Creator est Creatura: Luthers Christologie als Lehre von der Idiomenkommunikation 9783110192766, 3110192764, 9783110921663

Luthers Neufassung der Christologie als deren Zuspitzung auf die Lehre von der Idiomenkommunikation wird in diesem Samme

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Creator est Creatura: Luthers Christologie als Lehre von der Idiomenkommunikation
 9783110192766, 3110192764, 9783110921663

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Creator est Creatura

Theologische Bibliothek Töpelmann Herausgegeben von O. Bayer · W. Härle

Band 138

W G DE

Walter de Gruyter · Berlin · New York

Creator est Creatura Luthers Christologie als Lehre von der Idiomenkommunikation

Herausgegeben von Oswald Bayer und Benjamin Gleede

W G DE

Walter de Gruyter · Berlin · New York

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISSN 0563-4288 ISBN 978-3-11-019276-6 Bibliografische Information dar Deutschen

Nationalbibiiothek

Die Deutsche Nationalbibiiothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Copyright 2007 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Alikroverfilmungen und die Kinspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Umschlaggestaltung: Christopher Schneider, Berlin

Luise Abramowski und Martin Tetz mit herzlichem Dank

Vorwort Luthers Christologie wurde bisher fast ausschließlich entweder speziell im Kontext des Abendmahlsstreites oder ganz allgemein als Basis seiner Soteriologie und Rechtfertigungslehre bedacht. In welchem Maße der reife Luther diese auf die Idiomenkommunikation und ihre Implikationen zuspitzt, wurde dabei jedoch selten gesehen. Der Untersuchung genau dieser Zuspitzung widmete sich eine Arbeitsgruppe auf dem Internationalen Lutherforschungskongreß in Kopenhagen (2002), in deren Rahmen Gehalt und Hintergrund der beiden späten christologischen Disputationen Luthers von 1539 und 1540/43 näher bedacht wurden. Die unterschiedlichen Beiträge zum Thema eröffneten so überraschende neue Perspektiven, daß einhellig beschlossen wurde, sie in diesem Band in deutlich erweiterter Form zusammen mit einer kurzen Einführung der Herausgeber - gemeinsam zu veröffentlichen. Möglich wurde dies nur durch die großzügige Unterstützung der FritzThyssen-Stiftung, die den finanziellen Rahmen für die aufwendige Redaktionsarbeit geschaffen und auch die Drucklegung mit ermöglicht hat. Unersetzliche Mithilfe in Inspiration, Rat und Tat haben Frau Dorothee A.D. Werner, Herr Dr. Martin Schuhmann, Peter Lorre, Hannelore Gleede und Vincent Price geleistet, denen dafür auch an dieser Stelle herzlich gedankt sei - wie auch den Herren Gerhard und Ingolf Stromberger sowie Jörg Hapke, die Korrekturen gelesen und die Register erstellt haben. Ebenso dankbar sind wir dem Verlag Walter de Gruyter, namentlich Herrn Dr. Albrecht Döhnert und Frau Dr. Uta Lehnert, für die gute Kooperation und verlegerische Betreuung. Wir hoffen, daß der Band dazu beitragen kann, nicht nur der Lutherforschung, sondern der Theologie insgesamt neue Perspektiven zu eröffnen. Tübingen im Juli 2006

Oswald Bayer und Benjamin Gleede

Inhaltsverzeichnis

Vorwort Inhaltsverzeichnis Einführung

VII IX 1

Kapitel 1 Oswald Bayer

Das Wort ward Fleisch. Luthers Christologie als Lehre von der Idiomenkommunikation 1. Ein Blick auf die Forschungs-und Rezeptionsgeschichte

5

2. „der fröhliche Wechsel und Streit - dieweil Christus ist Gott und Mensch"

8

3. Luther und die christologische Tradition 3.1. Aufnahme der altkirchlichen Christologie bei Luther 3.2. Luthers Auseinandersetzung mit der scholastischen Christologie 4. Die genuinen Merkmale der reformatorischen Christologie Luthers 4.1. Hinführung 4.2. Promissionale Verfaßtheit der Christologie 4.3. Jesu Tod und Gottes Leben 4.4. Modus, Inhalt, Ziel und Grund des Christusgeschehens 4.5. Personalität 4.6. Sprachliches Verhältnis 4.7. Mitteilung der göttlichen Allgegenwart an die menschliche Natur Jesu Christi 4.8. Fazit

10 10 16 21 21 24 24 26 27 28 29 30

5. Luthers kritische Anfrage an neuzeitliche Christologieentwürfe .. 33

χ

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 2 Benjamin Gleede Vermischt, ausgetauscht und kreuzweis zugesprochen. Zur wechselvollen Geschichte der Idiome Christi in der alten Kirche 1. Einführung 2. Zur Analyse christologischer Prädikation; die Unterscheidung von concreta und abstracta 2.1. Apolinaris von Laodizea 2.2. Gregor von Nyssa 2.3. Theodor von Mopsuestia 2.4. Das Aufkommen der Unterscheidung von concreta und abstracta im Nestorianischen Streit

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3. Der Begriff άντϊδοσις των ιδιωμάτων 3.1. Zur Entstehung des Begriffs 3.2. Die Idiomenkommunikation als Schibboleth chalkedonischer Orthodoxie 3.2.1. Leontius von Byzanz 3.2.2. Maximus Confessor

72 72 78 81 86

4. Fazit

93

Kapitel 3 Anna Vind „Christus factus est peccatum metaphorice" Über die theologische Verwendung rhetorischer Figuren bei Luther unter Einbeziehung Quintilians

95

1. Luthers Verhältnis zu Quintilian

96

2. Luther über den Gebrauch rhetorischer Figuren

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3. Vergleich mit Quintilians Überlegungen über die Bedeutung von Wörtern

98

4. Luthers figurale Bibelauslegung

106

5. Schriftbestimmte Verwendung der Figuren

108

6. Die typologische Auslegung

109

7. De predicatione identica

113

Inhaltsverzeichnis

XI

8. „So ist sein Wort [...] ein machtwort, das da schaffet, was es lautet"

116

9. Die Christologie ..

118

10. Die neue Sprache

120

Kapitel 4 Gottfried Seebaß Z u m Hintergrund der christologischen Disputation Luthers von 1540/43 1. Die Bedeutung von Gottheit und Menschheit Christi beim frühen Luther

125

2. Die Thematisierung des Verhältnisses der Naturen zueinander in den Auseinandersetzungen über das Abendmahl 2.1. Gegen die Transsubstantiation 2.2. Gegen Cornelius Hoen 2.3. Gegen Karlstadt 2.4. Gegen Zwingli 2.5. Gegen Hoffman und Schwenckfeld

127 127 127 130 132 133

3. Zur Entstehung der Disputation Luthers

136

Kapitel 5 Paul R. Hinlicky Luther's Anti-Docetism in the Disputatio de divinitate et humanitate Christi (1540) 1. Introduction

139

2. Overview

145

3. The New Signification of Creature in Christ (Th. 1-24)

147

4. The Polemic against Schwenckfeld (Th. 25-32)

166

5. The Theological Circle (Th. 33-56)

169

6. The Grammar of the Spirit (Th. 57-64)

178

7. What is Docetism?

180

Appendix: English translation of the Theses

182

XII

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 6 Jörg Baur

Ubiquität 1. Einführung

186

2. Geschichte der Lehre und Nachgeschichte

189

3. Die historische Ursprungssituation (zur Semantik)

192

3.1. Luthers Einsicht 3.2. Luthers ,Lehre' 3.2.1. Basistext 1527 3.2.2. Basistext 1528 3.3. Fazit

196 198 198 202 218

4. Der Umgang mit Luthers Einsicht

220

4.1. Der reformierte Widerspruch, besonders Peter van Mastricht . 220 4.2. Anglikanischer Einspruch: Richard Hooker 221 4.2.1. Die Absage 221 4.2.2. Versuch einer Vermittlung 222 4.3. Von der Verweigerung zum Widerspruch (später Melanchthon, Wittenberger Schüler) 223 4.3.1. Die vier Grade der Gegenwart Gottes 4.3.2. Die Gegenwart Gottes in Christus 4.3.3. Communicatio Idiomatum 4.3.4. Der Übergang zum Calvinismus 4.4. Vorsichtige Annäherung - Chemnitz 4.4.1. Hypostatische Einung 4.4.2. Communicatio Idiomatum

223 224 224 226 227 227 229

4.4.3. Das dritte Genus 4.4.3.1. Die dona 4.4.3.2. Allgegenwart 4.5. Die Aufnahme der Herausforderung durch Brenz

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5. Die bleibende Unruhe im Getriebe: Andreä und die Folgen 5.1. Andreä und die Maulbronner Ermäßigung 5.2. Niedersachsen und Schwaben contra Kryptocalvinisten 5.3. Die Vorstufen der FC und FC VIII 5.3.1. Andreäs sechs Predigten 5.3.2. Schwäbische Konkordie (SC) 5.3.3. Schwäbisch-Sächsische Konkordie (SSC) 5.3.4. Maulbronner Formel (FM)

254 255 256 257 257 258 259 259

Inhaltsverzeichnis

XIII

5.3.5. FC VIII 5.3.6. Andreas Musculus 5.4. Massive Widersprüche gegen die FC; Heshusens Sonderweg 5.5. Argumente auf der Basis der FC 5.5.1. Der Mittelweg: Johannes Matthaeus 5.5.2. Verformte Schwäbische Christologie: Aegidius Hunnius

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272

6. Auf dem Weg zur konsequenten Lehrgestalt 6.1. Polykarp Leysers Katechismus (1599) 6.2. Die Vorbereitung der Klimax 6.2.1. Salomo Gessner 6.2.2. Leonhard Hutter 6.3. Stillstand und Widerspruch: Wolfgang Franz 6.4. Die Klimax lutherischer Christologie 6.4.1. Mentzers Anstoß 6.4.2. Unio als Weltgegenwart 6.4.3. Krypsis und Kenosis 6.4.4. Die christologische Summe

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Register 1. Bibelstellen 2. Personen 3. Sachen

303 306 311

263 266 267

Einführung „Hört, wie derjenige zitterte, vor dem die Welt erbebte: Der die Erde aufhängte ist aufgehängt. Der die Himmel anheftete ist festgenagelt. Der allem Festigkeit verlieh ist am Kreuz festgemacht. Der Herr ist verächtlich gemacht. Gott ist ermordet". (Melito v. Sardes, um 180)

Creator est creatura. Mit diesem bewußt paradoxal zugespitzten Kernsatz von Luthers christologischer Disputation aus dem Jahr 1540 ist ein theologisches Problem berührt, welches vor allem in Gestalt der ,Tod Gottes'-Theologie die Diskussionslage des 20. Jahrhunderts immens geprägt hat, nämlich die Frage, ob und inwiefern die christliche Theologie jemals in der Lage war, die Herausforderung der paradoxalen christologischen Rede vom getöteten, verendlichten Gott und vom an Gottes Statt erhöhten, verewigten Menschen denkerisch in adäquater Weise wahrzunehmen. Im Vergleich zur philosophisch-spekulativen Wahrnehmung dieser Tradition, etwa bei Nikolaus Cusanus, Johann Georg Hamann oder Georg Wilhelm Friedrich Hegel, die davon zu äußerst beachtlichen Höchstleistungen des Denkens inspiriert wurden, macht die gängige theologisch-dogmatische Behandlung der ,Idiomenkommunikation' einen eher dürftigen Eindruck. Innerhalb der theologischen Tradition selbst konnte das christologische Paradox seinen Ort nämlich hauptsächlich im hymnisch-doxologischen Bereich behaupten, nicht aber in der dogmatischen Reflexion. Es bildete zwar - als ,Pfahl im Fleisch' einer umstandslosen Unterscheidung und Zuordnung von Gott und Welt - beständig den Motor der christologischen Streitigkeiten der alten Kirche und der theologischen Diskussion des Mittelalters, wurde aber dadurch so mit der klassischen Zwei-Naturen-Christologie verwoben - und, so wird man sagen müssen, von ihr her entschärft - , daß es mit deren in vielerlei Hinsicht unumgänglicher Kritik und Revision in der Aufklärung selbst aus der christlichen Dogmatik verschwand und erst im 20. Jahrhundert - im Anschluß an Hegel und Feuerbach - einen prominenten Platz in dieser (zurück-)erlangen konnte. Was dem Gros der altkirchlichen, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Theologen den Umgang mit dieser elementaren Ausdrucksgestalt des christlichen Glaubens so schwer machte, war das protologische Apriori der strikten Unterscheidung von Schöpfer und Geschöpf, das strikte Festhalten an der absoluten Transzendenz Gottes

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Einführung

auch angesichts des Christusereignisses. Da das Christentum diese Betonung der Transzendenz und Einheit Gottes - sein alttestamentliches Erbe - ohne seine Identität zu verlieren genauso wenig aufgeben kann wie das paradoxale Bekenntnis zu dem gekreuzigten Gott und dem an Gottes Statt herrschenden Menschen, steht die christliche Theologie vor einem fundamentalen Problem, das vielen an Kierkegaard oder Hegel anknüpfenden modernen Theologen zufolge erst in der Neuzeit in adäquater Schärfe formuliert und einigermaßen gangbaren Lösungswegen entgegengeführt wurde. Tatsächlich könnte die vom fünften bis zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts die Theologie dominierende Zweinaturenchristologie als eine Art Scheinsynthese gedeutet werden, die durch einen immer komplexer werdenden, letztendlich aber nichtssagenden Formelapparat versucht, Platz für die Möglichkeit einer punktuellen Koinzidenz sich ausschließender Attribute an dem einem Individuum Christus zu schaffen, ohne dabei an die Transzendenz, Einheit und Weltüberlegenheit Gottes zu rühren. In diesem Fall würde diese Scheinsynthese nirgends deutlicher als in Form des sich durch das Mittelalter immer weiter aufplusternden Regelwerks für die Idiomenkommunikation, in dem logisch-metaphysisch festgelegt wird, welche Aussagen über das Christusindividuum unter welchen Umständen und Einschränkungen möglich und welche Folgerungen daraus für die im Falle des in zwei Naturen subsistierenden Christus ja immer mitangesprochenen Größen Gottheit und Menschheit zu ziehen sind. Eine gründliche Prüfung dieses meist unausgesprochenen Vorurteils vor allem der evangelischen Theologiegeschichtsschreibung bedarf jedoch sowohl bezüglich des Mittelalters als auch besonders bezüglich der Reformation einer gründlichen Überprüfung und Revision. Nicht nur die finnische Lutherforschung der letzten Jahrzehnte, sondern auch die Arbeiten Jörg Baurs zur Christologie Luthers und der lutherischen Orthodoxie haben gezeigt, daß die Reformation - zumindest diejenige lutherischer Prägung - das altkirchliche christologische Dogma keineswegs nur von einigen spätscholastischen Auswüchsen gereinigt und ansonsten - vielleicht sogar allein aus reichsrechtlichen Gründen - als theologischen Traditionsballast mitgeschleppt hat, sondern daß die von Luther angestoßene Revolution in der Frage der Soteriologie ohne eine entsprechende in der Christologie undenkbar gewesen wäre. Luthers christologische Debatten mit Zwingli und den ,Schwärmern' Karlstadt, Hoffman und Schwenckfeld sind deutlich von dem Versuch geprägt, das besagte protologische Apriori christologisch aufzubrechen, ohne dabei dessen Wahrheitsmoment zu negieren: Was Luther vorschwebt ist eine umfassende christologische Transsignifikation alltäglicher Begriffe wie Gottheit, Menschheit, Kreatur oder (Un-)

Einführung

3

Endlichkeit. Im Kontext christologischer Rede gebraucht erhalten diese Begriffe nach Luther alle eine neue, übertragene Bedeutung, die ihre ursprüngliche nicht einfach negiert, sondern an sie anknüpft und sie in einen von der in Christus erschienenen neuen Gemeinschaft von Gott und Mensch geprägten, heilsamen Kontext transponiert. Indem er Gottheit und Menschheit also nicht als fest definierte Wesenheiten, sondern als in unterschiedlichen Kontexten auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlichen Bedeutungen zu verwendende sprachliche Begriffe faßt, antizipiert er in erstaunlicher Weise einen fundamentalen modernen Kritikpunkt an der klassischen Zweinaturenchristologie und ebnet so - Jahrhunderte vor Schleiermachers klassischer subjektivitätstheoretischer Uminterpretation des Zweinaturendogmas - einen Weg für eine christologische Neuorientierung, der auch im Horizont modernen Problembewußtseins erfolgversprechend erscheint. Der vorliegende Band will somit nicht nur zu einem vertieften Verständnis von Luthers christologischem Neuansatz beitragen, sondern damit auch dessen Relevanz für die modernen Debatten in mehrfacher Hinsicht unter Beweis stellen. Er beschränkt sich also nicht auf eine Interpretation der christologischen Disputationen, sondern versucht, deren systematische Weichenstellungen im Kontext der Theologie Luthers insgesamt sowie dem ihrer Vor- und Nachgeschichte darzustellen. Der einleitende Beitrag von Oswald Bayer bietet dabei so etwas wie eine Zusammenschau des gesamten Projekts: Nach einem einleitenden Überblick über die Forschungslage zu Luthers Christologie behandelt er Luthers Verhältnis zur altkirchlichen und mittelalterlichen christologischen Tradition, um dann systematisch die Besonderheiten von Luthers christologischem Ansatz aus dem Kontext seiner reformatorischen Theologie zu verdeutlichen und schließlich in Anknüpfung an die moderne Debatte Anfragen und Anregungen Luthers für gegenwärtige Konzeptionen zu formulieren. Der anschließende Beitrag von Benjamin Gleede unterzieht das Selbstverständnis Luthers in der Disputation von 1540, nichts anderes wiederzugeben als die in Chalkedon formulierte ,fides catholica', einer kritischen Prüfung. Im Zentrum steht dabei die Frage, inwiefern die altkirchliche Christologie tatsächlich auf ,Idiomenkommunikationslehre' reduziert werden kann, die anhand einer Nachzeichnung der Entstehung von Grundformel („in concreto, non in abstracto") und Begriff ,Idiomenkommunikation' bedingt positiv beantwortet wird. Anna Vind widmet sich daraufhin den im Konzept der ,nova lingua' zusammengefaßten sprachphilosophischen Aspekten der Disputation, hauptsächlich im Zusammenhang mit Luthers metaphern-

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Einführung

theoretischen Äußerungen aus dem Antilatomus und der großen Abendmahlsschrift, die auf ihre Beziehung zu Quintilian hin untersucht werden. Anschließend liefert Gottfried Seebass einen kurzen Überblick über die Entwicklung von Luthers Christologie im Zusammenhang mit seiner Abendmahlsauffassung von der frühen Auseinandersetzung mit dem altgläubigen Sakramentsverständnis über die verschiedenen Dispute mit schwärmerischen' Gruppierungen bis hin zum Streit mit Schwenckfeld und Krautwald, um dann die genaueren Hintergründe der Disputation von 1540 und ihrer Publikation (1543) selbst näher zu beleuchten. Der folgende Beitrag von Paul R. Hinlicky liefert schließlich einen laufenden theologischen Kommentar zur Thesenreihe von 1540, der diese als einen Text auszuweisen sucht, der den in der Forschung immer wieder gegen Luther geäußerten Monophysitismus- oder gar Doketismusverdacht ein für allemal ausräumen sollte. Zum Abschluß bietet Jörg Baur eine ebenso eindringliche wie umfassende Analyse und Darstellung der hauptsächlich in den Abendmahlsschriften gegen Zwingli entwickelten Ubiquitätschristologie Luthers und ihrer Rezeption bis in das 17. Jahrhundert. Dabei versucht er zu erweisen, daß allein die württembergische Tradition von Johannes Brenz bis Lukas Oslander dem Jüngeren und Theodor Thumm deren genuines Verständnis zu bewahren und es konsistent zu artikulieren vermochte, wohingegen der hinter dem achten Artikel der Konkordienformel stehende christologische Entwurf des Martin Chemnitz als in sich nicht konsistenter Kompromißversuch zwischen traditionellem und lutherischem Ansatz zu bewerten sei. Hoffentlich kann dieser Band etwas dazu beitragen, daß auch im Kontext der modernen Debatte eine - sicherlich kritische - Anknüpfung an die in diesem Band dokumentierte genuine Rezeptionstradition durch Aufnahme der dort eher vernachlässigten sprachphilosophischen Anregungen Luthers möglich wird.

Das Wort ward Fleisch

Luthers Qnristologie als Lehre von der Idiomenkommunikation1 Oswald Bayer

1. Ein Blick auf die Forschungs- und Rezeptionsgeschichte In der liberalen Theologie, besonders der Ritschischule, die das Melanchthonwort von den beneficia Christi2 auf ihre Flagge geschrieben hatte, galt die Zwei-Naturen-Lehre und mit ihr das Lehrstück von der Idiomenkommunikation als obsolet. Schon Schleiermacher hatte in seiner Christologie dekretiert, daß aus „der hier dargelegten Beschaffenheit des Seins Gottes in Christo und der Notwendigkeit, die Behandlung des höchsten Wesens als eine Natur aufzugeben, so wie aus dem, was schon über die göttlichen Eigenschaften gelehrt worden, [...] schon von selbst" folge, „daß die Theorie von einer gegenseitigen Mitteilung der Eigenschaften beider Naturen aneinander ebenfalls aus dem Lehrbegriff zu verweisen und der Geschichte desselben zu überliefern ist". 3

Die Geltung der altkirchlichen Christologie wurde im Blick auf eine zeitgemäß zu verantwortende Soteriologie bestritten. Anders als mit dieser schroffen Ablehnung der Zwei-NaturenLehre verhält es sich mit der Paradoxchristologie der Dialektischen Theologie und jener Lutherrenaissance, die sich mit ersterer verbunden hat. Zumal für den frühen Barth stellte das Paradox die einzige Möglichkeit dar, von der Menschwerdung Gottes zu reden. Da Theologie immer 1

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Der Text ist nicht zuletzt in der Arbeitsgemeinschaft mit Martin Abraham, Dr. Klaus Bannach und Benjamin Gleede entstanden; den beiden letzteren sowie Frau Prof. Dr. Luise Abramowski danke ich besonders für Anregungen und Nachweise, die dem dogmengeschichtlichen Teil (3.) zugute gekommen sind. Ph. Melanchthon, Loci Communes 1521, lat.-dt. hg. Luth. Kirchenamt der VELKD, übers, v. H.G. Pöhlmann, Gütersloh 1993, 22: „[...] hoc est Christum cognoscere beneficia eius cognoscere, non quod isti docent, eius naturas, modos incarnationis contueri". F. Schleiermacher, Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt, hg. M. Redeker, Bd.2, Berlin I960, 74 (§ 97,5).

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Das Wort ward Fleisch

zugleich sie et non zu sagen habe, könne auch von Christus nur im Oszillieren zwischen Negation und Position gesprochen werden; er selbst bleibe als „Mitte unfaßlich und unanschaulich". 4 Die Unfaßlichkeit dieser Mitte führt Barth dazu, „gegenüber dem lutherischen est wie gegenüber der lutherischen Heilsgewißheit eine gewisse letzte Distanz zu wahren. Ob die Theologie über die Prolegomena zur Christologie je hinauskommen kann und soll? Es könnte ja auch sein, dass mit den Prolegomena bereits Alles gesagt ist."5 Die negative Dialektik der dialektischen Theologie, nach der der Mensch von Natur aus Gott in keiner Weise erkennen kann, sieht sich legitimiert durch das paulinische „Wort vom Kreuz" (IKor l,18f.) - in unmittelbarer Verbindung mit der zugespitzt in den Thesen 19 und 20 der Heidelberger Disputation (1518) von Luther proklamierten „theologia crucis". 6 Walther von Loewenich hat in seiner 1929 erschienenen Doktorarbeit Luthers theologia crucis7 dieser Sicht Nahrung gegeben; Luthers „Theologia crucis" wurde, abstrakt prinzipialisiert, in der Folgezeit „strikt als ein neues theologisches Erkenntnisprinzip" 8 verstanden. Doch konnte Luthers Rezeption der altkirchlichen Chri-

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8

K. Barth, Das Wort Gottes als Aufgabe der Theologie (1922), in: J. Moltmann (Hg.), Anfänge der dialektischen Theologie, Bd.l, TB 17, München 1972,197-218, hier: 212. Ebd., 218 (Herv. aufg). Vgl. O. Bayer, Theologie, HST 1, Gütersloh 1994, 311-315. Barth blieb nicht bei der Paradox-Christologie seiner frühen Phase stehen. Rückblikkend urteilte er, der scharfe dialektische Einspruch sei gegen den Kulturprotestantismus zwar nötig, in seiner Einseitigkeit aber doch „ein bißehen arg unmenschlich" gewesen (Die Menschlichkeit Gottes, ThSt 48, Zürich 1956, 8). „War der Eindruck mancher Zeitgenossen ganz unbegründet, hier möchte alles darauf hinauslaufen, [...] Gott zur Abwechslung auf Kosten des Menschen groß zu machen [...]?" (ebd.; Herv. aufg.). Wie für seine gesamte Theologie, so wird auch für die Christologie des mittleren und späten Barth die Figur der Analogie beherrschend. WA 1, 361,32ff.: „Non ille digne Theologus dicitur, qui inuisibilia Dei, per ea, quae facta sunt, intellecta conspicit [...] Sed qui uisibilia et posteriora Dei per passiones [et] crucem conspecta intelligit [...]. Theologus gloriae dicit, Malum bonum, [et] bonum malum, Theologus crucis dicit, id quod res est". W. v. Loewenich, Luthers theologia crucis, Forschungen zur Geschichte und Lehre des Protestantismus Π/2, München 1929. Von einem „Programm der theologia crucis" in Luthers gesamtem Schrifttum läßt sich allerdings nicht sprechen. Die Wendung „theologia crucis" begegnet nur 1518/19 an wenigen Stellen; Nachweise: Bayer, Theologie, 44. J. Moltmann, Der gekreuzigte Gott. Das Kreuz Christi als Grund und Kritik christlicher Theologie, München 1972, 193. Moltmann übernimmt diesen Gedanken von H. J. Iwand, Nachgelassene Werke, hg. H. Gollwitzer u.a., Bd.2, München 1966, 381398 („Theologia crucis"). Zum Problem: O. Bayer, Passion und Wissen, in: ders., Gott als Autor. Zu einer poietologischen Theologie, Tübingen 1999, 255-265, hier: 258f.(„Theologia crucis naturalis").

Luthers Christologie als Lehre von der Idiomenkommunikation

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stologie und Trinitätslehre auch hier in ihrem theologischen Gewicht nicht wirklich wahrgenommen werden.9 Inzwischen mehren sich die Stimmen, die dieser Rezeption keine rein formale oder marginale, sondern eine konstitutive Bedeutung für Luthers ganze Theologie zuschreiben. Dies kann zum einen in der Absicht ökumenischer Verständigung mit der römisch-katholischen, vor allem aber mit der Ostkirche so geschehen, daß Luther ganz in die Kontinuität der fides catholica hineingestellt wird - wie bei Robert Jenson. In ähnlicher Perspektive hat die finnische Lutherforschung um Tuomo Mannermaa im Zuge ihrer Bemühung um die soteriologische Bedeutung des Seins Jesu Christi im Glaubenden versucht, die Denkvoraussetzungen der genannten Irrwege der Lutherinterpretation forschungsgeschichtlich aufzudecken und zu kritisieren, wie es beispielsweise in der Arbeit Risto Saarinens Gottes Wirken auf uns. Die transzendentale Deutung des Gegenwart-Christi-Motivs in der Lutherforschung geschieht.10 Dem steht jene Perspektive gegenüber, in der - im sachlich begründeten Interesse einer Betonung der Eigenständigkeit des Luthertums, unter Vermeidung katholisierender und ontologisierender Tendenzen Luthers Zuspitzung der Zweinaturenlehre auf die Idiomenkommunikation in der Tat als „neues Dogma" 11 wahrgenommen wird. Hier sind besonders die Arbeiten von Jörg Baur zu nennen, der Luthers Christologie von ihren klassischen Erben, vor allem den Württembergern von Johannes Brenz bis Lukas Oslander II. und Theodor Thumm - , her erschloß.12

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Zur Rezeption Luthers im frühen 20. Jahrhundert vgl. auch: C. Markschies, Luther und die altkirchliche Trinitätstheologie, in: ders./M. Trowitzsch (Hgg.), Martin Luther - Zwischen den Zeiten. Eine Jenaer Ringvorlesung, Tübingen 1999, 37-85, hier: 38-42. Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz Bd. 137, Abt. Religionsgeschichte, Stuttgart / Wiesbaden 1989. Auf die Christologie der finnischen Lutherforschung beziehen sich implizit: O. Bayer, Das Sein Jesu Christi im Glauben, und ders., Das Wunder der Gottesgemeinschaft, in: ders., Gott als Autor, 112-136. S.u. bei Anm. 80. Luther und seine klassischen Erben. Theologische Aufsätze und Forschungen, Tübingen 1993; vgl. auch u. Kap. 6.

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Das Wort ward Fleisch

2. „der fröhliche Wechsel und Streit dieweil Christus ist Gott und Mensch" Mitten in die Sache führt uns Luthers bekannte - vielleicht auch nur vermeintlich bekannte - Rede vom „fröhlichen Wechsel" in seinem Freiheitstraktat: „So hatt Christus alle guetter und Seligkeit, die seyn der seelen eygen. So hatt die seel alle untugent und sund auff yhr, die werden Christi eygen. Hie hebt sich nu [an] der froelich wechßel und streytt. Die weyl Christus ist gott und mensch, wilcher noch nie gesundigt hatt, und seyne frumkeyt [d.h. Gerechtigkeit] unuebirwindlich, ewig und almechtig ist [...]". 1 3

In der lateinischen - der ausführlicheren und gelehrten - Version heißt es (in deutscher Übersetzung): „Weil nämlich Christus Gott und Mensch in einer und derselben Person ist, die nicht gesündigt hat, nicht stirbt und nicht verdammt wird, sondern weder sündigen, noch sterben, noch verdammt werden kann, und weil seine Gerechtigkeit, sein Leben, sein Heil unüberwindlich, ewig, allmächtig ist [...], deshalb ist alles in ihm verschluckt [und überwunden; IKor 15,54] durch einen Staunen weckenden Zweikampf", ein „stupendum duellum". 1 4

Der Freiheitstraktat steht auch bei vielen Neuprotestanten hoch im Kurs, scheint er doch für den Zeitgenossen plausible Themen wie ,Freiheit des Glaubens', Innerlichkeit', individuelle Frömmigkeit', mit einem Wort: ein undogmatisches, , freies' Christentum zu propagieren. In der Tat kommen harte Themen der Dogmatik wie unfreier Wille, bestimmte Aspekte der Gotteslehre, Ekklesiologie oder Eschatologie im Freiheitstraktat nicht oder nur implizit vor. Umso gewichtiger ist demgegenüber nun - was jedoch zumeist geflissentlich übersehen wird - , daß die angenehmen und ,erbaulichen' soteriologischen Aussagen aufs engste mit der materialen Christologie verknüpft sind. Und diese reicht zurück bis weit in die Alte Kirche: Das Rechtfertigungsgeschehen im „fröhlichen Wechsel" wird nicht anders begründet als mit der Zweinaturenlehre! Handelt es sich dabei um theologiegeschichtliche Eierschalen? Um eine zufällige, unwesentliche Bezugnahme? Oder aber um eine jedenfalls für Luther unersetzbare, für den Sachverhalt wesentliche Begründung? Wer Luther beim Wort nimmt, wird das Letztere behaupten: Die Rechtfertigung des Sünders geschieht nur und allein, „cum enim Chri13 14

WA 7,25,32-36. Ebd., 55,8-16: „Cum enim Christus sit deus et homo eaque persona, quae nec peccavit nec moritur nec damnatur, sed nec peccare, mori, damnari potest, Eiusque iustitia, vita, salus insuperabilis, aeterna, omnipotens est [...] necessario in ipso absorpta sunt stupendo duello" (zur Christologie vgl. auch ebd., 56,15-34).

Luthers Christologie als Lehre von der Idiomenkommunikation

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stus sit deus et homo eaque persona [...]" - „weil nämlich Christus Gott und Mensch in einer und derselben Person ist [...]"·15 Der Wechsel als Ortsveränderung und Versetztwerden in einen neuen Raum (Kol 1,13), um den es im Verständnis der Person Christi geht, wird von Luther in seiner Auslegung von Joh 14,20 („An jenem Tage werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch.") so gepredigt, daß er die Zweinaturenlehre in den Zusammenhang der Frage stellt, was in Anfechtung und Todesangst Bestand hat: Die Person Christi ist es, die Gott als Vater zeigt und uns in sich und damit auch in ihn hineinnimmt. „Denn so man des gewis ist, das, was er dencket, redet und will, der Vater auch will, so kann ich alle dem trotz bieten, was da will zoernen und boese sein, Denn da habe ich des Vaters hertz und wille jnn Christo, Wo aber Gott fuer und mit uns ist (spricht S. Paulus [Rom 8,31]), was ists, das uns schaden sollte?"16 „[...] was jr seid, euch feilet und mangelt, wie jr sunder und verdampt seid und im tod stecket, Das ist alles jnn mir, da ligt es recht, Nu bin Ich im Vater, und was jnn mir ist, das ist auch im Vater, es heisse tod oder leben, sunde oder gerechtigkeit, Was aber jnn mir ist, das mus eitel gerechtigkeit, leben und Seligkeit sein".17

Wenn Tod und Teufel den auferstandenen Christus nicht mehr fressen können, so „sollen sie mich auch (so ich jnn jm bin) unverdampt und ungefressen lassen". 18 Unter Absehung von der Soteriologie käme es zu jener Verwirrung in der Christologie, an der dem Teufel liegt - nämlich: daß „wir beide, den Vater und jn sollen droben lassen sitzen, als sey und thue er nichts jnn uns". 19

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16 17 18 19

Vgl. die Verbindung von Christologie und Soteriologie in der Predigt über das Glaubensbekenntnis von 1538: „Und summa: Es hat der Teuffei keinen friede koennen haben, wo der liebe Christus gepredigt wird nach dem ersten Symbolo, das er sey Gott und mensch fur uns gestorben und erstanden" (WA 50, 268,15-18; Die drei Symbola oder Bekenntnis des Glaubens Christi). WA 45, 589,29-33 (Das 14. und 15. Kapitel S. Johannis gepredigt und ausgelegt; 1537). Ebd., 590,1-5. Ebd., Z.15f. Ebd., 592,8-10.

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Das Wort ward Fleisch

3. Luther und die christologische Tradition 3.1. Aufnahme der altkirchlichen Christologie bei Luther In seiner Disputation De divinitate et humanitate Christi von 1540 stellt Luther sich ohne Umschweife in die Tradition der „fides catholica" 2 0 : Der gemeinsame Glaube der Kirche ruht auf der Einheit von Gott und Mensch in Jesus Christus. Diesen Glauben formuliert Luther in seiner Zeit - mit Konsequenzen bis in unsere Tage - in der Auseinandersetzung mit Scholastikern wie mit Spiritualisten so, daß die christologische Pointe getroffen und ihre soteriologische Tragweite recht gelehrt und gehört wird. Für Luther sind dabei aus der altkirchlichen Christologie vor allem zwei Momente von großer Bedeutung: die „theopaschitische Formel" und die Idiomenkommunikation. (a) Die theopaschitische Formel läßt sich in ihrer Bedeutung kaum überschätzen, bildete sie doch gerade in der Zeit der christologischen Dogmenbildung den „einzigen Wellenbrecher" im „allgemeinen Strom" 2 1 des Axioms vom apathischen, leidüberlegenen und leidensunfähigen Gott. Sie findet sich in ihrer geprägten Form im frühen 6. Jahrhundert bei Johannes Maxentius 2 2 und lautet: ένα της άγί,ας Τριάδος πεπονθέναι σαρκ'ι, unus ex trinitate carne passus (bzw. crucifixus) est, 23 einer aus der heiligen Dreieinheit hat im Fleisch gelitten (bzw. wurde gekreuzigt). Dieser Satz war und ist einem metaphysischen Gottesbegriff - der sich für die Eigenschaften der Unnahbarkeit, Unveränderlichkeit und Überweltlichkeit ja auch auf manche Schriftaussagen wie etwa Jak 1,17 beziehen kann - bleibend anstößig.

20 21

W A 39/Π, 93,2f. (Th.l). Zu den dogmengeschichtlichen Kenntnissen und Quellen Luthers vgl. Markschies, Trinitätstheologie, 44-55. W. Eiert, Die Theopaschitische Formel, ThLZ 4/5 (1950), 195-206, hier: 196.

22

Für die Wirkungsgeschichte der Formel ist Maxentius entscheidend; beinahe ein Jahrhundert früher findet sie sich bereits bei Proklus (434-446 Patriarch von Konstantinopel; vgl. A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Bd.2/2, Freiburg u.a. 1989, 334). Die mit ihr verbundene Sache freilich begleitete die christologische Debatte seit ihren Anfängen.

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534 von Rom gebilligt (vgl. DH 401). Vgl. den zehnten Kanon des Konzils von Konstantinopel (553): „Wer leugnet, daß unser im Fleisch gekreuzigter Herr Jesus Christus wahrer Gott und Herr der Herrlichkeit [vgl. IKor 2,8] und einer der heiligen Dreifaltigkeit ist, der sei mit dem Anathema belegt." (DH 432).

Luthers Christologie als Lehre von der Idiomenkommunikation In s e i n e m k l a s s i s c h z u n e n n e n d e n A u f s a t z z u r

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theopaschitischen

F o r m e l 2 4 zeigt Eiert, w i e die M e h r z a h l der K i r c h e n v ä t e r trotz ernstgem e i n t e r B e k e n n t n i s s e z u r A u t o r i t ä t der Schrift s a m t d e r e n Passionsberichten in d e r Systematik ihrer Christologie u n d G o t t e s l e h r e d o c h d e m A p a t h i e - A x i o m verhaftet blieben.25 „Der Origenesschüler Gregor Thaumaturgos stellt in seinem Dialog über ,die Leidensunfähigkeit und Leidensfähigkeit Gottes' natürlich das A x i o m der Apathie an die Spitze [...]. Hat Gott tatsächlich doch das Leiden auf sich genommen, so hat er gerade im Leiden seine Leidensunßhigkeit erwiesen. Denn erstens litt er freiwillig - ein Leiden ohne Z w a n g ist kein wirkliches Leiden. Zweitens ist er des Leidens wirklich Herr g e w o r d e n - der Diamant erleidet den Schlag des Eisens und erleidet doch keinen Schaden, beweist also gerade so seine Leidensunfähigkeit. Drittens ging er ohne Furcht in den Tod, w u r d e nicht v o m Schmerz bewegt, nicht im Tode festgehalten." 2 6 A u c h nach der Festschreibung der Wesenseinheit Christi mit d e m Vater ( N i c ä a 3 2 5 ) blieb d a s A p a t h i e - A x i o m z u n ä c h s t n o c h v o r h e r r s c h e n d .

24 25

26

Zu neueren Differenzierungen und Korrekturen an Elerts Aufsatz vgl. u. Anm. 26. Seine systematische Kernthese wird dadurch nicht falsifiziert. So z.B. Tertullian in seinem Kampf gegen den modalistischen Patripassianismus (Eiert, Formel, 195) und vor allem Clemens von Alexandrien. Bei ihm erscheine „das Christusbild wie umgelegt, damit man sieht, was oder wer eigentlich dahintersteckt. Dahinter blickt man in das unbewegliche affektlose Antlitz des Gottes Piatos, vermehrt um einige Züge der stoischen Ethik. Das Christusbild ist dabei nur ein Vordergrund. Die Platonische Apathie Gottes bildet von jetzt ab das Apriori der gesamten orthodox-kirchlichen Gottesvorstellung" (ebd., 196) - bis sich letztlich dann doch die theopaschitische Formel durchsetzte. Ebd., 196. L. Abramowski, Die Schrift Gregors des Lehrers „Ad Theopompum" und Philoxenus von Mabbug, ZKG 89 (1978), 273-290, hält eine Verfasserschaft des Gregor Thaumaturgos für unmöglich und schreibt die Schrift einem „Gregor dem Lehrer" zu. Wichtiger für unsere Fragestellung ist jedoch ihre der Elertschen entgegengesetzte Deutung des Textes: „Die heidnische Position, der Gregor sich gegenüber sieht, läßt sich hinsichtlich der Person Jesu wahrscheinlich auf folgenden Nenner bringen: die Christen haben einen Gott Jesus, der ist aber gestorben, wie sie selber verkünden, und das auch noch am Kreuz - also kann er nicht Gott sein, denn Gott ist per definitionem leidensunfähig. Das Thema der Diskussion ist denn auch: ist Gott etwa nicht leidensunfähig? Daß Jesus Gott ist, ist die Position Gregors; er teilt mit seinen Gegnern die Auffassung, daß Gott per definitionem leidensunfähig ist. [Anm. 56 urteilt Abramowski: „die Lösungsversuche der Theologen haben das Problem tatsächlich nicht gelöst".] Leiden und Tod sind aber derartig Zentrum der christlichen Botschaft, daß er für das Auftreten Jesu in dieser Welt die wundervolle Formel vom Kommen Gottes zum Tode findet." (Ebd., 289) Vor dem - für sie selbstverständlichen - Hintergrund der Apathie Gottes betont also Abramowski den Stellenwert gerade der Leidensaussagen Gregors (ebd., 289f.), während Eiert umgekehrt das Festhalten am Apathie-Axiom scharf kritisiert: Die „Grenze zum Doketismus" sei „überschritten" (Formel, 196). Diese Gegensätze in der Deutung sind ein Beleg für die Schwierigkeit, die Überwindung des Todes durch Gott in Jesus Christus systematisch unmißverständlich zu formulieren.

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Das Wort ward Fleisch

Nicht nur war der Arianismus bemüht, das δμοούσιος aufzuweichen. Auch in der Antiochenischen Christologie wirkte - von Eusthatius bis Nestorius - das Apathie-Axiom weiter. Die Antiochener hielten zwar an der Wesenseinheit fest, begrenzten diese aber sozusagen auf die göttliche Seite Christi und rückten sein menschliches Leiden davon ab. Nur eine Minderheit vertrat damals mit Athanasius und später mit Kyrill jene Position, die sich schließlich als orthodox erweisen sollte, indem sie sowohl an der theopaschitischen Formel als auch an der Homoousie festhielt und dafür den Apathie-Satz opferte. Athanasius sprach bereits davon, dass der göttliche Logos sich τά \δια τοΰ σώματος zu eigen gemacht habe.27 Der Apathiesatz gilt hier - wie später auch bei Luther - nur noch in bezug auf die Gottnatur an sich, nicht aber im Blick auf Gott fiir uns: Gott ist insofern Gott für uns, als er sich mit Christus vereinigt und in ihm gelitten hat. Gerade hier zeigt sich bereits in der Alten Kirche die Verbindung von Zwei-Naturen-Lehre und „geschichtlichem Christus", die Eiert gegen von Harnacks Kritik an der altkirchlichen Dogmenbildung geltend macht.28 Es ist darauf hinzuweisen, daß in der Alten Kirche und entsprechend auch in der Dogmengeschichtsschreibung „Theopaschi(ti)smus" - anders als bei Eiert - vorwiegend im Sinne eines Leidens „der Gottheit Christi als solcher" verstanden und daher kritisch beurteilt wird.29 So lehnt beispielsweise Severus von Antiochien (ca. 456-538) den Theopaschi(ti)smus ab, obwohl er sachlich genau das meint, worum es auch Eiert geht: „Wir halten ja in unserem Geist nicht den sogenannten Theopaschismus, das sei ferne; sondern sagen, daß der Herr der Herrlichkeit, wie geschrieben steht, im Fleisch gelitten habe (vgl. IPetr 4,1; IKor 2,8). Obwohl es nämlich dem Leib eigen ist zu leiden, so wurde das leidenslose Wort einem des Leidens fähigen Leib geeint; und weil der Leib ihm eigen ist, so wird auch das Leiden von ihm ausgesagt." 3 0

Die nötige Differenzierung erbringt hier erst der Blick auf die Idiomenkommunikation, auf die in dieser Funktion allerdings weder Eiert noch Grillmeier31 explizit eingehen. Im neuchalcedonischen Kontext wurde die theopaschitische Formel dann tatsächlich zur „via media zwischen Nestorius und Eutyches", 32 weil dann vom Leiden Gottes in Christus

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Ebd., 197; vgl. u. bei Anm. 42-48. Ebd., 199f. Grillmeier, Jesus der Christus Π/2,53; vgl. ebd., 146.164.197 u.ö. Severus von Antiochien nach Grillmeier, ebd., 53. Ausnahme: Ebd., 130. Die „übliche Idiomenkommunikation" wird hier allerdings nur en passant erwähnt - anders dann Luther (s.u. Abschnitt 4.1.). Ebd., 336.

Luthers Christologie als Lehre von der Idiomenkommunikation

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gesprochen werden konnte, „ohne daß das Leiden der göttlichen ,Natur' zugeschrieben wird, wie es bei Apolinarius der Fall ist". 33 Es wäre also um der Klarheit willen zwischen einem häretischen - apolinarischen - und einem chalcedonensisch-orthodoxen Theopaschismus zu unterscheiden. 34 War der Sache nach der Gegensatz zwischen theopaschitischer Formel und Apathie-Axiom bereits im 4. Jahrhundert voll entfaltet, so gewann er im Umfeld von Chalcedon noch einmal an Schärfe, als die Formel im oben zitierten Wortlaut geprägt wurde. 35 ,,[D]rastischer konnte nicht gesagt werden, [...] dass die göttliche Christusperson Subjekt des Erleidens ist." 36 Obwohl diese Interpretation des Chalcedonense sich durchsetzte, scheuten sich aber häufig auch weiterhin selbst deren Befürworter, die vollen Konsequenzen für die Menschlichkeit und damit das Leiden Gottes in Christus zu ziehen. Von Kyrill über Bernhard von Clairvaux bis zu den Scholastikern bildete vor allem der Ruf Christi am Kreuz „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Mk 15,34) eine crux interpretum.37 Erst Luther habe „den Verlassenheitsruf des Gekreuzigten als Ausdruck der ganz persönlichen Not, ohne alle doketischen Ausflüchte verstanden".38 „,[A]lliß, was Christus thut odder leydet, hatt gewißlich gott than unnd gelieden'. Das ist die theopaschitische Formel. ,[W]iewol', fügt Luther hinzu, ,doch nur eyner natur dasselb begegnett ist' (WA 10/1/1, 150,22[f.]). Das ist das limitie-

33 34 35

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38

Ebd., 531. So auch im Sachregister bei Grillmeier, s.v. „Theopaschismus" (ebd., 587). Vgl. o. bei Anm. 23. Nach Eiert ist es erst diese Formel, die die Zwei-Naturen-Lehre letztlich soteriologisch zuspitzt. Ohne die theopaschitische Zuspitzung hätte vermutlich auch Nestorius die symmetrischen Aussagen des Chalcedonense über Hypostase und Naturen unterschreiben können (Formel, 200). Eiert, Formel, 201. Vgl. ebd., 201f. Zwar rückte in der Westkirche das Kreuz „vom Rande in den Mittelpunkt des Heilsgeschehens, und die theopaschitischen Formeln sind immer volkstümlich geblieben. Aber sie sind meistens nur Ausdruck eines vordergründigen Modalismus und jedenfalls sind, abgesehen von den Victorinern, bis auf Luther in der Schuldogmatik tiefere Wirkungen auf die Christologie, geschweige denn auf die allgemeine Gotteslehre kaum zu spüren." (Ebd., 203). Ebd., 203. Vgl. paradigmatisch Luthers Predigt am Karfreitag (18. April) 1522 (WA 10/ΙΠ, 72-80).

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Das Wort ward Fleisch

rende σαρκ'ι Kyrills und der Chalcedonenser",39 antipatripassianisch - durchaus aufnimmt.40

das

Luther

-

Im Blick auf die Frage der gegenwärtigen Geltung der theopaschitischen Formel meint Eiert - er schreibt fünf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs nur mit ihrer Hilfe könne die Theologie überhaupt noch Anspruch auf Weltdeutung erheben. Denn die Leidfrage sei die Frage der Moderne überhaupt. „Jede Christologie, die überhaupt etwas Triftiges zu sagen hat, interpretiert die Welt von der Not her. Alles andere kann sie den Physikern und Metaphysikern überlassen." 41 (b) Der Sache nach begegnet die dann klassisch werdende Regel „non est communicatio idiomatum in abstractione, sed in concretione, quia Deitas non est humanitas, sed Deus est homo", 42 auf die Luther dann in seiner besagten Disputation zurückgreifen wird, 43 erstmals in De fide orthodoxa, dem theologiegeschichtlich einflußreichen Kompendium des Johannes Damascenus. 44 Dessen Voraussetzung wiederum war die theologische Arbeit der nachchalcedonensischen Theologie des sechsten

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44

Eiert, Formel, 203. Gleichwohl habe erst Luther den Tod Gottes nicht nur biologisch, sondern auch theologisch voll zu Ende gedacht in dem Sinn, „dass Gott die bei ihm selbst durch den Widersatz der Kreaturen entfachten Zornesmächte in seinem Sohn auf sich selbst gezogen hat, um die Welt von ihnen zu erlösen [...]. Der Angriff auf den Platonischen Gottesbegriff, der von Anfang an in der theopaschitischen Formel enthalten war, wurde von Luther zu Ende geführt." (Ebd., 204.) Ohne den Zusatz „im Fleisch" käme es wieder zu der Frage, wie sie seit 510 im Streit um das Trishagion diskutiert wurde: Muß es rein christologisch oder kann bzw. muß es auch konsequent trinitätstheologisch interpretiert werden? Im zweiten Fall hätte der Trishagion-Zusatz „der für uns gekreuzigt worden ist" Rückwirkungen für das Verständnis auch der beiden anderen Personen der Trinität; dies wurde als weit anstößiger empfunden: „Kann denn einer aus der Trinität (als solche genommen) leiden, ohne daß das Leiden der Gottheit zugeschrieben wird?" (Grillmeier, Jesus der Christus Π/2, 270). Zu diesem Problem auch: L. Abramowski, Die Mosaiken von S. Vitale und S. Apollinare in Classe und die Kirchenpolitik Kaiser Justinians, Zeitschrift für Antikes Christentum 5 (2001), 289-341, hier: 301f.311-313. Eiert, Formel, 204. So bei Bonaventura, In sent. I d.33 a.l q.3 ad 4 (Doctoris Seraphici Bonaventurae Commentaria in IV libros Sententiarum, Quaracchi 1887,1,578; Herv. O.B.). WA 39/Π, 93,4-17 (Th. 2-9). Luther folgert die Idiomenkommunikation direkt aus der Zweinaturenlehre (Th. 1; vgl. o. Absch. 2): „Ex hac veritate geminae substantiae et unitate personae sequitur ilia, quae dicitur, communicatio idiomatum" (WA 39/Π, 93,4f.[Th.2]). Es folgt die Entfaltung der Formel: In Christus können menschliche Eigenschaften von Gott ausgesagt werden und umgekehrt (Th.3). In ihm hat Gott also gelitten und ist gestorben (Th.4). Christus als „iste homo" und „Deus iste" (Th.4) steht jedoch nicht unvermittelt für das abstractum „Menschheit" (Th. 5-7), weil die abgesehen von ihm bestehende „Synonymität" (in diesem Fall: semantische Identität) von „Mensch" und „Menschheit" (Th.8) im Blick auf ihn, der ohne Sünde ist (Heb 4,15), nicht gilt. De fide orthodoxa ΙΠ,4 (PTS 12,117f./BKV 44,122f.) Vgl. zu diesem Text u. Kap. 2 bei Anm. 10-12.

Luthers Christologie als Lehre von der Idiomenkommunikation

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Jahrhunderts, die eine Konzeption von Einung der göttlichen und der menschlichen Natur κατά τήν Ί)πόστασιν entwickelte, die sowohl die nestorianische These einer Zusammensetzung zweier Hypostasen als auch die monophysitische einer zusammengesetzten Natur vermeiden wollte und daher ihr Augenmerk auf die Idiome, die Eigenschaften und Eigentümlichkeiten der jeweiligen Natur richtete.45 Nicht von „der Gottheit" oder „der Menschheit" schlechthin ist dabei die Rede - etwa gar in jeweiliger Isolierung - , sondern von deren Eigenschaften, wie sie in der Person Christi einander Anteil geben und sich durchdringen. Der Damaszener schreibt: „Wenn wir nun von der Gottheit [an sich] sprechen, legen wir ihr nicht die Idiome der Menschheit bei, denn wir nennen die Gottheit nicht leidensfähig oder geschaffen. Noch prädizieren wir die Idiome der Gottheit vom Fleisch oder der Menschheit, denn wir nennen das Fleisch oder die Menschheit nicht ungeschaffen. Bei der Person [Christi] aber - ihr legen wir die Idiome beider Naturen bei, sowohl wenn wir sie aus beiden, als auch wenn wir sie nur aus einem Blickwinkel benennen. [...] Und dies ist die Art der wechselseitigen Anteilgabe, wenn jede Natur der anderen an ihren Idiomen [Eigentümlichkeiten] durch die Selbigkeit der Person und ihre gegenseitige Durchdringung Anteil gibt." 4 6

Den entscheidenden Fortschritt, den die Idiomenkommunikation gegenüber der ersten Phase der christologischen Lehrbildung erbrachte, zeigt ein Rückblick auf den Tomus Leonis von 449. Zwar ist auch dort die Rede von den propria (ιδιώματα) der Naturen - doch wird noch keine Anteilhabe, keine Kommunikation gedacht: „Agit enim utraque forma cum alterius communione quod proprium est: Verbo scilicet operante quod Verbi est, et came exsequente quod carnis est. Unum horum coruscat miraculis, aliud succumbit iniuriis." 47

Die Rede von der Einheit bleibt hier noch unanschaulich 48 Erst durch die Kommunikation der Idiomata wurde es möglich zu formulieren: Gott hat gelitten, Gott ist gestorben - in Christus! Halten wir als Ergebnis dieses kurzen Ausflugs in die altkirchliche Dogmengeschichte fest: a) Gott ist in Christus nicht leidensunfähig; b) in Christus geschieht eine wirkliche, konkrete Einigung beider Na45 46

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48

Vgl. dazu u. Kap. 2 Absch. 3. De fide orthodoxa (s.o. Anm. 44). Vgl. wiederum Luthers Disputation: „Si intelligis divinam naturam pro tota divinitate seu unitate, tunc argumentum est falsum" (WA 39/11,110,11-13). „Est magna differentia inter concreta et abstracta" (Ebd., 116,9). „Es tut nämlich jede der beiden Gestalten unter Gemeinschaft mit der anderen, was ihr eigentümlich ist: der Logos nämlich, indem er wirkt, was dem Logos zugehört, und das Fleisch, indem es ausführt, was dem Fleisch zugehört. Eines von beiden leuchtet auf in den Wundern, das andere unterwirft sich der Ungerechtigkeit." (DH 294, c.4). Vgl. Eiert, Formel, 201.

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Das Wort ward Fleisch

turen, jedoch keine monophysitische Verschmelzung. Diese beiden Momente übernimmt Luther in seine Christologie, die er in spezifischer Weise auf die Idiomenkommunikation zuspitzt.49

3.2. Luthers Auseinandersetzung mit der scholastischen Christologie Kennzeichnend für die Scholastik war ihre gleichzeitige Verpflichtung gegenüber dem christlichen und dem philosophischen Erbe. Weil die Wahrheit für sie nur als eine und unteilbare denkbar war, mußte das, was in der Philosophie - mit Aristoteles als höchster Autorität - gilt, auch für die Theologie wahr sein und umgekehrt. Dies führte in der Christologie zu permanenten Spannungen: Auf der einen Seite stand der philosophische Grundsatz in Geltung: „finiti ad infinitum nulla est proportio".50 Andererseits blieb doch das Bewußtsein wach, daß eine Christologie in antik-philosophischen Kategorien immer zum Doketismus tendiert. Die Scholastiker suchten dieser Spannung gerecht zu werden, indem sie subtile Unterscheidungen ausarbeiteten, die es möglich machen sollten, von einer Einheit der Naturen zu reden, ohne aber zu Sätzen wie „Gott hat gelitten und ist gestorben" oder „Christus ist eine Kreatur" zu kommen, die als anstößig empfunden wurden.51 Zwar 49

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Im Bezug auf die Trinitätslehre heißt es bei Markschies vorsichtiger: „Natürlich darf man die hier vorgetragenen Beobachtungen nicht so mißverstehen, als ob Luther die traditionelle Trinitätslehre übernommen habe, ohne in ihr die reformatorische Grunderkenntnis von der Rechtfertigung allein aus Glauben theologisch zur Geltung zu bringen. Luther hat das überkommene altkirchliche Trinitätsdogma deswegen nicht materialiter umgebildet, weil sich die reformatorische Erkenntnis vom Deus pro nobis in der traditionellen Rede von einem Gott in drei Personen sachgemäß zur Geltung bringen läßt." (Trinitätslehre, 83). Eine eher neuprotestantische Interpretation - die entsprechend dazu neigt, bei Luther Umformungen zu diagnostizieren - bietet M. Ohst, Luther und die altkirchlichen Dogmen, in: Luther zwischen den Zeiten, 139-158. Gabriel Biel, Collectorium circa quattuor libros Sententiarum ΙΠ, Coll. V. Sievers et R. Steiger, ediderunt W. Werbeck et U. Hofmann, Tübingen 1979, 26 (d.l q.l a.3). Zur späteren Diskussion dieses Axioms vgl. u. Kap. 6, v.a. Absch. 4.5. So referiert beispielsweise Petrus Lombardus in seinen Sentenzenbüchern um 1150 folgende drei Positionen zur Frage, wie man den Satz „Gott wird Mensch" verstehen könne: a) Assumptionstheorie (wohl in bezug auf Hugo von St. Viktor): Inkarnation bedeute, dass ein erschaffener Mensch mit dem göttlichen Logos vereinigt, sozusagen vergottet werde. Petrus lehnt diese Sicht ab, weil sie (ähnlich wie die altkirchliche Logos-Christologie) keine volle Anteilhabe der Naturen aneinander, sondern nur die Ersetzung der menschlichen Seele durch den göttlichen Logos bedeute, b) Subsistenztheorie (wohl in bezug auf Gilbert von Poitiers): In der Inkarnation wird die zweite Person der göttlichen Trinität menschlich, so dass sie von nun an aus zwei Naturen zusammengesetzt ist, aber durch die göttliche im Sein gehalten wird.

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Luthers Christologie als Lehre von der Idiomenkommunikation s p r i c h t b e i s p i e l s w e i s e T h o m a s in d e r Summa

Theologiae

sinngemäß von

der I d i o m e n k o m m u n i k a t i o n - ohne dort den Begriff z u v e r w e n d e n 5 2 w e n n er eine gegenseitige Anteilhabe der concreta v o n Gottes-

und

M e n s c h e n n a t u r l e h r t . 5 3 D o c h s c h r ä n k t e r g l e i c h d a r a u f ein: E s h a n d e l e sich u m eine bloß teilweise Übertragung. „Daher wird das, w o r a n die menschliche Natur nicht Anteil n e h m e n kann (wie ungeschaffen oder allmächtig zu sein), auf keine Weise v o n der menschlichen Natur ausgesagt." 5 4 Erst

recht

nimmt

Thomas

die I d i o m e n k o m m u n i k a t i o n

nicht

ernst,

w e n n er e i n e n s y m m e t r i s c h e n A u s t a u s c h d e r E i g e n s c h a f t e n a b l e h n t : „Die göttliche Natur aber empfängt [weil sie immer schon vollkommen ist] nichts anteilhaftig von der menschlichen Natur; u n d daher kann, w a s der menschlichen Natur zugehört, auf keine Weise v o n der göttlichen Natur ausgesagt w e r d e n . " 5 5 D i e s b e d e u t e t n i c h t s a n d e r e s als d i e R ü c k k e h r d e s g r i e c h i s c h - m e t a p h y sischen Apathie-Axioms. A n d e r s als T h o m a s s e t z t e s i c h d i e f r a n z i s k a n i s c h e T r a d i t i o n seit D u n s Scotus u n d W i l h e l m v o n O c k h a m intensiv mit der Figur

der

I d i o m e n k o m m u n i k a t i o n a u s e i n a n d e r . D o c h s c h r e c k t e n a u c h s i e v o r ei-

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55

Petrus lehnt diese Sicht - die aus heutiger Sicht dem Chalcedonense am ehesten entspricht - ab, weil er sie im antiochenischen Sinn als Addition zweier Naturen und nicht als wirkliche Vereinigung versteht, c) Die vom Lombarden selbst favorisierte Habitustheorie geht auf Augustins Auslegung zu Phil 2,7 zurück („Er nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt" ): Einheit und Unveränderlichkeit der göttlichen Person seien nur dann gewahrt, wenn die menschliche Natur wie ein Habitus hinzukomme, vergleichbar dem Anziehen eines Kleidungsstücks. Nur ein solches akzidentelles Verhältnis könne die Kontamination des göttlichen Wesens mit allen möglichen Eigenschaften des angenommenen Menschen verhindern - ist doch für den Lombarden der Gedanke unerträglich, Gott hätte auch eine Frau (bei Biel heißt es gar: oder einen Esel [vgl. u. bei Anm. 79f]) annehmen können, so dass etwas der Gottheit Fremdes wie Weiblichkeit (oder später: Eselsnatur) in die göttliche Natur eingedrungen wäre. Diese Theorie wurde jedoch 1170 durch den späteren Papst Alexander ΙΠ. verworfen, da die Menschheit Christi hier zu kurz komme (vgl. DH 749). Die späteren mittelalterlichen Konzeptionen folgten der Subsistenztheorie, taten sich aber nach wie vor schwer mit einer direkten Prädikation menschlicher Eigenschaften von Gott und umgekehrt. Anders im Sentenzenkommentar, z.B. In Sent. ΠΙ d.22 q.l a.2 (vgl. L. Schütz, Thomas-Lexikon, Faks.-Neudr. d. 2., sehr vergrößerten Aufl., Stuttgart 1958, s.v. „communicatio idiomatum"). SThniq.16a.5ad2. Ebd., ad 3: „Unde ea quae participari non possunt a natura humana, sicut esse increatum aut omnipotentem, nullo modo de humana natura dicuntur." An diesem Punkt gingen später Luther und Brenz den entscheidenden Schritt weiter (s.u. Absch. 4.7.). Ebd.: „Divina autem natura nihil participative recipit ab humana natura. Et ideo ea quae sunt humanae naturae, nullo modo possunt dici de divina."

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Das Wort ward Fleisch

ner direkten Prädikation menschlicher concreta von der göttlichen Natur zurück. Gabriel Biel hält diese Prädikation zwar theoretisch für möglich, rät aber wegen anstößiger Formulierungen dazu, sie zu vermeiden. 56 Göttlich sei also der Inkarnierte - nicht aber das Menschliche im inkarnierten Christus. Aufgrund seiner Denkfigur der „suppositalen Union" 57 erlaubt Biel die Formulierung: „Christus ist Kreatur nach der menschlichen Natur", nicht aber: „Christus ist Kreatur, insoweit er Mensch ist". 58 Für solche Unterscheidungen muss mit einem hochdifferenzierten Begriffsinstrumentarium gearbeitet werden: „Insoweit" (secundum quod) sei eine reduplikative Präposition, die einen Sachverhalt bereits voraussetze (in diesem Fall Christi Menschsein, was vor der Inkarnation noch nicht existiert habe); „nach" (secundum) hingegen sei eine spezifizierende Präposition, die die beiden Satzglieder einander erst zuordne. 59 Es wäre ungerecht, diese Bemühungen der Scholastiker als bloße Spekulation abzutun. Ihre eindrucksvollen Erwägungen gründen vielmehr, um Heideggers Wendung im theologischen Ursinn zu gebrau56

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So kommt er zu der Unterscheidung menschlicher Bestimmungen erster Ordnung (finitus, creatura, annihilabilis) von solchen niederer Ordnung (homo, animal, mortale) - nur letztere dürften vom göttlichen Christus ausgesagt werden (Coli. ΠΙ, 154f. [d.7 q . l a . l n . l ] ) . Im Unterschied zu dem ablehnenden Urteil von R. Schwarz, Gott ist Mensch, ZThK 63 (1966), 289-351, ist dieser Denkweg dann zu würdigen, wenn er - die Subsistenztheorie (s.o. Anm. 51) weiterführend - nichts anders dartun will als der altkirchliche Hypostasenbegriff; „suppositum" wäre demnach das Äquivalent von ύπόστασις. Biel sieht die Beziehung von göttlicher und menschlicher Natur in Christus analog zu den Relationen von Substanz und Akzidens, von Ganzem und Teil, von Form und Materie. Wie ein Akzidens subsistiert die menschliche Natur Christi nicht für sich, sondern in der zweiten Person der Trinität; wie ein Teil ist sie bei aller Unselbständigkeit dennoch ein substantielles Sein; wie die Materie kommuniziert sie der Form ihre Eigentümlichkeit und umgekehrt. Das Paradigma bei Biel, auf das Luther sich dann bezieht, lautet: „Der Äthiopier ist weiß nach den Zähnen" („secundum dentes": Coli. ΠΙ, 358f. [Puncta summaria (...) epilogantia ad d.22, Nr.35]). Ebd. In der Disputation „de divinitate et humanitate Christi" urteilt Luther über die Scholastiker: „rem ineffabilem volebant effari" (Th. 50); die Überdifferenzierungen führten nur zur Verwirrung, während der „grammaticus" wisse, daß zwischen „secundum dentes", „albus dentibus vel alborum dentium vel albis dentibus" etc. (Th. 53-56; dazu oben Anm. 57) sachlich kein Unterschied bestehe. „Cum omnibus istis formis dicendi eandem rem significare velit autor, frustra quaeritur in verbis contentio" (Th. 55). „Igitur in sensu, non in verbis est haeresis" (Th. 57; insgesamt: WA 39/11, 96,3-24). Ähnlich subtil - man ist versucht zu sagen: künstlich - wirkt Biels Differenzierung zwischen „annihilabilis" und „mortale" (s.o. Anm. 56). Vermutlich wird hier von Ostern her unterschieden zwischen einer durch Auferstehung aufzuhebenden Sterblichkeit und einer totalen Vernichtung - doch nennt Biel die konkrete Voraussetzung „Ostern" eben nicht beim Namen, weil dies die Allgemeinheit der philosophischen Kategorien sprengen würde.

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chen, in einer tiefen „Frömmigkeit des Denkens". Doch kommt es bei ihnen zu bedenklichen Weichenstellungen durch die geradezu transzendentale Fragehaltung: Bei aller Unterschiedlichkeit etwa des „realistischen" und des „nominalistischen" Denkweges bemühen sich die Scholastiker in ihrem Interesse an philosophischer Plausibilität durchweg darum, die Bedingung der Möglichkeit zu klären.60 Erst wenn entsprechende Kategorien für die Denkmöglichkeit einer wie auch immer gearteten, allgemein zu fassenden Korrelation von Unendlichem und Endlichem, von Gott und Mensch, gefunden sind, kann - ihrer Meinung nach - der Spezialfall der Christologie eingezeichnet werden. Die Kontingenz der biblischen Texte, besonders des Faktums der Inkarnation, wird nicht ernst genug genommen. In seiner Disputatio de sententia: Verbum caro factum est (Joh 1,14) po-

lemisiert Luther gegen den scholastischen Grundsatz der überall gleichen Wahrheit: „In theologia verum est, verbum esse carnem factum, in philosophia simpliciter impossibile et absurdum." 61 Luther führt seinen Grundgedanken, dass in verschiedenen Denkgebieten verschiedene Regeln, ja verschiedene Logiken gelten, bis in Einzelheiten hinein aus: Was von der Physik der Körper zu sagen ist, macht in der Mathematik der zweidimensionalen Geometrie keinen Sinn (Th. 30); man kann Bier nicht mit der Elle messen (Th. 31). Seine Folgerung: „Rectius ergo fecerimus, si dialectica seu philosophia in sua sphaera relictis discamus loqui novis linguis in regno fidei extra omnem sphaeram."62 Es liegt auf der Hand, dass Luther sich hier auf dünnem Eis bewegt. Klaffen für ihn Glauben und Denken nicht auseinander? Wie kann er noch Häresien abweisen, wenn er auf das universale logische Instrument des syllogistischen Schlusses verzichtet? Entsprechende Fragen sind ihm in der Disputation gestellt worden. Luther antwortet immer wieder mit dem Hinweis auf die Analogielosigkeit des Christusgeschehens .63

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Vgl. dagegen u. Anm. 70. WA 39/Π, 3,3f. (Th. 2). Vgl. zu Luthers Kritik an der scholastischen Christologie insgesamt: Schwarz (s.o. Anm. 57), sowie speziell bezüglich der genannten Disputation: S. Streiff, Novis linguis loqui. Luthers Disputation über Joh 1,14 „Verbum caro factum est" von 1539, FSÖTh 70, Göttingen 1993. WA 39/Π, 5,35f. (Th. 40). Zur Unterscheidung der verschiedenen Gebiete und Disziplinen, mit der Luther in ockhamistischer Tradition steht, vgl. weiter: Bayer, Theologie, 117-123. Begriffe wie „Gott", „Person", „Wort", „Mensch", „Kreatur" bedeuteten im konkreten Sein Jesu Christi etwas ganz anderes als im Allgemeinen - von dem die Philosophie immer nur sprechen könne (WA 39/H, 10,27-31 u.ö.). Syllogismen gälten nur dann, wenn die verwendeten Begriffe eindeutig, also nicht äquivok seien (ebd., 11,15-18).

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„Gabriel [Biel] meint, ,Mensch' sei ein univoker Begriff; er hängt fest und kann sich nicht befreien. Es ist sicherer, sich hier auf das Wort zurückzuziehen und in ihm zu bleiben. Wir sagen, Gott sei Mensch in der Idiomenkommunikation."64

Die Philosophen hätten bestenfalls von der Unsterblichkeit Gottes sprechen können, aber auf die Inkarnation sei von sich aus keiner gekommen.65 Kurz: Luther zieht es vor, das (vermeintlich) sichere Gebäude des scholastisch-monistischen Wissenschaftsideals zu verlassen, weil er weiß, dass die Fiktion eines solchen Einheitsbaus nur gewaltsam aufrechtzuerhalten ist. Er läßt sich ein auf die Spannung und den Streit der Diskurse, ohne deshalb zum Irrationalisten oder Glossolaliker zu werden. Der Heilige Geist ist nicht unsprachlich oder unlogisch - er hat nur eben „suam grammaticam", 66 die sich in der Gemeinschaft der Glaubenden und der glaubend Denkenden durchaus auch der Überprüfung aussetzt. Obwohl auch die scholastischen Denkbemühungen ihrem Selbstverständnis nach in einem geistlichen Zusammenhang stehen - Gott soll auch mit dem Denken gelobt werden! - , urteilt Luther, daß solche Art des Denkens in der Gefahr steht, eher einem sich verselbständigenden „intellectus philosophiae" zu dienen als dem - keineswegs denkfeindlichen! - „affectus fidei".67 Luther kann, wenn es der Sache dient, sich durchaus auf die Vernunft und den üblichen Sprachgebrauch berufen.68 Philosophie und Theologie „sunt diversa, non contraria". 69

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Ebd., 11,24-26: „Gabriel dicit univocum esse homo, haeret nec potest se expedire. Tutius ergo hic recedere ad verbum et in eo manere. Nos dicimus Deum hominem communione idiomatum." Ebd., 14,18-15,9. Ebd., 104,24 (De divinitate et humanitate Christi; 1540). Vgl. Bayer, Theologie , 123126 („Die Grammatik des Heiligen Geistes"). WA 39 Π, 5,39f. (Th. 42). „Denn man mus nicht achten, was solche spitze Sophisten gauckeln, sondern auff die spräche sehen, was da fur eine weise, brauch und gewonheit ist zu reden" (Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis [1528]; WA 26, 444,36-38). Vgl. S. Leoni, Nicht Nachwort, sondern Machtwort. Die Grammatik des Geistes in Luthers „Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis", NZSTh 42 (2000), 246-266. WA 39/Π, 26,31. In der „Disputatio de homine" bezeichnet Luther die Vernunft als „omnium rerum res et caput et prae caeteris rebus huius vitae optimum et divinum quiddam" (Th. 4), als „inventrix et gubernatrix omnium Artium, Medicinarum, Iurium, et quidquid in hac vita sapientiae, potentiae, virtutis et gloriae ab hominibus possidetur" (Th. 5); dies gelte auch nach dem Fall (Th. 9): WA 39/1, 175,9-13.20f. (1536).

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4. Die genuinen Merkmale der reformatorischen Christologie Luthers

4.1. Hinführung (a) Im Unterschied zur Scholastik denkt Luther nicht von einer Verallgemeinerung und Potentialität her, sondern setzt beim biblisch bezeugten Faktum der Inkarnation an;70 dementsprechend eröffnet er seine Disputationsthesen über die Trinitätslehre nicht mit einem ,Prolog im Himmel', sondern mit jenem Wort, durch das der Vater den Sohn geschichtlich präsentiert: „[Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe;] den sollt ihr hören!" (Mt 17,5).71 Die Frage nach der Denkmöglichkeit wird von Luther zurückgestellt. Natürlich bleibt auch ihm nicht verborgen, daß sich aus der Inkarnation und vor allem aus dem Karfreitagsgeschehen logische Probleme für die Gotteslehre ergeben. Er zieht daraus die Konsequenz, daß - wie bereits dargelegt - die Behauptung einer in Philosophie und Theologie durchgängig in gleicher Weise gültigen Wahrheit aufgegeben werden muß. Die Theologie muß von ihrer Mitte, von der Soteriologie und Christologie, her „novis Unguis"72 sprechen. Auf diese Weise bestimmt sie Begriffe wie „homo", „deus" , „creator", „creatura" und damit das Verhältnis von Schöpfer und Geschöpf neu. (b) Luther vertritt eine Christologie der irdisch-geschichtlichen Kontingenz und Niedrigkeit Gottes. Gottes Omnipotenz widerspricht nicht seiner Inkarnation, sondern erweist sich gerade in ihr: Der allmächtige und unendliche Gott ist, wie Luther 1528 in seinem Streit mit Zwingli um das Verständnis des Abendmahls und damit zugleich der Christologie eindrucksvoll zuspitzt, „ z u g l e i c h y n n e y m iglichen koernlin g a n t z u n d g a r u n d d e n n o c h y n n allen u n d ü b e r allen u n d a u s s e r allen C r e a t u r n [...]. N i c h t s ist s o klein, G o t t ist n o c h kleiner, N i c h t s ist s o g r o s , G o t t ist n o c h g r o e s s e r , N i c h t s ist s o k u r t z ,

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Treffend und im selben Sinn Hans Joachim Iwand: „Es gehört also wohl zu diesem durch das Wort qualifizierten ,ward' (egeneto), daß das Ereignis hier seiner eigenen Möglichkeit vorangeht, daß es also nicht als zuvor möglich begriffen werden kann, ehe es denn Realität ist, vielmehr birgt die Realität als solche in sich die Möglichkeit ihrer selbst." (Nachgelassene Werke N.F., Bd.2: Christologie. Die Umkehrung des Menschen zur Menschlichkeit, hg. E. Lempp/E. Thaidigsmann, Gütersloh 1999, 455).

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W A 39/Π, 287,5f. (Promotionsdisputation von Georg Major und Johannes Faber; 1544 [Th.l]). S.o. bei Anm. 62.

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Gott ist noch kuertzer, Nichts ist so lang, Gott ist noch lenger, Nichts ist so breit, Gott ist noch breiter, Nichts ist so schmal, Gott ist noch schmeler". 73 Dies gilt christologisch bestimmt nur in einer konkreten Zeitlichkeit, Faktizität und ist nicht der Kontingenz enthoben: Auf den Einwand „Deus non potest crucifigi aut pati" antwortet Luther: „Scio, cum nondum esset homo. Ab aeterno non est passus, sed c u m factus est homo, est passibilis." 74 Mit der Inkarnation geschieht also Luther zufolge eine „Neubestimmung" Gottes, eine „Neusetzung in Gott", 7 5 die nicht etwa nur seinen,menschlichen Aspekt', sondern Gott insgesamt betrifft. (c) Luther treibt Christologie aus soteriologischem Interesse - im Anschluß an die Alte Kirche, besonders an Athanasius und Kyrill: „quia una persona Deus et homo non possint separari, cogimur dicere, quod Christus verus Deus et verus homo passus sit pro nobis, et dicitur tota persona pro nobis mortua." 76 Demgegenüber verliert sich nach seinem Urteil die Scholastik in der Abwägung von Denkmöglichkeiten, etwa im Pseudo-ockhamistischen Centiloquium: „Gott nahm irgendeine Natur in die personale Einheit auf, folglich kann er jede [Natur] annehmen. [...] Weiter, es bedeutet keinen Widerspruch, [als möglich zu denken,] daß Gott die Natur eines Esels angenommen hat, also kann Gott das tun." 77 Auch wenn Biel das homo-asinus-Beispiel zurückhaltender verwendet - nämlich im Blick auf die Frage der Disparatheit der beiden zusammengesprochenen Größen ,Gott und Mensch' - , geht er „Luthers An-

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WA 26, 339,34-42 (Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis; 1528). Dass dies mit einem mathematisch-logischen Verständnis von Größe kollidiert, liegt auf der Hand: „Mathematica est inimicissima omnino theologiae, quia nulla est pars philosophiae, quae tarn pugnat contra theologiam. Exempli gratia: Mathematicus dicit, quod unum non possit esse duo, et tria non unum, ut in articulo de trinitate. Item in sacramento altaris. Panem corpus esse et vinum sanguinem Christi, non credit mathematicus." (WA 39/Π, 22,1-5) In philosophischer Sicht scheine die Inkarnation immer „diminuere Dei potentiam" (ebd., 8,36). Die Philosophen sagen: „Nulla est proportio creaturae et creatoris, finiti et infiniti. Nos tarnen non tantum facimus proportionem, sed unitatem finiti et infiniti. Aristoteles, si hoc audisset vel legisset, nunquam factus esset christianus" (ebd., 112, 16-20). 101,24-26. J. Baur, Lutherische Christologie im Streit um die neue Bestimmung von Gott und Mensch, in: ders., Erben, 145-163, v.a. 149.155.163; ders., Die lutherische Christologie im Kontext der Gestaltwerdung lutherischen Christentums, in: ders., Erben, 164-203, v.a. 199; und u. Kap. 6 Absch. 3.3. WA 39/Π, 21,1-4; Herv. O.B. Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt auch Markschies, Trinitätstheologie, 83f. OP VE, hg. Ph. Böhner, New York 1988,385, § 6.

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s i e h t n a c h s c h o n d a r i n z u w e i t , d a ß er d i e b e i d e n S ä t z e g l e i c h b e h a n delt".78 V o n diesen Aspekten her können wir nun das Spezifikum der Chris t o l o g i e L u t h e r s i n s A u g e f a s s e n u n d in s e i n e m G e w i c h t e i n s c h ä t z e n . Stand die L e h r e v o n der I d i o m e n k o m m u n i k a t i o n für die Christologie der Alten Kirche u n d der Scholastik nicht i m Z e n t r u m der A u f m e r k s a m k e i t , 7 9 s o ä n d e r t s i c h d i e s b e i L u t h e r in a u f f a l l e n d e r W e i s e : H i e r ist sie d i e M i t t e . Ja, s e i n e C h r i s t o l o g i e ist g e r a d e z u tionslehre

Idiomenkommunika-

- in e i n e r s o l c h e n K o n s e q u e n z , d a ß r e f o r m i e r t e G e g n e r w i e

Bullinger u n d a n d e r e v o n Luther u n d B r e n z ein „ n e u e s D o g m a " 8 0 vert r e t e n s a h e n . L u t h e r s S e l b s t v e r s t ä n d n i s w a r freilich e i n a n d e r e s : E r b e r i e f s i c h a u f d i e A l t e K i r c h e u n d s a h s i c h m i t d e r T r a d i t i o n d e r „ fides catholica", konkret: mit der v o m Chalcedonense ausgehenden

Chri-

s t o l o g i e g a n z i m E i n k l a n g . D i e S c h o l a s t i k e r e r s c h i e n e n i h m als ^ w i schen h i n e i n g e k o m m e n e ' „ m o d e r n i " , die d e n Sinn für das Wesentliche, n ä m l i c h d a s S o t e r i o l o g i s c h e , 8 1 a u s d e n A u g e n v e r l o r e n h a t t e n ; in d e r A u s e i n a n d e r s e t z u n g m i t ihnen will L u t h e r sachlich bei d e r C h r i s t o l o g i e d e r Väter a n k n ü p f e n , selbst w o diese „ i m p r o p r i e " g e r e d e t haben.82

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Streiff, „Novis Unguis loqui", 58. Vgl. WA 39/Π, 8,9-9,15.19-29 zur Frage, ob Gott die Assumptio auch wieder hätte rückgängig machen können. Philosophie und Scholastik sprechen in ihren Possibilitätserwägungen immer nur „de rebus factis et creaturis", erfassen damit aber nie aber den schlechthinnigen Sonderfall „de facto creatore" (9,26f.). Daß die Idiomenkommunikation für die Scholastik nur eine uneigentliche und wenig zentrale Form christologischer Aussagen darstellt, gilt jedenfalls für solche Autoren, die zwischen propositiones personales („Deus est homo") und propositiones per communicationem idiomatum („Deus est passus") strikt unterscheiden. So nimmt bei Gabriel Biel die Behandlung der Idiomenkommunikation zwar einen breiten Raum ein (in ΠΙ d.6-12), doch wird sie deshalb noch nicht zum Dreh- und Angelpunkt der Christologie wie bei Luther. Vgl. Th. Mahlmann, Das neue Dogma der lutherischen Christologie - Problem und Geschichte seiner Begründung, Gütersloh 1969, 9-18 (Einleitung). In seiner Auslegung des Glaubensbekenntnisses schärft Luther ein, wie wesentlich eine soteriologische ,Erdung' der Christologie ist: „Bekennet haben wir [unter dem Papsttum], das er Gott und mensch sey. Aber, das er unser Heiland, als fur uns gestorben und erstanden etc., das haben wir mit aller macht verleugnet und verfolget, hören auch noch nicht auff. Etliche haben geleret, Er sey allein fur die erbsunde gestorben, fur die andern muessen wir selbs gnug thun, Etliche aber, wenn wir nach der Tauffe suendigen, so sey Christus uns aber mal nicht mehr nuetze. Da haben sich erfunden der heiligen anbeten, walfahrt, fegfeur, Messen, kloester und des unzifers unendlich und unzelich, damit wir Christum selbs haben versunen wollen, als were er nicht unser vorsprecher, sondern unser Richter fur Gott." (WA 50, 268,22-30 [Die drei Symbola oder Bekenntnis des Glaubens Christi; 1538]). WA 39/Π, 95,9 (Th. 35).

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4.2. Promissionale Verfaßtheit der Christologie Luthers „neues Dogma" ist nun zu entfalten.83 Beginnen wir mit dem eigentümlichen Sachverhalt, daß Luther das Herzstück seiner Christologie im Streit um das Verständnis des Herrenmahls bekennt. Zugespitzt läßt sich sagen: Luthers Christologie ist eine Hilfskonstruktion seiner Abendmahlslehre. Was vor allem in den beiden großen Abendmahlsschriften von 1527 und 1528 ausgeführt ist, läßt sich bereits in den ersten Jahren des reformatorischen Umbruchs in Luthers Theologie beobachten: Die Frage nach der christologischen Dimension des neuen Promissio- und Abendmahlsverständnisses entdeckt die konstitutiv promissionale Struktur der reformatorischen Christologie; seine reformatorische Christologie und sein reformatorisches Abendmahlsverständnis hat Luther zugleich gefunden.84 Im öffentlichen, mündlichen, äußeren, „leiblichen" Wort läßt sich das Zugleich von Gott und Mensch, Leben und Tod, Vergebung und Sünde fassen. Die promissio ist das Medium, in dem sich vere homo und vere deus untrennbar vereinigen. Dies besagt, daß sich das vere homo und vere deus, das Gottes Leben und Jesu Tod vermittelnde Est nicht prädikativ-apophantisch begreifen läßt. Es sagt nicht die Bedeutung eines schon feststehenden Subjektes aus, sondern ist die Bewegung, in der sich die Wirklichkeit beider zugleich setzt; es meint keine signifikative, sondern eine effektive, eine in der Tat synthetische Kopula. Sind so die Naturen auf die promissio als Kopula angewiesen, dann ist diese wiederum allein vom Austausch jener bestimmt - womit Luthers Identifikation von verbum und Christus selbst als Verbum verständlich wird. Das verbum der promissio ist, was es ist, nur als Gegenwart des Verbum, in dem Gott Mensch wurde.85

4.3. Jesu Tod und Gottes Leben Auch die von Luther als paradigmatische Gestalten des Rechtfertigungsgeschehens verstandenen Psalmen werden von ihm an zentraler Stelle mit Hilfe des christologischen Dogmas erschlossen. Dies ge83

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Vgl. die entsprechende trinitätstheologische Entfaltung bei Markschies. Er stützt sich dafür auf folgende Luthertexte: Antilatomus (1521), Kirchenpostille (1522), Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528), Von den Konziliis und Kirchen (1539), christologische und trinitätstheologische Disputationen (1539-1545), Predigten (Trinitätstheologie, 55-80). Vgl. O. Bayer, Promissio. Geschichte der reformatorischen Wende in Luthers Theologie, Darmstadt 2 1989,313-317 und 350f. Vgl. mit Nachweisen ebd., 315.

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schieht vor allem in seiner Auslegung von Ps 22 in den Operationes in Psaltnos (1521), 86 in der er den Übergang V. 22 zu V. 23 bedenkt und fragt, was es besagt, daß einer und derselbe Klagender und Lobender, tot und lebendig ist: „Christus war nämlich nicht zugleich lebendiger und toter Mensch - noch konnte er es sein. Gleichwohl gilt, daß er zugleich toter Mensch und lebendiger Gott war bei verschiedener Natur in ein- und derselben Person, so daß von der Person zwar zu Recht gesagt wird, zugleich lebendig und tot gewesen zu sein, nicht aber von der Natur".87 Indem das Evangelium die Kreuzigung und Auferweckung Jesu Christi im Schema von Klage und Erhörung, wie es paradigmatisch im Ps 22 zur Sprache kommt, erzählt (vgl. Heb 5,7), hält das Neue Testament das „Zugleich" von Leben und Tod in ein- und derselben Person fest. Entsprechend ist das Gabewort im Herrenmahl, in dem der Gekreuzigte sich vergegenwärtigt und hören läßt, nur dann zu verstehen, wenn er in einer und derselben Person zugleich tot und lebendig, zugleich Gott und Mensch ist. 88 In diesem Sinne kann gesungen werden: „O große Not, Gott selbst liegt tot." 8 9

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Vgl. dazu jetzt: J. Wolff, Metapher und Kreuz. Studien zu Luthers Christusbild, HUTh 47, Tübingen 2005. WA 5, 657,9-12: „Neque enim Christus simul fuit aut esse potuit homo vivus et mortuus, licet simul esset homo mortuus et deus vivus diversa natura in una eademque persona, ut persona quidem simul viva et mortua fuisse recte dicatur, sed non natura." Man sieht hier den Ausleger am Werk, der die Formeln des Dogmas gleichsam als heuristisches Prinzip nimmt, das zur Entdeckung des exegetischen Sachverhaltes und dessen scharfer Profilierung dient. Die Formeln des Dogmas lösen sich bei solchem Gebrauch aus ihrer Starrheit; die in ihnen versammelte Geschichte wird entbunden und als konkretes Geschehen lebendig - als Bewegung und Wechselspiel von Relationen. Denn: „testator idem est quod moriturus promissor, promissor autem victurus (ut sic dicam) testator" (WA 6, 513,37-514,1; De captivitate, 1520); „Iesus Christus, deus immortalis, fecit pactum, idem simul testamentum, quia futurus mortalis: sicut idem deus et homo, ita idem pactum et testamentum" (WA 2, 521,35-37 [zu Gal 3,18; 1519]). Dazu ausführlicher: O. Bayer, Tod Gottes und Herrenmahl, in: ders., Leibliches Wort. Reformation und Neuzeit im Konflikt, Tübingen 1992,289-305. In der neueren Form entschärft zu: „O große Not! Gotts Sohn liegt tot." (EG 80,2) Dazu: Moltmann, Der gekreuzigte Gott, 221 im Kontext von 218-222; E. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt. Zur Begründung der Theologie des Gekreuzigten im Streit zwischen Theismus und Atheismus, Tübingen 1977, 84-87.

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4.4. Modus, Inhalt, Ziel und Grund des Christusgeschehens Entsprechend heißt es in Luthers Osterpredigt von 1521 9 0 : „,Nimme hin und Isß' etc. Die wort begreyffen alle Mysteria mortis et resurrectionis [in sich], [Damit i]st so vill gesagt ,Das ist mein leychnam [d.h. Leib]' etc.: Ich will nuen sterben und doch lebendich bleyben, will ein ewig testament machen, auff das euch die sund vorgeben werden. Szo zceygt er an, das er nicht will sterben, sunder lebendig bleiben, dan er machts selbst, gibts selbst, erfults selbst und Teyletts außs. Spricht nicht zcu Petro ,Teyle dw es auß ', [sondern] sagt selbs ,Do hab ichs, wills euch selber geben, wills hinder mir lassen und drauff sterben, doch selbs auß teylen und darumb lebendig bleyben'. Hastu sund, boeß gewissen, alles ubel, Jamer und ungluck, Szo hab ich alles gutz und Trost und wil dir das geben, wirff dein boßheyt auf mich [...]. Der Todt schlecht den rächen daher [reißt den Rachen auf] und will die Person fressen, wie er alle menschen fressen hat, trifft aber ein sulch person, die do ist got und mensch. Got kan nicht sterben und styrbt dennoch nach der Menscheyt." 91 In dieser Passage finden sich alle bisher angesprochenen Hauptmomente in ihrer wechselseitigen Bezogenheit versammelt: Modus, Inhalt, Ziel und Grund des christologischen und zugleich soteriologischen Geschehens. Die Herrenmahlspromissio ist der paradigmatische Modus, in dem sich das Sein Jesu Christi mitteilt. Inhaltlich geschieht darin der Widerstreit von Tod und Leben als Umsturz ins Leben, dessen Dramatik in Luthers Osterlied Christ lag in Todesbanden unvergeßlich zur Sprache kommt: „Es war ein wunderlich Krieg, / da Tod und Leben rungen; / das Leben behielt den Sieg, / es hat den Tod verschlungen. / Die Schrift hat verkündet das, / wie ein Tod den andern fraß, / ein Spott aus dem Tod ist worden." 92 Ziel dieses Geschehens ist der fröhliche Wechsel. Sein Grund schließlich wird von der Zwei-Naturen-Christologie ausgesagt, die sich in der Lehre von der Idiomenkommunikation zuspitzt. Alle vier Momente zusammen machen das kommunikative Sein Jesu Christi aus, das sich pro vobis, pro te - in der Zusage gibt, wie denn das ganze Sein des dreieinen Gottes nichts als Zusage und (Hin-)Gabe ist. 93

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WA 9, 657-661 (31. März 1521). WA 9, 660,32-661,12. EG 101,4; entscheidend: IKor 15,55, wo Paulus Hos 13,14 mit Jes 25,8 verknüpft. WA 26,505,38-506,12 (Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis; 1528).

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4.5. Personalität Wenn wir nun auf den „fröhlichen Wechsel und Streit" aus Luthers Freiheitstraktat von 1520 zurückkommen, dann deswegen, weil hier die Kategorie des Personalen besonders hervortritt. Worin? Luthers gesamte Argumentation in Abschnitt 12 des Freiheitstraktates ist - was meist übersehen wird - aus zwei Bibeltexten aufgebaut, die aufeinander verweisen: aus der Eheparänese Eph 5,21-33 und der Erzählung der prophetischen Symbolhandlung des Hosea, die Gott als Liebhaber und Ehemann einer untreuen Frau wahrnehmen läßt.94 Das „arm vorachte boeße[] huerlein", das vom ,,reyche[n], edlefn], frumme[n] breuedgam"95 geliebt und zur Ehe genommen wird, ist kein hübscher Einfall Luthers - etwa noch im neuromantischen Sinne der Kameliendame oder von Pretty Woman und ähnlicher Hollywood-Erzeugnisse -, sondern Schriftauslegung und steht für die von Unheil, Treuebruch und Unglauben geprägte Geschichte Gottes mit seinen Menschen. Gott selbst wendet diese Unheilsgeschichte, indem er sein Herz gegen sich selbst kehrt (Hos 11,8) und sich selbst in seinem Sohn nicht verschonte (Rom 8,31f im Bezug auf Gen 22,1-19). Gott begegnet der Person des menschlichen Sünders seinerseits personal - eben in der Person seines Sohnes, der in sich die Gleichheit mit der angesprochenen Person (sowohl Bräutigam als auch Hure sind Menschen) wie die radikale Unterschiedenheit von ihr („reich, edel, gerecht" gegen „arm, verachtet, böse") vereinigt. Das von Sören Kierkegaard gebrauchte Gleichnis vom König und dem Bettelmädchen betont demgegenüber die Unterschiedenheit stärker als die Gleichheit96: Der königliche Bräutigam fragt sich, ob seine Braut als „Emporgehobene" noch sie selbst wäre; andererseits würde die unverhüllte Offenbarung seiner Herrlichkeit sie in ihrer Niedrigkeit belassen, indem sie nicht Liebe, sondern sich selbst verlierende Anbetung bewirkte. Für Kierkegaard endet das Gleichnis in der Aporie: „Wer faßt diesen Widerspruch im Leide: sich nicht offenbaren ist ja der Liebe Tod, und sich offenbaren ist der Geliebten Tod."97 Im folgenden arbeitet Kierkegaard dann - Luther entsprechend und im Bezug auf Phil 2,7 - den inkarnationstheologischen Gedanken der liebenden Selbsterniedrigung Gottes aus, doch nun nicht mehr unter Verwen-

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WA 7, 25,26-26,12 Ebd., 26,5t. Philosophische Brocken, hg. H. Gerdes/E. Hirsch, GW 10, Düsseldorf/Köln 6.Aufl. 1967,24-32. Ebd., 28.

