernahme . . . . . . . . . . . . . . b) Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. . . . . . . . . . c) Befristetes Arbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sachbefristung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sachgrundlose Befristung . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schriftform, Klagefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Arbeitsvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Form. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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19

. 3 . 6 . 10a . 10b . 10c . 11 . 14 . 17 . 20 . 22 . 24 . 28 . 30 . 30

19 21 22 23 23 24 24 25 25 26 26 27 28 28

A. Grundbegriffe

B. Individualarbeitsrecht

IX

Inhaltsverzeichnis

b) Probezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Spezialfragen zum räumlichen und persönlichen Geltungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Teilzeitbeschäftigte, befristet Beschäftigte. . . . . . . . e) Leitende Redakteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Mindestinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Arbeitsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Direktionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Versetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Individualrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beteiligung des Betriebsrats . . . . . . . . . . . . . . 5. Arbeitszeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Leitende Redakteure bei Zeitschriften . . . . . . . . . . c) Arbeitsstunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) 5-Tage-Woche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Urlaub, Krankheit, gesetzliche Feiertage . . . . . . . . . f) Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft. . . . . . . . . . . . g) Mitbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Finanzielle Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Monatsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zeitungsredakteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zeitschriftenredakteure. . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Fälligkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Anrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Individualrechtlich . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kollektivrechtliche (Mitbestimmung) . . . . . . b) Jahresleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Berechnung der Jahresleistung. . . . . . . . . . . . . bb) Höhe der Jahresleistung bei Teilzeitbeschäftigten. cc) Volle, anteilige Jahresleistung . . . . . . . . . . . . . dd) Fälligkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Unbezahlte Arbeitsbefreiung . . . . . . . . . . . . . ff) Anrechnungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . c) Urlaubsgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Berechnung des Urlaubsentgelts . . . . . . . . . . . cc) Höhe des zusätzlichen Urlaubsgeldes . . . . . . . . dd) Teilurlaubsgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Fälligkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Altersversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Sonstige finanzielle Leistungen . . . . . . . . . . . . . . aa) Vermögenswirksame Leistungen . . . . . . . . . . . bb) Kontoführungsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . X

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Inhaltsverzeichnis

cc) Sonn- und Feiertagszuschlag . . . . . . . . . . . . . . dd) Kameraausrüstung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Mehrarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Urhebervergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Auslagenersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Entgeltzahlung ohne Arbeitspflicht . . . . . . . . . . . . . a) Urlaub. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Urlaubsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zeitpunkt und Abgeltung des Urlaubs. . . . . . . . cc) Wartezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Teilurlaub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zeitschriftenredakteure . . . . . . . . . . . . . . (2) Zeitungsredakteure . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Erkrankung im Urlaub . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Aufschub des Urlaubs . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Freistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall . . . . . . . . . . . aa) Gehaltsfortzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zuschuss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Urheberrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Person des Urhebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unmittelbare Übertragung der Nutzungsrechte durch den Tarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergütung nach § 12 Abs. 7 MTV/Zeitschriftenredakteure und § 18 MTV/Zeitungsredakteure . . . . . 9. Nebentätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Absatz 1: Berechtigte Interessen des Verlags . . . . . . b) Absatz 2: Journalistische oder redaktionelle Nebentätigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Absatz 3: Verwertungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Anspruchsverfolgung und Schlichtung . . . . . . . . . . . a) Fristen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vergütungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Beendigung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . a) Aufhebungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kündigungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . (1) Personenbedingte Kündigung . . . . . . . . . . . (a) Kurzerkrankungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Langandauernde Erkrankung . . . . . . . . . . . (2) Verhaltensbedingte Kündigung . . . . . . . . . . (3) Betriebsbedingte Kündigung . . . . . . . . . . . . cc) Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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298 303 304 304 315 316 319 320 320 327 330 331 335 337 339 350

XI

Inhaltsverzeichnis

dd) Anrufung des Arbeitsgerichts . . . . . . . . . . . ee) Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Kündigungsfristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Kündigung aus wichtigem Grund. . . . . . . . . hh) Beurlaubung nach Kündigung . . . . . . . . . . . ii) Schriftliche Kündigung, Betriebsratsanhörung .

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97

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97 98 99 100 101

1. Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg . . . a) Privilegierte Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mischunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Mischunternehmen mit tendenzgeschützten und anderen Zwecken . . . . . . . . . . . . . . (2) Tendenz – Gemeinschaftsbetrieb . . . . . . . . cc) Pressekonzerne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Feststellungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirtschaftliche Angelegenheiten . . . . . . . . . . . . aa) Kein Wirtschaftsausschuss . . . . . . . . . . . . . . bb) Unterrichtungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . cc) Betriebsversammlungen . . . . . . . . . . . . . . . c) Betriebsänderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kein Interessenausgleich . . . . . . . . . . . . . . . bb) Eingeschränkte Informationspflichten . . . . . . . cc) Nachteilsausgleichsanspruch . . . . . . . . . . . . dd) Sachverständiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Freiwilliger Interessenausgleich. . . . . . . . . . . ff) Unterlassungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . d) Redaktionsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Privilegierung in personellen Angelegenheiten . . . . aa) Personalplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Stellenausschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bewerbungsunterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Personalfragebogen, Beurteilungsgrundsätze . . . ee) Auswahlrichtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Aus- und Fortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Einstellung und Versetzung . . . . . . . . . . . . . hh) Ein- und Umgruppierung . . . . . . . . . . . . . . . ii) Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . jj) Weiterbeschäftigungsanspruch . . . . . . . . . . .

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5 7 7 11

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13 17 18 21 23 23 26 29 30 36 38 43 49 52 57 60 64 71 77 78 79 82 85 87 94 95 99

107 108 108 109 110 110 111 112 112 114 114 116 118 118 120 121 122 124 126 126 126 127 128 128 131 131 132

C. Tendenzschutz

XII

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

105 108 109 110 114 116 120 128 134 138 144 145 146 147 148 151 152 153 155 157 158 159 170

134 135 135 136 137 138 139 141 142 144 146 146 147 147 148 149 149 150 150 151 151 152 155

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17 20

166 166

kk) Außerordentliche Kündigung Betriebsratsmitglied/ Tendenzträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ll) Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer . . . . . mm) Gehaltslisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nn) Ethikregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . oo) Arbeitszeitregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Sonntagsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Wochentage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit . . . . (4) Einführung eines Nachthandels . . . . . . . . . . (5) Einigungsstellenspruch Gleitzeitregelung . . . . 2. Arbeitnehmerschutz und Pressefreiheit . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz . . . . . . . . . . . aa) Gesetzesbegründung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verhältnis Diskriminierung und Tendenzschutz . . cc) Politische und weltanschauliche Überzeugungen . . dd) EuGH-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Pressefreiheit und Arbeitnehmerschutz . . . . . . . . . . aa) Befristungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kündigungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Leistungsmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) „Stasi“-Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Auflösung aus tendenzbedingten Gründen . . . . . . (1) Stellenwert des Tendenzschutzes im Kündigungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vorrang des Tendenzschutzes . . . . . . . . . . . . (3) Verwirklichung des Tendenzschutzes . . . . . . . (4) Vergleichbarkeit zum kirchlichen Bereich . . . . c) Freistellung von Dienstpflichten . . . . . . . . . . . . . . d) Arbeitskampf und Pressefreiheit. . . . . . . . . . . . . . .

D. Tarifrecht 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ursachen der Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Tarifvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff des Tarifvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Parteien des Tarifvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . c) Form eines Tarifvertrages, Abschlussfreiheit . . . . . 4. Tarifverträge für Redakteure, Redaktionsvolontäre und arbeitnehmerähnliche freie Journalisten . . . . . . . . . 5. Rechtsnatur des Tarifvertrages . . . . . . . . . . . . . . .

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XIII

Inhaltsverzeichnis Rz.

Seite

21 23 28 37 41 50 54 56

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E. Tarifvertrag über die Altersversorgung für Redakteure

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a) b) c) d) e) f) g) d)

Schuldrechtliche Wirkung eines Tarifvertrages. . Materiell-rechtliche Wirkung des Tarifvertrages . Wirkung der Rechtsnormen . . . . . . . . . . . . . Nachwirkung des Tarifvertrages . . . . . . . . . . . Austritt aus dem Verband . . . . . . . . . . . . . . . Tarifsperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keine Tarifsperre für Strukturfragen . . . . . . . . Mitgliedschaft ohne Tarifbindung . . . . . . . . . .

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F. Urhebervertragsrecht 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Personenkreis . . . . . . . . . . . . . 3. Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . a) Angemessenheit . . . . . . . . . b) Gemeinsame Vergütungsregeln

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Anhang 1. Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 2. Tarifvertrag über die Altersversorgung für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen vom 15. Dezember 1997 . . . . . . 206 3. Gehaltstarifvertrag für Redakteure/Redakteurinnen an Tageszeitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIV

225

Literaturverzeichnis Annuß/Thüsing

Teilzeit- und Befristungsgesetz, 2. Auflage 2006

Döhn/Klöckner

Medienlexikon

Fitting/Engels/Schmidt/ Betriebsverfassungsgesetz, 23. Auflage 2005 Trebinger/Linsenmeier (zit. Fitting, BetrVG) Küttner

Personalhandbuch 2006 (zit. Küttner/Bearbeiter)

Löffler

Presserecht, 4. Auflage (zit. Löffler/Bearbeiter)

Palandt

Kommentar zum BGB, 65. Auflage 2006 (zit. Palandt/Bearbeiter)

Richardi

Betriebsverfassungsgesetz, 10. Auflage 2006

Schaub

Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Auflage 2005

Wiedemann/Oetker/ Wank

Tarifvertragsgesetz, 6. Auflage 1999

XV

Abkürzungsverzeichnis AfP

Archiv für Presserecht (Zeitschrift)

AGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen

AGG

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

AktG

Aktiengesetz

AP

Arbeitsrechtliche Praxis (Entscheidungssammlung, Loseblatt)

ArbEV

Arbeitsentgeltverordnung

ArbG

Arbeitsgericht

ArbGG

Arbeitsgerichtsgesetz

ArbZG

Arbeitszeitgesetz

BAG

Bundesarbeitsgericht

BB

Betriebs-Berater (Zeitschrift)

BBiG

Berufsbildungsgesetz

BDA

Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände

BDZV

Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V.

BetrVG

Betriebsverfassungsgesetz

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGH

Bundesgerichtshof

BUrlG

Bundesurlaubsgesetz

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

DB

Der Betrieb (Zeitschrift)

DGB

Deutscher Gewerkschaftsbund

DJV

Deutscher Journalisten Verband e.V.

EFZG

Entgeltfortzahlungsgesetz

EStG

Einkommensteuergesetz

FuR

Familie und Recht (Zeitschrift)

GewO

Gewerbeordnung

GG

Grundgesetz

GTV

Gehaltstarifvertrag

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

JW

Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

KSchG

Kündigungsschutzgesetz

KSVG

Künstlersozialversicherungsgesetz XVII

Abkürzungsverzeichnis

LAG

Landesarbeitsgericht

MTV

Manteltarifvertrag

MuSchG

Mutterschutzgesetz

NachweisG

Nachweisgesetz

NJW

Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)

NZA

Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (Zeitschrift)

OLG

Oberlandesgericht

PVW

Presse-Versorgungswerk

RAG

Reichsarbeitsgericht

SGB

Sozialgesetzbuch

TV-AV

Tarifvertrag über die Altersversorgung für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen und Zeitschriften

TVG

Tarifvertragsgesetz

TzBfG

Teilzeit- und Befristungsgesetz

UrhG

Urhebergesetz

UWG

Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb

VDZ

Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V.

VerlG

Verlagsgesetz

VWL

Vermögenswirksame Leistungen

XVIII

A. Grundbegriffe 1. Allgemeines Die rechtliche Behandlung der Mitarbeiter in Zeitungs- und Zeitschrif- 1 tenverlagen ist nicht immer einfach. Zu beachten sind verschiedene Rechtsquellen, so die arbeitsrechtlichen Bestimmungen aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch, die Arbeitsgesetze, Tarifverträge, das Urheberrecht und so weiter. Nicht zu unrecht wird geklagt, dass das Recht sehr unübersichtlich ist. Vielfach hilft der Gesetzestext nicht weiter. Es sind Kenntnisse nötig, wie die Bestimmungen von der Rechtsprechung ausgelegt werden. Hinzu kommt noch die Schwierigkeit, dass die Begriffe in den Gesetzen nicht immer einheitlich gebraucht werden. So stimmt z.B. der presserechtliche Redakteursbegriff nicht mit dem tarifrechtlichen überein. Auch was Zeitungen und Zeitschriften sind, wird im Kartellrecht anders beantwortet als im Arbeitsrecht. Vorangestellt wird deshalb eine Übersicht über die verschiedenen Begriffe.

2. Begriffe a) Verleger, Herausgeber Es gibt keine einheitliche Begriffsbestimmung des Verlegers.

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In § 1 VerlagG wird als Verleger bezeichnet, wer auf Grund eines Verlagsvertrages berechtigt und verpflichtet ist, ein ihm vom Autor überlassenes Werk auf eigene Rechnung zu vervielfältigen und zu verbreiten. Presserechtlich wird der Verlegerbegriff umfassender verstanden. Danach 3 ist Verleger jeder Unternehmer, der das Erscheinen und Verbreiten von Druckwerken (Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Schallplatten etc.) bewirkt.1 Er kann eine natürliche oder eine juristische Person oder eine Gesellschaft des bürgerlichen oder des Handelsrechts sein. Wesensmerkmal ist, dass er die wirtschaftliche und publizistische Verantwortung für den Verlag und die von ihm herausgegebenen Produkte trägt. Der Verleger ist Herr des Verlagsunternehmens. Er ist damit kaufmännisch und publizistisch tätig. Diese umfassende Verantwortlichkeit unterscheidet ihn vom Herausgeber, der nicht kaufmännisch, sondern „nur“ publizistisch tätig ist. Ihm steht die geistige Gesamtleitung zu,2 soweit sie nicht vom Verleger übernommen wird.

1 OLG Düsseldorf, NJW 1980, 71. 2 Vgl. dazu auch Löffler/Bullinger, Presserecht, 4. Aufl. 1997, Einl. Rz. 51.

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A Rz. 4 4

Grundbegriffe

Daraus ergibt sich auch, dass der arbeitsrechtliche Verlegerbegriff vom presserechtlichen umfasst ist. Arbeitsrechtlich ist Verleger, der mit den Mitarbeitern die Arbeitsverträge schließt. b) Zeitungen und Zeitschriften

5

Wenn in diesem Buch von Zeitungen oder Zeitschriften gesprochen wird, so werden diese Begriffe im publizistischen und tariflichen Sinne verstanden. Darauf hinzuweisen besteht deshalb Veranlassung, weil es keine für alle Rechtsgebiete allgemein gültige Definition des Begriffs „Zeitung“ oder „Zeitschrift“ gibt. So werden Anzeigenblätter im Rahmen der Fusionskontrolle nach §§ 35 ff. GWB kartellrechtlich zu den Zeitungen gezählt.1 Nach dem Recht des unlauteren Wettbewerbs (UWG) ist es nicht wettbewerbswidrig, ein Anzeigenblatt als Zeitung zu bezeichnen. Soweit in den Landespressegesetzen von Druckschriften die Rede ist, gelten die Regelungen auch für Anzeigenblätter. In der Publizistik-Wissenschaft und im Tarifrecht werden die Begriffe „Zeitung“ und „Zeitschrift“ enger gefasst. Danach fallen Anzeigenblätter nicht darunter, denn sie erfüllen nicht die für diese Publikationen aufgestellten Kriterien.

6

Die Unterscheidung zwischen Zeitung und Zeitschrift ist oft schwierig. Eine Abgrenzung ist aber notwendig, weil die Rechtsordnung beide Medien des Öfteren unterschiedlich behandelt. So bezieht sich z.B. die spezielle Impressumsvorschrift des § 8 Abs. 3 der Landespressegesetze nur auf Zeitungen, nicht aber auf Zeitschriften. Auch das Urheber- und Verlagsrecht unterscheiden an verschiedenen Stellen zwischen beiden Publikationsformen. Arbeitsrechtlich ist die Unterscheidung deshalb von Bedeutung, weil für die Mitarbeiter an Tageszeitungen und Zeitschriften verschiedene Tarifverträge gelten.

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Beiden Pressegattungen ist gemeinsam, dass sie sich an das anonyme Publikum wenden und nicht an einen von vornherein feststehenden Abnehmerkreis. Deshalb sind Werkszeitung oder -zeitschriften keine Publikationen i.S. des hier behandelten Arbeitsrechts. Darauf hinzuweisen besteht deshalb Veranlassung, weil im Rahmen der Gehaltstarifverträge Redakteurstätigkeiten an Zeitungen oder Zeitschriften Berufsjahre sind und damit das Gehalt beeinflussen. Die Tätigkeit an Werkspublikationen berechtigt daher nicht zur Anrechnung.

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Das Wesensmerkmal der Zeitung ist im Unterschied zur Zeitschrift der tagebuchartige Charakter. In ihr wird fortlaufend über alle aktuellen Ereignisse (Universalität) oder doch über alle aktuellen Ereignisse eines begrenzten Fachbereichs (Wirtschaftszeitung) berichtet. Die Zeitung ist das Tagebuch der Zeit. Hinzu kommen noch die Charakteristika wie Periodizität des Erscheinens, Publizität und Aktualität. 2 1 BGH, NJW 1980, 1381; 1988, 1850. 2 Vgl. auch Löffler/Bullinger, Presserecht, 4. Aufl. 1998, Einl. 15.

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Arbeitnehmer, freier Mitarbeiter

Rz. 12 A

Aus tarifrechtlichen Gründen muss auch noch zwischen Tages- und Wo- 9 chenzeitungen differenziert werden, denn nur für Redakteure an Tageszeitungen gibt es Tarifverträge. Wenn später von Redakteuren an Zeitungen die Rede ist, sind damit Redakteure an Tageszeitungen gemeint. Eine Arbeitsgruppe von Zeitungs- und Zeitschriftenverlegern hatte in der Vergangenheit im Auftrag des Statistischen Bundesamts Tageszeitungen als „Presseerzeugnisse, die mindestens zwei Mal wöchentlich erscheinen und einen allgemeinen redaktionellen Teil mit breiter Berichterstattung (z.B. Wirtschaft und Politik) bieten“ definiert.1 Periodizität des Erscheinens, Publizität und Aktualität können auch für 10 Zeitschriften gelten. Dagegen fehlt bei der Zeitschrift die fortlaufende tagebuchartige Berichterstattung. Sie greift punktuell bestimmte Themen auf, an deren Erörterung ein besonderes Interesse besteht. In der Publizistik-Wissenschaft wird sie wie folgt definiert: „Die Zeitschrift ist ein periodisches Druckwerk (periodisches Sammelwerk), das einzelne Fragen oder Vorgänge in Schrift und Bild öffentlich erörtert“.2 Diese publizistische Begriffsbestimmung gilt auch für das Tarifrecht.

3. Arbeitnehmer, freier Mitarbeiter a) Personenkreis In der Presse sind tätig:

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– angestellte Mitarbeiter, – freie Mitarbeiter. Die Gruppe der freien Mitarbeiter kann unterteilt werden in – hauptberuflich freie Mitarbeiter – nebenberuflich freie Mitarbeiter. Bei der Gruppe der hauptberuflich freien Mitarbeiter ist zusätzlich zu differenzieren: – „ganz“ freie Mitarbeiter – arbeitnehmerähnliche freie Mitarbeiter. Freie Mitarbeiter bei der Presse sind keine Besonderheit. Sie finden sich dort insbesondere im journalistischen, aber auch in anderen Bereichen. Über den Personenkreis der freien Journalisten hinaus gibt es insbesondere freie Mitarbeiter im Anzeigen- und Vertriebsbereich. Anzeigenvertreter und Bezieherwerber sind dabei regelmäßig selbstständig tätig, was von der

1 FuR 1981, 440. 2 Löffler/Bullinger, a.a.O., Einl. Rz. 16.

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A Rz. 13

Grundbegriffe

Rechtsprechung anerkannt wird. Im weiteren Verlauf dieses Buches ist jedoch nur von den journalistisch tätigen freien Mitarbeitern die Rede. 13 Obwohl kein gesichertes statistisches Zahlenmaterial vorliegt, dürfte die Vermutung richtig sein, dass es kaum eine Branche in Deutschland gibt, in der im Verhältnis zu den Arbeitnehmern so viele freie Mitarbeiter beschäftigt werden wie bei den Medien. 14 Eingesetzt werden die freien Mitarbeiter in allen journalistischen Bereichen, sowohl im Wort- als auch im fotografischen Sektor. Insbesondere kleine und mittlere Zeitungen beschäftigen praktisch keine Bildredakteure, sondern greifen für die Bildberichterstattung auf freie Mitarbeiter zurück, soweit nicht ein Redakteur sowohl die Bild- als auch die Wortberichterstattung erledigt. So unklar der Tatbestand ist, so unklar können die Rechtsfolgen sein. 15 Im Folgenden wird nur von den „echten“ selbstständigen und den arbeitnehmerähnlichen Journalisten die Rede sein. b) Notwendigkeit der Beschäftigung freier Mitarbeiter 16 Die Gründe, warum der Anteil der Selbstständigen bei der Presse so hoch ist, sind vielfältig. Dabei fällt auf, dass das Erfordernis, freie Mitarbeiter zu beschäftigen, zwischen den Verlagen einerseits und den Mediengewerkschaften DJV und ver.di andererseits unumstritten ist. Bei Gesprächen, die Verlegervertreter mit den Gewerkschaften zu dem Thema „freie Journalisten“ führen, besteht bei aller Unterschiedlichkeit in anderen Fragen Einigkeit über die Notwendigkeit der Beschäftigung freier Journalisten für die Zeitungen und Zeitschriften. 17 Die Gründe dafür sollen im Folgenden kurz skizziert werden. 18 In dem bekannten „Spiegel“-Urteil 1 hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, „dass eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfenen Presse ein Wesenselement des freiheitlichen Staates ist. Insbesondere ist eine freie, regelmäßig erscheinende politische Presse für die moderne Demokratie unentbehrlich. Soll der Bürger politische Entscheidungen treffen, muss er umfassend informiert sein, aber auch die Meinungen kennen und gegeneinander abwägen, die andere sich gebildet haben. Die Presse hält diese ständige Diskussion in Gang. In ihr artikuliert sich die öffentliche Meinung. In der repräsentativen Demokratie steht die Presse zugleich als ständiges Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewählten Vertretern in Parlament und Regierung.“

1 BVerfG, NJW 1966, 1603.

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Arbeitnehmer, freier Mitarbeiter

Rz. 23 A

Die den Zeitungen und Zeitschriften zugewiesene Funktion, die gesellschaftliche Wirklichkeit widerzuspiegeln und als Mittler zwischen Volk und politischen Entscheidungsträgern zu wirken, kann nur dann sachgerecht erfüllt werden, wenn sich die verschiedenen Anschauungen und Strömungen der Gesellschaft auch personell in den Medien wiederfinden. Ohne ihre freien Mitarbeiter können sie weder ihrer aktuellen noch ihrer universellen Aufgabe Genüge tun. Insgesamt müssen die Medien danach trachten, freie Mitarbeiter etwa für die Behandlung von Spezialthemen zu gewinnen.

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Eng mit diesem Argument hängt zusammen, wenn auf das Abwechselungsbedürfnis abgehoben wird. Jeder Beitrag ist eng mit der Person des Autors verbunden. Ein Wechsel der Darstellung und der Sichtweise ist aber notwendig. Ein solcher Wechsel kann schwerlich ausschließlich durch Festangestellte erreicht werden. Vielmehr erfordert er freie Mitarbeiter. So können veränderte Berichtsgegenstände, Wettbewerbssituationen und eine Veränderung der Leserwünsche eine Veränderung der Berichterstattung und Berichtgegenstände erforderlich machen. Die Presseunternehmen müssen solchen Erfordernissen durch den Einsatz für die jeweiligen Aufgaben qualifizierter Mitarbeiter gerecht werden. Dazu sind sie aber, wie auch von der Rechtsprechung anerkannt wird, nicht in der Lage, wenn sie ausschließlich auf ständige feste Mitarbeiter angewiesen wären.

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Nicht verschwiegen werden soll das Kostenargument. Es liegt auf der Hand, dass die steuerlichen, sozialrechtlichen, tarifrechtlichen, allgemein arbeitsrechtlichen, betriebsverfassungsrechtlichen Aspekte bei der Beschäftigung von Arbeitnehmern erhöhte Arbeitgeberpflichten nach sich ziehen, die den zur Verfügung stehenden Personaletat belasten und damit die Kosten der Presse in die Höhe treiben. Das ginge dann zu Lasten der Qualität der Berichterstattung.

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Wäre die Presse gezwungen, nur Festangestellte zu beschäftigen, wäre sie aus Kostengründen gar nicht in der Lage, ihrer zuvor beschriebenen Aufgabe sachgerecht nachzukommen.

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Aber es sind nicht nur die Verleger, die Interesse an der Beschäftigung freier Mitarbeiter haben; der Wunsch, kein Arbeitsverhältnis zu begründen, sondern freiberuflich für die Medien tätig zu sein, kommt vielfach auch vom Journalisten selbst, der es genießt, nicht in die Arbeitsorganisation des Verlages eingebunden zu sein, sondern frei über seinen Einsatz entscheiden zu können. Und es kommt wohl nicht von ungefähr, dass vielfach diejenigen ihre Festanstellung vor den Gerichten erstreiten wollen, die ohnehin als „Problemfälle“ bekannt sind, weil sie mit den Erfordernissen freiberuflicher Tätigkeit nicht zurecht kommen.

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A Rz. 24

Grundbegriffe

c) Abgrenzung freier Mitarbeiter, Arbeitnehmer 24 Auffällig ist, dass es eine Definition des Begriffs „freier Mitarbeiter“ nicht gibt. Er wird verstanden als Antinom zu dem Wort „Arbeitnehmer“. 25 Nach allgemeiner Meinung ist Arbeitnehmer, wer unselbständig fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber leistet. 1 Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist der Betreffende freier Mitarbeiter. 26 Angesichts der sehr abstrakten Begriffsdefinition überrascht es freilich nicht, dass die Abgrenzung zwischen freiem Mitarbeiter und Arbeitnehmer häufig Probleme bereitet. Insbesondere bei den Rundfunkanstalten verdanken viele Redakteure ihre Festanstellung den Arbeitsgerichten. Aber auch bei den Zeitungen sind Streitigkeiten über den Status redaktioneller Mitarbeiter nicht selten. Vor allem, wenn sie als Pauschalisten ständig von der Redaktion beschäftigt werden, meinen sie vielfach, dass sie die Position eines festangestellten Redakteurs bekleiden. 27 Für die Abgrenzung zwischen festangestellten und freien Mitarbeitern kommt es nach ständiger Rechtsprechung zunächst weder auf den Willen der Vertragsparteien noch darauf an, wie sie das Beschäftigungsverhältnis bezeichnen. Maßgebend ist vielmehr die tatsächliche Ausgestaltung der Zusammenarbeit. 2 28 Der Wandel vom anfangs nur gelegentlich tätigen freien Mitarbeiter zum festangestellten Arbeitnehmer vollzieht sich dabei häufig unmerklich über einen längeren Zeitraum. Ohne dass sich die Geschäftsleitungen dessen bewusst sind, wächst der freie Mitarbeiter allmählich in den Aufgabenbereich eines Arbeitnehmers hinein, bis er dann tatsächlich diesen Status erlangt. Die Überraschung ist dann groß, wenn die Klage des bisherigen freien Mitarbeiters auf Festanstellung zum Erfolg führt. 29 Einen zumindest für Großstadtredaktionen typischen Fall hatte einmal das Arbeitsgericht Frankfurt/Main entschieden. 3 Der 28-jährige Kläger, der vor seinem Studium ein Volontariat bei einer Tageszeitung durchlaufen hatte, bewarb sich als angeblicher Student erfolgreich um eine Beschäftigung als freier Mitarbeiter. Für Innendiensttätigkeiten wurde er auf Stundenbasis bezahlt, darüber hinaus erhielt er für eigene Beiträge ein Zeilenhonorar. 30 Im Prozess stützte er dann seine Auffassung, er sei festangestellter Mitarbeiter der Redaktion, vor allem darauf, dass er im Rahmen des Redaktionsdienstes exakt die gleiche Arbeit wie jeder der in der Redaktion beschäftigten festangestellten Redakteure erledigt habe. 1 BAG in st. Rechtsprechung zuletzt BAG, NZA 2004, 39. 2 BAG in st. Rechtsprechung z.B. BAG, NZA 1994, 1132. 3 ArbG Frankfurt – Urteil vom 15.3.1982 – 9 Ca 120/81.

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Arbeitnehmer, freier Mitarbeiter

Rz. 34 A

Der Verlag widersprach der Auffassung des Klägers mit dem Hinweis, für 31 ihn habe keine Verpflichtung bestanden, seine Arbeitskraft in einem zeitlich festgelegten Umfang zur Verfügung zu stellen und Aufträge von ihm entgegenzunehmen. Er sei auch nicht verpflichtet gewesen, seine Leistung an einem bestimmten Ort zu erbringen. Vorrangig sollte der Kläger, wie bei Vertragsabschluss abgesprochen, seinem Studium nachgehen. Wenn er gleichwohl weit über das ursprünglich ins Auge gefasste Maß hinaus beschäftigt worden sei, wie es allerdings vom Arbeitsanfall her gerechtfertigt gewesen sei, so deshalb, weil er wegen seiner finanziell ungünstigen Situation habe unterstützt werden sollen. Nach den im Prozess vorgebrachten Darlegungen des Klägers müsse allerdings davon ausgegangen werden, dass er sich unter falschen Voraussetzungen um die Mitarbeit beworben habe. Wie sich nämlich im Verlauf des Prozesses herausstellte, war er zum Zeitpunkt seiner Bewerbung schon seit längerem als Student beurlaubt. Das Arbeitsgericht bejahte die Arbeitnehmereigenschaft mit folgender Begründung:

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– Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob ein Arbeits- oder ein freies Mitarbeiterverhältnis vorliegt, ist stets die tatsächliche Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen und nicht deren Bezeichnung durch die Parteien. – Abgesehen von der fehlenden redaktionellen Verantwortung hatte der Kläger im Grunde genommen alle redaktionellen Tätigkeiten, welche die festangestellten Redakteure auch zu verrichten hatten, ausgeführt. – Wie es zu dieser planwidrigen Einbindung des Klägers in den Produktionsprozess und damit zur Abweichung gegenüber der ursprünglich gemeinsam in Aussicht genommenen freien Mitarbeit des Klägers kam, war demgegenüber unerheblich. Hier war es zu einer Festanstellung gekommen, weil die – ansonsten in keiner Weise zur Einstellung berechtigten Redakteure – wie das Gericht ausführte, „es als angenehm“ empfanden, dass der Kläger über Redaktionserfahrung verfügte, und weil es für sie aus damaliger Sicht der Personalsituation vorteilhaft gewesen ist, einen weiteren Mitarbeiter zu haben.

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Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es im Medienbereich auf Äußerlichkeiten, die entweder zufallsbedingt oder die der Verlag kraft seiner Organisationsgewalt beliebig verändern kann, nicht entscheidend an. Ohne Aussagekraft in diesem Sinne ist die Tatsache, dass der Mitarbeiter keinen eigenen Schreibtisch und kein eigenes Postfach besitzt und auch nicht in dem hausinternen Telefonverzeichnis erwähnt ist. Ebenso ist unbeachtlich, dass keine Personalakte oder Personalkartei über ihn geführt werden und wie er bei der Beantragung einer

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A Rz. 35

Grundbegriffe

Dienstreise verfahren muss.1 In der früheren Rechtsprechung hatte das Bundesarbeitsgericht das Vorliegen solcher Umstände als Hinweis auf die Arbeitnehmereigenschaft eines Mitarbeiters angeführt. Insbesondere im Medienbereich habe sich jedoch gezeigt, so meinte das Bundesarbeitsgericht, dass diese Merkmale nicht tragfähig seien. Zwischenzeitlich hatten sich nämlich die Betroffenen auf die Rechtsprechung eingestellt und bei ihren freien Mitarbeitern die für eine Festanstellung typischen Beschäftigungsmerkmale beseitigt. 35 Andererseits ist die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung bereit, bei Statusfragen von Journalisten dem Grundrecht der Pressefreiheit Rechnung zu tragen, nachdem das Bundesverfassungsgericht verschiedene Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zu Festanstellungsklagen von programmgestaltenden Mitarbeitern aufgehoben hatte. 2 Danach sind die Medien über Art. 5 Abs. 1 GG nicht nur bezüglich der Auswahl, des Inhalts und der Ausgestaltung ihrer Produkte gegen fremde Einflüsse geschützt, sondern auch bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung des Personals, von dem jene Gestaltung abhängt. Das Recht, frei von fremdem, insbesondere staatlichem Einfluss über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung der Mitarbeiter zu bestimmen, ist deshalb von der Pressefreiheit mitumfasst. Das muss bei Festanstellungsklagen berücksichtigt werden und wird auch in der Zwischenzeit von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung beachtet. 36 In den neueren Entscheidungen vertritt das Bundesarbeitsgericht die Auffassung, dass bei der Frage, ob und in welchem Maße der Mitarbeiter persönlich abhängig ist, es vor allem auf die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ankommt, denn es sagt, es ließen sich abstrakte, für alle Arbeitnehmer geltende Kriterien gerade nicht aufstellen.3 Dabei differenziert es dann in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts danach, ob der Mitarbeiter journalistisch oder anderweitig tätig ist. 37 Soweit es sich um Mitarbeiter handelt, die als Journalisten arbeiten, ist das Bundesarbeitsgericht vielfach bereit, die Begründung eines freien Mitarbeiterverhältnisses zu akzeptieren. Zwar stellt es weiterhin auch für diese Gruppe als Abgrenzungsmerkmal die Weisungsgebundenheit heraus, stellt daran dann aber hohe Anforderungen, ohne diese jedoch zu konkretisieren. In den einschlägigen Entscheidungen führt es jetzt die Gründe auf, die keine Arbeitnehmereigenschaft begründen können. 38 So ist es zunächst einmal nicht entscheidend, ob der Mitarbeiter klar umrissene Aufträge erhält. Das spricht nicht zwingend für ein Arbeitsverhältnis. Derartige Vorgaben sind auch im Rahmen eines Werkvertrages 1 BAG, AP Nr. 21 zu § 611 BGB – Abhängigkeit. 2 BVerfG, AP Nr. 15 zu Art. 5 Abs. 1 GG – Rundfunkfreiheit. 3 BAG, z.B. AfP 1992, 394.

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Arbeitnehmer, freier Mitarbeiter

Rz. 44 A

nicht selten und können sich aus Gründen des sachlichen Erfordernisses ergeben. Erst wenn dem Mitarbeiter auch in der Art der Ausführung vom Auftraggeber Vorschriften gemacht werden, spricht das für seine Weisungsgebundenheit. 1 Weiterhin ist es unschädlich, ob der Mitarbeiter zeitlichen Vorgaben oder der Verpflichtung, bestimmte Termine zur Erledigung der übertragenen Aufgaben einzuhalten, unterliegt. Denn auch im Rahmen von Dienstund Werkverträgen werden häufig vom Besteller oder Dienstberechtigten Termine für die Erledigung einer Arbeit gesetzt, ohne dass hieraus eine zeitliche Weisungsgebundenheit erfolgt.2

39

Andererseits misst das Bundesarbeitsgericht der Verpflichtung des Mitarbeiters, an Redaktionskonferenzen teilzunehmen oder sich zu bestimmten Zeiten im Verlag zur Entgegennahme von Aufträgen einzufinden, weiterhin entscheidende Bedeutung bei.3

40

Die bloße Festlegung des zeitlichen Umfangs der Tätigkeit berührt die persönliche Unabhängigkeit nicht, wenn der Mitarbeiter innerhalb des vereinbarten zeitlichen Rahmens die Zeit seiner Tätigkeit frei bestimmen kann.4 Wenn die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers erreicht wird, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit wie auch die Lage der Pause vorgegeben werden, muss jedoch damit gerechnet werden, dass die Freiheit der Zeitbestimmung aus tatsächlichen Gründen nicht besteht.

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Werden dem Mitarbeiter so viele Aufträge erteilt, dass er zeitlich überhaupt nicht in der Lage ist, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein, spricht das für die Arbeitnehmereigenschaft. 5 Andererseits ist unwesentlich, ob er tatsächlich noch weitere Auftraggeber hat. Es reicht, dass er objektiv in der Lage ist, weitere Aufträge anzunehmen.

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Arbeitet der Mitarbeiter mit eigenen Geräten, ist das ein starkes Indiz für ein freies Mitarbeiterverhältnis. Das hat das Bundesarbeitsgericht im Falle eines Zeitungsfotografen herausgestellt, der seine Fotos zwar in der Dunkelkammer des Verlages entwickelte, diese aber mit eigenen Geräten ausgestattet hatte.6 Angesichts der Digitalisierung spielt der Gesichtspunkt der Einrichtung einer Dunkelkammer allerdings nur noch eine untergeordnete Rolle.

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Aber auch dann, wenn der Mitarbeiter auf die technischen Einrichtungen 44 und das Personal des Unternehmens zur Abwicklung seines Auftrages an1 2 3 4 5 6

BAG, BAG, BAG, BAG, BAG, BAG,

AfP 1992, 394. AfP 1992, 398. AfP 1992, 398. AfP 1992, 398. AfP 1992, 398. Urteil vom 3.5.1989 – 5 AZR 158/88.

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A Rz. 45

Grundbegriffe

gewiesen ist, liegt keine Eingliederung in den betrieblichen Organismus und damit keine Weisungsgebundenheit vor, wenn er bei der Ausführung dieser Tätigkeit frei ist. 1 Das gilt jedenfalls immer dann, wenn die technische Ausrüstung teuer ist und deshalb nicht erwartet werden kann, dass ein Mitarbeiter sich derartige wertvolle Geräte anschafft. 45 Erst recht kann aus der Modalität der Zahlung des Entgeltes nichts für die Arbeitnehmereigenschaft hergeleitet werden. Auch die Zahlung eines Pauschalhonorars ist für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis oder ein freies Mitarbeiterverhältnis vorliegt, unwesentlich. 2 46 Weiterhin kommt es auch nicht darauf an, ob der Verlag die Arbeit des Mitarbeiters einer Kontrolle unterzieht. Wie das Bundesarbeitsgericht meint, setzt der Status eines freien Mitarbeiters nicht voraus, dass er in jeder Beziehung den Gegenstand seiner Tätigkeit frei bestimmen kann. Vielmehr muss er immer damit rechnen, dass der Auftraggeber seine Arbeit einer ständigen Qualitätskontrolle unterzieht und auch Korrekturen verlangt. So ist beim Werkvertrag der Besteller berechtigt, eine bestimmte Qualitätshöhe festzusetzen und Nachbesserung zu verlangen. 3 47 Schließlich ist die Dauer der Vertragsbeziehung unwesentlich. Sie hat für sich genommen überhaupt keinen arbeitsrechtlichen Indizwert. Auch bei Bestehen eines Dauerrechtsverhältnisses muss stets geprüft werden, ob es sich um ein Arbeitsverhältnis oder um ein freies Mitarbeiterverhältnis handelt. Denn beide Formen sind sowohl mit als auch ohne Dauerverpflichtung denkbar. 4

4. Journalist/Redakteur 48 Als Redakteur tätig zu sein ist für viele ein Traumberuf. Obwohl dieser Begriff bereits seit Anfang des 19. Jahrhunderts für den die Zeitung redigierenden Journalisten verwendet wird, 5 gibt es bis heute keine einheitliche und allgemeinverbindliche Definition, wer Redakteur ist, denn für diejenigen, die eine Publikation oder Sendung inhaltlich gestalten, gibt es die unterschiedlichsten Berufsbezeichnungen. Zwar werden in verschiedenen Gesetzen die Begriffe „Publizist“, „Journalist“, „Redakteur“ verwendet, ohne dass sie dort jedoch definiert wurden. So heißt es im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz, dass Journalisten einen freien Beruf ausüben, im Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ist festgelegt, dass selbständige Künstler und Publizisten gemäß diesem Gesetz sozial-

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BAG, AfP 1991, 764. BAG, AfP 1991, 764. BAG, AfP 1992, 394. BAG, AfP 1992, 398. Löffler/Sedelmeier, Presserecht, a.a.O., § 9 Rz. 10.

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Journalist/Redakteur

Rz. 53 A

versichert werden, in den Landespressegesetzen wird in verschiedenen Bestimmungen auf den „verantwortlichen Redakteur“ abgestellt. Der Gesetzgeber hat es der Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen, diese Begriffe zu konkretisieren. Dabei ist zwischen der publizistischen, arbeitsrechtlichen und presserechtlichen Begriffsbestimmung zu differenzieren.

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Für die Publizistikwissenschaft ist Oberbegriff das Wort „Publizist“. Da- 50 runter werden diejenigen Personen verstanden, die haupt- oder nebenberuflich im Medienbereich bei der geistigen Gestaltung bzw. Mitgestaltung von Publikationen oder Sendungen tätig sind. 1 Er umfasst sowohl die freien Schriftsteller, den Herausgeber literarischer und wissenschaftlicher Werke als auch die freien und festangestellten Wort- und Bildjournalisten bei der Presse und den elektronischen Medien. Das Rechtsverhältnis, in dem der Publizist zum Verlag oder Sender steht, spielt daher keine Rolle. Sozialversicherungsrechtlich gilt ein engerer Publizistenbegriff. Darunter fallen nur die hauptberuflichen freien Publizisten (§ 1 KSVG). Weiter heißt es dann in § 2 Satz 2 KSVG: „Publizist im Sinne dieses Gesetzes ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt.“

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Redakteur i.S. des Presserechts ist, wer als hauptberuflicher Wort- oder Bildjournalist den zur Veröffentlichung vorgesehenen Stoff beschafft, bearbeitet und zumindest mitentscheidet, ob er publiziert wird. Für den presserechtlichen Redakteursbegriff ist damit wesentlich, dass der Betreffende die Pressepublikation redigiert oder mitredigiert und eine wenn auch begrenzte Entscheidungsbefugnis über die Auswahl und Gestaltung des publizistischen Stoffes hat. 2 Keine Rolle spielt dabei, ob diese Tätigkeit haupt- oder nebenberuflich, im Anstellungsverhältnis oder als freier Beruf ausgeübt wird. 3

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Für das Arbeitsrecht, insbesondere für die Anwendung der Tarifverträge 53 gilt ein eigenständiger Redakteursbegriff. Für das allgemeine Arbeitsrecht wird als Redakteur bezeichnet, der in einem Anstellungsverhältnis für einen Verlag journalistisch tätig ist. Diese Definition deckt sich im Wesentlichen mit der Begriffsbestimmung in dem nicht weiterverfolgten Gesetzesentwurf zu einem Presserechts-Rahmengesetz aus dem Jahre 1974, in dem es hieß: „Redakteur ist, wer aufgrund eines Arbeitsvertrages hauptberuflich ein periodisches Druckwerk redigiert, mitredigiert oder sonst mitgestaltet.“

1 Vgl. Löffler/Sedelmeier, a.a.O., § 9 Rz. 11. 2 Vgl. Löffler/Sedelmeier, a.a.O., § 9 Rz. 13. 3 Vgl. Löffler/Sedelmeier, a.a.O., § 9 Rz. 14.

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A Rz. 54

Grundbegriffe

54 Tarifrechtlich ist der Redakteursbegriff konkreter gefasst. Im Zuge der Manteltarifverhandlungen für Redakteure an Tageszeitungen und Zeitschriften im Jahre 1980 erkannten die Tarifparteien die Notwendigkeit, die Redakteurstätigkeit aus der Praxis heraus zu bestimmen und damit zu erweitern. Ausschlaggebend dafür war: – die Einsicht, dass nicht jede Tätigkeit in der Redaktion den Status des Redakteurs rechtfertigt, dass also zwischen „kreativen“ Tätigkeiten und Arbeiten nach schematischen Vorgaben zu unterscheiden ist, wobei Kreativität im Sinne der Entfaltung eigener Einfälle/Entschlüsse verstanden wurde. – die Übereinstimmung der Tarifparteien, dass auch das Verfassen eigener Texte (Nachrichten, Reportagen, Kommentare) eine in der Praxis wesentliche, ja originäre Tätigkeit des Redakteurs ist. – der Nachholbedarf, um den durch neue zeitungs- und zeitschriftentechnologische Entwicklung bedingten Veränderungen in der Redaktionspraxis (Schreiben, Redigieren, Umbrechen am Bildschirm) Rechnung zu tragen. 55 Diese Überlegungen fanden dann in der Protokollnotiz zum Manteltarifvertrag für Redakteure an Tageszeitungen und Zeitschriften und nachfolgend in den anderen Redakteurstarifverträgen ihren Niederschlag. 56 In den Tarifverträgen für Zeitungsredakteure heißt es: „Als Redakteur gilt, wer – nicht nur zum Zwecke der Vorbereitung auf diesen Beruf (gleichgültig in welchem Rechtsverhältnis) – kreativ an der Erstellung des redaktionellen Teils an Tageszeitungen regelmäßig in der Weise mitwirkt, dass er/sie 1. Wort- und Bildmaterial sammelt, sichtet, ordnet, dieses auswählt und veröffentlichungsreif bearbeitet, und/oder 2. mit eigenen Wort- und/oder Bildbeiträgen zur Berichterstattung und Kommentierung in der Zeitung beiträgt, und/oder 3. die redaktionell-technische Ausgestaltung (insbesondere Anordnung und Umbruch) des Textteils besorgt, und/oder 4. diese Tätigkeit koordiniert.“ 57 Die Definition in den Tarifverträgen für Zeitschriften unterscheidet sich zwar in den Ziffern 3 und 4 der Protokollnotiz zum Geltungsbereich in der Wortwahl. Dort heißt es: – die Gestaltung des redaktionellen Teils der Zeitschrift (insbesondere die Anordnung des Textes und der Bilder) journalistisch plant und bestimmt (Ziffer 3);

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Journalist/Redakteur

Rz. 62 A

– diese Tätigkeit in der Funktion einer/eines Chefin/Chefs vom Dienst, einer/eines geschäftführenden Redakteurin/Redakteurs oder einer/eines Schlussredakteurin/Schlussredakteurs koordiniert (Ziffer 4); auch fehlt der Begriff „kreativ“, stattdessen heißt es „überwiegend“, inhaltlich ist der Begriff mit dem im Zeitungsbereich aber deckungsgleich.

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Zusätzlich sind in den Tarifverträgen für Zeitschriftenredakteure auch noch der Archivar und der Dokumentar genannt, die dann Redakteure sind, wenn sie die Voraussetzungen einer der zuvor genannten Ziffern, insbesondere die der Ziffern 1 und 2 erfüllen. Klargestellt ist weiterhin, dass Fachberater und vergleichbare Funktionen (z.B. Tester), die diese Voraussetzungen der Ziffern 1 und 2 nicht erfüllen, keine Redakteure sind. Eigenständige Bedeutung kommt diesen Definitionen nicht zu, sondern sind als Hilfestellung für die Arbeitsvertragsparteien zu verstehen, wenn es um die Feststellung geht, ob ein Anstellungsvertrag als Redakteur oder als sonstiger Verlagsmitarbeiter geschlossen werden soll.

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Aus dem persönlichen Geltungsbereich in § 1 der Tarifverträge ergibt sich, das die Festanstellung Bedingung für den Beruf eines Redakteurs ist. Für den Redakteursbegriff i.S. der Tarifverträge ist damit wesentlich, dass die in der Protokollnotiz genannten Tätigkeiten in einem Arbeitsverhältnis ausübt werden.

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Dabei entspricht die Begriffsbestimmung in Ziffer 1 der Protokollnotiz dem klassischen Redakteursbegriff, der aber schon lange nicht mehr die Tätigkeit eines Redakteurs fest umschreiben konnte. Wie so viele andere Berufe auch, war der des Redakteurs ebenfalls einem Wandel unterworfen, dem die klassische Definition nicht Rechnung trug. Das ist allgemein anerkannt. Dazu heißt es nämlich zum Beispiel in dem Medienlexikon unter dem Stichwort „Redakteur“: „Ursprünglich war dem Redakteur nur die Organisation der Nachrichtenbeschaffung und die Bearbeitung von Agenturmeldungen, Korrespondentenberichten, Manuskripten der freien Mitarbeiter und Berichte der Mitarbeiter in den Außenredaktionen aufgetragen, das eigentliche Redigieren. Inzwischen allerdings hat sich die Berufsbezeichnung „Redakteur“ als allgemeiner Begriff für die festangestellten Journalisten in einem Massenmedium herausgebildet“. 1 Dem trugen die Tarifparteien mit der Protokollnotiz Rechnung.

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Während der publizistische und presserechtliche Redakteursbegriff unumstritten ist, wurde der tarifrechtliche allerdings inzwischen wiederholt „hinterfragt“ bzw. infrage gestellt. Angesicht der maßgeblich durch die Drucktechnik hervorgerufenen Veränderungen bei der Ausübung der Tätigkeit werden die mehr als 25 Jahre alten Definitionen in der Protokollnotiz von vielen als nicht immer praxistauglich angesehen. Streit- bzw. Konfliktpunkte sind u.a.:

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1 Döhn/Klöckner, Baden-Baden, Signal-Verlag, 1979.

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A Rz. 62

Grundbegriffe

• Fragen der Grenzziehung zwischen den Tätigkeiten eines Redakteurs bzw. Nichtredakteurs, die auch durch das Additivum „Kreativität“ in den Tarifverträgen für Zeitungsredakteure nicht gelöst werden. Als Beispiel ist hier der Infografiker und der Layouter zu nennen. Deren Funktion wird vielfach von Redakteuren mit übernommen, ohne dass sie deshalb ihren Status verlieren. Andererseits ist derjenige, der ausschließlich als Infografiker oder Layouter tätig ist, kein Redakteur. Das folgt auch aus den Branchentarifverträgen im Zeitungsbereich, die für die Verlagsangestellten gelten. Dort werden diese Tätigkeiten ausdrücklich als Verlagsangestelltentätigkeiten bezeichnet. Deshalb handelt es sich bei dieser Berufsgruppe nicht um Redakteure. Allenfalls haben Layouter, die auf die Anordnung von Text und Bild bestimmenden journalistischen Einfluss nehmen, Redakteursstatus. Hierzu zählen Art-Direktoren und Cheflayouter, eventuell auch noch der stellvertretende Cheflayouter, die hin und wieder von Zeitschriftenverlagen beschäftigt werden. In der Tageszeitungsbranche gibt es derartige Mitarbeiter praktisch nicht. Das schließt natürlich nicht aus, dass auch ein Redakteur diese Arbeiten ausführt. In diesem Fall übt er eine Mischtätigkeit aus, die, wenn er weiterhin zu mehr als 50 Prozent seiner Arbeitszeit journalistisch tätig ist, seine Stellung als Redakteur unberührt lässt. In § 1 der Zeitschriftentarifverträge ist das auch noch ausdrücklich festgehalten, denn dort heißt es, dass die Tätigkeit überwiegend ausgeübt werden muss. (Zum Merkmal überwiegend vgl. auch unter B Rz. 33 ff.). • Überhaupt ist feststellbar, dass die Integration insbesondere der Zeitungsproduktion in den Aufgabenbereich der Redaktion immer weiter gegangen ist. Tätigkeiten, die in der Vergangenheit in der „Technik“ durchgeführt wurden, sind in die Redaktion verlagert worden. • Schwierigkeiten bereitete in der Vergangenheit auch die Bewertung der Stellung des angestellten Fotografen. Diese Frage ist allerdings inzwischen einer arbeitsgerichtlichen Klärung zugeführt worden. Nachdem das Bundesarbeitsgericht noch 1981 meinte, praktisch jeder Pressefotograf im Anstellungsverhältnis sei Bildredakteur 1 – so konnte das Urteil verstanden werden und wurde natürlich auch in diesem Sinne von den Gewerkschaften interpretiert – differenziert es nunmehr. Es ist der Auffassung der Verleger gefolgt, dass nur derjenige Bildredakteur sein kann, der zumindest mitentscheiden kann, welche seiner Bilder im Blatt veröffentlicht werden. Liefert er der Redaktion nur Fotos ab, ohne über deren Verwendung mitbestimmen zu können, ist er unabhängig davon, ob er bei der Ausübung seiner Tätigkeit kreativ ist, kein Bildredakteur. 2

1 BAG, AfP 1981, 473 ff. 2 BAG, AfP 2003, 565.

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Arbeitnehmerähnliche Personen

Rz. 69 A

5. Arbeitnehmerähnliche Personen Ein freier Journalist kann den Status eines arbeitnehmerähnlichen Mitarbeiters haben. Der Begriff „arbeitnehmerähnliche Person“ muss in zwei Richtungen abgegrenzt werden nämlich zu der Gruppe der Arbeitnehmer und zu der der Selbständigen. Auch hier kommt es bei der Abgrenzung nicht auf den Willen der vertragsschließenden Parteien an. Maßgebend ist vielmehr die objektive Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses.

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Der Begriff „arbeitnehmerähnliche Person“ ist für die Abgrenzung zu der 64 Gruppe der Arbeitnehmer wenig hilfreich, denn hierfür sind gerade die Gesichtspunkte entscheidend, hinsichtlich derer gerade keine Ähnlichkeit mit Arbeitnehmern besteht. Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist die Selbständigkeit. Der arbeitnehmerähnliche freie Journalist ist freier Mitarbeiter und kein Arbeitnehmer. Er ist nicht etwa ein Arbeitnehmer minderen Rechts. Erst wenn feststeht, dass ein Journalist freier Mitarbeiter ist, folgt die zweite Frage, ob seine Bindungen zu dem Medienunternehmen so eng sind, dass er als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen ist.

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Der selbständig Tätige ist bezüglich des Einsatzes seiner eigenen Arbeitskraft unabhängig. Er kann sie unternehmerisch einsetzen, einer Vielzahl potenzieller Abnehmer anbieten. Dabei ist er nicht auf die Abnahme durch einige wenige Bezieher angewiesen, sondern findet einen Markt vor, auf dem er als gleichberechtigter Partner die Ausgestaltung der einzelnen Vertragsbedingungen bestimmen kann.

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Auch arbeitnehmerähnliche Personen sind in der Arbeitseinteilung frei. Wegen ausschließlicher oder überwiegender Beschäftigung für einen bestimmten Verlag stehen sie jedoch in wirtschaftlicher Abhängigkeit. Neben der sozialen Schutzbedürftigkeit ist die wirtschaftliche Abhängigkeit das entscheidende Kriterium für die Zuordnung eines freien Journalisten zur Gruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen.

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Ist der arbeitnehmerähnliche freie Journalist zunächst einmal freier Mitarbeiter, so gelten für ihn doch bestimmte arbeitsrechtliche Normen. Für Rechtsstreitigkeiten der arbeitnehmerähnlichen Personen mit ihren Auftraggebern sind die Arbeitsgerichte zuständig, und es besteht Anspruch auf Urlaub. Im Umfang von § 12a TVG können auch Tarifverträge für diesen Personenkreis abgeschlossen werden. Davon ist im Tageszeitungsbereich und bei den Rundfunkanstalten Gebrauch gemacht worden. Für private Rundfunkunternehmen und Zeitschriftenverlage gibt es derartige Tarifverträge nicht.

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Die genannte Bestimmung aus dem Tarifvertragsgesetz enthält eine Definition des Begriffs der arbeitnehmerähnlichen Person. Hiernach sind ar-

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A Rz. 70

Grundbegriffe

beitnehmerähnliche Personen solche, die wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sind, wenn sie aufgrund von Dienst- oder Werkverträgen für andere Personen tätig sind, die geschuldeten Leistungen persönlich und im Wesentlichen ohne Mitarbeit von Arbeitnehmern erbringen und überwiegend für eine Person tätig sind oder ihnen von einer Person im Durchschnitt mehr als die Hälfte des Entgeltes zusteht, das ihnen für ihre Erwerbstätigkeit insgesamt zusteht. Bei freien Journalisten reicht es aus, wenn sie ein Drittel ihrer Einkünfte von einem Verlag erhalten, um arbeitnehmerähnlich zu sein.

6. Volontär, Praktikant 70 Volontäre gibt es nicht nur bei den Medien, sondern auch in anderen Wirtschaftszweigen. Im Allgemeinen wird als Volontär bezeichnet, der sich für ein bestimmtes Gebiet und für eine gewisse Zeit einem Arbeitgeber zur Verfügung stellt, um von diesem ausgebildet zu werden, ohne dass eine abgeschlossene Fachausbildung beabsichtigt ist. 1 71 Dieser traditionelle Begriff gilt aber nicht für Redaktionsvolontäre bei Zeitungen und Zeitschriften. Das Zeitungs- und Zeitschriftenvolontariat ist ein betriebliches Ausbildungsverhältnis, das zum Beruf des Redakteurs hinführen soll. Es erfüllt alle Voraussetzungen, die das Bundesarbeitsgericht für ein anderes Vertragsverhältnis i.S. von § 26 BBiG aufgestellt hat.2 Ausgebildet wird der Redaktionsvolontär auf der Grundlage eines Ausbildungsvertrages, dem jedenfalls in tarifgebundenen Verlagen die Regelungen des Tarifvertrages über das Redaktionsvolontariat an Tageszeitungen und Zeitschriften zu Grunde liegt. Da der Tarifvertrag im Zeitschriftenbereich allgemeinverbindlich ist, ist er in allen Zeitschriftenverlagen anzuwenden (zum Begriff „allgemeinverbindlich“ vgl. D Rz. 20). Die Dauer der Ausbildung von zwei Jahren entspricht der gesetzlichen Mindestanforderung für staatlich anerkannte Ausbildungsberufe. Schließlich steht beim Redaktionsvolontär der Lernzweck und nicht die Verpflichtung zur Leistung von Arbeit nach Weisungen des Arbeitgebers im Vordergrund.3 72 Redaktionsvolontäre sind jedoch nur diejenigen, die sich in einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis befinden. Deshalb ist kein Redaktionsvolontär, wer beispielsweise im Rahmen einer universitären Ausbildung mit dem Berufsziel „Diplomjournalist“ ein Praktikum bei einem Verlag 1 Küttner/Kania, Personalhandbuch 2006, Stichwort Ausbildungsverhältnis Rz. 4 m.w.N. 2 BAG, AP Nr. 10 zu § 78a BetrVG 1972, bestätigt mit Urteil vom 1.12.2004 – 7 AZR 129/04. 3 Vgl. dazu auch § 10 Tarifvertrag über das Redaktionsvolontariat an Tageszeitungen.

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Leitende Angestellte

Rz. 76 A

macht. Denn bei diesen Praktika handelt es sich nicht um betriebliche, sondern um schulische Ausbildungsverhältnisse.

7. Leitende Angestellte Der Begriff „leitende Angestellte“ spielt vornehmlich im Betriebsverfassungsgesetz eine Rolle.

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Zwar gehören auch die leitenden Angestellten zu der Gruppe der Arbeitnehmer, insoweit unterscheiden sie sich von den Organmitgliedern eines Unternehmens, etwa des Geschäftsführers einer GmbH. Auf Grund ihrer exponierten Stellung und ihrer besonderen Nähe zum Verleger wäre es aber unangemessen und führte zu Wertungswidersprüchen, wenn sie ihre Interessen durch den von allen Arbeitnehmern gewählten Betriebsrat wahrnehmen lassen müssten. Denn auf seinem Arbeitsgebiet nimmt der leitende Angestellte typische Unternehmeraufgaben wahr, die ihn sogar im Gegensatz zu den Interessen der übrigen Belegschaft bringen können.

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In § 5 Abs. 3 BetrVG ist der Begriff „leitender Angestellter“ folgendermaßen definiert:

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„Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb a) zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder b) Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder c) regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrung und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere auf Grund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.“

Dabei bereitet die Anwendung der Regelung in § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG auch der Rechtsprechung erhebliche Probleme. Generell ist es schwierig, Aussagen zu treffen, welche Redakteure leitende Angestellte sind. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles. Im Allgemeinen zählen jedoch der Chefredakteur, sein Stellvertreter, der Chef vom Dienst und die Ressortleiter zu den leitenden Angestellten. Für Chefredakteure und deren Stellvertreter hat das das LAG Düsseldorf 1 entschieden. Dass auch Ressortleiter regelmäßig darunter fallen, hat ebenfalls das LAG Düsseldorf2 festgestellt, nachdem das Bundesarbeitsgericht die Vorgängerent1 LAG Düsseldorf, Beschluss vom 17.3.1993 – 12 TaBV 221/92. 2 LAG Düsseldorf, Beschluss vom 17.11.1994 – 5 TaBV 43/94.

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A Rz. 77

Grundbegriffe

scheidung des Landesarbeitsgerichtes, in der es noch das Gegenteil festgestellt hatte, aufgehoben hatte. 77 Maßgebend dafür, dass auch der Ressortleiter regelmäßig leitender Angestellter ist, sind folgende Erwägungen: Zwar liegt die Letztentscheidung darüber, was in der Zeitung oder Zeitschrift veröffentlicht wird, beim Chefredakteur. Diese schränkt jedoch den Spielraum eines Ressortleiters nur bedingt ein. Ständig neu eintreffende Ereignisse lassen es nicht zu, dass sich der Ressortleiter jeweils im Einzelfall Anweisungen von der Chefredaktion geben lässt. Darüber hinaus obliegt ihm die Koordinierung in seinem Ressort. Er kann deshalb naturgemäß nur nach allgemeinen Richtlinien handeln. Die Ausfüllung dieser allgemeinen Richtlinien obliegt ihm. Ein Chefredakteur kann den Ressortleiter nicht so eng binden, dass diesem kaum Entscheidungsfreiheit bleibt. Die Kaufentscheidung des Lesers hängt maßgeblich von der redaktionellen Berichterstattung ab. Der Ressortleiter entscheidet deshalb zu einem erheblichen Teil über das Gelingen des Produkts und damit über den Bestand des Verlages. Darüber hinaus sind Ressortleitern regelmäßig auch noch weitere Redakteure unterstellt. Gerade die dadurch bedingten Koordinierungsaufgaben werden sie häufig im Gegensatz zu den Wünschen der ihnen unterstellten Redakteure führen. Der „Gegnerbezug“ ist damit vorgegeben.

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B. Individualarbeitsrecht 1. Ausschreibung von Arbeitsplätzen Freie Arbeitsplätze in der Redaktion, die besetzt werden sollen, werden 1 regelmäßig vorher ausgeschrieben. Das kann entweder innerbetrieblich und/oder durch Veröffentlichung einer Stellenanzeige in Zeitungen und Zeitschriften und/oder durch Einschaltung einer Personalberatungsfirma, die dann ihrerseits ggf. Stellenanzeigen aufgibt, geschehen. Schon an dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass der Betriebsrat nach § 93 BetrVG verlangen kann, dass Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebes ausgeschrieben werden müssen. Das gilt auch für Arbeitsplätze, die mit Tendenzträgern besetzt werden sollen, denn nicht die Ausschreibung, sondern die Einstellung ist tendenzbezogen. 1 Eine fehlende innerbetriebliche Stellenausschreibung gibt dem Betriebsrat jedoch später kein Zustimmungsverweigerungsrecht zur Einstellung des Tendenzträgers, 2 weil ihm insoweit kein Mitbestimmungsrecht zusteht. 3

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a) Benachteiligungsfreie, insbesondere geschlechtsneutrale Stellenausschreibung Einschlägig sind die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), das am 18.8.2006 in Kraft getreten ist.

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Die zu besetzende Stelle darf nicht unter Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ausgeschrieben werden. Das folgt aus § 11 AGG, in dem auf § 7 Abs. 1 AGG verwiesen wird. Mit diesen beiden Bestimmungen wurden die §§ 611a und 611b BGB abgelöst, in denen früher die Pflicht, regelmäßig die Stelle geschlechtsneutral auszuschreiben, und die Folgen des Verstoßes dagegen geregelt waren. Die geschlechtsneutrale Stellenausschreibung konnte nur dann unterbleiben, wenn ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit war, was nur sehr selten der Fall war. Was eine Benachteiligung in diesem Sinne ist, ergibt sich aus der in § 1 4 AGG beschriebenen Zielsetzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, auf den folglich in § 7 Abs. 1 AGG verwiesen wird. Danach sollen mit dem Gesetz Benachteiligungen aus Gründen – der Rasse – wegen der ethnischen Herkunft 1 BAG, AP Nr. 11 zu § 118 BetrVG. 2 BAG, AP Nr. 11 zu § 118 BetrVG 1972. 3 Vgl. zum Tendenzschutz im Kapitel C.

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B Rz. 5

Individualarbeitsrecht

– des Geschlechts – der Religion – der Weltanschauung – einer Behinderung – des Alters – der sexuellen Identität verhindert oder beseitigt werden. Erfasst werden nach § 6 Abs. 1 AGG von dem Gesetz – Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten – arbeitnehmerähnliche Personen, die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten – Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis – Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist. Damit ist klargestellt, dass die Vorschriften bereits bei der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses zu beachten sind. 5

Daneben ist die Vorschrift des § 7 Abs. 1 TzBfG zu beachten, wonach der Arbeitgeber einen Arbeitsplatz, den er öffentlich oder innerbetrieblich ausschreibt, auch als Teilzeitarbeitsplatz ausschreiben muss, wenn er sich dazu eignet. Gleichgültig ist, wie die Ausschreibung erfolgt. Zu beachten sind die genannten Vorschriften deshalb bei der Ausschreibung durch Zeitungsinserate, in Online-Diensten, Aushang am Schwarzen Brett u.Ä. Nach § 11 AGG ist nicht nur eine geschlechtsneutrale Stellenausschreibung geboten, vielmehr sind bei der Ausschreibung alle in § 1 AGG genannten Benachteiligungsverbote zu beachten. Es sind deshalb in den Stellenausschreibungen alle Hinweise zu unterlassen, aus denen auf eine mögliche Benachteiligung geschlossen werden könnte.

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In der Praxis stellt die geschlechtsneutrale Stellenausschreibung nach wie vor den wichtigsten Anwendungsfall des § 11 AGG dar. Das bedeutet, dass eine freie Stelle als Redakteur weder öffentlich noch innerbetrieblich nur für Männer oder Frauen ausgeschrieben werden darf, denn für diese Tätigkeit ist ein bestimmtes Geschlecht keine unabdingbare Voraussetzung. In den entsprechenden Veröffentlichungen muss deshalb zum Ausdruck kommen, dass diese sich sowohl an Männer als auch an Frauen richten. Geschehen kann das durch die Verwendung sowohl der männlichen als auch der weiblichen Berufsbezeichnung, also „Redakteur/Redakteurin“ oder „Redakteur m/w“ oder durch den ausdrücklichen Hin20

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Ausschreibung von Arbeitsplätzen

Rz. 10 B

weis, dass mit der Anzeige sowohl Männer als auch Frauen angesprochen werden. Des Weiteren sollten Altersangaben in den Inseraten vermieden werden. b) Ausnahmen Nach § 8 AGG ist jedoch eine unterschiedliche Behandlung wegen beruf- 7 licher Anforderungen zulässig. Mit dieser Regelung wird ein Rechtfertigungsmaßstab geschaffen, der Fälle unmittelbarer Benachteiligung durch sachliche Gründe rechtfertigen kann. Es darf dabei allerdings nicht bloß zweckmäßig sein, bestimmte Personengruppen ungleich zu behandeln, vielmehr muss die an den Beschäftigten gestellte Anforderung erforderlich sein. Nach dieser Vorschrift können Beschäftigte z.B. aus Gründen der Welt- 8 anschauung unterschiedlich behandelt werden, wenn dieser Grund wegen der Art der Tätigkeit eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt. Der Begriff Weltanschauung bildet mit dem Begriff Religion ein Begriffspaar. Unter Religion oder Weltanschauung ist eine mit der Person des Menschen verbundene Gewissheit über bestimmte Aussagen zum Weltganzen sowie zur Herkunft und zum Ziel menschlichen Lebens zu verstehen. Dabei legt die Religion eine den Menschen überschreitende und umgreifende („transzendente“) Wirklichkeit zugrunde, während sich die Weltanschauung auf innerweltliche („immanente“) Bezüge beschränkt. Allgemeine Überzeugungen und Tendenzen werden von diesem Begriff nicht erfasst. Hierzu zählt z.B. die allgemeine politische Gesinnung. Insoweit bleibt die bisherige Rechtslage unverändert und die Freiheit des Verlegers, die politische Tendenz der Zeitung festzulegen und durch die Auswahl entsprechender Mitarbeiter auch zu verwirklichen, wird durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz nicht angetastet. Diese Auffassung haben das Bundesjustizministerium und verschiedene Bundestagsabgeordnete gegenüber den beiden Verlegerverbänden BDZV und VDZ explizit festgehalten. Daraus ergibt sich, dass das AGG für die Verwirklichung der politischen Tendenz bereits keine Anwendung findet. Verleger können weiterhin von Tendenzträgern verlangen, dass sie bei der Ausübung ihrer Tätigkeit die Tendenz der Zeitung oder Zeitschrift beachten.

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Sofern ein Verleger eine weltanschauliche Tendenz im oben beschriebenen Sinn festlegt, kann er sich dafür auf den Rechtfertigungsgrund des § 8 AGG stützen und seine Tendenzträger seiner weltanschaulichen Tendenz gemäß auswählen. Konfessionelle Zeitschriften können sich zusätzlich auch noch auf § 9 Abs. 2 AGG berufen, soweit sie organisatorisch oder institutionell mit Kirchen verbunden sind. Ihnen ist deshalb erlaubt, auf Grund ihres Selbstverständnisses Differenzierungen wegen einer bestimmten Religion oder Weltanschauung vorzunehmen. Zudem können

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B Rz. 10a

Individualarbeitsrecht

sie von ihren Mitarbeitern ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne des Selbstverständnisses des Verlags erwarten. c) Rechtsfolgen 10a

Verstößt der Arbeitgeber gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 Abs. 1 AGG, kann das für ihn empfindliche Folgen nach sich ziehen. Zwar hat der Bewerber oder die Bewerberin auch bei einer benachteiligungsbedingten Nichteinstellung keinen Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses, wie in § 15 Abs. 6 AGG klargestellt ist, er oder sie haben jedoch nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG einen Anspruch auf Schadensersatz und Entschädigung. Der Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG ist verschuldensabhängig ausgestaltet. Er setzt damit voraus, dass der Arbeitgeber die Benachteiligung zu vertreten hat. Dieser haftet deshalb nur, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat (§ 276 BGB), was jedoch zumeist anzunehmen ist. Nach § 278 BGB ist er auch für Dritte, die seine gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen sind, verantwortlich. Deren Verschulden hat er wie eigenes Verschulden zu vertreten. Erfüllungsgehilfen sind alle Personen, die der Arbeitgeber mit den Modalitäten zur Einstellung betraut hat, also seine Mitarbeiter, aber auch Personalagenturen, die er für die Suche nach geeigneten Arbeitskräften eingeschaltet hat. Gesetzlicher Vertreter ist bei einer GmbH der Geschäftsführer (§ 35 GmbHG), bei einer Aktiengesellschaft der Vorstand (§ 78 AktG). Bestehen kann der Schaden vornehmlich in vergeblich aufgewendeten Kosten für die Bewerbung, die der Arbeitgeber zu ersetzen hat. Von größerer Bedeutung dürfte in der Praxis der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG sein. Für den Ersatz des Nichtvermögensschadens haftet der Arbeitgeber auch ohne Verschulden. Für das Verhalten von von ihm beauftragten Dritten hat er auch in den Fällen des § 15 Abs. 2 AGG einzustehen. Wird ein Bewerber bzw. eine Bewerberin benachteiligungsbedingt nicht eingestellt, kann er oder sie eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, die dann drei Monatsgehälter nicht übersteigen darf, wenn er oder sie auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Der Arbeitgeber muss daher darlegen und beweisen, dass eine Einstellung auch bei benachteiligungsfreier Auswahl unterblieben wäre, andernfalls kann die Entschädigung die Grenze von drei Monatsgehältern übersteigen (zur Beweislast vgl. unten unter e). Auch stehen jedem Bewerber bzw. jeder Bewerberin, der bzw. die benachteiligungsbedingt nicht eingestellt wurde, der Entschädigungsanspruch zu, der deshalb schnell beträchtliche Höhen erreichen kann.

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Ausschreibung von Arbeitsplätzen

Rz. 10c B

d) Fristen Will der Bewerber bzw. die Bewerberin einen Schadensersatz oder eine 10b Entschädigung verlangen, muss er bzw. sie diesen Anspruch innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zugang der Ablehnung schriftlich geltend machen (§ 15 Abs. 4 AGG). Nach Möglichkeit sollte sich deshalb der Arbeitgeber den Zugang bestätigen lassen. Das ist relativ problemlos möglich, wenn die Ablehnung gegenüber dem anwesenden Bewerber bzw. der anwesenden Bewerberin erfolgt. Wird der Bewerber bzw. die Bewerberin schriftlich über die Ablehnung benachrichtigt, wenn sie abwesend sind, ist die sicherste, aber nicht immer praktikable Zugangsform der Einwurf des Schreibens in den Hausbriefkasten durch Boten, ggf. im Beisein eines Zeugen, der den Inhalt des Briefes bestätigen kann. Weitere, allerdings nur eingeschränkt sichere Zugangsformen sind: – Einschreiben – Einwurf-Einschreiben – Einschreiben mit Rückschein – Postzustellung und Hinterlegung des Schriftstückes Angesichts der Beweislastverteilung ist es daher sehr zu empfehlen, die Dokumentation über das Einstellungsverfahren für zwei Monate aufzubewahren, um im Streitfall Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche abwehren zu können. e) Beweislast Die Beweislastverteilung ist in § 22 AGG geregelt.

10c

Danach hat zunächst der Bewerber bzw. die Bewerberin nachzuweisen, dass er oder sie benachteiligungsbedingt nicht eingestellt wurde. Dabei kommen ihm bzw. ihr jedoch Beweiserleichterungen zu Hilfe. Er oder sie braucht nämlich nur Indizien zu beweisen, die vermuten lassen, dass eine Einstellung aus einem in § 1 AGG genannten Grund unterblieben ist. Dann kehrt sich die Beweislast um und der Arbeitgeber hat nachzuweisen, dass tatsächlich keine Benachteiligung vorlag oder diese nach den §§ 8, 9 AGG gerechtfertigt war. Ein tatsächlicher Anhaltspunkt für eine Benachteiligung ist dann gegeben, wenn der Arbeitgeber entgegen der Vorschrift des § 11 AGG keine geschlechtsneutrale Stellenausschreibung vorgenommen hat. Zu der aufgehobenen Vorschrift des § 611a Abs. 2 Satz 1 BGB hat das Bundesarbeitsgericht allerdings in ständiger Rechtsprechung vertreten, dass für den Anspruch auf den Schadensersatz oder die Entschädigung die Bewerbung allein nicht ausreicht. 1 Diese Rechtsprechung ist auf die §§ 11, 1 BAG BB 1998, 2525.

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B Rz. 11

Individualarbeitsrecht

15 AGG übertragbar. In dem Urteil heißt es: „§ 611a Abs. 2 Satz 1 BGB stellt nicht auf die formale Position eines allein durch die Einreichung eines Bewerbungsschreibens begründeten Status als „Bewerber“, sondern auf die materiell zu bestimmende objektive Eignung als Bewerber ab. Deshalb kann im Stellenbesetzungsverfahren nur benachteiligt werden, wer sich subjektiv ernsthaft beworben hat und objektiv für die zu besetzende Stelle in Betracht kommt.“

2. Einstellung, Übernahme aus dem Ausbildungsverhältnis 11 Die Einstellung ist die Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Arbeitsvertrages oder die tatsächliche Arbeitsaufnahme an einem bestimmten Arbeitsplatz. Ebenfalls eine Einstellung ist die Übernahme eines Redaktionsvolontärs in ein Redakteursarbeitsverhältnis nach Beendigung des Redaktionsvolontariates. 1 12 Soweit der Redaktionsvolontär Mitglied des Betriebsrats oder der Jugendund Ausbildungsvertretung ist, kann er gemäß § 78a Abs. 2, 3 BetrVG innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Volontariates schriftlich seine Weiterbeschäftigung in einem unbefristeten Redakteursarbeitsverhältnis verlangen. Diesem Verlangen kann der Verleger nur ausnahmsweise erfolgreich entgegentreten, wenn ihm die Weiterbeschäftigung nicht zumutbar ist. 13 Auf § 78a BetrVG können sich auch Redaktionsvolontäre berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts steht der § 118 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG dem nicht entgegen. 2 Tendenzbedingte Gründe können die Weiterbeschäftigung jedoch unzumutbar machen. 3 Geltend machen muss der Verleger die Unzumutbarkeit spätestens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses durch einen entsprechenden Antrag beim Arbeitsgericht (§ 78a Abs. 4 BetrVG). a) Fragerecht, Kosten 14 Bevor es zum Abschluss des Arbeitsvertrags kommt, wird der Arbeitgeber mit den Bewerbern Einstellungsgespräche führen. Dabei wird er sie auch nach ihren persönlichen Verhältnissen befragen. Prinzipiell gilt, dass der Bewerber die Fragen wahrheitsgemäß beantworten muss. Tut er das nicht, kann das später zur arbeitgeberseitigen Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB oder einer fristlosen Kündigung nach § 626 BGB führen.

1 LAG Hamm, DB 1982, 2303. 2 BAG, AP Nr. 10 zu § 78a BetrVG 1972. 3 BAG, AP Nr. 10 zu § 78a BetrVG 1972.

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Einstellung, Übernahme aus dem Ausbildungsverhältnis

Rz. 20 B

Es brauchen aber nur Fragen wahrheitsgemäß beantwortet zu werden, die zulässig sind. Die Frage nach einer eventuell bestehenden Schwangerschaft ist bei Redakteurinnen unzulässig. Auf diese darf eine Bewerberin nicht nur schweigen, sondern auch lügen.

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Des Weiteren ist die Frage nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit unzulässig. Fragen nach einer Schwerbehinderteneigenschaft sind andererseits zulässig und müssen deshalb wahrheitsgemäß beantwortet werden. Im Übrigen gilt, dass der Arbeitnehmer in der Regel nicht verpflichtet ist, ungefragt seine persönlichen Verhältnisse zu offenbaren. Die Kosten für das Vorstellungsgespräch sind, sofern in der Ausschreibung nichts anderes gesagt ist, vom Verlag zu übernehmen.

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b) Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats Geht es um die Einstellung eines Tendenzträgers, besteht in Verlagen, 17 auch wenn sie mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigen, kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG, denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts spricht eine Vermutung dafür, dass die Einstellung eine tendenzbedingte Maßnahme ist.1 Der Betriebsrat kann deshalb zu dieser Maßnahme nicht Stellung nehmen. Die Anwendung des § 99 Abs. 2 BetrVG ist damit ausgeschlossen. Ein Zustimmungsverweigerungsrecht hat der Betriebsrat daher nicht. Insoweit spielt es auch keine Rolle, ob der Betriebsrat tendenzbezogene oder tendenzneutrale Zustimmungsverweigerungsgründe vorbringen will. Ausgeschlossen sind auch die Anwendung der Regelungen in den § 100, 18 101 BetrVG, soweit es um die Einstellung von Tendenzträgern geht, denn diese setzen ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG voraus. 2 Das bedeutet andererseits nicht, dass jede Beteiligung des Betriebsrats ausgeschlossen ist. Die in § 99 Abs. 1 BetrVG genannten Informationen (Vorlage der Bewerbungsunterlagen aller Bewerber, Auskunft über die Person der Beteiligten, Auswirkungen der Einstellung) sind ihm zu geben.3 Wegen der weiteren Einzelheiten vgl. oben Kapitel C.

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c) Befristetes Arbeitsverhältnis Der Regelfall dürfte auch heute noch das unbefristete Arbeitsverhältnis sein. Das schließt natürlich nicht aus, es zu befristen. Dann ist die Be1 BAG, AP Nr. 3, 7, 18, 21 zu § 118 BetrVG 1972. 2 BAG, AP Nr. 7 zu § 118 BetrVG 1972. 3 BAG, AP Nr. 7, 46 zu § 118 BetrVG 1972; AP Nr. 3 zu § 99 BetrVG 1972.

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B Rz. 21

Individualarbeitsrecht

stimmung des § 14 TzBfG zu beachten, wobei insbesondere dessen Absätze 1 und 2 bedeutsam sind, auf die deshalb eingegangen wird. 21 Zur Zulässigkeit der Befristung eines Arbeitsverhältnisses gelten nach § 14 Abs. 1 und Abs. 2 TzBfG unterschiedliche Voraussetzungen. Zu differenzieren ist zwischen Arbeitsverhältnissen, die nur aus sachlichem Grund befristet werden können und Arbeitsverhältnissen, die sachgrundlos befristet werden dürfen. aa) Sachbefristung 22 Als Regelfall sieht das Gesetz in § 14 Abs. 1 TzBfG die sachlich gerechtfertigte Befristung an. Sie liegt insbesondere vor, wenn – nur ein vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung besteht; – die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern; das Redaktionsvolontariat ist eine Ausbildung in diesem Sinne; – der Arbeitnehmer nur vertretungsweise beschäftigt wird (z.B. bei Krankheit, Urlaub, Elternzeit u.Ä.); – die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt; – die Befristung zur Erprobung erfolgt (z.B. befristetes Probearbeitsverhältnis, das nur dann in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übergeht, wenn es nicht ausdrücklich beendet wird); – in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen, z.B. Überbrückung bis zur Aufnahme eines Studiums; – der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird (im Verlagsbereich ohne Belang); – die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht. 23 Klassischer Fall einer sachlich gerechtfertigten Befristung eines Vertrages ist der Abschluss eines Volontärsvertrages, der i.Ü. kein Arbeitsvertrag ist, sondern unter § 26 BBiG als anderes Vertragsverhältnis fällt. bb) Sachgrundlose Befristung 24 Nach § 14 Abs. 2 TzBfG ist regelmäßig eine kalendermäßige Befristung auch ohne sachlichen Grund bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig, sofern nicht zuvor mit dem Arbeitnehmer ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Dann ist zwar ein befristeter Anschlussvertrag nicht ausgeschlossen, dieser muss aber sachlich gerechtfertigt werden können.

