Damasus, Bischof von Rom (366-384): Leben und Werk 3161498488, 9783161498480, 9783161513541

Bischof Damasus von Rom ist eine wichtige Persönlichkeit der Kirchengeschichte, die in der Forschungsgeschichte aufgrund

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Damasus, Bischof von Rom (366-384): Leben und Werk
 3161498488, 9783161498480, 9783161513541

Table of contents :
Cover
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Kapitel 1:
Biographische Fragmente
1. Herkunft, Familie und Werdegang
2. Schwerpunkte der Tätigkeit des Damasus als Bischof von Rom anhand seiner Schriften
3. Mitstreiter, Mitarbeiter und Berater
3.1. Filocalus
3.2. Die Bischöfe von Alexandrien
3.3. Ansprechpartner aus Antiochien
3.4. Ambrosius
3.5. Hieronymus
3.5.1. Der Briefwechsel zwischen Hieronymus und Damasus und die Spuren des Hieronymus im Werk des Damasus
3.5.2. Text und Übersetzung
4. Ursinus, der Gegenspieler
4.1. Die Bischofswahl im Jahr 366 und die Folgen
4.1.1. Die Quellen
4.1.2. Der Bericht der Ursinerpartei
4.1.3. Der Bericht des Hieronymus und des Rufin
4.1.4. Rekonstruktion der Ereignisse
4.2. Der weitere Verlauf des Falls Ursinus
4.3. Chronologie der Auseinandersetzungen Damasus-Ursinus
Kapitel 2:
Damasus, die Märtyrer und die Christianisierung Roms: Epigrammata Damasiana
1. Einführung
1.1. Die Epigrammdichtung
1.2. Die Überlieferung und Edition
1.3. Inhaltliche Einführung
2. Text und Übersetzung
2.1. Epigramme auf Personen (1,2 F.)
2.2. Bauinschriften (3,4,57,58,35,34,47)
2.3. Grabinschriften
2.3.1. Für Familienangehörige (10,11,12)
2.3.2. Für andere Personen (50,51)
2.3.3. Votivinschrift (59)
2.4. Märtyrerinschriften
2.4.1. Märtyrerinschriften mit Schilderung des Martyriums und der Auffindung der Märtyrer (21,28)
2.4.2. Märtyrerinschriften mit genauer Schilderung der Martyriumsgeschichte
2.4.2.1. Eine Märtyrerin (37)
2.4.2.2. Einzelne Märtyrer (15,31,33,47)
2.4.2.3. Märtyrerpaare (8,15,47)
2.4.3. Bischöfe von Rom (17,18,40,19)
2.4.4. Martyrium und Bekenntnis (39,35)
2.4.5. Märtyrerinschriften und römische Bürgerschaft (20,42,48,25)
2.4.6. Inschriften, die Märtyrergruppen zusammenfassen (16,42,43,32)
2.4.7. Märtyrerepigramme mit Bezugnahme auf Verschönerungsarbeiten an den Gräbern (7,24,44)
3. Die Bautätigkeit des Damasus
4. Damasus und die Märtyrer
4.1. Märtyrerepigramme
4.2. Die Rolle des Damasus in den Märtyrerepigrammen
4.2.1. Neue Märtyrer – Quaeritur, inventus, colitur
4.2.1.1. Marcellinus und Petrus
4.2.1.2. Eutychius
4.2.1.3. Weitere Beispiele für die Einrichtung von Märtyrerverehrung
4.2.2. Darstellung der eigenen Märtyrerfrömmigkeit
4.2.3. Römische Bischöfe als Märtyrer
4.3. Darstellung des Martyriums
4.4. Biblisches und Theologisches in den Epigrammen
4.4.1. Schriftzitate in den Epigrammen
4.4.2. Theologische Aussagen
4.4.3. Pudor und virginitas in den persönlichen Grabinschriften
4.5. Pagane Sprache und Motive sowie römische Tradition in den Epigrammen des Damasus
4.5.1. Sprachlich-formal
4.5.2. Signifikante Umdeutungen in Zitaten
4.5.3. Übernahme einzelner Motive
4.5.3.1. Die Himmelfahrt
4.5.3.2. Beschreibung der eigenen Märtyrerfrömmigkeit
4.5.4. Rom in den Epigrammen
4.5.4.1. Damasus und die römische Tradition
4.5.4.2. Die römische Bürgerschaft
5. ...magnae spes altera Romae... !
Kapitel 3:
Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche
Einleitung
1. Damasus, die Kaiser und die bischöfliche Gerichtsbarkeit
1.1. Das Schreiben der römischen Synode im Jahr 378 an die Kaiser Gratian und Valentinian II.
1.1.1. Text und Übersetzung
1.1.2. Überlieferung und Urheberschaft
1.1.3. Gliederung und Inhalt
1.1.4. Der Isaakprozeß
1.2. Die kaiserliche Antwort
1.2.1. Text und Übersetzung
1.2.2. Gliederung und Inhalt
1.2.3. Die bischöfliche Gerichtsbarkeit
1.3. Damasus und Theodosius
1.4. Die Autorität des Damasus
2. Damasus und die kirchlichen Canones
2.1. Das Dekretale Ad Gallos episcopos – Damasus als Autor eines Dekretale?
2.1.1. Text und Übersetzung126
2.1.2. Der handschriftliche Befund und die Überlieferung
2.1.3. Ad Gallos als Dekretale
2.1.4. Vergleich mit Dekretalien des Siricius
2.1.5. Übereinstimmungen mit Aussagen des Hieronymus
2.1.6. Das Thema virginitas und pudor
2.1.7. Die Synode von Valentia
2.1.8. Vergleich mit anderen Schreiben des Damasus
2.1.9. Zuordnung und Datierung
2.2. Die praefatio Nicaeni concilii – ein Gedicht des Damasus?
2.2.1. Text und Übersetzung
2.2.2. Der handschriftliche Befund
2.2.3. Der Codex Ingilrami
2.2.4. Sprachliche Analyse
2.2.5. Inhaltliche Einordnung
2.3. Zusammenfassung: Damasus und die kirchlichen Canones
Kapitel 4:
Theologische Profilierung in Auseinandersetzung mit dem Osten
Einleitung
1. Confidimus quidem
1.0. Einleitung: Ein Dokument aus dem Codex Veronensis LX: der angebliche Synodalbrief einer römischen Synode unter Damasus an die orientalischen Bischöfe
1.1. Confidimus quidem: Text und Übersetzung
1.2. Die verschiedenen Textversionen und ihre Abhängigkeit
1.2.1. Die griechische Version von Confidimus quidem
1.2.2. Übersetzung oder Original?
1.2.3. Die Version des Eutyches
1.3. Inhaltliche Einordnung
1.3.1. Der Adressat
1.3.1.1. Die Rolle des Athanasius
1.3.1.2. Die Illyrier
1.4. Ergebnis
1.5. Der Kontakt zwischen Orient und Westen nach dem Schreiben Confidimus quidem
2. Ea gratia/Non nobis quidquam
2.1. Textrekonstruktion
2.2. Text und Übersetzung
2.3. Inhaltliche Einordnung
2.4. Die theologischen Aussagen
2.5. Die Reaktion des Ostens
2.5.1. Die Missionen des Sanctissimus
2.6. Die Unterschriftenliste des Codex Veronensis LX
2.6.1. Text und Übersetzung
2.6.2. Inhaltliche Einordnung
3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius
3.1. Per filium meum
3.1.1. Text und Übersetzung
3.1.2. Die Überlieferung
3.1.3. Inhaltliche Einordnung: Damasus und Paulinus
3.2. Damasus und Vitalis
3.2.1. Das Bekenntnis des Vitalis
3.2.2. Illud sane miramur
3.2.2.1. Text und Übersetzung
3.2.2.2. Die Verwunderung des Damasus
3.3. Die fides aus Rom und die Reaktion des Basilius auf die Kontakte des Damasus mit Paulinus und Vitalis
4. Tomus Damasi
4.1. Text und Übersetzung
4.2. Die Überlieferung
4.2.1. Der handschriftliche Befund der lateinischen Überlieferung
4.2.2. Die griechische Überlieferung
4.2.3. Abhängigkeiten
4.3. Die erste Version und die Urfassung des Tomus Damasi
4.4. Die zweite Version des Tomus Damasi
4.4.1. Die zweite Version des Tomus Damasi und der Brief 263 des Basilius
4.4.2. Die zweite Version des Tomus Damasi und das Schreiben der Nachsynode von Konstantinopel im Jahr 382
4.5. Übersicht der Erklärungsversuche für den handschriftlichen und literarkritischen Befund zum Tomus Damasi
5. Damasus als Theologe
Kapitel 5:
Rom als Zentrum der christlichen Kirche
Einleitung
1. Die cathedra Petri und die Lehre des Apolinarius
1.1. Text und Übersetzung:
1.2. Inhaltliche Einordnung
2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel
2.1. Text und Übersetzung
2.2. Die Überlieferung
2.3. Die Maximusaffäre aus der Sicht des Damasus und des Gregor von Nazianz
2.4. Damasus und Acholius
2.5. Gregor und der Bischofsstuhl von Konstantinopel
2.6. Die Maximusaffäre aus der Sicht des Konzils von Konstantinopel im Jahre 381
2.7. Die Maximusaffäre aus der Sicht des Ambrosius und das römische Konzil sowie die Nachsynode von Konstantinopel im Jahr 382
3. Decretum Damasi
3.0. Vorbemerkung
3.1. Text und Übersetzung
3.2. Der handschriftliche Befund
3.3. Der literarkritische Befund
3.4. De primatu ecclesiae Romanae
3.4.1. Die Parallelüberlieferung in der Praefatio longa
3.4.2. Die Apostel Petrus und Paulus sowie die praerogativa sedis apostolicae bei Damasus
3.4.3. Die Canones des Konzils von Konstantinopel 381
3.5. De spiritu sancto
3.6. Quid universalis catholica recipiat ecclesia vel quid vitare debeat
3.7. Ergebnis
Kapitel 6:
Schluß
Zeittafel
Literaturverzeichnis
1. Quellen (Texte und Übersetzungen)
1.1. Damasus
1.2. Autoren griechischer und lateinischer Sprache
1.3. Textsammlungen und Corpora
1.4. Biblische Quellen
2. Hilfsmittel
3. Sekundärliteratur
Stellenregister
Personenregister
Sachregister

Citation preview

Studien und Texte zu Antike und Christentum Studies and Texts in Antiquity and Christianity Herausgeber/Editors Christoph Markschies (Berlin) · Martin Wallraff (Basel) Christian Wildberg (Princeton) Beirat/Advisory Board Hubert Cancik (Berlin) · Giovanni Casadio (Salerno) Susanna Elm (Berkeley) · Johannes Hahn (Münster) Jörg Rüpke (Erfurt)

55

Ursula Reutter

Damasus, Bischof von Rom (366–384) Leben und Werk

Mohr Siebeck

Ursula Reutter, geboren 1967; Studium der evangelischen Theologie und lateinischen Philologie in Tübingen und Århus; 1999 Promotion; derzeit Studienrätin in Esslingen.

e-ISBN PDF 978-3-16-151354-1 ISBN 978-3-16-149848-0 ISSN 1436-3003 (Studien und Texte zu Antike und Christentum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http:// dnb.d-nb.de abrufbar. © 2009 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Laupp & Göbel in Nehren auf alterungbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1999 als kirchengeschichtliche Dissertation von der Evangelisch-theologischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena angenommen. Sie wurde für die Veröffentlichung um nur wenig neuere Literatur ergänzt. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies, der mit seiner engagierten Lehre mein Interesse für die Alte Kirche geweckt, meiner Arbeit entscheidende Impulse gegeben und mich in meiner Assistentenzeit an seinem Jenaer Lehrstuhl durch vielfältige Anregungen gefördert hat. Auch für die Aufnahme dieser Untersuchung in die Reihe Studien und Texte zu Antike und Christentum habe ich ihm zu danken. Das Zweit- und Drittgutachen haben dankenswerterweise von altphilologischer Seite Prof. Dr. Jürgen Dummer und von kirchengeschichtlicher Seite Prof. Dr. Hanns-Christof Brennecke übernommen. Für die wohlwollend kritische und anregende Begleitung bei der Erstellung und Fertigstellung meiner Arbeit danke ich sehr herzlich Dr. Barbara Conring, PD Dr. Christoph Schubert, Dr. Susanne Böhm und Jörg Reutter sowie Herrn Dr. Henning Ziebritzki vom Verlag Mohr Siebeck für seine freundliche Beharrlichkeit. Vor allem und ganz besonders möchte ich danken meinen Eltern und meinem Mann, Andreas Baumann, die mich jederzeit tatkräftig unterstützt und liebevoll begleitet haben, daher sei diese Arbeit ihnen gewidmet. Esslingen, im Januar 2009

Ursula Reutter

Inhaltsverzeichnis Vorwort Einleitung

........................................................................................................... ...........................................................................................................

V 1

Kapitel 1: Biographische Fragmente ..................................................................

5

1. Herkunft, Familie und Werdegang ................................................................. 5 2. Schwerpunkte der Tätigkeit des Damasus als Bischof von Rom anhand seiner Schriften ............................................................................ 7 3. Mitstreiter, Mitarbeiter und Berater ...................................................... 12 3.1. Filocalus ................................................................................................... 3.2. Die Bischöfe von Alexandrien .................................................................. 3.3. Ansprechpartner in Antiochien ................................................................ 3.4. Ambrosius ............................................................................................... 3.5. Hieronymus ............................................................................................. 3.5.1. Der Briefwechsel zwischen Hieronymus und Damasus und die Spuren des Hieronymus im Werk des Damasus ......................... 3.5.2. Text und Übersetzung ...................................................................

12 15 16 17 21 21 27

4. Ursinus, der Gegenspieler .............................................................. 31 4.1. Die Bischofswahl im Jahr 366 und die Folgen........................................... 4.1.1. Die Quellen ..................................................................................... 4.1.2. Der Bericht der Ursinerpartei .......................................................... 4.1.3. Der Bericht bei Hieronymus, Rufin und Ammianus Marcellinus ..... 4.1.4. Rekonstruktion der Ereignisse ......................................................... 4.2. Der weitere Verlauf des Falls Ursinus ....................................................... 4.3. Chronologie der Auseinandersetzungen Damasus-Ursinus ........................

31 31 33 38 43 47 55

Kapitel 2: Damasus, die Märtyrer und die Christianisierung Roms: Epigrammata Damasiana ..............................................................

57

1. Einführung .................................................................................................... 57 1.1. Die Epigrammdichtung ............................................................................. 1.2. Die Überlieferung und Edition .................................................................. 1.3. Inhaltliche Einführung ..............................................................................

58 62 64

2. Text und Übersetzung ................................................................................. 68 2.1. Epigramme auf Personen (1,2 F.) .............................................................. 2.2. Bauinschriften (3,4,57,58,351,34,47²)........................................................ 2.3. Grabinschriften ........................................................................................ 2.3.1. Für Familienangehörige (10,11,12) ................................................. 2.3.2. Für andere Personen (50,51)............................................................ 2.3.3. Votivinschrift (59)...........................................................................

68 71 75 75 78 79

VIII

Inhaltsverzeichnis 2.4. Märtyrerinschriften .................................................................................. 2.4.1. Märtyrerinschriften mit Schilderung des Martyriums und der Auffindung der Märtyrer (21,28)............................................... 2.4.2. Märtyrerinschriften mit genauer Schilderung der Martyriumsgeschichte ............................................................... 2.4.2.1. Eine Märtyrerin (37) ........................................................... 2.4.2.2. Einzelne Märtyrer (15,31,33,47)......................................... 2.4.2.3. Märtyrerpaare (8,15,47)...................................................... 2.4.3. Bischöfe von Rom (17,18,40,19) ..................................................... 2.4.4. Martyrium und Bekenntnis (39,35).................................................. 2.4.5. Märtyrerinschriften und römische Bürgerschaft (20,42,48,25)......... 2.4.6. Inschriften, die Märtyrergruppen zusammenfassen (16,42,43,32).... 2.4.7. Märtyrerepigramme mit Bezugnahme auf Verschönerungsarbeiten an den Gräbern (7,24,44) ..........................

80 80 81 81 82 83 85 89 90 94 97

3. Die Bautätigkeit des Damasus ................................................................. 99 4. Damasus und die Märtyrer ....................................................................... 111 4.1. Märtyrerepigramme................................................................................... 111 4.2. Die Rolle des Damasus in den Märtyrerepigrammen ................................. 113 4.2.1. Neue Märtyrer - Quaeritur, inventus, colitur ................................... 113 4.2.1.1. Marcellinus und Petrus ....................................................... 114 4.2.1.2. Eutychius............................................................................ 116 4.2.1.3. Weitere Beispiele für die Einrichtung von Märtyrerverehrung ............................................................. 117 4.2.2. Darstellung der eigenen Märtyrerfrömmigkeit ................................. 119 4.2.3. Römische Bischöfe als Märtyrer...................................................... 123 4.3. Darstellung des Martyriums ...................................................................... 126 4.4. Biblisches und Theologisches in den Epigrammen .................................... 131 4.4.1. Schriftzitate in den Epigrammen...................................................... 131 4.4.2. Theologische Aussagen ................................................................... 133 4.4.3. Pudor und virginitas in den persönlichen Grabinschriften............... 135 4.5. Pagane Sprache und Motive sowie römische Tradition in den Epigrammen 137 4.5.1. Sprachlich-formal............................................................................ 137 4.5.2. Signifikante Umdeutung von Zitaten ............................................... 141 4.5.3. Übernahme einzelner Motive........................................................... 144 4.5.3.1. Die Himmelfahrt................................................................. 144 4.5.3.2. Beschreibung der eigenen Märtyrerfrömmigkeit ................. 145 4.5.4. Rom in den Epigrammen ................................................................. 147 4.5.4.1. Damasus und die römische Tradition .................................. 147 4.5.4.2. Die römische Bürgerschaft ................................................. 149

5. ... magnae spes altera Romae ...! ............................................................ 151

Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche ..................

154

Einleitung ........................................................................................................ 154

1. Damasus, die Kaiser und die bischöfliche Gerichtsbarkeit .............. 154 1.1. Das Schreiben der römischen Synode im Jahr 378 an die Kaiser Gratian und Valentinian............................................................................. 154

Inhaltsverzeichnis 1.1.1. Text und Übersetzung ..................................................................... 1.1.2. Überlieferung und Urheberschaft .................................................... 1.1.3. Gliederung und Inhalt...................................................................... 1.1.4. Der Isaakprozeß .............................................................................. 1.2. Die kaiserliche Antwort ............................................................................ 1.2.1. Text und Übersetzung ..................................................................... 1.2.2. Gliederung und Inhalt...................................................................... 1.2.3. Die bischöfliche Gerichtsbarkeit ..................................................... 1.3. Damasus und Theodosius .......................................................................... 1.4. Die Autorität des Damasus ........................................................................

IX 154 162 163 165 170 170 176 177 181 188

2. Damasus und die kirchlichen Canones .................................................. 192 2.1. Das Dekretale Ad gallos episcopos - Damasus als Autor eines Dekretale? ........................................................................................ 2.1.1. Text und Übersetzung ..................................................................... 2.1.2. Der handschriftliche Befund und die Überlieferung ........................ 2.1.3. Ad Gallos als Dekretale ................................................................... 2.1.4. Vergleich mit Dekretalien des Siricius ............................................ 2.1.5. Übereinstimmung mit Aussagen des Hieronymus ............................ 2.1.6. Das Thema virginitas und pudor ..................................................... 2.1.7. Die Synode von Valentia ................................................................. 2.1.8. Vergleich mit anderen Schreiben des Damasus ............................... 2.1.9. Zuordnung und Datierung ............................................................... 2.2. Die praefatio Nicaeni concilii - ein Gedicht des Damasus? ....................... 2.2.1. Text und Übersetzung ..................................................................... 2.2.2. Der handschriftliche Befund............................................................ 2.2.3. Der Codex Ingilrami........................................................................ 2.2.4. Sprachliche Analyse ........................................................................ 2.2.5. Inhaltliche Einordnung .................................................................... 2.3. Zusammenfassung: Damasus und die kirchlichen Canones .......................

192 192 212 214 216 220 225 228 230 232 233 233 237 240 243 244 247

Kapitel 4: Theologische Profilierung in Auseinandersetzung mit dem Osten .........................................................................................

248

Einleitung ........................................................................................................ 248

1. Confidimus quidem ..................................................................................... 248 1.0. Einleitung: Ein Dokument aus dem Codex Veronensis LX: der angebliche Synodalbrief einer römischen Synode unter Damasus an die orientalischen Bischöfe........................................................................ 1.1. Confidimus quidem: Text und Übersetzung ............................................... 1.2. Die verschiedenen Textversionen und ihre Abhängigkeit .......................... 1.2.1. Die griechische Version .................................................................. 1.2.2. Übersetzung oder Original? ............................................................. 1.2.3. Die Version des Eutyches................................................................ 1.3. Inhaltliche Einordnung.............................................................................. 1.3.1. Der Adressat.................................................................................... 1.3.1.1. Die Rolle des Athanasius .................................................... 1.3.1.2. Die Illyrier.......................................................................... 1.4. Ergebnis ....................................................................................................

248 253 260 261 267 281 289 289 290 299 307

X

Inhaltsverzeichnis 1.5. Der Kontakt zwischen Orient und Westen nach dem Schreiben Confidimus quidem .................................................................................... 308

2. Ea gratia/Non nobis quidquam ............................................................... 317 2.1. Textrekonstruktion .................................................................................... 2.2. Text und Übersetzung ............................................................................... 2.3. Inhaltliche Einordnung.............................................................................. 2.4. Die theologischen Aussagen ..................................................................... 2.5. Die Reaktion des Ostens .......................................................................... 2.5.1. Die Missionen des Sanctissimus ...................................................... 2.6. Die Unterschriftenliste des Codex Veronensis LX...................................... 2.6.1. Text und Übersetzung ..................................................................... 2.6.2. Inhaltliche Einordnung ....................................................................

317 319 329 334 335 340 344 344 346

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius .............. 350 3.1. Per filium meum ........................................................................................ 3.1.1. Text und Übersetzung ..................................................................... 3.1.2. Die Überlieferung............................................................................ 3.1.3. Inhaltliche Einordnung: Damasus und Paulinus............................... 3.2. Damasus und Vitalis ................................................................................. 3.2.1. Das Bekenntnis des Vitalis .............................................................. 3.2.2. Illud sane miramur .......................................................................... 3.2.2.1. Text und Übersetzung......................................................... 3.2.2.2. Die Verwunderung des Damasus ........................................ 3.3. Die fides aus Rom und die Reaktion des Basilius auf die Kontakte des Damasus mit Paulinus und Vitalis.............................................................

350 350 355 358 362 362 367 367 370 374

4. Tomus Damasi.............................................................................................. 381 4.1. Text und Übersetzung ............................................................................... 4.2. Die Überlieferung ..................................................................................... 4.2.1. Der handschriftliche Befund der lateinischen Überlieferung............ 4.2.2. Die griechische Überlieferung ......................................................... 4.2.3. Abhängigkeiten ............................................................................... 4.3. Die erste Version und die Urfassung des Tomus Damasi........................... 4.4. Die zweite Version des Tomus Damasi ..................................................... 4.4.1. Die zweite Version des Tomus Damasi und Brief 263 des Basilius . 4.4.2. Die zweite Version des Tomus Damasi und das Schreiben der Nachsynode von Konstantinopel im Jahr 382 ............................ 4.5. Übersicht der Erklärungsversuche für den handschriftlichen und literarkritischen Befund zum Tomus Damasi .............................................

381 397 397 400 402 404 412 412 419 426

5. Damasus als Theologe ............................................................................... 427

Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche ............................

429

Einleitung ........................................................................................................ 429

1. Die cathedra Petri und die Lehre des Apolinarius.............................. 429 1.1. Text und Übersetzung ............................................................................... 429 1.2. Inhaltliche Einordnung.............................................................................. 433

2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel ....... 441

Inhaltsverzeichnis 2.1. Text und Übersetzung ............................................................................... 2.2. Die Überlieferung ..................................................................................... 2.3. Die Maximusaffäre aus der Sicht des Damasus und des Gregor von Nazianz ........................................................................... 2.4. Damasus und Acholius .............................................................................. 2.5. Gregor und der Bischofsstuhl von Konstantinopel .................................... 2.6. Die Maximusaffäre aus der Sicht des Konzils von Konstantinopel ............ 2.7. Die Maximusaffäre aus der Sicht des Ambrosius und das römische Konzil sowie die Nachsynode von Konstantinopel im Jahr 382 ................

XI 441 448 450 454 456 458 461

3. Decretum Damasi ........................................................................................ 468 3.0. Vorbemerkung .......................................................................................... 3.1. Text und Übersetzung ............................................................................... 3.2. Der handschriftliche Befund ..................................................................... 3.3. Der literarkritische Befund........................................................................ 3.4. De primatu ecclesiae Romanae ................................................................. 3.4.1. Die Parallelüberlieferung in der Praefatio longa ............................. 3.4.2. Die Apostel Petrus und Paulus sowie die praerogativa apostolicae sedis bei Damasus ........................................................ 3.4.3. Die Canones des Konzils von Konstantinopel ................................. 3.5. De spiritu sancto ....................................................................................... 3.6. Quid universalis catholica recipiat ecclesia vel quid vitare debeat ........... 3.7. Ergebnis ....................................................................................................

Kapitel 6: Schluß Zeittafel

468 469 476 479 482 482 490 500 503 507 511

............................................................................................... 514

........................................................................................................... 517

Literaturverzeichnis ................................................................................................... 1. Quellen (Texte und Übersetzungen) ................................................................ 1.1. Damasus .................................................................................................. 1.2. Autoren griechischer und lateinischer Sprache ........................................ 1.3. Textsammlungen und Corpora ................................................................. 1.4. Biblische Quellen .................................................................................... 2. Hilfsmittel ....................................................................................................... 3. Sekundärliteratur ............................................................................................. Stellenregister ........................................................................................................... Personenregister ....................................................................................................... Sachregister ...........................................................................................................

519 519 519 520 523 524 525 525 549 561 564

Einleitung Damasus, Bischof von Rom in den Jahren 366-384, ist eine Persönlichkeit, deren Leben und Werk durchaus sehr unterschiedliche Bewertung und Würdigung erfahren hat. So rühmt man ihn einerseits als „Träger eines bedeutenden Lebenswerk“ und „wahrhaft königlicher Geist“, der in „stolzem Selbstbewusstsein der Petrusnachfolgerschaft“ „ einen ersten Gipfel der neuen Aufwärtsbewegung abendländischen Kirchengeistes“ 1 markierte, und würdigt ihn als „one of those who contributed most ... to the evolution of the papacy“ 2 , andererseits gibt es auch eher geringschätzige Äußerungen wie z.B.: „Ein Mann von weit geringerer geistiger Tiefe als seine großen Zeitgenossen, strebte er danach, die Kirche mit der klassischen Vergangenheit zu verbinden“ 3 , oder folgende Beurteilung seiner Person: „Was seine sittliche Persönlichkeit anlangt, so ist es seinen Gegnern gelungen sie insoweit zu verdächtigen, dass wir darauf verzichten müssen für die Makellosigkeit seiner Vergangenheit einzutreten. Ein gewalttätiger Zug in seinem Charakter, Energie, die das Ziel fest im Auge Kampf und Blut nicht scheut es zu erreichen ... eine gewisse Heftigkeit und Starrheit müssen wir somit als ein Grundmerkmal seines Wesens anerkennen.“ 4 Zwar gibt es nur wenige Monographien über Damasus5 , jedoch ist es für ganz verschiedene Fachrichtungen der Forschung unerläßlich, sich mit ihm 1

CASPAR 1930, 251.256.250. PIÉTRI, Art. Damasus, EECh 1, 1992, 218. 3 KRAUTHEIMER ²1996, 51. 4 RADE 1882, 159f. 5 Den Anfang machte der Protestant MARTIN RADE, Damasus, Bischof von Rom: Ein Beitrag zur Geschichte der Anfänge des römischen Primats, Freiburg/Tübingen 1882, dessen kritische Darstellung eine katholische Reaktion herausforderte (aus dem Kreis der römischen Archäologen ist die kurze, zornige Schrift von O. MARUCCHI zu nennen: Difesa del pontificato di s. Damaso contro un nuovo attacco dei protestanti. Discorso letto nell’ accademia di religione cattolica. Estratto dal periodico „La Rassegna Italiana“ Roma 1883), die mit zwei Untersuchungen von JOSEPH WITTIG folgte, der die Verdienste des Damasus zu betonen wusste: Papst Damasus I.: Quellenkritische Studien zu seiner Geschichte und Charakteristik, RQ.S 14, Rom 1902 und Die Friedenspolitik des Papstes Damasus I. und der Ausgang der arianischen Streitigkeiten, KGA 10, Breslau 1912. Außerdem sind hier zu nennen die ausführlichen und fundierten Beiträge von CASPAR 1930 in seiner Geschichte des Papsttums und von CHARLES PIÉTRI vor allem in seinem Werk Roma Christiana (1976), in dem er Damasus über 200 Seiten widmet (470–430; 461–467; 529–545; 729–881 u.a.). 2

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Einleitung

zu beschäftigen, hat er doch während seiner Amtszeit Akzente in ganz verschiedenen Bereichen gesetzt; zu nennen sind hier vor allem: die Kirchenund Theologiegeschichte des ausgehenden vierten Jahrhunderts, da er als römischer Bischof in kirchliche und theologische Streitigkeiten eingriff und an vielen wichtigen theologischen Dokumenten mitwirkte bzw. deren geistiger Urheber war; die Geschichte des Papsttums, da man ihm einen entscheidenden Anteil an der Entstehung des Papsttums zuschreibt; die spätantike christliche Epigraphik, da er selbst viele Epigramme verfasste, und die Archäologie, da er eine reiche Bautätigkeit in Rom entfaltete 6 . Gemeinhin weist das Inhaltsverzeichnis einer Untersuchung über Leben und Werk einer Person eben diese beiden Teile als Gliederung auf. Für Damasus kann dies aber, bedingt durch die schwierige Quellenlage 7 , nicht uneingeschränkt geltend gemacht werden. Es gibt wenig Information über sein Leben, daher trägt das erste Kapitel die Überschrift „Biographische Fragmente“. Auch der Bereich „Werke“, der die Kapitel II–V umfasst, kann nicht nach üblichen Verfahrensweisen, d.h. nach einzelnen Schriften gegliedert, aufgebaut werden, da Umfang und historischer Kontext seines Schaffens erst erschlossen sowie rekonstruiert werden müssen und sich durch die historische Einordnung erst Bereiche seines Lebens und Wirkens eröffnen. Daher nimmt eine genaue Analyse dieser Schriften sowie die teilweise außerordentlich schwierige Erschließung des historischen Kontextes 8 breiten Raum ein. Die Darstellung hat zudem hauptsächlich das eigene Werk des Damasus als Grundlage, Zeugnisse über ihn von Zeitgenossen und Kirchenschriftstellern, die auf ihn zurückblicken, werden zusätzlich, soweit sie vorhanden sind, hinzugezogen. Aufgrund dieser besonderen Umstände dienen als Gliederung der Arbeit die verschiedenen Wirkungsbereiche des Damasus (ausgehend von Rom über die westliche Kirche sowie den Kontakt zu den Kaisern bis zu Auf RADE und WITTIG, die ihren Arbeiten eine andere Konzeption zugrundegelegt haben, wird nur an einigen wenigen Stellen der folgenden Untersuchung verwiesen. Eine Bezugnahme auf ihre Ergebnisse erweist sich al schwierig, da sich ihr jeweiliges Koordinatensystem, in das sie Damasus einzupassen versuchen, durch neuere Arbeiten an vielen Punkten als nicht haltbar erwiesen hat (z.B. hinsichtlich der Chronologie der Basiliusbriefe oder insbesondere auch durch Neueditionen der Damasustexte). Deshalb wird aber ihre Leistung im Rahmen ihrer Zeit keineswegs in Frage gestellt. 6 Siehe zu diesen Veröffentlichungen das Literaturverzeichnis, ein detaillierter Forschungsbericht würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. 7 RADE 1882, 1f. bemerkt dazu: „zu dürftig und trübe fliessen die Quellen ...; ... da es bei der Lage der Quellen nun einmal unmöglich ist, nach Art des Biographen den Helden nach seiner Entwicklung in die Mitte zu stellen.“ 8 Dabei wurde versucht, ausgehend von einer gründlichen philologischen, literarkritischen und inhaltlichen Analyse, neue Ansätze für die Interpretation und historische Einordnung der Dokumente zu erarbeiten.

Einleitung

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den Verhandlungen mit der östlichen Kirche und seinem Anspruch im Blick auf die ganze Kirche). Auf diese Weise soll versucht werden, die einzelnen Mosaiksteine schließlich zu einem aufschlussreichen Bild von Person und Werk des römischen Bischofs Damasus zusammenzufügen.

Kapitel 1

Biographische Fragmente 1. Herkunft, Familie und Werdegang Damasus ist 384 n.Chr. fast achtzigjährig gestorben 1 , d.h. wohl um 305 n. Chr. geboren. Im Jahre 366 wurde er zum Bischof von Rom gewählt. Sein Pontifikat dauerte nach dem Liber Pontificalis 18 Jahre, 3 Monate und 11 Tage (1.10.366–11.12.384) 2 . Die Jahre bis zu seinem Pontifikat, bei dessen Antritt er bereits sechzig Jahre alt war, bleiben fast völlig im Dunkeln. Der Liber Pontificalis berichtet, daß er natione Hispanus war; Damasus beschreibt jedoch in einem seiner Epigramme die Laufbahn seines Vaters in Rom 3 , so daß wohl die Herkunft aus Spanien einige Zeit zurückliegt 4 . Aus einem von Damasus verfaßten Grabepigramm ist außerdem bekannt, daß er eine Schwester Irene hatte, die sich Christus als Jungfrau geweiht hat, aber früh verstorben ist. Zu ihr hatte Damasus offenbar ein sehr inniges Verhältnis 5 . Auch der Mutter Laurentia ist eine Grabinschrift gewidmet. Sie scheint ein hohes Alter erreicht zu haben, da Damasus ihr Alter mit der Zahl Hundert angibt und davon nur wenige Jahre abzieht. Auch

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HIER., vir. ill. 103: ... prope octogenarius sub Theodosio principe mortuus est. Lib.Pont. I 5,39 (212 DUCHESNE): Damasus natione Hispanus ex patre Antonio sedit ann. XVIII, mens. III, dies XI; fuit temporibus Juliani. 1.10.366–11.12.384 (aber FERRUA 1942, 60); vgl. NORTON 1965, 14 und die Ausführungen in Kap. 1.4.1.2. und 1.4.1.4. 3 DAM., epigr. 57. 4 MAXIMINUS EPISC. GOTHORUM, Dissertatio contra Ambrosium 93 (CChr.SL 87, 194 GRYSON): certe tam tibi (Ambrosio) quam Damaso provincia est Italia, genetrix Roma; diese Aussage ist wohl ironisch zu verstehen. Vgl. dazu CASPAR 1930, 196 u. 592 sowie FERRUA 1942, 211, die die spanische Herkunft bezweifeln, gegen HARNACK 1924, 823f., der sie verteidigt, ebenso auch Piétri 1992, 218 und RADE 1882, 6f.: „Mag immerhin spanisches Blut in seinen Adern fliessen, geboren ist er wahrscheinlich in Rom“. Auch z.B. Seneca wird Spanier genannt, obwohl sein Vater in Rom lehrte. 5 Siehe DAM., epigr. 11 (FERRUA 1942, 107): Hoc tumulo sacrata deo nunc membra quiescunt,/ hic soror est Damasi, nomen si quaeris, Irene./ voverat haec sese cum vita maneret,/ virginis ut meritum sanctus pudor ipse probaret./ bis denas hiemes necdum compleverat aetas ... . 2

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

sie hatte offenbar als Witwe ihr Leben Gott verschrieben 6 . Über seinen Vater ist nur bekannt, daß er ebenfalls eine kirchliche Laufbahn in Rom eingeschlagen hatte 7 , aber vermutlich früh gestorben ist, da Damasus in der Inschrift für die Schwester schreibt, sie sei ihm von seinem Vater anvertraut worden 8 . Aus der Inschrift des Damasus für die Kirche S. Lorenzo in Damaso wird ersichtlich, daß das Gebäude mit ihm und seinem Vater in Verbindung stand, da beide von hier aus kirchlich gewirkt haben. Wahrscheinlich ist die Kirche auf einem väterlichen Grundstück erbaut worden 9 . Damasus war wohl schon vor dem Exil seines Vorgängers Liberius im Jahr 355 Diakon, verhielt sich aber auch gegen den neuen von Konstantius während der Abwesenheit des Liberius ernannten Bischof von Rom, Felix II., loyal 10 . An dieser Frage spaltete sich jedoch die römische Gemeinde, so daß nach der Rückkehr des Liberius um die Jahre 357/58 zwar auch diejenigen, die Felix anerkannt hatten, in die Gemeinde des Liberius zurückkehren konnten, aber nach dem Tod des Liberius ein Streit über den rechtmäßigen Nachfolger ausbrach. So begann die Amtszeit des Bischofs Damasus im Oktober 366 recht turbulent, denn eine Gegenpartei, die sich als diejenigen bezeichnete, die Liberius immer die Treue gehalten hätten, wählte einen gewissen Ursinus zum Gegenbischof 11 . Es kam zu blutigen Auseinandersetzungen, aus denen Damasus als Sieger hervorging. Auf kaiserliche Schreiben hin wurde Ursinus ins Exil geschickt, konnte jedoch im Sommer 367 wieder zurückkehren, um nach erneuten Unruhen im November nochmals verbannt zu werden. Die Gegenpartei um Ursinus behielt aber so viel Einfluß, daß sie in den Folgejahren (zwischen 370/371 und 374/75) gegen Damasus einen Kriminalprozess anstrengen konnte – vermutlich wegen der blutigen und tödlichen Auseinandersetzungen; von dieser Anklage wurde der Bischof von Rom jedoch freigesprochen. Trotz seiner Verbannung nach Gallien fand Ursinus aber Mittel und Wege gegen Damasus zu hetzen, und zwar offenbar bis zum Tod des Bischofs. Der Schatten des Ursinus lag also auf der ganzen Amtszeit des Damasus.

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DAM., epigr. 10 (FERRUA 1942, 105): Hic Damasi mater posuit Laurentia membra/ Quae fuit in terris centum minus ... annos/ sexaginta deo vixit post foedera .../ progenie quarta vidit quae ... 7 DAM., epigr. 57 (FERRUA 1942, 210): Hinc pater exceptor, lector, levita, sacerdos,/ creverat hinc meritis quoniam meliorib. actis ... . 8 DAM., epigr. 11; vgl. dazu PIÉTRI 1992, 218; NORTON 1965, 15; CASPAR 1930, 196 und 253. 9 DAM., epigr. 57. 10 Vgl. dazu den sehr gegen Damasus eingestellten Bericht in AVELL. 1; siehe Text und Ausführungen in Kap. 1.4.1.2. 11 Siehe zur Bischofswahl und seinem Gegenspieler Ursinus ausführlich Kapitel 1.4.

2. Schwerpunkte der Tätigkeit des Damasus

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2. Schwerpunkte der Tätigkeit des Damasus als Bischof von Rom anhand seiner Schriften Die direkten Quellen für die Amtszeit des Damasus als Bischof von Rom sind nicht sehr umfangreich. Über seine Synodaltätigkeit sowie seine Beziehungen und Verhandlungen mit anderen Bischöfen berichten uns die antiken Kirchengeschichten des Socrates, Sozomenus, Theodoret und Rufin. Auch andere Bischöfe geben in ihren Briefen und Werken Informationen über Damasus als Bischof. Hier sind vor allem Athanasius, Basilius und Ambrosius zu nennen. Texte, die Damasus selbst verfaßt hat, sind uns nur wenige überliefert und bei den meisten ist zudem das Maß seiner Autorschaft strittig 12 . Seinen Absender tragen ein Brief an Paulinus (ep. 3), den Bischof von Antiochien, und zwei Briefe an Acholius (ep. 5 u. 6), den Bischof von Thessalonike, zudem ein Brief, der sich an den Osten richtete und in die Kirchengeschichte des Theodoret aufgenommen worden ist (ep. 7). Ein römisches Synodalschreiben an illyrische Bischöfe nennt Damasus als ersten von mehreren westlichen Bischöfen (ep. 1). Zudem werden weitere sieben Schreiben von der Überlieferung Damasus zugeschrieben (ep. 2/1.2.3; 4; decr. Dam.; decr. ad Gallos episc.; relatio), wobei der Kontext jedes einzelnen dieser Dokumente aber erst genau zu ermitteln ist, um es der Tätigkeit des Bischofs Damasus zuordnen und in den geschichtlichen Ablauf einordnen zu können. Zudem gibt es zwei Briefe an Hieronymus, die Auskunft über das exegetische Interesse des Damasus geben können. Für die Tätigkeit des Damasus in der Stadt Rom liegt außerdem eine große Anzahl von ihm verfaßter Versinschriften vor, die seinen Einsatz für die römischen Märtyrergräber und deren Verehrung sowie für den Kirchenbau illustrieren. Hieronymus schreibt über Damasus als Schriftsteller: Damasus, Romanae urbis episcopus, elegans in versibus componendis ingenium habuit multaque et brevia opuscula heroico metro edidit ... 13

Er kennt von Damasus also viele kurze Gedichte, die dieser in Hexametern verfaßt hat. Sollte er die Epigramme, die Damasus an den Gräbern der Märtyrer anbringen ließ und für Familienmitglieder sowie nahestehende Personen verfaßt hat, meinen, wären die Formulierungen (opuscula ... edidit), die er dafür verwendet, eher unpassend, denn sie lassen auf mehr als nur in Stein gemeißelte Inschriften schließen. Zudem schreibt Hieronymus in einem Brief an Eustochium:

12 Siehe zu den Werken des Damasus: CPL 1632–1635, zu den Pseudo-Damasiana: CPL 1636. 13 HIER., vir.ill. 103.

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Kapitel 1: Biographische Fragmente At, si tibi placet scire, quot molestiis virgo libera, quot uxor adstricta sit, lege Tertulliani ad amicum philosophum et de virginitate alios libellos et beati Cypriani volumen egregium et papae Damasi super hac re versu prosaque conposita et Ambrosii nostri quae nuper ad sororem scripsit opuscula. 14

Aus beiden Stellen zusammen ist zu schließen, daß Damasus neben den Epigrammen wohl noch andere Gedichte verfaßt hat, die er, wie es auch im Zitat aus De viris illustribus heißt, herausgegeben (edidit) hat, denn Hieronymus empfiehlt Eustochium direkt, das Werk des Damasus zu lesen; und damit meint er wohl nicht, daß sie auf den Friedhöfen Roms herumgehen soll. Man muß also davon ausgehen, daß von Damasus neben den Epigrammen noch andere Schriften in Gedichtform geschrieben worden sind, die er veröffentlicht hat (edidit); Beispiele dafür sind auch überliefert, nämlich ein Gedicht auf Paulus und ein Gedicht an einen Freund, in dem er ihn zur rechten Lebens- und Lernweise auffordert. Ein besonderer inhaltlicher Schwerpunkt scheint dabei das Thema der Jungfräulichkeit zu sein, die nicht nur in einigen Grabinschriften eine Rolle spielt, sondern auch im Dekretale an die gallischen Bischöfe, die Damasus zugeschrieben wird. Man muß also aus den Worten des Hieronymus nicht unbedingt eine eigene Schrift des Damasus zu dieser Frage postulieren, sondern die Worte des Kirchenvaters können darauf hinweisen, daß Damasus sowohl in seiner Dichtung als auch in seinen sonstigen Schriften das in dieser Zeit sehr wichtige Thema der Jungfräulichkeit besprochen hat 15 . Das erhaltene Werk des Damasus, aus dem wir Informationen über seine Amtszeit als Bischof von Rom und seine bischöflichen Entscheidungen und Schwerpunkte seiner Tätigkeit gewinnen können, ist also in zwei Gattungen aufgeteilt. Wir haben einerseits Epigramme, aus denen sein Einsatz für die Märtyrergräber und christlichen Bauten in Rom und damit auch für die Christianisierung Roms herausgelesen werden kann, so daß sich ein erster Schwerpunkt seines Wirkens ergibt: – 1. Schwerpunkt in Rom: Institutionalisierung römischer Märtyrer durch Pflege und Einrichtung von Gräbern und Förderung der Verehrung und Christianisierung Roms durch christliche Bauten. Andererseits sind uns die Briefe und Synodaldokumente überliefert, die an die Bischöfe anderer Kirchen gesandt wurden und zeigen, welche Ziele 14

HIER., ep. 22,22,3 ad Eustochium (CSEL 54/1, 174,21–175,5 HILBERG). Es besteht meines Erachtens keine Notwendigkeit und auch kein Anhalt dafür, zu postulieren, daß Damasus eine Schrift geschrieben hat, die aus Prosa und Vers bestand, wie z.B. eine menippeische Satire, siehe dazu FERRUA 1942, 8; WEYMANN 1926, 52–56 spricht von einem Doppelwerk in Prosa und Vers; BARDENHEWER 1912, III 565, nennt Inschriften und Predigten. 15

2. Schwerpunkte der Tätigkeit des Damasus

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Damasus außerhalb Roms bzw. Italiens verfolgte, da sie hauptsächlich in den Osten, d.h. nach Antiochien und Illyrien gesandt wurden, aber auch nach Gallien. Ein Synodalschreiben, das an die Kaiser gerichtet ist, beschäftigt sich mit der Frage, wie das Amt des Bischofs von Rom gestärkt werden kann und soll. Während sich die epigraphische und bauliche Tätigkeit des Damasus in Rom wohl über seine ganze Amtszeit erstreckte, können aus den Briefen und Synodaldokumenten Schwerpunkte seiner kirchenpolitischen und theologischen Entscheidungen und wichtige römische Synoden des Damasus erschlossen werden. Außerdem wird daraus deutlich, mit welchen anderen Bischöfen Damasus in Kontakt stand und verhandelte. Folgende Etappen lassen sich abgrenzen: – 2. Schwerpunkt: Vorgehen gegen homöische Bischöfe und deren Lehre (insbesondere 367–371): Eine erste römische Synode fand wohl im Jahr 368 statt, in der das Problem homöischer Bischöfe verhandelt und Verurteilungen ausgesprochen wurden. Zum selben Problem äußerte sich auch eine römische Synode vermutlich im Jahr 370/371, der das Dokument Confidimus quidem (ep. 1), in dem der homöische Bischof Auxentius namentlich genannt wird, zugeschrieben werden kann. Dieses Dokument ist an die illyrischen Bischöfe gerichtet, also ein Gebiet, in dem es sehr viele homöische Bischöfe gab. – 3. Schwerpunkt: Stellungnahme bezüglich des antiochenischen Schismas, Ausarbeitung einer westlichen römischen Trinitätstheologie und Ausgrenzung von häretischen Lehren (ab ca. 371): Im antiochenischen Schisma bezieht Damasus zum ersten Mal auf Anfrage des Bischofs Basilius von Caesarea Stellung. Dieser bittet mit weiteren Bischöfen des Ostens, wohl durch Vermittlung des Athanasius von Alexandrien, Damasus um Hilfe gegen die Homöer und die homöische Politik im Osten, aber auch um eine Anerkennung des Bischofs Meletius. Damasus läßt durch den Antiochener Euagrius, der sich einige Zeit im Westen und auch bei Damasus in Rom aufgehalten hat, eine Nachricht überbringen, worin aber erst einmal ein Erweis der Rechtgläubigkeit des Basilius und des Meletius gefordert wird, so daß Basilius empört aufgibt, den Westen um Hilfe zu bitten. Erst in den Jahren 374/375 ergreift der Bischof von Caesarea erneut die Initiative. Wieder ist die Antwort eher ablehnend (epist. 2/1.3) und Damasus richtet dieses Mal auch an Paulinus, den seiner Ansicht nach rechtmäßigen Bischof von Antiochia, ein Schreiben, in dem er deutlich seine Gemeinschaft mit ihm unterstreicht (epist. 3). In Auseinandersetzung mit Basilius legt Damasus auch eine ausgefeilte Trinitätslehre vor, die gegenüber den Aussagen im Schreiben Confidimus quidem nicht nur die Einheit der Trinität betont, sondern auch die drei Per-

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

sonen bestimmt (epist. 2/1.3); ebenso wird eine Lehre über den Heiligen Geist ausformuliert (epist. 4) und häretische Lehren ausgeschlossen. Eine dieser Lehren spielt im Rahmen des antiochenischen Schismas eine besondere Rolle, denn Vitalis, ein Anhänger der apolinaristischen Lehre, auf die der Bischof von Rom bereits mahnend und tadelnd in einem Brief an den Osten aufmerksam gemacht hat, legt Damasus in Rom (375) ein Glaubensbekenntnis vor, das zunächst als rechtgläubig anerkannt wird. Schnell erkannte man aber seine häretische Zweideutigkeit, so daß Damasus in dem genannten Schreiben an Paulinus diesem die Aufgabe gab (epist. 3), Vitalis nochmals ein Glaubensbekenntnis vorzulegen, aufgrund dessen er in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen werden könne. Vitalis läßt sich aber als dritten Bischof von Antiochia neben Paulinus und Meletius einsetzen, so daß es daraufhin drei Gemeinden in Antiochia gab. Auch als Hieronymus sich in Rom befand (ab 381), ging Damasus gegen den Apolinarismus vor. – 4. Schwerpunkt: Stärkung der Stellung des römischen Bischofs im Westen durch staatliche Hilfe (verstärkt ab 378): Bis zum Jahr 378 scheint die Handlungsfähigkeit des Damasus als Bischof von Rom und Metropolit von Italien sehr durch die ständigen Übergriffe des Ursinus und seiner Anhänger eingeschränkt worden zu sein. Zwischen den Jahren 371 und 374/75 war Damasus wohl aufgrund eines Prozesses nicht sehr handlungsfähig, da aus diesen Jahren über sein Pontifikat nichts bekannt ist; davon spricht auch ein römisches Synodalschreiben aus dem Jahr 378 (relatio) an die damaligen Kaiser. Durch sie erreicht Damasus eine Stärkung seiner Stellung, indem er die kirchliche Gerichtsbarkeit im Westen dem römischen Bischof durch Anordnung der Kaiser unterstellen läßt und für deren Durchführung staatliche Hilfe in Anspruch nehmen kann. In dieser Funktion als oberster kirchlicher Richter gab Damasus auch anderen Bischöfen und Diözesen Rechtsauskunft über kirchliche Streitfragen (decr. ad Gallos epis.). Die Einhaltung apostolischer Tradition und kirchlicher Canones waren ihm ein wichtiges Anliegen, für das er sich gerade als römischer Bischof besonders berufen fühlte. – 5. Schwerpunkt: Betonung des Führungsanspruchs Roms auch für den Osten: Hatte Damasus schon im antiochenischen Schisma auf Anfrage hin sehr bestimmt Stellung bezogen, werden seine Maßnahmen in dieser Hinsicht nach 378 noch offensiver (ep. 7). Als es um die Besetzung des Bischofsstuhls von Konstantinopel geht, gibt er dem Bischof von Thessalonike konkrete Anweisungen, welche Personen für dieses Amt geeignet sind und welche nicht, und erteilt dem Kyniker Maximus eine deutliche Absage (ep. 5 und 6). Im Jahr 382, als Hieronymus bereits für Damasus in Rom tätig war, findet schließlich eine Synode in Rom statt, der man ein Dokument

2. Schwerpunkte der Tätigkeit des Damasus

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zuschreiben muß, das ganz eindeutig den Führungsanspruch Roms innerhalb der ganzen katholischen Kirche betont und einfordert und dabei auf den Märtyrerreichtum Roms verweist (decr. Dam.). Ein wichtiges Argument ist hierbei nämlich die Inanspruchnahme der beiden Apostel Petrus und Paulus für Rom, d.h. als römische Märtyrer, die die Sonderstellung Roms und damit des römischen Bischofs begründet haben. Somit verbinden sich am Ende seiner Amtszeit die beiden verschiedenen Komplexe und Gattungen, in denen uns die Schriften des Damasus überliefert sind, nämlich die Epigramme und die Briefe bzw. Synodaldokumente. Entsprechend dieser hier nur einführend umrissenen und chronologisch dargestellten Schwerpunkte des Wirkens des römischen Bischofs Damasus, wie es uns durch die spärlich überlieferten Quellen dargeboten wird, sollen in den folgenden Kapiteln seine Schriften, d.h. Epigramme und Briefe, untersucht werden. Dabei wird so vorgegangen, daß immer weitere Kreise des Wirkens erschlossen werden (also nicht primär chronologisch). Zunächst soll das stadtrömische Wirken mit den Epigrammen in den Blick kommen, die bezüglich ihrer Funktion für die Märtyrerverehrung und Christianisierung Roms, aber auch im Hinblick auf die Bautätigkeit des Bischofs betrachtet werden (Kap. 2). Dann soll auf seine Stellung als Bischof der Metropole Rom und seinen Anspruch, oberster Richter in kirchlichen Fragen vor allem im Westen zu sein, eingegangen werden, insbesondere mit der Auswertung des römischen Synodalschreibens aus dem Jahr 378 und dem Damasus zugeschriebenen Dekretale Ad Gallos (Kap. 3). In einem weiteren Teil soll gezeigt werden, wie Damasus gemeinsam mit anderen westlichen Bischöfen mit Stellungnahmen gegenüber Homöern sowie vor allem im antiochenischen Schisma versucht, Einfluß auf die Kirchen des Ostens zu nehmen, und sich so theologisch profiliert. In dieser Auseinandersetzung wird eine Trinitätstheologie sowie eine Lehre über den Heiligen Geist formuliert und Ausgrenzungen von Häresien vorgenommen. Dabei soll vor allem zunächst eine genaue Analyse und Einordnung der betreffenden Dokumente erfolgen und schließlich auch bestimmt werden, welcher Anteil Damasus dabei zuzuweisen ist (Kap. 4). In einem letzten Kapitel soll schließlich gezeigt werden, wie sich die in den Kap. 2–4 erarbeiteten Programme und Ziele des Damasus in seinen letzten Amtsjahren bündeln und in dem selbstbewußt formulierten Anspruch, als römischer Bischof den ersten Rang unter den Bischöfen der Kirche innezuhaben, gipfeln (Kap. 5). Für alle diese Bereiche lassen sich Mitstreiter und Berater des Damasus ausmachen, die vor der Auswertung seines eigenen Werkes im folgenden Abschnitt kurz vorgestellt werden sollen (Kap. 1.3), ebenso wie Ursinus,

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

sein Gegenspieler, der über die ganze Amtszeit hinweg versucht hat, Damasus Steine in den Weg zu legen (Kap. 1.4).

3. Mitstreiter, Mitarbeiter und Berater 3.1. Filocalus Für die Verschönerung der Märtyrergräber mit Inschriftentafeln hatte Damasus einen Mitarbeiter, der seine Epigramme in ungewöhnlich schöner Schrift in den Stein meißelte: Furius Dionysius Filocalus. Dieser teilte offenbar sein Interesse für Märtyrer und deren Gedenktage, denn vom ihm stammt der erste überlieferte römische Kalender, der diese Tage angibt 16 . Filocalus hatte diesen Kalender für das Jahr 354 für einen römischen Aristokraten mit dem Namen Valentinus 17 , der wohl Christ war 18 , in besonders kunstvoller Weise angefertigt. Der Kalender zeigt sowohl pagane als auch christliche Elemente, d.h. er ist einerseits noch von Sternglauben und imperialem Zeremoniell geprägt, andererseits enthält er unzweifelhaft christliche Teile, und zwar eine Ostertafel, eine Liste römischer Bischöfe von Petrus bis Liberius, die Depositio episcoporum und die Depositio martyrum, d.h. Aufstellungen der Gedenktage für Bischöfe und Märtyrer, sowie einen Festkalender der christlichen Gemeinde Roms 19 . Filocalus scheint nicht nur ein einfacher Handwerker und Künstler, der hinter seinem Werk verschwand, sondern selbst eine bekannte Person gewesen zu sein; denn meist nennt er sich selbst in seinen Werken. Im Kalender von 354 schreibt er: Furius Dionysius Filocalus titulavit 20 . Und auch 16 Siehe dazu SALZMAN 1990, passim, STERN 1953, passim; Rüpke 1995, 477–480; HERZOG 1989, 178–181, KIRSCH 1924, passim; WISCHMEYER 1998b, 179. 17 HERZOG 1989, 179 nennt ihn einen hohen Beamten. 18 Siehe SALZMAN 1990, 199–202 (199): „Surely Valentinus was a Christian. A codex-calendar specifically designed to include sections of an emphatically Christian character – the Easter Cycle, the Depositions of Bishops and Martyrs, the List of Bishops of Rome, and the World Chronicle – would only have been of interest to a Christian reader, as would the inclusion of four Christian holidays within the list of Consuls. The dedicatory inscription on the book’s title page – „Floreas in Deo“ – reinforces this identification, for the addition of in Deo to the nonspecific wish Floreas is a formula peculiar to Christianity ... The information provided by the ornate, personalized dedication of this deluxe Codex-Calendar indicates that its recipient belonged, most likely, to the aristocracy at Rome. This was, it seems, a man of wealth and rank, an impression borne out by his patronage of the artist Filocalus, who was known to have been patronized by a pope and perhaps by the Christian aristocrat Melania the Elder as well.“ Vgl. auch STERN 1953, 113–115. SALZMAN versucht außerdem anhand der bekannten Valentinii den Empfänger des Kalenders zu identifizieren, was aber nicht gelingt. 19 Siehe dazu auch WISCHMEYER 1998a, 161f. 20 MOMMSEN 1892 (MGH.AA 9), 39.

3. Mitarbeiter, Mitstreiter und Berater

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auf Inschriften des Damasus hat er sein Autogramm hinterlassen. Eine besonders auffällige Widmung findet sich im Epigramm für Eusebius. Während Filocalus über dem Text der Inschrift die Worte Damasus episcopus fecit eingemeißelt hat, findet sich an beiden Seiten entlang folgende Formulierung: Damasi papae cultor adque amator Furius Dionysius Filocalus scribsit 21 . Damit drückt Filocalus nicht nur seine Verehrung (cultor) für Damasus aus, sondern auch seine Freundschaft (amator) zu ihm 22 . Eine Widmung, die zeigt, daß durchaus eine persönliche Beziehung zwischen beiden bestand und sie daher kein sehr großer sozialer Unterschied trennen konnte. Damasus war zwar wie Valentinus ein Patron des Künstlers, Filocalus galt jedoch selbst als eine Persönlichkeit, mit deren Namen man sich schmücken konnte; er ist jedenfalls der einzige Kalligraph aus dieser Zeit, den wir mit Namen kennen 23 . Wahrscheinlich kann er sogar mit Melania der Älteren in Verbindung gebracht werden, denn ein Gedicht für eine Badeanlage bietet als Acrostichon den Namen Filocali und als Telestichon Melaniae 24 , so daß damit eine weitere Verbindung des Filocalus zur römischen Aristokratie rekonstruiert werden könnte 25 , wenn man annimmt, daß Melania dieses Bad finanziert 26 und Filocalus für sie die Inschrift angefertigt hat. Auch Damasus wird nachgesagt, daß er die Gesellschaft vorneh-

21 DAM., epigr. 18 (FERRUA 1942, 129–134), siehe die Epigramme 27 und 18², bei denen sich Filocalus auch selbst verewigt hat. 22 So auch FERRUA 1942, 133: „... quia non solum reveretur sed etiam amicus est“. 23 Vgl. dazu CAMERON 1992, 142f.: „No ordinary professional calligrapher or lapicide ever won such fame or such equality with his patrons. We are surely bound to conclude that Filocalus was not in fact a man who earned his living by his skills. He was a man of respectable (if not aristocratic) origins and comfortable means who simply chose to spend his time doing what he did so well. Others of his class wrote letters and poems; Filocalus copied their work, whether on vellum or stone. This is why his aristocratic patrons were willing to let him share the credit for the finished product.“ Vgl. auch SALZMAN 1990, 203f. 24 ANTHOLOGIA LATINA 120 RIESE (= 109 SHACKELTON BAILEY). Siehe dazu E. COURTNEY, Observations on the Latin Anthology, Hermathena 129, 180, 41f.; J. DINGEL, Über ein Acrostichon und ein Telestichon in der Anthologia Latina, WS 19, 1985, 177f. 25 ALAN CAMERON hat 1992 diese These gegen die bisher vertretene, daß es sich dabei um Melania die Jüngere und einen bei Augustinus erwähnten Filocalus aus Hippo Regius handelt, aufgestellt. Er ersetzt damit eine These durch eine andere, wobei er meines Erachtens gute Gründe dafür anführen kann, denn der bei Augustinus genannte Filocalus bleibt als Person völlig im Dunkeln und es gibt keinen Anhaltspunkt, wie und warum Melania mit ihm diese Inschrift verfaßt haben soll, siehe CAMERON 1992, 140–144, gegen J. EVANS-GRUBB/E. COURTNEY, An Identification in the Latin Anthology, CP 82, 1987, 237–39. 26 Darauf deutet der Aufbau des Epigramms, denn im ersten Vers bildet der letzte Buchstabe von lavacrum den Anfang des Telestichs Melaniae. Damit wird Melania als Urheberin des Bades angezeigt.

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

mer römischer Frauen schätzte, was ihm von seinen Gegnern als Makel angelastet wurde 27 . Der Kontakt und die Freundschaft zu Filocalus ist ein Indiz dafür, daß Damasus in Kreisen der römischen Aristokratie verkehrte, die dem Christentum wohlgesonnen waren bzw. bereits christlich geworden waren, deren Lebensart teilte und es sich leisten konnte, den berühmten Kalligraphen Filocalus für sich arbeiten zu lassen, wie das auch Valentinus getan hatte. So ist es auch nicht verwunderlich, daß sich nichtchristliche Zeitgenossen neidisch über die Lebensart dieses römischen Bischofs äußern. Hieronymus berichtet z.B., daß der heidnische, designierte Konsul Praetextatus Damasus gesagt haben soll, daß er sofort Christ werde, wenn man ihn zum Bischof von Rom machen würde: Miserabilis Praetextatus, qui designatus consul est mortuus. Homo sacrilegus et idolorum cultor, solebat ludens beato papae Damaso dicere: facite me Romanae urbis episcopum, et ero protinus Christianus. 28

Auch der pagane Historiker Ammianus Marcellinus schildert den Lebensstandard des römischen Bischofs in Superlativen, als er zu erklären versucht, warum man sich um das Amt des römischen Bischofs stritt: Neque ego abnuo, ostentationem rerum considerans urbanarum, huius rei cupidos ob impetrandum quod appetunt, omni contentione laterum iurgare debere, cum id adepti, futuri sint ita securi, ut ditentur oblationibus matronarum, procedantque vehiculis insidentes, circumspecte vestiti, adeo ut eorum convivia regales superent mensas. 29

Sicherlich ist in diesen Schilderungen auch einiges an Mißgunst und Übertreibung, es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß Damasus ein römischer Bischof war, der, wenn man die Vielzahl und die Pracht seiner Bauten und Baumaßnahmen betrachtet, über beträchtliche finanzielle Mittel verfügte und sich in der Ausführung an aristokratischem Standard und Aufwand orientierte, was schon die Übernahme der Verstituli für die Gräber, einer typisch aristokratischen Gattung von Grabinschriften dieser Zeit, zeigt 30 .

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Siehe dazu AVELL. 1,9 (CSEL 35, 4,4f. GÜNTHER): quem in tantum matronae diligebant, ut matronarum auriscalpius diceretur; COD. THEOD. XVI 2,20 und AMM.MARC., XXVII 3,14: ...ut ditentur oblationibus matronarum...; vgl. dazu auch die Ausführungen in Kap. 3.1.1.4 und ACHENBACH/KRIEGE 2002, 45f. Wobei die Information in dieser Weise natürlich auch topischen Charakter hat. 28 HIER., contra Iohannem Hierosol. 8 (PL 23, 377C); vgl. dazu auch PASCHOUD 1967, 95f. 29 AMM.MARC., XXVII 3,14. 30 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 2.1.

3. Mitarbeiter, Mitstreiter und Berater

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3.2. Die Bischöfe von Alexandrien Athanasius von Alexandrien, der Maßstab der Rechtgläubigkeit in den sechziger Jahren des vierten Jahrhunderts, unterhielt offenbar mit Damasus schon gleich am Anfang von dessen Amtszeit einen brieflichen Austausch, womit deutlich wird, daß trotz der Turbulenzen, die in den ersten Jahren des Pontifikates zwischen Damasus und Ursinus herrschten, nach außen hin eindeutig Damasus als Bischof von Rom feststand. Athanasius erwähnt in seinem Schreiben Ad Afros, daß er an Damasus geschrieben und von ihm die Absetzung homöischer Bischöfe gefordert habe 31 . Gleichzeitig erwähnt er aber auch, daß bereits eine Synode in Rom stattgefunden habe, auf der homöische Bischöfe verurteilt worden seien 32 . Von Basilius erfahren wir, daß er von Athanasius den Rat bekommen hat, sich mit dem Westen, d.h. mit dem römischen Bischof, in Verbindung zu setzen, um Hilfe für die bedrängte Lage der nicaenischen Christen in Antiochien zu erbitten 33 . Athanasius stellt also einerseits Forderungen an Damasus, hinsichtlich der Maßnahmen gegen Homöer, die ihm noch zu wenig durchgreifend erscheinen, andererseits spricht er ihm aber durchaus die Macht zu, auch im Osten gegen die Homöer vorgehen zu können. Nach dem Tode des Athanasius wird Petrus von Alexandrien sein Nachfolger auf dem Bischofsstuhl. Dieser muß jedoch sofort nach Antritt seines Bischofsamtes fliehen, da ihm vom Homöer Lucius sein Amt streitig gemacht wird 34 , und geht im Jahr 373 nach Rom ins Exil 35 . Der römische Bischof hatte ihn in seiner bedrängten Lage in Alexandria offenbar schriftlich unterstützt 36 . Petrus hält sich in Rom bis zum Jahr 378 auf 37 und wirkt offenbar als Berater des Damasus. In der Frage des antiochenischen Schismas bezieht er für Paulinus 31

ATH., ep. Afr. 1 und 10 ; siehe dazu die Ausführungen in Kap. 4.1.3.1.1. Ebd. 33 Siehe dazu BAS., ep. 66 und die Ausführungen in Kap. 4.1.3.1.1. 34 SOC., h.e. IV 21; SOZ., h.e. VI 19,1f.; THDT., h.e. 21,3; 22,9f.; RUF., h.e. XI 3; siehe dazu die ausführliche Schilderung bei BRENNECKE 1988, 236–238. 35 THDT., h.e. IV 21,2 (247,6f.): FUSPKNFOPVOPRBVNBTJPK UPOBEPLIUPORFB TBNFOPKQPMFNPO MBRXOFYFMIMVRFLBJTLBGPVKFQJCBKFJKUIO3XNIOBQISFO. 36 So die bei Theodoret überlieferten Worte des Petrus (THDT., h.e. IV 22,27 [258,8– 10]):...NJLSPOVTUFSPOPEJBLPOPK PQBSBUPVBHBQIUPVINXO%BNBTPVUPVUIK 3XNIKFQJTLPQPVLPNJTBKINJOPNPVQBSBLMIUJLBLBJLPJOXOJLBHSBNNBUB 37 SOCR., h.e. IV 37 (566,45–567,9); SOZ., h.e. VI 39,1–4 (300,10–14): 0JEFLBUB QPMJOUPEPHNBUIKFO/JLBJBÝTVOPEPV[IMPVOUFKQBMJOBOFRBSSPVO LBJNBMJTUB PJLBU"JHVQUPO"MFYBOESFJKFQBOFMRPOUJEFUPUF1FUSXÝBQPUIK3XNIKNFUB HSBNNBUXO%BNBTPVUBUFFO/JLBJBÝEPYBOUBLBJUIOBVUPVDFJSPUPOJBOLVS PVOUXOQBSFEXLBOUBKFLLMITJBKPEF-PVLJPKFYFMBRFJKFQJUIO,XOTUBO UJOPVQPMJOBQFQMFVTFO. 32

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

und gegen Meletius Stellung, was aus einem Brief des Basilius deutlich wird 38 . Außerdem scheint ihn Damasus als Berater in theologischen Fragen geschätzt und für wichtig erachtet zu haben. In einem Schreiben, das er um das Jahr 381 gegen die apolinaristische Lehre verfaßt hat, nimmt er ausdrücklich Bezug darauf, daß er im Beisein des Petrus bereits vor einiger Zeit die Lehre des Apolinarius und seines Schülers Timotheus verurteilt habe, so als ob seine Entscheidung durch die Mitwirkung des Petrus mehr Gewicht beanspruchen könnte 39 . Das Verhältnis wurde aber getrübt, als Petrus versuchte, den ägyptischen Kyniker Maximus auf den Bischofsstuhl von Konstantinopel zu bringen, was Damasus heftig bekämpft hat 40 . Deutlich ist aber trotzdem, daß Petrus während seiner Anwesenheit in Rom keinen geringen Einfluß auf Damasus ausübte, da der Bischof von Rom in der antiochenischen Frage eindeutig die alexandrinische Linie verfolgte und mit Paulinus Gemeinschaft hielt, mit Meletius dagegen nicht. 3.3. Ansprechpartner aus Antiochien Von Kontakten zu Antiochenern vor dem Jahr 375 wissen wir nicht viel. Über den Antiochener Euagrius ist jedoch bekannt, daß er sich mit Eusebius von Vercelli in den Westen begab 41 und sich auch in Rom aufhielt 42 . Jedenfalls bringt er Basilius auf seiner Heimreise die vom Bischof von Caesarea empört entgegengenommene Antwort auf seine erste Initiative, aus dem Westen Hilfe zu erbitten, mit 43 . Er hält mit Meletius keine kirchliche Gemeinschaft und hat wahrscheinlich den Westen in seiner Voreingenommenheit gegenüber Meletius bestärkt 44 . Von Hieronymus, der sich nach dessen Reise in den Westen bei Euagrius aufgehalten hat, wissen wir, daß Euagrius Damasus in irgendeiner Weise zu Hilfe gekommen ist 45 . Dabei kann es sich eigentlich nur um die 38

BAS., ep. 266,2 und 133; siehe dazu die Ausführungen in Kap. 4.2.5. DAM., epist. 7, siehe Kap. 5.1. 40 DAM., epist. 5, siehe dazu die Ausführungen in Kap. 5.2. 41 RUFIN, h.e. 10,31. Vgl. zu Euagrius auch die ausführliche Darstellung von REBENICH 1992, 61–75, der jedoch aus kleinen Notizen bei Rufin und Hieronymus viel herausliest. 42 Hieronymus schreibt in seinem ersten Brief an Damasus, daß dieser seine Antwort an Euagrius senden solle und setzt damit voraus, daß der Bischof von Rom mit ihm bekannt ist: ep. 15,5,1 (CSEL 54/1, 67,8f. HILBERG): ad Euagrium presbyterum, quem optime nosti, dignare scripta transmittere. 43 BAS., ep. 138,2, siehe die Ausführungen Kap. 4.1.5. 44 BAS., ep. 156,3 und 140, siehe ebd. 45 HIER., ep. 1,15,2 (8,21–9,4 HILBERG): quis enim valeat digno canere praeconio [sc. Euagrii] Auxentium Mediolanii incubantem huius excubiis sepultum paene ante quam mortuum, Romanum episcopum iam paene factionis laqueis inretitum et vicisse adversarios et non nocuisse superatis?“ 39

3. Mitarbeiter, Mitstreiter und Berater

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Schwierigkeiten handeln, die Damasus im Zuge der Angriffe des Ursinus und seiner Anhänger hinnehmen mußte 46 . Über den Kontakt zwischen Paulinus von Antiochien und Damasus wissen wir aus einem Brief des Damasus an Paulinus (um das Jahr 375) 47 . Der Bischof von Rom bekräftigt darin die Kirchengemeinschaft mit diesem antiochenischen Bischof und weist ihn auf die häretische Lehre der Anhänger des Apolinarius hin, läßt ihm aber freie Hand, Willige nach Überprüfung ihrer Rechtgläubigkeit in die kirchliche Gemeinschaft aufzunehmen 48 . Auch in den folgenden Jahren scheint Damasus immer wieder Partei für Paulinus ergriffen zu haben 49 . Nach dem Konzil von Konstantinopel im Jahr 381, das Flavianus als Nachfolger des Meletius auf dem Bischofsstuhl von Konstantinopel einsetzte und dabei Paulinus ignorierte, reist Paulinus mit Epiphanius von Salamis und Hieronymus nach Rom, um an der dortigen Synode teilzunehmen 50 . Der Westen war nicht gewillt, Flavianus als Bischof von Antiochien anzuerkennen 51 , und bekannte sich in der römischen Versammlung sicherlich erneut zu Paulinus als rechtmäßigem Bischof. 3.4. Ambrosius Über den Kontakt zwischen Damasus und Ambrosius weiß man recht wenig, es sind weder Briefe überliefert, noch ist Genaueres über Aktivitäten der beiden auf Synoden, bei denen beide anwesend waren, bekannt. Man kann aber annehmen, daß Ambrosius auf der römischen Synode des Jahres 378 anwesend war, den Brief an die Kaiser mitverfaßt hat und vielleicht auch die Verhandlungen mit den Kaisern darüber führte, da er wohl weit besseren Kontakt zu Gratian unterhielt als Damasus 52 . Auffallend ist, daß Ambrosius immer dann für Damasus als Mitstreiter tätig wird, wenn es um Fragen des öffentlichen und politischen römischen Lebens geht bzw. um Verhandlungen mit den Kaisern, wie auch in der 46 Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 4.1.5; REBENICH 1992, 65f. vermutet, daß Euagrius beim Kaiser vorsprach und sich für Damasus einsetzte. 47 DAM., epist. 3, siehe dazu die Ausführungen in Kap. 4.3. 48 Ebd. 49 Siehe DAM., epist. 4, die auch als Schreiben an Paulinus überliefert ist, siehe dazu die Ausführungen in Kap. 4.4. 50 Siehe HIER., ep. 127,7,1: denique cum et me Romam cum sanctis pontificibus Paulino et Epiphanio ecclesiastica traxisset necessitas; siehe auch ep. 108,6. 51 Siehe dazu z.B. AMBR., ep. extra collectionem 9,2 und 6,4. 52 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 3.1 und z.B. die Schrift De fide, die Ambrosius Gratian widmet; vgl. auch MCLYNN 1994, 90f.: „The appeal is preserved among Ambrose’s letters (which implies, but does not prove, his participation in the council)“, sowie seine Schilderung des Kontaktes zwischen Ambrosius und Gratian 79–157; vgl. dazu besonders MARKSCHIES 1995, 165–167 und 1998b, 14f.18f.

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

Auseinandersetzung um den Victoriaaltar. Dies ist deshalb nicht verwunderlich, weil Mailand kaiserliche Residenz war und nicht Rom. Gratian hatte im Jahr 382 den Altar der Victoria aus der Kurie in Rom entfernen lassen, wogegen sich die heidnische Aristokratie wehrte 53 . Unter Führung des Symmachus begab sich eine römische Gesandtschaft nach Mailand, wurde aber nicht zum Kaiser vorgelassen 54 . Der Mißerfolg ergab sich offenbar daraus, daß Damasus und die christlichen Senatoren ihrerseits bereits beim Kaiser ihre Meinung durch Vermittlung des Ambrosius kundgetan hatten, denn Ambrosius schreibt in einem Brief an Symmachus, als er sich zwei Jahre später mit demselben Problem auseinandersetzt, daß Damasus ihm ein Schreiben übergeben habe, in dem sich die christlichen Senatoren empört darüber äußern, daß man eine Gesandtschaft der Senatoren nach Rom geschickt habe, die ein Anliegen vorbrächten, mit dem sie überhaupt nicht einverstanden seien und wozu sie weder ihre Zustimmung gegeben hätten, noch dazu befragt worden seien: Nam et ante biennium ferme cum hoc petere temptarent, misit ad me sanctus Damasus, Romanae ecclesiae sacerdos iudicio dei electus, libellum quem Christiani senatores dederunt et quidem innumeri, postulantes nihil se tale mandasse, non congruere gentilium istiusmodi petitionibus, non praebere consensum, questi etiam publice privatimque se non conventuros ad curiam si tale aliquid decerneretur. Dignum ergo est temporibus vestris hoc est Christianis temporibus, ut dignitas Christianis senatoribus abrogetur, quo gentilibus senatoribus profanae deferatur voluntatis effectus? Hunc libellum ego fratri clementiae vestrae direxi. Unde constitit non senatum aliquid de superstitionis impensis mandasse legatis. (11.) Sed fortasse dicatur, cur dudum non interfuerint senatui cum ista peterentur. Satis loquuntur quid velint qui non interfuerunt; satis locuti sunt qui apud imperatorem locuti sunt. Et miramur tamen si privatis resistendi Romae eripiunt libertatem, qui nolunt esse liberum tibi non iubere quod non probas, servare quod sentis 55 .

Symmachus selbst hingegen bezeichnet diese Aktion als Intrige und empört sich über diese seiner Meinung nach improbi, die die offizielle Initiative hintertrieben hätten 56 .

53 Vgl. dazu insgesamt KLEIN 1972, 13f. und passim sowie 2002b, 438-446; DIHLE 1973, 81–97; MCLYNN 1994, 151f. 54 Vgl. dazu PALANQUE 1933, 117–119. 55 AMBR., ep. 72, 10f. (CSEL 82/3, 16,90–108 ZELZER). 56 SYMM., rel. 3,1.20 (98,3–9;112,150–155 KLEIN): Ubi primum senatus amplissimus semperque vester subiecta legibus vitia cognovit et a principibus piis vidit purgari famam temporum proximorum, boni saeculi auctoritatem secutus evomuit diu pressum dolorem atque iterum me querelarum suarum iussit esse legatum. Cui ideo divi principis denegata est ab inprobis audientia, quia non erat iustitia defutura, domini imperatores Valentiniane, Theodosi et Arcadi incliti victores ac triumphatores semper augusti. ... (20) ... Praestate etiam divo fratri vestro alieni consilii correctionem, tegite factum, quod senatui displicuisse nescivit, siquidem constat ideo exclusam legationem, ne ad eum iudi-

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Mit dem Erfolg der christlichen Senatorenpartei und des Bischofs wird aber einerseits offenbar, welchen Einfluß die christliche Religion bereits hatte und wie weit und zahlreich (innumeri) sie im senatorischen Stand inzwischen verbreitet war 57 . Zudem brauchte es im Jahr 382 nur das Eingreifen des Damasus, um die Initiative des Symmachuskreises scheitern zu lassen, und Ambrosius fungierte nur als Überbringer des Schreibens, während im Jahr 384, dem Todesjahr des Damasus, die Auseinandersetzung allein von Ambrosius geführt wurde 58 . Besonders profiliert hat sich Ambrosius bei der Bekämpfung der Homöer in Illyrien. Über Tätigkeiten des Damasus in diesem Bereich ist nach dem römischen Synodalschreiben Confidimus quidem nichts Genaueres mehr bekannt. Ambrosius hingegen, dessen Diözese gewissermaßen an den illyrischen Bereich angrenzte, erreichte, daß in Sirmium 375 ein rechtgläubiger Bischof (Anemius) gewählt wurde, und hatte schließlich durch zahlreiche Aktivitäten bis zum Jahr 381 die illyrischen Homöer verurteilt und vertrieben. Diese wichtige Aufgabe hatte Damasus, der sie selbst in seinen ersten Amtsjahren auch in Angriff genommen hatte, offenbar völlig Ambrosius überlassen 59 . Wahrscheinlich war Damasus auf keiner der Synoden, die Ambrosius veranstaltet hat, anwesend; für Aquileia im Jahr 381 wissen wir dies ganz genau, da der Bischof von Rom nicht auf der Anwesenheitsliste vermerkt ist 60 . Zudem wird dort auch in der Frage, ob Maximus rechtmäßiger Bischof von Konstantinopel ist, anders entschieden, als dies Damasus in seinem Brief an Acholius äußert, und somit auch anders, als dies Kaiser Theodosius und der ganze Osten für richtig erachteten 61 . Ambrosius hat sich wohl von Maximus täuschen lassen und muß deshalb auch von den Kaisern auf seine Forderung hin, Maximus zu seinem Recht kommen zu lassen, eine harsche Abweisung hinnehmen 62 . Außerdem berichtet der homöische Bischof Palladius von Ratiaria 63 in seiner Schrift gegen die Geschehnisse cium publicum perveniret. Pro existimatione est temporum superiorum, ut non dubitetis abolere, quod probandum est principis non fuisse. Siehe dazu auch MCLYNN 1994, 152. 57 Vgl. dazu aber auch KLEIN 1972, 182, der die Aussagen des Ambrosius relativiert, denn nach Prudentius (Contra Symm. 1,511f.) wurden die meisten heidnischen Senatoren erst im Jahr 394 bekehrt. 58 Siehe dazu MCLYNN 1994, 166f. 59 Vgl. dazu MARKSCHIES 1995, 109–133, MCLYNN 1994, 88–106. 60 AMBR., Gesta concilii Aquileiensis, Acta (CSEL 82, 325 ZELZER). 61 AMBR., ep. extra coll. 9; siehe MCLYNN 1994, 143 und die Ausführungen Kap. 5.2.7. 62 Siehe dazu AMBR., ep. extra coll. 8,1f.6, die Ausführungen Kap. 5.2.7. und CAMPENHAUSEN 1929, 145f und MCLYNN 1994, 143f. 63 Vgl. MARKSCHIES 1995, 124–129 und ULRICH 1998 (LACL), 473f.

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

Geschehnisse auf dem Konzil von Aquileia davon, daß Damasus drei Briefe an Ambrosius gesandt habe, die dieser auf der Synode persönlich verlesen habe. Mit diesem Dienst habe Ambrosius seine eigene Autorität als kirchlicher Richter beschädigt 64 : ... dic nobis qua auctoritate etiam a Damaso missas, quibus aliorum praesentia ab eo excusabatur, tres epistulas tibi ipsi tuisque per temetipsum recitandas duxisti, cum utique si et tu iudicis personam habere potuisses, non per temetipsum epistulas legisses, ne iudicis auctoritatem officio deiceres ministri. 65

Palladius beklagt die Arroganz des römischen Bischofs, der es nicht nur selbst nicht für nötig erachte, an einem Konzil über den Glauben teilzunehmen, sondern auch noch andere für ihre Abwesenheit entschuldige, um, indem er seine eigene Autorität mit ins Spiel bringe, sich als princeps episcopatus, als oberster Bischof, zu präsentieren; und Ambrosius unterstütze dies durch seine Zurückhaltung: ... quae tanta, rogo, adrogantia est Damasi, ut generalis fidei causa non solum ipse venire ad concilium non dignetur, sed etiam alios ne vel ipsi coeant, interposita sua auctoritate, per vestram conibentiam ut princeps episcopatus excuset? 66

Zudem wirft Palladius Ambrosius vor, daß für eine Anerkennung des Konzilsstatus des Konzils von Aquileia der römische Bischof daran hätte unbedingt teilnehmen müssen: Sed et si concilium quod dispositum erat fuisset impletum, inter ceteros etiam ipsum Damasum ut unum ex multis, si tamen episcopum se cognosceret, ad conventum oportuerit invitare, et interrogaturum et auditurum et audiendum de fide. 67

Während Palladius einerseits die ergebene Zurückhaltung des Bischofs von Mailand gegenüber Damasus beklagt, stellt er andererseits fest, daß Ambrosius dessen Autorität ignoriert, indem er den durch den Bischof von Rom rehabilitierten Leontius verurteilt hat. 68 64 GRYSON (SC 267) 1980, 307 Anm. 1, kommentiert dazu, daß der Grund für die Verlesung der Briefe in der Uneinigkeit zwischen den beiden Bischöfen lag: „Le comportement d’Ambroise est, de fait, inhabituel, l’usage étant de confier la lecture des documents à des clercs inférieurs. La raison de ce comportement est assez transparente: Ambroise ne tenait pas à ce que ces lettres soient lues intégralement, car il n’etait pas en parfait accord avec Damase.“ 65 PALLADIUS, apol. 81 (CChr.SL 87, 187 GRYSON); siehe dazu auch MCLYNN 1994, 147f. 66 PALL., apol. 81 (CChr.SL 87, 188 GRYSON). 67 PALL., apol. 81 (187 G.). 68 PALL., apol. 82 (188f. G.); vgl. MCLYNN 1994, 288 mit Anm 148: „Palladius had spotted the mutually satisfactory ambivalence in the bishop of Milan’s relations with the pope, recognizing that while his adulation of Damasus fed the pope’s pretensions as a ‘prince of the episcopate’, it coexisted with a readiness to ignore his authority ... Palladius then discusses ... the council of Aquileia’s refusal to acknowledge Damasus’ rehabilitation of Leontius of Salona, whom they had condemned: logic should compel them,

3. Mitarbeiter, Mitstreiter und Berater

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Den sehr polemischen Äußerungen des Palladius ist jedenfalls so viel zu entnehmen, daß Ambrosius und Damasus in brieflichem Kontakt standen und die Briefe öffentlich verlesen wurden, Ambrosius jedoch auch im Fall des Leontius anders als der Bischof von Rom entschieden hat, also durchaus dessen vermeintliche Autorität ignorierte. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, daß man das Auftreten des Damasus als arrogant bewertete. Ob Ambrosius an der römischen Synode des Jahre 382 teilgenommen hat, ist nicht bekannt. Offenbar war er gerade zu dieser Zeit durch eine Krankheit geschwächt 69 . Jedenfalls scheint er seine Eigeninitiative bezüglich Maximus, die in den Geschehnissen um Aquileia deutlich wird, nicht weiter in Konkurrenz zu Rom verfolgt zu haben. Über das Verhältnis der beiden Bischöfe Damasus und Ambrosius ist uns zu wenig bekannt, um genau sagen zu können, wie sie zueinander standen. Von Damasus selbst liegt uns keine Äußerung über Ambrosius vor, vom Bischof von Mailand hingegen sind uns nur positive bzw. neutrale Aussagen über Damasus überliefert. Auf Palladius scheint Damasus aber so gewirkt zu haben, als ob er gegenüber Ambrosius in gewisser Weise die Rolle des princeps episcopatus beansprucht habe. Aus den Ereignissen um den Bischofsstuhl von Konstantinopel kann vermutet werden, daß sie durchaus in einem Konkurrenzverhältnis standen, und beide Macht über die kirchlichen Entscheidungen im Osten beanspruchten, wobei in diesem Fall aber Damasus die glücklichere Figur abgibt 70 . Interessant ist auch, daß Ambrosius nach dem Tod des Damasus dessen Funktionalisierung des Märtyrerkultes übernimmt, selbst Märtyrer Mailands auffindet und für das Ansehen der Mailänder Kirche einsetzt 71 . 3.5. Hieronymus 3.5.1. Der Briefwechsel zwischen Hieronymus und Damasus und die Spuren des Hieronymus im Werk des Damasus Für die Beziehung zwischen Damasus und Hieronymus liegen uns als Quellen hauptsächlich die von Hieronymus selbst herausgegebenen Briefe

he suggested, either to admit their ‘human error’ and reverse their previous verdict, or to excommunicate Damasus.“ 69 AMBR., ep. 51,10 (CSEL 82/2, 65,101–106 ZELZER): Haec mihi de sancto Acholio vobiscum communia. Illud tamen speciale, quo devinctus sum beatae memoriae viro, qui tribuit mihi ut eum non ignorarem. Nam cum eo veniente ad Italiam aegritudine confectus tenerer, ut non possem occurrere, ipse ad me venit et visitavit. Quo studio, quo affectu ipse in me et ego in eum irruimus! vgl. auch CAMPENHAUSEN 1929, 151f. und MCLYNN 1994, 144f. 70 Siehe dazu die Ausführungen Kap. 5.2. 71 AMBR., ep. 22: Auffindung der Gebeine von Gervasius und Protasius; vgl. dazu besonders DASSMANN 1975, 49–68, MARKSCHIES 1998b, 15 und MCLYNN 1994, 209–219.

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

vor 72 . Darunter befinden sich sieben Briefe, die Hieronymus an Damasus adressiert hat und zwei Briefe des Damasus an Hieronymus 73 . Eine erste Kontaktaufnahme zwischen den beiden markieren Epistula 15 und 16 des Hieronymus, die er aus der Wüste Chalkis (Maronia) wohl im Jahr 376 schreibt 74 . Darin erbittet er vom Bischof von Rom Auskunft darüber, mit wem er in Antiochia kirchliche Gemeinschaft halten solle, mit Paulinus, Meletius oder Vitalis, wobei in seinem ersten Brief deutlich wird, daß er ersteren und letzteren nicht kennt, Meletius aber verabscheut, da er ihn mit der arianischen Lehre in Verbindung bringt 75 . In diesem Zusammenhang problematisiert er außerdem die Begriffe Hypostasis und Usia.

72 Außerdem gibt es Briefe, die keine Aufnahme in das Briefcorpus gefunden haben und als unecht anzusehen sind: siehe dazu BIGAMI-ODIER 1951, 183–190; BLANCHARD 1949, 376–388; DE VOGÜÉ 1965, 357–367; REYNOLDS 1988, 73–89; CPL 633, 633a, 633b, 723. 73 Hieronymus hat sein Briefcorpus in antiker Manier verfaßt, so daß erst zu überprüfen wäre, inwieweit er tatsächlich „Gebrauchsbriefe“ geschrieben hat, bzw. wie weitgehend er die Briefe, die er herausgegeben hat, überarbeitet hat. Dies setzt aber eine Untersuchung voraus, die in diesem Rahmen nicht geleistet werden kann, da dabei das Briefcorpus insgesamt analysiert werden müßte. Ein Vergleich der bei Hieronymus überlieferten Damasusbriefe mit den übrigen Schreiben des Bischofs von Rom ergibt zwar, daß sich die Briefe an Hieronymus sehr stark von den anderen Schreiben, die uns überliefert sind, unterscheiden. Aber da uns hier nur ein Schreiben an Acholius vorliegt, das einen etwas persönlicheren, jedoch trotzdem weitaus förmlicheren Charakter trägt als die Hieronymusbriefe, fehlt das Vergleichsmaterial. Deshalb kann von diesem Standpunkt aus nicht entschieden werden, ob Damasus Briefe in solch einem freundschaftlichen Plauderton verfaßt hat oder nicht. BARBARA CONRING 2001, 199 jedoch äußert in ihrer Untersuchung zu Hieronymus als Briefschreiber im Blick auf die Episteln 19 und 35 folgende Vermutung: „Aus der Sicht des hieronymianischen Briefwerks muß stark bezweifelt werden, dass die Episteln 19 und 35 aus einer anderen Feder als der des Hieronymus stammen können. Hinweise auf die Autorschaft des Hieronymus bieten vor allem die lexikalische Ebene und die konkrete Fragestellung: Damasus fragt genau das, was Hieronymus in seinen exegetischen Briefen zu schreiben pflegt, beherrscht und wohl auch gerne schreiben möchte... Diese Korrespondenz von (bekanntem) Interesse des Antwortenden und suggeriertem Interesse des Fragenden ist auffällig.“ Trotzdem lehnt CONRING aber nicht ab, „daß die Briefe durchaus Zeugnis vom exegetischen Interesse des Papstes ablegen können. Möglicherweise greift Hieronymus in brieflicher Form Themen auf, die Gegenstand des persönlichen Gespräches zwischen Damasus und Hieronymus gewesen sind.“ 74 Über den ersten Brief des Hieronymus an Damasus siehe die Untersuchung von COMERFORD LAWLER 1970, 548–552, REBENICH 1992, 108–114; 2002, 70-74 und jetzt ausführlich CONRING 2001, 198-215. 75 HIER., ep. 15,2,2 (64,9–11 HILBERG): non novi Vitalem, Meletium respuo, ignoro Paulinum. Quicumque tecum non colligit, spargit, hoc est, qui Christi non est, antichristi est.

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Im zweiten Brief stellt Hieronymus noch einmal dieselbe Frage, äußert sich jedoch über die drei Bischöfe von Antiochia so, daß offenbar alle drei ihm gegenüber behauptet hätten, daß sie mit Damasus in kirchlicher Gemeinschaft stünden 76 . Auffallend an beiden Briefen ist die Ehrfurcht gegenüber dem apostolischen Stuhl, die Hieronymus in ganz verschiedenen Variationen formuliert 77 . Im ersten Brief spricht er davon, daß er keinem anderen Führer als Christus folgt, wenn er sich der Gemeinschaft mit der Heiligkeit des Damasus, d.h. der Kathedra Petri anschließt, denn auf diesen Felsen wisse er die Kirche gebaut: Ego nullum primum nisi Christum sequens beatitudini tuae, id est cathedrae Petri, communione consocior. Super illam petram aedificatam ecclesiam scio. 78

Im zweiten Brief bekennt Hieronymus sogar hinsichtlich der Frage des rechtmäßigen Bischofs von Antiochia, daß, wer mit dem Stuhle Petri verbunden sei, sein Mann sei: Ego interim clamito: ‘si quis cathedrae Petri iungitur, meus est’. 79

Ob Damasus auf diese Briefe geantwortet hat, ist nicht bekannt. Auf den ersten sicher nicht, da ansonsten das zweite Schreiben nicht notwendig gewesen wäre. Wenn Hieronymus ein Schreiben des Damasus erhalten hätte, das dieser über Euagrius an ihn hätte schicken sollen 80 , hätte er aber wohl sicher darüber berichtet. Die weiteren Briefe, die Hieronymus an Damasus adressiert hat, sind als Abhandlungen über exegetische Fragen und Probleme geschrieben. Epistula 20 und 36 antworten dabei auf briefliche Fragen des Damasus, die von Hieronymus in sein Briefcorpus aufgenommen worden sind. Auch Epistula 21 bezieht sich auf eine Frage des Damasus. Den Epistulae 18 A und B an

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HIER., ep. 16,2,2f. (69,13–22): Ego interim clamito: ‘si quis cathedrae Petri iungitur, meus est’. Meletius, Vitalis atque Paulinus tibi haerere se dicunt: possem credere, si hoc unus adsereret; nunc aut duo mentiuntur aut omnes. Idcirco obtestor beatitudinem tuam per crucem domini, per necessarium fidei nostrae decus, passionem: ita, qui apostolos honore sequeris, sequaris et merito, ita in solio cum duodecim iudicaturis sedeas, ita te alius senem cum Petro cingat, ita municipatum caeli cum Paulo consequaris, ut mihi litteris tuis, apud quem in Syria debeam communicare, significes. Noli despicere animam, pro qua Christus est mortuus. 77 Vgl. dazu auch CONRING 2001, 209f. und 214 mit Anm.327. 78 HIER., ep. 15,2 (63,18–64,2 HILBERG). 79 HIER., ep. 16,2 (69,13f. HILBERG). 80 HIER., ep. 15,5 (67,7–9): Et ne forte obscuritas, in quo dego, loci fallat baiulos litterarum, ad Euagrium presbyterum, quem optime nosti, dignare scripta transmittere.

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

Damasus fehlen jegliche Briefmerkmale, sie sind als exegetische Traktate konzipiert 81 . Im folgenden soll nur auf die Briefpaare 19/20 und 35/36 eingegangen werden, da die Briefe 18 A und B ohne Bezug zu ihrem Adressaten sind, und Epistula 21 ebenfalls kaum auf sein Gegenüber eingeht. Diese Briefe sind zeitlich einige Jahre später als die Epistulae 15 und 16 anzusetzen und zwar zu der Zeit, als Hieronymus sich in Rom befand 82 . Dorthin war er von Konstantinopel aus mit Paulinus von Antiochien und Epiphanius von Salamis gereist, die an der römischen Synode des Jahres 382 teilnehmen wollten 83 . Nach Hieronymus eigenen Worten war er in Rom wohl als eine Art Sekretär des Damasus beschäftigt. Er berichtet jedenfalls, er sei Damasus bei seinen kirchlichen Briefwechseln behilflich gewesen und habe Anfragen der Synoden in Ost und West beantwortet: Ante annos plurimos, cum in chartis ecclesiasticis iuvarem Damasum, Romanae urbis episcopum, et orientis atque occidentis synodicis consultationibus responderem ... 84 .

Aus einer Episode, die Rufin berichtet, wird deutlich, daß er von Damasus den Auftrag bekommen hat, gegen die Apolinaristen ein Glaubensbekenntnis zu verfassen 85 , ihm also verantwortungsvolle und anspruchsvolle Aufgaben übertragen wurden. Außerdem hat Damasus Hieronymus zu Übersetzungen angeregt, und zwar auch zur Revision der lateinischen Bibelübersetzung 86 : Beatissimo papae Damaso Hieronymus. Novum opus facere me cogis ex veteri, ut post exemplaria Scripturarum toto orbe dispersa quasi quidam arbiter sedeam et, quia inter se variant, quae sint illa quae cum graeca consentiant veritate decernam. Pius labor, sed periculosa praesumptio, iudicare de ceteris ipsum ab omnibus iudicandum, senis mutare linguam et canescentem mundum ad initia retrahere parvulorum. Quis enim doctus pariter vel indoctus, cum in manus volumen adsumpserit et a saliva quam semel inbibit viderit discrepare quod lectitat, non statim erumpat in vocem, me falsarium me clamans esse sacrilegum, qui audeam aliquid in veteribus libris addere, mutare, corrigere? Adversum quam invidiam duplex causa me consolatur: quod et tu qui summus sacerdos es fieri iubes, et verum non esse quod variat etiam maledicorum te81

Siehe GRÜTZMACHER 1901, 188–191. Zwischen 382 und 385; ep. 18 A und B sind wohl kurz vorher in Konstantinopel verfaßt worden, die übrigen Briefe sind also zu einer Zeit geschrieben, als Damasus und Hieronymus sich in derselben Stadt aufhielten und offenbar auch persönlichen Kontakt zueinander hatten. 83 HIER., ep. 127,7,1 (CSEL 56/1, 150,22f. HILBERG): Denique, cum et me Romam cum sanctis pontificibus Paulino et Epiphanio ecclesiastica traxisset necessita ... . 84 HIER., ep. 123,9 (II 82,14–16 HILBERG). 85 RUFIN, de adulteratione librorum Origenis, 13 (CChr.SL 20, 15,2–16,30 SIMONETTI) und HIER., Apologia contra Rufinum II 20 (CChr.SL 79,56,1–57,18 LARDET) und die Ausführungen in Kap. 5.1. 86 Vgl. dazu MARKSCHIES 1994a, 131–181, besonders 140–143 und SYNAN 1999, 105119. 82

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stimonio conprobatur. ... Opto ut in Christo valeas et memineris mei, papa beatissime. 87

Die Übersetzung der Schrift des Didymus über den Heiligen Geist wurde offenbar ebenfalls von Damasus angestoßen 88 . Dies zeigt, daß Damasus sehr an theologischen und exegetischen Fragen interessiert war und vor allem auch daran, dieses Gedankengut in die lateinische Sprache zu überführen. Das exegetische und theologische Interesse wird auch in dem Briefwechsel, den Hieronymus überliefert, deutlich. PIERRE NAUTIN jedoch hat insbesondere das Briefpaar ep. 35 und 36 einer genauen Untersuchung unterzogen und dabei zu beweisen versucht, daß es sich hierbei um eine fiktive Korrespondenz handelt. Folgende Argumente sind dabei für ihn ausschlaggebend: „Der kaum glaubhaft ungenierte Ton dieser Briefe einem Papst gegenüber, der für seinen Autoritarismus bekannt war, die ebenfalls unglaubwürdige Unterwürfigkeit, die dem Papst darin zugewiesen wird, und die Tatsache, daß einer der Briefe (ep. 21) ausführlich den erst nach dem Tode des Damasus veröffentlichten Lukaskommentar des Ambrosius zitiert sowie daß ein anderer Brief (ep. 35) dem Papst typisch hieronymische Ausdrücke in den Mund legt, zeigen zusammen, daß es sich um eine fiktive Korrespondenz handelt, die Hieronymus später, anläßlich seiner Attacken gegen Ambrosius in den Jahren 387 und 392 verfaßt hat, um sich hinter den Wünschen des verstorbenen Papstes zu verschanzen.“ 89

Meines Erachtens zeigen die Argumente Nautins, daß Hieronymus mindestens die Briefe für die Veröffentlichung überarbeitet hat, aber nicht, daß auch ihr Inhalt fiktiv sein muß. BARBARA CONRING hat zudem gezeigt, daß „Hieronymus Damasus den schuldigen Respekt“ erweist und die Briefe „ganz der Konvention entsprechen“ 90 . Leider ist uns von Damasus nur ein einziger Brief überliefert, den man als Schreiben mit etwas persönlicherem Charakter beschreiben könnte, nämlich der Brief an Acholius Epistula 6, der jedoch weitaus förmlicher ist als die beiden Briefen des Damasus, die Hieronymus bietet und die sich sehr von allen anderen Schreiben, die wir von Damasus kennen, unterscheiden. Da wir die Privatkorrespondenz dieses römischen Bischofs nicht kennen und auch nicht wissen, ob tatsächlich so etwas wie ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den beiden bestand, kann nicht letztlich entschieden werden, ob Damasus Briefe an Hie87

Biblia Sacra iuxta Vulgatam versionem, praefatio in Evangelio (1515f. WEBER). HIER., Prologus in libro Didymi de Spiritu Sancto (SC 386, 136,1–4;138,11f.: Dum in Babylone [i.e. Romae] versarer et purpuratae Meretricis essem colonus et iure Quiritum viverem, volui alquid garrire de Spiritu Sancto et coeptum opusculum eiusdem urbis Pontifici dedicare ... itaque, mi Pauliniane frater, quia supradictus Pontifex Damasus, qui me ad hoc opus primus impulerat, iam dormivit in Domino ... . 89 NAUTIN 1986, 305, siehe auch DERS. 1983, 331–344. 90 Siehe CONRING 2001, 214f. 88

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

ronymus in diesem „Plauderton“ verfaßt hat. Es gibt kein Indiz dafür, daß dies tatsächlich der Fall war. Zudem wird in Epistula 18 des Hieronymus an Damasus deutlich, daß das Schreiben zwar Damasus als Adressaten bietet, aber sicherlich keinen Brief an diesen Bischof darstellt. Festzuhalten ist jedoch, daß das Interesse des Damasus an exegetischen Fragen, das in den Briefen deutlich wird, durchaus bereits mit den Aufträgen zur Bibelrevision und der Übersetzung der Didymusschrift geäußert wird. Deshalb erscheint es mir nicht wahrscheinlich, daß Hieronymus den Briefwechsel gänzlich erfunden hat. Vielmehr lassen die Beobachtungen die Annahme zu, daß Hieronymus eine Korrespondenz in seinem Sinne überarbeitet, oder mündliche Anfragen des Damasus für die Veröffentlichung verschriftlicht und so das Interesse des römischen Bischofs an diesen Fragen dokumentiert hat, wie auch BARBARA CONRING vermutet 91 . Somit kann man, wenn die briefliche Form vernachlässigt und nur den Inhalt betrachtet wird, aus den überlieferten Texten herauslesen, daß Damasus Hieronymus zu neutestamentlichen und alttestamentlichen Stellen befragte, Verständnisfragen zu Textzusammenhängen (ep. 35) oder auch zur Bedeutung von einzelnen Formulierungen (ep.15) stellte, wie bei der Frage nach Mt 21,9: „Hosanna dem Sohn Davids“. Das Interesse des Damasus, das dabei deutlich wird, nämlich einen biblischen Begriff im Lateinischen verständlich zu machen, indem seiner Bedeutung in anderen Sprachen nachgegangen wird, zeigt das Bestreben, nicht nur zu übersetzen, sondern auch den Bedeutungsgehalt vollständig ins Lateinische zu übertragen, zu übernehmen und zu verstehen. Dies könnte auch damit zusammenhängen, daß gerade für die Amtszeit des Damasus der Wechsel der Liturgiesprache vom Griechischen ins Lateinische anzunehmen ist 92 , und es dabei sicherlich auch darum ging, Begriffe und Formeln erst richtig zu verstehen, bevor man sie dann auch ihrer liturgischen Funktion gemäß übersetzen konnte. Und gerade der Begriff osianna stellt eine solche kaum übersetzbare Formel dar. Daß Hieronymus Damasus in kirchenpolitischen Fragen beraten haben kann, zeigen die Schriften des Bischofs von Rom, die während der Anwesenheit des Hieronymus in Rom verfaßt worden sind. Dabei handelt es sich einerseits um ein Schreiben in den Osten, das gegen die apolinaristische Lehre gerichtet ist 93 , und andererseits um das sogenannte Decretum Damasi bzw. Gelasianum 94 . In beiden Dokumenten finden sich Äußerungen über 91

Siehe oben Anm. 73 Vgl. zur schriftstellerischen Form der Briefe des Hieronymus auch GRÜTZMACHER 1901=1986, I 3–13. 92 Siehe dazu KLAUSER 1974, 184–194, SHEPHERD 1970, 847–863, BORELLA 1958, 323–329 sowie BASTIAENSEN 1997, 273–290 und die Ausführungen Kap. 5.3.5. 93 DAM., epist. 7, siehe die Ausführungen in Kap. 5.1. 94 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 5.3.

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den apostolischen Stuhl, wie sie Damasus zuvor nicht in dieser ausführlichen Weise formuliert hat, wie sie aber in auffallender Weise bereits in den ersten Briefen des Hieronymus an Damasus vorkommen 95 . Ein drittes Dokument, das Damasus zugeschrieben werden kann, das Dekretale Ad Gallos episcopos, zeigt Übereinstimmungen mit einzelnen Überzeugungen des Hieronymus wie z.B., wann man als digamus zu gelten hat 96 . Auch die verstärkte Beschäftigung mit dem Kanon der biblischen Schriften kann auf den Kontakt mit Hieronymus zurückgehen, den er zu einer Neuübersetzung der Evangelien angeregt hat und mit dem er sich über exegetische Fragen austauschte. Eine Schrift des Hieronymus gegen die Luciferianer 97 , die während seines Aufenthaltes in Rom enstanden ist, kann ebenfalls auf eine Anregung des Damasus zurückgehen 98 , der offenbar mit dieser kleinen Gemeinde in Rom Auseinandersetzungen ausgetragen hat 99 . Somit sind zwar die konkreten Hinweise auf eine Zusammenarbeit zwischen Damasus und Hieronymus spärlich, zwischen den Zeilen kann jedoch manches herausgelesen werden, so daß man davon ausgehen kann, daß in den Jahren 382–384 ein reger Austausch zwischen beiden stattfand und Hieronymus für Damasus in recht vielfältiger Weise tätig war. 3.5.2. Text und Übersetzung Text und Übersetzung der von Hieronymus mindestens überarbeiteten, wenn nicht verfaßten Damasusbriefe, wobei die inhaltliche Aussage von ep. 19 und ep. 35,2 als durchaus mit den sonstigen Zeugnissen über Damasus übereinstimmend gelten kann 100 :

95 HIER., ep. 15,1,1.3;2,1 (62,9–63,3.10–13;18–64,3): ... ideo mihi cathedram Petri et fidem apostolico ore laudatum censui consulendam inde nunc meae animae postulans cibum, unde olim Christi vestimenta suscepi ... . Nunc in occidente sol iustitiae oritur ... Vos estis lux mundi, vos sal terrae, vos vasa aurea et argentea ... . Ego nullum primum nisi Christum sequens beatitudini tuae, id est cathedrae Petri, communione consocior. Super illam petram aedificatam ecclesiam scio. Quicumque extra hanc domum agnum comederit, profanus est. HIER., ep. 16,2,2.3 (69,13f.18–20): ‘Si quis cathedrae Petri iungitur, meus est’ ... ita, qui apostolos honore sequeris, sequaris et merito, ita in solio cum duodecim iudicaturis sedeas, ita te alius senem cum Petro cingat, ita municipatum caeli cum Paulo consequaris ... . Siehe dazu die Ausführungen oben in diesem Kap. 96 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 3.2.1.5. 97 HIER., Altercatio Luciferiani et orthodoxi seu dialogus contra Luciferianos; siehe zu den Hintergründen auch ULRICH 1994, 216.243 und CASPAR 1930, I 216f. 98 Siehe dazu GRÜTZMACHER I, 1901=1986, 201–204. 99 Vgl. AVELL. 2. Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 3.1.3f. 100 Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 1.3.5.1.

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

HIER., ep. 19 (CSEL 54/1, 103f. HILBERG) EPISTULA DAMASI AD HIERONYMUM Dilectissimo filio Hieronymo Damasus episcopus in domino salutem. Commentaria cum legerem 101 Graeco Latinoque sermone in evangeliorum interpretatione a nostris, id est orthodoxis, viris olim ac nuper scripta de eo, quod legitur: osanna filio David 102 , non solum diversa, sed etiam contraria sibimet proferunt. Dilectionis tuae ardenti illo strenuitatis ingenio abscisis opinionibus ambiguitatibusque subplosis, quid se habeat apud Hebraeos, vivo sensu scribas, ut de hoc, sicut et de multis, tibi curae nostrae in Christo Iesu gratias referant.

Dem geliebtesten Sohn Hieronymus sendet Bischof Damasus seinen Gruß im Herrn! Wenn ich die Kommentare in griechischer und lateinischer Sprache lese betreffend der Auslegung der Evangelien, die von unseren, d.h. den rechtgläubigen Männern einst und jetzt geschrieben worden sind über die Stelle: Hosianna dem Sohn Davids, bringen sie nicht nur Verschiedenes, sondern sogar einander Gegensätzliches vor. Du mögest deutlich schreiben, nachdem Du mit jenem unermüdlichen feurigen Geist Deiner Liebe bloße Meinungen ausgeschlossen und Zweifelhaftigkeiten beseitigt hast, was diese Stelle bei den Hebräern bedeutet, damit unsere Bemühungen Dir auch für dieses, so wie für Vieles, in Christus Jesus Dank zollen.

HIER., ep. 35 (CSEL 54/1, 265–267 HILBERG): EPISTULA DAMASI AD HIERONYMUM Dilectissimo filio Hieronymo Damasus. 1. Dormientem te et longo iam tempore legentem potius quam scribentem quaestiunculis ad te missis excitare disposui, non quo et legere debeas hoc enim veluti cotidiano cibo alitur et pinguescit oratio, sed quo lectionis fructus sit iste, si scribas. Itaque, quoniam et heri tabellario ad me remisso nullas te iam epistulas habere dixisti exceptis his, quas in heremo aliquando dictaveras quasque tota aviditate legi atque descripsi, et ultro pollicitus es te furtivis noctium operis aliqua, si vellem, posse dictare, libenter accipio ab offerente, quod rogare volueram, si negasses. Neque vero ullam puto digniorem disputationis nostrae confabulationem fore, quam si de scripturis inter nos ser-

Damasus dem geliebtesten Sohn Hieronymus 1. Da Du schläfst und schon lange Zeit eher liest als schreibst, habe ich beschlossen, Dich durch Übersendung kleiner Fragen aufzurütteln; nicht weil du nicht lesen sollst, denn dadurch nährt sich, wie durch tägliche Speise, und gedeiht die Rede, sondern weil die Frucht der Lektüre eben das ist, wenn Du schreibst. Daher, da Du auch gestern dem Briefboten, den Du zu mir zurückgesandt hast, gesagt hast, daß du nun keine Briefe mehr hast außer denen, die Du einst in der Wüste diktiert hattest und die ich voller Begierde gelesen und abgeschrieben habe, und darüberhinaus versprochen hast, daß Du, wenn ich wolle, auch in geheimer Nachtarbeit etwas diktieren kannst, nehme ich gerne von Dir

101 Auch beim decretum Damasi sind Spuren der Benützung eines Kommentars zu entdecken, siehe dazu die Ausführungen in Kap. 5.3.5. 102 Mt 21,9.

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mocinemur, id est, ut ego interrogem, tu respondeas. Qua vita nihil in hac luce puto iocundius, quo animae pabulo omnia mella superantur. Quam dulcia, inquit propheta, 103 gutturi meo eloquia tua, super mel ori meo. Nam cum idcirco, ut ait praecipuus orator 104 , homines bestiis differamus, quod loqui possumus, qua laude dignus est, qui in ea re ceteros superat, in qua homines bestias antecellunt?

an, was du mir anbietest und um was ich dich auch dann bitten wollte, wenn du es mir abgeschlagen hättest. Und ich glaube aber, daß kein Stoff für unsere wissenschaftliche Beschäftigung würdiger ist, als miteinander über die Schriften zu disputieren, d.h. so, daß ich frage und Du antwortest. Ich glaube, daß nichts angenehmer ist auf dieser Welt als solch ein Leben, mit dieser Speise für die Seele wird jeglicher Honig übertroffen. Wie süß, sagt der Prophet, sind deine Worte meinem Gaumen, sie sind für meinen Mund süßer als Honig! Denn da, wie ein berühmter Redner sagt, wir Menschen uns deswegen von den Tieren unterscheiden, weil wir reden können, welches Lobes ist derjenige würdig, der die übrigen darin übertrifft, worin die Menschen die Tiere überragen?

2. Accingere igitur et mihi, quae subiecta sunt, dissere servans utrobique moderamen, ut nec proposita solutionem desiderent nec epistulae brevitatem. Fateor quippe tibi, eos, quos mihi iam pridem Lactantii dederas libros, ideo non libenter lego, quia et plurimae epistulae eius usque ad mille versuum spatia tenduntur et raro de nostro dogmate disputant; quo fit, ut et legenti fastidium generet longitudo et, si qua brevia sunt, scolasticis magis sint apta quam nobis de metris et regionum situ et philosophis disputantis.

Mache Dich also ans Werk und erkläre mir die weiter unten angeführten Punkte, bewahre dabei das Maß nach beiden Seiten, so daß weder die vorgelegten Fragen an ihrer Lösung etwas zu wünschen übrig lassen, noch der Brief an Kürze. Ich gestehe Dir allerdings, daß ich die Bücher des Lactantius, die du mir schon vor langer Zeit gegeben hattest, deshalb nicht gerne lese, weil die meisten seiner Briefe sich sowohl bis zu 1000 Zeilen hinziehen als auch selten von unserem Glauben handeln, wodurch es geschieht, daß sowohl dem Leser die Länge Überdruß verursacht als auch, wenn irgendetwas kurz ist, sie eher für Gelehrte als für uns geeignet sind, weil sie vom Metrum, der Lage von Gegenden und Philosophen handeln.

Quid sibi vult, quod in Genesi scriptum est: omnis, qui occiderit Cain, septem vindictas exsolvet 105 ?

Was bedeutet es, daß im Buch Genesis geschrieben steht: Jeder, der den Kain tötet, soll es siebenfach büßen ?

Si omnia deus fecit bona valde, quare Noe 106 de mundis et inmundis animalibus

Wenn Gott alles sehr gut gemacht hat, weshalb hat er Noah Anweisungen für rei-

103

Ps 118,102. Vgl. Cic., de orat. I 32ff. 105 Gen 4,15. 104

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

praecepit, cum inmundum bonum esse nihil possit et in novo testamento post visionem, quae Petro fuerat ostensa dicenti: absit, domine, quoniam commune et inmundum numquam introivit in os meum 107 , vox de caelo responderit: quod deus mundavit, tu ne commune dixeris? 108

Cur deus loquitur ad Abraham 109 , quod quarta progenie filii Israhel essent de Aegypto reversuri, et postea Moyses scribit: quinta autem progenie exierunt filii Israhel de terra Aegypti? 110 Quod utique nisi exponatur, videtur esse contrarium.

ne und unreine Lebewesen gegeben, obwohl Unreines nichts Gutes sein kann und im Neuen Testament nach der Vision, die Petrus gezeigt worden war, der sagte: Das sei fern von mir, Herr, daß jemals Gemeines und Unreines in meinen Mund hineingekommen ist, eine Stimme vom Himmel ihm geantwortet hat: Was Gott rein gemacht hat, das sollst du nicht gemein nennen ? Warum sagt Gott zu Abraham, daß die Söhne Israels in der vierten Generation aus Ägypten zurückkehren würden, und Mose schreibt später: In der fünften Generation aber sind die Söhne Israels aus dem Land Ägypten ausgewandert? Das scheint sich eindeutig zu widersprechen, wenn es nicht erklärt wird.

Cur Abraham fidei suae signum in circumcisione suscepit? 111

Warum hat Abraham das Zeichen seines Glaubens in der Beschneidung empfangen?

Cur Isaac, vir iustus et deo carus, non illi, cui voluit, sed, cui noluit, deceptus errore benedixit? 112

Warum hat Isaak, der gerechte und Gott teure Mann, nicht denjenigen, den er wollte, sondern, durch einen Irrtum getäuscht, denjenigen, den er nicht wollte, gesegnet?

106

Vgl. Gen 1,31; 7,2. Apg 10,14. 108 Apg 10,15. 109 Vgl. Gen 15,16. 110 Ex 13,18. 111 Vgl. Gen 17,10–14.23–27. 112 Vgl. Gen 27. 107

4. Ursinus, der Gegenspieler

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4. Ursinus, der Gegenspieler 4.1. Die Bischofswahl im Jahr 366 und die Folgen 4.1.1. Die Quellen Eine Darstellung der Geschehnisse um die Bischofswahl und -weihe des Damasus im Jahre 366 kann sich auf vier verschiedene zeitgenössische Berichte stützen, die kurz danach bzw. nicht mehr als ca. 35 Jahre später abgefaßt worden sind. Dennoch ist es nicht einfach, den tatsächlichen Ablauf der Ereignisse zu rekonstruieren, da jeder dieser Berichte auf seine Art sehr voreingenommen ist. Zugunsten des Ursinus schildert die Geschehnisse ein Text, der von einem seiner Anhänger verfaßt und in der Collectio Avellana 113 überliefert ist, zugunsten des Damasus sprechen die Berichte bei Hieronymus 114 und Rufin 115 . Beiden Aspiranten auf das Bischofsamt gegenüber kritisch eingestellt ist die Schilderung des paganen Historikers Ammianus Marcellinus 116 . Die ausführlichste Schilderung ist uns überliefert durch einen Text, der eindeutig für Ursinus Partei ergreift, d.h. wohl von einem Anhänger des Ursinus geschrieben worden ist, und den wenig passenden Titel Quae gesta sunt inter Liberium et Felicem episcopos 117 trägt. Dieser Bericht ist der erste Teil der sogenannten Collectio Avellana, einer Sammlung von Kaiser- und Papstschreiben 118 , deren „Briefe“ 119 Nr. 1–13 gewöhnlich als eine Gruppe zusammengefaßt werden, die sich mit dem Fall Ursinus und seinen Folgen befaßt 120 . Während Avell. 1 die Geschehnisse der Jahre 366–368 beleuchtet, beziehen sich Avell. 4–13 jeweils in irgendeiner Weise auf die Folgen dieses Schismas, z.B. das Exil des Ursinus (Avell. 5 und 7). Nur Avell. 3 gehört nicht in diese Gruppe, da dieser Brief sich mit dem Neubau der Basilica des Apostels Paulus beschäftigt. Bei Avell. 2 handelt es sich um eine Bittschrift der Luciferianer Marcellinus und Faustinus an die Kai113

AVELL. 1 (CSEL 35,1–4 GÜNTHER). HIER., chron. ad a. Abr. 2382, p.Chr. 366 (GCS Eusebius 7,1, 244,24–245,3 HELM). 115 RUFIN, h.e. XI 10 (GCS Eusebius 2,2, 1017–1018 MOMMSEN). 116 AMM.MARC. XXVII 3,11–15. 117 Dieser Titel trifft nur auf die ersten 3 Paragraphen zu. Der restliche Text befaßt sich mit der Auseindersetzung des Ursinus und des Damasus um den römischen Bischofsstuhl von 366–367. Vgl. dazu auch GÜNTHER 1896, 7. 118 Vgl. dazu die Ausführungen von GÜNTHER 1896, 1–3 und MARKSCHIES, Art. Collectio Avellana, Der Neue Pauly 3, 1997, 65. 119 Wobei gerade AVELL. 1 (Quae gesta sunt inter Liberium et Felicem episcopos) nicht die Form eines Briefes hat. 120 So GÜNTHER 1896, 2. 114

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

ser Valentinianus, Theodosius und Arcadius aus dem Jahre 383 oder 384, die mit Avell. 1 nur die Polemik gegen Damasus gemeinsam hat 121 . Dieses Schreiben erhält in Avell. 2a eine kaiserliche Antwort. Die Abfassungszeit des Textes Avell. 1 ist nicht genau bestimmbar. Er muß aber sicherlich vor dem Tod des Damasus am 11. Dezember 384 entstanden sein, da die Polemik gegen Damasus später keinen Sinn mehr gehabt hätte. Die letzten historischen Ereignisse, die im Bericht selbst genannt werden, sind einerseits die Ausschreitungen gegen die Ursiner 122 nach der zweiten Ausweisung des Ursinus am 16.11.367 123 und andererseits die Reaktion der italischen Bischöfe, die sich auf der Synode zum dies natalis des Damasus in Rom weigerten, ein Urteil gegen Ursinus, ohne ihn vorher gehört zu haben, zu fällen 124 . Folgt man der chronologischen Darstellung des Verfassers, dann muß diese Synode zum Jahrestag der Bischofsweihe des Damasus im Oktober 368 stattgefunden haben und nicht bereits 367. Der uns vorliegende Bericht kann also zwischen Ende 368 und Ende 384 verfaßt worden sein. Durchaus möglich ist es, daß der Text des Originalschreibens an dieser Stelle noch nicht zuende war und auf weitere Ereignisse Bezug genommen wurde 125 . Das muß aber offenbleiben 126 . Der zweite Bericht über die Ereignisse im Jahr 366 findet sich in der durch Hieronymus überarbeiteten Chronik des Eusebius. Die Notiz zum betreffenden Jahr zeichnet sich aber durch eine außerordentliche Knappheit aus, die die dahinterstehenden Ereignisse nur sehr schwer erkennen läßt. Außerdem muß man annehmen, daß Hieronymus die Ereignisse sicherlich für Damasus so günstig wie möglich darstellen wollte. Die Überarbeitung und Ergänzung der Chronik des Eusebius hat Hieronymus wohl im Jahr 381 während seines Aufenthaltes in Konstantinopel

121 AVELL. 1 und 2 sind zwar durch eine Überleitung miteinander verbunden (exinde presbyteri diversis modis afflicti per exilia et peregrina loca dispersi sunt. Ex quibus Marcellinus et Faustinus presbyteri de confessione verae fidei et ostentatione sacrae communionis et persecutione adversantium veritati preces Valentiniano Theodosio et Arcadio principibus optulerunt ita [CSEL 35, 5,1–6 GÜNTHER]), die jedoch sicherlich erst nachträglich eingefügt worden ist, so überzeugend GÜNTHER 1896, 7–10; ihm folgen KÜNZLE 1961, 15–17 und LIPPOLD 1965, 106. 122 AVELL. 1,12; daraufhin werden offenbar auch die Anhänger des Ursinus ins Exil geschickt, siehe AVELL. 7 (12.Januar 368). 123 AVELL. 1,11. 124 AVELL. 1,13. 125 Vgl. dazu auch LIPPOLD 1965, 107f. 126 Ebenfalls keine Beweise gibt es für die Behauptung, daß AVELL. 1 eine Rolle (als Anklageschrift) beim Prozeß des Isaak gegen Damasus spielt oder daß diese Schrift erst nach diesem Prozeß verfaßt wurde; siehe dazu auch LIPPOLD 1965, 108 unter anderem gegen KÜNZLE 1961, 30.

4. Ursinus, der Gegenspieler

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abgeschlossen bzw. vor dem Ende der Herrschaft des Gratian am 15. August 383, der in der Vorrede noch als Kaiser erwähnt wird 127 . Eine deutlicher für Damasus Partei ergreifende Schilderung bietet Rufin in seiner Übersetzung und Ergänzung der Kirchengeschichte des Eusebius. Sie wurde erst um das Jahr 401 verfaßt 128 . Der pagane Historiker Ammianus Marcellinus schließlich schildert die Ereignisse des Jahres 366 mit Blick auf den Stadtpräfekten Viventius und mit deutlicher Voreingenommenheit gegen Bischöfe und deren Amt insgesamt. Abgeschlossen hat er sein Werk in den Jahren zwischen 395 und 400 129 . Für eine Rekonstruktion der Ereignisse wird nun zunächst die Chronologie der Geschehnisse im Bericht der Collectio Avellana betrachtet, deren Wahrscheinlichkeit sodann an den Schilderungen des Hieronymus, Rufin und Ammianus Marcellinus gemessen werden soll. 4.1.2. Der Bericht der Ursinerpartei (1.) Quae gesta sunt inter Liberium et Felicem episcopos 130 1 Temporibus Constantii imperatoris filii Constantini durior orta est persecutio Christianorum ab impiis haereticis Arrianis annitente Constantio, qui et Athanasium episcopum resistentem haereticis persecutus est et, ut damnaretur ab omnibus episcopis, imperavit. Quod etiam metu principis facere temptaverunt omnes ubique pontifices inauditum innocentemque damnantes; sed Liberius Romanus episcopus et Eusebius Vercellensis et Lucifer Caralitanus et Hilarius Pictavensis dare sententiam noluerunt. Hi ergo mittuntur in exilium pro fide servanda. 2 Cum Liberio Damasus diaconus eius se simulat proficisci. Unde fugiens de itinere Romam redit ambitione corruptus. Sed eo die, quo Liberius ad exilium proficiscebatur, clerus omnis id est presbyteri et archidiaconus Felix et ipse Damasus diaconus et cuncta ecclesiae officia omnes pariter praesente populo Romano sub iureiurando firmarunt se vivente Liberio pontificem alterum nullatenus habituros. Sed clerus contra fas, quod minime decebat, cum summo periurii scelere Felicem archidiaconum ordinatum in loco Liberii episcopum susceperunt. Quod factum universo populo displicuit et se ab eius processione suspendit. 3 Post annos duos venit Romam Constantius imperator; pro Liberio rogatur a populo. Qui mox annuens ait ‘habetis Liberium, qui, qualis a vobis profectus est, melior revertetur’. Hoc autem de consensu eius, quo manus perfidiae dederat, indicabat. Tertio anno redit Liberius, cui obviam cum gaudio populus Romanus exivit. Felix notatus a senatu vel populo de urbe propellitur. Et post parum temporis impulsu clericorum, qui peiuraverant, inrumpit in urbem et stationem in Iuli trans Tiberim dare praesumit. Quem omnis multitudo fidelium et proceres de urbe iterum cum magno dedecore proiecerunt. 4 Post annos octo Valentiniano et Valente consulibus X Ka-

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Siehe dazu KÜNZLE 1961, 6–14 und GRÜTZMACHER 1901, 191–196. ALTANER/STUIBER 1993, 226; SKEB 1998 (Lexikon der antiken christlichen Literatur), 536. 129 Siehe VON ALBRECHT 1994, Bd. 2, 1128. 130 COLLECTIO AVELLANA 1,1–14 (CSEL 35, 1–4). 128

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Kapitel 1: Biographische Fragmente lendarum Decembrium die defunctus est Felix. Liberius misericordiam fecit in clericos, qui peiuraverant, eosque locis propriis suscepit. Itemque octavo Kalendas Octobr. Gratiano et Dagalaifo consulibus Liberius humanis rebus eximitur. 5 Tunc presbyteri et diacones Ursinus Amantius et Lupus cum plebe sancta, quae Liberio fidem servaverat in exilio constituto, coeperunt in basilica Iuli procedere et sibi Ursinum diaconum pontificem in loco Liberii ordinari deposcunt; periuri vero in Lucinis Damasum sibi episcopum in loco Felicis expostulant. Ursinum Paulus Tiburtinus episcopus benedicit. Quod ubi Damasus, qui semper episcopatum ambierat, comperit, omnes quadrigarios et imperitam multitudinem pretio concitat et armatus fustibus ad basilicam Iuli perrumpit et magna fidelium caede per triduum debacchatus est. 6 Post dies septem cum omnibus periuris et arenariis, quos ingenti corrupit pretio, Lateranensem basilicam tenuit et ibi ordinatus episcopus et redimens iudicem urbis Viventium et praefectum annonae Iulianum id egit, ut Ursinus vir venerabilis, qui prius fuerat pontifex ordinatus, cum Amantio et Lupo diaconibus in exilium mitteretur. Quod ubi factum est, coepit Damasus Romanam plebem, quae sibi nolebat procedere, fustibus et caede varia perurguere. Presbyteros quoque numero septem detentos per officium nititur ab urbe propellere, sed plebs fidelis occurrens eosdem presbyteros eruit et ad basilicam Liberii sine mora perduxit. 7 Tunc Damasus cum perfidis invitat arenarios quadrigarios et fossores omnemque clerum cum securibus gladiis et fustibus et obsedit basilicam hora diei secunda septimo Kalendarum Novembrium die Gratiano et Dagalaifo conss. et grave proelium concitavit. Nam effractis foribus igneque subposito aditum, unde inrumperet, exquirebat; nonnulli quoque de familiaribus eius tectum basilicae destruentes tegulis fidelem populum perimebant. Tunc universi Damasiani irruentes in basilicam centum sexaginta de plebe tam viros quam mulieres occiderunt; vulneraverunt etiam quam plurimos, ex quibus multi defuncti sunt. De parte vero Damasi nullus est mortuus. 8 Post tres autem dies sancta plebs in unum conveniens coepit adversus eum domini mandata recitare dicentis: „nolite timere eos qui occidunt corpus, animam vero non possunt occidere“ 131 ; psallebat etiam in laudibus et dicebat: „posuerunt mortalia servorum tuorum escas volatilibus caeli, carnes sanctorum tuorum bestiis terrae; effuderunt sanguinem eorum velut aquam in circuitu Hierusalem et non erat, qui sepeliret“ 132 . 9 Saepe igitur eadem plebs adunata in basilica Liberii clamabat dicens ‘Christiane imperator, nihil te latet. Omnes episcopi Romam veniant. Agatur causa. Quintum iam bellum Damasus fecit. A sede Petri homicidas foras!’ Dei autem populus episcopos convenire multis precibus exorabat, ut memoratum tanta impietate maculatum sententia iusta percellerent; quem in tantum matronae diligebant, ut matronarum auriscalpius diceretur. 10 Voces ergo plebis ad Valentinianum principem sunt delatae, qui pietate commotus reditum concessit exulibus. Tunc Ursinus cum Amantio et Lupo diaconibus septimo decimo Kalendarum Octobrium Lupicino et Iouino conss. ad urbem rediit. Cui plebs sancta gratanter occurrit. 11 Sed Damasus tantorum sibi conscius scelerum non mediocri timore concussus redemit omne palatium, ne facta sua principi panderentur. Imperator nesciens quid Damasus perpetrasset edictum prorogat, ut Ursino exilio relegato nulla ulterius populos contentio nefanda collideret. Tunc Ursinus episopus vir sanctus et sine crimine consulens plebi tradidit se manibus iniquorum et sexto decimo Kal. Decembr. iussio-

131 132

Mt 10,28. Ps 78,2f.

4. Ursinus, der Gegenspieler

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ne imperatoris ad exilium sponte properavit. 12 Sed populus timens deum multisque persecutionibus fatigatus non imperatorem, non iudices nec ipsum auctorem scelerum et homicidam Damasum timuit sed per coemeteria martyrum stationes sine clericis celebrabat. Unde cum ad sanctam Agnem multi fidelium convenissent, armatus cum satellitibus suis Damasus irruit et plurimos vastationis suae strage deiecit. 13 Quod factum crudelissimum nimis episcopis Italiae displicebat. Quos etiam cum ad natale suum sollemniter invitasset et nonnulli convenissent ex eis, precibus apud eos molitur et pretio, ut sententiam in sanctum Ursinum proferant. Qui responderunt ‘nos ad natale convenimus, non ut inauditum damnemus’. 14 Ita prava eius intentio caruit quo nitebatur effectu.

Dieser Bericht der Ursinerpartei läßt sich in sechs Abschnitte gliedern. In den §§ 1–4 wird die Vorgeschichte geschildert, um zu zeigen, daß nicht Damasus, sondern Ursinus der rechtmäßige Nachfolger des Liberius ist: Damasus habe sich Liberius gegenüber unredlich verhalten, da er als Diakon nur vorgab, mit ihm ins Exil zu gehen 133 , und wieder nach Rom zurückkehrte, weil er durch seinen Ehrgeiz verdorben war (ambitione corruptus). Außerdem habe er sich nicht an seinen Eid gehalten, keinen anderen Bischof als Liberius anzuerkennen, als Felix 134 zum Bischof von Rom ordiniert worden war (§ 2). Nach zwei Jahren sei Liberius zurückgekehrt und Felix endgültig aus Rom vertrieben worden, nachdem er nochmals versucht hatte, in die basilica Iuli trans Tiberim einzufallen (§ 3). Nach seinem Tod durften jedoch seine Anhänger ihre alten Ämter wieder versehen. Offensichtlich haben also die Ursiner die Wahl des Damasus als Bischof von Rom abgelehnt, weil sie der Ansicht waren, daß dieser wegen seiner verwerflichen Untreue gegenüber Liberius, die sogar in einem Eidbruch gipfelte, niemals Nachfolger des Liberius sein konnte. Aus § 4 wird deutlich, daß die eidbrüchigen Kleriker, also auch Damasus, nur durch die Gnade des Liberius nach dem Tod des Felix wieder in ihre alten Ämter zurückkehren durften. Daraufhin ist Liberius am 24. September 366 gestorben. Im zweiten Abschnitt §§ 5f. wird die Ordination und Weihe des Ursinus und des Damasus zum Bischof von Rom folgendermaßen geschildert: Nach dem Tode des Liberius versammelten sich die Presbyter und Diakone Ursinus, Amantius und Lupus gemeinsam mit der Gemeinde, die während des Exils zu Liberius gehalten hatte, in der Basilica Iuli 135 und bestimmten Liberius zum Bischof. Unrechtmäßig wurde aber gleichzeitig 133

Zum Exil des Liberius siehe vor allem BRENNECKE 1984, 265–297. Zu Felix von Rom siehe BRENNECKE 1984, 269–271. 135 Da zuvor in § 3 bereits eine basilica Iuli trans Tiberim genannt wird, die von den Anhängern des Felix besetzt worden war, scheint es sich hier um dieselbe basilica zu handeln, die als S. Maria di Trastevere identifiziert werden kann, so auch LIPPOLD 1965, 112; CASPAR 1930, 196; SCHUCHERT 1939, 34, gegen KÜNZLE 1961, 38–45. 134

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

in Lucinis 136 Damasus zum Nachfolger des Felix gewählt. Sodann weihte Paulus, der Bischof von Tibur, Ursinus zum Bischof von Rom, woraufhin Damasus mit einer bewaffneten Menge, die er bestochen hatte, zur Basilica Iuli vorrückte und ein Blutbad anrichtete. Nach sieben Tagen nahm er mit seinen Eidbrüchigen und Kämpfern, die er mit viel Geld gekauft hatte, den Lateran ein und wurde dort zum Bischof ordiniert. Den Stadtpräfekten Viventius bestach er ebenfalls, damit dieser Ursinus und seine Diakone Amantius und Lupus ins Exil schickte. Nach dieser Schilderung wurden also gleichzeitig 137 Ursinus und Damasus zum Bischof bestimmt: Ursinus in der Basilica Iuli als Nachfolger des Liberius und Damasus in Lucinis als Nachfolger des Felix, laut Ursinerpartei, und deshalb unrechtmäßig. Alles weitere erreichte Damasus nur mit Bestechung, nämlich die Belagerung der Basilica Iuli, die Einnahme des Lateran und seine Ordination, ebenso wie die Exilierung des Ursinus durch den Stadtpräfekten Viventius. Die Bestechungsvorwürfe werden offenbar erhoben, um zu erklären, warum Damasus, obwohl er nach der Schilderung dieses Berichtes offensichtlich im Unrecht war, der erfolgreichere war 138 . Ein genaues Datum für Wahl und Weihe des Damasus und des Ursinus ist aus diesem Bericht aber nicht zu gewinnen. Die einzige Zeitangabe post dies septem, die sich auf die Besetzung des Laterans und die Weihe des Damasus bezieht, ist ohne Bezugpunkt. Sie kann sich auf die Weihe des Ursinus beziehen oder auf die Wahl der beiden oder auch auf den Tod des Liberius 139 .

136

S.Lorenzo in Lucina. Der Verfasser nennt zwar die Wahl des Ursinus zuerst, schließt die des Damasus aber nur mit vero an, nicht etwa mit tum, so daß damit eine Gleichzeitigkeit impliziert wird. Ursinus wurde also bestimmt nicht vor Damasus zum Bischof gewählt, denn dieser Umstand wäre in einem solchen Bericht sicherlich sehr betont worden; es ist eher anzunehmen, daß mit dieser Schilderung kaschiert werden soll, daß eigentlich Damasus zuerst gewählt worden ist. 138 Offenbar war es aber durchaus üblich, durch Bestechung die Mächtigen für sich zu gewinnen, wie das Beispiel des Cyrill zeigt: BROWN 1995, 27f. 139 Mit diesem Bezugspunkt käme man auf den 30. September 366 als Datum der Bischofsweihe des Damasus; CASPAR 1930, 197 und NORTON 1965, 16–20 geben den 1. Oktober an. Dagegen FERRUA 1942, 60 Anm.3: „Secundum Faustinum et Marcellinum test. 13,4–7, Damasus electus est multo ante XIIII kal. nov. neque multo post VIII kal. oct. a. 366; tribus diebus debacchatur in Ursinianos et post septem ordinatur episcopus. Si ergo stat, ut videtur, dies depositionis infra traditus, et vacatio dierum sex post Liberium, videntur hic menses III pro II notati (v. Duchesne p. LXXXV) et Damasus pridie kal. oct. electus, VII idus consecratus, III idus dec. defunctus pontificatu“. Ferrua geht also davon aus, daß Damasus am 30. September 366 zum Bischof gewählt, am 9. Oktober 366 zum Bischof geweiht wurde und am 11. Dezember 384 gestorben ist. 137

4. Ursinus, der Gegenspieler

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Der dritte Abschnitt §§ 6f. befaßt sich mit den Geschehnissen nach der Exilierung des Ursinus und insbesondere mit den Ausschreitungen in der Basilica Liberii: Nach der Schilderung dieses Berichts ging Damasus nun gegen diejenigen, die ihm nicht folgen wollten, mit Gewalt vor. Dabei bekam er offenbar sieben Presbyter in seine Gewalt, die er aus der Stadt vertreiben wollte. Die Anhänger des Ursinus befreiten diese Presbyter aber und brachten sie zur Basilica Liberii. Diese wiederum belagerte Damasus mit seinen Genossen, brach schließlich am 26. Oktober 366 ein und richtete ein Blutbad mit 160 Toten, Männern und Frauen, auf Seiten der Ursiner an, während von der Partei des Damasus angeblich niemand getötet worden sei. Ganz deutlich wird hier die Grausamkeit und das mörderische Tun des Damasus hervorgehoben. Im vierten Abschnitt §§ 8–10 wird die Reaktion der Ursiner auf diese Geschehnisse geschildert, sie versammelten sich in der Basilica Liberii und klagten gegen Damasus mit Bibelzitaten, aber auch mit dem Ruf nach einer Synode, vor der diese Sache verhandelt werden solle: „Schon den fünften Krieg hat Damasus geführt“. Daraufhin habe der Kaiser Ursinus, Amantius und Lupus aus dem Exil zurückkehren lassen. Diese kehrten am 15. September 367 in die Stadt zurück, während die plebs sancta ihnen dankbar entgegeneilte. Ein undatiertes kaiserliches Reskript bestätigt die Aufhebung des Exils, jedoch wird darin betont, daß es sich um einen reinen Gnadenakt handelt und ein noch schärferes Urteil gefällt werde, falls es wieder zu Ausschreitungen kommen sollte 140 . Im fünften Abschnitt wird nun zunächst berichtet, daß Damasus wiederum durch Bestechung erreichte, daß Ursinus nochmals ins Exil geschickt wurde, und zwar am 16. November 367 auf Befehl des Kaisers. Dies wird bestätigt durch ein uns überliefertes kaiserliches Reskript, das den Anhängern des Ursinus freien Aufenthalt, jedoch außerhalb Roms, zubilligte 141 . 140

AVELL. 5 (CSEL 35, 48, 19–25): Have Praetextate karissime nobis. Licet iusta videatur fuisse vindicta, quae illic turbulenter exercitam factionem cohercitione sedavit, ubi maxima debet esse concordia, scilicet in ecclesiae vel sede vel causa, quarum rerum utraque et modestiam poscit et cultum: tamen nos omnes, qui nuper propter illum tumultum deportatione damnati sunt, et propriae lenitate naturae et ipsius religionis ac legis contemplatione miseremur, Praetextate karissime ac iocundissime. Cunctos igitur, qui sunt eius et sortis et culpae, praecelsa sublimitas tua nostri auctoritate iudicii liberabit. Hanc vero formam tenebit in posterum, ut si idem pristino statui restituti aliquid spiritu iterum gesserint inquieto, quo tranquillitas reformata turbetur, severissima in eos sententia proferatur. Nullam enim possunt veniam promereri, qui non desinunt peccare post veniam. 141 AVELL. 7 (CSEL 35, 49,19–50,6): Idem Augusti Praetextato P.U. Ea nobis est innata moderatio, ut publicam disciplinam sine cuiusquam calamitate munire cupiamus. Itaque quoniam animadversionum occasionibus non favemus, Ursini sociis ac ministris, quos praecelsa sublimitas tua propter quietem urbis aeternae de medio putavit esse

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

Daraufhin gab nach der Schilderung dieses Berichtes die Anhängerschaft des Ursinus nicht auf, sondern versammelte sich heimlich ohne Kleriker, die freilich im Exil waren, bei den Gräbern der Märtyrer. Dort wurden sie bei der Heiligen Agnes von Damasus und seinen Genossen gewalttätig überfallen. Weiterhin läßt also der Autor dieses Berichts nicht davon ab, Damasus als möglichst gewalttätig darzustellen, obwohl ganz deutlich die Staatsgewalt auf seiner Seite ist, was er aber nach dieser Schilderung nur dadurch erreicht, daß er Bestechungen vornimmt und alles daran setzt, daß seine Taten geheim bleiben. Im sechsten Abschnitt §§ 13f. beruft der Verfasser sich schließlich darauf, daß auch die italischen Bischöfe an diesem Vorgehen des Damasus an den Märtyrergräbern Anstoß nahmen; denn als sie zu einer Synode nach Rom kamen, die ad natale suum 142 stattfand, und ein Urteil gegen Ursinus aussprechen sollten, verweigerten sie sich, da sie Ursinus nicht ungehört verurteilen wollten. Der Bericht der Ereignisse, wie er durch die Partei der Ursiner geboten wird, läßt also keine Gelegenheit aus, Damasus als unredlich, falsch und grausam darzustellen. Diese Charakterisierung des Bischofs dient dabei als Erklärung dafür, daß Damasus derjenige ist, der offenbar mehr Erfolg hat. Er sammelt eine größere Anhängerschaft hinter sich, die die Ursiner immer besiegt, da er seine Leute mit Geld kaufe. Er hat die Staatsgewalt hinter sich, nach diesem Bericht eben auch dadurch, daß er Bestechungen vornimmt und seine grausamen Taten zu vertuschen weiß. Den wahren Kern dieser Schilderungen herauszuschälen erweist sich als schwierig, da die übrigen Quellen bei weitem nicht so mitteilsam sind, soll aber im nächsten Kapitel dennoch versucht werden. 4.1.3. Der Bericht des Hieronymus und des Rufin Hieronymus und Rufin entwerfen ein ganz anderes Bild der Ereignisse. Die knappe Notiz des Hieronymus im ergänzten Teil der Chronik lautet: Romanae ecclesiae XXXV ordinatur episcopus Damasus et post non multum temporis intervallum Ursinus a quibusdam episcopus constitutus Sicininum cum suis invadit,

tollendos, Roma tantum, cuius tranquillitati studetur, excepta, ubicumque maluerint absque aliqua religionis iniuria, ut peregrinari potius quam exulari videantur, proprio liceat iure versari, Praetextate parens karissime atque amantissime. Neque enim interest nostra, quem habitationis eligant locum, dummodo incentivis dissensionibus ablatis firma sit rursus in plebe concordia. Data pridie Idus Ianuar. Triu. AA. conss. 142 Also nach der Chronologie, wie sie dieser Bericht bietet, im Oktober 368, denn mit sine clericis wird angedeutet, daß alle maßgeblichen Kleriker der Ursinuspartei im Exil sind, d.h. also in der Zeit nach dem kaiserlichen Reskript AVELL. 7 vom 12. Januar 368.

4. Ursinus, der Gegenspieler

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quo Damasianae partis populo confluente crudelissimae interfectiones diversi sexus perpetratae. 143

Danach wurde zunächst Damasus ordiniert und kurze Zeit später Ursinus als Bischof festgesetzt, d.h. wohl nur gewählt; letzterer dringt daraufhin mit den Seinen in das Sicininum ein. Dorthin strömt die Gemeinde der damasianischen Partei zusammen und es kommt zu äußerst grausamen Morden an beiderlei Geschlecht. Hieronymus legt sich zwar, was die Ordination angeht, fest und spricht Damasus die Priorität zu, hinsichtlich der nachfolgenden Ereignisse bleibt jedoch das meiste im Unklaren. Daß es im Verlauf dieser Geschehnisse eine grausame Auseinandersetzung gab, steht wohl nach seiner Aussage fest, aber er läßt die Urheberschaft offen; Ursinus und die Seinen dringen ins Sicininum ein, die Partei des Damasus folgt und es kommt zu einem Blutbad, passivisch formuliert mit dem Partizip Perfekt perpetratae. Da der Kirchenvater jedoch nicht die Gegenseite als Urheber nennt, ist anzunehmen, daß durchaus Schuld auch bei der damasianischen Partei liegt. Der Ort der Auseinandersetzung ist ebenfalls nicht genau zu bestimmen, denn, was man sich unter Sicininum vorstellen soll, ist fraglich, entweder einen Ortsteil oder ein Gebäude. Rufinus gibt hier mehr Aufschluß 144 . Sein Bericht lautet: Damasus post Liberium per successionem sacerdotium in urbe Roma susceperat. Quem praelatum sibi non ferens Ursinus quidam eiusdem ecclesiae diaconus in tantum furoris erupit, ut persuaso quodam satis imperito et agresti episcopo, collecta turbulentorum et seditiosorum manu, in basilica, quae Sicinini appellatur, episcopum se fieri extorqueret, legibus et ordine et traditione perversis. Quo ex facto tanta seditio, immo vero tanta bella coorta sunt alterutrum defendentibus populis, ut replerentur humano sanguine orationum loca. Quae res factione Maximini praefecti scaevi hominis ad invidiam boni et innocentis versa est sacerdotis, ita ut causa ad clericorum usque tormenta duceretur. Sed adsertor innocentiae deus adfuit et in caput eorum, qui intenderant dolum, poena conversa est. 145

Auch er nennt zunächst Damasus als rechtmäßigen Nachfolger des Liberius auf dem römischen Bischofsstuhl (§ 1). Dann berichtet er, daß Ursinus dies nicht ertragen habe und einen unerfahrenen und unkultivierten Bischof dazu überredet habe, ihn in der Basilica, die Sicinini genannt wird, zu ordinieren, wo er eine Schar von Aufrührern versammelt hatte; er erreichte dies gegen Gesetz, Ordnung und Tradition (§ 3). Daraufhin seien schreckliche Kämpfe untereinander entstanden, bei denen der Ort des Gebetes mit Blut getränkt worden sei (§ 4). 143

HIER., Chron. ad a. Abr. 2382, p.Chr. 366 (GCS Eusebius 7,1, 244,24–245,3 HELM). 144 Vgl. auch die Untersuchung von DATTRINO 1986, 149–160. 145 RUFIN, h.e. XI 10 (GCS Eusebius 2,2 1017–1018 MOMMSEN).

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

Bei Rufin wird also ein ähnlicher Gang der Ereignisse geschildert, jedoch weit stärker zugunsten des Bischofs Damasus 146 : Zuerst wird Damasus rechtmäßig zum Bischof ordiniert, dann erreicht dieses Mal Ursinus seine Bischofsweihe auf unredliche Weise, durch Überredung eines unerfahrenen Bischofs, und zwar in der Basilica Sicinini. Dorthin fallen die Ursiner nach Hieronymus erst, nachdem Ursinus episcopus constitutus ist, ein, also wohl nach seiner Wahl. Damit ergibt sich nach Kombination der Schilderung beider, daß Ursinus zuerst an einem anderen Ort zum Bischof gewählt und dann in der Basilica Sicinini geweiht wurde, was aber von Hieronymus nicht mehr berichtet wird – vielleicht um zu verschleiern, daß die Partei des Damasus in eine Kirche einfiel und dort ein Blutbad anrichtete. Rufin hingegen muß diesen Sachverhalt nicht mehr verheimlichen, da er von einer Beteiligung der damasianischen Partei an dieser Auseinandersetzung nicht mehr explizit spricht, sondern nur davon, daß sich die Gemeinden gegenseitig zur Wehr setzten alterutrum defendentibus populis. Nach Hieronymus und Rufin ist also folgende Chronologie der Ereignisse festzuhalten:

146

Vgl. dazu auch die offenbar von Rufin abhängigen Passagen in den griechischsprachigen Kirchengeschichten des Socrates und Sozomenus: SOCR., h.e. IV 29,1–6 (GCS 265,15–266,2 HANSEN): 5PVHBSCBTJMFXK0VBMFOUJOJBOPVITVDXKEJBHPOUPK LBJPVEFNJBOTLVMMPOUPKBJSFTJO%BNBTPKNFUB-JCFSJPOUIOUIKFQJTLPQIK JFSXTVOIOFOUIÝ3XNIÝFEFYBUPFGPVÀTVOFCIUBSBDRIOBJUIOFO3XNIÝFL LMITJBOEJBUPJBVUIOBJUJBO0VSTJOPKUJKUIKBVUIKFLLMITJBKEJBLPOPKVQP ZIGPKHFHPOFO IOJLBIFQJMPHIUPVFQJTLPQPVFHJOFUPFQFJPVOQSPFLSJRI%B NBTPK NIGFSXOP0VSTJOPKUIOUIKFMQJEPKBQPUVDJBOQBSBTVOBYBJUIÝFLLMI TJBÝFQPVEBTFO LBJQFJRFJUJOBKBTINPVKFQJTLPQPVKFOQBSBCVTUXÝDFJSPUPOITBJ BVUPOLBJDFJSPUPOFJUBJPVLFOFLLMITJBÝ BMMFOBQPLSVGXÝUPQXÝUIKCBTJMJLIK UIKFQJLBMPVNFOIK4JLJOIKUPVUPVEIHFOPNFOPVEJDPOPJBUPOMBPOFLSBUITFO FTUBTJB[POPVOQSPKFBVUPVKPVEJBUJOBQJTUJOIBJSFTJO BMMBQFSJUPVNPOPO UJKPGFJMFJUPVFQJTLPQJLPVRSPOPVFHLSBUIKHFOFTRBJFOUFVRFOEFTVNQMIHBEFK UXOPDMXOFHJOPOUP XTUF\LBJ^FLUIKQBSBUSJCIKQPMMPVKBQPRBOFJOLBJEJB UPVUPQPMMPVKMBJÅLPVKUFLBJLMISJLPVKVQPUPVUPUFFQBSDPV.BYJNJOPVUJNX SIRIOBJLBJPVUXKUPOUF0VSTJOPOQBVTBTRBJUIKFQJDFJSITFXKLBJLBUBTUB MIOBJUPVKCPVMIRFOUBKBLPMPVRITBJBVUXÝ SOZ., h.e. VI 23,1f. (GCS 265,3–11 BIDEZ/HANSEN): 1FSJEFUPVUPOUPODSPOPO-J CFSJPVUFMFVUITBOUPKFQJUSFQFUBJ%BNBTPKUPO3XNBJXORSPOPOVQPZIGPKEF XOUIÝDFJSPUPOJBÝLBJ0VSTBLJOPKUJKEJBLPOPK BQPUVDXOPVLIOFHLFMBRSBEF VQPUJOXOBTINXOFQJTLPQXODFJSPUPOIRFJKEJBTQBOUPOMBPOFTQPVEB[FLBJ LBRFBVUPOFLLMITJB[FJONFSJTRFOUPKEFUPVQMIRPVKPJNFOUPVUPO PJEF%B NBTPOFQJTLPQFJOIYJPVOLBJQPMMIUPOEINPOXKFJLPKFSJKFJDFLBJTUBTJK XK NFDSJUSBVNBUXOLBJGPOXOUPLBLPOQSPFMRFJO FJTPUFEIPUIK3XNIKVQBS DPKQPMMPVKUPVEINPVLBJUPVLMISPVUJNXSJBJKVQPCBMXOFQBVTFUIO0VSTB LJOPVFQJDFJSITJO

4. Ursinus, der Gegenspieler

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Zuerst die Ordination des Damasus, dann die Weihe des bereits zum Bischof gewählten Ursinus in der Basilica Sicinini, wo daraufhin eine blutige Auseinandersetzung beider Parteien stattfindet. Rufin berichtet darüberhinaus aber noch von einem weiteren wohl einige Zeit später anzusetzenden Ereignis (§ 4). Diese Sache (die Schilderung in § 3) sei unter dem Praefekten Maximinus gegen den guten und unschuldigen Bischof gewendet worden, also gegen Damasus, so daß ein Prozeß bis zur Folterung von Klerikern durchgeführt wurde, wobei sich aber schließlich durch die Hilfe Gottes die Strafe gegen diejenigen wendete, die die List ersonnen hatten. Es ist sehr wahrscheinlich, daß damit ein Prozeß gegen Damasus gemeint ist, der durch einen gewissen Isaak angezettelt wurde und von dem auch ein späteres Schreiben einer römischen Synode an die Kaiser zu berichten weiß 147 . Folgende übereinstimmende Elemente der drei Berichte sind an dieser Stelle festzuhalten: Damasus und Ursinus werden beide zu Bischöfen von Rom ordiniert. Danach findet in einer Basilica Liberii bzw. Sicinini eine blutige Auseinandersetzung statt. Zuletzt soll nun ein Blick auf den Bericht des Ammianus Marcellinus geworfen werden, der besonders beachtenswert ist, da dieser Schriftsteller für keinen der beiden Bischofskandidaten Sympathien hegte. Er schildert die Angelegenheit deshalb eher aus der Sicht der Staatsgewalt, nämlich des Stadtpräfekten Viventius. Der Bericht lautet folgendermaßen: 11 Advenit successor eius ex quaesitore palatii, Viventius, integer et prudens Pannonius, cuius administratio quieta fuit et placida, copia rerum omnium affluente. Sed hunc quoque discordantis populi seditiones terruere cruentae, quae tale negotium excitarat. 12 Damasus et Ursinus supra humanum modum ad rapiendam episcopi sedem ardentes, scissis studiis asperrime conflictabantur, ad usque mortis vulnerumque discrimina adiumentis utriusque progressis, quae nec corrigere sufficiens Viventius nec mollire, coactus vi magna, secessit in suburbanum. 13 Et in concertatione superaverat Damasus, parte quae ei favebat instante. Constatque in basilica Sicinini, ubi ritus Christiani est conventiculum, uno die centum tringinta septem reperta cadavera peremptorum, efferatamque diu plebem aegre postea delenitam.

147

DAM., rel. 8 = AMBR., ep. extra coll. 7, 8 (CSEL 82/3, 195,89–97 ZELZER): Sic denique factio profecit Ursini, ut Isaac Iudaeo subornato, qui facto ad synogogam recursu caelestia mysteria profanavit, sancti fratris nostri Damasi peteretur caput147, sanguis innocentium funderetur, componerentur doli quibus divino plane instinctu providentia vestrae pietatis occurrit, spoliaretur prope ecclesia omnibus ministeriis ea fraude videlicet, ut dum causam dicit qui in omnes iudex fuerat constitutus, nemo esset qui de lapsis vel certe de factiosis posset episcopatus invasoribus iudicare. Vgl. dazu auch die Ausführungen in Kap. 3.1.1.4.

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Kapitel 1: Biographische Fragmente 14 Neque ego abnuo, ostentationem rerum considerans urbanarum, huius rei cupidos ob impetrandum quod appetunt, omni contentione laterum iurgare debere, cum id adepti, futuri sint ita securi, ut ditentur oblationibus matronarum, procedantque vehiculis insidentes, circumspecte vestiti, epulas curantes profusas, adeo ut eorum convivia regales superent mensas. 148

Eingerahmt wird der Bericht der eigentlichen Ereignisse einmal durch die Einführung des neuen Stadtpräfekten, dessen lobenswerte Amtsführung er schildert (§ 11) und am Ende durch die Beschreibung der aufwendigen Lebensführung des Bischofs dieser Stadt, mit der er den Kampf um das Bischofsamt zu erklären versucht (§ 14). In §§12f. findet sich der Bericht der betreffenden Ereignisse: Ammianus Marcellinus schreibt, daß Damasus und Ursinus um das Bischofsamt stritten und dabei nicht einmal vor Mord und Todschlag zurückschreckten, wogegen der Statthalter Viventius machtlos war und sich deshalb in die Vorstadt zurückzog. Für Ammianus kämpfen also Damasus und Ursinus gleichberechtigt um die Bischofswürde, wobei Damasus schließlich siegt, und zwar durch die Partei, die ihn im Kampf unterstützte. Dieser Kampf fand nach dem Bericht des Historikers mindestens an einem Tag in der Basilica Sicinini, einem christlichen Versammlungsort, d.h. einer Kirche, statt, wo 137 Leichen gefunden wurden. Somit trägt die Schilderung Ammians nur für den zweiten Punkt, in dem die drei bisher analysierten Berichte übereinstimmen, etwas aus. Damit gibt es einen weiteren wichtigen und neutralen Zeugen dafür, daß die Kämpfe in einer Basilica Sicinini stattgefunden haben. Interessant ist außerdem, daß die Zahl der Toten (137) in der Nähe der im Bericht der Ursinianer genannten Anzahl von 160 Toten liegt, die für den 26. Oktober 366 148

AMM.MARC., XXVII 3,11–14: “12. Damasus und Ursinus waren über das gewöhnliche menschliche Maß hinaus dafür entbrannt, den Bischofsstuhl an sich zu reißen, und durch verschiedene Interessen zerrissen bekämpften sie sich verbissen, indem beide mit ihren sie unterstützenden Parteien es bis zu Mord und Todschlag ausarten ließen, was der Statthalter Viventius weder verhindern noch besänftigen konnte und durch diese große Gewalt gezwungen sich in die Vorstadt absetzte. 13. Im Kampf hatte schließlich Damasus gesiegt durch den Einsatz der Partei, die ihn unterstützte. Es steht fest, daß in der basilica Sicinini, wo sich ein Versammlungsort des christlichen Ritus befindet, an einem Tag 137 Leichen gefunden wurden und daß das aufgebrachte Volk noch lange Zeit danach kaum besänftigt werden konnte. 14. Aber ich leugne nicht, wenn ich die Prahlerei, die in der städtischen Gesellschaft herrscht, betrachte, daß Leute, die es auf diese Sache abgesehen haben, sich mit aller Kraft anstrengen müssen, das zu erreichen, was sie anstreben, da sie, wenn sie es erreicht haben, in Zukunft so völlig sorglos sein werden, daß sie reich an Aufwartungen der vornehmen Damen sein werden, in Kutschen sitzend einherfahren, sehr sorgfältig gekleidet sein werden, üppige Tafeln ausrichten werden, so daß ihre Gastmähler die königlichen überragen.“ Siehe zu Ammianus Marcellinus auch BARNES 1998, 110f. und 115.

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festgestellt wird. Man kann also davon ausgehen, daß dies der schwerste Kampf im Verlauf der Auseinandersetzung zwischen Damasus und Ursinus war und deshalb dieses Ereignis in allen vier Berichten genannt wird. 4.1.4. Rekonstruktion der Ereignisse Der Vorgänger des Damasus auf dem römischen Bischofsstuhl Liberius starb am 24. September 366. Danach kam es zur Doppelwahl des Damasus und des Ursinus, die nach der Parteischrift der Ursiner, die dafür die einzige Quelle ist, relativ gleichzeitig stattgefunden haben muß. Für Ursinus in S. Maria di Trastevere (basilica Iuli) und für Damasus in S. Lorenzo di Lucina (in Lucinis). Da der Bericht der Ursiner an dieser Stelle aber in keiner Weise eine Priorität der Bischofswahl für Ursinus betont, ist es meines Erachtens durchaus möglich bzw. sogar wahrscheinlich, daß Damasus doch als erster zum Nachfolger von Liberius gewählt worden ist. Diese Doppelwahl hat offenbar ihren Ursprung darin, daß die römische Gemeinde schon zuvor gespalten war in diejenigen, die Liberius, auch als er im Exil gewesen war, unbeirrt die Treue gehalten haben 149 , und diejenigen, die den in dieser Zeit vom Kaiser eingesetzten römischen Bischof Felix II. unterstützt haben. Damasus wird jedenfalls zu letzteren gerechnet und deshalb von den rigorosen Anhängern des Liberius als Nachfolger auf dem Bischofsstuhl für ungeeignet gehalten 150 . Für die Bischofsweihe der beiden müssen die Berichte der Ursinerpartei und die Schilderungen des Hieronymus und Rufinus gegeneinander abgewogen werden. Hieronymus und Rufinus gehen davon aus, daß Damasus zuerst geweiht wurde, während der Ursinerbericht ausdrücklich davon spricht, daß die Weihe des Ursinus, die in der basilica Iuli stattfand, Priorität hatte und Damasus darauf mit einer dreitägigen Belagerung dieser basilica reagierte. Hier steht Zeugnis gegen Zeugnis. Gegen die Schilderung der Ursiner spricht aber, daß, während das Todesdatum des Liberius und das Datum der Auseinandersetzung in der basilica Liberii genauestens genannt werden, der Zeitpunkt der Wahl und Weihe des Liberius und des Damasus im Dunkeln bleibt. Die Weihe des Ursi149

Vgl. dazu auch GREEN 1971, 531–538, der versucht, die Anhänger des Ursinus näher zu charakterisieren und ihre Verbindung mit den Luciferianern zu beleuchten; siehe auch PIÉTRI 1976, 412–414; außerdem insgesamt RADE 1882, 10–20; WITTIG 1902, 45– 71 und CASPAR 1930, 196–203. 150 Im Liber pontificalis I 3,38 wird berichtet, daß Damasus sich für eine ehrwürdige Beisetzung des Felix einsetzt: Qui etiam capite truncatur cum multis clericis et fidelibus occulte iuxta murus Urbis, ad latus forma Traiani, III id. Novemb. Et exinde rapuerunt corpus eius nocte christiani cum Damaso presbitero et sepelierunt in basilica supradicta XVII kal. decemb. (85 DUCHESNE).

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nus wird lediglich mit der kurzen Bemerkung Ursinum Paulus Tiburtinus episcopus benedicit konstatiert, wobei offenbar der terminus technicus für die Weihe ordinare, der bei Damasus verwendet wird, fehlt 151 . Außerdem ist nach den nicaenischen Canones mehr als ein Bischof für die Weihe eines Bischofs notwendig, da in Canon 4 bestimmt wird, daß es am besten ist, wenn alle Bischöfe einer Provinz einen Bischof einsetzen, aber mindestens drei Bischöfe nach schriftlicher Zustimmung der übrigen 152 . Der Bischof aus Tibur scheint offensichtlich der einzige der italischen Bischöfe gewesen zu sein, der Ursinus unterstützte, denn ein solcher Bericht hätte sicher alle namentlich aufgezählt, die auf Seiten des Ursinus standen. Deshalb liegt es meiner Ansicht nach nahe, zu konstatieren, daß mit der Wahl des Damasus zum Bischof von Rom der reguläre Vorgang für die Einsetzung eines neuen Bischofs begonnen hat, sicherlich wohl auch von der Mehrheit der römischen Gemeinde unterstützt, und dieses Verfahren seinen Lauf nahm, d.h. daß die übrigen italischen Bischöfe eingebunden wurden. Darauf deutet auch die Ordination des Damasus in der Lateransbasilika hin, die zu dieser Zeit die Kirche des römischen Bischofs und sein Amtssitz war; deshalb sprechen auch Hieronymus und Rufinus von einer Priorität der Damasusordination. Auch wenn, wie der Ursinerbericht betont, die Weihe des Ursinus vor der des Damasus stattgefunden hat, so wird doch aus der Schilderung dieser Partei deutlich, daß diese Tatsache nicht ausschlaggebend sein kann, da das reguläre Verfahren, nämlich die Ordination in der Lateransbasilika, bei der Weihe des Damasus stattfand 153 . Außerdem ist es Damasus, der von staatlicher Seite unterstützt wird, zu dem die italischen Bischöfe anläßlich einer Synode in Rom zusammenkommen und mit dem so wichtige Kirchenmänner wie Athanasius, der Bischof von Alexandria, schriftlich verkehren 154 . 151 Vgl. zu Bischofswahl und -weihe GAUDEMET 1958/1989, 330–341; NOETHLICHS 1973, 32f.; NEUMANN 1980, s.v. Bischof I, TRE 6, 663–666 und GRYSON 1980, 257–283. 152 C Nic. (325), can. 4 (26,7–18 JOANNOU; 38,4–10 LAUCHERT): &QJTLPQPOQSP TILFJNBMJTUBNFOVQPQBOUXOUXOUIKFQBSDJBKFQJTLPQXOLBRJTUBTRBJFJEF EVTDFSFKFJIUPVUPIEJBLBUFQFJHPVTBOBOBHLIOIEJBNILPKPEPV FYBQBOUPK USFJKFQJUPBVUPTVOBHPNFOPVK TVNZIGXOHJOPNFOXOLBJUXOBQPOUXOLBJTVO UJRFNFOXOEJBHSBNNBUXO UPUFUIODFJSPUPOJBOQPJFJTRBJUPEFLVSPKUXOHJOP NFOXOEJEPTRBJLBRFLBTUIOFQBSDJBOUXÝNIUSPQPMJUIÝFQJTLPQXÝ 153 Siehe dazu PIÉTRI 1976, 411: „Mais le polémiste reconnaît volontiers que Damase occupe la résidence pontificale: consacré sans doute par l’évêque d’Ostie, l’élu respectait une habitude dont l’application se fit plus rigoureuse à la fin du siècle. L’entreprise d’Ursinus paraît – au témoignage de ses partisans, – beaucoup plus improvisée et presque insolite...“. 154 Z.B. der in Ad Afros erwähnte Brief an Damasus, vgl. dazu Kap. 4.1.3.1.1.

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Trotzdem ist es aber offensichtlich, daß die Gegenseite immerhin so viel Bedeutung hatte, daß es zu gewalttätigen Ausschreitungen kam, bzw. die damasianische Partei die Gegner nur mit Gewalt in Schach halten konnte, denn alle vier Quellen berichten mindestens von einer gewalttätigen Ausschreitung. Hieronymus und Rufin nennen einen Kampf im Sicininum bzw. in der basilica Sicinini, Ammian berichtet, daß in der basilica Sicinini an einem Tag 137 Leichen gefunden worden sind, was also durchaus die Möglichkeit offenläßt, daß die Kämpfe einige Tage andauerten; der Ursinerbericht spricht schließlich von mehreren Auseinandersetzungen, wovon offensichtlich die schwerwiegendste mit 160 Toten am 26. Oktober in der basilica Liberii stattgefunden hat. Es liegt also nahe, die basilica Liberii mit der basilica Sicinini zu identifizieren 155 und diesen Ort als die heutige Kirche S. Maria Maggiore zu benennen, da eben diese Kirche auf eine basilica Liberii zurückgehen soll 156 . Deutlich ist, daß wohl auch die damasianische Seite in dieser Auseinandersetzung Schuld auf sich geladen hat, aber sicherlich nicht in dem Ausmaß, wie der Ursinerbericht es darstellt. Ammian berichtet als Historiker, der der Kirche feindlich gegenüberstand, so, als ob zwei gleichwertige Parteien aufeinander losgegangen seien. Meines Erachtens zeigt der geschichtliche Ablauf aber durchaus, daß Damasus mit seiner Wahl im Recht gewesen ist und seine Partei sich gegen die Anfeindungen von Gegnern, die ihnen dieses Recht streitig machen wollten, wehrte. Ob mit den rechten Mitteln, ist dennoch fraglich 157 . Die Bestechungsvorwürfe der Ursinerseite scheinen aber wohl eher ein Mittel zu sein, den Erfolg der Damasuspartei 155 LIPPOLD 1965, 122, will in der Schilderung des Ammian einen Kampf sehen, den der Ursinerbericht verschweigt, weil an dieser Auseinandersetzung in der Schilderung des Ammian beide Seiten Schuld tragen und bei den Kämpfen des Ursinerberichts nur die Seite des Damasus. Meiner Ansicht nach beachtet A. Lippold aber nicht, daß der Ursinerbericht natürlich die Geschehnisse zu Gunsten des Ursinus darstellt und in der Schuldfrage sicherlich nicht objektiv ist. Deshalb ist dies meines Erachtens kein Hinderungsgrund die Kämpfe zu identifizieren und Ammian als Korrektiv zur Schilderung des Ursinerberichts aufzufassen. Außerdem erscheint es mir wahrscheinlicher, den Kampf, den auch Ammian bietet, mit der Auseinandersetzung am 26. Oktober zu identifizieren als mit der dreitägigen Belagerung der basilica Iuli, da für den 26. Oktober Zahlen, die bei Ammian und dem Ursinerbericht ungefähr in einem ähnlichen Bereich liegen, und genaue Schilderungen über den Ablauf vorliegen, während die Geschehnisse um die basilica Iuli doch eher ungenau bleiben. Für eine Identifizierung der basilica Sicinini mit der basilica Iuli sprechen sich aus z.B. RADE 1882, 14 und FERRUA 1938, 53–61. 156 So KÜNZLE 1961, 51–56 und SCHUCHERT 1939, 30–53, vgl. aber auch die Argumente von G. DE SPIRITO, De situ basilicae Liberianae, in: Resoconto delle sedute dell’ A.A. 1993–1994 (15.4.94) a cura di Ph. Pergola, RivAC 70, 1994, 503f. 157 Siehe dazu auch die Bewertung bei PIÉTRI 1976, 408–412.

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zu erklären, als auf tatsächlichen Gegebenheiten zu beruhen 158 . Es ist offensichtlich, daß Damasus Hilfe von staatlicher Seite erhalten hat. Viventius, der nach dem Bericht des Ammian vor den Unruhen kapitulierte und sich in die Vorstadt zurückgezogen hatte, schickte Ursinus ins Exil. So berichtet der Ursinerbericht, freilich mit dem Hinweis, daß Damasus dies mit Bestechung erreicht habe. Ob dies zutrifft, kann weder bewiesen noch widerlegt werden. Jedenfalls wird das Exil des Ursinus bestätigt durch ein undatiertes kaiserliches Schreiben an den Stadtpräfekten Praetextatus 159 , in dem veranlaßt wird, daß die aufgrund von Unruhen Exilierten wieder zurückkehren dürfen. Hier wird nochmals genau der Grund genannt, warum diese Personen vertrieben worden waren: Licet iusta videatur fuisse vindicta, quae illic turbulenter exercitam factionem cohercitione sedavit, ubi maxima debet esse concordia, scilicet in ecclesiae vel sede vel causa, quarum rerum utraque et modestiam poscit et cultum ... . 160

Das Exil war also die Strafe für eine aufrührerische Partei, die Zwietracht in einen kirchlichen Ort und in eine kirchliche Angelegenheit brachte, wo Eintracht, Maßhaltung und Verehrung das wichtigste sind. Damit kommt nun zu den vier bereits ausgewerteten Quellen ein sehr wichtiger Blickwinkel hinzu, nämlich der kaiserliche. Hier scheint die Schuldfrage eindeutig entschieden zu sein, denn der exilierten Partei, d.h. der Partei des Ursinus, wird vorgeworfen, für diese Unruhen verantwortlich zu sein. Außerdem wird hiermit noch einmal bestätigt, daß es an einem kirchlichen Ort, d.h. in einer Kirche zu Auseinandersetzungen kam und deshalb staatlicherseits eingegriffen wurde. Der Ursinerbericht setzt diese Exilierung vor der Auseinandersetzung in der basilica Liberii am 26. Oktober an, während in den Darstellungen des Hieronymus und des Rufin die Geschehnisse so geschildert werden, als ob Ursinus an den Kämpfen beteiligt war. Auch Ammianus geht offenbar davon aus, daß Ursinus an den Auseinandersetzungen teilnahm, und be158 LIPPOLD 1965, 121, sagt darüber: „da wir jedoch kein widersprechendes Zeugnis besitzen, ist nicht auszuschließen, daß Damasus wenigstens in indirekter Form die ihm reichlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel wirken ließ“. Da wir jedoch auch kein Zeugnis besitzen, das die Aussagen des Ursinerberichts, der offensichtlich darum bemüht ist, ein ganz schlechtes Licht auf Damasus zu werfen und dessen Erfolge ins Negative zu wenden, unterstützt, bleibt diese Frage offen, siehe aber auch die Ausführungen Kap. 3.1.1.4. 159 Praetextatus ist der Nachfolger des Viventius. Viventius Tätigkeit als Praefectus urbi ist zuletzt bezeugt für den 5. Mai 367 (COD. THEOD. IX 38,3); Praetextatus wird zuerst bezeugt am 18. August 367 in COD. THEOD. VIII 14,1. 160 AVELL. 5 (CSEL 48,11–15 GÜNTHER): „Obwohl die Strafe gerecht gewesen zu sein scheint, die dort die unruhig aufgewühlte Partei mit Zwangsmittel beruhigt hat, wo die größte Eintracht sein muß, nämlich am Ort der Kirche und in einer Angelegenheit der Kirche, denn beide Dinge fordern Maßhaltung und Verehrung“.

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richtet überdies davon, daß Viventius sich nicht einmischte, erwähnt also keinesfalls einen Eingriff von Seiten des Stadtpräfekten. Stimmt die Chronologie des Ursinerberichts, verschweigen alle anderen Quellen, daß Ursinus bereits zum Exil verurteilt wurde, oder Hieronymus, Rufin und Ammian berichten nur von den Auseinandersetzungen, die der Ursinerbericht als die an der basilica Iuli darstellt, d.h. vor der Ordination des Damasus; dann wäre die Chronologie, die die beiden kirchlichen Schriftsteller bieten, falsch. Meines Erachtens ist es aber am wahrscheinlichsten, daß Ursinus und seine Anhänger nach den Auseinandersetzungen, die in der basilica Liberii bzw. Sicinini stattgefunden haben, ins Exil geschickt worden sind, denn dies ist der einzige Tumult, der auch nach dem Bericht der Ursinergemeinde explizit in einer Kirche (irruentes in basilicam) stattgefunden hat 161 , denn bei der basilica Iuli wird nur gesagt: ... ad basilicam Iuli perrumpit; die Exilierung nämlich hat laut Aussage des kaiserlichen Schreibens an Praetextatus erst nach den Auseinandersetzungen in einer Kirche und eben daraufhin stattgefunden 162 . Deshalb erscheint es durchaus möglich, daß der Verfasser des Ursinerberichts die Chronologie der Ereignisse verschleiert und ändert, um Ursinus in einem besseren Licht zeigen zu können. Ebenfalls aus kaiserlichen Schreiben können die weiteren Ereignisse im Fall des Ursinus erschlossen werden. 4.2. Der weitere Verlauf des Falls Ursinus In dem schon genannten kaiserlichen Schreiben wird veranlaßt, daß die im Zuge der Tumulte exilierten Aufrührer gnadenhalber wieder zurückkehren dürfen, jedoch mit der Auflage, daß sie, wenn sie den wiederhergestellten Frieden erneut zerstören, sehr hart bestraft werden: Cunctos igitur, qui sunt eius et sortis et culpae, praecelsa sublimitas tua nostri auctoritate iudicii liberabit. Hanc vero formam tenebit in posterum, ut si idem pristino statui restituti aliquid spiritu iterum gesserint inquieto, quo tranquillitas reformata turbetur, severissima in eos sententia proferatur. Nullam enim possunt veniam promereri, qui non desinunt peccare post veniam. 163

Im Gegensatz zum Ursinerbericht wird hier nur von einer Rückkehr aus Milde und mit Auflagen gesprochen. Der Ursinerbericht nennt aber das Datum dieser Rückkehr des Ursinus, Amantius und Lupus, nämlich den 15. 161

Wie auch AVELL. 5,1 (48,14) berichtet: in sede ecclesiae. AVELL. 5,1 (48,15–18): tamen nos omnes, qui nuper propter illum tumultum deportatione damnati sunt, et propriae lenitate naturae et ipsius religionis ac legis contemplatione miseremur, Praetextate karissime ac iocundissime. Vielleicht ist diese kaiserliche Gnade tatsächlich auf den Wunsch der in der Basilica Liberii bittenden und betenden Anhängerschaft des Ursinus zurückzuführen. 163 AVELL. 5,2 (48,18–25). 162

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September 367, so daß das kaiserliche Schreiben vor diesem Ereignis zu datieren ist. Aus ihm geht jedoch hervor, daß sich zu diesem Zeitpunkt die Auseinandersetzungen beruhigt hatten und Frieden herrschte (tranquillitas reformata). 164 Dieser Friede hält aber offenbar nicht lange an, denn in einem weiteren kaiserlichen Schreiben an Praetextatus, das auf den 12. Januar 368 datiert ist, wird bereits wieder auf eine Exilierung der Ursiner zurückgeblickt: Itaque quoniam animadversionum occasionibus non favemus, Ursini sociis ac ministris, quos praecelsa sublimitas tua propter quietem urbis aeternae de medio putavit esse tollendos, Roma tantum, cuius tranquillitati studetur, excepta, ubicumque maluerint absque aliqua religionis iniuria, ut peregrinari potius quam exulari videantur, proprio liceat iure versari, Praetextate parens karissime atque amantissime. Neque enim interest nostra, quem habitationis eligant locum, dummodo incentivis dissensionibus ablatis firma sit rursus in plebe concordia. 165

Allerdings wird hier das Exil insoweit wieder aufgehoben, daß die Anhänger des Ursinus frei darin sind, ihren Wohnort außerhalb Roms zu wählen, denn es gehe nur darum, die Stadt Rom vor Unruhen zu bewahren; man will also von kaiserlicher Seite aus die Maßnahmen so milde wie möglich halten. Ob Ursinus selbst in einem weiter entfernten Exil bleiben muß, wird hier nicht angesprochen. Der Ursinerbericht bemerkt zu dieser zweiten Exilierung nur, daß Ursinus am 16. November 367 auf Befehl des Kaisers freiwillig ins Exil eilte, von einer Verbannung der Anhänger weiß er nichts direkt zu berichten. Aber auf Maßnahmen dieser Art weisen andere Bemerkungen hin. Denn in der darauffolgenden Zeit werden die Versammlungen der Ursiner sine clericis abgehalten, d.h. sie sind wohl ihrer klerikalen Führungsschicht beraubt worden, und nicht mehr in der Basilica Liberii, sondern auf Friedhöfen, d.h. man scheint staatlicherseits schärfer gegen sie vorgegangen zu sein, so daß sie sich nun heimlich treffen mußten und keine eigene Kirche mehr zur Verfügung hatten. Dies wird durch ein weiteres kaiserliches Schreiben bestätigt, das veranlaßt, daß eine Kirche 166 , die im Besitz der Ursiner war, an Damasus zurückgegeben wird. Dabei wird aber gleichzeitig bestätigt, daß der Urheber der Tumulte, also sicherlich Ursinus, aus der Stadt entfernt worden ist und man auch sonst nichts in der Stadt belassen möchte, wodurch der Streit wieder entfacht werden könnte 167 :

164

Siehe dazu auch PIÉTRI 1976, 415. AVELL. 7,2 (49,22–50,6). 166 Nach der Überschrift des Schreibens handelt es sich wiederum um die basilica Sicinini, vgl. dazu oben Kap. 1.4.1. 167 Vgl. dazu auch PIÉTRI 1976, 415–417. 165

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Dissensionis auctore sublato omnis causa discordiae sopienda est, ne aliqua manente materia nihil prosit e medio sustulisse fomitem iurgiorum, Praetextate parens karissime atque amantissime. 168

Zum ersten Mal wird in diesem Zusammenhang von kaiserlicher Seite aus Damasus als Bischof der Stadt Rom, der mit den Verteidigern der römischen Kirche identifiziert wird, genannt, der unterstützt werden soll und der selbst offenbar ein Schreiben an die Kaiser gerichtet hat, worin er klagt, daß die Ursiner noch eine Kirche innehaben, von der aus wiederum ein Tumult entstehen könnte. Die Damasuspartei stellt die Geschehnisse so dar, daß die Ursiner von dieser Kirche aus schon einmal eine Auseinandersetzung angezettelt haben: Quam ob rem praecelsa sublimitas tua defensorum ecclesiae urbis Romae sive Damasi sacrae legis antistitis petitione perspecta, qua una tantum ex ecclesiis catholicae religionis obsequio a dissentientibus adhuc dicitur retentari, quoniam pro publica securitate metuendum est, ne aliqui hinc iterum tumultus oriatur, quandoquidem non parva sit separationis effigies, si ita aliquid putetur obclusum 169 .

Diese Kirche soll nun Damasus geöffnet werden, damit alle erkennen, wie wichtig die Einheit der Kirche sei, um im Frieden zusammenleben zu können: ... Damaso eam iubebit aperiri, ut singuli universique cognoscant, quo unitas studio sit colenda, qua omnibus pace vivendum, cum ecclesiis restitutis plenissimam postulet congregatio ubique permissa concordiam. 170

Der zitierte Erlaß muß in Übereinstimmung mit der Chronologie des Ursinerberichts nach der zweiten Exilierung des Ursinus, also nach dem 16.11.367 ausgesprochen worden sein, als die Ursiner sich nur noch heimlich auf Friedhöfen treffen konnten, da die friedliche Einheit der römischen Kirche unter dem Bischof Damasus angeordnet worden war. Das heißt gleichzeitig aber auch, daß bis zu diesem Zeitpunkt eine zweite Gemeinde in Rom existiert hat, die in einer eigenen Kirche Gottesdienste abgehalten hat. Die Rückkehr der Exilierten zum 16.09.367 fand also staatlicherseits in dem Bewußtsein statt, daß zwei Gemeinden in Rom bestanden und gegen diese zweite weiterhin nichts mehr unternommen werden sollte, solange sie sich ruhig und friedlich verhielt. Erst der zweite Erlaß greift in innerkirchliche Angelegenheiten ein, indem die Einheit der römischen Kirche unter Damasus verordnet wird als Garantie dafür, daß in Zukunft keine kirchlichen Tumulte mehr entstehen können. Wiederum kann hier die Frage gestellt werden, um welche Kirche es sich im Schreiben an Praetextatus Avell. 6 handelt. Die Überschrift nennt 168

AVELL. 6,1 (49,3–7). AVELL. 6,2 (49,7–13). 170 AVELL. 6,2 (49,13–17). 169

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sie basilica Sicinini 171 , was wiederum für eine Identifikation mit der in diesem Zusammenhang im Ursinerbericht genannten basilica Liberii sprechen würde 172 . Damit war der Fall Ursinus aber noch lange nicht abgeschlossen, denn nun waren die Probleme nur vor die Tore der Stadt Rom verlagert. Dies belegen weitere kaiserliche Schreiben. Der Nachfolger des Praetextatus Olybrius 173 soll dafür sorgen, daß nicht wieder Zwietracht unter den Christen in Rom Einzug hält, denn außerhalb der Stadt gäbe es Zusammenkünfte und Tumulte 174 , wie der Vicarius Aginatius zu berichten weiß. Auch er wird durch ein kaiserliches Schreiben dazu angehalten, diese Tumulte nicht in die Stadt Rom eindringen zu lassen: Omnem his dissensionibus causam, quae, ut prudentia scripsit, sacratissimam urbem Christianorum populo fluctuante confundunt, auferre cupientes iubemus his litteris, ut ab his, quos iuvat turbulenta seiunctio, nullus intra vicesimum lapidem conventus habeatur, Aginati karissime ac iocundissime. 175

Daß es Olybrius gelang, diese Tumulte zu unterbinden, ist einem späteren kaiserlichen Schreiben zu entnehmen, das sich erfreut über den Bericht des Praefectus urbi zeigt, daß die Unruhen die christliche Religion betreffend eingedämmt worden seien: Cum nihil possit esse iocundius vel abundatia vel quiete ac summa felicitas sit, quotiens duo ista iunguntur, procul dubio sublimitas tua perspicit, quam gratae nobis litterae tuae fuerint, cum et eos esse compressos, qui sanctissimam legem tumultu et seditione miscuerant, et annonam communis omnium patriae paulatim in statum pristinum redire coepisse testatae sunt ... . 176

171

LIPPOLD 1965, 124 betont allerdings, daß diese Überschrift erst nachträglich hinzugefügt worden ist. 172 Vgl. dazu auch die Ausführungen oben Kap. 1.4.1. 173 Er war Praefectus urbis Romae 369–370 zuletzt belegt in COD.THEOD. II 10,5 am 21.August 370, siehe SEECK, Art Anicius 40) Q.Clodius Hermogenianus Olybrius, PRE 1, 1894, 2203f. 174 AVELL. 8 (50,9–21): ... praestare voluisti, ut nulla in urbe Roma possit esse discordia Christianorumque populus profunda in otio securitate gaudere. Sed quantum Aginatii clarissimi viri vicariae praefecturae scripta testata sunt, adhuc aliquantos placata miscere delectat extramuranisque conventibus frequens strepitus excitatur, Olybri parens karissime atque amantissime. Quam ob rem egregia sublimitas tua istius auctoritate praeceptionis et patriae praestet et legi, ut populo dissenentiti nulla intra vicesimum lapidem vel religio ad coeundum possit esse vel copia, ut, si cessare non vult, migret, ut iussum est, insana collectio. Ita demum enim tumultibus cunctis procul longeque summotis certa pax plebi in aevum omne tribuetur. 175 AVELL. 9,1 (50,23–51,3). 176 AVELL. 10,1 (51,15–21).

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Daraufhin wird während der Praefektur des Ampelius 177 durch kaiserliche Schreiben eine Erleichterung der Exilierung des Ursinus und seiner Genossen angeordnet, die demnach nach Gallien verbannt worden waren. Das Exil wird nicht aufgehoben, sondern die Verbannung lediglich für Rom und Umgebung ausgesprochen. Weiterhin wird jedoch daran festgehalten, daß Ursinus und seine Anhänger unrechtmäßig gehandelt haben und sie zurecht verbannt worden sind; jedoch wollen die Kaiser mit der Milderung ihres Urteils einen Gnadenakt erweisen. Diese Anordnung richten die Kaiser schriftlich an Ampelius 178 , den praefectus urbi, und Maximinus 179 , den vicarius urbis Romae, mit der Auflage, daß Ursinus und seine namentlich genannten Anhänger sich hinfort ruhig verhalten, ansonsten werde man noch härtere Urteile fällen: Est istud divinitus institutum mansuetudini nostrae, ut, etiamsi morum emendatio in hominum vita sufficiat, numquam tamen ab indulgendi studio et voluntate cessemus mitioremque esse cupiamus correctionis iniuriam quam provocant merita delinquentum. E quo oritur, Ursino, quem propter quietem populi Christiani et debitam religioni ac legibus disciplinam uno interim loco morari intra Gallias iusseramus, sub ea conditione evagandi arbitrium praeberemus, ne vel ad urbem Romam vel ad regiones suburbicarias audeat commeare. Qui si ingrata pertinacia statutum mansuetudinis nostrae egrediendum putaverit, eundem non iam ut Christianum, quippe quem a communione religionis mentis inquietudo disterminat, sed ut hominem factiosum perturbatoremque publicae tranquillitatis legum et religionis inimicum iuris severitas persequatur, Maximine karissime ac iocundissime. Sinceritas igitur tua iussionis nostrae serie debita veneratione praelata singularum urbium atque regionum, quibus temporarie praeest, primores atque incolas propria scriptione conveniat, quatenus sciant ita memorato egrediendi terminos iure praescriptos una cum inquietudinis suae errorisve consortibus Gaudentio Urso Rufo Auxanone Auxanio Adiecto Leontio nec non Rufino licentiam praebitam, ut ab interdictis locis incessum intellegant abstinendum. Sic enim mansuetudinis nostrae indulgentiam temperamus, ne occasione praestita vicinitate inquietorum ad aliquam forsitan vociferationem religiosi populi studia provocemus. 180

177 Zuerst als praefectus urbi am 1. Januar 371 (COD.THEOD. XV 10,1) belegt, die letzte Erwähnung am 22. August 372 (COD.THEOD. VI 4,21), siehe SEECK, Art. Ampelius 2) PRE 1, 1894, 1881. 178 AVELL. 11. 179 AVELL. 12.: Am 19.März 370 noch praef. annonae, am 13.Juli 371 bereits praef.praet.Galliarum, siehe dazu ENSSLIN, Art. Maximinius 6), PRE Suppl. 5, 1931, 663f. Also wurden die kaiserlichen Schreiben, die gleichzeitig an Ampelius und Maximinus gesandt wurden, ungefähr in der Zeit Ende 370/Anfang 371 verfaßt. 180 AVELL. 12,1–3 (53,14–54,13) an Maximinus, vgl. auch AVELL. 11,2f. (52,15–53,5) an Ampelius: Dudum Ursini inquietudine provocati, faventes concordiae populi Christiani, quieti etiam urbis sacratissimae providentes uno interim loco intra Gallias dumtaxat perturbatorem tranquillitatis publicae statueramus iure cohiberi, scilicet ne applicatione morum late dissensionis incommodum spargeretur. Verum naturae nostrae mansuetudine levigati ita memorato abscedendi copiam dedimus, ne ad urbem Romam vel certe

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Kapitel 1: Biographische Fragmente

Ursinus scheint nun wieder an Einfluß zu gewinnen, denn in dem Schreiben einer römischen Synode im Jahr 378 beklagt man sich wieder über die Umtriebe des Ursinus. Er habe unrechtmäßige Ordinationen vorgenommen und andere aufgehetzt, sich gegen das Urteil des römischen Bischofs aufzulehnen, obwohl sie eigentlich eingesehen hätten, daß sie zurecht verurteilt worden waren: Sed quoniam licet iamdudum vestrae clementiae iudicio relegatus Ursinus per eos quos illicite sacrilegus ordinavit, vilissimum quemque occulte licet sollicitare conatur eoque exemplo nonnulli episcopi qui male ecclesiis incubant usu temeritatis suae et profani conspiratione contemptus, ne acquiescant Romani sacerdotis iudicio, lacessuntur, ita ut etiam qui se intellegunt pro meritorum suorum ratione damnandos vel damnatos esse viderunt, redempta vulgi multitudine iudices suos terrore mortis exagitent contemptisque cognitoribus vel fugatis illicitum obtineant sacerdotium .... 181

Außerdem habe Ursinus den Juden Isaak angestachelt, eine Kapitalanklage gegen Damasus zu erheben, und ihn vor Gericht zu bringen 182 . Dieser Prozeß muß nach der Rückkehr des Ursinus aus Gallien 370/71 stattgefunden und sich einige Zeit hingezogen haben, denn mit Erlassen, die die Kaiser an den vicarius urbis Simplicius (374/75) gerichtet hatten, scheinen erneut Maßnahmen gegen Ursinus eingeleitet worden zu sein. Das kaiserliche Reskript an den vicarius urbis Romae Aquilinus, in dem die Kaiser auf das römische Synodalschreiben reagieren, antwortet mit der Bestätigung dieser an Simplicius gesandten Anordnungen: Etiamne vividius est, quod Ursini inussit amentia, quam quod serenitas nostra mitibus persuasit edicitis, ut omnes, qui impios coetus profanata religione temptarent, vel ad centesimum urbis miliarium pellerentur, ubi pertinax furor ab obsequentibus destitutus in eius tantum perniciem rueret, qui solus erraret, et ut condemnati iudicio recte sentientium sacerdotum reditum postea vel ad ecclesias, quas contaminaverant, non haberent vel integrationem iudicii frustra nobis impudenti pervicacia precarentur? Repetat laudanda et spectata sinceritas tua, quales ad virum clarissimum Simplicium quondam vicarium litteras clementia nostra transmiserit, et desinat iterationem sperare mandati, quia pigendus mansuetudinis nostrae pudor est instaurare praeceptum. Ursinum quidem Gallia cohercet et, ne motus aliquos inquietos exerceat, cohibet

suburbicarias regiones pedem introferre aut nequitiae suae contagionem conetur infundere. Id etiam de ceteris erroris eius consortibus, Gaudentio videlicet, Urso, Rufo, Auxanone, Auxanio, Adiecto, et Rufino sancimus, ut quos nequitiae similitudo complectitur, eos eadem etiam conditio emendationis astringat. Quod si quispiam ex memoratis sacrilega intentione statutum mansuetudinis nostrae transgrediendum putaverit, non iam ut Christianus sed ut legum ac religionis ratione seclusus severitatem publicae animadversionis agnoscat. 181 AMBR., ep. extra coll. 7,4 (193,49–59). 182 AMBR., ep. extra coll. 7,8f. (195,89–123), siehe zum Prozeß die Ausführung weiter unten Kap. 3.1.1.4.

4. Ursinus, der Gegenspieler

53

Agrippina secessio; quem tamen ipsum per occursantes obtundentem saepius quam maerentem ad hoc, ut frequentius abiceretur, audivimus. 183

Die Kaiser nehmen also Bezug auf die nicht erhaltenen Schreiben an Simplicius, in denen bestimmt wird, daß sich Leute, die gottlose Versammlungen abhalten, das heißt wohl unter anderem die ein kirchliches Amt unrechtmäßig innehaben, nur 100 Meilen von der Stadt, wohl Rom, entfernt aufhalten dürfen, und daß diese Leute auch nicht zu ihren Gemeinden zurückkehren dürfen, wenn sie von rechtgläubigen Bischöfen verurteilt worden sind, noch staatlicherseits Hilfe erwarten können. Über Ursinus wird gesagt, daß er sich in Gallien bzw. Köln aufhalte, jedoch dort nicht trauere, sondern weiterhin durch von ihm bestellte Angreifer Widerstand leiste, obwohl er doch mehrfach vertrieben worden sei. Offenbar ist also Ursinus, nachdem er durch die kaiserlichen Schreiben an Ampelius und Maximinus aus seinem Exil in Gallien zurückkehren durfte, wiederum dorthin verbannt worden, da er sich offensichtlich im Jahr 378 dort aufhält. Er hat aber anscheinend noch eine so große Anhängerschaft, daß er aus seinem Exil heraus Leute senden kann, die für ihn Partei ergreifen und in seinem Sinne gegen Damasus hetzen, wie aus der Relatio der römischen Synode an die Kaiser hervorgeht. Eben davon spricht auch ein Schreiben der Synode von Aquileia an die Kaiser im Jahr 381, in dem Ursinus in derselben Weise als Gefahr genannt wird: Nam licet frequenter convenerimus Ursinum non potuisse obrepere pietati vestrae – quamvis quietum nihil esse patiatur et inter bellicas necessitates obreptio importuna temptetur –, tamen ne sancta mens vestra animique tranquillitas, quae omnibus consulere gestit, importuni hominis simulata adulatione flectatur, deprecandos vos et obsecrandos si dignanter ducitis aestimamus, non solum praecaventes futura, sed etiam praeterita, quae iam ipsius temeritate gesta sunt, perhorrescentes. Nam si aliquam viam nactus fuerit audaciae, quid non ille confundat? 184

Hier wird unter anderem davon gesprochen, daß Ursinus sich mit Arianern und Juden verbündet und sich in Mailand aufgehalten habe 185 . Dort habe er sich mit dem Homöer Iulianus Valens 186 zusammengetan. Mailand scheint 183

AVELL. 13,2–4 (55,2–18). AMBR., ep. extra coll. 5,2 (183,14–24). 185 AMBR., ep. extra coll. 5,3 (183,32–40): Qui – quod plerique sicut in hoc concilio cognovimus et vidimus – cum Arrianis copulatus atque coniunctus erat eo tempore, quo turbare Mediolanensem ecclesiam coetu detestabili moliebatur cum Valente, nunc ante synagogae fores, nunc in Arrianorum domibus miscens occulta consilia et suos iungens, et, quoniam ipse aperte in eorum congregationes prodire non poterat, instruens et informans quemadmodum pax ecclesiae turbaretur; quorum furore respirabat quod eorum posset fautores et socios emereri. 186 Vgl. zu Iulianus Valens und Ursinus in Mailand: MARKSCHIES 1995, 134–142 und MESLIN 1967, 66f. 184

54

Kapitel 1: Biographische Fragmente

der ideale Aufenthaltsort für Ursinus gewesen zu sein, nachdem seine Verbannung 370/71 bis auf 20 Meilen um Rom aufgehoben worden war. Es ist durchaus naheliegend, daß er sich nach seiner Rückkehr aus Gallien in Mailand niedergelassen hat und dort seine Anhänger um sich sammelte; inwieweit er sich dort aber mit Homöern und Juden verbündet hat, ist aufgrund der schmalen Quellenbasis nicht genau zu bestimmen. Die Äußerungen der Synode von Aquileia sind sicher darum bemüht, Ursinus in ein schlechtes Licht zu rücken, dessen nicaenische Rechtgläubigkeit eigentlich ansonsten nicht in Frage gestellt wird 187 . Wie lange Ursinus sich in Mailand aufgehalten hat, kann ebensowenig genau gesagt werden. Das kaiserliche Schreiben vom Jahr 378 geht jedoch davon aus, daß er sich zu diesem Zeitpunkt bereits wieder in Gallien im Exil befand. Der aktuelle Anlaß für das Schreiben der Synode scheint die Befürchtung zu sein, daß sich die Kaiser von ihm überreden lassen, ihn zu unterstützen, da er jetzt durch einen gewissen Paschasius sein Unwesen treibe und versuche, die römische Bevölkerung aufzuhetzen: Quod etiam si deforet, tamen totius orbis Romani caput Romanam ecclesiam atque illam sacrosanctam fidem apostolorum ne turbari sineret obsecranda fuit clementia vestra ... Et ideo petimus et rogamus ut obripiendi ei adimere dignemini facultatem ... Verum longe alienus ab omni verecundia per abscissum hominem Paschasium signiferum furoris sui missis litteris serit turbas, gentiles quoque et perditos concitare conatur. Oramus ergo ut iam et populo Romano, qui post relationem praefecti urbis pendet incertus, et nobis sacerdotibus securitatem indicta importunissimi hominis abiectione tribuatis. Quo impetrato apud deum omnipotentem patrem et filium eius dominum deum gratias iugi continuatione celebremus. 188

Die Kaiser werden also darum gebeten, auch den Aufrührer Paschasius zu vertreiben, ein Anliegen, das offenbar auch schon ergebnislos dem Stadtpräfekten vorgetragen worden war 189 . Selbst bei der Wahl des Siricius als Nachfolger des Damasus scheint Ursinus noch eine Rolle zu spielen, denn man gratuliert den Christen dazu, daß einträchtig Siricius gewählt wurde, aber Schmähungen gegen Ursinus ausgesprochen wurden: Proinde quoniam religiosum Siricium antistitem sanctitatis sic praeesse sacerdotio voluerunt, ut Ursinum improbum acclamationibus violarent, nostro cum gaudio memoratus episcopus esse permaneat ...; siquidem magnum innocentiae et probitatis exemplum est in una acclamatione et ipsum eligi et ceteros improbari. 190

187

Siehe dazu auch MARKSCHIES 1995, 140; MCLYNN 1994, 58f.48.90139; GREEN 1971, 531–538. 188 AMBR., ep. extra coll. 5,4–6 (184,46–51;185,62–71). 189 Diese unsichere Lage in Rom ist vielleicht auch ein Grund dafür, warum Damasus nicht an der Synode von Aquileia teilgenommen hat. 190 AVELL. 4,2 (48,2–7).

4. Ursinus, der Gegenspieler

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Danach wird Ursinus nicht mehr erwähnt. Deutlich ist aber, daß der Konflikt zwischen Damasus und Ursinus den Episkopat des Damasus ständig begleitet hat und einmal mehr und einmal weniger in den Vordergrund trat. Ursinus verfügte offenbar über eine relativ große Anhängerschaft, die er in der Zeit zwischen seinen Exilsaufenthalten in Gallien in Mailand um sich scharte. Er nahm offenbar auch Ordinationen vor und ließ durch seine Gefolgsleute Bischöfe, die von Damasus ihrer Ämter enthoben waren, gegen den Bischof von Rom aufhetzen. Daß Damasus das Problem Ursinus lange beschäftigt hat, wird auch dadurch deutlich, daß bis zum Jahr 375 sehr wenig über sonstige kirchenpolitische Tätigkeiten des Bischofs von Rom bekannt ist. Aus den ersten acht Jahren seines Episkopates ist uns nur ein einziges Synodaldokument, an dem er beteiligt war, nämlich Confidimus quidem, überliefert. Alle anderen Dokumente sind nach 374 anzusetzen, d.h. nachdem die Schreiben an Simplicius erlassen worden waren 191 , die offenbar eine Festigung und Stärkung der Stellung des Damasus in Rom und Italien bewirkt haben, so daß er sich anderen kirchenpolitischen Themen zuwenden konnte. 4.3. Chronologie der Auseinandersetzungen Damasus-Ursinus 24.09.366

(01.10.366 nach dem Liber pont.)

26.10.366

Sommer 367 15.09.367 16.11.367

191

Tod des Liberius (AVELL. 1,4) Doppelwahl des Damasus (in Lucinis) und Liberius (basilica Iuli) zum Bischof von Rom (AVELL. 1,5) (AVELL. 1,5: ?Bischofsweihe des Ursinus? 3 Tage Auseinandersetzungen bei der basilica Iuli) Bischofsweihe des Damasus im Lateran ?post septem dies?: AVELL. 1,6 vor der Bischofsweihe des Ursinus: RUFIN, h.e. XI 10; HIER., Chron.ad a. 366) (?Exil des Ursinus?: AVELL. 1,6) Auseinandersetzungen in der basilica Liberii bzw. basilica Sicinini (AVELL. 1,7; RUFIN, h.e. XI 10; HIER., Chron.ad a. 366; AMM.MARC. XXVII 3,12f.) Exil des Ursinus (AVELL. 5,1; [6,2]) Aufhebung des Exils (AVELL. 1,10; 5) Rückkehr des Ursinus, Amantius und Lupus nach Rom (AVELL. 1,10) Wiederum Verbannung des Ursinus nach Gallien (AVELL. 1,11; 7; 11,2) Übergabe der basilica Sicinini an Damasus (AVELL. 6);

Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 3.1.

56

12.01.368

Oktober 368 370/71

Zwischen 370/371 und 374/75

374/375 378

381 385

Kapitel 1: Biographische Fragmente von Okt. 366 bis zu diesem Zeitpunkt existiert neben der Damasusgemeinde eine Ursinergemeinde mit eigener Kirche, danach wohl immer noch, aber mit heimlichen Zusammenkünften (Auseinandersetzung am Grab der Hlg. Agnes: AVELL. 1,12). Erleichterung der Verbannung der Genossen des Ursinus (der engere Kreis um Ursinus bleibt aber offenbar in Gallien): die Verbannung wird auf Rom beschränkt (AVELL. 7). aber: Unruhen vor der Stadt (AVELL. 8 und 9) Synode in Rom ad natale suum (AVELL. 1,13) Aufhebung des Exils für Ursinus und seine Genossen; nur das Gebiet von Rom und 20 Meilen um Rom dürfen sie nicht betreten (AVELL.11 und 12). Prozeß gegen Damasus (AMBR., ep. extra coll. 7,8–11; und AVELL. 13,5.9; RUFIN, h.e. XI 10; HIER., ep. 1,15) Ursinus sammelt seine Anhänger in Mailand um sich (AMBR., ep. extra coll. 5,3). Kaiserliche Schreiben an Simplicius, den vicarius urbis (AVELL. 13,1–3) Anordnung der Verbannung des Ursinus Ursinus ist bereits einige Zeit im Exil in Gallien, trotzdem wirkt er durch seine Anhänger (AMBR., ep. extra coll. 7,2.4– 8; AVELL. 13,1–4). Ursinus hetzt durch seinen Anhänger Paschasius in Rom (AMBR., ep. extra coll. 5,5). Auch bezüglich der Wahl des Siricius zum Nachfolger des Damasus wird Ursinus als Opponent erwähnt (AVELL.4).

Kapitel 2

Damasus, die Märtyrer und die Christianisierung Roms: Epigrammata Damasiana 1. Einführung Die wichtigste Quelle für Damasus und sein stadtrömisches Wirken sind die Epigramme, die er verfaßt hat und in Stein meißeln ließ. Während bei einem großen Teil der Briefe, die Damasus zugeschrieben werden, das Maß seiner Autorschaft nicht gänzlich bestimmt werden kann 1 , nennt sich Damasus in vielen Epigrammen selbst als Verfasser und wird auch von einem Zeitgenossen als Dichter gerühmt 2 . Trotzdem kann der Umfang seines dichterischen Werkes nicht genau bestimmt werden, da bei einzelnen Epigrammen dennoch seine Autorschaft unsicher bleibt 3 bzw. sicherlich sehr viele Inschriften verloren gegangen sind, was schon die große Zahl an Fragmenten zeigt 4 . Jedoch ist bei den im folgenden zu analysierenden Epigrammen zu beachten, daß Damasus mit seinen Inschriften in der Tradition der antiken Epigrammdichtung steht und viele Elemente daraus übernimmt, so daß, um zu Erkenntnissen über Damasus selbst zu gelangen, besonders die speziell damasianischen Elemente seiner Dichtung herausgefiltert werden müssen.

1

Vgl. dazu DAM., epist. 1.2.4; decr.Dam.; decr.ad Gallos episc.; relatio, während dagegen nur epist. 3.5–7 eindeutig als Absender Damasus nennen; zu epist. 8f. siehe die Ausführungen in Kap. 1.3.5. 2 HIER., vir.ill. 103: Damasus, Romanae urbis episcopus, elegans in versibus conponendis ingenium habuit multaque et brevia opuscula heroico metro edidit et prope octogenarius sub Theodosio principe mortuus est. 3 Siehe dazu z.B. die unterschiedliche Bewertung der Epigramme bei IHM 1895 und FERRUA 1942, siehe dazu die Synopse bei FERRUA 1942, 315f. 4 Siehe DAM., epigr. 5f.9.13f.22f.26f.29f.34.36.38.49.52–56 (FERRUA 1942, 96–98; 105;114–117;148–150;156–159;163f.;168f.;174f.;178f.;197–200;205–209): Diese Fragmente werden im folgenden beiseite gelassen, da ihr Inhalt nicht mehr rekonstruierbar ist; zu den Fragmenten siehe auch BONAVENIA 1910, 227–251; DERS. 1911, 23–37.123–142; JOSI 1932, 147–150; DERS. 1939, 320–322.

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

1.1. Die Epigrammdichtung Damasus steht mit seinen Epigrammen, d.h. mit seinen metrisch verfaßten Inschriften, in der Tradition der römischen Epigrammdichtung, die bis in die republikanische Zeit zurückreicht und mit den ältesten Scipionenelogien 5 einsetzt. Die weitaus größte Anzahl von Epigrammen sind Grabinschriften, darüber hinaus gibt es abgesehen von den literarischen Epigrammen z.B. Architekturinschriften, Weih- und Ehreninschriften und Epigramme auf Persönlichkeiten 6 , Formen, die sich auch im Werk des Damasus finden. Poetische Epitaphien werden vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis ins 3. Jahrhundert n. Chr. hauptsächlich beim Mittelstand verwendet, während die Aristokratie prosaische Epitaphien vorzieht. Erst ab dem Ende des 3. Jahrhunderts gewinnt die metrische Inschrift wieder an Beliebtheit beim Adel 7 . Diese Sitte der metrischen Grabinschrift haben die Christen Ende des 3. Jahrhunderts vor allem im lateinischen Bereich übernommen 8 . Seit Konstantin werden auch christliche Architektur-, Dedikations- und Altartituli verfaßt. Diese Inschriften schließen sich in Form und inhaltlichen Motiven mitunter stark an ihre paganen Vorbilder an und tragen oft nur wenige christliche Merkmale 9 . 5 CLE 6.7, vgl. dazu HERZOG 1989, 226, vgl. auch LAUSBERG 1982, 145 und 1997, 1112–1114. 6 Siehe zu den verschiedenen Untergattungen des Epigramms LAUSBERG 1982 und BERNT 1968, 1–41. 7 HERZOG 1989, 226. Siehe auch FONTAINE 1981, 113f., der den explizit paganen Charakter der Grabepigramme und die Unvereinbarkeit der gewöhnlichen Epigrammthemen mit christlichen Aussagen unterstreicht: „Quant à l’éloge des citoyens d’élite et des magistrats, il supposait une foi en l’immortalisation par la gloire, contraire à une éthique évangélique qui prônait, tout au contraire, l’humilité et l’oubli de soi. L’horreur de la mort, ou l’indifférence épicurienne qu’exprimait la formule non fui, fui, non sum, non curo ..., constituaient des défis, de signe opposé, à l’espérance chrétienne en la ‘vie éternelle’. Qui pis est, la poésie épigraphique se trouvait triplement disqualifiée. Comme poésie; comme expression, souvent ampoulée, des thèmes qui viennent d’être mentionnés; enfin, par le fait que ces carmina funebria célébraient souvent, aux siècles de l’Empire païen, des hommes et femmes du spectacle: musiciens, chanteurs, baladins.“ 8 LAUSBERG 1982, 145; PIÉTRI 1983, 580 über die Versinschriften: „Der Mode entsprechend machen sie Anleihen bei heidnischen Gedanken, spiegeln jedoch eine andere soziale und kulturelle Atmosphäre wider [als Prosainschriften]. ... Denn diese Texte, deren Mehrzahl aus Rom (40%) u. Italien stammt ..., gehören vorwiegend in eine aristokratische u. klerikale Umwelt. Datiert vom 4.Jh. bis zur Mitte des 7.Jh. in Italien, etwas später in Gallien (5./6. Jh.) ...“. 9 Vgl. dazu z.B. ICUR NS 7,17431 (aus dem Jahr 345); ICUR NS 1,887 (aus dem Jahr 348); ICUR NS 8420 (aus dem Jahr 355) und die Untersuchungen von BESOUW 1941, LATTIMORE 1962 und SANDERS 1991. Diese Übereinstimmungen mit paganer Epigrammdichtung werden in der folgenden Untersuchung jeweils an Einzelbeispielen genannt.

1. Einführung

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Zeitlich vor Damasus können nur sehr wenige christliche Versinschriften sicher datiert werden 10 . R. Herzog führt in seinem Handbuch der lateinischen Literatur zwischen den Jahren 284 und 374 ohne die damasianischen Tituli 28 Sepulkralgedichte und 2 nichtsepulkrale Inschriften auf, die mit einer Datierung in diese Zeit versehen sind, sowie 7 Sepulkralgedichte und 14 nichtsepulkrale Inschriften, die aufgrund historischer Bezüge in diese Zeit datiert werden können, also insgesamt 51 Epigramme, von denen nur 29 sicher vor dem Jahr 366 entstanden sind, davon 17 christliche Versinschriften; von diesen befinden sich 12 Inschriften in Rom: 9 Sepulkralinschriften 11 und 3 nichtsepulkrale Tituli. Viele Versinschriften bieten keinen Datierungsanhalt, so daß durchaus noch andere überlieferte Epigramme in diesen Zeitraum fallen können. Für eine Einordnung der damasianischen Inschriften können jedoch vor allem diese 12 genannten Inschriften herangezogen werden. Insbesondere interessant für einen Vergleich sind die nichtsepulkralen Inschriften, die die Konstantinfamilie veranlaßt hat, und ein Epigramm auf Marcellinus, einen Bischof von Rom; die übrigen Epigramme sind von paganen Inschriften kaum zu unterscheiden. Anhand der Überlieferung kann man sicher sagen, daß Damasus der erste Verfasser von christlichen Epigrammen ist, der als Person greifbar und erkennbar wird 12 . Es sind keine Märtyrerepigramme vor Damasus überliefert, nur die Inschrift für die der Märtyrerin Agnes geweihte Kirche, die wohl Konstantia, die Tochter Konstantins, veranlaßt hat 13 .

Eine genaue Charakterisierung von paganen und christlichen Epigrammen würde den Rahmen dieser Abhandlung sprengen. 10 Siehe dazu auch FONTAINE 1981, 116 und Anm. 187, der Damasus die Einführung speziell christlicher Epigraphik zuschreibt: „L’oeuvre damasienne apparaît ainsi comme l’aboutissement d’une poésie épigraphique chrétienne, tout autant que d’un développement des modèles différenciés de la spiritualité chrétienne ... La poésie épigraphique et funéraire chrétienne n’apparaît vraiment qu’un peu avant Damase, au milieu du IVe siècle. Le phénomène correspond à la conversion des milieux lettrés, où laïcs et clercs avaient coutume de recourir à la poésie pour exprimer ce qui leur tenait davantage à coeur“. 11 Epitaphien: ILCV 845 (318 n.Chr.); ICUR NS 7,17431 (345); 1,887 (348); 3,8420 (355); 7,18472 (359); 5, 13310 (360); 4,10183 (zwischen 295 und 304: Epitaph für den römischen Bischof Marcellinus 296–304); 7,18469 (vor 359). Nichtsepulkrale Tituli: ICUR NS 2, 4092.4094 (zwischen 324 und 337: Inschriften Konstantins und seines Sohnes Konstans an der Peterskirche); 8,20752 (zwischen 337 und 351: Inschrift der Konstantia, Tochter des Konstantin an der ecclesia S. Agnetis). 12 SANDERS 1991, 379: „D’ailleurs, on se ferait injuste à l’égard des faiseurs d’épitaphes en leur prêtant plus de talent que de bonne volonté: avant le pape Damase, ou Ambroise de Milan, nul poète des carmina n’a de visage qu’on puisse reconnaître“. Siehe auch CONSOLINO 1976, 135f. 13 ICUR NS 8,20752.

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Sicherlich hat Prudentius hauptsächlich die Epigramme des Damasus im Auge, wenn er von seiner Romreise sagt: Innumeros cineres sanctorum Romula in urbe/ vidimus, o Christi Valeriane sacer. Incisos tumulis titulos et singula quaeris/ nomina; difficile est ut replicare queam ... Plurima litterulis signata sepulcra loquuntur/ martyris aut nomen aut epigramma aliquod ... 14

Daß Damasus damit eine eigene Form von Epigrammen begründet, wird auch daraus deutlich, daß die christlichen Inschriften, die nach Damasus verfaßt wurden, in ganz hohem Maß aus seinen Formulierungen schöpfen 15 . Sicherlich nimmt Damasus Motive aus paganen und christlichen Grabinschriften auf, aber sein epigrammatisches Werk als ganzes und das Programm seiner Märtyrerinschriften hat im christlichen Bereich keinen Vorgänger. Der römische Bischof setzt seine Inschriften zu großen Teilen aus immer wiederkehrenden formelhaften Wendungen zusammen, und zwar so, daß ganze Verse immer wieder in verschiedenen Epigrammen auftauchen 16 . Die sprachliche Form der Epigrammata Damasiana lehnt sich zudem sehr eng an die augusteische Dichtung an; die Epigramme sind hauptsächlich in Hexametern verfaßt und enthalten viele Zitate aus Vergil und auch Ovid, was sowohl in paganer als auch christlicher Epigraphik 17 ebenso wie in der christlichen Dichtung üblich war, wie man am Vergilcento der Proba und an Iuvencus sehen kann 18 . Bei Damasus erreicht die Zitation der Klassiker aber eine besondere Qualität, da er systematisch umdeutet und oft nur mit Anspielungen Parallelen konstruiert, die seinen Aussagen zusätzlich Gewicht geben 19 . Der Wert der damasianischen Dichtung wurde in der Forschung unterschiedlich eingeordnet. Vergleicht man sie mit der Kunst der augusteischen Dichtung, kommt man wohl zu dem Urteil, das Weyman im Gefolge von Ihm 20 fällte: „Der poetische Wert der Damasusepigramme ist, obgleich 14 PRUD., perist. 11,1–8 (CChr.SL 126, 370 CUNNINGHAM). Prudentius hat bei seiner eigenen Dichtung wohl auch aus den Epigrammen des Damasus geschöpft, siehe BERNT 1968, 55 und SCHÄFER 1932, 216. 15 Siehe FERRUA 1942, 13f. und die pseudodamasianischen Epigramme bei FERRUA 1942, 219–259; vgl. auch FONTAINE 1981, 123. 16 Das könnte dafür sprechen, daß Damasus in kurzer Zeit ziemlich viele Epigramme verfaßt hat, damit ein Ziel verfolgte und deshalb möglichst viele Inschriften an den Gräbern verteilen wollte. 17 Vgl. dazu HOOGMA 1959 und COURCELLE 1984. 18 Vgl. dazu FONTAINE 1986, 123–125. 19 Vgl. dazu FONTAINE 1986, 117f. und ROCCA 1980, 79–84 und die Ausführungen in Kap. 2.4.5. 20 IHM 1895, 194: „Dass Damasus nicht zu den hervorragenden Dichtern gehört, haben seine eifrigsten Verehrer bekennen müssen; von wahrer Poesie ist wenig bei ihm zu

1. Einführung

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ihnen ‘monumentale Einfachheit, Kraft und Würde’ ... nicht abgesprochen werden kann, kein sehr erheblicher, und wer sie bloß um des ästhetischen Genusses willen zur Hand nimmt, wird enttäuscht sein“ 21 . Zur Untermauerung diese Urteils führt Weyman „sprachliche Härten“, „metrische Inkorrektheiten“ und die „zahlreichen Wiederholungen“ 22 an. Jacques Fontaine hat jüngst im Gefolge italienischer Gelehrter 23 dieser Bewertung widersprochen; er erblickt den Wert der Dichtung des Damasus in der von ihm geschaffenen Synthese von traditioneller römischer Sprache und christlichem Inhalt bzw. persönlichem Glaubensausdruck, womit ein neues Zeitalter eingeleitet werde 24 , und gibt dem damasianischen Werk das Prädikat gelungener „Gelegenheitsdichtung“ im Sinne Goethes: „Dans et autour d’une ville encombrée de temples, de tombeaux, et donc d’inscriptions, Damase a baptisé le genre littéraire des anciens elogia ... Lexique antique, valeurs nouvelles 25 ... Témoin de ces témoins, elle en appelle impérativement d’une gloire héroïque à la seule gloire du Christ, dans une conjoncture faste pour l’évangélisation, mais dramatique par l’affrontement qui déchire le sénat de Rome entre païens et chrétiens. Voici vérifié une nouvelle fois le mot de Goethe: toute grande poésie est ‘poésie de conjoncture’ – Gelegenheitsdichtung –. C’est dans une telle conjoncture, en ce troisième quart du IV siècle, qu’il faut comprendre et sentir une oeuvre qui est, d’abord chronologiquement, celle du premier grand poète de l’âge théodosien.“ 26

Der Wert der damasianischen Epigramme liegt also insbesondere in dem Programm, das in ihnen erkennbar ist. Deshalb soll in den folgenden Kapiteln insbesondere auf diese inhaltlichen Aussagen der Inschriften eingegegangen werden. Für eine Würdigung der Epigramme des Damasus muß dabei immer bedacht werden, daß es nur wenig vergleichbare Inschriften

spüren. Bei der ihm abgehenden dichterischen Erfindungs- und Gestaltungsgabe ist sein Stil zur reinen Manier geworden ...“; eine positivere Bewertung findet sich bei AMEND 1894, 12. 21 WEYMAN 1905, 5f. 22 EBD., 6. 23 Siehe PRICOCO 1954, 19–40; NAZZARO 1977, 195–203; ROCCA 1980, 79–84. 24 Etwas, das sich nach FONTAINE 1986, 144 weder bei Iuvencus noch im Vergilcento der Proba findet. 25 GABRIEL SANDERS 1991, 74–85.174–177, kommt nach vielen ertragreichen Studien zum Vergleich paganer und christlicher Epigramme für die Zeit von Ende des 3. Jahrhunderts bis zum Ende des 7. Jahrhunderts insgesamt ebenfalls zu dem Ergebnis, daß sich die christliche Epigraphik in der Form sehr stark an pagane Inschriften anschließt, der Inhalt aber christlich geprägt ist. Siehe auch FONTAINE 1981, 114, der als Beispiel anführt, daß gloria in den Epigrammen des Damasus als gloria Christi bzw. Dei gegenüber den paganen Epigrammen, in denen damit immer die zu rühmende gloria einer Person gemeint ist, eine völlig neue Qualität erlangt. 26 FONTAINE 1986, 143–145.

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

gibt, die sicher zeitlich vor Damasus datiert werden können, und sein Werk prägend für die Gattung des christlichen Epigramms gewirkt hat 27 . 1.2. Die Überlieferung und Edition Die Epigrammata Damasiana wurden zuletzt von Antonio Ferrua 28 ediert, der das literarische und archäologische Material neu sichtete, es noch einmal auf seine Echtheit prüfte und dabei teilweise zu anderen Ergebnissen als seine Vorgänger 29 kam. Die Überlieferung der Epigramme erfolgte in archäologischer und literarischer Form, einerseits durch die Inschrift als solche bzw. Bruchstücke von Inschriften, wobei allerdings nur eine einzige Inschrift vollständig erhalten ist, und zwar die des Eutychius 30 ; andererseits literarisch durch frühmittelalterliche Sammlungen von Epigrammen. Diese sogenannten Syllogen enthalten Abschriften von Inschriften, die mit topographischen Angaben versehen sind 31 , wie zum Beispiel die Sammlung, die der Codex Einsidlensis 326 32 aus dem 9. Jahrhundert bietet, die neben paganen und christlichen Inschriften mit topographischen Angaben auch eine römische Stadtbeschreibung aufweist, die in der Art eines Pilgerführers christliche Kirchen und antike Monumente anhand von verschiedenen Routen vorstellt 33 . Wichtig für die Überlieferung der Damasusepigramme sind vor allem die Sylloge von Lorsch, ebenfalls in einer Handschrift aus dem 9. Jahrhundert 34 , die vier verschiedene Sammlungen enthält: 1. Stadtrömische Inschriften, 2. Papstepitaphien, 3. oberitalische Inschriften und 4. stadtrömische Sepulkral- und Kirchentituli; die Sylloge von Tours in zwei codices aus dem 12. Jahrhundert 35 und die Sylloge von Verdun in einem Codex aus 27 Auch MARION LAUSBERG 1982, 472f. nennt Damasus als ersten lateinischen christlichen Verfasser von Epigrammen: „Im lateinischen Bereich schmückt der Papst Damasus (366–384) die römischen Märtyrergräber mit meist längeren Epigrammen in Hexametern.“ 28 ANTONIO FERRUA, Epigrammata Damasiana, Sussidi allo Studio delle Antichità Cristiane 2, Città del Vaticano 1942; vgl. auch die Rezensionen: VACCARI 1943, 190–194 u. VIVES 1943, 1–6. Eine Neuedition wird vorbereitet von P.–A. Février († ), J.-L. Charlet, M. Fixot, M. Griesheimer, J.-L. Jouanaud und J. Guyon, siehe dazu FÉVRIER 1992, 497 und GUYON 1995, 157. 29 Hier ist vor allem M. IHM zu nennen (Damasi epigrammata rec. Maximilianus Ihm, Anthologiae latinae supplementa 1, Leipzig 1895), dessen Kommentar zu den einzelnen Epigrammen eine wichtige Ergänzung zu dem von FERRUA darstellt. 30 DAM., epigr. 21, vgl. dazu die Abbildung bei FERRUA 1942, 147. 31 Siehe FERRUA 1942, 13–15. 32 ICUR 2,1, 9–33 und jetzt WALSER 1987. 33 Vgl. dazu WALSER 1987, 159f. 34 Sylloge Laureshamensis, Vat. Pal. Lat. 833: ICUR 2,1, 95–118.124–130.142– 153.159–173, siehe FERRUA 1942, 15. 35 Sylloge Turonensis (ICUR 2,1, 58–71), siehe FERRUA 1942, 16.

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dem 10. Jahrhundert 36 . Die Syllogen 37 sind eine Hauptquelle für die Epigramme, wobei aber die Tendenz besteht, daß darin sehr viel mehr Epigramme Damasus zugeschrieben werden, als er tatsächlich verfaßt hat 38 . Um die tatsächliche Verfasserschaft des Damasus festzustellen, waren deshalb für den Herausgeber Antonio Ferrua folgende Kriterien ausschlaggebend 39 : erstens, wenn sich Damasus in der Inschrift selbst nennt, was in den meisten für echt erachteten Epigrammen der Fall ist 40 ; zweitens der sprachliche Stil, d.h. die wiederkehrenden Formulierungen, obwohl damit auch ein Nachahmer des Damasus aufwarten konnte; und drittens die spezielle Form der Buchstaben 41 , da Damasus seinen eigenen Schreiber hatte: Furius Dionysius Filocalus 42 , der mit einer besonderen Monumentalschrift, der sogenannten Filocalinischen Majuskel, die Inschriften in den Stein meißelte. Die einzige ganz erhaltene Inschrift des Eutychius zeigt die Form dieser Schrift: Die Buchstaben sind sehr regelmäßig, haben eine klassische Form, sind aber sehr breit. Sie haben sehr breite senkrechte Hasten und an den Hastenenden hörnchenartige Ausfransungen; typisch sind auch die kleinen Buchstaben, die in andere eingefügt sind, und die reichliche Verwendung von Ligaturen, um den blockartigen Charakter zu erreichen 43 . Nach dieser Methode hat Antonio Ferrua 59 echte damasianische Epigramme von 18 pseudodamasianischen (Nr.60–77) unterschieden und damit eine neue Grundlage für die Beschäftigung mit deren Verfasser Damasus geschaffen. Die folgenden Ausführungen sollen sich auf die von Ferrua getroffene Auswahl stützen, weil damit eine sehr überzeugende Basis geschaffen ist, wobei m.E. aufgrund der strengen Auswahlkriterien eher davon ausgegangen werden kann, daß sich in dem so bestimmten pseudodamasianischen Material noch weitere echte Epigramme finden als umgekehrt 44 .