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Das Wort ward Fleisch

dung des Hochzeitsmotivs.98 Anders als Luther kann Kierkegaard also die soteriologische Pointe des Motivs, daß Gott dem Sünder nahekommt, ja, mit ihm tauscht, nicht direkt fruchtbar machen.

4.6. Sprachliches Verhältnis In seinem Sohn verschont Gott sich selber nicht: „Er ließ's sein Bestes kosten." 99 Der Blick auf Luthers Befreiungslied Nun freut euch, lieben Christen g'mein führt insofern weiter, als es besonders auf das sprachliche Verhältnis achten läßt - zunächst, so scheint es, lediglich auf das innertrinitarische Verhältnis zwischen Vater und Sohn: „Er sprach zu seinem lieben Sohn: / ,Die Zeit ist hie zu erbarmen'". 100 Doch ist eine trinitarische Immanenz - setzt man mit Luther nicht bei Gottes Ewigkeit im Sinne dessen, wofür er sich entscheiden könnte, sondern beim soteriologischen Faktum der Inkarnation ein - nicht zu denken ohne Gottes „Menschenfreundlichkeit" (Tit 3,4), die sich in seiner Menschwerdung ausspricht: „Fahr hin, meins Herzens werte Krön / und sei das Heil dem Armen!" 101 „Der Sohn dem Vater g'horsam ward, / er kam zu mir auf Erden / von einer Jungfrau rein und zart; / er sollt mein Bruder werden. / Gar heimlich führt' er sein Gewalt, / er ging in meiner armen G'stalt; / den Teufel wollt er fangen." 102

Das innergöttliche Gespräch zielt nicht nur auf Gottes Menschwerdung, sondern ist von ihr her überhaupt erst zur Sprache zu bringen und zu denken. Das ist der Grund dafür, daß uns das in diesem Lutherlied erzählte innergöttliche Gespräch Aufschluß gibt auch für das Verständnis des Verhältnisses zwischen Gott und Mensch in der Person Jesu Christi. Anders gesagt: Wenn gilt, daß Vater und Sohn innertrinitarisch sprachlich miteinander im Verhältnis stehen (sonst drohte sterile oder beliebige Spekulation!) und andererseits auch das Verhält-

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Ebd., 28-32.

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EG 341,4.

100 Str. 5; vgl. Paul Gerhardts Passionslied „Ein Lämmlein geht", EG 83,4: „mein Wollen hängt an deinem Mund, mein Wirken ist dein Sagen". 101 EG 341,5. 102 Str.6. Vgl. Phil 2,7. Das bei Luther häufig verwendete Motiv vom Gottmenschen als Köder an Gottes Angel, der vom Teufel verschluckt wird (s.o. die bei Anm. 90 bereits zitierte Osterpredigt), geht zurück auf die altkirchliche Auslegung von Hi 40,25-32. Vgl. U. Rieske-Braun, Duellum mirabile. Studien zum Kampfmotiv in Martin Luthers Theologie, FKDG 73, Göttingen 1999.

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nis von rechtfertigendem Gott und sündigem Menschen103 sprachlich konstituiert ist, wie es Str. 7 mit der Anrede „Halt dich an mich [,..]"104 deutlich macht (sonst bliebe es beim soteriologischen Desiderat!), dann kann nur folgen, daß das Mittelglied zwischen trinitarischer Gotteslehre und der Soteriologie - eben die Christologie - ebenfalls als Kommunikationsvorgang aufzufassen ist: Das Beieinander von Gott und Mensch geschieht im Wort. In solchem Wort ist „Christus mit drinen", 105 wie Luther 1532 in seiner Auslegung von Ps 51 sagt. In der Christologie wird expliziert, wer kraft wessen in welchem Medium beieinander ist, genauer: zueinander kommt. Das mit seiner Person identische Amt und Werk Jesu Christi besteht darin, den Zusammenprall eines deus nudus und homo nudus aufzuheben, deren tödliche Konfrontation zu besiegen, so daß Gott den Sünder barmherzig aus dem Tod rettet.106 Die Konfrontation von Sünder und Gott kann noch nicht eigentlich als Wortwechsel bezeichnet werden. Von einem wirklichen Wortwechsel läßt sich erst aufgrund der Barmherzigkeit Gottes reden; dann erst läßt sich sagen: „Gott hat mit dem Menschen nie anders zu tun gehabt noch hat er anders mit ihm zu tun als im Wort der Zusage." 107

4.7. Mitteilung der göttlichen Allgegenwart an die menschliche Natur Jesu Christi Zur materialdogmatischen Ausformulierung der Christologie Luthers kommt es schließlich in den Auseinandersetzungen um das Abendmahl, vor allem in den großen Schriften von 1527 und 1528 gegen Zwingli und andere. Hier macht Luther als Voraussetzung für die Realpräsenz des Leibes Christi im Abendmahl gegen die traditionelle Lehre eine Mitteilung der göttlichen Allgegenwart an die menschliche

103 Nach Luther das subiectum theologiae: W A 40/11, 328,lf. (Enarratio Psalmi LI; 1532); dazu: Bayer, Theologie, 3 6 - 4 2 und 408-418. 104 „Er sprach zu mir: ,Halt dich an mich, / es soll dir jetzt gelingen; / ich geb mich selber ganz für dich, / da will ich für dich ringen. / Denn ich bin dein und du bist mein, / und wo ich bleib, da sollst du sein; / uns soll der Feind nicht scheiden." 105 W A 40/Π, 329,7 (vgl. o. Anm. 103). 106 Die drei,Ämter' Jesu Christi meinen nichts anderes als die ineinander liegenden Momente eines und desselben Mittleramtes, wobei im prophetischen A m t besonders das Mittel (das Wort) erscheint, im priesterlichen Amt das Vermittelte (Gott und Mensch) und im königlichen Amt die Macht der Vermittlung. 107 „Neque enim deus, ut dixi, aliter cum hominibus unquam egit aut agit quam verbo promissionis." (WA 6, 516,30f. [De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium, 1520].)

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Das Wort ward Fleisch

Natur Jesu Christi geltend. Ihm liegt daran, Gottheit und Menschheit in Christus nach der Himmelfahrt nicht wieder auseinanderfallen zu lassen: „Nein geselle, wo du mir Gott hinsetzest, da mustu mir die menscheit mit hin setzen, Sie lassen sich nicht sondern und von einander trennen, Es ist eine person worden und scheidet die menscheit nicht so von sich, wie meister Hans seinen rock aus zeucht und von sich legt, wenn er schlaffen gehet." 108 Weshalb hat Luther von der Menschheit in der Gottheit so stark und nachdrücklich geredet, daß dies nicht nur Zwinglianern und Calvinisten, sondern auch den Altgläubigen 109 zum Anstoß wurde? Es ist der gleiche Grund, der ihn auch auf dem „est" der Gabeworte des Abendmahls beharren ließ, auf dem unfreien Willen in Sachen des Heils und auf der Zentralstellung der promissio überhaupt: die Heilsgewißheit. Wenn ich die bleibende Menschheit Jesu Christi in der Gottheit bekenne, darf ich gewiß sein: Wo ich auch bin, ist mir Gott menschlich nahe. Er ist in alle Ewigkeit Mensch. Und der Mensch hat in alle Ewigkeit seine Stelle bei Gott: „Nun seid ihr wohl gerochen [gerächt] / an eurer Feinde Schar, / denn Christus hat zerbrochen, / was euch zuwider war. / Tod, Teufel, Sünd' und Hölle / sind ganz und gar geschwächt; / bei Gott hat seine Stelle / das menschliche Geschlecht."110

4.8. Fazit Mit seiner Rede vom „neuen Dogma" hatte Bullinger recht und unrecht zugleich. Die Idiomenkommunikation war als christologische Denkfi108 WA 26, 333,6-10 (Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis; 1528); vgl. ebd., 340,22-26. Dieses „neue Dogma der lutherischen Christologie" ist in seiner Bedeutung für Luthers Rechtfertigungslehre bzw. Theologie insgesamt allerdings bis heute umstritten; so redet Marc Lienhard von einer „illegitimen Vergöttlichung des Menschen Jesus, dem die göttliche Eigenschaft der Ubiquität zugeschrieben wird" (Martin Luthers christologisches Zeugnis. Entwicklung und Grundzüge seiner Christologie, Berlin 1980, 280). Jörg Baur hingegen betont gerade diese neue christologische Weichenstellung als Proprium lutherischer Theologie „im Streit um die neue Bestimmung von Gott und Mensch". Erst durch die lutherische Gestaltung können Person und Werk Jesu Christi in ihrer Verschränkung so wahrgenommen werden, daß die Idiomenkommunikation der beiden Naturen in der Person Christi letztlich mit dem fröhlichen Wechsel zwischen Christus und den Sündern koinzidiert: „Christi Personeinheit selbst ist das admirabile commercium von Gottheit und Menschheit" (Erben, 149). 109 Vgl. ebd., 156-159, zu Bellarmin. 110 Johann Sebastian Bach, Weihnachtsoratorium; Text von Christian Friedrich Henrici, gen. Picander. Vgl. die Anm. 75 genannten Aufsätze von Jörg Baur.

Luthers Christologie als Lehre von der Idiomenkommunikation

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gur dem Mittelalter zwar nicht unbekannt, doch ist sie in der eben dargelegten worttheologischen Fassung, die sich auch sprachphilosophisch verantworten läßt, erst durch Luther zum zentralen christologischen Dogma geworden. Luther lehrte die Idiomenkommunikation nicht unter der Leitkategorie der „Substanz" oder eines ihr analog verstandenen Natur- oder Seinsbegriffs. „Wir müssen" vielmehr, fordert er, „uns aus der einfachen und beziehungslosen Kategorie der Substanz hinüberbegeben in die Kategorie der Beziehung" 111 - wobei die relatio im Sinne der promissionalen Grundstruktur zu verstehen ist.112 Das Medium, in dem sich vere homo und vere deus untrennbar vereinigen, ist die Zusage. Sowohl der trinitarische Gott - im Bild: Vater und Sohn - als auch das alles Denkbare umstürzende Verhältnis von gerechtem Gott und sündigem Menschen - im Bild: Mann und Frau in der Ehe - und das innerchristologische Verhältnis der Idiomata, der Eigentümlichkeiten der „Naturen", ist sprachlich verfaßt. Wo aber das Beieinander von Gott und Mensch sprachlich wahrgenommen wird, verflüssigen sich die scheinbar neutrisch-dinglich anonymen, vom Begriff der „Natur" geprägten christologischen Formeln. Sie sind deshalb nicht einfach überholt, werden aber mit einer neuen Pointierung in Gebrauch genommen. Wo im Wort eine kommunikative Beziehung zwischen Gott und Mensch gesetzt ist - „Kommunikation" immer strikt im sprachlichen Sinn verstanden, nicht im Sinne der heute beliebten formalen Relationsmodelle, die eine Anonymität nicht ausschließen - , handelt es sich bei den Sprechenden und Hörenden um „Personen", um „Jemand", nicht um „Etwas". 113 Die „Person" Christi wiederum kann unter dieser worttheologischen Voraussetzung nicht unter die berühmte Definition des Boethius - „Person" als „naturae rationabilis individua substantia" (als individuelles Dasein einer vernünftigen Natur)114 - fallen. Im Sinne der „nova lingua" bezeichnet sie vielmehr das leibliche Wort, das leibliche Kommunikationsgeschehen. Es überwindet die Trennung von Schöpfer und Geschöpf und entmächtigt die von dieser Trennung beherrschte „alte" Sprache; es errettet die von ihrem Schöpfer dissoziierte, die verkehrte Welt aus ihrer Selbstverschlossenheit und macht sie 111 WA 40/ΙΠ, 334,24-26 (zu Ps 129,8; 1540): „[...] nos debemus nos ex simplici et absoluta substantiae praedicamento transferre in praedicamento relationis". 112 Zum Verhältnis von Substanz- und Relationsontologie bei Luther vgl. auch O. Bayer, Philosophische Denkformen in der Theologie Luthers. Eine Skizze, in: R. Vinke (Hg.), Lutherforschung im 20. Jahrhundert. Rückblick - Bilanz - Ausblick, Mainz 2004,135-149, hier: 143f. 113 Vgl. R. Spaemann, Personen. Versuche über den Unterschied zwischen „etwas" und „jemand", Stuttgart 21998. 114 Contra Eutychem et Nestorium, c.3, 74.

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Das Wort ward Fleisch

samt ihrer Sprache „neu": zum Empfangen, Loben und Weitergeben wieder offen.115 Dies geschieht kraft der im Sinne der Idiomenkommunikation zu bekennenden Identität von Herr und Knecht, von Schöpfer und Geschöpf: „Ibi creator et creatura unus et idem est". 116 „Den aller Welt Kreis nie beschloß, / der liegt in Marien Schoß; / er ist ein Kindlein worden klein, / der alle Ding erhält allein". 117 Damit ist jeder Disjunktion von „Person" und „Werk" Jesu Christi, von Christologie und Soteriologie, gewehrt.118 In ihrem kommunikativen Charakter ist die „Person" Jesu Christi mit seinem „Werk" identisch. Ist diese sprachlich-kommunikative Verfaßtheit als Grundbestimmung erkannt, so verbietet sich eine neutrisch-abstrakte Rede von „göttlicher Natur", „Wesen", „Gottheit", „Menschheit" etc. Andererseits darf man auch nicht - wie es zum Teil in der neueren Sprachphilosophie und Theologie geschieht - eine bloße Relationalität behaupten. Es muß bezweifelt werden, daß es möglich ist, etwa mit Charles Sanders Peirces Semiotik der triadischen Relation (Zeichen an sich: Erstheit; bezeichnetes Objekt: Zweitheit; Interpretant, d.h. deutende und pragmatisch wirksame Verbindung zwischen beiden: Drittheit) die Substanzmetaphysik hinter sich zu lassen, wie es Hermann Deuser versucht.119 Für eine lutherische Theologie hat der Aspekt der „Substanz" sein Recht, sofern er sakraments- und schöpfungstheologisch wahrzunehmen ist: „Substanz" als Element, das von einem Einsetzungswort umfangen und durchdrungen ist. Die festgefahrene Alternative zwischen antikem Substanzdenken und moderner Semiotik bzw. Relationsontologie ist poietologisch, also sprachtheologisch zu überwinden. Das Wort ist weder nur sekundäre Bezeichnung einer vorgängig existierenden Substanz noch, als Zeichen, der Ersatz für die Substanz selbst. Vielmehr gibt es sich mir in seiner Materialität direkt zu spüren und in seiner Logizität selbst eindeutig zu verstehen: Christus, das Verbum schlechthin, ist sui ipsius interpres.

115 WA 10/1/1, 100,10-13 (Kirchenpostille, zu Tit 3,4-7; 1522): Kraft des Glaubens wird der Mensch in der Liebe „tzwischen Gott unnd seynem nehisten gesetzt" - „alß eyn mittell, das da von oben empfehet und unten widder außgibt unnd gleych eyn gefeß oder rhor wirt, durch wilchs der brun gütlicher gutter on unterlaß fließen soll ynn andere leutt." 116 WA 39/Π, 105,6f. 117 EG 23,3. 118 Vgl. Baur, Erben, 157: „Für das reformatorische Verständnis hingegen ist es gerade grundlegend, daß Person und Werk Christi gleich verfaßt sind. [...] Die Person ist die Realisierung des göttlichen pro nobis [...]. Der Glaube richtet sich auf die einheitliche neue Wirklichkeit in Person und Werk Christi". 119 Kleine Einführung in die Systematische Theologie, RUB 9731, Stuttgart 1999, 49-53; vgl. auch W. Härle, Dogmatik, Berlin/New York 1995,286f.

Luthers Christologie als Lehre von der Idiomenkommunikation

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5. Luthers kritische Anfrage an neuzeitliche Christologieentwürfe Luthers Christologie widerspricht mit ihrer Konzentration auf die Idiomenkommunikation einer heimlichen, immer schon vorgängigen Identität von Gott und Mensch wie auch einer immanenten Peripetie. Die neuzeitliche Christologie jedoch hat sich vielfach in Abhängigkeit von der Philosophie begeben und vernachlässigt weithin zwei entscheidende Punkte: die Konkretheit und die Sprachlichkeit. Die Philosophie kann das konkrete Zugleich von Endlichem und Unendlichem nicht denken. Versucht sie dies, so landet sie entweder wie die Scholastik bei einer mehr oder weniger konsequenten Addition unvermittelter Elemente. Oder aber sie behauptet im Versuch der Synthese - sei es spekulativ wie bei Hegel oder existential-psychologisch wie bei Schleiermacher - das immer schon vorgängige Beieinander von Gott und Mensch, von Endlichem und Unendlichem, das an Jesus Christus nur paradigmatisch aufscheine. Theologisch gilt es demgegenüber, von der Konkretheit der Vermittlung von Gott und Mensch in Christus zu sprechen, also bei der Kontingenz anzusetzen,120 darin aber auf Allgemeingültigkeit zu zielen: Christus ist nicht nur - wie jeder Mensch - ein biographisches concretum, sondern er ist als Sohn Gottes das concretum universale. Diese Konkretheit des Beieinanderseins von Gott und Mensch in der Person Jesu Christi ist eine konstitutiv sprachliche. Im Unterschied zur Theologie denkt Philosophie Sprache meist nur als Zeichen, das eine abwesende Sache vertritt, nicht aber die anwesende Sache selber ist: „Signum philosophicum est nota absentis rei, signum theologicum est nota praesentis rei". 121 Was theologisch „Wort" und „Zeichen" heißen kann, bekommt von der Inkarnation her eine neue Bedeutung: Gott wird Mensch im Wort. Christus, das Wort Gottes, ist heute gegenwärtig in den Wörtern der Predigt und des Sakraments. Diese sind damit nicht nur Verweiszeichen auf einen transzendenten Gott, auf eine hinter ihnen liegende Bedeutung; sie sind vielmehr die Sache selbst. Die unterschiedlichen neuzeitlichen Christologieentwürfe von der rationalen Urbildchristologie Kants und der geschichtlichen Urbildchristologie Schleiermachers über die spekulativ ausgeweitete Christologie bei Hegel oder Strauß oder die „Beneficia"-Christologie 120 Eine Ausnahme unter den Philosophen stellt der späte Schelling mit seiner Hervorhebung der unvordenklichen Faktizität - des „quod" - dar. Vgl. K. Bannach, Schellings Philosophie der Offenbarung. Gehalt und theologiegeschichtliche Bedeutung, NZSTh 37 (1995), 57-74. 121 WATr 4, 666,8f. (Nr. 5106; 1540).

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Das Wort ward Fleisch

Ritschis bis hin zur Manifestationschristologie Tillichs oder dem „kosmischen Christus" im Sinne Rahners oder Boffs wären also von Luther her daraufhin zu befragen, inwiefern ihre Konzepte den beiden Kriterien Konkretheit und Sprachlichkeit tatsächlich Rechnung tragen können. Ist nämlich die Theologie nicht mehr in diesen ihr ureigenen Kategorien gegründet, so gerät sie in eine Abhängigkeit, sozusagen eine ,babylonische Gefangenschaft' unter weltanschaulich alternativ gefüllte metaphysische, psychologische, ethische und politische Kategorien.

Vermischt, ausgetauscht und kreuzweis zugesprochen Zur wechselvollen Geschichte der Idiome Christi in der alten Kirche

Benjamin Gleede

1. Einführung Bei der Erhellung des traditionsgeschichtlichen Hintergrunds eines Textes besteht sicherlich immer die Gefahr, zu weit auszugreifen und verschlungene Pfade der Geistesgeschichte nachzuzeichnen, die gar nicht unmittelbar zum vorgegebenen Ziel, dem Verständnis eines bestimmten Textes, hinführen, sondern deren Verfolgen einzig und allein der von der eigentlichen Aufgabe abweichenden Neugier des Interpreten entsprang. In diesem Sinne müßte sich ein so tief in die Verwicklungen antiker Christologiegeschichte eindringender Beitrag wie der folgende bei den meisten anderen Luthertexten sicherlich die Anfrage gefallen lassen, ob er nicht lieber dem zu interpretierenden Gegenstand historisch näher liegende Traditionsspuren hätte zurückverfolgen sollen, als dem Reformator häufig nicht einmal dem Namen nach bekannte Autoren zur Aufhellung und Einordnung von dessen christologischer Position zu Rate zu ziehen. Im Falle der christologischen Disputation von 1540 ist dieser Ausgriff jedoch vom Inhalt des Textes nicht nur gerechtfertigt, sondern m.E. sogar notwendig. Dort ist nämlich nicht nur die materialdogmatische Frage, inwiefern Christus (als Mensch) Kreatur genannt werden könne, Thema, sondern auch die dogmenhermeneutische nach der Autorität der Väter. Provoziert durch Schwenckfelds emphatische Berufung auf patristische Autoritäten entwickelt Luther dort eine Väterhermeneutik, die, vergleicht

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Vermischt, ausgetauscht und kreuzweis zugesprochen

man sie mit den äußerst respektlosen, oft platt-polemischen Äußerungen der Tischreden über die Väter,1 überraschend irenisch erscheint: „Im Falle dieser unsagbaren Dinge muß daher dies geleistet werden, daß wir die Aussagen der Väter, wie es notwendig ist, angemessen (commode) interpretieren. Wenn man weiß, daß der Sinn von jemandes Lehre fromm und gesund ist, ist es frevelhaft, aufgrund von unangemessen gewählten Ausdrücken einen Irrtum zu behaupten". 2

Das ,Unsagbare' der Christologie kann für Luther in dieser Disputation also nur erfaßt werden, indem man sich an den gottgegebenen „formulae loquendi" 3 der kirchlichen Tradition orientiert, diesen folgt wie einst das Volk Israel der Wolken- und Feuersäule.4 Welche Tradition Luther dabei im Auge hat, zeigt sich unmittelbar aus den ersten Thesen der Disputation: Es ist die in Chalkedon fixierte christologische fides catholica - allerdings zugespitzt auf die communicatio idiomatum, die ja in der Definitio von Chalkedon mit keiner Silbe erwähnt wird. Gerade diese Zuspitzung scheint allerdings eine signifikante Abweichung von der eben noch als unersetzlichen Wegweiser beschworenen kirchlichen Tradition mit sich zu bringen: Die zentralen terminologischen Weichenstellungen des Chalkedonischen Dogmas (also die Zweiheit der substantiae oder naturae in der Einheit der subsistentia oder persona) werden von Luther nämlich an keiner Stelle der Disputation eingehender reflektiert. Schließlich soll ja nach These 57 die Häresie mit Hieronymus „in sensu, non in verbis" bestehen.5 Somit fühlt sich Luther der Tradition wohl nicht bis in die ganz konkrete Begrifflichkeit hinein verpflichtet (im Antilatomus stellt er bekanntlich selbst den Begriff des 5μοούσιος zur Disposition6), sondern nur hinsichtlich der in den jeweiligen Begriffen mehr oder weniger adäquat zum Ausdruck gebrachten formalen Grundorientierung. Im Falle der Christologie dürfte diese für ihn - angesichts seiner Fokussierung auf die Idiomenkommunikation - in der Unterscheidung zwischen concretum (der Per-

1

2 3 4 5 6

Vgl. z.B. WATr 1, 106 Nr. 252 (20.4.-16.5.1532): „Hieronymus potest legi propter histories, nam de fide et doctrina verae religionis ne verbum quidem habet. Origenem hab ich schon in bann gethan. Chrisostomos gillt bey mir auch nichts, ist nur ein wesscher. Basilius taug gar nichts, der ist gar ein munch; ich wolt nit ein heller umb yhn geben. Apologia Philippi praestat omnibus doctoribus ecclesiae, etiam ipso Augustino." Th 33f. (WA 39/Π, 95,5-8); vgl. v.a. das Vorwort der Disputation (Ebd., 98,22-99,9). Ebd., 98,16. Ebd., 104,18f (arg. VI). Ebd., 96,23f. Soweit ich sehe, ist das Zitat bei Hieronymus nicht nachzuweisen. Vgl. zur Sache umfassend C. Markschies, Luther und die altkirchliche Trinitätstheologie, in: C. Markschies/M. Trowitzsch (Hgg.), Martin Luther - Zwischen den Zeiten. Eine Jenaer Ringvorlesung, Tübingen 1999,37-85.

Zur wechselvollen Geschichte der Idiome Christi

37

son) und abstracta (den Naturen) liegen, also der dem Westen spätestens seit Bonaventura 7 geläufigen grundlegenden christologischen Sprachregelung: „communicatio idiomatum fit in concretione, non in abstractione". Ob Luther sich durch eine solche Reduktion der in Chalkedon formulierten fides catholica auf den Unterschied von konkret und abstrakt tatsächlich auf den Spuren der Wolken- und Feuersäule der von den Vätern überkommenen Orthodoxie wähnen darf, soll im folgenden Beitrag näher untersucht werden. Schließlich standen ja sowohl in den vor- als auch den nachchalkedonischen christologischen Kontroversen mit dem Θεότοκος-Titel und der theopaschitischen Formel Anwendungsfälle der Idiomenkommunikation im Zentrum der Debatte, so daß der Versuch, die unterschiedlichen Positionen auf eine unterschiedliche Auffassung der Grundformel christologischer Prädikation zu reduzieren, prima facie gar nicht so abwegig erscheint. So kann etwa Thomas Weinandy behaupten: „Thus, the whole of orthodox patristic christology, including the conciliar affirmations, can be seen as an attempt to defend the practice and so to clarify the use of the communication of idioms. [...] Historically, then, it was not an orthodox or a conciliar account of the Incarnation that gave rise to the communcation of idioms, it was the communication of idioms that gave rise to the conciliar and orthodox account of the Incarnation. [...] Therefore, the communication of idioms, today as in the past, continues to be the test of christological orthodoxy".8 Versucht man dementsprechend, die zitierte Formel zu ihren patristischen Quellen zurückzuverfolgen, ist die unmittelbare Quelle schnell gefunden: das 48. Kapitel der Expositio fidei des Johannes von Damaskus aus der Mitte des achten Jahrhunderts. Dort findet sich nicht nur 7

8

Zum Vorkommen von Begriff und Regel in Bonaventuras Sentenzenkommentar (um 1250) vgl. die Indices in torn. I-IV Operum Sanctae Bonaventurae, ed. Collegium a S. Bonaventura, Quarrachi 1887, s.v.,communicatio'. Des weiteren: De scientia Christi qu. 6 ad 6 (Opera omnia V [1891], 35b), qu. 7 ad l(ebd„ 40b) und Breviloquium IV,2 (ebd., 243a) mit der prädikationstheoretischen Grundlegung in 1,4 (ebd., 212f.). Für den Begriff „communicatio idiomatum" sind dies die frühesten Belege, die ich finden konnte. Die drei Übersetzungen des Damaszeners, Cerbanus, Burgundio und Grosseteste übersetzen άυτίδοσις meist mit ,retributio', manchmal auch mit ,redditio' oder ,remuneratio' (vgl. Saint Jean Damascene De fide orthodoxa. Versions of Burgundio and Cerbanus, hg. E.M. Buytaert, Louvain/Paderborn 1955, 178,96f.; 180 Tit.; 183,4; 257,14; 395,88). Bei Cerbanus findet sich außerdem das idiosynkratische ,aeque relatio' bzw. ,aeque reddere' (ebd., 397,41f.). Für Grossetestes unpublizierte Version, hauptsächlich eine Bearbeitung derjenigen Burgundios, habe ich das Cambridger Manuskript Pembroke 20 (fol. 14r) konsultiert. Does God suffer?, Edinburgh 2000, 175; vgl. ebd., 198. Wüßte sich Weinandy an dieser Stelle ausgerechnet mit Luther einig, würde er diesen vielleicht nicht in so ungerechtfertigter Schärfe kritisieren (ebd., 185f.).

Vermischt, ausgetauscht und kreuzweis zugesprochen

38 der dem

lateinischen ,communicatio

griechische

Terminus

idiomatum'

( ά ν τ ί δ ο σ ι ς τ ω ν 'ιδιωμάτων),

korrespondierende sondern

auch

eine

klare Exposition unserer Regel, w e n n a u c h o h n e die Begriffe ,konkret' und,abstrakt'9: „ W e n n wir also v o n der Gottheit sprechen, legen wir ihr nicht die Idiome der Menschheit bei (wir nennen die Gottheit ja nicht leidensfähig oder geschaffen), noch prädizieren wir v o m Fleisch oder der Menschheit die Idiom e der Gottheit (wir nennen das Fleisch oder die Menschheit ja nicht ungeschaffen). Im Fall der Hypostase aber legen wir ihr, sowohl w e n n wir sie v o m Zusammengesetzten als auch w e n n wir sie nur v o n einem der Teile her benennen, die Idiome beider Naturen bei. [...] U n d dies ist der τρόπος της άντιδόσεως, w e n n jede der beiden Naturen mit der anderen ihre Eigentümlichkeiten austauscht aufgrund der Selbigkeit der Hypostase". 1 0 Korrekte christologische Prädikation operiert nach diesem Text auf der Basis zweier

der

Unterschei-

d u n g v o n N a t u r u n d H y p o s t a s e in F o r m d e r ( p r i m ä r e n )

Unterscheidungen:

zunächst

natürlich

Kennzeich-

n u n g ersterer d u r c h abstrakte Begriffe w i e Gottheit o d e r Menschheit u n d letzterer d u r c h konkrete Eigennamen. Begriffe w i e ,Gott' ,Mensch' n e h m e n d e m D a m a s z e n e r zufolge aber eine

oder

Zwischenstel-

l u n g ein, d a s i e s o w o h l a b s t r a k t a u f d i e N a t u r als a u c h k o n k r e t a u f d a s

9

10

Die Äquivalente der griechischsprachigen Debatte wären 6νομα κοινόν oder φύσεως bzw. όνομα Ίδιον oder Αποστάσεως. Das „konkrete" (σύγκριμα, συγκεκράμενον) gibt es im Griechischen m.W. nur als ontologische, das „abstrakte" (τά εξ άφαιρέσεως) nur als erkenntnistheoretische Kategorie und jeweils nicht als sprachlich-grammatikalische. Ersterer Begriff wird daher sogar von Leontius von Jerusalem im Zusammenhang mit der Idiomenkommunikation gebraucht (vgl. u. bei Anm. 174), aber nicht zur Bezeichnung der Benennungen Christi sondern des Zweinaturenkompositums selbst. Expos. 48,24-29.38-40: Θεότητα μέν οΰν λέγοντες ού κατονομάζομεν αύτής τά τής άνθρωπότητος ιδιώματα (ού γάρ φαμεν θεότητα παθητήν ή κτιστήν) ούτε δέ τής σαρκός ήτοι τής άνθρωπότητος κατηγοροΰμεν τά τής θεότητος ιδιώματα (ού γάρ φαμεν σάρκα ήτοι ανθρωπότητα άκτιστον). Έπϊ δε τής υποστάσεως, κάν έκ τοϋ συναμφοτέρου, καν έξ ένός των μέρων ταύτην όνομάσωμεν, αμφοτέρων των φύσεων τά ιδιώματα αύτή έπιτίθεμεν. [·•·] Και οΰτός έστιν ό τρόπος τής άντιδόσεως έκατέρας φύσεως άντιδιδούσης τή έτέρςί τά ϊδια διά τήν τής υποστάσεως ταυτότητα και τήν εις άλληλα αυτών περιχώρησιν. (Die Schriften des Johannes von Damaskos II, ed. B. Kotter, PTS 12, Berlin 1973, 117). Daß die Passage nicht, wie bisher einhellig angenommen wurde, aus Pseudo-Kyrills De trinitate exzerpiert sein kann, wurde gezeigt von V.S. Conticello, Pseudo-Cyril's 'De SS. Trinitate': A Compilation of Joseph the Philosopher, OCP 61 (1995), 117-129. Der Artikel weist nach, daß der gesamte pseudokyrillische Traktat aus der theologisch-philosophischen Summe eines byzantinischen Philosophen des 14. Jahrhunderts stammt, der eine bestimmte Damaszenerrezension als Quelle benutzte. Dementsprechend formuliert der Damaszener dieselbe Regel nochmals in anderen Worten ebd. 55,46-54 (PTS 12, 132f.). Zur Wendung τρόπος τής άντιδόσεως vgl. u. Anm. 194.

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Individuum bezogen werden können." Sie bezeichnen daher vornehmlich die in der zusammengesetzten Christushypostase individualisierten ,'Teile' des Kompositums, von welchen her dieses ,pars pro toto' auch als Ganzes benannt werden kann, womit die zweite Unterscheidung bezeichnet wäre: die konkrete Benennung des ganzen Christus von einem seiner Teile oder dem zusammengesetzten Ganzen her. Es kann also nicht nur nach der Gottheit und nach der Menschheit jeweils Gegensätzliches vom ganzen Christus prädiziert werden, sondern auch die (konkrete) Subjektbezeichnung kann entweder von der Gottheit, der Menschheit oder der gottmenschlichen Personeinheit her genommen sein. Der paulinische Satz vom gekreuzigten Herrn der Herrlichkeit (IKor 2,8) prädiziert beispielsweise den Tod am Kreuz nach der Menschheit vom nach der Gottheit benannten Subjekt genau wie die nach dem Damaszener erlaubte Aussage12 „Dieser Mensch ist ungeschaffen" die Unkreatürlichkeit der Gottheit nach vom nach der Menschheit benannte Subjekt prädiziert. Die auf diese Weise erfolgte Klärung christologischer Paradoxalaussagen ist, so schlicht sie auf den ersten Blick auch erscheinen mag, das Ergebnis eines jahrhundertelangen theologischen Ringens, in dessen Zusammenhang im Einzelnen oft schwer zu bestimmen ist, wann eine der dieser Sicht zugrundeliegenden Unterscheidungen erstmals aufkam und wann sie sich dann so durchsetzte, daß ihr christologisches Klärungspotential allgemein anerkannten Status erlangte. Der einzig sichere Einschnitt ist die mit Chalkedon gegebene Unterscheidung von Natur und Person, mit welcher ungefähr zeitgleich wohl auch der Begriff άντίδοσις των ιδιωμάτων aufkommt. So ergibt sich als Aufgabe der folgenden Untersuchung, zunächst die vorchalkedonischen christologischen Kontroversen des späten vierten und frühen fünften Jahrhunderts auf Entstehung und Rolle besagter Unterscheidung, vor allem derjenigen zwischen concreta und abstracta, hin zu untersuchen (2.), und anschließend die nachchalkedonische Entwicklung der nun endlich auch so bezeichneten άντίδοσις των ιδιωμάτων (3.) in den wesentlichsten Schritten nach-

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Vgl. Expos. 48,5-14 (PTS 12, 118): Ίστέον τοίνυν, δτι το μέν τί>ς θεότητος και τής ανθρωπότητας δνομα ιών ουσιών ήτοι φύσεών έστι παραστατικόν, το δέ θεός και άνθρωπος και έπΐ τής φύσεως τάττεται, οπόταν λέγωμεν Θεός έστιν ακατάληπτος ουσία, και δτι είς έστι θεός- λαμβάνεται δέ καΐ έπΐ των υποστάσεων ώς τοΰ μερικωτέρου δεχομένου τό τοΰ καθολικωτέρου δνομα, ώς 0ταν φησίν ή γραφή- «Δια τούτο έχρισέ σε ό θεός ό θεός σου» (ιδού γαρ τόν πατέρα και τον υΐόν έδήλωσε), και ώς όταν λέγη· «"Ανθρωπος τις ήν έν χώρςι τή Αύσίτιδι» (τόν γαρ Ίώβ μόνον έδήλωσεν). Vgl. weiter u. Anm. 153. Ebd., 42. Zur Theorie des Damaszeners insgesamt vgl. R. Cross, Perichoresis, Deification, and christological predication in John of Damascus, Medieval Studies 62 (2000), 69-124.

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Vermischt, ausgetauscht und kreuzweis zugesprochen

zuzeichnen, um von dort aus die Eingangsfrage zu beantworten, inwiefern Luther mit seiner Reduktion des altkirchlichen christologischen Bekenntnisses auf die der Idiomenkommunikation zugrunde liegende Unterscheidung von concreta und abstracta diese tatsächlich getroffen hat.

2. Zur Analyse christologischer Prädikation; die Unterscheidung von concreta und abstracta Die Unterscheidung zwischen christologischen Aussagen κατά τήν θεότητα und κατά τήν άνθρωπότητα ist wohl das älteste der oben aufgezählten Elemente, da es direkt auf die neutestamentliche Opposition von κατά σάρκα und κατά πνεύμα (Rom 1,3) zurückgeht und bereits bei Tertullian13 und Origenes14 zum kategorialen Grundbestand von Exegese und Dogmatik gehört. Eine eingehende Reflexion auf diese Unterscheidung scheint jedoch erst ausgelöst worden zu sein, als sich die Arianer für ihre Leugnung der Gottheit Jesu auf die Niedrigkeitsaussagen des Neuen Testaments beriefen.15 Athanasius' Antwort auf diese Herausforderung, wie sie sich vor allem in seiner Oratio contra

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15

Vgl. Adversus Praxean 27,11. 29,2f.; ähnlich „Hippolytus", Contra Noetum 16,6 (Adversus Praxean / Gegen Praxeas. Im Anhang: Hippolyt, Contra Noetum / Gegen Noet, ed. H.J. Sieben, Freiburg u.a. 2001, 238. 246. 302f.). Zur Idiomenkommunikation in der westlich-lateinischen Tradition, welche im folgenden ganz ausgeklammert wird vgl. die Arbeiten von R. Favre: La communication des idiomes dans l'ancienne tradition latine, Bulletin de litterature ecclesiastique 37 (1936), 130-145 (zu Tertullian und Novatian) / La communication des idiomes dans les oeuvres de St. Hilaire de Poitiers, Gregorianum 17 (1936), 481-514 / La communication des idiomes d'apres St. Hilaire de Poitiers. Obscurites - merites - fondement objectif, Gregorianum 18 (1937), 318-336 und J. Torchia, Importancia de la 'communicatio idiomatum' en la cristologia de san Agustin, con referencia especial a su refutation del ultimo arrianismo, Augustinum 48 (2003), 243-262. Vgl. In Joh X, 6,23-25; ed. C. Blanc, SC 157, Paris 1970, 396f. / ΧΧΧΠ, 16,188-194; ed. Preuschen, GCS 10, Leipzig 1903, 451f. Die christologisch wichtigste Passage bei Irenäus, Adversus haereses ΠΙ, 16-23, rekurriert nicht so explizit auf diese Unterscheidung, führt aber durch ihr durchgängiges Arbeiten mit den konkreten Begriffen ,Gott',,Mensch' etc. eindrücklich vor Augen, daß die Unterscheidung konkreter und abstrakter Begriffe theologiegeschichtlich noch in weiter Ferne liegt. Wollte man diese allerdings aus dem vieldiskutierten Melito-Fragment 6 herauslesen, würde dies m.E. nur die Zweifel an dessen Echtheit verstärken (vgl. A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Bd. I, Freiburg u.a. 1979, 211f.). Vgl. R. L. Wilken, Tradition, Exegesis, and the Christological Controversies, Church History 34 (1965), 123-145, hier: 127f.

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Avianos 111,26-58 (vor 34216) findet, besteht in einer ausführlichen exegetischen Diskussion der διπλή περί τοΰ Σωτήρος επαγγελία, 17 also dem Problem, welche der neutestamentlichen Aussagen über Christus nach der Menschheit und welche nach der Gottheit verstanden werden müssen. Er faßt seine Überlegungen in folgender Regel zusammen: „Wie wir, als er spie, die Hand ausstreckte oder Lazarus rief, nicht sagten, daß die Erfolge (dieser Handlungen) menschliche seien, auch wenn sie mittels des Körpers erfolgten, sondern Gott (zugehörten), so rechnen wir, wenn im Evangelium Menschliches über den Erlöser ausgesagt wird, dies wiederum unter Beachtung der Natur der Prädikate und aufgrund ihrer Unvereinbarkeit mit Gott, dies nicht der Gottheit des Logos zu, sondern seiner Menschheit".18 Das Problem biblischer Niedrigkeitsaussagen über das nach der Gottheit benannte christologische Subjekt thematisiert er in diesem Zusammenhang nicht. Es kommt wohl deswegen gar nicht als spezifisches in seinen Gesichtskreis, da seine Christologie sowieso ganz vom Subjekt des göttlichen Logos her konstruiert ist, der sich das Fleisch als Werkzeug ,zu eigen macht' (ιδιοποιεΐν), um dadurch Tätigkeiten (wie Leiden oder Sterben) auszuführen, die ihm selbst unmöglich gewesen wären. Diese ,Aneignung' spezifisch menschlicher Widerfahrnisse bedeutet dann für Athanasius aber gerade keine Affektion des göttlichen Logos, sondern vielmehr die Aufhebung oder Absorption (άναλίσκειν) dieser Widerfahrnisse, hauptsächlich der φθορά, durch die άφθαρσία der Gottheit.19 In dieser Weise verstanden erschie16

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Zur Datierung vgl. L. Abramowski, Die dritte Arianerrede des Athanasius. Eusebianer und Arianer und das westliche Serdicense, ZKG 102 (1991), 389^13. Das christologische Argument der Arianer analysiert Abramowski ebd., 407-412. Ctr. Ar. ΙΠ, 29 (MSG 26, 385AB): „Der Skopus und die Prägung der heiligen Schrift ist also, wie wir oft gesagt haben, dieser, daß es in ihr eine doppelte Verkündigung über den Erlöser gibt, nämlich daß er immer Gott war und Sohn ist [...], und daß er danach um unseretwillen aus der Jungfrau und Gottesgebärerin Maria Fleisch annahm...". Ctr. Ar. 111,41 (MSG 26, 411): Kai ώσπερ πτύσαντος αύτοΰ, καί έκτείναντος τήν χείρα, και φωνήσαντος Λάζαρον, σύκ έλέγομεν ανθρώπινα είναι τά κατορθώματα, ει και διά τοΰ σώματος έγίνετο, αλλά Θεοΰ· οΰτως εάν τά ανθρώπινα λέγηται περί τοΰ Σωτήρος έν τω Εύαγγελίιρ, πάλιν εις τήν φύσιν των λεγομένων ένορώντες, και ώς αλλότρια ταΰτα Θεοΰ τυγχάνει όντα, μή τή θεάτητι τοΰ Λόγου ταΰτα λογιζώμεθα, αλλά τή άνθρωπότητι αύτοΰ. Vgl. auch ΙΠ, 35 (ebd., 399f.). Vgl. z.B. ebd., ΙΠ, 33 (26, 393). Auch seine Exegese der Gethesemaneperikope und der Gottverlassenheit am Kreuz ebd., ΠΙ, 54-58 (439ff.) läuft in denselben Bahnen. Sie ist konzise zusammengefaßt in folgender Passage des Briefs an Epiktet (MSG 26, 1060C): „Was nämlich die Menschseite des Logos erlitt, das bezog der Logos (άνέφερεν), indem er ihr beiwohnte, auf sich selbst, damit wir der Gottheit des Logos teilhaftig werden könnten. Und es war ein Wunder, daß derselbe litt und nicht litt, litt, weil sein eigener Körper litt und er in genaus diesem Leidenden anwesend war, nicht litt, weil der Logos als Gott von Natur leidensunfähig ist. Und der Un-

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Vermischt, ausgetauscht und kreuzweis zugesprochen

nen ihm wohl die teilweise äußerst steilen - man denke etwa an Ignatius, Eph 7,2 oder mehr noch an Melitos Passahomilie20 - Paradoxalaussagen kein wirkliches Problem darzustellen, ja nicht einmal einer beiläufigen Erwähnung wert zu sein, wie wir sie in Rufins Origenes finden.21

2.1. Apolinaris von Laodizea Unabweisbar wird das Problem wohl erst im Zuge des Streits um Apolinaris. Vor allem in seinen Schriften Contra Diodorum und De unione gründet Apolinaris seine später als häretisch verdammte Konzeption der christologischen Einheit auf eine spezifische Analyse christologischer Prädikation, indem er die Einheit der Natur in Christus direkt aus dessen έν δνομα oder κοινή επωνυμία in der heiligen Schrift folgern will: „Wie kann das mit Gott in der Einheit der Person verbundene nicht mit ihm Gott sein? Wie das mit dem Ungeschaffenen in vitaler Einheit vereinte nicht mit ihm ungeschaffen? Wenn nämlich die Bezeichnung nicht gemeinsam ist, dann wird das Zusammengesetzte (τό συγκεκραμένον) nichts sein. Dagegen wäre es das aller absurdeste, wenn wir zwar das Unkörperliche mit den Bezeichnungen des Körpers benennen würden (wenn wir z.B. sagen, daß der Logos Fleisch wurde), den Körper aber nicht aufgrund der Einheit mit jenem nach dem Unkörperlichen bezeichneten. Und wenn der eine sich wundert, wie das Geschaffene der Bezeichnung des Ungeschaffenen zugeschlagen werden kann, wird sich ein anderer mit viel größerem

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körperliche selbst war im leidensfähigen Körper, der Körper aber hatte in sich selbst den leidensunfähigen Logos, der die Schwachheiten desselbigen Körpers zum verschwinden brachte." Melition de Sardes. Sur la Päque et fragments, ed. O. Perler, SC 123, Paris 1966, v.a. 116f. (§ 96): Πλήν ακούσατε τρέμοντες δι' δν έτρόμησεν ή γή· Ό κρεμάσας τήν γήν κρέμαται. Ό πήξας τούς ουρανούς πέπεκται. Ό στηρίξας τά πάντα έπί ξύλου έστήρικται. Ό δεσπότης παρύβρισται. Ό θεός πεφόνευται. Ό βασιλεύς τού Ισραήλ άνηρεται ύπό δεξιάς Ίσραηλίτιδος. 'Ώ φόνου καινού, ώ αδικίας καινής. De principiis Π, 6,3 (ed. Η. Görgemanns/H. Karpp, Darmstadt 31992, 364): „Unde et merito [anima Christi] pro eo vel quod tota esset in filio dei vel quod totum in se caperet filium dei, etiam ipsa cum qua assumpserat carne ,dei Alius' et ,dei virtus', ,Christus' et ,dei sapientia' appelatur et rursum dei filius, per quem omnia creata sunt, Jesus Christus' et,filius hominis' nominatur. Nam et,Alius dei mortuus esse' dicitur, pro ea scilicet natura, quae mortem utique recipere poterat; et,filius hominis' appellatur, qui venturus in dei patris gloria cum sanctis angelis praedicatur. Et hac de causa per omnem scripturam tarn divina natura humanis vocabulis appellatur, quam humana natura divinae nuncupationis insignibus decoratur". Nach ebd., 371 Aran. 19 ist die Stelle u.a. nach Basil Studer interpolationsverdächtig.

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Recht darüber wundern, wie das Ungeschaffene der Bezeichnung des Geschaffenen zugeschlagen wurde". 22

Was Apolinaris mit dieser einheitlichen Bezeichnung' meint, entwikkelt er ausführlicher in De unione und dem ersten Brief an Dionysios. Seiner Ansicht nach spricht die heilige Schrift nie μερικώς über Christus, bezieht sich nie ιδίως oder χωρίς auf dessen göttliche oder menschliche Seite: και τό όλον θεολογεΐν καΐ τό δλου άυθρωπολογεΐν ist die für den christlichen Theologen normative „Gewohnheit der Schrift", „denn eine Seite teilt mit der andern ihren Titel aufgrund der Einheit des Lebens". 23 Dieses Prinzip folgt für Apolinaris sowohl aus seiner strikten Anwendung der anthropologischen Analogie (derselbe Mensch wird als ganzer sowohl Leib als auch Seele genannt, ohne daß man vom jeweils anderen Element abstrahieren könnte24) als auch aus seinen exegetischen Beobachtungen. Der Hauptteil von De unione (§§ 7-17) besteht aus einer Diskussion verschiedener Bibelstellen: Joh 17,5 (§§ 7f.), Rom 1,3/Phil 2,5f. (§ 9), Joh 17,19 (§§ 10-13) und Phil 2,9 (§§ 14-17). All diese Passagen scheinen zunächst eine dyophysitische Differenzierung zu verlangen, weil von Christus gesagt wird, daß er etwas wird, was er doch eigentlich als zweite Person der Trinität schon längst ist, wie etwa heilig oder als Gott verherrlicht. Nun wäre es aber nach Apolinaris dem Sinn dieser Texte völlig zuwider, wollte man etwa Heiligsein und Heiligwerden auf Gottheit und Menschheit in Christus respektive verteilen. Erstens halten die Texte - allen voran natürlich der später auch bei Kyrill so beliebte Philipperhymnus - die Einheit des Subjekts fest, zweitens liefe eine partizipative Kommunikation göttlicher Prärogative wie des Namens über alle Namen (Phil 2,9) für Apolinaris letztlich auf krassestes Heidentum hinaus: Göttlicher Name und göttliche Ehre sind inkommunikabel (Jes 42,8), kein von Gott unterschiedenes Geschöpf kann daran gnadenhaft partizipieren. Nur die Identität von Gott und Mensch in der zusammengesetzten Natur Christi macht also eine solche ,gottmenschliche' Aussage wie die vom Verleihen des göttlichen Namens möglich.25 Damit hat Apolinaris allerdings das Phänomen christologischer Paradoxalaussagen nicht nur eigens reflektiert, sondern es gleichsam zum 22

Frg. 144 Lietzmann (Apollinaris von Laodizea und seine Schule, Tübingen 1904, 242,4-12). Die zentralen Ausdrücke isvoixröai ε'ις τήυ προσηγορίαν bzw. xfj προσηγορία τίνος (oben: „zugeschlagen werden zu") sind nur schlecht ins Deutsche zu bringen. Zur Sache vgl. auch frg. 119 Lietzmann (236,21-27); Ad Dionysium 1,4 (ebd., 258,4-10) u.m.

23

Ad Dionysium 1, 10 (260,18-20. 261,lf. Lietzmann).

24

De unione 5 (187,5-14 Lietzmann); vgl. R.A. Norris, Manhood and Christ. Α study in the Christology of Theodore of Mopsuestia, Oxford 1963,105f. mit Anm. 7.

25

De unione 16 (192,9-14 Lietzmann).

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Vermischt, ausgetauscht und kreuzweis zugesprochen

Paradigma christologischer Prädikation überhaupt erhoben. Das gesamte biblische Zeugnis von Jesus Christus ist für ihn so von der unauflöslichen Durchdringung des göttlichen und menschlichen Aspekts dieser Person bestimmt, daß jede Art der divisio vocum eine gravierende Sinnverzerrung der jeweiligen Aussagen zur Folge haben muß. Die Möglichkeit der Unterscheidung von in der angenommenen Menschheit und der ewigen Gottheit wurzelnden Eigenschaften ist für ihn offensichtlich genauso eine Banalität wie die Tatsache, daß die Gottheit des Logos durch die Leiden des Fleisches keinerlei Affektion oder Minderung erfährt: Schließlich bleibt auch die Seele bei aller Intensität ihrer Vereinigung mit dem Körper im Grunde unaffiziert - um wieviel mehr also die Gottheit Christi, die doch in viel höherem Maße leidensunfähig ist?26 Die Einseitigkeit des Apolinarischen Christusbildes und seine doch eher kruden Versuche, es in den ontologischen Kategorien seiner Zeit auszudrücken,27 ziehen also auch seine Analyse christologischer Prädikation in Mitleidenschaft. Obwohl er ständig betont, daß die Teile des christologischen Ganzen nicht in der Weise vermischt werden, daß sie gänzlich ununterscheidbar würden und ihre Eigentümlichkeiten völlig verlören,28 können beide nicht länger unverminderte Ganzheiten darstellen: Der Logos wird Teil, indem er mit der Inkarnation aufhört, ohne das Fleisch zu wirken, und letzteres sogar für seine innertrinitarische Unterscheidung vom Vater konstitutiv wird.29 Das Fleisch wird selbst nie als autonomes Ganzes konstituiert, sondern subsistiert von Anfang an nur kraft seiner Einheit mit dem Logos ohne jede eigene Subjektivität (νοΰς). In der Konsequenz kann Christus dann auch nicht im herkömmlichen Sinne ,Mensch' genannt werden, sondern nur όμωνύμως.30 Auf den ,himmlischen Menschen' (IKor 15,47) kann man sich nicht in derselben Weise beziehen wie auf den , irdischen Menschen'; er ist nur insofern wesensgleich mit uns als wir wesensgleich mit den vernunftlosen Tieren sind.31 So wird man wohl sagen müssen, daß der symmetrische Anschein von Texten wie De unione 3-4, nach denen die Niedrigkeitsaussagen und menschlichen Prädikate genauso 26 27

Frg. 134 (239,26-240,3 Lietzmann). Das Frg. 113, das den Gottmenschen durch eine Art Bastard-Idiom erklären will, wird von Grillmeier zu recht „der Tiefpunkt absurder christologischer Physiologie" genannt (Jesus der Christus 1,485).

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Vgl. z.B. Frg. 127t. (238,14-30 Lietzmann).

29

Ad Dionysium 1,8 (259,18-20); frg. 131 (239,11-15 Lietzmann).

30

Anakephalaiosis 4 (243,4f. Lietzmann). Für Parallelen vgl. R.M. Hübner, Die Schrift des Apolinarius von Laodicea gegen Photin (Pseudo-Athanasius, Contra Sabellianos) und Basilius von Caesarea, PTS 30, Berlin/New York 1989, 209-215.

31

Frg. 126 = 146 (238,9-12.242,19-22); vgl. Anakeph. 23 (244,21-245,3 Lietzmann).

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ernst genommen werden sollen wie die Hoheitsaussagen und göttlichen Prädikate, nicht Apolinaris eigentliche Sicht auf die christologische Prädikation zum Ausdruck bringt. Jedoch liegt bei ihm - anders als bei Athanasius - die Asymmetrie zwischen beiden Prädikationstypen nicht in der Kopula (die nur in letzterem Fall eine essentielle, in ersterem Fall aber eine mindestens quasi-akzidentielle Relation ausdrückt), sondern im Sinn der menschlichen Prädikate selbst: Auf Christus angewandt muß jedes menschliche Prädikat auf irgendeine Weise göttliche Konnotationen beinhalten, soll Christus kein bloßer άνθρωπος ένθεος sein. So ist, wie vor allem die Anakephalaiosis breit ausführt, Christi Fleisch kein irdisches, sondern ein himmlisches, seine Gerechtigkeit und Sohnschaft keine willentlich verdiente sondern eine wesentliche etc. Es kann also fraglich erscheinen, ob Apolinaris die Rede seines Meisters von einer „doppelten Verkündigung Christi" 32 tatsächlich gut geheißen hätte. Bei aller Sensibilität für die Unmöglichkeit stringent dyophysitischer Aufteilung sämtlicher biblischer Aussagen verunmöglicht es ihm die Einseitigkeit seines Christusbildes doch, die volle biblische Bandbreite christologischer Prädikation in seine Analyse einzubeziehen. Bleibt also zu untersuchen, wie seine Gegner diese provokative Analyse christologischer Prädikation aufgenommen haben, und ob sie dabei besagten Schwachpunkt tatsächlich beheben konnten.

2.2. Gregor von Nyssa Mit dem kleinen Bruder Basilius' des Großen stoßen wir sicher auf den prominentesten Gegner des Laodizeners, dem denn auch in fast allen Uberblicksdarstellungen zu unserem Problem33 eine bedeutendere Rolle zugewiesen wird. A. Michel geht sogar so weit, ihm die Prägung oder zumindest erste nachweisbare explizite Formulierung der Grundregel der Idiomenkommunikation zuzuschreiben.34 Da Michel diese Behauptung primär auf die christologischen Erörterungen des Contra Eunomium stützt, soll im Anschluß zunächst auf die dortige Auseinandersetzung Gregors mit der arianischen Christologie eingegangen werden, bevor dann seine Antwort auf Apolinaris kurz skizziert wird.

32

33 34

Vgl. ob. Anm. 17. Der ps-athanasianische Dialog De incarnatione contra Apolinarem meint jedenfalls, dem Laodizener genau diesen Ausdruck vorhalten zu müssen (MSG 26,1112A). Vgl. dazu Communicatio idiomatum nei vocabolari ed enciclopedie teologiche del XX secolo. Status quaestionis, http://www.grzstrz.katowice.opoka.org.pl. Art. Idiomes (communication des), in: DThC 7 (1927), 595-602, hier: 596.

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Contra Eunomium III, 3f. bietet eine ausführliche Widerlegung einer bestimmten arianischen Christologie, die der des Apolinaris in vielerlei Hinsicht - namentlich hinsichtlich der Leugnung einer menschlichen Geistseele Christi - ähnlich ist. Von daher erklären sich die substantiellen Übereinstimmungen seiner Widerlegung sowohl der Arianer als auch des Apolinaris, und die Tatsache, daß auch letztere in vielen Punkten mit Athanasius' Argumentation in der dritten Arianerrede parallel läuft.35 Eingehender als Athanasius reflektiert Gregor aber auch schon gegen die Arianer ausdrücklich auf die Konsequenzen des alexandrinischen christologisch-soteriologischen Grundmodells für die Analyse christologischer Prädikation. Aus der ά,νάκρασις (Gregors Lieblingsterminus für die inkarnatorische Einung von Gott und Mensch36) folgt nämlich für den Nyssener, daß „auch die großen und gottentsprechenden Titel im eigentlichen Sinne für die menschlichen Seite gelten, und umgekehrt die Gottheit durch die menschlichen benannt wird". 37 Bezeichnenderweise spricht diese Passage von abstrakten, nicht konkreten Subjekttermini christologischer Paradoxalaussagen. Gegen Michel scheint mir die Unterscheidung konkreter und abstrakter Begriffe nämlich bei Gregor an keiner Stelle nachweisbar zu sein: άνθρωπότης, άνθρωπος, τό ανθρώπινου und σάρξ verwendet er über weite Strecken völlig synonym.38 Daß unsere Grundformel dement-

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Vgl. v.a. die exegetische Grundregel in Ctr. Eun. ΠΙ, 4,8 (Gregorii Nysseni Opera Π. Contra Eunomium ΙΠ, ed. W. Jaeger, Berlin 1921, 129), die im wesentlichen mit der des Athanasius (vgl. o. Anm. 18) identisch ist: διό μεμιγμένης τής ευαγγελικής περί τοΰ κυρίου διδασκαλίας διά τε των ύψηλων τε καί θεοπρεπών καί διά των ταπεινών τε καί ανθρωπίνων έκάτερον των νοημάτων έκατέρφ των έν τφ μυστηρίφ νοουμένων καταλλήλως άρμόζομεν, το μέν άνθρώπινον τω άνθρωπίνιρ τό δέ ύψηλόν τή θεότητι, καί φαμεν 8τι, καθό θεός ό υιός, απαθής πάντως έστί και ακήρατος, εί δέ τι πάθος έν τφ εύαγγελίω περί αύτοΰ λέγοιτο, δια τοΰ ανθρωπίνου πάντως τοΰ δεχομένου τό πάθος τό τοιούτον ένήργησεν. Zur Mischungsterminologie Gregors und ihrem Traditionshintergrund vgl. J.-R. Bouchet, Le vocabulaire de l'union et du rapport des nature chez saint Gregoire de Nysse, Revue Thomiste 68 (1968), 533-583, zu άνάκρασις v.a. 547-549. Ebd., ΙΠ, 4,64 (ed. Jaeger, 150): διό καί τά μεγάλα καί θεοπρεπή των ονομάτων τφ άνθρωπίνφ κυρίως έφήρμοσται καί τό έμπαλιν διά των ανθρωπίνων ή θεότης κατονομάζεται. Eines der besten Beispiele dafür ist genau die Passage, die Michel für seine Behauptung zum Beleg heranzieht (ΙΠ, 3,62-66; bes. 124,5-22 Jaeger). Gregor stellt hier in absolut paralleler Weise menschliche und göttliche Natur, Mensch und Leben, Mensch und Gott (ΐις; Z.9-11), den menschlichen und göttlichen Aspekt (τί) und die menschliche und göttliche Form gegenüber, um schließlich zur Lösung des Problems zur Einwohnungsmetapher, nicht zu irgend einer Art von Differenzierung konkreter und abstrakter Begriffe Zuflucht zu nehmen. Vgl. ebenso die von Bouchet, Terminologie, 545f.548 angeführten Beispiele und die ausführlichen Belege im Lexicon Gregorianum. Wörterbuch zu den Schriften Gregor von Nyssas, hg. F.

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sprechend außerhalb von Gregors Horizont liegt, sieht man darüber hinaus daran, daß in seiner heilsökonomischen Perspektive die Zuschreibung von menschlichen Eigenschaften an die Gottheit auf völlig andere Weise zu rechtfertigen ist als diejenige göttlicher an die Menschheit. Letztere folgt unmittelbar aus seiner Vergottungslehre, der Grundlage seiner Christologie: Der Mensch Jesus ist wahrhaft Gott über alles, weil sein Fleisch „durch die Vermischung (άνάκρασις) mit der Unendlichkeit und Grenzenlosigkeit des Guten nicht mehr durch seine eigenen Maße und Eigentümlichkeiten bestimmt blieb" und so άνακράσει wurde was die Gottheit φύσει ist.39 Diese άνάκρασις beinhaltet für Gregor weder eine Affektion der Gottheit (die Menschheit und ihre Affektionen können sie ebenso wenig beeinflussen wie ein Tropfen Essig im Ozean diesen wirklich affiziert40) noch eine Konfusion beider Elemente soweit man diese in sich selbst betrachtet: Qua distinctio rationis und unter Abstraktion von der Mischung bleiben sie klar unterscheidbar. 41 Die Zuschreibung menschlicher Eigenschaften zur Gottheit ist demgegenüber, wiederum trotz gelegentlich behaupteter Symmetrie, um einiges problematischer. Hier gilt es zu unterscheiden: Ist das die Subjektstelle einnehmende christologische Kompositum (χό συυαμφότερου) nach seiner menschlichen Seite benannt, rechtfertigen sich solche Aussagen im antidoketischen Kontext, dienen also zur Betonung der Wahrheit des angenommenen Fleisches.42 Aussagen wie IKor 2,8 hingegen dürfen nicht als eigentliche Zuschreibungen menschlicher Eigenschaften zu Christus als Gott interpretiert werden, sondern

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Mann, s.v. άνθρωπος ΠΙ (Bd. I [Leiden u.a. 1999], 365b-371b) und s.v. θεότης Ε (Bd. IV [2002], 329a-331a). Ebd., ΙΠ, 3,44.46 (ed. Jaeger, 117,2-9.20-25): ό γαρ ειπών δτι Tfl δεξιά τοΰ θεοΰ υψωθείς, φανερως έκκαλύπτει τήν απόρρητον τοΰ μυστηρίου οϊκονομίαν, δτι ή δεξιά τοΰ θεοΰ ή ποιητική πάντων των όντων, ήτις έστίν ό κύριος δι' οΰ τα πάντα έγένετο και οΰ χωρίς υπέστη των όντων ουδέν, αΰτη τον ένωθένια προς αύτήν άνθρωπον εις το ϊδιον ύψος ανήγαγε, διά τής άνακράσεως, δπερ έστίν αύτή κατά τήν φύσιν, κάκεΐνον ποιήσασα- [...] τοΰτο δέ διά τής προς το άπειρον τε καί αόριστον τοΰ άγαθοΰ άνακράσεως οϋκέτι έμεινεν έν τοις οίκείοις μέτροις και ϊδιώμασιν, άλλά τή δεξιςι τοΰ θεοΰ συνεπήρθη καί έγένετο αντί δούλου κύριος, άνιί υποχειρίου Χριστός βασιλεύς, άντί ταπεινοΰ ύψιστος, άντί άνθρώπου θεός. Ebd., ΠΙ, 3,68 (ed. Jaeger, 125,27-126,3); vgl. ΠΙ, 3,45.51f (ed. Jaeger, 117,14-19; 119,19-29) / Ad Theophilum adversus Apolinaristas (Gregorii Nysseni opera ΠΙ/1, ed. F. Mueller, Leiden 158, 126,14-127,10) und Antirrheticus adversus Apollinarium (ebd., 201,6-24). Zum philosophischen Hintergrund des Bildes, der μΐξις και έπικράτειαν vgl. mundgerecht Bouchet, Terminologie, 555f.560-64. Bouchets Behauptung einer »rigorosen Taufe' dieser Vorstellungen durch Gregor (ebd., 563 vgl. 572) scheint mir jedoch zu hoch gegriffen. Ebd., ΠΙ, 3,63 (ed. Jaeger, 123,23-25); ΠΙ, 4,14f (ed. Jaeger, 131f.). Ebd., ΠΙ, 4,15 (ed. Jaeger, 132).

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vielmehr als Verdeutlichung der Partizipation des erniedrigten Menschen Jesus am Geschenk des göttlichen Namens (Phil 2,9): „Und so wird die Erfahrung des Todes nicht auf den in der Gemeinschaft mit der leidensfähigen Natur stehenden bezogen (άναφέρεται), weil der Mensch mit ihm vereinigt ist, und dennoch lassen sich die hoheitlichen und gottentsprechenden Titel auf dem Menschen nieder, so daß sogar der offensichtlich am Kreuz Hängende ,Herr der Herrlichkeit' genannt wird, da Seine Natur mit dem Erniedrigten vermischt ist und die Gnade der Titel vom Göttlichen aufs Menschliche übertragen wird". 43

Bouchet will das Nebeneinander dieser beiden Perspektiven sicherlich nicht ganz zu Unrecht aus dem heilsökonomisch-dynamischen Denken Gregors erklären: Die mit dem Essigbeispiel beschriebene μεταπονησις der menschlichen Natur sei danach erst mit der Erhöhung gegeben, wogegen im Stand der Erniedrigung in gewissem Sinne von einer Symmetrie gegenseitiger Zuschreibung gesprochen werden könne.44 Hätte Gregor dies allerdings wirklich konsequent so konzipiert, scheint schwer erklärbar, wie er dann άνάκρασις und Vergottung an vielen Stellen so unmittelbar verbinden kann, ja sogar - wie unten noch zu zeigen sein wird - die christologische Einheit selbst mit der Vergottungslehre begründen konnte. Sollte Gregor gar in fast modernem Sinne die Einheit Christi als nur im Prozeß der Erhöhung greifbare und alle Hoheitsaussagen über den Irdischen als Antizipation der Auferstehungsherrlichkeit verstanden haben? In gewisser Hinsicht geben hier die antiapolinarischen Schriften tatsächlich näheren Aufschluß. Interessant ist in diesem Zusammenhang vor allem der kurze Traktat Ad Theophilum adversus Apolinaristas, wo Gregor auf der Basis seiner άνάκρασις-Theorie den Apolinarischen Einwand widerlegen will, daß eine vollständige Menschheit einen zweiten Christus konstituieren würde. In diesem Traktat leistet nämlich bereits einer der Kappadokier selbst eine Anwendung des mit deren Namen verbundenen trinitätstheologischen Hypostasenbegriffs auf die Christologie.45 Ausgehend von dem schon aus Contra Eunomium 43

Ebd., ΙΠ, 4,16 (ebd.): καί οΰτως ούτε ή του θανάτου πείρα έπί τον κεκοινωνηκότα τής εμπαθούς φύσεως άναφέρεται δια τήν του ανθρώπου προς αυτόν ενωσιν, και τα υψηλά τε καί θεοπρεπή των ονομάτων έπΐ τόν ανθρωπον καταβαίνει, ώς και κύριον τής δόξης τον έπΐ τοΰ σταυροΰ φανέντα κατονομάζεσθαι, τής φύσεως αύτοΰ πρός τό ταπεινών άνακράσει καί τής των ονομάτων χάριτος έκ τοΰ θείου πρός τό άνθρώπινον συμμετελθούσης.

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Terminologie, 571-575.579f.

45

Dessen klassisches Dokument ist immer noch die 38. Epistel des Basilius. Die die Forschung lange Zeit dominierende Zuschreibung dieses Briefs an Gregor dürfte durch V. H. Drecoll, Zur Entwicklung der Trinitätslehre des Basilius von Cäsarea. Sein Weg vom Homöusianer zum Neonizäner, Göttingen 1996, 297-331 endgültig widerlegt sein.

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bekannten Bild stellt Gregor nämlich fest, daß, wenn das Menschliche in der Gottheit ist wie ein Tropfen Essig im unendlichen Meer, „dann ist es in der Gottheit, aber nicht in seinen eigenen Eigentümlichkeiten".46 Wenn alle 'ιδιάζοντα σημεία der Menschseite, wie ,schwach', ,klein', ,vergänglich' oder ,zeitlich' zu göttlicher Kraft, Größe, Unvergänglichkeit und Ewigkeit transformiert werden, entfällt jeder mögliche Realgrund zur Einführung einer Zweiheit in (den erhöhten) Christus. Genau dies soll nun nach Gregor auch durch Paradoxalaussagen wie IKor 2,8 zu verstehen gegeben werden: „Die Gottheit hat das Niedrige überhoch erhöht; das menschlich benannte hat sie mit dem Titel des über allem Stehens beschenkt. [...] Und aufgrund der exakten Einheit des angenommenen Fleisches und der annehmenden Gottheit tauschen die Namen Platz (άντιμεθ'ισταται), so daß sowohl das Göttliche mit dem menschlichen als auch das Menschliche mit dem göttlichen Namen benannt wird. Deshalb wird der Gekreuzigte von Paulus auch ,Herr der Herrlichkeit' genannt und der von aller Kreatur, der himmlischen, irdischen und unterirdischen angebetete Jesus' (Phil 2,10). Damit wird nämlich die wahrhafte und unzertrennliche Einung verdeutlicht, dadurch daß durch die Bezeichnung Jesus' die unaussprechliche Herrlichkeit der Gottheit bezeichnet wird, [...] und der die Leiden des Kreuzes erduldende, von den Nägeln durchbohrte und von der Lanze durchstochene von Paulus als ,Herr der Herrlichkeit' angesprochen wird. Wenn sich also auch das Menschliche nicht in den Eigentümlichkeiten der eigenen Natur zeigt, sondern der Herr der Herrlichkeit ist, wird es keiner mehr wagen, von zwei Herren zu sprechen...".47 Terminologisch ist diese Stelle natürlich von Interesse, weil sie erstmals so etwas wie einen Fachbegriff für den Aussagentausch prägt: άντιμετάστασις των ονομάτων.48 Inhaltlich klingt es hier zunächst so,

46 47

48

ed. Mueller, 126,14-127,10. Ebd., 127, llf.15-128,5.7-12: Ή γάρ θεότης τό χαπεινον ύπερύψωσεν τω κατωνομασμένιρ άνθρωπικώς τό υπέρ πάν είναι όνομα έχαρίσατο- [...] καί δια τήν ακριβή ένότητα τής τε προσληφθείσης σαρκός και τής προσλαβομένης θεότητος άντιμεθίσταται τά ονόματα, ώστε καί τό άνθρώπινον τω θείω καί τό θείον τω άνθρωπίνψ κατονομάζεσθαι. διό και ό εσταυρωμένος κύριος τής δόξης ύπό του Παύλου καλείται και ό προσκυνούμενος ύπό πάσης κτίσεως, των τε επουρανίων καί επιγείων καϊ καταχθόνιων, Ιησούς ονομάζεται- διά τούτων γάρ ή αληθής τε καί άδιαίρετος ένοχης έρμηνεύεται, έκ του και τήν άφραστον τής θεότητος δόξαν τή τού Ιησού προσηγορία σημαίνεσθαι, [...] καί τόν τά πάθη τού σταυρού δεξάμενον καί περονηθέντα τοις ήλοις καί διαπαρέντα τή λόγχη κύριον δόξης παρά τού Παύλου προσαγορεύεσθαι. εί οΰν καί τό άνθρώπινον ούκ έν τοις τής φύσεως ίδιώμασι δείκνυται άλλά κύριος τής δόξης εστίν, ούκ αν δέ τις ειπείν δύο κυρίους δόξης τολμήσειεν... In eine ähnliche Richtung geht Gregor von Nazianz, Oratio 30, 8: καί τούτό έστιν δ ποιεί τοις αίρετικοΐς τήν πλάνην, ή των ονομάτων έπίζευξις, έπαλλαττομένων τών ονομάτων διά τήν σύγκρασιν. Aristoteles gebraucht diesen für die wechselseitige Verdrängung von Elementen (Physik IV,1 208b2). Daß dieses ,Platztauschen' tatsächlich die grundlegende Vor-

50

Vermischt, ausgetauscht und kreuzweis zugesprochen

als sei wirklich die Tatsache der Erhöhung für Gregor der Dreh- und Angelpunkt, von dem aus Hoheitsaussagen über den Irdischen und Niedrigkeitsaussagen über den Erhöhten (als Antizipationen bzw. Rückprojektionen) erst möglich werden. Doch wird vom argumentativen Kontext her klar, daß die hier beschriebene, durch den Aussagentausch verdeutlichte Vergottung nicht nur den Erhöhten betrifft, sondern ganz grundsätzlich die Einheit des Gottessohnes begründen soll: „Wenn nämlich das ins Menschliche gekommene Göttliche [...] dem Sterblichen die Sterblichkeit und dem Vergänglichen die Vergänglichkeit belassen hätte, dann hätte man zu recht eine Zweiheit im Gottessohn erblickt [...]. Wenn aber das ins Unsterbliche gekommene Sterbliche Unsterblichkeit geworden ist, in gleicher Weise das Vergängliche zur Unvergänglichkeit überging und alles andere genauso zum Leidensunfähigen und Göttlichen verwandelt wurde, was sollen dann diejenigen, die das Eine in entzweite Unterscheidung zerschneiden, noch vorbringen können?"49

Vielleicht wird man Gregor also am besten damit gerecht, die Vergottung als Prozeß zu begreifen, der mit der Inkarnation einsetzt und mit Kreuz und Auferstehung vollendet ist. Das irdische Leben Jesu wäre dann etwa - in Gregors Bild gesprochen - der kurze Augenblick, in dem der ins Meer getropfte Essig noch deutlich erkennbar ist, bevor er diffundiert. Wie nämlich die distinctio rationis der Naturen beim erhöhten noch möglich sein soll, kann angesichts einiger einschlägiger Ausführungen Gregors tatsächlich fraglich erscheinen. In seiner Apodeixis scheint Apolinaris nämlich gegen eine der Gregorschen ähnliche Konzeption der christologischen Einheit durch Vergottung des Erhöhten eingewandt zu haben, daß der wiederkommende Erhöhte etwa nach Mt 24,31 gesehen wird, also sichtbare, körperliche Gestalt haben muß.50 Für den Platoniker Gregor ist dies jedoch nichts weiter als die denkerische Gosse des Materialismus: So „par terre und niedrig" (χαμαιριφή και, χαμαίζηλα) kann niemand über Gott denken. Statt dessen will Gregor dem Erhöhten zugeschriebene Prädikate als bloße Metaphern verstehen: Genau wie Jesus sich im Gleichnis von den bösen Weingärtnern als eingeborener Erbe zeichnet, der von den Pächtern

49 50

Stellung bei der Verwendung des Verbs mit und ohne präpositionales Objekt ist, ist den Autoren des Lexicon Gregorianum, s.v. (Bd. I, 403a) entgangen. Die brauchbarste Parallele zu unserer Stelle ist vielleicht Basilius, De spiritu sancto 5 , 1 2 , 1 - 1 3 (ed. B. Pruche, SC 17, Paris 1968, 282), wo άντιμεθίστασθαι den Gebrauch eines bedeutungsähnlichen Wortes für ein anderes (etwa διά für έκ) bezeichnet. - Interessant ist ferner Gregors Wendung Απαλλαγή τών 'ιδιωμάτων (De virginitate 23, 6,15f.; ed. M. Aubineau, SC 119, Paris 1966, 546), die aber die Kreuzung entgegengesetzter Eigenschaften von Jugend und Alter bezeichnet. Ad Theophilum, ed. Mueller, 124,21-125,10. Frg. 98 (ed. Lietzmann, 230,1-19).

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seines Weinbergs umgebracht wird, so will er auch im Zusammenhang der synoptischen Apokalypse ein eindrückliches Bild von seiner Rückkehr zum Gericht in den Wolken vermitteln, um den gegenwärtigen Unglauben seiner Zuhörer durch „die Erwartung furchtbarer Dinge" zu kurieren. Die „Herrlichkeit des Vaters", in welcher Christus erscheinen will, ist für Gregor inkompatibel mit jeglicher Art von Anthropomorphismus.51 Ja, Gregor geht sogar so weit, zu behaupten: „Christus ist immer, sowohl vor der Ökonomie als auch danach. Mensch aber ist er weder davor noch danach, sondern nur zum Zeitpunkt der Ökonomie. Weder ist nämlich der Mensch vor der Jungfrau noch bleibt das Fleisch noch nach der Himmelfahrt in seinen eigenen Idiomen. Wenn wir nämlich, sagt er [Paulus], Christus einst nach dem Fleisch erkannt haben, erkennen wir ihn doch jetzt nicht mehr so". 52

Daß eine solche Aussage nicht nur aufgrund der Vorwegnahme der (ja noch von Bultmann vertretenen) Fehlexegese von 2Kor 5,16b53 äußerst problematisch ist, braucht wohl nicht eigens betont zu werden. Gregor bemüht sich zwar redlich, die Einheit Christi nicht weniger plausibel, aber auf ganz anderem Wege zu begründen als Apolinaris, verliert dabei aber wohl die Notwendigkeit der Wahrung der Integrität der Menschheit Christi etwas aus den Augen. Was also die Interpretation christologischer Paradoxalaussagen insgesamt betrifft, scheint Gregor demnach - auch wenn er in der Predigtsprache reichen Gebrauch von ihnen machen konnte,54 und in der dogmatischen Reflexion Ansätze zu ihrer teilweisen Bewältigung liefert, die ihn aber zu problematischen Konsequenzen führen - keinen wirklich wesentlichen Fortschritt gegenüber Athanasius gemacht zu haben.55 Auch für Gregor ist das biblische Zeugnis zunächst eben „ver51

52

53 54 55

Antirrheticus, ed. Mueller, 228,24-230,30. Zum Zusammenhang mit der Debatte um den Auferstehungsleib vgl. Bouchet, Terminologie, 573-575. - Interessant ist ferner ein Vergleich mit der Diskussion desselben Problems bei dem letztlich ebenfalls wieder beim Piatonismus ankommenden Brenz (vgl. u. Kap. 6 Absch. 4.5.). Ebd., 222,25-223,1. Der Verteidigungsversuch von Bouchet (Terminologie, 575) unter Verweis auf De recta fide ad Simplicium kann m.E. deswegen nicht überzeugen, weil Christi Menschwerdung - gerade im Gegensatz zu Gregors dortiger Argumentation (ed. Mueller, 62,19-63,1; ebenso Refutatio confessionis Eunomii 141; ed. Jaeger, 354,2-7) - etwa mit Johannes von Damaskus, Expositio fidei 69 - auf einer anderen Ebene angesiedelt werden muß als die Fluchwerdung am Kreuz. Nach v . l 6 a bezeichnet das κατά σάρκα eindeutig den Erkenntnismodus des Subjekts („wir"), nicht die Weise des Erkanntwerdens des Objekts (Christi). Vgl. z.B. das zehnfache Πότε ήν άτιμος; (In lucif. s. domini resurrectionem; Gregorii Nysseni opera IX/1, ed. E. Gebhardt, Leiden 1967,316,8-318,12). Es sollte jedoch vermerkt werden, daß Gregor dem Logos während des triduum mortis Gemeinschaft mit Jesu Leib und Seele zuspricht (Antirrheticus; ed. Mueller 224,25-225,6), wohingegen für Athanasius der Logos dann vom Körper getrennt ist (vgl. Grillmeier, Jesus der Christus 1,469^171).

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Vermischt, ausgetauscht und kreuzweis zugesprochen

mischt" 56 und muß durch dogmatische Reflexion entwirrt werden: Wie später im Tomus Leonis werden dementsprechend Prädikate wie geboren werden', ,leiden' oder ,sterben' einerseits, ,schaffen', ,vergeben' oder , angebetet werden' andererseits als unmittelbare Indikatoren derjenigen ,Natur' aufgefaßt, nach der die jeweilige Aussage allein zutrifft. Obwohl Gregor also - anders als Athanasius - diejenigen Niedrigkeitsaussagen, in denen das Subjekt nach der Gottseite bezeichnet ist, tatsächlich als distinktes Phänomen erfaßt, kann er sie doch nur in einer zu der schon bei Athanasius diagnostizierten analogen Brechung ihrer Eigentlichkeit interpretieren, wenn auch nicht auf so platte Weise, wie der etwa zeitgleich schreibende Epiphanius, dem zufolge in IKor 2,8 der Gottheit das Leiden genauso zugerechnet' (λογ'ιζεσθαι) wird wie ein Fleck auf dem Mantel der Person, die diesen trägt.57 Wenn sein Ansatz also den athanasianischen Rahmen letztlich nicht zu sprengen vermag, wird man ihm dennoch ein - vielleicht nicht zuletzt durch Apolinaris inspiriertes - gegenüber Athanasius gesteigertes Problembewußtsein bei der Analyse christologischer Prädikation nicht absprechen können: Auch wenn er die Paradoxalaussagen teilweise entschärft, teilweise von nicht unproblematischen platonischen Prämissen aus uminterpretiert, war er doch einer der ersten, der das Phänomen wahrnahm, theologisch reflektierte, und ihm sogar mit άντιμετάστασις των ονομάτων einen Namen verlieh.

2.3. Theodor von Mopsuestia Eine weitaus radikalere - und innerhalb der alten Kirche wohl auch die konsequenteste - Antithese gegen Apolinaris bildet hingegen die Christologie des größten antiochenischen Theologen und wohl auch Lehrers des Nestorius, Theodor von Mopsuestia. In seiner Konzeption ist die divisio vocum, also die akkurate Differenzierung biblischer Aussagen nach ihrem Bezug auf die Gott- oder Menschseite Christi, deren konsequente Ablehnung Grundpfeiler der Apolinarischen Christologie war, von grundlegendster Relevanz und kann dementsprechend „be abundantly and tiresomely illustrated from his works". 58 Während Apolinaris die Einheit des Subjekts christologischer Prädikationen aus der (postulierten) Einheit des Namens Christi folgert, insistiert Theodor auf der Zweiheit der Namen, wie sie sich für ihn aus Passagen wie Rom 9,5 erschließt, und der Zweiheit der Subjekte christologischer Prädika56 57 58

Vgl. ob. Anm. 35. Ancoratus 93,3,3-8,6 (ed. K. Holl, GCS 25, Leipzig 1915,114f.). Norris, Manhood and Christ, 197.

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tion.59 In seiner Exegese von Ps 8 zeigt er dies unter geschicktem Bezug auf die Verwendung dieses Textes im Neuen Testament: Die erste Hälfte des Psalms (vv. 2-4) beziehe der Herr - nach Mt 21,16 - auf sich selbst als Gott, wogegen die zweite Hälfte (vv. 5-9) - nach Heb 2,6-9 den homo assumptus beschreibe. Aufgrund dieser Beobachtung stellt er folgende Regel auf: „Wann immer wir die Schrift sagen hören, daß Jesus geehrt, verherrlicht, ihm irgend etwas vermittelt wurde oder er die Herrschaft über alles empfangen habe, wollen wir dies nicht von Gott dem Logos verstehen, sondern vom angenommenen Menschen; dann werden wir nicht fehlgehen, behaupten wir nun, es sei diesem von Gott dem Vater, oder aber von Gott dem Logos vermittelt worden, weil wir zu dieser Behauptung durch die Lehre der heiligen Schrift unterwiesen wurden". 60

Genau diejenigen Passagen also, die Apolinaris als Illustrationen seines κοινώς λέγεσθαι herangezogen hatte, wo es von Christus heißt, er erhalte etwas, was der christlich-jüdischen strikten Unterscheidung von Schöpfer und Geschöpf zufolge nur Gott selbst zukommen kann, begründen für Theodor die Notwendigkeit der Unterscheidung. Theodors Partizipationskonzept61 eröffnet also auch die von Apolinaris vehement negierte Möglichkeit der Teilhabe nicht wesentlich göttlicher Entitäten an göttlichen Prädikaten wie dem Namen über alle Namen, der Allherrschaft oder der Anbetungswürdigkeit (συμπροσκύνησις). Der Tatsache, daß das biblische Zeugnis diese beiden Hinsichten eben nicht immer strikt unterscheidet, sondern auch beides vereinende Arten des Ausdrucks kennt, ist sich Theodor dabei wohl bewußt. Nach Theodor spricht die Schrift bisweilen über den göttlichen Logos und den angenommenen Menschen „wie über einen", 62 um „sowohl die un59

60

Vgl. z.B. Katechetische Homilien EU,6-10 zur Unterscheidung von „eingeborener Sohn" (göttlicher Name) and „Erstgeborener aller Kreatur" (menschlicher Name) (Les Homelies catechetiques de Theodore de Mopsueste, ed. R. Tonneau/R. Devreesse, Vatican City 1949, 61-67). Sein Insistieren auf der „double parole" (meltha 'afiftha), in welcher sowohl die Schrift als auch die nizänischen Väter von Christus reden (Homilies νίΠ,Ι; ed. Tonneau, 187) könnte von Athanasius inspiriert sein (cf. ob. Anm. 19). Le Commentaire de Theodore de Mopsueste sur les Psaumes, ed. R. Devreesse, Vatican City 1939, 47,24-29. Eine ganz ähnliche Auslegung von Ps 8 muß in De incarnatione X vorgekommen sein (Vgl. Frg. 3 in Theodori Episcopi Mopsuesteni in Epistolas B. Pauli Commentarii, ed. H.B. Swete, Bd. 2, Cambridge 1882, 301,27302,33).

61

Dazu wegweisend: L. Abramowski, Zur Theologie Theodors von Mopsuestia, ZKG 72 (1961), 263-293, hier: 274-293 (zum unterschiedlichen Partizipationsbegriff bei Theodor und Kyrill).

62

Die syrischen Übersetzungen haben meist 'ejk d-'al had (Homilien VI,6 [ed. Tonneau, 140,26]; V m , 10-12 [ebd., 200,15. 202,7f.20.25] / Theodori Mopsuesteni Commentarius in Evangelium Johannis Apostoli, ed. J.M. Voste, Louvain 1940, CSCO 115, 167,28.

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Vermischt, ausgetauscht und kreuzweis zugesprochen

terschiedlichen Naturen als auch die Einheit der Person aufzuzeigen". 63 Genau wie Paulus dasselbe Pronomen εμοι ohne jede explizite Differenzierung sowohl auf seine zu Gott strebende Seele als auch auf sein widerspenstiges Fleisch bezieht (Rom 7,21), kann Christus ohne ausdrückliche Unterscheidung seiner Gottheit und Menschheit von „sich selbst" sprechen.64 Theodors Analyse christologischer Prädikation im Rahmen der Einwohnungschristologie rechnet also durchaus auch mit einem einheitlichen, gemeinsamen Subjekt, allerdings nicht ohne diese Einheit durch ein ,quasi' zu brechen.65 Eine Unterscheidung und Zuordnung von Einheit und Zweiheit mittels der Differenzierung von konkreten und abstrakten Begriffen ist auch ihm noch völlig fremd.66 Doch was bedeutet dies nun genau für Theodors Umgang mit christologischen Paradoxalaussagen? Den hermeneutischen Schlüssel für sein Verständnis von Hoheitsaussagen über den Menschen Jesus legt er in Homilie VIII,llf. anhand einer Exegese von Joh 6,62 und 3,13 dar: Aussagen des irdischen Jesus, wie daß der Genuß seines Fleisches ewiges Leben verleihe, müßten, heißt es dort, für die Zuhörer in der Weise plausibilisiert werden, daß durch rhetorische Unterdrückung der Unterscheidung zwischen Logos und angenommenem Menschen auf die Verbindung des letzteren mit dem ersteren hingewiesen wird, damit die Aussage Glaubwürdigkeit gewinnt.67 Zu Joh 3,13 heißt es entsprechend: „Und er wollte nicht in unterscheidender Weise sagen: ,Es ist niemand zum Himmel aufgestiegen außer der Menschensohn, derjenige, in dem der wohnt, der vom Himmel herabgestiegen ist und im Himmel war'. Aber er hat diese Sprachgestalt unterlassen, um es in verbundener Weise und wie 271,18), einmal 'ejk d-l-had (Homilien VIII,10 [ed. Tonneau, 200,5]; in der Peshitta Gal 3,16 für ώς περί ευός!), einmal aber auch ohne das einschränkende 'ejk (Homilien VI,7 [ed. Tonneau, 142,23]). In der lateinischen Übersetzung des Facundus steht „sicut de uno quodam" (De incarnatione X, frg. 1 [ed. Swete, II, 301,3]). Das wahrscheinlichste griechische Äquivalent wäre also ώς περί ενός. 63 64

65

66 67

De incarnatione X, frg. 1 (ed. Swete II, 301,4f.). Diese Illustration begegnet im Kommentar zu Joh 8,16, wo nach Theodor die Behauptung „wenn ich richte, ist mein Gericht recht" auf den wiederkommenden Menschen Jesus, aber deren Begründung „denn ich bin nicht allein, sondern ich und der, der mich gesandt hat" auf den Logos bezogen werden muß (ed. Voste, 165,19169,3 [textus] / 118,10-120,27 [versio]). Genauso bezieht sich Christus in Joh 14,12f. auf sich selbst sowohl qua zu seinem Vater zurückkehrender Mensch als auch qua das Geber seiner Jünger erhörender Gottessohn „als wie auf einen" (Ibid., 271,1-22 [textus] /193,24-194,7 [versio]) Zur Leistungsfähigkeit von Theodors Konzeption der Einheit in Christus, die in diesem Zusammenhang nicht hinreichend diskutiert werden kann vgl. neben Abramowski, Theologie, 281-293 noch Norris, Manhood, 216-233. Vgl. ebd., 198-201. Homilie V m , l l (ed. Tonneau, 200,15-202,15).

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von einem zu sagen, zur Verdeutlichung und Bestätigung der erstaunlichen Dinge, die sich in demjenigen, den man sah, vollzogen. Und jedesmal wenn die Schrift von (solchen) Dingen, die bezüglich der menschlichen Natur geschehen, sprechen will, weist sie, weil diese Dinge unsere Natur bei weitem übersteigen, zu recht auf die göttliche Natur hin, indem sie ihre Verbindung zu erkennen gibt, damit solche von diesem Menschen behaupteten Dinge aufgrund dieser wundersamen göttlichen Natur, die mit ihm vereint ist, geglaubt werden". 68

Diesen Ausführungen zufolge scheint Theodor alle Hoheitsaussagen über den Menschen Jesus vor dessen Auferstehung als eine Art Antizipation seiner zukünftigen Herrlichkeit zu verstehen - ein Eindruck, der durch seine Exegese des Philipperhymnus bestätigt wird. In diesem Bibeltext ist ja eindeutig der Sohn Gottes das eine, durchgehende Subjekt des gesamten Prozesses von Erniedrigung und Erhöhung. Theodor jedoch hält es grundsätzlich für „offensichtlich und gewiß, daß dies von der menschlichen Natur gesagt ist", fügt jedoch sofort hinzu: „Jedoch sagt er dies in Verbindung (neqfaith) von der göttlichen Natur, damit die Rede die Zuhörer in Erstaunen versetzt und bei ihnen ankommt. Da es nämlich die menschliche Natur übersteigt, von allen angebetet zu werden, mußte all dies wie von einem gesagt werden, so daß aufgrund der exakten Verbindung (naqifutha) der Naturen die Rede geglaubt wird". 69

Die argumentative Struktur dieser beiden Texte ist im wesentlichen identisch: Paradoxalaussagen sind gerechtfertigt, da sie durch Christi menschlichen Mund gesprochenen Aussagen über sich selbst qua Logos in effektvoller Rhetorik Glaubwürdigkeit verleihen. Im ersten Fall geht es um die lebensspendende Kraft des Leibes Jesu, die angesichts dessen damaligen Zustandes nur unter Berücksichtung der zukünftigen Verherrlichung durch die Gottheit glaubwürdig erscheint. Im zweiten Fall ist es die Anbetungswürdigkeit des Menschen, die durch Beschreibung seines Gehorsams bis zum Tod und seiner Erhöhung als Handlungen des Gottessohnes plausibilisiert werden soll. In beiden Fällen jedoch kann man sich des Eindrucks kaum erwehren, daß Theodor die jeweiligen Schriftaussagen nicht im vollen und eigentlichen Sinn beim Wort nimmt. Man ist sogar versucht, zu schließen (wie viele, vor allem ältere Interpreten dies taten70), daß der historische Jesus für Theodor tatsächlich ein bloßer Mensch war, der erst a parte posteriori, von der Auferweckung und Erhöhung her, als Gott angesehen werden kann. Damit würde man jedoch die Tatsache ignorieren, daß Theodor bei all seiner Betonung eines doppelten Subjekts in Christus und einer 68

Homilie VHI,12 (ebd., 202,22-204,5).