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Rz. 29 B

Einstellung, Übernahme aus dem Ausbildungsverhältnis Beispiel:

Ein Redakteur war 2004 befristet als Vertreter für eine schwangere Redakteurin für den Verlag tätig. Im Jahr 2006 wird eine Stelle frei und soll mit diesem Redakteur besetzt werden. Wegen des befristeten Vorläuferarbeitsvertrags kann der neue Arbeitsvertrag nicht sachgrundlos befristet werden.

Im Falle des Abs. 2 können die beiden Jahre auch in vier Abschnitte geteilt werden, sofern dadurch die Höchstgrenze von zwei Jahren nicht überschritten wird. Die Anschlussverträge müssen aber jeweils vor Fristablauf des zu verlängernden Vertrages geschlossen werden, andernfalls handelte es sich um einen Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages, der dem Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unterliegt. Selbst eine Unterbrechung von nur einem Tag wäre deshalb schädlich.

25

Beispiel: Es wird ein auf sechs Monate befristeter Arbeitsvertrag mit einem Redakteur geschlossen, der am 31.8.2006 ausläuft. Am 1.9.2006 wird der Arbeitsvertrag um sechs Monate verlängert. Die Fristabrede im Anschlussvertrag ist unwirksam, da sie erst nach Auslaufen des ersten befristeten Vertrages geschlossen wurde.

Des Weiteren darf der Anschlussvertrag nicht zu Lasten des Arbeitneh- 26 mers inhaltlich vom Vorläufervertrag abweichen. Auch in diesem Fall handelt es sich dann um einen Neuabschluss und nicht um eine Verlängerung. Das gilt nur dann nicht, wenn die Änderung zu Gunsten des Redakteurs erfolgt.1 Nicht dem Anschlussverbot unterliegt die Übernahme eines Redaktions- 27 volontärs in ein befristetes Redakteursarbeitsverhältnis nach Abschluss der Ausbildung. Denn nach § 14 Abs. 2 TzBfG ist eine sachgrundlose Befristung nur unzulässig, wenn der Betreffende zuvor in einem Arbeitsverhältnis zum Verlag gestanden hat. Der Volontärsvertrag ist jedoch kein Arbeitsvertrag, sondern ein anderes Vertragsverhältnis im Sinne des § 26 BBiG (vgl. oben Rz. 23). cc) Schriftform, Klagefrist Nach § 14 Abs. 4 TzBfG ist die Fristabrede formbedürftig. Sie muss schriftlich abgeschlossen werden, andernfalls ist sie unwirksam.

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Ist die Fristabrede unwirksam, weil die Schriftform nicht eingehalten wurde oder der Vertrag nicht sachgrundlos befristet werden durfte und ein Sachgrund für die Befristung nicht vorliegt, gilt der Vertrag als unbefristet geschlossen (§ 16 TzBfG).

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Will ein Redakteur geltend machen, dass die Befristung unzulässig war oder lag ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis vor, muss er inner1 Annuß/Thüsing, Teilzeit- und Befristungsgesetz 2002, § 14 Rz. 65.

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B Rz. 30

Individualarbeitsrecht

halb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende (des letzten Arbeitsvertrages) eine entsprechende Klage beim Arbeitsgericht einreichen (§ 17 TzBfG). Versäumt er die Frist für die Klageerhebung, endet das Arbeitsverhältnis zum vereinbarten Fristende.

3. Arbeitsvertrag a) Form 30 Grundsätzlich ist der Arbeitsvertrag nicht formbedürftig. Er kann damit wirksam mündlich, schriftlich, ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen werden. Nur für befristete Arbeitsverträge gilt die Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG. 31 In den weitaus überwiegenden Fällen werden Arbeitsverträge mit Redakteuren schriftlich vereinbart. Das folgt nicht nur aus § 2 Abs. 1 MTV für Redakteure an Zeitungen bzw. Zeitschriften, wonach Redakteure Anspruch auf einen schriftlichen Anstellungsvertrag haben, sondern auch aus § 2 Abs. 1 NachweisG, wonach der Arbeitgeber verpflichtet ist, spätestens einen Monat nach vereinbartem Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich festzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und sie dann dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Nur ein schriftlicher Arbeitsvertrag entbindet nach § 2 Abs. 4 NachweisG von dieser Verpflichtung. b) Probezeit 32 Gewöhnlich wird mit einem neu eingestellten Redakteur eine Probezeit vereinbart. Für Redaktionsvolontäre ist sie tariflich vorgeschrieben (§ 5 Tarifvertrag über das Redaktionsvolontariat an Tageszeitungen, § 6 Tarifvertrag über das Redaktionsvolontariat an Zeitschriften). Für Redakteure darf sie sechs Monate, für Redaktionsvolontäre 3 Monate nicht überschreiten (§ 2 Abs. 5 MTV/Zeitschriftenredakteure, § 5 des Tarifvertrages über das Redaktionsvolontariat an Tageszeitungen, § 6 Abs. 1 des Tarifvertrages über das Redaktionsvolontariat an Zeitschriften). Zwar heißt es in § 2 Abs. 5 MTV/Zeitungsredakteure, dass die Probezeit in der Regel drei Monate betragen soll. Das Tatbestandsmerkmal „in der Regel“ weist aber darauf hin, dass diese drei Monate keine feste Grenze sind, sondern auch überschritten werden dürfen. Die Höchstgrenze von sechs Monaten ergibt sich aus dem Kündigungsschutzgesetz, das dann eingreift, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat (§ 1 Abs. 1 KSchG). Eine darüber hinausgehende Befristung der Probezeit kann wegen Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes unwirksam sein, wenn sie als befristetes Arbeitsverhältnis ausgestaltet wird. Ist sie Teil eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, wäre eine längere Probezeit als sechs

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Arbeitsvertrag

Rz. 35 B

Monate im Rahmen des Kündigungsschutzgesetzes ohnehin irrelevant, weil dieses nach Ablauf von sechs Monaten auf jeden Fall eingreift. c) Spezialfragen zum räumlichen und persönlichen Geltungsbereich Zu Anfang werden sich die Arbeitsvertragsparteien darüber Gedanken machen müssen, ob für das Arbeitsverhältnis die für Redakteure einschlägigen Tarifverträge anwendbar sind. Ob das der Fall ist, richtet sich vornehmlich nach deren Geltungsbereich. Darauf wird unter D Rz. 28 ff. hingewiesen. Zusätzlich ist dazu noch Folgendes auszuführen:

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Die räumlichen Geltungsbereiche der Tarifverträge für Zeitungs- und Zeitschriftenredakteure unterscheiden sich. Zwar heißt es in beiden, dass sie räumlich für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelten, für die Zeitungsredakteure bedarf das jedoch der Präzisierung. Es wird unter D Rz. 11 ff. gesagt, dass die Verbände BDZV und VDZ die Tarifverträge nicht aus eigenem, sondern aus abgeleitetem Recht abschließen. Die Tarifhoheit liegt bei den Landesverbänden. Der räumliche Geltungsbereich kann sich dann aber nur auf das Gebiet der Landesverbände beziehen, die den Tarifabschluss der Bundesverbände akzeptiert haben.

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Im Zeitungsbereich ist nach der Art der verschiedenen Tarifverträge zu differenzieren. Der Tarifvertrag über die Altersversorgung (Anhang 2) gilt mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt und Thüringen in allen Bundesländern. Der Manteltarifvertrag, der im Anhang 1 abgedruckt ist, gilt nicht in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, SachsenAnhalt und Thüringen. Der im Anhang 3 abgedruckte Gehaltstarifvertrag gilt nicht in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Der Entgeltumwandlungstarifvertrag gilt mit Ausnahme von Sachsen nicht in den neuen Bundesländern und Berlin. Der Tarifvertrag über die vermögenswirksamen Leistungen gilt in allen Bundesländern. Der Tarifvertrag für die arbeitnehmerähnlichen freien Journalisten gilt nicht in Hessen, Berlin und den neuen Bundesländern. Dort, wo die Tarifverträge nicht gelten, existieren entweder eigenständige Verbandstarifverträge oder Haustarifverträge. Im Zeitschriftenbereich gilt der GTV nicht in Nordrhein-Westfalen. Für den persönlichen Geltungsbereich ergibt sich eine weitere Frage, nämlich welche Tarifverträge bei einer Mischtätigkeit anzuwenden sind, wenn also der Redakteur nicht nur für die Zeitung oder Zeitschrift, sondern auch z.B. für das verlagseigene Anzeigenblatt oder den verlagseigenen Online-Dienst tätig ist. Hier kommt es darauf an, welche Tätigkeit Schaffeld

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B Rz. 36

Individualarbeitsrecht

überwiegt. Es müssen daher Feststellungen getroffen werden, für welches Objekt der Redakteur arbeitszeitmäßig am meisten beansprucht wird. Wird festgestellt, dass er überwiegend nicht für die Zeitung bzw. Zeitschrift arbeitet, sind nicht die Redakteurstarifverträge einschlägig, sondern nach dem Prinzip der Tarifeinheit diejenigen, die für die übrigen Verlagsangestellten gelten. Dies „Überwiegenheitsprinzip“ wird in den Tarifverträgen für Zeitschriftenredakteure ausdrücklich erwähnt. 36 Es ist bereits oben gesagt, dass sich im Zeitungsbereich der fachliche Geltungsbereich nur auf Verlage von Tageszeitungen erstreckt. Der Redakteur muss daher bei einem Tageszeitungsverlag angestellt sein. 37 Manche Verlage sind dazu übergegangen, nicht mehr den gesamten Inhalt der Zeitung selbst herzustellen, sondern von einem Drittbetrieb zu übernehmen. Die entsprechenden Ressorts wurden ausgegliedert und die dort beschäftigten Redakteure vom Drittbetrieb übernommen. Dieser Drittbetrieb ist kein Verlag, der Tageszeitungen herausgibt, vielmehr arbeitet er für einen Tageszeitungsverlag. Der fachliche Geltungsbereich der Redakteurstarifverträge gilt für ihn damit nicht. Entsprechendes gilt für Zeitschriftenverlage. 38 Liegt in der Ausgliederung ein Betriebsübergang i.S. des § 613a BGB, gelten jedoch für die übernommenen Redakteure die Tarifbestimmungen, die beim Betriebsübergang bestanden, kraft Einzelvertrag weiter und können innerhalb eines Jahres nicht zum Nachteil der Arbeitnehmer geändert werden. Auch nach Ablauf des einen Jahres ist eine Änderung nicht ohne weiteres möglich. Geschehen kann das nur einvernehmlich oder durch Änderungskündigung, die praktisch kaum durchzusetzen ist. d) Teilzeitbeschäftigte, befristet Beschäftigte 39 Soweit Tarifbindung besteht, spielt es keine Rolle, ob der Redakteur in einem Vollzeit- oder Teilzeitarbeitsverhältnis steht. Die Tarifverträge sind dann auf jeden Fall anwendbar. Eine Ausnahme ist für teilzeitbeschäftigte Redakteure nicht vorgesehen. Das ergibt sich auch daraus, dass nach § 4 Abs. 1 TzBfG teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht ohne sachlichen Grund schlechter behandelt werden dürfen als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. 40 Des Weiteren spielt es keine Rolle, ob der Redakteur befristet oder unbefristet eingestellt wird, denn die Geltungsbereiche der Tarifverträge differenzieren insoweit nicht. Das Diskriminierungsverbot gilt i.Ü. nach § 4 Abs. 2 TzBfG auch für befristet eingestellte Arbeitnehmer. e) Leitende Redakteure 41 Bereits oben unter A Rz. 73 ff. wurde gesagt, dass der Begriff „leitender Angestellter“ vornehmlich Bedeutung hat für das Betriebsverfassungs30

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Rz. 44 B

Arbeitsvertrag

gesetz. Für die Redakteurstarifverträge ist unwesentlich, ob der Redakteur zu dem Leitungspersonal gehört. Eine Ausnahme für leitende Angestellte ist nämlich im Geltungsbereich der Redakteurstarifverträge nicht vorgesehen. Im Zeitschriftenbereich gelten jedoch Ausnahmen bei der Arbeitszeit. f) Mindestinhalt Was Mindestinhalt des Arbeitsvertrages bzw. der Niederschrift sein muss, ist in § 2 Abs. 2 MTV/Redakteure an Zeitungen bzw. Zeitschriften festgelegt. Inhaltlich sind diese beiden Tarifvorschriften nahezu identisch. Enthalten muss danach der Arbeitsvertrag:

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– den Zeitpunkt des Vertragsbeginns; – die Gehaltsgruppe; – das Effektivgehalt, also das Grund- bzw. Tarifgehalt inkl. etwaiger Zulagen, also Leistungs-, Funktions- und übertarifliche Zulage, Urheberpauschale, Pauschale für Sonntags- und Feiertagsarbeit, die Zulagen sind auch noch gesondert auszuweisen; bei Zeitungsredakteuren reicht es aus, nur die Einzelpositionen ohne eine Gesamtsumme zu nennen; – die anzurechnenden Berufsjahre; bei Zeitungsredakteuren ergibt sich das unmittelbar aus der Tarifvorschrift, bei Zeitschriftenredakteuren mittelbar daraus, dass das Tarifgehalt genannt werden muss; – die Zeitschrift, das Arbeitsgebiet und der Beschäftigungsort; bei Zeitungsredakteuren reicht die Nennung des Arbeitsgebietes aus; – die Verpflichtung des Redakteurs auf die Einhaltung der Grundsätze, Aufgaben oder Zielsetzungen der Zeitschrift bzw. die Verpflichtung des Zeitungsredakteurs auf die Innehaltung von Richtlinien für die grundsätzliche Haltung der Zeitung; – bei Zeitungsredakteuren auch noch die Art und Weise der Erstattung etwaiger Dienstauslagen. Im MTV für Zeitungsredakteure wird darüber hinaus noch auf ein Musterformular verwiesen, das dem Anstellungsvertrag zu Grunde zu legen ist. Es braucht jedoch nicht wörtlich übernommen zu werden, der Arbeitsvertrag kann auch individuell ausgestaltet werden. Das folgt aus dem Tatbestandsmerkmal „zu Grunde zu legen“.

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Darüber hinaus sind nach dem Nachweisgesetz noch zu nennen:

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– Name und Anschrift der Vertragspartner; – Arbeitszeit; – Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs; – Kündigungsfristen; Schaffeld

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B Rz. 45

Individualarbeitsrecht

– ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. 45 Bei einer Auslandstätigkeit, die länger als einen Monat dauert, sind zusätzlich noch folgende Angaben erforderlich (§ 2 Abs. 2 NachweisG): – Dauer der Auslandstätigkeit; – Währung, in der das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird; – zusätzliches Arbeitsentgelt und zusätzliche Sachleistungen für die Auslandstätigkeit; – vereinbarte Bedingungen für die Rückkehr aus dem Ausland. 46 Die meisten der in § 2 Abs. 1 und 2 NachweisG genannten Angaben können ersetzt werden durch einen Hinweis auf die einschlägigen Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen (§ 2 Abs. 3 NachweisG). 47 Ändern sich später die Arbeitsbedingungen, sind die Änderungen dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat später schriftlich mitzuteilen (§ 3 Satz 1 NachweisG). Diese Verpflichtung entfällt allerdings, wenn die Änderungen bedingt sind durch Änderungen der gesetzlichen Vorschriften, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen (§ 3 Satz 2 NachweisG). Insoweit entspricht der § 3 NachweisG dem § 2 Abs. 1 Satz 2 MTV/Zeitungsredakteure bzw. Zeitschriftenredakteure.

4. Arbeitsgebiet a) Direktionsrecht 48 Das Direktionsrecht des Verlegers, auch Weisungsrecht genannt, hängt eng mit der Festlegung des Arbeitsgebietes im Arbeitsvertrag ab. 49 Definiert ist der Begriff „Direktionsrecht“ in § 106 GewO. Dort heißt es in Satz 1: „Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.“ Mit Hilfe des Direktionsrechts ist es daher dem Verleger möglich, die Arbeitspflicht des Redakteurs näher festzulegen. 50 Wie sich aus der Definition ergibt, unterliegt das Direktionsrecht jedoch vielfältigen Beschränkungen. 51 Erste Grenze bildet der Arbeitsvertrag. Je konkreter dort das Arbeitsgebiet festgelegt ist, desto kleiner ist das Weisungsrecht. Heißt es im Arbeitsvertrag z.B. nur, dass der Arbeitnehmer als Redakteur eingestellt wird, kön32

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Arbeitsgebiet

Rz. 54 B

nen ihm alle Tätigkeiten zugewiesen werden, die verkehrsüblicherweise diesem Berufsbild entsprechen. Die Zuweisung einer „unterwertigen“ Tätigkeit ist allerdings nicht möglich. Ein Redakteur in besonderer Stellung bei einer Tageszeitung oder einer Zeitschrift braucht deshalb regelmäßig keine Arbeit auszuüben, die gewöhnlich ein Normalredakteur erledigen muss. Das gilt selbst dann, wenn die Vergütung unverändert bleibt. Erfolgt im Arbeitsvertrag jedoch eine konkrete Tätigkeitsbeschreibung, 52 z.B. Sportredakteur, können ihm nicht kraft Weisungsrechts Aufgaben als Politikredakteur zugewiesen werden. Das geht nur dann, wenn sich der Verlag arbeitsvertraglich das Versetzungsrecht vorbehalten hat und die Versetzung billigem Ermessen entspricht (vgl. dazu unten Rz. 59 ff.). Die Versetzungsbefugnis ist dann Teil des Weisungsrechts. Ist das nicht der Fall, bedarf es zur Änderung des Arbeitsgebietes einer Änderungskündigung (vgl. dazu unten Rz. 350 ff.). Bis in jüngste Zeit war zwischen Verlegern und Gewerkschaften streitig, ob ein Redakteur sowohl für die Bild- als auch für die Wortberichterstattung zuständig sein konnte, wenn das nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag festgelegt war. Seitens der Gewerkschaften wurde behauptet, dass sei nur möglich, wenn dem Redakteur ausdrücklich beide Tätigkeiten arbeitsvertraglich zugewiesen seien. Das Bundesarbeitsgericht ist dieser Argumentation nicht gefolgt und hat die der Arbeitgeber geteilt. Sofern der Arbeitsvertrag keine Beschränkung auf eine der beiden Tätigkeiten enthält, kann der Redakteur angewiesen werden, sowohl zu schreiben als auch zu fotografieren. Richtigerweise meint nämlich das Bundesarbeitsgericht, dass beide Tätigkeiten zum Berufsbild eines Redakteurs zählen. 1

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Auch dann, wenn im Arbeitsvertrag das Arbeitsgebiet nur abstrakt bezeichnet ist, kann in Ausnahmefällen das Weisungsrecht eingeschränkt sein, nämlich dann, wenn sich die Arbeitspflicht auf ein bestimmtes Arbeitsgebiet konkretisiert hat. In derartigen Fällen ist dann von einer stillschweigenden Änderung des Arbeitsvertrages auszugehen. Sie kann jedoch nur in Ausnahmefällen eintreten. Eine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf eine bestimmte Tätigkeit hängt nämlich von zwei Voraussetzungen ab. Erstes Erfordernis ist der langjährige Einsatz auf einem bestimmten Arbeitsplatz. Wo die zeitliche Grenze zu ziehen ist, lässt sich nicht generell bestimmen. Zehn Jahre dürften nicht ausreichen.2 Hinzukommen muss, dass der Verleger beim Redakteur den berechtigten Eindruck erweckte, er werde von seinem Direktionsrecht im Hinblick auf die Zuweisung eines anderen Arbeitsgebietes keinen Gebrauch mehr machen. An dieser Voraussetzung scheitert normalerweise die Konkretisierung auf eine bestimmte Tätigkeit.

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1 BAG, Urteil vom 29.1.2003 – 5 AZR 703/01. 2 Vgl. dazu auch ArbG Mainz – Urteil vom 9.10.1996 – 4 Ca 2207/96; im Anwendungsbereich des BAT hielt das LAG Rheinland-Pfalz im Urteil vom 5.7.1996 – NZA 1997, 1113 – die Dauer von 13 Jahren für zu kurz.

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B Rz. 55

Individualarbeitsrecht

55 Das, was zum Weisungsrecht hinsichtlich des Inhalts der Arbeitspflicht gesagt wurde, gilt auch für den Ort der Arbeitsleistung. Hinsichtlich der Arbeitszeit ergeben sich Beschränkungen des Weisungsrechts aus dem Arbeitszeitgesetz und den tariflichen Vorschriften. 56 Von besonderer Bedeutung ist beim Direktionsrecht die Kompetenzabgrenzung der Befugnisse des Verlegers und des Redakteurs. Tariflich kommt das in den Regelungen des § 2 Abs. 2 Buchst. c bzw. e des MTV für Zeitungs- bzw. Zeitschriftenredakteure zum Ausdruck, wonach die Redakteure bei ihrer Arbeit verpflichtet sind, die tendenzbedingten Entscheidungen des Verlegers einzuhalten. Unterschieden wird zwischen der Grundsatz-, Richtlinien- und Detailkompetenz. 57 Die Grundsatzkompetenz betrifft die Festlegung der grundsätzlichen Haltung der Publikation, z.B. liberal-konservativ, auf dem Boden der christlichen Wertvorstellungen etc. Sie liegt, was unumstritten ist, beim Verleger. Die Entscheidung über laufende aktuelle publizistische Tagesfragen trifft der Redakteur selbstständig, dem insoweit die Detailkompetenz zusteht. Auch das ist unumstritten. 58 Umstritten ist, wem die in der Mitte zwischen Grundsatz- und Detailkompetenz liegende Richtlinienkompetenz zusteht, wenn es also um Fragen von besonderer Tragweite für das Ansehen der Zeitung oder Zeitschrift und ihr Verhältnis zu Wirtschaft und Politik geht. Die Tarifparteien haben in den genannten Vorschriften diese Frage dahingehend beantwortet, dass dem Verleger auch die Richtlinienkompetenz zusteht. b) Versetzung 59 Selbst dann, wenn im Arbeitsvertrag das Arbeitsgebiet bzw. der Arbeitsort des Redakteurs genau bezeichnet sind, ist die einseitige Zuweisung eines anderen Arbeitsgebietes auch an einem anderen Arbeitsort nicht ausgeschlossen, nämlich dann, wenn sich der Verleger das Versetzungsrecht vorbehalten hat. 60 Bei der Versetzung ist zwischen der individualrechtlichen und der kollektivrechtlichen Seite zu differenzieren. Die ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats ersetzt nicht eine fehlende individualrechtliche Versetzungsbefugnis, noch schließt das Einverständnis des Redakteurs das Beteiligungsrecht des Betriebsrats aus.

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Arbeitsgebiet

Rz. 66 B

aa) Individualrecht Gewöhnlich enthalten Arbeitsverträge mit Redakteuren eine Versetzungsklausel. Im Musteranstellungsvertrag für Redakteure an Tageszeitungen lautet sie: „Der Verlag behält sich die Zuweisung eines anderen Arbeitsgebietes vor.“ Häufig findet man auch die Formulierung: „Dem Verlag steht es frei, den Redakteur an anderer Stelle der Redaktionen seiner Zeitungen, auch an einem anderen Arbeitsort, einzusetzen.“

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Zwar unterliegen Versetzungsklauseln der AGB-Kontrolle, trotzdem ist es nicht erforderlich, die einzelnen Möglichkeiten für eine Versetzung konkret zu formulieren. 1

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Begrenzt wird das Versetzungsrecht dadurch, dass dem Redakteur nur eine gleichwertige Arbeit übertragen werden darf.2 Die Versetzung auf einen geringwertigeren Arbeitsplatz ist selbst dann unzulässig, wenn dem Redakteur das gleiche Gehalt gezahlt wird. 3

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Des Weiteren muss die Versetzung billigem Ermessen gemäß § 315 Abs. 3 BGB entsprechen. Der Verleger muss die wesentlichen Umstände des Einzelfalles bewerten und die beiderseitigen Interessen berücksichtigen. Auf schutzwürdige Belange des Redakteurs hat er Rücksicht zu nehmen, soweit dem nicht betriebliche Gründe oder ebenfalls schutzwürdige Belange anderer Redakteure entgegenstehen. 4 Dabei gelten freilich nicht die Kriterien, die bei einer Sozialauswahl im Falle einer betriebsbedingten Kündigung nach § 1 Abs. 3 KSchG zu beachten sind.

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Des Weiteren braucht der Verleger nur solche Gründe in Erwägung zu zie- 65 hen, die ihm zum Zeitpunkt seiner Ermessensentscheidung bekannt waren. 5 Werden ihm später weitere Gründe vom Redakteur genannt, die seiner Versetzung entgegenstünden, braucht er diese nicht mehr zu berücksichtigen. Andererseits hat eine Versetzungsklausel den Nachteil, dass im Fall einer betriebsbedingten Kündigung der Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Redakteure vergrößert wird. In ihr sind nämlich nach § 1 Abs. 3 KSchG grundsätzlich alle Redakteure einzubeziehen, auf deren Arbeitsplatz der gekündigte Redakteur kraft Weisungsrechts versetzt werden kann.6

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Küttner/Reinecke, Personalhandbuch, Stichwort: Versetzung Rz. 3. BAG, NZA 1996, 440. BAG, NZA 1996, 440. BAG, NZA 2005, 359. ArbG Mainz – Urteil vom 9.10.1996 – 4 Ca 2207/96. LAG Berlin, AfP 2003, 378; zur betriebsbedingten Kündigung und zum Tendenzschutz vgl. in Kapitel C.

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B Rz. 67

Individualarbeitsrecht

bb) Beteiligung des Betriebsrats 67 Betriebsverfassungsrechtlich ist der Versetzungsbegriff in § 95 Abs. 3 BetrVG definiert. Satz 1 der Vorschrift lautet: „Versetzung im Sinne dieses Gesetzes ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.“ 68 Die Entsendung an einen anderen Arbeitsort, die voraussichtlich länger als einen Monat dauert, ist immer eine Versetzung. Wird diese Zeitdauer nicht erreicht, kann eine Versetzung vorliegen, wenn der Ortswechsel mit einer erheblichen Änderung der Umstände für die Arbeitsleistung verbunden ist. Zu berücksichtigen sind dabei erheblich längere Fahrtzeiten, schwierige Verkehrsverbindungen u.Ä. 1 Regelmäßig erfüllen jedoch ein- oder mehrtägige Dienstreisen den Versetzungsbegriff nicht. 2 69 Die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsorts ist aber dann keine Versetzung, wenn der Arbeitnehmer nach der Eigenart seines Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt wird (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BetrVG). Im redaktionellen Bereich hat diese Bestimmung insbesondere für Redaktionsvolontäre Bedeutung, die häufig zur Ausbildung auch längerfristig sogar zu anderen Verlagen abgeordnet werden (vgl. dazu § 6 Abs. 2 Tarifvertrag über das Redaktionsvolontariat an Tageszeitungen). 70 Soweit der Verlag mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt, ist wie bei der Einstellung auch bei der Versetzung der Betriebsrat zu beteiligen. Das gilt deshalb auch bei einer Versetzung eines Tendenzträgers. 71 Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes spricht auch bei der Versetzung eines Redakteurs eine Vermutung dafür, dass sie eine tendenzbedingte Maßnahme ist. 3 Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats reduziert sich daher auf die Informationen, die ihm nach § 99 Abs. 1 BetrVG gegeben werden müssen. Des Weiteren ist auch die in § 99 Abs. 3 BetrVG genannte Wochenfrist abzuwarten, bevor die Maßnahme durchgeführt wird. Ein Zustimmungsverweigerungsrecht hat der Betriebsrat jedoch nicht (zum Tendenzschutz vgl. Kapitel C).

1 BAG, AP Nr. 17, 18, 56 zu § 95 BetrVG 1972, z.B. Entsendung zu einem 160 km entfernten Arbeitsort. 2 Vgl. dazu auch BAG, NZA 2000, 781. 3 BAG, AP Nr. 46, 51 zu § 118 BetrVG 1972.

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Arbeitszeit

Rz. 77 B

5. Arbeitszeit a) Einleitung Der Arbeitsvertrag ist ein Unterfall des Dienstvertrages, für den deshalb die Regelungen in den §§ 611 ff BGB gelten. Er ist zeitbestimmt. Der Redakteur verpflichtet sich, dem Verlag für eine bestimmte Zeit zur Arbeitsleistung zur Verfügung zu stehen.

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Die Anwendung der Arbeitszeitbestimmung in § 7 MTV/Zeitungsredakteure bzw. § 9 MTV/Zeitschriftenredakteure bereitet in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten. Das gilt nicht so sehr für die Festlegung der FünfTage-Woche als vielmehr für die Wochenarbeitszeit von 36,5 Stunden (Zeitungsredakteure) bzw. 36 Stunden (Zeitschriftenredakteure).

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Die Probleme sind objektiver Natur. Zurückzuführen sind sie hauptsächlich darauf, dass journalistische Arbeit, jedenfalls soweit es sich um Tätigkeiten außerhalb des Verlages handelt, nur schwer messbar ist. Gerade bei Außentätigkeit stellt sich die Frage, ob die gesamte Betätigung zur Arbeitszeit zu zählen oder ob sie nicht zumindest teilweise dem privaten Lebensbereich des Redakteurs zuzuordnen ist. Als Beispiel sei hier nur der Besuch einer Sportveranstaltung genannt, bei der der Redakteur auch noch an der Siegesfeier teilnimmt, die jedoch in dem nachfolgenden Bericht in der Zeitung nur kurz erwähnt wird. Hier ist zu fragen, ob auch die Teilnahme an der Siegesfeier zur Arbeitszeit zählt. Selbst wenn das grundsätzlich zu bejahen wäre, wäre damit noch nicht viel gewonnen. Angenommen, der Redakteur hat von Anfang bis Ende an der Siegesfeier teilgenommen, muss dann auch deren gesamte Dauer als Arbeitszeit anerkannt werden? Derartige Beispiele, die den Redaktionsalltag bestimmen, lassen sich viele finden.

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Dass es sehr schwer ist, journalistische Arbeit zeitlich zu fixieren, war bis 75 Ende der 70er Jahre zwischen den Tarifparteien unstreitig, wie sich bereits aus dem Wortlaut der bis zum 1.1.1981 gültigen Bestimmung zur Arbeitszeit im Zeitungsbereich ergibt. § 7 MTV/Zeitungsredakteure in der alten Fassung hatte nämlich folgenden Einleitungssatz: „Unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten, denen die tarifliche Festlegung einer einheitlichen regelmäßigen Arbeitszeit für Redakteure begegnet, gilt Folgendes: …“ Genau betrachtet war die Überschrift in § 7 MTV/Redakteure in der alten Fassung unrichtig. Der Einleitungssatz wies darauf hin, dass eben keine Regelung über die Arbeitszeit getroffen werden sollte.

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Obgleich in der übrigen Wirtschaft, so auch z.B. für die Verlagsangestellten, schon längst die 40-Stunden-Woche galt, verzichteten die Tarifparteien noch beim Tarifabschluss 1977 bewusst darauf, auch für Redakteure eine Bestimmung über regelmäßige Arbeitszeit einzuführen.

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B Rz. 78

Individualarbeitsrecht

78 Dieser Konsens bestand später jedoch nicht mehr. Beim Tarifabschluss in den Jahren 1980/1981 wurde erstmals auch für Redakteure eine Regelarbeitszeit vereinbart. Damit war das Prinzip aufgegeben, dass sich die Bestimmung der Arbeitszeit für Redakteure einer tariflichen Regelung entzieht. Auch bei späteren Abschlüssen wurde nicht zu dem Prinzip zurückgekehrt. Vielmehr wurden weitere Verkürzungen der Wochenarbeitszeit vereinbart. b) Leitende Redakteure bei Zeitschriften 79 Keine Bedeutung hat im Zeitschriftenbereich die tarifliche Arbeitszeitregelung für die leitenden Redakteure, also Chefredakteure, deren Stellvertreter, geschäftsführende Redakteure, Chefs vom Dienst und Ressortleiter mit einer verantwortlichen Entscheidungsbefugnis in Bezug auf ihnen unterstellte Redakteure, denn für diese gilt gemäß § 9 Abs. 11 MTV/Zeitschriftenredakteure die tarifliche Arbeitszeitregelung nicht. c) Arbeitsstunden 80 Die wöchentliche Arbeitszeit ist keine starre Größe, wie der Zusatz „regelmäßige“ Arbeitszeit deutlich macht. Da der Arbeitseinsatz von Redakteuren von besonderen Geschehnissen abhängt, kann der zeitliche Rahmen der Wochenarbeitszeit überschritten werden, es können über diesen Zeitraum hinausgehende Tätigkeiten vorab zugewiesen oder nachträglich als Arbeitszeit anerkannt werden. Mehrarbeit ist also diejenige Arbeitszeit, die über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus geleistet wird, soweit sie zugewiesen oder nachträglich anerkannt ist. 81 Folge der Mehrarbeit ist der Anspruch des Redakteurs gegenüber dem Verlag auf einen Ausgleich, zunächst als Zeitausgleich, dann als finanzielle Abgeltung. Keinen Anspruch auf Mehrarbeitsausgleich haben Zeitschriftenredakteure mit übertariflichen Gehältern. Liegt dieses um mindestens 25 Prozent über dem höchsten Tarifgehalt, ist eventuell angefallene Mehrarbeit mit dem Gehalt abgegolten (§ 9 Abs. 2 MTV/Zeitschriftenredakteure). 82 In den übrigen Fällen steht die finanzielle Abgeltung erst am Ende einer dreistufigen Regelung: Stufe 1: 83 Innerhalb der zwei folgenden Wochen kann die Mehrarbeit durch Zeitausgleich kompensiert werden. Die Verrechnung erfolgt im Verhältnis 1:1, also ohne jeglichen Zuschlag. Für eine Stunde Mehrarbeit wird eine Stunde freigegeben. Der Zeitausgleich erfolgt nach den betrieblichen Belangen, er kann also während des zweiwöchigen Ausgleichszeitraums beliebig auch in einzelnen Teilabschnitten gewährt werden.

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Arbeitszeit

Rz. 85 B

Stufe 2: Diesen zwei Wochen folgt ein weiterer Ausgleichszeitraum von zwei Kalendermonaten. Im Gegensatz zur ersten Stufe soll nun der Ausgleich „vorrangig“ in freien Tagen erfolgen. Es handelt sich demnach nicht um eine absolute Verpflichtung des Verlages, ganze Tage freizugeben. Vielmehr müssen zwei Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sein:

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– Der Redakteur muss Mehrarbeit von mindestens einem Arbeitstag geleistet haben. Der Redakteur hat also keinen Anspruch, eine etwa noch fehlende Mehrarbeitsstunde sozusagen vorsorglich schon einmal ausgeglichen zu bekommen, damit ein ganzer Tag Freizeit gewährt werden könnte. – Die betrieblichen Verhältnisse müssen die Möglichkeit zulassen, den Ausgleich in einem vollen freien Tag durchzuführen. Wird einer freier Tag als Ausgleich gegeben, ist er bei der Berechnung der Wochenarbeitszeit mit null Stunden anzusetzen. Die manchmal von Redakteuren zu hörende Meinung, dieser freie Tag sei bei der 36,5-StundenWoche mit 7,3 Stunden bzw. bei der 36-Stunden-Woche mit 7,2 Stunden zu bewerten, ist falsch. Eine Benachteiligung des Redakteurs ist mit dieser Berechnungsmethode nicht verbunden, wie folgendes Beispiel zeigt: Beispiel: Es wird von einer Doppelwoche ausgegangen. Redakteur A hält die Regelarbeitszeit von 36,5 Stunden wöchentlich ein, sodass er in dem 2-Wochen-Zeitraum insgesamt 73 Stunden arbeitet. Redakteur B arbeitet in der ersten Woche 43,8 Stunden, es sind also 7,3 Mehrarbeitsstunden angefallen, die in der zweiten Woche durch Gewährung eines freien Tages ausgeglichen werden. In der zweiten Woche arbeitet er deshalb tatsächlich nur 29,2 Stunden, in der Doppelwoche deshalb ebenfalls nur 73 Stunden. Würde der freie Tag mit 7,3 Stunden bewertet, würde sich der Zeitausgleich nicht ergeben, sodass der Redakteur B weiterhin Anspruch auf Mehrarbeitsausgleich hätte.

Stufe 3: Die innerhalb des 2-Monats-Zeitraums noch nicht ausgeglichene Mehr- 85 arbeit wird im Rahmen des finanziellen Ausgleichs mit dem Faktor 1/122 (für Zeitungsredakteure) bzw. 1/120 (für Zeitschriftenredakteure) bewertet. Wichtig ist, dass der Redakteur nachweispflichtig ist, wenn er angibt, er habe Mehrarbeit geleistet. Er muss darlegen und auch beweisen, dass die zugewiesene beziehungsweise nachträglich anerkannte Tätigkeit zur Überschreitung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit geführt hat. Nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts stehen ihm dazu prinzi-

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B Rz. 86

Individualarbeitsrecht

piell alle prozessrechtlich zulässigen Beweismittel offen. 1 Der Redakteur ist darauf hinzuweisen, dass seine Arbeitszeit für den gesamten möglichen Ausgleichszeitraum, innerhalb dessen der Zeitausgleich noch zulässig ist, nachvollziehbar sein muss. Denn erst, wenn der Zeitausgleich nach dem Ablauf von zwei Monaten nicht durchgeführt wurde, besteht ein Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich. Voraussetzung für die Mehrarbeitsvergütung ist, dass Mehrarbeit, also die Überschreitung der wöchentlichen Regelarbeitszeit, vorliegt, und dass Zeitausgleich am Ende der tariflich dafür vorgesehenen Zeiträume nicht durchgeführt wurde. Für beide Voraussetzungen, die zugleich vorliegen müssen, gilt der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass derjenige beweispflichtig ist, der einen Anspruch geltend macht. Dies ist der Redakteur. 86 Vom einzelnen Redakteur ist zu verlangen, dass er die Stundenüberschreitung seinem Vorgesetzten meldet, wenn er Zeitausgleich oder Mehrarbeitsvergütung geltend machen will. Entsprechend dem Vorrang des Zeitausgleichs kann der Verlag sodann anordnen, dass der Arbeitseinsatz in der Folgezeit so reduziert wird, dass sich ein Zeitausgleich ergibt. Der Redakteur kann diese Anordnung nicht abwenden, um den Ausgleich hinauszuschieben, damit der Verlag in die Stufe 3 des Ausgleichsverfahrens gerät, was dem betroffenen Redakteur eine höhere Bewertung der Mehrarbeit einbrächte. Er kann sich auch nicht gegen die Anordnung, Mehrarbeit durch Freizeit zu kompensieren, wenden, weil er auf die finanzielle Abgeltung am Ende der Ausgleichszeiträume spekuliert. d) 5-Tage-Woche 87 Die Verteilung der Arbeitszeit auf die 5 Tage in der Woche ist in beiden Tarifregelungen im Einzelnen vorgegeben. 88 Im Laufe eines Kalendermonats sind dem Zeitungsredakteur zu gewähren: – ein „echtes“ Wochenende (Samstag und Sonntag) – ein „erweitertes“ Wochenende (einer der beiden freien Tage muss ein Samstag oder Sonntag sein) – zwei zusammenhängende freie Tage (keine Vorgabe, um welche Wochentage es sich dabei handeln muss) – zwei freie Tage, die nicht zusammenhängen müssen. Für Zeitschriftenredakteure heißt es, dass die beiden freien Tage drei Mal zusammenhängend gewährt und zwei Wochenenden im Monat umfassen müssen.

1 BAG, AfP 1981, 368.

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Arbeitszeit

Rz. 95 B

Die Lage der beiden freien Tage ist für beide Redakteursgruppen zwischen Vorgesetztem und Redakteur abzusprechen.

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Unter „freien Tagen“ im Sinne des Tarifvertrages sind volle Kalendertage zu verstehen.

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Für Sportredakteure an Tageszeitungen und Redakteure an Zeitschriften, deren Fachgebiet regelmäßige Arbeit am Wochenende erfordert, gelten Sonderregelungen. Diese Redakteure haben Anspruch auf neun freie Wochenenden im Jahr.

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Unterschiedlich geregelt ist für Zeitungs- und Zeitschriftenredakteure, 92 wie der Ausgleich zu erfolgen hat, wenn der Redakteur aus zwingenden betrieblichen Gründen mehr als an fünf Tagen in der Woche arbeitet. Während § 7 Abs. 2 Buchst. c MTV/Zeitungsredakteure nur den Zeitausgleich im Verhältnis eins zu eins vorsieht, der innerhalb der nächsten drei Monate vorgenommen werden muss, ist gemäß § 7 Abs. 4 MTV/Zeitschriftenredakteure der Zeitausgleich innerhalb von acht Wochen „nur“ prioritär. Ist er aus zwingenden Gründen nicht möglich, so erhält der Redakteur für jeden zusätzlich geleisteten Arbeitstag eine Vergütung in Höhe von sechs Prozent des Bruttomonatsgehalts bei einer Arbeitszeit ab vier Stunden, bei Arbeitszeit bis zu vier Stunden beträgt der finanzielle Ausgleich drei Prozent des vereinbarten Bruttomonatsgehalts. Zwingende betriebliche Gründe im Sinne dieser Vorschrift können beispielsweise technische, personelle und insbesondere publizistische Gründe sein.

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Als Arbeit an einem an sich freien Tag können natürlich nur solche Tätigkeiten anerkannt werden, die dem Redakteur von dem zuständigen Vorgesetzten zugewiesen bzw. nachträglich anerkannt worden sind.

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Eine Schwierigkeit bei der Anwendung der Arbeitszeitregelung kann sich bei der Berechnung des Freizeitanspruches ergeben, wenn Mehrarbeitstage und Mehrarbeitsstunden angefallen sind. Beide Regelungen sind voneinander zu unterscheiden und haben eigenständige Bedeutung. Zur Verdeutlichung soll das anhand folgender Beispiele erläutert werden:

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Beispiel 1: Welchen Freizeitanspruch hat ein Zeitungsredakteur, der montags bis freitags 36,5 Stunden gearbeitet hat und außerdem sonntags weitere 7,3 Stunden? Bei der Beantwortung dieser Frage soll von einer „Doppelwoche“ ausgegangen werden, in der die Regelarbeitszeit 73 Stunden an zehn Arbeitstagen beträgt. In der ersten Woche seien die 7,3 Mehrarbeitsstunden angefallen, die in der folgenden Woche ausgeglichen werden sollen, und zwar durch die Gewährung eines vollen freien Tages, zumal der Redakteur nach Abs. 2 Anspruch auf einen freien Tag hat, da er an sechs Tagen in der Woche gearbeitet hat. In der zweiten Woche arbeitet er an vier Tagen nur 29,2 Stunden. Der Zeitausgleich nach Abs. 1 hat sich damit ergeben, gleichzeitig ist der sechste Arbeitstag der Vorwoche ausgeglichen worden.

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B Rz. 96

Individualarbeitsrecht

Weitere Ansprüche hat der Redakteur deshalb nicht. Es ist nicht etwa so, dass er Anspruch auf zwei freie Tage hat, weil er sowohl an sechs Tagen der Vorwoche gearbeitet hat als auch 7,3 Mehrarbeitsstunden geleistet hat. Beispiel 2: Welchen Freizeitanspruch hat ein Zeitungsredakteur, der an sechs Tagen einer Woche insgesamt 36,5 Stunden gearbeitet hat? Da der Redakteur insgesamt 36,5 Stunden gearbeitet hat, besteht kein Anspruch auf Mehrarbeitsausgleich nach Abs. 1. Allerdings muss der sechste Tag nach Abs. 2 ausgeglichen werden, und zwar in den folgenden drei Monaten. Ausgegangen werden soll zur Beantwortung der Frage wiederum von einem Zwei-Wochen-Zeitraum, wobei in der ersten Woche der Mehrarbeitstag angefallen ist, der in der nächsten Woche ausgeglichen werden soll. In der zweiten Woche arbeitet der Redakteur deshalb nur an vier Tagen. Das bedeutet andererseits aber nicht, dass er zur Erfüllung der Regelarbeitszeit weniger als 36,5 Stunden zu arbeiten hat, vielmehr kann von ihm verlangt werden, an diesen vier Tagen insgesamt 36,5 Stunden zu arbeiten. Der als Zeitausgleich nach Abs. 2 gewährte freie Tag ist deshalb bei der Stundenberechnung nach Abs. 1 mit Null anzusetzen.

96 Eine weitere Schwierigkeit kann es in der Praxis aufwerfen, wenn der Redakteur an dem Ausgleichstag krank ist. Rechtlich ist die Antwort jedoch zumindest mittelbar im Tarifvertrag vorgegeben. In § 7 Abs. 3 MTV/Zeitungsredakteure und § 9 MTV/Zeitschriftenredakteure heißt es nämlich, dass die durch Krankheit, Urlaub und gesetzliche Feiertage ausfallende Arbeitszeit als geleistet gilt. Sie ist damit fiktive Arbeitszeit. Wie zu verfahren ist, wenn der Redakteur an dem Ausgleichstag erkrankt ist, ist dann zwar nicht wörtlich bestimmt, ergibt sich jedoch aus der arbeitszeitrechtlichen Bewertung des Ausgleichstages. Dieser ist, wie gesagt, arbeitszeitrechtlich mit Null anzusetzen. Das gilt selbstverständlich auch dann, wenn der Redakteur an diesem Tag erkrankt ist. Auf die zuvor genannten Tarifbestimmungen kann er sich nicht berufen. Diese Normen sind nämlich nur einschlägig, wenn ausschließlich die dort genannten Ereignisse den Arbeitsausfall bedingen. Ist der Redakteur aus anderen Gründen von der Arbeit befreit – wie beim Ausgleichstag – gelten sie gerade nicht. Daraus folgt dann, dass sich trotz Krankheit der Ausgleich ergeben hat und dem Redakteur kein Freizeitanspruch mehr zusteht. Beispiel: Ausgegangen werden soll wiederum von einer Doppelwoche. In der ersten Woche arbeitet der Redakteur an sechs Tagen. Dieser sechste Tag soll ihm in der kommenden Woche durch Freizeit am Freitag ausgeglichen werden, so dass er nur von montags bis donnerstags, also an vier Tagen arbeitet. Ist der Redakteur an dem Freitag arbeitsunfähig erkrankt, hat sich trotzdem der Ausgleich ergeben. Der erkrankte Redakteur wird auch nicht schlechter behandelt als sein Kollege, der in den beiden Wochen jeweils an fünf Tagen gearbeitet hat. Würde dem erkrankten Redakteur der Ausgleichstag erhalten bleiben, würde er besser gestellt sein als sein Kollege, der die Regelarbeitszeit einhält.

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Arbeitszeit

Rz. 102 B

Arbeitet ein Redakteur an einem gesetzlichen Feiertag, so ist ihm spätestens dafür im folgenden Kalendermonat ein freier Tag zu geben.

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Der als Ausgleich für Feiertagsarbeit zu gewährende freie Tag kann auch bereits vor dem infrage stehenden Feiertag gewährt werden.

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Beispiel: Am Dienstag, den 30.4. hat der Redakteur frei, weil am folgenden Tag seine Zeitung nicht erscheint. Am 1.5. muss der Redakteur aber arbeiten. Der ihm dafür zustehende freie Tag ist ihm bereits am Vortag gewährt worden. Anspruch auf einen weiteren freien Tag hat er nicht.

e) Urlaub, Krankheit, gesetzliche Feiertage Fraglich kann sein, mit welcher Stundenzahl die durch diese Ereignisse ausfallende Arbeitszeit angerechnet werden muss. Richtigerweise sind die freien Tage mit 7,3 bzw. 7,2 Stunden in Ansatz zu bringen.

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Voraussetzung ist aber, dass die Arbeitszeit ausschließlich aufgrund der 100 in der Tarifbestimmung genannten Ereignisse ausfällt. Das bedeutet, dass die Fiktion nicht gilt, wenn der Redakteur aus anderen Gründen am Feiertag nicht hätte arbeiten müssen. Beispiel: Aufgrund der Dienstplangestaltung war der 1.5. im Rahmen der Fünf-Tage-Woche arbeitsfreier Tag für den Zeitungsredakteur. Die Arbeitszeit ist nicht durch den Feiertag ausgefallen, sondern durch den Freizeitanspruch nach Abs. 2 Buchst. a. Die Fiktion des Abs. 3 gilt nicht. Der Redakteur muss deshalb in dieser Woche an fünf Tagen tatsächlich arbeiten. Seinem Arbeitszeitkonto werden auch nicht 7,3 Stunden „gutgeschrieben“.

f) Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft Der Bereitschaftsdienst unterscheidet sich von der Rufbereitschaft im Wesentlichen dadurch, dass beim Bereitschaftsdienst der Verleger, bei der Rufbereitschaft der Redakteur selbst seinen Aufenthaltsort bestimmt. Das hat auch arbeitszeitrechtliche Bedeutung. Während der Bereitschaftsdienst Arbeitszeit ist,1 ist das bei der Rufbereitschaft nicht der Fall. Sofern der Redakteur allerdings herbeigerufen wird, um Arbeit zu verrichten, wechselt er von der Rufbereitschaft zur vollen Arbeitstätigkeit.

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g) Mitbestimmung Ausmaß und Grenzen des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats sind in Kapitel C dargestellt.

1 Vgl. dazu auch § 2 Abs. 1 ArbZG.

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102

B Rz. 103

Individualarbeitsrecht

6. Finanzielle Leistungen 103

Nach § 611 Abs. 1 BGB hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung. Soweit die Arbeitsvertragsparteien tarifgebunden sind, gelten für die Mindestvergütung die tariflichen Bestimmungen. Auch nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, das auch für Tarifverträge gilt, ist diese Gruppenbildung zulässig. Es ist bereits fraglich, ob dieses Gesetz überhaupt eingreift, denn dort wird in § 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 1 AGG auf die Diskriminierung wegen des Alters abgestellt. In den Gehaltstarifverträgen wird die Gruppenbildung aber nach Berufsjahren vorgenommen. Honoriert wird, dass mit steigenden Berufsjahren auch die Berufserfahrung wächst. Es ist, wie auch der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 3.10.2006 – C-17/05-Rs. Cadman – anerkennt, ein legitimes Ziel der Tarifpolitik, Berufserfahrung zu honorieren. Aber selbst wenn man annimmt, eine Berufsjahrestaffel falle grundsätzlich unter § 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 1 AGG, so greift dafür aus den gleichen Gründen der Rechtfertigungsgrund des § 10 AGG ein. Nach dieser Bestimmung ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist, was, wie gesagt, bei der Gehaltsstufung der Fall ist. Ein weiterer Gesichtspunkt kommt hinzu. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts besteht für tarifvertragliche Regelungen eine Richtigkeitsgewähr (BAG v. 10.6.1980 – 1 AZR 168/79 – und vom 28.3.2006 – ABR 58/04). Auf Grund des Verhandlungsgleichgewichts der Tarifvertragsparteien ist davon auszugehen, dass Tarifregelungen den Interessen beider Seiten gerecht werden. Die gerichtliche Kontrollmöglichkeit betrifft lediglich die äußeren Grenzen zulässiger tariflicher Bestimmungen. a) Monatsgehalt

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Welches Tarifgehalt der Redakteur erhält, richtet sich danach, in welcher der in § 2 GTV für Redakteure an Zeitungen bzw. Zeitschriften genannten Gruppe er einzugruppieren ist und wie viele Berufsjahre er absolviert hat. In § 2 GTV für Zeitungsredakteure sind insgesamt fünf Gruppen, in § 2 GTV für Zeitschriftenredakteure vier genannt. Der besseren Übersicht halber wird nachstehend zwischen den Tarifregelungen für Zeitungs- und Zeitschriftenredakteure getrennt.

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Finanzielle Leistungen

Rz. 108 B

aa) Zeitungsredakteure In die Gruppe I gehören die Volontäre. Maßgebend für deren Tarifgehalt ist, in welchem Ausbildungsjahr sie sich befinden. Im ersten Ausbildungsjahr wird bei der Bezahlung nach dem Lebensalter unterschieden.

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In die Gruppe II gehören die „Normalredakteure“. Ihre Bezahlung richtet sich nach der Anzahl der zurückgelegten Berufsjahre.

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Hier ist auf eine Besonderheit zu achten.

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Beim Tarifabschluss 1997 wurden in der damaligen Gruppe III die Stufen im 20. bis 25. Berufsjahr und ab vollendetem 25. Berufsjahr gestrichen (vgl. Tabelle „Alte Berufsjahrestruktur in § 2 Ziff. III). In diesem Zusammenhang wurde jedoch eine Übergangsklausel vereinbart, die in dem im Anhang 3 abgedruckten GTV in § 2 Ziff. III Buchst. c wiedergegeben ist, wonach die aufgehobenen Stufen noch übergangsweise Bedeutung haben. Redakteure, die am 31.12.1997 in der damaligen Gruppe III Buchst. c, d oder e eingruppiert waren, wurden noch jeweils einmal höher gestuft, wobei diese Stufen an den linearen Veränderungen der Gehaltssätze nach wie vor teilnehmen. Ein Redakteur in der damaligen Gruppe III Buchst. c konnte deshalb noch die Gruppe III Buchst. d, nicht aber die Gruppe III Buchst. e erreichen. Ein Redakteur der Gruppe III Buchst. d konnte noch in die höchste Gruppe III Buchst. e eingestuft werden. War der Redakteur jedoch am maßgebenden Stichtag 31.12.1997 in der damaligen Gruppe II oder III Buchst. a oder b eingruppiert, galten die Stufen in Buchst. d und e für ihn nicht mehr. Bei der Stichtagsregelung 31.12.1997 ist entscheidend, dass es sich um Redakteure handelt, die zu dem genannten Zeitpunkt in der jeweiligen Gruppe III Buchst. c, d oder e eingruppiert waren. Redakteure, die erst später die dort genannten Berufsjahre erreichten, konnten sich nicht auf die Übergangsregelung berufen. Das galt auch für Redakteure, die zum damaligen Zeitpunkt einer anderen der Gruppe III angehörten und erst später dort eingruppiert wurden. Beispiel 1: Ein Redakteur im 20. Berufsjahr war am 31.12.1997 in die Gruppe V eingruppiert, am 1.7.2004 wurde der Arbeitsvertrag geändert und er wurde deshalb in die Gruppe III umgruppiert. Für ihn galt die Gruppe III d bzw. e nicht mehr. Die Umgruppierung geschah deshalb in die Gruppe III c. Durch Zeitablauf kann inzwischen kein Redakteur mehr eine der 1997 aufgehobenen Stufen erreichen. Bedeutung hat deshalb diese Übergangsklausel nur noch, dass die dort genannten Gehälter an den Tarifveränderungen teilnehmen. Beim Tarifabschluss 2006 wurde dann die Stufe 15. bis 19. Berufsjahr gestrichen. Durch die Übergangsklausel in § 2 Ziff. III Buchst. b gilt sie nur noch für Redakteu-

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B Rz. 109

Individualarbeitsrecht

re, die entweder bereits in diese Gruppe eingruppiert sind oder sie bis zum 31.1.2008 erreichen, weil sie dann das 15. Berufsjahr beginnen. Für die Redakteure in den ersten beiden Berufsjahren, im vierten und im sechsten Berufsjahr ist in § 2 Ziff. III Buchst. a festgelegt, dass für sie jeweils noch eine Höherstufung nach den alten Strukturmerkmalen des GTV erfolgt, wenn sie bis zum 31.1.2007 eine Berufsjahrestufe nach der alten Struktur erreichen. Sie bleiben dann so lange in dieser Gehaltsgruppe, bis sie eine Berufsjahrestufe nach der neuen Struktur erreichen. Diese relativ komplizierte Übergangsklausel soll anhand folgender Beispiele erläutert werden. Beispiel 2: Ein Redakteur mit abgeschlossenem Hochschulstudium beginnt das erste Berufsjahr am 1. Juni 2006. Am 31. Mai 2007 hat er daher das erste Berufsjahr vollendet. Er beginnt damit am 1. Juni 2007 das vierte Berufsjahr, weil ihm wegen der Regelung in der Protokollnotiz zu § 3 I Buchst. b das Hochschulstudium noch mit zwei Berufsjahren angerechnet wird. Für ihn gilt deshalb die Übergangsklausel Ziff. IIIa, so dass er am 1. Juni 2007 in die Gruppe IIb (alt) eingruppiert wird. Die nächste Höherstufung erfolgt dann am 1. Juni 2010 in die Gruppe IIc (neu). Beispiel 3: Ein Redakteur mit abgeschlossenem Hochschulstudium beginnt am 1. Februar 2006 das 13. Berufsjahr. Zu diesem Datum wechselt er den Verlag. Die vom alten Arbeitgeber angerechneten zwei Berufsjahre für das abgeschlossene Hochschulstudium bleiben ihm erhalten. Das 15. Berufsjahr erreicht er jedoch erst am 1. Februar 2008 und damit nach dem maßgebenden Stichtag 31. Januar 2008. Auf die Übergangsklausel Ziff. IIIb kann er sich dann deshalb nicht mehr berufen. Er bleibt in der Gruppe II d (neu). Beispiel 4: Ein Redakteur mit abgeschlossenem Hochschulstudium beginnt am 1. Januar 2006 das 13. Berufsjahr. Das 15. Berufsjahr erreicht er deshalb am 1. Januar 2008 und damit vor dem maßgebenden Stichtag 31. Januar 2008 (Übergangsklausel Ziff. IIIb). Am 1. Januar 2008 ist er deshalb in die Gruppe IIIc (alt) einzugruppieren. Beispiel 5: Ein Redakteur ergreift den Beruf am 1. April 2002. Er befindet sich deshalb am 1. August 2006 im fünften Berufsjahr. Das sechste Berufsjahr erreicht er damit am 1. April 2007. Er hat dann keinen Anspruch auf eine Höherstufung nach der alten Struktur, weil diese erst ab dem siebten Berufsjahr eine Höherstufung vorsah. Beispiel 6: Am 1.8.2006 befand sich der Redakteur A in der Gruppe IV aa. Im Jahre 2008 wird diese Stelle gestrichen und der Redakteur wird umgruppiert in die Gruppe II. Da er am maßgebenden Stichtag 1.8.2006 kein Redakteur dieser Gruppe war, gilt ab 2008 für ihn die Gruppe II a.

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In der praktischen Handhabung können insbesondere die Gruppen IV und V Schwierigkeiten aufwerfen. 46

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Finanzielle Leistungen

Rz. 114 B

In die Gruppe IV gehören insbesondere die einzigen Redakteure an einer Bezirksausgabe bzw. die Redakteure an einer Bezirksausgabe, denen mindestens ein Redakteur unterstellt ist.

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Was eine Bezirksausgabe ist, ist in den Durchführungsbestimmungen zum Gehaltstarifvertrag definiert (vgl. Ziff. 2). Danach ist Bezirksausgabe jede Teilauflage einer selbständigen Zeitung, die von dieser inhaltlich abweicht, um die regionalen Besonderheiten eines bestimmten Verbreitungsgebietes zu berücksichtigen.

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Beispiel 1: Ein Tageszeitungsverlag gibt die X-Zeitung heraus. Laut schriftlichem Anstellungsvertrag arbeitet ein Redakteur in der Lokalredaktion S dieser Zeitung. Dieser Lokalteil wird nur der in S vertriebenen Ausgabe beigelegt. Der Redakteur ist in die Gehaltsgruppe IV einzugruppieren, da er als einziger Redakteur an einer Bezirksausgabe arbeitet. Von einer Bezirksausgabe ist deshalb auszugehen, weil der Lokalteil nur der in S vertriebenen Ausgabe beigelegt wird. Beispiel 2: Der Lokalredaktion S sind verschiedene Redaktionsbüros zugeordnet, die für den Lokalteil der in S vertriebenen Ausgabe arbeiten. Nur die in der Region S vertriebene Ausgabe ist eine Teilauflage und damit eine Bezirksausgabe. Die in den Redaktionsbüros hergestellten Teile sind wegen ihrer Einbindung in die Lokalredaktion keine Bezirksausgaben.

In der Gruppe IV d und e sind die Redakteure an Bezirksausgaben erwähnt, denen mindestens ein Redakteur unterstellt ist. Sie gehören allerdings nur dann in diese Gruppe, wenn sie ihrerseits keinem anderen Redakteur dieser Bezirksausgabe gegenüber weisungsgebunden sind.

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Beispiel: In der Lokalredaktion S, die eine Bezirksausgabe herstellt, arbeiten die Redakteure A, B und C. Aufgrund ausdrücklicher Anweisung des Chefredakteurs ist Redakteur A Vorgesetzter des Redakteurs B und dieser des Redakteurs C. Nur Redakteur A hat Anspruch auf Gehalt nach der Gruppe IV.

Der Begriff „Unterstellung“ ergibt sich aus Ziff. 5 der Durchführungsbestimmungen. Danach ist sie gegeben, wenn ein vom Verlag oder Chefredakteur ausdrücklich angeordnetes oder gebilligtes Über-/Unterordnungsverhältnis besteht, vermöge dessen der übergeordnete Redakteur verbindliche Weisungen geben kann.

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In die Gruppe V gehören Redakteure in besonderer Stellung, die an selbstständigen Zeitungen tätig sind. Dazu zählen im Wesentlichen die stellvertretenden Ressortleiter. Ob auch Redakteure, die „Sonderseiten“ herstellen, dazu zählen, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Generelle Aussagen dazu lassen sich nicht treffen.

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B Rz. 115

Individualarbeitsrecht

115

Des Weiteren wird innerhalb der Gruppen II, IV und V nach Berufsjahren unterschieden.

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Die Gehälter der Redakteure der Gruppe VI (Ressortleiter, Chef vom Dienst, stellvertretender Chefredakteur, Chefredakteur) sind nicht mehr betragsmäßig ausgewiesen, auch wird dort nicht mehr nach Berufsjahren differenziert. Sie müssen allerdings angemessen über den Gehaltssätzen der Gruppe IV liegen, wobei nach Tarifänderungen die Angemessenheit zu überprüfen ist.

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Was angemessen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Es ist deshalb unrichtig, wenn behauptet wird, der Mindestabstand müsse 25 Prozent betragen. Entsprechende Forderungen der Gewerkschaften wurden vom BDZV immer abgelehnt. Redakteure berufen sich manchmal auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, nach der einem Ressortleiter ein Gehalt gezahlt werden musste, das 25 Prozent über dem Betrag lag, der im Tarifvertrag noch ziffernmäßig genannt war.1 Hier ist darauf hinzuweisen, dass das Urteil kein Präjudiz für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „angemessen über den Gehaltssätzen der Ziff. V b bzw. V bb“ in der Gruppe VI ist. Es betraf einen anderen Tarifbereich, nämlich die Zeitschriftenbranche. Außerdem stellte das Bundesarbeitsgericht auf die Umstände ab, die in dem betreffenden Zeitschriften-Haus existierten. Generelle Schlussfolgerungen lassen sich deshalb aus diesem Urteil nicht ziehen. Das hat das Bundesarbeitsgericht 2 bestätigt.

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Was unter Berufsjahren zu verstehen ist, ergibt sich aus § 3 GTV. Nach § 3 I Abs. 1 Satz 1 GTV müssen nachgewiesene Jahre als hauptberuflicher Redakteur an Zeitungen, Zeitschriften, Nachrichtenagenturen und am Rundfunk als Berufsjahre anerkannt werden.

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Hauptberuflichkeit ist dann gegeben, wenn die Redakteurstätigkeit die Lebensumstände des Betreffenden prägen. Deshalb ist beispielsweise ein Student, der an einer Hochschule immatrikuliert ist und neben seinem Studium einer Redakteurstätigkeit nachgeht, kein hauptberuflicher Redakteur. Er ist in erster Linie Student. Wichtig ist weiterhin, dass der Redakteur nachweispflichtig ist, wenn er angibt, er sei in der Vergangenheit hauptberuflicher Redakteur gewesen.

120

Redakteur kann nur derjenige sein, der in einem Anstellungsverhältnis zu einem Verlag, einer Nachrichtenagentur oder zu einer Rundfunkanstalt bzw. zu einem Rundfunkunternehmen steht. Die Ausübung freiberuflicher Tätigkeit berechtigt nicht zu einer Anrechnung nach Satz 1, sondern allenfalls nach § 3 I Abs. 3 Buchst. b GTV.

1 BAG, AfP 1998, 103. 2 BAG, Urteil vom 28.9.2005 – 5 AZR 565/04.

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Schaffeld

Finanzielle Leistungen

Rz. 128 B

Zu den Zeitungen im Sinne dieser Bestimmung zählen Tages- und Wochenzeitungen, nicht aber Anzeigenblätter (vgl. oben A Rz. 5 f.). Hat also ein Redakteur für ein Anzeigenblatt gearbeitet, brauchen die dort zurückgelegten Jahre nicht als Berufsjahre anerkannt zu werden.

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Für den Begriff Zeitschrift ist neben der Periodizität die Publizität maßgebend. Publizität bedeutet, dass Adressat der Zeitschrift das anonyme Publikum sein muss. Deshalb sind Werkszeitschriften keine Zeitschriften i.S. des § 3 I Abs. 1 GTV. Die Tätigkeit für eine Werkszeitschrift führt daher nicht zu einer Anrechnung nach Satz 1.

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Zum Rundfunk gehören sowohl die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als auch die privaten Rundfunkunternehmen. Zum Rundfunk zählen sowohl der Hörfunk als auch das Fernsehen.

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Die Tätigkeit für einen Online-Dienst berechtigt allenfalls zu einer An- 124 rechnung nach § 3 I Abs. 3 Buchst. b GTV, nicht aber nach Satz 1 der Bestimmung. Nach § 3 I Abs. 1 Satz 2 GTV müssen Wehrdienstzeiten bzw. Zeiten des zivilen Ersatzdienstes nur dann berücksichtigt werden, wenn der Betreffende bereits vor dieser Zeit als Redakteur tätig war. Schließt in unmittelbarem Anschluss an das Volontariat der Wehr- oder Wehrersatzdienst an und ergreift der Betreffende erst dann den Beruf eines Redakteurs, braucht keine Anrechnung stattzufinden.

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In § 3 I Abs. 3 GTV sind weitere „Ersatzzeiten“ genannt, die zur teilwei- 126 sen Anrechnung als Berufsjahre führen. Allen dort genannten „Ersatzzeiten“ ist gemeinsam, dass eine Anrechnung erst dann stattfinden muss, wenn der Redakteur ein „echtes“ Berufsjahr zurückgelegt hat. In § 3 I Buchst. a GTV ist die freiberufliche Tätigkeit genannt. Für jeweils zwei nachgewiesene Jahre hauptberuflicher Tätigkeit als freier Journalist ist ein Jahr anzuerkennen. Obergrenze für die Anerkennung sind jedoch drei Jahre. Ein Redakteur, der zuvor beispielsweise neun Jahre hauptberuflich als freier Journalist tätig war, bekommt nur drei Jahre anerkannt. Auf eine weitere Besonderheit ist zu achten. Wurde der hauptberufliche freie Journalist bereits vor dem 1.1.1998 als Redakteur übernommen, beträgt das Anrechnungsverhältnis 1 zu 3. In einem derartigen Fall liegt die Obergrenze bei zwei Jahren. Das ergibt sich aus der Protokollnotiz zu § 3 I GTV.

127

Nach § 3 I Buchst. c GTV führt auch die Elternzeit (der Erziehungsurlaub), der nach dem 1.1.1995 anfällt, zur Anrechnung als Berufsjahre. Begrenzt wird dieser Anspruch auf zwei Jahre. Ein Redakteur oder eine Redakteurin, der oder die die gesetzlich mögliche Elternzeit (Erziehungsurlaub) von maximal drei Jahren in Anspruch nimmt, kann nur die Anrechnung von zwei Berufsjahren verlangen. Auch wenn die Elternzeit (Erziehungsurlaub) mehrfach in Anspruch genommen wird, ist mit einer zweijährigen Anrechnung der Anspruch verbraucht.

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B Rz. 129

Individualarbeitsrecht

129

In § 3 I Buchst. b GTV sind die Ereignisse genannt, die als Berufsjahre angerechnet werden können, nicht aber müssen. Hat der Redakteur zuvor bei einer Pressestelle gearbeitet, führt das nicht automatisch zu einer Anrechnung als Berufsjahre.

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Wenn es im zweiten Spiegelstrich heißt, dass höhere Anrechnungen als nach den Buchst. a und b freiwillig vereinbart werden können, so hat das nur deklaratorische Bedeutung, denn ein Tarifvertrag kann ohnehin nur Mindestbedingungen setzen. Die Arbeitsvertragsparteien sind selbstverständlich nicht gehindert, zu Gunsten des Redakteurs von dem Tarifvertrag abzuweichen.

131

Die Zeit des Volontariats zählt nicht zu den Berufsjahren im Sinne dieser Bestimmung. Sie bleibt immer unberücksichtigt. bb) Zeitschriftenredakteure

132

Im GTV für Zeitschriftenredakteure wird ebenfalls nach Gehaltsgruppen und mit Ausnahme des Leitungspersonals nach Anzahl der absolvierten Berufsjahre differenziert.

133

Zur Gruppe I zählen die „Normalredakteure“. Die Berufsjahrestaffel reicht vom 1. bis zum 10. Berufsjahr. Die Stufe ab 15. Berufsjahr hat nur noch für eine Übergangszeit Bedeutung.

134

In die Gruppe II, in der ebenfalls nach Berufsjahren 1 bis 10 differenziert wird (ab 15. Berufsjahr hat auch hier nur noch Übergangscharakter), gehören Redakteure in besonderer Stellung. Das sind insbesondere – stellvertretende Ressortleiter; – Redakteure mit verantwortlicher Entscheidungsbefugnis für ein Fachgebiet innerhalb eines großen Ressorts; – Redakteure, denen mindestens ein Redakteur der Gehaltsgruppe I unterstellt ist, wobei die Unterstellung ein vom Verlag oder vom Chefredakteur ausdrücklich angeordnetes oder gebilligtes Über- und Unterordnungsverhältnis voraussetzt, vermöge dessen der übergeordnete Redakteur dem untergeordneten verbindliche Weisungen geben kann; – Chefreporter; – Ausbildungsredakteure, wenn diese Tätigkeit überwiegend ausgeübt wird.

135

In § 2 Ziff. 3 des GTV ist bestimmt, dass die Gehälter der Redakteure, deren Bruttogehalt das Gehalt der Gehaltsstufe ab 10. Berufsjahr der Gruppe II um mindestens 25 Prozent untersteigt, der freien Vereinbarung unterliegt. Entfallen diese Voraussetzungen, werden diese Redakteure in die Gehaltsgruppe II eingestuft, soweit ihre Tätigkeit den Merkmalen dieser Gruppe entspricht, ansonsten in die höchste Stufe der Gruppe I. 50

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Finanzielle Leistungen

Rz. 141 B

Für Chefredakteure, deren Stellvertreter, Chefs vom Dienst, Ressortleiter 136 und Redakteuren mit vergleichbaren Funktionen gibt es eine identische Regelung wie für Zeitungsredakteure. Ihre Gehälter müssen angemessen über den ihren Berufsjahren entsprechenden Tarifsätzen für die Redakteure der Gruppe I liegen bzw. über den Sätzen der Gruppe II, falls ihnen Redakteure unterstehen, die in diese Gruppe einzureihen sind. Im Falle von Änderungen der Tarifgehälter muss dann die Angemessenheit der frei zu vereinbarenden Gehälter in Relation zu den Gehaltssätzen der Gruppe I und II überprüft werden. Die Gehaltsregelung für Redaktionsvolontäre entspricht im Wesentli- 137 chen der entsprechenden Regelung für Zeitungsvolontäre. Allerdings wird im Zeitschriftenbereich neben dem Ausbildungsjahr generell auch noch nach dem Lebensalter vor und nach vollendetem 22. Lebensjahr differenziert. Was die Anrechnung von Berufsjahren angeht, entspricht die Regelung im Zeitschriftentarifvertrag weitestgehend der Regelung im Tarifvertrag für Zeitungsredakteure. Anders als für Zeitungsredakteure wird jedoch für Zeitschriftenredakteure ein Hochschulstudium privilegiert. In § 3 Abs. 3 GTV heißt es nämlich, dass ein abgeschlossenes, im Hinblick auf die Aufgabenstellung des Redakteurs einschlägiges Hochschulstudium oder eine abgeschlossene, im Hinblick auf die Aufgabenstellung des Redakteurs einschlägige Fachausbildung bzw. eine entsprechende langjährige Tätigkeit mit zwei bis vier Berufsjahren anzurechnen ist. Die Anrechnung der nachgewiesenen Jahre hauptberuflicher Tätigkeit als freier Journalist bei Zeitschriften, Zeitungen, Nachrichtenagenturen und am Rundfunk ist ebenfalls mit 50 Prozent der Dauer dieser Tätigkeit, maximal mit drei Jahren insgesamt anzurechnen.

138

Die Anrechnung von Wehrdienstzeiten und Zeiten des zivilen Ersatzdienstes werden im Zeitschriftenbereich ebenso wie im Zeitungsbereich als Berufsjahre angerechnet, wenn der Betreffende zuvor bereits Redakteur war. Das Gleiche gilt für Zeiten des tatsächlich genommenen gesetzlichen Erziehungsurlaubs (Elternzeit), der maximal mit zwei Jahren angerechnet wird.

139

cc) Fälligkeit In beiden Tarifregelungen ist bestimmt, dass das Gehalt am Letzten eines Monats fällig ist. Das bedeutet, dass der Bank zu diesem Zeitpunkt der Überweisungsauftrag vorliegen muss. Wann das Gehalt dem Konto des Redakteurs gutgeschrieben wird, ist demgegenüber unwesentlich.

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dd) Anrechnung Bei Gehaltserhöhungen, sei es aufgrund einer Tariferhöhung, sei es aufgrund der Berufsjahrestaffel, entsteht vielfach die Frage, ob darauf überSchaffeld

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B Rz. 142

Individualarbeitsrecht

tarifliche Gehaltsbestandteile angerechnet werden können. Hier ist zwischen der individualrechtlichen und der kollektiv-rechtlichen Komponente zu unterscheiden. (1) Individualrechtlich 142

Individualrechtlich ist in erster Linie maßgebend, was die Arbeitsvertragsparteien im Anstellungsvertrag vereinbart haben. Ist dort nichts ausgesagt, so ist die Frage nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung zu entscheiden. Prinzipiell darf der Verlag übertarifliche Gehaltsbestandteile auf spätere Tarifgehaltserhöhungen anrechnen. Das gilt selbst dann, wenn das übertarifliche Gehalt oder die außertarifliche Zulage jahrelang gewährt worden sind.

143

Freilich hat der Verlag bei der Anrechnung den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Nur aus sachlichen Gründen darf bei einigen Redakteuren die Anrechnung unterbleiben, wenn sie für andere vorgenommen wird. Anrechnungsfähig sind auch übertarifliche Gehaltsbestandteile aufgrund einer Höhergruppierung nach dem GTV.

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Nicht angerechnet werden können allerdings Funktions- und solche Leistungszulagen, die die besonderen Leistungen des Redakteurs vergüten sollen, sofern sich der Verlag einer Anrechnung nicht vorbehalten hat.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes müssen die Voraussetzungen für die Anrechnung dann auch im Arbeitsvertrag umschrieben sein. (2) Kollektivrechtliche (Mitbestimmung)

145

Bei der Eingruppierung bzw. späteren Umgruppierung nach einer Versetzung oder sonstigen Änderung des Arbeitsvertrages in eine der Gehaltsgruppen ist der Betriebsrat zu beteiligen. Diese Maßnahmen sind nämlich nach § 99 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Das Mitbestimmungsrecht ist auch nicht durch den § 118 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG eingeschränkt, weil sie nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts tendenzneutral sind.2

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Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist jedoch auf eine Richtigkeitskontrolle beschränkt, denn in welche der im GTV genannten Gruppen der Redakteur einzugruppieren ist, ist dort im Einzelnen vorgegeben.

147

Widerspricht der Betriebsrat schriftlich innerhalb einer Woche nach ordnungsgemäße Unterrichtung der vom Verleger vorgesehenen Gehaltsgruppe (§ 99 Abs. 3 BetrVG) aus einem der im § 99 Abs. 2 BetrVG genannten 1 BAG, AP Nr. 12 zu § 4 TVG – übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung. 2 BAG, AP Nr. 27 zu § 118 BetrVG 1972; AP Nr. 31 zu § 99 BetrVG 1972; AP Nr. 35 zu § 87 BetrVG 1972.

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Finanzielle Leistungen

Rz. 148 B

Gründen – Hauptanwendungsfall dürfte in der Praxis dessen Nr. 1 – Verstoß gegen den GTV – sein, muss sich der Verlag gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG die verweigerte Zustimmung arbeitsgerichtlich ersetzen lassen, wozu ihn der Betriebsrat nach § 101 BetrVG gegebenenfalls zwingen kann. Größere Probleme ergeben sich bei Verrechnungen von übertariflichen 148 Gehaltsbestandteilen im Zusammenhang mit einer Tarifgehaltserhöhung. Der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts und ihm folgend die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts halten derartige Verrechnungen gemäß § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG für mitbestimmungspflichtig, wenn dadurch Verteilungsgrundsätze verändert werden.1 Daraus folgt, dass dann, wenn ein Verlag Tarifgehaltserhöhungen mit übertariflichen Gehaltsbestandteilen verrechnet, und er damit die bestehenden Verteilungsrelationen ändert, das Mitbestimmungsrecht eingreift. Allerdings ist dieses davon abhängig, dass ein kollektiver Tatbestand (Rz. 149) vorliegt und, wovon bei einer Anrechnung im Rahmen einer allgemeinen Gehaltsanhebung auszugehen ist, für eine anderweitige Regelung der Anrechnung innerhalb des vom Verleger mitbestimmungsfrei vorgegebenen Dotierungsrahmens ein Gestaltungsspielraum verbleibt. Dieser ist dann nicht gegeben und führt zu einer mitbestimmungsfreien Anrechnung, wenn dadurch das Zulagenvolumen völlig aufgezehrt wird. Das gleiche gilt, wenn die Tariferhöhung im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen vollständig und gleichmäßig auf die übertariflichen Zulagen angerechnet wird. Beispiel: In einem Verlag erhalten 3 Redakteure eine übertarifliche Zulage, und zwar der Redakteur A in Höhe von 100 Euro, der Redakteur B in Höhe von 200 Euro und der Redakteur C in Höhe von 300 Euro. Die übrigen Redakteure des Verlages erhalten keine übertarifliche Zulage. Bei der Neufestsetzung der Tarifgehälter erhöht sich das Tarifgehalt des Redakteurs A um 50 Euro, des Redakteurs B um 75 Euro und des Redakteurs C um 100 Euro. Variante 1: Der Verlag entschließt sich, bei allen drei Redakteuren jeweils 50 Euro der Gehaltssteigerung auf die übertarifliche Zulage anzurechnen, so dass dem Redakteur A ein übertariflicher Gehaltsbestandteil von 50 Euro, dem Redakteur B ein übertariflicher Gehaltsbestandteil von 150 Euro und dem Redakteur C ein übertariflicher Gehaltsbestandteil von 250 Euro verbleibt. Diese Anrechnung ist mitbestimmungspflichtig, weil sich das Verhältnis der übertariflichen Zulagen zueinander nach der Anrechnung verändert. Betrug es ursprünglich 1:2:3, wird es nach der Anrechnung 1:3:5 betragen. Variante 2: Der Verlag entschließt sich, bei allen drei Redakteuren die gesamten Erhöhungsbeträge vollständig auf die Tarifgehaltserhöhung anzurechnen, so dass dem Redak1 BAG, NZA 1992, 749.

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B Rz. 149

Individualarbeitsrecht

teur A ein übertariflicher Gehaltsbestandteil von 50 Euro, dem Redakteur B ein übertariflicher Gehaltsbestandteil von 125 Euro und dem Redakteur C ein übertariflicher Gehaltsbestandteil von 200 Euro verbleibt. Obwohl sich nach der Anrechnung auch hier das Verhältnis der Zulagen zueinander verändert, besteht kein Mitbestimmungsrecht, weil die Erhöhungsbeträge vollständig angerechnet wurden.

149

Das Mitbestimmungsrecht greift nur dann ein, wenn es sich um einen kollektiven Regelungstatbestand handelt, Individualgestaltungen unterliegen nicht der Mitbestimmung. Dabei ist kein Indiz für die Mitbestimmungsfreiheit, wenn nur ein oder ganz wenige Redakteure von Verrechnungen betroffen sind. Immer wenn es sich um sog. Strukturformen des Entgelts handelt, nimmt das Bundesarbeitsgericht einen kollektiven Tatbestand an.

150

Deshalb können auch Verrechnungen aus Anlass von Höhergruppierungen und Berufsjahressprüngen mitbestimmungspflichtig sein, auch wenn jeweils nur ein einzelner Redakteur davon betroffen ist oder ein weiteres Berufsjahr mit tariflichen Folgen zurücklegt. Auch wenn die Anrechnung in solchen Fällen nicht im Zusammenhang mit einer allgemeinen Tariferhöhung erfolgt, sondern jeweils nur aus Anlass der Änderung in den persönlichen Verhältnissen des im Einzelfall betroffenen Redakteurs, sieht das Bundesarbeitsgericht Strukturformen des Entgelts berührt.