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Sylloge Virdunensis (ICUR 2,1, 131–141), siehe dazu FERRUA 1942, 16 Vgl. dazu auch HERZOG 1989, 229f. 38 Siehe FERRUA 1942, 50f. 39 Vgl. dazu FERRUA 1942, 50–53. 40 Dabei bleibt natürlich immer noch die Möglichkeit, daß es sich um eine Fälschung handelt. 41 Wobei dies bei den Inschriften, die nur literarisch überliefert sind, nicht überprüft werden kann. 42 Vgl. zu Filocalus FERRUA 1939, 35–47=1991, 38–50; 1942, 21–35; VIVES 1926, 483–494; SAXER 1986, 59–88; SALZMAN 1990, 202–205; CAMERON 1992, 140–144; WISCHMEYER 1998b, 179 und die Ausführungen in Kap. 1.3.1. 43 Vgl. dazu die Abbildungen der Inschriften bei FERRUA 1942. 44 Das gilt meines Erachtens insbesondere für Epigramm Nr. 60 In laudem Davidis. 37

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1.3. Inhaltliche Einführung Antonio Ferrua zählt und gliedert die Epigramme des Damasus in erster Linie nach dem ursprünglichen Ort, an dem sie angebracht worden waren, d.h. nach den Grabstätten der Märtyrer und Verstorbenen, für die sie bestimmt waren. Eine Ausnahme bilden nur zwei Gedichte, die nicht inschriftlich verfaßt waren; sie werden an den Anfang der Sammlung gestellt. Somit ergibt sich nach Ferrua folgende Aufstellung: 1 Versus in beatum Paulum apostolum 2 Versus ad fratrem corripiendum IN VATICANO 3 Ad fontes S. Petri 4 In baptisterio Vaticano VIA PORTUENSI 5 Fragmenta in coem. Pontiani 6 Fragmenta: SS. Faustino et Viatrici in coem. Generosa VIA OSTIENSI 7 Elogium SS. Felicis et Adaucti in Commodillae VIA ARDEATINA 8 Elogium SS. Nerei et Achillei in coem. Domitillae 9 Fragmenta e coem. Domitillae 10 Epitaphius Laurentiae matris Damasi in coem. Marci et Marcelliani 11 Epitaphius Irenes sororis Damasi ibidem 12 Epitaphius Damasi in coem. Marci et Marcelliani 13 Fragmenta elogii SS. Marci et Marcellini 14 Fragmenta epigrammatis VIA APPIA 15 Elogium S. Tarsicii in Callisti 16 Elogium Sanctorum ad papas iacentium 17 Elogium S. Xysti papae in Callisti 18 Elogium S. Eusebii papae in Callisti 19 Fragmentum: Elogium S. Cornelii pa. 20 In basilica apostolorum Petri et Pauli in catacumbas 21 Elogium S. Eutychii ibidem 22–23 Fragmenta diversorum titulorum ibidem reperta 24 Titulus S. Ianuarii in Praetextati 25 Elogium SS. Felicissimi et Agapiti in Praetextati 26–27 Fragmenta epigrammatis in Praetextati VIA LABICANA 28 Elog. SS. Marcellini et Petri in coem. ad duas lauros 29 Fragmenta tituli alterius ad eorum sepulcrum 30 Fragmenta alia ibidem 31 Elogium S. Tiburtii in coem. ad duas lauros 32 Elogium S. Gorgonii in coem. ad duas lauros VIA TIBURTINA 33 Elogium S. Laurentii in sua basilica

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34 Fragmentum epigrammatis repertum in agro Verano 35 Elogium S. Hippolyti ad eius sepulcrum 351 Titulus Leonis presbyteri 36 Fragmentum tituli ibidem reperti VIA NOMENTANA 37 Elogium S. Agnetis in sua basilica 38 Fragmentum tituli ibidem reperti VIA SALARIA NOVA 39 Elogium SS. Felicis et Philippi in coem. Priscillae 40 Elogium S. Marcelli papae in coem. Priscillae 41 SS. Vitali Martiali Alexandro in Iordanorum 42 Sanctis martyribus in coem. Thrasonis sepultis 43 Sanctis martyribus LXII in coem. Thrasonis 44 Elogium S. Mauri in coem. Thrasonis 45 Sanctis Chrysanthi et Dariae in coem. Thrasonis 46 Elogium S. Saturnini in c. Thrasonis VIA SALARIA VETERE 47 Elogium SS. Proti et Hyacinthi in coem. Basillae 47² Theodori presb. Ad eorundem sepulcrum 48 Elogium S. Hermetis in coem. Basillae VIA FLAMINIA 49 Fragmenta epigrammatis in coem. S. Valentini INCERTAE ORIGINIS 50 Elogium Marci 51 Elogium Proiectae 52–54 Fragmenta 55 Fragmentum in ecclesia S. Clementis 56 Fragmentum in fronte S. Laurentii in Lucina VARIA 57 Titulus archivorum ad S. Laurentium in Damaso 58 Titulus ecclesiae S. Laurentii in Damaso 59 In S. Felicem Nolae

Im folgenden sollen die Epigramme hauptsächlich nach inhaltlichen Gesichtspunkten untersucht werden, so daß sich zunächst eine Neuordnung nach Inhalten bzw. nach verschiedenen Gattungen anbietet. Bereits Ferrua hatte die Epigramme, die Personen beschreiben und nicht inschriftlich verfaßt waren, von den übrigen geschieden und sie der Sammlung vorangestellt. Aber auch die Inschriften selbst können nach verschiedenen Kategorien geordnet werden. Zunächst kann man einerseits Inschriften, die einer verstorbenen Person gewidmet sind, d.h. Grabinschriften und Märtyrerinschriften von Inschriften für Gebäude bzw. Bauarbeiten, d.h. Bauinschriften, scheiden, so daß sich folgende Aufstellung ergibt: I. Bauinschriften: bei S.Peter (epigr. 3) und S.Lorenzo in Damaso (57,58) und die Inschrift für das Baptisterium von S. Peter (4).

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II. Grabinschriften für ihm bekannte oder nahestehende bzw. mit seiner Biographie verbundene Personen: drei davon für seine eigene Familie (seine Mutter Laurentia [epigr. 10], seine Schwester Irene [11], für sich selbst [12]); dann eine Grabinschrift für eine Proiecta (epigr. 51) und einen asketischen Marcus (50). Mit seiner eigenen Biographie ist die Votivinschrift für Felix von Nola (59) verbunden. III. Inschriften für Märtyrer: Die Mehrheit der Inschriften des Damasus sind Märtyrern gewidmet, darunter eine Frau, nämlich Agnes (epigr. 37). Die meisten davon sind für Einzelpersonen bestimmt, sieben Inschriften fassen zwei Heilige mit gleichem Schicksal zusammen (epigr. 7: Felix und Adauctus; epigr. 8: Nereus und Achilleus [zwei Soldaten]; epigr. 15: Tarsicius und Stephanus; epigr. 20: Petrus und Paulus; epigr. 25: Felicissimus und Agapitus; epigr. 28: Marcellinus und Petrus; epigr. 39: Felix und Philippus; epigr. 47: Protus und Hyacinthus). Drei Inschriften sind für eine größere Anzahl unbekannter Märtyrer geschrieben: (epigr.16: Sancti ad papas iacentes; epigr. 42: Sancti martyres in coem. Thrasonis sepulti; epigr. 43: Sancti martyres LXII, ibidem) Unter den Märtyrern befinden sich vier Bischöfe von Rom: Sixtus II. (epigr. 17), Marcellus (40) und Eusebius (18), Cornelius (19) nur als Fragment. Dabei sind für Damasus nicht nur diejenigen Märtyrer, die mit ihrem Blut und Leben für ihren christlichen Glauben eingestanden sind, sondern auch diejenigen, die wegen ihres Bekenntnisses (confessores) zu Christus ins Exil gehen mußten (Marcellus und Eusebius) und die er auch explizit Märtyrer nennt 45 . Diese Inschriften sind meist gleichzeitig Ehren- und Grabepigramme, denn einerseits drücken sie Verehrung aus, andererseits markieren sie fast immer den Ort als Grabstätte 46 . Es gibt außerdem einige, die gleichzeitig auch als Bauinschrift gelten können. Zudem wird in anderen das Martyrium genau geschildert und die Art der Auffindung der Märtyrer. Die Inschriften für römische Bischöfe sind besonders ausführlich und charakterisieren deren Amtsführung. In drei Epigrammen wird die römische Bürger-

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Siehe zum Märtyrerbegriff BROX 1961, passim u. besonders 230–237. Während es im frühen Christentum eine strenge Trennung zwischen den Begriffen martyr und confessor gab und ersterer nur für Blutzeugen, d.h. für Christen, die ihren Glauben mit dem Leben bezahlen mußten, (so BROX) galt, wird der Märtyrerbegriff nach der Verfolgung im 4. Jahrhundert zunehmend weiter ausgelegt, so daß auch Bischöfe sowie asketische und vorbildliche Christen unter bestimmten Umständen als Heilige und Märtyrer angesehen wurden. Siehe dazu z.B. BAUMEISTER 1988, 135f.; ANGENENDT 1994, 55–68; DELEHAYE 1927, 94. 46 Siehe dazu LAUSBERG 1982, 179.

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schaft mit dem Martyrium verbunden, in anderen spielt das Bekenntnis zum rechten Glauben eine wichtige Rolle. Daher werden diese Epigramme in folgenden Gruppen geboten: 1. Märtyrerepigramme mit Schilderung des Martyriums und der Auffindung 2. Märtyrerepigramme mit Schilderung der Martyriumsgeschichte 2.1. Eine Märtyrerin 2.2. Einzelne Märtyrer 2.3. Märtyrerpaare 3. Römische Bischöfe 4. Martyrium und Bekenntnis 5. Martyrium und römische Bürgerschaft 6. Inschriften, die Gruppen von Märtyrern zusammenfassen 7. Märtyrerinschriften mit Bezugnahme auf Verschönerungsmaßnahmen an Gräbern

In den folgenden Abschnitten kann keine vollständige Untersuchung der Epigramme des Damasus geleistet werden, denn dafür wäre sicherlich eine eigene umfassende Arbeit nur mit diesem Thema vonnöten. Es werden vielmehr in der Analyse einzelne Themen herausgegriffen, die Licht auf Werk und Wirken des Damasus werfen können, und zwar seine Bautätigkeit in Rom, seinen Umgang mit den Märtyrern, seine Rezeption und Umdeutung der antiken Tradition sowie seine persönliche Märtyrerfrömmigkeit. Dafür werden zunächst die Epigramme nach der geschilderten Kategorisierung in Text und Übersetzung wiedergegeben. Die jeweilige kurze Kommentierung beschränkt sich hauptsächlich auf sprachliche Auffälligkeiten, um deutlich zu machen, wie häufig Damasus sich selbst und antike Autoren, insbesondere Vergil, zitiert.

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2. Text und Übersetzung Edition: Epigrammata Damasiana recensuit et adnotavit A. Ferrua, Sussidi allo Studio delle Antichità Cristiane 2, Città del Vaticano 1942. 47 2.1. Epigramme auf Personen 1 Versus in beatum Paulum apostolum Iamdudum Saulus procerum1 praecepta secutus2, cum domino patrias vellet praeponere leges, abnueret sanctos Christum laudasse prophetas, caedibus adsiduis cuperet discerpere plebem3, cum lacerat4 sanctae matris pia foedera5 caecus6, post tenebras verum meruit cognoscere7 lumen6: temptatus sensit posset quid gloria Christi8. Auribus ut domini vocem lucemque recepit, conposuit mores9 Christi praecepta secutus10. Mutato placuit postquam de nomine11 Paulus, mira fides rerum12, subito trans aethera vectus13 noscere promeruit14 possent quid praemia vitae15: conscendit raptus16 martyr17 penetralia Christi18, tertia lux19 caeli tenuit paradisus euntem20; conloquiis domini fruitur21, secreta reservat22, gentibus ac populis iussus praedicere vera, profundum penetrare maris23 noctemque diemque visere, cum magnum satis est vixisse latentem24.

Schon lange war Saulus den Geboten der Pharisäer gefolgt, als er die väterlichen Gesetze dem Herrn vorziehen wollte, leugnete, daß schon die heiligen Propheten Christus gelobt haben, und mit ständigem Morden die Gemeinde zu zerreißen begehrte, da wurde er für würdig befunden, als er gerade dabei war blindlings die frommen Bündnisse der heiligen Mutter zu zerreißen, nach der Dunkelheit das wahre Licht zu erkennen: Er wurde heimgesucht und erfuhr, was die Herrlichkeit Christi vermag. Sowie er mit seinen Ohren die Stimme Christi vernahm und das Licht sah, ordnete er seine Gesinnung neu und befolgte die Gebote Christi. Nachdem er beschlossen hatte, sich mit verändertem Namen Paulus zu nennen, es ist kaum zu glauben – wurde er plötzlich durch die Lüfte getragen und durfte erfahren, was der Lohn des (ewigen) Lebens vermag: der entrückte Märtyrer stieg hinauf in das Heiligtum Christi, das dritte Himmelslicht hielt ihn umfangen beim Eintritt ins Paradies: hier genießt er Unterredungen mit dem Herrn, er bewahrt die Geheimnisse, er wird beauftragt den Heiden und Völkern die Wahrheit zu predigen, die Tiefen des Meeres zu durchdringen und sich einen Tag und eine Nacht dort aufzuhalten,

47 Formulierungen, die Damasus aus den Werken anderer Dichter oder aus seinen eigenen zitiert, werden durch Unterstreichung markiert. Wenn Damasus sich selbst und seine Tätigkeit nennt, wird der Text durch Fettdruck hervorgehoben.

2. Text und Übersetzung Verbera25 vincla famem lapides rabiemque ferarum, caceris inluviem26 virgas tormenta catenas27 naufragium lacrimas serpentis dira venena28, stigmata non timuit portare in corpore Christi29; credentes docuit possent quia vincere mortem30. Dignus amore dei31 vivit per saecla magister. Versibus his32 breviter33, fateor34, beatissime doctor, sancte, tuos Damasus volui35 monstrare36 triumphos37. 1 2 3

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weil es genug ist, als Großer im Verborgenen gelebt zu haben. Schläge, Fesseln, Hunger, Steine und Wut der wilden Tiere, der Schmutz des Kerkers, Ruten, Folter, Ketten, Schiffbruch, Tränen, gräßliches Schlangengift, er fürchtete sich nicht, die Wundmale Christi an seinem Körper zu tragen; Er lehrte die Glaubenden, daß sie den Tod besiegen können. Würdig der Liebe Gottes lebt er durch die Zeiten als Lehrer. Mit diesen Versen, ich bekenne es, wollte ich, Damasus, kurz deine Triumphe aufzeigen, seligster, heiliger Lehrer.

Vgl. DAM., epigr. 16,5; vgl. dazu auch Gal 1,14 und Phil 3,5. VERG., Aen. 4,448: praecepta secutus. Derselbe Begriff für die christliche Gemeinde in: DAM., epigr. 25,6; 351,1; 44,2;

47², 6. Derselbe Versanfang findet sich in DAM., epigr. 46,7. Vgl. dazu die häufig wiederkehrende ähnliche Formulierung: gladius secuit pia viscera matris (DAM., epigr. 17,1 und öfter) und die Formulierung foedera pacis (DAM., epigr. 18,7;40,4). 6 Bildliche Gegenüberstellung von caecus (ungläubig) und lumen (Glaube); zu epigr. 1,1–5 vgl. Apg. 22,4f.; 26,9–12; Gal 1,13; Phil 3,6. 7 Siehe zum Begriff merere Anm. zu DAM., epigr. 11,4. 8 Im Zusammenhang mit Martyrium und Bekenntnis zu Christus ist in den Epigrammen sehr häufig der Hinweis auf den eigentlichen Urheber dieser Taten zu lesen, was den Verdienstgedanken wieder etwas abmildert: DAM., epigr. 8,9: credite per Damasum possit quid gloria Christi; 21,3: quod potuit montravit gloria Christi. Diese Formulierung hat außerdem eine Parallele bei Vergil, der nicht von der gloria Christi, sondern der vivida virtus spricht, was den Wertewandel sehr deutlich macht,VERG., Aen. 11,386: possit quid vivida virtus. 9 OV., ars 3,370: mores composuisse suos. 10 Hier werden den praecepta procerum (der Schriftgelehrten) in Vers 1 die praecepta Christi gegenübergestellt. Zu epigr. 1,6–9 vgl. Apg 9,1–19. 11 HOR., sat. I 1,69: mutato nomine de te fabula narratur; siehe auch DAM., epigr. 7,1 und 59,1; vgl. dazu Apg 13,9. 12 Dieselbe Formulierung findet sich in den Epigrammen: 8,5; 46,6. 13 VERG., Aen. 7,64: (mirabile dictu) trans aethera vectae. 14 Siehe Anm. 2. 15 Unter praemia vitae versteht Damasus das, was Christus verleiht, DAM., epigr. 17,8: ostendit Christus, reddit qui praemia vitae; 39,5: sequitur si praemia XPI; 15,2: quis Damasus rector titulos post praemia reddit. 16 Auch in DAM., epigr. 51,8 wird von conscendere gesprochen: aetheriam cupiens conscendere lucem. Zur „Himmelfahrt“ der Märtyrer siehe die Anm. zu DAM., epigr. 7,3 und 5. 4 5

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17 Der Begriff martyr findet sich sehr häufig in den Epigrammen des Damasus: 1,13; 7,8; 8,1; 18,10; 21,1; 24,1; 25,8; 31,2; 32,1; 33,4; 35,7; 37,10; 42,5; 44,1; 46,13.14; 47²,3; 48,5; martyrium: 15,5. 18 Eine Formulierung, die nur hier auftaucht, ansonsten begegnet häufig caelestia regna, regna piorum, in 20,4: Xpumque per astra secuti. 19 VERG., Aen. 3,117; vgl. dazu 2Kor 12,2–4, wo Paulus von einer Entrückung in den dritten Himmel spricht: ...raptum eiusmodi usque ad tertium caelum. 20 paradisus wird von Damasus nur hier verwendet (wohl in Abhängigkeit von 2Kor 12,4: quoniam raptus est in paradisum et audivit arcana verba, quae non licet homini loqui), ansonsten: caelestia regna (7,3); regna piorum (20,5; 25,5; 35,4; 39,8; 43,5); aetherios sinus (20,5); aetherias domos (25,5); aetheriam domum (43,5); alta aetheris (31,3); aeternam domum (39,8). 21 VERG., Aen. 7,90: fruitur deorum conloquio; vgl. dazu 2Kor 12,4.8f. 22 IUVENCUS I 304: ...cordis secreta reservat. 23 OV., hal. 84: maris temptare profundum; siehe dazu auch 2Kor 11,25: ...ter naufragium feci, nocte et die in profundo maris fui, und Apg 27. 24 OV., trist. 3,4,25: crede mihi bene qui latuit bene vixit; mit der Formulierung magnum ... latentem wird wohl auf die Bescheidenheit des Paulus hingewiesen; vgl. auch die Formulierung Epikurs: MBRFCJXTBK 25 Vgl. DAM., epigr. 33,1; vgl. zu dieser Aufzählung 2Kor 11,23–27. 26 Vgl. DAM., epigr. 21,4. 27 Vgl. DAM., epigr. 33,1. 28 Vgl. DAM., epigr. 46,8; siehe auch Apg 28,3–6. 29 Vgl. dazu die parallele Formulierung in DAM., epigr. 8,8: confessi gaudent Christi portare triumfos; siehe Gal 6,17: ego enim stigmata Iesu in super corpore meo porto. 30 Vgl. dazu DAM., epigr. 12,3: solvere qui potuit letalis vincula mortis; 59,5: te duce servatus mortis quod vincula rupi; und 7,5: qua ad caelum victor pariter properavit Adauctutus; 25,3: crucis invictae comites; 33,1f.: Verbera carnifices flammas tormenta catenas/ vincere Laurenti sola fides potuit; die sehr häufig verwendete militärische Siegmetaphorik mit triumphus (Anm. zu DAM., epigr. 1,26), tropaea (15,4), palma (17,6) und corona (39,9). 31 Vgl. dazu die unvollständige Formulierung in DAM., epigr. 50,2: ... amore dei posset qui temnere mumdum; und ähnlich 31,5: care deo ...; 50,6: ... Christi perfectus amicus. 32 Vgl. DAM., epigr. 59,7. 33 Vgl. DAM., epigr. 40,7. 34 Siehe auch DAM., epigr. 11,13; 16,10; 57,5; 20,3. 35 Vgl. DAM., epigr. 16,10; 39,10; 40,7; 57,5. 36 Vgl. DAM., epigr. 47,2: Damasus monstrat. 37 triumphus kommt an anderen Stellen nur in Verbindung mit Christus vor DAM., epigr. 8,8: confessi gaudent Christi portare triumfos; 25,7: quod duce tunc Xysto XPI meruere triumphos; 59,2: sanctorum in numero Christi sociate triumphis.

2 Versus ad fratrem corripiendum Tityre, tu fido recubans sub tegmine1 Christi divinos apices sacro modularis in ore; non falsas fabulas2 studio meditaris3 inani4.

Tityrus, der du unter dem sicheren Schutz Christi ruhst, führst die göttlichen Schriften im heiligen Munde; du überdenkst nicht die falschen Ge-

2. Text und Übersetzung Illis nam capitur felicis gloria vitae, istis succedent poenae sine fine perennes. Unde cave, frater, vanis te subdere curis, inferni rapiant miserum ne tartara taetri; quin potius sacras animo spirare memento scripturas, dapibus satiant quae pectora castis. Te Domini salvum conservet gratia semper.

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schichten mit unnützem Eifer. Aus ersteren gewinnt man den Ruhm eines glücklichen Lebens, letzteren werden ewige Strafen ohne Ende folgen. Darum hüte dich davor, Bruder, dich nichtigen Sorgen hinzugeben, damit nicht die Unterwelt der schrecklichen, tiefsten Hölle dich Armen verschlingt, bedenke vielmehr mit der Seele die heiligen Schriften einzuatmen, sie sättigen das Herz mit reiner Speise. Die Gnade des Herrn möge dich immer heil erhalten!

VERG., ecl. 1,1: Tityre, tu patulae recubans sub tegmine fagi. Damit sind wohl die heidnischen Göttermythen gemeint. VERG., ecl. 1,2: ...meditaris avena.. VERG., ecl. 2,5: studio iactabat inani.

2.2. Bauinschriften IN VATICANO

3 Ad fontes S.Petri Cingebant1 latices montem teneroque meatu corpora multorum cineres adque ossa2 rigabant; non tulit3 hoc Damasus communi lege sepultos post requiem tristes iterum persolvere poenas4: protinus adgressus magnum superare laborem5, aggeris inmensi deiecit culmina montis; intima sollicite scrutatus viscera terrae6, siccavit totum quidquid madefecerat umor, invenit fontem praebet qui7 dona salutis. Haec8 curavit9 Mercurius levita10 fidelis11.

Fließende Wasser umströmten den Hügel und in leichtem Fluß benetzten sie Asche und Gebein der zahlreichen Toten. Damasus litt es nicht, daß die nach allgemeinem Recht Bestatteten, nachdem sie Ruhe gefunden hatten, nochmals bitteren Strafen unterworfen waren. Sogleich machte er sich ans Werk die große Arbeit zu erledigen. Er trug von der Kuppe des Hügels ungeheure Erdmassen ab, durchforschte besorgt die innersten Tiefen der Erde, legte alles trocken, was vom Wasser durchfeuchtet war, und fand die Quelle, die jetzt die Gaben des Heils gewährt. Dafür hat Mercurius, der treue Diakon, gesorgt.

VERG., Aen. 5,288: cingebant silvae mediaque in valle theatri. corpora (vgl. auch DAM., epigr. 16,2), cineres (vgl. auch DAM., 12,6; 16,11), ossa stehen für den sterblichen bzw. gestorbenen Leib des Menschen, der sich in den Gräbern befindet, der ansonsten bei Damasus meist mit dem Begriff membra bezeichnet wird 1

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(Anm. zu DAM., epigr.10,1). Vgl. auch VERG., Aen. 5,55: cineres ipsius et ossa parentis; 5, 787f.: reliquias Troiae, cineres atque ossa peremptae/ insequitur. 3 VERG., Aen. 9,622; 8,256 etc. 4 VERG., Aen. 9,422: tu tamen interea calido mihi sanguine poenas/ persolves amborum ... . 5 VERG., Aen. 3,368: quidve sequens tantos possim superare labores? 6 OV., met. 1,138: ... sed itum est in viscera terrae. 7 VERG., Aen. 4,478f.: inveni, germana, viam (gratare sorori)/ quae mihi reddat eum ... . 8 Haec kann sich auf die Arbeiten, aber auch auf die Inschrift beziehen. 8 Der Hinweis auf Angestellte, die die von Damasus initiierten Arbeiten ausführen, findet sich auch in anderen Epigrammen, 7,6: presbyter his Verus, Damaso rectore iubente; 47²,5; 351,7. 9 Kann hier wohl im Sinne von diaconus verstanden werden, vgl. DAM., epigr. 57,1, wo er die Laufbahn seines Vaters aufzählt: Hinc pater exceptor, lector, levita, sacerdos. 10 levita fidelis auch in DAM., epigr. 15,5.

4 In baptisterio Vaticano Non haec humanis opibus, non arte magistra1, ... sed prestante2 Petro, cui tradita ianua caeli est3, antistes Christi4 conposuit5 Damasus.6 Una Petri sedes7, unum verumque lavacrum8; vincula nulla tenent9 ...

Nicht durch menschliche Kraft, nicht durch die Kunst als Lehrerin,... sondern mit der Hilfe des Petrus, dem die Pforte des Himmels anvertraut ist, hat Damasus, der Bischof Christi, dies erstellt. Einen einzigen Thron Petri und eine einzige wahre Taufe gibt es;...

VERG., Aen. 12,427. Vgl. DAM., epigr. 42,4: Christo prestante. 3 Vgl. Mt 16,19: tibi dabo claves regni caelorum. 4 Eine Formulierung, die sonst bei Damasus nicht zu finden ist: üblich in den Epigrammen ist die Bezeichnung rector oder auch an wenigen Stellen episcopus, siehe dazu auch die Anm. zu DAM., 5 Vgl. auch die Verwendung von componere in DAM., epigr. 7,7: composuit tumulum; 1,9: composuit mores. 6 Pentameter, vielleicht als Abschluß des ersten Teils des Epigramms. 1 7 Vgl. DAM., epigr. 35 ,4; 57,4: apostolica sedes. 8 Vgl. DAM., decr. ad Gallos episc. 9.18; DAM., decr. Dam. III. 9 VERG., Aen. ... non vincula navis/ ulla tenent. 1

2

S. LAURENTIUS IN DAMASO

57 Titulus archivorum ad S.Laurentium in Damaso Hinc pater1 exceptor, lector, levita2, sacerdos3, creverat hinc meritis4 quoniam melioribus actis5; hinc mihi provecto Xps cui summa potestas6,

Von hier war mein Vater vom Schreiber, Lektor, Diakon zum Presbyter aufgestiegen, von hier, da er sich hervorragende Verdienste erworben hatte. Von hier aus habe auch ich Karriere gemacht und Christus, der die höchste Macht

2. Text und Übersetzung sedis apostolicae7 voluit concedere honorem8. Archivis fateor9, volui10 nova condere tecta11 addere praeterea dextra laevaque12 columnas, quae Damasi teneant proprium per saecula nomen13.

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innehat, ließ mir die Ehre des „Apostolischen Stuhls“ zuteil werden. Dem Archiv, ich bekenne es, wollte ich ein neues Haus bauen und außerdem zur Rechten und zur Linken Säulen anfügen lassen, die für alle Zeit den eigenen Namen des Damasus tragen sollen.

1 VERG., Aen. 12, 166– 171: hinc pater Aeneas, Romanae stirpis origo, / sidereo flagrans clipeo et caelestibus armis/ et iuxta Ascanius, magnae spes altera Romae, / procedunt castris, puraque in veste sacerdos / saetigeri fetum suis intonsamque bidentem / attulit admonuitque pecus flagrantibus aris. 175–180: Tum pius Aeneas stricto sic ense precatur: / ‘esto nunc Sol testis et haec mihi terra vocanti, / quam propter tantos potui perferre labores, et pater omnipotens et tu Saturnia coniunx/ (iam melior, iam diva, precor), tuque inclute Mavors, / cuncta tuo qui bella, pater, sub numine torques. 2 Vgl. DAM., epigr. 3,10; 15,5. 3 Vgl. DAM., epigr. 42,5; 16,6. 4 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,4. 5 Vgl. DAM., epigr. 11,8: melioribus annis (VERG., Aen. 6,649). 6 VERG., Aen. 10,100: tum pater omnipotens, rerum cui prima potestas. Vgl. AUG., conf. 1,4. 1 7 Vgl. DAM., epigr. 4,4; 35 ,4. 8 Vgl. DAM., epigr. 50,7. 9 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,25. 10 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,26. 11 VERG., Aen. 7,393: idem omnis simul ardor agit nova quaerere tecta. 12 VERG., Aen. 6,486: circumstant animae dextra laevaque frequentes. 13 VERG., Aen. 6,235: ...aeternumque tenet per saecula nomen.

58 Titulus ecclesiae S.Laurentii in Damaso Haec Damasus tibi, Xpe deus1, nova tecta2 dicavi, Laurenti saeptus martyris auxilio3. 1 2 3

Dieses neue Gebäude habe ich dir, Gott Christus, geweiht, unterstützt von der Hilfe des Märtyrers Laurentius.

Vgl. DAM., epigr. 39,1 und Anm. VERG., Aen. 7,393. Pentameter.

VIA TIBURTINA

351 Titulus Leonis presbyteri Laeta deo2 plebs3 sancta2 canat quod moenia crescunt4 et renovata domus martyr[is5 ippo]liti ornamenta operis6 surgu[nt7 auctore dam]aso natus qui antistes7 sedis a[postolicae] 8 inclita9 pacificis10 facta est [...]

Die heilige Gemeinde singt Gott fröhlich, weil die Mauern wachsen und das Haus des Märtyrers Hippolyt erneuert ist. Die Ausschmückung des Werkes entsteht durch Damasus als Urheber, der als Bischof des apostolischen Stuhles

74

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

servatura decus perpetu [...] haec omnia nova qq vidis le[o presby]ter11 hornat12

geboren ist [ ... ] Berühmt ist es geworden für die Friedfertigen [...], es wird den Schmuck in Ewigkeit bewahren [...] All’ das, was du an Neuem siehst, hat der Presbyter Leo geschmückt.

Diese Inschrift gehört zur Inschrift am Grab des Hippolyt: epigr. 35. Vgl. DAM., epigr. 11,1: deo sacrata, und die Anm. dazu. 3 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,4. 4 VERG., Aen. 1,437: o fortunati, quorum iam moenia surgunt. 5 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,13. 6 Vgl. DAM., epigr. 47²,6. 7 Vgl. DAM., epigr. 4,3. 8 Vgl. DAM., epigr. 4,4; 57,4. 9 Auch in DAM., epigr. 37,10; 48,5. 10 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 16,6. 11 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,7. 12 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,7. Das Epigramm ist bis auf den letzten Vers (Hexameter) in Distichen abgefaßt, was für Damasus sehr ungewöhnlich wäre, da kein Epigramm dieses Vermaßes von ihm überliefert ist. 1 2

34 Fragmentum epigrammatis repertum in agro Verano MARMORIBUS VESTITA ... QUAE INTEMERATA FIDES1 ... HIC ETIAM PARIES IUSTo ... OMNIA PLENA VIDES2 ...

Bekleidet mit Marmor ... welche der unerschrockene Glaube ... Hier auch die Wand ... Alles siehst du erfüllt ...

Vgl. DAM., epigr. 7,2. VERG., Aen. 1,583: omnia tuta vides. Vgl. auch DAM., epigr. 351,7: Haec omnia nova qq vidis leo presbyter hornat. 1

2

VIA SALARIA VETERE

(47²)1 Theodori presb. ad sepulcrum SS. Proti et Hyacinthi in coem. Basillae Aspice2 descensum, cernes mirabile factum: sanctorum monumenta vides patefacta sepulchris. Martyris3 hic Proti tumulus4 iacet adque Yachinti. quem cum iamdudum5 tegeret mons terra caligo hoc Theodorus opus construcxit presbyter6 instans7 ut domini plebem8 opera9 maiora tenerent.

Sieh den Abstieg, du wirst ein Wunderwerk erblicken: Du siehst die Gruft der Heiligen, deren Gräber freigelegt sind. Hier liegt das Grab der Märtyrer Protus und Hyacinthus. Nachdem es lange Zeit Berg, Erde und Finsternis bedeckt hatten, hat dieses Werk der Presbyter Theodorus errichtet, drängend darauf, daß die Gemeinde des Herrn größere Bauwerke umschließen.

2. Text und Übersetzung

75

1

Diese Inschrift gehört zur Inschrift am Grab des Protus und des Hyacintus: epigr.

2

Vgl. auch DAM., epigr. 25,1. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,13. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,7. Vgl. DAM., epigr. 37,1; 48,1. Vgl. dazu DAM., epigr. 7,6 und Anm. VERG., Aen. 1,504: per medios instans operi regnisque futuris. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,4. Vgl. DAM., epigr. 351,3.

47. 3 4 5 6 7 8 9

2.3. Grabinschriften 2.3.1. Für Familienangehörige VIA ARDEATINA

10 Epitaphius Laurentiae matris Damasi in coem. Marci et Marcelliani Hic Damasi mater posuit Laurentia membra1 quae fuit in terris centum minus ... annos2 sexaginta deo vixit3 post foedera4 ... progenie quarta vidit quae....5

Hier hat Laurentia, die Mutter des Damasus, ihre Glieder zur Ruhe gelegt, die sechsundneunzig Jahre auf der Erde weilte. Sechzig Jahre lebte sie Gott nach ihrem heiligen Bund, in der vierten Generation sah sie ...

1 membra als Ausdruck für den sterblichen Leib findet sich in ähnlicher Formulierung: DAM., epigr. 11,1: hoc tumulo sacrata deo nunc membra quiescunt; 16,10: hic fateor Damasus volui mea condere membra; 21,10: ostendit latebra insontis quae membra teneret; 25,1f.: hic tumulus retinet caelestia membra sanctorum; 28,9: hic placuisse magis sanctissima condere membra; 37,7: nudaque profusum crinem per membra dedisse; 44,1: Martyris hic Mauri tumulus pia membra retentat; 47,2: hunc Damasus monstrat servat quod membra piorum; für die heiligen Sakramente 15,9: prodere quam canibus rabidis caelestia membra. (Vgl. auch die Anm. zu DAM., 3,2) 2 Centum minus ... annos: W ILPERT 1908, 127 ergänzte undecim, andere octo, siehe FERRUA 1942, 107. Beide Lösungen bergen aber metrische Schwierigkeiten; die Ergänzung quattuor läßt sich jedoch metrisch korrekt einfügen, so daß es sehr wahrscheinlich ist, daß die Mutter sechsundneunzig Jahre alt war. 3 Vgl. DAM., epigr. 11,3: voverat haec sese Christo. 4 foedera: vgl. DAM., epigr. 51,6: ... thalami post foedera prima. 5 Siehe dazu die verschiedenen Möglichkeiten der Interpretation und Ergänzung: FERRUA 1942, 107.

11 Epitaphius Irenes sororis Damasi in coem. Marci et Marcelliani Hoc tumulo1 sacrata deo nunc membra quiescunt2, hic soror est Damasi, nomen si quaeris3, Irene.

In diesem Grab ruhen jetzt die gottgeweihten Glieder, hier ist die Schwester des Damasus, wenn du nach ihrem Namen fragst, Irene.

76

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Voverat haec sese Xpo4 cum vita maneret5, virginis ut meritum6 sanctus pudor7 ipse probaret. Bis denas hiemes necdum conpleverat aetas; egregios8 mores vitae praecesserat aetas; propositum mentis pietas veneranda9 puellae, magnificos fructus dederat melioribus annis10. Te, germana soror, nostri tunc testis11 amoris, cum fugeret mundum, dederat mihi pignus honestum; quam12 sibi cum raperet melior13 tunc regia caeli14 non timui15 mortem caelum quod libera16 adiret17, sed dolui18, fateor19, consortia perdere vitae. Nunc veniente deo21 nostri reminiscere virgo, ut tua per dominum prestet20 mihi facula lumen21.

Sie hatte sich Christus feierlich versprochen, als sie lebte, so daß ihre heilige Keuschheit selbst das Verdienst der Jungfrau bewies. Sie war noch nicht einmal zwanzig Winter alt; schon dieses Alter war in hervorragenden Tugenden des Lebens vorangeschritten; Der feste Vorsatz der Seele und die verehrungswürdige Frömmigkeit des Mädchens hatten den besseren Jahren prächtige Früchte überlassen. Dich, leibliche Schwester, hat der Zeuge (der Vater) unserer Liebe damals, als er die Erde verließ, mir als ehrenvolles Pfand überlassen; als die bessere Himmelsburg sie dann zu sich nahm, fürchtete ich mich nicht vor ihrem Tod, da sie frei in den Himmel kam; aber es schmerzte, ich bekenne es, die Gefährtin im Leben zu verlieren. Nun, wenn Gott kommt, erinnere dich an mich, Jungfrau, damit deine Fackel mir durch den Herrn Licht gewährt.

Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,7. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 10,1. 3 Vgl. DAM., epigr. 16,1: iacet quaeris si turba piorum; 20,2: nomina quisque Petri pariter Paulique requiris. 4 Vgl. DAM., epigr. 10,3. 5 VERG., Aen. 5,724: nate, mihi vita quondam, dum vita manebat; 6,608: hic, quibus invisi fratres, dum vita manebat; 661: quique sacerdotes casti, dum vita manebat. 6 meritum virginis: in den Epigrammen des Damasus taucht sehr oft der Verdienstgedanke auf. Hier hat sich Irene durch ihre Jungfräulichkeit einen Verdienst erworben, meist geht es aber um das Verdienst des Märtyrers: DAM., epigr. 15,1; 17,9; 20,4 (sanguinis ob meritum); 21,12; 25,4; 33,4 (martyris egregii suspiciens meritum); 40,8; 50,9; 57,2 (creverat hinc meritis quoniam melioribus actis: hier im Zusammenhang mit der Karriere des Vaters); auch das Verb merere wird besonders im Hinblick auf Martyrium und Bekenntnis zu Christus sowie der dadurch erworbenen Sonderstellung verwendet: DAM., epigr. 1,6.12; 25,7; 35,7; 39,9; 46,10; 47,6; und Rom verdient es, daß diese Märtyrer Bürger der Stadt sind und werden: DAM., 20,6: Roma suos potius meruit defendere cives. 7 DAM., epigr. 37,9 über Agnes: veneranda mihi sanctum decus alma pudoris; und: quis mage virgineum placuit retinere pudorem; vgl. auch 16,9: virgineum retinere pudorem; 51,4 solo contenta pudore. 8 Vgl. hier: egregios mores gleichgestellt mit egregius martyr (DAM., epigr. 31,2; 33,4). 1

2

2. Text und Übersetzung

77

9 veneranda: DAM., epigr. 37,9: veneranda mihi sanctum decus alma pudoris; ansonsten in Verbindung mit sepulcrum: DAM., 16,2; 21,12; 46,11; 42,1. 10 VERG., Aen. 6,649: magnanimi heroes nati melioribus annis. 11 VERG., Aen. 4,492: testor, cara, deos et te, germana, tuumque/ dulce caput... 12 Hier sollte man gegen FERRUA die Konjektur quam, die IHM 1895,15–17 für das unverständliche quem vorgeschlagen hat, übernehmen. 13 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 16,3. 14 VERG., Aen. 7,210: aurea nunc solio stellantis regia caeli. 15 Vgl. DAM., epigr. 16,11. 15 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,3 und 6. 16 Hier wird die Lesart, die IHM 1895, 15–17 bietet, gegen FERRUA 1942, 109f., der die Formulierung dem Relativpronomen quem angleicht, übernommen. 17 Vgl. DAM., epigr. 51,1: quid loquar aut sileam prohibet dolor ipse fateri. 18 Vgl. DAM., epigr. 1,25; 16,10; 20,3; 57,5. 19 Vgl. DAM., epigr. 12,2: vivere qui prestat morientia semina terrae; 21,11: ... omnia prestat; 59,3: ... venientibus omnia prestas; Vgl. auch die Anm. zu DAM., epigr. 4,2. 20 Vgl. Mt 25,1–3. Die kluge Jungfrau hält die angezündete Fackel bereit, wenn der Herr kommt.

12 Epitaphius Damasi in coem. Marci et Marcelliani Qui gradiens pelagi fluctus conpressit amaros1, vivere qui prestat2 morientia semina3 terrae4, solvere qui potuit letalia vincula mortis5 post tenebras, fratrem post tertia6 lumina solis7 ad superos iterum Martae donare sorori8, post cineres9 Damasum faciet quia surgere credo.

Der schreitend den heftigen Wogen des Meeres Einhalt geboten hat, der dem sterbenden Samen der Erde Leben gewährt, der die verhängnisvollen Fesseln des Todes lösen und nach drei Tagen den Bruder aus dem Schattenreich wieder ans Tageslicht und der Schwester Martha zurückgeben konnte, der, glaube ich, wird auch den Damasus aus dem Staube auferwecken.

1 Mt 14,25; VERG., Aen. 5,801: saepe furores compressi et rabiem tantam caelique marisque. Siehe auch die englische Übersetzung des Epigramms bei WHITE 2000, 43. 2 Siehe die Anm. zu DAM., epigr. 11, 15. 3 OV., met. 3,105: spargit humi iussos, mortalia semina, dentes; Verg., Aen. 10,462: morientia lumina Turni. 4 Vgl. Mk 4,26–29. 5 Vgl. DAM., epigr. 59,5 und VERG., Aen. 2,134: Eripui, fateor, leto me et vincula rupi. 6 VERG., Aen. 3,117: tertia lux; vgl. auch DAM., epigr. 1,14. 7 VERG., Aen. 7,130: et primo laeti cum lumine solis; 6,255: ecce autem primi sub limina solis et ortus. 8 Die Auferweckung des Lazarus: Joh 11. 9 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 3,2.

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

2.3.2. Für andere Personen 51 Elogium Proiectae Quid loquar aut sileam1 prohibet dolor2 ipse fateri3 hic tumulus lacrimas retinet4 cognosce5 parentu Proiectae fuerat primo quae iuncta6 marito pulcra decore7 suo solo contenta8 pudore7 heu dilecta satis miserae genetricis amore9 accipe10 quid multis thalami post foedera11 prima erepta ex oculis12 Flori genitoris abiit aetheriam13 cupiens caeli conscendere14 lucem haec Damasus prestat15 cunctis solacia fletus16 vixit ann XVI m IX dies XXV dep III Kal ian Fl Merobaude et Fl Saturnin conss.

Was? Soll ich sprechen oder schweigen? Der Schmerz selbst hindert daran, etwas zu sagen. Dieses Grab, erkenne es, bewahrt die Tränen der Eltern für Proiecta, die mit ihrem ersten Ehemann verbunden war, schön durch ihre natürliche Ausstrahlung, zufrieden allein mit ihrer Züchtigkeit, oh, so geliebt durch die Liebe der armen Mutter. Was sollen viele Worte? Vernimm’, nach erster Ehe schied sie aus dem Leben, entzogen den Augen des Vaters Florus, voll Verlangen, zum erhabenen Himmelslicht aufzusteigen. Das bietet Damasus allen zum Trost für die Tränen. Sie lebte sechzehn Jahre, neun Monate, fünfundzwanzig Tage und wurde beigesetzt am 30. Dezember 383.

1 VERG., Aen. 3,39: Eloquar an sileam? Gemitus lacrimabilis imo/ auditur tumulo...; ecl. 6,74: Quid loquar aut Scyllam ... . 2 OV., met. 11,708: plura dolor prohibet. 3 Vgl. DAM., epigr. 1,25. 4 OV., met. 1,647: nec lacrimas retinet. 5 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,4. 6 VERG., Aen. 4,28: ille meos, primus qui me sibi iunxit, amores/ abstulit... 7 Vgl. dazu DAM., epigr. 11,4: virginis ut meritum sanctus pudor ipse probaret; 16,9: quis mage virgineum placuit retinere pudorem; 37,9: veneranda mihi sanctum decus alma pudoris. 8 VERG., Aen. 11,582: sola contenta Diana. 9 VERG., Aen. 1,344: et magno miserae dilectus amore. 10 Vgl. dazu DAM., epigr. 7,4 und Anm. 11 OV., met. 7,403: thalami quoque foedere iungit. 12 VERG., Aen. 8,254: eripiens oculis; 1,88: eripiunt subito nubes caelumque diemque/ Teucrorum ex oculis. OV., met. 7,776: ipse oculis ereptus erat; her. 10,43. 13 Vgl. dazu DAM., epigr. 7,3.5; 20,5: aetherios sinus; 43,5: aetheriam domum. 14 VERG., Aen. 8,97: sol medium caeli conscenderat igneus orbem. Ciris 50f.: tenui conscendens aethera penna / caeruleis sua tecta super volitaverit alis. 15 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,15. 16 VERG., Aen 11,59–63: Haec ubi deflevit, tolli miserabile corpus / imperat, et toto lectos ex agmine mitti / mille viros qui supremum comitentur honorem / intersintque patris lacrimis, solacia luctus / exigua ingentis, misero sed debita patri.

2. Text und Übersetzung

79

50 Elogium Marci ... vita fuit Marci quam novimus omnes; ... amore dei1 posset qui temnere mundum2, ... sravit populus3 quod disceret omnis. ... honor vitae, grandis contemptus4 habendi; ... virtus tenuit penetralia cordis ... te custos Christi perfectus amicus5. ... et Damasus tumulum6 cum reddit honorem7.

9 war das Leben des Marcus, das wir alle kennen, der von der Liebe Gottes die Welt verachten konnte, ..., was die ganze Gemeinde lernen sollte. war der Ruhm seines Lebens, groß die Verachtung des Besitzes; ... Tugend hielt das Innerste seines Herzens zusammen ... dich, Schützer, Christi vollkommener Freund. ... und Damasus erstattet deinem Grab Ehre

Vgl. DAM., epigr. 1,24. Siehe die Anm. zu DAM., epigr. 7,2. 3 Siehe die Anm. zu DAM., epigr. 15,3. 4 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,2. 5 Vgl. dazu DAM., epigr. 1,24. 6 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,7. 7 Vgl. zu reddere DAM., epigr. 39,10 und Anm.; zu honos: epigr. 57,4. 8 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,4. 9 Die Ergänzungen finden sich in der Ausgabe von IHM 1895, 17 und bei SCHÄFER 1932, 129. 1

2

2.3.3. Votivinschrift 59 In S. Felicem Nolae Corpore mente animo pariterque1 et nomine Felix2, sanctorum in numero Christi sociate triumphis3, qui ad te sollicite venientibus omnia prestas4, nec quemquam tristem pateris repedare viantem; te duce servatus mortis quod vincula rupi5, hostibus extinctis fuerant qui falsa locuti, versibus his6 Damasus supplex7 tibi vota rependo8. 1 2 3

An Körper, Geist und Seele glücklich und ebenso auch dem Namen nach Felix, der du in der Zahl der Heiligen an den Triumphen Christi teilhast, der du denen, die besorgt zu dir kommen, alles gewährst und keinen Reisenden traurig zurückkehren läßt; Da ich, unter deiner Führung gerettet, die Fesseln des Todes zerrissen habe,/ nachdem die Feinde vernichtet waren, die Falsches geredet hatten,/ erfülle ich, Damasus, dir mit diesen Versen demütig bittend meine Gelübde.

Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,5. Vgl. DAM., epigr. 7,1. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,26.

80

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,15. VERG., Aen. 2,134: Eripui, fateor, leto me et vincula rupi. Vgl. auch DAM., epigr. 12,3: letalia vincula mortis. 6 Vgl. DAM., epigr. 1,25. 7 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 33,3. 8 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 39,10; besonders 46,14: ... mea vota rependo. 4

5

2.4. Märtyrerinschriften 2.4.1. Märtyrerinschriften mit Schilderung des Martyriums und der Auffindung der Märtyrer VIA APPIA

21 Elogium S. Eutychii, in catacumbas Eutychius martyr1 crudelia iussa tyranni2 carnificumque vias pariter3 tunc mille nocendi4 vincere quod potuit monstravit gloria Christi5 carceris inluviem6 sequitur nova poena per artus testarum fragmenta parant ne somnus adiret bis seni transiere dies7 alimenta negantur8 mittitur in barathrum sanctus lavat omnia sanguis9 vulnera10 quae intulerat mortis metuenda potestas nocte soporifera turbant insomnia11 mentem ostendit latebra insontis12 quae membra13 teneret quaeritur inventus colitur fovet14 omnia prestat15 expressit16 Damasus meritum17 venerare sepulchrum18

Der Märtyrer Eutychius zeigte, daß die Herrlichkeit Christi die grausamen Befehle des Tyrannen und in gleicher Weise die damals tausendfach schadenden Mittel der Henker besiegen konnte. Auf den Schmutz des Kerkers folgt neue Pein für den Körper, Stücke von Scherben lassen keinen Schlaf zu, zweimal sechs Tage sind vergangen, ihm wird die Nahrung verweigert, er wird in den Abgrund gestürzt: das heilige Blut wäscht alle Wunden, die die furchterregende Macht des Todes geschlagen hatte. In schlafbringender Nacht verwirren Traumbilder den Geist, das Versteck des Unschuldigen zeigt, welche Gebeine es birgt. Er wird gesucht, gefunden und verehrt; er schützt und gewährt alles. Damasus nennt sein Verdienst, du ehre das Grab.

Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,13. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 8,3. 3 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,5. 4 VERG., Aen. 7,338: tibi nomina mille,/ mille nocendi artes. 5 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,7. 6 Derselbe Versanfang findet sich auch in DAM., epigr. 1,20. 7 VERG., Aen. 11,133: bis senos pepigere dies, et pace sequestra. 8 OV., trist. 5,8,13: vilia qui quondam miseris alimenta negarat. 9 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 20,4. 10 VERG., Aen. 12,720ff.: poenasque inimico ex sanguine sumit: ... tum cruor et vulsae labuntur ab aethere plumae. 1

2

2. Text und Übersetzung 11 12 13 14 15 16 17 18

81

VERG., Aen. 4,9: Anna soror, quae me suspensam insomnia terrent! Vgl. DAM., epigr. 44,4. Vgl. DAM., epigr. 10,1. Vgl. dazu DAM., epigr. 31,5; 37, 10; 48,5. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,15. Siehe die Anm. zu DAM., epigr. 20,7. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,4. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,4.

VIA LABICANA

28 Elogium SS. Marcellini et Petri in coem. ad duas lauros Marcelline tuum pariter1 Petrique sepulcrum percussor retulit2 Damaso mihi cum puer essem: Haec sibi carnificem rabidum mandata dedisse, sentibus in mediis vestra ut tunc colla3 secaret, ne tumulum4 vestrum quisquam cognoscere posset5. Vos alacres vestris manibus fodisse sepulcra candidule, occultos post quae iacuisse sub antro6; postea commonitam vestra pietate Lucillam7 hic placuisse magis sanctissima condere membra8.

Von deinem und in gleicher Weise des Petrus Grab, Marcellinus, berichtete mir, Damasus, der Scharfrichter als ich noch ein Junge war: Diesen Auftrag habe ihm der wilde Mörder gegeben, daß er damals mitten im Dorngestrüpp euch enthaupten sollte, damit keiner euer Grab erkennen könne. Ihr hättet schnell mit euren eigenen Händen unbeirrt eure Gräber gegraben und danach verborgen unter der Höhle gelegen; später habe Lucilla, als sie an eure Frömmigkeit erinnert wurde, die heiligsten Glieder lieber hier beisetzen wollen.

Vgl. dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,5. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 20,7. 3 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 17,4. 4 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,7. 5 Vgl. DAM., epigr. 40,8. 6 VERG., Aen. 3,631: ... iacuitque per antrum. 7 Zur Person der Lucilla bzw. Lucina (Lucina kann leicht in Lucilla verlesen werden) siehe LIETZMANN (Petrus und Paulus) ²1927, 179–189. 8 DAM., epigr. 10,1; 16,10: condere membra; siehe auch die Anm. zu epigr. 10,1. 1

2

2.4.2. Märtyrerinschriften mit genauer Schilderung der Martyriumsgeschichte 2.4.2.1. Eine Märtyrerin VIA NOMENTANA

37 Elogium S. Agnetis in sua basilica Fama refert1 sanctos dudum2 retulisse3

Man erzählt sich, daß die ehrwürdigen

82

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

parentes Agnen cum lugubres cantus tuba concrepuisset nutricis gremium subito liquisse puellam sponte trucis calcasse minas rabiemque tyranni4 urere cum flammis volvisset nobile corpus viribus inmensum parvis superasse timorem nudaque profusum crinem per membra5 dedisse ne domini templum facies peritura videret veneranda mihi sanctum decus alma pudoris6 ut Damasi precibus faveas7 precor8 inclyta9 martyr10.

Eltern vor Zeiten folgendes berichteten: das Mädchen Agnes sei, als die Trompete ihren unheilverkündenden Klang ertönen ließ, plötzlich der Aufsicht der Amme entlaufen und habe mit Absicht die Drohungen und die Wut des finsteren Tyrannen verspottet. Und als er befahl, ihren edlen Leib zu verbrennen, da habe sie mit ihren geringen Kräften die ungeheure Angst überwunden und ihr aufgelöstes Haar über die nackten Glieder gebreitet, damit kein sterbliches Auge den Tempel des Herrn erblickte. Ich will dich verehren, segenspendende, heilige Zier der Keuschheit; Ich bitte dich, sei den Bitten des Damasus gnädig, berühmte Märtyrerin. 1 Dieselbe Formulierung findet sich in DAM., epigr. 48,1. Siehe auch die englische Übersetzung des Epigramms bei WHITE 2000, 43f. 2 Vgl. DAM., epigr. 47²,4; 48,1. 3 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 20,7. 4 Vgl. dazu feritate tyranni in DAM., epigr. 8,3 und Anm. 5 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 10,1. 6 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,4 und 7. 7 Vgl. DAM., epigr. 21,11: fovet; 31,5: ... ut foveas Damasum precor; 48,5. 8 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 31,5. 1 9 Vgl. DAM., epigr. 35 ,5; 48,5. 10 Derselbe Vers findet sich in DAM., epigr. 48,5.

2.4.2.2. Einzelne Märtyrer VIA TIBURTINA

33 Elogium S. Laurentii in sua basilica Verbera carnifices1 flammas tormenta catenas2 vincere3 Laurenti sola fides potuit. Haec Damasus cumulat supplex4 altaria donis5, martyris egregii6 suspiciens4 meritum7.

Schläge, Henkersknechte, Flammen, Folter und Ketten konnte allein der Glauben des Laurentius besiegen. Diesen Altar überhäuft Damasus demütig bittend mit Gaben und schaut auf zum Verdienst des auserlesenen Märtyrers.

1 LUCR., 3,1017: verbera carnifices robur pix lammina taedae; carnifex: DAM., epigr. 28,3. 2 Dieselbe Formulierung findet sich in DAM., epigr. 1,20. 3 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,23. 4 Vgl dazu DAM., epigr. 39,10; 44,3; 46,11; 59,7. 5 VERG., Aen. 11,50: ... et vota facit cumulatque altaria donis. 6 Siehe dazu DAM., epigr. 31,2 und die Anm. dazu. 7 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,4.

2. Text und Übersetzung

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VIA LABICANA

31 Elogium S. Tiburtii in coem. ad duas lauros Tempore quo gladius secuit pia viscera matris1, egregius martyr2, contempto principe mundi3, aetheris alta petit4 Christo comitante beatus. Hic tibi sanctus honor5 semper laudesque manebunt6. Care deo7, ut foveas8 Damasum precor9, alme10 Tiburti.

Zu der Zeit, als das Schwert das fromme Herz der Mutter zerschnitt, hat der auserlesene Märtyrer den Fürst der Welt verachtet und die Höhen des Himmels unter der Begleitung Christi selig erstrebt. Hier werden immer heilige Ehre und Lobpreis für dich bleiben. Freund Gottes, gütiger Tiburtius, ich bitte dich, sei Damasus gnädig.

Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 17,1. Dieselbe Formulierung findet sich in DAM., epigr. 33,4: martyris egregii suspiciens meritum; nur das Wort martyr in epigr. 1,13; 7,8; 8,1; 18,10; 21,1; 24,1; 25,8; 32,1; 35,7; 37,10; 42,5; 44,1; 46,13.14; 47²,3; 48,5; martyrium: 15,5 3 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,2. 4 Siehe dazu die Anmerkungen zu DAM., epigr. 7,3.5. 5 Vgl. DAM., epigr. 50,7; 57,4. 6 VERG., ecl. 5,78; Aen. 1,609: semper honos nomenque tuum laudesque manebunt. 7 VERG., ecl. 4,49: cara deum suboles, magnum Iovis incrementum!. 8 Vgl. DAM., epigr. 21,11: fovet; 37,10: ut Damasi precibus faveas precor inclyta martyr; 48,5. 9 Vgl. auch DAM., epigr. 37,10; 48,5. 10 almus:epigr. 37,9: veneranda mihi sanctum decus alma pudoris; damit übernimmt Damasus ein Attribut der antiken Götter. 1

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2.4.2.3. Märtyrerpaare VIA ARDEATINA

8 Elogium SS. Nerei et Achillei in coem. Domitillae Nereus et Achilleus martyres1 Militiae nomen2 dederant saevumque gerebant officium, pariter3 spectantes iussa tyranni4, praeceptis5 pulsante metu6 servire5 parati. Mira fides rerum7: subito posuere furore, conversi fugiunt, ducis inpia castra relinquunt8, proiciunt clipeos, faleras telaque cruenta9, confessi10 gaudent Christi portare triumfos11.

Die Märtyrer Nereus und Achilleus: Sie hatten sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet und leisteten den grausamen Dienst, sie richteten sich beide nach den Befehlen des Tyrannen, aus Furcht waren sie bereit, den Vorschriften zu folgen. Da geschieht Erstaunliches: Plötzlich legten sie ihre Kriegswut ab, bekehrt fliehen sie und verlassen das gottlose Lager des Führers, werfen ihre Schilde weg, Orden und blutige Waffen, sie bekennen und freuen sich die Siegeszeichen Christi zu tragen.

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Credite12 per Damasum possit quid13 gloria Christi14.

Glaubt durch Damasus, was die Herrlichkeit Christi vermag.

Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,13. Vgl. dazu DAM., epigr. 48,3 und die Anm. dazu. 3 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,5. 4 Findet sich auch in DAM., epigr. 21,1 und 35,1; als Antithese zu den praecepta Christi in DAM., epigr. 1,9; 18,6; 40,6; 43,2: feritate tyranni; 37,4: rabiemque tyranni 5 Vgl. dazu praecepta secutus in DAM., epigr. 1,1 und 9. 6 VERG., Aen. 5,138; georg. 3,106: exultantiaque haurit/ corda pavor pulsans... 7 VERG., Aen. 9,279f.: maxima rerum verborumque fides; siehe auch: STAT., silv. 3,3,21; 4,4,81; IUVENCUS, evang. 1,113 (CSEL 24, 9 HUEMER): sed, pro mira fides, tabulis cum scribere temptat. Siehe auch die Anm. zu DAM., epigr. 1, 11. 8 VERG., Aen. 10, 604: tandem erumpunt et castra reliquunt. 9 VERG., Aen. 10, 731: tundit humum exspirans infractaque tela cruentat; OV., trist. 5,7,34: vulneribusque meis tela cruenta sequor. 10 Siehe die Anm. zu DAM., epigr. 7,3. 11 Siehe die Anm. zu DAM., epigr. 1,26. Vgl. auch DAM., epigr. 1, 22: stigmata non timuit portare in corpore Christi. 12 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,4. 13 VERG., Aen. 11,386: Possit quid vivida virtus; 14 Vgl. auch die Anm. zu DAM., epigr. 1,7. 1

2

VIA APPIA

15 Elogium S. Tarsicii in Callisti Par meritum1 quicumque legis2 cognosce3 duorum quis Damasus rector4 titulos post praemia reddit5. Iudaicus populus6 Stephanum meliora monentem7 perculerat saxis, tulerat qui ex hoste tropaeum8: martyrium9 primus rapuit levita fidelis10. Tarsicium sanctum Xpi sacramenta gerentem cum male sana11 manus premeret vulgare profanis12, ipse animam potius voluit dimittere caesus prodere quam canibus rabidis13 caelestia membra14.

Wer immer dies liest, erfahre vom gleichen Verdienst der beiden, denen Bischof Damasus, nachdem sie den Lohn empfingen, diese Inschrift widmet. Das jüdische Volk hatte Stephanus gesteinigt, als er sie zum Besseren ermahnte, der so den Sieg über den Feind davongetragen hatte: der treue Diakon riß als erster das Martyrium an sich. Als der heilige Tarsicius die Sakramente Christi trug und die wahnsinnige Menge ihn bedrängte, sie den Gottlosen preiszugeben, wollte er lieber selbst sein Leben lassen und ermordet werden als den himmlischen Leib den rasenden Hunden auszuliefern.

Siehe die Anm. zu DAM., epigr.11,4. Vgl. auch DAM., epigr. 32,3: hic quicumque venit sanctorum limina quaerat; DAM., epigr. 42,1: Sanctorum quicumque legis venerare sepulcrum. 3 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,4. 4 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,6. 5 VERG., Aen. 2,537f.: persolvant grates dignas et praemia reddant. 1

2

2. Text und Übersetzung

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Vgl. DAM., epigr. 18,4; 35,5; 40,8. VERG., Aen. 3,188: cedamus Phoebo et moniti meliora sequamur. 8 OV., her. 9,104; VERG., georg. 3,32: rapta ... diverso ex hoste tropaea. 9 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,13. 10 Vgl. DAM., epigr. 3,10 und die Anm. dazu. 11 VERG., Aen. 4,8 (Dido): cum sic unanimam adloquitur male sana sororem. 12 OV., ars 2,601: quis Cereris ritus ausit vulgare profanis. 13 VERG., Aen. 7,493f.: hunc procul errantem rabidae venantis Iuli/ commovere canes; cir. 79. 14 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 10,1. 6 7

VIA SALARIA VETERE

47 Elogium SS. Proti et Hyacinthi in coem. Basillae Extremo tumulus1 latuit sub aggere montis, hunc Damasus monstrat2 servat quod membra piorum3. Te Protum retinet melior sibi regia caeli4; sanguine5 purpureo sequeris Hyacinthe probatus6 germani fratres animis ingentibus ambo7. Hic victor8 meruit9 palmam10 prior ille coronam11.

Tief unter den Erdmassen des Berges lag das Grab verborgen; Damasus bringt es ans Licht, weil es Glieder von Frommen aufbewahrt. Dich, Protus, behält die bessere Himmelsburg bei sich; du, Hyacinthus, folgst ihm nach, erprobt durch dein purpurnes Blut, leibliche Brüder, beide mit herausragendem Mut: Der eine verdiente sich als Sieger die Palme, der andere als erster die Krone.

Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,7. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,26. 3 Vgl. DAM., epigr. 10,1 und Anm. 4 regia caeli: VERG., Aen.7,210; georg. 1,503: iam pridem nobis caeli te regia, Caesar,/ invidet atque hominum queritur curare triumphos; OV., met. 1,257: ... correptaque regia caeli/ ardeat ...; 2,198; PETRON., satirae 124,137; SIL.ITAL., 1,136. Vgl. auch die Anm. zu DAM., epigr. 16,3. 5 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 20,4. 6 Vgl. DAM., epigr. 35,8. 7 VERG., Aen 11,291: ambo animis, ambo insignes praestantibus armis,/hic pietate prior; 11,641: ingentemque animis, ingentem corporis et armis; georg. 4,83. 8 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,23. 9 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,4. 10 Vgl. auch DAM., epigr. 17,6. 11 Vgl. auch DAM., epigr. 39,9. 1

2

2.4.3. Bischöfe von Rom VIA APPIA

17 Elogium S. Xysti papae in Callisti Tempore quo1 gladius secuit pia viscera matris2,

Zu der Zeit, als das Schwert den frommen Leib der Mutter zerschnitt,

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

hic positus rector3 caelestia iussa4 docebat. Adveniunt subito rapiunt qui forte sedentem: militibus missis populi tunc colla dedere5. Mox ubi cognovit senior quis tollere vellet palmam6, seque suumque caput prior optulit ipse7, inpatiens feritas8 posset ne laedere quemquam. Ostendit Christus, reddit qui praemia9 vitae10, pastoris meritum11, numerum gregis ipse tuetur.

lehrte der hier bestattete Bischof die himmlischen Gebote. Plötzlich kommen welche, die ihn, der zufällig gerade sitzt, entführen. Dann bot die Gemeinde den ausgesandten Häschern den Nacken dar. Sobald der Greis erkannte, wer ihm die Siegespalme des Martyriums wegnehmen wollte, bot er selbst sofort sich und sein Haupt als erster an, damit die ungeduldige Wut keinem anderen schaden konnte. Christus, der den Lohn des Lebens gewährt, offenbart das Verdienst des Hirten: er selbst schützt die volle Zahl der Herde.

1 Vgl. VERG., Aen 9,80: tempore quo primum phrygia formabat in Ida / Aeneas classem. 2 Derselbe Vers findet sich in DAM., epigr. 31,1; 35,3; 43,1; 46,3; vgl. auch die Anm. zu epigr. 1,5. 3 Siehe die Anmerkung zu DAM., epigr. 7,6. 4 Entspricht praecepta Domini in DAM., epigr. 1,9 als Gegensatz zu iussa tyranni (z.B. 8,3). 5 Auch DAM., epigr. 43,3: extemplo ducibus missis tunc colla dedere; 28,4: tunc colla secaret. 6 Auch in DAM., epigr. 47,6: hic victor meruit palmam prior ille coronam. 7 VERG., Aen. 8,144f.: me, me ipse meumque/ obieci caput et supplex ad limina veni; 4,492f.: te, germana, tuumque dulce caput. 8 feritas tyranni: DAM., epigr. 18,6; 40,6; 43,2. 9 VERG., Aen. 2,537f.: persolvant grates dignas et praemia reddant. 10 Siehe zu praemia vitae die Anm. zu DAM., epigr. 1,12. 11 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,4.

18 Elogium S. Eusebii papae in Callisti Damasus episcopus1 fecit2. Heraclius3 vetuit labsos4 peccata dolere, Eusebius5 miseros6 docuit sua crimina7 flere8. Scinditur9 in partes populus10 gliscente furore11. Seditio caedes12 bellum discordia lites13. Extemplo pariter14 pulsi15 feritate tyranni16, integra cum rector17 servaret foedera pacis18 . Pertulit exilium domino sub iudice laetus; litore trinacrio19 mundum vitamque reliquit20.

Bischof Damasus verfaßte diese Inschrift. Heraclius verbot den Gefallenen, die Sünden zu beklagen, Eusebius lehrte die Unglücklichen, ihre Vergehen zu beweinen. Die Gemeinde spaltete sich in wachsender Wut in zwei Teile, es entstanden Aufruhr, Mord, Kampf, Zwietracht und Streit. Sogleich wurden beide durch die Wut des Tyrannen vertrieben, obwohl der Bischof die Bande des Friedens unberührt bewahrte. Er ertrug das Exil freudig, unter dem

2. Text und Übersetzung Eusebio episcopo21 et martyri22 Damasi papae cultor23 adque amator Furius dionysius filocalus scribsit24.

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Herrn als seinem Richter, am Gestade Siziliens verließ er Welt und Leben. Dionysius Filocalus, der Verehrer und Freund des Bischofs Damasus, hat sie Eusebius, dem Bischof und Märtyrer, geschrieben.

Vgl. DAM., epigr. 24; 25,8; 32,6; 46,15. Vgl. DAM., epigr. 24; 25,8. 3 Widersacher des Eusebius, siehe dazu: FEVRIER 1992, 500f. und SCHÄFER 1932, 34–37. 4 Vgl. DAM., epigr. 40,1; Siehe auch die weiteren Parallelen zwischen diesen beiden Epigrammen. 5 Bischof von Rom in den Jahren 309–310. 6 Vgl. DAM., epigr. 40,2: ... miseris fuit omnibus hostis amarus. 7 Vgl. DAM., epigr. 40,1: Veredicus rector labsos quia crimina flere/ praedixit. 8 VERG., Aen. 4,433f.: Tempus inane peto, requiem spatiumque furori/ dum mea me victam doceat fortuna dolere.437f.: Talibus orabat, talisque miserrima fletus/ fertque refertque soror. 432: nec pulchro ut Latio careat regnumque reliquat. 9 VERG., Aen. 2,39: Scinditur incertum studia in contraria volgus. 10 Siehe DAM., epigr. 15,3; 35,5. 11 Vgl. DAM., epigr. 40,3: hinc furor hinc odium sequitur. 12 Vgl. DAM., epigr. 40,3: ... discordia lites/ seditio caedes solvuntur foedera pacis. 13 Vgl. DAM., epigr. 40,4. 14 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,5. 15 Vgl. DAM., epigr. 40,6: finibus expulsus patriae est feritate tyranni. 16 Siehe DAM., epigr. 40,6 und 43,2. 17 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,6. 18 Vgl. dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,5 und 40,4.5 und 16,6 mit Anmerkung. 19 VERG., Aen. 1,195f.: vina bonus quae deinde cadis onerarat Acestes/ litore Trinacrio ... . 20 VERG. Aen. 5,517: decidit exanimis vitamque reliquit in astris/ aetheriis; 6,735: quin et supremo cum lumine vita reliquit; georg. 3,547: praecipites alta vitam sub nube reliquunt. 21 Siehe die Anm. zu DAM., epigr. 18,1. 22 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,13. 23 Vgl. DAM., epigr. 39,6; 46,1. 24 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 1.3.1. 1

2

VIA SALARIA NOVA

40 Elogium S. Marcelli papae in coem. Priscillae Veridicus rector1 labsos2 quia crimina flere3 praedixit, miseris4 fuit omnibus hostis amarus5. Hinc furor6 hinc odium sequitur, discordia, lites7,

Da der rechtlehrende Bischof anordnete, daß Gefallene ihre Schuld beweinen, war er allen Elenden ein bitterer Feind. Auf beiden Seiten folgen Wut, Haß, Zwietracht, Streit, Aufruhr und Mord; es lösen sich die Bande des Friedens.

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

seditio, caedes8, solvuntur foedera pacis9. Crimen ob alterius Xpm qui in pace10 negavit, finibus expulsus11 patriae12 est feritate tyranni13. Haec breviter14 Damasus voluit15 conperta referre16, Marcelli ut populus17 meritum18 cognoscere possit19.

Wegen des Vergehens eines anderen, der Christus im Frieden verleugnete, wurde er aus den Grenzen seiner Heimat vertrieben durch die Wut des Tyrannen. Damasus wollte das, was er erfahren hatte, kurz berichten, damit die Gemeinde das Verdienst des Marcellus erkennen kann.

Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,6. Vgl. DAM., epigr. 18,2. 3 Vgl. DAM., epigr. 18,3: Eusebius miseris docuit sua crimina flere. 4 Vgl. DAM., epigr. 18,3. 5 VERG., Aen. 10,900: hostis amare, quid increpitas mortemque minaris? 6 Vgl. DAM., epigr. 18,4. 7 Vgl. DAM., epigr. 18,5: seditio caedes bellum discordia lites. 8 Vgl. DAM., epigr. 18,5. 9 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,5 und besonders 18,7: integra cum rector servaret foedera pacis. 10 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 16,6. 11 Vgl. DAM., epigr. 18, 6: Extemplo pariter pulsi feritate tyranni. 12 VERG. Aen. 1,620: finibus expulsum patriis, nova regna petentem. 13 Vgl. DAM., epigr. 18,6; 43,2. 14 Vgl. DAM., epigr. 1,25. 15 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,26. 16 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 20,7; vgl. besonders 35,8: audita refert Damasus. 17 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 15,3. 18 Zu meritum siehe die Anm. zu DAM., epigr. 11,4. 19 DAM., epigr. 28,5: cognoscere posset; zu cognoscere die Anm. zu epigr. 7,4. 1

2

VIA APPIA

19 Elogium S. Cornelii papae in sua crypta ... TO TENEBrisq fvGATIS1 ... tvmvLVmq2 saCRATVM3 ... damASI PRAestaNTIA4 FECIT5 ... meLIOR6 POpuLISQ7 PARATUM ... vALEAS SI fVNDERE PVRO ... MELIOR6 CONSVRGERE POSSET8 ... R TENVIT MAGE9 CVRA LABORIS10 VERG., Aen. 3,521: stellis aurora fugatis; OV., met. 2,144: tenebris aurora fugatis. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,7. 3 Vgl. DAM., epigr. 11,1: sacrata deo. 4 Siehe die Anm. zu DAM., epigr. 11,15. 5 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 18,1. 6 melior auch in DAM., epigr. 11,8: ... melioribus annis; 11,11: ... cum raperet melior tunc regia caeli; 15,3: meliora monentem; 44,3: cultu meliore decorans; 47,3: retinet melior sibi regia caeli; 57,2: melioribus actis. 1

2

2. Text und Übersetzung 7 8 9 10

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Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 15,3. surgere: DAM., epigr. 351,3; vgl. auch 28,5; 40,8: cognoscere posset. Vgl. DAM., epigr. 16,9. Vgl. DAM., epigr. 3,5.

2.4.4. Martyrium und Bekenntnis VIA SALARIA NOVA

39 Elogium SS. Felicis et Philippi in coem. Priscillae Qui natum passumque deum1 repetisse paternas sedes adque iterum venturum ex aethere2 credit, iudicet3 ut vivos rediens pariterque4 sepultos, martyribus5 sanctis pateat quod regia caeli6 respicit interior, sequitur si praemia XPI.7 Cultores domini8 Felix pariterque4 Philippus hinc virtute pares, contempto principe mundi9, aeternam petiere domum regnaque piorum10, sanguine11 quod proprio XPI meruere coronas12 His Damasus supplex13 voluit14 sua reddere vota15.

Wer glaubt, daß Gott geboren wurde, litt und heimkehrte zum Sitz des Vaters und aus himmlischer Höhe noch einmal erscheinen werde, um wiederkehrend zu richten die Lebendigen und auch die Toten, der weiß, daß den heiligen Märtyrern das Himmelreich offen steht, wenn er den Siegespreisen Christi folgt. Die Verehrer des Herrn, Felix und zugleich Philippus, deshalb gleich an Mut, verachteten den Fürsten der Welt und eilten von hier zur ewigen Heimat und zum Reich der Frommen, da sie durch ihr eigenes Blut die Siegeskränze Christi verdienten. Ihnen wollte Damasus demütig bittend seine Gelübde einlösen.

Vgl. DAM., epigr. 58,1: Xpe deus. Siehe dazu Kap. 2.4.4.2. 3 Vgl. DAM., epigr. 18,8: domino sub iudice. 4 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,5. 5 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,13. 6 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 16,3. 7 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,12. 8 Vgl. DAM., epigr. 18,11; 46,1. 9 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,2. 10 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,3.5; fast dieselbe Formulierung findet sich in DAM., epigr. 20,5; 43,5. 11 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 20,4. 12 Zu meruere: Anm. zu DAM., epigr. 11,4; corona: epigr. 47,6. 13 Vgl. dazu die Anm. zu DAM., epigr. 33,3 14 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,26. 15 OV., am. 1,7,36: cinge comam lauro votaque redde Iovi. Dieselbe oder eine ähnliche Formulierung findet sich auch in DAM., epigr. 42,5: reddit sua vota sacerdos; 46,14; 59,7: vota repende; 50,7: reddit honorem. 1

2

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

35 Elogium S. Hippolyti ad eius sepulcrum Hippolytus fertur1 premerent cum iussa2 tyranni3 presbyter4 in scisma semper mansisse Novati. Tempore quo gladius secuit pia viscera matris5, devotus Christo peteret cum regna piorum6, quaesisset populus7 ubinam procedere posset, catholicam dixisse fidem sequerentur ut omnes sic noster meruit8 confessus9 martyr10 ut esset haec audita refert11 Damasus probat12 omnia XPS 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Von Hippolytus wird erzählt, daß der Presbyter, obwohl die Befehle des Tyrannen drohten, immer am Schisma des Novatus festgehalten habe. Als er in der Zeit, als das Schwert den frommen Leib der Mutter zerschnitt, Christus demütig ergeben das Reich der Frommen anstrebte und die Gemeinde fragte, welchen Weg sie denn einschlagen könnten, habe er gesagt, daß alle dem katholischen Glauben folgen sollten. So verdiente er sich mit seinem Bekenntnis, unser Märtyrer zu sein. Dies berichtet Damasus vom Hörensagen, Christus erweist alles als wahr.

VERG., Aen. 7,765: namque ferunt fama Hippolytum .... VERG., Aen. 7,368: ... Faunique premunt te iussa parentis. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 8,3. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,7. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 17,1. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,3.5. Vgl. dazu DAM., epigr. 15,3. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,4. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,3. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,13. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 20,7. Vgl. DAM., epigr. 47,4.

2.4.5. Märtyrerinschriften und römische Bürgerschaft VIA APPIA

20 In basilica apostolorum Petri et Pauli in catacumbas Hic habitasse1 prius sanctos cognoscere debes2 nomina quisque Petri pariter3 Paulique requiris4. Discipulos Oriens misit5, quod sponte fatemur6; sanguinis7 ob meritum8 Xpumque per astra secuti9 aetherios petiere10 sinus regnaque piorum11: Roma12 suos potius meruit13 defendere cives12. Haec Damasus vestras referat14 nova

Du sollst wissen, daß früher die Heiligen hier gewohnt haben, wenn du nach den Namen des Petrus und Paulus fragst. Der Osten sandte diese Jünger, was wir freiwillig bekennen, aber um das Verdienst ihres Blutes willen – nachdem sie Christus durch die Sterne gefolgt sind und in den himmlischen Schoß und ins Reich der Frommen gelangt sind – kam es Rom zu, sie als seine Bürger zu beanspruchen. Dies will, ihr neuen Sterne, Damasus zu

2. Text und Übersetzung

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sidera15 laudes. eurem Lob verkünden! 1 Vgl. DAM., epigr. 32,4. 2 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,4. 3 Vgl. dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,5. 4 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,2. 5 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 16,7. 6 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,25. 7 Sanguinis steht hier für das Martyrium als ganzes: DAM., epigr. 21,7: sanctus lavat omnia sanguis; 39,9: sanguine quod proprio XPI meruere coronas; 46,4: sanguine mutavit patriam nomenq. genusq.; 47,4: sanguine purpureo sequeris Hyacinthe probatus; 48,2: sanguine mutasti patriam, civemque fratrem. 8 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,4. 9 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,5. 10 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,5. 11 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,3. 12 Vgl. DAM., epigr. 46,5; 48,2. 13 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,4. 14 Vgl. DAM., epigr. 21,12: Damasus expressit ...; 28,2: percussor retulit Damaso ...; 35,8: audita refert Damasus; 40,7: Damasus voluit conperta referre; 37,1: Fama refert sanctos dudum retulisse parentes. 15 Vgl. OV., met. 2,507: imposuit caelo vicinaque sidera fecit. Vgl. AMBR., fid. II 2,24: Hicine bonus, qui nobis caelum fecit esse quod terra est, ut sicut in caelo quasi speculo quodam stellarum lucentium refulgent globi, ita etiam apostolorum et martyrum et sacerdotum vice stellarum splendentium toto inluscerent chori mundo? Vgl. auch fid. I 17,113 (apostolorum chori) und AMBR., hymn. 7 Illuminans altissimus (345–347 FONTAINE; mit Kommentar 348–374). VIA SALARIA NOVA

46 Elogium S. Saturnini in coem. Thrasonis Beatissimorum martyrum1 cultor2 Incola nunc Christi3 fuerat Carthaginis ante, tempore quo gladius secuit pia viscera matris4 sanguine mutavit patriam5 nomenq. genusq.6 Romanum civem7 sanctorum fecit origo. Mira fides rerum8: docuit post exitus ingens9. Cum lacerat10 pia membra11 fremit Gratianus ut hostis; postea quam fellis vomuit concepta venena12, cogere non potuit Xpm te, sancte, negare; ipse tuis precibus meruit13 confessus14 abire. Supplicis15 haec Damasi vox est: vene-

Der Verehrer der seligsten Märtyrer Jetzt ist er ein Bewohner des Reiches Christi, früher war er einer von Karthago; zu der Zeit, als das Schwert den frommen Leib der Mutter zerschnitt, wechselte er mit seinem Blut das Vaterland, den Namen und das Geschlecht; die Mutterstadt der Heiligen machte ihn zum römischen Bürger. Ein erstaunliches Geschehen: sein gewaltiger Ausgang hat es uns später gelehrt. Gratian tobt wie ein Feind, indem er die frommen Glieder zerfetzt; auch nachdem er das gesamte Gift seiner Gehässigkeit von sich gegeben hatte, konnte er dich, Heiligen, nicht dazu zwingen, Christus zu leugnen. Aber er selbst verdiente es durch deine Gebete als Bekenner aus dem Leben zu

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

rare sepulcrum16. . Saturnini tibi martyr1 mea vota rependo20. Damasus episcopus21 servus dei22.

scheiden. Dies ist die Stimme des demütig bittenden Damasus: verehre das Grab!

Dir Märtyrer Saturninus löse ich meine Gelübde. Bischof Damasus, Knecht Gottes.

Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,13. Vgl. DAM., epigr. 18,11; 39,6. 3 DAM., epigr. 48,4: incola nunc domini. 4 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 17,1. 5 Vgl. DAM., epigr. 48,2: sanguine mutasti patriam, civemque fratrem; und die Anm. zu epigr. 20,4. 6 VERG., Aen. 10,149: regem adit et regi memorat nomenque genusque. 7 Vgl. DAM., epigr. 48,2: sanguine mutasti patriam, civemque fratrem; 20, 6: Roma suos potius meruit defendere cives.. 8 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,11. 9 VERG., Aen. 5,523: magnoque futurum augurio monstrum; docuit post exitus ingens. 10 Derselbe Versanfang in DAM., epigr. 1,5. 11 Siehe zu membra die Anm. zu DAM., epigr. 10,1; 44,1: pia membra. 12 VERG., Aen. 12,857: armatam saevi Parthus quam felli veneni. 13 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,4. 14 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,3. 15 Vgl. dazu die Anm. zu DAM., epigr. 33,3. 16 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,7. 17 Vgl. dazu reddere vota: DAM., epigr. 39,10; 42,5; rependere vota: 46,14; 59,7. 18 OV., her. 6,73. 19 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,7. 20 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 39,10. 21 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 18,1. 22 Vgl. DAM., epigr. 39,1; 58,1. 1

2

VIA SALARIA VETERE

48 Elogium S. Hermetis in coem. Basillae Iam dudum1, quod fama refert2, te Graecia misit3; sanguine mutasti patriam4, civemque5 fratrem6 fecit amor legis: sancto pro nomine7 passus, incola nunc domini8, servas qui altaria Christi9. Ut Damasi precib(us) faveas10precor11,

Schon vor langer Zeit hat dich, wie es heißt, Griechenland gesandt; durch dein Blut hast du das Vaterland gewechselt, und die Liebe zum Gesetz (Christi) machte dich zum Bürger und Bruder: du hast für den heiligen Namen gelitten, jetzt bist du, der du die Altäre Christi bewahrst, ein Einwohner des Reiches des

2. Text und Übersetzung inclyte12 martyr13.

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Herrn. Ich bitte dich, daß du den Gebeten des Damasus gewogen bist, berühmter Märtyrer.

Vgl. DAM., epigr. 37,1; 47²,4. Vgl. auch DAM., epigr. 37,1. 3 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 16,7. 4 Vgl. DAM., epigr. 46,4: sanguine mutavit patriam nomenq. genusq. 5 Vgl. DAM., epigr. 20,6; 46,5. 6 Kann aus der Parallelstelle DAM., epigr. 46,4: sanguine mutavit patriam nomenq. genusq. konjiziert werden. 7 PLIN., epist. 10,96,2: nomen ipsum. 8 Vgl. DAM., epigr. 46,2: Incola nunc Christi. 9 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 16,5. 10 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 31,5. 11 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 31,5. 1 12 Vgl. DAM., epigr. 35 ,5; 37,10. 13 Derselbe Vers findet sich in DAM., epigr. 37,10. 1

2

VIA APPIA

25 Elogium SS. Felicissimi et Agapiti in Praetextati Aspice1, et hic tumulus2 retinet caelestia membra3 sanctorum subito rapuit quos regia caeli4. Hi crucis invictae5 comites pariterque6 ministri rectoris7 sancti meritumque8 fidemque secuti aetherias petiere domos regnaque piorum9. Unica in his gaudet Romanae gloria plebis10, quod duce tunc Xysto XPI meruere triumphos11. Felicissimo et Agapeto sanctis martyribus12 Damasus episcopus fecit13. 1 2 3 4 5 6 7 8

Siehe, auch dieses Grab birgt himmlische Glieder von Heiligen, die das himmlische Reich plötzlich entführte. Diese Begleiter und Diener des unbesiegten Kreuzes folgten dem Verdienst und Glauben des heiligen Bischofs und verlangten nach himmlischer Heimat und dem Reich der Frommen. Der einzigartige Ruhm der römischen Gemeinde freut sich an ihnen, denn damals verdienten sie sich, von Xystus geführt, den Sieg Christi. Den heiligen Märtyrern Felicissimus und Agapitus hat es Bischof Damasus gewidmet.

Vgl. DAM., epigr. 47²,1. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,7. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 10,1. Siehe dazu DAM., epigr. 16,3 und Anm. Vgl. dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,23. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,5. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,6. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,4.

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

9 Siehe dazu die Anm zu DAM., epigr. 7,3.5. Fast derselbe Vers findet sich in epigr. 39,8 und 43,5. 10 VERG., Aen. 6,767: ... Troianae gloria gentis. Zur Verwendung von plebs siehe die Anm. zu DAM., epigr. 1,4. 11 Vgl. dazu DAM., epigr. 8,7: confessi gaudent Christi portare triumfos; und die Anm. zu epigr. 1,1. 12 Vgl. die Anm. zu DAM., epigr. 1,13. 13 Siehe DAM., epigr. 18,1 und Anm.

2.4.6. Inschriften, die Märtyrergruppen zusammenfassen VIA APPIA

16 Elogium Sanctorum ad papas iacentium in Callisti1 Hic congesta iacet quaeris si2 turba piorum Corpora3 sanctorum retinent veneranda sepulcra4 sublimes animas5 rapuit sibi regia caeli6 hic comites Xysti portant qui ex hoste tropaea7 hic numerus procerum8 servat qui altaria XPI8 hic positus10 longa vixit in pace11 sacerdos12 hic confessores13 sancti quos Graecia misit14 hic iuvenes pueriq. senes castique nepotes15 quis mage virgineum placuit retinere pudorem16 hic fateor17 Damasus volui18 mea condere membra19 sed cineres20 timui21 sanctos vexare piorum

Hier ruht vereint, wenn du fragst, eine Schar von Frommen: die verehrungswürdigen Gräber bewahren Leiber von Heiligen, die erhabenen Seelen nahm sich das himmlische Reich. Hier ruhen die Gefährten des Xystus, die den Sieg über den Feind davontrugen, hier die Menge der Vornehmsten, die die Altäre Christi bewahren. Hier ist der Priester bestattet, der in langem Frieden lebte, hier die heiligen Bekenner, die Griechenland sandte, hier die Jünglinge und Knaben, die Greise und keuschen Enkel, denen es besser gefiel die jungfräuliche Scham zu bewahren. Hier wollte ich, Damasus, ich gestehe es, meine Glieder bestatten, aber ich fürchtete, die heilige Asche der Frommen zu stören.

Diese Inschrift gehört zu den Papstepigrammen 17-19. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,2. 3 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 3,2. 4 Siehe die Anm. zu DAM., epigr. 11,7. 5 VERG., Aen. 6,720: sublimis animas iterumque ad tarda reverti/ corpora? Anima der unsterbliche Teil des Menschen, corpus der sterbliche. 6 Daß die Himmelsburg sich die Seelen der Verstorbenen raubt ist eine Formulierung, die häufig wiederkehrt und Teil der Beschreibung der Himmelfahrt der Märtyrer ist: DAM., epigr. 11,11: raperet regia caeli; 25,2: rapuit ... regia caeli; bzw. 47,3: retinet melior sibi regia caeli; 39,4: pateat quod regia caeli; sie erinnert an die Himmelfahrt Caesars in OV., met. 15,844–846: ... alma Venus nulli cernenda suique/ Caesaris eripuit membris nec in aera solvi/ passa recentem animam caelestibus intulit/astras ...(vgl. auch 1 2

2. Text und Übersetzung

95

VERG., Aen. 7,210); zur „Himmelfahrt“ der Märtyrer siehe die Anm. zu DAM., epigr. 7,3 und 6. 7 Siehe die Anm. zu DAM., epigr. 15,4. 8 Vgl. DAM., epigr. 1,1. 9 Vgl. dieselbe Formulierung in DAM., epigr. 32,2 und die Anm. dazu; 48,4: servas qui altaria Christi. 10 membra ponere: DAM., epigr. 10,1. 1 11 DAM., epigr. 18,7; 40,4: foedera pacis; 35 ,5: inclita pacificis facta est; 40,5: Xpum qui in pace negavit. 12 Vgl. DAM., epigr. 42,5; 57,1. 13 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,3. 14 Ebenso DAM., epigr. 48,1 und in 20,3: oriens misit. 15 VERG., Aen. 3,409: hac casti maneant in religione nepotes. 16 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,4: viriginis ut meritum sanctus pudor ipse probaret. 17 Vgl. DAM., epigr. 1,25; 11,13; 20,3; 57,5. 18 Vgl. DAM., epigr. 1,26; 39,10; 40,7; 57,5. 19 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 10,1. 20 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 3,2. 21 Vgl. DAM., epigr. 11,12. VIA SALARIA NOVA

42 Sanctis martyribus in coem. Thrasonis sepultis Sanctorum quicumque legis1 venerare sepulcrum2; nomina nec numerum potuit retinere vetustas3 Ornavit4 Damasus tumulum5, cognoscite6, rector7, pro reditu8 cleri Christo prestante9 triumphans10. Martyribus11 sanctis reddit sua vota12 sacerdos13. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Wer auch immer dies liest, verehre das Grab der Heiligen; die lange vergangene Zeit konnte Namen und Zahl nicht bewahren. Wisset, Bischof Damasus hat das Grab geschmückt,/ als er mit der Hilfe Christi einen Triumph feierte anläßlich der Rückkehr des Klerus. Den heiligen Märtyrern löst der Priester seine Gelübde ein.

Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 15,1. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 11,7. VERG., Aen. 3,415: tantum aevi longinqua valet mutare vetustas. Vgl. DAM., epigr. 7,7; 351,7; 44,3. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,7. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,4. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,6. VERG., Aen. 2,17: votum pro reditu simulant; ea fama vagatur. Vgl. DAM., epist. 5: eo tempore quo deo prestante, und DAM., epigr. 4,2. Siehe zur Verwendung von triumphus die Anm. zu DAM., epigr. 1,26. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,13. OV., am. 1,7,36: cinge comam lauro votaque redde Iovi... . Vgl. DAM., epigr. 16,6; 57,1.

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

43 Sanctis martyribus LXII in coem. Thrasonis Tempore quo gladius secuit pia viscera matris1, sexaginta duo capti feritate tyranni2 extemplo ducibus missis tunc colla dedere3; confessi Christum4, superato principe mundi5, aetheriam petiere domum regnaque piorum6.

Zu der Zeit, als das Schwert den fromme Leib der Mutter zerschnitt, wurden Zweiundsechzig durch die Wut des Tyrannen gefangen genommen. Sofort boten sie dann den ausgesandten Rädelsführern ihren Nacken dar; sie bekannten Christus, besiegten den Fürst dieser Welt und verlangten nach der himmlischen Heimat und dem Reich der Frommen.

Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 17,1. Vgl. DAM., epigr. 8,3 und die Anm. dazu. 3 Derselbe Versschluß findet sich in DAM., epigr. 17,4. 4 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,3. 5 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,2. 6 Fast derselbe Vers findet sich in 25,5 und 39,8; siehe ebenfalls die Anm. zu DAM., epigr. 7,3.5. 1

2

VIA LABICANA

32 Elogium S. Gorgonii in coem. ad duas lauros Martyris1 hic tumulus2 magno sub vertice montis3 Gorgonium retinet servat qui altaria Christi4. Hic quicumque venit5 sanctorum limina6 quaerat; inveniet vicina in sede habitare7 beatos, ad caelum8 pariter9 pietas quos vexit euntes8. Damasi episcopi10.

Dieses Märtyrergrab unter dem Gipfel des großen Hügels birgt Gorgonius, der die Altäre Christi bewahrt. Hier soll, wer auch immer kommt, die Behausung der Heiligen suchen; er wird in der benachbarten Grabstätte die Seligen wohnen finden, die ihre Frömmigkeit in gleicher Weise zum Himmel führte. Inschrift des Bischofs Damasus

Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,13. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,7. 3 VERG., Aen. 5,35: At procul ex celso miratus vertice montis/ adventum; 11,526: hanc super in speluncis summoque in vertice montis.. 4 SIL.ITAL., 3,29: Servant altaria flammae. Siehe dazu die Anm. zu D AM., epigr. 16,5. 5 Vgl. DAM., epigr. 15,1 und 42,1: quicumque legis. 6 Vgl. DAM., epigr. 7,7. 7 Vgl. DAM., epigr. 20,1. 8 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,3.5. 9 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,5. 10 Vgl. DAM., epigr. 18,1 und Anm. 1

2

2. Text und Übersetzung

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2.4.7. Märtyrerepigramme mit Bezugnahme auf Verschönerungsarbeiten an den Gräbern VIA OSTIENSIS

7 Elogium SS. Felicis et Adaucti in Commodillae O semel adque iterum vero de nomine Oh Felix, du machst deinem Namen einFelix1, mal und ein zweites Mal wahrhaft Ehre,/ du hast den Fürsten der Welt mit makelloqui intemerata fide2, contempto principe mundi3, sem Glauben verachtet,/ Christus bekannt und nach dem himmlischen Reich verconfessus Christum4 caelestia regna petisti5. langt./ Oh, erkennt den wahrhaft kostbaren O vere pretiosa fides cognoscite6 fratris, Glauben des Bruders,/ mit dem in gleicher Weise Adauctus als Sieger zum Himmel qua ad caelum victor7 pariter8 properavit9 Adauctus. eilte./ Der Presbyter Verus hat ihnen auf Anordnung des Bischofs Damasus hin Presbyter10 his Verus, Damaso rectore11 iubente, das Grab angelegt und die Schwellen der conposuit12 tumulum13 sanctorum limina14 Heiligen geschmückt. adornans15. Felix und Adauctus, die Märtyrer. Felix et Adauctus martyres16 1 Vgl. DAM., epigr. 59,1 und 1,10. 2 VERG., Aen. 2,143: intemerata fides, oro, miserere laborum. 3 Die gleiche Formulierung findet sich in DAM., epigr. 31,2;39,7;43,4: superato principe mundi. 4 confessus: 8,8: confessi gaudent; 35,7: sic noster meruit confessus martyr ut esset; 43,4: confessi Christum; 46,10: ipse tuis precibus meruit confessus abire; 16,7: confessores. 5 VERG., Aen. 3,115: ... Cnosia regna petamus; 1,620: finibus expulsum patris, nova regna petentem. Diese Formulierung bezogen auf eine „Himmelfahrt“ der Märtyrer findet sich häufig in den Epigrammen des Damasus: 20,5: aetherios petiere sinus regnaque piorum; 31,3: aetheris alta petit Christo comitante beatus; 35,4: peteret cum regna piorum; 39,8: aeternam petiere domum regnaque piorum; 43,5: aetheriam petiere domum regnaque piorum; 51,8: aetheriam cupiens caeli conscendere lucem; siehe dazu auch die Anm. zu DAM., epigr. 7,5. 6 Nicht selten ist der Imperativ in den Epigrammen, denn der Leser soll dabei auch etwas erfahren und lernen: 8,9: credite per Damasum; 15,1: Par meritum ... cognosce; 20,1: cognoscere debes; 21,12: venerare sepulchrum; 25,1: Aspice ...40,8: ut populus meritum cognoscere possit; 42,1; 46,11: venerare sepulcrum; 51,2: ... cognosce ... 7 Vgl. zu victor bzw. vincere die Anm. zu DAM., epigr. 1,23. 8 Taucht sehr häufig in den Epigrammen auf: DAM., 8,3; 18,6; 20,2; 25,3; 28,1; 32,5; 39,3.6 par: DAM., 15,1. 9 Formulierungen, die die „Himmelfahrt“ der Märtyrer umschreiben, findet man in vielfältiger Form in den Epigrammen des Damasus, ähnlich: 11,12: caelum adiret; 20,4: Xpumque per astra secuti;32,5: ad caelum pietas quos vexit; 51,8: aetheriam cupiens caeli conscendere lucem; 1,13f.: conscendit raptus martyr penetralia Christi,/ tertia lux caeli tenuit paradisus euntem (hier handelt es sich allerdings um eine Entrückung zu Lebzeiten des Paulus im Zusammenhang mit seiner Bekehrung); siehe dazu auch die Anm. zu DAM., 7,3. 1 10 Vgl. DAM., epigr. 35,2; 35 ,7; 47²,5.

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

11 Steht in den Epigrammen des Damasus sehr häufig für episcopus: DAM., 15,2; 17,2; 18,7; 25,4; 40,1; 42,3; 44,2. 12 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 4,3. 13 Vgl. DAM., epigr. 11,1; 25,1; 28,5; 32,1; 42,3; 44,1; 46,13; 47,1; 47²,3; 50,7; 51,2. 14 Vgl. DAM., epigr. 32,3. 1 15 Der Begriff ornare auch in DAM., epigr. 35 ,7; 42,3; 44,3. 16 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,13.

VIA APPIA

24 Titulus S. Ianuarii in Praetextati Beatissimo martyri1 Ianuario Damasus episcopus2 Fecit3 1 2 3

Dem allerseligsten Märtyrer Ianuarius von Bischof Damasus gestiftet

Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,13. Vgl. DAM., epigr. 18,1 und Anm. Vgl. DAM., epigr. 18,1.

VIA SALARIA NOVA

44 Elogium S.Mauri, in coem. Thrasonis Martyris1 hic Mauri tumulus2 pia membra3 retentat, quem Damasus rector4 longo post tempore5 plebis6 ornavit7 supplex8, cultu meliore decorans insontem9 puerum, qui poena nulla deiectus.

Dieses Grab enthält die frommen Glieder des Märtyrers Maurus, das Damasus, der Bischof der Gemeinde nach langer Zeit demütig bittend geschmückt hat, und den unschuldigen Jungen, der durch keine Strafe zum Abfall gebracht worden war, mit einer besseren Verehrung geehrt hat.

Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,13. Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,7. 3 Vgl. dazu DAM., epigr. 10,1 und die Anm. 4 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 7,6. 5 VERG., ecl. 1,29.67: respexit tamen et longo post tempore venit; Aen. 6,409: venerabile donum/ fatalis virgae longo post tempore visum. 6 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 1,4. 1 7 Vgl. DAM., epigr. 7,7; 35 ,7; 42,3. 8 Siehe dazu die Anm. zu DAM., epigr. 33,3. 9 Vgl. DAM., epigr. 21,10. 1

2

3. Die Bautätigkeit des Damasus

99

3. Die Bautätigkeit des Damasus Für die baulichen Maßnahmen, die Damasus in Rom vorgenommen hat, können nicht nur die Architekturepigramme herangezogen werden, sondern prinzipiell alle Märtyrerepigramme, da mit ihnen gewöhnlich mindestens schon durch die Anbringung einer schönen Steintafel an den jeweiligen Örtlichkeiten Verschönerungsmaßnahmen an den Grab- und Gedenkstätten erfolgten. Anhand der topographischen Einordnung der Epigramme lassen sich Schwerpunkte der Tätigkeit des Damasus feststellen, die über den ganzen direkt um die Stadt liegenden Bereich ausgedehnt sind 48 . Die meisten Inschriften finden sich im südlichen Bereich an der Via Appia und Via Ardeatina; Ferrua weist zwanzig Inschriften (epigr. 8–27) 49 für dieses Gebiet aus, in dem Damasus auch seine eigene Grabstätte angelegt hat. Auch die Inschrift (epigr. 7) in der Commodilla-Katakombe an der Via Ostiensis kann dazu gezählt werden. Ein weiterer Schwerpunkt befindet sich im Norden der Stadt um das coemeterium Thrasonis mit 5 Inschriften (epigr. 42–46), der PriscillaKatakombe (epigr. 39 und 40 ) an der Via Salaria Nova, dem AgnesEpigramm (epigr. 37) an der Via Nomentana und den beiden Inschriften im coemeterium Basillae (epigr. 47 und 48) an der Via Salaria vetus und den Fragmenten im coemeterium Valentini (epigr. 49). Im Osten der Stadt befinden sich 5 Inschriften im coemeterium ad duas lauros (epigr. 28–32) an der Via Labicana, an der Via Tiburtina das Epigramm für Laurentius (33) und Hippolyt (35). Im westlichen Bereich gibt es die Bauinschriften bei Sankt Peter (epigr. 3 und 4), und an der Via Portuensis neben einem Fragment im coem. Pontiani (epigr. 5) eine Inschrift im coem. Generosae (epigr. 6). In den antiken Stadtbereich gehören nur die Epigramme für S. Lorenzo in Damaso (epigr. 57 und 58) und Fragmente, die man bei S. Lorenzo in Lucina und S. Clemente gefunden hat, so daß auch zu Zeiten des Damasus der Schwerpunkt christlicher Bautätigkeit noch außerhalb der Stadt lag. Nur ein einziges der bekannten Epigramme hat sich offenbar nicht in und um Rom befunden, und zwar handelt es sich dabei um eine Inschrift für Felix von Nola (epigr. 59), die wohl in Nola in der Nähe von dessen Grab angebracht war. 50

48 Siehe dazu auch Zusammenfassungen bei MAZZOLENI 1986, 7–13 und FERRUA 1986, 15–28. 49 DAM., epigr 8 u. 9: Domitilla; 10–14: coem. Marci et Marcellini; 15–19: Callixtus; 20–23: ad catacumbas; 24–27: Praetextatus. 50 Siehe dazu LEHMANN 1992, 243–281.

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Über die Bautätigkeit des Damasus ist aus dem Liber pontificalis bekannt, daß er zwei Kirchen errichten ließ: Hic fecit basilicas duas: una beato Laurentio iuxta theatrum et alia via Ardeatina ubi requiescit 51 .

Eine der Kirchen war dem heiligen Laurentius geweiht und befand sich in der Stadt nahe dem Theater des Pompeius an der Stelle, wo heute der Palazzo della Cancelleria steht, dem sie Ende des 15. Jahrhunderts weichen mußte. Die heutige Kirche San Lorenzo in Damaso ist Teil dieses Palazzos und wurde mit ihm erbaut 52 . Ausgrabungen der 80er und 90er Jahre dieses Jahrhunderts haben ergeben, daß sich Reste einer gotischen Kirche unter dem Hof dieses Gebäudes befinden 53 , die wohl dem Bau des Damasus nachgefolgt ist. Diese Kirche ist wahrscheinlich aus dem Wohnhaus der Familie des Bischofs entstanden, worüber ein Epigramm Auskunft gibt, das nach der Sylloge von Verdun und Lorsch in introitu ecclesiae ipsius angebracht war 54 . Darin heißt es, daß von hier aus sein Vater und er selbst die kirchliche Laufbahn begonnen haben 55 und daß Damasus einen neuen Bau für das Archiv errichtet hat: Hinc pater exceptor, lector, levita, sacerdos,/ creverat hinc meritis quoniam melioribus actis; hinc mihi provecto Xps cui summa potestas,/ sedis apostolicae voluit concedere honorem. Archivis, fateor, volui nova condere tecta,/ addere praeterea dextra laevaque columnas, quae Damasi teneant proprium per saecula nomen. 56

Dies ist das erste Zeugnis über ein Archiv der römischen Kirche 57 , das sich später in der päpstlichen Verwaltungszentrale des Laterans befindet, und zwar spätestens im Jahre 629 58 . Damasus hat offenbar dafür nova tecta, d.h. ein neues Haus bauen oder vielleicht anbauen und das Archiv von einer anderen Stelle an den Ort seines Vaterhauses transferieren lassen59 . Die

51

Lib.Pont. I 5,39 (212 DUCHESNE). Siehe dazu MONTANARI 1994, 279–287. 53 Siehe dazu die Berichte über die Ausgrabungen von DECKERS und KRAUTHEIMER: RivAC 65, 1989, 201–203; RivAC 67, 1991, 151–154. 54 Siehe FERRUA 1942, 210. 55 Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 2.4.5.4.1. 56 DAM., epigr. 57 (FERRUA 1942, 210). 57 Bei diesem Archiv kann es sich um die bei HIERONYMUS (ep. 48,3) erwähnte bibliotheca ecclesiarum handeln, so PIÉTRI 1976, 465. 58 Siehe dazu CASPAR 1930, 253 mit Anm. 3. 59 Siehe dazu FERRUA 1942, 212 zur Stelle. 52

3. Die Bautätigkeit des Damasus

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Formulierung addere ... dextra laevaque columnas läßt an einen basilikalen Bau denken 60 . Daß es sich hierbei tatsächlich um einen Kirchbau handelt, der dann zu einer bestimmten Zeit auch die Archive der Kirche in irgendeiner Weise aufgenommen hat, zeigt ein weiteres Epigramm, das nach der Sylloge von Lorsch ad ecclesiam sancti Laurentii in Damaso quae alio nomine appellatur in prasino ... illo throno zu sehen war, und Laurentius, den Titelheiligen dieser Kirche, erwähnt: Haec Damasus tibi, Xpe deus, nova tecta dicavi,/ Laurenti saeptus martyris auxilio. 61

Wiederum benennt Damasus das Gebäude mit der Formulierung nova tecta, womit er seine eigene Bautätigkeit umschreibt, die er Christus, dem Gott gewidmet hat, und dieses Unternehmen geschah mit der Hilfe des Märtyrers Laurentius 62 . Die zweite Kirche, die der Liber pontificalis nennt, soll sich an der Via Ardeatina befunden haben, wo er selbst begraben war, wie aus dem folgenden Text des Liber pontificalis hervorgeht: Qui etiam sepultus est via Ardeatina in basilica sua III id. decemb., iuxta matrem suam et germanam suam 63 .

Diese Aussage stimmt mit den Angaben von Pilgerberichten überein 64 , die die Ruhestätte des Damasus zudem in der Nähe der Grabkapelle des Marcus und Marcellianus, der Petronilla und des Nereus und Achilleus lokalisieren. In der Biographie des Papstes Johannes VII (705–707) konnte der Liber pontificalis die Gräber von Marcus, Marcellianus und Damasus noch näher beieinander sehen: Laborauit autem et in cymiteriis beatorum martyrum Marcelliani et Marci, Damasique sancti pontificis 65 . 60 PIETRI 1976, 465: „Le second vers décrit la fondation comme un édifice basilical à trois nefs.“ 61 DAM., epigr. 58 (FERRUA 1946, 212). 62 Vgl. zu S.Lorenzo in Damaso auch FERRUA 1942, 254–256 (PS.–DAM., epigr. 74). Diese Bauepigramme haben Ähnlichkeit mit den Inschriften, die von der Konstantinfamilie überliefert sind, siehe dazu die Ausführungen in diesem Kapitel weiter unten. 63 Lib.Pont. I 5,39 (213 DUCHESNE). 64 De locis sanctis martyrum quae sunt foris civitatis Romae (VALENTINI/ZUCCHETTI, Codice topografico della città di Roma II, Roma 1942, 101–131; 110): et prope eandem viam [Ardeatinam] sanctus Damasus papa depositus est et soror eius Martha [sic], et in alia basilica non longe Marcus et Marcellianus sunt honorati. Und das Itinerarium des Guglielmo di Malmesbury (VALENTINI/ZUCCHETTI 1942, 133–153; 149): Inter viam Appiam et Ostensam est via Ardiatina, ubi sunt Marcus et Marcellianus. Et ibi iacet Damasus papa in sua ecclesia; et non longe sancta Petronilla et Nereus et Achilleus et alii plures. 65 Lib.Pont. I 5,88 (385,4f. DUCHESNE); vgl. dazu auch SAINT-ROCH 1986, 285f.

102

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Durch diese Beschreibungen kann man also eine ungefähre Lage des Damasusgrabes bestimmen, nämlich zwischen Marcus und Marcellianus und Nereus und Achilleus an der Via Ardeatina 66 . Über seinen tatsächlichen Standort gibt es aber nicht wenige Theorien und Spekulationen; denn gefunden wurde es bisher nicht. Man nimmt an, daß Damasus dort neben seiner Mutter Laurentia und seiner Schwester Irene begraben liegt, deren Grabinschriften bekannt sind. Deshalb glaubte Joseph Wilpert, als er Anfang dieses Jahrhunderts das Epigramm des Damasus für seine Mutter Laurentia gefunden hatte, jedoch nur als Abdruck, an eben diesem Ort auch das Grab des Damasus lokalisieren zu können 67 . Diese These stieß bei O. Marucchi auf heftigen Widerstand, der mit einigen Veröffentlichungen versuchte, Wilpert zu widerlegen 68 . Er war der Ansicht, daß die nur als Abdruck auf einem Marmorblock vorliegende Laurentiainschrift keine sichere Aussage über deren Herkunft zulasse und somit das Hauptargument für die genaue Lokalisierung des Damasusgrabes seine Überzeugungskraft verliere. Er vertrat dagegen die Meinung, daß die Ruhestätte dieses Bischofs von Rom nicht in einer Katakombe gesucht werden müsse, sondern an der Erdoberfläche, da es sich nach der Aussage des Liber pontificalis um eine Basilica handele. Bis zum Tode von Marucchi im Jahre 1931 wurde der Streit zwischen den beiden Forschern im Nuovo Bulletino di Archeologia Cristiana als Forum fortgeführt. Patrick Saint-Roch hat sich dann von 1975 an auf Anregung von P. Fasola noch einmal mit diesem Problem beschäftigt und versucht, beide Thesen gegeneinander abzuwägen 69 . Jedoch kommt auch er nach eingehender Sichtung des Materials und des Ausgrabungsbefundes zu dem Ergebnis, daß das Damasusgrab an der Erdoberfläche gesucht werden muß, ist aber im Gegensatz zu Marucchi davon überzeugt, daß es ganz in der Nähe der von Wilpert angenommenen crypta Damasi zu finden sein muß 70 . 66

Siehe auch SAINT-ROCH 1986, 286. Siehe dazu die Veröffentlichungen von J.WILPERT, Die Entdeckung der „crypta Damasi“, RQ 17, 1903, 72–75; DERS., La scoperta delle basiliche cimiteriali die Santi Marco e Marcelliano e Damaso, NBAC 9, 1903, 43–58; DERS., Beiträge zur christlichen Archäologie: 6. Katakombe des hll. Markus-Marzellianus mit der Gruft des Damasus, RQ 22, 1908, 124–164. 68 Siehe dazu O.MARUCCHI, Osservazioni storiche ed epigrafiche sulla iscrizione recentamente scoperta delle Madre del papa Damaso, NBAC 9, 1903, 59–108; DERS., Breve aggiunta all’articolo sulla iscrizione della madre del papa Damaso; DERS., Discussione critica sul luogo recentamente attribuito ai sepolcri del papa Damaso e die martiri Marco e Marcelliano presso la via Ardeatina, NBAC 11, 1905, 190–213. 69 Siehe dazu SAINT-ROCH 1981, 209–251; DERS. 1986, 287–290. 70 SAINT-ROCH 1986, 289: „La présence dans les terres de remblai qui comblaient la galerie qui passe devant la crypte aux colonnes, de nombreux fragments d’enduit portant les graffiti dont l’un nous a livré le nom des martyrs Marcus et Marcellianus (ICUR. IV. 67

3. Die Bautätigkeit des Damasus

103

Was Kirchbauten anbetrifft, gibt es noch eine weitere Inschrift, die auf Damasus wenigstens als Renovator hinweist: Antistes Damasus picturae ornarat honore,/ Tecta, quibus nunc dant pulchra metalla decus 71 .

Dabei handelt es sich um eine Inschrift des Papstes Hilarius, die zum Titulus Anastasiae gehört und nach Piétri wohl eine Inschrift des Damasus ersetzt hat 72 . Inwieweit Damasus hier gewirkt hat, ist aber nicht mehr nachvollziehbar 73 . Zudem gibt es noch zwei Bruchstücke von filocalinischen Inschriften in S. Clemente und S. Lorenzo in Lucina, die auf bauliche Maßnahmen des Damasus auch an diesen Kirchen hinweisen können. Die weiteren Bautätigkeiten des Damasus, von denen wir Kenntnis haben, beziehen sich auf Märtyrergräber und Grabanlagen in den Katakomben. Bisweilen gibt er darüber in seinen Epigrammen Auskunft. Z.B. erwähnt er im Epigramm für die Märtyrer, die im coemeterium Thrasonis begraben sind, daß er deren Gräber geschmückt hat: Ornavit Damasus tumulum ... 74 .

Diese Aufgabe übertrug er gewöhnlich seinen Mitarbeitern, wie aus dem Epigramm für Felix und Adauctus hervorgeht: ... Presbyter his Verus, Damaso rectore iubente,/ conposuit tumulum sanctorum limina adornans. 75

Der Presbyter Verus wird hier von Damasus beauftragt, den Grabhügel herzurichten und die Schwelle der Heiligen zu schmücken. Es handelte sich wohl also zunächst um Aufräumarbeiten in den Katakomben und um eine Art verschönte Wiederherstellung der Gräber.

11745) et les autres sont des graffiti de dévotion dont je ne signalerai que celui fait par un lector de Savinae (ICVR. IV. 11746); la présence sous un lucernaire voisin du bloc de transenne avec l’empreinte de l’inscription funéraire de la mère du pape Damase et d’un morceau de l’original de cette inscription dans und des formae de la crypte aus Apôtres; tout ceci me fait dire que ces basiliques de Marc et Marcellien et Damase, que les textes nous disent avoir été fort voisines, se trouvaient, sans doute en surface, dans les environs.“ 71 ICUR 2, 24 (Nr.25); 150 (Nr.18); KRAUTHEIMER 1937, I 45 (43–63). 72 So PIÉTRI 1976, 462. 73 Piétri vermutet auch ein Wirken des Damasus am titulus Fasciolae, einer Kirche, die in der Zeit seines Pontifikats bereits erwähnt wird. Dazu: PIÉTRI 1976, 466f. 74 DAM., epigr. 42,3 (FERRUA 1942, 184); siehe auch DAM., epigr. 44,2f. (Ferrua 1942, 186): tumulus ... quem Damasus rector ... ornavit. 75 DAM., epigr. 7,6f. (FERRUA 1942, 99).

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Es kam offenbar vor, daß Märtyrergräber verschüttet waren und erst von Damasus und seinen Helfern wieder ans Tageslicht gebracht wurden wie bei Protus und Hyacinthus: Extremo tumulus latuit sub aggere montis,/ hunc Damasus monstrat servat quod membra piorum. 76

Dieses Märtyrergrab mitsamt der linken Hälfte des Originalsteins der Inschrift 77 wurde im coemeterium Basillae in der Hermeskatakombe im Norden Roms gefunden. Die Inschrift ist ein deutlicher Ausdruck dessen, daß Damasus mit den Epigrammen auch ein Denkmal für sich selbst setzen wollte, indem er seine Leistung deutlich herausstellte. Durch ihn werden diese Märtyrergräber erst wieder zugänglich; und dies ist keine leichte Arbeit, denn „tief unter dem Bergschutt war das Grab verborgen“. Ein weiteres Zeugnis für die aufwendige Arbeit in der Katakombe wurde am Fuße der Treppe, die zur Krypta der beiden Märtyrer führt, etliche Jahre später gefunden. Es handelt sich um eine Inschrift, deren Buchstabenform zwar filocalinisch ist, aber wohl nicht von Filocalus selbst gemeißelt wurde. Sie beschreibt noch genauer als die Grabinschrift der Märtyrer die Arbeiten, die in der Krypta stattgefunden haben: Aspice descensum, cernes mirabile factum:/ sanctorum monumenta vides patefacta sepulchris martyris hic Proti tumulus iacet adque Yachinti/ quem cum iamdudum tegeret mons terra caligo hoc Theodorus opus construcxit presbyter instans/ ut domini plebem opera maiora tenerent. 78

Man war sich nicht sicher, ob auch diese Inschrift auf Damasus zurückgeht. Ihm 79 glaubte, im Stil und in der Metrik für diesen Dichter untypische Unebenheiten zu entdecken. Auch das beigefügte Christusmonogramm ist ungewöhnlich und natürlich die Buchstaben, die nicht von der Hand des Filocalus stammen, jedoch durch ihre Form eindeutig in diese Zeit weisen 80 . Erstaunlich ist aber besonders, daß Damasus in dieser Inschrift nicht genannt ist, da wir doch aus vergleichbaren Epigrammen erfahren haben, daß es ihm sehr wichtig war, sich als Urheber dieser Wiederherstellungsmaßnahmen darzustellen 81 . Trotzdem hat Ferrua das Epigramm unter die echten Damasusinschriften eingereiht und J. Vives versucht, den Sachverhalt so zu erklären, daß beide 76

DAM., epigr. 47,1f. (FERRUA 1942, 192). Sie befindet sich heute in der Kirche Quattro Coronati: Vgl. dazu G.B. Bull.Arch.Crist., 1894, 26 und SCHÄFER 1932, 68–72. 78 DAM., epigr. 47² (FERRUA 1942, 193). 79 IHM 1895, 198. 80 Vgl. dazu auch SCHÄFER 1932, 71f. 81 Vgl. dazu z.B. DAM., epigr. 7; 351; 24; 3. 77

DE

ROSSI,

3. Die Bautätigkeit des Damasus

105

Inschriften vom selben Ereignis handeln, von der Hand des Damasus sind und sich gegenseitig ergänzen. Er will zeigen, daß beide Inschriften aus der Zeit nach dem Tod des Filocalus stammen und von zwei verschiedenen Lehrlingen gemeißelt sind, von denen der eine, der die Märtyrerinschrift herstellte, sein Handwerk besser verstand als der andere, der die Bauinschrift meißelte 82 . Eine mögliche, wenn auch nicht sehr überzeugende Erklärung der Unterschiede; und somit bleiben durchaus Zweifel an der Urheberschaft des Damasus. Jedenfalls wird in dieser Inschrift ein größeres Bauunternehmen geschildert, das in irgendeiner Weise mit den in der Märtyrerinschrift geschilderten Arbeiten zusammenhing, aber über das bloße Wegräumen von Erde hinausging. Damasus hat wohl mit seinem Eingriff den Presbyter Theodorus dazu angeregt, den Bereich des Märtyrergrabes noch weiter auszubauen; jedoch ging dieser offenbar auf eigene Rechnung vor und ohne direkten Auftrag des Bischofs, der ansonsten sicherlich im Epigramm namentlich erwähnt worden wäre. In den höchsten Tönen wird diese Arbeit gelobt: es handele sich um eine Wunderwerk (mirabile factum). Man hat das Grab freigelegt, das lange von mons terra caligo, von Berg, Erde und Finsternis bedeckt war, und Theodorus hat ein Bauwerk (opus) errichtet, „damit größere Bauwerke die Gemeinde des Herrn umschließen“. Damit wird wohl eine stattliche Grabanlage oder sogar ein Versammlungsraum der Gemeinde beschrieben. In ähnlicher Weise gibt es auch in Verbindung mit dem Epigramm für Hippolytus eine Bauinschrift, deren Fragmente in der crypta Hippolyti aufgefunden wurden. Leider ist sie gerade an sehr wichtigen Stellen unvollständig: Laeta deo plebs sancta canat quod moenia crescunt/ Et renovata domus martyr[is ippo]liti Ornamenta operis surgu[nt auctore Dam]aso 83 ,/ Natus qui antistes sedis a[postolicae] Inclita pacificis facta est [...] /Servatura decus perpetu [...] Haec omnia nova QQ (quaeque) vides Le[o presby]ter hornat. 84

Auch hier wird von Baumaßnahmen, die wohl im Zusammenhang mit Damasus stehen, der an derselben Stelle ein Epigramm für Hippolyt angebracht hat, berichtet. Ferrua meint, daß man diese Baumaßnahmen nicht 82

Siehe dazu: VIVES 1926, 490–491. FERRUA schreibt, daß es gewissermaßen keine andere Möglichkeit gibt, als Damasus hier zu ergänzen, FERRUA 1942, 174 ad 351, 3: „... bene vidit Rossius nomen papae requiri ex iis quae sequuntur; neque aliud posse aptari praeter Damasi. Qui altera producta in Damaso offenditur conferat versum ultimum.“ 84 DAM., epigr. 351 (FERRUA 1942, 173). Dieses Epigramm besteht aus Distichen, nur der letzte Vers ist ein Hexameter. Eine metrische Form, die ansonsten bei den Epigrammen des Damasus nicht zu finden ist. 83

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

vom Pontifikat des Damasus trennen kann, da zwar die Buchstabenform der Inschrift nicht von Filocalus selbst stammt, aber eindeutig in diese Zeit weist. Er geht davon aus, daß das Epigramm wahrscheinlich von dem Presbyter Leo selbst verfaßt wurde, vielleicht nach dem Tode des Damasus 85 . Auch hier geht es darum, daß um das Märtyrergrab herum Baumaßnahmen in Angriff genommen wurden, es heißt sogar, daß die Mauern wachsen, also offenbar ein Neubau oder Anbau errichtet wurde. Wieder spielt das ornamentum operis, der Schmuck, die Kostbarkeit des Werkes eine große Rolle. Es ging also nicht darum, etwas nur wiederherzustellen (renovata domus), sondern es wird in kostbarer Weise ausgeschmückt (Leo hornat). Alle diese literarischen Zeugnisse der Bautätigkeit des Damasus in den römischen Grabanlagen werden durch archäologische Befunde bestätigt und ergänzt. So können am Grab der Märtyrer Marcellinus und Petrus ad duas lauros umfangreiche Baumaßnahmen nachgewiesen werden. Jean Guyon rekonstruierte hier die bauliche Vergrößerung und die Ausschmückung der Krypta der Märtyrer unter dem Pontifikat des Damasus. Aus einem bescheidenen Grab 86 wurde ein prunkvoll ausgestatteter Raum, vielleicht mit einer neugeschaffenen Treppe als Zugang 87 . Die Ruhestätte schmückte eine kostbare Inschrift des Damasus, die nach Guyon in eine prunkvolle Konstruktion mit mensa, Säulen und einem Bogen 88 eingebaut war. Guyon hat dies in Anlehnung an die Funde, die F.Tolotti jüngst in der Praetextatkatakombe machte, rekonstruiert. Der Archäologe entdeckte dort das Grab des Ianuarius in der linken Wand der Spelunca magna, das Damasus mit einem architektonischen Rahmen umgeben hat, dessen zwei Porphyrsäulen anhand der noch in situ vorhandenen Basen rekonstruiert werden können. Die Inschrift, die Damasus verfaßte und die darauf hinweist, daß er der Urheber dieser Baumaßnahme ist, befand sich wohl wie eine Schrankenplatte zwischen den Säulen 89 : 85

FERRUA, 174 ad 351, 3: „sed non poteris, puto, haec opera a Damasi pontificatu multum distrahere. Litterae, quamvis non filocalianae, ei tempori aptari possunt, atque nisi fallor, ostendunt aeque ac metrica ars carmen esse opus Leonis ipsius, certe non Damasi, et fortasse post eius mortem dicatum. Quod vero Damasus passus sit iuxta sua elogia etiam carmen presbyteri prostare non miror, praes. cum hic labores vere suos ille canat atque fortasse ad titulum pertinuerit cuius coemeterium esset, puta Praxedis.“ 86 Siehe dazu die Skizze bei GUYON 1986, 229; siehe dazu insgesamt die ausführlichen Untersuchungen GUYON 1977, 199–224; 1978, 307–323; 1978, 201–228; 1995, 157–177 und insbesondere 1987. 87 Ebd., 237. 88 Siehe dazu die Skizze bei GUYON 1986, 233; Ähnliches wird auch für die Inschrift für den Märtyrer Ianuarius in der Praetextatkatakombe vermutet: GUYON 1986, 231. 89 TOLOTTI 1977, 7–102.

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Beatissimo martyri Ianuario Damasus episcop[us] fecit 90

Auch die Papstkrypta in der Callixtuskatakombe wurde wahrscheinlich von Damasus in eine Grabkapelle mit Altar, Inschrift und Säulen umgebaut 91 und mit zwei großen Lichtschächten beleuchtet 92 . Die Grabstätte der beiden Märtyrer Nereus und Achilleus hat Damasus ebenfalls mit einer Inschriftenplatte, Altar und Aedicula herrichten lassen 93 . Vier Säulen trugen das Ziborium des Altars, wovon einige Teile erhalten sind, und zwar ein Säulenfragment, das auf der Vorderseite ein Relief des Martyriums des Achilleus zeigt, das genau die Beschreibung des Damasusepigramms bildlich darstellt 94 . Philippe Pergola hat wahrscheinlich zu machen versucht, daß diese prunkvolle Konstruktion eher ihren Platz in einer Basilica zu Ehren der beiden Märtyrer finden konnte, als in einem kleinen Sanctuarium, in dem die beiden Märtyrer zunächst ihre Ruhestätte hatten und das gewöhnlich Damasus zugeschrieben wird, und hat deshalb diese Basilica auf Damasus als Urheber zurückgeführt 95 . Auch 90

DAM., epigr. 24 (FERRUA 1942, 152). BARUFFA 1996, 62: „Als sich die Märtyrerverehrung im 4. Jahrhundert immer mehr verbreitete, ließ Papst Damasus diese Grabstätte in eine kleine unterirdische Kirche umbauen. Die Tür wurde in der Höhe und Breite vergrößert. Unter dem Eingangsbogen wurde das Christusmonogramm, das heute fast kaum mehr sichbar ist, mit roter Farbe aufgemalt ... Die beiden Spiralsäulen ruhen auf hohen Basen, die noch heute an ihrem Platz stehen. Vor dem Grab von Sixtus II. ließ Damasus auch einen Altar aufstellen, von dem nur noch das Fundament erhalten ist ...“ 92 Siehe auch CARLETTI 1986, 21. 93 Vgl. dazu die Rekonstruktion von R. Kanzler in FASOLA 1989, 20. 94 Auch PRUDENTIUS berichtet von einer solchen Darstellung und Malereien, die er am Grab des Hippolyt von Rom und des Cassian in Imola gesehen habe, perist. 9,9–20 (Cassian); 11, 123–144 (Hippolyt: CChr.SL 126, 374 CUNNINGHAM): Exemplar sceleris paries habet inlitus, in quo/ multicolor fucus digerit omne nefas,/ picta super tumulum species liquidis viget umbris/ effigians tracti membra cruenta viri./ Rorantes saxorum apices vidi, optime papa,/ purpureasque notas vepribus inpositas./ Docta manus virides imitando effingere dumos/ luserat et minio russeolam saniem./ Cernere erat ruptis conpagibus ordine nullo/ membra per incertos sparsa iacere situs./ Addiderat caros gressu lacrimisque sequentes,/ devia quo fractum semita monstrat iter ... Siehe außerdem zum Einfluß der Epigramme des Damasus auf Malereien in den Katakomben RECIO VEGANZONES 1986, 323–358; MARIA TERESA PALEANI 1986, 359–387 und BISCONTI 1995, 247–292. 95 Vgl. dazu PERGOLA 1986, 205–218. 216: „Par contre, l’auctoritas du pape Damase me semble tout à fait indiquée pour comprendre la construction d’une grande basilique à trois nefs, au sein d’une catacombe en cours de développement. De plus, le caractère monumental de l’inscription en l’honneur des martyrs, la construction d’un ciborium audessus de leur tombe, avec la représentation sculptée de leur supplice et le déplacement du pôle d’attraction des sépultures, avec un caractère de masse, me semble tout à fait correspondre à l’opération de propagande du pape Damase, manifestée par la construction de la grande basilique à trois nefs en l’honneur de Nérée et Achilée.“ 91

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

eine Basilica im Bereich des Coemeterium Generosae, in der man ein Inschriftenfragment für die Märtyrer Faustinus und Viatrix in filocalinischen Lettern, das wohl Damasus verfaßte, gefunden hat, muß nach Pergola Damasus zugeschrieben werden 96 . Von umfangreichen Erdarbeiten auf dem vatikanischen Hügel berichtet ein weiteres Epigramm: Cingebant latices montem teneroque meatu/ corpora multorum cineres adque ossa rigabant; non tulit hoc Damasus communi lege sepultos/ post requiem tristes iterum persolvere poenas: protinus adgressus magnum superare laborem,/ aggeris inmensi deiecit culmina montis; intima sollicite scrutatus viscera terrae,/ siccavit totum quidquid madefecerat umor, invenit fontem praebet qui dona salutis./ haec curavit Mercurius levita fidelis. 97

Hier geht es offenbar um eine Trockenlegung des Friedhofs am vatikanischen Hügel 98 , der überschwemmt war und so keine angemessene Ruhestätte für die Toten sein konnte. Damasus berichtet, daß er sogleich diese große Mühe in Angriff nahm (magnum laborem), und zwar zunächst große Erdmassen zu beseitigen bzw. von der Höhe des Berges herabzuschaffen (Z. 6), sodann tief in die Erde mit Ausschachtungen vorzudringen (Z. 7), um auf diese Weise das Gelände trocken zu legen (Z. 8). Natürlich ist es nicht Damasus selbst, der diese Erdarbeiten verrichtet, sondern wie in vielen anderen Epigrammen erwähnt er einen Mitarbeiter, den treuen Diakon Mercurius. Ein wichtiges Ergebnis seiner Tätigkeit besteht schließlich darin, daß er die Hauptquelle 99 findet, die nun „Gaben des Heils spendet“. Dies muß wohl im Zusammenhang mit dem von Damasus gestifteten baptisterium in St. Peter gesehen werden. Auch dort hatte der Bischof eine Inschrift angebracht: Non haec humanis opibus, non arte magistra,/ .../ sed prestante Petro, cui tradita ianua caeli est, antistes Christi conposuit Damasus./ una Petri sedes, unum verumque lavacrum; vincula nulla tenent ... 100

96

PERGOLA 1986, 218–224. DAM., epigr. 3 (FERRUA 1942, 92). 98 Siehe dazu SCHÄFER 1932, 74: „Der Bau der alten Peterskirche hatte einen tiefen Einschnitt in den „mons vaticanus“ erfordert. Dadurch war Quellwasser blossgelegt worden, das nun ungehemmt aus dem Hügel drang und in die Gräber bei der Basilika sickerte, die Damasus mit Heiligengräbern identifizierte“. 99 Man vermutet, daß die Inschrift auch in der Nähe dieser Quelle ihren ursprünglichen Anbringungsort hatte: CARLETTI 1986, 12. 100 DAM., epigr. 4 (FERRUA 1942, 94). 97

3. Die Bautätigkeit des Damasus

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Über den Zusammenhang der Formulierung fontem praebet qui dona salutis und dieses Baptisteriums wurde viel spekuliert. Man ging davon aus, daß das Wasser von der Quelle im mons vaticanus in dieses Taufbecken geleitet wurde und als Taufwasser fungierte 101 . Rekonstruiert werden konnte dies aber nicht 102 . Insgesamt kann man also sagen, daß Damasus in den Friedhöfen Roms umfangreiche Baumaßnahmen unternommen hat, und zwar nicht in aller Bescheidenheit, sondern möglichst prunkvoll und aufwendig. Außerdem weist er meistens in guter antiker Tradition 103 der Weih- und Ehrenepigramme, die einem Gott etwas weihen bzw. stiften 104 , auf seine eigene Leistung hin und erwähnt nicht, welche Arbeiten schon vor ihm stattgefunden haben, wie sie insbesondere für den vatikanischen Hügel nachweisbar sind. Ebenso hat Damasus mindestens zwei Kirchen errichtet (S. Lorenzo in Damaso und an der Via Ardeatina), wobei hier die Zeugnisse jedoch eher spärlich sind. Ebenso wie in paganen Epigrammen verbindet Damasus mit seinen Baumaßnahmen und seinen Inschriften auch den Wunsch nach eigenem Ruhm und Nachruhm. Er will damit seinem Namen für immer Geltung verschaffen 105 : nova ... tecta .../ quae Damasi teneant proprium per saecula nomen. 106

101

Z.B. J.P. KIRSCH, Beiträge zur Baugeschichte der alten Peterskirche, RQ 4, 1890, 118f.; DE WAAL 1902, 58–61, führt dafür eine Beschreibung des Baptisteriums aus dem Jahre 1450 an; CARLETTI 1986, 12; dagegen aber CASPAR 1930, 252 Anmerkung 7: er meinte, daß die Quelle selbst als Taufbrunnen gefaßt war. 102 Vgl. dazu auch die Schilderung bei PRUDENTIUS, perist. 12,31–44 (CChr.SL 126, 380 CUNNINGHAM): Dextra Petrum regio tectis tenet aureis receptum/ canens oliva, murmurans fluento;/ namque supercilio saxi liquor ortus excitavit/ fontem perennem chrismatis feracem./ Nunc pretiosa ruit per marmora lubricatque clivum,/ donec virenti fluctuet colymbo./ Interior tumuli pars est ubi lapsibus sonoris/ stagnum nivali volvitur profundo./ Omnicolor vitreas pictura superne tinguit undas,/ musci relucent et virescit aurum/ cynaeusque latex umbram trahit inminentis ostri;/ credas moveri fluctibus lacunar./ Pastor oves alit ipse illic gelidi rigore fontis,/ videt sitire quas fluenta Christi. Siehe dazu die Ausführungen von SMITH 1988, 257–286; und jetzt TRÄNKLE, ZAC 3, 1999, weitere Literatur ebd. 103 LAUSBERG 1982, 171–178. 104 Siehe LAUSBERG 1982, 171 über Weih- und Ehrenepigramme: „Da die Angabe des Stifters bei dieser Inschriftengattung wesentlicher ist als bei der Grabinschrift, ist die Grundformel hier ‘y hat dies dem Gott x geweiht’; manchmal geht eine bloße Vorstellung in einem selbständigen Satz der Stifterformel voran“. Vgl. dazu DAM., epigr. 58: Haec Damasus tibi, Xpe deus, nova tecta dicavi ... . 105 Vgl. dazu HÄUSLE 1980, passim. 106 DAM., epigr. 57,5.7 (Ferrua 1942, 210).

110

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Eine christliche Besonderheit ist es jedoch, daß Damasus bisweilen betont, daß er seine Werke mit Hilfe der Märtyrer vollbringt und somit nicht nur die eigene Leistung im Vordergrund steht. Non haec humanis opibus, non arte magistra... sed prestante Petro ... composuit Damasus ... Haec Damasus tibi, Xpe deus, nova tecta dicavi,/ Laurenti saeptus martyris auxilio 107 .

In den Epigrammen der Konstantinfamilie, den einzigen christlichen Versinschriften für bauliche Maßnahmen, die für Rom sicher in die Zeit vor Damasus datierbar sind, werden Gott oder Christus als Helfer genannt: Quod duce te mundus surrexit in astra triumphans/ hanc Constantinus victor tibi condidit aulam 108 ; Constantia deum venerans Christoq. dicata,/ omnibus inpensis devota mente paratis,/ numine divino multum Christoq. iuvante,/ sacravit templum victricis virginis Agnes/ templorum quod vincit opus terrenaque cuncta/ aurea quae rutilant summi fastigia tecti./ Nomen enim Christi celebratur sedibus istis,/ tartaream solus potuit qui vincere mortem,/ invectus caelo solusque inferre triumphum,/ nomen Adae referens et corpus et omnia membra/ a mortis tenebris et caeca nocte levata./ Dignum igitur munus, martyr, devotaq. Christo,/ ex opibus nostris per saecula longa tenebis,/ o felix virgo memorandi nominis Agnes. 109

Diese Inschriften sind durchaus mit denen des Damasus vergleichbar, so daß man sagen kann, daß Damasus mit seinen Architekturinschriften in paganer Tradition steht, d.h. mit der Gattung der Weihepigramme, aber auch in der Tradition der Konstantinfamilie, die als erste größere christliche Gebäude und Anlagen in Rom errichtet hat. Damasus macht sich damit eine aristokratische Tätigkeit zu eigen, indem er Gebäude und Monumente stiftet und sie mit speziell in dieser Zeit in der Oberschicht üblichen Versepigrammen versieht. Damit beschreibt er seine eigenen regen Unternehmungen bei Baumaßnahmen an Märtyrergräbern und im Kirchbau, die sich wohl, wenn man den Umfang der Arbeiten betrachtet, die insbesondere in fast allen größeren Grabanlagen nachweisbar sind, über seine ganze Amtszeit hinweg erstreckten 110 . 107

DAM., epigr. 4 und 58. ICUR NS 2,4092 und auch ICUR NS 2, 4094: Iustitiae sedes fidei domus aula pudoris/ haec est quam cernis pietas quam possidet omnis/ quae patris et filii virtutibus inclyta gaudet/ auctoremque suum genitoris laudibus aequat. 109 ICUR NS 8,20752. 110 GALIT NOGA-BANAI 2007 bringt Damasus außerdem mit der Herstellung von Sarcophagen mit bestimmten Motiven für römische Aristokraten in Verbindung. NOGA-BANAI 2007, 35: „The decoration programs of the city-gate sarcophagi were a Roman innovation. There can be no doubt that they were planned for clients of high rank by erudite churchmen. It is impossible to prove beyond doubt that Damasus himself was the direct innovator... When we consider the period, the funerary context and the manipulation of the biblical as well as the Jerusalemite traditions demonstrated here, although admittedly circumstantial evidence, it is hard to avoid Damasus and the Roman legacy he was fostering.“ 108

4. Damasus und die Märtyrer

111

4. Damasus und die Märtyrer 4.1. Märtyrerepigramme Märtyrerinschriften sind einerseits Ehreninschriften, die Verehrung für den Märtyrer ausdrücken, und in diesem Zusammenhang meist auch Grabinschriften, da sie am Grab selbst oder im Bereich von Gräbern angebracht wurden. Außerdem wird im Zusammenhang mit der Anbringung der Inschrift auch die Grabstätte bzw. die Grabanlage oft neu und schöner gestaltet, um damit Verehrung auszudrücken. Damasus betätigte sich als Promotor der Märtyrer- und Heiligenverehrung und förderte damit eine Frömmigkeit, die im vierten Jahrhundert weit verbreitet war. Die Märtyrer- und Heiligenverehrung hat schon eine längere christliche Tradition und wurde nach dem Ende der Verfolgungszeit immer mehr institutionalisiert, unter anderem mit der Entwicklung von Festkalendern 111 . Diese Form der Frömmigkeit schloß sich sowohl an pagane als auch jüdische Gewohnheiten an. Die Verehrung von Märtyrern zeigt einerseits Ähnlichkeit mit der paganen Heroen- und Totenverehrung, andererseits mit der jüdischen Verehrung von Heiligen und Märtyrern 112 . Jedoch hat sich daraus eine ganz eigene christliche Heiligenverehrung entwickelt, die unabhängig von ihren Wurzeln verstanden werden muß. Ein Zeugnis hierfür sind die Epigramme des Damasus. Kein westlicher Bischof vor Damasus hat die Institutionalisierung von Märtyrer- und Heiligenverehrung und im Zusammenhang damit die bauliche Restaurierung und Ausgestaltung der Grabstätten so intensiv betrieben wie er. In der Inschrift für eine Schar von Frommen in der Callixtuskatakombe faßt Damasus zusammen, welche Gräber für ihn verehrungswürdig sind 113 . Dabei macht er zunächst deutlich (Vers 1–3), daß in den Gräbern der Heiligen nur die sterblichen Überreste, die Leiber liegen corpora oder auch membra und cineres, „die erhabenen Seelen hat sich das himmlische Reich genommen“, d.h. es wird der Dualismus von Seele und Leib betont, deren

111

Siehe dazu KIRSCH 1924, 1–14; DELEHAYE 1932, 50–99; RÜPKE 1995, 476–481. Siehe dazu KLAUSER 1974b, 221–229, der besonders die jüdische Tradition betont, BROWN 1991, 14–31, HAUSBERGER 1985, 647f. und DASSMANN 1975, 51f., der darauf hinweist, daß nicht nur die übernommenen Traditionen beachtet werden sollen: „Die Übereinstimmungen mit paganen Bräuchen und Vorstellungen umschreiben nämlich nur ungenügend die religionsgeschichtliche Position der kirchlichen Praxis, wenn nicht die neue Sinngebung alter Formen mitbedacht wird. Der Wert der christlichen Märtyrerverehrung kann nicht allein an dem gemessen werden, was übernommen wurde.“ 113 DAM., epigr. 16. 112

112

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Aufenthaltsorte auseinanderfallen, eine in den Epigrammen des Damasus sehr häufig vorkommende Aussage 114 . Es gibt außerdem verschiedene Gruppen von Heiligen. Zunächst die klassischen Märtyrer, die wie Sixtus mit ihrem Tod den Sieg über den Feind errungen haben 115 . Dazu gehören wohl auch die sancti confessores, die aus dem Osten kamen 116 . Sodann gibt es eine Gruppe von Vornehmsten, offenbar Bischöfe 117 , die die Altäre Christi bewahrten. Dies ist eine Formulierung, die auch im Zusammenhang mit anderen Märtyrern auftaucht 118 . Ferrua geht davon aus, daß es sich bei diesen Altären um diejenigen handelt, die sich beim Grab befinden 119 . Man kann aber im übertragenen Sinn auch daran denken, daß sich gerade diese Vornehmen als Leiter der Gemeinden für den christlichen Glauben einsetzen und sich schützend vor ihn stellen, wie dies in den Epigrammen für römische Bischöfe deutlich wird. In Vers 6 wird unter diese Heilige ein sacerdos eingereiht, der lange Zeit im Frieden lebte, also nicht in einer Verfolgungszeit. Wahrscheinlich steht sacerdos nach damasianischem Sprachgebrauch für einen oder mehrere Bischöfe, die hier begraben sind, aber kein Martyrium erlitten haben und wohl wegen ihres Amtes zu den Heiligen gerechnet werden. Auch die letzte Gruppe sind an sich keine Märtyrer, sondern Christen, die sich durch besonders enthaltsames Leben ausgezeichnet haben 120 . Somit gibt es für Damasus drei Gruppen, die verehrungswürdig sind und einen Sonderstatus unter den Christen einnehmen: die klassischen Märtyrer, worunter auch confessores zählen (Marcellus, Eusebius), Bischöfe und asketische, enthaltsame Christen. 121 114

Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 2.4.4.2 und 2.4.5.3.1. Siehe zur Formulierung ex hoste tropaea: Kap. 2.4.3. 116 Vgl. dazu DAM., epigr. 20,3 und 48,1, und die Ausführungen FERRUAS 1942, 122 und unten Kap. 2.4.5.4.2. 117 FERRUA 1942, 122: „intellego pontifices martyres in cubiculo sepultos“. Siehe auch die Belege ebenda. 118 DAM., epigr. 32,3; 48,4. 119 FERRUA 1942, 166: „proprie ... est vigilias quasi in statione agere ad altaria Christi, sed iam vix plus est quam ‘loco non discedere’ quasi excubantem, et morem significat altaria ita collocandi, ut cum sepulcro martyris una coalescerent. Eadem locutio saepe de mortuo in sepulcro manente, neque aliud quam sepulcrum martyris ea altaria tunc existimabantur ...“ Siehe auch BRANDENBURG 1995, 71–98. 120 Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 2.4.4.3. 121 Siehe zum Märtyrerbegriff BROX 1961, passim u. besonders 230–237. Während es im frühen Christentum eine strenge Trennung zwischen den Begriffen martyr und confessor gab und ersterer nur für Blutzeugen, d.h. für Christen, die ihren Glauben mit dem Leben bezahlen mußten, (so BROX) galt, wird der Märtyrerbegriff nach der Verfolgung im 4. Jahrhundert zunehmend weiter ausgelegt, so daß auch Bischöfe und asketische und vorbildliche Christen unter bestimmten Umständen als Heilige und Märtyrer angesehen 115

4. Damasus und die Märtyrer

113

In der letzten Gruppe werden bei Damasus hauptsächlich Frauen erwähnt. Die einzige weibliche Märtyrerin Agnes zeichnet sich in ihrem Martyrium durch besonders schamhafte Zurückhaltung aus (epigr. 37). Ansonsten findet sich Lob auf Enthaltsamkeit und asketisches Leben nur in Epigrammen, die er ihm persönlich bekannten Personen widmet, wie einem gewissen Marcus (epigr. 50), einer Proiecta (epigr. 51), seiner Mutter Laurentia (epigr. 10) und seiner Schwester Irene (epigr. 11) 122 . 4.2. Die Rolle des Damasus in den Märtyrerepigrammen Auffallend an den Märtyrerepigrammen und auch an den Bauinschriften ist, wie sehr Damasus seine eigene Person in verschiedenen Funktionen in den Vordergrund rückt. Neben der Leistung der Märtyrer wird in den meisten Epigrammen auch die Tätigkeit des Damasus in irgendeiner Weise erwähnt und betont. Zwei Aspekte treten dabei besonders in den Vordergrund, denen im folgenden zunächst nachgegangen wird: das Auffinden von Märtyrern und die rechte Verehrung und Würdigung der Märtyrer durch Damasus. 4.2.1. Neue Märtyrer – Quaeritur, inventus, colitur Ein wichtiger Anhaltspunkt für die Märtyrerverehrung Mitte des 4. Jahrhunderts ist der Kalender des Filocalus, der in das Jahr 354 datiert wird 123 . Er wurde für die Stadt Rom verfaßt und enthielt für die Kirchengeschichte außerordentlich wichtige Teile. Sehr aufschlußreich für Damasus ist der Teil, der Depositio martyrum genannt wird und ein Verzeichnis der Märtyrertage sowie unbeweglichen Festtage bietet. Er beginnt mit der Geburt Jesu am 25. Januar und zählt daneben hauptsächlich Todestag und Begräbnisort 124 von Märtyrern auf. Ein Vergleich mit den Epigrammen des Damasus ergibt, daß dieser zwar für viele der hier genannten Märtyrer Inschriften verfaßt hat 125 , aber auch für einige, deren Namen dem Kalender unbekannt waren. Dies sind Märtyrer, die Damasus mit seinen Epigrammen für die Nachwelt zum ersten Mal erwähnt und die dadurch Eingang in die späteren Ka-

wurden. Siehe dazu z.B. BAUMEISTER 1988, 135f.; FÉVRIER 1991, 51–80; ANGENENDT 1994, 55–68; DELEHAYE 1927, 94. 122 Siehe dazu ebd. 123 Zu diesem Kalender siehe die umfangreichen Untersuchungen von SALZMAN 1990 und STERN 1953 und die Ausführungen I 3.1. 124 Bzw. Ort der Feier. 125 Agnes; Petrus und Paulus (29.Juni); Felix und Philippus; Ianuarius; Sixtus; Laurentius; Hippolyt; Hermetis; Gorgonius; Protus und Hyacinthus; Saturninus; Marcellus (in der depositio episcoporum); Eusebius (ebd. aufgeführt).

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

lender gefunden haben 126 . Hier gibt es drei Inschriften, in denen Damasus direkt von seiner Auffindung bzw. Einführung der Märtyrer berichtet (Eutychius [epigr. 21], Marcellinus und Petrus [epigr. 28] sowie unbekannte Heilige [epigr. 42 und 43]). Außerdem gehören zu dieser Kategorie: Nereus und Achilleus, Tarsicius, Felix und Adauctus, Tiburtius sowie Maurus. Eine Sonderstellung nimmt das Epigramm für Felix ein, bei dem es sich wahrscheinlich um Felix von Nola handelt, so daß damit die einzige überlieferte Inschrift vorliegt, die Damasus außerhalb Roms anbringen ließ. Ein sehr wichtiges Zeugnis für die Rolle, die Damasus sich selbst bei der Etablierung der Märtyrerverehrung in Rom zuschreibt, sind die genannten Epigramme für Marcellinus und Petrus sowie Eutychius. 4.2.1.1. Marcellinus und Petrus Damasus nennt sich selbst als Zeuge für die Geschichte des Martyriums von Marcellinus und Petrus. Der Henker selbst habe ihm, als er noch ein kleiner Junge war, die Geschichte erzählt: Percussor retulit Damaso mihi cum puer essem 127 .

Durch den Bericht des Henkers wird auch deutlich, daß die Überreste der Märtyrer erst später in das jetzt verehrte Grab transferiert worden sind, denn sie wurden im Dornengestrüpp getötet, wo sie vorher ihr eigenes Grab schaufeln mußten: Marcelline tuum pariter Petrique sepulcrum/ percussor retulit Damaso mihi cum puer essem: Haec sibi carnificem rabidum mandata dedisse,/ sentibus in mediis vestra ut tunc colla secaret, ne tumulum vestrum quisquam cognoscere posset./ Vos alacres vestris manibus fodisse sepulcra candidule, occultos post quae iacuisse sub antro;/ postea commonitam vestra pietate Lucillam hic placuisse magis sanctissima condere membra. 128

Dies geschah offenbar als besondere Strafe, um ein richtiges Begräbnis der Christen zu verhindern und eine Verehrung des Märtyrergrabes zu unterbinden. Von ähnlichen Fällen weiß auch Eusebius in seiner Kirchengeschichte zu berichten 129 . Damit will Damasus erklären, warum die Toten 126 Siehe dazu die im Martyriologium Hieronymianum neu hinzugekommenen Märtyrer, dargestellt bei SAXER 1986, 59–88. 127 DAM., epigr. 28,3 (FERRUA 1942, 161). 128 DAM., epigr. 28 (FERRUA 1942, 161). 129 Vgl. EUSEBIUS, h.e. VIII 6,7 (GCS Eusebius 2,2, 750,16–20 MOMMSEN): UPVKEFHFCBTJMJLPVKNFUBRBOBUPOQBJEBK HIÝNFUBUIKQSPTILPVTIKLIEFJBK QBSBEPRFOUBK BVRJKFYVQBSDIKBOPSVYBOUFKFOBQPSSJZBJRBMBUUIÝLBJBVUPVK

4. Damasus und die Märtyrer

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erst nachträglich an ihren jetzigen Ort und zu ihrer Verehrung gekommen sind. Unklar bleibt nur, wie man die Rolle der genannten Lucilla erklären kann, die diese Translation vorgenommen haben soll: Candidule occultos postquam iacuisse sub antro/ postea commonitam vestra pietate Lucillam/ hic placuisse magis sanctissima condere membra 130 .

Eine Lucilla ist ansonsten unbekannt, jedoch wird eine gewisse Lucina mit anderen Translationen in Verbindung gebracht 131 . Im Liber Pontificalis heißt es in der vita Cornelii, daß sie den Leichnam des Paulus an die Via Ostiensis gebracht habe: Hic temporibus suis, rogatus a quadam matrona Lucina, corpora apostolorum beati Petri et Pauli de Catacumbas levavit noctu: primum quidem corpus beati Pauli acceptum beata Lucina posuit in praedio suo, via Ostense iuxta locum ubi decollatus est; beati Petri accepit corpus beatus Cornelius episcopus et posuit iuxta locum ubi crucifixus est, inter corpora sanctorum episcoporum, in templum Apollinis, in monte Aureum, in Vaticanum palatii Neroniani, III Kal. iul. 132

Aber diese Aussage wird insgesamt nicht für sehr glaubwürdig und für eine spätere Tradition gehalten 133 . Sei es nun Lucilla oder Lucina, beide Frauen bleiben im Dunkeln und auch durch die Inschrift wird nicht ersichtlich, auf welche Weise und warum Lucilla die Heiligen aufgefunden und an der neuen Stelle begraben hat. Damasus sagt, sie habe es commonitam XÝPOUPEFJOPJOFOPNJTNFOPJEFTQPUBJ XKBONIFONOINBTJOBQPLFJNFOPVKQSPT LVOPJFOUJOFK RFPVKEIBVUPVK XKHFXÝPOUP MPHJ[PNFOPJ(Übersetzung bei KRAFT 1989, 367:„Auch die kaiserlichen Diener, die nach ihrem Tode mit der gebührenden Ehre der Erde übergeben worden waren, glaubten die vermeintlichen Herrn wieder ausgraben und ins Meer werfen zu müssen, damit sie nicht einige, für Götter sie haltend – das war ihre Meinung –, anbeteten, wenn sie in ihren Gräbern verblieben.“). EUS., h.e. V 1,62f. (426,17–22 M.): UBPVOTXNBUBUXONBSUVSXOQBOUPJXKQB SBEFJHNBUJTRFOUBLBJBJRSJBTRFOUBFQJINFSBKFY NFUFQFJUBLBFOUBLBJBJRB MXRFOUBVQPUXOBOPNXOLBUFTBSXRIFJKUPO3PEBOPOQPUBNPOQMITJPOQBSBS SFPOUBPQXKNIEFMFJZBOPOBVUXOGBJOIUBJFQJUIKHIKFUJLBJUBVUFQSBUUPO XKEVOBNFOPJOJLITBJUPORFPOLBJBGFMFTRBJBVUXOUIOQBMJHHFOFTJBO (Übersetzung bei Kraft 1989, 244:„Nachdem die Leiber der Märtyrer auf alle mögliche Weise zum abschreckenden Beispiel gedient und sechs Tage unter freiem Himmel gelegen hatten, wurden sie von den Frevlern völlig verbrannt und ihre Asche in die nahe Rhone geworfen, damit auch kein Restchen mehr auf der Erde davon übrig bliebe. Ihr Handeln entsprang dem Wahne, Herr über Gott zu werden und die Auferstehung der Märtyrer zu verhindern.“). 130 DAM., epigr. 28, 7–9 (FERRUA 1942, 161). 131 Vgl. dazu LIETZMANN 1927, 179–189 und SHEPHERD 1970, 861–863. 132 Lib.Pont. I 5,22 (150 DUCHESNE). 133 Vgl. dazu die Ausführungen LIETZMANNS 1927; SHEPHERD 1970, 861–863, ordnet Lucina und Lucilla derselben Familie zu, der er auch die Stiftung der Kirche in Lucina zuschreibt, was sicherlich nur eine Vermutung sein kann.

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

vestra pietate getan, gemahnt durch deren Frömmigkeit, d.h. deren Martyrium, das ihr offenbar bekannt gewesen war. Auch hat sie vermutlich nicht auf Empfehlung des Damasus gehandelt, da er es sonst erwähnt und wohl das Geschehnis nicht im Perfekt, das den Anschein einer schon länger zurückliegenden Tat gibt, formuliert hätte. Woher aber wußte Lucilla von den Märtyrern, die im Jahre 354 offenbar noch nicht bekannt waren? Aus derselben Quelle wie Damasus? Anfang des 5. Jahrhunderts wurden Marcellinus und Petrus jedenfalls in den römischen Kalender eingetragen 134 , was wohl der Intensivierung bzw. Etablierung ihrer Verehrung unter Damasus zugeschrieben werden kann; denn er setzte ihnen nicht nur diese Inschrift, sondern baute auch ihre Gruft auf prachtvolle Weise aus 135 . 4.2.1.2. Eutychius Das Epigramm des Eutychius illustriert in noch weitgehenderer Weise, inwiefern sich Damasus für die Heiligenverehrung verantwortlich fühlte bzw. auch Initiator für die Verehrung bestimmter Märtyrer war. Von Eutychius wissen wir nur von Damasus; es findet sich von ihm weder eine Spur in römischen Kalendern noch Pilgerberichten, eine passio ist auch nicht überliefert. Daß es Damasus aber gelang, eine Tradition zu begründen, verrät das Martyrologium Hieronymianum, das für ihn als dies natalis den 2. Juli nennt und sein Grab in der Callixtuskatakombe lokalisiert. 136 In dieser Inschrift berichtet Damasus zunächst ungewöhnlich detailliert die Martyriumsgeschichte des Eutychius; in keinem anderen Epigramm beschreibt er eine Leidensgeschichte so ausführlich 137 : Eutychius martyr crudelia iussa tyranni/ carnificumque vias pariter tunc mille nocendi vincere quod potuit monstravit gloria Christi/ carceris inluviem sequitur nova poena per artus testarum fragmenta parant ne somnus adiret/ bis seni transiere dies alimenta negantur mittitur in barathrum sanctus lavat omnia sanguis/ vulnera quae intulerat mortis metuenda potestas/ nocte soporifera turbant insomnia mentem/ ostendit latebra insontis quae membra teneret/ quaeritur inventus colitur fovet omnia prestat/ expressit Damasus meritum venerare sepulchrum. 138

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Siehe SCHÄFER 1932, 100. Siehe zu den Arbeiten in der Katakombe ad duas lauros die Aufsätze von J. GUYON 1986 und 1995. 136 Martyrologium Hieronymianum ad VI Non. Iul. (347 DELEHAYE/QUENTIN): ... et in eadem urbe via Appia in cimiterio Calesti natale Eutici ... . 137 Die Ausführlichkeit erklärt sich wohl dadurch, daß dieser Märtyrer vor Damasus völlig unbekannt war und niemand seine Geschichte kannte. 138 DAM., epigr. 21 (FERRUA 1942, 146). 135

4. Damasus und die Märtyrer

117

Diese Schilderung weist sehr große Parallelen zum Martyrium des Lukian von Antiochien auf, der ebenfalls im Kerker leidet, mit Scherben und Nahrungsentzug gequält und schließlich ins Meer gestürzt wird 139 , so daß damit offenbar ein austauschbares Märtyrerschicksal geschildert wird. Unklar erscheint auch die Formulierung mittitur in barathrum. Zunächst würde man an den in Rom als Todesstrafe verhängten Sturz vom tarpeischen Felsen denken, der aber zu dieser Zeit nicht mehr praktiziert wird und in der späten Kaiserzeit sogar verboten ist 140 . Ferrua überlegt, ob damit der Kerker bzw. die tiefste Zelle des mamertinischen Kerkers, das tullianum, gemeint sein kann, kommt aber zu dem Schluß, daß Eutychius sich schon im Kerker befindet und durch das mittitur und das damit verbundene Blut ein neuer Ort und neue Wunden angezeigt sind 141 . Auch die tiefe Senke in catacumbas könnte damit zusammenhängen 142 . Letztlich bleibt der Text aber dunkel und unkonkret, so daß man ihn durchaus schon zu dem Traumgesicht rechnen könnte, das Damasus im Anschluß daran schildert: Hier wird deutlich, daß Damasus offenbar keine konkreten Hinweise auf ein Grab des Eutychius hatte, sondern ihm im Traum der Ort der Überreste des Märtyrers offenbart wurde, man ihn daraufhin suchte, fand und verehrte. Auch schon in anderen Epigrammen wurde gezeigt, daß verschüttete Gräber wiedergefunden wurden 143 , aber in diesem Falle wird nicht nur ein Grab, sondern wohl auch ein Märtyrer von Damasus selbst auf wunderbare Weise neu gefunden. Zudem setzt er sich mit seiner ganzen Autorität für dessen Verehrung ein und ordnet sie gewissermaßen an. 4.2.1.3. Weitere Beispiele für die Einrichtung von Märtyrerverehrung Dieselbe Aufforderung zur Verehrung der Märtyrer wie im Eutychiusepigramm findet sich in dem Epigramm für unbekannte Heilige im coemeterium Thrasonis 144 : 139 Siehe SCHÄFER 1932, 103 und P. FRANCHI DE’ CAVALIERI, Di una probabile fonte della leggenda die SS. Giovanni e Paolo: Nuove note agiografiche, Studi e testi 9, Rom 1902, 58 Anm.2. 140 MOMMSEN 1899, 933f.: „Nach Kaiser Claudius findet sich für den Felssturz kein Beleg und in der spätern Kaiserzeit ist er verboten“. 141 FERRUA 1942, 148. 142 CARLETTI 1986, 34. 143 Siehe die Ausführungen in Kap. 2.3. 144 Ebendort hat sich noch ein zweites Epigramm für 62 unbekannte Märtyrer befunden (epigr.43), das mit Nr.42 vielleicht in Zusammenhang steht; PRUDENTIUS schreibt über diese Epigramme (perist. 11, 7–16 [370 CUNNINGHAM]): Plurima litterulis signata sepulcra loquuntur/ martyris aut nomen aut epigramma aliquod,/ sunt et multa tamen tacitas claudentia tumbas/ marmora, quae solum significant numerum./ Quanta virum iaceant congestis corpora acervis/ nosse licet, quorum nomina nulla legas./ Sexaginta illic defossas mole sub una/ reliquias memini me didicisse hominum,/ quorum solus habet conperta vocabula Christus,/ utpote quos propriae iunxit amicitiae.

118

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Sanctorum quicumq. legis venerare sepulcrum;/ nomina nec numerum potuit retinere vetustas... 145

Es handelt sich hierbei um eine Inschrift, die Damasus anläßlich der Rückkehr des Klerus anbringen ließ, wobei man an die tumultuarischen Zustände während der Auseinandersetzungen mit Ursinus und seinen Anhängern denken kann. Vielleicht hat Damasus, nachdem er gegen Ursinus einen Sieg errungen hatte, bei der Rückkehr der abgefallenen Kleriker zum Dank eine Inschrift anbringen lassen, und zwar an Gräbern von Heiligen, deren Zahl und Namen durch das Alter nicht mehr feststellbar war. Der Bischof knüpfte hier vielleicht an eine ältere und fast schon vergessene Tradition an oder machte durch seine Inschrift erst die Gräber zu Heiligengräber, indem er im ersten Vers unmißverständlich zur Verehrung aufforderte. Er rühmt sich auch, dafür verantwortlich zu sein, daß die Heiligen endlich zu der ihnen gebührenden Grabstätte und Verehrung gelangen, was durch die aufwendigen Grabanlagen unterstrichen wird 146 : Martyris hic Mauri tumulus pia membra retentat,/ quem Damasus rector longo post tempore plebis/ ornavit supplex, cultu meliore decorans/ insontem puerum, qui poena nulla deiectus. 147

Insbesondere aber das Eutychiusepigramm zeigt, daß Damasus wohl selbst Märtyrer ausfindig machte und deren Verehrung initiierte. Ähnliches gibt es auch von Ambrosius zu berichten, der Gervasius und Protasius, die Märtyrer Mailands, im Jahre 386 ebenfalls durch eine Vision aufgefunden hat, die ihm nicht nur den Ort der Grabstätte, sondern auch die Namen der Heiligen offenbarte; dies ist jedenfalls in drei authentischen Berichten von Ambrosius selbst sowie Paulinus und Augustinus überliefert 148 . Damasus war aber offenbar besonders bekannt für das Auffinden von Heiligengebeinen und dafür, daß ihm die Verehrung der Märtyrer sehr am Herzen lag. So heißt es im Liber Pontificalis: Hic multa corpora sanctorum requisivit et invenit, quorum etiam versibus declaravit. 149

Noch deutlicher drückt sich Papst Vigilius (537–555) aus, der nach eigenen Angaben Inschriften des Damasus nach dem Goteneinfall wiederhergestellt hat. Dies beschreibt er in einem Epigramm, das er selbst am Grab der Märtyrer Vitalis, Martialis und Alexander anbrachte 150 , wo er das 145

DAM., epigr. 42,1f. (FERRUA 1942, 184). Vgl. dazu die Ausführungen zu den Bauinschriften Kap. 2.3. 147 DAM., epigr. 44 (FERRUA 1942, 186). 148 AMBROSIUS, ep. 22; PAULIN. MED., vita Ambrosii 14; AUG., conf. 9,7. Vgl. dazu auch DASSMANN 1975, 49–68. 149 Lib.Pont. I 4,39 (212 DUCHESNE). 150 DAM., epigr. 41 (FERRUA 1942, 182): 146

4. Damasus und die Märtyrer

119

Werk des Damasus erneuerte (omne opus novavit), also wohl eine Inschrift des Damasus für die hier begrabenen Märtyrer. Vigilius schildert, daß die Märtyrer von Damasus unter der Leitung Gottes gewissermaßen auf ihre Verehrungswürdigkeit geprüft wurden und er deshalb mahnte, sie gemäß dem Brauch zu verehren: ... sepulchra/ martyribus quondam rite sacrata piis quos monstrante deo damasus sibi papa probatos/ affixo monuit carmine iure coli. 151

Vigilius schreibt dies zwar ca. 150 Jahre nach dem Tod des Damasus, aber sicher hatte er das dazugehörige Epigramm und wohl auch noch viele andere, die heute für uns nicht mehr zugänglich sind, vor Augen. Zudem paßt seine Beschreibung der Tätigkeit des Damasus außerordentlich gut zu dessen eigener Schilderung in der Eutychiusinschrift. Interessant ist auch der Kontrast zu anderen Inschriften, in denen er nicht verschweigt, daß er manches nur vom Hörensagen weiß und an Traditionen, die er nicht überprüft hat, anknüpft, wie z.B. bei Agnes: Fama refert sanctos dudum retulisse parentes 152 ,

oder noch deutlicher bei Hippolytus: Hippolytus fertur .../ Haec audita refert Damasus probat omnia XPS 153 .

Hier verweist Damasus gewissermaßen auf Christus als Zeugen des Verdienstes von Hippolyt, wobei er bei Eutychius direkt mit seiner eigenen Autorität den Märtyrer proklamiert: credite per Damasum! 4.2.2. Darstellung der eigenen Märtyrerfrömmigkeit In den Märtyrerepigrammen unterstreicht Damasus häufig seine eigene Märtyrerfrömmigkeit, wobei deren ständige Wiederholung sicherlich auch topischen Charakter hat. Ein Beispiel für die Betonung der Verehrung, die dum peritura Getae] posuissent castra sub urbe, mouerunt sanc]tis bella nefanda prius istaque sacrileg]o verterunt corde sepulchra martyribus quo]nd[a]m rite sacrata piis, quos monstrante de]o [Da]masus sibi pap[a] probatos affixo monuit carmine iure coli. Sed periit titulus confracto marmore sa]nctus, nec tamen his iterum posse latere fuit: diruta Vigilius nam mox haec papa geme]scens hostibus expulsis omne nouauit op]us. Vgl. dazu FERRUA 1942, 182: „Memoriam tituli damasiani servat carmen Vigilii papae“. 151 DAM., epigr. 41,3–6 (FERRUA 1942, 182). 152 DAM., epigr. 37,1 (FERRUA 1942, 176). 153 DAM., epigr. 35,1.8 (FERRUA 1942, 171); ähnlich epigr. 40,7: Haec Damasus voluit conperta referre.

120

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Damasus den Märtyrern entgegenbringt, findet sich in der Inschrift für Laurentius: ... Haec Damasus cumulat supplex altaria donis,/ martyris egregii suspiciens meritum. 154

Er nennt sich selbst „demütig bittend“ und „aufschauend zu dem Verdienst“ des herausragenden Märtyrers. Ebenso bezeichnet er sich auch in seinem Epigramm an Felix und Philippus 155 : His Damasus supplex voluit sua reddere vota 156 .

Zudem spricht er von Gelübden bzw. Gebeten, die er ableisten will. Dieselbe Formulierung findet sich auch im Epigramm für unbekannte Heilige im coemeterium Thrasonis: Ornavit Damasus tumulum, cognoscite, rector,/ pro reditu cleri Christo prestante triumphans. Martyribus sanctis reddit sua vota sacerdos. 157

Es handelt sich hier offenbar um Märtyrer, die Damasus um etwas gebeten hat und denen er die Erfüllung seiner Gebete mit dem Verfassen der Inschrift bzw. der Baumaßnahmen ableisten will, bzw. ein Gelübde getan hat, daß er dies tun will, wenn seine Gebete erfüllt werden 158 . In diesem Fall handelt es sich um die Rückkehr des Klerus zum Triumph des Damasus, wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Sieg über Ursinus, als Kleriker, die zu seinem Gegenbischof abgefallen waren, wieder zu ihm zurückkehrten 159 . Die Hilfe für diesen Sieg rechnet er aber Christus zu, denn er triumphiere Christo prestante 160 . Noch deutlicher wird die Verbindung von Inschrift und eigenem Leben des Damasus im Epigramm für Felix:

154

DAM., epigr. 33,3f. (FERRUA 1942, 167). Die Selbstbezeichnung supplex findet sich auch in DAM., epigr. 44,3 (FERRUA 1942, 186): ornavit supplex, epigr. 46, 11 (FERRUA 1942, 189): supplicis haec Damasi vox est, und epigr. 59,7 (FERRUA 1942, 214). 156 DAM., epigr. 39,10 (FERRUA 1942, 179). 157 DAM., epigr. 42,3–5 (FERRUA 1942, 184). 158 Siehe zu Gelübden KÖTTING 1976, 1055–1099. Diese Art von Gelübden war in der Alltagsfrömmigkeit der Spätantike üblich und stand ganz in der Tradition paganer Gelübdepraxis; sie ist ein Phänomen der Volksfrömmigkeit, das so nicht bei den Kirchenvätern zu finden ist, 1095–1099. 159 Siehe dazu FERRUAS Erläuterungen, 184: „pro reditu cleri eius partis scilicet quae ad Ursinum defecerat. Fortasse ad a. 367 exeuntem referri potest, cum basilica Sicinini reddita est ..., nisi forte ad a. 369 cum, coetibus quoque extramuranis dissipatis, imperator praefecto urbis quietem partam gratulatur ... . Certe tempus quo omnes diaconi et presbyteri ab Ursino defecerint nullum invenias.“ 160 Siehe DAM., epist. 5: eo tempore quo deo prestante haeretici fuerant abiecti ... . 155

4. Damasus und die Märtyrer

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... te duce servatus mortis quod vincula rupi,/ hostibus extinctis fuerant qui falsa locuti, versibus his Damasus supplex tibi vota rependo. 161

Hier spricht er direkt davon, daß er mit diesen Versen ein Gelübde einlöst, weil er durch Felix vor dem Tode gerettet wurde und die Feinde, die gelogen hatten, vernichtet wurden. Wieder geht es wohl um ein Ereignis, das mit dem Konflikt um Ursinus zusammenhängt. Aufgrund von Verleumdungen der Gegenseite war Damasus in einen langwierigen Mordprozess als Angeklagter verwickelt 162 . Daß er dabei freigesprochen wurde, rechnet er offenbar diesem Felix als Verdienst zu. In Rom gab es in den Festkalendern keinen Felix, der einzeln, d.h. nicht im Zusammenhang mit einer anderen Person 163 als Märtyrer verehrt wurde. Im Gegensatz dazu ist aber schon für diese Zeit eine reger Pilgerfluß zum Grab des Felix von Nola festzustellen 164 . Darüber hinaus war dessen Grab als ara veritatis 165 bekannt, und er selbst galt als „Helfer der Verleumdeten“. So schickte Augustinus zwei Priester, die sich gegenseitig der Falschaussage bezichtigten, nach Nola, um dort die Wahrheit herauszufinden 166 . Hinzu kommt, daß das Epigramm in seiner frühesten Überlieferung im Cod.Paris. NAL 1443 inmitten von Inschriften des Nolaner Pilgerheiligtums zu finden ist 167 und kein Grund besteht, es unbedingt in Rom lokalisieren zu wollen 168 . Auch das Epigramm selbst birgt Hinweise darauf, daß durchaus eine längere Reise nötig war, um zum Heiligtum zu gelangen: Qui ad te sollicite venientibus omnia prestas,/ nec quemquam tristem pateris repedare viantem 169 .

Man kommt sorgenvoll zu Felix und er läßt nicht zu, daß der Reisende traurig zurückkehrt. Nur in diesem Epigramm wird vom Pilger als vians 161

DAM., epigr. 59,5–7 (FERRUA 1942, 214). Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 3.1.1.4. 163 Siehe dazu die Märtyrerpaare: Felix und Adauctus (DAM., epigr. 7), Felix und Philippus (epigr. 39). 164 PAULINUS VON NOLA, carm. 13,20–36 (CSEL 30,45 HARTEL) und carm. 14, 44–95 (CSEL 30, 47–49 HARTEL); U.LEHMANN 1990, 75–93, besonders 78–80.86 fig. 17. 89 fig. 18. 165 AUG., ep. 78 (CSEL 34/2, 331–345 GOLDBACHER). 166 AUG., ep. 78, 3 (335,12–336,3): Verum tamen ad ista, quae hominibus visibiliter nota sunt, quis potest eius consilium perscrutari, quare in aliis locis haec miracula fiant, in aliis non fiant? Multis enim notissima est sanctitas loci, ubi beati Felicis Nolensis corpus conditum est, quo volui ut pergerent, quia inde nobis facilius fideliusque scribi potest, quidquid in eorum aliquo divinitus fuerit propalatum. 167 Siehe dazu LEHMANN 1992, 243f. 168 So aber SILVAGNI: ICUR NS 2, 4745, 120–122. 169 DAM., epigr. 59,3f. (FERRUA 1942, 214). 162

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

gesprochen, d.h. als einem, der einen Weg hinter sich gebracht hat bzw. eine längere Reise unternommen hat, um das Grab zu erreichen 170 . Aus diesen Formulierungen wird deutlich, daß die Märtyrerverehrung des Damasus eng mit seinem eigenen Leben verknüpft ist und er bei der Rettung aus bedrängten Notsituationen offenbar Hilfe bei den Heiligen sucht. Er will persönlich für seine eigene Person diese Unterstützung mit seiner Tätigkeit in den Katakomben erbitten: ... Care deo, ut foveas Damasum precor, alme Tiburti. 171

In ähnlicher Formulierung kehrt diese Bitte an ganz betonter Stelle auch bei Agnes und Hermes im letzten Vers des Epigramms wieder: ... ut Damasi precibus faveas precor inclyta martyr. 172

Es geht Damasus also auch in gewisser Weise darum, mit seinen Inschriften die Märtyrer für sich günstig zu stimmen, damit sie seine Gebete begünstigen 173 . Auch in Epigrammen, in denen er nicht für sich selbst bittet, legt er den Lesern diese Fähigkeit der Märtyrer ans Herz: Quaeritur inventus colitur fovet omnia prestat 174 .

Die Funktion der Märtyrer, Bitten zu erfüllen, hängt damit zusammen, daß sie durch ihr Martyrium die Sonderstellung erreicht haben, direkt in den Himmel aufgenommen zu werden 175 . So werden in Rom schon früh Petrus und Paulus als Nothelfer angerufen: Im römischen Gräberbereich ad catacumbas, wo Petrus und Paulus besonders gedacht wurde 176 , sind Graffiti erhalten, die bis in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts datiert werden können. In verschiedener Form werden dort Petrus und Paulus um Hilfe gebeten: “Petre et Paule in mente [h]abete in orationibus vestris“ , oder: „Petre et Paule petite pro ...“. 177 Märtyrer als Fürsprecher anzurufen, war im spätantiken Christentum sehr in der Volksfrömmigkeit verankert 178 und wird von Damasus in seinen Inschriften zusammen mit dem Aufruf zur Märtyrerfrömmigkeit propagiert.

170

FERRUA 1942, 215: „Haec significant, puto, hominem qui e longinquo venit ad Felicem gratias acturus ...“. 171 DAM., epigr. 31,5 (FERRUA 1942, 164f.). 172 DAM., epigr. 37,10 (FERRUA 1942, 176). 173 Damit drückt sich heidnische Volksfrömmigkeit aus, die nach dem Maßstab do ut des handelt. 174 DAM., epigr. 21. 175 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 2.4.4.2. 176 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 2.4.5.4.2. und 5.3.4.2. 177 ANGENENDT 1994, 106, siehe auch KLAUSER 1976, 19–33; PIÉTRI 1983a, 658f. 178 Vgl. KLAUSER 1976, 21f.

4. Damasus und die Märtyrer

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Zu der ganz persönlichen Verehrung des Damasus für die Märtyrer und seiner Unterwürfigkeit gegenüber den Heiligen gehört auch, daß er, wie viele in dieser Zeit, den Wunsch hat, so nah wie möglich bei diesen Günstlingen Gottes (care deo) begraben zu sein: Hic fateor Damasus volui mea condere membra/ sed cineres timui sanctos vexare piorum 179 .

Daß er diesen Wunsch gerade im Epigramm für die Papstgruft der Calixtuskatakombe äußert, ist sicher kein Zufall, denn es wäre sehr ehrenvoll, in die Gräber seiner Vorgänger im Bischofsamt eingereiht zu werden 180 . Wahrscheinlicher ist aber, daß Damasus mit dieser Bemerkung darauf hinweisen will, daß man sich nicht bei den Heiligengräber begraben lassen soll, obwohl er selbst diesen Wunsch verstehen kann 181 . In diesen Grabanlagen gab es nämlich keinen Platz mehr, und es griff die Unsitte um sich, dort alte Gräber für eine neue Bestattung zu zerstören. Im Jahr 381 wurde daher ein Gesetz erlassen, das diese Unsitte staatlicherseits verboten hat: IMPPP. GRATIANVS, VALENTINIANVS ET THEODOSIVS AAA. PANCRATIO P(RAEFECTO) V(RBI). Omnia quae supra terram urnis clausa vel sarcofagis corpora detinentur, extra urbem delata ponantur, ut et humanitatis instar exhibeant et relinquant incolarum domicilio sanctitatem. Quisquis autem huius praecepti neglegens fuerit adque aliquid tale ab huius interminatione praecepti ausus fuerit moliri, tertia in futurum patrimonii parte multetur. Officium quoque, quod tibi paret, quinquaginta librarum auri affectum despoliatione maerebit. Ac ne alicuius fallax et arguta sollertia ab huius se praecepti intentione subducat atque apostolorum vel martyrum sedem humandis corporibus aestimet esse concessam, ab his quoque, ita ut a reliquo civitatis, noverint se atque intellegant esse submotos. DAT. III KAL. AVG. HERACL(EAE) EVCHERIO ET SYAGRIO CONSS. 182

Man kann also sagen, daß Damasus seine eigene Frömmigkeit in den Märtyrerepigrammen so darstellt, daß sie sich nicht von der in der Spätantike üblichen Märtyrer- und Heiligenfrömmigkeit unterscheidet, sich jedoch wohl auch in diplomatischer Form gegen deren negative Ausuferungen ausspricht. 4.2.3. Römische Bischöfe als Märtyrer In den Epigrammen des Damasus setzen sich die Bischöfe von Rom in ganz besonderer Weise für den Glauben ein. Sixtus lehrte auch in Verfolgungszeiten den rechten Glauben und die himmlischen Gebote und wird während seiner unermüdlichen Tätigkeit von Soldaten ergriffen. Auch seine Gemeinde will den Soldaten ihr Leben 179

DAM., epigr. 16,10f. (FERRUA 1942, 120). Dann wäre der letzte Vers als Bescheidenheitstopus aufzufassen. 181 Vgl. dazu DUVAL 1991, 333–351. 182 COD. THEOD. IX 17,6 (381 Iul. 30) (465 MOMMSEN). 180

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

ausliefern, aber als der Bischof dies merkt, opfert er sich zuerst, um die anderen vor der ungestümen Wut der Verfolger zu bewahren. Der Hirte opfert sich also für die Herde und übertrifft damit alle an Hingabe und Einsatz 183 . Der Bischof von Rom ragt also auch unter den Märtyrern immer noch durch seine besondere Haltung heraus. Zwei Inschriften widmet Damasus Bischöfen, die aus innerkirchlichen Streitigkeiten als Märtyrer hervorgegangen sind: Eusebius und Marcellus; und zwar handelt es sich dabei fast um denselben Konflikt. Marcellus war Bischof von Rom in den Jahren 308 und 309 184 , Eusebius folgte ihm nach von 309–310. Beide hatten offenbar mit einem Gegenbischof bzw. Widersacher zu kämpfen, der in der Inschrift für Eusebius als Heraclius benannt ist. Streitpunkt ist die Behandlung von sogenannten lapsi 185 , wobei der rechtmäßige Papst jeweils die strengere Richtung vertritt, die lapsi lehrt, ihre Vergehen zu beweinen: Heraclius vetuit labsos peccata dolere,/ Eusebius miseros docuit sua crimina flere 186

bzw.: Veridicus rector labsos quia crimina flere/ praedixit, miseris fuit omnib. hostis amarus 187 .

Bis in die Formulierungen hinein wird hier die gleiche Handlung des rechtmäßigen Papstes beschrieben. Beide setzten sich für ein strenges Bußverfahren für die Wiederaufnahme in die Kirche ein, woraus offenbar ein Kampf zwischen Rigoristen und Laxeren in Rom entstanden ist 188 , denn an diese Schilderung des Streitpunktes schließt sich in beiden Fällen eine genaue Darstellung der Spaltung in der Gemeinde an: Scinditur in partes populus gliscente furore,/ seditio caedes bellum discordia lites 189

bzw.: Hinc furor hinc odium sequitur, discordia, lites,/ seditio, caedes, solvuntur foedera pacis 190 . 183

DAM., epigr. 17. Gegen die Meinung, daß Marcellus mit Bischof Marcellinus identisch sei, richtet sich überzeugend SCHÄFER 1932, 29–33 im Anschluß an CASPAR, ZKG 46, 1927, 328 und 1930, 99. Zum Grabepigramm für Marcellinus siehe ICUR NS 4,10183. 185 Es geht dabei um Christen, die während der Verfolgungszeit abgefallen sind und wieder in die Kirche aufgenommen werden wollen, vgl. dazu FRANK 1996, 167–170 (mit Lit.). 186 DAM., epigr. 18,2f. (FERRUA 1942, 131) vgl. zu diesem Epigramm auch REEKMANS 1986, 259–282. 187 DAM., epigr. 40,1f. (FERRUA 1942, 181). 188 Zu ähnlichen Streitigkeiten um Novatian (Eus., h.e. VI 43–45; Cypr., ep. 30;43f.; de lapsis) und Meletius siehe auch BENRATH 1991, 452–458; OHST 1998, 1911f. 189 DAM., epigr. 18,4f. (FERRUA 1942, 131). 184

4. Damasus und die Märtyrer

125

Mit dieser asyndetischen Reihung 191 entsteht ein besonders drastisches Bild des Aufruhrs in der Gemeinde, die an den Anfang des Pontifikats des Damasus denken läßt 192 , der vielleicht mit diesen beiden Epigrammen zeigen will, daß es auch schon vor ihm Auseinandersetzungen und gewalttätige Spaltungen in der Gemeinde gegeben hat. Für beide Bischöfe endet aber die Auseinandersetzung im Gegensatz zu Damasus mit dem Exil: Extemplo pariter pulsi feritate tyranni,/ integra cum rector servaret foedera pacis 193

bzw.: Crimen ob alterius Xpm qui in pace negavit,/ finibus expulsus patriae est feritate tyranni 194 .

Die Bischöfe werden schuldlos ins Exil geschickt, Eusebius, obwohl er die Bande des Friedens 195 unberührt bewahrte, Marcellus durch die Schuld eines anderen, der ohne Verfolgungsnot Christus verleugnete 196 . Damit wird sicherlich die Gegenpartei, d.h. die Laxeren, charakterisiert, vielleicht ist sogar Heraclius gemeint, der Widersacher, der im Epigramm für Eusebius genannt wird 197 . Und so haben sie sich das Verdienst eines Märtyrers nicht mit ihrem Blut, sondern mit dem Exil erworben. Pertulit exilium domino sub iudice laetus;/ litore trinacrio mundum vitaq. reliquit. Eusebio episcopo et martyri 198 .

bzw. Haec breviter Damasus voluit conperta referre,/ Marcelli ut populus meritum cognoscere possit 199 .

Diese Märtyrerehre haben sich die beiden erworben, obwohl in ihrer Amtszeit derart schlimme Unruhen entstanden sind. Die formelhafte Wiederholung dieses Tatbestandes in beiden Epigrammen deutet m.E. darauf hin, daß Damasus hiermit deutlich machen wollte, daß es auch schon vor seiner Amtszeit blutige Auseinandersetzungen im Verlauf von Schismen gegeben hat, und zwar mehr als einmal, und man diese Vorfälle nicht dem 190

DAM., epigr. 40,3f. (FERRUA 1942, 181). Vgl. auch DAM., epigr. 33,1. 192 Ebenso FERRUA 1942, 132 zu epigr. 18,2: „Certe Damasus cum versus 4–5 scriberet videtur mihi spectasse turbas post suam electionem ab Ursinianis excitatas“. Siehe auch FÉVRIER 1992, 500f. 193 DAM., epigr. 18,6f. (FERRUA 1942, 131). 194 DAM., epigr. 40,5f. (FERRUA 1942, 181). 195 FERRUA 1942, 132 versteht dies so: „foedera pacis est animorum pacifica consensio“. 196 Siehe CASPAR 1930, I 99. 197 So SCHÄFER 1932, 36. 198 DAM., epigr. 18,8–10 (FERRUA 1942, 131). 199 DAM., epigr. 40,7f. (FERRUA 1942, 181). 191

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Bischof anrechnen kann, der sich im Recht befunden hat 200 . Die rechtgläubigen Bischöfe können also auch einem Schisma als Martyrium ausgesetzt sein und erweisen sich als gute Bischöfe, indem sie ihre Stellung mit allen Mitteln verteidigen. So deutet Damasus wohl eine geschichtliche Rechtfertigung seiner eigenen Probleme an 201 . Gleichzeitig macht er aber auch zwei römische Bischöfe zu Märtyrern, die vorher nicht als solche geführt wurden. 4.3. Darstellung des Martyriums Mit der Darstellung seiner eigenen Märtyrerfrömmigkeit geht es Damasus nicht zuletzt darum, den Pilgern und seiner Gemeinde mit gutem Beispiel voranzugehen. Das wird besonders deutlich in den Imperativen, die die Leser auffordern, zu glauben (credite per Damasum) und die Märtyrergräber zu verehren (venerare sepulcrum), wie Damasus es selbst in seinen Epigrammen schildert. Zudem vermittelt er, wie hilfreich die Märtyrer sein können, und legt den Lesern diese Fähigkeit der Märtyrer ans Herz: Quaeritur inventus colitur fovet omnia prestat 202 .

Außerdem sollen die Leser der Epigramme mit den beispielhaften Schicksalen der Märtyrer erbaut und auf das Wesentliche in einem Christenleben bzw. auf die christliche Botschaft hingewiesen werden 203 . Ganz deutlich wird dies in einer Formulierung, die recht häufig in exponierter Stellung auftaucht. Damasus betont darin, mit der Darstellung des Leidens des Märtyrers auf die gloria Christi zu verweisen. Im Martyri200

Auch SCHÄFER 1932, 37 Anm. 1, konstatiert eine erstaunliche Nähe der Darstellung des Schismas im Epigramm für Eusebius zur Schilderung der Ereignisse zwischen Damasus und Ursinus bei Rufin. FEVRIER 1992, 500f. formuliert so: „Les deux évêques, rector (Eusebius), veredicus rector (Marcellus), se sont trouvés mêlés à de graves conflits que Damase évoque en des termes très voisins ... est-il dit pour l’époque de Marcellus qui a été marquée même par des caedes, des événements aussi graves que ceux de 366 ... Compte l’image qui est donnée de l’évêque qui est un rector, dit une fois même veredicus dans le texte relatif à Marcellus, le non-martyr. Il est le garant des foedera pacis que d’autres tentent de rompre. Il sait parler aux pécheurs, miseris. Il doit donner des leçons au populus et éviter qu’il se laisse entraîner à des ruptures, partes. Un modèle est donc proposé aux fidèles romains qui se rendaient vers les tombes vénérées de l’Appia comme de la Salaria. Et Damase ne craint pas d’insister sur la valeur de Marcellus qui n’a fait l’objet d’aucun culte ancien et qui a même été oublié de la Depositio episcoporum de 354.“ 201 Es besteht aber ein Unterschied in der Rolle des Staats: damals herrschte die feritas tyranni und diejenigen, die im Recht waren, mußten ins Exil, zu Damasus Zeiten jedoch unterstützten die christlichen Kaiser den rechtmäßigen Bischof. 202 DAM., epigr. 21. 203 Über die belehrende Funktion von christlichen Inschriften äußert sich auch MARION LAUSBERG 1982, 472f.

4. Damasus und die Märtyrer

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um siegt Eutychius über die grausamen Befehle des Tyrannen und die Quälereien der Henker, so daß die Herrlichkeit Christi offenbar wird: quod potuit monstravit gloria Christi. Auch im Epigramm für die Märtyrer Nereus und Achilleus begegnet dieselbe Formulierung in hervorgehobener Stellung, und zwar dieses Mal fast beschwörend am Ende der Inschrift als Aussage des Gedichtes in direkter Anrede der Leser: ... Credite per Damasum possit quid gloria Christi. 204

Um diesen Effekt bei den Lesern zu erzielen, enthalten die Epigramme meist dieselben Elemente. Zunächst wird eine formelhafte Zeitangabe gegeben, die Gegenseite schablonenhaft erwähnt, das geduldig ertragene Martyrium mehr oder weniger ausführlich geschildert und schließlich besonders der Lohn, den der Märtyrer erringt, betont. Das Geschehen zwischen Märtyrer und Gegenseite bzw. staatlicher Gewalt wird meist mit Kriegsvokabular beschrieben. In dem Epigramm für Eutychius geschieht dies mit der schlichten Vokabel vincere, d.h. in diesem Krieg hat Eutychius durch sein Martyrium über den Tyrannen gesiegt, indem er den Tod dem Gehorsam und Abfall vom Glauben vorzog. In anderen Inschriften wird dieser Kriegszustand farbiger umschrieben: Die Verfolgungen werden als Zeit beschrieben, in der das Schwert gewissermaßen die frommen Eingeweide oder das Herz der Mutter zerschnitt: tempore quo gladius secuit pia viscera matris 205 . Das Schwert also als Kriegsinstrument vernichtet die frommen Glieder der Kirche und somit eben einzelne Christen. Im Epigramm für Agnes spricht Damasus von der Zeit, in der der „unheilvolle Klang der Trompete erschallte“ (cum lugubres cantus tuba concrepuisset 206 ). Auch hier steht die Trompete für die tuba belli, die die Schlacht einleitet und somit die Zeiten der Verfolgung als Kriegserklärung des Staates an die Kirche sieht. Ebenso werden die Verdienste, die der Märtyrer in dieser Schlacht erringen kann, als Kriegstrophäen beschrieben (qui portant ex hoste tropaea; qui tulerat ex hoste tropaeum 207 ) und es geht darum, die Siegespalme (quis tollere vellet palmam 208 ) sowie den Triumph (Christi meruere triumphos/ confessi gaudent Christi portare triumphos 209 ) davonzutragen. Hier spricht Damasus aber immer von triumphos Christi, die die Märtyrer sich verdienen bzw. gerne tragen, denn sie leisten Kriegsdienst für Christus: militia Christi. Damit kann wohl einerseits gemeint sein, daß die Märtyrer im Namen Christi den Triumph 204

DAM., epigr. 8,9 (FERRUA 1942, 103). DAM., epigr. 17 (FERRUA 1942, 124 ) u.ö. 206 DAM., epigr. 37,2 (FERRUA 1942, 176 ). 207 DAM., epigr. 16,4 und 15,4 (FERRUA 1942, 120.117). 208 DAM., epigr. 17,5f. (FERRUA 1942, 124 ). 209 DAM., epigr. 25,7 und 8,8 (FERRUA 1942, 154.103 ). 205

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

feiern (triumphos in nomine Christi) oder aber einen Triumph feiern, den auch Christus errungen hat mit seinem Kreuzestod (triumphos quos tulit Christus quoque) 210 . Jedenfalls geht es um eine Handlung, die mit Christus in Verbindung steht, wie es eben auch bei der Darstellung des Martyriums um die gloria Christi geht. In diesen Zusammenhang gehört auch die Rede von den coronae Christi (sanguine proprio Christi meruere coronas/ hic victor meruit palmam prior ille coronam 211 ), denn auch das ist Zeichen für den siegreichen Märtyrer, da er den Siegeskranz erhält 212 . Damasus überträgt also Elemente des kaiserlichen Triumphs nach einer siegreichen Schlacht auf Christus und die Märtyrer 213 . Er macht damit in einer Sprache, die die römischen Bürger verstehen, da es ihre eigene ist, darauf aufmerksam, daß es Christus ist, der den wahren Triumph feiert und daß seine gloria alles überragt 214 . Damasus vermittelt so einerseits Christen theologische Inhalte, andererseits sind diese Formulierungen auch missionarisch angelegt, da der Bischof von Rom darin zum Glauben aufruft und die Rö210

Vgl. FERRUA 1942, 156 zu Epigramm 25,7. Vgl. dazu CHRISTA IHM 1960, die deutlich gemacht hat, daß in den Apsismosaiken spätantiker Kirchen genau diese Beschreibung des Damasus bildlich umgesetzt wurde; so schreibt sie über die Darstellungen in S. Lorenzo fuori le mura und S. Teodoro (25f.): „... Petrus trägt auf beiden Mosaiken das Kreuz, in dessen Kraft er im Martyrium gesiegt hat, und Laurentius gehörte ebenfalls zu den wenigen bevorzugten Heiligen, die von der altchristlichen Kunst mit dem Kreuz ausgestattet wurden. Mit dem Kreuz der Märtyrer dringt in die im übrigen rein höfische Szene etwas von der Kampf- bzw. Siegessymbolik ... ein, wo der kaiserliche XP als Feldherr mit seiner Miliz aufgefaßt ist. Unter diesem Aspekt sind die Kränze, die die eingeführten Märtyrer auf verhüllten Händen bringen, im damasianischen Sinn des portare triumphos und portare trophaea zu verstehen; die Entsprechung im imperialen Zeremoniell ist dann die Weihe der Agonalkränze an die Gottheit bzw. den Kaiser als Urheber des Sieges. Die Möglichkeit für die Entstehung dieses Apsisprogrammes war mit dem raschen Aufblühen des Märtyrerkultes nach der Mitte des 4. Jhs. – Damasus und Ambrosius von Mailand – und vor allem mit der während des 5. und 6. Jhs. von Rom aus überall im westlichen Bereich üblich gewordenen, aber auch im Osten, vor allem in der bis ins 8. Jh. römischer Jurisdiktion unterstehenden illyrischen Kirchenprovinz (Dacien und Macedonien), in Konstantinopel und Palästina nachgewiesenen Einführung des Reliquiengrabaltars in den Gemeinde-Feierkirchen gegeben.“ 211 DAM., epigr. 39,9 und 47,6 (FERRUA 1942, 179.192 ). 212 Aber natürlich auch als Anspielung auf die Dornenkrone Jesu (corona spinea Christi) interpretierbar. In der Spätantike galten die coronae als Siegeskränze, die in Mosaiken den Märtyrern als Zeichen ihres Martyriums verliehen wurden, z.B. im Apsismosaik der Kirche Cosmas und Damian in Rom, siehe dazu CHRISTA IHM 1960, 39, 89, 119, Tafel XII. 213 Siehe auch FONTAINE 1986, 136. 214 Gleichzeitig kämpfte Damasus dafür, daß der aus der Kurie entfernte Victoriaaltar nicht wieder aufgestellt wurde, siehe dazu die Ausführungen in Kap. 1.3.4. Für die Göttin Victoria als Symbol des römischen Triumphs (vgl. E. KÜNZL, Der römische Triumph, München 1988, 119–133) wurde also der römischen Aristokratie ein Ersatz bereitgestellt, der mit den Inschriften eifrig propagiert wurde.

4. Damasus und die Märtyrer

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mer mit ihrer eigenen Sprache und Gedankenwelt anspricht, in der gloria eine wichtige Rolle spielte: credite per Damasus possit quid gloria Christi. 215 Der tatsächliche Kriegsgegner tritt bei Damasus außerordentlich selten personal charakterisierbar auf. Es werden nie die Namen der Kaiser genannt, unter deren Verfolgung der jeweilige Märtyrer gelitten hat, sie stehen unter der damnatio memoriae, sondern meist geht es einfach um die grausamen Befehle des Tyrannen (crudelia iussa tyranni 216 ) bzw. die Wut des Tyrannen (feritas tyranni/rabies tyranni 217 ); bisweilen spricht Damasus völlig anonym von der ungeduldigen Wut der Gegenseite als Subjekt (inpatiens feritas 218 ), den tollen Hunden (canes rabidae 219 ), den Gottlosen (profani 220 ) oder den Henkern (carnificumque vias ... mille nocendi 221 ). Eine eindeutige Qualifizierung der Macht, gegen die sich der christliche Kampf richtet, erbringt das Epigramm für die Märtyrer Felix und Philippus. Hier wird von den cultores Domini (Felix und Philippus) ausgesagt, daß sie einerseits „zur ewigen Heimat und zum Reiche der Frommen eilen“ (aeternam petiere domum regnaque piorum 222 ), andererseits aber den „Fürsten der Welt“ (contempto principe mundi 223 ) verachten. Cultores domini Felix pariterque Philippus/ hinc virtute pares, contempto principe mundi, aeternam petiere domum regnaque piorum,/ sanguine quod proprio XPI meruere coronas ... 224

Ebenso heißt es in der Inschrift für die 62 Märtyrer, „daß die Bekenner Christi, nachdem sie den Fürst dieser Welt überwunden haben, zur himmlischen Heimat und zu den Reichen der Frommen geeilt sind“: confessi Christum, superato principe mundi,/ aetheriam petiere domum regnaque piorum 225 .

Der „Fürst der Welt“ kann aber wohl als diabolus identifiziert werden, wie das Johannesevangelium zeigt: nunc princeps huius mundi eicietur fo-

215 DAM., epigr. 8,9 (FERRUA 1942, 103), siehe dazu FONTAINE 1986, 141–145 und ALAND 2003, 68f. (Märtyrer als Leitbild). 216 DAM., epigr. 21,1; 8,3 (FERRUA 1942, 146.103 ). 217 DAM., epigr. 40,6; 18,6 und 37,4 (FERRUA 1942, 181.131.176 ). 218 DAM., epigr. 17,7 (FERRUA 1942, 124). 219 DAM., epigr. 15,9 (FERRUA 1942, 117). 220 DAM., epigr. 15,7 (FERRUA 1942, 117). 221 DAM., epigr. 21,2 (FERRUA 1942, 146). 222 DAM., epigr. 39,8 (FERRUA 1942, 179). 223 Ebd. 224 DAM., epigr. 39,6–9 (FERRUA 1942, 179). 225 DAM., epigr. 43,4f. (FERRUA 1942, 185).

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

ras 226 . Dies wirft auch ein Licht auf die sonst so anonym bleibende Gegenseite. Damasus will offenbar die Wut der Feinde nicht an bestimmten Personen festmachen 227 , sondern durch die allgemeinen Formulierungen verdeutlichen, daß es gerade nicht um konkrete Gestalten geht, sondern um die eine Macht des Bösen, die der Feind und die Anfechtung der Christen ist. Diesen Feind gilt es für Damasus zu überwinden, indem man ohne Blick auf die Konsequenzen an seinem Glauben festhält. Diese Konsequenzen bzw. die Leiden, die die Märtyrer durchstehen müssen, werden teilweise sehr ausführlich geschildert. Im Epigramm für Eutychius werden die Torturen einzeln aufgezählt, und zwar Kerker, Scherben, Schlaf- und Nahrungsentzug; meist wartet ein grausamer Henker 228 . Die Haltung der Märtyrer selbst ist aber in den schlimmsten Todesgefahren immer vorbildlich; sie bekennen sich in schlimmster Not und Anfechtung zu ihrem Glauben 229 . Nereus und Achilleus 230 legen ihre Kriegswut ab, bekehren sich und desertieren, d.h. sie verlassen das Lager, werfen ihre Waffen weg und bekennen sich zu Christus mit der Konsequenz, deshalb hingerichtet zu werden. Andere verteidigen die Altäre und Sakramente vor den Ungläubigen 231 , oder graben noch vor ihrem Tod sorgfältig ihre eigenen Gräber 232 . Die Märtyrerin Agnes bewahrt sogar selbst auf dem Scheiterhaufen ihre Keuschheit und bedeckt mit ihrem aufgelösten Haar ihren nackten Körper 233 . Damit wird der beispielhafte und verehrungswürdige Einsatz der Märtyrer für den Glauben betont. Aber sich unbeirrbar zu seinem Glauben zu bekennen, das gilt eben für alle Christen, auch für die, die sich nicht mehr in der Verfolgungszeit befinden. Somit wird mit der Schilderung des Märtyrersieges einerseits auf die gloria Christi verwiesen, andererseits exemplarisch deutlich gemacht, welch großer persönlicher Einsatz für die Verteidigung des Glaubens notwendig ist, und zwar mit einer Sprache, die Christus einen kaiserlichen Triumph zuspricht, an dem die Märtyrer teilhaben.

226

Joh 12,31; vgl. auch Joh 14,30; 16,11; Eph 6,12. Siehe FERRUA 1942, 185 zur Stel-

le. 227

Grund für dieses Verschweigen von Namen könnte auch sein, daß Damasus die Kaiser in ihrem Amt nicht dadurch beleidigen möchte, daß er ihre Vorgänger anprangert. 228 DAM., epigr. 21, siehe auch die Aufzählung im epigr. 33,1. 229 DAM., epigr. 7,2–4. 230 DAM., epigr. 8. 231 DAM., epigr. 15; 16; 32. 232 DAM., epigr. 28. 233 DAM., epigr. 37.

4. Damasus und die Märtyrer

131

4.4. Biblisches und Theologisches in den Epigrammen 4.4.1. Schriftzitate in den Epigrammen Betrachtet man die Epigramme unter theologischen Gesichtspunkten, fällt auf, daß der Autor kaum Bibelzitate oder biblische Sprache verwendet. Besonders in den Märtyrerinschriften vermißt man biblische Terminologie und Bezugnahme. Wie dargelegt beschränkt sich Damasus meist auf eine formelhafte Beschreibung der Zeitumstände (z.B. tempore quo gladius secuit pia viscera matris), des speziellen Martyriums und der Himmelfahrt der Heiligen, die jetzt als Fürbitter zur Verfügung stehen und verehrt werden sollen 234 . Die Aufnahme einer Begebenheit aus dem NT findet sich im Epigramm für Tarsicius, der mit Stephanus und dessen Steinigung 235 verglichen wird: Iudaicus populus Stephanum meliora monentem/perculerat saxis, tulerat qui ex hoste tropaeum 236 .

Einen Anklang an johanneische Formulierungen bietet die Rede vom princeps mundi als dem Teufel 237 . Hier wird meist die Verachtung des Fürsten der Welt dem Bekenntnis zu Christus und dem Streben nach dem himmlischen Reich gegenübergestellt 238 . Indem die Heiligen sich zu Christus bekennen, überwinden sie den Teufel, der sich im Martyrium als staatliche Gewalt äußert. Ganz im Gegensatz zu den Märtyrerepigrammen besteht die Inschrift für sein eigenes Grab fast nur aus neutestamentlichen Anspielungen: Qui gradiens pelagi fluctus conpressit amaros,/ vivere qui prestat morentia semina terrae, solvere qui potuit letalia vincula mortis/ post tenebras, fratrem post tertia lumina solis ad superos iterum Martae donare sorori,/ post cineres Damasum faciet quia surgere credo. 239

Hier ruft Damasus sich die Wunder, die Christus vollbracht hat, in Erinnerung, um damit zu zeigen, daß der, der diese Wunder vollbracht hat, auch ihn auferwecken wird. Angeführt wird in Vers 1 zunächst der Seewandel Jesu in Mt 14,25. Vers 2 deutet auf das Auferstehungskapitel im ersten Korintherbrief: „Du Narr: Was du säst, wird nicht lebendig, wenn es nicht stirbt ... Gott aber gibt ihm einen Leib, wie er will, einem jeden Samen 234

Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 2.4.4.2; 2.4.5.3.1. Apg 7. 236 DAM., epigr. 15,3f. (FERRUA 1942, 117). 237 Joh 12, 31: nunc princeps huius mundi eicietur foras; ebenso 14,30; 16,11 und Eph 6,12. 238 DAM., epigr. 7,2; 31,2; 39,7; 43,4. 239 DAM., epigr. 12 (FERRUA 1942, 112). 235

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

seinen eigenen Leib“ 240 bzw. auf die Samenkornmetaphorik in Joh 12,24. In den Versen 3–5 wird zunächst wohl auf Christi eigene Auferstehung und dann auf die Auferstehung des Lazarus hingewiesen, der seiner Schwester Martha wiedergegeben wird (Joh 11). Im übrigen ist dies die einzige Stelle der Epigramme des Damasus, an der von der Auferstehung in diesem neutestamentlichen Verständnis gesprochen wird, d.h. kein Zwischenzustand wird erwähnt, sondern die Auferstehung wird post cineres, also gewissermaßen aus dem Staube geschehen. Die Inschrift fällt völlig aus dem Rahmen des Üblichen heraus und hat in dieser biblischen Verwurzelung des Inhalts keinen Vorläufer. Mit ihr hat Damasus offenbar auch eine Form der Grabinschrift geschaffen, die eine christliche Tradition begründet hat 241 . Im Epigramm für seine Schwester Irene, die sich der Jungfräulichkeit geweiht hat, nimmt er wiederum auf seine eigene Auferstehung Bezug, indem er sie bittet, wenn Gott kommt, ihm mit ihrer Fackel durch den Herrn Licht zu gewähren, und spielt somit auf Mt 25,1–3 an, wo die klugen Jungfrauen die angezündete Fackel bereithalten für die Ankunft des Herrn: Nunc veniente Deo nostri reminiscere virgo,/ ut tua per dominum prestet mihi facula lumen. 242

Somit kann man sagen, daß biblische Motive für die Auferstehung von den Toten, wie man sie für ein christliches Grabgedicht erwarten würde, nur in den Epigrammen für Damasus selbst und seine Schwester zu finden sind. Die Inschrift für seine Mutter ist zu unvollständig überliefert, um derartiges zu bieten. Die anderen Epigramme bieten christliche Inhalte in paganer Sprache und Bildern. In den nicht inschriftlich verfaßten Versen über Paulus (epigr. 1) und David (epigr. 60) 243 widmet sich Damasus allerdings biblischen Themen und erzählt neutestamentliche bzw. alttestamentliche Begebenheiten nach.

240 1Kor 15,36.38: Insipiens! Tu, quod seminas, non vivificatur, nisi prius moriatur ... Deus autem dat illi corpus sicut voluit, et unicuique seminum proprium corpus. 241 Vgl. dazu BERNT 1968, 62f. und FERRUA 1942, 111f. Das Epigramm war sehr weit verbreitet und wurde in vielen Sammlungen überliefert, außerdem gibt es einige Imitationen. Eine Inschrift des 7. oder 8. Jahrhunderts ahmt Anlage und Inhalt nach, Alkuin verwendet das Epigramm, und zwei Inschriften aus St. Denis sind ähnlich verfaßt, siehe auch WEYMAN 1905, 7–11, der die Verwendung des Epigramms in der christlichen Literatur verfolgt. 242 DAM., epigr. 11,14f. (FERRUA 1942, 109). 243 Wohl auch von Damasus selbst verfaßt, siehe dazu SALVATORE 1960.

4. Damasus und die Märtyrer

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4.4.2. Theologische Aussagen Einzelne Formulierungen der Epigramme verraten die Übereinstimmung mit der nicaenischen Theologie. In der Widmungsinschrift für die Kirche S. Lorenzo in Damaso spricht Damasus z.B. von Christus als Gott: Xpe deus 244 . Theologisch besonders interessant ist das Epigramm für Felix und Philippus, das Damasus mit einem Glaubensbekenntnis einleitet: Qui natum passumq. deum repetisse paternas/ sedes adq. iterum venturum 245 ex aethere credit, iudicet ut vivos rediens pariterq. sepultos 246 .

Das Glaubensbekenntnis formuliert seine Aussagen in fast überspitzter Weise und ist im ersten Teil hauptsächlich gegen arianische Aussagen gerichtet. Christus wird als Gott bekannt, aber so, daß man eher an die serdicensische Interpretation des Nicaenums im Sinne Markells denkt, da Christus nur Gott genannt wird und es heißt: „Wer glaubt, daß Gott geboren und gelitten hat und zum väterlichen Thron heimkehrte“. Gott und Christus drohen in den genannten Versen eher in ihrer Eigentümlichkeit zu verschwimmen. Damit kann man eine Ähnlichkeit mit den Aussagen des Synodaldokuments Confidimus quidem aus der Anfangszeit des Episkopates des Damasus, das insbesondere die Einheit der Trinität betont 247 , feststellen. Insgesamt wird aber in den Epigrammen zu wenig Theologisches ausgesagt, um deutlich eine trinitätstheologische Richtung herausstellen zu können, zumal in solch’ gedrängten Versen präzise Theologie wohl gar nicht formuliert werden kann. Wahrscheinlich muß davon ausgegangen werden, daß Damasus mit diesen Versen des Epigramms 39 das römische Taufbekenntnis aufnimmt, um die Heilstat Jesu Christi zu beschreiben, durch die metrische Form bedingt jedoch Jesus Christus nicht namentlich nennen kann, seine Leser, die das Bekenntnis kennen, aber durchaus wissen, was gemeint ist 248 , da im folgenden Vers die praemia Christi erwähnt werden. 244

DAM., epigr. 58,1 (FERRUA 1942, 212). Die Formulierung iterum venturum findet sich nur in röm. Bekenntnissen, aber auch im Nicaeno-Constantinopolitanum, so daß dies ein weiterer Beleg dafür sein könnte, daß dies ursprünglich in Rom im Umkreis des Damasus entstanden sein könnte, dessen Sprache es offenbar ist. Siehe dazu auch STAATS 1996, 165–170. 246 DAM., epigr. 39,1–3 (FERRUA 1942, 179), vgl. dazu auch DUCHESNE 1903, 169– 172. 247 Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 4.1. und 4.5. 248 DUCHESNE 1903, 171 schreibt dazu: „... c’est un monument officiel de l’Église romaine. Le sens est donc orthodoxe. Mais si le sens est orthodoxe, les formules se rapportent à la personne du Fils, au Verbe incarné ... Elles disent ce que dit le symbole des apôtres, le vieux symbole baptismale de l’Église romaine: ‘Jésus-Christ, Fils de Dieu, est 245

134

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Das genannte Epigramm hat aber noch weitere interessante Einsichten zu bieten, da Damasus hier die Glaubensaussage mit der besonderen Stellung der Märtyrer verbindet; denn wer an Leiden und Himmelfahrt Christi glaubt, der weiß nach Damasus, daß auch den Märtyrern, die eben dem Triumph und Leiden Christi, den praemia Christi, mit ihrem Martyrium nachfolgen, die innere 249 Himmelsburg offensteht 250 . Die Märtyrer verdienen demnach mit ihrem Leiden und Bekenntnis, indem sie auf diese Weise Christus nachfolgen, eine Bevorzugung gegenüber den übrigen Christen 251 . Damasus versucht also theologisch zu begründen, warum den Märtyrern diese Sonderstellung zukommt, die er in seinen Epigrammen häufig schildert; er betont nämlich meist mit Blick auf das Grab, daß sich hier nur der Leib (membra, corpora), die Asche (cineres) der Toten befindet. Die Seele der Märtyrer weilt in einem himmlischen Reich. Hier fallen vor allem die Formulierungen caelestia regna petere, aetherii sinus, alta aetheris, aeterna domus und regna piorum 252 auf. Es handelt sich also um ein himmlisches Reich, eine ewige Wohnung im Himmel (aether), wo sich die Frommen aufhalten (regna piorum). Diesen neuen Wohnsitz streben die Märtyrer selbst an: petere; sie haben ihn gewissermaßen durch ihr Martyrium verdient (mereri). Von Petrus und Paulus heißt es, sie seien ob meritum sanguinis Christus durch die Sterne nachgefolgt (Christumque per astra secuti) und haben so das himmlische Reich erreicht. Es steht also sehr der Verdienstgedanke im Vordergrund: Die Mär-

né, a souffert, est monté au ciel; il reviendra juger les vivants et les morts.’ Rien de plus, rien de moins.“ 249 Vgl. Hebr 6,19f.: quam sicut ancoram habemus animae, tutam ac firmam et incedentem usque in interiora velaminis, ubi praecursor pro nobis introivit Iesus, secundum ordinem Melchisedech pontifex factus in aeternum. 250 FERRUA 1942, 180 versucht es sich so zu erklären, daß gläubige Christen das eben glauben: „fideles christiani credunt intima caeli penetralia martyribus praeparata esse; in eam igitur caeli regiam ascenderunt Felix et Philippus, qui martyres fortiter occubuerunt“. Interessant ist, daß damit die Märtyrerseligkeit zur zentralen Bekenntnisfrage erhoben wird, an der sich Glauben und Unglauben scheidet. 251 Das könnte durchaus eine Replik sein auf Kritik an der Übernahme paganer Vorstellung von Himmelfahrt, die Damasus mit der Sonderstellung von Märtyrern abzuweisen versucht. 252 Vgl. dazu die folgenden Passagen: DAM., epigr. 11,11 (FERRUA 1942, 109): sibi cum raperet melior tunc regia caeli; 7,3 (F. 98): confessus Christus caelestia regna petisti; 16,3 (F. 120): sublimes animas rapuit sibi regia caeli; 20,4f. (F. 142): sanguinis ob meritum Christumque per astra secuti/ aetherios petiere sinus regnaque piorum; 25,2 (F. 154); (63,2): subito rapuit quos regia caeli; 25,5 (F. 154): aetherias petiere domos regnaque piorum; 31,3 (F. 165): aetheris alta petit Christo comitante beatus; 39,8 (F. 179): aeternam petiere domum regnaque piorum; 43,5 (F. 185): Aetheriam petiere domum regnaque piorum; 47,3 (F. 192): Retinet melior sibi regia caeli.

4. Damasus und die Märtyrer

135

tyrer verdienen sich eine Sonderstellung gegenüber den gewöhnlichen Gläubigen 253 . Damasus folgt auch mit der Betonung dieser Sonderstellung der üblichen Märtyrerfrömmigkeit, denn die Ansicht, daß die Seelen der Märtyrer sofort in den Himmel gelangen 254 , hat bereits eine längere christliche Tradition und findet sich bei Tertullian, Cyprian und Origenes 255 . Euseb schreibt darüber so: „Kurz hernach fährt Dionysius also fort: ‘Gerade unsere trefflichen Märtyrer, welche jetzt neben Christus thronen, an seiner Herrschaft teilhaben und an seinem Gerichte teilnehmen und mit ihm Recht sprechen, hatten sich einiger unserer gefallenen Brüder angenommen, welche sich durch Opfern versündigt.’“ 256

Auch Augustin spricht von einem Leben der Seelen der Märtyrer bei Gott: Nos autem martyribus nostris non templa sicut diis, sed memorias sicut hominibus mortuis, quorum apud Deum vivunt spiritus, fabricamus 257 .

Diese Ansicht wird schließlich Ende des vierten Jahrhunderts auf die Asketen und Jungfrauen übertragen, so daß die Christen auch ohne Verfolgung den Märtyrern nacheifern konnten 258 . 4.4.3. Pudor und virginitas in den persönlichen Grabinschriften Neben den Märtyrerepigrammen hat Damasus auch einfache Grabinschriften verfaßt für seine Mutter, seine Schwester und für sich selbst, außerdem für eine frühverstorbene Proiecta und einen asketischen Maurus. Die Inschriften für die drei Frauen haben die übliche Form dieser Gattung. Es wird auf das Grabmal hingewiesen, Alter und Stand der Toten beschrieben und über Person und Leben berichtet, im Epigramm der Mutter 253 Bei Tertullian wird der Zwischenzustand der Nichtmärtyrer bis zur Auferstehung als interim refrigerium für die Guten, das als ‘Schoß Abrahams’ und ‘Paradies’ beschrieben wird, und als ein interim tormentum für die Bösen, das als Ort der Qualen vorgestellt wird, aufgeführt (TERTULLIAN, De anima 22 [CSEL 20, 335]), siehe ANGENENDT 1994, 103 und STUIBER 1957, 11–105.201f.; FÉVRIER 1991, 51–80; UYTFANGHE 1991, 91–107; 1992, 69–95. 254 Vgl. dazu auch Lk 23,43. 255 Vgl. Apk 20,4; TERT., mart. 2,4; CYPR., ep. 31,1, weitere Belegstellen bei STUIBER 1957 und PIÉTRI 1991, 21f. und FEVRIER 1991, 51–55. 256 EUS., h.e. VI 42,5 (GCS Eusebius 2,2, 610,25–612,: FJUBUPVUPJKFQJGFSFJONF UBCSBDFBMFHXOBVUPJUPJOVOPJRFJPJNBSUVSFKQBSINJO PJOVOUPV$SJTUPV QBSFESPJLBJUIKCBTJMFJBKBVUPVLPJOXOPJLBJNFUPDPJUIKLSJTFXKBVUPVLBJ TVOEJLB[POUFKBVUXÝ UXOQBSBQFQUXLPUXOBEFMGXOUJOBKVQFVRVOPVKUPJKUXO RVTJXOFHLMINBTJOHFOPNFOPVKQSPTFMBCPOUP (Übersetzung bei KRAFT 1989, 312). 257 AUG., civ. Dei 22,10 (II 583,24–26 DOMBART/KALB). 258 Vgl. dazu FÉVRIER 1991, 56f.; BESOUW 1941, 140–142, BAUMEISTER 1988, 135f.; ANGENENDT 1994, 55–68, siehe auch HIER., ep. 39, 7f.

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

eher in kürzerer Form, bei seiner Schwester ausführlich, und im Epigramm der Proiecta überwiegt die Klage über den frühen Tod. Das Epigramm für die Mutter Laurentia ist leider unvollständig erhalten und sein Inhalt nicht mehr genau rekonstruierbar. Wir erfahren aber, daß sie nach einem bestimmten Zeitpunkt „für Gott lebte“, d.h. sich wohl im Witwenstand Gott verschrieben hatte 259 . Ähnliches findet sich auch im Epigramm für seine Schwester. Hier spricht Damasus eindeutig davon, daß sich seine Schwester zur Jungfräulichkeit und Keuschheit verpflichtet, sich Christus feierlich versprochen hatte und sich dadurch verdient gemacht hat. Außerdem erfahren wir von ihrer außerordentlichen Frömmigkeit, ihren für ihr Alter ungewöhnlichen Tugenden und daß Damasus sich nach dem Tod des Vaters für sie verantwortlich fühlte 260 . Interessant ist aber am Ende des Epigramms, daß er auch seiner Schwester wie den Märtyrern zuspricht, daß die Himmelsburg sie zu sich genommen hat, sie frei in den Himmel kam und er deshalb den Tod nicht fürchtet. Dies ist somit der Lohn für das Verdienst der virginitas und pudor, daß auch die Seele solch herausragender Menschen vorzeitig in den Himmel aufgenommen wird. Auch im Epigramm der Proiecta wird deren Keuschheit gelobt, obwohl sie doch verheiratet war, und von ihr ausgesagt, daß sie voll Verlangen war, zum himmlischen Licht aufzusteigen; wobei aber nicht eindeutig gesagt wird, ob sie es tatsächlich getan hat. Jedenfalls bietet dies Damasus den Eltern, dem Ehemann und allen Weinenden zum Trost an 261 . Das Epigramm für einen gewissen Maurus 262 ist unvollständig erhalten, so daß der Inhalt nur rekonstruiert werden kann. Er scheint ein Zeitgenosse gewesen zu sein (quem novimus omnes), da ihn alle gekannt haben und er 259

Siehe dazu UTE EISEN 1996, 144 und insgesamt über „eingesetzte Witwen“ ebd. 138–153; vgl. auch SILVIA LETSCH-BRUNNER 1998, 54–58. 260 Siehe zu Irene auch LETSCH-BRUNNER 1998, 56f. 261 Vgl. zu diesem Epigramm die Untersuchung von PAOLA SANTORELLI 1991, 327– 336 und GUYON 1989, 423–437, der zu zeigen versucht, daß Damasus mit den letzten beiden Versen dieses Epigrammes am Ende seines Lebens ein epigraphisches Testament hinterläßt: cunctis solacia fletus. Gerade dieses Epigramm ist aber meines Erachtens auf Wunsch der Eltern oder des Ehemanns entstanden, die als vornehme christliche Römer eine christliche Versinschrift für ihre früh verstorbene Tochter bzw. Gattin haben wollten, denn die Klage über den frühen Tod und den Verlust der Eltern ist traditionell. Auch äußert sich Damasus doch sehr ungenau über den Aufenthaltsort der Toten. Als Testament des Damasus ist meines Erachtens eher das Epigramm des Damasus für sich selbst heranzuziehen, das voll von neutestamentlicher Auferstehungshoffnung ist. GABRIELE DISSELKAMP 1997, 91f. und 199 ordnet Proiecta in die gens Turcii ein und schließt auf „eine besondere Rolle Proiectas in der römischen Gemeinde“. Zur Rolle der Aristokratinnen in der römischen Kirche siehe insgesamt Disselkamp 1997, 217-236. 262 Vgl. zu diesem Epigramm FÉVRIER 1989, 293–306.

4. Damasus und die Märtyrer

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offenbar kein Märtyrer ist. Es werden aber seine Tugenden gelobt, seine Liebe zu Gott, seine Verachtung der Welt und des Besitzes, die Tugend, die sein Innerstes bestimmte; er war gewissermaßen ein vollkommener Freund Christi, ein Heiliger. Für Damasus ist also bei Menschen, die keine Märtyrer sind, virginitas und pudor lobenswert sowie die Liebe und die Hingabe an Gott. Dies sind Eigenschaften, mit denen sich auch die Christen, die keine Verfolgung zu erleiden haben, das Himmelreich verdienen können, wie dies ganz deutlich im Epigramm für seine Schwester Ausdruck findet; solche „Heilige“ können dann auch als Fürbitter für Lebende eintreten. Diese Vorstellung der Heiligkeit durch Askese gewinnt Ende des vierten Jahrhunderts an Bedeutung 263 , so daß Hieronymus über den Tod der Blaesilla an Paula schreiben kann: Quae cum Christo vivit in caelis 264 und über Nepotianus: Scimus quidem Nepotianum nostrum esse cum Christo et sanctorum mixtum choris 265 . 4.5. Pagane Sprache und Motive sowie römische Tradition in den Epigrammen des Damasus 4.5.1. Sprachlich-formal Damasus nimmt mit seinen Epigrammen nicht nur eine Gattung mit langer römischer Tradition auf, sondern er schließt sich auch in Wortschatz und Stil der antiken römischen Sprache an und hier besonders dem augusteischen Dichter Vergilius Maro 266 .

263

Siehe dazu insgesamt BROWN 1994, 271–295.349–394 und FONTAINE 1986, 144: Mais dans ces visions d’héroïsme sacré frémit aussi l’ardeur spirituelle d’une génération qui découvre, à travers l’ascèse, l’idéal du moine successeur du martyr. Là est sans doute la force d’animation la plus efficace de cette poésie. Lié à Jérôme et aux milieux de la noblesse romaine gagnés à l’ascétisme, Damase écrit ses elogia aux environs de ‘cette décennie de 370 à 380 où le monachisme fait une percée décisive’ en Occident, particulièrement dans la haute société romaine“. Siehe dazu auch die Ausführungen in Kap. 3.2.1.6 und 2.4.1. 264 HIER., ep. 39,8 (CSEL 54/1, 308,15 HILBERG). 265 HIER., ep. 60,7 (555,16f. HILBERG). 266 Zur Vergilzitation insgesamt vgl. HOOGMA 1959 und COURCELLE 1984, die zeigen, auf welch umfangreiche und vielfältige Weise Vergil in den Carmina latina epigraphica und überhaupt in der spätantiken paganen und christlichen Literatur zitiert wird. Bereits IHM 1895, 194 äußert sich zu den Vergilzitaten des Damasus: „... nur einen Dichter, den Vergil, den kennt er aber gründlich, in ihm lebt und webt er, ihm verdankt er ziemlich seinen ganzen Wortschatz. Um das klar zu machen, genügt es nicht, auf wörtliche Entlehnungen vergilischer Phrasen, Formeln, Halbverse und ganzer Verse hinzuweisen, selbst einzelne Worte müssen dabei berücksichtigt werden, die sich an derselben Versstelle bei Vergil wiederfinden, das ganze Colorit, der Rhythmus muss beachtet werden, indem Damasus vielfach ähnlich klingende Worte an Stelle der vergilischen setzt.“

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

In den uns überlieferten Epigrammen zitiert Damasus aber nur an einer Stelle einen ganzen Vers aus der Aeneis (12,427: non haec humanis opibus, non arte magistra) des Vergil 267 , ansonsten werden Versanfänge, clausulae und einzelne Formulierungen rein formal oder auch durchaus mit Blick auf einen ähnlichen Inhalt zitiert. Als Versanfänge sind z.B. zitiert: Das aspice aus Vergils vierter Ekloge (Aspice convexo nutantem pondere mundum 268 ) taucht bei Damasus zweimal als Epigrammeinleitung auf269 : epigr. 25,1: epigr. 47²,1:

Aspice, et tumulus retinet caelestia membra Aspice descensum, cernes mirabile factum.

In Epigramm 18,9 nimmt Damasus den in der Dichtung bei Vergil und Ovid gebräuchlichen Namen Trinacria für Sizilien auf und formuliert den Versanfang wie VERG., Aen. 1,195 ( litore Trinacrio ...), die clausula desselben Verses wie VERG., Aen. 5,517 (vitamque reliquit). 270 Ein längeres Zitat aus Vergil findet sich in Epigramm 46,6, wobei es bei beiden Dichtern um ein Wunder geht: DAM., epigr. 46,6: VERG., Aen. 5,522f.:

Mira fides rerum: docuit post exitus ingens hic oculis subitum obicitur magnoque futurum augurio monstrum; docuit post exitus ingens.

In derselben Inschrift fällt noch ein weiteres Zitat aus der Aeneis auf: DAM., epigr. 46,4: VERG., Aen. 10,149:

sanguine mutavit patriam nomenque genusque regem adit et regi memorat nomenque genusque

Außerdem gibt es Stellen, bei denen sich an ein direktes Zitat weitere inhaltliche Anklänge anschließen, wie in epigr. 11,8 für seine Schwester Irene, die clausula melioribus annis verbunden mit dem Versanfang: magnificos und bei Vergil: magnanimi. Zu den Vergilzitaten bei Tertullian, Minucius Felix, Novatian, Cyprian und Arnobius liegt eine genaue Analyse von STEFAN FREUND 2000 vor. Er stellt dabei in seinen Prolegomena fest (2000, 19): „ Vergil prägt also die pagane Lebenswelt und Kultur, von der sich die Christen einerseits absetzen und in der sie andererseits ihre geistigen Wurzeln haben und ihre eigene Position finden müssen. Die Auseinandersetzung mit Vergil stellt ... einen bedeutsamen und in vielerlei Hinsicht beispielhaften Faktor bei der Inkulturation des Christentums in der römischen Antike dar“. 267 HOOGMA 1959, 149, stellt fest, daß die Zitation ganzer Verse Vergils insgesamt äußerst selten vorkommt. 268 VERG., ecl. 4,50. 269 Vgl. dazu auch die gleichen Versanfänge von VERG., Aen. 5,288 und DAM., epigr. 3,1 (cingebant...), ebenso die Formulierung tempore quo als Versanfang in VERG., Aen. 9,80, die wiederkehrt in DAM., epigr. 17,1; 31,1; 35,3; 43,1; 46,3. 270 Ebenfalls entlehnte clausulae finden sich in epigr. 8,6 (VERG., Aen. 10,604: ... castra relinquunt) und epigr. 21,6 (OV., trist. 5,8,13: ... alimenta negarat).

4. Damasus und die Märtyrer DAM., epigr. 11,8: VERG., Aen. 6,649:

139

propositum mentis, pietas veneranda puellae magnificos fructus dederat melioribus annis magnanimi heroes nati melioribus annis

Ebenso in epigr. 59,5, wo die clausula zitiert wird, aber leto durch mortis ersetzt wird: DAM., epigr. 59,5: VERG., Aen. 2,134:

te duce servatus mortis quod vincula rupi eripui, fateor, leto me et vincula rupi

Manche Formulierung aus Vergil gibt Damasus zwar in etwas veränderter, aber dennoch gut erkennbarer Form wieder: aus mille nocendi artes in Aen. 7,338f. wird vias mille nocendi: DAM., epigr. 21,2: VERG., Aen. 7,338f.:

carnificumque vias pariter tunc mille nocendi ... tibi nomina mille,/ mille nocendi artes.

Eine schönes Beispiel für Zitate aus der klassischen lateinischen Dichtung bei Damasus ist das Epigramm für Proiecta, einer verheirateten Frau, die im Alter von nur 16 Jahren gestorben ist. 271 Damasus schrieb diese Grabinschrift im Alter von 78 Jahren. Allerdings überraschen die überschwenglichen Gefühlsäußerungen; und man kann sich vorstellen, daß er das Epigramm auf Bitten der Eltern oder des Mannes angefertigt hat, mit denen er vielleicht gut bekannt war. In den ersten zwei Versen sind vier verschiedene Zitate aus Vergil und Ovid kombiniert: Der Anfang des Epigramms ist entlehnt aus VERG., ecl. 6,74: Aen. 3,39: DAM., epigr. 51,1:

Quid loquar aut Scyllam, und kombiniert mit Eloquar an sileam? Gemitus lacrimabilis imo auditur tumulo...: quid loquar aut sileam ...

Daran knüpft Damasus eine Formulierung aus den Metamorphosen des Ovid an, in der Alcyone ihrer Trauer über den Tod des geliebten Ceyx Ausdruck gibt und ebenfalls davon spricht, vor Trauer nicht sprechen zu können: OV., met. 11,708: DAM., epigr. 51,1:

plura dolor prohibet, verboque intervenit omni plangor, et attonito gemitus a corde trahuntur. ... prohibet dolor ipse fateri

Im zweiten Vers wird eine Formulierung aus den Metamorphosen aufgenommen, in der Io sich ihrem Vater in eine Kuh verwandelt zu erkennen

271

Vgl. zu diesem Epigramm insgesamt GUYON 1989, 423–437 und PAOLA SANTO1991, 327–336. Zur familiären Einordnung der Proiecta in die gens Turcii siehe DISSELKAMP 1997, 91f. Sie schließt auf „eine besondere Rolle Proiectas in der römischen

RELLI

Gemeinde“.

140

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

gibt und dieser seine Hoffnung auf eine Hochzeit der Tochter aufgeben muß: OV., met. 1,647f.: DAM., epigr. 51,2:

nec retinet lacrimas, et, si modo verba sequantur, oret opem nomenque suum casusque loquatur. hic tumulus lacrimas retinet.

Der dritte Vers schließlich zeigt Ähnlichkeit mit einem Ausspruch der Dido im vierten Buch der Aeneis über ihren ersten Gatten Sychaeus: VERG., Aen. 4,28: DAM., epigr. 51,3:

ille meos, primus qui me sibi iunxit, amores abstulit; ille habeat secum servetque sepulcro. ... fuerat primo quae iuncta marito.

Vers 4 nimmt Bezug auf VERG., Aen. 11,582–84: ... sola contenta Diana/ aeternum telorum et virginitatis amorem/intemerata colit. pulcra decore suo solo contenta pudore. DAM., epigr. 51,4:

Dort wird geschildert, daß Camilla (Kämpferin auf Seiten des Turnus) als Vorbild Diana hat und nur Interesse für Waffen und Jungfräulichkeit zeigt. Vers 5 nimmt wieder eine Formulierung aus der Didogeschichte auf, mit der ihre Liebe zum ersten Ehemann Sychaeus beschrieben wird: VERG., Aen., 1,343–46: huic coniux Sychaeus erat, ditissimus auri Phoenicum, et magno miserae dilectus amore, cui pater intactam dederat primisque iugarat/ ominibus ... heu dilecta satis miserae genetricis amore ... DAM., epigr. 51,5:

Die bekannte Liebesgeschichte von Dido und Sychaeus soll sicherlich bei diesen Versen mitgehört und mitgedacht werden und auf Proiecta und ihren Ehemann übertragen werden: es herrschte dasselbe herzliche Verhältnis zwischen beiden, jedoch starb in diesem Fall die Ehefrau zu früh. Vers 6 bietet mit der Formulierung thalami foedera einen Anklang an OV., met. 7,403:

... thalami quoque foedere iungit.