69

Homilie VI,6 (ebd., 140,23-142,2).

70

Vgl. z.B. M.V. Anastos, The immutability of Christ and Justinian's condemnation of Theodore of Mopsuestia, DOP 6 (1951), 125-160, v.a. 132-142.

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in der durch den Menschen Jesus frei verdienten Erhöhung gipfelnden συνέργεια zwischen beiden letztere nie als Grund der Einheit Christi bzw. der Einwohnung des Logos im angenommenen Menschen bezeichnet. Vielmehr macht er unmißverständlich klar, daß diese Einwohnung sofort mit der Inkarnation voll gegeben ist und im zunehmenden Gehorsam des Menschen nur immer mehr zum Ausdruck kommt.71 Dementsprechend kann er andere Paradoxalaussagen auch in einer Weise erklären, die sich zumindest von ihrer Grundstruktur her doch an die spätere orthodoxe Fassung annähert: „Wenn sie also fragen: ,Ist Maria Menschen- oder Gottgebärerin?', soll man von unserer Seite antworten:,Beides'. Ersteres ist sie nämlich der Natur der Sache nach, letzteres durch Übertragung (άναφορα). Menschengebärerin ist sie der Natur nach, da derjenige im Bauch der Maria ein Mensch war und auch so von dort hervorkam. Gottesgebärerin ist sie aber, weil Gott in dem geborenen Menschen war, nicht als der Natur nach in diesem räumlich umschrieben, sondern durch das Verhältnis des Beschlusses (κατά την σχέσιν της γνώμης) in ihm seiend. [...] Dasselbe ist auch zu antworten, wenn sie fragen: ,Wurde Gott gekreuzigt oder ein Mensch?', nämlich:,beides, aber nicht auf dieselbe Weise'. Denn dieser wurde freilich gekreuzigt, insofern er sowohl das Leiden ertrug, ans Holz geheftet und von den Juden ergriffen wurde; jener aber, weil er dem vorhin genannten Grund zufolge mit diesem war". 72

Es gilt also zu unterscheiden zwischen von Natur aus wahren und durch Übertragung wahren Prädikationen. Diese Übertragung ist jedoch nicht bloß uneigentliche Rede, licentia poetica, sondern der Ausdruck der Einheit Christi,73 da die σχέσις της γνώμης, von der das Fragment spricht, nichts anderes ist als die für die Einwohnung konstitutive göttliche ευδοκία. Die Struktur dieser Analyse, die nicht-paradoxe christologische Prädikationen per se, paradoxe jedoch nur per accidens, vermittelt über die Personeinheit gelten läßt, deckt sich also durchaus mit dem, was wir später in der chalkedonischen Theologie finden. Theodors „als wie von einem" dürfte also doch mehr meinen als bloß pädagogisch zu rechtfertigende uneigentliche Rede. Man muß bei der Interpretation die öfter hinzugefügte Ergänzung „in Verbin-

71 72 73

Vgl. Norris, Manhood, 222-228 und Abramowski, Theologie, 286-291 (gegen eine adoptianistische Interpretation von Theodors Deutung der Taufe Jesu). De incarnatione XV, fr. 2 (ed. Swete Π, 310,10-21.26-30). Obwohl der Begriff άναφορά durch Athanasius gedeckt ist (vgl. ob. Anm. 19 und 59), wird Kyrill nicht müde, dagegen zu polemisieren (vgl. G.W.H. Lampe, A Patristic Greek Lexicon, Oxford 1961, s.v. Β 2 [127b]), was später zum Topos der Polemik gegen Theodor avanciert (vgl. z.B. Leontius von Byzanz; MSG 86/1, 1372D). Zu Kyrills ambivalenter Stellung zum Epiktetbrief vgl. G.M. de Durand in seiner Einleitung zu Deux dialogues christologiques, Paris 1964 (SC 97), 101-103.

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dung (neqfaith)"74 mit berücksichtigen, eine Wendung, die als Wahrheitsgrund dieser paradoxen „Sprachform"75 die naqifutha, die συνάφεια deutlich werden läßt. Obwohl Theodor sich in seiner Exegese also durchaus ähnliche Gewaltsamkeiten zu Schulden kommen läßt wie Apolinaris, hat er doch mit dieser letzten Präzisierung - wie anhand der Aufnahme seiner Anregungen durch Nestorius und schließlich sogar Kyrill zu zeigen sein wird - für größere Differenziertheit der Analyse Raum geschaffen, als dies im Koordinatensystem des Laodizeners der Fall war. Seine zentrale antiapolinarische Einsicht, daß der menschlichen Subjektivität Jesu nur dann fundamentale soteriologische Bedeutung beigemessen werden könne, wenn die Heilstat auch als durch diesen Menschen in Freiheit verübte, ihm zurechenbare in den Blick kommt, in tragfähigen ontologischen Kategorien auszudrücken und damit gar später als orthodox akzeptierte Lösungen vorwegzunehmen, war ihm allerdings nicht vergönnt.

2.4. Das Aufkommen der Unterscheidung von concreta und abstracta im Nestorianischen Streit Daß die theologische Reflexion christologischer Paradoxalaussagen keineswegs erst mit dem Nestorianischen Streit begann, sollte inzwischen deutlich geworden sein. Dennoch rückt sie in diesem Zusammenhang in einer Weise ins Zentrum der Auseinandersetzung, wie dies im apolinarischen Streit noch nicht der Fall war, wo das anthropologisch-soteriologische Problem dasjenige der Prädikationsanalyse fast etwas in den Schatten stellte. Zudem haben wir mit den auf dem Ephesinense (431) dogmatisierten beiden Briefen Kyrills an Nestorius die erste wirklich offizielle kirchliche Äußerung zu unserem Problem vor uns - eine Äußerung, die jedoch zumindest in ihrer radikalsten Gestalt, den 12 Anathematismen aus Kyrills drittem Brief an Nestorius, durch das Konzil von 451 aus unmittelbar einsichtigen Gründen nicht

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Homilie VI,6 (ed. Tonneau, 140,23); Vm,12 (ebd., 202,19.24). Die Herausgeber schlagen συναπτώς als griechisches Äquivalent vor (ebd., 612b), eine so weit ich sehe für das vierte Jahrhundert nicht zu belegende Vokabel. Der Alternativvorschlag Ακολούθως (ebd., 203 Anm. 4) entspräche zwar der Grundbedeutung des syrischen Begriffs, aber nicht seiner Verwendung in diesem Kontext (die Übersetzung korrekt: „conjointement"). Ich würde in allen drei Fällen συνημμένως oder κατά συνάφειαν vorschlagen. Homilie Vffl,12 (ed. Tonneau, 202,24).

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als Glaubensgrundlage übernommen wurde. 76 Dort werden nämlich nicht nur materialiter Niedrigkeitsaussagen über das göttliche Subjekt des Logos (die der Geburt im ersten und die des Leidens und Sterbens im zwölften) und Hoheitsaussagen über dessen menschlichen Aspekt (etwa die Anbetungswürdigkeit im achten oder die lebensspendende Kraft im zehnten) als orthodox festgeschrieben, sondern - mit dem vierten Anathematismus - auch eine formale Regel aufgestellt, die jegliche divisio vocum verbietet und sich damit gegen Athanasius und Gregor auf die Apolinarische Sicht des Prädikationsproblems festzulegen scheint: „Wenn jemand die Sprüche in den Evangelien und Apostelschriften, seien sie nun von den Heiligen über Christus oder durch ihn über sich selbst gesprochen, zwei Personen oder Hypostasen zuteilt, und die einen gleichsam einem neben dem Logos aus Gott für sich erfaßten Menschen zuschreibt, die anderen als gottgeziemende aber allein dem Logos aus Gott dem Vater, der sei verflucht".77 Nun kann man sicherlich sagen, dies sei eine überspitzte Formulierung, die letztlich nicht die alte, vor allem in der Auseinandersetzung mit den Arianern systematisch bedeutsam gewordene exegetische Praxis der Hinsichtendifferenzierung grundsätzlich angreifen will, sondern nur die Art von deren Anwendung durch Theodoret und Nestorius. Schließlich hatte Kyrill ja selbst in seinen antiarianischen Frühschriften auf diese Praxis zurückgegriffen 78 und war sicher mit einschlägigen Äußerungen besagter Väter vertraut. Dennoch stellt sich die Frage, inwiefern Kyrill nicht doch - entgegen eigener späterer Beteuerungen 76

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Dagegen will T. Weinandy, Cyril and the Mystery of the Incarnation, in: ders./D.A. Keating (Hgg.), The Theology of St Cyril of Alexandria. A critical appreciation, London/New York 2003, 23-54, v.a. 46-53 dem Patriarchen von Alexandrien den ultimativen, von der späteren Lehrtradition nur noch bestätigten Durchbruch in unserer Frage bescheinigen. Chalkedon ist für ihn also nicht mehr als vielleicht etwas deutlichere Ausbuchstabierung der Einsichten Kyrills, dessen Idiomenkommunikationschristologie den Dreh- und Angelpunkt der gesamten altkirchlichen Lehrentwicklung darstelle (vgl. ders., Does God suffer?, 182-206) - eine in dieser Undifferenziertheit offensichtlich unhaltbare Ansicht (vgl. etwa die fundamentale Kritik von R. Cross, A recent contribution on the distinction between monophysitism and chalcedonianism, The Thomist 65 [2001], 361-383). ACO 1/1/1, 41,1-4 (= DH 255): Εϊ τις προσώποις δυσϊν ή γοΰν ύποστάσεσιν τάς τε έν τοις εύαγγελικοΐς και άποστολικοΐς συγγράμμασι διανέμει φωνάς ή έπι Χριστωι παρά των αγίων λεγομένας ή παρ' αύτοΰ περί έαυτοΰ καΐ τάς μέν ώς άνθρώπωι παρά τόν έκ θεοΰ λόγον ϊδικώς νοουμένωι προσάπτει, τάς δέ ώς θεοπρεπεΐς μόνωι τώι έκ θεοΰ πατρός λόγωι, ανάθεμα έστω. Vgl. G. Jouassard, Saint Cyrille d'Alexandrie aux prises avec la „communication des idiomes" avant 428 dans ses ouvrages antiariens, Studia Patristica VI (1962), 112-121. Jouassards Behauptung einer Entwicklung Kyrills an diesem Punkt ist sicherlich insofern zuzustimmen, als er später in der Anwendung besagter Praxis vorsichtiger und differenzierter wird.

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im Laetantur-Brief an Johannes von Antiochien, dem Dokument der Union von 433, den Antiochenern entscheidende Zugeständnisse gemacht hat, wenn es dort heißt: „Wir wissen, daß die gottgelehrte Männer von den evangelischen und apostolischen Sprüchen über den Herrn die eine Gruppe als auf eine Person bezogen vergemeinschaftlicht (κοινοποιέΐν), die anderen jedoch als auf die beiden Naturen bezogen unterschieden haben, wobei sie die gottgeziemenden als nach der Gottheit des Christus, die Niedrigkeitsaussagen jedoch als nach dessen Menschheit gesagt überlieferten".79

Hier wird also die Möglichkeit einer Divisio vocum eingeräumt, so lange man sie nicht auf das Gesamtzeugnis der Heiligen Schrift ausdehnt, sondern auch deren κοινοποιεΐν in die Betrachtung mit einbezieht. Doch war Kyrill bereits von Nestorius als exegetische Regel unterbreitet worden, daß man in einer der des Laetantur-Briefs ganz analogen Dreiertypologie die göttlichen und menschlichen von den gemeinsamen, dem Christus durch die Schrift nach beiden Naturen verliehenen Titeln unterscheiden und das Schriftzeugnis nach genau diesem Dreierschema einteilen solle80 - ein Vorschlag, der bei Kyrill damals gelinde gesagt auf wenig Gegenliebe gestoßen war, ja die überscharfe Reaktion des dritten Briefs mit besagten Anathematismen erst zur Folge hatte. Hat Kyrill also 433 schlicht um des lieben Friedens willen einen sachlichen ,Rückzieher' gemacht und sich mit der Verurteilung der Person des Nestorius und der Anerkennung des TheotokosTitels zufrieden gegeben? Spätere Rechtfertigungen der Union seinen Parteigängern gegenüber legen nahe, daß sich in der Diskussion mit den Antiochenern tatsächlich ein neuer sachlicher Aspekt ergeben hat, der ihm deren divisio vocum akzeptabel und mit dem Anliegen (wenn auch vielleicht nicht mit dem Wortlaut) seiner Anathematismen vereinbar erscheinen ließ. So schreibt er an Acacius von Melitene, daß der vierte Anathematismus keineswegs die unterschiedlichen Bezugshinsichten der christologischen Aussagen der Schrift aufheben, sondern nur deren Verteilung auf unterschiedliche Subjekte negieren wolle.81 Ebenso sei die antiochenische Rede von zwei Naturen und die damit verbundene divisio vocum dann akzeptabel, wenn man ein bestimmtes Verständnis von Natur voraussetze, welches Kyrill folgendermaßen beschreibt:

79 80 81

ACO1/1/4,17,17-20. Zweiter Brief an Kyrill; ACO 1/1/1, 29,27-31,28. ACO 1/1/4, 26,15-21. Ebd., 29,16-30,8 beteuert er eindringlich, niemals an eine - der arianischen und apolinarischen Häresie gleichkommende - Leugnung des Unterschieds der, voces' gedacht zu haben.

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„Die Brüder zu Antiochien haben dasjenige, woraus Christus konzipiert wird, da sie es allein und ausschließlich in Gedanken auffaßten, zwar verschiedene Naturen genannt - da, wie gesagt, der natürlichen Beschaffenheit nach Gottheit und Menschheit nicht dasselbe sind -, sprechen aber dennoch von einem Sohn und Christus und Herrn [...]. Die Unterscheidung aber halten sie nur bezüglich der Sprüche über den Herrn aufrecht, behaupten aber nicht, daß die einen gleichsam als einem Sohn für sich dem Logos aus Gott dem Vater geziemen, die anderen jedoch gleichsam einem anderen Sohn, dem aus der Frau. Vielmehr schreiben sie die einen seiner Gottheit, die anderen seiner Menschheit zu (dasselbe Individuum ist nämlich Gott und Mensch), und behaupten darüber hinaus die Existenz einer weiteren, gewissermaßen vergemeinschaftlichten (κοινοποιηθείς) Gruppe, die gleichsam auf beide blickt, also die Gottheit und die Menschheit". 82

Beschreibt er im späteren Brief an Eulogius den entscheidenden Konsenspunkt gegen Nestorius einfach so, daß die orthodoxen Antiochener zwar die Sprüche, aber nicht die Person teilen und zudem gegen Nestorius die besagte dritte Klasse der „vergemeinschaftlichen" Aussagen zulassen würden, 83 exponiert er hier die Antiochenische Unterscheidung von Physis und Prosopon in einer Weise, die mir der Unterscheidung von concreta und abstracta ziemlich genau zu entsprechen scheint: Die Tatsache, daß die Antiochener die Naturen als abstrakte Begriffe, nicht konkrete Subjekte fassen, ermöglicht ihnen sowohl die Rede von einer Zweiheit der Naturen 84 als auch eine divisio vocum, die so differenziert ist, daß sie auch der Einheit Christi Rechnung trägt: Abstrakte Aussagen über jede der beiden Naturen können von konkreten über das eine Subjekt unterschieden und damit sowohl dem antiarianischen (bzw. antiapolinarischen) als auch dem antinestorianischen Anliegen Genüge getan werden. Die Folgen, die diese Einsicht für die Analyse christologischer Prädikation haben muß, werden von Kyrill im folgenden nur kurz angedeutet: Er nennt Joh 14,9 und 10,30 als θεοπρεπεΐς φωνα'ι, Joh 8,39f. als άνθρωποπρεπής φωνή und

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Ebd., 27,12-22: Oi δέ γε κατά τήν Άντιόχειαν αδελφοί τά μέν έξ ων νοείται Χριστός, ώς έν ψιλαΐς και μόναις έννοίαις δεχόμενοι, φύσεων μέν εϊρήκασι διαφοράν, ότι μή ταυτόν, ώς έφην, έν ποιότητι φυσικήι θεότης τε καΐ άνθρωπότης, ένα γε μήν υίόν καϊ Χριστόν καϊ κύριον [...] είναί φασιν [...]. διαιρεΐσθαι δέ μόνας διατείνονται τάς έπί τώι κυρίωι φωνάς πρέπειν τέ φασιν αύτάς οϋ τάς μέν ώς υίώι κατά μόνας τώι έκ θεού πατρός λόγωι, τάς δέ ώς έτέρωι πάλιν υίωι τώι έκ γυναικός, άλλά τάς μέν τήι θεότητι αύτοΰ, τάς δέ τήι αύτοΰ πάλιν άνθρωπότητι (θεός γάρ έστιν ό αύτός και άνθρωπος), εΐναι δέ φασιν καί έτέρας κοινοποιηθείσας τρόπον τινά και οίον έπ' αμφω βλέπουσας, θεότητά τε και ανθρωπότητα λέγω.

83 84

Ebd., 36,22-37,2. Im gesamten Brief werden Nestorius und die orthodoxen Antiochener in der Weise entgegengesetzt, daß ersterer die konkrete Zweiheit (der Subjekte), letztere lediglich die abstrakte Zweiheit (der Naturen) lehrten, womit die Gefahr des Doppelchristus gebannt sei (Vgl. v.a. ebd., 24,29-25,13; 25,26-26,1; 28,25-30; 29,11-15).

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Heb 13,8, IKor 8,5f. und Rom 9,3-5 als μεσοά φωνοά, die „bezeichnen, daß der Sohn gleichzeitig und auf einmal Gott und Mensch sei".85 Wir werden im Folgenden zu fragen haben, inwiefern diese Interpretation Kyrills der antiochenischen Sicht der Dinge tatsächlich adäquat ist, und vor allem, wie sie sich zu seiner eigenen und der gegnerischen Konzeption christologischer Prädikation verhält, um dem Ursprung der hier anvisierten Unterscheidung von concreta und abstracta näher auf die Spur zu kommen. Für die antiochenische Seite sind wir dabei in der glücklichen Lage, auf eine ausführliche Kommentierung genau dieses Kyrillbriefes aus erster Hand zurückgreifen zu können: Nestorius selbst nämlich behandelt ihn ungefähr 15 Jahre nach seiner Abfassung in seiner großen Apologie, dem sogenannten Liber Heraclidis, und weist dabei die Kyrillische Interpretation der in der Unionsformel ausgedrückten antiochenischen Position (die im übrigen exakt mit der schon immer von ihm selbst vertretenen identisch sei) als unredlich und selbstwidersprüchlich zurück.86 Weder läßt er gelten, daß die divisio vocum nur die voces, nicht aber die durch sie bezeichneten Naturen betreffen kann, noch akzeptiert er Kyrills abstrakte Interpretation der Naturen und die damit verbundene Auffassung ihres Unterschieds als bloßer distinctio rationis.87 In extremem sprachphilosophischem und erkenntnistheoretischem Realismus dringt er darauf, daß zwei als Naturen real unterschiedenen, nur im Prosopon geeinten Elementen sowohl verschiedene Begriffe als auch diese adäquat zum Ausdruck bringende verschiedene voces entsprechen müssen.88 Abstrakte Quidditäten sind für ihn bloße entia rationis, Phantasiegebilde, denn Naturen sind einzig und allein in ihren konkreten Hypostasen oder Prosopa real89 - eine erste bündige Formulierung des Axioms von der Nichtexistenz anhypostatischer Naturen, gegen das die chalkedonischen Theologen ihr abstraktes Naturverständnis später so mühevoll verteidigen werden müssen.90 Wie schon E. Amann richtig bemerkte, versperrt allerdings dieser auf das Einzelding fixierte Realitätsbegriff schon Nestorius (ebenso wie den späteren 85 86 87 88 89

90

Ebd., 27,23f: αϊ δέ μέσην τινά τάξιν έπέχουσιν, έμφανίζουσαι τον υίόν θεόν δντα και άνθρωπον όμοΰ τε και έν ταυτώι. Syr.: Le Livre d'Heraclide de Damas, ed. P. Bedjan, Paris 1910, 395-460 / Frz.: Le Livre d'Heraclide de Damas, iibs. F. Nau, Paris 1910, 254-295. Ebd., 422-428 / 271-274; 436-446 / 280-286. Vgl. bes. ebd., 442f. / 284. Ebd., 425f./ 272f.; 442 / 283f. Zu Nestorius' konkretem Naturbegriff vgl. etwa Grillmeier, Jesus der Christus I, 654 oder L. Abramowski, Untersuchungen zum Liber Heraclidis des Nestorius, CSCO 242 Subs. 22, Louvain 1963, 209 (ein konziser Überblick über Nestorius' Terminologie findet sich ebd., 209-213). Vgl. u. bei Anm. 159-161.

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auf dieses Argument rekurrierenden nestorianischen und monophysitischen Gegnern Chalcedons) den Blick auf die „distinction entre le concept d'existence reelle et celui de subsistence independante" 91 und damit auch das adäquate Verständnis des von Kyrill präsentierten Lösungsversuchs: Nur weil etwas nicht als selbständiges Einzelding existiert, sondern als solches nur dem abstrahierenden Verstand faßbar ist, wie gemeinaristotelisch etwa die mathematischen Entitäten, aber auch Eigenschaften oder allgemeine Wesenheiten, ist es kein bloßes Phantasiegebilde. Kommen also im Acaciusbrief doch nicht die einsichtigen Antiochener, sondern in Wirklichkeit nur der listige Patriarch von Alexandrien selbst zu Wort, der seine früheren monophysitischen Exzesse mit einigen dyophysitisch klingenden Nachbesserungen zu cachieren versucht? Ein Blick auf das Oeuvre Theodorets, des langjährigen Freundes des Nestorius und zweiten großen antiochenischen Theologen dieser Zeit, könnte hier zur Vorsicht mahnen. Wie erstmals Marcel Richard beobachtet hat, hat Theodoret zu einem nicht genauer namhaft zu machenden Zeitpunkt nach der Union, auf jeden Fall aber vor 437, komplett damit aufgehört, die menschliche Seite Christi in der vorher bei ihm wie bei allen Antiochenern sehr beliebten konkreten Assumptushomo-Terminologie zu beschreiben. Von der auch in diese Periode fallenden Apologie für Diodor und Theodor, wo es ja genau um die Frage geht, inwiefern die bloße Verwendung dieser Terminologie schon zum Häresieverdacht Anlaß gebe, einmal abgesehen, wird sie tatsächlich konsequent durch Abstrakta wie άνθρωπότης oder τό άνθρώπινον ersetzt.92 Einen Grund für diesen Sinneswandel wagt Richard nur zu vermuten: Da Opportunismus bei dem standhaften Parteigänger des Nestorius wohl ausscheidet, könnte Kyrill ihn sachlich von der Mißdeutbarkeit dieser Formulierungen überzeugt haben.93 In diesem Fall würde aber nichts dagegen sprechen, diese Einsicht bereits in die Zeit der Unionsverhandlungen selbst zu verlegen und vielleicht sogar eine gewisse Reziprozität der Beeinflussung zu unterstellen, da die von Kyrill referierte Position ja mindestens was die Dreierstruktur der zwei (allerdings abstrakt gefaßten) Naturen und des einen (zumindest nicht explizit mit dem Logos identifizierten) Subjekts betrifft, eine klare antiochenische Prägung verrät. Werfen wir also einen Blick in Theodorets um 447 entstandenes christologisches Hauptwerk, den Dialog Eranistes, um diese Vermutung zu überprüfen. 91 92 93

Art. Nestorius, DThC 11 (1931), 76-157, hier: 149. Notes sur revolution doctrinale de Theodoret, in: ders., Opera minora Π, Turnhout 1977, 459-481, zum Zeitpunkt der Wende v.a. 477f. Ebd., 475.

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Vor allem im zweiten und dritten der drei Teile des Dialogs finden sich dort breite Auslassungen zum Prädikationsproblem, die in diesem Rahmen nicht ansatzweise ausgeschöpft werden können. Natürlich begegnet dabei immer wieder auch die Dreigliederung christologischer Aussagen, beispielsweise wenn der orthodoxe Gesprächspartner sagt: „So also m u ß m a n m i t d e n A u s s a g e n ü b e r d e n H e r r n C h r i s t u s v e r f a h r e n , d a ß m a n , spricht m a n ü b e r die N a t u r e n , jeder v o n b e i d e n d a s ihr Z u k o m m e n d e z u s c h r e i b t u n d weiß, w a s d e r Gottheit u n d w a s d e r M e n s c h h e i t eig e n t ü m l i c h ist. W e n n m a n aber die A u s s a g e n ü b e r d a s P r o s o p o n behandelt, m u ß m a n die Eigentümlichkeiten der N a t u r e n vergemeins c h a f t l i c h e n ( κ ο ι ν ά π ο ι ε ΐ υ ) u n d d e m H e i l a n d C h r i s t u s dieses w i e jenes z u schreiben, d e n s e l b e n s o w o h l Gott als a u c h M e n s c h , s o w o h l G o t t e s s o h n als a u c h M e n s c h e n s o h n , s o w o h l Sohn D a v i d s als a u c h H e r r n D a v i d s , s o w o h l S a m e A b r a h a m s als a u c h H e r r n A b r a h a m s n e n n e n " . 9 4

Obwohl hier die von Kyrill als endliche Akzeptanz der Idiomenkommunikation verstandene dritte christologische Aussagenklasse in der Wendung κοινά ποιεΐυ wörtlich anklingt,95 wird durch den unmittelbaren Kontext und dann vor allem durch den dritten, die Leidensunfähigkeit Gottes behandelnden Dialogteil sofort deutlich, daß Theodoret hier keineswegs eine solche „Idiomenmischung" im Sinn hat, wie sie (wie unten noch zu zeigen96) Kyrill konzipiert. Er hält nicht nur eisern fest, daß die natürlichen Idiome als solche unvermischt bleiben,97 sondern sperrt sich auch beharrlich gegen Aussagen, die - wie er behauptet - gegen den Sprachgebrauch der Schrift, göttliche oder menschliche Prädikate von einem die jeweils andere Natur denotierenden Subjektbegriff aussagen.98 Und da er dazu, der Wende in seinem eigenen Sprachgebrauch zum Trotz, sowohl θεός als auch άνθρωπος zählt,99 sind natürlich theopaschitische Aussagen jeder Art ebenso unmöglich wie - eine Konsequenz, die allerdings nicht aus-

94 95 96 97 98

99

Theodoret of Cyrus. Eranistes, ed. G.H. Ettlinger, Oxford 1975, 139,8-16. Eine ähnliche ,Grundformel' findet sich ebd., 209,26-30. Vgl. auch ebd., 226,lOf. (zu IKor 2,8!): Χρή μεντοι είδέναι, ώς ή ένοχης κοινά ποιεί τά ονόματα. Vgl. u. bei Anm. 118-126. Vgl. etwa ebd., 138,3. Vgl. v.a. ebd., 218,1-4: Ταύτην δή οΰν ήμΐν, ώ άγαθέ, τήν εύλάβειαν και έπί του σωτηρίου διατήρησαν πάθους, και 0σα των θείων ονομάτων άφήκεν ή γραφή του πάθους ελεύθερα, άφες καϊ σύ, καϊ μή προσάψης τούτοις τό πάθος. Ebd., 64,22f.; 65,llf.; 120,23; 127,32; 128,5f.; 216,27-29 (genauso die Tradition, etwa Gregor v. Nazianz, ep. 101,19; ed. Gallay, 44: φύσεις μέυ γάρ δύο Θεός καϊ άνθρωπος). Die wiederholte Betonung, daß ,Mensch' nichts weiter bezeichne als die menschliche Natur, könnte allerdings vielleicht auch umgekehrt als Rechtfertigung der traditionellen konkreten Termini im Lichte des Unionskompromisses gedeutet werden.

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drücklich gezogen wird - der Theotokostitel für Maria.100 Genau wie für den Nestorius des zweiten Briefs an Kyrill sind für ihn Hoheitsund Niedrigkeitsaussagen nur mit den κοινά όνομάτα wie , Christus', ,Sohn' oder ,Herr' als Subjektbegriffen möglich.101 Vielleicht unter dem Eindruck der unschönen Machenschaften des neuen Alexandrinischen Patriarchen Dioskur am Vorabend der ,Räubersynode' ist Theodoret hier also noch strikter in der Restriktion der Idiomenkommunikation als selbst Nestorius, welcher ja zugestanden hatte, „daß wir den Christus nach dem Fleisch aufgrund seiner Vereinigung mit dem Gott Logos ,Gott' nennen, obwohl wir das Sichtbare als Mensch erkennen".102 Theodoret macht hingegen unmißverständlich klar, daß nur eine übertragene Beziehung eines gemeinsamen Namens auf eine der Naturen, nicht die einer Naturbezeichnung auf das gemeinsame Prosopon möglich ist,103 und interpretiert damit die in der Unionsformel festgehaltene Dreiteilung christologischer Aussagenklassen tatsächlich in einer Weise, die Kyrill keinesfalls toleriert haben könnte. Doch wie steht es mit dem zweiten Element des Kompromisses, dem abstrakten Naturverständnis? Wie von Richard festgestellt, hält sich Theodoret ja primär an abstrakte Terminologie, spricht mit Vorliebe von,Gottheit' und ,Menschheit'. Daß er diese allerdings mit Kyrill nur ratione voneinander unterschieden haben will, kann man m.E. mit gutem Recht bezweifeln. Zwar taucht die distinctio rationis einmal in

100 Er kommt im ganzen Dialog nur einmal vor, 182,15 in einem Kyrillzitat. In der Ablehnung dieses Titels bzw. der Behauptung seiner Präzisierungsbedürftigkeit ist Theodoret allerdings genauso wenig konsequent geblieben wie in seiner Parteiname für Nestorius (vgl. Richard, Evolution, 478). 101 Die Nähe zu diesem Nestorianischen Text wird besonders deutlich in der Auslegung des Nizänums in Eranistes, 227,18-229,14. Die unmittelbar vorausgehende Behandlung von IKor 2,8 (224,11-227,17), wieder einmal zusammen mit Joh 3,13 und 6,62, (vgl. Theodor ob. bei Anm. 67f.) kann sich natürlich darauf stützen, daß ,Herr' ein Gemeinname ist, was noch - genau wie bei Nestorius (Nestoriana, 270,10-271,19; verteidigt im Uber Heraclidis, 355-363 / 228-233) - mit Gal 1,19 (Jakobus kann nur Bruder des Herrn sein, wenn dieser Begriff die Menschheit mit bezeichnet) untermauert wird. 102 Predigt „Nulla deterior", in: Nestoriana. Die Fragmente des Nestorius, ed. F. Loofs, Halle 1905, 244-249, hier: 248,10-12. Auch das Theotokos hat Nestorius bekanntlich unter diversen Qualifikationen akzeptiert (vgl. Loofs' Index, 402 [s.v. Maria]). Wenn M.V. Anastos, Nestorius was orthodox, DOP 16 (1962), 117-140, hier: 135-140 auf der Grundlage solcher Stellen und der im Liber Heraclidis neu eingeführten Theorie des Prosopontausches Nestorius eine vollkommen mit der orthodoxen konforme Sichtweise der Idiomenkommunikation unterstellen will, übersieht er dabei nicht nur das spezifisch Nestorianische Gepräge der letzteren Theorie, sondern vor allem den konkreten Naturbegriff, den kein Chalkedonier in dieser Form teilen kann. 103 Vgl. v.a. Eranistes, 212,4-214,12.

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einem Gregor von Nazianz-Zitat auf,104 doch wenn Theodoret selbst davon spricht, daß wir die Eigentümlichkeiten der Naturen λόγω μόνω unterscheiden, 105 meint er damit etwas ganz anderes als Kyrill. Er will sagen, daß die Schrift weder bei Aussagen über den aus unsterblicher Seele und sterblichem Leib zusammengesetzten Menschen noch bei solchen über den aus leidensunfähiger Gottheit und leidensfähiger Menschheit bestehenden Christus immer explizit unterscheidet, welchen seiner beiden Aspekte eine dem Konkretum beigelegte Prädikation betrifft, sondern dies unserem Verstand überläßt: Genau wie wir, wenn wir hören, daß Isaak erblindete (Gen 27,1), dies selbstverständlich nur auf seinen Leib beziehen, ohne deshalb die Einheit seiner Person aufzulösen, so können Leiden und Tod offensichtlich einzig und allein der Menschheit Jesu zugeschrieben werden, da anerkanntermaßen keines dieser beiden Prädikate auf die Gottheit anwendbar ist.106 Bei Theodoret fällt der ratio also eine ganz andere Rolle zu als bei Kyrill: Sie hat nicht etwas in concreto immer als Einheit Gegebenes durch Abstraktion auf seine Bestandteile hin zu analysieren, sondern eine in der Schrift immer selbstverständlich vorausgesetzte und stets real vorhandene Zweiheit zu explizieren: Genau wie Nestorius dringt Theodoret auf die exakte Entsprechung von πράγμα und δνομα, sicherlich verbunden durch die έννοια.107 Seine Abwendung von den konkreten Bezeichnungen der Menschheit Christi bedeutet also in der Tat keinerlei inhaltliche Differenz zu Nestorius und der vorephisinischen antiochenischen Position. Auch wenn der Eranistes, was die Restriktion der communicatio idiomatum anbelangt, auch innerhalb des Werks Theodorets selbst sicherlich eine Maximalposition vertritt,108 wird deutlich, daß weder hinsichtlich des Naturverständnisses noch der Konzeption christologischer Prädikation durch die Union von 433 eine solche Annäherung erreicht wurde, wie Kyrill sie im Acaciusbrief postuliert. Wir werden die dort referierte Position also mit der genuin Kyrillischen Sicht der Dinge selbst zu vergleichen haben, um den Verfälschungsvorwurf des Nestorius endgültig zu bestätigen oder zu qualifizieren.

104 Ebd., 168,12. Dort wird allerdings nicht gesagt, daß die Naturen nur ratione unterscheidbar sind. 105 Ebd., 200,6f. 106 Ebd., 197,29-203,32. 107 Vgl. ebd., 120,15t; 137,lf. 108 Vgl. aber J.M. Hallman, The communication of idioms in Theodoret's "Commentary on Hebrews", in: P.M. Blowers u.a. (Hgg.), In Dominico Eloquio / In Lordly Eloquence. FS R.L. Wilken, Cambridge 2002, 369-379, der Theodoret bewußte und konsequente Ablehnung der Idiomenkommunikation bescheinigt.

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Kyrills ursprüngliche Sicht des Prädikationsproblems stellt sich nach der gründlichen und breit rezipierten Analyse von Ruth Siddals109 folgendermaßen dar: In seiner frühen Auseinandersetzung mit den Arianern sei Kyrill zu der Einsicht gekommen, daß allein die göttlichen Eigenschaften Christus wirklich im porphyrianisch-technischen Sinn von Ιδια, als inhärente, seine ureigenste Natur ausdrückende Wesensmerkmale zukommen können. Hinsichtlich der menschlichen Eigenschaften jedoch, die sich der Logos ja auch zu eigen gemacht (ιδιοποιεΐσθοα) hat, könne dieser technische Sinn (aufgrund des Satzes vom Widerspruch, der bei Zuschreibung gegensätzlicher Prädikate Hinsichtendifferenzierung fordert) nicht gelten. In einem „subtle shift in meaning" 110 würde sich die Bedeutung von Ίδιος in diesem Zusammenhang in der Weise dynamisieren', daß es nicht mehr die ewig-eigentlichen Wesensmerkmale des Logos, sondern dessen im Prozeß der Ökonomie erworbene „relative properties" oder „virtual accidents" bezeichne.111 Damit wäre nicht die Unterscheidung von konkret und abstrakt, sondern die von per se und per accidens für Kyrills eigene Position zur vorliegenden Frage entscheidend, sein Denken also mit dem im Acaciusbrief referierten Ansatz zwar nicht inkompatibel (Prädikationen über Naturen in abstracto sind schließlich primär per se, als Begriffsanalysen möglich, und Prädikationen per accidens verifzieren sich am konkreten Individuum), aber doch deutlich anders gelagert. Nun hat Bernhard Meunier mit einigen beachtenswerten Argumenten gegen Siddals zu zeigen versucht, daß das Fleisch Christi gerade nicht in der Weise mit dem (gläubigen) Rest der Menschheit auf eine Stufe gestellt werden kann, daß es die göttlichen Gaben nur akzidentiell, durch Partizipation besäße. Vielmehr müsse neben der bleibenden ökonomischen Selbstbegrenzung des Logos auf Machtausübung unter Synergie des Fleisches dessen aktive Rolle als Vermittler dieser Gaben an die Gläubigen bedacht werden, was die menschlichen Eigenschaften Christi eindeutig über den Status von (virtuellen) Akzidentien heraushebe.112 Wie Meunier wohl selbst zugestehen würde, ändern diese

109 Logic and Christology in Cyril of Alexandria, JThS 38 (1987), 341-367, hier v.a.: 3 5 0 361. 110 Ebd., 357. 111 Ebd., v.a. 355-357. 112 Vgl. Le Christ de Cyrille d'Alexandrie. L'humanite, le salut et la question monophysite, ThHist 104, Paris 1997, v.a. 276-282. Weinandys pauschale Abqualifizierung von Siddals Ergebnissen (Cyril, 46-52) ist ebensowenig argumentativ untermauert wie widerlegungsbedürftig: Sie beruht letztlich auf seiner anscheinend keines weiteren Beleges bedürftigen Intuition, Kyrill müsse mit,Hypostase' doch etwas anderes meinen als mit,Natur' (vgl. ebd., 41-46).

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„reserves"113 allerdings nichts an Kyrills expliziten logischen Analysen besagter Propositionen im Rahmen des von Siddals aufgezeigten kategorialen Gerüsts: Eine logisch-ontologische Kategorie, um die spezifische Art, in der Christi menschliche Eigenschaften seine \δια sind, adäquat zu erfassen, stand Kyrill eben nicht zur Verfügung. Alles, was man ihm in Meuniers Sinne zugute halten kann, ist also, daß er aus dieser Defizienz seiner denkerischen Mittel nicht ähnliche theologische (Kurz-) Schlüsse zog wie Apolinaris. Geht man also nach dem derzeitigen Stand der Forschung, wäre die Unterscheidung von concreta und abstracta nur insofern Kyrillisches Gut, als die dem Logossubjekt quasiakzidentiell inhärierende menschliche Seite Christi eher abstrakt-eigenschaftlich als konkret-substantiell konzipiert wird.114 Was die dreigliedrige Klassifikation christologischer Prädikationen anbelangt, ist sich natürlich auch Kyrill von Anfang seiner theologischen Schriftstellerei an der Notwendigkeit antiarianischer Unterscheidungen bewußt. Allerdings dominiert bei ihm schon in diesem Zusammenhang - genau wie beim monophysitischen Gesprächspartner Theodorets115 - die Unterscheidung von Theologie und Ökonomie gegenüber der von göttlichem und menschlichem Aspekt.116 Anstelle der antiochenischen Dreierstruktur von zwei (konkreten) Naturen und gemeinsamem Christussubjekt steht bei ihm die Zweierstruktur von göttlichem Logossubjekt und im Zuge von dessen Ökonomie angenommenen menschlichen Prädikaten. Aussagen über die Naturen als solche liegen dabei zunächst gar nicht in seinem Blickfeld: Subjekt ist immer der göttliche Logos, dessen volle Gottheit auch bei der Zuschreibung von Niedrigkeitsprädikaten dann gewahrt bleibt, wenn man diese durch adverbiale Zusätze wie οικονομικώς oder σαρκί qualifiziert. Mit was für einem Subjektbegriff dieser Logos dann bezeichnet wird, also ob mit einem die göttliche oder die menschliche Seite oder aber das Gemeinsame konnotierenden, dürfte dann wohl keinen gravierenden Unterschied mehr machen.

113 Le Christ, 277. 114 Daher die von Nestorius kritisierte (Liber Heraclidis, 441f. / 283f.) Vorliebe für den stoisierenden (was in der Aristotelischen Kategorienlehre die zweite Substanz war, nannten die Stoiker κοινώς ποιόν) Begriff der ποιότης φυσική vor dem der Physis. Auch Severus von Antiochien wird später gegen Sergius die These vertreten, Christus hätte zwar keine doppelte Natur, wohl aber eine doppelte ποιότης φυσική (vgl. Α. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche Π/2, Freiburg u.a. 1989, 117132). Daß die Unterscheidung von konkret und abstrakt keine genuin kyrillische ist, vertritt explizit Meunier, Le Christ, 284. 115 Eranistes, 127,32f.; 140,7-143,7. 116 Vgl. Jouassard, Cyrille, 113-115. Doch hebt Jouassard die Unterscheidung der Zeiten m.E. nicht genügend von der Unterscheidung von Naturen ab.

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Will man diese aus der Forschungsliteratur gewonnene Vermutung an den Quellen überprüfen, bietet sich als bester Ansatzpunkt vielleicht Kyrills zu Beginn der Kontroverse entstandener und später zum Bekenntnis an Kaiser Theodosius umgearbeiteter Dialog De incarnatione unigeniti an. Zu Beginn von dessen Hauptteil wird der nach dem Subjekt der menschlichen Geburt Christi fragende Interlokutor zunächst darüber aufgeklärt, daß das proton pseudos gerade in der dieser Frage bereits zugrunde liegenden Ansetzung einer Subjektdualität in Christus bestehe.117 Auf die verständliche Rückfrage, ob in diesem Fall in der Christologie gar keine Unterscheidung mehr erlaubt sei, gibt Kyrill eine gerade aufgrund ihrer (scheinbaren) Ähnlichkeit mit der im Acaciusbrief dargestellten Position der Orientalen interessante Antwort: „Man muß also wissen, daß der Intellekt zwar eine Art Unterschied von Naturen sieht - Gottheit und Menschheit sind nämlich keineswegs dasselbe aber gleichzeitig mit der diese betreffenden Einsicht auch das Zusammenlaufen beider zur Einheit auffaßt. [...] So faßt auch der göttliche Paulus das so weit von gegenseitiger Wesensgleichheit entfernte und durch einen unermeßlichen Unterschied voneinander getrennte, die Gottheit und die Menschheit, der Ökonomie nach (ο'ικονομικώς) zu eins zusammen und bezeichnet den einen Christus, Sohn und Gott nach beiden Aspekten, wenn er sagt: [folgt Rom 1,1^1]". 118

Genau wie Acaciusbrief wird hier von einer nur durch die Vernunft erfaßbaren Verschiedenheit von Gottheit und Menschheit gesprochen, die im Inkarnierten zu ihrer Einheit komme. Anders als in der dort referierten Position erscheinen diese jedoch nicht als bleibend unterschiedene Garanten der doppelten Wesengleichheit Christi und der damit einhergehenden Aspektdifferenzierung, sondern als termini a quo einer ökonomischen Einung, in der der konkrete Logos für sich genommen sicher eher abstrakt konzipierte menschliche Eigenschaften und Handlungsweisen annimmt. Der im Römerbriefprolog beschriebene Prozeß der fleischlichen Geburt des Gottessohnes aus dem Stamm David und der Aussonderung dieses Davidssohnes zum Gottessohn im Geist kann nämlich nach Kyrill - genau wie nach Apolinaris - gerade nicht durch eine Differenzierung von Subjekten erklärt werden: Wäre 117 De incarnatione 694d/695a (ed. Durand, 240). 118 Ebd., 695b/d (ed. Durand, 242) (= De recta fide ad Theodosium; A C O 1/1/1, 5 7 , 3 0 58,3.8-11): Ιστέον δ' οΰν δτι θεωρεί μέν τινα φύσεων διαφορών ό νοΰς—ταύτόν γαρ οΰ τί που θεότης τε καί άνθρωπότης-είσδέξεται δέ όμού ταΐς περί τούτων έννοίαις και τήν άμφοΐν εις ένότητα συνδρομήν. [...] Και γοΰν ό θεσπέσιος Παύλος, τα πολύ τής αλλήλων όμοουσιότητος διεστηκότα τε και άμετρήτφ διαφορφ διεσχοινισμένα, θεότητά τε και ανθρωπότητα, συλλέγων εις 'έν οικονομικώς, και έξ άμφοΐν τον ε να κατασημαίνων Χριστόν και Yiöv και Θεόν, «Παύλος δούλος, φησίν, Ιησού Χριστού, κλητός απόστολος,... Daß das 'εξ, άμφοΐν κατασημαΐνειν nicht so zu verstehen ist, wie Durand übersetzt hat, erhellt sich m.E. eindeutig aus ebd., 696c/d (ed. Durand, 246).

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nur der angenommene Mensch geboren, könnte Paulus diese Geburt nicht explizit dem Gottessohn zuschreiben, ebensowenig wie dieser Mensch seinerseits (aufgrund der Inkommunikabilität der göttlichen Ehre119) zum Gottessohn ausgesondert werden könnte. Der entscheidende Punkt ist dabei für Kyrill offensichtlich nicht die konkrete Einheit von abstrakt Unterschiedenem, sondern die ökonomische Einung von an sich Geschiedenem. Der Prozeß der Ökonomie ist es, der Aussagen über den göttlichen Logos ermöglicht, die von seinem ,nackten Sein' her nicht möglich wären, ebenso wie sie Aussagen über den irdischen Jesus ermöglicht, die außerhalb des ökonomischen Kontexts pure Blasphemie wären. 120 Wo Theodoret aber an die ratio der Gottheit und Menschheit genauso selbstverständlich wie Seele und Leib zu unterscheiden wissenden Leser appelliert, um in der Schrift nicht explizierte Unterscheidungen zu ergänzen, will Kyrill die oft ,vermischte', paradoxale Redeweise der Schrift, in der Hoheits- und Niedrigkeitsprädikate oft mehrfach miteinander verschränkt werden, gerade beim Wort nehmen. So stellt er beispielsweise zu Mt 3,11 fest, daß hier offensichtlich zwei Hoheitsprädikate, die den Täufer überragende Würde und die Fähigkeit zur Geisttaufe, demjenigen, der zeitlich nach Johannes auftritt, also dem Menschen Jesus beigelegt werden 121 - ein Tatbestand, der im Anschluß auch im Fall der auch von Theodor und Theodoret in einschlägigem Zusammenhang traktierten Verse aus Joh 3 und 6122 festgestellt wird. Wiederum ähnlich wie für Apolinaris 123 ist für Kyrill diese Art der „Idiomenmischung", 124 wenn etwa der irdische Mensch gött119 Kyrill beruft sich - wie Apolinaris (vgl. o. bei Anm. 25) - auf Jes 42,8 (vgl. Quod unus sit Christus 735a/b; ed. Durand, 368). 120 Zur Unterscheidung von ,nackter' und ,fleischgewordener Gottheit' vgl. etwa De incarnatione 705b (ed. Durand, 272) oder den etwa zeitgleichen 17. Osterfestbrief (MSG 77, 777BC). 121 De incarnatione 705d-706a (ed. Durand, 274). 122 Vgl. ob. bei Anm. 67-69 und 101. 123 Vgl. die Anm. zu 708b (ed. Durand, 282f.). Die vollkommene Menschheit Christi kompromittierend bleiben auch Formulierungen wie 707a ("Ιδιον ώς έκ Πατρός έν όμοουσίψ γεννήματι τφ έξ αύτοΰ φύντι Λόγφ, και εί λέγοιτο λαβείν δτε γέγονεν άνθρωπος), trotz J. McGuckins (St. Cyril of Alexandria - The christological controversy. Its history, theology and texts, VigChr Suppl. 23, Leiden u.a. 1994, 216222) wenig überzeugendem Rehabilitierungsversuch. 124 Vgl. ebd. 708a; ed. Durand, 281f. ("Εστι δέ ό Λόγος άλλ' εις έν δμφω συλλεγων, και ώσπερ άλλήλοις άνακιρνάς τά των φύσεων ιδιώματα, δια μυρίων όσων ήμΐν όραται λόγων) / ebd. 711e-712a; ed. Durand, 294 (Έπαγωνιεΐται δέ αΰ και συναθλήσει τω λόγω και ό σοφός Ιωάννης μονονουχϊ και συναγείρων τάς φύσεις, καΐ μισγάγκειαν αγων των έκατέρςι πρεπόντων Ιδιωμάτων τήν δύναμιν [folgt ljoh 1,1-2]). Im Begriff μισγάγκεια liegt das Bild mehrerer sich zu einem vereinigender Quellflüsse (vgl. u. Anm. 147).

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liehe, lebensspendende Kraft seinem menschlichen Fleisch zuschreibt, nur auf der Grundlage eines einheitlichen, sich ewig durchhaltenden Subjekts erklärbar, an dem göttlich-ewiges und menschlich-zeitliches (mit Siddals in unterschiedlicher Hinsicht) verifizierbar ist. Obwohl die Mischungsterminologie in der an Theodosius geschickten Bearbeitung unterdrückt wird,125 scheinen wir uns hier doch um einiges näher an Apolinaris als an dem hochdifferenzierten Prädikationskonzept des Acaciusbriefs zu befinden: Die paradoxe „Idiomenmischung" ist hier noch nicht eine von drei möglichen Weisen christologischer Aussage, sondern διά μυρίων δσων ήμΐν όρατοα λόγων, auf Schritt und Tritt in der Heiligen Schrift gegenwärtig. Deutliche Feststellungen der unverkürzten Gottheit und Menschheit Jesu sind demgegenüber - zugegebenermaßen auch bedingt durch den polemischen Kontext - höchstens von zweitrangigem Interesse. Die Übernahme der Dreiteilung ist also ein authentisch antiochenisches Element, mit dem Kyrill allerdings solange kaum Probleme gehabt haben wird, als es nur darum ging, neben der „vermischten" auch eine „reine", den göttlichen und menschlichen Aspekt jeweils für sich zum Ausdruck bringende Rede in der Schrift gelten zu lassen. Dies tut ja Kyrill auf seine Weise in seinen frühen, antiarianischen Schriften schon selbst. Da aber die dritte, „vergemeinschaftlichte" Klasse im Unionssymbol wie im Acaciusbrief eigentlich nur genannt, aber nicht näher interpretiert wird, kann Kyrill hier, wo Nestorius und Theodoret nur Aussagen mit einem δνομα κοινόν als Subjekt zulassen, auch die „Idiomenmischung" unterbringen,126 solange nur die antiochenische Seite nicht auf ihren terminologischen Restriktionen beharrt. Eine ähnliche kyrillisch-antiochenische Synthese wird demnach auch beim zweiten Punkt des Kompromisses, dem abstrakten Naturverständnis vorliegen. Das an Theodoret sichtbare antiochenische Einlenken was die konkrete Terminologie betrifft (vielleicht sogar derjenigen Theodorets vergleichbare Äußerungen über die Vernunft als Unterscheidungsinstanz der Naturen) wird Kyrill als Rückkehr des Gegners zur für ihn traditionell unangreifbaren distinetio

125 Vgl. ACO 1/1/1, 68,7-9 (&m δέ ούκ έδεστός ό λόγος, άλλ' εις εν αμφω συλλέγων κατά σύμβασιν οίκονομικήν τα των φύσεων ιδιώματα διά μυρίων δσων ήμΐν όράται λόγων); ebd., 71,10-12 (έπαγωνιεΐται δέ αΰ και συναθλήσει τώι λόγωι και ό σοφός Ιωάννης, μόνον ούχΐ και συναγείρων τάς φύσεις και συνδέων εις ενωσιν των έκατέραι προσόντων ιδιωμάτων τήν δύναμιν). 126 Das auch im Acaciusbrief auftauchende Heb 13,8 wird in De incarnatione 709e-711a ausführlich behandelt und im Anschluß, nach kurzem Verweis auf Joh 1,15.30 festgestellt (ed. Durand, 292): Άναθετέον οΰν άρα και μετά σαρκός αύτφ τό πρεσβύτατον, ώς Θεω κατά φύσιν ένωθέντι σαρκί και τά τής ιδίας φύσεως άγαθά κοινοποιεΐν εϊωθότι τφ ΐδίω σώματι. Vielleicht geht also der Begriff κοινοποιεΐν auf das Konto Kyrills.

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rationis 127 aufgefaßt und die antiochenische Rede von zwei Naturen d e m e n t s p r e c h e n d als bloß abstrakte aufgefaßt haben. Paradoxerweise stammt nämlich die expliziteste mir bekannte Äußerung über den Unterschied von Konkret- und Abstraktbegriffen aus dieser Zeit 128 von k e i n e m anderen als Nestorius selbst. Anläßlich einer falschen Zitation eines Satzes aus seiner ersten Predigt gegen das Theotokos, 1 2 9 welcher verneinte, daß Maria die Gottheit geboren hätte, beschwert er sich: „Doch jener ändert den Begriff Gottheit' ab und macht daraus: ,Es hat Maria, liebe Leute, nicht Gott geboren. An dieser Stelle macht es aber einen großen Unterschied, ob man ,Gott' oder,Gottheit' sagt. Denn jenes bezeichnet die göttliche und unkörperliche Wesenheit, niemals aber das Fleisch [...], unser Begriff ,Gott' aber ist auch dem Tempel der Gottheit angemessen, weil er durch die Vereinigung mit der göttlichen Wesenheit über die Würde Gottes verfügt, dennoch nicht in die göttliche Wesenheit verwandelt wurde". 130 Nun ist diese Äußerung sicherlich kein Zeugnis für einen abstrakten Naturbegriff bei Nestorius, sie ist m.E. aber dennoch ein Theodorets Wende im Sprachgebrauch schön illustrierender Beleg dafür, daß man sich über die Unterscheidung von konkret und abstrakt auch auf Antiochenischer Seite Gedanken machte. Die im Acaciusbrief referierte Position ist somit ebensowenig bloße Kyrillische Täuschung wie originalgetreues Referat der antiochenischen Position, sondern, wie mir scheint, tatsächlich eine interessante Synthese aus Elementen beider Positionen, ein klassischer Lehrkompromiß. Dem entspricht auch die Tatsache, daß die Position, soweit ich sehe, in späteren Schriften auf keiner der beiden Seiten wieder in Reinform zum Vorschein kommt. Für die Antiochener wurde dies anhand von Theodoret bereits demonstriert. Für Kyrill mag ein Hinweis auf den Spätdialog Quod unus sit Christus genügen, wo die abstrakte Konzeption beider Naturen zwar an einer Stelle auftaucht, 131 aber keineswegs als tragendes Fundament der christologischen Konzeption erscheint. Dennoch war es, so bleibt zusam127 Vgl. dazu Durands Einleitung in SC 97,124f. 128 Das folgende Zitat stammt aus Nestorius' erster Apologie, der Tragoedia, die nach Abramowski, Untersuchungen, 3 0 - 3 2 größtenteils während seines - mit der Union etwa zeitgleichen - Aufenthalts in Antiochien (431^135) verfaßt und dann im ägyptischen Exil abgeschlossen wurde. 129 Nestoriana, 252,5f. Nach Loofs' Apparat ist die Fehlzitation aber nicht für Kyrill, sondern nur für die Contestatio Eusebii und das Haereticarum fabularum compendium (MSG 83, 436) belegt. 130 Ebd., 205,19-26 (Hervorhebung B.G.). Indem der Theodoret im Eranistes ,Gott' und ,Mensch' dagegen ganz strikt als Naturbezeichnungen fasst (vgl. o. Anm. 99), ist er dort, wie oben schon bemerkt, nestorianischer als Nestorius. 131 Quod unus 735b-736c (ed. Durand, 370-374).

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menfassend festzustellen, wohl diese Verbindung der von Kyrill ins Spiel gebrachten distinctio rationis mit der Antiochenischen Naturensymmetrie, die dann den nachchalkedonischen Theologen das leidlich konsequente Durchdenken des christologischen Dogmas auf der Basis einer abstrakten Naturenunterscheidung in konkreter Personeinheit ermöglichte.

3. Der Begriff άντίδοσις των 'ιδιωμάτων Damit diese so aufgekommene Unterscheidung zur Grundregel der Idiomenkommunikation werden konnte, fehlte jedoch zur Zeit Kyrills noch etwas ganz Zentrales: der Begriff Idiomenkommunikation, άνχίδοσις χών 'ιδιωμάτων selbst. So weit ich sehe, ist dieser Terminus als solcher nicht vor Leontius von Byzanz, also im frühen sechsten Jahrhundert greifbar, auch wenn er bei Leontius selbst bereits zum eingebürgerten Repertoire von Fachbegriffen zu gehören scheint. Es wird also zunächst nach der Entstehung dieses Begriffs zu fragen sein, um danach näher zu untersuchen, welche Rolle er in der nachchalkedonischen Theologie spielt und wie er dort genau verstanden wird.

3.1. Zur Entstehung des Begriffs Sucht man in früheren christologisch relevanten Texten nach den Begriffen άυτ'ιδοσις, άνχιδιδόναι, wird man in soteriologischen Kontexten sehr bald fündig: Vor allem Jesu Selbsthingabe als Lösegeld (Mk 10,45 par.; ITim 2,6) wird schon sehr früh als Akt der άνχί-δοσις, der Hingabe für andere beschrieben.132 Auch in Bezug auf den fröhlichen Wechsel' wird das Verb ab und zu gebraucht,133 auch in der etwas abgewandelten Bedeutung von „an die Stelle setzen" oder sogar „dagegen verabreichen".134 Sollte der Begriff also schlicht aus diesem Zusam132 Vgl. etwa Clemens Alexandrinus apud Eusebium, Historia ecclesiastica ΠΙ, 23,17,46/ Eusebius, De solemnitate paschali (MSG 24, 696)/ Gregor v. Nazianz, Oratio 30, 20,45f.; ed. P. Gallay, SC 250, Paris 1978, 270/ Ps-Athanasius, De incarnatione contra Apolinarem (MSG 26,1125.1128). 133 Vgl. etwa Asterius Sophista, Psalmhomilie 30, 7,3f. ("Ω τής καλής συναλλαγής. Δουλικόν χιτώνα τό σώμα έδανείσατο και βασιλικόν χιτώνα το βάπτισμα άντέδωκε). 134 Bei Gregor v. Nazianz, Oratio 2, 24 (MSG 34, 433) und Carmina moralia 34 (MSG 37, 959) könnte m.E. tatsächlich das άντίδοτον mit hineinspielen. Genauso später bei Maximus Confessor, Mystagogie 8 (ed. C. Sotiropoulos, Athen 2001, 194,1-4) und Quaestiones ad Thalassium 63,159-165; ed. C. Laga/C. Steel, CCG 22, Turnhout 1990, 155.

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menhang genommen und binnenchristologisch uminterpretiert worden sein? Einige Passagen bei Kyrill von Alexandrien könnten dafür sprechen. So sagt er im Thesaurus de sancta consubstantiali Trinitate: „Der Gott Logos ist in die Gestalt und Wirklichkeit der Menschheit herabgestiegen, um den Menschen zu erretten. Da er somit das wurde, was wir von Natur aus sind, nimmt er die Eigentümlichkeiten der Menschheit auf sich, gibt uns aber wiederum selbst seine Eigentümlichkeiten zurück (άντιδιδωσιν) und führt so den Menschen zu der ihm selbst von Natur gebührenden Ehre herauf". 135 Christologischer und soteriologischer Diskurs gehen hier - vor der nestorianischen Kontroverse - noch unvermittelt ineinander über: Der Logos nimmt menschliche Eigenschaften an und gibt dafür göttliche zurück, und zwar gleich an die gesamte Menschheit. Der christologische ,Zwischenschritt' der eigenen Menschheit wird noch nicht thematisiert. Sollte es also dessen endgültige Explikation gewesen sein, der zur binnenchristologischen Bedeutungsverengung des Begriffs άντιδοσις geführt hat? Diese Vermutung legt sich nahe, doch sollte Folgendes zur Vorsicht mahnen: Das Präfix άντι hat in diesem soteriologischen Kontext nie, wie im hier untersuchten Terminus, reziproke Bedeutung, sondern entspricht dem lateinischen re-; άντιδιδόναι bezeichnet hier nur das Zurück-geben, nicht das wechselseitige Geben und Nehmen. Diese Wechselseitigkeit zeigt sich nun tatsächlich bei einer schon von Lampe notierten, 136 offensichtlich noch untechnischen Verwendung des Begriffs durch Theodot von Ankyra, einen der loyalsten Parteigänger Kyrills auf dem ephesinischen Konzil. 137 Dessen Auslegung

135 MSG 75, 561: Εις τό τής άνθρωπότητος σχήμά τε και πράγμα καταβεβηκώς ό Θεός Λόγος, ίνα διασώση τόν άνθρωπον, άτε δή λοιπόν τοΰτο γεγονώς 0περ ήμεΐς κατά φύσιν έσμέν, λαμβάνει μέν εις έαυτόν τά της άνθρωπότητος ίδια· τά δέ οικεία πάλιν αύτός άντιδίδωσιν ήμΐν, και οΰτως εις τήν αύτφ φύσει πρέπουσαν τιμήν άναφέρει τόν άνθρωπον. Ähnlich auch im Johanneskommentar (ed. P.E. Pusey, Bd. 3, Oxford 1872 [repr. Brüssel 1965], 122,17-25) und schon Gregor von Nyssa, Contra Eunomium ΠΙ, 8,54,6-12 (ed. Jaeger, 259): αποφαίνομαι δτι ούδέ ήμάς δούλους είναι ό θείος βούλεται λόγος, μετασκευασθείσης ήμΐν πρός τό κρεΐττον τής φύσεως, και ό πάντα λαβών τά ημέτερα, έφ ώτε άντιδοΰναι τά ίδια, ώς τάς νόσους και τόν θάνατον και τήν κατάραν και τήν άμαρτίαν, οΰτω και τήν δουλείαν άνέλαβεν, ούχ ώς αύτός έχειν & έλαβεν, άλλ' ώς έκκαθάραι των τοιούτων τήν φύσιν, έξαφανισθέντων έν τή άκηράτφ φύσει των ήμετέρων. 136 Patristic Greek Lexicon, s.v. 1 (153a). 137 In der dritten seiner während des Konzils verlesenen antinestorianischen Homilien wird selbst eine distinctio rationis der beiden Aspekte Christi problematisiert (ACO 1/1/2, 83,37-84,10; 86,30-88,14; 89,20-90,6). Deutlich monophysitische Tendenzen zeigen sich auch in der dortigen Auslegung der Ärmlichkeit der menschlichen Erscheinung Jesu als Zeichen für das exklusiv göttliche Gewirktsein der Heilstat (85,11-88,14). Genauso ist der die zweite Homilie dominierende Vergleich des In-

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des Nizänischen Symbols schließt sich explizit an Kyrills Analyse biblischer christologischer Prädikation als „Idiomenmischung" an138 und will zeigen, daß die 318 Väter gerade nicht dem dihäretischen Schema von gemeinsamen Prosopon- und getrennten Naturbezeichnungen gefolgt sind, das Nestorius ihnen in seinem zweiten Brief an Kyrill unterstellt.139 Vielmehr hätten sie (dem Beispiel Petri folgend, der bei Cäsarea Philippi den konkret vor ihm stehenden Jesus als Sohn des lebendigen Gottes bezeichnete) die Hoheitsaussagen („eingeborener Sohn vom Vater", „Gott von Gott" etc.) dem menschlichen Namen Jesus und die Niedrigkeitsaussagen („herabgestiegen", „fleischgeworden" etc.) demselben, nun allerdings mit besagten Hoheitstiteln belegten Christus zugeschrieben: „Da sie aber proklamierten, daß Christus Jesus selbst der Sohn vor Ewigkeiten sei, sieh zu, wie sie wieder aufzeigen, daß der vor Ewigkeiten Eingeborene Mensch wurde, indem sie durch diese άντιδόσεις die Einheit der heilsamen Ökonomie vorstellen und aufzeigen, daß ein und derselbe eingeborener Gott ist und um der Menschen willen Mensch wurde". 140

Ohne Kenntnis des späteren Sprachgebrauchs wäre άντίδοσις in dieser Passage m.E. gar nicht so leicht zu übersetzen. Wenn der lateinische Übersetzer bei Migne es mit „reciprocae attributiones" wiedergibt, tut er dies jedenfalls eindeutig im Wissen um die spätere Terminologie. In deren Licht wird nämlich tatsächlich klar, was bei Theodot gemeint ist: Durch den Wechsel von menschlichen zu göttlichen und wieder zu kamationsgeschehens mit der Verschriftlichung des gesprochenen bzw. gedachten Logos (ebd., 76,19-78,9; 79,12-19; 79,33-80,23 [Leiden Christi als Zerreißen einer Urkunde mit einem königlichen Befehl, welcher selbst durch diesen Akt in seiner Geltung nicht beeinträchtigt wird]) zwar im Hinblick auf die spätere sprachphilosophisch orientierte Christologie, wie sie sich im Anschluß an Luther vor allem bei J.G. Hamann findet, höchst interessant, aber von derselben problematischen Tendenz geprägt, ist die Verschriftlichung eines Gedankens für Theodot doch nur ein Gestaltwechsel von etwas mit sich identischem. Dennoch kann auch Theodot von einer διττή έννοια sprechen und damit wohl die distinctio rationis, wie sie von seinem Meister Kyrill praktiziert wurde, aufnehmen (ebd., 75,9-24). 138 Vgl. etwa MSG 77, 1317D: Kai Υνα μή τοΰτον μέν άλλον, έτερον δέ έκεΐνον νοης, τοις άνθρωπίνοις b Παϋλος [ref. IKor 2,8] άνάμιξας τά θεϊκά έκάτερα περί ένός καΐ τοϋ αίποϋ λέγει. Unter Bezug auf dieselbe Paulusstelle sagt er ebd., 1332D: τούτο γάρ έστιν ένωσις τό τά Ιδια των ένωθέντων ε'ις έν ξυνελθεϊν. Eine konsequente Unterscheidung von concreta und abstracta kennt Theodot dementsprechend nicht. Einzeläußerungen wie in 1317A (Διά τοϋτο b μέγας Παϋλος άνθρώπινα πάθη αϋτω προσάπτει Θεώ, ob παθητήν διδάσκων θεότητα, άλλ άγαθοΰ Θεοΰ τήν πρός άνθρώπους συμπάθειαν) machen bei genauerer Hinsicht sofort deutlich, daß es nicht auf den Gegensatz Gott - Gottheit, sondern Natur - Sympathie ankommt. 139 Vgl. die explizite Kritik an der Konzeption der κοινά 6νόματα (ebd., 1328C-1329A) und an der Interpretation des Jesusnamens als allein die Menschseite bezeichnend (ebd., 1329D-1332D). 140 Ebd., 1336D.

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menschlichen Bezeichnungen bzw. Prädikaten werden beide durch die nizänischen Väter reziprok verknüpft und damit die Einheit des Christus veranschaulicht. Anders als im an Kyrill veranschaulichten christologisch-soteriologischen Gebrauch meint άντίδοσις also erstens tatsächlich nichts Einseitiges sondern etwas Reziprokes, und zweitens nicht primär eine ontische Teilgabe von Eigenschaften, sondern eine sprachliche Zuschreibung. Sollten wir also nach einem ganz anderen Ursprung des Begriffs zu suchen haben, als dem besagten soteriologischen? Wirft man einen Blick auf folgende Passage aus der dreiteiligen Widerlegung der Nestorianer und Monophysiten durch Leontius von Byzanz, könnte man diese Vermutung durch eine der beiden wichtigsten einschlägigen Passagen voll bestätigt sehen. Im Anschluß an eine Exposition der chalkedonischen Christologie nach der auch bei ihm absolut zentralen anthropologischen Analogie begegnet er dem monophysitischen Einwand, daß dann bei Christus genau wie beim Menschen die zwei Teilnaturen in der Rede von der einen Gesamtnatur unvermischt mitbezeichnet wären, folgendermaßen: „Wenn ihr die Teile mit der Bezeichnung des Ganzen benennen wollt, müßtet ihr auf jeden Fall auch das Ganze durch die Bezeichnung der Teile kundtun, und dann gäbe es gar keinen Streit zwischen uns. Würdet ihr den Herrn vielmehr Fleisch oder Mensch, nicht aber die zwei eine Natur nennen, bezeichnetet ihr das Ganze vom Teil her. Oft bewirkt nämlich die uneigentliche Rede auch einen Unterschied in der Lehre. Daher bezeichnen zwar auch wir in Übereinstimmung mit den göttlichen Schriften und den von den Vätern überlieferten Anschauungen, oft das Ganze vom Teil her und die Teile mit der Benennung des Ganzen, wenn wir den Logos Menschensohn nennen und den Herrn der Herrlichkeit als Gekreuzigten bekennen. Aber deswegen heben wir nicht durch die άντ'ιδοσις των 'ιδιωμάτων das eigentümliche Wesen (τόν "ίδιον λόγον) der beiden in demselben befindlichen Eigentümlichkeiten auf. Darüber hinaus tut sich uns dies auch in eigentlichen Begriffen kund, da wir die άντίδοσις των ιδιωμάτων in der einen Hypostase erblicken, aber die Eigentümlichkeit in der Gemeinsamkeit im Unterschied der Naturen erkennen".141

141 CNE; MSG 86/1, 1289C/D. Die auf den ersten Blick schwierige Wendung τήν δέ 'ιδιότητα τήν fev τη κοινότητι έν τη διαφορά των φύσεων έπιγινώσκειν meint einfach, daß die Gemeinschaft der Naturen in der Hypostase deren Eigentümlichkeiten nicht aufhebt: Er versteht also im Rahmen des ebd., 1285C-1289A entwickelten komplizierten Relationengeflechts, das allerdings letztlich auf wenig mehr als Gregors berühmtes έμπαλιν (ep. 101, 21; ed. P. Gallay, SC 208, Paris 1974, 44.46; vgl. CNE 1309AB/ Epilysis 1941BC/ Capita 11-13, in: Doctrina patrum de incamatione Verbi, ed. F. Diekamp, Münster 1907, 157,1-14) hinausläuft, ,Gemeinsamkeit' und Eigentümlichkeit' ganz dialektisch, im Sinn von Gleichheit und Unterschiedenheit (vgl. deutlicher: Capita 25; ed. Diekamp, 160,17-31). - Die Abkürzungen von Leontius'

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Hier scheint άντίδοσις των 'ιδιωμάτων tatsächlich erläutert zu werden als Praxis christologischer Prädikation pars pro toto und totum pro parte. Wir hätten es also wie bei Theodot mit einer Redefigur zu tun, genauer mit einer der Synekdoche entsprechenden, die - dies ist gegen den Monophysiten, der ähnlich wie schon der Gesprächspartner Theodorets142 die Synekdoche einseitig praktizieren will, festzuhalten ebenfalls wie bei Theodot nur in reziproker Weise dem christologischen Dogma angemessen gebraucht werden kann. 143 Was Leontius allerdings im oben zitierten Text auch festhält, ist, daß sich die άντίδοσις „in eigentlichen Begriffen kundtut", also, wäre sie primär Redefigur, von jedem Anschein der Uneigentlichkeit freigehalten werden müßte. Bei genauerem Hinsehen meint die άντ'ιδοσις also in dieser Passage viel eher den in den synekdochischen Prädikationen ausgedrückten Tatbestand als diese Prädikationen selbst - ein Eindruck, der durch die sonstige Verwendung des Begriffs bei Leontius voll bestätigt wird. Die relevanten drei Passagen aus CNE sprechen etwa davon, daß „die substanzielle Einheit das der einen Natur zukommende wechselseitig der anderen zuteilt",144 daß das aus substanziellen Elementen zusammengesetzte Ganze „das jeweils eine der Idiome mit dem jeweils anderen ausgetauscht hat, dabei aber beide Elemente in der eigenen bleibenden und unvermischten Eigentümlichkeit verblieben", 145 und daß seine Ausführungen die Nestorianer überführt hätten, „daß sie die Naturen den Hypostasen nach trennen, und diese so weder Gemeinschaft hätten noch άντίδοσις vollzögen". 146 Hier sind also nicht die Väter, sondern die Einheit Christi oder seine Naturen Subjekt der άντίδοσις, was eher für die oben genannte soteriologische Herleitung des Begriffs spricht als für eine rhetorische oder grammatische. 147 Spricht Leontius hingegen statt άντιδιδόναι von

142 143

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Schriften richten sich nach dem grundlegenden Aufsatz von B.E. Daley, The Origenism of Leontius of Byzantium, JThS 27 (1976), 333-369, hier: 333 Anm. 2. Vgl. Eranistes, ed. Ettlinger, 114,21. Grillmeier, Jesus der Christus Π/2,219 Anm. 80 diagnostiziert eine gewisse Nähe von Theodot und Leontius was die Dogmenhermeneutik betrifft, was aber sicherlich noch keine literarische Abhängigkeit begründet. CNE 1301B: της ένώσεως της κατ' ούσίαν άντιδιδούσης τά θατέρα φύσει προσόντα τη θατέρα. CNE 1304C: καΐ άντιδέδωκε θάτερον θατέρω τών ιδιωμάτων, έν τή μονίμω έαυτών καΐ άσιτγχύτω 'ιδιότητι με'ιναντα. CNE 1305D: ύποστάσεσι τάς φύσεις διαιροϋντας έλέγξας, καΐ μηδεμίαν κοινωνίαν ή άντίδοσιν έχούσας ή άντιδιδούσας. Zudem fehlen für diesen Bereich überzeugende Parallelen: A m nächsten käme vielleicht noch Prophyrios, der in seinen Quaes tiones Homericae mit άντίδοσις τών 6νομάτων die Tatsache beschreibt, daß Homer in Ilias IV, 453 mit seiner Rede v o m stromartigen Aufeinandertreffen (συμβάλλειν) der Heere z u m Zusammenfluß

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άντικατηγορεΐσθαι, dann tut er dies in Person der Monophysiten, die zwar ständig die Paradoxalaussagen im Munde führen, ihnen aber kein angemessenes ontologisches Fundament geben können.148 Dies leistet nach Leontius nämlich, wie im nächsten Abschnitt näher auszuführen sein wird, einzig und allein die chalkedonische Einheit der Hypostase, die als von den Naturen klar unterschiedener und damit diese in ihrer Integrität belassender Träger der Eigenschaften beider fungieren kann, άντιδοσις meint also bei Leontius den sich im hypostatisch geeinten Christus vollziehenden, reziproken Idiomenaustausch. Damit entspricht der Begriffsgebrauch des Leontius jedoch eher dem traditionell soteriologischen als dem bei Theodot. Zwar war bei ersterem die nichtreziproke Verwendung die Regel, doch finden sich auch Stellen, wo die nichtreziproke unmittelbar mit der reziproken Verwendung verbunden wird. So predigt etwa Chrysostomos am Pfingstfest: „Wir aber wollen die Vergeltung (άντίδοσις) des menschenfreundlichen Gottes betrachten: Christus hat die Erstlingsfrucht unserer Natur angenommen und uns die Gnade des Geistes zurückgegeben (άντέδωκε). Und wie es in einem großen Krieg geschieht, wenn der Kampf aufhört und Frieden einkehrt, daß die miteinander Verfeindeten Pfänder und Geiseln austauschen (άυτιδιδόασιν), so geschah es auch bei Gott und der menschlichen Natur: Diese hat ihm nämlich als Pfand und Geisel die Erstlingsfrucht geschickt, die Christus dargebracht hat, und er hat uns als Pfand und Geisel den Heiligen Geist zurückgeschickt". 149

Und ein auf dem Ephesinum verlesenes königliches Gesetz über das Kirchenasyl ruft aus: „Um wie viel mehr gebührt es uns, den Kultritus mit aller Aufmerksamkeit zu beachten, zu denen Gott mit dem wahren Kultritus herabkam, ohne den Himmel zu verlassen, und (für die) - als wäre eine Art Austausch (άντίδοσις) geschehen - der Mensch Gott auf der Erde aufgenommen, und Gott den Menschen in den Himmel hinaufgeführt hat". 150

Letztlich wird also mit άντ'ιδοσις των 'ιδιωμάτων tatsächlich nichts anderes gemeint sein als der binnenchristologische fröhliche Wechsel,151

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(μισγάγκεια) ein metaphorisches Nomen mit einem eigentlichen Verb kombiniert, „um das Gesagte und das Gemeinte zu vereinen, wenn doch dieselben Wörter beidem entsprechen" (Porphyrii quaestionum Homericarum ad Iliadem pertinentium reliquiae, ed. H. Schräder, Bd. 1, Leipzig 1880,131,27-29). CA 1320B. Zitiert u. bei Anm. 174. MSG 50,461AB. ACO1/1/4,62,12-15. Von Bedeutung für diese begriffsgeschichtliche Entwicklung war vielleicht auch 2Kor 8: Die dort geforderte leiblich-geistige Gemeinschaft unter den Christen wird bei den Vätern stereotyp als άντίδοσις beschrieben (vgl. etwa Chrysostomos, MSG 61,520. 676; 62,291). Könnte man hier dem Paulus gefolgt sein (8,9) und die Beschreibung der Gemeinschaft auf ihr Paradigma Christus zurückübertragen haben? Eine

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eine These, die, wie im Anschluß zu zeigen, bei Maximus Confessor ihre volle Bestätigung finden wird.

3.2. Die Idiomenkommunikation als Schibboleth chalkedonischer Orthodoxie Nachdem sowohl der Ursprung der Unterscheidung von concreta und abstracta als auch der des Begriffs Idiomenkommunikation untersucht wurde, bleibt abschließend zu fragen, wie beides miteinander verbunden wurde und welchen Stellenwert das Gesamtkonzept in der nachchalkedonischen Theologie einnahm. Diese Aufgabe wird dadurch erschwert, daß die christologische Debatte ab dem sechsten Jahrhundert ein deutlich anderes Gesicht annimmt, als sie es im späten vierten und der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts hatte. War sie dort sehr exegetisch und fast ausschließlich materialdogmatisch orientiert, also hauptsächlich mit dem Verständnis verschiedener Bibelverse und Sachprobleme wie der Berechtigung des Θεότοκος-Titels befaßt, verschiebt sich die Aufmerksamkeit im sechsten und siebten Jahrhundert fast vollständig auf die Klärung von Begriffen, hauptsächlich natürlich von φύσις, ούσ'ια, ύπόστασις und πρόσωπον.152 Wenn sich also meines Wissens so gut wie keine Äußerungen über das Verhältnis von ,Gott' und ,Gottheit' oder ,Mensch' und ,Menschheit' finden, wird dies hauptsächlich auf die Tatsache zurückzuführen sein, daß diese Frage auf abstrakterem Niveau, in der Verhältnisbestimmung von φύσις und ύπόσχασις überhaupt diskutiert wird. Da dies jedoch durch die orthodoxen Theologen mit der durch den Neuchalkedonismus geleisteten Applikation der trinitarischen Terminologie der Kappadozier auf die Christologie durchgehend als ein Verhältnis von abstrakter Spezies zu konkretem Individuum konzipiert wurde, wird man die der Sprachregelung zugrunde liegende Weichenstellung des alexandrinischantiochenischen Kompromisses auch dann im Hintergrund sehen dürfen, wenn - etwa unter dem Einfluß der Tradition - der faktische Sprachgebrauch der chalkedonischen Theologen davon abweicht. 153 So Bestätigung dafür ergäbe sich nicht nur, wenn die unten (bei Anm. 178f.) geäußerte Vermutung bzgl. Nestorius' Sprachgebrauch sich verifizieren ließe, sondern auch durch spätere Äußerungen des Maximus (vgl. u. bei Anm. 200-202). 152 Die erste der später so beliebten christologischen Definitionensammlungen stammt von Ephrem von Amid, von 526 bis 544 Patriarch von Antiochien (erhaltenes Fragment ediert bei S. Helmer, Der Neuchalkedonismus. Geschichte, Berechtigung und Bedeutung eines dogmengeschichtlichen Begriffs, Masch. Dissertation, Bonn 1962, 271f.). 153 Vgl. Richard, Evolution, 478-481. Schön verdeutlichen läßt sich dies auch an Leontius 27. Kapitel gegen Severus (ed. Diekamp, 161,3-21), wo Leontius mit der

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kann beispielsweise Anastasios I. von Antiochien (+ 599) das „großartige Schauspiel der gegenseitigen άντίδοσις der Naturen" zwar unter Rückgriff auf die Unterscheidung von concreta und abstracta beschreiben,154 aber in seinen Analysen biblischer christologischer Prädikationen keinerlei expliziten Gebrauch von ihr machen.155 Auch wenn die Sprachregelung also selten expliziert, geschweige denn immer konsequent durchgeführt wird, dürfte sie als schlichter Anwendungsfall der Unterscheidung von Natur und Hypostase dennoch zum Standardrepertoire chalkedonischer Theologie gehört haben. So wird man es m.E. durchaus als Ausdruck des orthodoxen common sense werten können, wenn der wenig originelle Anastasios Sinaites um die Mitte des siebten Jahrhunderts von Christus am Kreuz schreibt: „Es w a r n ä m l i c h Gottes M u n d , Gottes A u g e , Gottes Z u n g e , Gottes Leib, Gottes Glieder, Gottes Füße, Gottes Seite, Gottes Fleisch u n d Gottes fleischliche A f f e k t i o n e n . D o c h d e r H ä r e t i k e r soll sich nicht auf diese W o r t e stürz e n . Ich s a g t e n ä m l i c h nicht ,Leib d e r Gottheit', s o n d e r n ,Leib d e s GottLogos' u n d also ,Blut Gottes', nicht ,Blut d e r Gottheit', , Z u n g e Gottes', n i c h t , Z u n g e d e r Gottheit', , M u n d Gottes', nicht , M u n d d e r Gottheit', , F ü ß e Gottes', nicht ,Füße der Gottheit'. Der Logos w u r d e nämlich Fleisch u n d w o h n te unter uns, d.h. er w u r d e der Hypostase nach mit d e m eigenen, heiligen u n d wertvollen beseelten u n d vernünftigen Fleisch des Menschen vereint". 1 5 6

Es sollte also nicht allzu sehr verwundern, wenn bei keinem der beiden im Anschluß näher zu untersuchenden Autoren, Leontius von Byzanz und Maximus Confessor, eine explizite Äußerung über das Verhältnis konkreter und abstrakter Begriffe namhaft gemacht werden kann. Wie noch näher zu zeigen sein wird, lozieren beide die Idiomenkommunikation in der konkreten, individuellen Christushypostase und bezeichnen explizit als ihre Voraussetzung die bleibende Unterschiedenheit der diese konstituierenden Naturen. Inwiefern diese dabei nicht mehr, traditionellen, uns bei Theodoret begegneten Festeilung einsetzt, ,Mensch' sei eine Naturenbezeichnung, um dann zu festzustellen, daß im Kontext chalkedonischer Christologie damit aber immer das Individuum gemeint sei. Dies liegt offensichtlich sehr nah an der Position des Damaszeners (ob. Aran. 11). 154 Logos 4,17, in: Anastasii I. Antiocheni opera omnia genuina quae supersunt, ed. S.N. Sakkos, Thessaloniki 1976, 67,11-15: „Und der Leidende ist Gott, obwohl seine Gottheit das Leiden nicht wahrnimmt, derselbe ist aber auch als Mensch nicht leidend, da die Gottheit in ihm die natürliche Leidensunfähigkeit auch während der Verbindung mit dem leidenden Leib besitzt". 155 Vgl. etwa die von terminologischen Spezifikationen ganz unberührte Durchführung der drei Prädikationsklassen in Logos 3,44-64 (ed. Sakkos, 57,26-62,18). Auch der das Leiden behandelnde vierte Logos operiert primär mit der traditionellen 'ιδιοποίησις (vgl. etwa 4,14; ebd., 66,21-28). 156 Opusculum V, 111-121, in: Sermones duo in constitutionem hominis necnon opuscula adversus Monotheletas, ed. K.-H. Uthemann, CCG 12, Turnhout 1985, 102. Vgl. Op. Vm, 4.21f„ in: ebd., 132f.

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wie bei Nestorius, als hypostatisch konkretisierte, sondern als reale, aber nicht unabhängig subsistierende Entitäten bestimmt werden, die unverbrüchlich die abstrakt-definitorische Gemeinschaft Christi mit seinen beiderlei ,Artgenossen' konstituieren,157 wird vor allem in der breiten Debatte deutlich, die das bereits von Nestorius gegen Kyrill vorgebrachte Argument von der Nichtexistenz anhypostatischer Naturen158 auslöste. Dieses Argument avancierte nämlich in der nachchalkedonischen Diskussion zu einem sowohl von den Nestorianern als auch von den Monophysiten159 in immer neuen Abwandlungen vorgebrachten Haupteinwand gegen die Formel von den zwei Naturen in einer Hypostase.160 Wie ich anderswo ausführlicher begründen zu können hoffe,161 hat hier Leontius, wohl ohne dies selbst voll zu realisieren und für seine Gesamtkonzeption daraus Kapital zu schlagen, mit der Unterscheidung von individueller, unabhängiger Hypostase und dem in ihr realisierten Enhypostatischen162 das entscheidende kategoriale Schema zur Bewältigung dieses Einwands bereitgestellt. Diese Unterscheidung nämlich ermöglicht den Rezipienten des Leontius, vor allem Maximus Confessor, die ontologische Plausibilisierung einer bleibenden Realdistinktion beider Naturen, die die Kyrillische distinctio rationis beider und damit das nichtkonkrete Naturverständnis endgültig gegen den Verdacht gegenstandsloser Abstraktion absichert. Wenden wir uns also nach diesen Präliminarien zur Stelle der Unterscheidung abstracta und concreta im veränderten begrifflichen Koordinatensystem der nachchalkedonischen Debatte den Autoren und ihrem Votum zur Relevanz der Idiomenkommunikation selbst zu.

157 Zum Problem der individuellen Bestimmtheit dieser Naturen vgl. etwa R. Cross, Individual natures in the Christology of Leontius of Byzantium, Journal of Early Christian Studies 10 (2002), 245-265. 158 Vgl. ob. Anm. 89. 159 Hier dürfte der erste Beleg aus Timotheos Ailuros' Widerlegung des Chalcedonense stammen (vgl. J. Lebon, La christologie du monophysisme Syrien, in: A. Grillmeier/H. Bacht (Hgg.), Das Konzil von Chalkedon. Geschichte und Gegenwart, Bd. I: Der Glaube von Chalkedon, Würzburg 1951, 425-580, hier: 461f.). 160 Für die unterschiedlichen Diskussionen des Arguments bei Chalkedoniern vgl. die Parallelstellenapparate zu Pamphilus, Panhoplion VH,1—1.9f., in: Diversorum postchalcedonensium auctorum collectanea, ed. J.H. Declerck/P. Allen, CCG 19, Leuven 1989, 173 und zu Anastasius Sinaites, Hodegos VI, 2,16f., ed. Κ.Ή. Uthemann, CCG 8, Turnhout 1981, 100. 161 Die Geschichte des Begriffs Ανυπόστατος ist Thema meiner bislang unpublizierten Durhamer Magisterarbeit von 2005. 162 CNE 1277C-1279B. Die Isoliertheit dieser Stelle im Werk des Leontius bekundet sich v.a. darin, daß der Begriff ένυπόσχατος in der reiferen Epilysis überhaupt nicht mehr vorkommt.

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3.2.1. Leontius von Byzanz Im Blick auf CNE wurde bereits festgestellt, daß für Leontius die chalkedonische Christologie als einzige ein angemessenes ontologisches Fundament dafür bietet, die Idiomenkommunikation διά κυρίων ονομάτων zur Sprache zu bringen.163 Verständlich wird dies vor dem Hintergrund seiner Interpretation der chalkedonischen Formel durch eine Kombination von neuplatonischer Anthropologie und kappadokischem Hypostasenbegriff: Erstere macht es ihm verständlich, wie sich etwas unkörperliches und etwas körperliches substanziell164 vereinen können, ohne dadurch miteinander vermischt zu werden und ihre Eigentümlichkeit zu verlieren. Letzterer verdeutlicht, da er Hypostase oder Individuum mit Porphyrios als durch dessen unterschiedliche akzidentielle Eigentümlichkeiten von seinen Artgenossen Abgegrenztes definiert, inwiefern die Koinzidenz göttlicher und menschlicher Idiome in der Hypostase Christi, also die Idiomenkommunikation, als eigentliches Konstitutionsprinzip der Individualität und hypostatischen Einheit gelten kann.165 Deutlicher noch als in CNE kommt dies in einer Passage der Epilysis zum Ausdruck, wo Leontius auf das folgende Argument des Monophysiten antwortet: Da alles (der kappadokischen Unterscheidung und Zuordnung von Natur und Hypostase zufolge) aus natürlichen Gemeinsamkeiten und hypostatischen Eigentümlichkeiten zusammengesetzt ist, müssen auch bei der Einung Christi jeweils beide Elemente, also das Gemeinsame der Gottheit und das Eigentümliche des Logos und das Gemeinsame der Menschheit und das Eigentümliche Jesu von Nazareth, einbezogen sein. Wenn man dann allerdings auch nach der Einung noch von zwei Naturen spricht, muß man entweder, da die jeweils individuellen Elemente ja auch involviert waren, auch noch von zwei Hypostasen sprechen, oder, wenn man dies „aufgrund der gleichmäßigen Weise des (Idiomen-) Austausches" (κατά τόν ισον της άντιδόσεως τρόπον)166 ablehnt, auch die Rede davon zugestehen, daß 163 C N E 1 2 8 9 C . 164 ένωσις οΊ)διωδής oder και obctav ist Leontius' bevorzugter Begriff für die christologische Einheit (vgl. etwa CNE 1300A, 1308C, 1352D; C A 1352D; DTN 1379A-D; Epilysis 1925C, 1941A). Vielleicht offenbart sich auch hier der Einfluß von Gregors erstem Kledoniosbrief (ep. 101,22; ed. Gallay, 46: και obotav συνήφθαι). 165 Vgl. dazu bündig B.E. Daley, ,A Richer Union': Leontius of Byzantium and the Relationship of Human and Divine in Christ, Studia Patristica 24 (1992), 239-265, zur Idiomenkommunikation v.a. 259f. 166 Da die άυτ'ιδοσις hier ganz unvermittelt einfällt und im Text vorher nie erwähnt wurde, wäre natürlich zunächst ein formaleres Verständnis des Begriffs zu erwägen, etwa als „der selben Art der Erwiderung entsprechend". Mir scheint es allerdings höchst fraglich, ob eine Argumentation nach dem Muster „Wenn eine Hypostase aus

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aus zweien eine Natur wird. 167 Nach Leontius liegt der Hauptfehler dieser Argumentation im Ansatzpunkt: Gerade wenn die Monophysiten die Naturen mit Kyrill nur ratione unterscheiden wollen, was anläßlich des vorherigen Arguments breit diskutiert worden war, müßten sie wissen, daß eine distinctio rationis das einheitliche Gegebensein des nur in Gedanken zu unterscheidenden voraussetzt. Dementsprechend lehren die Chalkedonier eben keine Einung „aus Hypostasen", sondern eine Einheit der Hypostase, welche dann auf ihre weiterhin real unterscheidbaren, aber nicht aktuell getrennten Bestandteile hin analysiert werden kann. 168 Zudem würde, wer den τρόπος της ενώσεως in physische Kategorien zu pressen suche, die Freiheit der göttlichen Kondeszendenz mißachten und diese natürlichen Abhängigkeiten unterwerfen, was letztlich den eigentümlichen Charakter beider in Christus geeinten Elemente unerkennbar werden ließe.169 Wollen die Monophysiten ένωσις also par tout als - physischen Prozessen analogen - Einungsprozeß verstehen, müßten sie nicht nur eine Präexistenz auch des menschlichen Elements fingieren, sondern - soll der nichtgeeinte vom geeinten Zustand deutlich unterscheidbar sein - eben doch eine Verwandlung beider Elemente annehmen, die dann nicht mehr als Einheit zweier distinkter Elemente erkennbar wäre. Die Spitze seiner antimonophysitischen Polemik besteht also darin, daß er ihnen gerade die Plausibilisierung der Einheit, die vermeintliche Stärke ihrer Position, streitig macht: Gerade die ihnen so wichtige Idiomenkommunikation, die nach dem Argument des Gegners jegliche Rede von zwei Hypostasen verbietet, ist ohne die Annahme zweier unvermischter Substrate der jeweiligen Eigentümlichkeiten, also zweier Naturen, ebensowenig möglich wie ohne hypostatische Einheit: „Drei sind also die Hauptmeinungen, die über die Einheit der Naturen Christi begründet wurden, die trennende (διαρετική), die vermischende (συγχυτική) und die eigentlich vereinend (ενωτική) zu nennende. Erstere beide sind die Lieblingsmärchen der Häretiker und sollen es bleiben. Zu recht hat sie nämlich der göttliche Gregor antizipierend gebrandmarkt. Die trennende ist nämlich eine bloß relative (σχετική) und verbindet von Anfang an nicht einmal die Naturen, sondern läßt die Wirklichkeiten voneinander getrennt, indem sie ihnen weder was gemeinsam, noch was eigentümlich ist, gibt oder wiedergibt (διδοΰσα ή άντιδιδοΰσα). So kommt

zwei Naturen bzw. Hypostasen, dann auch eine Natur aus zwei Naturen" tatsächlich als άντίδοσις bezeichnet werden kann. Jedenfalls eröffnen die mir bekannten Parallelen keine Möglichkeit, den Begriff ohne seine dogmatische Füllung in den Kontext einzufügen. 167 Epilysis 1936D. 168 Ibid. 1938A-1940A. 169 Ibid., 1940A-C.