151

Insoweit darf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts 1 nicht missverstanden werden. Das Bundesarbeitsgericht hat dort gerade nicht entschieden, dass bei der Verrechnung im Falle von Berufsjahressprüngen das Mitbestimmungsrecht generell ausgeschlossen sei. Vielmehr hat es die Frage offengelassen, ob es sich um eine – mitbestimmungsfreie – Einzelfallregelung oder um einen – mitbestimmungspflichtigen – kollektiven Regelungstatbestand handelte. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats schied bereits mangels anderweitiger Verteilungsmöglichkeit aus, weil es nur um den Berufsjahresprung eines einzelnen Zeitungsredakteurs ging und im Gegensatz zur Verrechnungsthematik bei allgemeinen Tariferhöhungen keine Möglichkeit bestand, die übertariflichen Gehaltsbestandteile anderer Zeitungsredakteure zu verändern und deren übertariflichen Gehaltsbestandteile neu zu verteilen.

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Denn in einer weiteren Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht – unter Bejahung eines kollektiven Tatbestands – Verrechnungen aus Anlass von Berufsjahresprüngen und Höhergruppierungen dem Mitbestimmungsrecht unterworfen. 2 Eine anderweitige Verteilungsmöglichkeit und damit Gestaltungsspielraum für eine mitbestimmte Regelung sah das Bundesarbeitsgericht für gegeben an, weil sich der Arbeitgeber in den Arbeitsverträgen nicht nur die Verrechnung übertariflicher Zulagen, son1 BAG, NZA 1993, 232. 2 BAG, NZA 1997, 1059.

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Finanzielle Leistungen

Rz. 156 B

dern auch deren jederzeitigen Widerruf vorbehalten hatte. Mithin hätte der Arbeitgeber einen etwa fehlenden Verteilungsspielraum durch Widerruf aller oder einzelner übertariflicher Zulagen bei den anderen Arbeitnehmern schaffen können. Dann hätte ein Regelungsspielraum für die Verteilung der übertariflichen Gehaltsbestandteile bestanden, über den dann mit dem Betriebsrat verhandelt werden kann. Hier kommt allerdings eine weitere Schwierigkeit hinzu. Übertarifliche Zulagen sind zwar prinzipiell widerrufsfähig, wenn das arbeitsvertraglich vorgesehen ist und dafür ein sachlicher Grund vorliegt, in Formularverträgen – und das sind die meisten mit den Redakteuren – kann jedoch nicht die jederzeitige unbeschränkte Widerruflichkeit vereinbart werden 1. Wegen der Einbeziehung von Arbeitsverträgen in die Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 310 Abs. 4 BGB) misst das Bundesarbeitsgericht Widerrufsklauseln an der Regelung in § 307 Abs. 1 BGB, wonach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn dadurch der Vertragspartner unangemessen benachteiligt wird. Die Klausel muss daher nicht nur klar und verständlich sein, zumindest muss auch die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich ist. Dabei muss der Grad der Störung (wirtschaftliche Notlage, unzureichender Gewinn, unterdurchschnittliche Leistung des Redakteurs) konkretisiert werden. Deshalb stellt sich die Frage, ob das zuvor genannte Urteil des Bundesarbeitsgerichts 2 auch dann gilt, wenn die unbeschränkte Widerruflichkeit formularmäßig vereinbart wurde. Sie ist zu verneinen, weil die Widerrufsklausel nichtig ist und der Widerruf nicht erfolgen kann.

153

Auch in den übrigen Fällen ist der Widerruf arbeitsgerichtlich daraufhin überprüfbar, ob er billigem Ermessen gemäß § 315 BGB entspricht.

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Es stellt sich daher die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, sich den Widerruf arbeitsvertraglich vorzubehalten. b) Jahresleistung Die Regelung über die tarifliche Jahresleistung ist in beiden Tarifverträgen nahezu identisch. Für Zeitungs- und Zeitschriftenredakteure steht sie in § 4 MTV.

155

aa) Berechnung der Jahresleistung Bei Volontären und Redakteuren an Tageszeitungen der Gehaltsgruppe II, IV und V des § 2 GTV und bei Volontären und Redakteuren an Zeitschriften der Gruppen I und II des § 2 GTV wird die Jahresleistung nach dem

1 BAG, NZA 2005, 465. 2 BAG, NZA 1997, 1059.

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B Rz. 157

Individualarbeitsrecht

monatlichen Tarifgehalt berechnet; übertarifliche Gehaltsbestandteile bleiben daher bei der Berechnung außer Betracht. 157

Bei leitenden Zeitungsredakteuren (Gruppe VI) muss die Jahresleistung angemessen über dem höchsten Tarifgehalt liegen; tarifrechtlich ist der Verlag jedoch nicht verpflichtet, das Effektivgehalt als Jahresleistung zu zahlen. Das folgt aus der Verweisung auf § 2 Ziff. VI GTV. Leitende Zeitschriftenredakteure erhalten das höchste noch ausgewiesene Tarifgehalt als Jahresleistung. bb) Höhe der Jahresleistung bei Teilzeitbeschäftigten

158

Für die Berechnung der Jahresleistung bei Teilzeitbeschäftigten wird in den beiden Tarifvorschriften auf § 7 Abs. 1 MTV/Zeitungsredakteure bzw. § 9 Abs. 1 MTV/Zeitschriftenredakteure verwiesen. Danach gilt die flexible 36,5- (Zeitungsredakteure) bzw. 36- (Zeitschriftenredakteure) Stunden-Woche. Bei der Berechnung der Jahresleistung für Teilzeitbeschäftigte ist daher von dieser Stundenzahl auszugehen. Wird mit einem Redakteur die Hälfte der tariflichen Arbeitszeit vereinbart, so hat er Anspruch auf 95 Prozent des halben Tarifgehalts eine Vollzeitkraft als Jahresleistung. Bedeutung hat das insbesondere für Altersteilzeitarbeitsverhältnisse, bei denen die tarifliche Arbeitszeit um die Hälfte der Vollzeitarbeitszeit reduziert ist. cc) Volle, anteilige Jahresleistung

159

Redakteure, deren Anstellungsverhältnis im gesamten Kalenderjahr bestanden hat, haben Anspruch auf die volle Jahresleistung, die 95 Prozent des jeweiligen zum Fälligkeitszeitpunkt gültigen tariflichen Monatsgehalts beträgt.

160

Redakteure, die im Laufe eines Kalenderjahres eintreten oder ausscheiden, haben Anspruch auf eine anteilige Jahresleistung in Höhe von einem Zwölftel für jeden vollen Kalendermonat, in dem das Anstellungsverhältnis besteht bzw. bestand, wobei angefangene Monate dann als volle Monate gewertet werden, wenn die Verlagszugehörigkeit 15 Kalendertage übersteigt.

161

Auch bei eigener Kündigung oder Kündigung durch den Verlag behält der Redakteur den Anspruch auf die (in der Regel gezwölftelte) Jahresleistung. Bei arbeitgeberseitiger Kündigung aus wichtigem Grund entfällt er allerdings für den Monat, in dem die fristlose Kündigung ausgesprochen wird. Beispiel: Dem Redakteur wird am 20.9. fristlos gekündigt. Er hat Anspruch auf acht Zwölftel der Jahresleistung.

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Finanzielle Leistungen

Rz. 167 B

dd) Fälligkeit Scheidet der Redakteur vor dem 31.12. des jeweiligen Fälligkeitsjahres aus dem Anstellungsverhältnis aus, so muss ihm die Jahresleistung mit dem Tage der Beendigung des Anstellungsverhältnisses ausgezahlt werden, sonst wird sie spätestens am 31.12. des Kalenderjahres fällig.

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ee) Unbezahlte Arbeitsbefreiung Für Zeiten ohne Entgeltanspruch wird die Jahresleistung entsprechend gekürzt.

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Zur unbezahlten Arbeitsbefreiung zählen z.B. der Wehr- und Wehrersatzdienst, Elternzeit (Erziehungsurlaub) – nicht aber die Zeiten der Mutterschutzfristen vor und nach der Entbindung (§§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG).

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Zwar gibt es Urteile, die dem Arbeitnehmer auch für die Zeit der Elternzeit (Erziehungsurlaub) den Anspruch auf Jahresleistung zusprechen. Diese Entscheidungen betrafen jedoch andere Tarifbereiche. Die ihnen zugrundeliegenden Tarifbestimmungen sind nicht mit den hier einschlägigen zu vergleichen. Auf einen Sonderfall ist allerdings hinzuweisen. Auch während der El- 165 ternzeit (Erziehungsurlaub) darf der Redakteur einer Teilzeittätigkeit bis zu 30 Stunden in der Woche nachgehen. Übt er diese bei dem Verlag aus, der ihm Erziehungsurlaub gewährt, geschieht das aufgrund eines ungestalteten Arbeitsvertrages. In einem derartigen Fall hat er dann Anspruch auf die (anteilige) Jahresleistung, die sich nach dem Teilzeitgehalt bemisst. Beispiel: Ein Redakteur befindet sich vom 1.4.2005 bis zum 31.12.2006 im Erziehungsurlaub (Elternzeit). Am 1.11.2005 übernimmt er beim Verlag eine Teilzeittätigkeit, die bis zum 30.11.2005 befristet ist. Für das Jahr 2005 hat er deshalb Anspruch auf drei Zwölftel der Jahresleistung, berechnet nach seinem Vollzeitgehalt und einem Zwölftel auf der Basis seines Teilzeitgehaltes.

Bei krankheitsbedingten Fehlzeiten ist zu differenzieren zwischen denjenigen, für die der Redakteur Anspruch auf Gehaltsfortzahlung bzw. Zuschuss zum Krankengeld nach § 5 MTV/Zeitungsredakteure und § 6 MTV/Zeitschriftenredakteure hatte, und der sich daran anschließenden Zeit. Für die Zeiten der Gehaltsfortzahlung und der Zuschusszahlung darf die Jahresleistung nicht gekürzt werden. Ist der Redakteur jedoch darüber hinaus arbeitsunfähig erkrankt, berechtigen die sich daran anschließenden Krankheitsmonate zur Kürzung.

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ff) Anrechnungsmöglichkeiten Für Zeitungsredakteure sind tariflich noch Anrechnungsmöglichkeiten vorgesehen. Schaffeld

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B Rz. 168 168

Individualarbeitsrecht

Die Aufzählung ist nicht abschließend. Auch andere Sondervergütungen wie z.B. eine Treueprämie sind anrechnungsfähig. Werden derartige Sondervergütungen geschuldet, so kann der der Redakteur nur denjenigen Betrag beanspruchen, der die Höhe der tariflichen Jahresleistung übersteigt. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Tarifbestimmung bestehen bis zur Höhe der tariflichen Jahresleistung keine Doppelansprüche. c) Urlaubsgeld aa) Einführung

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Bei der Urlaubsbezahlung ist zu unterscheiden zwischen dem Urlaubsentgelt und dem (zusätzlichen) Urlaubsgeld. Während im MTV/Zeitungsredakteure „nur“ das zusätzliche Urlaubsgeld geregelt ist, findet sich in § 10 Abs. 6 MTV/Zeitschriftenredakteure auch eine Regelung zum Urlaubsentgelt. Für Zeitungsredakteure richtet sich die Berechnung des Urlaubsentgelts nach § 11 BUrlG.

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Unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben sich daraus aber nicht, denn die Bestimmung in § 10 Abs. 6 MTV/Zeitschriftenredakteure hat nahezu nur deklaratorischen Charakter und entspricht in seinem Regelungsgehalt bis auf den Fälligkeitszeitpunkt dem § 11 BUrlG. bb) Berechnung des Urlaubsentgelts

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Nach § 11 Abs. 1 BUrlG bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Redakteur in den letzten 13 Wochen (bzw. 3 Monaten) vor Beginn des Urlaubs erhalten hat, wobei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Art, die während des Berechnungszeitraums oder während des Urlaubs eintreten, zu berücksichtigen sind, d.h. in diesen Fällen ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Der Redakteur ist so zu stellen, als ob er im gesamten Berechnungszeitraum den erhöhten Verdienst bezogen hätte.1 Es gilt insoweit das sog. Lebensstandardprinzip. Tritt die Verdiensterhöhung während des Urlaubs ein, so muss das Urlaubsentgelt neu berechnet und nachgezahlt werden. Verdiensterhöhungen können vor allem durch Anhebung der Tarifgehälter eintreten.

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Zum Arbeitsverdienst des Redakteurs zählen neben dem Gehalt grundsätzlich auch die Zulagen. Sie sind deshalb in aller Regel bei der Berechnung des Urlaubsentgeltes zu berücksichtigen, soweit sie im Bezugszeitraum der letzten 3 Monate angefallen sind. Der Zuschlag für Sonn- und Feiertagsarbeit nach § 8 MTV/Zeitungsredakteure, § 9 Abs. 7 MTV/Zeitschriftenredakteure ist deshalb einzubeziehen, 2 unabhängig davon, ob diese Leistung pauschaliert ist oder die Zahlung auf Einzelabrechnung beruht. 1 BAG, AP Nr. 2 zu § 11 BUrlG. 2 BAG, AP Nr. 13 zu § 11 BUrlG.

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Finanzielle Leistungen

Rz. 177 B

Ausgenommen sind die Überstundenbezahlung und der reine Aufwendungsersatz wie beispielsweise Fahrgeld oder Essensgeldzuschüsse. Diese gehören nicht zum Arbeitsverdienst, weil entsprechende Aufwendungen während des Urlaubs nicht eintreten.

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Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht.

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Zu den unverschuldeten Zeiten der Arbeitsversäumnis gehören insbesondere Zeiten von Krankheit, Kur- oder Heilverfahren. Außer Betracht für die Berechnung des Durchschnittsentgelts der letzten 13 Wochen bleiben weiterhin Zeiten der Elternzeit nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz. Abzuziehen sind jedoch die Zeiten, in denen der Redakteur im Bezugszeitraum grundlos der Arbeit fernbleibt. Scheidet der Zeitungsredakteur nach erfüllter Wartezeit in der ersten 175 Hälfte des Jahres aus und hat er bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang erhalten, so braucht er das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückzuzahlen (§ 5 Abs. 3 BUrlG). Nur wenn ihm irrtümlich zuviel Urlaubsentgelt gezahlt wurde, kann dieses nach Bereicherungsgrundsätzen zurückgefordert werden (§§ 812 ff. BGB). Für Zeitschriftenredakteure ist demgegenüber in § 10 Abs. 12 MTV be- 176 stimmt, dass der Verlag berechtigt ist, zuviel gezahltes Urlaubsentgelt zurückzufordern, wenn der Redakteur auf Grund einer Eigenkündigung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet oder wenn der Verlag die Auflösung des Arbeitsverhältnisses betrieben hat, weil ein Grund vorlag, der den Verlag zur fristlosen Entlassung berechtigte. Ob tatsächlich eine fristlose Kündigung ausgesprochen wurde, ist demgegenüber unwesentlich. Es reicht aus, dass ein Grund für eine fristlose Entlassung vorlag. Wenn es dann im letzten Satz des § 10 Abs. 12 MTV heißt, dass keine Rückforderung stattfindet, wenn der Verlag das Arbeitsverhältnis gekündigt hat, so kann damit deshalb nur die ordentliche fristgemäße Kündigung gemeint sein, wobei der Verlag auch nicht stattdessen eine fristlose Kündigung hätte aussprechen können. cc) Höhe des zusätzlichen Urlaubsgeldes Die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des (zusätzlichen) Urlaubsgeldes unterscheidet sich in den beiden Tarifbestimmungen insoweit, als für Zeitschriftenredakteure eine Höchstbemessungsgrundlage gilt. Zwar wird für beide Redakteursgruppen das Effektivgehalt zu Grunde gelegt, für Zeitschriftenredakteure jedoch maximal bis zu 3 681,30 Euro.

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B Rz. 178 178

Individualarbeitsrecht

Auch sonst unterscheiden sich beide Regelungen. Während Zeitungsredakteure 80 Prozent eines Effektivgehaltes als Urlaubsgeld erhalten, gilt für Zeitschriftenredakteure ein Satz von 85 Prozent als Bemessungsgrundlage. Zum Effektivgehalt zählen das Tarifgehalt zuzüglich übertariflicher Zulagen und Leistungszulagen, nicht aber Zuschläge wie der Sonnund Feiertagszuschlag gemäß § 8 MTV/Zeitungsredakteure bzw. § 9 Abs. 7 MTV/Zeitschriftenredakteure, soweit sie auf Einzelabrechnung beruhen. Nur wenn sie pauschaliert sind, gehören sie zum Effektivgehalt. Entsprechendes gilt für die Urhebervergütung nach § 18 MTV/Zeitungsredakteure, § 12 MTV/Zeitschriftenredakteure. Unberücksichtigt bleibt auch die Jahresleistung. dd) Teilurlaubsgeld

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Redakteure, die im Laufe des Kalenderjahres in den Verlag eintreten oder ausscheiden, erhalten ein anteiliges zusätzliches Urlaubsgeld, und zwar 1/12 für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Anders als bei der Berechnung der Jahresleistung ist für die Berechnung des Urlaubsgeldes auf den vollen Beschäftigungsmonat abzustellen. Angefangene Monate werden deshalb auch dann nicht als volle Monate gewertet, wenn die Verlagszugehörigkeit 15 Kalendertage übersteigt. Beispiel 1: Ein Redakteur, der am 15.5. in den Verlag eintritt, hat in diesem Urlaubsjahr Anspruch auf sieben Zwölftel des Urlaubsgelds. Beispiel 2: Ein Redakteur, der am 15.5. in den Verlag eintritt und am 14.11. wieder ausscheidet, hat Anspruch auf sechs Zwölftel des Urlaubsgeldes.

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Für die Zeit, in der sich der Redakteur in der Elternzeit (Erziehungsurlaub) befindet, kann das Urlaubsgeld gekürzt werden. Zwar bleibt das Arbeitsverhältnis auch in der Elternzeit bestehen, es ruht jedoch. Dessen Hauptpflichten sind deshalb suspendiert. Zahlungen, die Gehaltscharakter haben, brauchen daher in der Elternzeit nicht gezahlt zu werden. Beim Urlaubsgeld handelt es sich um Arbeitsentgelt. ee) Fälligkeit

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Fällig ist das Urlaubsgeld vor Urlaubsantritt. Es muss in einer Summe ausgezahlt werden. Angesichts der Länge des Urlaubs ist es jedoch üblich, dass der Urlaub geteilt wird. In diesem Fall ist der Zeitpunkt der Auszahlung zwischen Verlag und Redakteur zu vereinbaren. Empfehlenswert ist, es vor Antritt des Haupturlaubs auszuzahlen. In § 10 Abs. 7 MTV/Zeitschriftenredakteure ist das tariflich vorgeschrieben, wobei durch Betriebsvereinbarung ein anderer Auszahlungszeitpunkt festgelegt werden kann.

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Finanzielle Leistungen

Rz. 187 B

Eine entsprechende Regelung gibt es in § 10 MTV/Zeitungsredakteure nicht. d) Altersversorgung Die betriebliche Altersversorgung über die Versorgungswerk der Presse GmbH hat ihre Grundlage in dem Tarifvertrag über die Altersversorgung für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen bzw. Zeitschriften. Beide Tarifwerke sind inhaltsgleich.

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Aufgebracht werden die Beiträge zu dieser Altersversorgung zu zwei Drit- 183 teln vom Verlag und zu einem Drittel vom Redakteur. Berechnet werden sie nach dem effektiven Monatsgehalt des Redakteurs bis zu einer Höchstbemessungsgrundlage von derzeit 4 700 Euro. Der volle Beitragssatz beträgt 7,5 Prozent des effektiven Monatsgehalts, von dem der Verlag 5,0 Prozent und der Redakteur 2,5 Prozent aufbringen muss. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen unten in Kapitel E verwiesen.

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e) Sonstige finanzielle Leistungen aa) Vermögenswirksame Leistungen Beide Redakteursgruppen haben Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 26,59 Euro monatlich bzw. 319,05 Euro jährlich. Tarifliche Grundlage dafür ist für Zeitschriftenredakteure der § 5 MTV, für Zeitungsredakteure der Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen für Redakteure an Tageszeitungen.

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bb) Kontoführungsgebühr Wegen der bargeldlosen Gehaltszahlung erhält jeder Redakteur zur pau- 186 schalen Abgeltung der Kontoführungskosten einen Pauschalbetrag von 1,28 Euro im Monat. cc) Sonn- und Feiertagszuschlag Unter bestimmten Voraussetzungen wird dem Redakteur für Arbeit an Sonn- und Feiertagen ein Festbetrag als Zuschlag gezahlt. Er beträgt gemäß § 9 Abs. 7 MTV/Zeitschriftenredakteure bei einer Arbeit von bis zu vier Stunden 38,35 Euro (Volontäre erhalten 33,23 Euro), bei darüber hinausgehender Arbeitszeit 76,69 Euro (bei Volontären 66,47 Euro). Zeitungsredakteure erhalten erst bei einer Arbeitszeit von mehr als vier Stunden an Sonn- und Feiertagen den Zuschlag, und zwar in Höhe von 76,70 Euro (Volontäre von 51,10 Euro).

Schaffeld

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61

187

B Rz. 188

Individualarbeitsrecht

188

Nach beiden Tarifregelungen ist es erforderlich, dass die Arbeit an diesen Tagen weisungsgemäß erfolgte, damit also entweder vorher zugewiesen oder nachträglich anerkannt wurde.

189

Nach § 3b EStG ist der Sonn- und Feiertagszuschlag steuerbegünstigt, wenn er für die tatsächlich an diesen Tagen geleistete Arbeit gezahlt wird.

190

Der lohnsteuerfreie Sonntagszuschlag ist auf 50 Prozent, der Feiertagszuschlag (unter Einschluss des 31.12. für Arbeit ab 14.00 Uhr) auf 125 Prozent und für Arbeit am 24.12. ab 14.00 Uhr, an den beiden Weihnachtsfeiertagen sowie am 1.5. auf 150 Prozent des Stundengrundlohns beschränkt. Für die Ermittlung des lohnsteuerfreien Anteils des Zuschlags ist daher erforderlich, die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen und den Grundlohn genau zu ermitteln. Folgende Schritte sind dazu erforderlich:

191

Zunächst ist der Grundlohn für die Arbeitsstunde zu berechnen. Für die nachstehende Beispielsrechnung wird aus Vereinfachungsgründen davon ausgegangen, dass der Redakteur neben seinem Gehalt lediglich den Arbeitgeberanteil zum Versorgungswerk der Presse und die vermögenswirksamen Leistungen erhält. Beispiel: Redakteur A

Redakteur B

Tarifgehalt AG-Anteil PVW VWL

2 801,00 E 140,00 E 26,59 E

4 235,00 E 212,00 E 26,59 E

Monatlicher Basisgrundlohn

2 967,59 E

4 473,59 E

Tarifliche Monatsarbeitszeit Grundlohn je Arbeitsstunde

36,5 Std. × 4,35 = 158,775 18,69 E

28,17 E

Für Redakteur A kann damit ein lohnsteuerfreier Zuschlag für Sonntagsarbeit in Höhe von 18,69 E : 2 = 9,35 E und für Redakteur B ein lohnsteuerfreier Zuschlag in Höhe von 34,44 E : 2 = 17,22 E je Stunde bezahlt werden. 192

Wenn diese Redakteure 5 Stunden am Sonntag arbeiten, fällt von dem Sonntagszuschlag auf jede Stunde ein „tariflicher Stundenzuschlag“ von (76,70 E : 5 =) 15,34 E. Redakteur A hat deshalb von dem Sonntagszuschlag 76,70 E – 5 × 9,35 = 29,95 E zu versteuern, während er für Redakteur B lohnsteuerfrei bleibt.

193

Sozialversicherungsrechtlich gilt ab dem 1.7.2006, dass die Beitragsfreiheit nur für den Teil der Zuschläge besteht, die auf einen Grundlohn von maximal 25 Euro je Arbeitsstunde berechnet werden (§ 1 ArbEV). Hinzu kommen muss, dass insoweit auch Lohnsteuerfreiheit besteht. Daraus

62

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Schaffeld

Rz. 197 B

Finanzielle Leistungen

folgt, dass ab diesem Zeitpunkt maximal folgende Zuschläge beitragsfrei sind: Beispiel: für Arbeit am Sonntag

12,50 E je Stunde

für Arbeit am 31.12. ab 14.00 Uhr und an gesetzlichen Feiertagen 31,25 E je Stunde

für Arbeit am 24.12. ab 14.00 Uhr, Weihnachten und 1.5. 37,50 E je Stunde

Das bedingt, dass auch beitragsrechtlich zunächst der Stundengrundlohn ermittelt werden muss:

194

Beispiel: Redakteur A

Redakteur B

Redakteur C

Tarifgehalt AG-Anteil PVW VWL

2 801,00 E 140,00 E 26,59 E

4 235,00 E 212,00 E 26,59 E

5 207,00 E 235,00 E 26,59 E

Monatlicher Basisgrundlohn

2 967,59 E

4 473,59 E

5 468,59 E

Tarifliche Monatsarbeitszeit Grundlohn je Arbeitsstunde

36,5 Std. × 4,35 = 158,775 18,69 E

28,17 E

34,44 E

Für Redakteur A gilt, dass der Zuschlag beitragsfrei ist, soweit er lohnsteuerfrei ist, da sein Stundenlohn die 25-Euro-Grenze nicht erreicht. Zwar liegt der Stundenlohn von Redakteur B oberhalb von 25 Euro, sein Gehalt liegt aber auch oberhalb der Beitragsbemessungsgrenzen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, sodass bei ihm der Zuschlag ebenfalls beitragsfrei bleibt, soweit er lohnsteuerfrei ist.

195

Das Gehalt von Redakteur C liegt ebenfalls über der 25-Euro-Grenze, es übersteigt auch die Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung, nicht aber in der Renten- und Arbeitslosenversicherung, sodass Beiträge zu diesen beiden Versicherungszweigen zu berechnen sind.

196

Unter der Voraussetzung, dass Redakteur B fünf Stunden Sonntagsarbeit im Monat geleistet hat, wird der beitragsfreie Anteil des Sonntagszuschlags wie folgt ermittelt:

197

5 Std. × 12,50 E = 62,50 E

Schaffeld

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63

B Rz. 198

Individualarbeitsrecht

Der maximale beitragsfreie Sonntagszuschlag liegt in diesem Fall bei 62,50 Euro, sofern er auch lohnsteuerfrei ist. Es sind damit 14,20 Euro für die Beitragsberechnung für die Renten- und Arbeitslosenversicherung zu Grunde zu legen. 198

Nicht ohne Rücksprache mit dem Betriebsstättenfinanzamt sollte von der Pauschalierungsmöglichkeit des Sonn- und Feiertagszuschlags Gebrauch gemacht werden, wie es in § 9 Abs. 8 MTV/Zeitschriftenredakteure und § 8 Abs. 2 MTV/Zeitungsredakteure vorgesehen ist. Denn die Lohnsteuerfreiheit und damit auch die zumindest teilweise Beitragsfreiheit des Zuschlags hängt davon ab, dass die Arbeitszeit am Sonn- und Feiertag nachgewiesen wird, denn das Privileg gilt nur für tatsächlich geleistete Arbeit. Die Modalitäten, wie der Nachweis zu führen ist, bedarf der Abstimmung mit dem Betriebsstättenfinanzamt. dd) Kameraausrüstung

199

Stellt nicht der Verlag, sondern der Redakteur die Kameraausrüstung, wird ihm diese über einen Zeitraum von maximal fünf Jahren wertmäßig vom Verlag erstattet. Das ergibt sich aus § 3 Abs. 5 MTV/Zeitungsredakteure bzw. Zeitschriftenredakteure. Der Erstattungsbetrag ist Arbeitsentgelt und damit lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig. ee) Mehrarbeit

200

Unter bestimmten Voraussetzungen, die in § 9 Abs. 2 MTV/Zeitschriftenredakteure und § 7 Abs. 1 MTV/Zeitungsredakteure genannt sind, wird Mehrarbeit finanziell ausgeglichen. Prioritär ist der Zeitausgleich, der möglichst innerhalb der beiden folgenden Wochen nach Anfall der Mehrarbeit vorgenommen werden soll. Wird er bis zum Ablauf der folgenden zwei Kalendermonate nicht durchgeführt, erhalten Zeitschriftenredakteure 1/120 und Zeitschriftenredakteure 1/122 des vereinbarten Monatsgehalts je Mehrarbeitsstunde. Für jede Mehrarbeitsstunde werden damit rund 130 Prozent des Stundenlohns gezahlt. ff) Urhebervergütung

201

Nach § 12 Abs. 7 MTV/Zeitschriftenredakteure und § 18 Abs. 6 MTV/ Zeitungsredakteure erhalten Redakteure in bestimmten Fällen eine zusätzliche Vergütung für die Nutzung ihrer Werke durch den Verlag (vgl. dazu unten Rz. 269 ff.). Dieser beträgt 40 Prozent des aus der Verwertung erzielten, um Aufwand und Mehrwertsteuer verminderten Nettoerlöses. Diese Urhebervergütung kann auch als Pauschale gezahlt werden.

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Schaffeld

Entgeltzahlung ohne Arbeitspflicht

Rz. 206 B

gg) Auslagenersatz Nach § 3 Abs. 4 MTV/Zeitungsredakteure bzw. Zeitschriftenredakteure 202 werden dem Redakteur Auslagen, die er für den Verlag gemacht hat, von diesem ersetzt. Dieser Kostenersatz ist kein Arbeitsentgelt und damit lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei, wenn der steuerlich notwendige Nachweis geführt wird.

7. Entgeltzahlung ohne Arbeitspflicht a) Urlaub Tariflich ist für Zeitungsredakteure der Urlaub in § 9 Abs. 1–9 MTV, für Zeitschriftenredakteure in § 10 MTV geregelt. Die Bestimmungen weichen teilweise voneinander ab.

203

aa) Urlaubsdauer Während sich für Zeitungsredakteure die Urlaubsdauer nach dem Alter des Redakteurs richtet (§ 7 Abs. 2 MTV) und von 30 bis 34 Urlaubstage reicht, erhalten Zeitschriftenredakteure nach § 7 Abs. 4 MTV generell einen Urlaub von 30 Tagen. Dabei werden zur Berechnung der Urlaubsdauer fünf Arbeitstage in der Woche zu Grunde gelegt. Der volle Urlaubsanspruch beträgt damit für Zeitschriftenredakteure sechs Wochen, für Zeitungsredakteure bis zu knapp sieben Wochen.

204

Das, was zur Vereinbarkeit der Gehaltsgruppeneinteilung mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz gesagt wurde (vgl. oben Rz. B 103), gilt auch hier. Zwar fällt die Altersstaffel für Zeitungsredakteure unter § 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 1 AGG, die Differenzierung ist aber durch § 10 AGG gerechtfertigt. Mit ihr wird dem höheren Erholungsbedürfnis des älteren Redakteurs Rechnung getragen. Mit der Urlaubsstaffel wird damit ein legitimes Ziel verfolgt. Das Mittel ist auch geeignet, dieses Ziel zu verwirklichen. bb) Zeitpunkt und Abgeltung des Urlaubs Die Urlaubsfestlegung erfolgt durch den Verleger in Absprache mit dem Redakteur. Die Urlaubswünsche des Redakteurs müssen jedoch zurücktreten, sofern ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Redakteure, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.

205

Nach § 7 Abs. 5 MTV/Zeitungsredakteure muss der Urlaub im laufenden 206 Urlaubsjahr, d.h. Kalenderjahr, spätestens jedoch bis zum 31.3. des Folgejahres genommen und gewährt werden, wozu der Verlag den Redakteur ggf. anhalten muss. Für Zeitschriftenredakteure ergibt sich das aus § 7 Abs. 3 BUrlG, der bei fehlender tariflicher Regelung subsidiär eingreift. JeSchaffeld

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B Rz. 207

Individualarbeitsrecht

denfalls für Zeitschriftenredakteuere kommt eine Verlegung des Urlaubs in das erste Quartal des Folgejahres nur in Betracht, wenn der Urlaub aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen nicht realisiert werden kann. Klassischer Verhinderungfall ist die Krankheit. 207

Macht der Redakteur bis zum Ablauf dieser Frist seinen Urlaubsanspruch nicht geltend, so verfällt der Anspruch ersatzlos. 1

208

Ist ein Redakteur bis zum Ablauf des Übertragungszeitraums arbeitsunfähig erkrankt, bevor er seinen Erholungsurlaub voll oder teilweise erhalten hat, so verfällt der Urlaubsanspruch. Der Redakteur kann auch keine finanzielle Abgeltung des Urlaubsanspruchs verlangen, denn der Abgeltungsanspruch ist nur ein Surrogat für den Naturalurlaubsanspruch. Nach dem Bundesurlaubsgesetz kann der Urlaub aber nur dann finanziell abgegolten werden, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Das setzt voraus, dass der Redakteur zu diesem Zeitpunkt auch tatsächlich arbeitsfähig ist.

209

Dementsprechend verfallen sowohl der Urlaubs- als auch der Urlaubsabgeltungsanspruch, wenn der Redakteur Erwerbsunfähigkeitsrentner wird. Beispiel: Der Redakteur scheidet zum 1.6. wegen Bezugs einer Erwerbungsunfähigkeitsrente aus dem Arbeitsverhältnis aus. Er hat Anspruch auf 5/12 des Jahresurlaubes, der, sollte er noch nicht genommen sein, finanziell auszugleichen ist.

210

Allerdings verliert ein Redakteur seinen Anspruch auf Erholungsurlaub nicht dadurch, dass er infolge Krankheit nur eine geringe oder gar keine Arbeitsleistung im Urlaubsjahr erbracht hat.

211

Nur wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann, ist er nach § 7 Abs. 3 BUrlG abzugelten. Für Zeitschriftenredakteure ergibt sich diese Rechtsfolge aus § 10 Abs. 10 MTV.

212

Hat der Redakteur rechtzeitig Urlaub verlangt und der Verlag ihn nicht gewährt, kann ihn der Redakteur als Verzugsschaden auch noch nach Ablauf des Übertragungszeitraums geltend machen. 2

213

Der Redakteur ist zwar gehalten, seinen Urlaub zu nehmen. Ein Selbstbeurlaubungsrecht steht ihm aber auch dann nicht zu, wenn sich der Übertragungszeitraum dem Ende nähert.3

1 BAG, NZA 1998, 106 ff.; BAG, BB 1995, 1040. 2 BAG, BB 1986, 735; BAG, NZA 1996, 254 (255). 3 BAG, DB 1994, 1042.

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Schaffeld

Entgeltzahlung ohne Arbeitspflicht

Rz. 221 B

cc) Wartezeit Bezüglich der Wartezeit verweist § 9 Abs. 6 MTV/Zeitungsredakteure auf 214 die Bestimmung des § 4 BUrlG. Sie beträgt sechs Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses. Für Zeitschriftenredakteure gilt die gleiche Wartezeit wie für Zeitungsredakteure, denn der § 10 Abs. 3 MTV entspricht der gesetzlichen Regelung. Nach Ablauf der sechsmonatigen Wartefrist besteht der Urlaubsanspruch aber dann für das gesamte Urlaubsjahr und nicht nur für die bis dahin abgelaufenen 6 Monate.

215

dd) Teilurlaub In welchen Fällen nur Teilurlaubsansprüche bestehen, ist in den genannten Tarifbestimmung für Zeitungs- und Zeitschriftenredakteure unterschiedlich geregelt.

216

(1) Zeitschriftenredakteure Für Zeitschriftenredakteure gilt, wie sich aus § 10 Abs. 2 MTV ergibt, das Zwölftelungsprinzip. Das gilt aber nicht für den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen oder 20 Arbeitstagen (§ 3 Abs. 1 BUrlG). Denn im letzten Satz der Bestimmung heißt es, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch vom Zwölftelungsprinzip unberührt bleibt. Dieser folgt damit den Regeln des Bundesurlaubsgesetzes.

217

Der tarifliche Urlaub ist für Zeitschriftenredakteure zwei Wochen oder zehn Arbeitstage länger als der gesetzliche, bezieht sich die tarifliche Teilurlaubsregelung damit nur auf die zehn Arbeitstage.

218

Ist der Redakteur nicht das ganze Jahr über beim Verlag beschäftigt, erhält er im Eintritts- und Austrittsjahr für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses 1/12 des über den gesetzlichen Urlaub hinausgehenden Urlaubs (§ 10 Abs. 2 MTV). Löst er vertragswidrig sein Anstellungsverhältnis auf, bleibt es beim gesetzlichen Mindesturlaub (§ 10 Abs. 9 MTV).

219

Scheidet der Redakteur vor Erfüllung der sechsmonatigen Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis aus, gilt jedoch die gesetzliche Regelung, nach der der Redakteur sowohl für den gesetzlichen als auch für den tariflichen Urlaub ebenfalls für jeden vollen Monat der Beschäftigung 1/12 des tariflichen Jahresurlaubs erhält.

220

(2) Zeitungsredakteure Für Zeitungsredakteure wird in § 9 Abs. 6 MTV auf die gesetzliche Bestimmung des § 5 BurlG hingewiesen. Sie lautet: (1) Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer

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221

B Rz. 222

Individualarbeitsrecht

a) für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt; b) wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet; c) wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. (2) Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden. (3) Hat der Arbeitnehmer im Falle des Abs. 1 Buchst. c bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.

222

Kann der Redakteur wegen Nichterfüllung der Wartezeit im laufenden Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch mehr erwerben, weil er die Beschäftigung erst nach dem 1.7. aufgenommen hat, kann er für jeden vollen Monat des Bestehens des Anstellungsverhältnisses ein Zwölftel des Jahresurlaubs verlangen. Dabei sind Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, auf volle Tage aufzurunden.

223

Beispiel: Das Arbeitsverhältnis mit einem 24jährigen Redakteur beginnt am 1.10. Im Eintrittsjahr hat er Anspruch auf (30 × 3 : 12 = 7,5) 8 Urlaubstage.

224

Beginnt das Arbeitsverhältnis am 1.7., kommt eine Zwölftelung nicht in Betracht, weil der Redakteur wegen der Fristberechnung nach § 187 Abs. 2 BGB die sechsmonatige Wartezeit erfüllen kann. In diesem Fall erwirbt der Redakteur den vollen Urlaubsanspruch ohne Rücksicht darauf, ob er mit Ablauf der Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Nur in dem praktisch nicht vorkommenden Ausnahmefall, dass das Arbeitsverhältnis erst im Laufe des 1.7. beginnt, kann die Wartezeit nicht mehr erfüllt werden, weil dann dieser Tag bei der Fristberechnung gem. § 187 Abs. 1 BGB nicht mitzählt.

225

Gezwölftelt wird der Urlaub auch bei Redakteuren, die vor Erfüllung der Wartezeit oder nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres, also vor dem 1.7., aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden (§ 5 Abs. 1 Buchst. b und c BUrlG).

226

Dabei gilt ein Ausscheiden mit Ablauf des 30.6. als Ausscheiden in der ersten Jahreshälfte. 1 Beispiel: Das Arbeitsverhältnis mit einem 24jährigen Redakteur endet mit Ablauf des 30.6. Er kann in dem betreffenden Urlaubsjahr nur 15 Tage Urlaub verlangen.

1 BAG, AP Nr. 4 zu § 5 BUrlG.

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Schaffeld

Entgeltzahlung ohne Arbeitspflicht

Rz. 233 B

In diesem Fall ist zwar die Wartezeit erfüllt, der Redakteur erwirbt aber trotzdem nicht den vollen Urlaubsanspruch, weil § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG als Sondervorschrift dem § 4 BUrlG vorgeht. 1

227

Doppelansprüche auf Urlaub können auch beim Wechsel des Arbeitsverhältnisses nicht entstehen, weil nach § 6 BUrlG der neue Verlag bereits genommen Urlaubstage oder den bereits finanziell abgegoltenen Urlaub auf die bei ihm erworbenen Urlaubsansprüche anrechnen kann.

228

Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Bestimmung wird Teilurlaub nur 229 für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses gewährt. Allerdings braucht der volle Monat nicht mit dem Kalendermonat übereinzustimmen. Abzustellen ist vielmehr auf den „Beschäftigungsmonat“. Beginnt das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Kalendermonats, ist der Beschäftigungsmonat vom vereinbarten Tag des Arbeitsbeginns an zu berechnen. Sein Ende bestimmt sich nach § 188 Abs. 2 BGB. Es wäre deshalb unrichtig, den Beschäftigungsmonat mit 30 Tagen anzusetzen. Beispiel: Das Arbeitsverhältnis mit einem 24-jährigen Redakteur beginnt am 15.5. Der 1. Beschäftigungsmonat endet mit Ablauf des 14.6. Scheidet der Redakteur mit Ablauf des 31.8. aus dem Arbeitsverhältnis aus, sind 3 Beschäftigungsmonate für die Berechnung des Teilurlaubs anzusetzen, so dass er (30 × 3 : 12 = 7,5) = 8 Tage Urlaub verlangen kann.

In diesem Fall besteht auch keine Bindung an das Kalenderjahr. Entscheidend ist allein die Dauer der Beschäftigung.

230

Beispiel: Das Arbeitsverhältnis mit einem Redakteur beginnt am 15.10. und endet mit Ablauf des 14.1. Für die Berechnung des Teilurlaubs sind wiederum 3 Monate zu Grunde zulegen.

Bei Bruchteilen von weniger als einen halben Tag wird nach der Rechtsprechung nicht abgerundet, vielmehr ist entsprechend (Stunden-) Freizeit oder – bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – entsprechender finanzieller Ausgleich zu geben. Bei Bruchteilen von mindestens einem halben Tag ist nach § 5 Abs. 2 BUrlG aufzurunden.

231

Hat der Verlag dem Redakteur mehr (Teil–)Urlaub gewährt, als er nach der Regelung des Abs. 1 zu § 5 BUrlG müsste, so kann er das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückfordern (§ 5 Abs. 3 BUrlG).

232

ee) Erkrankung im Urlaub Nur die durch ärztliches Attest nachgewiesenen Tage der Krankheit sind nicht auf den Urlaub anzurechnen. Das Attest muss unverzüglich einge1 BAG, AP Nr. 4 zu § 5 BUrlG.

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233

B Rz. 234

Individualarbeitsrecht

reicht werden. 1 Verstößt der Redakteur gegen diese Verpflichtung, entfällt zwar nicht der Urlaubsanspruch, es liegt aber eine Pflichtverletzung vor, die arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann oder Schlüsse auf die Schwere der Erkrankung zulässt. 234

Die nicht anzurechnenden Urlaubstage sind nachzugewähren. Der Erholungsurlaub verlängert sich nicht automatisch durch die Krankheitstage, vielmehr muss der Redakteur bei Urlaubsende oder, wenn zu diesem Zeitpunkt die Krankheit noch andauert, bei Wiedergenesung die Arbeit wieder aufnehmen. 2

235

Nicht auf den Urlaub angerechnet werden Kuren, die ärztlicherseits verordnet werden und in einem Kurheim durchgeführt werden (§ 9 Abs. 8 MTV/Zeitungsredakteure, § 10 BUrlG). ff) Aufschub des Urlaubs

236

Grundsätzlich wird durch die Festlegung des Urlaubszeitpunktes die Fälligkeit herbeigeführt. Aus § 9 Abs. 9 MTV/Zeitungsredakteure ergibt sich, dass der Verlag vom Redakteur ausnahmsweise eine Verlegung bzw. den Abbruch des Urlaubs verlangen kann, wenn dienstliche Belange dies erforderlich machen. Dass der Verlag in diesen Fällen die erforderlich gewordenen Kosten übernehmen muss, ist selbstverständlich. Zu ersetzen sind die Kosten der Buchungen, Abbestellungen, Hotelkosten, Rücktritts- und Verfallgebühren u.A.

237

Für Zeitschriftenredakteure ist das zwar nicht tariflich bestimmt, ergibt sich aber aus der arbeitnehmerseitigen Treuepflicht.

238

In Ausnahmefällen kann auch der Redakteur eine Verlegung des Urlaubs verlangen, z.B. dann, wenn er zum vorgesehenen Zeitpunkt erkrankt ist und deshalb den Urlaub nicht antreten kann. In derartigen Fällen hat er aber keinen Anspruch auf Ersatz der für die Vorbereitung des Urlaubs entstandenen Kosten. b) Freistellung

239

In welchen Fällen der Redakteur auch außerhalb des Urlaubs von der Arbeit freizustellen ist, ist für Zeitschriftenredakteure in § 11 MTV und für Zeitungsredakteure in § 9 Abs. 10 MTV geregelt. Da es sich nicht um Urlaub handelt, besteht der Anspruch auf Freistellung nur dann, wenn die in den Tarifregelungen genannten Ereignisse in eine Zeit der Arbeitspflicht für den Redakteur fallen. Ist er aus anderen Gründen bereits von der Arbeitspflicht befreit, greifen die tariflichen Bestimmungen nicht ein. Das ergibt sich aus § 275 Abs. 1 BGB, denn eine nochmalige Freistellung eines 1 Vgl. LAG Köln, DB 1983, 1771. 2 LAG Düsseldorf, DB 1967, 1992.

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Schaffeld

Entgeltzahlung ohne Arbeitspflicht

Rz. 245 B

bereits freigestellten Arbeitnehmers ist unmöglich. Fällt also ein in den genannten Tarifbestimmungen genanntes Ereignis z.B. in den Urlaub des Redakteurs, sind sie nicht anwendbar. Es ist nicht etwa so, dass deswegen keine Urlaubstage verbraucht werden. Beispiel: Im Zusammenhang mit einem Arbeitsplatzwechsel zieht ein Redakteur am 29. eines Monats um. Seit dem 20. des Monats befindet er sich im Urlaub. Ein Freistellungsanspruch aus umzugsbedingten Gründen hat er nicht.

In § 11 MTV/Zeitschriftenredakteure wird unterschieden zwischen be- 240 zahlter und unbezahlter Freistellung, Zeitungsredakteure sind in den Fällen des § 9 Abs. 10 MTV bezahlt von der Arbeit freizustellen. Bei Umzug mit eigenem Hausstand ohne Ortsveränderung haben Zeitungs- und Zeitschriftenredakteure Anspruch auf zwei, mit Ortsveränderung auf drei freie Arbeitstage, in denen das Gehalt weitergezahlt wird. Das gilt auch, wenn der Umzug bedingt ist durch einen Wechsel des Arbeitgebers. Entsprechendes gilt bei Eheschließung oder Niederkunft der Ehefrau und bei Todesfällen in der engeren Familie für zwei Arbeitstage. Bei einem Umzug ohne eigenen Hausstand erhalten Zeitschriftenredakteure einen Tag als bezahlte Freizeit.

241

Unbezahlte Freizeit erhalten Zeitschriftenredakteure für die Erfüllung auferlegter Pflichten aus öffentlichen Ehrenämtern, wie es in § 11 Abs. 2 MTV heißt, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, so z.B. für Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr. Für Zeitungsredakteure ergibt sich diese Rechtslage aus den entsprechenden gesetzlichen Regelungen.

242

Beide Tarifverträge sehen des Weiteren eine Freistellung zur Wahrnehmung und Erfüllung ehrenamtlicher Aufgaben im Berufsverband für die Dauer der unumgänglichen Abwesenheit vor (§ 9 Abs. 10 Buchst. e MTV/ Zeitungsredakteure, § 11 Abs. 3 MTV/Zeitschriftenredakteure). Im Unterschied zu den Zeitschriftenredakteuren sind Zeitungsredakteure jedoch bezahlt von der Arbeit freizustellen.

243

Die Anwendung der Bestimmung setzt zunächst voraus, dass es sich um eine Betätigung für eine der Gewerkschaften handelt, die den MTV abgeschlossen haben, also für ver.di oder den DJV. Soll der Redakteur eine Funktion bei einer Veranstaltung übernehmen, an der die Gewerkschaft nur mittelbar beteiligt ist, besteht kein Freistellungsanspruch. 1

244

In der Entscheidung des LAG Düsseldorf ging es um eine Dozententätigkeit eines Redakteurs bei einer der IG Druck + Papier (eine der Vorläufer-

245

1 LAG Düsseldorf, Urteil vom 11.5.1979 – 9 Sa 300/79.

Schaffeld

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B Rz. 246

Individualarbeitsrecht

organisationen von ver.di) nahestehenden Organisation. Das war für das Landesarbeitsgericht keine Tätigkeit im Berufsverband. 246

Das galt auch für die Teilnahme an einer Podiumsdiskussion, die von der örtlichen Volkshochschule veranstaltet wurde und zu der ein Mitglied der IG Medien (ebenfalls eine Vorläuferorganisation von ver.di) eingeladen war. Auch hierfür konnte keine Freistellung nach § 9 Ziffer 10e MTV/ Zeitungsredakteure verlangt werden.

247

In einer Entscheidung des LAG Saarland ging es um die Teilnahme eines Redakteurs an einer Sitzung des Bundesfachvorstandes Journalismus der IG Medien, also einer im Sinne der Tarifvorschrift privilegierten Veranstaltung. 1 Der Freistellungsanspruch scheiterte jedoch daran, dass seine Anwesenheit nicht, wie im Tarifvertrag vorgeschrieben, „unumgänglich“ war. Dieses Tatbestandsmerkmal wurde vom Landesarbeitsgericht dahingehend ausgelegt, dass die persönliche Anwesenheit des Redakteurs unbedingt erforderlich sein muss. Nicht jede Sitzung des Bundesfachgruppenvorstandes sei aber unumgänglich in diesem Sinne. Dabei verwies das Landesarbeitsgericht darauf, dass dieses Gremium aus mehreren Personen bestehe und nicht immer alle Mitglieder an den jeweiligen Sitzungen teilnähmen. Bedeutung habe auch, dass die modernen Kommunikationsmittel nicht immer eine persönliche Anwesenheit aller Mitglieder des Gremiums erforderlich machten. Relativ hoch waren auch die Hürden, die das Landesarbeitsgericht an die Nachweispflicht des Redakteurs stellte. So reichte es nicht aus, dass der Redakteur nur die Tagesordnung der Sitzung vorlegte.

248

Andererseits war die Teilnahme an einer Betriebsversammlung in einem Drittbetrieb, in der es u.A. um die Information über laufende Tarifverhandlungen ging, nach der Tarifbestimmung privilegiert, da die Entsendung durch die IG Medien geschah. Sowohl das Arbeits- als auch das Landesarbeitsgericht stützten ihre Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass die Gewerkschaft gemäß § 46 Abs. 1 BetrVG ein Präsenzrecht in der Betriebsversammlung habe. Es sei ihr dann unbenommen, dazu einen ihr geeigneten Vertreter zu benennen. Insofern habe der Redakteur eine ehrenamtliche Aufgabe im Berufsverband wahrgenommen.

249

Sitzungen des Deutschen Presserates lassen sich ebenfalls unter die Tarifbestimmung subsumieren, denn bei ihm handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung der Presseverbände BDZV, VDZ, ver.di und DJV. Er ist das Selbstkontrollorgan der Presse. Die Teilnahme an seinen Sitzungen gehört damit zu der spezifisch-koalitionsmäßigen Betätigung einer Mediengewerkschaft.

250

Es ist somit eine Sache des Einzelfalles, für welche Veranstaltungen der Redakteur gemäß § 9 Ziffer 10e MTV/Zeitungsredakteure, § 11 Abs. 3 1 LAG Saarland – Urteil vom 18.10.1995 – 2 Sa 186/94.

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Schaffeld

Entgeltzahlung ohne Arbeitspflicht

Rz. 254 B

MTV/Zeitschriftenredakteure bezahlt bzw. unbezahlt freizustellen ist. In erster Linie kommt es auf deren Charakter an. Fällt sie in den Kernbereich der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Gewerkschaftsaufgaben, gehört die Wahrnehmung des Termins zu der spezifisch koalitionsmäßigen Betätigung und fällt damit unter die genannte Tarifnorm, so dass es dann darauf ankommt, ob die Abwesenheit unumgänglich ist, was der Redakteur nachzuweisen hat. Weitere Einzelheiten sind dem Aufsatz von Berger-Delhey 1 zu entnehmen. c) Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Die Regelungen in § 5 MTV/Zeitungsredakteure und § 6 MTV/Zeitschriftenredakteure sind nahezu identisch, nur dass für Zeitschriftenredakteure eine etwas kürzere Zuschussdauer gilt (vgl. § 5 Abs. 3 MTV/Zeitungsredakteure und § 6 Abs. 2 MTV/Zeitschriftenredakteure) und für sie die Mitteilungs- und Nachweispflicht bei arbeitsunfähiger Erkrankung nicht tariflich geregelt ist, sondern sich nach § 5 EFZG richtet. Die tarifliche Bestimmung für Zeitungsredakteure entspricht der gesetzlichen Regelung.

251

Beide Redakteursgruppen sind verpflichtet, dem Verlag ihre Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich, d.h. regelmäßig noch am Tag der Erkrankung mitzuteilen. Zeitungsredakteure müssen jede Erkrankung, auch Kurzerkrankungen bis zu einer Dauer von drei Arbeitstagen, durch ärztliches Attest nachweisen (§ 5 Abs. 1 MTV/Zeitungsredakteure). Für Zeitschriftenredakteure gilt bei Kurzerkrankungen diese Nachweispflicht nur dann, wenn das vom Verlag verlangt wird (§ 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG). Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, müssen auch Zeitschriftenredakteure unaufgefordert das ärztliche Attest einreichen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG). Diese Mitteilungs- und Nachweispflicht besteht unabhängig davon, ob Anspruch auf Gehaltszahlung oder Zahlung eines Zuschusses zum Krankengeld besteht.

252

In den ersten sechs Wochen der Erkrankung erhalten beide Redakteursgruppen Entgeltfortzahlung gemäß §§ 3 ff EFZG bzw. § 5 Abs. 2 MTV/ Zeitungsredakteure (die Regelung entspricht der gesetzlichen), ab der siebten Woche wird ihnen, gestaffelt nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit, ein Zuschuss zum Krankengeld gewährt. Die vierwöchige Karenzzeit des § 3 Abs. 3 EFZG nach Beginn des Arbeitsverhältnisses gilt nicht.

253

aa) Gehaltsfortzahlung Bezüglich der Höhe des fortzuzahlenden Gehalts gilt – anders als bei der Berechnung des Urlaubsentgelts gemäß § 11 BUrlG – das Lohnausfallprinzip. Von der Möglichkeit in § 4 Abs. 4 EFZG, eine andere Bemessungs1 Berger-Delhey, AfP 1982, 41.

Schaffeld

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254

B Rz. 255

Individualarbeitsrecht

grundlage zu wählen, haben die Tarifparteien keinen Gebrauch gemacht. Der Redakteur ist so zu stellen, als hätte er gearbeitet. 255

Berechnungsgrundlage für das fortzuzahlende Entgelt ist der Arbeitsverdienst in der für den Redakteur maßgeblichen regelmäßigen Arbeitszeit, die krankheitsbedingt ausfüllt.

256

Zum Arbeitsentgelt gehören neben dem laufenden Gehalt auch Zulagen. Soweit sie pauschaliert sind, zählen sie ohnehin zum laufenden Arbeitsentgelt. Deshalb ist der Sonntags- und Feiertagszuschlag gemäß § 8 Abs. 1 MTV/Zeitungsredakteure und § 9 Abs. 7 MTV/Zeitschriftenredakteure zu berücksichtigen. Soweit er auf Einzelabrechnung beruht, hat der Redakteur nachzuweisen, dass er am Sonntag und Feiertag gearbeitet hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen wäre. Dabei kommen ihm Beweiserleichterungen zu Hilfe. Hat er in der Vergangenheit regelmäßig an bestimmten Sonntagen im Monat gearbeitet, spricht eine Vermutung dafür, dass er auch an dem Sonntag gearbeitet hätte, wenn dieser in die Zeit der Krankheit fällt. Es ist dann Sache des Verlegers, diese Vermutung zu widerlegen. Der Sonntags- und Feiertagszuschlag ist dann aber lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig, weil nach § 3b Abs. 1 EStG und § 1 ArbEV die Begünstigung davon abhängt, dass er für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt wird.

257

Funktions-, Leistungs- und außertarifliche Zulagen gehören zum laufenden Gehalt und müssen berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt für eine Urheberpauschale, die Kontoführungsgebühr und den Ersatz für die Kameraausrüstung.

258

Die Fortzahlung vermögenswirksamer Leistungen richtet sich nach § 5 Abs. 3b aa MTV/Zeitschriftenredakteure und § 2 Abs. 3b aa Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen für Redakteure und Redaktionsvolontäre an Tageszeitungen. Abweichend vom übrigen Entgeltfortzahlungsanspruch werden diese Leistungen für insgesamt acht Wochen im Kalenderjahr gezahlt.

259

Nicht zum fortzuzahlenden Entgelt zählen die Überstundenbezahlung und der Aufwendungsersatz (§ 4 Abs. 1a EFZG).

260

Nach Ablauf von sechs Wochen erhalten die gesetzlich krankenversicherte Redakteure Krankengeld von ihrer Krankenkasse (§§ 44 ff. SGB V) und vom Verlag einen Zuschuss zum Krankengeld. Privat krankenversicherte Redakteure erhalten das Krankengeld von ihrer privaten Krankenkasse, wenn sie sich insoweit abgesichert haben, und den Zuschuss. Ob und in welcher Höhe privat krankenversicherte Redakteure Krankengeld von ihrer Krankenkasse erhalten, ist für die Berechnung des Zuschusses unwesentlich. Zugrunde zu legen ist immer das Krankengeld, das durch die gesetzliche Krankenkasse gezahlt wird.

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Entgeltzahlung ohne Arbeitspflicht

Rz. 264 B

bb) Zuschuss Die Bezugsdauer des Zuschusses richtet sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Auch das ist ein zulässiger Differenzierungsgrund. Ein Verstoß gegen die Normen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes liegt darin nicht. Unabhängig davon, dass nicht nach dem Lebensalter unterschieden wird, weswegen bereits zweifelhaft ist, ob § 2 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 1 AGG eingreift, wird mit der verlängerten Zuschussdauer die Betriebstreue belohnt, was nicht nur, aber auch eine unterschiedliche Behandlung nach § 10 AGG rechtfertigt.

261

Bei mehr als 25jähriger Betriebszugehörigkeit erhalten Zeitungsredakteure den Zuschuss zum Krankengeld nur theoretisch zeitlich unbegrenzt. Denn in der Tarifvorschrift wird darauf abgestellt, ob der Redakteur Invalidenrente beantragen kann. Ob der das tatsächlich macht, ist demgegenüber unwesentlich. Bestehen berechtigte Anzeichen dafür, dass die Voraussetzungen für den Bezug einer Invalidenrente bestehen, z.B. durch das Zeugnis des Betriebsarztes, muss ihn der Redakteur auch stellen. Das folgt aus der arbeitnehmerseitigen Treuepflicht. Macht er das nicht, muss er sich aus dem Rechtsgedanken des § 162 BGB so behandeln lassen, als ob der Antrag erfolgreich war, so dass er keinen Anspruch auf den Zuschuss hat. Als Zuschuss erhält der Redakteur den Unterschiedsbetrag zwischen dem Krankengeld und dem Nettogehalt. Zwar unterliegt das von der Krankenkasse gezahlte Krankengeld der Beitragspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung, wobei die entsprechenden Beiträge von der Krankenkassen eingehalten und abgeführt werden, so dass der Auszahlungsbetrag niedriger ist, für die Berechnung des Zuschusses spielt das jedoch keine Rolle. Zugrunde zu legen ist das „Bruttokrankengeld“. Das hat das Bundesarbeitsgericht zu vergleichbaren Tarifbestimmungen bestätigt. 1

262

Was als Nettogehalt zu Grunde zu legen ist, ist in § 5 Abs. 4 MTV/Zeitungsredakteure und § 6 Abs. 3 MTV/Zeitschriftenredakteure eigenständig definiert. Es stimmt nicht mit dem „lohnsteuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen“ Nettogehalt überein. Insofern sind zur Ermittlung des Krankengeldes und des Zuschusses zwei Berechnungen vorzunehmen.

263

Nach § 5 Abs. 4 MTV/Zeitungsredakteure, § 6 Abs. 3 MTV/Zeitschriftenredakteure ist Nettogehalt i.S. dieser Vorschrift das jeweilige Monatsgehalt des Redakteurs einschließlich etwaiger auch im Krankheitsfall fortzuzahlender vermögensbildender Leistungen nach Kürzung um die gesetzlichen Abzüge (Steuern und Sozialversicherungsbeiträge); Gratifikationen, Urlaubsgeld, tarifliche Jahresleistung und sonstige über die regu-

264

1 Zuletzt BAG, NZA 2003, 49.

Schaffeld

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B Rz. 264

Individualarbeitsrecht

lären zwölf Monatsgehälter hinausgehende zusätzliche Leistungen des Verlages bleiben außer Betracht. Beispiel (Stand 2006): Redakteur, verheiratet, keine Kinder, Lohnsteuerklasse III/0, Kirchensteuer 9,0 Prozent

Gehalt

steuer- und sozialversicherungsrechtliches Nettogehalt

MTV

3 250,00 E

3 250,00 E

Sonntagszuschlag lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtig

40,00 E

VWL

56,70 E

Verlagsanteil PVW (vorgelagerte Besteuerung nach § 52 Abs. 6 EStG)

163,00 E

Kontoführungsgebühr

1,28 E

Sonstige Pauschalen

50,00 E

Gesamtbrutto

56,70 E

3 560,98 E

3 306,70 E

423,16 E

357,33 E

SoliZ (5 % der LSt.)

21,16 E

17,87 E

KiSt. (9 %)

38,08 E

32,16 E

RV (9,75 %)

347,19 E

322,40 E

AV (3,25 %)

115,73 E

107,47 E

KV (7 %)

249,27 E

231,47 E

39,17 E

36,37 E

Abzüge insgesamt

1 212,60 E

1 087,20 E

Nettogehalt

2 327,22 E

2 201,63 E

Abzüge LSt. (III/0)

PflV (1,1 %)

Das Krankengeld beträgt 70 Prozent des Bruttogehaltes, maximal 90 Prozent des Nettogehaltes (§ 47 Abs. 1 SGB V). 70 Prozent von 3 560,98 Euro sind 2 492,69 Euro, also kommt die „90 Prozent-Regelung“ zur Anwendung. 90 Prozent von 2 327,22 Euro sind 2 094,50 Euro. Der Zuschuss beläuft sich damit auf (2 201,63 E – 2 094,50 E =) 107,13 E.

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Schaffeld

Entgeltzahlung ohne Arbeitspflicht

Rz. 268 B

Diese 107,13 Euro sind zwar lohnsteuerpflichtig, aber sozialversicherungsfrei. Des Weiteren hat der Verlag von dem Zuschuss den Anteil des Redakteurs zu den Beiträgen zum Presseversorgungswerk einzuhalten, weil diese nach § 14 des Tarifvertrages über die Altersversorgung für Redakteure solange in unverminderter Höhe weiter gezahlt werden müssen, als Anspruch auf Entgeltfortzahlung und Zuschuss besteht. Der Redakteursanteil beträgt 2,5 Prozent vom Bruttogehalt von 3 250,00 Euro und damit 81,00 Euro.

265

Muss innerhalb eines Jahres mehrfach Entgeltfortzahlung geleistet wer- 266 den, sind die über die Dauer von sechs Wochen hinausgehenden Tage auf den Zuschuss anzurechnen. Der Anspruch auf Zuschusszahlung besteht insgesamt nur einmal innerhalb von 12 Monaten (§ 5 Abs. 5 bzw. Abs. 4 MTV/Zeitungsredakteure bzw. Zeitschriftenredakteure). Anspruch auf wiederholte Entgeltfortzahlung, die im Laufe eines Jahres 6 Wochen übersteigt, besteht auch bei mehrfacher Erkrankung, sofern sie keine Fortsetzungserkrankung ist. Denn nach § 5 Abs. 5 MTV/Zeitungsredakteure und § 6 Abs. 4 MTV/Zeitschriftenredakteure, wird der Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch jede neue krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit ausgelöst, die nicht auf demselben Grundleiden beruht. War er jedoch vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig, hat er erneut Anspruch auf sechs Wochen Lohnfortzahlung, auch wenn diese mit der ersten im Zusammenhang stehen. Beispiel: Ein Redakteur war vom 2. Januar bis 13. Februar an einem Nierenleiden erkrankt. Vom 15. Mai bis 1. Juni ist er wegen eines grippalen Infekts arbeitsunfähig. Am 15. Oktober bricht das Nierenleiden wieder aus. Für die Zeit vom 2. Januar bis 13. Februar (6 Wochen) erhält er Lohnfortzahlung. Da der grippale Infekt keine Fortsetzungserkrankung ist, besteht ebenfalls Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Zwar ist die Krankheit am 15. Oktober eine Fortsetzungserkrankung, da jedoch die erste Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Erkrankung länger als sechs Monate zurückliegt, besteht erneut ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Die tariflichen Regelungen entsprechen dem § 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG. Die Regelung in § 5 Abs. 7 MTV/Zeitungsredakteure, § 6 Abs. 6 MTV/ Zeitschriftenredakteure haben durch Zeitablauf keine praktische Bedeutung mehr.

267

Der Übergang des Schadensersatzanspruches wegen des Verdienstausfalls auf den Verlag, wenn ein Dritter die Arbeitsunfähigkeit des Redakteurs verschuldet hat, entspricht dem § 6 EFZG.

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Schaffeld

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B Rz. 269

Individualarbeitsrecht

8. Urheberrecht (Die Darstellung folgt den Erläuterungen des VDZ zu § 12 MTV/Zeitschriftenredakteure) a) Person des Urhebers 269

Das Urheberrecht entsteht in der Person des Urhebers, wenn dieser ein urheberrechtsfähiges Werk schafft. Nach den Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes verbleibt das Urheberrecht als solches stets beim Schöpfer des Werks. Es kann lediglich vererbt oder in Erfüllung einer Verfügung von Todes wegen oder im Wege der Erbauseinandersetzung an Miterben übertragen werden. Ansonsten ist es nicht übertragbar. Der Urheber kann nach dem deutschen Urheberrecht lediglich Nutzungsrechte an dem Werk einräumen. Fotos von Fotoredakteuren können als Lichtbildwerke durch das Urheberrecht oder als Lichtbilder durch das verwandte Schutzrecht gemäß § 72 UrhG geschützt sein. Der Schutz entspricht sich im Wesentlichen. Die verwandten Schutzrechte können wie Nutzungsrechte an Werken übertragen werden.

270

Die Gliederung des § 12 MTV/Zeitschriftenredakteure, § 18 MTV/Zeitungsredakteure richtet sich nach einzelnen urheberrechtlichen Sachgebieten. b) Unmittelbare Übertragung der Nutzungsrechte durch den Tarifvertrag

271

Dem Verlag werden bei Beschäftigung eines Redakteurs unmittelbar durch den Tarifvertrag, d.h., ohne dass es noch einer besonderen Regelung im Arbeitsvertrag bedarf, die Nutzungsrechte an den urheberrechtlich geschützten Werken, die der Redakteur im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses geschaffen hat, umfassend eingeräumt. Umfassend bedeutet, dass der Verlag das Werk sowohl zeitlich als auch räumlich unbegrenzt, sprich weltweit, nutzen kann. Er kann es auch inhaltlich unbeschränkt nutzen, nämlich außer für Verlagszwecke auch für alle denkbaren anderen Verwertungen. Die Befugnis des Verlags, die Rechte in körperlicher Form zu nutzen, umfasst insbesondere die Befugnis, Vervielfältigungsstücke (z.B. Zeitschriften, CD-ROM’s) herzustellen und zu verbreiten. Eine Wiedergabe in unkörperlicher Form erfolgt beispielsweise durch einen Vortrag, eine Theateraufführung, eine Filmvorführung oder eine Funksendung. Mit der beispielhaften Aufzählung der wichtigsten Medien („dies gilt insbesondere für …“) und mit der ausdrücklichen Einbeziehung der elektronischen On- und Offline-Medien in Abs. l ist klargestellt, dass die Rechteeinräumung unabhängig von den Übertragungs- und Trägertechniken erfolgt, mit denen die urheberrechtlich geschützten Werke in

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Schaffeld

Urheberrecht

Rz. 275 B

den Verkehr gebracht werden. Die Rechteeinräumung umfasst auch die weitere technische Entwicklung der neuen Medien. Die Tarifvorschrift enthält eine Aufzählung der übertragenen Nutzungsrechte. Da sich die Aufzählung der Nutzungsarten am Urheberrechtsgesetz orientiert, kann für Fragen der Auslegung übertragener Rechte auf Kommentierungen dieses Gesetzes zurückgegriffen werden. Das Recht zur Übersetzung ist als Teil des Rechts zur Bearbeitung und Umgestaltung nach § 23 UrhG mit übertragen. Durch den Briefwechsel zwischen den Tarifpartnern im Zeitschriftenbereich wird klargestellt, dass die Neuregelung der Erschöpfung des Vermietrechts in den §§ 17 Abs. 2, 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG zu keiner Änderung in Bezug auf das Vermieten und Verleihen von Zeitschriften geführt hat. Der Verlag hat weiter das uneingeschränkte Recht, seine Zeitschriften über Lesezirkel zu vertreiben. Für den Zeitungsbereich spielt das Vermiet- und Verleihrecht keine Rolle.

272

c) Vergütung nach § 12 Abs. 7 MTV/Zeitschriftenredakteure und § 18 MTV/Zeitungsredakteure Mit der Vergütungsregelung von Abs. 7 des § 12 MTV/Zeitschriftenredakteure bzw. Abs. 6 des § 18 MTV/Zeitungsredakteure ist es den Tarifvertragsparteien gelungen, die zum Teil im Widerstreit liegenden Prinzipien des Urheberrechts und des Arbeitsrechts in Einklang zu bringen und zu einer sachgerechten Lösung zu kommen, die sowohl die Interessen der Verlage als auch der Redakteure berücksichtigt. Das Urheberrechtsgesetz geht von dem freischaffenden Autor aus, der sich seinen Lebensunterhalt durch die Vermarktung seiner geistigen Werke verdienen muss. Deshalb räumt das Urheberrechtsgesetz dem geistigen Schöpfer eines Werkes unverzichtbare, d.h. vertraglich nicht abdingbare, Urheberpersönlichkeitsrechte sowie das Recht ein, sein Werk zu nutzen (Nutzungsrechte). Die Einräumung von Nutzungsrechten an andere geschieht in der Regel entgeltlich. Das Urheberrechtsgesetz sieht mit §§ 32, 36 UrhG sogar besondere Schutzvorschriften vor, den Urheber vor wirtschaftlichen Nachteilen zu bewahren.

273

Festangestellte Redakteure müssen als Arbeitnehmerurheber dagegen Be- 274 schränkungen ihrer urheberrechtlichen Befugnisse hinnehmen. Dies ist eine Konsequenz ihrer sozialen Absicherung als Arbeitnehmer. Im Gegensatz zu ihren freischaffenden Kollegen tragen die Arbeitnehmerurheber keinerlei unternehmerisches Risiko. Dieses liegt ausschließlich beim Verlag. Ihre arbeitsvertragliche Pflicht besteht im Schaffen urheberrechtlich geschützter Werke. Dafür, dass der Verlag die Rechte umfassend nutzen darf, beziehen sie ein festes Gehalt. In der Vergütungsregelung wird diesem Grundgedanken Rechnung getragen, indem dort festgelegt wird, dass praktisch alle tarifvertraglich eingeräumten Nutzungsrechte mit dem Gehalt abgegolten sind. Lediglich bei Schaffeld

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B Rz. 276

Individualarbeitsrecht

einigen über den Rahmen des Anstellungsvertrages hinausgehenden, in den Absätzen 7 bzw. 6 der Tarifnormen abschließend geregelten Nutzungen und Zweitverwendungen lebt das vorgenannte Prinzip des Urheberrechtsgesetzes wieder auf, und es ist eine zusätzliche Urhebervergütung zu zahlen. 276

In Abs. 4 Buchst. d bzw. Abs. 7 wird die Frage behandelt, in welchen Fällen, in welcher Höhe und zu welchen Zahlungsmodalitäten der Redakteur eine über sein Arbeitsentgelt hinausgehende Sondervergütung erhält.

277

Es wird klargestellt, dass die Nutzung von nach Abs. 1 übertragenen Nutzungsrechten in digitalen Ausgaben von Objekten, für die der Redakteur nach Maßgabe seines Arbeitsvertrages tätig ist, durch das Arbeitsentgelt mit abgegolten ist. Vergütungsfrei ist weiter die Nutzung in oder aus Datenbanken des Verlages durch verbundene Unternehmen und kooperierende Verlage. Bei der Übertragung von Nutzungsrechten an Dritte entfällt eine Vergütungspflicht, wenn der Dritte mit dem Verlag eine Redaktionsgemeinschaft bildet oder die Nutzung aufgrund einer Mantellieferung oder sonstiger vergleichbarer Zusammenarbeit erfolgt. Geregelt ist auch die Berechnung der Vergütung und die Möglichkeit der Pauschalierung.

278

Tariflich geregelt ist, welche Verwertung der nach Abs. 1 übertragenen Rechte vergütungsfrei und welche vergütungspflichtig ist. Der Grundsatz hierbei ist, dass die Übertragung der Rechte nach Abs. 1 durch das Arbeitsentgelt abgegolten ist. Soweit der Redakteur arbeitsvertraglich verpflichtet ist, für ein bestimmtes Objekt zu arbeiten, gehen die Rechte an Werken, die er für dieses Objekt in Erfüllung der Arbeitsverpflichtung erstellt, ohne zusätzliche Vergütung über. Dieses folgt schon daraus, dass eine arbeitsvertragliche Hauptpflicht des Redakteurs in der Verschaffung von Nutzungsrechten für den Verlag besteht. Durch die umfassende Übertragung der Nutzungsrechte verschaffen die Redakteure dem Verlag die Möglichkeit, die wirtschaftliche Grundlage ihrer Beschäftigung zu sichern. Hierzu gehört in einer Zeit starken Medienwettbewerbs die Stärkung des Anstellungsobjekts durch Präsentation des redaktionellen Spektrums in digitalen Medien. Auch darf nicht außer acht gelassen werden, dass der Redakteur sein von ihm geschaffenes Werk mit Hilfe der vom Verlag zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel erstellt. Schließlich ist der wirtschaftliche Wert des vom Redakteur geschaffenen Werkes eng mit dem Image des Objekts verbunden, für das der Redakteur arbeitet. Deshalb werden gemäß Abs. 1 die Nutzungsrechte sehr weitgehend übertragen. Für diese Rechteübertragung erhält der Redakteur sein Arbeitsentgelt. Nur in den im Tarifvertrag abschließend aufgeführten Fällen („in den nachfolgend aufgeführten Fällen“) kann der Redakteur eine gesonderte Vergütung verlangen. 80

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Urheberrecht

Rz. 281 B

Zunächst wird noch einmal der Bezug zu dem Anstellungsvertrag her- 279 gestellt. Der Grundsatz, dass die Verwertung der Werke, die für ein bestimmtes Objekt geschaffen wurden, vergütungsfrei ist, wird bestätigt. Unter „Objekte“ sind deshalb die Titel zu verstehen, für die der Redakteur nach Maßgabe des Arbeitsvertrages beschäftigt ist. Klargestellt wurde, dass nicht nur die Nutzung in Printausgaben, sondern auch in digitalen Ausgaben durch das Arbeitsentgelt abgegolten ist, und zwar unabhängig davon, ob die Anstellungsverträge, insbesondere die Altverträge, eigens die digitalen Medien erwähnen. Der Ausdruck „digitale Ausgaben“ bezieht sich hierbei auf die Rechteübertragung für digitale Medien in Abs. 1. Danach ist die Nutzung für und in Ausgaben des Anstellungsobjekts in Telekommunikations- und Datendiensten (z.B. Online-Ausgaben) ebenso wie für und in Ausgaben des Anstellungsobjekts auf elektronischen Trägermedien (z.B. CD-ROM) und die Einstellung des Anstellungsobjekts oder einzelner Beiträge in Datenbanken (z.B. OnlineZeitschriften-Datenbank) vergütungsfrei möglich. Auch neue digitale Medien sind hiervon umfasst. Wegen der Bezugnahme auf Abs. 1 ist der Begriff der digitalen Ausgabe entwicklungsoffen. Deshalb gehören zu den digitalen Ausgaben nicht nur diejenigen, die lediglich die Inhalte des Printtitels in digitaler Form wiedergeben, sondern auch diejenigen digitalen Ausgaben, die das Kernobjekt redaktionell in einer für digitale Medien spezifischen Form ergänzen. Ist beispielsweise ein Redakteur für den Titel „bike und sport“ angestellt, so kann ein Werk des Redakteurs vergütungsfrei in „bike und sport online“ verwendet werden, ohne dass dies im Anstellungsvertrag geregelt sein müsste. Allerdings wird in der Protokollnotiz klargestellt, dass die bloße Rechteübertragung für im Arbeitsvertrag nicht genannte Objekte zu einer Vergütungspflicht führt. Selbst wenn sich der Verlag im Arbeitsvertrag zusätzlich die Nutzungsrechte der Beiträge für „bike und sport“ für andere Verlagsobjekte und deren digitale Ausgaben vorbehalten hat, ist nach der Protokollnotiz eine zusätzliche Vergütung zu zahlen, wenn die Beiträge, z.B. in „Motorroller“ und „Motorroller-Online“ veröffentlicht werden. Klargestellt wurde auch, dass die Nutzung von Werken in und aus Datenbanken der Verlage weitgehend vergütungsfrei ist. Ist die Datenbank eine digitale Ausgabe des Objekts, so folgt die Vergütungsfreiheit bereits aus Abs. 7 bzw. Abs. 6; auf die Art des Zugangs zu der Datenbank kommt es dabei ebenso wenig an, wie darauf, ob die Datenbank bei dem Verlag selbst oder bei einem Dienstleister steht. Ist die Datenbank keine digitale Ausgabe eines Objekts, ist die Nutzung ebenfalls vergütungsfrei, soweit sie für interne Zwecke des Verlages, durch verbundene Unternehmen, kooperierende Verlage oder zum persönlichen auch entgeltlichen Gebrauch Dritter erfolgt.

280

Der Begriff „verbundene Unternehmen“ ist in § 15 AktG legaldefiniert. Verbundene Unternehmen sind danach rechtlich selbstständige Unter-

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B Rz. 282

Individualarbeitsrecht

nehmen, die im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen, abhängige und herrschende Unternehmen, Konzernunternehmen, wechselseitig beteiligte Unternehmen oder Vertragsteile eines Unternehmensvertrags sind. 282

Kooperierende Verlage sind Verlagsunternehmen, die sich wechselseitig Leistungen in Bezug auf Datenbanken zur Verfügung stellen oder gemeinsame Datenbank- oder Archiveinrichtungen nutzen. Diese Auslegung ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang. Die Kooperation kann nicht allgemeiner Art beispielsweise im Vertrieb sein, sondern muss mit der Archiv-/Datenbanknutzung in Verbindung stehen. Demnach sind unter Kooperation die wechselseitige Nutzung oder gemeinsame Einrichtung von Archiven und Datenbanken zu verstehen. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Kooperation entgeltlich oder unentgeltlich ist.

283

Auch beim persönlichen Gebrauch Dritter kommt es auf die Frage der Entgeltlichkeit nicht an. Der entgeltliche persönliche Gebrauch Dritter ist vergütungsfrei. Dritter ist entsprechend der gewöhnlichen juristischen Terminologie jede andere natürliche oder juristische Person als der Verlag. Mit persönlichem Gebrauch ist der Eigengebrauch von Personen gemeint. Die Terminologie des § 53 UrhG, der auf den „privaten“ Gebrauch abstellt, wurde bewusst nicht gewählt. „Persönlich“ meint die Verwendung für eigene Zwecke, die aber im Gegensatz zu „privat“ auch die erwerbswirtschaftliche Verwendung umfasst. Ausgeschlossen ist lediglich, dass die Dritten die Werke wiederum an andere Dritte weitergeben, sei es entgeltlich oder unentgeltlich.

284

Geregelt sind die Sonderfälle, in denen der Verlag für Nutzungen von Werken eine zusätzliche Vergütung zahlen muss. Hierbei werden drei Fallgruppen unterschieden:

285

In Buchst. a wird die in der Praxis kaum relevante Nutzung der Werke in unkörperlicher Form behandelt, solange es sich nicht um Werbung handelt. Ein Beispiel wäre die Verfilmung eines Artikels aus der Zeitschrift „motorroller“.

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In Buchst. b sind die Fälle der klassischen Zweitverwertung, die Syndication geregelt. Von der vergütungspflichtigen Zweitverwertung gibt es jedoch Ausnahmen. Den Verlagen wird neuerdings die Möglichkeit gegeben, vergütungsfrei Werke in Zeitschriften und Zeitungen einzustellen, die mit ihnen in Redaktionsgemeinschaft stehen, an andere Mäntel zu liefern oder ähnlich zusammenzuarbeiten.

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In Buchst. c wird die Beziehung zum Arbeitsvertrag hergestellt. Die Protokollnotiz wird durch diese Ausnahmeregelung bestätigt. Gibt ein Verlag mehrere Objekte heraus und ist der Redakteur nur für eines dieser Objekte gemäß seines Arbeitsvertrages beschäftigt, so hat der Verlag für die Nutzung in einem anderen Objekt eine angemessene Vergütung zu zah82

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Urheberrecht

Rz. 292 B

len. Digitale Ausgaben stellen keine anderen Objekte im Sinne dieser Vorschrift dar. Vergütungspflichtig ist auch die Verwendung von Werken für Buchausgaben. Der Begriff der angemessenen Vergütung wurde neu definiert. Bezugsgröße ist der aus der Einzelverwertung des Beitrags bzw. der Beiträge des Redakteurs erzielte Nettoerlös. Als Nettoerlös gilt der um die Mehrwertsteuer und um die direkt zurechenbaren Herstellungs-, Marketing- und Vertriebskosten reduzierte Bruttoerlös. Unter direkt zurechenbaren Kosten versteht man sowohl die variablen Einzelkosten wie auch die verursachungsgerecht zuschlüsselbaren Fixkosten.