Auch erepta ex oculis in Vers 7 zeigt Ähnlichkeit mit Formulierungen bei Vergil 272 und Ovid 273 . Ebenso Vers 8: VERG., Aen. 8,97: DAM., epigr. 51,8:

sol medium caeli conscenderat igneus orbem aetheriam cupiens caeli conscendere lucem.

In Vers 9 schließlich wird eine Formulierung aus dem 11. Buch der Aeneis aufgenommen, wo Aeneas den Tod des Pallas beklagt:

272

VERG., Aen. 1,88f.: eripiunt subito nubes caelumque diemque/ Teucrorum ex ocu-

lis ... 273

OV., met. 7,776: ipse oculis ereptus erat ...

4. Damasus und die Märtyrer

141

VERG., Aen. 11,59–63: Haec ubi deflevit, tolli miserabile corpus/ imperat, et toto lectos ex agmine mitti/ mille viros qui supremum comitentur honorem/ intersintque patris lacrimis, solacia luctus/ exigua ingentis, misero sed debita patri.

Aus solacia luctus wird bei Damasus solacia fletus, aber er will damit sicher diese passende Episode aus der antiken Poesie anklingen lassen und den Eltern die Rolle des Euander übertragen. Liest man also das Epigramm für Proiecta mit Blick auf die augusteische Dichtung, so sind beim Lesen sofort einige tragische Liebesgeschichten der antiken Literatur präsent und klingen mit. Mit dieser umfangreichen Zitation aus der augusteischen Dichtung steht Damasus in der Tradition der spätantiken epigraphischen Dichtung, die sich aus Vergilzitaten und -anklängen speist 274 . 4.5.2. Signifikante Umdeutungen in Zitaten Daß die Zitate aus der antiken Literatur, die Damasus verwendet, sehr oft auch in die inhaltliche Aussage eingebunden sind und in ihrem Bezug umgedeutet werden 275 , zeigen einige Formulierungen, die Vergil im Zusammenhang mit antiken Göttern verwendet und von Damasus auf Christus umgedeutet werden: Im Gedicht auf Paulus 276 heißt es, daß Paulus seine Gesinnung neu ordnete und den Geboten Christi folgte; in den Georgica des Vergil wird natürlich den Geboten der antiken Götter gefolgt: DAM., epigr. 1,9: VERG., georg. 4,448:

composuit mores Christi praecepta secutus sed tu desine velle. Deum praecepta secuti venimus hinc lassis quaesitum oracula rebus.

Im gleichen Gedicht in Vers 7 wird von der Macht der gloria Christi gesprochen in einer Formulierung, die in den Epigrammen noch fünfmal auftaucht. In der Aeneis wird dasselbe von der vivida virtus ausgesagt. DAM., epigr. 1,7: temptatus sensit posset quid gloria Christi ... possit quid vivida virtus VERG., Aen. 11,386–88: experiare licet, nec longe scilicet hostes quaerendi nobis ...

Paulus erfreut sich der Unterredung mit dem Herrn, der antike Priester der Unterredung mit den Göttern: DAM., epigr. 1,15: VERG., Aen. 7,90f.:

conloquiis domini fruitur, secreta reservat et varias audit voces fruiturque deorum / conloquio ...

Der Tityrus des Damasus im zweiten Epigramm 277 an einen tadelndswerten Bruder ruht unter dem sicheren Schutz Christi und führt die heiligen 274

Vgl. dazu HOOGMA 1959, 22–59. Siehe dazu auch die Beobachtungen von ROCCA 1980, 79–84. 276 Siehe zu DAM., epigr. 1 VEGANZONES 1986, 323–358. 275

142

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Schriften im Mund. Der Tityrus der ersten Ekloge liegt geruhsam im Schatten der Buche und bläst ein ländliches Lied auf der Hirtenflöte 278 : DAM., epigr. 2,1–3:

VERG., ecl. 1,1f.: VERG., ecl. 2,4f:

Tityre, tu fido recubans sub tegmine Christi divino apices sacro modularis in ore; non falsas fabulas studio meditaris inani. Tityre, tu patulae recubans sub tegmine fagi silvestrem tenui Musam meditaris avena; ... ibi haec incondita solus montibus et silvis studio iactabat inani.

Ovid spricht davon, daß der Ritus der Ceres den Gottlosen preisgegeben wird: vulgare profanis; bei Damasus sind es die Sakramente Christi, die davor bewahrt werden sollen: DAM., epigr. 15,7: OV., ars 2,601:

Tarsicium sanctum Xpi sacramenta gerentem cum male sana manus premeret vulgare profanis. quis Cereris ritus ausit vulgare profanis.

Bei Damasus gewährt Christus den Lohn des Lebens, in der Aeneis sind es die Götter. DAM., epigr. 17,8: VERG., Aen. 2,536f.:

Ostendit Christus, reddit qui praemia vitae, pastoris meritum... di, si qua est caelo pietas quae talia curet, persolvant grates dignas et praemia reddant ...

In gleicher Weise werden auch Formulierungen, die in der antiken Literatur den Göttern und Helden zugedacht sind, auf die christlichen Märtyrer umgedeutet: Im Epigramm für den Märtyrer Tiburtius heißt es: „Hier wird immer heilige Ehre und Lob für dich sein Freund Gottes, gütiger Tiburtius, ich bitte dich, sei Damasus gnädig.“ Damit wird einerseits ein Wunsch des Aeneas für Dido aufgenommen, andererseits eine Formulierung aus der vierten Ekloge, mit der der wunderbare Knabe beschrieben wird. Das Attribut alme taucht in der antiken Poesie meist im Zusammenhang mit Göttern bzw. insbesondere Göttinnen auf: alma Venus 279 . DAM., epigr. 31,4f.:

Hic tibi sanctus honor semper laudesque manebunt. care deo, ut foveas Damasum precor, alme Tiburti VERG., ecl. 5,78; Aen. 1,609 (Aeneas zu Dido): semper honos nomenque tuum laudesque manebunt VERG., ecl. 4,49: Cara deum suboles, magnum Iovis incrementum!

277

Vgl. SCHMID 1953, 101–165 über den Tityrus Christianus. Siehe zur radikalen Umdeutung traditioneller Werte auch NAZZARO 1977, 195–203 in der Auslegung dieses damasianischen Epigramms. 279 Z.B.: VERG., Aen. 1,618. 278

4. Damasus und die Märtyrer

143

Damasus hat das baptisterium nicht durch menschliche Kraft, nicht durch Kunstfertigkeit, sondern mit der Hilfe des Petrus errichtet. In der Aeneis wird in diesem Zusammenhang auf einen Gott verwiesen. DAM., epigr. 4,1–4:

non haec humanis opibus, non arte magistra ... sed prestante Petro, cui tradita ianua caeli est, antistes Christi conposuit Damasus. VERG., Aen. 12,427–29: non haec humanis opibus, non arte magistra proveniunt, neque te, Aenea, mea dextera servat: maior agit deus atque opera ad maiora remittit.

Damasus spricht von der Asche und den Gebeinen der Märtyrer, in der Aeneis sind das die Überreste des geliebten Troia: DAM., epigr. 3,2: VERG., Aen. 5,787f.:

corpora multorum cineres adque ossa rigabant reliquias Troiae: cineres atque ossa peremptae/ insequitur.

Die Märtyrer tragen den Sieg über den Feind davon wie die Helden bei Vergil: portant qui ex hoste tropaea. Bei Damasus wird in diesem Zusammenhang auch sehr häufig vom Triumph triumphus gesprochen, den der Märtyrer mit seinem Tod vollbringt. DAM., epigr. 16,4 (15,4):hic comites Xysti portant qui ex hoste tropaea VERG., georg. 3,32: et duo rapta manu diverso ex hoste tropaea

Der makellose Glaube des Felix wird wie der des Aeneas als intemerata fides gelobt; er strebt die himmlischen Reiche an wie die Helden der Aeneis die nova regna, nachdem sie aus der Heimat vertrieben wurden, eine Formulierung, die auch im Epigramm für den Märtyrer Marcellus im Epigramm Nr. 40 verwendet wird. DAM., epigr. 7,1–3:

VERG., Aen. 2,142f.: VERG., Aen. 3,115: VERG., Aen. 1,620: DAM., epigr. 40,6:

o semel atque iterum vero de nomine Felix, qui intemerata fide, contempto principe mundi confessus Christum caelestia regna petisti. per si qua est quae restet adhuc mortalibus usquam intemerata fides, oro, miserere laborum ... Cnosia regna petamus finibus expulsum patriis, nova regna petentem finibus expulsus patriae est feritate tyranni

Paulus fährt durch die Lüfte wie der Bienenschwarm in der Aeneis: DAM., epigr. 1,11: VERG., Aen. 7,64f.:

mira fides rerum, subito trans aethera vectus (Paulus) huius apes summum densae (mirabile dictu) stridore ingenti liquidum trans aethera vectae

Und der Märtyrer Hippolyt wird im Epigramm 35 eingeführt wie Hippolyt, der Sohn des Theseus in der Aeneis. DAM., epigr. 35,1f.: VERG., Aen. 7,765:

Hippolytus fertur premerent cum iussa tyranni presbyter in scisma semper mansisse Novati. namque ferunt fama Hippolytum ...

144

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

In diesen genannten Passagen geht die Zitierung aus den antiken Schriften also über den sprachlich-formalen Charakter hinaus, denn die einzelnen Formulierungen werden eindeutig christlich umgedeutet, d.h. Damasus macht sich die traditionelle Sprache zu eigen, und zwar so, daß gleichzeitig die paganen Inhalte für ersetzt bzw. überboten erklärt werden. Im zweiten Epigramm werden mit einem Zitat aus Vergil sogar gleichzeitig die falsae fabulae, d.h. die Inhalte der paganen Literatur und Philosophie, verdammt 280 . 4.5.3. Übernahme einzelner Motive 4.5.3.1. Die Himmelfahrt Anklänge an augusteische Dichtung finden sich auch in den Epigrammen, wenn Damasus die Himmelfahrt der Märtyrer beschreibt. Schon der Dualismus von Leib und Seele, der sich in den Märtyrerinschriften findet, nämlich, daß in den verehrungswürdigen Gräbern die Leiber liegen, die erhabenen Seelen aber die Himmelsburg geraubt hat, kommt in gleichen Formulierungen bei Vergil vor. Z.B. geht es im sechsten Buch der Aeneis um die Frage, ob die vom Körper gelösten Seelen wieder in den Leib zurückkehren: VERG., Aen. 6,719–21: o pater, anne aliquas ad caelum hinc ire putandum est sublimis animas iterumque ad tarda reverti / corpora?

Mit ähnlichen Worten spricht auch Damasus von corpora und sublimes animas und verbindet damit den Himmelfahrtsgedanken: DAM., epigr. 16,1–3:

Hic congesta iacet quaeris si turba piorum corpora sanctorum retinent veneranda sepulcra sublimes animas rapuit sibi regia caeli

Mit den Formulierungen regia caeli 281 und rapere übernimmt Damasus sehr charakteristische Begriffe aus Vergil und Ovid, denn regia caeli 282 ist der antike Wohnort der Götter, wohin Dardanus aufgenommen wird:

280 Siehe dazu besonders NAZZARO 1977, 195–203, auch FREUND 2000, 346 kommt z.B. bei Arnobius zu ähnlichen Ergebnissen: „Vergilisches [dient] als Mittel der Polemik, indem durch einen parodistischen Kontrast zwischen Prätext und Folgetext heidnische Positionen ad absurdum geführt oder in ihrer Widersprüchlichkeit offengelegt werden“. 281 Dieser Begriff erscheint in christlichem Zusammenhang außerordentlich fremd und ist in dieser Zeit nur bei Proba z.B. in der Schilderung der Himmelfahrt Christi belegt. Cento Probae 682–686: His demum exactis, spirantes dimouet auras/ aera per tenerum caeloque inuectus aperto/ mortales uisus medio in sermone reliquit;/ atque illum solio stellantis regia caeli/ accipit aeternumque tenet per saecula nomen (CSEL 16, 608f. SCHENKL). Siehe dazu auch die Ausführungen von FONTAINE 1982, 56. 282 Vgl. auch: VERG., Aen. 7,210; OVID, met. 1,257; 2,198 und FERRUA 1942, 120– 122.

4. Damasus und die Märtyrer

145

VERG., Aen. 7,209–211: hinc illum Corythi Tyrrhena ab sede profectum aurea nunc solio stellantis regia caeli accipit et numerum divorum altaribus auget.

Der Begriff rapere erinnert an die Himmelfahrt Caesars, wie sie Ovid in den Metamorphosen beschreibt: „Die gütige Venus entriß – ohne daß jemand sie sehen konnte – die Seele ihres Caesars noch frisch den Gliedern, erlaubte ihr nicht sich in Luft aufzulösen und trug sie in den Sternenhimmel hinein.“ Ov., met. 15,844–846:

... alma Venus nulli cernenda suique Caesaris eripuit membris nec in aëra solvi passa recentem animam caelestibus intulit astris.

Dieser Sachverhalt soll deutlich machen, daß die Götter – in diesem Fall Venus – diesen Menschen bei sich haben und ihn zu sich aufnehmen wollen 283 . Das Habenwollen äußert sich in der Schilderung der Georgica sogar in Neid auf die Menschheit: „Längst schon neidet die Himmelsburg dich Caesar uns Römern und führt Klage, daß du dich sorgst um Menschentriumphe.“ Verg., georg. 1,503f.:

iam pridem nobis caeli te regia, Caesar, invidet atque hominum queritur curare triumphos.

Regia caeli kann in diesem christlichen Zusammenhang bei Damasus nur Gott bzw. Christus sein, der die menschliche Seele in den Himmel mitnimmt, wie es auch im Epigramm 31 heißt: aetheris alta petit Christo comitante beatus. Deutlich wird damit, daß sich hier offenbar christliche Vorstellungen mit kaiserzeitlich römischer Begrifflichkeit ausdrücken lassen, d.h. die Ansicht, daß die Seele der Märtyrer durch das Verdienst ihres Martyriums direkt in den Himmel kommt, wird eingekleidet in die Sprache und Gedankenwelt der paganen Dichter 284 . 4.5.3.2. Beschreibung der eigenen Märtyrerfrömmigkeit Auch seine eigene Frömmigkeit beschreibt Damasus mit traditionellen Begriffen und Vorstellungen: 283 Anklänge an die röm.Vorstellungen der Apotheose von Herrschern finden sich auch in den Reden des Zeitgenossen Ambrosius für die toten Kaiser Valentinian und Theodosius. Siehe dazu FÉVRIER 1986, 108–110. 284 Ebenso FONTAINE 1982, 67: „Tout se passe en effet comme si Virgile, considéré comme poète et prophète depuis l’âge constantinien, avait été invoqué avec un religieux respect par les poètes chrétiens, comme une autorité susceptible de les aider – mieux que les Apocryphes des deux Testaments – à expliciter les points sur lesquels la Révélation chrétienne était restée d’une prudente discrétion: qu’il s’agît de se représenter en ses modalités concrètes l’Ascension du Christ, ou l’ascension céleste des âmes des défunts“. Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 2.4.4.2.

146

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

Im Epigramm für den Märtyrer Laurentius überhäuft er demütig bittend den Altar mit Gaben, aufblickend zum Verdienst des herausragenden Märtyrers, bezeichnet sich also als supplex und nimmt ein Zitat aus dem elften Buch der Aeneis auf. DAM., epigr. 33,3f: VERG., Aen. 11,50:

Haec Damasus cumulat supplex altaria donis martyris egregii suspiciens meritum. ... vota facit cumulatque altaria donis

Ebenso erhofft Damasus sich vom Märtyrer, daß er seine Bitten begünstigt, wie man das auch von Augustus erhofft hat oder eben von den Göttern mit dem stehenden Ausdruck di faveant: DAM., epigr. 37,10: OV., met. 15,868–70:

ut Damasi precibus faveas precor inclyta martyr dies ... qua caput Augustum, quem temperat, orbe relicto accedat caelo faveatque precantibus absens!

In gleicher Weise will Damasus mit seinen Grabbauten Gelübde einlösen, die er in persönlichen Notsituationen, z.B. als er im Verlauf der Auseinandersetzung mit Ursinus vor Gericht stand, bestimmten Märtyrern gegeben hat 285 . Er spricht diese Gelübde den Märtyrern aus, Ovid dem Jupiter. DAM., epigr. 39,10: DAM., epigr. 42,5: OV., am. 1,7,36: DAM., epigr. 46,12: VERG., Aen. 11,4: OV., her. 6,73:

His Damasus supplex voluit sua reddere vota. Martyribus sanctis reddit sua vota sacerdos cinge comam lauro votaque redde Iovi. Solvere vota licet castasque effundere preces vota deum primo victor solvebat Eoo. ... adde preces castas

Diese betonte Anbetung der Märtyrer hat natürlich auch Widerspruch hervorgerufen; so wehrt sich Hieronymus gegen einen Kritiker der Heiligenverehrung, der offenbar die Tätigkeit des Damasus in Rom anprangert: male facit ergo Romanus episcopus, qui super mortuorum hominum Petri et Pauli, secundum nos ossa veneranda, secundum te vilem pulvisculum, offert domino sacrificia, et tumulos eorum Christi arbitratur altaria? 286

Auch Augustinus nimmt die Märtyrerverehrung in Schutz, preist die Wunder und Fürbitte der Märtyrer und betont, daß dies alles zu Ehren Gottes geschehe: Faciunt autem ista [miracula] martyres vel potius Deus aut cooperantibus aut orantibus eis, ut fides illa proficiat, qua eos non deos nostros esse, sed unum Deum nobiscum habere credamus ... nos autem martyribus nostris non templa sicut diis, sed memorias sicut hominibus mortuis, quorum apud Deum vivunt spiritus, fabricamus; nec

285 286

Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 2.4.4.2. HIER., contra Vigilantium 8 (PL 23, 361D–362A).

4. Damasus und die Märtyrer

147

ibi erigimus altaria, in quibus sacrificemus martyribus, sed uni Deo et martyrum et nostro. 287

Eben dieses Ziel verfolgt Damasus, auch wenn er die Märtyrerverehrung in theatralisch paganer Formulierung beschreibt; denn obwohl er sagt, daß er den Märtyrern sein Gelübde einlöst, betont er doch, daß seine Bitte durch Christus Christo prestante 288 erfüllt wurde. 4.5.4. Rom in den Epigrammen 4.5.4.1. Damasus und die römische Tradition Damasus beschreibt nicht nur seine Märtyrerfrömmigkeit mit traditioneller Sprache. Wie sehr er sich auch selbst in antike römische Tradition stellt, zeigt das Epigramm für die Kirche S. Lorenzo in Damaso, die wohl auf dem väterlichen Grundstück entstanden ist. Der Anfang des Epigramms zitiert eine Formulierung aus der Aeneis 289 . Auch hier lohnt es sich, den Zusammenhang näher zu betrachten; denn wie in der Inschrift des Damasus wird auch dort zunächst von einem Vater, nämlich Aeneas, und von einem Sohn, nämlich Ascanius, und deren Laufbahn bzw. Bedeutung für Rom gesprochen. Vater Aeneas, der Gründer des römischen Volkes, schimmernd im Sternenglanz des Schildes und himmlischer Waffen, schreitet hervor aus dem Lager, zur Seite Ascanius, Roms weitere Hoffnung, ihm folgt ein hellgekleideter Priester: VERG., Aen. 12, 166–171: hinc pater Aeneas, Romanae stirpis origo, sidereo flagrans clipeo et caelestibus armis et iuxta Ascanius, magnae spes altera Romae, procedunt castris, puraque in veste sacerdos saetigeri fetum suis intonsamque bidentem attulit admonuitque pecus flagrantibus aris. 175–180: Tum pius Aeneas stricto sic ense precatur: ‘esto nunc Sol testis et haec mihi terra vocanti, quam propter tantos potui perferre labores, et pater omnipotens et tu Saturnia coniunx (iam melior, iam, diva, precor), tuque inclute Mavors, cuncta tuo qui bella, pater, sub numine torques.

Bei Damasus und seinem Vater geht es um die kirchliche Laufbahn: der Vater war exceptor, lector, levita und sacerdos. DAM., epigr. 57, 1–4:

287

Hinc pater exceptor, lector, levita, sacerdos, creverat hinc meritis quoniam melioribus actis; hinc mihi provecto Xps cui summa potestas,

AUG., civ. Dei 22,10 (II 583,19–28 DOMBART/KALB). DAM., epigr. 42,4. 289 VERG., Aen. 12,166. 288

148

Kapitel 2: Epigrammata Damasiana sedis apostolicae voluit concedere honorem.

Dem Sohn wurde von Christus selbst, der die höchste Macht hat – ebenfalls ein Vergilzitat, das Damasus von Jupiter auf Christus überträgt –, die Ehre des apostolischen Stuhles zuteil. VERG., Aen. 10,100:

tum pater omnipotens, rerum cui prima potestas.

Am Ende bekräftigt Damasus nochmals mit weiteren Zitaten aus Vergils Aeneis, daß er sich auch mit diesem Gebäude ein Denkmal setzen will, das für alle Zeit den eigenen Namen des Damasus tragen soll. DAM., epigr. 57,5–8:

VERG., Aen. 7,393: 6,486: 6,232–35:

Archivis fateor, volui nova condere tecta addere praeterea dextra laevaque columnas, quae Damasi teneant proprium per saecula nomen7. idem omnis simul ardor agit nova quaerere tecta. circumstant animae dextra laevaque frequentes. at pius Aeneas ingenti mole sepulcrum imponit suaque arma viro remumque tubamque monte sub aërio, qui nunc Misenus ab illo dicitur aeternumque tenet per saecula nomen.

Der Bischof von Rom unterstreicht in dieser Inschrift also ganz vehement seinen Machtanspruch, indem er sein Amt direkt von Christus autorisiert sieht und sich gleichzeitig durch den Vergleich mit Aeneas und Ascanius, der zweiten Hoffnung Roms, auch in die römische Tradition stellt. Damit will er wohl auch die Bedeutung der christlichen Bischöfe für Rom unterstreichen und diesen Machtanspruch geltend machen. Durch das Christentum wird das einst große Rom wieder Größe erlangen, d.h. der römische Bischof verkörpert diese Hoffnung: ...magnae spes altera Romae...! 290 In diesem Zusammenhang fällt auch auf, daß sich Damasus in seinen Epigrammen nie episcopus nennt, sondern meist die lateinische Bezeichnung rector verwendet. Er bezeichnet sich und andere Bischöfe als rector 291 , verzichtet damit auf den griechischen Titel episcopus oder auch papa 292 und benutzt eine Begrifflichkeit aus dem Bereich der römischen Verwaltung, da z.B ein Stadtpräfekt rector genannt wurde 293 .

290

Dazu paßt auch, daß Damasus sich mit seinen Bauinschriften eine überwiegend kaiserliche Tradition zu eigen macht, denn Bauinschriften an öffentlichen Gebäuden stammen hauptsächlich von Kaisern, somit als neuer Führer Roms erscheinen will und dies mit der Übernahme der Prinzipatsideologie, die Aeneas als ihren Ahnherrn begreift, zusätzlich unterstreicht. Siehe dazu auch oben Kap. 2.3. 291 DAM., epigr. 7,6; 15,2; 42,3; 44,2. Als Bezeichnung für andere Bischöfe: 17,2; 18,7; 25,4; 40,1. 292 Es besteht auch die Möglichkeit, daß Damasus aus metrischem Zwang auf den Begriff episcopus verzichtet hat, der sich in Hexameter schlecht einfügen läßt, da die For-

4. Damasus und die Märtyrer

149

An einer Stelle, nämlich in der Inschrift für das baptisterium im Vatikan, nennt er sich lateinisch antistes Christi: DAM., epigr. 4:

non haec humanis opibus, non arte magistra, ... sed prestante Petro, cui tradita ianua caeli est, antistes Christi conposuit Damasus. Una Petri sedes, unum verumque lavacrum; vincula nulla tenent ...

Und das im Zusammenhang mit einem massiven petrinischen Anspruch: nur einen einzigen Thron Petri, eine einzige wahre Taufe gibt es, was auf einen Führungsanspruch Roms innerhalb der anderen Bischofssitze hinweist 294 . An den römischen Bischof ist demnach das Christentum als ganzes gebunden, da es nur eine einzige wahre Taufe gibt, wie es auch nur einen Thron Petri gibt; und beides gehört zusammen. 4.5.4.2. Die römische Bürgerschaft Zu den in den vorangegangenen Abschnitten vorgetragenen Beobachtungen paßt auch die Bedeutung, die Damasus der römischen Bürgerschaft zuschreibt. Besonders auffallend ist, daß Märtyrer, die keine Stadtrömer sind, durch ihr Martyrium die römische Bürgerschaft gewissermaßen als zusätzlichen Lohn bzw. Auszeichnung erhalten: Incola nunc Christi fuerat Carthaginis ante,/ tempore quo gladius secuit pia viscera matris sanguine mutavit patriam nomenq. genusq./ Romanum civem sanctorum fecit origo. 295

Verbunden ist dieser Vaterlandswechsel zunächst damit, Einwohner Christi, d.h. des himmlischen Reiches (regia caeli) zu sein. Durch sein Blut verdient sich der Märtyrer, Namen, Geschlecht und Vaterland zum Besseren zu ändern. Sanguine und origo sanctorum, das Blut bzw. das Martyrium in Rom ist sozusagen der Ursprung des Heiligen, und dieser Ursprung, dieser Neuanfang bewirkt, daß diejenigen, die diesen Märtyrertod erleiden, nun auch römische Bürger sind 296 . Das gleiche Schema findet sich auch im Epigramm für Hermes, den Griechenland geschickt hat, der durch sein Blut das Vaterland gewechselt

mulierung durchaus in Über- und Unterschriften der Epigramme auftaucht, z.B.: DAM., epigr. 18,1.10; 24; 25,8; 46,13; siehe aber auch FONTAINE 1986, 141. 293 Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, daß AMMIANUS MARCELLINUS (XXVII 9,9) ihn episcopus nennt, aber den Stadtpräfekten rector. 294 Die Formulierung una Petri sedes weist gleichzeitig darauf hin, daß in Rom keine Schismen geduldet werden und richtet sich somit gegen die Anhänger des Ursinus. 295 DAM., epigr. 46,2–5 (FERRUA 1942, 188f.), vgl. auch FÉVRIER 1989, 299–306. 296 Siehe dazu auch FÉVRIER 1989, 302f.

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

hat und durch die Liebe zum Gesetz, d.h. der lex Christi 297 ein Bürger und Bruder wurde, zwar nicht expressis verbis ein Bürger Roms, was allerdings wohl ergänzt werden kann, da civis an sich schon Bürger Roms impliziert und im folgenden Vers die himmlische Bürgerschaft mit incola domini ausgedrückt wird. Die Liebe zum Gesetz Christi, d.h. zum Evangelium, die sich im Martyrium beweist, macht also diejenigen, die dieses Privileg bisher entbehren mußten, zu Bürger Roms. Auch die Inschrift für Petrus und Paulus bietet dieselbe Verbindung 298 . Hier wird ebenfalls zuerst gesagt, daß diese Apostel vom Osten gesandt sind, aber durch ihr Blut sich das Himmelreich verdient haben; und direkt im Anschluß daran wird Rom das Recht zugesprochen, sie deshalb eher als alle anderen Städte als ihre Bürger beanspruchen zu dürfen: Discipulos Oriens misit, quod sponte fatemur;/ sanguinis ob meritum Xpumque per astra secuti aetherios petiere sinus regnaque piorum:/ Roma suos potius meruit defendere cives. 299

Gleichzeitig werden Petrus und Paulus nun auch als das neue Doppelgestirn bezeichnet, d.h. als Castor und Pollux oder Romulus und Remus, also übertragen als Gründer des neuen christlichen Roms 300 . Ebenso trägt es zum Ruhm der römischen Gemeinde bei, wenn römische Bürger den Märtyrertod sterben wie Felicissimus und Agapitus: ...unica in his gaudet Romanae gloria plebis... 301

Und es ist ein einzigartiger, unvergleichlicher Ruhm, den Rom genießt (unica gloria). Somit betreibt Damasus mit seinen Epigrammen auch Propaganda für Rom als die über alle anderen hinausragende Stadt, nicht nur wie bisher im römischen Reich, sondern jetzt im christlichen Sinne: Rom kann sich seiner vielen Märtyrer rühmen und ragt deshalb über alle anderen christlichen Städte hinaus.

297 Lex Christi ist hier wohl Synonym für christliche Lehre bzw. Religion: siehe dazu die Parallelstellen bei FERRUA 1942, 196 zu epigr. 48,3 und DAM., epist. 1. 298 Vgl. FEVRIER 1989, 302f. 299 DAM., epigr. 20,3–6 (FERRUA 1942, 142). 300 So auch BRÄNDLE 1992, 207–217, siehe auch die Ausführungen zum Decretum Damasi in Kap. 5.3.4.2. 301 DAM., epigr. 25,6 (FERRUA 1942, 154).

5. ... magnae spes altera Romae

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5. ...magnae spes altera Romae... ! Damasus versucht also in verschiedener Weise und mit verschiedenen Ansprechpartnern seine Stellung zu stärken und einen Machtanspruch des christlichen Roms zu begründen; darin liegen Zweck und Ziel seiner Dichtung und ihr einzigartiger Wert. Erstens spricht er mit seiner Dichtung die christlichen Römer an, indem er die im Volk verbreitete Märtyrerfrömmigkeit aufnimmt, unterstützt und zu ihrer Institutionalisierung beiträgt; dies geschieht, indem er sich selbst als Vorbild dieser Verehrung darstellt, die Märtyrerleistung aber mit der gloria Christi verbindet und so christologisch verankert 302 . Gleichzeitig führt er das beispielhafte Verhalten der Märtyrer an 303 und propagiert Askese als gleichwertige Aufopferung für Gott 304 . Zweitens richtet sich Damasus an die christliche Welt, indem er die Märtyrer Roms in die Fußstapfen der antiken Helden und Götter treten läßt. Sie machen jetzt das christliche Rom groß, sie begründen den einzigartigen Ruhm Roms, natürlich in besonderem Maße Petrus, denn an seinem apostolischen Stuhl, der direkt von Christus verliehen wird, hängt die einzige wahre Taufe. Paulus und er sind die Begründer des neuen christlichen Rom. Damit ragt Rom und der römische Bischof über alle anderen christlichen Städte hinaus, weil hier die wichtigsten und zahlreichsten Märtyrergräber – und zwar so zahlreich, daß man immer wieder neue Märtyrer finden kann – verehrt werden 305 und zur Größe Roms beitragen – ein Gedanke der auch im Decretum Damasi wiederkehrt und dort eine wichtige Rolle spielt 306 . Drittens und nicht zuletzt aber macht Damasus mit der Inanspruchnahme und radikalen Umdeutung der römischen Tradition den nichtchristlichen Römern deutlich, daß der Kirche die Zukunft gehört und das alte pa-

302

Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 2.4.3. Siehe dazu auch DASSMANN 1975, 63–66, der darstellt, wie Ambrosius den Märtyrer als exemplarischen Christen darstellt. 304 Noch deutlicher geschieht dies bei Ambrosius, siehe dazu DASSMANN 1975, 67f. 305 Auch Ambrosius findet neue Märtyrer, um seine Stellung in der arianischen Krise des Jahres 386 zu festigen, siehe dazu DASSMANN 1975, 52–57; zeitlich ist diese Unterstützung der Märtyrerverehrung in Mailand aber nach den Bemühungen des Damasus anzusetzen, so daß man DASSMANN, der Ambrosius als den wichtigsten Wegbereiter und Förderer der Märtyrerverehrung im Abendland nennt, dahingehend ergänzen muß, daß eigentlich Damasus dieser Titel zusteht, da er bereits vor Ambrosius den Märtyrerkult gefördert und für seine eigene Stellung funktionalisiert hat. 306 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 5.3. 303

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Kapitel 2: Epigrammata Damasiana

gane imperium durch ein neues christliches abgelöst werden soll 307 . Mit der Synthese von christlichem Inhalt, gekleidet in die kunstvolle traditionelle römische Dichtersprache, werden sicherlich die gebildeten Römer angesprochen. Ihnen soll in ihrer Sprache vermittelt werden, daß Christianisierung nicht gleichzeitig auch Verzicht auf Bildung bedeutet 308 . Damasus’ Einsatz für die christliche Oberschicht Roms bzw. eine Missionierung der römischen Aristokratie 309 zeigt sich auch im Konflikt mit Symmachus über den Victoriaaltar im Senat, als Damasus mit christlichen Senatoren beim Kaiser erreicht, daß die Entfernung nicht rückgängig gemacht wird 310 ; außerdem scheint Damasus sich sowieso in diesen Kreisen zu bewegen, wenn man seinen Kontakt zu vornehmen Witwen in Betracht zieht und sein freundschaftliches Patronat zu Filocalus, der auch für den römischen Adel tätig ist 311 . Daß Damasus insbesondere mit seinen Märtyrerinschriften ein Programm verfolgt und seine Sprache auf seine Adressaten abstimmt, wird aber auch daraus ersichtlich, daß die Inschrift für sein eigenes Grab hingegen nur aus Schriftzitaten besteht und einem biblischen Auferstehungsglauben und christlicher Zuversicht eindrucksvoll Ausdruck verleiht. Damasus gibt auch in seinen Märtyrerepigrammen den christlichen Inhalt seiner Epigramme nicht preis, sondern formuliert ihn mit Blick auf den Adressatenkreis in für einen Römer verständlicher Sprache, die man im heutigen Sinne vielleicht auch als Werbung verstehen kann. Denn diese Inschriften waren für die Öffentlichkeit bestimmt, jeder konnte und sollte sie lesen. Auch die christlichen Gebäude und Anlagen, die Damasus eifrig und aufwendig bauen ließ, stellen in dieser Weise christliche und gleichfalls prachtvolle Existenz in Rom dar. 307 Siehe dazu FONTAINE 1986, 142–145, er spricht von der Vorbereitung einer translatio imperii. 308 So auch NAZZARO 1977, 203: „Damaso mostra qui il volto del letterato, che ha avuto successo nella cristianizzazione di un genere poetico classico (l’elogium funebre), e del politico, impegnato ad assicurare alla Chiesa di Cristo gli strati colti dei ceti piú elevati.“ Siehe auch PIETRI 1961, 322 resümiert so: „Dans des milieux cultivés, la fête des apôtres et le culte des martyrs donnent l’occasion de cristalliser autour de thèmes iconographiques simples – celui de la concordia – une exaltation de la Rome apostolique, digne d’être le ‘caput ecclesiae’, une glorification de l’Urbs rénovée, digne de succéder à la cité de Romulus“; BRÄNDLE 1992, (207–217), 210 äußert sich ähnlich: „Damasus wird damit zum eigentlichen Begründer des christlichen Roms“; siehe dazu auch die Ausführungen zum Decretum Damasi in Kap. 5.3.4.2. 309 Siehe dazu BEAT NÄF 1995, 93f., der genau dieses Phänomen bei Prudentius schildert, nämlich daß der Adel nun die Märtyrer verehrt, da nur der Gottesdienst zu wahrem Adel verhilft. 310 Als Ersatz für dieses traditionelle Symbol des römischen Triumphes hatte Damasus ja nun die Verehrung der Märtyrer bereitgestellt. 311 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 1.3.1.

5. ... magnae spes altera Romae

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Somit zeigt sich mit den Epigrammen und der Bautätigkeit des Damasus in erster Linie eine Christianisierung Roms. Von einer Romanisierung des Christentums kann man vor allem in dem Sinne sprechen, daß Damasus mit seinen Märtyrerinschriften versucht, Rom als Zentrum der christlichen Welt zu etablieren.

Kapitel 3

Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche Einleitung Quellen über die Wirksamkeit des römischen Bischofs Damasus im westlichen Bereich der Kirche gibt es nicht sehr viele. Es liegt einerseits ein Briefwechsel zwischen einer römischen Synode und den Kaisern vor, der sich mit der Stellung des römischen Bischofs im Bereich der kirchendisziplinarischen Gerichtsbarkeit beschäftigt, andererseits ein Dekretale an gallische Bischöfe, als deren Verfasser Damasus aber nicht definitiv feststeht. Beide Dokumente geben Auskunft über Anspruch und Rolle des römischen Bischofs in Fragen der Kirchendisziplin. Zudem ist in diesem Zusammenhang zu untersuchen, inwieweit Damasus sich in seiner Autorität durch die Kaiser unterstützen ließ.

1. Damasus, die Kaiser und die bischöfliche Gerichtsbarkeit 1.1. Das Schreiben der römischen Synode im Jahr 378 an die Kaiser Gratian und Valentinian II. 1.1.1. Text und Übersetzung Edition: AMBR., epistula extra collectionem 7 (CSEL 82/3, 191–197 ZEL1 ZER) Relatio 2

Antrag des römischen Konzils an die Kaiser Gratian und Valentinian gerichtet.

Et hoc gloriae vestrae, clementissimi principes, pietatisque est illustre documentum, quod innumeri fere ex diffusis

Und dies ist ein leuchtender Beweis Eures Ruhmes, gnädigste Herrscher, und Eurer Frömmigkeit, daß wir, die wir uns fast un-

1

= DAM., relatio. In einer anderen Handschrift lautet die Überschrift: Epistola Romani concilii sub Damaso habiti ad Gratianum et Valentinianum imperatores, vgl. ZELZER, CSEL 82/3, 191 Apparat. Aus der Nennung dieser beiden Kaiser ergibt sich als Datierung das Jahr 378. 2

1. Damasus, die Kaiser und die beschöfliche Gerichtsbarkeit Italiae partibus ad sublime sedis apostolicae 3 sacrarium congregati, cum quaereremus quid pro ecclesiarum statu poscendum esset a vobis, nihil melius potuimus reperire, quam quod spontanea vestri providentia contulistis. Videmus quod nec rogandi iam pudor esse debeat nec impetranda beneficia iam vestra sint et imperialium series decretorum 4 pro nobis ambiat. Nam quod ad aequitatem petitionis attinet iamdudum meruimus impetrare quae poscimus, quod vero ad necessitatem spectat orandi ita impetratorum caremus effectu ut iterum impetrare cupiamus. Quod quidem, clementissimi principes, hominum perditorum exponit , vestrae autem iustitiae munus accumulat, ut in ecclesia vestra beneficia saepius conferantur.

2. Namque a principio divino repleti spiritu et sanctorum apostolorum, quorum habetis in vestro honore suffragium, servantes in dominica religione praeceptum statuistis ad redintegrandum corpus Ecclesiae quod furor Ursini, qui honorem arripere est conatus indebitum, diversas secuerat in partes, ut auctore damnato ceterisque, quos ad turbarum sibi incentiva sociaverat, sicut oportebat a perditi coniunctione divulsis 5 de reliquis ecclesiarum sacerdotibus episcopus Romanus

3

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zählig aus zerstreuten Teilen Italiens zum erhabenen Heiligtum des apostolischen Stuhles versammelt haben, und, als wir fragten, was angesichts des Zustands der Kirchen von Euch zu fordern ist, nichts Besseres finden konnten, als das, was ihr in Eurer freiwilligen Voraussicht gewährt habt. Wir sehen, daß keine Scham zu bitten mehr sein muß und Eure Wohltaten nicht erst erlangt werden müssen und die Reihe der kaiserlichen Dekrete sich bereits für uns einsetzt. Denn was die Billigkeit der Bitte betrifft, haben wir schon längst verdient zu erlangen, was wir fordern: was aber die Notwendigkeit des Bittens belangt, so entbehren wir immer noch des Erfolgs derer, die etwas erlangt haben, so daß wir wiederum zu erlangen begehren. Das stellt freilich, gnädigste Herrscher, den Wahnsinn der verlorenen Menschen heraus, häuft aber das Geschenk Eurer Gerechtigkeit an, so daß in der Kirche Eure Wohltaten häufiger dargebracht werden. Denn von Anfang an ward Ihr erfüllt von göttlichem Geist und bewahrtet in der Religion des Herrn die Vorschrift der heiligen Apostel, deren Unterstützung Ihr in Eurem Ehrenamt habt. So habt Ihr, um den Leib der Kirche wiederherzustellen, den die Wut des Ursinus, der versuchte, eine ihm nicht gebührende Ehre an sich zu reißen, in verschiedene Teile zerrissen hatte, folgende Bestimmung festgesetzt nach Verurteilung des Urhebers und nachdem die übrigen, die er als Reizmittel für die

Vgl. z.B. DAM., epist. 7 u.a. Vgl. COD. THEOD. XVI 2,23 vom 17. Mai 376 (842 MOMMSEN): IMPPP. VALENS GR(ATI)ANVS ET VAL(ENTINI)ANVS AAA. ARTEMIO, EVRYDICO, APPIO, GERASIMO ET CETERIS EPISCOPIS. Qui mos est causarum civilium, idem in negotiis ecclesiasticis obtinendus est: ut, si qua sunt ex quibusdam dissensionibus levibusque delictis ad religionis observantiam pertinentia, locis suis et a suae dioeceseos synodis audiantur: exceptis, quae actio criminalis ab ordinariis extraordinariisque iudicibus aut inlustribus potestatibus audienda constituit. 5 Siehe AVELL. 5–12. 4

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

haberet examen 6 , ut et de religione religionis pontifex cum consortibus iudicaret nec ulla fieri videretur iniuria sacerdotio, si sacerdos nulli usquam profani iudicis, quod plerumque contingere poterat, arbitrio facile subiaceret. 7

3. Praeclara ista plane et religiosis principibus digna sententia, quae divino ministerio plurimum deferat, nec parcat errori. Quid enim dignius quam ut is demum iudicet de sacerdotis errato, qui vel internae conscientiae favorem sine periculo suo praestare se non posse cognoscat seque reatu implicet si absolvat indignum vel si damnet innoxium, qui postremo, dum iniuriam religionis ulciscitur, non eam in lateribus innocentium, sed accusati quaerat in moribus? Quam multos etenim saepe patuit quos absolverint iudicia ab episcopis esse damnatos et quos iudicia damnaverint, absolutos, ut melior eorum sit causa qui non saecularia iudicia sed divina pensantes abstulerint supplicium suum ne vexarentur innoxii, quam qui vitam suam tormentis innocentium probaverunt. Compluria texeremus, tranquillissimi principes, nisi esset iniuria asseri magis decreta imperialia quam teneri.

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Menge sich zugesellt hatte, von der Gemeinschaft des Verlorenen, wie es nötig war, losgerissen waren: Der römische Bischof solle über die übrigen Priester die Untersuchungsgewalt innehaben, so daß der Pontifex der Religion mit seinen Kollegen einerseits über die Religion richte und andererseits künftig kein Unrecht dem Priesteramt angetan zu werden scheine, wenn ein Priester dem Schiedspruch eines weltlichen Richters, was häufig passieren konnte, nicht mehr ohne weiteres in irgendeiner Hinsicht ausgeliefert sein würde. Dies ist eine ganz und gar ausgezeichnete und den frommen Herrschern würdige Ansicht, die dem göttlichen Amt sehr viel überträgt und den Irrtum nicht schont. Denn was ist würdiger, als daß eben derjenige über den Irrtum eines Priesters urteilt, der weiß, daß er den Beifall seines inneren Gewissens ohne eigene Gefahr für sich nicht erreichen kann und sich in Schuld verwickelt, wenn er einen Unwürdigen freispricht oder einen Unschuldigen verurteilt, der schließlich, wenn er ein Unrecht an der Religion straft, es nicht auf der Seite der Unschuldigen, sondern im Verhalten des Angeklagten sucht? Denn bei wie vielen hat es sich oft herausgestellt, daß diejenigen, die Gerichte freigesprochen hatten, von Bischöfen verurteilt worden sind, und daß diejenigen, die Gerichte verurteilt hatten, freigesprochen wurden, so daß die einen besseren Prozeß haben, die nicht weltlichen Urteilen, sondern göttlichen Genüge getan und ihre Strafe hingenommen haben, damit Unschuldige nicht gequält werden, als diejenigen, die ihr Leben mit den Qualen Un-

Damit wird behauptet, daß die Kaiser bereits ein Dekret erlassen haben, das den Bischof von Rom in kirchlichen Angelegenheiten als Richter über die übrigen Bischöfe einsetzt. 7 Siehe z.B. COD. THEOD. XVI 2,23 (zitiert oben in Anm. 4): Aus einem solchen Gesetz kann natürlich auch herausgelesen werden, daß parallel zur weltlichen Gerichtsbarkeit eben auch der oberste Herrscher, d.h. wie der Kaiser so auch im kirchlichen Bereich der Bischof von Rom, die oberste Gerichtsgewalt hat; aber auch schon COD.THEOD. I 27,1 unter Konstantin und CONST. SIRM. I (aus dem Jahr 333).

1. Damasus, die Kaiser und die beschöfliche Gerichtsbarkeit

4. Sed quoniam licet iamdudum vestrae clementiae iudicio relegatus Ursinus 8 per quos illicite sacrilegus ordinavit, vilissimum quemque occulte licet sollicitare conatur eoque exemplo nonnulli episcopi qui male ecclesiis incubant usu temeritatis suae et profani conspiratione contemptus, ne acquiescant Romani sacerdotis iudicio, lacessunt, ita ut etiam qui se intellegunt pro meritorum suorum ratione damnandos vel damnatos esse viderunt, redempta vulgi multitudine iudices suos terrore mortis exagitent, contemptisque cognitoribus vel fugatis illicitum obtineant sacerdotium; idcirco statuti imperialis non novitatem sed firmitudinem postulamus 9 .

5. Indignum quippe est ut conventus quisque adhibita manu eo sit munitior quo flagitiosior fuerit. Sicut Parmensis episcopus 10 deiectus iudicio nostro ecclesiam tamen retinet impudenter. Damnatus aeque Florentius Puteolanus 11 , posteaquam deiectus est, cum aures tranquillitatis vestrae inquietasset atque huiuscemodi rescriptum meruisset, ut si iudicio sacerdotum in urbe Roma fuisset depositus ne vocem quidem in iudiciis proferre deberet, post sextum annum repsit ad civitatem, tenuit ecclesiam, multas in oppido Puteolano, de quo deiectus fuerat, seditiones insolentia con-

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schuldiger annehmlich gemacht haben. Wir würden noch mehr anführen, geduldigste Kaiser, wenn es nicht ein Unrecht wäre, daß die kaiserlichen Dekrete mehr dargelegt als befolgt werden. Aber da Ursinus, obwohl er schon längst durch das Urteil Eurer Milde verbannt worden ist, durch die, die er unerlaubt und gotteslästerlich ordiniert hat, gerade die Geringsten, wenn auch im Verborgenen, aufzuhetzen versucht, und da aufgrund dieses Beispiels einige Bischöfe, welche Kirchen unrechtmäßig besitzen, indem sie Gebrauch von ihrer Verwegenheit machen und in ihrer gottlosen Mißachtung einig sind, dazu anregen, dem Urteil des römischen Bischofs nicht zuzustimmen, so daß auch diejenigen, die einsehen, daß sie für die Art ihrer Verdienste verurteilt werden müssen, oder gesehen haben, daß sie verurteilt sind, nachdem sie die Menge des Pöbels gekauft haben, ihre Richter mit Todesschrecken quälen und unter Mißachtung und Vertreibung der Vertreter der Anklage unerlaubt ihr Priesteramt behalten; fordern wir daher keine neue kaiserliche Verordnung, sondern eine Bestätigung. Unwürdig ist es freilich, daß jede Vereinigung, wenn sie Gewalt angewendet hat, um so sicherer ist, je schandbarer sie war. Wie der Bischof von Parma, der durch unser Urteil hinausgeworfen war, dennoch seine Kirche unverschämt behält. Der in gleicher Weise verurteilte Florentius von Puteoli schlich sich nach dem sechsten Jahr in die Gemeinde, nahm die Kirche ein und erregte in der Stadt Puteoli, aus der er hinausgeworfen worden war, durch seine Anmaßung viele Aufstände. Er war zuvor vertrieben worden, als er die Ohren Eurer Geduld beunruhigt hatte und ein Reskript von der Art verdient hatte, daß er, wenn er

Vgl. AVELL. 13,1–4. Damit wird wiederum vorausgesetzt, daß es das geforderte Gesetz schon gibt und es nur bestätigt werden muß. 10 Vgl. AVELL. 13,6. 11 Vgl. AVELL. 13,7. 9

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

citavit.

6. Per Africam quoque Restitutum nomine causam dicere apud episcopos iussit vestra clementia; debuit acquiescere, sed idem saeva et insolentium manu a causae dicendae necessitate diffugit.

7. Per Africam rursum sacrilegos rebaptizatores nutu dei praecepistis 12 expelli, sed ab expulsis Claudianus 13 est ordinatus, et ad perturbandam urbem Romam quasi episcopus destinatur, qui contra scripturae praecepta divinae, contra iura evangelica vacuos omnes mysteriorum atque ut eius verbum exprimamus paganos fuisse vel praeteriti temporis dicat episcopos vel praesentis. Quem quidem iussit tranquillitas vestra Roma pulsum patriam repetere propriam, sed contemptis iudiciis, et quidem saepe constrictus residet tamen sollicitans pretio frequenter pauperiores et redemptos rebaptizare non veritus. Spoliat magis eo quod

durch das Urteil der Priester in der Stadt Rom abgesetzt worden war, nicht einmal seine Stimme bei Gericht vorbringen durfte. Auch in Afrika hat Eure Milde befohlen, daß einer mit dem Namen Restitutus sich vor den Bischöfen verantworte. Er sollte zustimmen, aber derselbe floh durch die wilde Gewalt Unverschämter vor der Notwendigkeit, sich vor Gericht zu verantworten. Desgleichen in Afrika habt ihr auf Wink Gottes hin befohlen, daß die gotteslästerlichen Wiedertäufer vertrieben werden, aber von den Vertriebenen ist Claudianus ordiniert worden und um die Stadt Rom zu verwirren, wird er gleichsam als Bischof bestimmt, der gegen die Vorschriften der göttlichen Schrift, gegen die evangelischen Gesetze sagt, daß alle Bischöfe der Vergangenheit und der Gegenwart ohne geheime Kenntnisse und, um seinen Begriff zu verwenden, Heiden waren. Eure Geduld hat freilich befohlen, daß er aus Rom vertrieben in sein eigenes Vaterland zurückkehren soll, aber unter Mißachtung des Urteils und gewiß oft in Schranken

12 COD. THEOD. XVI 6,1 vom 20. Febr. 373 (880 MOMMSEN): IMPP. VAL(ENTINI)ANVS ET VALENS AA. AD IVLIANVM PROCONS(VLEM) AFRICAE. Antistitem, qui sanctitatem baptismi inlicita usurpatione geminaverit et contra instituta omnium eam gratiam iterando contaminaverit, sacerdotio indignum esse censemus. COD. THEOD. XVI 6,2 vom 17. Okt. 377 (880f. MOMMSEN): IMPPP. VALENS, GRATIANVS ET VAL(ENTINI)ANVS AAA. AD FLORIANVM VIC(ARIVM) ASIAE. Eorum condemnamus errorem, qui apostolorum praecepta calcantes Christiani nominis sacramenta sortitos alio rursus baptismate non purificant, sed incestant, lavacri nomine polluentes. Eos igitur auctoritas tua erroribus miseris iubebit absistere ecclesiis, quas contra fidem retinent, restitutis catholicae. Eorum quippe institutiones sequendae sunt, qui apostolicam fidem sine intermutatione baptismatis probaverunt. Nihil enim aliud praecipi volumus, quam quod evangeliorum et apostolorum fides et traditio incorrupta servavit, sicut lege divali parentum nostrorum Constantini Constanti Valentiniani decreta sunt. Sed plerique expulsi de ecclesiis occulto tamen furore grassantur, loca magnarum domorum seu fundorum inlicite frequentantes; quos fiscalis publicatio conprehendet, si piaculari doctrinae secreta praebuerint, nihil ut ab eo tenore sanctio nostra deminuat, qui dato dudum ad Nitentium praecepto fuerat constitutus. Quod si errorem suum diligunt, suis malis domesticoque secreto, soli tamen, foveant virus impiae disciplinae. 13 Vgl. AVELL. 13,8.

1. Damasus, die Kaiser und die beschöfliche Gerichtsbarkeit fuerant consecuti quam tribuit, quod manifestum est bis non posse conferri.

8. Sic denique factio profecit Ursini, ut Isaac 14 Iudaeo subornato, qui facto ad synogogam recursu caelestia mysteria profanavit, sancti fratris nostri Damasi peteretur caput, sanguis innocentium funderetur, componerentur doli quibus divino plane instinctu providentia vestrae pietatis occurrit, spoliaretur prope ecclesia omnibus ministeriis ea fraude videlicet, ut dum causam dicit qui in omnes iudex fuerat constitutus, nemo esset qui de lapsis vel certe de factiosis posset episcopatus invasoribus iudicare.

9. Quia igitur vestrae iudicio tranquillitatis probata est innocentia memorati fratris nostri Damasi, integritas praedicata est, Isaac quoque ipse ubi ea quae detulit probare non potuit, meritorum suorum sortem tulit, quaesumus clementiam vestram, ne rursus in plurimis causis videamur onerosi, ut iubere pietas vestra dignetur, quicumque vel eius 15 vel nostro iudicio qui catholici sumus fuerit condemnatus atque iniuste voluerit ecclesiam retinere vel vocatus a sacerdotali iudicio per contumaciam non adesse, seu ab illustribus viris praefectis praetorio Italiae vestrae sive a vicario accitus ad urbem Romam veniat aut, si in longinquioribus partibus huiusmodi emerserit quaestio ad metropolitani per locorum

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gewiesen, bleibt er trotzdem und reizt die Ärmeren häufig mit Geld und scheut sich nicht, die Gekauften wiederzutaufen. Er raubt ihnen dadurch eher das, was sie schon erlangt hatten, als daß er ihnen zuteilt, was offensichtlich nicht zweimal erteilt werden kann. So weit ging schließlich die Partei des Ursinus, daß mit dem dazu angestifteten Juden Isaak, der, nachdem er zur Synagoge zurückgekehrt war, die himmlischen Geheimnisse entweiht hat, das Haupt unseres heiligen Bruders Damasus gefordert, das Blut Unschuldiger vergossen und Listen ersonnen wurden, denen die Voraussicht Eurer Frömmigkeit ganz und gar durch göttliche Eingebung entgegengetreten ist, und daß die Kirche fast aller Ämter beraubt wurde, nämlich durch folgende Freveltat, daß, während derjenige, der als Richter über alle eingesetzt worden war, sich im Prozeß verteidigen mußte, niemand da war, der über die Gestrauchelten oder doch wenigstens über diejenigen, die heimtückisch vom Bischofsamt Besitz ergriffen hatten, urteilen konnte. Da also durch das Urteil Eurer Geduld die Unschuld unseres genannten Bruders Damasus erwiesen worden ist, seine Lauterkeit öffentlich bekannt gemacht worden ist, und auch Isaak selbst, sobald er das, was er angezeigt hatte, nicht beweisen konnte, das Schicksal, das seinen Verdiensten angemessen war, erlitten hat, bitten wir Eure Milde, damit wir nicht wieder in sehr vielen Rechtsfällen als lästig gelten, daß Eure Frömmigkeit zu befehlen geruht, daß, wer auch immer durch sein oder unser Urteil, die wir katholisch sind, verurteilt worden ist, und unrechtmäßig seine Kirche behalten wollte, oder vor ein bischöfliches Gericht zitiert aus Eigensinn nicht erscheinen wollte, sei es von den angesehenen Männern, den Praetorial-

Vgl. AVELL. 13,5. Die folgenden unterstrichenen bzw. punktiert unterstrichenen Passagen zeigen an, daß sich der Text wortwörtlich oder dem Sinn nach auch in AVELL. 13,11–13 findet, vgl. auch ebenda, Kap. 3.1.2.1. 15

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

iudicia deducatur examen vel, si ipse metropolitanus est, Romae necessario vel ad eos quos Romanus episcopus iudices dederit contendere sine dilatione iubeatur, ita ut qui depositi fuerint, ab eius tantum civitatis finibus segregentur in qua gesserunt sacerdotium, ne rursus impudenter usurpent quod iure sublatum sit. Certe si vel metropolitani vel cuiusce alterius sacerdotis suspecta gratia vel iniquitas fuerit, vel ad Romanum episcopum vel ad concilium certe quindecim episcoporum finitorum ei liceat provocare. Quicumque vero ita meruerit excludi, sileat et quiescat, et si dei iudicium non veretur, minus tamen peccare vel necessitate cogatur, ut saltem de cetero pacifici atque concordes serenitati vestrae congruas apud deum nostrum referre gratias possimus.

10. Memoratus frater noster Damasus, quoniam in sua causa vestri tenet insigne iudicii, non fiat inferior his quibus etsi aequalis est munere, praerogativa tamen apostolicae sedis excellit, ut iudiciis publicis videantur esse subiecti, quibus sacerdotale caput lex vestra submovit 16 . In quo post sententiam non videtur declinare iudicium, sed delatam a vobis honorificentiam flagitare. Nam quod ad leges publicas pertinet, quae potest esse vita munitior quam vestra clementia qua innititur iudicata? Quod vero ad praedicandam episcopi conscientiam severioribus se de-

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praefekten Eures Italiens, sei es vom Vikar herbeigezogen in die Stadt Rom komme, oder wenn in weiter entfernten Landesteilen eine Frage dieser Art aufgetaucht ist, der Untersuchungsgewalt des Metropoliten durch die Ortsgerichte übergegeben werde, oder wenn es der Metropolit selbst ist, ihm befohlen werde, daß er notwendigerweise nach Rom oder zu denjenigen, die der römische Bischof als Richter eingesetzt hat, ohne Verzögerung gehe, so daß diejenigen, die abgesetzt worden sind, nur vom Gebiet derjenigen Gemeinde entfernt werden, wo sie ihr Priesteramt ausgeübt haben, damit sie sich nicht wieder unverschämt aneignen, was ihnen rechtmäßig genommen worden ist. Wenn der Metropolit oder irgendein anderer Priester der Parteilichkeit oder Ungerechtigkeit verdächtig wird, sei es ihm erlaubt, an den römischen Bischof oder an ein Konzil von wenigstens 15 Nachbarbischöfen zu appellieren. Wer auch immer es aber auf diese Weise verdient, ausgeschlossen zu werden, der soll schweigen und Ruhe geben, und wenn er das Urteil Gottes nicht fürchtet, soll er wohl durch die Umstände gezwungen werden, trotzdem weniger zu sündigen, damit wir wenigstens fortan friedliebend und einträchtig Eurer Durchlaucht entsprechenden Dank bei unserem Gott sagen können. Unser erwähnter Bruder Damasus, da er ja in seinem Fall die Auszeichnung Eures Urteils für sich hat, soll nicht geringer sein als die, gegenüber denen, auch wenn das Amt gleich ist, er dennoch durch den Vorrang des apostolischen Stuhles herausragt, so daß diejenigen den öffentlichen Gerichten unterworfen scheinen, von denen Euer Gesetz das priesterliche Haupt fernhält. Dabei scheint er nach dem Urteilsspruch das Urteil nicht abzuweisen, sondern die von Euch übertragene Ehrerbietung zu fordern. Denn was die öffentlichen Gesetze betrifft, welches Leben kann gefestigter

Nämlich wenn der Bischof von Rom in einen Prozeß verwickelt wird und seine eigene Gerichtsbarkeit über die Kirche nicht mehr ausüben kann, wie in § 8.

1. Damasus, die Kaiser und die beschöfliche Gerichtsbarkeit dit ipse iudiciis sacerdotum, a quibus non nominis sed etiam morum ratio pensatur, ne quis iterum calumniator exsistens, dum memoratum conatur appetere virum, quidem ipsum non queat laedere quem innocentia sua munit, religioni tamen fiat iniuria in vexationibus ministrorum.

11. Accipite aliud quoque quod vir sanctus vestrae magis conferre pietati quam sibi praestare desiderat, nec derogare cuiquam sed principibus arrogare, quoniam non novum aliquid petit, sed sequitur exempla maiorum, ut episcopus Romanus si concilio eius causa non creditur, apud concilium se imperiale defendat; nam et Silvester Romae a sacrilegis accusatus apud parentem vestrum Constantinum causam propriam prosecutus est, et de scripturis similia exempla suppeditant, quod cum a praeside sanctus apostolus vim pateretur, Caesarem appellavit, et ad Caesarem missus est 17 . Certe prius examinet causam vestra clementia et si emerserit quaestio interroganda distinguat, ut quemadmodum dudum estis censere dignati, factorum a iudice ratio quaeratur non arbitrium sententiae vindicetur. Ita enim fiet ut nulli perdito vel infami aut accusandi summi sacerdotis aut testificandi in eum facultas pateat illicita, si quidem non modo 18 in episcopum sed ne in presbyterum quidem accusationem facile suscipiendam nisi idoneis testibus lectio sancta praescribat 19 . Neque enim vel inimico vel calumniatori, vel istiusmodi viris, quales nuper insimulatores patuit exstitisse, tribuenda misericordia est, quorum vita non mereatur fidem,

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sein, als das, das durch Eure Milde beurteilt wurde, auf die es sich stützt? Was aber das rühmenswerte Gewissen des Bischofs angeht, hat er sich selbst den strengeren Urteilen der Priester übergeben, von denen nicht nur sein Ansehen, sondern auch die Art seiner Sitten beurteilt wird, damit nicht wiederum ein Verleumder auftritt, der, während er den erwähnten Mann anzugreifen versucht, ihm selbst, den seine Unschuld stärkt, freilich nichts anhaben kann, der Religion aber dennoch Unrecht geschieht, indem er ihre Diener quält. Vernehmt auch etwas anderes, was der heilige Mann Eurer Frömmigkeit eher zuzuschreiben als für sich selber zu erreichen wünscht, und nicht jemandem absprechen, sondern den Herrschenden zuerkennen, da er nicht etwas Neues fordert, sondern den Beispielen der Vorfahren folgt, nämlich daß der römische Bischof, wenn sein Fall keinem Konzil anvertraut wird, sich vor einem kaiserlichen Konzil verteidigen kann. Denn auch Silvester, der in Rom von Gotteslästerern angeklagt worden war, hat seinen eigenen Fall bei Eurem Vater Konstantin geschildert. Und aus den Schriften stehen ähnliche Beispiele zur Verfügung, nämlich, daß der heilige Apostel, als er vom Statthalter Gewalt zu erdulden hatte, an den Kaiser appellierte und zum Kaiser geschickt worden ist. Sicherlich soll Eure Milde zuerst den Fall prüfen, und wenn eine Frage auftaucht, bestimmen, was dabei zu fragen ist, so daß, wie ihr schon längt zu urteilen geruht habt, vom Richter die Art der Taten erfragt, aber kein Urteilsspruch erlassen wird. Denn so wird erreicht werden, daß keiner verlorenen oder berüchtigten Person die unerlaubte Möglichkeit offensteht, den höchsten Priester anzuklagen oder gegen ihn Zeugnis abzulegen, wenn freilich die

Act. 15,11f. M.E. ist hier sinngemäß ein non zu ergänzen. 19 1Tim 5,19. 18

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

tormenta abhorreat religio sacerdotis.

heilige Lesung vorschreibt, daß nicht nur gegen den Bischof, sondern nicht einmal gegen einen Presbyter leichtfertig eine Anklage vorgebracht werden darf, außer mit geeigneten Zeugen. Denn keinem Feind oder Verleumder noch Leuten der Art, wie sie als Ankläger neulich offensichtlich aufgetreten sind, muß Barmherzigkeit zuteil werden, weil deren Leben kein Vertrauen verdient, aber die fromme Einstellung des Priesters möge vor Folter zurückschrecken.

1.1.2. Überlieferung und Urheberschaft Das uns vorliegende römische Synodalschreiben wird in der Ausgabe der Ambrosiusbriefe, die Michaela Zelzer vorgelegt hat, zu den Ambrosiusbriefen gerechnet, die außerhalb der 10 Briefbücher überliefert worden sind. Damit folgt sie P.A. Ballerini, der als erster das Synodalschreiben unter die Ambrosiusbriefe einreihte. I. Sirmondus hatte es im Jahr 1631 zusammen mit den bei Zelzer als ep. extra coll. 6, 5, 8 und 9 genannten Schreiben als Appendix des Codex Theodosianus herausgegeben 20 . Diese Briefe haben alle gemeinsam, daß sie als Synodalschreiben an Kaiser gerichtet sind. Jedoch ist nur das Schreiben Et hoc gloriae vestrae im Namen einer römischen Synode verfaßt, während die anderen im Zusammenhang mit der Synode von Aquileia stehen, die eindeutig von Ambrosius dominiert worden ist 21 . Auch inhaltlich ist dieser Brief an die Kaiser so auf den römischen Bischof zugeschnitten, daß die Autorschaft des Ambrosius durchaus fraglich erscheint. Deshalb liegt es sicherlich näher, hinter diesem Dokument als geistigen Urheber in erster Linie Damasus zu sehen, der mit Hilfe einer römischen Synode seine Stellung festigen und aufwerten wollte 22 ; daß auch Ambrosius an dieser Synode teilnahm und an der Abfassung des Schreibens mitwirkte, ist aber deswegen nicht bestritten 23 .

20

Siehe dazu ZELZER 1982 (CSEL 82/3), XCII. Siehe dazu LYNN 1994, 124–149. 22 So auch CASPAR 1928, 202; dagegen ZELZER 1982, XCI: „Hanc relationem Ambrosius episcoporum ex diffusis Italiae partibus Romae congregatorum nomine ad imperatores misit“. 23 Zudem ist es möglich, daß Ambrosius der Überbringer dieses Schreibens war. Dazu müßte man aber annehmen, daß er sich Ende des Jahres 378 mit Gratian während des Gotenkrieges getroffen hat, und zwar wohl in Sirmium. Zur Wahrscheinlichkeit dieser Annahme, die im Zusammenhang mit der Datierung der Schrift De fide steht, siehe MARKSCHIES 1995, 166–176. 21

1. Damasus, die Kaiser und die beschöfliche Gerichtsbarkeit

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Die betreffende Synode setzte sich aus Bischöfen ganz Italiens zusammen (innumeri 24 fere ex diffusis Italiae partibus ad sublime sedis apostolicae sacrarium congregati) und muß im Jahr 378 stattgefunden haben, denn Et hoc gloriae vestrae richtet sich an die Kaiser Gratian und Valentinian. Das deutet auf eine Abfassungszeit zwischen dem Tod des Kaisers Valens im August 378 und der Einsetzung seines Nachfolgers Theodosius im Januar 379. Ebenfalls nur die beiden Kaiser Gratian und Valentinian reagieren mit einem Schreiben an den vicarius urbis Aquilinus, so daß als Zeitpunkt der Synode wohl Herbst 378 angenommen werden muß. Nach dem Tode des Valens, der die homöischen Bischöfe im Osten unterstützt hatte, hielt man die Situation wahrscheinlich für besonders günstig, die Stellung der nicaenischen Christen zu stärken. 1.1.3. Gliederung und Inhalt In dem Synodalschreiben an die Kaiser Gratian und Valentinian geht es zunächst um eine Bestätigung bzw. Präzisierung der von den Kaisern bereits gewährten bischöflichen Gerichtsbarkeit (idcirco statuti imperialis non novitatem sed firmitudinem postulamus). Dies wird in den §§ 1–9 ausgeführt: Die §§ 1f. blicken auf diesen Erlaß, der offenbar im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um Ursinus steht, zurück, nämlich daß betreffend der Religion nur Priester über Priester richten sollen und keine weltlichen Gerichte. Festgestellt wird aber außerdem, daß diese bischöfliche Gerichtsbarkeit nicht wirksam in die Tat umgesetzt werden kann. In § 3 werden sodann die Vorzüge der bischöflichen Gerichtsbarkeit herausgestellt. Die §§ 4–9 beschreiben im Anschluß daran, warum sich die bischöfliche Gerichtsbarkeit als so unwirksam erweist, nämlich zunächst deshalb, weil Ursinus den Einfluß, den er immer noch hat, z.B. durch die Ordinationen, die er vorgenommen hat, geltend macht und Bischöfe, die sich vor diesem Gericht verantworten sollen oder bereits verurteilt worden sind, dazu aufhetzt, nicht zu gehorchen. Dafür werden vier Beispiele von Bischöfen gegeben, die zwar ihrem Amt enthoben worden sind, dieses Urteil aber mißachten: der Bischof von Parma, Florentinus, der Bischof der Stadt Puteoli (§ 5), ein gewisser Restitutus (§ 6) und Claudianus (§ 7), der als Wiedertäufer charakterisiert wird, in Afrika.

24 Der Lib.pont. I 5,39 (212 DUCHESNE) berichtet von einer Synode, die wegen einer Anklage gegen Damasus, jedoch wegen Ehebruchs, stattgefunden hat, und nennt 44 Bischöfe, die unter dem Vorsitz des Damasus zusammengekommen sind: Hic accusatus invidiose incriminatur de adulterio; et facto synodo purgatur a XLIIII episcopis qui etiam damnaverunt Concordium et Calistum diacones accusatores et proiecerunt de ecclesia.

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

Als Höhepunkt wird schließlich dargestellt (§ 8), daß die Partei des Ursinus so weit gegangen sei, durch den Juden Isaak gegen Damasus eine Kapitalanklage und einen Prozeß anzuzetteln. Dadurch sei die bischöfliche Gerichtsbarkeit völlig handlungsunfähig geworden, da ihr das Haupt entzogen war; denn der Bischof von Rom war selbst in einen Prozeß verstrickt worden. In § 9 werden sodann als Lösung für die in § 4–7 genannten Probleme folgende Forderungen formuliert: 1. Wer durch bischöfliches Urteil verurteilt worden ist und unrechtmäßig seine Kirche behalten will, oder wer vor einem bischöflichen Gericht nicht erscheinen will, soll von kaiserlichen Beamten Italiens nach Rom gebracht werden oder, wenn er weit entfernt von Rom residiert, zum Metropoliten, wenn es aber der Metropolit selbst ist, doch nach Rom oder zu Bischöfen, die der römische Bischof eingesetzt hat. Auf diese Weise sollen die kaiserlichen Beamten als Exekutive der bischöflichen Gerichte eingesetzt werden, damit die Bischöfe nicht mehr unrechtmäßig auf ihrem Bischofsstuhl verbleiben können und aus der Gemeinde entfernt werden. 2. Wenn ein Metropolit in Verdacht gerät, etwas Unrechtes getan zu haben, kann er an den römischen Bischof oder ein Konzil von 15 Nachbarbischöfen appellieren. Wird er dann aber verurteilt, soll er, wenn es nötig ist, ebenfalls mit Hilfe der kaiserlichen Beamten zur Ruhe gezwungen werden. Zusätzlich zu diesen Forderungen wird in den folgenden §§ 10 und 11 ein Anspruch formuliert, der sich auf die in § 9 geschilderten Umstände bezieht und auf die Stellung des Damasus als Bischof von Rom bezüglich der Gerichtsbarkeit, die nicht in kirchlicher Macht liegt, nämlich der Kriminalgerichtsbarkeit. Der durch den Prozeß des Damasus eingetretene Fall, daß die bischöfliche Gerichtsbarkeit nicht mehr handlungsfähig ist, weil ihr das Haupt entzogen wurde, der Bischof geringer erscheint als die übrigen Bischöfe, weil er vor Gericht steht, und gleichzeitig die anderen Bischöfe den weltlichen Gerichten unterworfen sind, da es ihre eigene Gerichtsbarkeit nicht mehr gibt, soll in Zukunft verhindert werden. Dafür wird in § 10 zunächst geschildert, in welch außerordentlicher Weise Damasus die Anschuldigungen, die gegen ihn gerichtet waren, widerlegen konnte, nämlich durch das kaiserliche Urteil und zudem im Anschluß daran auch noch durch ein bischöfliches Urteil, so daß nun seine Untadeligkeit ganz vortrefflich bewiesen ist. § 11 fordert die Lösung dieses Problems ein, die darin bestehen soll, daß von den Kaisern bestimmt wird, daß der römische Bischof, wenn kein bischöfliches Konzil zuständig ist, sich vor einem kaiserlichen Konzil verteidigen kann, also in der Gerichtsbarkeit direkt dem Kaiser unterstellt ist. Für diese bevorzugte Stellung wird als Beispiel der römische Bischof

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Silvester angeführt. Außerdem habe der Apostel Paulus nach dem Bericht der Apostelgeschichte 25,11f. ebenfalls bereits an den Kaiser appelliert. Bevor die kaiserliche Antwort darauf und die Bestimmung der bischöflichen Gerichtsbarkeit im Jahr 378 genauer untersucht wird, soll zunächst der Prozeß des Damasus, dem in diesem Synodalschreiben eine Schlüsselrolle zugeschrieben wird, in den Blick genommen werden. 1.1.4. Der Isaakprozeß Über den Prozeß, den der Jude Isaak, aufgehetzt durch die Ursinerpartei, gegen Damasus angestrengt hat, gibt nur das römische Synodalschreiben aus dem Jahre 378 konkret Auskunft. Alle anderen Quellen lassen einen derartigen Vorgang nur erahnen oder liefern zusätzliche Informationen bezüglich der Ursinerpartei 25 . Aus dem uns vorliegenden Dokument erfahren wir folgendes: 1. Der Jude Isaak, der offenbar Christ geworden war, dann aber wieder zum jüdischen Glauben zurückgekehrt war, hat, angestiftet durch die Ursinerpartei, eine Kapitalanklage gegen Damasus angestrengt, d.h. er hatte eine so schwere Anklage gegen ihn vorgebracht, daß ihm bei Verurteilung die Todesstrafe drohte. 2. Dabei wurde das Blut Unschuldiger vergossen und hinterhältig verfahren. 3. Damasus mußte sich vor einem Gericht und in einem Kriminalprozess verantworten. 4. Damasus wurde schließlich durch den Kaiser selbst freigesprochen. Im Einzelnen stellt sich danach die Sache so dar, daß sich Damasus zunächst vor einem gewöhnlichen Gericht verantworten mußte, dann aber durch eine relatio ad principem 26 die Sache vor den Kaiser gebracht wurde und dieser ihn freisprach 27 . 25 Vgl. dazu insgesamt die ausführliche Darstellung von WITTIG 1902, der Damasus gegen die Darstellung von RADE 1882 verteidigen will. 26 Vgl. MOMMSEN 1887, 285, bei einem Kriminalprozess war dies eigentlich üblich, wenn der Angeklagte wenigstens den Rang eines clarissimus hatte, was eben auf den Bischof von Rom zutraf. 27 E. CASPAR 1928, 188f., hat für den Ablauf des Verfahrens den Prozeß gegen Priscillian und seine Anhänger herangezogen, wie er durch Sulpicius Severus (Chronik II 48– 51) überliefert worden ist. Er berichtet, daß Priscillian vor Gericht gestellt wurde unter der Kapitalanklage auf maleficium, daß er unter Tortur geständig war, das Urteil jedoch vom Usurpator Maximus selbst gefällt wurde, an den durch relatio ad principem appelliert worden war: SULP.SEV., chron. II 50,8 (CSEL 1, 103,25–31 HALM): Is Priscillianum gemino iudicio auditum convictumque maleficii nec diffitentem obscenis se studuisse doctrinis, nocturnos etiam turpium feminarum egisse conventus nudumque orare solitum, nocentem pronuntiavit redegitque in custodiam, donec ad principem referret. Gesta ad

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

Die Bemerkung, daß unschuldiges Blut vergossen wurde, könnte ein Hinweis darauf sein, daß wie im Prozeß des Priscillian Folter angewendet worden ist 28 . Den Inhalt der Anklage erfahren wir aus dem römischen Synodalschreiben nicht. Da der Vorwurf aber durch die Ursinerpartei angestiftet sein soll, kann der bereits analysierte Ursinerbericht über die Jahre 366–368 Auskunft über einen möglichen Anklagegrund geben. Dort werden nämlich Vorwürfe gegen Damasus erhoben wegen brutalen Vorgehens seiner Anhängerschaft gegen die Ursinerpartei, wobei viele Tote zu beklagen gewesen seien, und wegen Bestechung der Gemeinde und kaiserlicher Beamter. Es wird darin sogar der Ruf danach laut, daß Damasus sich wegen der Toten vor einem Bischofsgericht verantworten soll, wobei ihm auch vorgeworfen wird, daß er einen Hang zu Frauen hätte: Saepe igitur eadem plebs adunata in basilica Liberii clamabat dicens ‘Christiane imperator, nihil te latet. Omnes episcopi Romam veniant. Agatur causa. Quintum iam bellum Damasus fecit. A sede Petri homicidas foras!’ Dei autem populus episcopos convenire multis precibus exorabat, ut memoratum tanta impietate maculatum sententia iusta percellerent; quem in tantum matronae diligebant, ut matronarum auriscalpius diceretur. 29

Daraus kann man schließen, daß Isaak, angestiftet durch die Ursiner, gegen Damasus eine Mordanklage anstrengt haben könnte, die sich auf die – nach den Berichten der Ursiner, des Ammianus Marcellinus ebenso wie des Hieronymus und Rufin – blutigen und tödlichen Ausschreitungen bei der Bischofswahl und -weihe im Oktober 366 bezog. Ein weiterer Vorwurf dieses Ursinerberichts, der ebenfalls in den folgenden Jahren eine Rolle spielen sollte, bezieht sich auf den Umgang des Damasus mit reichen Frauen. Die Bezeichnung matronarum auriscalpius hat Raum für etliche Spekulationen gegeben 30 . Wahrscheinlich ist das hapax legomenon auriscalpius eine Kombination aus aures und scalpere im Sinne von aures mulcere und bedeutet so viel wie Ohrkitzler oder Ohrpalatium delata censuitque imperator, Priscillianum sociosque eius capite damnari oportere. Vgl. dazu auch BABUT 1909, 168–183. 28 SULP.SEV., chron. II 50,6–7 (103,20–25 H.): Denique quoad usque Martinus Treveris fuit, dilata cognitio est: et [Martinus] mox discessurus egregia auctoritas a Maximo elicuit sponsionem, nihil cruentum in reos constituendum. Sed postea imperator per Magnum et Rufum depravatus episcopos depravatus et a mitioribus consiliis deflexus causam praefecto Evodio permisit, viro acri et severo. Zur Folter vgl. MOMMSEN 1899, 928f; THÜR und VERGOTE, Art. Folter, RAC 8, 1972, 101–141. Zum Zustand des spätantiken Rechtswesens siehe DEMANDT 1989, 250f. 29 AVELL. 1,9 (3,29–4,5 GÜNTHER). 30 Vgl. dazu FONTAINE 1988, 177–192, der meines Erachtens die Bedeutung dieses Wortes genau herausarbeitet.

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schmeichler 31 . Inhaltlich korrespondiert dazu eine Äußerung von Ammianus Marcellinus, der die Lebensart eines römischen Bischofs neidisch beschreibt: Neque ego abnuo, ostentationem rerum considerans urbanarum, huius rei cupidos ob impetrandum quod appetunt, omni contentione laterum iurgare debere, cum id adepti, futuri sint ita securi, ut ditentur oblationibus matronarum, procedantque vehiculis insidentes, circumspecte vestiti, epulas curantes profusas, adeo ut eorum convivia regales superent mensas. 32

Hier wird an erster Stelle davon gesprochen, daß die Bischöfe durch Zuwendungen von vornehmen Damen reich gemacht werden. Daß das Christentum auf vornehme römische Damen in dieser Zeit eine Anziehungskraft ausübte 33 , ist auch durch Hieronymus und seine Briefkontakte belegt. Damasus hatte sicher auch durch seine poetische Ader gute Voraussetzungen dafür, in diesen Kreisen beliebt zu sein. Daß dies auch negativ ausgelegt werden konnte, zeigen die Bemerkungen im Ursinerbericht und bei Ammian. Eben diese gegen Damasus vorgebrachten Anschuldigungen scheinen die Kaiser ernst genommen zu haben, denn aus verleumderischen Aussagen dieser Art erklärt sich wohl auch das im Codex Theodosianus überlieferte Gesetz, das im Juli des Jahres 370 an Damasus erlassen wurde, um in den Kirchen verlesen zu werden. Es hat einen durchaus unfreundlichen Unterton und verbietet es Klerikern und Kirchenleuten, privaten Kontakt mit Witwen oder jungen Mädchen zu haben und von ihnen Geld anzunehmen, sei es als Geschenk oder als Hinterlassenschaft. Bei Zuwiderhandlung wird mit gerichtlicher Ahndung gedroht: IMPPP. VAL(ENTINI)ANVS, VALENS ET GR(ATI)ANVS AAA. AD DAMASVM EPISC(OPVM) VRBIS ROM(AE). Ecclesiastici aut ex ecclesiasticis vel qui continentium se volunt nomine nuncupari, viduarum ac pupillarum domos non adeant, sed publicis exterminentur iudiciis, si posthac eos adfines earum vel propinqui putaverint deferendos. Censemus etiam, ut memorati nihil de eius mulieris, cui se privatim sub praetextu religionis adiunxerint, liberalitate quacumque vel extremo iudicio possint adipisci et omne in tantum inefficax sit, quod alicui horum ab his fuerit derelictum, ut nec per subiectam personam valeant aliquid vel donatione vel testamento percipere. Quin etiam, si forte post admonitionem legis nostrae aliquid isdem eae feminae vel donatione vel extremo iudicio putaverint relinquendum, id fiscus usurpet. Ceterum si earum quid voluntate perci31

So FONTAINE 1988, 185–192; KÜNZLE 1961, 43 und Anm. 76 schlägt die Übersetzung „Goldschneider“ aus der Kombination von aurum und scalpere vor. Das trifft zwar auch ungefähr den Sinn, wirkt aber in der Kombination mit matronarum sehr ungewöhnlich. 32 AMM.MARC. XXVII 3,14. 33 Vgl. dazu insgesamt die Entwicklung in dieser Zeit, nämlich daß das Christentum sich in den oberen Gesellschaftsschichten ausbreitete und selbstverständlich wurde, siehe dazu auch die Arbeit über „Hieronymus und die christlichen Feminae clarissimae“ von CHR. KRUMEICH 1993, passim.

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piunt, ad quarum successionem vel bona iure civili vel edicti beneficiis adiuvantur, capiant ut propinqui. LECTA IN ECCLESIIS ROM(AE) III KAL. AVG. VAL(ENTINI)ANO ET VALENTE III AA. CONSS. 34

Damit scheint für den Sommer 370 eine durchaus etwas unfreundliche Haltung der Kirche gegenüber belegt zu sein, denn die Kaiser nehmen an, daß Christen unter dem Vorwand der Religion (sub praetextu religionis) Witwen und Waisen beschwatzen, ihnen ihr Geld zu überlassen 35 . Gerade zu dieser Zeit wird Ursinus aus seinem Exil entlassen und Maximinus 36 hat das Amt des vicarius urbis inne. Über ihn berichtet Ammia34

COD.THEOD. XVI 2,20 (370 Iul. 30) (841 MOMMSEN); ins Englische übersetzt bei COLEMAN-NORTON I 1966, 326. 35 HOEPFFNER 1948, 288–304 geht daher in Verbindung mit einer Notiz im Liber Pontificalis I 4,39 (212 DUCHESNE: Hic accusatus invidiose incriminatur de adulterio; et facto synodo purgatur a XLIIII episcopis qui etiam damnaverunt Concordium et Calistum diacones accusatores et proiecerunt de ecclesia.) und der Erwähnung erneuter Unruhen in Rom im Jahr 381 in einem Brief des AMBR. (ep. extra coll. 5,5 [CSEL 82/3, 185,62–71 ZELZER]: Verum longe alienus ab omni verecundia per abscissum hominem Paschasium signiferum furoris sui missis litteris serit turbas, gentiles quoque et perditos concitare conatur. Oramus ergo ut iam et populo Romano, qui post relationem praefecti urbis pendet incertus, et nobis sacerdotibus securitatem indicta importunissimi hominis abiectione tribuatis. Quo impetrato apud deum omnipotentem patrem et filium eius dominum deum gratias iugi continuatione celebremus.) davon aus, daß Damasus in zwei verschiedene Prozesse verwickelt gewesen ist. Dabei handelt es sich aber nur um eine Vermutung, die sich mit Quellen nicht belegen läßt und auf WITTIG 1902, 4f. und 47–50 zurückgeht. 36 Siehe ENSSLIN, Art. Maximinus 6), PRE Suppl. V, 1931, 663f.: Maximinus war am 19. März 370 noch praefectus annonae in Rom (COD. THEOD. XIV 7,6); für die Jahre 369/70 berichtet Ammianus Marcellinus von Zauberprozessen gegen Angehörige der höchsten Gesellschaftskreise, die von Maximinus angestrengt wurden (AMM. MARC. XXVIII 1,9f.; HIER., chron. ad annum 371), außerdem erreichte er, daß Folter auch bei Angeklagten, die davon ausgenommen waren, angewendet werden durfte (AMM. MARC. XXVIII 1,10f.: Accepta igitur nocendi materia, Maximinus effudit genuinam ferociam, pectori crudo affixam, ut saepe faciunt amphitheatrales ferae, diffractis tandem solutae posticis. Cumque multiformiter quasi in proludiis negotium spectaretur, et quidam sulcatis lateribus, nominassent nobiles aliquos, tamquam usos artificibus laedendi per clientes aliosque humiles, notos reos et indices, supra plantam (ut dicitur) evagatus, tartareus cognitor, relatione maligna, docuit principem, non nisi suppliciis acrioribus, perniciosa facinora scrutari posse vel vindicari, quae Romae perpetravere complures. 11. His ille cognitis, efferatus, ut erat vitiorum inimicus acer magis quam severus, uno proloquio, in huius modi causas, quas arroganter proposito maiestatis imminutae miscebat, omnes quos iuris prisci iustitia, divorumque arbitria, quaestionibus exemere cruentis, si postulasset negotium, statuit tormentis affligi.). Zu dieser Zeit wurde Maximinus zum vicarius urbis ernannt (AMM. MARC. XXVIII 1,22;3,4), bereits am 13. Juli 371 ist er aber als praefectus praetorio in Gallien belegt (COD. IUST. XI 48,7; VI 22,7). Während er großen Einfluß auf Valentinian I. hatte, wurde er von Gratian zunehmend eingeschränkt (COD. THEOD. IX 6,1.2) und schließlich (376) abgesetzt, verurteilt und hingerichtet (AMM. MARC. XXVIII 1,57).

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nus Marcellinus 37 wenig schmeichelhaft und beschuldigt ihn, viele unnötige und brutale Prozesse gegen vornehme Bürger angezettelt zu haben 38 . Rufin macht ihn auch für Maßnahmen gegen Damasus verantwortlich, die er folgendermaßen benennt: Quo ex facto tanta seditio, immo vero tanta bella coorta sunt alterutrum defendentibus populis, ut replerentur humano sanguine orationum loca. Quae res factione Maximini praefecti scaevi hominis ad invidiam boni et innocentis versa est sacerdotis, ita ut causa ad clericorum usque tormenta duceretur. Sed adsertor innocentiae deus adfuit et in caput eorum, qui intenderant dolum, poena conversa est. 39

Rufin bringt also die Auseinandersetzungen zwischen Damasus und Ursinus im Oktober 366 mit einem Vorgehen des Maximinus gegen Damasus in Verbindung, bei dem offenbar ein Prozeß geführt wurde, der bis zur Folterung von Klerikern führte. Dies würde einerseits völlig mit der Schilderung des Synodalschreibens übereinstimmen und andererseits mit der aus dem Ursinerbericht geschöpften Vermutung über den Inhalt der Anklage gegen Damasus 40 . Zudem würde es zu der antikirchlichen Stimmung passen, die im Gesetz vom Juli 370 zum Ausdruck kommt. Auch von Hieronymus ist eine Bemerkung belegt, die auf Schwierigkeiten des Damasus hinweist, nämlich daß er fast im Netz der Fallstricke einer Partei, wohl der des Ursinus, gefangen gewesen sei und offenbar mit Hilfe des Euagrius einen Sieg davongetragen hat. Im gleichen Zusammenhang wird auch Auxentius erwähnt, der, wieder durch das Wirken des Euagrius, bereits vor seinem Tod begraben worden sei, d.h. schon bevor er gestorben ist, keine Macht mehr hatte. Diese Maßnahme des Euagrius gegen Auxentius muß also eindeutig vor dessen Tod stattgefunden haben 41 : Iam enim ad Euagrii nostri nomen advenimus. Cuius ego pro Christo laborem si arbitrer a me dici posse, non sapiam, si penitus tacere velim, voce in gaudium erumpente non possim. Quis enim valeat digno canere praeconio Auxentium Mediolanii incubantem huius excubiis sepultum paene ante quam mortuum, Romanum episcopum iam paene factionis laqueis inretitum et vicisse adversarios et non nocuisse superatis? 42

Ein Romaufenthalt des Euagrius ist auch durch andere Quellen belegt. Basilius von Caesarea schreibt in einem Brief an Eusebius von Samosata im 37

AMM.MARC. XXVIII 1,5–5. Siehe auch HIER., chron. ad. a. 371. 39 RUFIN, h.e. XI 10 (GCS Eusebius 2,2 1017–1018 MOMMSEN). 40 CASPAR 1928, 189 Anm. 2, vermutet sogar, daß die Abberufung des Maximinus 371 auf einen anderen Posten mit diesem Prozeß gegen Damasus zu tun hat. Zu den Anhängern des Ursinus siehe auch GREEN 1971, 531–538. 41 PIÉTRI 1976, 420 Anm. 1 legt dagegen bei diesem Hieronymusbrief besonderen Wert darauf, daß hier der Tod des Auxentius und der Prozeß des Damasus als gleichzeitig angesehen werden. Das ist m.E. aber nicht die Pointe dieser Erwähnung, sondern es geht eben um die Aktivitäten des Euagrius vor dem Tod des Auxentius. 42 HIER., ep. 1,15 (CSEL 54/1, 8,18–9,4 HILBERG). 38

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Herbst 373, daß Euagrius aus Rom zurückgekehrt sei und Forderungen des Westens vortrage 43 . Somit liegt das Wirken des Euagrius in Rom vor dem Sommer 373, so daß der Bericht des Hieronymus durchaus mit dem bei Rufin geschilderten Ereignis in Einklang gebracht werden kann. Meines Erachtens sprechen die uns vorliegenden Quellen alle dafür, daß der Prozeß des Damasus zwischen 370/71 und Anfang 373 stattgefunden hat – nimmt man eine Beteiligung des Maximinus an, dann wohl am ehesten 371 – und eine Mordanklage, die in Zusammenhang mit den Unruhen während und nach der Bischofswahl und -weihe im Jahr 366 steht, zum Inhalt hatte. Wenn auch das genaue Datum dieses Prozesses nicht eindeutig festgelegt werden kann 44 , so ist doch terminus ad quem die Amtszeit des Simplicius 374/75, denn das Antwortschreiben der Kaiser auf das römische Synodalschreiben nimmt auf eigene Erlasse diese Sache betreffend Bezug, die an Simplicius als vicarius urbis ergangen sind, der zu dieser Zeit amtiert hat 45 . 1.2. Die kaiserliche Antwort 1.2.1. Text und Übersetzung Edition: Collectio Avellana 13 (CSEL 35, 54,15–58,19 GÜNTHER) DE REBAPTIZATORIBUS 46 . GRATIANUS ET VALENTINIANUS AUGG. AQUILINO VICARIO 47 . 1. Ordinariorum sententias iudicum aut temporum limes aut contumacis pronuntiatio aut habitum coram partibus sancit examen et haec mediocris auctoritas labefactari atque convelli nec a po43

Die Urteilssprüche der ordentlichen Richter werden entweder durch die Begrenzung der Zeit oder durch das Geständnis des Übeltäters oder nachdem eine Untersuchung vor den Parteien abgehalten wor-

BAS., ep. 138,2; vgl. zu Euagrius oben Kap. 1.3.3. KÜNZLE 1961, 19f.141.159.165f. votiert für ungefähr 373/74, d.h. zur Zeit von Maximinus und Simplicius, wobei die Datierung dieser Kombination eigentlich unmöglich ist; PIÉTRI 1976, 420–422 spricht sich für vor 374 aus, was er erstaunlicherweise an der Hieronymusstelle festmacht, wobei Euagrius sich einige Zeit vor 374 in Rom aufgehalten haben muß; FERRUA 1950, 1137 entscheidet sich für 377/78, was meines Erachtens bei der geschilderten Quellenlage unwahrscheinlich ist. 45 SEECK, Art. Simplicius 3), PRE 2.Reihe 5. Halbband, 1927, 203: Simplicius ist als vicarius urbis zuerst am 23. März 374 belegt (COD. THEOD. IX 29,1). Amm. Marc. berichtet von Verbindungen zwischen Simplicius und Maximinus und davon, daß Simplicius ebenso Prozesse gegen höhergestellte Persönlichkeiten angezettelt hat (AMM. MARC. XXVIII 1,45–52). Wie Maximinus findet er im Jahr 376 im Illyricum den Tod (AMM. MARC. XXVIII 1,57). 46 Auch diese Überschrift paßt nicht unbedingt zum folgenden Schreiben, denn die Wiedertäufer werden nur in § 8 behandelt, vgl. auch AVELL. 1. 47 Erlassen zwischen dem 9. August 378 und dem 19. Januar 379. 44

1. Damasus, die Kaiser und die beschöfliche Gerichtsbarkeit tentioribus nec ab impudentibus pertimescit: nostra praecepta per vestram neglegentiam destituta quae tandem poterit ferre patientia? Quam quidem dum despicitis excitatis, ut longae tolerantiae desperatos sumat accentus et officium metu cogat agnosci.

2. Etiamne vividius est, quod Ursini inussit amentia, quam quod serenitas nostra mitibus persuasit edictis, ut omnes, qui impios coetus profanata religione temptarent, vel ad centesimum urbis miliarium pellerentur, ubi pertinax furor ab obsequentibus destitutus in eius tantum perniciem rueret, qui solus erraret, et ut condemnati iudicio recte sentientium sacerdotum reditum postea vel ad ecclesias, quas contaminaverant, non haberent vel integrationem iudicii frustra nobis impudenti pervicacia precarentur?

3. Repetat laudanda et spectata sinceritas tua, quales ad virum clarissimum Simplicium quondam vicarium litteras clementia nostra transmiserit, et desinat iterationem sperare mandati, quia pigendus mansuetudinis nostrae pudor est instaurare praeceptum. 4. Ursinum quidem Gallia cohercet et, ne motus aliquos inquietos exerceat, cohibet Agrippina secessio; quem tamen ipsum per occursantes obtundentem saepius quam maerentem ad hoc, ut frequentius abiceretur, audivimus. 5. Hisacem 48 remotus Hispaniae angulus titulo damnationis inclusit, non bene ca-

48

Vgl. AMBR., ep. extra coll. 7,8.

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den ist, festgesetzt; und diese wohlabgewogene Autorität fürchtet nicht, von Mächtigeren oder Unverschämten schwankend gemacht oder untergraben zu werden: Welche Geduld in aller Welt könnte ertragen, daß unsere Anordnungen durch Eure Nachlässigkeit außer Kraft gesetzt worden sind? Während ihr sie mißachtet, fordert ihr sie freilich heraus, so daß sie die verzweifelten Töne der langen Geduld aufnimmt und durch Furcht erzwingt, daß die Pflicht anerkannt wird. Ist sogar lebendiger, was der Wahnsinn des Ursinus entfacht hat, als das, was unsere Durchlaucht mit milden Edikten empfohlen hat, nämlich daß alle, die gottlose Zusammenkünfte, nachdem sie die Religion entweiht haben, zu veranstalten suchen, mindestens 100 Meilen weit vor die Stadt verbannt werden sollen, wo die hartnäckige Raserei, von den Anhängern verlassen, nur zum Untergang dessen führt, der allein in die Irre geht, und daß diejenigen, die durch das Urteil der rechtgläubigen Priester verurteilt worden sind, später zu ihren Kirchen, die sie verdorben hatten, nicht zurückkehren dürfen und vergebens mit unverschämter Hartnäckigkeit eine Erneuerung des Urteils von uns erbitten sollten? Deine lobenswerte und vortreffliche Lauterkeit möge auf die Schreiben zurückgreifen, die unsere Milde dem ehemaligen Vikar, dem sehr berühmten Simplicius gesandt hat, und aufhören, eine Wiederholung des Auftrags zu erhoffen, weil es das Ehrgefühl unserer Milde verdrießt, eine Vorschrift zu erneuern. Gallien bändigt gewiß den Ursinus und das Exil in Köln hält ihn davon ab, irgendwelche aufrührerische Umtriebe anzuzetteln; von ihm haben wir trotzdem gehört, daß er selbst häufiger Leute, die ihm begegnen, belästigt, als daß er betrauert, daß er so oft verbannt worden ist. Eine abgelegene Ecke Spaniens schließt Isaak ein unter dem Kennzeichen der Ver-

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

piti consulturum, si quid turbarum vesanus agitaverit. 6. Parmensis episcopus 49 eo perniciosior, quod inclytae urbi magis proximus, et imperitorum multitudinem vicinus exagitat et ecclesiam de qua iudicio sanctorum praesulum deiectus est, inquietat inanem videlicet gloriam sententiae gravioris exspectans: quem si quid decessor tuus devoti vigoris habuisset, porro ultra fines debuisset extrudere.

7. Et Florentius Puteolanus 50 post damnationem, quam recto iudicio convictus accepit ac mansuetudinem nostram inquietare conatus dignum tulit improba offensione responsum: post quintum decimum annum 51 ecclesiam, de qua fuerat extrusus, rursus contaminare conatur, congregationes illicitas facere molitur egentemque consilii multitudinem perditi animi persuasione depravat: nostrorum videlicet iudicum socordia fretus, qui privatae gratiae imperialia praecepta condonant et religionem, quam nos iure veneramur, quia fortasse ipsi neglegunt, inquietari patienter accipiunt.

8. Claudianus 52 etiam ab his, qui contra divina praecepta initia 53 religionis instaurant, ab his, inquam, quos expelli iusseramus 54 , accitus, quasi parum facinoris

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urteilung, und er würde schlecht für sein Leben sorgen, wenn er wahnsinnig Unruhen anzetteln würde. Der Bischof von Parma, umso schädlicher, weil er der erhabenen Stadt weit näher ist, stachelt sowohl als Nachbar die Menge der Unerfahrenen auf und versetzt die Kirche, aus der er durch das Urteil der heiligen Vorsteher vertrieben worden ist, in Unruhe, während er den offensichtlich nichtigen Ruhm eines härteren Urteils erwartet: den hätte Dein Vorgänger, wenn er irgendeine gottergebene Tatkraft gehabt hätte, sogleich weit über die Grenzen hinauswerfen sollen. Auch Florentius von Puteoli, der nach seiner Verurteilung, die er, durch ein gerechtes Urteil überführt, empfangen hat, und nachdem er, als er versucht hat, unsere Milde zu behelligen, die würdige Antwort für seine unredliche Beleidigung ertragen hat, versucht nach 15 Jahren die Kirche, aus der er vertrieben worden war, wiederum zu verderben, strengt sich an, unerlaubte Versammlungen zu veranstalten, und verdirbt die Menge, die Rat bedarf, mit der Überzeugung seines ruchlosen Geistes. Er vertraut dabei natürlich auf die Fahrlässigkeit unserer Richter, die die kaiserlichen Anordnungen ihrem privaten Vorteil opfern und die geduldig hinnehmen, daß die Religion in Unruhe versetzt wird, die wir mit Recht verehren, weil sie selbst sie wahrscheinlich geringschätzen. Auch Claudianus ist von denen, die gegen die göttlichen Vorschriften das Einführungsritual der Religion erneuern, von denen, sage ich, die wir zu vertreiben befoh-

Vgl. AMBR., ep. extra coll. 7,5. Vgl. AMBR., ep. extra coll. 7,5. 51 Dieser Zeitraum ist wohl zu lang, denn die Relatio bietet hier nur 6 Jahre, vgl. Kap. 3.1.1.1. 52 Vgl. AMBR., ep. extra coll. 7,7. 53 Die Kaiser umschreiben hier die Taufe mit einem Begriff der antiken Religion; gemeint sind hierbei die Wiedertäufer, wie aus dem Schreiben Et hoc gloriae vestrae (DAM., relatio 7) deutlich wird. 54 Vgl. dazu das Gesetz gegen die Wiedertäufer COD. THEOD. XVI 6,1 vom 20. Febr. 373 (880 MOMMSEN): IMPP. VAL(ENTINI)ANVS ET VALENS AA. IVLIANVM 50

1. Damasus, die Kaiser und die beschöfliche Gerichtsbarkeit aggressus esset, si in Africa perstitisset, Romae sese dicitur intimasse falsusque praeceptor vel expertes adhuc devio profanare mysterio vel iam initiatos ex integro nititur flagitio maiore corrumpere, cum religionis sanctissimae disciplinam non cumulet iteratio sed evertat. Quem nos Claudianum dissimili poena ac meruit persequentes repetere tantummodo patriam hactenus commota severitate praecepimus. Sed residere etiamnunc dicitur imperitosque sollicitans et cassa nomina mercede conquirens perdit animas corporum redemptorum.

9. Hinc illi insectatores sanctissimae sedis non solum dei numine, quod satis erat, sed etiam iudiciorum examine 55 exploratum mentis sanctissimae virum, ut

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len haben, herbeigeholt worden, als ob er zu wenig Untaten in Angriff hätte nehmen können, wenn er in Afrika geblieben wäre, und soll sich in Rom bekannt gemacht haben und bemüht sich darum, als falscher Lehrer die bisher Unbeteiligten mit seinem irreführenden Sakrament zu schänden oder schon Eingeführte durch größeren Frevel mit einer neuerlichen Einführung zu verderben, weil eine Wiederholung die Ordnung der heiligsten Religion nicht vermehrt, sondern verdirbt. Wir haben angeordnet, daß dieser Claudianus, den wir nicht mit der seinen Verdiensten entsprechenden Strafe verfolgen, nur in sein Vaterland zurückkehrt und haben insoweit Strenge angewendet. Aber man sagt, daß er auch jetzt noch hier ist und, indem er die Unerfahrenen anstachelt und gegen Honorar leere Namen beizubringen sucht, die Seelen der erlösten Körper verdirbt. Damit beunruhigen jene Verfolger des heiligsten Stuhls das Volk, für die Damasus der Gottheit Bürge ist, nachdem sie die Hoffnung aufgegeben haben, daß er

PROCONS(VLEM) AFRICAE. Antistitem, qui sanctitatem baptismi inlicita usurpatione geminaverit et contra instituta omnium eam gratiam iterando contaminaverit, sacerdotio indignum esse censemus. DAT. X KAL. MART. TREV(IRIS) VAL(ENTINI)ANO ET VALENTE IIII AA. CONSS. COD. THEOD. XVI 6,2 vom 17. Okt. 377 (880f. MOMMSEN): IMPPP. VALENS, GRATIANVS ET VAL(ENTINI)ANVS AAA. AD FLORIANVM VIC(ARIVM) ASIAE. Eorum condemnamus errorem, qui apostolorum praecepta calcantes Christiani nominis sacramenta sortitos alio rursus baptismate non purificant, sed incestant, lavacri nomine polluentes. Eos igitur auctoritas tua erroribus miseris iubebit absistere ecclesiis, quas contra fidem retinent, restitutis catholicae. Eorum quippe institutiones sequendae sunt, qui apostolicam fidem sine intermutatione baptismatis probaverunt. Nihil enim aliud praecipi volumus, quam quod evangeliorum et apostolorum fides et traditio incorrupta servavit, sicut lege divali parentum nostrorum Constantini Constanti Valentiniani decreta sunt. Sed plerique expulsi de ecclesiis occulto tamen furore grassantur, loca magnarum domorum seu fundorum inlicite frequentantes; quos fiscalis publicatio conprehendet, si piaculari doctrinae secreta praebuerint, nihil ut ab eo tenore sanctio nostra diminuat, qui dato dudum ad Nitentium praecepto fuerat constitutus. Quod si errorem suum diligunt, suis malis domesticoque secreto, soli tamen, foveant virus impiae disciplinae. DAT. XVI KAL. NOV. CONST(ANTINO)P(O)LI GR(ATI)ANO A. IIII ET MEROBAVDE CONSS. 55 Auch hier ist also mindestens ein Prozeß gegen Damasus belegt, der mit seiner Rehabilitierung beendet worden ist.

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etiam divo patri nostro Valentiniano 56 est comprobatum, turpissimis calumniis episcopum Damasum inquietare non veriti, postquam desperaverunt posse percelli, populum, pro quo ille divinitati obses est, inquietant 57 .

10. Sed hactenus steterit iners dissimulatio iudicantum; nec necesse est admonere, quo possit sanctio contempta procedere; hactenus, inquam, steterit 58 apparitorum supina desidia 59 : posthac nisi omnes, ut nominatim iussionis nostrae summa complectitur, vel quos turbas istiusmodi molientes sancti episcoporum concilii 60 consensus ostenderit, ultra centesimum miliarium ab urbe depuleris 61 atque earum civitatum finibus extorres esse praeceperis, quarum plebem vel ecclesias vel per se vel per simile sui vulgus exercent, praeter aestimationis iniuriam, cuius apud bonos iactura non levis est, piaculum neglectae sanctionis incurres.

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zugrunde gerichtet werden kann. Sie hatten sich nämlich nicht gescheut, den Bischof Damasus in schändlichster Weise mit falschen Anklagen zu behelligen, der nicht nur durch den Willen Gottes, was genug gewesen wäre, sondern auch durch eine Untersuchung, die im Rahmen von Gerichtsverhandlungen stattgefunden hat, als ein Mann von heiligster Gesinnung ermittelt worden ist, wie es auch von unserem göttlichen Vater Valentinianus bekräftigt wurde. Aber bis jetzt mag die träge Nachlässigkeit der Richter Bestand haben; und es muß nicht daran erinnert werden, wohin es führen kann, wenn eine Anordnung mißachtet wird; bis jetzt, sage ich, mag die lässige Untätigkeit der öffentlichen Diener nicht geahndet werden: wenn du aber von jetzt an nicht alle Personen, wie sie das Hauptstück unserer Anordnung namentlich umfaßt, und diejenigen, die, weil sie auf solche Weise Unruhe erregten, das gemeinsame Urteil des heiligen Konzils der Bischöfe anzeigte, mindestens 100 Meilen vor die Stadt hinaustreibst und befiehlst, daß sie als von dem Gebiet dieser Bürgerschaften Vertriebene gelten, deren Volk oder Kirchen sie entweder selbst oder durch einen ihnen ähnlich gesinnten Haufen nicht ruhen lassen, wirst du dir außer der Einbuße an Wertschätzung, was bei den Guten kein leichter Verlust ist, auch die Strafe einer mißachteten Anordnung zuziehen.

Valentinianus I. (364–375) ist offenbar der Kaiser, der Damasus freigesprochen hat. Auch nach dem Freispruch des Damasus haben demnach die Anhänger des Ursinus nicht aufgehört, gegen Damasus zu agitieren, wobei sie insbesondere versucht haben, das Volk bzw. die Gemeinde gegen ihn aufzuhetzen. 58 Die bisherige Nachlässigkeit soll also nicht geahndet werden, so daß sich die Richter erst ab diesem Zeitpunkt mit ihrem Verhalten strafbar machen. 59 Dieser Zustand, daß die Anhänger des Ursinus gegen Damasus agitieren und staatlicherseits nicht eingegriffen wird, scheint also bis zu diesem Erlaß Ende des Jahres 378 bestanden zu haben. 60 Damit ist wohl die römische Synode gemeint, die im Jahr 378 das Schreiben an die Kaiser gesandt hat, das sie hiermit beantworten. 61 Vgl. § 2: dabei handelt es sich offenbar um eine Anordnung, die bereits an Simplicius erlassen worden ist. 57

1. Damasus, die Kaiser und die beschöfliche Gerichtsbarkeit 11.Volumus autem, ut, quicumque 62 iudicio Damasi, quod ille cum concilio quinque vel septem habuerit episcoporum, vel eorum qui catholici sint iudicio atque concilio condemnatus erit, si iniuste voluerit ecclesiam retentare vel evocatus ad sacerdotale iudicium per contumaciam non esse, seu ab illustribus viris praefectis praetorio Galliae atque Italiae auctoritate adhibita ad episcopale iudicium remittatur sive a proconsulibus vel vicariis ad urbem Romam sub prosecutione perveniat,

12. aut si in longinquioribus partibus alicuius ferocitas talis emerserit, omnis eius causae dictio ad metropolitani in eadem provincia episcopi deducatur examen, vel, si ipse metropolitanus est, Romam necessario vel ad eos, quos Romanus episcopus iudices dederit, sine relatione contendat, ita tamen ut, quicumque deiecti sunt, ab eius tantum urbis finibus segregentur, in quibus fuerint sacerdotes. Mitius enim graviter meritos cohercemus et sacrilegam pertinaciam lenius quam merentur ulciscimus.

13. Quod si vel metropolitani episcopi vel cuiuscumque alterius sacerdotis iniquitas suspectatur aut gratia, ad Romanum episcopum vel ad concilium quindecim finitimorum episcoporum arcessito liceat provocare, modo ne post examen habitum, quod definitum fuerit, integretur.

14. Iam vero illud, quod in negotiis quoque rerum minorum et in levibus causae dictionibus animis nostris iustitia natura-

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Wir wollen aber, daß, wer auch immer durch das Urteil des Damasus, das er mit einem Konzil von fünf oder sieben Bischöfen gefällt hat, oder durch das Urteil und Zusammenkunft derer, die katholisch sind, verurteilt worden ist, wenn er unrechtmäßig seine Kirche behalten will oder, vor ein bischöfliches Gericht geladen, aus Hochmut nicht erscheint, entweder durch die Autorität der angesehenen Männer, der Prätorialpräfekten Galliens und Italiens an das bischöfliche Gericht zurückverwiesen werde oder von den Prokonsuln oder Vikaren vorgeladen zur Stadt Rom unter Begleitung komme. Oder wenn in weiter entfernten Landesteilen eine solche Frechheit von irgendjemand auftaucht, soll die ganze Verantwortung in diesem Fall auf den Metropolitanbischof in dieser Provinz zur Untersuchung übergehen, oder, wenn es der Metropolite selbst ist, soll der Fall notwendigerweise nach Rom oder an die-jenigen, die der römische Bischof als Richter eingesetzt hat, ohne Berufung weitergeleitet werden, so daß dennoch, wer auch immer abgesetzt worden ist, nur aus dem Gebiet der Stadt, in dem er Priester war, vertrieben werde. Denn Leute, die sich Schweres zuschulden kommen ließen, züchtigen wir milder und gotteslästerliche Hartnäckigkeit bestrafen wir mäßiger als sie es verdienen. Wenn aber ein Metropolitanbischof oder irgendein anderer Bischof der Ungerechtigkeit oder Parteilichkeit verdächtigt wird, sei es dem Beschuldigten erlaubt, an den römischen Bischof oder an ein Konzil von 15 Nachbarbischöfen zu appellieren, nur vorausgesetzt, daß nicht nach abgehaltener Untersuchung, erneuert wird, was bereits beendet worden ist. Aber wir wollen auch noch dem, was auch in Verhandlungen geringerer Angelegenheiten und in weniger wichtigen Gerichts-

62 Die folgenden unterstrichenen bzw. punktiert unterstrichenen Passagen finden sich wortwörtlich bzw. dem Sinn nach als Forderung formuliert im römischen Synodalschreiben desselben Jahres 378.

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lis 63 inseruit, multo diligentius in causis iustissimis volumus convalescere, ne facile sit cuicumque perdito notabili pravitate morum aut infami calumnia notato personam criminatoris assumere aut testimonii dictionem in accusationem episcopi profiteri 64 .

aussprachen das natürliche Rechtsempfinden unseren Herzen eingegeben hat, um so sorgfältiger in den gerechtesten Prozessen Geltung verschaffen, damit es nicht irgendeinem grundschlechten Menschen leicht gelingt, mit berüchtigter Verkehrtheit der Sitten entweder, obwohl er durch die entehrende falsche Anklage entlarvt ist, die Rolle des Anklägers für sich in Anspruch zu nehmen oder seine Zeugenaussage zur Anklage gegen den Bischof zu verwenden.

1.2.2. Gliederung und Inhalt Das Antwortschreiben der Kaiser Gratian und Valentinian, das sie an den Vikar Aquilinus senden, stammt ebenfalls aus dem Jahr 378. Das Schreiben bezieht sich eindeutig auf den Brief der römischen Synode desselben Jahres, geht sogar passagenweise am Brief entlang und zitiert oder paraphrasiert den Wortlaut dieses Textes. Der Brief beginnt mit einer Zurechtweisung des Aquilinus (§§1–3), der die im Synodalschreiben genannten Mißstände, nämlich daß die Anhängerschaft des Ursinus immer noch wirksam sein kann, durch Nachlässigkeit habe geschehen lassen. Man habe bereits an Simplicius erlassen, daß diese Leute sich mindestens 100 Meilen von Rom entfernt aufhalten müssen, zu ihren Kirchen nicht mehr zurückkehren und auch nicht an ein kaiserliches Gericht appellieren dürfen. Diese Erlasse solle Aquilinus von sich aus erneuern und wieder in Kraft setzen. § 4 stellt fest, daß Ursinus sich in Gallien, in Köln, im Exil befindet, § 5, daß Isaak in Spanien festgehalten und in Schranken gehalten wird. Die folgenden §§ 6–8 gehen auf die im Synodalschreiben genannten Beispiele des Bischofs von Parma, des Florentinus Puteolanus und des Claudianus ein, gegen die man schon lange etwas hätte unternehmen sollen. Die Kaiser wiederholen die in dem an sie adressierten Brief gegebenen Schilderungen, ergänzen sie und empören sich über diese Vorfälle.

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Vgl. NESCHKE, Art. Gerechtigkeit, Der Neue Pauly 4, 1998, 951–953. Damit wird wohl der Prozeß des Damasus angesprochen, bei dem nach diesen Angaben sowohl ein falscher Ankläger als auch falsche Zeugen aufgetreten sind. Damit wird aber die letzte Forderung des Synodalschreibens nach einem herausgehobenen Gerichtsstand des römischen Bischofs abgelehnt. Es wird lediglich angeordnet, wie bei jedem Prozeß auch hier auf den Leumund des Klägers zu achten, damit nicht wieder falsche Ankläger gegen den Bischof auftreten können, und zwar offenbar, indem man darauf achten soll, daß in solchen Angelegenheiten nicht für ihre Falschheit berüchtigte Personen (notabili; notato) auftreten. 64

1. Damasus, die Kaiser und die beschöfliche Gerichtsbarkeit

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In § 9 schließlich wird der Fall des Damasus angesprochen, denn mit den geschilderten Ereignissen solle die römische Gemeinde in Unruhe versetzt werden, die nun, da man gemerkt hat, daß man Damasus nicht stürzen kann, stellvertretend für ihn bedrängt wird. Damasus selbst wird als Mann von heiligster Gesinnung charakterisiert, der von diesen Personen unter eine falsche Anklage gestellt worden ist, so daß durch ein Gericht und durch den Kaiser Valentinian I. selbst seine Integrität überzeugend bestätigt worden ist. § 10 nimmt die Aussagen von §§ 1–3 nochmals auf, wieder werden die Richter als faul und nachlässig beschrieben und Aquilinus der Auftrag gegeben, alle diese genannten Personen mindestens 100 Meilen vor die Stadt hinauszutreiben, eine Anordnung, die bereits an Simplicius ergangen war. Bei Zuwiderhandlung wird mit Strafe gedroht. Auffallend ist hier der zornige Ton, in dem diese Anordnung formuliert wird. Die Kaiser zeigen sich empört darüber, daß staatlicherseits bisher nicht gegen diese Unruhen, die sich gegen den Bischof von Rom richten, eingeschritten worden ist. In den §§ 11–13 werden sodann die Forderungen des römischen Synodalschreibens bestätigt und als Anordnung an den vicarius urbis weitergegeben. Die Kaiser übernehmen hier passagenweise den Wortlaut des kirchlichen Schreibens, fügen aber einige aufschlußreiche Ergänzungen hinzu 65 . In § 14 wird schließlich über die Forderung, Damasus in Rechtsfragen direkt dem Kaiser zu unterstellen, hinweggegangen, indem man betont, daß auch in solchen Gerichtsverfahren gemäß der natürlichen Gerechtigkeit auf den Leumund des Klägers geachtet werden soll, damit es nicht mehr dazu kommt, daß ein Bischof auf so offensichtliche Weise unter falsche Anklage gestellt werde. 1.2.3. Die bischöfliche Gerichtsbarkeit Die bischöfliche Schiedsgerichtsbarkeit, um die es in diesen Anordnungen geht, ist durchaus nichts Neues. Bereits von Konstantin I. wurden Gesetze diesbezüglich erlassen 66 . Es handelt sich hierbei um den Bereich der Zivilgerichtsbarkeit, die, wenn es eine Partei wünscht, einem Bischof übertragen werden kann 67 . Sie geht auf Paulus zurück, der sich in 1Kor 6f. dage65

Eine ausführliche Analyse folgt im nächsten Kapitel, unten 3.1.2.3. Vgl. dazu GIRARDET 1975, zum Bischof als kaiserlichem Richter siehe MARKSCHIES 1998a, 456–460 (mit weiterer Literatur); zur sogenannten „audientia episcopalis“ siehe außerdem BAUMGART 1995, 24–27 und SELB 1967, 162–217. 67 COD. THEOD. I 27,1 (62 MOMMSEN): IMP. CONSTANTINVS A. Iudex pro sua sollicitudine observare debebit, ut, si ad episcopale iudicium provocetur, silentium accomodetur et, si quis ad legem Christianam negotium transferre voluerit et illud iudicium observare, audiatur, etiamsi negotium apud iudicem sit inchoatum, et pro sanctis habeatur, quidquid ab his fuerit iudicatum: ita tamen, ne usurpetur in eo, ut unus ex litigan66

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

gen ausspricht, daß innergemeindliche Streitigkeiten nach außen getragen werden. Bereits vor dem römischen Synodalschreiben im Jahr 378 waren weitere Gesetze über diese bischöfliche Gerichtsbarkeit erlassen worden, wie z.B. im Jahre 376: IMPPP. VALENS GR(ATI)ANVS ET VAL(ENTINI)ANVS AAA. ARTEMIO, EVRYDICO, APPIO, GERASIMO ET CETERIS EPISCOPIS. Qui mos est causarum civilium, idem in negotiis ecclesiasticis obtinendus est: ut, si qua sunt ex quibusdam dissensionibus levibusque delictis ad religionis observantiam pertinentia, locis suis et a suae dioeceseos synodis audiantur: exceptis, quae actio criminalis ab ordinariis extraordinariisque iudicibus aut inlustribus potestatibus audienda constituit. 68

Hier wird bestimmt, daß in kirchlichen Angelegenheiten wie in Zivilprozessen vorgegangen werden soll, nämlich daß der Fall an einem kirchlichen Ort von einer Synode der Diözese verhandelt werden soll. Ausdrücklich werden aber Delikte, die in den Bereich der Kriminalgerichtsbarkeit fallen, ausgenommen. Diese müssen vor einem ordentlichen Gericht entschieden werden. Als Bereich der bischöflichen Gerichtsbarkeit werden außerdem nur Fälle genannt, die den religiösen Bereich betreffen, also nicht die ganze Zivilgerichtsbarkeit. Aus dem römischen Synodalschreiben an die Kaiser 378 erfahren wir rückblickend, daß nach dem Prozeß gegen Ursinus von den Kaisern festgelegt wurde, daß der römische Bischof über die anderen Priester bzw. Bischöfe richten soll und zwar in Fragen, die die Religion betreffen: ... statuistis ... ut auctore (Ursino) damnato ceterisque, quos ad turbarum sibi incentiva sociaverat, sicut oportebat a perditi coniunctione divulsis de reliquis ecclesiarum sacerdotibus episcopus Romanus haberet examen, ut et de religione religionis pontifex cum consortibus iudicaret nec ulla fieri videretur iniuria sacerdotio, si sacerdos nulli usquam profani iudicis, quod plerumque contingere poterat, arbitrio facile subiaceret. 69

Es wurde also im Hinblick auf den Inhalt der bischöflichen Gerichtsbarkeit nichts Neues bestimmt, lediglich der religiöse Bereich ist davon betroffen. Allerdings wird angedeutet, daß bezüglich der kirchlichen Hierarchie eine Entscheidung getroffen wurde, nämlich daß Damasus als oberster kirchlicher Richter in Disziplinarangelegenheiten, also betreffend der anderen Bischöfe und Priester, eingesetzt worden ist, allerdings nicht allein, sondern

tibus pergat ad supra dictum auditorium et arbitrium suum enuntiet. Iudex enim praesentis causae integre habere debet arbitrium, ut omnibus accepto latis pronuntiet. Dieses Gesetz wird bestätigt in CONST. SIRM. I im Jahr 333. Vgl. dazu auch CASPAR 1928, 180f. 68 COD. THEOD. XVI 2,23 (376 Mai. 17). 69 DAM., relatio 2 = AMBR., ep. extra coll. 7,2 (192,22–32 ZELZER).

1. Damasus, die Kaiser und die beschöfliche Gerichtsbarkeit

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cum consortibus, d.h. zusammen mit anderen Bischöfen, über die er aber offenbar den Vorsitz hat. Auch Ambrosius erwähnt ein Gesetz dieser Art: Nec quisquam contumacem iudicare me debet, cum hoc asseram quod augustae memoriae pater tuus [Valentinian I.] non solum sermone respondit, sed etiam legibus suis sanxit: „In causa fidei vel ecclesiastici alicuius ordinis eum iudicare debere, qui nec munere impar sit, nec iure dissimilis. Haec enim verba rescripti sunt hoc est sacerdotes de sacerdotibus voluit iudicare; quin etiam si alias quoque argueretur episcopus et morum esset examinanda causa, etiam haec voluit ad episcopale iudicium pertinere. 70

Er benennt als wichtigen Kernpunkt, daß über Geistliche nur Geistliche richten sollen und zitiert offenbar aus dem kaiserlichen Reskript. Auch wenn es um anderes, nämlich eine causa morum gehe, solle sich der Bischof vor einem bischöflichen Gericht verantworten. Über eine Hierarchie der Bischöfe weiß Ambrosius in diesem Zusammenhang aber nichts zu berichten. Das Synodalschreiben vom Jahr 378 blickt wohl auf diese Gesetzgebung zurück und betont ausdrücklich, daß das, was man fordere, von den Kaisern schon lange gewährt worden sei, jedoch die Verwirklichung dieser Gesetzgebung nicht gelinge, da es der bischöflichen Gerichtsbarkeit an einer wirksamen Exekutive fehle. Die kaiserliche Anwort bestätigt, daß bereits eine staatliche Exekutive der bischöflichen Urteile angeordnet worden ist, aber durch Nachlässigkeit der Richter nicht ausgeführt wurde. Die Kaiser ordnen an, daß diese Bestimmungen, die an Simplicius ergangen sind, die Leute betreffend, die von Bischöfen verurteilt wurden (condemnati iudicio recte sentientium sacerdotum), erneuert werden. Diese Leute sollen 100 Meilen vor die Stadt hinaus vertrieben werden, ihre Rückkehr soll verhindert werden ebenso wie ihre Appellation an ein staatliches Gericht 71 . Zusätzlich bestätigen die Kaiser in ihrem Reskript die Forderungen, die das römische Synodalschreiben formuliert hat: Wenn ein Bischof durch das Urteil des Damasus, das er mit fünf oder sieben Bischöfen zusammen gefällt hat oder durch das Urteil und die Beratung derer, die katholisch sind, also wohl einer anderen Gruppe von Bischöfen, verurteilt worden ist, sollen staatliche Beamte für die Vollstreckung dieses Urteils sorgen bzw. dafür, daß die bischöfliche Gerichtsbarkeit überhaupt stattfinden kann. Zwei Fälle werden explizit genannt, nämlich erstens, wenn dieser Bischof unrechtmäßig seine Kirche behalten will, und zweitens, wenn einer, der vor ein bischöfliches Gericht geladen worden ist, sich weigert zu erscheinen. Im ersten Fall soll derjenige durch die Prätorialpräfekten Galliens und Ita70 AMBR., ep. 75,2 (CSEL 82/3, 74,12–75,19 ZELZER; an Valentinian II. im Jahr 386); vgl. auch SOZ., h.e. VI 7; THDT., h.e. IV 6 und CASPAR 1928, 180. 71 AVELL. 13,2, vgl. auch 10.

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

liens zum bischöflichen Gericht zurückgeschickt werden, im zweiten Fall durch die Prokonsuln und Vikare nach Rom geleitet werden. Wenn in weiter von Rom entfernten Gebieten derartiges geschieht, soll die Angelegenheit dem Metropolitanbischof übertragen werden, aber wenn es der Metropolitanbischof selbst ist, soll er zum römischen Bischof oder zu Richtern, die der römische Bischof eingesetzt hat, gebracht werden, und zwar mit dem Ziel, daß diese Bischöfe nur aus dem Gebiet verbannt werden, in dem sie das Bischofsamt innehatten. Die Kaiser übernehmen hier genau die Forderungen, die die Bischöfe formuliert haben. Während jedoch das Synodalschreiben Damasus oder andere Bischöfe nennt, die ein Urteil fällen können, wird von Seiten der Kaiser betont, daß dieses Urteil von einer Gruppe von Bischöfen gemeinsam gefällt werden muß: ... quicumque iudicio Damasi, quod ille cum concilio quinque vel septem habuerit episcoporum, vel eorum qui catholici sint iudicio atque concilio condemnatus erit . 72

Mit diesen Anordnungen wird also einerseits bestimmt, daß, falls es Probleme bei der bischöflichen Gerichtsbarkeit gibt, d.h. das Urteil nicht vollstreckt werden kann oder der Prozeß nicht stattfinden kann, die kaiserlichen Beamten eingreifen sollen. Andererseits werden damit auch hierarchische Instanzen festgelegt; denn bei Vorfällen dieser Art sollen, wenn möglich, d.h. wenn es die Entfernung zuläßt, diese Bischöfe nach Rom zum römischen Bischof gebracht werden. In weiter entfernten Gebieten soll die Angelegenheit an den Metropolitanbischof gegeben werden, handelt es sich um ihn selbst, soll er trotz der Entfernung nach Rom verwiesen werden. Somit wird Rom zur obersten Instanz in dieser Art von kirchlicher Gerichtsbarkeit bestimmt. Dazu paßt auch eine weitere Bestimmung, die die Kaiser bestätigen, nämlich die, daß ein Metropolitanbischof oder ein anderer Bischof, der in den Verdacht geraten ist, sein Amt nicht richtig zu versehen, d.h. ungerecht oder parteilich zu handeln, im ersten Fall an den Bischof von Rom oder im zweiten Fall an ein Konzil von 15 Nachbarbischöfen appellieren kann. Wieder wird also bestimmt, daß die Metropolitanbischöfe in Disziplinarfragen dem römischen Bischof unterstehen. Der Forderung des Damasus, in Fragen der weltlichen Gerichtsbarkeit den ordentlichen Gerichten entzogen zu sein und direkt dem Kaiser unterstellt zu werden, wird hingegen nicht entsprochen. Vielmehr betonen die Kaiser, daß sie von nun an darauf achten werden, daß die iustitia naturalis, das natürliche Rechtsempfinden, in diesen Angelegenheiten mehr zur Geltung komme, und daß falsche Anklagen, wie sie im Fall des Damasus vor72 AVELL. 13,11 (57,17–19 GÜNTHER); vgl. dazu die Formulierungen in DAM., relatio 9 = AMBR., ep. extra coll. 7,9: ... quicumque vel eius (Damasus) vel nostro iudicio qui catholici sumus fuerit condemnatus ... .

1. Damasus, die Kaiser und die beschöfliche Gerichtsbarkeit

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kamen, nicht mehr so einfach möglich sind. Dabei hätte es sich um offensichtlich falsche Anklagen gehandelt, die man als solche eigentlich entlarven hätte können; so lassen jedenfalls die Formulierungen der Kaiser durchblicken. Damit ist das Ansinnen des Damasus offensichtlich abgelehnt, da die Kaiser dessen Notwendigkeit nicht einsehen 73 . Damit kann man zusammenfassend sagen, daß mit dem Reskript an den vicarius urbis Aquilinus im Jahr 378 weder angeordnet wurde, daß die Geistlichen der weltlichen Gerichtsbarkeit entzogen werden, noch eine völlig neue Situation entstanden ist 74 . Es geht dabei um die seit Konstantin staatlich anerkannte bischöfliche Gerichtsbarkeit, und zwar ganz speziell um den Bereich der kirchendisziplinarischen Fragen Geistliche betreffend, nämlich um die Absetzung von Bischöfen. Hier wird zunächst eine Anordnung, die bereits an Simplicius erlassen worden ist, erneuert. Die staatliche Exekutive soll dafür sorgen, daß diejenigen, die rechtmäßig durch ein bischöfliches Urteil von ihrem Bischofsamt abgesetzt worden sind, sich mindestens 100 Meilen von ihrem bisherigen Wirkungsort entfernt aufhalten dürfen. Außerdem soll sie für den reibungslosen Ablauf der bischöflichen Gerichtsbarkeit sorgen, wobei ein genauer Instanzenweg von den Kaisern bestätigt worden ist, so daß der Bischof von Rom als oberster kirchlicher Richter eingesetzt ist 75 . Damasus ist somit der erste römische Bischof, der versucht, mit Hilfe der Kaiser seine kirchliche Gerichtsbarkeit zu stärken und zu stützen und auf diese Weise Rom als Zentrum der Kirche zu etablieren 76 . 1.3. Damasus und Theodosius Theodosius I. wird am 19. Januar 379 in Sirmium von Kaiser Gratian zum Mitregenten ernannt. Er war Sohn christlicher Eltern und verzichtete wohl als erster Kaiser auf den Titel pontifex maximus 77 . Gleich mit seinem ersten Gesetz, das den kirchlichen Bereich betraf, schlägt er einen neuen Weg kaiserlicher Gesetzgebung ein, denn, während bisher nur gegen wenige eindeutig häretische christliche Gruppierungen

73 Ebenso CASPAR 1928, 200, gegen RADE 1882, 40f., der behauptet, daß die Kaiser sich im Reskript an Aquilinus gar nicht über diese Frage äußern. 74 So aber RADE 1882, 24, WITTIG 1902, 37, GETZENY 1922, 37. 75 Vgl. dazu auch VACCA 1993, 26; MACCARONE 1991,283–287. 76 Daß gerade dieser kirchenrechtliche Bereich den römischen Bischöfen besonders zur Einforderung und Etablierung des römischen Primats diente, hat MORDEK 1991,523– 566 gezeigt. 77 Vgl. zu Theodosius I. vor dem Edikt Cunctos populos ENSSLIN 1953, 87–98; Gratian legt 383 seinen Titel pontifex maximus ab (Zosimus, hist. 4,36,3–5; vgl. MARKSCHIES 1998b, 15).

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

Gesetze erlassen wurden, wie z.B. gegen Wiedertäufer 78 und Manichäer 79 oder pauschal gegen Häretiker insgesamt 80 , bestimmt nun der Kaiser positiv, was unter Rechtgläubigkeit zu verstehen ist, und äußert damit ein „Grundsatzprogramm“ 81 , das in den Folgejahren weiter präzisiert wurde; und zwar indem er inhaltlich das zentrale christliche Bekenntnis zur Trinität festlegt und diese fides an bestimmte Personen bindet: das Glaubensbekenntnis sei vom Apostel Petrus den Römern anvertraut worden und vom römischen Bischof Damasus und dem alexandrinischen Bischof Petrus so bewahrt worden, die beide deshalb Maßstab des rechten Glaubens seien: IMPPP. GR(ATI)ANVS, VAL(ENTINI)ANVS ET THE(O)D(OSIVS) AAA. EDICTVM AD POPVLVM VRB(IS) CONSTANTINOP(OLITANAE). Cunctos populos 82 , quos clementiae nostrae regit temperamentum, in tali volumus religione versari, quam divinum Petrum apostolum tradidisse Romanis 83 religio usque

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COD. THEOD. XVI 6,1 (373 Febr. 20) und 6,2 (377 Oct. 17). COD. THEOD. XVI 5,3 (372 Mart. 2) 80 COD. THEOD. XVI 5,4 (über die Konfiskation von Kirchen im Besitz von Häretikern) und insbesondere 5,5 vom 3. Aug. 379 (856 MOMMSEN): IMPPP. GRATIANVS, VAL(ENTINI)ANVS ET THEOD(OSIVS) AAA. AD HESPERIVM P(RAEFECTVM) P(RAETORI)O. Omnes vetitae legibus et divinis et imperialibus haereses perpetuo conquiescant. Quisquis opinionem plectibili ausu dei profanus inminuit, sibi tantummodo nocitura sentiat, aliis obfutura non pandat. Quisquis redempta venerabili lavacro corpora reparata morte tabificat, id auferendo quod geminat, sibi solus talia noverit, alios nefaria institutione non perdat. Omnesque perversae istius superstitionis magistri pariter et ministri, seu illi sacerdotali adsumptione episcoporum nomen infamant seu, quod proximum est, presbyterorum vocabulo religionem mentiuntur, seu etiam se diaconos, cum nec Christiani quidem habeantur, appellant, hi conciliabulis damnatae dudum opinionis abstineant. Denique antiquato rescripto, quod apud Sirmium nuper emersit, ea tantum super catholica observatione permaneant, quae perennis recordationis pater noster et nos ipsi victura in aeternum aeque numerosa iussione mandavimus. DAT. III NON. AVG. MEDIOL(ANO), ACC. XIII KAL. SEPT. AVXONIO ET OLYBRIO CONSS. Dieses Gesetz hat sicher Gratian in Mailand unter dem Einfluß des Ambrosius erlassen, siehe auch COLEMAN-NORTON 1966, 351f., vgl. auch RITTER 1965, 28. 81 So überzeugend RITTER 1965, 30 und 221–224 vor allem gegen ENSSLIN, der besonders den Gesetzescharakter und die Verbindlichkeit des formulierten Glaubensbekenntnisses betont. Vgl. auch KLEIN 2002a, 239-242. 82 Obwohl das Edikt an das Volk von Konstantinopel gerichtet ist, gilt es für das ganze römische Reich; RITTER 1965, 28 formuliert dies so: „Mit einer Deutlichkeit, die nichts zu wünschen übrigließ, kam dann die Zielsetzung der theodosianischen Kirchenpolitik in dem berühmten Religionsedikt vom 28. Februar 380 zur Sprache, das in Thessalonike gegeben und an den ‘populus urbis Constantinopolitanae’ gerichtet, gleichwohl als Manifest für alle seine Untertanen gedacht gewesen sein wird“. 83 Vgl. dazu DAM., epist. 7: LBJHBSFJUBNBMJTUBFOUIÝBHJBÝFLLMITJBÝ FOIÀÝP BHJPKBQPTUPMPKLBRF[PNFOPKFEJEBYFIEIHBSBQBYUVQPOFEXLBNFO JOBPHJ OXTLXOFBVUPO$SJTUJBOPOFLFJOPGVMBUUPJPQFSQBSBUXOBQPTUPMXOQBSFEP RI; und DECR. DAM. III. 79

1. Damasus, die Kaiser und die beschöfliche Gerichtsbarkeit

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ad nunc ab ipso insinuata declarat quamque pontificem 84 Damasum sequi claret et Petrum Alexandriae episcopum virum apostolicae sanctitatis, hoc est, ut secundum apostolicam disciplinam evangelicamque doctrinam 85 patris et filii et spiritus sancti unam deitatem sub parili maiestate et sub pia trinitate credamus 86 . Hanc legem 87 sequentes Christianorum catholicorum nomen 88 iubemus amplecti, reliquos vero dementes vesanosque iudicantes haeretici dogmatis infamiam sustinere nec conciliabula eorum ecclesiarum nomen accipere, divina primum vindicta, post etiam motus nostri 89 , quem ex caelesti arbitrio sumpserimus, ultione plectendos. DAT. III KAL. MAR. THESSAL(ONICAE) GR(ATI)ANO A. V ET THEOD(OSIO) A. I CONSS. 90

Die Kernaussagen des Edikts finden sich auch in Schriften des Damasus, so daß man durchaus annehmen kann, daß Theodosius sich mit dem römischen Bischof über diese Fragen verständigt hat und ihn in seinen Anschauungen zu diesem Zeitpunkt unterstützt. Damasus betont in gleicher Weise, daß Petrus den apostolischen Glauben besonders den Römern anvertraut hat und daß das Glaubensbekenntnis von Nicaea auf apostolische Autorität gegründet ist 91 . Die apostolische Autorität, d.h. Petrus und Paulus, beansprucht er aber für den römischen Bischofssitz und begründet da84

Theodosius selbst hat auf den Titel pontifex maximus verzichtet und überträgt ihn nun offenbar Damasus, denn Petrus nennt er schlicht episcopus. Somit hebt er die Stellung des römischen Bischofs hervor. 85 Vgl. dazu DAM., epist. 7: ...IEIHBSBQBYUVQPOFEXLBNFO JOBPHJOXTLXO FBVUPO$SJTUJBOPOFLFJOPGVMBUUPJPQFSQBSBUXOBQPTUPMXOQBSFEPRI DAM., epist. 1: ...sanctitatem vestram apostolorum instructione fundatam...; ...hanc solam fidem quae apud Nicaeam apostolorum auctoritate fundata est, perpetua firmitate esse retinendam... . 86 Vgl. dazu die Aussagen in DAM., epist. 2/1: ...unius maiestatis, unius divinitatis, unius usiae dicimus trinitatem... und 4,20: Si quis non dixerit Patris et Filii et Spiritus sancti unam divinitatem, potestatem maiestatem ...; 4,24: Haec est ergo salus christianorum, ut credentes Trinitati, id est Patri et Filio et Spiritui sancto [et] baptizati in ea, veram solam unam divinitatem et potentiam, maiestatem et substantiam.... 87 Vgl. dazu DAM., epist. 1: Par est igitur universos magistros legis per orbem Romanum paria de lege sentire nec diversis magisteriis fidem dominicam violare. Auch Damasus ist es ein Anliegen, die Lehre des christlichen „Gesetzes“ zu vereinheitlichen. 88 Vgl. dazu ENSSLIN 1953, 100: „Wie dem auch sei, die Hauptsache für unsere Aufgabe bleibt die Definition des Begriffs „katholischer Christ“, mit der sich Theodosius, ohne hier das Nicaenum zu erwähnen, deutlich zur Gedankenwelt der westlichen Kirche bekennt und damit seine Verbundenheit mit dem erweiterten nicaenischen Bekenntnis eines Damasus sichtbar macht.“ Siehe auch RITTER 1965, 29–31. 89 Vgl. dazu die darauf folgenden Gesetze gegen Häretiker: COD. THEOD. XVI 5,6 (381 Ian. 10); 5,7 (381 Mai.8); 5,8 (381 Iul. 19); 5,9 (382 Mart. 31); 5,10 (383 Iun. 20); 5,11 (383 Iul. 25); 5,12 (383 Dec. 3); 5,13 (384 Ian. 21), alle in Konstantinopel erlassen, d.h. von Theodosius. 90 CODEX THEODOSIANUS XVI 1,2 vom 27. Febr. 380 (833 MOMMSEN); Übersetzung z.B. bei ENSSLIN 1953, 98f.; RITTER 1965, 28f. und STAATS 1996, 62. 91 Vgl. dazu DAM., epist. 1 und Kap. 4.1.1.

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mit seinen Vorrang 92 . Außerdem finden sich ähnliche Aussagen über die Einheit der Trinität in Synodalschreiben des Damasus ebenso wie der Anspruch, daß das „christliche Gesetz“ überall gleich gelehrt werden soll 93 . Theodosius überträgt Damasus den Titel pontifex und unterscheidet ihn damit von Petrus von Alexandrien, den er schlicht episcopus nennt 94 . Somit wird Damasus eine besondere Stellung innerhalb der übrigen Bischöfe zuerkannt. Gleichzeitig wird aber mit der Nennung der beiden Namen Damasus und Petrus die Autorität dieser Bischöfe bestätigt, die sich bereits im letzten Jahrzehnt in der Auseinandersetzung mit dem Osten herauskristallisiert hat 95 . Damasus beruft sich in einem Schreiben, das er wohl um das Jahr 380 n.Chr. verfaßt hat, um die besondere Gewichtigkeit eines Urteils zu betonen, darauf, daß er es in Anwesenheit des Petrus von Alexandrien gefällt habe 96 , und anerkennt damit den Stellenwert des alexandrinischen Bischofs. Theodosius macht sich hier also das Programm des Damasus zu eigen und stellt es unter seinen Schutz. Der Kaiser erläßt das Edikt in Thessalonike, wo Acholius, der mit Damasus in gutem Kontakt stand 97 , Bischof war. Es ist für seine zukünftige Residenz Konstantinopel bestimmt, die zu diesem Zeitpunkt immer noch von homöischen Bischöfen besetzt war. Für Theodosius als nicaenischen Christen war es daher besonders wichtig, daß seine „neue Hauptstadt“ ebenfalls zum nicaenischen Glauben kam, so daß sicherlich die in Konstantinopel immer noch verbreitete Häresie der Anlaß für dieses Edikt war 98 . So richten sich auch in den folgenden Jahren seine Erlasse hauptsächlich an die Christen Konstantinopels und des Ostens. Am selben Tag erläßt Theodosius ein zweites Gesetz, das das Edikt Cunctos populos ergänzt. Er ordnet an, daß, wer die christliche Religion verletzt, ein sacrilegium 99 begeht, also nach den dafür vorgesehenen staatlichen Gesetzen bestraft werden kann 100 , so daß die christliche Religion unter staatlichem Schutz steht. 92

Vgl. dazu Kap. 5.1. Vgl. dazu DAM., epist 1 Kap. 4.1.1. 94 Siehe dazu auch RITTER 1965, 31. 95 Vgl. dazu die Ausführungen Kap. 4 und DAM., epist. 7 (Kap. 5.1). 96 DAM., epist. 7. 97 Vgl. dazu DAM., epist. 5 und 6 und die Ausführungen in Kap. 5.2.4. 98 Es war deshalb nur logisch, daß für Konstantinopel als dem zweiten Rom und der neuen Hauptstadt kein anderer Glauben maßgeblich sein konnte, als der der Bischöfe von Rom und Alexandriens, der bisher führenden christlichen Gemeinden. 99 Vgl. dazu MOMMSEN 1899, 600, siehe auch ENSSLIN 1953, 100. 100 COD. THEOD. XVI 2,25 vom 27. Febr. 380 (843 MOMMSEN): IMPPP. GR(ATI)ANVS, VAL(ENTINI)ANVS ET THEOD(OSIVS) AAA. Qui divinae legis sanctitatem aut nesciendo confundunt aut neglegendo violant et offendunt, sacrilegium committunt. DAT. III KAL. MART. THESSAL(ONICAE) GR(ATI)ANO A. V ET THEOD(OSIO) A. I CONSS. 93

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Im Herbst 380 wird Theodosius während einer Krankheit in Thessalonike von Bischof Acholius getauft 101 und am 24. November desselben Jahres zieht er in Konstantinopel ein 102 . Zur selben Zeit lädt er zu einem Konzil in Konstantinopel ein, zu dem aber offenbar hauptsächlich Teilnehmer aus dem Osten geladen sind 103 . Noch vor dem Konzil erläßt er, wie im Edikt von 380 angekündigt, in Konstantinopel Gesetze gegen Häretiker, eines gegen Photinianer, Arianer und Eunomianer 104 , und ein anderes gegen Manichäer. Ersteres verordnet den nicaenischen Glauben als Maßstab der Rechtgläubigkeit und bestimmt, daß Häretiker, die verbotene Versammlungen abhalten, verbannt werden sollen 105 . Das Konzil von Konstantinopel unterstützt Theodosius dadurch, daß er parallel zu den Beschlüssen der Synode Gesetze erläßt, eines über die Ent-

101

SOZ., h.e. VII 4,3f.; SOCR., h.e. V 6,3–5. SOZ., h.e. VII 5,1; SOCR., h.e. V 6,6. 103 Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 5.2. 104 Namen, die auch im Tomus Damasi genannt werden. 105 COD. THEOD. XVI 5,6 10. Jan. 381 (856f. MOMMSEN): IDEM AAA. EVTROPIO P(RAEFECTO) P(RAETORI)O. Nullus haereticis mysteriorum locus, nulla ad exercendam animi obstinatioris dementiam pateat occasio. Sciant omnes etiam si quid speciali quolibet rescripto per fraudem elicito ab huiusmodi hominum genere impetratum est, non valere. Arceantur cunctorum haereticorum ab inlicitis congregationibus turbae. Unius et summi dei nomen ubique celebretur; Nicaenae fidei dudum a maioribus traditae et divinae religionis testimonio atque adsertione firmatae observantia semper mansura teneatur; Fotinianae labis contaminatio, Arriani sacrilegii venenum, Eunomianae perfidiae crimen (vgl. DAM., epist. 4,3.5) et nefanda monstruosis nominibus auctorum prodigia sectarum ab ipso etiam aboleantur auditu. Is autem Nicaenae adsertor fidei, catholicae religionis verus cultor accipiendus est, qui omnipotentem deum et Christum filium dei uno nomine confitetur, deum de deo, lumen ex lumine (Nicaenum): qui spiritum sanctum, quem ex summo rerum parente speramus et accipimus, negando non violat: apud quem intemeratae fidei sensu viget incorruptae trinitatis indivisa substantia, quae Graeci adsertione verbi PVTJB recte credentibus (vgl. DAM., epist. 2/1) dicitur. Haec profecto nobis magis probata, haec veneranda sunt. Qui vero isdem non inserviunt, desinant adfectatis dolis alienum verae religionis nomen adsumere et suis apertis criminibus denotentur. Ab omnium submoti ecclesiarum limine penitus arceantur, cum omnes haereticos inlicitas agere intra oppida congregationes vetemus ac, si quid eruptio factiosa temptaverit, ab ipsis etiam urbium moenibus exterminato furore propelli iubeamus, ut cunctis orthodoxis episcopis, qui Nicaenam fidem tenent, catholicae ecclesiae toto orbe reddantur. DAT. IIII ID. IAN. CONST(ANTINO)P(O)LI EVCHERIO ET SYAGRIO CONSS. Auch dieses Gesetz ist in Übereinstimmung mit den westlichen Glaubensaussagen, so daß m.E. nicht zutrifft, was RITTER 1965, 224 darüber sagt, nämlich daß Theodosius „in dem Reskript vom 10. Januar 381 von der westlich-alexandrinischen Linie offen auf die der meletianisch-kappadokischen Orthodoxie einschwenkte“. Vgl. aber die Bewertung dieser Gesetzgebung und ihre Bedeutung für das Konzil von Konstantinopel bei RITTER 1965, 238f. 102

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eignung der Eunomianer und Arianer 106 und ein anderes über die Ordnung der Kirche im Osten. In letzterem geht es darum, daß alle Kirchen im Osten rechtgläubigen Bischöfen übergeben werden sollen. Dabei wird in Übereinstimmung mit dem Edikt Cunctos populos zunächst der rechte Glaube inhaltlich definiert und daraufhin einzelne rechtgläubige Bischöfe in den jeweiligen Diözesen genannt. Mit diesen sollen die Bischöfe, die eingesetzt werden, im Glauben übereinstimmen; diejenigen aber, die einen anderen Glauben haben, sollen aus ihren Kirchen vertrieben werden 107 . Damit will Theodosius eine nicaenische Neuordnung des östlichen Bereiches erreichen. Hier gilt zunächst als Glaubensmaßstab die Gemeinschaft mit Nectarius, dem neuen Bischof von Konstantinopel, der somit gegen die Einwände des Westens von Theodosius in seinem Amt bestätigt wird; für Ägypten wird Bischof Timotheus genannt. In gleicher Weise werden für jede Diözese rechtgläubige Bischöfe angeführt. Damit wird die Durchführung des Canon 2 der Synode von Konstantinopel 108 für den Osten durch ein kaiserliches Gesetz angeordnet. Auch die weiteren Gesetze des Theodosius gegen Häretiker, die er in Konstantinopel in den Jahren 382–384 erläßt, nehmen den in Canon 1 der Synode von Konstantinopel 109 verabschiedeten Häretikerkatalog auf und ordnen die Verurteilung und Verbannung dieser Gruppierungen an.

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COD. THEOD. XVI 5,8 vom 19. Jul. 381, vgl. dazu Canon 1 der Synode von Konstantinopel. 107 COD. THEOD. XVI 1,3 vom 30. Jul. 381 (834 MOMMSEN): IDEM AAA. AD AVXONIVM PROC(ONSVLEM) ASIAE. Episcopis tradi omnes ecclesias mox iubemus, qui unius maiestatis adque virtutis patrem et filium et spiritum sanctum confitentur eiusdem gloriae, claritatis unius, nihil dissonum profana divisione facientes, sed trinitatis ordinem personarum adsertione et divinitatis unitate, quos constabit communioni Nectari episc(opi) Constantinopolitanae ecclesiae nec non Timothei intra Aegyptum Alexandrinae urbis episcopi esse sociatos; quos etiam in Orientis partibus Pelagio episcopo Laodicensi et Diodoro episcopo Tarsensi: in Asia nec non proconsulari adque Asiana dioecesi Amphilochio episcopo Iconiensi et Optimo episcopo Antiocheno: in Pontica dioecesi Helladio episc(opo) Caesariensi et Otreio Meliteno et Gregorio episc(opo) Nysseno, Terennio episc(opo) Scythiae, Marmario episc(opo) Marcianop(olitano) communicare constiterit. Hos ad optinendas catholicas ecclesias ex communione et consortio probabilium sacerdotum oportebit admitti: omnes autem, qui ab eorum, quos commemoratio specialis expressit, fidei communione dissentiunt, ut manifestos haereticos ab ecclesiis expelli neque his penitus posthac obtinendarum ecclesiarum pontificium facultatemque permitti, ut verae ac Nicaenae fidei sacerdotia casta permaneant nec post evidentem praecepti nostri formam malignae locus detur astutiae. DAT. III KAL. AVG. HERACL(EAE) EVCHERIO ET SYAGRIO CONSS. Siehe dazu die Ausführungen und die Übersetzung bei RITTER 1965, 128f. bzw. 111–131 über die Bestätigung der Konzilsdekrete durch den Kaiser. 108 Siehe Text und Ausführungen dazu Kap. 5.2.6. 109 Siehe Text und Ausführungen dazu Kap. 5.2.6 und 4.4.4.2.

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Aus den angeführten Quellen wird deutlich, daß Theodosius zwar die Autorität der Bischöfe von Rom und von Alexandria hinsichtlich des rechten Glaubens anerkennt, da ihnen von der Tradition her eine besondere Rolle zukommt. Dies bedeutet für ihn aber keineswegs, daß daraus eine besondere Macht über die Kirche abzuleiten ist. Genausowenig steht der Glaubensmaßstab inhaltlich völlig fest, denn Theodosius nimmt die Entscheidungen des Konzils von Konstantinopel auf und will sie in seinem Machtbereich, dem Osten, durchsetzen. Dafür sind aber in den jeweiligen Diözesen die rechtgläubigen Bischöfe zuständig, die wiederum rechtgläubige Bischöfe einsetzen und die Häretiker absetzen und vertreiben sollen. Dies alles wird mit staatlicher Gesetzgebung unterstützt. Der Bischof von Alexandria, Timotheus, wird sogar explizit auf seinen Bereich, nämlich Ägypten, verwiesen, denn bei ihm als einzigem heißt es, daß er Maßstab für Rechtgläubigkeit ist, aber intra Aegyptum 110 , was wohl auch ein Hinweis auf die Maximusaffäre 111 sein kann. Daß Theodosius der Ansicht war, daß sein Urteil über dem des Damasus steht, zeigt der Fall der Luciferianer, die sich mit einer Bittschrift an Theodosius wandten. Sie waren von Damasus aus Rom verbannt worden und befanden sich im Exil in Konstantinopel, wo sie sich über die Vorgehensweise des Damasus beklagten und ihre eigene Rechtgläubigkeit darlegten. Damasus wende Gesetze der rechtgläubigen Kaiser, die gegen Häretiker gedacht seien, gegen rechtgläubige Christen an. Nam idem Damasus accepta auctoritate regali etiam alios catholicos presbyteros nec non et laicos insecutus misit in exilium perorans hoc ipsum per gentiles scolasticos faventibus sibi iudicibus, cum utique vestrae constitutiones adversus haereticos decretae sint. Non adversus catholicos, et tales catholicos, qui fidem integram nec sub haereticis imperatoribus reliquerunt, et quidem gravia multa perpessi. 112

Kaiser Theodosius anerkennt in seiner Reaktion darauf, einem Schreiben an Cynegius, den orientalischen Praetorialpraefekten, die Rechtgläubigkeit der Luciferianer, entscheidet somit anders als Damasus und verwahrt sich auch nicht gegen die Vorwürfe gegenüber Damasus. Er billigt den Luciferianern freie Wahl ihres Aufenthaltsortes zu, womit eigentlich das Urteil des Damasus aufgehoben wird, allerdings ergeht diese Anordnung nur an den Praetorialpraefekten des Orients und erhält damit wohl nur für diesen Bereich Gültigkeit 113 : 110 COD. THEOD. XVI 1,3 vom 30. Jul. 381 (834 MOMMSEN): ... nec non Timothei intra Aegyptum Alexandrinae urbis episcopi esse sociatos... 111 Vgl. dazu die Ausführungen unten Kap. 5.2. 112 AVELL. 2,83 (30,4–11 GÜNTHER = CChr.SL 69, 380,733–740 SIMONETTI/GÜNTHER). 113 Vgl. PIÉTRI 1972, 633f. Erstaunlich ist diese Entscheidung allerdings, da die Luciferianer durch ihren altnicaenischen Glauben gerade nicht mit der in Konstanstantinopel

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In quo petentum laudanda illatio est, qui communicantes Gregorio Hispaniensi et Heraclidae Orientali, sanctis sane et laudabilibus episcopis, optant in fide catholica sine oppugnatione alicuius ac molestia vivere nullisque appetentum insidiis conventionibusque pulsari, quippe quibus placeat susceptam semel fidem omni in aevum religione servare. Sit itaque inviolatum, quicquid esse meruit aeternum; non conventio aliquid, non appetitio, non fraus attemptet aliena; utantur, quo in loco voluerint, proposito suo, utantur ad catholicam fidem amore divino, Cynegi parens carissime atque amantissime. 114

Auch im Fall des neuen Bischofs von Konstantinopel Nectarius übergeht Theodosius die Bedenken des Ostens und fordert Damasus auf, diesen Bischof anzuerkennen 115 . Damit kann man sagen, daß Theodosius bei seinem konsequenten Programm einer nicaenischen Orientierung des Ostens in der ersten Phase – d.h. in seinem Edikt Cunctos populos – die Autorität des Damasus bemüht und diesen dadurch stärkt; danach jedoch kann er offenbar auf die Unterstützung des Bischofs von Rom verzichten, da es in den einzelnen Diözesen gute Nicaener gibt, an denen sich die anderen orientieren können. Für die nicaenische Orientierung der östlichen Kirchen spielte der römische Bischof ab diesem Zeitpunkt keine Rolle mehr für Theodosius. 1.4. Die Autorität des Damasus Während die Stellung des Damasus bis ungefähr zum Jahr 375 durch den Konflikt um Ursinus und den durch Isaak angezettelten Prozeß außerordentlich angefochten war, scheint in den folgenden Jahren insbesondere durch das Kaiserreskript im Jahr 378 seine Stellung gestärkt worden zu sein. In diesem Erlaß äußern sich die Kaiser sehr freundlich und anerkennend über Damasus, dem es jedoch offenbar nicht gelang, die beständige Unterstützung einer der Kaiser für sich zu gewinnen. Gratian hielt sich häufiger in Mailand auf und wandte sich an Ambrosius 116 , von dem er ein

verabschiedeten Glaubensaussage übereinstimmen. Damasus bestätigt allerdings mit deren Verfolgung seine neunicaenische Orientierung, vgl. auch ULRICH 1994, 216 und 243. 114 AVELL. 2a,6f. (46,3–13 GÜNTHER = 392,32–42 SIMONETTI/GÜNTHER). 115 So schreibt jedenfalls einige Zeit später (11.03.422) Bonifatius in einem Brief an illyrische Bischöfe (Collectio Thessalonicensis VIII [SILVA-TAROUCA 1937, 30,104– 31,112]): Clementissimae recordacionis princeps Theodosius Nectarii ordinacionem, propterea quia in nostra notione non esset, habere non existimans firmitatem, missis e latere suo aulicis cum episcopis, formatam huic a sede Romana dirigere regulariter depoposcit, quae eius sacerdotium roboraret. Ante breve tempus id est sub praedecessore meo beatae recordationis Innocentio, Orientalium ecclesiarum pontifices, dolentes se a beati Petri communione seiunctos, per legatos pacem, sicut caritas vestra retinet, poposcerunt. 116 Vgl. dazu auch die Schreiben des Ambrosius an Gratian und die Einberufung des Konzils von Aquileia.

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Buch über den Glauben forderte 117 , Theodosius konzentrierte sich auf den Osten 118 und Valentinian II. war ohnehin ohne Einfluß. Daß Damasus sein Amt als oberster Richter über die übrigen Bischöfe nach 378 sehr ernst nahm, offenbar nicht selten ausübte und sich dabei auf seine Autorisierung durch die Kaiser berufen hat, wird durch die schon erwähnte Bittschrift der Luciferianer an die Kaiser Valentinianus II., Theodosius und Arcadius, die wohl im Jahr 383 oder 384 übergeben worden ist, deutlich. Hierin wird das Vorgehen des Damasus gegen nach Aussage der Luciferianer untadelige Geistliche beklagt und Beschwerde darüber erhoben, daß nun mit kaiserlicher Autorität Gesetze, die sich gegen Häretiker richten, von Damasus gegen Rechtgläubige verwendet und mißbraucht werden. Als Beispiele benennen sie die Verbannung von Geistlichen, die sich zur luciferianischen Gemeinde in Rom rechneten, nämlich den Presbyter Macarius und den Bischof Ephesius 119 . Abgesehen davon, daß die Luci117

AMBR., de fide I–V und de spiritu sancto. Vgl. dazu die Ausführungen oben Kap. 3.1.3. 119 AVELL. 2, 79–86 (28,23–31,1 GÜNTHER = 379,700–380,758 SIMONETTI/GÜNTHER): ... eodem tempore gravis adversum nostros persecutio inhorruerat infestante Damaso egregio archiepiscopo, ita ut fidelibus sacerdotibus per diem sacros plebis coetus ad deserviendum Christo deo convocare libere non liceret. Sed quia pro conditione rerum quolibet tempore vel clam salutis nostrae sacramenta facienda sunt, idem sanctus presbyter Macarius dat vigilias in quadam domo convocans fraternitatem, ut vel noctu divinis lectionibus fidem plebs sancta roboraret. Sed diabolus, qui favet impiis, quia et impii favent diabolo, nec in occulto patitur divina sacramenta celebrari. Denique tendunt insidias clerici Damasi et, ubi cognoverunt, quod sacras vigilias celebrat cum plebe presbyter Macarius, irruunt cum officialibus in illam domum et plebem dissipant non resistentem ipsumque presbyterum comprehensum non iam ducere dignantur sed per silices trahunt, ita ut in coxa eius perniciosum vulnus fieret, atque alio die sistunt eum ante iudicem ut magni criminis reum. Cui quidem iudex veluti sub imperiali rescripto et minis extorquere contendit, ut cum Damaso conveniat. Sed presbyter memor divini iudicii praesentem iudicem non timens reppulit perfidi communionem atque ideo datur in exilium et, cum est apud Ostiam, atrocitate illius vulneris moritur. Cuius quidem tanta fuit sanctitas, ut eum etiam episcopus loci illius nomine Florentius communicans Damaso cum quadam veneratione suspexerit. Namque cum in quodam vetusto monumento eum fratres sepelissent, non est passus idem Florentius iacere eum illic, ubi indigna sepultura videretur, sed transfert eum inde et sepelit in basilica martyris Asterii, ubi in loco presbyterii qui † iuxta sepulturam. Hoc pio suo obsequio, in quantum poterat, Damasi scelus a se facere contendebat alienum. Advertat tranquillitas vestra: si haec fieri vultis in Romano imperio adversus sanctos et fideles ab his qui praevaricatores sunt, nonne metus est, ne sanguis fidelium Romanum gravet imperium? Nam idem Damasus accepta auctoritate regali etiam alios catholicos presbyteros nec non et laicos insecutus misit in exilium perorans hoc ipsum per gentiles scolasticos faventibus sibi iudicibus, cum utique vestrae constitutiones adversus haereticos decretae sint. Non adversus catholicos, et tales catholicos, qui fidem integram nec sub haereticis imperatoribus reliquerunt, et quidem gravia multa perpessi. Sed et nuper temptavit graviter persequi beatissimum Ephesium episcopum sanctae fidei aemulatione ferventem, ordinatum intaminatae plebi Romanae a constantissimo episcopo 118

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ferianer natürlich darum bemüht waren, Damasus, der sie verbannt hatte, in ein schlechtes Licht zu stellen, wird durchaus in diesem Schreiben deutlich, daß der Bischof von Rom versuchte, kirchendisziplinarische Maßnahmen durchzusetzen und damit auch erfolgreich war. Ein weiteres Beispiel ist Priscillian 120 , der auf Betreiben seiner spanischen Gegner, der Bischöfe Idacius von Merida und Ithacius von Ossonob, durch ein Reskript des Kaisers Gratian als Bischof von Avila abgesetzt worden war 121 und sich daraufhin nach Rom begab und mit seinem Liber ad Damasum 122 an den Bischof von Rom appellierte, seine Rechtgläubigkeit zu bestätigen 123 . Damit macht Priscillian also offensichtlich von seinem Appellationsrecht beim obersten kirchlichen Richter Gebrauch und hofft hier auf Rehabilitierung 124 , die ihm aber wohl nicht gewährt wird. Sulpicius Severus überliefert, daß Priscillian Damasus nicht einmal gesehen habe 125 . Taorgio et ipso inlibatae fidei viro, sub invidia falsi impositi cognomenti per suos defensores interpellans iudicem Bassum quasi adversum Luciferianos. Sed Bassus olim catholicam fidem venerans sciebat in Lucifero nullam haereseos fuisse pravitatem, quippe quem et bene noverat pro fide catholica decem annos exilia fuisse perpessum, et pro constantia suae integritatis reppulit accusationes Damasi negans se facturum, ut homines catholicos et integrae fidei viros insequeretur, dicens maxime, quod ipsae constitutiones imperatorum contra haereticos solummodo promulgatae videantur, non contra hos, qui sanctissimam fidem sine saeculi ambitione conservant. Et tunc primum erubuit Damasus, quod inventus est iudex, qui solus imperialia scripta piissime interpretans tueretur. Nam et hoc ipsum necessarium est, ut falsi cognomenti discutiamus invidiam, qua nos iactant esse Luciferianos.... 120 Siehe dazu BRENNECKE 1995, Art. Priscillan, Priscillianismus, LexMA 7, 219. 121 SULP.SEV., chron. II 47, 5–7. 122 PRISC., tract. 2 (CSEL 18, 34,1–43,14 SCHEPSS). 123 Vgl. CHADWICK 1976, 33–42 und BABUT 1909, 153–157, vor Damasus hat Priscillian aber bereits erfolglos versucht, Ambrosius für seine Sache zu gewinnen. 124 Die besondere Stellung des Damasus wird an einigen Stellen betont, tract. 2,41 (34,10–14): ... gratulamur sic rerum venisse rationem, ut apud te, qui senior omnium nostrum es et ad apostolicae sedis gloriam vitae experimentis nutritus beato Petro exhortatore venisti, quod credimus et loquamur, adinplentes apud te apostolici sermonis fidem dicentis ...; tract. 2,53 (42,15–24): Propter quod venerabiles sensus tuos petimus, ut, si fides professionis nostrae, secundum quod tu relictam tibi de apostolis tradis, in deo constat, si ecclesiarum nostrarum testimonia pacificis epistulis scribta non desunt, si de scribturis aliud nec sentire possumus nec debemus, si nemo nostrum reus factus, nemo auditus, nemo in concilio depositus, nemo etiam cum esset laicus, obiecti criminis probatione damnatus est, licet noxio sacerdotium nihil prosit et possit sacerdos deponi qui laicus meruit ante damnari, praestes audientiam, depraecamur, quia omnibus senior et primus es. 125 SULP. SEV., chron II 48,4 (CSEL 1, 101,20–22 HALM): Hi ubi Romam pervenere, Damaso se purgare cupientes, ne in conspectum quidem eius admissi sunt. BABUT 1909, 156f. vermutet aber, da sich Hieronymus in seiner Schrift De viris illustribus nicht negativ über Priscillian äußert, daß diese Bemerkung des Sulpicius nicht unbedingt glaubhaft

1. Damasus, die Kaiser und die beschöfliche Gerichtsbarkeit

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Leider sind die Informationen über den Episkopat des Damasus zu spärlich, um hier Genaueres sagen zu können. Allerdings gibt es noch zwei weitere mögliche Schriften des Damasus, die in diesem Zusammenhang aufschlußreich sind. Sie sollen in den nächsten Kapiteln behandelt werden.

sei, fügt aber hinzu: „Mais une intervention favorable du pape aurait eu, sur les événements, des effets qu’Itace n’eût pu passer sous silence“.

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

2. Damasus und die kirchlichen Canones 2.1. Das Dekretale Ad Gallos episcopos – Damasus als Autor eines Dekretale? 2.1.1. Text und Übersetzung 126 Edition: E.Ch. Babut, La plus ancienne décrétale, Paris 1904, 69–87 127 . [INCIPIUNT CAPITULA SYNODUM ROMANORUM I. Epistula synodi et virginem quae jam in Christo velata est similiter et qui nondum velata est. II. De eo quod sacerdotes bonorum operum plebibus forma fiant et de castitate et continentia sacerdotium et eo qui saeculo militaverit. III. De consuaetudine ecclesiae Romae in clerum et de eos quod catholicorum episcoporum una confessio et una disciplina esse deberet. IV. De sacramento baptismatis et oleo exorcizato et eo qui sororem uxoris suae duxerit uxorem. V. De his qui saeculi adepti sunt potestatem et de eo qui abunculi sui duxerit uxorem et ordinationem clericorum et de clericis alienis. VI. Similiter et episcopo transgredientem proprios terminos et laicus excommunicatos et ab alio episcopo clericos factos. Incipiunt canones synodum romanorum ad gallus episcopos.] 128 129 1. 1. Dominus inter cetera salutaria mandata Der Herr gibt unter seinen übrigen heilsquibus discipulos suos [apostolos] 130 ad bringenden Aufträgen, mit denen er seine spem vitae hortatur et commonet, sicuti et Jünger, die Apostel, zur Hoffnung des Le126 Mit dieser Übersetzung wird versucht, den Inhalt des Textes so wiederzugeben, wie dies anhand des teilweise korrupten Textbestandes möglich ist. Dabei wird die Ausgabe von Babut zugrundegelegt und Konjekturen berücksichtigt, wenn sie sich für eine sinnvolle Übersetzung als notwendig erweisen, jedoch nicht bewertend Stellung dazu bezogen, da hierfür eine neuerliche Durchsicht der Handschriften vonnöten wäre bzw. eine Neuedition. 127 Frühere Editionen: JACQUES SIRMOND, Concilia antiqua Galliae 1, Paris 1629, 585ff.; PIERRE COUSTANT, Epistolae Romanorum pontificum et quae ad eos scriptae sunt a S. Clemente I usque ad Innocentium III. Tom. 1 ab anno Christi 67 ad annum 440, Paris 1721, 685ff; H.TH. BRUNS, Canones Apostolorum et Conciliorum saec. IV–VII, Berlin 1839. Glen Louis Thomson (New York) bereitet eine Neuedition vor (The Earliest Papal Correspondence), siehe dazu auch JASPER 1996, 319 Anm.1. 128 Die Kapitelüberschriften und der Titel insgesamt gehören sicher nicht ursprünglich zu den Canones hinzu, sondern sind wohl bei der Aufnahme in die Sammlung hinzugekommen. Aus dem Text des Dokumentes ist eindeutig herauszulesen, daß es sich beim Autor um eine Einzelperson und nicht um eine Synode handelt. 129 Babut ergänzt diese Überschrift, da es sich beim Verfasser des Dokumentes um eine Einzelperson handelt, und zwar um einen römischen Bischof. Durch die inhaltliche Analyse macht Babut außerdem wahrscheinlich, daß es sich dabei um den römischen Bischof Damasus handelt. 130 Babut hält diesen Begriff für eine Ergänzung.

2. Damasus und die kirchlichen Canones nos evangelica verba docuerunt, hoc etiam mandat ut solliciti ad veritatis scientiam pervenire laboremus, et primo cognoscamus incognita, non inani profectu sed labores sollicitudo 131 ut quae nota necdum sunt precibus investiganda, notiora quae vero difficilia sunt instanter quaerenda praecepit, quae clausa sunt fidei virtute pulsando [precibus petere sibi] 132 debere reserari. Sic enim scriptum est: „Petite et dabitur vobis; quaerite et invenietis; pulsate et aperietur vobis“ 133 . Nemo certe qui non petit accipit et 134 non quaerit invenit, et qui non pulsaverit, eidem poterit aperiri. Qua de re quoniam quod ex fide petitur [et] 135 praestatur, et quod erat manifestum in sensum dum investigatur adquiritur, et quod erat clausum nobis frequentius pulsando 136 , id est revelatur rogando. „Omnis enim qui petit accipit et qui quaerit invenit et pulsanti aperietur“ 137 . Inde eadem repetere mihi quidem non est molestum, vobis enim necessarium est.

2. Scimus, fratres karissimi, multos episcopos per diversas ecclesias ad famam pessimam nominis sui humanam prae-

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bens ermahnt und auffordert, wie auch uns die Worte des Evangeliums gelehrt haben, auch diesen Auftrag, daß wir unermüdlich daran arbeiten sollen, zur Kenntnis der Wahrheit zu gelangen, und vor allem das Unbekannte verstehen lernen sollen. Das soll nicht in nichtigem Fortschritt, sondern in unermüdlicher Arbeit geschehen, wie er vorschrieb, daß das, was noch nicht bekannt ist, mit Gebeten erforscht werden müsse, das, was einigermaßen bekannt, aber schwierig ist, leidenschaftlich untersucht werden müsse, und das, was verschlossen ist, indem man mit der Kraft des Glaubens anklopft, [durch Gebet für sich erstrebt und] aufgeschlossen werden müsse. Denn so steht es geschrieben: „Bittet und es wird euch gegeben werden; suchet und ihr werdet finden; klopft an und es wird euch aufgetan“. Sicherlich empfängt niemand, der nicht bittet, keiner findet, der nicht sucht, und wer nicht anklopft, dem kann nicht geöffnet werden. Daher, da ja das, was aus Glauben erbeten wird, [auch] gewährt wird, wird auch das, was offenbar war im Verstand, während es erforscht wird, endgültig verstanden, und was uns verschlossen war, durch ziemlich häufiges Anklopfen geöffnet, d.h. im Gebet offenbart: „Denn jeder, der bittet, empfängt und wer sucht, findet, und dem Klopfenden wird aufgetan werden“, daher ist es mir natürlich nicht lästig, dasselbe immer wieder zu sagen, denn für Euch ist es notwendig. 2. Wir wissen, liebste Brüder, daß viele Bischöfe in verschiedenen Kirchen zum schlimmsten Ruf ihres eigenen Namens es

Sirmond und Bruns konjizieren: labore et sollicitudine, Coustant: laboris sollicitudine. Letztere Konjektur ist Grundlage der Übersetzung. 132 Diese Formulierungen bewertet Babut als Interpolation. 133 Lk 11,9; vgl. Mt 7,7. 134 Konjektur bereits von Sirmond, Coustant und Bruns. 135 Von Babut als Interpolation bewertet. 136 Von Babut vorgenommene Konjektur. 137 Lk 11,10. 138 Von Babut vorgenommene Konjektur.

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

sumptionem patrum traditione mutare properasse atque per hanc causam in heresis tenebras cecidisse, dum gloriam hominum delectantur potius quam Dei praemia habere, perquirere. Nunc igitur non explorandi causa sed fidei exconfirmandae gratia sanctitudo vestra ex sedis apostolicae auctoritate sciscitare dignata est seu legis scientiam seu traditiones, seu volens a nobis manifestari liberius quaestionum propositarum expositionem. 138 quoniam sincere quaeritis et desideranter, audite, quantum replebit divina dignatio, licet mediocri sermone, valido tamen sensu eloquar obtinenda, ad emendendas omnes quippe diversitates, quas discodare arrogantia sola praesumpsit, scriptura divina dicente: „Reicistis mandatum Dei, ut traditiones vestras statuatis“ 139 . Si ergo integram cupitis fidem verae observationis agnoscere, dignamini quae dico libenter advertere.

Primo in loco pudoris causa proponitur; deinde quam multae quaestiones eduntur. Singulis itaque propositionibus suo ordine reddendae sunt traditiones. Cap. I. 3. Quaeritur de virginibus velatis 140 et mutato proposito qui 141 exinde iudicatum

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eilig hatten, menschliche Vermessenheit gegen die Überlieferung der Väter einzutauschen, und deswegen in die Finsternis der Häresie gefallen sind, während sie sich eher daran erfreuten, nach Ruhm bei den Menschen zu streben, als den Lohn Gottes zu besitzen. Nun also hat Eure Heiligkeit geruht, nicht um zu erforschen, sondern um den Glauben zu festigen, die Autorität des apostolischen Stuhles zu befragen, mit dem Vorhaben, daß die Kenntnis über das Gesetz oder die Überlieferungen oder eine Darlegung der vorgebrachten Fragen von uns klarer erklärt werde. Da ihr das aufrichtig und mit großem Verlangen erfragt, so hört, in welchem Maß sich die göttliche Gnade erfüllen wird: obgleich mit mittelmäßiger Redekunst, werde ich dennoch mit sicherem Verständnis aussprechen, woran unbedingt festgehalten werden muß, um ja alle Unterschiede auszugleichen, deren Widersprüche allein die Anmaßung sich herausgenommen hat aufzubringen, da die göttliche Schrift sagt: „Ihr habt das Gebot Gottes verworfen, um eure eigenen Traditionen festzusetzen“. Wenn ihr also den unversehrten Glauben des wahren Gehorsams erkennen wollt, macht Euch bereit, Euch dem, was ich sage, willig zuzuwenden. An erster Stelle wird die Sache der Züchtigkeit vorgetragen; dann möglichst viele Fragen erklärt. Daher müssen auf jedes einzelne Thema die Überlieferungen in ihrer Reihenfolge bezogen werden. 3. Es wird gefragt im Blick auf die verschleierten Jungfrauen, und zwar wenn sie von

Mk 7,9. virgo velata: ein Begriff, der auch bei Hieronymus vorkommt z.B. ep. 44 (CSEL 54/1, 322,5f. HILBERG): ... quia velatarum virginum munus est ..., aber absonsten den Canones dieser Zeit fremd ist. Laut Hieronymus soll Damasus über die Jungfräulichkeit geschrieben haben ep. 22,22,3 (174,21–175,4): At, si tibi placet scire, quot molestiis virgo libera, quot uxor adstricta sit, lege Tertulliani ad amicum philosophum et de virginitate alios libellos et beati Cypriani volumen egregium et papae Damasi super hac re versu prosaque conposita et Ambrosii nostri quae nuper ad sororem scripsit opuscula. Auch an einer anderen 140

2. Damasus und die kirchlichen Canones sit 142 . Si virgo velata iam Christo, quae integritatem publico testimonio professa a sacerdote prece effusa benedictionis velamen accepit, sive incestum commiserit furtim, seu volens crimen protegere adultero mariti nomen imposuit, tollens membra Christi, faciens membra meretricis, ut quae sponsa Christi fuerit coniux hominis diceretur, in eiusmodi muliere quot ausa sunt, tot reatus: integritatis propositum mutatum, velamen amissum, fides prima depravata atque 143 irritum devocata. Quali hic et quanta satisfactione opus est, quam magna poenitentia eius quae interitum carnis incurrit! Non est parva culpa reliquisse Deum et isse post hominem. Unde annis quam plurimis deflendum ei est, 144 dignae fructu poenitentiae [facto] 145 possit aliquando ad veniam pervenire, si tamen poenitens poenitenda faciat.

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ihrem Vorhaben abkommen sind, wie darüber geurteilt worden ist: Wenn eine Jungfrau schon für Christus verschleiert ist, welche ihre Unversehrtheit mit öffentlichem Zeugnis bekannt hat und, nachdem vom Priester ein Segensgebet gesprochen worden war, den Schleier empfangen hat, und wenn sie heimlich Unzüchtiges getan hat, sei es mit der Absicht, die Schandtat zu verheimlichen, dem Liebhaber die Bezeichnung Ehegatte verliehen hat, und so ihre Glieder Christi zerstört hat und Glieder einer Hure daraus gemacht hat, so daß die, die Braut Christi war, Gattin eines Menschen genannt wird, dann ist an so einer Frau so viel Schuld, wie sie sich herausgenommen hat: Das Vorhaben der Unversehrtheit wurde umgestürzt, der Schleier verloren, die erste Treue verdorben und für ungültig erklärt. Welch große Genugtuung ist hier nötig,

Stelle wird deutlich, daß Damasus in diesen Fragen für Hieronymus eine besondere Autorität hatte, ep. 49,18,2 (CSEL 54/1, 382,1–11): Dum adviveret sanctae memoriae Damasus, librum contra Helvidium de beata Mariae virginitate perpetua scripsimus, in quo necesse nobis fuit ad virginitatis beatitudinem praedicandam multa de molestiis dicere nuptiarum. Num [Damasus] vir egregius et eruditus in scripturis et virgo ecclesiae virginis doctor aliquid in illo sermone reprehendit? In libro quoque ad Eustochium multo duriora de nuptiis diximus et nemo super hac re laesus est; amator quippe castitatis praeconium pudicitiae intenta aure captabat. Lege Tertullianum, lege Cyprianum, lege Ambrosium, et cum illis me vel accusa vel libera. Bemerkenswert ist, daß Hieronymus hier in ep. 49 nicht mehr den Ratschlag gibt, Damasus zu lesen, sondern nur auf Tertullian, Cyprian und Ambrosius verweist, wobei auch schon in ep. 29 deutlich wird, daß es sich bei Damasus um eine andere Form von Schrift handelt versu prosaque composita und nicht wie bei den anderen drei um libellos, volumen und opuscula. Vorstellbar ist daher, daß es sich im Falle des Damasus einerseits um Epigramme handelt, die diesen Inhalt haben, wie z.B. das Epigramm für seine Schwester Irene, und um Verlautbarung von der Art, wie wir sie in diesem Dekretale finden. 141 Sirmond, Coustant und Bruns konjizieren quid; m.E. kann hier aber auch qui als „wie“ übersetzt werden, wie es eher in der Dichtung vorkommt, da auch an anderen Stellen dichterischer Sprachgebrauch zu entdecken ist. 142 Vgl. Concilium Valentinum (374), can. 2 (EOMIA I/2,3, 420): De puellis vero quae se voverint Deo et praeclari nominis decore floruerint, si ad terrenas nuptias sponte transierint, id custodiendum esse decrevimus ut paenitentia his nec statim detur; et cum data fuerit, nisi plene satis fecerint Deo, in quantum ratio poposcerit earundam communio differatur. 143 Bereits von den Editoren vor Babut ergänzt (Sirmond und Coustant). 144 Von Babut vorgenommene Konjektur. 145 In allen Handschriften belegt, von Babut aber als Ergänzung bewertet.

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4. Item puella quae nondum velata est sed proposuerat sic manere, 146 , licet non sit in Christo velata, tamen quia proposuit, [et in coniugio velata non est] 147 , furtivae nuptiae appellantur, ex eo quod matrimonii coelitus praecepti non servaverit morem, properante libidinis coecitate. Et his poenitentiae agendae tempus constituendum est, quoniam seu rapta seu volens ad virum ire perverso ordine consensit, nec propinquorum et sacerdotum testimonio conrogato ad velamen sollempnitatis ordinem casto pudore tenuerunt, sed contra veteris testamenti praeceptum fecerunt. Quas lex lapidari praecepit 148 , et nunc cessante illa vindicta spiritaliter feriuntur, ut ecclesiam tamquam mortui introire non possint. Habent tamen poenitentiae agendae locum, cito non habent veniam: quoniam si secundum legem proclamasset puella 149 et diu contestata se continuisset, utique fuisset inmunis a culpa. Utrisque ergo expedit sub eadem temporis constitutione a communione suspendi, dignam agere poenitentiam, fletu humilitate ieiunio misericordia 150 redimere crimen admissum.

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welch große Strafe für die, die sich in das Verderben des Fleisches verrannt hat! Es ist keine geringe Schuld, Gott verlassen zu haben und einem Menschen gefolgt zu sein. Daher muß sie es möglichst viele Jahre beweinen, um einmal durch den Lohn einer würdigen Buße Verzeihung erlangen zu können, sofern sie als Büßerin die ihr auferlegte Buße tut. 4. Ebenso verhält es sich mit einem Mädchen, das noch nicht verschleiert ist, aber den Entschluß gefaßt hatte, dabei zu bleiben: Wenn sie heiratet, obwohl sie zwar noch nicht in Christus verhüllt ist, werden solche Hochzeiten dennoch, weil sie es fest vorhatte und in ihrer Ehe nicht verschleiert ist, erschlichene Hochzeiten genannt, deswegen, weil sie den Brauch der vom Himmel vorgegebenen Ehe nicht bewahrt hat in der blinden Eile der Lust. Auch gegen solche Ehen muß eine Bußzeit angeordnet werden, da das Mädchen zugestimmt hat, sei es entführt oder willentlich, nach Umsturz der Ordnung zu einem Mann zu gehen, und beide nicht mit keuscher Scham, nachdem man Verwandte und Priester zum Zeugnis der Schleiernahme hinzugebeten hatte, die Ordnung der Feierlichkeit eingehalten, sondern gegen die Vorschrift des Alten Testaments gehandelt haben. Das Gesetz hat angeordnet, daß solche Frauen gesteinigt werden; und heute werden sie in geistiger Weise geschlagen, weil jene Strafe keine Anwendung mehr findet, so daß sie gleichsam wie Tote nicht in die Kirche eintreten können. Trotzdem haben sie die Möglich-

Von Babut vorgenommene Konjektur aufgrund eines Fragmentes. Diese Formulierung hält Babut für eine Glosse. 148 Deut 22,4. 149 Ebd. 150 Dignam agere poenitentiam, fletu humilitate ieiunio misericordia redimere crimen admissum: Asyndeta dieser Art findet man häufig in den Epigrammen des Damasus und in der spätantiken Dichtung, vgl. DAM., epigr. 18,5 (40,3): Seditio caedes bellum discordia lites; 33,1f: verbera carnifices flammas tormenta catenas / vincere Laurenti sola fides potuit. 1,19–22: Verbera vincla famem lapides rabiemque ferarum, / carceris inluviem 147

2. Damasus und die kirchlichen Canones

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keit der Bußleistung, aber sie können die Verzeihung nicht schnell erlangen. Denn, wenn das Mädchen gemäß dem Gesetz laut geschrieen hätte und sich lange unter Herbeirufen von Zeugen zurückgehalten hätte, wäre sie freilich frei von Schuld gewesen. Beiden kommt es zu, mit derselben zeitlichen Festlegung von der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden und angemessene Buße zu tun, d.h. mit Weinen, Demut, Fasten und Barmherzigkeit die verbrochene Untat zu sühnen. Cap. II. 5. Et iam quidem frequenter de his talibus sermo noster per plures manavit ecclesias 151 , maxime de sacerdotibus, quorum meritum exigit ut bonorum operum suis sint plebibus forma. Sed, quantum intellego, cum scriptura dicat: „Loquere ad aures audientium, instruendi 152 aures infunde“, dum saepe eadem repetuntur quae neclectui habentur a singulis, vere hoc illud est quod dictum est 153 adulterum sexum, „semper discentes, et numquam ad scientiam veritatis pervenientes“ 154 . Quando enim non servatur quod admonetur utiliter, apostolica mandata quasi ignota contempnuntur, iudicium tamen de his quae commiserint non potest inmutari. Ea de sacerdotibus primo in loco statuta, tum et de [episcopis] 155 presbyteris et diaconibus, quos sacrificiis divinis necesse est interesse, per quorum manus et gratia baptismatis traditur et corpus Christi conficitur: quos non solum nos, sed et scriptura divina conpellit esse

5. Und freilich ist schon oft über solche Fragen unsere Rede durch viele Kirchen geströmt, am meisten im Blick auf die Priester, deren privilegierte Stellung verlangt, daß sie ihren Gemeinden ein Vorbild im Tun guter Werke sind. Aber wenn die Schrift sagt: „Sprich zu den Ohren der Hörenden, gieße den Ohren Anleitungen ein“, dann ist dies, soweit ich es verstehe, genau das, was zu den Ehebrechern gesagt worden ist: „die immer lernen und niemals zur Kenntnis der Wahrheit gelangen“, wo doch oft dasselbe wiederholt wird, was von Einzelnen für vernachlässigbar gehalten wird. Denn wenn nicht beachtet wird, wozu man nützlicherweise ermahnt wird, werden die apostolischen Aufträge gewissermaßen als unbekannt verachtet; das Urteil über das, was sie begangen haben, kann jedoch nicht verändert werden. Dies ist an erster Stelle im Blick auf die Priester bestimmt worden, dann auch im Blick auf die [Bischöfe], Presbyter und Diakone,

virgas tormenta catenas / naufragium lacrimas serpentis dira venena, / stigmata non timuit portare in corpore Christi. 151 Dies würde bei einer Autorschaft des Damasus mit den Aussagen des Hieronymus übereinstimmen, daß eben dieses Thema, Jungfräulichkeit von Frauen und auch von Klerikern, häufig von Damasus traktiert wurde und er als Experte in diesen Fragen galt, vgl. Anm. 15. 152 Sirmond, Coustant und Bruns konjizieren instruendo, was auch der Übersetzung zugrundeliegt. 153 Konjektur nach Coustant. 154 2Tim 3,7. 155 Vgl. dazu BABUT 1904, 74 Apparat.

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

castissimos, et patres quoque iusserunt continentiam corporalem servare debere 156 . Qua de re non praetereamus, sed dicamus et causam. Quo enim pudore viduae aut virgini ausus est episcopus vel presbyter integritatem vel continentiam praedicare, vel suadere castum cubile servare, si ipse saeculo magis insistit filios generare quam deo? Adam, qui praeceptum non servavit, eiectus foras paradysum caruit regnum, et praevaricatorem putas posse ad regna caelestia 157 pervenire? Ob quam rem Paulus dicit: „Vos iam non estis in carne, sed in spiritu“ 158 , et item: „Et qui habent uxores ita sint quasi non habeant“ 159 . An populum hortetur, et levitis et sacerdotibus blandiens licentiam praebeat opus exhibere carnale, idem ipse dicens: „Et carnis curas ne feceritis in concupiscentiis“ 160 ,

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die notwendigerweise bei den göttlichen Opfern dabei sind, durch deren Hände auch die Gnade der Taufe gespendet wird und der Leib Christi bereitet wird: diese halten nicht nur wir, sondern auch die göttliche Schrift dazu an, am reinsten zu sein, und auch die Väter haben befohlen, daß sie körperliche Enthaltsamkeit bewahren müssen. Daher wollen wir es nicht unerwähnt lassen, sondern auch den Grund nennen. Denn mit welcher Schamröte wagte es ein Bischof oder Presbyter, einer Witwe oder Jungfrau Unberührtheit oder Enthaltsamkeit zu predigen oder zu raten, das Lager rein zu halten, wenn er selbst eher darauf aus ist, für die Welt Kinder zu zeugen als für Gott? Adam, der die Vorschrift nicht beachtet hat, wurde aus dem Paradies hinausgeworfen und besaß kein Reich mehr, und du glaubst, daß der, der

Synode von Elvira, can. 27 u. 33 (DENZINGER/HÜNERMANN 371991, 61): 27. Episcopus, vel quilibet alius clericus, aut sororem aut filiam virginem dicatam Deo tantum secum habeat; extraneam nequaquam habere placuit. 33. Placuit in totum prohibere episcopis, presbyteris et diaconibus, vel omnibus clericis positis in ministerio, abstinere se a coniugibus suis et non generare filios: quicumque vero fecerit, ab honore clericatus exterminetur. 157 Caelestia regna: Eher eine Formulierung der poetischen Sprache, die von Damasus in seinen Epigrammen verwendet wird: DAM., epigr. 7,3; 60,10; außerdem 17,2: caelestia iussa; 15,9; 25,1: caelestia membra; 20,5; 25,5; 35,4; 39,8; 43,5: regna piorum. 158 Röm 8,9. 159 1Kor 7,29. 160 Röm 13,14. 161 1Kor 7,7. 162 Zur Frage der Enthaltsamkeit äußert sich Siricius, der Nachfolger des Damasus, deutlicher: SIRICIUS, ep. 1 (Directa ad decessorem) 7,10 (PL 13, 1139A–1140A): Unde et Dominus Iesus, cum nos suo illustrasset adventu, in Evangelio protestatur, quia legem venerit implere, non solvere. Et ideo Ecclesiae, cuius sponsus est, formam castitatis voluit splendore radiare, ut in die iudicii, cum rursus advenerit, „sine macula et ruga“ [Eph 5,27] eam possit ... reperire. Quarum sanctionum omnes sacerdotes atque levitae insolubili lege constringimur, ut a die ordinationis nostrae sobrietati ac pudicitiae et corda nostra mancipemus et corpora, dummodo per omnia Deo nostro in his, quae quotidie offerimus, sacrificiis placeamus ... Et quia aliquanti, de quibus loquimur, ut tua sanctitas retulit, ignoratione lapsos esse se deflent: his hac conditione misericordiam dicimus non negandam, ut sine ullo honoris augmento, in hoc quo detecti sunt, quam diu vixerint, officio perseverent, si tamen posthac continentes se studuerint exhibere. Ii vero, qui illiciti privilegii excusatione nituntur, ut sibi asserant veteri hoc lege concessum; noverint se ab omni ecclesiastico honore, quo indigne usi sunt, apostolicae sedis auctoritate deiectos, nec umquam posse veneranda attrectare mysteria.

2. Damasus und die kirchlichen Canones et alibi: „Vellem autem omnes sic esse sicut meipsum“ 161 ? Qui militat Christo, qui in sede residet magistri, qui militiae disciplinam non potest custodire? 162

6. De his itaque tribus gradibus, quos legimus in scripturis, a ministris dei munditia praecepta est observari, quibus necessitas semper in promptu est: aut enim baptisma tradendum est, aut offerenda sunt sacrificia. Numquid inmundus ausus erit contaminare quod sanctorum est, quando quae sancta sunt sanctis sancta sunt? Denique illi qui in templo sacrificia offerebant, ut mundi essent, toto anno in templi solo observationis merito permanebant, domus suas penitus nescientes 163 ; certe idolatrii, ut impietates exerceant et daemonibus immolent, imperant sibi continentiam muliebrem, et ab escis quoque se purgari volunt 164 : et me interrogas si sacerdos dei veri spiritalia oblaturus sacrificia purgatus perpetuo debeat esse, an totus in carne carnis curam debeat facere? Si commixtio pollutio est, utique sacerdos stare debet ad officium coeleste praeparatus, qui pro alienis peccatis est postulaturus, ne ipse inveniatur indignus. Nam si ad laicos dicitur: „Abstinete ad

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seine Pflicht verletzt, zu den himmlischen Gefilden gelangen kann? Deswegen sagt Paulus: „Ihr seid nicht mehr im Fleisch, sondern im Geist“, und ebenso: „Und diejenigen, die Frauen haben, seien so, als ob sie keine hätten“. Oder sollte derselbe nur das Volk ermahnen und schmeichelnd den Leviten und Priestern die Freiheit einräumen, fleischliches Werk zu tun, der doch sagt: „und sorgt für das Fleisch nicht so, daß ihr auf Begehrlichkeiten verfallt“, und an anderer Stelle: „Ich wünschte aber, daß alle so wären wie ich selbst“? Wer kann Christi Kriegsdienst leisten, wer auf dem Stuhl des Lehrers sitzen, der die Zucht dieses Dienstes nicht bewahren kann? 6. Daher ist diese drei Stufen betreffend, von denen wir in den Schriften lesen, die Bewahrung der Reinheit angeordnet worden von den Dienern Gottes, für die die Notwendigkeit besteht, immer zur Verfügung stehen zu müssen: denn entweder muß eine Taufe gespendet oder Opfer dargebracht werden. Würde etwa ein Unreiner zu beflecken wagen, was Aufgabe der Heiligen ist, wenn, was heilig ist, den Heiligen heilig ist? Schließlich blieben auch diejenigen, die im Tempel die Opfer darbrachten, damit sie rein waren, das ganze Jahr nur in der Erfüllung ihrer Tempelpflichten und kannten ihre Häuser gar nicht mehr. Sogar die Götzendiener legen sich die Enthaltsamkeit gegenüber Frauen auf, um ihre Gottlosigkeiten auszuüben und den Dämonen zu opfern, und wollen sich auch von den Speisen reinigen: und du fragst mich, ob ein Priester des wahren Gottes, der geistliche Opfer darbringen soll, ständig rein sein muß oder ganz im Fleisch für das Fleisch Sorge tragen muß?

163 Vgl. SIRICIUS, ep. 7,9 (PL 13, 1138C): Cur etiam procul a suis domibus, anno vicis suae, in templo habitare iussi sunt sacerdotes? Hac videlicet ratione, ne vel cum uxoribus possent carnale exercere commercium, ut conscientiae integritate fulgentes, acceptabile Deo munus offerent. 164 Die Präsensformulierungen deuten darauf hin, daß dies durchaus noch üblich war.

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tempus ut vacetis orationi“ 165 , et illi creaturae utique generatione deserviunt, sacerdotale possunt habere nomen, meritum habere non possunt. Quod si ita est et permanet ista praesumptio, oportet iam episcoporum vel presbyterorum aut diaconorum discine cum publicanorum discine cum publicanorum 166 vita sociari. Quamobrem, mihi carissimi, huiusmodi hominibus coinquinatis et infidelibus, in quibus sanctitudo corporis per inluviem et incontinentiam videtur esse polluta, misterium Dei credere non oportere, veneratione religionis ipsa suadente moneo; hos enim et ratio iusta secernit. Audiunt certe quoniam „caro et sanguis regnum Dei non possidebunt, neque corruptio incorruptelam“ 167 ; et audet presbyter aut diaconus animalium mori subiacere contendere?

7. Item de eo qui militaverit iam fidelis militiae saeculari notitia est quod utatur publica libertate. Quis enim potest illum custodire? Quis negare vel spectaculis interfuisse vel pecunia 168 utilitate

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Wenn die fleischliche Vereinigung eine Verunreinigung ist, muß der Priester unter allen Umständen standhaft sein, bereit für den himmlischen Dienst, der für fremde Sünden fürbitten soll, damit er nicht selbst für unwürdig befunden wird. Denn wenn zu den Laien gesagt wird: „Enthaltet euch für kurze Zeit, damit ihr frei seid zum Gebet“, und jene sicherlich der Schöpfung durch Zeugung dienen, können sie dem Namen nach Priester sein, aber nicht dem Verdienst nach. Wenn es aber so ist und diese Anmaßung fortdauert, muß man jetzt eben lernen, daß das Leben der Bischöfe und Presbyter oder Diakone sich mit dem der öffentlichen Sünder verbindet. Deswegen, meine Teuersten, mahne ich – und dazu rät die Verehrung der Religion selbst –, daß derartigen befleckten und ungläubigen Menschen, bei denen die Heiligkeit ihres Leibes durch schmutzige Taten und Begehrlichkeit verunreinigt scheint, das Geheimnis Gottes nicht anvertraut werden darf. Denn diese schließt auch die gerechte Vernunft aus. Sie hören sicherlich, daß Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht besitzen werden und die Verwesung nicht die Unverweslichkeit; und ein Presbyter oder Diakon wagt es, danach zu streben, der Gewohnheit der Tiere zu unterliegen? 7. Ebenso ist betreffend dem, der schon als Glaubender weltlichen Kriegsdienst geleistet hat, bekannt, daß er Gebrauch von der öffentlichen Freiheit macht. Denn wer kann jenen überwachen, wer versichern,

1Kor 7,5. Babut gibt hier den handschriftlichen Befund wieder, der sich aber durch völlige Unverständlichkeit auszeichnet. Coustant und Bruns schlagen folgende Konjektur vor: disci ne cum publicanorum (semel tantum); dafür müßte aber auch sociari in sociaretur korrigiert werden. Deshalb liegt es m.E. näher, daß ein Abschreiber die Ironie der Bemerkung nicht verstanden hat und ein ne ergänzt hat, das dann im weiteren Überlieferungsprozess wegen der Unverständlichkeit des Satzbaus mit disci verbunden wurde; zudem liegt eine diplographische Verdoppelung vor. Die Übersetzung geht daher von folgender Formulierung aus: ... disci cum publicanorum vita sociari. 167 1Kor 15,50. 168 Von Babut vorgenommene Konjektur, die Codices bieten pecunia utilitate, die Editoren vor Babut pecuniae utilitate. 166

2. Damasus und die kirchlichen Canones inpulsum a violentia et iniustitia inmunem esse 169 potuisse?

8. Romana ecclesia hoc specialiter custodit, ut si quis puerulus baptizatus integritatem corporis servaverit, admitti potest ad clerum; vel qui maior fuerit baptizatus, et si manserit pudicus, 170 unius uxoris vir, potest clericus fieri, si nullis aliis criminum funiculis alligetur. Ceterum qui corruperit carnalibus vitiis aquae sacramenta, post fornicationem etiamsi ducat uxorem, quomodo poterit ad dimittenda peccata ministerio adsistere? Qui prioris vitae repetierit caecitatem? Quomodo illud intellegitur: „neque fornicarii, neque idolatrii et caeteri tales regnum Dei possidebunt“ 171 , si nihil inter bonum et malum, inter iustum et impium, inter luxuriosum et pudicum, inter observantem legem et publicanum? Fiant tales ministri vel sacerdotes non Christi sed potius Antichristi. Et ubi est illud quod sanctus apostolus Paulus, qui formam tulit episcopi qualis esset ordinandus, ante praecepit dicens: „inrepraehensibilem, sobrium et pudicum“ 172 et caetera?

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daß er entweder nicht an Schauspielen teilgenommen hat oder, durch Geld oder Vorteil getrieben, von Grausamkeit und Ungerechtigkeit frei sein konnte? 8. Die römische Kirche achtet besonders darauf, daß, wenn einer als kleiner Junge getauft worden ist und die Unberührtheit des Körpers bewahrt hat, zum Klerus zugelassen werden kann; oder derjenige, der als Älterer getauft worden ist, wenn er keusch geblieben ist und der Mann einer einzigen Frau ist 173 , kann Kleriker werden, wenn er in keine anderen Untaten verstrickt ist. Im übrigen wie könnte einer, der die Sakramente des Wassers mit fleischlichen Lastern verdorben hat, auch wenn er nach seiner Hurerei eine Frau heiratet, das Amt der Sündenvergebung ausüben – einer, der wieder in die Blindheit seines früheren Lebens zurückgefallen ist? Wie ist das zu verstehen: „weder Hurer noch Götzendiener und die übrigen dieser Art werden das Reich Gottes besitzen“, wenn kein Unterschied besteht zwischen dem guten und dem schlechten, zwischen dem gerechten und dem gottlosen, zwischen dem ausschweifendenden und dem keuschen, zwischen dem, der das Gesetz befolgt und

Bereits von den Editoren vor Babut vorgenommene Konjektur (Sirmond und Cou-

stant). 170

Von Babut vorgenommene Konjektur, die aber m.E. überflüssig ist. 1Kor 6,9f. 172 1Tim 3,2. 173 Bemerkenswert ist, daß hier die Verpflichtung der einmaligen Heirat für die Zeit nach der Taufe gilt und nicht für das Leben insgesamt, ebenso Hieronymus, anders Ambrosius und Augustin, siehe z.B. auch Concilium Valentinum, can. 1 (374) (EOMIA I/2,3, 419f.): Sedit igitur neminem post hanc synodum, qua eiusmodi inlicitis vel sero succurritur, digamos aut internuptarum maritos ordinari clericos posse: nec requirendum utrumne initiati sacramentis divinis, anne gentiles, hac se infelicis sortis necessitate macularint, cum divini praecepti certa sit forma. Sed quia fratrum nostrorum vel inperitiam vel symplicitatem vel etiam praesumptionem damnare non possumus, nec per omnes ecclesias quae sunt iam pridem male gesta corrigere, placuit etiam de eorum statu qui prius ordinati sunt nihil revolvi, si nulla extrinsecus causa procedat qua indigni ministerio conprobentur. SIRICIUS, ep. 1,9,13 (PL 13, 1142A–1143B.1145B): Quicumque itaque se ecclesiae vovit obsequiis a sua infantia, ante pubertatis annos baptizari et lectorum debet ministerio sociari. Qui accessu adolescentiae usque ad tricesimum annum, si probabiliter vix171

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Quomodo hic inrepraehensibilis est qui baptismi sacramentum non potuit custodire? O nova praesumptio, huic sacerdotium creditum, cui poenitentia sola debetur, ut longa satisfactione sordidata veniae beneficia possit abluere.

9. Catholicorum episcoporum unam confessionem esse debere apostolica disciplina conposuit. Si ergo una fides est, manere debet et una traditio. Si una traditio est, una debet disciplina per omnes ecclesias custodiri. Diversis regionibus quidem ecclesiae sunt conditae, sed per omnem mundum unitate fidei catholica una est appellata 174 . Nam et sic legimus: „una est columba mea, una est perfecta mea, una est genetrici suae“ 175 . Non ergo nunc de baptismi ratione, sed de tradentium persona rescribo.

10. Paschae tempore presbyter et diaconus per parrochias dare remissionem peccatorum et misterium implere consuerunt;

dem öffentlichen Sünder? Solche sollen nicht Diener oder Priester Christi, sondern eher des Antichrists werden. Und wo bleibt das, was der heilige Apostel Paulus, der das Ideal des Bischofs, wie er ordiniert werden sollte, an sich trug, früher vorschrieb und sagte: „untadelig, enthaltsam und keusch“ usw.? Wie ist der untadelig, der das Sakrament der Taufe nicht bewahren konnte? Oh, neue Anmaßung, wenn demjenigen das Priesteramt anvertraut ist, der allein eine Buße verdient, damit er mit langer Genugtuung die beschmutzten Wohltaten der Verzeihung abwaschen kann. 9. Die apostolische Zucht hat es so eingerichtet, daß es ein einziges Bekenntnis der katholischen Bischöfe geben muß. Wenn es also einen einzigen Glauben gibt, muß auch eine einzige Überlieferung bleiben. Wenn es eine einzige Überlieferung gibt, muß eine einzige Zucht in allen Kirchen beachtet werden. In verschiedenen Gebieten sind freilich Kirchen gegründet worden, aber auf der ganzen Welt ist in der Einheit des Glaubens eine einzige katholische Kirche genannt worden. Denn wir lesen es auch so: „Einzig ist meine Taube, einzig ist meine vollkommene, einzig ist sie für ihre Mutter“. Ich gebe jetzt also nicht eine Antwort bezüglich der Art und Weise der Taufe, sondern bezüglich der Person derjenigen, die sie spenden. 10. In der Osterzeit pflegen der Presbyter und der Diakon in den Parochien Vergebung der Sünden zu verleihen und das Geheim-

erit, una tantum, et ea, quam virginem communi per sacerdotem benedictione perceperit, uxore contentus, acolythus et subdiaconus esse debebit; postque ad diaconii gradum, si se ipse primitus continentia praeeunte dignum probarit, accedat ... 14. Qui vero iam aetate grandaevus ..., ex laico ad sacram militiam pervenire festinat, desiderii sui fructum non aliter obtinebit, nisi eo quo baptizatur tempore, statim lectorum aut exorcistarum numero societur, si tamen eum unam habuisse vel habere, et hanc virginem accepisse, constet uxorem ... 19. Quicumque poenitens, quicumque bigamus, quicumque viduae maritus, ad sacram militiam indebite et incompetenter irrepsit ... . 174 Vgl. dazu DAM., epigr. 4 und decr.Dam III 1. 175 Cant 6,8.

2. Damasus und die kirchlichen Canones etiam praesente episcopa in fontem [quoque ipsi] 176 descendunt. Illi in officio sunt, sed illius nomini facti summa conceditur. Reliquis vero temporibus, ubi aegritudinis necessitas consequi unumquemque conpellit, specialiter presbytero licentia est per salutaris aquae gratiam dare indulgentiam peccatorum, quoniam et munus ipsi licet causa emundationis offerre. Diaconis vero nulla licentia invenitur esse concessa, sed quod semel forte contigit usurpari per necessitatem dicitur excusatum, nec postea in securitate commissum.

11. De oleo sane exorcizato cupiendusne brevis numerus dierum multos in hoc proficit sermo 177 . Fide enim quis sua plena purgatur. Si enim crisma infusum capiti gratiam suam toto corpori inpertit, nihilominus et tertio scrutinio scrutatus si oleo fuerit contactus non saepe sed semel, virtute sua deus operatur in tempore.

12. De eo qui sororem uxoris suae duxerit uxorem, in lege veteris testamenti scriptum est ad suscitandum semen defuncti fratris oportere ducere uxorem, ita tamen si liberos ex eadem minime reliquisset 178 ; inde est enim quod Iohannes baptista contradixit Herodi quoniam non licebat ei

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nis zu erfüllen; [auch] sie [selbst] steigen in Gegenwart des Bischofs zur Quelle hinab. Jene verrichten den Dienst, aber die Gesamtheit der Tat wird seinem (des Bischofs) Namen zugeschrieben. Zu den übrigen Zeiten aber, in denen die Not einer Krankheit jemanden dazu drängt, die Taufe zu erlangen, ist es besonders dem Presbyter erlaubt durch die Gnade des heilsamen Wassers die Sündenvergebung zu verleihen, da es ihm auch erlaubt ist, den Dienst der Reinigung darzubringen. Aber es kann nicht ausfindig gemacht werden, daß den Diakonen irgendeine Erlaubnis dafür zugestanden worden ist; aber, was ihnen einmal zufällig zugekommen ist, in Anspruch zu nehmen, davon wird gesagt, daß es durch die Notwendigkeit entschuldigt ist, danach aber in Gefahrlosigkeit nicht mehr erlaubt ist. 11. Über das Geister vollkommen austreibende Öl (...ob eine geringe Zahl an Tagen zu begehren ist ... darin bewirkt die Rede viel...) Denn man wird durch seinen vollen Glauben gereinigt. Denn wenn das auf den Kopf gegossene Crisma seine Gnade dem ganzen Körper mitteilt, dann wirkt, auch wenn er, bei der dritten Durchsuchung erforscht, mit dem Öl berührt worden ist, Gott nichtsdestoweniger nicht oft, sondern einmal mit seiner Kraft zur rechten Zeit. 12. Über den, der die Schwester seiner Frau zur Frau genommen hat, steht im Gesetz des Alten Testaments geschrieben, daß er, um den Samen des verstorbenen Bruders wieder zu erwecken, dessen Frau heiraten muß, dennoch nur insofern, wenn dieser von ihr keine Kinder hinterlassen hatte;

Von Babut als Interpolation bewertet. Der Text ist korrumpiert, BABUT 1904, 80 Apparat, kommentiert so: „Locus hic totus ita corruptus est, ut iam neque papa quid statuerit, neque Galli quid proposuerint, liceat perspicere. At Coustantius velit legas: ... exorcizato capiendo, nec brevis numerus dierum nec multus proficit sed sermo.“ 178 Deut 25,5. Vgl. AMBR., fid. III 10,69 (CSEL 78, 134,64–66 FALLER): Lege enim proximo defuncti vel fratri copula deferebatur eius uxoris, ut semen fratris vel proximi resuscitaret. 177

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accipere uxorem de qua frater reliquerat filios 179 . Tamen propter virilem generationem legis constitutio imperabat hoc fieri a viro; de feminis vero nusquam est lectum sed forte praesumptum. Nam lex dicit: „maledictus qui cum uxoris suae sorore dormierit“ 180 . Numquid qui duas habuit uxores Iacob uno in tempore sorores 181 causa misterii et concubinas, et omnes qui nati sunt, patriarchae sunt appellati? Nunc iam christianus habere non permittitur. Numquid qui uxores et concubinas habuerunt ...? Sed nunc hoc non patitur fieri testamentum, ubi amplius de integritate tractatur, et castitas Christo docente laudatur cum dicit: „Non omnes capiunt verbum Dei, sed quibus datur“ 182 .

13. Eos praeterea qui saecularem adepti potestatem ius saeculi exercuerunt, inmunes a peccato esse non posse manifestum est. Dum enim et gladius exeritur, aut iudicium confertur iniustum, aut tormenta exercentur pro necessitate causarum, aut parandis exhibent voluptatibus curam, aut praeparatis intersunt, in his quibus renuntiaverunt 183 denuo sociantes, disciplinam observationis traditam mutaverunt. Multum sibi praestant si non ad episcopatum adfectent; sed propter haec omnia agentis poenitentiam, certo tempore impleto mereantur altaribus sociari. Nicaenum concilium, divino spiritu an-

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denn daher kommt es, daß Johannes der Täufer dem Herodes widersprach, da es ihm nicht erlaubt war, die Frau zu heiraten, von der der Bruder Kinder hinterlassen hatte. Dennoch gebietet die Verordnung des Gesetzes bezüglich der männlichen Zeugung an, daß dies durch den Mann geschehe. Über Frauen aber las man es nirgends, aber man stellte ungefähre Vermutungen an. Denn das Gesetz sagt: Verflucht sei der, der mit der Schwester seiner Frau schläft. Ist etwa Jakob gemeint, der zwei Frauen hatte zur gleichen Zeit, zwei Schwestern um des Geheimnisses willen und Konkubinen, und trotzdem wurden alle, die geboren wurden, Patriarchen genannt? Jetzt ist es einem Christen nicht mehr erlaubt, sich so zu verhalten! Etwa diejenigen, die Frauen und Konkubinen hatten...? Nein, sondern jetzt duldet unser Testament nicht mehr, daß das geschieht. Dort wird ausführlicher über die Unberührtheit gehandelt und die Keuschheit gelobt, wenn Christus lehrt und sagt: „Nicht alle erfassen das Wort Gottes, aber diejenigen, denen es gegeben wird“. 13. Außerdem ist offensichtlich, daß diejenigen, die weltliche Macht erlangt haben und das weltliche Recht ausgeübt haben, nicht frei von Sünde sein können. Denn, wenn das Schwert gezückt oder ein ungerechtes Urteil gefällt oder Folter gemäß der Notwendigkeit der Prozesse angewendet wurden oder sie dafür sorgten, daß Vergnügungen vorbereitet werden, oder sie an schon vorbereiteten teilnahmen, haben sie an dem, dem sie abgeschworen haben, von neuem teilgenommen und haben die überlieferte Lehre des Gehorsams verlassen. Sie erweisen sich einen großen Dienst, wenn sie nicht nach dem

Mt 14,4. Lev 18,18. 181 Can. App. 19 (3,13f. LAUCHERT; 17,3–5 JOANNOU): 0EVPBEFMGBKBHBHPNFOPK IBEFMGJEIOPVEVOBUBJFJOBJLMISJLPK 182 Mt 19,11. 183 Vgl. BABUT 1904, 81 Apparat. 180

2. Damasus und die kirchlichen Canones nuenti, dum fidei confessio fuisset iure firmata, etiam apostolicas traditiones episcopi toti in unum congregati ad omnium notitiam pervenire voluerunt, definientes inter cetera neque 184 abscisis clericum fieri 185 , quoniam „abscisus et mollis non introibunt sanctuarium Dei“ 186 ; deinde post baptismi gratiam, post indulgentiam peccatorum cum quis saeculi militia fuerit gloriatus, vel illum qui purpura et fascibus fuerit delectatus, ad sacerdotium aliqua inruptione minime admitti iusserunt. Meritis enim et observationibus legis ad istiusmodi dignitatis culmen accedunt, non Simonis pecunia vel gratia quis poterit pervenire favore populari: non enim quid populus vellit, sed quid evangelica disciplina perquiritur: plebs tunc habet testimonium, quotiens ad digni alicuius meritum repraehendens auram favoris inpertit.

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Bischofsamt streben; aber diejenigen, die wegen all den angeführten Handlungen Buße tun, mögen verdienen, nach Ablauf einer bestimmten Zeit zu den Altären zugelassen zu werden. Dank des göttlichen Geistes, der dem nicaenischen Konzil zugetan war, bis daß das Bekenntnis des Glaubens rechtmäßig festgesetzt worden war, äußerten alle diese an einem Ort zusammengekommenen Bischöfe auch den Willen, daß die apostolischen Überlieferungen zu Kenntnis aller gelangten. Sie bestimmten unter anderem, daß auch keiner von den Eunuchen Kleriker werde, da „kein Eunuch und Weichling in das Heiligtum Gottes eintreten wird“; ferner ordneten sie an, daß, wenn einer nach der Gnade der Taufe, nach der Vergebung der Sünden sich im weltlichen Militärdienst berühmt gemacht hat, auch jener, der sich an Purpur und den Fasces erfreut hat, keinesfalls zum Priesterdienst gleichsam durch gewaltsames Eindringen zugelassen

Von Babut vorgenommene Konjektur. Concilium Nicaenum, can.1 (Interpretatio codicis Ingilrami) (EOMIA I/1,2, 113): Si quis autem incurrerit in valetudine et necessitate cogente a medicis fuerit sectus, aut a dominis suis aut a barbaris eunucizatus, hic manet in clero. Si quis autem sanus ipse se absciderit et inventus fuerit in clero, oportet eum a loco abici et de cetero nullum huiusmodi oportere suscipi. Sicut autem de his manifestum est ut si quis ausus fuerit abscidere se abiciatur, sic itaque si quis aut a barbaris aut a dominis suis castrati sunt, probata vita eorum suscipiendos esse in clerum censemus. 186 Deut 23,1. 187 Conc.Nic., can. 12 (Ingilrami) (EOMIA I/1,2, 129): De penitentia eorum qui post baptismum ad saecularem militiam revertuntur: Qui autem vocati sunt ad gratiam et confessi primos impetos suos ostenderunt proicientes baltea, post vero conversi sunt ad vomitum suum, quidam enim et pecunias dederunt et multa munera ut rursum militarent; hii decem annis prostrati iacebunt. vermischt mit der Bestimmung im Concilium Serdicense, can. 8 (EOMIA I/2,3, 472f.): Et hoc necessarium arbitror ut diligentissime tractetis: si forte aut dives, aut scolasticus de foro, aut ex administratore, episcopus postulatus fuerit, non prius ordinetur nisi ante et lectoris munere et officio diaconii et ministerio praesbyterii fuerit perfunctus; ut per singulos grados (si dignus fuerit) ascendat ad culmen episcopatus. Potest enim per has promotiones, quae habebunt utique prolixum tempus, probari qua fide sit, qua modestia, qua gravitate et verecundia: et si dignus fuerit probatus, divino sacerdotio inlustretur. Nec conveniens est nec rationis disciplina patitur ut temere aut leviter ordinetur aut episcopus aut praesbyter aut diaconus – maxime qui sit neofitus, cum beatissimus apostolus magister gentium ne hoc fieret denuntiasse et prohibuisse videatur; quia longi temporis examinatio merita eius probabit. 185

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14. Item de eo qui abunculi sui 188 uxorem duxerit 189 . Abunculi filiam ducere non licet, quoniam, si velis causam, generatio per gradus patris extranei separatur atque purgatur; retro autem redire fas non est. Nam qui thorum patris vel matris violare praesumpserit, non hoc coniugium sed fornicatio nominatur. Quisque tamen contra canones apostolicos 190 facere usurpaverit, privandus est sacerdotio si pertinax fuerit; sin correxerit, aboleatur quod praesumptum est, ut possit reconciliatus nostrum habere consortium.

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werden darf 187 . Denn zur Erhabenheit einer derartigen Würde kommt man durch Verdienste und Befolgung des Gesetzes; keiner sollte durch simonistisches Geld oder Wohlwollen mittels der Volksgunst dahin gelangen können: denn es gilt nicht, was das Volk will, sondern was von der evangelischen Lehre durchforscht wird: dann kann das Volk Anerkennung zeigen, wenn es zum Verdienst eines Würdigen innehaltend ein Zeichen der Gunst gewährt. 14. Ebenso über den, der die Tochter seines Onkels geheiratet hat. Es ist nicht erlaubt, die Tochter des Onkels zu heiraten, da, wenn du den Grund erfahren willst, die Zeugung dadurch, daß der Vater (der Braut) nicht verwandt ist, getrennt und gereinigt wird; es ist aber nicht erlaubt rückwärts hinaufzugehen. Denn wenn einer sich anmaßt, das Lager des Vaters oder der Mutter zu verletzen, wird dies nicht Ehe, sondern Hurerei genannt. Jeder, der dennoch gegen die apostolischen Canones sich anmaßt, dies zu tun, dem muß das Priesteramt genommen werden, wenn er starrsinnig ist; wenn er aber seinen Fehler korrigiert, soll entfernt werden, was er sich angemaßt hat, damit er wieder versöhnt an unserer Gemeinschaft teilhaben kann.

Von Babut vorgenommene Konjektur. Can. App. 19 (3,13f. LAUCHERT; 17,3–5 JOANNOU): 0EVPBEFMGBKBHBHPNFOPK IBEFMGJEIOPVEVOBUBJFJOBJLMISJLPKHier wird wohl der Begriff BEFMGJEIOausgelegt, so daß es nicht nur um die Tochter des Bruders oder der Schwester geht, sondern auch um die Tochter des Onkels; es handelt sich offenbar um denselben Verwandtschaftsgrad, nur eine Stufe zurück bei den Eltern; da davon im Canon nicht die Rede ist, wird eine komplizierte Erklärung gegeben. 190 Es werden direkt als Quelle apostolische Canones angegeben, wobei hier allein der Canon 19 in Frage kommen könnte; aber die Formulierung canones apostolici kann auch einfach parallel zu allgemeinen Aussagen über die apostolische Lehre verstanden werden, daß die Canones insgesamt auf der apostolischen Überlieferung gründen. Für eine Auswertung der Parallelen zum Canon 19 müßte man die Frage untersuchen, was Damasus mit den apostolischen Canones zu tun haben könnte, die wohl eben in dieser Zeit enstanden sind, das kann aber in diesem Rahmen nicht geleistet werden. Siehe zu den Canones der Apostel OHME 1998, 485–509. 189

2. Damasus und die kirchlichen Canones 15. De ordinationibus maxime observandum est ut semper clerici fiant episcopi. Sic enim scriptum est: „Et hii primo probentur, et sic ministrent“ 191 . Qui non 192 probetur tempore praecedenti in minori officio ministravit, quomodo praeponitur clero? Non est auditum necdum tironem militem imperium suscepisse. Hic ergo debet fieri quem aetas tempus meritum commendat et vita; aut quare apostolus neoffitum prohibet, et cito manus alicui inponi non permittit 193 ?

16. Item de his qui de ecclesia ad ecclesiam

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15. Bei den Ordinationen muß am meisten darauf geachtet werden, daß immer Kleriker Bischöfe werden. Denn so steht es geschrieben: „Und diese sollen an erster Stelle gebilligt werden, und so sollen sie dienen“. Wer nicht, um gebilligt zu werden, in der voraufgehenden Zeit in einem geringeren Amt gedient hat, wie kann der dem Klerus vorangestellt werden? Man hat nicht gehört, daß ein Soldat, der nicht einmal Rekrut war, den Oberbefehl übernommen habe. Der also soll es werden, den Alter, Zeit, Verdienst und Leben dafür empfiehlt; oder warum hält der Apostel einen Neophyten davon ab und gestattet es nicht, jemandem voreilig die Hände aufzulegen? 194 16. Ebenso über die, die von Kirche zu Kir-

1Tim 3,10. Von Babut vorgenommene Konjektur. 193 1Tim 5,22; vgl. insgesamt zu dieser Bestimmung die Ordination des Neophyten Nectarius zum Bischof von Konstantinopel im Jahr 381, siehe dazu Kap. 5.2.5–7. 194 Conc.Nic., can. 2 (Ingilrami: IIII: De neophitis...; EOMIA I/1,2, 115): Plurima, sive necessitate cogente sive alias coacti, ab hominibus conmissa sunt contra disciplinam et regulam ecclesiasticam, ut quosdam homines a conversatione gentili repente accedentes ad credulitatem modico tempore cathacizatos statim ad spiritalem lavacrum cogant accedere, et mox baptizatos multos ad episcopatum vel presbyterium venire cogant; bene habere placuit de cetero nihil tale committi vel fieri. Tempus enim debet probare cathecuminum, et post baptismum experimentis multis probari: manifesta est enim apostoli scribtura dicentis „non neophitum ne forte inflatus in iudicium incidat diaboli“ si quidem praecedente tempore mortale aliquid delictum admiserit haec eadem persona et accusetur a duobus vel tribus, huiusmodi privabitur a loco. Zitat: 1Tim 3,6: Er darf kein Neubekehrter sein, sonst könnte er hochmütig werden und dem Gericht des Teufels verfallen. 195 Conc.Nic., can. 15 (Ingilrami XXIII: De his qui ecclesias suas deserunt et ad alias transeunt) (EOMIA I/1,2, 135): Propter frequentes tumultos et sedictiones quae fiunt in plebes placuit omnino amputari hanc consuetudinem quae extra disciplinam et canonem fit, ut si quis inventus fuerit de civitate in civitate transiens, episcopus vel presbyter sive diaconus, amoveatur. Si quis autem post huius sancti et magni concilii decreta aliquid huiusmodi usurpaverit aut consenserit huic rei, inritum fiet et deliberabitur an oporteat eum regredi ad parrociam suam in qua episcopus aut praesbyter fuerit ordinatus. Concilium Serdicense, can. 1 (EOMIA I/2,3, 452f.): Non magis mala consuetudo quam perniciosa corruptela funditus eradicanda est, ne cui liceat episcopo de civitate sua ad aliam civitatem transire. Manifesta [est] enim causa quam hoc facere temptet: nullus fere inventus est episcopus qui de maiore civitate ad minorem traniret. Unde apparet avaritiae ardore illos inflammari et ambitioni servire et ut dominationem habeant. 192

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transeunt 195 , iussi sunt haberi quasi relicta uxore alienam accerserint, quod inpunitum esse non possit. Talem episcopum, invasorem pudoris alieni, episcopatu privari iusserunt. 196

17. Item de clericis alienis et 197 sinodo frequenter est pertractatum atque confirmatum et ratio iusta constringit, clericos abiectos de ecclesia ab episopo suo nec laicam communionem accipere posse in aliena ecclesia 198 [confirmatum manife-

che weitergehen: Sie sollen so eingeschätzt werden, als ob sie die eigene Frau verlassen haben und eine fremde genommen haben, was nicht ungestraft bleiben kann. Ein solcher Bischof, haben sie angeordnet, ist als Eindringling in eine fremde Scham des Bischofsamtes zu entheben. 17. Ebenso ist über fremde Kleriker von Synoden häufig diskutiert und beschlossen worden und auch die rechte Vernunft führt zu dem Schluß, daß Kleriker, die von ihrem Bischof aus der Kirche geworfen wurden, in einer fremden Kirche nicht

Si omnibus hoc placet, ut huiusmodi pernicies saevissime et austerius vindicetur, ut nec laicam habeat communionem? RESPONDERUNT UNIVERSI: Placet. Siehe auch can. 2. Bemerkenswert ist, daß auch im Tomus Damasi (DAM., epist. 4,9) diese Praxis gescholten wird, und zwar eingeschoben zwischen ausschließlich theologische Anathematismen und an der Nahtstelle zwischen zwei Teilen, die sich durch ihre Formulierungen unterscheiden, d.h. DAM., epist. 4,1–8 beginnen mit der Formulierung Anathematizamus ... und die nachfolgenden epist. 10–23 jeweils mit si quis (non) dixerit ... und einem abschließenden ... haereticus est: DAM., epist. 4,9: Eos quoque, qui de ecclesiis ad ecclesias migraverunt tamdiu a communione nostra habemus alienos quamdiu ad eas redierint civitates in quibus primum sunt constituti. Quod si alius, alio transmigrante, in loco viventis est ordinatus, tamdiu vacet sacerdotii dignitate qui suam deseruit civitatem, quamdiu successor eius quiescat in Domino. Vgl. DAM., epist. 5 (Decursis litteris), passim und besonders (18,52–60 SILVATAROUCA): Illud praeterea commoneo dilectionem vestram, ne patiamini aliquem contra statuta maiorum nostrorum de civitate alia ad aliam transduci et deserere plebem sibi commissam et ad alium populum per ambicionem transire. Tunc enim contentiones oriuntur, tunc schismata fomenta graviora accipiunt, cum et illi qui amiserint sacerdotem sine dolore animi esse non possunt, et illi qui alterius civitatis acceperint episcopum, etiam si gaudeant, invidiosum sibi intellegunt fore, sub alieno se agere sacerdote. 196 Vgl. dazu die Anordnungen des Damasus gegen Meletius als Bischof von Antiochia (epist. 2/1 und epist. 4,9) und gegen Gregor von Nazianz (epist. 5), die ebenfalls diesen Canon aufnehmen. 197 Von Babut vorgenommene Konjektur. 198 Conc.Nic., can. 5 (Ingilrami VIIII: De his qui excommunicati sunt ab episcopis suis) (EOMIA I/1,2, 119): De his qui excommunicati fiunt, sive qui in clero sive qui in laico ordine, ab his qui in provincia sunt episcopi, teneat sententia ut qui ab aliis incommunicati facti fuerint ab aliis non suscipiantur. Perrogentur autem ne forte propter contentionem aut inimicitiam aut aliquam animositatem episcopi facti sunt incommunicati. Ut ergo de omnibus congruens interrogatio fieri videatur. Conc.Serd., can. 11 (EOMIA I/2,3, 479): Hoc quoque omnibus placebit, ut sive diaconus sive praesbyter sive quis clericorum ab episcopo suo communione fuerit privatus [et] ad alterum perrexerit episcopum, et scierit ille ad quem confugerit eum ab episcopo

2. Damasus und die kirchlichen Canones stumque est] 199 , quando etiam innocens sine litteris episcopi sui vel formata non potest ministrare 200 . Si quis autem 201 iniuriam consacerdotis hoc facere praesumpserit, et condempnatum clericum suscipere vel promovere voluerit, sciat se communicasse peccatis alienis et incurrisse sententiam apostoli, qui ait reos esse „non solum qui faciunt“ contra legem, „sed etiam qui consentiunt facientibus“ 202 . Unde dimittendum est conscientiae illius qui de suo clerico iudicavit, sciens quod de iudicio eius deus sit iudicaturus in postremum. Audi dominum dicentem: „quae enim vultis ut faciant vobis homines, eadem et vos facite illis“ 203 . Quid 204 iniuriam fratris et consacerdotis armaris? Cum enim reus non solum suscipitur clericus abiectus, sed etiam promovetur, iniustus iudicatur episcopus. Hoc quisque facit, sciat se a catholicorum societate seclusum et communionem sedis apostolicae non habere iam posse 205 .