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sie also dazu, zwei in jeder Hinsicht voneinander getrennte Spezies zu bestimmen, außer was Würde, Entschluß und Willenseinheit anbelangt, wodurch sie in Verschleierung der Naturentrennung die Unverständigen täuscht. Die dieser diametral entgegengesetzte und vermischende fingiert und phantasiert, indem sie alles verschwinden läßt und vermischt, irgendeine einheitliche Bastardwirklichkeit, ohne auch nur in einem der beiden Vereinten die Eigentümlichkeit rein zu erhalten. Vielmehr läßt sie dieses jenes und jenes dieses sein, und somit weder wirklich dieses noch jenes. Das Produkt einer Vermischung erscheint nämlich immer als Bastard, der über kein reines oder in der eigenen bleibenden Eigentümlichkeit gegründetes Element verfügt. Die mittlere zwischen diesen, die unvermischte und ungetrennte Einheit, weiß, daß die vereinten Elemente aufgrund ihrer Unveränderlichkeit ihrer eigenen Eigentümlichkeit entsprechend ohne Defizienz bleiben. Sie (die eigentliche Einheit) läßt diese nämlich sowohl gemeinsam als auch einem (Individuum) zugehörig sein aufgrund der substanziellen Einheit selbst, so daß das im eigentlichen Sinn einem von beiden Eigentümliche dem Ganzen gemeinsam, und so das des Ganzen auch dem jeweils anderen gemeinsam wird aufgrund der unvermischten Eigentümlichkeit im jeweils anderen Element des Identischen. Es käme nämlich zu keiner άντίδοσις των 'ιδιωμάτων, wenn nicht auch während der Einheit in jedem von beiden die Eigentümlichkeit unverändert bliebe. Eine solche Einheit ist also einerseits einheitlicher als das in jeder Hinsicht getrennte und andererseits reicher als das in jeder Hinsicht vermischte. Sie läßt nämlich das miteinander vereinte weder in jeder Hinsicht identisch noch in jeder Hinsicht verschieden sein".170 Während nach dieser Darstellung also die trennende, nestorianische Position den Vollzug der Idiomenkommunikation nicht zugibt, zerstört die vermischende, monophysitische sogar deren Voraussetzung, indem sie die notwendigen termini a quo der άντ'ιδοσις, die unvermischten Naturen in ihrer Eigentümlichkeit, durch Konfusion zum Verschwinden bringt, άντ'ιδοσις των ιδιωμάτων wäre somit das Proprium chalkedonischer Christologie schlechthin, welche allein den Reichtum des biblischen Christusbildes ohne Abstriche an der Einheit des Christusindividuums zum Ausdruck bringt. Wie steht es nun aber mit der historischen Berechtigung dieser Behauptung? Hinsichtlich der monophysitischen Seite, macht schon der Leontiustext selbst deutlich, daß sie die άντιδοσις für sich beansprucht, da es ja der monophysitische Gegner ist, der den Begriff so unvermittelt einführt, daß man, sollte der Text an dieser Stelle nicht doch anders zu interpretieren sein,171 davon ausgehen muß, daß er (zumindest in den Augen des Leontius) damals bereits zum selbstverständlich vorauszusetzenden Grundbestand theologischer Fachterminologie auf

170 Epilysis 1940C-1941B. 171 Vgl. ob. Anm. 166.

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beiden Seiten gehörte. Nur wollten die Monophysiten eben, in Aufnahme der hier auch im Acaciusbrief begegneten Terminologie Kyrills,172 lediglich von zwei ποιότητες φυσικοά sprechen, zwischen denen der Austausch stattfindet, nicht von zwei Naturen.173 Daß Leontius sich dessen voll bewußt ist, erhellt aus der Einleitung zu CA, wo er die Rede von einer zweifachen natürlichen Qualität' bei gleichzeitiger Leugung der dieser zugrundeliegenden Naturenzweiheit als inkonsistent geißelt: „Wenn er (Severus) nämlich den Leib von Natur aus leidensfähig nennt und ihm körperliche Affektionen zuschreibt, und dies auch nach der Einung, so soll uns der Weise doch auf die Frage antworten, ob diese natürlichen Dinge nicht von einer Natur kommen, wie die künstlichen von einer Kunst. [...] Darüber hinaus bekennen sie, daß die Wirkkraft des Fleisches eine, die der Gottheit jedoch eine andere sei, und das Leiden auf das Fleisch, die Leidensunfähigkeit auf die Gottheit zu beziehen sei, und lassen diese sich gegenseitig durchdringen (άντιπεριχωρεΐν) und mit dem jeweils anderen (prädikativ) austauschbar sein (άντικατηγορεΐσθαι) aufgrund der sich austauschenden Eigentümlichkeit (επαλλάττουσα ιδιότης) im jeweils anderen desselben". 174

Leontius sieht also, daß die Monophysiten die Idiomenkommunikation über weite Strecken in den Chalkedoniern ganz analoger Weise konzipieren, bestreitet ihnen jedoch vehement das adäquate ontologische Fundament für diese Konzeption - ein Befund, der mit Josef Lebons immer noch unübertroffenen Untersuchungen zur Idiomenkommunikation bei den Monophysiten durchaus konvergiert.175 Wir haben es an dieser Stelle also mit einem geschickten kontroverstheologischen Schachzug des Leontius zu tun, durch den er dem monophysitischen Gegner eines von dessen zentralen Theologumena entwinden und als allein im Rahmen der eigenen Konzeption adäquat faßbar darstellen will. Von daher wird verständlich, wenn auch die späteren Chalkedonier Antidosis mit dezidiert antimonophysitischer Pointe so konzipierten, daß sie die natürliche Zweiheit in keineswegs geringerem Maße zum Ausdruck brachte als die hypostatische Einheit. Seit Leontius wird es also gegen die Monophysiten immer heißen: „Den unberührten Na-

172 Vgl. ob. Anm. 114. 173 Die doppelte ποιότης φυσική verteidigt Severus eingehend in seinem Briefwechsel mit dem Grammatiker Sergius (Die Texte finden sich übersetzt bei I.R. Torrance, Christology after Chalcedon. Severus of Antioch & Sergius the Monophysite, Norwich 1988). 174 CA 1320AB. 175 Vgl. Christologie, 550-552.567-575. Natürlich ist Lebon weitaus nüchterner, was Leontius Überzeugung von der Überlegenheit des Chalkedonischen Fundaments anbetrifft (vgl. ebd., 568 Anm. 98).

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turbegriff von jedem erkennt durch die Idiomenkommunikation in dem einen Konkretum!" 176 Wie steht es nun mit der nestorianischen Seite? Angesichts des schroffen Schriftpositivismus, dem wir schon bei Theodoret hinsichtlich der Restriktion christologischer Paradoxalaussagen begegneten,177 wird man geneigt sein, Leontius hier Recht zu geben. Überprüft man allerdings die Behauptung, in der nestorianischen ένωσις σχετική würden Eigentümlichkeiten „weder gegeben noch wiedergegeben" am Liber Heraclidis, so erlebt man eine Überraschung. Dort wird die Einheit des Prosopon folgendermaßen beschrieben: „Durch die Prosopa der Einheit ist der eine im anderen; nicht durch Verminderung, nicht durch Vernichtung und nicht durch Vermischung ist dieses ,Eine' gedacht, sondern durch das Nehmen und Geben und durch den Gebrauch der Einheit untereinander, wobei die Prosopa untereinander geben und nehmen, nicht die Wesenheiten".178

Zumindest die terminologische Nähe zu orthodoxen Formulierungen der άντ'ιδοσις ist hier doch äußerst erstaunlich, gerade wenn man zusätzlich bedenkt, daß die hier mit „Nehmen und Geben" wörtlich übersetzte syrische Wendung masbo wamathlo, die im Liber Heraclidis auch sonst zur Beschreibung des ,Prosopontauschs' verwendet wird,179 meist als Hendiadyoin für ,Handel' oder ,Austausch' steht. Es wäre also durchaus möglich, daß im Text des Nestorius an dieser Stelle άντίδοσις gestanden hat, ein zusammengesetztes Nomen, das in seiner reziproken Bedeutung im Syrischen wohl kaum mit einem einzigen Begriff wiedergegeben werden kann. Sollte sich diese Vermutung verifizieren lassen, wäre für die Begriffsgeschichte von άυτ'ιδοσις allerdings nur so viel gewonnen, daß man die Prägung als christologischer terminus technicus genauer in die Zeit zwischen dem Ephesinense und dem Liber Heraclidis, also wohl irgendwann in 40er Jahren des fünften Jahrhunderts anzusetzen hätte, da es sicherlich so gut wie auszuschließen ist, daß chalkedonische Theologen eine Begriffsprägung des Nestorius in ihr Repertoire übernommen hätten. In der antinestorianischen Polemik des sechsten Jahrhunderts scheint der Begriff jedenfalls keine 176 Leontius von lerusalem, Contra Monophysitas 25 (MSG 86/11, 1785C). Vgl. ibid. 10 (1776CD): „Und wenn wir jedes der Vereinten für sich betrachten, erkennen wir, wie es beschaffen ist und was für Eigentümlichkeiten es hat. Wenn wir es aber nicht so erkennen, erkennen wir auch die Einheit nicht. Diese ist nämlich aus der Idiomenkommunikation ersichtlich", d.h. die christologische Einheit ist nur als Austausch zweier, in sich bleibend verschiedener Naturen und ihrer Eigentümlichkeiten denkbar. 177 Vgl. ob. Aran. 98. 178 ed. Bedjan, 348/ ed. Nau, 223. 179 Vgl. etwa ebd., 362/233.

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größere Bedeutung erlangt zu haben: Leontius von Jerusalem kommt in seinen weitschweifigen sieben Büchern gegen die Nestorianer nur ein einziges Mal, in 1,8, auf die άντί,δοσις τώυ ονομάτων zu sprechen, was natürlich auch an einer individuellen Bevorzugung anderer Terminologie durch diesen Autor liegen könnte.180 Abschließend läßt sich also festhalten, daß die Idiomenkommunikation für Leontius tatsächlich das chalkedonische Proprium darstellt, das es zuallererst den Monophysiten zu entwinden gilt. Dies kann jedoch nur gelingen, wenn in den Paradoxalaussagen sowohl die Kopula als auch die jeweiligen Prädikate in ihrer eigentlichen Bedeutung gebraucht werden: Eigentlich menschliches Leiden kann von einem eigentlich göttlichen Individuum nur dann in eigentlicher Weise ausgesagt werden, wenn in der Hypostase Christi Gottheit und Menschheit wirklich ein Individuum konstutieren, dabei aber real unterschieden bleiben - dies ist Leontius' Votum zur Idiomenkommunikation, das er an seinen bedeutendsten antiken Leser Maximus Confessor weitergibt. 3.2.2. Maximus Confessor Daß die Christologie des führenden Theologen des siebten Jahrhunderts aus den Schriften des Leontius von Byzanz ganz entscheidende Anregungen erhielt, ist eine in der Maximusforschung längst etablierte Tatsache.181 In welch hohem Maße dies allerdings auch für Maximus' Konzeption der Idiomenkommunikation gilt, wurde bisher nur angedeutet 182 und soll im Folgenden näher expliziert werden: (1) Genau wie Leontius faßt Maximus nämlich die Idiomenkommunikation mit dezidiert antimonophysitischer (bzw. antimonergetischer) Pointe, (2) und genau wie für Leontius repräsentiert sie für ihn - als dezidiert eigentliche Redeweise - das nur auf chalkedonischer Basis ausdrückbare Proprium evangeliumsgemäßer Christologie.

180 Schon in 1,8 findet sich neben άυτιδοσις (MSG 86/1, 1436A) auch μετάδοσις των 6νομάτων (1436C). In ΙΠ,8 spricht er von άντένδειξις und άντωνομασ'ια (1638D) oder auch von μετάκλησις (1640A). Insgesamt scheint der Jerusalemer dabei, wie etwa seine Exegese von IKor 2,8 in V,2 (1725A-C) ganz deutlich zeigt, primär einen synekdochischen Namentausch vor Augen zu haben, wogegen er gegen die Monophysiten eine Idiomenkommunikation nach dem Muster des Byzantiners vertritt (vgl. ob. Anm. 176). 181 Vgl. v.a. F. Heinzer, Gottes Sohn als Mensch. Die Struktur des Menschseins Christi bei Maximus Confessor, Freiburg 1980,90-116. 182 Vgl. ebd., 142-144 und L. Thunberg, Microcosm and Mediator. The theological anthropology of Maximus the Confessor, Lund 1965, 36f.

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Ersteres wird vor allem aus vier Texten deutlich: dem neunten und sechzehnten Opusculum theologicum,183 dem fünften Ambiguum184 und der Disputation mit Pyrrho. 185 In all diesen Texten ist es Maximus' Hauptanliegen, jegliche gottmenschliche Fusion zu einer neuen, weder göttlichen noch menschlichen, sondern ,theandrischen' Energie oder einem ,theandrischen' Willen abzuwehren. Das christologisch Neue, Gregors καινοτομία der φύσεις, darf für ihn keinesfalls im λόγος της φύσεως, also irgendeinem materialen Aspekt der Naturen, wie eben der Energie oder dem Willen, sondern allein in deren τρόπος ύπάρξεως, deren formaler Ursprungs-, Gebrauchs- und Realisierungsweise gesucht werden. 186 In formaler Übereinstimmung mit Luthers Identifikation der Person mit den beiden Naturen 187 kann Maximus deshalb wiederholt betonen, daß die Hypostase „nichts anderes ist als ihre Naturen". 188 Deren neue Subsistenzweise, deren Kennzeichnung als „neue theandrische" er als Dionysios' viertem Brief entstammende nicht völlig zurückweisen kann, charakterisiert er nun aber in dezidiert antimonergetischer Weise folgendermaßen: 183 MSG 91, 118B-120C und 189D-192A. Ähnlich, aber weniger deutlich formuliert Op. 20 (240A), daß der Papst Honorius nicht aus Monotheletismus von einem Willen gesprochen hätte, sondern ταύτη δεΐξαι τήν των φυσικώς προσόντων £κατέρα φύσει των τοΰ ένός Χριστοΰ καΐ Υίού κα-ί βπαλλαγήν άκραν άντίδοσιν. 184 Amb. 5, 261-284; ed. Β. Janssens, CCG 48, Turnhout 2002, 32f. Zum gesamten Text vgl. E. Bellini, Maxime interprete de Pseudo-Denys l'Areopagite. Analyse de 1'Ambiguum ad Thomam 5, in: F. Heinzer/C. Schönborn (Hgg.), Actes du Symposium sur Maxime le Confesseur. Fribourg, 2-5 Septembre 1980, Fribourg 1982, 37-49. 185 MSG 91, 296A-297B. Vgl. die auf Doucets unpubliziertem kritischen Text basierende und dessen Emendationen vermerkende deutsche Ubersetzung bei G. Bausenhart, ,In allem uns gleich außer der Sünde'. Studien zum Beitrag Maximos' des Bekenners zur altkirchlichen Christologie, Tübingen 1990, 202f. 186 Zu Maxmius' Aufnahme dieser Unterscheidung aus der kappadokischen Trinitätstheologie vgl. A. Riou, Le monde et l'eglise selon Maxime le confesseur, Paris 1973, 73-88 und Heinzer, Gottes Sohn, 29-58.117-145. 187 Vgl. dazu u. Kap. 6 bei Anm. 164. Mir ist allerdings fraglich, ob diese Lutherstellen tatsächlich das hergeben, was Baur daraus machen will. Wie an Maximus ersichtlich, ist diese Redeweise ja auch ganz traditionell erklärbar. 188 Disputatio 289B; weitere Stellen bei Heinzer, Gottes Sohn, 90f. und P. Piret, Christologie et theologie trinitaire chez Maxime le Confesseur d'apres sa formule des natures ,desquelles, en lesquelles et lesquelles et le Christ', in: Heinzer/Schönborn, Maxime le Confesseur, 215-222. Nach Bausenhart, Sünde, 170 Anm. 3, hat Piret ep. 19 (593A/B) und op. 3a (in der Ausgabe von Epifanovic) übersehen. Einen Vorläufer hat Maximus mit diesem Anliegen in Anastasios I. von Antiochien, der in seiner dritten Rede festhält (ed. Sakkos, 51,31-35.52,6f.): „Christus ist also die Zusammenkunft aus den Naturen; nicht das Verhältnis, sondern die tatsächliche Verflechtung der Ousien, vielmehr die Ousien selbst, weder die göttliche ohne die menschliche noch umgekehrt die menschliche abgesondert von der göttlichen, sondern die untrennbare Mischung und Vermengung beider, [...] nichts anderes als was die Natur von beiden zusammengekommenen Elementen war".

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„Da der Herr der Natur nach doppelt war, erschien er angemessenerweise auch als ein entsprechendes (doppeltes) Leben führend, ein nach göttlichem und menschlichem Gesetz zu einem identischen unvermischt zusammengesetztes, selbst auch neues, aber nicht so, also wäre es den Irdischen nur fremd, wundersam und noch nirgends in der Natur des Seienden bekannt. Dennoch gehört es der Prägung nach zur neuen Wirkweise eines auf neue Weise lebenden, welche derjenige, der sich eine zu diesem Geheimnis passende Bezeichnung ausgedacht, nun eben ,theandrische' genannt hat, um dadurch die der unsagbaren Einheit entsprechende Art des Austausches (τρόπος της άντιδόσεως) auszudrücken, welche im Wechsel (κατ' επαλλγήν) das jedem von beiden Teilen Christi von Natur aus zukommende dem anderen verschafft, ohne daß dabei einer von beiden Teilen sich dem natürlichen Begriff nach in den andern verwandelte oder mit ihm vermengt würde. Wie nämlich das Schneidende des im Feuer erhitzten Schwertes brennend geworden ist, und das Brennende schneidend [...], und damit das Eisen durch die Einheit mit dem Feuer brennend, und das Feuer durch die Einheit mit dem Eisen schneidend wurde, keines von beiden aber durch den der Einheit entsprechend Austausch (ά,ντιδόσει) eine Verwandlung in das jeweils andere erlitten hat, sondern jede von beiden natürlichen Eigentümlichkeiten auch als (per Idiomenkommunikation) durch die Eigentümlichkeit des in der Einheit mit ihm Zusammengesetzten charakterisierte unverbrüchlich bestehen blieb, so ist es auch im Fall der Geheimnisses der göttlichen Fleischwerdung: Gottheit und Menschheit sind der Hypostase nach geeint, ohne daß eine der beiden aufgrund der Einheit von ihrer natürlichen Wirkweise abläßt, und auch ohne daß eine von beiden diese Wirkweise als relationslose und von der mit ihr zusammengesetzten und zusammen bestehenden getrennte besäße". 189 Die neue Subsistenzweise ist also für Maximus ein intimes ineinander Verschlungensein göttlicher und menschlicher Aspekte, das aber an keiner Stelle zu einer UnUnterscheidbarkeit beider oder einer Kreuzung zu einem dritten, theandrischen führt. Gegen jede Art von Idiomenmischung besteht Maximus also auf einem Austausch, einer άυτίδοσις zwischen zwei klar unterscheidbar bleibenden Idiomengruppen, die sich dann in den konkreten Wirkungen Christi so verschlingen, daß - da Christus nie und in keiner Hinsicht „nackter Gott" oder „bloßer Mensch" ist - alles Göttliche auf menschliche und alles Menschliche auf göttliche Weise gewirkt wird. 190 Daß er damit aber letztlich auf Konfrontationskurs mit der bei Kyrill aufgenommenen apolinarischen Konzeption christologischer Prädikation geht, wird in seiner in Op. 9 gegebenen Interpretation der oben diskutieren Passage aus Kyrills Acaciusbrief überdeutlich. Die monergetisch-monotheletische Konzeption mit ihrem Versuch der Konkretisierung der hyposta189 Amb. 5, 261-284; CCG 48, 32f. In derselben Weise wird das Beispiel vom feurigen Schwert in Op. 16 (189C-192A) angewandt. 190 Vgl. etwa Op. 9 (120A-C); weitere Stellen bei Bausenhart, Sünde, 175 Anm. 487.

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tischen Einheit in Form der einen Wirkweise oder des einen Willens verdankte sich ja gerade der dort von Kyrill referierten Dreiteilung christologischer Aussagen, die dann - übrigens auch von Chalkedoniern wie Anastasius Sinaites191 und sicherlich im Sinne Kyrills - als die drei notwendigen Aspekte der Christuswirklichkeit interpretiert wurden. Maximus hingegen versteift sich auf den Wortlaut des Textes: Wenn hier von einer μέση τάξις die Rede sei, dann gehe es keinesfalls um „irgendein mittleres, von göttlichem und menschlichem Willen und Wirksamkeit desselben verschiedenes oder ein dazwischen liegendes Produkt, das mit keiner von beiden Naturen, aus denen es besteht, in Gemeinschaft stünde",192 sondern um φωναί, um Bibelsprüche, die oi) διηρημένως benennen, was durchaus unterschieden werden kann. Hat Maximus also die antimonophysitische Emphase in seinem Antidosiskonzept - vielleicht am bündigsten ausgedrückt in dem an Pyrrho gerichteten Satz193: +] άνχίδοσις ενός oi)K έστιν, άλλα δύο και άν'ισων - so weit getrieben, daß die von Leontius so betonte Eigentlichkeit ihres biblischen Ausdrucks in Frage gestellt wird? Maximus' genaue Beschreibung für Kyrills Grund, eine dritte Klasse von Aussagen zuzulassen, lautet, „weil er (Christus) eigentlich das ist, woraus er besteht, dies aber nicht getrennt benannt wird, jedes von beiden aber gleichzeitig und in demselben ist". 194 Da die Elemente Christi also nicht getrennt sind, werden sie demzufolge auch nicht nur uneigentlich bezeichnet, wenn dies in nicht getrennter Weise geschieht - eine Folgerung, die Maximus in Ambiguum 27 näher präzisiert und qualifiziert. Zugrunde liegt hier ein Text aus Gregor von Nazianz (Oratio 30,8), wo Gregor feststellt, daß, da Christus „doppelt" war, der Vater nur hinsichtlich seiner Menschseite eigentlich der Gott Christi und nur hinsichtlich seiner Gottseite eigentlich der Vater Christi genannt wird, ein Ansatz, der konsequent durchgeführt natürlich jedes christologische Paradox als uneigentliche Rede abstempeln würde. Offensichtlich um genau diese Konsequenz zu vermeiden, setzt Maximus in seiner Exegese sofort bei der einen, zusammengesetzten Hypostase Christi ein, der natürlich alle Prädikate ihrer Teile in eigentlicher Weise 191 Vgl. Hodegos I, 2,76-124 (CCG 8, 14-16) und das gesamte Op. Vm (CCG 12, 124134). 192 Op. 9 (121C). In Ep. 12 (496BC) vereinahmt er die drei Aussagenklassen einfach, indem er die ersten beiden den Naturenunterschied und die dritte die Personeinheit verdeutlichen läßt. Zur Kyrillrezeption des Maximus insgesamt vgl. Thunberg, Microcosm, 41-49. 193 Disputatio (296D). Zur antimonophysitischen Pointe der Antidosis vgl. auch H.U. v. Balthasar, Kosmische Liturgie. Zum Weltbild Maximus' des Bekenners, Einsiedeln 2 1961, 253-255. 194 Op. 9 (121C).

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zugesprochen würden.195 Gregors elliptische Wendung „so daß das eine eigentlich auf beide zutrifft, das andere uneigentlich", die natürlich bedeutet, daß die menschlichen Titel eigentlich auf die Menschseite und uneigentlich auf die Gottseite zutreffen und umgekehrt, biegt er dazu so um, daß Gregor mit den zwei Teilen der Wendung zwei verschiedene Hinsichten auf Christus im Auge hätte, also τό μέν κυρίως έτι άμφοΐυ auf die eine Hypostase und τό δέ ob κυρίως auf die unterschiedlichen Naturen abziele: „Solange man Christus als die eine Hypostase betrachtet, ist die wechselweise Zusammenfügung der Bezeichnungen (ή κατ! επαλλαγήν των ονομάτων επίζευξις) untrennbar, wenn man aber in Gedanken die die eine Hypostase des Christus konstituierenden Naturen voneinander unterscheidet, unterscheidet man zusammen mit den Naturen auch die Bezeichnungen. Oder nochmals: Da Christus der Natur nach zweifach ist, wird beides von ihm ausgesagt, ,Gott' und ,Vater', in eigentlicher Weise aber, wenn die Bezeichnungen in Entsprechung mit den Naturen zusammen ausgesprochen werden, in nicht eigentlicher Weise jedoch, wenn der natürliche Besitz einer von beiden Naturen, aus denen, in denen und die er ist, aufgrund der einen Hypostase der anderen wechselweise zugeschrieben wird (ένηλλαγμένως άντιδίδωται)". 196

Die Uneigentlichkeit gilt also nur in ganz bestimmter Hinsicht, nämlich wenn in der Perspektive der Unterscheidung der Naturen ,totum pro parte' geredet wird. Man kann also sagen, daß Maximus das ihm von Leontius mit auf den Weg gegebene Anliegen der Wahrung der Eigentlichkeit der christologisch paradoxalen Rede auch angesichts einer Autorität, die relativ klar dagegen steht, zu wahren versteht. Schließlich geht es dabei auch ihm, wie oben schon ansatzweise deutlich geworden sein dürfte, um das Proprium chalkedonischer Christologie, nun präzisiert als der neue, sohnschaftliche Tropos des Gott- und Menschseins, der aufgrund seiner unmittelbaren Verbundenheit mit der Idiomenkommunikation von Maximus den vom Damaszener übernommenen Titel τρόπος της άντιδόσεως bekommt. Pointiert erläutert er demenstprechend Pyrrho das Dionysioswort von der neuen, theandrischen Energie folgendermaßen: „Es bezeichnet nicht eine Wirkweise, sondern die neue und geheimnisvolle Weise der Offenbarung der natürlichen Wirkweisen Christi in der geheimnisvollen Weise der gegenseitigen Durchdringung der Naturen Christi angemessener Weise, und dessen menschlichen Lebenswandel als fremden,

195 Amb. 27 (1268CD). 196 Ebd. (1269C).

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wundersamen und in der Natur der Dinge unbekannten, und die Weise des der geheimnisvollen Einheit entsprechenden Austausches". 197

Ist die Figur der Idiomenkommunikation also so grundlegend für Maximus' Christologie, kann es den Maximusforscher nicht verwundern, daß er sie auch auf nichtchristologische Zusammenhänge überträgt, ist doch nach Hans Urs von Balthasar Maximus' gesamte „Ontologie und Kosmologie" nichts weiter als „extensive Christologie [...], sofern die hypostatische Synthese als letzter auch Gottes erster Weltgedanke ist". 198 Angesichts der von Balthasar beschriebenen mutigen spekulativen Ausweitung christologischer Denkmuster ist seine nichtchristologische Rede von άντίδοσις sogar noch äußerst restriktiv: So weit ich sehe, beschränkt er diese nämlich auf das Verhältnis zwischen Gott und dem Gläubigen in der θέωσις. So heißt es etwa in Epistel 2 über die all-einende Kraft der Liebe, die nach Maximus ja letztlich hinter dem gesamten kosmischen Prozeß der Vermittlung der Gegensätze steht199: „Das vollkommenste Werk der Liebe und das Äußerste der ihr entsprechenden Wirkweise besteht darin, dafür zu sorgen, daß in relationalem Austausch (άντ'ιδοσις σχετική) die Eigentümlichkeiten und Bezeichnungen der in ihr Vereinten diese untereinander zieren, und aufgrund des einen und unveränderlichen willentlichen Entschlusses und Bewegung den Menschen zu Gott zu machen, und Gott Mensch heißen und als solchen erscheinen zu lassen, wie wir es bei Abraham und den übrigen Heiligen vorfinden". 200

Bei aller Strukturanalogie zu Christi zwei Naturen in einer Hypostase ist Maximus an dieser Stelle jedoch deutlich an einer klaren Unterscheidung der hypostatischen Einheit von Gott und Mensch in Christus und der relationalen Willenseinheit beider in den Heiligen gelegen: Obwohl auch die Heiligen ,Gott' genannt werden können (Joh 10,34), sind sie es doch nicht in Person: Ihre Einheit mit Gott ist eben jene partizipative ένωσις σχετική, jene Einheit von Willen, Entschluß und Würde, deren Übertragung auf Christus Chalkedonier und Monophysiten den Nestorianern vorwarfen. Diese klare Differenzierung muß man sich al197 Disputatio 345D-348A; vgl. ebd. 296D9, 297A3 und Amb. 5, 268 (s.o. Anm. 189). Beim Damaszener begegnet die Wendung nicht nur als Uberschrift des die Idiomenkommunikation behandelnden 48. Abschnitts der Expositio, sondern auch ebd. 47,76t (PTS 12, 115); 63,llf. (ebd., 160 [im Kontext des obigen Zitats aus der Disputatio])/ Contra Jacobitas 81,32; ed. B. Kotter, PTS 22, Berlin/New York 1981,139 (wiederum in antimonophysitischem, nicht antinestorianischem Kontext!) und in der Homilia in transfigurationem 2,38; ed. B. Kotter, PTS 24, Berlin/New York 1988, 438. 198 Kosmische Liturgie, 204. 199 Vgl. dazu ebd., 340-343. 200 MSG 91, 401B.

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so auch bei der Interpretation des folgenden Textes aus Ambiguum 7 vor Augen halten. Dort bekämpft Maximus die origenistische Inanspruchnahme der problematischen Behauptung des Gregor von Nazianz (Or. 14,7), daß wir alle ein von oben abgefallenes Stückchen Gottes seien, natürlich ohne dabei an eine Kritik des großen Theologen auch nur zu denken.201 Vielmehr sucht er dem drohenden Pantheismus durch eine gestufte, dynamische Logoslehre zu wehren. So kann er sich die platonische Prämisse, daß der λόγος τοΰ είναι, also das natürliche Wesen eines jeden, von Ewigkeit her in der göttlichen Vernunft, dem Schöpferlogos präexistiere, problemlos aneignen und insofern zugeben, daß auch der Logos ,Mensch' Teil des Gesamtlogos ist. Allerdings beinhaltet dieser als Logos einer rationalen Kreatur nicht nur einen unveränderlichen Wesensgehalt, sondern auch einen realisier- oder verfehlbaren Sollgehalt, den λόγος τοΰ εΰ είναι. Nur denjenigen vernünftigen Geschöpfen nämlich, die ihren Seinslogos in angemessener Weise ethisch kultivieren, wird dessen Vollendung in der Ruhe in Gott, im τοΰ άει είναι λόγος zuteil: „Und er (der Gläubige) ist Stückchen Gottes als Seiender aufgrund seines (präexistenten) Seinslogos in Gott, als Guter aufgrund seines Wohlseinslogos in Gott, und als Gott aufgrund seines Immerseinslogos in Gott, da er diese Logoi ehrt und ihnen entsprechend wirkt, sich durch sie sowohl in Gott allein ganz und gar hineinversetzt als auch Gott allein sich selbst ganz und gar einprägt und eingestaltet, so daß er selbst durch Gnade Gott ist und so genannt wird, und Gott durch Kondeszendenz durch ihn Mensch ist und genannt wird, und sich an diesem die Kraft des wechselseitigen Zustandstausches (άντιδιδομένη διάθεσις) zeigt, die sowohl den Menschen Gott durch die Gottesliebe vergottet, als auch Gott dem Menschen durch die Menschenliebe vermenschlicht und im fröhlichen Wechsel (καλή άντιστροφή) den Menschen zu Gott macht durch die Vergottung des Menschen und Gott zum Menschen macht durch die Vermenschlichung Gottes. Der Logos Gottes und Gott will nämlich immer und allen das Geheimnis seiner Fleischwerdung bewirken".202

201 Zu Ambiguum 7 und dem antiorigenistischen Hintergrund vgl. P. Sherwood, The earlier Ambigua of St. Maximus the Confessor and his refutation of Origenism, Rom 1955, v.a. 166-180. 202 MSG 91,1084B-D. Zur άντιδιδομένη διάθεσις vgl. noch die die Beziehung zu Ep. 2 näher verdeutlichenden Texte aus Ep. 27 (620AB), wo davon die Rede ist, daß man in der Bruderliebe κατά τήν άντιδοθεΐσαν των ε'ις άλλήλους μεταποιηθέντων διάθεσιν eins (nach IKor 9,22 allen alles) wird, und Ep. 44 (644C): „Da es also Gottes altes und neues Gesetz ist, daß wir uns untereinander so sehr lieben, wie wir geliebt werden, und uns die Geschicke untereinander so sehr aneignen, daß sich aufgrund des Verhältnisses (σχέσις) der Liebe die Zustände untereinander wechselweise (κατά ά,ντίδοσιν) austauschen, nach dem Gebot, das befiehlt, sich mit den Fröhlichen zu freuen und mit den Weinenden zu weinen (Rom 12,15), vermahne ich...". - Thal. 50,92f.; ed. C. Laga/C. Steel, CCG 7, Turnhout/Leuven 1980, 383

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Dies klingt sicherlich sehr nach mit dem Text aus Ep. 2 mindestens in Spannung stehender spekulativ entschränkter ,Panchristologie'. Bedenkt man jedoch den Kontext, so lassen sich beide Texte m.E. zumindest der Tendenz nach in Übereinstimmung bringen. Schließlich geht es im zweiten wesentlich um eine dynamisierende Fassung von Gregors Begriff ,Stückchen Gottes': Der Mensch ist nicht einfach Gott (außer insofern er als Geschöpf Teil von Gottes Schöpfungsplan ist), er kann aber dazu werden, durch gnadenhafte Partizipation in der Willenseinheit der Liebe, ohne daß dabei seine bleibende natürliche Verschiedenheit von Gott aufgehoben würde. Wieso sollte man dann aber von den in der Liebe vergotteten Heiligen nicht genauso sagen können, daß Gott sich in ihnen vermenschlicht, in ihnen erscheint, nicht nur in Form seines die gesamte menschliche Kreatur prägenden ε'ικών, sondern auch in Form der erst gnadenhaft realisierten όμο'ιωσις?!203 Damit wäre dann kein persönliches Kommen, sondern nur eine abbildliche Erscheinung gegeben, eine ,Panchristologie' also genauso abgewiesen wie im zweiten Brief, außer insofern der Zusammenhang von Christologie und Soteriologie eine Übertragung der Idiomenkommunikation auf das Verhältnis von Gott und Gläubigem erfordert. Schließlich besteht ja das Heil für Maximus wie für Paulus in nichts anderem als der Gleichgestaltung mit Christus. Von einer spekulativen Verallgemeinerung speziell der Idiomenkommunkation läßt sich also, so ist abschließend festzuhalten, bei Maximus nicht sprechen. Idiomenkommunikation im eigentlichen Sinne bleibt für ihn letztlich das die Existenzweise Christi allein auszeichnende Proprium - ein Proprium, dessen Bedeutung für die Soteriologie von Maximus allerdings in einer Weise herausgestellt wird, die es auch in gebrochener Weise auf die Gläubigen übertragbar macht, womit man nachträglich sogar die oben aufgestelle These eines soteriologischen Ursprungs des Begriffs bestätigt sehen könnte.204

4. Fazit Als Ergebnis dieses notwendigerweise selektiven Durchgangs durch die altkirchliche Wahrnehmung der Idiomenkommunikation läßt sich festhalten, daß Luther mit seiner Zuspitzung der christologischen,fides (άντιδοσις της καλής διαθέσεως) ist allerdings keine Parallele dazu. Hier ist eine nichtreziproke „Vergeltung des guten Zustande" gemeint. 203 Zur dihäretischen Interpretation von Gen 1,26 bei Maximus vgl. Thunberg, Microcosm, 120-139. 204 Vgl. zusätzlich die o. Anm. 134 angeführten Maximustexte.

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catholica' auf die Idiomenkommunikation sicherlich im Vergleich zur vor allem spätscholastischen Christologie einen großen Schritt zurück zu den Wurzeln gemacht hat. Vor allem hinsichtlich der vorchalkedonischen Diskussion ließ sich zeigen, wie sehr die christologische Debatte von der Analyse biblischer und traditioneller christologischer Prädikation ausging und wieder auf sie hinführte. Die Unterscheidung von concreta und abstracta, von der Luther ausgehen konnte, konnte hier als Gipfelpunkt eines langen und mühevollen Ringens um sprachliche Klärung herausgearbeitet werden, welche Kyrill und den Orientalen in einer ausweglos festgefahren erscheinenden Situation die Möglichkeit zur Beilegung ihrer Differenzen bot. So weit scheint Luther die Sache tatsächlich angemessen erfaßt zu haben. Blickt man jedoch auf die weitere Entwicklung über Chalkedon bis in den Neuchalkedonismus, erweist sich dieser Kompromiß als wenig nachhaltig: Die Entwicklung drängte unaufhaltsam auf exaktere begriffliche Klärung und ontologisch-metaphysische Durchdringung des Christusgeheimnisses eine Entwicklung, für deren Höhepunkt in der mittelalterlichen Scholastik Luther nur wenig qualifizierten Spott übrig hat. Wenn Leontius und Maximus also die Idiomenkommunikation in analoger Weise ins Zentrum der Christologie stellen wie Luther dies getan hat, so fühlen sie sich dadurch gerade nicht von der Aufgabe dispensiert, ein präzises begriffliches Fundament zu deren Klärung und Verifikation zu entwikkeln. Wenn Luther also beansprucht, der Wolken- und Feuersäule der patristischen Theologie zu folgen, so tut er dies eigentlich nur solange, bis diese im Zuge der denkerischen Durchdringung des Chalkedonense Pfade einschlägt, denen zu folgen dem Reformator durch sein humanistisches, antispekulatives Vorurteil verwehrt wird.

„Christus factus est peccatum metaphorice" Über die theologische Verwendung rhetorischer Figuren bei Luther unter Einbeziehung Quintilians Anna Vind Übersetzt aus dem Dänischen von Dietrich Harbsmeier

Im Folgenden soll der Nachweis versucht werden, daß eingehendere Studien Quintilians zum Verständnis von Luthers Gebrauch rhetorischer Figuren beizutragen vermögen. 1 Der Artikel geht aus von Luthers Satz „Christus factus est peccatum metaphorice" in der Schrift gegen Latomus von 1521. 2

1

2

Nicht überall bin ich den deutschen Übersetzungen Quintilians bzw. Luthers gefolgt; siehe die Anmerkungen. - Ich möchte Lektor Dr.phil. Dietrich Harbsmeier für die Übersetzung des vorliegenden Artikels ins Deutsche herzlich danken. Die neueren Abhandlungen zu diesem vieldiskutierten Satz lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen: Mehrheitlich wird die Auffassung vertreten, daß die Metapher bei Luther Ausdruck eigentlicher Rede sei. Hier sind zu nennen: G. Bader, Symbolik des Todes Jesu, Tübingen 1988; J. Baur, Luther und die Philosophie, NZSTh 26 (1984), 13-28; G. Ebeling, „Christus ... factus est peccatum metaphorice", in: ders., Theologie in den Gegensätzen des Lebens, Wort und Glaube IV, Tübingen 1995,583609; W. Härle, Christus factus est peccatum metaphorice. Zur Heilsbedeutung des Kreuzestodes Jesu Christi, NZSTh 36 (1994), 302-309; E. Jüngel, Zur Freiheit eines Christenmenschen. Eine Erinnerung an Luthers Schrift, München 1978; E. Maurer, Der Mensch im Geist. Untersuchungen zur Anthropologie bei Hegel und Luther, BEvTh 116, Gütersloh 1996; U. Rieske-Braun, Duellum mirabile. Studien zum Kampfmotiv in Martin Luthers Theologie, FKDG 73, Göttingen 1999; J. Ringleben, Luther zur Metapher, ZThK 94 (1997), 336-369; und T. Wabel, Sprache als Grenze in Luthers theologischer Hermeneutik und Wittgensteins Sprachphilosophie, TBT 92, Berlin/New York 1998. Auf der anderen Seite steht - ein wenig allein - der finnische Lutherforscher R. Saarinen, Metapher und biblische Redefiguren als Elemente der Sprachphilosophie Luthers, NZSTh 30 (1988), 18-39; ders., Die allegoria rerum zur Zeit von Luthers Zweiter Psalmenvorlesung (1519-1521), in: A. Raunio (Hg.), Luther als Theologe des Glaubens und der Liebe, Helsinki 2003.

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1. Luthers Verhältnis zu Quintilian Luther hat sich seit seiner Schulzeit mit Grammatik, Rhetorik und Bibelexegese befasst, und es ist deshalb unmöglich, die verschiedenen sprachtheoretischen Elemente in seinem Werk mit Sicherheit auf bestimmte Autoren zurückzuführen. Dennoch gibt es Hinweise, dass Luther das Vergnügen gehabt hat, Quintilian kennenzulernen.3 Das gilt nicht zuletzt im Zusammenhang mit seiner Schrift gegen Latomus. Luther schrieb das Buch nach seiner ersten Begegnung mit Quintilian, und es enthält sowohl wesentliche rhetorische Erwägungen als auch direkte Verweise auf Quintilian.4 Die Tatsache, dass Luther sich auf ihn bezieht, obwohl er auf der Wartburg keine anderen Bücher zur Hand hatte als die Bibel, veranschaulicht, welch großen Eindruck die Lektüre des alten Rhetorikers auf Luther gemacht haben muss. In Wittenberg führte man anlässlich der Universitätsreform von 15185 Unterricht in Quintilian ein, und im Herbst desselben Jahres gab es bereits eine Vorlesung über dessen Institutio oratoria. Möglicherweise hat Luther selbst die Institutio bei dieser Gelegenheit studiert.6 Jedenfalls kennt seine Begeisterung für den antiken Rhetoriker keine Grenzen in einem Brief an Georg Spalatin vom November 1519: „Quintilian sollte in W a h r h e i t der Einzige sein, der J ü n g l i n g e wirklich g u t m a c h t , ja faktisch a u c h M ä n n e r [...] Ich ziehe Quintilian d u r c h a u s allen A u toritäten vor, weil er Beredsamtkeit s o w o h l lehrt als a u c h praktiziert, d.h. er unterrichtet d u r c h die M a c h t des W o r t e s u n d des Beispiels s o verlässlich wie nur möglich".7

Diese Begeisterung hat offenbar jahrelang angehalten. In einem Tischgespräch aus dem Jahre 1531 (also mehr als 10 Jahre später) soll Luther gesagt haben: „Die Lektüre Quintilians ist so angenehm und spornt den Leser in dem Maße an, dass er dauernd gezwungen ist, mit dem Lesen fortzufahren. Denn Quintilian geht einem zu Herzen". 8 Die Tatsache, dass Luther selbst Quintilian gelesen hat, ist nicht der einzige mögliche Grund für seine Begeisterung. Im August 1518 kam 3 4 5 6 7

8

Vgl. U. Nembach, Predigt des Evangeliums. Luther als Prediger, Pädagoge und Rhetor, Neukirchen-Vluyn 1972,130-135. W A 8, 88,16; 111,lf. Vgl. AWA 1, 93; vgl. auch WABr 1,155,44. AWA 1 , 3 8 8 Anm. 152. WABr 1, 563,7f.9-12, „Quintiiianus vero unus sit, qui optimos reddat adulescentes, immo viros [...] Ego prorsus Quintilianum fere omnibus authoribus praefero. Qui simul & instituit, simul quoque eloquentiam ministrat, id est verbo & re docet quam fidelissime". WATr 2, 411,19-21 (Nr. 2299), „Quintiliani lectio adeo iucunda est et ita trahit lectorem, ut continuo cogatur pergere legendo, den er dringt einem ins herz hinein".

Theologische Verwendung rhetorischer Figuren bei Luther

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Melanchthon mit all seiner Begeisterung für Rhetorik nach Wittenberg und wurde schnell zu Luthers engstem Mitarbeiter. Melanchthon kannte und schätzte Quintilian und war von dem Gedanken beseelt, Ciceros und Quintilians Rhetorik in seine eigene Arbeit zu integrieren.9 Im Jahre 1519 erschien das erste seiner rhetorischen Handbücher, und im selben Jahr arbeiteten die beiden Männer möglicherweise gemeinsam an der Exegese der Psalmen.10 Bei genauerer Betrachtung der Operationes in Psalmos wird deutlich, dass die Rhetorik bei der interpretatorischen Arbeit eine entscheidende Rolle gespielt hat.11

2. Luther über den Gebrauch rhetorischer Figuren Luther stellt in seiner Schrift gegen Latomus einige grundsätzliche Erwägungen über die Verwendung rhetorischer Figuren an.12 Man müsse bei der Auslegung mit Verweisen auf solche Figuren zurückhaltend sein, sagt Luther, denn sie bewiesen an sich noch gar nichts.13 Lese man einen Text, habe man sich in erster Linie auf die primäre Bedeutung der Wörter zu stützen, auf die „simplex, pura primariaque verborum significatio". 14 Wenn man aber damit nicht weiterkomme, müsse man entweder vom Kontext der Wörter oder vom übergeordneten Sinn her ausfindig machen, welche rhetorische Figur im Spiele sein könnte.15 Indem man sich so die primäre Bedeutung klarmache und eventuelle Bilder und Figuren daneben stelle, lasse sich alles in einem verstehbaren Ganzen sammeln.16

9

Maurer, Mensch im Geist, 189: „Seine Rhetorik von 1519 sollte, wie er rückblickend 1531 erklärte, nichts anderes sein als eine erste, durch gegenwartsnahe Beispiele ergänzte Einführung in die beiden lateinischen Klassiker [seil. Cicero und Quintilian]; wer über die damit gegebenen knabenhaften Regeln hinauskommen wollte, sollte ihre Werke an der Quelle studieren und so zur Eloquenz und Sapienz vorwärtsschreiten". Vgl. CR 2, 543f.

10

A W A 1, lOOf. Anm. 113.

11

Ebd., 386-396. Dass die Vorlesung von der quintilianschen Tradition beeinflusst ist, kann man daran erkennen, dass Luther nunmehr die griechischen und nicht mehr die lateinischen rhetorischen Fachausdrücke verwendet (Ebd., 387). Abgesehen von einer einzigen Stelle im Antilatomus (WA 8, 59,13) verwendet Luther die gemeinsame Bezeichnung figura für Synekdoche, Metapher, Metalepse, Hyperbole etc.

12

13 14

W A 8, 63,24-30. Ebd., 63,29.

15

Ebd., 63,30; 64,10f. („Duo ista habemus, quae nos dirigant, Absurditatem rerum et circumstantiam verborum"); 64,18-20.

16

Ebd., 84,20-22.

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Es sei wichtig, meint Luther, die Trennungslinie zwischen primärer und übertragener Bedeutung genau zu kennen. Glaube man, die übertragenen Bedeutungen seien primäre Bedeutungen, stifte man Verwirrung und sprachliches Chaos.17 Entferne man aber die übertragenen Bedeutungen, entferne man zugleich einen Teil der Reichweite und Wirkung der Aussagen und die Freude daran. 18 Es wäre, wie wenn man aus dem Paradies auf die Erde versetzt würde, wollte man vorschreiben, dass nur mit Hilfe von primären Bedeutungen geredet werden dürfe. 19 Denn „ich weiß nicht, was für eine Energie in den Figuren wirkt, dass sie mit so großer Kraft eindringen und wirken, dass jeder Mensch von Natur aus das heftige Verlangen hegt, andere mit ihrer Hilfe reden zu hören und selbst so zu sprechen". 20 Um die rhetorischen Figuren kommt man also nach Luther nicht herum. Sie fänden sich überall, vor allem in der Schrift21, und mit ihrer Hilfe könne der Sprecher, wenn er es wolle, neue Bedeutungen hervorbringen und so die Qualität seiner Rede erhöhen. 22 Denn die Figuren stärkten das Erinnerungsvermögen und die Erkenntnis des Gesagten, und sie machten es behaglich für die Seele.23 Damit werde die Rede machtvoller und gültiger, und ihre Wirkung nehme zu, indem sie die Frömmigkeit forme und Gefühle errege („eruditio pietatis et concitatio affectuum"). 24

3. Vergleich mit Quintilians Überlegungen über die Bedeutung von Wörtern Luther hält also an der primären Bedeutung der Wörter fest und besteht darauf, dass die übertragene Bedeutung jeweils von ihr abgeleitet sei. Aber das bedeutet für ihn nicht, dass die übertragene Bedeutung gegenüber der primären sekundär wäre. Die erstere kann ohne weiteres die eigentliche Bedeutung eines Wortes sein. Im Zusammenhang einer konkreten Auslegung von Deut. 6,7 sagt Luther z.B., die metaphorische Übersetzung „acues", „du sollst schärfen", der hebräischen 17 18 19 20 21 22 23 24

Ebd., Z. 14-20. Ebd., Z.22-24. Ebd., 85,1-3. Ebd., 84,24f.: „Nescio enim, quae sit figurarum energia, ut tarn potenter intrent et afficiant, ita ut omnis homo natura et audire et loqui gestiat figurate". Ebd., 83,31-33. Ebd., 84,3-6. Ebd., Z.22-24. Ebd., Z.30.32f.

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Form „du sollst erzählen", sei nicht nur eine bessere, sondern wohl die einzig mögliche Bedeutung. 25 Untersucht man Quintilians Reflexionen über Wörter und deren Bedeutungen, erhält man ein nuanciertes Bild vom Verhältnis zwischen significatio propria und significatio translata, und dieses Bild kann Luthers Aussage beleuchten. 26 Die proprietas der Wörter, ihre eigentliche Bedeutung, sei Grundlage für die Klarheit der Rede, ihre perspicuitas, sagt Quintilian.27 Zunächst einmal verweise die proprietas auf das semantische Verhältnis zwischen res und verba, wo ein Ding eine bestimmte Benennung habe, ein verbum proprium. Res ist der Gegenstand, der im Gedanken existiert und in der Rede behandelt wird, und verba sind der sprachliche Ausdruck dafür. 28 Aber das bedeutet nicht, dass es keinerlei Grenze dafür gäbe, was res sein kann. Das, was res und ihre Umsetzung in verba bestimmt, ist das Zusammenspiel der Begriffstriade natura, ars und usus. 29 Res ist der Gegenstand, der - abgeleitet vom erfahrenen Gegebenen, der natura - mit Hilfe der ars im Gedanken gegenwärtig ist und in 25 26 27 28 29

Ebd., 85,18f.: „...permittam tibi, sed magis credam priori ut gratiori signification! et fortasse soli" (meine Hervorhebung). Vgl. U. Krewitt, Metapher und tropische Rede in der Auffassung des Mittelalters, Beihefte zum „Mittellateinischen Jahrbuch", Ratingen u.a. 1971,51ff. Inst. orat. VIII, 2,1. Ebd., Pr.,6. Sowohl F.R. Varwig, Der rhetorische Naturbegriff bei Quintilian. Studien zu einem Argumentationstopos in der rhetorischen Bildung der Antike, Bibliothek der klassischen Altertumswissenschaften 58, Heidelberg 1976), 110-115, als auch J. Pinborg, Quintilian og den antikke sprogteori, Studier fra Sprog- og Oldtidsforskning 253, Kopenhagen 1963, 10f., sind der Meinung, dass der stoische Naturbegriff den philosophischen Hintergrund Quintilians ausmache. Nach Pinborg, ebd., 9-11: Natura ist das Gegebene, „das Grundlegende" (10). Sie befindet sich „in Übereinstimmung mit der Vernunft, d.h. sie hat eine rationale Struktur und kann daher die Grundlage für die artes bilden". Pinborg zitiert Cicero, De Leg. 1,26: „Nach der Anweisung der Natur wurden zahllose artes erfunden, indem die Vernunft mit großer Klugheit die Natur nachahmte und so erlangte, was für das Leben nötig ist" (9). Ars sei „eine Beobachtung und Systematisierung der der Natur innewohnenden Gesetzmäßigkeiten, die dann zum Gegenstand der Nachahmung gemacht werden. Dadurch wird die Natur in Entwicklung gebracht, die durch Übung (usus) angeeignet und vertieft wird und ihre vollkommene Form in der Gewohnheit (consuetudo) erreicht, wo die Natur in der Praxis verwirklicht ist" (10f.). Die drei Begriffe natura, ars und usus implizieren einander, betont Pinborg. „Sie können nur im Zusammenhang verstanden werden und greifen unaufhörlich ineinander ein. Es gibt keine menschliche Wirklichkeit, die nur natura, nur ars, nur usus ist" (11). Man vergleiche auch Quintilians Begriff der latinitas, der die übergordnete Bezeichnung für den idiomatisch korrekten Ausdruck ist. Nach Pinborg, ebd., 33ff. gehen die vier Maßstäbe für latinitas - nämlich ratio (analogia und etymologia), vetustas, auctoritas und consuetudo auf die Triade natura, ars, usus zurück. „Die Lehre von der korrekten Sprache ist also in ihrer Grundform durch die stoische Lehre von der Sprache bestimmt" (35).

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Wörtern, verba, zum Ausdruck kommt, die ihrerseits aufgrund von usus sanktioniert und bewahrt sind. Allerdings, so sagt Quintilian, müsse man beachten, dass es mehrere Ausdrücke gebe, die nicht als verba propria bezeichnet werden könnten, die aber dennoch zur Klarheit der Rede beitrügen und daher auch nicht als vitia oder inpropria angesehen werden könnten.30 Beispielsweise sei es statthaft, einen Ausdruck, eine katachresis, für etwas zu finden, was noch keine Benennung habe. Und die übertragene Bedeutung, translatio, kombiniere res und verba ohne Rücksicht auf die hergebrachte Semantik, und sei dennoch das vornehmste Glied der Rede. Deshalb, so kann Quintilian schließlich sagen, habe die Bezeichnung proprietas nicht allein mit dem verbum proprium im grundsätzlichen Sinne, sondern genauer mit der Fähigkeit zu tun, klar und fehlerfrei zu reden. Wie er direkt sagt: „Deshalb bezieht sich die eigentliche Bedeutung des Ausdrucks nicht auf die Benennung, sondern auf die Kraft zu kennzeichnen, und lässt sich nicht nach dem Klang, sondern nach dem Sinn abwägen". 31 Und so gelte: „auch was treffend übertragen gebraucht ist, pflegt eigentlich' genannt zu werden". 32 Obwohl die Hauptregel Gültigkeit besitze, dass die Klarheit in höherem Maße verba propria nötig habe, während der Schmuck der Rede eher verba translate erfordere, müsse man wissen, dass es keine schmuckvolle Rede, ornatus, gebe, die uneigentlich, inproprium sei, wobei vorausgesetzt ist, dass es sich bei ornatus um korrekt geschmückte Rede handelt.33 Auch sie besitze eine proprietas, eine eigentliche Bedeutung.34 Quintilian nennt daher die übertragenen Bedeutungen auch nicht verba inpropria, sondern nur verba translata.35 30 31

32 33 34

Inst. orat. VIII, 2,4ff. Ebd., 2,6: „quare proprietas non ad nomen, sed ad vim siginificandi refertur, nec auditu, sed intellectu perpendenda est" (Deutsche Übersetzungen nach M. F. Quintiiianus, Ausbildung des Redners. Zwölf Bücher, hg. und übers, von H. Rahn, Darmstadt 3 1995). Ebd., 2,10, „etiam quae bene translata sunt, propria dici solent". Ebd., 3,15, „quamquam enim rectissime traditum est, perspicuitatem propriis, ornatum translatis verbis magis egere, sciamus nihil ornatum esse, quod sit inproprium". Quintilians Überlegungen über die eigentliche Bedeutung von Figuren sind ein Korrektiv zu Jüngels älterem Artikel über die Metapher (Metaphorische Wahrheit. Erwägungen zur Relevanz der Metapher als Beitrag zur Hermeneutik einer narrativen Theologie, in: ders., Entsprechungen: Gott - Wahrheit - Mensch. Theologische Erörterungen, München 1980, 103-157). Hier bestimmte Jüngel den Unterschied zwischen der Verwendung der Metapher nach antiker (ausgehend von Aristoteles) und modemer Metaphertheorie als eine Frage nach Uneigentlichkeit und Eigentlichkeit. Die modernen Metaphertheoretiker verfolgen nach Jüngel die Absicht, „die Metapher von einem sprachlichen Grenzphänomen zu einem Grundvorgang der Sprache avancieren zu lassen" (109). In Jüngels Interpretation behaupte Aristoteles dagegen: „die Metapher [vermag] [...] hinsichtlich der Frage nach dem Was der Dinge nichts

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In s e i n e r B e h a n d l u n g v o n ü b e r t r a g e n e n B e d e u t u n g e n b e m ü h t s i c h Q u i n t i l i a n i m VIII. u n d I X . B u c h s e i n e r Institutio,

Tropen und Figuren

v o n e i n a n d e r zu unterscheiden, allerdings o h n e dass es ihm völlig gel ä n g e . 3 6 E r g e s t e h t z u , d a s s s i e g e w i s s e Z ü g e g e m e i n s a m h ä t t e n . In beid e n Fällen h a n d e l e es sich d a r u m , dass „jeweils eine A b w a n d l u n g des unmittelbaren, einfachen gedanklichen Sachverhaltes erfolgt, die die L e i s t u n g d e s A u s d r u c k s s t e i g e r t " . 3 7 U n d d i e A b s i c h t sei b e i b e i d e n d i e selbe: „Sie g e b e n d e m S a c h v e r h a l t z u s ä t z l i c h e A u s d r u c k s k r a f t u n d v e r leihen ihm Gefälligkeit".38 Diese g e m e i n s a m e n Z ü g e h a b e n d a z u

ge-

f ü h r t - w a s Q u i n t i l i a n a u c h selbst b e m e r k t - , d a s s v i e l e d i e b e i d e n B e griffe

miteinander

verwechseln

oder

die

Tropen

den

Figuren

u n t e r o r d n e n . Q u i n t i l i a n a b e r liegt s e h r d a r a n , z w i s c h e n i h n e n z u u n terscheiden. N a c h ihm w e r d e n Tropen auf einzelne W ö r t e r angewandt, w ä h r e n d d i e g e s a m t e R e d e d e r W i r k u n g s b e r e i c h d e r F i g u r e n sei. 3 9

35 36 37 38 39

mehr auszurichten; sie ist nur Mittel der Wirkung der Aussage" (111). Dieser Unterschied steht nach Jüngel fest, auch wenn er meint, es ließen sich bei Aristoteles gewisse unentwickelte Ansätze zu einer modernen Auffassung der Metapher nachweisen, etwa im Zusammenhang mit der katachretischen Metapher (134). Er meint, dass es eine Entwicklung in Richtung auf die moderne Theorie der Metapher erst mit Luther, Vico und Nietzsche gebe (109 Anm. 7, 136 Anm. 85). Dieselbe Auffassung des Unterschiedes von antiker und moderner Metaphertheorie liegt auch zugrunde bei Saarinen, Allegoria rerum. Und eben deshalb kritisiert er Jüngels, Härles und Ringlebens Interpretationen des Antilatomus als anachronistisch. Saarinen glaubt nicht, dass man aus historischer Sicht mit Recht annehmen könne, Luther hätte die Metapher als eigentliche Rede verstanden (Ebd., 15 Anm. 51). Z.B. Inst. orat. I, 5,71: „propria sunt verba, cum id significant, in quod primo denominata sunt, translate, cum alium natura intellectum, alium loco praebent". Vgl. H. Hilgenfeld, Mittelalterlich-traditionelle Elemente in Luthers Abendmahlsschriften, SDGSTh 29, Zürich 1971,155-160. Inst. orat. IX, 1,3: „utraque res a derecta et simplici ratione cum aliqua dicendi virtu te deflectitur". Ebd., 1,2: „usus quoque est idem; nam et vim rebus adiciunt et gratiam praestant". Luther verwendet die Bezeichnungen tropus und figura nicht auf dieselbe Weise wie Quintilian. Quintilian sagt, für die Trope sei kennzeichnend, dass sie mutatio und translatio der Propriumbedeutung eines Wortes auf eine andere Bedeutung sei. Demgegenüber sei die Figur confirmatio der Rede vom primären und gewöhnlichen Sinn zu einem anderen und neuen Sinn. Die Figuren ließen sich einteilen in Wortfiguren und Gedankenfiguren, und die Ersteren wiederum könnten in grammatische und rhetorische Figuren eingeteilt werden. Die grammatischen Figuren seien Abweichungen von der regelmäßigen Formenlehre und Syntax, während die rhetorischen Figuren beispielsweise Änderungen in der Wortfolge oder Verdoppelungen der Prädikate etc. seien. Die Gedankenfiguren überschritten dieses Niveau und hätten mit der übergeordneten gedanklichen Struktur der Rede zu tun. Die Tropen haben mit den Wortfiguren nichts zu tun, können aber sehr wohl - obwohl Quintilian selbst es nicht ausdrücklich sagt und überhaupt an einer Verflechtung von Tropen und Figuren nicht interessiert scheint - als Gedankenfiguren in engerer Perspektive, nämlich auf der Ebene des einzelnen Wortes, bezeichent werden. Quintilian geht in seiner Definition der Trope ein wenig in diese Richtung: „ein Tropus ist die kunst-

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Quintilian nennt die Metapher, translatio, als die Trope par excellence. Sie sei der Inbegriff übertragener Bedeutung. 40 Sie sei eine notwendige Vervollkommnung der Sprache, sei es immer gewesen, werde von allen, Gelehrten wie Ungelehrten, benutzt und werde oft nicht einmal bemerkt. 41 Die Metapher übertrage Wörter von ihrer Propriumbedeutung auf eine andere Bedeutung an Stellen, wo es entweder von vornherein keine Benennung gebe oder die neue Benennung besser sei als die alte. Die semantische Regel für die Übertragung sei, dass es eine Ähnlichkeit zwischen der proprie bezeichneten und der metaphorisch bezeichneten Sache geben müsse. 42 Auf diese Weise mehre die Metapher die Fülle der Rede, indem sie vertausche oder Anleihen mache, und sie sorge für das, was vielleicht das Schwierigste in der Sprache sei, nämlich dafür, dass für nichts eine Benennung fehle. Sie stopfe damit ein Loch. Sie werde angewandt entweder, weil sie notwendig, oder weil sie ausdrucksvoller oder weil sie geziemender sei 4 3 „Denn die Metapher muss entweder einen freien Platz einnehmen, oder wenn sie auf einen Platz kommt, der einem anderen gehört, mehr leisten als das, was sie verdrängen will". 44 Dies sei ihre Aufgabe. Wo das nicht der volle Vertauschung der eigentlichen Bedeutung eines Wortes oder Ausdrucks mit einer anderen". Luther dagegen verwendet - von einer einzigen Stelle abgesehen überall im Antilatomus figura als die gemeinsame Bezeichnung für das, was bei Quintilian Tropen sind. Andernorts (in Vom Abendmahl Christi) gebraucht er mehrfach die Bezeichnung tropus von derselben Sache. Da die Frage nach dem Unterschied zwischen Tropen und Figuren bereits bei Quintilian andeutungsweise als problematisch angesehen wird, kann es nicht verwundern, dass in diesem Punkt ein Unterschied besteht. Luthers diesbezüglicher Sprachgebrauch mag von seinem Lehrer Bartholomaeus Arnoldi von Usingen in Erfurt beeinflusst sein; dieser hatte nämlich die quintiliansche Tradition wieder aufgenommen, jedoch die Tropen den Figuren als figurae grammaticalis locutionis untergeordnet. Vgl. Hilgenfeld, Elemente, 158ff. 40

41 42

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44

Bei Aristoteles sind die Trope und die Metapher miteinander identisch. Erst in einer späteren Zeit begann man, die Metapher als eine unter mehreren Tropen aufzufassen, wie Quintilian es tut. Aber auch bei ihm sieht man, wie die Definitionen von Trope und Metapher zusammenfallen, insofern die translatio das entscheidende Charakteristikum für beide ist: IX, 1,4 und VHI, 6,4. Inst. orat. Vffl, 6,4. Ebd., 6,8f.: „In totum autem metaphora brevior est similitudo eoque distat, quod illa comparatur rei, quam volumus exprimere, haec pro ipsa re dicitur. Comparatio est, cum dico fecisse quid hominem ,ut leonem', translatio, cum dico de homine ,leo est'". Ebd., 6,5f.: „Copiam quoque sermonis äuget permutando aut mutuando quae non habet, quodque est difficillimum, praestat ne ulli rei nomen deesse videatur. Transfertur ergo nomen aut verbum ex eo loco, in quo proprium est, in eum, in quo aut proprium deest aut translatum proprio melius est. Id facimus, aut quia necesse est aut quia significantius est aut, ut dixi, quia decentius". Ebd., 6,18: „metaphora enim aut vacantem locum occupare debet aut, si in alienum venit, plus valere eo, quod expellet".

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Fall sei, sei von einem falschen Gebrauch der Metapher die Rede, und in diesem Falle könne sie als uneigentlich, inproprium, bezeichnet werden.45 Diese ganze Darstellung der Klarheit der Rede und der Figurenlehre ist im Zusammenhang mit Quintilians Gesamtauffassung der Rhetorik zu sehen. Für ihn steht die Rhetorik höher als die Philosophie.46 Traditionellem antikem Denken entsprechend sagt er, der Mensch sei von Natur aus mit zwei Tugenden begabt, die ihn von den Tieren unterschieden, nämlich mit ratio und sermo. Aber, so fährt er fort, man könne auch sagen, dass es bei den Tieren eine gewisse Vernunft gebe, etwa wenn sie Nester bauten, Vorräte sammelten usw. Aber sie hätten keine Sprache. Die Sprache sei daher dasjenige, was in Wirklichkeit den Menschen zum Menschen mache. Was wolle man auch mit der Vernunft anfangen, wenn man keine Sprache hätte, fragt Quintilian. Erst wenn die Vernunft versprachlicht werde, sei sie zu etwas nütze.47 Ohne Sprache sei die Vernunft einem Schwert vergleichbar, das in der Scheide festsitze.48 Inhalt und Vermittlung gehören also bei Quintilian unlösbar zusammen. Nur der Inhalt, der vermittelt wird, hat einen Wert, und deshalb ist auch die Wahrheit über den Inhalt unlöslich mit der Klarheit der Vermittlung verknüpft.49 Aus diesem Grunde, so meint Quintilian, sei die Rhetorik die Vollendung. Sie sei „Wissenschaft vom guten Reden", und „gut reden" will hier sagen, dass das Gute, das die Philosophie ersinnt, Tugenden, Sitten und Gebräuche, virtutes und mores, zum Ausdruck gebracht wird.50 Und daher sei der wahre Rhetoriker „ein guter Mann, der des Redens kundig ist" 51 Er sei weise, weil er gut reden könne, das heißt, er ist nicht bloß weise, weil er das Gute kennt, sondern weil er es zugleich zum Ausdruck bringen kann.52 Einen sol45 46

47 48 49

50 51 52

Ebd., 6,6: „ubi nihil horum praestabit, quod transferetur inproprium erit". Ebd. I, pr.,llff. Vgl. S. Ijsseling, Rhetorique et philosophie. Piaton et les Sophistes, ou la tradition metaphysique et la tradition rhetorique, RPL 39 (1976), 193-210, hier: 206f. Inst. orat. Π, 16,14ff. Ebd. Vm, pr.,15; Pinborg, Quintilian, 66. Wenn lüngel, Metaphorische Wahrheit in seiner Behandlung der antiken Rhetorik zwischen dem Inhalt der Dinge und ihrer Vermittlung unterscheidet, ist das also, mit den Augen Quintilians betrachtet, keine präzise Sonderung. Inst. orat. Π, 15,34.38: „rhetoricen esse bene dicendi scientiam". Ebd. ΧΠ, 1,1: „vir bonus dicendi peritus". A. Grün-Oesterreich und P.L. Oesterreich, Dialectica docet, rhetorica movet. Luthers Reformation der Rhetorik, in: P.L. Oesterreich/Th.O. Sloane (Hgg.), Rhetorica Movet. Studies in historical and modern rhetoric in honor of Heinrich F. Plett, Symbola et emblemata 9, Leiden 1999, 25-41, hier: 34 schreiben, eine besondere Pointe des lutherschen Verständnisses der Rhetorik sei, dass er Rhetorik und Dialektik unauflös-

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chen Mann habe es vielleicht nie gegeben, aber er sei das Vorbild für das Streben des Rhetorikers. 53 Auf dem Hintergrund dieser Erwägungen entfaltet Quintilian die rhetorische Praxis. Er setzt sich in diesem Zusammenhang mit zwei rhetorischen Schulen seiner Zeit, den Asianern und den Attizisten, auseinander. 54 Erstere missbrauchten den erhabenen Stil dazu, nach Gutdünken zu überreden, ohne sich an die Tugend zu halten. Letztere huldigten dem schlichten Stil als der adäquaten Ausdrucksform und fanden, dass der erhabene Stil den Inhalt der Rede eher verdecke als enthülle. Keine der beiden Stilarten ist nach Quintilian die richtige. Er legt Wert darauf, dass Beredsamkeit, eloquentia, sowohl den sermo erfordere, d.h. die grundlegende Semantik und Grammatik, als auch die oratio, die auf dem sermo mit der pragmatischen Funktion, dem Verhältnis zu Redner und Zuhörer, aufbaue. Die Rede solle nicht nur auf das Gemeinte hinweisen, sondern auch appellieren und ausdrücken. 55 Es handele sich um eine stufenweise Entwicklung von sermo zu oratio, und diese Entwicklung sei abhängig von Stilart und Gattung. 56 Quintilian unterscheidet traditionell zwischen den drei Stilarten, dem genus subtile, dem genus medium und dem genus grande, welche den drei

lieh miteinander verknüpfe: „Ohne die Vermittlung der Rhetorik kann der Dialektiker und ohne die Dialektik der Rhetoriker nicht wirken. Der ideale Redner und Lehrer ist demnach der, der sich auf beide versteht und so zugleich lehren und überzeugen könnte". Die Autoren des Artikels sind der Meinung, dass Luthers Verhältnis zur Rhetorik eher durch seine Schulzeit und den dortigen Unterricht in den artes bestimmt sei als durch die Begegnung z.B. mit Quintilian (Ebd., 26). Trotzdem scheint eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Quintilian und der o.a. Pointe über das Verhältais von Dialektik/Rhetorik vorzuliegen. - An anderer Stelle schreiben die Verf. über Luthers Interesse an der Bildersprache (Ebd., 30): „Dieses hier von Luther aktualisierte Wissen um die Ohnmacht abstrakter Begriffssprache und die Macht bildhaft veranschaulichender und deshalb wirksamer Rede ist in der Tat genuin rhetorisches Gedankengut. Quintilian hat diesen inneren Zusammenhang zwischen Anschaulichkeit (enargeia) und affektiver Wirksamkeit (energeia) bekanntlich eigens hervorgehoben". 53

54 55 56

Inst. orat. I, pr.,18f. S. Döpp, Die Nachwirkung von Ciceros rhetorischen Schriften bei Quintilian und in Tacitus' Dialogus. Eine typologische Skizze, in: Peter Neukam (Hg.), Reflexionen antiker Kulturen, München 1986, 7-26 meint, Quintilian unterscheide sich von Cicero, indem er die Vorstellung vom vollkommenen Redner nicht einer platonischen unerreichbaren Ideenwelt zugehörig, sondern ein realisierbares Vorbild sein lasse: „Quintilian versteht das von ihm gezeichnete Ideal ja als etwas Hohes, das zwar über alles bisher Geleistete hinausgehe, aber sehr wohl einmal verwirklicht werden könne" (Ebd., 15). Döpp weist auch mehrfach (z.B. Ebd., 12), ebenso wie Pinborg, Quintilian und Varwig, Naturbegriff (vgl. Anm. 29), darauf hin, dass in erster Linie der Stoizismus Quintilian philosophisch beeinflusst habe. Inst. orat. ΧΠ, 10,14-16.40-44. Pinborg, Quintilian, 53. Ebd., 61.

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Aufgaben der Sprache entsprechen: zu belehren, zu beeinflussen und zu unterhalten: docere, movere und delectare.57 Aber es ist nach Quintilian wichtig, die Grenzen zwischen diesen Stilarten als fließend zu betrachten. Es gebe zahllose Möglichkeiten der Kombination. Man habe sie alle nötig, und die Wahl sei davon abhängig, worüber und an welchem Ort man zu reden habe und was man mit seiner Rede erreichen wolle. Mache man von allen Stilarten den rechten Gebrauch, so blühe die Beredsamkeit, die eloquentia. Und wenn das der Fall sei, dann „entfaltet sich der Inhalt der Dinge in Wirklichkeit vollauf (Inst. orat. II, 16,10). Dies ist die Aufgabe der Sprache: der volle Ausdruck der Natur zu sein". 58 Quintilian und Luther arbeiten also beide mit der Primärbedeutung der Wörter und mit übertragenen Bedeutungen, die von der primären Bedeutung abgeleitet sind. Und auch Luthers Definition der Metapher gleicht derjenigen Quintilians. Luther sagt von der Metapher, sie sei eine translatio, die dadurch gekennzeichnet sei, dass sie der Sache, von der sie ausgehe, ähnlich, nicht aber mit ihr identisch sei. Die Dinge, die in der Metapher übertragen würden, sagt Luther, übertrügen sich auf Grund der Ähnlichkeit, similitudo, und die Ähnlichkeit sei somit Basis für die Übertragung, die translatio.59 Beide sagen auch, dass die übertragenen Bedeutungen die Rede stärken sowohl hinsichtlich ihrer Klarheit als auch ihrer Schönheit. Und Zunahme an Klarheit sei zugleich eine Zunahme an Richtigkeit der Bedeutung. Genau darum geht es Quintilian, wenn er sagt, die übertragenen Bedeutungen, die einen Text klarer machten, würden gewöhnlich „eigentliche Bedeutungen" genannt. Und Entsprechendes gilt von der Aussage Luthers über das metaphorische „acues", das wohl die einzig richtige Bedeutung des hebräischen Wortes für „du sollst erzählen" sei.60

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Ebd., 62f. Ebd., 67. WA 8, 87,2-4. Diese Definition der Metapher ist sehr verbreitet, und es ist daher wahrscheinlich, dass Luther an traditionelle Formulierungen anknüpft, beispielsweise an die Rhetorica ad Herrentum: „Translatio est, cum verbum in quandam rem transfertur ex alia re, quod propter similitudinem recte videbitur posse transferri". Und vermutlich auch an Donat, der sich auf eine Art und Weise ausdrückt, die der Formulierung Luthers sehr nahe steht: „Metaphora est rerum verborumque translatio". Vgl. Hilgenfeld, Elemente, 160 Anm. 609; 161 Anm. 614. Vgl. ob. Abschnitt 2.

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4. Luthers figurale Bibelauslegung Angesichts dieser Übereinstimmungen stellt sich die Frage, wie es denn nun mit Luthers konkreter figuraler Bibelauslegung stehe. Kann man behaupten, dass sie sich des quintilianschen Erbes bediene? Die Antwort ist ja und nein. Im Antilatomus gibt Luther einige konkrete Beispiele für die Verwendung von Figuren in der Schrift,61 und zwar sowohl für die Synekdoche als auch für die Metapher. Die Synekdoche sei, sagt Luther, eine der angenehmsten und notwendigsten Figuren in der Schrift, wo sie vorkomme, weil sie in besonderem Maße ein Symbol der Liebe und Barmherzigkeit Gottes sei.62 Mit ihrer Hilfe werde die Zusammengehörigkeit von Gesetz und Evangelium, von Gericht und Gnade, wiedergegeben. Wenn gesagt werde, dass Gott die Erde schlägt und vernichtet, d. h. das Gesetz in Kraft tritt und Gott sein Gericht hält, sei das nicht so zu verstehen, als ob Er alles vollständig vernichten und auslöschen würde. Hier trete die Synekdoche in Kraft, so dass man einsehe, dass Gott alles treffe, wenn Er einen Teil treffe. Die Aussage handle daher nicht isoliert betrachtet vom Gott des Zorns, sondern unter einer größeren Perspektive vom Gott der Gnade, der tadelt, um zu erlösen, und tötet, um lebendig zu machen.63 Für die Metapher gibt Luther vier Beispiele aus dem Alten Testament, ehe er zum Abschnitt über „Christus factus est peccatum metaphorice" gelangt. Deut 6,7, wo die Vulgata „et narrabis ea filiis tuis" hat, haben wir bereits erwähnt. Luther begründet die Übersetzung „acues" anstatt „narrabis" mit dem Hinweis darauf, dass es im Text um das Wort Gottes gehe, von dem Paulus auch in 2. Tim 4,2 spreche, „insta opportune, importune, argue, increpa, obsecra". Es müsse unablässig behandelt, eingeprägt, eingeschärft und enthüllt werden, damit keine menschlichen Traditionen entstünden, die es entschärften.64 „Creavit", „schuf", in Deut 4,19 berge, so sagt Luther, auf Hebräisch eine Metapher in sich, so dass der Ausdruck eigentlich mit „blandificavit", d.h. „liebkoste", zu übersetzen sei. Dadurch erhalte der Text sogleich einen tieferen und mehr verkündenden Inhalt, denn so werde gesagt, dass Gott mit der Schönheit seines Schöpferwerkes Menschen zu sich locken und sie zu seiner Liebe einladen wolle.65

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WA 8, 85,13-86,28. Ebd., 65,7ff. Ebd., 50,28f. Ebd., 85,13ff. Ebd., 84,27ff.

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Exodus 32,25 müsse „nudus", „nackt", eigentlich mit „ociosus", „unfruchtbar", übersetzt werden, denn so erst werde verständlich, dass der Text davon handle, dass das Volk geistlich entkleidet sei und sich von Gott abgewandt habe. Auf diese Weise entspreche die Stelle Gal 5,4.11, wo Paulus sage „evacuati estis a Christo, et evacuatum est scandalum cruris", „ihr habt Christus verloren, und das Ärgernis des Kreuzes hat aufgehört". 66 Schließlich müsse man, sagt Luther, „meditari", „über etwas nachdenken", in Ps 119,16.24 stattdessen mit „seine Aufmerksamkeit hingegeben auf etwas richten" übersetzen; denn so erhalte die Textstelle den wohlwollenden und rücksichtsvollen Aspekt, den das wahre Verhältnis zwischen Menschen und zwischen Mensch und Gott enthalte.67 Auch die Sünde werde in der Schrift sowohl in primärer als auch in metaphorischer Bedeutung verwendet, sagt Luther.68 In ihrer primären Bedeutung bezeichne sie das, was nicht mit dem Gesetz Gottes übereinstimme. In ihrer metaphorischen Bedeutung dagegen bedeute sie Christus. Wichtige Beispiele aus der Schrift für die metaphorische Bedeutung sind 2. Kor 5,21, Rom 8,3 und Heb 4,15. Denn „als Christus für uns geopfert wurde", sagt Luther, „wurde er im übertragenen Sinn zur Sünde gemacht (2. Kor 5,21), da er so dem Sünder in allen Dingen ähnlich wurde, verurteilt, verlassen, zu Schanden gemacht, so dass er sich in keiner Hinsicht von einem richtigen Sünder unterschied, ausgenommen darin, dass er die Sünde und Schuld, die er trug, nicht selbst begangen hatte". 69 Hier könne man, sagt Luther, die für die Metapher notwendige Ähnlichheit zwischen der buchstäblich beschriebenen Sache, nämlich dem Sünder, und der metaphorisch beschriebenen Sache, nämlich Christus, erkennen. Und Luther hebt hervor, dass Paulus sowohl in Rom 8,3 „Gott sandte seinen Sohn in der Ähnlichkeit der Sünde des Fleisches" als auch in Heb 4,15 „versucht in allen Dingen aufgrund der Ähnlichkeit, aber ohne Sünde" genau darauf hinweise. Und Luther erklärt weiter:

66 67 68 69

Ebd., 85,24ff. Ebd., 86,7ff. Ebd., 86,31-87,30. Ebd., 86,31-34: „Christus dum offeretur pro nobis, factus est peccatum metaphorice, cum peccatori ita fuerit per omnia similis, damnatus, derelictus, confusus, ut nulla re differret a vero peccatore, quam quod reatum et peccatum, quod tulit, ipse non fecerat". Ringleben, Luther zur Metapher, 342 Anm. 21 hat - ohne Ergebnis - untersucht, ob es andernorts in den Schriften Luthers vergleichbare Aussagen über 2. Kor 5,21 gäbe. Er hat auch in anderem exegetischen Behandlungen der Textstelle (Augustin, Thomas, Nikolaus von Lyra, Melanchthon) keine Parallelen ausfindig machen können.

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„In dieser Übertragung ist nicht nur eine Übertragung der Wörter, sondern auch eine solche der Sachen, in hac translatione non solum est verborum, sed et rerum metaphora. Denn unsere Sünden sind wirklich von uns genommen und auf ihn gelegt, so dass ein jeder, der daran glaubt, wirklich keine Sünde hat. Übertragen auf Christus und in ihm aufgesogen sind die Sünden nicht mehr zur Verdammnis" für den, der glaubt.70 „Also wie die figurale Rede süßer und wirksamer als eine simple und einfache ist, so ist die wirkliche Sünde für uns lästig und unerträglich, aber übertragen und metaphorisch ist sie höchst willkommen und heilsam". 71 Und Luther fährt an derselben Stelle fort: Ebenso wie Christus also in 1. Kor 10,4 wirklich „der Fels" genannt werde, so sei Christus in Wahrheit Sünde. Ebenso sei er sowohl die Schlange (Num 21,8f./Joh 3,14), das Osterlamm (Exod 12,3-11/1. Kor 5,7) als auch alle die anderen Dinge, die von ihm gesagt würden. Damit aber seien die Benennungen für die konkreten Dinge Schlange oder Fels nicht zwei Benennungen, d.h. sowohl Schlange oder Fels als auch Christus. Man sage ja auch nicht von David und Salomon, dass sie einerseits David, Isais Sohn, und andererseits Christus, einerseits Salomon, Davids Sohn, und andererseits Christus seien. Und dennoch sagten wir in Wahrheit, dass Christus David, Salomon, Aaron und all die alttestamentlichen Zeichen, symbola, ist. Und aufgrund dieses Christus, der zur Sünde gemacht sei, werde auch seine Ähnlichkeit Sünde genannt, nämlich die alttestamentlichen Opfer, so dass es keinen Unterschied, diversitas, gebe, sondern eine Ähnlichkeit der Sünde, similitudo, durch alle Dinge. Eine Ähnlichkeit, so schließt Luther, die den Figuren Platz gewähre und die gewöhnliche Bedeutung wiedergebe.

5. Schriftbestimmte Verwendung der Figuren Die Bedeutung der Synekdoche in Luthers Beispiel besteht darin, dass die Wahrheit in ihrem Gegensatz verborgen ist. Es ist das komplexe Verhältnis zwischen Gottes opus alienum und Gottes opus proprium. 7 2 Weil das Gericht ein Teil der Ganzheit der Gnade sei, liege eine Synek-

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72

Ebd., 87,6t.: „Et in hac translatione non solum est verborum, sed et rerum metaphora. N a m vere peccata nostra a nobis translata sunt et posita super ipsum, ut omnis qui hoc ipsum credit, vere nulla peccata habeat, sed translata super Christum, absorpta in ipso, eum amplius non damnent". Ebd., Z.10-12: „Proinde sicut figurata locutio est dulcior et efficatior quam simplex et rudis, ita peccatum verum nobis molestum et intolerabile est, sed translatum et metaphoricum iucundissimum et salutare est". Luther verwendet die Synekdoche im Antilatomus auf sehr ähnliche Weise wie die allegoria rerum in der 2. Psalmenvorlesung, vgl. Saarinen, Allegoria r e r u m , z.B. 10.

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doche vor, sagt Luther, d.h. der theologische Zusammenhang entscheidet über ihr Vorliegen. Liest man die übrigen Beispiele der Synekdoche im Antilatomus, so machen sie denn auch keinen Sinn, wenn man sich nicht darüber im Klaren ist, dass die Figur aus dem theologischen Inhalt abzuleiten ist.73 In allen vier alttestamentlichen Beispielen für Metaphern findet Luther zunächst sowohl Bedeutung als auch übertragene Bedeutung in den Nuancen der hebräischen Sprache in Kombination mit dem jeweiligen Kontext. Die entscheidende Argumentation jedoch beruht auf der neutestamentlichen Erklärung des alttestamentlichen Textes (soweit es „narrabis" und „nudum" betrifft) oder auf dem verkündenden Inhalt des Textes („creavit", wo mit Gott als Schöpfer argumentiert wird, und „meditari", wo das Argument Gott als Liebe ist). Und im Abschnitt über Christus als Sünde ist der schriftbestimmte Charakter der Argumentation offensichtlich. Das einzige Argument für die Aussage, Christus sei die metaphorische Bedeutung der Sünde, ist der Wortlaut der drei Schriftstellen 2. Kor 5,21, Rom 8,3 und Heb 4,15. Weder Synekdoche noch Metapher sind hier in Übereinstimmung mit einem menschlichem Denken verwendet, das eine res erfasst, die die natura widerspiegelt, und die, durch die ars bearbeitet, mit Hilfe von verba zum Ausdruck kommt, die der ständige usus sanktioniert hat. In einem solchen Denken gibt es keinen Platz für die Behauptung, dass das Verhältnis der offensichtlichen Gegensätze Gericht und Gnade das der Synekdoche sei oder dass eine Ähnlichkeit zwischen dem Sohn Gottes und der Sünde, die der Gegensatz Gottes ist, bestehe und damit, dass es eine semantische Begründung für eine Metapher gebe. Bei Luther dagegen hat die Verwendung der Synekdoche und der Metapher ihren Grund in der biblischen Aussage. Die Schrift stiftet den Rahmen für die Auslegung, und sie gibt eine völlig neue Bedeutung an.

6. Die typologische Auslegung Der Bruch mit der antiken Rhetorik, besonders im Text über Christus als Sünde, erscheint nicht nur klar, wenn man sich Luthers biblischer Argumente für die Figuren erinnert. Er wird ebenso deutlich, wenn man ganz einfach liest, was der Text selbst über „Christus factus est peccatum metaphorice" sagt. Da steht ja nicht nur, dass die übertragene Bedeutung von peccatum berechtigt sei, weil sie die semantische Regel beachte, wonach Ähnlichkeit zwischen den beiden Dingen bestehen 73

WA 8, 66,14-19.

110

.Christus factus est peccatum metaphorice"

müsse, die mit dem Wort Sünde als verbum proprium und als verbum translatum benannt würden: Der Sünder als der, der des Handelns gegen das Gesetz Gottes schuldig ist, und Christus als der, der erniedrigt und dem Sünder gleich gemacht, jedoch ohne Schuld ist. Der Ausdruck „non solum, [...] sed [...]" 74 hebt hervor, dass hier eben nicht nur von einer Ähnlichkeit zwischen zwei res die Rede ist und deshalb eine Bedeutungsübertragung von peccatum von der alten auf die neue Bedeutung vorliegt, sondern dass es um mehr geht. Man kann wohl sagen, dass es in dem Text vielmehr um die sogenannte hermeneutische Allegorie der christlichen Auslegungstradition geht. 75 Nach ihr ist res nicht mehr, wie in der antiken Tradition, der Gegenstand, der im Denken existiert und in der Rede behandelt wird. Hier ist vielmehr ein Glied zu res hinzugefügt, so dass eine Sache oder ein Ereignis eine andere Sache oder ein anderes Ereignis bezeichnen kann. Das Wesentliche ist also nicht das Wort, das als Zeichen für die primäre wie für die sekundäre Sache verwendet werden kann, wie in dem Beispiel ,ein Löwe ist ein Löwe' - ,Achilleus ist ein Löwe'. Das Wesentliche ist vielmehr, dass die Sache selbst Zeichen für eine andere Sache ist wie in dem Beispiel von David und Christus. Auf diese Weise ist eine andere und reichere Semantik eingeführt als die traditionelle res-verbum-Semantik. 76 Zur hermeneutischen Allegorie gehört das, was man als Typologie zu charakterisieren pflegt, und an sie knüpft Luther hier an. 77 Das Be74 75

76

77

Man beachte den Unterschied zur Formulierung bei Donatus, vgl. Arm. 59. H. Brinkmann, Mittelalterliche Hermeneutik, Tübingen 1980, 219-226. Die hermeneutische Allegorie stützt sich auf Augustins Zeichenlehre aus De Doctrina Christiana, vgl. Ebd., 21ff. und 260ff. Saarinen, Allegoria rerum ist darin einig, dass es sich in dem Text des Antilatomus um die hermeneutische Allegorie handelt. Allerdings scheint in seinem Artikel eine gewisse Inkonsequenz vorzuliegen, wo es um die Bestimmung der Semantik geht. Obwohl Saarinen sagt, Luther bediene sich im Antilatomustext der res-res-Semantik (Ebd., 12), und auch betont, dass er so mit der klassischen res-verbum-Semantik breche (Ebd., 4), behauptet er dennoch in seiner Konklusion, Luther bewege sich im Antilatomustext im Rahmen der klassischen res-verbum-Semantik (Ebd., 15). Brinkmann, Hermeneutik, 251f. betont mit Ohly und Lubac, dass man zwischen Allegorie und Typologie nicht scharf trennen dürfe. Es besteht aber Einigkeit darüber, dass typologische Allegorese dadurch charakterisiert ist, dass sie von einem Verhältnis zweier historischer Zeiten handelt. Es wäre nicht korrekt, wenn man sagen wollte, Luther verwende allein die Typologie und lehne alle andere Allegorese ab. Es finden sich bei Luther mehrere Beispiele allegorischer Auslegung, die nicht typologisch sind, vgl. S. Raeder, Luther als Ausleger und Übersetzer der Heiligen Schrift, in: H. Junghans (Hg.), Leben und Werk Martin Luthers von 1526 bis 1546. Festgabe zu seinem 500. Geburtstag, Göttingen 1983, 253-278, hier: 260 Anm. 60. Auch Saarinens Beispiel der kreuzestheologischen Allegorie aus der 2. Psalmenvorlesung gehört hierher (Allegoria rerum, 6f.). Wenn Luther allegorische Auslegung radikal ablehnt wie beispielsweise in der 2. Psalmenvorlesung (WA 5, 644,1-646,23) und an

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sondere der Typologie besteht darin, dass sie sich als ein Verhältnis historischer Zeiten beschreiben lässt, wie etwa der alt- und der neutestamentlichen Zeit, die sich in Bildern, Figuren, Typen widerspiegeln.78 Diese Figuren weisen voraus und enthüllen die gleichzeitige Zusammengehörigkeit und Unterscheidung (Kontinuität/ Diskontinuität) sowie die gemeinsame geschichtliche Perspektive der beiden Zeiten in einer zugleich zeitlosen, ewigen Bedeutung, die besteht (Kontinuität), und einer vorwärts gerichteten zeitlichen Bewegung, in der das Bestehende immer wieder neu entsteht und Altes vergeht (Diskontinuität). Diese Kombination von zeitloser Bedeutung und zeitlicher Bewegung läßt sich durch die Zeitadverbien tunc - nunc (das Verhältnis zwischen Vergangenheit und Gegenwart) sowie nunc - tunc (das Verhältnis zwischen Gegenwart und Zukunft) ausdrücken.79 Im Antilatomus bringt Luther konkret zum Ausdruck, was seiner Meinung nach die typologische Struktur des Textes schafft. Er betont, dass Christus in allen Auserwählten zu allen Zeiten gegenwärtig gewesen sei,80 und dass es deshalb derselbe Geist und Sinn sei, der in verschiedenen historischen Gestalten in den biblischen Schriften sowohl vor wie auch nach dem Kommen Christi offenbart werde. 81 Christus ist also die Kontinuität, und die verschiedenen geschichtlichen Gestalten sind die Diskontinuität. Vermutlich ist es derselbe Gedanke, den Luther etwas dunkel am Ende des Abschnitts über „Christus factus est peccatum metaphorice" auszudrücken versucht, wenn er sagt, Christi wegen werde durch die verschiedenen Sachen und Zeiten eine similitudo geschaffen, die die Grundlage sowohl für die figurale als auch die gewöhnliche Bedeutung bilde. Wenn die Stelle über die metaphora rerum im Lichte der Typologie zu verstehen ist, dann bedeutet das, dass die Sünde ein Zeichen für Christus ist und dass auf diese Weise zwischen den beiden Dingen eine Verbindung mit einer heilsgeschichtlichen Perspektive hergestellt wird. Das Heilsereignis selbst wird somit zum Kernpunkt. Die größere tyzahlreichen anderen Stellen, dann handelt es sich hier gewiss eher um ein β falsche allegorische Auslegung, als dass von einer Ablehnung der Allegorese überhaupt die Rede wäre. Dies entspricht vermutlich seiner Kritik im Antilatomus an der verkehrten Verwendung der Figuren. Vgl. J.A. Steiger, Martin Luthers allegorisch-figürliche Auslegung der Heiligen Schrift, ZKG 110 (1999), 331-351, hier: 348 Anm. 101, 349, 351, und J. Wolff, Luthers Arbeit an christologischen Metaphern, in: J. Frey/J. Rohls/R. Zimmermann (Hgg.), Metaphorik und Christologie, TBT 120, Berlin/New York 2003, 179-198, hier: 198, der auch der Meinung ist, dass die alte Annahme, Luther lehne mit der Zeit jegliche allegorische Auslegung ab, zu kurz greife. 78

Brinkmann, Hermeneutik, 251f.