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Im Syndicationbereich können daher die Mehrwertsteuer, die Syndication-Provisionen und die Kosten der Verlage für die Verwaltung und Umsetzung der Syndication abgezogen werden. Herstellungskosten können z.B. Kosten für Duplikate bei Fotos sein. Für den Abzug der Mehrwertsteuer und der genannten Kosten kommt es nicht darauf an, ob die Syndication verlagsintern oder durch Dritte betrieben wird. Von dem so berechneten Nettoerlös erhält der Redakteur 40 Prozent. Fließen in die Syndication Beiträge mehrerer Redakteure ein, so hat der Redakteur einen Anspruch auf anteilige Erlösbeteiligung im Verhältnis des Umfangs seines Beitrages zum Gesamtprodukt.

289

Sollte sich auf diese Weise der Erlös aus der Einzelverwertung nicht ermitteln lassen, so erfolgt hilfsweise die gleiche Berechnung bezogen auf den üblicherweise aus der Rechteverwertung erzielbaren Erlös.

290

Die pauschalierte Vergütung kann nicht nur für die Nutzung der Bei- 291 träge in körperlicher Form, sondern auch in unkörperlicher Form vereinbart werden. Die Voraussetzungen für eine Pauschalierung gelten unverändert: jeweils gesonderte Ausweisung im Anstellungsvertrag, Mindesthöhe entsprechend der durchschnittlichen Vergütung nach Einzelabrechnung. Die Pauschale ist auf Verlangen des Redakteurs oder des Verlages nach Ablauf des Bemessungszeitraums (in der Regel ein Jahr) zu überprüfen. Die Pauschale ist danach ggf. neu festzusetzen. Gelegentlich wollen Betriebsräte bei der Festlegung der „angemessenen 292 Vergütung“ beteiligt werden. Indessen ist ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG (Lohn- und Gehaltsgrundsätze) nicht gegeben. Ein mögliches Mitbestimmungsrecht scheitert am Tarifvorbehalt im Eingangssatz von § 87 Abs. 1 BetrVG, wonach ein Mitbestimmungsrecht bei Bestehen einer „tariflichen Regelung“ nicht gegeben ist. Dabei genügt es nicht, dass der Tarifvertrag das in Rede stehende Thema lediglich anspricht, aber selbst keine Regelung trifft. Nach der Rechtsprechung des BAG greift der Vorrang einer tariflichen Regelung nur dann ein, wenn diese eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit selbst „abschließend und zwingend regelt und damit schon selbst dem Schutzzweck des Mit-

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B Rz. 293

Individualarbeitsrecht

bestimmungsrechts Genüge tut“.1 Dieses Erfordernis einer eigenen abschließenden tarifvertraglichen Regelung sah das BAG in der erwähnten Entscheidung als nicht gegeben an. Der dortige Tarifvertrag überließ den Einzelvertragsparteien die Vereinbarung der Höhe des Entgelts, ohne selber eine Entgeltordnung aufzustellen. Bei prinzipieller Bejahung des Mitbestimmungsrechts machte das BAG allerdings die Einschränkung: „Soweit in dem Tarifvertrag die Vereinbarung der Höhe der Löhne den Arbeitsvertragsparteien überlassen wird, löst dies kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus, denn nach ständiger Rechtsprechung des Senats wird vom Mitbestimmungsrecht nicht gedeckt die Bestimmung der Höhe des Entgelts.“

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Die Vergütungsregelung beschränkt sich nicht darauf, die Festsetzung einer angemessenen Vergütung bei Zweitnutzung dem Ermessen der Arbeitsvertragsparteien zu überlassen. Vielmehr wird dem Redakteur eine klare Rechtsposition mit einem „Anspruch auf eine zusätzliche angemessene Vergütung“ eingeräumt. Sodann wird der Begriff der Angemessenheit näher umschrieben. Und schließlich folgt der Hinweis, dass die Vergütung „durch Einzelabrechnung oder durch eine Monatspauschale möglich“ sei mit einer näheren Beschreibung der Pauschalierungsvariante. Mit der Verwendung des Begriffs „Einzelabrechnung“ wird zum Ausdruck gebracht, dass der Verlag eine Vergütungsabsprache nicht erst mit seinem Redakteur zu treffen hat, sondern dass es um eine Er- und Abrechnung des angemessenen Vergütungsanspruchs geht. Im Übrigen werden dem Verlag durch tarifvertragliche Umschreibung eine Reihe von Kriterien vorgegeben, nach denen sich die angemessene Vergütung zu richten hat. Ein Regelungsspielraum im Sinne einer – notfalls mitbestimmten – Ermessensentscheidung verbleibt dem Verlag nicht. Er ist auf reine Rechtsanwendung bei der Festlegung der zusätzlichen angemessenen Vergütung verwiesen. Fehlt es aber an einem Regelungsspielraum, kommt eine Mitgestaltung durch den Betriebsrat nicht in Betracht.

9. Nebentätigkeit 294

Unter welchen Voraussetzungen ein Redakteur eine Nebentätigkeit ausüben kann, ist in beiden Tarifverträgen identisch geregelt. Einschlägig ist der § 13 MTV/Zeitungsredakteure bzw. Zeitschriftenredakteure. Die Bestimmung ist Ausfluss der arbeitnehmerseitigen Treuepflicht, die sich aus § 242 BGB ergibt.

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Während in § 2 Abs. 4 MTV/Zeitungsredakteure bzw. Zeitschriftenredakteure festgelegt ist, dass der Redakteur ein Doppelarbeitsverhältnis nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Verlags eingehen darf, schränkt § 13 MTV das Recht ein, eine Nebentätigkeit auszuüben. Nebentätigkeit 1 BAG, NZA 1994, 809.

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Rz. 300 B

Nebentätigkeit

ist jede Beschäftigung, die aufgrund eines Dienst-, Werk- oder Arbeitsvertrages geleistet wird und zu der Haupttätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist. Eine Nebentätigkeit liegt nur dann vor, wenn sie eindeutig weniger Zeit in Anspruch nimmt als die Haupttätigkeit. Andernfalls liegt ein Doppelarbeitsverhältnis vor. Die Regelung ist verfassungskonform, sie verstößt nicht etwa gegen Art. 2, 12 GG. a) Absatz 1: Berechtigte Interessen des Verlags Unzulässig ist eine Nebentätigkeit, die zu einer nennenswerten Beeinträchtigung der Arbeitskraft des Redakteurs führt oder dem Ansehen des Verlags schädlich ist. Von einer nennenswerten Beeinträchtigung ist auszugehen, wenn durch die Nebentätigkeit die Höchstarbeitszeitgrenzen des ArbZG überschritten werden.

296

Zwar braucht der Redakteur nach Abs. 1 eine nichtjournalistische oder eine nichtredaktionelle Nebentätigkeit nicht ungefragt zu offenbaren, doch ist er auf Befragen verpflichtet, entsprechende Auskünfte zu erteilen. Das gilt insbesondere, wenn die Gefahr besteht, dass die Höchstarbeitszeitgrenzen der ArbZG überschritten werden und dadurch die arbeitsvertraglichen Pflichten durch übermäßige Beanspruchung verletzt werden. Verstößt der Redakteur gegen das Verbot der Nebentätigkeit, so stellt dies insbesondere nach vorheriger Abmahnung einen Grund zur Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG dar. Bei nachhaltigen Verstößen kann auch ein Grund zur fristlosen Kündigung gegeben sein.

297

b) Absatz 2: Journalistische oder redaktionelle Nebentätigkeit Will der Redakteur eine journalistische oder redaktionelle Nebentätigkeit ausüben, so muss er dies dem Verlag unaufgefordert mitteilen, falls es sich nicht um gelegentliche Einzelfälle handelt.

298

Aber auch dann, wenn sich die journalistische oder redaktionelle Nebentätigkeit auf gelegentliche Einzelfälle beschränkt, hat der Redakteur das Enthaltungsgebot nach Abs. 1 zu beachten. Auch eine nur gelegentliche redaktionelle oder journalistische Mitarbeit an einer Konkurrenzzeitung ist danach verboten. Das gilt ebenfalls für die Mitarbeit an Rundfunksendungen, die im Verbreitungsgebiet der Zeitung empfangen werden können.

299

Nach Satz 2 bedarf eine Nebentätigkeit, die auf längere Dauer ausgerichtet ist, der ausdrücklichen Einwilligung des Verlags. Sie muss vor Aufnahme der Tätigkeit eingeholt werden. (§ 183 BGB). Eine entgegen diesem Gebot aufgenommene Nebenbeschäftigung durch den Redakteur kann den Verlag zur Kündigung berechtigen. Werden durch die Tätigkeit wesentliche Belange des Verlags berührt, kann auch eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB zulässig sein.

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B Rz. 301

Individualarbeitsrecht

301

Der Verlag ist in seiner Entscheidung, ob er die Einwilligung erteilt, grundsätzlich frei. Er darf sie nur nicht rechtsmissbräuchlich verweigern. Rechtsmissbräuchlich ist die Verweigerung dann, wenn unter keinen denkbaren Gesichtspunkten seine Interessen durch die Nebentätigkeit berührt werden.

302

Ein späterer Widerruf der Genehmigung ist nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig, es sei denn, der Verlag hat sich den Widerruf vorbehalten. Auch ohne diesen Vorbehalt darf die Erlaubnis jedenfalls dann widerrufen werden, wenn sich unerwarteterweise herausstellt, dass die Nebentätigkeit gegen die Regelung in Abs. 1 verstößt, sie den berechtigten Interessen des Verlags abträglich ist. c) Absatz 3: Verwertungsverbot

303

Das Verwertungsverbot in Abs. 3 betrifft hauptsächlich unveröffentlichtes Material, das dem Redakteur bei seiner Tätigkeit bekannt geworden ist. Eine schuldhafte Verletzung dieses Gebotes macht den Redakteur schadensersatzpflichtig und kann die Kündigung rechtfertigen. Auch nach dem Ausscheiden unterliegt der Redakteur der Verpflichtung aus Abs. 3.

10. Anspruchsverfolgung und Schlichtung a) Fristen 304

Gesetzlich verjähren Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nach § 195 BGB nach drei Jahren. In § 19 Abs. 1 MTV/Zeitungsredakteure und § 15 Abs. 1 MTV/Zeitschriftenredakteure gilt eine kürzere Verjährungsfrist. Die dort genannten Fristen beziehen sich auf alle Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, nicht nur auf tarifliche Rechte. Ausgenommen sind nur Urlaubsansprüche aus § 9 Abs. 5 MTV/ Zeitungsredakteure und § 10 MTV/Zeitschriftenredakteure, soweit sie den Naturalurlaub betreffen und Forderungen aus dem Tarifvertrag über die Altersversorgung für Redakteure an Zeitungen und Zeitschriften. Bezüglich des Naturalurlaubsanspruchs steht das zwar nicht in § 15 MTV/ Zeitschriftenredakteure, ergibt sich aber aus den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes. Die tariflichen Verjährungsvorschriften gelten daher von diesen beiden Ausnahmen abgesehen auch für einzelvertragliche Ansprüche, z.B. für übertarifliche Gehaltsbestandteile, für gesetzliche Ansprüche, z.B. für Schadensersatzansprüche wegen Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten, und für Ansprüche aus betrieblichen Arbeitsbedingungen, z.B. aus Betriebsvereinbarungen oder einer betrieblichen Ordnung. Erfasst werden auch die Urlaubsgeldansprüche aus § 10 MTV/Zeitungsredakteu-

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Anspruchsverfolgung und Schlichtung

Rz. 310 B

re bzw. Zeitschriftenredakteure. Lohnerstattungsansprüche des Verlags gegen den Redakteur fallen ebenfalls unter die Bestimmung. 1 Die Fristen gelten sowohl für den Redakteur als auch für den Verlag.

305

Die Bestimmung ist zweistufig aufgebaut. Auf der ersten Stufe steht die Geltendmachung des Anspruchs. Im Gegensatz zur Ablehnung kann der Anspruch formlos, also auch mündlich, geltend gemacht werden. Schon aus Beweisgründen sollte aber auf die Schriftform nicht verzichtet werden. Der Anspruch muss regelmäßig jedoch nach Grund und Höhe spezifiziert werden, es sei denn, dem Schuldner ist die Höhe der Forderung bekannt.2

306

Keine Geltendmachung i.S. dieser Vorschrift ist der Hinweis des Gläubigers, er behalte sich die Verfolgung von Ansprüchen vor.3

307

Die Frist beginnt mit Fälligkeit des Anspruchs. In vielen Fällen ist sie ta- 308 riflich festgelegt. Sofern der Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung nach § 7 Abs. 1 MTV/Zeitungsredakteure und § 9 Abs. 8 MTV/Zeitschriftenredakteure nicht pauschaliert ist, wird er fällig, wenn wegen Zeitablaufs kein Zeitausgleich mehr gewährt werden kann. Ein Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung wird dann fällig, wenn er feststellbar ist und geltend gemacht werden kann. Das ist dann der Fall, wenn der Geschädigte in der Lage ist, sich den erforderlichen Überblick ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen. 4 Der Gläubiger muss den Anspruch innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit geltend machen, andernfalls kann der Schuldner die Erfüllung verweigern. Hieraus folgt, dass im Streitfall das Arbeitsgericht die verspätete Anspruchsverfolgung nicht von sich aus berücksichtigt, der Verlag oder der Redakteur muss sich auf die Verjährung des eingeklagten Anspruchs berufen (Einrede der Verjährung). Auf der zweiten Stufe steht die gerichtliche Geltendmachung. Auch hier sind bestimmte Fristen zu beachten, wenn der Gläubiger nicht Gefahr laufen will, den Anspruch nicht mehr durchsetzen zu können. Folgende 4 Fallkonstellationen sind denkbar, wobei die Alternativen b bis d nur ausnahmsweise auftreten werden:

309

Alternative a) Der Gläubiger macht seinen Anspruch rechtzeitig geltend und der Schuldner lehnt schriftlich die Erfüllung ab. In diesem Fall muss der Gläubiger den Anspruch innerhalb eines halben Jahres nach Fälligkeit, nicht nach Ablehnung, gerichtlich geltend machen (Abs. 1 Satz 2).

1 2 3 4

BAG, AP Nr. 20 zu § 670 BGB. BAG, AP Nrn. 48, 49, 55 zu § 4 TVG „Ausschlussfristen“. LAG Berlin, BB 1956, 499. BAG, DB 1981, 2231.

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B Rz. 311

Individualarbeitsrecht

Beispiel: Der Redakteur machte rechtzeitig den Anspruch auf den Feiertagszuschlag, der am 31.3. fällig war, geltend. Der Verlag hat am 8.9. die Erfüllung des Anspruchs abgelehnt. Der Redakteur muss bis zum 30.9. Klage erheben, andernfalls braucht der Verlag nicht mehr zu zahlen.

Alternative b) 311

Der Gläubiger macht den Anspruch zwar rechtzeitig geltend, der Schuldner lehnt aber erst nach Ablauf eines halben Jahres nach Fälligkeit die Erfüllung schriftlich ab. Innerhalb von 3 Monaten nach Zugang der Ablehnung muss der Gläubiger klagen (Abs. 2 Satz 2). Beispiel: Der Redakteur. machte den am 31.3. fällig werdenden Feiertagszuschlag geltend. Der Verlag lehnt die Erfüllung am 31.10. schriftlich ab. Der Redakteur muss spätestens am 31.1. des folgenden Jahres Klage erheben. Versäumt er diese Frist, kann der Verlag die Zahlung verweigern.

Alternative c) 312

Der Schuldner lehnt den rechtzeitig geltend gemachten Anspruch erst kurz vor Ablauf der Halbjahresfrist schriftlich ab, so dass der Gläubiger nicht mehr innerhalb dieser Frist klagen kann. In diesem Fall kann der Schuldner nicht einwenden, die Frist sei abgelaufen, wenn der Gläubiger innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Ablehnung klagt (Abs. 2 Satz 3). Beispiel: Der rechtzeitig geltend gemachte Anspruch auf den Feiertagszuschlag, der am 31.3. fällig war, lehnt der Verlag am 20.9. ab. Der Redakteur muss spätestens am 11.10. klagen, andernfalls kann der Verlag Fristablauf einwenden. Lehnt der Verlag aber am 8.9. die Erfüllung ab, kommt die Fristverlängerung zur Klageerhebung nicht in Betracht, weil die Ablehnung rechtzeitig erfolgt ist. I.Ü. kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, ob die Ablehnung verspätet erklärt wurde. 3 Wochen vor Fristablauf stellen aber die äußerste Grenze dar, in der eine Ablehnung als verspätet gilt.

Alternative d) 313

Wird keine schriftliche Ablehnung erteilt (Abs. 2 Satz 2), gelten die gesetzlichen Verjährungsfristen. Für die Versicherungsansprüche zur Altersversorgung der Redakteure gelten ebenfalls die gesetzlichen Verjährungsfristen.

314

Der Urlaubsentgeltanspruch besteht nur im Urlaubsjahr. Mit Ablauf des Kalenderjahres bzw. mit Ende des Übertragungszeitraums (31.3. des Folgejahres) erlischt er. Danach kann der Redakteur auch keine finanzielle Abgeltung des Urlaubs mehr verlangen. 88

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Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Rz. 319 B

b) Vergütungsansprüche Ohne die Regelung in Abs. 3 wäre der Redakteur gezwungen – um finanzielle Nachteile zu vermeiden – gleichzeitig mit der Kündigungsschutzklage den Anspruch auf Zahlung des Gehalts geltend zu machen, was den Kündigungsrechtsstreit verteuerte. Um unnötige Kosten zu vermeiden, haben sich die Tarifparteien dahingehend geeinigt, dass die Fristen der Abs. 1 und 2 nicht für Gehaltsansprüche gelten, die während eines Kündigungsrechtsstreits fällig werden. Für den Fall, dass der Redakteur obsiegt, sind diese Ansprüche innerhalb von 3 Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens geltend zu machen.

315

11. Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ein Arbeitsverhältnis kann beendet werden entweder

316

– durch Fristablauf, – durch Aufhebungsvertrag, – durch Kündigung, – Ausscheiden aus besonderem Anlass (nur Zeitungsredakteure), – Erreichen der Regelaltersrente. In § 15 MTV/Zeitungsredakteure ist der Sonderfall geregelt, dass ein Redakteur bei Änderung der grundsätzlichen Haltung der Zeitung innerhalb eines Monats nach Kenntnisnahme der Änderung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden kann, ohne zumindest für sechs Monate seine Vergütungsansprüche zu verlieren, wenn ihm unter den veränderten Verhältnissen die Fortsetzung seiner Tätigkeit billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann. Diese Tarifbestimmung ist Ausfluss der tendenzgeschützten Bestimmung des Verlages (zum Tendenzschutz siehe Kapitel C).

317

In § 14 Abs. 6 MTV/Zeitungsredakteure und § 14 Abs. 8 MTV/Zeitschriftenredakteure ist bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis eines Redakteurs entweder mit Erreichen der sozialversicherungsrechtlichen Regelaltersrente (Zeitschriftenredakteure) bzw. drei Monate danach (Zeitungsredakteure) endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf.

318

a) Aufhebungsvertrag Der Aufhebungsvertrag wird zwischen den Arbeitsvertragsparteien ge- 319 schlossen. Sie können ihn frei ausgestalten. Wirksam ist er nur, wenn er schriftlich abgeschlossen wird (§ 623 BGB).

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B Rz. 320

Individualarbeitsrecht

b) Kündigung aa) Allgemeines 320

Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die das Anstellungsverhältnis für die Zukunft aufgehoben wird. Eine Kündigung zu einem rückwirkenden Termin ist daher nicht möglich.

321

Die Kündigung wird wirksam, wenn sie dem Kündigungsgegner zugeht (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB). Für den rechtzeitigen Zugang ist der Erklärende beweispflichtig. 1

322

Eine schriftliche Kündigung ist dann zugegangen, wenn sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse damit zu rechnen ist, dass er von ihr Kenntnis nehmen konnte. 2 Dabei reicht es aus, wenn sie einem Familienangehörigen oder dem Wohnungsvermieter ausgehändigt wird. 3 Wird eine Kündigungserklärung in den Hausbriefkasten geworfen, hängt der rechtzeitige Zugang davon ab, wann der Briefkasten üblicherweise geleert wird. 4 Eine Kündigungserklärung, die am Abend des letzten Tages der Kündigungsfrist in den Hausbriefkasten geworfen wird, ist daher nicht rechtzeitig zugegangen, da zu dieser Zeit nicht mehr mit einer Leerung des Briefkastens gerechnet werden kann. Die Kündigung ist dann am nächsten Tag zugegangen.

323

Auch eine Kündigung mittels eines Einschreibebriefs geht erst mit Aushändigung an die empfangsberechtigte Person zu, nicht dagegen dann, wann der Postbote den Benachrichtigungsschein hinterlässt.5 Umstritten ist, ob durch das „Einwurf-Einschreiben“, das die Deutsche Post AG anbietet, die Zustellung problemlos bewirkt werden kann. 6 Besser ist es deshalb, die Kündigung entweder durch „normale“ Post zuzuschicken oder persönlich zu übergeben oder durch Boten zuzustellen.

324

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts besteht für den Redakteur regelmäßig keine Verpflichtung, dem Verlag seine Urlaubsanschrift unaufgefordert mitzuteilen. Deshalb geht das Kündigungsschreiben nach der Rechtsprechung des BAG auch dann zu, wenn es an die Heimatadresse adressiert ist, selbst wenn sich der Arbeitnehmer bekanntermaßen im Urlaub befindet.7 1 2 3 4 5 6

Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. 2006, § 130 Rz. 21. BAG, AP Nr. 7 zu § 130 BGB. BAG, AP Nr. 7 zu § 130 BGB. Palandt/Heinrichs, BGB § 130 Rz. 6. BAG, NJW 1963, 554. Bejahend Neuwians/Meusler, BB 1998, 1206; verneinend Hohmeister, BB 1998, 1477. 7 BAG, DB 1988, 2415; BAG, DB 1989, 2619; BAG, DB 1993, 487 (498).

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Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Rz. 331 B

Die Kündigung muss deutlich und zweifelsfrei erkennen lassen, dass eine Beendigung des Anstellungsverhältnisses gewollt ist, insbesondere, ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden soll.1

325

Zu unterscheiden sind die Beendigungskündigung und die Änderungskündigung. Mit der Beendigungskündigung wird die Beendigung des Arbeitsverhältnisses angestrebt, mit der Änderungskündigung die Änderung des Arbeitsvertrages. Da eine Teilkündigung regelmäßig unzulässig ist, muss im Falle der Änderungskündigung das gesamte Arbeitsverhältnis gekündigt werden, wobei diese Kündigung mit einem Änderungsangebot verbunden wird (vgl. dazu unten Rz. 350 ff.).

326

bb) Kündigungsbeschränkungen In Verlagen, die regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen, gilt der allgemeine Kündigungsschutz durch das Kündigungsschutzgesetz (§ 23 Abs. 1 KSchG). Dieses gilt für jede Kündigung, also Beendigungsund auch Änderungskündigung (vgl. § 2 KSchG).

327

Kündigungsschutz nach § 1 Abs. 1 KSchG genießt jeder Redakteur, dessen Anstellungsverhältnis in demselben Verlag ohne Unterbrechung länger als 6 Monate bestanden hat. Für die Berechnung der 6-Monats-Frist ist der Zugang der Kündigung maßgebend. Zu diesem Zeitpunkt muss die Frist verstrichen sein. Wird die Kündigung vor Ablauf der Frist ausgesprochen, so besteht kein Kündigungsschutz, auch wenn die Kündigung erst später wirksam wird.

328

Nach Ablauf der Frist ist eine ordentliche Kündigung durch den Verlag gem. § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Redakteurs liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung im Verlag entgegenstehen, bedingt ist.

329

(1) Personenbedingte Kündigung Personenbedingter Kündigungsgrund ist insbesondere die Kündigung wegen langandauernder Krankheit oder häufiger Kurzerkrankung.

330

(a) Kurzerkrankungen Bei häufigen Kurzerkrankungen macht das Bundesarbeitsgericht die Kündigung im Wesentlichen vom Vorliegen zweier Voraussetzungen abhängig:2 1 BAG, NJW 1983, 303. 2 BAG, NZA 1989, 923.

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B Rz. 332

Individualarbeitsrecht

– zum Zeitpunkt der Kündigung müssen objektive Tatsachen vorliegen, die die ernste Besorgnis weiterer Erkrankungen rechtfertigen und – die prognostizierten Kurzerkrankungen müssen zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen, wobei eine Interessenabwägung stattzufinden hat. 332

Für das Vorliegen beider Voraussetzungen liegt die Darlegungs- und Beweislast im Wesentlichen beim Verlag, aber auch der Redakteur muss aus eigenem Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts mitwirken.

333

Der Verlag muss sich zunächst nach der Ursache der Erkrankung und deren Verlauf so genau wie möglich erkundigen. Des weiteren hat er die Fehlzeiten in der Vergangenheit zu nennen. Es bleibt dann Sache des Redakteurs darzulegen, zukünftig sei mit einem Ausfall aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr zu rechnen. Dabei genügt er jedoch seiner Mitwirkungspflicht bereits dadurch, dass er die Behauptung des Verlags bestreitet und gleichzeitig den Arzt von der Schweigepflicht entbindet. Sodann trägt der Verlag die volle Beweislast für die negative Gesundheitsprognose.

334

Die Angabe der Fehlzeiten allein, auch wenn diese wesentlich über dem Betriebsdurchschnitt liegen, reicht nicht als Vortrag für eine unzumutbare betriebliche und wirtschaftliche Beeinträchtigung aus. Diese muss vielmehr substantiiert vom Verleger dargelegt werden. Anzugeben sind insbesondere die Auswirkungen auf den Arbeitsablauf, Zusammenarbeit der Redakteure, Überlastung der anderen Redakteure u.Ä. Verhältnismäßig hohe Gehaltsfortzahlungskosten werden jedoch von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zu Gunsten des Verlages berücksichtigt. Ist immer wieder mit neuen beträchtlichen Fehlzeiten und entsprechenden Gehaltsfortzahlungskosten zu rechnen, kann eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein, wenn die wirtschaftlichen Belastungen die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheinen lassen können.1 (b) Langandauernde Erkrankung

335

Im Fall einer langandauernden Erkrankung stellt das Bundesarbeitsgericht im Wesentlichen auf zwei Punkte ab, die die Kündigung rechtfertigen können: – wegen der dauerhaften Erkrankung liegt eine betriebliche Beeinträchtigung dadurch vor, dass der Verleger sein Direktionsrecht nicht mehr ausüben kann und – es muss eine erhebliche Ungewissheit bestehen, wann der Redakteur wieder in der Lage ist, seine geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. 1 BAG, AP Nr. 20, 27 zu § 1 KSchG 1969 – Krankheit.

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Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Rz. 341 B

Auch hier trifft den Verlag die Beweislast. Bei einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als 1,5 Jahren kann gewöhnlich eine langandauernde Krankheit unterstellt werden.

336

(2) Verhaltensbedingte Kündigung Unter eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen fallen Verstöße gegen den Arbeitsvertrag. Auch eine Kündigung aus tendenzbedingten Gründen ist eine verhaltensbedingte. Ein Redakteur, der z.B. bei einer Zeitung beschäftigt ist, deren Grundhaltung die katholische Morallehre ist, liefert einen tendenzbedingten Kündigungsgrund, wenn er sich in seinen Artikeln für den Schwangerschaftsabbruch ausspricht. Die Verletzung von Rechtsgütern Dritter wegen mangelnder Recherche ist ebenfalls ein Tendenzverstoß.

337

Eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen ist regelmäßig nur nach vorheriger Abmahnung zulässig. Nur in Ausnahmefällen ist eine Abmahnung entbehrlich, nämlich dann, wenn dem Redakteur sofort klar sein musste, dass der Verleger ein derartiges Verhalten nicht hinnehmen kann. Klassischer Beispielsfall ist die unkorrekte Spesenabrechnung.

338

(3) Betriebsbedingte Kündigung Betriebsbedingter Kündigungsgrund ist der Wegfall des Arbeitsplatzes durch Rationalisierungsmaßnahmen. Sie setzt grundsätzlich eine Sozialauswahl voraus. Im Einzelnen gilt Folgendes:

339

Zunächst hat der Verleger darzulegen und nachzuweisen, dass der Arbeitsplatz des Redakteurs weggefallen ist. Das kann auf außer- oder innerbetrieblichen Gründen beruhen. Zu den innerbetrieblichen Gründen zählt z.B. die Auflösung eines Ressorts, weil der dort hergestellte Zeitungsteil zukünftig von dritter Seite bezogen werden soll. Zu den außerbetrieblichen Gründen zählt z.B. der Auftragsrückgang im Anzeigengeschäft.

340

Auf diese Ursachen mit einem Abbau von Arbeitsplätzen zu reagieren, ist arbeitsgerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbar. Das Arbeitsgericht kann nur prüfen, ob die vom Verleger angeführten Gründe tatsächlich vorliegen und sich so auswirken, dass für eine weitere Beschäftigung des gekündigten Redakteurs kein Bedürfnis mehr besteht.1 Ist das der Fall, unterliegen die Gründe ausschließlich einer Missbrauchskontrolle dahingehend, ob sie offensichtlich unsachlich oder willkürlich sind. 2 Es ist keine Entscheidung bekannt, weswegen eine betriebsbedingte Kündigung aus diesem Grunde für unwirksam erklärt wurde.

341

1 BAG, NZA 1999, 1098; NZA 1999, 1095. 2 BAG, NZA 2003, 549; 2005, 761.

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B Rz. 342

Individualarbeitsrecht

342

Da eine Kündigung verhältnismäßig sein muss, darf dem Verleger kein milderes Mittel zur Verfügung stehen, um den von ihm verfolgten Zweck zu erreichen. Nur dann liegt ein dringendes Erfordernis vor, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht. Er hat deshalb zu prüfen, ob er den Redakteur auf einem anderen, freien vergleichbaren Arbeitsplatz einsetzen kann.1 Vergleichbar ist zunächst ein Arbeitsplatz, auf dem der Verleger den Redakteur aufgrund seines Weisungsrechts ohne Änderung des Arbeitsvertrages versetzen kann.2 Reicht das Direktionsrecht nicht soweit, um den Redakteur zu versetzen, muss der Verleger ihm ein Änderungsangebot machen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen gleichwertigen Arbeitsplatz oder eine Stelle mit schlechteren Arbeitsbedingungen handelt. 3 Eine freie „Beförderungsstelle“ braucht der Verleger jedoch nicht anzugeben. 4

343

Aber auch dann, wenn dringende betriebliche Gründe für eine Kündigung vorliegen, ist diese unwirksam, wenn der Verleger gar keine oder eine falsche Sozialauswahl vorgenommen hat. Bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer hat nämlich der Arbeitgeber nach § 1 Abs. 3 KSchG die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Damit stellt sich die Frage, welche Redakteure in die Sozialauswahl einzubeziehen ist.

344

Redakteure, die einem Sonderkündigungsschutz unterliegen, so z.B. Betriebsratsmitglieder oder Wahlbewerber (§ 15 Abs. 1 KSchG), Schwangere (§ 9 MuSchG), Redakteure in der Elternzeit (§ 18 BErzGG), Schwerbehinderte (§§ 85 ff. SGB IX) nehmen an der Sozialauswahl nicht teil (insoweit ist ohne Bedeutung, wenn in § 1 Abs. 3 KSchG auf die Schwerbehinderteneigenschaft abgestellt wird).

345

Einzubeziehen sind die Redakteure, die auf der gleichen hierarchischen Ebene im Verlag stehen. Vergleichbar ist daher, wer kraft Direktionsrechts auf den Arbeitsplatz des sozial Stärkeren ohne Änderung seines Arbeitsvertrages versetzt werden kann. Redakteure in höheren oder niedrigeren Positionen als der zu kündigende Redakteur sind deshalb nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen. Dieser kann den Kreis auch nicht dadurch erweitern, dass er sich bereit erklärt, auf einen geringer bewerteten Arbeitsplatz zu wechseln.5 Insoweit unterscheidet sich die Sozialauswahl von dem Fall, dass ein freier geringwertigerer Arbeitsplatz vorhanden ist.

1 2 3 4 5

BAG, BAG, BAG, BAG, BAG,

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NZA 2002, 927; DB 1991, 173. DB 1991, 173. AP Nr. 8 zu § 2 KSchG 1969. DB 1991, 173. NZA 1998, 1332; DB 1986, 436; DB 1991, 173.

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Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Rz. 349 B

Beispiel 1: Ein Verlag beschäftigt einen Redakteur, der die Sonderseite „Natur und Wissenschaft“ bearbeitet. Er ist dem Chefredakteur unmittelbar unterstellt. Der Verlag entschließt sich, die entsprechenden Beiträge zukünftig von dritter Seite zu beziehen. Da der Arbeitsplatz wegfällt und keine vergleichbaren Redakteure vorhanden sind, ist eine Sozialauswahl entbehrlich. Beispiel 2: In einem Verlag sind zwei Redakteure beschäftigt, die dem Chefredakteur unmittelbar unterstellt sind. Der eine Redakteur stellt die Sonderseite „Natur und Technik“, der andere die Sonderseite „Neues aus der Medizin“ her. Beide sind Spezialisten auf ihrem Gebiet. Der Verlag entschließt sich, die Sonderseite „Neues aus der Medizin“ zukünftig von dritter Seite zu beziehen. Eine Sozialauswahl ist entbehrlich. Zwar befinden sich die beiden Redakteure auf der gleichen hierarchischen Ebene, sie sind aber nicht austauschbar, da wegen der Spezialkenntnisse der Redakteur für die Medizinseite nicht seinen Kollegen ersetzen kann.

Wenn gesagt wird, dass eine Austauschbarkeit nur gegeben ist, wenn die Redakteure ausschließlich kraft Direktionsrechts auf einen anderen Arbeitsplatz versetzt werden können, so bedeutet das, dass nur eine ressortspezifische Sozialauswahl vorzunehmen ist, wenn die Arbeitsverträge keinen Versetzungsvorbehalt enthalten.

346

Beispiel: Ein Verlag entschließt sich, im Ressort Feuilleton, in dem neben dem Ressortleiter ein weiterer Redakteur beschäftigt wird, einen Personalabbau vorzunehmen und die Redakteursstelle zu streichen. Einen Versetzungsvorbehalt enthalten die Arbeitsverträge nicht. Eine Sozialauswahl ist entbehrlich. Der Ressortleiter steht auf der hierarchischen Ebene höher als der Redakteur. Auf andere Arbeitsplätze kann er nicht kraft Direktionsrechts versetzt werden.

Schwieriger wird es, wenn sich der Verleger die Versetzung arbeitsvertraglich vorbehalten hat. Regelmäßig ist jedoch davon auszugehen, dass nur in eingeschränktem Maße eine ressortübergreifende Sozialauswahl erforderlich ist. Eine Feuilleton-Redakteur z.B. kann einen Sportredakteur nicht ersetzen. Am ehesten ist noch eine Vergleichbarkeit in den Ressorts Politik und Lokales denkbar.

347

Je nach den Umständen des Einzelfalles kann es aber auch anders sein. So 348 lag es im Fall, den das LAG Berlin 1 entschieden hat. Der Kläger war Politologe und wurde als Redakteur zunächst in einer Be- 349 zirksredaktion beschäftigt. Später wurde er als Nachrichtenredakteur eingesetzt. Dann erfolgte ein Wechsel in ein Ressort, wo es schwerpunkt1 LAG Berlin, Urteil vom 9.5.2003, AfP 2003, 378.

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B Rz. 350

Individualarbeitsrecht

mäßig um die Erarbeitung von Veranstaltungs- und Szenetipps ging. Auch danach wurde er noch an verschiedene Stellen in unterschiedlichen Ressorts eingesetzt. Aus diesem Werdegang schloss das Landesarbeitsgericht, dass er mit Redakteuren in anderen Ressorts vergleichbar war. Deren Routinevorsprung könne er innerhalb kurzer überschaubarer Zeit aufholen. Durch Begleitung seiner Kollegen bei deren Tätigkeit hätte er auch deren Kontaktpersonen kennenlernen können. Allerdings können bei der Kündigung aus betriebsbedingten Gründen Tendenzgesichtspunkte eingreifen (vgl. dazu unter Kapitel C). cc) Änderungskündigung 350

Wird keine Entlassung des Redakteurs, sondern nur eine Änderung der Arbeitsbedingungen angestrebt, so kann eine Änderungskündigung ausgesprochen werden. Mit der Änderungskündigung will der Verlag nicht in erster Linie die Auflösung des Arbeitsverhältnisses erreichen, sondern die Abänderung der Arbeitsbedingungen. So kann eine Versetzung ohne arbeitsvertraglichen Versetzungsvorbehalt nur einvernehmlich oder durch Änderungskündigung erreicht werden.

351

Um Unklarheiten über das Vorliegen einer Änderungskündigung zu vermeiden, ist es zweckmäßig, eine unbedingte Kündigung auszusprechen verbunden mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen fortzusetzen.

352

Die Änderungskündigung hat Vorrang vor der Beendigungskündigung, deshalb hat der Verlag vor Ausspruch der Beendigungskündigung zu prüfen, ob er sein Ziel nicht mit weniger einschneidenden Mitteln erreichen kann. Ist ihm eine Weiterbeschäftigung des Redakteurs zumutbar und steht ein freier Arbeitsplatz zur Verfügung, so hat er dem Redakteur ein entsprechendes Änderungsangebot zu unterbreiten. Dabei hat er klarzustellen, dass bei Ablehnung des Änderungsangebots eine endgültige Kündigung beabsichtigt ist. Lehnt der Redakteur das Änderungsangebot vorbehaltlos ab, kann der Verlag eine Beendigungskündigung aussprechen. Unterlässt es der Verlag, dem Redakteur vor Ausspruch der Beendigungskündigung ein mögliches und zumutbares Änderungsangebot zu unterbreiten, dann ist die Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn der Redakteur dem Änderungsvorschlag zumindest unter Vorbehalt zugestimmt hätte.

353

Nimmt der Redakteur die angebotene Vertragsänderung an, so gelten die neuen Vertragsbedingungen, schlägt er dagegen das Angebot aus, so endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist. Nach § 2 KSchG kann der Redakteur jedoch das Angebot zunächst auch nur unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial gerechtfertigt sei. Diesen Vorbehalt muss der Redakteur gegen-

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Schaffeld

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Rz. 360 B

über dem Verlag innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erklären. dd) Anrufung des Arbeitsgerichts Die Drei-Wochen-Frist des § 2 KSchG entspricht der Fristbestimmung in § 4 KSchG, wonach der Redakteur innerhalb dieser Frist das Arbeitsgericht anrufen muss, wenn er die Kündigung für unwirksam hält.

354

Dies gilt auch, wenn der Redakteur eine außerordentliche Kündigung ar- 355 beitsgerichtlich überprüfen lassen will, wie sich aus dem Verweis in § 13 Abs. 1 KSchG auf § 4 Satz 1 KSchG und der §§ 5–7 KSchG ergibt. Nur in Ausnahmefällen kann die Versäumung der Frist geheilt werden. War der Redakteur trotz aller gebotenen Sorgfalt gehindert, die Frist einzuhalten, so kann er gemäß § 5 KSchG beim Arbeitsgericht beantragen, die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen. Als Beispiel ist hier zu nennen, dass der Redakteur bei Zugang der Kündigung urlaubsbedingt abwesend war und erst nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist aus dem Urlaub zurückkehrt.

356

ee) Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung Häufig kommt es erst gar nicht zum Kündigungsschutzprozess, weil sich 357 die Arbeitsvertragsparteien bereits im Vorfeld auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrages einigen, in dem die Zahlung einer Abfindung wegen Verlustes des Arbeitsplatzes vereinbart wird. Gesetzlich ist ein Abfindungsanspruch sogar in § 1a KSchG vorgesehen. 358 Danach hat ein Redakteur, dem aus betriebsbedingten Gründen gekündigt wurde, Anspruch auf eine Abfindung in Höhe eines halben Monatsgehalts für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses, wenn er auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage innerhalb der Drei-WochenFrist des § 4 Satz 1 KSchG verzichtet. Dieser Anspruch besteht jedoch nur dann, wenn der Verleger den Redakteur darauf hingewiesen hat, er spreche die Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen aus und der Redakteur könne bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung fordern. Viele Kündigungsschutzprozesse enden ebenfalls mit einem Vergleich, in dem das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst wird. Aber auch außerhalb eines gerichtlichen Vergleichs kann das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis auf Antrag einer der beiden Prozessparteien gegen Zahlung einer Abfindung auflösen, wie sich aus § 9 KSchG ergibt.

359

Ist die Kündigung nach Auffassung des Arbeitsgerichts unwirksam, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar, kann es dieses auf seinen Antrag hin auflösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilen. Entspre-

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B Rz. 361

Individualarbeitsrecht

chendes gilt, wenn der Arbeitgeber diesen Auflösungsantrag stellt, weil Gründe vorliegen, die eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht erwarten lassen. 361

Geht es um eine fristlose Kündigung, die das Arbeitsgericht für unbegründet hält, ist jedoch dem Redakteur die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so kann es das Gericht auf seinen Antrag hin ebenfalls gegen Zahlung einer Abfindung auflösen (§ 13 Abs. 1 KSchG).

362

Keiner Begründung bedarf der Auflösungsantrag des Arbeitgebers, wenn es um die Kündigung eines leitenden Angestellten geht (§ 14 Abs. 2 KSchG). Daraus folgt, dass für diese das Kündigungsschutzgesetz ebenfalls gilt.

363

Der Begriff „leitender Angestellter“ ist im Kündigungsschutzgesetz anders definiert als im Betriebsverfassungsgesetz. Kündigungsrechtlich ist leitender Angestellter, wer zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt ist.

364

Für die Höhe der Abfindung wird in § 10 KSchG festgelegt, dass ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen ist. Hat der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens 15 Jahre bestanden, ist ein Betrag bis zu 15 Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das 55. Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens 20 Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu 18 Monatsverdiensten festzusetzen. Dabei gilt nach § 10 Abs. 3 KSchG als Monatsverdienst, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet, an Geld und Sachbezügen zusteht.

365

Früher waren Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung des Arbeitsverhältnisses lohnsteuerrechtlich begünstigt. Mit Wirkung vom 1.1.2006 ist jedoch der § 3 Nr. 9 EStG weggefallen. Die Abfindung ist damit lohnsteuerpflichtig. In der Sozialversicherung ist sie jedoch beitragsfrei. ff) Kündigungsfristen

366

Der Regelfall ist die ordentliche fristgemäße Kündigung. Die in den Tarifvorschriften § 14 Abs. 1 MTV/Zeitungsredakteure bzw. Zeitschriftenredakteure genannten Kündigungsfristen haben konstitutive Bedeutung. Die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB werden durch sie verdrängt.

367

Abhängig sind die Kündigungsfristen für Redakteure von der Dauer der Verlagszugehörigkeit, bei Zeitschriftenredakteuren gegebenenfalls auch noch vom Lebensalter. Gehören sie nämlich 15 Jahre dem Verlag an und haben sie gleichzeitig das 55. Lebensjahr vollendet, beträgt die Kündigungsfrist mindestens 12 Monate. 98

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Schaffeld

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Rz. 372 B

Die unterschiedlichen Kündigungsfristen bedeuten keinen Verstoß gegen den § 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. dem § 1 AGG. Auch hier gilt – ebenso wie für die Gehaltsgruppeneinteilung (vgl. oben Rz. B 103) – dass im Wesentlichen nicht auf das Lebensalter, sondern auf die Dauer der Verlagszugehörigkeit abgestellt wird. Unabhängig davon ist der Kündigungsschutz nach § 2 Abs. 4 AGG aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes herausgenommen. Selbst wenn das nicht gelten würde, würde der Rechtfertigungsgrund aus § 10 AGG eingreifen. Ebenfalls tariflich ist die Kündigungsfrist in der Probezeit geregelt und zwar in § 2 Abs. 5 MTV/Zeitungsredakteure bzw. Zeitschriftenredakteure. Sie beträgt immer einen Monat zum Monatsende.

368

Für Volontäre gelten andere Kündigungsfristen. Diese ergeben sich aus § 5 des Tarifvertrages über das Redaktionsvolontariat bei Tageszeitungen bzw. § 6 des Tarifvertrages über das Redaktionsvolontariat bei Zeitschriften. Beide Bestimmungen sind inhaltsgleich. Während der dreimonatigen Probezeit kann der Vertrag jederzeit von beiden Parteien mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende, danach nur aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist oder durch den Volontär mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden.

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gg) Kündigung aus wichtigem Grund Eine außerordentliche, fristlose Kündigung kann nur erfolgen, wenn Tat- 370 sachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 626 Abs. 1 BGB). Als wichtiger Grund kommen vor allem schwere Vertragsverletzungen in Betracht. Die Beantwortung der Frage, ob im Einzelfall ein wichtiger Grund zu ei- 371 ner fristlosen Kündigung vorliegt, hängt von den jeweiligen tatsächlichen Umständen ab. Die fristlose Kündigung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die „ultima ratio“, also das letzte Mittel, um ein Arbeitsverhältnis aufzulösen. Ist dagegen dem Verlag zumutbar, das Arbeitsverhältnis für die Dauer der Kündigungsfrist noch aufrecht zu erhalten, so steht ihm nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur das Recht zu einer ordentlichen Kündigung zu.1 Nach der Tarifbestimmung im MTV für Zeitschriftenredakteure können grobe Verstöße gegen die vereinbarten Richtlinien i.S. des § 2 Abs. 2 Buchst. c MTV eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Weitere Gründe

1 BAG, DB 1978, 1790.

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372

B Rz. 373

Individualarbeitsrecht

für die außerordentliche Kündigung sind Unkorrektheiten bei der Spesenabrechnung, 1 eigenmächtiger Urlaubsantritt, 2 wiederholtes unentschuldigtes Fehlen trotz Abmahnung u.Ä. Der Verlag ist für die Voraussetzungen des wichtigen Grundes darlegungs- und beweispflichtig. 373

Die fristlose Kündigung kann nur innerhalb von 2 Wochen, beginnend mit dem Zeitpunkt, zu dem der Verlag von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt, erfolgen (§ 626 Abs. 2 Satz 1 BGB). Wird die Frist versäumt, so führt dies zur Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung wegen Fehlens des wichtigen Grundes.

374

Die notwendige Anhörung des Betriebsrats vor der außerordentlichen Kündigung nach § 102 BetrVG hemmt die 2-Wochen-Frist nicht.

375

Eine unwirksame fristlose Kündigung kann zwar gem. § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, sofern aus der Kündigungserklärung der Wille des Arbeitgebers hervorgeht, das Arbeitsverhältnis zumindest durch ordentliche Kündigung zu beenden.3 Besteht aber ein Betriebsrat, ist auch dieser zu der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung zu hören. Wird das versäumt und erfolgte die Anhörung nur zur ordentlichen Kündigung, scheitert die Umdeutung. Dabei ist auch zu beachten, dass nach § 102 Abs. 2 BetrVG unterschiedliche Äußerungsfristen für den Betriebsrat gelten. Hat er Bedenken gegen eine ordentliche Kündigung, kann er sich mit seiner Antwort eine Woche Zeit lassen. Erst nach ihrem Ablauf gilt seine Zustimmung als erteilt, wenn er sich nicht vorher endgültig äußert. Die Arbeitsgerichte legen hohe Anforderungen daran, ob eine endgültige Stellungnahme des Betriebsrats erfolgt ist. Für die außerordentliche Kündigungfrist beträgt die Äußerungsfrist 3 Tage. Nach ihrem Ablauf darf jedoch erst die außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden, weil die Frist zur ordentlichen Kündigung noch läuft. Wird das nicht beachtet und werden beide Kündigungen ausgesprochen, ist die ordentliche mangels Anhörung des Betriebsrats nichtig. Das Arbeitsgericht überprüft dann nur, ob ein Grund zur fristlosen Kündigung vorlag. Die ordentliche Kündigung ist deshalb erst nach Ablauf der Wochenfrist zu erklären. Dagegen kann umgekehrt eine ordentliche Kündigung nicht in eine außerordentliche umgedeutet werden.4 hh) Beurlaubung nach Kündigung

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Nach ausgesprochener Kündigung kann der Redakteur gem. § 14 Abs. 3 MTV/Zeitungsredakteure und § 14 Abs. 3 MTV/Zeitschriftenredakteure 1 2 3 4

BAG, AP Nr. 42, 49 zu § 626 BGB. BAG, AP Nr. 5 zu § 611 BGB „Urlaubsrecht“. BAG, NZA 1988, 129. LAG Frankfurt, BB 1974, 839.

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Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Rz. 379 B

unter Fortzahlung der Bezüge beurlaubt werden. Die Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts zum Weiterbeschäftigungsanspruch 1 sind bei der Kündigung von Redakteuren nicht einschlägig. Denn aufgrund der tendenzbedingten Tätigkeit des Redakteurs braucht es einem Verleger nicht zumutbar zu sein, nach der Kündigung mit einem Tendenzträger auch nur befristet weiterzuarbeiten. Für Zeitschriftenredakteure gilt das jedenfalls dann, wenn die Kündigung aus tendenzbedingten Gründen ausgesprochen wurde. Dass in einem derartigen Fall auch der betriebsverfassungsrechtlichen 377 Weiterbeschäftigungsanspruch nicht besteht, steht ausdrücklich in § 14 Abs. 3 MTV/Zeitschriftenredakteure, gilt natürlich auch für Zeitungsredakteure. ii) Schriftliche Kündigung, Betriebsratsanhörung Wie der Aufhebungsvertrag ist auch die Kündigung nach § 623 BGB schriftlich auszusprechen, andernfalls ist sie nichtig.

378

Dem Betriebsrat gegenüber sind gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG alle Kündigungsgründe, auch die tendenzbedingten, mitzuteilen. Des Weiteren sind die in § 102 Abs. 2 genannten Fristen für die Stellungnahme des Betriebsrates abzuwarten, bevor die Kündigung ausgesprochen wird. In seiner Stellungnahme hat er sich aber auf tendenzfreie Gesichtspunkte zu beschränken (zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats vgl. unten in Kapitel C).

379

1 BAG, DB 1985, 2197.

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C. Tendenzschutz Das Betriebsverfassungsgesetz eröffnet den Betriebsräten weitgehende Be- 1 teiligungsrechte bei personellen und wirtschaftlichen Entscheidungen. Die Einflussmöglichkeiten des Betriebsrats reichen von der Information über die Beratung bis in echte Mitbestimmungsrechte hinein, ohne deren Beachtung unternehmerische Maßnahmen unwirksam sind. Als Grundrechtsträger der Pressefreiheit fragen sich die Verlage, in wieweit die Befugnisse des Betriebsrats zurückzutreten haben, um eine ungestörte Ausübung der Pressefreiheit zu gewährleisten. Sie fragen sich weiter, ob nicht die allgemeinen arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen, namentlich des Kündigungsschutzgesetzes einer Modifizierung mit Rücksicht auf die Bedürfnisse einer freien Presse einschließlich der Freiheit der Personalentscheidungen bedürfen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Presseverlage wie auch andere Medienunternehmen den allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften unterliegen. Weder sind die Verlage von den Beschränkungen des Arbeitsrechts befreit noch gilt für sie ein Sonderarbeitsrecht. Allerdings tragen Gesetzgeber, Rechtsprechung und die Tarifverträge des Zeitungsund Zeitschriftenverlaggewerbes der grundgesetzlich verbürgten Sonderstellung von Zeitungen und Zeitschriften punktuell Rechnung. Die markanteste Ausprägung einer Rücksichtnahme auf das Erfordernis einer freien Presseausübung findet sich im Betriebsverfassungsgesetz. Die Begriffe Tendenzschutz bzw. Tendenzprivileg haben ihren Ursprung in § 118 BetrVG, wirken indessen darüber hinaus auch auf andere arbeitsrechtliche Regelungskomplexe ein.

2

§ 118 Abs. 1 BetrVG lautet:

3

„Auf Unternehmen und Betriebe, die unmittelbar und überwiegend 1. politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karkativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder 2. Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, auf die Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes Anwendung findet, dienen, finden die Vorschriften dieses Gesetzes keine Anwendung, soweit die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs dem entgegen steht. Die §§ 106 bis 110 sind nicht, die §§ 111 bis 113 nur insoweit anzuwenden, als sie den Ausgleich oder die Milderung wirtschaftlicher Nachteile für die Arbeitnehmer in Folge von Betriebsänderungen regeln.“

Die Leitlinien, nach denen im Spannungsverhältnis zwischen dem 4 Grundrecht der Pressefreiheit und den kollektiv- bzw. individualrechtlichen Beschränkungen unternehmerischer Freiheit zu verfahren ist, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner – die Kündigungsanhörung des Betriebsrats gem. § 102 BetrVG betreffenden – Entscheidung aus dem Jahr Hörle

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C Rz. 5

Tendenzschutz

1979 vorgegeben,1 die als eine Art Magna Charta des betriebsverfassungsrechtlichen Tendenzschutzes verstanden werden können: „Das Grundrecht der Pressefreiheit umfasst die Freiheit, die Tendenz einer Zeitung festzulegen, beizubehalten, zu ändern und diese Tendenz zu verwirklichen; Dies ist eine Grundbedingung von freier Presse, wie sie durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistet wird. Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist Wesenselement des freiheitlichen Staates und für die moderne Demokratie unentbehrlich. Ihre Aufgabe ist es, umfassende Information zu ermöglichen, die Vielfalt der bestehenden Meinungen wiederzugeben und selbst Meinungen zu bilden und zu vertreten. Das setzt die Existenz einer relativ großen Zahl selbstständiger, vom Staat unabhängiger und nach ihrer Tendenz, politischen Färbung oder weltanschaulichen Grundhaltung miteinander konkurrierender Presseerzeugnisse voraus, die ihrerseits davon abhängt, dass die Grundrichtung einer Zeitung unbeeinflusst bestimmt und verwirklicht werden kann. Dem Staat sind insoweit nicht nur unmittelbare Eingriffe, vor allem in Gestalt eigener Einflussnahme auf die Tendenz von Zeitungen verwehrt; er darf auch nicht durch rechtliche Regelungen die Presse fremden – nicht staatlichen – Einflüssen unterwerfen oder öffnen, die mit dem durch Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG begründeten Postulat unvereinbar wären, der Freiheit der Presse Rechnung zu tragen.

1. Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg 5

Prinzipiell gelten das Betriebsverfassungsgesetz und die vielfältigen Beteiligungsrechte des Betriebsrats für Verlage und Rundfunkanstalten ebenso wie für alle anderen Unternehmen auch. Allerdings relativiert das Betriebsverfassungsgesetz die betriebliche Mitbestimmung bei so genannten Tendenzbetrieben mit Rücksicht auf Konfliktlagen bei der Wahrnehmung der Grundrechtposition der Pressefreiheit. § 118 Abs. 1 Ziff. 2 BetrVG ordnet an, dass auf Unternehmen und Betriebe, die entsprechend Art. 5 Abs. 1, Satz 2 des Grundgesetzes unmittelbar und überwiegend Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerungen dienen, die Vorschriften über die Errichtung einer Wirtschaftsausschusses gar nicht und die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats bei so genannten Betriebsänderungen nur insoweit anzuwenden, als es um Sozialplanregelungen geht. Im Übrigen finden die betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen – entsprechend der so genannten Eigenartstheorie – nur insoweit Anwendung als die Eigenart des Unternehmens oder Betriebs dem nicht entgegensteht.

6

Das Bundesverfassungsgericht sieht in dieser Norm eine „Abschirmung“ der Pressefreiheit vor einer Beeinträchtigung durch betriebliche Mitbestimmungsrechte und die Freihaltung der Verlage vor dem „Fremdeinfluss“ des Betriebsrats. Im Verhältnis zum Verleger, der unzweifelhaft zur Bestimmung und Verwirklichung der Tendenz der Zeitung befugt 1 BVerfG, Beschluss vom 6.11.1979, 1 BvR 81/76, AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 14, AfP 1980, 33.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 9 C

und darin grundrechtlich geschützt sei, komme dem Betriebsrat eines Tendenzbetriebes eine solche Befugnis nicht zu. Seine Aufgaben als Vertretungsorgan der Arbeitnehmer bestehen in der Wahrnehmung der Interessen aller Arbeitnehmer in sozialen, personellen und – eingeschränkt – in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Diese Aufgabe stehe in keinem inneren Zusammenhang mit der Pressefreiheit. Dem Betriebsrat stehe unter verfassungsrechtlichen Aspekten ein Einfluss auf die Tendenz der Zeitung nicht zu. Ein solcher Einfluss wäre ein „fremder“, der zu einer Einschränkung der Pressefreiheit des Verlegers führen würde. 1 a) Privilegierte Unternehmen aa) Verlage Inzwischen ist nicht mehr strittig, dass es sich bei Presseverlagen aller 7 Art, Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk- und Fernsehanstalten um so genannte Tendenzunternehmen handelt, die prinzipiell das Tendenzprivileg für sich in Anspruch nehmen können. Als überholt angesehen werden können Versuche, zwischen so genannter seriöser Presse und Unterhaltungspresse zu unterscheiden. Es ist anerkannt, dass auch die Presseverlage als Wirtschaftsunternehmen den ökonomischen Gesetzen unterliegen und eine Gewinnerzielungsabsicht nicht gegen die Verfolgung publizistischer Interessen ausgespielt werden kann. Die Rechtsprechung hat Auslegungsversuche zurückgewiesen, wonach ein Verlag über die Berichterstattung oder Meinungsäußerung hinaus ideelle Zwecke verfolgen müsse, um in den Genuss des Tendenzprivilegs zu kommen. Anderenfalls blieben angesichts der privatwirtschaftlich organisierten Medien die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in vollem Umfang nahezu in allen Unternehmen erhalten. Im Interesse der Pressefreiheit könne die Verfolgung weitergehender geistig-ideeller Ziele nicht gefordert und das Streben nach Gewinnen nicht als tendenzschädlich angesehen werden.2 Damit genießt der gesamte Sektor der Zeitungen und Zeitschriften, seien 8 es Tageszeitungen oder periodische Zeitschriften, politischen, ideellen, fachlichen oder unterhaltenden Inhalts den Schutz der Pressefreiheit. Bei Anzeigenblättern kommt es darauf an, ob mit dem redaktionellen Teil ein publizistischer Anspruch erhoben wird, was zunehmend der Fall ist. Dann besteht Tendenzschutz. Eine gerichtliche Klärung dieser Frage ist indessen noch nicht erfolgt. Buchverlage aller Art sind ebenfalls Tendenzunternehmen. Wenn sie nicht ohnehin unmittelbar der Berichterstattung oder Meinungsäußerung im Sinne von § 118 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG dienen, verfolgen sie jedenfalls geistig-ideelle Ziele im Sinne erzieherischer, wissenschaftlicher oder 1 BVerfG, Beschluss vom 6.11.1979, 1 BVR 81/76, AfP 1980, 33. 2 BAG, Beschluss vom 1.9.1987, 1 ABR 23/86, NZA 1988, 97.

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C Rz. 10

Tendenzschutz

künstlerischer Bestimmungen nach Ziff. 2. Dies hat das Bundesarbeitsgericht zutreffend bezogen auf die Tendenzeigenschaft eines Buchclubs so gesehen. Auch Publikumsverlagen mit einem breiten Programm an Büchern sei Tendenzschutz zuzuerkennen. Entscheidend sei, dass die Mittlerfunktion eines Verlegers ausgeübt werde, der darüber entscheide, welche Bücher – ob aus eigenen oder fremden Rechten – verlegt, hergestellt und verbreitet werden. Insoweit unterscheiden sich Buchverlage von reinen Handels- und Vertriebsunternehmen, die keine Auswahl- und Mittlerfunktion ausüben, sondern lediglich für den Verkauf der Druckerzeugnisse sorgen. 1 10 Die Teilhabe von Buchbetrieben am Tendenzschutz ist auch für die Zeitungsverlage von Bedeutung, die infolge der jahrelangen Strukturkrise als zusätzliche Erlösquelle das Verlagsgeschäft mit Büchern betreiben. Auch wenn dies in Konzernverbindung mit Hilfe rechtlich selbstständiger Unternehmen oder organisatorisch verselbstständigter Betriebe erfolgt, genießen die Buchableger von Zeitungsverlagen gleichermaßen Tendenzschutz. bb) Mischunternehmen 11 Bei diesen Unternehmen, die sowohl tendenzgeschützte als auch tendenzfreie Zwecke verfolgen (z.B. ein Zeitschriftenverlag betreibt auch eine Druckerei, die nicht nur eigene, sondern auch Fremdobjekte druckt [Akzidenz]), können Schwierigkeiten auftreten, nach welchen Kriterien die Frage zu beantworten ist, ob sich das Unternehmen auf § 118 BetrVG berufen kann oder nicht. Diese Frage hat nichts damit zu tun, dass etwa ein Zeitungsverlag entsprechend der Eigenartsklausel nur hinsichtlich der so genannten Tendenzträger (Redakteure/innen) in den Genuss verkürzter Beteiligungsrechte kommen soll, indessen nicht beim kaufmännischen und technischen Personal. 12 Zuvor ist immer zu klären, ob das Unternehmen als Ganzes in den Schutzbereich von § 118 BetrVG einzuordnen ist. Die Relevanz dieses Problems erweist sich insbesondere in Bezug auf eine mögliche Interessenausgleichspflichtigkeit bei Betriebsänderungen oder bei der Frage, ob ein Wirtschaftsausschuss gebildet werden kann. Beides schließt § 118 BetrVG für Tendenzunternehmen aus. Die Frage, ob ein Unternehmen die Bildung eines Wirtschaftsausschusses hinnehmen muss oder das Interessenausgleichsverfahren schuldet, kann nicht bezogen auf die Arbeitnehmergruppen der Tendenzträger bzw. des tendenzfreien Personals unterschiedlich beurteilt werden. Adressat für beide Pflichten ist das Unternehmen als rechtliche Einheit. Die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses beispielsweise kann nicht hinsichtlich der Tendenzträger verneint und bezogen auf kaufmännisches oder technisches Personal bejaht werden. 1 BAG, Beschluss vom 15.2.1989, 7 ABR 12/87, NZA 1990, 220.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 16 C

(1) Mischunternehmen mit tendenzgeschützten und anderen Zwecken Bei Mischunternehmen, die zugleich tendenzgeschützte und andere Zwecke verfolgen, hatte das BAG für die Frage des Tendenzschutzes früher darauf abgestellt, welcher Zweck dem Unternehmen insgesamt das Gepräge gibt. Das „Gesamtgepräge“ wurde als qualitatives Merkmal verstanden, wobei quantitative Gesichtspunkte bei der Beurteilung in den Hintergrund zu treten hatten.

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Die Geprägetheorie hat das BAG unter Hinweis auf das in § 118 Abs. 1 14 Satz 1 BetrVG enthaltene Merkmal „überwiegend“ im Interesse einer quantitativen Betrachtungsweise aufgegeben.1 Dabei komme es nicht auf die Umsatz- oder Gewinnzahlen an. In erster Linie sei auf den Personaleinsatz abzustellen und zu prüfen, ob mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Personals zur Tendenzverwirklichung eingesetzt werde. Dabei sei nicht allein maßgebend die Arbeitszeit der eigentlichen Tendenzträger. Ebenso sei die Arbeitszeit der Arbeitnehmer zu berücksichtigen, die an der Tendenzverwirklichung nur unterstützend mitwirken. Dass nicht die Zahl der Mitarbeiter, sondern die Arbeitszeitmenge entscheidend sei, begründet das BAG so: Es ergäbe sich kein zutreffendes Bild des auf die verschiedenen Unternehmensziele entfallenden Umfangs des Personaleinsatzes, wenn beispielsweise in dem Unternehmen auch Teilzeitkräfte beschäftigt werden oder die einzelnen Mitarbeiter nicht jeweils nur für eines der Unternehmensziele, sondern für mehrere eingesetzt werden. Im Einzelfall mag es nicht einfach sein, den nach BAG erforderlichen Ar- 15 beitsmengen-Berechnungen bezogen auf die einzelnen Arbeitnehmergruppen zu entsprechen. Relativ übersichtlich verhält es sich bei Zeitungsverlagen, bei denen sämtliche publizistischen, kaufmännischen und technischen Aktivitäten der Herausgabe eigener Verlagsorgane dienen. Dann sind sowohl sämtliche Redakteure als auch die als Nichttendenzträger anzusehenden kaufmännischen und technischen Angestellten ausschließlich in direkter oder unterstützender Weise mit Aufgaben befasst, die der Verwirklichung der eigenen tendenzgeschützten Aktivitäten des Unternehmens dienen. Anders kann es sich verhalten, wenn sowohl das kaufmännische als auch das technische Personal mit Fremddienstleistungen für externe Auftraggeber befasst wird, insbesondere eine verlagseigene Druckerei in nennenswertem Umfang auch den Druck anderer Zeitungen bzw. Zeitschriften besorgt. Hier müsste im Einzelfall ermittelt werden, in wieweit das Personal der Druckerei der Verwirklichung eigener Tendenzzwecke zuzurechnen ist. Nicht entscheidend sein kann, wie ein Zeitungsverlag die Wahrnehmung der unternehmerischen Aufgaben betrieblich organisiert, ob z.B. Verlag 1 BAG, Beschluss vom 21.6.1989, 7 ABR 58/87, NZA 1990, 402.

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C Rz. 17

Tendenzschutz

(Redaktionen und kaufmännische Abteilungen) und Druckerei einen gemeinsamen Betrieb mit einheitlichem Betriebsrat bilden, oder ob Verlag und Druckerei jeweils eigenständige Betriebe mit verschiedenen Betriebsräten darstellen. Da der Wegfall eines Wirtschaftsausschusses unternehmensbezogen ist, kommt es nicht darauf an, ob die jeweils eigenständigen Betriebe als Tendenzbetriebe identifiziert werden können oder nicht, sondern allein darauf, ob das Unternehmen als Ganzes Tendenzeigenschaft hat oder nicht. (2) Tendenz – Gemeinschaftsbetrieb 17 Die gleiche – quantitative – Betrachtungsweise des BAG muss dann Platz greifen, wenn es um die Frage geht, ob ein Tendenz-Gemeinschaftsbetrieb, zu dessen Führung sich nicht nur ausschließlich Tendenzunternehmen verabredet haben, sondern auch/oder und andere Unternehmen, die im Übrigen tendenzfreie Unternehmensziele verfolgen. Spätestens mit der gesetzlichen Anerkennung des Gemeinschaftsbetriebs im Rahmen des Betriebsverfassungsreformgesetzes 2001 und der daraus abzuleitenden ganzheitlichen Mitbestimmungsstrukturen muss einem Tendenzgemeinschaftsbetrieb das Tendenzprivileg aus § 118 BetrVG auch dann zuerkannt werden, wenn nicht alle am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Arbeitgeber selbst Tendenzunternehmen sind. 1 cc) Pressekonzerne 18 § 118 BetrVG bezieht den Tendenzschutz auf die Organisationseinheiten Unternehmen und Betriebe. Ein Konzern als Zusammenfassung rechtlich selbstständige Unternehmen unter einheitlicher wirtschaftlicher Leitung kann als Ganzes Tendenzschutz nicht für sich in Anspruch nehmen, auch wenn sich unter Anwendung der quantitativen, insbesondere arbeitszeitmengenmäßigen Kriterien erweisen sollte, dass insgesamt der Personaleinsatz in den konzernzugehörigen Unternehmen überwiegend tendenzgeschützten Unternehmenszielen dient. Dies hat das BAG hinsichtlich einer rechtlich selbstständigen Verlagsdruckerei entschieden, die ausschließlich den Druck von Zeitschriften konzernzugehöriger Verlagsunternehmen besorgte. 19 Nach BAG sind die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer an den Entscheidungen im Betrieb und Unternehmen „rechtsformspezifisch ausgestaltet“. Sie knüpften jeweils an die vorgegebene Organisationsform an. Es kommt allein auf die gewählte Rechtsform an und nicht auf die Möglichkeit einer anderen Rechtsformgestaltung. Entscheidend sei, dass eine Druckerei als rechtlich selbstständiges Unternehmen geführt wird und nicht ob sie als Druckerei eines so genannten Tendenzkonzerns betrachtet werden kann. Aufgabe einer rechtlich selbstständigen Verlagsdrucke1 Lunk, NZA 2005, 841 (843).

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Rz. 22 C

rei sei zwar der Druck von Zeitschriften. Damit werde aber nicht unmittelbar Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung gedient, sondern nur eine „technische Vorarbeit“ für die die Zeitschriften herausgebenden Konzernverlage geleistet. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass ausschließlich Zeitschriften für die in der Verlagsgruppe zusammengeschlossene Verlage gedruckt werden.1 Ausnahmen von dieser rechtsförmigen Betrachtung kämen allenfalls dann in Betracht, wenn das Druckunternehmen selbst Einfluss auf die Tendenzverwirklichung des Verlagsunternehmens ausüben könne oder wenn die Druckerei betrieben werde, um die wirtschaftliche Existenz des Verlagsunternehmens zu ermöglichen. An diesen Gedanken knüpft entscheidend das Bundesverfassungsgericht an und bestätigt die Rechtsprechung des BAG. Ebenso wenig wie bei einer konzernzugehörigen Druckerei erstrecke sich der Tendenzschutz eines Zeitungsverlags auf das als hundertprozentige Tochtergesellschaft organisierte Zustellunternehmen.2 Die der Herstellung einer Zeitung zeitlich und produktionstechnisch nachgelagerte Verbreitung wirke sich auf die inhaltliche Gestaltung und Auswahl nicht mehr aus. Verfassungsrechtliche Gründe gebieten es nicht, den einem Tendenzunternehmen im Konzern gewährten Tendenzschutz auf ein nicht tendenzgeschütztes abhängiges Unternehmen zu erstrecken, das die Tendenzverwirklichung nicht beeinflusst.

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dd) Feststellungsverfahren Angesichts der vielfältigen Umstrukturierungen auf Betriebs- und Unter- 21 nehmensebene, die auch im Zeitungs- und Zeitschriftenverlagsgewerbe stattfinden, können immer wieder Meinungsverschiedenheiten über den Tendenzcharakter der neuentstandenen betrieblichen oder unternehmerischen Einheiten entstehen. So gliedern größere Verlage einzelne pressetypische Aktivitäten in Form rechtlich selbstständiger und Einheiten aus dem Stammunternehmen aus und gründen z.B. neue Gesellschaften für den Druck, Vertrieb oder die Anzeigen-Aquisition. Auch werden von den Verlagen Redaktionsgesellschaften ausgegliedert als Dienstleister zur Erstellung der redaktionellen Inhalte. In diesen und vergleichbaren Fällen von Outsourcing innerhalb oder außerhalb einer Konzernverbindung kann mit den beteiligten Betriebsräten Streit über die Frage entstehen, in wieweit ein vormals gegebener Tendenzschutz weiter Bestand hat. Wegen der vielfältigen mitbestimmungsrechtlichen Besonderheiten bei Verlagsunternehmen besteht das Bedürfnis in dieser Frage ein für alle Mal Klarheit zu schaffen. Das Bundesarbeitsgericht hält die Durchfüh1 BAG, Beschluss vom 30.6.1981, 1 ABR 30/79, DB 1981, 2524. 2 BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 29.4.2003, 1 BV R 62/99, NZA 2003, 864.

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rung eines allgemeinen Feststellungsverfahrens zur Klärung der Frage für zulässig, ob ein Unternehmen Tendenzeigenschaft im Sinne von § 118 BetrVG für sich in Anspruch nehmen kann.1 Es gehe im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO um die Entscheidung über das Bestehen eines betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnisses. Unerheblich sei, dass sich aus diesem „Grundverhältnis“ eine Vielzahl einzelner Rechtsbeziehungen mit kontroversen Standpunkten ergeben könne, so z.B. über die Frage der Reichweite einzelner Beteiligungsrechte, wenn es etwa um die Abgrenzung des Kreises der Tendenzträger gehe. Gründe der Prozesswirtschaftlichkeit erforderten eine unbelastete Klärung des strittigen Tendenzschutzcharakters. Damit werde Klarheit darüber geschaffen, ob die Beteiligungsrechte des Betriebsrats den Einschränkungen von § 118 BetrVG unterworfen sind. b) Wirtschaftliche Angelegenheiten aa) Kein Wirtschaftsausschuss 23 § 118 Abs. 1 Satz 2 BetrVG erklärt die Vorschriften der §§ 106 bis 110 BetrVG für nicht anwendbar in Tendenzunternehmen. Danach kommt die Bildung eines Wirtschaftsausschusses in Presseverlagen nicht in Betracht. Das Ausmaß dieses Privilegs wird deutlich, wenn man sich die Aufgaben und Befugnisse eines Wirtschaftsausschusses vergegenwärtigt. 24 Nach § 106 BetrVG ist in allen Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Dieser hat die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten. Hierzu ist der Wirtschaftsausschuss regelmäßig rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten. Zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten gehören insbesondere: Die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens; – Die Produktions- und Absatzlage; – Das Produktions- und Investitionsprogramm; – Rationalisierungsvorhaben; – Fabrikations- und Arbeitsmethoden, insbesondere die Einführung neuer Arbeitsmethoden; – Sowie alle Formen von beabsichtigten Betriebsänderungen im Sinne der §§ 111 ff. BetrVG. 25 Die Aufzählung verdeutlicht, dass ein Unternehmen mit Wirtschaftsausschuss keine Möglichkeit hat, wirtschaftliche Kerndaten vor dem Be1 BAG, Beschluss vom 21.7.1998, 1 ABR 2/98, NZA 1999, 277.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 28 C

triebsrat abzuschirmen. Denn der Wirtschaftsausschuss hat die Pflicht, den Betriebsrat über seine Informationen und Beratungen mit dem Arbeitgeber zu unterrichten. bb) Unterrichtungsansprüche Da in Presseverlagen als Tendenzunternehmen die Bildung eines Wirt- 26 schaftsausschusses und damit für die Betriebsräte eine wesentliche Informationsquelle über die wirtschaftlichen Angelegenheiten von Presseverlagen entfällt, werden gelegentlich vergleichbare Unterrichtungsansprüche von den Betriebsräten in Verlagsunternehmen direkt und ersatzweise geltend gemacht werden. Das Bundesarbeitsgericht hat in zwei Entscheidungen derartige Informationsansprüche der Betriebsräte in Unternehmen ohne Wirtschaftsausschuss verneint.1 Angesichts der Verschiedenheit der betriebsverfassungsrechtlichen Organe Wirtschaftsausschuss und Betriebsrat könne der Betriebsrat nicht ersatzweise Aufgaben und Zuständigkeiten für sich reklamieren, wenn aus Rechtsgründen die Bildung eines Wirtschaftsausschusses nicht statthaft sei. Damit entfällt für Presseverlage eine regelmäßige Informations- und Beratungstätigkeit gegenüber ihren Betriebsräten. Allerdings machen die beiden erwähnten BAG-Entscheidungen darauf aufmerksam, dass sich anlassbezogen im Blick auf konkrete Aufgabenstellungen des Betriebsrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz punktuell Ansprüche auf Vorlage von wirtschaftlichem Zahlenmaterial ergeben können. Anspruchsgrundlage hierfür ist § 80 Abs. 2 BetrVG, wonach der Arbeitgeber dem Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und ihm auf Verlagen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen hat. Hier handelt es sich aber nicht um einen allgemeinen Anspruch auf ständige Unterrichtung über die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse der Verlagsunternehmen. Vielmehr erfährt der anlassbezogene Auskunftsanspruchs des Betriebsrats seine Grenzen durch die jeweiligen ihm vom Betriebsverfassungsgesetz zugewiesenen Aufgaben.

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In den BAG-Fällen hatten die Betriebsräte vorgetragen, sie müssten über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens unterrichtet sein, um im Hinblick auf Rationalisierungsvorhaben oder personelle Einzelmaßnahmen mitreden und im Rahmen ihrer Mitbestimmungsrechte in Bezug auf die im Betrieb geleisteten Überstunden sachgerecht entscheiden zu können. Auch benötigten sie den Jahresabschluss und darüber hinaus genaue wirtschaftliche Daten und Hintergrundinformationen für die Überlegung, ob im Betrieb etwa ein Leistungslohn eingeführt werden soll.

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1 BAG, Beschlüsse vom 5.2.1991, 1 ABR 24/90, NZA 1991, 645; 1 ABR 32/90, NZA 1991, 639.

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C Rz. 29

Tendenzschutz

Dem hielt das BAG entgegen, dass die Betriebsräte die begehrten Wirtschaftsdaten nicht allein deswegen verlagern können, nur weil die dadurch vermittelten Kenntnisse sie „insgesamt sachkundiger“ machen. Die immer wieder vorgebrachte Argumentation, nur mit Hilfe solcher geschäftlicher Hintergrundinformationen könnte der Betriebsrat seine Mitbestimmungsrechte „zum Wohl des Betriebs“ wahrnehmen, finde daher in § 80 Abs. 2 BetrVG keine Stütze. cc) Betriebsversammlungen 29 Nicht entziehen können sich die Arbeitgeber von Verlagsunternehmen der jährlichen Berichtspflicht im Rahmen von Betriebsversammlungen gem. § 43 BetrVG.1 Neben anderen Berichtsgegenständen bezieht sich der Jahresbericht des Arbeitgebers auf die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Betriebs, nicht jedoch des ganzen Unternehmens. Eine weitere Einschränkung ergibt sich dadurch, dass nur eine mündliche Berichterstattung verlangt wird und den Arbeitnehmern nur „ in groben Zügen“ ein Überblick über die wirtschaftliche Situation des Betriebs und seine voraussichtliche Entwicklung zu geben ist. 2 Auf tendenzrelevante Themen braucht sich der Jahresbericht nicht zu erstrecken.3 c) Betriebsänderungen 30 Bei erheblichen betrieblichen Umgestaltungen hat der Betriebsrat in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern im Vorfeld der unternehmerischen Planungen gemäß den §§ 111 ff. BetrVG gesteigerte Informations- und Beratungsrechte sowie hinsichtlich der den Arbeitnehmern durch die Maßnahmen entstehenden Nachteile das Recht, einen Sozialplan durchzusetzen. Als Betriebsänderungen gelten – Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen. – Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, – Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben, – Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen, – Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

1 BAG, Beschluss vom 8.3.1977, 1 ABR 18/75, DB 1977, 962. 2 Vgl. Fitting, BetrVG, 22. Aufl. 2004, § 43 Rz. 24. 3 BAG, Beschluss vom 8.3.1977, 1 ABR 18/75, DB 1977, 962.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 34 C

Für die hier genannten Betriebsänderungen fingiert das Gesetz, dass diese wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können. Die Beteiligungsrechte des Betriebsrats entfallen daher nicht deshalb, weil im Einzelfall solche wesentlichen Nachteile nicht zu befürchten sind.1

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Der Betriebsrat ist rechtzeitig und umfassend über die unternehmerischen Absichten zu unterrichten und es ist mit ihm zu beraten. Kommt zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat ein Interessenausgleich, bei dem es im Kern um das Ob, Wann und Wie der Umsetzung der Unternehmensplanung geht, nicht zustande, ist hierüber ein Einigungsstellenverfahren durchzuführen. Die Einigungsstelle besteht aus der jeweils gleichen Anzahl von Beisitzern, die von den Betriebsparteien benannt werden. Den unparteiischen Einigungsstellenvorsitzenden ernennen die Betriebsparteien gemeinsam. Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht auf die Anzahl der jeweiligen Beisitzer und/oder auf den gemeinsamen Vorsitzenden einigen, ist gem. § 76 BetrVG i.V.m. § 98 ArbGG das so genannte Einsetzungsverfahren durchzuführen. Auch wenn dieses Verfahren bereits in 2. Instanz zum Abschluss kommt und der Vorsitzende allein entscheidet, können hierdurch einige Wochen, wenn nicht gar Monate Verzögerung eintreten. Weitere Zeit wird in Anspruch genommen durch die Interessenausgleichsverhandlungen vor der Einigungsstelle, die erfahrungsgemäß mehrere Termine in Anspruch nehmen.

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Zwar kann die Einigungsstelle einen umstrittenen Interessenausgleich 33 nicht durch Spruchentscheidung durchsetzen und demzufolge nicht die Unternehmensplanung durch eine eigene Gestaltung ersetzen. Allein die Verpflichtung, mit dem Betriebsrat über die unternehmerischen Maßnahmen zu verhandeln, und bei einem Scheitern das förmliche Einigungsstellenverfahren – gegebenenfalls erst nach einem Einsetzungsverfahren – durchzuführen, ist mit Kosten und erheblichen zeitlichen Verlusten verbunden. Dringend erforderliche Unternehmensentscheidungen werden behindert, verzögert und aller Erfahrung nach infolge einer Einigungsstellenmoderation verwässert. Der Betriebsrat kann mit Unterlassungsansprüchen drohen und diese mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung – bei einigen Gerichten mit Erfolg – durchsetzen. Dieses unkalkulierbare Risiko veranlasst die Unternehmen, mit der Umsetzung der unternehmerischen Maßnahmen, beispielsweise dem Ausspruch notwendiger betriebsbedingter Kündigungen zu warten, bis es zu einem ordnungsgemäßen Abschluss des Einigungsstellenverfahrens und der Protokollierung der Nichteinigung gekommen ist. Außer dem Versuch, einen Interessenausgleich über die unternehmerischen Absichten herbeizuführen, führen die Betriebsänderungen zur Sozialplanpflichtigkeit. Mit dem Betriebsrat ist ein Sozialplan zu verhan1 BAG, Beschluss vom 17.8.1982, 1 ABR 40/80, DB 1983, 344.