18. Illud praeterea satis grave est et contra episcopalem moderationem 206 sedis

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einmal die Laiengemeinschaft empfangen können; [das ist festgesetzt und offenbar], da ja sogar ein Unschuldiger ohne ein Empfehlungsschreiben seines Bischofs keinen Dienst verrichten kann. Wenn einer aber sich unrechtmäßig gegenüber seinem Mitpriester anmaßt, das zu tun, und einen verurteilten Kleriker aufnehmen oder befördern will, soll er wissen, daß er damit an den fremden Sünden Anteil hat und gegen die Meinung des Apostels verstoßen hat, der sagt, daß Angeklagte nicht nur diejenigen sind, die gegen das Gesetz handeln, sondern auch diejenigen, die den Tätern zustimmen. Daher muß es dem Gewissen dessen anvertraut werden, der über seinen Kleriker geurteilt hat in dem Wissen darum, daß zuletzt Gott über sein Urteil richten wird. Höre den Herrn, der sagt: „denn was ihr wollt, daß euch die Menschen tun, dasselbe tut auch ihnen“. Was bewaffnest du dich, um dem Bruder und Priesterkollegen Unrecht zu tun? Denn wenn ein hinausgeworfener Kleriker im Anklagezustand nicht nur aufgenommen, sondern sogar befördert wird, wird der Bischof als ungerecht verurteilt. Jeder, der dies tut, soll wissen, daß er von der katholischen Gemeinschaft ausgeschlossen ist und keine Gemeinschaft mit dem apostolischen Stuhl mehr haben kann. 18. Außerdem ist folgendes Verhalten genügend schwerwiegend und gegen die bi-

suo fuisse abiectum, non oportet ut ei communionem indulgeat. Quod si fecerit, sciat se convocatis episcopis causas esse dicturum. Vgl. dazu GAUDEMET 1958, 77. 199 Babut hält diese Formulierung für eine Interpolation. 200 Siehe zu den litterae commendatitiae GAUDEMET 1958, 181. 201 Bereits von Sirmond, Coustant und Bruns vorgenommene Konjektur. 202 Röm 1,32. 203 Mt 7,12. 204 Bereits von Sirmond, Coustant und Bruns vorgenommene Konjektur. 205 Vgl. dazu das Synodalschreiben DAM., relatio, wo es darum geht, daß verurteilte Bischöfe in anderen Gemeinden aufgenommen werden. 206 Vgl. dazu DAM., epist. 7: LBJHBSFJUBNBMJTUBFOUIÝBHJBÝFLLMITJBÝ FOIÀÝP BHJPKBQPTUPMPKLBRF[PNFOPKFEJEBYFQXKQSPTILFJINBKUPVKPJBLBKJRVOFJO

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

apostolicae 207 , suos fines excedere, ad alienam tendere regionem, festinare, ordinationes celebrare 208 praeceptis 209 , non metropolitanum episcopum permittere in suam diocisim una cum vicinis episcopis, sicut CCCXVIII episcopi confirmaverunt tres vel et eo amplius sacerdotes episcopum ordinare debere 210 vel subrogare dignissimum. Si quis certe finis alienae possessionis invaserit, reus violentiae 211 iudicatur. Quid curritur, quid festinatur, ut regula ecclesiastica 212 conculcentur? Leges humanae tenentur, et divina praecepta contempnuntur. Praesens gladius formidatur et temporalis poena: divina vero vindicta habet flammas gehennae perpetuas. [Videritis quae praesumptio fecerit] 213 . Ex hoc si quis in aliena diocisi ausus fuerit ordinationem facere praesumere, sciat se de statu suo posse periclitari, qui alienam ecclesiam invadere praesumpserit. Non est saeculare aliquid, non sunt mundanae promo-

schöfliche Herrschaft des apostolischen Stuhles: seine Grenzen zu überschreiten und nach einem fremden Gebiet zu streben, im Eilverfahren etwas zu unternehmen, Ordinationen abzuhalten durch Anordnung und nicht zuzulassen, daß dies der Bischof der Metropole in seiner Diözese zusammen mit seinen Nachbarbischöfen tut, wie es die 318 Bischöfe festgesetzt haben; nämlich daß drei oder auch mehr Priester einen Bischof einsetzen oder den Würdigsten nachwählen sollen. Jedenfalls, wenn einer in das Gebiet eines fremden Besitztums eindringt, wird er als Angeklagter wegen Gewalttätigkeit verurteilt. Was strengt man sich an, was beeilt man sich, die kirchliche Regel mit Füßen zu treten? Die menschlichen Gesetze werden eingehalten und die göttlichen Vorschriften mißachtet. Ein Schwert, das anwesend ist, und eine zeitliche Strafe werden gefürchtet. Die göttliche Strafe aber hat die immerwährenden Flammen der Hölle zur

PVKBOFEFYBNFRB; und Praef. Conc. Nic. (EOMIA I/1,2, 105.170f.254): Concilium sacrum venerandi culmina iuris/ condidit et nobis congrua frena dedit,/ ut bene fundatus iusto moderamine possit/ intemerata gerens clericus ordi regi. 207 Vgl. dazu MACCARONE 1991, 282–287. 208 Vgl. dazu die Vorwürfe gegen Ursinus, der in Italien unrechtmäßig Bischöfe ordiniert haben soll, in DAM., relatio und die Maximusaffäre, DAM., epist. 5. 209 Babut schlägt für praeceptis die Konjekturen prae ceteris, praesertim oder praecipitem vor, was m.E. nicht nötig ist bzw. den Sinn verändert. 210 Conc.Nic., can. 4 (Ingilrami VII: De episcopis a conprovincialibus ordinari) (EOMIA I/1,2, 117): Episcopum oportet ab omnibus episcopis qui sunt in provincia sub qua agitur ordinari. Si autem difficillimum est aut urguens necessitas fuerit aut per longinquitatem itineris, omnino tamen tribus episcopis praesentibus oportet constitui episcopum. Consentientibus et his qui absentes fuerint per scribta sua ordinationem fieri tamquam se praesentes; Habentem potestatem eum qui in ampliori civitate provinciae videtur esse constitutus, id est in metropolim. 211 Wohl vergleichbar mit Landfriedensbruch im Zivilrecht. 212 Regula ecclesiastica: Ähnliche Formulierungen finden sich auch in DAM., epist. 5 (Decursis litteris) (16,7 SILVA-TAROUCA): ... contra regulam ecclesasticae disciplinae ... Vgl. auch DAM., epist. 7: PTUJKEIQPUFCPVMFUBJUXÝLBOPOJUIKFLLMITJBKBOUJ QBMBJTBJ Bemerkenswert ist, daß auch in der Version Ingilrami der nicaenischen Canones häufig dieser Begriff auftaucht, während in den anderen Versionen jeweils andere Begriffe dafür verwendet werden, d.h. es ein spezieller Begriff dieser Version ist. Zur Geschichte des Begriffs regula siehe jetzt OHME 1998. 213 Diesen Satz hält Babut für eine Interpolation. 214 1Tim 5,22.

2. Damasus und die kirchlichen Canones

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tionis. Audiamus apostolum dicentem: „Manus cito nemini inposueris, neque communicaveris peccatis alienis, teipsum castum custodi“ 214 . Si legantur scripta et timor sit divinus in nobis, omnia scandala poterunt separari, et unianimitas per omnes fratres placida plena caritate consistere.

Folge. Ihr habt gesehen, was die Anmaßung getan hat. Daher, wenn einer in einer fremden Diözese gewagt hat, sich anzumaßen, eine Ordination vorzunehmen, soll er wissen, daß er seine Stellung verlieren kann, weil er sich angemaßt hat, in eine fremde Kirche einzufallen. Es handelt sich nicht um etwas Weltliches, nicht um irdische Beförderungen. Wir wollen den Apostel hören, der sagt: „Lege keinem vorschnell die Hände auf und beteilige dich nicht an fremden Sünden; bewahre dich selbst rein!“ Wenn wir die Schriften lesen und die Furcht Gott gegenüber in uns ist, werden alle Ärgernisse ausgeschlossen werden können und es wird friedvolle Einmütigkeit unter allen Brüdern, voll von Liebe, bestehen. 19. 19. Praeterea etiam laicos dicitur a commuAußerdem wird gesagt, daß auch Laien nione seclusos, ab alio episcopo clericos von der Gemeinschaft ausgeschlossen factos. Hoc iam super omne malum est. sind, die von einem anderen Bischof zu Unde aut conventi corrigant qui talia ausi Klerikern gemacht worden sind. Das übersunt facere, ita ut removeantur quibus steigt nun jedes andere Übel. Daher sollen indigne ordo conlatus est, aut ad nos diejenigen, die gewagt haben, solches zu nomina eorum deferantur, ut sciamus a tun, entweder zusammenkommen und es quibus nos abstinere debeamus. in Ordnung bringen, so daß die entfernt werden, denen unwürdigerweise ein Rang verliehen wurde, oder deren Namen sollen uns übermittelt werden, damit wir wissen, von wem wir uns fernhalten müssen. 20. 20. Eure Aufrichtigkeit soll also wissen, daß, Sciat ergo vestra sinceritas 215 quod si haec omnia suo ordine, ut certa sunt, wenn dies alles ordnungsgemäß, wie es observentur, nec deus offenditur, nec sicher der Fall ist, beachtet wird, weder Gott beleidigt wird, noch Spaltungen erscismata generantur, nec abheresis existunt; sed dicent gentes quoniam vere zeugt werden, noch Häresien entstehen; deus in nobis Christus dominus noster, sondern die Heiden werden sagen, daß qui vivit et regnat apud Patrem cum Spiwahrhaftig Gott bei uns ist, Christus, ritu sancto in aeterna saecula saeculounser Herr, der lebt und regiert beim Vater mit dem Heiligen Geist von Ewigkeit zu rum, amen. Ewigkeit. Amen. [Explicit synodus Romanorum ab Gallus episcopos] 216

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Dieselbe Anrede findet sich in DAM., epist. 5 (17,46 SILVA-TAROUCA), sie ist typisch für das 4. Jhdt. und später nicht mehr zu finden, vgl. JERG 1970, 117 und 124. 216 Babut beurteilt diesen Satz als Ergänzung, da der Autor des Textes ein römischer Bischof war und keine Synode.

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

2.1.2. Der handschriftliche Befund und die Überlieferung Babut hat den Text der Canones ad gallos episcopos nach den zu dieser Zeit bekannten Handschriften ediert, d.h. nach Codices der Canonessammlung der Handschrift von Saint-Maur (2. Hälfte des 6. Jahrhunderts) 217 . Diese Codices bieten ein Inhaltsverzeichnis, das mit dem dann folgenden Inhalt nicht übereinstimmt. Für die Canones ad Gallos episcopos lautet der Eintrag im Inhaltsverzeichnis: Canones Romanorum. Item de spiritu sancto. Damit wird neben den Canones der Anfang des sogenannten Decretum Gelasianum bzw. Damasi 218 oder auch ein Hinweis auf den Tomus Damasi 219 genannt, und zwar beides als Verweis auf ein einziges Kapitel. Auf diese Weise sind die Canones im Inhaltsverzeichnis also mit einem Damasus zugeschriebenen Synodaldokument verbunden 220 , obwohl diese Verbindung im Text nicht wieder auftaucht, sondern nur die Canones, nicht jedoch ein Synodaldokument, wiedergegeben werden. Die Capitulatio ist aber nach dem Urteil von Maassen und Turner wohl älter als die Zusammenstellung der folgenden Texte selbst und damit ein wichtiger Zeuge für die ursprüngliche Überlieferungsgemeinschaft dieses Dokumentes. Jüngst hat Detlev Jasper 221 diesen Hinweis der Überlieferungsgeschichte auf Damasus als Autor zu entkräften versucht, indem er auf zwei weitere Handschriften hinwies, die bisher noch nicht berücksichtigt worden sind und die das Dekretale in anderem Zusammenhang bieten. Es handelt sich dabei um rätische Rechtssammlungen, in denen der Text jedoch unvollständig überliefert worden ist, und zwar um die Collectio Tuberensis 222 und die Collec-

217 Vgl. dazu MAASSEN 1870, 613–624. Die Sammlung der Handschrift von SaintMaur ist in zwei Codices überliefert: Codex S. Mauri Fossatensis nunc Paris. lat. 1451 (8.–9.Jhdt) und Codex origine ut videtur Engolismensis nunc Vaticanus Reginae 1127 (9.Jhdt.), siehe dazu C.H. TURNER 1931, 1–11, SCHWARTZ 1936, 85 = GS 4, 246, PIÉTRI 1976, 764f. Außerdem verwendete Babut Fragmente, die bereits von Sirmond und Baluze collationiert worden sind, siehe BABUT 1904, 62–64. Die Edition Babuts ist jedoch überholt und müßte durch die Handschriften der Collectio Tuberiensis und Collectio Weingartensis ergänzt werden, vgl. auch MORDEK 1993, 24. 218 So identifiziert SCHWARTZ 1936, 63 = GS 4, 223 Anm. 1 die Formulierung Item de spiritu sancto. 219 PIÉTRI 1976, 765 deutet die Formulierung als Hinweis auf den Tomus Damasi, der sich ebenfalls mit dem Heiligen Geist befaßt. Der Inhalt der Sammlung bietet dann als erstes Dokument das nicaenische Symbol, eingeleitet mit incipit fides Romanorum, verbunden mit dem Tomus Damasi (MAASSEN 1870, 616). Daraus meint PIÉTRI 1976, 766 einen römischen Einfluß auf die Sammlung Saint-Maur feststellen zu können. 220 Vgl. SCHWARTZ 1936, 63 = GS 4, 223 Anm. 1. 221 ZKG 107, 1996, 319–326. 222 Vgl. dazu SCHIEFFER 1980, 164–191 und MORDEK 1993, 16–33.

2. Damasus und die kirchlichen Canones

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tio Weingartensis 223 . Besonderen Wert legt Jasper darauf, daß in diesen Handschriften keinerlei Verbindung zu Damasus, dem Bischof von Rom, zu erkennen ist. In der Collectio Tuberiensis sind die Canones nach afrikanischen Konzilscanones und vor dem Dekretale des Siricius an Himerius von Tarragona plaziert 224 , wobei diese Zusammenstellung durchaus implizieren kann, daß das betreffende Dekretale vor dem des Siricius entstanden ist. Die Collectio Weingartensis jedoch bietet die Canones am Ende der Sammlung vor dem Tomus Damasi. Da Jasper aber eine Abhängigkeit der Collectio Weingartensis von der Collectio Tuberiensis annimmt 225 , hält er diese Verbindung für zufällig und wertet sie als ein Indiz dafür, daß „die unterschiedliche Einordnung des Synodaldekrets in beiden rätischen Sammlungen ... eher Unsicherheit über die Plazierung des Textes“ 226 verrät. Meines Erachtens kann aus der handschriftlichen Überlieferung aber nur entnommen werden, daß außer in der Collectio Tuberiensis stets eine Verbindung zu Damasus festzustellen ist 227 . Dieser Zusammenhang genügt sicherlich nicht dafür, ihm die Canones eindeutig zuzuschreiben, aber es gibt wohl kein Indiz dafür, warum man – wie Jasper dies tut – aufgrund der Überlieferung Damasus die Autorschaft absprechen sollte. Neben diesen Überlieferungszusammenhängen sollte auch die sprachliche Form beachtet werden. Die Canones weisen ein fehlerhaftes Latein auf, und die handschriftliche Überlieferung ist teilweise korrupt und nur mit Konjekturen verstehbar. Damit unterscheidet sich dieser Text von den übrigen dem Damasus zugeschriebenen Dokumenten, die in korrektem Latein verfaßt sind 228 . Es ist aber meines Erachtens kein Grund dafür, Damasus die Autorschaft dieses Dekretale abzusprechen, da der vorliegende 223 Vgl. zu den Abhängigkeiten der beiden Handschriften MORDEK 1993, 27–31 und zur Datierung und Einordnung JASPER 1996, 322. 224 Siehe dazu die Beschreibung bei SCHIEFFER 1980, 179–183 und den rekonstruierten Aufbau 190f., wobei jedoch nach SCHIEFFER zwischen dem Dekretale Ad Gallos und dem Schreiben des Siricius Directa ad decessorem ein nicht identifizierbarer Text gestanden haben muß, siehe ebd. 182f. 225 Hierin folgt er MORDEK 1993, 27–31. 226 JASPER 1996, 325f. 227 MORDEK 1993, 26f. mußte, um seine Theorie der Abhängigkeit der beiden Handschriften zu stützen, eine Erklärung dafür finden, warum die Collectio Weingartensis das Dekretale in anderem Zusammenhang überliefert hat. Auch wenn, wie MORDEK gegen SCHIEFFER überzeugend erläutert hat, die Collectio Weingartensis gegenüber der Collectio Tuberiensis sekundär ist, kann die Veränderung der Stellung von Ad Gallos z.B. auch dadurch entstanden sein, daß der Kopist aus anderen Sammlungen wußte, daß dieses Dokument auf Damasus zurückgeht, bzw. sonst im Zusammenhang mit dem Tomus Damasi überliefert wurde, für den er zusätzlich zur Collectio Tuberiensis eine weitere Vorlage brauchte. 228 Vgl. dazu JASPER 1996, 321, der sich auf GRYSON 1980a, 166 stützt, und DI CAPUA 1937, Bd. 1/2, 272.

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

Text durchaus als Produkt der Überlieferung, d.h. als fehlerhafte Abschrift oder auch Überarbeitung eines ursprünglich sprachlich korrekten Dokumentes, erklärbar ist, denn es handelt sich dabei hauptsächlich z.B. um falsche Casus und Auslassungen 229 , so daß mit minimalen Konjekturen spätantikes Latein rekonstruierbar ist. Auch die schmale Überlieferung der Canones kann kein Beweis gegen eine Autorschaft des Bischofs von Rom sein, zumal durch die beiden von Jasper genannten Codices ein weiterer Überlieferungsstrang hinzukommt 230 . Daher kann nur eine inhaltliche Analyse Aufschluß darüber bringen, ob eine Zuweisung an Damasus als Autor möglich bzw. wahrscheinlich ist. 2.1.3. Ad Gallos als Dekretale Bei dem uns vorliegenden Dokument handelt es sich um ein Dekretale 231 , d.h. ein Schreiben eines römischen Bischofs, in dem er auf Anfrage hin über kirchendisziplinarische Fragen Auskunft gibt und Rechtsfälle entscheidet; diese Dokumente beanspruchen trotz des jeweiligen speziellen Anlasses jedoch Allgemeingültigkeit. Als erstes sicher zu datierendes Dekretale gilt der auf den 10. Februar 385 datierte und von Siricius verfaßte Brief an Himerius, den Bischof von Tarragona, der u.a. über Tauffragen und die Enthaltsamkeit von Klerikern handelt. Es ist das erste Dekretale, das Siricius, der erst seit Ende des vorangegangenen Jahres 384 im Amt war, verfaßt hat, wobei die Anfrage des Himerius noch an Damasus ergangen war 232 . Auffallend ist dabei allerdings die Souveränität, in der er hier schon den Anspruch eines derartigen Dokuments herausstellt, was die Vermutung nahelegt, daß es schon vor Siricius Dekretalien gab und dieser Bischof eine bereits von seinem Vorgänger eingeführte Form von Erlassen aufnimmt 233 . 229 Gegen JASPER 1996, 321.326; Robert GRYSON 1980, 265f.; und 1980a, 165–167; beide stützen sich auf die Ergebnisse von DI CAPUA 1937, Bd. 1, 272f., der es aber durchaus für möglich hält, daß es sich dabei um ein antikes Dokument handelt, das sprachlich bearbeitet wurde, da es sowohl Passagen enthält, deren Prosarhythmus gut ist, neben anderen, die in dieser Hinsicht nicht korrekt sind (1939, Vol. 2, 178f.): „accanto a periodi scritti ritmicamente bene, ce ne sono altri nei quali le irregolarità spessagiano. Esso dà l’impressione di quelli decretali, contenute nelle tardi collezioni, dove un documento antico è stato remaneggiato e interpolato...“ 230 Siehe JASPER 1996, 321. 231 Dazu GAUDEMET 1958, 37–39, MORDEK 1991, 543–545. 232 SIRICIUS, ep. 1,1 (PL 13, 1132 B): Directa ad decessorem nostrum sanctae recordationis Damasum fraternitatis tuae relatio me iam in sede ipsius constitutum, quia sic Dominus ordinavit, invenit. 233 SIRICIUS, ep. 1,20 (PL 13, 1146 A – 1147A): Nunc fraternitatis tuae animum ad servandos canones et tenenda decretalia constituta magis ac magis incitamus, ut haec quae ad tua rescripsimus consulta, in omnium coepiscoporum nostrorum perferri facias

2. Damasus und die kirchlichen Canones

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Bei dem mit Damasus in Verbindung gebrachten Dekretale würde es sich damit um das erste uns überlieferte Exemplar dieser Form der Verlautbarung eines römischen Bischofs handeln. Es wurde anonym als Synodaldokument überliefert unter der Überschrift: Incipiunt canones synodum Romanorum ad Gallus episcopos 234 . Daß es sich hier aber nicht um das Schreiben einer Synode handelt, ist klar ersichtlich daraus, daß der Autor im Namen des apostolischen Stuhles als Einzelperson schreibt: Inde eadem repetere mihi quidem non est molestum, vobis enim necessarium est...; ...valido tamen sensu eloquar... 235 Babut nimmt an, daß der jetzige Titel so entstand, daß ein Kopist zu ad gallus episcopos das übrige ergänzt hat, denn der Inhalt des Dokuments weist eindeutig darauf hin, daß ein römischer Bischof auf konkrete Fragen brieflich Rechtsauskunft gibt. Deshalb schlägt Babut in Analogie zu anderen Briefen folgenden Titel vor: dilectissimis fratribus episcopis per Galliam constitutis 236 . Vor Babut haben sich besonders Sirmond und Coustant im Rahmen ihrer jeweiligen Texteditionen um die Zuordnung des Dokuments verdient gemacht. Sirmond glaubte, daß es sich dabei um ein Schreiben von Innozenz I. (401–417) handele 237 . Coustant jedoch kam nach einer ausführlichen Analyse des Textes 238 zu dem Ergebnis, daß er von Siricius verfaßt wurde. Er machte deutlich, daß das Schreiben inhaltlich in die Zeit des Innozenz oder Siricius gehöre, aber ein Vergleich des Sprachstils eindeutig auf Siricius als Autor hinweise 239 .

notionem, et non solum eorum qui in tua sunt dioecesi constituti, sed etiam ad universos Carthaginenses ac Baeticos, Lusitanos atque Gallicios, vel eos qui vicinis tibi collimitant hinc inde provinciis, haec, quae a nobis sunt salubri ordinatione disposita, sub litterarum tuarum prosecutione mittantur. Et quamquam statuta sedis apostolicae vel canonum venerabilia definita nulli sacerdotum Domini ignorare sit liberum: utilius tamen, et pro antiquitate sacerdotii tui, dilectioni tuae esse admodum poterit gloriosum, si ea, quae ad te speciali nomine generaliter scripta sunt, per unanimitatis tuae sollicitudinem, in universorum fratrum nostrorum notitiam perferantur; quatenus et quae a nobis non inconsulte, sed provide sub nimia cautela et deliberatione sunt salubriter constituta, intemerata permaneant et omnibus in posterum excusationibus aditus, qui iam nulli apud nos patere poterit, obstruatur. Vgl. dazu auch die Ausführungen von BABUT 1904, 16. 234 Siehe dazu BABUT 1904, 7–12; 45–66. Es handelt sich hierbei um zwei Handschriften, die in das 9. Jahrhundert datiert werden: Fossatensis und Tilianus. 235 DAM., decr. ad Gallos episc. 1.2 (BABUT 1904, 71). 236 BABUT 1904, 11. 237 SIRMOND 1629, 623; von BABUT 1904, 16f. widerlegt, vgl. auch PIÉTRI 1976, 766. 238 PL 13, 1178C – 1181A. 239 PL 13, 1180C: „Longius esset omnia, in quibus hi canones atque aliae Siricii epistolae consentiunt, hic subjicere. Pauca ista praemonstrasse satis erit, quo quisque facilius ad deprehendenda caetera animum advertat. Quae autem hi canones exhibent Siricio Innocentioque vel in verbis vel in sententiis communia, illa eo potiori jure ad Siricium

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

E.Ch. Babut schließlich hat in seiner Pariser Dissertation „La plus ancienne décrétale“ 1904 zu beweisen versucht, daß als Autor des namenlos überlieferten Dekretale, das bisher Innozenz oder Siricius zugeschrieben wurde, Damasus gelten muß. Seither folgt man in der Forschung größtenteils seiner Argumentation, die bisher nicht schlüssig widerlegt werden konnte. Heinrich Getzeny hat in seiner Tübinger Dissertation 1922 wenig überzeugend versucht, den Gegenbeweis zu erbringen und das Dekretale wieder Siricius zuzuschreiben 240 , und erst jüngst – wie bereits erwähnt – wollte Jaspers aufgrund der Überlieferungssituation Damasus die Autorschaft streitig machen, womit jedoch die inhaltlichen Argumente nicht widerlegt wurden 241 . 2.1.4. Vergleich mit Dekretalien des Siricius Babuts Ausführungen stützen sich zunächst auf die Erkenntnisse Coustants 242 und gehen dann über ihn hinaus. Wie Coustant vergleicht auch er das Dekretale mit denen, die eindeutig von Siricius verfaßt worden sind, kommt dabei aber zu der Überzeugung, daß der anonyme Text zeitlich vor Siricius verfaßt sein muß. Ausschlaggebend ist dabei für ihn die Entdekkung, daß bei einem Vergleich entsprechender Passagen mit ähnlichem Inhalt, jeweils die Dekretalien des Siricius das schärfere Strafmaß verhängen und insgesamt mehr Strenge an den Tag legen: Z.B. vertritt bezüglich der gefallenen Jungfrauen der anonyme Text folgendes Strafmaß: aliquando ad veniam venire, si tamen poenitens poenitenda faciat 243 , während Siricius auf eine Buße bis zum Tode besteht: ut eis vel ad mortem saltem, solius misericordiae intuitu, per communionis gratiam possit indulgentia subvenire 244 . referuntur, quod is Innocentium praecessit, atque hunc papam ab illo constat multa esse mutuatum.“ 240 GETZENY 1922, 94–100. 241 JASPER 1996, 319–326, vgl. dazu die Ausführungen oben Kap. 3.2.1.2. Jasper stützt sich dabei unter anderem auch auf die Argumentation von GRYSON 1980. 242 COUSTANT weist z.B. darauf hin, daß Siricius aus dem Dekretale Ad Gallos in seinem Brief Cogitantibus nobis (epist. 6 [PL 13, 1164–1166]) zitiert. Es geht um eine dem nicaenischen Konzil zugeschriebene Vorschrift, die dort aber so nicht verifiziert werden kann, nämlich daß quis saeculi militia fuerit gloriatus (DAM., decr. ad Gallos episc. 13) nicht zum Priesteramt zugelassen werden kann. Dieser Sachverhalt findet sich im Brief des Siricius folgendermaßen: canonis dispositio quae apud Nicaeam tractata est...: ut tales videlicet ad ecclesiasticum ordinem permitterentur accedere, quales apostolica auctoritas iubet, non quales dico, vel eos qui cingulo militiae saecularis astricti olim gloriati sunt (PL 13, 1165 A). 243 DAM., decr. ad Gallos episc. 3 (BABUT 1904, 73). 244 SIRICIUS, ep. 1,7. Hierbei ist nicht von der Hand zu weisen, was GETZENY 1922, 95f. einwendet, wenn er sagt, daß es sich dabei nicht unbedingt jeweils um identische Inhalte handelt und der Unterschied der Bewertung daraus resultieren kann; Auch PIÉTRI

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Mit diesen inhaltlichen Beobachtungen korrespondieren sprachliche, denn Babut versucht zu zeigen, daß das Dekretale Ad Gallos in völlig anderem Stil als der Brief des Siricius an Himerius abgefaßt ist; während ersteres in freundlichem Ton Ratschläge erteile und die Sachverhalte erkläre, d.h. in Worten Babuts: „il n’ordonne pas, il conseille, il exhorte et il démontre. Tous ses avis sont longuement appuyés de raisons, ou d’autorités scripturaires“ 245 , herrsche in letzterem der Befehlston vor, der eher versuche anzuordnen als zu erklären: „Sirice le prend avec Himérius de beaucoup plus haut; partout il tranche les questions, il édicte et il enjoint“ 246 . Dies trifft insgesamt trotz gewisser Einschränkungen auf einen Vergleich dieser beiden Briefe zu; wobei auffällt, daß Siricius diesen Stil immer mehr verfeinert und z.B. in Epist. 5 ganz konkrete Canones vorgibt 247 . An dieser Stelle knüpft Piétri an, der aufzeigt, daß der entscheidende Unterschied zwischen dem Dekretale Ad Gallos und den Dekretalien des Siricius und des Innozenz nicht in einer Verschärfung der Strafe besteht, sondern darin, daß die Gesetzgebung bei den Nachfolgern des Damasus wesentlich präziser wird 248 : „En tout cas, la décrétale Ad Gallos esquisse seulement la législation romaine. Elle pose les mêmes principes que les canons de Sirice ou d’Innocent, mais elle n’en tire pas toutes les applications. Elle ne développe pas une casuistique aussi complète. Dans le cas de textes destinés à définir le droit, cette analyse fournit un repère chronologique assez sûr. La lettre anonyme donne un premier exposé de la discipline ecclésiale, antérieur au code plus précis défendu par Sirice et par Innocent.“ 249

Ein weiteres Argument, das Babut in seiner Untersuchung vorlegt, ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung. Es handelt sich dabei um einen genauen Vergleich der Zugangsbedingungen für Kleriker, bei dem sich eine unterschiedliche Bewertung des anonymen Autors und des Siricius bezüglich einer wichtigen Streitfrage dieser Zeit zeigt 250 . Für Siricius ist 1976, 766 hält diese Argumentation Babuts für nicht überzeugend: „Il ne suffit pas de comparer des sentences, leurs dispositions, les peines prévues“. Er betont vielmehr, daß hier zum Vergleich ein Dekretale des Innozenz (ep. 2,10,13 [PL 20, 477f.]) herangezogen werden muß, an dem deutlich wird, daß dort im Vergleich zum Dekretale Ad Gallos die Gesetzgebung präzisiert ist: PIÉTRI 1976, 768. 245 BABUT 1904, 34. 246 Ebd. 35. 247 Concilium Thelense (CChr.SL 149, 59–63). 248 Vgl. dazu die Beispiele PIÉTRI 1976, 766–771. 249 PIÉTRI 1976, 770f., der damit aber nur einen Gedanken BABUTS 1904, 25 aufnimmt. 250 BABUT 1904, 24–29; GETZENY 1922, 97f. weist auch diesen Punkt zurück, ohne das eigentliche Thema zu beachten, denn er führt nur an, daß es um die Frage einer Verheiratung mit Witwen gehe, was aber so keineswegs zutrifft: „Kap. 8 der Canones soll nach Babut die ‘relative Monogamie’ der Kleriker vertreten, während § 13, 14, 15, 19 an

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es, um zum sacerdotium zugelassen zu werden, unerläßlich, daß der Kandidat sein ganzes Leben lang nur eine einzige Ehefrau hatte und diese ihm als Jungfrau vermählt wurde: ... si tamen eum unam habuisse vel habere, et hanc virginem accepisse, constet uxorem ... 251 ; Quisquis sane clericus aut viduam, aut certe secundam conjugem duxerit, omni ecclesiasticae dignitatis privilegio mox nudetur ... 252 .

Der anonyme Text unterscheidet dagegen zunächst zwei verschiedene Fälle: erstens, wenn einer als kleiner Junge getauft wurde: si quis puerulus baptizatus und zweitens, wenn dies erst geschehen ist, als er älter war: qui maior fuerit baptizatus 253 . Im ersten Fall heißt es, daß derjenige zum Klerikeramt zugelassen werden kann, wenn er die Unberührtheit seines Körpers bewahrt hat: integritatem corporis servaverit, im zweiten Fall: et si manserit pudicus unius uxoris vir, potest clericus fieri, si nullis aliis criminum funiculis alligetur 254 . Hier gilt, wer nach der Taufe keusch geblieben ist, nur der Mann einer einzigen Frau war und ansonsten in kein Verbrechen verstrickt, der kann Kleriker werden. Daß die Taufe als der maßgebliche Einschnitt im Leben eines Christen gilt, nach dem erst seine Lebensführung bewertet werden soll, wird in den folgenden Sätzen noch einmal betont: Ceterum qui corruperit carnalibus vitiis aquae sacramenta, post fornicationem etiamsi ducat uxorem, quomodo poterit ad dimittenda peccata ministerio adsistere? qui prioris vitae repetierit caecitatem? 255

Himerius und Canon V von ep. V die ‘absolute Monogamie’ verlange, d.h. die Heirat einer Witwe dem angehenden Kleriker auch verbiete. Nun ist zu sagen, daß die Canonesstelle die Witwenheirat nicht ausdrücklich erlaubt; 2. aber, und das ist das wichtigste, legt die Canonesstelle auf etwas ganz anderes den Nachdruck als die zum Vergleiche herangezogenen anderen Briefstellen. Pudicus muß der Mann sein, der zum Klerus zugelassen werden soll, sagt die Stelle der Canones; er darf nicht außerehelichen Verkehr vor seiner Verheiratung gepflogen haben; die Taufgnade muß er rein bewahrt haben.“ 251 SIRICIUS, ep. 1, 14 (PL 13, 1143A), vgl. dazu auch PIÉTRI 1976, 770, der an diesem und an anderen Beispielen deutlich macht, daß Siricius über die Bestimmungen des Damasus hinausgeht, die kirchliche Gesetzgebung präzisiert und durch davon abgeleitete weitere Bestimmungen anreichert, denn bei Siricius darf der Kleriker auch nur eine Jungfrau heiraten. 252 SIRICIUS, ep. 1,15 (PL 13, 1143B–1144A). Ein Kleriker, der bereits im Amt ist, hat keine Aufstiegsmöglichkeiten mehr, ep. 1,19: Quicumque bigamus, quicumque viduae maritus, ad sacram militiam indebite et incompetenter irrepsit, hac sibi conditione a nobis veniam intelligat relaxatam, ut in magno debeat computare beneficio, si adempta sibi omni spe provectionis, in hoc in quo invenietur ordine, perpetua stabilitate permaneat (PL 13, 1145B). 253 DAM., decr. ad Gallos episc. 8 (BABUT 1904, 77). 254 Ebd. (77f.). 255 Ebd. (BABUT 1904, 78).

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Wer also nach seiner Taufe gewissermaßen das Wasser der Taufe mit fleischlichen Lastern verunreinigt, der darf nicht Kleriker werden, wobei hier außereheliche Beziehung und Ehe gegenüberstellt werden; unter carnalibus vitiis wird Hurerei, d.h. fornicatio, verstanden. Fornicatio nach der Taufe ist also das, was in dieser Verordnung besonders angeprangert wird, nicht ein bigamus wie bei Siricius, was durch den Abschluß des Paragraphen noch einmal deutlich herausgestellt wird: Quomodo hic inrepraehensibilis est qui baptismi sacramentum non potuit custodire? 256

In einer Streitfrage, die Ende des vierten Jahrhunderts heftig diskutiert wird, nämlich, ob für die Bezeichnung unius uxoris vir erst die Zeit nach der Taufe maßgeblich ist oder sein ganzes Leben, entscheidet sich der anonyme Autor also eindeutig für die erste Lösung, in der es nur um die Zeit post baptismum geht. Zur anderen Partei, die sich letztendlich auch durchsetzt, gehören neben Siricius auch Ambrosius und Augustinus, die wie Siricius betonen, daß ein Kleriker in seinem ganzen Leben nur einmal verheiratet gewesen sein darf; denn nach Ambrosius gehört die Verheiratung zum Gesetz und in der Taufe wird nur die Schuld abgewaschen, das Gesetz jedoch nicht aufgehoben, was er in seiner Schrift De officiis ministrorum ausführt: Et in ipso ergo coniugio lex est non iterare coniugium nec secundae coniugis sortiri coniunctionem. Quod plerisque mirum videtur cur etiam ante baptismum iterati coniugii ad electionem muneris et ordinationis praerogativam impedimenta generentur, cum etiam delicta obesse non soleant si lavacri remissa fuerint sacramento. Sed intellegere debemus quia baptismo culpa dimitti potest, lex aboleri non potest: in coniugio non culpa sed lex est. 257

Ambrosius schrieb dies kurz nach dem Jahr 386 und aus seinen Formulierungen wird deutlich, daß es sich bei dem Thema der Doppelverheiratung tatsächlich um eine Frage handelt, die auch anders, als er selbst dies tat, beantwortet werden konnte; sogar die meisten Menschen waren über deren Beantwortung anderer Meinung als er, weshalb sie seine Ansicht als mira bezeichneten: Quod plerisque mirum videtur. Ebenso betont Augustin, daß die neutestamentliche Formulierung NJBKHVOBJLPKBOESB (1Tim 3,2) so zu verstehen sei, daß man eben zu keiner Zeit noch einmal verheiratet gewesen sein darf: Propterea sacramentum nuptiarum temporis nostri sic ad unum virum et unam uxorem redactum est, ut ecclesiae dispensatorem non liceat ordinari nisi unius uxoris vi-

256

Ebd. AMBR., de officiis ministrorum I 50,248 (CUFr I, 215 TESTARD, vgl. auch den Kommentar, EBD., 277). 257

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rum 258 . Quod acutius intellexerunt, qui nec eum, qui catechumenus vel paganus habuerit alteram, ordinandum esse censuerunt. 259

Folgendes Fazit ist also zu ziehen: Siricius vertritt in dieser Frage eine dem Dekretale Ad Gallos entgegengesetzte Meinung. Aus der verschiedenen Behandlung des digamus geht meines Erachtens eindeutig hervor, daß Siricius nicht Autor dieses Dokumentes sein kann, da er sich damit in einem wichtigen Punkt selbst widersprechen würde. 2.1.5. Übereinstimmungen mit Aussagen des Hieronymus Daß die Bedeutung des Begriffs digamus umstritten war, wird aus einer brieflichen Anfrage an Hieronymus deutlich. Oceanus, ein wichtiger Mann in den kirchlichen Kreisen Roms, wollte wissen, ob ein Priester, der vor seiner Taufe ein erstes Mal verheiratet gewesen ist und nach seiner Taufe erneut heiratet, als Doppeltverheirateter gelte und deshalb nicht zum Bischof ordiniert werden dürfe. Im Blick hatte er dabei einen spanischen Priester mit dem Namen Carterius 260 . Hieronymus vertritt in seiner Antwort genau die entgegengesetzte Meinung zu Ambrosius und Augustinus und stimmt in seiner Argumentation weitestgehend mit den Ausführungen des anonymen Autors des Dekretale überein. Interessanterweise setzt seine Argumentation mit einem Rückgriff auf ein Streitgespräch ein, das er in Rom geführt hat 261 , also wohl zu einer Zeit, als Damasus noch lebte. Dabei wird Hieronymus zunächst gefragt, ob es eine Sünde sei zu heiraten. Nachdem Hieronymus dies verneint, schließt sein Gegner, daß, wenn in der Taufe die Sünden nachgelassen werden, also die Heirat, die nicht Sünde ist, nicht von der Taufe aufgehoben wird 262 . Der Kirchenvater entgegnet darauf allerdings, daß in der Taufe der Mensch völlig neu gemacht wird und man deshalb diesem neuen Menschen nichts

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1Tim 3,2; Tit 1,6. AUG., de bono coniugali 18,21 (CSEL 41/3, 214,5–10 ZYCHA). Siehe dazu die Ausführungen und weitere Belegstellen bei GAUDEMET 1958, 140f. 260 HIER., ep. 69,2,1f (CSEL 54/1, 680, 6–15 HILBERG): Carterius, Hispaniae episcopus, homo et aetate vetus et sacerdotio, unam, antequam baptizaretur, alteram post lavacrum priore mortua duxit uxorem; et arbitraris eum contra apostoli factum sententiam, qui in catalogo virtutum episcopum unius uxoris virum praeceperit ordinandum. Miror autem te unum protraxisse in medium, cum omnis mundus his ordinationibus plenus sit. Non dico de presbyteris, non de inferiori gradu: ad episcopos venio, quos si singillatim voluero nominare, tantus numerus congregabitur, ut Ariminensis synodi multitudo superetur. 261 Ebd. 2,3 (CSEL 680, 17–20): Sustinui Romae a viro eloquentissimo cornuatum, ut dicitur, syllogismum, ut, quocumque me verterem, strictus tenerer. ‘uxorem’, inquit, ‘ducere peccatum est an non?’ 262 Ebd. 2,4 (CSEL 681, 4–6): ‘Si,’ inquit, ‘uxorem ducere non est peccatum, baptismum autem peccata dimittit, quidquid non dimittitur, reservatur’. 259

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anrechnen kann, was zum alten Menschen gehört 263 . Außerdem betont Hieronymus, daß es bei den Anforderungen, die Paulus in Tit 1,5ff. für Bischöfe und Presbyter ausspricht, um Anforderungen an Getaufte geht, d.h. ein Fehlen dieser Voraussetzungen vor der Taufe kein Hinderungsgrund für das Amt ist, denn es geht um das Sein des Getauften: Certe de baptizatis apostoli sermo est – nemo dubitat – : si ergo omnia, quae in ordinatione quaeruntur episcopi, non praeiudicant ordinando, licet ea ante baptisma non habuerit – quaeritur enim, quid sit, et non, quid fuerit – quare solum nomen uxoris inpediat, quod solum peccatum non fuit? Dicis: ‘quia peccatum non fuit, idcirco non est dimissum in baptismate.’ Rem novam audio: quia peccatum non fuit, in peccatum reputabitur. Omnia scorta, publicae conluvionis sordes, inpietas in deum, parricidium et incestum in parentes atque in extraordinarias voluptates utriusque sexus mutata natura Christi fonte purgantur: uxoris inhaerebunt maculae et lupanaria thalamis praeferentur? 264

Wenn solch schwere Sünden durch die Taufe abgewaschen werden, dann kann es nach Hieronymus nicht sein, daß eine vor der Taufe geschlossene Ehe als Hinderungsgrund gelten kann; denn wäre es so, wäre es besser gewesen, man hätte nur außereheliche Verhältnisse gehabt: Quid simile uxor et scortum? Inputatur infelicitas coniugis mortuae et libido meretricia coronatur? Ille, si prior uxor viveret, aliam non haberet; tu, ut passim caninas nuptias iungeres, quid potes excusare? Forsitan timuisse te dicas, ne, si matrimonium copulasses, non posses aliquando clericus ordinari? 265

Hieronymus stellt also Verheiratetsein und außereheliche Verhältnisse einander gegenüber, wie es auch in dem anonymen Dekretale geschieht; dort heißt es bezüglich der fornicatio, daß einer, der so handelt, die Blindheit seines früheren Lebens wiederholt (qui prioris vitae repetierit caecitatem) und somit das Wasser der Taufe beschmutzt. Auffallend sind noch weitere Übereinstimmungen der Ansichten des Hieronymus mit den Themen des Dekretale. Hieronymus versucht im weiteren Verlauf seines Briefes andere Erklärungen für die Formulierung des Apostels unius uxoris vir. Einerseits meint er, daß damit der alttestamentliche Brauch, mehrere Frauen gleichzeitig zu haben, ausgeschlossen werden soll 266 , andererseits zitiert er andere, die seiner Meinung nach etwas gezwungen interpretieren (quidam coacte interpretantur 267 ), daß uxor für

263 Ebd. 2,5 (CSEL 681, 15–17): Coepi protinus texere: ‘si baptismum novum hominem facit et ex toto novum creat nihilque in eo veteris hominis reservatur, non potest novo inputari, quod in veteri quondam fuit.’ 264 Ebd. 3,4f. (CSEL 683,22–684,10). 265 Ebd. 4,2 (CSEL 685,10–15) 266 Ebd. 5,2. 267 Ebd. 5,3 (CSEL 687,7).

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ecclesia steht und vir für episcopus, so daß also ein Bischof seine Kirche nicht wechseln soll, weil er sonst gewissermaßen Ehebruch begehe 268 : Accipe et aliam explanationem, ne tibi soli liceat non voluntatem legi, sed legem iungere voluntati. Quidam coacte interpretantur uxores pro ecclesiis, viros pro episcopis debere accipi – et hoc in Nicena quoque synodo a patribus esse decretum, ne de alia ad aliam ecclesiam episcopus transferatur, ne virginali pauperculae societate contempta ditioris adulterae quaerat amplexus ... 269

Hieronymus verwendet nicht nur dasselbe Bild für den Wechsel eines Bischofs zu einer anderen Kirche wie der Autor des Dekretale Ad Gallos: Item de his qui de ecclesia ad ecclesiam transeunt, iussi sunt haberi quasi relicta uxore alienam accerserint, quod inpunitum esse non possit. Talem episcopum, invasorem pudoris alieni, episcopatu privari iusserunt 270 ,

sondern er rechnet diese Entscheidung auch dem nicaenischen Konzil zu, wobei es de facto erst in Serdika festgelegt wurde 271 . Besonders deutlich wird dies dadurch, daß er betont, daß der Bischof eine ärmere Gemeinde für eine reiche verläßt (virginali pauperculae societate contempta ditioris adulterae quaerat amplexus 272 ), was genau der serdikensischen Formulierung entspricht, daß keiner von einer größeren in eine kleinere Gemeinde wechseln würde, 268

Auch in der Auseinandersetzung mit Gregor von Nazianz wird diesem der Vorwurf gemacht, daß er, indem er das Bischofsamt von Konstantinopel begehre, eine andere Frau haben wolle und seine eigene (das Bischofsamt von Sasima) verschmähe: GREG.NAZ., or. 36 (SC 318, 240–268 MORESCHINI/GALLAY) und die Ausführungen von SCHOLZ 1992, 74f.; siehe dazu besonders GREG.NAZ., or. 36,6 (SC 318, 254,17–256,28 MORESCHINI/GALLAY): "MIRFVFUXTBOEFLBJUJOFKQFSJINXO PUJHVOBJLPKBMMPUSJBKFQF RVNITBNFO PJNIEFJEJBOFDFJORFMITBOUFK&DFUXTBOEFINXOLBJ(BCBXOJUBJ QMFPO PVKPVEFFJKYVMPGPSPVKLBJVESPGPSPVKPJEPUJUP1OFVNBUPBHJPOQBS BEFDFUBJ NFDSJKBOQSPTJXTJUPJKJFSPJKNFUBUPJPVUXOUPVCJPVLBJUPVMPHPV TUJHNBUXO&JEFUXÝMPHXÝTVOIHPSITPOUFKILPNFO LBJUIÝDISBÝLBJBOBOESXÝUF XK&LLMITJBÝUBEVOBUBTVOFJTPJTPOUFK PJÀPOUJOFKFQJUSPQPJLBJLIEFNPOFK BMMXÝOVNGBHXHITPOUFK PKFBOBYJPKUPVLBMMPVKGBOIÝ LBJQMFJPOBUBFYBSFUIK FEOBQSPTFOFHLIÝUIÝCBTJMJEJ QPUFSPOFQBJOFUPJUIKQSPRVNJBKIZFLUPJUIKVQP OPJBKPUJUPJKBMMPUSJPJKLSJOPNFRBQBRFTJOVgl. auch GREG.NAZ., or. 33,13f. Siehe auch RIST 1997, 119-126. 269 Ebd. 5,3 (CSEL 687, 5–11). 270 DAM., decr. ad Gallos episc. 15 (BABUT 1904, 83f.). 271 Concilium Serdicense, can. 1 (EOMIA I/2,3, 452f.): Non magis mala consuetudo quam perniciosa corruptela funditus eradicanda est, ne cui liceat episcopo de civitate sua ad aliam civitatem transire. Manifesta [est] enim causa quam hoc facere temptet: nullus fere inventus est episcopus qui de maiore civitate ad minorem transiret. Unde apparet avaritiae ardore illos inflammari et ambitioni servire et ut dominationem habeant. Si omnibus hoc placet, ut huiusmodi pernicies saevissime et austerius vindicetur, ut nec laicam habeat communionem? RESPONDERVNT VNIVERSI: Placet. Vgl. zu diesem Canon auch SCHOLZ 1992, 69–88 und die Ausführungen in Kap. 4.4.4. 272 HIER., ep. 69,5,3 (CSEL 687,10f.).

2. Damasus und die kirchlichen Canones

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sondern immer der persönliche Ehrgeiz sowie Geld- und Machtgier dabei eine Rolle spielten: Nullus fere inventus est episcopus qui de maiore civitate ad minorem transiret. Unde apparet avaritiae ardore illos inflammari et ambitioni servire et ut dominationem habeant. 273

Hieronymus unterscheidet hier offenbar nicht zwischen nicaenischen und serdikensischen Canones 274 . Ein Verdacht, der auch bei dem anonymen Dekretale naheliegt, da in ihm nur vom nicaenischen Konzil gesprochen wird, aber in der Frage des Wechsels von einer Gemeinde zur anderen auf den schärferen Canon 1 der Synode von Serdika Bezug genommen wird und nicht auf Canon 15 von Nicaea, der nur anordnet, daß der betreffende Kleriker wieder in seine Gemeinde zurückgehen soll 275 . Schließlich mahnt Hieronymus im Brief an Oceanus an, daß man, anstatt Unwichtiges zu diskutieren, eher darauf achten sollte, keine Neubekehrten zum Priesteramt zuzulassen: Mirari satis non queo, quae hominum tanta sit caecitas de uxoribus ante baptismum disputare et rem in baptismate mortuam, immo cum Christo vivificatam, in calumniam trahere, cum tam apertum evidensque praeceptum nemo custodiat. Heri catechumenus, hodie pontifex; heri in amphitheatro, hodie in ecclesia; vespere in circo, mane in altari; dudum fautor strionum, nunc virginum consecrator. 276

Diese Bedingung für das Bischofsamt hat bei Hieronymus gegenüber den anderen Forderungen eine herausgehobene Stellung; sie behandelt er am ausführlichsten und empört sich darüber, daß sie nicht eingehalten wird. Auch in dem Dekretale wird diese Forderung in besonderer Weise gewür273

Concilium Serdicense, can. 1 (EOMIA I/2,3, 452f.). Siehe dazu auch OHME 1998, 537, der zum Brief des Damasus an Acholius (epist. 5) feststellt, „daß Damasus hier von der nizänischen und der serdizensischen Bestimmung ohne jede Kennzeichnung als den statuta maiorum nostrorum redet“, ebenso wie im Tomus Damasi; vgl. auch BRENNECKE 1983, 43–45 und die Ausführungen Kap. 3.2.2.3. 275 Conc.Nic., can. 15 (Ingilrami XXIII: De his qui ecclesias suas deserunt et ad alias transeunt) (EOMIA I/1,2, 135): Propter frequentes tumultos et sedictiones quae fiunt in plebes placuit omnino amputari hanc consuetudinem quae extra disciplinam et canonem fit, ut si quis inventus fuerit de civitate in civitate transiens, episcopus vel presbyter sive diaconus, amoveatur. Si quis autem post huius sancti et magni concilii decreta aliquid huiusmodi usurpaverit aut consenserit huic rei, inritum fiet et deliberabitur an oporteat eum regredi ad parrociam suam in qua episcopus aut praesbyter fuerit ordinatus. 276 Ebd. 9,4 (CSEL 697,21– 698,5). Wohl auch gegen Ambrosius gerichtet. Vgl. dazu DAM., decr. ad Gallos episc. 15 (BABUT 1904, 83): De ordinationibus maxime observandum est ut semper clerici fiant episcopi. Sic enim scriptum est: Et hii primo probentur, et sic ministrent (1Tim 3,10). Qui non probetur tempore praecedenti in minori officio ministravit, quomodo praeponitur clero? Non est auditum necdum tironem militem imperium suscepisse. Hic ergo debet fieri quem aetas tempus meritum commendat et vita; aut quare apostolus neoffitum prohibet, et cito manus alicui inponi non permittit (1Tim 5,22)? 274

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

digt mit der Einleitung: De ordinationibus maxime observandum est ut semper clerici fiant episcopi 277 . Am meisten also soll darauf geachtet werden, daß kein Neugetaufter Bischof wird. Aktueller Anlaß dafür könnte Nectarius sein, der zum Bischof von Konstantinopel ordiniert wurde, obwohl nach Aussagen von zeitgenössischen Quellen genau dieser Umstand auf ihn zutraf 278 . Daß Rom ihn nicht sofort in seinem Amt anerkannte, wird daraus deutlich, daß Theodosius Damasus erst direkt zu einer Anerkennung auffordern mußte 279 . Neben der gemeinsamen Deutung der Anforderung unius uxoris vir gegen so bedeutende Kirchenväter wie Ambrosius und Augustinus gibt es also zwischen Hieronymus und dem Dekretale auch noch Übereinstimmungen in der Sicht der Neophyten und dem Wechsel von Bischöfen von einer Gemeinde zur anderen, wobei besonders die Ansicht, diesen Wechsel mit Ehebruch zu vergleichen, singulär ist und sehr auf eine Verbindung zwischen beiden Autoren schließen läßt. Daß dem Verfasser des Dekretale deutlich ist, daß bezüglich der Anforderung unius uxoris vir in anderen Gemeinden andere Regeln gelten, er aber besonders seine eigene Ansicht in diesem Zusammenhang zur Geltung bringen möchte, wird durch die Einleitung des Paragraphen deutlich: Romana ecclesia hoc specialiter custodit. Es ist die einzige Stelle des Dekretale, an der eine Verordnung mit diesen Worten eingeleitet wird und eben direkt an der Praxis der römischen Kirche im speziellen festgemacht wird, denn damit wird impliziert, daß es anderswo auch anders gehandhabt wird. Schon auf der Synode von Valentia im Jahre 374 wird ausdrücklich davon gesprochen, daß kein digamus zum Klerikeramt zugelassen werden darf 280 . Im vorangegangenen Kapitel wurde Siricius als Verfasser des Dekretale ausgeschlossen; demgegenüber sprechen die Übereinstimmungen einiger Aussagen des Dokumentes mit den Ansichten des Hieronymus, der sich in 277

DAM., decr. ad Gallos episc. 15 (BABUT 1904, 83). Siehe RUFIN, h.e. XI 21 (GCS 1025,5f.): Apud Constantinopolim vero Nectarius ex praetore urbano catechumenus et nuper baptisma consecutus sacerdotium suscepit; SOZ., h.e. VII 8,6f.; vgl. auch RITTER 1965, 113 Anm.8. 279 Siehe dazu den Brief des Bonifatius (SILVA-TAROUCA 30,104–31,112); vgl. die Ausführungen in Kap. 5.2.7. 280 Concilium Valentinum, can. 1 (EOMIA I/2,3, 419f.): Sedit igitur neminem post hanc synodum, qua eiusmodi inlicitis vel sero succurritur, digamos aut internuptarum maritos ordinari clericos posse nec requirendum utrumne initiati sacramentis divinis, anne gentiles, hac se infelicis sortis necessitate macularint, cum divini praecepti certa sit forma. Sed quia fratrum nostrorum vel inperitiam vel symplicitatem vel etiam praesumptionem damnare non possumus, nec per omnes ecclesias quae sunt iam pridem male gesta corrigere, placuit etiam de eorum statu qui prius ordinati sunt nihil revolvi, si nulla extrinsecus causa procedat qua indigni ministerio conprobentur. 278

2. Damasus und die kirchlichen Canones

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den letzten Lebensjahren des Damasus in Rom aufhielt und wohl in theologischen sowie exegetischen Fragen in regem Austausch mit ihm stand 281 , eher für eine geistige Urheberschaft des Damasus. 2.1.6. Das Thema virginitas und pudor Als weitere inhaltliche Auffälligkeit ist zu beobachten, daß der Autor in seinen Ausführungen besonderes Gewicht auf die Frage der Jungfräulichkeit, virginitas, bzw. der Keuschheit, pudor, legt 282 . Bevor er nach der Einleitung auf einzelne Fragen eingeht, betont er in einer kleinen Inhaltsangabe, daß er an erster Stelle auf die Frage der Keuschheit eingehen möchte, dann einzelne Fragen beantworte, und zwar in der Weise, daß ein Bezug zu den Überlieferungen gegeben werde: Primo in loco pudoris causa proponitur; deinde quam multae quaestiones eduntur. Singulis itaque propositionibus suo ordine reddendae sunt traditiones. 283

So handeln auch die ersten sechs Paragraphen ausschließlich über die Frage der Keuschheit (pudor): §3 Über Jungfrauen, die sich Christus vermählt haben, und davon abgefallen sind; §4 Über Jungfrauen, die den Willen kundgetan haben, sich Christus zu vermählen, aber davon abgefallen sind; §§5f. Über die Enthaltsamkeit der Priester; §7 Daß, wer als Gläubiger Militärdienst leistet, nicht Kleriker werden kann, weil er an der öffentlichen Freiheit teilhatte; §8 Über den untadeligen Lebenswandel nach der Taufe als Voraussetzung für das Klerikeramt. Dabei fällt auf, daß der Autor diesen Bereich weit ausführlicher behandelt als die meisten der folgenden Themen, d.h. diese sechs Paragraphen denselben Umfang haben wie die folgenden zwölf. Außerdem leitet der Autor den Paragraphen 5 über die Enthaltsamkeit der Kleriker mit den Worten ein, daß er über dieses Thema schon häufig seine Rede durch viele Kirchen fließen ließ: Et iam quidem frequenter de his talibus sermo noster per plures manavit ecclesias 284 , es aber trotzdem ständig wiederhole, da man diese Anforderung mißachte 285 . Die Enthaltsamkeit der Priester wird hier eng mit dem Amt der virgo und vidua verbunden, denn der Autor ist der Auffassung, daß ein Priester nicht den Jung-

281

Siehe dazu Kap. 1.3.5. Vgl. zu diesem wichtigen Thema dieser Zeit BROWN 1994, 271–295.349–437. 283 DAM., decr. ad Gallos episc. 2 (BABUT 1904, 72). 284 DAM., decr. ad Gallos episc. 5 (BABUT 1904, 74). 285 DAM., decr. ad Gallos episc. 5 (BABUT 1904, 74): Sed, quantum intellego, cum scriptura dicat: „Loquere ad aures audientium, instruendi aures infunde“, dum saepe eadem repetuntur quae neclectui habentur a singulis, vere hoc illud est quod dictum est adulterum sexum, „semper discentes, et numquam ad scientiam veritatis pervenientes“ (2Tim 3,7). 282

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

frauen und Witwen Enthaltsamkeit predigen kann, wenn er selbst nicht mit gutem Beispiel vorangeht: Sed dicamus et causam. Quo enim pudore viduae aut virgini ausus est episcopus vel presbyter integritatem vel continentiam praedicare ... si ipse saeculo magis insistit filios generare quam deo? 286

Die Ausführlichkeit, mit der der Autor das Thema virginitas und pudor behandelt, scheint gut zu den Aussagen des Hieronymus über Damasus zu passen. Er pries ihn als Experten in dieser Frage und stimmte offenbar in der Rigorosität, in der jener für die Enthaltsamkeit plädierte, mit ihm überein. Ganz deutlich wird dies in seiner Verteidigungsschrift an Pammachius, nachdem er durch die Streitschrift gegen den laxen Jovian 287 , in der er zu sehr die Schattenseiten des Ehestandes herausgestellt hatte, ins Kreuzfeuer der Kritik geraten war. In seinen Ausführungen beruft er sich auf Damasus als ausgewiesenen Kenner der Theorie und Praxis der Jungfräulichkeit, der zu seinen Lebzeiten, als Hieronymus bereits eine ebenfalls sehr strenge Schrift gegen Helvidius verfaßt hatte, nichts an seiner Auffassung auszusetzen hatte: Dum adviveret sanctae memoriae Damasus, librum contra Helvidium de beata Mariae virginitate perpetua scripsimus, in quo necesse nobis fuit ad virginitatis beatitudinem praedicandam multa de molestiis dicere nuptiarum. Num vir egregius et eruditus in scripturis et virgo ecclesiae virginis doctor aliquid in illo sermone reprehendit? In libro quoque ad Eustochium multo duriora de nuptiis diximus et nemo super hac re laesus est; amator quippe castitatis praeconium pudicitiae intenta aure captabat. Lege Tertullianum, lege Cyprianum, lege Ambrosium, et cum illis me vel accusa vel libera. 288

Hieronymus nennt Damasus einen hervorragenden Mann, der in den Schriften ausgebildet sei, und, was in diesem Zusammenhang besonders wichtig ist, er bezeichnet ihn als eine Jungfrau der Kirche und einen Gelehrten der Jungfräulichkeit (virgo ecclesiae virginis doctor), einen Liebhaber der Reinheit (amator castitatis) und einen Verkündiger der Keuschheit (praeco pudicitae). Er stellt also für Hieronymus in dieser Frage eine Instanz dar, auf die er sich mit seinen Ausführungen berufen kann. Erstaunlicherweise nennt Hieronymus in diesem Zusammenhang aber keine Schrift des Damasus, wie er es im Hinblick auf Tertullian, Cyprian und Ambrosius tut. An anderer Stelle im Brief an Eustochium hatte er beim selben Katalog von Schriften über die Jungfräulichkeit noch Damasus als vierten Autor genannt: At, si tibi placet scire, quot molestiis virgo libera, quot uxor adstricta sit, lege Tertulliani ad amicum philosophum et de virginitate alios libellos et beati Cypriani volumen 286

DAM., decr. ad Gallos episc. 5 (BABUT 1904, 75). Vgl. dazu GRÜTZMACHER 1906=1986, II 148–165. 288 HIER., ep. 49,18,2 (CSEL 54/1, 382,5–11 HILBERG). 287

2. Damasus und die kirchlichen Canones

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egregium et papae Damasi super hac re versu prosaque conposita et Ambrosii nostri quae nuper ad sororem scripsit opuscula. In quibus tanto se fudit eloquio, ut, quidquid ad laudem virginum pertinet, exquisierit, ordinarit, expresserit. 289

Aber auch hier wird den Begriffen libelli, volumen und opuscula, die wohl einzelne Schriften bezeichnen, die Formulierung super hac re versu prosaque conposita gegenübergestellt. Es liegt also nahe, daß Hieronymus nicht sagen wollte, daß Damasus zu diesem Thema eine Schrift in Vers und Prosa 290 verfaßt hat, sondern daß er einerseits Gedichte komponiert hat, in denen es um dieses Thema geht, wie z.B. das Epigramm für Agnes, und andererseits eben Abhandlungen über die Keuschheit zu konkreten Anlässen, wie wir sie in diesem Dekretale finden. Daß es sich bei der Forderung nach Enthaltsamkeit und Jungfräulichkeit um ein Thema handelt, bei dem noch Überzeugungsarbeit geleistet werden muß, wird an der sprachlichen Gestalt des Dokuments deutlich. Der Autor ist darum bemüht, so viele Argumente wie möglich anzuführen, und versucht, mit rhetorischen Fragen den Leser von seiner Auffassung zu überzeugen. Die Abhandlung schließt mit einer Ermahnung: Quamobrem, mihi carissimi, huiusmodi hominibus coinquinatis et infidelibus, in quibus sanctitudo corporis per inluviem et incontinentiam videtur esse polluta, misterium Dei credere non oportere, veneratione religionis ipsa suadente moneo; hos enim et ratio iusta secernit. 291

Diese Argumentation stellt eine Vorstufe zur späteren Bestimmung des Siricius dar, die sich auf Ausführungen des Dekretale Ad Gallos zu stützen scheint und Argumente daraus aufnimmt 292 ; z.B. wird ebenfalls das Vorbild der Priester, die im Tempel wohnen, um enthaltsam zu sein, erwähnt: Cur etiam procul a suis domibus, anno vicis suae, in templo habitare iussi sunt sacerdotes? Hac videlicet ratione, ne vel cum uxoribus possent carnale exercere commercium, ut conscientiae integritate fulgentes, acceptabile Deo munus offerent. 293

Ebenso trägt das Argument, immer für die Sakramente rein sein zu müssen, zur Begründung der Forderung bei: Dummodo per omnia Deo nostro in his, quae quotidie offerimus, sacrificiis placeamus. 294

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HIER., ep. 22,22,3 (CSEL 174,21–175,6). Siehe dazu die Ausführungen Kap. 1.2; 2.4.4.3. 291 DAM., decr. ad Gallos episc. 6 (BABUT 1904, 77). 292 Vgl. dazu auch PIÉTRI 1976, 769f. 293 SIRICIUS, ep. 1,9 (PL 1138C), vgl. dazu DAM., decr. ad Gallos episc. 6 (BABUT 1904, 76): Denique illi qui in templo sacrificia offerebant, ut mundi essent, toto anno in templi solo observationis merito permanebant, domus suas penitus nescientes. 294 SIRICIUS, ep. 1,10 (PL 1139A), vgl. dazu DAM., decr. ad Gallos episc. 6 (BABUT 1904, 75f.): De his itaque tribus gradibus, quos legimus in scripturis, a ministris dei 290

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

Bei Siricius allerdings stellt dies keine Ermahnung mehr dar, sondern eine Anordnung, bei deren Zuwiderhandlung eine entsprechende Strafe verhängt wird: Unde et Dominus Iesus, cum nos suo illustrasset adventu, in Evangelio protestatur, quia legem venerit implere, non solvere. Et ideo Ecclesiae, cuius sponsus est, formam castitatis voluit splendore radiare, ut in die iudicii, cum rursus advenerit, „sine macula et ruga“ [Eph 5,27] eam possit ... reperire. Quarum sanctionum omnes sacerdotes atque levitae insolubili lege constringimur, ut a die ordinationis nostrae sobrietati ac pudicitiae et corda nostra mancipemus et corpora, dummodo per omnia Deo nostro in his, quae quotidie offerimus, sacrificiis placeamus... Et quia aliquanti, de quibus loquimur, ut tua sanctitas retulit, ignoratione lapsos esse se deflent: his hac conditione misericordiam dicimus non negandam, ut sine ullo honoris augmento, in hoc quo detecti sunt, quam diu vixerint, officio perseverent, si tamen posthac continentes se studuerint exhibere. Ii vero, qui illiciti privilegii excusatione nituntur, ut sibi asserant veteri hoc lege concessum; noverint se ab omni ecclesiastico honore, quo indigne usi sunt, apostolicae sedis auctoritate deiectos, nec umquam posse veneranda attrectare mysteria. 295

Somit ergeben sich auch aus diesem Themenkomplex Argumente für eine Autorschaft des Damasus, da er einerseits als Verfechter der Jungfräulichkeit und Enthaltsamkeit auftrat und bekannt war, und das Dekretale andererseits in dieser Frage eine direkte Vorstufe zu den Äußerungen des Siricius, seines Amtsnachfolgers, darzustellen scheint. 2.1.7. Die Synode von Valentia An dieser Stelle soll ein Blick auf eine gallische Synode des Jahres 374 in Valentia 296 geworfen werden, auf der ebenfalls zu Themen, die in dem Dekretale Ad Gallos verhandelt werden, Canones erlassen worden sind. In Canon 1 dieser Synode wird festgesetzt, daß kein digamus und kein maritus internuptae, d.h. kein Ehemann einer Frau, die schon einmal verheiratet gewesen ist, zum Kleriker ordiniert werden kann. Dabei geht es eindeutig um das ganze Leben und nicht erst den Zustand nach der Taufe (nec requirendum utrumne initiati sacramentis divinis, anne gentiles 297 ). munditia praecepta est observari, quibus necessitas semper in promptu est: aut enim baptisma tradendum est, aut offerenda sunt sacrificia. 295 SIRICIUS, ep. 1,10.11 (PL 13, 1139A–1140A). Bereits auf der Synode von Elvira war eine ähnliche Bestimmung erlassen worden, die sich aber wohl nicht durchsetzen konnte: Synode von Elvira, can. 27 u. 33 (DENZINGER/HÜNERMANN 371991, 61): 27. Episcopus, vel quilibet alius clericus, aut sororem aut filiam virginem dicatam Deo tantum secum habeat; extraneam nequaquam habere placuit. 33. Placuit in totum prohibere episcopis, presbyteris et diaconibus, vel omnibus clericis positis in ministerio, abstinere se a coniugibus suis et non generare filios: quicumque vero fecerit, ab honore clericatus exterminetur. 296 EOMIA I/2,3, 417–425. 297 EOMIA I/2,3, 419.

2. Damasus und die kirchlichen Canones

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Kleriker jedoch, die bereits ordiniert, aber digami sind, sollen in ihrem Amt belassen werden, da die Möglichkeit in Betracht gezogen wird, daß dies aus Unkenntnis geschah (imperitia 298 ). Und man nicht überall dort, wo Kirchen zu lax geführt werden, eingreifen könne (nec per omnes ecclesias quae sunt iam pridem male gesta corrigere 299 ). Gleichzeitig wird damit aber der Eindruck erweckt, als ob es sich um eine Bestimmung handelt, die noch nicht sehr lange in Geltung ist, d.h. erst durchgesetzt werden muß, und man deshalb die bereits ordinierten Kleriker davon unberührt läßt. Der zweite Canon der Synode von Valentia handelt von Mädchen, die sich Gott geweiht haben, aber dann freiwillig weltlich geheiratet haben 300 . Über deren Bestrafung besteht allerdings offenbar Unsicherheit, da kein genaues Strafmaß festgelegt wird, d.h. nicht bestimmt wird, welchen Umfang die poenitentia haben soll und ob die Delinquentin weiterhin zur communio gehört. Genau diese Fragen aber beantwortet das Dekretale Ad Gallos: erstens bezüglich der poenitentia: Quali hic et quanta satisfactione opus est, quam magna poenitentia eius quae interitum carnis incurrit! Non est parva culpa reliquisse Deum et isse post hominem. Unde annis quam plurimis deflendum ei est, dignae fructu poenitentiae [facto] possit aliquando ad veniam pervenire, si tamen poenitens poenitenda faciat 301 ,

und zweitens bezüglich der communio: Utrisque ergo expedit sub eadem temporis constitutione a communione suspendi, dignam agere poenitentiam, fletu humilitate ieiunio misericordia redimere crimen admissum. 302

Im vierten Canon geht es schließlich darum, daß ein Kleriker, der sich ein crimen mortale zuschulden kommen ließ, seines Amtes enthoben werden muß, also wieder um die Frage, wann man kein Kleriker mehr sein oder werden kann und damit um das zentrale Thema des Dekretale Ad Gallos, das sich wie ein roter Faden durchzieht. Die Canones der Synode von Valentia zeigen also, daß diese Fragen zur Zeit des Damasus aktuell waren und durchaus noch einer präziseren Klärung bedurften. Das Schreiben Ad Gallos könnte darauf eine passende Antwort sein: Es gibt genaue Auskunft darüber, was mit den gefallenen Jungfrauen zu geschehen hat, geht gegen das scharfe digamus an, indem 298

Ebd. 420. Ebd. 300 EOMIA I/2,3, 420: De puellis vero quae se voverint Deo et praeclari nominis decore floruerint, si ad terrenas nuptias sponte transierint, id custodiendum esse decrevimus ut paenitentia his nec statim detur; et cum data fuerit, nisi plene satis fecerint Deo, in quantum ratio poposcerit earundem communio differatur. 301 DAM., decr. ad Gallos episc. 3 (BABUT 1904, 72f.). 302 DAM., decr. ad Gallos episc. 4 (BABUT 1904, 74). 299

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

das Gewicht auf außereheliche Beziehungen und Enthaltsamkeit gelegt wird, und macht deutlich, unter welchen Umständen es unmöglich ist, Kleriker zu sein bzw. zu werden. 2.1.8. Vergleich mit anderen Schreiben des Damasus Durch die Analysen der vorangegangenen Abschnitte wurde bereits deutlich, daß die Themen des Dekretale Ad Gallos durchaus Verbindung zu Äußerungen des Damasus bzw. zu Äußerungen über ihn zeigen, wie z.B. bei den Aussagen über virginitas und pudor bei Hieronymus. Zu nennen ist hier insbesondere auch die Betonung und Hervorhebung einiger kirchlicher Canones, die ansonsten in dieser Zeit keine große Rolle spielen, und zwar insbesondere des Canon über den Wechsel eines Bischofs von einer Gemeinde zur anderen. Diese Bestimmung spielt im antiochenischen Schisma eine wichtige Rolle; Damasus wendet sie einige Male gegen Meletius an und versucht damit, die Unrechtmäßigkeit seines Bischofsamtes anzuprangern 303 . Bemerkenswert ist dies insbesondere deshalb, weil der Canon bei den Nachfolgern des Damasus keine Rolle mehr spielt 304 . Auch bei den anderen Bestimmungen über die Ordination von Klerikern können Bezüge zu anderen Schreiben des Damasus hergestellt werden. In § 18 wird gegen unrechtmäßige Ordinationen von Bischöfen vorgegangen, die nicht gemäß Canon 4 des Konzils von Nicaea vorgenommen werden, d.h. nicht von einem Metropoliten zusammen mit Nachbarbischöfen, wobei hier offenbar insbesondere an den römischen Bischof und dessen Machtbereich gedacht wird (contra episcopalem moderationem sedis apostolicae). Derselbe Fall wird im römischen Synodalschreiben von 378 angeprangert, in dem geschildert wird, daß Ursinus unrechtmäßig in Italien Ordinationen vornimmt und auf diese Weise Einfluß gewinnen will 305 ; auch gegen Maximus, der in Konstantinopel von ägyptischen Klerikern eingesetzt worden ist, empört sich Damasus 306 . Diese Bestimmung besaß für Damasus also große Aktualität, ebenso wie die Anordnung, daß kein Neugetaufter wie Nectarius von Konstantinopel zum Bischof ordiniert werden darf 307 .

303 DAM., epist. 4,9; epist. 2/1 und epist. 5 (hier allerdings auch gegen Gregor von Nazianz gerichtet), vgl. dazu die Ausführungen Kap. 4.4.4. und OHME 1998, 532–539 sowie SCHOLZ 1992, 69–84 und RIST 1997, 119–126. 304 Vgl. dazu auch PIÉTRI 1976, 767. Auch mit der Bestimmung über die litterae commendatitiae (DAM., decr. ad Gallos episc. 17), ohne die kein Kleriker in eine andere Kirche aufgenommen werden kann, steht das Dekretale in der Tradition der Canones des vierten Jahrhunderts: GAUDEMET 1958, 181 (mit Belegen) und 77. 305 Siehe dazu die Ausführungen Kap. 3.1. 306 DAM., epist. 5. 307 Siehe dazu die Ausführungen Kap. 5.2.7.

2. Damasus und die kirchlichen Canones

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Auch die Rede vom apostolischen Stuhl findet sich, vergleichbar mit Formulierungen in dem Dekretale 308 , ab dem Jahr 378 in kirchlichen Schreiben, die Damasus zugeschrieben werden, verbunden mit einer Betonung der besonderen Stellung Roms 309 . An diesen apostolischen Stuhl ist die Einheit der Kirche und die rechte Lehre gebunden, Aussagen die sich in dem Dekretale 310 und in anderen Schriften des Damasus 311 finden. In diesem Zusammenhang steht auch die Betonung der apostolischen Tradition und der apostolischen Lehre als der rechten Lehre überhaupt, die immer wieder in den Schriften des Damasus zu entdecken ist 312 . Interessant ist außerdem, daß in den späten Schreiben an Acholius und in den Osten eine vergleichbare Argumentation mit Schriftzitaten zu beobachten ist 313 . Auch der Stellenwert der Bestimmungen der Kirchendisziplin 314 (regula ecclesiasticae disciplinae) und ihre Durchsetzung wird in diesen Dokumenten gleichermaßen betont 315 . 308 DAM., decr. ad Gallos episc. 2: ex sedis apostolicae auctoritate; 18: contra episcopalem moderationem sedis apostolicae. Vgl. zu dieser Formulierung insbesondere MACCARONE 1991, 282–287. 309 Siehe DAM., relatio 1 (sublime sedis apostolicae); epist. 7 (0UJUIÝBQPTUPMJLIÝ LBRFESBÝ UIOPGFJMPNFOIOBJEXIBHBQIVNXOBQPOFNFJ FBVUPJKUPQMFJTUPO QBSFDFTRF VJPJUJNJXUBUPJ); vgl. auch decr. Dam. III 3 und die Epigramme 4,4; 351,4; 57,4. 310 DAM., decr. ad Gallos episc. 9. 311 Vgl. insbesondere DAM., epist. 7; decr.Dam. und epigr. 4,4; 57,4. 312 Vgl. dazu DAM., epist. 1: ...sanctitatem vestram apostolorum instructione fundatam...; ...hanc solam fidem quae apud Nicaeam apostolorum auctoritate fundata est, perpetua firmitate esse retinendam... ; epist. 7: PNXKVNFJKNFNOINFOPJUIKBQPTUP MJLIKQJTUFXKIEIHBSBQBYUVQPOFEXLBNFO JOBPHJOXTLXOFBVUPO$SJTUJBO POFLFJOPGVMBUUPJPQFSQBSBUXOBQPTUPMXOQBSFEPRI,MFHPOUPKUPVBHJPV 1BVMPV„FJUJKVNBKFVBHHFMJ[FUBJQBSPQBSFMBCFUF BOBRFNBFTUX“; außerdem wird in epist. 7 betont, daß diese apostolische Lehre durch Petrus insbesondere in Rom gelehrt worden ist: LBJHBSFJUBNBMJTUB FOUIÝBHJBÝFLLMITJBÝ FOIÝÀPBHJPKBQP TUPMPKLBRF[PNFOPKFEJEBYFQXKQSPTILFJINBKUPVKPJBLBKJRVOFJOPVKBOFEF YBNFRB PNXKPNPMPHPVNFOFBVUPVKFMBUUPOBKFJOBJUIKUJNIK;siehe auch decr. Dam. III. 313 Im Brief an Acholius und seine Mitbischöfe beruft sich Damasus auf den Apostel Paulus, DAM., epist. 5: ...Non legerant apostolum scribentem: „Vir autem si comam habuerit, ignominia est illi“ (1Kor 11,14);...Qui ergo consensus templo Dei et idolis, quae participatio Christo et Belial? (2Kor 6,15f.); ebenso in epist. 7: ...MFHPOUPKUPVBHJPV 1BVMPV„FJUJKVNBKFVBHHFMJ[FUBJQBSPQBSFMBCFUF BOBRFNBFTUX“ [Gal 1,9]; und Decretum Damasi, III im Vergleich mit der Argumentation mit Schriftzitaten z.B. in decr. ad Gallos epis. 5. 314 Siehe dazu insgesamt die Untersuchung von OHME 1998. 315 Vgl. dazu DAM., epist. 5: ...contra regulam ecclesiasticae disciplinae alienum a nostra professione Cynicum in Constantinopolitana civitate ad sacerdotium vocare voluisse ... Illud praeterea commoneo dilectionem vestram, ne patiamini aliquem contra statuta maiorum nostrorum de civitate alia ad aliam transduci et deserere plebem ...

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

Sprachlich lassen sich einige Besonderheiten beobachten, die auf Damasus als Verfasser des Dekretale hinweisen: In § 4 findet sich z.B. ein für die Dichtung des Damasus typisches Asyndeton: fletu humilitate ieiunio misericordia 316 . Außerdem fällt in § 5 die Formulierung caelestia regna auf, die Damasus ebenfalls in seiner Dichtung verwendet 317 und die ansonsten außerordentlich selten in christlicher Literatur dieser Zeit vorkommt 318 . 2.1.9. Zuordnung und Datierung Die oben angeführten Argumente, insbesondere auch die Parallelen zu Aussagen des Hieronymus, machen es meines Erachtens sehr wahrscheinlich, daß Damasus als Verfasser des Dekretale Ad Gallos zu gelten hat und somit der erste Bischof von Rom ist, der sich dieses Mittels bedient, um anderen Bischöfen verbindliche kirchliche Rechtsauskunft zu geben. Für eine zeitliche Einordnung des Dekretale in die Amtszeit des Damasus können verschiedene Punkte herangezogen werden. Der Inhalt des Dekretale weist in die Zeit nach 374, da die Synode von Valentia noch nicht darauf eingeht. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Hinweis im Schriftstück Confidimus quidem, das wohl in das Jahr 371 datiert werden muß. Hier wird davon gesprochen, daß man aus einer relatio der Gallier und Venetier erfahren hat, daß Unsicherheiten durch häretische Beeinflussungen bestehen:

Tunc enim contentiones oriuntur, tunc schismata fomenta graviora accipiunt...; und DAM., epist. 7: NFUBUPVUPVPNPJXKBQPMFJUBJPTUJKEIQPUFCPVMFUBJUXÝLBOP OJUIKFLLMITJBK BOUJQBMBJTBJ Vgl. dazu z.B. decr. ad Gallos episc. 18: Quid curritur, quid festinatur, ut regula ecclesiastica conculcentur? Leges humanae tenentur, et divina praecepta contempnuntur. Siehe dazu auch OHME 1998, 536f., der deutlich macht, daß das Bestehen des Damasus auf die Einhaltung der statuta maiorum, Gregor von Nazianz dazu veranlaßt, von den Canones als Gesetzen (OPNPJ) zu reden, die schon lange tot seien (GREG.NAZ., de vita sua 1789–1817), d.h. im Osten wandte man sich gegen dieses an den regulae ecclesiasticae orientierte Vorgehen des Damasus. 316 Vgl. DAM., epigr. 18,5 (40,3): seditio caedes bellum discordia lites; 33,1f: verbera carnifices flammas tormenta catenas / vincere Laurenti sola fides potuit. 1,19–22: Verbera vincla famem lapides rabiemque ferarum, / carceris inluviem virgas tormenta catenas / naufragium lacrimas serpentis dira venena, / stigmata non timuit portare in corpore Christi. 317 Vgl. dazu DAM., epigr. 7,3: confessus Christum caelestia regna petisti; 60,10: psallere per citharam populis caelestia regna. 318 Zudem ist die Anrede vestra sinceritas (§ 20) auch in einem Brief des Damasus an Acholius und andere Bischöfe belegt: DAM., epist. 5 (17,46 SILVA-TAROUCA), sie ist typisch für das 4. Jahrhundert und später nicht mehr zu finden, vgl. JERG 1970, 117 und 124.

2. Damasus und die kirchlichen Canones

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Ex Gallorum atque Venetensium fratrum relatione conperimus nonnullos non eresis studio ..., sed inscientia vel ex simplicitate quorundam scaevis interpretationibus aestuantes non satis dispicere, quae magis patrum nostrorum sit tenenda sententia, cum diversa concilia eorum auribus ingeruntur. 319

Eben den Begriff der relatio verwendet Siricius, als er in seinem Dekretale aus dem Jahre 385 kurz nach dem Tode des Damasus von der schriftlichen Anfrage des Himerius an Damasus spricht: Directa ad decessorem nostrum sanctae recordationis Damasum fraternitatis tuae relatio ...

Im Brief Confidimus quidem geht es aber eindeutig um theologische Fragen, d.h. um die Häresie des Arius und damit wohl um eine frühere Anfrage der Gallier bezüglich theologischer Probleme. Deutlich wird aber, daß sich die gallischen Christen durchaus in kirchlichen Angelegenheiten und Streitigkeiten an Rom wandten. Ein weiterer Anhaltspunkt für die Datierung des Dekretale ist das römische Synodalschreiben und die kaiserliche Antwort im Jahr 378, denn dabei geht es insbesondere um kirchendisziplinarische Angelegenheiten, wie sie eben auch Inhalt des Dekretale sind. Das Schreiben an die gallischen Bischöfe gehört genau in diesen Zusammenhang, denn es informiert von Rom aus, unter welchen Umständen Bischöfe und Kleriker abgesetzt werden können und was man von ihrer Lebensweise erwartet, gibt also Richtlinien für die bischöfliche Gerichtsbarkeit. Die Übereinstimmung mit Hieronymus muß allerdings nicht unbedingt in die Zeit weisen, als Damasus mit diesem Kirchenvater in regem Austausch stand, so daß damit keine bestimmte Datierung nahegelegt wird. Allerdings könnte die Betonung der Bestimmung, Neophyten nicht als Bischöfe einzusetzen, eine Bezugnahme auf Nectarius von Konstantinopel vermuten lassen, was auf die Zeit nach dem Jahr 381 deuten würde. Man kann also sagen, daß einiges dafür spricht, daß Damasus das Dekretale Ad Gallos nach dem Jahr 378 und vielleicht in der letzten Phase seiner Amtszeit nach 381 verfaßt hat. 2.2. Die praefatio Nicaeni concilii – ein Gedicht des Damasus? 2.2.1. Text und Übersetzung Edition: Turner, EOMIA I/1,2, 105.170f.254. Concilium sacrum1 venerandi2 culmina3 iuris4 Condidit et nobis congrua frena5 dedit, Ut bene fundatus6 iusto moderamine7 possit 319

SCHWARTZ 1936, 19,9–15.

Das heilige Konzil hat verehrungswürdiges und hervorragendes Recht begründet und uns angemessene Zügel gegeben, damit der Stand der Kleriker, der gut gegründet Unbeirrliches tut,

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

Intemerata8 gerens clericus9 ordo10 regi. Pontifices11 summi12 veterum praecepta sequentes13 Planius haec monitis14 exposuere suis. Hinc15 fidei nostrae se pandit16 semita17 et omnes Errorum18 damnant dogmata19 sancta vias20. Quisque21 dei famulus fuerit Christique sacerdos22, Hoc sale conditus23 dulcia mella24 fluit25.

mit gerechter Lenkung geleitet werden kann. Die pontifices summi, die den Vorschriften der Alten folgen, haben diese mit ihren eigenen Ermahnungen weiter ausgelegt. Von daher breitet sich der Pfad unseres Glaubens aus und die heiligen Dogmen verurteilen alle Arten von Irrtümern. Jeder, der Diener Gottes und Priester Christi ist, läßt, mit diesem Salz gewürzt, süßen Honig ausströmen (mit seinen Worten).

1 Vgl. VEN.FORT., carm. V 4,3 (versus in natalicio Gregorii episcopi cum antiphona dicere rogaretur, in mensa dictum): conciliis sacris sis norma et vita piorum. 2 Vgl. DAM., epigr. 11,7: pietas veneranda puellae; 37,9: o veneranda mihi [Agnes]; 16,2: corpora sanctorum retinent veneranda sepulcra; 41,2: [martyrum] venerandus honor. 3 Vgl. DAM., epigr. 3,6: culmina montis; hier aber in der übertragenen Bedeutung, siehe TLL 4, 1293–1295. Ende des vierten Jahrhunderts wird culmina gerne im übertragenen Sinn für besonders Herausragendes verwendet. Bei Ambrosius begegnet häufig die Formulierung virtutum culmina: AMBR., fug. 4,18 (CSEL 32/2, 179,8); 4,23 (182,16); psal. 118, 4,21 (CSEL 62, 77,22); Apol. Dav. 17,83 (CSEL 32/1, 353,11): Muri itaque Hierusalem fidei propugnacula, disputationum munimenta, virtutum culmina sunt: muri Hierusalem ecclesiarum conventus sunt toto orbe fundati; ecclesia enim dicit: ego murus et ubera mea turris. Hier stehen culmina virtutum in Verbindung mit Bollwerken der Erörterungen. Vgl. auch AMBR., psal. 118, 12,7 (CSEL 62, 255,16); 19,29 (437,3); ep. 6,29,7. Ebenso bei HIER., Pelag., 1,18,15; ep. 133, 56, 3 (245,12): virtutum culmina; Is., 5, praef., 20: spiritalis intellegentiae culmina; Zach. 1,4,54: ecclesiae culmina; ep. 23,54, 3 (213,8): dignitatum omnium culmina; ep. 79, 55,2 (88,21): honorum culmina;ep. 106, 55, 63 (278,20). Auch bei PAULINUS VON NOLA, carm. 10,119: qui tonitru summi quatit ignea culmina caeli; 12,25; 18,16; 18,181.386; 19, 468; 21, 474; 27, 436; 27, 458.643; 28,86.104.204. Siehe auch CASSIODOR, var. 3,31,17: legum culmina, und öfter. Culmen ist eines der Lieblingswörter des Venantius Fortunatus (Vgl. KURT STEINMANN, Die Gelesuintha-Elegie des Venantius Fortunatus (Carm. VI 5): Text, Übersetzung, Interpretationen, Diss. Zürich 1975, 161), vgl. z.B.: carm., I 15,2: egregiis meritis culmina prima tenes; I 15,110: culminibusque suis culmina vestra tegat; II 16,163: culmina custodi qui templum in culmine duxit/ protege pro meritis qui tibi tecta dedit; III 8,15: germinis antiqui venerabile culmen in orbe; III 15,1: Actibus egregiis venerabile culmen; IV 1,29: extulit ecclesiae culmen; IV 9,12: culmine primus erat; V 12,2: culmen honore tuo; VI 1,19: culmina tot procerum concurrunt culmen ad unum. 4 Vgl. VEN.FORT., carm. VI 2,79: iustitiae rector, venerandi iuris amator. 5 frena wird in diesem Sinne gebraucht bei AMBROSIUS: Abr. 2,7,43 (CSEL 32/1, 597,17): frena rationis imposuit; Ios. 10,57 (CSEL 32/2, 109,26): frena desiderii; Luc. 2,461 (CSEL 32/4): frena nutantis fidei; AUGUSTINUS, peccat. merit. 2,22,36 (CSEL 60, 108,2): quae propter hoc in quovis casto merito appellantur pudenda, quod adversus dominam mentem, quasi suae sint potestatis, sicut libitum est, excitantur idque solum iuris in his habent frena virtutis, ut ad inmundas et inlicitas corruptiones ea pervenire

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non sinant; HIER., Zach. 2,9,230: gentilium multitudo, frena non habens legis; Gal. 3,462,5: liberalitatis frena; Tit. 599,27;Vigil. 2,356,5: libidini frena permittens; Iov. 1,7,230,4; 1,11,236,36; 1,38,276,14; 2,10,312,34; ep. 3,54,2 (14,5); 77,55,3 (39,13); 78,55,22 (69,10); 108,55,12 (320,14); PAULINUS VON NOLA, carm. 11,31; 25,3. 6 In den Damasus zugeschriebenen Dokumenten finden sich Formulierungen mit fundatus: DAM., epist. 1 (19,6f.: Confidimus quidem sanctitatem vestram apostolorum instructione fundatam eam tenere fidem eamque plebibus intimare...; 20,9f.: unde advertit sinceritas vestra hanc solam fidem quae apud Nicaeam apostolorum auctoritate fundata est... . Aber auch bei VEN.FORT., carm. I 3,5: fundatus virtute dei, de morte triumphos. 7 Findet sich auch bei AUGUSTINUS, Gen. Man. 2, 220,18: deus effector conditorque eius iusto moderamine administrare non cessat; Faust. 22,72 (CSEL 25, 670,5): quamvis saeva iniqua cupiditas a creatore atque ordinatore omnium naturarum occulto quidem, sed ubique iusto moderamine in id, quo se inclinaverat, relaxata est. IOH. CASSIANUS, coll. 4,12 (CSEL 13, 107,8); inst. coen. 3,3,1 (CSEL 17, 34,19): ...ut et orationum adsiduitas statutis deo temporibus offeratur et necessaria operationis officia consummatis iusto moderamine spiritalibus obsequiis nullatenus valeant inpediri. Häufig auch bei VEN. FORT. z.B.: carm., IV 1,11: placidus moderamine sacro; IV 11,15: rexit patrio moderamine; IV 12,13: doctus moderamine legis; V 8b,11: iustae moderamine librae; VI 2,25: placido moderamine regis; VII 12,49: sacro moderamine vivens. 8 Vgl. Dam 34,2: intemerata fides; 7,2: intemerata fide. 9 Clericus als Adjektivattribut ist äußerst selten im klassischen Latein, siehe TLL 3, 1339 (als Belegstellen nur CYPR., ep. 1,1;38,1;9,2), daß Adjektive im späten Latein anstatt eines Genetivs verwendet werden, ist aber nicht ungewöhnlich. SVEN BLOMGREN (Studia Fortunatiana, Commentatio academica, Uppsala Universitets Årsskrift 1933 Bd.2, Filosofi, Språkvetenskap och Historiska Vetenskaper I., Uppsala 1933, 16–19) hat dies für Venantius Fortunatus gezeigt; aber auch bei Autoren vor ihm ist dieses Phänomen zu beobachten (siehe BLOMGREN, 16 Anm.1). Vgl. außerdem VEN.FORT., carm. III 6,47: clericus ecce choris resonat, plebs inde choraulis.. 10 Ordo ist hier im Sinne von gradus, classes gebraucht und ist belegt als ordinem ecclesiasticum und sacerdotalem, siehe TLL 9, 963f. Vgl. VEN. FORT., carm. III 5,2: Ordo sacerdotum ... . 11 Siehe Edikt des Theodosius 380: COD. THEOD. XVI 1,2. Hier wird Damasus als pontifex bezeichnet, vgl. dazu die Ausführungen Kap. 3.1.3. 12 Pontifex beginnt schon Ende des vierten Jahrhunderts für den Bischof von Rom, aber auch für andere Bischöfe gebräuchlich zu werden: Explizit die Benennung pontifex Damasus begegnet bei HIERONYMUS, Did. spir., praef. 107,13; Ruf. 1,12,6: romanae urbis pontifex; 3,42,40: Athanasius, Alexandrinae urbis pontifex; vir. ill. 64,37: Heraclas Alexandrinae ecclesiae pontifex; ep. 108,6: vidit admirabiles viros Christique pontifices: Paulinum, Antiochenae urbis episcopum, Epiphanium, Salaminae Cypri... und öfter (siehe BLAISE, s.v. pontifex, -icis, 634). Die Formulierung summus pontifex ist belegt bei PAULINUS VON NOLA, ep. 32,3 (CSEL 34/2, 10,11): tunc vere sibi summus Christi pontifex Augustinus videbitur; PRUDENTIUS, peri. 10,221: spectator horum pontifex summus sedet. IOH.CASS., coll. 21,26 (CSEL 13, 600,28): summum pontificem Iesum Christum. Zwar häufen sich erst im 6. Jahrhundert die Belege für die Formulierung pontifex summus, aber es ist deutlich zu erkennen, daß die Bezeichnung eines Bischofs mit dem Titel pontifex Ende des vierten Jahrhunderts beginnt und wohl mit Damasus seinen Anfang nimmt, somit wäre die Formulierung pontifices summi für diese Zeit zwar ungewöhnlich, aber durchaus möglich. Vgl. auch VEN.FORT., carm. X 13,1: pontifices summi, fidei via,

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semita vitae; IX 13,7: pontifici summo nos commendate; II 9,69: pontificis monitis clerus, plebs psallit et infans; III 21,2; V 16,3; 18,1: gloria pontificum. 13 Vgl. DAM., epigr. 1,1: procerum praecepta secutus; 1,9: Christi praecepta secutus. 14 Vgl. DAM., epigr. 60,1: Nunc Damasi monitis aures praebete benignas; 15,3: meliora monentem; 41,6: Damasus sibi papa probatos affixo monuit carmine iure coli. 15 Vgl. DAM., epigr. 57,1–3; 40,3; 39,7. 16 HIERONYMUS, Hier. 5 (CSEL 59, 298,23): ac ne putemur nostrum sensum ponere, ipsa scriptura se pandit; MARIUS VICTORINUS, Ar. 4,3,1: ...quoniam intellectus ita se pandit atque ita sermo processit. Vgl. VEN. FORT., carm. III 7,9f.: pandit iter caeli hic dogmate, clavibus alter/ et via cui Paulus, ianua fida Petrus. 17 Semita im Sinne von ‘der rechte Weg des Glaubens’ findet sich bei Ambrosius in Psalmzitaten: AMBR., psal. 118, 1,2 (CSEL 62, 6,8): qui enim non abiit in consilio impiorum, utique de pietatis via et iustitiae semita non recessit meritoque in via ambulans beatus pronuntiatur et die ac nocte meditaionem legis exercens habet gratiam beatitudinis; 1,14 (14,25): sed quia semel a semita mandatorum recessit, totam deseruit viam. AUGUSTINUS, z.B. serm. 216 ( PL 38, 1077,5): omnes secundum vocationem qua vocati sumus a domino, in eius via semitaque curramus; enarr. psal., psalmus 118, 11,5,5: et certe ipsa est semita; hoc est via mandatorum dei. HIER., Is. 8,26,7,1: semita iusti recta est,... et in semita iudiciorum, domine, sustinuimus te...; 8,26, 7,12: in una igitur christi semita omnes iustitiae reperiuntur; 8,26,7,15: semita iudiciorum domini; 10,35,3,14: ibi semita et via, sive via munda, et via sancta und öfter. Vgl. VEN. FORT., carm. II 15,18: semita lucis ades; V 5,72: semita cordis. Vergleiche zu dem Begriffspaar semita/via auch Psalm 1,1: ... et in via peccatorum non stetit; 1,6: quoniam novit Dominus viam iustorum et iter impiorum peribit; und Psalm 118,5.9.14f.26f.29f.32f. u.a. 18 Vgl. die Einleitung zum Tomus Damasi. 19 Dogma, ein gebräuchliches Wort für die christliche Lehre (siehe BLAISE, s.v., 289). z.B.: AMBR., Luc. 8,169: et quia panis verbum est et fides verbi est, micae velut quaedam dogmata fidei sunt. Ep. 4,16,9: Christus Iesus...legem mandatorum in decretis evacuavit, in quibus ostendit non secundum litteram interpraetanda legis spirtitalis dogmata. RUFIN, apol. adv. Hier. 1,33,25: catholica dogmata; HIER., Ezech. 6,20,1434: quem montem sion, aut ecclesiam intellegimus quae interpretatur ‘specula’ et in altitudine sanctorum dogmatum constituta est. Siehe auch bei VEN. FORT. z.B.: III 15,15: facundo eloquio caelestia dogmata fundis. 20 Vgl. DAM., epigr. 21,2: vias ... mille nocendi. 1 21 Vgl. DAM., epigr. 20,2; 60,2; 35 ,7. 22 Vgl. VEN. FORT., carm. III 3,3: Christi venerande sacerdos. 23 Kol 4,6: Sermo vester semper sit in gratia, sale conditus, ut sciatis quomodo oporteat vos uncuique respondere. Eine Redewendung, die auch gerne als direktes Zitat von Hieronymus gebraucht wurde: HIER., Ezech. 4, 16, 916: qui autem renascuntur in christo, dicitur ad eos: vos estis sal terrae, et praecipitur eis ab apostolo: sermo vester semper in gratia sale conditus sit – unde et vulgo sapientes salsi et stulti vocantur ‘insulsi’, et in levitico lege sancitur: omne sacrificium vestrum sale salietur, non cessabit sal testamenti domini de sacrificiis vestris: cunctis muneribus vestris sal offeretis; qui hoc sale conditus fuerit et omnem foetorum umoremque noxium huius admixtione siccaverit, ultra non dicet: computruerunt et corruptae sunt cicatrices meae a facie insipientiae meae. Ebenso: HIER., Ezech. 13, 43,1033; tract. Marc. 1,149 u. ep. 125, 56,1 (199,11): sermo vester sit sale conditus. RUFIN, ben. patr.1,10,20: Gratifici ergo sunt isti oculi: sermo enim scientiae sale conditus est, ut det gratiam audientibus.

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24 Vgl. DAM., epigr. 60,3: inveniet latices servant qui dulcia mella. HIER., ep. 35,1,3 (Epistula Damasi ad Hieronymum): ...id est, ut ego interrogem, tu respondeas. Qua vita nihil in hac luce puto iocundius, quo animae pabulo omnia mella superantur. Quam dulcia, inquit propheta, gutturi meo eloquia tua, super mel ori meo. Vgl. auch VERG., georg. IV 101: dulcia mella premes. Außerdem eine sehr gebräuchliche Metapher für fromme Rede bei VEN. FORT., carm. I 15,102: cuius ab eloquio dulcia mella fluunt; III 3,14: non sic mella mihi quam tua verba placent; IV 3,7f.: ut condirentur divino corda sapore, fudisti dulcem iugiter ore salem; IV 4,26: dulcia condito cum sale mella rigans (über den antistes Gallus); IV 16,6: qui dabat eloquio dulcia mella suo; VI 3,14: verbaque conloquii sunt quasi mella favi; VII 8,43f.: melle saporatum refluens a pectore verbum et sale conditum reddis ab ore sophum; XI 12,4: cuius ab ore pio dulcia mella fluunt. 25 Vgl. AUG., ep., 27,2: legi litteras tuas fluentes lac et mel.

2.2.2. Der handschriftliche Befund Max Ihm stellt 1897 im Rheinischen Museum einen Pentameter vor, der in einem anonymen Glossar (im cod. Paris. Lat. 7598 [saec. XIII oder XIV]) dem Damasus zugeschrieben wird, und fragt: „Ein verschollenes Gedicht des Damasus?“ 320 Es handelt sich dabei um den Vers: Intemerata gerens clericus edo regi, der von Damasus in prophetatione Nicei concilii stammen soll und vom anonymen Autor zur Erklärung des Wortes clerus benutzt wird. Carl Weyman 321 gelingt es schließlich ein Jahr später, die Herkunft des besagten Verses festzustellen, und zwar ist er Teil eines Gedichtes, das als praefatio Nicaeni concilii 322 überliefert ist und nach Friedrich Maassen 323 spätestens Ende des 5. oder zu Anfang des 6. Jahrhunderts verfaßt wurde, da es in Handschriften vorkommt, deren Entstehungszeit Maassen in das 6. Jahrhundert legt. Zudem taucht diese poetische praefatio in verschiedenen Versionen und Sammlungen auf, was für ihre weite und frühe Verbreitung spricht 324 . In der Edition bei Turner (EOMIA) stellt sich der handschriftliche Befund folgendermaßen dar: Die metrische Vorrede ist in Handschriften ganz verschiedener Versionen 325 enthalten: III Interpretatio quae dicitur Pris320 MAX IHM, III. Ein verschollenes Gedicht des Damasus?, Rheinisches Museum 52, 1897, 212. 321 CARL WEYMAN, Ein verschollenes Gedicht des Damasus? Historisches Jahrbuch Jahrgang 1898, 89f. 322 EOMIA I/1,2, 105.170f.254. 323 MAASSEN 1870, 45f. 324 MAASSEN 1870, 45: "... eine metrische Vorrede des Concils von Nicäa, die, wie schon diese Aufzählung der Sammlungen ergiebt, weder einer bestimmten Version noch einer bestimmten Sammlung angehört. Aus dem Alter mehrerer der Sammlungen, in denen sie sich findet, ergiebt sich, dass sie spätestens zu Ende des 5. oder zu Anfgang des 6. Jahrhunderts verfasst sein kann." 325 Zu diesen verschiedenen Versionen siehe EOMIA I/1,2, 103.153f.249.

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ca 326 , IV Interpretatio codicis Ingilrami 327 , V Interpretatio quae dicitur Gallica 328 , VII Interpretatio (sive paraphrasis abbreviata) Rufini Aquileiensis 329 , VIII Interpretatio quae falso dicitur Isidori 330 , IX Interpretatio Dionysii Exigui prima 331 , X Interpretatio Dionysii Exigui altera 332 . Nicht enthalten ist sie in den beiden Versionen, die Turner im Zusammenhang mit dem Konzil in Carthago im Jahre 419 sieht, ebenso nicht in der sogenannten Interpretatio quae dicitur Gallo–Hispana. Betrachtet man das Alter der Handschriften so kann man das früheste Vorkommen der Vorrede in das 7. Jahrhundert datieren und zwar in den Versionen III Codex J, in V und VII Codex K sowie in VIII die Sammlung S; in der Version IX im Codex C, der ins 6. Jahrhundert datiert wird, wurde die metrische Vorrede mitsamt den Canones und dem Symbolum nach Maassen von einer Hand des 7. Jahrhunderts angefügt 333 ; in Version X findet sie sich in Codex -. Sie taucht also relativ gleichzeitig in verschiedenen Versionen im italischgallischen Raum auf 334 , wobei ein Schwerpunkt im römisch-italischen Bereich zu erkennen ist. Zudem sind dies fast die ältesten Handschriften, die wir besitzen, da es ansonsten nur noch mit dem ersten Teil von C und V zwei ältere Codices aus dem 6. Jahrhundert gibt. 326 EOMIA I/1,2, 103: eine Sammlung von der TURNER sagt: ex interpretationibus Attici et codicis Ingilrami quinto vel sexto saeculo coagmentata. Hier ist die metrische Vorrede enthalten in J Codex Christophori Justel nunc Oxoniensis Bodleianus aus dem 7. Jahrhundert, sowie in v Consensus codicum u v w aus dem 9./10. Jahrhundert. 327 EOMIA I/1,2, 103: über diese Version gibt TURNER an: originis vel Romanae vel saltem italicae; saeculo ut videtur quarto conscripta. Hier ist das betreffende Stück in I Codex Ingilrami Teatini nunc Vaticanus Reginae 1997 aus dem 9.Jahrhundert enthalten. 328 EOMIA I/1,2, 153: laut TURNER: saeculo ut videtur quarto confecta; dort enthalten in K Codex Coloniensis bibliothecae Capitularis ccxii aus dem 7.Jahrhundert. 329 EOMIA I/1,2, 153: ex eius historia ecclesiastica X 6: saeculo quinto ineunte conscripta; hier ebenfalls in Codex K enthalten. 330 EOMIA I/1,2, 154: Romae ut videtur inter annos 419 et 451 post Christum curata; hier enthalten in W Codex Wirceburgensis aus dem 9. Jahrhundert, S Consensus codicum sylloges dictae Sanblasianae aus dem 7.–8. Jahrhundert, 'Codex Vindobonensis 2147 aus dem 9./10. Jahrhundert und : Codex S. Vedasti nunc Atrebatensis aus dem 9. Jahrhundert. 331 EOMIA I/1,2, 249: Syllogen Q interpretationis Isidori ad graecam veritatem emendans; hier enthalten in C Codex Corbeiensis nunc Parisinus lat. 12097, 6./7. Jahrhundert, M (8. Jahrhundert) und B (9. Jhdt.). 332 EOMIA I/1,2, 249: Die metrische Vorrede findet sich hier in - Codex Lugdunensis (7. Jhdt.), p Codex Vaticanus Palatinus 485 (9. Jhdt.), s Codex olim basilicae S. Crucis Sessorianus lxiii nunc bibliothecae Victoris Emmanuelis 2102 (8. Jhdt.) und H Consensus codicum sylloges ab Hadriano papa ad Carolum magnum anno 774 missae (8./9. Jhdt.). 333 Siehe zur Beschreibung von C MAASSEN 1870, 556–575. 334 Nach MAASSEN sind die Codices K und C, d.h. die Versionen V und VII dem gallischen Raum zuzuordnen, wogegen die Versionen III, IV, VIII, IX und X wohl in Rom und dem italischen Bereich entstanden sind.

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Man kann nun nach diesem Befund annehmen, daß die metrische Vorrede erst im 7. Jahrhundert in die zu dieser Zeit entstehenden Abschriften aufgenommen wurde, da sie auch zu dieser Zeit an den Codex Corbeiensis angefügt wurde. Hier wurde sie aber nicht, wie man das bei einer gleichzeitigen Entstehungszeit vermuten könnte, in irgendeiner Weise zu dem schon im Codex stehenden nicaenischen Symbol hinzugeschrieben, sondern verbunden mit der sogenannten dionysischen Version der Canones und nochmals dem Symbolum selbst. Da für den gallischen Bereich nur der Codex K als Zeuge aufgeführt werden kann und er zur gleichen Zeit wie der Anhang an C entstanden ist, kann man vermuten, daß in diesem Bereich die metrische Vorrede erst zu diesem Zeitpunkt bekannt wurde und wahrscheinlich mit der dionysischen Version der Canones aus dem italischen Raum importiert wurde. Hier ist sie im 7. Jahrhundert breit bezeugt, da fast alle Handschriften, die aus dieser Zeit erhalten sind, auch die metrische Vorrede an irgendeiner Stelle ihrer Konzilienkataloge bezeugen. Ein Blick auf die Plazierung der praefatio in den jeweiligen Handschriften zeigt, daß sie immer im Zusammenhang mit dem nicaenischen Konzil vorkommt, aber sowohl vor dem Symbolum selbst als auch erst vor den Canones stehen kann. Vor dem Symbolum und den Canones findet sich die Vorrede in den Codices J 335 , v 336 , I 337 , p 338 , vor den Canones in den Codices C 339 , K (sowohl vor der gallischen Version als auch der rufinischen Abbreviation der Canones 340 ), A (vor den Canones der dionysischen Version 341 ), - 342 , s 343 und H 344 (von der dionysischen Version stellt nur der 335

MAASSEN 1870, 534. MAASSEN 1870, 514; auch der Tomus Damasi ohne vorhergehendes Symbolum und danach Dilectissimo fratri Paulino Damasus mit anschließender Bekenntnisformel findet sich in dieser Handschrift, MAASSEN 1870, 517f. 337 MAASSEN 1870, 526–533. 338 Siehe EOMIA I/1,2, 254. 339 MAASSEN 1870, 572: in der Reihenfolge Vorrede, Canones, Symbolum; auch das Schreiben des Damasus an Paulinus Per ipsum filium und die daran angehängten Anathematismen sind im ersten Teil aus dem 6.Jhdt. enthalten. MAASSEN 1870, 567. 340 MAASSEN 1870, 576: bei der gallischen Version in der Reihenfolge Vorrede, Canones, Symbolum, dann (MAASSEN 1870, 582) nach Rufin Vorrede und nur die Canones. Der Tomus Damasi: zunächst Per ipsum filium bis voluerint sociari, dilectissime frater, dann folgen die Anathematismen, MAASSEN 1870, 580. 341 MAASSEN 1870, 593: in der Reihenfolge Symbolum, Vorrede, Canones. Teile des Tomus Damasi in der Form: "mit der Inscription Dilectissimo fratri Paulino Damasus aus dem römischen Concil von 378 das Stück Eos quoque qui de ecclesiis – successor ejus quiescat in Domino" (MAASSEN 1870, 597), und an anderer Stelle das Schreiben des Damasus an Paulinus Per ipsum filium mit den Anathematismen ohne den schon vorher erwähnten Teil (MAASSEN 1870, 599). 342 EOMIA I/1,2, 249: mit Reihenfolge Symbolum, Vorrede, Canones. 343 EOMIA I/1,2, 249 u. 281: ebenfalls Symbolum, Vorrede, Canones und in dieser Handschrift findet sich auch der Tomus Damasi. 336

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Codex p aus dem 9. Jhdt., also später als die vorher angeführten, die metrische Vorrede dem Symbol voran), ebenso S 345 in der pseudo-isidorischen Version. Daraus ergibt sich, daß die Vorrede meist direkt mit den Canones verbunden ist und das Symbol dahinter oder davor angeführt wird. Oft ist in der gleichen Handschrift auch der sogenannte Tomus Damasi in irgendeiner Form überliefert. Auffallend ist, daß im Codex S das nicaenische Symbol zwar nicht bei den Canones und der metrischen Vorrede steht, aber dafür den Anathematismen des Damasus vorausgeht, wie außerdem in den Codices F 346 , f, R, Col, M 347 . Somit tritt auch der Tomus Damasi im Zusammenhang mit dem nicaenischen Symbolum und den Canones auf, wie auch die metrische Vorrede. Eine zusammenfassende Auswertung des handschriftlichen Befundes kann folgendermaßen formuliert werden: Im 7. Jahrhundert erscheint die metrische Vorrede in Handschriften aller wichtigen römisch-italischen Versionen der Konzilien und Canonessammlungen, im gallischen Bereich kommt sie in zwei Handschriften vor, wobei sie in der früheren von beiden aus Rom importiert scheint. Somit bietet sich eher ein römisch-italischer Ursprung an, der aber aufgrund des breitgestreuten Vorkommens einige Zeit früher anzusetzen ist. Da es nur noch eine Handschrift gibt, die nach Turner ins 6. Jahrhundert zurückreicht, in der die Vorrede aber nicht zu finden ist, kann jedoch über die vorhergehende Zeit nichts Definitives ausgesagt werden, aber natürlich auch nicht bewiesen werden, daß die metrische Vorrede zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte. 2.2.3. Der Codex Ingilrami Was das Alter und die Herkunft der einzelnen Überlieferungsstränge betrifft, spielt die sogenannte Interpretatio codicis Ingilrami (IV) eine Sonderrolle, denn von Turner 348 und Schwartz wurde auf die besondere Bedeutung dieser Version hingewiesen: „Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß die in der Handschrift von Teate vorliegende Übersetzung [der nizänischen Canones] von allen, die erhalten sind, die älteste ist, jedenfalls erheblich älter als die des Caecilianus“ 349 . Die betreffenden Teile der 344

MAASSEN 1870, 441–454: Symbolum, Vorrede, Canones. MAASSEN 1870, 505. Das nicaenische Symbol findet sich in dieser Handschrift vor dem Tomus Damasi, MAASSEN 1870, 507. 346 Hier in der Reihenfolge: Symbolum, Tomus Damasi, Canones (siehe EOMIA I/1,2, 152, Tafel auf der folgenden Seite). 347 Im Codex M folgende Reihenfolge: Symbolum, Tomus Damasi, nicaenische Canones, MAASSEN 1870, 616f. und EOMIA I/1,2, 152 (Tafel auf der folgenden Seite). 348 TURNER, JThS 31, 1930, 9ff. 349 SCHWARTZ 1936, 53f. 345

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Handschrift, die Bischof Ingilram von Teate in Auftrag gegeben hat, sind nach Schwartz: 1. Eine Liste der Überschriften der nicaenischen Canones, an die sich ohne Trennung die von Serdika anschließen. 2. Die metrische Vorrede 3. Incipit praecepta 4. Incipit fides Nicaeni concilii 5. Die sogenannte kleinere Vorrede 6. Das Symbol 7. Die Canones von Nicaea und Serdika Besonders bemerkenswert ist, daß hier die Canones von Serdika 350 dieser Version gewissermaßen als nicaenisch ausgegeben werden, da sie ohne eigene Überschrift an die nicaenischen Canones angehängt wurden 351 . Nach Turner und Schwartz handelt es sich bei den Canones von Serdika um „den ältesten und reinsten Text der Kanones von Serdika“, da „in ihr ... die Kanones über die Appellationen der Bischöfe und die der Presbyter genau denselben Wortlaut wie in dem Commonitorium, das Papst Zosimus 418 seinen Legaten nach Karthago mitgab und ...auf der Synode dort verlesen wurde“ 352 , haben. 350

In der Forschung geht man jetzt davon aus, daß das „Original“ der Synodaldokumente auf Griechisch verfaßt war, aber noch auf der Synode ins Lateinische übersetzt wurde, ULRICH 1994, 50.91–96. 351 Siehe dazu SCHWARTZ 1936, 51f.: Er versucht, diesen Vorgang so zu begründen, daß man die Canones von Serdika in Rom wegen ihrer Unterstützung des römischen Machtanspruches unbedingt geltend machen wollte: „In Rom jedoch sah man in der dem dortigen Bischof zugewiesenen Rolle einen nicht zu verachtenden Erfolg und empfand das Bedürfnis, ihn gewissermaßen zu monumentalisieren: es entstand die älteste Kanonessammlung der römischen Kirche. Die Form war primitiv: die originallateinischen Kanones von Serdika wurden mit einer erst damals angefertigten Übersetzung der nicaenischen zu einem ungetrennten Ganzen vereinigt. Es muß das noch unter Papst Julius geschehen sein, ehe das Regiment des Konstantius die römische Kirche desorganisierte; in den Zeiten des Liberius und Felix wurden keine Instrumente zur Erweiterung der päpstlichen Macht geschaffen. Ein solcher Zweck wurde aber verfolgt, wenn die Kanones von Serdika mit ihren Bestimmungen über die Appellation an den römischen Bischof nicänische Autorität erhielten. Den Beweis dafür liefert der Anfang des 6. Kanons, dessen erster Satz in dieser die Kanones von Nicaea und Serdika nicht trennenden Sammlung eine Form erhalten hat, die römische Machtansprüche mit ähnlicher Unbekümmertheit um die Überlieferung vertritt, wie die den Kanones von Serdika angeklebte nicaenische Etikette.“ Vgl. dazu auch BRENNECKE 1983, 43–45, der die Verbindung Liberius zuschreibt und jetzt OHME 1998, 447–449, der ebenfalls von einer bewußten Verschmelzung der nicaenischen und serdicensischen Canones ausgeht und gute Argumente gegen eine versehentliche Zusammenfügung anführt, wie sie z.B. HESS 1958, 54f. und MORDEK 1991, 528–530 vertreten. 352 SCHWARTZ 1936, 53.

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Ebenso spricht für das Alter dieser Version der Canones von Nicaea, „daß in der Teatiner Handschrift der Anfang des 6. Kanons dieselbe ... Fassung hat, die der römische, von Papst Leo instruierte Legat 451 auf dem Konzil von Chalkedon vortrug“ 353 . Und zwar handelt es sich dabei um eine außerordentlich freie Übersetzung des griechischen Textes: Ecclesia Romana semper habuit primatus, teneat autem et Aegyptus ut episcopus Alexandriae omnium habeat potestatem, quoniam et Romano episcopo haec est consuetudo. Similiter autem et qui in Anthiocia constitutus est: et in ceteris provinciis primatus habeant ecclesiae civitatum ampliorem 354 .

Als Übersetzung von: 5BBSDBJBFRILSBUFJUXUBFO"JHVQUXÝLBJ-JCVIÝLBJ1FOUBQPMFJ XTUFUPO "MFYBOESFJBKFQJTLPQPOQBOUXOUPVUXOFDFJOUIOFYPVTJBO FQFJEILBJUXÝ FOUIÝ3XNIÝFQJTLPQXÝUPVUPTVOIRFKFTUJOPNPJXKEFLBJLBUB"OUJPDFJBO LBJFOUBJKBMMBJKFQBSDJBJKUBQSFTCFJBTX[FTRBJUBJKFLLMITJBJK 355

Diese Sammlung hat also insgesamt einen sehr stark auf Roms Machtstellung konzentrierten Inhalt. Wenn man sich nun aber nochmals die einzelnen Teile ansieht, fällt auf, daß nach Teil 3 ein Bruch entsteht, da hier die Einleitung der Canones zu lesen ist: incipit praecepta, aber sodann noch einmal eine kleinere Vorrede und das Symbol folgen, während danach die Canones keine eigene Einleitung aufweisen. Schwartz geht nun davon aus, daß eben dieser Teil später hinzugekommen ist, da es nicht unbedingt nötig war, einer solchen Sammlung das Nicaenum beizugeben, da es als Einzelstück in großer Anzahl verbreitet war. Auch die kleine Vorrede sieht er eher im Zusammenhang mit anderen Sammlungen. An der metrischen Vorrede als Grundbestand dieser Version will Schwartz jedoch unbedingt festhalten, da gerade dieses Gedicht, das nur von einem concilium sacrum spricht, sehr dafür geeignet ist, die Canones von Nicaea mit anonymem serdikanischen Anhang publik zu machen und deren Inhalt zu sanktionieren“ 356 . In dieser Zusammenstellung scheint die betreffende Sammlung also mit einer bestimmten Absicht genau so verfaßt worden zu sein. Wichtig ist nun 353

SCHWARTZ 1936, 53. EOMIA I/1,2, 121. 355 C Nic. (325), can. 6 (28,15–29,3 JOANNOU; 38,28–33 LAUCHERT). 356 SCHWARTZ 1936, 55: „Es ist angemessen, daß eine Sammlung, die nur solche Kanones enthält, die entweder wirklich nicaenische sind oder für solche ausgegeben werden, durch Verse eingeleitet wird, die das ‘heilige Konzil’ so ausschließlich feiern, daß sie es nicht für nötig halten, ihm einen Namen zu geben. Die metrische und sprachliche Form ist nicht schlecht; für das was in der Mitte des 4.Jahrhunderts in Rom für Bildung galt, ist es bezeichnend, daß einem dortigen Kleriker es leichter wurde, fünf leidliche Distichen zu schmieden als einen griechischen Text korrekt zu übersetzen“. 354

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die Frage, wann dies geschehen sein könnte. Schwartz ist der Auffassung, daß die Version noch unter Julius I. entstanden ist, in dessen Amtszeit die Synode von Serdika abgehalten wurde. Das erscheint aber relativ unwahrscheinlich, da die unauffällige Verbindung der Canones von Nicaea mit denen der Synode von Serdika wohl so kurze Zeit nach diesem Ereignis nicht möglich war. Auch eine Lokalisierung in die Zeit des Liberius und Felix scheidet, wie Schwartz ebenfalls vermutet, aus, da eine Erweiterung der römischen Machtansprüche aus ihrer Amtszeit nicht bekannt ist. Dies führt, wenn man einen terminus ante quem von 418 357 annimmt, geradewegs auf Damasus, Siricius oder Innozenz als Initiatoren. Hierbei gibt es gewichtige Gründe, die für Damasus als Autor sprechen: erstens scheint Damasus mit dem sehr wahrscheinlich auf ihn zurückgehenden dritten Teil des sogenannten Decretum Damasi diese Version des sechsten Kanons von Nicaea bereits vorgelegen zu haben bzw. er selbst auch deren Initiator gewesen zu sein; zweitens kann das einleitende Gedicht durchaus von Damasus stammen, wie die folgende sprachliche Analyse ergeben wird; drittens liegt, wenn in dieser Zeit und in diesem Zusammenhang Verse auftreten, kein anderer Autor näher als Damasus 358 . 2.2.4. Sprachliche Analyse Versucht man nun eine sprachliche Analyse der metrischen praefatio vorzunehmen, fallen zunächst die Begriffe pontifices summi und clericus ordo auf. Jedoch wird bereits im Jahr 380 Damasus von Theodosius im Edikt Cunctos populos mit pontifex betitelt und auch Hieronymus nennt Bischöfe pontifices. Da aber erst in dieser Zeit, nämlich Ende des vierten Jahrhunderts, Bischöfe als pontifices bezeichnet werden, scheidet wohl die Zuweisung bereits an Julius I. sprachlich aus; clericus als Adjektiv ist zwar sehr selten, erscheint aber schon in den Briefen Cyprians und ordo ist ein gängiger Begriff für den Klerikerstand. Somit kann die Vorrede sprachlich durchaus schon an das Ende des vierten Jahrhunderts datiert werden. Weyman hat in der Diskussion um die Zuweisung des Gedichtes an Damasus eine auffallende sprachliche Nähe zu Venantius Fortunatus in einigen Formulierungen festgestellt: Gleich im ersten Vers taucht eines seiner Lieblingswörter auf. Mit culmen/culmina pflegt er alles zu beschreiben, was für ihn besonders hohe Würde ausstrahlt 359 . Auch die Begriffe pontifices summi, iusto moderamine sowie dogmata finden sich in seinem Wortschatz genauso wie das Bild des letzten Verses dulcia mella für fromme 357

Siehe EOMIA I/1,2, 103. Vgl. dazu BRENNECKE 1983, 43–45 und OHME, 1998, 448f., die jedoch jeweils zu einer anderen Zuweisung kommen. 359 Vgl. KURT STEINMANN, Die Gelesuintha-Elegie des Venantius Fortunatus (Carm. VI 5): Text, Übersetzung, Interpretationen, Diss. Zürich 1975, 161. 358

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

und orthodoxe Rede, das wohl gängige Redeweise darstellt 360 . Damit ergeben sich auffallende Übereinstimmungen, zumal im Werk des Venantius Fortunatus diese Thematik insgesamt nicht selten ist 361 . Aber auch auf diesen Autor trifft zu, daß er aus seinen Vorgängern schöpft und sie zitiert 362 , bzw. weitverbreitete Redeweisen verwendet – wie z.B. bei der Formulierung dulcia mella. Da keine einzige Formulierung für das Ende des vierten Jahrhunderts unmöglich erscheint, kann aus dem sprachlichen Befund kein schlagendes Argument gegen die Zugehörigkeit zu einer alten Sammlung konstruiert werden. 2.2.5. Inhaltliche Einordnung In dem von Ihm entdeckten Glossar wird Damasus als Autor genannt. Sicherlich kann man nur aufgrund dieser recht späten Zuschreibung des Gedichtes an Damasus, die praefatio in prophetatio verliest, was im Hinblick auf Damasus wenig Sinn ergibt, keinesfalls eine Autorschaft des genannten Bischofs von Rom beweisen. Jedoch läßt die metrische Form der Praefatio im Zusammenhang mit gerade diesen Konzilstexten doch zunächst an Damasus als Urheber denken, was durch die Einordnung der Sammlung des Codex Ingilrami bestätigt wird. Auch der Tomus Damasi wird im Zusammenhang mit dem nicaenischen Symbolum und den Canones überliefert. Im Einleitungssatz der Anathematismen wird eben auf das nicaenische Konzil Bezug genommen und inhaltlich übereinstimmend von errores gesprochen, die nach diesem Konzil eingedrungen sind und die jetzt verurteilt werden müssen: Post hoc 363 concilium quod in urbe Roma congregatum est a catholicis episcopis addiderunt de spiritu sancto, et quia postea hic error inolevit, ut quidam ore sacrilego auderent dicere Spiritum sanctum factum esse per Filium 364 .

Inhaltlich interessant ist die Perspektive, aus der das Gedicht geschrieben zu sein scheint. In Vers 2 spricht der Autor davon, daß nobis, uns, das Konzil Zügel gegeben hat, damit der ordo clericus geleitet werden kann, d.h. der Autor stellt sich mit anderen zusammen über den normalen Klerikerstand und rechnet sich zu den pontifices summi, die im folgenden Vers 360

Siehe die Belege im Kommentar zur Stelle oben Kap. 3.2.2.1. Siehe z.B. VENANTIUS FORTUNATUS, carm., V 4,3 (107,3 LEO): conciliis sacris sis norma et vita piorum (über Gregor); IX 1, 1–4 (201 LEO): aus Anlaß einer Synode: Ad Chilpericum regem quando synodus Britannaco habita est: Ordo sacerdotum venerandaque culmina Christi/ quos dedit alma fides religione patres/ parvolus opto loqui regis praeconia celsi/ sublevat exigui carmina vester amor. 362 Siehe das Register der Ausgabe des Venantius Fortunatus von F. LEO 1881, II 132–137. 363 Dies fügt sich in der Ausgabe Turners an das nicaenische Symbol an: EOMIA I/1,2, 283f. 364 EOMIA I/1,2, 284f. 361

2. Damasus und die kirchlichen Canones

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genannt werden. Wenn man den Zusammenhang so sieht, wird mit den Konzilsbeschlüssen die Möglichkeit zur Leitung des ordo clericus gegeben; und diese Aufgabe übernehmen dann die pontifices summi, die die Vorschriften der Alten mit eigenen Ermahnungen auslegen, um so alle Arten von Irrtümern zu verurteilen, so wie es z.B. im Tomus Damasi geschieht und ebenso in dem Dekretale Ad Gallos. Dort erklärt der Verfasser, daß er die Fragen einzeln auf die Tradition bezieht und daraus Bestimmungen ableitet 365 , und so den rechten Glauben der Adressaten festigen und bewahren will 366 , da der apostolische Stuhl besondere Kenntnis des Gesetzes und der Traditionen besitzt 367 . Dies paßt zu den Zusammenhängen, in denen die Begriffe clericus bzw. ordo in einem kirchlichen Sinn und pontifices sonst vorkommen: Clericus ordo findet sich so nirgends in der antiken christlichen Literatur; auch clericus in der Funktion als Adjektivattribut taucht höchst selten auf. Bei Cyprian findet sich aber z.B. clericum ministerium und clerica ordinatio 368 . Ansonsten wird der Begriff als Substantiv verwendet, für eine Person, qui cultui divino in ecclesia catholica addictus est (opp. laicus) 369 , wobei damit aber eher die Kleriker eines niedrigeren Ranges gemeint sind, was bei Formulierungen wie: sacerdotes et clericos 370 deutlich wird. Ordo ist ebensfalls eine Bezeichnung für den speziellen kirchlichen Stand. Somit scheinen sich pontifices summi und ordo clericus gegenüberzustehen und erstere leiten letztere mit ihren Beschlüssen und Auslegungen, indem sie den Traditionen folgen. Dies paßt zum Stil der Kirchenpolitik des Damasus, aber natürlich auch zu allen seinen Nachfolgern, denn mit dieser Vorrede wird die Praxis erläutert, daß mit Erklärungen der pontifices summi (d.h. den jeweiligen Bischöfen der Metropolen) zum Nicaenum und den dazugehörigen Canones der kirchliche Glaube und die kirchliche Disziplin weiter definiert werden und somit Abweichungen (errores) verurteilt werden können. Und Damasus tat sich gerade mit seiner Orientierung an diesen statuta maiorum in

365

DAM., decr. ad Gallos episc. 2: Singulis itaque propositionibus suo ordine reddendae sunt traditiones. 366 Ebd.: Si ergo integram cupitis fidem verae observationis agnoscere, dignamini quae dico libenter advertere. 367 Ebd.: ...sanctitudo vestra ex sedis apostolicae auctoritate sciscitare dignata est seu legis scientiam seu traditiones, seu volens a nobis manifestari liberius quaestionum propositarum expositionem. Vgl. dazu auch DAM., epist. 7. 368 CYPR., ep. 1,1:...in clerico ministerio constituti..., qui in ecclesia domini ordinatione clerica promoventur. 369 TLL 3, 1339f.: s.v. clericus, i. 370 OROS., hist. 7,19,2; vgl. auch andere Stellen: TLL 3, 1339f.

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Kapitel 3: Damasus, die Kaiser und die westliche Kirche

seiner kirchenpolitischen Tätigkeit sowohl im Westen als auch im Osten hervor 371 und verkündete darauf gestützt seine iudicia 372 . Legt man die Echtheitskriterien, die Ferrua für seine Edition herangezogen hat 373 , an, um eine Zuordnung der Verse vorzunehmen, gelingt es wohl nicht, sicheren Boden unter den Füßen zu erlangen. Der Name des Damasus taucht nicht auf. Eine sprachliche Analyse des Textes zeigt, daß das Vokabular und die Ausdrucksweise einerseits durchaus schon Ende des vierten Jahrhunderts gebräuchlich war, sich zudem auch „spezielle Ausdrucksweise des Damasus“ 374 findet, aber andererseits Übereinstimmungen mit Venantius Fortunatus, die sich jedoch auch aus seiner Gewohnheit erklären lassen, aus dem Werk seiner Vorgänger zu zitieren 375 . Insgesamt freilich deuten alle oben genannten Argumente in Bezug auf Handschriften und Sammlungen, ebenso wie die inhaltliche Interpretation und die Verbindung mit anderen Damasus zugeschriebenen Werken auf diesen als wahrscheinlichsten Urheber. Dabei ist natürlich auch diese metrische Vorrede Teil eines Puzzles, das wohl nicht mehr mit eindeutiger Sicherheit zusammengefügt werden kann, da zu viele Einzelteile fehlen. Um diese Vorrede herum könnten immerhin weitere Teile gruppiert werden. Sie fügt sich zusammen mit den Intentionen des Dekretale Ad Gallos und des Tomus Damasi. Außerdem zeigen die Aktivitäten des Damasus ab 378 bezüglich kirchendisziplinarischer Maßnahmen bzw. Absetzungen 371

Siehe dazu die Ausführungen Kap. 3.2.1., 4 und 5.2. Siehe dazu DAM., ep. 2/1: Haec igitur de nostro fuerant intimanda iudicio ... 373 Siehe Ferrua 1942, 50–53; vgl. auch Kap. 2.1.2. 374 Wobei aber eben mit einer sprachlichen Analyse nicht sehr viel gewonnen ist, da wir vom Werk des Damasus viel zu wenig kennen, um wirklich seinen Stil bzw. seinen Wortschatz genau festlegen zu können. Betrachtet man den Index nominum et verborum der Ausgabe Ferruas, so fällt auf, daß sehr viele Wörter und Formulierungen nur einmal im Werk des Damasus auftauchen, was bei einer Anzahl von nur circa 60 recht kurzen Gedichten nicht sehr verwunderlich ist. 375 In der Ausgabe von F. LEO 1881 wird im Anhang eine Zusammenstellung von Zitaten gegeben: Poetarum priorum loci expressi a Fortunato, 132–144; hier werden zwar keine Zitate aus den Epigrammen des Damasus aufgeführt, aber beim aufmerksamen Lesen kann man durchaus solche finden, z.B setzt VEN. FORT. in carm. II 15,15f. (43 LEO) zwei Verse ganz aus Damasuszitaten zusammen: victus amore dei [DAM., epigr. 50,2] contempto principe mundi [DAM., epigr. 7,2; 31,2; 39,7] / intemerata fides [DAM., epigr. 34,2; 7,2] pertulit exilium [DAM., epigr. 18,8]. Zu VEN. FORT., carm. II, 12,3f. (41 LEO): carcere caede fami vinclis site frigore flammis/confessus Christum duxit ad astra caput, vgl. DAM., epigr. 33,1; 43,4 u.a.; zu VEN. FORT., carm. IV 7,9 (84 LEO): ecce sub hoc tumulo pietatis membra quiescunt, DAM., epigr. 11,1, zu VEN. FORT., carm. VIII 8,5 (194 LEO): dives amore dei vitasti praemia mundi. I 8,7f. (12 LEO): vertice succiso rapuit qui ex morte triumphum/ et nova de terris proles ad astra volat. I 15,77 (18 LEO): muneribusque piis dotasti altaria Christi. II 11,17 (41 LEO): et comitante fide revocasti ex hoste triumphos. 372

2. Damasus und die kirchlichen Canones

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von Bischöfen und die ständige Betonung kirchlicher Regeln und Disziplin 376 , daß es nicht unwahrscheinlich ist, daß dieser Bischof eine Sammlung kirchlicher Canones, wobei nicaenische und serdicensische Canones miteinander verbunden wurden, zusammenstellte und dabei diese metrische Vorrede verfaßt haben könnte 377 . 2.3. Zusammenfassung: Damasus und die kirchlichen Canones Damasus läßt sich von den Kaisern als oberster Richter in kirchendisziplinarischen Fragen im Westen einsetzen, bestätigen und unterstützen (Kap. 3.1.). Dies setzt voraus, daß er sich dazu auch ein Instrumentarium zurechtlegt, mit dem er eine solche Gerichtsbarkeit durchführen kann. Canonessammlungen und Dekretalien scheinen für diese Tätigkeit, die er auch, wie man an einigen Zeugnissen sieht, nach dem Jahr 378 in Angriff genommen hat (Kap. 3.1.4.), unerläßlich zu sein. Eines dieser Dokumente liegt uns sehr wahrscheinlich in dem Dekretale Ad Gallos vor, dessen Verbindungen zu Damasus und seinem Umfeld dargelegt wurden. Einer von Damasus veranlaßten Canonessammlung kommt man vielleicht mit dem Gedicht Concilium sacrum ... (Kap. 3.2.2.) ein wenig auf die Spur, das eine solche damasianische Sammlung eingeleitet haben könnte.

376

Siehe dazu die Ausführungen Kap. 3.1.4., 2.1., 4 und 5. Vgl. dazu auch MORDEK 1991, 523–566, der gezeigt hat, daß gerade Rom sich früh um Canonessammlungen bemüht hat und darin seinen Primatsanspruch deutlich machte (ebd., 542): „Für die Geschichte des römischen Primats in Kanonessammlungen bedeutet unsere These von der Ur-Tradition des alten westlichen Kirchenrechts: Die Idee des Primats wurde weniger von außen genährt, von Petrus-begeisterten Kanonisten etwa anderer Kirchen ... , sondern Rom selbst machte sich gezielt ans Werk, auch und gerade mittels Kanonessammlungen.“ 377

Kapitel 4

Theologische Profilierung in Auseinandersetzung mit dem Osten Einleitung Quellen für die theologische Position des Damasus sind vor allem Synodalbriefe dieser Zeit. Dabei handelt es sich einerseits um ein Schreiben, das sich mit der Absetzung und Verurteilung von „Arianern“ beschäftigt (Confidimus quidem), und andererseits um Dokumente, die im antiochenischen Schisma Partei ergreifen oder sich gegen die Lehre des Apolinarius richten (Ea gratia, Illud sane miramur, Non nobis quidquam, Per filium meum, Tomus Damasi). Eine Auswertung dieser Texte ist vor allem dadurch erschwert, daß es sich größtenteils um Äußerungen von Synoden handelt und somit der Anteil, den Damasus daran hatte, nicht offensichtlich ist. Außerdem muß bei den meisten Dokumenten zunächst der Versuch unternommen werden, den historischen Kontext zu erschließen sowie die Überlieferungsgeschichte zu ergründen, was sich bereits als sehr schwierig erweist.

1. Confidimus quidem 1.0. Einleitung: Ein Dokument aus dem Codex Veronensis LX: der angebliche Synodalbrief einer römischen Synode unter Damasus an die orientalischen Bischöfe Der uns vorliegende Textkomplex wurde überliefert als Textstück Nr. 3 des zweiten Teils des Codex Veronensis LX, den Eduard Schwartz als „das unordentliche und auf den ersten Blick verwirrende Durcheinander von Kanones, Aktenstücken und historischen Berichten“ 1 charakterisiert. Schwartz geht davon aus, daß die Sammlung alexandrinischer Herkunft ist und durch Kontakte mit Antiochien im Rahmen des Konzils von Karthago 419 n.Chr. auch antiochenische Aktenkomplexe darin aufgenommen wurden. Dazu rechnet er das uns vorliegende Dokument, das seiner Ansicht 1

SCHWARTZ 1936, 1, siehe auch die weiteren Ausführungen 1–17.

1. Confidimus quidem

249

nach als Dekret einer antiochenischen Synode des Jahres 379 zu betrachten ist 2 . Der Text der von Eduard Schwartz vorgenommenen kritischen Edition lautet 3 : EXEMPLVM SYNODI HABITAE ROMAE EPOR XCIII EX RESCRIPTO IMPERIALI 1 Damasus Valerianus Vitalianus Aufidius Paenius Victor Priscus Innocentius Abundantius Theudulus et ceteri qui audiendam causam Auxentii exponendamque fidem in urbe Roma convenerunt, episcopis catholicis per Orientem constitutis in domino salutem. Confidimus quidem sanctitatem vestram apostolorum instructione fundatam eam tenere fidem eamque plebibus intimare, quae a maiorum institutis nulla ratione dissentiat. Neque enim aliter dei sentire convenit sacerdotes, quos par est ceteros erudire. Ex Gallorum atque Venetensium fratrum relatione conperimus nonnullos non eresis studio (neque enim tantum hoc mali cadere in dei antistites potest), sed inscientia vel ex simplicitate quorundam scaevis interpretationibus aestuantes non satis dispicere, quae magis patrum nostrorum sit tenenda sententia, cum diversa concilia eorum auribus ingeruntur. Denique Auxentium Mediolanensem hac praecipue causa damnatum esse perscribunt. Par est igitur universos magistros legis per orbem Romanum paria de lege sentire nec diversis magisteriis fidem dominicam violare. Nam cum dudum ereticorum virus, ut nunc iterum coepit obrepere, ac praecipue Arrianorum blasphemia pullulare coepisset, maiores nostri CCCXVIII episcopi atque ex vice sanctissimi episcopi urbis Romae directi apud Nicaeam confecto concilio hunc murum adversus arma diabolica statuerunt atque hoc antidoto mortalia pocula propulsarunt, ut patrem filium spiritumque sanctum unius deitatis, unius virtutis, unius figurae, unius credere oporteret substantiae, contra sentientem alienum a nostro consortio iudicantes. Quam definitionem salutarem postea aliis tractatibus quidam et violare temptaverunt. Sed et in ipso exordio ab isdem ipsis qui hoc apud Ariminum innovare vel tractare cogebantur, emendatum hactenus est, ut subreptum sibi alia disputatione faterentur idcirco quod non intellexissent patrum sententiae apud Nicaeam firmatae esse contrarium. Neque enim praeiudicium aliquod nasci potuit ex numero eorum qui apud Ariminum convenerunt, cum constet neque Romanum episcopum, cuius ante omnes fuit expectanda sententia, neque Vincentii, qui tot annos sacerdotium inlibate servavit, neque aliorum huiusmodi statutis consensum aliquem commodasse, cum praesertim, ut diximus, idem ipsi qui per inpositionem succubuisse videbantur, idem consilio meliore displicere sibi fuerint protestati. Unde advertit sinceritas vestra hanc solam fidem quae apud Nicaeam apostolorum auctoritate fundata est, perpetua firmitate esse retinendam ac nobiscum Orientales qui se catholicos recognoscunt, Occidentalesque gloriari. Non longe autem fieri posse credimus ut qui secus sentiunt, ilicet hoc ipso conatu a nostra communione ** exui possint plebesque eorum erroribus liberatae respirent. Quemadmodum enim poterunt corrigere errata populorum, si ipsos error obsederit? Concinat ergo cum omnibus dei sacerdotibus etiam vestrae sententia caritatis, in qua vos fixos atque firmatos ut bene credimus, ita etiam nos vobiscum recte sentire debemus. Reciprocis sanctitatis vestrae litteris adprobate. Ego Sabinus diaconus Mediolanensis legatus de authentico dedi. 2 SCHWARTZ 1936, 14–16.14: „Das Stück enthält das Dekret einer von Meletius 379 nach Antiochien berufenen Synode, das einen in Rom 372 von Damasus aufgestellten Tomus feierlich anerkannte und, von den Teilnehmern der Synode unterzeichnet, nach Rom geschickt wurde“. 3 SCHWARTZ 1936, 19,1–23,21.

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

2 ITEM EX PARTE DECRETI: Ea gratia, fratres, Hiericho illa quae furata est saecularium voluntatum scita venalia, concidit nec resurgit, quia omnes uno ore unius virtutis, unius maiestatis, unius divinitatis, unius usiae dicimus trinitatem ita ut inseparabilem potestatem, tres tamen adseramus esse personas, nec redire in se aut minui, ut plerique blasphemant, sed semper manere nec potentiae gradus quosdam ortusque tempora disparata nec prolativum verbum, ut generationem ei demamus, nec inperfectum, ut aut persona aut patris natura aut divinitatis ei plenitudo defuerit, nec dissimilem opere filium nec dissimilem potestate aut per universa dissimilem nec subsistere aliunde, sed de deo natum nec falsum, sed deum verum de deo vero esse generatum, lumen verum de vero lumine, ne minutum aut diversum putetur, quod unigenitus habet ** splendoremque lucis aeternae, quia naturae more divinae neque sine splendore lumen neque splendor potest esse sine lumine, imaginem quoque patris, ut qui viderit et patrem (Joh 14,9; 1,45); eundem redemptionis nostrae gratia processisse de virgine, ut perfectus homo pro perfecto qui peccaverat homine nasceretur. Ergo fratres, adseramus dei filium et perfectum hominem suscepisse perfectum. Spiritum quoque sanctum increatum atque unius maiestatis, unius usiae, unius virtutis cum deo patre et domino nostro Iesu Christo fateamur. Neque enim creaturae dignus iniuriae est, qui emissus est ut crearet, sicut propheta sanctus adstruxit dicens: „emitte spiritum tuum et creabuntur“ (Ps 103,30). Deinde alius item posuit: „spiritus divinus qui fecit me“ (Joh 33,4). Non enim separandus est divinitate qui in operatione ac peccatorum remissione conectitur. Haec est, fratres dilectissimi, fides nostra, quam quisque sequitur, noster est particeps; discolor corpus membrum deformat. His nos communionem damus, quoniam in omnibus sententiam probant; absit ut fides pura variis coloribus adsuatur. Illud praeterea cavendum monemus ne canonicus ordo in sacerdotum vel clericorum ordinationibus neglegatur aut praevaricatoribus ea inpertiatur facile communio, ut reliquis peccandi incentiva tribuantur. Haec igitur de nostro fuerant intimanda iudicio, ceterum quod ad removendas vestrae dilectionis spectat iniurias, nec frater noster Dorotheus presbyter explicare omnia vivaciter praetermisit nec nisus nostri, ut ipse testis est, defuerunt. 3 ITEM EX PARTE DECRETI: Illud sane miramur quod quidam inter nostros dicantur quia licet de trinitate piam intellegentiam habere videantur, de sacramento tamen salutis nostrae ignorantes virtutes scripturarum et ** recta non sentiant. Adseruntur enim dicere dominum ac salvatorem nostrum ex Maria virgine inperfectum, id est sine sensu hominem suscepisse. Heu quanta erit Arrianorum in tali sensu vicinitas. Illi inperfectam divinitatem in dei filio dicunt, isti inperfectam humanitatem in hominis filio mentiuntur. Quod si utique inperfectus homo susceptus est, inperfectum dei munus est, inperfecta nostra salus, quia non est totus homo salvatus. Et ubi erit illud dictum domini: „venit filius hominis salvare quod perierat“ (Mt 18,11)? Totus, id est in anima et corpore, in sensu atque in tota substantiae suae natura. Si ergo totus in homo perierat, necesse fuit ut id quod perierat, salvaretur; si autem sine sensu salvatus est, iam contra evangelii fidem invenietur non totum quod perierat, esse salvatum, cum alio loco ipse salvator dicat: „irascimini mihi, quia totum hominem salvum feci“ (Joh 7,23). Quid quod ipsius principalis delicti et totius perditionis summa in hominis sensu consistit. Primum enim hominis sensus eligendi boni malique non perisset, non moreretur: quomodo ergo praesumeretur in finem salvari minime debuisse quod ante omnes peccasse cognoscitur? Nos autem qui integros et perfectos salvatos nos scimus, secundum catholicae ecclesiae professionem perfectum deum perfectum suscepisse hominem profitemur. Quapropter date operam ut intellegentia sanae doctrinae etiam eorum sensus salventur, qui adhuc sensum salvatum esse non credunt.

1. Confidimus quidem

251

4 ITEM EX PARTE DECRETI: Non nobis quidquam suppetere facultatis, quatenus vobis nostra opera vel parvum refrigerium possit adferre, licet magnum ex hoc, beatissimi, solacium capiatis, si integritatem fidei nostrae noscentes in unum sensum nos congruere gloriemini et satis atque abunde, ut convenit, praesumatis pro membris non esse sollicitos. Ut enim Nicaeni concilii fidem inviolabilem per omnia retinentes sine simulatione verborum aut sensu corrupto cohaeternae et unius essentiae trinitatem credentes in nullo spiritum sanctum separamus, sed perfectum in omnibus, virtute honore maiestate deitate cum patre conveneramur et filio, ita etiam plenitudinem dei verbi non prolativi sed nati neque in patre remanentis, ut non sit , sed ex aeterno in aeternum subsistentis perfectum, id est integrum transgressorem adsumpsisse et salvasse confidimus. EXPL 5 Haec epistola vel expositio synodi Romanae habitae sub Damaso papa est transmissa ad Orientem, in qua omnis Orientalis ecclesia facta synodo apud Antiochiam consona fide credentes et omnes ita consentientes eidem super expositae fidei singuli sua subscriptione confirmant. Meletius episcopus Antiochenus consentio omnibus supra scriptis ita sentiens et credens, et si quis praeter haec sentit, anathema sit Eusebius episcopus Samosatenus consentio omnibus supra scriptis ita credens et sentiens, et si quis praeter haec sentit, anathema sit Pelagius episcopus Laodicenus consentio omnibus supra scriptis ita sentiens et credens, et si quis praeter haec sentit, anathema sit Zeno episcopus Tyri, ut supra, credo et subscripsi Eulogius episcopus de Mallu civitate similiter credo et subscripsi Diodorus episcopus de Tarso ut supra, et subscripsi Similiter et alii CXLVI Orientales episcopi subscripserunt, quorum subscriptiones in authenticum hodie in archivis Romanae ecclesiae tenentur. EXPL SYNODVS ROMANA ET ANTIOCHENSIS

Eduard Schwartz hat bei seiner Edition fünf Teile voneinander unterschieden. Als Synodaldokument ist der Text erkennbar dadurch, daß er überschrieben ist mit dem Lemma: EXEMPLVM SYNODI HABITAE ROMAE EPISCOPORUM XCIII EX RESCRIPTO IMPERIALI. Darauf folgt eine vollständige Angabe von Absendern und Empfängern: eine römische Synode schreibt an die Bischöfe per Orientem constitutis. Die Subscriptio einer antiochenischen Synode (Nr.5 nach Schwartz) schließt das Schreiben ab. Das Synodalschreiben selbst ist in vier Abschnitte geteilt. Der erste fügt sich an die Angabe von Absender und Empfänger an, so daß Schwartz diesen ganzen Komplex als ersten Teil ansah. Die weiteren drei Abschnitte werden dann jeweils mit der Formulierung ITEM EX PARTE DECRETI angefügt. Daß diese Teile nicht ursprünglich zusammengehören können, ist offensichtlich, und zwar schon dadurch, daß mit dem ersten Teil Confidimus quidem bereits ein abgeschlossenes Synodaldokument vorliegt, das zudem als Einzeldokument auch noch in anderer Form überliefert ist 4 und auf des4 THDT., h.e. II 22,1–12 (GCS 147,1–150,8); SOZ., h.e. VI 23,7–15 (GCS 266,3– 268,12); CASSIODOR/EPIPHANIUS, Historia tripartita V 29 (CSEL 71, 257,1–258,54); Florilegium des Eutyches (ACO II/2,1, 40,38–41,28).

252

Kapitel 4: Theologische Profilierung

sen Kolophon Ego Sabinus diaconus Mediolanensis legatus de authentico dedi und der Schlußaufforderung reciprocis sanctitatis vestrae litteris adprobate nur noch Teil 5 als Zustimmung der östlichen Bischöfe folgen kann. Dies führte Eduard Schwartz zu der Schlußfolgerung, daß die Exzerpte 2–4 aus verschiedenen Briefen des Westens erst später in das Dokument eingefügt worden sind und nur Teil 1 und 5 als antiochenisches Synodaldokument ursprünglich zusammengehören 5 . Dagegen spricht aber, daß das Synodalschreiben Confidimus quidem wohl gar nicht an die Bischöfe des Ostens adressiert war, sondern erst durch Vermittlung des Athanasius dorthin gelangte 6 , und es als unwahrscheinlich zu erachten ist, daß sie ihre Zustimmung zu einem Schreiben gaben, das gar nicht an sie adressiert war 7 . Demgegenüber ist aber deutlich erkennbar, daß es einen Redaktor gab, der die einzelnen Teile wohl zu einem Ganzen gemacht hat. Spuren dieses Redaktors lassen sich in den die Teile verbindenden Formulierungen ITEM EX PARTE DECRETI erkennen und in der Einleitung des Teiles Nr.5. Diese Passage läßt sich wohl am besten als redaktionelle Erklärung charakterisieren, die deutlich machen will, wie die nachfolgende Unterschriftenliste zum übrigen Textkomplex hinzugehört 8 . Würde uns hier die originale Einleitung der Zustimmungsunterschriften vorliegen, wäre sie bestimmt als persönliche Anrede formuliert; der uns vorliegende Text jedoch erweckt deutlich den Eindruck eines redaktionellen Kommentars bzw. einer Überschrift. Ebenso ist wohl auch der Abschluß der Unterschriftenliste ein er5

SCHWARTZ 1936, 16. Vgl. dazu die Ausführungen Kap. 4.1.3.1.; RICHARD 1949, 178–202, hat deutlich gemacht, daß das Schreiben Confidimus quidem und die Unterschriftenliste des antiochenischen Konzils von 379 nicht den von Schwartz behaupteten Zusammenhang haben können, indem er die Rolle des Diakons Sabinus herausgearbeitet hat. 7 Siehe dazu auch ABRAMOWSKI 1992, 491–493; sie trennt die Unterschriftenliste Nr.5 von den anderen Teilen ab und verbindet sie mit einem von ihr postulierten Romano-Nicaenum: 497–503. 8 Siehe dazu auch RICHARD 1949, 201 Anm.1: „... Le compilateur nous indique donc qu’il a trouvé ces documents dans la lettre synodale d’un concile d’Antioche, qui ne peut être que celui de 379. En bon Latin, il ne s’est intéressé qu’aux pièces d’origine romaine citée par ce document et à leur souscription par les évêques orientaux. La façon dont il présente ses extraits est assez malheureuse ...“ RICHARD geht davon aus, daß alle Teile des Dokumentes mit der antiochenischen Synode von 379 in Verbindung stehen, d.h. auch Confidimus quidem in irgendeiner Weise eingefügt war: „Ils ont donc inséré dans leur ‘tome’ synodal la lettre Confidimus quidem, peut-être en souvenir des recommandations d’Évagrius, et au moins des extraits de la lettre du pape Damase rapportée par Dorothée et Sanctissimus de leur premier voyage.“ Die Form aber, in der uns heute das Dokument vorliegt, sei von einem „compilateur“ erstellt worden, so daß er zu dem Ergebnis kommt, daß das Schreiben Confidimus quidem keineswegs in der Beziehung zum antiochenischen Konzil von 379 steht, die von E.SCHWARTZ behauptet wird. 6

1. Confidimus quidem

253

klärender und zusammenfassender Zusatz 9 : Similiter et alii CXLVI Orientales episcopi subscripserunt, quorum subscriptiones in authenticum hodie in archivis Romanae ecclesiae tenentur. EXPL SYNODVS ROMANA ET ANTIOCHENSIS.

10

Diese redaktionellen Passagen lassen Rückschlüsse darauf zu, daß auch Lemma, Absender und Adresse, um den Anschein eines einheitlichen westlichen Synodaldokuments zu erzeugen, wahrscheinlich vom Redaktor bearbeitet worden sind. Weitere Aufschlüsse über Hintergründe und Zusammenhänge dieses Dokumentes und seiner Bestandteile können nur durch eine genaue Analyse und geschichtliche Einordnung der einzelnen Teile gewonnen werden, wozu in den folgenden Kapiteln ein Versuch unternommen wird. 1.1. Confidimus quidem: Text und Übersetzung Edition: E.Schwartz, Über die Sammlung des Cod. Veronensis LX., ZNW 35, 1936, 19,1–20,22. M.Richard, La lettre „Confidimus quidem“ du Pape Damase, AIPh 11, 1951, 326,1–327,57. 11 EXEMPLVM 12 SYNODI HABITAE ROMAE EPOR XCIII 13 [EX RESCRIPTO IMPERIALI] 14

Vorbild/Muster/Beispiel einer Synode von 93 Bischöfen, die in Rom [infolge/gemäß eines kaiserlichen Reskripts] abgehalten worden ist

9 Ebenso ABRAMOWSKI 1992, 493; siehe auch DE HALLEUX 1984, 365 Anm. 3 und 636 mit Anm.1–4. 10 SCHWARTZ 1936, 23,18–21. 11 = Ders., Opera Minora II, Turnhout, Louvain 1977, Nr.35. 12 Handschriftlich ist EXEMPLI überliefert, was von Schwartz und Richard in EXEMPLUM korrigiert worden ist. Diese Vokabel ist wohl nicht nur im Sinne von Abschrift/Kopie zu verstehen, sondern vor allem als vorbildhaftes Beispiel römischen Vorgehens gegen Häresien und das Eintreten für den rechten Glauben, siehe dazu Kap. 4.2.1. 13 Dies entspricht ungefähr der auch bei Theodoret genannten Zahl von neunzig Bischöfen: THDT. h.e. II 22 (GCS 146,18–24): FYISDFEFUXOHFHSBGPUXO%BNBTPK UIK NFO3XNBJXOFLLMITJBKNFUB-JCFSJPOUIOQSPFESJBOMBDXO QBNQPMMPJKEF BSFUIKLPTNPVNFOPKFJEFTJOFOFOILPOUBEFLPJOXOPVKFTDFUXOHSBNNBUXO FY *UBMJBKLBJ(BMBUJBK UIKOVO(BMMJBKPOPNB[PNFOIK FJKUIO3XNIOTVOFMI MVRPUBKFOFRILBEBOLBJUBUPVUXOPOPNBUB FJNIQBSFMLPOVQFMBCPO. 14 Dieses Lemma ebenso wie die folgende lateinische Adresse, scheint mir nicht in allen Teilen ursprünglich zum Synodalbrief Confidimus quidem zu gehören, sondern insgesamt mit dem ganzen Dokument, wie es im Codex Veronensis überliefert ist, zusammenzugehören, d.h. wohl in der Art, daß der Redaktor, der die einzelnen Stücke zu einem ganzen Dokument verbunden hat, aus den verschiedenen Kontexten einen Briefkopf konstruiert hat, in dem aber durchaus originale Teile enthalten sind. Z.B. ergibt sich aus dem geschichtlichen Kontext kein Hinweis darauf, warum diese Synode ex rescripto imperiali

254 0JFQJTLPQPJPJ FQJUIK3XNBJXO FJKUPJFSPOTVOF ESJPOTVOFMRPO UFK %BNBTPKLBJ 0VBMFSJBOPK 15 LBJ PJMPJQPJ  UPJKBHBQIUPJK BEFMGPJKUPJKFO UXÝ*MMVSJLXÝ LBRFTUXTJO 16  FQJTLPQPJK  FORFXÝ DBJSFJO. 17 

Kapitel 4: Theologische Profilierung Die zu Rom in der heiligen Synode versammelten Bischöfe Damasus und Valerianus und die anderen den geliebten Brüdern, den Bischöfen in Illyrien, Gruß im Herrn!

1 Damasus Valerianus Vitalianus Aufidius Paenius Victor Priscus Innocentius Abundantius Theudulus 18 et ceteri qui [ audiendam causam Auxentii 19 exponendamque fidem 20 ] in urbe Roma convenerunt 21 , episcopis catholicis [per Orientem constitutis] in domino salutem.

Damasus, Valerianus, Vitalianus, Aufidius, Paenius, Victor, Priscus, Innocentius, Abundantius, Theudulus und die übrigen, die, [um den Fall des Auxentius zu hören und den Glauben darzulegen], in der Stadt Rom zusammengekommen sind, grüßen die katholischen Bischöfe, [die sich im Osten befinden].

stattgefunden hat, jedoch durchaus im Zusammenhang mit dem zweiten Fragment Ea gratia. Diese Frage wird insbesondere im Kap. 4.2.1. erörtert. 15 Bischof von Aquileia, an den BASILIUS ep. 91 (CUFr I 197,1–5 COURTONNE) adressiert: $BSJKUXÝ,VSJXÝUXÝEPOUJINJOBSDBJBKBHBQIKLBSQPOJEFJOFOUIÝTIÝLB RBSPUIUJ PKHFUPTPVUPOEJFTUXKUXÝTXNBUJTVOIZBKINJOTFBVUPOEJBHSBNNB UPKLBJ UXÝQOFVNBUJLXÝTPVLBJBHJXÝQPRXÝQFSJQUVYBNFOPKINBK BNVRIUPOUJ GJMUSPOUBJKZVDBJKINXOFOFQPJITBK(„Dank sei dem Herrn, der uns eine Frucht alter Liebe in Deiner Reinheit sehen läßt, der Du, obwohl körperlich so weit entfernt, durch einen Brief Dich mit uns verbunden hast und, indem Du uns mit Deiner geistlichen, heiligen Sehnsucht umarmt hast, unseren Seelen eine unsagbare Liebesbezeugung erwiesen hast“. Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 153.). 16 ATH., ad Afros 1: *LBOBNFOUBHSBGFOUBQBSBUFUPVBHBQIUPVLBJTVMMFJ UPVSHPVINXO%BNBTPV UPVFQJTLPQPVUIKNFHBMIK3XNIK LBJUXOTVOBVUXÝ UPTPVUXOTVOFMRPOUXOFQJTLPQXO 17 Die griechische Übersetzung bei Theodoret (h.e. II 22,2 [GCS 147,1–3 PARMENTIER/SCHEID-WEILER]) und Sozomenus (h.e. VI 23,7 [GCS 266,3–5 BIDEZ/HANSEN]), ebenso wie das Florilegium des Eutyches scheinen hier die originale Adresse bewahrt zu haben, siehe dazu Kap. 4.1.3.1.2. 18 Die genannten Namen gehören wohl zum Schreiben Confidimus quidem, da auch Theodoret davon berichtet, daß er Namen nennen könne, es aber für überflüssig halte, so daß er nur die beiden ersten Personen angibt. 19 Im Text des Synodalbriefes wird auf Auxentius nur ein einziges Mal Bezug genommen und dort auf seine Verurteilung zurückgeblickt. Daher scheint es m.E. nicht sehr wahrscheinlich, daß das Synodalschreiben Confidimus quidem diese Überschrift trug. 20 Diese Formulierung paßt eher zu den Fragmenten Ea gratia/Non nobis quidquam und Illud sane miramur, wo tatsächlich der Glaube ausführlich dargelegt wird. In Confidimus quidem trifft dies nur auf eine kurze Passage zu. 21 Theodoret berichtet davon sowohl in seiner Einleitung (THDT., h.e. II 22 [GCS 146,22]) als auch im Schreiben selbst.

1. Confidimus quidem Confidimus quidem sanctitatem 22 vestram apostolorum instructione 23 fundatam eam tenere fidem eamque plebibus intimare, quae a maiorum institutis nulla ratione dissentiat. Neque enim aliter dei sentire convenit sacerdotes, quos par est ceteros erudire.

Ex Gallorum atque Venetensium fratrum relatione 24 conperimus nonnullos non eresis studio (neque enim tantum hoc mali cadere in dei antistites potest), sed inscientia vel ex simplicitate quorundam scaevis interpretationibus aestuantes non satis dispicere, quae magis patrum nostrorum sit tenenda sententia, cum diver-

22

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Wir vertrauen freilich darauf, daß Eure Heiligkeit, gegründet durch die Einrichtung der Apostel, den Glauben, der in keiner Weise von den Anordnungen unserer Vorfahren abweicht, festhält und ihn den Gemeinden weitergibt. Denn die Priester Gottes, für die es sich gehört, die übrigen zu unterrichten, sollen nichts anderes glauben. Aus dem Bericht der gallischen und venetischen Brüder haben wir erfahren, daß einige nicht durch die Neigung zur Häresie (denn dieses so große Übel kann die Vorsteher Gottes nicht befallen), sondern durch Unwissenheit oder Einfältigkeit in Unruhe sind durch die verkehrte Auslegung einiger Leute und nicht genügend

Unter den Briefen, die mit Damasus in Verbindung gebracht werden, begegnet diese Anrede nur noch in den Briefen an Acholius und die anderen Bischöfe der Macedonia und an Acholius persönlich. In ersterem (DAM., epist. 5) sind die Adressaten Acholius, der Bischof von Thessalonike, und die anderen Bischöfe der Diözese, und die Anrede ist parallel zu diesem Brief: vestra sanctitas, vestra sinceritas, vestra dilectio. Der nur an Acholius gerichtete Brief Ad meritum (DAM., epist. 6) weist die Anrede honorificentia tua und sanctitas tua auf. Briefe an den Osten haben dagegen eine schlichtere Form: hier heißt es fratres, fratres dilectissimi, beatissimi oder vestra dilectio (DAM., epist. 2/1.2/3), ebenso in der nur in griechischer Überlieferung vorliegenden epist. 7: IBHBQIVNXO VJPJUJNJXUBUPJ. Paulinus wird von Damasus mit dilectissime frater angeredet (DAM., epist.3). Somit kann man davon ausgehen, daß die Pluralform sanctitas vestra darauf hindeutet, daß es sich bei den Adressaten wohl um eine Gruppe angesehener, vom Westen geschätzter Bischöfe handelt und sicher nicht um den Pluralis reverentiae, der für diese Zeit in Rom noch völlig unüblich war, siehe dazu ZILLIACUS 1985 (Art. Anredeformen, RAC Suppl. Lfg. 3/4), 490–493, vgl. zur Titulatur von Bischöfen insgesamt JERG 1970, zur Anrede sanctitas vgl. ebd., 91f., 156f., 161–163. Auch in Briefen des Hieronymus an Damasus finden sich Anreden dieser Art: tua sanctitas (HIER., ep. 36,1 [CSEL 268,4]) oder z.B. tua beatitudo (HIER., ep. 15,2.5 [CSEL 63,19.67,4]); auch Ambrosius redet in seinen Schreiben die Kaiser in der 2. Person Singular an, z.B. clementiam tuam (ep. extra coll. 8 [CSEL 82/3, 198,7f. ZELZER]) . 23 Siehe dazu auch M. RICHARD 1951, 328, der übersetzt: „Nous sommes convaincus en vérité que votre sainteté établie par l’ordonnance des apôtres ...“ Die Formulierung apostolorum instructione bezieht sich darauf, daß das Bischofsamt durch die Apostel eingerichtet wurde. So kann sich nach dem Decretum Damasi nicht nur Rom, sondern auch Antiochia als zweiter und Alexandria als dritter Bischofssitz auf die direkte Gründung durch den Apostel Petrus berufen; aber trotzdem gründet natürlich die Heiligkeit aller Bischöfe auf der instructio apostolorum. 24 Venetien grenzte östlich direkt an den Mailänder Bereich, an Gallien im nordöstlichen Bereich. Offenbar hatten diese Nachbargemeinden bzw. Bistümer Schwierigkeiten damit, daß die verkehrte Lehre ihre Priester aufgrund eigener Unkenntnis und Naivität verwirrte und im rechten Glauben verunsicherte.

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

sa concilia eorum auribus ingeruntur. Denique Auxentium Mediolanensem 25 hac praecipue causa damnatum esse 26 perscribunt.

durchschauen, welche Ansicht unserer Väter eher festzuhalten ist, wenn verschiedene Konzilsbeschlüsse an ihre Ohren herangetragen werden. Schließlich erstatten sie ausführlich Bericht, daß Auxentius von Mailand besonders aus diesem Grund verurteilt worden ist.

Par est igitur universos magistros legis per orbem Romanum 27 paria de lege sentire nec diversis magisteriis fidem dominicam violare. Nam cum dudum ereticorum virus, ut nunc iterum coepit obrepere, ac praecipue Arrianorum blasphemia pullulare coepisset, maiores nostri

Es ist also angemessen, daß alle Gesetzeslehrer im ganzen römischen Erdkreis dieselbe Ansicht über das Gesetz vertreten und nicht mit verschiedenen Lehren den Gauben des Herrn verletzen. Denn nachdem schon längst das Gift der Häretiker, wie es nun wieder begonnen hat sich ein-

25 ATHANASIUS fordert in der Epistula ad Afros 10 (PG 26, 1045 C/D) die Absetzung des Auxentius (Synode von 90 ägyptischen Bischöfen unter Athanasius 369/370): ATH., ep. Afr. 10: FHSBZBNFOLBJUXÝBHBQIUXÝINXO%BNBTXÝUXÝFQJTLPQXÝUIKNFHBMIK 3XNIKQFSJUPV"VYFOUJPVUPVFQFMRPOUPKUIFO.FEJPMBOXÝFLLMITJBÝ EJIHPV NFOPJUBLBUBVUPO PUJUFPVNPOPOUIK"SFJBOIKBJSFTFXKFTUJLPJOXOPK BM MBLBJVQFVRVOPKFTUJQPMMPJKLBLPJK QSBYBKUBVUBNFUB(SIHPSJPVUPVLPJOX OPVUIKBTFCFJBKBVUPV LBJRBVNB[POUFKQXKNFDSJOVOPVLBRIÝSFRILBJFLCF CMIUBJUIK&LLMITJBKLBJDBSJOXNPMPHITBNFOUIÝRFPTFCFJBÝBVUPVUFLBJUXO TVOFMRPOUXOFOUIÝNFHBMIÝ3XNIÝ PUJLBJUPVKQFSJ0VSTBLJPOLBJ0VBMFOUB LBJUPVKUBBVUBBVUPJKGSPOPVOUBKFLCBMMPOUFK FTXTBOUIOPNPZVDJBOUIK ,BRPMJLIK&LLMITJBK(PG 26, 1045 C/D) („Auch an unseren geliebten Damasus, den Bischof des großen Rom, haben wir wegen Auxentius geschrieben, der über die Kirche von Mailand hergefallen ist, und haben über ihn berichtet, daß er nicht nur ein Anhänger der arianischen Häresie sei, sondern sich auch sonst vieler Übeltaten schuldig gemacht habe zusammen mit Gregor, dem Genossen seiner Gottlosigkeit, und wir wunderten uns darüber, daß er bis jetzt noch nicht abgesetzt und aus seiner Kirche vertrieben worden ist, und wir sprachen seiner und der Gottesfurcht derer, die mit ihm im großen Rom zusammengekommen waren, unseren Dank aus, daß sie, indem sie auch die Anhänger des Ursacius und Valens und die Gleichgesinnten hinausgeworfen haben, die Einmütigkeit der katholischen Kirche gerettet haben.“). 26 Hier scheint von einer Verurteilung des Auxentius bereits vor dieser römischen Synode die Rede zu sein. Dazu paßt auch die Nennung der Gallorum fratrum, denn man weiß von einer Verurteilung des Auxentius auf der Synode von Paris 360 unter Hilarius von Poitiers. Auch Athanasius spricht davon, daß Auxentius mit Valens und Ursacius zusammen verurteilt worden ist, d.h. er fordert eben nicht eine Verurteilung des Auxentius, sondern daß dieser bereits verurteilte Bischof nun auch seines Amtes enthoben wird: ATH., ep. Afr. 3 (PG 26,1034B): 0JEBUFHBS BHBQIUPJ NBRPOUFKLBJVNFJKQBSB UXOFMRPOUXOFYVNXOFJKUIO"SJNIOPO XK0VSTBLJPKLBJ0VBMIK &VEPYJPK LBJ"VYFOUJPK FLFJEFITVOBVUPJKLBJ%INPGJMPK LBRIÝSFRITBO RFMITBOUFK FUFSBQBSBUBFO/JLBJBÝHSBGFJOVgl. auch ad Afros 1. 27 Der Wirkungskreis des Christentums wird hier mit dem politischen Begriff orbis Romanus gleichgesetzt.

1. Confidimus quidem CCCXVIII 28 episcopi atque ex vice 29 sanctissimi episcopi urbis Romae 30 directi 31 apud Nicaeam confecto concilio hunc murum adversus arma diabolica statuerunt atque hoc antidoto mortalia pocula propulsarunt 32 , ut patrem filium spiritumque sanctum unius deitatis, unius virtutis, unius figurae 33 , unius credere oporteret substantiae 34 , contra sentientem alienum a nostro consortio iudicantes.

28

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zuschleichen, und besonders die Gotteslästerung der Arianer sich zu entwickeln begonnen hatte, haben unsere Vorfahren, die 318 Bischöfe und diejenigen, die zur Vertretung des heiligsten Bischofs der Stadt Rom gesandt worden sind, auf dem Konzil, das bei Nicaea abgehalten worden ist, diese Mauer gegen die teuflischen Waffen errichtet und den tödlichen Giftbecher mit diesem Gegengift zurückgeschlagen, daß man glauben soll, daß Vater, Sohn und heiliger Geist von einer einzigen Gottheit, einer einzigen Kraft, einer einzigen Gestalt, und einer einzigen Substanz sind; und sie urteilten, daß diejenigen, die die Gegenmeinung vertreten, von unserer Gemeinschaft ausgeschlossen seien.

Diese Zahl ist bereits bei Hilarius (HIL., syn. 68) und für Liberius (SOCR., h.e. IV 12) belegt, siehe auch ATH., ep. Afr. 2 (PG 26, 1032B) und AMBROSIUS, de fide I 18,121 und I prol. 3 (CSEL 78, 51,17–23; 5,16–20 FALLER). 29 So die Konjektur von E.SCHWARTZ; RICHARD beläßt in seinem Text die Lesart des Codex und will dafür die nachfolgende Formulierung urbis Romae streichen. 30 Auch hier wird der römische Anteil am Nicaenum und somit an der Rechtgläubigkeit betont. 31 Siehe dazu die ähnliche Formulierung bei den Unterschriften des Konzils von Konstantinopel, EOMIA II/3,434: et a Roma qui directi sunt (wenngleich die angegebenen Personen nicht an Konstantinopel, sondern erst in Chalzedon teilnahmen, siehe ebd. im Apparat). 32 Vgl. ATH., ep. Afr. 1 (1029B): *LBOBNFOPVOUBFOUIÝ/JLBJBÝPNPMPHIRFOUB  LBJBVUBSLI LBRBQSPFJQPNFO QSPKUFBOBUSPQIOQBTIKBTFCPVKBJSFTFXK LBJ QSPKBTGBMFJBOLBJXGFMFJBOUIKFLLMITJBTUJLIKEJEBTLBMJBK 33 Vgl. Hebr 1,3 über den Sohn: PKXOBQBVHBTNBUIKEPYIKLBJDBSBLUISUIK VQPTUBTFXKBVUPV GFSXOUFUBQBOUBUXÝSINBUJUIKEVOBNFXKBVUPV LBRBSJT NPOUXOBNBSUJXOQPJITBNFOPKFLBRJTFOFOEFYJBÝUIKNFHBMXTVOIKFOVZIMPJK ATH., ep. Afr. 5 (1037B): LBJXKFHSBZFOP1BVMPK BQBVHBTNBUIKEPYIK LBJDB SBLUISUIKUPV1BUSPKVQPTUBTFXKEp. Afr. 4 (1036B):)EFVQPTUBTJKPVTJB FTUJ LBJEVEFOBMMPTINBJOPNFOPOFDFJIBVUPUPPO PQFS*FSFNJBKVQBSYJO POPNB[FJMFHXO,BJPVLILPVTBOGXOIOVQBSYFXK)HBSVQPTUBTJKLBJIPV TJBVQBSYJKFTUJO&TUJHBSLBJVQBSDFJ5PVUPOPXOLBJP1BVMPK FHSBZFO &CSBJPJK0KXOBQBVHBTNBUIKEPYIK LBJDBSBLUISUIKVQPTUBTFXKBVUPV Ein für den Osten durchaus sehr problematischer Begriff vgl. ABRAMOWSKI 1992, 492. 34 Diese Begriffe betonen die Einheit der Trinität und sind in der Tradition des nicaenischen Konzils gegen die arianische Häresie gerichtet, wobei das lateinische unius substantiae dem griechischen Begriff PNPPVTJPK entspricht, wie explizit in der lateinischen Übersetzung des Nicaenums, das mit dem Tomus Damasi überliefert ist, angemerkt wird (unius substantiae cum Patre quod graeci dicunt omousion [EOMIA I/2,1, 283]), siehe dazu TETZ 1975, 203, das Serdicense (vgl. BRENNECKE 1984, 3–64; ULRICH 1994, 25– 109; LÖHR 1986, 17–25) und den Tomus ad Antiochenos 5.

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

Quam definitionem salutarem postea aliis tractatibus quidam et violare temptaverunt. Sed et in ipso exordio ab isdem ipsis qui hoc apud Ariminum 35 innovare vel tractare cogebantur, emendatum hactenus est, ut subreptum sibi alia disputatione faterentur idcirco quod non intellexissent patrum sententiae apud Nicaeam firmatae esse contrarium.

Neque enim praeiudicium aliquod nasci potuit ex numero eorum qui apud Ariminum convenerunt, cum constet neque Romanum episcopum, cuius ante omnes fuit expectanda sententia 36 , neque Vincentii 37 , qui tot annos sacerdotium inlibate servavit, neque aliorum huiusmodi statutis consensum aliquem commodasse, cum praesertim, ut diximus, idem ipsi qui per inpositionem succubuisse videbantur, idem consilio meliore displicere sibi fuerint protestati.

Unde advertit sinceritas vestra 38 hanc solam fidem quae apud Nicaeam apostolorum auctoritate fundata est, perpetua firmitate esse retinendam ac nobiscum Orientales qui se catholicos recognoscunt, Occidentalesque gloriari.

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Diese heilbringende Bestimmung haben später einige Leute versucht mit anderen Abhandlungen zu verderben und zu verletzen. Aber auch gleich von Anfang an ist gerade von denselben, die dazu gezwungen wurden bei Rimini dies zu verändern bzw. zu bearbeiten, es in soweit berichtigt worden, als sie bekannten, daß es ihnen durch eine andere Argumentation untergeschoben wurde deswegen, weil sie nicht erkannt hätten, daß dies der Lehre der Väter, die bei Nicaea festgesetzt worden war, entgegengesetzt sei. Denn auch aus der Zahl derer, die sich bei Rimini versammelt haben, hat keine Vorentscheidung entstehen können, weil feststeht, daß weder der römische Bischof, dessen Meinung vor allen erwartet hätte werden müssen, noch ein anderer weder des Vincentius, der so viele Jahre lang das Priesteramt untadelig bewahrt hat, noch anderer Zustimmung zu derartigen Beschlüssen geliefert habe, zumal da, wie wir gesagt haben, gerade dieselben, die durch Täuschung unterlegen zu sein schienen, nachdem sie zu einer besseren Einsicht gekommen waren, öffentlich ihr Mißfallen bezeugt haben. Daraus erkennt Eure Lauterkeit, daß allein dieser Glaube, der bei Nicaea durch die Autorität der Apostel begründet worden ist, mit immerwährender Festigkeit beizubehalten ist, und daß mit uns die Orientalen, die sich als katholisch erachten, und die Okzidentalen ihren Ruhm darauf setzen.

Zu den Geschehnissen um die Synode von Rimini siehe BRENNCKE 1988, 5–39. Hier wird deutlich der Anspruch erhoben, daß das Urteil des römischen Bischofs vor dem der übrigen Bischöfe gehört werden muß, also einen besonderen Stellenwert hat. 37 Vincentius hieß der Vertreter des römischen Bischofs auf dem Konzil von Nicaea 325 (GELZER/HILGENFELD/CUNTZ 1898 = 1995, S. LX 1.S. 2,1.3,1.4,1.5,1.61,1.97,1. 119,1; EUS., v.C. III 7; SOCR., h.e. I 13,12; SOZ., h.e. I 17,2; THDT., h.e. XI 7,3; II 89). 343–359 war er Bischof von Capua; Teilnahme an der Synode von Serdica, danach Reise nach Antiochia im Auftrag des Kaisers Constans zu dessen Bruder Constantius II. (THDT., h.e. VIII 54; IX 5); nach 353 Gesandtschaften im Auftrag des Liberius; vgl. dazu W. ENßLIN 1958, 2190f., CASPAR 1930, 119.170f.173.185.187.199; LIETZMANN ³1961, III 203.223.212. 38 Zu dieser für das 4. Jahrhundert typischen Anrede siehe JERG 1970, 117 und 124. 36

1. Confidimus quidem Non longe autem fieri posse credimus ut qui secus sentiunt, licet 39 hoc ipso conatu a nostra communione 40 exui possint plebesque eorum erroribus liberatae respirent. Quemadmodum enim poterunt corrigere errata populorum, si ipsos error obsederit? Concinat ergo cum omnibus dei sacerdotibus etiam vestrae sententia caritatis 41 , in qua vos fixos atque firmatos ut bene credimus, ita etiam nos vobiscum recte sentire debemus.

Reciprocis sanctitatis vestrae litteris adprobate 42 . Ego Sabinus 43 diaconus Mediolanensis legatus 44 de authentico dedii 45 .

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Wir glauben, daß es aber nicht lange dauern kann, bis diejenigen, die eine andere Ansicht vertreten, obwohl sie durch eben dieses Unterfangen von unserer Gemeinschaft enthoben werden können und ihre Gemeinden von den Irrtümern befreit aufatmen. Denn wie werden sie die Irrtümer der Gemeinden beheben können, wenn der Irrtum sie selbst gefangen hält? Auch die Meinung Eurer Liebe soll also mit allen Priestern Gottes übereinstimmen, in der wir so, wie wir Euch voll Vertrauen für fest darin gegründet halten, auch selbst mit Euch das Rechte meinen müssen. Beweist dies mit Antwortschreiben Eurer Heiligkeit. Ich, der Diakon Sabinus aus Mailand, habe dies vom Original als Bote wiedergegeben.

Hier folge ich RICHARD 1951, 327, der die Lesart des Cod.Ver. in den Text aufnimmt, da mir die Konjektur ilicet von E.SCHWARTZ unnötig erscheint. 40 Hier hat auch schon SCHWARTZ eine Lücke im Text festgestellt; M.RICHARD schlägt diese Konjektur vor, die mir inhaltlich sehr einleuchtend und im Vergleich mit der griechischen Version (QFSJBJSFRITFTRBJBQBVUXOUPUPVFQJTLPQPVPOPNB und dem Text des Florilegium des Eutyches (et a nostra communione summotos et episcopos hac appellatione privare) auch sehr wahrscheinlich erscheint. 41 Vgl. dazu JERG 1970, 261, 263, 271. 42 Es wird ein Antwortschreiben erwartet, in dem die Adressaten ihre Rechtgläubigkeit beweisen, d.h. daß sie auf dem Boden des Nicaenums stehen. 43 Darüber, daß ein Diakon Sabinus Nachricht brachte, schreibt Basilius in ep. 90,1 (195,13–17 C.) an die Bischöfe im Westen:&QFUFJOFEFINJOUIOQBSBLMITJOP,V SJPKEJBUPVFVMBCFTUBUPVVJPVLBJTVOEJBLPOPV4BCJOPV PKLBJUBQBSVNJO LBMBEJIHITBNFOPKBLSJCXKFRSFZFOINXOUBKZVDBKLBJUBINFUFSBEFUIÝQFJ SBÝNBRXOFOBSHXKVNJOBOBHHFMFJ Sabinus übermittelte offensichtlich auch einen Brief des Basilius an Valerianus, Bischof von Aquileia, denn dort schreibt er, ep. 91 (197,10–13 C.): %JBUPVUPLBJQPM MPVBYJPOINJOFGBOIUPHSBNNBLBJBNFJCPNFRBTFEJBUPVBVUPVBOESPK UPV FVMBCFTUBUPVTVOEJBLPOPVINXO4BCJOPV BAS., ep. 89,1 (I 193,15–18): )NFJKHBSFQJUVDPOUFK4BCJOPV UPVQBSBVUXO BQPTUBMFOUPKEJBLPOPV FQFTUFJMBNFOQSPKUFUPVK*MMVSJPVKLBJQSPKUPVK LBUBUIO*UBMJBOLBJ(BMMJBOFQJTLPQPVKLBJUJOBKUXOJEJXKQSPKINBKFQJT UFJMBOUXO 44 D.h. Sabinus war als Gesandter mit einem Auftrag unterwegs; auch daß der Diakon seine Herkunft angibt, scheint darauf hinzuweisen, daß er sich außerhalb von Mailand befand. 45 Sabinus hat also vom Original eine Abschrift gemacht; diese Notiz findet sich nur unter dem im Codex Veronensis überlieferten Dokument.

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

1.2. Die verschiedenen Textversionen und ihre Abhängigkeit Das Synodalschreiben Confidimus quidem ist sowohl in lateinischer als auch in griechischer Sprache überliefert. Grob kann man zunächst zwei Überlieferungsstränge voneinander scheiden: erstens die lateinische Version, die im Codex Veronensis 46 erhalten ist und als Adressaten die Bischöfe im Osten per Orientem constituti nennt, und zweitens eine Version, die in griechischer Sprache bei Theodoret 47 und Sozomenus 48 und in lateinischer Übersetzung bei Cassiodor 49 erhalten ist. Sie bieten in ihren Kirchengeschichten als Adressaten des Synodalbriefes die illyrischen Bischöfe. Der lateinische Text des Confidimus quidem im sogenannten Florilegium des Eutyches 50 stellt einen Sonderfall dar; darin sind als Adressaten ebenfalls die illyrischen Bischöfe genannt, der Wortlaut selbst unterscheidet sich jedoch stark sowohl von der Version des Cod.Ver. als auch von der des Theodoret und Sozomenus. Die beiden erstgenannten Versionen weichen nicht nur im Adressaten, sondern teilweise auch in inhaltlichen Nuancen voneinander ab. Ein Vergleich erlaubt, den lateinischen Text des Cassiodor eindeutig als Übersetzung der zweiten, griechischen Version zu kennzeichnen. Über die Frage, welche Version dem Originaldokument am nächsten ist, gab es vielfach Diskussionen. Für die These, daß es sich bei den Texten des Theodoret und Sozomenus um eine Übersetzung eines ursprünglich lateinischen Originals, wie es im Codex Veronensis bezeugt sei, handelt, sprechen sich unter anderen Eduard Schwartz 51 und Marcel Richard 52 , die beide den Text kritisch ediert haben, sowie Charles Piétri 53 aus. Den umgekehrten Fall, nämlich daß zunächst ein griechischer Text vorhanden war und der Codex Veronensis eine lateinische Übersetzung überliefert, nehmen Parmentier 54 und Scheidweiler 55 an.

46

SCHWARTZ 1936, 19f. und RICHARD 1951, 326f.: Cod. Veronensis LX, f.43v–f.45r. THDT., h.e. II 22,1–12 (GCS 147,1–150,8). 48 SOZ., h.e. VI 23,7–15 (GCS 266,3–268,12). 49 CASSIODOR/EPIPHANIUS, Historia Tripartita V,29 (CSEL 71, 257,1–258,54). 50 Florilegium des Eutyches: ACO II/2,1, 40,38–41,28. 51 SCHWARTZ 1936, 18 und 1935, 179f. 52 RICHARD 1951, 328–340. 53 PIÉTRI 1976, 777–782. 54 PARMENTIER im Vorwort zur Ausgabe der Kirchengeschichte des Theodoret (GCS LXXVIIIf.). 55 SCHEIDWEILER 1953, 573–586; im Anschluß daran MARKSCHIES 1995, 74, aber siehe auch 77. 47

1. Confidimus quidem

261

1.2.1. Die griechische Version von Confidimus quidem Bevor wir uns dieser Frage zuwenden – daß sie zugunsten eines lateinischen Originals zu bewerten ist, wird das folgende Kapitel zeigen –, soll zunächst geklärt werden, ob Theodoret und Sozomenus aus derselben Vorlage geschöpft haben oder man bei ihnen zwei sprachlich so stark unterschiedene Versionen erkennen kann, daß zwei voneinander unabhängige Übersetzungen angenommen werden könnten, wie Piétri zu beweisen versucht hat 56 . Wollte man dies annehmen, müßten die beiden Versionen zwar inhaltliche Übereinstimmung, aber deutliche Abweichungen in der sprachlichen Form aufweisen, das heißt z.B. unterschiedliche Wortstellung und Verwendung von Synonyma. Bei einem synoptischen Vergleich der Stelle bei Theodoret und Sozomenus fällt aber zunächst eine große Übereinstimmung ins Auge und vor allem, daß gerade diese für verschiedene Übersetzungen wichtigsten Abweichungen gewissermaßen nicht zu erkennen sind 57 . Theodoret, h.e. II 22,1–12 0JFQJTLPQPJPJFQJUIK3XNBJXOFJK UPJFSPOTVOFESJPOTVOFMRPOUFK  %BNBTPKLBJ0VBMFSJBOPKLBJPJ MPJQPJ UPJKBHBQIUPJKBEFMGPJK UPJKFOUXÝ*MMVSJLXÝLBRFTUXTJO FQJTLPQPJK  FORFXÝDBJSFJO 1JTUFVPNFOUIOBHJBOQJTUJOINXOFO UIÝEJEBTLBMJBÝUXOBQPTUPMXORFNF MJXRFJTBOUBVUIOVNBK LBUFDFJOLBJUBVUIOUXÝMBXÝVGIHFJT RBJ IUJKBQPUXOPSJTRFOUXOQBSB UXOQBUFSXOPVEFOJMPHXÝEJBGXOFJ    RFPVJFSFJK VGXÀOEJLBJPOFTUJUPVK MPJQPVKQBJEFVFTRBJ BMMBEJBOBGPSBKUXOFO(BMMJBÝLBJ  #FOFUJBÝBEFMGXOFHOXNFOUJOBKBJSF 56

Sozomenus, h.e. VI 23,7–15 0JFQJTLPQPJPJFQJUIK3XNBJXOFJK UPJFSPOTVOFESJPOTVOFMRPOUFK UPJKFOUXÝ*MMVSJLXÝLBRFTUXTJO FQJTLPQPJK  %BNBTPKLBJ0VBMFSJPKLBJPJMPJQPJ UPJKBHBQIUPJKBEFMGPJK FOLVSJXÝDBJSFJO 1JTUFVPNFOUIOBHJBOQJTUJOVNXOFO UIÝEJEBTLBMJBÝUXOBQPTUPMXORFNF MJXRFJTBOUBVUIO LBUFDFJOLBJUBVUIOUXÝMBXÝVGIHFJT RBJ IUJKBQPUXOPSJTRFOUXOQBSB UXOQBUFSXOPVEFOJMPHXÝEJBGXOFJ PVEFHBSBMMXKBSNP[FJEJBOPFJTRBJ UPVKUPV RFPVJFSFJK VGXÀOEJLBJPOFTUJUPVK MPJQPVKQBJEFVFTRBJ BMMBEJBOBGPSBKUXOFO(BMMJBÝLBJ #FOFUJBÝBEFMGXOFHOXNFOUJOBKBJSF TJOTQPVEB[FJO PQFSLBLPOPVNPOPO

PIÉTRI 1976, 778 u. Anm.2, der versucht, sie als unabhängige Übersetzungen vorzustellen, um so die Adresse der illyrischen Bischöfe als besser bezeugt zu erweisen: „... les traductions grecques indépendantes l’une de l’autre et assez sensiblement différentes du texte latin dans les formules de la confession de foi.“ 57 Passagen, die sich im jeweils anderen Text nicht finden bzw. an anderer Stelle auftauchen, sind eingerahmt, einzelne Begriffe doppelt unterstrichen. Begriffe und Formulierungen, die im Text des anderen Autors geringfügig verändert sind, sind einfach bzw. punktiert unterstrichen.

262

Kapitel 4: Theologische Profilierung

TJOTQPVEB[FJO PQFSLBLPOPVNPOPO QBSBGVMBUUFTRBJPGFJMPVTJOPJ FQJTLPQPJ  BMMBLBJPTBBQFJSJBÝUJOXOIBQMP UIUJUXOTLBJBJKLFDSINFOXOFSNI OFJBJK†BORJTUBTRBJ BQPUPVOVOEJBGPSPJKEJEBTLBMJBJK EJBOPPVNFOPVKNIQBOVPMJTRBJOFJO  BMMBNBMMPOUXOQBUFSXOINXOLBU FDFJOUIOHOXNIO PTBLJKBOEJBGPSPJ CPVMBJUBJK BLPBJKBVUXO FQFJTGFSXOUBJ UPJHBSPVO"VYFOUJPOUPO.FEJPMBOPV FYBJSFUXKFOUPVUXÝUXÝQSBHNBUJLB UBLFLSJTRBJQSPTHFHSBQUBJ EJLBJPOPVOFTUJQBOUBKUPVKFOUXÝ 3XNBJXOLPTNXÝEJEBTLBMPVK UPVOPNPVUBQFSJUPVOPNPV GSPOFJO  LBJNIEJBGPSPJKEJEBTLBMJBJKUIO QJTUJONJBJOFJO LBJHBSIOJLBQSXUPOILBLJBUXO BJSFUJLXOBLNB[FJOISYBUP XKLBJ OVONBMJTUBVGFSQFJ UXO"SFJBOXOICMBTGINJB PJQB UFSFKINXOUSJBLPTJPJEFLBLBJPLUX FQJTLPQPJLBJPJFLUIK3XNBJXOBHJXUBUPVFQJTLPQPV FQJMFLUPJ FJK/JLBJBOHFOPNFOPVUPV TLFNNBUPK  UPVUPUPUFJDPKVQFOBOUJPOUXOPQ MXOUPVEJBCPMPVXSJTBOLBJUBVUIÝ UIÝBOUJEPUXÝUBRBOBTJNBGBSNBLB BQFXTBOUP  XTUFUPOQBUFSBLBJUPOVJPO NJBKPVTJBK  NJBKRFPUIUPK NJBKBSFUIK  NJBKEVOBNFXK

QBSBGVMBUUFTRBJPGFJMPVTJOPJ FQJTLPQPJ  BMMBLBJPTBBQFJSJBÝUJOXOIBQMP UIUJFJLBJBJKFSNIOFJBJK †BORJTUBUBJ†  BQPPVOUXOEJBGPSPVKEJEBTLBMJBK EJBOPPVNFOXONIQBSPMJTRBJOFJO  BMMBNBMMPOUXOQBUFSXOINXOLBU FDFJOUIOHOXNIO PTBLJKBOEJBGPSPJ CPVMBJK   QFSJGFSXOUBJ

LBJFOPKDBSBLUISPKQJTUFVFTRBJ DSIOBJ LBJUIKBVUIKVQPTUBTFXK LBJUPQOFVNBUPBHJPO  UPOEFBMMXKGSPOPVOUBBMMPUSJPO FJOBJUIKINFUFSBKLPJOXOJBKLSJ OBOUFK  POQFSTXUISJXEIPSPOLBJUIOQSPT LVOIUIOTLFZJO EJBGRFJSBJNFUBUBVUBBMMBJKTLF

LBJFOPKTDINBUPKQJTUFVFTRBJ DSI EFUIKBVUIKVQPTUBTFXKLBJ UPQOFVNBUPBHJPOQJTUFVFJO UPOEFBMMXKGSPOPVOUBBMMPUSJPO FJOBJUIKINFUFSBKLPJOXOJBKFLSJ OBNFO POQFSTXUISJXEIPSPOLBJUIOQSPT LVOIUIOTLFZJO 

UPJHBSPVO"VYFOUJPOUPO.FEJPMBOPV FYBJSFUXKFOUPVUXÝUXÝQSBHNBUJLB UBLFLSJTRBJQSPHFHSBQUBJ EJLBJPOPVOFTUJQBOUBKUPVKFOUXÝ 3XNBJXOLPTNXÝEJEBTLBMPVK  PNPGSPOFJO  LBJNIEJBGPSPJKEJEBTLBMJBJKUIO QJTUJONJBJOFJO  LBJHBSIOJLBQSXUPOILBLJBUXO BJSFUJLXOBLNB[FJOISYBUP XKLBJ OVONBMJTUB PQFSBQFJI  UXO"SFJBOXOICMBTGINJB PJQB UFSFKINXOUSJBLPTJPJEFLBPLUX   FQJMFLUPJ FJK/JLBJBOHFOPNFOPV TLFNNBUPK  UPVUPUPUFJDPKVQFOBOUJPOUXOPQ MXOUPVEJBCPMPVXSJTBOLBJUBVUIÝ UIÝBOUJEPUXÝUBRBOBTJNBGBSNBLB BQFXTBOUP  XTUFUPOQBUFSBLBJUPOVJPO  NJBKRFPUIUPK NJBKBSFUIK 

1. Confidimus quidem ZFTJ UJOFKLBJNJBOBJIRFMITBO BMMFOBVUIÝUIÝBSDIÝBQBVUXO UPVUXO PJUJOFKFO"SJNIOXÝBOBOF XTBTRBJIZIMBGITBJIOBHLB[POUP  NFDSJUPVUPVEJXSRXRI XKPNPMPHFJO BVUPVKFUFSBÝEJBMFYFJVGISQBTRBJ   IPUJPVLFOFOPITBOUIÝUXOQBUFSXO HOXNIÝUIÝFO/JLBJBÝBSFTBTIÝFOBOUJ POFJOBJ PVEFHBSQSPLSJNBUJIEVOIRIHFOFT RBJVQPUPVBSJRNPVUXOFO"SJNI OXÝTVOBDRFOUXO PQPUFTVOFTUILF NIUFUPO3XNBJXOFQJTLPQPO PVÀQSP QBOUXO FEFJUIOHOXNIOFLEFYBTRBJ PVUF 0VJLFOUJPV PKFQJUPTPVUPJKFUFTJ UIOFQJTLPQIOBTQJMXKFGVMBYFO  PVUFUXOBMMXOUPJKUPJPVUPJKTVH LBUBRFNFOXO  PQPUFNBMJTUB LBRBQSPFJSILBNFO  BVUPJPVÀUPJPJUJOFKLBUBTVTLFVIO VQPLMJOFTRBJFEPYBO PJBVUPJLBM MJPOJHOXNIÝDSITBNFOPJBQBSFTLFJO BVUPJKUBVUBFNBSUVSBOUP 4VOPSBÝPVOIVNFUFSBLBRBSPUIK UBVUIONPOIOUIOQJTUJO IUJKFO/J LBJBÝLBUBUIOBVRFOUJBOUXOBQPT UPMXOFRFNFMJXRI EJIOFLFJCFCBJPUI UJLBRFLUFBOFJOBJ LBJNFRINXO UPVK"OBUPMJLPVK PJUJOFKFBVUPVK UIKLBRPMJLIKFQJHJOXTLPVTJ UPVKEF %VUJLPVKLBVDBTRBJ QJTUFVPNFOEFPVLFJKNBLSBOUPVK BMMBOPTPVOUBKBVUIÝUIÝFQJDFJSITFJ BQPUIKINFUFSBKLPJOXOJBKDXSJT RITFTRBJLBJQFSJBJSFRITFTRBJ BQBVUXOUPUPVFQJTLPQPVPOPNB  XTUFUPVKMBPVKUIKQMBOIKBVUXO FMFVRFSXRFOUBKBOBQOFVTBJ PVEFOJHBSUSPQXÝEJPSRPVTRBJEVOI TPOUBJUIOQMBOIOUXOPDMXO PQPUF BVUPJVQPUIKQMBOIKLBUFDPOUBJ TVNGXOFJUXUPJOVONFUBQBOUXOUXO UPVRFPVJFSFXOLBJUIKVNFUFSBKUJ NJPUIUPKIHOXNI FOIÝÀVNBKQBHJPVK LBJCFCBJPVKFJOBJQJTUFVPNFO PVUXLBJ

263

 UJOFKNJBOBJIRFMITBO BMMFOBVUIÝUIÝBSDIÝBQBVUXOUPV UXO PJUJOFKUPVUPFO"SJNIOXÝBOB OFXTBTRBJIZIMBGITBJIOBHLB[PO UP NFDSJUPVUPVEJXSRXRI XKPNPMP HFJOBVUPVKFUFSBÝUJOJEJBMFYFJVGIS QBTRBJ  PUJPVLFOPITBOUIÝUXOQBUFSXO HOXNIÝUIÝFO/JLBJBÝBSFTBTIÝFOBOUJPO FJOBJ PVEFHBSQSPLSJNBUJIEVOIRIHFOFT RBJBQPUPVBSJRNPVUXOFO"SJNIOXÝ TVOBDRFOUXO PQPUFTVOFTUILFNIUF UPV3XNBJXOFQJTLPQPV PVÀQSPQBO UXO FEFJUIOHOXNIOFLEFYBTRBJ PVUF #JLFOUJPV PKFQJUPTPVUPJKFUFTJUIO FQJTLPQIOBTQJMXKFGVMBYFO PVUF UXOBMMXOUPJKUPJPVUPJKTVHLBUBRF NFOXO  PQPUFNBMJTUB LBRXKQSPFJSILBNFO  BVUPJPVÀUPJ PJUJOFKLBUBTVTLFVIO VQPLMJOFTRBJFEPYBO PVÀUPJLBMMJP OJHOXNIÝDSITBNFOPJBQBSFTLFJO BVUPJKUBVUBFNBSUVSBOUP 4VOPSBÝPVOIVNFUFSBLBRBSPUIK UBVUIONPOIOUIOQJTUJO IUJKFO/J LBJBÝLBUBUIOBVRFOUJBOUXOBQPTUP MXOFRFNFMJXRI EJIOFLFJCFCBJPUIUJ LBRFLUFPOFJOBJ LBJNFRINXOUPVK BOBUPMJLPVK PJUJOFKFBVUPVKUIK LBRPMJLIKFJOBJFQJHJHOXTLPVTJ UPVK EFEVUJLPVKLBVDBTRBJ QJTUFVPNFOEFPVLFJKNBLSBOUPVK BMMBOPPVOUBKBVUIÝUIÝFQJDFJSITFJ BQPUIKINFUFSBKLPJOXOJBKDXSJT RITFTRBJ BVUXOUPUPVFQJTLPQPVPOPNB  XTUFUPVKMBPVKUIKQMBOIKBVUXO FMFVRFSXRFOUBKBOBQOFVTBJ PVEFOJHBSUSPQXÝEJPSRPVTRBJEVOI TPOUBJUIOQMBOIOUXOPDMXO PQPUF BVUPJVQPUIKQMBOIKLBUFDPOUBJ TVNGXOFJUXUPJOVONFUBQBOUXOUXO UPVRFPVJFSFXOLBJUIKVNFUFSBKUJ NJPUIUPKIHOXNI FOIÝÀVNBKQBHJPVK LBJCFCBJPVKQJTUFVPNFO PUJEFPVUXK

264

Kapitel 4: Theologische Profilierung

INFJKNFRVNXO PSRXKQJTUFVFJOPGFJMPNFO UPJKBNPJCBJPJKUIKVNFUFSBKBHBQIK FVGSBOBUFINBK FSSXTRF BEFMGPJUJNJXUBUPJ

INFJKNFRVNXO QJTUFVFJOPGFJMPNFO  UPJKBNPJCBJPJKUIKVNFUFSBKBHBQIK FQJEFJYBTRF 

Beide Texte weisen nahezu durchgängig dieselbe Wortstellung auf, lediglich gleich am Anfang ist die Nennung des Adressaten im Briefkopf vertauscht, wobei es sich ansonsten um denselben Wortlaut handelt. Von Synonyma kann man vielleicht im Briefkopf bei der Formulierung des Theodoret FORFXÝDBJSFJO, die bei Sozomenus hingegen lautet FOLVSJXÝDBJSFJO, sprechen, obwohl gerade diese Abweichung durch Unachtsamkeit beim Abschreiben von einer griechischen Vorlage erklärt werden kann, denn im Lateinischen steht eindeutig die Version des Sozomenus: in domino salutem. Verschiedentlich gibt es Auslassungen (siehe die eingerahmten Stellen) und dadurch resultierende Veränderungen im Text 58 , Varianten in Genus, Kasus und Modus oder auch lediglich Veränderungen einzelner Buchstaben 59 . Dies sind Differenzen, die man gewöhnlich in verschiedenen Handschriften des gleichen Dokuments entdecken kann; und sie sprechen deshalb keineswegs für zwei voneinander unabhängige griechische Übersetzungen. Die Unterschiede im Briefschluß, die Theodoret und Sozomenus aufweisen und die Piétri als „la sanction finale“ 60 seiner Theorie der zwei unabhängigen Übersetzungen bezeichnet, geben wiederum keinen Hinweis auf zwei unterschiedliche Übersetzer; sie zeigen lediglich, daß offenbar der Befehlston des Schreibens Probleme bereitete. Bei Theodoret geschieht dies durch einen Wechsel der Vokabel, denn aus adprobate wird das außerordentlich freundliche FVGSBOBUFINBK, das den ursprünglichen Sinn Z.B. Thdt.: UPVOPNPVUBQFSJUPVOPNPVGSPOFJOSoz.: PNPGSPOFJO; PIÉTRI 1976, 778 Anm.2, nimmt solche Stellen als Beweis für seine Theorie der beiden unabhängigen Übersetzungen: „La version de Sozomène est quelquefois plus proche du texte latin: cf. Traduction de Neque enim aliter Dei sentire; mais souvent cette traduction comprend mal le latin, écarte les images; paria de lege sentire, Théodoret: UBQFSJUPVOPNPVGSPOFJO Sozomène: PNPGSPOFJO“. Hierbei handelt es sich aber m.E. um schlichte Auslassungen im Text, die dann im Falle von PNPGSPOFJO bei einem zweiten Abschreiber des Briefes eine Veränderung im Wortlaut nach sich ziehen. 59 Z.B. LBRFLUFBOLBRFLUFPO0VJLFOUJPV#JLFOUJPV: auch diese Differenz bezieht PIÉTRI 1976, 778 Anm.2, auf zwei unterschiedliche Übersetzungen. Sehr unwahrscheinlich wird die Argumentation PIÉTRIS in bezug auf die von ihm bemerkten Unterschiede QBHJPVK(THDT.) BHJPVK(SOZ.) schon dadurch, daß in der Edition der Kirchengeschichte des Sozomenus von BIDEZ/HANSEN diese Variante bereits aufgrund des handschriftlichen Befundes ausgeschieden wird (GCS 268,11). 60 PIÉTRI 1976, 778 Anm.2. 58

1. Confidimus quidem

265

des Antwortbriefes vollständig verschleiert, was zudem unterstützt wird durch die Ergänzung der Formel FSSXTRF BEFMGPJUJNJXUBUPJ. Sozomenus hingegen bewahrt in der Hauptsache den Vokabelbestand, schwächt jedoch den Befehlston, indem er den Imperativ durch seine veränderte Satzkonstruktion wegläßt, aber insgesamt näher an der lateinischen Version bleibt. Meines Erachtens spricht dieser Befund nicht für zwei verschiedene Übersetzungen, sondern für die unabhängige Bearbeitung einer einzigen vorliegenden griechischen Übersetzung. Auffällig ist, daß sich die größten Unterschiede der Texte in zwei Passagen finden, die einerseits die weitreichendsten inhaltlichen Abweichungen vom lateinischen Text bieten, und andererseits für das Verständnis des Textes sehr wichtige Inhalte aufweisen. In der ersten Passage geht es um den Bericht der Brüder aus Gallien und Venetien. Hier bietet die griechische Version nahezu das Gegenteil des lateinischen Textes: während dort nämlich gerade abgestritten wird, daß die Priester der Häresie verfallen können, wird hier von der Tatsache ausgegangen, daß einige Leute Irrlehren eifrig betreiben und derartigen Vergehen entgegengetreten werden muß. Dieser entgegengesetzte Sinn entsteht dadurch, daß im griechischen Text zunächst eine Verneinung fehlt und eine zweite anders bezogen wird, wobei aber zunächst jedes lateinische Wort (bis auf ein enim und die Präposition in, was aber zu der Sinnänderung nicht wesentlich beiträgt) seine Entsprechung im Griechischen findet, und somit als Fehlübersetzung erklärt werden kann. Hier würde also, nähme man zwei unabhängige Übersetzungen an, in beiden Versionen dieselbe Fehlübersetzung vorliegen. Im folgenden Text differieren Theodoret und Sozomenus zwar stark voneinander, haben aber fast denselben Wortbestand, während der lateinische Text hier gar keine Entsprechungen mehr bieten kann 61 . Es erscheint unwahrscheinlich, daß zwei unabhängige Übersetzungen an denselben Stellen Übersetzungsfehler machen 62 und mit denselben Worten für sie unverständliche Sachverhalte umschreiben. Die Abweichungen der beiden Texte wird man am besten so erklären, daß die Übersetzung, obwohl sie abweichend von der Vorlage formuliert war, dennoch unverständlich war und von den Abschreibern korrigiert und bearbeitet wurde. THDT.: UXOTLBJBJKLFDSINFOXOFSNIOFJBJK†BORJTUBTRBJSOZ.: FJLBJBJK FSNIOFJBJK†BORJTUBUBJ(scaevis interpretationibus aestuantes);THDT.: BQPUPV OVOEJBGPSPJKEJEBTLBMJBJKEJBOPPVNFOPVKNIQBOVPMJTRBJOFJOSOZ.:BQPPVO UXOEJBGPSPVKEJEBTLBMJBKEJBOPPVNFOXONIQBSPMJTRBJOFJO(non satis dispicere) 62 Ein ähnlicher Fall liegt auch im ersten Satz des Textes vor, in dem Theodoret und Sozomenus gemeinsam nicht unerheblich von der lateinischen Version abweichen und der Übersetzer offenbar den lateinischen Text mißverstanden hat. 61

266

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Die zweite Passage mit einer auffallenden Differenz der Wortwahl findet sich in der Zusammenfassung des nicaenischen Glaubens, also in dem Teil des Briefes, der sicherlich in der Geschichte des Textes am meisten Beachtung gefunden hat. Hier steht z. B. für das lateinische figura bei Theodoret der Begriff DBSBLUIS (Abbild) und bei Sozomenus TDINB(Gestalt, Erscheinungsform), wobei sicher beides als Übersetzung von figura gelten kann, TDINB jedoch wohl den größeren Anstoß erregte 63 . Diese Abweichung der beiden Texte könnte nun gewiß dadurch erklärt werden, daß zwei voneinander unabhängige Übersetzungen vorliegen. Sie wäre aber damit das einzige Indiz für eine derartige Annahme, denn die anderen Unterschiede der Texte gehen, wie bereits ausgeführt, eher auf Varianten zurück, wie sie durch das Abschreiben von Handschriften oder bei der interpretierenden Bearbeitung eines Textes entstehen. Daß die Texte in der Passage voneinander abweichen, in der der nicaenische Glaube zusammengefaßt wird, liegt deshalb m.E. eher daran, daß dies die theologisch aussagekräftigste Stelle des Schreibens Confidimus quidem darstellt, die wohl zu ihrer Abfassungszeit auch sehr umstritten war. Denn einerseits ist diese Aussage keineswegs wie angekündigt eine Zusammenfassung des nicaenischen Glaubens, da dort über den Heiligen Geist eben keine derartigen Aussagen getroffen werden, andererseits gab es eben die durchaus weitverbreitete Gruppe der sog. Pneumatomachen, die die Göttlichkeit des Heiligen Geistes bestritten hat. So erscheint es durchaus möglich, daß zunächst der Übersetzer Anstoß an der Formulierung der Trinität nahm und die Aussage über den Heiligen Geist nur als Anhang bot, was Sozomenus wohl so übernahm, wobei er allerdings aus einem Satz drei machte. Theodoret oder einer, der das Werk dieses Autors abschrieb, scheint hingegen mit dem Text weniger zufrieden gewesen zu sein und ergänzte durch die Hinzufügung von NJBKPVTJBK das unius substantiae des lateinischen Textes, das durch den Bezug von UIKBVUIKVQPTUBTFXK allein auf den Heiligen Geist für den Vater und den Sohn verloren gegangen war und als Aussage über die Einheit des Vaters und des Sohnes im Bezug auf Nicaea unerläßlich war 64 . Außerdem wurde die Formulierung NJBKEVOBNFXK ergänzt und der Begriff TDINB, der näher am lateinischen

63

D.h. noch mehr Gedankengut des Markell durchscheinen läßt. Vgl. dazu auch MARKSCHIES 1995, 75. Somit entsteht der doppelte Gebrauch von PVTJBund VQPTUBTJK erst durch diese Ergänzung, die nur im Text des Theodoret vorgenommen ist, denn die Version des Eutyches folgt fast genau der lateinischen: ...patrem et filium et spiritum sanctum unius deitatis, unius esse virtutis et esse unius essentiae. Zu beachten ist außerdem, daß die ergänzten Begriffe auch in den meisten, aber nicht den besten Handschriften des Theodorettextes fehlen, so daß es sich vielleicht eher um eine Ergänzung handelt, die nicht Theodoret selbst, sondern ein Abschreiber vorgenommen hat. 64

1. Confidimus quidem

267

Text ist 65 , durch das vielleicht etwas weniger anstößige und in diesem Zusammenhang geläufigere DBSBLUIS ersetzt 66 . Auch hier können die Unterschiede zwischen Theodoret und Sozomenus also am besten durch interpretierende und ergänzende Eingriffe in eine bereits bestehende griechische Übersetzung erklärt werden, wobei deutlich wird, daß offenbar Sozomenus diese Übersetzung unversehrter wiedergibt als Theodoret, in dessen Text mehr Veränderungen erkennbar sind. Daher kann man schließen, daß es sich bei den Textversionen des Synodalbriefes Confidimus quidem in den Kirchengeschichten des Theodoret und Sozomenus nicht um voneinander unabhängige Übersetzungen handelt, sondern, wenn man die grundsätzliche Übereinstimmung in Vokabelbestand und Wortstellung und die gemeinsamen Abweichungen gegenüber der lateinischen Version beachtet, die Differenzen durch handschriftliche Varianten und interpretierende Eingriffe in den Text einer beiden zugrundeliegenden Vorlage zu erklären sind. Daß es sich bei dieser Vorlage tatsächlich um eine Übersetzung handelt, soll im nächsten Abschnitt erörtert werden. 1.2.2. Übersetzung oder Original? Zunächst kann prinzipiell gesagt werden, daß römische Synodalschreiben zur Zeit des Damasus in lateinischer Sprache abgefaßt wurden 67 . Fast sämtliche Dokumente aus der Amtszeit des Damasus 68 , die uns bekannt sind, liegen in lateinischer Sprache vor. Auch die Fragmente von Synodalschreiben die im Codex Veronensis an das Schreiben Confidimus quidem angefügt sind, sind ebenfalls lateinisch und ohne griechische Parallelüberlieferung. Daß eine der beiden Versionen eine Übersetzung der anderen sein muß, geht daraus hervor, daß fast jeder Begriff des einen Textes seine Entsprechung im anderen findet und meist auch die Wortstellung dieselbe ist. Lediglich für zwei Passagen trifft dies nicht zu. Im einen Fall gibt es dafür eine einfache Erklärung. Hier bietet der griechische Text nämlich einen kompletten Halbsatz mehr als die lateinische Version 69 , bei der dieser Teil offensichtlich fehlt, d.h. irgendwann verloren gegangen ist.

Vgl. GEORGES I, 2758f., der mehrfach TDINB als griech. Pendant zu figura erwähnt. 66 Vgl. dazu MARKSCHIES 1995, 75f. Siehe auch SCHEIDWEILER 1953, 582, der DBSBLUISPK ebenfalls als Verbesserung des ursprünglichen TDINBUPK ansieht. 67 Auch die Liturgiesprache ist in dieser Zeit bereits lateinisch geworden, siehe dazu KLAUSER 1946, 467–482 = 1974, 184–193. 68 Außer dem nur bei Theodoret überlieferten Schreiben bezüglich der Verurteilung von Timotheus von Berytus. 69 Siehe im folgenden S. 298f. 65

268

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Eine Erklärung der zweite Passage bereitet größere Schwierigkeiten; sie soll deshalb genau analysiert werden 70 . Die Übereinstimmungen des übrigen Textes sind aber so groß, daß es sich in jedem Fall um einen Originaltext und seine Übersetzung handeln muß. Um zu untersuchen, welche Version als Übersetzung angesehen werden muß, bietet sich nochmals ein synoptischer Vergleich an. Dabei soll untersucht werden, ob sich in den Texten Besonderheiten finden, die sich auf Schwierigkeiten der Übersetzung zurückführen lassen. Es wird abschnittsweise vorgegangen, der Briefkopf aber zunächst beiseitegelassen: Codex Veronensis:

Theodoret/ Sozomenus 71 :

Wir vertrauen freilich darauf, daß Eure Heiligkeit, gegründet durch die Einrichtung der Apostel, den Glauben festhält und ihn den Gemeinden weitergibt, der von den Anordnungen unserer Vorfahren in keiner Weise abweicht.

Confidimus quidem sanctitatem vestram apostolorum instructione fundatam eam tenere fidem eamque plebibus intimare, quae a maiorum institutis nulla ratione dissentiat.

Denn die Priester Gottes sollen nichts anderes glauben, für die es sich gehört, die übrigen zu unterrichten.

Neque enim aliter dei sentire convenit sacerdotes, quos par est ceteros erudire. 

1JTUFVPNFOUIO BHJBOQJTUJO INXOFO UIÝEJEBTLBMJBÝ UXOBQPTUPMXO RFNFMJXRFJTBO UBVUIOVNBKLBU FDFJOLBJUBVUIO UXÝMBXÝVGIHFJT RBJ IUJKBQPUXO PSJTRFOUXOQBSB UXOQBUFSXO PVEFOJMPHXÝEJB GXOFJ   RFPVJFSFJK  VGXÀOEJLBJPO FTUJUPVKMPJQPVK QBJEFVFTRBJ

Wir vertrauen darauf, daß Ihr unseren heiligen Glauben festhaltet, der in der Lehre der Apostel begründet ist, und daß Ihr ihn, der von den Anordnungen der Väter in keiner Weise abweicht, der Gemeinde weitergebt,

[denn nichts anderes sollen] die Priester Gottes [glauben], von denen die Übrigen, wie es sich gehört, unterrichtet werden.

Gleich im einleitenden Satz des Briefes fallen inhaltliche Abweichungen der beiden Versionen auf, wobei gleichzeitig aber jeder Begriff außer dem lateinischen quidem seine Entsprechung in der anderen Sprache findet, also genau übersetzt wurde. Die Anrede sanctitas vestra ist bei Theodoret und Sozomenus mit dem im lateinischen Text folgenden fidem verbunden, so 70

Siehe im folgenden S. 290–292. Es wurde versucht Theodoret und Sozomenus zu einem Text zu vereinen, indem an den Stellen, an denen Sozomenus von Theodoret abweicht, die abweichenden Formulierungen des Sozomenustextes in eckige Klammern gesetzt und gleichzeitig die Theodoretversion unterstrichen wurde. Stellen, die nur Theodoret bietet sind eingerahmt oder bei einzelnen Wörtern doppelt unterstrichen. Die Übersetzung bietet fast nur die Version des Theodoret. 71

1. Confidimus quidem

269

daß Sozomenus BHJBOQJTUJOVNXObietet, Thedoret hingegen BHJBOQJTUJOINXO und dafür im folgenden Text ein VNBK ergänzt, d.h. offenbar Verständnisschwierigkeiten bestanden, die eine Textänderung notwendig erscheinen ließen. Sanctitas vestra ist eine Anrede von Bischöfen, die Damasus auch in anderen Schreiben verwendet 72 , während im Griechischen in dieser Zeit BHJPUIKin dieser Bedeutung offenbar noch nicht entsprechend verbreitet ist 73 , denn auch am Schluß des Schreibens wird sanctitatis vestrae auf andere Weise, und zwar mit VNFUFSBKBHBQIKübersetzt. Daraus ergibt sich sodann der Folgefehler, daß das Participium coniunctum, das im Lateinischen auf die Besonderheit des Bischofsamtes hinweist, das nämlich auf die Einrichtung der Apostel gegründet sei 74 , jetzt im Griechischen auf den Glauben bezogen wird, und dem instructio apostolorum das wesentlich eindeutigere EJEBTLBMJB entspricht, das dann z.B. im Florilegium des Eutyches mit apostolorum doctrina 75 übersetzt wird, was man bei einer Übersetzung dieses griechischen Wortes auch erwartet. Die lateinische Version bietet hier also eine lectio difficilior, die nicht verstanden wurde. Die angeführten Argumente lassen es also in dieser Passage als wahrscheinlich erscheinen, daß das Griechische eine Übersetzung aus dem Lateinischen ist 76 . Die folgende Passage ist der auffallendste Abschnitt des ganzen Briefes und bietet die größten inhaltlichen Abweichungen:

72 Vgl. dazu z.B. die weiteren Belege in den Briefen des Damasus an Acholius und bei Hieronymus (ep. 36,1 [CSEL 54/1, 268,4 HILBERG]), siehe Kap. 5.2.1. 73 Vgl. die relativ späten Belege bei LAMPE 1987, s.v. BHJPUIK 5), 19, vgl. dazu auch JERG 1970, 153f.162–164.172.258f., siehe aber auch BHJXTVOI in dieser Bedeutung ebd., 91.104.162–164. 74 Instructio wohl auch in dem Sinne, daß sich das Bischofsamt und seine Heiligkeit an sich auf die Einrichtung des Apostels Petrus zurückführen läßt, wie im Decretum Damasi beschrieben, vgl. Kap. 5.3. 75 ACO II/2,1, 40,39. 76 Ebenso RICHARD 1951, 328f.; dagegen SCHEIDWEILER 1953, 581: Sein Argument, daß dann der Übersetzer hier sanctitas zwar nicht als Anrede erkannt hätte, aber dafür am Ende des Briefes, ist nicht schlagend, da der Briefschluß viel leichter zu verstehen ist, da es üblich ist, um ein Antwortschreiben zu bitten, und außerdem auch dort vestrae sanctitatis sehr ungenau mit UIKVNFUFSBKBHBQIK wiedergegeben wird.

270

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Aus dem Bericht der gallischen und venetischen Brüder haben wir erfahren, daß einige nicht durch die Neigung zur Häresie (denn dieses so große Übel kann die Vorsteher Gottes nicht befallen), sondern durch Unwissenheit oder Einfältigkeit in Unruhe sind durch die verkehrte Auslegung einiger Leute und nicht genügend durchschauen,

Ex Gallorum atque Venetensium fratrum relatione conperimus nonnullos non eresis studio (neque enim tantum hoc mali cadere in dei antistites potest),

welche Lehre unserer Väter eher festzuhalten ist, wenn ihnen verschiedene Konzils– beschlüsse zu Ohren kommen.

quae 77 magis patrum nostrorum sit tenenda sententia, cum diversa concilia eorum auribus ingeruntur. 

Schließlich erstatten sie ausführlich Bericht, daß Auxentius

Denique Auxentium Mediolanensem hac praecipue cau-

77

sed inscientia vel ex simplicitate quorundam scaevis interpretationibus aestuantes non satis dispicere,

BMMBEJBOBGP SBKUXOFO(BMMJBÝ LBJ#FOFUJBÝ BEFMGXOFHOXNFO UJOBKBJSFTJO TQPVEB[FJO  PQFSLBLPOPV NPOPOQBSBGV MBUUFTRBJPGFJ MPVTJOPJFQJT LPQPJ  BMMBLBJPTB BQFJSJBÝUJOXOI BQMPUIUJ UXOTLBJBJKLFD SINFOXOFSNIOFJBJK †BORJTUBTRBJ  BQPUPVOVOEJB GPSPJKEJ EBTLBMJBJK EJBOPPVNFOPVK NIQBOV PMJTRBJOFJO

BMMBNBMMPOUXO QBUFSXOINXO LBUFDFJOUIO HOXNIO PTBLJK BOEJBGPSPJCPV MBJUBJK BLPBJKBVUXO FQFJTGFSXOUBJ  UPJHBSPVO"VYFO UJPOUPO.FEJP MBOPVFYBJSFUXK

Aber durch einen Bericht der Brüder in Gallien und Venetien haben wir erfahren, daß einige die Häresie eifrig betreiben. Dieses Übel müssen die Bischöfe nicht nur verhüten, sondern sie müssen auch, was auch immer durch die Unerfahrenheit einiger oder die Einfalt derer, welche irriger Auffassung folgen, ..., von jetzt an abweichenden Lehrmeinungen entgegentreten, darauf bedacht, daß sie nicht in die Irre gehen,

sondern vielmehr an der Lehre unserer Väter festhalten, so oft ihnen abweichende Lehrsätze zu Ohren kommen. 

Demnach ist hinzugefügt worden, daß Auxentius von Mai-

SCHEIDWEILER 1953, 576 schlägt hier eine völlig unnötige Verbesserung des quae in quare vor, da ansonsten die Stelle nicht verständlich sei, besonders im Hinblick auf eine Übersetzung von magis; magis bezieht sich aber auf tenenda und soll deutlich machen, daß eben verschiedene Ansichten über die sententia patrum vertreten werden und deshalb klargemacht werden muß, welche davon die richtige sententia ist, von der gesagt werden muß, daß sie magis tenenda sei. Deshalb ist auch die Übersetzung, wie sie WITTIG 1912, 78 bietet, falsch: „nicht genügend ausfindig machen können, welches mehr als der Väter Glaube zu halten sei“.

1. Confidimus quidem von Mailand vornehmlich aus diesem Grund verurteilt worden ist.

sa damnatum esse perscribunt.



FOUPVUXÝUXÝ QSBHNBUJLBUBLF LSJTRBJ QSPTHFHSBQUBJ

271 land vornehmlich in dieser Angelegenheit verurteilt worden ist.

Hier behauptet der griechische Text gewissermaßen das Gegenteil des Lateinischen, wobei an gravierenden sprachlichen Unterschieden zunächst nur eine im Lateinischen belegte Verneinung angeführt werden kann, die im Griechischen keine Entsprechung findet. Zu erklären ist dies übersetzungstechnisch nur durch ein Versehen oder, wenn man einen griechischen Übersetzer annimmt, vielleicht dadurch, daß nonnullos non als doppelte Verneinung angesehen wurde, oder eben überhaupt an der Art der Erklärung der Vorfälle, die wie eine Entschuldigung klingt, Anstoß genommen wurde 78 . Dieser so sehr unterschiedliche Eingangssatz bedingt nun jeweils die weitere Argumentation. Während der lateinische Text erklärt, daß es sich nicht um Häresie, sondern um Unwissenheit und Einfältigkeit handelt, die nicht weiß, was wesentlich ist und sich von verschiedenen Konzilsbeschlüssen verwirren läßt, folgt der griechische Text der üblichen Argumentation, wenn es um die Verhütung und Bekämpfung von Häresien geht: einige hingen der Irrlehre an und die Bischöfe müßten dies nicht nur verhüten, sondern auch Maßnahmen dagegen ergreifen. Während die lateinische Version hier einen logisch aufgebauten inhaltlichen Zusammenhang aufweist, gewinnt man bei der griechischen Version den Eindruck einer chaotischen und in gewisser Weise unzusammenhängenden Argumentation, deren genaues Verständnis zudem an einem offenbar verderbten Text scheitert. Es erscheint allerdings völlig unverständlich, wie aus einem solch chaotischen und inhaltlich undurchsichtigen Text eine so klare lateinische Übersetzung hätte entstehen können. Andersherum stellt sich die Sachlage wesentlich einleuchtender dar: das Mißverständis der Kernaussage non eresis studio ... sed inscientia vel ex simplicitate führt die griechische Übersetzung in eine Sackgasse, weil somit die weiteren Satzteile keinen Sinn mehr ergeben 79 . Der Übersetzer versucht sodann seinem Dilemma zu entgehen, indem er den Übergang (... ae78

SCHWARTZ 1935, 180 Anm. 121: „Der griechische Übersetzer, der seine Sache sonst nicht schlecht gemacht hat, hat an der Begründung Anstoss genommen und unverständliches Gerede dafür eingesetzt“. SCHEIDWEILER 1953, 579f. versucht dagegen den Text des Theodoret durch eine Konjektur so zu ergänzen, daß ein sinnvoller Text entsteht, was aber nicht überzeugt. Da im Lateinischen ein logisch argumentierender Text vorliegt, der genau in die Geschehnisse seiner Zeit eingebunden werden kann, besteht überhaupt keine Notwendigkeit anzunehmen, daß der griechische Text den originalen Inhalt bietet. Ebenso RICHARD 1951, 330: „... il [le texte latin] a sur le grec l’avantage d’être aisément traduisible et de donner un sens exellent“. 79 Ebenso RICHARD 1951, 332: „Cette omission rendait, en effet, impossible la simple traduction du reste de la phrase“.

272

Kapitel 4: Theologische Profilierung

stuantes non satis dispicere) zu den letzten beiden Nebensätzen sehr frei interpretiert oder vielleicht sogar zusätzlich an der Übersetzung der etwas selteneren Vokabel aestuare scheitert 80 , denn dieses Wort scheint mit BOUJTUBTRBJbzw. BOBRJTUBUBJübersetzt und somit womöglich als ein Compositum von stare mißverstanden worden zu sein. Mit EJBOPPVNFOPVK EJBOPPVNFOXK wurde wohl die Vokabel dispicere übersetzt und non satis mit NIQBOV. Der Rest ist offenbar ergänzt, um den Anschluß der Nebensätze und einen einigermaßen einleuchtenden Sinn zu gewährleisten. Daß dies nicht gelungen ist, zeigen die Abweichungen der Texte bei Theodoret und Sozomenus, die sonst einen fast übereinstimmenden Text bieten. Offenbar wurde hier beim Abschreiben der Versuch unternommen, den unverständlichen Text zu verbessern. Für eine griechische Fehlübersetzung in dieser Passage spricht auch, daß der vorletzte Nebensatz zwar mit anderem Sinn angeschlossen wird, nicht als indirekte Frage mit Konjunktiv und Gerundiv, sondern eingeleitet mit der adversativen Konjunktion BMMB, aber denselben Wortbestand aufweist, ebenso wie der folgende Nebensatz. Ein weiteres Indiz ist der Anschluß der folgenden Textpassage über die Verurteilung des Auxentius. Während die lateinische Version hier mit perscribunt den Bericht der Brüder aus Gallien und Venetien fortführt, formuliert der griechische Text den Sachverhalt ohne Nennung eines Subjekts passivisch, da offenbar dieser Zusammenhang verloren gegangen ist 81 . Es ist also angemessen, daß alle Gesetzeslehrer im ganzen römischen Erdkreis dieselbe Ansicht über das Gesetz vertreten und nicht mit verschiedenen Lehren den Gauben des Herrn verletzen.

Par est igitur universos magistros legis per orbem Romanum paria de lege sentire nec diversis magisteriis fidem dominicam violare. 

Denn als schon längst das Gift der

Nam cum dudum ereticorum virus,

80

EJLBJPOPVOFTUJ QBOUBKUPVKFO UXÝ3XNBJXO LPTNXÝEJEBTLB MPVK UPVOPNPVUBQF SJUPVOPNPV GSPOFJO  LBJNIEJBGPSPJK EJEBTLBMJBJKUIO QJTUJONJBJOFJO LBJHBSIOJLB QSXUPOILBLJB

Es also angemessen, daß alle Gesetzeslehrer im ganzen römischen Erdkreis sich in den Lehren des Gesetzes auskennen und nicht mit verschiedenen Lehren den Glauben verletzen. Denn als zuerst die Bosheit der Häreti-

Siehe PIETRI 1976, 779 Anm. 2: „Noter la formule scaevis interpretationibus aestuantes, pour les évêques entraînés par la propagande d’Auxence, mal lue et mal traduite chez Sozomène, FJLBJBJKFSNIOFJBJK Théodoret: TLBJBJKFSNFOFJBJK“ 81 Ebenso RICHARD 1951, 333: „Le traducteur n’a pas compris quel était le sujet de perscribunt et s’est tiré de la difficulté en rendant ce verbe par un passif. D’ailleurs, dans son interprétation, le lien entre la condamnation d’Auxence et la dénonciation des évêques Gaulois et Vénetiens, UJOBKBJSFTJOTQPVEB[FJO (tout le reste n’étant qu’une parenthèse), n’apparaît pas bien“. Ebenso PIÉTRI 1976, 779 Anm. 2.