79

Ebd., 255f. mit Verweis auf 1. Kor 13,12 und Lubac.

80

W A 8, 66,27-30.

81

Ebd., 69,19-26.

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.Christus factus est peccatum metaphorice"

pologische Perspektive, auf die Luther in dem unmittelbar folgenden Text verweist (die alttestamentlichen Symbole = Christus und das alttestamentliche Opfer als Metapher für Christus ebenso wie die Sünde), wird in kleinerer Perspektive im Text über die metaphora rerum gesehen. Der Text spricht von dem Zusammenhang, den Christus schafft und der in kleinerer Größe für den Einzelnen existiert, der pro-meAspekt. Die Verbindung des pro-me-Aspektes mit der typologischen Struktur wird auch deutlich, wenn man in der Schrift gegen Latomus weiterliest. Luther gibt sich hier große Mühe, um zu erklären, wie diese kleinere historische Perspektive, die in der Erlösung im Glauben an Christus besteht, einen Aspekt sowohl der Vergangenheit als auch der Gegenwart als auch der Zukunft besitzt und dass sie sowohl die vorwärts gerichtete zeitliche Bewegung als auch die zeitlose ewige Bedeutung enthält. Der pro-me-Aspekt kann mit Hilfe von tunc - nunc und nunc - tunc ebenso beschrieben werden wie die größere typologische Geschichte. Die Sünde herrscht vor der Gnade Gottes (tunc), wird durch die Gnade Gottes vergeben (nunc), aber sie ist fortgesetzt als beherrscht gegenwärtig (nunc), bis sie entgültig durch den Tod getilgt wird (tunc). In dem Gedanken von der Sünde als herrschend bzw. beherrscht haben wir die vorwärts gerichtete zeitliche Bewegung vor uns. Und zugleich finden wir die zeitlose ewige Bedeutung darin, dass Luther an zahlreichen Stellen die Totalität der Vergebung betont, nämlich dass alles im Glauben an Christus geschehen, abgeschlossen und ewig ist.82 Das Heil des Einzelnen im Glauben an Christus hat auf diese Weise zugleich einen ausgedehnten und einen punktuellen Charakter.

82

Auf das typologische Element, das im Textstück enthalten ist, geht Ringleben in seinem Artikel ein: „In Wahrheit, d.h. in Gottes Augen oder in Ewigkeit, sind wir daher, mit Christus schöpferisch zusammengeschaut, schon wirklich ohne Sünde. Für Gott gehört ewig zusammen, was für uns zeitlich sich auseinanderlegt, weil er selber in die Zeit gekommen ist! Wir müssen noch mit Christus eins werden, und nur der Glaube nimmt diese Einheit vorweg und weiss, dass wir in Christus sind und Christus in uns ist [...] Die in ihm vorgenommene reale Übertragung (metaphora) ist für uns notwendig ein Geschehen in der Zeit; daher vermittelt die sprachliche Metaphorik den Ubergang von Ewigkeit (Einssein vor Gott) und Zeitlichkeit (Unterschied von Christus und Sündern). Die sprachliche Übertragung der Metaphern vermittelt Zeit und Ewigkeit, spricht sie zusammen" (Luther zur Metapher, 347). Vgl. auch ebd., 362f. In Vom Abendmahl Christi sagt Luther ausdrücklich, dass die Typologie und die figurale Rede eng miteinander verbunden seien: „Denn die heilige schrifft helt sich mit reden, wie Gott sich helt mit wircken. Nu schafft Gott alle wege, das die deutung odder gleichnis zuvor geschehen und darnach folge das rechte wesen und erfullunge der gleichnissen, Denn also gehet das alte testament als ein gleichnis furher und folget das newe testament hernach als das rechte wesen, Eben also thut sie auch, wenn sie tropos odder newe wort macht, das sie nympt das alte wort, welches die gleichnis ist und gibt yhm ein newe beutunge, welche das rechte wesen ist" (WA 26,382,25-383,3).

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Hier ist die Typologie also radikalisiert. Luther sagt nicht nur, dass die Sünde nach vorn auf Christus verweise und dass die Sünde und Christus durch ihre Relation zueinander einen zugleich voranschreitenden und ewigen historischen Zusammenhang angeben. Nach seinen Worten wird die Sünde selbst auf Christus übertragen und damit getilgt. Man kann kaum darum herumkommen, dass der erklärende Nachsatz zu metaphora rerum gehört, so dass die Übertragung der Sünde die eigentliche Bedeutung der Realmetapher ist. 83 Das Radikale gegenüber eher traditioneller Typologie besteht darin, dass Gottes Wirklichkeit, sein Eingreifen in das, was ist und seine Schöpfung dessen, was ist, hier in einem Wort geschehen. Der ganz spezielle göttliche Seinsbegriff, den die Typologie zum Ausdruck bringt, nämlich die Kombination von ewiger Zeitlosigkeit und zeitlicher Bewegung in einem, - nämlich dass etwas als das Bestehende da ist (Kontinuität), während es zugleich unablässig von neuem auf Kosten von etwas anderem, was vergeht entsteht (Diskontinuität) - dieser Seinsbegriff ist hier in der Metapher zu finden.

7. De predicatione identica Es scheint möglich, den Text im Antilatomus durch einen Vergleich mit anderen ausgewählten Luthertexten zu beleuchten, etwa mit Hilfe der Schrift V o m Abendmahl Christi, und hier ganz besonders dem Abschnitt De predicatione Identical4 Dieser Abschnitt steht nach allen allge83

84

So Ringleben, Luther zur Metapher, 344f.: „Vielmehr behauptet Luther: Die Rede von der Übertragung unserer Sünde auf Christus ist nicht nur eine bildhafte Redeweise, also bloße Metapher, sondern auch und primär eine tatsächliche Übertragung (translatio als rerum metaphora). [...] Die Metapher ist in diesem Fall nicht nur Metapher. Vielmehr gilt zugleich, dass die Sünde in Wahrheit von Gott auf ihn übertragen wurde". Und Jüngel, Zur Freiheit, 47f.: „Der Inhalt solcher neutestamentlicher Aussagen geht nun aber nach Luther über den metaphorischen Gebrauch bloß des Wortes ,Sünder' hinaus, insofern diese Sätze besagen, dass unsere Sünde auf Christus tatsächlich übertragen worden ist. In kühner Wendung gibt Luther der grammatischen Figur der μεταφορά ontische Relevanz [...]. Wir haben es also mit einem Ereignis des Seins zu tun, wenn wir es mit dem Sprach-Ereignis christologischer Metaphern zu tun haben. Die translatio verborum impliziert eine translatio rerum. Die grammatische metafora wird sozusagen ontologisch redupliziert". Saarinen, Allegoria rerum, 14, behauptet nun - im Gegensatz zu Jüngel und Ringleben - , dass der erklärende Nachsatz „eine Assoziation zu viel" sei. Er sei keine Erklärung zu metaphora rerum, sondern vielmehr Objekt für die Metapher. Er solle ausdrücken, wozu die Christus-als-Sünde-Metapher führe, nämlich zum Heil des Menschen: „[...] die assoziierte Übertragung (translatio) unserer Sünde auf Christus [...] ist die durch die metaphora rerum bezeichnete theologische Wahrheit". Wabel, Sprache als Grenze, hat diese Parallele auch gesehen.

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meineren Überlegungen Luthers über Tropen generell und Tropen, spezifisch verstanden als Metaphern, also nach dem, was für einen Vergleich mit der Passage aus dem Antilatomus unmittelbar am nächsten liegt.85 In Vom Abendmahl Christi ist das Entscheidende, dass die rhetorischen Figuren in der Schrift Anwendung finden - und es ist von ihnen im Plural die Rede, weil es sowohl um Metapher als auch um Synekdoche geht - und wozu sie gebraucht werden. Luther hat an einer früheren Stelle in der Schrift Zwingli zu erklären versucht, dass die rhetorischen Figuren keine symbolischen Aussagen, sondern Seinsaussagen seien. 86 Das „est", das in figuralem Zusammenhang auftauche, sei nicht synonym mit „bedeutet" oder „symbolisiert", so wie Zwingli es gern haben möchte, sondern es sei eine direkte Aussage, dass etwas so „ist", wie es gesagt ist. Und das Argument der Schwärmer, dass das, was dann gesagt sei, für das gläubige Denken absurd sei, hält nach Luther nicht Stich. Denn das werde es immer sein, solange man vom fleischlichen Denken des Gläubigen spreche. Für den Glauben dagegen sei es klar.87 Um den Schwärmern zu zeigen, was er meint, rechnet Luther in De predicatione identica eine Reihe von Beispielen vor, wonach verschiedene Wesen kraft des Wortes Gottes eins werden können. Die beiden besten Beispiele seien die Trinität und die Christologie, aber es gebe auch andere, etwa Engel und Feuer, Heiliger Geist und Taube und Brot und Leib. Luther beschreibt, was für Einheiten das jeweils sind. Die Trinität sei eine Einheit in der Natur, die Christologie eine Einheit in der Person. Der Engel und das Feuer sei eine Einheit der Handlung, „darumb das der Engel und seine gestalt einerley werck ausrichten", 88 der Heilige Geist und die Taube seien eine Einheit der Form und schließlich sei Brot und Leib eine sakramentale Einheit. Aus den verschiedenen Beispielen geht hervor, dass es sich um Einheiten handelt, von denen die Schrift spricht und die allein aus diesem Grunde der Typ Einheit sind, als der sie beschrieben sind. Man brauche nicht weiter für sie zu argu-

85

Ringleben, Luther zur Metapher benutzt diesen ersten Teil der Schrift Vom Abendmahl Christi und zeigt den Zusammenhang zwischen ihr und dem Antilatomus auf. Jedoch bemerkt oder sagt er nicht, dass hier ein Übergang von der Rede über Tropen im Allgemeinen und Metaphern im Besonderen zur Rede über die Synekdoche vorliegt.

86 87

W A 26,268,15-280,3. Ebd., 270,5-8.

88

Ebd., 441,24-27: „Es ist nicht eine natürliche einickeit, wie ynn der Gottheit Vater und son eine natur sind, Auch nicht eine personliche einickeit, wie Gott und mensch eine person ist ynn Christo, Las sie gleich heissen Wirkliche einickeit".

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mentieren, sagt Luther, denn diesbezüglich gilt: „die klare schrifft und das öffentliche werck Gottes stehet da". 89 Es ist den Schwärmern gegenüber die Pointe Luthers, dass man diese Einheiten nicht mit Hilfe der Logik erklären könne, so wie sie es gerne möchten. Die Logik, die Luther selbst hier als „alle vernunfft ynn allen Creaturn" 90 definiert, denke vernünftigerweise, dass zwei verschiedene Wesen nicht ein Wesen sein können. Aber wenn sie das tue, dann sei da etwas, das sie nicht berücksichtige, nämlich die Grammatik. „Denn wo man will Logica wissen, ehe man die Grammatica kan, und ehe leren denn hören, ehe richten denn reden, da sol nichts rechts ausfolgen". 91 Die Grammatik mache klar, dass die Dinge nicht immer so seien, wie die Logik es gern hätte. „Das wo zwey unterschiedliche wesen ynn ein wesen komen, da fasset sie auch solche zwey wesen ynn einerley rede, Und wie sie die einickeit beider wesens ansihet, so redet sie auch von beiden mit einer rede". 92 Das bedeute nicht, dass die Grammatik die Logik außer Kraft setzen würde und dass die Grundbestimmung der Wesen für sich gesehen aufgehoben würde. Die Grammatik könne zwei verschiedene Wesen in einem neuen einzigartigen Wesen vereinen, obwohl beide weiterhin jeweils ihr eigenes Wesen besäßen. 93 Das geschehe, wenn die Primärbedeutungen erneuert und damit zu neuen Worten würden. 94 Luther zählt nun eine Reihe von Beispielen auf, diesmal aus der Alltagssprache, für die synekdocheische Rede von verschiedenen Wesen, als seien sie eines - z.B. die Aussage „das sind hundert gülden", wenn man einen Geldbeutel hochhebe, oder: „das ist Wein", wenn man auf ein Weinfass zeige. Und er kommt am Ende zu dem Schluss, dass „man mus [...] auff die spräche sehen, was da fur eine weise, brauch und gewonheit ist zu reden". 95

89 90 91

92 93 94

95

Ebd., 441,40-442,1. Ebd., 439,llf. Ebd., 443,12-14: „Die Logica leret recht, Das brod und leib, taube und geist, Gott und mensch unterschiedliche natum sind, Aber sie solt zuvor auch die Grammatica hören zur hülffe". Ebd., Z.14-17. Ebd., 444,39-445,15. Ebd., 439,7-12: „was ein esel ist, das kan ia nicht ein ochse sein, Was ein mensch ist, kan nicht ein stein odder holz sein, Und leidet sich nicht, das ich wolt von S. Paulo sagen: Das ist ein leiblicher stein odder holz, Ich wolt denn stein und holz ein newes wort und newe deutunge machen, wie droben gesagt ist, Solchs alles mus alle vernunfft ynn allen Creaturn bekennen, da wird nicht anders aus". Ebd., 444,37f.

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8. „So ist sein Wort [...] ein machtwort, das da schaffet, was es lautet" Für Luther besteht in seinem Hinweis auf die Grammatik und die Redekunst96 das Wesentliche darin, dass die Wirklichkeit größer ist, als es sich die Logik unmittelbar vorstellt - wobei die Logik als „die Vernunft in allen Geschöpfen" aufgefasst ist - , und dass sich dies in der Sprache, besonders in den sprachlichen Figuren enthüllt. Auch hier ist es durchaus sinnvoll, einen Vergleich mit Quintilian anzustellen. In seinen Überlegungen über das Verhältnis von Vernunft und Rede, Philosophie und Rhetorik hob Quintilian wie gesagt Rede und Rhetorik gegenüber Vernunft und Philosophie hervor.9 Wenn Quintilian davon sprechen will, was das Wahre, verum, sei, spricht er vom Wahrscheinlichen, veri similia. Er hat also nicht die Vorstellung von einer für die Vernunft einleuchtenden philosophischen Wahrheit, die darzustellen wäre, sondern er ist der Auffassung, dass ununterbrochen Dinge auftauchen, mit deren Erkenntnis und sprachlicher Formulierung man unaufhörlich und situationsbezogen arbeite.98 Die Erkenntnis der Dinge hänge von der sprachlichen Darstellung ab - eine vollkommene sprachliche Wiedergabe jedoch liege weit in der Zukunft, auch wenn man sich ihr beständig zu nähern bemühe. Demnach sei man jederzeit auch auf dem Wege zur Wahrheit über die Dinge.99 Die schmückende Rede sei für dieses Streben nach Vollkommenheit unentbehrlich. Erst mit Hilfe des ornatus würden die Ausdrücke verfeinert, so dass eine für die gegebene Situation ultimative Klarheit entstehe. Wie Quintilian im Zusammenhang mit seiner Erörterung der Metapher sagt, 100 können die sprachlichen Lakunen erst mit ihrer Hilfe verschwinden und alle Dinge eine Benennung erhalten. Obwohl in dem Gedanken vom schöpferischen Charakter der Sprache und ihrer damit zusammenhängenden Fähigkeit, schrittweise das Wahre zu enthüllen - eine Wahrheit, die die Vernunft nicht einfach be96 97

Luther scheint die Bezeichnungen Grammatik und Redekunst in Vom Abendmahl Christi synonym zu verwenden: Ebd., 271,9; 443,9ff. S.o. bei Anm. 46-48.

98

Inst. orat. Π, 17,38-40.

99

Diese Interpretation lässt sich gut mit Döpp, Weisheit und Beredsamkeit vereinbaren. Er zeigt auf, dass Quintilian den Weisheitsbegriff im Verhältnis zu einer mehr platonisierenden Tendenz bei Cicero einschränke: „Quintilians Einengung des Weisheitsbegriffs auf die aus der Lektüre erwachsende Lebensklugheit ist unciceronisch" (Ebd., 56). Bei Quintilian ist der Begriff der 'sapientia' mehr praktisch orientiert: „'Sapientia' ist also für Quintilian die durch das Studium philosophischer, insbesondere ethischer Schriften geprägte Weisheit guter Lebensführung" (Ebd., 55).

100 S. o. bei Anm. 30-45.

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sitzt, sondern die sich umgekehrt selbst zeigt - Ähnlichkeit zwischen Luther und Quintilian feststellbar ist, gibt es allerdings auch entscheidende Unterschiede. Ebenso wie bei der konkreten Verwendung der rhetorischen Figuren bricht Luther auch hier mit der überkommenen rhetorischen Praxis, die sich nur mit einer Sprache und ihrer Entwicklung innerhalb des durch Erfahrung Gegebenen befasst (d.h. mit dem Zusammenspiel zwischen natura, ars und usus). Luther arbeitet nämlich mit einer Sonderung von menschlicher und göttlicher Sprache. Wenn er auch eine Reihe von Beispielen figuraler Rede aus der Alltagssprache anführt, wo von der Wirklichkeit auf eine erneuernde Art und Weise die Rede ist, so sind diese Beispiele offensichtlich nicht ohne weiteres den der Schrift entlehnten vergleichbar. Während die geschmückte Alltagsrede eine Entwicklung oder eine neue Perspektivierung des Gegebenen ist und so gesehen - wie bei Quintilian - als Vervollkommnung charakterisiert werden kann, ist die figurale Rede der Schrift ein Einbruch in das Gegebene und eine Änderung desselben, eine Neuschöpfung. Wenn man also auch ein analoges Verhältnis zwischen der figuralen Rede der Schrift und der Alltagsprache nachweisen kann, so ist die figurale Rede der Schrift nach Luther doch etwas Besonderes. 101 Sie ist synonym mit der wohlbekannten Aussage, dass Gottes Wort schafft, was es nennt. Indem die Figur gesagt und gehört wird, geschieht das, was gesagt wird. Das Wort Gottes fällt mit seinem Handeln zusammen. 102 Es ist denn auch nur folgerichtig, wenn Luther den Abschnitt De praedicatione identica mit einer Argumentation für eine eigene Hermeneutik der Schrift einleitet.103 Angesichts von Gottes Wort und Werken, so sagt Luther, müsse man alle Vernunft und Klugheit gefangen nehmen und sie stattdessen mit dem Glauben „fassen". Und man solle sich damit zufrieden geben, von Seinen Werken mit Seinen Worten zu reden, und sich nicht herausnehmen, seine eigenen Worte zu verwenden. Hier werden die Dinge im Verhältnis zu Quintilian auf den Kopf ge-

101 W A 2 6 , 3 8 3 , 1 9 - 2 2 102 Ebd., 282,10-285,5, bes. 283,4f.: „So ist sein wort freylich nicht ein nachwort, sondern ein machtwort, das da schaffet, was es lautet. Psalm 33. (9.) ,Er spricht, so stehets da.'" Diese Pointe haben Grün-Oesterreich/Oesterreich, Dialectica docet, 39 auch gesehen: „Das Wort des Predigers - und hier überbietet Luther die evidentia-theorie der klassischen Rhetorik - bewirkt nicht nur ein fiktives Vor-Augen-Führen, sondern die reale Genesis ihrer Gegenstände [...] In dieser Hinsicht stellt Luthers reformatorische Rhetorik nicht nur eine Wiedergeburt, sondern eine theologische Überbietung der klassischen Rhetorik dar [...] Das Urbild des rhetorischen movere ist die Schöpfung der Welt durch das Wort Gottes, in der Sagen und Sein unmittelbar identisch sind". 103 Ebd., 439,29^140,9.

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stellt. Entscheidend ist nicht ein aktiver Gebrauch von ratio und sermo in einem ununterbrochenen Versuch, sich den Zusammenhang des Daseins anzueignen. Entscheidend ist vielmehr ein passives Zügeln von ratio und sermo, indem man im Glauben den gottgegebenen Zusammenhang annimmt. Um zu der kontroversen Stelle in der Schrift gegen Latomus zurückzukehren: es geht hier genau darum, dass die Figur (hier also die Metapher) das schafft, was sie nennt. Die Predigt der Sünde als Metapher für Christus, d.h. Christi Ähnlichkeit mit und doch Verschiedenheit von dem Sünder, tilgt die Sünden des Menschen, der es hört. Und das geschieht nicht, indem die Vernunft es sich aneignet, sondern indem es im Glauben ergriffen wird. Abschließend sagt Luther in dem Textabschnitt, dass diese Sache eher mit Hilfe der Affekte ausgedrückt und verstanden werden wolle als mit Hilfe von Wörtern. 104 Was gesagt wird, geschieht mit dem, der es im Glauben annimmt, im Gegensatz zu allem, was er sich selbst mit Hilfe seiner Vernunft vorstellen und durch Wörter ausdrücken kann.

9. D i e C h r i s t o l o g i e „Zum andern, wenn wir denn nu uns gefangen geben und bekennen, das wir sein wort und werck nicht begreifen, das wir uns zu friden stellen und von seinen wercken reden mit seinen Worten einfeltiglich, wie er uns davon zu reden furgeschrieben hat, und fursprechen lest und nicht mit unsern Worten als anders und besser davon zu reden furnemen".105 Diese Sätze Luthers hat man natürlich richtig zu verstehen. Es ist nicht davon die Rede, dass man nicht versuchen dürfe, Gottes Wort mit seinen eigenen Worten wiederzugeben; Luther spricht sogar gelegentlich von der Möglichkeit, mit der Schrift zu philosophieren, wie es z.B. die altkirchlichen Theologen mit Erfolg getan hätten. Nein, er will hier hervorheben, das alles Entscheidende sei zu wissen, was gesagt werden kann und soll, wenn theologisch geredet werde. Alles, was zum offenbarten Wort Gottes gehört, ist zu sagen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob es zu „aller Vernunft in allen Geschöpfen" passt oder nicht.106

104 WA 8, 88,2f.: „haec res magis affectibus quam verbis tractari et capi velit". 105 WA 26, 439,36-40. 106 Vgl. Grün-Oesterreich/Oesterreich, Dialectica docet, 41: „Dennoch kann nicht übersehen werden, dass Luthers persönliches Verhältnis zur Rhetorik [...] durch eine tiefe Ambivalenz bestimmt bleibt. Diese wurzelt in der unaufgelösten Spannung zwischen seinem biblischen Idealbild des omnipotenten Wortes Gottes und der realen Notwendigkeit seiner Vermittlung durch die menschliche ars rhetorica".

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Die Vernunft darf niemals versuchen, über das Wort Gottes zu herrschen und ihm ihr eigenes Verständnis aufzuzwingen. Und um das zu vermeiden, hat man sich an Gottes eigenes Wort über sich selbst zu halten, nämlich an Christus. Wird von ihm gesprochen, so wird recht theologisch gesprochen. Das bringt Luther zuallerletzt in seiner Schrift gegen Latomus sehr klar zum Ausdruck, und er hebt es als das wichtigste Argument gegen Latomus und seine Gesinnungsgenossen hervor. Im Grunde ist es genau dies, was sie nicht verstanden haben, und wenn man es nicht verstanden hat, hat man alles missverstanden. „Denn", so sagt Luther, „wer von Sünde und Gnade, von Gesetz und Evangelium, von Christus und dem Menschen christlich sprechen will, braucht in der Hauptsache von nichts anderem zu reden als von Gott und Mensch in Christus". 107 In Christus ist wie gesagt der Geist und Sinn, der Einheit in der Verschiedenheit schafft und die Geschichte zusammenhält, sowohl im kleineren als auch im größeren typologischen Zusammenhang. Und was ihn kennzeichnet, ist die Lehre von den zwei Naturen und die Lehre von der communicatio idiomatum: nämlich dass er Gott und Mensch in einer Person ist und dass ein Austausch von Eigenschaften zwischen den beiden Naturen geschieht. Damit ist nicht nur von seiner Person die Rede, sondern auch von seiner Tat, wie Ebeling es ausdrückt, „die Vereinigung Gottes mit dem Menschen eröffnet die Vereinigung des Menschen mit Christus". 108 Hiermit sind wir wieder beim Inhalt der debattierten Textstelle „Christus factus est peccatum metaphorice" angelangt. Es geht ja darum, dass Christus als der Gottmensch (= Christi Person) an die Stelle des Menschen getreten ist (= Christi Tat) und den Austausch der Sünde und Gerechtigkeit zwischen sich selbst und dem Menschen (= der soteriologische Aspekt der communicatio idiomatum), der zum Austausch der Wesenseigenschaften in seiner Person (= der christologische Aspekt der communicatio idiomatum) analog ist, bewirkt hat. Die Christologie ist also für Luther die Grundlage der gesamten Theologie, nach Walter Mosterts treffender Beschreibung: Den Neuanfang „gewinnt er an der Christologie (mit Einschluss der Trinitätsleh-

107 WA 8, 126,21-32: „Nam qui de peccato et gratia, de lege et Euangelio, de Christo et homine volet Christianiter disserere, oportet ferme non aliter quam de deo et homine in Christo disserere". Vgl. W. Mostert, Luthers Verhältnis zur theologischen und philosophischen Überlieferung, in: Junghans, Leben und Werk Martin Luthers, 347-368, hier: 357 Anm. 145. 108 G. Ebeling, Disputatio de Homine. Die theologische Definition des Menschen. Kommentar zu These 20-40, in: Lutherstudien, Bd. Π/3, Tübingen 1989, 169.

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re), die von Anfang an, allerdings erst langsam sich entdeckend das geheime Movens seiner Theologie ist". 109

10. Die neue Sprache In den beiden christologischen Disputationen von 1539 bzw. 1540, Verbum dei caro factum est und De dwinitate et humanitate Christi, werden alle die Themen, die hier berührt worden sind, wieder aufgenommen. Es scheint also eine feine Übereinstimmung zwischen dem Inhalt in allen vier Luthertexten vorzuliegen, die wir in unserem Zusammenhang herangezogen haben, auch wenn sich ihre Niederschrift über einen Zeitraum von fast 20 Jahren erstreckt.110 In der erstgenannten Disputation befasst sich Luther mit dem Unterschied von Philosophie und Theologie, Vernunft und Glauben, sowie mit den beiden verschiedenen Sprachformen, die diese Sonderung hervorruft. Theologie und Glaube stünden, so sagt Luther, nicht im Gegensatz zu Philosophie und Vernunft, sondern sie stünden außerhalb, innerhalb, über, unter, auf der einen und auf der anderen Seite einer jeden dialektischen Wahrheit.111 Und das sei so, weil „das Evangelium keinem Geschöpf bekannt ist, weil es ein vor der Welt verborgenes Geheimnis ist". 112 Deshalb seien die Dialektik und die Philosophie ihrer eigenen Sphäre zu überlassen, da in der Theologie mit „neuen Zungen" außerhalb einer jeden Sphäre gesprochen werde.113 Es gebe nur eine Sprache, aber es gebe zwei Kontexte, den philosophischen und den theologischen, die über die Bedeutung der Wörter entschieden. Luther veranschaulicht das mit dem Hinweis darauf, dass das Wort „Mensch" beispielsweise in der Theologie etwas Größeres und Weiteres bedeute als in der Philosophie.114 Dasselbe gilt von der Bezeichnung „fromm". 115

109 Mostert, Luthers Verhältnis, 350 mit Hinweis auf R. Schwarz, Gott ist Mensch. Zur Lehre von der Person Christi bei den Ockhamisten und bei Luther, ZThK 63 (1966), 289-351. 110 Wabel, Sprache als Grenze hat ebenfalls alle vier Texte einbezogen. 111 WA 39/11,4,32-35. 112 Ebd., 26,5f., „Evangelium non est notum ulli creaturae, quia est mysterium absconditum mundo". 113 Ebd., 5,35f. 114 Ebd., 12,8-10. 115 Ebd., 27,3-7.

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In der letztgenannten Disputation, die speziell die Christologie behandelt, finden sich mehrere Bemerkungen über die Sprache der Theologie. In ihnen wird deutlicher, was in Luthers Formulierung aus der ersten Disputation liegt, das Evangelium sei ein Geheimnis, das vor der Welt verborgen sei, und was es konkret bedeute, dass man in der Theologie mit „neuen Zungen" rede. Luthers Pointe ist die, dass Christus im Mittelpunkt des Sprachgebrauchs der Theologie stehe, den man auch „die neue Sprache" nenne. Und Christus sei in Wirklichkeit eine unaussprechbare Sache, eine „res ineffabilis".116 Er sei ein Wort, aber er sei kein Wort im gewöhnlichen philosophischen Sinne, d.h. ein Laut oder eine Stimme, ein mathematisches Zeichen oder ein physisches Wort. Er sei ein göttliches ungeschaffenes Wort, ja, er sei Göttlichkeit, Gottes eigenes Wesen und Person.117 Er sei die Aussage der unaussprechbaren Vereinigung selbst vom Geschaffenen und vom Schöpfer.118 Und indem von etwas so Paradoxem wie einem „unaussprechbaren Wort" die Rede ist, ist in seiner Offenbarung eine Verborgenheit, ein Geheimnis gewahrt. Das Wort und die Sprache, die daraus entstehen, sind in all ihrer unzugänglichen Zugänglichkeit wirklich neu in dem Sinne, dass sie niemals zuvor in der Welt gehört worden sind.119 Aber indem sie neu sind, nehmen sie zugleich die Gestalt des Alten an. Kraft der Inkarnation ist die neue Sprache in der Gestalt der alten Sprache zu finden. Wer sie hören und sprechen wolle, habe sich also der alten Sprache zu bedienen. Damit habe man sich große Mühe zu geben. Man müsse wissen, dass ein jedes altes Wort in Christus eine neue Bedeutung erhalte. Nicht weil es so eine andere oder neue Sache benenne, sondern weil die Sache auf eine neue und andere Weise benannt werde - und weil auf diese Weise von ihr gesagt werden kann, dass sie neu sei.120 Um dies zu hören und weiterzugeben, müsse man sowohl auf den Kontext als auch auf die Vermittlungssituation ungeheuer aufmerksam sein, um nicht in die alte Sprache zu verfallen.121 Wie sehr man sich auch mit den neuen übertragenen Bedeutungen Mühe gebe, so sei es doch unmöglich, die optimalen und vollständig 116 117 118 119 120

Ebd., 96,3. Ebd., 103,6-11. Ebd., 94,21f.. Ebd., 103,5. Ebd., 94,17f.25f. (Th. 17 und 24). Man hat zu beachten, dass es sich nicht um zwei Kontexte von Sinn handelt, die nichts miteinander zu tun haben, sondern dass von zwei Kontexten von Sinn die Rede ist, in denen der Sinn aus dem einen Kontext in dem anderen neu wird und man somit von dem ersten sagen kann, dass er zugleich im zweiten gegenwärtig und nicht gegenwärtig ist. Vgl. D. Bielfeldt, Luther, Metaphor and Theological Language, Modern Theology 6 (1990), 121-135, hier: 124f. 121 WA 39/Π, 105,7-10; 105,16-18; 112,31-113,8.

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erfassenden Ausdrücke für Christus in der alten Sprache zu finden. Es werde immer etwas fehlen oder unklar bleiben. Wie Luther sagt, „ein jedes Gleichnis humpelt und läuft nie auf vier Beinen". 122 Die Sache sei größer, als dass man sie mit der Hilfe von Grammatik und philosophischen Regeln klarmachen könne, und wenn man damit konfrontiert werde, solle man sich weiterer eigener Versuche enthalten und sich stattdessen den Formulierungen anvertrauen, die der Geist in der Schrift vorschreibe.123 Man müsse sich damit abfinden, dass man sich in dieser Wolke der Verborgenheit bewege. Und dann werde es gewiss gut sein, denn wie Luther sagt: „Wenn das Herz nicht irrt, irrt auch die Zunge nicht. Der heilige Geist vergibt uns unser Stammeln". 124 Stefan Streiff hat in seinem Buch über die erste der beiden christologischen Disputationen für eine genauere Beschreibung von Luthers Sprachauffassung den Literaturwissenschaftler Johannes Anderegg herangezogen. Es geht hier um eine Sonderung zwischen instrumentellem und medialem Sprachgebrauch, wobei „die neue Sprache" bei Luther sich dadurch auszeichne, dass sie der letzteren Kategorie zuzurechnen sei. Für die mediale Sprache sei charakteristisch, dass sie die alte Sprache auf eine neue Weise benutze und so mit der Gewohnheit breche und einen neuen Sinn konstituiere. Man könne nicht für sie argumentieren, sie habe keinen anerkannten Rahmen, innerhalb dessen sie operiere und auf den man verweisen könne. Die mediale Sprache sei tastend und in ihrem Wesen unvollendet, der Sinn könne in ihr nicht zur Ruhe kommen, so dass die Frage nach dem Sinn erschöpfend beantwortet werden könnte. Und die Welt, die sie beschreibe, unterscheide sich von all den anderen Welten, die mit Hilfe der instrumenteilen Sprache beschrieben würden, dadurch, dass sie nicht einfach sei, sondern entstehe. In einem eigenen Abschnitt erörtert Streiff die Frage, inwieweit mediale Sprache und metaphorische Rede identisch seien. Mit Anderegg mahnt er zu Zurückhaltung hinsichtlich einer bejahenden Antwort. Es gebe allzu viele Formen medialen Sprachgebrauchs, die außerhalb der Reichweite des Begriffs der Metapher lägen, als dass die beiden Begriffe identisch sein könnten, sagt Streiff. Aber dennoch gebe es, so meint er, einige wichtige Züge, die medialem Sprachgebrauch und Metaphern gemeinsam seien.125 Erstens bewirke die Metapher eine 122 Ebd., 96,3f.: „omnis similitudo claudicat, nec umquam [...] currit quatuor pedibus". 123 Ebd., 104,24-105,4; 98,14f.21; 109,6-9. 124 Ebd., 113,7f.: „non errante corde non erret lingua, balbutiam nostram condonat nobis Spiritus sanctus". 125 S. Streiff, Novis Unguis loqui. Martin Luthers Disputation über Joh 1,14 „verbum caro factum est" aus dem Jahr 1539, FSÖTh 70, Göttingen 1993,176ff.

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Verwandlung auf semantischem Gebiet, wodurch der Benutzer der Metapher über die konventionelle Bedeutung hinausgehe. Und dies sei auch ein konstitutiver Zug der medialen Sprache. Zweitens sei das, was bei dieser Verwandlung geschehe, keine uneigentliche, sondern eine eigentliche Rede, und hier verweist Streiff auf Jüngel und moderne Theorie der Metapher. Ruft man sich in Erinnerung, welche Überlegungen Quintilian über die schmuckvolle Rede und ihre Offenheit anstellte und welche Gedanken man bei ihm darüber antreffen kann, dass man auf der Jagd nach der Wahrheit sei, anstatt sie zu besitzen, so springen die Parallelen zur Auffassung Streiffs von der medialen Sprache in die Augen. Und es scheint auch richtig zu sein, was Streiff bezüglich der Begriffe Medialität und Metaphorik im Zusammenhang mit der Beschreibung von Luthers Anliegen beobachtet. Der Begriff der Metapher ist zu eng, um den Inhalt sowohl der kontroversen Textstelle aus dem Antilatomus als auch der Schrift Vom Abendmahl Christi sowie der Disputationen wiederzugeben. Das Wesentliche ist nicht bloß die Metapher, sondern es ist die Bereicherung der Sprache überhaupt, die die Erneuerung durch den Schmuck der Rede, durch den ornatus, bewirkt. Wenn sich auch der Vergleich mit Quintilian weitgehend als fruchtbar erwiesen hat, so ist doch auch klar geworden, dass es bei Luther um etwas geht, was außerhalb von Quintilians Horizont liegt. Wo das herkommt, d.h. unter welchen Einflüssen Luther hier gestanden hat, wäre noch zu zeigen, liegt aber außerhalb der hier erörterten Fragestellung. Streiff gibt ein paar mittelalterliche Beispiele mit ähnlichem Gedankengang. 126 Im Zusammenhang mit der Trinitätslehre und der 126 Ebd., 130ff. Graham White, Luther as Nominalist. Α Study of the Logical Methods used in Martin Luther's Disputations in the Light of their Medieval Background, Helsinki 1994 zeigt, dass es in "the approach to language" (123) eine Reihe von Ähnlichkeiten gibt zwischen Luther und den Nominalisten Pierre D'Ailly oder Ockham. In der Konklusion über die neue Sprache bei Luther schreibt White, dass die wesentliche Distinktion sowohl für die Nominalisten als auch für Luther die Unterscheidung zwischen virtus sermonis und sensus sei, was sich nicht nur bei den Nominalisten finde, sondern bis Bonaventura (ebd., 304f.) zurückverfolgt werden könne: "We have the same basic conception: words have a meaning given by general rules [...] However, these rules only get one as far as what the words mean de virtute sermonis (or grammatice, as Luther puts it). The authors could have used the words with another meaning (sensus), and thus we have the possibility of a divergence between the sensus, or the linguistic usage, of the author, and the de virtute sermonis meaning of the words" (Ebd., 310). In einer Anmerkung fügt er hinzu: "The whole body of ideas is very scholastic; even though certain humanists emphasised the importance of usage, they did not have such a precise conception that there was a general meaning, given by rules, and a deviant meaning, established by usage. Humanists would usually follow authorities such as Quintilian and Cicero and talk of the influence of usage on style, or on legal pratice, rather than meaning, see Gil-

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Interpretation von Boethius' Schrift De Trinitate gibt es beispielsweise im frühen Mittelalter Überlegungen darüber, ob man sich notwendigerweise bei der Vermittlung von Glaubensgegenständen eine neue Sprache vorzustellen habe, eine „translatio" der Wörter. Und in einem Gedicht über das Verhältnis zwischen den sieben „artes liberales" und der Inkarnation schreibt Alain de Lille (ca. 1128-1203) in einer Strophe, die der Rhetorik gewidmet ist, Folgendes über die Erneuerung der Wörter. Rhetorica Peregrinat a natura / Nominis positio Dum in Dei transit jura / Hominis conditio Novus color in iunctura / Nova fit constructio Novus tropus in figura / Nova fit translatio In hac verbi copula / Stupet omnis regula.127

bert I960, 97,147" (Ebd., 310 Anm. 36). Über Luthers Quellen heißt es weiterhin, dass Luthers Bekanntschaft mit Ockhams logischen Schriften unsicher sei, aber seine Lehrer Trutvetter und Usingen und auch Pierre D'Ailly, den Luther kannte, Ähnliches erörtert hätten: "For example, Usingen discusses three sorts of grammar: 'preceptive', which gives the rules for contructing well-formed sentences; 'figurative', which gives examples of figurative constructions, which disobey the rules, but which we are allowed to use; and 'prohibitive', which gives examples of such constructions which are not allowed. And the authority which decides which of the latter two categories a locution falls into is our way of speaking [usus loquendi], which is (as Usingen says, citing Quintilian), "The master and judge of our words'". Nach White gibt es also keine Verbindung zwischen der scholastischen Idee, dass der Gebrauch der Sprache über ihren Sinn entscheiden könne, und der antiken rhetorischen Tradition. - Aber genau dies scheint für Usingen der Fall zu sein! 127 Krewitt, Metapher und tropische Rede, 510ff.

Zum Hintergrund der christologischen Disputation Luthers von 1540/43 Gottfried Seebaß

1. Die Bedeutung von Gottheit und Menschheit Christi beim frühen Luther Luther ist in keiner Weise an einer spekulativen Entfaltung der Christologie interessiert, geht auch nach seinem Kommentar zu Petrus Lombardus kaum mehr auf die scholastischen Definitionen und Distinktionen ein. Vielmehr geht es ihm stets darum, die Heilsbedeutung Jesu von Nazareth herauszustellen. Insofern wäre es auch ganz unangemessen, wenn man die Unterscheidung der Lehre von der Person und vom Werk Christi auf Luthers Theologie übertragen wollte. Denn für ihn gehören Person und Werk ganz eng zusammen, beides ist nicht voneinander zu trennen, weil die Person nicht ohne das Werk, das Werk aber nicht ohne die Person zu denken ist.1 Luther geht immer von der Einheit von Gottheit und Menschheit in Jesus aus. Man könnte auch sagen: Daß Gott und Mensch, daß Gottheit und Menschheit unterschieden und Unterschiedene sind, das ist für Luther selbstverständliches Wissen aller Menschen. Was aber das Wunder des Neuen Testaments ist, ist eben die Vereinigung beider in der Person Jesu von Nazareth. Und diese Vereinigung ist nach Luther bereits mit der Inkarnation gegeben. Christus wird nicht erst zum Sohn Gottes, Gott und Mensch kommen nicht erst im Lauf dieses Lebens zusammen, sondern sie sind von Anfang an in der Person vereinigt. Christus ist der Gott, der sich dem Menschen zuwendet und er ist der Mensch, der sich ganz Gott zuwendet. Zunächst tauchen Aussagen über die Menschheit Jesu bei Luther im Zusammenhang des Offenbarungsverständnisses und des Glaubensverständnisses auf. Bis hin zur Hebräerbriefvorlesung (1517/18) 1

Grundlegend zu Luthers Christologie: M. Lienhard, Martin Luthers christologisches Zeugnis. Entwicklung und Grundlage seiner Christologie, Göttingen 1979.

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Zum Hintergrund der christologischen Disputation Luthers von 1540/43

und der Heidelberger Disputation (1518) ist einer der wesentlichen Gesichtspunkte Luthers, daß die Menschheit Jesu seine Gottheit verbirgt. Gott und der Sohn Gottes in Christus ist nur dem Glauben offenbar. Erst am Ende wird er als der Sohn jedermann offenbar werden. Jetzt übt Christus seine Herrschaft durch das Evangelium, durch Wort und Sakrament aus. Am Ende aber wird er unmittelbar herrschen. Diese Einzigkeit des Sohnes Gottes gegenüber den Heiligen, den Propheten und Engeln wird im Hebräerbrief hervorgehoben. Dabei kann Luther durchaus die Verschiedenheit der Naturen betonen und hervorheben: Der Sohn Gottes, der in derselben Person sterblich und unsterblich war, wurde geopfert, aber nur sein Fleisch, dh. sein Menschsein wurde getötet.2 Luther kann deswegen immer wieder betonen, daß man im Gegensatz zu allen mystischen, spiritualistischen oder spekulativen Wegen zu Gott nur kommen kann über diesen Menschen, daß man bei diesem Menschen mit der Gotteserkenntnis einsetzen muß, wobei dann in diesem Zusammenhang auch zurücktreten kann, daß es ja die zweite Person der Gottheit ist, die inkarniert wird (ohne daß man deswegen von einem Modalismus sprechen dürfte!). Christus ist wirklich das fleischgewordene Wort Gottes, Gottes nachgehende Liebe. Deswegen besteht Luther auf der uns gleichen Menschheit Christi (ein Mensch wie andere Menschen, nur daß er sich in bezug auf Sünde und Gnade unterscheidet). Deswegen ist er auch unter dem Gesetz wie wir, unter dem Zorn wie wir, ja trägt den Zorn, der auf uns liegt. Luther kann die menschlichen Züge an Christus stark betonen, bis dahin, eine wirkliche Unkenntnis in Bezug auf den Jüngsten Tag anzunehmen (um dann doch zu sagen: er weiß ihn nicht und weiß ihn wohl). In den Jahren zwischen 1522 und 1525 versucht er auch die Vermischung der beiden Naturen zu vermeiden. Man darf keinen allmächtigen Menschen aus ihm machen. In diesem Zusammenhang wird allerdings nicht das Verhältnis der Naturen zueinander reflektiert. Zwar kann Luther sagen: Obwohl er gestorben ist als ein Mensch, ist er doch allzeit lebendig geblieben, denn das Leben mochte und mag nicht sterben.3 Im übrigen aber geht es mehr darum, daß Christus während seines Erdenlebens die Gottheit nicht proklamiert, sondern er diente uns mit ihr. Das ist übrigens ein grundlegender Gedanke, den Luther auch im Blick auf die Arbeit des Menschen in den Ständen gebraucht (Phil 2 als Vorbild des Fürsten in der Obrigkeitsschrift).

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Glosse zu Heb 11,19; WA 57/Π, 60,22f. Vgl. auch das Scholion zu 2,14; ebd., 129,9-11. Kirchenpostille (1522); WA 10/1/1,208,8-10 (zu Joh 1,4).

Zum Hintergrund der christologischen Disputation Luthers von 1540/43

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2. Die Thematisierung des Verhältnisses der Naturen zueinander in den Auseinandersetzungen über das Abendmahl

2.1. Gegen die Transsubstantiation Charakteristischerweise tauchen die Überlegungen zum Verhältnis der Naturen zueinander nicht erst im Abendmahlsstreit auf, sondern bereits dort, wo sich Luther polemisch mit dem traditionellen Abendmahlsverständnis auseinandersetzt, in De captivitate. Im Zuge seiner Auseinandersetzung mit der Transubstantiationslehre formuliert Luther: „Und wie es sich mit Christo verhält, also verhält es sich auch in dem Sakrament. Denn es ist nicht not, wenn die Gottheit soll in der Menschheit leiblich wohnen, daß darum die Menschheit müsse verändert werden in die Gottheit, daß die Gottheit beschlossen sei oder begriffen sei unter die Akzidenzien der menschlichen Natur. Sondern indem beide Naturen vollkommen bleiben, wird wahrhaftig gesaget: Dieser Mensch ist Gott, dieser Gott ist Mensch. Und obschon die Philosophie das nicht verstehet, so verstehet es doch der Glaube und hat Gottes Wort ein höheres Ansehen als unseres Verstandes Begreiflichkeit".4

Indem Luther den Versuch der Scholastik, das Wunder des Abendmahls philosophisch einleuchtend zu machen, ablehnt, macht er gleichzeitig deutlich, daß auch das Wunder der Inkarnation philosophisch nicht zu erläutern ist, der Glaube aber gleichwohl beide Naturen in der einen Person bekennt. 2.2. Gegen Cornelius Hoen Der Abendmahlsstreit hat Luther dann dazu geführt, das Beieinander und Zueinander der Naturen genauer zu bedenken. Bereits in seiner an 4

WA 6, 511,34—41: „Sicut ergo in Christo res se habet, ita et in sacramento. Non enim ad corporalem inhabitationem divinitatis necesse est transsubstanciari humanam naturam, ut divinitas sub accidentibus humanae naturae teneatur. Sed integra utraque natura vere dicitur 'Hie homo est deus, hie deus est homo'. Quod et si philosophia non capit, fides tarnen capit. Et maior est verbi dei autoritas quam nostri ingenii capacitas. Ita in sacramento ut verum corpus verusque sanguis sit, non est necesse, panem et vinum transsubstantiari, ut Christus sub accidentibus teneatur, sed utroque simul manente." Übersetzung nach Ausgewählte Werke, Bd. 2: Schriften des Jahres 1520, hg. H. Borcherdt u.a., München 3 1962,171.

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die Böhmischen Brüder gerichteten Schrift Vom Anbeten des Sakraments (1523), in der er sich auch mit den Argumenten von Cornelius Hoen auseinandersetzt, hat Luther die Verbindung zwischen den Elementen und Leib und Blut Christi bzw. Christus selbst mit Hilfe der Christologie bestätigen wollen und die Auffassung vertreten, wer die Realpräsenz leugne, müsse eigentlich auch die überlieferte Zweinaturenlehre im Blick auf die Person Christi leugnen. Luther schrieb damals sehr knapp: „Denn wo man solchen frevel an eynem ortt zu Hesse, das man on grund der schrifft moecht sagen, das wortlin 'Ist' heysse ßo viel als das wortlin ,Bedeut', ßo kund mans auch an keynen andern ortt weren, unnd wurde die gantze schrifft zu nichte, syntemal keyn ursach were, warumb solcher frevel an eynem ortt gullte und nicht an allen oertten. Szo moecht man denn sagen: Das Maria ist Jungfraw und gottis mutter, sey ßo viel gesagt: Maria bedeutt ein jungfraw und gottis mutter. Item: Christus ist gott und mensch, das ist, Christus bedeutt gott unnd mensch. Item Ro. 1: Das Euangelion ist gottis krafft etc.. das ist, das Euangelion bedeutt gottis krafft. Sihe, wilch eyn grewlich weßen wolt hierauß werden. Darumb, ßo solch frevel an keynem andern ortt tzu leyden ist, soll man auch nicht hie leyden, das Christus leyb bedeutt werde durchs brott, weyl die wortt helle, dürre und klar da stehen: 'Das ist meyn leyb' es sey denn das man gewisse helle spruech erfuer bringe, das hie das wortlin 'Ist' solle bedeutten: heyssen". 5 Und Luther benutzt auch bereits eines der altkirchlichen christologischen Bilder, u m das Miteinander zweier verschiedener Wesen auszudrücken: „Syntemal wyr auch wol des gleychen tzweyerley weßen finden ynn der natur, das wyr vom feurigen eysen recht sagen: Das eysen ist feur und das feur ist eysen, und nicht: das feur bedeut eysen oder das eysen bedeutt feur. Gleych wie wyr auch von Christo sagen: Der mensch ist gott und gott ist mensch, und nicht: gott bedeutt den menschen odder der mensch bedeutt gott. Weyl es nu der glawb leydet und an keynem ortt wider yhn ist, das das brott Christus leyb ist, soll man das worttlin 'Ist' lassen stehen ynn seynem eygen natuerlichen bedeutten und mit nicht davon tretten, ßondern fest halten an gottis wortt, das das brott warhafftig Christus leyb sey". 6 Ebenso besteht Luther bereits hier darauf, daß es im Abendmahl nicht etwa u m einen geistlichen Leib Christi geht, sondern u m seinen natürlichen Leib, ohne daß dabei allerdings die Frage erörtert wird, wie denn das zu denken sei. Luther sagt zur Erläuterung der bei Paulus überlieferten Einsetzungsworte (IKor 11,23):

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WA 11,434,30-435,9. Ebd., 437,2-11.

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„Nehmet hyn und esset, das ist meyn leyb, der fur euch gegeben wirtt, das thutt zu meynem gedechtnis. Hie sind die wortt dürre und klar, das nicht der geystliche leyb Christi da sey, sondern seyn natürlicher leyb. Denn der geystliche leyb ist nicht fur uns gegeben, ßondern seyn natuerlich leyb ist fur seynen geystlichen leyb, der wyr sind, gegeben. Und will uns nicht tzimen, hie auß dem wort 'leyb' machen eyn gemeynschafft des leybs unnd auß eygenem wilkoer on schrifft wider ßo klare wortt tzu handelln". 7 Luther macht auch bereits, ohne freilich beides miteinander zu verbinden, auf den Unterschied zwischen dem Christus zur Rechten Gottes und dem im Sakrament aufmerksam, wenn er die Anbetung im Sakrament als eine freigestellte Möglichkeit so begründet: „Das ist wol war, das eyn unterscheydt ist unter dem, das Christus droben ym hymel sitzt unnd ym sacrament und ynn den hertzen der glewbigen ist. Denn er freylich darumb gen hymel gefaren ist, das man yhn daselbs soll und muß anbeten und bekennen, das er der herr sey über alle ding mechtig, Phil. 2. Aber ynn dem sacrament und yn den hertzen der glewbigen ist er nicht eygentlich darumb, das er wolle da angebetet seyn, sondern daselbs mit uns schaffen und uns helffen".8 Im Grunde lehnt Luther aber auch schon damals den Versuch ab, das Wunder des Abendmahls verstandesmäßig zu durchdringen, wenn er schreibt: „Da iß und trinck und neere deynen glawben. Nym darnach den leyb und blutt datzu tzum wartzeychen solcher wortt gottis. Und sprich: myr ist nicht befolen tzu forschen noch tzu wissen, wie gott vater, son, heyliger geyst oder Christus seel ym sacrament sey, Myr ist gnug, das ich weyß, wie das wort, das ich höre, und der leyb, den ich neme, ist warhafftig meyns herrn und gottis. Laß die spitzen und glawblosen Sophisten nach solchen ungruendtlichen dingen trachten und die Gottheytt yns sacrament betzaubern". 9 In seiner Absage an Müntzer hat Luther sich mit dessen Abendmahlsauffassung nicht auseinandergesetzt. Freilich konnte man die auch nur sehr indirekt seinen liturgischen und anderen Schriften entnehmen. Müntzer verstand beide Sakramente, Taufe und Abendmahl, ganz einseitig aus seiner spiritualistischen Leidenstheologie. Christus kommt selbstverständlich nicht in Brot und Wein zu uns, sondern er kommt dort zu uns, w o wir von Gott in das läuternde Leiden versetzt und eben darin mit dem leidenden und bitteren Christus eins werden. 1 0

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Ebd., 438,27-33. Ebd., 447,16-22. Ebd., 450,8-14. Zu Müntzers Christologie, die sich ganz auf den leidenden Christus beschränkt, vgl. M. Brecht, Thomas Müntzers Christologie, in: S. Bräuer/H. Junghans (Hgg.), Der Theologe Thomas Müntzer, Berlin 1989, 62-83; zu seinem Sakraments- und Abend-

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2.3. Gegen Karlstadt Hingegen hat Luther die in der Schrift an die Böhmischen Brüder verwendeten Argumente bereits ein Jahr später auch in seiner Auseinandersetzung mit Karlstadt verwendet, hat sie aber weiter ausgeführt. Daß er dabei dann faktisch schon alle wesentlichen Elemente seiner späteren Argumentation gegen Zwingli benutzt - damit meine ich das synekdochische Verständnis der Einsetzungsworte und die gleichzeitige Ablehnung ihres Verständnisses als einer logischen Identitätsaussage sowie die Behauptung der Ubiquität - hat man meines Erachtens bisher zu wenig beachtet. Zum Verständnis der Abendmahlsworte, für das Luther wiederum die Christologie zu Hilfe nimmt, schreibt er im zweiten Teil von Wider die himmlischen Propheten (1525): „Wenn aber D. Carlstad und seyne rotten kuondten yhre sophisterey und vernunfft lassen, weyl sie so hart anficht, das Christus über das brod saget 'Das ist meyn leyb' und nicht woellen odder kuenden verstehen, wie doch brod muege der leyb seyn, und thetten der zweyer eyns, Entweder geben Gott die ehre und Hessen seyne wort recht und war seyn, ob sie gleich nicht verstuenden, wie es zu gienge, das sie recht und ware weren, Hessen yhn genuogen und gleubtens, weyl sie hoeren, das Gott so redet und haben will, Odder wolten sie ja klug seyn, thetten das nach gewonheyt der schrifft und eynfelltiger art der sprachen und Hessen yhr subtil und spitzige gedancken anstehen. Denn so man die eynfelltige art der sprachen ansihet, kan man sagen von eym feurigen eysen 'Das ist feur' odder also 'das eyssen, das da ligt, ist eyttel feur'. Wenn nu hie eyn zenckischer sophist seyne spitze klugheyt zu beweysen, sich auff mecht und wider alle wellt fechten wollt, Eyssen und feur weren zweyerley und kuond nymer mehr war seyn, das eyssen feur sey, sage myr, ob der nicht eyn unsynniger narr were? der die leut von der eynfelltigen weyse zu reden, auff seyne spitze, scharffe sophistische weyse wollt fueren, So doch die eynfeltige spräche nichts mehr will mit dem spruch 'Das eyssen ist eytel feur', denn das sie deuten will, wie da eyssen und feur ynneynander sind, das wo eyssen ist, da auch feur sey. Und niemant so toll ist, der hie beduerffe der grossen sophistischen klugheyt, wie holtz nicht steyn, feur nicht eyssen, wasser nicht erden sey. Wie nu eyssen feur ist und feur eyssen nach eynfeltiger art der spräche und die zweyerley ynneynander und gleich eyn ding sind, doch eyn iglich seyn wesen fur sich hellt, Also hetten sie sich hie auch leichtlich muegen demuetigen und yhre spitze klugheyt lassen und mit Christo und aller wellt auff eynfeltige schlechte weyse der spräche sagen vom brod 'Das ist meyn leyb'. Syntemal das so viel gesagt ist, da ist brod und leyb eyn ding odder miteynander, wie feur und eyssen, und ist doch niemant so toll, der damahlsverständnis vgl. E. Koch, Das Sakramentsverständnis Thomas Müntzers, in: ebd., 156-173.

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rumb sollt sagen, das leyb und brod nicht zweyerley unterschiedliche Wesen seyen, Gleich wie wyr auch von dem menschen Christo sagen 'Der ist Gott', und widderumb 'Gott ist mensch'. Und doch niemant so toll ist, der nicht wisse, das gottheyt und menscheyt zwo unterschiedliche natur sind, wilcher keyne ynn die ander verwandelt wird, sondern die eynfelltige rede will so viel sagen und deuten, das da ynn Christo sey gottheyt und menscheyt ynneynander wie eyn ding, das wo der mensch ist, daselbst auch Gott ist leyblich, wie Paulus sagt. Sihe, so hette sie die eynfeltige art der sprachen leychtlich können entrichten, die durch yhre spitze und ersuchte scherpffe der vernunfft yhn selbs und andern so viel unnuetzer muohe und erbeyt machen. Und du sollt sehen, weyl sie auff der ban gehen, das sie Gotts wort woellen nicht mit dem glauben ehren odder nach eynfeltiger weyse der sprachen annemen, sondern mit der sophistischen vernunfft und spitzer subtiliteten messen und meystern, werden sie gar feyn dahyn komen, das sie auch leucken werden, Christus sey nicht Gott. Denn bey der vernunfft laut es ja so toericht 'Mensch ist Gott' alls 'Brod ist leyb'. Vnd weyl sie eyns leucken, werden sie gar bald und frisch das ander auch leucken. Das sucht auch der teuffei, der sie aus der schrifft ynn yhre vernunfft gefuret hat, das er alle allte ketzerey widder hereyn bringe. Denn du sollt wunder sehen, wie klug die vernunfft seyn wird, sonderlich ym tollen poefei, und den kopff schuotteln und sagen: Ja Gottheyt und menscheyt sind zweyerley ding, unmesslich von eynander gescheyden alls eyn ewigs von eym zeytlichen, wie kan denn eyns das ander seyn odder yemant sagen 'Mensch ist Gott'? So muestestu auch sagen, zeyttig ist ewig, sterblich ist unsterblich und der gleichen, wie sie hie ynn D. Carlstad kopff widder das Sacrament auch allfentzt, da wird sie es denn feyn troffen haben. Oder wo diese art der spräche yhn nicht gefiele, moechten sie sich nach der weyse der schrifft richten, die da ym gemeynen brauch hat die figur, so do Synecdoche heysst, das ist wenn sie eyn gantzes nennet und doch nur eyn teyl meynet, wie sie thut, da sie das Israelische volck eyn 'eygenthum' heysst und eyn sonderlich volck Gottes, so doch das groesser teyl drunter all zeyt des teuffels und das weniger teyl Gottes war. Wie auch Paulus die Galather, Corinther und ander stette, Gottes gemeyne nennet, so doch das weniger teyl recht Gottes kinder drynnen sind, Ja. 1. Cor. 10. nennet er alle, die eyn brod und eynen leyb, die von eynem kilch teyl nemen, so doch viel der selbigen den kilch unwirdiglich namen, wie er selbst sagt". 11 Und in der Auseinandersetzung mit Karlstadts Argument, daß es zwischen dem ersten Advent Christi und dem zweiten bei der Wiederkunft nach Matth 24,23 kein Kommen Christi im Sakrament geben könne, sagt Luther: „Es ist gar viel eyn anders, wenn ich rede von Christo und von Christus leyb und blut, Denn da der Euangelist spricht 'Hie odder da ist Christus' und der gleichen, ist von dem gantzen Christo, das ist von dem reich Chri-

11 WA 18,186,1-187,23.

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sti geredt, wie das mit gewalt erzwingt der text Luce 17., da er spricht: 'Das reich Gottes kompt nicht mit eusserlichen geberden, Man wird auch nicht sagen, sihe hie, sihe da ists', Wilchs die andern Euangelisten also ausreden: Hie odder da ist Christus, Das ist alles so viel gesagt, Christus reich steht nicht ynn eusserlichen dingen, Stetten, zeytten, personen, wercken, sondern wie er daselbst sagt 'Das reich Gottes ist ynnwendig ynn euch', Daraus folget nu nicht, das Christus nyrgent sey, Sondern das er allenthalben sey und alles erfuelle, Ephe. 1. Er ist aber an keynen ort gepunden sonderlich, das er da mueste seyn und sonst nyrgent, wie die thun, die unser gewissen nicht frey lassen, sondern an sonderliche stette, werck und personen binden. Wie er nu selbs Christus und seyn reich, an keyne stette odder eusserlich ding gepunden ist, so ist auch alles das zu seynem reich gehoeret frey und nyrgent an gepunden, als da ist, das Euangelion, die tauffe, das Sacrament und die Christen, Denn das Euangelion soll und mus an allen enden seyn frey und an keynen sondern ort gepunden". 12

2.4. Gegen Zwingli Man wird festhalten müssen, daß entgegen manchen Behauptungen in der Literatur es nicht die Gegner waren, sondern Luther, der die Christologie schon gegen Karlstadt in den Abendmahlsstreit eingebracht hat. In gewisser Weise antworten also Ökolampad gegen das Syngramma Suevicum und später auch Zwingli bereits auf die christologischen Argumente Luthers, wenn sie eine christologische Argumentation gegen die Realpräsenz vortragen und Luther im Blick auf die Ubiquität des Leibes Christi Doketismus vorwerfen. Das hat dann Luther gezwungen, gegen die beiden Schweizer seine bereits gegen Karlstadt vorgetragenen grundlegenden Gedanken weiter auszubauen, zu differenzieren und zu präzisieren. Deswegen unterschied er dann (im allgemeinen unter Berufung auf entsprechende Schriftstellen) in Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis die unterschiedlichen Arten der Vereinigung (natürliche, persönliche, wirkliche [wirkende], förmliche [äußerlicher Erscheinung], sakramentliche) und ebenso die unterschiedlichen Formen der Anwesenheit (localiter oder circumscriptive [an einem Ort begreiflich], diffinitive [ungreiflich aber an einem Ort] und repletive [überall ungreiflich an keinen Ort gebunden]), welche er auf Christus in seinen verschiedenen Ständen anwendet (Irdischer, Auferstandener, Erhöhter).13 Dabei ist mir durchaus fraglich, ob man Luthers Christologie richtig wiedergibt, wenn man von einer communicatio idiomatum im genus majestaticum oder tapeinotikon redet. 12 13

Ebd., 211,6-23. WA 26,326,16-330,16 und 335,29-336,27; vgl. dazu u. Kap. 6 Absch. 3.2.2.

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Denn Luther begründet die vielfältige Anwesenheit Christi nicht mit dem Austausch der Eigenschaften, sondern mit der Einheit der Person.

2.5. Gegen Hoffman und Schwenckfeld Luther war also bestens vorbereitet, als mit Melchior Hoffman und dann mit Caspar von Schwenckfeld in den dreißiger Jahren die Christologie erneut diskutiert werden mußte. Auch bei ihnen hatten die christologischen Aussagen ihren Hintergrund in der Abendmahlsfrage, denn beide sahen im Abendmahl einen ausschließlich spirituellen Empfang von Leib und Blut Christi. Beide hatten in Straßburg in den Jahren zwischen 1529 und 1533 einen vertrauten Umgang miteinander gehabt und bekannten das auch vor der Straßburger Synode. Durch Schwenckfeld dürfte Hoffman zu seiner monophysitischen Christologie bewegt worden sein. Hoffman hatte die Grundlage seines Abendmahlsverständnisses den frühen Schriften Luthers entnommen (Trennung zwischen Zeichen und Testamentsworten; Höherbewertung der Testamentsworte; Heilsempfang nur im Glauben). Das hatte er später mit den Argumenten Cornelius Hoens, dessen Schreiben er gekannt haben muß, gegen die Realpräsenz verbunden (Abendmahl als Ring, den Christus der gläubigen Braut gibt; Joh 19,26 [„siehe das ist dein Sohn"] als Argument für symbolische Deutung; Luk 17,20f. [,Reich Gottes kommt nicht für die Augen'] gegen die Lokalisation Gottes). Er war aber im Unterschied zu Zwingli davon überzeugt, daß im Abendmahl Christi geistlicher Leib den Gläubigen gereicht werde. Dieser geistliche Leib aber konnte nach Hoffman nicht von der Erde, nicht von der - für ihn mit der Erbsünde befleckten - Jungfrau Maria stammen. Vielmehr mußte Christus seinen Leib, der ja mit dem göttlichen Logos verbunden war, vom Himmel mitgebracht haben. Daß dieser Leib von Maria geboren werden konnte, erläuterte er mit dem durch ein Rohr fließenden Wasser.14 Obwohl Hoffman mit dieser Vorstellung, die er 1530 zum ersten Mal öffentlich vertrat, sicher von Schwenckfeld abhängig war, hat er sich von diesem deutlich abgesetzt und ihn für einen Irrlehrer gehalten. Schwenckfeld wiederum war nicht ohne Grund der Auf-

14

Vgl. zu dieser Darstellung Hoffmans vor allem: K. Deppermann, Melchior Hoffman. Soziale Unruhen und apokalyptische Visionen im Zeitalter der Reformation, Göttingen 1979, bes. 63-65,119-132 und 186-191.

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fassung, daß Hoffman seine „irrung auß unserer warheit, wie die spinne das gift auß einer edlen Blume gesogen". 15 Auf die Christologie Hoffmans, die freilich auch nicht allzu bekannt geworden sein dürfte, ist Luther nie eingegangen. Er erwähnt ihn lediglich einmal neben Müntzer, Hetzer und Hut als einen jener vagabundierenden und ihren eigenen Gewinn suchenden Prediger, vor denen er warnte.16 Anders dagegen bei Schwenckfeld. Schwenckfeld hatte Luther selbst in Wittenberg aufgesucht und ihm seine Abendmahlslehre vorgetragen. Luther erkannte sogleich und mit sicherem Blick den alles Außere abwertenden Spiritualismus Schwenckfelds, den er immer wieder geißelte und ablehnte. Für Schwenckfeld wurde der Anstoß, den er an der Rechtfertigungslehre Luthers nahm - daß nämlich keine sittliche Besserung der Lutherischen zu beobachten war - auch zum Anstoß an dessen Abendmahlslehre. Dabei war er sicher auch von dem bereits ausgebrochenem Abendmahlsstreit beeinflußt. Die Brotrede in Joh 6 wurde ihm zum Schlüssel eines spiritualistischen Abendmahlsverständnisses, in dem es ihm um die gläubig geistliche Nießung ging: Essen und Glauben scheint er identifiziert zu haben. Wenig später übernahm er dann die von Valentin Krautwald aufgrund einer Offenbarung entwickelte Abendmahlslehre. Krautwald leugnete ebenfalls von Joh 6 ausgehend im konsequenten Spiritualismus jegliche Verbindung zwischen Elementen und Christus. Vielmehr schwingt man sich im sursum corda zu dem im Himmel zur Rechten Gottes sitzendem Christus auf und empfängt in einer manducatio spiritualis - die allerdings nicht nur in der Sakramentsfeier, sondern ständig möglich ist das Himmelsbrot, das eine Art Deifikationsprozeß in uns auslöst. Da nur die Gläubigen das in diesem Sinn verstandene Abendmahl genießen können, war es nur konsequent, daß man ab 1526 die Abendmahlsfeiern vorerst einstellte. Schwenckfeld, der seine eigene Abendmahlsauffassung Luther schriftlich vorgetragen hatte, ohne Antwort zu erhalten, trug die nun durch Krautwald umfassend erarbeitete mündlich in Wittenberg vor, stieß aber verständlicherweise auf strikte Ablehnung, fand aber anschließend die Unterstützung der Oberdeutschen und der Schweizer, zumal er nun einige die lutherische Position deutlich ablehnende Schriften verfaßte, deren Manuskripte und Drucke auch in die Hände Luthers gelangten, der in seinen großen Abendmahlsschriften gegen Zwingli von 1527 und 1528 auch jeweils kurz auf 15

16

Dritter Brief an eine eifrige, gottesfürchtige Person (1536), in: Corpus Schwenckfeldianorum, hg. Ch.D. Hartranft/E.E. Schultz Johnson (im Folgenden: CS), Bd. V, Leipzig 1917,517-526 (Nr. CCXXI), hier: 522,36-523,1. Annotationes in aliquot capita Matthaei (1538); WA 38,497,35.

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Schwenckfelds Auffassung schroff ablehnend einging. Auch Schwenckfeld verband seine Abendmahlslehre mit der Christologie, wobei sich mit Horst Weigelt deutlich verschiedene Phasen unterscheiden lassen: Bis 1528 waren Schwenckfeld und Krautwald der Auffassung, bei der Inkarnation sei der unüberbrückbare Gegensatz zwischen Göttlichem und Kreatürlichem aufgehoben worden, so daß eine Vereinigung stattfinden konnte. Die Menschheit Christi sei dann definitiv mit Auferstehung und Erhöhung vergottet und so zur Ursache der Seligkeit geworden. Seit 1528 entwickelten dann Krautwald und Schwenckfeld die Auffassung, daß der Logos mit der Menschheit, dem Fleisch Christi wie mit einer „Hülsen und Hütten" umgeben gewesen sei und es beginnend mit der Geburt mehr und mehr durchdrungen und deifiziert habe, so daß alles Kreatürliche der Menschheit mit der Erhöhung völlig verschwunden sei, wobei sie sich - ohne daß das bisher in der neueren Forschung zur Aufnahme der patristischen Literatur in der Reformationszeit wirklich gewürdigt worden wäre - vor allem auf die Kirchenväter Tertullian, Hilarius und andere beriefen. Doch wurde diese Christologie fast wie eine Arkandisziplin behandelt und wurde bei Gesprächen mit ihm in Memmingen (Gervasius Schuler) und in Ulm (mit Frecht, Bonifatius Wolfhart und Wilhelm von Zell), einem weiteren Kreis aber erstmals auf dem von Herzog Ulrich veranstalteten Tübinger Kolloquium vom 28. Mai 1535 bekannt und sofort von Martin Frecht kritisiert. Allerdings wies Schwenckfeld die Behauptung Frechts, er leugne die Kreatürlichkeit des erhöhten Leibes Christi, zurück, da er ja an der Menschheit festhalte und berief sich dafür auf Brenz und Luther (der freilich trotz der communicatio idiomatum im genus majestatis keine einfache Vergottung der Menschheit Christi gelehrt hatte). Für Schwenckfeld war das später der Anlaß zu behaupten, daß die ganze Diskussion über die Frage der Kreatürlichkeit Christi von seinen Gegnern losgetreten worden sei. Ab 1538 vertrat dann zunächst Schwenckfeld und später auch Krautwald die These, man könne die Menschheit Christi nicht als Kreatur bezeichnen, weil Christus als der Sündlose und zweite Adam eben eine neue Kreatur sei, aber eben keine geschaffene, sondern eine geborene. Hintergrund dafür war natürlich die Uberzeugung, daß das Kreatürliche bis dahin immer auch das Sündige und mit Gott unvereinbar sei. Gleichwohl wollte man die wahre Menschheit festhalten. Das wird besonders deutlich daran, daß beide die früher erwähnte Vorstellung Hoffmans, daß Christus seine Menschheit bei der Inkarnation aus dem Himmel mitgebracht habe, ablehnte. Die Theorie hatte zweifellos Ähnlichkeit mit der alt-

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kirchlich eutychianischen Auffassung von der Menschheit Christi.17 Dies legte Schwenckfeld dann später in seiner großen Confession von 1542 ausführlich dar - einer Schrift, die dann von Schmalkaldenern verurteilt wurde. Immerhin wird man festhalten müssen, daß Schwenckfeld keineswegs die Menschheit Christi leugnen wollte, sondern lediglich problematische Konsequenzen aus dem zog, was auch die orthodoxen Theologen stets mit ,nur ohne Sünde' umschrieben. Über Schwenckfeld und die Auseinandersetzungen um ihn in Ulm wurde Luther gelegentlich von Martin Bucer informiert.18 Er erhielt dann aber auch Kenntnis von Schwenckfelds Schrift Summarium etlicher Argument, die Schwenckfeld zu seiner Verteidigung herausbrachte. Dies wurde dann auch der unmittelbare Anlaß für seine Disputationsthesen zur Christologie.

3. Zur Entstehung der Disputation Luthers Was die Weimarer Ausgabe über die Entstehung der Thesen berichtet, ist nicht eben klar. Zunächst einmal ist festzuhalten, daß Luther am 28. Februar 1540 nur über die ersten 32 Thesen disputiert hat. Nur diese Thesen finden sich im ersten Druck der Disputation, nur diese Thesen sind dann auch im Druck behandelt, nicht aber die Thesen 33 bis 64. Ob diese Thesen überhaupt je disputiert worden sind, muß offen bleiben. Jedenfalls gibt es darüber keine Relation. Tatsächlich hätten auch die Thesen 33 bis 64 im Februar 1540 gar nicht disputiert werden können, denn zu diesem Zeitpunkt lag keine Schrift Schwenckfelds vor, in der er seine Christologie ausführlich mit den Väterzitaten begründete. Das geschah zum ersten Mal und in aller Breite in Schwenckfelds Confession und Erklärung von der Erkenntnis Christi und seiner göttlichen Herrlichkeit, die seit dem Dezember 1541 handschriftlich umlief, von Schwenckfeld einer ganzen Reihe von Personen direkt und mit Begleitschreiben zugestellt wurde, inzwischen aber 1542 auch gedruckt worden war. In dieser Confession des Schlesiers und den ihr folgenden Schriften muß für Luther dann der Grund gelegen haben, auf Schwenckfeld nicht nur in seiner Schrift Von den letzten Worten Davids (1543) einzugehen,19 sondern auch seine Disputation von 1540 nunmehr um jene Thesen zu erweitern, die sich grundsätzlich mit der Hermeneutik von Kirchenväter17

18 19

Vgl. zu dieser Darstellung Schwenckfelds vor allem: H. Weigelt, Spiritualistische Tradition im Protestantismus. Das Schwenckfeldertum in Schlesien, AKG 43, Berlin 1973, bes. 47-106 und 159-168. Vgl. etwa WABr 8,16 (Bucer an Luther am 19.1.1537). WA 54, 89,35-91,14.

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aussagen befaßten, und mit einer Vorrede zu versehen (Da die Vorrede auf die Väteraussagen zu sprechen kommt, kann auch diese Vorrede erst aus dem Jahr 1543 stammen 20 ). So kam es dann zu dem zweiten Druck der Disputation mit den erweiterten Thesen und der Vorrede, der mit Recht in das Jahr 1543 datiert wird. Auf diese beiden Schriften Luthers hat dann Schwenckfeld mit einem Brief an Luther vom 12. Oktober 1543 reagiert. Freilich zögerte Melanchthon, den Hermann Rieger, der Nürnberger Bote Schwenckfelds (an den die Familie Streicher aus Ulm die Sendung geschickt hatte), zunächst aufsuchte, Luther das Schreiben und die beigelegten Schriften auszuhändigen und fand sich erst auf Drängen des Boten dazu bereit. 21 Schwenckfeld bezog sich auf die beiden Publikationen Luthers, beschrieb dann aus seiner Sicht die Entstehung der Diskussionen über die Kreatürlichkeit Christi, wobei er auch die gegen ihn gerichteten Schriften von Martin Frecht, Joachim Vadian, Sebastian Coccius und Heinrich Bullinger erwähnte. Er bezog sich auf die an Melanchthon gesandte Confession und weitere Schriften, die er beilegte, um schließlich zu behaupten, Luther werde von seinen Gegnern als Kronzeuge benannt, obwohl Schwenckfeld in seinen Schriften deren irrige Lehren nie gefunden habe. 22 Schwenckfeld legte seinem Brief nicht nur einen Auszug aus Vadians Antilogia, sondern auch eine Zusammenstellung älterer und jüngerer Äußerungen (Vom Schern Hamphoras) Luthers bei, mit denen er Luther an seine ,vorige Lehre von Christo' erinnern wollte. Die gedruckten Büchlein zur Frage der Kreatürlichkeit der Menschheit Christi, die Schwenckfeld beilegte, dürften Schwenckfelds Kurze gründliche Bewehrung, dafl Christus ganz der wahre natürliche Sohn Gottes und nicht ein Geschöpf oder Kreatur sei, seine Ermahnung zur seligmachenden Erkenntnis Christi und das Summarium etlicher Argumente, daß Christus nach der Menschheit keine Kreatur ... sei aus den Jahren 1538 und 1539, aber auch seine Schrift für Philipp von Hessen Von der göttlichen Herrlichkeit der Menschheit Christi in der Glorien gewesen sein. 23 Luther antwortete am 6. Dezember 1543 mit einem äußerst groben Maledikti-

20

21 22 23

Auf diese Zusammenhänge hat H. Weigelt, Luthers Beziehungen zu Kaspar von Schwenckfeld, Johannes Campanus und Michael Stiefel, in: H. Junghans (Hg.), Leben und Werk Martin Luthers von 1526 bis 1546, Göttingen 1983, 473-480 und 880884, nicht aufmerksam gemacht. Melanchthons Briefwechsel, Bd. 3: Regesten 2336-3420 (1540-1543), hg. H. Scheible, Stuttgart-Bad Cannstatt 1979,454f. (Nr 3391). CS V m (1927), 684-720 (Nr. CCCCXXm). CS W (1926), 306-322 (Nr. CCLXXV); ebd., 501-529 (Nr. CCXC); ebd., 530-539 (Nr. CCXCI) sowie CS VIII, 1-23 (Nr. CCCLV).

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onszettel gegen den schlesischen Edelmann.24 Der Bote wurde übrigens in Nürnberg bei seiner Rückkehr verhaftet. Schwenckfeld selber fertigte noch eine Antwort auf Luthers Zettel, die aber erst im Zusammenhang seiner Auseinandersetzung mit Flacius im Jahr 1555 publiziert wurde.25 Doch machte Schwenckfeld Luthers Malediktionszettel abschriftlich sogleich bekannt, so daß Luther darauf 1544 in seinem Kurzen Bekenntnis vom Heiligen Sakrament polemisch zu sprechen kam und seine unumwundene Absage an Schwenckfeld wiederholte.26

24 25 26

WABr 10,427. Vgl. Weigelt, Luthers Beziehungen, 473-480 und 882-884. WA 54,141,1-142,16.

Luther's Anti-Docetism in the Disputatio de divinitate et humanitate Christi (1540) Paul R. Hinlicky I k n o w of n o G o d except h i m w h o b e c a m e m a n . Therefore, I also desire to h a v e n o other God.1

1. Introduction It is c h a r a c t e r i s t i c o f m u c h s c h o l a r s h i p t h a t L u t h e r ' s a d h e r e n c e t o t h e u n i t y o f C h r i s t ' s p e r s o n in t h e I n c a r n a t i o n - a s t a n c e w h i c h c a m e t o d e f i n i t e f o r m in t h e R e f o r m e r ' s m i n d t h r o u g h t h e E u c h a r i s t i e c o n t r o v e r s i e s o f t h e 1 5 2 0 s - is t h o u g h t t o b r i n g h i m i n t o t h e v i c i n i t y o f M o n o physitism

and

even Docetism.2

Marc

Lienhard's

study

of

Luther's

c h r i s t o l o g y is r e p r e s e n t a t i v e : "There w h e r e God is, there is found also the m a n Jesus. Ubiquity is at the very heart of a theology of revelation, which considers the mystery of God revealed in Jesus Christ [...]. But difficulties arise because Luther considers this ubiquity, within the framework of the 'communication of attributes', as

1

2

Martin Luther to Oecolampadius in the "Marburg Colloquy", in: Luther's Works: The American Edition, ed. J.J. Pelikan/H.C. Oswald/H.T. Lehmann [hereafter: LW], Vol. 38, Philadelphia 1999, 82. The statement was in response to Oecolampadius statement "that we ought not to adhere to the humanity of Christ so closely but be lifted up to his divinity". Manfred Schulze calls attention to the fact that in Luther's view of church history the ancestors of contemporary "sacramentarians" were not the Arians but the Gnostics and Docetists. So it is not by accident that precisely in the Eucharistie controversy Luther is already warning against those who say the flesh is of no avail: "soon Marcion, Manichaeus, and Valentinus will appear, teaching that Christ did not have a real body but a phantasmal one." (Martin Luther and the Church Fathers, in: The Reception of the Church Fathers in the West, Leiden/New York 1997, 595; Schulze cites WA 23,201,21-202,2).

140

Luther's Anti-Docetism a divine property communicated to the humanity. One might well ask how Docetism can be avoided". 3

T h e later L u t h e r ' s e m p h a s i s o n t h e g l o r y o f C h r i s t c a n g i v e "the impression that a certain deification of human nature tends to threaten the basic principle of the theology of the cross, which affirms the revelation of God hidden in the weakness of the humanity, but not transforming this h u m a n weakness into the divine glory". 4 In c o n c l u s i o n , L i e n h a r d s p e a k s of " t w o d i v e r g e n t t e n d e n c i e s " b e t w e e n t h e p a r a d o x of d i v i n e p o w e r h i d d e n u n d e r h u m a n w e a k n e s s in t h e t h e o l o g y of t h e c r o s s a n d t h e communicatio

idiomatum,

taken as a theo-

retical e x p l a n a t i o n o f t h e I n c a r n a t i o n , w h i c h l e a d s t o a n " i l l e g i t i m a t e d i v i n i z a t i o n of t h e m a n J e s u s " . In this latter, " L u t h e r , it s e e m s t o us, contradicted

the eschatological

perspective

[of t h e t h e o l o g y

of

the

c r o s s ] [ . . . ] . A t t h e v e r y h e a r t of his t h o u g h t , w e find a f r a c t u r e " . 5 T h e r e is c o n s i d e r a b l e i r o n y in this i n d i c t m e n t , a n d a r g u a b l y a s w e l l a fundamental confusion about what "Docetism", not to say " M o n o p h y s i t i s m " is a n d w h y t h e s e s h o u l d b e r e g a r d e d as e r r a n t . T h e r e is i r o n y b e c a u s e in a s u c c i n c t s t a t e m e n t of t h e r e f o r m e r ' s m a t u r e C h r i s t o l o g y , Disputatio

de divinitate

et humanitate

Christi

f r o m 1 5 4 0 , 6 w e find

L u t h e r a r r a y i n g h i m s e l f - w i t h t h e help of t h e communicatio

idiomatum

-

a g a i n s t a g e n u i n e r e p r e s e n t a t i v e of M o n o p h y s i t i s m , C a s p a r S c h w e n c k feld, w i t h t h e w a r n i n g t h a t it is the latter's t e a c h i n g t h a t b e a r s t h e s e e d

3

4 5 6

M. Lienhard, Martin Luther: Witness to Jesus Christ, Stages and Themes of the Reformer's Christology, trans. E.H. Robertson, Minneapolis 1982, 229. Cf. Ibid., 175f.: "But the question which can hardly be avoided is: Has Luther not wrongly divinized the man Jesus? Is it not dangerously near to the teaching of Docetism to write, 'The man [Jesus] was God and should have been able to comport himself in a divine manner, but he did not do so; he abstained and was despoiled, comporting himself like a simple man' [WA 17/Π, 242,35] or again, 'Like other human beings he ate, drank, slept, awoke, walked, stood, hungered, thirsted, was cold, was hot, became tired, clothed himself, prayed, living like any other person before God and the world. And all this he could have left and comported himself differently - as a God' [WA 17/Π, 244,6]?"; cf. also ibid., 176: "United to the divinity in a hypostatic union, the humanity knows a definite heightening. It disposes of a power which distinguishes it from other human beings. The hypostatic union does not remain without effect on the humanity of Jesus thus united to the divinity [...]. But the uneasiness remains [...] a too one-sided Johannine Christ, which takes account of the glory of Christ, but not of his true humanity, those human limitations to which the synoptics and Luther himself [...] bear witness about Christ." Ibid., 255. Ibid., 378f. Translated from the Latin text of WA 39/Π, 92-121 by Christopher B. Brown for Project Wittenberg. The translation is in the public domain and may be found at: www.iclnet.org/pub/resources/text/wittenberg/wittenberg-home.html. I have modified this worthy effort slightly at several points especially in the Theses (cf. the appendix below).

in the Disputatio de divinitate et humanitate Christi o f D o c e t i s m . 7 I n his g r e a t late t r e a t i s e On the Councils

141 and the

Church

( 1 5 3 9 ) f r o m t h e s a m e p e r i o d , L u t h e r c o u l d criticize N e s t o r i u s o n t h e s a m e basis: "If it seems strange to Nestorius that God dies, he should think it equally strange that God becomes man; for thereby the immortal God becomes that which must die, suffer, and have all human idiomata. Otherwise, what would that m a n be with w h o m God personally unites, if he did not have truly h u m a n idiomata? It would be a phantom, as the Manichaeans had taught earlier". 8 E u t y c h e s , in L u t h e r ' s a n a l y s i s , m a k e s t h e s a m e e r r o r f r o m t h e o p p o s i t e d i r e c t i o n : h e d o e s n o t " s e e t h a t h e m u s t d e n y t h e h u m a n n a t u r e of C h r i s t if h e rejects t h e d i v i n e idiomata

of t h e h u m a n n a t u r e " . 9 In L u -

t h e r ' s m i n d t h e communicatio

w o r k s t o reject D o c e t i s m in all

idiomatum

d i r e c t i o n s . If t h a t is so, it w o u l d a p p e a r t h a t c o n t e m p o r a r y critics a r e e i t h e r i m p o s i n g a n a l i e n c o n c e p t i o n o n L u t h e r , o r in fact h a v e a m a t e rial d i s p u t e w i t h h i m r e g a r d i n g t h e v e r y s e n s e of C h r i s t o l o g i c a l e r r o r . One gets the impression that by Docetism interpreters

question

w h e t h e r a C h r i s t o l o g y offers a p l a u s i b l e o r realistic c o n s t r u c t i o n of t h e h u m a n c o n s c i o u s n e s s of Jesus, a v i e w g o i n g b a c k t h r o u g h

Schleier-

m a c h e r 1 0 t o t h e A n t i o c h e n e s c h o o l of t h e a n c i e n t c h u r c h . 1 1 B u t this will 7

The Christology of Luther's opponent in the 1540 Disputation, Caspar Schwenckfeld, arises from a one-sided reading of Luther's eucharistic christology that seeks to find a "middle way" between Luther and Zwingli by adopting Zwingli's spirit-flesh dualism in the interpretation of John 6 to affirm a real, albeit "spiritual" presence of the Lord. Synthezing dualism with Luther's view of the presence of Christ produces a Christ who is present by virtue of his nature as spirit and not by a communication of divine attributes to the nature which is and remains flesh. See P.L. Maier, Caspar Schwenckfeld on the Person and Work of Christ: A Study of Schwenckfeldian Theology at its Core, Assen 1959, 17f. (Translations by Maier from the Corpus Schwenckfeldianorum are cited in the following by CS with volume number and page).

8 9 10

LW 41,103. Ibid., 109. Oswald Bayer calls attention to this at the outset of chapter one above. In § 97,5 of The Christian Faith, ed. H.R. Macintosh and J.S. Steward, Vol. 2, New York 1963, Friedrich Schleiermacher, having just appropriated the Antiochene christology of the Indwelling Logos, turns to "the theory of a mutual communication of the attributes of the two natures to one another" as something "also to be banished from the system of doctrine and handed over to the history of doctrine" (411) since in such a communication "nothing human could have been left in Christ since everything human is essentially a negation of omniscient omnipotence" (412). In the same vein, Lienhard comments in his conclusion that "the truly human image of Jesus of Nazareth which we know was rediscovered with such vigor in the 19th century" was obscured by communicatio idiomatum (Luther: Witness, 390f.). But Lienhard is also defending Luther against the charge of the Catholic scholar Yves Congar that the humanity of Christ for Luther is merely "the theater" of a drama. If this is right, "it would not be possible to say with truth that God operates through Christ, but only in him." According to Lienhard, Congar's critique overlooks the confrontation be-

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Luther's Anti-Docetism

be something quite distinct, both historically and theologically, from the denial "that Jesus Christ has come in the flesh" (1 John 4:2) which the Apostolic Father Ignatius of Antioch first identified as the deviant teaching of "docetism". 1 2 In the same way, as we shall see, for Luther the error of Monophysitism lies in locating the unity of Christ in the divine nature as such, which must then assimilate the human to itself,13 rather tween the Father and the Son at the cross, and is too reliant on Aulen's Christus Victor with its overemphasis on the divine Christ (Ibid., 290). Alleinwirksamkeit is rather a feature of the theology of Luther's opponent, Zwingli, while Luther as we shall see has a traditional view of Christ as the New Adam who co-operates with God in the power of the Spirit. 11

Cf. J. Pelikan, The Christian Tradition: A History of the Development of Doctrine, Vol. 1, Chicago 1971, 251: "The theology of the hypostatic union could do justice to the predominant tendency of the Bible, which was to speak quite indiscriminately of the divine or the human in Christ while retaining the same subject; it could not do justice to those passages in which this tendency was replaced by language about the growth of Jesus." Pelikan names the view of Theodore of Mopsuestia and his followers "the indwelling Logos christology", i.e., the "indwelling of the Logos in a man whom he had assumed" (Ibid., 252). The "religious intent" was "to take seriously the fact of moral development in the man Christ Jesus and thus to guarantee his status as simultaneously Redeemer and example" (Ibid., 253). He notes that the Antiochenes could also describe this "moral" union of wills between the Logos and Jesus of Nazareth as a "personal" union, "neither a union according to ousia, as was the union in the Trinity, nor a union according to nature, as was the union of soul and body. Either of these definitions would obliterate the distinction between the divine and the human, produce a monstrosity, and make salvation through Christ impossible" (Ibid., 252). On the exact contribution of Theodore and his pupil Nestorius to the development of the concept of communicatio idiomatum cf. chap. 2, paragraphs 2.3. and 2.4. above.

12

Cf. W. R. Schoedel, Ignatius of Antioch: A Commentary on the Letters of Ignatius of Antioch, Hermeneia Series, Minneapolis 1985, 64: "One pole of Ignatius' christology - the emphasis on the reality of the incarnation - sanctions the godly use of the things of this world. Everything is pure to the pure (cf. Tit. 1:15). Another pole of Ignatius' christology - the emphasis on the reality of the passion - lends reality to Ignatius' own suffering (Tr. 10, Sm 4:2) and provides a model for Christian forbearance in a hostile world (To the Ephesians 10:3). Such world affirmation and world denial are not contradictory. Both are rooted in Ignatius' emphasis on the inescapable obligations that faith and love - and the incarnation - entail." This dialectic of affirmation and denial grounded in the "incarnation" is the reason Ignatius disputes docetist teaching, e.g. in his letter to the Smyrneans 6: "Mark those who hold strange doctrine concerning the grace of Jesus Christ which came to us, how that they are contrary to the mind of God. They have no care for love, none for the widow, none for the orphan, none for the afflicted, none for the prisoner, nor the hungry or thirsty. They abstain from the eucharist and prayer, because they do not allow that the eucharist is the flesh of our Savior Jesus Christ, which flesh suffered for our sins, and which the Father in his goodness raised up." 0.B. Lightfoot/J.R. Harner (eds.), The Apostolic Fathers: Revised Greek Texts with Introductions and English Translations, Grand Rapids (MI) 1984). In the background here lies Adolf von Harnack's influential argument that Chalcedon, under the influence of Leo's Tome, deprived the Church of the East of its

13

in the Disputatio de divinitate et humanitate Christi

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t h a n in t h e d i v i n e p e r s o n a s s u m i n g a h u m a n n a t u r e t o itself in t h e a c t o f c o m m u n i c a t i n g p r o p e r t i e s o f its d i v i n e n a t u r e t o it a n d e x p e r i e n c i n g its h u m a n p a s s i o n s a s its o w n . T h e t r i n i t a r i a n d i s t i n c t i o n b e t w e e n n a t u r e ( n a t u r a , ousia)

a n d p e r s o n (persona, hypostasis)

w h i c h Luther takes

f o r g r a n t e d s t r i k e s i m p o r t a n t i n t e r p r e t e r s like J ö r g B a u r a s a " w e a k e n i n g " o f h i s b e s t i n s i g h t . 1 4 A s w e s h a l l see, h o w e v e r , for L u t h e r it is t h e t r i n i t a r i a n person idiomatum.

w h i c h remains the active agent of the

communicatio

In a n y case, n o t e v e n the p r o p e r ( N e o - ) C h a l c e d o n i a n d o c -

trine of the p e r s o n a l u n i o n will satisfy the d e m a n d of m o d e r n Jesuolatry for p s y c h o l o g i c a l plausibility.15

14

15

faith in "the natural union", i.e. "that the God-Logos had taken up the human nature into the unity of his unique substance and made it the perfect organ of His deity... If humanity was not deified in Christ, but if in His case His humanity was merely united with the divinity by the prosopon or person, then what effect can a union such as that have for us. That formula can only be of advantage either to the detested 'moralism' of the Antiochenes, or to mysticism, which bases its hope of redemption on the idea that the God-Logos continually unites himself anew with each individual soul so as to form a union." (History of Dogma, trans. N. Buchanan, Vol. IV, New York 1961,222). In this cunning fashion, Harnack indicates the background of Luther "mystical" doctrine of the "joyful exchange" as also his genuine debt to Chalcedon. Jörg Baur, art. Ubiquität, TRE 34 (2002), 224-241 (immensely shortened version of chap. 6 below). I am most happily indebted to Professor Baur for this excellent summation of his extensive study in the field, which may be found in his fascinating Luther und seine klassischen Erben, Tübingen 1993. (The summaries, paraphrases and translations given from this article in what follows are my own). Baur argues that despite its apparent naivete Luther's fundamental rule - where you put God there you must also must put the humanity - unveils a break with the traditional concept of the person, the second trinitarian person (hypostasis), the Logos, who is not, Baur claims, essentially affected through the transition from the status of logos asarkos to logos ensarkos. In so far as Luther acknowledges that deity indeed cannot suffer or die, it leads him only to the traditional language: the person which God is suffers according to the humanity, the person is crucified according to the humanity. Yet Luther can also attribute the suffering of the Crucified to both natures, and not only to the person, as if to a third thing beyond the two natures. In this regard, the works and sufferings are no act nor experience of a humanity used by God as an instrument, but are communicatio operationum et passionum. The result is that for Luther the humanity is no parallel organ to the deity, no mere hull of the kernal which is the deity within: "cum nihil possit magis dici haereticum quam humanam naturam esse vestem divinitatis" (cited from WA 39/Π, 95,13f). From this angle, Baur comments, the reproach that Luther is a Marcionite docetist appears to be senseless. Yet, one wants to ask Prof. Baur, whether a communicatio operationum et passionum by which the Logos is itself affected in the transition from asarkos to ensarkos dialectically presupposes that transition and with it the difference in natures and whether this state of the Logos ensarkos is to be imagined then as no longer the free action of the Son to impart himself bodily. On Justinian's antidocetism and Neo-Chalcedonianism, see Pelikan, Tradition, 271. D. Kingston Siggins, Martin Luther's Doctrine of Christ, New Haven/London 1970, 224 articulates the objection: "Now it is easy to see how a problem of terminology arises. Simultaneously 'person' has to serve for the [immutable] hypostasis of the

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Theology in the controverted tradition of Luther might try to see with Luther what the errors are in Monophysitism and Docetism by looking with the aged Reformer at the same subject matter, namely, the confession of the fides catholica of "the one Lord Jesus Christ, true God and man". The fruitfulness of such an exposition of the Disputatio of 1540 should be measured not only by the possibilities it offers for better historical understanding, but above all by the contribution it makes to the present confession of the same Lord. In other words, the task undertaken here is not only to describe Luther's legacy in Christology, but to do so with a view to developing it for today. Since the 1540 Disputatio is little known in English speaking circles 16 (curiously ignored in the selection made for Luther's Works: The American Edition), I will first provide an overview of argument. Then I will turn to detailed historical and theological exposition of the theses. The division of the argument is my own.