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C Rz. 35

Tendenzschutz

deln, dessen Gegenstand Regelungen zum Ausgleich oder der Milderung der sozialen Nachteile sind, die den betroffenen Arbeitnehmern infolge der Durchführung der Unternehmensmaßnahme entstehen. Im Gegensatz zum Interessenausgleich sind Sozialplanregelungen erzwingbar und können im Falle einer Nichteinigung durch Spruchentscheidung der Einigungsstelle mit der rechtlichen Qualität einer Betriebsvereinbarung verabschiedet werden. 35 Das im Vorstehenden skizzierte Verfahren ist für die betroffenen Unternehmen mit außerordentlichen hohem Informations-, Beratungs-, Verhandlungs-, Verfahrens- und Kostenaufwand verbunden. Hinzu kommen die wirtschaftlichen Einbußen infolge der – oft absichtlichen – Verschleppung bei der Umsetzung der unternehmerischen Maßnahmen. aa) Kein Interessenausgleich 36 Vor diesem Hintergrund stellt das Tendenzprivileg für Presseverlage und andere Tendenzunternehmen eine große Erleichterung dar, notwendige Betriebsänderungen frei von einem Teil der geschilderten Belastungen und damit schneller und kostengünstiger zu realisieren. Nach § 118 Abs. 1 Satz 2 finden die Vorschriften der §§ 111 bis 113 BetrVG nur insoweit Anwendung, als sie den Ausgleich oder die Milderung wirtschaftlicher Nachteile für die Arbeitnehmer regeln. Damit befreit der Gesetzgeber Tendenzunternehmen von sämtlichen Informations-, Beratungs- und Verhandlungszwängen, soweit es um die unternehmerischen Planungen im Vorfeld betrieblicher Umgestaltungen geht. Eine Interessenausgleichspflichtigkeit besteht für Tendenzunternehmen nicht.1 Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage – ungeachtet des nach dem Gesetzeswortlaut eigentlich unerklärlichen Meinungsstreits – eindeutig entschieden. 2 37 In dem der Entscheidung vom 18.11.20033 zugrunde liegenden Fall ging es um einen Tageszeitungsverlag mit etwa 450 Mitarbeitern, der den Anzeigenverkauf statt bisher mit angestellten Anzeigenberatern künftig mit freien Handelsvertretern durchführen wollte. Das BAG wörtlich: „Die Beklagte musste wegen § 118 Abs. 1 Satz 2 BetrVG mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich, das heißt eine Verständigung über das Ob und Wie der beabsichtigten Maßnahme nicht versuchen.“

bb) Eingeschränkte Informationspflichten 38 Der Wegfall einer Interessenausgleichspflichtigkeit hat eine Reihe von unterschiedlich starken Auswirkungen auf die Informations-, Beratungs-, und Verhandlungspflichten von Verlagsunternehmen im Zusammenhang mit 1 Lunk, NZA 2005, 841 (846). 2 BAG, Urteil vom 27.10.1998, 1 AZR 766/97, NZA 1999, 328; Urteil vom 18.11.2003, 1 AZR 637/02, NZA 2004, 741. 3 BAG, Urteil vom 18. 11. 2003, 1 AZR 637/02, NZA 2004, 741.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 42 C

betrieblichen Veränderungen. Die erwähnte BAG-Entscheidung verdeutlicht auch, dass die Entlastung der Tendenzunternehmen von der Interessenausgleichspflicht unteilbar ist und nicht danach unterschieden werden kann, ob eine geplante Betriebsänderung Tendenzträger (Redakteure) oder kaufmännisches bzw. technisches Personal (Anzeigenmitarbeiter oder Drucker beispielsweise) betrifft. Die Unterrichtungs- und Beratungspflichten beschränken sich inhaltlich auf Informationen, die der Betriebsrat für seine den Sozialplan betreffenden Überlegungen benötigt. Sie erstrecken sich nicht auf die unternehmerischen Erwägungen, Alternativüberlegungen oder Motive für die beabsichtigten Maßnahmen. In der Entscheidung vom 18.11.2003 hielt das BAG1 den beklagten Verlag nicht für verpflichtet, dem Betriebsrat die verlangten Auskünfte über die Gründe für die Umstellung des Anzeigenverkaufs, über die Höhe der erwarteten Einsparungen und die Bedingungen einer Weiterbeschäftigung der zur Entlassung anstehenden angestellten Anzeigenberater als Handelsvertreter zu erteilen. Der Tendenzunternehmer brauche über diese Gegenstände nicht zu informieren, weil diese nicht den Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile, mithin mitbestimmte Sozialplanregelungen beträfen.

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Die inhaltliche Verkürzung der Informationspflichten hat nach BAG auch Auswirkungen auf den Zeitpunkt rechtzeitiger Unterrichtung. Es sei nicht zu beanstanden, wenn der Zeitungsverlag den Betriebsrat erst nach endgültiger Änderungsentscheidung, mithin nicht über beabsichtigte oder geplante, sondern über bereits beschlossene Änderungsmaßnahmen informierte. Hinsichtlich der weitergehenden, Sozialplanregelungen betreffenden Informationen sei es rechtzeitig, wenn das Unternehmen dem Betriebsrat „vor der Durchführung der Betriebsänderung“, hier also vor dem Ausspruch von Kündigungen unterrichtet und Beratungen mit ihm aufgenommen hat.

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Ebenso wenig wie der Presseverlag dem Betriebsrat im Vorfeld unternehmerischer Entscheidungen zu informieren hat, ist er verpflichtet, mit dem Betriebsrat über das Ob und Wie der unternehmerischen Maßnahmen zu beraten. Ein derartiger Beratungs- und erst recht Verhandlungsanspruch des Betriebsrats bezieht sich ausschließlich auf Unterrichtungsgegenstände, die von Belang für etwaige Sozialplanregelungen sein können.

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Ungeachtet einer fehlenden Interessenausgleichspflichtigkeit und der da- 42 mit verkürzten inhaltlichen und zeitlichen Informationspflicht über die eigentlichen unternehmerischen Planungen, kann es auch für Tendenzunternehmen empfehlenswert sein, Informationen über die wirtschaftlichen und finanziellen Notwendigkeiten der beschlossenen Betriebsänderungen 1 BAG, Beschluss vom 18.11.2003, 1 AZR 637/02, NZA 2004, 741.

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C Rz. 43

Tendenzschutz

dem Betriebsrat zu vermitteln. Denn die mit einer Betriebsänderung verbundenen Einsparungen sind von Bedeutung für die wirtschaftliche Vertretbarkeit des Gesamtvolumens eines Sozialplans und ermöglichen die zutreffende Einschätzung der wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer.1 Mit der Bereitschaft des Presseverlags, unter Berücksichtigung tendenzbedingter Diskretionsnotwendigkeiten über die unternehmerische Notwendigkeit betrieblicher Veränderungsabsichten unter Einschluss harten Zahlenmaterials zu informieren, korrespondiert die Möglichkeit, die Gesamtbelastungen eines Sozialplans in wirtschaftlich vertretbaren Grenzen zu halten. Hier kann das Tendenzunternehmen ohne unmittelbare gesetzliche Verpflichtung und Sanktionsbefürchtung unter Opportunitätsgesichtspunkten abwägen, ob es die mit einer verkürzten Informationstätigkeit eventuell verbundenen erhöhten wirtschaftlichen Belastungen durch einen Sozialplan in Kauf nehmen will oder ob hierfür im Interesse wirtschaftlicher Zielsetzung keine tendenzbedingten Notwendigkeiten sprechen. cc) Nachteilsausgleichsanspruch 43 Dringend empfohlen werden muss den Tendenzarbeitgebern, ihrer auf die Sozialplanthematik verkürzten Informationspflicht sorgfältig nachkommen. Insoweit vorkommende Fehler, die als Pflichtverstöße zu werten sind, können als Sanktion individualrechtliche Nachteilsausgleichsansprüche gem. § 113 BetrVG für die von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer nach sich ziehen. Die genannte Vorschrift gibt entlassenen Arbeitnehmern Abfindungsansprüche in entsprechender Anwendung von § 10 des Kündigungsschutzgesetzes (Abs. 1) bzw. Entschädigungsansprüche für sonstige wirtschaftliche Nachteile bis zu einem Zeitraum von 12 Monaten (Abs. 2), wenn ein Unternehmer ohne zwingenden Grund von einem abgeschlossenen Interessenausgleich abweicht. Die gleichen Ansprüche entstehen, wenn ein Unternehmen einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat gar nicht erst versucht hat. 44 Obwohl Auslöser des gesetzlichen Nachteilsausgleichsanspruchs das Abweichen bzw. Versäumen eines Interessenausgleichs ist und § 118 Abs. 1 Satz 2 BetrVG auch diese Vorschrift nur für insoweit anwendbar erklärt als es Sozialplanregelungen geht, hält es das BAG für grundsätzlich möglich, dass auch Tendenzunternehmen Nachteilsausgleichsansprüchen ausgesetzt sein können. 2 Diese Auffassung lässt sich mit dem klaren Wortlaut von § 118 BetrVG nicht vereinbarten. 3

1 BAG vom 18.11.2003, 1 AZR 637/02; BAG, Beschluss vom 6.5.2003, 1 ABR 11/02, NZA 2004, 108. 2 BAG, Beschluss vom 27.10.1998, 1 AZR 767/97, NZA 1999, 328; Beschluss vom 18.11.2003, 1 AZR 637/02, NZA 2004, 741. 3 Gillen/Hörle, NZA 2003, 1225 (1230); Lunk, NZA 2005, 841 (848).

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 48 C

Ungeachtet des Fehlens einer Interessenausgleichspflichtigkeit hat das BAG entschieden, dass § 113 Abs. 3 BetrVG jedenfalls insoweit anzuwenden sein, als diese Vorschrift eine Sanktion für die Verletzung von Pflichten bietet, die dem Arbeitgeber im Hinblick auf das Zustandekommen eines Sozialplans auferlegt sind. Obwohl der Betriebsrat einen Sozialplan noch nach Durchführung der Betriebsänderung durchsetzen könne, erforderten die auch im Tendenzbetrieb geschützten Belange der betroffenen Arbeitnehmer eine frühzeitige Erwägung aller sozialen Folgen einer Betriebsänderung und der Maßnahmen, die zum Ausgleich und zur Milderung in Betracht kommen. Diese Belange würden beeinträchtigt, wenn mangels rechtzeitiger Unterrichtung des Betriebsrats im Vorfeld der Betriebsänderung, oder gar erst nach dem Ausspruch von Kündigungen, noch völlige Unklarheit über einen möglichen Sozialplan und damit über die Bedingungen bestehen, auf welche die Arbeitnehmer sich einzustellen haben und reagieren können. Der Schutzbedarf des Betriebsrats beschränkt sich in diesem Zusammenhang auf die rechtzeitige Verfügbarkeit der Informationen, die er benötigt, um erforderlichenfalls mit Hilfe seines Initiativrechts auch gegen den Willen des Arbeitgebers das Verfahren zur Aufstellung eines Sozialplans in Gang zu setzen.

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Hierzu genüge es allerdings, dass der Betriebsrat bei Durchführung der Be- 46 triebsänderung imstande ist, „einigermaßen fundiert“ abzuschätzen, auf welche Regelungen eines künftigen Sozialplans die Betroffenen sich einzustellen haben. Diese „Basisinformationen“ dürften dem Betriebsrat vor Durchführung der geplanten Betriebsänderung nicht vorenthalten werden.1 Im Einklang mit dem tendenzbedingten Wegfall aller Informations-, Beratungs- und Verhandlungspflichten, die dem Ob, Wann und Wie eines Interessenausgleichs zuzurechnen sind, soll nach BAG der individualrechtliche Nachteilsausgleichsanspruch nur das Versäumen der inhaltlich und zeitlich verkürzten, ausschließlich sozialplanbezogenen Informationspflicht sanktionieren. Das BAG nennt dies plastisch „Basisinformationen“, die einerseits bereits nach endgültiger Unternehmerentscheidung, andererseits aber noch vor Durchführung der Maßnahmen, insbesondere betriebsbedingter Kündigungen, vermittelt werden müssen.

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Ungeachtet der methodischen Bedenken, die dem Bundesarbeitsgericht 48 entgegengehalten werden können, 2 dürfte es Presseverlagen nicht allzu schwer fallen, der Minimalanforderungen rechtzeitiger sozialplanbezogener Informationsvermittlung zu entsprechen. Gelungen ist dies jedenfalls in den beiden vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen, wo der geltend gemachte individualrechtliche Nachteilsausgleichsanspruch verneint 1 BAG, Urteil vom 18.11.2003, 1 AZR 637/02, NZA 2004, 741. 2 Vgl. Gillen/Hörle, Betriebsänderungen in Tendenzbetrieben, NZA 2003, 1225 (1230).

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C Rz. 49

Tendenzschutz

wurde, weil in beiden Fällen dem Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigungen „einigermaßen fundierte Basisinformationen“ zur Verfügung standen. dd) Sachverständiger 49 Mit der Betriebsverfassungsnovelle 2001 ist die Position des Betriebsrats im Rahmen von geplanten Betriebsänderungen gestärkt worden. In Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat nach dem neuen § 111 Satz 2 BetrVG zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen, ohne das Verfahren nach § 80 Abs. 3 BetrVG einhalten und sich vorab mit dem Arbeitgeber verständigen zu müssen. Zudem bedarf es keines Nachweises der Erforderlichkeit der Hinzuziehung. Das Gesetz unterstellt insoweit die Erforderlichkeit. Mit Hilfe des externen Sachverstands soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden, die Auswirkungen einer geplanten Betriebsänderung rasch zu erfassen und Alternativvorschläge zu erarbeiten, die auf die Entscheidung des Arbeitgebers noch Einfluss nehmen können. 50 Aus dem gesetzlichen Zusammenhang der Sachverständigenregelung mit der Beratung der unternehmerischen Planungen folgert die Literatur (Rechtsprechung liegt – soweit ersichtlich – noch nicht vor), dass der Betriebsrat die Hinzuziehung eines externen Sachverständigen nur bezogen auf den Beratungsgegenstand des Interessenausgleichs verlangen könne. Da es bei den Regelungen eines Sozialplans nicht um die Unternehmensmaßnahmen geht, sondern nur um die Milderung ihrer Folgen, habe der Betriebsrat kein Recht, – ohne Einigung mit dem Arbeitgeber gem. § 80 Abs. 3 BetrVG – einen Berater für die Erarbeitung eines Sozialplans zu engagieren.1 51 Entsprechend der gesetzgeberischen Logik, die Kompetenz des Betriebsrats im Zusammenhang mit der Beratung der Unternehmensplanungen zu stärken, kommt die erleichterte Hinzuziehung eines Sachverständigen in Tendenzunternehmen nicht in Betracht, weil dort eine Interessenausgleichspflichtigkeit und damit die Einflussnahme des Betriebsrats auf die unternehmerischen Planungen ausgeschlossen ist. 2 ee) Freiwilliger Interessenausgleich 52 Ungeachtet dessen, dass der Tendenzarbeitgeber zu dem Versuch eines Interessenausgleichs mit dem Betriebsrat nicht gezwungen werden kann, kann er dennoch triftige Gründe haben, den Betriebsrat verstärkt an den unternehmerischen Planungen zu beteiligen. Dies mag aus Gründen der Unternehmenskultur in Betracht kommen, hätte indessen auch rechtliche Vorteile im Hinblick auf beabsichtigte betriebsbedingte Kündigun1 Fitting, 22. Aufl. 2004, § 111 Rz. 119; Oetker, NZA 2002, 465 (469); Rose/Grimmer, DB 2003, 1790 (1795). 2 Gillen/Hörle, NZA 2003, 1225 (1232).

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 55 C

gen. Die mit dem Kündigungsschutzgesetz-Reformgesetz in § 1 Abs. 5 KSchG wiedereingeführte Möglichkeit, im Wege des Interessenausgleichs mit dem Betriebsrat eine Namensliste über die Arbeitnehmer zu vereinbaren, denen gekündigt werden soll, kann die Rechtsrisiken nachfolgender Kündigungsschutzprozesse deutlich mindern. Gem. § 1 Abs. 5 KSchG wird bei einer Namensliste vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist (Satz 1). Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann des Weiteren nur noch auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden (Satz 2). Schließlich ersetzt der Interessenausgleich die Stellungnahme des Betriebsrats gem. § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG im Rahmen anzeigepflichtiger Massenentlassungen (Satz 4). Mit überzeugender Begründung spricht sich die Literatur für die Anwendbarkeit des neuen § 1 Abs. 5 KSchG auf Tendenzunternehmen trotz Fehlens einer Interessenausgleichspflichtigkeit aus. 1 Dem Tendenzunternehmer sei es unbenommen, freiwillig einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat zu vereinbaren, weil auf das Tendenzprivileg gem. § 118 BetrVG grundsätzlich verzichtet werden könne.2 Diese Rechtsansicht wird bestätigt durch die Entscheidung des BAG vom 19.6.2001 über die Wirksamkeit eines Redaktionsstatuts. 3 Nach BAG verwehre der betriebsverfassungsrechtliche Tendenzschutz es dem Arbeitgeber nicht, freiwillig weitergehende Beteiligungsrechte zu gewähren, solange dies nicht zu einem unzulässigen Grundrechtsverzicht führe. Von einem derartigen Verzicht kann bei einer Beteiligung des Betriebsrats an den unternehmerischen Planungen keine Rede sein.

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Wollte man die Tendenzunternehmen unter Hinweis auf ihre gesetzliche 54 Privilegierung von den kündigungsschutzrechtlichen Vorteilen eines Interessenausgleichs mit Namensliste ausnehmen, käme dies einem Zwangsprivileg mit kündigungsschutzrechtlicher Bestrafung nahe. 4 Hat sich ein Tendenzarbeitgeber wegen der kündigungsschutzrechtlichen Vorteile zum Abschluss eines Interessenausgleichs mit Namensliste entschlossen, nimmt er möglicherweise das Risiko von Nachteilsausgleichsansprüchen bei Abweichungen gem. § 113 BetrVG in Kauf. Das BAG hat diese Frage offen gelassen. 5 Falls sich ein Tendenzarbeitgeber dazu entschieden hat, das Tendenzprivileg in Anspruch zu nehmen und auf den Versuch eines Interessenausgleichs zu verzichten, sollte er diese Linie konsequent durchhalten. Nicht empfehlenswert ist ein Vorgehen, die Durchführung des Interessenausgleichsverfahrens zwar aus prinzipiellen Gründen abzulehnen, dem Be1 2 3 4 5

Thüsing/Wege, BB 2205, 213 (215); Lunk, NZA 2005, 841 (847). Gillen/Hörle, NZA 2003, 1225 (1228). BAG vom 19.6.2001, 1 AZR 463/00, NZA 2002, 397. Vgl. Thüsing/Wege, BB 2005, 213 (215). BAG, Urteil vom 27.10.1998, 1 AZR 766/97, NZA 1999, 328.

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C Rz. 56

Tendenzschutz

triebsrat aber auf andere Weise entgegenzukommen und interessenausgleichsähnliche Elemente als Bestandteil des Sozialplans aufzunehmen. Derartige Zugeständnisse können sich wegen der unterschiedlichen Rechtswirkungen von Interessenausgleich und Sozialplan als schädlich erweisen. 56 Während die Vereinbarung eines Interessenausgleichs keine durchsetzbaren Rechte und Pflichten begründet, sondern Abweichungen „nur“ mit Nachteilsausgleichsansprüchen gem. § 113 BetrVG sanktioniert werden, hat ein Sozialplan den Charakter einer Betriebsvereinbarung. Gem. § 77 Abs. 4 BetrVG gelten Betriebsvereinbarungen unmittelbar und zwingend. Arbeitnehmer, denen durch Betriebsvereinbarungen Rechte eingeräumt werden, können darauf nur mit Zustimmung des Betriebsrats verzichten. Im Sozialplan vereinbarte Kündigungsbeschränkungen oder gar – befristete – Kündigungsverbote, geben den begünstigten Arbeitnehmern – anders als bei entsprechenden Regelungen in einem Interessenausgleich – einklagbare Rechtspositionen. ff) Unterlassungsansprüche 57 Von großer Praxisrelevanz ist die Frage, ob der Betriebsrat in tendenzfreien Betrieben gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Unterlassung von Durchführungsmaßnahmen – etwa des Ausspruchs von betriebsbedingten Kündigungen – vor Abschluss des Interessenausgleichsverfahrens und darüber hinaus sogar bis zum Abschluss des obligatorischen Sozialplans hat. Dieser Anspruch ließe sich im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens durchsetzen und hätte zur Folge, dass der Arbeitgeber insbesondere die Beendigung von Arbeitsverhältnissen unter Umständen erst mit erheblicher Verzögerung herbeiführen kann. Dies gilt in besonders schwerwiegendem Maße, wenn Kündigungen aufgrund vielfach bestehender tarifvertraglicher Regelungen jeweils erst zum Ende eines Quartals ein Arbeitsverhältnis auflösen. Die wohl überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur verneint mit überzeugenden Gründen einen derartigen Unterlassungsanspruch. 1 58 Das BAG hatte noch keine Gelegenheit, in dieser wichtigen Frage für Klarheit zu sorgen, weil im einstweiligen Verfügungsverfahren abschließende Entscheidungen durch die zuständigen Landesarbeitsgerichte erfolgen. 59 Ungeachtet der Diskussion dieser Problematik in tendenzfreien Betrieben gibt es bei Tendenzunternehmen keinen argumentativen Ansatz für derartige Unterlassungsansprüche. Da Tendenzarbeitgeber die Durchführung eines Interessenausgleichsverfahrens nicht schulden und der vom BAG in Betracht gezogene Nachteilsausgleichsanspruch gem. § 113 Abs. 3 1 Lipinski/Melms, BB 2002, 2226; Lipinski, BB 2003, 1338.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 61 C

BetrVG lediglich bei Verletzung von Informations- und Beratungspflichten bezogen auf den Sozialplan in Betracht kommt, scheidet ein Unterlassungsanspruch bei Betriebsänderungen in Tendenzunternehmen von vornherein bzw. erst recht aus. 1 Unterlassungsansprüche stünden im Widerspruch zum Grundgedanken des Tendenzschutzes, wonach der Betriebsrat keine Einflussmöglichkeit auf die Planung und Durchführung der unternehmerischen Entscheidungen haben soll. Dies wäre aber der Fall, wenn der Betriebsrat mit Hilfe der Gerichte dem Arbeitgeber zwingen könnte, die Umsetzung geplanter Betriebsänderungen zu unterlassen oder hinaus zu schieben. d) Redaktionsstatut Unter dem Schlagwort „innere Pressefreiheit“ war es eine Zeitlang 60 modern, Redaktionsstatute zu schließen. Dabei handelt es sich um Vereinbarungen zwischen Verleger und Redakteuren bzw. Redaktionsvertretungen, deren rechtliche Einordnung Schwierigkeiten bereitet.2 Schwerpunktmäßig haben solche Redaktionsstatute Mitwirkungsrechte eines von den Redakteuren gewählten Redaktionsrats in tendenzbezogenen Angelegenheiten zum Gegenstand, insbesondere auch bei der Berufung bzw. Abberufung leitender Redakteure, namentlich des Chefredakteurs. Obwohl solche Redaktionsstatute in aller Regel nicht mehr vereinbart werden bzw. ihre Abschaffung von den betroffenen Verlagen betrieben wird, musste sich das BAG 2001 erstmalig mit dem Rechtscharakter und den arbeitsrechtlichen Auswirkungen eines Redaktionsstatuts befassen. 3 Das BAG charakterisierte das streitgegenständliche Redaktionsstatut als eine auf der Privatautonomie der Arbeitsvertragsparteien beruhende Einheitsregelung arbeitsvertraglicher Natur. Betriebsverfassungsrechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit des Redaktionsstatuts bestehen nicht: § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG stehe dem Redaktionsstatut nicht entgegen. Diese betriebsverfassungsrechtliche Norm beschränke nicht die Privatautonomie und Vertragsfreiheit und Arbeitsvertragsparteien. Ebenso wenig verwehre § 118 BetrVG es einem Tendenzarbeitgeber, freiwillig weitergehende Beteiligungsrechte zu gewähren, solange dies nicht zu einem unzulässigem Grundrechtsverzicht führe. Auch sei die Einrichtung eines Redaktionsrats und die Ausgestaltung tendenzspezifischer Beteiligungsrechte mit den Organisationsnormen des Betriebsverfassungsgesetzes, insbesondere mit § 3 BetrVG vereinbar. Zwar sei diese Organisationsvorschrift zwingend und die Bildung anderer Arbeitnehmervertretungen – auch auf individualrechtlicher 1 LAG Niedersachsen, Beschluss vom 29.11.2002, 12 TaBv 111/02, BB 2003, 1337; Bauer/Lingemann, NZA 1995, 813 (817); Lipinski, BB 2003, 1338; Gillen/Hörle, NZA 2003, 1225 (1233); Lunk, NZA 2005, 841. 2 BAG, Urteil vom 19.6.2001, 1 AZR 463/00, NZA 2002, 397. 3 BAG, Urteil vom 19.6.2001, 1 AZR 463/00, NZA 2002, 397.

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Tendenzschutz

Basis – unzulässig, wenn deren Befugnisse mit den Kompetenzen eines Betriebsrats konkurrieren. Demnach ist jedoch die Bildung eines Repräsentationsorgans der Redakteure als zulässig anzusehen, falls dadurch die Rechte des Betriebsrats nicht beeinträchtigt werden. Da der Betriebsrat an der Mitwirkung in Tendenzfragen bereits von Verfassungswegen in Verbindung mit § 118 BetrVG gehindert sei, können Redaktionsvertretungen, denen gerade bei Tendenzentscheidungen Beteiligungsbefugnisse eingeräumt werden, nicht in Konkurrenz zum Betriebsrat treten. 62 Solange der Verleger sich seiner Grundsatz- und Richtlinienkompetenz nicht vollständig begibt, können Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte eines Redaktionsrats auch verfassungsrechtlich nicht problematisiert werden. Ein Verleger ist nicht gehindert, durch arbeitsvertragliche Vereinbarungen unter Einbeziehung eines Redaktionsstatuts in die Arbeitsverhältnisse der Redakteure sein tendenzbezogenes Direktionsrecht einzuschränken und in soweit Mitbestimmungskompetenzen der Redakteure zu schaffen. 63 Das der BAG-Entscheidung zugrunde liegende Redaktionsstatut war durch eine besondere Problematik gekennzeichnet, die zu kaum lösbaren Schwierigkeiten im Falle einer etwaigen Abschaffungs- oder auch nur Änderungsabsicht des Verlags führt. Die Parteien des Redaktionsstatuts hatten die Änderungs- und Ablösungsfrage übersehen, jedenfalls nicht eigens geregelt. Demzufolge erachtet das BAG eine Kündigung des Redaktionsstatuts für nicht wirksam. Da dieses Inhalt der Arbeitsverhältnisse mit den Redakteuren geworden sei, verwies das BAG den Verlag auf den praktisch kaum gangbaren Weg von Änderungskündigungen. e) Privilegierung in personellen Angelegenheiten 64 Während § 118 BetrVG einschränkungslos die Bildung eines Wirtschaftsausschusses in Tendenzunternehmen ausschließt und diese bei Betriebsänderungen von einer Interessenausgleichspflichtigkeit entlastet, beschränkt sich das Gesetz hinsichtlich der weiteren Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats auf die so genannte Eigenartsklausel. Danach finden die betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften keine Anwendung, „soweit die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebs dem entgegensteht“. Diese Eigenartsklausel auszuformen, blieb der Rechtsentwicklung namentlich der Rechtsprechung überlassen. Inzwischen hat reichhaltiges Richterrecht in weiten Bereichen zu hinreichend konkreten und gesicherten Ergebnissen geführt, die sich fallgruppenmäßig rubrizieren lassen. Dabei ist allen Fallgruppen gemeinsam, dass nur dort tendenzbedingte Einschränkungen der Beteiligungsrechte des Betriebsrats in Betracht kommen, wo von den unternehmerischen Maßnahmen so genannte Tendenzträger betroffen sind.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 69 C

Nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist Tendenzträger in einem Tendenzunternehmen ein Arbeitnehmer, der tendenzbezogene Aufgaben wahrnimmt. Dabei muss der Tendenzträger in verantwortlicher Stellung tätig sein und unmittelbar einen maßgeblichen Einfluss auf die Tendenzverwirklichung haben. Daran fehlt es, wenn sein Gestaltungsspielraum stark eingeschränkt ist. Unschädlich ist allerdings, wenn der Tendenzträger im Einzelfall nach vorgegebenen allgemeinen Richtlinien und Weisungen arbeiten muss.

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Nicht zu den Tendenzträgern zählen solche Mitarbeiter, die Tätigkeiten verrichten, die unabhängig von der Eigenart des Tendenzbetriebes in jedem Betrieb anfallen, wie zum Beispiel Sekretärinnen, Buchhalter und sonstige kaufmännische Angestellte.1

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In Presse- und Verlagsunternehmen sind Tendenzträger alle Redakteure, weil sie inhaltlich auf die Berichterstattung oder Meinungsäußerung Einfluss nehmen, wobei ihre Beiträge in eigenen Veröffentlichungen oder auch lediglich in der Auswahl oder Redigierung der Beiträge anderer Mitarbeiter bestehen können. Tendenzträger sind ausnahmslos alle Zeitungsund Zeitschriftenredakteure ungeachtet von Fachrichtungen und Ressortbzw. Hierarchiezugehörigkeit. 2 Chefredakteure, bedingt auch stellvertretende Chefredakteure und unter bestimmten Voraussetzungen sogar Ressortleiter mit größerem Verantwortungsbereich, 3 sind als leitende Angestellte im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG ohnehin jeder Zuständigkeit des Betriebsrats entzogen.

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Zu den Tendenzträgern zählen auch Redaktionsvolontäre. Zwar befinden 68 sich diese erst in der Ausbildung für den Beruf des Redakteurs. Der Ausbildungscharakter des Volontärverhältnisses schließt es jedoch nicht aus, dass der Volontär ebenso wie der Redakteur inhaltlich auf die Tendenzverwirklichung des Presseobjekts durch eigene Veröffentlichungen oder durch Auswahl und Redigierung der Beiträge anderer Einfluss nimmt. Im Rahmen ihrer praxisbezogenen Ausbildung übernehmen die Redaktionsvolontäre entsprechend ihren Ausbildungsfortschritten zunehmend die Aufgaben, die sonst von den Redakteuren wahrgenommen werden.4 Mit guten Gründen wird in der Literatur bezweifelt, ob die Beschränkung des Tendenzprivilegs auf Tendenzträger ausreicht, um die Tendenzverwirklichung durch die Verlage entsprechend § 118 Abs. 1 BetrVG vor Beeinträchtigungen durch den Fremdeinfluss des Betriebsrats abzuschir-

1 BAG, Beschluss vom 28.8.2003, 2 ABR 48/02, NZA 2004, 501. 2 Für Sportredakteure BAG, Beschluss vom 9.12.1975, 1 ABR 37/74. 3 BAG, Beschluss vom 22.2.1994, 7 ABR 32/93; LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12.11.2002, 6 TaBV 6/02, AfP 2004, 163. 4 BAG, Beschluss vom 19.5.1981, 1 ABR 39/79, AfP 1981, 477.

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C Rz. 70

Tendenzschutz

men. Beispielsweise nützt es einem Zeitungsverlag wenig, wenn er – etwa aus Aktualitätsgründen – zwar über die Arbeitszeit der Redakteure mitbestimmungsfrei entscheiden kann, hinsichtlich der Vertriebsmitarbeiter, dann allerdings die Hürden der Betriebsratsmitbestimmung erst noch überwinden muss. Deswegen wird mit überzeugender Begründung gefordert, den vom BAG entwickelten Begriff des Tendenzträgers als Nadelöhr für den Tendenzschutz zu relativieren. Für die Einschränkung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats in Tendenzunternehmen ist nicht die Frage entscheidend, ob hiervon Tendenzträger betroffen sind, sondern vielmehr ob das Beteiligungsrecht des Betriebsrats zu einer ernstlichen Beeinträchtigung oder Vereitelung der geistig-ideellen Zielsetzung des Tendenzunternehmens führen kann.1 70 Weiter wird allgemein vorausgesetzt, dass Mitwirkungsrechte des Betriebsrats nur dann bei Tendenzträgern zurückgedrängt werden, wenn tendenzbedingte Maßnahmen in Rede stehen und sich die Art der Beteiligung des Betriebsrats auf die Tendenzverwirklichung auswirken kann, was generell nur bei „echten“ Mitbestimmungsrechten, nicht jedoch bei den schwächeren Beteiligungsformen, wie z.B. Unterrichtungs- und Beratungsrechten angenommen wird. Folgende Mitbestimmungstatbestände Fallgruppen sind Gegenstand der Rechtsprechung gewesen: aa) Personalplanung 71 Nach § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat über die Personalplanung insbesondere über den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf sowie über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen und Maßnahmen der Berufsbildung anhand von Unterlagen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. 72 Entsprechend ganz überwiegender Ansicht in der Literatur ist unter Personalplanung jede Planung zu verstehen, die sich auf den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf in quantitativer und qualitativer Hinsicht, auf deren Deckung im weitesten Sinne und auf den abstrakten Einsatz der personellen Kapazität bezieht. Dazu gehören jedenfalls die Personalbedarfsplanung, die Personaldeckungsplanung (Personalbeschaffung, Personalabbau), die Personalentwicklungsplanung und die Personaleinsatzplanung. 73 In seiner Entscheidung vom 6.11.1990, 2 die allerdings nicht das Pressewesen, sondern eine karitative Einrichtung betraf, erkennt das BAG keine Notwendigkeit, die umfassenden Informationsansprüche des Betriebsrats durch § 118 BetrVG zu begrenzen. Wie auch sonst bei Anhörungs- und Unterrichtungsrechten sieht das BAG keine ernstliche Beeinträchtigungs1 Dzida/Hohenstatt, NZA 2004, 1084. 2 BAG, Beschluss vom 6.11.1990, 1 ABR 60/89, NZA 1991, 358.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 76 C

möglichkeit bezogen auf die Tendenzzwecke des Unternehmens. Der Tendenzschutz des § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gehe „nicht soweit, den Tendenzträger auch vor Möglichkeiten der Beeinflussung durch Anregung und Argumente abzuschirmen“. Dem Tendenzarbeitgeber werde – auch soweit die Personalbedarfsplanung hinsichtlich so genannter Tendenzträger betroffen sei – nicht die Entschließungsfreiheit über seine Planungsentscheidungen genommen. Während ein Teil der Literatur1 unter Hinweis auf die angebliche Tendenzneutralität von Personalplanungsmaßnahmen der Auffassung des BAG uneingeschränkt folgt, wird dies von der wohl überwiegenden Meinung in der Literatur problematisiert. 2 Zutreffend wird auf die Nichtanwendbarkeit der Vorschriften über den Wirtschaftsausschuss in Tendenzunternehmen durch § 118 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verwiesen. Da danach die Verpflichtung des Tendenzarbeitgebers entfällt, einen Wirtschaftsausschuss gem. § 106 Abs. 2 BetrVG über wirtschaftliche Angelegenheiten zu unterrichten und „die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Personalplanung darzustellen“, müsse Gleiches unter Anwendung der Eigenartsklausel hinsichtlich der Informationspflichten gegenüber dem Betriebsrat gelten.

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Wenn nach BAG die Unterrichtungsansprüche des Betriebsrats über Per- 75 sonalplanungsmaßnahmen durch das Tendenzprivileg noch keine Einschränkungen erfahren sollen, muss dies aber zumindest hinsichtlich der Beratungspflicht nach § 92 Abs. 1 Satz 2 BetrVG gelten. Ungeachtet dessen, dass auch das BAG keine Kongruenz zwischen Informations- und Beratungspflichten sieht und den Beratungsanspruch deutlich enger zieht, entfällt nach § 118 BetrVG die Notwendigkeit für Verlagsunternehmen, mit ihren Betriebsräten qualitative Elemente einer auf die Redaktionen bezogenen Personalbedarfsplanung zu diskutieren sowie eine den Redaktionsbereich betreffende Personalentwicklungs- und Personaleinsatzplanung zu beraten. Bei Durchführung ernsthafter Beratungsgespräche anstelle unwürdiger Scheindiskussionen, erhielt der Betriebsrat Einfluss auf tendenzrelevante Entscheidungen des Verlags und damit die Tendenzverwirklichung. Nach der grundlegenden Kündigungsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts soll die Pressefreiheit erklärtermaßen vor diesem Fremdeinfluss abgeschirmt werden.3 Folgerichtig verbietet das Bundesverfassungsgericht dem Betriebsrat, im Rahmen der Kündigungsanhörung seine Stellungnahme auf tendenzrelevante Gegenstände zu erstrecken. Dann kann der Betriebsrat auch keine Beratungsgespräche über tendenzrelevante Personalplanungen erzwingen. 1 Vgl. nur Fitting, BetrVG, § 118 Rz. 33. 2 Richardi, BetrVG, § 118 Rz. 153 mit weiteren Nachweisen. 3 BVerfG, Beschluss vom 6.11.1979, 1 BVR 81/76, AfP 1980, 33.

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C Rz. 77

Tendenzschutz

bb) Stellenausschreibung 77 Das Recht des Betriebsrats, nach § 93 BetrVG vom Arbeitgeber zu verlangen, auch die Stellen von Tendenzträgern innerbetrieblich auszuschreiben, ist nicht eingeschränkt. 1 Da die Freiheit des Tendenzarbeitgebers, die freie Stelle nach seinen Vorstellungen zu besetzen, nicht beeinträchtigt wird, kann eine vom Betriebsrat verlangte innerbetriebliche Ausschreibung die Tendenzbestimmung und -verwirklichung des Verlegers nicht ernsthaft beeinträchtigen. Allerdings hat der Betriebsrat bei Unterlassen einer innerbetrieblichen Stellenausschreibung bei einer nachfolgenden Einstellung eines Bewerbers kein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Ziff. 5 BetrVG.2 cc) Bewerbungsunterlagen 78 Keine Einschränkungen ergeben sich für den Verlag im Rahmen von Einstellungsverfahren hinsichtlich seiner Informationsverpflichtungen gem. § 99 und der Verpflichtung, die Bewerbungsunterlagen aller Bewerber auf eine Redakteursposition vorzulegen. 3 dd) Personalfragebogen, Beurteilungsgrundsätze 79 Unter Personalfragebogen im Sinne von § 94 BetrVG ist die formularmäßige Zusammenfassung von Fragen über die persönlichen Verhältnisse, insbesondere Eignung, Kenntnisse und Fähigkeiten einer Person zu verstehen. Damit stellen Personalfragebogen und allgemeine Beurteilungsgrundsätze (§ 94 Abs. 2 BetrVG) wichtige Instrumente der Personalplanung dar. Wegen der Gefahr, dass die Fragen und deren Beantwortung in die verfassungsrechtlich geschützte Persönlichkeitssphäre eingreifen, bedürfen sie der Zustimmung des Betriebsrats. Durch die Beteiligung des Betriebsrats soll gewährleistet werden, dass sich die Fragen auf die Gegenstände und den Umfang beschränken, für die ein berechtigtes Auskunftsbedürfnis des Arbeitgebers anzuerkennen ist. 80 Das BAG hatte sich mit der Befragungsaktion eines sozialwissenschaftliches Instituts zu befassen, dass seine Forschungsergebnisse einer breiten wissenschaftlichen und auch allgemeinen Öffentlichkeit zur Verfügung stellt durch Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen, auf Konferenzen, Kolloquien und in Kontakten mit Vertretern der Praxis. Um die Einstellung wissenschaftlicher Mitarbeiter mit erheblicher Regimeverstrickung zu vermeiden, stellte das Institut allen Bewerbern aus der früheren DDR Fragen über ihre dortige Vergangenheit, insbesondere eine eventuelle Zusammenarbeit mit der Stasi. Unstrittig handelt es sich bei dem Institut 1 BAG, Beschluss vom 6.12.1988, 1 ABR 43/87. 2 LAG Frankfurt/M., Beschluss vom 3.9.1996, 4 TaBV 160/95, NZA 1997, 671. 3 BAG, Beschluss vom 19.5.1981, 1 ABR 109/78, DB 1981, 2384.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 84 C

um einen Tendenzarbeitgeber und bei den beschäftigten Wissenschaftlern um Tendenzträger. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hatte das BAG auch keinen Zweifel an der Tendenzbezogenheit der Fragen und sah in der mitbestimmungsrechtlichen Beteiligung des Betriebsrats auch eine ernstliche Beeinträchtigung bei der Verwirklichung der geistig-ideellen Zielsetzung des Forschungsinstituts. Die Beschäftigung von Wissenschaftlern, die in herausgehobener Position an der Erhaltung des Unrechtsregimes der DDR, insbesondere als Mitarbeiter der Staatssicherheit mitgewirkt haben, schade in ganz erheblichem Maße dem Ansehen der Arbeitgeberin. Das Institut musste damit rechnen, dass die von ihr herausgegebenen wissenschaftlichen Beiträge an Wert verlieren, weniger gelesen werden und bei Symposien und Konferenzen ihren Repräsentanten Misstrauen entgegengebracht wird. 1 Entsprechend diesen Grundsätzen hat ein Betriebsrat keinen Einfluss auf die Gestaltung von auf Redakteure bezogenen Fragebögen.

81

ee) Auswahlrichtlinien Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen 82 und Kündigungen bedürfen nach § 95 Abs. 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat sogar gegen den Willen des Arbeitgebers die Einführung derartiger Auswahlrichtlinien notfalls mit Hilfe der Einigungsstelle durchsetzen. Ebenso wie bei den Personalfragebogen und Beurteilungsgrundsätzen (§ 94 BetrVG) schließt § 118 BetrVG eine Mitbestimmung des Betriebsrats bei Auswahlrichtlinien für die Mitarbeitergruppe der Tendenzträger aus. Wenn bereits Personalfragebogen nach BAG der Mitbestimmung entzogen sind 2 so muss dies erst recht bei Auswahlrichtlinien gelten. Weitaus stärker als Personalfragebogen und die dadurch erhaltenen Auskünfte von Bewerbern für eine Redakteursstelle nehmen Auswahlrichtlinien in rechtlich verbindlicher Weise Einfluss auf die Einstellungs-, Versetzungsbzw. Kündigungsentscheidung eines Verlags.

83

Wenn dem Betriebsrat ein durchsetzbarer Mitbestimmungseinfluss auf die 84 Ausgestaltung der Auswahlrichtlinien und damit auf die inhaltlichen Kriterien der Auswahlentscheidungen des Tendenzarbeitgebers eröffnet wird, ist nicht nur ein ernstlicher Einfluss auf die Tendenzverwirklichung zu befürchten. Vielmehr partizipiert der Betriebsrat mittelbar an den personalpolitischen Entscheidungen des Arbeitgebers. Damit wäre ein unmit-

1 BAG, Beschluss vom 21.9.1993, 1 ABR 28/93, NZA 1994, 375. 2 BAG, Beschluss vom 21.9.1993, 1 ABR 28/93, NZA 1994, 375.

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C Rz. 85

Tendenzschutz

telbarer Eingriff in die Tendenzverwirklichung gegeben, die sich in erster Linie durch die Personalentscheidungen eines Verlags manifestiert. 1 ff) Aus- und Fortbildung 85 Nach § 118 BetrVG sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gem. § 98 BetrVG ausgeschlossen, sofern es sich um Aus- oder Fortbildungsmaßnahmen für Tendenzträger (Redakteure und Volontäre) handelt.2 Die Fort- und Weiterbildung von Redakteuren wirkt sich unmittelbar auf die inhaltliche, sprachliche und optische Gestaltung einer Zeitung aus, die wiederum Ausdruck der geistig-ideellen Zielsetzung eines Verlagsunternehmens ist. Hätte der Betriebsrat insoweit erzwingbare Mitbestimmungsoder Mitentscheidungsrechte im Hinblick auf Schulungspersonen und/ oder die Auswahl der teilnehmenden Tendenzträger, könnte er dadurch Bildungsmaßnahmen ganz oder jedenfalls vorübergehend blockieren. 86 Die gilt auch für Qualifizierungsmaßnahmen für leitende Redakteure, die eine Verbesserung der Management-Fähigkeiten zum Ziel haben. Leitende Redakteure einer Tageszeitung ohne derartige Kompetenzen sind kaum in der Lage, ihre Führungsaufgaben zu erfüllen, da sie zur Verwirklichung der vorgegebenen Tendenz der Zeitung wirtschaftliche Zusammenhänge erkennen müssen, Budgetverantwortung haben, die journalistische Arbeitsorganisation bestimmen und an journalistischen Strategieentscheidungen mitbeteiligt sind. 3 gg) Einstellung und Versetzung 87 Nach § 99 Abs. 1 BetrVG hat in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 Arbeitnehmern der Arbeitgeber dem Betriebsrat vor jeder Einstellung und Versetzung umfassend zu unterrichten. Gem. § 99 Abs. 2 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung zu einer beabsichtigten Einstellung oder Versetzung aus bestimmten im Gesetz näher bezeichnenden Gründen innerhalb einer Woche verweigern. Insbesondere Verstöße gegen das Gesetz, einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung stellen Zustimmungsverweigerungsgründe dar. Der Betriebsrat kann auch dann der beabsichtigten Personalmaßnahme widersprechen, wenn entgegen § 93 BetrVG eine innerbetriebliche Stellenausschreibung unterblieben ist oder die Maßnahme gegen eine Auswahlrichtlinie im Sinne von § 95 BetrVG verstoßen würde. Im Falle einer ordnungsgemäßen schriftlichen und mit Gründen versehenen Zustimmungsverweigerung innerhalb der Wochenfrist ist der 1 Vgl. Kraft, Anmerkung zu BAG, Beschluss vom 30.1.1999, AP Nr. 11 zu § 118 BetrVG 1972. 2 Richardi, BetrVG, 8. Aufl. 2002, § 98 Rz. 7; Fitting, BetrVG, 22. Aufl. 2004, § 98 Rz. 2; BAG, Beschluss vom 30.5.2006, 1 ABR 17/05, juris; ArbG Würzburg, Beschluss vom 3.2.2004, 2 BV 32/03, AfP 2004, 166. 3 ArbG Würzburg, Beschluss vom 3.2.2004, 2 BV 32/03; AfP 2004, 166.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 90 C

Arbeitgeber gehalten, sich die fehlende Zustimmung des Betriebsrats mit Hilfe des Arbeitsgerichts ersetzen zu lassen. Er kann die beabsichtigte Einstellung oder Versetzung erst nach rechtskräftiger arbeitsgerichtlicher Entscheidung durchführen. Damit wäre er je nach Dauer eines möglicherweise über drei Instanzen gehenden Rechtsstreits gehindert, den in Aussicht genommenen Arbeitnehmer im Unternehmen einzusetzen. Müsste ein Zeitungs- oder Zeitschriftenverlag auch bei Redakteuren diese Prozedur durchlaufen, ist mit Händen zu greifen, dass die Verlage für einen erheblichen Zeitraum daran gehindert wären, ihre Redaktionen entsprechend den verlegerischen Zielsetzungen personell zu besetzen. Da die Redakteure unmittelbar an der Tendenzverwirklichung beteiligt sind, hätte der Betriebsrat unmittelbaren Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung von Zeitung und Zeitschrift.

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Unter Anwendung der Eigenartsklausel gem. § 118 BetrVG sind dem Betriebsrat derart weitreichende Einflussnahmen auf die Zusammensetzung der Redaktionen und damit das inhaltliche Erscheinungsbild einer Publikation versagt. Das BAG hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass der Betriebsrat bei beabsichtigten Einstellungen und Versetzungen von Redakteuren nach § 99 BetrVG zwar zu beteiligen ist, ihm jedoch keine Zustimmungsverweigerungsrechte – gleich aus welchem Grund – zustehen.1 Die Eigenart als Tendenzunternehmen stehe der Zustimmungsbedürftigkeit einer personellen Maßnahme durch den Betriebsrat entgegen. Anderenfalls werde die Tendenzverwirklichung eines Zeitungsverlages ernsthaft beeinträchtigt und damit das Grundrecht der Pressefreiheit verletzt. Wörtlich sagt das BAG in seinem Beschluss vom 8.5.1990:2

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„Muss die Versetzung eines Redakteurs in Folge der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung unterbleiben, ist der Verleger gehindert, seine Tendenz so wie gewollt, nämlich dadurch, dass der Redakteur seine Kenntnisse, Fähigkeiten und Meinungen im Rahmen des Aufgabenbereichs der Redaktion zur Gestaltung der Zeitung einbringt, zu verwirklichen.“

Allerdings hält das BAG einen völligen Ausschluss des Beteiligungsrechts des Betriebsrats bei Einstellungen und Versetzungen für nicht geboten. Der Verleger werde in seiner Freiheit zur Tendenzbestimmung und Tendenzverwirklichung nicht ernsthaft dadurch beeinträchtigt, dass der Betriebsrat von einer geplanten Einstellung oder Versetzung ordnungsgemäß nach § 99 Abs. 1 BetrVG unterrichtet und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb der Wochenfrist gegeben wird. Eine Freiheitsbeschränkung erleidet ein Verlag noch nicht dadurch, dass er die Stellungnahme des Betriebsrats und etwaige Bedenken vor seiner endgültigen Entschei1 BAG, Urteil vom 11.4.2006, 9 AZR 557/05, juris Rz. 54 ff.; BAG, Beschluss vom 27.7.1993, 1 ABR 8/93, NZA 1994, 329; BAG, Beschluss vom 8.5.1990, 1 ABR 33/89, NZA 1990, 901. 2 BAG, 1 ABR 33/89, NZA 1990, 901.

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C Rz. 91

Tendenzschutz

dung zur Kenntnis nimmt und in seine Überlegungen möglicherweise einbezieht. 91 Deshalb besteht das BAG auf einer rechtsförmlichen Durchführung des Unterrichtungsverfahrens und die Einhaltung der Wochenfrist für die Stellungnahme des Betriebsrats. Festgehalten wird an der bisherigen Rechtsprechung, dass bei einer unterlassenen oder nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG dieser gem. § 101 BetrVG die Aufhebung der personellen Einzelmaßnahme verlangen kann. 1 92 Das BAG widerspricht ausdrücklich der Auffassung des vorinstanzlichen LAG Düsseldorf, die Anwendung des Rückgängigmachungsanspruchs aus § 101 BetrVG durch den Betriebsrat verletze § 118 BetrVG und führt aus:2 „Ebenso wie die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG die Folge eines betriebsverfassungsrechtlichen Verhaltens des Arbeitgebers ist, gilt dies auch für § 101 BetrVG. Es handelt sich hier nicht um eine Tendenzbeeinträchtigung, sondern nur um die Folge der Nichtbeachtung einer betriebsverfassungsrechtlichen Vorschrift durch den Arbeitgeber. In beiden Fällen wird der Arbeitgeber bei der Beachtung der betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften im Rahmen von § 118 Abs. 1 BetrVG nicht in seiner Tendenz beeinträchtigt, er hat dem Betriebsrat nur zu informieren und anzuhören. Entscheiden kann er sowohl bei den personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 Abs. 1 BetrVG wie bei der Kündigung nach § 102 Abs. 1 BetrVG, ohne von der Zustimmung eines Dritten, hier des Betriebsrats abhängig zu sein. Nur wenn er auch diese Informationspflichten vernachlässigt, trifft ihn die Rechtsfolge des § 101 bzw. des § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Ebenso wenig wie die Rechtsfolge der Unwirksamkeit der Kündigung bei Nichtanhörung des Betriebsrats nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig ist, verstößt die Anwendung von § 101 BetrVG gegen Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG bzw. § 118 Abs. 1 BetrVG.“

93 Man könnte dem BAG entgegenhalten, dass die Sanktion eines betriebsverfassungswidrigen Verhaltens des Tendenzunternehmens durch Rückgängigmachen seiner personellen Maßnahme dem Betriebsrat die zeitweise Behinderung der Tendenzverwirklichung ermöglicht. Entgegen BAG kann von einer Vergleichbarkeit der Kündigungsanhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG mit dem Beteiligungsverfahren gem. § 99 BetrVG nicht ausgegangen werden. Anders als bei Kündigungen spricht bei Einstellungen und Versetzungen eine tatsächliche „Vermutung“ dafür, dass diese aus tendenzbedingten Gründen erfolgen. 3 Damit führt ein Rückgängigmachungsanspruch zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung der Tendenzverwirklichung durch den Betriebsrat. Eine derartige Beeinträchtigung hätte das BAG dadurch vermeiden können, dass es den Betriebsrat auf andere Möglichkeiten verweist, den Arbeitgeber anzuhalten, seinen betriebsverfassungsrechtlichen Unterrichtungspflichten nachzukommen,

1 BAG, Beschluss vom 1.9.1987, 1 ABR 22/86, NZA 1988, 99. 2 BAG, Beschluss vom 8.5.1990, 1 ABR 33/89, NZA 1990, 901. 3 BAG, Beschluss vom 1.9.1987, 1 ABR 22/86, NZA 1988, 370.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 97 C

beispielsweise durch Unterlassungsansprüche nach § 23 Abs. 3 BetrVG wegen grober Verstöße des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen. hh) Ein- und Umgruppierung Anders als bei Einstellungen und Versetzungen wird nach der ständigen Rechtsprechung des BAG die tendenzbezogene Handlungs- und Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers durch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 99 BetrVG bei der Ein- und Umgruppierung von Redakteuren nicht beeinträchtigt. Während es bei Einstellungen und Versetzungen um Ermessensentscheidungen und rechtsgestaltende Maßnahmen geht, handelt es sich beim Eingruppierungsvorgang um einen reinen Normenvollzug. Die Beteiligung des Betriebsrats eröffnet diesem keine Einflussmöglichkeiten auf Personalentscheidungen, sondern beschränkt sich auf eine rechtliche (Mit-)Beurteilung im Sinne einer „Richtigkeitskontrolle“. 1

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ii) Kündigung Nach § 102 Abs. 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Unterlässt der Arbeitgeber die Anhörung oder führt er diese nicht ordnungsgemäß durch, ist die ausgesprochene Kündigung unwirksam.

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In seiner grundlegenden Entscheidung zur Auslegung von § 118 BetrVG hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar sei, § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dahingehend auszulegen, dass bei der Kündigung eines Tendenzträgers die Pflicht des Presseunternehmens zur vorherigen Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 Satz 1 nicht ausgeschlossen ist und auch tendenzbedingte Kündigungsgründe mitzuteilen seien, wobei der Betriebsrat seine Einwendungen jedoch auf soziale Gesichtspunkte zu beschränken hat.2 Der Arbeitgeber behält die Freiheit seiner Entscheidungsbildung. Durch die Anhörung werde er nicht gehindert, die beschlossene Maßnahme durchzusetzen.

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Das Bundesverfassungsgericht billigt die vom Bundesarbeitsgericht verfügte Einschränkung, wonach der Betriebsrat bei seiner Stellungnahme nur tendenzfreie Gesichtspunkte geltend machen könne. Eine Stellungnahme zu tendenzbezogenen Kündigungsgründen wäre mit § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht vereinbar. Sofern sich der Betriebsrat innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens bewege, sei auch eine Einflussnahme auf die Tendenz im Wege einer tendenzbezogenen Auseinandersetzung ausgeschlossen. Falls sich der Betriebsrat in rechtswidriger Weise zu den tendenz-

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1 BAG, Beschluss vom 10.3.1992, 1 ABR 57/91, AfP 1992, 198. 2 BVerfG, Beschluss vom 6.11.1979, 1 BvR 81/76, AfP 1980, 33.

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C Rz. 98

Tendenzschutz

bedingten Gründen einlasse, könne der Arbeitgeber – bei grobem Pflichtverstoß – gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorgehen. Indessen lasse ein möglicherweise rechtswidriges Verhalten des Betriebsrats keinen Rückschluss auf die Verfassungswidrigkeit der vom BAG vorgenommenen Auslegung von § 118 BetrVG zu. 98 Den Presseverlagen ist zum empfehlen, die Kündigungsanhörung des Betriebsrats – auch bei Tendenzträgern – ordnungsgemäß und insbesondere vollständig unter Einschluss von tendenzbedingten Gründen vorzunehmen. Anderenfalls besteht das Risiko, dass die Wirksamkeit der Kündigung durch eine verkürzte Unterrichtung des Betriebsrats in Frage gestellt wird und in einem Kündigungsschutzprozess der betroffene Redakteur allein aus diesem Grund die ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigung mit Erfolg bekämpfen kann. Denn der Tendenzschutz des § 118 Abs. 1 BetrVG beschränkt nicht die bei der Einleitung des Anhörungsverfahrens den Arbeitgeber treffende Unterrichtungs- und Begründungspflicht, sondern nur die Einwendungs- und Widerspruchsrechte des Betriebsrats. 1 jj) Weiterbeschäftigungsanspruch 99 Höchstrichterlich noch nicht geklärt ist die Frage, ob im Falle eines Widerspruchs des Betriebsrats gem. § 102 Satz 3 BetrVG gegen die beabsichtigte Kündigung eines Redakteurs der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch des gekündigten Redakteurs gem. § 102 Abs. 5 BetrVG ausgelöst wird. Einigkeit besteht, dass dies jedenfalls dann nicht der Fall ist, wenn der Verlag die Kündigung aus Tendenzgründen ausgesprochen hat.2 Dabei sind tendenzbedingte Gründe weit zu verstehen. Immer dann, wenn das Presseunternehmen aus fachlichen, charakterlichen oder intellektuellen Gründen oder wegen abweichender geistiger und publizistischer Einstellungen des Redakteurs gegenüber den grundsätzlichen Vorstellungen des Verlags eine Kündigung betreibt, handelt es sich um tendenzbedingte Gründe. Dies bezieht sich auch auf leistungsbezogene Mängel. Ist aus derartigen Gründen eine Kündigung erklärt worden, besteht kein Widerspruchsrecht des Betriebsrats und demzufolge auch kein vorläufiger Weiterbeschäftigungsanspruch des gekündigten Redakteurs. 100

Auch wenn der Betriebsrat in Befolgung der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze seinen Widerspruch auf eine tendenzneutrale Begründung stützt, wird ein Weiterbeschäftigungsanspruch nicht ausgelöst. Der Betriebsrat kann einen ordnungsgemäßen Widerspruch ohnehin nur auf die in § 102 Abs. 3 Ziff. 1 bis 5 vom Gesetz abschließend aufgezählten Gründe stützen, die vordergründig gesehen 1 BAG, Urteil vom 9.5.1985, 2 AZR 355/84; BAG vom 7.11.1975, 1 AZR 282/74, AP Nr. 4 zu § 118 BetrVG 1972. 2 Oldenburg, NZA 1989, 412 (416).

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 104 C

tendenzfrei sind. Entscheidend ist indessen nicht die inhaltliche Begründung eines Widerspruchs durch den Betriebsrat, sondern seine Rechtswirkung der automatischen Auslösung eines vorläufigen Weiterbeschäftigungsanspruchs für den betroffenen Redakteur. Der Verlag wäre allein aufgrund des Widerspruchs durch den Betriebsrat genötigt, den Redakteur weiter mit publizistischen Tätigkeiten zu befassen, von dem er sich trennen will. Bei Einstellungen und Versetzungen hat das BAG zutreffend entschieden, dass eine „Vermutung“ dafür spreche, dass ein Redakteur aus tendenzbedingten Gründen, das heißt im Hinblick auf die sprachliche, inhaltliche Gestaltung der Zeitung eingestellt wird. Die Pressefreiheit manifestiere sich insbesondere bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung derjenigen Mitarbeiter, die bei der Gestaltung der Publikation mitwirken.1 Wörtlich führt das BAG in seinem Beschluss aus:

101

„Diese (Pressefreiheit) gewährt daher dem Verleger einer Tageszeitung nicht nur das Recht, Richtung und Ausgestaltung einer Zeitung zu bestimmen, die auch von der Art und Weise geprägt wird, in welchem sprachlichen Gewand Berichte und Meinungen gebracht werden, sondern auch das Recht, darüber zu bestimmen, durch welche an der Gestaltung der Zeitung beteiligte Mitarbeiter der jeweilige Inhalt der Zeitung und in welcher Form gestaltet werden soll. Die Gestaltung der einzelnen Beiträge durch die jeweiligen Redakteure lässt sich nicht allein durch Anweisungen und Vorschriften herbeiführen und sicherstellen. Sie ist jeweils abhängig von den Kenntnissen und Erfahrungen des einzelnen Redakteurs, von seinem Engagement bei einzelnen Themen und der Fähigkeit, auch in der sprachlichen Form der Eigenart der Zeitung zu entsprechen. Von daher wird die Tendenz einer Zeitung weitgehend schon dadurch bestimmt, welche Redakteure welche Themen bearbeiten.“

Auf einen kurzen Nenner gebracht sagt das BAG, dass die Persönlichkeit eines jeden Redakteurs unmittelbare Auswirkungen auf den Inhalt der Zeitung oder Zeitschrift und damit Tendenzcharakter hat.

102

Wenn das BAG deswegen einem Verlag nicht zumutet, die vom Betriebsrat erklärte Zustimmungsverweigerung zu einer Einstellung bzw. Versetzung durch ein arbeitsgerichtliches Verfahren ersetzen zu lassen, dann kann ein Verlag auch nicht gezwungen sein, einem durch den Betriebsrat ausgelösten Weiterbeschäftigungsanspruchs des Redakteurs bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Kündigungsschutzprozesses zu entsprechen. Für die Dauer eines solchen Verfahrens müsste anderenfalls der Verlag hinnehmen, dass entgegen seiner Entlassungsabsicht der Redakteur nach wie vor bei der inhaltlichen Gestaltung des Presseobjekts und damit an der Tendenzverwirklichung mitwirkt.

103

Ebenso wenig wie es bei Einstellungen und Versetzungen auf die Art und Berechtigung der vom Betriebsrat geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe ankommt, kann danach gefragt werden, welche

104

1 BAG, Beschluss vom 1.9.1987, 1 ABR 23/86, NZA 1988, 97.

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C Rz. 105

Tendenzschutz

Gründe für einen Widerspruch angeführt werden. Anderenfalls eröffnete man dem Betriebsrat die Möglichkeit, durch den Rechtsakt der Zustimmungsverweigerung bzw. des Widerspruchs inhaltlichen Einfluss auf das Erscheinungsbild der Zeitung oder Zeitschrift zu nehmen. Das dem Arbeitnehmer durch den Betriebsratswiderspruch eingeräumte Gestaltungsrecht, die Rechtsfolgen einer Kündigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens hinaus zu schieben, eröffnete mittelbar eine fremdbestimmte Einwirken des Betriebsrats auf die Tendenzverwirklichung.1 kk) Außerordentliche Kündigung Betriebsratsmitglied/Tendenzträger 105

Die ordentliche Kündigung von Betriebsratsmitgliedern ist gem. § 15 Abs. 1 KSchG grundsätzlich unzulässig. Ein Betriebsratsmitglied kann nur unter den Voraussetzungen von § 626 BGB fristlos aus wichtigem Grund gekündigt werden. Dazu benötigt der Arbeitgeber nach § 103 BetrVG die vorherige Zustimmung des Betriebsrats bzw. im Falle der Zustimmungsverweigerung eine Ersetzungsentscheidung des Arbeitsgerichts.

106

Dieses Zustimmungserfordernis entfällt nach einer Entscheidung des BAG, wenn es sich um ein als Tendenzträger beschäftigtes Betriebsratsmitglied handelt, dem aus tendenzbezogenen Gründen gekündigt werden soll. Hier ist der Betriebsrat nur nach § 102 BetrVG anzuhören. 2 In einem pressespezifischen Fall verneinte das LAG Berlin wegen § 118 BetrVG ebenfalls das Zustimmungserfordernis, wenn ein Zeitungsverlag aus Tendenzgründen einem Redakteur und BR-Mitglied kündigt. 3

107

Das BAG betont in seiner Entscheidung allerdings, dass § 118 Abs. 1 BetrVG das Zustimmungserfordernis des Betriebsrats nur insoweit ausschließe, als tendenzbezogene Gründe für die Kündigungsabsicht maßgebend seien. Weder stellt die Kündigung als solche bereits eine Tendenzmaßnahme dar noch spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Kündigung eines Tendenzträgers stets aus tendenzbezogenen Gründen erfolge. Bei einem „tendenzneutralen Leistungsmangel“ sei die Zustimmung des Betriebsrats weiterhin erforderlich.4 Bei „Mischtatbeständen“, also bei einem Kündigungsgrund, der sowohl tendenz- als auch nichttendenzbezogene Aspekte aufweise, wird man nach BAG hingegen vom Zustimmungserfordernis des Betriebsrats absehen müssen, ansonsten könnte die Tendenzverwirklichung erheblich beeinträchtigt werden. Des1 Richardi, BetrVG, 8. Aufl. 2002, § 118 Rz. 166; Fitting, BetrVG, 22. Aufl. 2004, § 118 Rz. 38; LAG Hamburg, Urteil vom 17.7.1974, 4 Sa 45/74; LAG München, Urteil vom 5.11.1980, 7 Sa 315/80. 2 BAG, Beschluss vom 28.8.2003, 2 ABR 48/02, NZA 2004, 501. 3 LAG Berlin, Urteil vom 20.7.1998, 18 Sa 28/98, juris. 4 BAG, Urteil vom 3.11.1982, 7 AZR 5/81, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 12.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 109 C

wegen sollte der Verlag der Formulierung der von ihm herangezogenen Kündigungsgründe erhöhte Aufmerksamkeit schenken und so genannte tendenzneutrale Aspekte vernachlässigen. ll) Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer Es wird selten vorkommen, dass ein Betriebsrat vom Arbeitgeber die Ver- 108 setzung oder gar Entlassung eines Arbeitnehmers verlangt. Diese Möglichkeit sieht § 104 BetrVG indessen vor. Wenn ein Arbeitnehmer durch gesetzwidriges Verhalten oder grobe Verstöße gegenüber den Gleichbehandlungspflichten gem. § 75 BetrVG „den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört“ hat, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen, kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber – notfalls mit Hilfe des Arbeitsgerichts – die Entlassung eines Arbeitnehmers betreiben. Überwiegend wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass von diesem Entfernungsanspruch Tendenzträger nicht ausgenommen sind. Die Verfolgung geistig-ideeller Ziele könne ein gesetzwidriges Verhalten nicht rechtfertigen. 1 In Anbetracht der den Verlagen vom BAG bestätigten Einstellungs- und Entlassungshoheit und der Unbeachtlichkeit von Zustimmungsverweigerung bzw. Widerspruch des Betriebsrats kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden. mm) Gehaltslisten § 80 BetrVG über die allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats gibt diesem umfassende Informationsansprüche. Nach § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ist der Betriebsausschuss berechtigt, in die Listen über die Brutto-Gehälter Einblick zu nehmen. Nach der Rechtsprechung des BAG erleidet dieses Einsichtsrecht keine Einschränkungen durch § 118 BetrVG. Dadurch, dass der Tendenzarbeitgeber dem Betriebsrat Einblick in die Gehaltslisten der Redakteure gewähren muss, wird diesem kein verfassungsrechtlich unzulässiger Einfluss auf die geistig-ideelle Zielsetzung eines Verlags eröffnet. 2 Die Entscheidungsfreiheit des Verlags bleibe uneingeschränkt erhalten, auch wenn der Betriebsrat mit den Mitteln der Argumentation den Versuch unternehme, Entscheidungen des Arbeitgebers zu beeinflussen. Es liege am Arbeitgeber, der Diskussion tendenzbedingter Gründe mit dem Hinweis entgegenzutreten, dass er diese allein zu bestimmen und zu vertreten habe. Deswegen bestehe auch nicht die Gefahr einer tendenzbezogenen Auseinandersetzung.

1 Richardi, BetrVG, 8. Aufl. 2002, § 118 Rz. 167; Fitting, BetrVG, 22. Aufl. 2004, § 118 Rz. 41; anderer Ansicht Oldenburg, NZA 1989, 412. 2 BAG, Beschluss vom 30.6.1981, 1 ABR 26/79, AfP 1981, 481; BAG, Beschluss vom 25.8.1981, 1 ABR 24/80; BAG, Beschluss vom 25.8.1981, 1 ABR 10/80.

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C Rz. 110

Tendenzschutz

nn) Ethikregeln 110

Zur Wahrung der publizistischen Unabhängigkeit der Redaktion verlangte der Verlag einer Wirtschaftszeitung von seinen Redakteuren Informationen über deren Aktienbesitz. Außerdem führte der Verlag Regelungen über den Umgang seiner Redakteure mit ihren Wertpapieren im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Branchen oder einzelne Unternehmen ein.

111

Unter dem Gesichtspunkt eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG in Fragen der betrieblichen Ordnung ließ das BAG die Frage offen, ob die Maßnahmen der Zeitung das mitbestimmungsfreie so genannte Arbeitsverhalten oder das mitbestimmungspflichtige Verhalten im Rahmen der betrieblichen Ordnung betrafen. Auf jeden Fall sei ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ausgeschlossen.

112

Die geplanten Ethikregeln hatten zum Ziel, die vom Verleger vorgegebene Tendenz des Blattes als einer freien und unabhängigen Wirtschaftszeitung zu schützen. Die Vereinbarung von Ethikregeln mit den Redakteuren soll eine objektive und von persönlichen Interessen unabhängige Berichterstattung der Redakteure gewährleisten. Damit sei der Inhalt und die Qualität des Presseerzeugnisses sowie das vom Verlag angestrebte „Renomée“ der Wirtschaftszeitung betroffen. Eine mitbestimmungsrechtliche Mitwirkung des Betriebsrats bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Ethikregeln könnte sich negativ auf deren Inhalt auswirken und damit die Tendenzverwirklichung gefährden. 1

113

In Anbetracht dieser zutreffenden Argumentation des BAG verwundert es, dass dagegen die Verwendung eines Formblatts zur Abfrage eines Wertpapierbesitzes der Redakteure gem. § 87 Abs. 1, Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig sein soll, weil § 118 Abs. 1 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht nicht ausschließe. Unverständlich ist die Aussage des BAG, es bedürfe deshalb keiner Entscheidung, ob es sich bei dem Formblatt um einen nach § 94 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtigen Personalfragebogen handelt. Wenn dies bedeutet, dass bei angenommener Personalfragebogen-Qualität des Formblatts ebenfalls ein Mitbestimmungsrecht gegeben sei, so setzt sich das BAG damit in Widerspruch zu seiner Entscheidung vom 21.9.1993. 2 Dort begrenzte das BAG unter Anwendung der Eigenartsklausel von § 118 BetrVG die an sich nach § 94 Abs. 1 BetrVG gegebene Mitbestimmungspflichtigkeit bei der Verwendung von Personalfragebogen insoweit, als es um tendenzrelevante Informationen von Tendenzträgern ging. Mit dieser Entscheidung setzt sich das BAG in seinem die Ethikregeln betreffenden Beschluss vom 28.5.2002 nicht aus1 BAG, Beschluss vom 28.5.2002, 1 ABR 32/01, NZA 2003, 166. 2 BAG, Beschluss vom 21.9.1993, 1 ABR 28/93, NZA 1994, 375.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 115 C

einander. Da sowohl die Ethikregeln als auch die standardisierten Fragen nach einem Aktienbesitz der Redakteure der Erhaltung der Unabhängigkeit der Wirtschaftszeitung dienen sollten, hätte das BAG konsequenterweise § 118 BetrVG anwenden müssen. oo) Arbeitszeitregelungen Von größter Praxisrelevanz ist die Frage, ob und wieweit die umfassenden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in Arbeitszeitangelegenheiten durch § 118 BetrVG zurück gedrängt werden. Nach § 87 Abs. 1 Ziff. 2 und 3 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage sowie bei der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit (Überstunden). Dabei ist offenkundig, dass die Lage der täglichen Arbeitszeit, ihre Verteilung auf die Wochentage sowie die situative Anordnung von Mehrarbeit die Tendenzziele der Verlage und der von ihnen herausgegebenen Presseobjekte erheblich berühren können.

114

Redaktionsbeginn und -schluss, Abgabetermine etc. haben entscheidenden Einfluss auf die Aktualität insbesondere der Tageszeitungen. Der Ersterscheinungstag periodisch erscheinender Wochen- oder Monatszeitschriften ist von ausschlaggebender Bedeutung für die Verkäuflichkeit der Objekte. Die mit diesen Entscheidungen verfolgten Ziele der Verlage ließen sich nicht realisieren bzw. würde geschwächt, wenn die Verlage durch die Mitbestimmung des Betriebsrats behindert oder beeinträchtigt wären, den Personaleinsatz zeitlich mit den verlegerischen Terminvorgaben zu synchronisieren. Hierbei stehen im Blickpunkt des Interesses in erster Linie die Redakteure, die als Tendenzträger unmittelbar Einfluss auf die konkrete Gestaltung und den Inhalt einer Publikation haben. Nicht zu vernachlässigen ist aber auch, dass darüber hinaus kaufmännisches und technisches Personal und damit auch Nichttendenzträger erforderlich sind, um in Zusammenarbeit mit den Redakteuren beispielsweise die erstrebte Aktualität der Berichterstattung entsprechend den Verlagsvorgaben zu gewährleisten. Die hier aufgeworfenen Probleme waren Gegenstand einer Reihe von ge- 115 richtlichen Auseinandersetzungen. Das Bundesarbeitsgericht und das Bundesverfassungsgericht mussten in diesem Konfliktfeld mehrfach Stellung nehmen. Da sich nach der Eigenartsklausel von § 118 BetrVG ein „alles oder nichts“ verbietet, blieb es der Rechtsprechung vorbehalten, fallbezogene Maßstäbe zu entwickeln, um der Pressefreiheit unter Berücksichtigung der Arbeitszeitmitbestimmung Geltung zu verschaffen. Dabei sind die von der Rechtsprechung erarbeitenden verallgemeinerungsfähigen Aussagen für die Praxis wenig hilfreich, wenn man die zugrundeliegenden Sachverhalte unberücksichtigt lässt. Im Wesentlichen

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C Rz. 116

Tendenzschutz

lässt sich die Kasuistik der Rechtsprechung an folgenden Fallkonstellationen nachzeichnen: (1) Sonntagsarbeit 116

Der Zeitschriftenverlag wollte seine unterhaltende Wochenzeitschrift um einige aktuelle Farbseiten anreichern. Da im Hinblick auf den wöchentlichen Ersterscheinungstag die technische Produktion Montagabend abgeschlossen sein musste, sollte für einige Redakteure, Layouter, Sekretärinnen und Mitarbeiterinnen des Fotostatlabors Sonntagsarbeit eingeführt werden. Während der Verlag das Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Nichttendenzträger respektierte, bestritt er das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, soweit es um die Redakteure ging.

117

Da von der angeordneten Sonntagsarbeit neben den Redakteuren auch technisches Personal betroffen war, erschien es dem BAG „nicht von vornherein ausgeschlossen, dass bei der Einführung der Sonntagsarbeit für Redakteure nicht Fragen der Aktualität der Berichterstattung, sondern des wertneutralen technisch-organisatorischen Produktionsablaufs bestimmend waren“.1 Einer Abwägung von Pressefreiheit und Arbeitszeitmitbestimmung wich das BAG mit dem Hinweis aus, der Verlag habe es an einer schlüssigen Darlegung fehlen lassen, bei der angestrebten Farbbeilage habe es sich um eine tendenzbedingte Maßnahme, etwa bezogen auf die Aktualität der Berichterstattung gehandelt. Immerhin traf das BAG die allgemeine Aussage, dass es maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles ankomme und: „Geht es bei der Arbeitszeitregelung nur darum, den Einsatz der Redakteure dem technisch-organisatorischen Ablauf des Herstellungsprozesses der Zeitschrift anzupassen, ohne dass dabei besondere tendenzbedingte Gründe wie etwa die Frage der Aktualität der Berichterstattung eine Rolle spielen, so erfordert es die Eigenart eines Presseunternehmens nicht, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats insoweit zurücktreten zu lassen.“

118

Im zur Entscheidung stehenden Fall unterlag das BAG dem – vermeidbaren – Irrtum, die Wahl des Ersterscheinungstags dem Bereich technisch-organisatorischer Entscheidung zuzuordnen. Bei der Festlegung des wöchentlichen Ersterscheinungstags einer Zeitschrift handelt es sich um eine verlegerische Entscheidung im Kernbereich der Pressefreiheit. Die damit verfolgten Tendenzabsichten werden entscheidend geschwächt, wenn es dem Betriebsrat mit Hilfe seines Mitbestimmungsrechts gelingt, die Anpassungsnotwendigkeit bei der Arbeitszeit der Redakteure zu unterlaufen. Auch war offensichtlich, dass die zusätzlichen Farbseiten so aktuell wie möglich gestaltet sein sollten. Bei nahezu allen Print- bzw. elektronischen Medien stellt die höchstmögliche Aktualität einen ausschlaggebenden Wettbewerbsparameter dar. 1 BAG, Beschluss vom 22.5.1979, 1 ABR 100/77, AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 13.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 122 C

Letztlich beruht die BAG-Entscheidung auf einer Verkennung des Wett- 119 bewerbsfaktors Aktualität im Konkurrenzkampf der Medien. Die Formel von einer möglichen Unterscheidbarkeit redakteursbezogener Arbeitszeitanordnungen aufgrund technisch-organisatorischer Ablauffragen von tendenzrelevanten Arbeitszeitregelungen bezogen auf die Aktualität der Berichterstattung, ist in der Folgezeit zwar immer wieder verbal bemüht worden, ohne indessen zur Lösung von Streitfragen beigetragen zu haben. (2) Wochentage Verlag und Betriebsrat stritten über die Frage, ob die Verteilung des von 120 § 9 des MTV/Zeitschriftenredakteure an Zeitschriften vorgegebene wöchentlichen Arbeitszeitvolumens auf die einzelnen Wochentage dem Mitbestimmungsrecht unterliegt. Der Betriebsrat wollte eine Arbeitszeitverteilung dergestalt durchsetzen, dass die Redakteure an vier Tagen jeweils 8 Stunden und an einem weiteren Arbeitstag lediglich 6,5 Stunden zu arbeiten hatten. Ein Mitbestimmungsrecht für die Festlegung des täglichen Arbeitsbeginns und -endes nahm der Betriebsrat nicht in Anspruch. Zunächst ließ das BAG den Einwand des Verlags nicht gelten, wegen der tarifvertraglichen Regelung sei gem. § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG für eine betriebliche Mitbestimmung kein Raum mehr. Da § 9 des MTV/ Zeitschriftenredakteure keine stundenmäßige Verteilung des wöchentlichen Arbeitszeitvolumens auf die einzelnen Arbeitstage und damit keine abschließende Regelung enthalte, bleibe insoweit noch ein Regelungsspielraum für ergänzende betriebliche Festlegungen. Der gesetzliche Tarifvorbehalt stehe der Ausübung eines Mitbestimmungsrechts nicht entgegen.1

121

Eine pressespezifische Beeinträchtigung durch das Betriebsratsverlangen 122 vermochte das BAG nicht zu erkennen. Es hielt die Regelung der täglichen Dauer der Arbeitszeit für die Redakteure unter Verzicht auf eine mitbestimmungsrechtliche Festlegung von Beginn und Ende für einen rein betriebsorganisatorischen Vorgang ohne Tendenzberührung. Allerdings räumt das BAG ein, dass eine bestimmte Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit die Aktualität der Berichterstattung gefährden könne:2 „Eine solche Beeinträchtigung der geistig-ideellen Zielsetzung scheidet aber vorliegend aus. Der Betriebsrat hat nämlich weder ein Mitbestimmungsrecht für die Festlegung des Arbeitsbeginns oder des Arbeitsendes noch für die Verteilung der wöchentlichen Arbeitsstunden auf bestimmte Tage verlangt. Vielmehr hat er sich damit begnügt, ein sehr eingeschränktes Mitbestimmungsrecht für die abstrakt generelle Verteilung der Arbeitszeit auf 8 Stunden an 4 Tagen und 6 ½ Stunden an ei1 BAG, Beschluss vom 30.1.1990, 1 ABR 101/88, NZA 1990, 693. 2 BAG, Beschluss vom 30.1.1990, 1 ABR 101/88, NZA 1990, 693.

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C Rz. 123

Tendenzschutz

nem Tag in Anspruch zu nehmen. Der Betriebsrat überlässt es also dem Arbeitgeber, einseitig zu bestimmen, an welchem Tag der einzelne Arbeitnehmer 8 und an welchem er 6 ½ Stunden zu arbeiten hat. Auf diese Weise ermöglicht er dem Arbeitgeber, allein den Redaktionsschluss zu bestimmen, und alle anderen Maßnahmen, die zur Tendenzverwirklichung erforderlich sind. Dazu gehört beispielsweise, dass der Arbeitgeber einseitig ohne Mitbestimmung des Betriebsrats entscheiden kann, dass der Beitrag eines Redakteurs noch fertig zu stellen ist und dass Recherchen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeholt werden.“

123

Durch die abstrakt-generelle Verteilung der Arbeitszeit auf 5 Wochentage werde die geistig-ideelle Zielsetzung des Arbeitgebers nicht tangiert.