273

1. Confidimus quidem Häretiker, wie es nun wieder begonnen hat sich einzuschleichen, und besonders die Gotteslästerung der Arianer sich zu entwikkeln begonnen hatte, haben unsere Vorfahren, die 318 Bischöfe und diejenigen, die zur Vertretung des heiligsten Bischofs der Stadt Rom gesandt worden sind, auf dem Konzil, das bei Nicaea abgehalten worden ist, diese Mauer gegen die teuflischen Waffen errichtet und den tödlichen Giftbecher mit diesem Gegengift zurückgeschlagen:

ut nunc iterum coepit obrepere, ac praecipue Arrianorum blasphemia pullulare coepisset, maiores nostri CCCXVIII episcopi atque ex vice 82 sanctissimi episcopi urbis Romae directi  apud Nicaeam confecto concilio 83 hunc murum adversus arma diabolica statuerunt atque hoc antidoto mortalia pocula propulsarunt,

daß man glauben soll, daß Vater, Sohn und heiliger Geist von einer einzigen Gottheit, einer einzigen Kraft,

ut patrem filium spiritumque sanctum

einer einzigen Gestalt, und einer einzigen Substanz sind;

unius figurae,

unius deitatis, unius virtutis,

unius credere oporteret substantiae,

UXOBJSFUJLXO BLNB[FJOISYBUP XKLBJOVONB MJTUBVGFSQFJ  UXO"SFJBOXOI CMBTGINJB  PJQBUFSFKINXO USJBLPTJPJEFLB LBJPLUX FQJTLPQPJLBJPJ FLUIK3XNBJXO BHJXUBUPV FQJTLPQPV FQJMFLUPJ 

ker sich zu entfalten begann, wie auch jetzt die gottlose Lehre der Arianer sich besonders einschleicht,

FJK/JLBJBOHF OPNFOPVUPV TLFNNBUPK UPVUP UPUFJDPKVQF OBOUJPOUXOPQ MXOUPVEJBCP MPVXSJTBOLBJ UBVUIÝUIÝBOUJEP UXÝUBRBOBTJNB GBSNBLB BQFXTBOUP  XTUFUPOQBUFSB LBJUPOVJPO NJBKPVTJBK  NJBKRFPUIUPK  NJBKBSFUIK  NJBKEVOBNFXK LBJFOPKDBSBL UISPK QJTUFVFTRBJ DSIOBJ LBJUIKBVUIK VQPTUBTFXKLBJ UPQOFVNBUPB HJPO 

in der Beratung in Nicaea daher diese Mauer gegen die Waffen des Teufels errichtet und das tödliche Gift mit diesem Gegengift zurückgeschlagen:

haben unsere Väter, die 318 Bischöfe und diejenigen, die vom heiligsten Bischof von Rom gesandt worden sind, 

daß man glauben soll, daß der Vater und der Sohn von einer einzigen Usie, einer einzigen Gottheit, einer einzigen Kraft, einer einzigen Macht und eines Charakters seien, und von derselben Hypostase (Eigenschaft?) auch der heilige Geist,

82 Konjektur E.SCHWARTZ 1936, 19,21, statt urbe im Cod.Ver. Vgl. dazu die Version im Florilegium des Eutyches, ACO II/2,1, 41,11: ...et Romani presbyteri in locum episcopi sui, electissimi viri..., der frei von der griechischen Vorlage den geschichtlichen Sachverhalt schildert. 83 Hier vermutet SCHWARTZ 1904, 365 ein „grobes Mißverständis“ der griechischen Übersetzung, ebenso PIÉTRI 1976, 779 Anm. 2; dagegen PARMENTIER (GCS Theodoret, LXXIX) und RICHARD 1951, 337.

274 und sie urteilten, daß diejenigen, die die Gegenmeinung vertreten, von unserer Gemeinschaft ausgeschlossen seien.

Kapitel 4: Theologische Profilierung contra sentientem alienum a nostro consortio iudicantes.

UPOEFBMMXK GSPOPVOUBBM MPUSJPOFJOBJUIK INFUFSBKLPJOX OJBKLSJOBOUFK 

und sie urteilten, daß aber Andersdenkende unserer Gemeinschaft ausgeschlossen seien.

Die nächste Abweichung der lateinischen und griechischen Version betrifft die Teilnehmer des nicaenischen Konzils. Hier hat Eduard Schwartz mit einer Konjektur den lateinischen Text verändert, denn der Cod.Ver. bietet statt des ergänzten vice die Vokabel urbe; Diese Version nahm hingegen Marcel Richard in seinen Text auf und strich dafür das nachfolgende urbis Romae 84 ; seine Übersetzung trifft jedoch den tatsächlichen Sachverhalt nicht: „nos prédécesseurs les 318 évêques et les très saints évêques de la Ville“, denn aus Rom reisten keine Bischöfe nach Nicaea, sondern zwei römische Presbyter 85 als Vertretung für den römischen Bischof Silvester, der mit dem Begriff sanctissimi episcopi auch nur gemeint sein kann 86 . Übersetzt man aber den lateinischen Satz in der Version Richards mit sanctissimi episcopi als Genitiv („die aus der Stadt des heiligsten Bischofs Gesandten“), ergibt sich ein weitaus besserer und mit den tatsächlichen geschichtlichen Gegebenheiten übereinstimmender Sinn. Somit stimmen griechische und lateinische Version inhaltlich überein 87 . Eindeutig auf einen Übersetzungsfehler läßt die griechische Formulierung FJK/JLBJBOHFOPNFOPVUPVTLFNNBUPK statt des lateinischen confecto concilio schließen 88 . Dieser Irrtum kann damit erklärt werden, daß die Vokabel concilio als consilio mißverstanden wurde. Auch an der wichtigsten Stelle des ganzen Textes differieren die beiden Versionen, nämlich wenn es um den zusammengefaßten Inhalt des Glaubens geht. Während der lateinische Text wieder klar formuliert, ist der griechische etwas komplizierter, da er zunächst Vater und Sohn nennt und erst am Ende den Heiligen Geist hinzunimmt. Während sich im Lateinischen die Formulierungen unius deitatis, unius virtutis, unius figurae, uni-

84

M. RICHARD 1951, 326 und 331–337. Vgl. dazu die Vorrede zum Nicaenum EOMIA I/1,2, 155,9–156,14 und auch die Version des Florilegium des Eutyches, ACO II/2,1, 41,10f. 86 Vgl. SCHEIDWEILER 1953, 576. 87 Vgl. dazu auch PIÉTRI 1976, 779f. Anm.2, „Une difficulté en latin et en grec, la phrase mentionnant l’envoi de légats romains à Nicée: ex urbe sanctissimi episcopi urbis Romae directi; en latin, l’expression s’alourdit avec la répétition (E.Schwartz, corrige ex vice); en grec, le texte devient plus difficile car le traducteur bute sur mention de l’urbs, et dans la version grecque de Sozomène laisse entendre que le pape a envoyé comme légats à Nicée, des évêques. C’est la procédure romaine du Ve siècle.“ 88 So auch SCHWARTZ 1904, 365, RICHARD 1951, 337 und PIÉTRI 1976, 779 Anm.2,2); dagegen PARMENTIER (GCS Theodoret, LXXIX). 85

1. Confidimus quidem

275

us substantiae alle auf die Trinität insgesamt beziehen 89 , wird im Griechischen aufgeteilt, die Begriffe beziehen sich fast alle auf Vater und Sohn 90 , nur – nachklappend wie auch die Wortstellung im Lateinischen – UIKBVUIKVQPTUBTFXK als Übersetzung von unius substantiae wird auf den hier zuletzt genannten Heiligen Geist bezogen. Damit wird deutlich, daß der Verfasser oder Bearbeiter des griechischen Textes offenbar den Heiligen Geist nicht mit Vater und Sohn gleichgestellt wissen wollte: er verwendet nicht den Begriff NJBK wie bei Vater und Sohn, sondern BVUIK, d.h. von derselben Hypostase und nicht von einer einzigen. Auch die Verwendung des Begriffs VQPTUBTJKals Entsprechung zu substantia birgt Schwierigkeiten, denn während der lateinische Text substantia offenbar als Entsprechung zu PVTJB verwendet, ist ein Schreiben, das von einer Hypostase spricht für die östliche Theologie unannehmbar. 91 Auch hier erscheint also die Lösung wahrscheinlicher, daß der griechische Text eine Übersetzung des lateinischen ist, und zwar eine Übersetzung mit anderer theologischer Option, die nicht zu den Aussagen über die Trinität in den weiteren Texten des Codex Veronensis paßt, wo eindeutig der Heilige Geist Vater und Sohn gleichgeordnet ist 92 . Diese heilbringende Bestimmung haben später einige Leute versucht mit anderen Abhandlungen zu verderben und zu verletzen.

Quam definitionem salutarem postea aliis tractatibus quidam et violare temptaverunt.



POQFSTXUISJXEI PSPOLBJUIO QSPTLVOIUIO TLFZJO EJBGRFJSBJNFUB UBVUBBMMBJK TLFZFTJ UJOFKLBJNJBOBJ

Diese heilbringende Bestimmung und verehrungswürdige Auffassung haben später einige Leute durch andere Auffassungen verderben und verletzen woll

89 Ebenso im Florilegium des Eutyches, ACO II/2,1, 41,12–14: ... hoc remedio letales reppulere doctrinas, quo dicerent patrem et filium et spiritum sanctum unius deitatis, unius esse virtutis et esse unius essentiae. 90 (Sozomenus: NJBKRFPUIUPK NJBKBSFUIKLBJFOPKTDINBUPK; Theodoret: NJBKPV TJBK NJBKRFPUIUPK NJBKBSFUIK NJBKEVOBNFXKLBJFOPKDBSBLUISPK). Da Theodoret mehr Begriffe aufweist als die lateinische Version und die des Sozomenus, scheinen die zusätzlichen Begriffe bei ihm ergänzt zu sein. NJBKEVOBNFXK wohl parallel zu NJBKBSFUIK entsprechend dem Begriff virtus und NJBKPVTJBK, weil dieser Begriff als fehlend empfunden wurde, wobei damit aber der Text unverständlicher wird, da auf diese Weise umso mehr die Formulierung UIKBVUIKVQPTUBTFXK den Heiligen Geist betreffend auffällt. 91 Siehe dazu auch die Ausführung von MARKSCHIES 1995, 75f. 92 Vgl. dazu die Aussagen im Fragment Ea gratia/Non nobis quidquam. Damit ist auch SCHEIDWEILER 1953, 582 widerlegt, der dem ausführlichen Text bei Theodoret den Vorzug gibt, „da ferner in Nicaea von der Homousie des hlg. Geistes überhaupt noch keine Rede war, verdient eine Fassung, die ihn nachträgt, mehr Vertrauen als eine, die ihn gleich mit den beiden anderen Personen zusammen nennt“. In der Zeit, in der Confidimus quidem entstanden ist, ging es aber gerade um den Heiligen Geist und seine Stellung zu Vater und Sohn.

276

Aber gleich von Anfang an ist gerade von denselben, die dazu gezwungen wurden, bei Rimini dies zu verändern und zu bearbeiten, die Angelegenheit insoweit berichtigt worden, daß sie bekannten, es sei ihnen durch eine andere Argumentation untergeschoben worden, deswegen, weil sie nicht erkannt hätten, daß deren Lehre der Lehre, die die Väter bei Nicaea festgesetzt hatten, entgegengesetzt sei. Auch aus der Zahl derer nämlich, die sich bei Rimini versammelt haben, hat keine Vorentscheidung entstehen können, weil feststeht, daß weder der römische Bischof, dessen Meinung vor allen erwartet hätte werden müssen, noch jemand des Vicentius, der so viele Jahre lang das Priesteramt untadelig bewahrt hat, noch anderer Zustimmung zu derartigen Be-

93

Kapitel 4: Theologische Profilierung

ut subreptum sibi alia disputatione faterentur idcirco quod non intellexissent patrum sententiae apud Nicaeam firmatae esse contrarium.

IRFMITBO BMMFOBVUIÝUIÝ BSDIÝBQBVUXO UPVUXO PJUJOFKFO "SJNIOXÝBOB OFXTBTRBJI ZIMBGITBJ IOBHLB[POUP  NFDSJUPVUPV EJXSRXRI   XKPNPMPHFJOBV UPVKFUFSBÝEJBMF YFJVGISQBTRBJ  IPUJPVLFOFOPI TBOUIÝUXOQBUF SXOHOXNIÝUIÝFO /JLBJBÝBSFTBTIÝ FOBOUJPOFJOBJ

len.  Aber gleich von Anfang an ist gerade von denselben, welche in Rimini zu Neuerungen und Unklarheiten gezwungen wurden, die Angelegenheit soweit berichtigt worden, daß sie bekannten, sie seien durch fremde Argumentation getäuscht worden und hätten nicht erkannt, daß dies der Lehre, welche die Väter in Nicaea festgesetzt hatten, entgegengesetzt sei.

Neque enim praeiudicium aliquod nasci potuit ex numero eorum qui apud Ariminum convenerunt, cum constet neque Romanum episcopum, cuius ante omnes fuit expectanda sententia, neque Vincentii, qui tot annos sacerdotium inlibate servavit, neque aliorum huiusmodi statutis consensum aliquem commodasse,

PVEFHBSQSPLSJ NBUJIEVOIRIHF OFTRBJVQP UPVBSJRNPVUXO FO"SJNIOXÝ TVOBDRFOUXO  PQPUFTVOFTUILF NIUFUPO 3XNBJXOFQJT LPQPO PVÀ QSPQBOUXOFEFJ UIOHOXNIOFLEF YBTRBJ PVUF 0VJLFOUJPV PK FQJUPTPVUPJK FUFTJUIOFQJTLP QIOBTQJMXK FGVMBYFO  PVUFUXOBMMXO

Auch nämlich aus der Zahl derer, die sich in Rimini versammelt haben, konnte kein Vorurteil entstehen, weil feststeht, daß weder der Bischof von Rom, dessen Meinung vor allen eingeholt hätte werden müssen, noch auch sonst einer des Vincentius, der so viele Jahre das Bischofsamt untadelig geführt hatte, noch auch von anderen Zustimmung zu der-

Sed et in ipso exordio ab isdem ipsis qui hoc apud Ariminum innovare vel tractare 93 cogebantur, emendatum hactenus est,

SCHEIDWEILER 1953, 578 hält hier den Begriff der griechischen Version ZIMBGITBJ für wesentlich aussagekräftiger als das lateinische tractare. Das ist aber kein Argument für eine Priorität des griechischen Textes, da der griechische Übersetzer sicherlich über den Sachverhalt der Synode von Rimini informiert war und dies in seine Übersetzung einbringen konnte. Außerdem kann tractare eben auch: „verfälschen, hinbiegen etc.“ heißen!

1. Confidimus quidem schlüssen geliefert habe, zumal da, wie wir gesagt haben, eben dieselben, die durch Täuschung unterlegen zu haben schienen,

cum praesertim, ut diximus, idem ipsi qui per inpositionem succubuisse videbantur,

nachdem sie zu einer besseren Einsicht gekommen waren, öffentlich ihr Mißfallen bezeugt haben.

idem consilio meliore displicere sibi fuerint protestati.



UPJKUPJPVUPJK TVHLBUBRFNFOXO  PQPUFNBMJTUB  LBRB QSPFJSILBNFO  BVUPJPVÀUPJPJUJ OFKLBUBTVTLFV IOVQPLMJOFTRBJ FEPYBO  PJBVUPJ LBMMJPOJHOXNIÝ DSITBNFOPJBQB SFTLFJOBVUPJK UBVUBFNBSUV SBOUP

277 artigen Bestimmungen geliefert habe; zumal da, wie wir gesagt haben, eben dieselben, die durch die Täuschung zu wanken schienen,

nachdem sie zu besserer Einsicht gekommen waren, ihr Mißfallen darüber bezeugt haben.

In den folgenden Passagen über das Konzil von Rimini und seine Hintergründe sind nur geringe Abweichungen zu vermerken. Gleich am Anfang findet sich in der griechischen Version eine zusätzliche Formulierung: Während in der lateinischen Version von einer definitionem salutarem gesprochen wird, verwendet der griechische Text eine doppelte Umschreibung, um gleichzeitig seine Verehrung für den Glauben von Nicaea auszudrücken (POQFSTXUISJXEIPSPOLBJUIOQSPTLVOIUIOTLFZJO . Die grammatische Konstruktion Romanum episcopum – commodasse ist unschön, der griechische Text hingegen in seiner Konstruktion inkorrekt. Parmentier aber meint, „daß da, wo die Vergleichung von Theodoret und Sozomenus einen fehlerhaften griechischen Urtext erschließen läßt, das Lateinische keine Möglichkeit bietet, ihn zu corrigieren“ 94 . Dafür ist die genannte Stelle für ihn ein „besonders schlagendes Beispiel einer ... dem Lateinischen und Theodoret gemeinsamen Unregelmäßigkeit in der Construction, die auf den griechischen Urtext zurückgeht“ 95 . Scheidweiler präzisiert diese These dahingehend, daß er die beiden merkwürdigen Genitive Vincentii und aliorum mit einem von ihm rekonstruierten griechischen Urtext erklärt 96 . Aber auch Eduard Schwartz versucht seinerseits die Passage durch einen von ihm rekonstruierten in diesem Fall natürlich lateinischen Urtext zu interpretieren 97 . Beides ist unnötig, da es offenbar so ist, daß der

94

PARMENTIER, GCS Theodoret, LXXIX. Ebd. 96 SCHEIDWEILER 1953, 577. 97 SCHWARTZ 1936, 20 im Apparat zu den Zeilen 5–8: „gemeint ist Romanum episcopum neque sententiam suam (dafür ist der Relativsatz cuius – sententia eingetreten) neque Vincentii neque aliorum consensum commodasse: der Bischof von Capua unterstand dem römischen“.. 95

278

Kapitel 4: Theologische Profilierung

griechische Übersetzer eine zwar unschöne, aber richtige lateinische Konstruktion nicht verstanden hat 98 . Daraus erkennt Eure Lauterkeit, daß allein dieser Glaube, der bei Nicaea durch die Autorität der Apostel begründet worden ist, mit immerwährender Festigkeit beizubehalten ist, und daß mit uns die Orientalen, die sich als katholisch erachten, und die Okzidentalen ihren Ruhm darauf setzen.

Unde advertit sinceritas vestra hanc solam fidem quae apud Nicaeam apostolorum auctoritate fundata est, perpetua firmitate esse retinendam

ac nobiscum Orientales qui se catholicos recognoscunt, Occidentalesque gloriari.



Wir glauben, daß es aber nicht lange dauern kann, bis diejenigen, die eine andere Ansicht vertreten, obwohl sie durch eben dieses Unterfangen von unserer Gemeinschaft enthoben werden können, und ihre Gemeinden von den Irrtümern befreit aufatmen. Denn wie werden sie die Irrtümer der Gemeinden beheben können, wenn der 98

Non longe autem fieri posse credimus ut qui secus sentiunt, licet 99 hoc ipso conatu a nostra communione 100 exui possint plebesque eorum erroribus liberatae respirent. 

Quemadmodum enim poterunt corrigere errata populorum,

4VOPSBÝPVOI VNFUFSBLBRBSP UIKUBVUIONPOIO UIOQJTUJO IUJK FO/JLBJBÝLBUB UIOBVRFOUJBO UXOBQPTUPMXO FRFNFMJXRI  EJIOFLFJCFCBJP UIUJLBRFLUFBO FJOBJ LBJNFR INXOUPVK"OB UPMJLPVK PJUJOFK FBVUPVKUIKLB RPMJLIKFQJHJ OXTLPVTJ UPVKEF %VUJLPVKLBV DBTRBJ QJTUFVPNFOEFPVL FJKNBLSBOUPVK BMMBOPTPVOUBK BVUIÝUIÝFQJDFJ SITFJBQPUIK INFUFSBKLPJOX OJBKDXSJTRI TFTRBJLBJQFSJ BJSFRITFTRBJBQ BVUXOUPUPV FQJTLPQPVPOPNB XTUFUPVKMBPVK UIKQMBOIKBVUXO FMFVRFSXRFOUBK BOBQOFVTBJ

Eure Lauterkeit erkennt nun, daß allein dieser Glaube, der in Nicaea durch die Autorität der Apostel begründet worden ist, mit unveränderlicher Festigkeit beizubehalten ist,

PVEFOJHBSUSPQXÝ EJPSRPVTRBJEV OITPOUBJUIO QMBOIOUXOPD

Denn auf keine Weise können sie den Irrtum des Volkes beheben, wenn sie

und daß mit uns die Orientalen, die sich als katholisch erachten, und auch die Okzidentalen ihren Ruhm darauf setzen.

Wir glauben aber, daß es nicht lange dauern kann, daß die Andersdenkenden wegen eben dieses Vorgehens von unserer Gemeinschaft ausgeschlossen werden und des bischöflichen Namens beraubt werden, damit die Gemeinden, von deren Irrtum befreit, wieder aufatmen.

Siehe RICHARD 1951, 337 und PIÉTRI 1976, 780 Anm.2. SCHWARTZ 1936, 20,15: unnötige Konjektur ilicet. RICHARD 1951, 338, hält an licet fest, indem er die folgende Lücke entsprechend füllt; der Cod.Ver. bietet sentium licet, wobei sich aus den anderen Versionen ergibt, daß die Lesart sentiunt wohl die richtige ist. 100 Sehr einsichtige Konjektur von RICHARD 1951, 338; SCHWARTZ 1936, 20, Apparat zu Zeile 15 schlägt vor, hier nach dem griechischen Text separari atque episcopi appellatione zu ergänzen. 99

1. Confidimus quidem Irrtum sie selbst gefangen hält?

si ipsos error obsederit? 

MXO PQPUFBVUPJ VQPUIKQMBOIK LBUFDPOUBJ

279 selbst im Irrtum gefangen sind.

Im weiteren Verlauf der Argumentation gibt es keine gravierenden Unterschiede mehr. Im Abschnitt, der über den Ausschluß Andersdenkender handelt, bleibt die etwas komplizierte Formulierung fieri posse ..., ut im Griechischen ohne Entsprechung, der Sinn aber unverändert. Die daran anschließende Passage scheint jedoch im Lateinischen lückenhaft, so daß angenommen werden muß, daß der im Griechischen erhaltene Halbsatz (QFSJBJSFRITFTRBJBQBVUXOUPUPVFQJTLPQPVPOPNB im Lateinischen ausgefallen ist. Ein Indiz dafür ergibt sich aus dem lateinischen Begriff exui, der eher seine Entsprechung in QFSJBJSFRITFTRBJ als in DXSJTRITFTRBJ findet, so daß die Lücke vor der Formulierung exui possint angenommen werden muß. Hier bietet Richard den einleuchtendsten Lösungsversuch, der gleichzeitig auch zeigt, daß – wie Parmentier in seiner Ausgabe bereits angemahnt hat – der griechische Text an dieser Stelle gleichfalls unvollständig ist 101 . Er ergänzt mit der Konjunktion licet einen konzessiven Nebensatz aus dem griechischen Wortschatz 102 und kann damit folgendermaßen übersetzen: „Nous croyons qu’il ne faudra pas longtemps pour que ceux qui pensent autrement (bien que par cette tentative même ils soient déjà séparés de notre communion) puissent être privés du titre d’évêque, en sorte que les fidèles, délivrés de leurs erreurs, respirent“ 103 . Den folgenden Sachverhalt, daß vom Irrtum befallene Bischöfe auch den Irrtum der Gemeinde nicht beheben können, kleidet der lateinische Text in eine elegante rhetorische Frage mit dem Fragepronomen Quemadmodum; im Griechischen hingegen wird der Satz einfach negativ mit PVEFOJHBSUSPQXÝ eingeleitet, um gleich die Unmöglichkeit festzustellen 104 . Auch die Meinung Eurer Liebe soll also mit allen Priestern Gottes übereinstimmen, in der wir so, wie wir Euch voll 101

Concinat ergo cum omnibus dei sacerdotibus etiam vestrae sententia caritatis, in qua vos fixos at-

TVNGXOFJUXUPJ OVONFUBQBOUXO UXOUPVRFPV JFSFXOLBJUIK VNFUFSBKUJNJP UIUPKIHOXNI 

Auch die Meinung Eurer Ehrwürden, in der Ihr fest und standhaft seid, wie wir glauben, möge also mit allen Prie-

PARMENTIER im Apparat zu THDT., h.e. II 22,11 (GCS 149,15): „lückenhafte Stel-

le?“ 102

Siehe Anm. 39. RICHARD 1951, 339. 104 Interessanterweise hat auch das Florilegium des Eutyches den Sachverhalt in eine Frage gekleidet, ACO II/2,1, 41,24f.:... quam [plebem] qualiter poterunt emendare, cum ipsorum oculi simili caligine teneantur? und formuliert wie der Text des Cod.Ver. im Futur, wobei aber auch der griechische Text Futur bietet. 103

280

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Vertrauen für fest darin gegründet halten, auch selbst mit Euch das Rechte meinen müssen.

que firmatos ut bene credimus,

Beweist dies mit Antwortschreiben Eurer Heiligkeit.

Reciprocis sanctitatis vestrae litteris adprobate. 105

Ich, der Diakon Sabinus aus Mailand, habe dies vom Original als Bote wiedergegeben.

ita etiam nos vobiscum recte sentire debemus.



FOIÝÀVNBKQBHJPVK LBJCFCBJPVK FJOBJQJTUFVPNFO  PVUXLBJINFJKNFR VNXOPSRXKQJT UFVFJOPGFJMPNFO UPJKBNPJCBJPJK UIKVNFUFSBK BHBQIKFVGSB OBUFINBK FSSXTRF BEFMGPJ UJNJXUBUPJ

stern Gottes übereinstimmen. So müssen auch wir mit euch richtig glauben. Erfreuet uns durch ein Antwortschreiben Eurer Liebe. Lebet wohl, ehrwürdige Brüder!

Ego Sabinus diaconus Mediolanensis legatus 106 de authentico dedi 107 .

Auch der Briefabschluß bietet keine neuen Erkenntnisse. Wieder einmal findet eine kompliziertere lateinische Formulierung, nämlich ut bene credimus keine Entsprechung im griechischen Text, dort bleibt es bei einem einfachen A.c.I. Die Bitte um Antwortschreiben erfolgt aber in einem auffallend unterschiedlichen Tonfall. Während in der lateinischen Version der Befehlston vorherrscht und in einem Antwortschreiben Zustimmung erwartet wird, bleibt das Griechische freundlich. Bei Theodoret möchte der Absender durch Antwortschreiben erfreut werden, ohne daß er deren Inhalt vorschreibt und redet den Empfänger mit UIKVNFUFSBKBHBQIK an. Ebenso liebenswürdig ist auch der Schlußgruß: „Lebet wohl, ehrwürdige Brüder!“ Dieser fehlt in der lateinischen Version ganz, wobei stattdessen eine Erklärung des Diakons Sabinus angefügt ist, die auf die besondere Situation des Briefes schließen läßt 108 . Auch Sozomenus formuliert freundlicher und verzichtet auf den Imperativ, bleibt aber insgesamt näher am lateinischen Text 109 . Ebenso wie der Briefkopf unterscheidet sich auch der Briefschluß in beiden Versionen voneinander. Die Frage ist nun, ob der Brief von densel105 Das Florilegium des Eutyches ist inhaltlich hier der lateinischen Version und auch Sozomenus wesentlich näher als der griechischen des Theodoret: et indicate nobis reciprocis scriptis sanctitatem vestram sentire nobiscum. 106 D.h. Sabinus war als Gesandter mit einem Auftrag unterwegs; auch daß der Diakon seine Herkunft angibt, scheint darauf hinzuweisen, daß er sich außerhalb von Mailand befand. 107 Sabinus hat also vom Original eine Abschrift gemacht, diese Notiz findet sich nur unter dem im Codex Veronensis überlieferten Dokument. 108 Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 4.1.2.1. 109 Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 4.1.3.1.1.

1. Confidimus quidem

281

ben Absendern mit kleinen Änderungen an verschiedene Adressaten verschickt wurde 110 . Meiner Ansicht nach nicht, denn bei der griechischen Version handelt es sich eindeutig um eine Übersetzung des lateinischen Textes, und zwar um eine Übersetzung, die den Text teilweise mißverstanden hat. Damit ist zunächst einmal die These der doppelten Redaktion in Rom, wonach bewußt verschiedene Fassungen in den Orient und ins Illyricum geschickt worden sind, anhand der lateinischen und griechischen Version, die uns vorliegen, nicht zu vertreten 111 . Trotzdem bleibt immer noch zu klären, welche Adresse die originale ist, denn durch den Erweis der Prioritat der lateinischen Version ist dennoch nicht geklärt, weshalb der griechische Text eine andere Adresse bietet. Dieser Frage soll nachgegangen werden, indem zunächst die lateinische Version des Eutyches für weitere Anhaltspunkte herangezogen wird und dann eine inhaltliche Einordung des Synodaldokumentes Confidimus quidem in die geschichtlichen Ereignisse versucht wird. 1.2.3. Die Version des Eutyches Bislang bestand in der Frage der Version des Eutyches der Konsens, daß es sich hierbei um eine lateinische Übersetzung der griechischen Version bei Theodoret und Sozomenus handelt 112 . Diese Theorie hält aber einem ge110 So WITTIG 1912, 81; SCHEIDWEILER 1953, 585 nimmt an, daß Rom das Schreiben an die Bischöfe des Illyricum und an Athanasius sandte, und Athanasius dann das Exemplar, das er in den Osten weitergab, hinsichtlich der Zusammenfassung des nicaenischen Glaubens verändert hat. 111 Lediglich dem Übersetzer kann wohl vorgeworfen werden, daß er den Text nicht nur übersetzt hat, sondern dabei auch die theologischen Aussagen verändert hat. 112 SCHWARTZ 1935, 179 Anm. 120: „Außer dem lateinischen an die Bischöfe per Orientem gerichteten Original existiert ein zweites Exemplar, das nach Illyricum, d.h. nach Thessalonike, geschickt und dort übersetzt wurde; dieser Text liegt vor bei Theodoret 2,22 = Sozom. 6,23 und in lateinischer Rückübersetzung in dem Florilegium des Eutyches ...“ . RICHARD 1951, 335 schreibt über den Text des Eutyches bezüglich der nach Nicaea abgeschickten Presbyter als Vertretung für den römischen Bischof: „Nous n’avons pas cru pouvoir retenir cette correction, car elle ne permet pas d’expliquer la véritable anarchie de la traduction de la version grecque (dont le latin du florilège d’Eutychès n’est qu’un médiocre témoin).“ PIÉTRI 1976, 777–782 äußert sich zu diesem Problem nicht. Ganz sicher aber handelt es sich bei diesem Exemplar um die lateinische Übersetzung eines griechischen Schriftstückes, dazu E. SCHWARTZ, Der Prozeß des Eutyches, Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Abteilung, Jahrgang 1929, Heft 5, München 1929, 4: „Die hier mitgeteilten Schriftstücke des Eutyches sind nur in lateinischer Übersetzung erhalten. Die eine, die der Collectio Nouariensis ... angehört, teilt den libellus appellationis mitsamt den Beilagen, mit denen ihn Eutyches selbst ausgestattet hatte, dem der konstantinopler Synode vorgelegten, aber nicht angenommenen libellus fidei, der in Konstantinopel angeschlagenen contestatio und

282

Kapitel 4: Theologische Profilierung

nauen synoptischen Vergleich nicht stand. Zwar ist die Version des Eutyches in vieler Hinsicht sehr frei formuliert, auffallend ist aber, daß sie, was die Eigenheiten der griechischen Version gegenüber der lateinischen des Codex Veronensis angeht, nur wenige Gemeinsamkeiten aufweisen kann, ganz im Gegenteil zu den Formulierungen Cassiodors, die durchweg die Abhängigkeit zur griechischen Vorlage erkennen lassen; genau genommen gibt es nur zwei Übereinstimmungen gegen den Codex Ver.: zunächst der Adressat, die illyrischen Bischöfe, wobei auch hier die Formulierung nicht ganz übereinstimmt, und die fehlende Verneinung in der Passage, in der es die größten Unterschiede zwischen lateinischer und griechischer Version gibt. Dazu wird nochmals eine Synopse vorgelegt, die die Version des Cod.Ver., des Eutyches, Theodoret/Sozomenus und Cassiodor einander gegenüberstellt. Codex Veronensis 113 : Damasus Valerianus Vitalianus Aufidius Paenius Victor Priscus Innocentius Abundantius Theudulus et ceteri qui audiendam causam Auxentii exponendamque fidem in urbe Roma convenerunt, episcopis catholicis per Orientem constitutis in domino salutem. Confidimus quidem sanctitatem vestram apostolorum instructione fundatam eam tenere fidem eamque plebibus intimare,

Florilegium des Eutyches 114 :

Synodus

episcopis per Illyricum constitutis.

Etsi confidimus sanctitatem vestram apostolorum doctrina fundatam et subnixam fidei etiam populos evidenter docere et obsequentem

Theodoret/ Sozomenus 115 : 0JFQJTLPQPJPJ FQJUIK3XNBJXO FJKUPJFSPOTVO FESJPOTVOFMRPO UFK %BNBTPKLBJ 0VBMFSJBOPKLBJ PJMPJQPJ  UPJKBHBQIUPJK BEFMGPJKUPJKFO UXÝ*MMVSJLXÝ LBRFTUXTJO FQJTLPQPJK  FORFXÝ DBJSFJO 1JTUFVPNFOUIO BHJBOQJTUJO INXOFO UIÝEJEBTLBMJBÝ UXOBQPTUPMXO RFNFMJXRFJTBO UBVUIOVNBKLBU FDFJOLBJUBVUIO UXÝMBXÝVGIHFJT

Cassiodor 116 :

Damasus et Valerianus et ceteri episcopi dilectissimis fratribus in Illyrico constitutis episcopis in domino salutem.



Credimus sanctam fidem vestram in apostolorum eruditione fundatam, hanc tenere et hanc populis universis exponere,

einer Sammlung von DSITFJK der Väter ... Daß diese Übersetzungen, wie die ganze Sammlung, aus dem römischen Archiv stammen, leidet keinen Zweifel“. Siehe auch ebd. 88 ; A. VAN ROEY, Art. Eutychès, DHGE 16, 1964–1967, 87–91. 113 SCHWARTZ 1936, 19,2–20,22. 114 ACO II/2,1, 40,38–41,28. 115 Zusammenstellung von THDT., h.e. II 22,1–12 (GCS 147,1–150,8) und SOZ., h.e. VI 23,7–15 (GCS 266,3–268,12). 116 CASSIODOR/EPIPHANIUS, Historia Tripartita V 29 (CSEL 71, 257,1–258,54).

283

1. Confidimus quidem

quae a maiorum institutis nulla ratione dissentiat.

patrum decretis in nullo dissidere

Neque enim aliter dei sentire convenit sacerdotes,

(nec enim oportebat dei antistites,

quos par est ceteros erudire.

qui alios docent, aliter agere), 

Ex Gallorum atque Venetensium fratrum relatione conperimus nonnullos non eresis studio

tamen quoniam ex relatione Gallorum et bessorum comperimus quaedam studia haeresum pullulasse (non autem dixerim hoc sponte evenire cultoribus dei,

(neque enim tantum hoc mali cadere in dei antistites potest),

sed inscientia vel ex simplicitate quorundam scaevis interpretationibus

sed aut ignorantia aut errore contingere, et ideo cognitiones

aestuantes

fluctuant

non satis dispicere,

nec radice consistunt,

quae magis patrum nostrorum sit tenenda sententia, cum diversa concilia eorum auribus inge-

quasi parentum nostrorum notitiam cognovissent et haec sicut alia resecassent),

RBJ  IUJKBQPUXO PSJTRFOUXOQBSB UXOQBUFSXO PVEFOJMPHXÝEJB GXOFJ   RFPVJFSFJK  VGXÀOEJLBJPO FTUJUPVKMPJ QPVKQBJEFVFT RBJ BMMBEJBOBGP SBKUXOFO(BM MJBÝLBJ#FOFUJBÝ BEFMGXOFHOXNFO UJOBKBJSFTJO TQPVEB[FJO  PQFSLBLPOPV NPOPOQBSBGV MBUUFTRBJPGFJ MPVTJOPJFQJT LPQPJ  BMMBLBJPTB BQFJSJBÝUJOXOI BQMPUIUJUXO TLBJBJKLFDSINF OXO FSNIOFJBJK †BORJTUBTRBJ  BQPUPVOVOEJB GPSPJKEJ EBTLBMJBJK EJBOPPVNFOPVK NIQBOV PMJTRBJOFJO

BMMBNBMMPOUXO QBUFSXOINXO LBUFDFJOUIO HOXNIO  PTBLJKBOEJBGP SPJCPVMBJUBJK  BLPBJKBVUXO

quae videlicet a constitutis patrum nulla ratione dissentit,

per quos iustum est ceteros erudiri.

Sed relatione Gallicanorum et Venetorum fratrum quosdam heresibus favere cognovimus. Quod malum non solum cavere debent episcopi,

sed etiam reluctari contra ea, quae gesta sunt imperitia aut simplicitate quorundam pravis interpretationibus deceptorum.

Variis ergo doctrinis non decet labefactari, sed magis patrum nostrorum roborare sententiam.



284

Kapitel 4: Theologische Profilierung

runtur. Denique Auxentium Mediolanensem hac praecipue causa

denique Auxentium Mediolanensem hac de causa

damnatum esse perscribunt.

condemnatum scribunt,

FQFJTGFSXOUBJ  UPJHBSPVO"VYFO UJPOUPO.FEJP MBOPVFYBJSFUXK FOUPVUXÝUXÝ QSBHNBUJLBUB LFLSJTRBJ QSPTHFHSBQUBJ

Auxentium igitur Mediolani praecipue in hac causa damnatum esse praescriptum est.

Obwohl der Wortlaut teilweise gänzlich verschieden ist, gibt es auffallende Gemeinsamkeiten der Eutychesversion mit dem lateinischen Text des Codex Veronensis. Gleich am Anfang bietet der Text des Eutyches dieselbe Anrede sanctitatem vestram, die im griechischen Text mißverstanden wurde; und obwohl auch hier im nächsten Abschnitt die Verneinung fehlt, ist der Text doch bis auf den Schluß der Passage, der eine gänzlich eigene Interpretation bietet, eher verwandt mit der lateinischen Version; ebenso ist der Bericht über die Verurteilung aktivisch formuliert und somit mit dem vorhergehenden Bericht verbunden 117 . Par est igitur universos magistros legis per orbem Romanum paria de lege sentire nec diversis magisteriis fidem dominicam violare.

Nam cum dudum ereticorum virus,

ut nunc iterum coepit obrepere, ac praecipue Arrianorum blasphemia pullulare coepisset, maiores nostri CCCXVIII episcopi

117

Et rationabile igitur est et omnibus episcopis competit, qui per orbem terrarum hoc nomen profitentur,  expellere eos qui de diversis disciplinis catholicam fidem nituntur evertere. Etenim quando venenum haereticorum, quod etiam nunc, ut dicendum est, incipit Arrianorum blasphemiam, reviviscit, parentes nostri CCCXVIII episcopi et Romani pres-

EJLBJPOPVOFTUJ QBOUBKUPVKFO UXÝÝ3XNBJXOLPT NXÝEJEBTLBMPVK UPVOPNPV UBQFSJUPVOPNPV GSPOFJO  LBJNIEJBGPSPJK EJEBTLBMJBJKUIO QJTUJONJBJOFJO LBJHBSIOJLB QSXUPOILBLJB UXOBJSFUJLXO BLNB[FJOISYBUP XKLBJOVO NBMJTUBVGFSQFJ  UXO"SFJBOXOI CMBTGINJB  PJQBUFSFKINXO USJBLPTJPJEFLB LBJPLUX

Unde iustum est omnes in universo Romanorum orbe doctores legis ea, quae legis sunt, sapere  Et non fidem doctrinis variis maculare.

Itaque dum primum hereticorum coepisset nequitia pullulare, sicut etiam nunc blasphemia nefandorum patet Arianorum, tunc patres nostri trecenti decem et octo

Vgl. dazu die Unterschiede zwischen lateinischer und griechischer Version, Kap. 4.1.2.2.

285

1. Confidimus quidem atque ex vice sanctissimi episcopi urbis Romae directi

byteri in locum episcopi sui, electissimi viri,



apud Nicaeam confecto concilio

sub synodo Nicaena

hunc murum adversus arma diabolica statuerunt

hoc munimen et firmamentum contra arma diabolica statuerunt et hoc remedio letales reppulere doctrinas, quo dicerent patrem et filium et spiritum sanctum

atque hoc antidoto mortalia pocula propulsarunt, ut patrem filium spiritumque sanctum unius deitatis, unius virtutis,

unius deitatis, unius esse virtutis

unius figurae,

unius credere oporteret substantiae,

et esse unius essentiae;

contra sentientem alienum a nostro consortio iudicantes.

contra autem sentiens a communione nostra fieret alienus.

FQJTLPQPJLBJPJ FLUIK3XNBJXO BHJXUBUPV FQJTLPQPV FQJMFLUPJ   FJK/JLBJBOHFOP NFOPVUPVTLFN NBUPK  UPVUPUPUFJDPK VQFOBOUJPOUXO PQMXOUPVEJBCP MPVXSJTBO LBJUBVUIÝUIÝBO UJEPUXÝUBRBOB TJNBGBSNBLB BQFXTBOUP  XTUFUPOQBUFSB LBJUPOVJPO  NJBKPVTJBK  NJBKRFPUIUPK  NJBKBSFUIK  NJBKEVOBNFXK LBJFOPKDBSBL UISPK QJTUFVFTRBJDSI OBJ LBJ UIKBVUIKVQP TUBTFXKLBJUP QOFVNBUPBHJPO

 UPOEFBMMXK GSPOPVOUBBMMP USJPOFJOBJUIK INFUFSBKLPJOX OJBKLSJOBOUFK

electi  habito tractatu in urbe Nicaena hunc murum firmissimum contra arma diabolica statuerunt, et hoc remedio venena mortifera sunt depulsa,

ut pater et filius

unius divinitatis, unius virtutis uniusque magnitudinis debeat credi,

uniusque essentiae sive substantiae simul et spiritus sanctus. Aliter vero sapientes alienos esse nostra communione iudicaverunt.

In gleicher Weise findet sich im Florilegium des Eutyches auch inhaltlich übereinstimmend mit dem lateinischen Text sub synodo Nicaeno statt der Übersetzung HFOPNFOPVUPVTLFNNBUPK / habito tractatu, die concilium als consilium mißversteht. Ebenso gibt es bei der Zusammenfassung des Glaubens eine fast genaue Übereinstimmung des Codex Veronensis mit dem Text des Florilegiums gegen die griechische Version, wobei bei Eutyches die anstößige Formulierung unius figurae weggelassen wird. Quam definitionem salutarem

Quam definitionem salutis et tractatum sanctum

POQFSTXUISJXEI LBJUIO PSPOL QSPTLVOIUIO

Quem terminum salutarem adorabilemque deliberatio-

286

postea aliis tractatibus quidam et violare temptaverunt.

Kapitel 4: Theologische Profilierung

corrumpere postea aliis quidam fraudibus et polluere temptaverunt. 

Sed et in ipso exordio ab isdem ipsis qui hoc apud Ariminum innovare vel tractare cogebantur... Neque enim praeiudicium aliquod nasci potuit ex numero eorum qui apud Ariminum convenerunt, cum constet neque Romanum episcopum, cuius ante omnes fuit expectanda sententia,

Quibus nec Romani episcopi, cuius ante omnes sententia probabilis est,

neque Vincentii, qui tot annos sacerdotium inlibate servavit,

nec tacendi qui tot annis sine culpa sacerdotium ministrarunt,

neque aliorum huiusmodi statutis consensum aliquem commodasse, cum praesertim, ut diximus, idem ipsi qui per inpositionem succubuisse videbantur,

nec aliorum consensus est penitus commodatus; sed etiam

idem consilio meliore displicere sibi fuerint protestati.

meliore sententia talia sibi displicere firmarunt.

Unde advertit sinceritas vestra hanc so-

hi qui per vim visi sunt claudicare,

Unde perspicit vestra sinceritas hanc

TLFZJO EJBGRFJSBJNFUB UBVUBBMMBJK TLFZFTJ UJOFKLBJNJBOBJ IRFMITBO BMMFOBVUIÝUIÝ BSDIÝBQBVUXO UPVUXO PJUJOFKFO "SJNIOXÝBOB OFXTBTRBJI ZIMBGITBJ IOBHLB[POUP PVEFHBSQSPLSJ NBUJIEVOIRIHF OFTRBJVQP UPVBSJRNPVUXO FO"SJNIOXÝ TVOBDRFOUXO  PQPUFTVOFTUILF NIUFUPO 3XNBJXOFQJT LPQPO PVÀ QSPQBOUXOFEFJ UIOHOXNIOFLEF YBTRBJ  PVUF0VJLFOUJPV  PKFQJUPTPVUPJK FUFTJUIOFQJTLP QIOBTQJMXK FGVMBYFO  PVUFUXOBMMXO UPJKUPJPVUPJK TVHLBUBRFNFOXO  PQPUFNBMJTUB  LBRB QSPFJSILBNFO  BVUPJPVÀUPJPJUJ OFKLBUBTVTLFV IOVQPLMJOFTRBJ FEPYBO  PJBVUPJ LBMMJPOJHOXNIÝ DSITBNFOPJBQB SFTLFJOBVUPJK UBVUBFNBSUV SBOUP 4VOPSBÝPVOI VNFUFSBLBRBSP

nem corrumpere quidam aliis cogitationibus atque temerare voluerunt.  Sed in ipso principio ab his ipsis, qui in Arimino renovare aut retractare compellebantur...

Neque enim praeiudicium aliquod fieri potuit per numerum Arimino congregatrum, quando constat neque Romanum episcopum, cuius ante omnia decebat eos expectare decretum,

neque Vincentium, qui tantis annis episcopatum inviolabiliter custodivit, neque alios talibus praebuisse consensum, maxime dum, sicuti praediximus, isti ipsi, qui per conventionem declinasse videbantur, ipsi denuo utentes meliori consilio haec sibi displicere testati sunt.



Perspicit itaque vestra salubritas hanc

287

1. Confidimus quidem lam fidem quae apud Nicaeam apostolorum auctoritate fundata est, perpetua firmitate esse retinendam

solam esse puram et robustam fidem apud Nicaeam apostolorum auctoritate firmatam, quae perpetua inrupto teneri debeat firmamento.

ac nobiscum Orientales qui se catholicos recognoscunt, Occidentalesque gloriari.

Nobiscum igitur Orientales qui se catholicos recognoscunt, Occidentales pariter gratulentur; 

Non longe autem fieri posse credimus ut qui secus sentiunt, ilicet hoc ipso conatu a nostra communione ** exui possint

non enim dubitamus, immo etiam confitemur aliter credentes a nobis alienos esse et a nostra communione summotos et episcopos hac appellatione privari,

plebesque eorum erroribus liberatae respirent.

ut plebem hac errore noverint liberandam, 

UIKUBVUIONPOIO UIOQJTUJO IUJK FO/JLBJBÝLBUB UIOBVRFOUJBO UXOBQPTUPMXO FRFNFMJXRI  EJIOFLFJCFCBJP UIUJLBRFLUFBO FJOBJ  LBJNFRINXO UPVK"OBUPMJ LPVK PJUJOFK FBVUPVKUIKLB RPMJLIKFQJHJ OXTLPVTJ UPVKEF %VUJLPVK LBVDBTRBJ QJTUFVPNFOEFPVL FJKNBLSBOUPVK BMMBOPTPVOUBK BVUIÝUIÝFQJDFJ SITFJ BQPUIKINFUFSBK LPJOXOJBKDXSJT RITFTRBJLBJQFSJ BJSFRITFTRBJBQ BVUXOUPUPV FQJTLPQPVPOP NB XTUFUPVKMB PVKUIKQMBOIK BVUXOFMFVRFSX RFOUBKBOBQOFV TBJ

solam fidem, quae Nicaea apostolorum auctoritate fundata est, esse perpetua firmitate servandam

et simul orientales hoc facere nobiscum, qui se catholicos esse cognoscunt, occidentales etiam gloriari.



Credimus autem languentes in isto conamine non tarde nostra separandos esse communione et ab eis episcopatus nomen auferri,

quatenus populi eorum liberati errore respirent.



Zwei weitere Übereinstimmungen des Florilegiums mit der griechischen Version finden sich in Passagen, die offenbar in der lateinischen Version im Rahmen der Überlieferung ausgefallen sind. Ganz deutlich ist dies in den Formulierungen über die Aberkennung des Bischofstitels 118 , aber auch für die zweite Stelle ... et tractatum sanctum scheint diese Lösung wahrscheinlich, da die ansonsten so gegensätzlichen Versionen gegen den Cod.Ver. übereinstimmen. Interessant ist, daß bei Eutyches die gesamte Passage über die Synode von Rimini fehlt; aus welchen Gründen dies geschehen sein mag, hat aber wohl für unsere Fragestellung keine Relevanz. Quemadmodum enim poterunt cor118

quam qualiter poterunt emendare,

PVEFOJHBSUSPQXÝ EJPSRPVTRBJEV

Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 4.1.2.2.

Nullo enim modo a deceptione poterunt

288

Kapitel 4: Theologische Profilierung

rigere errata populorum, si ipsos error obsederit?

cum ipsorum oculi simili caligine teneantur?

Concinat ergo cum omnibus dei sacerdotibus etiam vestrae sententia caritatis,

Consentiat ergo cum catholicis episcopis et vestrae sententia caritatis,

in qua vos fixos atque firmatos ut bene credimus, ita etiam nos vobiscum recte sentire debemus.

in qua vos firmos et robustos credimus inveniri,

Reciprocis sanctitatis vestrae litteris adprobate.

 et indicate nobis reciprocis scriptis sanctitatem vestram sentire nobiscum.

OITPOUBJUIO QMBOIOUXOPD MXO PQPUFBVUPJ VQPUIKQMBOIK LBUFDPOUBJ TVNGXOFJUXUPJ OVONFUBQBOUXO UXOUPVRFPV JFSFXOLBJUIK VNFUFSBKUJNJP UIUPKIHOXNI  FOIÝÀVNBKQBHJPVK LBJCFCBJPVK FJOBJQJTUFVPNFO  PVUXLBJINFJKNFR VNXOPSRXKQJT UFVFJOPGFJMPNFO UPJKBNPJCBJPJK UIKVNFUFSBK BHBQIKFVGSBOB UFINBK FSSXTRF BEFMGPJ UJNJXUBUPJ

corrigere populum, qui deceptionis laqueo detinentur.

Concordet igitur cum omnibus dei sacerdotibus etiam caritatis vestrae sententia, in qua vos fixos ac firmos existere iudicamus. Sic ergo etiam nos vobiscum recte credere debemus. Vestrae nos caritatis laetificate reciprocis. Valete, fratres carissimi.

Ego Sabinus diaconus Mediolanensis legatus de authentico dedi.

Gegen Ende des Briefes gibt es noch einmal zwei auffallende Übereinstimmungen. Auch im Florilegium wird wie im Cod.Ver. das, was die griechische Version mit einer Verneinung ausdrückt, als Frage formuliert: quam qualiter poterunt emendare/ Quemadmodum enim poterunt corrigere errata. Und auch der Briefschluß stimmt eindeutig mit der lateinischen Version überein und nicht mit der griechischen, denn es wird deutlich gefordert, in den vorhergenannten Ansichten übereinzustimmen. Damit ist bewiesen, daß der lateinische Text von Confidimus quidem, wie er in der Sammlung des Eutyches zu lesen ist, keine Rückübersetzung des griechischen Textes, der auch Theodoret und Sozomenus vorlag, sein kann. Er kann aber auch nicht direkt von der lateinischen Version abhängig sein, da die Unterschiede in Wortlaut und Inhalt dafür viel zu weitgehend sind und da aufgrund des Überlieferungszusammenhanges angenommen werden muß, daß der Text eine Übersetzung aus dem Griechischen darstellt. Somit sind die Zusammenhänge meines Erachtens so zu erklären, daß der Text des Florilegiums die Rückübersetzung einer griechischen Übersetzung von Confidimus quidem darstellt, die ebenso wie die griechische

1. Confidimus quidem

289

Übersetzung, die Theodoret und Sozomenus verwendeten, als Synodaldokument, das an die Bischöfe im Illyricum adressiert war, kenntlich gemacht war. Allerdings behielt die griechische Übersetzung, die im Florilegium des Eutyches Verwendung fand, Inhalt und theologische Aussage der lateinischen Version des Cod.Ver. besser bei, so daß damit ein weiterer deutlicher Hinweis auf deren Originalität gegeben wird. Für die Adresse aber gilt, daß damit ein weiterer unabhängiger Zeuge für die illyrischen Bischöfe als Adressaten gefunden ist. 1.3. Inhaltliche Einordnung 1.3.1. Der Adressat Die philologische Analyse der verschiedenen Überlieferungen des Dokumentes Confidimus quidem erbrachte als Ergebnis neben den literarischen Abhängigkeitsverhältnissen zwei verschiedene Adressaten: 1. Die orientalischen Bischöfe, überliefert im lateinischen Text des Codex Veronensis LX, von welcher Textfassung alle anderen Versionen abhängig sind. Allerdings ist zweifelhaft, ob die genannte Adresse zum Schreiben Confidimus quidem oder zu einem der anderen Fragmente gehört. 2. Die illyrischen Bischöfe, überliefert in einer griechischen Übersetzung, die Theodoret und Sozomenus vorlag, und der lateinischen Rückübersetzung bei Cassiodor; außerdem in einer davon unabhängigen Version im Florilegium des Eutyches, das die lateinische Rückübersetzung einer zweiten griechischen Übersetzung darstellt. Beide Versionen sind zwar vom Text des Cod. Ver. bzw. von dem Text, der auch dessen Redaktor vorlag, abhängig, aber die Nennung der illyrischen Bischöfe als Adressaten erhält dadurch Gewicht, daß sie als zwei voneinander unabhängige Zeugen eines lateinischen Textes zu bewerten sind, der offenbar mit dem Text des Codex Veronensis bis auf Adressat und Kolophon übereinstimmte. Eine Beobachtung, die an den orientalischen Bischöfen als Adressaten zweifeln läßt, besteht darin, daß die kirchliche Situation im Osten zur in Frage kommenden Zeit sehr verworren war; denn um den rechtmäßigen Inhaber des wichtigsten Bischofssitzes im Osten, Antiochia, und damit den Ansprechpartner für ein solches Schreiben im Orient gab es Streit 119 . Außerdem ist aus den Briefen des Basilius, die er an Athanasius schreibt, zu

119

Vgl. zum antiochenischen Schisma: CAVALLERA 1905 und die Ausführungen unten Kap. 3.1.3.

290

Kapitel 4: Theologische Profilierung

ersehen, daß man sich im Osten um Kontakt mit dem Westen bemühte bzw. dazu angeregt wurde, dieser aber noch nicht zustande gekommen war 120 . Worin die Verbindung des westlichen Schreibens Confidimus quidem mit den orientalischen Bischöfen liegt, ist daher zunächst anhand der Kontakte des Athanasius und des Basilius 121 untereinander und mit den westlichen Bischöfen zu untersuchen 122 . 1.3.1.1. Die Rolle des Athanasius Als möglicher Adressat des Schreibens Confidimus quidem gilt Athanasius 123 . Aus einem Brief des Athanasius ad Afros 124 , der wohl um das Jahr 369 entstanden ist 125 und die Adressaten vor der homöischen Theologie im Westen warnt, erfahren wir, daß Athanasius Damasus geschrieben und die Absetzung des Auxentius 126 von seinem Mailänder Bischofsamt angemahnt hatte:

120

Aus den Formulierungen des Schreibens Confidimus quidem ist aber zu ersehen, daß den Absendern die Adressaten durchaus bekannt waren. 121 Zu Basilius von Caesarea siehe ROUSSEAU 1994. 122 Diese Fragestellung befindet sich in der Tradition einer großen Zahl von Veröffentlichungen, die sich dabei zunächst hauptsächlich mit einer chronologischen Einordnung der Briefe des Basilius und insbesondere seiner Briefe in den Westen beschäftigen: ERNST 1896, 626–664; LOOFS 1898; SCHÄFER 1909; VISCHER 1953; COURTONNE 1973; TAYLOR 1973; GRIBOMONT 1975 u. 1977; DE VRIES 1974 und 1981; ROUSSEAU 1994, 294–317; HAUSCHILD zuletzt 1995 (und im Kommentar zu seiner Übersetzung der Basiliusbriefe 1973, 1990 und 1993); außerdem RADE 1882, 52–58; WITTIG 1912, 29–81 (mit völlig anderer Chronologie); CAVALLERA 1905; BATTIFOL 1922; CASPAR 1930; SCHWARTZ 1935; RICHARD 1949; AMAND DE MENDIETA 1954 und 1963; JOANNOU 1972; PIÉTRI 1976. 123 RICHARD 1949, 182 u. Anm.2 geht davon aus, daß das Schreiben Confidimus quidem an mehrere Adressaten verschickt wurde, wovon uns Illyrien und Alexandria bekannt sind. Im Anschluß daran TAYLOR 1973, 194; DE VRIES 1981, 80. 124 Siehe dazu ULRICH 1994, 264–280. Damit ist die von KANNENGIESSER 1993, 264– 28 vorgetragene These der Unechtheit dieses Briefes meiner Ansicht nach widerlegt. 125 Die Datierung dieses Briefes hängt allerdings von der zeitlichen Einordnung von Confidimus quidem ab, wobei mit Ulrich und gegen Kannengiesser anzunehmen ist, daß der Brief ad Afros kurz vor dem römischen Synodalschreiben abgefaßt ist, da Athanasius zu dieser Zeit noch nichts über eine Synode in Rom weiß, die sich mit dem von ihm angemahnten Problem beschäftigt. Siehe dazu auch HANSON 1988, 420. 126 Zu Auxentius vgl. MARKSCHIES 1995, 57–67. Auxentius war bis zu seinem Tod 374 Bischof von Mailand und ein Vertreter des Homöertums, obwohl seine wirkliche theologische Position nicht mehr genau rekonstruiert werden kann. Jedenfall sind alle Versuche, ihn abzusetzen, gescheitert. Bereits im Jahre 364 hatte Hilarius von Poitiers engagiert einen Versuch dazu unternommen, siehe Hilarius, contra Auxentium (PL 10, 609–618).

1. Confidimus quidem

291

„Auch an unseren geliebten Damasus, den Bischof des großen Rom, haben wir wegen Auxentius geschrieben, der über die Kirche von Mailand hergefallen ist, und haben über ihn berichtet, daß er nicht nur ein Anhänger der arianischen Häresie sei, sondern sich auch sonst vieler Übeltaten schuldig gemacht habe zusammen mit Gregor, dem Genossen seiner Gottlosigkeit, und wir wunderten uns darüber, daß er bis jetzt noch nicht abgesetzt und aus seiner Kirche vertrieben worden ist, und wir sprachen seiner und der Gottesfurcht derer, die mit ihm im großen Rom zusammengekommen waren 127 , unseren Dank aus, daß sie, indem sie auch die Anhänger des Ursacius und Valens und die Gleichgesinnten hinausgeworfen haben, die Einmütigkeit der katholischen Kirche gerettet haben.“ 128

Athanasius mahnt aber nur die Absetzung des Auxentius an, nicht seine Verurteilung, die offenbar von ihm schon vorausgesetzt wird. Ebenso spricht er die Verdammung der illyrischen Homöer Ursacius und Valens an, die auf einer römischen Synode stattgefunden hat, bei der es sich eigentlich nur um diejenige ad natale 368 handeln kann, auf die Athanasius also bereits zurückblickt. Auf diesem Hintergrund ließe sich also die entschuldigende Erklärung des Briefes hinsichtlich der Vorgänge um Auxentius begründen. Athanasius hatte ein Versäumnis angemahnt, das man in gewisser Weise vertuschen wollte, indem man sagte, daß es gar nicht so schlimm sei mit der Häresie, sondern nur Unachtsamkeit und Naivität vorliege, daß es aber trotzdem nicht mehr lange dauern könne, bis solche Leute von ihrem Bischofsamt enthoben werden. Ganz im Sinne des Athanasius ist auch das Bekenntnis zu Nicaea und die Distanzierung von der Synode von Rimini 129 . Daß das Unterfangen, Auxentius abzusetzen, der unter dem Schutz des Kaiser stand, wenig Aussicht auf Erfolg hatte, wird durch die scheinbar optimistische Formulie-

127

Darauf spielt ATHANASIUS auch schon in §1 (PG 26, 1030 A) seines Briefes an, wo es heißt: *LBOBNFOUBHSBGFOUBQBSBUFUPVBHBQIUPVLBJTVMMFJUPVSHPVINXO %BNBTPV UPVFQJTLPQPVUIKNFHBMIK3XNIK LBJUXOTVOBVUXÝUPTPVUXOTVO FMRPOUXOFQJTLPQXO PVEFOEFIÀUUPOLBJUBUXOBMMXOHFOPNFOXOTVOPEXOFO UFUIÝ(BMMJBÝLBJUIÝ*UBMJBÝQFSJUIKVHJBJOPVTIKQJTUFXK IOPNFO$SJTUPKFD BSJTBUP PJEFBQPTUPMPJFLISVYBO LBJPJ1BUFSFKQBSBEFEXLBTJOPJEFUIÝ/J LBJBÝTVOFMRPOUFKBQPQBTIKUIKLBRINBKPJLPVNFOIK 128 ATH., ep. Afr. 10 (PG 26, 1045 C/D): FHSBZBNFOLBJUXÝBHBQIUXÝINXO%BNB TXÝUXÝFQJTLPQXÝUIKNFHBMIK3XNIKQFSJUPV"VYFOUJPVUPVFQFMRPOUPKUIÝFO .FEJPMBOXÝFLLMITJBÝ EJIHPVNFOPJUBLBUBVUPO PUJUFPVNPOPOUIK"SFJBOIK BJSFTFXKFTUJLPJOXOPK BMMBLBJVQFVRVOPKFTUJQPMMPJKLBLPJK QSBYBKUBVUB NFUB(SIHPSJPVUPVLPJOXOPVUIKBTFCFJBKBVUPV LBJRBVNB[POUFKQXKNFDSJ OVOPVLBRIÝSFRILBJFLCFCMIUBJUIK&LLMITJBK LBJDBSJOPNPMPHITBNFOUIÝ RFPTFCFJBÝBVUPVUFLBJUXOTVOFMRPOUXOFOUIÝNFHBMIÝ3XNIÝ,PUJLBJUPVKQFSJ 0VSTBLJPOLBJ0VBMFOUB LBJUPVKUBBVUBBVUPJKGSPOPVOUBKFLCBMMPOUFK FTXTBOUIOPNPZVDJBOUIK,BRPMJLIK&LLMITJBK. 129 Vgl. zur Synode von Rimini BRENNECKE 1988, 23–39.

292

Kapitel 4: Theologische Profilierung

rung: non longe autem fieri posse credimus ... deutlich, die eben durch das credimus doch Zweifel erkennen läßt. Weitere Indizien für eine Verbindung des Athanasius mit dem Schreiben Confidimus quidem finden sich in den Briefen des Basilius von Caesarea. Dieser schreibt nämlich „an die heiligsten Brüder und Bischöfe im Westen“, daß er von einem Bischof, der wohl aufgrund der Umstände nur als Athanasius identifiziert werden kann, ein Schreiben erhalten habe, das die Bischöfe im Westen an Athanasius gerichtet haben und dieser an ihn weitergeleitet habe, das also von Rom aus nicht direkt an den Osten adressiert war; auch ist in diesem Zusammenhang nirgends erwähnt, daß Athanasius den Auftrag hatte, das Schreiben weiterzuleiten: „Der gute Gott, der stets mit den Bedrängnissen die Tröstungen verbindet [vgl. 2 Kor 1,3], hat auch uns jetzt in der Fülle der Schmerzen einen leidlichen Trost geschenkt mit dem Schreiben, das unser ehrwürdiger Vater, der Bischof, von Eurer Aufrichtigkeit erhalten und an uns weitergeleitet hat: Es enthält ein Zeugnis gesunden Glaubens und einen Beweis unverletzlicher Eintracht und Harmonie, so daß es Hirten bekundet, die den Spuren der Väter folgen und das Volk des Herrn mit Verstand hüten [vgl. Jer 3,15]“ 130

Überbracht wurde dieser Brief durch den Diakon Sabinus, der zudem mündlich berichtete und auch nach seiner Rückkehr in den Westen Bericht erstatten sollte über die Zustände im Osten. „Vermehrt hat uns den Trost der Herr durch den frömmsten Sohn, den Mitdiakon Sabinus, der uns genau von den guten Zuständen bei Euch berichtete und damit unsere Seelen nährte, der auch Euch, wenn er unsere Situation aus eigener Erfahrung kennengelernt hat, ganz klar berichten wird, damit ihr an erster Stelle mit beständigem, eifrigem Gebet zum Herrn mit uns zusammen kämpft, zweitens aber den niederge131 drückten Kirchen die statthafte Tröstung zu bringen nicht verweigert.“

130

Die folgenden Zitate aus den Briefen des Basilius werden im Haupttext nach der Übersetzung von WOLF-DIETER HAUSCHILD gegeben, hier: HAUSCHILD I, 1990, 151; BAS., ep. 90,1 (CUFr I 194,1–9 COURTONNE):0BHBRPK2FPK PBFJUBJKRMJZFTJ QBSB[FVHOVKUBKQBSBLMITFJK FEXLFLBJOVOINJOFQJUXÝQMIRFJUXOPEVOXOFV SFTRBJUJOBNFUSJBOQBSBLMITJOFLUXOHSBNNBUXOBQBSBUIKVNFUFSBKPSRP UIUPKPUJNJXUBUPKINXOQBUISFQJTLPQPKEFYBNFOPKEJFQFNZBUPINJO VHJPVK QJTUFXKNBSUVSJBOLBJUIKBOFQISFBTUPVPNPOPJBKLBJTVNQOPJBKBQPEFJYJO FDPOUB XTUFLBJQPJNFOBKBOBEFJLOVOBJUPJKJDOFTJUXO1BUFSXOBLPMPVRPVO UBKLBJUPOMBPOUPV,VSJPVNFUFQJTUINIKQPJNBJOPOUBK. 131 HAUSCHILD 1990, 152; BAS., ep. 90,1 (I 195,13–21): &QFUFJOFEFINJOUIOQB SBLMITJOP,VSJPKEJBUPVFVMBCFTUBUPVVJPVLBJTVOEJBLPOPV4BCJOPV PKLBJ UBQBSVNJOLBMBEJIHITBNFOPKBLSJCXKFRSFZFOINXOUBKZVDBKLBJUBINF UFSBEFUIÝQFJSBÝNBRXOFOBSHXKVNJOBOBHHFMFJ JOBQSPIHPVNFOXKNFOEJBUIK FLUFOPVKLBJGJMPQPOPVEFITFXKUIKQSPKUPO,VSJPOTVOBHXOJ[ITRFINJO FQFJ UBEFLBJUIOFOEFDPNFOIOQBSBNVRJBOUBJKLBUBQPOPVNFOBJK&LLMITJBJK FJTFOFHLBTRBJNIQBSBJUITITRF Siehe zu diesem Schreiben auch ROUSSEAU 1994, 299–302.

1. Confidimus quidem

293

Diese Zusammenhänge passen genau zur Notiz des Sabinus unter dem Schreiben Confidimus quidem, nämlich: ego Sabinus diaconus Mediolanensis legatus de authentico dedi. Demnach handelt es sich also bei diesem Exemplar um eine Abschrift des Originals durch den Mailänder Diakon Sabinus, d.h. um eine Kopie des Schreibens, das Athanasius erhalten hatte, die in den Osten zu Basilius geschickt wurde. 132 Da Basilius es ein Schreiben an Athanasius nennt, das dieser selbst weitergeleitet hat, dürfte es ein eigenmächtiges Unternehmen des Alexandriners gewesen sein. Hätten die Absender dies schon im Sinn gehabt, hätte Basilius seine Bezugnahme auf das Schreiben wohl anders formuliert. Diese Initiative des Athanasius läßt sich durch die Vorgeschichte, d.h. den Briefwechsel zwischen Basilius und Athanasius, erklären. Basilius fühlte sich vom Homöertum im Osten bedrängt 133 und ersuchte um Hilfe bei Athanasius und wohl durch denselben angeregt im Westen. So schreibt er in Ep. 66 an Athanasius, die wohl in die Mitte des Jahres 371 zu datieren ist 134 , daß er einsehe, daß es nur Hoffnung gebe, wenn etwas in Übereinstimmung mit den westlichen Bischöfen gegen die „üble Lehre“ unternommen werde, und greift damit wohl einen Vorschlag des Athanasius auf (1BMBJPJEBLBJBVUPK ; besonders beeindruckt zeigt sich Basilius davon, mit welcher Energie der Westen sich gegen ein oder zwei Häretiker einsetze, und wünscht sich, daß sie dieses Vorgehen auch im Osten wiederholen. Damit könnte die Verurteilung des Ursacius und Valens gemeint sein, von der Athanasius in seinem Brief ad Afros schreibt. Basilius bittet Athanasius schließlich, Männer in den Westen zu entsenden und dort um Hilfe für den Osten zu bitten: „Nun, wie bei der Trauer besonders viel Deine Vollkommenheit betrifft, so meinen wir, daß es angemessen ist, wenn auch bei der Sorge für die Kirchen Deine Klugheit den größeren Teil trägt. Längst weiß auch ich – bei der mir nur mäßig zur Verfügung stehenden Einsicht in die Verhältnisse – gewiß nur einen einzigen Weg, um den Kirchen bei uns zu helfen: die Übereinstimmung mit den westlichen Bischöfen. Denn wenn sie bereit wären, den Eifer, den sie im Blick auf einen oder zwei im Westen, die bei übler Lehre ertappt wurden, einsetzten, auch für das Gebiet der Regionen bei uns zeigen, dann dürfte wohl rasch Nutzen für das Gemeinwohl entstehen, da die Machthaber die eindrucksvolle große Zahl respektieren und die Laien überall ihnen ohne Widerspruch folgen.

132

So RICHARD 1949, 178–202 passim, der als erster die Notiz des Sabinus in dieser Weise beachtet und auswertet. Er wendet sich damit gegen die Interpretation von SCHWARTZ 1935, 180, der Sabinus Athanasius einen an den Osten adressierten Brief überbringen läßt; ihm folgt auch HAUSCHILD 1995, 236. Diese Ansicht ist allerdings meines Erachtens durch die überzeugende Argumentation Richards widerlegt. 133 Vgl. dazu auch BRENNECKE 1988, 226–232. 134 So HAUSCHILD I 1990, 237 und 1995, 235; ebenso auch schon LOOFS 1898, 42 bis 46 mit ausführlicher Erklärung, siehe auch ROUSSEAU 1994, 295f.

294

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Wer ist nun fähiger, dies zu bewerkstelligen, als Deine Intelligenz? Wer ist scharfsinniger, um das Notwendige zu erkennen? Wer ist geschickter, das Nützliche zu tun? Wer ist sensibler für die Erschöpfung der Brüder? Wer ist im ganzen Westen angesehener als Dein erhabenes Alter? Hinterlaß der Nachwelt ein Denkmal, das Deines Lebenswandels würdig ist, ehrwürdiger Vater! Schmücke Deine zahllosen Kämpfe für die Frömmigkeit mit dieser einen Tat: Entsende einige Männer aus der heiligen, Dir unterstellten Kirche, die in der gesunden Lehre stark sind [vgl. Tit 1,9], zu den Bischöfen im Westen, berichte ihnen von dem Unglück, das uns bedrückt, unterbreite ihnen die Art der Hilfe, werde ein Samuel für die Kirchen [vgl. 1Sam 7,3ff]...“ 135

Während es hier wohl allgemein um Hilfe gegen die Homöer geht, bringt Basilius noch ein spezielleres Problem vor, das er aber nur in die Hände des Athanasius legen will, nämlich das antiochenische Schisma: „Für die übrigen Angelegenheiten des Ostens brauchst Du vielleicht auch die Mitwirkung mehrerer und mußt Du auf diejenigen aus dem Westen warten. Die Ordnung der Kirche in Antiochia hängt indessen von Deiner Frömmigkeit ab, dadurch, daß Du die einen lenkst, die anderen beruhigst und dieser Kirche durch die Eintracht ihre Stärke zurückgibst... Sie wird ja nicht nur von Häretikern zerschnitten, sondern auch von denen zerrissen, die in der Lehre miteinander übereinzustimmen behaupten. 136

Dieses Schisma charakterisiert Basilius so, daß es nicht nur durch Häretiker entstanden ist, sondern es auch zwischen Rechtgläubigen zum Bruch BAS., ep. 66 (I 157,12–36 COURTONNE): "MMXTQFSUPQPMVUIKMVQIKUIO TIOUFMFJPUIUBQFSJJTUBUBJ PVUXKIHPVNFRBQSPTILFJOLBJUIKVQFSUXO&L LMITJXONFSJNOIKUPQMFPOUIÝTIÝEJBGFSFJOGSPOITFJ1BMBJPJEBLBJBVUPK LBUBUIOFOVQBSDPVTBONPJNFUSJXKUXOQSBHNBUXOLBUBMIZJO NJBOFQJHOPVK PEPOCPIRFJBKUBJKLBRINBK&LLMITJBJK UIOQBSBUXOEVUJLXOFQJTLPQXO TVNQOPJBO&JHBSCPVMIRFJFOPOBOFMBCPOVQFSFOPKIEVPUXOLBUBUIO%VTJO FQJLBLPEPYJBÝGXSBRFOUXO[IMPO UPVUPOLBJVQFSUIKQBSPJLJBKUXOLBRINBK NFSXOFQJEFJYBTRBJ UBDBBOUJHFOPJUPUPJKLPJOPJKPGFMPK UXOUFLSBUPVOUXO UPBYJPQJTUPOUPVQMIRPVKEVTXQPVNFOXOLBJUXOFLBTUBDPVMBXOBLPMPV RPVOUXOBVUPJKBOBOUJSSIUXK5JKPVOUBVUBEJBQSBYBTRBJUIKTIKTVOFTFXK EVOBUXUFSPK5JKTVOJEFJOUPEFPOPYVUFSPK5JKFOFSHITBJUBDSITJNBQSBLUJLX UFSPK5JKQSPKUIOLBUBQPOITJOUXOBEFMGXOTVNQBRFTUFSPK5JKUIKTFNOPUB UIKTPVQPMJBKQBTIÝUIÝ%VTFJBJEFTJNXUFSPK,BUBMJQFUJNOINPTVOPOUXÝCJXÝ UIKTIKFQBYJPOQPMJUFJBK UJNJXUBUF1BUIS5PVKNVSJPVKFLFJOPVKVQFSUIK FVTFCFJBKBRMPVKFOJUPVUXÝLBUBLPTNITPOFSHXÝ&LQFNZPOUJOBKFLUIKBHJBK VQPTF&LLMITJBKBOESBKEVOBUPVKFOUIÝVHJBJOPVTIÝEJEBTLBMJBÝQSPKUPVK LBUBUIO%VTJOFQJTLPQPVK EJIHITBJBVUPJKUBKLBUBTDPVTBKINBKTVNGPSBK VQPRPVUSPQPOBOUJMIZFXK HFOPV4BNPVIMUBJK&LLMITJBJK. . (Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 129). 136 BAS., ep. 66,2 (I 158,1–6.15–17): 1SPKNFOPVOUBMPJQBUIK"OBUPMIK JTXKTPJLBJQMFJPOXOTVOFSHJBKQSPTEFJLBJBOBHLIBOBNFOFJOUPVKFLUIK%V TFXK)NFOUPJUIKLBUBUIO"OUJPDFJBO&LLMITJBKFVUBYJBQSPEIMXKUIKTIK ISUIUBJRFPTFCFJBK XTUFUPVKNFOPJLPOPNITBJ UPVKEFLBRITVDBTBJ BQPEPV OBJEFUIOJTDVOUIÝ&LLMITJBÝEJBUIKTVNGXOJBKIHFPVDVQPUXOBJSFUJLXO EJBUFUNIUBJNPOPO BMMBLBJVQPUXOUBBVUBGSPOFJOBMMIMPJKMFHPOUXOEJB TQBUBJ. 135

1. Confidimus quidem

295

kam. Hiermit sind wohl Meletius und Paulinus gemeint, die beide das Nicaenum anerkennen, aber jeweils unter ihrem Bischofsamt eine Teilgemeinde versammelt haben. Auf welcher Seite hier Basilius steht wird deutlich durch einen späteren diese Frage präzisierenden Brief an Athanasius, in dem er eindeutig den Wunsch äußert, daß die Kirche von Antiochia unter Meletius vereinigt werden soll: „Mir schien es in meinem früheren Schreiben an Deine Ehrwürden ausreichend zu sein, nur dies eine darzulegen, daß der ganze glaubensfeste Teil des Volkes in der Kirche Antiochias zu einer einzigen Übereinstimmung und Einheit gebrachte werden müsse, um damit klarzumachen, daß es dem gottgeliebtesten Bischof Meletius zusteht, das jetzt in mehrere Parteien Zerteilte zusammenzufügen.“ 137

Basilius betont dies mit solcher Vehemenz, daß zu vermuten ist, daß Athanasius wohl in dieser Frage nicht derselben Meinung war und dies auch Basilius mitgeteilt hat. Basilius jedoch unterstreicht, daß der ganze Osten mit ihm übereinstimme. „...so müssen wir klar betonen, daß sowohl der ganze Osten es wünscht als auch wir, die wir mit ihm vielfältig verbunden sind, danach streben, daß wir ihn als Leiter der Kirche des Herrn sehen, weil er im Glauben tadellos ist [vgl. 1 Tim 3,2] und im Lebenswandel keinen Vergleich mit anderen erlaubt...“ 138

Vielleicht bewegt Basilius auch diese doch nicht vollständige Übereinstimmung mit Athanasius dazu, selbst die Initiative zu ergreifen und an den Westen zu schreiben. Dies berichtet er nämlich in einem weiteren Brief an Athanasius. Dort spricht er folgende Punkte als Inhalt seines Briefes an den Bischof von Rom an: 1. Er soll die Verhältnisse im Osten beachten und seine Meinung äußern, 2. Männer senden, die die Verkehrten tadeln, 3. sie sollen alles bei sich haben, was nach Rimini geschehen ist, um Rimini rückgängig zu machen, 4. sie sollen, ohne daß jemand es weiß, übers Meer kommen, d.h in geheimer Mission:

137 BAS., ep. 67 (I 159,1–7): &NPJNFOFYBSLPVOFGBOIFOUPJKQSPUFSPJKHSBN NBTJQSPKUIOTIOUJNJPUIUBUPTPVUPOFOEFJYBTRBJPUJQBOUPLBUBUIOQJTUJO FSSXNFOPOUPVLBUBUIOBHJBO&LLMITJBO"OUJPDFJBKMBPVFJKNJBOTVNGXOJ BODSILBJFOXTJOFOBDRIOBJ QSPKUPEIMXTBJPUJUXÝRFPGJMJTUBUXÝFQJTLPQXÝ .FMFUJXÝEFPJUBFJKNFSIQMFJPOBOVOEJIÝSINFOBTVOBZBJ. (Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 130). 138 BAS., ep. 67 (I 159,9–13): BOBHLBJXKFQJTINBJOPNFRBPUJLBJQBTIÝUIÝ "OBUPMIÝEJFVDIKLBJINJOUPJKQBOUPJXKBVUXÝTVOINNFOPJKFQJRVNIUPOBVUPO JEFJOUIO&LLMITJBOEJFQPOUBUPV,VSJPV UIÝUFQJTUFJBOFQJMIQUPOPOUBLBJUXÝ CJXÝPVEFNJBOQSPKUPVKBMMPVKFQJEFDPNFOPOTVHLSJTJO... .

296

Kapitel 4: Theologische Profilierung

„Es erschien uns aber folgerichtig, dem Bischof von Rom zu schreiben, er möge die hiesigen Verhältnisse beachten und seine Meinung äußern, damit er – weil es schwierig ist, dortige Leute aufgrund eines gemeinsamen Synodalbeschlusses zu entsenden – mit eigener Vollmacht in dieser Sache handelt, indem er Männer aussucht, die fähig sind, die Strapazen der Reise durchzustehen, die auch fähig sind, mit der Sanftmut und Standfestigkeit die Verkehrten bei uns zu tadeln, dabei geschickt und wohlabgewogen sich ausdrücken und alles bei sich haben, was nach Ariminum geschehen ist, um das, was dort unter Zwang geschah, rückgängig zu machen, wobei sie, ohne daß es jemand weiß, geräuschlos über das Meer zu den Hiesigen kommen sollen, bevor die Friedensfeinde es bemerken.“ 139

Im Anschluß daran erwähnt Basilius in seinem Schreiben an Athanasius zudem, daß im Osten zusätzlich noch erwartet wird, daß die Häresie des Marcell verbannt wird, was aber offensichtlich nicht Inhalt des zuvor genannten Briefes an den Bischof von Rom war: „Es wird aber von einigen unter den Hiesigen noch folgendes verlangt, wie auch wir es für richtig halten, daß sie notwendigerweise die Häresie des Marcellus als schlimm, schädlich und dem gesunden Glauben fremd verbannen. Denn bis jetzt hören sie nicht auf, in allen Briefen, die sie schicken, zwar den verabscheuten Arius von oben bis unten mit dem Bann zu belegen und aus den Kirchen auszustoßen; aber dem Marcellus, der eine jenem entgegengesetzte Gottlosigkeit bekundet, direkt gegen die Existenz der Gottheit des Eingeborenen gefrevelt und den Begriff Logos übel aufgefaßt hat, scheinen sie keinerlei Tadel beigelegt zu haben.“ 140

Dieser Brief an den Bischof von Rom, d.h. Damasus, ist nicht vollständig erhalten, jedoch ist uns wahrscheinlich ein Teil bzw. ein Entwurf davon in

BAS., ep. 69,1 (I 162,33–45): &GBOIEFINJOBLPMPVRPOFQJTUFJMBJUXÝFQJT LPQXÝ3XNIKFQJTLFZBTRBJUBFOUBVRBLBJEPVOBJHOXNIO JOB FQFJEIBQPLPJ OPVLBJTVOPEJLPVEPHNBUPKBQPTUBMIOBJUJOBKEVTLPMPOUXOFLFJRFO BVUPO BVRFOUITBJQFSJUPQSBHNB FLMFYBNFOPOBOESBKJLBOPVKNFOPEPJQPSJBKQPOPVK EJFOFHLFJO JLBOPVKEFQSBPUIUJLBJFVUPOJBÝIRPVKUPVKFOEJBTUSPGPVKUXOQBS INJOOPVRFUITBJ FQJUIEFJXKEFLBJPJLPOPNJLXKLFDSINFOPVKUXÝMPHXÝLBJQBOUB FDPOUBKNFRFBVUXOUBNFUB"SJNJOPOQFQSBHNFOB FQJMVTFJUXOLBUBOBH LIOFLFJHFOPNFOXO LBJ UPVUPNIEFOPKFJEPUPK BZPGIUJEJBRBMBTTIKFQJTUI OBJUPJKXÀEF VQFSUPVGRBTBJUIOBJTRITJOUXOFDRSXOUIKFJSIOIK (Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 132). 140 BAS., ep. 69,2 (I 163,1–12): &QJ[IUFJUBJEFLBLFJOPQBSBUJOXOUXOFOUFV RFO BOBHLBJXK XKLBJBVUPJKINJOLBUBGBJOFUBJ UPUIO.BSLFMMPVBJSFTJO BVUPVKXKDBMFQIOLBJCMBCFSBOLBJUIKVHJBJOPVTIKQJTUFXKBMMPUSJXKFDPV TBOFYPSJTBJ&QFJ NFDSJUPVOVO FOQBTJOPJÀKFQJTUFMMPVTJHSBNNBTJ UPONFO EVTXOVNPO"SFJPOBOXLBJLBUXBOBRFNBUJ[POUFKLBJUXO&LLMITJXOFYPSJ [POUFKPVEJBMFJQPVTJ .BSLFMMXÝEF UXÝLBUBEJBNFUSPOFLFJOXÝUIOBTFCFJBO FQJEFJYBNFOXÝLBJFJKBVUIOUIOVQBSYJOUIKUPV.POPHFOPVKRFPUIUPKBTFCI TBOUJLBJLBLXKUIOUPV-PHPVQSPTIHPSJBOFLEFYBNFOXÝ PVEFNJBONFNZJOFQ FOFHLPOUFKGBJOPOUBJ Siehe zu diesem Brief auch ROUSSEAU 1994, 295f. 139

1. Confidimus quidem

297

Ep. 70 der Basilius-Briefausgabe überliefert 141 . Die Epistel liegt zwar ohne Adressat vor, aber aus einer Bemerkung ist ersichtlich, daß es sich nur um den römischen Bischof handeln kann 142 . Basilius bezieht sich nämlich auf eine vergleichbare Situation, in der der Osten ebenfalls Hilfe aus Rom erhalten hat; darauf, daß „der seligste Bischof Dionysius“, der bei seinem Adressaten hochverehrt ist, der Kirche von Caesarea brieflich und mit einer Gesandtschaft beigestanden ist 143 . Dieser Brief an Damasus bietet aber von den Punkten, die Basilius gegenüber Athanasius als Inhalt nennt, nur die Bitte um eine Gesandtschaft. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist er jedoch nie in Rom angekommen, da es im Blick auf den weiteren Verlauf der Ereignisse als sehr unwahrscheinlich gilt, daß der Presbyter Dorotheus, der laut Ep. 68 und 69 mit dieser Mission beauftragt gewesen war, bereits zu diesem Zeitpunkt eine Romreise unternommen hat 144 .

141

Vgl. dazu HAUSCHILD 1990, 206 Anm. 320 und LOOFS 1898, 43 Anm.3. Ob zusammen mit diesem Brief auch ep. 242 überbracht werden sollte, so z.B. HAUSCHILD 1995, 235, kann meines Erachtens durch den nichtssagenden Inhalt dieses Briefes nicht mit Sicherheit behauptet werden, so schon LOOFS 1898, 41, denn er kann sowohl ins Jahr 372 als auch 376 datiert werden. 142 Der mit „ehrwürdiger Vater“ UJNJXUBUF1BUFS (I 165,9) angeredet wird; siehe zu diesem Schreiben auch ROUSSEAU 1994, 296–299. 143 BAS., ep. 70 (I 165,35–166,43): 0JEBNFOHBSNOINIKBLPMPVRJBÝ QBSBUXO QBUFSXOINXOBJUIRFOUXOLBJBQPHSBNNBUXOUXOFUJLBJOVOQFGVMBHNFOXO QBSINJOEJEBTLPNFOPJ %JPOVTJPO FLFJOPOUPONBLBSJXUBUPOFQJTLPQPO QBS VNJOFQJUFPSRPUIUJQJTUFXK LBJUIÝMPJQIÝBSFUIÝEJBQSFZBOUB FQJTLFQUPNFOPO EJBHSBNNBUXOUIOINFUFSBO&LLMITJBOUXO,BJTBSFXOLBJQBSBLBMPVOUB UPVKQBUFSBKINXOEJBHSBNNBUXOLBJQFNQFJOUPVKBQPMVUSPVNFOPVKFLUIK BJDNBMXTJBKUIOBEFMGPUIUB(„Denn wir wissen, durch die Kontinuität der Erinnerung belehrt, von unseren danach befragten Vätern und aus bei uns noch jetzt verwahrten Schriften, daß jener seligste Bischof Dionysius, der bei Euch wegen seiner Rechtgläubigkeit und der übrigen Tugend in Ehren steht, sich brieflich um unsere Kirche in Caesarea gekümmert und unsere Väter durch einen Brief getröstet hat, ja sogar Leute schickte, die die Brüder aus der Gefangenschaft loskauften.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 134). Dabei handelt es sich um Dionysius von Rom (259/260–267/8); HAUSCHILD 1990, 207 Anm.323, bemerkt jedoch, daß über diese Hilfeleistung anderweitig nichts überliefert ist, die gefangenen Kleriker aber vielleicht im Zusammenhang mit dem in Sozomenus II 6,2 erwähnten Goteneinfall stehen könnten. Siehe zu diesem Brief auch SESBOÜÉ 1998, 210. 144 Vgl. dazu schon LOOFS 1898, 40–44, der sehr wahrscheinlich gemacht hat, daß Dorotheus erst mit ep. 243 zum ersten Mal in den Westen gereist ist; im Anschluß daran SCHWARTZ 1935, 179; SCHÄFER 1909, 110f. ; RICHARD 1949, 186. HAUSCHILD 1995, 235, spricht davon, daß im Herbst 371 der Schiffsverkehr bereits eingestellt war und Dorotheus deshalb nicht reisen konnte.

298

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Betrachtet man den Briefwechsel zwischen Athanasius und Basilius als Vorgeschichte, die Äußerungen des Basilius über Confidimus quidem und dazu die Subscriptio des Sabinus, stellt sich die Situation so dar: Das römische Synodalschreiben kann nicht an den Osten adressiert gewesen sein, da es von Rom aus gar nicht für diese Adresse bestimmt war. Vielmehr handelt es sich um eine Initiative des Athanasius, um den Kontakt zwischen Osten und Westen zu eröffnen und dem Osten zu zeigen, welche theologische Eintracht im Westen herrscht 145 . Damit kann die Adresse, die der Briefkopf aufweist, nicht original zum Schreiben Confidimus quidem gehören. Sicherlich hat auch Sabinus bei der Fertigung der Kopie keine Ergänzung in diesem Sinne vorgenommen, denn solch eine Eigenmächtigkeit hätte einer römischen Synode etwas untergeschoben, was sie überhaupt nicht intendiert hatte. Somit weisen auch die geschichtlichen Zusammenhänge darauf hin, daß die Adresse der orientalischen Bischöfe nachträglich in die von Sabinus verfaßte Abschrift eingedrungen ist, und zwar am wahrscheinlichsten zu dem Zeitpunkt, als von einem Redaktor das Synodaldokument, wie es im Codex Veronensis LX überliefert ist, zusammengestellt wurde. Die Frage ist nun, ob der Brief tatsächlich an Athanasius adressiert war, oder ob es sich dabei nicht vielmehr um eine von ihm erbetene Information über den Fall Auxentius handelt, d.h. um die Zusendung eines Synodalbeschlusses, der gar nicht an ihn, sondern an dritte adressiert war, wobei er sozusagen den Durchschlag zur Ansicht erhielt. Gegen Athanasius und seine Bischofskollegen als Adressaten spricht nämlich 146 , daß am Ende des Briefes der Erweis der Rechtgläubigkeit erwartet wird und der Grundtenor des ganzen Dokuments doch auch mahnend ist; das wäre sicherlich ein Affront gegen Athanasius gewesen, der sich selbst als Hort der Rechtgläubigkeit empfand, der seinerseits eben auf die Rechtgläubigkeit des Westens achtete und als solcher auch im Westen zu diesem Zeitpunkt durchaus anerkannt war. Einen Brief dieser Art hätte er sicher auch nicht als besonders positives Ereignis an den Osten weitergeleitet.

145 Daß Athanasius das Schreiben an Basilius sandte, ist auch dadurch bedingt, daß Basilius sich für Athanasius zum Ansprechpartner für den ganzen Orient erklärte, so ep. 82 (I 185,29–35): &QFJEIEFJTXKVQPQUPJLBUBGBJOPOUBJTPJUIÝNOINIÝUXOQBS FMRPOUXO FLFJOPQPJITPO RFPGJMFTUBUF1BUFS FNPJUBKQSPKUPVKFQJTLPQPVK FQJTUPMBKEJBQFNZBJ IEJBUJOPKUXOBVUPRFOQJTUXOILBJEJBUPVBEFMGPV %XSPRFPVUPVTVOEJBLPOPVINXO BKVQPEFYBNFOPKPVQSPUFSPOEXTXNIMBCXO UBKQBSBVUXOBQPLSJTFJK 146 Und damit möchte ich RICHARD 1949, 182 Anm.2, widersprechen, der im Schreiben Confidimus quidem ein Rundschreiben sieht, das unter anderem an Alexandria explizit adressiert war.

1. Confidimus quidem

299

Möglich wäre natürlich, daß die Forderung nach einem Antwortbrief auch von Sabinus hinzugefügt worden ist. Dagegen spricht aber die Überlieferung bei Theodoret/Sozomenus und im Florilegium des Eutyches, die alle eine wenigstens ähnliche Aufforderung bieten 147 , jedoch ohne die Notiz des Sabinus. Hier gewinnt nun wieder die Frage an Gewicht, inwieweit der Adressat, der in der griechischen Übersetzung von Confidimus quidem angegeben ist, Anspruch auf Originalität erheben kann. 1.3.1.2. Die Illyrier Betrachtet man die Überlieferungsgeschichte, so ist sicherlich zunächst von Bedeutung, daß nicht nur in der griechischen Übersetzung die Illyrier als Adresse genannt sind, sondern auch im Florilegium des Eutyches, der lateinischen Rückübersetzung einer zweiten griechischen Übersetzung, die in manchen Passagen größere Nähe zum lateinischen Original zeigt. Somit gibt es zwei Zeugen dafür, daß es sich um einen Synodalbeschluß handelt, der an die Bischöfe im Illyricum gerichtet war; und auch wenn beide Übersetzungen von derselben lateinischen Vorlage abhängig sind, ist damit doch bewiesen, daß in diesem Text mit Sicherheit als Adresse die illyrischen Bischöfe genannt sind. Eine wichtige Beobachtung, die weiter zu Klärung der Adressatenfrage beitragen könnte, kann man im Brief des Basilius an Valerianus, den Bischof von Aquileja, (ep.91) machen. Basilius redet Valerianus hier als Bischof der Illyrier 148 an und bezieht sich auf einen Brief, den er von ihm erhalten habe: „Dank sei dem Herrn, der uns eine Frucht alter Liebe in Deiner Reinheit sehen läßt, der Du, obwohl körperlich so weit entfernt, durch einen Brief Dich mit uns verbunden hast und, indem Du uns mit Deiner geistlichen, heiligen Sehnsucht umarmt hast, unsere Seelen eine unsagbare Liebesbezeugung erwiesen hast. Wir haben ja tatsächlich die Bedeutung des Sprichworts erfahren: Wie für eine durstige Seele kühles Wasser so ist eine gute Nachricht aus einem weit entfernten Land [Spr 25,25]...“ 149 .

147 Wobei Sozomenus und insbesondere Theodoret versuchen, den harschen Ton abzumildern. 148 BAS., ep. 91 (I 197): 06"-&3*"/8Ý&1*4,018Ý*--63*8/HAUSCHILD erklärt dies so, 215 Anm. 390: „Der Ausdruck ‘Bischof der Illyrier’ meint, falls es kein Fehler ist, nicht die kirchenrechtlich präzise Zuständigkeit. Obwohl Aquileja nicht zum Illyricum gehört, ist es kirchlich stark dorthin orientiert, und Basilius spricht Valerian für das Illyricum an, weil er mit der an diesen gleichzeitig übersandten Ep 90 auch jene Präfektur einbeziehen will, die stark von Homöern beherrscht ist“. Diese Erklärung überzeugt nicht, da sie keinen Anhalt in diesem Brief hat. 149 BAS., ep. 91 (I 197,1–8.10–14): $BSJKUXÝ,VSJXÝUXÝEPOUJINJOBSDBJBKBHB QIKLBSQPOJEFJOFOUIÝTIÝLBRBSPUIUJ PKHFUPTPVUPOEJFTUXKUXÝTXNBUJTVO IZBKINJOTFBVUPOEJBHSBNNBUPKLBJ UXÝQOFVNBUJLXÝTPVLBJBHJXÝQPRXÝQFSJ

300

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Gewöhnlich wird davon ausgegangen, daß Basilius hier auf einen persönlichen Brief des Valerianus antwortet 150 ; man kann den Brief zwar durchaus so verstehen, aber meiner Ansicht nach spricht auch einiges dagegen: Basilius bezieht sich in diesem Brief nie direkt auf ein persönliches Schreiben des Valerianus an Basilius, sondern erwähnt lediglich ein unbestimmtes Schreiben (EJBHSBNNBUPKUPHSBNNB . Zwar führt Basilius an, daß Valerianus sich in dem Schreiben mit ihm verbunden habe, aber eher auf einer geistlichen Ebene (UXÝQOFVNBUJLXÝTPVLBJBHJXÝQPRXÝQFSJQUVYBNF OPKINBK  Dies erklärt er mit dem Sprichwort, daß eine gute Nachricht aus einem fernen Land wie kühles Wasser für die Seele ist, was wiederum zu der folgenden Aussage paßt, es sei ein großartiges Geschenk zu hören, daß in diesem fernen Land Eintracht in der Frömmigkeit herrsche: „Doch das hat uns in der gegenwärtigen Lage der Herr großartig geschenkt, nämlich zu hören, daß Ihr in voller Übereinstimmung und Einheit untereinander lebt und die Verkündigung der Frömmigkeit bei Euch ungehindert überall proklamiert wird.“ 151

Diese Angaben gehen in nichts über das hinaus, was wir auch aus dem Brief an die Bischöfe im Westen erfahren, nämlich daß man sich in der bedrängten Lage, in der man sich im Osten befindet, über die offenbar harmonische Situation im Westen freut und daraus Hoffnung schöpft 152 . Zudem schreibt Basilius, daß er sich mit diesem Brief Valerianus erst bekannt machen möchte, d.h. daß vorher noch kein Kontakt bestand und noch keine Schreiben von Basilius in den Westen gelangt sind: „Deshalb erschien uns Dein Brief auch so wertvoll, und wir antworten Dir durch denselben Mann, unseren frömmsten Mitdiakon Sabinus, durch den wir uns Dir bekanntmachen und Dich bitten, zu wachen in der Fürbitte für uns...“ 153

QUVYBNFOPKINBK BNVRIUPOUJGJMUSPOUBJKZVDBJKINXOFOFQPJITBK&SHXÝHBS FNBRPNFOUIKQBSPJNJBKUIOEVOBNJO PUJ8TQFSZVDIÝEJZXTIÝZVDSPOVEXS PVUXKBHHFMJBBHBRIFLHIKNBLSPRFO %JBUPVUPLBJQPMMPVBYJPOINJOFGBOIUPHSBNNBLBJBNFJCPNFRBTFEJBUPV BVUPVBOESPK UPVFVMBCFTUBUPVTVOEJBLPOPVINXO4BCJOPV EJPVÀLBJHOXSJ [PNFOTPJFBVUPVKLBJQBSBLBMPVNFOTFFQBHSVQOFJOUBJKVQFSINXOQSPTFV DBJK („Deshalb erschien uns das Schreiben auch so wertvoll, und wir danken Dir durch denselben Mann, unseren frömmsten Mitdiakon Sabinus, durch den wir uns Dir bekanntmachen und Dich bitten, zu wachen in der Fürbitte für uns [vgl. Eph 6,18].“ Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 153) 150 Z.B. HAUSCHILD 1995, 238 151 BAS., ep. 91 (I 197,19–23): "MMBUPVUPNFHBMXKFOUPJKQBSPVTJOP,VSJPK INJOFDBSJTBUP UPVNBKBLPVFJOFOBLSJCFJTVNGXOJBÝLBJFOPUIUJFJOBJQSPK BMMIMPVKLBJBLXMVUXKQBSVNJOUPLISVHNBUIKFVTFCFJBKQFSJBHHFMMFTRBJ 152 Siehe BAS., ep. 90,1 (I 194,5–9); siehe zu diesen Schreiben auch ROUSSEAU 1994, 299–304. 153 BAS., ep. 91 (I 197,10–14): %JBUPVUPLBJQPMMPVBYJPOINJOFGBOIUPHSBN

1. Confidimus quidem

301

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Notiz in einem Brief des Basilius an Meletius, der in dieselbe Zeit zu datieren ist. Dort erwähnt er, er habe nach dem Treffen mit Sabinus an die Illyrier und an die Bischöfe in Italien und Gallien und an einige, die persönlich geschrieben haben, Briefe gesandt: „Denn wir haben, nachdem wir Sabinus, den von ihnen gesandten Diakon, getroffen haben, einen Brief geschrieben an die Illyrier und an die Bischöfe in Italien und Gallien sowie an einige, die uns persönlich geschrieben haben.“ 154

Hier sind also ganz genau die beiden Briefe genannt, die uns auch überliefert sind, die Schreiben an die Bischöfe im Westen Ep. 90 (Gallien und Italien) und an die Illyrier Ep. 91 (nach Basilius durch ihren Bischof Valerianus), und dann als dritte Gruppe an einige, die ihm geschrieben hatten, worunter man sich zum Beispiel Athanasius vorstellen kann, denn von Kontakten des Basilius zu dieser Zeit in den Westen weiß man eigentlich nichts. Basilius’ darauffolgende Erwähnung eines zweiten Briefes, den Meletius schreiben soll 155 , bezieht sich explizit auf ein Schreiben in den Westen, d.h. an die Bischöfe in Italien und Gallien, das auch schon zuvor genannt worden ist 156 . Es ist uns als Ep. 92 bei Basilius überliefert 157 und ist eben neben dem Brief des Basilius an die Bischöfe im Westen das zweite

NBLBJBNFJCPNFRBTFEJBUPVBVUPVBOESPK UPVFVMBCFTUBUPVTVOEJBLPOPV INXO4BCJOPV EJPVÀLBJHOXSJ[PNFOTPJFBVUPVKLBJQBSBLBMPVNFOTFFQBH SVQOFJOUBJKVQFSINXOQSPTFVDBJK 154 BAS., ep. 89,1 (I 193,15–18): )NFJKHBSFQJUVDPOUFK4BCJOPV UPVQBSBV UXOBQPTUBMFOUPKEJBLPOPV FQFTUFJMBNFOQSPKUFUPVK*MMVSJPVKLBJQSPK UPVKLBUBUIO*UBMJBOLBJ(BMMJBOFQJTLPQPVKLBJUJOBKUXOJEJXKQSPKINBK FQJTUFJMBOUXO (Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 151). 155 BAS., ep. 89,1 (I 193,18–20): &VMPHPOEFXKBQPLPJOPVUIKTVOPEPVBQPTUB MIOBJUJOBUPOLPNJ[POUBEFVUFSBHSBNNBUB BQFSBVUPKLFMFVTPOUVQXRIOBJ („Es ist aber sinnvoll, wie von einer gemeinsamen Synode jemanden als Gesandten zu schicken, der ein zweites Schreiben überbringt, welches Du selbst abfassen mußt“.). 156 BAS., ep. 89,1 (I 193,10–14): &QFJUBLBJVQPNJNOITLPNFOLBUBYJXTBJTF QBOUBUVQXTBJEJBUPVQSPFJSINFOPVBEFMGPV LBJ FJUJEFJFQJTUBMIOBJUPJK LBUBUIO%VTJO EJBUPPGFJMFJOBOBHLBJXKLBJEJINFUFSPVBVUPJKBQFOFDRIOBJ HSBNNBUB BVUPOVQBHPSFVTBJUBKFQJTUPMBK („Sodann erinnern wir Dich, Du wollest bitte alles durch den genannten Bruder ausführen und, wenn etwas den Leuten im Westen geschrieben werden muß, selbst den Brief diktieren, weil notwendigerweise auch durch unseren Mann ihnen der Brief überbracht werden muß.“). 157 Hier ist die Adresse ausführlich genannt und es sind ebenfalls die Bischöfe in Italien und Gallien, aber nicht die Illyrier, BAS., ep. 92,1 (I 198,1–3): 5PJKRFPGJMFTUBUPJKLBJPTJXUBUPJKBEFMGPJKTVMMFJUPVSHPJK UPJKLBUBUIO *UBMJBOLBJ(BMMJBOPNPZVDPJKFQJTLPQPJK

302

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Schreiben in diese Richtung, d.h. an die Bischöfe in Gallien und Italien, aber nicht an die Illyrier 158 . Warum aber nennt Basilius die Illyrier? Wie kommt er dazu, Valerianus Bischof der Illyrier zu nennen? Wenn Valerianus Basilius persönlich geschrieben hätte, dann wäre Basilius sicher besser über ihn informiert gewesen. Und warum überbringt Sabinus Basilius einen Brief von Valerianus, wenn er erst von Athanasius zu Basilius geschickt worden ist? Die wahrscheinlichste Erklärung hierfür ist, daß dieses Mißverständnis etwas mit dem Schreiben Confidimus quidem zu tun hat, und zwar mit der Adresse, wie sie uns durch Theodoret, Sozomenus und Eutyches überliefert ist. Bei Theodoret und Sozomenus sind namentlich nur Damasus und Valerianus genannt; wären diese beiden Namen mit der Adresse der illyrischen Bischöfe auch in dem Exemplar, das Basilius zugestellt worden ist, zu lesen gewesen, könnte man vermuten, daß Basilius hier Absender und Adressaten etwas durcheinandergebracht hat, d.h. die lateinische Umschreibung (Valerianus et ceteri ... fratribus per Illyricum constitutis 159 ) des Adressaten dem Absender zugeordnet hätte. Somit wäre auch Ep. 91 eine Antwort auf das Schreiben Confidimus quidem, das Valerianus explizit als Absender nennt, und nicht auf einen Privatbrief des Valerianus, dem sich Basilius erst bekannt machen muß. Das würde auch erklären, warum Basilius in seinem Schreiben an Meletius die Illyrier als erste Adresse seiner Antwortschreiben nennt. Damit ergibt sich, daß die Illyrier im Schreiben Confidimus quidem namentlich er158 HAUSCHILD erklärt die Formulierung EFVUFSBHSBNNBUB so, daß Basilius nur einen Brief in den Westen geschrieben hat (1990, 214 Anm. 380): “Da Basilius im nächsten Satz präzise von einem ‘zweiten Schreiben’ spricht, handelt es sich bei dem, was er dem nach Mailand zurückkehrenden Sabinus mitgegeben hat, um ein einziges Schreiben: Ep 90. Wenn dieses an die Bischöfe im Westen gerichtet ist, dann entspricht dem hier die Aufzählung der drei Präfekturen des Westreiches.“ Dieser Schlußfolgerung widerspricht schon die Tatsache, daß es sich um zwei Briefe handelt, die Basilius in den Westen gesandt hat, ep. 90 und 91 (an Valerianus), denn wenn in die drei Präfekturen nur ein offizieller Brief ging, muß der an Valerianus unter die persönlichen Briefe gerechnet werden, Basilius mußte sich Valerianus aber erst noch bekannt machen. Der Duktus des Briefes 89 zeigt aber ganz genau, daß Basilius zuerst von einem Brief, den Meletius in den Westen schicken soll, schreibt, dann von seinen Briefen spricht, worunter auch einer an die Bischöfe in Italien und Gallien ist, und dann wieder die Rede vom Brief des Meletius aufnimmt, der eben der zweite an die Bischöfe dieser Region ist. 159 Dann müßte davon ausgegangen werden, daß die Angabe von Absendern und Adressaten, wie sie Theodoret und Sozomenus bieten, eine Übersetzung des auch im Exemplar des Basilius ursprünglich lateinisch so lautenden Textes darstellt. Dann hätte Basilius das Dativobjekt als Apposition zur Angabe der Absender verstanden. Ein Mißverständnis, das sich sehr gut so zugetragen haben könnte, wenn einerseits die Lateinkenntnisse des Basilius nur mäßig gewesen sind und er andererseits nicht genügend Informationen darüber hatte, in welchem Kontext das Synodalschreiben zu sehen ist.

1. Confidimus quidem

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wähnt sein müssen. Die Bischöfe Italiens sind dort nämlich mit Damasus als Vertreter genannt, und im Text selbst werden die Brüder aus Gallien und Venetien angeführt. An diesem Punkt erscheint es sinnvoll, die geschichtliche Wahrscheinlichkeit eines Synodalbriefes mit diesem Inhalt an die Illyrier zu überprüfen. Dabei kommt zunächst wieder das Schreiben des Athanasius ad Afros in den Blick, da der Autor hier die westlichen Häretiker namentlich auflistet 160 . Für unsere Frage besonders interessant sind Ursacius und Valens, denn beide sind illyrische Bischöfe. Ursacius in Singidinum und Valens in Mursa. Sie werden bei Athanasius meist mit Auxentius von Mailand zusammen genannt und scheinen für ihn die Hauptvertreter des „Arianismus“ im Westen zu sein. In der Tat waren sie federführend beim Konzil von Rimini (359) und bei allen antinicaenischen Unternehmungen der 50er Jahre des vierten Jahrhunderts 161 . Zu nennen ist hier außerdem Germinius, der seit 351 Bischof des illyrischen Sirmium war, Meslin nennt sie „le Trio illyrien“ 162 . Des weiteren gehört Gaius von Sabaria in Pannonien zu dieser Gruppe illyrischer Homöer 163 . Sie scheinen trotz mehrfacher Verurteilung, 360 auf dem Konzil von Paris 164 und durch eine Synode unter Damasus 165 , ATH., ep. Afr. 1 (Pg 26,1029B): FJLBJUJQFSJFMFMFJQUPQBSBVUPJKFLUIK SJ[IKUXO"SFJBOXOBOXGVPVTBQJLSJB "VYFOUJPOGBNFOLBJ0VSTBLJPO LBJ 0VBMFOUBLBJUPVKUBBVUBGSPOPVOUBKBVUPJK EJBUXOHSBNNBUXOUPVUXOFY FLPQITBOLBJBQFMFJGRITBO3 (1033B):0JEBUFHBS XK0VSTBLJPKLBJ0VB MIK &VEPYJPKLBJ"VYFOUJPK FLFJEFIOTVOBVUPJKLBJ%INPGJMPK LBRIÝSFRI TBO RFMITBOUFKFUFSBQBSBUBFO/JLBJBÝHSBGFJO Vgl. auch ad Afros 10. 161 MESLIN 1967, 71–84. 162 MESLIN 1967, 78, siehe auch 67–71, vgl. BRENNECKE 1988, 5–56. 163 Vgl. auch AVELL., 2,14 (CSEL 35, 10,22–29 GÜNTHER = CChr.SL 69, 365,145– 152 SIMONETTI/GÜNTHER): tunc demum oblatam ab Ursacio, Valente, Germinio et Gaio huiusmodi fidei conscriptionem, quae et fidem catholicam reprobaret et Arrium absolveret, immo et introduceret pestiferam eius doctrinam, execrantur et damnant tam impiam fidem eorum quam etiam ipsos, inexpiabile scelus esse iudicantes, qui patrum fidem venerabilem violent, si hos tam impios atque impiam eorum conscriptionem pateretur ecclesia. 164 HILARIUS, fr.h. XI 4. 165 ATH., ep. Afr. 10 (1045D): DBSJOPNPMPHITBNFOUIÝRFPTFCFJBÝBVUPVUFLBJ UXOTVOFMRPOUXOFOUIÝNFHBMIÝ3XNIÝ PUJLBJUPVKQFSJ0VSTBLJPOLBJ0VBMFO UB LBJUPVKUBBVUBBVUPJKGSPOPVOUBKFLCBMMPOUFK FTXTBOUIOPNPZVDJBO UIK,BRPMJLIK&LLMITJBK ATH., ep. ad Epictetum (PG 26, 1052A): %JBUPVUPHPVOLBJOVOEJBGPSXOHFOP NFOXOTVOPEXOFOUFUIÝ(BMMJBÝ LBJ4QBOJBÝ LBJUIÝNFHBMIÝ3XNIÝ QBOUFKPJ TVOFMRPOUFKUPVKNFOLSVQUPNFOPVKLBJGSPOPVOUBKOB"SFJPV "VYFOUJPOEI MFHXOUPOFO.FEJPMBOXÝ LBJ0VSTBLJPO LBJ0VBMFOUB LBJ(BJÅPOBQPUIK1B OPOJBKQBNZIGFJ XKBGFOPK1OFVNBUPKLJOPVNFOPJ BOFRFNBUJTBO 160

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

ihre Bischofssitze behalten zu haben, denn ebenso wie Auxentius erhielten sie wohl Unterstützung durch Valentinian I. 166 Die letzte Nachricht über Valens bietet Philostorgius, der berichtet, daß Eunomius auf seinem Weg ins Exil bei diesem Bischof Station macht, und dieser für die Aufhebung der Verurteilung seines Gastes eintritt 167 . Im Illyricum gab es also homöische Bischöfe, und der Inhalt von Confidimus quidem paßt genau zur Situation dieser Zeit, denn die homöischen Bischöfe waren zwar verurteilt, aber hatten trotzdem immer noch ihre Bischofssitze inne und wurden zudem noch von Valentinian protegiert, so daß seitens der Kirche nur vorsichtig vorgegangen werden konnte. Das ganze Schreiben Confidimus quidem ist durchzogen von der Ermahnung, daß die Priester Gottes nur den Glauben vertreten und weitergeben dürfen, der von den Vätern überliefert ist, und damit ist natürlich der Glaube von Nicaea gemeint. Der Brief beginnt vorsichtig, indem er zunächst voraussetzt, daß dies bei den Adressaten, deren Heiligkeit, nämlich ihr Bischofsamt, durch die Apostel eingerichtet ist, vorliegt und sie nur den Glauben vertreten, der von den Anordnungen der Vorfahren in keiner Weise abweicht. Denn gerade die Priester müssen diesen Glauben auf jeden Fall vertreten. Sodann wird aber der Bericht der Gallier und Veneter angeführt, daß dies, was auf keinen Fall passieren darf, nämlich daß Priester in Verwirrung geraten, weil sie verschiedene Auslegungen der Väterüberlieferung hören, offenbar trotzdem stattfindet. Dazu hat nach dieser Schilderung auch Auxentius beigetragen, so daß er deshalb verurteilt wurde. Da hier Auxentius genannt wird, ist deutlich, daß es sich bei den falschen Ratschlägen, um Ratschläge von Homöern handeln muß. Bestätigt wird dies durch die folgende Textpassage, denn nochmals wird betont, daß die Gesetzeslehrer, die Priester, die gleiche Lehre vertreten solATH., de synod. 9,3 und 11. 166 Vgl. insgesamt auch PIÉTRI 1976, 776f. und 780–782. 167 PHILOSTORGIUS, h.e. IX 8 (GCS 119,3–18 BIDEZ): 0UJTVLPGBOUPVTJ GITJO  &VOPNJPOFOUXÝPJLFJXÝBHSXÝLBUBLSVZBJUPO1SPLPQJPOUIOUVSBOOJEBQBMBNX NFOPOLBJNPMJKBVUPKUBKEJBCPMBKLBJUPOFLFJRFOEJFLSPVTBUPRBOBUPO VQFSPSJPKEPVOFJKUIO.BVSPVTJEBHIOFLQFNQFUBJ "VYPOJPVUPVUXOQSBJUX SJXOFQBSDPVUIOGVHIOBVUXÝFQJCBMPOUPKBMMPNFODFJNXOPKPOUPKFQIHFUP LBUB.PVSTBOEFUIK*MMVSJEPKGRBTBK IÀKFQJTLPQPKFUVHDBOFUJK0VBMIK EFYJXTFXKUFQPMMIKBQPMBVFJLBJUIKVQFSPSJBKBOBLPNJ[FUBJ QSPKUPOCBTJ MFBQBSBHFHPOPUPKUPV0VBMFOUPKTVO%PNOJOXÝ UIK.BSLJBOPVQPMFXKEFFQJT LPQPKPVÀUPKIO LBJUBLBUBVUPOEFJOPQBRXKBOBEJEBYBOUXO8SNITFEFP CBTJMFVKFJKPZJONFUBUIOBOBLMITJO&VOPNJXÝFMRFJO BMMP&VEPYJPKUFDOBJK UIORFBOFQFDFJNFUBUPVUPEFFJK/JLBJBOBGJLPNFOPKFQJTLPQPOBVUIÝLBR JESVTBJ FUFROILFJHBS&VHFOJPKPUBVUIOFGPSFVXO

QSJOIQFSBKFQJRFJOBJUIÝ CPVMIÝUPOCJPOFLMFJQFJLBJNFUBHFUBJ%INPGJMPKBQP#FSSPJBKFO,XOTUBOUJ OPVQPMFJ 0VBMFOUPKUPVCBTJMFXKTVOPEJLIOVQPLSJOBNFOPVZIGPO

1. Confidimus quidem

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len, und sogleich angeführt, daß es aber einen häretischen Virus gäbe, der jetzt auch wieder stark sei – wohl ein Hinweis eben auf Auxentius und die illyrischen Homöer. Dagegen sei aber einzig das Gegengift des Glaubens von Nicaea wirksam. Das Schreiben faßt hierauf den Glauben von Nicaea noch einmal zusammen, wobei als Ergebnis des theologischen Diskurses dieser Zeit auch die Gottheit des Heiligen Geistes betont wird, was auch ein Anliegen des Athanasius war. Daß die Integration des Heiligen Geistes hier aber noch etwas undurchdacht ist, zeigt sich daran, daß Begriffe die eigentlich die Wesenseinheit zwischen Vater und Sohn erklären sollen, nun auf die Trinität bezogen werden, denn durch unius deitatis, unius virtutis, unius figurae, unius substantia werden, wie auch bei Athanasius häufig zu finden ist, neutestamentliche Aussagen übernommen 168 , die eigentlich nur Vater und Sohn betreffen 169 , bzw. im Fall von figura nur den Sohn 170 . Im Anschluß daran distanzieren sich die Autoren des Synodalbriefes noch einmal vehement von Rimini und seinen Beschlüssen, und begründen seine Wertlosigkeit trotz der großen Zahl an Teilnehmern damit, daß weder der römische Bischof, noch der besonders angesehene Vincentius 171 , noch andere den dortigen theologischen Aussagen zugestimmt hätten, und die, die zugestimmt hätten, dazu überrumpelt wurden, weil sie die Unvereinbarkeit mit Nicaea nicht erkannten. Daraus schließen die Absender, daß der Adressat so erkennen muß, daß allein der Glaube von Nicaea beibehalten werden muß, und daß darin der

168 ATH., ep. Afr. 5 (PG 26,1037B): PUJUFFLUPVRFPVUIGVTFJNPOPHFOIKFTUJO P-PHPK EVOBNJK TPGJBNPOIUPV1BUSPK RFPKBMIRJOPK XKFJQFOP*XBOOIK LBJXKFHSBGFOP1BVMPK BQBVHBTNBUIKEPYIK LBJDBSBLUISUIKUPV1BUSPK VQPTUBTFXK 169 Das Phänomen, daß „Prädikate, die für einzelne der trinitarischen Personen charakteristisch sind, ... allen Personen zugesprochen“ (ABRAMOWSKI 1992, 499) werden, taucht in dieser Zeit häufiger auf, wie z.B. im Tomus Damasi, vgl. dazu ABRAMOWSKI 1992, 499f. 170 Damit geht diese Aussage also nicht wesentlich über die im Westen in dieser Zeit übliche serdicensische Interpretation des Nicaenums hinaus, siehe dazu ULRICH 1994, 242 und MARKSCHIES 1997a, 86. 171 Vincentius hieß der Vertreter des römischen Bischofs auf dem Konzil von Nicaea 325 (GELZER/HILGENFELD/CUNTZ 1898 = 1995, S. LX 1.S. 2,1.3,1.4,1.5,1.61,1.97,1. 119,1; EUS., v.C. III 7; SOC., h.e. I 13,12; SOZ., h.e. I 17,2; THDT., h.e. XI 7,3; II 89). 343–359 war er Bischof von Capua; Teilnahme an der Synode von Serdica, danach Reise nach Antiochia im Auftrag des Kaisers Constans zu dessen Bruder Constantius II. (THDT., h.e. VIII 54; IX 5); nach 353 Gesandtschaften im Auftrag des Liberius; vgl. dazu W. ENßLIN 1958, 2190f.; CASPAR 1930, 119.170f.173.185.187. 199; LIETZMANN ³1961, III 203.223.212.

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

zum katholischen Glauben Zugehörige erkannt wird, sei es im Orient oder im Occident 172 . Damit wird noch einmal unterstrichen, daß nur das Bekenntnis zu Nicaea die Rechtgläubigkeit eines Christen erweisen kann. Nach dieser Darlegung, die sich durch die Erwähnung von Rimini explizit gegen die Homöer richtet, kehrt der Brief nun wieder zu seinem eigentlichen Thema und Anliegen zurück, nämlich die Absetzung von Bischöfen und Priestern, die von diesem homöischen Irrtum besessen sind; und hier handelt es sich meiner Ansicht nach um den Schlüsselsatz und das eigentliche Ziel des Synodalbriefes, nämlich, daß die Bischöfe und Priester, die durch ihre Häresie (qui secus sentiunt) verdammt worden sind, endlich auch von ihrem Amt enthoben werden müssen, das sie immer noch bekleiden, obwohl sie doch eigentlich schon aus der Gemeinschaft ausgeschlossen sind. Deshalb muß hier unbedingt Richard gefolgt werden, der den an dieser entscheidenden Stelle leider korrupten lateinischen Text sehr klug im Blick auf die griechische Übersetzung ergänzt hat 173 . So wird genau die geschichtliche Situation geschildert, nämlich daß Bischöfe, die bereits verdammt worden sind, immer noch ihre Bischofssitze innehaben, was aber laut Synodalbrief nicht mehr lange so sein kann. Der Brief endet zunächst mit dem Wunsch, daß auch die Adressaten in dieser Meinung mit allen Priestern Gottes übereinstimmen und der Beteuerung, daß man dies ja auch annehme (ut bene credimus). Trotzdem werden dann im Imperativ Antwortschreiben verlangt, die dies beweisen sollen. Dieses Synodalschreiben war meines Erachtens als Rundschreiben an die illyrischen Bischöfe gedacht 174 , um nochmals zu versuchen, auch diesen Reichsteil auf das Nicaenum einzuschwören bzw. bei den Rechtgläubigen die Erkenntnis zu erwecken, daß die homöischen Bischöfe endlich abgesetzt werden müssen 175 . Der diplomatische und zurückhaltende Tenor 172 PIÉTRI meint, daß diese Formulierung darauf hinweise, daß der Synodalbrief an die Illyrier gerichtet sei, PIÉTRI 1976, 778 Anm.1: „la synodale romaine invite les destinataires de la lettre à imiter l’harmonie de l’Orient et de l’Occident: ac nobiscum Orientales, qui se catholicos recognoscunt Occidentalesque gloriari. Cette formule s’expliquerait mal si elle était destinée aux Orientaux“. Dieses Argument trifft aber meiner Ansicht nach so nicht zu, da die Aussage wohl so gemeint ist, daß sowohl im Osten als auch im Westen gilt, daß einzig das Nicaenum die Rechtgläubigkeit erweist. Außerdem kann von Rom aus gesehen das Illyricum durchaus bereits zum Osten gerechnet werden, der vielleicht deshalb auch zuerst genannt wird. 173 RICHARD 1951, 327: ergänzter Text: ... licet hoc ipso conatu a nostra communione separari atque episcopi appellatione exui possint ...; Vgl. auch Florilegium des Eutyches, ACO II/2,1, 41,23f.: ... aliter credentes a nobis alienos esse et a nostra communione summotos et episcopos hac appellatione privari ... . 174 Ebenso PIÉTRI 1976, 777. 175 Daß es in diesem Reichsteil auch rechtgläubige Bischöfe gab, legt die Synode von Sirmium im Jahre 375 nahe: THDT., h.e. IV 9.

1. Confidimus quidem

307

hat seine Ursache sicherlich in der Tatsache, daß eben diese Bischöfe durch den Kaiser protegiert wurden, und deshalb auch wenig Möglichkeiten bestanden, etwas in dieser Hinsicht zu erreichen. Daß der römische Bischof nicht unmaßgeblich an der Ausarbeitung des Schreibens beteiligt war, zeigt die mehrfache Betonung der wichtigen Stellung Roms, einerseits beim nicaenischen Konzil, indem die römischen Abgesandten besonders genannt werden, und andererseits, daß eben bei der Entscheidung von Rimini der römische Bischof nicht gehört wurde. Auch die Betonung der Apostelautorität könnte auf den Bischof von Rom zurückgehen. Am Anfang des Briefes bezeichnet er die Heiligkeit der Bischöfe als auf die Einrichtung der Apostel gegründet, und auch der nicaenische Glaube wird auf die Autorität der Apostel zurückgeführt. Im Decretum Damasi und im Dekretale ad Gallos ist diese Betonung der apostolischen Autorität ebenfalls zu beobachten 176 . 1.4. Ergebnis Somit legt sich als wahrscheinlichste Lösung nahe, daß Damasus, angeregt durch einen Brief des Athanasius, noch einmal einen Versuch unternimmt anzumahnen, daß die homöischen Bischöfe, die auch bereits als Häretiker verurteilt worden sind, ihrer Ämter enthoben werden. Er beruft eine Synode in Rom ein mit dreiundneunzig bzw. neunzig Teilnehmern, die wohl, wenn man den zeitlichen Zusammenhang der Basiliusbriefe betrachtet, im Jahre 371 zusammengetreten ist 177 . Das Synodalschreiben, in dem als Absender namentlich nur Damasus und Valerianus genannt sind, ist an die Illyrier adressiert, wird aber auch durch Sabinus, den Mailänder Diakon, dem der Fall Auxentius besonders am Herzen liegt und der Athanasius wohl darüber am besten informieren kann, an Athanasius zur Kenntnisnahme gesandt. Dieser leitet ihn an Basilius weiter, der, wie aus dem Briefwechsel zwischen Basilius und dem Bischof von Alexandria hervorgeht, mit dem Westen in Kontakt treten möchte. Dies geschieht durch die Initiative des Alexandriners, da Sabinus erst eine Abschrift für diesen Zweck anfertigen muß. Denkbar ist aber auch, daß Athanasius vom Westen beauftragt wurde, mit diesem Brief wie im Illyricum auch im Orient die Rechtgläubigkeit der Bischöfe zu überprüfen. Damit könnte auch die Reaktion des Westens auf die Briefe aus dem Osten erklärt werden, die offenbar wieder zurückgeschickt worden sind mit der Forderung nach einem Erweis der Rechtgläubigkeit 178 .

176

Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 5.3. und 3.2. Siehe oben Kap. 4.1.3.1. 178 Siehe dazu die Ausführungen Kap. 4.1.5. 177

308

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Dies wird aus der Nachgeschichte des Schreibens Confidimus quidem deutlich. Confidimus quidem (Dokument einer röm.Synode im Jahr 371)

Abschrift an Athanasius

lateinisches Original an die Illyrier

Abschrift an Basilius (Kopie durch Sabinus 179 ) griech.Übersetzung I Codex Veronensis LX (Kompilation mit anderen Dokumenten, die von Rom in den Orient gesandt worden sind)

Florilegium des Eutyches (in lat. Rückübersetzung überliefert)

griech. Übersetzung II

Sozomenus

Theodoret

Cassiodor (lat. Rückübersetzung)

1.5. Der Kontakt zwischen Orient und Westen nach dem Schreiben Confidimus quidem Nach Erhalt des Schreibens Confidimus quidem sah sich der Osten in seiner Hoffnung bestärkt, daß der Westen, der harmonisch im Glauben gefestigt erscheint, Hilfe für die bedrängte Lage der orientalischen Bischöfe bringen kann 180 . Deshalb werden dem Diakon Sabinus bei seiner Abreise Briefe mitgegeben. Drei dieser Briefe sind im Corpus der Basiliusbriefe erhalten und wurden im Verlauf der bisherigen Argumentation bereits angesprochen. Hier soll nochmals eine kurze Zusammenfassung gegeben werden, um auf dieser Grundlage Licht auf die weiteren Ereignisse zu werfen. 179

Möglicherweise wurde bereits hier von Sabinus auf Weisung Roms per Orientem ... eingefügt, falls die Absicht, Athanasius mit der Lehrüberprüfung zu beauftragen, bereits in Rom gefaßt worden ist. 180 Siehe dazu BRENNECKE 1988, 232–242.

1. Confidimus quidem

309

Zunächst sind hier die beiden Briefe des Basilius an den Westen zu nennen: Ep. 90 an die heiligsten Brüder und Bischöfe im Westen und Ep. 91 an Valerianus „den Bischof der Illyrier“. Beide Briefe sollen durch Sabinus, den Diakon, überbracht werden, der auch mündlich Bericht über die Lage im Osten abgeben soll 181 . Brief 90 nimmt zunächst Bezug auf den wohl von Athanasius übermittelten Brief Confidimus quidem, der „ein Zeugnis gesunden Glaubens und einen Beweis unverletzlicher Eintracht und Harmonie“ 182 enthalte, und daß man aus dieser Harmonie Hoffnung auf Hilfe für die eigene mißliche Lage schöpfe. Diese bedrängte Situation schildert Basilius: „Verachtet sind die Lehren der Väter, die apostolischen Traditionen werden vernachlässigt, Erfindungen junger Leute bürgern sich in den Kirchen ein ...“ 183 . Dagegen erwartet Basilius Hilfe aus dem Westen durch „Mitleid“, „Gebete und Mithilfe“, und „Aufnahme in den Zusammenklang des einen Körpers“ 184 . Interessant ist, daß Basilius am Ende des Briefes gewissermaßen die Forderung erfüllt, die im Schreiben Confidimus quidem ausgesprochen wird; zunächst nennt er die gesunde Lehre als die gute Verkündigung der Väter, die den Sohn als wesenseins mit dem Vater bekennt und bei der der heilige Geist in gleicher Ehre mitgezählt und mitangebetet wird 185 , und gibt schließlich im Zusatz die Zustimmung zu den Beschlüssen des Westens: „Allem aber, was von Euer Ehrwürden rechtskräftig getan wurde,

BAS., ep. 90,1 (CUFr I 195,13–17): &QFUFJOFEFINJOUIOQBSBLMITJOP,V SJPKEJBUPVFVMBCFTUBUPVVJPVLBJTVOEJBLPOPV4BCJOPV PKLBJUBQBSVNJO LBMBEJIHITBNFOPKBLSJCXKFRSFZFOINXOUBKZVDBKLBJUBINFUFSBEFUIÝQFJ SBÝNBRXOFOBSHXKINJOBOBHHFMFJ BAS., ep. 91 (I 197,10–14): %JBUPVUPLBJQPMMPVBYJPOINJOFGBOIUPHSBNNB LBJBNFJCPNFRBTFEJBUPVBVUPVBOESPK UPVFVMBCFTUBUPVTVOEJBLPOPVINXO 4BCJOPV EJPVÀLBJHOXSJ[PNFOTPJFBVUPVKLBJQBSBLBMPVNFOTFFQBHSVQOFJO UBJKVQFSINXOQSPTFVDBJK 182 BAS., ep. 90,1 (I 194,5–7): VHJPVKQJTUFXKNBSUVSJBOLBJUIKBOFQISFBT UPVPNPOPJBKLBJTVNQOPJBKBQPEFJYJOFDPOUB 183 BAS., ep. 90,2 (I 195,2–196,5): ... ,BUBQFGSPOIUBJUBUXO1BUFSXOEPHNBUB  BQPTUPMJLBJQBSBEPTFJKFYPVRFOIOUBJ OFXUFSXOBORSXQXOFGFVSFNBUBUBJK &LLMITJBJKFNQPMJUFVFUBJ 184 BAS., ep. 90,1 (I 195,28): VNBKQBSBLBMPVNFOTVNQBRITBJINXOUBJKEJ BJSFTFTJ; 90,2 (I 196,27f.): UPVUPLBJINJOEJBUXOVNFUFSXOFVDXOLBJUIK TVOFSHJBKVNXODBSJTIUBJ90,1(I 195,31f.): FJKUIOFOPKTXNBUPKINBKTVN GXOJBOBOBMBNCBOFJO 185 BAS., ep. 90,2 (I 196,19–24): -BMFJTRXLBJQBSVNJONFUBQBSSITJBKUP BHBRPOFLFJOPLISVHNBUXO1BUFSXO UPLBUBTUSFGPONFOUIOEVTXOVNPOBJSF TJOUIO"SFJPV PJLPEPNPVOEFUBK&LLMITJBKFOUIÝVHJBJOPVTIÝEJEBTLBMJBÝFO IÀÝP6JPKPNPPVTJPKUXÝ1BUSJPNPMPHFJUBJLBJUP1OFVNBUP"HJPOPNPUJNXK TVOBSJRNFJUBJUFLBJTVMMBUSFVFUBJ 181

310

Kapitel 4: Theologische Profilierung

stimmen wir zu, weil wir Euren apostolischen Eifer um die Rechtgläubigkeit akzeptieren“ 186 . Damit drückt Basilius seine Zustimmung zu den Beschlüssen des Westen aus, wobei er aber nicht wortwörtlich deren Zusammenfassung des Glaubens wiederholt, sondern mit seiner Formulierung der Trinität etwas ungenau bleibt. Sein Brief 91 an Valerianus bietet inhaltlich nichts Neues, ist aber in seinen Formulierungen etwas persönlicher 187 . Bei dem dritten Brief handelt es sich um ein Schreiben von 32 Bischöfen aus dem Osten, an deren erster Stelle Meletius von Antiochia, Eusebius von Samosata und Basilius von Caesarea genannt werden 188 , an die Bischöfe in Italien und Gallien. Aus einem Brief des Basilius an Meletius, der diese Angelegenheit betrifft, erfahren wir, daß Basilius darauf drängt, daß zusätzlich zu seinem Brief an die Bischöfe in Italien und Gallien von Meletius ein Schreiben verfaßt werden soll, das wie ein Synodalschreiben aussieht, d.h. mit einer Gruppe von Bischöfen als Absender: „Es ist aber sinnvoll, wie von einer gemeinsamen Synode jemanden als Gesandten zu schicken, der ein zweites Schreiben überbringt, welches Du selbst abfassen mußt“ 189 . Auch hier ist es wohl Sabinus, der den Brief überbringen soll 190 . Das Schreiben bietet einen ähnlichen Inhalt wie die Briefe des Basilius. Zunächst wird die Bitte um Hilfe formuliert, die schon lange erwartet wurde 191 , sodann ausführlich von den Leiden der Kirche im Osten erzählt 192 , um schließlich die Bitte um Hilfe zu präzisieren, nämlich als den Wunsch nach einer Gesandtschaft aus dem Westen, die vor Ort eine Synode abhal186 BAS., ep. 90, 2 (I 196,29–32): ,BJQBTJEFUPJKHFOPNFOPJKLBOPOJLXKQBSB UIKVNFUFSBKUJNJPUIUPKTVOFRFNFRB UPOBQPTUPMJLPOVNXO[IMPOVQFSUIKPS RPEPYJBKBQPEFYBNFOPJ 187 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 4.1.3.1.2. 188 Siehe zu den Namen HAUSCHILD 1990, 216 Anm. 394. 189 BAS., ep. 89, 1 (I 193,18–20): &VMPHPOEFXKBQPLPJOPVUIKTVOPEPVBQPT UBMIOBJUJOBUPOLPNJ[POUBEFVUFSBHSBNNBUB BQFSBVUPKLFMFVTPOUVQXRIOBJ 190 BAS., ep. 92,1 (I 199,33–37): QBOUBNBRPOUBK LBJPTBQSPUPVUPVUBK BLPBKVNXOEJFGVHF QBSBUPVFVMBCFTUBUPVBEFMGPVINXOUPVTVOEJBLPOPV 4BCJOPV PKEVOITFUBJVNJOLBJPTBUIOFQJTUPMIOEJBGFVHFJQBSFBVUPVEJI HITBTRBJ EJPVÀQBSBLBMPVNFOVNBK RICHARD 1949, 194–197, macht deutlich, daß ep. 90, 91 und 92 von Sabinus durchaus zur selben Zeit in den Westen gebracht werden konnten, ohne daß Basilius ep. 92 schreiben mußte; er wendet sich dabei gegen SCHÄFER 1909 und LOOFS 1898; HAUSCHILD 1990, 217 Anm. 396 folgt hier RICHARD. 191 BAS., ep. 92,1 (I 199,16–19) u.ö.: XKUBDBBO FJFYBHHFJMBJNFOVNJOUBMV QPVOUB EJBOBTUITPNFOVNBKQSPKUIOBOUJMIZJOINXO IOQBMBJNFOQSPTFEP LITBNFOQBSVNXOUBJKLBUBUIO"OBUPMIO&LLMITJBJKHFOITFTRBJ PVEFQX EFUFUVDILBNFO 192 BAS., ep. 92,2 (I 200,1–201,48).

1. Confidimus quidem

311

ten soll, um die Ordnung wiederherzustellen, indem sie „das von unseren Vätern in Nicaea aufgeschriebene Glaubensbekenntnis erneuern, die Häresie verbannen und mit den Kirchen den Friedensschluß erörtern soll, wobei sie die Gleichgesinnten zur Eintracht zusammenführt“ 193 . Gegenüber Basilius wird hier nicht nur die Bedrohung durch die Arianer angesprochen, sondern nun auch ganz deutlich darauf verwiesen, daß es in der antiochenischen Kirche eben auch eine Spaltung derjenigen gibt, die sich für rechtgläubig halten, und dadurch eine besondere Schwächung eingetreten ist 194 . Dafür wird besonders die Hilfestellung des Westens erbeten, wobei natürlich ganz deutlich ist, daß Meletius die antiochenische Kirche unter sich vereinigen möchte, wenn er um Hilfe bittet und sagt: „Dazu brauchen wir ja besonders die Hilfestellung Eurerseits, daß die, die den apostolischen Glauben bekennen, die Spaltungen, die sie ersonnen haben, aufheben und sich in Zukunft der Autorität der Kirche unterordnen, damit der Leib Christi ebenmäßig werde, indem er mit allen Gliedern zu einem einheitlichen Ganzen zurückkehrt...“ 195 .

Damit wird also vom Westen eine eindeutige Stellungnahme für Meletius verlangt. Daß Meletius diese Unterstützung auch verdient habe, wird am Ende des Briefes noch einmal unterstrichen, indem versucht wird, wie Basilius das in Ep. 90 getan hat, die eigene Rechtgläubigkeit zu betonen, indem man den westlichen Beschlüssen seine Zustimmung erweist und die Rechtgläubigkeit des Westens lobt: „In der Tat ist ja das, was Eurer Gottesfurcht vom Herrn geschenkt wurde, der höchsten Seligpreisung wert: nämlich das Falsche vom Bewährten und Reinen zu unterscheiden, den Glauben der Väter ohne jede Einschränkung zu verkünden, den auch wir empfangen und erkannt haben als aus apostolischen Wesenszügen geformt, wobei wir ihm und allem durch Synodalschreiben kanonisch und ordnungsgemäß Festgesetzten zustimmen“ 196 .

BAS., ep. 92,3 (I 202,19–23): PJLBJUIOFO/JLBJBÝHSBGFJTBOQBSBUXO1B UFSXOINXOQJTUJOBOBOFXTPOUBJLBJUIOBJSFTJOFLLISVYPVTJLBJUBJK&L LMITJBJKUBFJSIOJLBEJBMFYPOUBJUPVKUBBVUBGSPOPVOUBKTVOBHPOUFKFJKPNP OPJBO 194 BAS., ep. 92,3 (I 202,29–32): )NJOEF QSPKUXÝGBOFSXÝQPMFNXÝUXOBJSFUJ LXO FUJLBJPQBSBUXOEPLPVOUXOPNPEPYFJOFQBOBTUBKFJKFTDBUPOBTRFOFJBK UBK&LLMITJBKLBUIHBHFO 195 BAS., ep. 92,3 (I 202,32–203,37): &GBQFSLBJNBMJTUBUIKQBSVNXO DSIÝ[PNFOCPIRFJBK XTUFUPVKUIOBQPTUPMJLIOPNPMPHPVOUBKQJTUJO BQFSFQF OPITBOTDJTNBUBEJBMVTBOUBK VQPUBHIOBJUPVMPJQPVUIÝBVRFOUJBÝUIK&L LMITJBK JOBBSUJPOHFOIUBJUPTXNBUPV$SJTUPV QBTJUPJKNFMFTJOFJKPMP LMISJBOFQBOFMRPO(Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 156) 196 BAS., ep. 92,3 (I 203,40–47): 5XÝPOUJHBSUPVBOXUBUPVNBLBSJTNPVBYJPO UPUIÝVNFUFSBÝRFPTFCFJBÝDBSJTRFOQBSBUPV,VSJPV UPNFOLJCEIMPOBQPUPV EPLJNPVLBJLBRBSPVEJBLSJOFJO UIOEFUXO1BUFSXOQJTUJOBOFVUJOPKVQPTUP 193

312

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Daß die Stellung der Person des Meletius Schwierigkeiten bereiten könnte, ist Basilius jedoch bereits vor dem Absenden der Briefe bewußt, denn in seinem Brief an Meletius schreibt er im Hinblick auf Athanasius, daß dieser zwar gewillt sei, sie zu unterstützen, aber an Meletius Anstoß nehme, der die Gemeinschaft mit ihm aufgeschoben habe 197 : „Was den ehrwürdigsten Bischof Athanasius betrifft, erinnern wir Deine wohlbewanderte, vollkommene Klugheit daran, daß die Briefe meinerseits unmöglich etwas beitragen oder etwas von dem Notwendigen ausrichten, wenn er nicht auch von Euch, die ihr damals die Gemeinschaft mit ihm aufgeschoben habt, in irgendeiner Form akzeptiert wird. Er soll sehr darum bemüht sein, sich mit uns zu verbünden und nach Kräften dazu beizutragen, aber betrübt darüber sein, daß er damals ohne Gemeinschaft fortgeschickt wurde und bis jetzt die Versprechungen unerfüllt blieben.“ 198

Darin könnte ein Grund dafür liegen, warum der Westen so ablehnend auf die Briefe aus dem Osten reagierte, denn sicherlich war dort bekannt, daß Athanasius keine Gemeinschaft mit Meletius hatte, aber dagegen mit dem Altnicaener Paulinus, und die westlichen Bischöfe sicher nicht bereit waren, gegen Athanasius mit Meletius Gemeinschaft aufzunehmen. Daß es hier zu keiner Verbesserung der Situation gekommen ist, zeigen spätere Briefe, aus denen deutlich wird, daß auch nach dem Tode des Athanasius keine kirchliche Gemeinschaft zwischen den Anhängern des Meletius und den Alexandrinern bestand 199 . Die Reaktion des Westens auf diese Briefe des Basilius, des Meletius und der orientalischen Bischöfe kann man aus weiteren Schreiben des Basilius herauslesen, insbesondere aus einem Brief an Eusebius von Samosata (Ep. 138), der wohl in den Spätsommer 373 zu datieren ist 200 . Hier schreibt Basilius: „Der Presbyter Euagrius, der Sohn des Antiocheners Pompeianus, welcher einst zusammen mit dem seligen Manne Eusebius in den Westen reiste, ist jetzt aus Rom zurückgekehrt und verlangt von uns einen Brief, der wortwörtlich enthält, was von jenen geschrieben worden ist. (Den unsrigen aber brachte er wieder zurück, weil er dort den MIKLISVTTFJO IOLBJINFJKFEFYBNFRBLBJFQFHOXNFOFLUXOBQPTUPMJLXODB SBLUISXONFNPSGXNFOIO TVORFNFOPJLBJBVUIÝLBJQBTJUPJKFOUXÝTVOPEJLXÝ HSBNNBUJLBOPOJLXKLBJFORFTNXKEFEPHNBUJTNFOPJK 197 Vgl. dazu HAUSCHILD 1990, 214 Anm. 381. 198 BAS., ep. 89,2 (I 193,21–194,9): ,BJQFSJUPVBJEFTJNXUBUPVFQJTLPQPV "RBOBTJPV BLSJCXKHJOXTLPVTBOUIOUFMFJBOTPVGSPOITJOVQPNJNOITLPNFO PUJBNIDBOPOUPJKQBSFNPVHSBNNBTJOFQJEPVOBJIQPJITBJUJUXOPGFJMPNF OXO FBONILBJQBSVNXO UXOUPUFUIOLPJOXOJBOBVUPVBOBCBMMPNFOXO EF YIUBJUJOBUSPQPO"VUPKHBSMFHFUBJQBOVXSNITRBJQSPKUPTVOBGRIOBJINJO LBJLBUBEVOBNJOTVNCBMFTRBJ MVQFJTRBJEFPUJLBJUPUFQBSFQFNGRIBLPJOX OIUPKLBJFUJOVOBUFMFJKNFOPVTJOBJVQPTDFTFJK (Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 151). 199 Vgl. dazu BAS., Ep. 266,2 an Petrus von Alexandrien. 200 Vgl. dazu HAUSCHILD 1990, 241 und LOOFS 1898, 30 und 52.

1. Confidimus quidem

313

‘Penibleren’ nicht gefiel.) Ferner sollten wir möglichst schnell eine Gesandtschaft von angesehenen Männern abordnen, damit die Leute dort einen optisch guten Anlaß hätten, uns zu visitieren.“ 201

Euagrius, ein Altnicaener und damit Gegner des Meletius, kehrte von einem längeren Aufenthalt in Rom zurück 202 , bei dem er sicher auch als Ratgeber des Bischofs Damasus in dieser Frage gewirkt hat. Was Euagrius mitgebracht hat, ist nicht eindeutig ersichtlich. Auf jeden Fall wohl aber den Brief, den der Osten an den Westen gesandt hat, d.h. Ep. 92, der dort den Penibleren (UPJKBLSJCFTUFSPJK , worunter wahrscheinlich auch Damasus zu rechnen ist,nicht gefiel. Damit will Basilius wahrscheinlich andeuten, daß es um Kleinigkeiten, vielleicht um die genaue Formulierung des Glaubens ging, d.h. daß dem Westen die Zustimmung zu seinen Beschlüssen nicht ausreichte, sondern man dort erwartete, daß, wie es auch im Brief heißt, wortwörtlich etwas nachgeschrieben werde. Ob Euagrius hier ein Glaubensbekenntnis aus dem Westen mitbrachte, oder ob damit die Formulierungen im Schreiben Confidimus quidem gemeint sein könnten, ist nicht eindeutig ersichtlich, denn Basilius berichtet nur von einem wortwörtlichen Nachschreiben von etwas, das von jenen geschrieben worden ist (BQBJUXOINBKFQJTUPMIOBVUBUBQBSFLFJOXOHFHSBNNFOBFDPV TBOBVUPMFYFJ . Eine Bemerkung aus einem Brief an die Antiochener könnte dafür aufschlußreich sein. Dort schreibt er: „Was aber das Glaubensbekenntnis betrifft, so akzeptieren wir weder ein neueres, wenn es uns von anderen schriftlich vorgelegt wird, noch wagen wir selbst unsere Geistesprodukte zu tradieren, damit wir nicht Menschliches zu Worten des rechten Glaubens machen“ 203 .

Damit will Basilius ausdrücken, daß über den rechten Glauben nur das Bekenntnis zum Symbol von Nicaea entscheiden kann:

BAS., ep. 138,2 (II 55,10–56,18): 0QSFTCVUFSPK&VBHSJPK PVJPK1PNQIJÅB OPVUPV"OUJPDFXK PTVOBQBSBKQPUFFQJUIO%VTJOUXÝNBLBSJXÝBOESJ&VTF CJXÝ FQBOILFJOVOFLUIK3XNIKBQBJUXOINBKFQJTUPMIOBVUBUBQBSFLFJOXOH FHSBNNFOBFDPVTBOBVUPMFYFJ BOFLPNJTFEFINJOFJKUPVQJTXUBQBSINXO XKPVLBSFTBOUBUPJKBLSJCFTUFSPJKUXOFLFJ LBJQSFTCFJBOUJOBEJBOESXO BYJPMPHXOIEILBUFQFJHFTRBJ VQFSUPVFVQSPTXQPOFDFJOBGPSNIOUPVKBOESBK UIKFQJTLFZFXKINXO. (Übersetzung: HAUSCHILD II 1973, 60). 202 Vgl. dazu THDT., h.e. IV,21,2 und F.H. KETTLER, PRE 19/2, 1938, 1288; siehe auch ROUSSEAU 1994, 305–307. 203 BAS., ep. 140,2 (II 61,1–4): 1JTUJOEFINFJKPVUFQBSBMMXOHSBGPNFOIO INJOOFXUFSBOQBSBEFDPNFRBPVUFBVUPJUBUIKINFUFSBKEJBOPJBKHFOOINBUB QBSBEJEPOBJUPMNXNFO JOBNIBORSXQJOBQPJITXNFOUBUIKFVTFCFJBKSINB UB. (Übersetzung: HAUSCHILD 1973, 64). 201

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

„Vielmehr geben wir den bei uns Anfragenden das als Auskunft, was wir von den heiligen Vätern gelernt haben“. 204

Das Nicaenum sage zwar wenig über den Heiligen Geist, was daran liege, daß es damals die Pneumatomachen noch nicht gab, aber diese müßten anathematisiert werden, da „überhaupt nichts in der göttlichen, seligen Trinität ... geschaffen“ sei 205 . Ähnliches liest man in einem Brief der mit dem Titel „Abschrift des vom heiligsten Basilius diktierten Glaubensbekenntnis, welches Eustathius, der Bischof von Sebaste, unterschrieben hat“ 206 , überschrieben ist und wohl ebenfalls aus dem Sommer 373 stammt 207 . Auch hier wird ausdrücklich davon gesprochen, daß allein ausschlaggebend für die Rechtgläubigkeit das Nicaenum sei. Über den heiligen Geist aber können nach Basilius Anathematismen vorgelegt werden, die er im folgenden expliziert: der Heilige Geist darf nicht als Geschöpf, als nicht von Natur aus heilig und als getrennt von Vater und Sohn bezeichnet werden. Demgegenüber soll der Heilige Geist aber nicht ungezeugt genannt werden, da nur der Vater ungezeugt ist, und auch nicht gezeugt, sondern nur ungeschaffen. Ebenso muß die Reihenfolge Vater, Sohn und Heiliger Geist bewahrt werden. 208 Ganz deutlich ist also, daß Basilius auch auf die Unterscheidung zwischen den drei Personen (Hypostasen) der Trinität Wert legt 209 und deshalb natürlich

140,2 (II 61,4–6): BMMBQFSQBSBUXOBHJXO1BUFSXOEFEJEBHNFRBUBVUB UPJKFSXUXTJOINBKEJBHHFMMPNFO 205 140,2 (II 62,28–32): &QFJEIEFBEJPSJTUPKFTUJOPQFSJUPV"HJPV1OFVNB UPKMPHPK PVQXUPUFUXOQOFVNBUPNBDXOBOBGBOFOUXO UPDSIOBJBOBRFNBUJ [FTRBJUPVKMFHPOUBKUIKLUJTUIKFJOBJLBJEPVMJLIKGVTFXKUP1OFVNBUP"HJ POFTJHITBO0VEFOHBSPMXKUIKRFJBKLBJNBLBSJBK5SJBEPKLUJTUPO 206 BAS., ep. 125 (II 30): "/5*(3"'0/1*45&8461"(03&62&*4)41"3" 506"(*85"506#"4*-&*06)Ý61&(3":&/&645"2*0404&#"45&*"4 &1*4,0104. 207 Vgl. dazu HAUSCHILD 1973, 162 Anm. 79 und LOOFS 1898, 32.52. 208 BAS., ep. 125,3 (II 33,13–34,49). 209 Vgl. z.B. BAS., ep. 125,1 (II 32,42–49): %FJUPJOVOPNPMPHFJOPNPPVTJPOUPO 6JPOUXÝ1BUSJ LBRXKHFHSBQUBJ0NPMPHFJOEFFOJEJBÝNFOVQPTUBTFJUPO1B UFSB FOJEJBÝEFUPO6JPOLBJFOJEJBÝUP1OFVNBUP"HJPO LBRBLBJBVUPJTB GXKFLEFEXLBTJO"VUBSLXKHBSLBJTBGXKFOFEFJYBOUPFJQPOUFKGXKFLGXUPK PUJFUFSPONFOUPHFOOITBOGXK FUFSPOEFUPHFOOIRFO HXKNFOUPJLBJGXK XTUF FOBLBJUPOBVUPOFJOBJUPOUIKPVTJBKMPHPO „Folglich muß man den Sohn als wesenseins mit dem Vater bekennen, wie geschrieben steht. Man muß aber in einer eigenen Hypostase den Vater bekennen, in einer eigenen den Sohn und in einer eigenen den Heiligen Geist, was auch die Väter deutlich herausgestellt haben. Denn hinreichend deutlich haben sie mit ihren Worten Licht aus Licht angezeigt, daß das zeugende Licht eines ist, das gezeugte aber ein anderes, beides indessen Licht und Licht, so daß die Art der Usia eine und dieselbe ist.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1973, 46). Siehe auch MARKSCHIES 2000a, 205f. 204

1. Confidimus quidem

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Schwierigkeiten hat, die Glaubensformulierung aus dem Westen nachzusprechen, die im Gegensatz dazu nur das unus betont. Die Forderung des Euagrius nach einer Gesandtschaft, die vom Osten in den Westen geschickt werden soll, beantwortet Basilius in einem Brief an Euagrius (Ep. 156) 210 mit einer Absage. Dieses Schreiben zeigt deutlich den in höfliche Ausreden eingekleideten Unwillen des Basilius. Er erklärt, daß er aufgrund seiner Krankheit nicht mit Meletius über die Sache beraten kann und ein Brief nicht das richtige Medium für ein so schwieriges Problem sei, er sich aber trotzdem, wenn jener es wolle, nicht weigern werde. Hinsichtlich der Gesandtschaft jedoch erteilt Basilius Euagrius eine schroffe Absage: „An den Westen eine Gesandtschaft zu schicken ist mir indes völlig unmöglich, da ich keinen für diesen Dienst tauglichen Mann habe...Ich jedenfalls sehe, wenn ich ringsum Ausschau halte, bei mir keinen. Und ich bitte darum, zu den Siebentausend gezählt zu werden, die das Knie nicht vor Baal beugten [1. Kö 19,18].“ 211

Sollte mit diesem letzten Zitat womöglich Damasus gemeint sein? 212 Jedenfalls scheint Basilius außerordentlich ungehalten über die Forderungen, die man durch Euagrius an den Osten stellte, gewesen zu sein. Das erklärt auch die Tatsache, daß offenbar nun relativ lange Zeit kein Kontakt zwischen Basilius und dem Westen bestand, denn Basilius scheint sich erst im Jahr 374/375, als die Lage im Osten immer schwieriger und bedrängter wurde, mit der Bitte um Unterstützung nochmals an den Westen gewandt zu haben (Ep. 243). Im Ergebnis ist jedoch festzuhalten, daß es Basilius nicht gelungen ist, in der Weise, wie er es sich gewünscht hatte, in Kontakt mit dem Westen zu kommen. Hinderungsgründe dafür waren wohl einerseits das antiochenische Schisma, denn Athanasius und sein Nachfolger Petrus, die beide gute Verbindungen nach Rom und in den Westen hatten, unterhielten mit Meletius keine Kirchengemeinschaft, sondern mit Paulinus, den sie als rechtmäßigen Bischof von Antiochien ansahen. Andererseits war Basilius nicht bereit, den theologischen Forderungen aus dem Westen nachzugeben. Allein maß210 Im Spätherbst 373 verfaßt: LOOFS 1898, 31 und 52, dagegen datiert HAUSCHILD 1990, 241, etwas später: Anfang 374. 211 BAS., ep. 156,3 (II 84,5–7.11–13): "QPTUFJMBJNFOUPJQSPKUIO%VTJOFNPJ NFOQBOUFMXKFTUJOBEVOBUPOPVEFOBFDPOUJUXOFJKUIOEJBLPOJBOUBVUIOFQJ UIEFJXO&HXNFOHBSFOLVLMXÝQFSJTLFZBNFOPKPSXNFRFBVUPVPVEFOB,BJ FVDPNBJNFOUPJKFQUBLJTDJMJPJKFOBSJRNIRIOBJUPJKNILBNZBTJHPOVUIÝ#BBM (Übersetzung: HAUSCHILD 1973, 78). 212 Das jedenfalls meint HAUSCHILD z.St.; ROUSSEAU 1994, 307 bemerkt dazu milder: „... there was no doubt that the setback represented by Evagius’s mission seriously modified his [Basil’s] view of what could be achieved in collaboration with Rome“.

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

geblich war für ihn der nicaenische Glaube und er lehnte es ab, von Menschen gemachte Glaubensformulierungen zu unterschreiben. Außerdem war es für Basilius besonders wichtig, die einzelnen Hypostasen der Trinität voneinander zu unterscheiden, so daß eine Glaubensformulierung in der Art wie sie in Confidimus quidem vorliegt, in der allein die Einheit der Trinität betont wird, für ihn nicht befriedigend war. Außerdem scheint der aus Rom kommende Befehlston für Basilius unannehmbar gewesen zu sein. Urheber kann hier eigentlich nur Damasus gewesen sein, obwohl er von Basilius nie namentlich genannt wird, der offenbar versucht, kirchenpolitisch auch im Osten bestimmend zu wirken und den Maßstab der westlichen Theologie geltend zu machen.

2. Ea gratia/Non nobis quidquam

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2. Ea gratia/Non nobis quidquam 2.1. Textrekonstruktion Durch die geschichtliche Einordnung des römischen Synodalschreibens Confidimus quidem wurde deutlich, daß von der lateinischen Adresse, wie sie uns im Codex Veronensis überliefert ist, nur der Absender und der Hinweis auf eine römische Synode mit den Parellelüberlieferungen übereinstimmen. Ebenso scheint die Zahl der Teilnehmer an der Synode (93), die dem Lemma zu entnehmen ist, ungefähr mit der bei Theodoret (90) genannten übereinzustimmen. Auch der im Lemma angeführte Begriff EXEMPLUM könnte in Zusammenhang mit den Umständen stehen, wie bzw. aus welchem Anlaß das römische Synodalschreiben in den Osten gelangt ist, nämlich als Beispiel oder Vorbild des Westens hinsichtlich der Übereinstimmung im Glauben und der Maßnahmen gegen die wiedererstarkte „arianische Häresie“. Einen Hinweis darauf, daß diese römische Synode, die wohl aus dem zeitlichen Zusammenhang der Basiliusbriefe ins Jahr 370/71 213 zu datieren ist, EX RESCRIPTO IMPERIALI stattgefunden hat, gibt es nicht, vielmehr erscheint es eher unwahrscheinlich, da die Personen, gegen die sich das römische Synodalschreiben richtete, unter dem Schutz des Kaisers standen, und es ihnen gerade durch ihn ermöglicht wurde, ihre Bischofssitze zu behalten 214 . Diese Information jedoch paßt viel besser in den geschichtlichen Zusammenhang des zweiten Teiles Ea gratia, in dessen Umfeld der Kaiser erwähnt wird 215 . Ebenso weist die Adresse episcopis catholicis per Orientem constitutis auf die Teile 2 (Ea gratia) und 4 (Non nobis quidquam) hin, da diese Passagen inhaltlich eindeutig als Schreiben an den Osten identifiziert werden können 216 . Auffallend ist hier, daß Teil 4 außerordentlich gut als Weiterführung von Teil 2 gelten kann, denn nach der Erklärung der westlichen Bischöfe am Ende von Teil 2, daß sie keine Anstrengung haben fehlen lassen, bricht der Text ab, ohne daß gesagt wird, was damit bewirkt wurde. Teil 4 könnte jedoch die Auflösung bringen und die Ausführungen sinnvoll weiterführen: man hat sich zwar angestrengt, aber eigentlich kann nur das Bekenntnis zum Glauben des Westens dem Osten helfen. Ebenfalls für diese Zusammengehörigkeit von Fragment 2 und 4 spricht, daß Text Nr. 3 eher den Eindruck eines Einschubes macht, der andere 213

Vgl. dazu Kap. 4.1.3.1.1. Vgl. dazu die Ausführungen Kap. 1.3.1.2. 215 Siehe dazu Kap. 4.2.3. 216 Siehe dazu Kap. 4.2.3–5. 214

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

Empfänger anredet; denn während die Formulierungen in Nr. 2 und 4 die Adressaten erst auffordern, den Glauben, den der Absender vertritt und expliziert, anzunehmen, und ein Erweis der Rechtgläubigkeit eingefordert wird (Ergo fratres adseramus ... Haec est, fratres dilectissimi, fides nostra, quam quisque sequitur, noster est particeps ... ex hoc, beatissimi solacium capiatis, si integritatem fidei nostrae noscentes in unum sensum nos congruere gloriemini ...), und zwar insbesondere hinsichtlich der Aussagen über die Trinität, geht der Absender des Textes Nr. 3 davon aus, daß er einen Mißstand bei den „Seinen“ kritisiert 217 , deren Rechtgläubigkeit bezüglich der Trinität bereits erwiesen ist (Illud sane miramur quod quidam inter nostros dicantur quia licet de trinitate piam intellegentiam habere videantur, de sacramento tamen salutis nostrae...recta non sentiant). Er fordert die offenbar rechtgläubigen Adressaten auf, dafür zu sorgen, daß diese Verirrten auf den rechten Weg gebracht werden (... date operam ut intelligentia sanae doctrinae etiam eorum sensus salventur ...). Zudem scheinen für den Absender die falschen Ansichten, die als Lehre des Apolinarius identifiziert werden können, neu zu sein und nicht als Häresie zum sofortigen Ausschluß aus der Gemeinde zu führen. Auf dieselbe Lehre wird auch schon in den Texten 2 und 4 angespielt, wenn es heißt: ... ut perfectus homo pro perfecto qui peccaverat homine nasceretur ... (Text 2) und sed ex aeterno in aeternum subsistentis perfectum, id est integrum transgressorem adsumpsisse et salvasse confidimus (Text 4). Hier ist der Ausschluß dieser Lehre selbstverständlich in das Bekenntnis zur Trinität aufgenommen, so daß man davon ausgehen kann, daß Text 3 früher als Text 2 und 4 entstanden ist, Text 2 und 4 in ihren Aussagen aber übereinstimmen und Text 4 als Zusammenfassung der Glaubensaussagen von Text 2 gelten kann. Text 3 hingegen würde hervorragend zu den Geschehnissen um Vitalis passen 218 . Wenn man nun die verbleibenden Textpassagen betrachtet, könnte man mit Fragment 2 und 4 durchaus ein einheitliches Schreiben vor sich haben, dessen Adresse mit der im Briefkopf des im Codex Veronensis LX überlieferten Dokumentes übereinstimmt. Wiederum wird es sich um einen Synodalbrief handeln, denn mehrere Personen gelten als Absender 219 , so daß neben Damasus und Valerianus, die sicher namentlich als Absender des Schreibens Confidimus quidem genannt worden sind, vielleicht die weiteren genannten italischen Bischöfe ursprünglich zum Schreiben Ea gratia/Non nobis quidquam gehören und es somit das Dokument einer kleineren Synode ist. Folgender Textbestand ist also zu rekonstruieren: 217

Dieselbe Beobachtung auch bei PIÉTRI 1976, 819. Siehe dazu Kap. 4.3.2. 219 Vgl. die Pluralformen: haec est ... fides nostra; cavendum monemus, nostro iudicio; non nobis quidquam suppetere. 218

2. Ea gratia/Non nobis quidquam

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2.2. Text und Übersetzung Edition: E.Schwartz, Über die Sammlung des Cod. Veronensis LX., ZNW 35, 1936, 19,1–3.5f.; 20,23–21,33; 22,24–23,3. ... SYNODI HABITAE ROMAE ... EX RESCRIPTO IMPERIALI 220 1 Damasus Valerianus 221 Vitalianus 222 Aufidius Paenius Victor Priscus Innocentius Abundantius Theudulus et ceteri qui (...) in urbe Roma convenerunt, episcopis catholicis per Orientem 223 constitutis in domino salutem. [2 ITEM EX PARTE DECRETI:] 224 Ea gratia, fratres 225 , Hiericho 226 illa quae furata est saecularium voluntatum scita venalia, concidit nec resurgit, quia

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... einer Synode, die infolge/gemäß kaiserlichen Reskripts in Rom abgehalten worden ist. Damasus, Valerianus, Vitalianus, Aufidius, Paenius, Victor, Priscus, Innocentius, Abundantius, Theudulus und die übrigen, die in der Stadt Rom zusammengekommen sind, grüßen die katholischen Bischöfe, die sich im Osten befinden. [Ebenso aus einem Teil des Dekrets:] Aus diesem Grund, Brüder, stürzt jenes Jericho, das käufliche Beschlüsse der weltlichen Gesinnung erschlichen hat, und

Siehe dazu die Forderung des BASILIUS in ep. 234,1, dem Herrscher des westlichen Reichsteiles über die Schwierigkeiten im Osten zu berichten. 221 Bischof von Aquileia, an den BASILIUS, ep. 91 (I 197,1–5 COURTONNE) adressiert: $BSJKUXÝ,VSJXÝUXÝEPOUJINJOBSDBJBKBHBQIKLBSQPOJEFJOFOUIÝTIÝLBRBSPUI UJ PKHFUPTPVUPOEJFTUXKUXÝTXNBUJTVOIZBKINJOTFBVUPOEJBHSBNNBUPKLBJ  UXÝQOFVNBUJLXÝTPVLBJBHJXÝQPRXÝQFSJQUVYBNFOPKINBK BNVRIUPOUJGJMUSPO UBJKZVDBJKINXOFOFQPJITBK(„Dank sei dem Herrn, der uns eine Frucht alter Liebe in Deiner Reinheit sehen läßt, der Du, obwohl körperlich so weit entfernt, durch einen Brief Dich mit uns verbunden hast und, indem Du uns mit Deiner geistlichen, heiligen Sehnsucht umarmt hast, unseren Seelen eine unsagbare Liebesbezeugung erwiesen hast.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 153). 222 PIÉTRI 1976, 734f. schlägt folgende Identifizierung der genannten Bischöfe vor, wobei er jedoch deutlich macht, daß es sich dabei nur um Hypothesen handeln kann: Vitalianus von Capua, Victor von Piacenza, Priscus von Nocera, Innocentius von Dertona, Abundantius von Trient und Theudulus von Modena; Aufidius und Basilius sind für ihn nicht identifizierbar. 223 Was unter dem Begriff Orient zu verstehen ist erklärt BASILIUS in ep. 70 (I 165,9– 14 COURTONNE), die an den Bischof von Rom gerichtet ist: )"OBUPMIOQBTBTDF EPO UJNJXUBUF1BUFS  MFHXEF"OBUPMIOUBBQPUPV*MMVSJLPVNFDSJK"JHVQ UPV NFHBMXÝDFJNXOJLBJLMVEXOJLBUBTFJFUBJ UIKQBMBJNFOTQBSFJTIKBJSFTF XKVQPUPVFDRSPVUIKBMIRFJBK"SFJPV OVOEFQSPKUPBOBJTDVOUPOBOBGBOFJ TIKLBJPJPOFJSJ[IKQJLSBKLBSQPOPMFRSJPOBOBEJEPVTIK („Fast der ganze Osten, ehrwürdiger Vater, [als Osten bezeichne ich das Gebiet von Illyrien bis Ägypten] wird von einem Großen Sturm und Seegang erschüttert, da die einst von dem Feind der Wahrheit Arius ausgesäte Häresie jetzt zu unverschämter Höhe emporgeschossen ist und gleichsam von bitterer Wurzel verderbliche Frucht hervorbringt ...“ Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 134). 224 Ergänzung des Redaktors. 225 Vgl. zu dieser Anrede JERG 1970, 261.271.149–151.

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

omnes uno ore 227 unius virtute, unius maiestatis, unius divinitatis, unius usiae 228 dicimus trinitatem 229 ita ut inseparabilem potestatem, tres tamen adseramus esse personas 230 , nec redire in se aut minui 231 , ut plerique blasphemant, sed semper manere 232 nec potentiae gradus quosdam 233 ortusque tempora disparata 234 nec prolativum verbum 235 , ut generationem ei demamus,

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steht nicht wieder auf, weil wir alle mit einem Mund verkünden, daß die Trinität von einer einzigen Kraft, einer einzigen Hoheit, einer einzigen Gottheit, einer einzigen Usie ist, und zwar so, daß wir versichern, daß es eine unzertrennliche Macht, aber dennoch drei Personen gibt, daß sie weder in sich zurückkehren noch verringert werden, wie nicht wenige gotteslästerlich behaupten, sondern immer bleiben, daß es weder etliche Abstufungen der Macht und verschiedene Entstehungszeiten gibt, noch der Sohn ein geäußertes Wort ist, so daß wir ihm die Zeugung

Vgl. Josua 6, 1–21: wohl sinnbildlich für die Synode von Rimini: scita venalia sind dann die Beschlüsse von Rimini. 227 Der Posaunenschall des rechten nicaenischen Glaubens bringt das arianische Jericho zum Einsturz. 228 Das lateinische substantia wird, um Mißverständnisse zu vermeiden, durch einen griechischen Begriff ersetzt. Auf diesen Sprachgebrauch nimmt BASILIUS offenbar Bezug, wenn er in ep. 214,4 (II 205,1–6 COURTONNE) an Terentius (Hauschild: 376, Sept./Okt.) schreibt: 1FSJEFUPVPUJVQPTUBTJKLBJPVTJBPVUBVUPOFTUJ LBJBV UPJ XKOPNJ[X VQFTINIOBOUPPJBQPUIK%VTFXKBEFMGPJFOPJ×ÀKUPTUFOPOUIK FBVUXOHMXUUIKVGPSXNFOPJUPUIKPVTJBKPOPNBUIÝ&MMBEJGXOIÝQBSBEFEX LBTJO JOB FJUJKFJIEJBGPSBUIKFOOPJBK TX[PJUPBVUIFOUIÝFVLSJOFJLBJ BTVHDVUXÝEJBTUBTFJUXOPOPNBUXOVgl. zum Begriff auch MARKSCHIES 1995a, 59– 82. 229 Zu diesen Einheitaussagen der Trinität vgl. DAM., epist. 4 (Tomus Damasi) 20 und 24. 230 Vgl. DAM., epist. 4,21. 231 Gegen Markell gerichtet, vgl. DAM., epist. 4,8: Anathematizamus eos qui Verbum Filium Dei extensionem aut collectionem et a Patre separatum, insubstantivum et finem habiturum, esse contendunt. Vgl. auch AMBR., fid. IV 1,3 (CSEL 78, 159,12f. FALLER): ... nec umquam inminutum, cum semper filius in patre et in filio pater esset ... . 232 Gegen Sabellius und Markell, vgl. DAM., epist. 4,10; vgl. auch AMBR., fid IV 8,91 (CSEL 188,112): ...manentem semper accepimus patrem, semper filium semper spiritum sanctum... 233 Vgl. DAM., epist. 4, 12.17; gegen alle Gegner des PNPPVTJPK 234 Gegen alle Gegner des PNPPVTJPK aber auch gegen Markell: DAM., epist 4,8 (Tomus Damasi). 235 Gegen Logostheologie bzw. gegen Photin und seine Lehre, der Unterscheidung zwischen dem in Gott ruhenden MPHPKFOEJBRFUPK und im Vater (MPHPQBUIS tätigen MPHPKQSPGPSJLPK, der dem Menschen Jesus einwohnte; Schüler des Markell vgl. GRILLMEIER 1990, 439; vgl. DAM., epist. 4,5 (Tomus Damasi) und AMBR., fid. IV 7,72 (CSEL 78, 181,2–182,8 FALLER): Verbum hoc nostrum utique prolativum est, syllabae sunt, sonus est, et tamen a sensu nostro et mente non discrepat, et quae interiore tenemus adfectu, ea tamquam operantis verbi testificatione signamus. Sed non sermo noster ope-

2. Ea gratia/Non nobis quidquam nec inperfectum, ut aut persona aut patris natura aut divinitatis ei plenitudo defuerit 236 , nec dissimilem opere filium nec dissimilem potestate aut per universa dissimilem 237 nec subsistere aliunde, sed de deo natum nec falsum, sed deum verum de deo vero esse generatum 238 , lumen verum de vero lumine 239 , ne minutum aut diversum putetur, quod unigenitus 240 habet, 241 splendoremque lucis aeternae, quia naturae more divinae neque sine splendore lumen neque splendor potest esse sine lumine, imaginem 242 quoque patris, ut qui viderit 243 et patrem 244 ; eundem redemptionis nostrae gratia processisse de virgine, ut perfectus homo pro perfecto qui peccaverat homine nasceretur 245 . Ergo fratres, adseramus dei filium et perfectum 246 hominem suscepisse perfectum 247 . Spiritum quoque sanctum increatum atque unius maiestatis, unius usiae 248 ,

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nehmen, noch unvollkommen ist, so daß ihm entweder das Personsein oder die Natur des Vaters oder die Fülle der Gottheit fehlt, noch der Sohn im Werk unähnlich, noch an Macht unähnlich oder an allem unähnlich, noch von woandersher Bestand hat, sondern daß er von Gott geboren und kein falscher, sondern wahrer Gott ist, von wahrem Gott gezeugt, wahres Licht von wahrem Licht, damit nicht das Licht, das der Eingeborene hat, für geringer gemacht und verschieden gehalten wird, und Glanz des ewigen Lichtes, weil nach Art der göttlichen Natur weder das Licht ohne Glanz noch der Glanz ohne Licht sein kann, und auch Abbild des Vaters, so daß, wer den Sohn gesehen hat, auch den Vater gesehen hat; und daß derselbe um unserer Erlösung willen aus der Jungfrau hervorgegangen ist, damit ein vollkommener Mensch für den vollkommenen Menschen, der gesündigt hatte, geboren wurde. Also Brüder, laßt uns versichern, daß der Sohn Gottes sowohl vollkommener Gott ist als auch einen vollkommenen Menschen angenommen hat. Laßt uns bekennen, daß auch der heilige Geist ungeschaf-

ratur. Solum est verbum dei, quod nec prolativum est nec quod FOEJBRFUPOdicunt, sed quod operatur et vivit et sanat. 236 Richtet sich gegen alle Gegner des PNPPVTJPK und bezüglich der persona gegen Sabellius und Markell. 237 Gegen Anhomöer; zu Anhomöern und Homöern siehe BRENNECKE 1988, 107–113. 238 Vgl. das Nicaenum: natum ex Patre unigenitum ... Deum verum de Deo vero, natum, non factum. 239 Vgl. Nicaenum: lumen ex lumine. 240 Vgl. Nicaenum: natum ex Patre unigenitum. 241 SCHWARTZ 1936, 21 konstatiert hier eine Lücke und will dei naturam ergänzen, was meines Erachtens aber unnötig ist. 242 Hebr. 1,3; vgl. auch die Formulierung in Dam., epist. 1 (Confidimus quidem): unius figurae. 243 Von SCHWARTZ vorgenommene Konjektur, 1936, 21. 244 Joh 14,9;1,45. 245 Gegen Apolinarius, siehe auch Dam., epist. 2/2 (Illud sane miramur), epist. 3 (Per filium meum) und epist. 4,7.14 (Tomus Damasi). 246 Von SCHWARTZ vorgenommen Konjektur, 1936, 21. 247 Ebenfalls gegen Apolinarius. 248 Siehe Anmerkung 16.

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unius virtutis cum deo patre et domino nostro Iesu Christo fateamur 249 .

Neque enim creaturae dignus iniuriae est, qui emissus est ut crearet, sicut propheta sanctus adstruxit dicens: „emitte spiritum tuum et creabuntur“ 250 .

Deinde alius item posuit: „spiritus divinus qui fecit me“ 251 . Non enim separandus est divinitate qui in operatione ac peccatorum remissione conectitur.

Haec est, fratres dilectissimi, fides nostra, quam quisque sequitur, noster est particeps; discolor corpus membrum deformat 252 . His 253 nos communionem damus, quoniam in omnibus sententiam probant; absit ut fides pura variis coloribus adsuatur. Illud praeterea cavendum monemus ne canonicus ordo in sacerdotum vel clericorum ordinationibus neglegatur 254 aut praevaricatoribus ea inpertiatur facile communio, ut reliquis peccandi incentiva tribuantur.

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fen ist und von einer einzigen Hoheit, einer einzigen Usie, einer einzigen Kraft mit Gott, dem Vater, und unserem Herrn, Jesus Christus. Denn auch der verdient nicht die Beleidigung, Geschöpf genannt zu werden, der ausgesandt worden ist, um zu erschaffen, wie der heilige Prophet behauptet hat, indem er sagte: Sende den Geist und sie werden erschaffen (werden). Darauf hat ein anderer ebenso behauptet: Der göttliche Geist, der mich gemacht hat. Denn der darf nicht von der Gottheit getrennt werden, der in der Schöpfung (Tätigkeit) und in der Vergebung der Sünden mit ihr verbunden wird. Das ist, geliebteste Brüder, unser Glaube und jeder, der ihm folgt, ist unser Genosse; ein verschiedenfarbiges Glied verunstaltet den Leib. Wir gewähren diesen Gemeinschaft, da sie in allem unsere Meinung gutheißen; es sei fern, daß der reine Glaube mit verschiedenen Farben angeflickt wird. Wir mahnen, daß außerdem dies vermieden werden muß, daß die kanonische Ordnung (die von den Canones vorgeschriebene Ordnung) bei der Ordination von Priestern oder Klerikern vernachläßigt wird oder solchen, die die Pflicht verletzen, diese Gemeinschaft leichthin zuteil wird, so daß den übrigen Anreize zum Sündigen an die Hand gegeben werden.

Gegen Pneumatomachen, siehe DAM., epist. 4,1.4.16–20.22. Ps 103,30. 251 Joh 33,4; Hiob 33,4. 252 Siehe BAS., ep. 243, in der Basilius gerade dieses Bild corpus/membrum verwendet, das hier aber genau gegen ihn verwendet wird. 253 Wahrscheinlich sind damit bestimmte Personen gemeint, wohl vor allem Paulinus und seine Gemeinde, eher nicht Vitalis, da zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Briefes Damasus schon auf die Ansichten des Apolinarius aufmerksam geworden ist, Vitalis also schon in Rom war, vgl. dazu Kap. 4.3. 254 Vgl. dazu andere ähnliche Aussagen im DAM., epist 4 (Tomus Damasi), epist. 5 (Ad Acholium) und decr. ad Gallos episc.; damit wird sicher darauf verwiesen, daß Rom die Ordination des Meletius nicht anerkennt. 250

2. Ea gratia/Non nobis quidquam Haec igitur de nostro fuerant intimanda iudicio 255 , ceterum quod ad removendas vestrae dilectionis 256 spectat iniurias, nec frater noster Dorotheus 257 presbyter explicare omnia vivaciter praetermisit nec

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Das also hatte über unser Urteil mitgeteilt werden müssen; was im übrigen die Ungerechtigkeiten gegen Eure Liebe, die beseitigt werden müssen, betrifft, hat weder unser Bruder, der Presbyter Dorotheus, un-

255 Dieser Begriff könnte in Zusammenhang mit dem Schreiben Et hoc gloriae vestrae (DAM., relatio) stehen, in dem Damasus die Gerichtsbarkeit über die übrigen Bischöfe für sich beansprucht. 256 Vgl. dazu JERG 1970, 269 und 261. 257 Dorotheus wird in den Briefen des Basilius als Diakon des Meletius erwähnt, der mit verschiedenen Missionen beauftragt wurde: ep. 82 (I 185,31–33) (an Athanasius von Alexandrien; Hauschild: 371, Frühjahr): FNPJUBKQSPKUPVKFQJTLPQPVKFQJTUPMBK EJBQFNZBJ IEJBUJOPKUXOBVUPRFOQJTUXOILBJEJBUPVBEFMGPV%XSPRFPVUPV TVOEJBLPOPVINXO Übersende mir die Briefe an die Bischöfe entweder durch einen der dortigen Gläubigen oder auch durch den Bruder Dorotheus, unseren Mitdiakon ...“ Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 146). Ep. 67 (I 159,7–12) (an Athanasius; Hauschild: 371, Sommer): &QFJEFPBVUPK PVÀUPKPBHBQIUPKTVOEJBLPOPKINXO%XSPRFPKFOBSHFTUFSBOUIOQFSJUPVUXO FQF[IUITFNOINIO BOBHLBJXKFQJTINBJOPNFRBPUJLBJQBTIÝUIÝ"OBUPMIÝEJ FVDIKLBJINJOUPJKQBOUPJXKBVUXÝTVOINNFOPJKFQJRVNIUPOBVUPOJEFJOUIO &LLMITJBOEJFQPOUBUPV,VSJPV("Da aber gerade unser geliebter Mitdiakon Dorotheus eine deutlichere Erwähnung dieser Dinge forderte, so müssen wir klar betonen, daß sowohl der ganze Osten es wünscht als auch wir, die wir mit ihm [Meletius] vielfältig verbunden sind, danach streben, daß wir ihn als Leiter der Kirche des Herrn sehen...“ Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 130). Ep. 68 (I 160,1–16 C.) (an Meletius; Hauschild: 371, Okt./Nov.): 5FXKNFOICPVMI RINFOLBUBTDFJOQBSFBVUPJKUPOFVMBCFTUBUPOBEFMGPO%XSPRFPOUPOTVO EJBLPOPO XTUFFQJUXÝUFMFJUXOQSBHNBUXOBQPQFNZBNFOPJHOXSJTBJEJBVUPV FLBTUBUXOQFQSBHNFOXOUIÝUJNJPUIUJTPV&QFJEIEFINFSBOFYINFSBKVQFSUJ RFNFOPJFJKQPMVUPVDSPOPVQBSFUBRINFO LBJBNB XKFOBQPSPJK CPVMIUJK INJOFOFQFTFQFSJUXOQSPLFJNFOXO BQFTUFJMBNFOUPOQSPFJSINFOPOBOESBLB UBMBCFJOVNXOUIOPTJPUIUBLBJEJFBVUPVUFBOFOFHLFJOFLBTUBLBJUPVQP NOITUJLPOINXOFQJEFJYBJ JOB FJGBOFJIDSITJNXKFDFJOUBQBSINXOFOOPI RFOUB FJKFSHPOFMRFJOQBSBUIKVNFUFSBKUFMFJPUIUPKTQPVEBTRFJI8KEFTVO UPNXKFJQFJO HOXNIFLSBUITFOFQJUIO3XNIOEJBCIOBJUPOBVUPOUPVUPO BEFMGPOINXO%XSPRFPOEJBOBTUITBJUJOBKUXOBQPUIK*UBMJBKQSPKUIO FQJTLFZJOINXORBMBTTIÝDSITBNFOPVK JOBUPVKFNQPEJ[POUBKEJBGVHXTJ(„Bislang wollten wir den frömmsten Bruder Dorotheus, den Mitdiakon, bei uns festhalten, um ihn am Ende der Verhandlungen fortzuschicken und Deiner Ehrwürden das, was erreicht wurde, im einzelnen durch ihn mitzuteilen. Da wir dann auf einmal, wie es in schwierigen Lagen vorkommt, eine Entscheidung hinsichtlich unseres Vorhabens treffen mußten, haben wir den genannten Mann fortgeschickt, um Eure Heiligkeit zu treffen, persönlich alle Einzelheiten zu berichten und unser Memorandum zu zeigen, damit – wenn das von uns Ausgedachte als nützlich erscheint – von Eurer Vollkommenheit der Plan tatkräftig realisiert wird. Um es knapp zu sagen: Bei mir hat sich die Auffassung durchgesetzt, daß genau dieser unser Bruder Dorotheus nach Rom reisen und einige von denen in Italien anregen soll, uns zu besuchen und dabei den Seeweg zu nehmen, um den Leuten, die das verhindern wollen, zu entgehen.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 131).

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

Ep. 69,1 (I 162, 20–33 C.) (an Athanasius) : 0RFOLBJUPOBEFMGPO2FPEXSPOUPO EJBLPOPOUIKVQPUPOUJNJXUBUPOFQJTLPQPO.FMFUJPO&LLMITJBK BHBRXÝLFD SINFOPOQFSJUIOUIKQJTUFXKPSRPUIUB[IMXÝLBJFQJRVNPVOUBLBJBVUPOUIOFJ SIOIOUXO&LLMITJXOFQFEFJO QSPKUIOTIORFPTFCFJBOBOBQFNZBJ XTUFUBJK TBJKVQPRILBJKBLPMPVRPVOUB BKLBJUXÝDSPOXÝLBJUIÝUXOQSBHNBUXOQFJSBÝ LBJUXÝVQFSUPVKBMMPVKFDFJOUIOFLUPV1OFVNBUPKTVNCPVMJBOBTGBMFTUFSBK QPJFJTRBJEVOBTBJ

PVUXKFSDFJSFJOUPJKTQPVEB[PNFOPJK0OLBJVQPEFYIÝEI MPOPUJLBJQSPTCMFZFJKFJSIOJLPJKPGRBMNPJK TUISJYBKUFBVUPOUIÝEJBUXO QSPTFVDXOCPIRFJBÝLBJFGPEJBTBKHSBNNBTJ NBMMPOEFLBJQBSB[FVYBKUJOBK UXOBVUPRFOTQPVEBJXOFQJUBQSPLFJNFOBPEIHITFJK Hauschild ersetzt das handschriftlich zwar besser belegte 2FPEXSPO durch %XSPRFPO (Hauschild, 132 u. 205, Anm. 314): „Entgegen der handschriftlich besser bezeugten Lesart ‘Theodor’, die COURTONNE im Text aufnimmt, handelt es sich um Dorotheus ... Wenn dieser hier besonders vorgestellt wird, dann nicht deswegen, weil er erstmals nach Alexandria kommt, wie ERNST: 628, LOOFS: 42 Anm.3 und andere meinen, sondern deswegen, weil Basilius ihn, den Mitarbeiter des von Athanasius abgelehnten Meletius, als besonders geeignet für die Rom–Mission empfiehlt.“ („Deshalb auch schickten wir Bruder Dorotheus, den Diakon der dem ehrwürdigsten Bischof Meletius unterstehenden Kirche, der sich eifrig für den rechten Glauben einsetzt und auch selbst den Frieden der Kirchen zu erleben wünscht, zu Deiner Frömmigkeit, damit er Deinen Anweisungen folgend [welche Du aufgrund des Alters, der Sachkenntnis und der Tatsache, daß Du allen voran die vom Geist stammende Beratungsgabe hast, recht zuverlässig geben kannst] auf diese Weise das Angestrebte anpackte. Ihn wirst Du sicherlich empfangen und mit friedlichen Augen betrachten und – wenn Du ihn gestärkt hast durch die Hilfe der Fürbitten und ihn ausgerüstet hast mit einem Brief oder wenn Du noch besser ihm einige tüchtige Leute von dort zugeordnet hast – ihn zum vorgenommenen Ziel geleiten.“). Ep. 86; ep. 89,1 (I 193,5–20) (an Meletius; Hauschild: 372, März): ,BJOVOEFEJB UPVFVMBCFTUBUPVLBJTQPVEBJPUBUPVBEFMGPV%XSPRFPV UPVTVOEJBLPOPVFS DPNFOPV QBSBLBMPVNFOTFQSPIHPVNFOXKQSPTFVDFTRBJVQFSINXO JOBNI QSPTLPNNBXNFOUXÝMBXÝNIEFFNQPEJPOUBJKVNFUFSBJKFVDBJKQSPKUPEVTXQI TBJUPO,VSJPO&QFJUBLBJVQPNJNOITLPNFOLBUBYJXTBJTFQBOUBUVQXTBJEJB UPVQSPFJSINFOPVBEFMGPV LBJ FJUJEFJFQJTUBMIOBJUPJKLBUBUIO%VTJO EJB UPPGFJMFJOBOBHLBJXKLBJEJINFUFSPVBVUPJKBQFOFDRIOBJHSBNNBUB BVUPO VQBHPSFVTBJUBKFQJTUPMBK)NFJKHBSFQJUVDPOUFK4BCJOPV UPVQBSBVUXO BQPTUBMFOUPKEJBLPOPV FQFTUFJMBNFOQSPKUFUPVK*MMVSJPVKLBJQSPKUPVK LBUBUIO*UBMJBOLBJ(BMMJBOFQJTLPQPVKLBJUJOBKUXOJEJXKQSPKINBKFQJT UFJMBOUXO&VMPHPOEFXKBQPLPJOPVUIKTVOPEPVBQPTUBMIOBJUJOBUPOLPNJ [POUBEFVUFSBHSBNNBUB BQFSBVUPKLFMFVTPOUVQXRIOBJ(„Und jetzt bitten wir dich durch den frömmsten, eifrigsten Bruder Dorotheus, den Mitdiakon, der zu Dir kommt, vor allem für uns zu beten, damit wir kein Stein des Anstoßes für das Volk und kein Hindernis für Eure Gebete zur Beschwichtigung des Herrn sind. Sodann erinnern wir Dich, Du wollest bitte alles durch den genannten Bruder ausführen und, wenn etwas den Leuten im Westen geschrieben werden muß, selbst den Brief diktieren, weil notwendigerweise auch durch unseren Mann ihnen der Brief überbracht werden muß. Denn wir haben einen Brief geschrieben an die Illyrier und an die Bischöfe in Italien und Gallien sowie an einige, die uns persönlich geschrieben haben. Es ist aber sinnvoll, wie von einer gemeinsamen Synode jemanden als Gesandten zu schicken, der ein zweites

2. Ea gratia/Non nobis quidquam

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gemeinsamen Synode jemanden als Gesandten zu schicken, der ein zweites Schreiben überbringt, welches Du selbst abfassen mußt.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1990, 151). Ep. 156,3 (II 84,1–3) (an Euagrius; Hauschild: Anfang 374): &MVQITFEFINBKP QPRFJOPUBUPKVJPK%XSPRFPKPTVOEJBLPOPKBQBHHFJMBKQFSJUIKFVMBCFJBKTPV PUJXLOITBKNFUBTDFJOBVUXOUIKTVOBYFXK („Anlaß zur Trauer hat uns der geliebte Sohn Dorotheus, der Mitdiakon, gegeben, weil er von Deiner Frömmigkeit berichtete, daß Du Dich geweigert habest, an ihrem Gottesdienst teilzunehmen.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1973, 77). Ep. 215 (II 206,8–207,12) (an Dorotheus; Hauschild: Sept./Okt. 376): 5IOEFFQJ 3XNIOPEPOPVLPJEBPQXKPVEFJKBOIHHFJMFUIÝTVOFTFJVNXOPUJFOUXÝDFJNXOJ QBOUFMXKFTUJOBQPSPK UIKNFUBYVDXSBKBQP,XOTUBOUJOPVQPMFXKNFDSJUXO LBRINBKPSXOQPMFNJXOQFQMISXNFOIK(„Was die Reise nach Rom betrifft, verstehe ich nicht, daß niemand Eurer Klugheit gemeldet hat, daß sie im Winter ganz unmöglich ist, weil das Land dazwischen von Konstantinopel bis zu unseren Grenzen von Feinden wimmelt.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 33f.). Ep. 239,2 (III 60,1–6 C.) (an Eusebius von Samosata; Hauschild: Aug./Sept. 375): 5PJKEFFLUIK%VTFXKBVUPKQSPFOFUVDFKEJIHITBNFOPVQBOUBUPVBEFMGPV %XSPRFPV XÀÝQPUBQBKDSIEPVOBJQBMJOFQJTUPMBKBQJPOUJ*TXKHBSLPJOXOI TFJUIKPEPVUXÝLBMXÝ4BHLUITJNXÝ QPMMIOFDPOUJTQPVEIOLBJQFSJJPOUJUIO "OBUPMIOLBJQBSFLBTUPVUXOFQJTINXOVQPHSBGBKLBJFQJTUPMBKLPNJ[PNF OXÝ(„Auf die Dinge aus dem Westen aber bist Du selbst schon vorher aufmerksam geworden, weil Bruder Dorotheus alles berichtet hat. Wie beschaffene Briefe soll man ihm, wenn er zurückreist, nochmals geben? Vielleicht wird er ja die Reise gemeinsam mit dem guten Sanctissimus machen, der viel Eifer zeigt, durch den Osten reist und von jedem Prominenten Unterschriften und Briefe mitnimmt.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 79). Ep. 263,1 (III 121,1–8 COURTONNE) (Hauschild: Herbst 375): ,VSJPKP2FPKINXO  FGPOIMQJTBNFO UPTBVUIOVNXOFLBTUXÝQBSBTDPJDBSJOFJKUPFQJUVDFJOUIK QSPLFJNFOIKFMQJEPK PTIKBVUPJDBSBKUBKLBSEJBKINXOFOFQMITBUFFLUFUXO HSBNNBUXOBFQFTUFJMBUFINJOEJBUXOQPRFJOPUBUXOTVNQSFTCVUFSXOINXOLBJ FLUIKTVNQBRFJBKUXOLBRINBKMVQISXO IOTVOFQBRITBUFINJOXKFOEFEVNF OPJTQMBHDOBPJLUJSNPV LBRXKBQIHHFJMBOINJOPJQSPFJSINFOPJ Ep. 263,5 (III 126,19–25):"MMFQFJEIPLBJSPKPVLFOEJEXTJLBJUPBOBCBM MFTRBJCMBCFSPOUIKBQBVUXOCMBCIKFSSJ[XNFOIK BOBHLBJXKBQFTUFJMBNFO UPVKBEFMGPVK JOBPTBLBJUIOFLUPVHSBNNBUPKEJEBTLBMJBOQBSFMBRF UBVUB QBSFBVUXOBOBEJEBYBOUFKLJOITXTJOVNXOUIOFVMBCFJBOQBSBTDFTRBJUIO FQJ[IUPVNFOIOCPIRFJBOUBJKUPV2FPV&LLMITJBJK („Der Herr, unser Gott, auf den wir unsere Hoffnung gesetzt haben, schenke jedem von Euch Gnade zum Erlangen der vor uns liegenden Hoffnung [Hebr 6,18] in dem Maße, in dem Ihr unsere Herzen mit Freude erfüllt habt durch die Schreiben, die Ihr uns durch die geliebtesten Mitpresbyter geschickt habt, und durch das Mitgefühl mit unserer betrüblichen Lage, das Ihr für uns empfunden habt als mit mitleidigen Herzen Bekleidete [Kol 3,12], wie uns die eben Erwähnten berichtet haben ... Doch da die Zeit es nicht zuläßt und ein Aufschieben schädlich wäre, weil der von ihnen angerichtete Schaden sich festsetzt, haben wir notwendigerweise die Brüder geschickt, damit sie das, was der in diesem Brief gegebenen Belehrung fehlt, von sich aus erläutern und eure Frömmigkeit dazu bewegen, die vermißte Hilfe den Kirchen Gottes zu gewähren.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 116–118). Ep. 266,2 (III 135,1–12 C.) (an Petrus von Alexandrien; Hauschild: 376): &MVQITF

326

Kapitel 4: Theologische Profilierung

nisus 258 nostri, ut ipse testis est, defuerunt. 259

terlassen, alles lebhaft zu schildern, noch haben Anstrengungen unsererseits, wie er selbst Zeuge ist, gefehlt.

EFINBKPBEFMGPK%XSPRFPK XKBVUPKFQFTUFJMBK NIQBOUBQSPTIOXKNIEF QSBXKEJBMFDRFJKUIÝLPTNJPUIUJTPV,BJUPVUPUIÝUXOLBJSXOMPHJ[PNBJEVT LPMJBÝ&PJLBNFOHBSFJKNIEFOFVPEPVTRBJVQPUXOBNBSUJXOINXO FJQFSPJ TQPVEBJPUBUPJUXOBEFMGXOPVDFVSJTLPOUBJQSPTIOFJKPVEFFVRFUPJUBJKEJB LPOJBJKUXÝNIQBOUBLBUBHOXNIOINFUFSBOFQJUFMFJO0KFQBOFMRXOEJIHITBUP INJOUBKFQJUPVTFNOPUBUPVFQJTLPQPV%BNBTPVQSPKUIOTIOUJNJPUIUBHFOP NFOBKBVUXÝEJBMFYFJKLBJFMVQFJINBKMFHXOUPJK"SFJPNBOJUBJKTVHLBUBSJR NFJTRBJUPVKRFPGJMFTUBUPVKBEFMGPVKINXOUPVKTVMMFJUPVSHPVK.FMFUJPOLBJ &VTFCJPO(„Betrübt hat uns der Bruder Dorotheus, wie Du selbst geschrieben hast, weil er sich mit Deiner Ehren nicht in allem mild und sanft unterredet hat. Das schreibe ich der Schwierigkeit der Situation zu. Denn wir scheinen in nichts Erfolg zu haben wegen unserer Sünden, wenn schon die vortrefflichsten Brüder nicht mild oder für Dienste geeignet befunden werden, weil sie nicht alles unserer Auffassung gemäß ausrichten. Er berichtete uns nach seiner Rückkehr von der Unterredung, die er mit Deiner Ehrwürden in Gegenwart des würdigsten Bischofs Damasus hatte, und er betrübte uns, als er sagte, daß unsere gottgeliebten Brüder, die Mitdiener Meletius und Eusebius, zu den Ariomaniten gerechnet werden.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 124). 258 Siehe Anmerkung 6: nisus ist wohl die Aufnahme des griechischen Begriffs TQPVEI aus ep. 243, wo Basilius von den westlichen Bischöfen Anstrengungen um Hilfe für den Osten verlangt. 259 Dieser Sachverhalt bezieht sich wohl eindeutig auf ep. 243 des Basilius an die italischen und gallischen Bischöfe, den er durch Dorotheus übermitteln läßt, der zudem auch mündlich von den Geschehnissen im Orient berichten soll (243,5) (III 73,1–15 C.): 5PVUXOFOFLFOQPMMPVKINBKFDSIOTVOESBNFJOQSPKUIOVNFUFSBOTFNOPUIUB LBJFLBTUPOUXOFBVUPVQSBHNBUXOFYIHIUIOHFOFTRBJ/VOEFLBJBVUPUPVUP EFJHNBHFOFTRXVNJOUIKLBLPQBRJBKFOIÀÝEJBHPNFO PUJPVEBQPEINJBKFTNFO LVSJPJ&JHBSUJKLBJQSPKUPCSBDVUBUPOUIK&LLMITJBKFBVUPVBQPTUBJI FL EPUPVKBGITFJUPVKMBPVKUPJKFGFESFVPVTJO"MMBUIÝUPV2FPVDBSJUJFOBBQ FTUFJMBNFOBOUJQPMMXO UPOFVMBCFTUBUPOLBJBHBQIUPOINXOBEFMGPO%XSP RFPOUPOTVNQSFTCVUFSPO PKLBJPTBEJBQFGFVHFOINXOUBHSBNNBUBUIÝQBS FBVUPVEJIHITFJEVOBUPKFTUJOBOBQMISXTBJ QBSILPMPVRILXKQBTJNFUBBLSJ CFJBKLBJ[IMXUIKVQBSDXOUIKPSRIKQJTUFXK0OQSPTEFYBNFOPJFOFJSIOIÝ EJBUBDFXOBQPQFNZBTRFBHBRBINJOFVBHHFMJBGFSPOUBUIKTQPVEIKVNXOIO FDFUFQSPKUPBOUJMBNCBOFTRBJUIKBEFMGPUIUPK(„Wegen dieser Dinge müßten wir eigentlich zahlreich zu Euer Ehrwürden reisen, und jeder müßte die eigene Lage selbst erklären. Jetzt aber sei Euch auch gerade dies ein Beweis für das Unglück, in dem wir leben, daß wir nicht einmal über eine Reise verfügen können. Denn wenn jemand auch nur ganz kurz von seiner Kirche abwesend wäre, würde er die Gemeinde den im Hinterhalt Lauernden preisgeben. Doch mit Gottes Gnaden haben wir einen anstelle der vielen fortgeschickt, unseren frömmsten, geliebten Bruder Dorotheus, den Mitpresbyter, der imstande ist, auch all das, was unser Schreiben nicht enthält, durch seinen mündlichen Bericht zu ergänzen, weil er alles ganz genau verfolgt hat und ein Eiferer für den rechten Glauben ist. Nehmt ihn in Frieden auf und schickt ihn rasch zurück, indem er uns die guten Freudenbotschaften von Eurem Eifer bringt, den Ihr im Blick auf die Hilfe für die Bruderschaft habt.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 86f.).

2. Ea gratia/Non nobis quidquam [4 ITEM EX PARTE DECRETI:] 260 261 non nobis quidquam suppetere 262 facultatis, quatenus vobis nostra opera 263 vel parvum refrigerium possit adferre 264 , licet magnum ex hoc, beatissimi, solacium capiatis, si integritatem fidei nostrae noscentes in unum sensum nos congruere gloriemini 265 et satis atque abunde, ut convenit, praesumatis pro membris 266 nos esse sollicitos.

Ut enim Nicaeni concilii fidem inviolabi-

260

327

[Ebenso aus einem Teil des Dekrets:] Uns stehen keine Mittel zur Verfügung, insofern, daß Euch unsere Mühe einen auch nur geringen Trost verschaffen könnte, obwohl ihr daraus, Seligste, eine große Beruhigung bekommen könntet, wenn ihr, die ihr Kenntnis von der Unversehrtheit unseres Glaubens habt, rühmtet, daß wir eines Sinnes (mit euch) übereinstimmen, und genug und überreich, wie es sich gehört, annehmen würdet, daß wir für die Glieder Sorge tragen. Wie wir nämlich, indem wir den unum-

Ergänzung des Redaktors. Von mir ergänzt, um den inhaltlichen Zusammenhang zwischen Teil 2 und 4 deutlich zu machen; es erscheint mir durchaus wahrscheinlich, daß eine solche adversative Konjunktion bei der Einfügung des Fragmentes Illud sane miramur (epist. 2/2) ausgefallen ist. 262 SCHWARTZ 1936, 22 bemerkt dazu: „das Hauptverb fehlt durch Schuld des Exzerptors“. 263 Vgl. dazu nisus nostri im Fragment Ea gratia. 264 Dies nimmt Bezug auf die mehrmalige Forderung des Basilius und der östlichen Bischöfe um Trost in seinen Briefen. 265 Diese Passage und die Formulierungen könnten in den Zusammenhang gehören, auf den Basilius hinweist, wenn er sagt, daß er es ablehnt, eine aus Rom gesandte Verlautbarung zu unterschreiben, ep. 138,2 (II 55,10–56,18 C.) (an Eusebius von Samosata, Hauschild: Herbst 373):0QSFTCVUFSPK&VBHSJPK PVJPK1PNQIJÅBOPVUPV"OUJPDFXK  PTVOBQBSBKQPUFFQJUIO%VTJOUXÝNBLBSJXÝBOESJ&VTFCJXÝ FQBOILFJOVOFL UIK3XNIKBQBJUXOINBKFQJTUPMIOBVUBUBQBSFLFJOXOHFHSBNNFOBFDPVTBO BVUPMFYFJ BOFLPNJTFEFINJOFJKUPVQJTXUBQBSINXO XKPVLBSFTBOUBUPJK BLSJCFTUFSPJKUXOFLFJ LBJQSFTCFJBOUJOBEJBOESXOBYJPMPHXOIEILBUFQFJ HFTRBJ VQFSUPVFVQSPTXQPOFDFJOBGPSNIOUPVKBOESBKUIKFQJTLFZFXKINXO („Der Presbyter Euagrius, der Sohn des Antiocheners Pompeianus, welcher einst zusammen mit dem seligen Manne Eusebius in den Westen reiste, ist jetzt aus Rom zurückgekehrt und verlangt von uns einen Brief, der wortwörtlich enthält, was von jenen vorgeschrieben ist. [Den unsrigen aber brachte er wieder zurück, weil er dort den Penibleren nicht gefiel.] Ferner sollen wir möglichst schnell eine Gesandtschaft von angesehenen Männern abordnen, damit die Leute dort einen optisch guten Anlaß hätten, uns zu visitieren.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1973, 60). Auf denselben Sachverhalt spielt wohl auch die Bemerkung in ep. 140,2 (II 61,1–12; 62,27–32) an die Antiochener an, die offenbar deshalb angefragt haben: 1JTUJOEF INFJKPVUFQBSBMMXOHSBGPNFOIOINJOOFXUFSBOQBSBEFDPNFRBPVUFBVUPJUB UIKINFUFSBKEJBOPJBKHFOOINBUBQBSBEJEPOBJUPMNXNFO JOBNIBORSXQJOBQPJ ITXNFOUBUIKFVTFCFJBKSINBUB BMMBQFSQBSBUXOBHJXO1BUFSXOEFEJEBH NFRBUBVUBUPJKFSXUXTJOINBKEJBHHFMMPNFO&TUJUPJOVOFLQBUFSXOFNQPMJ UFVPNFOIUIÝ&LLMITJBÝINXOIHSBGFJTBQBSBUXOBHJXO1BUFSXOQJTUJKUXO LBUBUIO/JLBJBOTVOFMRPOUXOINJO IOIHPVNFRBNFOEJBTUPNBUPKFJOBJLBJ 261

328

Kapitel 4: Theologische Profilierung

lem per omnia retinentes sine simulatione verborum aut sensu corrupto 267 cohaeternae et unius essentiae 268 trinitatem credentes in nullo spiritum sanctum separamus, sed perfectum 269 in omnibus, virtute honore maiestate deitate cum patre conveneramur 270 et filio,

ita etiam plenitudinem dei verbi non

stößlichen Glauben des Konzils von Nicaea in allem bewahren und ohne geheuchelten Wortlaut und verdorbenen Sinn an die Trinität der gleichewigen und einzigen Substanz (essentia) glauben, in nichts den heiligen Geist abtrennen, sondern vollkommen in allem, in Kraft, Ehre, Hoheit, Gottheit, mit dem Vater und dem Sohn zusammen verehren, so vertrauen wir auch darauf, daß die

QBSVNJO PVQBSBJUPVNFRBEF JOBNIPLOPVFHLMINBBQFOFHLXNFRB LBJBVUB UBSINBUBFOTINBOBJUXÝHSBNNBUJ&TUJEFUBVUB 1JTUFVXNFOUPVUPJK&QFJEIEFBEJPSJTUPKFTUJOPQFSJUPV"HJPV1OFVNB UPKMPHPK PVQXUPUFUXOQOFVNBUPNBDXOBOBGBOFOUXO UPDSIOBJBOBRFNBUJ [FTRBJUPVKMFHPOUBKUIKLUJTUIKFJOBJLBJEPVMJLIKGVTFXKUP1OFVNBUP"HJ POFTJHITBO0VEFOHBSPMXKUIKRFJBKLBJNBLBSJBK5SJBEPKLUJTUPO („Was aber das Glaubensbekenntnis betrifft, so akzeptieren wir weder ein neueres, wenn es uns von anderen schriftlich vorgelegt wird, noch wagen wir selbst, unsere Geistesprodukte zu tradieren, damit wir nicht Menschliches zu Worten des rechten Glaubens machen. Vielmehr geben wir den bei uns Anfragenden das als Auskunft, was wir von den heiligen Vätern gelernt haben. Seit den Vätern ist nun in unserer Kirche das von den heiligen, zu Nicaea versammelten Vätern aufgezeichnete Glaubensbekenntnis eingebürgert. Dies wird, wie wir annehmen, auch bei Euch rezitiert; aber um uns nicht Zurückhaltung vorwerfen zu lassen, verschmähen wir es nicht, den genauen Wortlaut diesem Brief beizugeben. Es ist folgender: ... [Das Nicaenum wird zitiert] Dem wollen wir glauben. Da aber die Aussage über den Heiligen Geist undefiniert ist, weil damals die Pneumatomachen noch nicht erschienen waren, hat man darüber geschwiegen, daß diejenigen anathematisiert werden müssen, welche sagen, der Heilige Geist sei geschöpflicher und dienstbarer Natur. Denn überhaupt nichts in der göttlichen, seligen Trinität ist geschaffen.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1973, 64) . Hier wird deutlich, daß für Basilius das Nicaenum ausreichend für den Erweis der Rechtgläubigkeit ist, und er sich dagegen wehrt, etwas hinzuzufügen, denn das hieße für ihn „Menschliches zu Worten des rechten Glaubens machen“. 266 Vgl. BAS., ep. 243; dort verwendet Basilius sehr häufig das Bild, daß die Kirche viele Glieder hat, die sich umeinander kümmern müssen und sich nicht gleichgültig sein dürfen, was er aber Rom vorwirft. 267 Denn es kam immer wieder vor, daß häretisch ausgelegt wurde, vgl. vor allem Vitalis, siehe oben Kap. 4.3.2. und 4.3.2.1. 268 Ebenso wie in Ea gratia (usia) wird auch hier der Begriff substantia vermieden, um Mißverständnisse im Osten zu vermeiden. 269 Diese Betonung der Vollkommenheit deutet auch auf das vollkommene Personsein des Heiligen Geistes hin und richtet sich gegen die Pneumatomachen. 270 Vgl. DAM., epist. 4,22. 271 Gegen Photin, siehe Anm. 24. 272 Gegen Markell und Sabellius, d.h. das vollkommene Personsein des Sohnes wird damit ausgedrückt. 273 Gegen Apolinarius. 274 Dieses Glaubensbekenntnis geht in nichts über die Aussagen in Ea gratia hinaus.

2. Ea gratia/Non nobis quidquam prolativi sed nati neque in patre remanentis 271 , ut non sit , sed ex aeterno in aeternum subsistentis 272 perfectum, id est integrum transgressorem 273 adsumpsisse et salvasse confidimus 274 . EXPL

329

Fülle des Wortes Gottes, das nicht geäußert, sondern geboren ist und nicht im Vater zurückbleibt, so daß es nicht ist, sondern von Ewigkeit zu Ewigkeit existiert, den vollkommenen, d.h. unversehrten Sünder (Übertreter des Gesetzes) angenommen und gerettet hat.

2.3. Inhaltliche Einordnung Der auffallendste Ansatzpunkt für die Einordnung des Synodalschreibens Ea gratia ist die Erwähnung des Diakons Dorotheus, der als Überbringer eines Schreibens aus dem Osten die dortigen Schwierigkeiten auch im mündlichen Bericht schildert (nec frater noster Dorotheus presbyter explicare omnia vivaciter praetermisit). Das uns vorliegende Synodaldokument antwortet auf diesen Bericht des Dorotheus 275 . Im Corpus der Basiliusbriefe ist uns ein Schreiben überliefert, das mit Sicherheit durch den Diakon Dorotheus in den Westen übermittelt worden ist und das somit als der Brief identifiziert werden kann, auf den das römische Synodalschreiben antwortet 276 . Es handelt sich dabei um Ep. 243 des Basilius „an die italischen und gallischen Bischöfe über den Zustand und die Verwirrung der Kirchen“ 277 . Über die Entstehungsgeschichte dieses Schreiben ist uns folgendes bekannt: Veranlaßt wurde es offenbar durch Eusebius von Samosata, der sich zu dieser Zeit im Exil befand, denn Basilius schreibt in einem Brief an Meletius, wohl im Jahre 375 278 : „Vom gottgeliebten Bischof Eusebius erhielt ich ein Schreiben mit dem Auftrag, wieder an die Okzidentalen wegen kirchlicher Probleme zu schreiben. Und er wollte, daß dieser Brief von uns entworfen, von allen Verbündeten aber unterschrieben werde. Da ich nun nicht wußte, wie ich das schreiben sollte, was er gemeint hat, habe ich den Entwurf Deiner Frömmigkeit zugeschickt, damit auch Du ihn liest und im Anschluß an den Bericht des geliebten Bruders Sanctissimus, unseres Mitpresbyters, selbst die endgültige Fassung herstellen möchtest, wie es Dir einfällt“. 279

275

Zu Dorotheus vgl. oben Anm. 46 und E. PRINZIVALLI, Art. Dorotheus, EECh 1, 1992, 250. 276 Ebenso SCHWARTZ 1935, 182f.; AMAND DE MENDIETA 1963, 128f.; TAYLOR 1973, 200f.; JOANNOU 1973, 204–211; PIÉTRI 1976, 824f.; HAUSCHILD 1995, 242f., der allerdings gleichzeitig auch ep. 263 des Basilius überbringen läßt. Vgl. auch die Einordnung bei RADE 1882, 105–110 und WITTIG 1912, 93–97.104–110. 277 BAS., ep. 243 (III 68): 1304*5"-064,"*("--064&1*4,010641&3* 5)4,"5"45"4&84,"*46($64&8458/&,,-)4*8/ 278 Vgl. LOOFS 1898, 29f. und 53; HAUSCHILD datiert etwas früher 374/375, so auch ROUSSEAU 1994, 309. 279 BAS., ep. 120 (II 25,1–10): (SBNNBUBFEFYBNIOQBSBUPVRFPGJMFTUBUPV

330

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Diesem Vorschlag hat Meletius offenbar nicht zugestimmt 280 , sondern hielt es für günstiger, wenn Basilius selbst als Bischof von Kappadozien in offizieller Form stellvertretend für die ganze Region des Orients an den Westen schreibt. Ein solcher Brief liegt uns nämlich in Ep. 243 vor. Dieses Schreiben ist nicht mehr so freundlich und unterwürfig wie Ep. 90 und 91, sondern fordernd. Basilius beruft sich auf sein Recht als Glied des einen Leibes Jesu Christi und beharrt darauf, daß hier „der Kopf nicht zu den Füßen sagen kann „Ich brauche Dich nicht“, daß man den Osten „nicht einfach abtun könne“ 281 . Außerdem erinnert er an die früheren Versuche, Hilfe aus dem Westen zu erbitten, und wirft dem Westen vor, daß sie sich nicht „zur Hilfe aufraffen“ 282 konnten. Gleich zu Beginn des Briefes formuliert er sodann eine eindeutige Forderung: „Denn wir wünschen besonders, daß zwar auch direkt dem Herrscher des Reichsteils bei Euch durch Eure Gottesfurcht unsere verworrene Situation offenbar gemacht werde, wenn das aber schwierig ist, daß dann einige von Euch zu Besuch und Tröstung der Bedrängten kommen, damit sie mit eigenen Augen die Leiden des Ostens schauen können, die man mit den Ohren unmöglich wahrnehmen kann, weil man kein Wort findet, das Euch klar unsere Lage vorführt“. 283

FQJTLPQPV&VTFCJPVQSPTUBTTPOUBQB×MJOHSBGIOBJUPJK%VUJLPJKQFSJUJOXOFL LMITJBTUJLXO,BJFCPVMIRIQBSINXOUVQXRIOBJUIOFQJTUPMIO VQPHSBGIOBJ EFQBSBQBOUXOUXOLPJOXOJLXO&QFJPVOPVDFVÀSPOPQXKFQJTUFJMXQFSJXÀO FQFUBYF QBSFQFNZBUPVQPNOITUJLPOUIÝRFPTFCFJBÝTPV JOBLBJBVUXÝFOUVDXO LBJUPJKBOBGFSPNFOPJKQBSBUPVQPRFJOPUBUPVBEFMGPV4BHLUITJNPVUPVTVN QSFTCVUFSPVQSPTTDXOBVUPKLBUBYJXTIÝK XKQBSJTUBUBJTPJ QFSJUPVUXOUV QXTBJ(Übersetzung: HAUSCHILD 1973, 42) 280 Hier wird bisweilen die These vertreten, daß Meletius gleichzeitig ep. 242 in den Westen gesandt hat; das ist aber aufgrund des wenig aussagekräftigen Inhalts dieses Briefes nicht zu verifizieren, vgl. JOANNOU 1973,199–203 und PIÉTRI 1976, 825 und Anm. 2. 281 BAS., ep. 243,1 (III 68,10–12): &QFJPVOPVEVOBUBJILFGBMIUPJKQPTJOFJ PFJO $SFJBOVNXOPVLFDX QBOUXKPVEFVNFJKBOFYFTRFBQPQPJITBTRBJSiehe dazu auch ROUSSEAU 1994, 311f. 282 BAS., ep. 243,1 (III 68,15–19): )EINFOPVOLBJBMMPUFFQFCPITBNFRBUIO VNFUFSBOBHBQIOFJKBOUJMIZJOINXOLBJTVNQBRFJBO BMMBQBOUXKEJBUPNI BOBQMISXRIOBJUIOFLEJLITJOINXOPVTVOFDXSIRIUFEJBOBTUIOBJQSPKUIO BOUJMIZJO 283 BAS., ep. 243,1 (III 68,19–69,26): &QJ[IUPVNFOHBSNBMJTUBNFOLBJBVUXÝ UXÝLSBUPVOUJUIKLBRVNBKBSDPNFOIKGBOFSBOHFOFTRBJEJBUIKVNFUFSBKFV MBCFJBKUIOINFUFSBOTVHDVTJO FJEFUPVUPEVTLPMPO BMMFMRFJOUJOBKQBS VNXOFJKFQJTLFZJOLBJQBSBNVRJBOUXORMJCPNFOXO JOPGRBMNPJKVQPCBMXTJ UBQBRIUIK"OBUPMIKBQFSBLPBJKBEVOBUPOQBSBEFYBTRBJUXÝNIEFOBMPHPO FVSJTLFTRBJFOBSHXKQBSJTUXOUBVNJOUBINFUFSB. (Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 84).

2. Ea gratia/Non nobis quidquam

331

Deutlich werden also zwei Forderungen ausgesprochen: erstens, daß der Kaiser über die Situation im Orient informiert werde und, wenn das nicht möglich sei, daß zweitens eine Gesandtschaft in den Orient geschickt werde. Darauf folgt eine breite Schilderung der Mißstände und Bedrängnisse 284 und damit verbunden noch einmal die mehrfache Aufforderung zur Hilfe, da der Westen selbst „in stillen Häfen vor Anker liegt“ 285 . Zum Schluß wird die schlimme Lage noch einmal unterstrichen, indem Basilius schreibt, daß die Bischöfe des Orients eigentlich in großer Zahl in den Westen reisen müßten, um die Situation zu erklären, dies aber nicht möglich sei, da sie sich in großer Bedrängnis befänden: „Wegen dieser Dinge müßten wir eigentlich zahlreich zu Euer Ehrwürden reisen, und jeder müßte die eigene Lage selbst erklären. Jetzt aber sei Euch auch gerade dies ein Beweis für das Unglück, in dem wir leben, daß wir nicht einmal über eine Reise verfügen können“. 286

Stellvertretend für die Bischöfe werde aber „der frömmste, geliebteste Bruder Dorotheus“ fortgeschickt, der auch mündlich berichten könne: „Doch mit Gottes Gnade haben wir einen anstelle der vielen fortgeschickt, unseren frömmsten, geliebten Bruder Dorotheus, den Mitpresbyter, der imstande ist, auch all das, was unser Schreiben nicht enthält, durch seinen mündlichen Bericht zu ergänzen, weil er alles ganz genau verfolgt hat und ein Eiferer für den rechten Glauben ist. Nehmt ihn in Frieden auf und schickt ihn rasch zurück, indem er uns die guten Freudenbotschaften von Eurem Eifer bringt, den Ihr im Blick auf die Hilfe für die Bruderschaft habt.“ 287

Die lateinische Formulierung nisus nostri der römischen Anwort Ea gratia könnte hier eine Aufnahme des griechischen UIKTQPVEIKVNXO sein. Dies spricht auch für eine ursprüngliche Zusammengehörigkeit der von Schwartz als Teile 2 und 4 charakterisierten Texte, denn auch der Ab-

284

BAS., ep. 243,2–4. BAS., ep. 243,4 (III 72,12): PUJFOMJNFTJOFVEJPJKPSNJ[FTRF 286 BAS., ep. 243,5 (III 73,1–5): 5PVUXOFOFLFOQPMMPVKINBKFDSIKTVOESBNFJO QSPKUIOVNFUFSBOTFNOPUIUBLBJFLBTUPOUXOFBVUPVQSBHNBUXOFYIHIUIOHF OFTRBJ/VOEFLBJBVUPUPVUPEFJHNBHFOFTRXVNJOUIKLBLPQBRJBKFOIÀÝEJBHP NFO PUJPVEBQPEINJBKFTNFOLVSJPJ. 287 BAS., ep. 243,5 (III 73,7–15): "MMBUIÝUPV2FPVDBSJUJFOBBQFTUFJMBNFO BOUJQPMMXO UPOFVMBCFTUBUPOLBJBHBQIUPOINXOBEFMGPO%XSPRFPOUPOTVN QSFTCVUFSPO PKLBJPTBEJBQFGFVHFOINXOUBHSBNNBUBUIÝQBSFBVUPVEJIHI TFJEVOBUPKFTUJOBOBQMISXTBJ QBSILPMPVRILXKQBTJNFUBBLSJCFJBKLBJ[I MXUIKVQBSDXOUIKPSRIKQJTUFXK0OQSPTEFYBNFOPJFOFJSIOIÝEJBUBDFXO BQPQFNZBTRFBHBRBINJOFVBHHFMJBGFSPOUBUIKTQPVEIKVNXOIOFDFUFQSPKUP BOUJMBNCBOFTRBJUIKBEFMGPUIUPK 285

332

Kapitel 4: Theologische Profilierung

schnitt Non nobis quidquam nimmt diesen Begriff auf: ...quatenus vobis nostra opera vel parvum refrigerium possit adferre 288 . In gleicher Weise sind noch weitere Bezugnahmen auf den Brief des Basilius zu entdecken. Basilius bemüht das Bild für die Kirche als einen Leib mit vielen Gliedern, wie es auch neutestamentliche Sprache ist 289 , und will damit den Westen auf seine Verantwortung gegenüber diesen Teilen des Ganzen hinweisen; so schreibt er gleich zu Beginn seines Briefes: „Unser Herr Jesus Christus, der als seinen Leib die ganze Kirche Gottes zu bezeichnen gestattet hat [vgl. 1 Kor 12,27] und die einzelnen von uns als Glieder untereinander [Eph 4,25] erwiesen hat, hat es auch uns allen gegeben, sich gegenüber allen vertraut zu benehmen entsprechend der Übereinstimmung der Glieder. ... Da nun der Kopf nicht zu den Füßen sagen kann „Ich brauche euch nicht“ [vgl. 1 Kor 12,21], werdet ihr gewiß auch nicht uns einfach abtun können ...“ 290

Der Synodalbrief Ea gratia nimmt dieses Bild für seine Argumentation auf, indem gesagt wird, daß aber ein Glied, das nicht zum Leib paßt, den ganzen Leib deformiert: discolor corpus membrum deformat, und weist dagegen darauf hin, daß, wenn man sich des gleichen Glaubens rühmt, man sicher sein kann, daß der Westen für diese Glieder sorgt: si integritatem fidei nostrae noscentes in unum sensum nos congruere gloriemini et satis atque abunde, ut convenit, praesumatis pro membris nos esse sollicitos 291 . Auch dies ist ein Element das Text 2 und 4 inhaltlich und sprachlich verbindet 292 . 288

SCHWARTZ 1936, 22,25f. Dieses Bild hatte Basilius auch schon in früheren Briefen verwendet. 290 BAS., ep. 243,1 (III 68,4–8.10–12): 0,VSJPKINXO*ITPVK$SJTUPKTXNB FBVUPVLBUBEFYBNFOPKPOPNBTBJUIOQBTBOUPV2FPV&LLMITJBO LBJUPVK LBRFOBINXOBMMIMXOBQPEFJYBKNFMI FEXLFLBJINJOQBTJQSPKQBOUBKFDFJO PJLFJXKLBUBUIOUXONFMXOTVNGXOJBO&QFJPVOPVEVOBUBJILFGBMIUPJK QPTJOFJQFJO $SFJBOVNXOPVLFDX QBOUXKPVEFVNFJKBOFYFTRFBQPQPJITBT RBJINBKVgl. dazu auch DE VRIES 1981, 69. Interessant ist, daß Basilius hier den Westen bzw. Rom als den Kopf bezeichnet (Bescheidenheitstopos). 291 SCHWARTZ 1936, 22, 27–29. 292 In der Forschung wird allgemein angenommen, daß der Text Non nobis quidquam das Fragment eines weiteren späteren Synodalschreibens ist; PIÉTRI 1976, 826 führt als Argument dafür an, daß es freundlicher und positiver sei als Ea gratia; das trifft m.E. aber keineswegs zu, denn während Ea gratia von Bemühungen des Westens spricht (nec nisus nostri ... defuerunt), erteilt der Abschnitt Non nobis quidquam gerade diesen menschlichen Bemühungen eine Absage (non nobis quidquam suppetere facultatis, quatenus vobis nostra opera vel parvum refrigerium possit adferre) und verweist die Adressaten allein auf ein Bekenntnis des rechten Glaubens, wie es eben auch in Ea gratia formuliert wird; anders in ihrer Argumentation, nämlich daß Non nobis quidquam eine scharfe Reaktion auf ep. 263 darstellt SCHWARTZ 1935, 188f.; AMAND DE MENDIETA 1963, 132; JOANNOU 1972, 218–222; TAYLOR 1973, 272. Auch dieser These würde ich widersprechen, da das Fragment Non nobis quidquam keinen Anhaltspunkt dafür enthält, daß der Westen damit auf ep. 263 antwortete, da es in nichts über die Aussagen, die im 289

2. Ea gratia/Non nobis quidquam

333

Ebenso fällt auf, daß die Anrede des Synodalbriefes meist ganz schlicht mit fratres ausgedrückt ist, im Unterschied z.B. zu Confidimus quidem, wo die Anrede formaler gestaltet ist und Ehrerbietung ausdrückt (z.B. vestra sanctitas). Vielleicht ist auch damit auf den Brief des Basilius Bezug genommen, der mehrfach Brüderlichkeit und vertrauten Umgang miteinander einfordert 293 . Zudem weist die Erwähnung im Lemma des Cod.Ver., daß die Synode ex rescripto imperiali gehalten worden sei, auf eine Verbindung zu Brief 243 des Basilius hin. Im Zusammenhang des Schreibens Confidimus quidem, das von Bischöfen und darunter namentlich Auxentius von Mailand handelt, die eigentlich von ihren Bischofssitzen abgesetzt werden müßten, aber durch Protektion des Herrschers dort verbleiben können, erschiene es außerordentlich verwunderlich, wenn eine Synode mit diesem Thema sich auf ein kaiserliches Reskript berufen würde. Im Falle von Ea gratia aber paßt dieser Umstand sehr genau in die geschichtlichen Zusammenhänge, denn Basilius bittet in seinem Brief 243 audrücklich darum, seine bedrängte Situation dem Herrscher des westlichen Reichsteiles kundzutun: „Denn wir wünschen besonders, daß auch direkt dem Herrscher des Reichsteils bei Euch durch Eure Gottesfurcht unsere verworrene Situation offenbar gemacht werde ...“ 294

Somit könnte man sich vorstellen, daß die westlichen Bischöfe beim Kaiser hinsichtlich dieser Sache anfragten und der Kaiser mit einem Reskript antwortete. Zudem ist es natürlich so, daß die Kaiser in Fragen der Häresie und der Kirche allgemein durchaus gesetzgeberisch tätig gewesen sind, so daß sich auch hieraus ein Anlaß für eine Synode ergeben haben könnte 295 . Die Textrekonstruktion wie sie in Abschnitt 2.1. und 2.2. vorgenommen worden ist, läßt sich so durch eine Beleuchtung des geschichtlichen Kontextes untermauern.

Fragment Ea gratia zu finden sind, hinausgeht und keine inhaltlichen Bezüge auf dieses Schreiben festzustellen sind, demgegenüber aber große Übereinstimmungen mit Ea gratia bestehen. 293 Ep. 243,1 (III 68,7f.): FEXLFLBJINJOQBTJQSPKQBOUBKFDFJOPJLFJXKLB UBUIOUXONFMXOTVNGXOJBO234,2 (III 69,1): BEFMGPJUJNJXUBUPJ243,4 (III 71,5f.): 4VOBMHITBUFINJO XGJMBEFMGPJ243,5 (III 73,14f.): ... UIKTQPVEIK VNXOIOFDFUFQSPKUPBOUJMBNCBOFTRBJUIKBEFMGPUIUPK 294 BAS., ep. 243,1 (III 68,19–69,22): &QJ[IUPVNFOHBSNBMJTUBNFOLBJBVUXÝ UXÝLSBUPVOUJUIKLBRVNBKBSDPNFOIKGBOFSBOHFOFTRBJEJBUIKVNFUFSBKFV MBCFJBKUIOINFUFSBOTVHDVTJO 295 Vgl. dazu z.B. COD.THEOD. XVI 5,4 (376 Apr. 22) gegen Häretiker; COD.THEOD. XVI 2,23 (376 Mai.17), über kirchliche und staatliche Gerichtsbarkeit, vgl. dazu auch die Ausführungen in Kap. 3.1.

334

Kapitel 4: Theologische Profilierung

2.4. Die theologischen Aussagen Auch das Dokument Ea gratia richtet sich wie Confidimus quidem zunächst gegen die „Arianer“, die das Bekenntnis von Nicaea ablehnen, denn mit dem Begriff Jericho sind sicherlich wieder die Ereignisse um Rimini gemeint, wobei in diesem Fall wohl der von Rom als Homöer verdächtigte Meletius gemeint ist. Vergleicht man aber die theologischen Aussagen des Schreibens Confidimus quidem mit denen, die in Ea gratia/Non nobis quidquam gemacht werden, so muß man feststellen, daß zwischen den Texten ein großer Unterschied besteht. Während die Formulierungen zur Trinität im früheren Synodaldokument ganz an der westlichen, serdicensischen Interpretation des Nicaenums festhalten, d.h. an der Lehre der einen Hypostase 296 – wie besonders an der griechischen Übersetzung bei Theodoret deutlich wird 297 –, sind die Verlautbarungen in Ea gratia wesentlich differenzierter. Durch die Aufnahme des griechischen Begriffs usia wird zunächst ein Mißverständnis der lateinischen Vokabel substantia als VQPTUBTJK vermieden. Zudem bekennt man sich zu den tres personae der Trinität, und zwar so, daß man genau bestimmt, wie diese drei Personen zu verstehen sind, nämlich nicht im Sinne des Markell, d.h. der serdicensischen Interpretation, denn sie „kehren weder in sich zurück, noch werden sie verringert ..., sondern bleiben immer“ (nec redire in se aut minui ... sed semper manere). Zudem gibt es „weder etliche Abstufungen (gradus) der Macht und verschiedene Entstehungszeiten, noch ist der Sohn ein geäußertes Wort, so daß wir ihm die Zeugung nehmen ...“ (nec potentiae gradus quosdam ortusque tempora disparata nec prolativum verbum, ut generationem ei demamus...), d.h.: jegliche Subordination wird ausgeschlossen, ebenso die Logoslehre bzw. die Lehre des Photin. Die Vollkommenheit des Sohnes wird besonders betont, d.h. sein vollkommenes Personsein gegen Markell und Sabellius, sowie seine vollkommene Gottheit gegen die sogenannten „Arianer“. Ebenso richtet sich das Schreiben Ea gratia bereits gegen die Lehre des Apolinarius (adseramus dei filium et perfectum hominem suscepisse perfectum) und gegen die Pneumatomachen 298 . Ganz offensichtlich ist, daß diese Darlegung des Glaubens als Auslegung des Nicaenums verstanden werden will 299 , das einige Male zitiert wird. So beruft man sich auch im Abschnitt Non nobis quidquam 296

Siehe dazu ULRICH 1994, besonders 106–109 und zu Confidimus quidem 242; ebenso MARKSCHIES 1997a, 86. 297 THDT., h.e. II 22,7: UIKBVUIKVQPTUBTFXK 298 SCHWARTZ 1936, 16–19: Spiritum quoque sanctum increatum atque unius maiestatis, unius usiae, unius virtutis cum deo patre et domino nostro Iesu Christo fateamur. Neque enim creaturae dignus iniuriae est, qui emissus est ut crearet ... 299 Vgl. dazu auch den Abschnitt des Tomus Damasi der als Kommentar zum Nicaenum formuliert ist in Kap. 3.4.3.