16

Son in His divine essence, and for the lowly figure of Christ. How can we maintain both identity and contrast between God's majesty and Christ's humility? (Not, we may say in passing, in the manner Gustaf Wingren suggests: 'For Luther, it is just majesty that is humble' [cited by Siggins from The Living Word, 206]." With this parenthetical dismissal of Wingren's solution (not to mention Philippians 2), however, the real compatibility of divine personhood with the "lowly figure" Jesus in the glory that comes down to the depths in creative love is lost from view. "The person of the Word thus acts in assuming, and effects its union with the manhood without change in itself, since the process of becoming refers only to the nature passively assumed. The immutability of the divine essence is preserved in this way, but at the expense of making the biblical testimony equivocal. The presumption that the divine hypostasis is a priori immutable and impassible continues to influence [Luther] [...] on the ground that 'life cannot die', Luther asserts that Christ the Word remained alive when Christ the man died..." (Ibid., 225). The "paradoxical result" of Chalcedonian personal union, even in Luther, "has been an Apollinarian Christ." (Ibid., 226). This is the well-known liberal Protestant assessment, which Siggins traces to Adolf von Harnack's judgment that Luther is "unsuccessful in reinterpreting the old orthodoxy in terms of his new and living faith [...]. Remnants of the philosophers' God persist, despite his radical insistence that whatever rational apprehension of God we may possess, it is to be abandoned for the lively knowledge of the God and Father of our Lord Jesus Christ. This should lead us to a complete reworking of the truth enshrined in the sentence, 'Christ maintained His Godhead unaltered when he became man'. [WA 47, 55,6] For it should mean that even what we know of God's unchangeability is determined by what we discover of it through faith in Christ [...]. The unchangeability of God must never be determined by our profoundest metaphysics or our loftiest speculations, but only by what God has revealed." (Ibid., 240). Is it "profound metaphysics" or the most elementary biblical theology of the God who creates ex nihilo to distinguish between the creator and the creature, the immutable and the mutable, etc.? For a succinct historical account, see M. Brecht, Martin Luther: The Preservation of the Church 1532-1546, trans. J.L. Schaaf, Minneapolis 1993,324ff.

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2. Overview Theses 1-24 make the argument that in Christ words receive a new signification in the sense of connotation, even while retaining the same reference in the sense of denotation. Thus one must distinguish between old and new senses of the word 'creature' when the term is applied to the unique person of Christ. Thus, while it is true that Christ is creature with respect to his humanity, here creature nevertheless has the signification, not of separation from the Creator as it does in the old, philosophical use of language, but of unity with the Creator in a new theological language given with the gospel narrative, as parsed by its formulae loquendi and thus confessed as the fides catholica. Theses 25-32 turn polemically against Schwenckfeld's christological innovation in teaching the complete assimilation of the human nature of the glorified Christ to the divine in the transition from the state of humiliation to the state of glory, such that it would be wrong any longer to call Christ a creature. Luther unravels what he regards as logical blunders in Schwenckfeld's reasoning, since he sees a contradiction where in fact an unavoidable equivocation has occurred on account of the paradigm shift from the old language of philosophy to the new language of theology. This blunder is what puts Schwenckfeld into the vicinity of Eutyches (whom Luther in the treatise On the Councils and the Churches similarly evaluated as more inept than malicious). In passing Luther wants also to expose what he regards as a morally culpable 1) disregard of the sense or intention of speech for the purpose of trapping an opponent in words, 2) abuse of argument by selective citation which take thoughts out of context, and 3) sectarian logomachy which is destructive of faith. He does this in order to expose what heresy really is. In Theses 33-50, Luther argues for 'fitting' interpretation of the Fathers and the Scriptures in light of the ineffability of the personal union as a divine act and thus of the inadequacy of any similitude from created unities aptly to express it, even cherished and beautiful images traditionally employed by orthodox teachers and sanctified by long use. A charitable construction of the intention must be made, in view of the fact that all orthodox teachers, i.e. within the Chalcedonian boundaries, know that Christ's person is not compounded out of the two natures (as any image of it from spatial unities inevitably appears), but rather is uniquely constituted (as a temporal-historical act) in the personal union of the two natures by the loving obedience of the Eternal Son in his mission of redemption. This uniquely constituted personal unity must be thought, not merely imaged; and the thought itself will be a meager

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Luther's Anti-Docetism

understanding, not any kind of penetrating intellectual comprehension. Accordingly one must be especially wary of being misled by analogies, apparent logical implications, illustrations and dictionary definitions all of which could easily introduce foreign chains of thought and lead astray. In Theses 51-56, Luther concludes this discussion of hermeneutics by using the traditional example from the logic textbooks of the "Ethiopian who is white, with respect to his teeth", in order to render the confession of "Christ who is creature, with respect to his humanity", acceptable to those who scruple, under the impact of Schwenckfeld's accusation, that somehow this carefully formulated confession of Christ as true creature subverts the confession of Christ as true God. In passing Luther criticizes 'depraved logicians' who force different meanings out of grammatically alternative expressions of the same matter.17 The point of the grammatical illustrations given in this section is to show how the premature resort to logical analysis, in place of the primary rhetorical, grammatical account of the sense of the text, can obscure and make uncertain what should be acknowledged in terms of external perspicuity as the clear sense of Scripture's ordinary language. The first question in theology, conceived of as a grammar of the Spirit working out of the canonical Scripture as source, is not 'Do I believe it?' or 'Is it true?' but, 'What is the sense?' Only then does a second kind of question arise: 'Do we understand the Word in the words, the letters in the Spirit?' Having mastered these primary arts in reading Scripture grammatically and theologically, the theologian finally aims at speaking the matter discovered so simply that it is communicated to the public of today in lucid and certain words given by the Spirit in the sense that the Spirit intends. Rhetorical and logical analysis, dogmatic inquiry, public confession - that is the order of theological work Luther tacitly commends here. Finally, in Theses 57-64 Luther puts one important corollary of the foregoing - that heresy consists in the sense of what is being said (not in verbal mistakes or inept expressions) - into the context of the overarching battle between the Holy Spirit and Satan over public confession before the world of the one saving Lord Jesus Christ, true God and true man. The importance of this observation for understanding Luther's

17

This raises a complex question about the relation of dialectic (logic) and grammar (rhetoric) in Luther, as well as the sources in humanism which inform him. See J. Lindhardt, Martin Luther: knowledge and mediation in the Renaissance, Texts and Studies in Religion 29, Lewiston (NY) 1986 and T. P. Dost, Renaissance Humanism in Support of the Gospel in Luther's Early Correspondence: Taking All Things Captive, Aldershot u.a. 2001.

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distinctions between philosophy and theology, the old and new languages, and the intriguing idea of theology as the grammar of the Holy Spirit working out of the Scriptures can hardly be overestimated. Theology is not faith seeking understanding in the sense of opinion seeking knowledge or representational thought seeking conceptual comprehension, but in the sense of faithfully communicating the meaning of the Spirit from the book of the Spirit, i.e. in a word, the person of Jesus Christ as the new and saving unity of Creator and creation, in language true to him and intelligible to the public.

3. The New Signification of Creature in Christ (Th. 1-24) The Theses begin with a self-conscious appeal to the fides catholica, i.e. against innovators and sectarians. Luther has in mind particularly the christological teaching of the Fourth Ecumenical Council in 451. This reference is demonstrated later on in Thesis 31 by the association of Schwenckfeld's teaching (that Christ's glorified human nature is no longer creature) with Eutyches whose teaching of course had been condemned at Chalcedon. But one wonders how the reformer at this late stage of his theological career may appeal to catholic faith, alongside or even without reference first of all to Scripture, to ascertain the correct rule for speaking about Christ. Scripture alone, it seems, does not suffice: even John 1:14, 'The Word was made flesh', seems to be expressed ineptly, as it can be taken to suggest a substantial metamorphosis of the divine Logos into a creature of flesh. In Thesis 14, Luther claims the evangelist would have better expressed the matter by saying "The Word is incarnate or made fleshly". Have we here Luther correcting the words of Scripture in the light of the later fides catholica?ls In fact Luther freely corrects the inept words of both Scripture and tradition for the sake of the Word, i.e. in the light of the fundamental

18

Schulze's excellent study rightly notes that "the four 'principal Councils' of Nicea, Constantinople, Ephesus and Chalcedon were [for Luther] all distinguished by the fact that they did not resolve on any new articles of faith, till then unheard-of, but provided genuine instruction from Scripture. A Council is nothing but a court of law, which reaches its decisions in line with the 'ancient law' of the church, which is recorded in Scripture. The doctrinal pronouncements of the four principal Councils are really 'Holy Scripture' for Luther, because they derived from genuine exegesis of Scripture by the Fathers of Councils. To modern researchers this interpretation of the Councils in the Roman Empire appears naive and uncritical" (Luther and the Church Fathers, 590). Perhaps. But the more significant observation is that Scripture and the Ecumenical Councils form for Luther a hermeneutical whole. See the discussion of Thesis Four below.

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conviction of universal Christian faith in "one Lord Jesus Christ, true God and man". Thesis 15 is inclusive·. "It is rightly taught that in this matter the manner of speaking (usum loquendi) preserved in the scriptures and in the orthodox fathers should prevail" (my emphasis). Thus the problem of how the catholic fathers (and also the canonical Scriptures) are to be 'fittingly' (commode) interpreted, so that the Spirit-intended sense provided in the usum loquendi can be distinguished from the many well-intended but inept expressions found in the Fathers (and the Scriptures) will require much attention in what follows. Certainly it is this problem of what the Spirit intends which generates Luther's significant but difficult conclusion of the Disputatio: heresy does not lie in words, but in the sense of speech (Thesis 57). So the final Thesis 64 reads: "This is what it means to be a heretic: one who understands the Scriptures otherwise than the Holy Spirit demands". The problem obviously - is that the sense of theological speech is nonetheless provided, preserved and protected by Spirit-given usum seu formulas loquendi. As Luther puts it in the Praefatio of the Disputation: "Therefore in order that we might somehow understand, God has given us formulations of speech, that Christ is God and man in one person, etc.". 19

We have two circles here. First, why should some human speech, like the ecclesiastical formulation 'two natures in one person', be privileged over other human speech, like the canonical but inept John 1:14, and received as the one intended by the Spirit? Second, how is the Spiritintended sense of speech to be known without an arbitrary appeal from one set of words to another? Let us call the former circle hermeneutical and the latter theological. The hermeneutical circle is entailed by the initial appeal to the fides catholica, inclusive of both Scripture and tradition (in that sequence), since, as Luther tacitly recognizes, the formation of the canon is itself the first act in the Christian theological tradition. 20 In Argument XIV, Luther explicitly notes that his bold affirmation in Thesis 4 of the exalted man and suffering God is not strictly scriptural. To the question then whether the idioms of Scripture are exclusively to be used in theology, or whether the extra-scriptural terms of the Fathers are to be retained, he replies:

19

W A 39/Π, 98,15: "Ideo ut capere aliquomodo possimus, dedit Deus nobis formulas loquendi, quod Christus sit Deus et homo in una persona, etc." (emphasis mine).

20

By this time a lot of water has flowed under the bridge since the debate with Eck. The conflicts with incipient Protestant sectarianism, of which the present Disputatio is a witness, have robbed Luther of any biblicist naivete. For a fuller discussion of this claim and its import for today, see P. R. Hinlicky, The Lutheran Dilemma, Pro Ecclesia 8 (1999), 391-422.

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"The use is permitted in so far as it is not discordant with the sense of Scripture". The Aliud gives us: "Theology does not look so much at words as at the sense".21 Theology, as Luther understands it, works within this circle of the fides catholica in which Scripture and its dogmatic exegesis in the ecumenical councils form a hermeneutical whole. This hermeneutical circle is not vicious, nor does it contradict the primacy of Scripture, if we bear rigorously in mind what the first thesis actually says. For the task of theology here presupposed by Luther is not so much the individual monastic or academic credo ut intelligam as a public and churchly credimus ut confiteamur.22 In the latter case theology also attains a genuine cognitio Dei - "in order that we might somehow understand, God has given us formulations of speech" - but in, and only as, the Incarnate Son (not through him as an earthly symbol on the way to a heavenly substance) and so grasps in Christ the reconciliation of humanity to God, which the eternal Son brings to the earth and enacts in his history among us as the Incarnate One. There is here no tacit assumption that faith in the Incarnate One represents the lowest order of representational knowledge (opinion), accepted on account of ecclesiastical authority, but now seeking in theological speculation its proper fulfillment in the certainty of intellectual comprehension of its object, as the Anselmian tradition thinks of theology, fides quaerens intellectum (which Luther, the Augustinian monk, knew well). 23 By contrast, for Luther faith in the Incarnate Son is the present conviction of the invisible future things of God promised through the gospel ('forgiveness of sins, life and salvation' as the Small Catechism put it); thus faith itself is divine faith, a work and gift of Christ's own Spirit, communicated to the penitent in the 'joyful exchange' when the present Lord sovereignly comes and bears away her guilt and woe. Faith is thus this certain, particular knowledge of God bestowed in promises spoken by the present Christ through the Spirit at this juncture of the 21

W A 39/Π, 1 0 9 , 1 9 - 2 1 (A): "Licet uti, quando non discordant in sensu a scriptura sanctu"; ebd., 16f. (B aliud): "Theologia non spectat tam verba, quam sensum".

22

Kenneth Hägen had called this Luther's enarratio method: "to set forth in detail Paul's theology in the public arena [...] to take the message out and apply it, that is, to tell the story in public [...] to go public against the devil." (Luther on Atonement Reconfigured, Concordia Theological Quarterly 61 (1997), 254).

23

Cf. B.F. Eckhardt, Jr., Anselm and Luther on the Atonement: Was It 'Necessary'?, San Francisco 1992, 10: "Luther was well acquainted with the works of Anselm, as is clear from his marginal notes of 1513-1516(?) [...]. [He was] quite familiar with the entire corpus of major treatises, as well as a number of letters. Luther included a brief and tidy summary of the Cur Deus Homo, as well as several student's notes on the pages, indicative of a careful study (WA 9, 104-114)." Cf. also ibid., 88, 136 for the difference in method Luther adopts in contrast to Anselm's sola ratione.

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ages. Theology in that case mans the field in a cosmic conflict of the Spirit, on the one side, who aids believers to know Christ aright and guards against all deviations which would lead to the loss of God's promises, against Satan on the other side, who in cunning malice turns even formal theological truths about Christ into lies and deceptions. The present Disputatio must be understood within this apocalyptic framework of Luther's forensic conception of history;24 indeed it concludes with emphatic reference to this over-arching battle in Theses 61 and 62: "such is the simplicity and the goodness of the Holy Spirit, that his people, when they speak falsely according to grammar, speak the truth according to the sense. Such is the craftiness and the wickedness of Satan, that his people, while they speak truly according to grammar, that is, as to the words, speak lies according to theology, that is, according to the sense."

Naturally, the goodness of the Spirit is not permission to indulge in bad grammar. Instead, just as faith knows God in the Incarnate Son, Luther will discover the condition for the possibility of theological truth in human words in that Christ as (the new) creature provides the analogy, as we shall see, the image of God, by means of which the new language of theology speaks truly, here and now, on the earth and in history. In any case, Luther's appeal to fides catholica means to receive orthodox formulas loquendi, such as 'two natures in one person', as guiding truths given by the Spirit. There is no petitio principii, because the project is not to found what humanly speaking can be no more than opinion on putative divine revelation, no matter whether this foundation of revealed knowledge will be located in Scripture or tradition or both. He rather appeals to the authority of the orthodox formulas loquendi as Spirit-given, because on reasoned examination (as in the present Disputatio) these patterns of teaching show themselves apt instruments of the confession of the unique person of Christ, the One and only Person who unites God and humanity in a new covenant of mercy, against Satan's deceptions, who would divide anew this saving unity of God and humanity by attacking Christ's person through deviant teaching. T h e unity of Christ's

person is materially, i.e. with regard to human salvation in the cosmic battle between God and Satan, axiomatic for Luther: "ut unum dominum Christum confiteamur verum Deum et hominem". The point of 24

H.A. Oberman, Luther: Man between God and the Devil, trans. E. WalliserSchwarzbart, New Haven/London 1989, 266f.: "Holding fast to the Gospel was indeed much, but it did not constitute a 'success'. For Luther reformation was the beginning not of modern times but of the Last Days [...]. The only progress he expected from the reformation was the Devil's rage, provoked by the rediscovery of the Gospel. [...] God himself would bring about reformation through consummation; it would be preceded by the Devil's counterreformation".

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Luther's 'confessional' (in the original 'apocalyptic' meaning of the word as witness in a controversy) theology is to confess Christ as being in person the new covenant between God and humanity, particularly in the time of trial, i.e. wherever and whenever Satan seeks to undo what God had done. Christological talk is not idle religious or philosophical curiosity about the relation of the finite and the infinite but knowing witness in a forensic conception of history, informed and well grounded testimony in the eschatological trial. Argument XVII of the Disputatio contains the statements: "in theology we have our own rules." On this basis, communicatio idiomatum is rightly characterized as a 'rule for christological talk' (Tyorinoja), i.e. which lays bare the sense of the Incarnation in this apocalyptic framework as God's saving act, not a 'theory' which seeks to explain the ineffable.25 The communicatio idiomatum is the prime instance of "the rules of its own" which Luther ascribes to theology so understood in distinction from philosophy. In the present Disputatio, this rule for talking rightly about Christ is said by Luther to follow ("sequitur") from the twofold substance and unity of person articulated in Thesis 2. So Luther understands the communicatio idiomatum as analytic to the catholic confession of the two natures in one person, i.e. it is a rule which simply makes

25

This rule historically arose from the Chalcedonian definition and was given classic statement in John of Damascus' On the Orthodox Faith and so passed into the general knowledge of the Western church. It belongs to the deep structure of Luther's entire thought and manifests itself especially in his teaching on the joyful exchange. This is a central discovery of M. Lienhard: "Thus two realities are important to obtain salvation. First, Christ, i.e., the presence of Christ, thanks to the proclamation of the Word; then faith. The union of these two realities, fides Christi, constitutes one of the dominant themes in Luther's thought. When Christ is thus present in the fides Christi to save human beings, he takes upon himself the sin of believers and gives to them his righteousness. A kind of exchange is effected between Christ and the believer - what the reformer calls the 'the [sic] joyous exchange'" (Luther: Witness, 59). "This theme [the joyful exchange] appears in the Fathers, particularly in Athanasius and Augustine. It came to Luther by way of the Christmas liturgy [...]. Luther limited the exchange to sin and justification. He adopted the Pauline interpretation of the ancient theme. One will note in any case how often this theme underlines the active role of Christ in our salvation. He comes to us by the Word, gives us a righteousness which permits us to appear before God, takes from us the sin which separated us from God." (Ibid., 60). "In this connection we find again the theme of joyous exchange. In fact, Christ is stripped; he makes himself a servant in order to assume our sin. Thus we become free. He snatches us from our slavery and makes us children of God [...]. he insists that the divinity was truly present in the man Jesus. That is a fundamental intention which recurs incessantly in his thought, to which the Kenotic theologians of the 19th century do not remain faithful [...] love drives Christ to the incarnation and animates him during the whole of his earthly life. The true miracle is not the incarnation, but the love of Christ (WA 10/ΙΠ, 432)." (Ibid., 176). But this latter, we shall see, is a false antithesis.

152

Luther's Anti-Docetism

explicit w h a t the v e r y notion of incarnation or h y p o s t a t i c u n i o n cont a i n s i m p l i c i t l y a n d s o p u t s it t o a r t i c u l a t e a n d p r o p e r u s e in t h e c o s m i c s t r u g g l e o f t h e p o w e r s . T h e p r e d i c a t i o n is n o t m e r e l y v e r b a l - t h e e d i f y ing value j u d g m e n t of the believer expressing her devotion to the Savior that Ritschl influentially asserted.26 T h e rule for s p e a k i n g

derives

f r o m the reality being discussed. Y e t , if t h a t is s o , t h e r e a l i t y p r e s u p p o s e d is a l w a y s t h e c o m m u n i o n o f p r o p e r t i e s in C h r i s t , n o t s o m e k i n d o f natural

personal fusion of

t h e m i n t o a h y b r i d t h i r d t h i n g . 2 7 T h e p e r s o n a l u n i o n is constituted

in t h e

p e r s o n a l o b e d i e n c e o f t h e E t e r n a l S o n in c o m i n g t o r e d e e m h u m a n i t y , n o t composed

o u t of s o m e kind of interaction or p r o c e s s b e t w e e n dis-

c r e t e e n t i t i e s i m a g i n e d in a q u a s i - p h y s i c a l m a n n e r t o p r o d u c e 26

27

some

"In Luther we come upon a definite attempt to establish theoretically the old Christology by proving the communicatio idiomatum. At the same time, Luther's religion estimate of Christ does not depend upon a rigorous realization of the theological formula of the one Person in two natures [...]. If faith no longer consists in assent to revealed dogmas, but in confidence toward God, then it follows that faith, i.e. trust in Jesus Christ and in the Holy Spirit, is a recognition of the Godhead of Christ and of the Holy Spirit, since trust of this kind can be given to God alone. Through this explanation of Luther's the Godhead of Christ is introduced as a judgment of value." (The Christian Doctrine of Justification and Reconciliation: The Positive Development of the Doctrine, trans. H.R. Macintosh/A. B. Macaulay, Clifton (NJ) 1966,391f.). As Calvin understood it: "But some are carried away with such contentiousness as to say that because of the natures joined in Christ, wherever Christ's divinity is, there also is his flesh, which cannot be separated from it. As if that union had compounded from two natures some sort of intermediate being which was neither God nor man!" (Institutes of the Christian Religion IV, 17,32, ed. J.T. McNeil & trans. F.W. Battles, Philadelphia 1975,1402). It may be that Calvin's (mis)understanding derives from none less than Melanchthon. According to Jörg Baur (chap. 6 bei. at n. 59) Melanchthon first used the term "ubiquity" in 1546 just months after the death of Luther for purposes of giving Luther's christology a semantic funeral: "de ubiquitate non est disputandum". According to Baur, Melanchthon rejects the connection between the doctrine of the Lord's Supper and Christology. Christ's meal presence is based on the Words of Institution through which his will is revealed and his power is attested. The argument about ubiquity is therefore unnecessary, since the person of Christ disposes over his body ubicumque vult; it is senseless, because an omnipresent body can be no true body; it is religiously unnecessary, because it leads to a functionless presence of this body in wood and stone. Like Calvin, Baur holds, Melanchthon understands ubiquity as a speculative answer to the question about the condition of the possibility of Christ's bodily presence in the sacrament. This is a fundamental misunderstanding of Luther, according to Baur. Much more the difference in teaching on the Lord's Supper is the occasion for unfolding of latent but contrary christological presuppositions. Luther himself in the late Brief Confession concerning the Holy Sacrament (1544) reiterates: "If someone does not want to believe the article of faith concerning the Lord's Supper, how will he ever believe the article of faith concerning the humanity and divinity of Christ in one person? [...] about how the infinite and incomprehensible Godhead, who is and must essentially be everywhere, can be bodily enclosed and included in the humanity and in the Virgin's body...[?]" (LW 38,287ff).

153

in the Disputatio de divinitate et humanitate Christi

kind of c o m p o u n d e d thing. This p r e s u p p o s i t i o n of the p e r s o n a l n a t u r e of the u n i o n underlies a n implied antithesis to the affirmation of the s a v i n g i n c a r n a t i o n o f G o d in J e s u s : it is n o t any i n c a r n a t i o n as such

that

w i l l b e s a v i n g ( t h e i n c a r n a t i o n o f G o d in J o s e f S t a l i n w o u l d not b e a n y kind of g o o d news!), but that u n i o n of divine a n d h u m a n w h o s e sense a n d p u r p o s e is m a d e k n o w n in t h e p e r s o n a l h i s t o r y o f Jesus,

which nar-

r a t i v e b y t h e s a m e t o k e n is u n d e r s t o o d ( b y t h e a n t i - A r i a n homousia

rule

o f t h e N i c e n e C r e e d ) t o e n a c t in t i m e t h e E t e r n a l S o n ' s l o v i n g o b e d i e n c e t o h i s F a t h e r in t h e S p i r i t . 2 8 A s s u c h a p e r s o n a l a c t o f t h e S o n o f G o d , t h e u n i o n r e v e a l e d in t h e h i s t o r y o f J e s u s is a n d m u s t r e m a i n ( t o all e t e r n i t y ! ) i n e f f a b l e w i t h r e s p e c t t o its m a n n e r o r m o d e . L u t h e r is e n t i r e l y u n i n t e r e s t e d in e x p l o r i n g t h e o r e t i c a l l y h o w t h i s u n i o n c o u l d b e e x plained; i n d e e d h e r e g a r d s the u s e of earthly analogies ( b o d y a n d soul, fire a n d i r o n ) d a n g e r o u s a n d m i s l e a d i n g w h e n t h e y a r e t a k e n t h e o r e t i cally as explanations of the incarnation's m a n n e r or m o d e . N o t

the

H o w o f t h e I n c a r n a t i o n b u t its W h a t a n d W h y a r e o f i n t e r e s t in t h e communicatio

idiomatum.

S o t h e p o i n t o f a n y c o m p a r i s o n in t h i s c o n n e c -

t i o n is r a t h e r t o a p p r e c i a t e t h e decision h u m a n i t y a n d its actualization Luther

throughout

of the T r i u n e G o d to r e d e e m

in t h e m a n J e s u s a n d h i s h i s t o r y w i t h u s .

presupposes

these traditional

Neo-Chalcedonian

i d e a s o f t h e h y p o s t a t i c u n i o n . 2 9 In e x a s p e r a t i o n at S c h w e n c k f e l d ' s c o n -

28 29

For the logical analysis of this claim, see B. Marshall, Christology in Conflict: The Identity of a Saviour in Rahner and Barth, Oxford 1987,161ff. The most lucid and theologically apt English language exposition of the ecumenical theology of the ancient councils is T.F. Torrance, The Trinitarian Faith: The Evangelical Theology of the Ancient Catholic Church, Edinburgh 1993. See especially Chapter 5, "The Incarnate Savior", 146-190, where the roots of Luther's notion of joyful exchange are exposed. We may remark in this connection that the later Lutheran teaching of the genus rmjestaticum, which bases itself on Luther, and teaches an interchange or perichoresis between the natures such that the human nature of Jesus participates in the omnipresence of God, never ceases to presuppose the personal character of the union. Martin Chemnitz' teaching of the Multivolipraesenz - after all the only way to account for the kenosis in the state of humiliation or the restriction of the gift of the body and blood to the meal - is not the theological mistake deriving from Melanchthon that Baur, Ubiquität, 236f. (cf. the extensive critique of Chemnitz' conception in chap. 6, paragraph 4.4. below) implies; it is based upon Chemnitz' insightful retrieval of Trinitarian personalism (over against a Western current of modalism) to overcome Melanchthon's, not to mention Calvin's objections to the confusion of natures they feared in Luther's doctrine of ubiquity. „But the communication of the majesty is the name we give to the fact that beside and above those essential properties which remain in the humanity, the divine power of the Logos, whenever he wills, accomplishes with and through the assumed human nature whatever things he wishes, things which are not of the essence of the flesh or of its essential properties." (The Two Natures in Christ, trans. J.A.O. Preus, St Louis 1971, 278 [emphasis added]). The condition of majesty is not an act, but its possibility. Even as

154

Luther's Anti-Docetism

fusions Luther can say redundantly in the Praefatio: "The natures are joined personally in the unity of person".30 Thus the fact that Luther turns in the following theses to expositing this rule for proper language about Christ in no way diminishes the fact that for Luther this communicatio really occurs in Christ's person; to deny this would be, for him, tantamount to denying the reality of the incarnation itself with its saving sense for human beings. The hypostatic union, the canonical depiction of the one Lord, the Gospel's presentation of the unitary subject, is primary; the rule is derivative. Just because it is so in the gospel narrative that the man forgives sins and the Son of God suckles at Mary's breast, a rule about the communication of attributes in the personal union must guide our speech in response to this figure Christ, if our speech about him is to be true to him, as also to the gospel's promise of salvation through him. Ontological, not solely verbal communication is indicated by the little word recte in Thesis 3: "So that those things which pertain to man are rightly said of God, and, on the other hand, those things which pertain to God are said of man", not abstractly or generically, to be sure, but with reference to the one Lord Jesus Christ in his history with us and for us. The communicatio rule rests upon the est of the Incarnation, not a signficatl It is not meant then as a hyperbole but as proper predication: "it is true to say: This man created the world, and this God suffered, died, was buried, etc." (Thesis 4, my emphasis). The property of God as Creator is truly attributed to this man; the property of man as sufferer is truly attributed to this God. Both of these attributions are made on account of the personal obedience of the Eternal Son enacted in the life, death and resurrection of Jesus, with the result that whoever apprehends the Person of Jesus Christ in his history with us by means of this rule of the exchange of attributes rightly understands the sense of the saving incarnation as commercium

admirabile, fröhlicher Wechsel:

The

Eternal Son becomes our death to give us his life, he becomes our sin to give us his righteousness, he becomes our flesh to give us his Spirit. In the man's fellowship with sinners, God eats and drinks and rejoices; in the man's acts of healing and liberation, God creates worlds anew; in the man's agony, God confronts God and God, so to say, surpasses God to justify the ungodly and give life to the dead. The communicatio idiomatum rule draws all this out into the open. It unpacks the notion of incarnation with respect to the particular man

30

participating in the divine ubiquity, it is one thing for Jesus to be present, another for him to be present "for you". W A 39/Π, 98, 6: "Sunt illae naturae coniunctae personaliter in unitate personae" (my emphasis).

in the Disputatio de divinitate et humanitate Christi

155

Jesus and identifies the divine personal agent here "who loved me and gave himself for me" (Gal. 2:21). Consequently it is clear to the believer in any hell that he or she really remains hidden in Christ with God and from these depths will rise at Jesus' call when he comes again with God's promised kingdom to make the world new - since realiter nothing in all creation can separate from the love of Christ. Luther's confessional theology is at its root that of the martyrs, whose victory is already now manifest in their brave defiance of the prevailing theology of glory with its lie about God's blessed impassibility as distant apathy rather than engaged agape. With this reflection, we see that 'impassibility' is not the self-evident, univocal concept it is taken to be; the concept can as readily be deployed to parse the blessed gods of the Stoics as the faithfulness of the biblical Lord. Luther's God is in fact impassibly, unchangably, immutably love that reveals this eternal glory in coming down to the depths. Thus Jörg Baur argues that in Luther's christology the old, metaphysical language is at once claimed and transcended. Metaphysically there is no proportion between the finite and infinite. But this aporia is overcome from the side of infinity in the constitution of the person of Christ. Thus Christ can only be spoken of in new language from the side of finitude about the "glory of God" which for our sakes comes down to the depths. The "inglorious glory of the murdered God", the same glory of "his body in the Supper", negates the old metaphysical view of glory, as if Christ sits at the right hand of God on a comfortable couch unconcerned with the work of feeding us. The new theological language of glory has Christ, not presiding over things at a distance but entangled in the miseria of the course of world history.31 If it is so, however, that "this man created the world", so that this Jesus who harrows hell is as such inescapable ("to him every knee will bow on heaven and earth"); if it is so that "God alone is Creator, also specifically the creator of redemption, who brings to salvation those who do not seek his salvation", who "converts those who do not wish to be converted and resist him" 32 just because the gospel encounter with the all-present Incarnate Son is inescapable, then Satan, that prince of dualism seeking ever to separate creation and redemption, God and humanity, spirit and flesh, is defeated in the action of personal faith and public confession of the Incarnation - whose reality and sense is laid bare to understanding by the communicatio idiomatum rule, when

31

Cf. bei. chap. 6 at n. 148f.

32

Schulze, Luther and the Church Fathers, 583.

156

Luther's Anti-Docetism

the reference is to that particular man of sorrows, acquainted with grief. "It is true that Christ created the world before he became human..." (Arg. II). There is for Luther at least prima facie a distinction between the Logos asarkos and ensarkos in the very telling of Incarnation as an event, no less for us than for the Triune God. Nevertheless the historical creature Jesus is the same Person as the Eternal Christ, the Son of God. The dramatic claim of Thesis 4 points to this one and same divine person, the Eternal Son, before and after becoming man - likened in Argument II to a crowned King who is, however, the same person as the infant born naked years ago. It does so in order to focus attention on the selfsame personal identity, expressed and manifest in the loving act of condescension, which actually constitutes the one Lord Jesus Christ in his history with us in time. To appreciate this divine and loving act for human salvation as a free and personal act, one must observe philosophically that it is not abstractly true that humanity forgives sin, creates worlds, or raises the dead. It is not generally true that divinity suffers, thirsts, or cries out in distress and pain. The truths brought out by the communicatio idiomatum are specific and concrete and indeed new truths concerning the person of Jesus, not abstract negations of the wellestablished natural meaning of concepts, the reckless mongering of paradoxes and other illogical illocutions so fashionable in today's church. Generally and abstractly philosophy rightly distinguishes between God and humanity as between uncreated Creator and created creature. These concepts represent two distinct natures, one causa sui and the other not.33 Moreover, this philosophical truth of natural theology 33

Thus Siggins, Luther's Doctrine of Christ, 233f. has to concede that Luther accedes to the tradition here. To be sure, Luther the 'Nominalist' "has led us to believe that 'to possess human nature', 'to possess divine nature', means simply 'to be man', 'to be God'; the conclusion that Christ is both God and man (communicatio naturarum) rests on the observation that He acts and speaks appropriately to both." But with the turn to the doctrine of the communicatio idiomatum, "this same speaking and acting are called 'properties' or 'attributes', whose unity is said to be effected by Christ's being God and man [...] such terminology seems redundant [Occam's razor!]; in fact, it escapes tautology only if the content can be given to the distinction between a nature and the function of a nature." But in fact, Siggins concedes, "Luther certainly makes such a distinction. 'Essence implies a condition, whereas its expression implies an act [...]. We know Christ is (always) God in essence, because He (sometimes) acts divinely; we know He is (always) man by nature, because He (sometimes) acts humanly'. Luther's use of the communicatio, then, is saved from tautology, but at the expense of seeming to rest upon an a priori definition of the natures [...]. It not only seems to, but actually does, reverse the order Luther otherwise adopts, since he occasionally uses the rule of the communicatio as an a priori device for explaining Scripture's paradoxical conjunction of the divine and human in Christ - a conjunc-

in the Disputatio de divinitate et humanitate Christi

157

which for Luther can say what God is not, if not declare what God is remains true and important for the theology of the incarnation as its very presupposition. The eternal Son is not morphed into abstract humanity, emptied out into something else in a merely verbal display of oratorical fireworks. The infinite does not cancel itself into some finite. The Eternal Son, who was personally, concretely and specifically thirsty, in servitude and dying once and for all on the Cross, is not to be thought of as having thus become impersonally, abstractly and generally "thirst, servitude and death" (Thesis 6). While this radically kenotic kind of locution has been popular in some 20th century political and liberation theologies, it is a construal that Luther here expressly rules out as so much confused gibberish, so far as it is seriously intended to say something like: God has died, given up deity, and transferred his office to suffering humanity, which must now arise as a god to become its own creator and redeemer. That, for Luther, would be monstrous. But confused gibberish in the church's life is common and the sense is not always evil: "both the scriptures and many fathers do not distinguish between the concrete and the abstract in many predicates of human nature" (Thesis 10). Luther gives as an example in Thesis 11 the Te Deum sung daily in the church, which speaks as if the Eternal Son assumed (an individual, hypostatic) human person, rather than (an anhypostatic) human nature. This would result in the two sons of Nestorianism, if taken strictly. The proper meaning is rather that the Eternal Son assumed a human nature into the unity of his own divine person to constitute the one Lord Jesus Christ and his history with us. Yet confused language in the church can be tolerated and forgiven (though not encouraged or imitated, Thesis 16), especially when it appears in traditional doxology, so long as the sense is right, as determined by the context of speech and the announced intentions of the speaker. That is why Luther states (as he now approaches his real option which Luther himself insists cannot and is not to be explained but only believed. He acts out of character when he adduces a theory to justify the Word of God to man. It is not his wont to explain the inexplicable." This analysis is so wrongheaded that it is difficult to know where to begin to untangle the errors: in terms of the present Disputatio, it obviates the very distinction between abstract and concrete predication on which the argument turns. It begs the question of natural theology or philosophy's knowledge of the difference or separation of the finite and the infinite, or religiously the awareness of divine majesty, which for Luther is hardly a matter of arbitrary a priori definitions of the natures. On the other hand, Siggins ignores that the problem that not even paradoxes can be believed if they are not understood (at least as paradoxes). But the fundamental error he makes is consistently to regard the communicatio as an explanatory theory, when as Siggins himself has to acknowledge it works for Luther as rule to exposit the Gospel's presentation of Christ and so guide our confessing of Christ.

158

Luther's Anti-Docetism

ponent in this matter) that some dare to say: "Christ is a creature", even though this appears to mean that Christ was created (Thesis 13). Luther in Argument VII of the Disputatio attributes such an 'inept' turn of phrase to doxological wonder at the personal decision of the Creator to become a creature. Such wonder led Augustine and other fathers into ecstatic but imprecise speech, which can be allowed, though it must be used with care lest it lead astray the weak and simple. What can systematically mislead when applied to the Incarnation, Luther tells us, are "etymology, analogy, [logical] implications, and examples", taken from the mundane experience which philosophical reason seeks to understand. Such philosophical or rational attempts to comprehend the object of faith on immanent terms unwittingly draw the ineffable miracle of the incarnation into the mundane frame of reference and inevitably then alter its true sense as a divine and personal action harboring a promised new world. In the Arguments Luther gives several examples of what he has in mind. In Argument XIII, the proposition is put forward: "Paul says: Christ was made a curse. Therefore by the same principle (ratione) it could be said: Christ was made humanity." In response to this, Luther draws on the distinction between abstract and concrete predications, which was explored earlier in Argument XI. There he held that concrete terms have personal signification, while abstract ones pertain to the modes of a nature. Christ is man (homo), not humanity (humanitas), as the former concrete term refers to the personal union in which the Person of the Eternal Son took a human nature into itself and so constituted the one Lord Jesus Christ, who is concretely homo but not abstractly (a member of the class of) humanity. While man and humanity are said to be synonyms in philosophy (in the sense that the concrete human person is always a member of the class, humanity, and the class of humanity is always composed of human persons), theology requires that this one concrete man, Jesus Christ, belongs not to the class of human persons, but to the class of divine persons, i.e. the Holy Trinity. In Argument XXV, Luther allows that "man and humanity are synonyms simpliciter in philosophy, but in theology they are not" because "in theology, here is one man to whom no one is similar [...]. Therefore [these terms] differ in theology and philosophy. If it were said that the divine person assumed a man, that is, a human person, it would follow that there were two persons, but this is intolerable. Therefore it is rightly said that the Word assumed human nature [i.e. thus distinguishing between homo and humana natura]."

Or again at the conclusion of Argument XXVII:

in the Disputatio de divinitate et humanitate Christi

159

"For in Christ, humanity signifies the assumed, not subsistent [i.e. individual hypostasis, or person], human nature. But 'man' signifies a subsistent person [who in this case is a member of the Trinity, the divine Son]."

Hie est unus homo, cui nullus est similis.34 - This is an extraordinary statement. In what sense can it be intended? Traditionally of course Christ is said to be like us in all things, except sin. Luther shares in this conviction about the sinless humanity of Christ, the New Adam. Characteristically, he develops the notion along the Pauline lines of 2 Cor. 5:21: this sinless one was made to be sin for our sakes. It is in this action for redemption that the incomparable personal uniqueness of the one Lord Jesus Christ in his history is manifest as the innocent One "who was made a curse for us". He comes as God in the flesh to become the One forsaken by God: this love-bound mission to the cross articulates his unique personal identity. In response to the proposition that just as Christ was made a curse, so also he was made humanity, Luther retorts: "Rather than analogy, we must follow the guidance of the Holy Spirit, and as he himself prescribes, so we must speak. That Christ was made a curse for us, there signifies something truly concrete, that is, Christ was made a sacrifice, a victim for us". 3 5

Thus the soteriological meaning of the incarnation lies in this true concrete. The sense is not that abstract humanity has morphed into abstract divinity (such a crude notion is not in any case what the Eastern church means by theosis36), let alone divinity into humanity, but that God made his Son accursed in the place and for the sake of sinful humanity (cf. also Arguments XXI and XXII) in order to bring about a new communion of persons, divine and human: united with Christ in the power of the Spirit to the glory of the Father, a trinitarian theosis. But this soteriological sense follows from the uniqueness of the "unus homo, cui nullus est similis". These considerations bring us finally to the central idea of this first part of the Disputatio, to that which "is nevertheless certain: all termi-

34 35

W A 39/Π, 116,f. (A): "Here [in theology] is one man to whom no one is similar". Ibid., 109,6-9 (Arg. ΧΙΠ).

36

See P. R. Hinlicky, Theological Anthropology: Towards Integrating Theosis and Justification by Faith, Journal of Ecumenical Studies 34 (1997), 3 8 - 7 3 and V.-M. Kärkkäinen, One with God: Salvation as Deification and Justification, Collegeville (MN) 2004. Luther's view of theosis is Trinitarian, thus avoiding any implication of a natural fusion of creator and creature in place of a kind of analogue of the personal union: "The Son Who lives because of the Father promises us in turn that we shall live because of Him, sharing all that is His except His eternal divine essence, and to this extent H e will make us partakers of his divinity." [WA 33, 231,32; 235,16], cited in Siggins, Luther's Doctrine of Christ, 198.

160

Luther7 s Anti-Docetism

nology receives in Christ a new signification in the same thing signified". 3 7 This means that the "words man, humanity, suffered, etc., and everything that is said of Christ, are new w o r d s " (Thesis 23), not in the sense of pointing out some "new or different thing" but by signifying the same entity "in a new and different w a y " ("nove et aliter"; Thesis 24). W e are in all cases, then, speaking about Jesus the man, the One w h o suffered along with everything else that is told about him. Dennis Bielfeldt has rightly commented on this: "It is important to preserve the original meaning of a word even within a theological context if one is not to compromise God's real incarnation in theological phrases like 'God is in Jesus', or 'Christ's body is in the bread'. [...] If the meaning of 'human being' [is changed to mean] 'uncreated person that God becomes' [i.e. Schwenckfeld's apparent teaching], then 'God becomes a human being' does not really assert the infinite becoming finite; it does not really assert the communication of idioms so necessary for salvation [...]. The everyday meaning of terms remains important. God really did become what God is not; God became a flesh and blood human being". 38 So the ordinary or mundane reference (the significata) remains, but it is placed into a new framework with a new use, as it must be if the same m a n has been raised from death and revealed by the Spirit as the Eternal Son incarnate. 3 9 This transition occurs for us according to Luther through the gospel by the Spirit's proclamation of Jesus as raised from death, by means of which a resurrection to faith is bestowed which now perceives this same crucified Jesus as the Christ, the Son of God, who lived and died and reigns also 'for me'. 4 0 The context of meaning 37 38 39

40

WA 39/Π, 94,17f. (Th. 20): "certum est tamen: omnia vocabula in Christo novam significationem accipere in eadem re significata." D. Bielfeldt, Luther, Metaphor and Theological Language, Modern Theology 6 (1990), 121-135,125. Siggins is correct to observe: "The referent is always the historical figure, the earthly personality named Jesus of Nazareth." But he misses Luther's penetrating insight into the unavoidable equivocation that occurs with the Spirit's transition from philosophical to theological discourse when he continues: "On this basis we assert the unity of the two natures in one person, because it is in the person called Jesus that we find divine and human modes of action [...] side by side." (Luther's Doctrine of Christ, 224). This a perfect account of Pope Leo's Tome. What he misses here is that for Luther such a crude account is no more than fides historica, a philosophical observation of Jesus as a walking contradiction in terms. Siggins plays a shell game to give the impression that the fathers were imposing metaphysics arbitrarily on the Scripture rather than proceeding inductively from Scripture to doctrine, as Siggins says Luther does. But an example Siggins himself provides from Origen - of all the church fathers! - shows the opposite (Ibid., 209f.). This is a fundamental result of Regin Prenter's seminal inquiry in Spiritus Creator, trans. J.M. Jensen, Philadelphia 1953: "In connection with Romans 1:1-4, Luther often points out that work of the Holy Spirit is to proclaim the divinity of Jesus Christ

in the Disputatio de divinitate et humanitate Christi

161

shifts f r o m p h i l o s o p h y t o t h e o l o g y w i t h this p r e a c h i n g o f t h e Spirit, a s d o e s t h e u s e ; in t h i s shift, t h e S p i r i t t h u s p r o v i d e s h i s o w n n e w l a n g u a g e , w i t h its o w n r u l e s o r g r a m m a r o f s i g n i f i c a t i o n . O n e m u s t t h e r e f o r e p a y a t t e n t i o n t o a n unavoidable

equivocation

(cf. T h e s i s 2 6 ) , w h i c h

a r i s e s w h e n t h e s a m e w o r d r e f e r r i n g t o t h e s a m e e n t i t y is d e p l o y e d o n c e in t h e o l d , p h i l o s o p h i c a l w a y a n d a g a i n in t h e n e w , t h e o l o g i c a l w a y . T h e r e is n o c o n t r a d i c t i o n e n t a i l e d , if this is k e p t in m i n d , f o r a contradiction m u s t m a k e contrary notations of o n e and the s a m e entity in o n e a n d t h e s a m e s e n s e . B u t t h e c o n n o t a t i o n shifts w i t h t h e f r a m e o f reference and the use. A s it is e x p l a i n e d in A r g u m e n t VII: " F o r the Holy Spirit has his o w n g r a m m a r [...] and w e must remain content with the pattern prescribed by the Holy Spirit [...]. A creature, in the old use of language, is that which the creator has created and distinguished from himself. But this meaning has no place in Christ the creature. There the creator and the creature are one and the same." T h e p r o b l e m c r e a t e d b y S c h w e n c k f e l d ' s d e n i a l o f t h e c r e a t u r e in C h r i s t is s o l v e d b y a c c o u n t i n g for t h e c o n t e x t s in w h i c h C h r i s t is s p o k e n of. I n t h e o l d u s e o f l a n g u a g e , t h e w o r d signifies " a t h i n g s e p a r a t e d f r o m d i vinity b y a n infinite m o d e "

( " r e m a divinitate s e p a r a t u m

infinitis

m o d i s " ; T h e s i s 2 1 ) . I n A r g u m e n t X X , L u t h e r c a l l s this a " p h i l o s o p h i c a l

in the resurrection. By the incarnation the Son of God humbled himself and assumed the forma servi. He became humiliatus so that his divinity was emptied out and hidden in the flesh [...] the public proclamation of the divinity and power of Christ is done per spiritum sanctificationis, which was not given before the resurrection of Jesus [...]. By the work of the Holy Spirit the resurrection is really taken from the hidden sphere of God into the message of the gospel, so that the risen Christ lives his risen life in our midst in this message [...] the center in the Word of God is the risen Christ himself [...] the outward Word does not become the Word of God until the Spirit causes the risen Christ to live his life in that Word" (Ibid., Ulf.). "If the presence of Christ in the Word shall be nothing else than the presence of his image or the presence of a correct doctrine about him then there naturally will be no space for a sovereign Spirit and his free work. In that case the Spirit becomes a synonym for warm feelings or superfluous accompaniment to the natural influence which comes from the figure of Jesus or the correct doctrine about him" (Ibid., 125). Lienhard likewise calls attention to Luther's theologically formative exegesis of Roman 1:2-4 in this connection: "Christ in the flesh is God hidden and not recognized as such. After the resurrection, his rule begins in the sense that the Holy Spirit glorifies him and makes him known for what he is, the Son of God in the flesh of the son of David. This rule is exercised through the apostolic Word. The real source of it is the Holy Spirit. By the public proclamation [...] Christ is instituted in his rule. Thus he become the Son of God with power [...] the work of the Holy Spirit, i.e., the glorification of Christ by preaching, the manifestation of what he has been since the incarnation, the proclamation of the divinity of this man who suffered. That is the true elevation of Christ [...] the distinction between what Christ is and the fact of being recognized for what he is, which fact is linked to preaching" (Luther: Witness, 55).

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Luther's Anti-Docetism

argument", which holds that "there is no proportio between the creature and the Creator, between the finite and the infinite." And in philosophy, Luther agrees, this is true. Does that mean that Luther qua theologian decides for some brand of Nominalism as the true philosophy, which he regards in a dialectical way (as representing the 'old' way) to correspond with theology (as the 'new' way)? Without expressly denying this, Risto Saarinen has called attention to Luther's dependence on Augustine's modified Platonism,41 which also holds as a philosophical truth to the incomparability of God, without thereby committing to a conventionalist theory of words as empty in themselves and arbitrary in their representational function. Saarinen points out, following Tyorinoja, that at least theologically Luther seems to be the veritable opposite of a Nominalist, an 'extreme realist', for whom divine words are true and living things ("veras et subsistentes res"). 42 It is in any case true for Luther that there is no immanent analogy available to the fallen creation by which to know the Creator, who infinitely transcends it, beyond the bare acknowledgement of a transcendent causality to be feared and adored, not inquired into. Good philosophy (Plato's negative theology in preference to Aristotle's ontotheological metaphysics of deity) can recognize its ignorance here. It can critically say what God is not. It can understand that if there is a truly informative analogy immanent in the creation to inform of its Creator, human beings are in no position to ascertain it, not only because of sin, as theology teaches about the distorted egocentric perception which misconstrues what is fitting for God. But also at its best philosophical reason understands that it is in no position safely to infer from finite effect to infinite cause, as in the case of God, because the proportion between this cause and effect eludes all earthly models of causality (this is what Luther means by ineffability). Indeed, God's causality as Creator is ineffable in that the Aimighty causes the whole of phenomena, "all things", and is thus beyond the grasp of any possible comparisons derived from our fragmentary and intra-systemic knowledge of causality. Couple this incapacity of the finite for the infinite with the distorted perception of the egocentric perspective of the fallen mind, and it further follows for Luther that philosophy cannot know which effects are God's and which the devil's, which works are prop-

41

R. Saarinen, The Word of God in Luther's Theology, Lutheran Quarterly 4 (1990), 40f.: "the Augustinian theory of signs, according to which all things are in some respect signs, and vice versa, that signs become closely related to things."

42

Ibid., 35.

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erly God's and which works are alien. Reason can ask about God but cannot declare God (as Plato taught in the Timaeus). Whatever Luther's complex debt to Nominalism, Luther's teaching on the incomparability of God the Creator should be situated within the Augustinian tradition's critical appropriation of Platonism's negative theology to articulate conceptually the prophetic critique of idolatry. The early Luther's critique in The Heidelberg Disputation expressly made this move when Aristotle was reproached for not recognizing "the absolute power of God" and "wrongly find[ing] fault with and deridfing] the ideas of Plato". 43 Negative theology helped to loosen the mental grip that Aristotle's metaphysically constructed image of God, especially its particular construction of divine impassibility as apathy, had come to have in Christian theology. That was the image of deity as the self-identical nature rapt in its own perfection and so blessedly incapable of being troubled by any another, the 'ontotheological' (Heidegger) highest being within the framework of an eternal cosmos, the "false infinite" (Hegel) tacitly defined by its very opposition to the finite sphere and so itself in truth a delimited entity. Here the power of God is not that of the AZmighty Creator who works all things in creation, while remaining free, not to mention divine power to give creatively, even one's own self in Christ, for the sake of another who is inferior and unworthy. Rather here the power of God is the worship the divine perfection taken as apathy inspires, i.e. the ambition, which the divine perfection evokes in creatures, to become godlike according to this image of total self-possession. Such 'natural theology', according to the Heidelberg Disputation's theology of the cross, will be no more than a projection of man's egocentric desire upon the abstract screen called 'divinity', which leaves hidden in the shadows the almighty power of the true God incarnate in the crucified Christ, the One whose glory is to come down into the depths. The attempt of ontotheology to transcend the limits of reason and 'declare God' from below by means of analogies of perfection ascending from effects to cause betrays the distorted self-image of fallen man making an idol of the frustrated sicut erit deus. Against this Luther's reliance on Augustinian trinitarianism, with its motto esse deus dare, "to be God is to give", stands out in sharpest relief. With it comes a new possibility for analogy in the new language of theology. Neither the limits of reason nor the distortions of egocentric perception mean that there is or can be no analogy between the creature and the Creator, but

43

L W 31,41f.

164

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only that any knowledge of it would come from above, correcting the egocentric distortion of reality in human beings (cf. John 1:18). Thesis 22 reads: "In the new use of language [the word creature] signifies a thing inseparably joined with divinity in the same person in an ineffable mode." "Creature", with its connotation of suffering and imperfection, is not naturally or philosophically an analogue of the Creator, as we have seen. There are many creatures. Which of them is the image of God? The "person", in the sense of the creature called in Genesis 1:27 to live before God in dominion of the creation might have been, if that status had not, according to Luther, been lost by the Fall. What, then, if God gives and declares himself in his own substantialpersonal Word to re-create this lost personhood? "It is a new locution, which was never heard before in the world. Christ is not a mathematical nor a physical word, but a divine and uncreated word, which signifies substance and person, because the divine word is the divinity [...]. Philosophically word means sound or voice, but theologically spoken word signifies the Son of God". 4 4

This is Augustinian trinitarianism, according to which the divine and uncreated Word is God's eternal self-expression. Now if this Word personally takes from the material of the fallen world and assumes to its substantial reality a human nature, then what God provides in the Word's incarnation is a newly created image of himself, constructing in this assumed humanity a proportio or analogia between himself and the creation. God whom reason cannot declare from below thus declares himself from above in reasonable words of human language: Jesus qua creature is the New Adam who corresponds to God. In fact in theology, "we make not only a proportion", Luther declares, "but a unity between the finite and the infinite", namely the personal union of the divine and human natures in Christ." If Aristotle had ever heard or read this, he would never have been made a Christian", for he would never have conceded that there is any such proportio of the finite and the infinite, not to mention unity, given in Christ. Why? Ecce, homol It is the manifest imperfection of the suffering man Jesus, the incongruity of seeing glory of divine creative love for the godless in this man's godforsaken death, which would in no way seem 'apt' or 'useful' to Aristotle in his quest for excellence analogous to that epitome of cosmic perfection which he calls the divine. In this state of darkness,

44

Argument IV; W A 39/Π, 103,5-10: "Est nova locutio, quae non est antea audita in mundo. Christus non est verbum mathematicum nec physicum, sed verbum divinum et increatum, quod significat substantiam et personam, quia verbum divinum est divinitas [...] Philosophice hiesst verbum sonus aut vox, sed theologice loquendo verbum signficat filium Dei."

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which seems like light to natural reason, however, the "creature" in Christ now sheds the true light and provides the missing analogue. Jesus as the new creature, the New Adam, is none other than he who goes obediently to the cross in fulfillment of the double love commandment. This self-surrendering obedience of love restores to view the lost image of God under the conditions of fallenness. It is thus 'paradoxical' in the sense of contravening conventional wisdom, but not in the sense of a logical contradiction. In Jesus the creature, we see humanity as God wills it to be, the analogue which already now makes certain, adequate and responsible speech about God possible in human language, even in the darkness of the world paradoxically now lit by the light of the cross. For this son of Mary is the same person as the Son of God. This is not a result which will please modern critics who are demanding a psychologically plausible "Jesus" as the touchstone of Christology which is not, as they think, to be 'Docetic'. Luther indeed thinks that the soul of Jesus cannot but be effected by the personal union: the Man, born of the Virgin, on whom the Spirit remains, appears to him as the new creation within the old, free of the stain of original sin, without an hypostasis, i.e. autonomous 'personality' of its own, but rather a theonomous 'personality' wholly existing in the hypostasis of the Eternal Son. Even if we allow for some homiletical exaggeration in this respect, for Luther this 'humanity' is miraculous, as the traditional teachings which he appropriates of the Virginal conception and sinless obedience of Christ attest.45 It is imperative to bear this point firmly in mind, because Luther will not differ from Schwenckfeld on this precise point. For Luther, as for Schwenckfeld, the true humanity of Christ is the miracle of the Spirit's new creation in time, the new formation of Adam from the dust and ashes of the Failure. The precise difference between the two will be that for Luther this new creature abides forever in and through a personal union with the Eternal Son. But for Schwenck-

45

For Luther, Jesus is as man 'more than a man'; cf. Siggins, Luther's Doctrine of Christ, 215: "There are two classes of man, he says, man for himself and the man from God. The second is a class of one, for Christ says that no one ascends to heaven but He Who descends from heaven, and thereby excludes everyone but himself [...] (In the nominalist logic, incidentally, this allows Luther to say both that Christ is man just like other men, and also that humanity is not predicated univocally of Christ and other men.) Christ assumed real flesh from His mother Mary, but since He was begotten not by flesh but by the Spirit, His flesh is to be distinguished from all other flesh born of Adam. 'By nature He is Mary's child, yet He has spiritual flesh, a true, divine, and spiritual body, in which there dwells the Holy Spirit Who begot Him and permeates His flesh with Spirit'. [WA 33,262,34]".

166

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feld, the state of the creature, being overcome in time, is left behind by the Eternal Son by assimilation to the divine nature.

4. The Polemic against Schwenckfeld (Th. 25-32) In Luther's opinion, Schwenckfeld is hardly a capable opponent; in the Praefatio, Luther calls Schwenckfeld "a man uneducated, inexperienced, and ignorant of everything, seeking praise for himself". 46 This invective is not, however, mere ad hominem, at least in Luther's view. He characterizes him as a "man without learning [or] training, and moreover without common sense", because he "does not know how to distinguish between words with more than one meaning." On account of elemental rhetorical errors, Luther holds that Schwenckfeld fails to see God in the creature Jesus - the humiliated and dying man - and therefore tries to find God in a deified humanity instead, as if the former were a creature (in the state of humiliation) and the latter had become creator (in the state of glory). This means that in place of a personal communion of natural properties in Christ, Schwenckfeld teaches what may be termed a dynamic Monophysitism. What could he have meant? Historical scholarship has established that for Schwenckfeld " A d a m w a s not the true, ideal or perfect man which God had intended [...] ([CS] XII, 8 7 ) " to participate in divine life, since A d a m "had the capacity to sin (posse peccare) [...] Adam's creaturity, which for Schwenckfeld connoted separation from God, antithesis to the divine, and even a negation of the true concept of true humanity, i.e. man as participant in the divine nature (IV, 646; XV, 170)" , 47

Thus he regarded the earthly Jesus as the new creature, the new Adam; he is the One elected to attain deification, which Schwenckfeld thought transpired with Jesus' resurrection, when he left behind the earthly or created state of separation from God and entered glory. So in glory he remains human, by which Schwenckfeld seems to have meant an individual spirit or personality, but no longer creature, as that connotes passivity, separation from God and liability to sin. This connection between the creature's natural condition and its liability to sin was centrally important to Schwenckfeld's soteriology. Christ as human personality is no longer creature because, united eternally to God by nature, he is now no longer capable of sinning. Incapacity for sin requires for Schwenckfeld a realistically conceived regeneration or resur-

46 47

WA 39/Π, 97,7: "homo indoctus, imperitus ac ignarus omnium querit sibi laudem". Maier, Schwenckfeld, 41.

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rection into the divine nature, since the root of sin is thought to lie in the metaphysical separation of God and humanity, rather than any mysterious personal turning of the creature's will away from God's will in fateful disobedience. The root of moral evil is not located in the personal act of a sin of origin, but in the metaphysical evil of finitude, which renders the creature liable to inevitable sin. The remedy in turn will be less the forgiveness of sins and the regeneration of the human person to fellowship in the Trinity than a literally conceived rebirth into God the Father's being. 48 "How was creaturely man ever to transcend his obvious creaturity? By means of the regenerating activity of God, through Christ, as Father rather than as Creator! [...] 'There is a vast difference between the creating office or work of God and his generating office or work' (CS XIV, 320f.)".49 We may leave aside here the question of how precisely Luther knew or understood Schwenckfeld's theology in detail.50 On the one hand, what fires Luther's ire is Schwenckfeld's accusation that he with the Chalcedonian Fathers impugns Christ's deity in affirming that Christ is and remains creature according to his humanity. In the Praefatio, Luther inveighs: "Even if the Fathers say that Christ according to his humanity is a creature, this could in any event be tolerated; but Schwenckfeld wickedly twists it: 'Therefore Christ is simply a creature'. Why, wicked man, do you not add that Christ according to his divinity is the Creator!".51 Schwenckfeld Chalcedon, as ture doctrine Schwenckfeld aecjuivoca, and 48

either ignores or does not understand the teaching of elucidated by the communicatio idiomatum rule of the maof the hypostatic union. In either case, that is because does not grasp the need to discernere inter vocabula thus does not distinguish between old and new senses of

The term 'creature' applies to the state of humiliation, but even there "he was a new creature, a new man, conceived by the Holy Spirit and born of the Virgin Mary; a new man, through w h o m and from whom the new birth and all other new men have their origin." (cited from CS V, 793 in ibid., 36). "Although the man, Jesus, by reason of the physical birth of his flesh was also included here on earth in the order of the essence of earthly man, yet he does not belong in this old creaturely order of creation, but in the new order of recreation or rebirth (CS VI, 136)" (Ibid., 36).

49

Ibid, 43.

50

Lienhard notes of Schwenckfeld: " H e thought that, in his glorified human nature, Christ was no longer a creature [...] (cf. esp. W A 39/Π, 100,lff) [...]. Moreover, Schwenckfeld remarked that since Christ can be adored, that proves that he is not a creature (WA 39/Π, 105,25ff)." Ironically, "Schwenckfeld thought that he was being faithful to the ideas Luther himself had put forward concerning the ubiquity of Christ. In fact, he possibly intended only to carry Luther's reasoning to its logical conclusion" (Luther: Witness, 333). W A 39/Π, 99,12-15.

51

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the term 'creature' as used philosophically or theologically respectively. Thus he systematically misunderstands the traditional christological affirmation that Christ is creature with respect to his humanity and with his innovation alters the sense of the Incarnation as a saving event, i.e. from providing for a new communion of persons to a transformation of one nature into another. If one uses the term 'creature' for Christ in its old sense to speak of one created separate from God, Luther points out, then one never was an orthodox Christian, but an Arian, teaching that there was a time when Christ the Logos did not exist but came into being, thus, a creature by nature ontologically separated from God. When one uses the term 'creature' for Christ in the new sense of the human nature personally united to God, however, there is no danger of diminishing Christ's uncreated deity. On the contrary, this usage has the virtue of specifying it: the uncreated deity of the Son of God is manifest in his becoming the son of Mary. Here divine power of creativity radiates in a creature's self-giving love, the glory of God which comes down to the depths to make something out of nothing, good out of evil, something beautiful and valued out of what is worthless, ugly and mean. This is creative love, almighty love, the manifestation of the love of the one and only Creator ex nihilo - the real glory of the almighty God penetrating the depths. Catholic faith with the Gospel of John sees the glory of true deity in the humanity that gives its life in death for others. And if not there, one will never see it. To philosophy, this may appear as senseless or perhaps pernicious paradox - the Pauline "folly". But it need not be so. In theology, we "have seen his glory, the glory of the only begotten of the Father, full of grace and truth" (John 1:14b) - not in heaven but here on the earth, in the way of Mary's Son to the cross. Schwenckfeld therefore "barks in his own empty confusions against his own dreams regarding the creature in Christ." So much for Schwenckfeld. Except for a warning about the future. Luther began the Praefatio saying that the reason for holding the disputation is that the students should be instructed and armed against future snares of the devil. In our present passage, in Theses 30-32, Luther issues this warning: although Schwenckfeld "concedes that God was made flesh" and "has not yet dared to deny that flesh is a creature", nevertheless "Eutyches dwells hidden in such heretics, ready someday to deny that the Word was made flesh." Again, it is not a question here of how well Luther has understood Schwenckfeld. It is an arguable matter. It is not clear that Luther grasps how Schwenckfeld regards the creaturely status of the Incarnate Son as a necessary prelude belonging to the state of humiliation, since it is this condition of the creature which Christ over-

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comes in the flesh and so makes the way for humanity's deification. In that case, it is not correct, strictly speaking, to cast suspicion on Schwenckfeld's undoubted dynamic Monophysitism as if it were eo ipso tacit or incipient Docetism. Schwenckfeld's Christ really came (though he does not remain) in the flesh. Real participation in (for the sake of overcoming) the creaturely state by the divine nature is integral to the Monophysite soteriology. Yet Luther's suspicion sounds in the warning given in Thesis 32: "They make a theatrical pretext, conceding in appearance that the Word was made flesh, ready someday to deny it, after it is denied that there is a creature in Christ." However Luther's interpretation of Schwenckfeld is judged,52 the passage remains instructive for our understanding of Luther's Christology. Luther here sets himself unalterably in opposition both to Monophysitism and to Docetism as he understands these, even if, as we have suggested, he perhaps confuses to a degree the two errors with each other. That is a challenge to contemporary interpreters of Luther, involving a number of questions. First, do critics of Luther's alleged Monophysite tendency themselves perpetuate Luther's apparent confusion of Monophysitism with Docetism? Second, if the real problem of Monophysitism is that it replaces the ineffable divine act of the personal union with a naturalistic image of metamorphosis, and, moreover, if a genuine Monophysitism does not deny that the earthly Christ came as a real creature of flesh and blood, then what really is the error of Docetism? Third, if Docetism is something distinguishable from Monophysitism, and if Luther, whose very commitment to the communicatio idiomatum is eo ipso a commitment to the two natures of Chalcedon against Monophysitism, then the question becomes precise: is Luther's (Alexandrian) brand of (Neo-) Chalcedonian Christology "naively Docetic"? What would that mean?

5. The Theological Circle (Th. 33-56) In this section of the Disputatio, Luther lists traditional similitudes illustrating the personal union: "clothing and a body [...] as God and man constitute one person." "The whole Trinity worked the incarnation of the Son, as two girls dress a third, 52

According to Maier, Schwenckfeld denied the charge of Docetism, that Christ's flesh came from heaven. " H e had no chimerical body (phantastischen Leib, IX, 778), but flesh which was visible, passible, and mortal." According to CS IV, 113 Jesus had to "assume 'our flesh'" to save us (Schwenckfeld, 59).

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Luther's Anti-Docetism while she at the same time dresses herself." "The condition of divinity and humanity is like the union of form with matter", or "the condition is like matter to form." "The divinity is compared to fire and the humanity to iron." "As the reasonable soul and flesh is one man, so God and man is one Christ." (Theses 37f., 40-44). 5 3

Some of these are characterized as inept or even heretical, others relatively more apt or even "most beautiful", yet all of them are judged, strictly speaking, "to limp". As similitudes drawn from earthly experience they are inadequate to express the ineffable union of the human and divine in Christ's person. In spite of metaphors more and less apt, all these writers in fact "deny that Christ is composed [of two natures, as the metaphors inevitably suggest] though they affirm that he is constituted [by the person of the divine nature who assumed a human nature to himself in the incarnation]" (Thesis 45). In other words, Luther here only reiterates the traditional qualification that all metaphors applied to ineffable things must be purified of unworthy associations and thought in a manner fitting for God, so that the images do not take on a life of their own through 'etymology, analogy, [logical] implication and illustrations' and so cease to be servants of the actual subject matter, i.e. the Incarnation as a divine act reconciling and uniting God and humanity. In this light, Luther can say "all of them reasoned (sapiunt) in a correct and catholic way, so that they are to be pardoned their inept way of speaking" (Thesis 49, my emphasis). On the other hand, "it is wicked", given the weakness of human nature and the difficulty of the subject, "when you know that the sense of someone's teaching is pious and sound to make up an error out of words ineptly spoken" (Thesis 34). Well said! But, one still wants to ask: How are we to know this 'pious and sound' sense apart from words, words, wordsl We now come to the second of the two circles mentioned above, not the hermeneutical circle of Scripture and ecclesiastical tradition which forms a kind of ex53

In is interesting to note that the later Melanchthon restores these suspect analogies to illustrate a christological union suspiciously similar to the nominalist suppositional theory: "An inseparable union of both natures, divine and human, occurred [...] the eternal second person of the Godhead and this human nature [...] even as soul and body can be in one unified person [...]. The human nature, soul and body, is supported [getragen] by the divine in such a way that there is a unified person, as one's body is supported by the soul in such a way that he is a unified person [...]. The divine nature glows [...] as ore glows in red hot iron." (Ph. Melanchthon, On Christian Doctrine: Loci Communes 1555, trans. C.L. Manschreck, Grand Rapids (MI) 1982, 31). He also restricts the communicatio idiomatum to verbal predication (34), not in respect to being but to preaching and service. Thus the cry of dereliction does "not refer to being, but to the then present performance in which he humbled himself" (35).

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ternal boundary for the orthodox Christian confession over against deviations in teaching, but now to a theological circle, so to say, operating within Luther's new and theological language. Here the Word in the words and the Spirit in the letter point to one another and thus together, and only together, yield the saving sense of a new unity of God and humanity forged in Christ, gifted with his Spirit and so made confessors in the world of the heavenly Father's coming reign against Satan and his hosts. It is in this context that theologians must also be confessors against error in teaching injurious to the gospel, i.e. error in teaching that undermines the foundation of saving unity with false ideas about Christ. Here really lies the crux of the interpretation of the Disputatio. My suggestion is that the theological circle at work in Luther's new theological language is a perichoresis of Spirit and Word, such that Trinitarian personalism provides the key to parsing 'words, words, words'. In an important study of the semantical issues raised in the Disputatio, Dennis Bielfeldt has urged a solution of this problem, which could be compatible with Trinitarianism, given certain clarifications. To put his solution rather too baldly: the saving sense is delivered by dialectical self-cancellations forced upon ordinary or philosophical language by the sheer paradoxical theological assertion of the 'infinite in the finite', which assertio itself is said to open up its own field of transcendence apart from relying on any immanent analogue. From the perspective of this proposed solution, however, Bielfeldt is forced to acknowledge what appear to be "tensions [...] inhabiting Luther's] views on theological language [...]. While theology is a grammar of the Holy Spirit, it is also a fallible human discipline. Theology is something one learns, something one can get better doing, something in which human experience plays an important role. For Luther theology as human word about God's word is itself God's Word both because it is grounded in the Spirit's scripture and it mediates the presence of the Spirit. Yet paradoxically, this language remains fully human." 54

As these dualistic commonplaces about theology as a human word and work might pass unnoticed today where the confessional nature of theology, as Luther understands it, is not in mind, Bielfeldt evidently sees no need to provide any specific evidence that Luther thinks this way. But the claim seems most unlikely, on the basis of the present Disputatio, in that it is theology which appears here as the nova lingua of the Spirit, with its own rules, in contrast to philosophy, which represents the human word and work. 54

Bielfeldt, Luther on Metaphor, 123.

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In a somewhat differing account of the "tension" - what I have referred to in Luther's own words as the unavoidable equivocation -, Bielfeldt explains that it arises because Luther allows no natural ontology to provide the underlying ground of continuity that could yield a term of comparison between God and creation, and yet at the same time insists that God's Word is spoken in human words. On the one hand, "Assuming ontological inventories can contain only actual and conceptually possible beings, the divine state of affairs about whether [sic, which] Luther is most concerned must be excluded from every such inventory. Many of the ultimately significant divine states of affairs, or facts of the 'heavenly realm', or 'real' theological essences are not ontological [i.e. intramundane]!"55 On the other hand, "Luther believes that the propositional content [including, presumably, ontological descriptions] of theological and doctrinal sentences is necessary for any existential appropriation of those sentences on the part of the believer [...]. Such discourse is a 'grammar of the Holy Spirit' [...] grounded in scripture, which is itself 'a book of the Holy Spirit'."56 Bielfeldt is right about the latter, but the former assumption of thorough-going Nominalism in Luther is problematic. Even more problematic is that Bielfeldt seems willing to sacrifice the latter notion to the former. Bielfeldt proposes that Luther's new theological language consists, not of metaphors of comparison, but in "interaction metaphor" (i.e. paradox) in which "the collision of literal, philosophical senses is needed to establish a 'theological sense' which can then reference the infinite in the finite [...]. The ground of this metaphor is not ontological [i.e., intramundane], for there is no 'underlying' similarity between the infinite and the finite by which the 'fittingness' of the metaphor is established".57

55

Ibid., 127. This is an assumption and not a neutral one. But one observes that if, as Christian faith affirms, the world is God's creation, then ontological inventories of all possibles reside in the mind of God, who gives existence only to those which conform to his wisdom and love, so that what finitely exists somehow reflects this trinity of power, wisdom and love, even if that reflection is unavailable to the egocentric mind of man, whose sin distorts perception of reality in construing creation as mere nature. The unavailability of an analogue does not entail its non-existence or its contingent production, and Christian faith has important - anti-Docetist, anti-Gnostic reasons to insist that, if not for sin, the world would manifest its Creator's praises every new day.

56

Ibid.

57

Ibid., 127.

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Instead the 'interaction metaphor' is said to be based upon the radical discontinuity between human and divine perspective, the necessary contradiction that comes about as the believer comes to see things from "the standpoint of the eyes of God". 58 "In the collision of meanings between 'God' and 'human being' in 'God is a human being', a theological sense is established whereby reference is made to that which is not, to the God-man, to the 'theological essence' inverting every philosophical resemblance".59 With this odd reference to the "God-man" as to what "is not", Bielfeldt invokes what he calls a "heavenly" or "trans-ontological order", ('beyond Being', one presumes) which, he tells us, is the res ineffabilis that cannot be expressed in the ontological categories (of this world) but anticipates the eschatological judgment - "seeing in the eyes of God." Bielfeldt's solution to the problem of how we are to know the Word in the words without losing the Spirit in the letter sharpens the question before us nicely. Are we to read Luther in this section of the Disputatio as repudiating wholesale the traditional similes in favor of contradictions, which paradoxically work to point beyond all that is earthly to a wholly other reality? Bielfeldt resorts to the Luther statement, 'Christ is sin', to exemplify his meaning here: "there is no underlying ontological similarity supporting the assertion, 'Christ is sin'. Rather, the assertion is made true from the standpoint of the divine. It is the inexpressible theological essence of Christ and sin which is referenced by the theological sense brought about by the collision of the philosophical meanings of 'Christ' and 'sin'." 60 Although one wonders about referencing an inexpressible theological essence, surely there is something right in this analysis in pointing to the divine and personal decision which constitutes the one Lord Jesus Christ in his mission from the Father in the Spirit to be that New Adam, "who knew no sin, yet was made to be sin." That stunning exchange of predicates cannot be deduced on any immanent basis for which sinlessness and sin must be contraries - or else all reasoning collapses into chaos. The same applies, as we have seen, to the 'Word became flesh'. Yet are we to think then that Luther falls headlong into a trap when he evaluates, as he surely does in Theses 36-44, the relative merit of the various metaphors of Incarnation, as if any of them could be more or less apt? Or rather has Luther not introduced a rule precisely for ordering and evaluating 'comparison metaphors' as they apply, not to some sphere of infinity which comes on the scene in an 58

Ibid.

59

Ibid., 128.

60

Ibid., 130.

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explosion of finite meaning, but to the ineffable incarnation presented and made known in the gospel narrative? Is not Luther working toward a rule (something like: "constituted by the personal action of the Son, not composed like a compound of two natural elements") specifying the soteriological sense of the divine action, by which sense then comparisons are to be regulated? It seems that the latter is the case. We should hardly be able to account for Luther's sharp and incisive critique in Theses 46-48 of the insulsius (insipid, absurd, tasteless) suppositional Christology of the Nominalists, which has us imagining the personal union in the portentose (bizarre, fantastic) manner of the divine nature undergirding an independent humanity as it works out its own salvation. 61 61

Lienhard on Biel's teaching: "Thus only the statement, Christus est creator can be made without qualification. As for the statement, Christus est creatura, it must be handled with all the care that we have indicated [i.e. only indirectly, only according to the humanity etc]. There again, Luther goes beyond the Occamist position, because for him the hypostatic union is not reduced to the suppositale union [the divine person supporting the human nature], but is truly a union within the person and it finds adequate expression in the communication of attributes, conceived realiter." (Luther: Witness, 333). The Occamists teach that "the human nature does not become [...] persona Christi, but is carried and elevated (sustentificatur) by the persona divina [...] in 1509, commenting on the Sentences" Luther agreed with this Occamist christology, but in the late Disputations, he began to oppose it: "The two natures constitute one and the same person and the person of Christ is composed (constat) of the divinity and the humanity (WA 39/11, 100,18; 110,22)." (Ibid., 329). In this light, Jörg Baur's polemic against Melanchthon's apparent retreat to suppositional Christology seems justified: In the 1555 Loci, Melanchthon wrote: "the human nature, soul and body, is supported [getragen] by the divine in such a way that there is a unified person, as one's body is supported by the soul in such a way that he is a unified person" (cf. bei. chap. 6 at n. 321f.). This is exactly the image of the incarnation that Luther seeks to abolish. At the same time, Baur's polemic against the trinitarian notion of person as a "tertium" weakening the communication of natures seems misplaced. Baur argues that rightly understood for Luther "the Person of Christ is his being for us and for all creation." True, particularly in articulating how the incarnation affects the asarkos Logos. Yet Baur continues to argue that in this way "the compulsion of thought and representation to understand Christ according to the model of an identical personality is broken through and the secret of Christ as the event of the miraculous exchange is acknowledged: God becomes man, weak and mortal, the man becomes God, almighty and immortal, both not in themselves but rather through the act of taking up and making community." (Ubiquität, 239 cf. chap. 6 bei., paragraphs 6.4.3. and 6.4.4.). But "person" rightly understood designates this very agency which exists in dynamic relations to others: the "self-identical" person of the Son exists in eternally receiving his being from his Father and returning himself to the Father in the love of the Spirit. The same person exists in time by including the sinner in his own receiving of the Father's good pleasure and giving himself back by loving obedience in the Spirit to the Father. This temporal receiving in the birth from the Virgin and the bath in the Jordan and self-giving in the Garden and on the cross constitutes the unique personal identity of Jesus 'his being for us and for all creation'. Baur does concede that the repletive "understanding of the real presence of the body and

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If it matters to Luther thus to evaluate the metaphors of comparison for their relative aptness in proclaiming the personal union as God's saving unity with us in the person of his Son, it is not, as Bielfeldt rightly sees, because he is searching in them for an immanent analogia entis with which philosophical reason could make the Incarnation intelligible on its own earthly terms within its cosmic frame of reference. It is rather because the Word, having assumed a human nature and made it his own forever, has thus made itself comparable to worldly things in specific ways (e.g., Christ is like a Good Shepherd who lays down his life for the sheep, not like a thief or a robber who abandons them when danger comes), and in this way understandable for believers in the battle of the ages. If that is so, in the end we use the awkward and not fully adequate formula, "that Christ according as he is a man is a creature" to say truly what is meant by the Incarnation, even though some may "not be pleased by this or not understand it" (Thesis 51). In that case, does not the notion that Christ is creature provide an analogue by which the nova lingua can speak truly both of God and the creation? Bielfeldt's solution, it seems to us, is vulnerable to a danger,62 if it is not more carefully integrated into classical dogmas of Christ and the Trinity, as indeed Luther himself labors to do in our Disputatio. It is possible to confuse what is under discussion. For Luther, Christology is about the assertion of the ineffable Incarnation by the gospel and its confessors in the contest with Satan. It is commonplace in modern Protestant theology since Kant and Kierkegaard, however, to think that the problem of Christology is how to effect an event of ineffability or extraontological transcendence in time and space without any immanent basis or mediation. The cost of this move, however, is dialectically to remove all adequate and responsible talk of God to the beyond and to speak only in a veiled and indirect way on earth - in an incognito. The Incarnation thus becomes an immanently groundless pointer, Bultmann's mere das Dass, an abstract assertion of the infinite in the finite in the form of logical paradox. This rhetoric smashes our idols and leaves us speechless, to be sure. It also leaves a spiritual vacuum into which seven devils worse rush to fill. One is led by such dialectical selfcancellations of ordinary meaning to private, if reverent silence, neither to churchly doxology nor public confession.

62

blood of Christ could lead to a pansacramental presence separable from the bread and the wine", which is why Luther himself "restricted the presence in the Supper in 1528 to the definitive mode" (cf. bei. chap. 6 at n. 283). A danger, which Bielfeldt himself is manifestly quite concerned with as well. Thus, the present criticism is intended as a friendly one.

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None of this has anything to do with Luther, for whom knowledge of the separation of the finite from the infinite is a rational and natural insight of true philosophy, not of theology. If one fails to grasp this, one can think that it is the business of theology in Luther's tradition first to generate a genuinely trans-ontological or trans-worldly reference, through paradoxical semantical negations of the finite, with absurd locutions like 'God is a man'. But to this nonsense, Luther could respond: Why not, God is an ox? God is Michael Jackson? God is Pink? Why Jesus? It is hard to see how a sheer contradiction, which threatens to descend into sheer nonsense or sheer fideism, can issue in anything more than an abstract antithesis, a "false infinite" determined merely by its abstract opposition to abstract finitude, that never truly expresses the saving reality of the infinite in the finite in the touchability, tastability, visibility (1 John l:lff) of mercy. Luther's concern in this Disputatio is precisely the opposite: the Christ presented and confessed in the gospel unites the finite and the infinite, a contradiction in terms that good philosophy can never allow on its own immanent basis, but which really transpires with the shift to the new theological discourse. Bielfeldt's criticism of Tyorinoja's identification in Luther of "the Word of God with talk about the Word of God", 63 is wrong-headed; it is in serious contradiction to his own best intentions, and indeed his previous acknowledgement of what he characterized as Luther's 'tension'-laden view of theological language. But we must take care that this 'tension' is Luther's unavoidable equivocation at the juncture of the ages, not one created by the imposition of post-Kantian, Kierkegaardian-existentialist categories on Luther. To put our conclusions positively, we agree theologically with Saarinen that "from the logical point of view we must admit that the theological language speaks in an 'improper' sense and that theological concepts are, grammatically speaking, metaphors. But from God's point of view the 63

Luther on Metaphor, 129. Bielfeldt writes in criticism of Tyorinoja: "To say that the theologian's language is the Word of God itself is to elevate the theologian to the standpoint of the infinite. Luther, however, carefully distinguishes between the Word of God in scripture and the theological interpretation of the Word of God. Theology is human interpretation [...]. Such an enterprise is a finite speaking about the divine" and he concludes with a polemic flourish: "not merely a parroting of sequences of revealed names rigidly designating inconceivable objects!" Bielfeldt offers no evidence for these claims, when it seems prima facie the case that in our Disputation, Luther is insisting on the divinely given formulas loquendi. One suspects that just as he is reading Luther's theology of the incarnation through Kierkegaardian lenses, he is also illicitly modernizing Luther's view of the relation of between the Word and the words. For Luther theology is confession, and Word and words become one in act of witness in analogy to the personal union itself.

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Word of God is the only true and proper language and human languages are nothing but improper metaphors of that Word." 64 Theology, in other words, precisely as the "new language" and "grammar of the Spirit", is only possible in daring to speak by faith in Jesus 'from God's point of view'. Thus we agree historically with this statement of Lienhard: "the incessant effort of Luther in the Disputations to make clear the miraculous reality of the incarnation [...]. The fact [of the Incarnation] precedes the thought. Such thought has to let itself be corrected, transformed, and reoriented by this unique and new reality, which shocks our usual way of thinking".65 When w e understand that it is not and can never be the ineffable mode or manner of the person union - the miracle - which Luther seeks to comprehend in theology, but rather the reality and sense of "the one Lord Jesus Christ, true God and man" as our salvation, we see that theology, unlike philosophy, asserts here a specific and concrete unity of the finite and the infinite. For the sake of clarity about what is meant in this assertion the following formulas are both necessary and apt: "with respect to humanity, Christ is a creature" and "with respect to divinity, Christ is creator" and "these two are one concrete person, Jesus." These Spirit-given formulae loquendi, moreover, are the reflected Word of God, in that they confess, or same-say, the Word of God's self-testimony in the gospel. That - simpliciter - is Luther's meaning, whether or not we today can follow him in it.66

64

65 66

Saarinen, Word of God, 36f. Biefeldt would protest that this puts the theologian in the divine perspective. But that is precisely Luther's claim. Indeed, it is Bielfeldt's claim when he speaks of the believer coming to see things from the eyes of God! Lienhard, Luther: Witness, 326. Cf. Siggins, Luther's Doctrine of Christ, 237: "Faith is finally bound to confess that all His words and actions - even those by which we know Him to be a man - are in the fullest sense words and actions of the person of the Word. The implications of this confession stupefy the imagination; but this is Luther's confession." This in contrast to Siggins' own evident sympathy for Zwingli's reservations regarding Luther "stupendous" confession (Ibid., 236), and his own corrective paraphrase of Luther's communicatio to a figurative "as i f : The soteriological claim of the gospel, he writes, can be made in "far more lucid and straightforward ways" than by Luther's use of the communicatio rule: "the claim, on the one hand, that we must take the perfectly human words and deeds of Christ as if [!] they were the words and deeds of God, and on the other, that the relationship of unity and mutual indwelling in the Holy Trinity now extends to the manhood of Christ and thus also to us, His body [...]. [Yet] here Luther, the model of clarity, becomes strangely turgid and abstruse. The soteriological thrust is quite obscured" (Ibid., 231). "What, then, has been gained by stating this concern in such complex guise, replete with physical analogies and decked out in learned phrases"? (Ibid., 232). Zwingli himself could not have argued for the alleosis better.

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6. The Grammar of the Spirit (Th. 57-64) As w e have already spoken throughout our exposition of the confessional nature of theology in Luther's apocalyptic understanding of the conflict of the Spirit and Satan, there is no need to reiterate here what was said above. But the question we raised at the outset now demands a precise answer: What is this sense that the Spirit urges? Which is the understanding of Scripture that the Spirit demands? Luther here makes clear that real error, i.e. false teaching about Christ which gives the victory to Satan, does not lie in the commission of verbal mistakes of expression. Not even the Bible stands such a test of verbal 'inerrancy 7 , since Moses gives the commandments in two disparate versions! On the other hand, Satan himself quotes Scripture, though with wicked intent to tear asunder what God has joined together, just as his demons tried to tell the truth about Jesus but had to be silenced as abusers of this truth. Words, words, words - words that deceive as well as lead to the truth. Yet in this Babel of tongues, the Spirit causes the saints to speak the substantive truth according to his intended sense, while agents of the devil, even when saying something true, nevertheless lie about God. So how is one to find one's way to the Word through this cacophony of words, words, words! How is one to read the letters in the Spirit? In Argument XXIV, the objection is posed that the humanity of Christ is an accident of the divine substance, since Christ is man accidentally, not substantially. Luther responds to this objection by noting that the "condition as man", in which Christ was found according to the Apostle, "signifies that he walked and lay down like any other man. Paul wishes to demonstrate that he was a true man, who suffered and spoke as a m a n " . In Luther's view, Paul's anti-Docetic sense will not come to proper expression if one speaks of the humanity as an "accident". "Propositions concerning the accidents of man and God in Christ are not pure, therefore they are to be spoken of sparingly, and we must take our stand on the unity. This is so closely joined that in the whole nature of things no similar example can be given".67 The unity of an accident with the substance that bears it is an impure and misleading analogy; but in theology, the argument runs the other way. Here we begin with a singularity of the one person Jesus Christ, which bears 'epistemic primacy', which is axiomatic for theological discourse as

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W A 39/Π, 114,12-15 (A).

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such.6S "This is what we must take our stand on", understanding by the Incarnation a unity freely decided by the Eternal Son which accordingly abides forever, the same One who appears preaching in Galilee and headed toward Jerusalem and so on in the gospel narrative. This axiomatic truth comes in the first place from neither Scripture nor Tradition, but from the Spirit of Christ effectively speaking this singularity through the gospel: "the one Lord Jesus Christ, true God and man", our new testament relation to God.69 Luther's theological circle of interpretation, in other words, may be understood as the real relation between Christ and the Spirit at work in the generation and sustenance of the fides catholica through the preaching of the gospel. Just as it is the Spirit of Christ who reveals the man Jesus as the crucified and risen Son of God in bestowing faith, so it is the 'this one Lord Jesus Christ, true God and man' who can and does give his own Spirit to evoke faith as he calls through the gospel. The sense of the Spirit is Jesus as Christ, the God-man; the God-man Jesus Christ gives his own Spirit in order that believers may be snatched from Satan's snares to apprehend him aright. Appeal at this juncture to the "epistemic primacy" of Trinitarianism as a solution to the riddle of the Word in the words and the letters in the Spirit is not without support in the text of the Disputatio, nor indeed in the very nature of the controversy with Schwenckfeld. Maier points out that Schwenckfeld in his genuinely Monophysite Christology tended to collapse the Spirit into the glorified Christ, even on occasion identifying them.70 But Luther has a lively sense of the personal distinctions and their respective functions in the economy of salvation; it surfaces in Argument XV, where the communication of attributes, or the Incarnation, is limited to the incarnate Son: "When therefore it is said that 'the divinity died', then it is implied that the Father too and the Holy Spirit have died. But this is not true, for only one

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69

Cf. B.D. Marshall, Trinity and Truth, Cambridge 2000, 46f.: "It seems that no practice is more primitively embedded and persistently maintained in the Christian community than that of calling upon Jesus, or, we could say equally well, of calling upon the Father through and with Jesus in the Spirit. Therefore the beliefs upon which this practice depends are the ones which are most central for this community: those which identify the crucified Israelite Jesus as raised by the Father, in the Spirit whom Jesus and the Father have poured out on all flesh [...] these beliefs will be epistemically primary for the church. That is, the church will decide about the truth of other beliefs by seeing how well they fit, or cohere, with the beliefs which constitute its identification of the triune God." Ibid., 5.

70

Maier, Schwenckfeld, 106.

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person of the divinity, the Son, is born, dies, and suffers, etc. [...] Christ alone is not the whole Trinity".71 By the very token that 'Christ is not the whole Trinity', Luther experiences no internal pressure, as a Monophysite would who diminishes the concept of person in favor of nature or essence, to have Christ accomplish every function in the economy of salvation. This is not a prescription for a merely academic theology. This theology thinks the catholic faith, the new covenant unity of God and humanity in the person of Jesus Christ and his history with us and for us. Whoever theologically apprehends the Son in the Spirit, that is, by faith, is joined with others to live to the Father now and forever. The new language about Jesus forms a corresponding new way of life in the new covenant community of Christ. Therefore the unholy spirit, at work through those w h o preach some other Christ w h o only appears to be creature or some other Creator than this dying man, is always trying to tear asunder what God has joined together in the joyful wedding of Christ and his people. Believers in Jesus Christ engage in this battle against Satan theologically by understanding and confessing the saving truth on which they stand before the world: the man Jesus created the heavens and the earth; this same Son of God suffered and died. And these are one Lord Jesus Christ, true God and man.