124

Das Bundesverfassungsgericht hat die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde durch Nichtannahmebeschluss zurückgewiesen. 1 Auf den grundsätzlichen Streit, ob in Presseunternehmen generell eine Differenzierung zwischen rein arbeitsorganisatorischen und tendenzbezogenen Arbeitszeitmaßnahmen möglich sei, komme es verfassungsrechtlich nicht an: „Insoweit ist allein maßgebend, ob die im Einzelfall konkret in Rede stehende Arbeitszeitentscheidung die Tendenzverwirklichung des Arbeitgebers betrifft. Dies ist der Fall, wenn die Zeitentscheidung auf die Erscheinungsweise, die Aktualität oder inhaltliche Ausgestaltung der Zeitung oder Zeitschrift ausgerichtet ist. Hierzu gehören etwa die Festlegung und Verlegung von Erscheinungsterminen, die Bestimmung des Redaktionsschlusses, die Entscheidung über die regelmäßige Wochenendarbeit und deren Umfang in einer Zeitungsredaktion sowie die Einführung und der zeitliche Umfang von Redaktionskonferenzen.“

125

Das Bundesverfassungsgericht billigte die Auslegung des BAG, wonach § 118 BetrVG in verfassungskonformer Weise das Mitbestimmungsrecht nur insoweit zurückdränge, als die Tendenzverwirklichung beeinträchtigt werden kann und betont: „Vielmehr hat es ausdrücklich alle Maßnahmen für mitbestimmungsfrei gehalten, die zur Tendenzverwirklichung erforderlich sind. Dazu gehören namentlich auf ein bestimmtes Thema oder bestimmte Redakteure aus Gründen der Aktualität oder Qualität der Berichterstattung bezogene Arbeitszeitentscheidungen. Damit bleibt dem Arbeitgeber die Befugnis zu konkreten Einzelanweisungen, um die von der Tendenzautonomie erfasste inhaltliche und formale Gestaltung einzelner Themen zu gewährleisten. Gerade die Freiheit der Entscheidung über den jeweiligen Einsatz eines Redakteurs und die Zuweisung konkreter Aufgaben an ihn gehören nach der Rechtsprechung des BAG zur Verwirklichung und Verfolgung der Tendenz.“

126

Ebenfalls pflichtet das Bundesverfassungsgericht dem BAG bei, dass der Verlag nicht gehindert sei, aus Gründen der Aktualität und Qualität der Berichterstattung vorübergehend auch generell die betriebsübliche Arbeitszeit der Redakteure zu verändern. Soweit etwa die umfassende und aktuelle Berichterstattung über ein Großereignis gewährleistet sein soll, bleiben entsprechende abweichende Zeitvorgaben des Verlags mitbestimmungsfrei. 1 BVerfG, Beschluss vom 15.12.1999, 1 BvR 694/90, AfP 2000, 82.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 130 C

Mit seiner Begründung des Nichtannahmebeschlusses hat das Bundesverfassungsgericht den grundsätzlichen Unterscheidungsversuch zwischen rein arbeitsorganisatorischen Anordnungen einerseits und tendenzbezogenen Arbeitszeitmaßnahmen andererseits für verfassungsrechtlich nicht brauchbar erkannt. Nach der Eigenartsklausel von § 118 BetrVG komme es immer auf eine einzelfallbezogene Prüfung der konkret in Rede stehenden Arbeitszeitentscheidung an.

127

(3) Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit In einer den Rundfunk betreffenden Entscheidung distanziert sich das BAG von der These, dass die Festlegung des täglichen Beginns und Endes der Arbeitszeit von Redakteuren immer aktualitäts- und damit tendenzrelevant sei. Auch bei Beginn und Ende der Arbeitszeit von Redakteuren gehe es „zunächst und weitgehend um wertneutrale Entscheidungen in Bezug auf die Organisation des Arbeitsablaufes im Betrieb“. Deshalb komme auch bei diesem Thema eine Einschränkung des Mitbestimmungsrecht nur ausnahmsweise in Betracht. 1

128

In dem zur Entscheidung stehenden Fall nahm ein privater regionaler 129 Rundfunksender für sich in Anspruch, das Ende der Frühschicht ohne Betriebsratsmitbestimmung festlegen zu können. Hinsichtlich der Tendenzbezogenheit verwies der Sender auf die Notwendigkeit einer sorgfältigen wahrheitsgemäßen und ausgewogenen Berichterstattung, die einen flexiblen Einsatz der Redakteure erforderlich machten. Insbesondere müsste sicher gestellt werden, dass für eine ausreichende und umfassende Übergabe der Frühschicht zur Tagschicht genügend Zeit verbliebe. Deshalb sei es aus Gründen einer ordnungsgemäßen Berichterstattung erforderlich, dass der jeweilige Studioleiter frei sei, darüber zu bestimmen, wann die Arbeitszeit der Frühschicht endet. Diese recht allgemeinen Erwägungen betreffend die ordentliche Übergabe von der Frühschicht in die Tagschicht, um die Aktualität der Abendsendung zu gewährleisten, vermochten das BAG nicht davon zu überzeugen, dass es sich bei der Festlegung des Frühschicht-Endes um eine tendenzrelevante Entscheidung handelte. Dies umso weniger, als feststand, dass eine Überlappung zwischen den beiden Schichten von 1 ½ bzw. 2 Stunden auch nach Erklärung des Senders nicht für erforderlich gehalten werden musste. Die Schwäche des Falles veranlasste das BAG zu der Aussage: 2 „Auch mitbestimmte Regelungen über Beginn und Ende der Arbeitszeit von Redakteuren haben zunächst einen Bezug auf diese Organisation des Arbeitsablaufes. Wenn insoweit der Arbeitgeber in seiner Entscheidung nicht mehr frei ist und die vom Betriebsrat vertretenen Interessen der Redakteure an der zeitlichen Lage ihrer Arbeitszeit mit berücksichtigen muss, wird dadurch allein eine Aktualität der Be1 BAG, Beschluss vom 11.2.1992, 1 ABR 49/91, NZA 1992, 705. 2 BAG, Beschluss vom 11.2.1992, 1 ABR 49/91, NZA 1992, 705.

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C Rz. 131

Tendenzschutz

richterstattung und damit die Tendenzverwirklichung noch nicht ernsthaft beeinträchtigt oder behindert. Jeder Arbeitgeber ist bei termingebundenen Entscheidungen genötigt, die mitbestimmte Lage der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer in seine Überlegungen mit einzubeziehen.“

131

Die Entscheidung des BAG hatte Bestand vor dem Bundesverfassungsgericht, das die Verfassungsbeschwerde des Rundfunksenders durch Nichtannahmebeschluss zurückwies. 1 Ebenso wenig wie das BAG konnte das Bundesverfassungsgericht im konkreten Fall nachvollziehen, dass eine mitbestimmte Festlegung des Ende der Frühschicht die Aktualität oder Qualität der Rundfunkberichterstattung tangierte bzw. beeinträchtigte.

132

Die Entscheidungen von BAG und Bundesverfassungsgericht in dem Rundfunk-Fall relativieren die Aussagen des Zeitschriften-Falls, wonach zwar die Festlegung der Dauer, nicht jedoch von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit mitbestimmungspflichtig sei. 2 Da die genannten Entscheidungen schwerpunktmäßig die Tendenzrelevanz einer Arbeitzeitverteilung auf die Wochentage mit der Begründung verneinten, der Betriebsrat habe für sich nicht in Anspruch genommen, die Verlagsentscheidung über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Redakteure zu beeinflussen, konnte das Missverständnis entstehen, Beginn und Ende seien immer aktualitätsbezogen und damit grundsätzlich der Mitbestimmung des Betriebsrats entzogen.

133

Weder das eine noch das andere lässt sich nach BAG und Bundesverfassungsgericht grundsätzlich sagen. Es kommt immer auf die Einzelumstände an, nach denen zu prüfen sei, ob es sich bei der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit bei Redakteuren um tendenzneutrale Vorgänge handelt oder wegen der Auswirkungen auf Aktualität und Qualität der Berichterstattung um Fragen der Tendenzverwirklichung. (4) Einführung eines Nachthandels

134

Der Zeitungsverlag ordnete anlässlich der Einführung eines Nachthandels und der damit verbundenen Vorverlegung der Sollandruckzeit für einen Teil der Auflage die entsprechende Vorverlegung des Spätdienstes um 1,5 Stunden für die davon betroffenen Produktionsassistentinnen, Botinnen, Korrektorinnen und Sekretärinnen an. Bemerkenswert an diesem Fall ist, dass von der Arbeitszeitmaßnahme ausschließlich Nicht-Tendenzträger, mithin keine Redakteure betroffen waren.

1 BVerfG, Beschluss vom 15.12.1999, 1 BvR 729/92, NZA 2000, 217. 2 BAG, Beschluss vom 30.1.1990, 1 ABR 101/88, NZA 1990, 693; BVerfG, Beschluss vom 15.12.1999, 1 BvR 694/90, AfP 2000, 82.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 137 C

Das Bundesverfassungsgericht bestätigte die vorinstanzliche LAG-Entscheidung (die Nichtzulassungsbeschwerde war zuvor vom BAG zurückgewiesen worden), wonach es sich um eine tendenzneutrale Anpassung der Arbeitszeit an die aus technisch-organisatorischen Gründen veränderten Sollandruckzeiten handelt. Folgerichtig brauchte das Bundesverfassungsgericht der Frage keine Aufmerksamkeit zu schenken, ob bei einer Arbeitszeitgestaltung aus Gründen der Aktualität der Berichterstattung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auch für Nichttendenzträger ausgeschlossen werden konnte.

135

Den Einwand des Verlages, ein Mitbestimmungsverfahren, gegebenen- 136 falls unter Einschaltung einer Einigungsstelle führe wegen des damit verbundenen zeitlichen Aufwands zu einer Verzögerung, wodurch die mit der Einführung des Nachthandels verbundene Aktualität der Berichterstattung beeinträchtigt werde, ließ das Bundesverfassungsgericht nicht gelten. 1 Es sei nicht ersichtlich, dass der Verlag sich kurzfristig für die Einführung eines Nachthandels entschieden und die Beteiligung des Betriebsrats deshalb einer fristgerechten Umsetzung entgegen gestanden habe: „Soweit zukünftig kurzfristige Änderungen des Arbeitszeitbeginns zum Zweck der betriebsorganisatorischen Umsetzung von Tendenzentscheidungen notwendig werden könnten, kann hierfür … auch unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts Vorsorge etwa im Rahmen einer Betriebsvereinbarung getroffen werden. Damit kann hinreichend sichergestellt werden, dass die Verwirklichung von Tendenzentscheidungen auch in Eilfällen ohne Verzögerung erfolgen kann.“

Nach dem Nachthandel-Fall, von dem ausschließlich kaufmännisches 137 und technisches Personal des Verlags betroffen war, lässt sich nicht mehr ausschließen, dass die Gerichte unter bestimmten Umständen von dem bisherigen Dogma abweichen, wonach die Eigenartsklausel von § 118 BetrVG nur dann zur Anwendung kommen könne, soweit es sich um Tendenzentscheidungen bezogen auf die Redakteure als Tendenzträger handelt. Anders als bei der Mitbestimmung des Betriebsrats in personellen Fragen, wo es nahe liegt, dass diese nur bei Tendenzträgern zu einer ernstlichen Beeinträchtigung führen, kann die Mitbestimmung des Betriebsrats bezogen auf Arbeitszeitmaßnahmen bei Nicht-Tendenzträgern die Pressefreiheit betreffen. Namentlich die vom Verlag angestrebte höchstmögliche Aktualität kann nicht allein durch die Redakteure gewährleistet werden. Hierzu bedürfen einerseits die Redakteure der Unterstützung durch kaufmännisches Personal und andererseits der Verlag des Einsatzes der Mitarbeiter im nachgelagerten Herstellungs- und Vertriebsprozess.

1 BVerfG, Beschluss vom 15.12.1999, 1 BvR 505/95; NZA 2000, 264.

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C Rz. 138

Tendenzschutz

(5) Einigungsstellenspruch Gleitzeitregelung 138

Für die Praxis ergiebig ist die Entscheidung des BAG über eine durch Spruch der Einigungsstelle zustande gekommene Mitbestimmungsregelung über die Arbeitszeit der Redakteure an einer Tageszeitung. Diese Betriebsvereinbarung ist einerseits gekennzeichnet durch eine hohe Regelungsdichte mit Rahmen-, Kern- und Eckzeiten hinsichtlich der einzelnen Ressorts. Andererseits „atmen“ die Regelungen durch tendenzbedingte Abweichungsmöglichkeiten. § 7 des Einigungsstellenspruchs lautet: „7.1. Aus tendenzbedingten Gründen kann von den vorstehenden Festlegungen der Arbeitszeit durch diese Betriebsvereinbarung im Einzelfall abgewichen werden. Der Betriebsrat soll über diese Abweichungen vorher informiert werden. Soweit dies nicht möglich ist, ist er nachträglich zu informieren. 7.2. Wegen der Befugnis des Unternehmens, die Arbeitszeitfestlegungen dieser Betriebsvereinbarung aus Tendenzgründen generell zu ändern und wegen der etwaigen Beteiligung des Betriebsrates insoweit gilt die gesetzliche Regelung.“

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In gleicher Weise wie bei § 9 MTV Zeitschriftenredakteure 1 sieht das BAG in § 7 MTV Zeitungsredakteure keine abschließende Regelung über die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit, die keinen Regelungsspielraum mehr lasse für die ergänzende Ausübung des Mitbestimmungsrechts. Auch § 118 BetrVG sei nicht verletzt und die Freiheit des Verlages, tendenzrelevante Entscheidung zu treffen nicht beeinträchtigt, wenn eine Betriebsvereinbarung sowohl die für die Aktualität der Berichterstattung vom Verlag gemachten Vorgaben zugrundelegt als auch sicherstellt, dass Abweichungen von den Arbeitszeitregelungen in Folge künftiger Tendenzentscheidungen möglich sind.

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Die Tendenzautonomie und damit die Pressefreiheit sieht das BAG insbesondere gewährleistet durch die oben zitierte Bestimmung in Ziff. 7 des Einigungsstellenspruchs, wonach im Einzelfall Abweichungen von den Regelungen aus tendenzbedingten Gründen zulässig sind und künftige generelle Änderungen der tendenzbedingten Vorgaben entsprechend der Rechtsprechung zum Tendenzschutz ermöglicht werden. Das BAG entwickelt ein zutreffendes Verständnis hinsichtlich der pressespezifischen Notwendigkeiten der Verlage, im Kernbereich der Pressefreiheit mitbestimmungsfreie Entscheidungen treffen zu können: „Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gehört die Aktualität der Berichterstattung zu den tendenzbedingten Gründen, die eine Einschränkung des Mitbestimmungsrechts bei Arbeitszeitfestlegungen von Redakteuren rechtfertigen können. Wie der unterschiedliche Charakter von Tages-, Wochen- und Monatszeitungen bzw. -zeitschriften, aber auch von Boulevardzeitungen und anspruchsvolleren Tageszeitungen sowie lokalen und überregionalen Zeitungsausgaben zeigt, wird die inhaltliche, sprachliche und optische Gestaltung eines Presseerzeugnisses maßgeblich

1 BAG, Beschluss vom 30.1.1999, 1 ABR 101/88, NZA 1990, 693.

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Betriebliche Mitbestimmung und Tendenzprivileg

Rz. 143 C

durch seine Erscheinungsweise und seine Aktualität bestimmt … Daraus ergibt sich, dass es dem Verleger vorbehalten bleiben muss, solche für die Arbeitszeit der Redakteure erheblichen Entscheidungen unbeeinflusst vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu treffen, durch die die Aktualität der Berichterstattung berührt wird. Zur Tendenzautonomie gehören beispielsweise die Festlegung der Redaktionszeiten, die Zeitvorgaben für den Redaktionsschluss, Lage und Umfang von Redaktionskonferenzen, die Entscheidung über die regelmäßige Wochenendarbeit und die Entscheidung, dass ein Redakteur bzw. eine Gruppe von Redakteuren eine bestimmte Arbeitszeit haben, damit die Gestaltung einzelner Themen gewährleistet bleibt“.

Aus der Entscheidung des BAG lässt sich die Empfehlung für die Verlage ableiten, sich einerseits dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht generell zu entziehen, wenn dieser entsprechend den Tendenzvorgaben des Verlags ergänzende Arbeitszeitregelungen für die Redakteure anstrebt, andererseits aber darauf zu achten, dass es sich dabei nicht um eine „geschlossene Regelung“ handelt. Betriebsvereinbarungen über die Regelung der Arbeitszeit von Redakteuren sollten unbedingt eine Art salvatorische Klausel enthalten, die jederzeit im Einzelfall tendenzbedingte Abweichungen zulässt, und auch eine mitbestimmungsfreie generelle Änderung der tendenzrelevanten Vorgaben, wie etwa des Ersterscheinungstags ermöglichen.

141

Wird ein derartiger Tendenzvorbehalt „vergessen“, kann dies vor dem Hintergrund, dass auf den gesetzlichen Tendenzschutz verzichtet werden kann1 fatale Folgen dergestalt haben, dass das Versäumnis als Verzicht ausgelegt werden könnte.

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Die Ausnahmevorschrift sollte weit gefasst und abstrakt formuliert wer- 143 den, weil es kaum möglich erscheint, alle in Betracht kommenden tendenzbedingten Gründe erschöpfend im Einzelnen in einen Spruch aufzunehmen und vorbeugend zu regeln. 2 Insoweit ist die Empfehlung des Bundesverfassungsgerichts nicht hilfreich für künftige kurzfristige Änderungen etwa des Arbeitszeitbeginns in Folge einer tendenzbedingten Neuorientierung durch vorbeugende Regelungen im Rahmen einer bestehenden Betriebsvereinbarung Vorsorge zu treffen. 3 Im Gegenteil vergrößert sich bei vorbeugenden Mitbestimmungsregelungen die Gefahr, dass von der Betriebsvereinbarung vergessene oder nicht antizipierte Tendenzänderungen nur im Wege einer mitbestimmungsrechtlichen Beteiligung bewerkstelligt werden können.

1 BAG, Beschluss vom 19.6.2001, 1 AZR 463/00, NZA 2002, 397; BAG, Beschluss vom 5.10.2000, 1 ABR 14/00, NZA 2001, 1325. 2 BAG, Beschluss vom 14.1.1992, 1 ABR 35/91, NZA 1992, 512. 3 BVerfG, Beschluss vom 15.12.1999, 1 BvR 505/95, NZA 2000, 264.

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C Rz. 144

Tendenzschutz

2. Arbeitnehmerschutz und Pressefreiheit 144

Prinzipiell gibt es kein – gar kodifiziertes – Sonderarbeitsrecht der Presse. Der Sozialschutz des Arbeitsrechts kommt den abhängig Beschäftigten der Presseverlage, namentlich auch den Redakteuren wie allen Arbeitnehmern sonst zugute. Eine bereichsspezifische Ausnahmeregelung mit Rücksicht auf die Pressefreiheit wie das mitbestimmungsrechtliche Tendenzprivileg in § 118 BetrVG findet sich weder als allgemeiner Grundsatz im Individualarbeitsrecht noch in einzelnen Arbeitnehmerschutzgesetzen. Dabei hätte es nahe gelegen, die pressetypischen Erfordernisse bei der Anbahnung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen mit Redakteuren, speziell bei der Gestaltung befristeter Arbeitsverhältnis im Teilzeit- und Befristungsgesetz sowie bei der Beendigung im Kündigungsschutzgesetz zu berücksichtigen. Denn nach einhelliger Auffassung ist der Grundrechtsbezug bei der Auslegung und Anwendung der arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften, namentlich des Kündigungsschutzgesetzes auf Presseverlage und Rundfunkanstalten zu beachten. 1 Dies bringt das folgende Zitat aus der erwähnten BAG-Entscheidung prägnant zum Ausdruck: 2 „Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien Anwendung. Der Anwendbarkeit steht nicht entgegen, dass es sich bei der Beklagten um ein Tendenzunternehmen und beim Kläger um einen Tendenzträger handelt. Im Unterschied zum Betriebsverfassungsgesetz kennt das Kündigungsschutzgesetz keine dem § 118 BetrVG vergleichbare Bestimmung, derzufolge im Interesse des Grundrechtsschutzes (insbesondere des Art. 5 GG) Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes keine Anwendung finden, soweit die Eigenart des Unternehmens oder Betriebes dem entgegensteht. § 1 KSchG bildet als Regelung in einem allgemeinen Gesetz im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG eine grundsätzlich zulässige Schranke für die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte und hier in Rede stehende Pressefreiheit. Die Reichweite dieser Schranke ist ihrerseits durch die Bedeutung der Pressefreiheit für einen freiheitlich-demokratischen Staat beschränkt. Dies hat zur Folge, dass weder den unmittelbar für die Berichterstattung und/oder Meinungsäußerung der Zeitschrift tätigen Mitarbeitern der arbeitsrechtliche Bestandsschutz generell versagt werden darf, noch die Regeln des Kündigungsschutzgesetzes in einer Weise angewendet werden dürfen, die das durch die Verfassung geschützte Recht der Presseunternehmen, frei von fremder Einflussnahme über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung dieser Mitarbeiter zu bestimmen, unberücksichtigt lässt.“

a) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz 145

Erst neuerdings wieder hat der Gesetzgeber Ausnahmeregelungen für Medienunternehmen eine Absage erklärt. Ungeachtet der dringenden Appelle der Medienverbände, insbesondere auch des Bundesverbands deutscher 1 BAG, Urteil vom 16.1.1997, 2 AZR 98/96, juris Rz. 16: BVerfG Beschluss vom 13.1.1982, 1 BvR 848/77 u.A., AfP 1982, 93 (99). 2 BAG, Urteil vom 16.1.1997, 2 AZR 98/96, juris Rz. 16.

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Arbeitnehmerschutz und Pressefreiheit

Rz. 147 C

Zeitungsverleger und des Verbands deutscher Zeitschriftenverleger fehlt in dem am 18.8.2006 in Kraft getretenen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine medienspezifische Differenzierung der generellen Diskriminierungsverbote mit Rücksicht auf die Belange der Rundfunkund Pressefreiheit. Im Gegenteil führt § 9 des AGG erstmalig eine Besserstellung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ein, die von den Medienunternehmen als Zurücksetzung empfunden werden muss. aa) Gesetzesbegründung Die Begründung des Gesetzentwurfs enthält keine Erklärung dafür, wa- 146 rum Kirchen und Weltanschauungsorganisationen „ein loyales und aufrichtiges Verhalten von den für sie arbeitenden Personen verlangen“ dürfen und es ihnen selbst obliegt, „verbindliche innere Regelungen zu schaffen“, während dies für die anderen in § 118 BetrVG genannten Unternehmen, die unmittelbar und überwiegend politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen bzw. Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung dienen, nicht gelten soll. Ebenso wie Religionsund Weltanschauungsgemeinschaften müssen politische Parteien, Gewerkschaften und eben auch die Medienunternehmen die Möglichkeit haben, bei der Einstellung und Entlassung ihrer mit der Tendenzverwirklichung betrauten Arbeitnehmer darauf zu achten, wes Geistes Kind sie sind. Ebenso wenig wie es einer politischen Partei oder Fraktion egal sein kann, ob ihre Mitarbeiter den politischen Gegner wählen, muss der Verlag eines freiheitlich-demokratischen Publikationsorgans die Einstellung eines Redaktionsbewerbers ablehnen können, der eine widerstreitende berufliche und publizistische Prägung und Einstellung hat. bb) Verhältnis Diskriminierung und Tendenzschutz Es bleibt abzuwarten, ob sich erste Befürchtungen einer Schlechterstellung von Tendenzunternehmen gegenüber Kirchen und Weltanschauungsgemeinschaften durch die Diskriminierungsverbote des AGG bewahrheiten werden, wonach „politische Tendenzunternehmen (z.B. Presseunternehmen, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften) nach Inkrafttreten des AGG nicht mehr verlangen (dürfen), dass sich ihre Beschäftigten mit der politischen Ausrichtung des Unternehmens identifizieren müssen“ und demzufolge im Bewerbungsgespräch Fragen nach der politischen Überzeugung oder der Mitgliedschaft in politischen Parteien in Zukunft nicht mehr zulässig sein sollen.1 Mit Sicherheit muss künftig davon ausgegangen werden, dass die inhaltlichen und bürokratischen Übermaßregelungen des AGG die Arbeitsbeziehungen in den Unternehmen aller Branchen von der Wiege bis zur Bahre überlagern werden, 1 Wisskirchen, DB 2006, 1491 ff.

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C Rz. 148

Tendenzschutz

wie dies § 2 AGG programmatisch zum Ausdruck bringt: Danach sind Benachteiligungen unzulässig in Bezug auf Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg. cc) Politische und weltanschauliche Überzeugungen 148

Den Anwendern des Gesetzes kann nur empfohlen werden, nicht in eine Diskriminierungshysterie zu verfallen, sondern sich immer wieder bewusst zu machen, dass nach dem AGG nicht jede Art von Diskriminierung oder auch nur Ungleichbehandlung verpönt ist, sondern „lediglich“ die in § 1 des Gesetzes – abschließend – aufgezählten „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“.

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In Medienunternehmen, die bestimmte geistige Tendenzen verfolgen, werden personalpolitische Entscheidungen mehr oder weniger stark beeinflusst sein durch die politischen Überzeugungen, die von Bewerbern oder Mitarbeitern vertreten werden. Es ist indessen daran zu erinnern, dass allgemeine Überzeugungen, Einstellungen und politische Meinungen oder Gesinnungen von den Begriffen Religion bzw. Weltanschauung nicht erfasst werden.

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Nach übereinstimmender Auffassung ist unter Religion oder Weltanschauung eine mit der Person des Menschen verbundene Gewissheit über bestimmte Aussagen zum Weltganzen sowie zur Herkunft und zum Ziel menschlichen Lebens zu verstehen. Dabei legt die Religion eine den Menschen überschreitende und umgreifende („transzendente“) Wirklichkeit zugrunde, während sich die Weltanschauung auf innerweltliche („immanente“) Bezüge beschränkt. 1 Damit fallen – was insbesondere für Tendenzunternehmen von großem Gewicht ist – politische und publizistische Einstellungen und Aktivitäten nicht in den Anwendungsbereich des AGG, und können somit abgefragt, ermittelt und bei der Einstellungspolitik differenzierend berücksichtigt werden. Auf der gleichen Linie liegt Annuß mit seinem Beitrag „Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im Arbeitsrecht“: 2 „Das Kriterium der Weltanschauung bereitet besondere Interpretationsschwierigkeiten, da es heutzutage kaum etwas gibt, das landläufig nicht unter dem Begriff der Weltanschauung verbucht wird. Im Anwendungsbereich des AGG dürfte der Begriff die gleiche Bedeutung wie bei Art. 4 Abs. 1 GG haben, so dass nur Fun1 BAG, Beschluss vom 22.3.1995, 5 AZB 21/94, juris Rz. 51, NZA 1995, 823. 2 Annuß, BB 2006, 1629 (1631).

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Arbeitnehmerschutz und Pressefreiheit

Rz. 152 C

damentalkonzepte über die Ordnung des gesellschaftlichen Zusammenlebens, die in „Geschlossenheit und Sinngebungskraft“ einer Religion vergleichbar sind, erfasst werden. Demnach sind zwar grundlegende politische Systemvorstellungen, nicht hingegen auch allgemeine tagespolitische Richtigkeitsvorstellungen einbezogen.“

dd) EuGH-Rechtsprechung Dankenswerter Weise hat der Europäische Gerichtshof mit einer aktuel- 151 len Entscheidung vom 11.7.2006 insoweit für begriffliche Klarheit am Beispiel der Gleichbehandlungs-Richtlinie für behinderte Arbeitnehmer in Beschäftigung und Beruf gesorgt. Zwar gilt diese Richtlinie mit dem Verbot diskriminierender Behandlung behinderter Menschen auch nach der Entscheidung des EuGH in Bezug auf Entlassungsbedingungen und damit auch im Rahmen von Kündigungen. Gleichermaßen deutlich sagt der EuGH aber auch, dass die Begriffe „Behinderung“ und „Krankheit“ nicht identisch seien. Die Richtlinie 2000/78 enthalte keinen Hinweis darauf, dass Arbeitnehmer aufgrund des Verbotes der Diskriminierung wegen einer Behinderung in den Schutzbereich der Richtlinie fallen, sobald sich irgendeine Krankheit manifestiert. 1 Ebenso, wie ein – gepflegtes – ansprechendes äußeres Erscheinungsbild als Einstellungskriterium nicht ausgedient hat, können Raucher bei einer Stellenvergabe benachteiligt werde, wie eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigt haben soll.2 Dann kann sich ein Redakteur mit radikalen politischen Ansichten – ob rechts oder links – nicht wegen Benachteiligung beschweren, wenn er kein Auskommen in einem Verlag findet, der sich dem Gedanken von Toleranz, Liberalität und Demokratie verpflichtet fühlt. ee) Rechtfertigungsgründe Selbst wenn die Gesinnung oder Überzeugung eines Stellenbewerbers 152 ausnahmsweise die Qualität „transzendenter“ bzw. „immanenter“ Wirklichkeits-Bezüge haben sollte, bleibt die Freiheit eines Verlegers, die politische Tendenz seiner Zeitung festzulegen und durch die Auswahl entsprechender Mitarbeiter zu verwirklichen, auch unter der Anwendung des AGG erhalten. § 8 des AGG enthält einen allgemeinen Rechfertigungsgrund, der durch § 9 AGG nicht verdrängt wird.3 Nach § 8 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung in Bezug auf die in § 1 AGG aufgezählten Diskriminierungstatbestände zulässig, wenn die Benachteiligung wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübungen eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung ange1 EuGH, Urteil vom 11.7.2006, C-13/05, juris Rz. 46, NZA 2006, 839. 2 Hamburger Abendblatt vom 8.8.2006. 3 Schreiben des Bundesministeriums der Justiz vom 20.6.2006 zur Forderung der Medienverbände, an der Privilegierung von § 9 AGG teilzuhaben.

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C Rz. 153

Tendenzschutz

messen ist. Angesichts der reichlich verschrobenen Formulierungen in § 8 AGG und der damit verbundenen Rechtsunsicherheiten ist indessen die im Gesetzgebungsverfahren erhobene Forderung der Medienverbände umso verständlicher, an der klaren Ausnahmebestimmung von § 9 AGG für Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften teilzuhaben. b) Pressefreiheit und Arbeitnehmerschutz 153

Anders als bei der gesetzlichen Konkretisierung der Grundrechtsgewährleistung in § 118 BetrVG hat die Anerkennung einer „ungeschriebenen“ Grundrechtsgewährleistung durch die Rechtsprechung kaum für Klarheit gesorgt, inwieweit die Arbeitnehmerschutzgesetze Einschränkungen erfahren im Interesse von Presse- und Rundfunkfreiheit. Die programmatische Aussage, dass der Arbeitnehmerschutz den in Presse und Rundfunk tätigen Arbeitnehmern nicht generell versagt werden darf, indessen die Schutzgesetze auch nicht in einer Weise angewendet werden dürfen, „die das durch die Verfassung geschützte Recht der Presseunternehmen, frei von fremder Einflussnahme über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung dieser Mitarbeiter zu bestimmen, unberücksichtigt lässt“, 1 enthält keine begrifflichen Konturen und ist nicht justitiabel. Das Ergebnis von Abwägungs- und Auslegungsprozeduren im Konfliktfall ist nicht prognostizierbar.

154

Die Rechtsprechung zur Grundrechtsgewährleistung im Individualarbeitsrecht ist weniger umfangreich und ergiebig als zum betriebsverfassungsrechtlichen Tendenzprivileg. Im Wesentlichen konzentrieren sich die von den Arbeitsgerichten entschiedenen Fälle auf einige Konfliktfelder wie z.B. die Befristungsmöglichkeiten, das tarifvertragliche Beurlaubungsrecht, Kündigungsschutz und Auflösungsanträge nach § 9 KSchG, wobei der kündigungsschutzrechtliche Problemkomplex sich als am meisten konfliktträchtig erweist. aa) Befristungsmöglichkeiten

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Das Befristungsrecht ist im Rahmen der rundfunkrechtlichen Feststellungsklagen durch die hierzu ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 13.1.1982 in den Mittelpunkt der Grundrechtserörterungen gerückt. 2 Neben den gängigen Befristungsgründen gibt es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Medienunternehmen eine wichtige Erleichterung, die von anderen Unternehmen nicht in Anspruch genommen werden kann. Den aus der Rundfunk- und Pressefreiheit resultierenden wechselnden Bedürfnissen nach redaktioneller Vielfalt und publizistischen Gestaltungsmöglichkeiten trägt das Bundesverfassungsgericht zwar nicht durch die Anerkennung eines Sonderarbeitsrechts 1 BAG, Urteil vom 16.1.1997, 2 AZR 98/96, juris Rz. 16. 2 Vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 13.1.1982, 1 BVR 848/77, AfP 1982, 93–99.

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Arbeitnehmerschutz und Pressefreiheit

Rz. 158 C

Rechnung, immerhin aber durch eine erweiterte Zulässigkeit von Befristungen aus sachlich gerechtfertigten Gründen: 1 „Das Verfassungsrecht verlangt nicht die Wahl zwischen dem Alles des vollen Schutzes der unbefristeten Daueranstellung und dem Nichts des Verzichts auf jeden Sozialschutz. Es steht nur arbeitsrechtlichen Regelungen und einer Rechtsprechung entgegen, welche den Rundfunkanstalten die zur Erfüllung ihres Programmauftrags notwendige Freiheit und Flexibilität nehmen würde. Das gilt, soweit ersichtlich, nur im Falle der gerichtlichen Feststellung unbefristeter Arbeitsverhältnisse, während die Möglichkeit befristeter Arbeitsverträge nicht ausgeschlossen wird.“

Danach haben Presse und Rundfunk zwar nicht die freie Wahl zwischen 156 Anstellungsvertrag oder freiem Mitarbeiter-Dienstverhältnis, aber die Möglichkeit, Anstellungsverhältnisse aus programm- oder redaktionsspezifischen Gründen zu befristen. Beispielsweise lässt das BAG im Blick auf die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts die befristete Einstellung einer Redakteurin zu, die an der Erprobung eines neuen Hörfunkprogramms mitarbeiten sollte. Grundsätzlich könne die Ungewissheit über die künftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs eine Befristung nicht rechtfertigen. Hier seien aber die verfassungsrechtlichen Anforderungen der Rundfunkfreiheit (bzw. Pressefreiheit) bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs des sachlichen Grundes zu beachten.2 Damit haben Verlage – ebenso wie Rundfunkanstalten bezogen auf neue Programmformate – die Möglichkeit, dass mit der Herausgabe eines neuen Objektes verbundene Schließungsrisiko (Sozialplankosten) kalkulierbar zu machen. bb) Kündigungsmöglichkeiten Das allein dem Verleger kraft seiner Richtlinienkompetenz vorbehaltene 157 Recht, dem von ihm herausgegebenen Publikationsorgan die inhaltliche Tendenz vorzugeben, kann durch tendenzwidriges Verhalten eines Redakteurs beeinträchtigt werden. Generell muss von einem Redakteur Tendenzloyalität verlangt werden. Tendenzwidrigkeiten können ihre Ursachen im Verhaltens- und Leistungsbereich haben, seltener in personenbzw. eignungsbedingten Defiziten. Die entscheidende Frage stellt sich, ob bzw. ab welcher Schwelle Tendenzkonflikte kündigungsschutzrechtliche Relevanz haben. (1) Leistungsmängel „Handwerkliche“ Fehlleistungen eines Redakteurs sieht das LAG Düsseldorf allerdings nicht als Eingriff in die Tendenz eines Verlages an. Ein Redakteur eines Wirtschaftsmagazins wurde mehrfach mit dem Vorwurf abgemahnt, seine Artikel entsprächen nicht den Qualitätsanforderungen des Magazins, wie sie im „Anforderungsprofil für eine W-Magazin1 BVerfG, Beschluss vom 13.1.1982, 1 BVR 848/77, juris Rz. 75. 2 BAG, Urteil vom 24.4.1996, 7 AZR 719/95, juris Rz. 21, 22; NZA 1997, 196 ff.

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C Rz. 159

Tendenzschutz

geschichte“ schriftlich festgelegt seien. Mit dem Hinweis darauf, dass das Anforderungsprofil nur arbeitstechnische und formale Vorgaben, nicht jedoch darüber hinausgehende, die Tendenz des Unternehmens berührende Grundaussagen enthalte, wertete das LAG Düsseldorf die wegen der Leistungsmängel ausgesprochene Kündigung durch den Verlag nicht als tendenzbezogen. 1 Bedauerlicher Weise musste sich das BAG mit den tendenzbezogenen Aspekten des Falles nicht auseinandersetzen, weil eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des gekündigten Redakteurs auf einem freien Arbeitsplatz in der Nachrichtenredaktion bestand und keine Anhaltspunkte vorlagen, weshalb der Kläger nicht fähig oder willens sein sollte, die an eine Nachrichtenredakteur zu stellenden Anforderungen pflichtgemäß und tendenzgerecht zu erfüllen. 2 (2) „Stasi“-Fälle 159

Die Rechtsprechung anlässlich „tendenzbezogener“ Kündigungen gegenüber Presseredakteuren ist nicht besonders reichhaltig, wobei allerdings in jüngster Zeit – historisch bedingt – Stasi-Verstrickungen ehemaliger Redakteure der SED-Bezirkszeitungen, die von Westverlagen übernommen werden mussten, zu einer gewissen Häufung von Konfliktfällen geführt haben. Die zum Teil filigranen gerichtlichen Begründungen lassen erkennen, dass dem Bestandsschutz eines Arbeitsverhältnisses ein außerordentlich hoher Rang eingeräumt wird. Demgegenüber müssen die Interessen der Zeitungsverlage an einer inhaltlich und personell glaubwürdigen Distanzierung der ehemaligen Parteizeitungen von ihrer DDR-Vergangenheit hin zu freiheitlich-demokratischen Publikationsorganen, zurücktreten. Allein der Umstand einer ehemaligen – möglicherweise noch weit in der Vergangenheit liegenden – Zusammenarbeit eines Redakteurs mit dem MfS etwa als inoffizieller Mitarbeiter (IM) reicht den Gerichten nicht zur Begründung einer Trennungsabsicht durch die Verlage. Entscheidend seien Ausmaß und Intensität einer Zusammenarbeit und der angerichtete Schaden. Des Weiteren komme es auf die Schwere eines eventuellen Fehlverhaltens bei der Zeitungsarbeit in der Nachwende-Zeit an.

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• Die 1997 ausgesprochene Kündigung eines Redakteurs der „SZ“ und ehemaligen inoffiziellen Mitarbeiters des MfS hielt das Sächsische Landesarbeitsgericht für sozial gerechtfertigt.3 Unter Berücksichtigung des konkreten Sachverhalts, der gekennzeichnet war durch eine langjährige bis zum Wendejahr 1989 dauernde Zusammenarbeit, wurde dem Kläger die persönliche Nichteignung für die Tätigkeit als Redakteur beschei-

1 LAG Düsseldorf, Urteil vom 23.1.1995, 5 Sa 947/95, juris. 2 BAG, Urteil vom 16.1.1997, 2 AZR 98/96, juris Rz. 20. 3 Sächsisches LAG, Urteil vom 23.2.1999, 10 Sa 1251/97, juris; AfP 1999, 392 ff.

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Arbeitnehmerschutz und Pressefreiheit

Rz. 162 C

nigt. Die rechtliche Essenz dieser Entscheidung kommt im folgenden Zitat zum Ausdruck: 1 „Die genannten Umstände lassen daran zweifeln, dass der Kläger seinen Aufgaben als Redakteur, die von der öffentlichen Aufgabe der Beklagten beeinflusst sind, entsprechen kann. Als Redakteur genießt der Kläger Vertrauen, welches die beklagte Leserschaft und Informanten entgegenbringen. Die frühere Tätigkeit des Klägers für das MfS rechtfertigt dieses Vertrauen nicht. Als inoffizieller Mitarbeiter des MfS hat der Kläger gezeigt, dass er ihm entgegen gebrachtes Vertrauen gerade nicht rechtfertigt, sondern den Zielen anderer unterordnet.“

Bedauerlicher Weise musste sich das BAG mit den Argumenten der Vorinstanz nicht auseinandersetzen, weil die wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision wegen nicht ordnungsgemäßer Begründung als unzulässig verworfen wurde. 2 • Der Verlag der „V“ kündigte dem Leiter einer Lokalredaktion wegen ei- 161 nes von ihm zu verantwortenden tendenzwidrigen Artikels über die ehemaligen DDR-Grenztruppen, der wenige Tage vor dem 40. Jahrestags des Mauerbaus im August 2001 in einem Lokalteil der Tageszeitung erschien, den viele Leser als Verharmlosung der vielen getöteten DDR-Flüchtlingen – mit entsprechend empörten Reaktionen – aufgefasst haben. Das LAG Sachsen-Anhalt bescheinigte dem Redakteur zwar einen erheblichen Verstoß gegen seine Pflicht zu tendenzloyalem Verhalten, maß dem Vertragsverstoß des Klägers im Rahmen der beiderseitigen Interessenabwägung indessen nicht solches Gewicht bei, dass eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sei.3 Aus Sicht des Gerichts sprach zugunsten des Klägers, dass es sich in den vergangenen 12 Jahren seit der Wende um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe. Im Einklang mit der Rechtsprechung des BVerfG und BAG stellte das Ge- 162 richt seiner Einzelfallabwägung die Leitlinien voraus: 4 „Ein Presseunternehmen ist als Unternehmen der Berichterstattung und Meinungsäußerung ein Tendenzbetrieb. Das Arbeitsverhältnis wird gerade in einem Tendenzbetrieb von besonderen Loyalitätsobliegenheiten geprägt, deren Verletzung eine verhaltensbedingte Kündigung nach sich ziehen kann. Die Arbeitspflicht des Redakteurs ist geprägt durch das Gebot der Tendenzloyalität. Diesem Gebot kann der Redakteur nicht abweichende eigene Überzeugungen unter Berufung auf seine Meinungs- und Gewissensfreiheit entgegenhalten, weil er auf diese Freiheiten bei Abschluss des Arbeitsvertrages im Rahmen der ihm bekannten Tendenz bis auf ein grundrechtlich gebotenes Mindestmaß verzichtet hat.“

1 Sächsisches LAG, Urteil vom 23.2.1999, 10 Sa 1251/97, juris Rz. 85. 2 BAG, Urteil vom 13.4.2000, 2 AZR 173/99, juris. 3 LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9.7.2002, 8 Sa 40/02, juris Rz. 43–46; NZA-RR 2003, 244 ff. 4 LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9.7.2002, 8 Sa 40/02, juris Rz. 40.

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C Rz. 163

Tendenzschutz

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Ungeachtet einer wegen des gebotenen Tendenzschutzes möglicherweise herabgesetzten Begründungsschwelle entsprach das LAG auch nicht dem vom Zeitungsverlag gestellten Auflösungsantrag gem. § 9 KSchG.

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• Der Verlag der „V“ kündigte dem Leiter einer Lokalredaktion im Jahr 2001 nach Bekanntwerden seiner ehemaligen MfS-Verstrickung. Das LAG Sachsen-Anhalt wertete diesen Umstand mit Rücksicht auf Ausmaß und Intensität als nicht so gravierend, um eine Kündigung zu rechtfertigen. Dem Verlag hielt das Gericht vor: 1 „Wenn die Beklagte nach der Wende ihre Tageszeitung auf dem Fundament eines vormaligen SED-Organs errichtet hat, ohne die übernommenen Mitarbeiter in den Folgejahren zu einer früheren MfS-Verstrickung zu befragen, so kann sie im Jahr 2001 nicht plötzlich eine frühere MfS-Verstrickung ungeachtet von Ausmaß, Intensität und zeitlichem Abstand zum Kündigungsgrund erheben, weil diese ihre Glaubwürdigkeit gefährde. Eine derartige Bereinigung ginge selbst über die Maßstäbe hinaus, die nach der Rechtsprechung im öffentlichen Dienst gelten. Etwaige Zweifel an der Glaubwürdigkeit ihrer Tageszeitung, die aus deren Herkunft als SED-Parteiorgan sowie der Übernahme der Mitarbeiter ohne Befragung zu einer früheren MfS-Verstrickung herrühren, kann die Beklagte 12 Jahre nach der Wende nicht durch übermäßige und undifferenzierte Reaktionen unterdrücken. Insbesondere im Hinblick auf die über 30-jährige Betriebszugehörigkeit des Klägers, davon 12 Jahre nach der Wende, vermag die bloße Tatsache einer früheren MfS-Verstrickung des Klägers ein ausreichendes Lösungsinteresse der Beklagten nicht zu begründen.“

Dem hilfsweise vom Verlag gestellten Auflösungsantrag entsprach das Gericht aus ähnlichen Gründen ebenfalls nicht. 165

• Der Verlag der „MOZ“ warf seiner Redakteurin vor, ihre Stasi-Kontakte nicht offenbart zu haben. Außerdem wurde der Redakteurin ein von ihr geschriebener Artikel zur Last gelegt, in dem Äußerungen von Teilnehmern eines Frühschoppens wiedergegeben wurden, die den „Ostaufbau“ als z.B. „Bereicherungsprogramm für Westdeutsche“ kritisierten. Die Kündigung und der hilfsweise gestellte Auflösungsantrag sind in allen Instanzen als unbegründet zurückgewiesen worden.2

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Mangels zulässiger konkreter Fragen des Verlags über etwaige Stasi-Kontakte erkannten die Gerichte keine Verletzung einer Offenbarungspflicht. Ebenso wenig käme dem Artikel, der mit dem vom Verlag „vorgegebenen publizistischen Grundton nicht gut harmonieren“ würde, eine kündigungsrechtliche Relevanz zu.

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Allerdings enthalten die Entscheidungsgründe des BAG die grundsätzlichen Aussagen: 3

1 LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.11.2002, 8 Sa 131/02, juris Rz. 41. 2 BAG, Urteil vom 13.6.2002, 2 AZR 234/01, juris; NZA 2003, 265 ff.; LAG Brandenburg, Urteil vom 16.11.2000, 3 Sa 398/00, juris. 3 BAG, Urteil vom 13.6.2002, 2 AZR 234/01, juris, Rz. 23, 27.

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Arbeitnehmerschutz und Pressefreiheit

Rz. 173 C

„Zwar können bewusste Tätigkeiten für das MfS je nach den Umständen des Einzelfalles geeignet sein, eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung zu rechtfertigen …“ Das berechtigte Interesse der Beklagten liegt in der publizistischen Glaubwürdigkeit. Diese fordert nicht den generellen Ausschluss sämtlicher wie auch immer gearteter Kontakte und Verstrickungen im Zusammenhang mit den Aktivitäten des MfS, zumal solche Kontakte auch passiver schuldloser oder marginaler Natur sein könnten“.

Der Beitrag sei zwar tendenzwidrig und nicht besonders „feinsinnig“; von 168 einer schwerwiegenden etwa bewussten Tendenzverletzung könne indessen keine Rede sein. Auch den strengen Anforderungen zur Begründung des hilfsweise gestellten Auflösungsantrags habe der beklagte Verlag nicht entsprochen.

169

cc) Auflösung aus tendenzbedingten Gründen Obwohl das LAG Sachsen-Anhalt zutreffend ausführt, dass der grundrechtlich gebotene Tendenzschutz die Begründungsschwelle für einen Auflösungsantrag gem. § 9 KSchG herabsenken könne, 1 ist es den Verlagen in keinem der erwähnten Stasi-Fälle gelungen, den hilfsweise gestellten Auflösungsantrag durchzubringen.

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Nach § 9 KSchG kann der Arbeitgeber für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet wird, einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses stellen, „wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen“. Liegen diese Voraussetzungen vor, muss das Gericht das Arbeitsverhältnis auflösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung entsprechend § 10 KSchG verurteilen.

171

Während eine begründete Kündigung ein Arbeitsverhältnis entschädigungslos für den Arbeitnehmer beendet, hätte ein Redakteur bei Auflösung des Anstellungsvertrags nach gewonnenem Kündigungsschutzgesetz einen Anspruch auf eine Abfindung, deren Höhe sich nach dem Lebensalter und den Jahren der Betriebszugehörigkeit richtet. Der Redakteur verliert dadurch zwar seinen Arbeitsplatz; allerdings ist der Sozialschutz durch das Surrogat einer obligatorischen Abfindungszahlung gewährleistet, wobei das Gericht eine erhöhte persönliche Schutzbedürftigkeit bei der Höhe der Abfindung im Rahmen einer entsprechenden Ermessensentscheidung berücksichtigen kann.

172

Soweit ersichtlich haben die Gerichte es bislang vermieden, das aus Gründen der Presse- bzw. Rundfunkfreiheit gesteigerte Interesse der Medienunternehmen an der Trennung von einzelnen Redakteuren am Maßstab einer gerichtlichen Auflösungs- und Abfindungsentscheidung zu

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1 LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9.7.2002, 8 Sa 40/02, juris Rz. 55.

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C Rz. 174

Tendenzschutz

prüfen. Gerade wegen der Stasi-Problematik bei den ehemaligen SED-Bezirkszeitungen, wo es im Kern um die personelle und publizistische Glaubwürdigkeit dieser Blätter in der Nachwendezeit geht, hätte Anlass für eine derartige Diskussion bestanden. (1) Stellenwert des Tendenzschutzes im Kündigungsrecht 174

In ständiger Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht die herausragende Bedeutung einer freien Presse für die öffentliche Auseinandersetzung und Meinungsbildung betont: Sie sei „ein Wesenselement des freiheitlichen Staates und für die moderne Demokratie unentbehrlich“.1 Das grundgesetzlich garantierte Institut der freien Presse umfasse aber auch – so ausdrücklich das Bundesverfassungsgericht – die Verpflichtung des Staates – unabhängig von den subjektiven Berechtigungen einzelner – in seiner Rechtsordnung, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen. Das Bundesverfassungsgericht macht damit deutlich, dass aufgrund des hohen Stellenwertes der Pressefreiheit der Tendenzschutz in nahezu allen Regelungsbereichen – und damit auch im Kündigungsrecht – Berücksichtigung finden muss.

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Zwar gelten die allgemeinen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften grundsätzlich auch für Presseverlage und Rundfunkanstalten. Als Tendenzbetriebe kommen die Medienunternehmen nicht gleichsam automatisch in den Genuss eines generellen Sonderarbeitsrechts. Dass aber Tendenzschutzgesichtspunkte durchaus gewichtiger sein können als der individualarbeitsrechtliche Bestandschutz, macht wiederum eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (zur Rundfunkfreiheit) deutlich, deren Grundsätze ohne Weiteres auf die Pressefreiheit übertragbar sind. So heißt es dort: 2 „Weder darf den programmgestaltend tätigen Rundfunkmitarbeitern der arbeitsrechtliche Bestandschutz generell versagt werden, noch dürfen bei der Entscheidung über diesen Schutz die Regeln und Maßstäbe des Arbeitsrechts in einer Weise auf die Anstellungsverhältnisse dieser Mitarbeiter angewendet werden, die das durch die Verfassung geschützte Recht der Anstalten, frei von fremder Einflussnahme, über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung dieser Mitarbeiter zu bestimmen, unberücksichtigt lässt.“

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Nicht zuletzt aus der besonderen Bedeutung der Rundfunkfreiheit folge, so das Bundesverfassungsgericht weiter:3 „… dass der Rundfunkfreiheit bei der Zuordnung zu dem verfassungsrechtlich legitimierten Bestandsschutz des Arbeitsrechts ein hohes Gewicht beizumessen ist, welches dasjenige des arbeitsrechtlichen Bestandsschutzes übersteigen kann.“

1 BVerfG, Beschluss vom 6.11.1979, 1 BVR 81/76. 2 BVerfG, Beschluss vom 13.1.1982, 1 BVR 848/77, juris Rz. 71. 3 BVerfG, Beschluss vom 13.1.1982, 1 BVR 848/77, juris Rz. 73.

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Arbeitnehmerschutz und Pressefreiheit

Rz. 179 C

Das muss um so mehr für die Pressefreiheit gelten, da diese – anders als die Rundfunkfreiheit – nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Sinne einer uneingeschränkten Tendenzfreiheit zu verstehen ist, weil sie die Freiheit umfasse, die Grundrichtung einer Zeitung unbeeinflusst von Pluralitätsanforderungen zu bestimmen und zu verwirklichen.

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Auch das Bundesarbeitsgericht scheint insoweit den hohen Stellenwert der Pressefreiheit im Konflikt mit dem Arbeitnehmerschutz anzuerkennen. Zwar gäbe es im Kündigungsschutzgesetz im Unterschied zum Betriebsverfassungsgesetz keine dem § 118 BetrVG vergleichbare Bestimmung, der zufolge im Interesse des Grundrechtsschutzes Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes keine Anwendung fänden, soweit die Eigenart des Unternehmens dem entgegenstehe. § 1 KSchG bilde daher als Regelung in einem allgemeinen Gesetz im Sinne von Artikel 5 Abs. 2 GG zunächst einmal eine grundsätzlich zulässige Schranke für die durch Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Pressefreiheit. Aber, so heißt es weiter: 1

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„Die Reichweite dieser Schranke ist ihrerseits durch die Bedeutung der Pressefreiheit für einen freiheitlich-demokratischen Staat beschränkt. Dies hat zur Folge, dass weder den unmittelbar für die Berichterstattung und/oder Meinungsäußerung der Zeitschrift tätigen Mitarbeitern der arbeitsrechtliche Bestandsschutz generell versagt werden darf, noch die Regeln des Kündigungsschutzgesetzes in einer Weise angewendet werden dürfen, die das durch die Verfassung geschützte Recht der Presseunternehmen, frei von fremder Einflussnahme über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung dieser Mitarbeiter zu bestimmen, unberücksichtigt lässt.“

(2) Vorrang des Tendenzschutzes Dass das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG in bestimmten Konstellationen höher einzustufen ist als der arbeitsrechtliche Bestandsschutz des einzelnen Arbeitnehmers, haben auch die Tarifvertragsparteien des Zeitungsverlagsgewerbes übereinstimmend im MTV/Zeitungsredakteure – insbesondere in dessen § 14 Ziff. 4 – zum Ausdruck gebracht, wonach grobe Verstöße gegen die grundsätzliche Haltung der Zeitung die Arbeitsvertragsparteien zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen. Zwar sind nach ständiger Rechtsprechung des BAG einzelvertragliche oder kollektivrechtliche Regelungen, nach denen bestimmte Gründe eine Kündigung stets rechtfertigen sollen (sog. absolute Kündigungsgründe) für die Arbeitsgerichte nicht bindend.2 Die Tarifvertragsparteien des Verlagsgewerbes besitzen aber eine erhöhte Regelungskompetenz, etwaige Interessenkonflikte zwischen Verlag und Redakteur durch vorweg genommene tarifliche Regelungen zu lösen. Grundsätzlich steht den Tarifvertragsparteien im Rahmen ihrer durch 1 BAG, Urteil vom 16.1.1997, 2 AZR 98/96, juris Rz. 16. 2 BAG, Urteil vom 6.3.2003 – 2 AZR 232/02, juris Rz. 41.

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C Rz. 180

Tendenzschutz

den Art. 9 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich garantierten Normsetzungsbefugnis aufgrund ihrer Sachnähe und Kompetenz einer Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und die betroffenen Interessen zu.1 180

Die tarifvertraglichen Regelungen in § 14 Ziff. 4 MTV/Zeitungsredakteure spiegeln letztlich das besondere Vertrauensverhältnis wieder, das einem Redakteursvertrag zugrunde liegen muss. Nach ganz herrschender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung haben die Arbeitsgerichte die in derartigen Tarifregelungen zum Ausdruck kommenden Wertvorstellungen der Tarifvertragsparteien zu respektieren und bei ihren Entscheidungen angemessen zu berücksichtigen.

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Die Tarifvertragsparteien haben mit der Bestimmung des § 14 Ziff. 4 MTV/Zeitungsredakteure aufgrund verfassungsrechtlicher und pressespezifischer Erwägungen zum Ausdruck gebracht, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig dann unzumutbar ist, wenn in schwerwiegender Weise gegen die vereinbarten publizistischen Richtlinien verstoßen wird, da ein solcher Pflichtverstoß zwingend das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen Verlag und Redakteur zerstört. Selbst wenn man die tarifvertragliche Vorschrift kündigungsrechtlich dergestalt relativieren wollte, dass sie nicht als absoluter Kündigungsgrund zu verstehen sei,2 so ist sie jedenfalls im Zusammenhang mit einem Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 KSchG angemessen zu berücksichtigen. (3) Verwirklichung des Tendenzschutzes

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Der Sonderstatus von Presseunternehmen beeinflusst maßgeblich auch die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen Verlag und Redakteur. Presseunternehmen können ihrer öffentlichen und grundgesetzlich geschützten Aufgabe nicht nachkommen, wenn sie tendenzschädlichen oder -feindlichen Einflüssen Dritter ausgesetzt sind. Sie müssen daher die Möglichkeit haben, solche Einflüsse abzuwehren, konsequenterweise nicht nur Einflüsse von „außen“, sondern auch von „innen“. Die Tarifvertragsparteien haben mit der Bestimmung des § 14 Ziff. 4 Satz 2 MTV/ Zeitungsredakteure deutlich gemacht, dass der Schutz und die Wahrung der festgelegten Tendenz einer Zeitung für den Verlag als Presseunternehmen und damit für die freie Presse insgesamt von existentieller Bedeutung sind. Hat ein Zeitungsverlag nicht die Möglichkeit tendenzschädlichen Einflüssen effektiv zu begegnen, sie also fern zu halten und abzuwehren, so ist er letztlich daran gehindert, seine Tendenz zu verwirklichen. Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien soll einem Zeitungsverlag daher nicht zugemutet werden, einen Redakteur weiter zu be1 Ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. BAG, Urteil vom 31.7.2002, 7 AZR 140/01, juris Rz. 18. 2 LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 9.7.2002, 8 Sa 40/02, juris Rz. 41.

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Arbeitnehmerschutz und Pressefreiheit

Rz. 185 C

schäftigen, wenn dieser in seiner Funktion als Tendenzträger die festgelegte und arbeitsvertraglich vereinbarte Tendenz der Zeitung nicht nur nicht respektiert, sondern ihr öffentlich zuwider handelt. (4) Vergleichbarkeit zum kirchlichen Bereich In seiner auf den kirchlichen Bereich bezogenen Entscheidung hat das 183 Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass im Rahmen einer Vertragsauflösung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG eine differenzierte Würdigung der jeweiligen Betriebszwecke erforderlich sei. Aus den unterschiedlichen Betriebszwecken können sich abgeschwächte oder verstärkte Anforderungen an das Verhalten oder die Person eines Arbeitnehmers ergeben mit der Folge, dass ein geringeres oder stärkeres Interesse des Arbeitgebers an der Vertragsauflösung anzuerkennen sei.1 In derselben Entscheidung respektiert das Bundesverfassungsgericht, dass eine Kirchengemeinde „von ihrer Zielsetzung“ – ihrem „Betriebszweck“ – her auf Glaubwürdigkeit in spezifischer Weise angewiesen sei, die sie einbüßen könnte, wenn ihr äußeres Erscheinungsbild sich all zu deutlich von der von ihr verkündeten Lehre abhebt. Den gleichen Rang nimmt für Zeitungs- und Zeitschriftenverlage der verfassungsrechtlich gewährleistete „Betriebszweck“ publizistischer Glaubwürdigkeit ein. Ebenfalls für den kirchlichen Bereich hat das Bundesverfassungsgericht in einer im Übrigen vergleichbaren Konfliktsituation zwischen kirchlichem Selbstverständnis und den Loyalitätspflichten der kirchlichen Arbeitnehmer letzteren verfassungsrechtlichen Rang eingeräumt und die Arbeitsgerichte verpflichtet, die – selbstbestimmten – kirchlichen Maßstäbe für die Bewertung vertraglicher Loyalitätspflichten zugrunde zu legen und ausgeführt: 2

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„Es bleibt danach grundsätzlich den verfassten Kirchen überlassen, verbindlich zu bestimmen, was „die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihrer Verkündigung erfordert“, was „spezifisch kirchliche Aufgaben“ sind, was „Nähe“ zu ihnen bedeutet, welches „die wesentlichen Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre“ sind und was als – gegebenenfalls schwerer – Verstoß gegen diese anzusehen ist.“

Entsprechend der Reichweite dieses Selbstbestimmungsrechts sind die Arbeitsgerichte an die vorgegebenen Wertvorstellungen gebunden und müssen die gerichtlichen Entscheidungen daran ausrichten. In dem kirchlichen Fall kam das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis, dass das Bundesarbeitsgericht „bei seiner Abwägung im Rahmen des Kündigungsschutzrechts dem Selbstverständnis der Kirchen nicht das von der Verfassung geforderte Gewicht beigemessen und damit in verfassungswidriger Weise in die Freiheit der Kirche, ihre Angelegenheit selbstständig zu re-

1 BVerfG, Beschluss vom 9.2.1990, 1 BvR 717/87, juris Rz. 5. 2 BVerfG, Beschluss vom 4.6.1985, 2 BvR 1703/83, juris Rz. 63.

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C Rz. 186

Tendenzschutz

geln“, eingegriffen hat.1 Gleichermaßen sind die Arbeitsgerichte aufgefordert, der verfassungsrechtlich verbürgten „uneingeschränkten Tendenzfreiheit“ der Verlage Rechnung zu tragen. Die Gerichte dürfen nicht ihre eigenen und damit staatlichen Maßstäbe bei der Beurteilung der publizistischen Grundsätze des Verlags und den sich daraus ergebenden Anforderungen an Verhalten und Person eines Redakteurs zugrunde legen. 186

Bezogen auf die Stasi-Rechtsprechung mit der Übergewichtung des kündigungsschutzrechtlichen Bestandsschutzes bis hin zur Ablehnung von Auflösungsentscheidungen, bedeutet dies, dass ein Verlag gezwungen wird, mit einem Redakteur weiter zu arbeiten, der sich von Einstellung und Berufsverständnis her als ungeeignet erwiesen hat, die verlegerischen Zielsetzungen zu unterstützen. Mit der erzwungenen Weiterbeschäftigung eines enttarnten Stasi-Spitzels werden personelle und publizistische Glaubwürdigkeit der Presse gegenüber der Leserschaft schwerwiegend beeinträchtigt. In der „modernen“ Welt erscheint es nicht unangemessen zu sein, den publizistischen Glaubwürdigkeitsinteressen im Sinne selbstbestimmter und uneingeschränkter Tendenzfreiheit den gleichen Rang einzuräumen, wie dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen im Interesse der Glaubwürdigkeit ihres Wirkens. c) Freistellung von Dienstpflichten

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Das in den Manteltarifverträgen des Zeitschriften- und Zeitungsverlagsgewerbes (in § 14 Ziff. 3 bzw. § 14 Ziff. 7) den Verlagen eingeräumte Recht, im Falle einer ausgesprochenen Kündigung den Redakteur unter Fortzahlung der vertraglichen Bezüge – zu beurlauben, ist ebenfalls Ausdruck des besonderen Vertrauensverhältnisses, das zwischen Verlag und seinen Tendenzträgern im Interesse glaubwürdiger publizistischer Arbeit unumgänglich ist. Ungeachtet des Rechts auf Arbeit, das dem Arbeitnehmer nicht nur Vergütungsansprüche, sondern auch einen faktischen Beschäftigungsanspruch gewährleistet, 2 ist anerkannt, dass die Arbeitsvertragsparteien sowie die Tarifvertragsparteien hierzu spezielle, an den jeweiligen Interessenlagen orientierte Regelungen treffen können.

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Die tarifvertragliche Freistellungs- bzw. Suspendierungsmöglichkeit des Verlags spiegelt das besondere Vertrauensverhältnis wieder, das einem Redakteursvertrag zugrunde liegen muss. Wegen der Sensibilität der Redakteurstätigkeit soll der Verlag das Recht haben, Spannungen von dem Publikationsorgan fern zu halten, die sich erfahrungsgemäß bei den Arbeitsvertragsparteien einstellen oder verschärfen, wenn sich die Trennungsabsicht durch Kündigungserklärung manifestiert hat. Die Tarifverträge geben im Wege einer grundsätzlichen Interessenabwägung den publizistischen Bedürfnissen eines Zeitungs- oder Zeitschriftenverlags 1 BVerfG, Beschluss vom 4.6.1985, 2 BvR 1703/83, juris Rz. 74. 2 Vgl. grundlegend BAG, Großer Senat vom 27.2.1985, GS 1/84, NZA 1985, 702 ff.

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Arbeitnehmerschutz und Pressefreiheit

Rz. 191 C

Vorrang gegenüber den beruflichen Interessen des Redakteurs. Auch das LAG Hamburg gibt dem Interesse eines Zeitschriftenverlags an der ungestörten Tendenzverwirklichung den Vorzug gegenüber dem Weiterbeschäftigungsinteresse eines Chefredakteurs und setzte mit tendenzbedingter Begründung die Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil aus, mit dem das Arbeitsgericht Hamburg den Verlag bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses verurteilt hatte, den Kläger auf seinen bisherigen Arbeitsplatz „als alleinigen Chefredakteur“ weiter zu beschäftigen. 1 Auch die mit der Schuldrechtsreform eingeführte Anwendung des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Formulararbeitsverträge nötigt zu keiner anderen Betrachtung. Nach § 310 Abs. 4 BGB findet eine AGB-Kontrolle nicht auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung, die Kraft normativer Tarifbindung oder arbeitsvertraglicher Vereinbarung Bestandteil der Vertragsbeziehungen sind. 2

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d) Arbeitskampf und Pressefreiheit Ebenso wenig wie die Aussperrungsbefugnis der Verlegerverbände erleidet 190 das Streikrecht der Redakteure Einschränkungen, die mit den Besonderheiten des Pressewesens bzw. der Druckindustrie gerechtfertigt werden könnten. Zwar können Arbeitskämpfe in der Druckindustrie die Pressefreiheit berühren und ein Spannungsverhältnis zwischen Arbeitskampf und Pressefreiheit nicht ganz ausgeschlossen werden. Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit den arbeitsrechtlichen Regeln über Arbeitskämpfe „im Lichte der Pressefreiheit“ auseinander zu setzen.3 Danach sind Streik und Aussperrung als Arbeitskampfmittel durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG im Bereich der Presse grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Die Presse ist privatrechtlich in Wirtschaftsunternehmen organisiert. Art. 9 Abs. 3 GG garantiert auch in diesem Wirtschaftszweig den Lohnfindungsprozess durch die Tarifvertragsparteien und damit auch Arbeitskampfmaßnahmen, durch die das Erscheinen der Presseerzeugnisse teilweise oder ganz verhindert werden können. Im Interesse einer für die Arbeitnehmer im Pressebereich funktionierenden Tarifautonomie muss es nach BAG die Öffentlichkeit indessen hinnehmen, wenn Zeitungen zeitweise nicht erscheinen können und dadurch das Meinungs- und Informationsangebot reduziert wird.“ Wegen der für die freiheitliche demokratische Grundordnung schlechthin konstituierenden Bedeutung von Presse und Rundfunk bzw. Fernsehen könnten sich nur dann Besonderheiten ergeben, „wenn durch einen Arbeitskampf die Informations- und Meinungsfreiheit nachhaltig gefährdet würden.“ 1 LAG Hamburg, Beschluss vom 29.11.1999, 7 Sa 78/99, unveröffentlicht. 2 BAG, Urteil vom 28.9.2005, 5 AZR 52/05, juris Rz. 23, 24. 3 BAG, Urteil vom 12.3.1985, 1 AZR 636/82, juris Rz. 42 ff.

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C Rz. 192 192

Tendenzschutz

Diese Grundsätze sah das BAG nicht als verletzt an anlässlich der bundesweiten und unbefristeten Abwehraussperrung in der Druckindustrie im Jahr 1978.1 Das Bundesverfassungsgericht bestätigte die Entscheidung des BAG, dass die Abwehraussperrung zwar den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt habe, nicht jedoch die Pressefreiheit. 2

1 BAG, Urteil vom 12.3.1985, 1 AZR 636/82, juris. 2 BVerfG, Beschluss vom 26.6.1991, 1 BvR 779/85, juris Rz. 56.

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D. Tarifrecht 1. Einleitung Auch heute noch wird der Inhalt der Arbeitsverträge in den meisten Fällen maßgebend durch Tarifverträge bestimmt. Die Kritik an diesem Instrumentarium, insbesondere an den Verbandstarifverträgen, ist jedoch gewachsen. Feststellbar ist, dass die Unternehmen – nicht nur in der Verlagsbranche – versuchen, sich der Tarifbindung zu entledigen, sei es, dass sie den Arbeitgeberverband verlassen, sei es dadurch, dass sie eine Form der Mitgliedschaft wählen, die nicht zur Tarifbindung führt. Die schlechte Reputation der Tarifautonomie ist zu einem guten Teil Folge des Tarifniveaus. Die tariflichen Leistungen werden als zu hoch empfunden.

1

2. Ursachen der Kritik Bis Anfang der 90er Jahre war das Instrument des Flächentarifvertrages 2 ziemlich unumstritten. Allerdings waren bereits damals die wesentlichen Ursachen für die heute beklagte Krise gesetzt worden. Sie wurden vor dem Hintergrund einer aufwärts gerichteten Wirtschaftsentwicklung jedoch nicht so offenkundig. Diese Entwicklung und die Lage auf dem Arbeitsmarkt, die trotz Beschäftigungslosigkeit durch einen Mangel an Fachkräften gekennzeichnet war, brachte es mit sich, dass viele Mitarbeiter ohne Hilfe ihrer Berufsorganisationen übertarifliche Leistungen erhielten. So verlor die Schutzfunktion des Tarifvertrages an Bedeutung und die Tarifpolitik der Gewerkschaften zielte nur noch darauf ab, ihren Mitgliedern einen immer höheren Anteil am Bruttosozialprodukt zu sichern. Dabei spielte dann das Leistungsprinzip eine eher untergeordnete Rolle, dagegen wurde der Gedanke der bedürfnisgerechten Verteilung durch Wegfall bzw. Anhebung der unteren Ebenen forciert. So entstehende Disproportionalitäten lieferten dann oft den Grund, später auch für obere Gehaltsgruppen entsprechende Aufbesserungen zu verlangen. Dieser Strategie setzten die Arbeitgeber zu wenig Widerstand entgegen. Jedenfalls ging im Zuge dieser Entwicklung die Qualität vieler Tarifvereinbarungen als Mindestnormen verloren. Weiterhin trat im Laufe der Zeit der Gesichtspunkt des branchenbezogenen Tarifvertrages immer mehr in den Hintergrund. Das gilt insbesondere für die Lohn- und Gehaltstarifverträge. In einem „Pilotbereich“ setzte eine Gewerkschaft einen teuren Tarifvertrag durch. An dieses Datum fühlten sich dann die anderen Branchen weitgehend gebunden. Wirtschaftlich notwendige Abweichungen von diesem Präjudiz wurden immer schwerer durchsetzbar. Branchenspezifika kamen zumeist nur noch in untergeordnetem Maße zur Geltung. Schaffeld

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D Rz. 4

Tarifrecht

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Zugleich wurde die Kampfparität der Sozialpartner – aus rechtlichen, psychologischen und praktischen Gründen – zu Lasten der Arbeitgeberseite empfindlich gestört. Die Arbeitskampfrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur Aussperrung verschob das Kräftegleichgewicht zu Lasten der Arbeitgeber. Die Taktik der Schwerpunktstreiks stellte die Unternehmen (vor allen Dingen dort, wo schwierige Wettbewerbsverhältnisse herrschen) vor erhebliche Solidaritätsprobleme. Gemeinsame Abwehrmaßnahmen zur Entlastung der angegriffenen Betriebe, wie Aussperrungen, unterblieben. Sie galten bei vielen Verbandsvertretern als so unpopulär, dass man sie nicht einmal mehr erwog. Damit ergab sich die absurde Situation, dass bestreikte Mitgliedsunternehmen von den Verbänden allein gelassen wurden, also praktisch in eine „Outsider-Rolle“ gerieten, während nichtorganisierte Unternehmen vielfach sicher sein konnten, überhaupt nicht in den Arbeitskampf verwickelt zu werden. Es liegt auf der Hand, dass dies die Attraktivität einer Zugehörigkeit zu den betreffenden Verbänden nicht gerade erhöht hat.

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Diese und andere Fehlentwicklungen wurden zwar immer einmal wieder angesprochen, hatten indessen zur Zeit der Hochkonjunktur keine schwerwiegenden organisationspolitischen Folgen.

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Die Dinge änderten sich jedoch, als sich die wirtschaftliche Situation verschlechterte. Kostensteigerungen ließen sich nicht mehr ohne weiteres über den Preis abwälzen. Rationalisierungsmaßnahmen, die in der Vergangenheit für Kostenentlastungen gesorgt hatten, stießen an ihre Grenzen.

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Das größte Problem für den Ordnungsfaktor Tarifautonomie liegt aber wohl darin, dass in jüngster Zeit angesichts der Globalisierung der Märkte die Kartellwirkung zwischen nationalen Sozialpartnern ausgehandelter Verträge immer weniger Bedeutung hat. Ausländische Konkurrenten deutscher Unternehmen sind weder rechtlich noch faktisch an hiesige Tarifverträge gebunden und können entsprechend billiger produzieren. Das Wettbewerbsregulativ des Tarifvertrags endet damit. Viele inländische Unternehmen derselben Branche befinden sich in unterschiedlichen Wettbewerbsbeziehungen. Bei abflachender Konjunktur und größerer ausländischer Konkurrenz bleibt oft nur der Weg, Personalkosten zu senken. Dies geschieht teilweise durch Entlassungen oder durch Auslagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. Für Zeitungsverlage, deren Märkte durch den Sprachraum begrenzt sind, herrschen insoweit freilich besondere Bedingungen.

3. Tarifvertrag a) Begriff des Tarifvertrages 8

Der Tarifvertrag ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen einem oder mehreren Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden einerseits und einer 164

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Tarifvertrag

Rz. 14 D

oder mehreren Gewerkschaften andererseits, in dem die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und Rechtsnormen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen und gemeinsame Einrichtungen der Vertragsparteien festgelegt werden (§ 1 TVG). Die einzelnen Bestandteile dieser Begriffsbestimmung werden in den folgenden Ausführungen erörtert.

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Zwar wird der Begriff „Tarifvertrag“ im Grundgesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Trotzdem ist er über Art. 9 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich geschützt. Ein Verbot des Gesetzgebers, Tarifverträge abzuschließen und stattdessen ausschließlich die Arbeitsbedingungen durch ihn festzulegen, wäre als Verstoß gegen die Koalitionsfreiheit verfassungswidrig.

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b) Parteien des Tarifvertrages Auf Arbeitnehmerseite können nur Gewerkschaften Partei eines Tarifver- 11 trages sein, während auf Arbeitgeberseite sowohl der einzelne Arbeitgeber als auch Arbeitgeberverbände Tarifverträge abschließen können. Insoweit wird differenziert nach den Begriffen „Verbandstarifvertrag“ und „Firmentarifvertrag“, je nachdem, wer auf Arbeitgeberseite den Tarifvertrag geschlossen hat. Der Firmentarifvertrag wird auch Haustarifvertrag genannt. Welche Organisation die Tarifverträge schließt, richtet sich nach deren 12 Satzung. Die DGB-Gewerkschaften sind nach dem Industrieverbandsprinzip organisiert, was bedeutet, dass für eine Branche nur eine Gewerkschaft zuständig ist. Im Druck- und Verlagsbereich ist das die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), die aus der Fusion mehrerer Einzelgewerkschaften entstanden ist und – soweit der journalistische Bereich betroffen ist – zusätzlich auch noch der Deutsche Journalisten-Verband e.V., Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten (DJV), der nicht dem DGB angehört.

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Auch auf Arbeitgeberseite ist die Satzung entscheidend, welcher Verband 14 die Tarifverträge schließt. Für die Redakteure an Tageszeitungen und Zeitschriften liegt die Tarifhoheit bei den Landesverbänden des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverlegers e.V. (BDZV) und des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger e.V. (VDZ). Für diese Mitarbeitergruppe handeln deren Landesverbände aber nicht selbst, sondern haben den BDZV und den VDZ bevollmächtigt, die Tarifverhandlungen zu führen. Der Abschluss muss dann von den Landesverbänden genehmigt werden.

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D Rz. 15

Tarifrecht

c) Form eines Tarifvertrages, Abschlussfreiheit 15 Tarifverträge sind formbedürftig. Nach § 1 Abs. 2 TVG müssen sie schriftlich abgeschlossen werden. I.Ü. bedürfen sie wie jeder andere Vertrag auch der übereinstimmenden Willenserklärung der Tarifparteien. 16 Ein rechtlicher Zwang zum Abschluss eines Tarifvertrages besteht nicht. Insoweit gilt auch für ihn das Prinzip der Vertragsfreiheit. Ein Arbeitgeber oder ein Arbeitgeberverband kann deshalb nicht von einer Gewerkschaft mit dem Ziel verklagt werden, mit ihr in Verhandlungen über den Abschluss eines Tarifvertrages einzutreten. Allerdings kann eine Gewerkschaft dann versuchen, den Arbeitgeber oder den Arbeitgeberverband mittels eines Arbeitskampfes zur Aufnahme von Verhandlungen und zum Abschluss eines Tarifvertrages zu bewegen.

4. Tarifverträge für Redakteure, Redaktionsvolontäre und arbeitnehmerähnliche freie Journalisten 17 Für Redakteure existieren folgende Verbandstarifverträge: – Gehaltstarifvertrag, – Manteltarifvertrag, – Tarifvertrag über die Altersversorgung, – Tarifvertrag über vermögenswirksame Leistungen für Redakteure an Tageszeitungen (für Zeitschriftenredakteure befindet sich eine entsprechende Regelung im Manteltarifvertrag), – Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung für Redakteure an Tageszeitungen. 18 Bis auf den Altersversorgungstarifvertrag gelten diese Tarifverträge auch für Redaktionsvolontäre, für die darüber hinaus noch der Tarifvertrag über das Redaktionsvolontariat abgeschlossen wurde. Im Tageszeitungsbereich existiert schließlich auch noch ein Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche freie Journalisten. 19 Der 1978 abgeschlossene Tarifvertrag über die Einführung und Anwendung rechnergesteuerter Textsysteme, der für alle Arbeitnehmer in einem Verlag gilt, ist nicht zwar nicht gekündigt worden, hat aber durch Zeitablauf praktisch keine Bedeutung mehr.

5. Rechtsnatur des Tarifvertrages 20 Nach herrschender Meinung hat der Tarifvertrag eine rechtliche Doppelnatur. In seinem schuldrechtlichen Teil regelt er die Rechte und Pflichten

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Rechtsnatur des Tarifvertrages

Rz. 23 D

der Tarifparteien untereinander und Dritten gegenüber, in seinem normativen Teil setzt er Recht für Dritte. a) Schuldrechtliche Wirkung eines Tarifvertrages Die wichtigste obligatorische Wirkung ist, dass während der Laufzeit des Tarifvertrages keine Tarifpartei versuchen darf, seine Bestimmungen durch Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen zu ändern. Diese Friedenspflicht bezieht sich freilich nur auf den konkreten Tarifvertrag. Ein bestehender Manteltarifvertrag hindert deshalb die Tarifvertragsparteien nicht, notfalls wegen eines Gehaltstarifvertrags einen Arbeitskampf zu führen.

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Des Weiteren sind die Tarifvertragsparteien verpflichtet, mit verbandsrechtlichen Mitteln dafür zu sorgen, dass die Verbandsmitglieder sich tarifmäßig verhalten, d.h. die Bestimmungen des Tarifvertrages auch tatsächlich einhalten. Zunächst müssen sie ihre Mitglieder über die abgeschlossenen Tarifverträge und deren Inhalt genau informieren. Im Fall wiederholter oder gezielter Missachtung eines Tarifvertrages durch eines seiner Mitglieder ist die Tarifvertragspartei gehalten, gegen dieses Mitglied mit verbandsrechtlichen Mitteln, die bis zum Ausschluss aus dem Verband reichen können, vorzugehen.

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b) Materiell-rechtliche Wirkung des Tarifvertrages Ob die Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis einwirken, hängt neben der der Frage, ob deren Geltungsbereich zutrifft, entscheidend davon ab, dass beide Arbeitsvertragsparteien tarifgebunden sind. Das ist dann der Fall, wenn – bei einem Verbandstarifvertrag Arbeitgeber und Arbeitnehmer Mitglieder des vertragschließenden Arbeitgeberverbandes bzw. der vertragschließenden Gewerkschaft sind; bei einem Haustarifvertrag schließt der Arbeitgeber den Tarifvertrag ab, sodass er selbst Tarifvertragspartei und deshalb tarifgebunden ist (§ 3 Abs. 1 TVG), die Tarifbindung des Arbeitnehmers folgt auch hier aus seiner Gewerkschaftszugehörigkeit. Daraus ergibt sich, dass zwar auf Arbeitgeberseite das einzelne Unternehmen einen Tarifvertrag schließen kann, auf Arbeitnehmerseite jedoch nur eine Gewerkschaft; oder – der Tarifvertrag gemäß § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärt wurde (§ 5 TVG). Dann gelten seine Bestimmungen auch für nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer zwingend (§ 5 Abs. 4 TVG). Erklärt wird die Allgemeinverbindlichkeit durch den Bundesarbeitsminister im Einvernehmen mit einem Ausschuss, dem je drei Vertreter der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer angehören (§ 5 Abs. 1 Schaffeld

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D Rz. 24

Tarifrecht

TVG). Spitzenorganisationen sind die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Für die Allgemeinverbindlicherklärung bedarf es eines Antrags einer der Parteien, die den Tarifvertrag abgeschlossen haben. 24 Weitere Voraussetzung ist, dass – die nach § 3 Abs. 1 TVG tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens 50 Prozent der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen und – die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten ist. 25 Im Verlagsbereich sind der Tarifvertrag über die Altersversorgung der Redakteure an Tageszeitungen und der Tarifvertrag über das Redaktionsvolontariat an Zeitschriften allgemeinverbindlich. oder 26 – eine dritte Möglichkeit, die Anwendung der Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis einwirken zu lassen, besteht darin, im Einzelarbeitsvertrag auf sie Bezug zu nehmen. 27 Wird im Einzelarbeitsvertrag auf die Tarifverträge Bezug genommen, sind deren Normen ebenfalls anzuwenden, sie können dann aber auch von den Arbeitsvertragsparteien einvernehmlich geändert werden. Insofern ist bei dieser Konstellation § 4 TVG nicht anwendbar. Das Bundesarbeitsgericht legte in der Vergangenheit die Bezugnahme in einem von einem tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag auf die für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifverträge regelmäßig als Gleichstellungsabrede aus, mit der bezweckt werde, nicht tarifgebundene und tarifgebundene Arbeitnehmer gleichzustellen. 1 Daran wird es jedoch nur noch für Arbeitsverträge festhalten, die vor dem 31.12.2001 geschlossen wurden, wie es in der Entscheidung vom 14.12.2005 angekündigt hat.2 Bei Arbeitsverträgen mit dynamischen Verweisungen (z.B. es gelten die einschlägigen Tarifverträge für Redakteure in der jeweiligen Fassung) auf die einschlägigen Tarifverträge wird es anders entscheiden, was zur Folge hat, dass z.B. bei Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers etwa durch den Erwerb der OT-Mitgliedschaft im Verband der tarifungebundene Arbeitnehmer besser gestellt ist als der tarifgebundene. In einem derartigen Fall kann sich dann der tarifungebundene Arbeitnehmer nämlich auf seinen Arbeitsvertrag berufen und auch zukünftig die Anwendung der Tarifverträge verlangen, obwohl der Arbeitgeber nicht mehr tarifgebunden ist. Sehen z.B. diese Tarifverträge eine Gehaltsverbesserung vor, haben darauf die tarifungebundenen Redakteure 1 Z.B. in BAG AP Nr. 29 zu § 1 TVG. 2 BAG, Urteil vom 14.12.2005 – 4 AZR 536/04.