2. Ea gratia/Non nobis quidquam

335

ausdrücklich auf dieses Glaubensbekenntnis (Ut enim Nicaeni concilii fidem inviolabilem per omnia retinentes ...). Auch dort (Non nobis quidquam) findet man in komprimierter und pointierter Zusammenstellung genau dieselben Abgrenzungen gegen Markell, Sabellius, Photin, Apolinarius und die Pneumatomachen. Zwar findet sich nicht explizit die Formulierung tres personae, jedoch wird die ewige Subsistenz des Sohnes und die Vollkommenheit des Heiligen Geistes betont 300 . Mit dieser ganz deutlichen Interpretation der Formel una usia tres personae vertritt der Textkomplex Ea gratia/Non nobis quidquam den lateinischen „Neunizänismus“ 301 , d.h. man hatte sich in Rom von der bisherigen serdicensischen Interpretation des Nicaenums abgewandt und sich gegenüber der insbesondere durch die Kappadozier vertretenen „neunizänischen Theologie“ geöffnet. Der Westen formulierte also eine Glaubensaussage, die vom Osten, d.h. vor allem Basilius, so akzeptiert werden konnte. Gleichzeitig wird aber deutlich gemacht, daß man sich mit dem Adressaten nicht auf gleicher Ebene austauscht, sondern daß Rom ein Urteil in dieser Sache spricht: Haec igitur de nostro fuerant iudicio ..., und zwar nicht nur in der Frage der explizierten römischen fides 302 , der man unbedingt folgen muß, um mit Rom Kirchengemeinschaft zu haben, sondern auch in Fragen der kirchlichen Disziplin bei der Ordination von Klerikern 303 , die damit vermischt werden. 2.5. Die Reaktion des Ostens Wie die östlichen Bischöfe auf das Synodalschreiben aus Rom reagiert haben, kann wieder anhand von Basiliusbriefen vermutet und kombiniert werden. Meines Erachtens sind hierfür insbesondere die Briefe 239, 129, 215 und 263, 265 sowie 266 heranzuziehen. In Brief 239 an Eusebius von Samosata nimmt Basilius zunächst Bezug auf die Romreise des Dorotheus und darauf, daß er wohl in absehbarer Zeit dorthin zurückreisen werde, um offenbar vom Westen erwartete Antwortbriefe zu überbringen: 300

Siehe dazu die Anmerkungen zum Text oben Kap. 4.2.2. Vgl. zu diesem Begriff und seiner inhaltlichen Füllung BRENNECKE 1989, 241–257 und MARKSCHIES 1997a, 73–95; MARKSCHIES (ebd. 87f.) hat deutlich gemacht, daß es sich nicht erst, wenn explizit die Formel NJBPVTJBLBJUSFJKVQPTUBTFJK vorliegt, um Neunizänismus handelt, sondern auch andere Formulierungen Anzeichen dafür sein können. ULRICH 1994, 242 dagegen geht im Blick auf das Fragment Ea gratia davon aus, daß „wir .. über die inhaltliche Füllung des hier verwendeten Personbegriffes nichts sicheres sagen können“, und weist eine neunizänische Zuordnung zurück, ohne jedoch den Text als Ganzes zu interpretieren. Siehe auch HANSON 1988, 757–760. 302 Siehe dazu die Ausführungen zu DAM., epist. 3 und 4. 303 Eine Mahnung, die sich sicherlich gegen Meletius richtet. 301

336

Kapitel 4: Theologische Profilierung

„Auf die Dinge aus dem Westen aber bist Du selbst schon vorher aufmerksam geworden, weil Bruder Dorotheus alles berichtet hat. Wie beschaffene Briefe soll man ihm, wenn er zurückreist, nochmals geben?“ 304

Das Schreiben und der Bericht des Dorotheus haben Basilius offenbar in Ratlosigkeit über das weitere Vorgehen gestürzt, und zwar scheint er besonders erschüttert über den Hochmut zu sein, den der Westen dem Osten gegenüber an den Tag legt: „Mich jedenfalls überkommt es ja, das Wort des Diomedes zu sprechen: Hättest du doch nicht gebeten, denn, so heißt es, stolz ist der Mann. In der Tat pflegen nämlich hochmütige Charaktere, wenn man ihnen Verehrung zeigt, andere noch verächtlicher zu behandeln. Denn, wenn der Herr sich uns gnädig erweist, welches andere Beiwerk brauchen wir dann? Wenn aber Gottes Zorn bestehen bleibt, welche Hilfe haben wir dann am westlichen Hochmut? 305

Diesen westlichen Hochmut erklärt Basilius folgendermaßen: „Sie kennen weder die Wahrheit noch versuchen sie, sie zu erfahren; von falschem Verdacht eingenommen tun sie jetzt dasselbe wie früher bei Markell: Sie haben sich denen gegenüber, die ihnen die Wahrheit kundtun, streitsüchtig verhalten, haben aber die Häresie ihrerseits bekräftigt.“ 306

Basilius wirft dem Westen vor, daß er sich streitsüchtig verhalte und von einem falschen Verdacht eingenommen sei. Dieser falsche Verdacht kann wohl eigentlich nur darin bestehen, daß der Westen die Gemeinschaft mit Meletius meidet, also nach Basilius mit denen, die die Wahrheit verkünden, und andererseits die Häresie bekräftigt, womit dann Paulinus und Vitalis gemeint sein müssen. Das römische Synodalschreiben muß wohl hier so interpretiert werden, daß es mit seiner Aussage his nos communionem damus, quoniam in omni304 BAS., ep. 239,2 (III 60,1–6 C.) (an Eusebius von Samosata; Hauschild: Aug./Sept. 375): 5PJKEFFLUIK%VTFXKBVUPKQSPFOFUVDFKEJIHITBNFOPVQBOUBUPVBEFMGPV %XSPRFPV XÀÝQPUBQBKDSIEPVOBJQBMJOFQJTUPMBKBQJPOUJ*TXKHBSLPJOXOI TFJUIKPEPVUXÝLBMXÝ4BHLUITJNXÝ QPMMIOFDPOUJTQPVEIOLBJQFSJJPOUJUIO "OBUPMIOLBJQBSFLBTUPVUXOFQJTINXOVQPHSBGBKLBJFQJTUPMBKLPNJ[P NFOXÝ(Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 79)Durch die Formulierung wird deutlich, daß Dorotheus bereits im Westen war und nochmals dorthin reisen möchte, so daß die chronologische Einordnung bei LOOFS 1898, 53 u. 8 –17, die ep. 243 nach 239 ansetzt, nicht stimmen kann. Vgl. dazu aber HAUSCHILD 1995, 243. 305 BAS., ep. 239,2 (III 60,9–61,15): &NPJNFOHBSUPUPV%JPNIEPVKFQFSDFUBJ MFHFJO .IPGFMFKMJTTFTRBJ EJPUJ GITJO BHIOXSFTUJOPBOIS5XÝPOUJHBS RFSBQFVPNFOBUBVQFSIGBOBIRIFBVUXOVQFSPQUJLXUFSBHJOFTRBJQFGVLF,BJ HBSFBONFOJMBTRIÝP,VSJPKINJO QPJBKFUFSBKQSPTRILIKEFPNFRB&BOEF FQJNFJOIÝIPSHIUPV2FPV QPJBCPIRFJBINJOUIK%VUJLIKPGSVPK 306 BAS., ep. 239,2 (III 61,15–19): 0JUPBMIRFKPVUFJTBTJOPVUFNBRFJOBOFDPO UBJ ZFVEFTJEFVQPOPJBJKQSPFJMINNFOPJFLFJOBQPJPVTJOVOBQSPUFSPOFQJ .BSLFMMXÝ QSPKNFOUPVKUIOBMIRFJBOBVUPJKBQBHHFMMPOUBKGJMPOFJLITBOUFK UIOEFBJSFTJOEJFBVUXOCFCBJXTBOUFK

2. Ea gratia/Non nobis quidquam

337

bus sententiam probant klarstellt, daß der Westen mit Paulinus und seiner Gemeinde Gemeinschaft hat, weil diese den westlichen Glaubensaussagen 307 zugestimmt haben, mit der Gemeinde des Meletius aber nicht, für die ja Basilius insbesondere den Brief 243 geschrieben hat, und zwar mit der Begründung: discolor corpus membrum deformat ... absit ut fides pura variis coloribus adsuatur. Man nimmt im Westen also an, daß Meletius den falschen Glauben hat, denn der darauffolgende Hinweis auf die Einhaltung der richtigen Ordnung bei der Ordination richtet sich sicher genau gegen Meletius 308 , der eben dadurch, daß er bereits Bischof von Sebaste war, nicht mehr Bischof von Antiochien sein konnte 309 . Dies ist umso bitterer für Basilius, da er den Glaubensaussagen von Ea gratia/Non nobis quidquam in jeder Hinsicht zustimmen könnte, bei denen man sogar in der Begrifflichkeit auf den Osten eingegangen war 310 . Basilius ist also darüber bestürzt, daß man im Westen so lange keine Gemeinschaft mit Meletius haben möchte, bis dieser seine Rechtgläubigkeit erwiesen hat (si integritatem fidei nostrae noscentes in unum sensum nos congruere gloriemini), und hält dies für außerordentlich hochmütig. Im Westen sah man sich als Richter über diese Angelegenheit, denn es wird von einem Urteil iudicium gesprochen, das man mit diesem Schreiben dem Osten mitteilt 311 . Daß große Vorbehalte gegenüber Meletius bestanden, und von welcher Seite sie unterstützt und geschürt wurden, wird auch aus einem Brief deutlich, den Basilius an Petrus von Alexandrien 312 schreibt und in dem er über einen Vorfall in Rom berichtet: „Betrübt hat uns der Bruder Dorotheus, wie Du selbst geschrieben hast, weil er sich mit Deiner Ehren nicht in allem mild und sanft unterredet hat. Das schreibe ich der Schwierigkeit der Situation zu... Er berichtete uns nach seiner Rückkehr von der Unterredung, die er mit Deiner Ehrwürden in Gegenwart des würdigsten Bischofs Dama307

Vgl. auch die Aussagen zur fides in den Ausführungen zu DAM., epist. 3 und 4. Ganz deutlich ist hier der DAM., epist. 4,9 (Tomus Damasi). 309 Vgl. dazu die Ausführungen unten Kap. 4.3. 310 Siehe die Verwendung der Begriffe usia und essentia. 311 Vgl. dazu auch die Bemühungen des Damasus, seine Macht als oberster Richter in kirchendisziplinarischen Fragen zu stärken in den Ausführungen zu DAM., relatio und epist. 5–7. 312 Petrus von Alexandrien, der Nachfolger des Athanasius auf dem Bischofsstuhl von Alexandrien, wurde bald nach seinem Amtsantritt vertrieben, floh nach Rom (THDT., h.e. IV 21f.) und hielt sich dort bis 378 auf. Theodoret berichtet von einem Schreiben des Damasus an Petrus in dieser Verfolgungszeit und vor der Flucht nach Rom, THDT., h.e. IV 22,27 (GCS 258,8–10): NJLSPOVTUFSPOPEJBLPOPK PQBSBUPVBHBQIUPV INXO%BNBTPVUPVUIK3XNIKFQJTLPQPVLPNJTBKINJOPNPVQBSBLMIUJLBLBJ LPJOXOJLBHSBNNBUB; Daß Petrus von Alexandrien während seiner Anwesenheit in Rom offenbar eine wichtige Rolle bei kirchlichen Entscheidungen des Damasus spielte, zeigt DAM., epist. 7, in der Petrus namentlich erwähnt wird. 308

338

Kapitel 4: Theologische Profilierung

sus hatte, und er betrübte uns, als er sagte, daß unsere gottgeliebtesten Brüder, die Mitdiener Meletius und Eusebius zu den Ariomaniten gerechnet werden.“ 313

Offenbar gab es vor Damasus Streit um die Rechtgläubigkeit des Meletius und Eusebius, wobei Petrus von Alexandria, der auch mit Dorotheus die Gemeinschaft verweigerte, Meletius und Eusebius als Häretiker beschuldigt hat. Auf diesem Hintergrund wird deutlich, warum der Westen im Synodalbrief Ea gratia zunächst einen Erweis der Rechtgläubigkeit fordert. Fraglich ist nur, in Zusammenhang mit welcher Mission des Dorotheus Petrus dieses Urteil spricht; meines Erachtens wohl schon bei der ersten Reise des Dorotheus, als er Epistel 243 des Basilius überbrachte. Denn auch zu dieser Zeit hielt sich Petrus bereits in Rom auf – und warum sollte er erst bei der zweiten Mission des Dorotheus diesen Vorwurf erheben 314 ? Vor diesem Hintergrund ist die Enttäuschung des Basilius verständlich, der aufgrund dieser Reaktionen völlige Ratlosigkeit zeigt, und das Vorhaben, „dem Anführer“ zu schreiben, bereits verworfen hat, bei dem es sich sicher um Damasus handelt, dem er wohl insbesondere diesen Hochmut zuschreibt: „Ich jedenfalls wollte ja persönlich, ohne die allgemeine Form, ihrem Anführer schreiben: nichts zwar von den kirchlichen Dingen bis auf die Andeutung, daß sie weder die Wahrheit über die Lage bei uns kennen noch den Weg akzeptieren, auf dem sie sie erfahren könnten, aber allgemein darüber, daß man die durch Versuchungen

313 BAS., ep. 266,2 (III 135,1–12 C.)(an Petrus von Alexandrien; Hauschild: 376): &MVQITFEFINBKPBEFMGPK%XSPRFPK XKBVUPKFQFTUFJMBK NIQBOUBQSPTI OXKNIEFQSBXKEJBMFDRFJKUIÝLPTNJPUIUJTPV,BJUPVUPUIÝUXOLBJSXOMPHJ[P NBJEVTLPMJBÝ&PJLBNFOHBSFJKNIEFOFVPEPVTRBJVQPUXOBNBSUJXOINXO FJ QFSPJTQPVEBJPUBUPJUXOBEFMGXOPVDFVSJTLPOUBJQSPTIOFJKPVEFFVRFUPJUBJK EJBLPOJBJKUXÝNIQBOUBLBUBHOXNIOINFUFSBOFQJUFMFJO0KFQBOFMRXOEJIHI TBUPINJOUBKFQJUPVTFNOPUBUPVFQJTLPQPV%BNBTPVQSPKUIOTIOUJNJPUIUB HFOPNFOBKBVUXÝEJBMFYFJKLBJFMVQFJINBKMFHXOUPJK"SFJPNBOJUBJKTVHLBUB SJRNFJTRBJUPVKRFPGJMFTUBUPVKBEFMGPVKINXOUPVKTVMMFJUPVSHPVK.FMFUJPO LBJ&VTFCJPO (Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 124).Vgl. zu diesem Brief auch ROUSSEAU 1994, 315f. 314 Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, warum Petrus erst beim zweiten Besuch des Dorotheus diese Meinung geäußert haben sollte. Basilius reagiert auf den ersten Romaufenthalt des Presbyters empört, was eben mit diesen Zusammenhängen erklärt werden kann, unterstützt dadurch, daß eben auch das Schreiben Ea gratia/Non nobis quidquam erkennen läßt, daß von den Adressaten ein Erweis der Rechtgläubigkeit gefordert wird, ihr rechter Glaube also angezweifelt wird. Zudem spielt Dorotheus bei der zweiten Romreise keine so große Rolle mehr und wird in Ep. 263 nicht mehr namentlich genannt. Dies gegen SCHWARTZ 1935, 186; HAUSCHILD 1993, 232 Anm. 487. und LOOFS 1898, 48 und 53. Die Argumente LOOFS (1898,48 Anm.2) überzeugen nicht, da Basilius natürlich versucht, Ep. 263 diplomatisch abzufassen, jeden Rekurs auf die eigene angegriffene Position vermeidet und demgegenüber offensiv andere angreift. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß diese Episode nicht erwähnt wird.

2. Ea gratia/Non nobis quidquam

339

Gedemütigten nicht angreifen und Hochmut nicht für Würde halten dürfe, eine Sünde, die schon allein ausreicht, Feindschaft gegen Gott [Röm 8,7] zu bewirken.“ 315

Interessant ist hier die Übereinstimmung mit einem anderen Brief, in dem Basilius sich in gleicher Weise über den Hochmut eines Einzelnen im Westen äußert. Basilius schreibt darin an Dorotheus, der sich im Aufbruch Richtung Westen befindet, und belehrt ihn einerseits, daß im Winter der Landweg völlig unmöglich ist, da es dort von Feinden wimmelt, und macht andererseits deutlich, welche Probleme mit einer Gesandtschaft des Gregor von Nyssa verbunden seien, die offenbar ins Auge gefaßt wurde. Basilius gibt zu bedenken, daß Gregor jegliche Erfahrung in diesen Angelegenheiten fehlt und er ihm vor allem kein Geschick zutraut, mit einem derart hochmütigen Mann – damit ist wohl Damasus gemeint – erfolgreich zu verhandeln: „Wenn man aber den Seeweg nehmen muß, wird es dafür einen Zeitpunkt geben; allerdings muß der gottgeliebteste Bischof Gregor, mein Bruder, sowohl die Schiffahrt als auch die Gesandtschaft in dieser Angelegenheit akzeptieren. Denn ich sehe keinerlei Leute, die mit ihm fortreisen könnten, und kenne ihn als völlig unerfahren in Kirchenangelegenheiten; einem gutwilligen Mann gilt seine ehrwürdige Art etwas und ist das Zusammentreffen viel wert; aber bei einem überheblichen und hochstehenden, der irgendwo oben sitzt und deshalb nicht die von unten anzuhören vermag, wenn sie ihm die Wahrheit sagen – welcher Nutzen sollte dann für das Gemeinwohl von der Unterredung mit einem Mann entstehen, der einen Charakter abseits aller sklavischen Schmeichelei hat?“ 316

Deutlich wird in diesem Brief aber auch, daß Basilius Dorotheus nicht mehr allein nach Rom reisen lassen möchte, offenbar vertraut er nicht darauf, daß auf diese Weise etwas in Rom erreicht werden kann 317 . 315 BAS., ep. 239,2 (III 61,19–26): &HXNFOHBSBVUPK BOFVUPVLPJOPVTDINB UPK FCPVMPNIOBVUXOFQJTUFJMBJUXÝLPSVGBJXÝ QFSJNFOUXOFLLMITJBTUJLXO PVEFO FJNIPTPOQBSBJOJYBTRBJPUJPVUFJTBTJUXOQBSINJOUIOBMIRFJBOPV UFUIOPEPOEJIÀKBONBORBOPJFOLBUBEFDPOUBJ LBRPMPVEFQFSJUPVNIEFJO UPJKVQPUXOQFJSBTNXOUBQFJOXRFJTJOFQJUJRFTRBJNIEFBYJXNBLSJOFJOVQFSI GBOJBO BNBSUINBLBJNPOPOBSLPVOFDRSBOQPJITBJFJK2FPO (Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 79). 316 BAS., ep. 215 (II 207,12–23): &JEFEFJRBMBTTIÝDSITBTRBJ FTUBJLBJSPK  NPOPOFBOLBUBEFYIUBJLBJUPOQMPVOLBJUIOVQFSUXOUPJPVUXOQSBHNBUXO QSFTCFJBOPRFPGJMFTUBUPKFQJTLPQPK(SIHPSJPKPBEFMGPK&HXNFOHBSPVUF UPVKTVOBQFSDPNFOPVKBVUXÝPSXLBJBVUPOHJOXTLXQBOUFMXKBQFJSPOPOUBUXO LBUBUBK&LLMITJBK LBJFVHOXNPOJNFOBOESJBJEFTJNPOBVUPVLBJQPMMPV BYJBOUIOTVOUVDJBO VZIMXÝEFLBJNFUFXSXÝ BOXQPVLBRINFOXÝLBJEJBUPVUP BLPVFJOUXODBNPRFOBVUXÝUIOBMIRFJBOGRFHHPNFOXONIEVOBNFOXÝ UJBOHFOPJ UPPGFMPKUPJKLPJOPJKQBSBUIKUPVUPJPVUPVBOESPKPNJMJBK PKBMMPUSJPOFDFJ RXQFJBKBOFMFVRFSPVUPIRPK(Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 34). 317 Vgl. auch BAS., ep. 266,2 und 253. Damit ist genau dieselbe Situation beschrieben wie in ep. 266,2, nämlich daß Basilius mit der ersten Mission des Dorotheus nicht zufrieden war.

340

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Auch Meletius gegenüber formuliert er seinen Unwillen, den brieflichen Kontakt mit dem Westen in derselben Angelegenheit fortzuführen: „Bruder Sanctissimus ist freilich schon lange bei Euch, und was er verlangt, ist Deiner Vollkommenheit bekannt geworden. Wenn der Brief an die Okzidentalen sich nun als notwendig erweist, dann fasse ihn nach Deinem Ermessen ab und laß ihn uns zustellen, damit wir ihn von den Gleichgesinnten unterschreiben lassen. Und halte die Unterschrift auf einem gesonderten Blatt bereit, welches wir demjenigen, das von unserem Bruder und Mitpresbyter herumgereicht wird, beifügen können. Denn ich fand in der Denkschrift nichts Wesentliches und weiß daher nicht, weswegen ich den Leuten im Westen schreiben sollte. Das Nötige ist ja vorweggenommen; Überflüssiges zu schreiben, wäre völlig sinnlos. Sie wegen desselben wieder zu belästigen – wäre das nicht nachgerade lächerlich?“ 318

Wieder ist ersichtlich, daß Basilius nicht weiß, was er dem Westen schreiben soll, wobei aber interessant ist, welche Aktivitäten ansonsten im Osten entwickelt werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei offenbar der Presbyter Sanctissimus, der auch schon im Brief an Eusebius von Samosata (Ep. 239) erwähnt wird. Er reist demnach im Osten von Kirche zu Kirche, um Unterschriften und Briefe zu sammeln und sie mit Dorotheus zusammen in den Westen zu bringen: „Vielleicht wird er [Dorotheus] ja die Reise gemeinsam mit dem guten Sanctissimus machen, der viel Eifer zeigt, durch den Osten reist und von jedem Prominenten Unterschriften und Briefe mitnimmt“. 319

2.5.1. Die Missionen des Sanctissimus Über Sanctissimus erfahren wir aus den Briefen des Basilius Nr. 120, 121, 129, 132, 239, 253–256. Während Ep. 129 und 239 im Zusammenhang mit der Mission des Sanctissimus vom Widerwillen des Basilius, in den Westen zu schreiben, zu berichten wissen, zeigt er sich in den Briefen 253–255 erfreut über die Nachrichten, die Sanctissimus aus dem Westen bringt. In einem Brief des BAS., ep. 129,3 (II 41,1–12): 0NFOUPJBEFMGPK4BHLUITJNPKQBOUXKFTUJ QBSVNJOQBMBJLBJBFQJ[IUFJEIMBHFHPOFUIÝUFMFJPUIUJTPV&JPVOGBJOFUBJ BOBHLBJPOUJFDFJOIQSPKUPVK%VUJLPVKFQJTUPMI LBUBYJXTPOUVQXTBKBVUIO EJBQFNZBTRBJINJO XTUFQPJITBJVQPHSBGIOBJQBSBUXOPNPZVDXO LBJFUPJ NIOFDFJOUIOVQPHSBGIOFODBSUIÝEFDXSJTNFOXÝPOEVOBNFRBTVOBZBJUXÝQBSB UPVBEFMGPVINXOUPVTVNQSFTCVUFSPVQFSJLPNJ[PNFOXÝ&HXNFOHBSPVEFOFV SXOTVOFLUJLPOFOUXÝVQPNOITUJLXÝPVLFTDPOVQFSPVÀFQJTUFJMXUPJKFOUIÝ%V TFJ5BNFOHBSBOBHLBJBQSPFJMIQUBJ UBEFQFSJUUBHSBGFJOQBOUFMXKNBUBJPO 1FSJEFUXOBVUXOFOPDMFJONILBJHFMPJPOFJI (Übersetzung: HAUSCHILD 1973, 51f.). 319 BAS., ep. 239,2 (III 60,3–6): *TXKHBSLPJOXOITFJUIKPEPVUXÝLBMXÝ4BHL UITJNXÝ QPMMIOFDPOUJTQPVEIOLBJQFSJJPOUJUIO"OBUPMIOLBJQBSFLBTUPV UXOFQJTINXOVQPHSBGBKLBJFQJTUPMBKLPNJ[PNFOXÝ 318

2. Ea gratia/Non nobis quidquam

341

Basilius an die Presbyter in Antiochia berichtet er von der Liebe und Einstellung des Westens gegenüber den Adressaten in Antiochia, und daß Sanctissimus als erster die Meinung des Westens vollständig übermittelt hat: „Die Sorge, die Ihr Euch um die Kirchen Gottes macht, wird zu einem Teil unser geliebtester, frömmster Bruder Sanctissimus, der Mitpresbyter, einschränken, wenn er von der Liebe und Einstellung des ganzen Westens Euch gegenüber berichtet; zum anderen Teil aber wird er sie anregen und noch steigern, wenn er persönlich Euch deutlich macht, welchen Eifer die gegenwärtige Lage erfordert. Den von den anderen hat jeder uns gleichsam nur halb sowohl die Meinungen der dortigen Männer als auch den Stand der Dinge kundgetan.“ 320

Damit wird auch eine Kritik an den bisherigen Missionen deutlich, also wohl an der des Sabinus und des Dorotheus, die nach Basilius einen unvollständigen Bericht abgegeben haben. Ähnliche Vorbehalte werden im Brief an Petrus deutlich, als er im Zusammenhang mit dem Streit zwischen Petrus und Dorotheus vor Damasus schreibt, daß nicht alles seiner Auffassung gemäß ausgerichtet worden sei: „Denn wir scheinen in nichts Erfolg zu haben wegen unserer Sünden, wenn schon die vortrefflichsten Brüder nicht mild oder für Dienste geeignet befunden werden, weil sie nicht alles unserer Auffassung gemäß ausrichten“. 321

Demgegenüber scheint Sanctissimus Vorteile zu haben, da er nach dem Bericht des Basilius „imstande ist, sowohl die Intentionen der Männer zu erfahren als auch den Stand der Dinge genau zu erforschen“ 322 . Warum Sanctissimus über diese besondere Fähigkeit verfügt, wird an keiner Stelle erklärt. Möglich wäre, daß er besonders gut lateinisch sprechen und verstehen konnte, weil er aus dem lateinisch sprechenden Raum kam oder diesem nahe stand 323 . Genaueres kann man darüber leider nicht sagen. BAS., ep. 253 (III 94,1–9): 5IONFSJNOBOIOFDFUFVQFSUXO&LLMITJXOUPV 2FPVFONFSFJNFOEJBOBQBVTFJPQPRFJOPUBUPKLBJFVMBCFTUBUPKINXOBEFMGPK 4BHLUITJNPKPTVNQSFTCVUFSPKEJIHITBNFOPKQBTIKUIK%VTFXKUIOQFSJINBK BHBQIOUFLBJEJBRFTJO FONFSFJEFLBJEJBOBTUITFJLBJQMFPOQBSPYVOFJ PTIO TQPVEIOFQJ[IUFJUBQBSPOUBQSBHNBUBFOBSHXKVNJOEJFBVUPVQBSBTUITBK ,BJHBSUXONFOBMMXOFLBTUPK XTQFSFYINJTFJBK INJOBQIHHFJMFLBJUBK HOXNBKUXOFLFJTFBOESXOLBJUIOLBUBTUBTJOUXOQSBHNBUXO(Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 100). 321 BAS., ep. 266,2 (III 135,4–7): &PJLBNFOHBSFJKNIEFOFVPEPVTRBJVQPUXO BNBSUJXOINXO FJQFSPJTQPVEBJPUBUPJUXOBEFMGXOPVDFVSJTLPOUBJQSPTI OFJKPVEFFVRFUPJUBJKEJBLPOJBJKUXÝNIQBOUBLBUBHOXNIOINFUFSBOFQJUFMFJO (Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 124). 322 BAS., ep. 253 (III 94,9–11): BVUPKEF JLBOPKXOLBJQSPBJSFTJOBOESXOLB UBNBRFJOLBJLBUBTUBTJOQSBHNBUXOBLSJCXKEJFSFVOITBTRBJ 323 HAUSCHILD 1993, 222 Anm. 391 schreibt dazu: „Die Stelle beweist, daß er die Situation in Rom gut kannte – vermutlich deswegen, weil er aus dem Westen stammte. Wäre er ein Antiochener, müßte Ep 253 doch wohl irgendwie darauf anspielen“. Meiner 320

342

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Auch über die zeitliche Einordnung der Aktivitäten des Sanctissimus kann man letztlich keine Gewißheit erlangen. Wahrscheinlich ist, daß der Presbyter erst nach der ersten Mission des Dorotheus mit seinen Bemühungen beginnt. Basilius berichtet in diesem Zusammenhang, wie bereits erwähnt, davon, daß Sanctissimus nach der Rückkehr des Dorotheus durch den Osten reist und Briefe und Unterschriften von wichtigen Leuten sammelt (ep. 239). Ebenso erwähnt er eine mögliche Reise des Sanctissimus mit Dorotheus in den Westen. An keiner Stelle aber in diesen Briefen, die von einer Unterschriftenliste und einem Brief in den Westen handeln, wird Sanctissimus als Träger guter Nachrichten, der bereits mit dem Westen verhandelt hat, dargestellt, wie dies in Epistel 253–55 der Fall ist. Aus Epistel 129 wissen wir, daß er sich längere Zeit bei Meletius aufhält und offenbar ein Anliegen hat. Besteht dies in einer Unterschriftenliste oder in einem Brief an den Westen? Und weshalb hat er dieses Anliegen? Wurde es ihm von jemandem aufgetragen? All dies sind Fragen, die uns die vorliegenden Quellentexte nicht vollständig beantworten können. Aus dem Brief des Basilius an Meletius kann man nur herauslesen, daß offenbar ein Brief an die Okzidentalen sich als notwendig erweist (weil Sanctissimus das so empfindet?), den Meletius abfassen und der mit einer Unterschriftenliste verbunden werden soll. Diese Unterschriftenliste scheint ein selbständiges Dokument zu sein, das wohl von Sanctissimus herumgereicht wird. Sollte es sich dabei um die uns überlieferte Unterschriftenliste handeln, die den Brief Ea gratia und die darin getroffenen Glaubensaussagen bestätigen soll? Sollte dies das Anliegen des Sanctissimus sein? Das würde auch erklären, warum die Unterschrift des Basilius in der Liste fehlt, da er sich sehr zornig über die Reaktion des Westens zeigt und nicht mehr in den Westen schreiben möchte 324 . Aus dem weiteren Verlauf des Briefes wird nun deutlich, daß offenbar durch ein VQPNOITUJLPO ein Memorandum, angegeregt wurde, an den Westen zu schreiben. Darüber äußert sich Basilius aber so, daß er gerade daraus keinen Grund für ein solches Schreiben entnehmen kann, da es nichts wesentlich Neues enthalte 325 . Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß in einem weiteren Brief des Basilius von einem VQPNOITUJLPO die Rede ist, nämlich in einem Schreiben an Meletius. Darin berichtet Basilius davon, daß Eusebius von Samosata einen Brief an den Westen wünscht und dazu wohl ein Ansicht nach beweist die Stelle gar nichts, sondern man kann lediglich vermuten, daß er aus irgendeinem Grund die Situation in Rom besser einschätzen konnte als andere. Wenn Sanctissimus ein Gesandter aus dem Westen gewesen wäre, wäre das sicherlich irgendwo erwähnt worden. 324 BAS., ep. 129,3; vgl. 239 325 BAS., ep. 129,3, siehe dazu das Zitat und die Ausführungen weiter oben.

2. Ea gratia/Non nobis quidquam

343

VQPNOITUJLPO verfaßt hat. Er selbst wisse aber nicht, was er schreiben solle, und schicke deshalb das VQPNOITUJLPO über Sanctissimus an Meletius weiter: „Vom gottgeliebten Bischof Eusebius erhielt ich ein Schreiben mit dem Auftrag, wieder an die Okzidentalen wegen kirchlicher Angelegenheiten zu schreiben. Und er wollte, daß dieser Brief von uns entworfen, von allen Verbündeten aber unterschrieben werde. Da ich nun nicht wußte, wie ich das schreiben sollte, was er gemeint hat, habe ich das Memorandum Deiner Frömmigkeit zugeschickt, damit auch du es liest und im Anschluß an den Bericht des geliebten Bruders Sanctissimus, unseres Presbyters, selbst darüber schreiben möchtest, wie es Dir einfällt.“ 326

Aufgrund dieser Verbindungen kann man nun meines Erachtens den folgenden Ablauf rekonstruieren: Aus Epistel 239 an Eusebius wird deutlich, daß Basilius nach der Rückkehr des Dorotheus ratlos ist, jedoch ein gewisser Sanctissimus aus Eigeninitiative oder mit Auftrag aus dem Westen eine Unterschriftenliste sammelt und bei den wichtigen kirchlichen Persönlichkeiten im Osten herumreist. Basilius jedoch fragt, was man Sanctissimus und Dorotheus nach Rom mitgeben soll. Epistel 120 an Meletius scheint die Reaktion auf einen Antwortbrief des Eusebius zu sein. Eusebius möchte, daß an den Westen geschrieben wird, und zwar in der Form eines gemeinsamen Schreibens, das von Basilius entworfen, aber von allen unterschrieben wird. Dazu schickt er Basilius ein VQPNOITUJLPO, das offenbar Anleitungen für den Inhalt des Briefes gibt. Basilius sieht dadurch aber immer noch keinen Anlaß für ein Schreiben und sendet das VQPNOITUJLPO mit Brief 120 an Meletius, damit dieser den von Eusebius geforderten Brief verfaßt. Meletius reagiert darauf offenbar nicht, so daß Basilius mit Epistel 129 ein Mahnschreiben schickt, in dem er ihn noch einmal darauf aufmerksam macht, welchen Auftrag Sanctissimus von ihm hatte und daß Meletius, wenn es notwendig ist, einen Brief an den Westen verfaßt. Neu ist an diesem Brief allerdings, daß Basilius nun doch einen Vorschlag macht, was man dem Westen schreiben kann, und zwar eine Ermahnung, nicht wahllos mit Leuten aus dem Osten die Gemeinschaft aufzunehmen, nur weil sie ein Glaubensbekenntnis unterschreiben. Damit skizziert Basilius den Inhalt eines Schreibens, das tatsächlich später in den BAS., ep. 120 (II 25,1–10): (SBNNBUBFEFYBNIOQBSBUPVRFPGJMFTUBUPV FQJTLPQPV&VTFCJPVQSPTUBTTPOUBQBMJOHSBGIOBJUPJK%VUJLPJKQFSJUJOXOFL LMITJBTUJLXO,BJFCPVMIRIQBSINXOUVQXRIOBJUIOFQJTUPMIO VQPHSBGIOBJ EFQBSBQBOUXOUXOLPJOXOJLXO&QFJPVOPVDFVÀSPOPQXKFQJTUFJMXQFSJXÀO FQFUBYF QBSFQFNZBUPVQPNOITUJLPOUIÝRFPTFCFJBÝTPV JOBLBJBVUXÝFOUVDXO LBJUPJKBOBGFSPNFOPJKQBSBUPVQPRFJOPUBUPVBEFMGPV4BHLUITJNPVUPVTVN QSFTCVUFSPVQSPTTDXOBVUPKLBUBYJXTIÝK XKQBSJTUBUBJTPJ QFSJUPVUXOUV QXTBJ(Übersetzung: HAUSCHILD 1973, 42). 326

344

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Westen geschickt werden sollte (Ep. 263). In diesem Schreiben wird, wie in den Briefen 253–256, auf gute Nachrichten aus dem Westen Bezug genommen, so daß es m.E. naheliegt, eine Romreise des Sanctissimus zwischen den vorhergenannten Schreiben und Ep. 253–258 und 263 anzunehmen. Der Presbyter könnte dabei unter anderem den Auftrag gehabt haben, das Schreiben Ea gratia/Non nobis quidquam mit einer Unterschriftenliste östlicher Bischöfe nach Rom zu übersenden, worauf eben diese positive Reaktion aus dem Westen zurückgeführt werden könnte, da damit auf die Forderung nach einem Erweis der Rechtgläubigkeit eingegangen worden wäre. 2.6. Die Unterschriftenliste des Codex Veronensis LX 2.6.1. Text und Übersetzung Edition: E.Schwartz, Über die Sammlung des Cod. Veronensis LX., ZNW 35, 1936, 23,4–21. 5 [Haec epistola vel expositio synodi Romanae habitae sub Damaso papa est transmissa ad Orientem, in qua omnis Orientalis ecclesia facta synodo apud Antiochiam consona fide credentes et omnes ita consentientes eidem super expositae fidei singuli sua subscriptione confirmant.] 327

Meletius episcopus Antiochenus consentio omnibus supra scriptis ita sentiens et credens, et si quis praeter haec sentit, anathema sit Eusebius episcopus Samosatenus consentio omnibus supra scriptis ita credens et sentiens, et si quis praeter haec sentit, anathema sit Pelagius episcopus Laodicenus 328 consentio omnibus supra scriptis ita sentiens et credens, et si quis praeter haec sentit, anathema sit

327

[Dieser Brief bzw. diese Darlegung einer römischen Synode, die unter Bischof Damasus abgehalten worden ist, ist in den Osten übersendet worden. Daß die ganze Kirche des Ostens auf einer bei Antiochia abgehaltenen Synode daran mit übereinstimmendem Glauben glaubt und alle so mit demselben oben dargelegten Glauben übereinstimmen, bestätigt jeder einzelne auf dem Schreiben mit seiner Unterschrift:] Ich, Meletius, Bischof von Antiochia, stimme allem, was oben geschrieben worden ist, bei und denke und glaube so, und wenn einer anders denkt, sei er verdammt. Ich, Eusebius, Bischof von Samosata, stimme allem, was oben geschrieben worden ist, bei und denke und glaube so, und wenn einer anders denkt, sei er verdammt. Ich, Pelagius, Bischof von Laodicea, stimme allem, was oben geschrieben worden ist, bei und denke und glaube so, und wenn einer anders denkt, sei er verdammt.

Redaktioneller Kommentar. An Pelagius schreibt Basilius in ep. 254, und berichtet von guten Nachrichten des Sanctissimus aus dem Westen. Er wurde bereits in ep. 92 als einer der Absender angegeben. 328

2. Ea gratia/Non nobis quidquam Zeno episcopus Tyri 329 , ut supra, credo et subscripsi Eulogius [episcopus] 330 de Mallu civitate 331 similiter credo et subscripsi Diodorus [episcopus] de Tarso 332 ut supra, et subscripsi [Similiter et alii CXLVI 333 Orientales episcopi subscripserunt, quorum subscriptiones in authenticum hodie in archivis Romanae ecclesiae tenentur. EXPL SYNODUS ROMANA ET ANTIOCHENSIS] 334

329

345

Ich, Zenon, Bischof von Tyrus, glaube, wie oben, und habe unterschrieben. Ich, Eulogius, [Bischof,] aus der Stadt Mallus, glaube gleich und habe unterschrieben. Diodorus, [Bischof,] aus Tarsus, wie oben, und ich habe unterschrieben. [In gleicher Weise haben auch 146 andere orientalische Bischöfe unterschrieben, deren Unterschriften im Original heute im Archiv der römischen Kirche aufbewahrt werden. DIE RÖMISCHE UND ANTIOCHENISCHE SYNODE]

In ep. 92 als Absender genannt. Vielleicht vom Redaktor ergänzt, siehe folgende Anmerkung. 331 Mallus liegt westlich von Antiochia, jedoch ist Eulogius bekannt als Bischof von Edessa, so unterschreibt er auf dem Konzil von Konstantinopel (EOMIA II/3, 442f. Nr.40: Eulogios edesensis) und Theodoret berichtet von seiner Ordination durch Eusebius von Samosata THDT., h.e. V 4,6. SCHWARTZ 1936, 23 bemerkt dazu, daß in der Ausgabe von Holste zwischen episcopus und de Mallu die Formulierungen Eddessenus similiter credo et subscripsi. Bematius ergänzt worden ist, wovon aber nach Schwartz keine Spur im Codex Veronensis zu entdecken ist. Auch HOLSTE hat wohl versucht wegen der ungewöhnlichen Formulierung, den Text zu verbessern, denn zu bemerken ist, daß die Formulierung mit der Präposition episcopus de außerordentlich ungewöhnlich ist im Gegensatz zu den drei ersten Unterschriften; de Mallu civitate und de Tarso sind Angaben, die darüber Auskunft geben, woher die jeweilige Person stammt, und nicht in welcher Stadt sie Bischof ist. Der Titel episcopus steht also ohne Angabe von welcher Stadt völlig isoliert da, so daß dies m.E. ein Hinweis darauf sein kann, daß der Titel episcopus vom Redaktor ergänzt wurde, um den Eindruck eines Synodaldokumentes zu erwecken. Interessant ist auch, daß die Stadt Mallus keinen Bischof zum Konzil von Konstantinopel schickte, also vielleicht zu dieser Zeit keinen Bischof hatte. 332 Auch an Diodor von Tarsus hat Basilius Briefe gesandt (ep. 135; 160). Diodor hielt sich während der Verfolgungszeit in der antiochenischen Gemeinde auf und vertrat Meletius. Nach dessen Rückkehr wurde er zum Bischof von Tarsus ordiniert (THDT., h.e. V 4,2). M.E. kann auch hier der Titel episcopus ergänzt sein. Eulogius und Diodor haben unterschrieben, weil sie eine wichtige Rolle spielten, als die Bischöfe von Edessa, Samosata, Antiochia und Laodicaea im Exil waren (vgl. THDT. IV 13; 16–18). 333 Laut Redaktor nahmen also 152 orientalische Bischöfe an dieser Synode teil. Damit wäre diese Synode noch zahlreicher besucht gewesen als das Konzil von Konstantinopel von dem 146 Unterschriften überliefert sind, vgl. EOMIA II/3, 434–464. Interessant ist auch, daß das Symbol von Konstantinopel auf dem Konzil von Chalzedon als „Glaube der 150 Väter“ (ACO II/1,2, 79f.) bezeichnet wird. Dies bringt LUISE ABRAMOWSKI zu der Annahme, daß bereits die Synode von Antiochia dieses Symbol verabschiedet hat (1992, 500f.). 334 Redaktioneller Kommentar. 330

346

Kapitel 4: Theologische Profilierung

2.6.2. Inhaltliche Einordnung Im Anschluß an die Ausführungen in den Abschnitten 4.1.0; 4.2.1 ist zunächst folgender Befund festzuhalten: Das uns vorliegende Dokument des Cod.Ver. ist sicher nicht in dieser Form von einer antiochenischen Synode verabschiedet worden, vielmehr wurde es von einem Redaktor aus verschiedenen Dokumenten zusammengestellt. Der Redaktor hat die ersten vier Teile durch die Formulierung ITEM EX PARTE DECRETI miteinander verbunden und durch gemeinsames Lemma, Absender und Adresse, die er aus den Kontexten der einzelnen Schreiben zusammengestellt hat, den Eindruck erweckt, es handele sich um ein einheitliches römisches Synodaldokument. Daran hat er eine Unterschriftenliste angefügt, die er durch eine ausführliche Erklärung als Rahmen inhaltlich mit den ersten 4 Teilen verknüpft hat. Die Frage ist nun, ob dieser Redaktor damit ohnehin in dieser oder ähnlicher Weise bereits zusammengehörige Teile nur in eine entsprechende Form gebracht hat, oder ob er damit einen völlig neuen geschichtlichen Zusammenhang hergestellt hat. Beobachtungen an den Textabschnitten Confidimus quidem und Illud sane miramur legen bereits nahe, daß diese Teile nichts mit dem vom Redaktor konstruierten Rahmen, bzw. mit der Unterschriftenliste zu tun haben. Übrig bleibt das Dokument Ea gratia/Non nobis quidquam, das unmißverständlich von den Adressaten eine Zustimmung zu den darin geäußerten Glaubensaussagen fordert. Zusammen mit den Hinweisen auf eine Unterschriftenliste, von der Basilius in Verbindung mit den Aktivitäten des Sanctissimus zu berichten weiß, kann also angenommen werden, daß östliche Bischöfe das Schreiben Ea gratia/Non nobis quidquam unterschrieben haben und durch Sanctissimus an den Westen zurückgesandt haben, der mit guten Nachrichten von dort wieder in den Osten zurückkam. Somit hätte der Redaktor inhaltlich nur den Hinweis auf eine antiochenische Synode und deren Teilnehmerzahl ergänzt. Das Fehlen einer Unterschrift des Basilius kann daraus erklärt werden, daß er keine Notwendigkeit sah, auf das Schreiben aus dem Westen zu reagieren. Außerdem hatte er schon in früheren Zusammenhängen seine Empörung über die westliche Forderung geäußert, ein von dort diktiertes Glaubensbekenntnis zu unterschreiben 335 . Zudem sind es Meletius und Eusebius, deren Rechtgläubigkeit angezweifelt wurde, Basilius hingegen galt wohl auch im Westen als rechtgläubig, da Petrus von Alexandrien sicher seine Verbindung mit Athanasius bekannt war 336 .

335 336

Vgl. dazu die Evagriusaffäre oben Kap. 4.1.5. Siehe dazu BAS., ep. 133.

2. Ea gratia/Non nobis quidquam

347

Gewöhnlich wird diese Unterschriftenliste als Dokument angesehen, das auf einer antiochenischen Synode im Jahre 379 verabschiedet wurde 337 . Der einzige Hinweis darauf, der in dem uns vorliegenden Text entdeckt werden kann, ist die Formulierung facta synodo apud Antiochiam im redaktionellen Rahmen. Mit Blick auf die übrige redaktionelle Arbeit, die wir an diesem Dokument festgestellt haben, kann und muß der Wert dieser Information aber durchaus in Frage gestellt werden. Über die antiochenische Synode, die 379 nach dem Tode des Basilius stattgefunden haben soll, haben wir nur wenig Informationen. Im Synodalbrief der Nachsynode von Konstantinopel 382, den Theodoret in seine Kirchengeschichte aufgenommen hat, heißt es, daß dort ein Glaubensbekenntnis und Anathematismen verabschiedet wurden, die zusammen mit den Glaubensaussagen des Konzils von Konstantinopel 381, den Glauben ausführlich darlegen: „Das sind in Kurzform die Ergebnisse, was den von uns freimütig verkündeten Glauben angeht. Darüber werdet ihr euch auch noch eingehender unterrichten können, wenn ihr es für wert erachtet, euch mit dem Tomus von Antiochien, der von der dort versammelten Synode verfaßt wurde, und mit dem im vergangenen Jahr in Konstantinopel von der ökumenischen Synode herausgegebenen Tomus zu befassen. Darin haben wir unseren Glauben ausführlicher bekannt und die vor kurzem neu aufgekommenen Irrlehren schriftlich mit dem Anathem belegt.“ 338

Hier wird erstens deutlich, daß Rom es wohl noch nicht für wert erachtet hat, sich mit den auf der Synode von Antiochia verabschiedeten Glaubensaussagen zu befassen, und zweitens, daß diese Synode selbständig Glaubensaussagen formuliert und nicht vom Westen diktierte unterschrieben hat. 339 Zudem hatte sich die kirchliche Situation im Osten im Jahre 379 bereits entspannt, die Bischöfe waren aus dem Exil zurückgekehrt und es bestand nicht mehr die Notwendigkeit, dem Westen Konzessionen zu machen, um auf diesem Wege dessen Unterstützung zu erlangen, schon gar nicht von einer derart großen Zahl von Bischöfen (152). Eine östliche Unterschriftenliste unter einem römischen Synodalschreiben kann ihren historischen Ort nur vor 378 haben. Deshalb gibt es meiner

337

So z.B. RITTER 1965, 61; STAATS 1996, 177. THDT., h.e. V 9,13 (GCS 293,4–10): 5BNFOPVOLBUBUIOQJTUJOUIOQBS INXOBOVQPTUPMXKLISVUUPNFOIOXKFOLFGBMBJXÝUPJBVUB QFSJXÀOLBJFQJQMFJ POZVDBHXHIRIOBJEVOITFTRF UXÝUFFO"OUJPDFJBÝUPNXÝQBSBUIKFLFJTVOFM RPVTIKTVOPEPVHFHFOINFOXÝLBUBYJXTBOUFKFOUVDFJOLBJUXÝQFSVTJOFO,XO TUBOUJOPVQPMFJQBSBUIKPJLPVNFOJLIKFLUFRFOUJTVOPEPV FOPJÀKQMBUVUFSPO UIOQJTUJOXNPMPHITBNFOLBJUXOFOBHDPKLBJOPUPNIRFJTXOBJSFTFXOBOBRFNB UJTNPOFHHSBGPOQFQPJILBNFO. (Übersetzung: WOHLMUTH 1998, 29). 339 Vgl. auch GREG.NYSS., vita Macrinae 15. 338

348

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Ansicht nach folgende Möglichkeiten, die uns vorliegende Unterschriftenliste zu erklären: 1. Diese Unterschriftenliste ist die in den Briefen des Basilius genannte und erfüllte die Forderung, die das römische Synodalschreiben Ea Gratia/Non nobis quidquam aussprach, nämlich Zustimmung zu dessen Glaubensaussagen. Dagegen spricht zwar, daß Diodor von Tarsus bereits als Bischof aufgeführt wird, denn aus der Kirchengeschichte des Theodoret wissen wir, daß Diodor erst nach der Verfolgungszeit 378 von Meletius zum Bischof geweiht worden ist 340 , diese Unterschriftenliste aber vor dieser Zeit verfaßt sein müßte. Betrachtet man jedoch die Unterschriften des Eulogius und Diodor genauer, fällt auf, daß die Formulierungen außerordentlich ungewöhnlich sind. Beide haben zwar den Titel episcopus, aber es wird nicht angegeben, in welcher Stadt sie Bischof sind wie in den ersten vier Unterschriften, sondern woher sie stammen, denn genau dies bezeichnet die Konstruktion mit der Präposition de. Besonders auffallend ist dies bei Eulogius, den man eigentlich als Bischof von Edessa kennt 341 . Betrachtet man Unterschriftenlisten von Synoden dieser Zeit, findet man nirgends eine ähnliche Formulierung 342 . M.E. muß die Form der Unterschriften des Eulogius und Diodor so erklärt werden, daß der Titel episcopus vom Redaktor ergänzt wurde, um seine These von einem Synodaldokument zu stützen. Ohne diese Ergänzung weist freilich auch der Inhalt der Unterschriftenliste in die Zeit vor 378. Nach Theodoret waren zu dieser Zeit die Bischöfe von Antiochia (Meletius), Samosata (Eusebius), Laodicaea (Pelagius) und Edessa (Barses) im Exil 343 . Die ersten drei Unterschriften stammen also von Bischöfen, deren Lage außerordentlich bedrängt war; die Unterschrift des Diodor ist dadurch zu erklären, daß er Meletius in Antiochia vertrat, bei Eulogius handelt es sich wohl um die Person, die für die Gemeinde von Edessa kämpfte, nachdem Barses ins Exil geschickt worden war 344 , und auch Zeno, der Bischof von Tyrus, der schon 372 den Brief des Meletius in den Westen unterschrieben hatte, war wohl als Anhänger des Meletius in Bedrängnis. 2. Es handelt sich tatsächlich um die Unterschriftenliste der Synode von Antiochia, wogegen allerdings die Nennung eines völlig unbekannten Bischofs einer unwichtigen Stadt bei den wichtigsten Unterschriften spricht. Außerdem fehlen andere prominente Namen wie z.B. Gregor von Nyssa

340

THDT., h.e. V 4,2. EOMIA II/3, 442f., Nr.40; THDT., h.e. V 4,6. 342 Vgl. etwa die Unterschriftenliste zum Konzil von Konstantinopel (EOMIA II/3, 434–464). 343 THDT., h.e. IV 13.16–18. 344 THDT., h.e. IV 18. 341

2. Ea gratia/Non nobis quidquam

349

und Gregor von Nazianz, die doch bei einer so großen Zahl von Bischöfen bestimmt an der Synode teilgenommen hätten. Hier gäbe es zwei Möglichkeiten: a) Dem Redaktor lag sowohl das römische Synodalschreiben Ea gratia/Non nobis quidquam (mit Unterschriften) als auch die Unterschriftenliste der antiochenischen Synode, jedoch ohne das Dokument, das die Bischöfe unterschrieben haben, vor, und er hat beide Dokumente miteinander verbunden, indem er die Unterschriften von Ea gratia/Non nobis quidquam durch die der antiochenischen Synode ersetzte oder auf irgendeine Weise beide miteinander vermischte. b) Dem Redaktor lag nur die Unterschriftenliste der antiochenischen Synode von 379 vor, aber kein dazugehöriges Synodaldokument. Deshalb konstruierte er ein Dokument, das aber nichts mit der antiochenischen Synode zu tun hatte. Hierbei wäre verwunderlich, warum der Redaktor ausgerechnet eine Sammlung römischer Synodalschreiben zusammenstellte und nicht z.B. ein Glaubensbekenntnis dazunahm, das diese Synode verabschiedet haben könnte. Es ist daher wahrscheinlich, daß er irgendeinen Hinweis darauf, daß Antiochener ein römisches Synodaldokument unterschrieben haben, in Händen hatte, vielleicht Ea gratia/Non nobis quidquam mit antiochenischen Unterschriften oder ein uns nicht bekanntes Dokument 345 .

345

ABRAMOWSKI 1992 nimmt dies an, vgl. dort 492f. und 495: Sie verbindet die vorliegende Unterschriftenliste mit einem von ihr postulierten Text, nämlich dem Nicaenum, das von einer römischen Synode durch einen Zusatz über den Heiligen Geist ergänzt wurde, und spricht von einer „LPJOXOJB zwischen der Meletianersynode von Antiochien und Rom, die durch die Annahme des römischen Briefes mit dem ergänzten Nicaenum, bezeugt durch die Subskription, hergestellt worden war“.

350

Kapitel 4: Theologische Profilierung

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius 3.1. Per filium meum 3.1.1. Text und Übersetzung Edition: Langform: PL 13, 356f.; Kurzform (dilectissimo–frater): EOMIA I/2,1, 295; Arnobius Iunior, Conflictus cum Serapione II 32 (CChr.SL XXVA 170, 2150– 2158 DAUR). DILECTISSIMO FRATRI PAVLINO 346 DAMASVS Per ipsum filium 347 meum Vitalem 348 ad te scripta direxeram 349 tuae voluntati et iudicio omnia derelinquens, et per Petronium presbyterum breviter indicaveram 350 me in articulo iam profectionis eius aliqua ex parte commotum. Unde ne aut tibi scrupulus resideret, et volentes forsitan ecclesiae copulari tua cautio 351 probanda differret, 346

DAMASUS DEM GELIEBTESTEN BRUDER PAULINUS Durch meinen Sohn Vitalis selbst hatte ich Schriften an Dich gesandt und Deinem Wohlwollen und Urteil alles überlassen, und durch Petronius den Presbyter hatte ich kurz angezeigt, daß ich schon im Augenblick seines Aufbruchs teilweise beunruhigt war. Damit Dir sonst von daher kein sorgenvoller Zweifel zurückbleibt, und Deine zu billigende Vorsicht nicht vielleicht die Aufnahme von Willigen in

Siehe zu Paulinus Kap. 4.3.1.3. Durch diese Anrede wird deutlich, daß Vitalis zum Zeitpunkt seines Rombesuches noch nicht Bischof ist. 348 Vitalis hielt sich in Rom auf, um Damasus ein schriftliches Glaubensbekenntnis zu übergeben, das seine Rechtgläubigkeit beweisen soll. Mit geschickter Wortwahl hat er wohl so den Bischof von Rom über seine apolinaristischen Ansichten hinweggetäuscht, was durch Gregor von Nazianz bezeugt wird, der einige Jahre später in einem Brief an Celdonius gegen den Apolinarismus über diese Zusammenhänge berichtet: GREG.NAZ., ep. 102, 6.16f. (SC 208, 72.78 GALLAY): *OBEFNILBUIHPSXTJOINXOXKUIOUPV BHBQIUPV0VJÅUBMJPVQJTUJO IOBQBJUIRFJKVQPUPVNBLBSJPV%BNBTPVUPVUIK 3XNIKFQJTLPQPVFHHSBGPOFQJEFEXLF QSPUFSPONFOBQPEFDPNFOXO OVOEFBO BJOPNFOXO LBJQFSJUPVUPVCSBDFBEIMXTPNFO 16) &QFJEIUPJOVOBJGXOBJBVÀUBJLBMXKNFOOPPVNFOBJNFUBUIKFVTFCFJBKFJTJ LBLXKEFFYIHPVNFOBJUPEVTTFCFKFDPVTJ UJRBVNBTUPOFJLBJUPVK0VJÅUBMJPV MPHPVKINFJKNFOFQJUPFVTFCFTUFSPOFEFYBNFRB PVUXUPVRFMFJOQFJRPOUPK BM MPJEFQSPKUPOUXOHFHSBNNFOXOOPVOBHSJBJOPVTJO(17)PNPJEPLFJLBJ%BNB TPKBVUPKNFUBEJEBDRFJKLBJBNBQVRPNFOPKFQJUXOQSPUFSXONFOFJOBVUPVKFY IHITFXO BQPLISVLUPVKBVUPVKQFQPJITRBJLBJUPHSBNNBUFJPOBOBUFUSBGFOBJ UIKQJTUFXKTVOBOBRFNBUJTNXÝLBJQSPKBVUIOUIOBQBUIOBVUXOEVTDFSBOBK IOFQBRFOFYBQMPUIUPK 349 Das Plusquamperfekt zeigt an, daß damit ein früherer Brief gemeint ist. 350 Damit ist wohl ein weiterer Brief an Paulinus gemeint, also der zweite nach den Schreiben, die Vitalis überbracht hat. 351 Offenbar hat Paulinus Damasus gegenüber Bedenken gezeigt, bestimmte Leute in die Kirche aufzunehmen. 347

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius Fidem 352 misimus non tam tibi qui eiusdem fidei communione 353 sociaris 354 quam his qui in ea suscribentes 355 tibi, id est nobis per te, voluerint sociari, dilectissime frater. [Post concilium...] 356

351

die Kirche aufschiebt, haben wir eine fides (Glaubensbekenntnis) geschickt, nicht so sehr Dir, der Du durch die Gemeinschaft desselben Glaubens verbunden bist, als denen, die, indem sie es unterschreiben, sich mit Dir, d.h. mit uns durch Dich, verbinden wollen, geliebtester Bruder.

352 Über den Sachverhalt, daß Paulinus ein Glaubensbekenntnis durch Damasus zugesandt wurde, mit dem er die Rechtgläubigkeit anderer überprüfen sollte, berichtet auch BASILIUS in einem Brief an Meletius, ep. 216 (II 208,15–25): FVRVKINBKFLUIK "OBUPMIKLBUFMBCFHSBNNBUBTINBJOPOUBUPJKQFSJ1BVMJOPOBQPUIK%VTFXK FQJTUPMBKUJOBKXTQFSUJOPKBSDIKTVORINBUBLFLPNJTRBJ LBJNFHBGSPOFJO UPVKTUBTJBTUBKUPVNFSPVKFLFJOPVLBJFQBHBMMFTRBJUPJKHSBNNBTJO FJUBLBJ QJTUJOQSPUFJOFTRBJLBJFQJUBVUIÝFUPJNXKFDFJOTVOBQUFTRBJUIÝLBRINBK &LLMITJBÝ1SPKEFUPVUPJKLBLFJOPINJOBQIHHFMIPUJVQIHBHPOUPQSPKUIO VQFSBVUXOTQPVEIOUPOQBOUBBSJTUPOBOESB5FSFOUJPO XÀÝUBDFXKFQFTUFJMB LBRPTPOIONPJEVOBUPO FQFDXOBVUPOUIKPSNIKLBJEJEBTLXOUIOLBUBV UPVKBQBUIO („... [es] traf bei uns sogleich ein Brief aus der [Diözese] Oriens ein, der anzeigte, daß den Anhängern des Paulinus gewisse Briefe aus dem Westen gleichsam als amtliche Dokumente überbracht worden seien, daß die Aufrührer jener Partei den Kopf hoch trügen und sich mit den Briefen brüsten, daß schließlich auch ein Glaubensbekenntnis vorgelegt werde und sie auf dessen Basis bereit seien, sich mit unserer Kirche zu verbinden. Zusätzlich dazu wurde auch jenes gemeldet, daß sie den ganz vorzüglichen Mann Terentius zum Einsatz für sie gewonnen hätten; ich habe ihm so schnell wie möglich geschrieben, indem ich ihn bei seinem Unternehmen zurückgehalten und ihn über ihren Betrug aufgeklärt habe.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 34). Da Paulinus offenbar den Comes Terentius für sein Vorhaben gewonnen hat, schreibt Basilius auch an ihn, um ihn über den wahren Sachverhalt aufzuklären, BAS., ep. 214,2 (II 202,4–14.23–35): LBUFMBCFOINBKBLPIPUJLBJPJUIKLBUB1BVMJOPOTVO UBYFXKBEFMGPJEJBMFHPOUBJUIÝPSRPUIUJTPVQFSJUIKQSPKINBKFOXTFXK INBK EFMFHXUPVKUIKNFSJEPKUPVBORSXQPVUPV2FPV .FMFUJPVUPVFQJTLPQPV0VK LBJHSBNNBUBBLPVXOVOUXO%VUJLXOQFSJGFSFJOBVUPJKUIOFQJTLPQIOUIKLB UB"OUJPDFJBO&LLMITJBKFQJUSFQPOUB QBSBMPHJ[PNFOBEFUPORBVNBTJXUB UPOFQJTLPQPOUIKBMIRJOIKUPV2FPV&LLMITJBK.FMFUJPO,BJPVRBVNB[X UPVUP0JNFOHBSBHOPPVTJQBOUFMXKUBFOUBVRB PJEFLBJEPLPVOUFKFJEFOBJ GJMPOFJLPUFSPONBMMPOIBMIRFTUFSPOBVUPJKFYIHPVOUBJTVHDBJSPNFOUPJK LPNJTBNFOPJKUBBQP3XNIKHSBNNBUB,BOUJOBTFNOIOLBJNFHBMIOFDIÝBV UPJKNBSUVSJBO FVDPNFRBBMIRFVFJOBVUIOEJBVUXOUXOFSHXOCFCBJPVNFOIO 0VNFOUPJUPVUPVHFFOFLFOEVOBNFRBFBVUPVKQFJTBJQPUFI.FMFUJPOBHOPITBJ IUIKVQBVUPO&LLMITJBKFQJMBRFTRBJIUB[IUINBUBVQFSXÀOFYBSDIK IEJBTUBTJKHFHPOF NJLSBIHITBTRBJLBJPMJHIOFDFJOOPNJTBJEJBGPSBOQSPK UPOUIKFVTFCFJBKTLPQPO&HXHBS PVDPQXKFJFQJTUPMIOUJKBORSXQXOEFYB NFOPKFQBVUIÝNFHBGSPOFJ UPVUPVFOFLFOVQPTUBMIOBJQPUFLBUBEFYPNBJ BMMPVEBOFYBVUXOILIÝUXOPVSBOXO NITUPJDIÝEFUXÝVHJBJOPOUJMPHXÝUIK QJTUFXK EVOBNBJBVUPOLPJOXOPOIHITBTRBJUXOBHJXO („... [es] erreichte uns die Kunde, daß auch die Brüder der Gruppe um Paulinus mit Deiner Aufrichtigkeit über die Vereinigung mit uns verhandeln – mit ‘uns’ meine ich die Leute der Partei des Gottesmannes Meletius, des Bischofs. Ich höre, daß sie sogar ein

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

Quapropter si supradictus filius meus Vitalis et ii qui cum eo sunt, tibi voluerint aggregari, primum debent in ea expositione fidei subscribere, quae apud Nicaeam pia patrum voluntate firmata est. Deinde, quoniam nemo potest futuris vulneribus adhibere medicinam, ea haeresis eradicanda est 357 , quae postea in Oriente 358 dicitur pullulasse,

Deswegen, wenn mein obengenannter Sohn Vitalis und diejenigen, die mit ihm sind, sich dir anschließen wollen, müssen sie zuerst die Darlegung des Glaubens unterschreiben, die bei Nicaea durch den frommen Willen der Väter festgelegt worden ist. Dann muß, da niemand Medizin für zukünftige Wunden anwenden kann, diese Häresie mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden, die später im Osten

Schreiben der Okzidentalen herumreichen, das ihnen die Bischofsgewalt über die Kirche in Antiochia einräumt und den wunderbaren Bischof der wahren Kirche Gottes, Meletius, übergeht. Und darüber wundere ich mich nicht. Denn die einen kennen die hiesigen Verhältnisse überhaupt nicht; die anderen, die sie scheinbar kennen, berichten ihnen darüber eher polemisch als wahrheitsgemäß ... wir freuen uns mit denen, die einen Brief aus Rom erhalten haben. Und wenn er für sie ein ehrwürdiges, bedeutsames Zeugnis enthält, wünschen wir, daß es der Wahrheit entspricht, bekräftigt gerade durch die Taten. Allerdings können wir uns deswegen niemals dazu überreden, Meletius zu übergehen oder die ihm unterstellten Gemeinden zu vergessen oder die Probleme, derentwegen anfangs der Konflikt entstanden ist, geringzuschätzen und zu glauben, sie hätten nur eine geringe Bedeutung für das Ziel der Frömmigkeit. Denn nur deswegen, weil jemand einen Brief von Menschen erhalten hat und darauf stolz ist, werde ich niemals Konzessionen zulassen, sondern selbst wenn er direkt vom Himmel kommt [vgl. Gal 1,8], aber nicht der gesunden Lehre des Glaubens folgt [vgl. 1Tim 6,3], kann ich ihn nicht für einen Partner der Heiligen [vgl.Eph 2,19] halten.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 31f.). Es könnte aber auch so sein, daß sich der Begriff fides einfach auf die folgenden theologischen Ausführungen bezieht, vgl. dazu WENZLOWSKY, BKV1, 1876, 290f. 353 So EOMIA I/2,1, 295; Lesart PL 13,356A: communionem. 354 Die Rechtgläubigkeit des Paulinus wird von Rom anerkannt, und er wohl somit als rechtmäßiger Bischof von Antiochia angesehen. Über das antiochenische Schisma und die drei, die die antiochenische Bischofswürde beanspruchen, schreibt HIERONYMUS an Damasus, ep. 15,2,2;5,1f. (CSEL 54/1, 64,7–11;67,7–13 HILBERG) : ... ideo hic collegas tuos Aegyptios confessores sequor et sub onerariis navibus parva navicula delitesco. Non novi Vitalem, Meletium respuo, ignoro Paulinum. Quicumque tecum non colligit, spargit, hoc est, qui Christi non est, antichristi est. (5) ... Et ne forte obscuritas, in quo dego, loci fallat baiulos litterarum, ad Evagrium presbyterum, quem optime nosti, dignare scripta transmittere. Simul etiam, cui apud Antiochiam debeam communicare, significes, quia Campenses, cum Tarsensibus hereticis copulantur, nihil aliud ambiunt, quam ut auctoritate communionis vestrae fulti tres hypostases cum antiquo sensu praedicent. HIER., ep.16,2,2f. (69,14–22 H.): Meletius, Vitalis atque Paulinus tibi haerere se dicunt: possem credere, si hoc unus adsereret; nunc aut duo mentiuntur aut omnes. Idcirco obtestor beatitudinem tuam per crucem domini, per necessarium fidei nostrae decus, passionem ... ut mihi litteris tuis, apud quem in Syria debeam communicare, significes. 355 So EOMIA I/2,1, 295; Lesart PL13,356A: subscribentem. 356 Die Kurzform ist meistens in der Form überliefert, daß sich daran der Tomus Damasi anschließt. 357 Vgl. dazu den weit milderen Umgang mit dem der Lehre des Apolinarius in Illud sane miramur.

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius id est confitendus ipse sapientia, sermo 359 filius Dei humanum suscepisse corpus, animam, sensum, id est integrum Adam, et, ut expressius dicam, totum veterem nostrum sine peccato hominem 360 . Sicuti enim confitentes eum humanum corpus suscepisse, non statim ei et humanas vitiorum adiungimus passiones: ita et dicentes eum suscepisse et hominis animam et sensum, non statim dicimus et cogitationum eum humanarum subiacuisse 361 peccato. 362

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aufgekommen sein soll, d.h., daß bekannt werden muß, daß er selbst, die Weisheit, das Wort, der Sohn Gottes einen menschlichen Leib, Seele, Verstand angenommen hat, d.h. den unversehrten Adam, und, um es ausdrücklicher zu sagen, unseren ganzen alten Menschen ohne die Sünde. Denn wie wir, wenn wir bekennen, daß er einen menschlichen Leib angenommen hat, ihm nicht sogleich auch die menschlichen Leiden an Gebrechlichkeiten zuschreiben, so sagen wir auch nicht sofort, wenn wir sagen, daß er sowohl Seele als auch Verstand des Menschen angenommen hat, daß er auch der Sünde der

Damasus scheint sehr gut über die Lehre des Apolinarius Bescheid zu wissen. Damasus fomuliert hier wesentlich präziser als in Illud sane miramur, denn erst hier werden auch die Begriffe Logos-sarx = sapientia/sermo-corpus gebraucht. In Illud sane miramur wird dies so beschrieben, daß der Sohn Gottes einen Menschen sine sensu angenommen hat. 360 Vgl. dazu auch GREG.NAZ., de vita sua, 607–651 und besonders 610–623 (82–85 JUNGCK): MPHPO PKUIOQSPKINBKUPVRFPVMPHPVLSBTJO IOPVUSBQFJKFEF YBUBORSXQPOMBCXOFNZVDPO FOOPVO FNQBRIUBTXNBUPK "EBNPMPOUPO QSPTRFQMIOBNBSUJBK UBVUIOUFNXOBOPVOUJOFJTBHFJRFPOXTQFSEFEPJLXK NIRFXÝNBDIRPOPVKPVUXHBSBOEFJTBJNJLBJTBSLPKGVTJO NBMMPOHBSBV UI LBJRFPVQPSSXUBUXIUXONFOBMMXOEFPNFOXOTXUISJBKUPOOPVOEPM FTRBJQBOUFMXKEFEPHNFOPV PKEINBMJTUBUXÝRFXÝNPVTXTUFPK PKLBJNBMJTU XMJTRFOFOQSXUPVQMBTFJ („... eine Lehre nämlich, welche die Verbindung von Gott dem Wort mit uns, die er ohne sich zu verändern einging, indem er den Menschen annahm mitsamt seiner Seele, seinem Geist und seiner körperlichen Leidensfähigkeit, den ganzen ursprünglichen Adam ohne die Sünde, diese zerschneidet und einen geistlosen Gott einführt, als fürchte sie, daß der Geist Gott widerstreite – so könnte ich ja auch um die Natur des Fleisches fürchten, denn dieses widerstreitet ihm in höherem Maße, ja ist am weitesten von Gott enfernt – oder als sei es, während alles andere der Erlösung bedarf, eine völlig beschlossene Sache, daß der Geist verderben müsse, der doch am meisten von meinem Gott gerettet werden muß, da er auch am meisten im Erstling der Schöpfung zu Fall gekommen ist.“) Vgl. zur letzten Passage auch Illud sane miramur. 361 Apolinarius behauptete, daß in Christus nicht zweierlei Vernunft sein kann, eine göttliche und eine menschliche, da die Vernunft den Willen führt, die menschliche Vernunft aber wandelbar ist und für fremde Einflüsse, also die Sünde offen, vgl. dazu Frgm. 150 (LIETZMANN 1904, 247,22–27): EBLUVMXÝHMVGPVTJQFUSBOPJEVPOPBKFQJ $SJTUPVEPHNBUJ[POUFKRFJPOGINJLBJBORSXQJOPOFJHBSQBKOPVKBVUPLSBUXS FTUJJEJLXÝRFMINBUJLBUBGVTJOLJOPVNFOPK BEVOBUPOFTUJOFOFOJLBJUXÝBVUXÝ VQPLFJNFOXÝEVPUPVKUBOBOUJBRFMPOUBKBMMIMPJKTVOVQBSDFJOFLBUFSPVUPRF MIRFOFBVUXÝLBRPSNIOBVUPLJOIUPOFOFSHPVOUPK Frgm. 151 (LIETZMANN 1904, 247,29–248,5): PVEFUPVUPTVOJEFJOIEVOIRITBO 359

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

Si qui autem dixerit, verbum pro humano sensu in domini carne versatum 363 , hunc catholica ecclesia anathematizat 364 , necnon et eos qui duos in salvatore filios 365 confitentur, id est alium ante incarnationem, et alium post assumptionem carnis ex Virgine, et non eundem dei filium et ante et postea confitentur 366 .

menschlichen Gedanken unterlegen ist. Wenn aber jemand sagt, daß das Wort anstelle des menschlichen Verstandes im Fleisch des Herrn gewohnt hat, dann belegt ihn die katholische Kirche mit dem Anathema, und gewiß auch diejenigen, die zwei Söhne im Erlöser bekennen, d.h. den einen vor der Fleischwerdung, und den anderen nach der Annahme des Fleisches aus

LBJUPJQBTJOPOLBUBGBOFK PUJPNFORFJPKOPVKBVUPLJOIUPKFTUJLBJUBVUPLJ OIUPK BUSFQUPKHBS PEFBORSXQJOPKBVUPLJOIUPKNFO PVUBVUPLJOIUPKEF USFQUPKHBS LBJPUJQFSBUSFQUXÝOXÝUSFQUPKPVNJHOVUBJOPVKFJKFOPKVQPLFJNF OPVTVTUBTJOTUBTJBTRITFUBJHBSUPJKUXOFYXÀOFTUJEJFMLPNFOPKFOBOUJPJK RFMINBTJ 362 Im Codex Frisingensis ist hier folgender Text eingefügt: [In vetustissimo Frisingensi Codici hic adiunguntur sequentia ] Si quid illud est quod de homine Salvator noster suscipere timuit non salvavit; aut si tam inseparabile malum fuit quod ipse condidit, et suscipere in suscepto homine vitavit? Itaque dominicus homo rationalis intelligibilis, et quod graeci dicunt noerus confitendus.) 363 Richtet sich gegen die Lehre des Apolinarius vom „RFPKFOTBSLPK(LIETZMANN 1904: Frgm. 108.158 und LIETZMANN 1904, 206,28; 251,1;256,20; 261,24) bzw. OPVKFOTBSLPK(LIETZMANN 1904, 215,22.26; 216,6.23 und Frgm. 69–71). 364 Vgl. dazu DAM., epist. 4,7 (Tomus Damasi): Anathematizamus eos qui pro hominis anima rationabili et intellegibili dicunt Dei Verbum in humana carne versatum, cum ipse Filius et Verbum Dei non pro anima rationabili et intellegibili in suo corpore fuerit, sed nostram (id est rationabilem et intellegibilem) sine peccato animam susceperit adque salvaverit. 365 Ebendies warf Apolinarius Andersdenkenden vor: Ad Iovianum 1, (LIETZMANN 1904, 251,3–6): PVEFEVPVJPVK BMMPONFOVJPORFPVBMIRJOPOLBJQSPTLVOPV NFOPO BMMPOEFFL.BSJBKBORSXQPONIQSPTLVOPVNFOPO LBUBDBSJOVJPORFPV HFOPNFOPO XKLBJBORSXQPJund Ad Iovianum 3 (LIETZMANN 1904, 253,3–7.12): &JEFUJKQBSBUBVUBFLUXORFJXOHSBGXOEJEBTLFJ FUFSPOMFHXOUPOVJPOUPV RFPVLBJFUFSPOUPOFL.BSJBKBORSXQPO LBUBDBSJOVJPQPJIRFOUBXKINFJK XK FJOBJEVPVJPVK FOBLBUBGVTJOVJPORFPV UPOFLRFPV LBJFOBLBUBDBSJO UPO FL.BSJBKBORSXQPOUPVUPOBOBRFNBUJ[FJILBRPMJLIFLLMITJB 366 Vgl. DAM., epist. 4,6 (Tomus Damasi): Anathematizamus eos qui duos adserunt filios, unum ante saecula et alterum post adsumptionem carnis ex virgine. Arnobius zitiert in seinem Werk Conflictus sowohl die eben zitierte Passage aus dem Tomus Damasi 6 als auch die betreffende aus Per filium meum und führt sie als Passagen aus zwei unterschiedlichen Briefen des Damasus an Paulinus ein, ARNOBIUS, conflictus II 13 (CChr.SL 25A, 113,692–702 DAUR): Item praedecessor meus Damasus scribens ad Paulinum episcopum Antiochenae ecclesiae inter cetera ait: Anathematizamus eos, qui duos filios dei adserunt, alterum ex patre qui ante saecula est genitus, et alterum qui ex adsumptione carnis natus est, ex virgine. Item ipse apostolicae memoriae vir Damasus in altera epistula ad Paulinum: Anathematizamus eos, qui duos in salvatore filios confitentur, alium ante incarnationem et alium post adsumptionem carnis ex virgine, et non eundem dei filium, et antea et postea ipsum esse Christum dominum dei filium qui natus est ex virgine, confitentur.

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius

Quicumque huic epistolae 367 subscribere voluerit, ita tamen ut in ecclesiasticis canonibus 368 , quos optime nosti, et in Nicaena fide ante subscripserit, hunc debebis absque aliqua ambiguitate suscipere. Non quod haec ipsa, quae nos scribimus 369 , non potueris convertentium susceptioni proponere; sed quod tibi consensus noster 370 liberum in suscipiendo tribuat exemplum 371 .

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der Jungfrau, und nicht bekennen, daß der Sohn Gottes sowohl vorher als auch nachher derselbe ist. Wer auch immer diesen Brief unterschreiben will, in der Weise indes, daß er vorher die kirchlichen Canones, die du bestens kennst, und die nicaenische fides unterschreibt, den sollst Du ohne jede Umschweife aufnehmen. Nicht daß Du eben das, was wir schreiben, nicht zur Aufnahme derjenigen, die sich bekehren wollen, vorlegen könntest, sondern daß Dir unser einhelliger Beschluß ein freies Beispiel für die Aufnahme geben soll.

3.1.2. Die Überlieferung Der Brief Per filium meum des Damasus an Paulinus ist in zwei verschiedenen Formen überliefert: in einer Kurz- und in einer Langfassung. Als Kurzfassung wird die Textform bezeichnet, die nur den ersten Textabschnitt (dilectissimo-frater) beinhaltet, als Langfassung das Dokument in seiner ganzen Länge, wie es in der Patrologia Latina ediert ist. Zudem tritt der Brief in Verbindung mit verschiedenen anderen Dokumenten auf. Eine genaue Aufstellung des handschriftlichen Befundes findet sich bei Maassen 372 . Grob kann man nach dem jeweiligen Kontext folgende Gruppen einteilen: 1) Kurzform Per filium meum und Tomus Damasi als ein Dokument 373 367 Mit dieser Formulierung scheint die vorher erwähnte fides gemeint zu sein, die offenbar eine Briefform hat, wie sie uns im Tomus Damasi vorliegen würde, denn einige Zeilen weiter unten wird das vorliegende Schreiben (epist. 3: Per filium meum) haec ipsa, quae nos scribimus genannt. 368 Damit sind wohl die kirchlichen Regeln gemeint, die Damasus auch sonst häufig zitiert, nämlich vor allem die nicaenischen und serdicensischen Canones, siehe dazu die Ausführungen Kap. 3.2. 369 Damit ist vermutlich das vorliegende aktuelle Schreiben gemeint. 370 Wahrscheinlich ein römisches Konsenspapier über den Glauben, also die bereits erwähnte fides. 371 Damit ist wohl gemeint, daß das aktuelle Schreiben zwar auch als Prüfstein benutzt werden kann, aber die beigegebene fides als Muster für die Aufnahme in die Kirche geeigneter ist. 372 MAASSEN 1870 (=1956), 233–239. LIETZMANN 1904, 58 bietet eine verkürzte Fassung. 373 Über diese Verbindung urteilt Turner, EOMIA I/2,1, 282: Veritate minutatim dispecta, exploratum prius habebam (i) familiam codicum C K T pi B Arnob gallicam, in quibus concilium nostrum anno circiter 379 habitum epistulae eiusdem Damasi iam anno 375 ad Paulinum Antiochenum datae immixtum est ..., nullius fere esse pretii.

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

Per filium meum, Kurzform, woran sich unmittelbar, d.h. ohne Überschrift der Tomus Damasi anfügt, d.h. Per filium meum und der Tomus Damasi als ein Brief ausgegeben werden: a) Sammlungen der Handschriften von Corbie 374 , Köln 375 , Albi 376 und die Pithou’sche Handschrift 377 b) Codex Bobiensis nunc Mediolanensis 378 : Mit der Überschrift: INCIP RESCRIPTVM SCI DAMASI PAPAE AD PETITUM HIERONIMI AD PAVLINVM EPISCOPVM VRBIS ANTIOCHENAE

b) Arnobius Iunior, Conflictus II 32 (CChr.SL XXVA 170, 2150–2158)

2) Langform Per filium meum und Tomus Damasi a) Sammlung Quesnel 379 und Cod. Lat. Sangerman. 466: Schreiben des Damasus an Paulinus Per filium meum; daran unmittelbar anschließend der Tomus Damasi mit der Überschrift: Confessio fidei catholicae, quam papa Damasus misit ad Paulinum Antiochenum. b) Hispana: der Tomus Damasi wird hier mit der Überschrift: Epistola eiusdem papae Damasi ad eumdem Paulinum angefügt. c) Sammlung der vaticanischen Handschrift 380 und Cod.Novar. XXX.: Mit der Überschrift: confessio fidei catholicae, quam papa Damasus misit ad Paulinum Antiochenum episcopum, zuerst der Tomus Damasi, dann das Schreiben an Paulinus.

3) Hieronymus, ep. 15 (Quoniam vetusto) 381 und Per filium meum a) Sammlung der Handschrift von Freisingen 382 (und Sammlung der Handschrift von Würzburg 383 ): Der Brief an Paulinus mit der Überschrift: Incipit rescriptum Damasi papae ad petitum Hieronimi ad Paulinum episcopum urbis Anthiocenae 384 . b) Die vermehrte Hadriana: Überschrift confessio fidei catholicae, quam papa Damasus misit ad Paulinum Antiochenum episcopum, dann Tomus Damasi, dann Hier., ep. 15, dann das Schreiben an Paulinus mit der Überschrift Incipit rescriptum Damasi papae ad petitum Hieronimi ad Paulinum episcopum urbis Anthiocenae wie in der Handschrift von Freisingen. c) Sammlung der Handschrift von Diessen: Zunächst nicaenisches Symbol und Tomus Damasi, dann Hier., ep. 15 und Per filium meum mit der Überschrift: Incipit rescriptum Damasi papae ad petitum Hieronimi ad Paulinum episcopum urbis Anthiocenae.

Die Verbindung des Hieronymusbriefes mit dem Brief des Damasus an Paulinus und damit die Überschrift RESCRIPTUM DAMASI PAPAE AD PETI374

TURNER, EOMIA I/2,1, 281: C 6. Jahrhundert. Diese und die folgenden drei Handschriften schließt TURNER unter dem Sigel C als Codicum originis Gallicae nonnullorum consensus zusammen. 375 Ebd.: K 6./7. Jahrhundert. 376 Ebd.: T 7. Jahrhundert. 377 Ebd.: pi 9. Jahrhundert. 378 TURNER, EOMIA I/2,1, 281: B 9. Jahrhundert. 379 TURNER, EOMIA I/2,1, 281: Q (1 6 : 9. Jahrhundert. 380 TURNER, EOMIA I/2,1, 281: v 9. Jahrhundert. 381 CSEL 54, 62,5–67,13 HILBERG. 382 Ebd.: 8. Jahrhundert. 383 Ebd.: W 9. Jahrhundert. 384 MAASSEN 1870, 482.

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius

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TUM HIERONIMI AD PAULINUM EPISCOPUM URBIS ANTIOCHENAE, scheint

nicht ursprünglich zu sein. Der Inhalt des Schreibens Per filium meum gibt keinen Hinweis auf Hieronymus und auch das Schreiben des Hieronymus selbst verlangt von Damasus nur die Auskunft, an wen er sich in Antiochia halten soll: ... cui apud Antiochiam debeam communicare, significes ... 385

Hieronymus nennt zwar die drei Personen 386 , die die antiochenische Bischofswürde und Übereinstimmung mit Damasus beanspruchen, jedoch scheint er hinsichtlich der Problematik in Antiochia eher ratlos und uninformiert zu sein 387 . Offenbar hat er auf seinen Brief auch keine Antwort erhalten, da er in einem späteren Brief noch einmal dieselbe Auskunft verlangt 388 . Ein weiteres Argument hierfür bietet auch die Überlieferung selbst, denn die Verbindung des Briefes Per filium meum mit dem Tomus Damasi ist weitaus besser und häufiger belegt, liegt aber in verschiedenen Fassungen vor. Ein wichtiges Argument dafür, daß die Langfassung des Schreibens die primäre Textform ist, stützt sich darauf, daß die Kurzfassung nur in der engen Verbindung mit dem Tomus Damasi überliefert ist, die aus beiden Texten ein Dokument macht. Wäre dies die ursprüngliche Fassung, müßte man eine Erklärung dafür finden, daß in allen anderen Zusammenhängen, d.h. auch in der Überlieferung mit einer loseren Verbindung zwischen beiden Texten, die Langfassung zu finden ist. Möglich wäre, daß die Langfassung zwei Briefe des Damasus an Paulinus zu einem vereinigt. Ein inhaltlicher Hinweis dafür könnte sein, daß der im ersten Teil erwähnte Begriff fides im folgenden Text nicht wieder vorkommt. Aber eindeutige Hinweise dafür, daß es sich beim Schreiben Per filium meum des Damasus an Paulinus um ursprünglich zwei Briefe handelt, gibt es nicht. Daher sollte aus überlieferungsgeschichtlichen Gründen der Zusammenstellung Per filium meum (Langfassung) und Tomus Damasi – schon allein deshalb, weil beide Schreiben als Adressaten Paulinus nennen – der Vorzug gegeben werden.

385

HIER., ep. 15,5,2 (CSEL 54, 67,9f. H.) HIER., ep. 15,2,2 (64,9–11 H.): Non novi Vitalem, Meletium respuo, ignoro Paulinum. Quicumque tecum non colligit, spargit, hoc est, qui Christi non est, antichristi est. 387 Siehe dazu die Ausführungen Kap. 1.3.5.1. 388 HIER., ep.16,2,2 (69,14–18.21f. H.): Meletius, Vitalis atque Paulinus tibi haerere se dicunt: possem credere, si hoc unus adsereret; nunc aut duo mentiuntur aut omnes. Idcirco obtestor beatitudinem tuam per crucem domini, per necessarium fidei nostrae decus, passionem ... ut mihi litteris tuis, apud quem in Syria debeam communicare, significes. 386

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

3.1.3. Inhaltliche Einordnung: Damasus und Paulinus Die Situation in Antiochia war kompliziert 389 . Zum Zeitpunkt, als die Bemühungen des Basilius um Kontakt mit Rom begannen (370/71), war die Situation in Antiochien so, daß es zwei Bischöfe gab, die sich beide auf das Nicaenum beriefen und ihre Rechtgläubigkeit betonten, sowie einen dritten Bischof, der Anhomöer war. Bereits um das Jahr 327 390 kam es zu einer Spaltung der Gemeinde, als Eustathius, ein Anhänger des Nicaenums, auf Veranlassung des Eusebius von Nikomedien als Bischof von Antiochia abgesetzt und nach Thrakien verbannt wurde 391 . Auf diese Weise bildete sich neben der offiziellen antiochenischen Gemeinde eine zweite, die weiterhin den altnicaenischen Glauben vertrat und sich unter dem Presbyter Paulinus sammelte 392 . Im Jahr 358 wurde Eudoxius, ein Anhomöer, zum Bischof von Antiochia gewählt, aber bereits 359 abgesetzt 393 . Ihm folgte Meletius, der vorher bereits Bischof von Sebaste war, auf den Bischofsstuhl 394 . Er wurde aber, nachdem er Kleriker, die Eudoxius verbannt hatte, wiederaufgenommen hatte 395 , sofort noch im selben Jahr 360 abgesetzt, ins Exil geschickt und durch den Arianer Euzoius abgelöst 396 . Der größte Teil der antiochenischen Gemeinde betrachtete aber weiterhin Meletius als ihren Bischof. So war die Situation entstanden, daß es drei Gemeinden und zwei Bischöfe in Antiochia gab. In dieser verworrenen Lage ordnete Julian mit einem Edikt die Wiedereinsetzung der verbannten Bischöfe an 397 . Daher versuchte nun der zurückgekehrte Athanasius mit der Synode von Alexandria 362 und dem dort verabschiedeten Tomus ad Antiochenos 398 zwischen der meletianischen und paulinischen Gemeinde eine Versöhnung zu erreichen, indem beide als orthodox anerkannt werden sollten. Er reiste nach Antiochia. Da gleichzei389 Vgl. insgesamt zum antiochenischen Schisma CAVALLERA 1905; ENSSLIN, Art. Meletios, PRE 15/1, 1931, 500–502; SCHWARTZ 1935, 159f.; RITTER 1965, 57–61; SIMONETTI 1992, 550. 390 SCHWARTZ 1935, 159. 391 SCHWARTZ 1935, 159f.; CAVALLERA 1905, 33–70. 392 RITTER 1965, 57. 393 SCHWARTZ 1935,161f.; CAVALLERA 1905, 55f.; 71f. 394 Vgl. LOOFS 1898, 84f.; SCHWARTZ 1935, 162 und BRENNECKE 1988, 66–80. 395 Vgl. HIER., chron. ad a. 360 (GCS 241,26–28 HELM): post non grande temporis intervallum, cum presbyteros qui ab Eudoxio antecessore suo depositi fuerant, suscepisset, exilii iustissimam causam subita fidei mutatione delusit. EPIPHANIUS überliefert seine Antrittspredigt: EPIPH., haer. 73,28–34. 396 Vgl. dazu THDT., h.e. II 31; SOZ., h.e. IV 28; SOCR., h.e. II 44; PHILOSTORGIUS, h.e. V 1. 397 Hist. Athan. 10. 398 Vgl. dazu TETZ 1975, 194–222 und C.B. ARMSTRONG 1921, 206–221.347–355.

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius

359

tig aber Paulinus durch Lucifer von Cagliari zum Bischof von Antiochia geweiht worden war 399 , wies Meletius Athanasius ab und verweigerte sich einer Einigung, so daß Athanasius allein Paulinus als Bischof von Antiochia anerkannte 400 . Bald darauf wurde Meletius aber vom Homöer Valens nochmals ins Exil geschickt 401 und Euzoius in sein Amt wiedereingesetzt; Paulinus mit seiner kleinen Gemeinde blieb jedoch unbehelligt. Antiochia hatte also drei Gemeinden und drei Bischöfe, wovon einer sich im Exil befand. Auch als Basilius ab ca. 370 versuchte, durch Athanasius Hilfe aus Rom zu erbitten, gelang es ihm wohl nicht, Athanasius zu überzeugen, daß die antiochenische Gemeinde unter Meletius vereinigt werden müßte 402 . Athanasius hatte mit Meletius keine Gemeinschaft 403 ebensowenig wie sein Nachfolger Petrus 404 , der schon bald nach seinem Amtsantritt 373 nach Rom fliehen mußte und dort wohl nicht unmaßgeblich zu dem Urteil über Meletius beitrug 405 . Auch Euagrius, der Basilius Nachricht aus Rom brachte, verweigerte die Gemeinschaft mit der meletianischen Gemeinde, so daß man annehmen kann, daß er sich für Paulinus entschieden hatte 406 . Über das Verhältnis des Paulinus zu Rom gibt allerdings eindeutig erst das Schreiben Per filium meum Auskunft. Aus diesem Brief wird deutlich, daß Rom bereits vor dem Besuch des Vitalis in der westlichen Metropole Paulinus als den rechtgläubigen Bischof von Antiochia ansah, da Vitalis Schreiben an Paulinus mitgegeben wurden und Damasus das weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit ihm überließ: Per ipsum filium meum Vitalem ad te scripta direxeram tuae voluntati et iudicio omnia derelinquens ... 407

Damit ist deutlich, daß Paulinus für Damasus in Antiochia der Ansprechpartner war. Daß Damasus und Paulinus zum Zeitpunkt des Schreibens Per filium meum in Kirchengemeinschaft standen, wird zudem explizit ausgesprochen:

399

RUFIN, h.e. 1,30. TETZ 1975, 222 und RITTER 1965, 58f.; vgl. auch SOCR. III 25; SOZ. VI 4. 401 Im Jahr 365 und 369 nach SIMONETTI 1992, 550. 402 BAS., ep. 67; 69,1. 403 BAS., ep. 89,2; 214,2; 258,3. 404 BAS., ep. 266,2. 405 Ebd. und siehe auch DAM., epist. 7. 406 BAS., ep. 156,3 (II 84,1–3): &MVQITFEFINBKPQPRFJOPUBUPKVJPK%XSP RFPKPTVOEJBLPOPKBQBHHFJMBKQFSJUIKFVMBCFJBKTPVPUJXLOITBKNFUBTDFJO BVUXOUIKTVOBYFXK 407 PL 13,356A; vgl. auch die Einordnung bei RADE 1882, 96–104 und WITTIG 1912, 110f.141–148. 400

360

Kapitel 4: Theologische Profilierung

... fidem misimus non tam tibi qui eiusdem fidei communione sociaris ... 408

Seit wann Paulinus diesen Status hatte, kann nicht ermittelt werden, da über einen Kontakt zwischen ihm und Rom vor dieser Zeit nichts bekannt ist. Wahrscheinlich wurde seine Anerkennung unterstützt durch Athanasius bzw. Petrus, woraus auch ersichtlich wird, warum die Versuche des Basilius und des Meletius, eine Anerkennung des Meletius als Bischof von Antiochia in Rom und Alexandria zu erlangen, fehlschlugen. Rom vertraute wohl auf die Empfehlung der Alexandriner, zunächst des Athanasius und dann des Petrus 409 . Wahrscheinlich ist aber, daß auch Paulinus in irgendeiner Weise Rom kundgetan hat, daß er mit ihnen in der Rechtgläubigkeit übereinstimme 410 . Die Eingangsformulierungen des Schreibens Per filium meum lassen auf zwei frühere schriftliche Kontakte in dieser Angelegenheit schließen, denn Damasus nimmt Bezug darauf, daß er – wie erwähnt – bereits Vitalis selbst ein Schreiben mitgegeben und außerdem durch einen Presbyter Petronius seiner Sorge Ausdruck verliehen hat. Auch Paulinus scheint sich schon geäußert zu haben, da Damasus von einer verständlichen Vorsicht des Paulinus spricht, von der Damasus auf irgendeine Weise erfahren haben muß: unde ne aut tibi scrupulus resideret, et volentes forsitan ecclesiae copulari tua cautio probanda differet ... 411

Konkret geht es darum, daß Paulinus andere in seine Kirchengemeinschaft aufnehmen soll. Damasus versucht dabei, seine Bedenken zu zerstreuen, indem er für diesen Zweck eine fides schickt. Die Formulierung fidem misimus 412 ist auffallend, da Damasus ansonsten in diesem Schreiben die 1. Person Singular verwendet. Es könnte darauf hindeuten, daß diese fides von mehreren Personen, vielleicht auf einer Synode verabschiedet worden 408

Ebd. Siehe dazu auch die Erklärung des Paulinus als Anhang des Tomus ad Antiochenos, EPIPH., haer. 77,21 und TETZ 1975,218–222. 410 Ein Hinweis darauf findet sich im Fragment Ea gratia (DAM., epist. 2/1). Dort wird betont, daß man im Gegensatz zu den Adressaten mit einer anderen Gruppe Gemeinschaft hat: his nos communionem damus, quoniam in omnibus sententiam probant; damit ist wohl Paulinus und seine Gemeinde gemeint, da sie die direkte Gegenpartei zu den Adressaten darstellt und Basilius auch in seinem Schreiben (ep. 243) eine Stellungnahme zum antiochenischen Schisma gefordert hat; vgl. auch BAS., ep. 129; siehe auch PIÉTRI 1976, 808. Vgl. CYRILL, ep. 15 (PG 77, 100D): PNBLBSJPK1BVMJOPKPFQJT LPQPK PKQBSIÝUFJUPUSFJKVQPTUBTFJKMFHFJOSIUXK EVOBNFJLBJBMIRXKUBV UBGSPOXO UBVUBNFUJXO)LPMPVRITFEFUPJKEVUJLPJKRFPGJMFTJOFQJTLPQPJK UXÝFTUFOXTRBJUIO3XNBJÅLIOGXOIO LBJNIEVOBTRBJQSPKUIOINFUFSBOUXO (SBJÅLXOGSBTJO USFJKVQPTUBTFJKMFHFJO 411 Ebd. 412 Das Vergangenheitstempus ist als Brieftempus zu verstehen und bedeutet nicht, daß die fides schon vor dem aktuellen Schreiben zugesandt worden sein muß. 409

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius

361

ist. Diese Vermutung wird durch die Formulierung consensus noster am Ende des Schreibens bestätigt, womit wohl ein einhelliger übereinstimmender Beschluß, d.h. ein Konsenspapier, gemeint ist, also die bereits erwähnte fides als Ergebnis bzw. Inhalt eines Synodalbeschlusses. Während hier noch ganz allgemein von der Aufnahme von Willigen (volentes) gesprochen wird, bei denen Paulinus offenbar Zurückhaltung an den Tag legt: unde ne aut tibi scrupulus resideret, et volentes forsitan ecclesiae copulari tua cautio probanda differret, fidem misimus non tam tibi qui eiusdem fidei sociaris quam his qui in ea subscribentes tibi, id est nobis per te, voluerint sociari, dilectissime frater 413 ,

nimmt der folgende Abschnitt nochmals Bezug auf den zuerstgenannten Namen und formuliert die Aufnahmebedingungen für Vitalis und seine Genossen, nämlich, daß sie zunächst das Nicaenum unterschreiben und dann von den Lehren des Apolinarius, der aber nicht namentlich genannt wird, Abstand nehmen sollen. Damasus schreibt, daß diese Häresie ausgerottet werden muß (ea haeresis eradicanda est). Nach einer kurzen Erklärung, worum es dabei geht, werden spezielle Anathematismen dazu angeführt, die den entsprechenden Passagen im Tomus Damasi sehr ähnlich sind und die von Vitalis und seinen Genossen unterschrieben werden sollen: Si qui autem dixerit, verbum pro humano sensu in domini carne versatum, hunc catholica ecclesia anathematizat, necnon eos qui duos in salvatore filios confitentur, id est alium ante incarnationem, et alium post assumptionem carnis ex Virgine, et non eundem dei filium et ante et postea confitentur 414 .

Hierbei wird zunächst die Lehre des Apolinarius verworfen und sodann gleichzeitig auch das, was Apolinarius Andersdenkenden als Häresie vorwirft, nämlich daß durch die Inkarnation ein zweiter Sohn bzw. veränderter Sohn Gottes entstehen würde 415 . Dies ist meiner Ansicht nach ein Indiz dafür, daß Damasus sehr gut über die Lehre des Apolinarius Bescheid wußte, sich kundig gemacht und Einsicht in Schriften des Apolinarius hatte. Dies soll anhand der Vorgeschichte des Schreibens Per filium meum genauer überprüft werden.

413

Ebd. PL 13,356B–357A. 415 Vgl. dazu oben Anm. 20. 414

362

Kapitel 4: Theologische Profilierung

3.2. Damasus und Vitalis 3.2.1. Das Bekenntnis des Vitalis Die Vorgeschichte des Briefes und die Geschehnisse um die Person des Vitalis sind folgendermaßen: Vitalis war zunächst ein Presbyter der Meletianergemeinde 416 , der zur Zeit der Verbannung des Meletius die „Alte Kirche“ mit einem gewissen Diogenes für Meletius besetzt hielt 417 . Danach scheint er irgendwann ein Anhänger des Apolinarius geworden zu sein. Sozomenus schreibt, daß dies kurz nach seiner Ordination zum Presbyter geschehen sei 418 , das Chronicon paschale bleibt völlig ungenau 419 . Von Apolinarius wurde Vitalis schließlich zum Bischof von Antiochia geweiht 420 , nach Theodoret vor dem Jahre 379. Darüber, daß in Antiochia drei Personen die Führung der Gemeinde für sich beanspruchen, berichtet Hieronymus in seinen Briefen 15 und 16 an Damasus, die wahrscheinlich im Jahr 376 geschrieben sind 421 . Anlaß für die Briefe des Damasus an Paulinus ist ein Besuch des Vitalis in Rom. Gregor von Nazianz berichtet einige Jahre später 422 darüber in einem Brief, den er gegen die Lehre des Apolinarius schreibt. Dort gibt er zu, daß Vitalis zunächst mit einem Glaubensbekenntnis 423 , das er Damasus schriftlich vorgelegt hatte, anerkannt wurde, man ihn danach aber doch abgelehnt habe: „Damit sie uns aber nicht beschuldigen, daß wir den Glauben ihres geliebten Vitalis, den er auf die Forderung des seligen Damasus, des Bischofs von Rom, hin schriftlich übergeben hat, zuerst anerkannt haben, jetzt aber ablehnen, auch eine kurze Erklärung dafür ...“ 424  416 SOZ., h.e. VI 25,1; Chronicon Paschale a. 362 (GCS 21, Philostorgius, 230, 14–22 BIDEZ). 417 Chronicon Paschale ebd.; siehe MÜHLENBERG 1969, 45, der vermutet, daß Meletius ihn wegen dieser Aktion zum Presbyter gemacht hat. 418 SOZ., h.e. VI 25,2 (GCS 270,14f. BIDEZ/HANSEN): NFUPVQPMVHBSBQPTDJ TBKFBVUPOUIK.FMFUJPVLPJOXOJBK"QPMJOBSJXÝQSPTFRFUP 419 Chronicon paschale (GCS 230,19f.): VTUFSPOMVQIRFJKNFUBDSPOPOBQFTDJT RIBQBVUPV 420 SOZ., h.e. VI 25,1–4 und THEODORET, h.e. V 4,1: FO"OUJPDFJBÝEFIEIQSPUF SPO(vor 379)FLFDFJSPUPOILFJ#JUBMPO; siehe auch MARKSCHIES 1995, 124. 421 Vgl. dazu COMERFORD LAWLER 1970, 548–552 und REBENICH 1992, 108–114. 422 Vielleicht im Sommer des Jahres 382, siehe dazu GALLAY 1974 (SC 208), 25–27. 423 Dieses Glaubensbekenntnis ist uns wohl durch Cyrill von Alexandrien überliefert, siehe LIETZMANN 1904, 273, 1–25 424 GREG.NAZ., ep. 102, 6 (SC 208, 72 GALLAY): *OBEFNILBUIHPSXTJOINXO XKUIOUPVBHBQIUPV0VJÅUBMJPVQJTUJO IOBQBJUIRFJKVQPUPVNBLBSJPV%BNB TPVUPVUIK3XNIKFQJTLPQPVFHHSBGPOFQJEFEXLF QSPUFSPONFOBQPEFDPNFOXO OVOEFBOBJOPNFOXO LBJQFSJUPVUPVCSBDFBEIMXTPNFO. .

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius

363

Gregor erklärt dies so, daß Damasus durch den Wortlaut des Glaubensbekenntnisses, der durchaus orthodox verstanden werden konnte, getäuscht wurde, Vitalis hingegen das Glaubensbekenntnis apolinaristisch auslegte: „Da also dieselben Formulierungen, wenn man sie im guten Sinn versteht, mit dem rechten Glauben übereinstimmen, wenn man sie im schlechten Sinn deutet, Gottlosigkeit in sich tragen, was ist es verwunderlich, wenn wir auch die Worte des Vitalis, jedoch in ihrem rechtgläubigsten Sinn gutgeheißen haben – wozu der Wunsch uns verleitet hat –, obwohl andere an der Bedeutung seiner Schreiben Anstoß nehmen.“ 425

Lietzmann führt unter den Fragmenten, die er den Schülern des Apolinarius zuschreibt, das Bekenntnis des Vitalis auf, wie es uns bei Cyrill von Alexandrien überliefert ist 426 . Es hat folgenden Wortlaut: 1 427 &UJEFLBJQFSJUIKLBUBTBSLBPJLPOPNJBKUPVTXUISPKQJTUFVPNFO PUJ BOBMMPJXUPVLBJBUSFQUPVNFOPOUPKUPVRFPVMPHPVUIOTBSLXTJOHFHFOITRBJ QSPKBOBLBJOJTJOBORSXQPUIUPKVJPKHBSXOBMIRXKRFPVLBUBUIOBJEJPOFL RFPVHFOOITJOHFHPOFLBJVJPKBORSXQPVLBUBUIOFLQBSRFOPVHFOOITJOLBJFT UJOFJÀKLBJPBVUPKUFMFJPKRFPKLBUBUIORFPUIUBLBJPNPPVTJPKUXÝQBUSJLBJ UFMFJPKBORSXQPKPBVUPKLBUBUIOFLQBSRFOPVHFOOITJOLBJPNPPVTJPKBORSX QPJKLBUBUIOTBSLB 2&JUJKEFFYPVSBOPVMFHFJTXNBFDFJOUPO$SJTUPOIPNPPVTJPOUXÝRFXÝLB UBUIOTBSLB FTUXBOBRFNB 3&JUJKNIPNPMPHFJUIOUPVLVSJPVTBSLBFLUIKBHJBKQBSRFOPVLBJBO RSXQPJKPNPPVTJPO FTUXBOBRFNB 4&JUJKUPOLVSJPOINXOLBJTXUISB UPOFLQOFVNBUPKBHJPVLBJ.BSJBKUIK QBSRFOPVHFOOIRFOUBLBUBTBSLBBZVDPOMFHFJIBOBJTRIUPOIBMPHPOIBOPI UPO FTUXBOBRFNB 5&JUJKUPMNBÝMFHFJOUPO$SJTUPORFPUIUJQFQPORFOBJLBJNITBSLJ XKHF HSBQUBJ FTUXBOBRFNB 6&JUJKEJBJSFJLBJDXSJ[FJUPOLVSJPOINXOLBJTXUISBLBJMFHFJFUFSPONFO FJOBJVJPOUPORFPOMPHPOLBJFUFSPOUPOBOBMIGRFOUBBORSXQPOLBJNIPNPMP HFJFOBLBJUPOBVUPO FTUXBOBRFNB. 428

Daß es sich hierbei durchaus um das Glaubensbekenntnis handeln kann, das Vitalis Damasus vorgelegt hat, zeigen folgende Beobachtungen: Das Bekenntnis ist so aufgebaut, daß zunächst in einem ersten Satz positive Glaubensaussagen gemacht werden, woran 5 Anathematismen ange-

GREG.NAZ., ep. 102,16 (SC 208, 78 GALLAY) &QFJEIUPJOVOBJGXOBJBVÀUBJ LBMXKNFOOPPVNFOBJNFUBUIKFVTFCFJBKFJTJ LBLXKEFFYIHPVNFOBJUPEVTTF CFKFDPVTJ UJRBVNBTUPOFJLBJUPVK0VJÅUBMJPVMPHPVKINFJKNFOFQJUPFVTFCF TUFSPOFEFYBNFRB PVUXUPVRFMFJOQFJRPOUPK BMMPJEFQSPKUPOUXOHFHSBNNF OXOOPVOBHSJBJOPVTJO 426 Vgl. dazu F.DIECAMP 1904, 497–511 und ZACHARIAS RHETOR IV 12. 427 Die Numerierung wurde von der Verfasserin (U.R.) vorgenommen. 428 LIETZMANN 1904, 273, 1–25 425

364

Kapitel 4: Theologische Profilierung

fügt sind. Die Anathematismen sind genauso aufgebaut und formuliert wie sie zu dieser Zeit auch für Rom belegt sind 429 . Zur Lehre des Apolinarius paßt genau der letzte Anathematismus, der sich dagegen wendet, daß man zwei Söhne behauptet 430 . Für Satz 2 und 3 gilt dies ebenfalls, denn für Apolinarius ist die Unterscheidung, daß die Gottheit aus dem Himmel kommt, das Fleisch hingegen aus Maria, eine elementare Aussage seiner Christologie, deren Umkehrung hier gegeben wird. Auch Satz 5 unterscheidet Gottheit und Fleisch (Logos-Sarx) und läßt somit apolinaristisches Gedankengut durchscheinen, obwohl die Aussage, daß das Leiden nicht der Gottheit Christi zugeschrieben werden darf, natürlich „orthodox“ ist. In gleicher Weise ist der erste Satz formuliert: Die Fleischwerdung zur Erneuerung der Menschheit geschah, ohne daß der unwandelbare Logos Gottes einer Veränderung ausgesetzt war. Daran schließt sich eine Aussage über die vollkommene Gottheit und die vollkommene Menschheit des Sohnes an, ein Punkt, den ein Anhänger der Lehre des Apolinarius an sich nie unterschreiben könnte. In diesem Glaubensbekenntnis wird sie aber folgendermaßen formuliert: der wahre Sohn Gottes gemäß der göttlichen Zeugung war auch wahrer Sohn eines Menschen gemäß der Geburt aus Maria; einer und derselbe ist vollkommener Gott gemäß der Gottheit und dem Vater wesensgleich und vollkommener Mensch, derselbe gemäß der Geburt aus Maria und wesensgleich den Menschen gemäß dem Fleisch. Daß ein Apolinarist diesem Glaubensbekenntnis zustimmen kann, liegt daran, daß am Ende nochmals „gemäß dem Fleisch“ ergänzt worden ist, so daß eben nur das Fleisch Christi gemeint ist und nicht der ganze Christus, der den Menschen homousios sein soll. Außerdem wird nicht bezeugt, daß der Sohn Gottes einen vollkommenen Menschen angenommen hat, sondern nur, daß derselbe, nämlich Christus, auch vollkommener Mensch ist. Auch Gregor von Nazianz spricht diese Formulierung an und erklärt sie so, daß Vitalis zwar von einem vollkommenen Menschen spricht, aber in dem Sinne, daß eben diese Verbindung von Gottheit und Fleisch (Logos-Sarx) vollkommener Mensch genannt wird: „So bestimmt er, daß der vollkommene Mensch nicht der ist, der versucht worden ist in allem, was zu uns gehört außer der Sünde, sondern die Verbindung aus Gott und dem Fleisch“. 431

429

Siehe DAM., epist. 4,10–24 (Tomus Damasi), vgl. Kap. 4.4. Auch GREGOR verwahrt sich gegen die Beschuldigung, zwei Söhne zu bekennen, ep. 102,4; vgl. dazu auch oben Anm. 20 und den Tomus Damasi in Kap. 4.4.4.1 und 4.4.1. Anm. 29. 431 GREG.NAZ., ep. 102, 11 (76 G.): 0VUXEFLBJUFMFJPKBVUPJKBORSXQPKPVDP 430

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius

365

Ebenso widerspricht der Anathematismus in Satz 4 nur scheinbar der apolinaristischen Lehre, denn die Begriffe BZVDPO usw. gehören nicht mit dem davorstehenden LBUBTBSLB zusammen, sondern der ganze Satz ist so zu verstehen, daß unser Herr und Heiland, der aus dem Heiligen Geist und aus Maria nach dem Fleisch geboren ist, eben als Herr und Heiland (Logos-Sarx) nicht ohne Seele ist, denn das trifft natürlich für diese Verbindung von Gottheit und Fleisch zu, wie auch Gregor von Nazianz 432 diese Aussage interpretiert. Also gibt es in dem uns vorliegenden Glaubensbekenntnis mindestens zwei Aussagen, die zwar orthodox verstanden werden können, aber bei genauerem Hinsehen einen apolinaristischen Hintergrund haben. Die Beschreibung des Gregor trifft genau auf dieses Dokument zu. In diesem Zusammenhang ist außerdem zu beachten, daß schon im Tomus ad Antiochenos solche verschleierte Glaubensaussagen zu entdecken sind. Dort stehen sich in Kapitel 7 eben dieselben Gruppierungen gegenüber wie im Falle des Paulinus und Vitalis, denn in Kapitel 7,1 äußert sich eben die altnicaenische Seite, die Gemeinde des Paulinus, und in Kapitel 7,2f. eine apolinaristische Gruppe; beide Parteien wollen jeweils Vorwürfe, die sie sich gegenseitig machen, aus dem Weg räumen 433 . So mußte sich die erste Gruppe gegen den Vorwurf, dem Irrtum des Paul von Samosata 434 verfallen zu sein, wehren, die zweite war darauf bedacht zu beteuern, daß sie nicht behaupten, daß der Leib Christi ohne Vernunft war, und argumentiert dabei auf die gleiche Weise wie auch Vitalis in seinem Bekenntnis 435 . QFQFJSBNFOPKLBUBQBOUBUBINFUFSBDXSJKBNBSUJBK BMMBUPFL2FPVLBJ TBSLPKTVHLSBNBEPHNBUJ[FUBJ; siehe auch APOLINARIUS, ep. ad Diocaesarenses 2 (LIETZMANN 1904, 256,18): UFMFJPKEFRFJBÝUFMFJPUIUJLBJPVLBORSXQJOIÝ („... vollkommen aber in göttlicher, nicht in menschlicher Vollkommenheit“). 432 GREG.NAZ., ep. 102,9 (74 G.): PVLBZVDPONFOPVEFBMPHPOPVEFBOPVOPV EFBUFMIPNPMPHPVOUFKUPOBORSXQPO ZVDIOEFLBJMPHPOLBJOPVOBVUIOFJT BHPOUFKUIORFPUIUB XKBVUIKUIÝTBSLJTVHLSBRFJTIKNPOIK BMMPVDJLBJUXO INFUFSXOLBJBORSXQJOXO FJLBJUPBOBNBSUIUPOLSFJUUPOILBRINBKIOLBJ UXOINFUFSXOQBRXOLBRBSTJPO 433 Vgl. dazu TETZ 1975, 208–217 und GRILLMEIER 1990, 472–477; nicht überzeugend dagegen MÜHLENBERG 1969, 215–229. 434 Vgl. dazu Apolinarius’ Brief an Dionysius (LIETZMANN 1904, 256–262), der eben vor dem Irrtum des Paul von Samosata warnt. 435 Tomus ad Antiochenos, 7 (PG 26, 804B/C): PUJPVTXNBBZVDPOPVEBO BJTRIUPO PVEBOPIUPOFJDFOPTXUISPVEFHBSPJÀPOUFIOUPV,VSJPVEJINBK BORSXQPVHFOPNFOPVBOPIUPOFJOBJUPTXNBBVUPVPVEFTXNBUPKNPOPV BMMB LBJZVDIKFOBVUXÝUXÝ-PHXÝTXUISJBHFHPOFO VJPKUFXOBMIRXKUPVRFPVHFHP OFLBJVJPKBORSXQPV LBJNPOPHFOIKXOVJPKUPVRFPVHFHPOFOPBVUPKLBJQSX UPUPLPKFOQPMMPJKBEFMGPJKEJPPVRFUFSPKIOPQSPUPV"CSBBNVJPKUPV RFPV FUFSPKEFPNFUB"CSBBN („Sie bekannten auch dies, daß der Erlöser nicht einen seelenlosen, empfindungslosen und vernunftlosen Leib hatte. Es war ja auch nicht möglich, daß der Leib des Herrn, der um unsretwillen Mensch geworden ist, vernunftlos

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

Auch die Beschreibung der Reaktion des Damasus auf diese Täuschung, die Gregor bietet, stimmt mit den Aussagen, die der römische Bischof in seinen eigenen Schreiben macht, überein: „Damasus selbst, scheint mir, hat sie, als er besser informiert war und zugleich erfahren hat, daß sie auf ihren zuerst gegebenen Erklärungen beharren 436 , aus der Kirche ausgeschlossen und ihre Schreiben über den Glauben mit dem Anathema belegt und er war zornig über ihre Täuschung, deren Opfer er wegen seiner Arglosigkeit geworden war.“ 437

wäre, da ja im Logos selbst nicht nur das Heil des Leibes allein, sondern auch das der Seele gewirkt wurde; er, der wahrhaft Gottes Sohn ist, wurde auch Sohn des Menschen; und der eingeborene Sohn Gottes wurde als ein und derselbe auch Erstgeborener unter vielen Brüdern. Darum war nicht ein anderer der vor Abraham seiende Sohn Gottes, und ein anderer, der nach Abraham war ...“. Übersetzung: GRILLMEIER 1990, 474f.). Auch im Brief an die nach Neocaesarea verbannten Bischöfe formuliert Apolinarius ein ähnliches, aber ganz deutliches Glaubensbekenntnis Ep. ad Diocaesarenses 2 (LIETZMANN 1904, 256,3–17): )NFJKPNPMPHPVNFOPVLFJKBORSXQPOBHJPOFQJEFEINI LFOBJUPOUPVRFPVMPHPOPQFSIOFOQSPGIUBJK BMMBVUPOUPOMPHPOTBSLBHF HFOITRBJNIBOFJMIGPUBOPVOBORSXQJOPO OPVOUSFQPNFOPOLBJBJDNBMXUJ[PNF OPOMPHJTNPJKSVQBSPJK BMMBRFJPOPOUBOPVOBUSFQUPOPVSBOJPO EJPLBJPV TXNBBZVDPOPVEFBOBJTRIUPOPVEFBOPIUPOFJDFOPTXUIS PVEFHBSPJÀPOUFIO UPVLVSJPVEINBKBORSXQPVHFHFOINFOPVBOPIUPOFJOBJUPTXNBBVUPV VJPK UFXOBMIRXKUPVRFPVHFHPOFLBJVJPKBORSXQPV LBJNPOPHFOIKXOVJPKUPVRFPV HFHPOFOPBVUPKLBJQSXUPUPLPKFOQPMMPJKBEFMGPJK EJPPVEFFUFSPKIOPQSP "CSBBNVJPKUPVRFPV FUFSPKEFPNFUB"CSBBN BMMFJÀKUFMFJPKUPVRFPVNP OPHFOIK UFMFJPKEFRFJBÝUFMFJPUIUJLBJPVLBORSXQJOIÝ UPJKUBVUBGSPOPVTJO PNPMPHPVNFOLPJOXOFJO UPJKEFUBOBOUJBGSPOPVTJLBJHSBGPVTJOPVLPJOXOPV NFO(„Wir bekennen, daß der Logos Gottes nicht einem heiligen Menschen eingewohnt habe, wie es bei den Propheten der Fall war, sondern daß der Logos selber Fleisch geworden ist, ohne einen menschlichen Nous anzunehmen, einen wandlungsfähigen Nous, gefangen in schmutzigen Gedanken, sondern einen göttlichen, wandlungsunfähigen, himmlischen Nous. Deshalb hatte der Erlöser ja auch nicht einen seelenlosen, einen empfindungslosen, einen vernunftlosen Leib. Es war ja auch nicht möglich, daß sein Leib vernunftlos sei, da der Herr um unsretwillen Mensch geworden ist. Er, der wahrhaft Gottes Sohn war, wurde auch des Menschen Sohn, und als Eingeborener Sohn Gottes wurde er in Selbigkeit auch ‘Erstgeborener unter vielen Brüdern’ [vgl. Röm 8,29]. Darum war nicht ein anderer der vor Abraham seiende Sohn Gottes, ein anderer, der nach Abraham war, sondern ein vollkommener Eingeborener Gottes, vollkommen aber in göttlicher, nicht in menschlicher Vollkommenheit. Wir bekennen, daß wir Gemeinschaft halten mit denen, die so denken. Mit denen, die das Gegenteil denken und schreiben, halten wird keine Gemeinschaft“. Übersetzung: GRILLMEIER 1990, 475f.). 436 Gregor weist also deutlich darauf hin, daß Damasus einerseits über die Lehre des Apolinarius informiert wurde, andererseits aber auch erfahren hat, und wohl von Apolinarius oder Vitalis, daß diese Leute auf ihrem Standpunkt und ihre Ansichten beharren. 437 GREG.NAZ., ep. 102,17 (SC 208, 78 GALLAY)PNPJEPLFJLBJ%BNBTPKBVUPK NFUBEJEBDRFJKLBJBNBQVRPNFOPKFQJUXOQSPUFSXONFOFJOBVUPVKFYIHITFXO BQPLISVLUPVKBVUPVKQFQPJITRBJLBJUPHSBNNBUFJPOBOBUFUSBGFOBJUIKQJTUF

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius

367

Denn Damasus scheint wohl ziemlich rasch auf seinen Irrtum aufmerksam gemacht worden zu sein. Im Brief an Paulinus schreibt er, er sei bereits beim Aufbruch des Vitalis unruhig geworden: ... me in articulo iam profectionis eius aliqua ex parte commotum ... 438

Das erste Dokument, das von dieser Erkenntnis zeugt, ist meines Erachtens das Fragment Illud sane miramur 439 , das uns zusammen mit der Dokumentensammlung, die auch Confidimus quidem und Ea gratia/Non nobis quidquam enthält, überliefert worden ist. 3.2.2. Illud sane miramur 3.2.2.1. Text und Übersetzung Edition: E. Schwartz, Über die Sammlung des Cod. Veronensis LX, ZNW 35, 1936, 21,34–22,23. [3 ITEM EX PARTE DECRETI:] 440 Illud sane miramur quod quidam 441 inter nostros 442 dicantur 443 quia licet de trinitate piam intellegentiam habere videantur, de sacramento tamen salutis nostrae ignorantes virtutes scripturarum et ** 444 recta non sentiant 445 .

[Ebenso aus einem Teil des Dekrets:] Wir wundern uns freilich darüber, daß von einigen unter den Unsrigen gesagt wird, daß sie, obgleich sie über die Trinität eine fromme Einsicht zu haben scheinen, dennoch über das Geheimnis unseres Heils die Aussagen der Schriften nicht kennen und ** und das Rechte nicht vertreten.

XKTVOBOBRFNBUJTNXÝLBJQSPKBVUIOUIOBQBUIOBVUXOEVTDFSBOBK IOFQBRFO FYBQMPUIUPK. 438 PL 13,356A. 439 Dieselbe Vermutung bei PIÉTRI 1976, 814. 440 Redaktionelle Ergänzung. 441 Erstaunlich ist die Ähnlichkeit dieses Briefanfanges mit einem Brief des Apolinarius, der an einen unbekannten Dionysius gerichtet war, LIETZMANN 1904, 256,19–21: 2BVNB[XQVORBOPNFOPKQFSJUJOXOPNPMPHPVOUXONFORFPOFOTBSLPOUPOLVSJ PO QFSJQJQUPOUXOEFUIÝEJBJSFTFJUIÝLBLXKVQPUXOQBVMJBOJ[POUXOFJTBDRFJTIÝ  In lateinischer Sprache überliefert im Florilegium des Eutyches, der den Brief als Schreiben des Bischofs Iulius von Rom ausweist (ACO II/1, 35,35–38): ... conpresbytero Dionysio Iulius episcopus Romanus in domino salutem. Miror cognoscens quosdam profiteri quidem deum corporalem dominum, labentes autem et incurrentes in eam divisionem quae non bene a Paulianistis inducta est. 442 Damit wird offenbar gesagt, daß diejenigen, die die im folgenden explizierte Meinung vertreten, sich innerhalb der Kirche befinden, da sie ansonsten eine fromme Meinung über die Trinität zu haben scheinen. Das läßt sofort an den Fall Vitalis denken. Dieser hatte Damasus ein offenbar frommes Glaubensbekenntnis vorgelegt und ihn so über seine eigentlichen theologischen Ansichten hinweggetäuscht. Da hier keine Verdammung dieser apolinaristischen Lehre ausgesprochen wird, scheint dies das erste römische Dokument zu sein, das sich mit dieser Frage beschäftigt. 443 Damasus scheint von jemandem darauf hingewiesen worden zu sein, daß es dieses Gerücht gibt und wundert sich darüber, da er diejenigen offenbar für tadellos hielt.

368

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Adseruntur enim dicere dominum ac salvatorem nostrum ex Maria virgine inperfectum, id est sine sensu hominem suscepisse 446 . Heu quanta erit Arrianorum in tali sensu vicinitas.

Illi inperfectam divinitatem in dei filio dicunt, isti inperfectam humanitatem in hominis filio mentiuntur. Quod si utique inperfectus homo susceptus est, inperfectum dei munus est, inperfecta nostra salus, quia non est totus homo salvatus 447 .

444

Man behauptet nämlich von ihnen, daß sie sagen, unser Herr und Heiland sei unvollkommen aus der Jungfrau Maria hervorgegangen, d.h. er habe einen Menschen ohne Verstand angenommen. Ach, was für eine große Nähe zu den Arianern wird in einem solchen Verständnis bestehen. Jene behaupten eine unvollkommene Gottheit im Sohn Gottes, diese geben eine unvollkommene Menschheit im Menschensohn vor. Wenn aber, wie es auch sei, ein unvollkommener Mensch angenommen worden ist, ist das Geschenk Gottes unvollkommen, unvollkommen ist unser Heil, weil

SCHWARTZ 1936, 22, setzt hier ein Lücke an und schlägt folgende Ergänzung vor: vocum dominicarum. 445 Der im folgenden explizierte Vorwurf richtet sich gegen die Ansichten des Apolinarius, der in dieser Zeit offenbar mit Basilius in Verbindung gebracht wird, siehe ep. 129,1 (II 39,1–40,31 C.) (an Meletius; Hauschild: 375, Frühjahr): )ÝEFJOPUJYFOJTFJ UIOBLPIOUIKUFMFJPUIUPKTPVUPOVOFQJGVFOFHLMINBUXÝQBOUBFJQFJOFVLPMXÝ "QPMJOBSJXÝ,BJHBSPVEFBVUPKUPOQSPUPVUPVDSPOPOINIOFQJTUBNFOPK FDFJO BMMBOVOPJ4FCBTUIOPJEJFSFVOITBNFOPJQPRFOBVUBIOFHLBOFJKUPNF TPOLBJQFSJGFSPVTJTVOUBHNBFYPVÀNBMJTUBLBJINBKLBUBEJLB[PVTJO XKUB BVUBGSPOPVOUBK FDPOSITFJKUPJBVUBK XTUFQBOUBDITVOF[FVHNFOXK NBMMPO EFIOXNFOXKUIÝFUFSPUIUJOPFJOBOBHLBJPOUIOQSXUIOUBVUPUIUB LBJEFVUFSBO LBJUSJUIOMFHPOUBKUIOBVUIO0QFSHBSFTUJQSXUXKP1BUIS UPVUPFTUJEFV UFSXKP6JPKLBJUSJUXKUP1OFVNB"VRJKEFPQFSFTUJQSXUXKUP1OFVNB UPVUP EFVUFSXKUPO6JPO LBRPEILBJP,VSJPKFTUJP1OFVNB LBJUSJUXKUPO1BUF SB LBRPEI1OFVNBP2FPK,BJ XKCJBJPUFSPOTINBJOFJUPBSSIUPO UPO1BUF SBQBUSJLXK6JPOFJOBJ UPOEF6JPOVJÅLXK1BUFSB,BJXTBVUXKFQJUPV1OFV NBUPK LBRPEIFJÀK2FPKI5SJBK5BVUBFTUJUBRSVMPVNFOBBPVEFQPUFEVOB NBJQJTUFVTBJQMBTNBUBFJOBJUXOQFSJGFSPOUXO FJLBJPUJFLUIKLBRINBK TVLPGBOUJBKPVEFOMPHJ[PNBJBVUPJKBUPMNIUPOFJOBJ(SBGPOUFKHBSUJTJUXO LBRFBVUPVKLBJQSPTRFOUFKUIOLBRINXOEJBCPMIOFQIHBHPOUBVUB SINBUB NFOBJSFUJLXOPOPNBTBOUFK UPOEFQBUFSBUIKTVHHSBGIKBQPLSVZBNFOPJ JOB UPJKQPMMPJKINFJKOPNJTRXNFOFJOBJPJMPHPHSBGPJ1MIOBMMPVLBOUPVNFDSJ SINBUBTVORFJOBJQSPIMRFOBVUXOIFQJOPJB XKHFFNBVUPOQFJRX 446 Richtet sich gegen die Lehre des Apolinarius, wie sie z.B. im Brief an Dionysius ausgedrückt ist (LIETZMANN 1904, 260,14–18): 4VNQFGXOIUBJLBJTVNGXOXKXNPMP HIUBJUPTXNBFLUIKQBSRFOPV IRFPUIKFYPVSBOPV UPTXNBQFQMBTUBJFOLPJ MJBÝ IRFPUIKBLUJTUPKBJXOJPK JOBFOXRFOUPKUPVMPHPVUXÝTXNBUJBEJBJSFUPKNFJOIÝIRFPUIK 447 Dem widerspricht Apolinarius, der eine andere Soteriologie vertritt, Frgm. 76 (LIETZMANN 1904, 222,20–24): PVLBSBTX[FUBJUPBORSXQJOPOHFOPKEJBOBMI ZFXKOPVLBJPMPVBORSXQPV BMMBEJBQSPTMIZFXKTBSLPK IÀÝGVTJLPONFOUP IHFNPOFVFTRBJ FEFJUPEFBUSFQUPVOPVNIVQPQJQUPOUPKBVUIÝEJBFQJTUINPTV OIKBTRFOFJBO BMMBTVOBSNP[POUPKBVUIOBCJBTUXKFBVUXÝ(„Also wird das

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius

Et ubi erit illud dictum domini: venit filius hominis salvare quod perierat?

Totus, id est in anima et corpore, in sensu atque in tota substantiae suae natura. Si ergo totus in 448 homo perierat, necesse fuit ut id quod perierat, salvaretur; si autem sine sensu salvatus est, iam contra evangelii fidem invenietur non totum quod perierat, esse salvatum, cum alio loco ipse salvator dicat: irascimini mihi, quia totum hominem salvum feci.

Quid quod ipsius principalis delicti et totius perditionis summa in hominis sensu consistit. Primum enim 449 hominis sensus eligendi boni malique non perisset, non moreretur: quomodo ergo praesumeretur in finem salvari minime debuisse quod ante omnes peccasse cognoscitur?

Nos autem qui integros et perfectos salvatos nos scimus, secundum catholicae ecclesiae professionem perfectum deum perfectum suscepisse hominem profitemur 450 .

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nicht der ganze Mensch gerettet worden ist. Und wo wird jener Ausspruch des Herrn sein: „Der Menschensohn ist gekommen zu retten, was zugrundegegangen war“ (Mt 18,11)? Ganz, d.h. in Seele und Leib, in Verstand und in der ganzen Natur seiner Substanz. Wenn also der in diesen Punkten vollständige Mensch zugrunde gegangen war, mußte das, was zugrundegegangen war, gerettet werden; wenn er aber ohne Verstand gerettet worden ist, wird sich sogleich gegen den Glauben des Evangeliums herausstellen, daß nicht alles, was zugrundegegangen war, gerettet worden ist, obwohl der Erlöser selbst an einer anderen Stelle sagt: „Ihr zürnt mir, weil ich den ganzen Menschen heil gemacht habe“ (Joh 7,23). Ja, sogar die Hauptsache gerade der ursprünglichen Übertretung und des ganzen Verderbens sitzt im Verstand des Menschen. Denn wenn nicht zuerst des Menschen Verstand zum Auswählen des Guten und Bösen zugrunde gegangen wäre, würde er nicht sterben: Wie sollte man also annehmen, das habe am Ende nicht gerettet werden müssen, von dem bekannt ist, daß es vor allem anderen gesündigt hat? Wir aber, die wir wissen, daß wir unversehrt und vollkommen gerettet sind, bekennen gemäß dem Bekenntnis der katholischen Kirche, daß der vollkommene Gott einen vollkommenen Menschen ange-

menschliche Geschlecht nicht durch die Annahme einer Vernunft und eines ganzen Menschen erlöst, sondern durch die Hinzunahme von Fleisch, zu dessen Natur das Beherrschtwerden gehört. Es bedurfte nämlich einer unwandelbaren Vernunft, die dem Fleisch nicht wegen der Schwachheit der Erkenntnis verfällt, sondern sich das Fleisch ohne Zwang vereinigt“). Vgl. auch Frgm. 74 (LIETZMANN 1904, 222,6–12). 448 Von SCHWARTZ 1936,22 vorgenommene Konjektur. 449 Von SCHWARTZ ebd. vorgenommene Konjektur. 450 Ähnliche Formulierungen tauchen auch in DAM., epist. 2/1(Ea gratia) und epist. 2/3 (Non nobis quidquam) auf: epist. 2/1: ... eundem redemptionis nostrae gratia processisse de virgine, ut perfectus homo pro perfecto qui peccaverat homine nasceretur. Ergo fratres, adseramus dei filium perfectum hominem suscepisse perfectum; epist. 2/3: ... plenitudinem dei verbi ... ex aeterno in aeternum subsistentis perfectum, id est integrum transgressorem adsumpsisse et salvasse confidimus.

370

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Quapropter date operam ut intelligentia sanae doctrinae etiam eorum sensus salventur, qui adhuc sensum salvatum esse non credunt 451 .

nommen hat. Deswegen gebt Euch Mühe, damit durch die Einsicht dieser heilsamen Lehre auch der Verstand derjenigen gerettet werde, die bisher glauben, daß der Verstand nicht gerettet worden ist.

3.2.2.2. Die Verwunderung des Damasus Damasus gibt im Brief Illud sane miramur seiner Verwunderung Ausdruck, daß „einige unter uns“ quidam inter nostros, obwohl sie hinsichtlich den Aussagen über die Trinität sich als rechtgläubig erwiesen haben, dennoch eine falsche Ansicht über die Inkarnation vertreten: Illud sane miramur quod quidam inter nostros dicantur quia licet de trinitate piam intellegentiam habere videantur, de sacramento tamen salutis nostrae ignorantes virtutes scripturarum et ** recta non sentiant. 452

Er bewertet diese Ansichten noch nicht explizit als Häresie, obwohl er sie in die Nähe der Arianer rückt 453 (Heu quanta erit Arrianorum in tali sensu vicinitas), sondern gibt den Empfängern des Schreibens den Auftrag, diejenigen, die diese Ansichten vertreten, zu heilen: Quapropter date operam ut intelligentia sanae doctrinae etiam eorum sensus salventur, qui adhuc sensum salvatum esse non credunt. 454

Durch die Anrede wird deutlich, daß es sich um mehrere Empfänger handelt, unter denen aber sicherlich Paulinus war, denn es geht um die Christen, die als nostri bezeichnet werden, die zu Rom in Kirchengemeinschaft stehen und die dazu aufgerufen werden, ihre Glaubensbrüder zu heilen. Im Orient, wo nach Damasus diese Häresie entstanden ist (ea haeresis ..., quae postea in Oriente dicitur pullulasse ... 455 ), und speziell in Antiochien, der Heimat des Vitalis, gibt es zu dieser Zeit aber nur eine Gemeinde, von der man sicher weiß, daß sie in Kirchengemeinschaft mit Rom stand, und das ist die Gemeinde des Paulinus in Antiochien. Im Falle von Ea gratia entsteht der Eindruck, als habe man in eine durchkomponierte Glaubensformulierung die Passagen gegen Apolinarius eingefügt; der kunstvoll komponierte Satzbau bricht plötzlich ab und ein lockerer verbundener Gedankengang wird angefügt. In der Passage Non nobis quidquam ist hingegen die antiapolinaristische Aussage weit besser integriert und die Glaubensaussage scheint in gewisser Weise darauf zuzulaufen. 451 Hier wird also noch kein Anathema ausgesprochen, so daß dieser Brief eine Vorstufe zum Brief Per filium meum (DAM., epist. 3) an Paulinus darstellt. 452 SCHWARTZ 1936, 21,24–22,1. 453 Während BASILIUS sabellianische Lehre darin zu entdecken glaubt, ep. 129,1 und 365,2. 454 SCHWARTZ 1936, 22,21–23. 455 PL 13, 356B.

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius

371

Daß Illud sane miramur eine Vorstufe zu den Ausführungen in Per quem filium darstellt 456 und daß Damasus sich in der Zwischenzeit über die Lehre des Apolinarius informiert hat bzw. informiert wurde, wird vor allem an folgenden Stellen deutlich. Insgesamt beschreibt Damasus die Häresie mit den Worten, daß der Sohn Gottes einen unvollkommenen Menschen angenommen, d.h. einen homo sine sensu, und daß deshalb das Heil unvollkommen sei, denn was nicht angenommen sei, das sei auch nicht erlöst, d.h. in seinen Worten imperfecta nostra salus, quia non est totus homo salvatus. Im Schreiben Per filium meum jedoch nimmt Damasus bereits die Begrifflichkeit des Apolinarius auf, nämlich das Logos-Sarx Schema: ... verbum pro humano sensu in domini carne versatum ... 457

und formuliert positiv: Ipse sapientia, sermo, filius Dei humanum suscepisse corpus, animam, sensum, id est integrum Adam, et, ut expressius dicam, totum veterem nostrum sine peccato hominem. 458

Er betont also, daß Christus den vollkommenen alten Menschen angenommen hat, aber ohne Sünde, d.h. mit sensus und anima nicht auch zugleich den Drang zur Sünde. Im Brief Illud sane miramur hingegen schreibt der römische Bischof noch unbekümmert davon, daß gerade im Verstand die Hauptsache des Bösen des Menschen sitze, da dort zwischen Bösem und Gutem ausgewählt werde und dadurch der Sündenfall geschehen konnte. Hier sei die Erlösung besonders wichtig; und weil gelte, was nicht angenommen ist, das ist auch nicht erlöst 459 , sei diese Lehre widerlegt, da sie nicht den ganzen Menschen heil mache. Dieser Argumentation scheint aber offenbar die Partei des Apolinarius widersprochen zu haben, für die es unmöglich ist, daß es in Christus zweierlei Vernunft gibt, eine göttliche und eine menschliche, da die menschliche dadurch definiert sei, daß sie wandelbar und fremden Einflüssen ge-

456

Das Schreiben Illud sane miramur ist wohl etwas früher als der Brief Ea gratia (epist. 2/1) an Basilius und Meletius abgefaßt, da dort bereits antiapolinaristische Formulierungen aufgenommen worden sind. Sie sind dort aber jeweils als letzte Aussage formuliert, so daß sie angehängt worden sein können und gehen inhaltlich nicht über die Aussagen von Illud sane miramur hinaus, da auch dort nicht direkt ein Anathema ausgesprochen wird, obwohl natürlich gesagt wird, daß Leute, die dies denken, von der Gemeinschaft ausgeschlossen sind. 457 PL 13, 356B. 458 PL 13, 356B. 459 Eine Argumentation, die später vor allem auch GREGOR VON NAZIANZ gegen Apolinarius ins Feld führt: Ep. 101,32.50–53.

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

genüber offen sei, d.h. besonders zur Sünde hinneige, wie eben auch Damasus ausgeführt hat 460 . Diesem Vorwurf wiederum tritt der römische Bischof in seinem Schreiben Per filium meum entgegen und sagt, daß man mit dem Bekenntnis, daß der Sohn Gottes einen menschlichen Leib angenommen hat, ihm nicht gleichzeitig die Leidenschaft der Laster zuschreibt, und deshalb auf diese Weise auch, wenn man bekennt, daß er eine menschliche Seele und Vernunft angenommen hat, nicht zugleich sagt, daß er der Sünde menschlicher Gedanken unterworfen war 461 . Damit reagiert Damasus auf einen der zentralen Punkte in der Verteidigungsstrategie des Apolinarius. Der gleiche Fall liegt vor bei den Anathematismen, die im Schreiben an Paulinus formuliert sind, denn der zweite Anathematismus richtet sich nicht gegen Apolinarius, sondern weist einen Vorwurf des Apolinarius zurück, den er Andersdenkenden und besonders der Gruppe um Paulinus macht, nämlich daß man, wenn man nicht seiner Auffassung der Inkarnation folge, zwei Söhne konstruiere 462 . Wie Damasus zu seinen Informationen kam, kann nur vermutet werden. Auch Petrus von Alexandrien könnte über Dokumente verfügt haben, die Aufschluß über die Lehre des Apolinarius gegeben haben 463 . Aus diesen hat Damasus aber wohl eher in seinem ersten Schreiben geschöpft, da dies die im Osten schon lange bekannten Probleme der Christologie des Apolinarius anspricht, nämlich daß Christus eine unvollkommene Menschheit annimmt 464 . Vielleicht geht auch auf den Einfluß des Petrus zurück, daß Damasus zunächst vorsichtig mit dieser Häresie umging, denn damit stand er in der Tradition des Athanasius 465 . Besonders interessant ist aber, daß sich unter den Schriften des Apolinarius ein Brief befindet, dessen erste Formulierungen fast wörtlich mit dem Schreiben Illud sane miramur übereinstimmen 466 , so daß damit womöglich Apolinarius auf dieses Schreiben des Damasus reagiert hat, zumal es in-

460

DAM., epist. 2/2 (Illud sane miramur): SCHWARTZ 1936, 22,14–18. DAM., epist. 3 (Per filium meum): PL 13, 356B. 462 Eben dieser Anathematismus ist auch im Bekenntnis des Vitalis zu finden, was sehr für dessen Echtheit spricht, vgl. dazu oben Kap. 4.3.2.1. 463 Zu denken wäre dabei auch an die Schriften gegen Apolinarius, die unter dem Namen des Athanasius überliefert sind: PS.–ATH., c.Apol. I,2.16–18. 464 Siehe auch schon Tomus ad Antiochenos 7,2f. 465 Siehe z.B. den Tomus ad Antiochenos, der auch Äußerungen der Anhänger des Apolinarius als rechtgläubig ansieht, vgl. dazu besonders Kap.7 und TETZ 1975. Ebenso PIÉTRI 1976, 813f. 466 Vgl. oben Kap. 4.3.2.2.1 Anm. 96. 461

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius

373

haltlich genau gegen die theologische Auffassung der Gemeinde des Paulinus gerichtet ist 467 . Alles weist also darauf hin, daß Damasus nach dem Besuch des Vitalis in Rom sich persönlich mit Apolinarius oder Anhängern seiner Lehre auseinandergesetzt hat oder einen Berater hatte, der über genaue Informationen über die Argumentation der Apolinaristen verfügte bzw. Kenntnisse über Schriften hatte; anders ist der präzise Brief an Paulinus nicht zu erklären. Zudem scheint Damasus der erste zu sein, der derart kundig über die Häresie des Apolinarius urteilt 468 . Festzuhalten ist jedenfalls, daß Damasus sehr gut über die Lehre des Apolinarius informiert war und sie nach anfänglichem Zögern eindeutig als zu verdammende Häresie eingestuft hat, wohl nachdem er erfahren hatte, daß diejenigen, die dieser Ansicht waren, nicht davon abrückten, sondern eher noch Argumente dafür nachschoben 469 . In welchem Jahr Vitalis in Rom war und wann er durch Apolinarius zum Bischof eingesetzt worden ist, war häufig Gegenstand der Forschung 470 , wobei sich die meisten, die die Frage der Romreise untersucht haben, wohl mit guten Gründen für das Jahr 375 bzw. Anfang 376 entschieden haben. Der Besuch muß vor dem Brief Per filium meum stattgefunden haben, der Paulinus wohl im Sommer 376 erreicht hat 471 . Chronologisch einzuordnen ist die Bischofsweihe sicher nach dem Rombesuch, da Damasus bestimmt keinen anderen Bischof als Paulinus anzuerkennen gewillt war. Allerdings hat wohl bald nach der Romreise des Vitalis in Antiochia ein Schlichtungsgespräch stattgefunden, das Epiphanius mit Paulinus und Vitalis führte und in dessen Zusammenhang Epiphanius Vitalis Bischof nennt 472 . Auch

467

Ebd. Auch Epiphanius befaßt sich zeitlich nach Damasus mit der Lehre des Apolinarius bei einem Schlichtungsgespräch mit Paulinus und Vitalis; in seinem Panarion gegen die Häresien gibt er ein Gespräch mit Vitalis wieder, in dem genau die Probleme, die auch Damasus anführt, angesprochen werden EPIPH., haer. 77,22–38. Die Äußerungen des Basilius und Gregor v. Naz. sind ebenfalls später und Gregor beruft sich sogar auf Damasus. 469 So GREG.NAZ., ep. 102,17 (SC 208, 78 GALLAY): %BNBTPKBVUPKNFUBEJ EBDRFJKLBJBNBQVRPNFOPKFQJUXOQSPUFSXONFOFJOBVUPVKFYIHITFXO BQPLI SVLUPVKBVUPVKQFQPJITRBJ(„... Damasus, als er besser informiert war und als er zur gleichen Zeit erfahren hatte, daß sie bei ihren ersten Ausführungen beharrten, erklärte sie für außerhalb der Kirche ...“). 470 LIETZMANN 1904, 9.57: 375; CAVALLERA 1905, 163: 375; MÜHLENBERG 1969, 47– 50: 375/376; PIÉTRI 1976, 812: Ende 375/Anfang 376. 471 Das zeigt die Verbindung mit den Briefen des BASILIUS 214–216, die im Herbst 376 geschrieben sind: SCHWARTZ 1935, 186 Anm.135, übernommen von HAUSCHILD 1993, 14.22; vgl. auch die ausführliche Erklärung bei MÜHLENBERG 1969, 47–50; dagegen LOOFS 1898, 53: Herbst 375. 472 EPIPH., haer., 77,20,3–6 (GCS 434,13–23 HOLL/DUMMER): FQJUIK"OUJPDFXO 468

374

Kapitel 4: Theologische Profilierung

daß sich Basilius in seinem Brief 263 vehement von Apolinarius distanziert, könnte mit dieser Bischofsweihe zusammenhängen, die deshalb irgendwann im Lauf des Jahres 376 stattgefunden haben muß 473 . Hieronymus jedenfalls weiß bereits im Jahr 376, als er die Briefe 15 und 16 an Damasus schrieb, daß sich in Antiochia Paulinus, Meletius und Vitalis auf die Unterstützung Roms beriefen 474 . 3.3. Die fides aus Rom und die Reaktion des Basilius auf die Kontakte des Damasus mit Paulinus und Vitalis Weitere Informationen über die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Schreiben Per filium meum an Paulinus finden sich wiederum in Basiliusbriefen. In einem Brief an Meletius berichtet Basilius darüber, daß „den Anhängern des Paulinus gewisse Schreiben aus dem Westen gleichsam als amtliche Dokumente überbracht worden seien, daß die Aufrührer jener Partei den Kopf hoch trügen und sich mit den Schreiben brüsteten“ 475 .

Dies deutet auf den Brief Per filium meum, die geschichtlichen Zusammenhänge und den schriftlichen Kontakt zwischen Paulinus und Damasus hin, der nach eben diesem Brief zu schließen davor stattgefunden hat; denn aus ihm wird deutlich, daß für Rom in Antiochia Paulinus der Ansprechpartner war, dessen Rechtgläubigkeit anerkannt war. Zudem spricht Basilius in seinem Brief an Meletius davon, daß eben von diesen Leuten um Paulinus ein Glaubensbekenntnis vorgelegt wird, aufgrund dessen jene bereit seien, sich mit der Kirche des Meletius zu verbinden 476 . HBSHFOPNFOPJUPJKBLSBJNPTJOBVUXOTVOUFUVDILBNFO FOPJÀKLBJ#JUBMJPKP FQJTLPQPKVQISDFO FVMBCFTUBUPKBOISUXÝCJXÝLBJUIÝLBUBTUBTFJLBJUIÝQPMJ UFJBÝFMFHPNFOEFTVNCPVMFVPOUFKLBJQBSBLBMPVOUFKTVNGXOITBJUIÝQJTUFJUIK BHJBKFLLMITJBKLBJFBTBJUPGJMPOFJLPOSINBPEF#JUBMJPKFMFHF UJHBSFTUJ UPBOBNFTPOINXOFJDFHBSPVÀUPKEJBTUBTJOQSPKBJEFTJNPOUJOBBOESBLBJ FQJTINPO 1BVMJOPOUPOFQJTLPQPO LBJ1BVMJOPKQSPKUPOFJSINFOPO#JUBMJPO

VGINXONFUBLMIRFOUBCPVMPNFOPJUPJOVOBNGPUFSPVKFJKFJSIOIOTVNCJCBTBJ BNGPUFSPJHBSFEPLPVOPSRPEPYPOQJTUJOLISVUUFJOLBJFLBTUPKEJBTUBTJOFJDF EJBUJOBQSPGBTJO  Siehe dazu auch BAS., ep. 258 an Epiphanius, vgl. auch PIÉTRI 1976, 818. 473 MÜHLENBERG 1969, 50–53. 474 HIER.,ep.16,2,2 (69,14–18.21f.): Meletius,Vitalis atque Paulinus tibi haerere se dicunt: possem credere, si hoc unus adsereret; nunc aut duo mentiuntur aut omnes. Idcirco obtestor beatitudinem tuam per crucem domini, per necessarium fidei nostrae decus, passionem ...ut mihi litteris tuis, apud quem in Syria debeam communicare, significes. 475 Ep. 216 (II 208,1525):FVRVKINBKFLUIK"OBUPMIKLBUFMBCFHSBN NBUBTINBJOPOUBUPJKQFSJ1BVMJOPOBQPUIK%VTFXKFQJTUPMBKUJOBKXTQFSUJ OPKBSDIKTVORINBUBLFLPNJTRBJ LBJNFHBGSPOFJOUPVKTUBTJBTUBKUPVNFSPVK FLFJOPVLBJFQBHBMMFTRBJUPJKHSBNNBTJO. (Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 34). 476 BAS., ep. 216 (II 208,19–21): ... FJUBLBJQJTUJOQSPUFJOFTRBJLBJFQJUBVUIÝ FUPJNXKFDFJOTVOBQUFTRBJUIÝLBRINBK&LLMITJBÝ

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius

375

Auch im Brief Per filium meum wird von einer fides/QJTUJK gesprochen, auf deren Grundlage die volentes von Paulinus in die Kirchengemeinschaft aufgenommen werden sollen, wobei dort eine bestimmte Gruppe genannt wird, nämlich Vitalis und seine Leute. Da aber Vitalis zu dem Zeitpunkt, als er in Rom war, wohl noch nicht zum Bischof ernannt worden war, ist es durchaus möglich, daß man ihn immer noch zur Gemeinschaft des Meletius rechnete, da auch von Basilius erst relativ spät kritische Worte über Apolinarius bekannt sind. Somit deckt sich die Beschreibung des Basilius durchaus mit dem Inhalt des Briefes Per filium meum, wobei auch durch diese Schilderung kein Licht auf die Frage geworfen wird, worum es sich bei dieser fides konkret handelt. Des weiteren berichtet Basilius in seinem Brief an Meletius, daß die Partei des Paulinus bereits den Comes Terentius für sich gewonnen habe, und er ihn sofort schriftlich über den Betrug aufgeklärt habe 477 . Auch dieser Brief des Basilius an Terentius ist erhalten. Hier schildert Basilius nochmals ausführlicher die Geschehnisse und berichtet, daß die Gruppe um Paulinus mit Terentius über eine Vereinigung mit der Partei des Meletius verhandele und dabei ein Schreiben aus dem Westen herumreiche, das ihn als Bischof von Antiochia ausweise, und daß damit natürlich Meletius, der wahre Bischof von Antiochia übergangen werde. Die Ursache sieht Basilius darin, daß die einen, wohl die Okzidentalen, die Verhältnisse in Antiochia gar nicht kennen, und andere, wohl z.B. Petrus von Alexandrien, darüber unsachgemäß berichten: „... daß auch die Brüder der Gruppe um Paulinus mit Deiner Aufrichtigkeit über die Vereinigung mit uns verhandeln – mit ‘uns’ meine ich die Leute der Partei des Gottesmannes Meletius, des Bischofs. Ich höre, daß sie sogar ein Schreiben der Okzidentalen herumreichen, das ihnen die Bischofsgewalt über die Kirche in Antiochia einräumt und den wunderbaren Bischof der wahren Kirche Gottes, Meletius, übergeht. Und darüber wundere ich mich nicht. Denn die einen kennen die hiesigen Verhältnisse überhaupt nicht; die anderen, die sie scheinbar kennen, berichten ihnen darüber eher polemisch als wahrheitsgemäß“ 478 . BAS., ep. 216 (II 208, 21–25): 1SPKEFUPVUPJKLBLFJOPINJOBQIHHFMIPUJVQ IHBHPOUPQSPKUIOVQFSBVUXOTQPVEIOUPOQBOUBBSJTUPOBOESB5FSFOUJPO XÀÝ UBDFXKFQFTUFJMBLBRPTPOIONPJEVOBUPO FQFDXOBVUPOUIKPSNIKLBJEJ EBTLXOUIOLBUBVUPVKBQBUIO 478 BAS., ep. 214,2 (II 202,4–14): LBUFMBCFOINBKBLPIPUJLBJPJUIKLBUB 1BVMJOPOTVOUBYFXKBEFMGPJEJBMFHPOUBJUIÝPSRPUIUJTPVQFSJUIKQSPKINBK FOXTFXK INBKEFMFHXUPVKUIKNFSJEPKUPVBORSXQPVUPV2FPV .FMFUJPVUPV FQJTLPQPV0VKLBJHSBNNBUBBLPVXOVOUXO%VUJLXOQFSJGFSFJOBVUPJKUIO FQJTLPQIOUIKLBUB"OUJPDFJBO&LLMITJBKFQJUSFQPOUB QBSBMPHJ[PNFOBEF UPORBVNBTJXUBUPOFQJTLPQPOUIKBMIRJOIKUPV2FPV&LLMITJBK.FMFUJPO ,BJPVRBVNB[XUPVUP0JNFOHBSBHOPPVTJQBOUFMXKUBFOUBVRB PJEFLBJEP LPVOUFKFJEFOBJGJMPOFJLPUFSPONBMMPOIBMIRFTUFSPOBVUPJKFYIHPVOUBJ (Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 31). 477

376

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Terentius solle sich bei Leuten, die die Geschehnisse um Paulinus kennen, darüber informieren, was geschehen sei. Basilius meint hier wohl die Umstände der Bischofsweihe des Paulinus. Zudem weist Basilius Terentius darauf hin, daß es sich bei den Dokumenten schließlich nur um einen Brief von Menschen handele, dem man doch nicht ein solches Gewicht zumessen und deswegen Meletius nicht einfach übergehen könne 479 . Außerdem expliziert Basilius, man mache sich, wenn man zulasse, daß einige von der eigenen ‘Partei’ eine einzige Hypostase des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes behaupten, für die Arianer angreifbar 480 ; denn gerade das würden diese Häretiker den Rechtgläubigen vorwerfen. Er bringt dies vor, um deutlich zu machen, warum er sich nicht mit der ‚Partei’ des Paulinus verbinden könne, die eben das behaupte, wenn auch eher aus ‚Naivität’ als aus Boshaftigkeit: „Bedenke nämlich, Du Bewundernswerter, daß die Verfälscher der Wahrheit, die das arianische Schisma dem gesunden Glauben der Väter zufügen, keinen anderen Grund dafür vorbringen, daß sie das fromme Dogma der Väter nicht annehmen, als den Sinn des Wesenseins (homousios), den sie selbst zwecks Verleumdung des Glaubensbekenntnisses bösartig interpretieren, indem sie behaupten, daß der Sohn der Existenz (Hypostase) nach von uns als wesenseins bezeichnet wird. Wenn wir diesen dadurch einen Anhaltspunkt geben, daß wir uns von denen beeinflussen lassen, die eher aus Naivität als aus Boshaftigkeit solches oder solchem ähnliches behaupten, dann bieten zwangsläufig auch wir unbestreitbare Angriffsflächen gegen uns selbst und bestätigen jenen die Häresie als zutreffend, deren einzige Sorge es ist, in ihren Verlautbarungen vor der Kirche nicht ihre eigene Position zu bestätigen als vielmehr die unsrige zu verleumden.“ 481

479 BAS., ep. 214,2 (II 203,23–204,35): TVHDBJSPNFOUPJKLPNJTBNFOPJKUBBQP 3XNIKHSBNNBUB,BOUJOBTFNOIOLBJNFHBMIOFDIÝBVUPJKNBSUVSJBO FVDPNF RBBMIRFVFJOBVUIOEJBVUXOUXOFSHXOCFCBJPVNFOIO0VNFOUPJUPVUPVHF FOFLFOEVOBNFRBFBVUPVKQFJTBJQPUFI.FMFUJPOBHOPITBJIUIKVQBVUPO &LLMITJBKFQJMBRFTRBJIUB[IUINBUBVQFSXÀOFYBSDIKIEJBTUBTJKHFHPOF NJLSBIHITBTRBJLBJPMJHIOFDFJOOPNJTBJEJBGPSBOQSPKUPOUIKFVTFCFJBK TLPQPO&HXHBS PVDPQXKFJFQJTUPMIOUJKBORSXQXOEFYBNFOPKFQBVUIÝNF HBGSPOFJ UPVUPVFOFLFOVQPTUBMIOBJQPUFLBUBEFYPNBJ BMMPVEBOFYBV UXOILIÝUXOPVSBOXO NITUPJDIÝEFUXÝVHJBJOPOUJMPHXÝUIKQJTUFXK EVOBNBJ BVUPOLPJOXOPOIHITBTRBJUXOBHJXOSiehe auch ROUSSEAU 1994, 307. 480 Siehe DRECOLL 1996, 295–297. 481 BAS., ep. 214,3 (CUFr II 204,1–14): &ORVNIRIUJHBS XRBVNBTJF PUJQBSB DBSBLUBJUIKBMIRFJBK PJUP"SFJBOPOTDJTNBUIÝVHJFJUXO1BUFSXOFQFJTB HPOUFKQJTUFJ PVEFNJBOBMMIOBJUJBOQSPCBMMPOUBJUPVNIQBSBEFDFTRBJUPFV TFCFKUXO1BUFSXOEPHNBIUIOUPVPNPPVTJPVEJBNPJBO IOBVUPJQPOISXKLBJ FQJEJBCPMIÝUIKQJTUFXKFYIHPVOUBJMFHPOUFKUPO6JPOLBUBUIOVQPTUBTJOPNP PVTJPOMFHFTRBJQBSINXO0JÀKFBOUJOBEXNFOBGPSNIOFLUPVQFSJGFSFTRBJ UPJKEJBQMPUIUBNBMMPOIEJBLBLJBOUPVUBIUBUPVUPJKQBSBQMITJBMFHPV TJO PVEFOLXMVFJLBJINBKBOBOUJSSIUPVKNFOEPVOBJFBVUXOUBKMBCBK JTDV

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius

377

Daran anschließend skizziert Basilius seine eigene theologische Position, nämlich das Bekenntnis zu der einen Usie und den drei Hypostasen der Trinität 482 : „In genau dem Verhältnis, in welchem das Allgemeine zum Besonderen steht, steht auch die Usia zur Hypostase. Denn jeder von uns hat mit dem allgemeinen Begriff Usia am Sein teil und ist durch die ihn betreffenden Spezifika der und der. So ist auch dort der Begriff Usia allgemein wie zum Beispiel die Güte, die Gottheit oder etwas anderes, was man denken mag. Die Hypostase aber wird im Spezifikum der Vaterschaft, der Sohnschaft oder der heiligenden Kraft erblickt“. 483

Bei dieser Begrifflichkeit beruft sich Basilius sogar auf den Westen und bezieht sich damit wohl auf das Schreiben Ea gratia, in dem explizit der griechische Begriff Usia gebraucht wird, um ein Mißverständnis des lateinischen Begriffs substantia zu vermeiden und die Einheit der drei Personen unmißverständlich deutlich zu machen: „Dafür aber, daß Hypostase und Usia nicht dasselbe sind, haben meiner Meinung nach die Brüder aus dem Westen selbst einen Hinweis geliefert, indem sie, der Begrenztheit ihrer eigenen Sprache mißtrauend, den Begriff Usia in griechischer Sprache überliefert haben, damit die gedankliche Unterscheidung durch die klare, unvermischte Differenzierung der Begriffe bewahrt würde“. 484

Daß der Vorwurf, der gegen Vitalis vorgebracht wurde, d.h. das apolinaristische Gedankengut, auch mit der Partei des Meletius und Basilius in Verbindung gebracht wurde, kann aus einem anderen Brief herausgelesen werden; und in eben diesem Zusammenhang geht es auch um sabellianistisches Gedankengut. Ebenfalls an Meletius schreibt Basilius in Brief 129, daß durch die Sebastener, das heißt wohl insbesondere durch Eustathius von Sebaste 485 , die Lehren des Apolinarius dem Kreis um Basilius und SBOEFFLFJOPJKLBUBTLFVBTBJUIOBJSFTJO PJÀKNJBNFMFUIFTUJOFOUPJKFQJUIK &LLMITJBKMPHPJKPVUBFBVUXOLBUBTLFVB[FJO BMMBUBINFUFSBEJBCBMMFJO (Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 32). 482 Vgl. dazu auch die Ausführungen von DRECOLL 1996, 295–297 zu Epistel 214, SESBOÜÉ 1998, 212f. sowie MARKSCHIES 2000a, 208. 483 BAS., ep. 214,4 (CUFr II 205,7–15): FLFJOPFSPVNFOPUJPOFDFJMPHPOUP LPJOPOQSPKUPJEJPO UPVUPOFDFJIPVTJBQSPKUIOVQPTUBTJO&LBTUPKHBS INXOLBJUXÝLPJOXÝUIKPVTJBKMPHXÝUPVFJOBJNFUFDFJLBJUPJKQFSJBVUPOJEJX NBTJOPEFJOBFTUJLBJPEFJOB0VUXLBLFJPNFOUIKPVTJBKMPHPKLPJOPK PJÀPOI BHBRPUIK IRFPUIK IFJUJBMMPOPPJUP IEFVQPTUBTJKFOUXÝJEJXNBUJUIKQB USPUIUPKIUIKVJPUIUPKIUIKBHJBTUJLIKEVOBNFXKRFXSFJUBJ 484 BAS., ep. 214,4 (CUFr II 205, 1–6): 1FSJEFUPVPUJVQPTUBTJKLBJPVTJBPV UBVUPOFTUJ LBJBVUPJ XKOPNJ[X VQFTINIOBOUPPJBQPUIK%VTFXKBEFMGPJFO PJÀKUPTUFOPOUIKFBVUXOHMXUUIKVGPSXNFOPJUPUIKPVTJBKPOPNBUIÝ&MMBEJ GXOIÝQBSBEFEXLBTJO JOB FJUJKFJIEJBGPSBUIKFOOPJBK TX[PJUPBVUIFOUIÝ FVLSJOFJLBJBTVHDVUXÝEJBTUBTFJUXOPOPNBUXO 485 Offenbar ist dies nicht das einzige Mal, daß Eustathius die Rechtgläubigkeit anderer öffentlich anzweifelt, denn auch im Brief der sogenannten illyrischen Synode wird

378

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Meletius zugeschrieben werden. Das geschehe so, daß sie eine Abhandlung des Apolinarius veröffentlicht hätten, ohne den Autor zu nennen, um so den Verdacht der Häresie und der Autorschaft auf den Meletiuskreis zu lenken: „Ich wußte, daß es Deine Vollkommenheit befremden würde, von dem jetzt Apollinaris angehängten Vorwurf zu hören, der ja imstande ist, alles mögliche zu sagen. Nicht einmal ich wußte nämlich vor diesem Zeitpunkt etwas davon. Aber jetzt haben die Sebastener, die es irgendwo aufgespürt haben, veröffentlicht und verbreiten ein Schriftstück, aufgrund dessen sie vor allem uns verurteilen, weil wir angeblich derselben Meinung sind... Denn sie schrieben an einige ihrer Genossen und fügten ihrer Verleumdung gegen uns jenes Zitat hinzu, wobei sie es zwar als Worte von Häretikern bezeichneten, den Autor der Abhandlung aber verschwiegen, damit es für die Menge so schiene, als seien wir die Verfasser.“ 486

Basilius sah sich deshalb gezwungen, den Autor dieser häretischen Lehren, nämlich Apolinarius, namhaft zu machen, um diese Verleumdung abzuwehren. Dies scheint aber das erste Mal zu sein, daß er sich über die Lehren des Apolinarius so kritisch äußert. Der Inhalt der genannten häretischen Äußerungen bezieht sich aber nicht auf die Lehre des Apolinarius über die Inkarnation, wie sie im Brief Per filium meum charakterisiert wird, sondern auf Äußerungen, in denen die Identität von Vater, Sohn und Heiligem Geist behauptet wird, und die somit Ähnlichkeit mit der Lehre des Sabellius haben 487 . Vielleicht ist es aber auch insgesamt ein Hinweis darauf, daß Schriften des Apolinarius in den Westen gesandt wurden, um nach der römischen Anerkennung des Vitalis diese Häresie offenbar zu machen, jedoch ohne direkte Namensnennung, so daß insgesamt die Gemeinde des Meletius wiederum in Verruf geraten ist 488 .

davon gesprochen, daß aufgrund der Aussage des Eustathius gegen Personen vorgegangen wird: THDT., h.e. IV 9 (GCS 227,2–4): &MQJEPO FQJTQPVEXKLBUBNBRPOUBUP LISVHNBVNXO FJHFPVUXKFDFJXTQFSBLILPBNFOQBSBUPVLVSJPVINXOLBJTV MMFJUPVSHPV&VTUBRJPV „... Elpidius, der mit Sorgfalt untersuchen soll, ob es sich mit Eurer Predigt so verhält, wie wir es von unserem Herrn und Amtsgenossen Eustathius vernommen haben“). 486 BAS., ep. 129,1 (II 39,1–40,7.20–25): )ÝEFJOPUJYFOJTFJUIOBLPIOUIKUF MFJPUIUPKTPVUPOVOFQJGVFOFHLMINBUXÝQBOUBFJQFJOFVLPMXÝ"QPMJOBSJXÝ ,BJHBSPVEFBVUPKUPOQSPUPVUPVDSPOPOINIOFQJTUBNFOPKFDFJO BMMBOVOPJ 4FCBTUIOPJEJFSFVOITBNFOPJQPRFOBVUBIOFHLBOFJKUPNFTPOLBJQFSJGFSPVTJ TVOUBHNBFYPVÀNBMJTUBLBJINBKLBUBEJLB[PVTJO XKUBBVUBGSPOPVOUBK (SBGPOUFKHBSUJTJUXOLBRFBVUPVKLBJQSPTRFOUFKUIOLBRINXOEJBCP MIOFQIHBHPOUBVUB SINBUBNFOBJSFUJLXOPOPNBTBOUFK UPOEFQBUFSBUIK TVHHSBGIKBQPLSVZBNFOPJ JOBUPJKQPMMPJKINFJKOPNJTRXNFOFJOBJPJMPHPHSB GPJ. (Übersetzung: HAUSCHILD 1973, 50f.). 487 BAS., ep. 129,1 (II 40,7–17). 488 Vgl. auch die Äußerung des Damasus ... in Oriente pullullasse ... in DAM., epist. 3 (Per filium meum).

3. Damasus, Paulinus, Vitalis und die Lehre des Apolinarius

379

In demselben Brief macht Basilius auch den Vorschlag, den Westen brieflich zu ermahnen, „nicht ungeprüft Gemeinschaft mit den Besuchern aus dem Osten aufzunehmen, sondern sich ein für allemal eine Partei auszuwählen, die Übrigen aber nur aufgrund des Zeugnisses dieser Verbündeten hinzuzunehmen und sich nicht jeden zum Bundesgenossen zu machen, der ein Glaubensbekenntnis unterschreibt, was er natürlich bloß unter dem Vorwand der Orthodoxie tut. Denn wie es jetzt steht, zeigt es sich, daß sie mit untereinander verfeindeten Leuten Gemeinschaft halten, welche zwar oft dieselben Worte wie sie verlauten lassen, sich aber untereinander bekämpfen wie ganz weit Auseinanderstehende. Damit also die Häresie nicht noch mehr befestigt wird, wobei die miteinander Entzweiten sich wechselseitig die von ihnen stammenden Briefe vorhalten, müßten sie aufgefordert werden, ihre Gemeinschaftsbekundungen genau überlegt vorzunehmen, sowohl diejenigen gegenüber ihren Besuchern als auch diejenigen, welche nach der Norm der Kirche schriftlich erfolgen“. 489

Damit spricht Basilius offenbar einerseits den Besuch des Vitalis in Rom an und andererseits die Tatsache, daß von Rom Briefe gesandt werden, die die Adressaten als Erweis ihrer Rechtgläubigkeit anderen vorhalten, um die eigene Autorität zu stützen, wie z.B. Paulinus. Außerdem erwähnt Basilius in demselben Brief, daß Sanctissimus Unterschriften sammelt, also offenbar auch von dieser Seite geplant ist, ein Schreiben aus Rom mit Unterschriften zu versehen 490 . So fühlen sich ganz verschiedene Parteien, die sich gegenseitig in Antiochia bekämpfen, von Rom autorisiert 491 . Womöglich will Basilius aber mit seinen Worten auch seine eigene Partei davor warnen, ebenfalls ein unterschriebenes Glaubensbekenntnis nach Rom zu senden. Basilius hat das von ihm hier im Brief 129 skizzierte Schreiben tatsächlich später nach Rom gesandt und den Westen aufgefordert, theologisch ganz eindeutig Stellung zu nehmen und die Ansichten des Eustathius von Sebaste, den Rom bereits unter Liberius durch ein Glaubensbekenntnis autorisiert habe, sowie die Lehre des Apolinarius, also des Lehrers des Vitalis, und auch Paulinus zu verurteilen: BAS., ep. 129,3 (II 41,14–42,27): UPQBSBLBMFTBJBVUPVKNIBLSJUXKEF DFTRBJUBKLPJOXOJBKUXOFLUIK"OBUPMIKBGJLOPVNFOXO BMMBQBYNJBO NFSJEBFLMFYBNFOPVK UPVKMPJQPVKFLUIKNBSUVSJBKUXOLPJOXOJLXKQSPTMBN CBOFTRBJLBJNIQBOUJUXÝQJTUJOHSBGPOUJFQJQSPGBTFJEIUIKPSRPEPYJBK QSPTUJRFTRBJ0VUXHBSFVSFRITPOUBJUPJKNBDPNFOPJKLPJOXOPVOUFK PJUBNFO SINBUBQPMMBLJKUBBVUBQSPCBMMPOUBJ NBDPOUBJEFBMMIMPJKPTPOPJQMFJT UPOEJFTUILPUFK*OPVONIFQJQMFJPOIBJSFTJKFYBQUIUBJ UXOQSPKBMMIMPVK EJBTUBTJB[POUXOBOUJQSPCBMMPNFOXOUBQBSBVUXOHSBNNBUB QBSBLMIRIOBJ BVUPVKFEFJLFLSJNFOBKQPJFJTRBJLBJUBKUXOFOUVHDBOPOUXOBVUPJKLPJOXOJBK LBJUBKFHHSBGXKHJOPNFOBKLBUBUPOUVQPOUIK&LLMITJBK(Übersetzung: HAUSCHILD 1973, 52). 490 Siehe dazu die Ausführungen oben Kap. 4.2.5.1. 491 Vgl. dazu auch HIER., ep. 15 und 16. 489

380

Kapitel 4: Theologische Profilierung

„Daß dem Eurerseits Beachtung geschenkt werde, das verlangen wir. Das könnte aber geschehen, wenn Ihr Euch bereitfinden würdet, an alle Kirchen im Osten zu schreiben, daß diejenigen, die solche falsche Lehre vertreten, falls sie sie korrigieren, in der Kirchengemeinschaft sein können, wenn sie aber rechthaberisch auf den Neuerungen beharren, von Euch abgetrennt werden.“ 492

Deutlich ist also, daß Damasus Christen Kirchengemeinschaft gewährt, die ein von ihm diktiertes Glaubensbekenntnis unterschreiben, wie es vielleicht beim Schreiben Ea gratia/Non nobis quidquam geschieht. Vitalis aber hatte ein eigenes Glaubensbekenntnis zum Erweis seiner Rechtgläubigkeit vorgelegt, mit dem Damasus getäuscht wurde. Der Bischof von Rom scheint daraufhin veranlaßt zu haben, daß eine fides und genauere Aufnahmebedingungen für die Kirchengemeinschaft formuliert werden (wohl auf einer Synode: consensus noster), die er Paulinus zusendet. Wie diese fides ausgesehen haben könnte, soll der nächste Abschnitt über den sogenannten Tomus Damasi zeigen.  

492 BAS., ep. 263,5 (III 125,11– 17): 5PVUXOUIOFQJNFMFJBOHFOFTRBJQBSVNXO FQJ[IUPVNFO(FOPJUPEBO FJFQJTUFJMBJLBUBYJXTIUFQBTBJKUBJKLBUBUIO "OBUPMIO&LLMITJBJK UPVKUBVUBQBSBDBSBTTPOUBK FJNFOEJPSRPJOUP FJOBJ LPJOXOJLPVK FJEFFQJNFOFJOGJMPOFJLXKCPVMPJOUPUBJKLBJOPUPNJBJK DXSJ[FT RBJBQBVUXO.

4. Tomus Damasi

381

4. Tomus Damasi 4.1. Text und Übersetzung Editionen: lateinisch: Turner, EOMIA I/2,1, 283–295 (Turner bietet den Tomus Damasi in der Verbindung mit dem Nicaenum, worin er den ursprünglichen Überlieferungszusammenhang sieht.) 493 griechisch: Theodoret, h.e. V 11,1–15 (GCS 297,12–302,15 Parmentier/ Scheidweiler) Tomus seu Fides Damasi 494 (Version 1: F R Col [S] 495 ) 496 F 497 : INCIPIT FIDES APVD NICEAM CONSCRIPTA AB EPISCOPIS [RECTE] CREDENTIBUS CCCXVIII Col: FIDES CONSCRIPTA A RECTORIBVS EPP CCCXVIII R: INCIPIT EXPOSITIO FIDEI A TRECENTIS DECIM ET OCTO EPISCOPIS Pi 498 : INCIPIT PARS FIDEI DE EA QVAE APVD NICEAM HABITA EST AB EO LOCO VSQVE VBI DICIT ‘HOS ANATHEMATIZAT CATHOLICA ET APOSTOLICA ECCLESIA’ QVAE FIDES COM SINODO NICENO IN HOC LIBRO SCRIPTA EST 493

Zu den verwendeten Handschriftensigeln siehe Kap. 4.4.2.1. mit Anmerkungen. TURNER bietet den Tomus Damasi in Verbindung mit dem Symbolum Nicaenum, wie es die Handschriften R, Col, F, S und ähnlich Pi N2 M bieten, während dagegen C K T pi Arnob den Tomus Damasi in Verbindung mit einem Brief an Paulinus bringen. TURNER gibt dazu folgendes Urteil ab (EOMIA I/2,1, 282): „Tomi huius edendi rationem per multos annos perpendi, neque in ulla mei laboris parte tam diu haesitavi. Veritate minutatim dispecta, exploratum prius habebam (i) familiam codicum C K T pi B Arnob gallicam, in quibus concilium nostrum anno circiter 379 habitum epistulae eiusdem Damasi iam anno 375 ad Paulinum Antiochenum datae immixtum est ... , nullius fere esse pretii; (ii) codices qui Symbolum Nicaenum concilio nostro praemittunt (videlicet R Col F S: confer etiam Pi N2 M) et hoc recte praemittere et alibi reliquis codicibus longe antecedere. Dissentientibus autem inter se codicibus melioris notae (familiae S plerumque suffragantur ceteri), iterum rem obscurabant tenebrae: lucem diei tandem adtulit codex quem omnium fere postremum, anno scilicet 1905, Coloniae inveni (bibl. Capt. xxxiii).“ 495 Der Consensus codicum S bietet das Nicaenum wie die Handschriften der ersten Version, stimmt aber im übrigen Text mit den Handschriften der zweiten Version überein. 496 Vgl. zu den verschiedenen handschriftlichen Versionen Kap. 4.4.2.1. und insbesondere zur ersten Version Kap. 4.4.3. 497 Diese Lesart bietet der Consensus codicum F (codex S. Mauri Fossatensis nunc Parisinus lat. 1451: Ende 8. Jahrhundert) und f (codex Engolismensis nunc Vaticanus Reginae 1127: Anfang 9. Jahrhundert), die ältesten Handschriften dieser Version; TURNER bietet sie als Überschrift in seiner Edition, EOMIA I/2,1, 281. Da aber fast in jeder Handschrift eine andere Überschrift zu lesen ist, scheint es kaum möglich, sich mit stichhaltigen Argumenten für eine zu entscheiden. Deshalb sollen hier alle Möglichkeiten aufgeführt werden. 498 Die Handschrift Pi bietet das Nicaenum an anderer Stelle, hat aber trotzdem diese Überschrift. 494

382

Kapitel 4: Theologische Profilierung

S: INCIPIT DE SYNODO NICAENO SCRIPTA PAPE DAMASI AD PAVLINVM ANTHIOCENAE VRBIS EPISCOPVM Credimus in unum Deum Patrem omnipotentem, [omnium] 499 visibilium et invisibilium factorem: et [in] 500 unum Dominum nostrum Iesum Christum Filium Dei, natum de Patre unigenitum, hoc est de substantia Patris, Deum de Deo lumen de lumine Deum verum de Deo vero, natum non factum, unius substantiae cum Patre (quod graeci dicunt omousion) 501 , per quem omnia facta sunt sive quae in caelo sive quae in terra: qui propter nos homines et propter nostram salutem discendit, incarnatus est, homo factus est, passus est, ressurexit tertia die, ascendit in caelos venturus iudicare vivos et mortuos: et Spiritum sanctum [neque facturam neque creaturam sed de substantia deitatis] 502 . 503 Eos autem qui dicunt: Erat [tempus] 504 quando non erat, et Priusquam nasceretur non erat, et quia Ex nullis extantibus factus est vel ex alia substantia [sive essentia] 505 , dicentes Mutabilem et convertibilem Filium Dei; hos anathematizat catholica et apostolica ecclesia. Version 2 Version 1 506 S a au Q v vall s F R Pi Col (M 507 ) THDT., h.e. V 11 N2 C B Arnob. 0NPMPHJBUIKLB CONFESSIO RPMJLIKQJTUFXK FIDEI CATHOLIIOPQBQBK%B CAE QVAM NBTPKBQFTUFJMF PAPA DAMASVS QSPKUPOFQJTLP MISIT AD PAVQPO1BVMJOPOFO LINVM ANTHIOUIÝ.BLFEPOJBÝPK CENVM EPIFHFOFUPFO2FT SCOPVM 508 TBMPOJLIÝ  499

Diese Lesart bieten nur R und Col. R läßt in aus. 501 Ein Zusatz, der Mißverständisse mit dem Osten vermeiden wollte, denn una substantia konnte als NJBVQPTUBTJK mißverstanden werden, vgl. dazu auch die Aufnahme des griech. Begriffs „usia“ in DAM., epist. 2/1; siehe zur Geschichte des Begriffs PNPPVTJPK DINSEN 1976. 502 Diesen Zusatz bieten F und S (Codicum sylloges ‘Sanblasianae’ consensus: 7.–8. Jahrhundert, siehe TURNER, EOMIA I/2,1, 281). 503 Die Handschrift N2 beginnt ihren Text ab hier. 504 Nur R, N2 und S. 505 Nur R und Col. 506 Vgl. zu den beiden verschiedenen Versionen die Ausführungen oben Kap. 4.4.2. 507 Diese Handschrift bietet nur die Zwischennotiz und lediglich die ersten 8 Anathematismen des Tomus Damasi. Der Wortlaut stimmt aber meistens mit dem der ersten Version überein. 508 In den Handschriften Q v l vall. Vgl. auch Cod.Paris.gr. 1115 (nach RIEDINGER 1984, 635): %BNBTPVFQJTLPQPV 3XNIKPNPMPHJBUIKLBRPMJLIKQJTUFXKBQPTUBMFJTBQSPK1BVMJOPOFQJTLPQPO 2FTTBMPOJLIK 500

383

4. Tomus Damasi Nach diesem (Konzil), hat das Konzil, das später von den katholischen Bischöfen in der Stadt Rom zusammengeschart worden ist, über den Heiligen Geist hinzugefügt 509 :

[POST HOC, CONCILIVM QVOD IN VRBE ROMA CONGREGATVM EST A CATHOLICIS EPISCOPIS ADDIDERVNT DE SPIRITV SANCTO] 510

(THDT., h.e. V 10,6: ,BJBMMBEF UJOB TVOBRSPJTRFOUFK FOUIÝNFHBMI 3XNIÝHFHSBGBTJ LBUBEJBGPSXO BJSFTFXO) 511

POST CONCILIVM NICAENVM QVOD IN VRBE ROMA POSTEA [CONCILIVM] CONGREGATVM EST A CATHOLICIS EPISCOPIS ADDIDERVNT DE SPIRITV SANCTO 512

509

Constructio ad sensum, denn das Konzil bestand aus Bischöfen, daher der Plural. Diese Überleitung wird von TURNER in Klammern gesetzt, da in dieser Version F und Pi nichts Vergleichbares bieten, sondern nur R, Col und M (TURNER, EOMIA I/2,1, 284), und zwar in unterschiedlichen Fassungen: R: POST HOC CONCILIVM QVOD IN VRBE ROMA CONGREGATVM EST A CATHOLICIS EPISCOPIS ADDIDERVNT DE SPIRITV SANCTO; diese Lesart hat TURNER in den Text übernommen. Col: POST HOC CONCILIVM QVO IN VRBE ROMA CONGREGATVM EST CATHOLICI EPISCOPI 510

ADDIDERVNT DE SPIRITV SANCTO

M:

POST HOC CONCILIVM IN VRBE ROMA CONGREGATI SUNT CATHOLICI EPISCOPI ET AD-

DIDERVNT DE SPIRITV SANCTO

Ich schließe mich TURNER darin an, daß diese Verbindungsnotiz nicht ursprünglich zur ersten Version gehört, da sie bei der Hälfte der Handschriften fehlt und, da das Nicaenum vorausgeht, als Kommentar eigentlich überflüssig ist; allerdings ist es wahrscheinlich, daß sie zur zweiten Version ursprünglich hinzugehört: offenbar wurde in der Überlieferung zu einem bestimmten Zeitpunkt die erste Version durch Teile der zweiten Version ergänzt, wozu eben diese Zwischennotiz gehörte, dabei wurde aus concilium Nicaenum die Formulierung hoc concilium, als Bezug zum direkt vorausgehenden Nicaenum; siehe dazu auch Kap. 4.4.3. 511 In der Überleitung zum Tomus Damasi bei THEODORET finden sich Reste der Verbindungsnotiz, ebenso in der Begründung zum ersten Anathematismus. 512 Diese Verbindungsnotiz gehört ursprünglich nur zur zweiten Version, da sie durch das Wegfallen des Nicaenums notwendig wurde (Vgl. dazu auch MARKSCHIES 1995, 148 und Anmerkung 365), taucht aber auch hier in unterschiedlicher Form auf: S N2: POST HOC CONCILIVM NICAENVM QVOD IN VRBE ROMA CONCILIVM CONGREGATVM EST A CATHOLICIS EPISCOPIS ADDIDERVNT DE SPIRITV SANCTO

s a au:

POST CONCILIVM NICAENVM IN VRBE ROMA CONCILIVM CONGREGATVM EST A

CATHOLICIS EPISCOPIS ET ADDIDERVNT DE SPIRITV SANCTO

Q:

POST CONCILIVM NICAENVM QVOD IN VRBE ROMA POSTEA CONGREGATVM EST A CA-

THOLICIS EPISCOPIS ADDIDERVNT DE SPIRITV SANCTO

v:

POST CONCILIVM NICAENVM QVOD IN VRBE ROMA POSTEA CONGREGATVM EST A CA-

THOLICI(S) EPIS ADDIDERVNT DE SPIRITV SANCTO

l vall:

POST CONCILIVM NICAENVM QVOD IN VRBE ROMA POSTEA CONGREGATVM EST

CATHOLICI EPISCOPI ADDIDERVNT DE SPIRITV SANCTO

C Arnobius:

POST CONCILIVM ITAQVE NICAENVM ET QVOD IN VRBE ROMA CONCILIVM

CONGREGATVM EST A CATHOLICIS EPISCOPIS ADDIDERVNT DE SPIRITV SANCTO

384

Kapitel 4: Theologische Profilierung

und da später dieser Irrtum eingedrungen ist, daß gewisse Leute mit gotteslästerlichem Maul wagten zu sagen, daß der Heilige Geist durch den Sohn gemacht worden ist, sprechen wir über denen das Anathema aus, die nicht in ganzer Freimütigkeit verkünden, daß er mit dem Vater und dem Sohn von einer Macht und Substanz ist.

Wir sprechen auch über denen das Anathema aus, die dem Irrtum des Sabellius folgen und sagen, daß der Vater derselbe ist, der auch der Sohn ist.

B:

(1.) 513 Et quia postea 514 hic error inolevit, ut quidam ore sacrilego auderent dicere Spiritum sanctum factum esse per Filium,

Anathematizamus eos qui non tota libertate proclamant eum cum Patre et Filio unius potestatis esse adque substantiae: (2.) 516 Anathematizamus quoque eos qui Sabellii sequuntur errorem, eundem dicentes [esse] 517 Patrem quem et Filium:

 &QFJEI NFUBUIOFO/J LBJBÝTVOPEPO 515  BVUIIQMBOI BOFLVZFOXTUF UPMNBOUJOBKCF CIMXÝTUPNBUJ FJQFJOUPQOFVNB UPBHJPOHFHF OITRBJEJBUPV VJPV  BOBRFNBUJ[PNFO UPVKNINFUB QBTIKFMFVRFSJBK LISVUUPOUBKTVO UXÝQBUSJLBJUXÝ VJXÝUIKNJBKLBJ UIKBVUIKPVTJBK UFLBJFYPVTJBK VQBSDFJO UPBHJPOQOFVNB  PNPJXKEFBOB RFNBUJ[PNFOLBJ UPVKUIÝUPV4B CFMMJPVBLPMPV RPVOUBKQMBOIÝ  UPOBVUPOMFHPO UBKLBJ QBUFSBFJOBJ LBJVJPO

Et quia postea hic error inolevit, ut quidam ore sacrilego auderent dicere Spiritum sanctum factum esse per Filium,

Anathematizamus eos qui non tota libertate proclamant eum cum Patre et Filio unius potestatis esse adque substantiae:

Anathematizamus quoque eos qui Sabellii 518 sequuntur errorem, eundem dicentes Patrem esse quem et Filium:

POST CONCILIVM ITAQVE NICAENVM ET QVOD IN VRBE ROMA CONCILIVM CONGRE-

GATVM EST A CATHOLICIS EPISCOPIS IN QVO ADDIDERVNT DE SPIRITV SANCTO. 513

Ich übernehme hier die Numerierung der Anathematismen, wie sie von DENZIN1991, 86–89 vorgenommen worden ist, bis auf den Anathematismus Nr.1, den ich schon ab Et quia postea beginnen lasse. 514 Formulierungen, in denen sich die verschiedenen Versionen unterscheiden, werden durch einen Rahmen markiert. 515 Da THEODORET die Verbindungsnotiz nur in Resten in seiner Überleitung übernimmt, ist es notwendig, den ersten Teil der Verbindungsnotiz hier nachzuschieben und einzufügen. 516 Der kleinere Druck zeigt an, daß die Anathematismen 2–8 nicht zur Urfassung gehören; siehe dazu die Ausführungen in Kap. 4.4.3. 517 Omisit Col. 518 Vgl. dazu THDT., h.e. V 9,11 (GCS 292,16–18): ... XKNIUFUIO4BCFMMJPVOP GER/HÜNERMANN

385

4. Tomus Damasi

Wir sprechen über Arius und Eunomius das Anathema aus, die mit gleicher Gottlosigkeit, wenngleich mit verschiedener Ausdrucksweise, behaupten, daß der Sohn und der Heilige Geist Geschöpfe sind. Wir sprechen über

(3.) Anathematizamus Arrium adque Eunomium, qui pari impietate, licet sermone dissimili, Filium et Spiritum sanctum adserunt creaturas:

 BOBRFNBUJ[PNFO "SFJPOLBJ&V OPNJPO PJUIÝJTIÝ EVTTFCFJBÝ  FJLBJUPJK SINBTJEJBGF SPOUFK UPOVJPO LBJUPBHJPO QOFVNBLUJTNB FJOBJ EJJÅTDVSJ[POUBJ

(4.) Anathematizamus

 BOBRFNBUJ[PNFO

Anathematizamus Arrium adque Eunomium 519 , qui pari impietate, licet sermone dissimili, Filium et Spiritum sanctum adserunt creaturas esse:

Anathematizamus

TPODXSBOMBCFJOTVHDFPNFOXOUXOVQPTUBTFXOFJUPVOUXOJEJPUIUXOBOBJ SPVNFOXO 519 Vgl. THDT. V 9,11 (GCS 292,18–22): ...NIUFNIOUIO&VOPNJBOXOLBJ"SFJ BOXOLBJ1OFVNBUPNBDXOCMBTGINJBOJTDVFJO UIKPVTJBKIUIKGVTFXKIUIK RFPUIUPKUFNOPNFOIKLBJUIÝBLUJTUXÝLBJPNPPVTJXÝLBJTVOBJÅEJXÝUSJBEJNFUBHF OFTUFSBKUJOPKILUJTUIKIFUFSPPVTJPVGVTFXKFQBHPNFOIK 520 Siehe dazu P. MEINOLD, Art. Pneumatomachoi, PRE 21/1, 1951, 1066–1101; er macht deutlich, wie aus den Macedonianern, d.h. dem Kreis um Macedonius von Konstantinopel (Eustathius von Sebaste, Basilius von Ankyra und Eleusius von Cyzicus; PHILOSTORGIUS, h.e. IV 9; VIII 17 [62,25; 115,20 BIDEZ]), die Führer der sogenannten Homöusianern (vgl. dazu BRENNECKE 1984, 335–346 und 1988, 216–222 bes. 219 mit Anm. 257), Pneumatomachen werden. Die Macedonianer treten ab 358 besonders hervor mit ihrer Formel PNPJPKLBUPVTJBO, die aber schon auf der Synode von Seleukia (359) verworfen wird. Bereits 360 werden die genannten Homöusianer im Zuge der Kirchenpolitik des Constantius von ihren Ämtern abgesetzt, sammeln sich aber weiter um den abgesetzten Macedonius: Der Name ‘Macedonianer’ „bezeichnet diejenigen Homoiusianer aus Konstantinopel bzw. den benachbarten Provinzen, die dem Nachfolger des Makedonios die Anerkennung versagen. ‘Makedonianer’ sind in diesem Sinne die späteren Häupter der Pneumatomachen wie Eleusios von Kyzikos und Maranthonios von Nikomedien. Auch mit Eustathios von Sebasteia ist dieser Kreis eng verbunden“ (MEINOLD 1951, 1074). Unter Führung des Eustathius von Sebaste erreichten die Homöusianer unter Vorlage eines schriftlichen Bekenntnisses, in dem das Nicaenum akzeptiert wurde, die Anerkennung durch Liberius, dem Bischof von Rom (SOZ., h.e. VI 11,1–3; SOCR., h.e. IV 12, 10–37). An diesem Zugeständnis gegenüber dem PNPPVTJPKzerbricht aber die Partei der Homöusianer (SOZ., h.e. VI 12,4). „Zum eigentlichen Führer der Pneumatomachen ist Eustathios nach seinem 373 erfolgten Bruch mit Basilios geworden. In der Mitte der 70er Jahre hat er mit Eleusios von Kyzikos für den festen Zusammenschluß der Pneumatomachen gewirkt“ (MEINOLD 1951, 1082). Im Sommer 376 sammeln sie sich auf der Synode von Kyzikos, die nach Basilius (ep. 249,9) das PNPPVTPJK wieder fallen läßt, weil man die Konzequenzen für den Heiligen Geist nicht ziehen konnte, und ‘Blasphemien gegen den Heiligen Geist’ ausspricht. Mit dem Begriff Macedonianer kann Damasus also nur diese Pneumatomachen um Eustathius meinen (siehe dazu auch HAUSCHILD 1967, 236–239, der über Meinold hin-

386 den Macedonianern das Anathema aus, die aus der Wurzel des Arius hervorkamen und nicht die Gottlosigkeit verändert haben, sondern nur den Namen. Wir sprechen über Photinus das Anathema aus, der die Häresie des Ebion erneuert und bekennt, der Herr, Jesus Christus, stamme nur aus Maria. Wir sprechen über denen das Anathe-

Kapitel 4: Theologische Profilierung Macedonianos, qui de Arrii stirpe venientes non perfidiam mutaverunt sed nomen:

(5.) Anathematizamus Fotinum, qui Ebionis heresim instaurans Dominum Iesum Christum tantum ex Maria confitetur:

(6.) Anathematizamus eos qui

UPVK.BLFEPOJ BOPVK PJUJOFKFL UIKUPV"SFJPV SJ[IK LBUBHPNFOPJPVDJ UIOBTFCFJBO BMMBUIO QSPTIHPSJBO FOIMMBYBO  BOBRFNBUJ[PNFO 'XUFJOPO PKUIO UPV&CJXOPK BJSFTJOBOBLBJ OJ[XOUPOLVSJPO INXO*ITPVO $SJTUPONPOPOFL UIK.BSJBK PNPMPHFJ  BOBRFNBUJ[PNFO LBJ

Macedonianos 520 , qui de Arrii stirpe venientes non perfidiam mutavere sed nomen:

Anathematizamus Fotinum 521 , qui Ebionis heresim instaurans Dominum Iesum Christum tantum ex Maria confitetur:

Anathematizamus eos qui

ausgeht, indem er annimmt, daß „die spätere pneumatomachische Anschauung in diesem Kreis schon um 360 bestand“ [ebd. 238]), der bei Liberius in Rom noch als Homöusianer aufgetreten ist. Der Bischof vermeidet also so eine genaue Namensnennung des Estathius, verdammt aber genau seine Lehre (HAUSCHILD 1967, 237 bezweifelt, daß mit dem Anathematismus im Tomus Damasi nur Homöusianer gemeint sind, „da es zu dieser Zeit gar keine organisierten Homöusianer mehr gab, die nicht Pneumatomachen waren“); daß er sie aus der Wurzel des Arius kommen läßt, erklärt sich wohl daher, daß schon Athanasius die Pneumatomachen zu den Arianern rechnete und die Homöusianer natürlich dem PNPPVTJPK nicht zustimmten. Somit ist wohl Damasus der erste, der aus taktischen Gründen die Pneumatomachen um Eustathius, der von Rom einmal als orthodox erklärt wurde, Macedonianer nennt; siehe zu den Homöusianern auch BRENNECKE 1988, 216–222. Danach findet der Begriff Verwendung bei Hieronymus, der Kontakt zu Damasus hatte, und zwar in seiner Bearbeitung der Chronik des Eusebius, in der er erklärt, woher die jetzige Häresie der Macedonianer stammt, also offenbar Erklärungsbedarf herrschte: HIER., chron. ad Abr. 2358 (GCS Eusebius VII, 235,21–23 HELM): Macedonius artis plumariae in locum Pauli ab Arrianis episcopus subrogatur, a quo nunc haeresis Macedoniana; ad Abr. 2380 (243,21–24): Synodus Antiochiae a Melitio et suis facta, in qua homousio anomeoque reiecto medium inter haec homoeusion Macedonianum dogma vindicaverunt. Sodann wird der Begriff ab 383 in der kaiserlichen Gesetzgebung (COD.THEOD. XVI 5,11–13) verwendet, wodurch er wohl seine weitere Verbreitung fand. Vgl. auch LOOFS 1916, 64–76 und SCHWARTZ 1935, 80. 521 Vgl. HIL., trin. 10,21; EUS.VER., trin. 3,46; 3,53.

4. Tomus Damasi ma aus, die behaupten, daß es zwei Söhne gibt, einen vor den Zeiten und einen zweiten nach der Annahme des Fleisches aus der Jungfrau. Wir sprechen über denen das Anathema aus, die sagen, daß anstelle der vernünftigen und verständigen Seele des Menschen sich das Wort Gottes im menschlichen Fleisch aufgehalten hat, obwohl gerade der Sohn und das Wort Gottes nicht anstelle der vernünftigen und verständigen Seele in seinem Leib gewesen ist, sondern 522

duos adserunt filios, unum ante saecula et alterum post adsumptionem carnis ex virgine:

(7.) Anathematizamus eos qui pro hominis anima rationabili et intellegibili dicunt Dei Verbum in humana carne versatum, cum ipse Filius et Verbum Dei non pro anima rationabili et intellegibili in suo corpore fuerit, sed nostram (id est rationabilem et intellegibilem) sine peccato animam

UPVKEVPVJPVKFFJ OBJEJJÅTDVSJ [PNFOPVK  FOBQSPUXOBJX OXOLBJBMMPO NFUBUIOUIK TBSLPKFLUIK .BSJBK BOBMIZJO  BOBRFNBUJ[PNFO LBLFJOPVKPJUJOFK BOUJMPHJLIKZV DIKEJJÅTDVSJ[PO UBJPUJPUPVRFPV MPHPKFTUSBGIFO UIÝBORSXQJOIÝ TBSLJBVUPKHBS PVJPKPUPVRFPV MPHPKPVDJBOUJ UIKMPHJLIKLBJ OPFSBKZVDIKFO UXÝFBVUPVTXNB UJHFHPOFO BMMB UIOINFUFSBOUPV UFTUJMPHJLIOLBJ OPFSBO BOFVUIK BNBSUJBKZVDIO

387 duos filios 522 adserunt, unum ante saecula et alterum post adsumptionem carnis ex virgine: 523

Anathematizamus eos 524 qui pro hominis anima rationabili et intellegibili 525 dicunt Dei Verbum in humana carne versatum, cum ipse Filius sit Verbum Dei non pro anima rationabili et intellegibili in suo corpore fuerit, sed nostram (id est rationabilem et intellegibilem) sine peccato animam

Vgl. dazu DAM., epist. 3 (per filium meum): Si quis autem dixerit, verbum pro humano sensu in domini carne versatum, hunc catholica ecclesia anathematizat, necnon et eos qui duos in salvatore filios confitentur, id est alium ante incarnationem, et alium post assumptionem carnis ex Virgine, et non eundem dei filium et ante et postea confitentur. Diese Formulierung macht deutlich, daß es zunächst darum geht, die Lehre des Apolinarius zu verdammen und im Anschluß daran aber sofort beteuert wird, daß natürlich auch (necnon) das, was Apolinarius seinen Gegnern vorwarf, mit dem Anathema belegt wird, nämlich daß sie, wenn sie nicht wie er die Einheit Christi betonen, von zwei Söhnen sprechen; denn das war die Waffe, die Apolinarius gegen seine Gegner einsetzte (LEONTIUS 146; LIETZMANN 1904, 256,12–17): EJPPVEFFUFSPKIOPQSP"CSBBNVJPK UPVRFPV FUFSPKEFPNFUB"CSBBN BMMFJÀKUFMFJPKUPVRFPVNPOPHFOIK UFMFJPK EFRFJBÝUFMFJPUIUJLBJPVLBORSXQJOIÝ UPJKUBVUBGSPOPVTJOPNPMPHPVNFOLPJOX OFJO UPJKEFUBOBOUJBGSPOPVTJLBJHSBGPVTJOPVLPJOXOPVNFO 523 Dieser Anathematismus fehlt in der Handschriftenfamilie C. 524 Vgl. THDT., V 9,12 (GCS 292,22–293,3): LBJUPOUIKFOBORSXQITFXKEFUPV LVSJPVMPHPOBEJBTUSPGPOTX[PNFO PVUFBZVDPOPVUFBOPVOIBUFMIUIOUIK TBSLPKPJLPOPNJBOQBSBEFDPNFOPJ PMPOEFFJEPUFKUFMFJPONFOQSPBJXOXOPOUB RFPOMPHPO UFMFJPOEFBORSXQPOFQFTDBUXOUXOINFSXOEJBUIOINFUFSBOTX UISJBOHFOPNFOPO 525 Auch die Handschriften l und s lassen diesen Begriff aus.

388 unsere (d.h. vernünftige und verständige) Seele ohne Sünde angenommen und erlöst hat. Wir sprechen über denen das Anathema aus, die behaupten, das Wort, der Sohn Gottes, sei eine Ausdehnung oder Zusammenziehung und vom Vater getrennt, ohne Substanz und werde ein Ende haben. Auch diejenigen, 526

Kapitel 4: Theologische Profilierung susceperit adque salvaverit:

BOFMBCFUFLBJ FTXTFO

susceperit adque salvaverit: 526

(8.) Anathematizamus eos qui Verbum Filium Dei extensionem aut collectionem et a Patre separatum, insubstantivum et finem habiturum, esse contendunt:

 BOBRFNBUJ[PNFO LBJUPVKMFHPO UBKUPOMPHPOUPV RFPV UIÝFLUBTFJLBJUIÝ TVTUPMIÝ BQPUPVQBUSPK LFDXSJTRBJ LBJ BOVQPTUBUPO BVUPOINFMMFJO UFMFVUBO CMBTGINPVOUBK

Anathematizamus eos qui Verbum Filium Dei extensione aut collectione 527 et a Patre separatum, insubstantivum 528 et finem habiturum, esse contendunt: 529

(9.) 530 [Eos quoque qui de

 5PVKEFBQPFL

Eos quoque qui de

Siehe DAM., epist. 3 (per filium meum): confitendus ipse sapientia, sermo filius Dei humanum suscepisse corpus, animam, sensum, id est integrum Adam, et, ut expressius dicam, totum veterem nostrum sine peccato hominem. Sicuti enim confitentes eum humanum corpus suscepisse, non statim ei et humanas vitiorum adiungimus passiones: ita et dicentes eum suscepisse et hominis animam et sensum, non statim dicimus et cogitationum eum humanarum subiacuisse peccato. Si quis autem dixerit, verbum pro humano sensu in domini carne versatum, hunc catholica ecclesia anathematizat ... . Dieser Vorwurf richtet sich gegen Apolinarius. 527 EUS.VER., trin. 3,12; 6,16; HIL., trin. 9,37. 528 Vgl. AMBR., fid. III 14,109 (CSEL 147,7–10 FALLER): Neque enim insubstantivus est, qui aliis dedit habere substantiam, licet alia sit substantia dei, alia creaturae, nec possit insubstantivus filius dei esse, ‘per quem cuncta subsistunt’; außerdem RUFIN, symb. 7/8 (CChr.SL 20, 143,8–11/144,3 SIMONETTI). 529 In der Handschriftenfamilie M endet der Text des Tomus Damasi hier. Dieser Anathematismus ist gegen Marcell gerichtet, vgl. DE HALLEUX 1990, 159f. 530 Diese Bestimmung fehlt in der Handschriftenfamilie F, ebenso im Cod.Par.gr. 1115 (nach RIEDINGER 1984, 635). Ein Punkt, der Damasus besonders wichtig ist, vgl. dazu DAM., decr. ad Gallos episc. 16 (siehe dazu – 2.1.8.) Item de his qui de ecclesia ad ecclesiam transeunt, iussi sunt haberi quasi relicta uxore alienam accerserint, quod inpunitum esse non possit. Talem episcopum, invasorem pudoris alieni, episcopatu privari iusserunt. Vgl. DAM., epist. 5 (Decursis litteris), passim und besonders 52–60: Illud praeterea commoneo dilectionem vestram, ne patiamini aliquem contra statuta maiorum nostrorum de civitate alia ad aliam transduci et deserere plebem sibi commissam et ad alium populum per ambicionem transire. Tunc enim contentiones oriuntur, tunc schismata fomenta graviora accipiunt, cum et illi qui amiserint sacerdotem sine dolore animi esse non possunt, et illi qui alterius civitatis acceperint episcopum, etiam si gaudeant, invidiosum sibi intellegunt fore, sub alieno se agere sacerdote.

389

4. Tomus Damasi die von Kirche zu Kirche gewandert sind, halten wir so lange für von unserer Gemeinschaft ausgeschlossen, bis sie zu den Gemeinden, in denen sie zuerst eingesetzt worden sind, zurückgekehrt sind.

ecclesiis ad ecclesias migraverunt tamdiu a communione nostra habemus alienos quamdiu ad eas redierint civitates in quibus primum sunt constituti.

Wenn aber einer, wenn ein anderer seine Stelle wechselte, anstelle eines noch Lebenden ordiniert worden ist, soll derjenige, der seine Gemeinde im Stich gelassen hat, solange die Würde des Priesteramtes entbehren, bis sein Nachfolger im Herrn ruht.

Quod si alius, alio transmigrante,

Wer nicht sagt, daß der Vater immer, der Sohn immer, der Heilige Geist immer ist, der ist ein Häretiker.

531

in loco viventis est ordinatus, tamdiu vacet sacerdotii dignitate qui suam deseruit civitatem, quamdiu successor eius quiescat in Domino.]

(10.) Si quis non dixerit semper Patrem, semper Filium, semper Spiritum sanctum esse: hereticus est. 531

LMITJXOFJKFUF SBKFLLMITJBK NFUFMRPOUBKBDSJ UPTPVUPVBQPUIK INFUFSBKLPJOX OJBKBMMPUSJPVK FDPNFO BDSJKPVÀ QSPKBVUBKFQB OFMRXTJUBKQP MFJKFOBJÀKQSX UPOFDFJSPUPOI RITBO FBOEFUJK  BMMPVBQPUPQPV FJKUPQPONFUFM RPOUPK  FOUPQXÝUPV[XO UPKFDFJSPUPOIRI BDSJUPTPVUPV TDPMBTIÝBQPUPV JFSBUJLPVBYJX NBUPKPUIOJEJBO QPMJOLBUBMFJ ZBKBDSJKPVÀP EJBEFYBNFOPK BVUPOBOBQBV TIUBJFOLVSJXÝ  &JUJKNIFJQIÝBFJ UPOQBUFSBLBJ BFJUPOVJPOLBJ BFJUPQOFVNBUP BHJPOFJOBJ  BOBRFNBFTUX 

ecclesiis ad ecclesias migraverunt tamdiu a communione nostra habemus alienos quamdiu ad eas redierint civitates in quibus primum sunt constituti.

Quod si alius, alio transmigrante,

in loco viventis est ordinatus, tamdiu vacet sacerdotii dignitate qui suam deseruit civitatem, quamdiu successor eius quiescat in Domino.

Si quis non dixerit semper Patrem, semper Filium, semper Spiritum sanctum esse: anathema sit.

Die Handschrift Col läßt diesen Anathematismus aus. Vgl. dazu AMBR., fid. IV 8,91 (CSEL 188,108–117 F.): Distinctionem etenim accepimus „patris et fili et spiritus sancti“ (Mt 28,19), non confusionem, distinctionem, non separationem, distinctionem non pluralitatem. Divino itaque admirandoque mysterio manentem semper accepimus patrem, semper filium, semper spiritum sanctum, non duos patres, non duos filios, non duos spiritus. „Unus“ enim „deus pater, ex quo omnia et nos in ipsum, et unus dominus Iesus, per quem omnia et nos per ipsum“ (1Kor 8,6), unus natus ex patre dominus Iesus et ideo unigenitus, unus et spiritus sanctus, ut idem apostolus dixit Dies richtet sich gegen Marcell. Hereticus est ist als Schlußformel dieses und der folgenden Sätze bezeugt in den Handschriften, die keinen Bezug auf Paulinus haben: F R Pi Col; die übrigen Handschriften: N2 S C B Q v l vall s a au und Arnobius bieten anathema sit (N2 hat darüberhinaus nur in Satz 10 anathematizamus) wie die griechische Version des Theodoret.

390

Wer nicht sagt, daß der Sohn vom Vater geboren ist, das heißt von dessen göttlicher Substanz, der ist ein Häretiker. Wer nicht sagt, daß der Sohn Gottes wahrer Gott ist, wie sein Vater wahrer Gott ist, und alles kann und alles weiß und dem Vater gleich ist, der ist ein Häretiker.

Wer sagt, daß er, als er im Fleisch befindlich auf der Erde war, nicht zusammen mit dem Vater im Himmel war, der ist ein Häretiker. Wer sagt, daß Gott im Kreuzesleiden Schmerz empfand, und nicht das Fleisch mit der

Kapitel 4: Theologische Profilierung (11.) Si quis non dixerit Filium natum de Patre, id est de substantia divina ipsius 532 : hereticus est. 533 (12.) Si quis non dixerit verum Deum Filium Dei, sicut verum Deum Patrem [eius, et] 534 omnia posse 535 [et] 536 omnia nosse et Patri aequalem: hereticus est. 537

(13.) Si quis dixerit quod in carne constitutus, cum esset in terra, in caelis cum Patre non erat: hereticus est. 538

(14.) Si quis dixerit quod in passione crucis dolorem sentiebat Deus,

 FJUJKNIFJQIÝ VJPOHFOOIRFOUB FLUPVQBUSPK  UPVUFTUJOFLUIK PVTJBKUIKRFJBK BVUPV  BOBRFNBFTUX  FJUJKNIFJQIÝ BMIRJOPORFPO UPOVJPOUPV RFPV XKBMIRJO PORFPOUPOQB UFSBBVUPV LBJ QBOUBEVOBTRBJ LBJQBOUBFJEF OBJ LBJUXÝQBUSJ JTPO  BOBRFNBFTUX  FJUJKFJQIÝPUJFO TBSLJEJBHXOP VJPKUPVRFPV  PUFIOFOUIÝHIÝ  FOUPJKPVSBOPJK LBJTVOUXÝQBUSJ PVLIO  BOBRFNBFTUX  FJUJKFJQIÝPUJFO UXÝQBRFJUPV TUBVSPVUIO PEVOIO

Si quis non dixerit Filium natum de Patre, id est de substantia divina ipsius: anathema sit.

Si quis non dixerit verum Deum Filium Dei, sicut verum Deum Patrem eius, et omnia posse et omnia nosse et Patri aequalem: anathema sit.

Si quis dixerit quod in carne constitutus, cum esset in terra, in caelis cum Patre non erat: anathema sit.

Si quis dixerit quod in passione crucis dolorem sustinebat filius Dei Deus,

532

Die Handschriften F s pi lassen diesen Satz aus. Kommentar zu natum de Patre unigenitum, hoc est de substantia Patris. 533 Gegen Homöer. 534 Omisit R und Col; TURNER: fortasse recte. 535 Vgl. dazu z.B. AMBR., fid. V 6, 73 u. 76: Nihil igitur minus potest filius quam pater. 536

Omisit R und Col; TURNER: fortasse recte. Gegen Homöer. Kommentar zu Deum verum de Deo vero, natum non factum, unius substantiae cum Patre, per quem omnia facta sunt ... Vgl. AMBROSIASTER, quaest. 125. 538 Gegen wen sich dieser Vorwurf richtet, bleibt unklar. Kommentar zu descendit, incarnatus est ... 539 Phil 2,7. 537

4. Tomus Damasi Seele, die Christus, der Sohn Gottes angezogen hatte – die Gestalt des Knechts, die er für sich angenommen hatte, wie die Schrift sagt – , der glaubt nicht das Rechte. Wer nicht sagt, daß er im Fleisch zur Rechten des Vaters sitzt, worin er kommen wird zu richten die Lebenden und die Toten, der ist ein Häretiker.

Wer nicht sagt, daß der Heilige Geist wahrhaftig und eigentlich vom Vater ist, wie der Sohn, von göttlicher Substanz und wahrer Gott, der ist ein Häretiker.

Wer nicht sagt, daß der Heilige Geist alles kann und alles weiß und überall ist, wie der Sohn

et non caro cum anima quam induerat – FORMA SERVI quam sibi ACCEPERAT 539 , sicut ait scriptura – Filius Dei Christus: non recte sentit. 540 (15.) Si quis non dixerit quod in carne sedet in dextera Patris, in qua venturus est iudicare vivos et mortuos: hereticus est. 541

(16.) Si quis non dixerit Spiritum sanctum de Patre esse vere ac propriae, sicut Filium, de divina substantia et Deum verum: hereticus est. 542

(17.) Si quis non dixerit omnia posse Spiritum sanctum et omnia nosse et ubique esse, sicut

VQFNFJOFOPVJPK UPVRFPVRFPK  LBJPVDJITBSY TVOUIÝZVDIÝIO QFSFOFEVTBUP NPSGIOEPVMPV IOQFSFBVUXÝBO FMBCFO XKFJSI LFOIBHJBHSBGI  BOBRFNBFTUX  FJUJKNIFJQIÝPUJ FOUIÝTBSLJ IOQFSBOFMBCF LBRF[FUBJFOUIÝ EFYJBÝUPVQBUSPK FOIÀÝLBJFMFVTF UBJLSJOBJ[XO UBKLBJOFLSPVK  BOBRFNBFTUX  FJUJKNIFJQIÝUP QOFVNBUPBHJPO FLUPVQBUSPKFJ OBJBMIRXKLBJ LVSJXK XKLBJ UPOVJPOFLUIK RFJBKPVTJBKLBJ RFPO RFPVMPHPO  BOBRFNBFTUX  FJUJKNIFJQIÝ QBOUBEVOBTRBJ UPQOFVNBUPBHJ POLBJQBOUBFJ EFOBJLBJQBOUB

391 Dei Deus, et non caro cum anima quam induerat FORMAM SERVI quam sibi ACCEPERAT, sicut ait scriptura: anthema sit.

Si quis non dixerit quod in carne quam adsumpsit sedet ad dexteram Patris, in qua venturus est iudicare vivos et mortuos: anathema sit Si quis non dixerit Spiritum sanctum de Patre esse vere ac propriae, sicut Filium, de divina substantia et Deum verum: anathema sit.

Si quis non dixerit omnia posse Spiritum sanctum et omnia nosse et ubique esse, sicut

540 Gegen Apolinarius: jedoch erstaunt die milde Formulierung non recte sentit in den Handschriften F R Pi Col, die nur hier verwendet wird. Dieser Text steht damit auf dem Stand des Schreibens Illud sane miramur, das die Lehre des Apolinarius noch nicht als Häresie verurteilt, sondern nur mißbilligt. Dort findet sich dieselbe Formulierung: recta non sentiant. Kommentar zu homo factus est, passus est ... . 541 Gegen Marcell. Kommentar zu ressurexit tertia die, ascendit in caelos iudicare vivos et mortuos; HIL., trin. IX 6; X 65. 542 Gegen Pneumatomachen, so daß gewissermaßen die Anathematismen 11 und 12 nun durch Aussagen über den Heiligen Geist ergänzt werden. Vgl. HIL., trin. VIII 20; MARIUS VICTORINUS, adv. Arium IV 17; ATH., ad Serap. I 2.

392 und der Vater, der ist ein Häretiker.

Wer sagt, daß der Heilige Geist ein Geschöpf ist oder durch den Sohn gemacht, der ist ein Häretiker. Wer nicht sagt, daß alles durch den Sohn und den Heiligen Geist der Vater gemacht hat, das heißt das Sichtbare und das Unsichtbare, der ist ein Häretiker. Wer nicht sagt, daß es eine Gottheit, Macht, Hoheit, Kraft, einen Ruhm, Herrschaft, ein Reich und einen Willen und Wahrheit des Vaters und des Sohnes und des

543

Kapitel 4: Theologische Profilierung Filium et Patrem: hereticus est. 543

(18.) Si quis dixerit Spiritum sanctum facturam aut per Filium factum: hereticus est. 544 (19.) Si quis non dixerit omnia per Filium et Spiritum [suum] 545 sanctum Patrem fecisse, id est visibilia et invisibilia: hereticus est. 546 (20.) Si quis non dixerit Patris et Filii et Spiritus sancti unam divinitatem potestatem 547 maiestatem 548 potentiam, unam gloriam 549 dominationem 550 , unum

DPVQBSFJOBJ XK LBJUPOVJPOLBJ UPOQBUFSB  BOBRFNBFTUX  FJUJKFJQIÝUP QOFVNBUPBHJPO QPJINBIEJBUPV VJPVHFHFOITRBJ  BOBRFNBFTUX  FJUJKNIFJQIÝ QBOUBEJBUPV VJPVLBJUPVBHJ PVQOFVNBUPKUPO QBUFSBQFQPJI LFOBJ UPVUFTUJ UBPSBUBLBJUB BPSBUB  BOBRFNBFTUX  FJUJKNIFJQIÝUPV QBUSPKLBJUPV VJPVLBJUPVBHJ PVQOFVNBUPK NJBORFPUIUB  FYPVTJBO RFJP UIUB EVOBTUFJ BO NJBOEPYBO  LVSJPUIUB NJBO

Filium et Patrem: anathema sit.

Si quis dixerit Spiritum sanctum facturam aut per Filium factum: anathema sit.

Si quis non dixerit omnia per Filium et Spiritum sanctum Patrem fecisse, id est visibilia et invisibilia: anathema sit.

Si quis non dixerit Patris et Filii et Spiritus sancti unam divinitatem potestatem maiestatem potentiam, unam gloriam dominationem, unum regnum

Ebenfalls gegen die Pneumatomachen, ergänzt gewissermaßen den Anathematismus 12 durch den Heiligen Geist. Vgl. Ea gratia, siehe dazu Kap. 4.2. 544 Gegen Pneumatomachen. 545 Nur R und Col. 546 Ergänzung zum Symbolum Nicaenum. 547 EUSEBIUS VERCELL., I 58. 548 1Kor 2,8; MARIUS VICTORINUS, ad Cand., 31; EUSEBIUS VERCELL., trin. I 58; AMBR., fid. III 13,103 549 Ex 16,10; Ep.Petr. 2,1,3; Hebr 1,3; HIL., trin. IX 42; EUS.VER., trin. I 1;III 11; V 40. 550 EUS.VER., trin.I 13;57 (Ps 95,7). 551 Vgl. dazu THDT., h.e. V 9,11 (292,14f.): ... PNPUJNPVUFUIKBYJBKLBJTVOBJÅ EJPVUIKCBTJMFJBK

393

4. Tomus Damasi Heiligen Geistes gibt, der ist ein Häretiker.

Wer nicht sagt, daß es drei wahrhaftige Personen gibt: den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist, gleich, immer lebend, die alles Sichtbare und Unsichtbare umfassen, alles in ihrer Macht haben, alles richten, alles lebendig machen, alles erschaffen, alles erlösen, der ist ein Häretiker.

Wer nicht sagt, daß der Heilige Geist von der ganzen Schöpfung angebetet werden muß wie der Sohn und der Vater, der ist ein Häretiker. Wer über den Vater und den Sohn das Rechte glaubt, über den Geist aber falsch urteilt, ist ein Häretiker, weil alle Häretiker, die über den Sohn Gottes und den 552

regnum 551 adque unam voluntatem ac veritatem: hereticus est. 552 (21.) Si quis tres personas 553 non dixerit veras Patris et Filii et Spiritus sancti, aequales, semper viventes, omnia continentes visibilia et invisibilia, omnia potentes, omnia iudicantes, omnia vivificantes, omnia facientes, omnia salvantes 554 : hereticus est.

(22.) Si quis non dixerit adorandum 555 sanctum Spiritum ab omni creatura, sicut Filium et Patrem: hereticus est. (23.) Si quis de Patre et Filio bene senserit de Spiritu autem non recte habuerit, hereticus est, quod omnes heretici de Filio [Dei] et Spiritu [sancto] 556 male sentientes in

CBTJMFJBO NJBO RFMITJOLBJBMI RFJBO  BOBRFNBFTUX  FJUJKUSJBQSP TXQBNIFJQIÝ BMIRJOB UPVQB USPKLBJUPVVJPV LBJUPVBHJPV QOFVNBUPK JTB  BFJ[XOUB UB QBOUBLBUFDPOUB UBPSBUBLBJUB BPSBUB QBOUB EVOBNFOB QBOUB LSJOPOUB QBOUB [XPQPJPVOUB  QBOUBEINJPVS HPVOUB QBOUB TX[POUB  BOBRFNBFTUX  FJUJKNIFJQIÝ QSPTLVOIUPOUP QOFVNBUPBHJPO QBSBQBTIKUIK LUJTFXK XKLBJ UPOVJPOLBJUPO QBUFSB  BOBRFNBFTUX  FJUJKQFSJUPV QBUSPKLBJUPV 6JPVLBMXKGSP OITFJ QFSJEFUPV BHJPV QOFVNBUPKPVL BJSF PSRXKFDFJ B UJLPKFTUJOPUJ

adque unam voluntatem ac veritatem: Anathema sit. Si quis tres personas non dixerit veras Patris et Filii et Spiritus sancti, aequales, semper viventes, omnia continentes visibilia et invisibilia, omnia potentes, omnia iudicantes, omnia vivificantes, omnia facientes, omnia salvantes: anathema sit.

 Si quis non dixerit adorandum sanctum Spiritum ab omni creatura, sicut Filium et Patrem: anathema sit.

 Si quis de Patre et Filio bene senserit de Spiritu autem sancto non recte habuerit, hereticus est 558 , quod omnes heretici de Filio Dei et Spiritu sancto male

Betonung der Einheit der Trinität wie bereits in Confidimus quidem. Vgl. dazu THDT., h.e. V 9,11 (292,15f.): ... FOUSJTJUFMFJPUBUBJKVQPTUBTFTJO  IHPVOUSJTJUFMFJPJKQSPTXQPJK 554 ATH., ad Serapionem III 2; EUS.VER., trin. III 16; FAUSTINUS, trin. IV 2. 555 Vgl. dazu das Fragment DAM., epist. 2/3 (Non nobis quidquam): ... cum patre conveneramur et filio. 556 R und Col lassen die beiden Begriffe aus. 553

394 Heiligen Geist schlecht denken, sich in der Gottlosigkeit der Juden und Heiden befinden.

Wenn aber einer glaubt, daß er, indem er den Vater Gott und seinen Sohn Gott und den Heiligen Geist Gott nennt, sie Götter nennt 557

Kapitel 4: Theologische Profilierung perfidia iudaeorum et paganorum inveniuntur. 557

(24.) 560 Quod si quis putat 561 , [Christi] 562 Patrem Deum dicens et Deum Filium eius et Deum sanctum Spiritum, deos 563

QBOUFKPJBJSFUJ LPJQFSJUPVVJPV UPVRFPVLBJUPV BHJPVQOFVNBUPK LBLXKGSPOPVO UFK FOUIÝUXO *PVEBJXOLBJ UXOFROJLXO BQJTUJBÝUVHDB OFJOFMFHDPOUBJ  FJUJKEF NFSJTIÝ  RFPOUPOQBUFSB MFHXOLBJRFPO UPOVJPOLBJRFPO UPQOFVNBUPBHJ PO  

Spiritu sancto male sentientes in perfidia iudaeorum et gentilium inveniuntur 559 .

Quod si quis partiatur 565 Patrem Deum dicens et Deum Filium eius et Deum sanctum Spiritum, deos

Vgl. AMBR., fid. V 6,88 (CSEL 78, 248,130–136 FALLER): Qui enim male crediderit de filio, non potest bene sentire de patre, qui male crediderit de spiritu, non potest bene sentire de filio. Ubi enim una dignitas, una gloria, una caritas, una maiestas est, incommune derogatur, quidquid in aliquo putaveris derogandum; iam enim non erit ‘plenitudo’, quam discernas et dividas in aliquas portiones. 558 Diese Version bieten alle lateinischen Handschriften. 559 Vgl. AMBR., fid. I 3,26 (CSEL 13,42–47): Ut autem una deitas et patris et fili et una dominatio probaretur, ne gentilis aut iudaicae impietatis incurremus errorem, providens apostolus, quid sequi deberemus, ostendit dicens: „Unus deus pater, ex quo omnia, et nos in ipso, et unus dominus Iesus Christus, per quem omnia, et nos per ipsum“ (1Kor 8,6); vgl. auch II 3,33. 560 Vgl. dazu GALTIER 1936, 563–578. 561 Diese Lesart bietet nur die manus secunda der Handschrift Col; potat ... dicens: R und manus prima Col; partiens ... dicat: F Pi; meines Erachtens ist die Lesart putat viel zu schlecht belegt, um sie in den Haupttext aufzunehmen. Hier sind wohl die von TURNER bevorzugten Handschriften Col R F und Pi korrupt. 562 Nur Col; R: Christum. 563 Vgl. 1Kor 8,5 und dazu EUSEBIUS VERCELL., trin. I 16; AMBROSIASTER, quaest. 125,23; Hier., ep. 15,4. AMBR., fid. III 16,133 (CSEL 155,32–36); V 1,23f. (CSEL 224,48–225,–58): Sin autem ideo deum putant dictum, quia inspirationem divinitatis habuit, sicut et multi sancti viri – „eos“ enim scriptura „deos dixit, ad quos sermo fiebat dei“ (Joh 10,35) –, ergo non ultra homines eum praeferunt, sed comparandum hominibus arbitrantur, ut hoc putent eum esse, quod hominibus ipse donavit dicens ad Moysen: „Posui te in deum Pharaoni“ (Ex 7,1), unde et in psalmo dictum est: „Ego dixi, dii estis“ (Ps 81,6). Et hanc tamen sacrilegorum opinionem Paulus exclusit, qui ait: „Nam et si sunt, qui dicantur dii, sive in caelo sive in terra“; non dixit ‘sunt dii’ sed „si sunt qui dicantur“. „Christus“ autem, sicut scriptum est, „heri et hodie ipse est“ (Hebr 13,8); IV 8,82 (185,51–55). V 3,46 (234,66–76).