7. What is Docetism? For Luther, as Jörg Baur has urged, 7 2 the exaltation does not remove the human nature to some spiritual world, but rather "locates" it in the Almighty Creator's own nearness to the spatially and temporally determined world. God as Creator has for Luther many ways of being present, and this capacity must not be restricted by a philosophical delimitation of local presence to creatures and transcendental presence to the divine 'cause of causes'. If God demonstrates creative power by sundering the tomb and raising the body of Jesus from death, local presence is not definitive of authentic humanity and " m a n in this life is the simple material of God for the form of the future life". 7 3 The real union, the est, not the significat, of classical Christology, in the interim cuts in two directions. On the one hand, if Jesus only seemed to die, the apostolic father Ignatius cried out against those who deny reality of his

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73

WA 39/Π, 110,7-13 (A). Cf. bei. chap. 6 at η. 115-120.

Disputatio de homine (1536), th. 35 (LW 34,139).

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body, then I only seem to wear these chains, I will only seem to be devoured by the beasts! The theology of the martyrs with its resurrection ethic is and must be antidocetic. On the other hand, as Luther complained: "if it cannot be said that God died for us, but only a man, we are lost." 74 If the body born from Mary only seems to be God, his suffering cannot help us; indeed he too is in need of a savior. The theology of the cross which knows God in sufferings and the cross is and must be antidocetic. Cross and resurrection, understood together as in the Johannine 'theology of glory',75 is antidocetic. In the classical antidocetism of incarnational theology, the genuine identification of God with Jesus who acts in his Father's name for the sake of the ungodly is not the instrument of a revelation that is conceivable apart from this particularity of Jesus' life of mercy in the drama of the approaching kingdom. Apart from this, notions of divinity and humanity will simply revert to the more or less adequate accounts of the experience of fallenness and alienation which philosophy can give from within the seemingly eternal cosmic order, unaffected by the eschatological promise. But the communicatio idiomatum tells this particular story of Jesus in such a way that the very notions of divinity and humanity become mutually informative of the destiny of the world's salvation. Luther's antidocetic Christology does not stand apart from this classical antidocetism of the fides catholica. It belongs instead to one of its most profound expressions. If it has a future, it will come, as the aged Luther himself realized, when the existential and soteriological themes which dominated his life's theological work are re-anchored in the Trinitarianism of the fides catholica, and theologians in his tradition consequently worry less about what Jesus did than about what he is doing. Luther's new way of theological thinking lends itself to the solution of contemporary quandaries as diverse seemingly as ecumenical convergence and the quest for the so-called historical Jesus; it offers help in the urgent need for constructing a Christian theology of the world religions, not on the basis of some religious a priori, let alone the empirical reduction of the religions to a supposedly common psychic or social functions, but upon the universal presence of the Man for others operative everywhere.

74

LW 41,103.

75

Cf. U. Schnelle, Antidocetic Christology in the Gospel of John: An Investigation of the Place of the Fourth Gospel in the Johannine School, trans. L.M. Maloney, Minneapolis 1987.

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Appendix: English translation of the Theses 1. This is the catholic faith, that w e confess one Lord Jesus Christ, true God and man. 2. From this truth of the double substance and the unity of the person follows the communication of attributes, as it is called. 3. So that those things, which pertain to man, are rightly said of God, and, on the other hand, those things, which pertain to God, are said of m a n . 4. It is true to say: This m a n created the world, and this God suffered, died, was buried, etc. 5. But these are not correct in the abstract (as it is said) of h u m a n nature. 6. For it cannot b e said, Christ is thirsty, a servant, dead; therefore he is thirst, servitude, death. 7. On that account this [statement] too is condemned: Christ is humanity, even though it is said: Christ is divinity. 8. Even though m a n and humanity are otherwise synonyms, as are God and divinity. 9. In the divine predicates or attributes there is not a difference of this kind between the concrete and the abstract. 10. Even though both the scriptures and many fathers do not distinguish between the concrete and the abstract in many predicates of h u m a n nature. 11. The Symbol sings, "When you took m a n (homo) upon yourself to deliver him", and Augustine often does the same. 12. Although the regular form of speech (as it seems) would be: " W h e n you took humanity, or h u m a n nature upon yourself to deliver it." 13. Accordingly some are not afraid to say: Christ is a creature, although the statement would s e e m [to m e a n that] Christ is created. 14. A n d John 1 says: "The Word was made flesh," although in our j u d g m e n t it would have been better said, "The Word was incarnate", or "made fleshly." 15. It is rightly taught, that in this matter the manner of speaking preserved in the scriptures and in the orthodox fathers should prevail. 16. Or rather, m a n y things are allowed even to the fathers w h o are agreed to b e orthodox, which w e should not imitate. 17. O n this account w e should in this matter be wary of etymology, analogy, [logical] implications, and examples. 18. Just as in g r a m m a r certain heteroclite nouns and irregular verbs are not subject to etymology, analogy, or example. 19. A n d generally, in every sort of subject and art, practice often dictates against the rule. 20. Nonetheless it is certain that in Christ all words receive a n e w signification, though the thing signified is the same.

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21. For "creature" in the old usage of language and in other subjects signifies a thing separated from divinity by infinite modes. 22. In the new use of language it signifies a thing inseparably joined with divinity in the same person in an ineffable mode. 23. Thus it must be that the words man, humanity, suffered, etc., and everything that is said of Christ, are new words. 24. Not that it signifies a new or different thing, but that it signifies in a new and different way, unless you want to call this too a new thing. 25. Schwenckfeld and his frog-and-mouse warriors (batrachomyomachi) foolishly scoff when we say that Christ according to his humanity is called a creature. 26. A man without learning, training, and moreover without common sense, does not know how to distinguish between words with more than one meaning. 27. For those who say that Christ is a creature according to the old use of language, that is, as separated [from God], were never Christians. 28. But rather everyone vehemently denies that Christ is a creature in this way, which the Arians taught. 29. It is clear, therefore, that Schwenckfeld is barking at empty confusion against his own dreams about the creature in Christ. 30. And forgetting himself, the man concedes that God was made flesh, though he has not yet dared to deny that flesh is a creature. 31. But Eutyches dwells hidden in such heretics, ready someday to deny that the Word was made flesh. 32. They make a theatrical pretext of conceding in appearance that the Word was made flesh, ready someday to deny it, after it is denied that there is a creature in Christ. 33. In these ineffable matters, therefore, this [rale] must be kept, that we interpret the teachings of the fathers (as is necessary) in a suitable way. 34. It is wicked, when you know that the sense of someone's teaching is pious and sound, to make up an error out of words ineptly spoken. 35. For there were never any fathers or doctors who never spoke in an improper way, if you want to scoff at their teachings. 36. Sedulius, the very Christian poet, writes: "The blessed author of the world / Put on a lowly servant's form" and so through the entire church. 37. Although nothing more heretical could be said than that human nature is the clothing of divinity. 38. For clothing and a body do not constitute one person, as God and man constitute one person. 39. And yet Sedulius' thought was most pious, as his other hymns abundantly prove.

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Luther's Anti-Docetism

40. For the same reason that common saying would be heretical: The whole Trinity worked the incarnation of the Son, as two girls dress a third, while she at the same time dresses herself. 41. Thus certain scholastics, who think that the condition of divinity and humanity is like the union of form with matter, could not be defended. 42. Others on the other hand [who think that] the condition is like matter to form, speak much more ineptly, if they are strictly judged. 43. Nor could that [image] be maintained, in which the divinity is compared to fire and the humanity to iron, even though it is a very beautiful image. 44. Nor could that [image] be tolerated which Athanasius puts forward: "As the reasonable soul and flesh is one man, so God and man is one Christ." 45. For all deny that Christ is composed [of two natures] though they affirm that he is constituted. 46. But none have spoken more insipidly than the Modernists, as they are called, who of all men wish to seem to speak most subtly and properly. 47. These say that the human nature was sustained or supposited by the divine nature, or by a divine supposite. 48. This is said monstrously and nearly forces God as it were to carry or bear the humanity. 49. But all of them reason in a correct and catholic way, so that they are to be pardoned their inept way of speaking. 50. For they wished to utter something ineffable, and then every image limps and never (as they say) runs on all four feet. 51. If [anyone] is not pleased by this or does not understand it, that Christ according as he is a man is a creature, the grammarian consoles him. 52. Let him who has learned to discuss the same matter in various ways be commanded to speak as simply as possible. 53. As the Ethiopian is white according to his teeth, the grammarian could speak otherwise thus: The Ethiopian is white with respect to his teeth, or white of tooth. 54. But if this is unpleasing, let him say: The Ethiopian has white teeth, or the teeth in the Ethiopian are white, or, most simply, the Ethiopian's teeth are white. 55. Since in all these forms of speech the author wishes to signify the same thing, it is useless to seek an argument over words. 56. Thus since these forms of speech - Christ according as he is a man, or according to his humanity, or with respect to his humanity, or by his humanity, or in his humanity - mean nothing else than that he has a creature or has assumed a human creature, or, what is simplest, the humanity of Christ is a creature, the false logicians are to be condemned, who give different meanings to different grammatical forms of expression of the same matter.

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57. Therefore heresy lies in meaning, and not in words, as St. Jerome rightly said when he was provoked by his calumniators. 58. Otherwise Moses would be the greatest of heretics, for he recounts the Decalogue itself in different forms in Ex. 20 and Deut. 5. 59. On the other hand, anyone with a wicked meaning, even if he shall speak aptly and brandish the Scripture itself, is not to be tolerated. 60. For Christ did not permit the demons to speak when they testified that he was the Son of God, as if they were transfiguring themselves into angels of light. 61. Such is the simplicity and the goodness of the Holy Spirit, that his people, when they speak falsely according to grammar, speak the truth according to the sense. 62. Such is the craftiness and the wickedness of Satan, that his people, while they speak truly according to grammar, that is, as to the words, speak lies according to theology, that is, according to the sense. 63. Here it may be said: If you are lying, even in what you say truly, you lie; on the other hand, if you are speaking the truth, even in what you say falsely, you speak the truth. 64. This is what it means to be a heretic: one who understands the Scriptures other than the Holy Spirit urges.

Ubiquität Jörg Baur

1. Einführung Wenn „die Gesammtheit des endlichen Seins nur in der Abhängigkeit von dem Unendlichen besteht", 1 stellt sich nicht nur die Frage nach dem Verhältnis der beiden hinsichtlich der räumlichen Bedingtheit des Endlichen, also nach der „Allgegenwart Gottes", sondern seit dem 16. Jahrhundert auch das durch den Terminus „Ubiquität" und dessen Äquivalente „Allenthalbenheit", 2 „Uberallgegenwärtigkeit", „Uberallgegenwart", 3 „Überallheit" 4 angezeigte christologische Problem. Die biblischen Sätze von der unfassbaren Nähe Gottes, „der Himmel und Erde erfüllt" (Jer 23,24), in „Himmel und Scheol da" (Ps 139,8), auch „im finstern Tal [...] bei mir" (Ps 23,4) ist, und den doch „aller Himmel Himmel nicht fassen" (lKön 8,27), leiten zur Rede von Gottes Allgegenwart an: seinem Sein bei, mit, in (adessentia, συνουσία, immanentia) und zugleich außer (extra) und über den Geschöpfen.5 Als Herrschaft gefasst, wird die Allgegenwart zu einem Moment der Allmacht;6 die Gewichtung der „Nichtabständigkeit" (indistantia) des sich den Geschöpfen „gantz und gar" gebenden Gottes7 kann in die

1

F.D.E. Schleiermacher, Der christliche Glaube, Berlin 2 1830-1831, § 36,1.

2

Deutsches Wörterbuch von J. und W. Grimm, Bd. 1 (1854), 220.

3

J. G. Hutten, Christus Aquila coelestis oder Hochfliegender Adler Christus. Das ist Christliche Himmelfahrts=Predigt, A m Tage der siegreichen Himmelfahrt Christi .. Leipzig 1677, 34 und 145.

4

J. Brenz, De personali unione duarum naturarum in Christo et ascensu Christi in coelum ac sessione eius ad dextram Dei patris (1561) [im folgenden: P], in: Die christologischen Schriften. In drei Teilen hg. T. Mahlmann, Tübingen 1981, 7.

5 6

J. Stöhr, Art. Allgegenwart (Omnipräsenz) Gottes, H W P 1 (1971), 162f. J. Calvin, Institutio Christianae religionis (1559), in: P. B a r t h / W. Niesei (Hgg.), Joannis Calvini Opera selecta, Bd. 3, München 3 1967,1, 5,6.

7

W A 26,505,39.

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„Spekulation eines allgemeinen Geistes, der die Welt beseelt und belebt", 8 umschlagen. Dem entgegen wird ,orthodox' zwischen Gottes ,absoluten' Attributen Unendlichkeit (infinitas), Unermesslichkeit (immensitas) und der weltbezogenen ,relativen' Omnipraesentia unterschieden, diese selbst jedoch different bestimmt: als Handlung (operatio) - so 1616 B. Mentzer, als Anwesenheit (adessentia) und Handlung - so 1624 die Decisio Saxonica, als indistans adessentia - so 1617, wie die ,Tübinger' 1619, der Gießener Philosoph Scheibler: „Die Gegenwart Gottes besteht nicht in der Handlung". 9 Derlei Distinktionen scheinen naiv zu vergegenständlichen und die Korrelation von „göttlicher Ursächlichkeit" und „Empfänglichkeit des endlichen Seins" 10 zu übersteigen. Doch nicht erst mit der metaphysisch'-beschreibenden Rede bricht die Frage nach dem Verhältnis des Schöpfers zu der räumlich verfassten, jedenfalls als räumlich bedingte wahrgenommenen,Wirklichkeit' auf. Die traditionellen Antworten verweisen zum einen (a) auf Gottes Freiheit, der auch als gegenwärtiger ,völlig ungebunden handelt' (agens liberrimum),11 zum anderen (b) auf die Hinfälligkeit der Geschöpfe (Jes 40,6), die „gänzlich unfähig sind, da zu sein, wenn ihr Schöpfer abwesend ist", 12 der in Wahrheit „wesenhaft überall ist, durch alles hindurchgeht und in die einzelnen Wesen innig eingeht". 13 Soteriologisch gewendet (c), wird die Nähe des Schöpfers biblisch als affektive Betroffenheit' des liebenden Gottes durch räumlich konkrete Vorgänge (Hos 11,8) ausgesagt, bis hin zur zugesagten Identifikation mit den Erwählten (Sach 2,12), die wahrzunehmen das Postulat der unveränderlichen Gottheit (Piaton, Politeia 381 c7), die ,leidensunfähig' ist (impassibilitas), behindert. Nur noch abkünftig bzw. antithetisch zu 8 9

10 11 12

13

Calvin, Institutio I, 5,5: „[...] speculatio de universa mente quae mundum animat ac vegetat." Metaphysica duobus libris... Editio nova emendata, Genevae 1636, I, 211: „[...] praesentiam Dei non consistere in operatione." Vgl. Joh. Chr. Pfaff (Praeses), Diatribe pneumatica de Ubiquitate Dei, quam divina assistente gratia, praeside viro dignissimo et excellentissimo Dn. Johanne Chrystophoro Pfaffio ..., Tubingae 1698. Schleiermacher, Glaube § 53,1. Ph. Melanchthon, Loci praecipui theologici... (1559), in: StAII/l, 165-11/ 2, 780, hier: Π/1,216,25. J.J. Breithaupt, Institutionum Theologicarum, de Credendis atque Agendis Tomus I. Dogmaticus: de Deo, & Homine ... Editio secunda: secundum priorem, a. 1694 vulgatam, emendata, nec non aucta, Halae/Magdeburgicae 1716, 99: „[...] subsistere prorsus nequeunt, absente [...] Creatore suo." A. Calov, Systema Locorum Theologicorum ... Tomus Tertius, Witebergae 1659, 1189: „Deus ubique est per essentiam ac per omnia commeat, singulisque essentiis illabitur intime".

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diesen Bestimmungen sind (d) die Bekundungen einer als Mitsein gedeuteten Gegenwart der schenkenden Gottheit: „So hab' ich endlich von dir erharrt: / In allen Elementen Gottes Gegenwart". 1 4 Solch universaler Vermittlung widerspricht (e) die Ansage der Allgegenwart Gottes als den Sünder umlagernder Schicksalsmacht, die mit dem „verborgenen Gott" gleichgesetzt wird, 15 der durch das Gesetz dem Subjekt die Welt eng macht. Zur sogenannten ,Ubiquitätslehre' kommt es, indem die theologischen Prädikationen der Allgegenwart auf Christi Menschsein übertragen werden. Um eine pauschale ,Metaphora' kann es sich dabei nicht handeln. Zum Verständnis wird deshalb diese heuristische These vorgeschlagen: Die Aussage der Allgegenwart von Christi alles erfüllender (Eph 4,10) Menschheit ist die auf die raum-zeitlichen Bedingungen des Menschen und der gesamten Kreatur bezogene Konkretion des Evangeliums von der Befreiung aus der Macht ,des den ganzen Erdkreis besetzenden und erfüllenden Gesetzes',16 das den Sünder an den ihn vereinzelnden Ort17 seiner Selbstbehauptung im Widerspruch zum Schöpfer bindet, woraus Christus deshalb befreit, weil in ihm, der „Person aller Menschen",18 Schöpfer und Geschöpf in gegenseitiger Gemeinschaft so vermittelt sind, dass kein Ort sein kann, dem er, „inkarnierter Gott und gottgewordener Mensch" zugleich,19 nicht gegenwärtig ist. Diese sich der kontingenten Zusage des Deus corporeus 20 verdankende Einsicht hat nicht zufällig anläßlich des protestantischen Dissensus über das Abendmahl zur sogenannten ,Ubiquitätslehre' geführt; denn dem Geschehen von Hingabe und Empfang des Leibes Christi im Mahl korrespondiert vorausgehend die Konstitution der Person Christi als des Geschehens der Hingabe Gottes des Sohnes an den Menschen Jesus, der nur als Empfangender ist; deren gegenseitige Gegenwart (praesentia intima) ist die eine Person, mit der Gottes Weltgegenwart nicht als verfügende Herrschaft und Forderung, sondern als Hingabe bis in den Tod und zugleich als Aufnahme der Menschheit in Gottes Leben den Geschöpfen gegenwärtig wird (praesentia extima).

14 15 16 17 18 19 20

J.W. v. Goethe, West-Östlicher Divan, in: Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden [im Folgenden: HA], Bd. 2, Hamburg 1949, 99. W. Eiert, Der christliche Glaube, Hamburg 31956, § 16. WA 39/1,455,22 : „[...] L(ex) occupat et adimplet totum orbem terrarum". WA 26,348,26f. WA 40/1, 26,5f. („omnium hominum persona"). WA 8,126,28 („deus incarnatus, homo deificatus"). WATr 1,925.

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2. Geschichte der Lehre und Nachgeschichte Die bis zur Kapitulation' der „nachpietistischen Orthodoxen" 21 in der lutherischen Theologie und Kirche verbreiteten „entsetzlichen Speculationen über die Ubiquität des Leibes Christi" 22 sind ein meist nur hinsichtlich des motivierenden ,Glaubensinteresses' als theologisch diskutabel und religiös vermittelbar geltendes zentrales Moment des Christusbekenntnisses Luthers, das in seiner spezifischen Ausprägung ohne Vorläufer ist. Mit der Lehre von der ,Majestät der Menschheit Jesu Christi' (J. Brenz, 1562), also ihrer empfangenen Teilhabe an der Allgegenwart des inkarnierten Sohnes Gottes, ist eine Reihe historischer Fragen verknüpft: 1. Ist Luthers Ubiquitäts-Christologie ein integraler Bestandteil seiner Theologie oder kommt es mit ihr zur spekulativen' Verzerrung der Botschaft von Wort und Glaube? 2. In welchem Verhältnis steht die Christologie von J. Brenz zur Vorgabe des Reformators? 3. Wie ist der Unterschied zwischen der von J. Andreae vertretenen ,ubiquitären' Tradition und den Aussagen des Melanchthonschülers Chemnitz zu beurteilen? 4. Kann die Konkordienformel als Vermittlung beider und weiterer eigenständiger Rückgriffe (A. Musculus, Timann, Bötker, Westphal) auf Luther gelten? 5. Welche Tendenzen beherrschen die nachkonkordistische Christologie bis hin zum Schisma im Gefolge des sogenannten ,KenosisKrypsis-Streites' ? Am Ende des 17. Jahrhunderts (1693) gab es jedenfalls fünf Jutherische' Lehrmeinungen über ,die Allgegenwart des Fleisches Christi', 23 die ein dennoch behaupteter Consensus Orthodoxorum orthodoxus in Loco de Christo24 nicht ausgleichen konnte, wie das erst um 1720 verhallende 21

22 23

24

M. Schneckenburger, Vergleichende Darstellung des lutherischen und reformierten Lehrbegriffs, Bd. 2, hg. Eduard Güder, Stuttgart 1855, 216. Vgl. G.C. Storr, Doctrinae Christianae Pars theoretica e sacris literis repetita, Stuttgardiae 1793, §§ 77-83. A. v. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte, 3. Bd., Tübingen 5. Aufl. 1932, 875. J. Fecht, Compendium universam Theologiam theticam et polemicam complexum, cum vita Β. Auctoris indicibus necessariis denuo secundis curis auctius nitidius et emendatius editum cura et studio ..., Servestae et Lipsiae 1744, Cap. XVII § 101. C. Löscher, Consensus Orthodoxorum Orthodoxus in loco de Christo, solenni Disputatione inaugurali pro Licentia summos in Theologia honores consequendi, Praeside Caspare Loeschero ... in Alma Leucorea D.XXin. Julii, Anno Μ DC XCIV ... propositus a. Μ. Hieronymo Dathe..., Wittenbergae [1694]. Vgl. Ders., Solennis Dissertatio Theologica pro Licentia summos in Theologia honores consequendi

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Nachhutgefecht bewies, 25 an dessen Ende C.M. Pfaff die Tübinger „Lehrart" nur scheinbar noch einmal restituierte. 26 Die Auseinandersetzungen waren binnenlutherisch u n d in der Kontroverse mit den reformierten (Beza u.a.) u n d jesuitischen (Bellarmin, Busäus u.a.) Theologen, vor allem aber konfessionspolitisch emotional aufgeladen. Atzende Ironie, selbst geifernde Obszönität werden gegen die „Ubiquitistica nova" 27 ins Feld geführt, indes die Angegriffenen in bewegenden Worten rühmen, dass unser „Bruder Jesus Christus allenthalben ist". 28 Die affektive Bejahung bezeugt die Nähe von Lehre u n d Frömmigkeit. Zwar behaupten die Gegner, „solcher artickel" beschwere „die leute", 29 die durch die „weitläufftige Ubiquität vor den Kopff gestossen" würden. 3 0 Doch den Vorschlägen, die Angelegenheit akademisch zu neutralisieren, 31 stand die kirchliche Praxis entgegen: Die Gemeinden singen Luthers Lieder: „Den aller weit krayß nie beschloß..." (EG 23,3), „Gahr heimlich führt er sein gewalt" (EG 341,6). Gelebter Glaube ist durch die Lehre bestimmt. 32 Paul Gerhardt besingt des Gekreuzigten „Augenlicht, dem sonst kein Licht nicht gleichet" (EG 85,2), V. E. Löscher dichtet 1722: „dass du hier so würdig seist, dass man dich Herr u n d König heisst, als auf dem Ehrenthrone" (EG 90,1). Daneben

25

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31

32

Consensum Orthodoxorum in loco de Christo asserens. Eam Praeside Caspare Loeschero ... in Alma Leucorea, D.IV. Octobr. A.E.C. Μ DC XCVHI. ... publ. defend. Μ. Georg Christian Eilmar, Wittenbergae [1698]. Vgl. J. Baur, Auf dem Wege zur klassischen Tübinger Christologie. Einführende Überlegungen zum sogenannten Kenosis-Krypsis-Streit, in: ders., Luther und seine klassischen Erben, Tübingen 1993, 204-289, hier: 288f. Vgl. J. Baur, Salus Christiana. Die Rechtfertigungslehre in der Geschichte des christlichen Heilsverständnisses, Bd. 1: Von der christlichen Antike bis zur Theologie der deutschen Aufklärung, Gütersloh 1968,117f. J. Baur, Nikodemus Frischlin und die schwäbische Orthodoxie, in: ders., Erben, 307334, hier: 332ff. Ph. Nicolai, Aller Teutschen Schrifften ... colligiret und in Ordnung gebracht durch Georgium Dedekennum, Bd. 2, Hamburg 1617, 288. WA 23,161,20. So Heshusen 1578 (J.G. Leuckfeld, Historie Heshusiana, Oder Historische Nachricht von dem Leben, Bedienungen und Schriften Tilemanni Heßhusii... Benebst einer genealogischen Nachricht von allen vormahls gelebten und noch lebenden Olearien, Quedlinburg/Aschersleben 1716,127f.). So Joseph Hall (Oxford 1629) bei J.A. Oslander, Systema Theologicum seu Theologia positiva acroamatica in quatuor partes distincta ..., Bd. 2, Tubingae 1679, 340: „[...] istiusmodi quaestiones esse tales, ut ad scholas Theologicas forte non immerito relegari possent." Vgl. J.U. Pregitzer, Assertio sanae et orthodoxae doctrinae de Filio hominis gloria & honore coronato ... Tubingae 1625, 120 Nr. 360., 134 Nr. 402. u.ö.

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und dagegen stehen aber auch Unverständnis - „fyll czu hoch" 33 - und Abwehr, die sich weigert, zu „wissen, wie Christus bei den Geschöpfen, sogar den Tieren da ist".34 Einen freien Konsens mit der Lehre bekunden hingegen prominente poetische Texte. N. Frischlins (1546-1590) ,Komödie' „Phasma" (1580) bekennt den „mit dem Logos wahrhaft allmächtigen und überall gegenwärtigen Menschen Christus".35 C. R. von Greiffenberg (16331694) preist in ebenso virtuosen wie orthodoxen Versen den Christus, dessen „H.H. Menschheit" niemand „die Allgegenwart widerstreiten" darf.36 Anders als bei Goethes Wendung von dem „Durch alle Himmel gegoss'nen/ Freventlich durchstochnen" Christus37 ist für Klopstocks Messias von einer Fortwirkung der Lehre zu sprechen, wenn Maria (Joh 11) ausruft: „Und der allgegenwärtige Herr des Lebens und des Todes / Ist um mich!". 38 Unbestimmter verschwimmt „In himmlischem Blute" Novalis' eucharistisch-erotische Hymne in „der Sehnsucht": „Einst ist alles Leib". 39 Genauer, „zugleich bekennend und selbstparodistisch" 40 ist Heines Schau des „Heiland(s) der Welt. /Im wallend weißen Gewände / Wandelt er riesengroß / Über Land und Meer; / [...] in der Brust / [...] / Die rote, flammende Sonne". 41 Eine ,orthodoxe' Idylle zeichnet Mörikes „Göttliche Reminiszenz": „Im Knaben Jesus [...] das welterschaffende, / das Wort von Anfang, als ein spielend Erdenkind". 42 Keiner dieser Texte verdrängt den christologischen Anhalt verallgemeinernd, wie 1812 der Schweizer Arzt und Philosoph I.P.V. Troxler (1780-1866): „Durch jene ewige Seele ist der Mensch allgegenwärtig, sowie durch seinen räumlichen Leib allanwesend" 43 Im Übergang zur philosophischen Nachgeschichte der Ubiquität steht - neben Oetinger - J. G. Hamann. Obwohl er die „communicatio göttlicher und menschlicher idiomatum" als wechselseitige Teilhabe 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43

I. Mager, Die Konkordienformel im Fürstentum Β raunschweig-Wolfenbüttel, SKGNS 33, Göttingen 1993, 247. So 1583, zitiert bei Baur, Erben, 196. Zitiert ebd., 325. Sämtliche Werke in zehn Bänden, hg. M. Bircher/F. Kemp, Bd. 6, Millword (Ν. Y.) 1983,906. Faust. Der Tragödie erster Teil, in: HA 3, V.1308f. Der Messias, Leipzig 1800, ΧΠ 472f. Schriften. Hist.-krit. Ausgabe, hg. R. Samuel u. a., Bd. 1, Stuttgart 1960,166-168. Schriften, Bd. 2, Stuttgart 1965, 751. Schriften 1817-1840. Sämtliche Schriften, Bd. 1, hg. v. Klaus Briegleb, Franktfurt/M. u.a. 1981,195f. Sämtliche Werke, hg. H. Unger/J. Perfahl, Bd. 1, München 1970,808. Blicke ins Wesen des Menschen, Aarau 1812,49.

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zum „Grundgesetz und Hauptschlüssel aller unsrer Erkenntniß und der ganzen sichtbaren Haushaltung" 44 ausweitete, stellte er „dem unendlichen Misverhältnisse des Menschen zu Gott"45 exklusiv die in der ,Kondeszendenz' in der Schöpfung nur vorscheinende Hingabe Gottes in Christus entgegen, „der ein Gott ist, dessen Gegenwart alle Jahrhunderte und alle Orte füllt" 46 Im Gefolge der spekulativen Interpretation der Menschwerdung (Schelling47) und deren Entlarvung (L. Feuerbach), kommt es zur Umdeutung der Sätze über den „Gottmenschen" in Prädikationen „der Gattung [...] Menschheit"48 und damit zum Kollaps auch der Ubiquitätslehre, der K. Barth als Argument für seine Erneuerung reformierter Christologie diente49 und, neben anderen, R. Prenter zur Verabschiedung der gesamten Fragestellung bewog.50

3. Die historische Ursprungssituation (zur Semantik) Das Kunstwort Ubiquität ist ein Produkt der Polemik. Mit ihm wurde Luthers Sprachanweisung: „wo du kanst sagen: Hie ist Gott, da mustu auch sagen: So ist Christus der mensch auch da",51 als ,marcionitische' Imagination eines „phantasma" 52 gebrandmarkt, durch welche „die menschheit Christi [...] in alle ort leiblicher-, groberweiß mit der gottheit außgedehnet" werde.53 Obgleich sie diese Intention wahrnahmen Brenz: „Vox ubiquitatis vestrum est figmentum"54 -, die noch S. J. Baumgarten (1706-1757) registrierte,55 tolerierten schon 1561 Chemnitz, 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53

54

55

Sämtliche Werke. Hist.-krit. Ausgabe, hg. v. Josef Nad ler, Bd. 3, Wien 1951,3,27, 1114. Golgatha und Scheblimi, erklärt von Lothar Schreiner, HH 7, Gütersloh 1956,142. Sämtliche Werke 1,59. Philosophie der Offenbarung, 30. Vorlesung, in: Schellings Werke, hg. M. Schröter, Bd. 6, München 1927,544-567. D.F. Strauß, Das Leben Jesu, 2 Bde., Tübingen 1835/36, § 147. Kirchliche Dogmatik IV/2. Die Lehre von der Versöhnung, Zürich 1955, 90f. Schöpfung und Erlösung. Dogmatik, 2 Bde., Göttingen 1958/60,325-328. WA 26,332,31f. Calvin, Institutio IV, 17,17. J. Brenz, Von der mayestet unsers lieben Herrn und einigen Heilands Jesu Christi zu der gerechten Gottes, auch von der waren gegenwürtigkeit des leibs und bluts Christi im nachtmal (1562) [im Folgenden: May], in: Die christologischen Schriften, 193-525, hier: 353,2-4. De maiestate Domini nostri Jesu Christi ad dextram Dei patris et de vera praesentia corporis et sanguinis eius in coena (1562) [im Folgenden: M], in: Die christologischen Schriften, 192-524, hier: 354,8. Evangelische Glaubenslehre. Zweiter Band, Halle 1760,108.

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1562 Brenz,56 1564 der württembergische Bericht Von dem Gesprech ...zu Maulbronn gehalten57 Ubiquität als terminus technicus. Ohne Vorbehalt schreibt dann Ph. Nicolai 1590 von der „durch Luther verfochtenen Ubiquität". 58 Von seinem Ursprung her ist das Wort „Ubiquität" jedoch vergiftet',verdankt es sich doch dem Willen zur Verneinung des mit ihm Ausgesagten: Melanchthon, der es am 16.3.1546 wohl als erster gebraucht hat, nahm damit 27 Tage nach Luthers Tod eine ,semantische Beerdigung' nicht nur der Abendmahlslehre des Reformators vor: „De Ubiquitate non est disputandum". 59 Schon 1544 hatte Johannes a Lasco in gleicher Absicht den Neogräzismus παυταχουσία (,Überallheit') verwendet.60 Hardenberg nimmt das Schlagwort in Titel und Text seiner Schrift (5.11.1556) gegen die Bremer Prediger auf: Themata, sive Positiones adversus Ubiquitatem corporis Christi,61 behauptet aber, von Ubiquität hätten schon andere gesprochen.62 Zeitgleich beginnt die polemische Karriere von Ubiquität bei Calvin,63 Bullinger,64 Vermigli65 und Melanchthon selbst,66 der den Begriff auch im Gutachten gegen Heshusen (1.11.1559) einsetzt.67 Folgenreich wird der Bannstrahl Calvins gegen „die ungeheuerliche Ubiquität", 68 konfusionsstiftend 1558 die (irrtümliche) Aufnahme der 1546er Notiz Melanchthons in die Jenaer Lutherausgabe;69 erst 191770 wurde Hutters Entlarvung des R ü ther'-Wortes verifiziert.71 Chemnitz erliegt der Täuschung, protestiert 56 57 58

59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71

Μ 354,25. Warhafftiger und Gründtlicher Bericht Von dem Gesprech ... zu Maulbronn gehalten. Gestellt durch die Wirtembergische Theologen ..., Frankfurt 1564, J,la. De controversia ubiquitaria Ph. Nicolai D. ad Danielem Hoffmannum D. epistola, in: Opera latina, Bd. 1, Hamburg 1617, 482-494, hier: 493 („ubiquitatem a Luthero propugnatam"). WA 48, 236,7f. (Anhang Π, 3: Eine [irrtümlich Luther zugeschriebene] Auslegung von 1. Kor. 11,24). Opera, Bd. 1, Amsterdam 1866,550. D. Gerdes, Historia motuum ecclesiasticorum in civitate Bremensi... Groningae et Bremae, 1756,96-100. Ebd., 99 (Th. ΧΙΠ). CR 37, 73 (1556); CR 37,169.223.233 (1557); CR 46, 752 (1561). Apologetica expositio ..., Tiguri 1556. CR 44,587 (1557). CR 9,1034f. (1560). StA VI, 485,24-26. Institutio IV, 17,30 („prodigiosa ubiquitas"). T. Mahlmann, Das neue Dogma der lutherischen Christologie, Gütersloh 1969, 25 und 219-222. Vgl. WA 48, 236f. Concordia Concors; de origine et progressu Formulae Concordiae Ecclesiarum Confessionis Augustanae ... (1614), Francofurti et Lipsiae 2 1690,29-33 (fol. 10).

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aber gegen Hardenbergs Unterstellung, „die Bremer brächten" „einen neuen Glaubensartikel über die Ubiquität des Leibes Christi in Holz und Steinen auf"; 72 er selbst will „den Leib Christi unseren Beweisgründen, ob aus der Ubiquität, ob aus der,Lokalität', nicht unterwerfen". 73 Doch eben das Erstere taten nach Hardenbergs und Melanchthons Urteil die Bremer um Timann und mit ihnen die Hamburger Bötker und Westphal. Wenn Westphal 1558 schrieb: Die Realpräsenz sei gewiß „wegen der »persönlichen Einung', wegen der dem Fleisch Christi mitgeteilten Herrlichkeit, wegen der Erhöhung und dem Sitzen zur Rechten Gottes und wegen der Wahrheit des Wortes Christi", 74 widersprach er damit Melanchthons Regel von 1546, es genüge, sich daran zu halten, wie „das Wort lautet" 75 und dabei der Vollmacht des verheißenden Christus eingedenk zu sein. Dies tat Melanchthon ausdrücklich, denn er verwies auf Christi ,Wollen', ,Können' 76 und ,Sprechen'. 77 Sie genügen, das an sich Unmögliche, dass ein Leib „zugleich an mehreren Orten ist", 78 im Sakrament zu realisieren. Das Argument der Ubiquität einzusetzen, um die nur partikulare Gegenwart an „den vielen Orten", wo Leib und Blut Christi „dargereicht werden", 79 zu begründen, ist unnötig, denn die Person Christi verfügt aufgrund des Zusammenhangs von allmächtigem Vermögen, Willen und bezeugendem Wort über ihren Leib, um ihn im Mahl gegenwärtig zu setzen, „wo immer sie will"; 80 das Argument der Ubiquität ist zudem unsinnig, weil es die Differenz zwischen „Christi Leib und dem unsrigen" 81 so radikalisiert, dass jenem das exklusiv göttliche Prädikat der Allgegenwart zuzuschreiben wäre; von einem wahren Menschen könnte dann nicht mehr gesprochen werden. Das Ubiquitätsargument ist auch religiös unbrauchbar, weil es zur funktionslosen Gegenwart dieses ,Leibes' ,in Holz und 72

75

Anatome propositionum Alberti Hardenbergii de coena Domini ..., Islebii o. J. (Vorrede 21.3.1561), Β 2b: „[...] Bremenses condere novum articulum fidei de ubiquitate corporis Christi in ligno et in lapidibus." Repetitio sanae doctrinae de vera praesentia corporis et sanguinis Domini in coena..., Lipsiae 1561, 2 2 8 : „Non subiiciamus corpus Christi nostris argumentationibus, vel de ubiquitate, vel de localitate". Apologia adversus venenatum antidotum Valerandi Pollani sacramentarii..., UrselIis [1558] Bl. Β 3a: „[...] propter personalem unionem, propter gloriam communicatam carni Christi, propter exaltationem et sessionem ad dexteram Dei et propter veritatem verbi Christi." W A 48, 236,6 („Verbum ita sonat").

76 77 78

Ebd., Z.7 („vult", „potest"). Ebd., Z.4 („dixit"). Ebd., Z.3 („esse simul in pluribus Locis").

79

Ebd., Z . l („exhibetur in pane et poculo").

80

Ebd., Z.7 („ubicunque vult").

81

Ebd. („alia jam est ratio sui Corporis et nostri").

73

74

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Stein' führt. Deshalb: „Vom Allenthalben oder an allen orten sein sol nicht disputiret werden". 82 Abgesehen von dem dann spezifisch ,calvinistischen' Vorwurf einer blasphemischen Verletzung der Majestät Gottes, der seine „Ehre keinem andern" gibt (Jes 42,8), auch nicht der Menschheit Christi,83 sind damit die wichtigsten Einwände gegen Luthers Sprachanweisung benannt, die Melanchthons Kunstwort karikierte. Der Anlaß für die Bildung des Neologismus84 war die Frage: „Wie kann Christus leiblich im Sakrament sein, da ein Leib nicht zugleich an mehreren Orten sein kann?" 85 Melanchthon fragt nach der Bedingung der Möglichkeit der durch Christus ausgesagten Gegenwart seiner selbst, die im Sakrament „auch leiblich"86 ist. Der Widerspruch zwischen allgemein Gültigem - „ein Leib kann nicht" - und offenbarter Wahrheit „der wahre Leib und das wahre Blut werden dargereicht" 87 - , wird bei Melanchthon aufgelöst, indem das Subjekt hinsichtlich seines Wollens und Könnens qualifiziert wird. Die so bestimmte Person setzt ihren Leib gegenwärtig. Weil sie ihren Willen im Wort kundgibt, geschieht die Wendung vom Unmöglichen zum Wirklichen mit Notwendigkeit.88 Die Gabe ist das von der Person Verfügte. Diese Begründung der von Melanchthon 1546 (noch) vertretenen Darreichung von Leib und Blut Christi ist von Luthers Aussage vom „Deus corporeus" 89 deutlich unterschieden. Die Konstruktion lässt nicht zu, dass der Sohn Gottes mit Jesu Menschheit „ein ding" 90 wird und ist. Dies verbietet v.a. die durch Melanchthon wieder aufgenommene Theorie der ,suppositalen Union'91 zwischen der Person des Logos und der menschlichen Natur Jesu. Es wird deshalb undenkbar, 82 83

84

85 86 87 88 89 90 91

Ebd., 237,14f. L. Danaeus, Examen libri de duabus in Christo naturis, ... a Martino Kemnitio conscripti..., Genevae 1581, 415-417. Interessanterweise wurde Jes 42,8 in der patristischen Debatte an prominenter Stelle von der ,monophysitischen' Seite herangezogen (vgl. o. Kap. 2 bei Anm. 25 und 119). Der einzige Beleg für Ubiquität in MPL 65, 254D stammt aus einer von Quesnel, dem Herausgeber der Editio princeps von Fulgentius Ruspensis' Ad Trasimundum Regem Vandalorum Libri Tres (1684) zu Π,8 hinzugefügten Überschrift (vgl. Sancti Fulgentii Episcopi Ruspensis Opera, ed. J. Fraipont, Turnhoult 1968 [CCL 91], VIII Anm. 24 und 131). WA 48, 236,2 : „Quomodo Christus potest esse corporaliter in Sacramento, cum Corpus non possit esse simul in pluribus Locis?" Ebd., Z.4f. („et corporaliter"). Ebd., Z.l („Verum corpus et verus sanguis exhibetur"). Ebd., Z.5f. („Ergo necesse est ita fieri"). WATr 1, 925. WABr 9, 445,72. Vgl. u.Abschnitt 3.1.

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dass die sakramentale Gegenwart des Leibes an der christologischen Einheit von Gott und Mensch ihren vorausliegenden Grund hat. Und so kommt es zu der Unterstellung, dieses Vorausliegende sei eine postulierte Voraussetzung, aus der, wie dann Calvin urteilte,92 mit logischer „Notwendigkeit" die Realpräsenz abgeleitet werde. Dieser Deutung zuwider, gilt für Luther: mit dem als Unio personalis schriftgemäß gefassten vorausliegenden Grund ist der Leib Jesu so bestimmt, nämlich als mit und durch Christi Gottheit allgegenwärtiger, dass er durch das Wort der Zusage nicht nur als verfügter ausgeteilt werden kann, sondern als schon gegenwärtiger mitgeteilt wird. Die Ubiquitätslehre wurde nicht zur Absicherung der Lehre von der Realpräsenz als Bedingung für deren Möglichkeit ,erfunden', „vielmehr ist die Abendsmahlsdifferenz die Veranlassung" für die Entfaltung des christologisch Vorgegebenen im Bekenntnis der Allgegenwart der Menschheit Christi „gewesen". 93

3.1. Luthers Einsicht Auch Luther war zunächst „ein solcher Doctor, der Christi gottheit und menscheit von einander scheidete".94 Doch mit der ,Babylonica' (1520) deckt er den Zusammenhang von Christologie und Sakramentsverständnis auf: „Wie es sich in Christus verhält, so auch im Sakrament", 95 demontiert mit Kol 2,9 die scholastische Theorie, auch des Aquinaten,96 und gewichtet „die leibhaftige Einwohnung der Gottheit" neu,97 so dass „von jeder der beiden vollständigen Naturen wahrhaftig gesagt wird:,Dieser Mensch ist Gott, dieser Gott ist Mensch'". 98 Im Antilatomus (WA 8, 43-128) vom Juni 1521 erhellt ein christologischer „Blitz des ungestümen Perikles" 99 das „Mysterium Christi" 100 : Das Binnenverhältnis von Gott und Mensch in Christus ist nicht nur der Maßstab jeder soteriologischen Aussage;101 dieses selbst ist so zu 92

Vgl. Institutio IV, 17,30.

93 94

Schneckenburger, Darstellung, 103. W A 33,155,14-16.

95 96

W A 6,511,34: „Sicut ergo in Christo res se habet, ita et in sacramento". WATr2,1721.

97

W A 6, 511,35 („corporalem inhabitationem divinitatis").

98

Ebd., Z.37f.: „[...] integra utraque natura vere dicitur ,Hic homo est deus, hic deus est homo'". 99 W. Janse, Albert Hardenberg als Theologe, SHCT 57, Leiden u.a. 1 9 9 4 , 1 5 (Anspielung auf Aristophanes, Die Acharner 530f.). 100 W A 8, 112,21 („mysterii Christi notitiam"). 101 Ebd., 126,23-25.

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fassen, dass es dabei nicht zu einer bloßen Zusammenfügung dessen kommt, was Gott oder dem Menschen „simpliciter", d.h. je in deren ,An-sich-Sein' zukommt und eignet.102 Denn von Christus zu reden, heißt „vom fleischgewordenen [eingefleischten] Gott und gottgewordenen [zum Gott gemachten] Menschen zu sprechen". 103 Deshalb müssen „beide Naturen mit allen ihren Eigentümlichkeiten' (propriis) von der ganzen Person ausgesagt werden". 104 Die Person Christi ist das Zugleich von deus incarnatus und homo deificatus und nicht die Addition des mit seiner Gottheit nicht inkarnierten Logos (deus simpliciter) und einer in ihre Endlichkeit gebundenen Menschheit (homo simpliciter). Damit fällt die nominalistische Theorie der sogenannten ,suppositalen Union': Der unveränderliche, unendliche, leidensunfähige Logos und die endliche, leidensfähige, zur Erwerbung von Verdiensten vor Gott kräftige Menschheit, die jedoch ohne eigenen individuierenden Daseinsgrund (suppositum) ist, den sie als schlechthin abhängige in der Logos-Hypostase hat, sind in der Person Christi in einer deren essentielles Gottsein und Menschsein nicht tangierenden Weise durch einen Akt der Allmacht zusammengefügt worden. Auch für Luther sind die in der Person Christi zusammenkommenden Größen ,Gott' und ,Mensch' „simpliciter Deus" und „verus homo" 105 - hinsichtlich des ,Terminus a quo'. In der Person aber sind sie aufgrund der ,Mitteilung der Eigentümlichkeiten'106 zugleich - qua Terminus ad quem - deus corporeus107 und homo deificatus, „so daß [...] von Gott ganz wie vom Menschen und vom Menschen ganz wie von Gott gesprochen wird". 108 In Christus „werden die Extreme zusammengefügt: Der Mensch ist Gott", 109 und: „Wir sagen, Gott ist Mensch". 110

102 Ebd., Z.26f.: „[...] ne quod simpliciter deo aut simpliciter homini convenit, ei [der Person Christi] tribuat." 103 Ebd., Z.28 („de deo incamato vel homine deificato loqui"). Luther zitiert die berühmte Stelle aus Gregor von Nazianzens erstem Brief an Kledonios (Ep. 101,21; ed. P. Gallay, SC 208, Paris 1974,44): άνθρωπου δέ θεωθέντος! Zu dessen Bedeutung in der Patristik vgl. ob. Kap. 2 Anm. 140. 104 WA 8, 126,25f.: „[...] ut utramque naturam de tota persona enunciet cum omnibus suis propriis". 105 WA 18, 707,28f. 106 WA 39/Π, 11,26 („communione idiomatum"). 107 WATr 1,925. 108 R. Schwarz, Gott ist Mensch. Zur Lehre von der Person Christi bei den Ockhamisten und bei Luther, ZThK 63 (1966), 289-351, hier: 338. 109 WABr 9, 445,72: „[...] componuntur Extrema: Homo est Deus". 110 WA 39/Π, ll,25f. („Nos dicimus Deum hominem").

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3.2. Luthers ,Lehre' 3.2.1. Basistext 1527 Spätestens 1525111 wird das Zugleich von deus incarnatus und homo deificatus hinsichtlich der Gegenwart am Ort thematisiert, 1526 vom Erhöhten bekannt, „das Jhesus Christus nach der menscheit sey gesetzt über alle creaturen und alle ding erfülle".112 Dabei erreicht die Schriftauslegung schon alle Aussagen über die Gegenwart der Menschheit,113 die in der ersten ausführlichen Streitschrift von 1527 - „Das diese wort Christi..." (WA 23,64-283) - in dreifacher Hinsicht präzisiert werden: 1. Die Absage an ein Verständnis der „rechten hand Gottes" 114 als eines sonderlichen Ortes'115 im Himmel, wo Christus sitze, dessen „leib und blut" deshalb nicht „zu gleich ym [...] abendmal" 116 sein könne, wird schöpfungstheologisch entfaltet. Die ,dextra Dei' ist „die almechtige gewalt Gotts, welche zugleich nirgent sein kann und doch an allen orten sein mus; [...] unbegreifflich und unmeslich, [...] mus sie" zugleich „an allen orten wesentlich und gegenwertig sein, auch ynn dem geringesten bawmblat". 117 Diese schaffende Gewalt' ist kein von Gott gebrauchtes Mittel seiner Macht,118 vielmehr „mus er ynn einer iglichen creatur ynn yhrem allerynnwendigsten, auswendigsten umb und umb, durch und durch, unden und oben, forn und hinden selbs da sein, das nichts gegenwertigers noch ynnerlichers sein kann ynn allen creaturen denn Gott selbs mit seiner gewallt". 119

So ist der schöpferische Gott „wesentlich gegenwertig an allen enden [...], das also die wellt Gottes vol ist und er sie alle füllet, Aber doch nicht von yhr beschlossen oder umbfangen ist".120 2. Aus diesem „artickel unsers glaubens" 121 folgt, dass die Menschwerdung kein Ereignis ist, in dem der Abwesende ,kommt', vielmehr wird mit ihr die Gegenwart des Sohnes Gottes neu bestimmt, der „bereyt alda ynn der Jungfrawen leib wesentlich und personlich" ist, „wie an 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121

Wider die himmlischen Propheten, von den Bildern und Sakrament (WA 18,61-214). WA 19,491,17f. Ebd., 491,25-494,14. WA 23,131,8. Ebd., 133,19f. Ebd., 137,4f. Ebd., 133,21-29. Ebd., 139,18f. Ebd., 135,3-6. Ebd., 135,35-137,1. Ebd., 137,3.

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allen andern enden uberal".122 Singulär ist nicht die Anwesenheit Gottes in Jesus, sondern die Vermittlung von Gott und Mensch zu dieser einen Person: „Denn ynn yhm ist Gott nicht allein gegenwertig und wesenlich wie ynn allen andern, Sondern wonet auch leibhafftig ynn yhm also, das eine person ist mensch und Gott".123

Nur „von Christo sagt der glaube [...]: Christus ist Gott selbs".124 Nicht die funktional rationalisierbare Annahme der Menschheit als Instrument zum Zweck der Erlösung (Anselm), sondern „das Gott und mensch eine person wird, das ist das hohe werck und wunder Gottes, das alle vernunfft zu narren macht".125 3. Die Allgegenwart ist nicht auf den Erhöhten beschränkt. So gewiss „die gantze Gottheit personlich wesenlich ynn yhm auff erden [...], ynn heusern, garten, felde, am creutz, grab [...] und doch auch gleichwol ym hymel ynn des vaters schos" ist,126 so eindeutig gilt auch: „Auch als ein mensch" ist er „gegenwertig [...] durch die rechte hand Gotts, die allenthalben ist".127 Nicht erst das „warzeichen"128 der Himmelfahrt versetzt ihn zur Rechten Gottes. Der, localiter begrenzt, mit Nikodemus spricht, bezeugt, „das sein leib zu gleich ym hymel und auff erden, ja schon bereit an allen enden ist, Denn er ist durch seine verklerung nicht ein ander person worden, sondern wie vorhin so auch hernach allenthalben gegenwertig".129

Christi Menschheit verschwimmt dadurch nicht ins Unbestimmte, denn sie, als in ,Garten, Feld, am Kreuz' begrenzte, ist der „ort", an dem die „rechten Gotts", seine ,Gewalt', die er selbst ist, „wonet"; „sie binde(t) sich" uns räumlich begrenzten Menschen „zu gut und bescheiden)" uns „an einen ort": die räumlich bestimmte „menscheit Christi",130 die durch die ihr einwohnende „rechte hand Gotts" zugleich „allenthalben ist".131 Vom Inkarnierten ist also ineins das Sein am Ort auszusagen, das der Menschheit eignet, und das „Allenthalben", das der Gottheit zukommt. Diese doppelte Prädikation wiederholt jedoch nicht die ,alte' Differenz: der Mensch am Ort, Gott allenthalben. Viel122 123 124 125 126 127 128 129 130 131

Ebd., 141,12-18. Ebd., Z.24-26. Ebd., Z.28f. Ebd., 141,33-143,1. Ebd., 139,31-141,3. Ebd., 145,5-13. WA 19,491,29. WA 23,147,29-32. Ebd., 151,17-21. Ebd., 145,12f.

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mehr ist, weil in ihm „Gott und mensch eine person wird", 132 Christi „menscheit" zugleich „ynn allen und über allen dingen nach art Göttlicher rechten hand". 133 Damit wird die auf distinkten Wesensaussagen über Gott und den Menschen beharrende ,metaphysische' „alte Sprache" 134 nicht durch theozentrischen Transzendentalismus, der „die Bedingung der Möglichkeit" des christologisch Auszusagenden zuvor „in Gott" bestimmt, ersetzt,135 sondern zugleich beansprucht und aufgehoben. Wer ,Gott' und ,Mensch' sagt, muss hinsichtlich des Ortes die Differenz von Umgrenztheit und Unbegrenztheit denken. Metaphysisch gesagt: „Nulla est proportio [...] finiti et infiniti".136 Eben dies schärft auch das Gesetz Gottes ein, in dem der unentrinnbar fordernde heilige Gott „schrecklich" mit den Schuldigen ,umgeht' (Dt 28,59). Diese an sich unaufhebbare Differenz wird in der Konstitution der Person Christi überwunden. Deshalb kann von Christus nur in einer neuen Sprache geredet werden,137 die, „was des Menschen ist, zurecht von Gott und wiederum, was Gottes ist, vom Menschen aussagt.138 Zudem kommt es zu einer neuen Rede von der ,Ehre Gottes'. Wenn nämlich, was Christus erleidet, „den Herrn der herlickeit selbs" 139 trifft, ist dem Widerspruch der ,alten Sprache', die nur die Glorie des unantastbar heiligen Gottes kennt und deshalb urteilt: „Es ist Gotte nicht ehrlich [...], das er gecreutzigt ist",140 zu entgegnen: „Unsers Gotts ehre aber ist die, so er sich umb unser willen auffs aller tieffest erunter gibt, yns fleisch, yns brod, ynn unsern mund, hertz und schos, und dazu umb unsern willen leidet, das er unehrlich gehandelt wird beyde auff dem creutz und altar". 1 4 1

Die ,unehrliche Ehre' des ermordeten Gottes142 und die „ehre Christi, das sein leib ym abendmal ist", kommen hinsichtlich der Negation und der Position überein. Die Realpräsenz negiert die „andere ehre [...] das er zur rechten hand gottes sitze auff eim sammet polster [...] und sey 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142

Ebd., 141,33f. Ebd., 151,25f. WA 39/Π, 94,19. R. Schröder, Johann Gerhards lutherische Christologie und die aristotelische Metaphysik, BHTh 67, Tübingen 1983,194. WA 39/Π, 112,16f. Ebd., 94,21 („Novae linguae usu"). Ebd., 93,6f.: „[...] ea, quae sunt hominis, recte de Deo et e contra, quae Dei sunt, de homine dicantur." WA 23,141,32. Ebd., 157,21-5. Ebd., Z.29-33. Vgl. Ebd., 141,29-32.

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unbeladen mit der mühe des abendmals".143 Das Kreuz als Gottes Tod verneint, dass sich im Sterben Jesu die Gottheit Christi wie der vom Elend unbehelligte Gott des Aristoteles144 verhalte. Vielmehr ist der an sich leidensunfähige Gott in Christus in Leiden und Tod, gibt im Mahl „sein leib und blut". 145 Zugleich aber ist die an sich endliche Menschh e i t - communicatione idiomatum146 - allenthalben. Dies Zweite ist keine einfach gegenläufige Bestimmung, durch die nach und neben der Schande nun die nicht länger ,unehrliche Ehre' zu ihrem Recht kommt; denn, der „mühe des abendmals" entsprechend, ist auch die Allgegenwart der Menschheit Christi kein direkter Vollzug weltüberlegener Herrschaft, sondern empfangene Teilhabe an der ,Mühe' der sorgenden Weltpräsenz der Gottheit, die in Christus nicht mehr ,simpliciter deus'147 ist, der die Geschöpfe beherrscht und lenkt, sondern sich der Erfahrung von Welt als „schmerzenvollem Raum" 148 aussetzt. Die Allgegenwart ist damit neu bestimmt: Sie verwickelt - in Christus - Gott selbst mit der miseria des Weltlaufs.149 Diese Radikalität der Ubiquitätslehre, von Luther nur angedeutet,150 durch die orthodoxen ,Erben' meist unterdrückt, führte dazu, dass gegen die lutherische Christologie der Vorwurf des Doketismus und der monophysitisch-theopaschitischen Häresie erhoben wurde. Luthers Widerwort ist nicht weniger gravierend: „O wie gar wenig sind auch unter den hochgelerten, die diesen artickel von Christo yhe so tieff bedacht odder yhe gegleubt haben, das so über aus ein unbegreifflich ding ist, Das Gott sol mensch und mensch sol Gott sein". 151

Die Klage zielt auf die „falsche philosophia" der Nominalisten „ynn dem artickel incarnationis, Als, wenn ich spreche:,Dieser mensch ist Gott', [...]. Solche rede lassen sie nicht bleiben, das Gott und mensch ein ding, [...]. Sondern so sagen sie [...]: Gott ist Mensch, d.h. der Sohn Gottes, der die menschliche Natur trägt, ist Gott, weil es (in einer wahren Aussage logisch) notwendig sei, daß Subjekt und Prädikat für dasselbe angesetzt werden". 152

143 144 145 146 147 148 149 150 151 152

Ebd., 155,14-18. WA 18,785,7-9. WA 23,155,19. WA 39/Π, 93,5. s.o. ΙΠ. 6.2. Faust. Der Tragödie zweiter Teil, in: HA 3, V. 9880. WA 18, 785,5 („cursus mundi"). Vgl. WA 18,108,10-15 und v.a. 34/Π, 59,16-62,20. WA 23,153,5-8. WABr9, 444,51-57: „,Homo est Deus', id est ,filius Dei, sustentans humanam naturam, est Deus', Quia necesse sit subiectum et praedicatum pro eodem supponere."

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Wer jedoch Christus nach der Norm der allgemeinen Wahrheit von der Abhängigkeit der ,Welt' vom Gott (Aristoteles, Metaphysik XII 1072b) ,konstruiert' und deshalb in ihm zwischen dem stützenden (sustentans) Sohn Gottes und der im Dasein gehaltenen (sustentata) menschlichen Natur so unterscheidet, dass keine Gemeinschaft zwischen den beiden ausgesagt werden kann, der redet „überaus häretisch", 153 denn er bestreitet, dass „das Getrennteste vereinigt wird" (componuntur Extrema): „Mensch und Got ist ein ding".154 Die Absage an die suppositale Union trifft auch deren (vereinfachte) Restitution durch Melanchthon155 und Calvins funktionale Mittler-Christologie.156 3.2.2. Basistext 1528 Widerpart im 1528 (WA 26, 261-509) von Luther nur unwillig weitergeführten christologischen Streit157 ist Zwingli, dessen „figur Alleosis" 158 besagt: Wenn biblische Texte dem Wortlaut nach von einer Natur Christi etwas aussagen, was deren Wesen widerspricht, muss im Verstehen auf die andere Natur, zu deren Wesen das Ausgesagte passt, gewechselt' werden. Luther widerspricht emphatisch: „Weil Jhesus Christus warhafftiger Gott und mensch ist / ynn einer person", wird „an keinem ort der schrifft / eine natur fur die ander genomen". 159 Der Verweis auf die „personliche einickeit"160 bietet freilich nur dann ein Argument gegen die Alleosis, wenn die Einheit der Person so gefasst wird, dass aufgrund ihrer das essentiell Unsinnige - „Christus leib allenthalben" 161 - ausgesagt werden kann, statt ,wechselnd' auf Christi Gottheit auszuweichen, die, im Diskurs unbestritten, wesentlich „allenthalben" ist. Seine als schlechthin christliche162 beanspruchte Argumentation formt denn auch die traditionelle Aussage, „das Christus Gott und mensch ist" 163 um: ,Die zwei Naturen ist [!] eine Person'.164 D.h.: Die

153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163

WABr 9,445,69f. („quod est haereticissimum"). Ebd., Z.72. Examen Ordinandorum; CR 23,5. Vgl. Institutio II, 12,1-14,4. WA 26,320,lf. Ebd., 317,12. Ebd., 319,27-29. Ebd., 321,22f. Ebd., 318,1. Ebd., 340,35. Ebd., 332,12f.

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Person Christi wird dadurch konstituiert, dass „die zwo naturn miteinander also vereinigt / das sie neher zu samen gehören denn leib und seele",165 „unzurtrennet und ungeteilet".166 Christus ist deshalb „ein solch mensch [...] / der ubernatürlich", über das an sich von der menschlichen Natur Geltende hinaus, „mit167 Gott eine person ist".168 Jede Trennung, die nur einer Natur zueignet, was „der gantzen persone", also stets beiden Naturen, „ynn der schrifft zugeeigent wird",169 führt zu „zwo zertrennete(n) personen".170 Dagegen steht die zwingende christologische Grundregel: „Wo du mir Gott hinsetzest da mustu mir die menscheit mit hin setzen"171, die „an Gott klebet".172 Die von Ockham und Biel weit geschiedene sinnliche Sprache verdeckt in ihrer scheinbaren Naivität den Bruch mit dem tradierten Personbegriff, der die zweite trinitarische Person (Hypostase), den ,Logos', bezeichnet, der durch den inkarnatorischen Übergang vom Status des λόγος άσαρκος zu dem des λόγος ένσαρκος als solcher essentiell nicht berührt wird. Doch eben dazu kommt es bei Luther: „Es ist eine person worden",173 Christi „menscheit" [humanitas] ist „mit Gott eine person worden";174 für Christus gilt: „das ein mensch [homo] mit Gott eine person ist".175 Diese Einbindung der Person als trinitarischer Hypostase in das neue Verständnis von christologischer Person wird noch verstärkt, indem entgegen der ,modernen' Theorie, die nur der Hypostase, nicht deren göttlicher Natur die Inkarnation zuwies176, ausdrücklich betont wird: „Christus nach der Gottheit [divinitas] / wo er ist / da ist er eine natürliche Göttliche person / und ist auch natürlich [natura divina] und personlich [hypostatice] daselbst".177

164 Ebd., Z.13. Vgl. aber zu einem möglichen traditionellen Hintergrund dieser Redeweise ob. Kap. 2 Anm. 188. 165 Ebd., 340,22-24. 166 Ebd., 326,31f. 167 In der Passage WA 26,332,18-345,23 wird dieses kommunikative „mit" achtmal wiederholt. 168 Ebd., 332,19. 169 Ebd., 322,27. 170 Ebd., Z.29. 171 Ebd., 333,6f. Zwischen WA 26, 321,24-349,25 wird „mus" bzw. „mustu" 14mal, zwischen WA 26, 332,31-348,20 das „Wo - da" 12mal verwendet. 172 Ebd., 341,1. 173 Ebd., 333,8. 174 Ebd., 340,15. 175 Ebd., 335,12f. 176 Duns Scotus, Quaestiones in Lib. ΠΙ. Sent, dist.5 qu.2. 177 WA 26,332,24-26.

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Ubiquität

Die Zugehörigkeit der Menschheit zur ,neuen' Person, die ,beide Naturen ist',178 wird dadurch so wenig in Frage gestellt, wie durch die Absicherung des inkarnatorischen Impetus gegen eine patripassianische Deutung: „So wir doch [...] nur einen Gott haben / und derselbige doch ia gantz und gar mensch ist / nach der einen person / nemlich des sons". 179 In Christus gehört seine Menschheit, dieser Mensch - Luther differenziert, anders als Biel ,180 hier nicht - zum Sein der Person. Sie wird jedoch nicht essentiell vergottet. Vom homo deificatus181 ist keine ,unio formalis'182 auszusagen. Hinsichtlich des bleibenden ,Terminus a quo' 183 „sagen wir nicht / das Gottheit sey menscheit"; 184 von dieser gilt mit der Tradition: „wesentlich [...] kann sie nicht Gott sein / aber weil sie [...] an den wesentlichen Gott reicht und klebt / und ist / da Gott ist / so mus sie zum wenigsten [!] personlich Gott sein".185 Aufgrund dieses Unterschiedes ist sie „unter Gott" 186 und kein ,zweites Unendliches'. 187 Ein Verhältnis der Abhängigkeit zwischen Gottheit und Menschheit in Christus zeigt dieses „unter" nicht an. Christi Menscheit ist vielmehr „mit der Gottheit untrennbar in dieselbe Person auf unaussprechliche Weise vereinigt".188 Das Majestätsprädikat, „auch an allem ort [zu] sein da Gott ist",189 kommt ihr, hinsichtlich des Terminus a quo' nicht zu, sie hat es „bekommen", 190 und zwar als real mitgeteiltes; deshalb betrifft das „allenthalben" das „wesen der naturn". 191 Eine entsprechende Präzisierung wird durch die für jedes „Christlich hertz" 192 unerträgliche Bestreitung des „höhesten nöttigsten artickel(s) / (das Gottes son fur uns gestorben sey)" 193 notwendig. Wenn 178 Ebd., Z.13. 179 Ebd., 340,19-21. 180 Collectorium circa quattuor libros Sententiarum, hg. W. Werbeck/H. Hofmann, Tübingen 1973 und 1984, ΙΠ dist.22 qu. un. a.3 dub 2 H. 181 Vgl. o.Abschnitt 3.1. 182 H. Hilgenfeld, Mittelalterlich-traditionelle Elemente in Luthers Abendmahlsschriften, Zürich 1971,335. 183 Vgl. o. Abschnitt 3.1. 184 WA 26, 324,20. 185 Ebd., 341,9-11. 186 Ebd., Z.2. 187 Ebd., 343,24f. 188 WA39/II, 94,21f.: „[...] cum divinitate inseparabiliter in eandem personam ineffabilibus modis coniunctam." 189 WA 26,341,llf. 190 Ebd., 340,33. 191 Ebd., 326,23f. 192 Ebd., 342,16f. 193 Ebd., Z.llf.

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die Rede vom Sterben Gottes ein ,artickel' und keine Floskel ist, dann ist auch das Wort vom Tod Gottes nahe. Das rührt, mehr noch als die vor allem,absurde Ubiquität', an den theistischen Nerv. Luther weiß das: „Ja die Gottheit kann nicht leiden noch sterben / [...] Das ist war". 194 Sein „Aber dennoch" bleibt schwach, denn es führt nur zu der angepassten Wendung: „die person / welche Gott ist", leidet „an der menscheit", 195 „die person ist gecreutzigt nach der menscheit"; 196 damit ist die Predigtsprache (1525) vom „mord[s]schrey" des sterbenden Sohnes Gottes197 unterboten und die spätere Klarstellung nicht erreicht: „Von ewig hat er nicht gelitten, aber weil er Mensch wurde, ist er leidensfähig.198 1540 wird deshalb das Leiden der Kreuzigung beiden Naturen zugewiesen199 und nicht nur, wie 1528 an dieser Stelle, der Person, als wäre die Person, wie bei den Kontrahenten, ein Tertium und nicht „die zwo naturn". Luther scheint sich mit dem Protest dagegen zu begnügen, dass das Leiden „aller dinge von der Gottheit (ge)wendet" werde.200 Erst im Fortgang wird die Aussage eindeutig: „Was der mensch leidet / das heist auch Gott gelidden". 201 Auch in der Folge wird 1528 präzisiert, was 1527 bekannt wurde. Wie dort ist bei der „empfengnis ynn mutter leibe" nicht an ein Kommen des Abwesenden zu denken, „denn" als „Gottes son [...] müste [Imperfekt!] er naturlich und personlich ynn mutter leibe sein und mensch werden". 202 Ist aber der „Gottes son" deus incarnatus,203 dann ist der Mensch (nicht essentiell verwandelter) homo deificatus; deshalb ist zu sagen: „Nu ist ia Christus menscheit von mutter leib an [!] höher und tieffer ynn Gott und fur Gott gewest / denn kein engel", 204 ist „also auch an allem ort [...] da Gott ist".205 Zugleich hat der Leib Christi als menschlich natürlicher die lokale, gegenständliche Weise gegenwärtig zu sein: „wie er auff erden leiblich gieng / da er räum nam und gab". 206

194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206

Ebd., 321,20f. Ebd., Z.27f. Ebd., 322,22. WA 17/1, 70,29. WA 39/Π, 101,25f.: „Ab aeterno non est passus, sed cum factus est homo, est passibilis." Ebd., 102,24f.: „Crucifigi [...] tribuitur utrique naturae." WA 26,324,27f. Ebd., 335,28. Ebd., 332,26-28; wiederholt: ebd., 421,28-30. Vgl. o. Abschnitt 3.1. WA 26,344,28-30. Ebd., 341,llf. Ebd., 335,30f.

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Hinsichtlich des Wirkens und der Widerfahrnisse Christi ist die Einheit der Person unfraglich: „alle werck/ wort/ leiden und was Christus thut / das thut / wirckt / redet / leidet der warhafftige Gottes son". 207 Dieses Wirken und Erleiden ist kein Tun und Erfahren eines die Menschheit als Instrument oder Organ gebrauchenden Gottes. Vielmehr erweist sich die Einheit der Person, denn sie „ists / die alles thut und leidet / eins nach dieser natur / das ander nach ihener natur", 208 darin, dass gilt, „was Gott thut / das heist auch der mensch gethan/ Was der mensch leidet / das heist auch Gott gelitten.209 Die Schrift bezeugt diese gegenseitige Teilhabe: „Weil Gottheit und menscheit ynn Christo eine person ist / so gibt die schrifft / umb solcher personlicher einickeit willen / auch der Gottheit / alles was der menscheit widderferet/ und widderumb. Und ist auch also ynn der warheit", 210

die, ohne dass der Ausdruck fällt, als communicatio operationum et passionum beschrieben wird. Das unterscheidende „nach dieser" bzw. „nach ihener natur", meint also kein trennendes ,secundum', entsprechend', denn „wo die werck zuteilet und gesondert werden / da mus auch" - was nicht geschehen darf - „die person zurtrennet werden". 211 Weil die Menschheit Christi kein mit der Gottheit,parallel geschaltetes' ausführendes Organ ist, keine deren Heiligkeit umhüllende, deren Erbarmen kanalisierende Größe, ist sie nicht bloße „hülsen" noch „die Gottheit" wie ein „kern", so dass beide voneinander ,abgeschält' werden könnten.212 Die Menschheit ist auch kein von der Gottheit verwendetes Mittel für Zwecke, kein „,rock, den die Gottheit aus und anzöge". 213 „Kann doch nichts Häretischeres gesagt werden, als dass die menschliche Natur Kleid der Gottheit sei". 214 Der Vorwurf, Luther sei,Marcionist' 215 scheint also unsinnig zu sein. Dennoch wurde er erhoben, weil sein Verständnis von Einheit der Person die Aussage der Gegenwart des unzertrennten Christus impliziert, dessen „leib allenthalben"216 ist. Diese Zuspitzung der Christologie auf die Frage der Präsenz am Ort setzt voraus, dass das ,Sein am 207 208 209 210 211 212 213 214

Ebd., 320,31-33. Ebd., 324,31f. Ebd., 335,27f. Ebd., 321,21-24. Ebd., 324,28f. Ebd., 333,17-20. Ebd., Z.22. WA 39/Π, 95,13f.: „Cum nihil possit magis dici haereticum quam humanam naturam esse vestem divinitatis." 215 WA 26,339,15. 216 Ebd., 326,22f.

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Ort' für die Christen, wie für alle Geschöpfe, an sich unhintergehbar ist. Wir sind „auff erden", 217 „hie ynn deudschen landen". 218 Auch Gott ist, der spiritualistischen Deutung von Joh 4,20 zuwider, „hie und dort". 219 Christus hat „an orten sich verbunden". 220 Der kreatürlichen Einbindung an den Ort, die auch für ,die real existierende' „Christenheit" 221 gilt, muss, sollen Gott und Christus nicht zu abständigen Größen werden und der Sünder unerlöst222 an seinem Ort bleiben - eine zwar im Modus andere, nicht den Bedingungen des Ortes unterworfene,223 aber deswegen nicht ,ontologisch' schwächere Gegenwart Gottes und Christi am Ort (loco) zugeordnet sein. Ins Allgemeine gewendet: Weil das ,Leben' konkret ist, muss auch der ,Geist', soll er sich vermitteln, immer schon konkret sein und werden.224 Nicht, dass Luther von einem Prinzip ausginge! Ihm ist dieser Satz - als spezifisch christlicher - Wahrheit des Glaubens.225 Bei der Explikation der Personeinheit in der Perspektive des Seins Gottes und Christi am Ort geht es um das Recht dieses Anspruchs, der auch in der Auseinandersetzung um ,Christi Fleisch',226 das „voller Gottheit" ist,227 entfaltet wird. Dass Christus als Gott und Mensch allenthalben ist, dafür stehen diese „gründe"228: Erstens das Credo: „Jhesus Christus ist wesentlicher / natürlicher / warhafftiger / völliger Gott und mensch ynn einer person unzurtrennet ungeteilet". Auf diese plerophore und selektive Zitation (vgl. CA III) von Chalcedon folgt zweitens, „das Gottes rechte hand allenthalben ist", und 3. „das Gotts wort nicht falsch ist odder lügen". 229 Erst dann wird gesagt: „Das Gott mancherley weise hat und weis / etwa [irgendwo] an einem ort zu sein". 230 Zur Erläuterung dieses letzten , Grundes' werden Fachtermini Ockhams und Biels beansprucht: 217 218 219 220 221 222 223 224

225 226 227 228 229 230

Ebd., 345,27. Ebd., 346,34. Ebd., 427,2. Ebd., 422,29. Ebd., 423,22. Vgl. Ebd., 342,19f. Ebd., 424,2 („more loci"). Vgl. E. Metzke, Sakrament und Metaphysik. Eine Lutherstudie über das Verhältnis des christlichen Denkens zum Leiblich-Materiellen (1948), in: ders., Coincidentia oppositorum. Gesammelte Studien zur Philosophiegeschichte, hg. K. Gründer, Witten 1961,158-204 und WA 26,421,28-30. Vgl. o. bei Anm. 111-133. WA 26,349-378. Ebd., 355,20. Ebd., 326,29. Ebd., Z.30-33. Ebd., 326,33-327,1.

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Ubiquität

„die Sophisten reden hie von recht / da sie sagen / Es sind dreyerley weise / an eim ort zu sein / Localiter odder circumscriptive / Diffinitive [definitive] / Repletive".231

Es geht um den Raum als Ort, den Aristoteles als „Umgrenzendes des Körpers" fasst.232 Der Rückgriff auf die Sophisten', wohl Biels Collectorium, ist kein Rückfall in die Christologie der Nominalisten, wie seit 1564 von der Kritik behauptet wird,233 aber dennoch nicht beliebig; deshalb wird ,,verdeudsch[t]" 234 : „Erstlich ist ein ding an eym ort circumscriptive odder localiter/ begreifflich / das ist / wen die stet und der corper drynnen sich mit einander reymen / treffen und messen". 235

Ort (locus) und Körper als ,Geortetes' (locatum) sind kongruent. Diese schöpfungsgemäße Konkretheit wird in der Welt von Sünde und Gesetz zu der Erfahrung, dass kein anderer Körper zugleich am schon ,besetzten' Ort sein kann. Zwischen den Dingen ist,Streit' um den Ort. „Zum andern ist ein ding an eim ort diffinitive / unbegreifflich / wenn das ding [...] sich nicht abmisset nach dem räum des orts / da es ist / sondern kan etwa [irgendwo] viel raums / etwa wenig raums einnemen [...] Der ort ist wol leiblich und begreifflich / [...] / Aber das so drynnen ist / hat nicht gleich lenge / breite oder dicke mit der stete / darynn es ist / ia es hat gar keine lenge odder breite". 236

Mit der Tradition wird, ohne Verweis auf die ,ungebundene Macht' (potentia absoluta) Gottes, das , definitive' dem Leib des Auferstehenden und Auferstandenen zugeordnet;237 definitive ist auch „Christus ym brod", 238 das „unverwandelt und unverendert" 239 bleibt. In dieser Weise können zwei oder „mehrere Körper in dem selben Ort sein". 240 Solche ,Koexistenz' wird auf das dynamische schöpfungsgemäße In-sein in einem und vielen anderen, wie es gleichnishaft die sinnliche Erfahrung bezeugt, ausgeweitet.241 Der „kampff" 242 um den Ort, der nach dem ersten Modus herrscht, ist auch empirisch nicht exklusiv 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240

Ebd., 327,20-22. Physik IV,4 212a 6: τό πέρας τοΰ περιέχοντος σώματος. Vgl. Hutter, Concordia concors, 54 und 73. WA 26,327,22. Ebd., Z.23-35. Ebd., 327,33-328,26. Ebd., 328,31-329,1. Ebd., 329,2. Ebd., Z.7. Ockham, In Sent. IV qu.6 Ο ad 1 („plura corpora possunt esse in eodem loco"), in: Opera Theologica VII, hg. R. Wood/G. Gäl, New York 1984,101,13. 241 WA 26,335,40-336,4 u.ö. 242 Ebd., 439,26.

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wirklich; dies bekunden die je mit anderem vermittelten Phänomene des Sehens,243 von ,Klang' und ,Τοη', ,Licht' und ,Hitze'. 244 An der Gewichtung des Ortes245 ändert sich durch diesen zweiten Modus nichts. Neu gegenüber 1527 ist die Zuordnung der Mahlpräsenz zum Modus des ,koexistenten' esse definitive, von dem jedoch der dritte Modus in der Explikation nur gleitend komparativisch abgehoben wird. „Zum dritten / ist ein ding an orten repletive / übernatürlich [...] wenn etwas zugleich gantz und gar an allen orten ist und alle örte füllet / und doch von keinem ort abgemessen und begriffen wird nach dem räum des orts da es ist".246 So ist nur Gott ,da', „wie er sagt ym Propheten Jeremia [23,23f] / ich bin ein Gott von nahe und nicht von ferne / Denn hymel und erden fülle ich" 247 Ein Begriff ist das esse repletive nicht, denn „diese weise ist über alle mas über unser vernunfft unbegreifflich / und mus allein mit dem glauben ym wort behalten werden". 248

Der Glaube nimmt den durch die hier ,recht redenden Sophisten' erarbeiteten Erkenntnisgewinn auf, der ,sehen' lässt, dass die Beschränkung der Weise von ,Da-sein' auf die „begreiffliche leibliche"249 unhaltbar ist. Anders als bei den Stichwortgebern wird durch das Dreier-Schema der Rahmen für Gottes Vermögen zur Realisierung von Anwesenheit am Ort weder begrifflich fixiert250 noch zielt der Rekurs auf „Gotts gewalt" 251 auf die potentia absoluta, denn seine Allmacht ist aktualer Vollzug, durch den er „mächtig alles in allem tut".252 Das eigene Wort Gottes - „wie er sagt"253 - bezeugt, „daß Gott überall ist und alles erfüllt"; er spricht von keiner Möglichkeit; vielmehr hat der „fromme Sinn" (pius animus) „mit Notwendigkeit zu lernen und zu wissen, daß Gott dort [am Ort] ist".254 Auch in der dritten Weise geht es um die Gegenwart am Ort, nun exklusiv u m Gottes - und Christi Menschheit - Gegenwart. Bei der Beschreibung des repletive wird aber nicht mehr wie 1527 das Zugleich 243 244 245 246

247 248 249 250 251 252 253 254

Ebd., 330,29-331,17. Ebd., 336,1-4. Vgl. o. bei Anm. 111-113. WA 26, 329,27-30. Vgl. Biel, Coll. I dist.37 qu. un. a.l not 3 C: „quod scilicet licet realiter sit in certo loco per indistantiam, non tarnen terminatur illo loco, quin simul sit in omni alio loco, etiam secundum propriam naturam." Ebd., Z.30-32. Ebd., Z.32f. Ebd., Z.35. Ebd., 331,18. Ebd., Z.30. WA 18, 718,30 („potenter omnia facit in omnibus"). WA 26,329,30. WA 18, 623,14-17 („necessario discet et noscet eum ibi esse").

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von „nirgent" und „an allen orten" 255 aufgeboten; für „nirgent" steht jetzt: „von keinem ort abgemessen und begriffen". 256 Auch in der Negation bleibt der Bezug zum Ort erhalten. Dieses präzisierende „Sagen" 257 weiß aber zugleich, dass „Gott [...] ein unerforschlich",258 „ein unaussprechlich wesen", 259 „ein geist über alle ding" 260 ist. Das Argument ist deshalb zuerst nur verneinend gegen die Zwingli unterstellte Vorstellung von einem räumlich ausgedehnten Gott gerichtet, der „als [...] ein grosses / weites wesen / [...] die weit füllet".261 Diese scheinbar unsinnige Polemik ist jedoch nicht blind. Sie wirft dem Kontrahenten dessen Unfähigkeit vor, das geisthaft spirituelle Sein Gottes und das endlich-gegenständliche Sein der Kreatur anders als nur durch Akte spiritueller Kommunikation zu vermitteln, von Seiten Gottes durch den Geist, von Seiten des endlichen Geistes in Erinnerung (Abendmahl) und Aufschwung zum bleibend anderen Unendlichen.262 Der Zerrspiegel der Karikatur Luthers zeigt Zwingli, den Anwalt der geisthaften Unendlichkeit Gottes, bei dem Versuch, sich ein reales An-wesen der Gottheit im Endlichen vorzustellen; weil er aber nur die Vermittlung von Gleichem mit Gleichem kennt - ,der Empfang eines allgegenwärtigen Leibes erforderte einen allgegenwärtigen Mund!' 263 - , muss der ,Spiritualist' dabei zum ,Materialisten' werden und Gott zum dreidimensionierten Körper machen.264 Dieser dualistischen Vorstellung tritt Luthers ,Sagen' entgegen und bekennt den unerforschlichen Gott als seiner Welt gegenwärtigen Schöpfer. Die Aussage des Unaussprechlichen' 265 sagt ein ,Zugleich' in doppelter Hinsicht an. Gott ist in jedem Einzelnen266 und in allen Einzelnen, und zwar so, dass er beides „gantz und gar" 267 ist. Den damit implizierten Widerspruch gegen die Vorstellung von Gott als eines räumlich ausgedehnten Körpers zeigt ein „dennoch" an, das sich auch auf das zweite ,Zugleich' bezieht; der so vorbehaltlos ,inseiende' Gott ist zu255 W A 23,133,21f; vgl. o. bei Anm. 134-156. 256 W A 26,329,29. 257 Ebd., 339,33. 258 Ebd., Z.33f. 259 Ebd., 340,2. 260 Ebd., 335,2. 261 Ebd., 339,27f. 262 Vgl. Ebd., 343,24 („infinitum"). 263 Ebd., 341,24-26. 264 Ebd., 339,33f. 265 Ebd., 340,2. 266 Ebd., 339,35 („ynn eym iglichen körnlin"). 267 Ebd.

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gleich „über allen und ausser allen Creaturen".268 Die beiden, örtlichen' Präpositionen sagen sowohl die Überlegenheit wie auch die Freiheit Gottes gegenüber den Geschöpfen aus: „drumb darffs keines umbzeumens hie". 269 Damit wird jedoch weder das In-sein dementiert noch ein Paradox statuiert. Die folgende Reihe von Aussagen zielt gerade auf das In-sein „der Gottheit" in einem „leib" 270 Deshalb wird das Argument der incapacitas des Endlichen271 aufgenommen, aber zuvor umgedreht: „ein leib ist der Gottheit viel viel zu weit"; 272 keines von beidem erlaubt es aber, die Ansage „von Gotts wesen an allen orten" 273 zurückzunehmen. Im Gegenteil, die hymnische Sprache - „Nichts ist so klein / Gott ist noch kleiner ,.." 274 - bindet in der Serie überbietender Komparative Gott mit dem körperhaft Gegenständlichen dadurch zusammen, dass er als „noch kürtzer, [...] lenger, [...] breiter, [...] schmeler" 275 dem Körperhaften zugeordnet wird. Eine vergegenständlichende Begreifbarkeit Gottes ist daraus nicht zu folgern, wohl aber zu sehen, dass die unaussagbare Gottheit Gottes - „ein unaussprechlich wesen" 276 - aufgrund seiner schöpfungstheologisch gewissen277 völligen Gegenwart in jedem, allen und allem nicht so zur Aussage kommt, dass antithetisch ,der ganz Andere' proklamiert oder eine mit der Philosophie vermittelnde ontologische ,Definition' Gottes eingeführt wird, sondern gerade im Vergleich mit Körperhaftem, das nicht wertontologisch abqualifiziert wird, als Geist zur Sprache gebracht wird. Gott ist gleich exklusiv - semper major und semper minor; insofern ist Luthers Hymnus auch von der berühmten Formel Gregors des Großen in Moralia 2,2278 unterschieden. Bei der Verknüpfung der nominalistischen Terme mit Luthers eigener „Sachen" (WA 26, 332,12), der Einheit der Person, kommt es in zwei Schritten zur Bekräftigung der Allgegenwart von Christi Menschheit. Auf das ,Vermögen' („kan") der unzertrennten Person wird von WA 26, 332,12 bis 333,25 bzw. 335,28 verwiesen. Dieses ,Vermögen' ist nicht bloße Möglichkeit, sondern realisierte Fähigkeit. Der vom Evangelium bezeugte ,Gebrauch' des ,circumskriptiven' und des ,definiti268 269 270 271 272 273 274 275 276 277 278

Ebd., Z.35f. Ebd., Z.36. Ebd., Z.37. Ebd., Z.38f. („viel viel zu enge"). Ebd., Z.37. Ebd., Z.26f. Ebd., Z.39-42. Ebd. Ebd., 340,1. Vgl. o. bei Anm. 111-133. MPL 75,565,47.

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ven' Modus (332,14-18) bekundet einen realen Umgang Christi mit Orten („grab, thür"; Z. 18). Der Ausdruck „brauchen" (Z. 17) bezeichnet nicht ein abständiges Verfügen über den Leib, sondern den für Christi Menschheit fundamentalen Sachverhalt, dass sie auch als am Ort gegenständlich gegenwärtige nicht den Bedingungen von Lokalität ausgeliefert ist; obwohl sie an sich (simpliciter)279 diesen Bedingungen unterliegt, gebraucht sie als mit der Gottheit geeinte den „begreifflichen" (Z. 15) Modus frei. Der Leib Christi ist nicht notwendigerweise an die eingrenzende Örtlichkeit gebunden: ,er erzeigt sich am Ort' (ebd.), und zwar nicht als ,Erscheinung', sondern als den natürlichen Modus der Gegenwart von Körpern frei Gebrauchender. Diese Aussage ist nichts anderes als die zu Ende gedachte Wahrheit des Glaubens, dass der Mensch Jesus an jedem Ort, an dem er ,leiblich' ist, wie dies Menschen sind, dies nicht, wie alle anderen, notwendigerweise ist, sondern in freier Annahme der Bedingungen, unter denen alle anderen sind. Denn er kann nicht nur sein, er ist, weil er „mit Gott eine person ist" (Z. 19), zugleich „nach der dritten ubernatürlichen weise [...] allenthalben / wo Gott ist [...] auch nach der menscheit" (Z. 20-22). Deshalb ist „alles durch und durch vol Christus" (Z. 21f.), nicht, weil der Gegenwärtige in leiblicher Weise ,ausgespannt' wäre, sondern weil kein Ort sein kann, an dem Christus nicht als Gott und Mensch da ist (Z. 30f.). Wäre er an einem Ort bloß in seiner Gottheit gegenwärtig, müßte dieser Ort die Macht besitzen, Christus zu zertrennen, wäre also stärker als „der tod und alle teuffei" (333,lf.), denn er vermöchte in seinem ,Machtbereich' die Inkarnation rückgängig zu machen. Im zweiten Durchgang (WA 26, 335,29-336,19) wird das Fazit des ersten, das hinsichtlich des Seins die Gleichgegenwart von Gott und Mensch (335,27f.), für Tun und Leiden die Wechselseitigkeit der Prädikation (ebd.) einschärft, in die Aussage überführt, dass der mit sich identisch bleibende „Leib" „alle drey weise(n) etwo [irgendwo] zu sein" (Z. 29f.) hat. Dies gilt „erstlich" für „die begreiffliche leibliche weise" (Z. 30-38), in der er nicht „ynn Gott" (Z. 35), nicht,allenthalben' ist, sondern lokal begrenzt, so „wie er auf erden leiblich gieng" (Z. 30f.). Kein Phantasma wandelte über die Erde. Die selbe gegenständliche Eindeutigkeit wird Christi Leib auch „am jüngsten tage (ge)brauchen" (Z. 32f.). Weder wird das ,Historische' entkonkretisiert noch das Eschaton ,axiologisch' (P. Althaus) spiritualisiert. Den zweiten definitiven' Modus des koexistierenden Mitseins (335,38-336,7) „gebraucht" (336,4) Christus, indem er, ohne für seinen Leib Raum zu beanspruchen, „durch alle creatur feret wo er will" (335,39f.). Die Welt der fest

279 Vgl. o.Abschnitt 3.1.

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abgegrenzten Dinge ist ihm nicht verschlossen. Sie waren dies nicht für den Auferstehenden und Auferstandenen - verschlossenes Grab und verschlossene Tür (336,5) sie sind es nicht als „brod und wein ym abendmal" (Z. 6). Weder die Auferstehung noch die Mahlpräsenz sind platt faktische Mirakel; in ihnen vollzog und vollzieht Christus mit seinem Leib den Durchgang durch Verschlossenes, die Gegenwart in Begrenztem. Bei der Explikation der „dritten [...] Göttliche(n) hymelische(n) weise", in welcher dieser Mensch „mit Gott eine person ist" (Z. 8-19), kommt es zur Intensivierung der Dynamik und insofern zur gegenläufigen Betrachtung; jetzt wird gesagt: als „mit" seiner gottheit einer Person „müssen ym", dem Leib Christi, „alle Creaturn [...] gar viel durchleufftiger und gegenwertiger sein" (Z. 9f.) als nach dem vom freien Wollen bestimmten zweiten Modus. Die Gegenwart „ynn allen Creaturn" (Z. 13) ist zugleich deren ,Durchlässigkeit' und Gegenwart für ihn, weil „er sie fur sich hat gegenwertig / misset und begreifft" (Z. 14f.). Diese Wendung zum wissenden und verfügenden Subjekt, das die Geschöpfe als gegenwärtiges „nicht fulen/ rüren/ messen noch begreiffen" (Z. 12), macht aus Christi Leib keine abständige Größe; die Kreaturen sind ihm gegenwärtig, er ist „ynn allen Creaturen" (Z. 13). Keines schränkt das andere ein. Wohl aber wird deutlich: Der Leib Christi wird nicht als „massa humanae naturae", 280 sondern als zugehörig zum „wesen Christi" (Z. 15) gedacht, ohne deshalb die lokale Gegenwart des Irdischen zu verflüchtigen. Von Christi Menschsein ist, wie von Gott, zugleich die völlige ,Welt-Transzendenz' („weit weit ausser", „ so weit als Gott"; Z. 16) und die totale ,Welt-Immanenz' („tieff und nahe ynn"; Z. 17) auszusagen- „oder unser glaube ist falsch" (Z. 19). Das Wissen über das ,Wie' dieses ,uns Unbekannten und doch Wahren' ist „alleine Gott" (Z. 23) vorbehalten. Diese Differenz stößt jedoch menschliches „sagen odder dencken" (Z. 19f.) nicht ins Schweigen; sie bewahrt vor dem Widerspruch, der Gottes „wort" von der Einheit der Person Christi leugnet (Z. 24) - ein unmögliches Unterfangen, denn dieser negative ,Beweis' müßte „Gottes gewalt" (Z. 32f.) verneinen, die es vermag, dem Leib Christi „mehr denn die erste begreiffliche weise zu geben" (Z. 30f.). Hier scheint ein zweifacher Rückfall in den Nominalismus vorzuliegen, denn von Gottes Vermögen wird als von einer potentia absoluta gesprochen und Christi Leib gerät zum Objekt dieser „ungebundenen Macht". Dass dem nicht so ist,

280 Melanchthon, Examen Ordinandorum; CR 23,5.

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müsste eine präzise Interpretation der Passage WA 26, 336,32-339,13 erweisen. Doch selbst, wenn dieser Vorwurf abgewiesen wäre, steht weiterhin der Einwand im Raum: „wenn Christus leib solt allenthalben sein / wo Gott ist / so wurde ich ein Marcionist werden" (339,14f.). Die Antwort (339,14-17.29-32; 340,3-7) macht klar, dass diese Behauptung zurecht bestünde, wenn, erstens, die Mitteilung der Allenthalbenheit notwendig zur Auflösung der begrenzten Körperhaftigkeit des Irdischen führen müsste; dazu muss es, zweitens, aber nur dann kommen, wenn Christi Leib den allgemeinen Bedingungen, die für einen menschlicher Leib als „massa" gelten (s.o.), unterworfen ist. Dies kann jedoch nur behauptet werden, wenn das Auge der „Vernunft", auf das Bild eines vorgestellten Jesus fixiert, sich nicht „blenden", d.h. in die „unbegreiffliche weise" auf-„heben" lässt (334,23-25), wenn es sich dem „untergehen ynn der hymlischen ubernatürlichen weise / da Christus leib ynn der Gottheit eine person mit Gott ist" (334,28-30), verweigert. Der Vorwurf des Doketismus basiert also auf einem undurchdachten Verständnis des ,vere homo', d.h. auf der Unfähigkeit des alten Denkens, an die essentielle Gegenständlichkeit von Leib gebunden, sich das dem Leib Christi mitgeteilte Vermögen, allenthalben zu sein, anders denn als Auflösung ins Phantastische vorzustellen. Luther bestreitet das unbegrenzte Recht dieser begrenzenden Vorstellung von ,Leib', nicht das gegenständliche Da-sein Jesu, wohl aber, dass er „nicht mehr weise habe etwo [irgendwo] zu sein" (340,4). Einleuchten kann diese Argumentation nur, wenn die Ansage der neuen Gemeinschaft von Gott und Mensch in Christus nicht als paradoxe Konstruktion, sondern als Bekenntnis des Glaubens verstanden wird, der darauf steht, dass Christi „menscheit mit Gott eine person worden / und also gantz und gar ynn Gott gezogen" (340,15f.). Hinsichtlich des Seins am Ort ist Christus nicht ein je anderer; seine Gottheit setzt seine Menschheit nicht instrumental ein, so dass sie „hie sey on menscheit /und dort sey mit der menscheit" (Z. 18f.). Soll nicht eine ,ex-carnatio'281 eintreten, „mus Christus auch da mensch sein / wo er Gott ist" (Z. 24). Weil er aber „an einem ort Gott und mensch" (Z. 25) ist, was zu leugnen die Inkarnation zu negieren hieße, und zwar aufgrund der Behauptung, sie sei aufgrund der Eigenart von Orten überhaupt unmöglich, deshalb ist er auch „an allen orten [...], zu gleich mensch und Gott" (Z. 27-29).