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Rechtsnatur des Tarifvertrages

Rz. 32 D

auf Grund der Gleichstellungsklausel einen arbeitsvertraglichen Anspruch, nicht aber die tarifgebundenen. Um diese Rechtsfolge zu vermeiden, kann die Bezugnahmeklausel als statische ausgestaltet werden, etwa durch die Formulierung, dass die Tarifverträge in der bei Abschluss des Arbeitsvertrages geltenden Fassung anwendbar seien. 1 c) Wirkung der Rechtsnormen In § 4 Abs. 1 TVG heißt es, dass die Rechtsnormen des Tarifvertrages, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits nach § 3 Abs. 1 TVG Tarifgebundenen gelten, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallen. Wer unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fällt, ist diesem zu entnehmen.

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Unterschieden wird zwischen dem räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich. So heißt es in den Tarifverträgen für Redakteure an Tageszeitungen, dass sie räumlich für die Bundesrepublik Deutschland, fachlich für die Verlage von Tageszeitungen und persönlich für alle hauptberuflich an Tageszeitungen festangestellten Redakteure und entsprechend für Redaktionsvolontäre gelten, soweit für diese nichts anderes bestimmt ist. Dabei sind die im Ausland für inländische Verlage tätigen Redakteure in den Geltungsbereich eingeschlossen. Daraus folgt, dass Redakteure an Wochenzeitungen, Anzeigenblättern, Online-Diensten nicht vom Geltungsbereich erfasst werden.

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Zum Geltungsbereich der Tarifverträge für Zeitschriftenredakteure heißt 30 es, dass sie räumlich für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des Landes Berlin (Gebietsstand: 2.10.1990), fachlich für alle Verlage, die Zeitschriften allgemeiner, fachlicher oder konfessioneller Art herausgeben und persönlich für alle hauptberuflich festangestellten Redakteure (Wort und Bild) und mit der Ausnahme der Bestimmung des § 2 MTV auch für Redaktionsvolontäre gilt. Da Anzeigenblätter oder Online-Dienste auch keine Zeitschriften sind, gelten die Tarifverträge für Zeitschriftenredakteure ebenfalls nicht für die Mitarbeiter an diesen Medien. Nur wenn alle drei Bestandteile des Geltungsbereiches zutreffen und bei- 31 derseitige Tarifbindung besteht, sind die Tarifverträge nach § 4 Abs. 1 TVG zwingend anzuwenden. Unmittelbare Wirkung bedeutet, dass es nicht erforderlich ist, die Rege- 32 lungen des Tarifvertrages im Einzelarbeitsvertrag umzusetzen, also sie dort zu wiederholen oder auf sie Bezug zu nehmen. 1 BAG a.a.O.

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D Rz. 33

Tarifrecht

33 Zwingende Wirkung bedeutet, dass die Tarifnormen Mindestbedingungen sind und, von der Ausnahme in § 4 Abs. 3 TVG abgesehen, von den Arbeitsvertragsparteien nicht unterschritten werden dürfen. 34 Nach § 4 Abs. 3 TVG sind vom Tarifvertrag abweichende Vereinbarungen im Arbeitsvertrag nur zulässig, wenn sie Regelungen zu Gunsten des Arbeitnehmers enthalten oder durch den Tarifvertrag zugelassen sind. Häufig wird in Arbeitsverträgen eine Tarifklausel wiederholt. Sie hat nur deklaratorische Bedeutung, denn wegen der unmittelbaren Wirkung einer Tarifnorm gilt sie ohnehin. 35 Eine derartige Arbeitsvertragsklausel kann jedoch im Nachhinein nichtig werden, nämlich dann, wenn der Tarifvertrag geändert wird und dann die arbeitsvertraglich vereinbarte Klausel zu Lasten des Redakteurs nicht mehr mit der tariflichen Regelung übereinstimmt. 36 Nach § 4 Abs. 4 TVG kann ein Arbeitnehmer nicht ohne weiteres auf tarifliche Ansprüche verzichten. Das ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. d) Nachwirkung des Tarifvertrages 37 Wie jeder andere Vertrag kann auch der Tarifvertrag beendet werden, entweder durch Kündigung – was der Normalfall ist – oder durch Fristablauf, weil er von vornherein nur für eine bestimmte Frist abgeschlossen wurde, nach deren Ablauf er automatisch enden soll (in der Praxis selten). In diesen Fällen tritt dann die so genannte Nachwirkung der Tarifvertragsbestimmungen ein. Geregelt ist diese in § 4 Abs. 5 TVG. Danach gelten die Tarifbestimmungen so lange weiter, bis sie durch eine neue Abmachung ersetzt werden. Diese andere Abmachung kann bestehen in einem neuen Tarifvertrag, was die Regel ist oder, was selten ist, durch einen Einzelvertrag oder durch eine Betriebsvereinbarung. 38 Im Nachwirkungszeitraum sind die Tarifbestimmungen dispositiv, d.h. die Arbeitsvertragsparteien können Regelungen auch zu Lasten des Arbeitnehmers vereinbaren, was jedoch bei zum Kündigungszeitpunkt des Tarifvertrages bestehenden Arbeitsverhältnisses eher die Ausnahme ist. 39 In tarifgebundenen Verlagen kommt eine Beendigung der Nachwirkung durch eine einzelvertragliche Vereinbarung wegen der Regelung in § 4 Abs. 1 TVG praktisch nicht vor. Sollte nämlich später ein neuer Tarifvertrag geschlossen werden und enthält der Einzelarbeitsvertrag schlechtere Bedingungen für den Arbeitnehmer als sie der Tarifvertrag vorsieht, werden die einzelvertraglichen Normen durch die tarifvertraglichen verdrängt. Das gilt freilich nicht, wenn der Verlag inzwischen vor Abschluss des neuen Tarifvertrages den Verband verlassen oder die OT-Mitgliedschaft erworben hat. Für ihn gilt der alte Tarifvertrag kraft Nachwirkung weiter. Da er dann nicht mehr tarifgebunden ist, gilt der neue Tarifvertrag 170

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Rz. 45 D

Rechtsnatur des Tarifvertrages

für ihn nicht mehr. Er kann deshalb mit seinen Mitarbeitern vom Tarifvertrag abweichende Regelungen vereinbaren. Die Nachwirkung durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu beenden, ist rechtlich wegen der Regelung in § 77 Abs. 3 BetrVG nur in seltenen Fällen möglich, weil danach Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die tariflich geregelt sind oder üblicherweise tariflich geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein können (vgl. dazu unten D Rz. 50 ff.).

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e) Austritt aus dem Verband Angesichts dessen, dass ausgenommen im Fall der Allgemeinverbindlicherklärung, die tarifvertraglichen Regelungen nur dann zwingend sind, wenn beiderseitige Tarifbindung gegeben ist, kann der Gedanke aufkommen, diese dadurch zu vermeiden, indem das Unternehmen aus dem Arbeitgeberverband austritt. Eine echte Alternative ist das jedoch nicht. Das ergibt sich aus nachstehenden Erwägungen.

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Der Fall, dass sich ein Unternehmen durch Austritt aus dem Verband den 42 Bindungen des Tarifvertrages entledigen will, wurde vom Gesetzgeber gesehen. In der Weimarer Zeit war die „Flucht aus dem Tarifvertrag“ eine zwar erlaubte, jedoch heftig bekämpfte Methode, um den Wirkungen von Tarifnormen zu entgehen, die durch Zwangsschlichtung zustande gekommen waren. 1 Eine Zwangsschlichtung ist heute durch Art. 9 Abs. 3 GG ausgeschlossen. Damals machten teilweise die Arbeitgeber sogar „Nägel mit Köpfen“, indem sie den gesamten Verband auflösten. Der Nachkriegsgesetzgeber, der durch Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) die 43 Regelung von Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen im Wesentlichen den Tarifvertragsparteien zugewiesen hat, beabsichtigte deshalb, den Tarifverträgen ein stärkeres Gewicht zu geben. Das geschah durch Aufnahme der §§ 3 und 4 in das Tarifvertragsgesetz und durch § 77 Abs. 3 BetrVG, in dem der Vorrang des Tarifvertrages festgelegt ist. In § 3 Abs. 3 TVG ist bestimmt: „Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet“. Nach einhelliger Meinung ist Zweck dieser Bestimmung, die privatrechtliche Gestaltungsfreiheit einzuschränken und die „Tarifflucht“ durch Austritt aus dem Verband zu verhindern. 2

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Unternehmen, die bei Abschluss des Tarifvertrages Mitglied des vertrags- 45 schließenden Arbeitgeberverbandes waren, können sich deshalb nicht durch Kündigung der Verbandsmitgliedschaft sofort der Tarifgebundenheit entledigen. Nach § 4 Abs. 1 TVG gilt damit der materielle Teil von

1 RAG, JW 1930, 3498. 2 Wiedemann/Oetker, Tarifvertragsgesetz, 6. Auflage 1999, § 3 Rz. 45.

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D Rz. 46

Tarifrecht

Tarifverträgen bis zu deren Beendigung auch in dem ausgetretenen Unternehmen zwingend (§§ 3 Abs. 3, 4 Abs. 1 TVG). 46 Aber auch dann, wenn von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, den Tarifvertrag zu kündigen, verliert dieser, wie bereits oben gesagt, nicht seine Bedeutung. In diesem Fall greift nämlich die Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 TVG ein. Diese gilt nicht nur für die verbandsangehörigen Verlage, sondern auch für die, die bei Inkrafttreten der entsprechenden Tarifverträge Mitglied des Verbandes waren und erst danach ausgetreten sind. 47 Zwar unterliegen im Nachwirkungszeitraum, wie gesagt, die Tarifregelungen der Disposition der Arbeitsvertragsparteien, sodass es rechtlich ohne weiteres zulässig ist, einzelvertraglich dann schlechtere Arbeitsbedingungen zu vereinbaren als sie der Tarifvertrag vorsieht, das kann aber auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen, jedenfalls für die Arbeitsverhältnisse, die im Nachwirkungszeitraum bereits bestanden haben. Im bestehenden Arbeitsverhältnis werden die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers im Nachwirkungszeitraum nicht anders als im Normwirkungszeitraum vom Tarifvertrag bestimmt. Eine Verschlechterung kann deshalb nur einvernehmlich zwischen den Arbeitsvertragsparteien vorgenommen werden oder kraft Änderungskündigung durchgesetzt werden. Arbeitsverhältnisse, die im Nachwirkungszeitraum bereits bestanden, können deshalb nicht ohne weiteres einseitig durch den Arbeitgeber verändert werden. Ein Einvernehmen wird sich nur schwer mit den Arbeitnehmern herstellen lassen. Auch eine Änderungskündigung wird in fast allen Fällen an der Regelung des § 2 KSchG scheitern. Danach muss auch eine Änderungskündigung sozial gerechtfertigt sein. Da in derartigen Fällen praktisch nur eine betriebsbedingte Änderungskündigung vorstellbar ist, müsste der Verlag schon nachweisen, dass er unter keinen Umständen (objektiv) in der Lage ist, die Tarifverträge einzuhalten. Ob ihm dieser Nachweis gelingt, ist – von Ausnahmen vielleicht abgesehen – sehr zweifelhaft. 48 Diese rechtlichen Schwierigkeiten bestehen allerdings nicht für die Arbeitsverhältnisse, die erst im Nachwirkungszeitraum begründet werden. Arbeitsverträge, die erst im Nachwirkungszeitraum abgeschlossen werden, können deshalb ohne weiteres schlechtere Arbeitsbedingungen enthalten als sie der Tarifvertrag vorsieht.1 Hier stellt sich allerdings die praktische Frage, ob ein Verleger eine derartige Differenzierung seiner Belegschaft will. Sie könnte nämlich zur Folge haben, dass leistungsstarke neu eingestellte Mitarbeiter schlechter bezahlt werden als leistungsschwächere ältere Mitarbeiter, die sich auf die Nachwirkung der Tarifverträge nach § 4 Abs. 5 TVG berufen können. Hinzu kommt, dass es zwar rechtlich erlaubt ist, bei den Arbeits1 BAG, AP Nr. 1, 8 zu § 4 TVG – Nachwirkung.

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bedingungen zwischen bereits bestehenden und neu begründeten Arbeitsverhältnissen zu differenzieren, ohne gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu verstoßen, innerhalb der Gruppe der neu begründeten Arbeitsverhältnisse ist er jedoch zu beachten. Ohne sachlichen Grund darf der Arbeitgeber neu eintretende Arbeitnehmer nicht ungleich behandeln. 1 Er wird deshalb mit allen neu eintretenden Arbeitnehmern praktisch die gleichen Arbeitsbedingungen vereinbaren müssen. Der Fall, dass einigen neu eintretenden Arbeitnehmern Tarifbedingungen gewährt werden, anderen aber nicht, bedarf der sachlichen Rechtfertigung, die um so schwieriger zu begründen ist, je unterschiedlicher verfahren wird. Um Missverständnisse zu vermeiden, ist im Hinblick auf die Nachwirkung darauf hinzuweisen, dass diese „nur“ für die Tarifverträge gilt, die bei Austritt aus dem Verband bestanden. Spätere Veränderungen der Tarifverträge werden von ihr nicht erfasst. Tarifliche Erhöhungen der Gehälter beispielsweise, die erst nach Austritt aus dem Verband erfolgen, gelten für die „Außenseiter“ nicht mehr, auch nicht für die „Altarbeitnehmer“. Trotz Nachwirkung braucht deshalb keinem Arbeitnehmer aus tariflichen Gründen ein höheres Gehalt bezahlt zu werden.

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f) Tarifsperre Häufiger hört man auf das Argument, auf betrieblicher Ebene sei mit den 50 Betriebsräten „besser“ zu reden als mit der Gewerkschaft. Hausintern könne man durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung günstigere Ergebnisse erreichen als auf der Tarifebene. Es sei deshalb angebracht, das Gespräch mit dem Betriebsrat zu suchen und mit ihm die Arbeitsbedingungen für die Belegschaft auszuhandeln. Dieser Auffassung stehen zwei Bedenken gegenüber. Das eine Bedenken ist rechtlicher, das andere praktischer Natur. Betriebsvereinbarungen über Gegenstände, die im Tarifvertrag geregelt 51 sind, sind unzulässig. Das ergibt sich aus § 77 Abs. 3 BetrVG. Danach können „Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein“, es sei denn, der Tarifvertrag lässt den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zu. Der Gesetzgeber hat damit den Tarifvertragsparteien den Vorrang gegeben. Die Regelung des § 77 Abs. 3 BetrVG dient nach praktisch einhelliger Meinung der Sicherung der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie sowie der Erhaltung und Stärkung der Funktionsfähigkeit der Koalitionen.2 Die durch den bereits erwähnten Art. 9 Abs. 3 GG verfassungs1 Vgl. zum arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz auch Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 11. Auflage 2005, § 112. 2 Fitting, BetrVG, 23. Auflage 2005, § 77 Rz. 67.

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D Rz. 52

Tarifrecht

rechtlich garantierte Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie soll nicht durch Betriebsvereinbarungen gefährdet werden. Dadurch würde die Stellung und Funktionsfähigkeit der Koalitionen entscheidend geschwächt. 52 Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG bezieht sich auf Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, damit auf Materien, die Gegenstand der oben genannten Tarifverträge sind. 53 Ein ausgetretenes Mitglied könnte auch nicht einwenden, dass die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG ihm gegenüber nicht gelte, weil seine Tarifgebundenheit gem. § 3 Abs. 3 TVG durch den Austritt beendet sei und abweichende Vereinbarungen im Nachwirkungszeitraum zulässig seien. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 77 Abs. 3 BetrVG reicht es bereits aus, dass die Arbeitsbedingungen nur üblicherweise tariflich geregelt werden. Auf die Tarifbindung kommt es deshalb im Rahmen des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht an. Da die oben genannten Tarifverträge Branchentarifverträge sind, liegt das Merkmal der Tarifüblichkeit in den Bundesländern, auf die sich der räumliche Geltungsbereich erstreckt, vor, so dass der Abschluss von Betriebsvereinbarungen über die Arbeitsbedingungen rechtlich nicht zulässig ist, unabhängig davon, ob es sich um ein Verbandsmitglied oder einen „Außenseiter“ handelt. g) Keine Tarifsperre für Strukturfragen 54 Die Tarifsperre gilt zwar hinsichtlich der Gehaltshöhe, greift jedoch nicht ein, soweit es um strukturelle Fragen insbesondere der Gehaltstarifverträge geht, die Einfluss auf das Arbeitsentgelt haben. Die Gehälter der Redakteure werden durch zwei Komponenten bestimmt, nämlich Anzahl der Berufsjahre und ausgeübte Funktion. Das sind strukturelle Gesichtspunkte. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung mitzubestimmen. Dazu zählen die genannten Strukturformen der Gehaltstarifverträge. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts greift der Tarifvorbehalt des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht ein, soweit es sich um eine Angelegenheit handelt, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist.1 Strukturfragen unterliegen damit prinzipiell dem Mitbestimmungsrecht. 55 In tarifgebundenen Unternehmen spielt das keine Rolle, denn dort ist das Mitbestimmungsrecht bei dieser Angelegenheit durch den Eingangshalbsatz des § 87 Abs. 1 BetrVG ausgeschlossen, denn danach besteht es nur dann, wenn die Angelegenheit tariflich nicht geregelt ist. Das setzt voraus, dass das Unternehmen an die entsprechende Tarifregelung gebun1 BAG, AP Nr. 8, 10 zu § 77 BetrVG 1972 – Tarifvorbehalt; AP Nr. 18, 34 zu § 77 BetrVG 1972 – Tarifvertrag.

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Rechtsnatur des Tarifvertrages

Rz. 59 D

den ist. Das ist bei Verlagen, die den Verband verlassen haben, nicht mehr der Fall. Nach Auslaufen des Tarifvertrages kann deshalb der Betriebsrat in verbandsungebundenen Verlagen verlangen, z.B. die Struktur des Verbandstarifvertrages in einer Betriebsvereinbarung zu übernehmen. Die Wirkung ist dann die gleiche wie beim Tarifvertrag, wie sich aus § 77 Abs. 4 BetrVG ergibt. Danach gelten die Normen in einer Betriebsvereinbarung unmittelbar und zwingend. d) Mitgliedschaft ohne Tarifbindung Manche Verlage sehen eine Alternative zum Austritt aus dem Arbeitgeberverband in dem Erwerb der Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OTMitglieder). Nicht nur im Verlagsgewerbe, sondern auch in anderen Branchen haben die meisten Arbeitgeberverbände die OT-Mitgliedschaft zugelassen. Bei der OT-Mitgliedschaft bleibt der Verband weiterhin tariffähig, die von ihm abgeschlossenen Tarifverträge gelten aber dann nur für den Teil seiner Mitglieder, der sich für die Tarifbindung entschieden hat.

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Mitglieder, die sich bereits beim Eintritt in den Verband für die OT-Mitgliedschaft entschieden haben, sind von vornherein tarifungebunden.

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Für die Mitglieder, die erst im Laufe ihrer Verbandszugehörigkeit die OT- 58 Mitgliedschaft erwerben, gilt folgende Rechtslage: Soweit die Tarifverträge ungekündigt sind, ändert sich, wie bereits oben gesagt, für das OT-Mitglied zunächst nichts. Das ergibt sich aus § 3 Abs. 3 TVG. Sie haben sie einzuhalten, denn sie bleiben bis zur Beendigung zwingend. Aber auch die zum Zeitpunkt des Erwerbs der OT-Mitgliedschaft und zu einem späteren Zeitpunkt gekündigten Tarifverträge sind für das OT-Mitglied nicht ohne Weiteres wirkungslos, denn dann tritt die Nachwirkung ein. Diese beschränkt sich freilich auf den Inhalt, den die Tarifverträge zum Zeitpunkt der Kündigung hatten. Von späteren Neuabschlüssen ist das OT-Mitglied nicht mehr betroffen. Das gilt aber auch, wenn die Tarifverträge zugunsten des Arbeitsgebers geändert werden. Im Nachwirkungszeitraum verlieren die Tarifverträge, wie bereits oben 59 gesagt, ihren zwingenden Charakter, sodass individualrechtlich auch zu Ungunsten der Arbeitnehmer von den Tarifregeln abgewichen werden kann. Hier wird aber manchmal übersehen, dass die Abweichung nicht ohne Weiteres einseitig erfolgen kann. Die zum Zeitpunkt des Erwerbs der OT-Mitgliedschaft bereits beschäftigten Mitarbeiter haben Anspruch darauf, auch weiterhin nach den Tarifregeln behandelt zu werden, wie Schaffeld

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D Rz. 59

Tarifrecht

sie zum Zeitpunkt der Kündigung der Tarifverträge bestanden. Eine Änderung kann nur einvernehmlich oder durch Änderungskündigung erfolgen. Dabei ist die Änderungskündigung praktisch kaum durchzusetzen (vgl. oben Rz. 47).

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E. Tarifvertrag über die Altersversorgung für Redakteure Die Alterssicherung der Redakteure beruht auf zwei Säulen, nämlich der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Alterssicherung, die ihre Grundlage im Tarifvertrag über die Altersversorgung für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen und Zeitschriften hat (TVAV). Zwar handelt es sich dabei um zwei verschiedene Tarifverträge, die aber inhaltsgleich sind.

1

Abgewickelt wird die betriebliche Alterssicherung über das Versorgungswerk der Presse GmbH in Stuttgart.

2

Der Geltungsbereich der Tarifverträge ist mit der Ausnahme, dass sie nicht für Redaktionsvolontäre gelten, identisch mit dem im MTV.

3

Die tarifliche Altersversorgung wird in Form einer Direktversicherung durchgeführt. Nach § 3 Abs. 1 TV-AV ist jeder Redakteur, der entweder ein Berufsjahr zurückgelegt oder das 25. Lebensjahr vollendet hat, versicherungspflichtig. Er muss sich deshalb gemäß § 2 Abs. 2 TV-AV versichern lassen. Nur in Ausnahmefällen kann er gemäß § 3 Abs. 3 TV-AV auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit werden. Der Antrag ist an das Versorgungswerk zu richten. Ihm kann nur stattgegeben werden, wenn der Redakteur ein der Versorgung durch das Versorgungswerk entsprechenden Versicherungsschutz nachweisen kann oder dieser Schutz nicht erforderlich ist.

4

Bei Berufsanfängern, die älter als 25 Jahre sind, entfällt die Versicherungspflicht während einer Probezeit, denn in § 3 Abs. 2 TV-AV heißt es, dass während einer Probezeit der Redakteur längstens für drei Monate versicherungsfrei bleibt, wenn er nicht zuvor bereits versichert war und der Versicherungsvertrag nicht aufgelöst wurde. Für Berufsanfänger bestand vorher kein Versicherungsvertrag. Bei anderen Redakteuren ist das nur ausnahmsweise der Fall.

5

Die Versicherungspflicht beginnt nach § 4 Abs. 1 TV-AV mit dem Tag der 6 Aufnahme der Beschäftigung und endet spätestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Redakteurs. Nimmt dieser vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch, endet der Versicherungsvertrag nicht automatisch. Der Redakteur kann jedoch die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag vorher verlangen. Der Verlag ist nach § 5 Abs. 1 TV-AV verpflichtet, den Redakteur mit Be- 7 ginn der Versicherungspflicht beim Versorgungswerk anzumelden, ihn gemäß § 2 Abs. 1 TV-AV bei dessen Vertragsgesellschaften zu versichern und die Beiträge nach Maßgabe des Tarifvertrages an das Versorgungs-

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E Rz. 8

Tarifvertrag über die Altersversorgung für Redakteure

werk abzuführen. Sobald der Redakteur angemeldet und der erste Beitrag eingezahlt ist, besteht gemäß § 6 TV-AV Versicherungsschutz. 8

Berechnet werden die Beiträge nach §§ 10, 11 TV-AV nach dem Bruttomonatsgehalt des Redakteurs bis zu einer Höchstbemessungsgrundlage von 4 700 Euro. Insgesamt werden 7,5 Prozent des Bruttogehalts bis zu dieser Höchstbemessungsgrundlage an Beiträgen geschuldet. Von diesen trägt gemäß § 11 Abs. 3 TV-AV der Verlag zwei Drittel und der Redakteur ein Drittel.

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Nach § 14 Abs. 1 TV-AV sind im Falle von Krankheit, Berufsunfähigkeit und Tod Beiträge nach Maßgabe des letzten vollen Gehalts solange zu zahlen, als nach den tariflichen Bestimmungen die vollen Bezüge oder Zuschüsse gezahlt werden. Diese Beitragspflicht besteht auch während der Mutterschutzfristen, nicht aber in der Elternzeit.

10 Im Fall der Berufsunfähigkeit entfällt nach § 14 Abs. 2 TV-AV die Beitragspflicht, wenn nach den Bedingungen der Vertragsgesellschaften wegen Gewährung von Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Beitragsfreiheit besteht. 11 Die Regelung in § 15 TV-AV über eine Versorgungskasse, die eine Unterstützungskasse ist, hat nur noch Übergangsfunktion. In sie werden seit dem 1.1. 1999 keine Beiträge mehr eingezahlt. Aus ihr erhalten Redakteure, für die bereits vor diesem Stichtag Beiträge in die Versorgungskasse eingezahlt wurde, später im Alter Leistungen.

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F. Urhebervertragsrecht 1. Einleitung Kaum ein Gesetzgebungsvorhaben der Bundesregierung hatte eine solche kontroverse Diskussion ausgelöst wie die Novelle zum Urhebervertragsrecht, die am 1.7.2002 in Kraft trat. Werden urheberrechtliche Fragen sonst nur in der engen Fachöffentlichkeit diskutiert, waren es bei diesem Thema nicht nur die relativ wenigen Urheberrechtsexperten, die sich zu Wort meldeten, sondern fachübergreifend auch Vertreter anderer Disziplinen.

1

Kernregelungen des Urhebervertragsrechts sind, soweit es die Presse betrifft, die §§ 32 und 36 UrhG. Nach § 32 UrhG hat der Urheber Anspruch auf eine angemessene Vergütung, in § 36 UrhG ist bestimmt, dass die Urheberverbände mit den Verwerterverbänden oder den einzelnen Verwertern gemeinsame Vergütungsregelungen aufstellen sollen.

2

2. Personenkreis Bevor auf die Einzelheiten eingegangen wird, ist die Frage zu beantworten, für welchen Personenkreis die Bestimmungen überhaupt gelten. Für den Pressebereich ist das deshalb von hohem Interesse, beschäftigen die Verlage doch Urheber, die zu ihnen in einem Arbeitsverhältnis stehen, arbeitnehmerähnliche freie Journalisten und „ganz“ freie Journalisten. Können sich alle diese Personen auf das neue Urhebervertragsrecht berufen, so ist zu fragen.

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Im Gesetz ist zwar dazu ausdrücklich nichts gesagt, die Antwort ergibt sich jedoch aus der Zweckbestimmung der Regelungen.

4

Nach Auffassung des Gesetzgebers war die Schaffung des Urhebervertragsrechts erforderlich, weil der Urheber dem Verwerter gegenüber strukturell unterlegen sei, um gerechte Vertragsbedingungen durchzusetzen. Dieses wirtschaftliche Ungleichgewicht der Vertragsparteien begründe deshalb die Gefahr einseitig begünstigender Verträge. Andererseits beruhe das Urheberrecht auf dem Grundgedanken, den Urheber angemessen an dem wirtschaftlichen Nutzen seiner Arbeit zu beteiligen, so die Begründung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages.

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Daraus folgt, dass die Redakteure sich nicht auf das neue Gesetz berufen können. Für diese gilt vielmehr ausschließlich der § 18 MTV/Zeitungsredakteure bzw. § 12 MTV/Zeitschriftenredakteure.

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Andererseits gilt, wie gesagt, das Urhebervertragsrecht sowohl für die arbeitnehmerähnlichen freien Journalisten als auch die „ganz“ freien Jour-

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F Rz. 8

Urhebervertragsrecht

nalisten. Für die arbeitnehmerähnlichen freien Journalisten ist allerdings für den Zeitungsbereich wiederum eine Einschränkung zu machen. Für diese Berufsgruppe werden zwischen dem BDZV und den Gewerkschaften DJV und ver.di Tarifverträge geschlossen, in denen die Honorare festgelegt sind. Diese gehen auf jeden Fall gem. § 36 Abs. 1 Satz 3 UrhG gemeinsamen Vergütungsregeln vor.

3. Vergütung a) Angemessenheit 8

Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 UrhG hat der Urheber für die Einräumung von Nutzungsrechten Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart (§ 32 Abs. 1 Satz 2 UrhG). Diese Regelung entspricht dem § 22 VerlG.

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Der Eingriff in die Vertragsfreiheit geschieht dann in § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG. Danach hat der Urheber einen Korrekturanspruch, wenn die vereinbarte Vergütung unangemessen ist.

10 In § 32 Abs. 2 UrhG ist dann Näheres zur Angemessenheit der Vergütung geregelt. Dort wird auf die Regelung in § 36 UrhG verwiesen, in der von gemeinsamen Vergütungsregeln die Rede ist. Existiert eine entsprechende Vergütungstabelle und ist der Urheber danach bezahlt worden, wird unwiderlegbar vermutet, dass die Vergütung angemessen ist. Außerhalb einer Vergütungstabelle wird die Sache dann nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich sehr kompliziert. Folgende Kriterien sind nämlich zur Ermittlung der Angemessenheit der Vergütung heranzuziehen: 11 – Umfang der eingeräumten Nutzungsrechte, der dem Vertrag zu entnehmen ist. Anders als bei Redakteuren, die aufgrund der tarifvertraglichen Bestimmungen dem Verlag umfassend alle heute bekannten Nutzungsrechte übertragen, muss mit freien Urhebern der Umfang der Rechteübertragung einzelvertraglich vereinbart werden. Bei fehlender oder pauschaler Vereinbarung gilt die Auslegungsregelung des § 31 Abs. 5 UrhG, die als sog. Zweckübertragungstheorie beschrieben wird. Danach wird der Umfang der Nutzungsrechte, die der Verlag erwirbt, durch den Vertragszweck bestimmt. – Dauer der Nutzung – Zeitpunkt der Nutzung – zeitlich und territorial begrenzte oder unbegrenzte Nutzungsbefugnis 12 Weiterer Maßstab ist, was unter Berücksichtigung aller Umstände üblicherweise und redlicherweise zu leisten ist.

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Vergütung

Rz. 17 F

Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt, an dem der Vertrag geschlossen wurde. Besondere Schwierigkeiten bereitet die Ermittlung der angemessenen Vergütung, wenn der Beitrag nicht oder nicht in allen Nutzungsarten, die dem Verlag eingeräumt wurden, verwertet wird. Es stellt sich dann die Frage, ob auf die potenzielle Nutzungsmöglichkeit oder auf die tatsächlichen Nutzung abzustellen ist. Das Gesetz ist an dieser Stelle unklar und widersprüchlich. Einerseits heißt es in § 32 Abs. 2 Satz 2 UrhG, dass die Vergütung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses angemessen sein muss, andererseits soll dem Urheber eine angemessene Vergütung über die gesamte Laufzeit des Vertrages gesichert werden.1 Insoweit wird in der Begründung an § 11 Satz 2 UrhG angeknüpft. Danach dient das Urheberrecht der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes. Dieser Gesichtspunkt spricht dafür, auf die tatsächliche Nutzung abzustellen, weil nur dann einigermaßen zuverlässig festgestellt werden kann, ob das Honorar im Verhältnis zu den Erträgen, die der Verlag daraus zog, angemessen war. Dagegen spricht jedoch die Regelung in § 32a UrhG, in der eine weitere Beteiligung des Urhebers vorgesehen ist, wenn ein auffälliges Missverhältnis von Honorar und Erträgen besteht. Es bleibt der Rechtsprechung vorbehalten, diese Frage endgültig zu klären.

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Bedeutung hat diese Frage bei den so genannten Buy-out-Verträgen, die nach der Urheberrechtsnovelle möglich sind, bei denen die Nutzungsrechte pauschal abgegolten werden und die Nutzung erst sehr viel später stattfindet.

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Die Branchenübung und die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise sind maßgebend dafür, was der übliche und redliche Geschäftsverkehr ist.

15

Nach § 32 Abs. 3 UrhG sind die Regelungen in den beiden vorhergehenden Absätzen zwingendes Recht. Sie können deshalb nicht vertraglich abbedungen werden.

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b) Gemeinsame Vergütungsregeln In § 36 Abs. 1 UrhG ist bestimmt, dass die Vereinigungen von Urhebern mit den Vereinigungen von Werknutzern oder einzelnen Werknutzern gemeinsame Vergütungsregeln aufstellen. Die Parteien auf Seiten der Urheber können danach nur Verbände sein. Das ist bei der Verwerterseite anders. Hier kann entweder der Verband oder der einzelne Verlag von den Urheberverbänden aufgefordert werden, mit ihnen in Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregeln einzutreten und diese ggf. in der Schlichtungsstelle fortzusetzen.

1 BT-Drs. 14/8058, 42.

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F Rz. 18

Urhebervertragsrecht

18 Als Urheberverband kommen insbesondere, soweit es die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage betrifft, die Gewerkschaften DJV und ver.di in Betracht. Auf Seiten der Verwerter sind die Zeitungs- und Zeitschriftenverlegerverbände oder der einzelne Verlag angesprochen. 19 Die Verwertungsgesellschaften wie VG Wort oder VG Bild/Kunst fallen als Verhandlungspartei aus. Das ergibt sich aus § 36 Abs. 2 UrhG. Danach müssen die Vereinigungen (Verhandlungsparteien) repräsentativ, unabhängig und zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln ermächtigt sein. Die genannten Verwertungsgesellschaften sind jedoch nicht unabhängig, sind doch in ihren Gremien die Urheber und die Verwerter vertreten. 20 Aber auch die Gewerkschaften können nicht für alle freien Urheber verhandeln. Zunächst einmal ist an die Regelung im letzten Satz von § 36 Abs. 1 UrhG zu erinnern, wonach die in Tarifverträgen enthaltenen Regelungen den gemeinsamen Vergütungsregeln vorgehen. Insofern gilt die Bestimmung nicht für Redakteure. Schon seit Jahrzehnten schließt der BDZV mit den Gewerkschaften einen Tarifvertrag für die arbeitnehmerähnlichen freien Journalisten ab. Dieser ist nach der genannten Bestimmung prioritär. 21 Umstritten ist, ob der Vorrang des Tarifvertrages nur dann gilt, wenn beide Vertragsparteien, also arbeitnehmerähnlicher freier Journalist und Verlag, tarifgebunden sind. Nach dieser hier vertretenen Auffassung kommt es auf die Tarifgebundenheit nicht an. Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es nur darauf an, dass ein entsprechender Branchentarifvertrag existiert. Auch in der Gesetzesbegründung findet sich kein Hinweis, dass es auf die Tarifbindung gemäß § 3 TVG ankommen soll. 22 Für einen großen Teil der von den Zeitungsverlagen beschäftigten freien Mitarbeitern sind die Gewerkschaften nicht zuständig. Angesprochen ist damit der Kreis der Nebenberufler, beispielsweise der Lehrer, der in seiner Freizeit Theaterkritiken für die Zeitung schreibt. Es kann unterstellt werden, dass diese Nebenberufler nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Für diesen Personenkreis sind dann die Gewerkschaften nicht repräsentativ. Es können deshalb nur für hauptberuflich freie Urheber an Presseverlagen gemeinsame Vergütungsregelungen vereinbart werden. 23 In § 36 Abs. 1 Satz 2 UrhG werden den Verhandlungsparteien Hinweise für die inhaltliche Gestaltung der gemeinsamen Vergütungsregeln gegeben. Besonders hilfreich sind sie nicht, wenn es heißt, dass diese die jeweiligen Umstände der jeweiligen Regelungsbereiche, insbesondere die Struktur und Größe der Verwerter, berücksichtigen sollen. Auch ohne den Satz 2 würden die dort genannten Gesichtspunkte Berücksichtigung finden.

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Vergütung

Rz. 27 F

Mit dem § 36 Abs. 3 UrhG will der Gesetzgeber die Verschleppung von 24 Verhandlungen verhindern. Danach kann in folgenden Fällen von einer Partei die Schlichtungsstelle angerufen werden, nämlich dann, wenn – die andere Partei nicht binnen drei Monaten, nachdem sie schriftlich zur Aufnahme von Verhandlungen aufgefordert wurde, die Verhandlungen beginnt, – über die gemeinsamen Vergütungsregeln ein Jahr lang ergebnislos verhandelt wurde, – eine der beiden Parteien die Verhandlungen endgültig für gescheitert erklärt hat. In diesen Fällen ist die Schlichtungsstelle zwingend vorgesehen. Allerdings ist die Anrufung der Schlichtungsstelle formbedürftig, sie muss schriftlich erfolgen. Das Schlichtungsverfahren endet auf jeden Fall, wie sich aus § 36 Abs. 4 25 UrhG ergibt, mit einem Vorschlag. Allerdings ist dieser Vorschlag nicht zwingend. Wird ihm von einer Partei innerhalb von drei Monaten schriftlich widersprochen, entfaltet er keine Rechtswirkungen. Der Gesetzgeber stellt sich allerdings vor, dass der abgelehnte Vorschlag dann faktische Bedeutung gewinnt, indem die Gerichte ihn als Indiz für die Angemessenheit der Vergütung ansehen. Das Verfahren vor der Schlichtungsstelle ist dem Verfahren vor der Einigungsstelle, das aus dem Betriebsverfassungsgesetz bekannt ist, weitestgehend angenähert. Nach § 36a Abs. 6 UrhG hat die angefallenen Kosten die Partei zu tragen, die die Schlichtungsstelle angerufen hat, es sei denn, die Parteien treffen eine anderweitige Vereinbarung.

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Wird der Schlichtungsspruch angenommen oder kommen die Parteien in freien Verhandlungen zu einem Ergebnis, gilt dieses zwingend. Es wird nämlich unwiderlegbar vermutet, dass die in den gemeinsamen Vergütungsregeln niedergelegten Honorare angemessen sind. Wird der Schlichtungsspruch abgelehnt, gelten die Zahlen, die dort genannt wurden, von den Gerichten wohl als widerlegbare Vermutung für die Angemessenheit.

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Anhang 1. Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen Gültig ab 1. Januar 2003 mit Anhang: Tarifvertrag über die Abwendung sozialer Härten bei Maßnahmen von Kooperation und Konzentration von Tageszeitungen Manteltarifvertrag für Redakteure/Redakteurinnen an Tageszeitungen Zwischen dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. als Vertreter der ihm angeschlossenen Landesverbände: Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger e.V., Verband Bayerischer Zeitungsverleger e.V., Verein der Zeitungsverleger in Berlin und Brandenburg e.V.*, Zeitungsverlegerverband Bremen e.V., Zeitungsverlegerverband Hamburg e.V., Verband Hessischer Zeitungsverleger e.V., Verband Nordwestdeutscher Zeitungsverleger e.V., Zeitungsverlegerverband Nordrhein-Westfalen e.V., Verband der Zeitungsverleger in Rheinland-Pfalz und Saarland e.V., Verband Sächsischer Zeitungsverleger e.V. Verband der Zeitungsverlage Norddeutschland e.V.* einerseits ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Bundesvorstand – Deutsche Journalistinnen und Journalisten (dju) in ver.di, sowie dem Deutschen Journalisten-Verband e.V., – Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten – andererseits wird der folgende Manteltarifvertrag vereinbart: § 1 Geltungsbereich Der Tarifvertrag gilt: räumlich:

für die Bundesrepublik Deutschland

* Die Vollmacht des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e.V. als Vertreter des Vereins der Zeitungsverleger in Berlin und Brandenburg e.V. und des Verbandes der Zeitungsverlage Norddeutschland e.V. erstreckt sich nicht auf die Bundesländer Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

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Anhang

Manteltarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen

fachlich:

für alle Verlage, die Tageszeitungen herausgeben

persönlich:

für alle hauptberuflich an Tageszeitungen festangestellten Redakteure/Redakteurinnen und entsprechend für Redaktionsvolontäre/ Redaktionsvolontärinnen, sofern für diese nichts anderes bestimmt ist. Eingeschlossen sind die im Ausland für inländische Verlage tätigen Redakteure/Redakteurinnen.

Protokollnotiz zu § 1 (persönlicher Geltungsbereich): Als Redakteur/Redakteurin gilt, wer – nicht nur zum Zweck der Vorbereitung auf diesen Beruf (gleichgültig in welchem Rechtsverhältnis) – kreativ an der Erstellung des redaktionellen Teils von Tageszeitungen regelmäßig in der Weise mitwirkt, dass er/sie 1. Wort- und Bildmaterial sammelt, sichtet, ordnet, dieses auswählt und veröffentlichungsreif bearbeitet, und/oder 2. mit eigenen Wort- und/oder Bildbeiträgen zur Berichterstattung und Kommentierung in der Zeitung beiträgt, und/oder 3. die redaktionell-technische Ausgestaltung (insbesondere Anordnung und Umbruch) des Textteils besorgt und/oder 4. diese Tätigkeiten koordiniert. § 2 Anstellungsvertrag 1. Verlag und Redakteur/Redakteurin haben Anspruch auf einen schriftlichen Anstellungsvertrag, dem das jeweilige Musterformular zugrunde zu legen ist. Entsprechendes gilt für spätere Vertragsänderungen. 2. Bei der Anstellung sind festzulegen: a) der Zeitpunkt des Vertragsbeginns, die Gehaltsgruppe, das Gehalt und die anzurechnenden Berufsjahre bei Eintritt; b) das Tarifgehalt und etwaige Zulagen (Leistungs-, Funktions-, übertarifliche Zulage); c) die Verpflichtung des Redakteurs/der Redakteurin auf die Innehaltung von Richtlinien für die grundsätzliche Haltung der Zeitung; d) das Arbeitsgebiet des Redakteurs/der Redakteurin; c) die Art und Weise der Erstattung etwaiger Dienstauslagen. 3. Die Verpflichtung des Redakteurs/der Redakteurin kann durch schriftliche Vereinbarung auf mehrere Verlagswerke desselben Verlags erstreckt werden. Soll die Tätigkeit des Redakteurs/der Redakteurin im Laufe seines/ihres Arbeitsverhältnisses auf weitere periodische Druckwerke, andere Verlagsobjekte oder Tätigkeiten erweitert werden, so ist das zusätzliche Arbeitsgebiet und ein dafür zu zahlendes Entgelt in einem Nachtrag zum Anstellungsvertrag zu vereinbaren. 4. Der Abschluss von Anstellungsverträgen mit mehr als einem Verlag bedarf der Einwilligung aller Beteiligten. 5. Wird eine Probezeit vereinbart, so beträgt diese in der Regel drei Monate. Während der Probezeit kann das Anstellungsverhältnis beiderseits mit Monatsfrist zum Monatsende gekündigt werden. Diese Kündigungsfrist gilt nicht für Volontäre/Volontärinnen.

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Manteltarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen

Anhang

Protokollnotiz zu § 2 Abs. 2a): Die Berufsjahre bei Eintritt sind gem. § 3 I des Gehaltstarifvertrages für Redakteure/Redakteurinnen an Tageszeitungen i.d.F. vom 10. April 2003 festzulegen. Protokollnotiz zu § 2 Abs. 3: Zu den „Tätigkeiten“ im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 2 zählt auch das Fotografieren durch einen Redakteur/eine Redakteurin (Wort). § 3 Bezüge 1. Dem Redakteur/der Redakteurin muss ein festes Gehalt gezahlt werden. 2. Das Gehalt ist spätestens am Letzten eines jeden Monats fällig. 3. Zur pauschalen Abgeltung der Kontoführungsgebühren erhält der Redakteur/die Redakteurin einen Betrag in Höhe von 1,28 Euro monatlich. 4. Der Verlag ersetzt dem Redakteur/der Redakteurin unter Beachtung der steuerlichen Vorschriften die Auslagen, die er/sie ausschließlich im Interesse und für Zwecke des Verlags gemacht hat (Auslagenersatz), sowie die Beträge, die der Redakteur/die Redakteurin für den Verlag auf dessen Veranlassung hin ausgegeben hat (durchlaufende Posten), soweit der Redakteur/die Redakteurin dem Verlag die steuerlich erforderlichen Nachweise liefert. Der Ersatz der Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Bewirtung und die Benutzung des eigenen Pkw für dienstliche Zwecke bestimmt sich nach den jeweiligen Verlagsrichtlinien. 5. Sofern dem Redakteur/der Redakteurin nicht die vom Verlag für erforderlich gehaltene Kameraausrüstung zur Verfügung gestellt wird, erstattet dieser in entsprechender Höhe dem Redakteur/der Redakteurin die Anschaffungskosten in einer Abschreibungsformel auf 5 Jahre verteilt. Abweichende Vereinbarungen sind, sofern sie den Redakteur/die Redakteurin nicht schlechter stellen, zulässig. § 4 Jahresleistung Die Redakteure/Redakteurinnen haben Anspruch auf eine spätestens am 31. Dezember eines jeden Jahres fällige tarifliche Jahresleistung unter folgenden Voraussetzungen: 1. Die Redakteure/Redakteurinnen erhalten eine tarifliche Jahresleistung in Höhe von 95 % des jeweiligen zum Fälligkeitszeitpunkt gültigen tariflichen Monatsgehaltes. Für Ressortleiter/Ressortleiterinnen von selbstständigen Zeitungen mit verkauften Auflagen über 30 000 Exemplare sowie Chefs/Chefinnen vom Dienst, stellvertretende Chefredakteure/Chefredakteurinnen und Chefredakteure/Chefredakteurinnen gilt § 2 Ziffer VI des Gehaltstarifvertrags für Redakteure/ Redakteurinnen an Tageszeitungen vom 10. April 2003 entsprechend. 2. Anspruch auf die volle Jahresleistung hat derjenige/diejenige Redakteur/Redakteurin, dessen/deren Anstellungsverhältnis für das ganze laufende Fälligkeitsjahr bestand. Im Falle des Eintritts und/oder Ausscheidens im Laufe des Fälligkeitsjahres erhält der Redakteur/die Redakteurin für jeden vollen Kalendermonat des Bestehens des Anstellungsverhältnisses ein Zwölftel der Jahresleistung. Angefangene Monate werden als volle Monate gewertet, wenn die Betriebszugehörigkeit 15 Kalendertage übersteigt. Absatz 2 Satz 3 gilt nicht bei Kündigung durch den Verlag aus wichtigem Grund. In den Fällen des Ausschei-

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dens wird die Auszahlung der Jahresleistung fällig mit dem Tage der Beendigung des Anstellungsverhältnisses. 3. Für Zeiten unbezahlter Arbeitsbefreiung wird die Jahresleistung entsprechend gekürzt. 4. Die tarifliche Jahresleistung bleibt bei der Berechnung aller tariflichen und gesetzlichen Durchschnittsentgelte und in sonstigen Fällen, in denen Ansprüche irgendwelcher Art von der Höhe des Arbeitsentgelts abhängig sind, außer Ansatz. 5. Teilzeitbeschäftigte erhalten eine anteilige Jahresleistung nach dem Verhältnis der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit zur tariflichen Arbeitszeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1). 6. Während des Fälligkeitsjahres aufgrund vom Arbeitgeber festgelegter oder vereinbarter Regelung bereits gezahlte oder noch zu zahlende Sondervergütungen, wie z.B. Jahresabschlussvergütungen, Gratifikationen, Jahresprämien, Ergebnisbeteiligungen, Weihnachtsgeld und Ähnliches können auf diese tarifliche Jahresleistung angerechnet werden. Das bedeutet, dass jedoch mindestens der aufgrund dieser tariflichen Vereinbarung für das jeweilige Jahr vorgesehene Betrag gezahlt werden muss. Durch diese tarifvertragliche Regelung über Jahresleistungen entstehen bis zu deren Höhe keine Doppelansprüche. Andererseits werden von dieser tariflichen Regelung Jahresleistungen aufgrund betrieblicher oder einzelvertraglicher Vereinbarung nicht berührt, soweit sie in ihrer Höhe die tarifliche Jahresleistungen übersteigen. § 5 Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall 1. Der Redakteur/die Redakteurin ist verpflichtet, dem Verlag die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen und innerhalb von drei Arbeitstagen eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. 2. Dem Redakteur/der Redakteurin werden im Falle einer unverschuldeten, durch Krankheit oder Unfall verursachten Arbeitsunfähigkeit die Bezüge bis zur Dauer von 6 Wochen (42 Kalendertage) fortgezahlt. Als Arbeitsunfähigkeit gilt auch ein von einem Sozialversicherungsträger oder einer Versorgungsbehörde verordnetes und kostenmäßig voll getragenes Kur- oder Heilverfahren einschließlich einer etwa verordneten Schonzeit. Kommt für die Bewilligung weder ein Sozialversicherungsträger noch eine Versorgungsbehörde in Betracht, so steht der Verordnung i.S. des Satzes 2 jeder Nachweis der Erforderlichkeit eines Kur- und Heilverfahrens einschließlich einer notwendigen Schonzeit gleich. Im Streitfall können Verlag und Redakteur/Redakteurin sich auf einen Arzt/Ärztin einigen, der/die sich zu der Meinungsverschiedenheit gutachtlich äußern soll. 3. Bei längerer Dauer der Arbeitsunfähigkeit i.S. des Abs. 2 erhält der Redakteur/ die Redakteurin vom Beginn der 7. Woche an bei einer Betriebszugehörigkeit von a) mehr als 2 Jahren bis zur Dauer von 1 Monat b) mehr als 5 Jahren bis zur Dauer von 2 Monaten c) mehr als 8 Jahren bis zur Dauer von 3 Monaten d) mehr als 10 Jahren bis zur Dauer von 4 Monaten e) mehr als 15 Jahren bis zur Dauer von 5 Monaten f) mehr als 20 Jahren bis zur Dauer von 12 Monaten

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g) mehr als 25 Jahren für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit, jedoch nicht über den Zeitpunkt hinaus, zu welchem Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (§§ 43, 44, 102 SGB VI) oder Altersruhegeld (§§ 35, 36, 37, 41 SGB VI) beantragt werden kann oder zu welchem das Arbeitsverhältnis endet, einen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Nettogehalt und der Kassenbarleistung, die der Redakteur/die Redakteurin aus der gesetzlichen Kranken-, Renten- oder Unfallversicherung oder von der Versorgungsbehörde erhält oder erhalten würde, wenn ihm/ihr keine Unterkunft und Verpflegung während der Betreuungsmaßnahme gewährt würde, und zwar unabhängig davon, ob er/sie krankenversicherungspflichtig ist oder nicht. Als Kassenbarleistung gilt, sofern kein Anspruch auf Übergangsgeld besteht, in jedem Fall das Krankengeld der für den Verlag zuständigen Allgemeinen Orts-, Land- oder Betriebskrankenkasse, auch wenn der Redakteur/die Redakteurin hierauf keinen Anspruch hat. Für die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist der Zeitpunkt bei Beginn der Erkrankung maßgebend. Der Zuschuss wird bei fortlaufender Arbeitsunfähigkeit längstens bis zum Ende des Monats gewährt, in welchem die Monatsfrist gem. Satz 1 endet. 4. Nettogehalt i.S. des Abs. 3 ist das jeweilige Monatsgehalt des Redakteurs/der Redakteurin einschließlich etwaiger auch im Krankheitsfall fortzuzahlender vermögensbildender Leistungen nach Kürzung um die gesetzlichen Abzüge (Steuern und Sozialversicherungsbeiträge); Gratifikationen, Urlaubsgeld, tarifliche Jahresleistung und sonstige über die regulären zwölf Monatsgehälter hinausgehende zusätzliche Leistungen des Verlags bleiben außer Betracht. 5. Der Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge (Abs. 2) wird durch jede neue krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit neu ausgelöst. Wird der Redakteur/die Redakteurin aber innerhalb von 12 Monaten infolge derselben Krankheit (Grundleiden) wiederholt arbeitsunfähig, so hat er/sie den Anspruch auf Fortzahlung seiner/ihrer Bezüge nur für die Dauer von insgesamt 6 Wochen. Wird der Redakteur/die Redakteurin jedoch nach sechs Monaten erneut wegen desselben Grundleidens arbeitsunfähig (Abs. 2 Sätze 1 – 3), so entsteht ein neuer Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge bis zur Dauer von 6 Wochen. Der Anspruch auf Zuschuss (Abs. 3) besteht innerhalb von 12 Monaten insgesamt nur einmal, und zwar auch bei mehrfacher Arbeitsunfähigkeit. Werden gem. Satz 1 oder gem. Satz 3 innerhalb von 12 Monaten die vollen Bezüge für eine längere Zeit als 6 Wochen bezahlt, so sind die über 6 Wochen hinausgehenden Tage auf die Dauer der Zuschusszahlungen nach Abs. 3 anzurechnen. 6. Die Zahlung nach den Absätzen 2 und 3 wird nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus gewährt, es sei denn, dass der Verlag aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit gekündigt hat. Das gleiche gilt, wenn der Redakteur/die Redakteurin das Arbeitsverhältnis aus einem vom Verlag zu vertretenden Grunde kündigt, der den Redakteur/die Redakteurin zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt. 7. Wer am 1. Januar 1972 (1. Januar 1991 für das im Einigungsvertrag vom 31.8. 1990 genannte Gebiet) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand, aber keinen Anspruch auf Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag hatte, erhält anstelle der Leistungen nach Abs. 3 Bezüge bzw. Zuschüsse gemäß der folgenden Regelung: a) Der Redakteur/die Redakteurin erhält in den Fällen des Abs. 3 Buchst. a) und b) das volle Gehalt, in den Fällen der Buchst. c) bis g) für die über 3 Monate hi-

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nausgehende Zeit 90 % des Nettogehaltes (Abs. 4). Hierauf wird ggf. Übergangsgeld angerechnet. b) Der Zuschuss ist ohne jeden Abzug auszuzahlen. 8. Kann der Redakteur/die Redakteurin nach gesetzlichen Vorschriften Ersatz des Schadens wegen Verdienstausfalls beanspruchen, der ihm/ihr durch Krankheit oder Unfall erwachsen ist, so geht sein/ihr Anspruch insoweit auf den Verlag über, als dieser dem Redakteur/der Redakteurin für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit Gehaltsfortzahlung oder Zuschuss nach Abs. 2, 3 gewährt. Das Gleiche gilt für die während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit entrichteten Arbeitgeberanteile zur Krankenversicherung bzw. der Zuschüsse gem. § 257 SGB V. § 6 Leistungen im Todesfalle 1. Im Falle des Todes eines Redakteurs/einer Redakteurin hat der Verlag an die hinterbliebenen Unterhaltsberechtigten das Gehalt bzw. den Zuschuss gem. § 5 für den Sterbemonat sowie Sterbegeld für 3 Monate, nach 10-jähriger Betriebszugehörigkeit für 4 Monate und nach 15-jähriger Betriebszugehörigkeit für 5 Monate zu zahlen a) an den Ehegatten/die Ehegattin und eheliche oder diesen gleichgestellten Kinder in Höhe des zuletzt gezahlten Monatsgehaltes; b) an sonstige unterhaltsberechtigte Hinterbliebene in Höhe des Teilbetrages, den der Redakteur/die Redakteurin für diese vor seinem/ihrem Tode regelmäßig aufgewendet hat. Das Sterbegeld ist auch dann zu zahlen, wenn zum Zeitpunkt des Todes des Redakteurs/der Redakteurin kein Anspruch auf Gehalt oder Zuschuss nach § 5 mehr besteht, das Arbeitsverhältnis aber noch bestanden hat. Über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus ist das Sterbegeld dann nicht zu zahlen, wenn der Redakteur/die Redakteurin das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, ohne durch das Verhalten des Verlags dazu veranlasst worden zu sein. 2. Forderungen gegen den Verstorbenen/die Verstorbene aus Vorschuss- und Darlehensgewährung sowie Bürgschaftsleistung können auf die Beträge nach Abs. 1 angerechnet werden; bei Zahlungen nach Abs. 1 Buchst. a) muss jedoch mindestens der pfändungsfreie Gehaltsteil belassen werden. 3. Durch Zahlung der Beträge an einen Unterhaltsberechtigten/eine Unterhaltsberechtigte erlischt der Anspruch der übrigen. § 7 Arbeitszeit 1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des Redakteurs/der Redakteurin beträgt 36,5 Stunden. Überschreitet die zugewiesene oder nachträglich anerkannte Tätigkeit des Redakteurs/der Redakteurin die tarifvertraglich vorgeschriebene Arbeitszeit einer Woche, so hat der Redakteur/die Redakteurin Anspruch auf Zeitausgleich möglichst innerhalb der folgenden zwei Wochen. Danach erfolgt im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten der Ausgleich vorrangig in vollen Tagen, wenn der Anspruch des Redakteurs/der Redakteurin acht und mehr Stunden beträgt. Wird dieser Zeitausgleich bis zum Ablauf der folgenden zwei Kalendermonate nicht gewährt, hat eine finanzielle Abgeltung zu erfolgen. Diese beträgt für jede darüber hinaus geleistete Stunde 1/122 des vereinbarten Monatsgehalts.

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Eine Pauschalierung der finanziellen Abgeltung ist unter folgenden Voraussetzungen zulässig: a) sie ist jeweils gesondert im Anstellungsvertrag auszuweisen; b) ihre Höhe muss mindestens der durchschnittlichen monatlichen Vergütung im Wege der Einzelabrechnung entsprechen. Für Arbeitsverhältnisse, für die bis zum 31.5.1990 keine Pauschalierung vereinbart worden war, ist eine solche Abgeltung nicht zulässig. 2. Der Redakteur/die Redakteurin arbeitet an 5 Tagen in der Kalenderwoche. Im Einzelnen gilt Folgendes: a) Die freien Tage sind nach Absprache mit dem zuständigen Vorgesetzten/der Vorgesetzten unter Abwägung der persönlichen Belange des Redakteurs/der Redakteurin zu nehmen. Dreimal im Kalendermonat sind zwei freie Tage zusammenhängend zu gewähren. Diese zusammenhängenden Tage müssen einmal einen Samstag und Sonntag und einmal einen Samstag oder Sonntag umfassen. Sportredakteure/Sportredakteurinnen haben abweichend von Satz 3 Anspruch auf neun freie Wochenenden im Kalenderjahr (ohne Anrechnung auf die Urlaubszeit). b) Arbeitet der Redakteur/die Redakteurin an einem gesetzlichen Feiertag, so ist ihm/ihr dafür spätestens im folgenden Kalendermonat ein freier Tag zu geben. c) Sofern dem Redakteur/der Redakteurin aus zwingenden betrieblichen Gründen ein freier Tag nicht gewährt werden kann, erhält er/sie als Ausgleich innerhalb der nächsten drei Monate für jeden nicht gewährten freien Tag einen anderen freien Tag. Dabei ist Arbeit an Wochenenden durch freie Tage an Wochenenden auszugleichen. 3. Durch Urlaub, Krankheit und gesetzliche Feiertage ausfallende Arbeitszeit gilt als geleistet. Protokollnotiz zu § 7 Abs. 2a: Als Sportredakteur/Sportredakteurin im Sinne der Bestimmungen des § 7 Abs. 2a gilt, wer nach seinen Arbeitsvertrag ausschließlich für Sportberichterstattung zuständig ist. § 8 Sonn- und Feiertagszuschlag 1. Arbeitet der Redakteur/die Redakteurin an einem Sonn- oder Feiertag weisungsgemäß mehr als vier Stunden, so erhält er/sie einen Sonn- und Feiertagszuschlag in Höhe von 76,70 Euro (Volontäre/Volontärinnen erhalten 51,10 Euro). Der Anspruch auf den Sonntags- oder Feiertagszuschlag kann nicht dadurch vereitelt werden, dass in Umgehungsabsicht z.B. drei Stunden Sonntags- oder Feiertagsarbeit regelmäßig angeordnet werden. 2. Eine etwaige pauschalierte Abgeltung der Zuschläge ist im Rahmen der Gehaltsvereinbarung (§ 2 Abs. 2 Buchst. b) auszuweisen. § 9 Urlaub/Freistellungen 1. Die Länge des Urlaubs ist durch die Besonderheiten der Arbeitsverhältnisse der Redakteure/der Redakteurinnen bedingt, insbesondere durch Nacht-, Sonntagsund Feiertagsarbeit. Der Urlaub soll der Erholung dienen. Während des Urlaubs

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darf keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit ausgeübt werden. 2. Der volle Jahresurlaub beträgt: a) b) c) d)

bis zum ab dem ab dem ab dem

40. 40. 50. 55.

Lebensjahr Lebensjahr Lebensjahr Lebensjahr

30 32 33 34

Urlaubstage, Urlaubstage, Urlaubstage, Urlaubstage.

3. a) Urlaubstage sind alle Arbeitstage, wobei die Urlaubswoche mit 5 Urlaubstagen anzusetzen ist. b) Gesetzliche Feiertage gelten nicht als Urlaubstage. 4. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Stichtag für das Lebensjahr ist der 1. Januar. 5. Der Urlaub muss innerhalb des laufenden Urlaubsjahres, spätestens bis zum 31. März des folgenden Jahres gewährt und genommen werden, und zwar grundsätzlich zusammenhängend. Er kann aus betrieblichen Gründen in höchstens zwei Abschnitte geteilt werden; auch auf Wunsch des Redakteurs/ der Redakteurin ist eine Teilung möglich, sofern betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. 6. Für Wartezeiten und Teilurlaub gelten die §§ 4 bis 6 des Bundesurlaubsgesetzes. 7. Erkrankt ein Redakteur/eine Redakteurin während des Urlaubs, wird die Krankheitsdauer nicht auf den Urlaub angerechnet, soweit die Erkrankung durch ein ärztliches Attest nachgewiesen wird. Der Zeitpunkt der Urlaubsgewährung für die Ausfallzeit ist zu vereinbaren. 8. Zeiten der Gesundheitsförderung (§ 5 Abs. 2 Satz 2 und 3) dürfen auf den Urlaub nicht angerechnet werden, solange ein Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge besteht. Vorsorgekuren können auf den Urlaub angerechnet werden, wenn durch die Kur die übliche Gestaltung des Erholungsurlaubes nicht erheblich beeinträchtigt wird und keine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt ist; dies gilt nicht für die Dauer des gesetzlichen Mindesturlaubes. 9. Muss der Urlaub aus dienstlichen Gründen teilweise oder ganz aufgeschoben oder abgebrochen werden, trägt der Verlag die dadurch erforderlich gewordenen Mehrkosten. 10. Der Redakteur/die Redakteurin hat Anspruch auf bezahlte Freistellung in folgenden Fällen: a) bei Umzug des eigenen Hausstandes am Ort: 2 Arbeitstage b) bei Umzug des eigenen Hausstandes mit Ortsveränderung: 3 Arbeitstage c) bei Eheschließung des Redakteurs/der Redakteurin oder bei Niederkunft der Ehefrau: 2 Arbeitstage d) bei Todesfällen in der Familie (Ehegatten, Kinder, Eltern und Schwiegereltern, Geschwister): 2 Arbeitstage e) zur Wahrnehmung und Erfüllung ehrenamtlicher Aufgaben im Berufsverband für die Dauer der unumgänglichen Abwesenheit. 11. Soweit gesetzliche Bestimmungen günstigere Regelungen im Einzelfall zwingend festlegen, sind sie anzuwenden.

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§ 10 Urlaubsgeld 1. a) Redakteure/Redakteurinnen erhalten ein Urlaubsgeld. Es beträgt für das volle Urlaubsjahr 80 Prozent eines Monatsgehalts (§ 3), unabhängig von der Dauer des Jahresurlaubs. b) Wer im Laufe des Kalenderjahres eintritt oder ausscheidet, erhält für jeden Monat Verlagszugehörigkeit im Kalenderjahr ein Zwölftel des Urlaubsgeldes. 2. Das Urlaubsgeld wird berechnet: a) bei Redakteuren/Redakteurinnen vom Bruttogehalt einschließlich übertariflicher Zulagen und Leistungszulagen (Effektivgehalt), b) bei Volontären/Volontärinnen vom effektiven Monatsentgelt. c) Maßgebend ist das Gehalt im letzten Monat vor Urlaubsantritt. 3. Gratifikationen und sonstige über das Effektivgehalt hinausgehende Zahlungen (Spesenpauschalen usw.) bleiben bei der Berechnung des Urlaubsgeldes außer Ansatz. 4. Das Urlaubsgeld ist vor Urlaubsantritt fällig; es wird in einer Summe ausgezahlt. Bei Urlaubsteilung ist der Zeitpunkt der Auszahlung zwischen Verlag und Redakteur/Redakteurin zu vereinbaren. § 11 Altersversorgung Die Altersversorgung der Redakteure/Redakteurinnen ist in einem gesonderten Vertrag geregelt, der nicht für Volontäre/Volontärinnen gilt. § 12 Wettbewerbsverbot Eine Vereinbarung zwischen dem Verlag und dem Redakteur/der Redakteurin, durch die der Redakteur/die Redakteurin für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner/ihrer beruflichen Tätigkeit beschränkt wird, ist unwirksam. § 13 Nebentätigkeit 1. Der Redakteur/die Redakteurin darf eine Nebentätigkeit nur ausüben, wenn sie den berechtigten Interessen des Verlags nicht abträglich ist. 2. Eine journalistische oder redaktionelle Nebentätigkeit ist, abgesehen von gelegentlichen Einzelfällen, dem Verlag mitzuteilen. Die Ausübung einer regelmäßigen journalistischen oder redaktionellen Nebentätigkeit bedarf der ausdrücklichen Einwilligung des Verlags. 3. Der Redakteur/die Redakteurin bedarf zur anderweitigen Verarbeitung, Verwertung und Weitergabe der ihm/ihr bei seiner/ihrer Tätigkeit für den Verlag bekanntgewordenen Nachrichten und Unterlagen der Einwilligung des Verlags. § 14 Kündigungsfrist 1. Die Kündigungsfrist beträgt beiderseits mindestens sechs Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres. Nach Ablauf von drei Jahren im gleichen Verlag (Verlagsdienstjahre) beträgt die Kündigungsfrist mindestens 3 Monate nach Ablauf von 8 Verlagsdienstjahren mindestens 4 Monate nach Ablauf von 10 Verlagsdienstjahren mindestens 6 Monate nach Ablauf von 25 Verlagsdienstjahren mindestens 8 Monate jeweils beiderseits und zum Ende eines Kalendervierteljahres.

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Günstigere Kündigungsfristen in gesetzlichen und betrieblichen Regelungen bleiben davon unberührt. 2. Als Verlagsdienstjahre gelten die Dienstjahre als Redakteur/Redakteurin im gleichen Verlag, doch werden je drei Dienstjahre als Redakteur/Redakteurin in anderen Verlagen als ein Verlagsdienstjahr angerechnet. Die Dienstjahre werden unter Ausschluss der Ausbildungszeit, aber unter Einrechnung der Jahre der Wehrdienstzeiten (Zeiten zivilen Einsatzdienstes) nach vorangegangener Berufszugehörigkeit berechnet. Als Tätigkeit im gleichen Verlag ist auch die Tätigkeit bei Rechtsvorgängern anzusehen. 3. Die Jahre, in denen Redakteuren/Redakteurinnen nach vorausgegangener Berufszugehörigkeit infolge politischer Maßnahmen in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis 9. November 1989 im Gebiet der ehemaligen DDR die Ausübung ihres Berufes als politisch, religiös oder rassisch Verfolgte untersagt war, werden als Dienstjahre angerechnet. Bei Rückkehr in den gleichen Verlag gelten diese Jahre als Verlagsdienstjahre, sonst als Dienstjahre. 4. Der Vertrag kann von jedem Teil ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Als wichtiger Grund gelten insbesondere grobe Verstöße gegen die vereinbarten Richtlinien (§ 2 Abs. 2 Buchst. c). 5. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Dem gekündigten Redakteur/der Redakteurin ist auf Verlangen der Kündigungsgrund unverzüglich anzugeben. Entsprechendes gilt für den Auflösungsvertrag. Bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Einvernehmen kann jeder Vertragspartner verlangen, dass die Bedingungen schriftlich festgehalten werden. 6. Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, drei Monate nach Ablauf des Monates, in dem der Redakteur/die Redakteurin das 65. Lebensjahr vollendet hat. Wenn aus Gründen, die nicht in der Person des/der Beschäftigten liegen, die Wartezeit oder die Voraussetzung für die Anrechnung von Ausfall- und/oder Ersatzzeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nicht erfüllt sind, müssen auf Verlangen des Redakteurs/der Redakteurin Anschlussverträge von höchstens 2 Jahren geschlossen werden, sofern damit die Voraussetzungen für den Bezug des Altersruhegeldes bzw. für die Anrechnung der Ausfall- und/oder Ersatzzeiten erfüllt werden. 7. Nach ausgesprochener Kündigung kann der Verlag den Redakteur/die Redakteurin beurlauben. 8. Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Volontäre/Volontärinnen. § 15 Ausscheiden aus besonderem Anlass 1. Ändert der Verleger die grundsätzliche Haltung der Zeitung, so ist der Redakteur/die Redakteurin, dem/der unter den veränderten Verhältnissen die Fortsetzung seiner/ihrer Tätigkeit billigerweise nicht zugemutet werden kann, berechtigt, seine/ihre Tätigkeit binnen eines Monats, nachdem er/sie von dieser Änderung Kenntnis erhalten hat oder den Umständen nach erlangt haben müsste, aufzugeben. Der Redakteur/die Redakteurin behält aber den Anspruch auf Fortzahlung der vertraglichen Bezüge bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, jedoch für mindestens 6 Monate. § 615 BGB findet entsprechende Anwendung.

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2. Mit Ablauf der in Abs. 1 Satz 1 vorgesehenen Frist erlischt das Recht zur Aufgabe der Tätigkeit. § 16 Veräußerung des Unternehmens oder eines Verlagsobjektes 1. Im Falle der Veräußerung eines Verlagsunternehmens oder eines Betriebsteils gilt § 613a BGB. 2. Bei der Veräußerung eines Verlagsobjektes findet § 613a BGB entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt bei der Veräußerung von Teilauflagen, für die der Redakteur/die Redakteurin ausschließlich oder überwiegend tätig ist. § 17 Kündigung bei Kooperation und Konzentration Die Leistungen der Verleger/der Verlegerinnen zur Abwendung sozialer Härten bei Maßnahmen von Kooperation und Konzentration sind in einem Anhang zu diesem Tarifvertrag geregelt, der nicht für Volontäre/Volontärinnen gilt. Dieser Anhang ist unbeschadet der darin enthaltenen besonderen Bestimmungen über seine Geltungsdauer Bestandteil dieses Tarifvertrages. § 18 Urheberrecht 1. Umfang der Urheberrechtsübertragung Der Redakteur/die Redakteurin räumt dem Verlag das ausschließliche, zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkte Recht ein, Urheberrechte und verwandte Schutzrechte i.S. des Urheberrechtsgesetzes, die er/sie in Erfüllung seiner/ihrer vertraglichen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis erworben hat, vom Zeitpunkt der Rechtsentstehung an zu nutzen. Die Einräumung umfasst die Befugnis des Verlags, die Rechte im In- und Ausland in körperlicher Form zu nutzen und in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben. Das gilt insbesondere für Printmedien, Film, Rundfunk und/oder digitale Medien (Telekommunikations- und Datendienste, z.B. Online-Dienste sowie Datenbanken und elektronische Trägermedien [z.B. magnetische, optische, magneto-optische und elektronische Trägermedien wie CD-Rom und Disketten]), ungeachtet der Übertragungs- und Trägertechniken. Die Einräumung erstreckt sich auf a) das das das das das das

Vervielfältigungsrecht gemäß § 16 UrhG, Verbreitungsrecht gemäß § 17 UrhG, Vorführungsrecht gemäß § 19 Abs. 4 UrhG Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG, Senderecht gemäß § 20 UrhG, Recht der Wiedergabe von Funksendungen gemäß § 22 UrhG,

b) das Recht zur Bearbeitung und Umgestaltung gemäß § 23 UrhG, das Recht zur Verfilmung und Wiederverfilmung gemäß §§ 88, 94, 95 UrhG, c) diese Rechte an Lichtbildern gemäß § 72 UrhG. Dem Redakteur/der Redakteurin bleiben seine/ihre von urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaften wahrgenommenen Zweitverwertungsrechte und Vergütungsansprüche nach §§ 21, 22, 26, 27, 45a, 49, 52a, 53, 54, 54a UrhG vorbehalten. Vereinbarungen zwischen Verlagen, Verlagszusammenschlüssen und Verwertungsgesellschaften werden hierdurch nicht berührt. 2. Urheberpersönlichkeitsrechte Die Urheberpersönlichkeitsrechte des Redakteurs/der Redakteurin an seinen/ihren Beiträgen bleiben unberührt, insbesondere das Recht, Entstellungen, andere

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Beeinträchtigungen oder Nutzungen zu verbieten, die geeignet sind, seine/ihre berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Beitrag zu gefährden. 3. Übertragung der Nutzungsrechte durch den Verlag auf Dritte Der Redakteur/die Redakteurin räumt dem Verlag das Recht ein, die in Abs. 1 genannten Rechte auch durch Dritte unter Übertragung der entsprechenden Nutzungsrechte im In- und Ausland nutzen zu lassen. 4. Nutzung des Urheberrechts durch den Redakteur/die Redakteurin Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses darf der Redakteur/die Redakteurin über seine/ihre Beiträge ohne Einwilligung des Verlags weiterverfügen, wenn seit dem Erscheinen mindestens ein Jahr vergangen ist. Die Nutzungsrechte an Bildbeiträgen bleiben unbeschadet der persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse des Redakteurs/der Redakteurin unbefristet und ausschließlich beim Verlag, sofern im Einzelfall nichts anderes vereinbart ist 5. Rückrufsrecht Übt der Verlag das Recht gem. Abs. 1, 3 nicht oder nur unzureichend aus und werden dadurch berechtigte Interessen des Redakteurs/der Redakteurin erheblich verletzt, so kann dieser/diese das Nutzungsrecht frühestens 6 Monate nach Ablieferung des Textbeitrags zurückrufen. Dies gilt nicht, wenn die Nichtausübung oder die unzureichende Ausübung überwiegend auf Umständen beruht, deren Behebung dem Redakteur/der Redakteurin zuzumuten ist. Der Rückruf kann erst erklärt werden, nachdem der Redakteur/die Redakteurin dem Verlag unter Ankündigung des Rückrufs eine angemessene Frist, die nicht mehr als 3 Monate zu betragen braucht, zur Ausübung der Rechte gem. Abs. 1, 3 bestimmt hat. Der Bestimmung der Frist bedarf es nicht, wenn die Ausübung der Rechte gem. Abs. 1, 3 dem Verlag unmöglich ist oder von ihm verweigert wird, oder wenn durch die Gewährung einer Frist überwiegende Interessen des Redakteurs/der Redakteurin gefährdet werden. Dem Verlag verbleibt stets ein einfaches Nutzungsrecht. Der Redakteur/die Redakteurin darf nach erfolgtem Rückruf seine/ihre Rechte nur verwerten, wenn dies den berechtigten Interessen des Verlags nicht abträglich ist. 6. Vergütungsregeln Die Nutzung der nach Abs. 1 eingeräumten Rechte in Objekten (einschließlich ihrer digitalen Ausgaben*), für die der Redakteur/die Redakteurin nach Maßgabe seines/ihres Arbeitsvertrages tätig ist, erfolgt vergütungsfrei, ebenso die Nutzung des Archivs/der Datenbanken für interne Zwecke des Verlags, verbundener Unternehmen und kooperierender Verlage oder zum persönlichen Gebrauch Dritter. Bei weitergehender Nutzung hat der Redakteur/die Redakteurin – auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses – Anspruch auf eine zusätzliche angemessene Vergütung in den nachfolgend aufgeführten Fällen: a) für die öffentliche Wiedergabe der Beiträge in unkörperlicher Form mit Ausnahme der Werbung für den Verlag, b) für die Übertragung von Nutzungsrechten an Dritte gemäß Abs. 3 mit Ausnahme – von Nutzungen innerhalb einer Redaktionsgemeinschaft,

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– bei Mantellieferung und sonstiger vergleichbarer redaktioneller Zusammenarbeit (z.B. regelmäßige Lieferung von Teilen von Tageszeitungen wie Wirtschaftsteil, Wochenendbeilage), c) für die Nutzung der Textbeiträge des Redakteurs/der Redakteurin in anderen Objekten desselben Verlags, auf die sich der Anstellungsvertrag nicht erstreckt, einschließlich der Nutzung in Buchform, d) für die Nutzung von Bildbeiträgen in Buchform zu Verkaufszwecken. Als angemessen gilt eine Vergütung von mindestens 40 Prozent des aus der Verwertung erzielten, hilfsweise des üblicherweise erzielbaren, um Aufwand und Mehrwertsteuer verminderten Nettoerlöses. Zum Aufwand rechnen die direkten Herstellungs-, Marketing- und Vertriebskosten. Die Vergütung für die Nutzung der Rechte des Redakteurs/der Redakteurin ist durch Einzelabrechnung oder durch eine Monatspauschale möglich. Für die Pauschalierung bestehen folgende Voraussetzungen: aa) Die Pauschale ist jeweils gesondert im Anstellungsvertrag auszuweisen (§ 2 Abs. 2b). bb) Ihre Höhe muss mindestens der durchschnittlichen jährlichen Vergütung im Wege der Einzelabrechnung entsprechen. Auf Verlangen des Redakteurs/der Redakteurin oder des Verlags ist die Angemessenheit der Pauschale nach Ablauf des Bemessungszeitraums zu überprüfen und ggf. neu festzusetzen. *Protokollnotiz zum Begriff „digitale Ausgabe“: „Digitale Ausgabe ist jeder Dienst oder Teil eines Dienstes, dessen Inhalt in der ursprünglichen oder elektronisch aufbereiteten Fassung für titelidentische oder der Tageszeitung redaktionell zuzuordnende Angebote bestimmt ist.“ § 19 Anspruchsverfolgung und Schlichtung 1. Mit Ausnahme der Regelung für den Urlaub (§ 9 Abs. 5) und für die Altersversorgung (§ 11) sind nicht erfüllte Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb dreier Monate nach Fälligkeit geltend zu machen. Lehnt eine Partei die Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs schriftlich ab, so muss dieser innerhalb eines halben Jahres nach Fälligkeit gerichtlich geltend gemacht werden. Bei späterer Geltendmachung als nach Satz 1 und Satz 2 kann die Erfüllung verweigert werden. 2. Wird die schriftliche Ablehnung (Abs. 1 Satz 1) nicht erteilt, kann der Anspruchsberechtigte/die Anspruchsberechtigte klagen, auch wenn die Halbjahresfrist verstrichen ist. Wird der geltend gemachte Anspruch nach Ablauf eines halben Jahres nach Fälligkeit abgelehnt, so kann der Anspruchsberechtigte/die Anspruchsberechtigte innerhalb von 3 Monaten nach Zugang der schriftlichen Ablehnung klagen. Erklärt der Anspruchsverpflichtete/die Anspruchsverpflichtete die schriftliche Ablehnung so kurz vor Ablauf der Halbjahresfrist, dass der Anspruchsberechtigte/die Anspruchsberechtigte nicht mehr innerhalb derselben klagen kann, so kann sich der Anspruchsverpflichtete/die Anspruchsverpflichtete nicht auf den Fristablauf berufen, wenn der Anspruchsberechtigte/die Anspruchsberechtigte innerhalb von 3Wochen nach Empfang der schriftlichen Ablehnung Klage erhebt.