395

4. Tomus Damasi dicere

und nicht so Gott nennt, nämlich wegen der einen einzigen Gottheit und Macht des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geist, die wir glauben und wissen;

et non, propter unam divinitatem et potentiam

sondern wenn er, indem er den Sohn oder den Heiligen Geist wegnimmt, meint, daß so allein der Vater Gott genannt wird, oder so an einen einzigen Gott glaubt, der ist ein Häretiker in allem, ja vielmehr ein Jude,

subtrahens autem Filium aut Spiritum sanctum ita solum aestimet Deum Patrem dici, aut ita credit unum Deum: hereticus est in omnibus, immo Iudaeus,

weil der Name „Götter“ allen Engeln und Heiligen von Gott gegeben und geschenkt

quod nomen deorum in angelis et sanctis omnibus a Deo est positum et donatum 570 ,

564

quam credimus et scimus Patris et Filii et Spiritus sancti, ita dicit 564 Deum;

LBJEJJÅTDVSJTBJ UP RFPVK MFHFTRBJ LBJPVDJ RFPO EJBUIONJBORFP UIUBLBJEVOBT UFJBO IOQFS FJOBJ QJTUFVPNFOLBJ PJEBNFO UPVQBU SPKLBJUPVVJPVL BJUPVBHJPV QOFVNBUPK RFPO FOB 

dici 566

VQFYFMPNFOPKEFU POVJPOLBJUP QOFVNBUPBHJPO  XKNPOPOVQPOP ITFJUPOQBUFSBR FPOMFHFTRBJI QJTUFVFTRBJ FOBRFPO  BOBRFNBFTUX    UPHBSPOPNBUXO RFXOLBJUPJKBH HFMPJKLBJUPJK QBTJOBHJPJKQB SBUPVRFPVFUF

subtrahens autem Filium aut Spiritum sanctum ita solum aestimet Deum Patrem dici, aut credi unum Deum: anathema sit. 569

et non deum, propter unam divinitatem et potentiam quam credimus esse 567 et scimus Patris et Filii et Spiritus sancti, Deum 568 ;

quod nomen deorum in angelis et sanctis omnibus a Deo est positum et donatum,

Die Lesart ita dicit Deum bietet nur Col; ita dici deum: R, ita dicat deum: F Pi. Partiatur ... dicens: X Z C B Arnobius s (manus prima); patiatur ... dicens: S Y Q v l vall s (manus secunda) a au. 566 Die Handschriften C K B Q u bieten hier wie Theodoret dici. 567 credimus esse (wie der griech. Text) haben S Q v l vall s a au, semper esse C; esse semper B. 568 ita deum dici credat: B, nur deum (wie im griechischen Text): C Q v l vall; die Handschriften S s au lassen die ganze Formulierung weg. 569 Die Handschriften C B und Arnobius lassen den folgenden Text ebenso wie die griech. Version weg, S Q v l vall s a au haben omnibus immo iudaeis. 570 Vgl. dazu AMBR., fid. III 13,104–107 (145,11–21): Ipse enim dominus dixit: „Nam qui me erubuerit et meos sermones, hunc filius hominis erubescet, cum venerit in maiestate sua et patris et sanctorum angelorum“ [Lk 9,26]. Quid est „et sanctorum angelo565

396 worden ist, vom Vater aber und dem Sohn und dem Heiligen Geist wird uns wegen der einen einzigen und gleichen Gottheit nicht der Name „Götter“, sondern „Gott“ angezeigt und kundgetan, damit wir glauben, daß wir allein auf den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist getauft werden und nicht auf die Namen der Erzengel oder Engel, wie die Häretiker oder Juden oder auch die verrückten Heiden. Das ist also das Heil der Christen, daß wir, wenn wir an die Trinität, d.h. den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist

Kapitel 4: Theologische Profilierung

de Patre autem et Filio et Spiritu sancto propter unam et aequalem divinitatem non nomen deorum sed Dei nobis ostenditur adque indicitur ut credamus: quia in Patre et Filio et Spiritu sancto solum baptizamur 571

et non in archangelorum nominibus aut angelorum, quomodo heretici aut iudaei aut etiam pagani dementes. Haec est ergo salus christianorum, ut credentes Trinitati, id est Patri et Filio et Spiritui sancto,

RILBJFDBSJTRI  QFSJEFUPVQBU SPKLBJUPV6JPV LBJUPVBHJPV QOFVNBUPKEJB UIONJBOLBJJTIO RFPUIUBPVDJUXO RFXOPOPNBUB BMMBUPVRFPV INXO FOEFJLOVUBJLBJ TINBJOFUBJ  JOBQJTUFVXNFO PUJFJK QBUFSBLBJVJPO LBJBHJPOQOFVNB NPOPOCBQUJ[P NFRB  LBJPVDJFJKUB UXOBSDBHHFMXO LBJBHHFMXOPOP NBUB  XKBJSFUJLPJIXK *PVEBJPJIFROJ LPJQBSBGSP OPVOUFK "VUIUPJOVOI UXO$SJTUJBOXO TXUISJBFTUJO XTUFQJTUFVPOUFK UIÝUSJBEJ UPVU FTUJUXÝQBUSJLBJ UXVJXÝLBJUXÝ

de Patre autem et Filio et Spiritu sancto propter unam et aequalem divinitatem non nomen deorum sed Dei nobis ostenditur adque indicatur ut credamus: quia in Patrem et Filium et Spiritum sanctum solum baptizamur et non in archangelorum nominibus aut angelorum, quomodo heretici aut iudaei aut etiam pagani dementes faciunt 572 . Haec ergo est salus christianorum, ut credentes Trinitati, id est Patri et Filio et Spiritui sancto

rum“, nisi quia honorantur et servi domini dignitate? (105) Dignitatem suam ergo ad filium et patrem rettulit, non ut angeli habeant cum patre et filio aequale consortium, sed ut praeminentem gloriam dei cernant. Neque enim suam maiestatem angeli habent, sicut lectum est de filio: „Cum sederit in sede maiestatis suae“, sed adsistunt, ut patris et fili gratiam videant, quibus aut possunt aut merentur aspectibus. 571 Mt 28,19. Vgl. dazu die Ausführungen bei AMBROSIUS, fid. I 1,8 (CSEL 7,16–19); I 1,10 (8,25–29): Unum ergo deum, non duos aut tres deos dicimus, ut impia Arrianorum heresis, dum criminatur, incurrit. Tres enim deos dicit, qui divinitatem separat trinitatis, cum domino dicendo: „Ite, baptizate gentes in nomine patris et fili et spiritus sancti“ unius esse trinitatem potestatis ostenderit. IV 8,91 (188,107–111); V 9, 116 (259,1–6): Quin etiam more iudaico etiam falsi et inpudentes interpraetes Arriani verborum sunt divinorum dicentes usque adeo aliam patris aliam fili aliam sancti esse spiritus potestatem, ut scriptum sit: „Ite, docete omnes gentes baptizantes eos in nomine patris et fili et spiritus sancti“, et ex verborum ordine differentiam divinae faciunt potestatis. 572 Fehlt in der Handschriftenfamilie Q.

397

4. Tomus Damasi glauben und darauf getauft sind,

[et] 573 baptizati in ea 574 ,

daran ohne Zweifel glauben, daß es eine wahre, alleinige, einzige Gottheit und Macht, Hoheit und Substanz derselben (Trinität) gibt.

Veram solam unam divinitatem et potentiam, maiestatem et substantiam, eiusdem esse sine dubio credamus. 575

BHJXÝQOFVNBUJ  LBJCBQUJ[PNFOPJ FJKBVUIO  NJBORFPUIUBLBJ EVOBTUFJBOLBJ RFJPUIUBLBJ PVTJBO  FJKBVUPO QJTUFVPNFO 576 .

in eam

veram solam unam divinitatem et potentiam, maiestatem et substantiam eiusdem haec sine dubio credamus.

4.2. Die Überlieferung 4.2.1. Der handschriftliche Befund der lateinischen Überlieferung Der sogenannte Tomus Damasi ist in ganz verschiedenen Zusammenhängen und Formen überliefert worden. Eine genaue Aufstellung des handschriftlichen Befundes findet sich vor der Ausgabe Turners schon bei Maassen 577 . Grob kann man zunächst von zwei Versionen 578 sprechen: Die erste Version ist die, die Turner in seiner Ausgabe als lateinischen Text bietet. Ihre Charakteristika sind zunächst der Kontext, d.h. daß ihr das nicaenische Symbol vorausgeht, sodann eine deutliche Zweiteilung des Textes, da die ersten acht Anathematismen mit der Formulierung Anathematizamus eos beginnen und die Bestimmungen 10–24 meist mit dem Urteil hereticus est schließen.

573

Nur Col und R. Col und R: eam. 575 Cod.Par.gr. 1115 bietet am Schluß noch einen Zusatz (nach RIEDINGER 1984, 637): %BNBTPKPVÀUPKIOPUIKLBRPMIOUIOPJLPVNFOIOLBJBQPHIKFJKPVSB OPVKEJBMBNQPVTIKFLLMITJBKUPVRFPV1FUSPVUPVLPSVGBJPVUXOBQPTUPMXO EFYBNFOPKUPVQBNNFHJTUPVRSPOPVUPVKPJBLBKVQPUPVNFHBMPVBSDJSFXK$SJT UPVUPVRFPVINXO Vgl. dazu auch THDT., h.e. V 9,11 (292,11–14): ... LBJBLPMPVRPOUXÝCBQUJTNBUJ  LBJEJEBTLPVTBOINBKQJTUFVFJOFJKUPPOPNBUPVQBUSPKLBJUPVVJPVLBJUPV BHJPVQOFVNBUPK EIMBEIRFPUIUPKLBJEVOBNFXKLBJPVTJBKNJBKUPVQBUSPKLBJ UPVVJPVLBJUPVBHJPVQOFVNBUPKQJTUFVPNFOIK 576 CASSIODOR/EPIPHANIUS, historia tripartita IX 9,16,28 (CSEL 71, 522,102–105 HANSLIK) bietet hier: Haec igitur Christianorum salus est, ut credentes trinitati, hoc est patri et filio et sancto spiritui, et in ea baptizati unam deitatem et potestatem et divinitatem et substantiam in eum esse credimus. 577 MAASSEN 1870 (=1956), 233–239. 578 Diese Unterscheidung prägt SCHWARTZ 1935, 189–191; MARKSCHIES 1995, 146f. nimmt sie auf und spricht von zwei Rezensionen. 574

398

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Im einzelnen sieht dies nach Turner 579 so aus: F 580 :

Überschrift:

INCIPIT FIDES APVD NICEAM CONSCRIPTA AB EPISCOPIS CREDEN-

TIBUS CCCXVIII

Nicaenum, Tomus Damasi (ohne Satz 9). R

581

:

Überschrift: INCIPIT EXPOSITIO FIDEI A TRECENTIS DECIM ET OCTO EPISCOPIS Nicaenum, Verbindungsnotiz (Post hoc concilium quod in urbe Roma congregatum est a catholicis episcopis addiderunt de spiritu sancto), Tomus Damasi

Col 582 : Überschrift: FIDES CONSCRIPTA A RECTORIBVS EPP CCCXVIII Nicaenum, Verbindungsnotiz (Post hoc concilium quo in urbe Roma congregatum est a catholicis episcopis addiderunt de spiritu sancto), Tomus Damasi Pi 583 :

Überschrift:

INCIPIT PARS FIDEI DE EA QVAE APVD NICEAM HABITA EST AB EO

LOCOVSQVE VBI DICIT ‘HOS ANATHEMATIZAT CATHOLICA ET APOSTOLICA ECCLESIA’ QVAE FIDES COM SINODO NICENO IN HOC LIBRO SCRIPTA EST

kein Nicaenum (wohl da es in dieser Handschrift schon zuvor geboten wurde), Tomus Damasi M 584 :

Ein Komplex, in dem auch das Nicaenum zitiert wird, allerdings in einer anderen sprachlichen Form als in den vorhergehenden Handschriften; Verbindungsnotiz (Post hoc concilium in urbe Roma congregati sunt catholici episcopi et addideruntde spiritu sancto), Tomus Damasi (nur die ersten acht Anathematismen)

Eine Mischform bietet die Handschriftenfamilie S, da sie zwar den Tomus Damasi mit dem Nicaenum verbindet, aber in der sprachlichen Form und der Verbindung mit Paulinus mit der zweiten Version übereinstimmt.

Die zweite Version zeichnet sich dadurch aus, daß sie den Tomus Damasi meist als Schreiben des Damasus an Paulinus benennt oder ihn mit dem Brief Per filium meum des Damasus an Paulinus verbindet, bisweilen indem der erste Teil des Briefes und der Tomus Damasi zu einer Einheit verschmelzen oder indem der Brief als ganzer voran- oder nachgestellt wird. Sprachlich ist in dieser Version eine Vereinheitlichung der beiden Teile vorgenommen, da statt der Formulierung hereticus est, die die erste Versi579

Siehe dazu insgesamt die Edition des Tomus Damasi, EOMIA I/2,1, 283–294; die Aufstellung der einzelnen Handschriften: EOMIA I/2,1, 281. 580 Consensus codicum aus F codex S. Mauri Fossatensis nunc Parisinus, Ende 8. Jhdt. und f codex Engolismensis nunc Vaticanus, Anfang 9. Jhdt. 581 Codex Remensis postea bibliothecae Thomae Phillipps nunc Berolinensis, 8. Jhdt. 582 Codex Coloniensis bibliothecae Capitularis xxxiii, Anfang 9. Jhdt. 583 Codex origine fortasse Cenomannensis postea bibliothecae Pithoeanae nunc Parisinus lat. 1564, 9. Jhdt. 584 Consensus codicum: g codex Frisingensis nunc Monacensis lat. 6243, 8. Jhdt. und W codex Wirceburgensis bibliothecae olim Capitularis nunc Vniversitatis Mp. th. f. 146, 9. Jhdt.

4. Tomus Damasi

399

on verwendet, hier parallel zum ersten Teil ein anathema sit ausgesprochen wird. Im einzelnen stellt sich dies nach Turner so dar: Q 585 v 586 l 587 vall 588 :

Überschrift:

CONFESSIO FIDEI CATHOLICAE QVAM PAPA

DAMASVS MISIT AD PAVLINVM ANTHIOCENVM EPISCOPVM

Verbindungsnotiz (Post concilium Nicaenum quod in urbe Roma postea congregatum est catholici episcopi [Q: a catholicis episcopis] addiderunt de spiritu sancto), Tomus Damasi C 589 B 590 us 591 :

Arnobi- (B: Überschrift:

INCIP RESCRIPTVM SCI DAMASI PAPAE AD

PETITVM HIERONIMI AD PAVLINVM EPISCOPVM VRBIS ANTHIOCENAE)

Brief des Damasus an Paulinus Per filium meum (Kurzform bis ... voluerint sociari, dilectissime frater), Verbindungsnotiz (Post concilium itaque Nicaenum et quod in urbe Roma concilium congregatum est a catholicis episcopis [B: in quo] addiderunt de spiritu sancto), Tomus Damasi S 592 :

Überschrift:

INCIPIT DE SYNODO NICAENO SCRIPTA PAPE

DAMASI AD PAVLINVM ANTHIOCENAE VRBIS EPISCOPVM

Nicaenum, Verbindungsnotiz (Post hoc concilium Nicaenum quod in urbe Roma concilium congregatum est a catholicis episcopisaddiderunt de spiritu sancto), Tomus Damasi A 593 au 594 s 595 :

Verbindungsnotiz (Post concilium Nicaenum in urbe Roma

585 Consensus codicum sylloges Paschasii Quesnel: 1 codex olim Trecensis postea Francisci Pithou nunc Parisinus lat. 3848 A, 9. Jhdt., 6 codex Vindobonensis lat. 2141, Anfang 9. Jhdt., : codex Atrebatensis 572 (644), Anfang 9. Jhdt. In diesen Handschriften geht dem Tomus Damasi jeweils das Schreiben Per filium meum des Damasus an Paulinus in seiner vollen Länge voraus. 586 Consensus codicum sylloges ‘Vaticanae’ (cap. XXXVI): u codex Farfensis, postea Barberinianus xiv 52, nunc Vaticanus, 9. Jhdt., v codex Vaticanus 1342, 9.–10. Jhdt., w codex Florentinus, 10. Jhdt.; in diesen Handschriften folgt jeweils das Schreiben Per filium meum auf den Tomus Damasi. 587 Codex apud Lombardos in Italia meridionali scriptus nunc Vaticanus 5845, 9.–10. Jhdt. 588 Codex bibliothecae Vallicellianae A 5, 9. Jhdt. 589 Consensus codicum originis Gallicae nonnullorum: C codex Corbeiensis nunc Parisinus lat. 12097, 6. Jhdt., K codex Coloniensis bibliothecae Capitularis ccxii, 6.–7. Jhdt, T codex ut videtur Albigensis, nunc Tolosanus bibliothecae publicae 364, 7. Jhdt., pi apud codicem Pithoeanum Paris. lat. 1564, 9. Jhdt. 590 Codex Bobiensis nunc Mediolanensis bibliothecae Ambrosianae S 33, Ende 9. Jhdt. 591 Arnobius Iunior, conflictus II 32,2150–2232. 592 Consensus codicum sylloges ‘Sanblasianae’: S codex Augiensis postea Sanblasianus nunc coenobii S. Pauli apud Carinthos xxv, 7.–8. Jhdt., X codex ut videtur Trevirensis nunc Parisinus lat. 3836, 8. Jhdt., Y codex Coloniensis bibliothecae Capitularis ccxiii, 8. Jhdt., Z codex Lucensis bibliothecae Capitularis 490, 8.–9. Jhdt.

400

Kapitel 4: Theologische Profilierung concilium congregatum est a catholicis episcopis et addiderunt de spiritu sancto), Tomus Damasi

N2 596 :

Symbolum Constantinopolitanum mit nicaenischen Anathematismen,Verbindungsnotiz (Post hoc concilium Nicaenum quod in urbe Roma concilium congregatum est a catholicis episcopis addiderunt de spiritu sancto), Tomus Damasi

Turner hat sich in seiner Edition für die erste Version als ursprüngliche entschieden, da er die Handschriften, die sie bezeugen, für die besseren hält. Jedes Urteil, das von ihm abweichen wollte, müßte zuerst eine genaue Sichtung der betreffenden Handschriften vornehmen. 4.2.2. Die griechische Überlieferung Neben dem lateinischen Überlieferungskomplex des Tomus Damasi liegt uns auch eine griechische Fassung des Dokumentes vor. Theodoret bietet den Tomus Damasi in seiner Kirchengeschichte als römisches Synodaldokument gegen verschiedene Irrlehren 597 im Anschluß an einen Brief des Damasus, in dem er darauf aufmerksam macht, daß er Apolinarius und seinen Schüler Timotheus bereits als Häretiker verurteilt habe. Chronologisch ist dieser Komplex in der Kirchengeschichte des Theodoret nach dem Schreiben der Synode in Konstantinopel an die westlichen Bischöfe aus dem Jahre 382 eingeordnet. Dabei wird aber keine zeitliche Aufeinanderfolge deutlich, da Theodoret die Verurteilung des Apolinarius, die in diesem Brief ausgesprochen wird, aufnimmt und daran das Schreiben des Damasus über Apolinarius und Timotheus anschließt, und zwar mit der Überleitung, daß auch Damasus diese Häresie, als er von ihr erfuhr, verurteilt habe 598 , d.h. also eher zu einem früheren Zeitpunkt, da Damasus bereits in seinem Briefwechsel mit Paulinus über die Anathematisierung der Lehre des Apolinarius schreibt. Somit kann man aus dieser assoziativen Zusammenstellung des Theodoret keinen Hinweis auf den genauen Entste593

Codex (sylloges Dionysio-Hadrianeae) Augiensis postea Sanblasianus nunc S. Pauli apud Carinthios 6, Anfang 9. Jhdt. Aufbau wie M, es geht Nicaenum (interprete Attico) voraus, aber vollständiger Tomus Damasi. 594 Codex Augiensis nunc Karoliruhensis xviii, Anfang 9. Jhdt. 595 Codex olim Sessorianus basilicae S. Crucis lxiii nunc bibliothecae Victoris Emmanuelis 2102, Ende 8. Jhdt. 596 Codicis Vaticani 1322 (N) pars prior, quamvis tempore posterior, 7.–8. Jhdt. 597 THDT., h.e. V 10,6 (GCS 297,10f.): ,BJBMMBEFUJOBTVOBRSPJTRFOUFKFOUIÝ NFHBMIÝ3XNIÝHFHSBGBTJLBUBEJBGPSXOBJSFTFXO BQFSBOBHLBJPOXÝIRIOFO RFJOBJUIÝTVHHSBGIÝ 598 THDT., h.e. V 9,20 (GCS 295,1–5): ,BJ%BNBTPKEFPQBOFVGINPK UBVUIO NBRXOBOBGVFJTBOUIOBJSFTJO PVL"QPMJOBSJPONPOPOBMMBLBJ5JNPRFPOUPO FLFJOPVHFGPJUIUIOLBRFMXOBQFLISVYF LBJUPVUPUPJKUIO&XÝBOJRVOPVTJO FQJTLPQPJKEJBHSBNNBUXOEFEIMXLFO BQFSFORFJOBJUIÝTVHHSBGIÝOFOPNJLB DSITJNPO.

4. Tomus Damasi

401

hungszeitpunkt dieses Briefes und des darauffolgenden Tomus Damasi gewinnen, jedoch wird in dieser Übergangsnotiz der Eindruck erweckt, als seien der Brief über Timotheus und das Synodaldokument ungefähr gleichzeitig, da mit einem verbindenden LBJ angeschlossen wird. Eine Bestandsaufnahme des Textes des Tomus Damasi, wie Theodoret ihn bietet, erbringt: - eine Überschrift: QSPKUPOFQJTLPQPO1BVMJOPOFOUIÝ.BLFEPOJBÝ PKFHFOFUPFO 2FTTBMPOJLIÝ. Sie stimmt bis auf die Ortsangaben mit derjenigen, die auch einige lateinische Handschriften der zweiten Version bieten, überein 599 . Interessant ist, daß Theodoret in seiner kurzen Überleitung zwischen dem Brief über Timotheus und dem Tomus von einer Synode spricht, dann aber in der Überschrift als Absender Damasus nennt. - die Verbindungsnotiz, die in fast allen lateinischen Handschriften vorhanden ist, scheint zunächst zu fehlen, bei genauerem Hinsehen ist aber durchaus der ganze Inhalt in Resten erhalten. Zunächst in der genannten Überleitung des Theodoret, in der er eine römische Synode erwähnt, die über hinzugekommene Häresien etwas geschrieben hat, wobei er sehr ähnlich wie der lateinische Text von einem Versammeln in Rom spricht 600 : UJOBTVOBRSPJTRFOUFKFOUIÝNFHBMIÝ3XNIÝHFHSBGBTJLBUBEJBGPSXOBJSFTFXO Diese Formulierungen entsprechen ungefähr dem lateinischen: ... quod in urbe Roma congregatum est ... addiderunt de (spiritu sancto). Ein weiterer Bestandteil der Verbindungsnotiz findet sich in der begründenden Einleitung zum ersten Anathematismus, denn dort wird abweichend vom lateinischen Text, in dem sich ein schlichtes postea findet, die Erwähnung des nicaenischen Konzils zum Verständnis notwendig (&QFJEINFUBUIOFO/JLBJBÝTVOPEPOBVUIIQMBOI BOFLVZFO... 601 ), da es eben nicht bereits wie in den lateinischen Handschriften genannt worden ist. - Tomus Damasi in der sprachlichen Form der zweiten lateinischen Version: d.h. Vereinheitlichung der beiden Teile dadurch, daß in den Anathematismen 10–24 statt hereticus est die Formulierung BOBRFNBFTUX verwendet wird. Darüberhinaus stimmt sie sprachlich an einigen wenigen Stellen mit der lateinischen zweiten Version gegen die erste Version überein 602 und ist somit eindeutig der zweiten lateinischen Version zuzuordnen.

Bevor nun Einzelheiten ausgewertet werden, soll zunächst die Abhängigkeit der drei Versionen untereinander geklärt werden. 599

Q v l vall: CONFESSIO FIDEI CATHOLICAE QUAM PAPA DAMASUS MISIT AD PAULINUM S: INCIPIT DE SYNODO NICAENO SCRIPTA PAPE DAMASI AD PAU-

ANTIOCENUM EPISCOPUM;

LINUM ANTHIOCENAE URBIS EPISCOPUM 600

THDT., h.e. V 10,6 (GCS 297,10f.). THDT., h.e. V 11,1 (GCS 297,15). 602 Siehe die Anmerkungen und Markierungen im Text oben Kap. 4.4.1.: Anathematismus 8: UIFLUBTFJLBJUITVTUPMI/extensione aut collectione – extensionem aut collectionem (wobei wiederum das aut der lateinischen Versionen gegen den griechischen Text LBJsteht); A. 14: VQFNFJOFOP6JPKUPVRFPVRFPK/sustinebat filius Dei Deus – sentiebat Deus; A. 15: ein in der ersten Version fehlendes IOQFSBOFMBCF/ quam adsumpsit; A. 24: NFSJTI/partiatur – putat; fehlendes RFPO/ deum, FJOBJ/esse, zusätzliches ita dicit in der ersten Version;QJTUFVFTRBJ/credi – ita credit; TINBJOFUBJ/indicatur – indicitur; FJKQBUFSBLBJVJPOLBJBHJPOQOFVNB/in patrem et filium et spiritum sanctum – in patre et filio et spiritu sancto. 601

402

Kapitel 4: Theologische Profilierung

4.2.3. Abhängigkeiten Nach der Auswertung des handschriftlichen Befundes und der Beschreibung der verschiedenen Versionen kann man nun folgende Abhängigkeiten feststellen: 1. Die zweite lateinische Version ist durch die Vereinheitlichung der beiden Teile des Tomus Damasi eindeutig als die sekundäre Version zu benennen. Daß die lateinische Formulierung hereticus est die originale Fassung ist, verraten besonders die Sätze 23 und 24. In Satz 23 verwenden auch die zweite lateinische Version und Theodoret plötzlich den Ausdruck hereticus est/BJSFUJLPKFTUJO, da im weiteren Verlauf des Textes der Begriff hereticus/BJSFUJLPK aufgegriffen wird und diese Formulierung gewissermaßen weitergesponnen wird. Im darauffolgenden Satz 24 wiederum ersetzt der Text der zweiten Version nochmals ein hereticus est durch die Formulierung anathema sit/BOBRFNBFTUX und muß deshalb die Erklärung, die sich in der ersten Version an dieser Stelle anschließt, auslassen, da sie mit dieser Konstruktion nicht mehr möglich ist: hereticus est in omnibus, immo Iudaeus ... 603 Ein weiteres Indiz für die genannte Abhängigkeit verbirgt sich in Satz 14 gegen die Lehre des Apolinarius. Hier weicht die erste Version ein einziges Mal von ihrer stereotypen Formulierung hereticus est ab und verwendet das mildere Urteil non recte sentit. Die zweite Version bleibt auch hier bei ihrem üblichen Richterspruch anathema sit/BOBRFNBFTUX. Die erste Version bietet mit dieser Formulierung also die lectio difficilior, der wohl auch inhaltliche Erwägungen entsprechen. 604 2. Im Wortlaut gleicht die zweite Version bis auf die genannten Stellen, an denen sie mit dem griechischen Text gegen die erste Version übereinstimmt, fast völlig der ersten Version, so daß man annehmen muß, daß Theodoret eine sehr genaue und sorgfältige griechische Übersetzung der zweiten lateinischen Version vorgelegen hat (bzw. er selbst als sorgfältiger Übersetzer tätig war), als er seine Kirchengeschichte abfaßte und nicht andersherum 605 . Vor dem Hintergrund dieser Abhängigkeiten fällt es nun auch leichter, die sonderbare Adresse bei Theodoret auszuwerten. Auch hier ist sicherlich Paulinus, der Bischof von Antiochien, gemeint und nicht etwa der Bischof von Thessalonike, der zu diesem Zeitpunkt Acholius hieß. Die Ergänzung scheint indessen, da in keiner lateinischen Handschrift eine Spur davon zu entdecken ist, eine in den Text geratene Glosse zu sein 606 . 603

EOMIA I/2,1, 293,142. Siehe dazu die Erläuterungen in Kap. 4.4.3. 605 So auch MARKSCHIES 1995, 146 Anm. 352. 606 Mehrfach wurde diese Ergänzung interpretiert, vgl. SCHWARTZ 1935, 81f.; GALTIER 1936, 388; RIEDINGER 1984, 635; zuletzt MARKSCHIES 1995, 152f. 604

4. Tomus Damasi

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Die Sichtung des handschriftlichen Kontextes und sprachliche Beobachtungen haben als Ergebnis die Unterscheidung von zwei Versionen erbracht: Die erste Version ist eine Kombination von Nicaenum und Tomus Damasi; die Verbindungsnotiz scheint in dieser Version eher sekundär zu sein, da sie nur in drei Handschriften belegt ist und bei dieser Kombination eigentlich überflüssig ist. Zudem fehlt der Anathematismus 9 in der sehr wichtigen Handschriftenfamilie F. Turner erachtet diese Version als die handschriftlich besser belegte. Die zweite Version ist eindeutig abhängig von der ersten Version und wegen der Vereinheitlichung des Textes sekundär. Sie bietet jedoch gegenüber der ersten Version einen sehr gut bezeugten eigenständigen Kontext, nämlich die Benennung als Brief des Damasus an Paulinus, der sich auf die Verabschiedung einer römischen Synode beruft. Hier erweist sich die Verbindungsnotiz als notwendig und gehört wohl ursprünglich zu dieser Version, da sie auch durch die Ersetzung von Nicaenum durch hoc in der ersten Version entstellt und mißverständlich wird. In dieser zweiten Version ist sicherlich die Überlieferung des Tomus Damasi als Brief an Paulinus, wie sie Theodoret und die Handschriften Q v l vall bieten, die ursprüngliche gegenüber der Zusammenbindung mit der Kurzform des Briefes Per filium meum des Damasus an Paulinus als ein einziges Schreiben. Diese Kombination bietet nur den ersten Teil dieses Briefes und der Tomus setzt unmittelbar, nachdem im Text das Stichwort fides gefallen ist, ein. Wo dieser Brief sonst überliefert ist, findet man ihn in einer längeren und wohl ursprünglichen Fassung 607 . So setzt die Verbindung des vollständigen Briefes Per filium meum mit dem Tomus bei diesem mit einer neuen Überschrift ein, so daß damit zwei verschiedene Schreiben angezeigt werden. Das Schreiben Per filium meum/Tomus Damasi als Einheit ist zuerst bei Arnobius Iunior belegt, in dem um 450 n.Chr. verfaßten Streitgespräch Conflictus cum Serapione, einem ägyptischen Monophysiten 608 . Er scheint es seinem Gegner aus einem Codex vorzulesen: Cumque haec dixisset Arnobius, protulit codicem, ex quo recitatum est sic 609 . Das läßt darauf

607

Siehe auch Kap. 4.2.1. Gewissermaßen also einem Anhänger des Apolinarius. 609 ARN. IUN., conflictus II 32 (CChr.SL 25A, 170, 2149f. DAUR). Arnobius weist auf zwei verschiedene Briefe des Damasus an Paulinus hin, indem er sich auf Aussprüche des Papstes Coelestin (422–432) bezieht (conflictus II 13 [113,692–696]): Item praedecessor meus Damasus scribens ad Paulinum episcopum Antiochenae ecclesiae inter cetera ait: „Anathematizamus eos, qui duos filios dei adserunt, alterum ex patre qui ante saecula est genitus, et alterum qui ex adsumptione carnis natus est, ex virgine“. 608

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schließen, daß ihm der Text in dieser Form bereits vorlag. An anderer Stelle gibt er aber auch zu erkennen, daß er den zweiten Teil des Briefes Per filium meum kennt, den er gegenüber dem Text des Tomus Damasi als anderen Brief kennzeichnet und aus beiden zitiert: Item ipse apostolicae memoriae vir Damasus in altera epistula ad Paulinum ... 610 . Entweder verrät Arnobius sich hier selbst, d.h. daß er am Ende seines Werkes zwei Briefe des Damasus an Paulinus zu einem einzigen verbunden hat, oder der zweite Teil des Briefes Per filium meum stellt einen eigenständigen Brief dar. Dafür gibt es aber keinerlei Belege, sondern nur dafür, daß es einen Brief Per filium meum gibt, der aus dem erweiterten ersten Teil der Kombination Per filium meum/Tomus Damasi besteht. Gleichzeitig oder etwas früher ist auch der eigenständige Tomus Damasi als Schreiben an Paulinus in griechischer Übersetzung bei Theodoret (spätestens 449/459) belegt, während die Kombination des Arnobius nur in der gallischen Handschriftenfamilie C und B zu entdecken ist. Deshalb erscheint es mir nicht unwahrscheinlich, daß diese Kombination auf Arnobius zurückgehen könnte. Jedenfalls ist damit deutlich, daß gegenüber der handschriftlich besseren Bezeugung der ersten Version, die Turner festgestellt hat, und der sprachlichen Abhängigkeit der zweiten Version von der ersten die sehr frühe Bezeugung der zweiten Version in der christlichen Literatur eben bei Theodoret und Arnobius in die Waagschale geworfen werden muß. Deshalb ist es meines Erachtens sehr wahrscheinlich, daß zwar eine Abhängigkeit der zweiten Version von der ersten vorliegt, aber dennoch beide Texte ihren eigenen historischen Kontext haben und nicht die zweite Version nur eine handschriftliche und literarische Variante der ersten darstellt. Dafür sollen im nächsten Abschnitt weitere Hinweise erarbeitet werden. 4.3. Die erste Version und die Urfassung des Tomus Damasi Auffallend ist zunächst, wie bereits beschrieben, daß der Tomus Damasi formal in verschiedene Teile zerfällt. Zunächst bilden die ersten acht Anathematismen eine Einheit, sie beginnen jeweils mit der Formulierung anathematizamus, woran entweder ein eos oder die direkte Bezeichnung der Gruppe, die ausgeschlossen werden soll, angefügt wird. Diese acht Anathematismen führen formal gewissermaßen den letzten Abschnitt des nicaenischen Symbols fort, das ebenfalls mit einem Anathe-

Diesen Teil zitiert er aus dem Tomus Damasi und den folgenden aus der Langfassung des Briefes Per filium meum:Item ipse apostolicae memoriae vir Damasus in altera epistula ad Paulinum: „Anathematizamus eos, qui duos in salvatore filios confitentur, alium ante incarnationem et alium post adsuptionem carnis ex virgine, et non eundem dei filium, et antea et postea ipsum esse Christum dominum dei filium, qui natus est ex virgine, confitentur: ARN. IUN., conflictus II 13 (CChr.SL 25A, 113, 692–702 DAUR). 610 Ebd. 113, 692–694.

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matismus endet: Eos autem qui dicunt ... hos anathematizat catholica et apostolica ecclesia 611 . Ein zweiter Block, die Sätze 10–23, werden jeweils mit der Formulierung Si quis non dixerit oder si quis dixerit eingeleitet und enden mit der Verurteilung hereticus est bzw. in Satz 14 non recte sentit bzw. in der zweiten Version anathema sit 612 . Die beiden Teile werden durch eine Passage verbunden, die aus der Reihe fällt. Darin wird keine Häresie verurteilt, sondern die Praxis, daß Priester bzw. Bischöfe von einer Kirche zu einer anderen überwechseln, gebrandmarkt. Hiermit wird ein nicaenischer bzw. serdicensischer Canon 613 aufgenommen, der in den Schriften des Damasus häufiger thematisiert wird, sich in diesem Zusammenhang und auch sonst insbesondere gegen Meletius richtet und somit im antiochenischen Schisma Stellung bezieht 614 . Dieser zehnte Satz des Tomus Damasi weist also zunächst auf eine Verbindung zum antiochenischen Schisma und dann auch auf die Autorschaft des Damasus und eben den Kontext der zweiten Version hin. So fehlt auch dieser ganze Satz in der ältesten Handschriftenfamilie F der ersten Version, wo er ohne den Adressaten Paulinus gänzlich ohne Sinn und Zusammenhang wäre. Neben dieser relativ groben literarischen Zwei- bzw. Dreiteilung kann formal noch auf zwei weitere kleine Besonderheiten hingewiesen werden. Bei den ersten acht Sätzen, die mit anathematizamus beginnen, fällt auf, daß nur im zweiten Satz ein quoque 615 hinzugefügt ist und somit ein gewisser Neuanfang impliziert ist 616 . Auch beginnt erst hier die namentliche Nennung der Häretiker. Der erste Anathematismus ist zudem dadurch von den anderen unterschieden, daß ihm eine Begründung vorausgeht, die mit dem Anathematismus selbst verbunden ist, d.h. nur zu ihm gehört, da beides als ein Satz formuliert ist, so daß der erste Anathematismus schon bei Et quia ... beginnt und in dieser Formulierung direkt an das Nicaenum anschließen kann. In den Sätzen 10–24, die in der ersten Version gewöhnlich mit hereticus est enden, bildet Satz 14 gegen die Lehre des Apolinarius eine Ausnahme, da dort eine milderes Urteil gefällt wird: non recte sentit gegenüber dem 611

EOMIA I/2,1, 289,92. Diese Formulierungen erinnern an die Bestimmungen von Sirmium (351), die in ähnlicher Weise aufgebaut sind. DH 72–76. 613 Es handelt sich dabei um den 15. Canon des nicaenischen Konzils und den 1. Canon der Synode von Serdica (siehe auch Canon 2 und 9), vgl. dazu SCHOLZ 1992, 5–36. 614 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 4.2.4; 4.2.5 (Ea gratia), 3.2.1.8 und 5.1 (epist. 5). 615 Bei Theodoret wirkt dieser Einschnitt noch auffallender: PNPJXKEFBOBRFNBUJ [PNFO(GCS 298,5). 616 Siehe dazu die Ausführungen weiter unten in diesem Kap. 612

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anathema sit der zweiten Version. Diese Milde paßt aber nicht zum Anathematismus 7 des ersten Teiles, wo eben die Lehre des Apolinarius anathematisiert wird, jedoch sehr gut zu Äußerungen des Damasus in einer anderen Schrift, denn im Brief Illud sane miramur, der aus Rom in den Osten geschickt wurde, wird ebenso kein Anathema gegenüber der Lehre des Apolinarius ausgesprochen, sondern sie mit denselben Worten recta non sentiant 617 lediglich mißbilligt. Damit liegt es also nahe, diesen Brief und die erste Version des Tomus Damasi zeitlich eng beieinander zu sehen 618 . Festgehalten werden muß aber auch, daß die zweite Version diese Unstimmigkeit zwischen den beiden Teilen aufhebt, da sie auch im Satz 14 ein anathema sit ausspricht. Die erste Version hingegen ist inkonsequent. Es fallen aber insgesamt inhaltliche Doppelungen auf, da auch im zweiten Teil die Häresien, die im ersten Teil deutlich genannt sind, ausgeschlossen werden – wenn auch meist weniger deutlich. Somit ergibt sich insgesamt ein Hinweis darauf, daß beide Teile eigenständige Dokumente sein können, zusätzlich aber bei der ersten Version durch die Inkonsequenz zwischen Satz 7 und 14 ein konkreter Hinweis darauf, daß die literarische Zweiteilung auf historisch unterschiedlichen Gestalten des Textes beruht. Hier möchte ich, die handschriftlichen und formalen Bemerkungen aufnehmend, nun zunächst die These aufstellen, daß die erste Version auf eine ältere Fassung zurückgeht, die ursprünglich folgende Bestandteile hatte: 1. Nicaenum, 2. daran unmittelbar anschließend der erste Anathematismus über den Heiligen Geist und dann 3. die Sätze 10 bis 24, gewissermaßen als Kommentar zum Nicaenum. Darin ist die Urfassung des Textes zu sehen. Auffallend ist nämlich, daß sich die zweite Hälfte des Tomus Damasi als Kommentar zum Nicaenum lesen läßt, der zu den Aussagen dieses Glaubensbekenntnisses in gleicher Reihenfolge die jeweils möglichen Häresien, bzw. gegenteiligen Ansichten formuliert 619 . Satz 10 richtet sich zunächst mit einer allgemeinen Formulierung über die Ewigkeit der einzelnen Personen der Trinität gegen Sabellianer und Marcell. In Satz 11 beginnt dann der Kommentar zum Nicaenum und zwar zu der Bestimmung natum de Patre unigenitum, hoc est de substantia Patris, die wortwörtlich zitiert wird.

617

DAM., epist. 2/2 (Illud sane miramur), SCHWARTZ 1936, 22,1. Siehe dazu die Ausführungen in diesem Kap. weiter unten. 619 Vgl. dazu auch den Komplex Ea gratia/Non nobis quidquam, der sich am Nicaenum orientiert: Kap. 4.2.4. 618

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Satz 12 kommentiert Deum verum de Deo vero mit der Formulierung verum Deum Filium Dei, unius substantia cum Patre mit Patri aequalem und per quem omnia facta sunt mit omnia posse et nosse. Satz 13 kommentiert descendit, incarnatus est mit der Aussage, daß der Sohn trotz seiner Inkarnation gleichzeitig auch mit dem Vater im Himmel war. Satz 14 warnt vor einem falschen Verständnis der Aussage homo factus est, passus est, und Satz 15 verurteilt die Häresie des Marcell bezüglich der leiblichen Auferstehung ascendit in caelos iudicare vivos et mortuos. Ab hier wird wie im Nicaenum der Heilige Geist, jedoch in ganz ausführlicher Weise, thematisiert, nämlich in den Sätzen 16–19 und 22, während die Sätze 20f. und 23f. abschließend insgesamt von der Trinität, ganz im nicaenischen Sinne 620 , handeln. Dabei werden die Themen des zum Heiligen Geist formulierten Anathematismus aufgenommen und jeweils in zwei Sätzen variiert. Die Sätze 16 und 18 äußern sich zur Bestimmung cum Patre et Filio unius substantiae, da betont wird, daß „der Heilige Geist wahrhaftig und eigentlich vom Vater ist und wie der Sohn von göttlicher Substanz und wahrer Gott“ (Satz 16) und daß „der Heilige Geist kein Geschöpf ist oder durch den Sohn gemacht“ (Satz 18). Die Sätze 17 und 19 behandeln die Aussage cum Patre et Filio unius potestatis, denn in Satz 17 heißt es, daß „der Heilige Geist alles kann und alles weiß und überall ist, wie der Sohn und der Vater“, d.h. alles in seiner Macht steht; dieselbe Bedeutung hat auch die Bestimmung in Satz 19, daß „alles durch den Sohn und den Heiligen Geist der Vater gemacht hat“. Aber hier löst sich nun dieser streng am Nicaenum orientierte Aufbau auf, denn die Sätze 20, 21 und 24 explizieren nun insgesamt die trinitarische Formel una substantia – tres personae: 20 die una substantia, 21 die tres personae und in 24 das Verständnis der einen Gottheit der Trinität als unus Deus, indem ausgeschlossen wird, daß der Sohn und der Heilige Geist als minderwertige Götter bezeichnet werden, was mit der Taufformel auf die Trinität untermauert wird. Demgegenüber gehen die Sätze 22 und 23 noch einmal speziell auf den Geist ein. Satz 22 macht deutlich, daß der Geist wie der Vater und der Sohn von der Kreatur angebetet werden muß 621 , während Satz 23 betont, daß auch der, der vom Vater und dem Sohn das Richtige glaubt, ein Häretiker ist, wenn er eine falsche Meinung über den Geist vertritt. Die trinitarischen Aussagen haben als Hauptgegner die „Arianer“ und Pneumatomachen, die den Sohn und den Geist abwerten und sich somit 620

So auch PIÉTRI 1976, 835f. Vgl. dazu DAM., epist. 2/3 (Non nobis quidquam): ...[spiritum] cum patre conveneramur et filio. 621

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wieder dem jüdischen Glauben annähern. Gleichzeitig wird aber auch das Gedankengut der Sabellianer und des Marcell verworfen, die die drei Personen der Trinität verwischen. Deutlich ist also, daß die Urfassung des Tomus Damasi sich vor allem gegen Arianer, Pneumatomachen, Sabellianer und Marcell richtet; gegen apolinaristisches Gedankengut wird nur ganz vorsichtig vorgegangen. Insgesamt ist damit ein Konsens in der Rechtgläubigkeit festgestellt, der sich durchaus in der Tradition der theologischen Glaubensaussagen des Hilarius oder Athanasius befindet 622 und mit der Betonung der tres verae personae der Trinität ganz eindeutig neunizänisch geprägt ist 623 . Die moderate Äußerung gegenüber der Lehre des Apolinarius weist diesen Text aber zeitlich vor die Entstehung des Schriftenkomplexes Ea gratia/Non nobis quidquam, der sich in dieser Frage schärfer äußert. Ein Vergleich dieser genannten Texte mit der Urfassung des Tomus Damasi ergibt aber hinsichtlich der trinitarischen Aussagen auffallende Übereinstimmungen. Auch dort wird zunächst die Einheit der Gottheit ausgedrückt: unius virtutis, unius maiestas, unius divinitas, unius usiae (statt substantiae, um im Osten Mißverständnisse zu vermeiden) inseparabilem potestatem, wie in Satz 20 des Tomus Damasi, wobei damit in Ea gratia die ersten vier Begriffe der Formulierung im Tomus Damasi enthalten sind, wenn man virtus als Entsprechung für potentia betrachtet. Der schon mehrfach beschriebene Satz 14 ist also das einzige Element, das eine Datierung dieser Fassung erlaubt, da die Formulierung eine sehr große Nähe zu Illud sane miramur und den Vorfällen um Vitalis zeigt, so daß wohl diese Fassung des zweiten Teiles des Tomus Damasi vor das Jahr 376 gehört, in dem sich Damasus schon wesentlich kundiger und schärfer über die Lehre des Apolinarius äußert. Aussagen über den status dieses Dokuments sind schwer zu treffen, denn es ist nichts bekannt über eine Synode in diesem Jahr. Es gibt jedoch eine Notiz bei Theodor von Mopsuestia, die besagt, daß im Westen zu Zeiten der Verfolgung, also vor 378, eine Lehre über den Heiligen Geist ausgearbeitet worden ist, die dann auch dem Osten bekannt gemacht wurde: „Die aber nach ihnen (sc. den nicaenischen Vätern) kamen, haben eine vollständige Lehre über den heiligen Geist uns überliefert. Zuerst versammelten die westlichen Bischöfe sich untereinander und hielten eine Synode, weil sie nicht in den Osten kommen konnten wegen der Verfolgungen, die es durch die Arianer in dieser Region gab. Und danach, als die göttliche Gnade die Verfolgungen beendete, übernahmen auch die

622

PIÉTRI 1976, 839 urteilt auch über das Dokument als ganzes: „c’est le code de l’orthodoxie nicéenne en 377“. 623 Siehe dazu MARKSCHIES 1997a, 90f. und HANSON 1988, 759f., vgl. auch ULRICH 1994, 243.

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östlichen Bischöfe freudig diese Lehre, die ihnen übermittelt wurde von der westlichen Synode“ 624

Daran schließt sich nun in der Forschung die Meinung an, daß zusammen mit dem Tomus Damasi auch eine Erweiterung des nicaenischen Symbols in der Form des Nicaeno-Constantinopolitanum verbunden gewesen sei und dieses vom Konzil in Konstantinopel übernommen wurde bzw. schon von der antiochenischen Synode 379 625 . Das sind aber nur Vermutungen, die zwar vielleicht wahrscheinlich gemacht, jedoch nicht bewiesen werden können. Die Aussagen des Theodor können aber durchaus im Hinblick auf die Lehre über den Heiligen Geist auf die Urfassung des Tomus Damasi, die wohl aus Nicaenum + zusätzlichem Anathematismus hinsichtlich des Heiligen Geistes + ausführlichem Kommentar zum Nicaenum mit besonderer Entfaltung der Lehre über den Heilgen Geist 626 bestand, zutreffen. In dieser Fassung ist noch deutlich, daß zunächst ein besonderer Schwerpunkt auf der Lehre über den Heiligen Geist lag und das Nicaenum besonders im Hinblick auf den Heiligen Geist ausgelegt wurde 627 . Die Notiz des Theodor kann also ein Hinweis darauf sein, daß auf einer römischen Synode um das Jahr 375 ein Synodaldokument verabschiedet wurde, das die Form der rekonstruierten Urfassung des Tomus Damasi

624 THDR. MOPS., hom. IX 1 (syr. Text f.54v,2–9 = 214 TONNEAU/DEVRESSE; Übersetzung ABRAMOWSKI 1992, 494–496). Ähnlich VIGILIUS: Constitutum II (23.2.554) § 161 (ACO IV/2, 167,1–9 SCHWARTZ): evidenter apparet falsissime quosdam foventes dicta Theodori opinari quod memoratus Theodorus non fuerit in sua vita damnatus, cum perspectis prodecessoris nostri beatae recordationis Damasi synodalibus constitutis, quae post Nicaenum concilium de spiritu sancto tractantibus et convenientibus in urbem Romam catholicis episcopis et beatae recordationis Ambrosio Mediolanensis civitatis antistite sunt edita longe antequam Theodorus Mompsuestinae officium episcopatus adsumeret, inveniremus plenissime definitum eos qui duos filios adfirmant, unum ante saecula et alterum post adsumptionem carnis ex virgine, sicut superius Theodorum adseruisse monstratum est, anathematis poena percussos. Hier wird auch Ambrosius eine wichtige Rolle zugeschrieben, die aber so nicht nachgewiesen werden kann, vgl. dazu MARKSCHIES 1995, 142–144.161–164, gegen GALTIER 1936, 385–418. 563–577, der die These aufstellte, daß der Tomus Damasi 382 unter der Federführung des Ambrosius entstand, siehe dazu auch die Ausführungen von RITTER 1965, 246–253, der die Datierung GALTIERS für nicht zwingend hält. 625 ABRAMOWSKI 1992, 481–513; vgl. dazu STAATS 1990, 209–221 und die Entgegnung von RITTER 1965, 246–253 und 1993, 553–560. 626 Vgl. dazu die Ausführungen oben in diesem Kap. 627 Siehe auch ABRAMOWSKI 1992, 499.

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hatte. Diese Fassung wurde jedoch danach wahrscheinlich aus aktuellen Anlässen ergänzt und bearbeitet 628 . Weitere mögliche Informationen über die Funktion dieser Urfassung finden sich in einem Brief an Paulinus. Dort äußert sich Damasus über eine fides, die dazu diente, die Rechtgläubigkeit eines Christen festzustellen und Häresien auszuschließen. Eine solche fides habe er an Paulinus gesandt, die als Dokument für die Aufnahme in die Kirchengemeinschaft dienen soll, fidem misimus ... his qui in ea subscribentes tibi, id est nobis per te, voluerint sociari ..., so daß die, die sie unterschreiben, mit Rom in Kirchengemeinschaft stehen. Zusätzlich dazu sollen auch das Nicaenum und die kirchlichen Canones unterzeichnet werden. Außerdem werden in diesem Schreiben explizit zwei Anathematismen genannt, nämlich gegen Apolinarius und gegen diejenigen, die zwei Söhne bekennen. Dazu schreibt Damasus, daß Medizin gegen die Häresien nach Nicaea bereitgestellt werden muß. Dieses geschilderte Vorgehen bzw. die fides nennt Damasus consensus noster, er spricht also von einem Konsenspapier, einem Konsensbeschluß, d.h. einem Synodalbeschluß über die fides. Somit liegt es nahe, in der im Brief Per filium meum genannten fides, den Tomus Damasi, also den Synodalbeschluß einer römischen Synode zu identifizieren. Aus dem historischen Rahmen der zweiten Version des Tomus Damasi wissen wir, daß sie an Paulinus adressiert war, außerdem wurden in der Überlieferung der erste Teil des Briefes Per filium meum und der Tomus Damasi in seiner zweiten Version verbunden. In ihr sind die beiden Anathematismen gegen Apolinarius und diejenigen, die zwei Söhne bekennen, auch enthalten, so daß es nicht nötig wäre, sie im Brief Per filium meum nochmals und zudem ohne Bezug zur fides zu nennen 629 . Zudem scheint die Anathematismenreihe der zweiten Version insgesamt in eine spätere Zeit zu weisen 630 . Daher kann man vielleicht eher an die Urfassung des Tomus Damasi als die dem Brief Per filium meum beigegebene fides denken, die eben durch diese beiden Anathematismen im Falle des Vitalis ergänzt werden mußte, da sie sich gegenüber der Lehre des Apolinarius eher moderat äußerte. Ergebnis: Die Untersuchung der ersten und zweiten Version des Tomus Damasi erbrachte eine eindeutige Abhängigkeit der zweiten von der ersten Version, aber auch die Einsicht, daß der Text wahrscheinlich zwei ver628 Z.B. könnte bereits der Satz 14, der sich bisher vielleicht nur gegen die Sabellianer richtete, aus aktuellem Anlaß um den Zusatz caro cum anima und das mildere Urteil vermehrt worden sein im Rahmen der Verwirrungen um Vitalis. 629 Daher wurde wohl auch bei der Verbindung dieser beiden Dokumente der zweite Teil des Briefes Per filium meum weggelassen. 630 Siehe dazu die Ausführungen in den nächsten beiden Kap. 4.4.4.1. und 2., und die dort erwähnten in der Forschung vertretenen Datierungen.

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schiedene historische Kontexte hat und die Abhängigkeit nicht nur als handschriftliche Variante zu erklären ist. Eine genauere Analyse der ersten Version zeigt schließlich, daß im Text eine literarische Uneinheitlichkeit vorliegt und eine Urfassung rekonstruiert werden kann: 1. Bei der rekonstruierten Urfassung kann es sich um ein römisches Synodaldokument handeln, in dem an das Nicaenum ein Anathematismus gegen die Pneumatomachen und ein Kommentar des Nicaenums speziell im Blick auf den Heiligen Geist angefügt wurde. Theodor von Mopsuestia erwähnt eine solche römische Synode, die eine Lehre über den Heiligen Geist verabschiedet hat. Durch die auffallende Übereinstimmung mit dem Schreiben Illud sane miramur, das hinsichtlich der apolinarischen Lehre dasselbe milde Urteil fällt: recta non sentiunt, scheint es in die Zeit um 375 zu gehören. 2. Diese Urfassung oder bereits eine Bearbeitung scheint im brieflichen Austausch mit Paulinus von Antiochien und dessen Kontakt mit Vitalis eine Rolle zu spielen. Hier spricht Damasus von einem Dokument, einer fides bzw. consensus noster, durch das man, indem man es unterschreibt, in die Kirchengemeinschaft mit dem Westen aufgenommen wird. 3. Die uns vorliegende erste Version scheint also die Urfassung mit Ergänzungen zu sein; als Ergänzungen sind die Anathematismen 2–9 und die Verbindungsnotiz zu sehen. Die Verbindungsnotiz und der Anathematismus 9 fehlen auch in Handschriften dieser Version, so daß sie im Laufe der Überlieferung aus der zweiten Version in die erste eingedrungen zu sein scheinen. Die übrigen Anathematismen sind vielleicht im Verlauf der theologischen Auseinandersetzungen zur Urfassung als Aktualisierung hinzugekommen 631 , so daß sich die erste Version ohne Verbindungsnotiz und Anathematismus 9 im römischen Archiv befunden haben kann. Denkbar ist aber auch, daß die erste Version im Laufe des Überlieferungsprozesses auch durch die Anathematismen 2–8 oder einzelnen davon in Angleichung an die zweite Version ergänzt wurde. Mit diesen genannten Punkten wird jedoch nicht behauptet, daß es sich genauso zugetragen haben muß, sondern es soll ausgehend von einigen Beobachtungen am Text eine vielleicht mögliche Erklärung des handschriftlichen und literarkritischen Befundes vorgelegt werden.

631 Dafür scheint das Vorgehen im Schreiben Per filium meum, in dem zwei Anathematismen als Medizin für die Häresien nach Nicaea formuliert werden, die sich dann auch im Tomus Damasi finden.

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4.4. Die zweite Version des Tomus Damasi 4.4.1. Die zweite Version des Tomus Damasi und der Brief 263 des Basilius Die zweite Version des Tomus Damasi, die uns überliefert ist, entstand wohl so, daß Damasus die römische fides für einen aktuellen Anlaß mindestens durch den Anathematismus 9 ergänzte 632 und ihn an Paulinus sandte. Sie zeigt Spuren von konkreten theologischen und kirchendisziplinarischen Auseinandersetzungen dieser Zeit, aus denen eine zeitliche Einordnung erschlossen werden kann. Zunächst gibt es wieder eine Verbindung mit den Briefen des Basilius. Der letzte Brief des Basilius an den Westen, der uns überliefert ist, liegt in Epistula 263 vor. Dort verlangt Basilius vom Westen eine namentliche Verurteilung bestimmter Häretiker, deren Profil er umreißt. Der Brief ist wohl im Jahre 377 633 geschrieben und nimmt Bezug auf Schreiben, die von Presbytern aus dem Westen überbracht worden sind, die Basilius offenbar erfreut haben: „Der Herr, unser Gott, auf den wir unsere Hoffnung gesetzt haben, schenke jedem von Euch Gnade zum Erlangen der vor uns liegenden Hoffnung in dem Maße, in dem Ihr unsere Herzen mit Freude erfüllt habt durch die Schreiben, die Ihr uns durch die geliebtesten Mitpresbyter geschickt habt, und durch das Mitgefühl mit unserer betrüblichen Lage, das Ihr für uns empfunden habt als mit mitleidigen Herzen Bekleidete, wie uns die eben Erwähnten berichtet haben.“ 634

Welche Schreiben Basilius hier meint, ist schwierig zu ermitteln, denn um das Dokument Ea gratia/Non nobis quidquam, das Dorotheus überbrachte, wird es sich nicht handeln, da Basilius darauf eher empört reagierte; es sei denn er will gerade diesen Umstand verschleiern und seinen Adressaten schmeicheln, um so vielleicht mehr erreichen zu können. Die positive Reaktion stimmt aber mit Aussagen überein, die er in einigen Briefen über 632

Es ist durchaus möglich, daß Damasus für diesen Anlaß auch die Vereinheitlichung des Dokumentes vornahm und Satz 14 verschärfte. 633 LOOFS 1898, 39.53; SCHWARTZ 1935, 187–189 spricht von einer Streitschrift des Basilius; AMAND DE MENDIETA 1963, 130–132; HAUSCHILD 1993, 15 plädiert für das Jahr 375; das ist aber m.E. unwahrscheinlich, da dieser Brief durch seine scharfen Äußerungen über Apolinarius eindeutig zu einem späteren Zeitpunkt geschrieben sein muß, nämlich wie LOOFS gezeigt hat im Sommer 377. Damit erweist sich die Konzeption, die HAUSCHILD 1995, 240–245 für die Jahre 375/76 vorlegt, als fraglich. 634 BAS., ep. 263,1 (CUFr III, 121,1–8): ,VSJPKP2FPKINXO FGPOIMQJTBNFO  UPTBVUIOVNXOFLBTUXÝQBSBTDPJDBSJOFJKUPFQJUVDFJOUIKQSPLFJNFOIKFMQJ EPK PTIKBVUPJDBSBKUBKLBSEJBKINXOFOFQMITBUFFLUFUXOHSBNNBUXOBFQ FTUFJMBUFINJOEJBUXOQPRFJOPUBUXOTVNQSFTCVUFSXOINXOLBJFLUIKTVNQB RFJBKUXOLBRINBKMVQISXO IOTVOFQBRITBUFINJOXKFOEFEVNFOPJTQMBHDOB PJLUJSNPV LBRXKBQIHHFJMBOINJOPJQSPFJSINFOPJ. (Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 116).

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Sanctissimus äußert, nämlich daß er positive Nachrichten aus dem Westen habe, die Anlaß zur Hoffnung geben, und daß sich Sanctissmus von seinen Vorgängern, die ebenfalls Mitteilungen aus dem Westen überbracht haben, die aber eher negativ und erfolglos waren, unterscheide 635 . Wie diese positiven Nachrichten aus dem Westen aussahen, kann wohl nicht mehr ermittelt werden. Vielleicht erfuhr Basilius über Sanctissimus von einem Dokument über die Rechtgläubigkeit, wie es die erste Version des Tomus Damasi darstellt, das keine antimeletianischen Ausfälle enthielt, oder man freute sich über Aussagen, wie sie in Illud sane miramur und Per filium meum zu finden sind, die eine Distanzierung von der Partei des Vitalis und damit Apolinarius erkennen ließen. Auch scheint Basilius in diesem Brief kein besonderes Gewicht mehr darauf zu legen, daß gegen die Arianer etwas unternommen werden muß; dieses Thema ist für ihn offenbar nicht mehr dringlich, da deren Häresie allen bekannt sei 636 , womit also ein deutlicher Unterschied zu seinem letzten Brief 243 an den Westen festgestellt werden kann. Offenbar hat ihn die Reaktion des Westens hinsichtlich der Abgrenzung von der arianischen Häresie bereits zufriedengestellt. Basilius jedenfalls fordert in diesem Brief den Westen dazu auf, gegen diejenigen etwas zu unternehmen, die sich den Anschein der Rechtgläubigkeit geben, die das Schafsfell umgelegt haben 637 . Diese sollen vom Westen in einem Synodalbeschluß, d.h. durch die Autorität einer möglichst großen Zahl von Bischöfen 638 , dem Osten namentlich bekannt gemacht werden: „Diese sollen, so bitten wir, von Eurer Gewissenhaftigkeit gegenüber allen Kirchen im Osten öffentlich bekanntgemacht werden, damit sie entweder auf rechtem Weg gehen und ehrlich mit uns zusammen sind oder bei der Verkehrtheit bleiben und für sich allein den Schaden haben ... Es ist aber nötig, diese namentlich zu erwähnen, damit auch Ihr diejenigen kenntlich macht, die bei uns die Verwirrung anstiften, und Ihr sie unseren Kirchen offen bekanntmacht.“ 639

635

Siehe dazu die Basiliusbriefe 253–256 und die Ausführungen dazu in Kap. 4.2.5.1. BAS., ep. 263,2 (CUFr III, 122,1–4): 5PNFOPVOJUBNPOLBJBOBJTDVOUPOUIK BJSFTFXKUXO"SFJBOXOGBOFSXKBQPSSBHFOUPVTXNBUPKUIK&LLMITJBKNF OFJFQJUIKJEJBKQMBOIKLBJPMJHBINBKMVNBJOFUBJEJBUPQBTJQSPEIMPOBVUXO UIOBTFCFJBOFJOBJ 637 ... PJEFUIOEPSBOUPVQSPCBUPVQFSJCFCMINFOPJ...: BAS., ep. 263,2 (CUFr III 122,4f.); siehe zu diesem Schreiben auch ROUSSEAU 1994, 313f. 638 BAS., ep. 263,2 (CUFr III 122,24–123,27): &BOEFLBJTVNGXOXKQMFJPOFK PNPVUBBVUBEPHNBUJTIUF EIMPOPUJUPQMIRPKUXOEPHNBUJTBOUXOBOBOUJSSI UPOQBTJUIOQBSBEPDIOLBUBTLFVBTFJUPVEPHNBUPK 639 BAS., ep. 263,2 (III 122,9–13.15–17): OVKBYJPVNFOQBSBUIKVNFUFSBKBLSJ CFJBKQSPKQBTBKUBKLBUBUIO"OBUPMIO&LLMITJBKEINPTJFVRIOBJ JOBI PSRPQPEITBOUFKHOITJXKXTJTVOINJO INFOPOUFKFQJUIKEJBTUSPGIKFOFBV UPJKNPOPJKUIOCMBCIOFDXTJ"OBHLIEFUPVUXOPOPNBTUJNOITRIOBJ JOBLBJ 636

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Basilius nennt nun drei östliche Theologen, die seiner Meinung nach vom Westen namentlich verurteilt werden sollen. Als erster wird Eustathius von Sebaste angeführt und ausführlich sein Werdegang bzw. seine Häresiegeschichte berichtet. Detailliert schildert Basilius seinen Ursprung bei den Arianern 640 und daß er schließlich, nachdem er von seinem Bischofsamt abgesetzt worden war, durch ein Glaubensbekenntnis, das er Liberius, dem Bischof von Rom vorgelegt hatte, vom Westen als orthodox erachtet wurde und sein Bischofsamt zurükkerhielt 641 . Dieses Glaubensbekenntnis zerstöre Eustathius nun, denn er sei Anführer der Pneumatomachen, und da er dazu deshalb in der Lage sei, weil Rom ihm mit diesem Brief die Möglichkeiten gegeben habe, müsse nun die Korrektur und Verurteilung auch von dort kommen. Als zweiter wird Apolinarius genannt, dessen falsche Lehren bezüglich der Gotteslehre und der Inkarnation aufgezählt werden. Basilius beklagt, daß dadurch die Brüder in Verwirrung geraten 642 . Die dritte Person ist Paulinus. Hier formuliert Basilius allerdings vorsichtig. Zunächst stellt er die Ordination des Paulinus infrage, da er zum Bischof ernannt wurde, als Meletius bereits zum Bischof von Antiochia ordiniert war, welcher allerdings zuvor schon Bischof von Sebaste war. Dieses Urteil möchte er aber dem Westen überlassen: „Ob indes Paulinus wegen seiner Ordination irgendeinen Tadel verdient, mögt Ihr selbst sagen“ 643 .

Außerdem beschuldigt Basilius Paulinus vehement, ein Anhänger der Lehren Marcells von Ancyra zu sein: das sei ein verdorbenes Judentum (*PVEBJÅTNPOEFQBSFGRBSNFOPO 644 ). BVUPJHOXSJTIUFUPVKUBKUBSBDBKQBSINJOFSHB[PNFOPVKLBJUBJK&LLMITJ BJKVNXOGBOFSPOLBUBTUITIUF. (Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 117). 640 Tatsächlich gehörte er zu den Homöusianern bzw. Macedonianern, aber vgl. die parallele Aussage im Tomus Damasi 4: ... ex Arrii stirpe ... vgl. dazu Kap. 4.4.1. 641 BAS., ep. 263,3 (CUFr III 123,22–124,28): LBJPVUXKBQFMBRFJKUIKFQJTLP QIKEJBUPFOUIÝ.FMJUIOIÝQSPLBRIÝSIRBJPEPOFBVUXÝUIKBQPLBUBTUBTFXKFQ FOPITFUIOXKVNBKBGJYJO,BJUJOBNFOFTUJOBQSPFUBRIBVUXÝQBSBUPVNB LBSJXUBUPVFQJTLPQPV-JCFSJPV UJOBEFBBVUPKTVOFRFUPBHOPPVNFO QMIOPUJ FQJTUPMIOFLPNJTFOBQPLBRJTUXTBOBVUPO IOFQJEFJYBKUIÝLBUB5VBOBOTVO PEXÝBQPLBUFTUIUXÝUPQXÝ Basilius schreibt hier von der Reise des Eustathius zu „Euch“ (VNBK), also zu Liberius, dem Bischof von Rom. Wahrscheinlich ist also, daß auch dieser Brief, der nur an den Westen adressiert ist, an Damasus gerichtet war. 642 BAS., ep. 263,4. 643 BAS., ep. 263,5 (CUFr III 125,1f.): 0NFOUPJ1BVMJOPKFJNFOUJLBJQFSJUIO DFJSPUPOJBOFQJMIZJNPOFDFJBVUPJBOFJQPJUF. 644 BAS., ep. 263,5 (III 125,11).

4. Tomus Damasi

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Im Anschluß daran formuliert nun Basilius seine eingangs bereits erwähnte Bitte noch dringlicher und fordernder, ganz im Gegensatz zu seinen freundlichen, fast unterwürfigen Bittbriefen vor Ep. 263. Er besteht darauf, daß der Westen sich damit befaßt und Briefe an alle Kirchen im Osten schreibt, damit diejenigen, die diese Häresien vertreten, von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen werden: „Daß dem Eurerseits Beachtung geschenkt werde, das verlangen wir. Das könnte aber geschehen, wenn Ihr Euch bereitfinden würdet, an alle Kirchen im Osten zu schreiben, daß diejenigen, die solche falsche Lehre vertreten, falls sie sie korrigieren, in der Kirchengemeinschaft sein können, wenn sie aber rechthaberisch auf den Neuerungen beharren, von Euch abgetrennt werden.“ 645

Auffallend sind dabei folgende Punkte: Zwar berichtet Basilius nur bei Eustathius von Sebaste davon, daß er von Rom unterstützt wurde und deshalb die Unterstützung von dort auch wieder zurückgezogen werden müsse, aber die Fälle des Apolinarius und Paulinus liegen ähnlich. Auch sie werden jeweils von Rom unterstützt, aber im Gegensatz zu Eustathius nicht bereits von Liberius, sondern von Damasus. Apolinarius war zwar nicht persönlich in Rom, sondern sein Schüler Vitalis, der ein Glaubensbekenntnis vorlegte, das von Damasus zunächst anerkannt wurde, wobei ihm aber später die Problematik durchaus bewußt geworden ist 646 . Dieser Vitalis wurde offenbar danach von Apolinarius zum Bischof von Antiochia ordiniert und konkurrierte also mit Meletius 647 . Ähnlich liegt die Situation bei Paulinus. Er wurde bereits vor einiger Zeit zum Bischof von Antiochia ordiniert und war in dieser Funktion und in seiner Rechtgläubigkeit von Rom anerkannt 648 . Da diese Konstellationen natürlich auch Rom bekannt waren, ist deutlich, daß Basilius damit indirekt Damasus den Vorwurf macht, daß er wie Liberius unbesonnen Häretiker in seine Kirchengemeinschaft aufgenommen habe. Zudem scheint Basilius diesen Brief aus einer anderen Position heraus geschrieben zu haben als noch Ep. 243, es geht nicht mehr darum, die eigene Rechtgläubigkeit zu beweisen, sondern er stellt Forderungen, was ein Hinweis darauf sein könnte, daß die Rechtgläubigkeit des Meletius und

BAS., ep. 263,5 (CUFr III 125,11–17): 5PVUXOUIOFQJNFMFJBOHFOFTRBJQBS VNXOFQJ[IUPVNFO(FOPJUPEBO FJFQJTUFJMBJLBUBYJXTIUFQBTBJKUBJKLBUB UIO"OBUPMIO&LLMITJBJK UPVKUBVUBQBSBDBSBTTPOUBK FJNFOEJPSRPJOUP FJOBJLPJOXOJLPVK FJEFFQJNFOFJOGJMPOFJLXKCPVMPJOUPUBJKLBJOPUPNJBJK DX SJ[FTRBJBQBVUXO. (Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 119). 646 Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 4.3. 647 Vgl. dazu oben Kap. 4.3.2. 648 Vgl. dazu die Ausführungen zum Schreiben Per filium meum, oben Kap. 4.3.1.3. 645

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

seiner Anhänger von Rom zuvor anerkannt worden ist, und eben darin die guten Nachrichten bestanden 649 . Daß der Tomus Damasi in der zweiten Version die Antwort auf diesen Brief des Basilius ist 650 , legen folgende Beobachtungen nahe: Zunächst ist festzustellen, daß in den Anathematismen 2 – 5 Häresien namentlich genannt werden, wobei allerdings keine der von Basilius angeprangerten Personen verurteilt wird. Im Tomus Damasi werden zunächst die Sabellianer angeführt, dann in Anathematismus 3 die Arianer und Eunomianer. Diese Häresie wird hier aber so charakterisiert, daß sie den Sohn und den Heiligen Geist als Geschöpfe lehrt, also die Pneumatomachen bereits eingeschlossen sind. Satz 4 nennt nun die Macedonianer, ein Begriff, der hier für den lateinischen Bereich zum ersten Mal genannt wird 651 , die aus der Wurzel des Arius entstanden seien, aber dieselbe Häresie vertreten, also nur den Namen geändert haben. Macedonianer 652 war zunächst eine Bezeichnung für den Kreis der Homöusianer um Macedonius von Konstantinopel, zu dem auch Eustathius von Sebaste gehörte. Auch nachdem sie im Zuge der Kirchenpolitik des Constantius von ihren Bischofsämtern vertrieben worden waren, sammelte sich dieser Kreis um Macedonius, der aber schon bald starb. Mitte der 60er Jahre erlangten sie sogar unter Führung des Eustathius von Sebaste die römische Anerkennung durch Bischof Liberius, indem sie ein Glaubensbekenntnis unterschrieben und sich zum Nicaenum bekannten 653 , eben dies prangerte Basilius in seiner Ep. 263 an. An dieser Anerkennung des PNPPVTJPK zerbrach aber der Kreis der Homöusianer; Eustathius von Sebaste wandte sich wieder vom PNPPVTJPK ab, weil er die Konsequenzen für den Heiligen Geist nicht ziehen konnte und vertrat zusammen mit Eleusius von Kyzikos die pneumatomachische Lehre. Aus den Homöusianern waren also Pneumatomachen geworden. Daß Damasus diese Gruppe unter dem Namen ‘Macedonianer’ verurteilt, hat wohl folgende Gründe: 649

Vgl. dazu die Ausführungen zur Unterschriftenliste, oben Kap. 4.2.6. Gegen die meist vertretene Ansicht, daß das Fragment Non nobis quidquam (DAM., epist. 2/3) die Antwort auf das Schreiben des Basilius sein soll, so auch z.B. ROUSSEAU 1994, 315. Dieses Fragment bietet m.E. keinen zwingenden inhaltlichen Anhaltspunkt für diese Zuweisung, siehe dazu auch oben die Ausführungen zu Ea gratia. 651 Auch im griechischsprachigen Bereich gibt es keinen Beleg für die Verwendung des Begriffs in dieser Weises, vgl. MEINOLD 1951, 1066–1069. Das ist aber kein Grund dafür, den Tomus Damasi erst ins Jahr 382 zu datieren, da Hieronymus im Jahr 380 diesen Begriff in seine Chronik aufnimmt und Damasus gute Gründe hatte, diese Gruppe so zu benennen. 652 Vgl. dazu MEINOLD 1951, 1066–1101; HAUSCHILD 1967, 236–239; und die Ausführungen oben Kap. 4.4.1. zur Stelle. 653 Vgl. dazu auch BRENNECKE 1984, 335–346 und 1988, 216–222. 650

4. Tomus Damasi

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Erstens war ihm Eustathius als Homöusianer bzw. Macedonianer bekannt, weil er für diese Partei bei Liberius die Anerkennung der Rechtgläubigkeit erlangte, zweitens konnte er damit die genaue Namensnennung des Eustathius vermeiden, der einmal von Rom als rechtgläubig anerkannt wurde. Damasus hatte also triftige Gründe, hier den Begriff Macedonianer zu verwenden bzw. den Begriff für diese Partei zu prägen, der sodann von Hieronymus aufgenommen wurde, ebenso vom Kaiser in seiner Gesetzgebung. Damit fand der Begriff auch im Osten Verbreitung. Satz 5 verurteilt Photin, wie es auch schon Hilarius tat 654 . Die Sätze 6–9 sind nun aber in unserem Zusammenhang aufschlußreich. Da im Anathematismus 4 unter einem anderen Namen, nämlich dem des Macedonius, auf die Häresie des Eustathius eingegangen wird, werden die drei von Basilius genannten Häretiker in der gleichen Reihenfolge behandelt, die auch Basilius vorgelegt hat, denn die Sätze 6 und 7 befassen sich mit Apolinarius, die Sätze 8 und 9 mit den Äußerungen des Basilius über Paulinus. Anathematismus 6 verurteilt zunächst die Lehre, die zwei Söhne behauptet. Damit wird wohl keine Häresie dieser Zeit benannt 655 , sondern ein Vorwurf des Apolinarius abgewehrt, der seine Gegner, insbesondere die Gemeinde um Paulinus, beschuldigt, daß sie, wenn sie von der Inkarnation nicht in seinem Sinne sprechen, aus dem Sohn Gottes zwei Söhne machen 656 . In Satz 7 wird dann die Lehre des Apolinarius verurteilt; also die von Basilius geforderte Maßnahme, nur ohne Namensnennung, durchgeführt. Satz 8 verwirft die Lehre Marcells, die Basilius Paulinus vorgeworfen hatte, wiederum ohne den Namen zu nennen. Am auffallendsten ist schließlich Satz 9, der eindeutig Stellung dazu bezieht, daß Basilius in seinem Brief die Rechtmäßigkeit der Ordination des Paulinus anzweifelt. Denn während im Dokument Ea gratia nur andeutungsweise Meletius eine unrechtmäßige Ordination vorgeworfen wird, ist die betreffende Bestimmung im Tomus Damasi ganz eindeutig. Sie besagt nämlich, daß derjenige, der von einem Bischofssitz auf einen anderen wechselt, im Unrecht ist, und daß derjenige, der dies tut, seine Bischofswürde verliert, bis sein Nachfolger auf dem ersten Bischofssitz gestorben ist. D.h. Meletius, der zuerst Bischof von Sebaste war, kann nur Bischof 654

Vgl. HIL., trin. X 21. Diodor von Tarsus, der derartiges vertrat, greift wohl erst später in die Auseinandersetzungen ein, vgl. dazu TETZ 1975, 212 und Anm.58. Außerdem galt Diodor zu Lebzeiten als orthodox: SCHÄUBLIN 1981, 763f. 656 Vgl. dazu die Ausführungen zum selben Anathematismus in DAM., epist. 3 (Per filium meum) in Kap. 4.3. 655

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von Sebaste sein und nicht von Antiochia; da in Sebaste aber bereits ein Nachfolger eingesetzt ist, muß er so lange auf seine Bischofswürde gänzlich verzichten, bis dieser Nachfolger gestorben ist und dieses Bischofsamt wieder frei wird 657 . Diese Bestimmung widerspricht also ganz eindeutig Basilius und bestätigt Paulinus in seinem Amt, da es zur Zeit seiner Ordination ansonsten keinen rechtmäßigen Bischof von Antiochia gab. Auch der Anathematismus 8 richtet sich nicht gegen Paulinus, sondern allgemein gegen die Lehre des Marcells. Somit kann man sagen, daß hiermit der Westen auf den Brief des Basilius zwar eindeutig reagiert, aber natürlich keineswegs nur im Sinne des Basilius, der eine namentliche Verurteilung seiner Hauptgegner wollte, d.h. Eustathius, Apolinarius und Paulinus, die gleichzeitig auch die Hauptgegner des Meletius waren. Man kann aber auch nicht sagen, daß Damasus genau das Gegenteil beschlossen hat 658 . Im Blick auf Eustathius und Apolinarius erreichte er zumindest eine Verurteilung ihrer Lehren, die aber eben nicht namentlich mit ihnen identifiziert wurden, wohl mit der Absicht, den römischen Irrtum zu verschleiern und auch Basilius nicht zu weit nachzugeben. Im Hinblick auf Paulinus ist die Niederlage für Basilius jedoch besonders bitter, da Satz 9 des Tomus Damasi wiederum eine Bestätigung des Paulinus und gleichzeitig eine Ablehnung des Meletius als Bischof von Antiochien darstellt. Meletius sei unrechtmäßig von einem Bischofssitz zum anderen gewechselt und habe deshalb für den Westen sein Amt verloren, bis sein Nachfolger in Sebaste gestorben sei. Versucht man nun eine zeitliche Einordnung dieser Antwort an Basilius vorzunehmen, ist zunächst einmal deutlich, daß diese zweite Version nicht vor 377, d.h. vor dem Brief des Basilius entstanden sein kann, da sie doch eine sehr auffällige Abhängigkeit von diesem Schreiben zeigt. Da Meletius Ende Mai 381 auf dem Konzil von Konstantinopel starb und die neunte Bestimmung des Tomus Damasi eindeutig gegen ihn gerichtet ist, wird dieses Dokument also vor 381 659 entstanden sein. Da das Schreiben als Absender Damasus und keine Synode angibt, muß es nicht unbedingt ein Synodaldokument sein. Betrachtet man nun die Synodaltä657 DE HALLEUX 1984, 636 schreibt sogar: „Se soumettre sur ce point à la sentence romaine aurait équivalu à un abdication en faveur de Paulin, impensable chez les Pères du concile mélécien d’Antioche.“ 658 So aber SCHWARTZ 1935, 81. 659 Sie könnte auch gegen Gregor von Nazianz gerichtet sein, der, bevor er zum Bischof von Konstantinopel ernannt wurde, bereits ein anderes Bischofsamt innehatte. Dies wäre aber nur für das Jahr 381 aktuell.

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tigkeit in Rom, so kann es aber sein, daß die neue Fassung auf der römischen Synode von 377/78, der mit Sicherheit auch das Synodalschreiben Et hoc gloriae vestrae zuzuordnen ist, besprochen worden ist. 4.4.2. Die zweite Version des Tomus Damasi und das Schreiben der Nachsynode von Konstantinopel im Jahr 382 Daß die Frage der Bischofsordination zwischen Ost und West viel strittiger war als theologische Fragen, ist eben auch aus den Vorgängen um das Konzil von Konstantinopel zu erkennen 660 . Die theologischen Aussagen, die abgesehen vom umstrittenen NicaenoConstantinopolitanum 661 vom Konzil in Konstantinopel überliefert sind, lassen außerordentlich große Übereinstimmungen mit dem Tomus Damasi erkennen. Der erste bzw. die ersten beiden Canones bieten fast dieselben Anathematismen, die auch im römischen Dokument genannt werden, jedoch mit jeweils genauer Namensnennung. So werden die Arianer, Eunomianer, Macedonianer, Sabellianer, Marcellianer, Fotinianer und Apolinaristen verurteilt 662 , in den verschiedenen Überlieferungsvarianten werden zusätzlich noch Eudoxianer und Anhomöer genannt, die jedoch unter die Arianer subsummiert werden können; ebenso wird der Begriff Pneumatomachen genannt, der zwar im Tomus Damasi nicht erwähnt wird, deren Lehre jedoch verurteilt wird. Ebenso formuliert der Synodalbrief, den die Nachsynode in Konstantinopel an den Westen sendet 663 , Glaubensaussagen, die mit denjenigen, die im Tomus Damasi getroffen wurden, vergleichbar sind: 660

Vgl. auch STAATS 1996, 41 und GREG.NAZ., de vita sua, 1560–1566. Vgl. zu dessen viel diskutierter und umstrittener Geschichte RITTER 1965, STAATS 1996 und OHME 1998, 510–542. 662 TURNER, EOMIA, II/3, 408–411: I Interpretatio quae dicitur Prisca: II Anathema esse omnem heresem, id est Eunomianorum, Insimilium, Arrianorum, Eudoxianorum, et Semiarrianorum Spiritu sancto adversi et Sabellii et Marcellianorum et Apollianorum. II Interpretatio quae falso dicitur Isisdori: I ...oportet et anathematizari omnem heresem, specialiter autem Eunomianorum, qui latine ‘sine lege’ dicuntur, et Arrianorum [sive Eudoxianorum] et Semiarrianorum necnon Pneumatomachorum (id est qui contra Spiritum sanctum pugnant) et Sabellianorum et Fotinianorum et Apollinaristarum. III Interpretatio Dionysii Exigui prior und IV Interpretatio Dionysii Exigui altera:: ...et anathematizandam omnem heresem, et specialiter Eunomianorum vel Anomianorum, et Arrianorum vel Eudoxianorum, et Machedonianorum vel Spiritui sancto resistentium, et Sabellianorum et Marcellianorum et Potinianorum, et Apollinarianorum. Siehe zu den Canones OHME 1998, 510–528. 663 Vgl. dazu RITTER 1982, 53: „Der (verlorene) ‘Tomus’, dessen wesentlichen Inhalt das Synodalschreiben von Konstantinopel 382 ... wiedergibt, wird am ehesten der Theologie des Konzils authentischen Ausdruck verliehen haben, indem es sich darin, wie es scheint, nachdrücklich zum ‘nizänischen Glauben’ als dem Palladium der Orthodoxie 661

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

 LBJBLPMPVRPOUXÝCBQUJTNBUJ LBJEJ EBTLPVTBOINBKQJTUFVFJOFJKUPPOP NBUPVQBUSPKLBJUPVVJPVLBJUPV BHJPVQOFVNBUPK EIMBEIRFPUIUPKLBJ EVOBNFXKLBJPVTJBKNJBKUPVQBUSPK LBJUPVVJPVLBJUPVBHJPVQOFVNBUPK QJTUFVPNFOIK   PNPUJNPVUFUIKBYJBKLBJTVOBJÅEJPV UIKCBTJMFJBK 665  FOUSJTJUFMFJPUBUBJKVQPTUBTFTJO  IHPVOUSJTJUFMFJPJKQSPTXQPJK 666

Tomus Damasi 24: Haec est ergo salus christianorum, ut credentes Trinitati, id est Patri et Filio et Spiritui sancto, et baptizati in ea, veram solam unam divinitatem et potentiam, maiestatem et substantiam, eiusdem esse sine dubio credamus. Tomus Damasi 20: unum regnum Tomus Damasi 21: tres personas ... veras Patris et Filii et Spiritus sancti

Damit wird zunächst positiv der nicaenische Glaube zusammengefaßt 667 als Glaube an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist, entsprechend der Taufformel, und an die eine Gottheit, Kraft und Usie der Trinität, von gleichgeehrter Würde und gleichewigem Königtum; und zwar in drei vollkommenen Hypostasen bzw. Personen, wobei letztere Formulierung den lateinischen Sprachgebrauch der personae aufnimmt und als gleichwertig anerkennt. Ebenso werden auch einzelne Anathematismen ausgesprochen, wobei die Reihenfolge des Tomus Damasi wiederkehrt, indem die Sabellianer zuerst genannt werden, dann die Eunomianer und Arianer und anstelle des ungewöhnlichen Begriffs ‘Macedonianer’ die Pneumatomachen, sodann die Apolinaristen, jedoch wie im Tomus Damasi ohne Namensnennung.  XKNIUFUIO4BCFMMJPVOPTPODXSBO MBCFJOTVHDFPNFOXOUXOVQPTUBTFXO FJUPVOUXOJEJPUIUXOBOBJSPVNFO XO 668

Tomus Damasi 2: Anathematizamus quoque eos qui Sabellii sequuntur errorem, eundem dicentes Patrem esse quem et Filium:

bekannte, aber das homousios von Nizäa nun auch ausdrücklich auf den Hl. Geist übertrug ...“ . 664 THDT., h.e. V 9,11 (292,11–14): „... es ist sehr alt, geht aus der Taufe hervor und lehrt uns, an den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes zu glauben. Dabei wird eindeutig an eine Gottheit, eine Macht und eine Usie des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes geglaubt ...“ (Übersetzung: WOHLMUTH 1998, 28). 665 Ebd. (292,14f.): „sowie von gleichgeehrter Würde und gleichewigem Königtum“. 666 Ebd. (292,15f.): „... in drei vollkommensten Hypostasen, das heißt drei vollkommenen Personen ...“: Hier wird also bewußt auch auf die Begrifflichkeit des Westens Bezug genommen und als gleichwertig anerkannt. (Übersetzung: ebd.). 667 PIÉTRI 1976, 845f. zu Tomus Damasi 20,21 und 24. 668 THDT., h.e. V 9,11 (292,16–18): „So darf weder die Krankheit des Sabellius Platz greifen, wonach die Hypostasen vermischt oder auch deren Eigentümlichkeiten aufgehoben werden ...“ (Übersetzung: WOHLMUTH 1998, 28).

4. Tomus Damasi  NIUFNIOUIO&VOPNJBOXOLBJ"SFJB OXOLBJ1OFVNBUPNBDXOCMBTGINJBO JTDVFJO UIKPVTJBKIUIKGVTFXKI UIKRFPUIUPKUFNOPNFOIKLBJUIÝBL UJTUXÝLBJPNPPVTJXÝLBJTVOBJÅEJXÝUSJ BEJNFUBHFOFTUFSBKUJOPKILUJTUIKI FUFSPPVTJPVGVTFXKFQBHPNFOIK 669 .  LBJUPOUIKFOBORSXQITFXKEFUPV LVSJPVMPHPOBEJBTUSPGPOTX[PNFO  PVUFBZVDPOPVUFBOPVOIBUFMIUIO UIKTBSLPKPJLPOPNJBOQBSBEFDPNF OPJ PMPOEFFJEPUFKUFMFJPONFOQSP BJXOXOPOUBRFPOMPHPO UFMFJPOEF BORSXQPOFQFTDBUXOUXOINFSXO EJBUIOINFUFSBOTXUISJBOHFOPNF OPO 670 

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Tomus Damasi 3f.: Anathematizamus Arrium adque Eunomium, qui pari impietate, licet sermone dissimili, Filium et Spiritum sanctum adserunt creaturas: Anathematizamus Macedonianos, qui de Arrii stirpe venientes non perfidiam mutaverunt sed nomen: Tomus Damasi 7: Anathematizamus eos qui pro hominis anima rationabili et intellegibili dicunt Dei Verbum in humana carne versatum, cum ipse Filius et Verbum Dei non pro anima rationabili et intellegibili in suo corpore fuerit, sed nostram (id est rationabilem et intellegibilem) sine peccato animam susceperit adque salvaverit:

Die Canones und der Synodalbrief betonen außerdem in gleicher Weise, daß allein der nicaenische Glaube ausreichend ist und daß er völlig unberührt feststehen soll 671 , und die Bischöfe des Osten schreiben an die westlichen Bischöfe, daß auch diesen der nicaenische Glauben genügen muß, wenn sie nicht das Wort des wahren Glaubens verkehren wollen 672 . Dies

669 Ebd. (292,18–22): „... noch gar die Blasphemie der Eunomianer, Arianer und Pneumatomachen Einfluß haben. Nach ihnen wird das Wesen, die Natur oder die Gottheit geteilt und der nichtgeschaffenen, wesensgleichen und gleichewigen Dreiheit eine später entstandene, geschaffene oder wesensverschiedene Natur hinzugefügt.“ (Übersetzung: ebd.). 670 THDT., h.e. V 9,11f. (292,22–293,3): „Auch die Lehre von der Menschwerdung des Herrn bewahren wir ohne Verdrehung, wobei wir das Fleisch in der Heilsökonomie weder als unbeseelt noch vernunftlos oder als unvollendet annehmen. Vielmehr wissen wir: Er ist als ganzer vor Weltzeiten vollkommener Gott-Logos, vollkommener Mensch hingegen ist er als ganzer geworden in den letzten Tagen um unseres Heils willen.“ (Übersetzung: WOHLMUTH 1998, 28). 671 TURNER, EOMIA II/3, 408f.: I Prisca: Non transgredi fidem sanctorum patrum CCCXVIII qui in Nicaea Bythiniae convenerunt, sed permanere eam firmam et dominam censemus. II Isisdori: Non spernendam esse fidem patrum CCCXVIII qui in Niceam Bythiniae convenerunt; sed manere eam ratam oportet... III+IV Dionysii I+II: Non rescindendam fidem [II: fidem non violandam] patrum trecentorum decem et octo qui apud Niceam Bythiniae convenerunt; sed manere eam firmam et stabilem... Vgl. dazu auch die Ausführungen zu Ea gratia/Non nobis quidquam in Kap. 4.2.4. 672 THDT., h.e. V 9,10f. (292,7–11): ... VQFSUIKFVBHHFMJLIKQJTUFXKUIKFO/J

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Kapitel 4: Theologische Profilierung

könnte vielleicht eine Reaktion auf die Erklärung im Tomus Damasi sein, daß nach dem nicaenischen Konzil etwas hinzugefügt worden ist. Dagegen will sich der Osten verwahren. Deutlich bemühen sich in diesem Synodalschreiben die östlichen Bischöfe darum zu zeigen, daß sie sich für den rechten und gesunden Glauben einsetzen; so wird dieser theologische Teil des Synodalbriefes an den Westen damit eingeleitet, daß drei Bischöfe vorgestellt werden, die in den Westen gesandt werden, um eben dies persönlich kundzutun: „Wir haben unsere achtbaren und hochverehrten Brüder und Mitliturgen, die Bischöfe Cyriacus, Eusebius und Priscianus bekniet, die Mühen der Reise zu Euch bereitwillig auf sich zu nehmen. Durch sie legen wir dar, daß unsere Absicht friedlich ist sowie auf Einigung bedacht, und bekunden unseren Eifer für den gesunden Glauben“ 673 .

In gleicher Weise wird nach diesem Abschnitt angeboten, daß sich der Westen noch weiter über diesen rechten Glauben informieren kann, d.h. er wird in diesen Glaubensfragen als Autorität anerkannt, der man gerecht werden will, und von der man auch die Rechtgläubigkeit bestätigt haben möchte: „Das sind in Kurzform die Ergebnisse, was den von uns freimütig verkündeten Glauben angeht. Darüber werdet ihr euch auch noch eingehender unterrichten können, wenn ihr es für wert erachtet, euch mit dem Tomus von Antiochien, der von der dort versammelten Synode verfaßt wurde, und mit dem im vergangenen Jahr in Konstantinopel von der ökumenischen Synode herausgegebenen Tomus zu befassen. Darin haben wir unseren Glauben ausführlicher bekannt und die vor kurzem neu aufgekommenen Irrlehren schriftlich mit dem Anathem belegt“ 674 .

Diese Zusammenhänge legen es meiner Ansicht nach nahe, daß der Tomus Damasi in der Form der zweiten Version sicher vor dem Konzil von Konstantinopel verfaßt und weitergegeben worden ist, da gegen nahezu dieselben häretischen Lehren Anathematismen formuliert werden. Es ist eher LBJBÝUIK#JRVOJBKQBSBUXOUJIQBUFSXOLVSXRFJTIKVNFTUINFOUBVUIOHBSLBJ VNJOLBJINJOLBJQBTJUPJKNIEJBTUSFGPVTJUPOMPHPOUIKBMIRPVKQJTUFXK TVOBSFTLFJO†EFJQSFTCVUBUIOUFPVTBO 673 THDT., h.e. V 9,9 (GCS 291,24–292,4): UPVKBJEFTJNXUBUPVKLBJUJNJXUB UPVKBEFMGPVKLBJTVMMFJUPVSHPVKINXOFQJTLPQPVK ,VSJBLPO &VTFCJPOLBJ 1SJTLJBOPOQSPRVNXKLBNFJOBDSJKVNXOEVTXQITBOUFK EJXÀOLBJUIOINFUF SBOQSPBJSFTJOFJSIOJLIOPVTBOLBJTLPQPOFOXTFXKFDPVTBOFQJEFJLOVNFO LBJ UPO[IMPOINXOUPOVQFSUIKVHJPVKQJTUFXKGBOFSPOQPJPVNFO. (Übersetzung: WOHLMUTH 1998, 27f.). 674 THDT., h.e. V 9,13 (GCS 293,4–10): 5BNFOPVOLBUBUIOQJTUJOUIOQBS INXOBOVQPTUPMXKLISVUUPNFOIOXKFOLFGBMBJXÝUPJBVUB QFSJXÀOLBJFQJQMFJ POZVDBHXHIRIOBJEVOITFTRF UXÝUFFO"OUJPDFJBÝUPNXÝQBSBUIKFLFJTVOFM RPVTIKTVOPEPVHFHFOINFOXÝLBUBYJXTBOUFKFOUVDFJOLBJUXÝQFSVTJOFO,XO TUBOUJOPVQPMFJQBSBUIKPJLPVNFOJLIKFLUFRFOUJTVOPEPV FOPJÀKQMBUVUFSPO UIOQJTUJOXNPMPHITBNFOLBJUXOFOBHDPKLBJOPUPNIRFJTXOBJSFTFXOBOBRFNB UJTNPOFHHSBGPOQFQPJILBNFO(Übersetzung: WOHLMUTH 1998, 29).

4. Tomus Damasi

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wahrscheinlich, daß hier der Osten Standards aus dem Westen aufnimmt 675 , da er diesem gegenüber seine Rechtgläubigkeit beweisen möchte. Daß der Westen im Anschluß an den Osten Anathematismen formuliert, die mit denen eines östlichen Konzils übereinstimmen, jedoch bei einigen für den Westen problematischen Gruppierungen die Namensnennung unterläßt, erscheint nicht sehr einleuchtend. Daß es der Osten ist, der theologisch etwas aus dem Westen übernimmt, zeigt auch die bereits erwähnte Notiz bei Theodor von Mopsuestia, der erzählt, daß im Westen zu Zeiten der Verfolgung, also vor 378, eine Lehre über den Heiligen Geist ausgearbeitet worden ist, die dann auch dem Osten bekannt gemacht und dort freudig übernommen wurde: „Die aber nach ihnen (sc. den nicaenischen Vätern) kamen, haben eine vollständige Lehre über den heiligen Geist uns überliefert. Zuerst versammelten die westlichen Bischöfe sich untereinander und hielten eine Synode, weil sie nicht in den Osten kommen konnten wegen der Verfolgungen, die es durch die Arianer in dieser Region gab. Und danach, als die göttliche Gnade die Verfolgungen beendete, übernahmen auch die östlichen Bischöfe freudig diese Lehre, die ihnen übermittelt wurde von der westlichen Synode.“ 676

Ein weiterer Hinweis darauf, daß der Osten vor dem Konzil von Konstantinopel den Tomus Damasi bereits kannte und anerkannte, könnte der sogenannte ‘fünfte Kanon von Konstantinopel’ sein: 1FSJUPVUPNPVUXO%VUJLXOLBJUPVKFO"OUJPDFJBBQFEFYBNFRBUPVKNJBO PNPMPHPVOUBKQBUSPKLBJVJPVLBJBHJPVQOFVNBUPKUIORFPUIUB. 677

675

Gegen STAATS 1996, 57, der für diese Zeit eine Verurteilung des Marcellianismus und der Pneumatomachen für römische Verhältnisse unmöglich hält. Dem muß man entgegenhalten, daß bereits im Dokument Ea gratia/Non nobis quidquam, das vor 378 datiert werden muß, Damasus sich gegen diese Häresien aussprach. 676 THDR. MOPS., hom. IX 1 (syr. Text f.54v,2–9 = 214 Tonneau/Devresse; Übersetzung Abramowski 1992, 494–496). Ähnlich VIGILIUS: Constitutum II (23.2.554) § 161 (ACO IV/2, 167,1–9 Schwartz): evidenter apparet falsissime quosdam foventes dicta Theodori opinari quod memoratus Theodorus non fuerit in sua vita damnatus, cum perspectis prodecessoris nostri beatae recordationis Damasi synodalibus constitutis, quae post Nicaenum concilium de spiritu sancto tractantibus et convenientibus in urbem Romam catholicis episcopis et beatae recordationis Ambrosio Mediolanensis civitatis antistite sunt edita longe antequam Theodorus Mompsuestinae officium episcopatus adsumeret, inveniremus plenissime definitum eos qui duos filios adfirmant, unum ante saecula et alterum post adsumptionem carnis ex virgine, sicut superius Theodorum adseruisse monstratum est, anathematis poena percussos. Siehe dazu auch die Ausführungen in Kap. 4.4.3. 677 SQS 12, 85,10–12 LAUCHERT = 48,17–49,2 JOANNOU. DE HALLEUX 1990, 181f.: „Wegen des Tomus der Abendländer haben wir auch die (Leute) in Antiochia akzeptiert, die eine Gottheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes bekennen“.

424

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Damit soll offenbar angedeutet werden, daß dieser Tomus aus dem Westen diejenigen in Antiochia, die die eine Gottheit des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes bekennen, also wohl die Paulinianer, die besonders die Einheit der Gottheit betonen, als rechtgläubig auch im Sinne der östlichen Theologie, wohl der Gegenpartei, d.h. der Meletianer, die das Geschehen in Konstantinopel zunächst bestimmten, erwies; also vom Westen eine Erörterung des Glaubens in den Osten gesandt worden ist, die die Gemeinde des Meletius auch von der Rechtgläubigkeit der Gemeinde des Paulinus überzeugte, die sich ebenfalls auf diesen Glauben verpflichtet hat, indem sie in Kirchengemeinschaft mit Rom stand. Da uns nicht sehr viele Dokumente bekannt sind, um die es sich hierbei handeln könnte, kommt eigentlich nur der Tomus Damasi, oder der Komplex Ea gratia/Non nobis quidquam in Frage. Auch Basilius äußert sich ähnlich in einem Brief an ägyptische Bischöfe im Exil: „Ihr hättet doch wissen müssen, daß Ihr durch Gottes Gnade nicht einmal im Osten allein seid, sondern viele von Eurer Partei habt, welche die Orthodoxie der Väter, die in Nicaea die fromme Glaubenslehre formuliert haben, verteidigen; auch alle im Westen befinden sich in Übereinstimmung mit Euch und uns, deren Tomus zum Glauben wir erhalten haben und bei uns aufbewahren, wobei wir ihrer gesunden Lehre [vgl. 1 Tim 1,10] folgen.“ 678

Im selben Brief urteilt der Bischof von Caesarea auch hart über Apolinarius, der alles Mögliche erdacht habe, noch dazu orthodoxe Gemeinden spalte und darin Sondergemeinden errichte; also offenbar ein Hinweis auf die Ordination des Vitalis in Antiochia: „Denn was an verwegenen dreisten Werken hat er nicht getan? Was an neuen, gefährlichen Gedanken hat er nicht ersonnen? Ist nicht die ganze Kirche in sich zerrissen, besonders aber deswegen, weil von ihm in die von Orthodoxen geführte Kirche Leute geschickt worden sind, um sie zu spalten und eine eigene Sondergemeinde zu erreichen?“ 679

Dieser Brief gehört also in die Zeit, in der Basilius auch Ep. 263 an den Westen geschrieben hat und unter anderem seinen Unmut über Apolinarius BAS., ep. 265,3 (III 131,11–132,18): ,BJUPJHFFJEFOBJVNBKFDSIOPUJUIÝUPV 2FPVDBSJUJPVUFLBUBUIO"OBUPMIONPOPJFTUF BMMBLBJQPMMPVKFDFUFUIK FBVUXONFSJEPK PJUIOUXO1BUFSXOFLEJLPVTJOPSRPEPYJBOUXOLBUB/JLBJBO UPFVTFCFKEPHNBUIKQJTUFXKFLRFNFOXO LBJPJUIK%VTFXKQBOUFKTVNGXOPJ VNJOUFLBJINJOUVHDBOPVTJO XÀOEFYBNFOPJUIKQJTUFXKUPOUPNPOFDPNFOQBS FBVUPJKFQPNFOPJBVUXOUIÝVHJFJEJEBTLBMJBÝ(Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 122). 679 BAS., ep. 265,2 (III 129,20–25): 5JHBSFOFSHPJKQBSBVUPVRFSNPOLBJUPM NISPOPVLFQSBDRI5JEFFOMPHPJKPVQBSFQFOPIRIOFXUFSPOLBJFQJLFLJOEV OFVNFOPO0VQBTBNFO&LLMITJBFGFBVUIOFNFSJTRI NBMJTUBEFUBJKQBSB UXOPSRPEPYXOLVCFSOXNFOBJKFQJQFNGRFOUXOQBSBVUPVQSPKUPTDJTBJLBJ JEJBOQBSBTVOBHXHIOFLEJLITBJ(Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 121). 678

4. Tomus Damasi

425

äußerte, so daß unter dem Tomus aus dem Westen der Komplex Ea gratia/Non nobis quidquam gemeint sein kann, auf den Basilius aber eigentlich zornig reagiert hat, oder das, was Basilius auch in Ep. 263 erwähnt, nämlich die guten Nachrichten aus dem Westen, die vielleicht in einer fides aus Rom, die in Ep. 265 in Verbindung mit dem Glauben von Nicaea als UIKQJTUFXKUPOUPNPO charakterisiert wird, bestand, wie sie auch im Schreiben Per filium meum erwähnt wird, also womöglich die Urfassung des Tomus Damasi oder eine aktualisierte Fassung davon. Diese Zusammenhänge können alle nur vermutet werden. Deutlich ist aber, daß vom Westen, also von Rom in den Osten, Abhandlungen zum Glauben geschickt worden sind, die dort auch von der Partei des Basilius gutgeheißen und als Maßstab erachtet wurden. Als ein solches Dokument kann Ea gratia/Non nobis quidquam gelten, das sich eindeutig zur einen Usie der Trinität in drei Personen bekennt. Der Tomus Damasi, der in seiner Urfassung eine Art Erweiterung zum Nicaenum und einen Kommentar dazu mit ausführlichen Äußerungen über den Heiligen Geist enthielt, war ebenso ein solches Dokument, das in den Osten gesandt wurde, und zwar in verschiedenen Fassungen, von denen uns die letzte (als sogenannte zweite Version) erhalten ist, die aber deutliche Spuren einer Erweiterung und Bearbeitung zeigt 680 ; wahrscheinlich war gerade der Tomus Damasi, der wohl nicht nur einmal aktualisiert wurde, Ausdruck der im Osten zitierten römischen fides, auf die man sich in Bezug auf die Rechtgläubigkeit berufen hat 681 .

680

Vgl. dazu die Ausführungen oben Kap. 4.4.2. Siehe dazu PIETRI 1976, 839f., der auch besonders die Autorität und Wirkungsgeschichte des Tomus Damasi betont: „Des oeuvres contemporaines en Occident, celles d’Ambroise peut-être, celles de Faustinus, un adversaire déterminé du pape, indiquent l’influence de la synodale. En Orient, Grégoire de Nazianze connut peut-être le document romain. Faut-il rappeler encore le témoignage de la tradition manuscrite, cette utilisation du Tome dans les collections canoniques occidentales? Avant que fût publié par le synode de Chalcédoine, un symbole dont les formules tiennent compte des querelles apollinaristes et pneumatomaques, on annexa le Tome de Damase au Symbole de Nicée. Comment témoigner plus clairement de l’autorité acquise par la théologie romaine?“ 681

426

Kapitel 4: Theologische Profilierung

4.5. Übersicht der Erklärungsversuche für den handschriftlichen und literarkritischen Befund zum Tomus Damasi Urfassung: Synodaldokument einer römischen Synode um 375 (aus der ersten Version: Nicaenum + Anathematismus 1 + Kommentar zum Nicaenum und Entfaltung der Lehre über den Heiligen Geist [Sätze 10–24])

vielleicht aktualisierte Fassungen: vielleicht an Paulinus im Zusammenhang mit dem Schreiben Per filium meum

vielleicht erste Version:

Zweite Version

Urfassung ergänzt durch Anathematismen ohne Verbindungsnotiz und Anathematismus 9

(Überarbeitung und Ergänzung der Urfassung oder einer bereits aktualisierten Fassung): Schreiben an Paulinus wahrscheinlich als Reaktion auf Basilius (ep. 263), der eine namentliche Verurteilung von Häretikern fordert und die rechtmäßige Ordination des Paulinus anzweifelt Datierung: um 377/378

Im Rahmen des Überlieferungsprozesses werden wohl sehr früh in der ersten Version Teile aus der zweiten Version ergänzt: die Verbindungsnotiz, der Anathematismus 9 und vielleicht auch die Anathematismen 2–8 oder Teile davon.

5. Damasus als Theologe

427

5. Damasus als Theologe Aus den vorangegangenen Kapiteln, die unter der Überschrift „Theologische Profilierung“ zusammengestellt worden sind, ist zu entnehmen, daß unter Damasus ganz eindeutig eine Abkehr von der serdicensischen Interpretation des Nicaenums, wie sie unter seinen Vorgängern 682 gegolten hat und auch noch hinter der Formulierung in Confidimus quidem zu vermuten ist, stattgefunden hat. Mit Ea gratia/Non nobis quidquam und dem Tomus Damasi liegen uns (Synodal-) Dokumente vor, die ganz deutlich „neunizänisch“ 683 geprägt sind, und zwar so, daß die theologische Entfaltung immer mit einer deutlichen Orientierung am Nicaenum und in dessen Auslegung und Kommentierung stattfindet. Dabei wird nun jeweils der Heilige Geist in die Interpretation des homousios miteinbezogen und durch Ausgrenzung von Häresien (Pneumatomachen, Lehre des Apolinarius, Lehre des Markell und Sabellius, Arianer und Eunomianer) die fides festgelegt. Diese neue theologische Orientierung konnte sicher nicht ohne das Einverständnis des Damasus geschehen, vielmehr ist es wahrscheinlich, daß er tatkräftig den Kurs bestimmt hat. Sein theologisches Interesse kann aus seinem Umgang mit der Lehre des Apolinarius erschlossen werden. Im Schreiben an Paulinus, das ihn als Absender nennt, argumentiert er engagiert theologisch, indem er die Irrtümer der apolinaristischen Lehre aufzeigt und von der Festlegung der fides spricht, die in Rom stattgefunden hat 684 . Auch tragen die Dokumente Ea gratia und Tomus Damasi mit der Verurteilung des Wechsels von einem Bischofssitz zum anderen seine Handschrift, da er auf diesen nicaenischen Canon auch in anderen Schreiben hinweist. In einem weiteren Brief betont Damasus, daß er in Anwesenheit des Petrus von Alexandrien die apolinaristische Lehre verurteilt habe und stellt ihn damit als theologischen Gewährsmann dar 685 . Es liegt also nahe, in Petrus von Alexandrien Damasus’ theologischen Berater dieser Zeit zu sehen, der ihm „neunizänisches“ Gedankengut vermittelt haben könnte, da im Tomus ad Antiochenos diese Interpretation des Nicaenums von Athanasius, dem Vorgänger des Petrus, zugelassen bzw. die serdicensische abgelehnt worden ist 686 . Damasus hat zwar keine theologischen 682

Siehe zu Liberius die Untersuchung von ULRICH 1994, 231–241. Siehe dazu die Begriffsbestimmung bei MARKSCHIES 1997a, 94: „Als lateinischen ‘Neunizänismus’ wollen wir also verstehen eine bewußt nicht-serdicensische Interpretation des Nizänums, die sich dabei durchaus der traditionellen Formel una substantia – tres personae bedienen darf.“ Vgl. auch MARKSCHIES 2000b. 684 Siehe dazu DAM., epist. 3 und die Ausführungen dazu Kap. 4.3. 685 Siehe dazu DAM., epist. 7 und die Ausführungen dazu Kap. 5.1. 686 So MARKSCHIES 1997a, 76–78; siehe auch TETZ 1975, 194–221 und ABRAMOWSKI 1979, 38–49. Zudem zeigt insbesondere der Tomus Damasi Bezugnahmen auf die Schrif683

428

Kapitel 4: Theologische Profilierung

Traktate geschrieben, aber dennoch beweist er viel theologisches Verständnis dadurch, daß er die „neunizänische Theologie“ aufgenommen hat und mit Ambrosius als verantwortlich für die Durchsetzung des lateinischen „Neunizänismus“ im Westen gelten kann 687 . Deutlich ist aber auch, daß es Damasus nicht nur um die rechte Theologie ging, sondern theologische Aussagen immer auch ein Mittel waren, seinen Machtanspruch deutlich zu machen, denn mit der fides kombinierte er auch kirchendisziplinarische Anordnungen und verkündete beides als Urteil, iudicium 688 , dem Folge geleistet werden soll. So bestimmt Damasus in seinem Brief an Paulinus, daß, wer mit ihm bzw. mit dem Westen Kirchengemeinschaft haben will, das Nicaenum, die Canones und Anathematismen, die Medizin gegen die Häresien nach Nicaea sind, unterschreiben muß; in gleicher Weise kann er von einer fides bzw. von einem consensus noster sprechen. Damit wird deutlich, daß es Damasus auch in theologischen Fragen darum ging, Richtlinien zu bestimmen, auf die sich jeder, der Kirchengemeinschaft mit ihm haben wollte, festlegen mußte.

ten des Eusebius von Vercelli, der laut MARKSCHIES, 81 u. 93 als „erster lateinischer ‘Neunizäner’“ bezeichnet werden kann. 687 So auch MARKSCHIES 1997a, 94; HANSON 1988, 759 charakterisiert den Einsatz des Damasus insbesondere im Blick auf den Tomus Damasi folgendermaßen: „It is the product of a legalist mind and a despotic disposition. It is conceived wholly in the Latin rather than the Greek tradition. But in its own downright way it has come to much the same conclusions as had the Eastern pro-Nicene theologians in their subtler, more percipient, more sophisticated manner ... Damasus knew no philosophy, and like a modern Fundamentalist interpreting the Bible could not appreciate the difficulties. But undoubtedly a doctrinal consensus of East and West had been achieved.“ 688 Siehe dazu Kap. 4.2.4; 4.2.5.

Kapitel 5

Rom als Zentrum der christlichen Kirche Einleitung Aus der letzten Phase der Amtszeit des Damasus sind uns weitere Dokumente überliefert, in denen der Anspruch, der auch in den Epigrammen deutlich wird, nämlich daß Damasus Rom als Zentrum der christlichen Welt etablieren will, formuliert und die Autorität des römischen Bischofs betont wird. Dabei handelt es sich um zwei Briefe des Damasus und ein Synodaldokument. Der erste Brief ist an den Osten gerichtet und bestätigt die Verurteilung der Lehre des Apolinarius mit dem Hinweis auf die Autorität des römischen Bischofsstuhls, der besonderen Anteil an der Lehre der Apostel habe. Im zweiten Brief an Acholius, den Bischof von Thessalonike, erhebt Damasus den Anspruch, auf die Besetzung des Bischofsstuhls von Konstantinopel Einfluß zu nehmen. Im dritten Teil des Decretum Damasi, dessen Urheber wahrscheinlich Damasus ist, wird schließlich ganz vehement auf den Führungsanspruch des römischen Bischofs hingewiesen.

1. Die cathedra Petri und die Lehre des Apolinarius 1.1. Text und Übersetzung: Edition: Theodoret, h.e. V 9,20 – 10,6 (GCS 295,1–297,9) lateinische Übersetzung: Cassiodor/Epiphanius, Historia tripartita IX 14,23–15,6 (CSEL 71, 516,155–518,39). Porro Damasus omni laude dignissimus agnoscens hanc heresem exortam fuisse non solum Apollinarem, sed etiam Timotheum discipulum illius abdicavit. Et hoc orientem gubernantibus episcopis litteris propriis

,BJ%BNBTPKEFPQBOFV GINPK UBVUIONBRXO BOBGVFJTBOUIOBJSFTJO  PVL"QPMJOBSJPONPOPO BMMBLBJ5JNPRFPOUPO FLFJOPVHFGPJUIUIOLB RFMXOBQFLISVYFLBJ UPVUPUPJKUIO&X×ÝBO JRVOPVTJOFQJTLPQPJKEJB

Auch der berühmte Damasus hat, als er erfuhr, daß diese Häresie entstanden war, nicht nur Apolinarius, sondern auch Timotheus, seinen Schüler, verworfen und öffentlich verurteilt. Und er informierte die Bischöfe, die den Osten

430

Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

indicavit, quas curavi subter adnectere.

HSBNNBUXO 1 EFEIMXLFO  BQFSFORFJOBJUIÝTVHHSB GIÝOFOPNJLBDSITJNPO

Epistula Damasi urbis Romae pontificis Quoniam apostolicae sedi reverentiam debitam caritas vestra distribuit, vobis plurimum, carissimi filii, praestitistis.

&QJTUPMI%BNBTPVFQJT LPQPV3XNIK 0UJUIÝBQPTUPMJLIÝLBRF ESBÝ 2 UIOPGFJMPNFOIOBJ EX 3 IBHBQIVNXOBQPOF NFJ FBVUPJKUPQMFJTUPO QBSFDFTRF VJPJUJNJXUB UPJ  LBJHBSFJUBNBMJTUB 4 FO UIÝBHJBÝFLLMITJBÝ FOIÝÀP BHJPKBQPTUPMPKLBRF[P NFOPKFEJEBYFQXKQSPTI LFJINBKUPVKPJBLBKJRV OFJOPVKBOFEFYBNFRB  PNXKPNPMPHPVNFOFBV UPVKFMBUUPOBKFJOBJUIK UJNIK  BMMBEJBUPVUPPJXÝEI QPUFUSPQXÝTQPVEB[PNFO FJQXKEVOIRFJINFOQSPK UIOEPYBOUIKNBLBSJP UIUPKBVUPVQBSBHFOFT RBJ

Nam licet ecclesiae, in qua sanctus apostolus residens docuit, quodam modo nos gubernacula, quae suscepimus, teneamus, tamen profitemur nos honore minores esse.

Et propterea omni modo festinamus, ut ad gloriam eius beatitudinis pervenire possimus.

Scitote igitur, quia dudum Timotheum profanum, ineruditum Apollinaris heretici discipulum cum impio eius dogmate con-

(JOXTLFUFUPJOVOPUJUPO QBMBJ5JNPRFPOUPOCFCI MPO UPONBRIUIOUPV "QPMJOBSJPVUPVBJSFUJ LPV NFUBUPVBTFCPVK

lenken, darüber mit einem Schreiben, von dem ich es als nützlich erachtet habe, es in meine weitere Darstellung einzufügen. Brief des Damasus, Bischof Roms. Daß Eure Liebe dem apostolischen Stuhl die schuldige Ehrerbietung zukommen läßt, damit erweist ihr euch selbst den größten Gefallen, verehrteste Söhne. Denn wenn auch der heilige Apostel hauptsächlich in der heiligen Kirche, in der er seinen Sitz hatte, lehrte, wie wir das Steuerruder, das wir übernommen haben, lenken sollen, bekennen wir dennoch, daß wir zu gering für diese Ehre sind. Aber deshalb strengen wir uns auf jede mögliche Weise an, ob wir irgendwie dem Ruhm seiner Heiligkeit nahekommen können.

Wißt also, daß wir schon längst den ruchlosen Timotheus, den Schüler des Häretikers Apolinarius, mitsamt seiner gottlosen

1 Hiermit wird wohl zunächst vor allem der folgende Brief gemeint sein, aber vielleicht zudem der danach zitierte, nämlich der Tomus Damasi, der an Paulinus adressiert ist. Beide Schreiben sind durch eine kurze Notiz miteinander verbunden. 2 Siehe die Verwendung desselben Begriffs im DAM., decr.Dam. III und DAM., epigr. 4,4; 351,4; 57,4 3 Vgl. dazu decr.Dam. III. 4 Vgl. dazu decr.Dam. III 1 und DAM., epigr. 20; RADE 1882, 136 und WENZLOWSKY 1876, 334, versuchen durch die lateinische Rückübersetzung von UBNBMJTUB mit ergänztem FTUJO: ... primae partes deferuntur ..., so zu übersetzen: „wenn auch der heiligen Kirche, in welcher der heilige Apostel seinen Sitz hatte und lehrte, wie wir das Steuerruder, welches wir übernommen haben, in gehöriger Weise lenken sollen, der erste Rang gebührt ...“.

1. Die cathedra Petri und die Lehre des Apolinarius demnavimus, nec ultra concedimus eius reliquias qualibet ratione de cetero praevalere.

Si autem adhuc ille serpens antiquus semel et secundo percussus ad poenam propriam revivescit, quique extraneus ab ecclesia est mortiferisque venenis suis quosdam infidelium temptare non cessat, hanc tamquam pestiferam declinate corruptionem,

quatenus vos memores apostolicae fidei, quae praecipue in urbe Nicaena a patribus ex scripto prolata est, firmo gradu stabiles in fide et inmutabiles perduretis et non vaniloquia et exterminabiles quaestiones ab isto audire patiamini clericos vestros aut plebem.

Iam enim semel formam dedimus, ut, qui semet ipsum cognoverit Christianum, illud servet, quod ab apostolis noscitur esse

5

431

BVUPVEPHNBUPKLBRFJMP NFO LBJPVEBNXKQJTUFV PNFOBVUPVUBMFJZBOB MPHXÝUJOJUPVMPJQPVJT DVFJO

Lehre verurteilt haben, und daß wir durchaus nicht glauben, daß seine Hinterlassenschaft künftig auf irgendeine Weise Bedeutung haben wird. FJEFUJFLFJOPKPPGJKP Wenn aber noch diese alte QBMBJPK BQBYLBJEFVUF Schlange, die einmal und SPO 5 LBUBEIDRFJK QSPK ein zweites Mal zerschlaJEJBOUJNXSJBOBOB[IÝ  gen worden ist, zu ihrer eiPTUJKFLUPKUIKFLLMI genen Strafe wieder lebenTJBKVQBSDFJ PKTGIMBJ dig wird, die außerhalb der UPJKFBVUPVRBOBUIGPSPJK Kirche steht und die nicht GBSNBLPJK 6 UJOBKBQJT abläßt mit ihren todbrinUPVKEJBQFJSB[XOPVQBV genden Giften gewisse UnFUBJ UBVUIOXTQFSGRP gläubige beständig zu verSBOUJOBFLLMJOBUF suchen, meidet sie wie eine Pest. PNXKVNFJKNFNOINFOPJ Erinnert Euch zugleich an UIKBQPTUPMJLIKQJTUF den apostolischen Glauben, XK 7 ,UBVUIKNBMJTUBIUJK hauptsächlich an denjeniFO/JLBJBÝQBSBUXOQB gen, der in Nicaea von den UFSXOFHHSBGXKFYFUFRI  Vätern schriftlich festgeCFCBJXÝCBRNXÝJTDVSXKUIÝ setzt worden ist, verharrt QJTUFJBNFUBLJOIUPJEJB fest, entschieden und unerNFJOBUFLBJNINBUBJP schütterlich im Glauben, MPHJBKLBJIGBOJTNFOBK und duldet nicht, daß Eure [IUITFJK 8 LBUBUBVUIK Geistlichen oder Laien VQPNFJOIUFBLPVFJOUPVK leeres Geschwätz und LMISJLPVKIUPVKMBJÅLPVK überflüssige UntersuchunVNXO gen gegen diesen Glauben anhören. IEIHBSBQBYUVQPO 9 FEX Denn wir haben schon einLBNFO JOBPHJOXTLXO mal eine Formel festgeFBVUPO$SJTUJBOPOFLFJOP setzt, daß, wer sich als GVMBUUPJPQFSQBSBUXO Christ bekennt, das bewahBQPTUPMXOQBSFEPRI 10 , ren muß, was von den

Damit können zwei Verurteilungen des Apolinarius gemeint sein, vgl. dazu den Anathematismus in DAM., epist. 3 (Per filium meum) und epist. 4 (Tomus Damasi). 6 Vgl. DAM., epist. 1 (Confidimus quidem) über die Lehre des Arius und das Konzil von Nicaea: Nam cum dudum ereticorum virus, ut nunc iterum coepit obrepere [wie eine Schlange], ac praecipue Arrianorum blasphemia pullulare coepisset ... hunc murum adversus arma diabolica statuerunt atque hoc antidoto mortalia pocula propulsarunt. Die Lehre des Apolinarius wird hier also ähnlich wie die des Arius beschrieben. 7 Vgl. dazu DAM., epist. 1: ... hanc solam fidem quae apud Nicaeam apostolorum auctoritate fundata est, perpetua firmitate esse retinendam ... . 8 Vgl. dazu auch DAM., epist. 1: ... scaevis interpretationibus ... ; ... aliis tractatibus quidam corrumpere et violare temptaverunt.

432

Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

contraditum dicente sancto Paulo: „si quis vobis adnuntiaverit, praeter quod accepistis, anathema sit“.

MFHPOUPKUPVBHJPV1BV MPV FJUJKVNBKFVBHHFMJ[FUBJ QBSPQBSFMBCFUF BOB RFNBFTUX

Christus enim filius dei dominus noster humano generi per propriam passionem salutem plenissimam condonavit, ut totum hominem delictis obnoxium peccatis omnibus liberaret.

Hunc si quis in deitate sive in humanitate minus aliquid dixerit habuisse, plenus spiritu diaboli gehennae semet ipsum filium demonstravit.

PHBS$SJTUPKPVJPKUPV RFPVPLVSJPKINXOUXÝ HFOFJUXOBORSXQXOEJB UPVJEJPVQBRPVKQMISFT UBUIOBQFEXLFUIOTXUI SJBO JOBPMPOUPOBO RSXQPOUBJKBNBSUJBJK FOFDPNFOPOQBTIKBNBS UJBKFMFVRFSXTIÝ 11 UPVUPOFJUJKIUPJBORSX QPUIUPKIRFPUIUPK 12  FMBUUPOFTDILFOBJFJQPJ  QOFVNBUPKEJBCPMPVQFQ MISXNFOPKUIKHFFOOIK VJPOFBVUPOBQPEFJLOVTJ.

Cur itaque rursus a me quaeritis damnationem Timothei? Qui et hic iudicio apostolicae sedis praesente quoque Petro Alexandrinae civitatis episcopo cum Apollinari suo doctore damnatus est

5JUPJOVOQBMJOQBS FNPV[IUFJUFUIOLBRBJ SFTJO5JNPRFPV PKLBJFOUBVRBLSJTFJ 13 UIKBQPTUPMJLIKLBRF ESBK 14 ,QBSPOUPKLBJ1FU SPVUPVFQJTLPQPVUIK "MFYBOESFXOQPMFXK 15 ,

Aposteln überliefert worden ist, wie der heilige Paulus sagt: wenn jemand euch ein anderes Evangelium verkündet, als ihr empfangen habt, der sei verflucht (Gal 1,9). Denn Christus, der Sohn Gottes, unser Herr, hat dem Menschengeschlecht durch sein eigenes Leiden ganz vollständiges Heil geschenkt, um den ganzen in der Sünde verstrickten Menschen von allen Sünden zu erlösen. Wenn einer sagt, dieser habe einen geringeren Anteil entweder an der Menschheit oder an der Gottheit gehabt, der ist vom Geist des Teufels erfüllt und erweist sich als ein Sohn der Hölle. Warum fordert ihr nun nochmals von mir die Verdammung des Timotheus? Er ist auch hier durch das Urteil des apostolischen Stuhles, sogar in Gegenwart von Petrus, dem Bischof der Stadt Alexandria,

9 Dieser UVQPK steht offenbar im Zusammenhang mit der Lehre der Apostel, vgl. dazu auch DAM., epist. 1: ... sanctitatem vestram apostolorum instructione fundatam ...; ... hanc solam fidem quae apud Nicaeam apostolorum auctoritate fundata est, perpetua firmitate esse retinendam ... ; Vgl. aber auch DAM., epist. 3 (Per filium meum): sed quod tibi consensus noster liberum in suscipiendo tribuat exemplum. 10 Auch im Brief an Acholius und seine Mitbischöfe beruft sich Damasus auf den Apostel Paulus, DAM., epist. 5: ... Non legerant apostolum scribentem: Vir autem si comam habuerit, ignominia est illi [1Kor 11,14]; vgl. auch decr.Dam. III 2: Addita est etiam societas beatissimi Pauli apostoli ‘vas electionis’ ... . 11 Vgl. dazu die Aussagen in DAM., epist. 2/2 (Illud sane miramur), epist. 2/2.4 (Ea gratia/Non nobis quidquam), epist. 3 (Per filium meum) und epist. 4 (Tomus Damasi). 12 Vgl. dazu Dam., epist. 2/2 (Illud sane miramur), wo ausgesprochen wird, daß die Lehre des Apolinarius große Nähe zur Häresie des Arius hat, weil dieser die vollkommmene Gottheit in Christus leugnet, die Apolinaristen aber die vollkommene Menschheit. Somit werden auch hier Apolinarismus und Arianismus als verwandte Häresien beschrieben.

1. Die cathedra Petri und die Lehre des Apolinarius et in die iudicii tormenta debitaque supplicia sustinebit.

Si vero quibusdam levioribus ille suadet, veluti quandam spem habens, qui veram spem in Christum confessione mutavit, sciant se cum isto similiter perituros, cum quo ecclesiasticae regulae resultabunt.

Deus vos incolumes custodiat, filii carissimi.

LBRIÝSFRIBNBUXÝEJEBT LBMXÝBVUPV"QPMJOB SJXÝ 16 ,PKLBJFOINFSBÝUIK LSJTFXKUBKPGFJMPNFOBK UJNXSJBKLBJCBTBOPVK VQPNFOFJ FJEFUJOBKLPVGPUFSPVK 17 QFJRFJFLFJOPK XKUJOB FMQJEBFDXOPTUJKUIO BMIRIFMQJEBUIOFJK $SJTUPOUIÝPNPMPHJBÝNFU FCBMF NFUBUPVUPVPNPJ XKBQPMFJUBJPTUJKEIQP UFCPVMFUBJUXÝLBOPOJUIK FLLMITJBK 18 BOUJQB MBJTBJ PRFPKVNBKVHJBJOPOUBK EJBGVMBUUPJ VJPJUJNJX UBUPJ

433

zugleich mit seinem Lehrer Apolinarius verurteilt worden, und er wird am Tag des Gerichts die verdienten Strafen und Qualen erleiden. Wenn er aber einige Leichtsinnige überredet, als ob er irgendeine Hoffnung hätte, da er die wahre Hoffnung, nämlich die Hoffnung auf Christus, durch sein Bekenntnis ausgetauscht hat, so wird mit ihm auf gleiche Weise zugrundegehen, wer immer gegen die kirchliche Glaubensregel angehen will. Gott bewahre Euch in Gesundheit, verehrteste Söhne.

1.2. Inhaltliche Einordnung Der im Brief des Damasus genannte Timotheus ist uns bekannt als Schüler des Apolinarius. 19 Timotheus verhandelte bereits mit Athanasius 20 über seine Rechtgläubigkeit, was uns durch die Leontius von Byzanz 21 zugeschriebene Schrift Adversus fraudes Apollinaristarum bekannt ist. Dort heißt es, daß Timotheus sich von Athanasius, indem er seine eigentlichen theologischen An13 Vgl. dazu denselben Begriff in DAM., epist. 2/1 (Ea gratia): Haec igitur de nostro fuerant intimanda iudicio ... . 14 Vgl. dazu decr.Dam. III 3: ... prima Petri apostoli sedes Romana ecclesia ...; und DAM., epigr. 57, 3f.: ... hinc mihi provecto Xps cui summa potestas, sedis apostolicae voluit concedere honorem; ebenso epigr. 4,4; 351,4. 15 Petrus von Alexandria hielt sich bis 378 in Rom auf und starb im Jahre 381, vgl. dazu Kap. 1.3.2. Dieser Brief wird also wahrscheinlich zwischen Ende 378 und 381 geschrieben sein, da Damasus ihn nicht als ‘selig’ bezeichnet. 16 Wir wissen von keiner namentlichen Verurteilung des Apolinarius, jedoch wird im Brief an Paulinus Per filium meum das Anathema über die Lehre des Apolinarius ausgesprochen, ebenso wie im Tomus Damasi (epist. 4). 17 Vgl. DAM., epist. 1 (Confidimus quidem): ... inscientia vel ex simplicitate ... . 18 Ein Begriff, der auch im Brief an Acholius und seine Mitbischöfe begegnet: DAM., epist. 5: ... contra regulam ecclesiasticae disciplinae ...; und decr. ad Gallos episc. 18. 19 Vgl. LIETZMANN 1904, 153–157; 277–286; CAVALCANTI 1992, 841f. 20 Vgl. LIETZMANN 1904, 27. 21 Vgl. zu Leontius von Byzanz EVANS 1991, 5–10 und RÖWEKAMP 1998 (Lexikon der antiken christlichen Literatur), 393f.

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

sichten verschleierte, ein Empfehlungsschreiben für den Westen erschlich und deshalb dort anerkannt wurde. Er konnte ein Schreiben an Apolinarius zurückbringen, das ihn als Bekämpfer der Arianer bestätigte: LBJGBJOFUBJNBMMPOP5JNPRFPKFJOBJUXOUBBQPSSIUBUIKBTFCFJBKLBJSBÝ EJPVSHJBKRBSSPVNFOXOEJBVUPVHBSLBJUBTVTUBTUJLBBVUPVHSBNNBUB QSPKUPVK%VUJLPVK IEVOIRIQBSBUPVNFHBMPV"RBOBTJPVMBCFJO XKLBUB UIKBTFCFJBK"SFJPVTQPVEB[XO LBJQBSFLFJOXOXKQSPKFQJTLPQPOLPNJ TBTRBJHSBNNBUB 22 

Ähnliches weiß auch Facundus von Hermiane 23 zu berichten, der beschreibt, daß Timotheus durch Athanasius Damasus, dem Bischof von Rom, als orthodox empfohlen und deshalb ohne Bedingungen dort aufgenommen wurde: Nam etsi legere alia dignentur, qui legenda conscribunt, invenient etiam Timotheum, Apollinaris discipulum, a beato Athanasio per ignorantiam temporibus papae Damasi sedi apostolicae velut orthodoxum commendatum, atque ab ipso papa Damaso sine cohibentia haeresis simpliciter esse susceptum. 24

(Pseudo-) Leontius berichtet aber noch von einer zweiten Romreise des Timotheus nach dem Tod des Athanasius, in deren Verlauf sich Damasus jedoch eines Besseren besonnen hatte und Timotheus mitsamt seinem Lehrer Apolinarius verurteilte 25 . BMMPVLFJKUFMPKBVUPVEJFMBRFOITLFVXSJBUPEFVUFSPOHBSNFUBUIO "RBOBTJPVLPJNITJO FQJ3XNIOQBMJOTUBMFJK EFDFUBJUIOUFFBVUPVLBRBJ SFTJO LBJUPVBQPTUFJMBOUPK"QPMJOBSJPV 26

Von Facundus von Hermiane wiederum wissen wir durch einen Brief des Petrus von Alexandrien an die nitrischen Mönche, den er in seine Darstellung aufgenommen hat, daß Timotheus selbst das Anathema gegen Petrus, Basilius von Caesarea, Paulinus, Epiphanius und Diodor ausgesprochen habe und nur mit Vitalis kommuniziere. Petrus quoque, successor eiusdem sancti Athanasii, scribens episcopis, et presbyteris atque diaconis, pro vera fide in exsilio constitutis dicit: ... „Consiliatoribus igitur vobis in his quae incurrunt utor: et quid oportet me facere sic semper perturbatum. Timotheo diffamante se ipsum episcopum esse, ut per hoc confidentius iniuriet, et paternas leges infringat? Voluit enim me anathematizare, et Basilium Caesareae et Paulinum et Epiphanium et Diodorum episcopos et soli Vitali communicare.“ 22

LEONTIUS, adversus fraudes Apollinaristarum (PG 86,2, 1976 A). Vgl. zu FACUNDUS VON HERMIANE und seiner Schrift Pro defensione trium capitulorum libri XII, CLÉMENT/VANDER PLAETSE 1974 (CChr.SL 90A), VII–XV. 24 FACUNDUS VON HERMIANE, pro def. tr. cap. VII 3,5 (CChr.SL 90A, 198,27–199,32 CLÉMENT/VANDER PLAETSE). 25 Diese Formulierung erinnert sehr an den Brief des Damasus bezüglich des Timotheus. 26 LEONTIUS, adversus fraudes Apollinaristarum (PG 86,2, 1976 A). 23

1. Die cathedra Petri und die Lehre des Apolinarius

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Ecce etiam Petrus, Athanasii successor, aeque nefarium ducit Basilium Caesariensem, Paulinum Antiochenum, Epiphanium et Diodorum episcopos, tamquam propugnatores fortissimos veritatis, anathematizare, et Vitali Antiocheno alteri, quem Apollinaris ordinaverat, communicare ... 27

Die hier genannten Namen deuten darauf hin, daß Timotheus im Verlauf des Konflikts um Vitalis diese Anathematismen ausgesprochen hat, und zwar wohl nach dem Vermittlungsversuch des Epiphanius und nachdem Basilius mit Brief 263 ganz eindeutig die Forderung aufgestellt hat, daß Apolinarius verurteilt werden soll. Vielleicht hat diese von (Pseudo-) Leontius genannte zweite Romreise auch im Zuge des Vitaliskonfliktes stattgefunden, und Timotheus hat dort versucht, für die Lehre des Apolinarius zu sprechen. Womöglich war er derjenige, mit dem sich Damasus auseinandersetzte, der auf seinen Ansichten beharrte 28 und deshalb vom Bischof von Rom verurteilt wurde. Leider gibt es zu wenig Informationen über die Zusammenhänge, um hier mehr als Vermutungen äußern zu können. Jedenfalls zeigen die genannten Quellen, daß man von seiten des Apolinarius und seiner Schüler die eigene Verteidigung sehr offensiv betrieben hat. Daß dieser Kreis sich durchsetzen wollte und sich auch nicht versteckte, zeigt die Unterschrift des Timotheus als Bischof von Berytus im Jahr 381 auf dem Konzil von Konstantinopel 29 , wo die Lehre des Apolinarius jedoch verurteilt wurde 30 . Auch Vitalis scheint weiter als Bischof von Antiochia amtiert zu haben 31 . Von Apolinarius ist außerdem bekannt, daß er sich auch um die Confessoren in Diocaesarea 32 bemühte, die aber entsetzt darüber waren, daß er von ihnen die Zustimmung zur Verurteilung des Paulinus von Antiochien, des Epiphanius und einiger anderer, die sie für orthodox erachteten, verlangte 33 . 27 FACUNDUS VON HERMIANE, pro def. tr. cap. IV 2,14 (CChr.SL 90A, 109,114–116; 110,119–129). 28 Vgl. GREG.NAZ., ep. 102,17 (SC 208, 78 GALLAY) und die Ausführungen in Kap. 4.3.2.1. 29 EOMIA II/3, 438f., Nr.18. 30 Vgl. dazu Kanon 1 von Konstantinopel (381) (45,17–46,7 JOANNOU); siehe auch die Ausführungen in Kap. 4.4.4.2. 31 So MÜHLENBERG 1969, 56f. und THDT., h.e. V 3,9;4,1; vgl. auch CAVALLERA 1905, 282.315. 32 Vgl. dazu THDT., h.e. IV 22,35f: Es handelt sich dabei um Bischöfe, Presbyter und Mönche, die durch staatliche Gewaltmaßnahmen gegen die Nicaener in Alexandria und Ägypten nach Diocaesarea in Palästina verbannt worden waren. 33 Siehe den Brief der Confessoren in Diocaesarea an die nitrischen Mönche, in dem sie sich über Apolinarius beklagen: FACUNDUS VON HERMIANE, pro defensione trium capitulorum IV 2,48f. (CChr.SL 116,378–117,394): Mirabilis vero Apollinarius tales litteras ex nomine nostro suscipiens, suscipiens etiam et propriam epistulam in nomine Adelphi et Isidori, iuxta votum suum, in tantum nos contempsit, ut ipse postea auderet suis litteris accusare irreprehensibilem et religiosissimum archiepiscopum Antiochiae

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

Aus dem Brief des Damasus wissen wir nun, daß Timotheus und Apolinarius in Rom im Beisein des Petrus von Alexandrien verurteilt wurden, d.h. bevor dieser Bischof wieder nach Alexandria zurückkehren konnte, nämlich nach dem Sommer 378 34 . Außerdem wissen wir, daß bereits im Brief des Damasus an Paulinus Per filium meum ein Anathematismus der apolinaristischen Lehre explizit erwähnt wird und im Tomus Damasi ein ähnlicher Satz zu lesen ist. Das könnten also die beiden Male sein, in denen die alte Schlange zerhauen wurde, wie Damasus in diesem Brief selbst sagt. Der vorliegende Brief des Damasus scheint aber einige Zeit nach dieser Verurteilung abgefaßt worden zu sein, denn Damasus schreibt, er habe die beiden schon längst verurteilt. Ebenso drückt er seine Verwunderung darüber aus, daß man immer noch eine Gefahr in ihnen sehe. Daß es in der Tat so war, zeigt z.B. die Unterschrift des Timotheus von Berytus beim Konzil von Konstantinopel. Vielleicht hängt damit auch der Anlaß dieses Mahnschreibens an Damasus zusammen, denn auch Ambrosius äußert sich im Herbst 381 nach dem Konzil von Aquileia unzufrieden hinsichtlich der Frage des Apolinarius: Non solum enim de his de quibus clementia tua dignata est scribere, sed etiam de illis qui dogma nescio quod Apollinaris asseritur in ecclesiam conantur inducere, nos pleraque moverunt; quae partibus fuerant resecanda praesentibus, ut convictus in dogmate novo et redargutus in errore nequaquam sub generali fidei lateret nomine, sed Paulinum, qui semper communicavit ter beato papae nostro Athanasio et omnibus in Occidente orthodoxis episcopis. (49.) Nobis autem ex acceptione talium litterarum commotis et habentibus de accusato vel haeresis vel schismatis suspectionem, saepius volueramus illi rescribere. Sed dum haec aguntur, ex dispensatione Dei demonstratae sunt nobis et inscriptae eius depositiones et definitiones de fide, consonnantes eis quae antea multi venientes ad nos de ipso nobis Apollinario dixerant, habentia se non recte de incarnatione Salvatoris. Ad haec etiam et alias litteras, in quibus accusavit venerabilem archiepiscopum Cypri Epiphanium orthodoxum et communicantem semper beatissimo papae nostro Athanasio. Vgl. auch BAS., ep. 265 an die Confessoren in Caesarea, die Basilius lobt, weil sie sich offenbar gegen Apolinarius zu Wehr gesetzt haben (265,2): „Besonders hat uns zum Wunsch nach der Verbindung mit Euch die Kunde vom Eifer Eurer Gottesfurcht um die Orthodoxie ermutigt: daß Eure Herzensstärke weder durch die Menge der Abhandlungen noch durch die Mannigfaltigkeit der Sophismen verführt worden ist, sondern daß ihr diejenigen, die gegen die apostolischen Lehren Neuerungen aufstellen, durchschaut habt und nicht gestattet habt, den von ihnen bewirkten Schaden stillschweigend zu akzeptieren. In der Tat fanden wir nämlich große Betrübnis bei allen, denen am Frieden des Herrn gelegen ist wegen der mannigfachen Neuerungen des Laodizeners Apolinarius, der uns umso mehr betrübt hat, als er ursprünglich einer von uns zu sein schien.“ Übersetzung: HAUSCHILD 1993, 120. 34 Petrus floh 373 nach Rom (THDT., h.e. IV 21,1 [247,6f.]); erst nach dem Tod des Valens (9.8.378) konnte er wieder nach Alexandria zurückkehren (SOCR., h.e. IV 37 [566,45–567,9]; SOZ., h.e. VI 39,1–4 [300,10–16]).

1. Die cathedra Petri und die Lehre des Apolinarius

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ilico, quod doctrinae magisterio non teneret, et officium deponeret et vocabulum sacerdotis neque fimbrae aliquae posthac fallere cupientibus et praestigiarum commenta remanerent. 35

Hier kann es sich wohl nur um Mißstände im Osten des Reiches handeln; jedenfalls hat Ambrosius damit angezeigt, daß durchaus Bedarf an einer weiteren Synode herrschte 36 , die dann auch in Rom stattfand. Somit wäre es durchaus möglich, daß man sich im Jahr 381, noch bevor der Tod des Petrus bekannt war, in Rom bei Damasus über Timotheus bzw. Apolinarius beklagt hat. Vielleicht kam diese Klage aus dem Gebiet, in dem Timotheus Bischof war und sich Opposition gegen ihn erhob, oder aus anderen Regionen, in denen er für die Ansichten des Apolinarius warb, oder Teilnehmer des Konzils von Konstantinopel beklagten sich darüber, daß er als gleichwertiger Bischof anwesend war. Auch einige Formulierungen im Brief des Damasus lassen darauf schließen, daß das Schreiben in diese Zeit gehört. Die Rede vom apostolischen Stuhl und die Betonung der Ehrerbietung, die diesem entgegengebracht werden muß, sowie die Rolle der Apostel läßt hier schon die 382 verfaßte Rangordnung der Bischofssitze durchscheinen 37 . Das könnte ein Indiz dafür sein, daß diese Äußerungen ungefähr gleichzeitig sind und womöglich unter dem Einfluß des Hieronymus entstanden sind 38 . Daß die Frage der Apolinaristen zu der Zeit, als Hieronymus sich in Rom befand, aktuell war, wird anhand des Streites zwischen diesem Kirchenvater und Rufin deutlich. Rufin verwendet für seine Argumentation, daß Origenes von einem späteren Bearbeiter verfälscht worden sei, als Beispiel einen Vorfall, in den Hieronymus, als er in Rom für Damasus tätig war, verwickelt war. Offenbar wurden Verhandlungen mit Apolinaristen geführt, wobei diesen eine fides vorgelegt wurde, die von Hieronymus verfaßt worden war und die die Apolinaristen offenbar auf sehr raffinierte Art und Weise manipuliert haben. Diese Manipulation hätten sie aber Hieronymus in die Schuhe geschoben, was Rufin für seine Zwecke auszubeuten versucht. Damasus episcopus, cum de recipiendis Apollinarianis deliberatio haberetur, editionem ecclesiasticae fidei, cui iidem editioni, si ecclesiae iungi velint, subscribere deberent, conscribendam mandavit amico suo cuidam presbytero, viro disertissimo, qui hoc illi ex more negotium procurabat. Necessarium visum est dictanti in ipsa editione de incarnatione Domini hominem dominicum dici. Offensi sunt in hoc sermone Apollinaristae: novitatem sermonis incusare coeperunt. Adesse sibi coepit qui dictaverat et ex auctoritate veterum scriptorum catholicorum virorum confutare eos qui inpugnabant. Decidit ut uni ex ipsis qui novitatem sermonis causabantur, ostenderet in li35

AMBR., ep. extra collectionem 8,4 (CSEL 82/2, 199,27–36 ZELZER). Vgl. auch MÜHLENBERG 1969, 57. 37 Vgl. dazu die Ausführungen zum Decretum Damasi Kap. 5.4. 38 Vgl. dazu die Ausführungen Kap. 1.3.5.1. 36

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

bello Athanasii episcopi scriptum esse sermonem de quo quaestio habebatur. Quasi suasus iam ille cui hoc probatum fuerat, rogavit dari sibi codicem, quo et aliis ignorantibus et contradicentibus satisfaceret. Accepto codice, inauditum excogitavit adulterationis genus. Locum ipsum, in quo sermo iste erat scriptus, rasit et ipsum sermonem rursum rescripsit quem raserat. Codex redditus simpliciter receptus est. Movetur iterum pro eodem sermone quaestio; ad probationem codex profertur; invenitur sermo, de quo erat quaestio, ex litura in codice positus; fides proferenti talem codicem derogatur, eo quod litura illa corruptionis ac falsitatis videretur indicium. Sed quoniam – ut iterum eadem dicam – viventi haec facta sunt ac vigenti, continuo egit omnia ut fraus commissi sceleris nudaretur, et nequitiae macula non innocenti viro, qui nihil tale gesserat, adhaereret, sed in auctorem facti atque in uberiorem eius infamiam redundaret. 39

Folgendes hat sich nach Rufin also ereignet: Damasus will die Apolinaristen prüfen und beauftragt Hieronymus mit der Abfassung einer fides. Hieronymus diktiert sie und verwendet dabei die Formulierung homo dominicus. Die Anhänger des Apolinarius protestieren jedoch dagegen und behaupten, dies sei eine unzulässige Neuerung. Hieronymus verteidigt sich daraufhin und legt zum Beweis einen Codex vor, der eine Schrift des Athanasius enthält, um zu zeigen, daß dieser schon die Formulierung homo dominicus verwendet hat. Offenbar interessiert leihen sich dann die Apolinaristen den Codex aus und manipulieren ihn so, daß sie zunächst den Begriff homo dominicus ausradieren und danach erneut darüberschreiben. So gibt man den Codex zurück. Erneut bricht darüber ein Streit aus, Hieronymus schlägt die fragliche Stelle auf, wobei die manipulierte Stelle aber nun so aussieht, als ob Hieronymus die Formulierung in den Text eingefügt und ihn verfälscht habe. Rufin verwendet diese Geschichte, um zu zeigen, daß es durchaus vorkommen kann, daß Texte von anderen manipuliert werden, und versucht damit, für Origenes zu sprechen. Hieronymus aber reagiert auf diese Argumentation des Rufin folgendermaßen: Et superfluum puto apertas ineptias confutare, cum mihi mea ingeratur fabella – asino videlicet lyra! – et sub nomine cuiusdam amici Damasi, romanae urbis episcopi, ego petar, cui ille ecclesiasticas epistulas dictandas credidit, et apollinarianorum versutiae describantur, quod Athanasii librum, ubi ‘dominicus homo’ scriptus est, acceptum ad legendum, ita corruperint ut in litura id quod raserint rursus inscriberent, ut scilicet non ab illis falsatum, sed a me additum putaretur. Quaeso te, amice carissime, ut in ecclesiasticis tractatibus, ubi de veritate dogmatum quaeritur et de salute animarum nostrarum maiorum flagitatur auctoritas, huiuscemodi deliramenta dimittas et prandiorum cenarumque fabulas pro argumento non teneas veritatis. Fieri enim potest ut, etiam si a me verum audisti, alius qui huius rei ignarus est dicat a te esse

39

TI).

RUFIN, de adulteratione librorum Origenis, 13 (CChr.SL 20, 15,3–16,30 SIMONET-

1. Die cathedra Petri und die Lehre des Apolinarius

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con positum et, quasi mimum Philistionis vel Lentuli ac Marulli, stropham eleganti sermone confictam. 40

Aus der Schilderung des Hieronymus ist zu entnehmen, daß er zwar den Hergang, wie ihn Rufin berichtet, bestätigt 41 , jedoch als Argument für Origenes nicht gelten läßt, da es sich dabei um eine singuläre, eigentlich recht unglaubwürdige Anekdote handele (fabella), die man einfach so erzählt, und nicht um eine Argumentation, die überzeugt und Allgemeingültigkeit hat. Er kritisiert also das Argumentationsniveau des Rufin und nicht seine Schilderung des Geschehens, und man kann deshalb annehmen, daß sich die Geschichte so, wie Rufin es berichtet, abgespielt und Hieronymus mit den Anhängern des Apolinarius verhandelt hat. Vielleicht handelt es sich also bei dem uns vorliegenden Brief, in dem Damasus seine Verwunderung darüber ausdrückt, daß die Lehre des Apolinarius immer noch für Aufruhr sorgt, um den Auftakt dieser bei Hieronymus und Rufin geschilderten Aktivitäten. Was die Aussagen des Damasus über seine eigene Position als Bischof von Rom, d.h. als dem Inhaber des „apostolischen Stuhles“ angeht, finden sich hier einige Parallelen zum dritten Teil des sogenannten Decretum Gelasianum bzw. Decretum Damasi. Zunächst verwendet Damasus an dieser Stelle zum ersten Mal in seinen Briefen den Begriff apostolica sedes 42 , wie bereits schon in seinen Epigrammen, und begründet damit die besondere Ehrerbietung, die dem römischen Bischof entgegenzubringen ist 43 . Außerdem wird die Autorität der Apostel Petrus und Paulus betont: Petrus ist es, der in der römischen Kirche residierte und seine Lehre, wie die Kirche gelenkt werden muß 44 , weitergegeben hat. Damit hat er einen Maßstab festgesetzt, den Damasus zu erreichen versucht, obwohl er hier ebenso seine Unwürdigkeit anführt (Bescheidenheitstopos). Paulus hingegen ist der Garant für die theologische Lehre 45 . Und dieser apostolische

40

HIERONYMUS, Apologia contra Rufinum II 20 (CChr.SL 79, 56,1–57,18 LARDET). Daß diese Vorgänge im Rahmen einer Synode stattfanden, wie MÜHLENBERG 1969, 57 behauptet, ist hier nirgends erwähnt. 42 Vgl. dazu decr.Dam. III 3: ... prima Petri apostoli sedes Romana ecclesia ...; und DAM., epigr. 57, 3f.: ... hinc mihi provecto Xps cui summa potestas, sedis apostolicae voluit concedere honorem; ebenso epigr., 4,4; 351,4. 43 Siehe auch decr.Dam. III. Daß Damasus zunächst diese Gedanken nur in Rom äußerte und erst am Ende seiner Amtszeit auch gegenüber der ganzen Kirche diesen Anspruch erhob, erscheint nicht unbedingt verwunderlich, da in Rom eine solche Äußerung willkommen war, besonders im Osten jedoch mit Widerstand zu rechnen war. 44 Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 5.3.4.2. 45 Vgl. dazu DAM., epigr. 1,16.23–26 und die Ausführungen in Kap. 5.3.4.2. 41

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

Glaube wird zudem mit dem Nicaenum gleichgesetzt 46 . Ganz deutlich ist aber, daß Damasus hier die Verurteilung der Lehre des Apolinarius auf seine Autorität als römischer Bischof stützt (LSJTFJUIKBQPTUPMJLIK LBRFESBK) und Synodalentscheidungen in den Hintergrund treten läßt. Der Bischof von Rom ist der Verfechter und Garant des nicaenischen und apostolischen Glaubens.

46 Vgl. dazu DAM., epist. 1: ... hanc solam fidem quae apud Nicaeam apostolorum auctoritate fundata est, perpetua firmitate esse retinendam ... . Siehe auch DAM., relatio und COD. THEOD. XVI 1,2 (cunctos populos). Diese beiden Dokumente sind genau in den für diesen Brief des Damasus in Frage kommenden Zeitraum 378–381 zu datieren.

2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel

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2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel 2.1. Text und Übersetzung Edition: Epistularum Romanorum Pontificum ad vicarios per Illyricum aliosque episcopos Collectio Thessalonicensis ad fidem codicis Vat. Lat. 5751 rec. C. Silva - Tarouca, Textus et Documenta 22, Rom 1937, 16–19 47 . ...Cumque suscepta fuissent exemplaria litterarum, Menas notarius recitavit 48 : Dilectissimis fratribus Acholio 49 , Euridico, Severo, Uranio, Philippo et Johanni 50 Damasus 51 Decursis litteris dileccionis vestrae 52 fratres karissimi, satis sum contristatus, 53 eo tempore quo Deo praestante heretici fuerant abiecti 54 , nescio quos ex Aegypto

47

Der Bischof Damasus den geliebtesten Brüdern, den Bischöfen Acholius, Euridicus, Severus, Uranius, Philippus und Johannes. Nach dem Durchlesen des Schreibens Eurer Liebe, teuerste Brüder, bin ich recht betrübt, daß gerade zu der Zeit, als durch die Hilfe Gottes die Häretiker ausge-

Vgl. zu dieser Ausgabe Kap. 5.2.2.; die beiden folgenden Briefe Decursis litteris und Ad meritum werden zitiert als DAM., epist. 5 und 6. 48 Vgl. zu dieser Einleitung die Ausführungen über die Überlieferungssituation Kap. 5.2.2. 49 Acholius, der Bischof von Thessalonike, hatte sehr gute Kontakte in den Westen und erfreute sich dort offenbar großer Hochachtung; neben Damasus, der offenbar auch privat an ihn schreibt (siehe ep. 6 ad meritum), berichtet auch Ambrosius über ihn: AMBR., ep. 51, 6f. (CSEL 82/2, 62,55–63,58.61f.71f.): Helisaeus quidem in Samariam captivas acies induxit Syrorum, sanctus autem Acholius precibus suis fecit, ut de partibus Macedoniae victores fugaret ... Sed urgebat et proeliabatur sanctus Acholius, non gladiis sed orationibus, non telis sed meritis ... (7) ... Nonne in Macedonia similia dominus per orationes sancti Acholi fecit mira aut prope maiora? Ep. 51, 10 (CSEL 82/2, 65,101–111): Haec mihi de sancto Acholio vobiscum communia. Illud tamen speciale, quo devinctus sum beatae memoriae viro, qui tribuit mihi ut eum non ignorarem. Nam cum eo veniente ad Italiam aegritudine confectus tenerer, ut non possem occurrere, ipse ad me venit et visitavit. Quo studio, quo affectu ipse in me et ego in eum irruimus! Quo gemitu mala istius saeculi et ea quae hic acciderent deploravimus, ita ut lacrimarum profluvio vestem infunderemus, dum salutatione exoptatissima, mutuo desiderio et expetito diu fruimur, adhaeremus amplexu! Itaque quod voti mei erat, illius beneficii fuit, quia potui illum videre ... 50 Nicht näher zu bestimmende Nachbarbischöfe von Acholius. 51 Ergänzung des Editors. 52 Vgl. zu dieser Anrede JERG 1970, 261.269. 53 Silva-Tarouca setzt hier eine lacuna an und möchte cognoscens oder videns ergänzen, was m.E. aber unnötig ist. 54 Vgl. dazu Kap. 3.1.3 und 5.2.3.

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

venientes 55 in postulatione, contra regulam 56 ecclesiasticae disciplinae alienum a nostra professione Cynicum in Constantinopolitana civitate ad sacerdotium vocare voluisse 57 .

55

schlossen worden waren, irgendwelche Leute, die aus Ägypten kamen und Forderungen vortrugen, gegen die Regel der kirchlichen Disziplin einen unserem Bekenntnis fremden Cyniker in der Stadt

Damasus spricht hier nur von irgendwelchen Leuten, während Ambrosius auch konkret Petrus, den Bischof von Alexandria, damit in Verbindung bringt: AMBR., ep. extra collectionem 9,3. GREGOR VON NAZIANZ spricht von zweideutigen Schreiben des Petrus, der zunächst ihn selbst unterstützt habe, dann aber Maximus: de vita sua 858–863 (96f. J UNGCK): QXK1FUSPKBVUPK PCSBCFVKUXOQPJNFOXO QSXIONFOINBKFHLBRJTUIHSBN NBTJOPVUXQSPEIMXKEJQMPIKFMFVRFSPJK XKBVUBQFJTFJUBQSPKINBKHSBNNB UB LBJTVNCPMPJKFUJNBUIKJESVTFXK OVOEIÀLFOINJOFMBGPKBOUJQBSRFOPV „... wie hat es geschehen können, daß Petrus selbst, der Herr der Hirten, mich jüngst noch einsetzte mit einem Schreiben, das so offensichtlich von aller Zweideutigkeit frei war, wie es der Wortlaut des an mich gerichteten Briefes zeigen kann, und daß er mich mit den Zeichen der Amtseinsetzung ehrte, daß ich aber jetzt eine Hirschkuh statt der Jungfrau vorfand?“); 887–896 (ebd.): PJEXTQFSMVLPJLMFQUBJGBOFOUFKBRSPXK NBOESBKFTX QPMMPVKFDPOUFKNJTRJPVKFLUPVTUPMPV FYXÀO"MFYBOESFJB SBÝTUBOBQUFUBJLBJHBSTVOFNQJQUPVTJUXÝTUPMXÝTBGXK LFJSBJQSPRV NPVOUFJKLBRFESBOUPOLVOB QSJOIUJMBXÝ QSJOLUJMPJKFLLMITJBK QSJOINJO BVUPJK XKLVTJOHPVO HOXSJTBJPVUXGBTJOLBJUBVUBQSPTUFUBHNFOPJPVUXK "MFYBOESFJBUJNBÝUPVKQPOPVK(„Da erschienen sie wie diebische Wölfe plötzlich innerhalb der Hürde mit vielen gedungenen Knechten aus der Schiffsmannschaft, von denen sich die alexandrinischen gar leicht entflammen lassen – denn sie dringen offensichtlich zusammen mit der Mannschaft bei mir ein – und sind willens, den Hund zum Bischof zu scheren, ohne vorher dem Volk, ohne den Widdern der Gemeinde, ohne uns selbst, als den Wachhunden jedenfalls, etwas mitzuteilen. So und nicht anders, sagen sie, hätte man es ihnen aufgetragen. So ehrt Alexandrien die Mühen!“); 1015f. (102f.): 1FUSXÝHBS XÀÝEJTDJTUPKIHSBGJKQPUIOQBOUBHSBGPOUJSBÝEJXKUBOBOUJB („An Petrus nämlich, dessen Feder einst zweideutig gewesen war, als er so leichthin die entgegengesetztesten Dinge schrieb ...“). 56 Vgl. zu diesem Begriff: DAM., epist. 7 und decr. ad Gallos episc. Inhaltlich gemeint ist damit die Bestimmung, daß nur Kleriker zum Bischof gewählt werden können, vgl. dazu Kap. 3.2.1.5. Hier könnte auch der Grund vermutet werden, warum Ambrosius in dieser Frage anderer Meinung ist, da auch er selbst vor seiner Wahl zum Bischof kein Kleriker gewesen ist. 57 Demgegenüber behauptet Ambrosius nach dem Konzil von Konstantinopel, auf dem Nectarius zum Bischof gewählt wurde, daß Maximus der rechtmäßige Bischof von Konstantinopel sei: AMBR., ep. extra collectionem 9,3 (CSEL 82/3, 202,24–34: Atque hoc factum allegatur consensione et consilio Nectarii, cuius ordinatio quem ordinem habuerit non videmus. Namque in concilio nuper cum Maximus episcopus Alexandrinae ecclesiae communione manere secum lectis Petri sanctae memoriae viri litteris prodidisset eiusque se cretum esse mandato intra privatas aedes, quia Arriani ecclesiae basilicas adhuc tenebant, tribus episcopis ordinantibus dilucida testificatione docuisset, nihil habuimus, beatissime principum, in quo de episcopatu eius dubitare possemus, cum vim sibi repugnanti a plerisque etiam de populo et clero testatus esset illatam.

2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel

Qui igitur is fuerat ardor animi, quam foeda praesumptio, scire non possumus. Hinc apparet inquietos homines cum multa praesumunt, quid agere debeant ignorare. Non legerant apostolum scribentem: „Vir autem si comam habuerit, ignominia est illi“ 58 . Nesciebant philosophorum habitum non convenire incessui christiano. Non audierant monentem apostolum, ne per philosophiam et inanem seductionem, quam diu crediderant, spoliarentur sanae fidei indumento.

Quanta igitur haec festinatio fuerit nescio, ut cum christianis hic habitus displiceret, tam insolenter totum quod non decuerat ageretur. Sed quid aliud facere debuit improbitas hominum levissimorum, quam ut expulsi ecclesia, clam intra parietes alienos ambientem 59 – quantum intelligi datur – inquietum hominem ordinarent.

Sed haec inimici intelleguntur esse commenta, qui hereticis sumministrat materiam detrahendi. Impletum est quod

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Konstantinopel zum Bischofsamt berufen wollten. Was dies denn für ein Geistestaumel gewesen war, was für eine schändliche Anmaßung, können wir nicht wissen. Von daher wird offenbar, daß unruhige Menschen, wenn sie sich vieles herausnehmen, mißachten, was sie eigentlich tun sollen. Sie hatten den Apostel nicht gelesen, der schreibt: Wenn ein Mann aber langes Haar hat, ist es eine Schande für ihn. Sie wußten nicht, daß das Aussehen der Philosophen nicht zum christlichen Erscheinungsbild paßt. Sie hatten die Mahnung des Apostels nicht gehört, sich nicht durch Philosophie und leere Verführung das Gewand des reinen Glaubens, an den sie lange geglaubt hatten, rauben zu lassen. Ich weiß nicht, welches Ausmaß also diese Eilfertigkeit hatte, daß, obwohl dieses Aussehen den Christen mißfiel, die ganze ungehörige Angelegenheit so unverschämt betrieben worden ist. Aber was hätte die Unredlichkeit dieser sehr leichtfertigen Menschen anderes tun sollen, als daß sie, nachdem sie aus der Kirche hinausgeworfen worden waren, einen heimlich innerhalb fremder Wände wandelnden – wie zur Erklärung angegeben wird –, unruhigen Menschen in sein Amt einsetzten. Aber diese Aussagen werden als Erfindungen des Feindes erkannt, der die Häretiker mit Stoff für Verleumdung ausstattet.

GREGOR VON NAZIANZ stimmt in seiner Bewertung der Vorgänge mit Damasus überein: de sua vita, 728–1112 (88–108 JUNGCK). 58 1Kor 11,14. 59 Vgl. AMBR., ep. extra coll. 9,3 (202,29f. ZELZER): ... se cretum esse ... intra privatas aedes, quia Arriani ecclesiae basilicas adhuc tenebant ... . Dagegen GREG.NAZ., de vita sua, 909–914 (98f. JUNGCK): FJKHBSDPSBVMPVMVQ SPOPJLIUISJPOBDRFOUFKPJTFNOPJUFLBJRFXÝGJMPJMBPOUFDPOUFKUXOBQP CMIUXOUJOBKLVOXOUVQPVTJUPOLBLJTUPOQPJNFOB LFJSBOUFKPVEITBOUFKPVEF TVOCJBÝLVXOHBSIOQSPRVNPKFJKUBLSFJTTPOB. („In eines Chorleiters elende Hütte nämlich lassen sie sich führen, diese würdigen Gottesfreunde; als Gemeinde haben sie ein paar verworfene Gesellen bei sich und machen aus dem schlechtesten der Hunde einen Hirten, indem sie ihn scheren, ohne ihn binden oder Gewalt anwenden zu müssen; denn es war ein Hund, der nach dem Höheren begehrte.“).

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

evangelicus sermo dixerat: „Omnis“ – inquit – „plantatio quam non plantaverit Pater meus caelestis eradicabitur“ 60 . Hoc est quod saepe dileccionem vestram commonui, ne fieret aliquid inconsiderate. Nescit sinceritas vestra 61 , quod in saecularibus bellis ibi maior cura militum excubat ubi hostis insistit? Si ergo nobis episcopalibus armis semper est resistendum, debemus sollicite agere, ne – quod Deus prohibeat – gregem Christi in praedam lupis rapacibus relinquamus. Philosophia sapientiae saecularis amica est, inimica fidei, venenum quoddam spei, bellum gravissimum caritatis. 62 Qui ergo consensus templo Dei et idolis, quae participatio Christo et Belial 63 ? Sed fortasse dicturi sunt aliqui: christianus erat. Huic homini qui in habitu idoli incedit, numquam adscribendum nomen est christiani, quia fieri non potest, ut qui hinc placere gentibus desiderat, ullum nobiscum consorcium integrae fidei possit habere.

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Erfüllt ist das, was die Rede des Evangeliums gesagt hatte: Jede Pflanzung, heißt es, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird ausgerottet werden. Das ist es, wozu ich Eure Liebe oft ermahnt habe, daß nichts unüberlegt geschehe. Weiß Eure Unbescholtenheit nicht, daß in weltlichen Kriegen dort die Soldaten mit größerer Sorge Wache halten, wo der Feind sie bedrängt? Wenn wir also immer mit bischöflichen Waffen Widerstand leisten müssen, müssen wir sorgfältig handeln, um nicht – was Gott verhindern möge – die Herde Christi den räuberischen Wölfen als Beute zu überlassen. Die Philosophie ist die Freundin der weltlichen Weisheit, die Feindin des Glaubens, eine Art Gift für die Hoffnung, der schwerste Krieg für die Liebe. Welche Übereinkunft kann es also zwischen dem Tempel Gottes und den Götzen geben, welche Gemeinsamkeit haben Christus und Belial? Aber wahrscheinlich werden einige Leute sagen: Er war Christ. Dem Menschen, der in der Tracht eines Götzen einherschreitet, darf niemals der christliche Name zugeschrieben werden, weil unmöglich derjenige, der dadurch den Heiden zu gefallen wünscht, irgendeine Gemeinschaft mit uns am unversehrten Glauben haben kann.

Mt 15,13. Vgl. zu dieser Anrede auch DAM., decr. ad Gallos episc. 20, sie ist typisch für das 4. Jahrhundert und später nicht mehr zu finden, siehe auch JERG 1970, 117 und 124. 62 Ein ähnliche Ablehnung gegen falsae fabulae findet sich in DAM., epigr. 2, 2–5: ... divinos apices sacro modularis in ore;/ non falsas fabulas studio meditaris inani./ Illis nam capitur felicis gloria vitae,/ istis succedent poenae sine fine perennes. Auch hier spielt Damasus auf eine neutestamentliche Stelle bei Paulus an, nämlich 1Kor 13, in der das menschliche Wissen als Stückwerk bezeichnet wird und allein Glaube, Hoffnung und Liebe zählen, wobei er die Aussage verschärft, wenn er das Wissen zur Feindin dieser drei macht. Vgl. zum Verhältnis von Christentum und Philosophie z.B. auch ROSEN 1993, 393– 408 zum Gedicht Carmen ad quendam senatorem ex Christiana religione ad idolorum servitutem conversum (Cypriani Galli Heptateuchos, ed. R. Peiper, CSEL 23, 1881, 227– 230); siehe auch MARKSCHIES 1994b, 325–377. 63 2Kor 6,15; vgl. auch Dtn 13,14: Söhne der „Nichtsnutzigkeit, Heillosigkeit“: sinnbildlich für die Macht des Bösen. 61

2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel Non inmerito autem qui ex Aegypto venerant, notati ab omnibus discesserunt, errorem suum condemnantes, ut amputatis eius postea capillis, qui non recte fuerat ordinatus, et iacturam capitis sustineret, et quod ambierat esse non possit.

Recte igitur factum est, ut id quod male coeptum erat, auctoritate publica 64 destrueretur. De caetero commoneo sanctitatem vestram 65 , ut quia cognovi dispositum esse

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Völlig verdientermaßen aber sind diejenigen, die aus Ägypten gekommen waren, von allen getadelt weggegangen und haben ihren Irrtum verurteilt, so daß derjenige, der nicht rechtmäßig ordiniert worden war, nachdem danach seine Haare abgeschnitten worden waren, sowohl den Verlust des Hauptes ertragen mußte als auch das Amt nicht haben konnte, nach dem er sich gedrängt hatte. Es geschah also mit Recht, daß dem, was schlecht begonnen worden war, durch öffentliche Macht ein Ende gesetzt worden ist. Im übrigen ermahne ich Eure Heiligkeit, daß, weil ich erfahren habe, daß man be-

64 Vgl. dazu GREG.NAZ., de vita sua, 1001–1023 (102–105 JUNGCK): &QFJEFGV MPJKCBSCBSXOLBLPOGFSXOCBTJMFVKFXÝPKFJDFOPSNIUISJPOUIO2FTTBMPOJ LIO UIOJLBVUBUJQMFLFJLVXOPQBHLBLJTUPKBRSFJNPJQBMJOBSBKUPTVSGF UXEFK"JHVQUPVTUJGPKMFHXEFUPVKLFJSBOUBKBVUPOBQSFQXKXKUIOLBRF ESBOCBTJMJLXÝQSPTUBHNBUJQIYXOFBVUXÝUXÝTUSBUPQFEXÝQSPTUSFDFJLBLFJRFO BVRJKXKLVXOBQPSSJGFJKPSHIÝUFQPMMIÝDXSLJPJKGSJLXEFTJOPVQXHBSIO UBXUBEJBUFRFJKLBLXKPVEFJKLBRINXO BMMFUFJDPOVHJXKFJKUIO"MF YBOESFJBOBVRJKGRFJSFUBJ PSRXKHFQPJXOUPVUPLBJNPOPOTPGXK1FUSXÝHBS XÀÝ EJTDJTUPKIHSBGJKQPUIOQBOUBHSBGPOUJSBÝEJXKUBOBOUJB NJTRPGPSJLPOUJ UXOBOFTUJXOFDXOFQJGVFUBJLBJUPOHFSPOUBQPTUFOPJ IUPVUPOBJUXO POQFS IMQJTF RSPOPOIUPVQBSPOUPKNINFRITFTRBJMFHXO FXKVQBSDPVUIOLJOPV NFOIOGMPHB NIUBJKQBMBJBJKQSPTUFRIÝUJTVNGPSBJK XKFJLPKIOEFJTBOUPK FYXQFNQFUBJ(„Als aber, um über die Stämme der Barbaren Unheil zu bringen, der Kaiser des Ostens seinen Stützpunkt in der Stadt Thessalonike hatte – was da der Hund, der miserable, anzettelt, das sieh mir nun wieder an! Er bläst zum Aufbruch für seinen ägyptischen Haufen, diesen Abschaum – ich meine damit jene, die ihn so schändlich geschoren haben – und, um sich den Bischofsstuhl durch kaiserliche Verordnung zu sichern, eilt er zum Heerlager. Und von dort wiederum eben wie ein Hund davongejagt, macht er sich in großem Zorn und unter schauerlichen Verwünschungen – denn noch war niemandes Ohr voreingenommen gegen mich, sondern man hatte noch seinen gesunden Sinn bewahrt – wieder nach Alexandrien davon. Recht handelte er wenigstens darin und ein einziges Mal weise: an Petrus nämlich, dessen Feder einst zweideutig gewesen war, als er so leichthin die entgegengesetztesten Dinge schrieb, macht er sich mit einer Schar heimatloser Söldner heran und treibt den Alten in die Enge. Er verlangt entweder diesen Sitz, auf den er gehofft hatte, oder droht, den dortigen nicht aus der Hand zu geben. Schließlich wird er vom Statthalter, der nicht zu Unrecht fürchtet, daß durch diesen lodernden Brand zu dem alten neues Unheil hinzugefügt würde, ausgewiesen.“). Bei dieser öffentlichen Macht handelt es sich um Theodosius, der bald nach dem 14. Juli 380 von Thessalonike aus gegen die in Makedonien eingefallenen Goten gezogen ist. Er setzt Maximus, der nach Thessalonike gekommen war, ab. Auf diese Weise hat wohl auch Acholius den Gang der Maximusaffäre erfahren und sie Damasus schriftlich mitgeteilt, vgl. dazu auch RITTER 1965, 34f.

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Constantinopoli concilium fieri debere 66 sinceritas vestra 67 , quemadmodum praedictae civitatis episcopus eligatur, qui nullam habeat reprehensionem, ut Deo propitio, cum integra pax catholicorum sacerdotum fuerit confirmata, nullae deinceps dissensiones in Ecclesia oriantur 68 , ut praestante Deo, quod iam dudum optavimus, cum catholicis sa-

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stimmt hat, in Konstantinopel ein Konzil stattfinden zu lassen, Eure Unbescholtenheit dafür sorge, auf welche Weise ein Bischof der oben genannten Stadt gewählt werden kann, der keinen Tadel hat, so daß, wenn Gott gnädig gesinnt ist, nachdem ein unverbrüchlicher Friede zwischen den katholischen Bischöfen befestigt worden ist, daraufhin keine Meinungsverschiedenhei-

Vgl. dazu JERG 1970, 91f.104.156f.271f. Die kaiserliche Entscheidung, in Konstantinopel ein Konzil stattfinden zu lassen, wird nach RITTER 1965, 35 in den Frühsommer 380 datiert und auch mit der Maximusaffäre und der Notwendigkeit, einen Bischof für Konstantinopel zu benennen, verbunden. Offenbar war auch Damasus der Auffassung, daß auf diesem Konzil der Bischof von Konstantinopel bestimmt werden sollte. Ambrosius berichtet dann über die Geschehnisse auf dem Konzil: Ambr., ep. extra coll. 9,4f. (CSEL 82/3, 202,35–204,69): Tamen ne absentibus partibus praesumpte aliquid definisse videremur, clementiam tuam datis litteris putavimus instruendam, ut ei consuleretur ex usu publicae pacis atque concordiae, quia revera advertebamus Gregorium nequaquam secundum traditionem patrum Constantinopolitanae ecclesiae sibi sacerdotium vindicare. Nos igitur in synodo ea quae totius orbis episcopis videbatur esse praescripta, nihil temere statuendum esse censuimus. At eo ipso tempore qui generale concilium declinaverunt Constantinopoli quae gessisse dicuntur? Nam cum cognovissent ad hoc partium venisse Maximum, ut causam in synodo ageret suam – quod etiamsi indictum concilium non fuisset, iure et more maiorum sicut et sanctae memoriae Athanasius et dudum Petrus, Alexandrinae ecclesiae episcopi et orientalium plerique fecerunt, ut ad ecclesiae Romanae, Italiae et totius occidentis confugisse iudicium videretur –, cum eum sicut diximus experiri velle adversum eos qui episcopatum eius abnuerant comperissent, praestolari utique etiam nostram super eo sententiam debuerunt. Non praerogativam vindicamus examinis, sed consortium tamen debuit esse communis arbitrii. (5) Postremo prius constare oportuit utrum huic abrogandum quam alii conferendum sacerdotium videretur, ab his praesertim a quibus se Maximus vel destitutum vel appetitum iniuria querebatur. Itaque cum Maximum episcopum receperunt in communionem nostra consortia, quoniam eum a catholicis constitit episcopis ordinatum, nec ab episcopatus Constantinopolitani putavimus petitione removendum; cuius allegationem praesentibus partibus aestimavimus esse pendendam. Nectarium autem cum nuper nostra mediocritas Constantinopoli cognoverit ordinatum, cohaerere communionem nostram cum orientalibus partibus non videmus, praesertim cum ab isdem Nectarius dicitur ilico sine communionis consortio destitutus a quibus fuerat ordinatus. Non mediocris igitur hic scrupulus est. 67 Hier konstatiert SILVA–TAROUCA eine Lücke und konjiziert provideat, m.E. liegt es aber näher, das im zweiten Brief an Acholius verwendete operam dare zu verwenden, da dort einige Formulierungen aus dem Brief Decursis litteris übernommen sind; ebenso entscheiden sich die Ausgaben vor SILVA-TAROUCA: HOLSTE (Rom 1662), COUSTANT (Epistularum Romanorum Pontificum Vol.1, Paris 1721) und MANSI. 68 Hier wird also von Damasus schon angekündigt, daß der Kirchenfriede davon abhängt, ob ein Bischof von Konstantinopel ordiniert wird, der den Vorstellungen des Westens entspricht. 66

2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel cerdotibus possit pax perpetua perdurare.

Illud praeterea commoneo dilectionem vestram, ne patiamini aliquem contra statuta maiorum nostrorum de civitate alia ad aliam transduci et deserere plebem sibi commissam et ad alium populum per ambicionem transire 69 . Tunc enim contentiones oriuntur, tunc schismata 70 fomenta graviora accipiunt, cum et illi qui amiserint sacerdotem sine dolore animi esse non possunt, et illi qui alterius civitatis acceperint episcopum, etiam si gaudeant, invidiosum sibi intellegunt fore, sub alieno se agere sacerdote.

Item recitata est: 71 Dilectissimo fratri Acholio Damasus Ad meritum filii mei Rusticii addi aliquid amplius non potest, domine frater honorabilis. Hic enim cum habeat praerogativam officii sui quod silentiarius 72 sit filii nostri Gratiani augusti, huc accedit, quod gratiam Dei Romae consecutus est, ita ut vellet munitus, ad illas partes missus, venire.

Hunc ergo in omnibus honorificentiae tuae commendo, quasi proprum pignus suscipere digneris, ut Deo propitio in pe69

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ten in der Kirche entstehen, so daß mit Hilfe Gottes, was wir schon lange gewünscht haben, mit den katholischen Bischöfen ein dauernder Friede bestehen kann. Außerdem ermahne ich Eure Liebe dazu, nicht zu dulden, daß irgendwer gegen die Satzungen unserer Vorfahren von einer Gemeinde zur anderen versetzt wird und das Volk, das ihm anvertraut ist, im Stich läßt und zu einer anderen Gemeinde aus Ehrgeiz überwechselt. Dann nämlich entstehen Streitigkeiten, dann bekommen Schismen recht schlimmen Zündstoff, wenn sowohl diejenigen, die ihren Priester verloren haben, nicht ohne Schmerz sein können, als auch diejenigen, die den Bischof einer anderen Gemeinde aufgenommen haben, auch wenn sie sich freuen, erkennen, daß es ihnen verhaßt sein wird, sich unter einem fremden Bischof zu befinden.

Bischof Damasus dem geliebtesten Bruder, dem Bischof Acholius Zum Verdienst meines Sohnes Rusticius kann weiter nichts hinzugefügt werden, ehrwürdiger Herr Bruder. Denn dieser, obwohl er das Vorrecht seines Amtes genießt, da er Silentiarius unseres Sohnes des Kaisers Gratian ist, kommt hierher, weil er in Rom der Gnade Gottes nachgefolgt ist, so daß er, damit gerüstet und in jene Gegenden ausgesandt, kommen wollte. Den also empfehle ich in allem Deiner Ehrwürdigkeit, Du mögest geruhen, ihn wie ein eigenes Kind aufzunehmen, so daß

Damasus ist offenbar besonders darauf bedacht, daß gerade dieser Kanon eingehalten wird, vgl. dazu DAM., epist.2/1; epist. 4; decr. ad Gallos. Dieser Kanon richtet sich einerseits gegen Meletius, aber auch gegen Gregor von Nazianz, der bereits Bischof von Sasima gewesen sein soll. Vgl. dazu auch SCHOLZ 1992, 69–88. 70 Darin liegt für Rom auch der Grund des antiochenischen Schismas, da Meletius vor seiner Ordination zum Bischof von Antiochia bereits Bischof von Sebaste war. 71 Siehe dazu die Ausführungen Kap. 5.2.2. 72 Silentarius: Kammerherr, der für Ruhe und Ordnung im kaiserlichen Palast zu sorgen hat.

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regrinatione constitutus intellegat se a consacerdotibus Dei et diligi et honorari.

Ad litteras sanctitatis tuae plene rescripsi non mihi placuisse, quod nescio quem Maximum ex Aegypto venientes, comatum, vel maxime cuius habitus iuxta apostolum 73 ignominiosus esset, Constantinopoli episcopum ordinare voluissent. 74

Rectius igitur fecerit sanctitas tua, si dederit operam, ut de cetero catholicus constituatur, cum quo nobis Deo propitio possit pax perpetua perdurare. 75

er mit Gottes gnädiger Hilfe erkennt, daß er, obwohl er sich auf der Reise im Ausland befindet, von den Mitpriestern Gottes sowohl geliebt als auch geehrt wird. Auf das Schreiben Deiner Heiligkeit hin habe ich ausführlich zurückgeschrieben, daß es mir nicht gefallen hat, daß Leute, die aus Ägypten gekommen sind, irgendeinen Maximus mit langen Haaren, dessen Aussehen wohl am meisten nach dem Urteil des Apostels schändlich war, in Konstantinopel zum Bischof hatten einsetzen wollen. Deine Heiligkeit dürfte also besser daran tun, wenn sie sich Mühe gäbe, daß im übrigen ein Katholik eingesetzt werde, mit dem uns mit Gottes gnädiger Hilfe ein immerwährender Friede verbinden könnte.

2.2. Die Überlieferung Die beiden Briefe des Damasus an Acholius sind überliefert als Teil der sogenannten Collectio Thessalonicensis. Dabei handelt es sich um einen Komplex von Briefen an die Kirche von Thessalonike, der im Rahmen des Protokolls einer römischen Synode vom Jahr 531 unter Papst Bonifatius II. aufgeführt ist. Eine Abschrift dieses Protokolls liegt uns in zwei Handschriften vor: Cod. Vat. lat. 5751 saec. X ff. 55–77 aus dem Kloster Bobbio und Cod. Vat. lat. 6339 saec. XVII ff. 12–62v. Bei letzterer handelt es sich aber nur um eine Abschrift der erstgenannten 76 . Protokolliert sind hierin zwei Sitzungen der betreffenden Synode, wobei die erste Sitzung vollständig vorliegt, für die zweite jedoch nur ein unvollständiger Bericht überliefert ist, der in der Mitte abbricht 77 . In dieser zweiten Sitzung trägt Bischof Theodosius von Echinus (Thessalien) als Überbringer von Bittschriften des Bischofs Stephan von Larissa (Thessalien) die Bitte vor, Dokumente verlesen zu dürfen, die Licht auf die besondere Stellung Illyriens 73 Bezieht sich auf die in epist. 5 zitierte Passage aus dem ersten Korintherbrief: 1Kor 11,14. 74 Damit wird die ausführliche Schilderung der Maximusaffäre in epist. 5 zusammengefaßt (teilweise mit denselben oder ähnlichen Formulierungen: unterstrichene Passagen). 75 Dieser Satz faßt teilweise mit denselben Formulierungen (die unterstrichenen Passagen) die Aufforderung an Acholius und seine Mitbischöfe in epist. 5 zusammen. 76 Vgl. dazu STREICHHAN 1922, 333. 77 FRIEDRICH 1891 hat versucht, die Collectio Thessalonicenis als Fälschung darzustellen, was aber bereits von NOSTITZ-RIENECK 1897, 1–50 widerlegt worden ist; siehe dazu auch STREICHHAN 1922, 332f.337f., der zu dem Ergebnis kommt, „daß an der Echtheit der in der Sammlung der Kirche überlieferten Papstbriefe nicht gezweifelt werden darf“.

2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel

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werfen können 78 . Dieser Bitte wurde stattgegeben und im Protokoll werden 27 Briefe aufgeführt, die alle mit derselben Formulierung item recitata est, „ebenfalls wurde verlesen“, eingeführt werden. Danach bricht das Protokoll ab, das aber offensichtlich Papst Nikolaus noch in seiner vollständigen Form gekannt hat, da er die erhaltenen Schreiben im Zusammenhang mit weiteren Briefen der Päpste Hilarius, Simplicius, Felix und Hormisdas aufzählt, die ansonsten nicht bekannt sind 79 . Diese Briefe sind chronologisch geordnet und stehen alle in irgendeiner Verbindung zu den Bischöfen von Thessalonike bzw. Illyrien. Meist handelt es sich um Briefe römischer Bischöfe, die an Bischöfe in Illyrien gerichtet sind 80 . Die Liste der Briefe beginnt mit den uns vorliegenden beiden Briefen des Damasus an Acholius, so daß man vermuten kann, daß damit ein Anfangspunkt der besonderen Beziehungen des Bischofs von Rom zum Bischof von Thessalonike markiert ist 81 . Jedenfalls hat der Inhalt der Collectio Thessalonicensis ausführ78 Vgl. dazu in der Collectio Thessalonicensis: Synodus Romana an. 531, Sessio II (15,90–16,105 SILVA–TAROUCA): Theodorus Echiniensis civitatis episcopus Thessaliae provinciae per interpretem dixit: Ex leccione libellorum vestra cognovit beatitudo quae acta sunt contra sanctos canones et ordinacionem decessorum vestrorum. Nam constat venerandos sedis vestrae pontifices – quamvis in toto mundo sedes apostolica ecclesiarum sibi iure vindicet principatum et solam in ecclesiasticis causis undique appellari necesse sit – specialiter tamen gubernacioni suae Illyrici ecclesias vindicasse. Et nota sunt vobis omnium praecedencium scripta pontificum, verumtamen quarundam epistularum exemplaria profero, quarum fidem fieri ex vestro nunc scrinio postulo. Bonifacius episopus dixit: Prolatarum epistularum recitentur, et scriptorum fides in sedis apostolicae requiratur scrinio. Cumque suscepta fuissent exemplaria litterarum, Menas notarius recitavit: ... . 79 NICOLAUS I., ep. III 82 (MGH Epistulae VI, 438,25–439,4): Oportet enim vestrum imperiale decus, quod in omnibus ecclesiasticis utilitatibus vigere audivimus, ut antiquum morem, quem nostra ecclesia habuit, vestris temporibus restaurare dignemini, quatenus vicem, quam nostra sedes per episcopos vestris in partibus constitutos habuit, videlicet Thessalonicensem, qui Romanae sedis vicem per Eperum veterem Eperumque novum atque Illiricum, Macedoniam, Thessaliam, Achaiam, Daciam riperensem, Daciam mediterraneam, Misiam, Dardaniam et Praevalim, beato Petro apostolorum principi contradicere nullus praesumat; quae antecessorem nostrorum temporibus, scilicet Damasi, Siricii, Innocentii, Bonifacii, Caelestini, Xysti, Leonis, Hilari, Simplicii, Felicis atque Hormisdae sanctorum pontificum sacris dispositionibus augebatur. Quorum denique institutiones ab eis illis in partibus destinatas per nostros missos, ut rei veritatem cognoscere queatis, vestrae augustali potentiae dirigere curavimus. 80 Vgl. dazu die Liste der Briefe bei NOSTITZ-RIENECK 1897, 6f. und STREICHHAN 1922, 334–337. 81 Aus Ton und Inhalt der beiden Briefen wird aber deutlich, daß Damasus bereits zuvor guten Kontakt zu Acholius gehabt haben muß, also einige Briefe vorausgegangen sein müssen, so daß auch daran gedacht werden kann, daß das Schreiben Confidimus quidem an den Bischof von Thessalonike und seine Nachbarbischöfe gerichtet gewesen sein könnte und den Anfang für weiteren intensiveren Kontakt markierte, siehe dazu auch Kap. 4.1.3.1.2.

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

liche Untersuchungen über die Stellung Illyriens 82 gegenüber Rom vom Ende des vierten Jahrhunderts an angeregt 83 . Darauf kann im folgenden nicht Bezug genommen werden, da hierfür hauptsächlich die Beziehungen nach der Amtszeit des Damasus eine Rolle spielen, für dessen Zeit nur die beiden Schreiben an Acholius vorliegen. Deren geschichtliches Umfeld soll jedoch genauer untersucht werden. 2.3. Die Maximusaffäre aus der Sicht des Damasus und des Gregor von Nazianz Nach Hieronymus ist der Philosoph Maximus 84 in Alexandria geboren, in Konstantinopel zum Bischof geweiht worden und hat, nachdem er abgesetzt worden war, ein hervorragendes Buch über den Glauben gegen die Arianer verfaßt, das er Kaiser Gratian in Mailand übergeben hat: Maximus philosophus, natus Alexandriae, Constantinopoli episcopus ordinatus, et pulsus insignem ‘de fide’ adversum Arianos scripsit librum, quem Mediolani Gratiano principi dedit. 85

Maximus hielt sich bereits vor seiner Ordination zum Bischof von Konstantinopel einige Zeit dort auf und errang Ansehen bei Gregor von Nazianz, der ihm sogar Verse widmete: laudes Maximi philosophi 86 . Gregor rechtfertigt dies im Nachhinein damit, daß er zu gutgläubig gewesen sei und sich von dem Kyniker habe beeindrucken lassen: „’Aber halt! Hattest du diesen nicht gestern noch unter deinen Freunden und hieltest ihn der größten Lobreden für würdig?’ könnte vielleicht einer von denen einwerfen, die darum wissen und mir meine damalige Vertrauensseligkeit vorwerfen, in der ich Ehre auch den schlechtesten Hunden gab. Eine Ahnungslosigkeit ließ ich mir zu schulden kommen, die verabscheuungswürdig ist. Täuschen ließ ich mich wie Adam 82 Seit Mitte des vierten Jahrhunderts bildeten politisch gesehen die Diözesen Dacia und Macedonia eine eigene praefectura Illyrici, deren Zentrum Thessalonike war (vgl. dazu STREICHHAN 1922, 340 und MOMMSEN, Hermes 36, 1901, 205f.). Da sich die dortige Gemeinde auf die Gründung durch Paulus berufen kann, liegt es durchaus nahe, daß sie auch in kirchlicher Sicht eine wichtige Rolle spielen konnte, so daß das Schreiben Confidimus quidem, das an illyrische Bischöfe gerichtet war, wohl zunächst an den Bischof von Thessalonike adressiert gewesen ist. 83 Siehe dazu DUCHESNE 1892, 531–550; NOSTITZ-RIENECK 1897; STREICHHAN 1922; PIERRE MARAVAL, Konstantinopel, Illyricum und Kleinasien, in: Geschichte des Christentums 2, 1996 (siehe Lit.verz.), (1050–1075) 1060–1062; S.L. GREENSLADE 1945, 17– 29; V. GRUMEL 1964, 451–461; E. PELEKANIDOU - C. NARDi, Art. Thessalonica I, EECh 2, 1992, 833. 84 Vg. zu Maximus dem Kyniker MOSSAY 1982, 229–236; ASMUS 1894, 314–339; LÜBECK 1907; SAJDAK 1909, 18ff.; RITTER 1965, 50–52. 85 HIER., vir.ill. 127. 86 HIER., vir.ill. 117: ...‘laudes Maximi philosophi’ post exilium reversi, quem falso nomine quidam Herona superscripserunt, quia est et alius liber vituperationem eiusdem Maximi continens, quasi non licuerit eundem et laudare et vituperare pro tempore... .

2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel

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durch ein böses Kosten. ... Was hätte einer von euch wohl anders gemacht, wo die Gemeinde doch damals noch so spärlich war, daß man selbst von den Stoppeln noch etwas zusammenlesen mußte. Denn nicht dieselben Möglichkeiten bieten enge Verhältnisse wie ein Zustand ausgedehnter Fülle. Etwas ganz Großes schon war es für mich, daß meinen Hof auch nur ein Hund (d.h. ein Kyniker) betrat und Christus verehrte anstatt Herakles. Jenem haftete aber noch etwas Bedeutenderes an. Von seiner wegen schlimmster Schandtaten erfolgten Landesverweisung hatte er glaubhaft zu machen gewußt, daß er sie um Gottes willen hatte tragen müssen. Er war ein Vorbestrafter, aber mir galt er als Siegesheld.“ 87

Er betont, daß seine Gemeinde so klein gewesen sei, daß er sich über jeden freute, der hinzukam, und insbesondere auch von Maximus fasziniert gewesen sei, weil er als Philosoph Christ geworden und offenbar deswegen nach Konstantinopel geflohen war. Für Damasus aber schlossen Philosophenstatus und Christsein einander aus: ein Kyniker, der in Philosophentracht herumliefe und den Heiden gefallen wolle, könne keinen Anteil am unversehrten Glauben haben: Qui ergo consensus templo Dei et idolis, quae participatio Christo et Belial 88 ? Sed fortasse dicturi sunt aliqui: christianus erat. Huic homini qui in habitu idoli incedit, numquam adscribendum nomen est christiani, quia fieri non potest, ut qui hinc placere gentibus desiderat, ullum nobiscum consorcium integrae fidei possit habere. 89

Dies drückt Damasus mit dem Gegensatzpaar Christus und Belial aus. Man kann nur zu einem von beiden gehören, und für den Bischof ist offenbar das Philosophendasein gleichbedeutend damit, zu Belial, d.h. der Macht des Bösen, zu gehören: Philosophia sapientiae saecularis amica est, inimica fidei, venenum quoddam spei, bellum gravissimum caritatis. 90

87 GREG.NAZ., de vita sua, 954–960.969–978 (100f. JUNGCK): 5JPVOTVUPVUPO PVDRFKFJDFKFOGJMPJKLBJUXONFHJTUXOIYJPVKFHLXNJXOUBDBOUJKBQBO UITFJFUXOUBVUFJEPUXOLBJUIOUPUFVDFSFJBOBJUJXNFOXO VGIÀKFUJNXO LBJLVOXOUPVKDFJSPOBKBHOPJBOIHOPITBNJTPVKBYJBOFYIQBUIRIOXK"EBN HFVTFJLBLIÝUJEBOUJKVNXOBMMPUJQSBYBJEPLFJPVUXKFUJTUFOIKUFUIK FLLMITJBKPVTIKUPR XTUFLBJLBMBNIKUJTVMMFHFJOFYPVTJBOHBSPVUPTBV UIOPTUFOPK PTIOEJEXTJLBJSPKPQMBUPVKHFNXONFHJTUPOIONPJLBJQBUXO BVMIOLVXOFNIOTFCXOUF$SJTUPOBOR)SBLMFPVKUXÝEIOUJNFJ[POUIO FQBJTDJTUPJKGVHIOQJTUJOQFQPJIRXKRFPVQBTDXODBSJONBTUJHJBKIO BMMFNPJOJLIGPSPK 88 2Kor 6,15; vgl. auch Dtn 13,14: Söhne der „Nichtsnutzigkeit, Heillosigkeit“: sinnbildlich für die Macht des Bösen. 89 DAM., epist. 5. 90 DAM., epist. 5. Eine ähnliche Ablehnung gegen falsae fabulae findet sich in DAM., epigr. 2, 2–5: ...divinos apices sacro modularis in ore;/ non falsas fabulas studio meditaris inani./ Illis nam capitur felicis gloria vitae,/ istis succedent poenae sine fine perennes. Vgl. zum Verhältnis von Christentum und Philosophie z.B. auch ROSEN 1993, 393– 408 zum Gedicht Carmen ad quendam senatorem ex Christiana religione ad idolorum

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

Aus den relativ übereinstimmenden Berichten des Gregor Nazianz und des Damasus läßt sich ein ungefähres Bild zeichnen, was sich im Jahr 380 in Konstantinopel abgespielt hat. Laut Damasus haben Leute, die aus Alexandria kamen (nescio quos ex Aegypto venientes) die Bischofsordination des Kynikers betrieben; Gregor nennt konkret eine Gruppe von Alexandrinern, darunter gedungene Knechte aus einer Schiffsmannschaft, die getan haben, was man ihnen aufgetragen habe, d.h. wohl auf Veranlassung des Petrus von Alexandrien. Ihn beschuldigt Gregor, daß er ihm zunächst ein Schreiben sandte, das ihn anerkannte, danach aber die Bischofsweihe des Maximus betrieben habe. 91 Die Bischofsweihe fand heimlich in einem Privathaus statt, wobei man Maximus aber seine philosophische Haarpracht abgeschnitten hat: „In eines Chorleiters elende Hütte nämlich lassen sie sich führen, diese würdigen Gottesfreunde; als Gemeinde haben sie ein paar verworfene Gesellen bei sich und machen aus dem schlechtesten der Hunde einen Hirten, indem sie ihn scheren, ohne ihn binden oder Gewalt anwenden zu müssen; denn es war ein Hund, der nach dem Höheren begehrte“ 92

Auch Damasus berichtet von einer heimlichen Weihe, jedoch bleibt in seinem Bericht der Zeitpunkt des Haarverlusts ungenau, denn er spricht davon, daß die Haare ihm später abgeschnitten worden seien: Sed quid aliud facere debuit improbitas hominum levissimorum, quam ut expulsi ecclesia, clam intra parietes alienos ambientem 93 – quantum intelligi datur – inquietum hominem ordinarent... ...amputatis eius postea capillis... 94

Auch was die Absetzung des Maximus von seinem Bischofsamt anbetrifft, bestätigt Damasus in seinem Brief den Bericht Gregors. Letzterer erzählt nämlich, daß Maximus nach Thessalonike gereist sei, um sich dort vom Kaiser Theodosius in seinem Amt bestätigen zu lassen, jedoch durch diese publica auctoritas, so Damasus, von eben diesem Amt abgesetzt worden sei: „Als aber, um über die Stämme der Barbaren Unheil zu bringen, der Kaiser des Ostens seinen Stützpunkt in der Stadt Thessalonike hatte – was da der Hund, der mi-

servitutem conversum (Cypriani Galli Heptateuchos, ed. R. PEIPER, CSEL 23, 1881, 227–230); siehe auch MARKSCHIES 1994b, 325–377. 91 GREG.NAZ., de vita sua 858–863.887–896.1015f. vgl. oben Anm. 9. 92 GREG.NAZ., de vita sua, 909–914 (98f. JUNGCK): FJKHBSDPSBVMPVMVQSPOPJ LIUISJPOBDRFOUFKPJTFNOPJUFLBJRFXÝGJMPJMBPOUFDPOUFKUXOBQPCMIUXO UJOBKLVOXOUVQPVTJUPOLBLJTUPOQPJNFOB LFJSBOUFKPVEITBOUFKPVEFTVO CJBÝLVXOHBSIOQSPRVNPKFJKUBLSFJTTPOB. 93 Vgl. AMBR., ep. extra coll. 9,3 (202, 29f. ZELZER): ... se cretum esse ... intra privatas aedes, quia Arriani ecclesiae basilicas adhuc tenebant ... . 94 DAM., epist. 5.

2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel

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serable, anzettelt, das sieh mir nun wieder an! Er bläst zum Aufbruch für seinen ägyptischen Haufen, diesen Abschaum – ich meine damit jene, die ihn so schändlich geschoren haben – und, um sich den Bischofsstuhl durch kaiserliche Verordnung zu sichern, eilt er zum Heerlager. Und von dort wiederum eben wie ein Hund davongejagt, macht er sich in großem Zorn und unter schauerlichen Verwünschungen – denn noch war niemandes Ohr voreingenommen gegen mich, sondern man hatte noch seinen gesunden Sinn bewahrt – wieder nach Alexandrien davon.“ 95

Für Damasus ist die Bewertung dieses Vorfalls eindeutig: Die Bischofsordination des Maximus war unrechtmäßig, d.h. gegen die Regeln der Kirche, da ein Philosoph kein Christ sein kann. Dabei beruft er sich auf den Apostel Paulus, der im ersten Korintherbrief gesagt hat, daß langes Haar für einen Mann eine Schande ist. Indem er die Philosophie mit der Macht des Bösen gleichsetzt, kann er auch ein Zitat aus dem zweiten Korintherbrief gegen Maximus verwenden, denn es gibt keine Übereinstimmung zwischen Christus und Belial. Deshalb kann Maximus kein Christ sein, und da nach den kirchlichen Canones nur ein Christ bzw. sogar eigentlich nur ein Kleriker zum Bischof ordiniert werden kann, ist die Ordination des Kynikers unrechtmäßig. Maximus hat durch Theodosius also zurecht seine Bischofswürde verloren: Non inmerito autem qui ex Aegypto venerant, notati ab omnibus discesserunt 96 , errorem suum condemnantes, ut amputatis eius postea capillis, qui non recte fuerat ordinatus, et iacturam capitis sustineret, et quod ambierat esse non possit. Recte igitur factum est, ut id quod male coeptum erat, auctoritate publica 97 destrueretur.

95 GREG.NAZ., de vita sua, 1001–1013 (102–105 JUNGCK): &QFJEFGVMPJKCBS CBSXOLBLPOGFSXOCBTJMFVKFXÝPKFJDFOPSNIUISJPOUIO2FTTBMPOJLIO UIOJ LBVUBUJQMFLFJLVXOPQBHLBLJTUPKBRSFJNPJQBMJOBSBKUPTVSGFUXEFK"J HVQUPVTUJGPKMFHXEFUPVKLFJSBOUBKBVUPOBQSFQXKXKUIOLBRFESBOCB TJMJLXÝQSPTUBHNBUJQIYXOFBVUXÝUXÝTUSBUPQFEXÝQSPTUSFDFJLBLFJRFOBVRJKXK LVXOBQPSSJGFJKPSHIÝUFQPMMIÝDXSLJPJKGSJLXEFTJOPVQXHBSIOUBXUBEJB UFRFJKLBLXKPVEFJKLBRINXO BMMFUFJDPOVHJXKFJKUIO"MFYBOESFJBO BVRJKGRFJSFUBJ 96 Vgl. dazu GREG.NAZ., de vita sua, 1009–1013, siehe Anm. 18 und 1014–1023 (102–105 JUNGCK): PSRXKHFQPJXOUPVUPLBJNPOPOTPGXK1FUSXÝHBS XÀÝEJT DJTUPKIHSBGJKQPUIOQBOUBHSBGPOUJSBÝEJXKUBOBOUJB NJTRPGPSJLPOUJUXO BOFTUJXOFDXOFQJGVFUBJLBJUPOHFSPOUBQPTUFOPJ IUPVUPOBJUXO POQFSIM QJTF RSPOPOIUPVQBSPOUPKNINFRITFTRBJMFHXO FXKVQBSDPVUIOLJOPVNFOIO GMPHB NIUBJKQBMBJBJKQSPTUFRIÝUJTVNGPSBJK XKFJLPKIOEFJTBOUPKFYX QFNQFUBJ („Recht handelte er wenigstens darin und ein einziges Mal weise: an Petrus nämlich, dessen Feder einst zweideutig gewesen war, als er so leichthin die entgegengesetztesten Dinge schrieb, macht er sich mit einer Schar heimatloser Söldner heran und treibt den Alten in die Enge. Er verlangt entweder diesen Sitz, auf den er gehofft hatte, oder droht, den dortigen nicht aus der Hand zu geben. Schließlich wird er vom Statthalter, der nicht zu Unrecht fürchtet, daß durch diesen lodernden Brand zu dem alten neues Unheil hinzugefügt würde, ausgewiesen.“).

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

Demnach erreichte die Maximusaffäre ihren Höhepunkt in Thessalonike, dem Bischofssitz des Acholius, der als Zeuge dieser Affäre offenbar sofort an Damasus geschrieben und die Vorgänge geschildert hat. 2.4. Damasus und Acholius Zwischen Acholius und Damasus bestand offenbar bereits vor diesem Vorfall ein guter Kontakt. Damasus schätzte den Bischof von Thessalonike, was im Schreiben, das er an ihn persönlich sandte, aus den Formulierungen der Anrede, die große Hochachtung ausdrücken (epist. 6: domine frater honorabilis; honorificentia tua; sanctitas tua), deutlich wird. Außerdem schickt er Rusticus, einen Bediensteten des Kaisers, der zum Glauben gekommen war und dessen Verdienste er rühmt, zu Acholius, da er hofft, daß dieser ihn wie ein eigenes Kind aufnimmt und ihm zeigt, daß er auch in der Fremde von den Mitpriestern geliebt und angenommen ist. Dieser Rusticus überbringt wohl beide Briefe gleichzeitig, denn im Brief an Acholius persönlich wird der Inhalt des Briefes 5 zusammengefaßt und zwar teilweise mit denselben Formulierungen. Außerdem bietet der Inhalt von epist. 6 außer der Empfehlung des Rusticus nichts, was über epist. 5 hinausgehen würde. Der Zusammenhang ist daher wohl so, daß Damasus an Acholius und seine Mitbischöfe schreiben wollte und Rusticus als Boten ein Empfehlungsschreiben mitgab, um die gebührende Aufnahme durch Acholius zu gewährleisten. Damasus antwortet mit epist. 5 offenbar auf ein Schreiben des Acholius, in dem dieser die Vorgänge um den Kyniker Maximus schildert. Acholius ist deshalb so gut über die Geschehnisse informiert, weil die Absetzung durch Theodosius sich in Thessalonike abspielte, und er wohl vom Kaiser selbst alles aus erster Hand erfahren hat. Für den guten Kontakt zum Kaiser spricht, daß sich dieser sogar von ihm hat taufen lassen, und zwar gerade zu dieser Zeit im Herbst 380 98 . Damasus äußert sich in seinem Brief sehr empört über die Vorgänge in Konstantinopel, und es scheint so, als habe Acholius in seinem Schreiben in dieser Angelegenheit noch nicht richtig Stellung bezogen bzw. den Bischof von Rom nach seiner Ansicht und Entscheidung gefragt, denn dieser belehrt und ermahnt seine Adressaten.

97

Bei dieser öffentlichen Macht handelt es sich um Theodosius, der bald nach dem 14. Juli 380 von Thessalonike aus gegen die in Makedonien eingefallenen Goten in den Krieg zog. Er setzt Maximus, der nach Thessalonike gekommen war, ab. Auf diese Weise hat wohl auch Acholius den Gang der Maximusaffäre erfahren und sie Damasus schriftlich mitgeteilt, vgl. dazu auch RITTER 1965, 34f. 98 SOCR. V 6, 3–5; SOZ., h.e. VII 4,3f., siehe auch die Ausführungen in Kap. 3.1.3.

2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel

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Hoc est quod saepe dileccionem vestram commonui, ne fieret aliquid inconsiderate. Nescit sinceritas vestra, quod in saecularibus bellis ibi maior cura militum excubat ubi hostis insistit? Si ergo nobis episcopalibus armis semper est resistendum, debemus sollicite agere, ne – quod Deus prohibeat – gregem Christi in praedam lupis rapacibus relinquamus. 99

Offenbar wirft er ihnen vor, in dieser Angelegenheit unüberlegt gehandelt zu haben (inconsiderate), und ermahnt sie, daß Bischöfe sorgfältig (sollicite) vorgehen müssen, damit sie ihre Gemeinde nicht den Wölfen, d.h. den Häretikern ausliefern. Gerade in Konstantinopel war die Macht der „Arianer“ noch nicht völlig gebrochen 100 , und darauf weist Damasus hin, wenn er sagt, daß man dort besonders Wache halten muß, wo der Feind die Soldaten bedrängt. Außerdem biete man mit einem solchen Vorgehen, d.h. wenn man einen Kyniker zum Bischof macht, den Häretikern Stoff für Verleumdung, da sie damit auch den Rechtgläubigen Vergehen nachweisen zu können glauben: Sed haec inimici intelleguntur esse commenta, qui hereticis sumministrat materiam detrahendi. Impletum est quod evangelicus sermo dixerat: „Omnis“ – inquit – „plantatio quam non plantaverit Pater meus caelestis eradicabitur.“ 101

Dieses Vergehen prangert Damasus an und empört sich darüber, wie so etwas hatte geschehen können: Quanta igitur haec festinatio fuerit nescio, ut cum christianis hic habitus displiceret, tam insolenter totum quod non decuerat ageretur. 102

Mehrmals betont Damasus, als ob man darüber ein Urteil von ihm angefordert hätte, daß die Absetzung des Maximus mit Recht geschehen sei: Non inmerito autem qui ex Aegypto venerant, notati ab omnibus discesserunt, errorem suum condemnantes, ut amputatis eius postea capillis, qui non recte fuerat ordinatus, et iacturam capitis sustineret, et quod ambierat esse non possit. Recte igitur factum est, ut id quod male coeptum erat, auctoritate publica destrueretur. 103

Damasus scheint also offenbar als Bischof von Rom ein Urteil über die Vorgänge zu sprechen. Außerdem gibt er sodann Acholius und seinen Mitbischöfen den Auftrag, auf dem Konzil von Konstantinopel, das offenbar bereits zu diesem Zeitpunkt von Kaiser Theodosius angekündigt worden war 104 , dafür zu sorgen, daß dort ein passender Bischof für Konstantinopel gewählt werde. Dieser solle keinen Fehler haben, damit der kirchliche 99

DAM., epist. 5. Vgl. dazu MARAVAL 1996, 1052–1054. 101 DAM., epist. 5. 102 DAM., epist. 5. 103 DAM., epist. 5. 104 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 3.1.3. 100

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

Frieden bewahrt werden könne, d.h. aber gleichzeitig, im Falle, daß ein Bischof gewählt wird, an dem der Westen Anstoß nimmt, dieser Friede gestört sein und Rom sich zu Wort melden wird. Damit verbindet Damasus außerdem den Hinweis, daß keiner zum Bischof gewählt werden darf, der dieses Amt bereits in einer anderen Stadt innehatte. Der betreffende nicaenische Kanon wird auch im Tomus Damasi genannt und richtet sich dort wohl gegen Meletius. Daß Damasus aber ausgerechnet in diesem Brief wieder auf ihn verweist, hängt wohl in erster Linie damit zusammen, daß auch Gregor von Nazianz, der die Gemeinde von Konstantinopel zu diesem Zeitpunkt betreute – ohne ihr Bischof zu sein –, bereits zum Bischof von Sasima ordiniert worden war und Damasus einen weiteren Verstoß gegen diesen Kanon im Keim ersticken wollte 105 . Mit einem solchen Vorgehen werde laut Damasus Zündstoff für Schismen gelegt, wobei hier sicherlich der Fall Antiochia, d.h. das antiochenische Schisma, als warnendes Beispiel dienen soll. 2.5. Gregor und der Bischofsstuhl von Konstantinopel Gregor wurde jedoch bereits vor dem Konzil, nämlich nach dem 24. November 380, in der Apostelkirche zum Bischof von Konstantinopel ordiniert 106 . Diese Ordination wurde zu Beginn des Konzils im Mai 381, während die Bischöfe aus Makedonien noch nicht anwesend waren, durch Meletius bestätigt: UPVUPOJEXOPRFJPK.FMFUJPKLBJUXOUPOLBOPOBHFHSBGPUXOUPOTLPQPO FQJTUBNFOPK UBKHBSUIKGJMBSDJBKBGPSNBKQFSJLPQUPOUFKFLXMVTBOUIO NFUBRFTJO

FCFCBJXTFUXÝRFJPUBUXÝ(SIHPSJXÝUIOUIK,XOTUBOUJOPVQPMFXK QSPFESJBOPMJHPVEFEJFMRPOUPKDSPOPV PNFORFJPK.FMFUJPKFJKUIOBMVQPO NFUFTUI[XIO 107

Theodoret fügt allerdings eine Erklärung hinzu: Meletius habe so gehandelt, weil er den genauen Sinn des Kanons, daß kein Wechsel von einem Bischofssitz zum anderen erlaubt ist, nämlich damit keine Herrschsucht entstehe, erkannt habe. Also war nach Theodoret in Konstantinopel durchaus bekannt, was gegen eine Ordination Gregors sprechen könnte 108 . Auch Acholius nahm am Konzil von Konstantinopel teil, aber nicht von Anfang an. Offenbar wird er erst wesentlich später als die anderen Teilnehmer von Kaiser Theodosius eingeladen. Den Grund dafür kennen wir nicht, vermutet werden kann aber, daß Theodosius es erst im Laufe des 105

Zu diesem Kanon siehe auch die Ausführungen von OHME 1998, 532–538 und SCHOLZ 1992, 69–88 und zur Vorgeschichte 5–63. 106 GREG.NAZ., or. 36; vgl. auch MOSSAY 1985, 167; zu den Geschehnissen um Gregor siehe auch STAATS 1996, 41–47; RITTER 1965, 49–53. 107 THDT., h.e. V 8,2 (GCS 287,8–13). 108 Siehe SCHOLZ 1992, 69–88.

2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel

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Konzils für notwendig erachtete, ihn hinzuzuziehen. Ambrosius berichtet, daß Acholius eigens von den Teilnehmern des Konzils angefordert worden sei, und begründet damit seine Forderung nach einem erneuten Konzil in Rom, denn, wenn man schon die Anwesenheit des Acholius so dringend verlangt habe, weil man sein Urteil hören wollte, um wieviel mehr gelte dies dann für alle anderen Bischöfe aus dem Westen: Neque enim indignum videtur, auguste, ut Romanae ecclesiae antistitis finitimorumque et Italorum episcoporum debeant subire tractatum, qui unius Acholi episcopi ita expectandum esse putaverunt iudicium, ut de occidentalibus partibus Constantinopolim evocandum putarent. Siquid uni hoc reservatum est quanto magis pluribus reservandum est. 109

Ähnliches weiß auch Gregor von Nazianz zu berichten: „Es kamen nämlich, es kamen urplötzlich gerufen, auf daß sie auch etwas beitrügen zu unserem Ziel, dem Frieden, die Ägypter und Makedonen als Werkleute von Gottes Gesetzen und Geheimnissen. Einen neuen Wind, abendlich und rauh, brachten sie herein.“ 110

Mit den Makedonen erschienen auch die Ägypter auf dem Konzil, nachdem bereits die wichtige Auseinandersetzung mit den Pneumatomachen stattgefunden hatte und ebenso die gegen den Westen gerichteten Canones 2 und 3 verabschiedet worden waren 111 . Außerdem äußert sich Gregor darüber, welche Verhandlungen dann zwischen diesen westlichen Teilnehmern und den östlichen stattfanden. Man habe sich mit seiner Person befaßt, ihn einer schärferen Prüfung unterzogen und dabei mit alten Gesetzen argumentiert: „Ihnen traten aber all jene entgegen, die östlich gesinnt waren ... In dem vielfachen Hin und Her, in dem die Erregung mehr als die Vernunft regierte, unterzogen sie auch etwas, das mich betraf, einer schärferen Prüfung. Mit Gesetzen hantierten sie, die schon lange tot waren und die mich offensichtlich gar nicht betrafen. Nicht mir zu Leide, auch nicht, weil sie den Thron einem andern hätten zuhalten wollen, keineswegs, sondern nur um jene zu treffen, die mich eingesetzt hatten; das gaben sie mir jedenfalls durch heimliche Mitteilungen ganz deutlich zu verstehen. Denn jener Leute Überheblichkeit hätten sie als ganz unerträglich kennen gelernt, sowohl in früherer Zeit als auch bei den jüngsten Ereignissen.“ 112

109

AMBR., ep. extra coll. 9,7 (CSEL 82, 204,75–81). GREG.NAZ., de vita sua, 1798–1802 (140–143 JUNGCK): IMRPOHBS IMRPOFYB QJOIKLFLMINFOPJ XKEIUJTVOPJTPOUFKFJSIOIKTLPQXÝ "JHVQUJPJUFLBJ.BLF EPOFK FSHBUBJUXOUPVRFPVOPNXOUFLBJNVTUISJXOGVTXOUFKINJOFTQFSJPOUF LBJUSBDV. 111 Siehe dazu RITTER 1965, 85–96 und Kap. 5.2.6. 112 GREG.NAZ., de vita sua, 1803.1807–1817 (142f. JUNGCK):UPJKEBOUFQIÝFJEI NPKIMJPGSPOXOFOQPMMPJKEFUPJKLJOPVNFOPJKRVNPVUPQMFJPOIMPHPVLJOI NBTJOLBJUXOFNXOUJQJLSPUFSPOFQFTLPQPVOOPNPVKTUSFGPOUFKUPVKQBMB UFROILPUBK XÀOQMFJTUPOINFOLBJTBGXKFMFVRFSPJPVNIOQSPKFDRSBOUIO 110

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

Daraufhin ist Gregor nach seinen eigenen Schilderungen von seinem Bischofsamt zurückgetreten. Seinen Ausführungen kann man also entnehmen, daß die Makedonen und Alexandriner mit Kirchengesetzen gegen ihn als Bischof vorgegangen sind 113 . Hierbei ist natürlich sofort an den von Damasus so geschätzten Kanon 15 von Nicaea zu denken, der einem Bischof verbietet, auf einen anderen Bischofssitz zu wechseln, was eben auf Gregor zutraf, der bereits zum Bischof von Sasima ordiniert worden war. Acholius hatte von Damasus ja auch den Auftrag bekommen, besonders auf die Einhaltung dieser Bestimmung zu achten, und ihn offenbar erfolgreich ausgeführt 114 . Erst durch das Eingreifen der verspäteten Konzilsteilnehmer wurde Gregor veranlaßt, sein Bischofsamt niederzulegen 115 , so daß man also durchaus vermuten kann, daß die Teilnehmer aus dem Westen wegen der Frage der rechtmäßigen Besetzung des Bischofsstuhles von Konstantinopel von Theodosius eingeladen worden waren, vielleicht auch auf Anregung des Damasus hin. 2.6. Die Maximusaffäre aus der Sicht des Konzils von Konstantinopel im Jahre 381 Bereits vor der Ankunft der westlichen Teilnehmer hatte das Konzil von Konstantinopel in der Maximusaffäre Stellung bezogen. Einerseits dadurch, daß eben Gregor von Nazianz als Bischof anerkannt worden war, aber andererseits auch mit der Verabschiedung verschiedener Canones. Die Ordination des Maximus wurde gleich zu Beginn des Konzils in einem eigenen Kanon (Nr.4) verurteilt und rückgängig gemacht 116 : „Bezüglich des Kynikers Maximus und der seinethalben in Konstantinopel entstandenen Unordnung [gilt]: Maximus war und ist nicht Bischof, noch nehmen die von ihm Ordinierten irgendeine Stellung im Klerus ein, denn alle in seiner Umgebung und 117 durch ihn selbst getroffenen Maßnahmen sind ungültig.“

FNIOPVEFRSPOPOTQFVEPOUFKBMMXÝ PVEBNXK PTPOQPOXÝUXOFORSPOJTUXOUXO FNXO XKHPVOFNFTBGXKFQFJRPOMBRSJPJKEIMXNBTJOPVHBSGPSIUIOUIOVCSJO TGXOFJEFOBJ PTIQBMBJBLBJOFPJKFOQSBHNBTJO. 113 Zur Bewertung als „totes Gesetz“ siehe OHME 1998, 532–538 und SCHOLZ 1992, 81f. 114 Vgl. dazu auch RITTER 1965, 97–104. 115 GREG. NAZ., de vita sua, 1818–1918. 116 Vgl. RITTER 1965, 52 und STAATS 1996, 52f. 117 Concilium Constantinopolitanum (381), can. 4 (85 LAUCHERT; 48,7–15 JOANNOU): 1FSJ.BYJNPVUPVLVOJLPVLBJUIKLBUBVUPOBUBYJBKUIKFO,XOTUBOUJOPVQP MFJHFOPNFOIK XTUFNIUF.BYJNPOFQJTLPQPOHFOFTRBJIFJOBJ NIUFUPVKQBS BVUPVDFJSPUPOIRFOUBKFOPJXÝEIQPUFCBRNXÝLMISPV QBOUXOLBJUXOQFSJBVUPO LBJUXOQBSBVUPVHFOPNFOXOBLVSXRFOUXO Die Übersetzung ist zitiert aus WOHLMUTH 1998, 32.

2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel

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Außerdem wurde im zweiten Kanon allgemein festgestellt, daß nach den Bestimmungen von Nicaea die Bischöfe einer Diözese sich nicht in die Ordination anderer Diözesen einmischen dürfen: „Die Bischöfe eines Verwaltungsgebiets dürfen sich in Kirchen außerhalb der Grenzen nicht einmischen und die Kirchen nicht stören. Vielmehr hat nach den Kanones der Bischof von Alexandrien nur die Angelegenheiten in Ägypten zu verwalten, die Bischöfe des Osten haben sich – unter Wahrung der Privilegien für die Kirche von Antiochien, die in den Kanones von Nizäa festgelegt worden sind – nur um den Osten zu kümmern; die Bischöfe des Verwaltungsgebiets Asia dürfen nur die Angelegenheiten von Asia verwalten, die von Pontus nur die von Pontus, die von Thrakien nur die Angelegenheiten von Thrakien. Ungerufen darf sich kein Bischof über sein Verwaltungsgebiet hinausbegeben, um eine Ordination oder andere kirchliche Verwaltungstätigkeiten vorzunehmen. Eindeutig müssen – bei Beachtung der über die Verwaltungsgebiete erlassenen kanonischen Vorschrift – nach den Beschlüssen von Nizäa die Angelegenheiten einer jeden Provinz von der Synode der Provinz geregelt werden...“ 118

Sehr exponiert wird zunächst die Diözese Alexandrien genannt, die nur die Angelegenheiten Ägyptens zu verwalten hat. In der Diözese Oriens gilt dasselbe, wobei hier die Vorrechte des Bischofs von Antiochia gewahrt werden müssen. Ganz deutlich ist, daß man sich in Konstantinopel dagegen verwahrte, daß bei Ordinationen auch andere Diözesen mitsprechen wollen. Damit wird genau das Vorgehen abgelehnt, das bei der Ordination des Maximus zu beobachten war, nämlich, daß sich Alexandria in die Frage der Besetzung des Bischofsamtes von Konstantinopel einmischte. Gleichzeitig war aber sicherlich auch die verworrene Situation in Antiochien im Blick, die sehr durch die Parteinahme anderer Diözesen bestimmt war, nämlich Alexandria und Rom. Auch in diesem Fall hat das Konzil von Konstantinopel versucht, einen Schlußstrich zu ziehen, indem es nach dem Tod des Meletius Flavianus als Bischof von Antiochia einsetzte unter Mißachtung der Rechte des Paulinus.

118

Concilium Constantinopolitanum (381), can. 2 (84 LAUCHERT; 46,14–47,15 JOANUPVKVQFSEJPJLITJOFQJTLPQPVKUBJKVQFSPSJPJKFLLMITJBJKNIFQJCBJOFJO NIEFTVHDFFJOUBKFLLMITJBK BMMBLBUBUPVKLBOPOBKUPONFO"MFYBOESFJBK FQJTLPQPOUBFO"JHVQUXÝNPOPOPJLPOPNFJO UPVKEFUIKBOBUPMIKFQJTLPQPVK UIOBOBUPMIONPOIOEJPJLFJO GVMBUUPNFOXOUXOFOUPJKLBOPTJUPJKLBUB/J LBJBOQSFTCFJXOUIÝ"OUJPDFXOFLLMITJBÝ LBJUPVKUIK"TJBOIKEJPJLITFXK FQJTLPQPVKUBLBUBUIO"TJBOIONPOIOPJLPOPNFJO LBJUPVKUIK1POUJLIKUB UIK1POUJLIKNPOPO LBJUPVKUIK2SBÝLJLIK UBUIK2SBÝLJLIKNPOPOBLMIUPVK EFFQJTLPQPVKVQFSEJPJLITJONIFQJCBJOFJOFQJDFJSPUPOJBÝIUJTJOBMMBJKPJLP OPNJBJKFLLMITJBTUJLBJK'VMBUUPNFOPVEFUPVHFHSBNNFOPVQFSJUXOEJPJLITF XOLBOPOPKFVEIMPO XKUBLBRFLBTUIOFQBSDJBOIUIKFQBSDJBKTVOPEPKEJ PJLITFJ LBUBUBFO/JLBJBÝXSJTNFOB. Übersetzung: WOHLMUTH 1998, 31f. Vgl. dazu auch PHEIDAS 1982, 388–391. NOU):

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Auch der dritte Kanon des Konzils richtet sich gegen Alexandria. Nach Kanon 6 von Nicaea ist dieser Bischofssitz der Ehre nach der zweite nach dem römischen Stuhl; die Synodalen von Konstantinopel bestimmten jedoch, daß nun dem Bischofssitz dieser Stadt der betreffende Rang gebühre, da es das neue Rom sei, womit also ganz eindeutig Alexandria seine Stellung streitig gemacht wird 119 . Nach dem Rücktritt Gregors wird schließlich ein gewisser Nectarius, der zu diesem Zeitpunkt praetor urbanus der Stadt Konstantinopel und wahrscheinlich noch nicht bzw. gerade erst getauft 120 war, zum Bischof von Konstantinopel eingesetzt 121 . Wie Damasus auf diese Ereignisse reagierte, wissen wir nicht. Die Ordination Gregors wird sicher seinen Zorn erregt haben. Ob er Nectarius als Bischof begrüßt hat, wissen wir ebenfalls nicht genau. Aus einem Brief des Bonifatius, eines späteren römischen Bischofs, erfahren wir aber, daß Nectarius zunächst die Anerkennung aus dem Westen, d.h. insbesondere die des römischen Bischofs versagt geblieben ist, und Theodosius Damasus aufforderte, Nectarius mit einem Schreiben in seinem Amt zu bekräftigen 122 : Clementissimae recordacionis princeps Theodosius Nectarii ordinacionem, propterea quia in nostra notione non esset, habere non existimans firmitatem, missis e latere suo aulicis cum episcopis, formatam huic a sede Romana dirigere regulariter depoposcit, quae eius sacerdotium roboraret. Ante breve tempus id est sub praedecessore meo beatae recordationis Innocentio, Orientalium ecclesiarum pontifices, dolentes se a beati Petri communione seiunctos, per legatos pacem, sicut caritas vestra retinet, poposcerunt. 123

Interessant ist, daß die Unterschrift des Acholius, der auf dem Konzil die Interessen des Damasus vertreten sollte, auf den Konstantinopler Listen fehlt. Dafür kann man verschiedene Gründe vermuten; unter anderem könnte die Ablehnung des Nectarius als Bischof oder der Canones 2 und 3 eine Rolle gespielt haben; vielleicht hat man aber seine Unterschrift als die eines westlichen Teilnehmers gar nicht erwartet 124 . 119 Vgl. dazu auch die Ausführungen in Kap. 5.3.4.3 und PHEIDAS 1982, 391–398; MEYENDORFF 1982, 399–413. 120 Siehe RUFINUS, h.e. XI 21 (GCS 1025,5f.) : ... apud Constantinopolim vero Nectarius ex praetore urbano catechumenus et nuper baptisma consecutus sacerdotium suscepit; SOZ. VII 8,6f.; siehe auch RITTER 1965, 113 Anm.8. 121 Vgl. dazu RITTER 1965, 112–114; THDT., h.e. V 8,8 (GCS 288,15–18): UBVUBJKPJ BSJTUPJQPJNFOFKUBJKVQPRILBJKQFJTRFOUFK /FLUBSJPO FVQBUSJEIOBOESBLBJ QFSJGBOFJBÝHFOPVKLPTNPVNFOPOLBJUPJKUIKBSFUIKFJEFTJMBNQSVOPNFOPO FQJ TLPQPOUIKNFHJTUIKFLFJOIKFDFJSPUPOITBOQPMFXK 122 Zum Verhältnis Damasus/Theodosius siehe die Ausführungen in Kap. 3.1.3. 123 Collectio Thessalonicensis VIII (11.03.422)(30,104–31,112 SILVA-TAROUCA). 124 Vgl. dazu RITTER 1965, 124 und Anm.1.

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Von einem anderen Bischof des Westens wissen wir freilich sicher, daß er diese Ordination vehement angegriffen hat, und zwar von Ambrosius. 2.7. Die Maximusaffäre aus der Sicht des Ambrosius und das römische Konzil sowie die Nachsynode von Konstantinopel im Jahr 382 Ambrosius bewertete die Situation in Konstantinopel völlig anders, denn er verlangte die Wiedereinsetzung des Maximus als Bischof und erachtete dessen Ordination als rechtmäßig. Dies bringt er in einem Brief (Sanctum) an Theodosius zum Ausdruck, der als Absender Ambrosius et ceteri episcopi Italiae 125 angibt: Atque hoc factum allegatur consensione et consilio Nectarii, cuius ordinatio quem ordinem habuerit non videmus. Namque in concilio nuper cum Maximus episcopus Alexandrinae ecclesiae communione manere secum lectis Petri sanctae memoriae viri litteris prodidisset eiusque se cretum esse mandato intra privatas aedes, quia Arriani ecclesiae basilicas adhuc tenebant, tribus episcopis ordinantibus dilucida testificatione docuisset, nihil habuimus, beatissime principum, in quo de episcopatu eius dubitare possemus, cum vim sibi repugnanti a plerisque etiam de populo et clero testatus esset illatam. 126

Diese Äußerung des Ambrosius muß wohl so gedeutet werden: 1. Maximus hat nach seiner Absetzung durch Theodosius und dem Mißbilligungsschreiben des Damasus an der Synode von Aquileia im Jahr 381 127 teilgenommen. 2. Dort hat er seine Rechtgläubigkeit durch ein Schreiben des Petrus von Alexandrien, das bestätigt, daß er in Kirchengemeinschaft mit der alexandrinischen Kirche stehe, zu beweisen versucht. Außerdem unterstreicht 125

Dieser Brief wurde nach dem Konzil von Aquileia geschrieben, vgl. ZELZER 1982 (CSEL 82/3), 198. Die Briefe, die von diesem Konzil an die Kaiser gesandt worden sind, tragen den Absender sanctum concilium quod convenit Aquileiae. Daß Ambrosius hier im Namen aller Bischöfe von Italien spricht, ist verwunderlich, da er nicht mehr vom Konzil aus schreibt. Er will offenbar damit seine Forderung unterstreichen und deutlich machen, daß er sich in Übereinstimmung mit den anderen Bischöfen Italiens befindet. CAMPENHAUSEN 1929, 138 schreibt dazu: „... jedenfalls unternahm man in Aquileia in der orientalischen Angelegenheit keine weiteren Schritte. Man überließ sie vertrauensvoll der Sorge und Verantwortung des Ambrosius. Die folgenden, entscheidenden Verhandlungen mit dem Osten selbst sind von ihm allein geführt worden, und die Briefe, die er dabei verfaßte, sind wie die früheren Briefe des Papstes nur ‘sogenannte Synodalschreiben’...“ Bei ceteri episcopi Italiae ist nach CAMPENHAUSEN, 138 Anm.2 „zunächst ... an die Verwaltungseinheit ‘Italia’ ohne das römische Gebiet gedacht; aber der Ausdruck ist gewollt zweideutig, da Ambrosius im Grunde nicht nur für seine Diözese, sondern für die ganze Halbinsel, ja das ganze Abendland Gehör verlangt“. 126 AMBR., ep. extra collectionem 9,3 (CSEL 82/3, 202,24–34). 127 Auf der Unterschriftenliste des Konzils von Aquileia finden sich zwei Bischöfe mit dem Namen Maximus, wovon einer als episcopus Emonensis identifiziert werden kann, der andere aber wohl der besagte Bischof von Konstantinopel war, siehe Acta concilii Aquileiensis (CSEL 82, 325).

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

Maximus die Rechtmäßigkeit seiner Ordination, da er auf Veranlassung des Petrus hin von drei Bischöfen ordiniert worden sei, und zwar in einem Privatgebäude, da die Kirchen noch von den Arianern besetzt gewesen seien. 128 3. Ambrosius stellt nach Schilderung dieser Sachlage fest, daß es für ihn daraufhin keinen Grund gegeben habe, an der Rechtmäßigkeit der Ordination des Maximus zu zweifeln, zumal dieser vom Volk zu seinem Amt gedrängt worden sei. Ambrosius verhält sich also völlig anders als Damasus und Theodosius. Er erkennt die Bischofsordination des Maximus an, wohl aufgrund der Empfehlung des Petrus von Alexandrien 129 . Über Zweifel an der Person und Rechtgläubigkeit des Maximus äußert sich Ambrosius nicht. Das Vorgehen des Ambrosius ist jedoch mit dem des Theodosius und des Damasus nicht ganz vergleichbar, da es einige Zeit später stattgefunden hat. Das Schreiben (Sanctum), aus dem wir unsere Informationen haben, ist Ende des Jahres 381 verfaßt, also bereits nach dem Konzil von Aquileia und dem von Konstantinopel. Außerdem wird der Bischof von Mailand von Maximus persönlich über die Geschehnisse informiert im Gegensatz zu Damasus, der aus zweiter Hand von Acholius schriftlich davon Kenntnis erhält. Ambrosius jedenfalls berichtet in seinem Schreiben an Theodosius von den Geschehnissen auf dem Konzil von Aquileia und den Folgen 130 . Auf diesem Konzil habe man keine endgültige Entscheidung über den Fall des Maximus gefällt, da zu viele Bischöfe abwesend waren, sondern man habe ihn, Theodosius damit beauftragt, sich darum zu kümmern, auch weil sie erfahren hätten, daß Gregor unrechtmäßig das Bischofsamt für sich beanspruche: Tamen ne absentibus partibus praesumpte aliquid definisse videremur, clementiam tuam datis litteris putavimus instruendam, ut ei consuleretur ex usu publicae pacis atque concordiae, quia revera advertebamus Gregorium nequaquam secundum traditionem patrum Constantinopolitanae ecclesiae sibi sacerdotium vindicare. 131

Im Gegensatz dazu beklagt sich Ambrosius über das Verhalten des Konzils von Konstantinopel, das, ohne den Westen zu befragen, Entscheidungen getroffen habe. Nachdem bekannt geworden sei, daß der Fall des Maximus in Aquileia verhandelt worden war, und dieser sein Recht gegen diejenigen, die ihm das Bischofsamt abgesprochen hatten, geltend machen wollte, 128

Vgl. dazu die Äußerungen des Gregor von Nazianz und die Ausführungen in Kap.

5.2.3. 129

Vgl. dazu STAATS 1996, 41, der jedoch Damasus als Drahtzieher dieser Entscheidung sieht, wofür es aber keinerlei Anhaltspunkte gibt. 130 Vgl. dazu auch D.H. WILLIAMS 1995, 172–175; MCLYNN 1994, 124–136. 131 AMBR., ep. extra coll. 9,4 (202,35–40).

2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel

463

hätte man dort die Meinung der westlichen Bischöfe über Maximus anfordern, erwarten und abwarten müssen. Es sei nämlich der Brauch der Vorfahren, wie es auch die alexandrinische und orientalische Kirche halte, in solchen Fällen ein Urteil der westlichen Kirche zu erbitten: Nos igitur in synodo ea quae totius orbis episcopis videbatur esse praescripta, nihil temere statuendum esse censuimus. At eo ipso tempore qui generale concilium declinaverunt Constantinopoli quae gessisse dicuntur? Nam cum cognovissent ad hoc partium venisse Maximum, ut causam in synodo ageret suam – quod etiamsi indictum concilium non fuisset, iure et more maiorum sicut et sanctae memoriae Athanasius et dudum Petrus, Alexandrinae ecclesiae episcopi et orientalium plerique fecerunt, ut ad ecclesiae Romanae, Italiae et totius occidentis confugisse iudicium videretur –, cum eum sicut diximus experiri velle adversum eos qui episcopatum eius abnuerant comperissent, praestolari utique etiam nostram super eo sententiam debuerunt. 132

Ambrosius macht also geltend, daß in einer solchen Streitfrage nicht ein Konzil von Konstantinopel allein entscheiden kann, sondern daß, insbesondere in diesem Fall, in dessen Verlauf Maximus selbst die Angelegenheit in Aquileia bereits vorgetragen hat, die westlichen Bischöfe zu Rate gezogen werden müssen 133 . Er betont zwar, daß man kein Vorrecht auf die Untersuchung beanspruche, sondern daß es ein Mitspracherecht bei einem gemeinsamen Urteil geben müsse, aber der Hinweis darauf, daß es Sitte sei, in Streitfällen die westliche Kirche das Urteil fällen zu lassen, wie dies die alexandrinische Kirche, d.h. Athanasius und Petrus, sowie auch die meisten Bischöfe der orientlischen Kirchen getan hätten, weist doch darauf hin, daß Ambrosius hier für die westliche Kirche ein Vorrecht beansprucht. Schließlich nennt Ambrosius bereits die Entscheidung, die der Westen getroffen hat, nämlich daß Maximus Bischof von Konstantinopel bleiben müsse, da er rechtmäßig ordiniert sei. Non praerogativam vindicamus examinis, sed consortium tamen debuit esse communis arbitrii. (5) Postremo prius constare oportuit utrum huic abrogandum quam alii conferendum sacerdotium videretur, ab his praesertim a quibus se Maximus vel destitutum vel appetitum iniuria querebatur. Itaque cum Maximum episcopum receperunt in communionem nostra consortia, quoniam eum a catholicis constitit episcopis ordinatum, nec ab episcopatus Constantinopolitani putavimus petitione removendum; cuius allegationem praesentibus partibus aestimavimus esse pendendam. 134

Nectarius jedoch müsse abgesetzt werden, da der Westen sonst keine Gemeinschaft mit dem Osten haben könne: Nectarium autem cum nuper nostra mediocritas Constantinopoli cognoverit ordinatum, cohaerere communionem nostram cum orientalibus partibus non videmus, prae-

132

AMBR., ep. extra coll. 9,4 (202,40–203,53). Also genau das Gegenteil dessen, was das Konzil von Konstantinopel in seinem vierten Kanon beschlossen hat. 134 AMBR., ep. extra coll. 9,4f. (203,53–63). 133

464

Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

sertim cum ab isdem Nectarius dicitur ilico sine communionis consortio destitutus a quibus fuerat ordinatus. Non mediocris igitur hic scrupulus est. 135

Damit ist für Ambrosius, es sei denn, man gehe sofort auf seine Forderung ein, der Grund für ein neuerliches Konzil des Westens mit dem Osten gegeben, auf dem die Frage, wer rechtmäßiger Bischof von Konstantinopel ist, geklärt werden soll. Nec videmus eam posse aliter convenire nisi aut is reddatur Constantinopoli qui prior est ordinatus aut certe super duorum ordinatione sit in urbe Roma nostrum orientaliumque concilium. 136

Theodosius jedoch muß auf diesen Brief des Ambrosius hin ganz deutlich die Ordination des Nectarius unterstützt haben, denn der nächste Brief (Fidei tuae) des Bischofs von Mailand, der sich mit einem erneuten Konzil befaßt 137 , wirkt so, als sei Ambrosius von Theodosius wegen seiner Parteinahme für Maximus und seiner schroffen Haltung gegenüber Konstantinopel getadelt worden: Dolori enim erat inter orientales atque occidentales interrupta sacrae communionis esse consortia. Silemus iam quorum errore quorumve delicto, ne serere fabulas et alloquia cassa videamur. Nec nos temptasse poenitet quod intemptatum caderet in culpam. Isto enim saepe arguebamur quod posthabere orientalium societatem et refutare gratiam videremur. ... Sane allegata texuimus non definiendi sed instruendi gratia et qui iudicium petivimus non deferimus praeiudicium. 138

Als Anlaß für ein neues Konzil nennt Ambrosius dieses Mal auch insbesondere die Häresie des Apolinarius, die ausgemerzt werden soll 139 , und rechtfertigt seine Forderung nach einem Konzil mit Teilnehmern aus Ost und West damit, daß auch andere diesen Wunsch geäußert hätten wie z.B. der Presbyter Paulus von Konstantinopel:

135

AMBR., ep. extra coll. 9,5 (CSEL 203,64–204,69). AMBR., ep. extra coll. 9,6 (204,72–75). 137 Vgl. zur Chronologie der Briefe CAMPENHAUSEN 1929, 153–155 und 135–151. 138 AMBR., ep. extra coll. 8,1f.6 (198,11–17.200,44–46). 139 AMBR., ep. extra coll. 8,4 (199,27–39): Non solum enim de his de quibus clementia tua dignata est scribere, sed etiam de illis qui dogma nescio quod Apollinaris asseritur in ecclesiam conantur inducere, nos pleraque moverunt; quae partibus fuerant resecanda praesentibus, ut convictus in dogmate novo et redargutus in errore nequaquam sub generali fidei lateret nomine, sed ilico, quod doctrinae magisterio non teneret, et officium deponeret et vocabulum sacerdotis neque fimbrae aliquae posthac fallere cupientibus et praestigiarum commenta remanerent. Nam qui convictus non fuerit praesentibus partibus, quod vere augusto principalique responso tua clementia definivit, referendam semper amplam quaestionis arripiet. Der letzte zitierte Satz kann durchaus auch eine Anspielung auf Maximus sein, dessen Fall nach Meinung des Ambrosius nicht ganz geklärt ist, da man nicht in seiner Anwesenheit vor einem Konzil die Sache verhandelt hat. 136

2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel

465

Neque enim vel nos aestimavimus esse convicium cum unus Constantinopolitanae ecclesiae presbyter Paulus nomine intra Achaiam synodum orientalium iuxta atque occidentalium postulaverit. 140

Somit lassen sich aus den beiden Briefen des Ambrosius für das im Jahr 382 in Rom stattfindende Konzil zwei Themen ausmachen: 1. Die Frage des rechtmäßigen Bischofs von Konstantinopel. 141 2. Die Häresie des Apolinarius. Insgesamt muß festgehalten werden, daß sich Ambrosius durch den Bericht des Maximus über die tatsächlichen Geschehnisse in Konstantinopel hat täuschen lassen. Offenbar war er weder von Damasus noch von Acholius über die Person des Maximus und das Eingreifen des Theodosius unterrichtet 142 . Dies wirft auch ein Licht auf die römische Beteiligung am Konzil von Aquileia, obwohl doch Damasus offenbar Briefe an Ambrosius gesandt hatte 143 und Ambrosius in seinem ersten Schreiben in dieser Sache durchaus auch den römischen Bischof miteinzubeziehen scheint 144 . Da weiterhin über Maximus nichts mehr bekannt ist, scheint die Initiative des Ambrosius aber keinerlei Erfolg gehabt zu haben. Das Konzil in Rom im Jahre 382 hat weitgehend ohne östliche Teilnehmer stattgefunden. Ungefähr zur selben Zeit tagte nochmals eine Synode in Konstantinopel, deren Teilnehmer in einem Brief an die westlichen Bischöfe ihrem Bedauern Ausdruck verliehen, daß sie nicht erscheinen konnten. Gleichzeitig wurde aber auch betont, daß die westliche Kirche in den Zeiten, in denen die östliche Kirche bedrängt war, sich auch nicht um ihre Brüder im Osten gekümmert hätte: „Doch nun habt ihr als Erweis eurer brüderlichen Liebe zu uns nach Gottes Ratschluß eine Synode nach Rom einberufen und auch uns als zu euch gehörende Glieder durch das Schreiben des gottgeliebten Kaisers dazu eingeladen. So wollt ihr, nachdem wir zuvor die Bedrängnisse allein durchstehen mußten, jetzt unter dem Eindruck der Übereinstimmung der Herrschenden in Fragen der Religion nicht ohne uns herrschen, 140

AMBR., ep. extra coll. 8,6 (200,49–52). Allerdings scheint dieses Thema auf Druck des Theodosius stark in den Hintergrund gedrängt worden zu sein, so daß es wahrscheinlich auf der Synode letztendlich gar nicht verhandelt wurde. 142 CAMPENHAUSEN 1929, 140: „In Wirklichkeit war das Eintreten für Maximos ein verhängnisvoller Mißgriff ...“; vgl. auch MCLYNN 1994, 137–149. 143 Vgl. die Ausführungen in Kap. 1.3.4. und PALL., apol. 81f. (CChr.SL 87, 188 GRYSON). 144 Z.B. die Formulierungen: 9,6 (204,75–77): Neque enim indignum videtur, auguste, ut Romanae ecclesiae antistitis finitimorumque et Italorum episcoporum debeant subire tractatum...; 9,4 (203,49f.): ...ut ad ecclesiae Romanae, Italiae et totius occidentis confugisse iudicium videretur... Außerdem scheint Damasus zu dieser Zeit wieder von Ursinus bzw. seinen Anhängern bedrängt zu werden, siehe dazu die Ausführungen in Kap. 1.4.2. Daher ist es sehr wahrscheinlich, daß die Einbeziehung des Damasus nur ein taktischer Schachzug war, um den Forderungen mehr Gewicht zu verleihen. 141

466

Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

sondern auch wir sollen – nach dem Wort des Apostels [1Kor 4,8] – mit euch 145 herrschen.“

Zudem wird noch einmal – wohl in Kenntnis des Widerstands im Westen – die Rechtmäßigkeit der Ordination des Nectarius und des Flavianus betont; denn Ambrosius hatte in seinem ersten Brief an Theodosius auch die Ordination des Flavianus angeprangert, da eine Übereinkunft bestanden habe, daß derjenige Bischof von Antiochia, der den anderen überlebe – d.h. Paulinus, da Meletius gestorben war – dann alleiniger Bischof von Antiochia sein soll 146 . Außerdem wird wiederum klargestellt und bekräftigt, in welche Kompetenz die Besetzung von Bischofsstühlen fällt: „Was nun die besonderen Vorschriften in den Kirchen betrifft, gilt, wie ihr wißt, eine alte Anordnung und eine Entscheidung der Väter von Nizäa. Danach sollen in jeder Provinz die Bischöfe der Provinz zusammen mit den Nachbarbischöfen, sofern sie es denn möchten und soweit es sinnvoll erscheint, die Ordination vornehmen. Es ist euch bekannt, daß sich die übrigen Kirchen bei uns an diese Vorschrift halten und die Priester der bedeutendsten Kirchen entsprechend ernannt worden sind. Nach dieser Ordnung haben wir für die sozusagen neu errichtete Kirche in Konstantinopel, die wir gleichsam durch Gottes Erbarmen eben erst „aus dem Rachen des Löwen“ [Ps 21,22 LXX], der Lästerung der Häretiker, entrissen haben, den hochangesehenen und gottgeliebten Nektarius zum Bischof ordiniert, und zwar auf der ökumenischen Synode THDT., V 9, 8 (GCS 290,21–291,4): &QFJEINFOUPJUIOBEFMGJLIOQFSJINBK BHBQIOFQJEFJOVNFOPJ TVOPEPOFQJUIK3XNIKRFPVCPVMITFJTVHLSPUPVOUFKLBJ INBKXKPJLFJBNFMIQSPTFLBMFTBTRFEJBUXOUPVRFPGJMFTUBUPVCBTJMFXK HSBNNBUXO JOFQFJEIUPUFUBKRMJZFJKNPOPJLBUFEJLBTRINFO OVOFOUIÝUXO BVUPLSBUPSXOQFSJUIOFVTFCFJBOTVNGXOJBÝNIDXSJKINXOCBTJMFVTIUF BMMB LBJINFJKVNJOLBUBUIOBQPTUPMJLIOGXOIOTVNCBTJMFVTXNFO. Übersetzung: WOHLMUTH 1998, 26f. Aus dieser Antwort wird deutlich, daß sich der Osten gegen die angemaßte Macht des Westens zur Wehr setzt; diese Macht beinhalte nämlich nur Herrschaft und keine Hilfe in Notsituationen. 146 AMBR., ep. extra collectionem 9,2 (CSEL 201,14–202,23): Scripseramus dudum ut quoniam Antiochena civitas duos haberet episcopos, Paulinum atque Meletium, quos fidei concinere putaremus, aut inter ipsos pax et concordia salvo ordine ecclesiastico conveniret aut certe, si quis eorum altero superstite decessisset, nulla subrogatio in defuncti locum superstite altero gigneretur; at nunc Meletio defuncto Paulino superstite, quem in communione nostra mansisse consortia a maioribus inoffense ducta testantur, contra fas atque ecclesiasticum ordinem in locum Meletii non tam subrogatus quam superpositus asseritur. Vgl. dazu aber auch die Äußerung in ep. extra coll. 6,4 (188,41–52): Denique Alexandrinae ecclesiae Timotheus episcopus sed etiam Antiochenae Paulinus, qui semper per communionis nobiscum intemeratam habuere concordiam, dissensionibus aliorum, quorum fides superioribus temporibus haesitabat, frequenter urgeri. Quos quidem si fieri potest et si fides plena commendat ad consortia nostra optamus adiungi, sed ita ut vetustae communionis sociis sua praerogativa servetur, quorum nobis non superflua cura est: primo omnium quia communionis societas nullam habere debet offensam, deinde quia utriusque partis dudum accepimus litteras praecipueque illorum qui in Antiochena ecclesia dissidebant. 145

2. Damasus, Acholius und der Bischofsstuhl von Konstantinopel

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mit allgemeiner Übereinstimmung, in Gegenwart des gottgeliebten Kaisers Theodosius und des ganzen Klerus sowie mit Zustimmung der ganzen Stadt. Für die älteste und wahrhaft apostolische Kirche von Antiochien in Syrien, in der zuerst der ehrwürdige Name „Christen“ in Brauch kam, haben die Bischöfe der Provinz und des östlichen Verwaltungsgebiets, nachdem sie zusammengekommen waren, den hochverehrten und gottgeliebten Bischof Flavianus kanonisch ordiniert, wobei die ganze Kirche zustimmte und diesen Mann gleichsam mit einer einzigen Stimme ehrte. Ebendiese Ordination akzeptierte auch die Gesamtheit der Synode als rechtmäßig.“ 147

Was in Rom 382 bezüglich des Nectarius und Flavianus entschieden worden ist, wissen wir nicht, auch gibt es keine Dokumente, die mit Sicherheit diesem Konzil zugeschrieben werden können. Im nächsten Kapitel soll es aber um einen Textkomplex gehen, der sehr wahrscheinlich in Zusammenhang mit dem römischen Konzil im Jahr 382 steht.

147 THDT., h.e. V 9, 14–16 (GCS 293,11–294,3). 1FSJEFUXOPJLPOPNJXOUXOLB UBNFSPKFOUBJKFLLMITJBJKQBMBJPKUF XKJTUF RFTNPKLFLSBUILFLBJUXOFO /JLBJBÝBHJXOQBUFSXOPSPK LBRFLBTUIOFQBSDJBOUPVKUIKFQBSDJBKLBJ FJ QFSFLFJOPJCPVMPJOUP TVOBVUPJKUPVKPNPSPVKQSPKUPTVNGFSPOQPJFJTRBJUBK DFJSPUPOJBKPJÀKBLPMPVRXKUBKUFMPJQBKFLLMITJBKQBSINJOPJLPOPNFJTRBJ HJOXTLFUFLBJUXOFQJTINPUBUXOFLLMITJXOBOBEFEFJDRBJUPVKJFSFJK0RFOUIK NFOFO,XOTUBOUJOPVQPMFJOFPQBHPVK XKBOFJQPJUJK FLLMITJBK IOXTQFSFL TUPNBUPKMFPOUPKUIKUXOBJSFUJLXOCMBTGINJBKVQPHVPOFYISQBTBNFOEJBUXO PJLUJSNXOUPVRFPV UPOBJEFTJNXUBUPOLBJRFPGJMFTUBUPO/FLUBSJPOFQJTLPQPO LFDFJSPUPOILBNFOFQJUIKPJLPVNFOJLIKTVOPEPVNFUBLPJOIKPNPOPJBK VQPZ FTJLBJUPVRFPGJMFTUBUPVCBTJMFXK2FPEPTJPVQBOUPKUFUPVLMISPVLBJQBTIK FQJZIGJ[PNFOIKUIKQPMFXKUIKEFQSFTCVUBUIKLBJPOUXKBQPTUPMJLIKFLLMI TJBKUIKFO"OUJPDFJBÝUIK4VSJBK FOIÀÝQSXUIÝUPUJNJPOUXODSJTUJBOXOFDSI NBUJTFOPOPNB UPOBJEFTJNXUBUPOLBJRFPGJMFTUBUPOFQJTLPQPO'MBCJBOPOPJ UFUIKFQBSDJBKLBJUIKBOBUPMJLIKEJPJLITFXKTVOEBSNPOUFKLBOPOJLXKFDFJ SPUPOITBO QBTIKTVNZIGPVUIKFLLMITJBKXTQFSEJBNJBKGXOIKUPOBOESB UJNITBTIKIOQFSFORFTNPODFJSPUPOJBOFOEFYBUPLBJUPUIKTVOPEPVLPJOPO. Übersetzung: WOHLMUTH 1998, 29f.

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

3. Decretum Damasi 3.0. Vorbemerkung Das Dokument, das im folgenden unter dem Namen Decretum Damasi verhandelt wird, ist gewöhnlich als Decretum Gelasianum bekannt. Diese Bezeichnung hat sich eingebürgert, obwohl die handschriftliche Überlieferung den Text ungefähr zu gleichen Teilen Damasus oder Gelasius zuschreibt, nur wenige Handschriften nennen Hormisdas als Verfasser 148 . Daß sich die Zuschreibung an Papst Gelasius durchgesetzt hat, liegt sicherlich daran, daß im vierten und fünften Teil des Decretums hauptsächlich Autoren und Werke genannt werden, die zeitlich nach Damasus anzusetzen sind. Jedoch beginnen die meisten Handschriften der Gelasiusüberlieferung ihren Text erst ab Teil 3 149 , so daß die Teile 1 und 2 fast nur unter dem Namen des Damasus überliefert sind. Demgegenüber enden viele Handschriften der Damasusüberlieferung nach Teil 3, so daß, wenn es wie hier um die Frage geht, inwiefern das Decretum Damasi tatsächlich auf Damasus bzw. eine Synode unter Damasus zurückgeht, insbesondere die Teile 1– 3 in den Blick zu nehmen sind 150 . Auszuschließen ist aber nicht, daß auch in den Teilen 4 und 5 ein damasianischer Kern steckt, der zu einem bestimmten Zeitpunkt oder im Laufe der Zeit erweitert wurde. Da jedoch die Nennung der Autoren und Werke teilweise nicht chronologisch ist, kann im Text nur schwer eine Grenze gezogen werden, von der an der Inhalt nicht mehr aus der Zeit des Damasus stammen kann. Da die folgende Abhandlung sich nicht das Ziel gesetzt hat, das Rätsel des Decretum Damasi bzw. Decretum Gelasianum zu lösen und seinen genauen Entstehungsprozess aufzuzeigen – dafür wäre eine eigene Untersuchung mindestens im Umfang des Werkes von Ernst von Dobschütz nötig –, sondern nur der Frage nachgehen will, inwiefern Teile daraus Damasus bzw. einer Synode unter diesem Bischof zugeschrieben werden können, wird im folgenden der Text des Dokumentes nicht vollständig wiedergegeben, d.h. die Teile 4 und 5 nur mit ihren Einleitungen. Für die beiden letzten Teile wäre meines Erachtens eine Aussage darüber, welche Werke und Autoren Damasus auch genannt haben könnte, reine Spekulation. Diese Teile bieten folgenden Inhalt:

148

Vgl. dazu die Liste der Überschriften des Dokumentes bei DOBSCHÜTZ 1912, 16– 18. Außerdem die Ausführungen unten in Kap. 5.3.2. 149 Diese Handschriften bieten die sogenannte G-Form, d.h. nur Teil 3–5 unter dem Namen des Gelasius, vgl. dazu DOBSCHÜTZ 1912, 212–218 und die Ausführungen unten in Kap. 5.3.2. 150 Siehe ebd.: Es handelt sich dabei um die sogenannte D-Form.

3. Decretum Damasi

469

Der vierte Teil enthält zunächst eine Liste anerkannter Konzilien, und zwar Nicaea, Konstantinopel, Ephesus und Chalzedon. Sodann werden Werke christlicher Schriftsteller genannt, die die katholische Kirche akzeptiert, eine Liste, deren Entstehungszeit sicherlich weit nach Damasus festgesetzt werden muß, da die meisten Autoren, die aufgezählt werden, erst in der Zeit nach Damasus wirkten 151 . Teil 5 enthält schließlich eine Liste apokrypher Schriften, die die katholische und apostolische römische Kirche nicht akzeptiert. Ebenso wie bei Teil 4 können einzelne Schriften und Namen, die hier genannt werden, eindeutig in die Zeit nach Damasus datiert werden, so daß es unmöglich ist, daß Damasus bzw. eine Synode unter Damasus Urheber dieser Liste, wie sie uns vorliegt, sein kann 152 . 3.1. Text und Übersetzung Edition: E.v.Dobschütz, Das Decretum Gelasianum de libris recipiendis et non recipiendis in kritischem Text, TU 38/IV, Leipzig 1912, 7–13. 29–60 153 . C.H. Turner, Latin lists of the canonical books. 1. The Roman council under Damasus, A.D. 382, JThS 1, 1900, 556–560 (nur die Teile 1–3) 154 . INCIPIT CONCILIUM URBIS ROMAE SUB DAMASO PAPA DE EXPLANATIONE FIDEI 155

Es beginnt das Konzil der Stadt Rom unter dem Bischof Damasus Über die Darlegung des Glaubens

I. Dictum est: 1 Prius agendum est de spiritu septifor-

Festgesetzt worden ist: Zunächst muß über den siebenfaltigen

151

Vgl. dazu die Erklärung und zeitliche Einordnung der einzelnen Namen bei DOB1912, 260–283. Vgl. dazu die Erklärungen und zeitliche Einordnung bei DOBSCHÜTZ 1912, 283–

SCHÜTZ 152

331. 153 Vgl. auch die Rezensionen: BURKITT 1913, 469–471, MASSIGLI 1913, 155–170 und die ausführlichen Darlegungen von CHAPMAN 1913, 187–207.315–333, HOWORTH 1913, 321–337. Der lat. Text wird aus dieser Ausgabe übernommen, wobei an einigen wenigen gekennzeichneten Stellen der Text geändert wurde, wenn Dobschütz die Handschriften der G-Form (die das Dokument Gelasius zuschreiben: die Handschriften mit der Sigel G [nur Teile 3–5]; die Handschriften mit den Sigeln ( 1 M, I [Teile 2–5]; die Handschrift ( 1 [Teile 1–5]) gegenüber denen der D-Form (d.h. die Damasus zugeschrieben wird: die Handschriften mit der Sigel D [nur Teile 1–3]; die Handschriften mit der Sigel % [Teile 1–5]) bevorzugt hat; vgl. dazu auch die Ausführungen in Kap. 5.3.2. Auch die Paragrapheneinteilung wird nach Dobschütz wiedergegeben. 154 Diese Edition ist wohl der von Dobschütz vorzuziehen, der meines Erachtens die Handschriften nicht richtig wertet, jedoch den ganzen Text bietet, vgl. dazu Kap. 5.3.2. 155 Diese Überschrift bieten fast alle Handschriften der D-Form übereinstimmend, vgl. dazu DOBSCHÜTZ 1912, 16.

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

mi, qui in Christo requiescit: Spiritus sapientiae: ‘Christus dei virtus et dei sapientia’. Spiritus intellectus: ‘Intellectum dabo tibi et instruam te in via, in qua ingredieris’. Spiritus consilii: ‘Et vocabitur nomen eius magni consilii angelus’. Spiritus virtutis: ut supra ‘Dei virtus et dei sapientia’. Spiritus scientiae: ‘Propter eminentiam Christi scientiae Iesu’ apostoli. Spiritus veritatis: ‘Ego sum via et vita et veritas’. Spiritus timoris dei: ‘Initium sapientiae timor domini’. 2 Multiformis autem nominum Christi dispensatio: dominus, quia spiritus; verbum, quia deus; filius, quia unigenitus ex patre; homo, quia natus ex virgine; sacerdos, quia se obtulit holocaustum; pastor, quia custos; vermis quia resurrexit; mons, quia fortis; via, quia rectus; ostium, quia per ipsum ingressus in vita est; agnus, quia passus est; lapis, quia structio angularis; magister, quia ostensor vitae; sol, quia inluminator; verus, quia a patre; vita, quia creator; panis, quia caro; Samaritanus, quia custos et misericors; Christus, quia unctus; Iesus, quia salvator; deus, quia ex deo; angelus, quia missus; sponsus, quia mediator; vitis, quia sanguine ipsius redempti sumus;

156

Geist gehandelt werden, der in Christus ruht (Jes 11,2): Geist der Weisheit: Christus, Kraft Gottes und Weisheit Gottes (1Kor 1,24). Geist der Einsicht: Ich werde dir Einsicht geben und werde dich auf dem Weg, auf dem du gehen wirst, einrichten (Ps 31,8). Geist des Rates: Und sein Name wird Bote des guten Rates genannt werden (Jes 9,6). Geist der Kraft: wie oben die Kraft Gottes und die Weisheit Gottes (1Kor 1,24). Geist des Wissens: Wegen der herausragenden Kenntnis Christi Jesu des Apostels (Eph 3,19; Phil 3,8). Geist der Wahrheit: Ich bin der Weg und das Leben und die Wahrheit (Joh 14,6). Geist der Furcht vor Gott: Der Anfang der Weisheit ist die Furcht vor dem Herrn (Ps 110,10; Spr 9,10). Vielgestaltig aber ist die Einrichtung der Namen Christi: Herr, weil Geist (2Kor 3,17) 156 ; Wort, weil Gott (Joh 1,1); Sohn, weil eingeboren aus dem Vater (Joh 1,18); Mensch, weil geboren aus der Jungfrau (1Tim 2,5); Priester, weil er sich als Opfer hingegeben hat (Hebr 8,1;9,14); Hirte, weil Wächter (Joh 10,11); Wurm, weil er auferstanden ist (Ps 21,7); Berg, weil stark ; Weg, weil gerade (Joh 14,6); Tor, weil er durch sich selbst ins Leben eingetreten ist (Joh 10,9); Lamm, weil er gelitten hat (Joh 1,29); Stein, weil Eckstein (Ps 118,22; Mt 21,42); Lehrer, weil er das Leben zeigt (Mt 19,16); Sonne, weil Erleuchter (Joh 1,9); wahr, weil vom Vater (Joh 7,18); Leben, weil Schöpfer (Joh 14,6); Brot, weil Fleisch (Joh 6,35.51); Samariter, weil Wächter und barmherzig (Lk 10,33); Christus, weil gesalbt (Joh 1,41); Jesus, weil Heiland (Mt 1,21); Gott, weil aus Gott (Nicaenum); Engel/Bote, weil gesandt (Mal 3,1; Jes 9,6); Bräutigam, weil Mittler (Mt 25,6.10); Weinstock, weil wir durch sein Blut erlöst sind (Joh 15,1; Gen 49,11); Löwe, weil König (Gen 49,9;

Vgl. zu den Angaben der Bibelstellen, DOBSCHÜTZ 1912, 244f.

3. Decretum Damasi leo, quia rex; petra, quia firmamentum; flos, quia electus; propheta, quia futura revelavit. 3 Spiritus enim sanctus non est patris tantummodo aut filii tantummodo spiritus, sed patris et filii spiritus; scriptum est enim: ‘Si quis dilexerit mundum, non est spiritus patris in illo’ 157 ; item scriptum est: ‘Quisquis autem spiritum Christi non habet, hic non est eius’ 158 . Nominato ita patre et filio intellegitur spiritus sanctus 159 , de quo ipse filius in evangelio dicit quia spiritus sanctus ‘a patre procedit’ et ‘de meo accipiet et adnuntiabit vobis’ 160 .

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Apk 5,5); Fels, weil Stütze (Ex 17,6; 1Kor 10,4); Blume, weil ausgewählt (Jes 11,1;Cant 2,1); Prophet, weil er die Zukunft offenbart hat (Dtn 18,15; Mt 21,11; Lk 7,16). Denn der Heilige Geist ist nicht nur der Geist des Vaters oder nur der Geist des Sohnes, sondern der Geist des Vaters und des Sohnes; es steht nämlich geschrieben: ‚Wer die Welt liebt, in dem ist nicht der Geist des Vaters’; ebenso steht geschrieben: ‚Wer aber den Geist Christi nicht hat, der gehört nicht zu ihm’. Wenn der Vater und der Sohn so genannt sind, wird der Heilige Geist erkannt, über den der Sohn selbst im Evangelium sagt: Der Heilige Geist ‚geht vom Vater geht aus’ und ‚er wird von mir empfangen und euch verkündigen’.

II. Item dictum est: Nunc vero de scripturis divinis agendum est, quid universalis catholica recipiat ecclesia vel quid vitare debeat 161 .

Ebenso ist festgesetzt worden: Nun aber muß über die göttlichen Schriften gehandelt werden, was die allgemeine katholische Kirche gutheißt und was sie meiden muß.

1 INCIPIT ORDO VETERIS TESTAMENTI: Genesis liber unus Exodus liber unus Leviticus liber unus Numeri liber unus Deuteronomium liber unus Iesu Nave liber unus Iudicum liber unus Ruth liber unus Regum libri quattuor Paralypomenon libri duo Psalmorum CL 162 liber unus Salomonis libri tres

Es beginnt die Ordnung des Alten Testamentes: Ein Buch Genesis Ein Buch Exodus Ein Buch Levitikus Ein Buch Numeri Ein Buch Deuteronomium Ein Buch Josua Ein Buch Richter Ein Buch Ruth Vier Bücher Könige Zwei Bücher Chronik Ein Buch 150 Psalmen Drei Bücher Salomos

157

1Joh 2,15; Röm 8,9. Röm 8,9. 159 Spiritus - sanctus: AUG., Joh.ev.tract IX 7 (CChr.SL 36, 94,12–18 WILLEMS). 160 Joh 15,26;16,14. 161 Diese Überschrift bieten nur Handschriften der D-Form. Handschriften der G-Form bieten z.B.: Ordo veteris testamenti quem sancta et catholica romana suscipit et veneratur ecclesia digestus a Gelasio papa cum LXX episcopis; vgl. DOBSCHÜTZ 1912, 16 und 24. 158

472

Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

proverbia 163 liber unus ecclesiastes liber unus cantica canticorum liber unus Item sapientiae 164 liber unus ecclesiasticum 165 liber unus 2 ITEM ORDO PROPHETARUM: Esaiae liber unus Hieremiae liber unus cum Cinoth id est lamentationibus suis Ezechiel 166 liber unus Danihel 167 liber unus Oseae liber unus Amos liber unus Micheae liber unus Iohel liber unus Abdiae liber unus Ionae liber unus Naum liber unus Abbacuc 168 liber unus Sophoniae liber unus Aggei liber unus Zachariae liber unus Malachiae 169 liber unus 3 ITEM ORDO HISTORIARUM: Iob liber unus Tobiae liber unus Hesdrae libri duo Hester liber unus Iudith liber unus Machabeorum libri duo

Ein Buch Sprüche Ein Buch Prediger Ein Buch Hohelied Ebenso ein Buch Weisheit Ein Buch Jesus Sirach Ebenso die Ordnung der Propheten: Ein Buch Jesaja Ein Buch Jeremia mit den Qinoth, d.h. seinen Klageliedern Ein Buch Ezechiel Ein Buch Daniel Ein Buch Hosea Ein Buch Amos Ein Buch Micha Ein Buch Joel Ein Buch Obadja Ein Buch Jona Ein Buch Nahum Ein Buch Habakuk Ein Buch Zefanja Ein Buch Haggai Ein Buch Sacharja Ein Buch Maleachi Ebenso die Ordnung der Geschichtsbücher: Ein Buch Hiob Ein Buch Tobit Zwei Bücher Esra Ein Buch Ester Ein Buch Judit Zwei Bücher Makkabäer

4 ITEM ORDO SCRIPTURARUM NOVI TESTAMENTI quem sancta et catholica suscipit ecclesia 170 :

Ebenso die Ordnung der Schriften des Neuen Testaments, die die heilige und katholische Kirche annimmt:

D-Handschriften bieten hier psalterium oder %: psalmi CL. D-Handschriften bieten hier: proverbium. 164 D-Handschriften bieten hier: sapientia. 165 D-Handschriften bieten hier: ecclesiasticus. 166 So fast alle Handschriften der D-Form und TURNER 1900, 558,26; DOBSCHÜTZ bietet dagegen Ezechielis. 167 So fast alle Handschriften der D-Form und TURNER 1900, 558,27; DOBSCHÜTZ bietet dagegen Danihelis. 168 TURNER 1900, 558, 35: Ambacum, was aber erstaunlicherweise im Apparat der Dobschützausgabe nicht auftaucht. 169 TURNER 1900, 558, 90: Malachiae. 170 So nur die reine D-Form und TURNER 1900, 558, 47f. (der allerdings auch die Formulierung novi et aeterni testamentum hat, die jedoch in der reinen D-Form nur in 162 163

3. Decretum Damasi

473

Evangeliorum 171 secundum Matheum liber unus secundum Marcum liber unus secundum Lucam liber unus secundum Iohannem liber unus 172

Evangelien: Ein Buch nach Matthäus Ein Buch nach Markus Ein Buch nach Lukas Ein Buch nach Johannes

Epistulae Pauli apostoli numero quattuordecim ad Romanos epistula una ad Corinthios epistulae duae ad Ephesios epistula una ad Thesalonicenses epistolae duae ad Galatas epistula una ad Philippenses epistula una ad Colosenses epistula una ad Timotheum epistulae duae ad Titum epistula una ad Philemonem epistula una ad Hebreos epistula una Item apocalypsis Iohannis 173 liber unus Et actus apostolorum liber unus 174 Item epistulae canonicae 175 numero septem Petri apostoli epistulae duae Iacobi apostoli epistula una Iohannis apostoli epistula una alterius Iohannis presbyteri epistulae duae 176 Iudae Zelotis apostoli epistula una EXPLICIT CANON NOVI TESTAMENTI:

Vierzehn Briefe des Apostels Paulus

III. Item dictum est: 1 Post has omnes propheticas et evangelicas atque apostolicas quas superius

Ebenso ist festgesetzt worden: 1 Nach allen diesen prophetischen und evangelischen und apostolischen Schrif-

Ein Brief an die Römer Zwei Briefe an die Korinther Ein Brief an die Epheser Zwei Briefe an die Thessalonicher Ein Brief an die Galater Ein Brief an die Philipper Ein Brief an die Kolosser Zwei Briefe an Timotheus Ein Brief an Titus Ein Brief an Philemon Ein Brief an die Hebräer Ebenso ein Buch der Offenbarung des Johannes Und ein Buch der Apostelgeschichte Ebenso sieben kanonische Briefe: Zwei Briefe des Apostel Petrus Ein Brief des Apostels Jakobus Ein Brief des Apostels Johannes Zwei Briefe des anderen Johannes, des Presbyters Ein Brief des Apostels Judas des Zeloten Ende des Kanons des Neuen Testaments

einer Handschrift belegt ist [% 3]); DOBSCHÜTZ 1912, 26,99 bietet den Text so, wie er sich in den anderen Handschriften findet, nämlich mit zwei Ergänzungen: quem sancta et catholica Romana suscipit et veneratur ecclesia. 171 So die reine D-Form und TURNER 1900, 558, 50; DOBSCHÜTZ bietet dagegen die Ergänzung anderer Handschriften: libri quattuor. 172 Bei DOBSCHÜTZ folgt an dieser Stelle: Item actuum apostolorum liber unus; die reine D-Form und TURNER 1900, 559 bieten die Apostelgeschichte aber an anderem Ort. 173 Handschriften der D-Form bieten hier ein zusätzliches apostoli. 174 So Handschriften der D-Form und TURNER 1900, 559,67 gegen DOBSCHÜTZ. 175 So die Handschriften der D-Form und TURNER 1900, 559,68 gegen DOBSCHÜTZ der mit anderen Handschriften canonicae epistulae bietet. 176 So nur die Handschriften der reinen D-Form, alle anderen Handschriften bieten: Iohannis apostoli epistulae tres, vgl. DOBSCHÜTZ 1912, 28 (Apparat).

474

Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

deprompsimus scripturas, quibus ecclesia catholica per gratiam Dei fundata est 177 , etiam illud 178 intimandum 179 putavimus quod, quamvis universae per orbem catholicae diffusae ecclesiae unus thalamus Christi sit, sancta tamen Romana ecclesia nullis synodicis constitutis 180 ceteris ecclesiis praelata 181 est, sed evangelica voce domini et salvatoris nostri primatum obtenuit: ‘tu es Petrus’ inquiens ‘et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam et portae inferni non praevalebunt adversus eam; et tibi dabo claves regni caelorum 182 , et quaecumque ligaveris super terram erunt ligata et in caelo, et quaecumque solveris super terram erunt soluta et in caelo’ 183 .

177

ten, die wir weiter oben angeführt haben, auf die die katholische Kirche durch die Gnade Gottes gegründet ist, glaubten wir, daß auch darauf hingewiesen werden muß, daß, obwohl es für die ganze über den Erdkreis zerstreute katholische Kirche ein einziges Brautgemach Christi gibt, dennoch die heilige römische Kirche durch keine Entscheidungen der Synoden den übrigen Kirchen vorgezogen ist, sondern durch die evangelische Stimme unseres Herrn und Erlösers den Vorrang erhielt, der sagte: ‚Du bist Petrus und auf diesen Fels werde ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden gegen sie keine Macht haben; und ich werde dir die Schlüssel des Himmelreiches geben, und was auch immer du auf Erden binden wirst, wird auch im Himmel gebunden sein, und was auch immer du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein.’

Vgl. dazu DAM., epist. 1: ...sanctitatem vestram apostolorum instructione fundatam...;... hanc solam fidem quae apud Nicaeam apostolorum auctoritate fundata est... 178 Fehlt in Handschriften der D-Form. 179 Intimare findet sich auch in DAM., epist. 1: ...eam tenere fidem eamque plebibus intimare...; DAM., epist. 2/1: Haec igitur de nostro fuerant intimanda iudicio...; und AVELL. 13,8 (CSEL 56,15) des kaiserlichen Reskripts aus dem Jahre 378/79, bezüglich des Gerichtsstandes des Damasus. 180 Vgl. dazu Kanon 6 des Konzils von Nicaea (325)(28,15–29,3 JOANNOU; 38 LAUCHERT): 5BBSDBJBFRILSBUFJUXUBFO"JHVQUXÝLBJ-JCVIÝLBJ1FOUBQPMFJ XTUF UPO"MFYBOESFJBKFQJTLPQPOQBOUXOUPVUXOFDFJOUIOFYPVTJBO FQFJEILBJUXÝ FOUIÝ3XNIÝFQJTLPQXÝUPUPJPVUPOTVOIRFKFTUJOPNPJXKEFLBJLBUBUIO"OUJ PDFJBOLBJFOUBJKBMMBJKFQBSDJBJKUBQSFTCFJBTXÝ[FTRBJUBJKFLLMITJBJK und Kanon 3 von Konstantinopel (381) (47,21–48,3 JOANNOU; 85 LAUCHERT): UPONFOUPJ,XOTUBOUJOPVQPMFXKFQJTLPQPOFDFJOUBQSFTCFJBUIKUJNIKNFUBUPO UIK3XNIKFQJTLPQPOEJBUPFJOBJBVUIOOFBO3XNIO. 181 Vgl. dazu DAM., epist. 7: 0UJUIÝBQPTUPMJLIÝLBRFESBUIOPGFJMPNFOIOBJEX IBHBQIVNXOBQPOFNFJ FBVUPJKUPQMFJTUPOQBSFDFTRF VJPJUJNJXUBUPJLBJHBS FJUBNBMJTUBFOUIÝBHJBÝFLLMITJBÝ FOIÝÀPBHJPKBQPTUPMPKLBRF[PNFOPKFEJEB YFQXKQSPTILFJINBKUPVKPJBLBKJRVOFJOPVKBOFEFYBNFRB PNXKPNPMPHPVNFO FBVUPVKFMBUUPOBKFJOBJUIKUJNIKBMMBEJBUPVUPPJXÝEIQPUFUSPQXÝTQPVEB [PNFOFJQXKEVOIRFJINFOQSPKUIOEPYBOUIKNBLBSJPUIUPKBVUPVQBSBHFOFT RBJ 182 Vgl. dazu DAM., epigr. 4,2: ... sed praestante Petro, cui tradita ianua caeli est ... . 183 Mt 16,18f.

3. Decretum Damasi 2 Addita est etiam societas 184 beatissimi Pauli apostoli ‘vas 185 electionis’ 186 , qui non diverso, sicut heresei 187 garriunt, sed uno tempore uno eodemque die gloriosa morte cum Petro in urbe Roma sub Caesare Nerone agonizans coronatus est; et pariter 188 supradictam sanctam Romanam ecclesiam Christo domino consecrarunt aliisque omnibus urbibus 189 in universo mundo sua praesentia 190 atque venerando 191 triumpho 192 praetulerunt 193 .

3 Est ergo prima Petri apostoli sedes Romanae ecclesiae 194 ‘non habens maculam neque rugam nec aliquid eiusmodi’ 195 . Secunda autem sedes apud Alexandriam beati Petri nomine a Marco eius discipulo atque evangelista consecrata est, ipseque in Aegypto directus a Petro apostolo verbum veritatis praedicavit et gloriosum consummavit martyrium . Tertia vero sedes apud Antiochiam beatissimi apostoli Petri habetur honorabilis,

184

475

2 Hinzu kommt auch die Gemeinschaft des seligsten Apostels Paulus, des Gefäßes der Erwählung, der nicht zu unterschiedlicher, wie Häretiker behaupten, sondern genau zur selben Zeit, an ein und demselben Tag durch einen ruhmreichen Tod mit Petrus in der Stadt Rom unter dem Kaiser Nero gekrönt worden ist, als er das Martyrium erlitt; und in gleicher Weise haben sie die oben genannte heilige römische Kirche Christus dem Herrn geweiht und sie allen anderen Städten in der ganzen Welt durch ihre Anwesenheit und ihren verehrungswürdigen Triumph vorgezogen. 3 Der erste Stuhl des Apostels Petrus gehört also der römischen Kirche, der keinen Makel und keine Runzel oder irgendetwas derartiges hat. Der zweite Stuhl aber liegt bei Alexandria, der im Namen des seligen Petrus durch seinen Schüler und Evangelisten Markus geweiht worden ist, und er selbst hat „in Aegypten, gesandt vom Apostel Petrus”, das Wort der Wahrheit gepredigt und ein ruhmreiches Martyrium vollendet. Der dritte Stuhl aber des seligsten Apostels Petrus wird bei Antiochia in Ehren

Vgl. dazu insgesamt DAM., epigr. 20. Fast alle Handschriften der D-Form bieten vasis. 186 Apg 9,15. 187 Fast alle Handschriften der D-Form bieten heretici. 188 Vgl. dazu die häufige Verwendung dieses Adverbs in den Epigrammen des Damasus: DAM., epigr. 7,5; 8,6; 18,6; 20,2; 25,3; 28,1; 32,5; 39,3.6. 189 In Handschriften der D-Form fehlt dieser Begriff. 190 Vgl. dazu DAM., epigr. 20,1.6: Hic habitasse prius ... Roma suos potius meruit defendere cives. 191 Vgl. dazu DAM., epigr. 11,7: ... pietas veneranda puellae; 37,9: veneranda mihi sanctum decus alma pudoris; 16,2 ... veneranda sepulcra; 21,12; 42,1; 46,11 ... venerare sepulchrum. 192 Vgl. dazu DAM., epigr. 20,4: ... sanguinis ob meritum ...; epigr. 1,26: ... sancte, tuos Damasus volui monstrare triumphos; 8,8: confessi gaudent Christi portare triumfos; 25,7: quod duce tunc Xysto XPI meruere triumphos; 59,2: sanctorum in numero Christi sociate triumphis. 193 Vgl. auch DAM., epigr. 46,4 und 48,2. 194 So fast alle Handschriften der D-Form und TURNER 1900, 560,18; Dobschütz bietet mit anderen Handschriften ecclesia Romana. 195 Eph 5,27. 196 Vgl. Apg 11,26. 185

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

eo quod illic, priusquam Romae venisset habitavit et illic primum nomen Christianorum novellae gentis exortum est 196 . IV. Et quamvis ‘aliud fundamentum nullus possit ponere praeter id quod positum est, Christus Iesus’ 197 , tamen ad aedificationem sancta 198 Romana ecclesia post illas veteris vel novi testamenti quas regulariter “superius enumeravimus” 199 etiam “has” 200 suscipi non prohibet scripturas “” 201 : [...] V. Cetera quae ab hereticis sive scismaticis conscripta vel praedicata sunt, nullatenus recipit catholica et apostolica Romana ecclesia; e quibus pauca, quae ad memoriam venerunt et a catholicis vitanda sunt, credidimus esse subdenda: [...]

gehalten, deswegen, weil er dort, bevor er nach Rom gekommen war, gewohnt hat und dort zuerst der Name der Christen, des neuen Geschlechts, entstanden ist. Und obwohl ‚keiner einen anderen Grund legen kann außer dem, der gelegt worden ist, Jesus Christus’, verhindert dennoch dieselbe heilige römische Kirche zur Auferbauung nicht, daß nach jenen Schriften des alten und neuen Testaments, die wir nach der Regel „weiter oben aufgezählt haben”, auch „diese” Schriften aufgenommen werden: [...] Das übrige, das von Häretikern oder Schismatikern zusammengeschrieben oder gepredigt worden ist, läßt die katholische und apostolische römische Kirche keineswegs zu; von diesen glaubten wir Weniges, das uns in Erinnerung gekommen ist und von den Katholischen gemieden werden muß, im folgenden anführen zu müssen. [...]

3.2. Der handschriftliche Befund E.v. Dobschütz hat das Decretum 1912 ediert und dabei alle maßgeblichen Handschriften und die Überlieferung gründlich erforscht 202 . Er kam zu dem Ergebnis, daß der Text im wesentlichen in zwei verschiedenen Formen überliefert worden ist 203 : in einer sogenannten D-Form, als Konzilsprotokoll unter Damasus, und in einer sogenannten G-Form als Papstdekretale, die von Gelasius I. (492–496) in Gemeinschaft mit 70 hochgelehrten Bischöfen verfaßt sein soll. Dementsprechend lauten die Überschriften: 1. Incipit concilium urbis Romae sub Damaso papa de explanatione fidei über Kapitel 1; 2. Incipit decretale de recipiendis et non recipiendis libris qui scriptus est a Gelasio papa cum septuaginta eruditissimis viris episcopis in sede apostolica urbis Romae, allerdings erst beginnend mit Kapitel 3 204 . Zudem gibt es eine weniger häufig belegte H-Version, die Papst Hormisdas 197

1Kor 3,11. Die G-Form hat hier ein zusätzliches idem, id est oder eadem. 199 Die G-Form bietet hier suscipimus, da Teil 2 fehlt. 200 Fehlt in der G-Form. 201 Hier bietet die G-Form die Formulierung id est. 202 DOBSCHÜTZ 1912, 135–218; vgl. dazu die Rezensionen: BURKITT 1913, 469–471, MASSIGLI 1913, 155–170. 203 Vgl. DOBSCHÜTZ 1912, 212–218. 204 Siehe dazu die genaue Auflistung der Überschriften bei DOBSCHÜTZ 1912, 16–19. 198

3. Decretum Damasi

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(514–523) zugeschrieben wird 205 , ebenso kommt das Dekret auch in anonymer Überlieferung vor 206 . In der D-Form beinhaltet die Überlieferung am häufigsten nur die Teile 1–3 (die Handschriften mit der Sigel D 207 ), aber auch alle fünf Teile (die Handschriften mit der Sigel % 208 ); in der G-Form treten meist nur die Teile 3–5 (die Handschriften mit der Sigel G 209 ) oder selten 2–5 (( 1 M 210 , I 211 ) auf, aber nur in einer einzigen Handschrift werden die Teile 1–5 Gelasius zugeschrieben ((1); die Hormisdas - Version (H) beginnt bei Teil 2. Fehlen die Teile 1 und 2, sind auch die die Abschnitte 2 und 3 bzw. 2 und 4 verbindenden Formulierungen verschwunden 212 . Hingegen fällt auf, daß, auch wenn die Teile 4 und 5 nicht folgen, die Einleitung in Teil 2 auf die zu meidenden Schriften verweist, die dann aber eben nicht folgen. Nach E.v. Dobschütz kann nach dem handschriftlichen Befund eher davon ausgegangen werden, daß beim Fehlen von einzelnen Teilen eine Kürzung des ursprünglich fünfteiligen Dekrets vorliegt und nicht eine kürzere Fassung als die ursprünglichere angesehen werden darf. Die Entstehung dieser Fassung, d.h. der D-Version in der Form der %-Handschriften (Teile 1–5), die er für die ursprüngliche Fassung hält 213 , datiert er sodann in die erste Hälfte des sechsten Jahrhunderts, und zwar als Werk eines Privatgelehrten. Dieser habe Einzelnes in der Form eines Konzilsprotokolls lose aneinandergereiht, wobei er Teile aus der Überlieferung übernahm, aber auch selbst als Verfasser tätig war. Zu diesem Zweck habe der Verfasser 205

DOBSCHÜTZ 1912, 14: 12 Handschriften mit der Sigel H. Vgl. dazu ebd.: z.B. die Handschriften F und L. 207 Dobschütz 1912, 14: 6 Handschriften: D 1–6 (9.– 15. Jahrhundert). 208 Ebd.: 6 Handschriften: % 1–6 (8.–11. Jahrhundert). 209 Ebd.: 17 Handschriften: G 1–17 (8.–12. Jahrhundert). 210 Ebd.: diese Handschriftenfamilien werden von Dobschütz aber inhaltlich der DForm zugerechnet; ( 1 und 2 (8. und 9. Jahrhundert); 1 1–3 (8.–11. Jahrhundert); M 1–4 (10.–12. Jhdt.): DOBSCHÜTZ 1912, 339: „Die spezielle Gelasiusform ist fränkisch ... Von hier geht auch die Bezeugung als gelasianisch aus ... sich nach Deutschland, England, aber auch nach Rom ... verbreitend. So wird auch der Name Gelasius in den Mischformen E M, (1auf fränkischen Einfluß in Italien zurückgehen.“ 211 Ebd.: 6 Handschriften (10.–13 Jahrhundert). 212 D. h. am Anfang von decr.Dam. III anstatt: post has omnes propheticas et evangelicas atque apostolicas quas superius deprompsimus scripturas – post propheticas et evangelicas atque apostolicas scripturas. Am Anfang von IV anstatt: post illas veteris vel novi testamenti quas regulariter superius enumeravimus etiam has suscipi non prohibet scripturas – post illas veteris vel novi testamenti quas regulariter suscipimus etiam suscipi non prohibet scripturas id est: 213 DOBSCHÜTZ 1912, 339: „Die älteste und beste Bezeugung unter den zahlreichen Formen hat die vollste, mit allen fünf Kapiteln, unter dem Namen des Damasus (%), deren Überlieferung keine sichere Herkunftbestimmung zuläßt, vermutlich aber nach Italien weist; diese Urform unterstützen die sekundären Formen D + D’ (italisch), E und C, F, ( 1(norditalisch-französisch), M (süditalisch), L (Mailand).“ 206

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

dem Damasustitel „zuliebe Damasus-Urkunden studiert und Züge der damasianischen Zeit aufgenommen“ 214 . Sicherlich sind die letzten beiden Teile des Decretums recht spät entstanden, da Namen wie Acacius Constantinopolitanus und die Synode von Chalzedon auftauchen. Es bleibt aber die Frage, ob tatsächlich alles in einem Vorgang erstellt und zusammengestellt worden ist, oder ob nicht vielleicht nach und nach zu einem ursprünglichen Komplex Abschnitte ergänzt worden sind. Wenn man jedoch tatsächlich einen späten Redaktor annimmt 215 , der Einzelteile zu einem Ganzen zusammengefügt hat, muß zunächst die ursprüngliche Zugehörigkeit der Einzelteile untersucht werden. Meines Erachtens sind in diesem Zusammenhang außerdem folgende handschriftliche Indizien dafür, daß die G-Version später als die D-Version zu datieren ist, zu beachten: 1. In den Handschriften, die eine Synode unter Damasus als Verfasser nennen, werden die Überschriften in Teil 2 anders gestaltet als in den übrigen Handschriften, die diesen Teil bieten; und zwar wird hier von der universalis catholica ecclesia (beim Alten Testament) bzw. sancta et catholica ecclesia (beim Neuen Testament) gesprochen, während in den anderen Handschriften meist in irgendeiner Weise die Formulierung sancta et catholica Romana ecclesia verwendet wird, und zwar übereinstimmend mit den Teilen 4 und 5, die auch ganz betont die Romana ecclesia nennen. Interessant ist dabei besonders, daß die Handschriften der D-Form, die auch die Teile 4 und 5 bieten, im zweiten Teil nur ecclesia haben, im vierten und fünften Teil hingegen Romana ecclesia, damit also eine gewisse Inkonsequenz zeigen. Zudem ist in allen anderen Handschriften außer der reinen D-Form (d.h. die Handschriftenfamilien D und %) in der Überschrift für die Schriften des Neuen Testaments zum Begriff suscipit ein veneratur ergänzt, d.h. daß die Kirche diese Schriften auch verehrt. 2. Ein weiteres Indiz findet sich im Hinblick auf die Johannesbriefe: während die D-Form, die auf Hieronymus zurückzuführende Trennung des ersten Johannesbriefes von den beiden anderen Johannesbriefen 2 und 3 aufweist 216 , fehlt diese in fast allen anderen Handschriften, die dagegen von den drei Briefen des Apostels Johannes sprechen. Dies sind meines Erachtens Indizien dafür, daß der Text des Teils 2 der reinen D-Form in diesen Punkten die lectio difficilior gegenüber der GForm bietet und daher wohl die Gelasiusversion sekundär ist; außerdem 214

DOBSCHÜTZ 1912, 347; vgl. dazu auch insgesamt 348–355, wo DOBSCHÜTZ seine Ergebnisse zusammenfaßt. 215 Was in gewissem Rahmen doch sehr wahrscheinlich ist. 216 Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 5.3.6.

3. Decretum Damasi

479

legt dieser Sachverhalt die Vermutung nahe, daß die Handschriften der DForm, die auch die Teile vier und fünf bieten, nachträglich ergänzt wurden, so daß die bereits erläuterte sprachliche und inhaltliche Differenz hinsichtlich der ecclesia universali bzw. ecclesia Romana auftreten konnte. Ob sich dafür auch literarkritische und inhaltliche Hinweise finden können, soll im nächsten Kapitel untersucht werden. 3.3. Der literarkritische Befund Das sogenannte Decretum Damasi in seiner längsten Form besteht aus fünf Teilen, die jeweils miteinander verbunden sind. Der erste Teil, eingeleitet mit der Formulierung: Dictum est: Prius agendum est de Spiritu septiformi ... 217 stellt eine Abhandlung in drei Abschnitten dar; zunächst werden Aussagen über den siebenfaltigen Heiligen Geist gemacht, sodann die vielgestaltigen Namen Christi aufgezählt und im letzten Teil schließlich die Zugehörigkeit des Geistes zum Vater ebenso wie zum Sohn betont. Der zweite Teil des Decretums ist daran angeschlossen mit der Einleitung Item dictum est: Nunc vero de scripturis divinis agendum est, quid universalis catholica recipiat ecclesia et quid vitare debeat 218 . Also ganz parallel zum ersten Teil formuliert: die Ergänzung item macht jedoch deutlich, daß nun ein neues Thema folgt, ebenso wie die Formulierung nunc vero im Gegensatz zum prius des ersten Teiles. Inhalt dieses zweiten Teiles sollen nach dieser Überschrift die heiligen Schriften sein, wobei der Untertitel auch auf das Gegenteil, nämlich unheilige Schriften hinweist, denn es soll darum gehen, „was die Kirche zuläßt und was sie meiden soll“. In der Tat folgt aber auf diese Einleitung zunächst nur eine Aufzählung der kanonischen biblischen Schriften; diejenigen, die gemieden werden sollen, werden erst in Teil 5 genannt. Somit scheint mit dieser Überschrift ein zweiter Hauptteil eingeleitet zu werden, der sich wiederum in vier Abschnitte gliedern läßt: d.h. eben zunächst in Teil 2 die Aufzählung der biblischen kanonischen Schriften, sodann mit einer weiteren Einleitung Item dictum est ... 219 Teil 3, eine Abhandlung über den Vorrang Roms und der Rangfolge der Bischofssitze mit petrinischer Autorisierung. Daran angeschlossen Teil 4, eine Aufzählung der kanonischen Konzilien und die anzunehmenden Schriften von Kirchenschriftstellern, und schließlich in Teil 5 eine Liste der Apocrypha und häretischen Schriften, womit der zweite Teil der Überschrift über Teil 2 eingelöst wird, angeführt von einem einzi-

217

DOBSCHÜTZ 1912, 21,3–5. DOBSCHÜTZ 1912, 24, 52–54. 219 DOBSCHÜTZ 1912, 29, 126. 218

480

Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

gen Konzil, nämlich dem Ariminensischen, d.h. in Rimini vom Jahre 359 220 . Inhaltlich fällt auf, daß der erste Teil über den Heiligen Geist keine Verbindung zu den folgenden 4 Abschnitten zeigt, wohingegen die Teile 2–5 inhaltlich verklammert sind: Es geht darum, auf welches Fundament die Kirche gestellt ist und worauf nicht, d.h.: in Teil 2 die heiligen Schriften, in Teil 3 der Primat der römischen Kirche, in Teil 4 die Konzilien und Kirchenväter und schließlich in Teil 5, was nicht zu diesem Fundament gehört und gemieden werden muß. Diese Verklammerung wird aber erst in der Einleitung des vierten Teiles formuliert, die einerseits die Rede vom Fundament in Teil 3 und andererseits von den heiligen Schriften in Teil 2 aufnimmt. Somit scheinen, unterstützt durch die Einleitung von Teil 4, die Teile 2 bis 5 alle unter die Überschrift zu gehören: Nunc vero de scripturis divinis agendum est, quid universalis catholica recipiat ecclesia vel quid vitare debeat. Die verbindende Überleitung in Teil 4 lautet: Et quamvis ‘aliud fundamentum nullus possit ponere praeter id quod positum est, Christus Iesus’, tamen ad aedficationem sancta idem/id est 221 Romana ecclesia post illas veteris vel novi testamenti quas regulariter superius enumeravimus 222 etiam has suscipi non prohibet scripturas:

Ohne die Formulierungen speziell zur römischen Kirche würde sie sich passend an Teil 2 anschließen. Die eigenartige Formulierung sancta idem oder auch wie in einigen Handschriften bezeugt id est Romana ecclesia weist allerdings auf den vorangegangenen Abschnitt zurück und paßt somit nicht mehr zur Einleitung von Teil 2, in der von der univeralis catholica ecclesia gesprochen wird. Auch das Schriftzitat 1Kor 3,11 hat eine gewisse Klammerfunktion. Damit nämlich wird eine Verbindung der Vorrangstellung Roms mit den Schriften hergestellt, auf die die Kirche durch die Gnade gegründet ist (quibus ecclesia catholica per gratiam fundata est), denn auch auf Petrus als Fels wird die Kirche gebaut. Mit diesem Korintherzitat wird also rückwirkend noch eine Verbindung zwischen Teil 2 und 3 hergestellt und ebenso mit dem dann folgenden Teil 4. Jedoch tritt damit auch ein Widerspruch auf, denn Christus ist eben nicht allein Fundament der Kirche, sondern auch die Schriften, der römische Primat und dann sogar die Konzile und Schriftsteller, die in Teil 4 folgen. Gerade dieser Teil aber ist inhaltlich am weitesten entfernt vom zeitlichen Kontext des Bischofs Damasus; denn einzig der Hinweis auf das nicaenische Konzil und einige wenige Namen von Kirchenschriftstellern könnte man auch ihm zuschreiben. 220

Vgl. dazu BRENNECKE 1988, 23–40 und LÖHR 1986, 93–141, siehe insbesondere die Rezeption von Rimini, 130–141. 221 Siehe dazu den Apparat in der Ausgabe DOBSCHÜTZ 1912, 34. 222 Ebd.

3. Decretum Damasi

481

Zudem fällt formal gesehen Teil 3 über den Vorranganspruch der römischen Kirche aus der Aufzählung von Schriften und Verfassern der anderen Teile heraus. Auch ist dies der einzige Teil, der nochmals eine ähnliche Überschrift bietet wie die ersten beiden Teile: Item dictum est: ..., die somit formal zusammengehören. Liest man nur diese ersten drei Teile, ist die Verbindung fast nur durch die parallelen Verbindungs- und Einleitungssätze gegeben 223 . Meines Erachtens legt deshalb dieser literarkritische Befund, verbunden mit inhaltlichen Erwägungen, für Teil 4 nahe, daß es sich dabei um eine nachträgliche Ergänzung handelt. Eine ähnliche Aussage über Teil 5 zu treffen, ist weitaus schwieriger. Dieser Abschnitt bietet den in der Überschrift angesprochen Komplex quid vitare debeat, beinhaltet aber wiederum einige Apokryphen, Kirchenschriftsteller und Häretiker, die nicht aus der Zeit des Damasus stammen können. Außerdem gibt es andere Listen der kanonischen Schriften, die ungefähr in das Ende des vierten Jahrhunderts zu datieren sind, die ebenfalls nur die kanonischen Schriften selbst enthalten 224 und mit dieser Aufzählung die Aussage verbinden, daß nur sie in der Kirche gelesen werden dürfen, alles andere aber nicht. Auch Priscillian, der sich in dieser Zeit gegen einen derartigen Beschluß wendet, spricht nur davon, daß kanonische Schriften festgelegt worden seien, was aber gleichzeitig impliziere, daß alles andere nicht erlaubt sei 225 . Somit bestätigt der literarkritische Befund den handschriftlichen auf jeden Fall hinsichtlich Teil 4. Daß Teil 5 sich an die Teile 1–3 anschloß, ist handschriftlich nicht belegt, literarkritisch wäre es möglich; inhaltlich und im geschichtlichen Kontext betrachtet könnte man sich vorstellen, daß eine allgemeine Formulierung wie die Einleitung des fünften Teiles an irgendeiner Stelle des dreiteiligen Decretum Damasi zu finden war. Spuren davon sind vielleicht

223

Lediglich im dritten Teil wird versucht, auch eine inhaltliche Kontinuität herauszustellen. 224 Vgl. Concilium Laodicenum, can. 59 (154,4–8 JOANNOU; 78 LAUCHERT): 0UJPVEFJJEJXUJLPVKZBMNPVKMFHFTRBJFOUIÝFLLMITJBÝPVEFBLBOPOJTUBCJC MJBBOBHJOXTLFTRBJ BMMBNPOBUBLBOPOJLBUIKLBJOIKLBJQBMBJBKEJBRILIK Canones apostolorum 85 (51 JOANNOU): De numero et nomine codicum veteris et novi testamenti, quas accipere oportet. 225 Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 5.3.6.

482

Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

in den Formulierungen der Einleitung zum zweiten Teil zu finden 226 , aus der die Einleitung zu Teil 5 herausgesponnen sein könnte. Das Decretum Damasi bzw. Gelasianum hat schon vielen, die sich mit diesem Thema befaßt haben, Rätsel aufgegeben 227 . In unserem Fall soll es nun nicht um das Dokument als ganzes gehen, sondern um die Einzelteile 1–3 228 , und zwar primär um die Frage, ob man eine zeitliche Einordnung vornehmen kann, die insbesondere den römischen Bischof Damasus in den Blick nimmt. Daher sollen nun im folgenden nur die Teile 1–3 im Blick auf eine Verfasserschaft des Damasus bzw. einer Synode unter Leitung dieses Bischofs einzeln analysiert werden. Dabei wird entgegen der Reihenfolge mit Teil 3 über die Vorrangstellung des römischen Bischofs begonnen, da dieser Teil am besten in den geschichtlichen Kontext einzuordnen ist. 3.4. De primatu ecclesiae Romanae Diese Textpassage, deren zeitliche Einordnung vor allem auch für die Geschichte des Papsttums von Bedeutung ist, soll in dreifacher Hinsicht analysiert und interpretiert werden. Zunächst im Hinblick auf eine Parallelüberlieferung in der Praefatio longa de concilio Nicaeno, sodann im Vergleich mit den ansonsten überlieferten Äußerungen des Damasus über die Apostel Petrus und Paulus sowie eine praerogativa sedis apostolicae, und schließlich hinsichtlich einer Verbindung zu den Canones des Konzils von Konstantinopel. 3.4.1. Die Parallelüberlieferung in der Praefatio longa Für den Teil de primatu ecclesiae Romanae liegt uns ein aufschlußreicher Paralleltext vor, der im Zusammenhang mit der Überlieferung der nicaenischen Canones steht, und zwar im Rahmen der praefatio longa de Nicaeno concilio necnon de ecclesia Romana der Interpretatio quae dicitur Isidori, deren Abfassung von Turner für die Jahre zwischen 419 und 451 in Rom angenommen wird 229 . Diese Vorrede bietet, nach einer kurzen Vorstellung 226 Diese könnte aber auch darauf hinweisen, daß eben alle anderen Schriften außer den folgenden zu meiden sind; vgl. dazu auch SCHWARTZ 1930, 163. 227 CHAPMAN 1913, HOWORTH 1913, SCHWARTZ 1930, PIÉTRI 1976, I, 881–884, ULLMANN 1981, 256–259. 228 Anhand der handschriftlichen Überlieferung kann nicht bewiesen werden, daß der Komplex 1–3, den die D-Handschriften bieten, in dieser Form ursprünglich ist. Trotzdem erscheint es im Hinblick auf eine Autorschaft des Damasus eher sinnvoll, nur diese drei Teile in den Blick zu nehmen, vgl. dazu auch die Argumentation oben in den Kap. 5.3.0. und 5.3.2. 229 Sie ist belegt im Codex Frisingensis nunc Monacensis lat. 6234: saec. viii; Codex Wirceburgensis, saec. ix; codicis Vindobonensis 2141 corrector coaevus: saec. ix; im Consensus codicum sylloges dictae Paschasii Quesnel ((%4':8); im Codex Eniponta-

3. Decretum Damasi

483

des nicaenischen Konzils und seiner Veranlassung, eine Abhandlung über die Rangfolge der Bischofssitze, die große Übereinstimmung mit dem dritten Teil des Decretum Damasi zeigt. Der Text lautet folgendermaßen 230 : Beatissimo Silvestro in urbe Roma apostolicae sedis antestite, Constantino quoque Augusto et Licinio Caesare consolibus, propter insurgentes hereses fides catholica exposita est apud Nicheam Bythiniae, quam sancta et reverentissima Romana conplectitur et veneratur ecclesia: quippe quam trecenti decem et octo patres mediantibus Victore atque Iuventio religiosissimis Romanae sedis praesbyteris inspirante Deo pro destruenda Arrii venena protulerunt. Nam et nonnullae regulae subnexae sunt quas memorata suscipiens confirmavit ecclesia. Sciendum sane est ab omnibus catholicis quoniam

sancta ecclesia Romana nullis synodicis decretis praelata est sed evangelica voce domini et salvatoris nostri primatum obtenuit, ubi dixit beato apostolo Petro: ‘tu es Petrus et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam et portae inferni non praevalebunt adversus eam, et tibi dabo claves regni caelorum et quaecumque ligaveris super terram erunt ligata et in caelo et quaecumque solveris super terram erunt soluta et in caelo’. Adhibita est etiam societas in eadem Romana urbe beatissimi apostoli Pauli vas electionis, qui uno die unoque tempore gloriosa morte cum Petro sub principe Nerone agonizans coronatus est, et ambo pariter sanctam ecclesiam Romanam Christo domino consecrarunt, aliisque

Decretum Damasi 3: ... etiam illud 231 intimandum putavimus quod, quamvis universae per orbem catholicae diffusae ecclesiae unus thalamus Christi sit, sancta tamen Romana ecclesia nullis synodicis constitutis ceteris ecclesiis praelata est, sed evangelica voce domini et salvatoris nostri primatum obtenuit: ‘tu es Petrus’ inquiens ‘et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam et portae inferni non praevalebunt adversus eam; et tibi dabo claves regni caelorum, et quaecumque ligaveris super terram erunt ligata et in caelo, et quaecumque solveris super terram erunt soluta et in caelo’ 232 . 2 Addita est etiam societas beatissimi Pauli apostoli ‘vas 234 electionis’ 235 , qui non diverso, sicut heresei 236 garriunt, sed uno tempore uno eodemque die gloriosa morte cum Petro in urbe Roma sub Caesare Nerone agonizans coronatus est; et pariter supradictam sanctam Romanam

nus nunc Vindobonensis 411: ix–x; Codex Diessensis nunc Monacensis lat. 5508: saec. ix.; vgl. dazu die Ausführungen von TURNER, EOMIA I, 623f. Siehe zu dieser Praefatio auch die Untersuchung von MORDEK 1991, 535–543. 230 Die parallelen Teile werden als Synopse gegeben, wobei Passagen, die völlig gleich sind, unterstrichen, Passagen, die synonym formuliert sind, punktiert unterstrichen, Passagen, die nur im Decretum Damasi enthalten sind, fettgedruckt sind. 231 Fehlt in Handschriften der D-Form. 232 Mt 16,18f 233 Röm 1,9f. 234 Fast alle Handschriften der D-Form bieten vasis. 235 Apg 9,15. 236 Fast alle Handschriften der D-Form bieten heretici.

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

omnibus urbibus in universo mundo sua praesentia atque venerando triumpho praetulerunt. Et licet pro omnibus assidua aput Deum omnium sanctorum fundatur oratio, his tamen verbis Paulus beatissimus apostolus Romanis proprio chirografo pollicetur dicens: ‘testis enim mihi est Deus cui servio in spiritu meo in evangelio fili eius, quia sine intermissione memoriam vestri facio semper in orationibus meis’ 233 . Prima ergo sedis est caelesti beneficio Romanae ecclesiae quam beatissimi apostoli Petrus atque Paulus suo martyrio dedicarunt. Secunda autem sedis apud Alexandriam beati Petri nomine a Marco eius discipulo atque evangelista consecrata est, quia ipse et in Aegyptum primus verbum veritatis directus a Petro praedicavit et gloriosum suscepit martyrium: cui venerabilis successit Abilius 240 . Tertia vero sedis apud Antiochiam item beati Petri apostoli habetur honorabilis, quia illic priusquam Romae veniret habitavit et Ignatium episcopum constituit 241 et illic primum nomen christianorum novellae gentis exortum est.

ecclesiam Christo domino consecrarunt aliisque omnibus urbibus 237 in universo mundo sua praesentia atque venerando triumpho praetulerunt.

Est ergo prima Petri apostoli sedes Romanae ecclesiae 238 ‘non habens maculam neque rugam nec aliquid eiusmodi’ 239 . Secunda autem sedes apud Alexandriam beati Petri nomine a Marco eius discipulo atque evangelista consecrata est, ipseque in Aegypto directus a Petro apostolo verbum veritatis praedicavit et gloriosum consummavit martyrium . Tertia vero sedes apud Antiochiam beatissimi apostoli Petri habetur honorabilis, eo quod illic, priusquam Romae venisset habitavit et illic primum nomen Christianorum novellae gentis exortum est 242 .

Nam et Hierusolymitanus episcopus pro tanti loci reverentia ab omnibus habetur honorabilis, maximae quoniam illic primus beatissimus Iacobus 243 qui dicebatur Iustus qui etiam secundum carnem frater Domini nuncupatus est a Petro Iacobo et Iohanne apostolis est episcopus ordinatus. Itaque secundum antiquorum patrum definitionem sedis prima in Hierusolymis minime dicitur, ne forte ab infidelibus aut idiotis sedis domini nostri Iesu Christi quae in caelo est in terra esse putaretur: est enim ‘sedis’ eius ‘caelum, terra’ autem ‘scabillum pedum’ 244 eius, quoniam ipse est ‘per’ quem ‘omnia facta sunt et 237

In Handschriften der D-Form fehlt dieser Begriff. So fast alle Handschriften der D-Form und TURNER 1900, 560,18; Dobschütz bietet mit anderen Handschriften ecclesia Romana. 239 Eph 5,27. 240 RUFIN, h.e. III 13. 241 RUFIN, h.e. III 22. 242 Vgl. Apg 11,26 und THDT., h.e. V 9,16 (GCS 293,24–26): UIKEFQSFTCVUBUIK LBJPOUXKBQPTUPMJLIKFLLMITJBKUIKFO"OUJPDFJBÝUIK4VSJBK FOIÀÝQSXUIÝUP UJNJPOUXO$SJTUJBOXOFDSINBUJTFOPOPNB 243 RUFIN, h.e. II 1. 244 Jes 66,1; Apg 7,49. 238

3. Decretum Damasi

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sine’ quo ‘factum est nihil’ 245 , ‘quoniam ex ipso et per ipsum et in ipso sunt omnia: ipsi gloria in saecula saeculorum’ 246 . Apud Ephesum vero beatissimus Iohannis apostolus et evangelista multo tempore post resurrectionem et ascensionem in caelis domini nostri Iesu Christi commoratus est, ibique etiam evangelium quod secundum Iohannem dicitur divina inspiratione conscribsit atque requievit. Et ob hoc episcopus Ephesius pro tanti apostoli et evangelistae memoria ceteris episcopis metropolitanis in synodo honorabiliorem obtenet sedem. Sed quoniam de concilio Niceno disserendum est, quae hoc fecerit causa ut, post illam apostolorum gloriosissimam praedicationem quae in omnem terram mirabiliter diffusa est, sub Constantino Augusto tanti congregarentur episcopi; Rufini ... . 247

Vergleicht man diesen Text mit Teil 3 des Decretum Damasi, fällt auf, daß teilweise derselbe Wortlaut vorhanden ist, aber einige zusätzliche Passagen zu erkennen sind, während dagegen nur wenige Formulierungen fehlen. Am auffallendsten ist, um mit letzteren zu beginnen, der Beginn des Textes: Die Vorrede wird zunächst eingeleitet durch eine Datierung des Konzils von Nicaea, und zwar in die Amtszeit des römischen Bischofs Silvester und erst an zweiter Stelle und auch noch fälschlicherweise in die Konsulatszeit des Constantin als Augustus und Licinius als Caesar 248 : Beatissimo Silvestro in urbe Roma apostolicae sedis antestite, Constantino quoque Agusto et Licinio Caesare consolibus ... . Daran schließt sich eine Begründung des Konzils von Nicaea an, propter insurgentes hereses fides catholica exposita est apud Nicheam Bythiniae, wegen eindringender Häresien wurde der katholische Glaube bei Nicaea in Bythinien dargelegt. Passend zur oben erwähnten Datierung wird nun sofort der Beitrag der römischen Kirche dazu betont: quam [fidem] sancta et reverentissima Romana conplectitur et veneratur 249 ecclesia: quippe quam trecenti decem et octo patres mediantibus Victore atque Iuventio religiosissimis Romanae sedis praesbyteris inspirante Deo pro destruenda Arrii venena protulerunt. Diesen dort dargelegten Glauben verehrt also die heilige und verehrungswürdigste römische Kirche, da ihn die 318 Väter, in deren Mitte sich die frömmsten Presbyter des römischen Stuhles Victor und Iuventius 250 befanden, mit der Hilfe Gottes hervorgebracht haben, um das Gift des Arius zu zerstören. Damit wird also der 245

Joh 1,3. Röm 11,36. 247 Es folgt RUFIN, h.e. X 1; TURNER, EOMIA I/1,1, 155–160. 248 Vgl. dazu TURNER, EOMIA I/1,1, 155 Apparat: „anno 325 consules fuerunt Paulinus et Iulianus: anno autem 319 Constantinus Augustus V et Licinius Caesar ... apparet igitur auctorem huius praefationis falsa iam de consulibus anni 325 tradidisse ...“. 249 Vgl. dazu die Formulierung der G-Version: 250 Eine Handschriftenfamilie (Q) bietet den richtigen Namen Vincentius, vgl. dazu TURNER, EOMIA I/1,1, 156 Apparat und auch DAM., epist. 1. 246

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

Versuch unternommen auch das nicaenische Konzil an den römischen Stuhl zu binden, indem nämlich die Mitwirkung der römischen Abgesandten betont wird. Dieselbe Vorgehensweise finden wir auch in dem Brief Confidimus quidem einer römischen Synode unter Damasus. Dort werden ebenfalls bei der Nennung des nicaenischen Konzils die römischen Teilnehmer besonders hervorgehoben: ... maiores nostri CCCXVIII episcopi atque ex vice sanctissimi episcopi urbis Romae directi apud Nicaeam confecto concilio hunc murum adversus arma diabolica statuerunt ... 251 . Die Erklärung der Vorrede wird fortgeführt, indem betont wird, daß auch einige Regeln angefügt worden sind, die die erwähnte Kirche, also wohl die römische, durch ihre Aufnahme befestigt hat: nam et nonnullae regulae subnexae sunt quas memorata suscipiens confirmavit ecclesia. Die Rolle Roms wird also auch hier wieder herausgehoben, denn die römische Kirche hat die nicaenischen Canones letztendlich bestätigt bzw. für gültig erklärt, indem sie sie aufgenommen hat; zu denken wäre hier vielleicht auch an die Synode von Serdica, bei der auch Bestimmungen des nicaenischen Konzils aufgenommen und fortgeführt worden sind, wie z.B. die Regelung über den Wechsel der Bischöfe von einer Kirche zur anderen 252 . Hieran wird nun zur Bestätigung und weiteren Erklärung der Rolle der römischen Kirche gewissermaßen ein Exkurs über die Stellung dieser Kirche in auffallender Ähnlichkeit mit dem entsprechenden Teil des Decretum Damasi angefügt. Deutlich wird ein neuer Teil eingeleitet mit der Formulierung: Sciendum sane est ab omnibus catholicis 253 quoniam ... ähnlich dem intimandum 254 ... quod des Decretum-Textes, der hier aber ausführlicher und vor allem vorsichtiger ist, indem er erklärt, daß diese Sonderstellung Roms besteht, obwohl natürlich trotzdem der gesamten über den ganzen Erdkreis zerstreuten katholischen Kirche das Brautgemach Christi gehört. Im Text der Vorrede wird dagegen ganz bestimmend davon geredet, daß dieser Sachverhalt gewußt werden muß, und zwar von allen Katholischen, d.h. wohl der gesamten Kirche. Alle müssen die Sonderstellung Roms zur Kenntnis nehmen, daß nämlich diese heilige römische Kirche nicht aufgrund von Konzilsbeschlüssen vorgezogen wird, sondern durch das Zeugnis der Heiligen Schrift. Hier fehlt in der Vorrede das Dativobjekt, das im Decretum-Text durch ceteris ecclesiis bezeichnet wird, wobei durch den verkürzten Anfang sciendum est ab omnibus catholicis hier eine Doppelung entstehen würde. Auch findet sich im Decretum der Begriff constitutis für die Konzilsbeschlüsse, während der Vorredentext 251

DAM., epist. 1 (SCHWARTZ 1936, 19,20–23). Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 3.2.1.5; 4.2.2.; 4.4.4; 5.2.5. 253 Zu ergänzen wäre hier wohl ecclesiis. 254 Intimare ist auch in anderen Schriften, die Damasus zugeschrieben werden, belegt, vgl. dazu Anm. 32. 252

3. Decretum Damasi

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constitutis für die Konzilsbeschlüsse, während der Vorredentext decretum verwendet. Inhaltlich ist zu bemerken, daß auch in anderen Texten des Damasus zu beobachten ist, daß er zwar die Vorrangstellung beansprucht, aber durchaus Einschränkungen macht 255 . Der weitere Text stimmt überein, nur daß in der Vorrede das Matthäuszitat ausführlicher eingeleitet wird: „als er dem seligen Apostel Petrus sagte“, während im Decretum-Text ein schlichtes ins Zitat eingefügtes inquiens reicht. Nach dem Matthäuszitat wird in fast übereinstimmendem Wortlaut Paulus und das gemeinsame Martyrium abgehandelt. Der Vorreden-Text führt Paulus vielleicht mit einer etwas schwächeren Formulierung ein: adhibita est, im Gegensatz zum eindeutigen addita est. Auffallender wird es aber, wenn es um das gemeinsame Martyrium der beiden geht: während der Decretum-Text nicht müde wird, zu betonen, daß beide zur gleichen Zeit (uno tempore) und an genau demselben Tag (uno eodemque die) und nicht zu verschiedenen Zeiten, wie Häretiker behaupten (non diverso sicut heresei garriunt), den gewaltsamen Tod gefunden haben, bleibt der VorredenText vorsichtiger und damit auch uneindeutig: uno die unoque tempore, wobei vielmehr der gemeinsame Ort Rom vorangestellt und betont wird: in eadem Romana urbe. Der Text der Vorrede scheint einerseits nicht so viel Wert darauf zu legen, daß Petrus und Paulus an ein und demselben Tag ihr Martyrium erlitten haben, und andererseits es auch nicht gegen eine häretische Gegenmeinung verteidigen zu müssen 256 . Sowieso erscheint diese Behauptung etwas vermessen zu sein, da es zu allen Zeiten prominente Theologen gab, die dieser offenbar als häretisch charakterisierten Meinung waren 257 . Des weiteren datiert der Decretum-Text das Martyrium sub Caesare Nerone, der Text der Vorrede sub principe Nerone, wobei beides gebräuchliche Formulierungen sind. Hier beginnt nun die erste gravierende Abweichung zwischen beiden Texten, denn in der Version der Vorrede wird nun auch die besondere Be-

255 Auch in DAM., epist. 7 wird hinsichtlich der besonderen Stellung des römischen Bischofs von Damasus im Bescheidenheitstopus bemerkt, daß er dieser Ehre gar nicht würdig ist. 256 Die Auffassung, daß beide am selben Tag gestorben sind, vertritt auch HIERONYMUS, vir.ill. 5: Paulus ... hic ergo quarto decimo Neronis anno, eodem die quo Petrus, Romae pro Christo capite truncatur, sepultusque est in via Ostiensi; vgl. auch TURNER, EOMIA I/1,1 245f. Vielleicht steht diese starke Betonung des einen einzigen Martyriumstag (demnach im Jahr 68 n.Chr.) des Petrus und Paulus in Zusammenhang mit DAM., epigr. 20, vgl. dazu die Ausführungen Kap. 5.3.4.2. und SCHWARTZ 1930, 165f. 257 Vgl. dazu auch DOBSCHÜTZ 1912, 253–258.

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

deutung des Paulus mit einem Zitat aus dem Neuen Testament belegt, und zwar geht es um die Fürbitte für die Römer in Röm 1,9f. 258 : „Und obwohl bei Gott eine beständige Fürbitte aller Heiligen für alle eingerichtet ist, verspricht dennoch der seligste Apostel Paulus mit diesen Worten in seiner eigenen Handschrift den Römern, indem er sagt: Denn mein Zeuge ist Gott, dem ich diene in meinem Geist im Evangelium seines Herrn, daß ich ohne Unterlaß immer an euch denke in meinen Gebeten“.

Daß damit aber der Argumentationsfluß, wie er im Text des Decretums besteht, unterbrochen wird, zeigt der weitere Verlauf des Textes, denn in der folgenden conclusio, die mit ergo eingeleitet wird und sich im Decretum-Text aus der Argumentation ergibt, muß in der Version der Vorrede die eigentliche Begründung nochmals wiederholt werden: „Der erste Sitz also steht nach göttlicher Wohltat der römischen Kirche zu, die die seligsten Apostel Petrus und Paulus durch ihr Martyrium geweiht haben“ 259 .

Das entscheidende Argument ist das Martyrium der beiden Apostel in Rom, wovon das Zitat aus dem Römerbrief ablenkt, da es damit nichts zu tun hat. Die Abhandlung über den zweiten Rang hinter Rom für Alexandria und den dritten für Antiochia stimmt in beiden Versionen bis auf Kleinigkeiten überein, und zwar hat der Text der Vorrede jeweils aus der Kirchengeschichte des Rufin etwas ergänzt: bei Alexandria handelt es sich dabei um den Nachfolger des Marcus: cui venerabilis successit Abilius 260 , und bei Antiochia um Ignatius, der von Petrus, als er dort wohnte, als Bischof eingesetzt wurde: et Ignatium episcopum constituit 261 . Nach dieser Dreierrangfolge wird in der Vorreden-Version sodann die Reihe ergänzt durch einen Abschnitt über die Ehrwürdigkeit des Bischofs von Jerusalem und die des Bischofs von Ephesus, die jedoch beide nicht mehr auf Petrus, sondern auf andere Apostel gegründet sind. Also wird auch hier der stringente auf Petrus ausgerichtete Argumentationsgang unterbrochen bzw. unlogisch weitergeführt. Auch die Zählung wird nicht durchgehalten, Jerusalem und Ephesus sind nicht vom Rang her Nr. 4 und 5, sondern lediglich honorabilis.

Röm 1,9f.: NBSUVKHBSNPVFTUJOPRFPK XÀÝMBUSFVXFOUXÝQOFVNBUJNPVFO UXÝFVBHHFMJXÝUPVVJPVBVUPV XKBEJBMFJQUXKNOFJBOVNXOQPJPVNBJQBOUPUFFQJ UXOQSPTFVDXONPVEFPNFOPKFJQXKIEIQPUFFVPEXRITPNBJFOUXÝRFMINBUJUPV RFPVFMRFJOQSPKVNBK 259 Im Vergleich zu Decretum Damasi III: „Der erste Stuhl des Apostels Petrus gehört also der römischen Kirche, der keinen Makel und keine Runzel oder irgendetwas derartiges hat.“ 260 RUFIN, h.e. III 13. 261 RUFIN, h.e. III 22. 258

3. Decretum Damasi

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Vergleicht man also beide vorliegenden Versionen und fragt nach der gegenseitigen Abhängigkeit, so scheint der Decretum-Text in seiner Argumentation stringenter zu sein. Besonders deutlich ist dies beim Text der Vorrede im Paulusabschnitt mit dem Zitat aus Röm 1,9f., das den Argumentationsgang so unterbricht, daß die Begründung in der conclusio noch einmal gegeben werden muß. Auch fehlt die im Matthäuszitat noch genannte Bindung des römischen Stuhles an Petrus allein, wobei sich diese Zentrierung auf Petrus auch in den Begründungen für Alexandria und Antiochia fortsetzt. Auch die Abschnitte über Jerusalem und Ephesus scheinen nachträglich angefügt zu sein, da die Zählung nicht weitergeführt und die Sonderstellung nicht mehr auf Petrus bezogen wird. Offenbar wurde es als Mangel empfunden, daß über diese wichtigen Bischofssitze kein Wort verloren wurde, obwohl die Nennung dieser drei genau dem sechsten nicaenischen Kanon entspricht 262 . Zudem sind in den Passagen zu Antiochia und Alexandria Informationen aus Rufins Kirchengeschichte, die auch im weiteren Verlauf der Vorrede eine Rolle spielt 263 , ergänzt. Es ist also sehr wahrscheinlich, daß die Version dieser Textpassage, wie sie im Decretum-Text überliefert ist, zuerst vorlag und der Vorredentext daraus geschöpft hat, da die Argumentation im Decretum Damasi wesentlich stringenter ist und das zusätzliche Material des Vorredentextes als Ergänzung erklärt werden kann 264 . Fragt man nun nach der zeitlichen Einordnung der Version der Vorrede, muß man sich an die Datierung der Handschriften und der sogenannten Interpretatio quae falso dicitur Isidori, die diesen Text als Vorrede für das nicaenische Symbol und die Canones bietet, und an die inhaltliche Einordnung, die Turner vorgenommen hat, halten. Turner geht davon aus, daß diese Überlieferung des nicaenischen Konzils in den Jahren zwischen 419 und 451 in Rom entstanden ist, denn die zweite Hälfte des sechsten nicaenischen Kanons wird von den römischen Legaten auf dem Konzil von Chalzedon in der isidorischen Version zitiert 265 . Die oben analysierte Vorrede ist Bestandteil dieser isidorischen Version. D.h. da nach dem oben geschilderten Vergleich sehr wahrscheinlich der Vorredentext später als 262 EOMIA I/1,1, 121 (in der Version Ingilrami): Ecclesia Romana semper habuit primatus, teneat autem et Aegyptus ut episcopus Alexandriae omnium habeat potestatem, quoniam et Romano episcopo haec est consuetudo. 263 Um zu erklären, wie es zum Konzil von Nicaea kam, zitiert der Autor der Vorrede längere Passagen aus RUFIN, h.e. X 1 und 5. 264 Zu diesem Ergebnis kommt auch DOBSCHÜTZ 1912, 85f. gegen FRIEDRICH, Sitzungsberichte München philos.-philol. Und hist. Klasse 1888, I 54–86, der die gegensätzliche Abhängigkeit annimmt. MORDEK 1991, 540 nimmt ebenfalls an, daß der dritte Teil des Decretum Damasi die Vorlage für die Vorrede darstellt. 265 TURNER, EOMIA I, 148.151.623f.; vgl. auch SCHWARTZ 1930, 161f.

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

der Text des Decretums ist, muß zum Zeitpunkt der Abfassung der Vorrede bereits eine Vorlage dafür existiert haben, so daß damit vor dem Zeitraum 419–451 n.Chr. der Text des dritten Teils des Decretum Damasi, jedenfalls in seinen Hauptbestandteilen, schon verfaßt gewesen sein muß. Für das Dokument des Decretum Damasi als ganzes ist damit aber auch bewiesen, daß bevor die uns heute vorliegende Fassung der 5 Teile entstanden ist, mindestens der dritte Teil separat existiert haben muß, da in Teil 4 und 5 Namen und Schriften aufgenommen sind, die zeitlich nach dem Jahr 450 anzusetzen sind 266 . Somit nähert sich die Abfassungszeit dieses Teiles, die spätestens in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts liegen muß, der Amtszeit des Bischofs Damasus, so daß nun nach Parallelen und Übereinstimmungen zu seinen anderen Äußerungen über die Apostel Petrus und Paulus und den Vorrang des apostolischen Stuhles gefragt werden kann. 3.4.2. Die Apostel Petrus und Paulus sowie die praerogativa sedis apostolicae bei Damasus Über die Apostel Petrus und Paulus äußert sich Damasus insbesondere in seinen Epigrammen, die deshalb im folgenden zunächst ausgewertet werden sollen. Während Damasus für die Märtyrer Roms gewöhnlich eine Gedächtnistafel am jeweiligen vermuteten Grabmal anbrachte, gibt es für die beiden Apostel keine eigentliche Grabinschrift von der Hand des Bischofs. Trotzdem sind uns jeweils zwei Gedichte überliefert, in denen ihre Namen auftauchen: für Petrus ist dies einerseits die Inschrift am vatikanischen Baptisterium 267 , für Paulus ein wohl nicht inschriftlich verfaßtes Gedicht 268 , in dem von dessen Leben erzählt wird, und für beide gemeinsam die Inschrift 269 an der Via Appia im Bereich der Kirche San Sebastiano. Das Epigramm am vatikanischen Baptisterium spricht Petrus eine exponierte Stellung zu. Damasus nennt ihn denjenigen, der es ihm ermöglicht hat, dieses Werk zu vollenden, praestante Petro 270 , betont, daß er es ist, dem die Pforte des Himmels anvertraut ist 271 , und zitiert die beim Beweis der Vorrangstellung Roms so häufig traktierte Matthäusstelle (Mt 16,19). Diese einzigartige Stellung des Petrus wird sodann unterstrichen durch die 266

Siehe auch SCHWARTZ 1930, 162: „Ist das dritte Kapitel des Dekrets älter als 419 oder auch nur 451, so kann es ursprünglich nicht mit den beiden letzten Kapiteln 4 und 5 ein Ganzes gebildet haben, da diese nicht nur das Konzil von Chalkedon, sondern sogar das acacianische Schisma erwähnen“. 267 DAM., epigr. 4: In baptisterio Vaticano. 268 DAM., epigr. 1: Versus in beatum Paulum apostolum. 269 DAM., epigr. 20: In basilica apostorum Petri et Pauli in catacumbas. 270 DAM., epigr. 4,3. 271 Ebd.: ... cui tradita ianua caeli est.

3. Decretum Damasi

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Aussage, daß es einen einzigen Stuhl Petri und eine einzige wahre Taufe gibt 272 . Ganz deutlich spricht Damasus also von einer einzigartigen und herausgehobenen Stellung des Petrus. Das Gedicht für Paulus erzählt dessen Lebensgeschichte, wie sie uns aus seinen Briefen und der Apostelgeschichte bekannt ist. Der Saulus konvertiert zum Paulus, wird entrückt, lehrt die Völker den rechten Glauben und erleidet das Martyrium 273 . Es ist das längste Gedicht, das uns unter dem Namen des Damasus überliefert ist, womöglich als praefatio zu der von Hieronymus verbesserten Übersetzung der Paulusbriefe 274 . Das aufschlußreichste, aber gleichzeitig auch rätselhafteste Dokument für die Stellung des Damasus zu den Aposteln, stellt sicherlich das Epigramm in der basilica Apostolorum an der Via Appia dar. Meist wurde es in der Forschung zusammen mit dem Eintrag im Kalender des Filocalus aus dem Jahre 354 275 und den archäologischen Funden unter San Sebastiano verhandelt. Dieser Forschungsdisput hat eine lange Geschichte und eine Vielzahl von Hypothesen hervorgebracht. Fest steht, daß man literarisch seit Mitte des 4. Jahrhunderts von drei Orten der Verehrung der beiden Apostel spricht. Im Chronographen des Jahres 354 heißt es unverständlich für den 29.Juni: Petri in Catacumbas et Pauli Ostense Tusco et Basso [258] 276 , korrigiert durch das Martyrologium Hieronymianum 277 , das ein anderes Exemplar des filocalinischen Kalenders benützt nach dem Vorschlag von Kirsch: Romae Petri et Pauli apostolorum, Petri in Vaticano, Pauli via Ostiensi utriusque in Catacumbas, Basso et Tusco consulibus 278 . Ein Hymnus, der Ambrosius zugeschrieben wird und Ende des vierten Jahrhunderts zu datieren ist, unterstützt diese Ergänzung: Tantae per urbis ambitum/ stipata tendunt agmina, trinis celebratur viis/ festum sacrorum martyrum 279 . Somit ist ab Mitte des vierten Jahrhunderts die Apostelverehrung an drei verschiedenen Orten bezeugt. Dies wird bestätigt durch archäologische Funde, die Anfang dieses Jahrhunderts im Bereich der Kirche S.Sebastiano eine altchristliche Kultstätte mit Graffiti von Pilgern, die hier den Aposteln Petrus und Paulus gedachten, zutagebrachten, die ungefähr in die Mitte des dritten Jahrhun272

Ebd., 4,5: Una Petri sedes, unum verumque lavacrum. DAM., epigr. 1. 274 Siehe dazu FERRUA 1942, 83. 275 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 1.3.1. 276 Liber Pontificalis I: Depositio martyrum (Catalogue Libérien 11,13f. DUCHESNE). 277 Siehe Martyrologium Hieronymianum ad III Kal. Iul. (342 DELEHAYE/QUENTIN, mit Kommentar 342–347): Romae natale apostolorum Petri et Pauli Petri in Vaticano Pauli vero via Ostensi. 278 KIRSCH 1924, 22 und LIETZMANN 1927, 109–112; siehe dazu auch den Vorschlag von DUCHESNE 1955 (Liber pontificalis I), CV. 279 AMBR., hymn. 12, 25–28 (525 FONTAINE; mit Kommentar 515–546). 273

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derts datiert wird. Insbesondere A. de Waal 280 , A. Prandi 281 , F. Tolotti 282 und A. von Gerkan 283 haben sich um eine genaue Aufarbeitung sehr verdient gemacht, wobei aber trotzdem noch viele Fragen offengeblieben sind, und vor allem die wichtigste Frage, ob die Graffiti, in denen Petrus und Paulus angerufen werden, zu einer Grabstätte gehören, archäologisch nicht geklärt werden konnte. Um diese Fakten rankt sich seither eine Forschungsdiskussion, die zu ergründen versucht, wie man diese drei gleichzeitigen Orte der Verehrung für die Apostel erklären kann und in welchem Zusammenhang die gemeinsame Kultstätte an der Via Appia zu den beiden getrennten an der Via Ostiensis und im Vatikan steht. Hier geht es meist um die Frage, ob die Überreste der Apostel zu irgendeinem Zeitpunkt von einem Ort zum anderen transferiert wurden oder nicht 284 . In die Erklärungsversuche wird dann auch das Epigramm des Damasus miteinbezogen, das erstaunlicherweise sowohl Translationsgegnern als auch Befürwortern dienen kann. Betrachtet man das Epigramm und die dazugehörige Forschungsdiskussion, so wird deutlich, daß die Beantwortung der Frage, warum Damasus gerade in dieser Kirche eine Tafel für die beiden Apostel anbringen ließ, wesentlich durch das Verständnis der beiden ersten Worte der Inschrift festgelegt wird, und zwar insbesondere der beiden Bedeutungsmöglichkeiten von habitare, d.h. ob die Apostel hier zu Lebzeiten wohnten oder im Grab ruhten. Drei verschiedene Lösungsversuche wurden bisher vertreten: für die Übersetzung ruhen und somit für eine Translation der Gebeine sprachen sich Duchesne 285 , Lietzmann 286 und Kirschbaum 287 aus; einen Aufenthalt der Apostel zu Lebzeiten an diesem Ort vermuten Delehaye 288 und Grif280

A. DE WAAL 1894, 337–340 und 1895, 111–117. PRANDI 1936. 282 TOLOTTI 1946, 7–62. 283 VON GERKAN 1958, 89–105; 1962, 23–32; 1962a, 39–42. Eine Zusammenfassung der Grabungen unter S. Sebastiano bieten SCHUMACHER 1988, 134–166 und THÜMMEL 1999, 73-95. 284 Eine Aufarbeitung der Forschungsgeschichte zu diesem Thema kann in diesem Rahmen nicht geleistet werden, es sollen aber die wichtigsten Arbeiten und Positionen genannt werden: An erster Stelle steht H. LIETZMANN 1915, 2. Neubearbeitete Auflage 1927, der eine Translation vermutet, ebd. 121–126; H. DELEHAYE 1933, 265–269 widerspricht dieser These, da eine Translation sterblicher Überreste in Rom gesetzwidrig war und die Märtyrergebeine zu keiner Zeit irgendeiner Gefahr ausgesetzt waren. 285 DUCHESNE 1955 (Liber Pontificalis I), CIV–CVII. 286 LIETZMANN 1927, 121–126, siehe auch TESTINI 1954, 209–231. 287 KIRSCHBAUM 1973, 209 nimmt im Anschluß an ENRICO JOSI, Conferenze della Società dei cultori di archeologia cristiana, RivAC 29, 1953, 94f., nur eine Translation der Häupter der Apostel an. 288 DELEHAYE ²1933, 268 und 1927, 297–310. 281

3. Decretum Damasi

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fe 289 ; die dritte Hypothese, daß habitare sich schlicht auf die Zugehörigkeit der Apostel zu Rom als dessen Bürger bezieht, verbunden mit einer Korrektur des habitasse in habitare, vertreten Denis-Boulet 290 und Ruyschaert 291 , ähnlich Piétri 292 . Bei der zweiten Vokabel in der Ausgabe Ferruas habitasse stellt sich deshalb zunächst die Frage der Bezeugung dieser Lesart. Ferrua hat sich für die Vergangenheitsform entschieden, da seiner Meinung nach deren Überlieferung in den Codices T und L mehr Autorität beanspruchen kann als die Überlieferung des Präsens habitare in ebenfalls zwei Codices E und C und dem Zeugnis der Kopie der originalen Marmorplatte, die haitare bietet. Schon Ferrua signalisiert aber, daß eine Bevorzugung der letzteren Lesart nicht unbedingt abzulehnen sei 293 . Seiner Ansicht nach ist diese Frage nicht von besonderem Belang, da man gewöhnlich von den Heiligen sagt, daß sie an dem Ort wohnen, wo sie verehrt werden. Nicht bedacht hat Ferrua freilich, daß sich mit der Präsensform auch die Bedeutung des dazugehörigen Adverbs prius verändert, da die Übersetzung früher keinen Sinn mehr ergibt. Allein vorstellbar ist in dieser Verbindung nur die Bedeutung eher im Sinne von hauptsächlich, vergleichbar mit potius. In diesem Fall geht es um die Frage, wer Petrus und Paulus für sich beanspruchen darf, der Orient oder Rom, und das prius korrespondiert mit dem potius in Vers 6, d.h.: hic habitare prius sanctos cognoscere debes (hier wohnen/sind Bürger eher/zuerst die Heiligen, mußt du wissen) – Roma suos potius meruit defendere cives (Rom verdiente es eher, sie als ihre Bürger zu beanspruchen). Sie sind durch ihr Martyrium Bürger Roms geworden und diese Bürgerschaft zählt mehr als ihre ursprüngliche Zugehörigkeit in den Osten. Die Bedeutung von hic ist damit also hier in Rom und habitare muß im Sinne von Einwohner sein 294 , parallel zu cives verstanden werden. Diese Verständnisversion hat den Vorzug, daß sie der ganzen Inschrift ein einheitliches Gepräge gibt. Vers 1 korrespondiert mit Vers 6 und die maßgebliche Aussage des Epigramms ist, den Besitzanspruch Roms auf die beiden Apostel kundzutun, wohl zunächst gegenüber dem genannten Orient wie auch anderen gegenüber, die diesen 289

GRIFFE 1957, 93–101; 1961, 16–25; 1970, 81–91. DENIS-BOULET 1947, 385–406; 1967, 111–124. 291 RUYSSCHAERT 1954, 5–58; 1957, 791–831; 1967, 173–184; 1969, 7–41; 1970, 201–218. 292 PIÉTRI 1961, 275–322. Nach THÜMMEL 1999, 98 handelt es sich lediglich um eine Kultverlegung wegen der valerianischen Verfolgung. Die Formulierung „habitasse“ ist für ihn ein „späterer Erklärungsversuch“ ebd., 10. 293 FERRUA 1942, 142 zur Lesart habitare: „hanc lectionem seposui propter magnam auctoritatem codd. T et L fere meliorum ceteris, sed qui praeferat improbare non ausim, cum satis bene Sancti habitare dicantur in templo ubi colantur, et contexta oratio repugnare non videatur.“ 294 GEORGES I, 2999: s.v. habitare II A): z.B.: MELA 1,16,1: habitantes Lilybaei. 290

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genannten Orient wie auch anderen gegenüber, die diesen Sachverhalt nicht anerkennen wollen. Meines Erachtens ist dazu aber gar keine Korrektur des habitasse in habitare nötig; denn genau im Sinne des Decretum Damasi scheint mit diesem habitasse die gemeinsame Anwesenheit der Apostel in Rom betont zu werden. Nach dem dritten Teil des Decretums besteht der Vorzug Roms gegenüber allen anderen Städten darin, daß die Apostel es durch ihre Anwesenheit (praesentia) und durch ihr gemeinsames Martyrium (venerando triumpho) ausgezeichnet haben. Somit würde sich das habitasse nicht auf genau den Ort beziehen, an dem die Inschrift angebracht worden ist, sondern insgesamt auf Rom, wo die beiden zusammen gewirkt haben und präsent waren, so daß damit die Doppelaussage „Präsenz und Martyrium in Rom“ auch Inhalt des Epigramms ist. Daß die Frage der Zugehörigkeit der Apostel Petrus und Paulus ein kirchenpolitisch in dieser Zeit sehr wichtiges Thema war, zeigen andere Zeugnisse, die ebenfalls ins vierte Jahrhundert zu datieren sind. Zunächst ist an einen Brief der Gegner des Athanasius aus Antiochien an Julius von Rom aus dem Jahr 338 zu denken, der in der Kirchengeschichte des Sozomenus 295 überliefert ist. Die Absender gestehen Rom zwar zu, daß diese Stadt als Ort des Martyriums der beiden Apostel einen besonderen Rang hat, aber leiten daraus auch ihre eigene Stellung und Würde ab, da schließlich der Osten es war, der diese Männer geschickt hat. Und diesen Sachverhalt würdigt auch Damasus in seinem Epigramm quasi als Antwort formuliert: discipulos Oriens misit, quod sponte fatemur, betont aber gleichzeitig, daß in Rom aus den Aposteln durch das Martyrium viel mehr geworden ist als discipuli. Auch aus anderen zeitgenössischen Quellen erfahren wir von der Wichtigkeit der Apostel für die Stadt Rom und deren Bedeutung. Im schon genannten Ambrosiushymnus heißt es: Hinc Roma celsum verticem/ devotionis extulit,/ fundata tali sanguine/ et vate tanto nobilis/ ... Prodire quis mundum putet,/ concurrere plebem poli,/ electa gentium caput/ sedes magistri gentium. 296

295 SOZ., h.e. III 8 (GCS 111,4–12 BIDEZ/HANSEN): PJEFBNGJUPO"RBOBTJPO LBJ1BVMPOFLBTUPKUPOFBVUPVLBUFJMIGFRSPOPOLBJUBK*PVMJPVFQJTUPMBK EJFQFNZBOUPUPJKBOBUIOFXFQJTLPQPJKPJEFFQJUBVUBJKDBMFQXKIOFHLBO LBJ TVMMFHFOUFKFO"OUJPDFJBÝBOUFHSBZBO*PVMJXÝLFLBMMJFQINFOIOUJOBLBJEJLB OJLXKTVOUFUBHNFOIOFQJTUPMIO FJSXOFJBKUFQPMMIKBOBQMFXOLBJBQFJMIKPVL BNPJSPVTBOEFJOPUBUIKGFSFJONFOHBSQBTJGJMPUJNJBOUIO3XNBJXOFLLMITJ BOFOUPJKHSBNNBTJOXNPMPHPVO XKBQPTUPMXOGSPOUJTUISJPOLBJFVTFCFJBK NIUSPQPMJOFYBSDIKHFHFOINFOIO FJLBJFLUIKFXFOFEINITBOBVUIÝPJUPVEPH NBUPKFJTIHIUBJ 296 AMBR., hymn. 12, 21–24.29–32 (525 FONTAINE).

3. Decretum Damasi

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Ähnliche Aussagen finden sich bei Paulinus von Nola 297 und Prudentius 298 . Dabei werden die Apostel gemeinsam genannt, und zwar beide so eng zusammengedacht, daß sie im Leben und Tod alles gemeinsam haben, wie in einer Predigt, die Augustin zugeschrieben wird: concordem vitam ambo duxerunt, socium sanguinem ambo fuderunt, caelestem coronam ambo sumpserunt, diem hodiernum ambo consecraverunt. 299

In diesem Zusammenhang wird insbesondere die concordia der beiden Apostel betont: Ac per hoc ita singuli dies dati sunt duobus, ut nunc unus celebretur ambobus [29.Juni]. Magnum hoc mihi signum videtur esse concordiae 300 ,

die so gewissermaßen zu einer Einheit verschmelzen: Unus dies passionis duobus apostolis; sed illi duo unum erant 301 .

Piétri 302 hat diese literarischen Zeugnisse verbunden mit den Mitte des vierten Jahrhunderts, also durchaus gleichzeitig mit Damasus, entstehenden Goldglasabbildungen der beiden Apostel, die einander zugewandt sind. Es existiert sogar ein Goldglas, auf dem in der oberen Hälfte Damasus und eine zweite Person 303 und auf der unteren Hälfte Petrus und Paulus abge-

297 PAUL. NOL., carm. 19,54 (CSEL 30/2, 120,54–56): ... inde Petrum et Paulum Romana fixit in urbe, / principibus quoniam medicis caput orbis egebat / multis insanum vitiis caecumque tenebris ... 298 Z.B. PRUDENTIUS, perist. II 457–472 (CChr.SL 126, 273 CUNNINGHAM), siehe auch perist. XI, 31f. (371 CUNNINGHAM): Una fides vigeat, prisco quae condita templo est,/ quam Paulus retinet quamque cathedra Petri. 299 AUG., serm. 297 (PL 38, 1361). 300 AUG., serm. 381 (PL 39, 1683). Ebenso AUG., serm. 299 (PL 38, 1368): Utriusque passio concordat solemnitate, utriusque vita consonat charitate. 301 AUG., serm. 295 (PL 38, 1352 vgl. auch 38, 1365 u. 1348); zum Thema concordia: AUG., ep. 138,10,11 (CSEL 44, 134–136 GOLDBACHER); civ. Dei, II 21; XIX 24; HIERONYMUS, Com. in Matthaeum II 12, 26 und vir.ill.5. AUG., de consensu evangelistarum 1,10,16 (CSEL 43, 15,22f. WEIHRICH): ... et occurrit eis Petrus et Paulus, credo, quod pluribus locis simul eos cum illo pictos viderent, quia merita Petri et Pauli etiam propter eundem passionis diem celebrius sollemniter Roma commendat. Vgl. auch ARNOBIUS IUNIOR, conflictus cum Serapione 2,26 (CChr.SL 25A 154,1742f. DAUR): ... quia quasi in capite corporis duo oculi, ita in capite ecclesiae Petrus et Paulus sunt. 302 PIETRI 1961, besonders 278–293 und die Abbildung nach 320; er stützt sich auf die Veröffentlichung: CH.R. MOREY, The Goldglass collection of the Vatican Library, with additional catalogue of the other Goldglass collections, Città del Vaticano 1959, Tafel XVIII Abb. 106, siehe auch die weiteren Goldgläser mit Damasus: Abb. 107, 250 und 340, sowie die Kommentare dazu S. 15,45 u. 56; vgl. auch PASCHOUD 1967, 319–322 (mit Anm. 54) und 227–229. 303 Siehe dazu auch PIÉTRI 1961, 282 Anm. 1.

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bildet sind 304 . Diese Abbildungen erinnern an kaiserliche Münzprägungen, die seit Anfang des vierten Jahrhunderts die concordia der Augusti und Caesares darstellen sollen, um eben diese römische Tugend zu betonen und zum Lob der Kaiser zu versinnbildlichen. Dabei wurde auch eine Angleichung der Portraits vorgenommen, so daß einer vom anderen nicht zu unterscheiden war 305 . Diese Einheitlichkeit der beiden Apostel unterstreicht auch Damasus in seinem Epigramm: Es geht in gleicher Weise um Petrus und Paulus (Petri pariter Paulique) und alles, wovon diese Verse handeln, ist von beiden zusammen ausgesagt. Beide wurden vom Osten gesandt, beide sind durch ihr Martyrium Christus in das himmlische Reich gefolgt, beide sind Bürger Roms und jetzt die nova sidera, das Doppelgestirn, wobei man im römischen Kontext sofort an das antike Doppelgestirn, nämlich die Dioskuren denkt. Auch im Decretum Damasi geht es darum, die beiden Apostel möglichst eng aneinanderzurücken. Ihre Tätigkeit wird ebenfalls mit dem Adverb pariter beschrieben: pariter supradictam sanctam Romanam ecclesiam Christo domino consecrarunt aliisque omnibus urbibus in universo mundo sua praesentia atque venerando triumpho praetulerunt.

Petrus und Paulus bilden eine societas: Addita est etiam societas beatissimi Pauli apostoli vas electionis ... .

Diese Gemeinschaft wird gewissermaßen auf die Spitze getrieben, indem beide genau am selben Tag das Martyrium erlitten haben sollen: ... qui non diverso, sicut heresei garriunt, sed uno tempore eodemque die 306 gloriosa morte cum Petro in urbe Roma sub Caesare Nerone agonizans coronatus est ... .

Genau diese Einheit des Handelns findet sich auch im Epigramm des Damasus; hier wird zwar nicht explizit von einem gleichzeitigen Martyrium gesprochen, jedoch genau dieser Sachverhalt impliziert, dadurch, daß beide dort als doppeltes Subjekt auftreten. Die Apostel werden für Rom sowohl in ihrem Martyrium als auch im Leben beansprucht. Der Begriff habitare wird auch im Decretum verwendet, wenn es darum geht, daß Antiochia deshalb an dritter Stelle der besonders wichtigen Bischofssitze steht, weil Petrus, bevor er nach Rom kam, dort gewohnt hat: illic priusquam Romae

304

Ebenfalls in das 4./5. Jahrhundert zu datieren, siehe FERRUA/CARLETTI 1986, Umschlagbild; siehe die Abbildung oben vor S. 1. 305 Z.B. auch in der berühmten Darstellung der Tetrarchie, CHRIST 1995, 703. 306 Dies bezeugt auch HIERONYMUS, vir.ill. 5: Paulus ... hic ergo quarto decimo Neronis anno, eodem die quo Petrus, Romae pro Christo capite truncatur, sepultusque est in via Ostiensi.

3. Decretum Damasi

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venisset habitavit 307 . Der Apostel gibt diesen Städten also einen besonderen Wert, indem er dort wohnt. Daß Damasus aber den Aposteln durchaus auch verschiedene Rollen zuschreiben kann, zeigt der Anfang des dritten Teils des Decretums. Petrus ist es, dem die Schlüssel des Himmelreiches übergeben wurden, er hat die Macht der cathedra und zu ihm gehört die apostolica sedis, wie wir im Epigramm des vaticanischen Baptisterium erfahren, Paulus dagegen ist der magister, der doctor, wie es im damasianischen Gedicht auf den Apostel heißt: gentibus ac populis iussus praedicere vera ... magister ... beatissime doctor ... 308

Eine Unterscheidung, die bei Maximus von Turin gemina ecclesiae forma heißt, bestehend aus fides und doctrina 309 bzw. potentia und scientia 310 . Petrus als derjenige, der die Pforten des Himmels für die öffnet, die von Paulus die rechte Lehre empfangen haben 311 . Prudentius findet dafür folgende Worte: Hic nempe iam regnant duo / apostolorum principes, Alter vocator gentium, / alter cathedram possidens primam recludit creditas / aeternitatis ianuas 312 .

Und Hieronymus spricht in einem Brief an Damasus von der cathedra Petri und dem magister gentium Paulus 313 . Die societas und concordia der beiden in gleichen, aber auch sich ergänzenden Taten, scheint Ende des vierten Jahrhunderts allgemein etabliert und gelehrt worden zu sein und findet sich wörtlich im Text des Decretum Damasi, wo ebenso betont nicht nur die Gegenwart des Apostels, sondern die Gemeinschaft mit Petrus angeführt wird: Addita est etiam societas beatissimi Pauli apostoli.... Zum ersten Mal scheint sie in der Festlegung der Feier für beide Apostel am selben Tag, wie sie im Kalender des Filocalus von 354 vermerkt ist, ihren Ausdruck gefunden zu haben. Wenn man nun annimmt, daß zum angegebenen Datum 258 neben den getrennten Feiern des dies natalis der Apostel an ihren Gräbern ein Ort an 307

Decretum Damasi. DAM., epigr. 1,16 u. 25. 309 MAX.TAUR., serm. 1,1 (CChr.SL 23, 2,1–22 MUTZENBECHER); vgl. auch serm. 2 und 9. 310 Ders., serm. 1,1 (CChr.SL 23, 2,19 MUTZENBECHER): Ambo igitur claves a domino perceperunt, scientiae iste ille potentiae. 311 Ders., serm. 1,1 (CChr.SL 23, 2,10f. MUTZENBECHER): quorum corda Paulus patefecerit doctrina verborum, eorum animabus Petrus aperiat regna caelorum. Vgl. AUG., serm. 295 (PL 38, 1348). 312 PRUDENTIUS, perist. II 457–464 (273 CUNNINGHAM). 313 HIER., ep. 15,2f. (CSEL 54/1, 64, 1–16 HILBERG). 308

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der Via Appia eingerichtet wurde, an dem gleichzeitig für beide Apostel eine Feier zu ihrem Ehrentag abgehalten werden konnte, um dieser societas und concordia Ehre zu erweisen 314 , wäre der ab Mitte des dritten Jahrhunderts bestehende Kultort unter San Sebastiano liturgisch zu erklären. Das schließt aber nicht aus, daß man diesen Ort wählte, weil es die Legende gab, daß die beiden Apostel hier zusammen gelebt bzw. gewohnt haben. Das Epigramm des Damasus wurde daraufhin wegen der liturgischen Bedeutung als Ort der Feier des gemeinsamen Martyriums der beiden Apostel mit gutem Grund in der Basilica an der Via Appia angebracht, wo der Anspruch Roms auf die beiden Apostel den nach Rom pilgernden Christen 315 als erstes vor Augen gestellt wurde 316 . Daß man ausgerechnet dieses Datum, den 29. Juni, für eine Feier der beiden Apostel gewählt hat, kann vielleicht parallel zum Ursprung der Feier der Cathedra Petri 317 daran liegen, daß dieser Tag, nach den Fasten des Ovid, der Tag ist, an dem Quirinus ein Tempel geweiht worden ist: D III Kal. Iul. F. Tot restant de mense dies, quot nomina Parcis, cum data sunt trabeae templa, Quirine, tuae. 318

Der römische Gott Quirinus wird mit Romulus identifiziert und damit mit dem Gründer der Stadt Rom; also würde der Tag, an dem man die Gründer der römischen Gemeinde und damit des neuen christlichen Roms feiert, eine profane Tradition gleichzeitig fortsetzen, ersetzen und erneuern. Statt der Gründer des alten Roms, Romulus und Remus, werden nun die Gründer des neuen Roms, Petrus und Paulus, gefeiert. 319 Zusammenfassend kann man also sagen, daß die Übereinstimmungen von zentralen Inhalten des Decretum-Textes mit den Aussagen der Epigramme des Damasus über Petrus und Paulus durchaus für eine Autorschaft des Damasus bzw. einer römischen Synode unter Damasus auch für den Decre314

Vgl. PIÉTRI 1961, 293–309. BARDY 1949, 224 und 234f. 316 Vielleicht hat Damasus aber auch ganz bewußt mehrdeutige Formulierungen in seinem Epigramm verwendet, da er sich über die Bedeutung dieses Ortes nicht ganz sicher war. 317 KLAUSER 1927, 152–183; 1958, 27f. hat gezeigt, daß das Fest der cathedra Petri aus einem Fest der profanen römischen Religiösität hervorgegangen ist, siehe auch LIETZMANN 1927, 19–21. 318 OVID, fast. VI, 795f. (29. Juni Quirinus: „Wenn noch soviel Tage vom Monat übrig sind, wie die Parzen Namen haben, dann ist der Zeitpunkt, an welchem dem Quirinus, den der Königsmantel schmückt, ein Tempel geweiht wurde.“). P. OVIDIUS NASO, Die Fasten, hrsg, übers. und kommentiert von F. BÖMER, Bd.I: Einleitung, Text und Übersetzung, Heidelberg 1957, 296f. 319 Siehe dazu BRÄNDLE 1992, 209f. 315

3. Decretum Damasi

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tum-Text sprechen könnte. Das Matthäuszitat spielt in Epigramm 4 eine wichtige Rolle, der gemeinsame Aufenthalt der Apostel in Rom sowie deren dortiges gleichzeitiges Martyrium wird in Epigramm 20 betont und der Satz: et pariter supradictam sanctam Romanam ecclesiam Christo domino consecrarunt aliisque omnibus urbibus in universo mundo sua praesentia atque venerando triumpho praetulerunt, ist gewissermaßen das Programm der Märtyrerepigramme des Damasus 320 . Die Märtyrer sind es, durch die Rom seine besondere Stellung erlangt, das Martyrium ist venerandus triumphus, wie es sehr häufig in den Epigrammen heißt 321 , und eben sogar auch die Gegenwart praesentia dieser Apostel in societas und pariter heiligt die Stadt (hic habitasse prius). Hinzu kommt das Zeugnis der Briefe und Synodaldokumente, die Damasus zugeschrieben werden können. Besonders in seinen späten Briefen sind hier Äußerungen über diesen Themenkomplex zu entdecken. Im Brief über die Verurteilung des Apolinarius und Timotheus betont Damasus, daß dem römischen Bischofssitz als apostolischem Stuhl 322 besondere Ehrerbietung zukommt. Außerdem unterstreicht er, daß Petrus hauptsächlich in Rom gelehrt hat, wie das Steuerruder der Kirche zu lenken ist. Demgegenüber wird hervorgehoben, daß Paulus der Garant für die rechte Lehre ist 323 . In gleicher Weise beruft sich Damasus auch im Brief an Acholius und seine Mitbischöfe in seiner Argumentation auf Aussprüche des Apostels Paulus 324 . Auch in anderen Briefen wird die Autorität der Apostel allgemein in die Waagschale geworfen, denn auch die Entscheidungen des nicaenischen Konzils beruhen auf deren Autorität ebenso wie die Heiligkeit der Bischöfe; und die maßgebliche Lehre der Kirche ist die Lehre der Apostel 325 . Somit sind also auch hier größte Übereinstimmungen mit den Aussagen des Decretum zu entdecken, gleichzeitig aber keinerlei Widersprüche. Die Verfasserschaft des Damasus bzw. einer Synode unter diesem Bischof erscheint meines Erachtens deshalb für diesen dritten Teil des Decretum Damasi wahrscheinlich. Daß dieser Text auch sehr gut in den geschichtlichen Kontext passen würde, und zwar als Anwort auf das Konzil von Konstantinopel, soll das nächste Kapitel zeigen. 320

Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 2.5. Vgl. dazu die Ausführungen Kap. 2.4. 322 Vgl. zur Rede von der apostolica sedes MACCARONE 1991, 282–287. 323 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 5.1.2. 324 Siehe dazu die Ausführungen in Kap. 5.2. 325 Siehe dazu die Ausführungen zu DAM., epist. 1 und decr. ad Gallos episc. Vgl. zu den Anfängen der Lehrautorität der Sedes Apostolica auch STUDER 1998, 261f. 321

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Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

3.4.3. Die Canones des Konzils von Konstantinopel 381 Im dritten Kanon der Synode von Konstantinopel 381 wird die Stellung Konstantinopels als neuem Rom propagiert und damit seine besondere Position betont: „Der Bischof von Konstantinopel hat den Vorrang der Ehre nach dem Bischof von Rom, denn Konstantinopel ist das Neue Rom“. 326

Mit dieser ungeheuren Aufwertung Konstantinopels wird natürlich insbesondere die herausgehobene Stellung des Bischofssitzes Alexandria 327 bestritten. Diese Stoßrichtung ist sicherlich nicht zufällig, denn gerade die Initiative aus Alexandria brachte Verwirrung in die Neubesetzung des Bischofsstuhles in Konstantinopel 328 , wogegen sich explizit der zweite und der vierte Kanon von Konstantinopel richten. Im zweiten Kanon wird allgemein festgestellt, daß nach den Bestimmungen von Nicaea die Bischöfe einer Diözese sich nicht in die Ordination anderer Diözesen einmischen dürfen; damit wird also das verboten, was Petrus von Alexandrien getan hat 329 . Direkt gegen Maximus wendet sich Kanon 4. Die Bischofsordination des Maximus wird nicht anerkannt und seine Maßnahmen für ungültig erklärt 330 . Auch der Brief der Nachsynode in Konstantinopel an die westlichen Bischöfe greift das Thema der Bischofsordinationen noch einmal auf. Es wird wiederum klargestellt, in welche Kompetenz die Besetzung von Bischofsstühlen fällt: „Was nun die besonderen Vorschriften in den Kirchen betrifft, gilt, wie ihr wißt, eine alte Anordnung und eine Entscheidung der Väter von Nizäa. Danach sollen in jeder Provinz die Bischöfe der Provinz zusammen mit den Nachbarbischöfen, sofern sie es denn möchten und soweit es sinnvoll erscheint, die Ordination vornehmen. Es ist euch bekannt, daß sich die übrigen Kirchen bei uns an diese Vorschrift halten und die Priester der bedeutendsten Kirchen entsprechend ernannt worden sind.“ 331 326

Übersetzung: WOHLMUTH 1998, 32. Concilium Constantinopolitanum (381), can. 3 (47,21–48,3 JOANNOU; 85 LAUCHERT): UPONFOUPJ,XOTUBOUJOPVQPMFXKFQJTLPQPO FDFJOUBQSFTCFJBUIKUJNIKNFUBUPO3XNIKFQJTLPQPOEJBUPFJOBJBVUIOOFBO 3XNIO. 327 Vgl. Concilium Nicaenum (325), can. 6, siehe dazu die Ausführungen in Kap. 5.2.6. 328 Vgl. dazu die Ausführungen zur Ordination des Maximus in Konstantinopel, Kap. 5.2. 329 Siehe dazu die Ausführungen Kap. 5.2.6. 330 Siehe dazu die Ausführungen ebd. und RITTER 1965, 52 und STAATS 1996, 52f. 331 Übersetzung: WOHLMUTH 1998, 29. THDT., h.e. V 9, 14 (GCS 293,11–15):1FSJEF UXOPJLPOPNJXOUXOLBUBNFSPKFOUBJKFLLMITJBJKQBMBJPKUF XKJTUF RFTNPK LFLSBUILFLBJUXOFO/JLBJBÝBHJXOQBUFSXOPSPK LBRFLBTUIOFQBSDJBOUPVK UIKFQBSDJBKLBJ FJQFSFLFJOPJCPVMPJOUP TVOBVUPJKUPVKPNPSPVKQSPKUP TVNGFSPOQPJFJTRBJUBKDFJSPUPOJBK

3. Decretum Damasi

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Aber es wird nicht nur betont, daß jede Diözese für ihre Ordinationen selbst zuständig ist, sondern auch die Einzelfälle geschildert, d.h. die Ordinationen, die „rechtmäßig“ im Rahmen des Konzils von Konstantinopel stattgefunden haben, und zwar für die bedeutendsten Kirchen: die Ordination des Bischofs von Konstantinopel Nectarius und des Bischofs von Antiochia als Nachfolger von Meletius, nämlich Flavianus. Gerade diese beiden Ordinationen haben aber den Zorn des Westens erregt 332 und die Nachsynode reagiert darauf, indem sie noch einmal die Rechtmäßigkeit dieser Ordinationen unterstreicht, gleichzeitig aber auch deutlich macht, daß Konstantinopel und Antiochia die bedeutendsten Kirchen sind, die für ihre Ordinationen kein Urteil von außen nötig haben: „Nach dieser Ordnung haben wir für die sozusagen neu errichtete Kirche in Konstantinopel, die wir gleichsam durch Gottes Erbarmen eben erst ‘aus dem Rachen des Löwen’ [Ps 21,22 LXX], der Lästerung der Häretiker, entrissen haben, den hochangesehenen und gottgeliebten Nektarius zum Bischof ordiniert, und zwar auf der ökumenischen Synode mit allgemeiner Übereinstimmung, in Gegenwart des gottgeliebten Kaisers Theodosius und des ganzen Klerus sowie mit Zustimmung der ganzen Stadt. Für die älteste und wahrhaft apostolische Kirche von Antiochien in Syrien, in der zuerst der ehrwürdige Name ‘Christen’ in Brauch kam, haben die Bischöfe der Provinz und des östlichen Verwaltungsgebiets, nachdem sie zusammengekommen waren, den hochverehrten und gottgeliebten Bischof Flavianus kanonisch ordiniert, wobei die ganze Kirche zustimmte und diesen Mann gleichsam mit einer einzigen Stimme ehrte. Ebendiese Ordination akzeptierte auch die Gesamtheit der Synode als rechtmäßig.“ 333

Auffallend ist auch, daß Antiochia als „älteste und wahrhaft apostolische Kirche“ bezeichnet wird, „in der zuerst der ehrwürdige Name ‘Christen’ in Brauch kam“. Damit wird mit Hilfe von Apg 11,26 die große Bedeutung von Antiochia herausgestellt. Dasselbe Argument findet auch im dritten Teil des Decretum Damasi Verwendung, jedoch erst an zweiter Stelle hinter der Anbindung an Petrus, die hier hauptsächlich den Stellenwert von 332

Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 5.2.5. und 7. Übersetzung: WOHLMUTH 1998, 29f. THDT., h.e. V 9,14–16 (GCS 293,15–294,3): PJÀKBLPMPVRXKUBKUFMPJQBKFLLMITJBKQBSINJOPJLPOPNFJTRBJHJOXTLFUFLBJ UXOFQJTINPUBUXOFLLMITJXOBOBEFEFJDRBJUPVKJFSFJK0RFOUIKNFOFO,XO TUBOUJOPVQPMFJOFPQBHPVK XKBOFJQPJUJK FLLMITJBK IOXTQFSFLTUPNBUPK MFPOUPKUIKUXOBJSFUJLXOCMBTGINJBKVQPHVPOFYISQBTBNFOEJBUXOPJLUJSNXO UPVRFPV UPOBJEFTJNXUBUPOLBJRFPGJMFTUBUPO/FLUBSJPOFQJTLPQPOLFDFJSP UPOILBNFOFQJUIKPJLPVNFOJLIKTVOPEPVNFUBLPJOIKPNPOPJBK VQPZFTJLBJ UPVRFPGJMFTUBUPVCBTJMFXK2FPEPTJPVQBOUPKUFUPVLMISPVLBJQBTIKFQJZI GJ[PNFOIKUIKQPMFXKUIKEFQSFTCVUBUIKLBJPOUXKBQPTUPMJLIKFLLMITJBK UIKFO"OUJPDFJBÝUIK4VSJBK FOIÀÝQSXUIÝUPUJNJPOUXODSJTUJBOXOFDSINBUJTFO POPNB UPOBJEFTJNXUBUPOLBJRFPGJMFTUBUPOFQJTLPQPO'MBCJBOPOPJUFUIK FQBSDJBKLBJUIKBOBUPMJLIKEJPJLITFXKTVOEBSNPOUFKLBOPOJLXKFDFJSPUPOI TBO QBTIKTVNZIGPVUIKFLLMITJBKXTQFSEJBNJBKGXOIKUPOBOESBUJNITB TIKIOQFSFORFTNPODFJSPUPOJBOFOEFYBUPLBJUPUIKTVOPEPVLPJOPO 333

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Antiochia ausmacht, das deshalb dem Rang nach erst nach Alexandria kommt. Man könnte also diese Formulierung direkt als Reaktion auf die Argumentation der Nachsynode von Konstantinopel 382 verstehen. Dies paßt zu weiteren Beobachtungen: Vergleicht man nämlich den dritten Teil des Decretum Damasi mit den Entscheidungen des Konzils von Konstantinopel im Jahr 381, können einige Aussagen direkt als Replik darauf verstanden werden. In diesem Text wird nämlich in der Frage der Vorrangstellung von Bischofssitzen den Synoden jede Entscheidungskraft dafür abgesprochen: ... nullis synodicis constitutis ceteris ecclesiis praelata est; denn ein Vorranganspruch kann sich allein auf die Heilige Schrift und die Anwesenheit und das Martyrium der Apostel Petrus und Paulus gründen, wie dies für Rom, Alexandria und Antiochia gilt 334 . Eine solche Tradition kann Konstantinopel als neugegründete Stadt aber keineswegs vorweisen! Damit wird also die Gültigkeit des dritten Kanons von Konstantinopel bestritten. Ganz betont wird auch Alexandria in der Tradition des Kanons von Nicaea als zweiter Sitz des Petrus vorgestellt; ebenso wie die besondere Bedeutung Antiochias in erster Linie auf Petrus zurückgeführt wird und erst in zweiter Linie darauf, daß dort zuerst der Name der Christen entstanden ist, was – wie bereits erwähnt – der Brief der Nachsynode betont. Damit wird also wieder die Stellung Alexandrias, die doch vom Konzil von Konstantinopel vehement angegriffen und in Frage gestellt worden ist, gestärkt und bestätigt. Der dritte Teil des Decretum Damasi erweist sich also als außerordentlich passende Antwort auf die Entscheidungen von Konstantinopel in den Jahren 381 und 382, so daß es naheliegt, darin die Reaktion der im Jahr 382 in Rom stattfindenden Synode auf die Äußerungen des Konzils von Konstantinopel und seiner Nachsynode zu sehen. Dieses Dokument markiert eine wichtige Etappe bei der Entstehung des Papsttums und weist somit Damasus eine entscheidende Rolle dabei zu 335 . Er kann demnach als der erste römische Bischof angesehen werden, von dem eine so ausführliche Begründung und Kundgabe seines Vorranganspruchs überliefert ist. In den beiden folgenden Kapiteln soll nun untersucht werden, ob sich eine Zuweisung an Damasus auch bei den ersten beiden Teilen des Decretum Damasi wahrscheinlich machen läßt.

334

Siehe die Ausführungen in Kap. 5.3.4.2. Siehe dazu auch z.B. die Ausführungen von MACCARONE 1991a, 181f. und CASPAR 1930, 247–251, der dieses Dokument als „einen der bedeutsamsten Marksteine in der Geschichte des werdenden römischen Papsttums“ (ebd., 347) bezeichnet. 335

3. Decretum Damasi

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3.5. De spiritu sancto Dem Konzil von Konstantinopel wird zugeschrieben, das sogenannte Nicaeno-Constantinopolitanum verabschiedet zu haben, d.h. ein durch Bestimmungen über den Heiligen Geist ergänztes Nicaenum 336 . Bereits in den Jahren zuvor war es von besonderer Wichtigkeit, den Stellenwert des Heiligen Geistes innerhalb der Trinität zu definieren. Zeugnisse dafür sind insbesondere auch die Synodalbriefe Ea gratia/Non nobis quidquam und der Tomus Damasi, Dokumente, die unter Damasus abgefaßt worden sind. Deshalb ist es durchaus wahrscheinlich, daß auf der römischen Synode 382 die Frage des Heiligen Geistes noch einmal eine nicht unwichtige Rolle spielte und man Stellung beziehen wollte zu den Aussagen des Konzils von Konstantinopel über den Heiligen Geist, so daß die Einleitung des ersten Teils des Decretum Damasi: Prius agendum est de spiritu sancto in diesen Kontext passen würde. Jedoch fällt die dann folgende Abhandlung völlig aus dem Rahmen der in dieser Zeit üblichen Erörterungen und vor allem der sonst im Umfeld des Damasus belegten sehr qualifizierten Äußerungen über den Heiligen Geist 337 . Der erste Teil über die Namen des Heiligen Geistes und Christus scheint weniger eine theologische Abhandlung zu sein als wohl ein liturgischer Text oder eine Erklärung dazu 338 . Die Rede vom siebenfaltigen Geist knüpft an Jes 11,2f. an und wird seit Justin, dial. 87 häufig erwähnt 339 . Victorinus von Pettau geht auf das Jesajazitat in seinem Apokalypsekommentar, den Hieronymus bearbeitet hat, ein 340 , ebenso findet es Verwendung in seinem Tractatus de fabrica mundi, und zwar zunächst in Verbindung mit den sieben Himmeln 341 , aber dann im Blick auf Christus bei 336 Ob dies so zutrifft, wird in der Forschung diskutiert, vgl. dazu ABRAMOWSKI 1992, 481–513; STAATS 1990, 209–221; 1996; RITTER 1993a, 452–471; DRECOLL 1996a, 1–18 und die Ausführungen in Kap. 4.4.3. 337 Vgl. dazu DAM., epist. 2/1.3 und 4. 338 Vgl. dazu DOBSCHÜTZ 1912, 239–241; SCHWARTZ 1930, 164; PIETRI 1976, I 882f.: „Et même le vocabulaire ... suggère l’influence de textes liturgiques, en particulier les invocations de l’Esprit pour l’initiation ou l’onction des fidèles. Une telle composition convient mieux au rythme de la litanie qu’aux définitions conciliaires.“ 339 Vgl. dazu DOBSCHÜTZ 1912, 240f. 340 VICT. POET., comm. in Apocalypsim I 1 (CSEL 49, 16–18 HAUSSLEITER): ... septiformi spiritu. In Esaia legimus: spiritus sapientiae et intellectus, consilii et fortitudinis, scientiae et pietatis, spiritus timoris dei. Isti septem spiritus unius scilicet dona sunt spiritus sancti. 341 VICT. POET., de fabrica mundi 7 (CSEL 49, 6,16–26 HAUSSLEITER): septem quoque caeli [sunt] illis diebus conveniunt. Sic enim cautum est: „verbo domini caeli firmati sunt et spiritu oris eius omnis virtus eorum“ [Ps 32,6]. Hi septem spiritus. Nomina sunt eorum spiritus, qui supra Christum dei requieverunt, ut apud Esaiam prophetam cautum est: „et requiescit super eum spiritus sapientiae et intellectus, spiritus consilii et virtutis,

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der Schöpfung. Interessant ist dabei, daß Victorinus als vierten Begriff nicht wie im bearbeiteten Kommentar und der Vulgata fortitudo, sondern virtus anführt in Übereinstimmung mit dem Decretum Damasi: auctori autem totius creaturae istius – ‘verbo’ cognomen est ei. Sic enim dicit pater eius: „eructatum est cor meum verbum bonum“ [Ps 44,2]. Iohannes evangelista sic dicit: „in principio erat verbum et verbum erat apud deum et deus erat verbum. Hoc erat in principio apud deum. Omnia per ipsum facta sunt et sine eo factum est nihil“ [Joh 1,1–3]. Ergo primus factus creaturae est, secundus hominis humani generis, ut ait apostolus. Hoc igitur verbum, cum lucem fecit, sapientia vocatur; cum caelum, intellectus; cum terra et mare, consilium; cum solem et lunam ceteraque clara, virtus; cum terrae ac mari excitat, scientia; cum hominem finxit, pietas; cum hominem benedicit et sanctificat, timor dei nomen habet. 342

Damasus hat wahrscheinlich die Werke des Victorinus gekannt, da Hieronymus sie bearbeitet hat und überliefert, daß Damasus Kommentare gelesen hat 343 . Da auch bei der Liste der kanonischen Schriften Übereinstimmungen mit diesem lateinischen Autor zu erkennen sind, kann man darin durchaus ein Argument sehen, das die Urheberschaft des Damasus für den ersten Teil des Decretum Damasi wahrscheinlicher macht. Ambrosius und Augustin sprechen unter anderem davon, daß es üblich war, bei der Taufe den siebenfaltigen Geist anzurufen: Spiritum sanctum sic commendat deus per Isaiam prophetam: Spiritus dicit, sapientiae et intellectus, consilii et fortitudinis, scientiae et pietatis, spiritus timoris die. Iste est septiformis Spiritus, qui etiam super baptizatos invocatur. 344

Für Siricius scheint es eine Selbstverständlichkeit zu sein, daß getaufte Häretiker nicht neu getauft werden, sondern durch bischöfliche Handauflegung und Anrufung des siebenfaltigen Geistes in die katholische Kirche aufgenommen werden. Das habe bereits Liberius so festgesetzt: ... sicut est in synodo constitutum, per invocationem solam septiformis Spiritus, episcopalis manus impositione, catholicorum conventui sociamus, quod etiam totus Oriens Occidensque custodit. 345

spiritus scientiae et pietatis, et replevit illum spiritus timoris dei [Jes 11,2f.]. Summum ergo caelum sapientiae, secundum intellectus, tertium consilii, quartum virtutis, quintum scientiae, sextum pietatis, septimum timoris dei. 342 VICT. POET., de fabrica mundi 7 (CSEL 49, 7,4–16 HAUSSLEITER) 343 HIER., ep. 15; siehe dazu auch die Ausführungen in Kap. 1.3.5. 344 AUG., sermo 229M (MiAg 1, 490,22). Vgl. zum Begriff des spiritus septiformis auch AMBR., De interpellatione Iob et David 4,10,36 (CSEL 32/2, 295,17–19 SCHENKL): Cithara est caro nostra, quando peccato moritur, ut deo vivat: cithara est, quando septiformem accipit spiritum in baptismatis sacramento. Exp. Ev. secundum Lucam 6,82; 7,95.98 (CChr.SL 14, 204, 882–884; 246,987f.; 247,1027–1031); AUG., Enarrationes in psalmos 49,9,61; Sermo 249 (PL38, 1162,52). 345 SIRICIUS, ep. 1,2 (Directa ad decessorem) (PL 13, 1133B–1134A).

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Möglich wäre also, daß für die römische Kirche auf dieser Synode eine liturgische Formel festgelegt bzw. ein Begriff der Liturgie expliziert wurde 346 . Der Abschnitt über den siebenfaltigen Geist könnte also durchaus in die Zeit des Damasus gehören und die Theorie unterstützen, daß gerade unter diesem Bischof der Wechsel von der griechischen zur lateinischen Liturgiesprache stattfand 347 . Inhaltlich wird in dieser Aufzählung der sieben Formen des Geistes, „der auf Christus ruht“, gewissermaßen Jesaja 11,1–3 ausgelegt: et egredietur virga de radice Iesse et flos de radice eius ascendet et requiescet super eum spiritus Domini spiritus sapientiae et intellectus spiritus consilii et fortitudinis spiritus scientiae et pietatis et replebit eum spiritus timoris Domini 348 .

Dies geschieht mit Bibelzitaten aus dem Neuen Testament, aber auch mit Psalmstellen und Jesaja selbst; es wird damit also illustriert, wie der siebenfaltige Geist in Beziehung zu Christus steht. Damasus war an solchen exegetischen Fragen interessiert, denn in einem Brief an Hieronymus, der ihn als Absender nennt, erkundigt er sich bei diesem nach der Bedeutung der Formulierung aus Mt 21,9 osanna filio David 349 , da er bereits widersprüchliche Aussagen in griechischen und lateinischen Kommentaren gelesen habe. In einem weiteren Brief ist überliefert, daß Damasus Hieronymus einen ganzen Fragenkatalog zu Genesisstellen vorlegte 350 . Auch in seinen sonstigen Schreiben argumentiert er mit Bibelstellen 351 . Diesem siebenfaltigen Geist wird im ersten Teil des Decretum Damasi sodann als Kontrast die Vielfalt der Namen Christi, nach der Überlieferung der Heiligen Schrift, gegenübergestellt 352 . Der Bezug zum siebenfaltigen Geist wird aber gleich am Anfang dominus quia spiritus und auch am Ende 346

In den ältesten Sakramentarien sind solche Formeln überliefert für die Confirmatio und die Ordination von Klerikern, z.B. im Sacramentarium Gelasianum, siehe dazu Codex Liturgicus Ecclesiae Romano-Catholicae in epitome redactus, curav. H.A. Daniel, Bd. 1, 1847= Hildesheim 1966, 201, 212. 347 Siehe dazu KLAUSER 1974, 184–194; PROBST 1893, 445–451; DUCHESNE 1925, 99; SHEPHERD 1970, 847–863; BASTIAENSEN 1997, 273–290 und Kap. 1.3.5.;vgl. auch BORELLA 1958, 323–329, der in diesem Zusammenhang auch anführt, daß im Lib.Pont. I 4,39 (DUCHESNE 213) für die Vita des Damasus vermerkt ist: Hic constituit ut Psalmos die noctuque canerentur per omnes ecclesias: qui hoc constituit presbyteris aut monasteriis. 348 Text der Vulgata. 349 DAM., epist. 8; siehe dazu auch die Ausführungen in Kap. 1.3.5. 350 DAM., epist. 9. 351 Siehe dazu die Ausführungen zu DAM., epist. 5 in Kap. 5.2 und decr. ad Gallos episc. 352 Vgl. dazu die Belege aus der patristischen Literatur bei DOBSCHÜTZ 1912, 241– 245.

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propheta quia futura revelavit gegeben, denn durch den Namen Prophet ist wieder der Geistbesitz impliziert. Eine Aufzählung der Namen Christi war im vierten Jahrhundert nichts Außergewöhnliches, ähnliche Aufzählungen finden sich z.B. bei Germinius von Sirmium 353 , Nicetas von Remesiana 354 , später auch bei Isidorus Hispalenis 355 . Auch Priscillian, der sich in dieser Zeit mit einer Schrift an Damasus wandte, hat solche Aufzählungen niedergeschrieben: Ipse namque se intrantibus ianuam, ipse in praeceptis dei ambulantibus viam, ipse sitientibus iustitiae fontem, ipse esurientibus panem, ipse se vineam credentibus posuit in salutem ... 356 unus deus est, si sermo: unus est Christus, si opus: unus Iesus, si natura quaeritur: filius est, si principium quaeritur: pater dicitur, si creatura: sapientia est, si ministerium: angelus, si potestas: homo, si dignatio: filius hominis, si quod factum est per illum: vita est, si quod extra illum ... 357 .

Also ist es auch für diesen Teil durchaus möglich, daß er zur Zeit des Damasus entstanden ist. Im Zusammenhang mit den Aussagen über den siebenfältigen Geist macht dieser Abschnitt deutlich, daß der Geist auf Christus ruht und Christus auch Geist ist (dominus, quia spiritus), aber ebenso ganz vielfältige andere Namen hat, die aus der Heiligen Schrift herausgelesen werden können 358 . Der letzte Abschnitt dieses ersten Teiles ist ein eindeutiges Zitat aus Augustin, d.h. dem neunten Traktat über das Johannesevangelium 359 . Es verbindet den Geist mit Christus und dem Vater und führt mit neuem Schwerpunkt sowie in anderem Stil das Thema ‘Heiliger Geist’ fort, bietet also nach den beiden Aufzählungen nochmals einen Neueinsatz. Daher kann man das Zitat als spätere Ergänzung erklären und an der Möglichkeit, die ersten beiden Abschnitte über den Heiligen Geist und Christus als damasianisch zu erklären, festhalten 360 . Dieser erste Teil des Decretum Damasi ist aber wohl nicht in der Absicht entstanden, zum theologischen Diskurs dieser Zeit über den Heiligen Geist etwas beizutragen. Das hatte Damasus bereits reichlich getan. Aber es ist durchaus möglich, daß dieser liturgische Fragen betreffende Text speziell für die römische Kirche verfaßt oder festgehalten worden ist, vielleicht auch unter Einfluß des Hieronymus, den Damasus in exegetischen 353

Schreiben an Rufian, bei HILAR. PICT., Collectanea antiariana Parisina (Fragmenta historica), Series B VI 2 (CSEL 65, 162,29–163,9 FEDER). 354 De diversis appellationibus 1 (PL 52, 863C–865B). 355 Etymol. VII 2 (PL 82, 264B–268A). 356 PRISCILLIANUS, tract. V 88 (CSEL 66,15–18 SCHEPPS). 357 PRISCILLIANUS, tract. VI 100 (CSEL 75,4–8 SCHEPPS): 358 Siehe dazu die Angabe der Bibelstellen in Kap. 5.3.1. 359 AUG., Joh.ev.tract IX 7 (CChr.SL 36, 94,12–18) 360 So SCHWARTZ 1930, 165 und 168.

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Fragen gerade in dieser Zeit zu Rate gezogen hat. Da der Text aber einen so völlig anderen Charakter als die beiden nächsten Teile des Decretums hat, ist wohl auch das Augustinzitat eingedrungen, um den Text theologisch aufzuwerten und eines Synodaldokumentes würdiger zu machen. Ob über die ersten beiden Abschnitte des ersten Teils des Decretum Damasi tatsächlich auf einer Synode verhandelt worden ist, ist fraglich. Vielleicht wurde dieser Textkomplex auch erst nachträglich mit den Teilen 2 und 3 verbunden, d.h. von einem Kompilator, der drei damasianische Dokumente zu einem Ganzen zusammengefügt hat. Vielleicht hat er aber auch eine fehlende Äußerung des Damasus über den Heiligen Geist 361 zu ergänzen versucht, indem er ein liturgisches Dokument dieser Zeit mit dem Augustinuszitat theologisch aufgewertet und zu den Teilen 2 und 3 hinzugefügt hat; darüber können leider nur Vermutungen geäußert werden. Da aber gerade dieser erste Teil nur unter dem Namen des Damasus bzw. einer Synode unter Damasus überliefert ist, gibt es keinen Grund, an dieser Zuweisung für die ersten beiden Abschnitte des Textes zu zweifeln. 3.6. Quid universalis catholica recipiat ecclesia vel quid vitare debeat Daß Bischof Damasus auf einer römischen Synode eine Liste kanonischer Schriften festgelegt hat, ist uns an anderer Stelle nirgends überliefert, d.h. niemand hat sich auf dieses Synodaldokument explizit berufen, nicht einmal Hieronymus, der sich selbst sehr mit der Heiligen Schrift und ihrer Form beschäftigt hat. Dennoch gibt es auch Gründe dafür, anzunehmen, daß die uns vorliegende Liste der kanonischen Schriften im Jahr 382 auf der römischen Synode verhandelt worden ist: 1. Es finden sich Besonderheiten, die auf Hieronymus zurückgeführt werden können. 2. Gerade zu dieser Zeit begehrte Priscillian gegen eine solche Kanonfestlegung in seiner Schrift Liber de fide et de Apocryphis auf. Diesen Punkten soll nun im Einzelnen nachgegangen werden. Auf den Einfluß von Hieronymus weist beim neutestamentlichen Kanon insbesondere die Aufteilung der Johannesbriefe in einen Brief des Apostels Johannes (Iohannis apostoli) und des Presbyters Johannes (alterius Iohannis presbyteri), denn eine solche Zuweisung nimmt nur Hieronymus vor 362 . 361

Siehe die Einleitung zum Tomus Damasi. HIER., vir.ill., 9.: Iohannes apostolus ... [scripsit autem] et unam epistulam cuius exordium est: ‘quod fuit ab initio, quod audivimus ...’ Reliquae autem duae quarum quarum principium est ... Iohannis presbyteri asseruntur, cuius et hodie alterum sepulcrum apud Ephesum ostenditur. Vgl. DOBSCHÜTZ 1912, 250; SCHWARTZ 1930, 165 und ZAHN 1890 = 1975, Bd. 2/1, 262: „Aber entworfen und zum ersten Mal sanktionirt konnte dieser Kanon in Rom nur werden vor dem J. 400. Das ergibt sich, wenn man erwägt, daß die afrikanischen Synoden von 393 und 397 die früher nachweislich gerade auch in 362

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Auch wurde bereits erwähnt, daß die genannte Besonderheit nur in den Handschriften zu finden ist, die das Decretum Damasus zuschreiben, d.h., daß derjenige, der die Zuschreibung an Gelasius vornahm, gleichzeitig auch in den Text eingegriffen und diese ungewöhnliche Aufteilung der Briefe entfernt hat 363 . Bei den Prophetenbüchern scheint der Zusatz bei Jeremia cum Cinoth i.e. lamentationibus suis auf Hieronymus zurückzugehen 364 , ebenso wie die Nennung der zwei Petrusbriefe mit ihm übereinstimmt 365 , also auch der in dieser Zeit umstrittene zweite Petrusbrief hinzugerechnet wird. Die Reihenfolge der Paulusbriefe ist in alter römischer Tradition verwurzelt, denn bei Victorinus von Pettau im Kommentar zur Apokalypse, den Hieronymus überarbeitet hat, findet sich genau dieselbe Reihenfolge der Paulusbriefe 366 : Denique sive in Asia sive in toto orbe septem ecclesias omnes esse et septem nominatas unam esse catholicam Paulus docuit: primum quidem, ut servaret et ipsum, septem ecclesiarum non excessit numerum, sed scripsit ad Romanos ad Corinthios ad Ephesios ad Tessalonicenses ad Galatas ad Philippenses ad Colossenses; postea singularibus personis scripsit ne excederet numerum septem ecclesiarum, et in brevi contrahens praedicationem suam ait ad Thimotheum: ut scias qualiter debeas conversari in aede dei aut quae sit ecclesia dei vivi. 367

Da wir durch einen Brief des Damasus an Hieronymus wissen, daß sich der Bischof durchaus mit Kommentarliteratur beschäftigte und vielleicht Hieronymus sogar auf die Werke des Victorinus hingewiesen hat, ist die Über-

Afrika bestehenden Bedenken gegen die kleineren johanneischen Briefe völlig überwunden hatten; daß nicht nur Philaster in Brescia um 385 und Rufin in Aquileja um 408, sondern auch Innocenz von Rom im J. 405, und zwar dieser in einer amtlichen Erklärung, unterschiedslos 3 johanneische Briefe anführen, und daß auch in den Hss. des von Hieronymus revidirten NT’s von jener Unterscheidung nichts mehr zu finden ist.“ 363 Vgl. dazu Kap. 5.3.1. Anm. 29; auch die Apostelgeschichte wurde dabei umgestellt (d.h. nach den Evangelien genannt), denn in der älteren Version findet sie sich nach Paulusbriefen und der Apokalypse. Auch Innozenz I, ep. 6 und Augustinus, de doctrina Christiana II 8,14 stellen die Apostelgeschichte neben die Apokalypse. 364 Vgl. HIER., prologus galeatus: Vulgata (364,18f. WEBER): Samuhel, Malachim, Dabreiamin, Ezras, Hieremias cum Cinoth, id est Lamentationibus suis; DOBSCHÜTZ 1912, 248. 365 HIER., vir.ill. 1: Simon Petrus ... scripsit duas epistulas, quae catholicae nominantur; quarum secunda a plerisque eius negatur propter stili cum priore dissonantiam. 366 Vgl. CHAPMAN 1913, 204. 367 VICTOR. POETOV., comm. in Apocalysim I 7 (CSEL 49, 28, 2–14 HAUSSLEITER). Vgl. auch C. CURTI: Il regno millenario in Vittorino di Petovio, in: Aug. 18, 1978, 419– 433.

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nahme dieser Reihenfolge der Paulusbriefe sicherlich auch ein Indiz dafür, daß die Liste insgesamt in die Zeit des Damasus gehören kann 368 . Mit Hieronymus verbinden sich aber auch Gegenargumente, und zwar im Bezug auf das Fehlen einer Wirkungsgeschichte des Dokuments; denn weder er selbst noch Nachfolger des Damasus noch andere wichtige Theologen berufen sich darauf, obwohl gerade Hieronymus ansonsten gerne auf die Autorität des Damasus verweist 369 . Z.B. schreibt er in einem Brief, daß in der lateinischen Tradition der Hebräerbrief nicht zum Kanon gehört 370 und führt für seine Kanonizität das Zeugnis der griechischen Schriftsteller an 371 . Hier würde die Liste des Decretum Damasi also auch der Ansicht des Hieronymus folgen, wenn sie selbstverständlich den Hebräerbrief aufnimmt. Aber erstaunlicherweise erwähnt Hieronymus nichts davon. Zudem erklärt er im Gegensatz zur Liste des Decretum Damasi die Schriften Judith, Tobias und das zweite Makkabäerbuch für nicht kanonisch: Hic prologus Scripturarum quasi galeatum principium omnibus libris, quos de hebraeo vertimus in latinum, convenire potest, ut scire valeamus, quicquid extra hos est, inter apocrifaseponendum. Igitur Sapientia, quae vulgo Salomonis inscribitur, et Iesu filii Sirach liber et Iudith et Tobias et Pastor non sunt in canone. Macchabeorum pri-

368 Vgl. dazu auch ZAHN 1890=1975, Bd. 2/1, 259–267, der deutlich macht, daß dieser Teil des Decretum Damasi sehr wahrscheinlich Damasus als Urheber hat (262f.): „Die Tradition, welche diesen Kanon einer römischen Synode unter Damasus zuschreibt, worunter wir die vom J. 382 verstehen dürfen, verdient um so mehr Glauben, als Hieronymus auf dieser Synode als gelehrter Berather des Damasus und als Begleiter des Paulinus von Antiochien und des Epiphanius von Constantia keine unbedeutende Rolle gespielt hat. Paulinus als Antiochener konnte, wenn er gefragt wurde, nur bezeugen, daß seine Kirche einen einzigen Brief des Apostels Johannes in ihrem Nt., und daß sie über die kleineren johanneischen Briefe kein Urteil habe. ... Die kleinen Propheten stehen hier noch nicht in der Ordnung, welche Hieronymus einführte und Augustin annahm, sondern entweder in der gewöhnlichen Ordnung der LXX und der altlateinischen Übersetzung, oder in einer ganz absonderlichen, welche als solche ein höheres Alter als die Zeit des Gelasius beanspruchen würde. Als altertümliche Absonderlichkeit muß es auch gelten, daß in allen Recensionen dieses Kanons nicht die Apokalypse, sondern die katholischen Briefe die letzte Stelle einnehmen. Ferner weist die Ordnung der paulinischen Briefe, das Hinaufrücken von Eph. gleich hinter Kor. und die Herabsetzung des Gal., nach Rom und in alte Zeit.“ Vgl. auch Kap. 1.3.5. 369 Siehe dazu PIÉTRI 1976, I, 884 und besonders BABUT 1909, 229–231. 370 Siehe dazu auch die Aufzählung von Victorinus von Pettau oben Anm. 217. 371 HIER., ep. 129,3,7f. (CSEL 56/1, 169,7–10.12–16 HILBERG): Illud nostris dicendum est, hanc epistolam quae inscribitur Ad Hebraeos, non solum ab ecclesiis orientis, sed ab omnibus retro ecclesiae Graeci sermonis scriptoribus quasi Pauli apostoli suscipi, licet plerique eam vel Barnabae vel Clementis arbitrentur ... Quodsi eam Latinorum consuetudo non recipit inter scripturas canonicas, nec Graecorum quidem ecclesiae Apocalypsin Iohannis eadem libertate suscipiunt, et tamen nos utramque suscipimus nequaquam huius temporis consuetudinem, sed veterum scriptorum auctoritatem sequentes ... .

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mum librum hebraicum repperi, secundus graecus est, quod et ex ipsa GBTJO probari potest. 372

Eine mögliche Erklärung dafür könnte sein, daß die Liste des Damasus aus irgendeinem Grund von seinen Nachfolgern bzw. seinen Zeitgenossen kritisiert und abgelehnt worden ist, und es daher ungünstig war, sich auf sie zu berufen. Von Priscillian wissen wir, daß er selbst gerade in dieser Zeit gegen eine Verurteilung von Apocryphen in seinem Liber de fide et de apocryphis protestiert: Si enim omne quod dicitur in libris canonis quaeritur et plus legisse peccare est, nullum ab his qui in canone constituti sunt profetam legimus occisum, ac si extra auctoritatem canonis nihil vel adsumendum est vel tenendum, non possumus tantum fabulis credere et non historiam scripti factorum probatione retinere ... 373 Et cum haec recte ad fidem credimus, scribta haec in canonem non videmus et ideo, si extra canonem tota damnanda sunt aut qualiter vel damnatorum testimonium recipitur, vel in his quae scribta sunt scribentis auctoritas non tenetur. 374

Priscillian spricht davon, daß es verboten sei, über den Kanon hinaus Schriften zu lesen. Er berichtet, derartige Schriften seien verdammt worden, und wehrt sich gegen solche Anordnungen, die offenbar auf irgendeiner seiner Meinung nach tumultuarischen Versammlung verabschiedet worden seien: De quo si non ambigitur et apostolis creditur quod profeta est, qualiter consultatio potius quam tumultus, consilium quam temeritas, fides quam perfidia dicitur, ubi, dum in ultionem simultatum sententia tenditur, praedicans deum propheta damnatur? 375

Babut weist darauf hin, daß diese Schrift des Priscillian nach dem Liber ad Damasum verfaßt worden sein muß, da er hier zwar die Frage kanonischer und nichtkanonischer Schriften anspricht, aber keine Verdammung der nichtkanonischen Schriften erwähnt 376 . Deshalb steht für Babut fest, daß die Schrift über die Apocryphen erst in den Jahren 382–384 verfaßt worden ist: „... il semble clair qu’au moment où Priscillien adressa son mémoire au pape Damase, la question restait ouverte. Les apocryphes auront donc été 372

HIER., prologus galeatus: Vulgata (365,52–56 WEBER). PRISCILL., tract. III 60 (47, 13–18 SCHEPPS). 374 PRISCILL., tract. III 64 (50, 1–5). Siehe weitere Belege bei BABUT 1909, 215–240. 375 PRISCILL., tract. III 57 (45,9–13). 376 PRISCILL., tract. II 52 (41, 21–42,14): Nam si et de scribturis quibusdam, quas Hydatius de armario suo proferens in calumniosas fabulas misit, quaeritur de nobis sententia, id nobis cordi est et semper fuit, ut omnia in scribturis sub cuiuslibet apostoli profetae episcopi auctoritate prolatis, quae Christum deum dei filium profetant aut praedicant et consentiunt canoni evangeliis vel profetis, non posse damnari; quae autem contra canonem et contra fidem catholicam sentiunt vel loquuntur, cum omnibus doctoribus discipulisque damnanda, quia scribtum est ... . 373

3. Decretum Damasi

511

condamnés dans la période de la vie publique de Priscillien ... en 382– 384.“ 377 Diese Verurteilung der Apocryphen erfolgte offenbar durch eine Gruppe von Personen; denn bei Priscillian finden sich Formulierungen wie inter huiusmodi, qui ista damnaverint 378 , d.h. wohl eine Versammlung bzw. Synode. Da Priscillian keine bestimmten Schriften nennt, die verdammt worden sind, liegt es nahe, daß nur eine Liste kanonischer Bücher mit dem Zusatz, daß alle nicht genannten Schriften zu meiden seien, in diesem Zusammenhang beschlossen worden ist. Somit würde die uns vorliegende Liste zu der Geschichte, die Priscillian zu erzählen weiß, passen, wenn man postuliert, daß sich die Formulierung quid vitare debeat auf einen verlorengegangenen Zusatz bezieht, der eben die Aussage im Sinne der Schilderung Priscillians präzisierte. Es gibt also einige Hinweise darauf, daß der zweite Teil des Decretum Damasi am Ende der Amtszeit des Damasus verfaßt worden sein kann. 3.7. Ergebnis Abschließend kann festgehalten werden, daß der dritte Teil des Decretum Damasi sehr wahrscheinlich auf die römische Synode des Jahres 382 zurückgeht, da dieser Text eine passende Reaktion auf die Beschlüsse des Konzils von Konstantinopel im vorangegegangenen Jahr darstellt. Zudem stimmen die Aussagen des Dokumentes genau mit Inhalt und Formulierungen anderer Schreiben des Damasus und mit Aussagen über Petrus und Paulus und die Rolle Roms in seinen Epigrammen überein. Auch die ersten beiden Teile können auf Damasus zurückgehen, da es Argumente dafür gibt, sie in seine Zeit und sein Umfeld zu lokalisieren; z.B. weisen sie insbesondere inhaltliche Verbindungen zu Aussagen des Hieronymus auf. Anhaltspunkte, die auch diese beiden Texte der Synode des Jahres 382 zuweisen, gibt es nicht. Während man aber den zweiten Teil des Decretum Damasi bei einer Zuweisung an Damasus durchaus als Synodaldokument dieser Zeit bezeichnen kann, legt der erste Teil über den Heiligen Geist eher nahe, daß es sich dabei um eine Erklärung zur römischen Liturgie handelt. Deshalb ist es wahrscheinlich, daß die Teile erst später von einem Redaktor zu einem einzigen Dokument zusammengefügt worden sind und die verbindenden Formulierungen Ergänzungen dieses Redaktors sind; dieses Dokument ist zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal um die Teile 4 und 5 erweitert worden. Folgender damasianischer Kern kann somit rekonstruiert werden: 377 378

BABUT 1909, 217. PRISCILL., tract. III 60 (47,19f.).

512

Kapitel 5: Rom als Zentrum der christlichen Kirche

Dokument 1: de spiritu septiformi, qui in Christo requiescit: Spiritus sapientiae: ‘Christus dei virtus et dei sapientia’. Spiritus intellectus: ‘Intellectum dabo tibi et instruam te in via, in qua ingredieris’. Spiritus consilii: ‘Et vocabitur nomen eius magni consilii angelus’. Spiritus virtutis: ut supra ‘Dei virtus et dei sapientia’. Spiritus scientiae: ‘Propter eminentiam Christi scientiae Iesu’ apostoli. Spiritus veritatis: ‘Ego sum via et vita et veritas’. Spiritus timoris dei: ‘Initium sapientiae timor domini’. Multiformis autem nominum Christi dispensatio: dominus, quia spiritus; verbum, quia deus; filius, quia unigenitus ex patre; homo, quia natus ex virgine; sacerdos, quia se obtulit holocaustum; pastor, quia custos; vermis quia resurrexit; mons, quia fortis; via, quia rectus; ostium, quia per ipsum ingressus in vita est; agnus, quia passus est; lapis, quia structio angularis; magister, quia ostensor vitae; sol, quia inluminator; verus, quia a patre; vita, quia creator; panis, quia caro; Samaritanus, quia custos et misericors; Christus, quia unctus; Iesus, quia salvator; deus, quia ex deo; angelus, quia missus; sponsus, quia mediator; vitis, quia sanguine ipsius redempti sumus; leo, quia rex; petra, quia firmamentum; flos, quia electus; propheta, quia futura revelavit.

Dokument 2: quid universalis catholica recipiat ecclesia vel quid vitare debeat. INCIPIT ORDO VETERIS TESTAMENTI: Genesis liber unus, Exodus liber unus, Leviticus liber unus, Numeri liber unus, Deuteronomium liber unus, Iesu Nave liber unus, Iudicum liber unus, Ruth liber unus, Regum libri quattuor, Paralypomenon libri duo, Psalmorum CL liber unus, Salomonis libri tres, proverbia liber unus, ecclesiastes liber unus, cantica canticorum liber unus, Item sapientiae liber unus, ecclesiasticum liber unus ITEM ORDO PROPHETARUM: Esaiae liber unus, Hieremiae liber unus, cum Cinoth id est lamentationibus suis, Ezechiel liber unus, Danihel liber unus, Oseae liber unus, Amos liber unus, Micheae liber unus, Iohel liber unus, Abdiae liber unus, Ionae liber unus, Naum liber unus, Abbacuc liber unus, Sophoniae liber unus, Aggei liber unus, Zachariae liber unus, Malachiae liber unus ITEM ORDO HISTORIARUM: Iob liber unus, Tobiae liber unus, Hesdrae libri duo, Hester liber unus, Iudith liber unus, Machabeorum libri duo ITEM ORDO SCRIPTURARUM NOVI TESTAMENTI quem sancta et catholica suscipit ecclesia: Evangeliorum: secundum Matheum liber unus, secundum Marcum liber unus, secundum Lucam liber unus, secundum Iohannem liber unus Epistulae Pauli apostoli numero quattuordecim: ad Romanos epistula una, ad Corinthios epistulae duae, ad Ephesios epistula una, ad Thesalonicenses epistolae duae, ad Galatas epistula una, ad Philippenses epistula una, ad Colosenses epistula una, ad Timotheum epistulae duae, ad Titum epistula una, ad Philemonem epistula una, ad Hebreos epistula una Item apocalypsis Iohannis liber unus, Et actus apostolorum liber unus

3. Decretum Damasi

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Item epistulae canonicae numero septem: Petri apostoli epistulae duae, Iacobi apostoli epistula una, Iohannis apostoli epistula una, alterius Iohannis presbyteri epistulae duae, Iudae Zelotis apostoli epistula una EXPLICIT CANON NOVI TESTAMENTI

Dokument 3: ... illud intimandum putavimus quod, quamvis universae per orbem catholicae diffusae ecclesiae unus thalamus Christi sit, sancta tamen Romana ecclesia nullis synodicis constitutis ceteris ecclesiis praelata est, sed evangelica voce domini et salvatoris nostri primatum obtenuit: ‘tu es Petrus’ inquiens ‘et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam et portae inferni non praevalebunt adversus eam; et tibi dabo claves regni caelorum, et quaecumque ligaveris super terram erunt ligata et in caelo, et quaecumque solveris super terram erunt soluta et in caelo’. Addita est etiam societas beatissimi Pauli apostoli ‘vas electionis’, qui non diverso, sicut heresei garriunt, sed uno tempore uno eodemque die gloriosa morte cum Petro in urbe Roma sub Caesare Nerone agonizans coronatus est; et pariter supradictam sanctam Romanam ecclesiam Christo domino consecrarunt aliisque omnibus urbibus in universo mundo sua praesentia atque venerando triumpho praetulerunt. Est ergo prima Petri apostoli sedes Romanae ecclesiae ‘non habens maculam neque rugam nec aliquid eiusmodi’. Secunda autem sedes apud Alexandriam beati Petri nomine a Marco eius discipulo atque evangelista consecrata est, ipseque in Aegypto directus a Petro apostolo verbum veritatis praedicavit et gloriosum consummavit martyrium . Tertia vero sedes apud Antiochiam beatissimi apostoli Petri habetur honorabilis, eo quod illic, priusquam Romae venisset habitavit et illic primum nomen Christianorum novellae gentis exortum est.

Kapitel 6

Schluß Ziel dieser Arbeit war es, aus vielen einzelnen Mosaiksteinchen ein Bild des Damasus zu zeichnen. In den einzelnen Kapiteln liegen nun Teilergebnisse vor, die zu einem Ganzen zusammengefügt werden können. Allen untersuchten Bereichen ist gemeinsam, daß sie von der innovativen Kraft dieses römischen Bischofs künden. In Rom etabliert Damasus das Christentum auch in höheren Gesellschaftsschichten, indem er eine eifrige Bautätigkeit entfaltet und mit seinen Epigrammen den christlichen und nichtchristlichen Römern und Besuchern der Stadt verkündet, daß das Christentum die antike Tradition der Stadt fortführt und vollendet. Als neue Helden Roms werden die Märtyrer gefeiert, und zwar insbesondere Petrus und Paulus. Darauf stützt Damasus seinen besonderen Anspruch als römischer Bischof. Die Epigramme sind somit der Schlüssel zum Verständnis des Damasus, vor deren Hintergrund auch seine kirchenpolitische Tätigkeit zu sehen ist. 1 Seine kirchliche Macht läßt Damasus durch die Kaiser stützen, indem er für die Ausführung der kirchlichen Disziplinargerichtsbarkeit kaiserliche Beamte in Anspruch nimmt. Auch damit beweist er seinen Willen, dem römischen Bischofsamt neue Möglichkeiten zu eröffnen, wodurch er die kirchliche Hierarchie wenigstens im Westen an ein römisches Zentrum bindet. So ist es auch nicht verwunderlich, daß aus seiner Amtszeit wahrscheinlich das erste Dekretale überliefert ist, in dem er als Bischof von Rom auf Anfrage hin die kirchlichen regulae darlegt. 2 Auch in theologischen Fragen schlägt Damasus einen neuen Kurs ein, denn seine Schreiben dokumentieren eine Abkehr von der bisher üblichen serdicensischen Interpretation des Nicaenums und eine Hinwendung zum „Neunizänismus“, wie ihn auch Ambrosius von Mailand vertritt, was vielleicht auch auf den Einfluß des Petrus von Alexandrien zurückzuführen ist 3 . Mit dieser neuen theologischen Orientierung tritt er sehr selbstbewußt gegenüber dem Osten auf und verkündet bezüglich dem antiochenischen Schisma sein „Urteil“ (iudicium), beansprucht also auch hier die Entschei-

1

Siehe dazu Kap. 2 und insbesondere Kap. 2.5. Vgl. Kap. 3. 3 Siehe dazu Kap. 4 und besonders Kap. 5.5. 2

Kapitel 6: Schluss

515

dungsgewalt, nicht zuletzt dadurch, daß er gleichzeitig die Einhaltung bestimmter Canones einfordert. Mit den Anathematismenreihen des Tomus Damasi wurde unter Damasus in Rom eine Medizin gegen die Häresien nach Nicaea beschlossen, die zusätzlich zum Nicaenum und den Canones als Maßstab für die Zugehörigkeit zur Kirchengemeinschaft gelten sollte. 4 Dieser römische Anspruch steigert sich gegen Ende der Amtszeit des Damasus und gipfelt darin, daß auf der römischen Synode des Jahres 382 wahrscheinlich ein Dokument verabschiedet wurde, das die Vorrangstellung des römischen Bischofs gegenüber den anderen Metropoliten sowohl biblisch als auch im Sinne der Aussage der Epigramme begründet, nämlich mit der Berufung auf die römischen Märtyrer Petrus und Paulus, die Rom zum Zentrum des Christentums gemacht haben. 5 Somit hat Damasus ganz wesentlichen Anteil an der Entstehung des Papsttums, da er die Macht des römischen Bischofs einerseits durch die Anbindung an die Kaiser und die antike römische Tradition gestärkt hat, andererseits seinen Anspruch gegenüber der ganzen Kirche verkündet und begründet hat. Sicherlich hat man diesen Anspruch zu dieser Zeit im Osten nicht akzeptiert, sondern sich dagegen empört, aber man hat ihn durchaus wahrgenommen. Eine Beurteilung der Person des Damasus ist aufgrund der Quellenlage sehr schwierig. Aus den vorliegenden Quellen wird aber durchaus deutlich, daß ihm sehr daran gelegen war, die Macht des römischen Bischofs auszubauen, und zwar so, daß man sein Auftreten als arrogant empfand 6 . Für dieses Ziel setzte er sich ein und versuchte, neue Wege zu erschließen. Ein Mann, dem es an geistiger Tiefe mangelt, wäre sicher nicht zu so viel Innovation und Ideen fähig gewesen. Gleichwohl kann seine Vorgehensweise hinterfragt werden, insbesondere wenn es um den Beginn seiner Amtszeit geht 7 . Sein ganzes Handeln scheint geprägt zu sein von dem in seinen Epigrammen geäußerten Selbstbewußtsein, das zum Ausdruck kommt, indem er seiner Person den Stellenwert einer magnae spes altera Romae gibt. Gleichzeitig aber zeigt sich in seinen Arbeiten auch, daß er durchaus keine einsamen Entscheidungen traf, sondern ihm immer Berater und Mitstreiter zur Seite standen, zu denen er wohl durchaus auch freundschaftliche Beziehungen pflegte, wie Petrus von Alexandrien oder in seinen letzten Jahren Hieronymus 8 . 4

Vgl. Kap. 4. Siehe dazu Kap. 5. 6 Vgl. dazu z.B. Kap. 1.3.4. 7 Siehe dazu Kap. 1.4. 8 Siehe dazu Kap. 1.3. 5

516

Kapitel 6: Schluss

Versucht man die Geschehnisse während der Amtszeit des Damasus chronologisch zu ordnen, so kann es nicht darum gehen, alle Schreiben möglichst genau einem Jahr oder gar Monat zuzuordnen; dafür ist die Quellenlage sicherlich nicht geeignet. Es können aber durchaus bestimmte Phasen abgegrenzt werden. Ganz deutlich ist, daß seine Schriften, abgesehen von den Epigrammen, die fast alle nicht datierbar sind, auf die zweite Hälfte seiner Amtszeit konzentriert sind, d.h. ab den Jahren 374/75. Einzig das Synodalschreiben Confidimus quidem wurde vermutlich bereits 370/71 verfaßt. Grund dafür sind wahrscheinlich die mit seiner Bischofswahl und weihe beginnenden Unruhen und Beschuldigungen durch die Anhänger seines Konkurrenten um den Bischofsstuhl Ursinus, die mit einem Prozess gegen Damasus um die Jahre 372–374 ihren Höhepunkt fanden, in dem der Bischof von Rom durch den Kaiser freigesprochen wurde 9 . Ab diesem Zeitpunkt scheint Damasus energisch seine kirchlichen Amtsgeschäfte anzugehen, er greift aktiv in die Geschehnisse um das antiochenische Schisma ein und versucht, seine kirchliche Gerichtsbarkeit im Westen durchzusetzen und mit disziplinarischen Maßnahmen die Bischöfe Italiens nach den Maßstäben der kirchlichen Canones zur Ordnung zu rufen. Gleichzeitig wendet er sich theologisch dem „Neunizänismus“ zu. In einer letzten Phase schließlich versucht er, den Anspruch einer Vorrangstellung des römischen Bischofs gegenüber der ganzen Kirche einzufordern und zu begründen. Nicht wenige Seiten des Damasus kann man mit den spärlichen Quellen, die uns überliefert sind, beleuchten – ob man ihm damit gerecht wird, ist eine andere Frage. Er selbst jedenfalls wollte der Nachwelt mit seiner Grabinschrift als tief gläubiger Christ in Erinnerung bleiben: Qui gradiens pelagi fluctus conpressit amaros, vivere qui prestat morientia semina terrae, solvere qui potuit letalia vincula mortis post tenebras, fratrem post tertia lumina solis ad superos iterum Martae donare sorori, post cineres Damasum faciet quia surgere credo. 10

9

Vgl. dazu vor allem Kap. 3.1.1.4. DAM., epigr. 12.

10

379

378

377

375 erneute Verbannung des Ursinus 376

374

Ath., ad.Dam; ad Afros

Ratgeber u. Mitstreiter

Petrus kehrt nach Alexandria zurück

Euagrius in Rom Tod des Ath.: 2.5.373 Petrus flüchtet nach Rom u. beeinflußt D. theologisch epist.4 (Urfassung) epist.2/2 epist.2/1/3 epist. 3 Dam. unterstützt Paulinus

epist.1

Dokumente

Avell. 13: Gratian ROM rel.; epist.4 u. Valentinian an (2.Version) Aquilinus ANTIOCHIA

Kaiserl. Schreiben ROM? an Simplicius ROM?

Dam. wird durch Valentinian I. freigesprochen

ROM

Cod.Theod. XVI 2,20 Avell. 11 u. 12

370

Beschränkung des Exils 371 auf 20 Meilen um Rom Prozeß gegen D. 372 (irgendwann zw. 370/71 und 374/75) 373 Euagrius hilft D.

Avell. 9 u. 10

369

Synoden1

Kaiserliche Schreiben an Praetextatus: Avell. 5 u. 7 ROM

Kaiser

366 Okt.: Bischofswahl Exil d. Ursinus 367 Sommer: Aufhebung des Exils; Nov.: Ver368 bannung nach Gallien

Ereignisse in Rom

Zeittafel (grobe chronologische Einordnung ausgewählter Ereignisse)

Tod des Basilius: 1.1.379

Vitalis in Rom 120 243 Mission Dorotheus 239 129,214,216 Sanctissimus 253-256 263,265

138,156

Bas., ep.80,82,66 67,68,69,70 Mission des Sabinus 89,90,91,92

Antiochen. Schisma

380 Ursinus in Mailand, Paschasius in Rom 381 Petition des Priscillian 382 Streit um den Victoriaaltar 383 384 11.12.384: Tod des Damasus

Ereignisse in Rom

Gratian läßt Victoriaaltar entfernen

Edikt cunctos populos; Maximusaffäre

Kaiser

1

Dokumente

Ratgeber u. Mitstreiter

bekannte und postulierte

epist. 7 ? (Schreiben an Ambr.) AQUILEIA epist. 5 u. 6 Acholius soll die Anliegen KONSTANTIdes Dam. vertreten gegen NOPEL epist. 7 ? Greg. v. Naz. KONST. decr.Dam. Hieron. kommt mit Paulinus ROM (epist. 8 u. 9) und Epiphanius nach Rom, wirkt dort als Berater und decr. ad Gallos? Mitarbeiter bis zum Tod des Damasus.

Synoden1

Tod des Meletius Flavian wird Bischof von Antiochien, Nektarius Bischof von Konstantinopel

Antiochen. Schisma

518 Zeittafel

Literaturverzeichnis 1. Quellen (Texte und Übersetzungen) 1.1. Damasus – DAM., epigr. 1–60 Epigrammata Damasiana (FERRUA 1942, 81–228) Epigrammata Damasiana recensuit et adnotavit Antonius Ferrua, Sussidi allo Studio delle Antichità Cristiane 2, Roma 1942. – DAM., epist. 1 Confidimus quidem (SCHWARTZ 1936, 19,1–20,22; THDT., h.e. II 22,2–12 [GCS Theodoret 147,1–150,8 PARMENTIER/SCHEIDWEILER]; SOZ., h.e. VI 23,7–15 [GCS Sozomenus, 266,3–268,12 BIDEZ/HANSEN]; Florilegium des Eutyches [ACO II/2,1, 40,38–41,28 SCHWARTZ]) – epist. 2/1 Ea gratia (SCHWARTZ 1936, 20,23–21,33) – epist. 2/2 Illud sane miramur (SCHWARTZ 1936, 21,34–22,23) – epist. 2/3 Non nobis quidquam (SCHWARTZ 1936, 22,24–23,3) – epist. 2/4 Haec epistola (SCHWARTZ 1936, 23,4–21) – epist. 3 Per filium meum (PL 13, 356A–357A; EOMIA I/2, 295) – epist. 4 Tomus Damasi (EOMIA I/2, 283–294; THDT., h.e. V 11 [GCS Theodoret, 297,12–302,15 PARMENTIER/SCHEIDWEILER]) – epist. 5 Decursis litteris (Collectio Thessalonicensis,16,1–18,60 SILVA-TAROUCA) – epist. 6 Ad meritum (Collectio Thessalonicensis, 18,1–19,18 SILVA-TAROUCA) – epist. 7 PUJUIÝ"QPTUPMJLIÝLBRFESBÝ = THDT., h.e. V 10 (GCS Theodoret 295,6– 297,9) – decr. Dam Concilium urbis Romae sub Damaso papa de explanatione fidei (DOBSCHÜTZ 1912, 21–33, TURNER 1900, 556–560) – decr. ad Gallos episc. Canones synodi Romanorum ad Gallos episcopos (BABUT 1904, 69–87) – relatio Et hoc gloriae vestrae = AMBR., epist. extra coll. 7 (CSEL 82, 191-197 ZELZER) – epist. 8 Commentaria cum legerem = HIER., epist. 19 (CSEL 54,103,6-104,3 HILBERG) – epist. 9 Dormientem te = HIER., epist. 35 (CSEL 54,265,1–267,13 HILBERG) – Praef. long. Nic.Conc. Praefatio longa de Nicaeno concilio necnon de ecclesia Romana (EOMIA I/1,2, 155–160) – Praef. Conc. Nic. Praefatio metrica concilii Nicaeni (EOMIA I/1,2, 105.170f. 254) SCHWARTZ, E. 1936: Über die Sammlung des Cod. Veronensis LX, ZNW 35, 1936, 19– 23 (1–23). Collectio Thessalonicensis: Epistularum Romanorum Pontificum ad vicarios per Illyricum aliosque episcopos Collectio Thessalonicensis ad fidem codices Vat. Lat.5751 recensuit C. SILVA-TAROUCA, Rom 1937. DOBSCHÜTZ, E. VON 1912: Das Decretum Gelasianum de libris recipiendis et non recipiendis, TU 38/4, Leipzig 1912, 21–33. TURNER, C.H. 1900: Latin list of the canonical books. 1. The Roman council under Damasus, A.D. 382, JThS 1, 1900, 556–560.

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Literaturverzeichnis

BABUT, E.CH. 1904: La plus ancienne décrétale, Thèse présentée à la Faculté des Lettres de l’Université de Paris, Paris 1904, 69–87.

1.2. Autoren griechischer und lateinischer Sprache Ambrosiaster: Pseudo-Augustini Quaestiones Veteris et Novi Testamenti CXXVII. Accedit Appendix, continens alterius editionis quaestiones selectas, rec. A. Souter, CSEL 50, Wien, Leipzig 1908. Ambrosius: Epistulae et Acta. Tom. I Epistularum Libri I–VI, rec. O. Faller, Sancti Ambrosi Opera X/1, CSEL 82/1, Wien 1968. – Epistulae et Acta. Tom. II Epistularum Libri VII–VIIII, post O. Faller rec. M. Zelzer, Sancti Ambrosi Opera X/2, CSEL 82/2, Wien 1990. – Epistulae et Acta. Tom. III Epistularum Liber Decimus, Epistulae extra Collectionem, Gesta Concili Aquileiensis, rec. M. Zelzer, Sancti Ambrosi Opera X/3, CSEL 82/3, Wien 1982. – De Fide [ad Gratianum Augustum], rec. O. Faller, Sancti Ambrosii Opera VIII, CSEL 78, Wien 1962. – Sancti Ambrosii Opera, pars altera, qua continentur libri De Iacob, De Ioseph, De Patriarchis, De fuga saeculi, De interpellatione Iob et David, De apologia David, apologia David altera, De Helia et Ieiunio, De Nabuthae, De Tobia, rec. C. Schenkl, CSEL 32/2, Prag, Wien, Leipzig 1897. – Ambroise de Milan, Hymnes. Texte établi, traduit et annoté sous la direction de J. Fontaine par J.-L. Charlet, S. Deléani, Y.-M. Duval, J. Fontaine, A. Goulon, M.-H. Jullien, J. de Montgolfier, G. Nauroy, M. Perrin, H. Savon, Paris 1992. – [De Officiis] Saint Ambroise. Les devoirs, Introduction, Livre I, texte établi, traduit et annoté par M. Testard, CUFr, Paris 1984. – S. Ambrosii De Virginibus, ad praecipuorum codicum fidem rec. O. Faller, FlorPatr 31, Bonn 1933. – S. Ambrosii Mediolanensis Episcopi De Virginibus Libri Tres, ed. E. Cazzaniga, CSLP 1, Turin u.a. 1948. – S. Ambrosii Mediolanensis Episcopi De Virginitate Liber Unus, ed. E. Cazzaniga, CSLP 47, Turnin u.a. 1954. Ammianus Marcellinus: Römische Geschichte. Lateinisch und Deutsch und mit eine Kommentar versehen von W. Seyfarth, 4. Tl. Buch 26–31, SQAW 21/4, 3.,unveränd. Aufl., Berlin 1986. Arnobius Iunior: Arnobii Iunioris opera minora cura et studio K.-D. Daur, pars II, CChr.SL 25A, Turnhout 1992. Athanasius Alexandrinus: – Epistula ad Afros, PG 26, 1029–1048. – Epistula ad Epictetum, PG 26, 1047–1070. – Tomus ad Antiochenos, PG 26, 793–810. Augustinus: S. Aureli Augustini Confessionum libri XIII ed. M. Skutella (1934), editionem correctiorem curaverunt H. Jürgens et W. Schaub, BSGRT, Stuttgart 1981. – S. Aurelii Augustini episcopi De civitate Dei libri XXII recognoverunt B. Dombart et A. Kalb, 5. Auflage, BSGRT, Stuttgart 1981. – Sancti Aurelii Augustini De trinitate libri XV, cura et studio W.J. Mountain auxiliante F. Glorie, libri I–XII, Opera XVI/2, CChr.SL 50A, Turnhout 1968. – Sancti Aurelii Augustini Enarrationes in psalmos I–L, Aurelii Augustini Opera X/1, CChr.SL 38, Turnhout 1956.

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Stellenregister

Bibelstellen Vetus Testamentum Genesis 1,31 4,15 7,2 15,16 17,10–14 17,23–27 27 49,9 49,11

30 29 30 30 30 30 30 471 471

Exodus 7,1 13,18 16,10 17,6

394 30 392 471

Leviticus 18,18

204

Deuteronomium 13,14 18,15 22,4 25,5

444 471 196 203

Josua 6,1–21

320

Jesaja 9,6 11,1–3 11,2 11,1 66,1

470 505 470, 503 471 484

Maleachi 3,1

470

Psalmen 21,7 31,8 44,2 78,2f. 103,30 110,10 118,22 118,102

470 470 504 34 322 470 470 29

Hiob 33,4

322

Proverbia 9,10

470

Canticum Canticorum 2,1 471 6,8 202

Stellenregister

550

Novum Testamentum Matthäus 1,21 10,28 14,4 14,25 15,13 16,18f. 16,19 18,11 19,11 19,16 21,9 21,11 21,42 25,1–3 25,6 25,10 28,19

470 34 204 132 444 474, 483, 487 490 369 204 470 26, 28, 505 471 470 132 470 470 389, 396

Markus 7,9

194

Lukas 7,16 9,26 10,33 11,9f.

471 395 470 193

Johannes 1,1–3 1,1 1,3 1,9 1,18 1,29 1,41 6,35 6,51 7,18 7,23 10,9 10,11 10,35 11 12,24 12,31

504 470 484 470 470 470 470 470 470 470 369 470 470 374 132 132 129, 131

14,6 14,30 15,1 15,26 16,11 16,14 33,4

470 129, 131 470 471 129, 131 471 322

Apostelgeschichte 7 131 7,49 484 9,15 475, 483 10,14f. 30 11,26 475, 484 15,11f. 161 25,11f. 165 Römer 1,9f. 8,7 8,9 11,36 13,14 1. Korinther 1,24 2,8 3,11 6f. 6,9f. 7,5 7,7 7,29 8,5 8,6 10,4 11,14 12,21 13 15,36.38132 15,50 2. Korinther 3,17 6,15f.

483, 488 339 198, 471 485 198

470 392 476, 480 178 201 200 198 198 394 389, 394 471 231, 443 332 444 200

470 231, 444

Stellenregister Galater 1,9

231

Epheser 3,19 5,27 6,12

479 475, 484 129, 131

Philipper 2,7 3,8

391 470

Kolosser 3,12

325

1. Timotheus 2,5 3,2 3,6 3,10 5,19 5,22

470 201, 220 207 207 161 207, 210

551

2. Timotheus 3,7

197

Titus 1,6

220

Hebräer 1,3 6,18 6,19f. 8,1 9,14 13,8

257, 321, 392 325 134 470 470 394

1. Johannes 2,15

471

Apokalypse 5,5 20,4

471 135

Antike Autoren Ambrosiaster Quaestiones veteris et novi testamenti 125 390, 394

Ambrosius Epistulae 22 51,6f. 51,10 72,10f. 75,2

21 441 21, 441 18 179

Epistulae extra collectionem 5,2 53 5,3 53 5,4–6 54 5,5 168 6,4 17, 466 7 154–165 7,2 178 7,4 52 7,8 41 7,8f. 52 7,9 180

8 8,4 9 9,2 9,3 9,4f. 9,6 9,7

255, 464f. 437 19 17, 466 442f., 452, 461 446, 462f., 464 464f. 457

Expositio evangelii secundum Lucam 6,82 504 7,95.98 504 De fide I prol. 3 I 1,8 I 1,10 I 3,26 I 18,121 III 10,69203 III 13,103 III 13,104–107 III 14,109 III 16,133 IV 1,3

257 396 396 394 257 392 35 388 394 320

Stellenregister

552 IV 7,72 IV 8,82 IV 8,91 V 1,23f. V 3,46 V 6,73 V 6,76 V 6,88 V 9,116

320 394 320, 389, 396 394 394 390 390 394 396

Gesta concilii Aquileiensis Acta 19

Leontius 146

387

Arnobius iunior Conflictus Arnobii catholici cum Serapione Aegyptio haeretico II 13 354, 404 II 26 495 II 32 399, 404

Athanasius Alexandrinus

De interpellatione Iob et David 4,10,36 504

Ep. ad Afros 1 2 3 4 5 10

De officiis ministrorum I 50,248 219

Epistula ad Epictetum 303

Ammianus Marcellinus

Epistula ad Serapionem 1,2 391 3,2 393

Hymni 12,21–24 12,25–28 12,29–32

Historia XXVII 3,11–15 XXVII 3,14 XXVII 9,9 XXVII 3,14 XXVIII 1,5–5 XXVIII 1,9f. XXVIII 1,10f. XXVIII 1,22 XXVIII 1,45–52 XXVIII 1,57 XXVIII 3,4

494 491 494

31, 41f. 167 148 14 169 168 168 168 170 169,170 168

Apolinarius Laodicenus

De synodis 9,3 11

290f. 254, 257, 291, 303 257 256, 303 257 257, 305 256, 291, 303

304 304

Tomus ad Antiochenos 5 257 7 365 7,2f. 372

Augustinus De bono coniugali 18,21 220

Epistula ad Iovianum 1 354 3 354

De civitate dei 2,21 19,24 22,10

Epistula ad Diocaesarenses 2 366

De consensu evangelistarum 1,10,16 495

Fragmenta (Lietzmann) 76 368 108 354 150 353 151 354 158 354

Enarrationes in psalmos 49,9,61 504 Epistulae 78 138,10,11

495 495 135, 146

121 495

Stellenregister Sermones 229M 249 295 297 299 381

504 504 495, 497 495 495 495

Tractatus in Iohannis evangelium IX 7 471, 506

Basilius Caesariensis Epistulae 66 67 68 69 69,1 70 82 86 89,1 89,2 90,1 90,2 91 92 92,1 92,2 92,3 120 121 125 129 129,1 129,3 132 138,2 140,2 156,3 214–216373 214,2 214,3 214,4 215 216 234,1 239

293f. 295, 323, 359 323 296 324, 359 297, 319 298, 323 324 259, 301, 310, 324 312, 359 259, 292, 300, 309 309f. 254, 259, 299f., 303, 309, 319 344f. 301, 310 311 311 329, 340, 343 340 314 335, 340, 343, 360, 368, 370 378 342, 379 340 170, 313, 327 313f., 327 315, 325, 359 351, 359, 375f. 376 320, 377 325, 339 351, 374f. 319 335f., 340, 343

553

239,2 242 243

325, 339, 340 297 322, 326, 328f., 333, 337, 360 243,1 330, 332 243,2–4 331 243,5 326, 331 249,9 385 253 339, 340f. 253–256340, 344 254 344 258 374 258,3 359 263 344, 426 263,1 325, 335, 412 263,2 413 263,3f. 414 263,5 325, 380, 414f. 265 335, 424, 437 266 312, 335 266,2 326, 338, 339, 341, 359

Cassiodorus/Epiphanius Historia ecclesiastica tripartita V 29 251, 260, 282–289, 308 IX 9,16,28 397 IX 14,23–15,6 429–440

Chronographus anni CCCLIIII 39 (Mommsen) 12 11,13f. (Duches- 491 ne)

Cyprianus Epistulae 1,1 31,1

245 135

Cyrillus Alexandrinus Epistulae 15

360

Damasus Epigrammata 1

2 3

68–70, 141, 143, 196f., 232, 439, 475, 490f., 497 70f., 141, 444, 451 71f., 108, 143

554 4

7 8 10 11 12 15 16 17 18 19 20 21 24 25 28 31 32 33 34 35 351 37 39 40 41 42 43 44

Stellenregister 72, 108f., 110, 142, 148, 231, 430, 433, 439, 474, 490 97f., 103, 130f., 134, 143, 148, 198, 232, 246 83f., 127, 129f., 138, 475 6, 75 5, 6, 75–77, 132, 134, 138, 246, 475 77, 131, 516 84f., 127, 129f., 131, 142, 148, 198 94f., 111f., 123, 127, 130, 143f., 475 85f., 124, 127, 129, 148, 198 13, 86f., 124f., 129, 148 196, 232, 246 88f. 90f., 134, 150, 198, 430, 475, 487, 490, 499 80f., 116f., 122, 126, 129f., 139, 475 98, 107 93f., 127f., 134,138, 148, 150, 198, 475 81, 114–116, 130 83, 122, 131, 134, 142, 145, 246 96, 130 82, 120, 130, 145, 196, 232, 246 74, 246 90, 119, 143, 198 73f., 105f., 231, 430, 433, 439 81f., 119, 122, 127, 129f., 146, 475 89f., 120, 128f., 131, 133f., 146, 198, 246 87f., 124f., 129, 143, 148 119 95, 103, 118, 120, 146, 148, 475 96, 129, 131, 134, 198, 246 98, 103, 118, 120, 148

46 47 47² 48 50 51 57

58 59 60 Epistulae 1

2/1

2/2 2/3 2/4 3

4 4,2 4,3f. 4,6 4,7 4,9 4,20 4,21 4,24 5

6 7

8 9

91f., 120, 138, 146, 149, 475 85, 104, 128, 134 74f., 104, 138 92f., 149, 475 79, 246 78, 139f. 5, 6, 72–73, 100, 110, 147f., 231, 430, 433, 439 73, 101, 109f., 133 79f., 120f., 139 63, 198, 232 149, 183, 231, 233, 248–316, 308, 431f., 440, 474, 486 183, 230, 246, 255, 317–344, 360, 369, 371, 382, 424, 433, 474, 503 327, 367–380, 432 255, 317–344, 369, 393, 407, 416, 424, 503 344–349 255, 350–367, 370–372, 387f., 417, 426, 427, 431f. 208, 245, 320–322, 381–426, 430–432, 503 421 421 354 354, 421 208, 230, 426 183, 420 420 183, 420 120, 208, 210, 211, 230f., 232, 255, 388, 432, 441–467, 455 255, 441–467 182, 183, 184, 209f., 210, 230, 231f., 255, 359, 427, 474, 487 21–30, 505 21–30, 505

Decretum Damasi I–V 468–513 III 182, 430, 432

Stellenregister III 3

231, 433, 439

Decretale ad Gallos episcopos 192–233 1f. 215 2 225, 231, 245 3 216, 229 4 229 5 225f. 6 227 8 218f. 9 231 13 216 15 222–224 16 388 17 230 18 231f., 433 20 444 Relatio 1 8

231 42

Praefatio Concilii Nicaeni 210, 234–247

Epiphanius Constantiniensis Panarion seu adversus LXXX haereses 73,28–34 358 77,20,3–6 373 77,21 360 77,22–38 373

Eusebius Caesariensis Historia ecclesiastica V 1,62f. 115 VI 42,5 135 VIII 6,7 114f.

Eusebius Vercellensis De trinitate 1,1 1,13 1,16 1,58 3,11 3,12 3,16 3,46 3,53 5,40

392 392 394 392 392 388 393 386 386 392

6,16

555 388

Facundus Hermianensis Pro defensione trium capitulorum IV 2,14 435 IV 2,48f. 435 VII 3,5 434

Gregorius Nazianzenus Carmen de vita sua (carm.2,1,11) 607–651353 610–623353 728–1112 443 858–863442, 452 887–896442, 452 909–914443, 452 954–960451 969–978451 1001–1023 445, 453 1015f. 442, 452 1560–1566 419 1798–1802 457 1803–1918 457f. Epistulae 101,32 101,50–53 102,6 102,9 102,11 102,16f. 102,17

371 371 350, 362 365 364 350, 363 366, 373, 435

Orationes 36

222, 456

Gregorius Nyssenus Vita Macrinae 15

347

Hieronymus Apologia contra Rufinum II 20 24, 439 Chronicon Eusebii a Graeco Latine redditum et continuatum Abr. 2358 (342) 386 Abr. 2376 (360) 358 Abr. 2380 (364) 386 Abr. 2382 (366) 39f. Abr. 2387 (371) 168f.

556

Stellenregister

Commentarii in Matthaeum II 12,26 495 Contra Iohannem Hierosolymitanum 8 14 Contra Vigilantium 8 146 Epistulae 1,15 16, 169f. 15 22f., 27, 504 15,2 255, 352, 357, 497 15,4 394 15,5 16, 352, 357 16 22f., 27 16,2,2f. 352, 357, 374 18A.B 23f., 26 19 24–28 20 23–27 21 23f. 22,22 8 22,22,3 194, 227 29 195 35 24–30 36 23–30 36,1 255, 269 39,7f. 135, 137 44 194 48,3 100 49,18,2 195, 226 60,7 137 69,2,1–5220–222 123,9 24 127,7 17, 24 129 509 Prologus galeatus (Vulgata) 510 Prologus in libro Didymi de Spiritu Sancto 25 De viris illustribus 1 508 5 487, 495f. 9 507 103 7, 57 117 450 127 450

Hilarius Pictaviensis Collectanea antiariana Parisina 506 Contra Auxentium 291 De synodis 68

257

De trinitate 8,20 9,6 9,37 9,42 10,21 10,65

391 391 388 392 386, 417 391

Iustinus martyr Dialogus cum Tryphone 87 503

Leontius Byzantinus Adversus fraudes Apollinaristarum 434

Marius Victorinus Ad Candidum Arrianum 31 392 Adversus Arium IV 17 391

Maximus Taurinensis Sermones 1,1 2 9

497 497 497

Maximinus episcopus Gothorum Dissertatio contra Ambrosium 93 5

Nicolaus I. Epistulae 3,82

449

Orosius Historiae adversus paganos 7,19,2 246

Stellenregister

Ovidius Naso Amores 1,7,36

146

Ars amatoria 2,601

142

Fasti VI 795f.

498 146

Metamorphoses 1,257 1,647f. 2,198 7,403 7,776 11,708 15,844–846 15,868–870

144 139 144 140 140 139 145 146

Tristia 5,8,13

138

Palladius Ratiarensis 20, 465 20, 465

Paulinus Nolanus Carmina 13 14 19,54

121 121 495

Cento 682-686

144

Prudentius Peristephanon 2,457–472 11,1–8 11,7–16 11,31f. 9,9–20 12,31–44

495, 497 60 117f. 495 107 109

Rufinus De adulteratione librorum Origenis 13 24, 438 Eusebii historia ecclesiastica 1,30 359 2,1 484 3,13 484, 488 3,22 484, 488 10 31, 39–41, 169 10,1 485, 488 10,5 489 10,31 16 11,21 224, 460

Siricius Papa

Philostorgius Chronicon Paschale a. 362 362 Historia ecclesiastica IV 9 385 V1 358 VIII 17 385 IX 8 304

Priscillianus Tractatus 2 2,41 2,52 2,53

510 510f. 510 506 506

Proba

Heroides 6,73

Apologia 81 82

3,57 3,60 3,64 5,88 6,100

557

190 190 510 190

Epistulae 1 1,1 1,7 1,9 1,10f. 1,13 1,14 1,15 1,19 1,20 6 7,9

198, 504 214, 233 216 201f., 227 228 201f. 218 218 218 214 216 199

Stellenregister

558 Socrates Scholasticus Historia ecclesiastica II 44 358 III 25 359 IV 12 257 IV 12,10–37 385 IV 29,1–6 40 IV 37 15, 436 V 6,3–5 185, 454 V 6,6 185

Sozomenus Historia ecclesiastica III 8 494 IV 28 358 VI 4 359, 454 VI 11,1–3 385 VI 12,4 385 VI 23,1f. 40 VI 23,7–15 251, 260, 261–289, 308 VI 23,7 254 VI 25 362 VI 39,1–4 15, 436 VII 4,3f. 185 VII 5,1 185 VII 8,6f. 224, 460

Sulpicius Severus Chronicon II 47,5–7 II 48,4 II 50,6–7 II 50,8

190 190 166 165

Symmachus Relationes 3,1,20

II 22,7 II 31 IV 9 IV 13 IV 16–18 IV 21,1 IV 21,2 IV 21f. IV 22,27 IV 22,35f. V 3,9 V 4,1 V 4,2 V 4,6 V 8,2 V 8,8 V 9,8 V 9,9 V 9,10f. V 9,11 V 9,12 V 9,13 V 9,14 V 9,14–16 V 9,16 V 9,20 V 9,20–10,6 V 10,6 V 11,1

334 358 306, 378 345, 348 345, 348 436 15, 313 337 337 435 435 362, 435 345, 348 345, 348 456 460 466 422 422 384f., 392f., 397, 420f. 387 347, 422 500 467, 501 484 400 429–440 400f. 401

Theodorus Mopsuestenus Homiliae IX 1

409, 423

Venantius Fortunatus 18

Tertullianus De anima 22

135

Ad martyras 2,4

135

Theodoretus Cyrrhensis Historia ecclesiastica II 22 253 II 22,1–12 251, 260, 261–289, 308 II 22,2 254

Carmina I 8,7f. I 15,77 II 11,17 II 12,3f. II 15,15f. IV 7,9 V 4,3 VI 5 VIII 8,5 IX 1,1–4

246 246 246 246 246 246 244 244 246 244

Vergilius Maro Eclogae 1,1f.

142

Stellenregister 2,4f. 4,49 4,50 5,78 6,74

142 142 138 142 139

Georgica 1,503f 3,32 4,448

145 143 141

Aeneis 1,88f. 1,195 1,343–346 1,609 1,620 2,134 2,142f. 2,536f. 3,39 3,115 4,28 5,517 5,522f. 5,787f. 6,232–235 6,486 6,649 6,719–721 7,64f. 7,90f. 7,209–211 7,338f.

140 138 140 142 143 139 143 142 139 143 140 138 138 143 148 148 138 144 143 141 144 139

7,393 7,765 8,97 10,100 10,149 10,604 11,50 11,59–63 11,386–388 11,582–584 12,166–171 12,175–180 12,427 12,427–429

559 148 143 140 147 138 138 146 140 141 140 147 147 138 142

Victorinus Poetovionensis Commentarius in Apocalypsin 1,1 503 1,7 508 De fabrica mundi 7 503f.

Vigilius Papa Constitutum II 409, 423

Zosimus Historia 4,36,3–5181

Sammlungen, Konzilstexte, Rechtscorpora ACO Florilegium des Eutyches II/2,1,40–41 275, 279, 281–289, 306, 308, 367 Canones der Synoden und Konzilien Elvira ca. 306 Can. 27 198, 228 Can. 33 198, 228

Nicaea 325 Can. 1 Can. 2 Can. 4 Can. 5 Can. 6 Can. 12 Can. 15

205 207 44, 210 208 242, 474, 500 205 207, 223, 405

Serdica ca. 343 Can. 1 207f., 222f., 405

Stellenregister

560 Can. 8 Can. 11

205 208f.

Laodicaea ca. 364 Can. 59 481 Valentia 374 Can. 1 can. 2 Konstantinopel Can. 1 Can. 2 Can. 3 Can. 4 Can. 5

201, 224, 228f. 195, 229 381/382 435 459 474, 500 459 423

Canones Apostolorum Can. 19 204, 206 Can. 85 481 Codex Iustinianus VI 22,7 168 XI 48,7 168 Codex Theodosianus I 27,1 156, 178 VIII 14,1 46 IX 6,1f. 169 IX 17,6 123 IX 29,1 170 IX 38,3 46 XIV 7,6 168 XVI 1,2 183, 440 XVI 2,20 14, 168 XVI 2,23 155f., 178, 333 XVI 2,25 184 XVI 5,3 182 XVI 5,4 182, 333 XVI 5,5 182 XVI 5,6 185 XVI 5,6–13 183 XVI 5,11–13 386 XVI 6,1 158, 173, 182 XVI 6,2 158, 173, 182 Collectio Avellana 1 31–38

1,9 2 2,14 2,83 2,79–86 4,2 5 6 7 8 9 10 11 12 13 13,2 13,8 13,11

14, 166 27 303 187 189 54 37, 46–48 48–50 37f., 48 50 50 50 51 51f. 53, 170–181 179 474 180

Collectio Thessalonicensis Synodus Romana an. 531 p. 15-16 449 I; II Damasus (= Dam., epist. 5;6) p. 16-19 441-448 VIII Bonifatius an. 422 p. 30-31 188, 460 ICUR 2,24 (Nr.25) NS 2,4092 NS 2,4094 NS 2,4745 NS 8,20752

103 110 110 121 110

Liber Pontificalis I 491 I 3,38 43 I 4,39 118f., 168, 505 I 5,22 115 I 5,39 5, 100f., 163 I 5,88 101 Martyrologium Hieronymianum Ad III Kal. Iul. 491

Personenregister Acholius von Thessalonike 7, 25, 184f., 231, 402, 429, 441–467, 499 Aeneas 140, 142, 147f. Ambrosius von Mailand 7, 17–21, 118, 162, 179, 188, 219f., 224, 226, 428, 436f., 457, 462–466, 491, 494, 504, 514 Ammianus Marcellinus 14, 31, 33, 41f., 45–47, 166–169 Ampelius praefectus urbi 51, 53 Apolinarius von Laodicea 16f., 318, 334f., 350–380, 400, 402, 405f., 408, 410f., 413–420, 424, 427, 429–440, 464f., 499 Aquilinus vicarius urbis Romae 52, 163, 170, 176f., 181 Arcadius 32, 189 Arius 233, 416, 485 Arnobius iunior 356, 403f. Athanasius von Alexandrien 7, 9, 15, 44, 252, 289–298, 301, 303, 307–309, 312, 346, 359f., 372, 408, 433f., 438, 463, 494 Augustinus 118, 121, 135, 146, 219f., 224, 495, 504, 506f. Augustus 146 Auxentius von Mailand 9, 169, 254, 272, 290f., 298, 303–305, 307, 333 Basilius von Caesarea 7, 9, 169, 289f., 292–302, 307–316, 317, 329–344, 346–348, 359f., 374–380, 412–418, 424–426, 434f. Gaius Iulius Caesar 144f. Cassiodorus 260, 282, 289, 308 Constantinus I. 177, 181, 485 Constantius II. 6, 416 Cyprianus 135, 226, 243 Cyrillus von Alexandrien 363 Dido 140, 142 Diodor von Tarsus 348, 434 Dorotheus presbyter/diaconus 297, 329,

331, 335–343, 412 Eleusius von Kyzikos 416 Epiphanius von Salamis 17, 24, 373, 434f. Euagrius von Antiochien 9, 16, 23, 169f., 313, 315, 359 Eulogius von Edessa 348 Eunomius 304 Eusebius von Caesarea 32f., 114, 135 Eusebius von Samosata 169, 310, 312, 329, 335, 340, 342f., 346, 348 Eusebius von Vercelli 16 Eustathius von Sebaste 314, 377, 379, 414–418 Eutyches 260, 269, 281–289, 299, 302, 308 Facundus von Hermiane 434 Felix II. papa 6, 35, 43 Felix von Nola 66, 79f., 114, 120f. Furius Dionysius Filocalus 12–14, 63, 104–106, 113, 152, 491, 497 Flavianus von Antiochien 17, 459, 501 Gratian 17, 123, 163, 167, 170, 176, 178, 188, 190, 450, 466f. Gelasius I. papa 468, 476 Gregorius von Nazianz 349, 362–366, 450–452, 456–460, 462 Gregorius von Nyssa 339, 348 Hieronymus 7, 10, 16f., 21–30, 31f., 38– 41, 43–47, 137, 166, 169, 220–225, 226, 232f., 243, 356f., 362, 374, 417, 437–439, 450, 478, 497, 503–511, 515 Hilarius von Poitiers 408, 417 Himerius von Tarragona 214, 217, 233 Hormisdas papa 468, 476 Innocentius I. papa 243 Irene (Schwester des Damasus) 5, 66, 75f., 102, 132, 138 Isaac Iudaeus 41, 52, 164–170, 176, 188 Iulius I. papa 243 Laurentia (Mutter des Damasus) 5, 66,

562

Personenregister

75, 102 Leo I. papa 242 Leontius von Byzanz 433–435 Liberius papa 6, 33, 35, 39, 43, 55f., 379, 414–417, 504 Licinius 485 Lucianus von Antiochien 117 Macedonius von Konstantinopel 416f. Märtyrer/martyres – Agnes 38, 59, 81f., 119, 122, 127, 130 – Cornelius papa 88 – Eusebius papa 86f., 124f. – Eutychius 80, 114, 116f., 119, 127 – Felicissimus et Agapitus 93 – Felix et Adauctus 97, 103, 114 – Felix et Philippus 89, 120, 129, 133 – Gervasius und Protasius 118 – Gorgonius 96 – Hermes 92f., 122 – Hippolytus 73f., 90, 105, 119, 143 – Ianuarius 98 – Laurentius 82, 101, 120, 145 – Marcellinus et Petrus 81, 106, 114-116 – Marcellus papa 87f., 124f., 143 – Marcus et Marcellianus 101f. – Maurus 98, 114, 136 – Nereus et Achilleus 83f., 101f., 107, 114, 127, 130 – Petrus und Paulus 11, 90f. 122, 134, 149f., 183, 439, 482, 487–499, 502, 511, 514f. – Protus et Hyacinthus 74f., 85, 104 – Saturninus 91f. – Tarsicius 84, 114, 131 – Tiburtius 83, 114 – Vitalis, Martialis et Alexander 118f. – Xystus/Sixtus papa 85f., 123f. Marcell von Ancyra 133, 296, 334f., 406–408, 414, 417–419, 427 Maximinus praefectus annonae 41, 169f. Maximinus vicarius urbis Romae 51, 53 Maximus von Turin 497 Maximus der Zyniker 10, 16, 19, 230, 450–455, 458–467, 500 Meletius von Antiochien 9f., 16f., 22, 230, 295, 301f., 310–315, 329f., 336– 338, 340, 342f., 346, 348, 358–360, 362, 374–378, 405, 414–418, 424, 456, 459, 466, 501 Nectarius von Konstantinopel 186, 188,

224, 230, 233, 460, 463f., 466f., 501 Olybrius praefectus urbi 50 Origenes 135, 437–439 Ovidius Naso 138–146, 498 Palladius von Ratiaria 19–21 Paulus 8, 68f., 115, 132, 141, 151, 165, 177, 221, 453, 488f. Paulus von Samosata 365 Paulinus von Antiochien 7, 9f., 15, 17, 22f., 295, 312, 336f., 350–380, 400, 402–405, 410–412, 414–418, 424, 426–428, 434–436, 459, 466 Paulinus von Nola 494 Petrus 151, 182, 480, 488f., 501 Petrus von Alexandrien 15, 184, 315, 337f., 341, 346, 359f., 372, 375, 427, 434, 436f., 452, 462f., 500, 514f. Philostorgius 304 Photinus von Sirmium 334f., 417 Praetextatus praefectus urbi 46–50 Priscillianus 166, 190, 481, 506f., 510f. Proiecta 78, 135f., 139f. Prudentius 60, 494, 497 Romulus und Remus 151, 498 Rufinus von Aquileia 7, 24, 31, 33, 38– 41, 43–47, 166, 169, 437–439, 488f. Sabellius 334f., 378 Sabinus diaconus 252, 280, 292f., 298f., 301f., 307–310, 341 Sanctissimus presbyter 340–344, 346, 379, 413 Silvester I. papa 164f., 274, 485 Simplicius vicarius urbis Romae 52f., 55f., 170, 177, 179, 181 Siricius I. papa 54, 56, 214–220, 224, 228, 233, 243, 504 Socrates Scholasticus 7 Sozomenus 7, 260–289, 299, 302, 308, 362, 494 Sulpicius Severus 190 Symmachus (Rhetor) 18, 152 Tertullianus 135, 226 Timotheus von Alexandrien 186f. Timotheus, Schüler des Apolinarius 400f., 433–437, 499 Theodoretus von Cyrus 7, 260–289, 299, 302, 308, 317, 334, 347f., 362, 400– 404 Theodorus von Mopsuestia 408f., 411, 423

Personenregister Theodosius I. 19, 32, 123, 163, 181–188, 224, 243, 452–456, 458, 460–465 Ursinus von Rom 6, 11, 17, 31–56, 118, 120f., 163f., 169, 176, 178, 188, 230, 516 Valens 163, 167, 178, 304 Valentinianus I. 167, 304 Valentinianus II. 32, 123, 163, 170, 176f., 178, 189 Valerianus von Aquileia 299f., 301f.,

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307, 309f., 319 Venantius Fortunatus 243f., 246 Vergilius Maro 137–148 Victorinus von Pettau 503f., 508 Vigilius Papa 118 Vitalis von Antiochien 10, 22, 318, 336, 359–367, 370, 373–375, 377, 379, 408, 410f., 413, 415, 424, 434f. Viventius praefectus urbi 33, 36, 41, 46f. Zosimus papa 241

Sachregister Ägypten/ägyptisch 424, 459 Alexandria 15, 187, 307, 360, 436, 452, 459f., 488f., 500, 502 Alexandrien 15f., 184, 461 altnicaenisch 303, 312f., 358, 365 Anhomöer 358, 419 Antiochia 10, 22f., 289, 310, 341, 348f., 358–362, 373, 375, 379, 414f., 418, 424, 435, 459, 488f., 496, 501f. Antiochien 9, 15–17, 248, 311, 315, 337, 370, 402, 459 – antiochenisches Schisma 9–11, 15, 230, 248, 294, 315, 357, 405, 514, 516 Apolinarismus 10, 318, 334, 361f., 364f., 371–374, 400, 402, 405f., 410f., 429, 465 – Apolinaristen 24, 373, 419f., 427, 433– 439 – apolinaristisch 10, 15, 26, 364f., 377f., 408 Apostelautorität 307, 439, 480, 499 apostolische Autorität 183, 307 apostolische Lehre 231 apostolischer Stuhl 27, 147, 151, 231, 437, 439, 486, 497, 499 Appellationsrecht 190 Archiv der römischen Kirche 100f. Arianer 53, 185f., 248, 303, 311, 334, 358, 370, 376, 408, 414, 416, 419f., 427, 434, 450, 462 – arianisch 22, 133, 317, 413 Askese 113, 151 – Heiligkeit durch Askese 137 – asketisch 112f. Auferstehung 131f., 152, 407 Augusteische Dichtung 60f., 137–148 Bautätigkeit des Damasus – Kirchenbau 100–103, 109f., 152 – Grabanlagen 103–110, 152 Begräbnis ad sanctos 123 Bibelkanon 27, 469, 471–473, 479, 481,

504, 507–511 Bibelübersetzung 24 Bischöfe – Amtsenthebung von Bischöfen 306f., 333, 452f. – Neugetaufte/Neophyten 223f., 230, 233 – Ordination 335, 337, 419, 466, 500f. – unrechtmäßige Ordination 230, 417f., 453–455 – Rangordnung der Bischofssitze 437, 479, 483, 488f., 514 – Wechsel eines Bischofs zu einer anderen Gemeinde 222f., 405, 417f., 427, 456–458, 486 – Zugangsbedingungen 217f. Bischofswahl des Damasus 31–47, 118, 120, 125f., 163, 166, 516 Canones – nicaenisch 223, 247, 405, 427, 458, 460, 482, 486, 489, 502 – serdikensisch 223, 247, 405 – konstantinopolitanisch 482, 500–502 Cathedra Petri/Stuhl Petri/Thron Petri 23, 149, 429, 489, 491, 497–499 Christianisierung Roms 8, 11, 152f. Christologie 364, 371f. Christus 137, 151, 371, 480, 496, 503, 505f. – Christusmonogramm 104 – Christo iuvante 110 – Christo praestante 120, 146 – Christus et Belial 451 – Christus probat 119 – corona Christi 127f. – gloria Christi 126–130, 141, 151 – Heilstat Jesu Christi 133 – Himmelfahrt 134 – lex Christi 149 – militia Christi 127–128 – Namen Christi 479, 505f. – praemia Christi 133f.

Sachregister – sacramenta Christi 142 – triumphos Christi 127f. Coemeteria/ Katakomben – Basillae 74f., 85, 92f., 99, 104 – Callisti 84f., 85–87, 94f., 99, 107, 111, 116 – ad catacumbas 122 – in catacumbas 90f., 99 – Commodillae 97f., 99 – Domitillae 83f., 99 – ad duas lauros 81, 83, 96, 99, 106 – Generosae 99, 108 – Marci et Marcelliani 75–77, 99 – Pontiani 99 – Praetextati 93f., 98, 99, 106 – Priscillae 87f., 89, 99 – Thrasonis 91f., 95f., 98, 99, 103, 117f., 120 – Valentini 99 – crypta Cornelii 88, 99 – crypta Hippolyti 105 confessores 112 damnatio memoriae 129 digamus 27, 219–221, 224, 228f. Dekretale 214–220, 476, 514 Dualismus von Seele und Leib 111f., 134, 144 Ephesus 488f. Epigramme – Epigramme auf Persönlichkeiten 68– 71 – Bauinschriften 65, 71–75, 99–110 – Grabinschriften für Nahestehende 66, 75–80, 102, 132, 135f. – Märtyrerinschriften 60, 66, 80–98, 111–130 – pseudodamasianische Epigramme 63 – Pagane Inschriften 58–61 Epigraphik 58–62 Eudoxianer 419 Eunomianer 185f., 416, 419f., 427 Exegetische Fragen 23–30, 505–507 Exil des Ursinus 37f., 46–56, 176 figura 266, 305 Filocalinische Majuskel 12f., 63, 103, 104, 106, 108 Filocalinischer Kalender 12, 113, 491, 497 Gallien 9, 53–56, 176, 233, 265, 301– 305, 310, 329

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Glaubensbekenntnis/fides 24, 26, 133, 182, 313, 360, 374f., 379f., 403, 411f., 425, 428, 437f. – Glaubensbekenntnis des Vitalis 10, 362–367, 380, 415 – römisches Taufbekenntnis 133 Grab des Damasus 101f., 152 Graffiti 122, 491f. Heiliger Geist 11, 266, 274f., 305, 314, 335, 376, 378, 406–411, 416, 420, 423f., 427, 479, 480, 503–507, 511 Himmlisches Reich 129, 134, 143, 144f., 149f. Himmelfahrt 122, 131, 134f., 136f., 144– 146 Homöer 11, 15, 19, 53f., 291–294, 303– 306, 334, 359 – homöisch 9, 15, 19, 163, 184, 290 Homöusianer 416f. Hypostase 22, 275, 314–316, 334, 376f. Illyrien 9, 19, 281f., 289, 291, 299, 301– 309, 448–450 Inkarnation 370, 407, 414, 417 Jerusalem 488f. Jungfräulichkeit/virginitas 8, 113, 130, 132, 135–137, 140, 225–228 Keuschheit/pudor 135–137, 225–228 Kirchen – Basilica Iuli (S. Maria di Trastevere?) 35f., 43, 47, 55 – Basilica Liberii (S. Maria Maggiore?) 37, 45–50, 55 – Basilica Sicinini (S. Maria Maggiore?) 39–42, 45, 47, 50, 55 – in Lucinis (S. Lorenzo in Lucina) 36, 43, 55, 65, 99, 103 – S. Agnes 81f. – S. Clemente 65, 99, 103 – S. Giovanni in Laterano (Lateran) 36, 44, 55, 100 – S. Lorenzo 82 – S. Lorenzo in Damaso 65, 72f., 99, 100f., 109, 133, 147 – S. Peter 65, 99 – Baptisterium von S. Peter 65, 72, 108f., 142, 148f., 490, 497 – Ad fontes S. Peter 71f. – Vaticanus mons 108f. – S. Sebastiano (Basilica apostolorum) 490, 498

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Sachregister

Kirchliche Gerichtsbarkeit 10f., 20, 154– 191, 177–181, 231, 246f., 428, 516 Konstantinopel 10, 15, 19, 21, 24, 32, 184–188, 429, 450–467, 500, 502 lapsi 124f. Liturgie 503, 505–507, 511 Liturgiesprache 26, 505 Luciferianer 27, 187, 189f. Macedonianer 416f., 419f. Mailand 20f., 53–56, 118, 188, 290, 293, 307, 450, 462 Manichäer 182, 185 Marcellianer 419, 427 Märtyrer 7f., 11, 490, 514 – Märtyrerverehrung 11, 21, 111–130, 145–146 – Märtyrerfrömmigkeit des Damasus 119–123, 145–147 – Märtyrergrab 12, 38, 103–110, 114f., 151 – Auffinden von Märtyrern 113–119 – Märtyrer als Fürsprecher 122, 137 – Vorbildcharakter der Märtyrer 126– 129, 151 – Verdienst der Märtyrer 134f., 145, 151 – Translation 115f., 492 Martyrium 126–130, 131f., 134f., 145, 149 Martyrium Petri et Pauli 487–499, 494– 496, 502, 514f. Monumentalschrift 63 Neunizänismus 335, 427f., 514, 516 – neunizänisch 335, 408, 427f. Nicaenum 133, 183, 245, 295, 306, 313–315, 334f., 358, 397f., 403, 405– 411, 416, 425–427, 440, 489, 503, 514f. – nicaenisch 15, 54, 133, 163, 184–188, 239–243, 266, 420–422 Nicaeno–Constantinopolitanum 409, 419, 503 Nola 99, 121 PNPPVTJPK309, 416, 427 Orient/orientalisch 289f., 307f., 312, 330f., 493, 459, 463 Palazzo della Cancelleria 100 Papsttum 2, 502, 515 persona 334, 407f., 420, 425 Photinianer 185, 334, 419 Pneumatomachen 266, 314, 334f., 408, 411, 414, 416, 419f., 427, 457

Pontifex (maximus) 181–184, 244f. Prozess gegen Damasus 10, 41, 52, 55, 121, 164, 165–170, 188, 516 Rechtgläubigkeit 182, 185–187, 189f., 298, 306f., 310f., 314, 318, 337f., 344, 346, 358–360, 374, 379f., 413–415, 422–425, 433, 461f. Römische Aristokratie 12–14, 18f., 58, 110, 152, 514 Römischer Bischof – Garant des rechten Glaubens 440, 499 – Lebensstandard und -art 14, 166–168 – Oberster Richter in kirchlichen Disziplinarfragen 10f., 20, 154–191, 177– 181, 231, 246f., 428, 516 – Primatsanspruch 11, 148–153, 183f., 242, 428, 429, 479–499, 502, 514–516 Römische Bürgerschaft 149f., 493, 496 Sabellianer 408, 416, 419f., 427 – sabellianistisch 377 substantia 266, 275, 334, 407 Syllogen/Pilgerführer 62f., 100f. Symmachuskreis 18f. Synoden – Nicaea 325 222, 244, 266, 274, 277, 291, 304–307, 307, 311, 334f., 458f., 469, 480, 482f., 485f., 489, 499, 500, 515 – Serdica ca. 343 133, 222, 241–243, 334f., 427, 486, 514 – Rimini 359 277, 287, 291, 295, 305– 307, 334, 480 – Paris 360 303 – Alexandria 362 358 – Rom 368 9, 32, 38, 291 – Rom 370/71 9, 307f., 317 – Valentia 374 224, 228–230 – Rom ca. 375 409, 426 – Rom 378 52, 154–191, 419 – Antiochia 379 249, 346–349, 409 – Aquileia 381 19f., 53f., 162, 436, 461– 465 – Konstantinopel 381 17, 185–187, 224, 347, 409, 418, 422f., 435–437, 455– 461, 469, 482, 499, 500–503, 511 – Konstantinopel 382 347, 400, 419, 422f., 461–467, 500–502 – Rom 382 10, 21, 24, 437, 457, 461– 467, 498, 503, 507, 511, 515 – Karthago 419 248

Sachregister – Ephesus 431 469 – Chalzedon 451 469, 478, 489 Taufe 109, 149, 151, 219–221, 491 Taufformel 407, 420 Thessalonike 10, 184f., 402, 429, 448f., 452–454 Trinität 9, 11, 133, 182, 184, 266, 310, 314, 316, 318, 334, 377, 406f., 420, 425, 503 Troia 143 Ursiner 47–56, 165–170 Usia 22, 266, 334, 377, 420, 425 Viae – Via Appia 80f., 84f., 85–87, 88f., 90f., 93, 94f., 98, 99, 490–492, 497f.

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– Via Ardeatina 75–77, 83f., 99, 101f., 109 – Via Flaminia 65 – Via Labicana 81, 83, 96, 99 – Via Nomentana 81f., 99 – Via Ostiensis 97f., 99, 492 – Via Portuensis 99 – Via Salaria Nova 87f., 89f., 91f. 95f., 98, 99 – Via Salaria Vetere 74f., 85, 92f., 99 – Via Tiburtina 73f., 82, 99 Victoriaaltar 18f., 152 Wiedertäufer 182