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Anhang

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3. Vergütungsansprüche, die während eines Kündigungsrechtsstreits fällig werden und von seinem Ausgang abhängen, sind innerhalb von 3 Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Rechtsstreits geltend zu machen. 4. Zur Begutachtung von Streitfällen über den persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages (§ 1) wird von den Bundesverbänden der Tarifpartner eine Schiedsgutachterstelle eingerichtet. Diese besteht aus je vier Vertretern/Vertreterinnen der Verleger/Verlegerinnen und der Redakteure/Redakteurinnen. Durch ihre Anrufung wird die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gem. §§ 2 und 101 Arbeitsgerichtsgesetz nicht berührt. § 20 Schluss- und Übergangsbestimmungen 1. Dieser Tarifvertrag tritt rückwirkend zum 1. Januar 2003 in Kraft. Der Tarifvertrag kann mit einer Frist von sechs Monaten, erstmals zum 31.12.2006, danach jeweils zum Jahresende gekündigt werden. 2. Soweit aufgrund des nachwirkenden Manteltarifvertrages bis zum 29. Februar 2004 höhere Leistungen erbracht wurden als nach diesem Manteltarifvertrag geschuldet, ist eine Rückforderung ausgeschlossen. 3. Im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Branche wurden §§ 9 Abs. 2, 10 Abs. 1 lit. a geändert. Die Tarifvertragsparteien verpflichten sich auf Wunsch einer Partei, rechtzeitig vor Beendigung des Manteltarifvertrages zusammenzukommen, um Feststellungen zu treffen, ob weiterhin an der geänderten Fassung der Tarifvorschriften festgehalten werden muss. Kommen sie einvernehmlich zu dem Ergebnis, dass das nicht der Fall ist, gelten mit Auslaufen des Manteltarifvertrages die Bestimmungen der §§ 9 Abs. 2, 10 Abs. 1 lit a. i.d.F. vom 1.1.1998 zunächst bis zum Abschluss eines neuen Manteltarifvertrages kraft Nachwirkung weiter. Frankfurt/Main, den 25. Februar 2004

Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e V. .................................................

.................................................

ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Bundesvorstand – Deutsche Journalistinnen und Journalisten (dju) in ver.di, .................................................

.................................................

Deutscher Journalisten-Verband e.V. – Gewerkschaft der Journalisten und Journalistinnen – .................................................

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.................................................

Manteltarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen

Anhang

Anhang zum Manteltarifvertrag für Redakteure/Redakteurinnen an Tageszeitungen:

Tarifvertrag über die Abwendung sozialer Härten bei Maßnahmen von Kooperation und Konzentration von Tageszeitungen I. Allgemeine Bestimmungen § 1 Wegfall redaktioneller Einheiten – Maßnahme 1. Voraussetzung für die Anwendung dieses Anhangs zum Tarifvertrag ist, dass eine redaktionelle Einheit infolge einer Maßnahme wegfällt. 2. Redaktionelle Einheit ist jede Redaktion oder Teilredaktion, welche die Hauptausgabe oder eine Teilausgabe einer Zeitung betreut. 3. Eine Maßnahme im Sinne dieses Tarifvertrages liegt vor a) beim Zusammenwirken von Verlagen, b) bei Handeln eines Verlages auf Veranlassung eines anderen Verlages. 4. Als Maßnahme im Sinne dieses Tarifvertrages gilt es auch, wenn ein Ressort (§ 2 VI Abs. 2 Sätze 1 und 2 des Gehaltstarifvertrages für Redakteure/Redakteurinnen an Tageszeitungen in der Fassung vom 16. Januar 1968) deshalb wegfällt, weil a) mehrere Verlage redaktionelle Teile der Zeitung gemeinsam herstellen lassen, b) ein Verlag redaktionelle Teile durch Fremdbezug von einem anderen Verlag oder einen Zusammenschluss von Verlagen ersetzt. 5. Der Wegfall einer redaktionellen Einheit ist gegeben, wenn die Maßnahme zur Folge hat, dass eine redaktionelle Einheit als solche nicht mehr benötigt wird. Entsprechendes gilt für den Wegfall eines Ressorts im Sinne des Abs. 4. 6. Der Wegfall einer redaktionellen Einheit oder eines Ressorts liegt nicht vor, wenn die personelle Besetzung einer redaktionellen Einheit oder eines Ressorts (z.B. aus Gründen der Einsparung) vermindert wird. § 2 Maßnahmebedingte Kündigung 1. Die Rechtsfolgen dieses Tarifvertrages werden ausgelöst durch eine Kündigung eines Verlages, die durch eine Maßnahme (§ 1) bedingt ist (maßnahmebedingte Kündigung). 2. Bei einer Kündigung des Verlags innerhalb von drei Monaten vor und sechs Monaten nach dem Wirksamwerden der Maßnahme (§ 1) wird vermutet, dass sie maßnahmebedingt ist. Dem Verlag steht der Gegenbeweis offen.

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Anhang

Manteltarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen II. Leistungen der Verlage § 3 Verpflichteter Verlag

Verpflichteter Verlag für die Leistungen nach diesem Anhang zum Tarifvertrag ist der kündigende Verlag. Gesamtschuldnerisch verpflichtet sind neben ihm a) beim Übergang einer Zeitung oder einer Ausgabe von einem Verlag (Erstverlag) auf den anderen: der andere Verlag (Zweitverlag), wenn dieser sich geweigert hat, die Redakteure/ Redakteurinnen der von der Maßnahme betroffenen redaktionellen Einheit in seinem/ihren Verlag weiter zu beschäftigen; b) bei der Zusammenlegung der Zeitungen oder von Ausgaben zweier oder mehrerer Verlage: der oder die an der Maßnahme beteiligte(n) Verlag(e). § 4 Beschränkung der Leistungspflicht 1. Verpflichtungen nach diesem Anhang zum Tarifvertrag bestehen nicht, wenn der Zweitverlag (§ 3 Buchst. a) oder ein beteiligter Verlag (§ 3 Buchst. b) das Arbeitsverhältnis zu im ganzen gleichen und zumutbaren Bedingungen fortzusetzen bereit ist. § 11 bleibt unberührt. 2. Eine Pflicht zur Leistung besteht nicht für denjenigen Verlag, der nachweist, dass die Maßnahme (§ 1) zur Beseitigung oder Minderung eines nicht nur vorübergehenden Verlustes führt oder beiträgt, welcher seinen/ihren Grund in der Zeitung oder Ausgabe hat, auf welche sich diese Maßnahme bezieht. Der Nachweis kann durch das Attest eines zur Berufsverschwiegenheit gesetzlich verpflichteten Sachverständigen geführt werden; sofern sich Verlag und Redakteur/ Redakteurin auf die Person des Sachverständigen nicht einigen können, soll die für den Verlag zuständige Industrie- und Handelskammer um seine/ihre Bestellung gebeten werden. A) Übergangshilfe § 5 Höhe der Übergangshilfe, Fälligkeit 1. Bei einer maßnahmebedingten Kündigung hat der/die betroffene Redakteur/Redakteurin Anspruch auf eine Übergangshilfe. Diese beträgt nach der Zahl der vollendeten Jahre der Betriebszugehörigkeit und des Lebensalters: Dauer der Lebensalter Betriebszugehörigkeit 45 bis 49 50 bis 54 55 bis 59 60 bis 64 10 15 20 25

bis 14 Jahre bis 19 Jahre bis 24 Jahre Jahre und mehr

1,5 2,5 3,5 4,5

Übergangshilfe = … Monatsgehälter 2 2,5 3 3 3,5 4 4 4,5 5 5 5,5 6

Für die Feststellung des Lebensalters und der Betriebszugehörigkeit ist der 1. Januar maßgebend. 2. Die Übergangshilfe beschränkt sich auf 3 Monatsgehälter, wenn ein verpflichteter Verlag (§ 3) dem Berechtigten bis zur Beendigung seines/ihres Arbeitsverhältnisses eine Beschäftigung mit im ganzen gleichen und zumutbaren Bedingungen

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Manteltarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen

Anhang

verschafft, angeboten oder nachgewiesen hat, bevor der Redakteur/die Redakteurin selbst eine neue Anstellung gefunden hat. 3. Die Übergangshilfe ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. 4. Anspruch auf Übergangshilfe besteht nicht, wenn der Redakteur/die Redakteurin bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 65. Lebensjahr vollendet hatte. Bei späterer Vollendung des 65. Lebensjahres beschränkt sich die Übergangshilfe auf so viele Monatsgehälter, wie volle oder angefangene Monate bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgen. Für Redakteurinnen gilt anstelle des 65. Lebensjahres das 60. Lebensjahr. § 6 Wegfall des Anspruchs 1. Der Anspruch auf Übergangshilfe entfällt, wenn der Redakteur/die Redakteurin Klage nach §§ 4 ff des Kündigungsschutzgesetzes erhebt. Dies gilt nicht, wenn die Klage allein darauf gestützt wird, dass die Kündigung auf einem Auswahlfehler (§ 1 Abs. 3 KSchG) beruht. 2. Wusste der Redakteur/die Redakteurin bei Erhebung der Klage nicht, dass es sich um eine maßnahmebedingte Kündigung handelt, so entfällt der Anspruch auf Übergangshilfe soweit, als dem Redakteur/der Redakteurin eine Abfindung nach §§ 9, 10 des Kündigungsschutzgesetzes zugesprochen wurde. Das Gleiche gilt im Falle des Abs. 1 S. 2. B) Ausfallleistungen zur Sicherung der Altersversorgung § 7 Anspruchsberechtigung Ein von einer maßnahmebedingten Kündigung (§ 2) betroffene/r Redakteur/Redakteurin, welcher im Zeitpunkt der Kündigung das 55. Lebensjahr vollendet hatte, hat Anspruch auf Ausfallleistungen zur Sicherung seiner/ihrer Altersversorgung nach Maßgabe dieses Unterabschnittes. § 8 Ausfallleistung bei Arbeitslosigkeit 1. Beginnend mit dem Monat nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind zugunsten des/der gekündigten Redakteurs/Redakteurin (§ 7) vom Verpflichteten (§§ 3, 4) die bisherigen Arbeitgeberanteile zur Versicherung über das Versorgungswerk der Presse GmbH (§ 11 des Tarifvertrages über die Altersversorgung für Redakteure/Redakteurinnen an Tageszeitungen – RedAVTV – in der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltenden Fassung) weiter zu entrichten. 2. Entsprechendes gilt bezüglich des Zusatzbeitrags nach § 15 RedAVTV. 3. Die Leistungspflichten nach Abs. 1 und 2 entfallen, wenn der Redakteur/die Redakteurin ohne Zustimmung des Versorgungswerks der Presse GmbH über den Versicherungsvertrag (§ 2 RedAVTV) durch Kündigung, Beleihung, Abtretung oder Verpfändung verfügt. Die Zustimmung soll nur in Fällen der verschuldeten Not oder zum Zweck der Zukunftssicherung erteilt werden; für Kündigungen ist sie nicht zulässig. Satz 1 gilt auch während einer Pfändung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag oder der Ansprüche auf die Ausfallleistung, falls nicht das Versorgungswerk der Presse GmbH erklärt, dass sie eine Verfügung über den Versicherungsvertrag zugunsten des Pfändungsgläubigers nach Satz 2 hätte zustimmen können.

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Manteltarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen

4. Die Leistungspflichten enden a) mit Ablauf des Monats, in welchem gemäß der Dauer des Versicherungsvertrages nach § 9 Abs. 3, Satz 1 RedAVTV der letzte vertragsmäßige Versicherungsbeitrag zu erbringen wäre; b) mit Ablauf des Sterbemonats des Redakteur/der Redakteurin; c) mit dem Beginn des Monats, in welchem der Redakteur/die Redakteurin infolge Berufsunfähigkeit die entsprechenden Leistungen aus der Versicherung über das Versorgungswerk der Presse GmbH erhält. Die Weiterzahlung des Beitrags zur Versorgungskasse der Deutschen Presse (Abs. 2) entfällt sowohl bei vollständiger als auch bei teilweiser Berufsunfähigkeit; d) mit dem Beginn des Monats, in dem der Redakteur/die Redakteurin eine Tätigkeit aufnimmt, die sozialversicherungspflichtig ist oder wäre, wenn sich der Redakteur/die Redakteurin nicht hätte befreien lassen (sozialversicherungspflichtige Tätigkeit); e) mit Ablauf des Monats, in dem der Redakteur/die Redakteurin die Annahme einer zumutbaren sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit (Buchst. d) abgelehnt hat; f) mit Ablauf des dritten Jahres seit Beginn der Leistungspflicht. § 9 Ausfallleistungen bei verminderten Bezügen 1. Hat ein/e gekündigter Redakteur/Redakteurin (§ 7) eine neue sozialversicherungspflichtige Tätigkeit (§ 8 Abs. 4 Buchst. d) aufgenommen oder hat sich ein/e Redakteur/Redakteurin im Zusammenhang mit einer Maßnahme mit einer geringer entlohnten Tätigkeit bei seinem/ihrem Verlag einverstanden erklärt, so sind vom verpflichteten Verlag (§§ 3, 4) Differenzbeiträge zur Versicherung über das Versorgungswerk der Presse GmbH und an die Versorgungskasse der Deutschen Presse zu erbringen. Diese Differenzbeiträge ergeben sich aus dem Vergleich a) der Leistung nach § 8 Abs. 1 und 2 einerseits und b) der Arbeitgeberbeiträge andererseits, die für den Redakteur/die Redakteurin nach seinem/ihrem jeweiligen Gehalt zur gesetzlichen Rentenversicherung und gegebenenfalls gemäß oder analog §§ 11, 15 RedAVTV zu erbringen sind. War der Redakteur/die Redakteurin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung, so erhöht sich der Beitrag für die Versicherung (§ 8 Abs. 1) um den Arbeitgeberbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung, welcher im Monat der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die festen regelmäßigen Bezüge zu entrichten war. 2. Die Ausfallleistungen nach Abs. 1 sind nur soweit und solange zu entrichten, als der Redakteur/die Redakteurin seinerseits/ihrerseits die entsprechenden Differenzbeiträge für die Versicherung über das Versorgungswerk der Presse GmbH aufbringt. 3. Voraussetzung für die Leistungspflichten nach Abs. 1 ist, dass das neue Gehalt mindestens 10 v.H. unter dem von dem Redakteur/der Redakteurin zuletzt bezogenen Gehalt liegt. 4. § 8 Abs. 3 gilt entsprechend, wenn zwischenzeitlich eine der dort genannten Einwirkungen auf den Versicherungsvertrag stattgefunden hat.

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Manteltarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen

Anhang

5. Die Leistungspflichten enden entsprechend § 8 Abs. 4 Buchst. a) bis e) und f) sowie im Falle der Beendigung der Anstellung des Redakteur/der Redakteurin in einem neuen unbefristeten Beschäftigungsverhältnis. § 10 Härtefonds 1. Für Leistungen in Notfällen wird bei der Versorgungskasse der Deutschen Presse ein Härtefonds geschaffen. 2. Der Härtefonds tritt ein für a) Leistungen gemäß §§ 8 und 9, zu welchen kein Verlag verpflichtet ist, weil jeder der beteiligten Verlage nach § 4 Abs. 2 leistungsfrei ist; b) die Redakteur-Beitragsanteile nach § 11 RedAVTV im Umfang des § 8 Abs. 1, 3 und 4 Buchst. a) bis e); c) die Leistungen, zu denen Verlage nach §§ 8 und 9 verpflichtet waren, wenn die Leistungspflicht der Verlage gemäß § 8 Abs. 4 Buchst. f (auch in Verbindung mit § 9 Abs. 5) abgelaufen ist; d) Leistungen gemäß §§ 8 und 9 in Notfällen, die auf maßnahmebedingte Kündigungen in den Jahren 1967 und 1968 zurückgehen, welche nicht in den zeitlichen Geltungsbereich dieses Anhangs fallen. Die Entscheidung hierüber trifft mit Mehrheit eine Kommission, die aus je drei Vertretern der Verleger und der Redakteure/Redakteurinnen besteht. Buchstabe d) gilt entsprechend bei maßnahmebedingten personellen Einschränkungen, die ab 1968 eintreten. 3. Soweit ihm nicht andere Mittel zur Verfügung stehen, erbringt der Härtefonds seine/ihre Leistungen aus Beiträgen der Verlage in Höhe von 0,25 v.H. der Gehälter ihrer Redakteure/Redakteurinnen; § 15 RedAVTV gilt entsprechend. Die Verlage sind zu diesen Zusatzbeiträgen in den ersten vier Monaten ab Geltung dieses Tarifvertrages verpflichtet. Die Beiträge sind auf Antrag des Beirats der Versorgungskasse der Presse wieder zu entrichten, wenn und solange das Vermögen des Härtefonds auf weniger als den voraussichtlichen Jahresbedarf für die Leistungen des Fonds abgesunken ist. 4. Auf die Leistungen des Härtefonds besteht kein Rechtsanspruch. C) Maßnahmebedingte Kündigung des Redakteur/der Redakteurin § 11 Kann nach den besonderen Umständen des Falles dem Redakteur/der Redakteurin die Fortsetzung seiner/ihrer Tätigkeit angesichts einer Maßnahme (§ 1) nicht zugemutet werden, so kann er dies binnen eines Monats nach Kenntnis der Maßnahme geltend machen und seine/ihre Tätigkeit aufgeben. Neben § 15 Abs. 1 S. 2 und 3 des Manteltarifvertrages gelten dann §§ 3, 4 und 7 bis 10 dieses Anhangs entsprechend. D) Obliegenheiten der Redakteure/Redakteurinnen § 12 Steuerliche Pflichten 1. Redakteure/Redakteurinnen, an welche nach § 5 oder zu deren Gunsten nach §§ 8 bis 11 Leistungen an das Versorgungswerk der Presse GmbH zu erbringen sind, haben dem Leistenden eine Lohnsteuerkarte vorzulegen. Solange dies nicht geschieht, kann die Leistung zurückbehalten werden.

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Manteltarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen

2. Sofern für die Leistungen nach §§ 8 bis 11 Lohnsteuer (Kirchensteuer) geschuldet wird, kann der Leistende seine/ihre Leistung davon abhängig machen, dass der Redakteur die ihm vom Verlag oder vom Härtefonds mitgeteilte Lohnsteuer spätestens bis zu deren Fälligkeit überweist. § 13 Meldepflichten 1. Redakteure/Redakteurinnen, zu deren Gunsten Leistungen nach §§ 8 bis 11 zu erbringen sind, haben den Leistungsverpflichteten (§§ 3, 4, 10) alle Tatsachen mitzuteilen, welche auf die Höhe der Leistungen Einfluss haben. 2. Der Beirat der Versorgungskasse der Deutschen Presse erlässt Bestimmungen darüber, in welcher Form die Mitteilungen nach Abs. 1 zu erstatten sind. Die Leistungsverpflichteten können ihre Leistungen zurückbehalten, bis diese Mitteilung in der vorgesehenen Form erstattet ist. III. Schlussbestimmung § 14 Gemeinsame und erläuternde Bestimmungen 1. Eine redaktionelle Einheit (§ 1) ist auch dann gegeben, wenn ein/e einziger Redakteur/Redakteurin (Alleinredakteur/Alleinredakteurin) für eine selbstständige Zeitung oder für eine Teilausgabe tätig ist. 2. Eine Teilausgabe (§ 1 Abs. 2) ist eine Ausgabe, die sich inhaltlich von der Hauptausgabe oder den übrigen Ausgaben unterscheidet. 3. Ein Zusammenwirken von Verlagen (§ 1 Abs. 3 Buchst. a) kann auch dann vorliegen, wenn eine entsprechende ausdrückliche Absprache fehlt. 4. Im Ganzen gleiche Bedingungen im Sinne der §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 2 sind gegeben, wenn der Redakteur/die Redakteurin im neuen Arbeitsverhältnis die gleichen Bedingungen bezüglich der letzten regelmäßigen Bezüge, der Betriebszugehörigkeit, der Berufs- und Verlagsdienstjahre, des Jahresurlaubs und der sonstigen tariflichen Regelungen zugestanden erhält. 5. § 4 Abs. 2 gilt auch für Veräußerungsfälle. 6. Hatte der Redakteur bei der Einstellung seine/ihre Tätigkeit am Jahresbeginn aufzunehmen, so ist das erste Jahr der Betriebszugehörigkeit am folgenden Jahresbeginn auch dann vollendet (§ 5 Abs. 1), wenn der erste betriebliche Arbeitstag nicht der erste Januar war. 7. Ist der Redakteur am ersten eines Monats geboren, so gilt der Geburtsmonat als angefangen im Sinne des § 5 Abs. 4. 8. Eine neue sozialversicherungspflichtige Tätigkeit (§§ 8 Abs. 4 Buchst. d) und e), 9 Abs. 1) ist auch eine Tätigkeit, die nicht der Versicherungspflicht im Sinne der §§ 1 ff. RedAVTV unterliegt. 9. Befristete Arbeitsverhältnisse im Sinne des § 9 Abs. 5 sind Arbeitsverhältnisse zur Probe oder zur Aushilfe. 10.

Die §§ 12, 13 Abs. 2, 14, 15, 17 bis 20 RedAVTV gelten für diesen Anhang zum Tarifvertrag entsprechend.

11.

§ 613a BGB bleibt zugunsten der Redakteure/Redakteurinnen unberührt.

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Manteltarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen

Anhang

§ 15 Geltungsdauer Dieser Anhang kann abweichend von § 19 Abs. 1 S. 2 des Manteltarifvertrages nur mit einer Frist von 12 Monaten und erstmals zum 31. Dezember 1972 gekündigt werden. Frankfurt am Main, 10. September 1968 Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. .................................................

Deutscher Journalisten-Verband e.V. .................................................

IG Druck und Papier Hauptvorstand .................................................

Deutsche Angestellten-Gewerkschaft .................................................

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2. Tarifvertrag über die Altersversorgung für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen vom 15. Dezember 1997 – Gültig ab 1. Januar 1999 – Zwischen dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. als Vertreter der ihm angeschlossenen Mitgliedsverbände – Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger e.V., – Verband Bayerischer Zeitungsverleger e.V., – Verein der Zeitungsverleger in Berlin und Brandenburg e.V., – Zeitungsverlegerverband Bremen e.V., – Zeitungsverlegerverband Hamburg e.V., – Verband Nordwestdeutscher Zeitungsverleger e.V., – Verband Rheinisch-Westfälischer Zeitungsverleger e.V., – Verband der Zeitungsverleger in Rheinland-Pfalz und Saarland e.V., – Verband der Zeitungsverlage Norddeutschland e.V., einerseits und der Industriegewerkschaft Medien, Druck und Papier, Publizistik und Kunst, dem Deutschen Journalisten-Verband e.V. – Gewerkschaft der Journalisten – der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft andererseits wird der folgende Tarifvertrag vereinbart: § 1 Geltungsbereich 1. Der Tarifvertrag gilt: a) räumlich: für die Bundesrepublik Deutschland b) fachlich: für alle Verlage, die Tageszeitungen herausgeben c) persönlich: für alle hauptberuflich an Tageszeitungen festangestellten Redakteurinnen und Redakteure (Wort und Bild). Eingeschlossen sind die im Ausland für inländische Verlage tätigen Redakteurinnen und Redakteure. 2. Der Tarifvertrag gilt nicht für Redaktionsvolontärinnen und Redaktionsvolontäre. Protokollnotiz zu § 1 (persönlicher Geltungsbereich):

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Anhang

Als Redakteurin/Redakteur gilt, wer – nicht nur zum Zweck der Vorbereitung auf diesen Beruf (gleichgültig in welchem Rechtsverhältnis) – kreativ an der Erstellung des redaktionellen Teils von Tageszeitungen regelmäßig in der Weise mitwirkt, dass sie/er 1. Wort- und Bildmaterial sammelt, sichtet, ordnet, dieses auswählt und veröffentlichungsreif bearbeitet, und/oder 2. mit eigenen Wort- und/oder Bildbeiträgen zur Berichterstattung und Kommentierung in der Zeitung beiträgt, und/oder 3. die redaktionell-technische Ausgestaltung (insbesondere Anordnung und Umbruch) des Textteils besorgt und/oder 4. diese Tätigkeiten koordiniert. A. Die Versicherungspflicht § 2 Versicherungspflicht Der Verlag ist verpflichtet, die bei ihm beschäftigten Redakteurinnen und Redakteure über die Versorgungswerk der Presse GmbH bei deren 1. Vertragsgesellschaften zu versichern und die Versicherungsbeiträge nach Maßgabe dieses Tarifvertrages an das Versorgungswerk abzuführen. 2. Die Redakteurin/der Redakteur ist verpflichtet, sich bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres versichern zu lassen, alle zu diesem Zweck erforderlichen Willenserklärungen abzugeben und die erforderlichen Handlungen vorzunehmen und zu dulden. 3. Die Absätze 1 und 2 gelten auch für den Abschluss des zweiten Versicherungsvertrages gemäß § 9 Abs. 2 für die bereits am 31.12.1998 pflichtversicherten Redakteurinnen und Redakteure. 4. Bestehen im Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus einem Verlag und dem Eintritt in einen anderen Verlag zwei Anstellungsverhältnisse nebeneinander, so besteht Versicherungspflicht nur für das neubegründete Beschäftigungsverhältnis. § 3 Voraussetzungen/Befreiung 1. Versicherungspflichtig ist eine Redakteurin/ein Redakteur, wenn sie/er a) ein Berufsjahr zurückgelegt oder b) das 25. Lebensjahr vollendet hat. 2. Während einer vereinbarten Probezeit bleibt die Redakteurin/der Redakteur bis zu drei Monaten versicherungsfrei, es sei denn, dass sie/er schon vorher obligatorisch versichert war und der Versicherungsvertrag nicht aufgelöst wurde. 3. Das Versorgungswerk kann auf Antrag in Einzelfällen Redakteurinnen und Redakteure ganz oder teilweise, für dauernd oder zeitweise von der Versicherungspflicht befreien, wenn für die Redakteurin/den Redakteur ein der Versorgung durch das Versorgungswerk entsprechender Versicherungsschutz nachgewiesen wird oder nicht erforderlich erscheint. Die Grundsätze für die Befreiung bestimmt der Verwaltungsrat des Versorgungswerks.

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4. Die Redakteurin/der Redakteur, die/der bei Inkrafttreten dieses Tarifvertrages das 59. Lebensjahr vollendet hat, ist, soweit es 2,5 v.H. des Verlagsbeitragsanteils betrifft, von der Versicherungspflicht befreit, wenn sie/er dies innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten dieses Tarifvertrages beim Versorgungswerk beantragt. 5. Macht sie/er von der Befreiungsmöglichkeit Gebrauch, sind ihr/ihm die vom Verlag gemäß § 11 geschuldeten Beiträge monatlich mit dem Gehalt auszuzahlen. Protokollnotiz zu § 3 Abs. 1, Buchst. a) (Berufsjahre): Als Berufsjahre im Sinne dieses Tarifvertrages gelten nachgewiesene Jahre als hauptberufliche Redakteurin/hauptberuflicher Redakteur an Zeitungen, Zeitschriften, Nachrichtenagenturen und am Rundfunk. § 4 Beginn und Ende 1. Die Versicherungspflicht beginnt mit dem vereinbarten Tag des Dienstantritts oder mit Eintritt der in § 3 genannten Voraussetzungen und endet mit der Vollendung des 65. Lebensjahres; sie endet ferner, wenn die Redakteurin/der Redakteur, die/der das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nimmt, die Leistungen aus der Versicherung vorzeitig beantragt. 2. Treten die Voraussetzungen des Abs. 1 im Laufe eines Monats ein, so beginnt die Versicherungspflicht mit dem ersten Tag des folgenden Monats oder endet mit dem letzten Tag des laufenden Monats. § 5 Anmeldepflicht 1. Der Verlag ist verpflichtet, die Redakteurin/den Redakteur zum Beginn der Versicherungspflicht (§ 4) unverzüglich beim Versorgungswerk anzumelden. Die Anmeldung erfolgt durch Vorlage des Antrages der Redakteurin/des Redakteurs auf Versicherung oder auf Änderung, Umstellung oder Wiederbelebung eines bereits bestehenden Versicherungsvertrages. Dies gilt auch für den zweiten Versicherungsvertrag nach § 9 Abs. 2. 2. Der Verlag hat alle Änderungen, die für die Versicherungspflicht und für die Beitragszahlung maßgebend sind, dem Versorgungswerk unverzüglich mitzuteilen. § 6 Versicherungsschutz Der Versicherungsschutz beginnt erst mit dem Eingang des Versicherungsantrags und des ersten Beitrags beim Versorgungswerk. Solange ein Antrag nicht vorliegt, können im Versicherungsfall nur die Beiträge ohne Zinsen zurückverlangt werden. Nach dem Ablauf von sechs Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht gilt jedoch eine Rentenversicherung ohne Todesfallleistung – mit einer Leistung bei Berufsunfähigkeit bei einem Eintrittsalter bis zu 55 1/2 Jahren – als beantragt. Dies gilt auch, wenn der Abschluss des zweiten Versicherungsvertrages gemäß § 9 Abs. 2 nicht zustande kommt. B. Der Versicherungsvertrag § 7 Versicherungsnehmer/Bezugsberechtigung 1. Der Verlag ist Versicherungsnehmer, die Redakteurin/der Redakteur als versicherte Person unwiderruflich begünstigt.

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Anhang

2. Für den Fall des Todes/Unfalltodes vor Ablauf der Versicherung hat die Redakteurin/der Redakteur anzugeben, wer Anspruch auf die Versicherungsleistung haben soll. Die Einräumung des Rechts an andere Personen als den mit der/dem Versicherten zur Zeit des Todes in gültiger Ehe lebenden Ehegatten und/oder die unterhaltsberechtigten Kinder bedarf der Zustimmung des jeweiligen Verlags und des Versorgungswerks. 3. Scheidet die Redakteurin/der Redakteur aus den Diensten des Verlags aus, so gehen sämtliche Rechte aus dem Versicherungsvertrag auf die ausscheidende Redakteurin/den ausscheidenden Redakteur über. Die Redakteurin/der Redakteur kann diesen Vertrag dann als Einzelversicherung nach dem dafür gültigen Tarif fortführen. Tritt die Redakteurin/der Redakteur in die Dienste eines anderen Verlags, der dem Versorgungswerk gegenüber zur Versicherung verpflichtet ist, so ist dieser Versicherungsvertrag wieder zur Erfüllung der Versicherungspflicht heranzuziehen. Die Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers gehen mit Ausnahme des Bezugsrechts auf den neuen Verlag über. 4. Der Verlag hat unter Fortbestand seiner übrigen Verpflichtungen aus diesem Tarifvertrag die Versicherungsnehmereigenschaft auf die Redakteurin/den Redakteur zu übertragen, wenn die Redakteurin/der Redakteur von der Pflicht zur Angestelltenversicherung befreit ist; auch eine anteilige Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft ist zulässig. In diesem Fall ist die Redakteurin/der Redakteur verpflichtet, sich aller Verfügungen über den Versicherungsvertrag, insbesondere durch Beleihung, Abtretung, Verpfändung oder Bezugsrechtsänderung zu enthalten, sofern nicht Verlag und Versorgungswerk der Verfügung zustimmen. Auf Verlangen der Redakteurin/des Redakteurs ist die Versicherungsnehmereigenschaft ganz oder teilweise auf den Verlag zurückzuübertragen. 5. Die Regelungen der Absätze 1 bis 4 gelten auch für den nach § 9 Abs. 2 abzuschließenden zweiten Versicherungsvertrag. § 8 Verfügungsbeschränkungen 1. Während des Bestehens der Versicherungspflicht ist eine Verfügung über den Versicherungsvertrag, insbesondere durch Kündigung (Teilkündigung), Beleihung, Abtretung oder Verpfändung, nur wirksam, wenn Verlag und Versorgungswerk zustimmen. 2. Dies gilt auch für den nach § 9 Abs. 2 abzuschließenden zweiten Versicherungsvertrag. § 9 Formen und Inhalt der Versicherungsverträge 1. Als Versicherungsformen kommen wahlweise in Frage: a) bei einem Eintrittsalter bis zu 55 1/2 Jahren – die Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall mit Einschluss der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (mit Beitragsbefreiung und einer Jahresrente in Höhe von 10 v.H. der Versicherungssumme) und einer Zusatzleistung bei Tod durch Unfall (in Höhe der Versicherungssumme) oder – die Rentenversicherung mit Einschluss der Berufsunfähigkeits-Zuatzversicherung (mit Beitragsbefreiung und einer Jahresrente in Höhe der versicherten Altersrente), von Witwen- bzw. Witwerrenten und Waisenrenten

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und einer Zusatzleistung bei Tod durch Unfall (Einmalzahlung in Höhe der zwölffachen versicherten Jahresrente) b) bei einem Eintrittsalter über 55 1/2 Jahren – die Kapitalversicherung auf den Todes- und Erlebensfall mit Einschluss der Unfall-Zusatzversicherung (in Höhe der Versicherungssumme) oder – die Rentenversicherung mit Einschluss von Witwen- bzw. Witwerrenten und einer Zusatzleistung bei Tod durch Unfall (Einmalzahlung in Höhe der zwölffachen versicherten Jahresrente). 2. Für alle am 31.12.1998 bereits im Versorgungswerk pflichtversicherten Redakteurinnen und Redakteure wird ein zweiter Versicherungsvertrag auf Endalter 65 Jahre (Monat, in dem die Redakteurin/der Redakteur das 65. Lebensjahr vollendet) abgeschlossen. Hierzu wird der Redakteurin/dem Redakteur innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten des Tarifvertrages ein Wahlrecht für eine Versicherungsform nach Abs. 1a) (unabhängig vom Alter) eingeräumt bzw. nach Abs. 1b) wenn sie/er bei Abschluss der Erstversicherung über 55 1/2 Jahre alt war. 3. Das versicherungstechnische Eintrittsalter entspricht dem Lebensalter der Redakteurin/des Redakteurs an ihrem/seinem dem Versicherungsbeginn nächstgelegenen Geburtstag. 4. Die Dauer des Versicherungsvertrages ergibt sich, immer in vollen Jahren gerechnet, aus dem Unterschied zwischen dem versicherungstechnischen Eintrittsalter und dem Zeitpunkt, zu dem die Redakteurin/der Redakteur das 65. Lebensjahr vollendet. Wird nach Abs. 1 die Kapitalversicherung gewählt und würde die steuerlich vorgeschriebene Mindestlaufzeit von zur Zeit 12 Jahren nicht erreicht werden, kann bei einem Eintrittsalter von über 53 1/2 Jahren ein um die erforderliche Zahl von Jahren höheres Endalter vereinbart werden, abweichend von Abs. 1 Buchst. a) entfällt jedoch in diesem Fall dann der Einschluss der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. 5. Weitere Einzelheiten über die Versicherungsverträge, insbesondere die Versicherungstarife und Versicherungsbedingungen, sind in dem Vertrag zwischen dem Versorgungswerk und den Versicherungsgesellschaften festgelegt. Dessen Änderungen zuungunsten der Verlage oder der Redakteurinnen und Redakteure bedürfen der Genehmigung durch die Tarifpartner. C. Versicherungsbeiträge § 10 Bemessungsgrundlage 1. Die Versicherungsbeiträge werden nach dem jeweiligen Monatsgehalt der Redakteurin/des Redakteurs berechnet, soweit dieses die Beitragsbemessungsgrenze des Versorgungswerks nicht überschreitet (Bemessungsgrundlage). Die Beitragsbemessungsgrenze des Versorgungswerks liegt um 400 DM über der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze für Monatsbezüge der Angestelltenversicherung (§ 18 Abs. 1 SGB IV i.V.m. Anlage 2 zu SGB VI), solange die gesetzliche Beitragsbemessungsgrenze nach den seit dem 1. Juli 1986 gültigen gesetzlichen Bestimmungen festgesetzt wird. Ab 1.1.2002 liegt diese Beitragsbemessungsgrenze des Versorgungswerks um 200 Euro über der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze für Monatsbezüge der Angestelltenversicherung.

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Sofern durch Gehaltsverzicht zugunsten einer Direktversicherung oder Pensionszusage im Sinne des § 40b EStG das Monatsgehalt gemindert ist, gilt für die Beitragsbemessung gemäß Satz 1 das ungeminderte Monatsgehalt. 2. Gratifikationen, Urlaubsgeld und sonstige über die regulären zwölf Monatsgehälter hinausgehenden zusätzlichen Leistungen des Verlags unterliegen nicht der Beitragspflicht. Das gleiche gilt für Zuschüsse zu Krankenversicherungsbeiträgen und für vermögenswirksame Leistungen, die der Verlag für die Redakteurin/den Redakteur erbringt. Protokollnotiz zu § 10 Abs. 1 (Bemessungsgrundlage): Sollten wesentliche gesetzliche Änderungen eintreten, werden die Tarifparteien unverzüglich Verhandlungen über die Neufestsetzung der tariflichen Beitragsbemessungsgrenze aufnehmen. Dies gilt nicht für etwaige Änderungen der Bemessungsgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherung im Zusammenhang mit der Einführung des Euro. § 11 Beitragshöhe 1. Die Beiträge berechnen sich aus der jeweiligen Bemessungsgrundlage (§ 10) wie folgt: 1. Für Redakteurinnen und Redakteure, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind: 7,5 v.H. der jeweiligen Bemessungsgrundlage. 2. Für Redakteurinnen und Redakteure, die in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht versicherungspflichtig sind, kommt zu den 7,5 v.H. nach Nr. 1 ein weiterer Betrag, der sich aus der Anwendung des jeweiligen Beitragssatzes der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Bemessungsgrundlage bis zur Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung ergibt. 2. Verlag und Redakteurin/Redakteur schulden die Beiträge nach Abs. 1 Nr. 1 zu 2/3 und 1/3. Den Beitragsanteil, der analog der gesetzlichen Rentenversicherung berechnet wird (gem. Abs. 1 Nr. 2) schulden Verlag und Redakteurin/Redakteur je zur Hälfte. 3. Ist die Redakteurin/der Redakteur außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Tarifvertrages tätig und unterliegt sie/er dort einer Rentenversicherungspflicht, so berechnen sich die Beiträge nach Abs. 1 Nr. 1. 4. Hat sich die Redakteurin/der Redakteur gemäß §§ 5, 6 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen, so mindert sich der Beitragsanteil des Verlags gemäß Abs. 1 Nr. 2 um den Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung. Mindestens ist vom Verlag jedoch der Beitragsanteil zu zahlen, wie er sich aus Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ergäbe. § 12 Überschussanteile Die bei den Versicherungsverträgen anfallenden Überschussanteile werden entsprechend dem jeweils zugrunde liegenden Überschuss-Verteilungssystem zum Aufbau zusätzlicher Versicherungsleistungen verwendet. Die Barauszahlung von Überschussanteilen ist ausgeschlossen. § 13 Beitragsentrichtung 1. Der Verlag ist verpflichtet, den Beitragsanteil der Redakteurin/des Redakteurs von deren/dessen jeweiligem Monatsgehalt einzubehalten und ihn im Namen

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und für Rechnung der Redakteurin/des Redakteurs zusammen mit dem Beitragsanteil des Verlags an das Versorgungswerk abzuführen. Die Redakteurin/ der Redakteur ist verpflichtet, sich ihren/seinen Beitragsanteil vom Gehalt abziehen zu lassen. 2. Bei Mehrfachbeschäftigung einer Redakteurin/eines Redakteurs verteilt das Versorgungswerk, sofern insgesamt die Beitragsbemessungsgrenze überschritten wird, die Beitragszahlungspflicht im Verhältnis der Gehälter auf die versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse, ohne dass es eines Antrags der Redakteurin/des Redakteurs oder der beteiligten Verlage bedarf; jeder Verlag haftet jedoch für den Beitrag, der auf das von ihm gezahlte Gehalt zu entrichten wäre. 3. Die Beiträge sind bis zum 10. des folgenden Monats an das Versorgungswerk abzuführen. Verzugszinsen können nach Maßgabe der Beschlüsse des Verwaltungsrats des Versorgungswerks gefordert werden. Sie dürfen höchstens auf 2 v.H. über dem Bundesbankdiskontsatz festgesetzt werden. 4. Der unterbliebene Abzug eines feststehenden Beitrags darf nur bei der Gehaltszahlung für den nächsten Monat nachgeholt werden. Diese Einschränkung gilt nicht, wenn die Redakteurin/den Redakteur ein Verschulden an der Nichtentrichtung trifft. 5. Für die ab 1.1.1999 neu abgeschlossenen Versicherungen sowie den nach § 9 Abs. 2 abgeschlossenen zweiten Versicherungsvertrag endet die Beitragszahlung spätestens Ende des Monats, in dem die Redakteurin/der Redakteur das 65. Lebensjahr vollendet hat. Die Pflicht zur Beitragszahlung endet spätestens mit dem Ablauf einer auf das versicherungstechnische Endalter von 65 Jahren abgestellten Versicherung. Verteilt sich der zu entrichtende Beitrag auf mehrere Versicherungsverträge, sind die anteiligen Beiträge in der jeweils festgesetzten Höhe bis zum Ablauf der Versicherung zu entrichten, sofern diese auf das versicherungstechnische Endalter von 65 Jahren abgeschlossen sind. Ist die Pflichtversicherung auf ein höheres Endalter abgeschlossen, so enden die Pflichten des Verlags mit dem Monat, in dem die Redakteurin/der Redakteur das 65. Lebensjahr vollendet hat. Für den nach § 9 Abs. 2 abgeschlossenen zweiten Versicherungsvertrag sind die Beiträge allein vom Verlag zu entrichten. Für die bestehende Pflichtversicherung verbleibt es bei je hälftiger Beitragszahlung von Verlag und Redakteurin/Redakteur. Protokollnotiz zu § 13 Abs. 3 (Verzugszinsen): Anstelle des Bundesbank-Diskontsatzes tritt ein vergleichbarer, mittels Rechtsverordnung festgelegter Zinssatz der Europäischen Zentralbank (EZB). § 14 Beiträge im Falle von Krankheit, Berufsunfähigkeit und Tod sowie während der Mutterschutzfristen 1. Die Beiträge sind im Falle von Krankheit, Berufsunfähigkeit und Tod nach Maßgabe des letzten vollen Gehaltes solange zu entrichten, als nach den tariflichen Bestimmungen die vollen Bezüge oder Zuschüsse gezahlt werden. Die Beitragspflicht besteht auch während der Mutterschutzfristen entsprechend der Höhe des letzten vollen Gehaltes weiter. 2. Abweichend von Abs. 1 Satz 1 gilt Folgendes: a) Beiträge sind soweit nicht zu entrichten, als nach den Versicherungsbedingungen der Vertragsgesellschaften wegen Gewährung von Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung Beitragsfreiheit besteht.

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b) Beiträge sind auch dann zu entrichten, wenn nur dem Grunde nach Zuschusspflicht besteht, tatsächlich aber keine Zahlungen erfolgen. Diese Zahlungspflicht besteht solange, bis nach den Versicherungsbedingungen der Vertragsgesellschaften Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung gewährt werden können, jedoch nicht über den für die Zuschusszahlung tarifvertraglich jeweils maßgeblichen Zeitraum hinaus. Das Versorgungswerk unterrichtet den Verlag unverzüglich über das Vorliegen der Voraussetzung und die Folgen von Buchst. a) oder Buchst. b) und erstattet erforderlichenfalls die überzahlten Beiträge an bzw. über den Verlag. 3. Endet die Zahlung der vollen Bezüge oder des Zuschusses oder beginnt die Zahlung der vollen Bezüge im Laufe eines Kalendermonats, so mindert sich der Beitrag zeitanteilig, dabei wird jeder Kalendermonat zu 30 Tagen gerechnet. 4. Für Monate, in denen Sterbegeld gezahlt wird, sind keine Beiträge zu entrichten. 5. Die Beiträge im Krankheits- und Todesfall sowie während der Mutterschutzfristen werden gem. § 11 Abs. 2 von Verlag und Redakteurin/Redakteur geschuldet. D. Versorgungskasse der Deutschen Presse § 15 Aufgabe der Kasse 1. Das Vermögen und die Einkünfte der Versorgungskasse werden durch den Beirat verwaltet. Sie sind dazu bestimmt, Leistungen (Kapital- und/oder Rentenzahlungen) aufgrund der bis 31.12.1998 begründeten Anwartschaften an Redakteurinnen/Redakteure bzw. deren Hinterbliebene zu erbringen. 2. Aufgrund der Protokollnotizen zu § 16 der Altersversorgungstarifverträge 1987 bzw. 1993 werden mit Wirkung vom 1.1.1999 keine Beiträge mehr an die Versorgungskasse gezahlt. Vielmehr erhöht sich dadurch der Beitragsanteil der Verlage an das Versorgungswerk entsprechend. Eine Beitragszahlung in die Versorgungskasse von Seiten der Redakteurin/des Redakteurs ist ausgeschlossen. 3. Die Höhe der Leistungen ergibt sich in Abweichung von § 2 BetrAVG aus den beitragsfreien Rückdeckungsversicherungssummen zuzüglich einer ab 1.1. 1999 einsetzenden Gewinnbeteiligung. Das nähere regelt der vom Beirat der Versorgungskasse erlassene Leistungsplan. 4. Die Leistungen richten sich nach den Mitteln der Versorgungskasse, die durch die alleinige Beitragszahlung der Verlage bis 31.12.1998 aufgebaut wurden. Ein Rechtsanspruch auf diese Leistungen besteht nicht. Abtretung und Verpfändung sind ausgeschlossen. Die Rechte und Pflichten aus den Rückdeckungsversicherungen stehen allein der Versorgungskasse zu. 5. Bei Inanspruchnahme eines Rentenwahlrechts ergibt sich die Höhe der laufenden Rentenleistung aus dem Tarifwerk des Versicherers, das dem Versicherungsvertrag zugrunde liegt. Die Gewinnanteile aus dem Versicherungsvertrag werden zur jährlichen Erhöhung der laufenden Rentenleistungen verwandt. Die Erhöhung der laufenden Rentenleistungen um die Gewinnanteile erfolgt zum 1. Januar eines jeden Jahres. Eine darüber hinausgehende Anpassung der laufenden Rentenleistungen nach § 16 BetrAVG findet nicht statt. E. Gemeinsame Vorschriften § 16 Beitragsnachweis 1. Der Verlag ist vorbehaltlich der Regelung in Abs. 2 verpflichtet, bis zum 10. des folgenden Monats dem Versorgungswerk einen Beitragsnachweis einzureichen,

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in dem die versicherungspflichtigen Redakteurinnen und Redakteure mit Namen, Versicherungsnummer, Gehalt (bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze) und Beiträgen aufgeführt sind. 2. Erhält der Verlag – nach erstmaliger Erfüllung der Verpflichtung nach Abs. 1 – vom Versorgungswerk einen Beitragsnachweis (Kontoauszug), dann ist er nur noch verpflichtet, die für die Erstellung des Kontoauszuges erforderlichen Änderungen bis zum 15. des laufenden Monats, bei später eingetretenen Änderungen unverzüglich, dem Versorgungswerk mitzuteilen und den danach zugesandten Beitragsnachweis auf die Richtigkeit hin zu überprüfen sowie evtl. Beanstandungen dem Versorgungswerk unverzüglich mitzuteilen. § 17 Drittberechtigter Die Bestimmungen dieses Tarifvertrages sind zugleich Vertragsbestimmungen zugunsten der Versorgungswerk der Presse GmbH und der Versorgungskasse der Deutschen Presse (§ 328 BGB). § 18 Erfüllungsort und Gerichtsstand Erfüllungsort und Gerichtsstand für alle Ansprüche ist Stuttgart. § 19 Übergangsregelung 1. Die Bestimmungen dieses Tarifvertrages gelten nach Maßgabe der folgenden Absätze auch für diejenigen Redakteurinnen und Redakteure, die im räumlichen Geltungsbereich des Altersversorgungstarifvertrages 1993 bis 31.12.1998 tätig sind bzw. waren und bereits am 1.1.1999 Anwartschaften auf betriebliche oder einzelvertragliche Versorgungsleistungen hatten, in der Wartezeit zu solchen standen oder mit denen sonstige versorgungsrechtliche Vereinbarungen getroffen waren. Um eine nicht beabsichtigte Doppelbelastung des Verlags zu vermeiden, sollen sich Verlag und Redakteurin/Redakteur, erforderlichenfalls unter Mitwirkung des Betriebsrats, auf eine einverständliche Überleitung der Kollektiv- oder Einzelregelung auf die tarifliche einigen, soweit sich die Regelung nicht aus den Absätzen 2 und 3 von selbst ergibt. 2. Versicherungsverträge, die auf so genannten Rahmenverträgen zwischen Verlag und Versorgungswerk der Presse GmbH beruhen, sind entsprechend § 7 Abs. 3 Satz 3 zur Erfüllung der Versicherungspflicht heranzuziehen. 3. Waren aufgrund einzelvertraglicher oder betrieblicher Regelungen Versicherungsverträge über das Versorgungswerk der Presse abgeschlossen worden, die höhere Verpflichtungen des Verlags als dieser Tarifvertrag vorsehen, ist der Verlag verpflichtet, mindestens den Betrag zu entrichten, der sich aus der bisherigen Vereinbarung (einschl. des Beitrages der Versorgungskasse) ergibt. § 20 Schlussbestimmungen 1. Dieser Vertrag tritt am 1.1.1999 in Kraft. Er gilt erstmals für Monatsgehälter, die für den Monat Januar 1999 geschuldet werden. Er kann mit einer Frist von 12 Monaten, erstmals zum 31.12.2004 gekündigt werden. 2. Bei Inkrafttreten dieses Tarifvertrages erworbene einzelvertragliche Rechte bleiben unberührt. 3. Die Tarifvertragsparteien streben an, diesen Tarifvertrag unverzüglich für allgemeinverbindlich i.S.v. § 5 TVG erklären zu lassen.

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Frankfurt/Main, den 15. Dezember 1997 Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e V. ................................................. Industriegewerkschaft Medien, Druck und Papier, Publizistik und Kunst ................................................. Deutscher Journalisten-Verband e.V. – Gewerkschaft der Journalisten – .................................................

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3. Gehaltstarifvertrag für Redakteure/Redakteurinnen an Tageszeitungen gültig ab 1. August 2005 Zwischen dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. als Vertreter der ihm angeschlossenen Landesverbände Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger e.V., Verband Bayerischer Zeitungsverleger e.V., Verein der Zeitungsverleger in Berlin und Brandenburg e.V.*, Zeitungsverlegerverband Bremen e.V., Zeitungsverlegerverband Hamburg e.V., Verband Hessischer Zeitungsverleger e.V., Verband Nordwestdeutscher Zeitungsverleger e.V., Zeitungsverlegerverband Nordrhein-Westfalen e.V., Verband der Zeitungsverleger in Rheinland-Pfalz und Saarland e.V., Verband Sächsischer Zeitungsverleger e.V. Verband der Zeitungsverlage Norddeutschland e.V.*, einerseits und dem Deutschen Journalisten-Verband e.V. – Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten –, ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Bundesvorstand – Deutsche Journalistinnen und Journalisten (dju) in ver.di, andererseits wird der folgende Gehaltstarifvertrag vereinbart:

§ 1 Geltungsbereich Der Tarifvertrag gilt: räumlich:

für die Bundesrepublik Deutschland

fachlich:

für alle Verlage, die Tageszeitungen herausgeben

persönlich:

für alle hauptberuflich an Tageszeitungen festangestellten Redakteure/Redakteurinnen und entsprechend für Redaktionsvolontäre/ Redaktionsvolontärinnen, sofern für diese nichts anderes bestimmt ist.

Eingeschlossen sind die im Ausland für inländische Verlage tätigen Redakteure/ Redakteurinnen.

* Die Vollmacht des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e.V. als Vertreter des Vereins der Zeitungsverleger in Berlin und Brandenburg e.V. und des Verbandes der Zeitungsverlage Norddeutschland e.V. erstreckt sich nicht auf die Bundesländer Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

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Gehaltstarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen

Anhang

Protokollnotiz zu § 1 (persönlicher Geltungsbereich): Als Redakteur/Redakteurin gilt, wer – nicht nur zum Zwecke der Vorbereitung auf diesen Beruf (gleichgültig in welchem Rechtsverhältnis) – kreativ an der Erstellung des redaktionellen Teils von Tageszeitungen regelmäßig in der Weise mitwirkt, dass er/sie 1. Wort- und Bildmaterial sammelt, sichtet, ordnet, dieses auswählt und veröffentlichungsreif bearbeitet, und/oder 2. mit eigenen Wort- und/oder Bildbeiträgen zur Berichterstattung und Kommentierung in der Zeitung beiträgt und/oder 3. die redaktionell-technische Ausgestaltung (insbesondere Anordnung und Umbruch) des Textteils besorgt und/oder 4. diese Tätigkeiten koordiniert. § 2 Tarifsätze I. Volontäre/Volontärinnen ab 1.8.2006

ab 1.8.2007

a) im 1. Ausbildungsjahr vor vollendetem 22. Lebensjahr ab vollendetem 22. Lebensjahr

1 499 E 1 662 E

1 521 E 1 687 E

b) im 2. Ausbildungsjahr

1 926 E

1 955 E

II. Redakteurinnen/Redakteure ab 1. Berufsjahr – Neue Berufsjahrestruktur a) im 1. bis 3. Berufsjahr

2 829 E

2 871 E

b) im 4. bis 6. Berufsjahr

3 283 E

3 332 E

c) im 7. bis 10. Berufsjahr

3 788 E

3 845 E

d) ab 11. Berufsjahr

4 167 E

4 230 E

III. Übergangsklausel a) Für Redakteurinnen/Redakteure in den ersten beiden Berufsjahren, im vierten und sechsten Berufsjahr gilt, dass jeweils noch eine Höherstufung nach der alten Struktur erfolgt, wenn sie bis zum 31.7.2007 eine Berufsjahrstufe nach der alten Struktur erreichen. Sie bleiben so lange in dieser Gehaltsgruppe, bis sie das Berufsjahr nach der neuen Staffel erreicht haben. b) Für Redakteurinnen/Redakteure, die bis zum 31.1.2008 das 15. Berufsjahr erreichen, gilt die bisherige Gehaltsgruppe III c (ab 15. Berufsjahr) weiter. c) In den Gruppen III sind die Buchstaben d und e mit Wirkung seit 1.1.1998 aufgehoben. Für Redakteurinnen/Redakteure, die am 31.12.1997 in der bisherigen Gruppe III Buchst. c, d oder e eingruppiert waren, gelten die bisherigen Buchst. d und e mit der Maßgabe weiter, dass jeweils noch eine Höherstufung erfolgt und diese Stufen an den linearen Tarifanhebungen der Gehaltssätze teilnehmen. Eine Verrechnung mit künftigen linearen Tarifanhebungen findet nicht statt. Ebenfalls an künftigen linearen Änderungen der Gehaltssätze nehmen die bisherigen Stufen teil, die bestehen bleiben. Eine Verrechnung findet ebenfalls nicht statt.

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Anhang

Gehaltstarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen Alte Berufsjahrestruktur

II b (alt) 3. und 4. Berufsjahr II c (alt) 5. und 6. Berufsjahr III a (alt) 7. bis 10. Berufsjahr III c (alt) 15. bis 19. Berufsjahr III d (alt) 20. bis 25. Berufsjahr III e alt) ab vollendetem 25. Berufsjahr

ab 1.8.2006 3 283 E 3 583 E 3 939 E 4 443 E 4 490 E 4 583 E

ab 1.8.2007 3 332 E 3 637 E 3 998 E 4 510 E 4 557 E 4 652 E

IV. Alleinredakteurinnen/Alleinredakteure a) b) c) d)

ab 3. Berufsjahr ab 5. Berufsjahr ab vollendetem 10. Berufsjahr ab vollendetem 15. Berufsjahr oder nach zehnjähriger Tätigkeit entsprechend den Merkmalen der Gruppe IV. Ihnen stehen ohne Rücksicht auf Berufsjahre Redakteure/Redakteurinnen an Bezirksausgaben gleich, denen mindestens ein Redakteur/eine Redakteurin unterstellt ist

ab 1.8.2006 3 546 E 4 277 E 4 607 E

ab 1.8.2007 3 599 E 4 341 E 4 676 E

4 823 E

4 895 E

e) für Redakteure/Redakteurinnen an Bezirksausgaben, denen mindestens ein Redakteur/eine Redakteurin unterstellt ist, gelten nach zehnjähriger Tätigkeit in dieser Funktion die Gehaltssätze der Gruppe V b bzw. V bb. Redakteur/Redakteurin an Bezirksausgaben im Sinne der Ziffer IV dieses Gehaltstarifs ist nicht, wer lediglich mit der Berichterstattung und mit der Sammlung redaktionellen Materials beauftragt ist. V. Redakteure/Redakteurinnen in besonderer Stellung an selbstständigen Zeitungen Redakteure/Redakteurinnen, von denen auf Grund besonderer Kenntnisse oder Fähigkeiten regelmäßig redaktionelle Aufgaben erfüllt werden, die selbstständige Entscheidungen und erhöhte Verantwortung verlangen aa) ab vollendetem 15. Berufsjahr b) Redakteure/Redakteurinnen, die die Voraussetzungen nach V a erfüllen und denen mindestens ein Redakteur/eine Redakteurin unterstellt ist bb) ab vollendetem 15. Berufsjahr

ab 1.8.2006

ab 1.8.2007

4 662 E 5 024 E

4 732 E 5 099 E

4 881 E 5 259 E

4 954 E 5 338 E

a)

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Gehaltstarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen

Anhang

VI. Gehälter nach freier Vereinbarung Die Gehälter der Ressortleiter/Ressortleiterinnen von selbstständigen Zeitungen sowie die Gehälter der Chefs/Chefinnen vom Dienst, der stellvertretenden Chefredakteure/Chefredakteurinnen und Chefredakteure/Chefredakteurinnen müssen angemessen über den Gehaltssätzen der Ziffer V b bzw. V bb dieses Tarifvertrages liegen und sind frei zu vereinbaren. Im Falle von Änderungen der Tarifgehälter ist die Angemessenheit der frei zu vereinbarenden Gehälter in Relation zu den Gehaltssätzen der Ziffer V b bzw. V bb zu überprüfen. Ressorts im Sinne des Absatzes 1 sind die Sachgebiete Politik, Kultur, Lokales. Bei Wirtschaft, Sport und Provinz ist der Begriff Ressort im Sinne dieser Ziffer gegeben, wenn für diese Sachgebiete mindestens ein Redakteur/eine Redakteurin überwiegend und bestimmungsgemäß tätig ist. Die Einrichtung weiterer Ressorts steht im Ermessen des Verlags. § 3 Einstufung I. Berufsjahre Nachgewiesene Jahre als hauptberuflicher Redakteur/hauptberufliche Redakteurin an Zeitungen, Zeitschriften, Nachrichtenagenturen und am Rundfunk gelten als Berufsjahre im Sinne dieses Gehaltstarifs. Die Berufsjahre werden unter Ausschluss der Ausbildungszeit, aber unter Einrechnung der Wehrdienstzeiten (Zeiten des zivilen Ersatzdienstes) nach vorangegangener Berufszugehörigkeit berechnet. Nach einem Redakteursdienstjahr werden als Berufsjahre angerechnet: a) für jeweils zwei nachgewiesene Jahre hauptberuflicher Tätigkeit als freier/freie Journalist/Journalistin: ein Jahr, höchstens aber insgesamt drei Jahre; b) nur aufgrund besonderer Vereinbarung im Anstellungsvertrag: – nachgewiesene Jahre als Journalist/Journalistin an Pressestellen; – höhere Anrechnungen als nach Buchstaben a) und b); – gleichzeitige Anrechnung nach a) und b); c) ebenso werden nach vorangegangener Berufszugehörigkeit Zeiten tatsächlich genommenen gesetzlichen Erziehungsurlaubs (gesetzliche Elternzeit), der/die nach dem 1. Januar 1995 anfällt, als Berufsjahre angerechnet, höchstens aber mit insgesamt zwei Jahren. Bereits erfolgte höhere Einstufungen nach Berufsjahren bleiben bestehen. Protokollnotiz zu § 3 I. a) Für freie Journalistinnen/Journalisten, die bis zum 31.12.1997 in den Verlag eingetreten sind, gilt § 3 I. a) in folgender Fassung: Nach einem Redakteursdienstjahr werden als Berufsjahre angerechnet: Für jeweils drei nachgewiesene Jahre hauptberuflicher Tätigkeit als freier/freie Journalist/Journalistin: ein Jahr, höchstens aber insgesamt zwei Jahre. b) Für Redakteurinnen/Redakteure, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Struktur im ersten Berufsjahr befinden, werden nach einem Redakteursdienstjahr für ein abgeschlossenes Hochschulstudium 2 Berufsjahre angerechnet. c) Eine bereits erfolgte Anrechnung eines Hochschulstudiums bleibt erhalten.

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Anhang

Gehaltstarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen II. Schriftliche Festlegung der Gehälter

Im Anstellungsvertrag sind die vereinbarte Tätigkeit, die sich hieraus ergebende Einstufung in die Gehaltsgruppe dieses Tarifvertrages, das hiernach zu zahlende Tarifgehalt, das Gehalt, etwaige übertarifliche Zulagen bzw. Leistungs-/Funktionszulagen schriftlich festzulegen. Alle Veränderungen, die sich während der Dauer des Anstellungsverhältnisses ergeben, sind durch Nachträge zum Anstellungsvertrag schriftlich festzulegen. Wenn für einen/eine Redakteur/Redakteurin aufgrund eingetretener Änderungen im Laufe des bestehenden Arbeitsverhältnisses eine Einstufung in die Gruppen IV, V oder VI (§ 2) in Betracht kommt, so haben die Parteien des Arbeitsverhältnisses in gegenseitiger Fühlungnahme und unter Zugrundelegung objektiver Maßstäbe zu prüfen, ob die tatsächlich geforderte und geleistete Arbeit den Leistungsmerkmalen der in Frage stehenden Gruppe entspricht. § 4 Vertretungsausgleich (1) Wird ein Redakteur/eine Redakteurin der Gehaltsgruppen IV, V oder VI weisungsgemäß von einem Redakteur/einer Redakteurin einer jeweils niedrigeren Gehaltsgruppe länger als fünf zusammenhängende Wochen vertreten, so erhält der Vertreter/die Vertreterin für jeden darauf folgenden Arbeitstag der Vertretung 15 Euro. (2) Absatz 1 gilt nicht für Redakteure/Redakteurinnen mit Stellvertreterfunktion. § 5 Anspruchsverfolgung und Schlichtung (1) Nicht erfüllte Ansprüche aus diesem Tarifvertrag sind von dem Redakteur/der Redakteurin bzw. Volontär/Volontärin innerhalb dreier Monate nach Fälligkeit geltend zu machen. Lehnt der Verlag in einem schriftlich zu erteilenden Bescheid die Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs ab, so muss dieser innerhalb eines halben Jahres nach Fälligkeit gerichtlich geltend gemacht werden. Bei späterer Geltendmachung als nach Satz 1 und 2 ist der Verlag berechtigt, die Erfüllung zu verweigern. Vergütungsansprüche, die während eines Kündigungsrechtsstreits fällig werden und von seinem Ausgang abhängen, sind innerhalb von drei Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Rechtsstreits geltend zu machen. (2) Solange der Verlag die schriftliche Ablehnung (Absatz 1 Satz 2) nicht erteilt hat, kann der Redakteur/die Redakteurin klagen, auch wenn die Halbjahresfrist verstrichen ist. Lehnt der Verlag nach Ablauf eines halben Jahres nach Fälligkeit die Erfüllung des Anspruchs ab, so kann der Redakteur/die Redakteurin innerhalb von drei Monaten nach Erteilung der schriftlichen Ablehnung klagen. Erklärt der Verlag die schriftliche Ablehnung so kurz vor Ablauf der Halbjahresfrist, dass der Redakteur/die Redakteurin nicht mehr innerhalb derselben klagen kann, so kann sich der Verlag nicht auf den Fristablauf berufen, wenn der Redakteur/die Redakteurin innerhalb von drei Wochen nach Empfang der schriftlichen Ablehnung Klage erhebt. (3) Zur Begutachtung von Streitfällen über den persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages (§ 1) wird von den Bundesverbänden der Tarifpartner eine Schiedsgutachterstelle eingerichtet. Diese besteht aus je vier Vertretern/Vertreterinnen der Verleger/Verlegerinnen und der Redakteure/Redakteurinnen. Durch ihre Anrufung wird die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gemäß §§ 2 und 101 ArbGG nicht berührt.

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Gehaltstarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen

Anhang

§ 6 Besitzstandsklausel 1. Bei Inkrafttreten dieses Gehaltstarifs gezahlte höhere Gehälter müssen weitergezahlt werden. 2. Die veränderte Struktur berechtigt den Verlag nicht zu einer Kürzung des zum Zeitpunkt des Inkrafttretens gezahlten Gehalts. § 7 Laufzeit des Vertrages Dieser Gehaltstarifvertrag gilt ab 1. August 2005. Er kann erstmals mit einmonatiger Frist zum 31. Juli 2008, ansonsten jeweils mit dreimonatiger Frist zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden. Frankfurt/Main, den 8. September 2006 Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V.

Deutscher Journalisten-Verband e.V. – Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten –

.................................................

.................................................

.................................................

.................................................

ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Bundesvorstand – Deutsche Journalistinnen und Journalisten (dju) in ver.di, ................................................. .................................................

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Anhang

Gehaltstarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen

Anlage zum Gehaltstarifvertrag für Redakteure/Redakteurinnen Durchführungsbestimmungen zum Gehaltstarifvertrag für Redakteure/Redakteurinnen an Tageszeitungen vom 8. September 2006, gültig ab 1. August 2005 zwischen dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. als Vertreter der ihm angeschlossenen Landessverbände* einerseits und dem Deutschen Journalisten-Verband e.V., – Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten –, ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Bundesvorstand – Deutsche Journalistinnen und Journalisten (dju) in ver.di, andererseits werden mit tariflicher Wirkung folgende Durchführungsbestimmungen zum Gehaltstarifvertrag für Redakteure/Redakteurinnen an Tageszeitungen vom 25. Februar 2004 vereinbart. 1. Zu § 2 (Lebensjahre): Hängt die höhere Bezahlung von der Vollendung eines bestimmten Lebensjahres ab, so ist das höhere Gehalt für den Geburtsmonat zu zahlen, wenn der Geburtstag spätestens der 15. des betreffenden Monats ist. 2. Zu § 2 Ziffer IV, V und VI (Selbstständige Zeitungen, Bezirksausgaben): (1) Eine Zeitung ist selbstständig im Sinne der Ziffern IV, V und VI, wenn sie von einem rechtlich selbstständigen Verlagsunternehmen herausgegeben wird, das keine Tochtergesellschaft ist. Tochtergesellschaft im Sinne dieser Bestimmung ist ein Unternehmen, an dem der Verlag der Hauptausgabe, für die die Zeitung der Tochtergesellschaft eine Bezirksausgabe im Sinne des Abs. 2 darstellt, mindestens zur Hälfte beteiligt ist. (2) Bezirksausgabe ist jede Teilauflage einer selbstständigen Zeitung, die von dieser inhaltlich abweicht, um die regionalen Besonderheiten eines bestimmten Verbreitungsgebietes zu berücksichtigen.

* Die Vollmacht des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e.V. als Vertreter des Vereins der Zeitungsverleger in Berlin und Brandenburg e.V. und des Verbandes der Zeitungsverlage Norddeutschland e.V. erstreckt sich nicht auf die Bundesländer Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.

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Gehaltstarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen

Anhang

3. Zu § 2 Ziffer IV (Alleinredakteur/Alleinredakteurin): Alleinredakteur/Alleinredakteurin im Sinne des § 2 Ziffer IV ist der(die)jenige, der/ die als einziger Redakteur/einzige Redakteurin einer selbstständigen Zeitung bzw. einer Bezirksausgabe tätig ist. 4. Zu § 2 Ziffer IV (Redakteure/Redakteurinnen an Bezirksausgaben): Redakteure/Redakteurinnen an Bezirksausgaben haben – mit Ausnahme der Redakteure/Redakteurinnen in der Gruppe IV e – keinen Anspruch auf Eingruppierung in die Gehaltsgruppen der Ziffer V. Bedingen Art und Umfang der Bezirksausgabe eine überdurchschnittliche Leistung, so soll eine angemessene Leistungszulage gewährt werden. 5. Zu § 2 Ziffer IV Buchstabe d Satz 2 und Ziffer V b (Unterstellung): Die Unterstellung setzt ein vom Verlag oder des Chefredakteurs/der Chefredakteurin ausdrücklich angeordnetes oder gebilligtes Über- und Unterordnungsverhältnis voraus, vermöge dessen der/die übergeordnete Redakteur/Redakteurin verbindliche Weisungen geben kann. 6. Zu § 2 Ziffer IV letzter Satz (Berichterstattung und Sammlung redaktionellen Materials): (1) Berichterstattung im Sinne des § 2 Ziffer IV letzter Satz liegt vor, wenn sie sich im Wesentlichen auf Nachrichten tatsächlichen Inhalts und Tagesneuigkeiten beschränkt. (2) Der Begriff „Sammlung redaktionellen Materials“ umfasst auch die Sichtung, wenn sie nicht auftragsgemäß mit der Bearbeitung verbunden ist. (3) Der Redakteur/die Redakteurin, der/die nur die Tätigkeit nach den Absätzen 1 und 2 dieser Ziffer ausübt, ist in die Gehaltsgruppe II bzw. III einzustufen. 7. Zu § 2 Ziffer V (Redakteure/Redakteurinnen in besonderer Stellung): (1) Für die Einstufung nach Gruppe V kommt den Worten „besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten“, „regelmäßig“, „selbstständige Entscheidung“ und „erhöhte Verantwortung“ ausschlaggebende Bedeutung zu. (2) Die vorausgesetzte Regelmäßigkeit der Erfüllung besonderer redaktioneller Aufgaben verlangt, dass diese den Hauptinhalt der Beschäftigung des/der betreffenden Redakteurs/Redakteurin bilden. 8. Zu § 2 Ziffer VI Abs. 1 (Gehälter nach freier Vereinbarung): Bis zur Vollendung des 15. Berufsjahres müssen die maßgebenden Gehaltssätze der Gruppe V b, nach Vollendung des 15. Berufsjahres diejenigen der Gruppe V bb angemessen überschritten werden. 9. Zu § 2 Ziffer VI Abs. 2 (Ressorts): Der Begriff des Ressortleiters/der Ressortleiterin im Sinne der Ziffer VI setzt nicht die Unterstellung eines/einer oder mehrerer Redakteure/Redakteurinnen voraus. In allen Fällen, in denen die Bezeichnung im Impressum sich nicht mit dem Tatbestand der Tätigkeit des/der betreffenden Redakteurs/Redakteurin deckt, ist nicht das Impressum, sondern die Art der Beschäftigung für die Einstufung maßgebend.

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Anhang

Gehaltstarifvertrag für Redakteure/-innen an Tageszeitungen

10. Zu § 3 Ziffer I Absatz 2 (Anrechnung von Berufsjahren): Eine Anrechnung gemäß Absatz 2c bindet nur den betreffenden Verlag. 11. Zu § 6 (Besitzstand): (1) Die bisherigen Gehälter müssen, auch wenn sie übertariflich oder frei vereinbart werden, weitergezahlt werden, bis aufgrund eines neuen Tarifvertrages Anspruch auf höhere Bezahlung entsteht. (2) Übertarifliche Zahlungen können auf die durch diesen Tarifvertrag verursachten Erhöhungen angerechnet werden. (3) Eine Leistungszulage ist nicht anzurechnen, wenn die Zulage für eine Tätigkeit oder besondere Leistung gewährt wurde, die auch nach der Erhöhung des Tarifgehalts zusätzlich weiter ausgeübt oder erbracht wird. Frankfurt/Main, den 8. September 2006 Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V.

Deutscher Journalisten-Verband e.V. – Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten –

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ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Bundesvorstand – Deutsche Journalistinnen und Journalisten (dju) in ver.di, ................................................. .................................................

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Sachregister Die Großbuchstaben bezeichnen den Teil, die Zahlen die Randziffern innerhalb des Teils.

Altersversorgung B 182, E 1 ff. – Bemessungsgrundlage E 8 – Berufsanfänger E 5 – Berufsunfähigkeit, Krankheit, Tod E 9 – Mutterschutz E 9 – Versicherungspflicht E 6 – Versorgungskasse E 11 Anrechnung von Gehaltsbestandteilen B 141 ff. – individualrechtlich B 142 ff. – Mitbestimmung B 145 ff. Anzeigenblatt A 5 Arbeitnehmer A 28 ff. Arbeitnehmerähnliche Person A 63 ff. Arbeitsgebiet B 48 ff. – Direktionsrecht B 49 – Konkretisierung B 54 – Wort- und Bildberichterstattung B 53 Arbeitsverhältnis B 20 ff. – befristetes B 20 ff. – unbefristetes B 20 – Sachbefristung B 22 – sachgrundlose Befristung B 24 ff. – Schriftform B 28 Arbeitsvertrag B 30 ff. – Auslandstätigkeit B 45 – Form B 30 f. – Redakteure B 32 – Redaktionsvolontäre B 32 – Mindestinhalt B 44 – Nachweisgesetz B 44 – Probezeit B 32 Arbeitszeit B 72 ff. – Arbeit am Feiertag B 97 f.

– Arbeitsstunden B 80 ff. – Arbeitstage, 5-Tage-Woche B 87 ff. – Ausgleich für Mehrarbeitstage B 92 ff. – Sportredakteure, Fachredakteure B 91 – Zeitschriftenredakteure B 92 – Zeitungsredakteure B 92 – Ausfall der Arbeit durch Urlaub, Krankheit, Feiertage B 99 – Bereitschaftsdienst B 101 – Leitende Redakteure B 79 – Krankheit am Ausgleichstag B 96 – Kumulation von Mehrarbeitsstunden und -tagen B 95 – Mehrarbeit und Mehrarbeitsausgleich B 101 – Rufbereitschaft B 101 Ausschreibung von Arbeitsplätzen B 1 ff. – geschlechtsneutrale Ausschreibung B 3 – innerbetriebliche Ausschreibung B2 – Ausnahmen B 7 ff. – Beweislast B 10c – Fristen zur Rechtsverfolgung B 10b – Rechtsfolgen B 10a Beendigung des Arbeitsverhältnisses B 316 ff. – Aufhebungsvertrag B 319 – Kündigung B 320 ff. – Abfindung B 357 ff. – Änderungskündigung B 350 ff. 225

Sachregister

– Anrufung des Arbeitsgerichts B 354 ff. – außerordentliche Kündigung B 370 ff. – Beendigungskündigung B 326 – Beurlaubung B 376 ff. – Form B 378 – Kündigungsbeschränkungen B 327 ff. – betriebsbedingte Kündigung B 339 ff. – personenbedingte Kündigung, Krankheit B 330 ff. – verhaltensbedingte Kündigung B 337 ff. – Wartezeit B 328 – Mitbestimmung B 379, C 95 ff. – Zugang B 322 Betriebsänderungen und Tendenzprivileg C 30 ff. – Einigungsstelle C 36 ff. – Informationspflichten C 38 ff. – Interessenausgleich C 36 ff. – Nachteilsausgleichsanspruch C 43 – Sozialplan C 34, 39 – Unterlassungsansprüche C 57 ff. Einstellung B 11 – Fragerecht B 14 ff. – Kosten der Vorstellung B 16 – Mitbestimmung und Tendenzschutz B 17 ff. – Übernahme B 11 – Pflicht zur Übernahme B 12 f. Entgeltfortzahlung bei Krankheitsfall B 251 ff. – Lohnausfallprinzip B 254 ff. – Zulagen B 256 – Zuschuss B 261 ff. Fälligkeit des Gehalts B 140 Freier Mitarbieter A 12 – Hauptberuflichkeit B 119 Freistellung B 239 ff. 226

– ehrenamtliche Aufgaben im Berufsverband B 243 ff. Gehaltstarifverträge B 103 ff. – Tageszeitungen B 105 ff. – Angemessenheit B 117 – Berufsjahre B 111 – Bezirksausgabe B 113 – Ersatzzeiten B 116 – Gehaltsgruppen B 118 – Hauptberuflichkeit B 119 – Online-Dienste B 123 – Rundfunk B 124 – Unterstellung B 125 – Wehr-, Wehrersatzdienst B 126 – Zeitschriften B 132 ff. – Angemessenheit B 133 f. – Gehaltsgruppen B 136 Gleichstellungsklausel D 27 Herausgeber A 3 Jahresleistung B 155 ff. – Anrechnung B 167 – Fälligkeit B 162 – Höhe B 158 ff. – unbezahlte Arbeitsbefreiung B 163 ff Kameraausrüstung B 199 Kompetenzen B 56 ff. – Detailkompetenz B 57 – Grundsatzkompetenz B 57 – Richtlinienkompetenz B 58 Kontoführungsgebühr B 186 Leitende Angestellte A 73 ff. – Chef vom Dienst A 76 – Chefredakteur A 76 – Ressortleiter A 76 – stellvertretender Chefredakteur A 76 Mehrarbeit B 200

Sachregister

Nebentätigkeit B 294 ff. Personelle Angelegenheiten und Tendenzprivileg C 71 ff. – Arbeitszeit Redakteure C 114 ff. – Aus- und Fortbildung C 85 ff. – Auswahlrichtlinien C 82 – Beurteilungsgrundsätze C 79 ff. – Bewerbungsunterlagen C 78 – Ein- und Umgruppierung C 94 – Einstellung C 87 – Ethikregeln C 110 – Gehaltslisten C 109 – Kündigung C 95 ff. – Personalfragebogen C 79 ff. – Personalplan C 71 ff. – Stellenausschreibung C 77 – Versetzung C 87 ff. – Weiterbeschäftigungsanspruch C 99 ff. Praktikant A 72 Pressefreiheit – Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) C 145 ff. – Arbeitskampf C 190 ff. – Arbeitnehmerschutzgesetze C 144 ff., 153 f. – Auflösung aus tendenzbedingten Gründen C 170 ff. – Befreiung von Dienstpflichten C 187 ff. – Befristungsmöglichkeiten C 153 – Betriebliche Mitbestimmung C 5 ff. – Kündigung von Tendenzträgern C 157 ff., 174 ff. – Stasi-Fälle C 159 ff. Publizist A 50 f. – Begriff in der Publizistikwissenschaft A 50 – sozialversicherungsrechtlicher Begriff A 51 Redakteur A 52 ff. – arbeitsrechtlicher Begriff A 52

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Art-Direktor A 53 Festanstellung A 54 ff. Fotograf A 54 ff. Hauptberuflichkeit A 57 ff. Infografiker A 60 Layouter B 119 presserechtlicher Begriff A 62 tarifrechtlicher Begriff A 62 – bei Tageszeitungen A 62 – bei Zeitschriften A 62 Redaktionsstatut C 60 ff. Redaktionsvolontär A 70 ff. – Ausbildungstarifvertrag A 71 Tarifvertrag D 8 ff. – Austritt aus dem Verband D 41 ff. – Form D 15 – Nachwirkung D 37 ff. – OT-Mitgliedschaft D 56 ff. – Rechtsnatur D 20 – Tarifverträge für Redakteure D 17 ff. – Gleichstellungsklausel D 27 – Tarifbindung D 23 – Tarifvorrang D 50 ff., 54 – Wirkung D 21 ff. – materiell-rechtliche Wirkung D 23 ff. – obligatorische Wirkung D 21 f. Tarifverträge für Redakteure B 30 ff. – Ausgliederung von Ressorts B 37 – befristet Beschäftigte B 40 – Betriebsübergang B 37 – fachlicher Geltungsbereich B 36 – leitende Redakteure B 41 – Mischtätigkeit B 35 – persönlicher Geltungsbereich B 35 – räumlicher Geltungsbereich B 34 – Teilzeitbeschäftigte B 39 Tendenz- und Arbeitnehmerschutz C 144 ff., 155 ff. Tendenzbetriebe C 7 ff. 227

Sachregister

– Anzeigenblätter C 8 – Buchclub C 9 – Buchverlage C 9 – Druckerei C 18 – Feststellungsverfahren C 21 – Gemeinschaftsbetrieb C 17 – Konzerne C 18 ff. – Mischunternehmen C 13 ff. – Unterhaltungspresse C 7 – Vertrieb C 9 – Zeitungen C 7 – Zeitschriften C 7 – Zustellungsunternehmen C 7 Tendenzprivileg, betriebsverfassungsrechtliches C 1 ff. Tendenzträger C 65 ff. – Kaufmännische Angestellte C 66 – Redakteure C 67 – Volontäre C 68 Urheberrecht B 269 ff. – Umfang der Nutzungsrechte B 271 f. – unmittelbare Übertragung B 271 – Urhebervergütung B 272 ff. Urhebervertragsrecht F 1 ff. – Geltung F 3 ff. – gemeinsame Vergütungsregeln F 17 ff. – Vergütung F 8 ff. Urlaub B 203 ff. – Abgeltung B 208 – Erkrankung B 233 – Kur B 235 – Schadensersatz B 212 – Teilurlaub B 216 ff. – Zeitschriften B 217 ff. – Zeitungen B 222 ff. – Urlaubsdauer B 204 ff.

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– Verlegung B 236 ff. – Wartezeit B 214 – Zeitpunkt B 205 Urlaubsbezahlung B 169 ff. – Urlaubsentgelt B 171 ff. – Urlaubsgeld B 177 ff. – Teilurlaubsgeld B 179 Verleger A 2 – arbeitsrechtlicher Begriff A 4 – presserechtlicher Begriff A 3 – verlagsrechtlicher Begriff A 2 Verjährung B 304 ff. Vermögenswirksame Leistungen B 185 Versetzung B 59 ff. – Individualrecht B 61 ff. – Ermessen B 64 ff. – Versetzungsbefugnis B 61 ff. – Mitbestimmung B 67 ff. Werkszeitung, Werkszeitschrift A7 Wirtschaftliche Angelegenheiten und Tendenzprivileg C 23 ff. – Betriebsversammlungen C 29 – Sachverständige C 49 – Unterrichtungsansprüche C 26 ff. – Wirtschaftsausschluss C 23 Zeitung A 7 ff. – Tageszeitung A 8 – Wochenzeitung A 9 Zuschlag für Sonn- und Feiertagsarbeit B 187 ff. – Lohnsteuer B 190 ff. – Sozialversicherungsrecht B 193 ff.