281 T. Thumm, MAJESTAS JESU CHRISTI..., Tubingae 1620-1622, 188. Vgl. dazu Baut, Erben, 280-282 und 285.

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In der Denk- und Sprachanweisung für uns „Christen" (Z. 35f.) wird nach den vom leitmotivischen „Wo - da" getragenen Ausführungen, die das In-sein einschärfen, das zweite Moment des Zugleich, also das „ausser und über allen creaturen" (Z. 36f.), von Christi Gottheit und auch von seiner Menschheit, die „eine person mit der Gottheit ist" (341,1), ausgesagt, und zwar so stark, dass von einem ,Extra Lutheranum' gesprochen werden könnte: „Hie kommen wir nu mit Christo ausser allen Creaturn / beide nach der menscheit und Gottheit" (Z. 3f.). Es scheint sogar, als würde dieses von Gottheit und Menschheit ausgesagte ,Extra' nun doch nur auf die Menschheit bezogen: „Da sind wir ynn eym andern lande mit der menscheit / denn da sie auff erden gieng / nemlich [...] blos ynn der Gottheit" (Z. 4-6). Diese Kernstelle für die spätere Lehre von der praesentia intima (Chemnitz, Aegidius Hunnius) behauptet jedoch keine nur auf den Irdischen zu beziehende Status-Differenz zwischen Gottheit und Menschheit, die in der Folge ausdrücklich abgewiesen wird,282 sondern betont zum einen die Realität des freien Gebrauchs des lokalen Modus und lässt zum anderen Christi Menschheit an d e r , Welttranszendenz' seiner Gottheit teilhaben. Dieses ,Extra Lutheranum' stellt das „ausser den Creaturn" (Z. 7f.) nicht als das für Gottheit und Menschheit Christi eigentlich Gültige heraus; das Argument kehrt vielmehr ausdrücklich zum Kreatürlichen zurück: „und also auch an allem ort sein da Gott ist" (Z. llf.). Weil jedoch dieses „an" weder eine nur tangentiale Berührung noch ein Verfallen an die verschlossenen Dinge und Orte meint, wird das „wörtlin" (Z. 14) ,in' dem ,,nerrisch"(en) Denken unserer „vernunfft" (Z. 13) entnommen und auf das ,Vernehmen des Glaubens' hin geöffnet. Er „vernympt / das (ynn) gleich so viel ynn dieser Sachen gilt / als über / ausser / unter / durch und widder herdurch und allenthalben" (Z. 1719). Christi Weltgegenwart ist mit der Schrift so zu bestimmen, dass das unser Verstehen auf den lokalen Modus fixierende Wörtlein „in", der ,Dialektik' des Da-seins Gottes entsprechend, ausgeweitet wird zum Zugleich von ,über und unter, ausser und durch', zum dynamischen „herdurch" und dem ineins je singulären und auf alle Dinge ausgreifenden „allenthalben". Weil diese in Gotteslehre und Christologie notwendige Klarstellung beim Verständnis der Realpräsenz von Leib und Blut Christi zum Missverständnis einer von der Unio mit Brot und Wein ablösbaren pansakramentalen Gegenwart führen könnte,283 wird 1528 für die Abendmahlsgegenwart des Leibes Christi auf den definitiven Modus

282 Vgl. WA 26,344,28-30 und 345,221 283 Vgl. WA 23,149,15-153,4.

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verwiesen- eine Vorsichtsmaßnahme', die Brenz ignorierte und bei Chemnitz zur Abkoppelung der Sakramentslehre von dem Bekenntnis zur allgegenwärtigen Menschheit Christi führte. Im Überschritt zur Soteriologie weitet Luther das christologische ,Simul' von Leiden „auff erden" und Sein „ym hymel" (345,22-24) auf die Christen aus: „wir allesampt / so wir auff erden sterblich sind / so fern wir an Christo gleuben", sind auch im Himmel (Z. 27f.). Die als Hypothese eingeführte Aussage hat klaren Grund in der Schrift (346,22-27). Bei der Explikation kommt es zu kühnen Variationen des ,zugleich Sünder -„auff erden" - und Gerechter' - „ym hymel" (345,29-34). Nur angedeutet wird die mit der Auflösung der exklusiv temporalen Unterscheidung von sündigem, irrendem Leben auf Erden und (dann folgender) himmlischer Seligkeit mitgesetzte Absage an die fixe Lozierung von „teuffei und [...] weit" an den irdischen Ort bzw. (nicht genannt) in die Hölle; auch sie geraten „ynn den hymel" (346,1). Damit ist die traditionelle Übereinstimmung von theologischer und kosmologischer Vorstellung zerstört - auch hinsichtlich des vom „Öleberge [...] gen hymel" (Z. 34) gefahrenen Christus; denn, wäre er an einen „ort ym hymel" gelangt, dessen sphärische ,Schalen' „nymer still stehen", könnte auch Christus „nymer stille sitzen" (347,19-21). Noch weiter reicht eine Reihe genialer Vorblicke und Ausgriffe, die, vergröbernd und doch treffsicher, sowohl den Nerv der anthropologischen Generalisierung lutherischer Christologie in der Philosophie des Idealismus, wie auch das Motiv für deren Verenden unter dem Diktat einer gegenständlich-realistischen Anthropologie treffen. Wird nämlich aus dem Sein der Glaubenden mit Christus deren Gleichstellung mit ihm, „so müssen wir auch alle Gott und mensch sein" (348,19); „die Menschheit ist die Vereinigung der beiden Naturen". 284 Aus dem ,Fahren' Christi „durch versiegelten stein und verschlossene thür" (Z. 20f.) wird „die in's Unglaubliche steigende Gewalt des Menschen über die Natur",285 aus dem geistlichen Insein Christi „ynn uns" die transzendentale Verdoppelung des Subjektes: „so müssen wir auch geistlich [intelligibel] ynn uns sein" (Z. 22). Dieser idealistischen' Hybris gegensätzliches Pendant ist die realistische Skepsis, die aufgrund der Position Zwingiis folgert: „Wo Christus ist/ da können wir nicht sein" (Z. 23f.). Der „garstige Graben" (Lessing) bricht auf, weil es sowohl unmöglich ist, „das viel leibe an einem ort sind" (Z. 24), dass also wir als die vielen am gegenständlich vorgestellten Ort Christi, supranatural im Himmel, kritizistisch an sei-

284 Strauß, Leben Jesu, § 147. 285 Ebd.

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nem historisch und räumlich fernen286 Ort in Palästina, sein können, als auch unsinnig „das ein leib an viel orten sey" (Z. 25), soll nicht supranatural der feste Ort Christi im Himmel geleugnet bzw. historisch aus dem Nazarener eine personifizierte Idee gemacht werden. Wenn nämlich „Christus einen sondern ort besitzt ym hymel" (Z. 25f.) und dort als Mensch unaufhebbar fest loziert ist, wenn er - nach historischem Urteil - einst und nur dort in Palästina war, dann kann er auf keine Weise sein, wo wir sind. Die exklusive Fixierung des ,Leibes Christi' auf den Modus vorgestellter Gegenständlichkeit verhindert, ob supranatural oder kritisch gefaßt, den Zugang zu ihm: „Wir können nicht zurück zu ihm". 287 Die Bedingung und der Preis für diese Trennung von dem von seiner Gottheit abgetrennten Christus, der im ,oben' bzw. im ,einst' gefangen bleibt, ist, generell anthropologisch, die fensterlos monadische Unfreiheit: „so mus darnach ein iglicher auch seinen sondern ort haben" (Z. 26f.). Der ,Geist' als konkreter, als „Christus [...] geistlich fleisch", 288 kann mit der Endlichkeit menschlicher Leiber, menschlichen Lebens nicht vermittelt werden. Wir können nicht sein, wo er ist, wenn die Festlegung des in Christus einzuvermittelnden endlichen Daseins dieses als unübersteigbar gesondert setzt, wenn menschliches Leben unter den Bedingungen einer empiristischen Ontologie und des die Besonderheit am Ort erzwingenden Gesetzes bleibt. Mit einem Wort: Die Soteriologie kollabiert, wenn in der Christologie die der Menschheit Jesu mitgeteilte Allgegenwart negiert wird. Dem tritt das Evangelium von dem noch in der Spannung des simul peccator et justus stehenden Leben des Glaubens im Himmel mit Christus entgegen. Die damit implizierte Absage an ein Nacheinander von ,Erdenleid und Himmelsfreude' installiert jedoch ihrerseits keine auf Dauer gestellte Paradoxie. Die gegenwärtige Übereinkunft mit Christus im Himmel ist offen, hin auf ein erhofftes und erwartetes „sein werden" (349,20f.), dessen vorzustellender Modus offen bleibt - „nach der ersten odder andern weise" (Z. 21) - , dessen eschatologische Gewissheit aber darin besteht, dass „wir" dort „sein werden / da er ist" (Z. 20f.). Christus ist „nicht allein [...] ym hymel"; 289 doch weil „die schrifft diesen einigen [einzigen] menschen und keinen mehr zur rechten Gottes setzt" (Z. 19f.), geht die Erwartung nicht auf eine Vergottung der Glaubenden. „So werden wir

286 Vgl. W A 26,317,2. 287 J. Wellhausen, Einleitung in die drei ersten Evangelien, Berlin 2 1911,115. 288 W A 26,367,31f. 289 Ebd., 345,26.

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doch nicht auff die dritten weise sein / wo er ist", nicht wie dieser eine Mensch „zur rechten Gottes eine person mit Gott" (Z. 21-23). Der Überschritt von der christologischen zur soteriologischen Aussage wird durch die Einschärfung dieser unübersteigbaren Differenz nicht zurückgenommen, vielmehr noch einmal bestätigt: Weil Christus auch nach seiner Menschheit „allenthalben ist / so sind wir freylich [sicherlich] da er ist" (Z. 24). Kein Ort, keine räumliche Ferne, kein historischer Abstand vermag von ihm zu scheiden (Rom 8,39). Nicht, weil wir allenthalben sind, sondern weil er „allenthalben" ist, und zwar bei allen Kreaturen, gilt mit Notwendigkeit: „er mus ia bey uns auch sein" (Z. 24f.). Die Zusage von Mt 28 ist keine isolierte Willensbekundung; sie wendet im Wort auf Glauben hin zu, was mit dem Zugleich von Deus incarnatus und homo deificatus geworden ist. Die schlechte Alternative „wil nicht mehr wissen / denn die einige [einzige] begreiffliche weise" (Z. 26f.), sie kennt Christus in seiner Menschheit also nur als begrenzt ausgedehnten Körper. Dieses Denken „mus [...] denn nichts uberal wissen" (Z. 27). Über den direkt ausgesprochenen Vorwurf hinaus, drängt dieser Folgesatz auf eine, Luthers hypothetischen Antizipationen von Strauß, Kant, Lessing vergleichbare, abgründige Konsequenz: Die Leugnung der Majestät der Menschheit Christi führt zu einem Wissen, das nichts anderes weiß als die Allgegenwart des Nichts.

3.3. Fazit Die ,Ubiquitätschristologie' Luthers lässt sich im Fazit so umreißen: Der Himmel ist nicht der ,oben' gelegene Ort jenseits der Fixsternsphäre. Mit der Schleifung des „Palastes Gottes" 290 fällt die traditionelle Ubereinstimmung von kosmologischer Vorstellung und soteriologischer Aussage. Diese Entgegenständlichung reduziert die Beziehung von Schöpfer und Geschöpf jedoch nicht auf das Verhältnis zwischen ,Gott und der Seele' (Augustin). Vielmehr wird Gottes schöpferische und zugleich nicht eingebundene Weltgegenwart an allen Orten als Da-sein des mit dem „gottgewordenen Menschen" geeinten „inkarnierten Gottes" 291 ausgesagt. Der sich im Sohn zum Heil hingebende Gott ist ineins mit seiner Menschheit der ganzen Schöpfung gegenwärtig und soll deshalb

290 J.A. Quenstedt, Theologia didactico-polemica sive Systema theologicum, Wittenberg 1685,1 c.X s.H Q.IX. 291 WA 8,126,27-29.

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„für allen creaturen" kontrafaktisch zur Erfahrung „außgeruffen werden".292 Der in Christus untrennbar mit der Menschheit geeinte Sohn hat das an sich gültige Axiom der impassibilitas der Gottheit im versöhnenden Leiden der Liebe außer Geltung gesetzt. Insofern ist, wie schon mit der die Person Christi konstituierenden Inkarnation, eine Neubestimmung Gottes eingetreten. Die Person Jesu Christi ist nicht die bloße Ursache seiner vom Geist vermittelten Wirkungen, nicht der abständige Geber gnadenhaft geschenkter Wohltaten (beneficia Christi, Melanchthon), auch nicht nur Mittel oder Instrument zum Zweck der Erlösung, sondern die neue Einung von Gott und Mensch, in die hinein menschliches Leben im Glauben neu gesetzt wird: „Auf denn, durch Ihn, in Ihn selbst".293 Damit ist eine Reihe christologischer Negationen gesetzt: 1. Die Negation aller religiösen Vorstellungen und theologischen Aussagen, die darauf basieren, dass auch in Christus die aufgrund des Ansich-Seins Gottes und des Menschen fundamentale Differenz zwischen dem unendlichen Schöpfer und dem endlichen Geschöpf unaufhebbar bleibt, weil Christi wahre Gottheit und Menschheit nur als essentiell differente und nicht als miteinander kommunikativ vermittelte bestimmt werden dürfen, soll die Gottheit des Inkarnierten nicht gemindert und die Integrität des Menschseins Jesu nicht aufgehoben werden. 2. Die Negation jeder religiösen Überzeugung und theologischen Lehre, welche die Einheit der Person Christi als Kombination der beiden je unverändert mit sich identischen Größen von Gott und Mensch versteht, die nur in dem - auch als identisches gefassten - Tertium der trinitarischen Person geeint sind. Im Widerspruch zu diesen Nötigungen der auf ihrer Selbigkeit beharrenden Vernunft und Vorstellungskraft des sich der empfangenden und dankenden Gemeinschaft mit dem Schöpfer verweigernden, sich in sich selbst sichernden alten Denkens, das auch Christus nach seinen eigenen Prinzipien und Vorstellungen konstruiert, bringt das Evangelium Christus als das Geschehen der Vermittlung und Gemeinschaft von Gott und Mensch zur Sprache: Christus ist die geschichtlichkontingent bewährte, unendlich gültige permanente Anteilgabe der schöpferischen Gottheit im Sohn an die Menschheit Jesu (Erhöhung) und ihre Anteilnahme an dem Geschick, den Taten und Leiden des an die Stelle der an sich verfallenen Menschheit tretenden erhöhten Menschen Jesus (Erniedrigung). In der sich so vollziehenden Einheit der

292 WA 12,556,21. 293 WA 8,112,5f. („Ecce per eum in ipsum").

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Person ist das alte Widereinander von Gott und Mensch in die neue Gemeinschaft mit dem Schöpfer gewendet. Indem dies am Ort des Jesus von Nazareth geschah, ist es zugleich das an allen Orten im Wort auf Glauben hin befreiende Ereignis.

4. Der Umgang mit Luthers Einsicht Der zeitgenössische Umgang mit der Herausforderung der lutherschen Christologie lässt sich auf einige repräsentative Modelle hin stilisieren. 4.1. Der reformierte Widerspruch, besonders Peter van Mastricht Der reformierte' Widerspruch verdichtete sich im Heidelberger Katechismus (1563), der in den Fragen 46-48 das lutherische Verständnis von Personeinheit und ausdrücklich die Allgegenwart der Menschheit Christi abwies. Damit war der Dissens, den schon im Dezember 1559 das ,Stuttgarter Bekenntnis' - „auch der Mensch Christus erfüllet alles" 294 - auf die Ebene verbindlicher Confessio gehoben hatte, festgeschrieben. Eine präzise Beschreibung des Dissensus bietet an der Schwelle der Aufklärung der Utrechter Peter van Mastricht in der Theoretico-Practica Theologia (1698): „Die Schleppe verkehrter Hypothesen bei den Lutheranern" 295 wird abgeschnitten; denn nach Kol 2,9 „wohnt" keineswegs „die Gottheit der menschlichen Natur ein", 296 vielmehr „wohnen in der einen Person des Mittlers die Gottheit und das Fleisch oder die menschliche Natur ,quasi' zusammen". 297 Diese ,Beiwohnung' impliziert keine Enhypostasie der menschlichen Natur in der zweiten Person der Gottheit. Für die Einheit des ,Mittlers' genügt, dass die eines eigenen Daseinsgrundes ermangelnde, anhypostatische Menschheit in einer „unaussprechlichen Beziehung" (ineffabilis relatio) zur Person existiert, von der sie in einer singulären Weise „im Dasein gehalten wird". 298 Die jedes kommunikativen Momentes entkleidete suppositale Union macht

294 C.M. Pfaff, Acta et scripta publica ecclesiae Wirtembergicae, ..., Tubingae 1720,336. 295 Theoretica-Practica Theologia, Utrecht 21699, Lib.V cap.IV § ΧΧΠ („syrma [...] apud Lutheranos perversarum Αποθέσεων"). 296 Vgl. W. Sparn, Art. Jesus Christus V. Vom Tridentinum bis zur Aufklärung, TRE 17 (1988), 1-16, hier: 3,3f. 297 Theologia, Lib.V cap.IV § XXI: „[...] sensus sit, in una Mediatoris persona, quasi cohabitare deitatem & carnem, seu humanam naturam". 298 Ebd., § XXI („ab hac [persona] sustentatur ut existat").

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Christus zum Extremfall der allgemein-menschlichen Gottesbeziehung in der Korrelation von Abhängigkeit und Getragenwerden. Die Lehre von der „Mitteilung der Gnadengaben" 299 erlaubt es aber, dieser schlechthin abhängigen' Menschheit eine in den Grenzen ihres menschlich-endlichen Fassungsvermögens (capacitas) bleibende maximale Teilhabe an den ,Gnaden der Heiligkeit, der Weisheit und der Vollmacht' zuzuschreiben, an ihr also das ,Urbild' der Begnadigung der Erwählten anzuschauen. Von einer „Ubiquität des Fleisches Christi", durch die einige Lutheraner „die Ehre Gottes verdunkeln", 300 kann nicht die Rede sein. 4.2. Anglikanischer Einspruch: Richard Hooker Auch der Anglikaner Richard Hooker (1554-1600) widerspricht im 5. Buch (1597) von Of the Laws of Ecclesiastical Polity einer Zuweisung der „ubiquitie unto man". 301 Die christologischen Kapitel 51-55 bieten im Rahmen altkirchlicher Vorgaben ein unpolemisches Summarium reformierter Sätze: 4.2.1. Die Absage 1. Zwischen Christi Gottheit und Menschheit findet keine Kommunikation statt: "whatsoever is naturall to deitie the same remayneth in Christ uncommunicated unto his manhood, and whatsoever naturall to manhood his deitie thereof is uncapable". 302 2. Dennoch sind in der Person303 die ihr zugehörige göttliche Natur und die angenommene menschliche nicht getrennt: "For albeit the naturall properties [idiomata] of deitie be not communicable to mans nature, the supernatural guiftes, graces and effects thereof are". 304 3. Aufgrund dieser außergewöhnlichen Gnadengaben wirken beide Naturen der Person zwar häufig zusammen, bleiben aber auch als assoziierte im Werk Christi ohne Teilhabe aneinander: "there is a cooper-

299 Ebd., § XI („communicatio charismatum"). 300 Ebd., Lib.n cap.XII § ΧΙΠ: „Lutherani, illi [...], qui [...] ubiquitatem carnis Christ [...] propugnent, [...] gloriam Dei obscurant." 301 The Folger Library Edition of The Works of Richard Hooker, hg. Speed Hill, Bd. 2, Cambridge (Mass.)/London 1977, 219. 302 Ebd., 216. 303 Ebd., 214. 304 Ebd., 223.

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ation often, an association alwayes, but never any mutual participation".305 4. Das Axiom der Unvermittelbarkeit von Endlichem und Unendlichem wird als fundamental ontologisches festgeschrieben: "All thinges are divided into finite and infinite, that no one substance or qualitie can be possiblie capable of both". 306 5. Ohne Luther oder lutherische Texte zu nennen, greift Hooker in den nicht nur kontinentalen christologischen Streit307 mit einem Votum gegen die Allenthalbenheit der Menschheit Christi ein: "neither the soule nor the body of Christ and consequently not Christ as man or Christ according to his humaine nature [secundum humanam naturam] can possiblie be every where present" 308

6. Gegenwärtig ist der Leib Christi jetzt nur im Himmel - "now beinge exalted into heaven" 309 - , denn die Himmelfahrt "is a plaine locall translation [...] from the lower to the higher partes of the world". 310 4.2.2. Versuch einer Vermittlung Gleichwohl schreibt Hooker der Menschheit aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Person311 „die oberste Herrschaft über Lebende und Tote" zu,312 in deren Besitz (possession) sie seit der Aufnahme in die Person des Sohnes Gottes war, deren voller Gebrauch für den Irdischen zwar suspendiert wurde313 und im Eschaton enden wird,314 die aber für die Gegenwart durchaus als energetische Präsenz zu gelten hat. Die essentielle Begrenztheit315 des Leibes Christi macht es nicht unmöglich, „dass seine körperliche Substanz überall eine Gegenwart der wahren Verbindung mit der Gottheit hat",316 und zwar nicht nur im Binnenverhältnis Gottheit-Menschheit. Als Leib des Sohnes Gottes kommt diesem "a

305 Ebd., 219. 306 Ebd., 727t. 307 Vgl. H.C. Brandy, Die späte Christologie des Johannes Brenz, BHTh 89, Tübingen 1991,75. 308 Hooker, Laws, 229. 309 Ebd., 230. 310 Ebd., 233. 311 Ebd., 232 ("from whose divine substance manhood no where is severed"). 312 Ebd. ("supreme dominion over quicke and dead"). 313 Ebd., 233 ("the full use [...] was suspended"). 314 Ebd. ("shall cease"). 315 Ebd., 234 ("the definite limitation"). 316 Ebd.: " [ . . . ] that his bodilie substance hath everie where a presence of true conjunction with deitie."

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presence of force and efficacie throughout all generations of men" 317 zu. Diese zeitliche Entschränkung ist einsichtig zu machen, denn „gleich wie jede Zahl unendlich ist durch die Möglichkeit ihrer Vermehrung (by possibilitie of addition) und jede Linie durch die Möglichkeit ihrer Verlängerung (by possibilitie of extension)", so ist auch, ungeachtet der nur Gott als Gott eignenden aktualen wesenhaften Unendlichkeit, der Leib Christi selbst unendlich in "possibilities of application".318 Hooker hat offensichtlich das zentrale Moment des reformiertcalvinischen Widerspruchs gegen die lutherische Christologie, den religiös als Eifer für die gloria Dei, philosophisch als Beharren auf der Differenz von unendlich und endlich, von Geist und Körper sich äußernden strengen Theismus, nicht übernommen, obwohl seine Argumente gegen die Ubiquitätslehre traditionell-reformiert sind. Die Anerkennung einer energetischen', temporalen ,Unendlichkeit' des Leibes Christi erlaubt das Zugeständnis, dass Christus seine „Herrschaft als Gott und als Mensch ausübt, als Gott durch die wesenhafte Gegenwart mit allen Dingen, als Mensch durch Mitwirkung mit dem, das wesenhaft gegenwärtig ist". 319 Zumindest jenen Lutheranern, die eine rein operative Fassung der Allgegenwart (Balthasar Mentzer) favorisierten, kommt Hookers Votum zur ,ubiquitie' nahe.

4.3. Von der Verweigerung zum Widerspruch (später Melanchthon, Wittenberger Schüler) Als Verweigerung im Übergang zum Widerspruch ist die Position des späten Melanchthon und seiner Wittenberger Schüler zu charakterisieren. Diese wachsende Distanz Melanchthons zu Luthers Christologie ist die Konsequenz seines prinzipiellen, offenbarungstheologisch begründeten, rational präzisierten Theismus. 4.3.1. Die vier Grade der Gegenwart Gottes Die Lehre von den vier Graden der Gegenwart Gottes Examen Ordinandorum (1559)320 setzt ein grundsätzlich abständiges, rational

317 Ebd. 318 Ebd. 319 Ebd., 233: "This government therefore he exerciseth both as God and as man, as God by essentiall presence with all thinges, as man by cooperation with that, which essen tiallie is present." 320 Examen Ordinandorum; CR 23, 5f. Vgl. Responsio Philippi Melanchthonis de controversiis Stancari (1553); StA VI, 265f.

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disponierendes Verhältnis des Schöpfers zu allem von ihm Verschiedenen voraus. In je freien Akten ist der trinitarische Gott gegenwärtig: 1. der gesamten Schöpfung als erhaltend wirksame Kraft, 2. den Engeln und Seligen als beseligende Güte, 3. den Wiedergeborenen als begnadigende Gunst. 4. „Eine weit andere ist die Gegenwart, durch die nur diese LogosPerson", also die Hypostase des Sohnes, „menschliche Natur annimmt, nicht nur untrennbar, sondern auch durch eine solche Einung, dass ein seiendes Ganzes [Suppositum] ist und die angenommene [menschliche] Natur im Da-sein gehalten und gleichsam im Logos getragen wird". 321 4.3.2. Die Gegenwart Gottes in Christus Mit diesem vierten gradus kommt es jedoch nur zu einer supranaturalen Modifikation der allen Geschöpfen gewährten konservatorischen Gegenwart Gottes. Das Supranaturale besteht darin, dass bei Christus die menschliche Natur ohne ein eigenes individuierendes Moment ist; an dessen Stelle tritt die Person des trinitarischen Sohnes, so dass „die angenommene ,Masse' [der menschlichen Natur] vom Logos im Da-sein gehalten wird und von ihm empfängt, dass sie ist und vorhanden ist".322 Die damit rezipierte ,suppositale Union' umschreibt und verschleiert einen einfachen Sachverhalt: Christus ist in seinem Menschsein der Extremfall kreatürlicher Abhängigkeit; mit ihm ist der Fall eingetreten, dass ein individuierendes ,Prinzip', die Person, der Daseinsgrund für zwei an sich disparate Naturen, die Gottheit und die Menschheit, ist, hinsichtlich der Gottheit als mit dieser wesenhaft identischer, betreffs der Menschheit so, dass die humanitas des Menschen Jesus nunmehr zum Suppositum Gottmensch als konstitutiv abhängige, in sich aber unverändert bleibende Natur gehört. 4.3.3. Communicatio Idiomatum Alle Aussagen über Christus müssen diesem Sachverhalt entsprechen. Dem dient die rhetorische Figur der communicatio idiomatum. Diese sagt weder eine reale Teilgabe der Eigentümlichkeiten (idiomata) der Gottheit an die Menschheit noch deren wirkliche Teilnahme an Ge321 Ebd., 265,37-266,3: „Quarto, Ionge alia est praesentia, qua tantum haec persona λόγος assumit humanam naturam, non solum inseparabiliter, sed etiam tali unione, ut sit unum ύφιστάμευον, et sustentetur assumpta natura, et quasi gestetur in λόγω." 322 Ebd., 266,24-26: „Massa assumpta sustentatur a λόγω et accipit ab eo, ut sit et subsistat."

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schick und Leiden der Menschheit Christi aus; vielmehr handelt es sich um eine Sprachregelung, die es ermöglicht, das Proprium je einer Natur, also sowohl das Majestätsprädikat der Allgegenwart, welches der Gottheit eignet, wie auch die nur der Menschheit eignenden endlichen Bestimmtheiten, einschließlich der Akte und Widerfahrnisse von Leiden und Tod, in concreto der Person zuzuschreiben, „weil diese beiden Naturen, der Logos und die angenommene Natur, ein Suppositum", also ein seiendes Ganzes, „sind".323 Dieses,Ganze' ist keineswegs durch die gegenseitige Kommunikation von Gottheit und Menschheit konstituiert, sondern ausschließlich durch den Umstand, dass die 2. Person der Trinität neben der göttlichen Natur, die sie ist, auch noch eine menschliche Natur als von ihr getragene bei sich hat. Deshalb kann von der Person gesagt werden: „Christus ist gestorben", ja sogar, weil die Person die zweite Person der Trinität ist: „Gott ist verwundet. Gott ist gestorben".324 Dabei handelt es sich jedoch um verbale Prädikationen, die ,wahr' nur „communicatione idiomatum" sind, denn in Wirklichkeit hat Christus, anderes ist essentiell unmöglich, nur in seiner menschlichen Natur gelitten; deshalb sind die konkreten Prädikationen, wie etwa das „Gott ist gestorben", mit dem Zusatz zu versehen: „nach der menschlichen Natur".325 Dennoch sind solche „unüblichen Prädikationen" (praedicationes inusitatae) wahre Aussagen, weil die Person, die nach ihrer getragenen' Menschheit gelitten hat, konkret der Gott-Logos ist. Auch hinsichtlich der Majestätsprädikate ist die Aussage zulässig: „Christus est ubique"; das göttliche Proprium der Allgegenwart darf dem Suppositum, das ein seiendes Ganzes ist, dem totus Christus, zugeschrieben werden - „communicatione idiomatum".326 Christus ist nach seiner göttlichen Natur allgegenwärtig, aufgrund von deren Identität mit der zweiten trinitarischen Person ist es auch diese, welche die endlich bleibende menschliche Natur in das Suppositum aufgenommen hat. Es kann aber nicht besagen, dass der Menschheit das Majestätsprädikat der Allgegenwart mitgeteilt worden wäre. Indem die Einung der menschlichen Natur mit dem ewigen Sohn, deren Gemeinschaft mit diesem und die Dasein setzende und bewah-

323 CR 23, 6f.: „Est autem Communicatio Idiomatum, praedicatio, in qua proprietas uni naturae conveniens, tribuitur personae in Concreto, quia hac duae naturae, λόγω et natura assumpta, sunt unum Υφιστάμενου." 324 CR 23, 6: „Christus est mortuus. Deus est vulneratus. Deus est mortuus." 325 Vgl. zum „secundum" CR 23,343f. u.ö. 326 CR 9,470.

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rende Abhängigkeit von diesem miteinander identifiziert werden,327 kann die Einung nur als Setzung von Abhängigkeit verstanden werden. 4.3.4. Der Ubergang zum Calvinismus Der Übergang der Wittenberger Melanchthonschüler (G. Major, P. Eber, P. Crell) von der Verweigerung (Gutachten vom 25.4.1564328) zum Widerspruch, der bei den sogenannten Kryptocalvinisten ab 1570329 an Schärfe zunahm (130 Thesen der Wittenberger Disputation vom 5.5.1570330), bis hin zur calvinistischen Positionierung Christoph Pezels (1539-1604) 331 ist hier nicht zu beschreiben. Unverkennbar ist, dass die ,calvinisierten' Schüler Melanchthons Aussagen radikalisieren. Dieser hatte ,Einung', ,Communicatio' und ,Sustentatio' noch identifiziert. Die gegen die FC argumentierende Admonitio Neostadiana (1581) Ursins (1534-1583) schließt die Kommunikation grundsätzlich aus: „Mit einer anderen Natur persönlich geeint zu werden, besagt nicht, ihr mitzuteilen oder von ihr selbst realiter deren wesenhafte Eigentümlichkeiten zu empfangen, sondern durch eine verborgene und unaussagbare Verknüpfung mit der anderen (Natur) die Substanz einer Person zu werden" 332

Damit ist die Unmöglichkeit einer Mitteilung an die Menschheit aufgrund der Unio definitiv festgeschrieben. Christi Menschheit ist für die Gottheit des inkarnierten Logos nur ein sekundär Hinzukommendes: „Das Wort ,Gott' bezeichnet eine solche Person, welche die Gottheit in sich oder mit sich hat, selbst wenn sie zugleich auch eine andere Natur, wie die menschliche, (bei) sich als hinzugefügte hat, oder (eben auch) nicht". 333

327 CR 23, 342: „idem esse naturam humanam uniri aeterno Filio, et ei communicari et ab eo sustentari ac conservari". 328 Vgl. Hutter, Concordia concors, 49-60. 329 Vgl. H. Junghans, Art. Kryptocalvinisten, TRE 20 (1990), 123-129, hier: 125f. 330 Vgl. Mager, Konkordienformel, 116. 331 Vgl. Junghans, Kryptocalvinisten, 124,lOf. 332 Admonitio Christiana DE LIBRO CONCORDIAE quem vocant, A quibusdam Theologis, nomine quorundam Ordinum Augustanae Confessionis, edito ..., Neustadii in Palatinatu 1581, 251: „Uniri [...] alteri naturae personaliter, non est ei communicare vel ab ipsa accipere realiter ipsius essentiales proprietates, sed est arcano et ineffabili nexu [s.o. van Mastricht] cum altera fieri unius personae substantiam." 333 R. Hospinian, CONCORDIA DISCORS, Hoc est, DE ORIGINE ET PROGRESSU FORMULAE CONCORDIAE BERGENSIS ..., Tiguri 1607, 154: „vocabulum Deus, talem personam significare, quae Divinitatem [...] in se vel secum habeat, etiamsi aliam simul naturam quoque, veluti humanam, sibi adiunctam habeat, sive non."

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4.4. Vorsichtige Annäherung - Chemnitz Wie schwierig für einen in der Schule Melanchthons disziplinierten Geist auch nur eine vorsichtige Annäherung an die Christologie Luthers war, dokumentiert das Werk des Braunschweiger Stadtsuperintendenten Martin Chemnitz. Mit seiner 1566 entworfenen, 1570 publizierten, 1578 (Vorrede: 18.7.1578) erweiterten (retextum atque auctum) Abhandlung Über die beiden Naturen in Christo ... löst er die beiden Eckdaten der spätmelanchthonischen Christologie auf: die restriktiv suppositale Fassung der Personeinheit und die nur verbale Deutung der Communicatio Idiomatum. Obwohl er sich noch 1583 weigerte, die „generalis ubiquitas" 334 als Lehre zu vertreten,335 genügte die von ihm ausgesagte „Gegenwart der ganzen Person Christi nach beiden Naturen in der Kirche", 336 um einen Übergang weiter Teile des ,Luthertums' in das ,kryptocalvinistisch'-reformierte Lager zu verhindern. 4.4.1. Hypostatische Einung Ohne jede polemische Zuspitzung verweist Chemnitz auf die Grunddaten der Lehre: „Zur vollständigen Person des inkarnierten Christus gehört nicht nur seine annehmende göttliche, sondern auch die angenommene menschliche Natur", 337 denn durch die hypostatische Einung hat die göttliche Natur des Sohnes die menschliche Natur „zu ihrer eigenen gemacht", 338 und zwar „in einer untrennbaren Verbindung". 339 Ein Überschießendes ausserhalb' (extra) des Logos kann deshalb nicht einmal „gedacht werden". 340 Das Gegenargument, die hypostatische Union besage für die menschliche Natur, „dass sie nicht durch sich da ist, sondern in der Person des Logos emporgehalten, von ihr getragen und ,unter-halten' wird", ist nicht falsch, wird dies aber, wenn nichts darüber hinaus gesagt wird.341 „Denn die wesensbestimmende Form

334 De duabus naturis in Christo: de hypostatica earum unione: de communicatione idiomatum, et aliis quaestionibus inde dependentibus libellus (1570), Editio Francofurti et Wittebergae 1653, Cap.XXX, 193a. 335 Vgl. Mager, Konkordienformel, 459. 336 De duabus naturis, Cap.XXX, 172b-193 („De praesentia totius personae Christi, secundum utramque naturam in Ecclesia"). 337 Ebd., Cap.IV, 19b: „[...] ad integram personam Christi incarnati pertineat, non tantum divina ejus natura assumens, verum etiam humana assumpta." 338 Ebd. („propriam sibi fecit"). 339 Ebd. („copulatione inseparabili"). 340 Ebd. („nec possit, [...] extra hanc cum carne unionem [...] cogitari"). 341 Ebd., Cap.V, 22b: „Multi vero [...] hoc tantum dicunt, Quod humana natura per se non subsistat, sed in persona τοΰ λόγου sustentetur, gestetur & foveatur: qui aliquid

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der hypostatischen Union besteht nicht nur" im suppositalen Bestimmtwerden der menschlichen Natur, „sondern darin, dass die ganze Fülle der Gottheit des Logos mit der angenommenen Natur vereint ist". 342 Für den Sohn Gottes gilt ein reales ,vor' und ,nach der Inkarnation'. „Das inkarnierte Wort hat", was es zuvor nicht hatte, „eine eigene Seele, einen eigenen Leib und eigenes Blut". 343 Auf diese Aneignung des wahrhaft Menschlichen zielte die Inkarnation des Sohnes Gottes.344 Der Bruch mit Melanchthon und der Widerspruch gegen die Theorien seiner zunehmend ,calvinisierten' Schüler ist damit festgeschrieben. Plerophor, wie dann bei Brenz, wird bekannt: „Im ersten Augenblick der Empfängnis hat sich die ganze Fülle des göttlichen Wesens und der Majestät persönlich mit der angenommenen Natur vereint und in ihr persönlich gewohnt". 345

Selbst die Aussage über den Stand der Erniedrigung wird so formuliert, dass kein Gegensatz zu Brenz erkennbar wird: „Obwohl mit Rücksicht auf die Erniedrigung sich diese Fülle im Fleisch nicht immer durch vollen und offenkundigen Gebrauch erzeigt hat, fehlte sie deswegen dennoch nicht, so dass sie (erst) hernach in der Verherrlichung und Erhöhung anderswoher und gleichsam von aussen einzusetzen und einzubringen gewesen wäre". 346

Die für Chemnitz zentrale Aussage, der Sohn Gottes habe sich die menschliche Natur „zu eigen gemacht" bzw. „zu seiner eigenen gemacht", 347 ist allerdings nicht eindeutig, denn die Aneignung der Menschheit kann auch als Beanspruchung durch die göttliche Natur bei ihren Handlungen verstanden werden. Dann gerät das Angeeignete in die Funktion eines „Werkzeuges", wenngleich eines nicht abständigfremden, sondern eines auf Dauer mit der an sich allein handlungsfä-

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sane dicunt; sed quia nihil praeterea addunt, rem ipsam profecto, et doctrinam totam non explicant." Ebd., 23a: „Nam [...] forma Hypostaticae unionis non in eo tantum consistit, [...] sed quod [...] tota plenitudo Deitatis Τθΰ λόγου, unita est assumptae naturae". Ebd.: „Verbum incarnatum habere [...] propriam animam, proprium corpus, et proprium sanguinem." Ebd. („ut fecerit eam sibi inseparabiliter et perpetuo propriam"). Ebd., Cap.V, 26b: „In primo [...] momenta conceptionis tota plenitudo divinae essentiae et majestatis personaliter se assumptae naturae univit, et in ea personaliter habitavit." Ebd., 27a: „Licet autem ratione exinanitionis se non semper in carne plena & manifesta usurpatione exeruit, non tarnen ideo defuit, ut postea in glorificatione et exaltatione, aliunde & quasi ab extra fuerit inserenda et deducenda." S.o. Anm. 338.

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higen göttlichen Natur verbundenen. 348 Chemnitz schwankt bei der Bestimmung des Binnenverhältnisses von Gottheit und Menschheit in Christus zwischen dem Bekenntnis schenkender Teilgabe und der Ansage herrschender Verfügung. Das Eine entspricht der unaufhebbaren Differenz von Gott und Mensch, das Andere bedenkt die in Christus eröffnete Gemeinschaft. Diese Verknüpfung von Herrschaft und Gemeinsamkeit dürfte den Erfolg dieser inkonsistenten Konzeption erklären. 4.4.2. Communicatio Idiomatum Noch evidenter wird diese Ambivalenz beim Umgang mit der communicatio idiomatum. Chemnitz setzt mit starken Worten ein: Wenn, wie „in den Disputationen von vielen in unserer Zeit", 349 geleugnet wird, dass Christi menschliche Natur „viele hervorragende, ausserordentliche Vorzüge erlangt hat", 350 wenn die reale Mitteilung als bloß verbale Zuschreibung 351 gilt, kommt es nur zu einer fingierten Unio. 352 Auf den klaren Einsatz folgt jedoch sogleich die Mahnung, keine „neuen Redeweisen einzuführen" 353 und sich an die Tradition der Alten Kirche zu halten. 354 Infrage steht scheinbar nur ein definitorisches Problem. Chemnitz besteht darauf, „den Ausdruck ,Mitteilung' als einen allgemeinen beizubehalten und zu gebrauchen, dem nachträglich die verschiedenen Grade der Mitteilung hinzugefügt werden können". 355 Diese generelle ,Mitteilung', die dann als erstes Genus festgeschrieben wird, sagt jedoch keine Mitteilung zwischen den Naturen und deren Idiomen aus; sie beschreibt nur den Sachverhalt der doppelten Bestimmheit der Person. 356 Der Zusatz, „aufgrund der Einung" komme es „zu einer gegenseitigen (irgendwie) Mitteilung der Idiome in der

348 Ebd., 26a: „Ut assumpta humana natura sit organon proprium; perpetuum, & inseparable, quo divina natura verbi, ad operationes suas utatur (licet sola per se illas posset efficere)." 349 Cap.XII, 57a („in multorum nostri temporis disputationibus"). 350 Ebd. („multas [...] praerogativas, dignitates, excellentias & praeeminentias sortita est"). 351 Ebd. („non [...] verbalia, sed maxime realia"). 352 Ebd. („qui fingit unionem, sine tali communione"). 353 Ebd., 57b („novas loquendi phrases comminisci"). 354 Ebd. („quod in veteri Ecclesia semper usitatum & receptum fuerit"). 355 Ebd., 58a: „Vocabulum κοινωνίας, [...] ut generale retinendum et usurpandum, cui postea distincti gradus communicationis [...], subjeci possint." 356 Ebd., 59a: „[...] in Christo incarnato esse ac manere duas integras & distinctas naturas".

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Person", 357 kündigt an, was nicht eingeholt wird. Schon der erste Versuch einer Definition des ersten Genus deckt dies auf: „Dies also ist der erste Grad der Communicatio Idiomatum, wenn, was Proprium einer Natur ist, von der Person in concreto ausgesagt wird, wobei hinzugefügt zu werden pflegt, nach welcher Natur der Person etwas zugewiesen wird". 358

Nur der Zustand der in zwei Naturen geeinten Person wird beschrieben: „Im ersten Genus werden die Eigentümlichkeiten der einzelnen Naturen in sich unterschieden betrachtet, aber nichtsdestoweniger der Person zugewiesen, je entsprechend jener einen Natur, deren Propria sie sind". 359

Durch eine missverständliche Formulierung wird ein Austausch zwischen den Naturen ausdrücklich abgewiesen;360 missverständlich ist diese Aussage deshalb, weil niemand behauptet hat, dass den Naturen an sich, je als terminus a quo, das Proprium der anderen Natur zukomme. Die fehlgehende Richtigstellung zeigt: Die zentrale Einsicht lutherscher Christologie, dass die Person kein Tertium oberhalb von Gottheit und Menschheit ist, sondern beide im Vollzug ihrer Vermittlung, ist für Chemnitz unerschwinglich. Statt dessen kommt es zu Sätzen, die von Christus nichts anderes aussagen, als was von Gott und Mensch ohnehin gilt - nur eben so, dass das ansonsten von getrennten Größen Ausgesagte in der Person Christi ,konkret' kombiniert wird. „Der Sohn Gottes ist wirklich gestorben. Aber dennoch wird der Tod nicht wirklich der göttlichen Natur selbst an sich zugeschrieben, sondern der Person", 361 nämlich nach der menschlichen Natur. Im Gegenzug kann dann gesagt werden: „Der Sohn des Menschen ist vom Himmel herabgestiegen", 362 weil er zu der einen Person gehört, die nicht nur in der (herabgestiegenen) göttlichen, sondern auch in der menschlichen ihr Dasein hat.363 Dem einen Subjekt Christus als je durch

357 Ebd., 59b: „propter illam unionem fit mutua quaedam idiomatum [...] communicatio in persona." 358 Ebd.: „Hic igitur sit primus gradus, [...] communicationis idiomatum, quando id, quod proprium est unius naturae, praedicatur de persona in concreto, in qua praedicatione, addi solet declaratio, secundum quam naturam personae aliquid tribuatur." 359 Ebd., 60a: „In primo [...] genere; vel singularum naturarum, vel unius naturae Idiomata, in sese distincte considerantur, ac nihilominus tribuuntur personae, secundum unam illam naturam; cujus sunt propria." 360 Ebd., 66a: „Nec necesse est, ea quae in hoc genere praedicantur de persona, convenire utrique naturae." 361 Ebd., 58b: „Filius Dei dicitur mortuus [...] realiter. Mors tarnen realiter tribuitur, non ipsi divinae naturae in sese, sed personae." 362 Ebd., 59b: „Filius hominis descendit de coelo". 363 Ebd. („quia una est hypostasis subsistens in utraque natura").

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die Natur konkretem, als „Sohn Marias" und als „Sohn Gottes", werden sogar die Propria der je anderen Natur zugeschrieben: „Der Sohn Marias wurde aus dem Vater vor der Welt gezeugt, der Sohn Gottes wurde in der Zeit aus Maria geboren".364 Damit wird aber weder eine Vorzeitlichkeit der Menschheit noch ein Erleiden der Geburt durch die Gottheit gelehrt. Es geht nur um die Feststellung, dass die Person, die seit der Inkarnation als konkrete ,Sohn Marias' ist, ewig gezeugt wurde und dass dieselbe Person das Proprium menschlicher Natur, geboren zu werden, als Sohn Gottes an sich genommen hat. Eine realis communicatio sagen diese scheinbar kommunikativen Sätze nicht aus. Chemnitz läßt sich auf diese scholastischen Unterscheidungen, deren religiöse Sterilität evident ist, aus zwei Gründen ein: Das erste Genus der Idiomenkommunikation sichert die beiden Naturen als je identische Termini a quo der Unio. „Nach der Gottheit ist und bleibt Christus eines Wesens mit dem Vater, nach der Menschheit aber ist er beständig und bleibt gleichwesenhaft mit den Brüdern". 365 Zum anderen werde auf diese Weise gewährleistet, dass der Person nicht schon die durch die Kommunikation zwischen den Naturen neubestimmten Eigentümlichkeiten, sondern die primären essentiellen Idiome mitgeteilt werden.366 Allerdings muss nach der so abgesicherten Zuschreibung dessen, was der Person zukommt, anders als jene, welche „diese Lehre verkehrt auffassen", 367 nun auch von dem gesprochen werden, was zwischen den Naturen geschieht. „Dass aber je eine Natur in Christus das Ihrige nicht isoliert allein tut, indes die andere müßig ruht und nicht mitwirkt, dies werden wir beim zweiten Grad erklären". 3 6 8

Für die Konstitution der Person ist dieses zweite Genus ohne Belang. Erst bei der angemessenen Beschreibung der Aktivitäten dieser Person kommt die Gemeinsamkeit der Naturen als Zusammenwirken zur

364 Ebd., 60b: „Filius Mariae dicitur ex Patre ante secula genitus, et Filius Dei in tempore ex Maria natus". 365 Ebd., 63a: „secundum Divinitatem Christus sit et maneat ομοούσιος Patri, secundum humanitatem vero, perpetuo sit et maneat consubstantialis fratribus." 366 Ebd., Cap.Xm, 66b: „ut in hoc primo gradu[...] explicentur essentiales cujusque naturae proprietates, quae docentur non ita communicari, ut in unione, et per unionem fiant et sint, sed communicantur personae." 367 Ebd. („hanc doctrinam [...] sinistre [...] accipiunt"). 368 Ebd.: „Quod vero una natura in Christo, sua non seorsim sola agat, altera interea ociosa existente et nihil cooperante quod agat, [...] hoc in secundo gradu explicabimus."

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Sprache. „Beim zweiten Grad wird das Werk betrachtet, zu dem die Handlungen beider Naturen zusammenlaufen". 369 Die Konstruktion ist durchsichtig: Nach der Klärung dessen, was der Person von den beiden Naturen her zuzuschreiben i s t - erstes Genus - wird von den Handlungen der Person ausgesagt, dass dabei die beiden Naturen zum einen je das Ihre wirken, darüber hinaus aber die menschliche Natur befähigt wird, im Zusammenwirken mit der göttlichen Natur der Person als Instrument zu dienen. Dies wird mit dem zweiten Genus festgeschrieben. Damit aber die menschliche Natur überhaupt imstande sein kann, auf diese Weise mitzuwirken, muss sie in funktionaler Hinsicht auf das Niveau der göttlichen Natur gehoben werden; aufgrund der Einung werden ihr Eigentümlichkeiten der göttlichen Natur mitgeteilt. Sie „wird geschmückt, gemehrt, bereichert und erhoben durch unzählbare, hervorragendste, über jede Benennung hinausgehende Vorzüge". 370 Damit hat Chemnitz das dritte Genus erreicht. 4.4.3. Das dritte Genus Weil es sich aber nicht nur um eine höchst umstrittene, sondern auch objektiv schwierige Lehre handelt, 371 bedarf es des Glaubensgehorsams, der bekennt, was die Schrift klar bezeugt, vor allem aber der Mäßigung, die weder im Ja noch im Nein über das Schriftzeugnis hinausgeht.372 Spitzfindige Folgerungen 373 sind deshalb zu unterlassen; das Gewicht des Auszusagenden ist dennoch zu bedenken, denn es geht um „Eigentümlichkeiten oder Eigenschaften, die der göttlichen Natur des Logos selbst eignen. Hinsichtlich dieser ist ein anderer, höchster Grad der Schenkung oder Mitteilung anzusetzen, durch den die angenommene menschliche Natur in Christus mit eben den Eigenschaften der göttlichen Natur des Wortes eine solche Gemeinschaft hat", die sich vergleichen lässt mit dem Vorgang, durch den „die Kraft zu leuchten

369 Ebd., Cap.XII, 60a: „In secundo gradu [...] consideratur opus, ad quod utriusque naturae actiones concurrunt." 370 Ebd.: „[...] ornatur, augetur, locupletatur, et exaltatur, innumerabilibus et excellentissimis, ultra omne nomen [...] praerogativis." 371 Ebd., Cap.XIX, 90a : „Hoc vero est caput illud, de quo nostra tempestate magnis contentionibus controvertitur, in cujus explicatione multae, magnae et inexplicabiles [!] sunt difficultates." 372 Ebd., Cap.XXI, 91a: „modeste tractabimus [...] simplici obedientia fidei, illis, qui habeat expressa scripturae testimonia, firmiter assentiemus, licet modum non intelligamus. De quibus vero non extant certa [...] scripturae testimonia, in illis, vel negando, vel asseverando, vel exquirendo, non laborabimus". 373 Ebd., 98a („argutis consequentiis").

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und zu brennen, die eine wesenhafte Eigentümlichkeit des Feuers ist und bleibt, aufgrund der Unio, ohne Vermischung dem feurigen Eisen mitgeteilt wird". 374 4.4.3.1. Die dona Unter den Gaben an Christi Menschheit ist als erstes die Allherrschaft zu nennen, denn Christus ward „alle Gewalt übergeben, damit er über alles machtvoll herrsche". 375 Zu diesem umgreifenden aktiven Vermögen kommt die soteriologische Gabe des „lebendigmachenden Lebens" und - als Kontrast und Bestätigung - „die Vollmacht zu richten" und „von Sünden zu reinigen" hinzu.376 Über diese soteriologisch-funktionale Mitteilung an Christi Menschheit, umgriffen von der mitgeteilten Allherrschaft, geht Chemnitz in seiner Lehre vom genus majestaticum der communicatio idiomatum nicht hinaus. Die Sorge, „die hypostatische Mitteilung der Majestät" könnte Christi Menschheit „zerstören" oder ,vergotten', hat auch Chemnitz selbst.377 Aufgrund dieser emotionalen Hemmungen 378 votiert er für einen streng restriktiven Umgang mit dem Schriftzeugnis von der Erhöhung der Menschheit Christi.379 Selbst spezifisch reformierte' Argumente, essentialische und biblische, werden gegen eine Ausweitung der Kapazität von Christi Menschheit und für die Wahrung der „Eigentümlichkeiten der ,ersten Substanz'" aufgeboten.380 Die von Brenz gewagte Unterscheidung von „mitteilender und mitgeteilter 374 Ebd., 98b: „Sunt enim [...] Idiomata, seu attributa ipsius divinae naturae τοΰ λόγου propria. Ergo eorum, [...] alius summus donationis seu κοινωνίας gradus ponendus est, quo assumpta humana natura in Christo cum ipsis divinae naturae Verbi attributis seu idiomatis, [...] communionem talem habeat, sicut vis lucendi & urendi, quae essentialis proprietas ignis est et manet ratione unionis, absque confusione, communicatur ferro ignito." 375 Ebd.: „Christo datum esse omnem postestatem [...] Et omnibus potenter dominatur". 376 Ebd., 99a: „Christo datam esse vitam vivificantem, et potestatem judicium faciendi. [...] Ita mundare seu delere peccata." 377 Ebd., 101b: „[...] si hypostatica communicatio Majestatis humanam naturam in Christo vel destrueret, vel in divinam converteret, esset merito ab omnibus pijs rejicienda." 378 Vgl. ebd., Cap.XXX, 177φ. 379 Ebd., Cap.XXH, 104a: „Videntur autem plerique ad has opiniones deflexisse, eo quod scriptura humanam naturam in Christo extollat in summam sublimitatem". 380 Ebd., 106b: „Cavendum est, ne inducamus diversam aliquam substantiam, quam tarnen velimus capacem esse proprietatem primae substantiae, scriptum est enim, Gloriam meam alteri non dabo [Jes 42,8]". Zur Verwendung der Jesajastelle vgl. ob. Anm. 83.

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Gottheit" 381 wird - ohne Namensnennung - als unmögliche Verdopplung abgewiesen.382 Es ist daher nur konsequent, wenn das dritte Genus der communicatio faktisch mit dem zweiten zusammenfällt.383 Die Versicherung, die communio realis sei dies „wirklich und dem Sein nach", 384 gerät so zur reinen Schutzbehauptung. Für die Herrschaft Christi auch nach seiner Menschheit versucht Chemnitz allerdings, Einschränkungen zu vermeiden. Christus gebietet vor allem, aber nicht nur, über die Kirche.385 Der Beginn dieser Herrschaft ist die Erhöhung zur Rechten Gottes, die mit der persönlichen Einung gegeben ist.386 Die nochmalige Erhöhung fügte nur den vollen und offenbaren Vollzug hinzu.387 Es fehlt auch sonst nicht an starken Worten: Die nur psychologische Deutung der,Rechten Gottes' als eines „Ortes der Ruhe und Freude" 388 ist unzulässig, die Wahnvorstellung eines (geisthaften) „Feuerhimmels, in dem der Thron Christi an einem erhabeneren Ort als dem der übrigen Heiligen aufgestellt ist", unsinnig.389 Doch die gegenläufige Aussage folgt sogleich: „keineswegs sagen wir, es gebe in Christus eine gleiche Herrlichkeit, eine gleichewige und gleichartige Majestät der göttlichen und menschlichen Natur". 390 Der Unterschied zwischen geben und empfangen begründet einen bleibend niedrigeren Status des Empfangenden. Die Erhebung Jesu zum Herrn missrät deshalb zur Einsetzung der Menschheit als des ,Vizekönigs' des wahren Gottes.391 Was Christi Weisheit und Wissen anbelangt, so ist unumstritten, dass er „nach seiner göttlichen Natur die Weisheit selbst ist und All381 Vgl. u. Anm. 455. 382 Ebd., Cap.XXIH, 119b: „Non duplex est Divinitas, in Christo incarnato". 383 Ebd., Cap.XXÜ, 107a: „Communicationem Majestatis appellamus, quod praeter et supra manentes essentiales illas humanitatis proprietates divina potentia λόγου operatur, cum assumpta humanitate, et per eam, quaecunque et quandocunque vult...". 384 Ebd., Cap.XXTV, 123a (όντως καΐ τω όυτι). 385 Ebd., 126b: „[...] praecipue pertinere ad Ecclesiam [...], sed tarnen, [...]non ita circumscriptam, ut non simul etiam omnia alia pedibus suis subjecta habeat." 386 Ebd., 128a: „Collocata autem est humana natura in Christo, et sedet ad dexteram Dei, quia cum personaliter unita sit Divinae naturae τοΰ λόγου, quae est ipsa dextera Dei". 387 Ebd.: „Jam post depositam exinanitionem, in exaltatione et glorificatione, in plenam & manifestam usurpationem potentiae dexterae Dei collocata est". 388 Ebd., 127a („locum quietis et gaudii"). 389 Ebd., 128b: „[...] non humana phantasia coeli empyrei, in quo thronus Christi, loco eminentiore, quam reliquorum sanctorum positus sit". 390 Ebd., 129a: „[...] nequaquam dicimus esse aequalem gloriam, coaeternam et parem majestatem Divinae et humanae naturae in Christo". 391 Ebd., 130b: „[...] omnium linguarum populi confitebuntur hunc Jesum, secundum Divinam naturam esse Jehova, ac secundum humanitatem, [...] factum esse Dominum et Christum subjectis omnibus sub pedibus ipsius".

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wissenheit besitzt". 392 Für die Menschheit hingegen gilt dreierlei: Christus „hatte das natürliche, vernünftige Wissen des zu erwählenden Guten u n d des zu verwerfenden Bösen". Er hatte zudem, wie die Scholastiker lehren, „eingegossene zuständliche Wissensbestände, bei denen er zunahm". 3 9 3 Über diese Verbindung von ,Natur u n d Gnade' hinaus, wohnte Christi Menschheit die Fülle göttlicher Weisheit u n d göttlichen Wissens ein, die sich in ihr und durch sie im Rahmen der Erniedrigung allmählich mehr und mehr offenbarte. 394 So erklärt es sich, dass Christi Menschheit aufgrund der Erniedrigung damals einiges nicht wissen konnte u n d an Weisheit zunahm. 395 Für den Erhöhten sind diese empirischen Schranken gefallen. „Jetzt steht Christi Seele im klarsten Licht göttlicher Weisheit, sieht, versteht u n d weiss alles".396 Die präzisierende Bestimmung der mitgeteilten göttlichen Idiome nennt noch einmal die Gabe „des lebendigmachenden Lebens", 397 „die Vollmacht z u m Gericht", 398 das Vermögen, „Herzen u n d Gewissen von der Sünde zu reinigen" 399 und „die göttliche Verehrung", 400 die beiden anzubetenden Naturen Christi 401 zukommt. Mit diesen funktionalsoteriologischen Aussagen ist für Chemnitz das dritte Genus der Communicatio zureichend bestimmt: „Gleich wie Christi Menschheit die ganze Fülle der Gottheit als persönlich in ihr einwohnende hat, so auch und auf dieselbe Weise ist sie begabt und bereichert durch göttliche Kraft, Macht, Handlung, Weisheit, Wissen, Gnade, lebendigmachendes Leben, Herrlichkeit, göttliche Majestät und universale Herrschaft, wodurch sie auch auf ihre Weise bei den Aufgaben des Messias mitwirkt".402 392 Ebd., 131b: „secundum Divinam naturam sit ipsa sapientia et habeat omniscientiam". 393 Ebd.: „[...] habuit naturalem, sive rationalem scientiam eligendi bonum et reprobandi malum, Isa. 7. Habuit etiam habitus scientiae infusos, quibus crevit". 394 Ebd.: „[...] tota plenitudo, sicut Deitatis [Kol 2,9], ita etiam sapientiae et scientiae Divinae [Kol 2,3] personaliter inhabitabat in assumpta natura, in qua et per quam, quantum dispensatio exinanitionis permittebat, subinde magis magisque se manifestabat." 395 Ebd.: „Unde tunc ratione exinanitionis, humana ejus natura quaedam ignorare poterat, & in sapientia crescere." 396 Ebd. 397 Ebd., 132a. 398 Ebd., 133a. 399 Ebd., 133b („Corda et concientias mundare a peccato"). 400 Ebd., 135b („cultus divinus"). 401 Vgl. ebd., Cap.XXIX, 166b-172b. 402 Ebd., Cap.XXV, 160a: „[...] sicut totam plenitudinem Deitatis personaliter in se inhabitantem habet, ita etiam eadem ratione donata et locupletata sit divina virtute, potentia, operatione, sapientia, scientia, gratia, vita vivificante, gloria, majestate divina, universal! dominatione, quibus etiam suo modo, [...] in officijs Messiae cooperatur."

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4.4.3.2. Allgegenwart Erst nach dieser zusammenfassenden Klarstellung nimmt Chemnitz die umstrittenste Frage der zeitgenössischen Christologie auf. Obwohl ihm bewusst ist, dass es „zu dieser Zeit grosse Erörterungen darüber gibt, wo und wie Christi ganze Person nach beiden Naturen, bzw. auch seine angenommene menschliche Natur gegenwärtig anwesend ist, bzw. anwesend sein kann und will", 403 setzt er die Thematik schon mit der Überschrift des einschlägigen 30. Kapitels (172b-193) auf ein ermäßigtes Niveau herab: „Von der Gegenwart der ganzen Person Christi nach beiden Naturen in der Kirche" (De praesentia totius personae Christi secundum utramque naturam in Ecclesia). Der Reduktion der Fragestellung entspricht die Vereinfachung im Verfahren. Für die Ansage der Gegenwart von Christi Menschheit bedarf es der Begründung durch „ein ausdrückliches Wort", 404 bei dessen Auslegung Christi „Wollen, Können, Werden bzw. Sein zu verknüpfen sind". 405 Von dieser Voraussetzung her ergibt sich: Nach dem einhelligen Zeugnis der Evangelien war Christus auf Erden mit seinem Leib sichtbar und umgrenzt, wie alle Menschen auch, je nur an einem bestimmten Ort.406 Räumlich eindeutig war auch Christi Himmelfahrt, die „kein plötzliches Entschwinden, sondern Erhebung in die Höhe durch eine sichtbare Bewegung gewesen ist". 407 Allerdings hat Christus „durch die Himmelfahrt jene umgrenzte und örtliche Gestalt der Gegenwart seines Leibes entzogen".408 Den allgemeinen Bedingungen menschlicher Leiblichkeit wurde Christus dadurch jedoch nicht entnommen. Sein Leib wurde vielmehr verherrlicht und „im höchsten Grade der Herrlichkeit" 409 zu einem corpus glorificatum seu gloriosum. Als ein solcher ist er „in der Weise der verherrlichten Leiber" nicht ortlos, sondern „irgendwo", hat aller-

403 Ebd., Cap.XXX, 173a: „[...] hoc tempore magnae sunt disputationes; An seil, ubi, & quomodo tota persona Christi, secundum utramque naturam, seu assumta etiam sua humana natura, praesens adsit, vel adesse velit, ac possit." 404 Ebd. („expressum verbum"). 405 Ebd. („conjungamus velle, posse, fieri seu esse"). 406 Ebd., 174a: „[...] tota Evangelica historia testatur, Christum tempore visibilis & externae conversations suae secundum carnem, in terris corpore suo visibiliter & sensibiliter, physica locatione, circumscriptive, seu localiter, juxta conditiones hujus seculi, certo situ, ac positu membrorum, sicut reliquos homines, fuisse in certo loco, ac motu locali migrasse de loco in locum." 407 Ebd.: „[...] non fuerit repentina disparitio, sed visibili motu in altam elevatus." 408 Ebd., 175a: „[...] ac illam circumscriptam et localem formam praesentiae sui corporis, [...] per Ascensionem subduxit." 409 Ebd. („in summo gradu gloriae").

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dings „das Privileg der hypostatischen Union". 410 Die damit behauptete supranaturale Gegenständlichkeit wird mit ausdrücklichem Bezug auf die Scholastiker411 breit entfaltet. „Christus ist mit seinem verherrlichten sichtbaren Leib im Himmel gegenwärtig, von wo er zum Gericht wiederkommen wird in der Gestalt, in der er sich schon den Seligen zur Anschauung darbietet".412

Abgesehen vom Verzicht auf den im Empyreum aufgeschlagenen Thron, repristiniert Chemnitz die traditionellen eschatologischen Vorstellungen vollständig. Die scholastische Theorie vom corpus gloriosum hat die christologische Erkenntnis, dass es um den Leib geht, den sich der Sohn Gottes zu eigen gemacht hat, überlagert und verdrängt. Nur durch den Rekurs auf einen kontingenten Machtakt des Sohnes Gottes kann Chemnitz den Leib Christi aus dessen gloriosem Gefängnis befreien. Nicht die Einung von Gott und Mensch, einzig die Tatsache, dass „wir das ausdrückliche Wort und die besondere Verheißung haben, die der Sohn Gottes in jener Nacht, da er verraten ward, unverbrüchlich gegeben hat, dass er in der Handlung seines Mahles mit seinem Leib und Blut anwesend sein wolle", 413 verbürgt die Gegenwart Christi auch nach der menschlichen Natur. Nur weil Christus die Gabe des Mahles „seinen Leib nennt", 414 ist es gewiss, dass nicht „nur die Gegenwart des Verdienstes, der Kraft und Wirksamkeit des Leibes Christi" 415 zugesagt ist. Ein christologisches Argument muss Chemnitz über das kontingente Faktum der Mahlstiftung hinaus allerdings beanspruchen: „Die göttliche Vollmacht des Sohnes Gottes" muss imstande sein, „auf eine andere als die natürliche Weise mit seinem Leib, unter Bewahrung von dessen Substanz und dessen wesenhafter Eigentümlichkeiten, auf übernatürliche, göttlich-himmlische, uns unbegreifliche Weise anwesend

410 Ebd., 176b: „[...] ratione corporum glorificatorum alicubi est, excepto, [...] hypostaticae unionis privilegio." 411 Ebd., 175a: „Et Scholastici quidem libro sententiarum 4. dist. 44. multa disputant de dotibus glorificatorum". 412 Ebd.: „Et hac etiam forma visibili, [...] Christus corpore suo [...] est praesens, [...] in coelis, unde ad Judicium redibit, ea forma, qua beatis [...] jam conspiciendum se praebet". 413 Ebd., 177b: „[...] habemus expressum verbum, et specialem promissionem, [...] a Filio Dei, in ea nocte, qua traditus est, sancitam, [...] Quod actione coenae suae [...], velit corpore et sanguine suo adesse." 414 Ebd., 178a („nominat corpus suum"). 415 Ebd. („praesentiam solius meriti, virtutis seu efficaciae corporis Christi").

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sein zu können, wo immer er will, so wie er in der Handlung des Mahles seinen Willen erklärt hat". 416

Über diese Positionierung des Leibes Christi als des vom Logos verfügten geht Chemnitz schließlich doch noch hinaus, indem er die bislang stillgestellte unio personalis reaktiviert': Christi Menschheit gehört untrennbar zur unendlichen Hypostase des Logos und bildet mit diesem ein Wirkliches.417 Diese Zusammengehörigkeit eröffnet eine innere Nähe des Logos zur menschlichen Natur; „er hat und hält sie innerhalb seiner ganzen Hypostase selbst sich gegenwärtig und geeint" 418 Jedes ,extra' des Logos würde die vollzogene Unio auflösen. Der Inkarnierte hat „zugleich diese zwei Naturen durch gegenwärtigste Einung und geeinteste innere Gegenwart als untereinander gegenseitig geeinte und gegenwärtige" ,419 Dennoch weigert sich Chemnitz, aufgrund der gegenseitigen praesentia intima eine mitgeteilte Teilhabe der geeinten Menschheit an der Weltgegenwart des Logos auszusagen, zumal er diesen als raumenthoben versteht.420 Um die ortsbezogene Gegenwart des Leibes Christi dennoch aussagen zu können, wird der essentialistisch gefasste Leib, die verfügende Macht des Logos und der gegenständlich fixierte Modus solcher ,Gegenwarten' kombiniert, wobei die Einung wieder folgenlos bleibt.421 In derart körperhaften Erscheinungen Christi wurde die Gegenwart „des wahrhaft verherrlichten Leibes" dokumentiert 422 Für die testamentarisch verbürgte Gegenwart von Leib und Blut im Mahl, bei der die physische Gegenständlichkeit durch einen anderen, nur Gott möglichen und bekannten Modus ersetzt wird, kommt dann zwar auch die hypostatische Union in den Blick, jedoch nur als Ermög-

416 Ebd.: „Divinam potentiam Filij Dei, [...] posse [...], ut alio quam naturali [...] modo, [...] corpore suo, salva ejus substantia, et manentibus essentialibus ejus proprietatibus, supernatural!, divino seu coelesti, nobis incomprehensibili modo, possit adesse, ubicunque vult, sicut in coenae actione, voluntatem suam, [...] declaravit." 417 Ebd., 182b: „humana Christi natura [...] in infinita τού λόγου hypostasi subsistere personaliter, ita, ut cum λόγω unum jam constituat ϋφιστάμευον a quo in aetemum non separabitur." 418 Ebd. („intra ipsam totam suam hypostasin [...] sibi praesentem et unitam habet"). 419 Ebd., 183a: „[...] simul duas illas naturas, praesentissima unione, et unitissima seu intima praesentia, inter se, et ad se, mutuo unitas ac praesentes habere". 420 Ebd., 182b („hypostasis τοΰ λόγου [...] est supra & extra omnem locum"). 421 Ebd., 183b: „Sed in ipsa unione, est ac manet [humana natura] circumscripta, habens ac retinens συμμετρίαν membrorum finitam, unde quandocunque et ubicunque vult, potest corpore suo adesse, et praesentiam ejus ostendere, [...] visibiliter, palpabiliter, circumscriptive et localiter". 422 Ebd.: „eo modo [...] Paulo in castris astitit [Acta23,11!], et jam in coelis, juxta veri glorificati corporis modum, ita adest, Ac Stephano ita se ostendit, et tali etiam forma in nubibus ad judicium veniet."

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lichung des faktisch Offenbarten.423 In beiden Fällen, den supranaturalen Akten und im Mahl, bleibt die Nähe der Naturen zueinander ohne Belang für die Gegenwart der Menschheit Christi. Einer Verwerfung der Lehre von der Allgegenwart des Leibes Christi stimmt Chemnitz dennoch nicht zu. In einer gewundenen Formulierung versichert er, „Christus, seinem Gott und Herrn, niemals durch Disputieren das Vermögen wegnehmen zu wollen, mit seinem Leibe überall anwesend sein zu können". 424 Dieses kärgliche Zugeständnis ermöglichte die in FC VIII formulierte christologische Übereinkunft, zumal Chemnitz zwar die Allgegenwart auf keinen Fall zu den mitgeteilten Idiomen zählen, aber dem biblischen Zeugnis von der Erhöhung der Menschheit Christi nicht widersprechen will.425 Dieses Argument von der Erhöhung des Leibes in den Machtbereich der Rechten Gottes macht es verständlich, dass der Sohn Gottes mit seinem Leib gegenwärtig sein kann, allerdings nur unter der Bedingung: wo immer mit jenem anwesend sein zu wollen, er durch sein Wort offenbart hat.426 Mehr als eine räumlich und zeitlich gestückelte sakramentale Gegenwart ist damit nicht eingeholt. Um den Bedürfnissen der Frömmigkeit gerecht zu werden, bekennt Chemnitz deshalb auch die Anwesenheit des ganzen Christus „bei der auf Erden streitenden Kirche" und ihren angefochtenen Gliedern.427 Diese Zugabe fügt jedoch nur einen weiteren Modus der Gegenwarten' von Christi Menschheit hinzu: „anders hat er sich auf der Erde aufgehalten, anders erscheint er im Himmel in Herrlichkeit, anders ist er im Mahl mit Brot und Wein anwesend,

423 Ebd.: „Christum cum assumta sua natura [...] posse praeter et ultra quam essentiales seu physicae [...] proprietales ferant [...], alio, Deo possibili ac noto, nobis vero incomprehensibili modo, per et iuxta hypostaticae unionis oeconomiam praesentem adesse, ubicunque verbo suo [...] promisit [...], se corpore suo adesse velle." 424 Ebd., 184b: „[...] tarnen nunquam ego, Christo Deo ac Domino meo, illam potentiam disputando adimere volo, ut dicam, ipsam non posse corpore suo ubique adesse". 425 Ebd., 185a: „Sed ipsum assumtam illam suam humanitatem, salva ejus substantia et veritate, exaltasse et collocasse ad dexteram majestatis et virtutis Dei." 426 Ebd.: „Potest igitur Filius Dei, illo suo corpore, quod ad dexteram majestatis & virtutis Dei exaltavit, [...] praesens adesse, ubicunque se illo adesse velle, verbo suo patefecit". 427 Ebd., 185b: „Christus totus, utraque sua natura, Ecclesiae in terris militanti adest, [...] ac membra Ecclesiae [...] in vocationibus suis, in tentationibus & tribulationibus, dulcissima illa praesentia Christi, Pontificis, Regis, Capitis, ac fratris sui, [non] priventur".

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anders in der ganzen Kirche, anders hat er im Logos alle Geschöpfe als ihm gegenwärtige".428 Obwohl mit diesem letzten Modus, zwar entschärft, denn es wird nur ein ,sich-gegenwärtig-haben' der Geschöpfe durch Christus zugestanden, die Weltgegenwart von Christi Menscheit benannt wird, beharrt Chemnitz auf seiner Verweigerung, die er als Frage vorbringt: „Was aber außerdem sonderlich erörtert und erfragt wird: Wenn Christus mit seinen beiden Naturen in der Kirche anwesend ist, in den einzelnen Gliedern einwohnt und sein Leib im Mahl ist, ist dann nicht zu fragen, ob so nicht auch Christi Leib in Holz und Steinen, in Äpfeln, den Vögeln des Himmels, im Vieh auf dem Feld und den Fischen des Meeres ist und dort gesucht und gefunden werden will"?429 Mit der Verschiebung durch die Z u s a t z f r a g e - ,gesucht und gefunden' - nicht zufrieden, bereitet er die verneinende Antwort durch eine nochmalige Zuspitzung vor: „Und was sie zudem an schändlich zu Hörendem und verwerflich zu Denkendem weiterspinnen über Exkremente und Abtritte, was auch von der göttlichen Natur, von der feststeht, dass sie überall ist, ohne Lästerung nicht gedacht und gesagt werden430 kann" 431 Zu all dem ist zu sagen: „Weil wir zu derartigen Fragen kein gewisses Wort haben, dass er dort gesucht und gefunden werden wolle, sie auch nicht zu Erbauung und Trost in der Kirche beitragen, vielmehr die schlichten Gemüter beleidigen, die Schwachen verwirren und den Gegnern Stoff für einen nicht endenden Streit bieten, ist es das Einfachste und Leichteste, derartige Überlegungen zurückzuziehen und in die Schranken der göttlichen Offenbarung zurückzurufen".432

428 Ebd.: „Aliter [...] in terra conversatus fuit, aliter in coelis apparet in gloria, aliter adest in coena cum pane et vino, aliter in tota Ecclesia, aliter omnes creaturas fev λόγω sibi praesentes habet." 429 Ebd., 193a: „Quod vero praeterea particularius disputatur & quaeritur, Cum in Ecclesia Christus utraque sua natura adsit, & in singulis membris inhabitet, ac corpus ejus sit in coena, An ita etiam corpus Christi in lignis & lapidibus, in pomis, in avib. coeli, pecoribus campi, piscibus maris, An ibi quaeri & inveniri velit." 430 Chemnitz scheint Luthers einschlägige Sätze in De servo arbitrio nicht zu kennen (WA 18,621-623). 431 De duabus naturis, Cap.XXX, 193a: „Et praeterea auditu foeda, cogitatu abominanda de stercorib. & cloacis, quae etiam de Divina natura, quam ubique esse constat, sine blasphemia cogitari aut dici non possunt, attexi solent." 432 Ebd.: „Cum de hujusmodi quaestionibus non habeamus certum verbum [...], quod ibi velit quaeri et inveniri, nec aliquid vel aedificationis, vel consolationis in Ecclesia afferant, sed simpliciores offend an t, infirmiores perturbent, & adversariis praebeant materiam litis nunquam finiendae, Simplicissimum & tutissimum est, tales disputationes [...] retrahere, & intra cancellos divinae patefactionis revocare".

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Geleugnet werden darf freilich die Vollmacht des Sohnes Gottes nicht, auch eine generalis ubiquitas seiner Menschheit zu erbringen.433 Nachdem aber sogar Luther „wahrnahm, in welch labyrinthische Erörterungen damit die Sakramentskontroverse fortgerissen wird", und deshalb „schließlich sagte, er wolle mit niemand darüber streiten, ob Christi Leib im Mahl nach der Weise der Allenthalbenheit da sei", 434 ist niemand befugt, dies doch zu tun. Chemnitz will die Akten in Sachen Ubiquität schließen. Der Impetus der Christologie von Brenz hat dies verhindert. 4.5. Die Aufnahme der Herausforderung durch Brenz Unter den lutherischen Theologen der Spätreformation hat Brenz am intensivsten die christologische Herausforderung Luthers angenommen und in einem eigenständigen Entwurf verarbeitet, den er 1557 in einer knappen Passage der Apologie gegen Soto435 umriss, in den vier großen Texten der Jahre 1561-64 entfaltete, aber schon in einem Brief an Hardenberg, wohl vom Dezember 1545,436 materialiter darlegte. Einen Anspruch auf Originalität erhebt Brenz nicht. Er ist davon überzeugt, ,der Meinung Luthers zu folgen',437 deren Schriftgrund ihm gewiss ist.438 Auf dieser Spur scheut er aber dann vor keiner Radikalität zurück. Die altkirchliche Tradition wird zwar nicht abgestoßen, doch ihr kommt kein normativer Rang zu;439 sollten die Kirchenväter dafür halten, „das der Mensch Christus allein ein Gott genennet sey / aber nicht selbst ein wahrer Gott [...] so musten wir warlich von ihrer Red und Meinung weichen". 440 Naive Vorstellungen werden destruiert. Der Spott über die - dem damaligen Weltbild konforme! - Ausmalung bib-

433 Vgl. Ebd.: „Interea tarnen non simus tarn impii, ut dicamus, Filium Dei universa sua potentia etiam si vellet, hoc praestare non posse [Vermigli]". 434 Ebd.: „[...] postea cum animadverteret, in quos labyrinthos disputationum, Controversia Sacramentaria ita abriperetur, [...] tandem [...] inquit, [...] se [...] cum nemine velle contendere, An per modum ubiquitatis, corpus Christi in Coena adsit". 435 Apologia confessionis illustrissimi Principis ac Domini D. Christophori, ducis Wirtembergensis etc., posterior pars secundae Pericopes, in qua explicantur haec capita: De Eucharistie,... Francofurti 1557, in: Opera, Tom. VIII, Tubingae 1590, 507-512. 436 Vgl. Janse, Hardenberg, 326-337. 437 Ρ 74,23f. („sequar sententiam D. Lutheri"). 438 Ebd., Z.24f.: „[...] inde adeo accidit, quod videam eam certissimis spiritus sancti testimoniis munitam." 439 Vgl. Brandy, Späte Christologie, 142-145. 440 Apologia ad Electorem Augustum [13.11.1564], in: Hutter, Concordia Concors, 6 1 86, hier: 79f.

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lischer Aussagen, v.a. zur Himmelfahrt, ist ätzend ironisch. 441 Der unbestrittenen Jungfrauengeburt wird jede Bedeutung für die Begründung der sündlosen Gottessohnschaft abgesprochen: „dann wäre viel eher Adam Gott und Eva Göttin, weil jener von Gottes Händen aus der reinen Erde, Eva aber aus der Rippe des Mannes ohne alle Sünde geschaffen wurde; was gewiß als wunderbarlicher erscheint, als daß Christus aus dem Heiligen Geist empfangen wurde". 442 Auch die Einweisung des Jüngsten Gerichtes in das enge Tal Josafat (Joel 4,2) entgeht der Ironisierung nicht. 443 Gesteigert wird aber vor allem die Ansage der Gegenwart der Gottheit in allen Kreaturen. 444 Die chalkedonensische Formel ist christologisch unzureichend, denn „in jedem Menschen hast du beide Naturen, die Göttliche, alles erfüllende, und die menschliche, von der göttlichen ins Dasein gehobene und erhaltene". 445 Die suppositale Union ist Konstitutionsmerkmal aller Menschen. Selbst „das Wohnen des Sohnes Gottes im ,Sohn des Menschen'" macht „eigentlich" die Einzigartigkeit Christi nicht aus; einzig „die Mitteilung der Eigentümlichkeiten" ist das unvergleichlich Besondere Christi. 446 Der schöpfungstheologischen Ausweitung der ,Zwei-Naturenschaft' korrespondiert also christologisch die Konzentration auf die communicatio idiomatum. Deren Vollzug kann sogar als gegenseitiges Mitteilen' ausgesagt werden, 4 4 7 das mit der Einung von Gottheit und Menschheit der Sache nach identisch ist. Die schulgerechte Rede der Späteren, 448 die Mitteilung sei Folge der Unio 449 begegnet zwar auch, 441 Bericht Ioannis Brentii von dem büchlin D. Henrici Bullingeri des tittels: „Von dem himmel und [der] gerechten Gottes" (1561) [im Folgenden: B], in: Die christologischen Schriften, 111-189, hier: 159, 13-29. Ähnlich schon Gregor von Nyssa (vgl. ob. Kap. 2 Aran. 51f.). 442 Recognitio propheticae et apostolicae doctrinae de vera maiestate Domini nostri Iesu Christi ad Dexteram Dei patris sui omnipotentis (1564) [im Folgenden: R], in: Opera, Tom. Vm., Tubingae 1590, 976-1101, hier: 993: „tunc multo magis Adam esset Deus, & Eva Dea: quod ille creatus sit manibus Dei e pura terra, Eva autem e costa viri, absque omni peccato. Quod certe mirabilius videtur, quam quod Christus conceptus sit e Spiritu sancto." 443 Vgl. Μ 442,10-15. 444 Vgl. Sententia de libello D. Henrici Bullingeri, cui titulus est: „Tractatio verborum Domini: In domo patris mei mansiones multae sunt" (1561) [im Folgenden: S], in: Die christologischen Schriften, 110-188, hier: 126,9f. 445 R 982: „Habes igitur in quovis homine utranque naturam, divinam videlicet, omnia implentem, et humanam, a divina sustentatam et conservatam." 446 R1027: „discrimen inter Christum, et alios homines non constat proprie in habitatione filij Dei, in filio hominis, sed Communicatione Idiomatum." 447 S 132,12 („altera alteri suas proprietates seu actiones communicet"). 448 Vgl. Baur, Erben, 229 Anm. 101. 449 Ρ 32,8 („oritur").

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doch eigentlich ist zu sagen: „Unio duarum naturarum in Christo per Communicationem Idiomatum muß erkläret werden". 450 Ohne diese Differentia specifica bleibt das Genus Unio unbestimmt. Das ist keineswegs nur eine terminologische Frage, denn wer „solche differentiam nicht gläubt/ oder aus Gottes Wort nicht versteht / der weiß noch nicht / was Unio personalis oder Christus ist".451 ,Christus' aber besagt, dass in diesen Menschen, „den sie Jesus aus Galiläa nennen", 452 das „Wort die ganze Majestät seiner Gottheit ausgegossen hat".453 Eine essentielle Vergottung der empfangenden Menschheit wird damit nicht behauptet, denn ihr eignet, was sie hat nur „durch fremde Wohltat und Gnade aufgrund der hypostatischen Einung".454 „Die mitteilende Gottheit" ist von der „mitgeteilten" zu unterscheiden.455 Diese Distinktionen gehören zur präzisen Antwort auf die drängende Frage: „Was also ist Neues geworden, als Christus geboren wurde"?456 Neu ist dies: „In Christus sind die göttliche und die menschliche Natur so vereint, dass sie eine einzige Person konstituieren" 457 Wenn aber diese eine Person so gesetzt ist, nicht als Tertium vor oder über den Naturen, sondern als deren gegenseitige Gemeinschaft, kann der traditionelle Terminus ,Person' für die trinitarischen Hypostasen bei Christus nicht mehr auf den Logos an sich (άσαρκος) beschränkt bleiben. Das Novum impliziert vielmehr, dass „die voneinander allerverschiedensten Naturen in einer so innigen Einung verbunden werden, dass sie eine und untrennbare Hypostase, d. h. Suppositum oder Person werden",458 Dieses Werden betrifft also nicht nur, ohne deren Wesen zu zerstören, die Menschheit Christi,459 „die der Sohn Gottes in die Einheit der Person aufnahm"460 und der „unendliche

450 451 452 453 454 455 456 457

Apol. ad Elect., 84f. Ebd., 85. R 1014 („quem vocant Jesum e Galilaea"). Ρ 24,3f.: „verbum carni ita unitum est, ut in earn effunderet omnem Deitatis suae maiestatem.". Vgl. zu effundere Μ 290,4-8; R 984; Apol. ad Elect., 79 u.ö. Ρ 24,16f. („alieno beneficio et gratia propter hypostaticam unionem"). Μ 340,21f.: „Alia enim est divinitas communicans seu participans, alia communicata seu participata". (Quid ergo novi factum est, cum Christus nasceretur? R 985) R 983: „In Christo [...] divina et humana natura [...] ita sunt unitae, ut unam tantum personam constituunt." Vgl. Ρ 14,33; Apol. ad Elect., 84 und Luther, WA30/II, 100,18.

458 Ρ 40,21-25: „naturae [...] inter se diversissimae [...], tanta unione coniunguntur, ut fiant una et inseparabilis hypostasis, hoc est suppositum, seu persona". 459 R 928 („non mutationi obnoxia"- „mutationi obnoxia"). 460 Μ 308,22 („quem filius Dei in unitatem personae assumpsit").

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Güter" 461 mitgeteilt wurden. Das Werden ist von Gott dem Sohn auszusagen, der, zusammen mit seiner Menschheit, eine Person, eine „individua substantia", 462 geworden ist. Die möglichen Konsequenzen der so gefassten Constitution' der Person reflektiert Brenz nicht. 463 Dass sie weitreichend sind, ist offenkundig; denn entweder wird damit eine Veränderung an der zweiten trinitarischen Person ausgesagt, oder das Novum muss als Offenbarung der ewigen Zugehörigkeit der Menschheit zum Logos verstanden werden. Beides will Brenz nicht vertreten. Dennoch wird das Problem von ihm aufgeworfen, das er mit der verbalen Repetition orthodoxer Sätze 464 schwerlich bewältigt hat. Eine Konsequenz wird allerdings zumindest angedacht, die aufgrund des Gewichtes des Todes Christi zu unserem Heil 465 unabdingbar ist: Mit dem Leiden und Sterben Christi „macht Gott, obgleich seine Natur weder leidet noch stirbt, dennoch Leiden und Tod Christi sich so (als) gemeinsam(e) (zu eigen), dass er aufgrund der hypostatischen Einung dem Leiden und dem Tode persönlich zugegen ist und nicht anders, dass ich so sage, (erleidend) betroffen wird, als (wie) wenn er selbst litte und stürbe".466

Nicht die erleidende Menschheit zieht die Gottheit in ihr Sterben hinein; die göttliche Natur „hat sich" des Leidens „persönlich angenommen, das man mit warheit sagen kann: Gott selbs hat gelitten und ist gestorben". 467 Allerdings: 1564 biegt Brenz das Deus passus um: „Der Mensch" Christus hat „als Gott [...] gelitten", 468 also in der ihm zugekommenen ,divinitas communicata'. Stand bei Luther die Vorsicht angesichts des Druckes der Tradition am Anfang seiner Argumentation, so kommt es bei Brenz am Ende unter dem Druck des Axioms der impassibilitas Dei zum Formelkompromiss. Dem immutabilitas-Axiom, das die Kommunikation von Gottheit und Menschheit hinsichtlich der Gottheit als affizierbarer verbietet, korrespondiert traditionell das Veto des essentiellen Identitätsdenkens 461 Ebd., Z.25 („infinita bona"). 462 Μ 232,2f. 463 Vgl. Μ 332,27-334,8. 464 R 1 0 9 9 . 465 Ρ 32,27t. 466 Ρ 32,34-34,2: „Deus, etsi natura sua nec patitur nec moritur, tarnen passionem et mortem Christi ita sibi communem faciat, ut propter hypostaticam unionem passioni et morti personaliter adsit, et non aliter, ut sie dicam, afficiatur, quam si ipse pateretur et moreretur." 467 Β 133,35-37. 468 Apol. ad Elect., 81.

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gegen die Aufnahme-,fähigkeit' der Menschheit für die ihr mitgeteilte „Gottheit" (divinitas communicata) und deren Proprietäten. Diesem Veto tritt Brenz ohne Schwanken entgegen. Er kennt nicht nur dessen Formel: finiti ad infinitum nullam esse proportionem, 469 sondern auch deren Rang als „Axiom der Schule des Aristoteles".470 Ihm stellt er „das Axiom der Schule Christi" entgegen: „Das Wort ist Fleisch geworden" 4 7 1 Die Philosophie mag verbieten oder reflektieren „auf welche Weise eine endliche und umgrenzte Natur mit einer unendlichen und unumgrenzten Natur vereinigt werden könnte, uns betrifft das nicht".472 Deshalb besteht weder der Anlass noch gar die Notwendigkeit, dem christologisch inakzeptablen philosophischen Axiom ein allgemein gültiges „Finitum capax Infiniti" entgegen zu setzen. Wohl aber wird die christologische Aussage präzisiert: „Es ist etwas anderes" zu sagen, „die menschliche Natur ist an sich (per se) aufnahmefähig für die Majestät Gottes, etwas anderes, sie könne von Gott her aufnahmefähig werden". 473 Dieses passive ,Können' ist keine erdachte Möglichkeit, sondern mit dem ,Axiom der Schule Christi' gesetzte Wirklichkeit. Wäre es anders, unterböte die Gegenwart Gottes in Christus seine schenkende Gegenwart in allen Geschöpfen, „denn Gott wohnt in allen Kreaturen und hat das Seine einer jeden nach der Aufnahmefähigkeit ihrer Natur mitgeteilt". 474 Diese differente Ordnung der Dinge - um die Calvin angesichts der lutherischen Verstiegenheiten bangte 475 - lässt sich für Brenz in einer gestuften Partizipation an der Gottheit vom Stein bis hin zum Menschen objektivieren, wenn nur bedacht wird, dass die differenten Kapazitäten' der Geschöpfe nicht je die Folge natürlicher Notwendigkeit sind; vielmehr gilt: „Gottes Wille und Wort ist die Natur der Dinge", 476 und zwar nicht nur kausal-effektiv, sondern in einem permanentem Geben des Schöpfers. Von den Geschöpfen als Geschöpfen ist deshalb zu sagen:

469 Μ 238,18. 470 Ebd., 308,31-310,1: „schola Aristotelis, cuius axioma est: Λόγος δέ ούδείς εστι τοΰ άπειρου πρός τό πεπερασμένοι» [De caelo 1,6 247a7fj". 471 Ebd., 310,2£: „schola Christi, cuius axioma est: Verbum factum est caro". 472 Ebd., 240,20-22: „Disputet interea philosophia, quomodo natura finita et circumscripta possit uniri naturae infinitae et incircumscriptae, nihil ad nos." 473 Ebd., 250,15f.: „[...] aliud esse humanam naturam per se esse capacem maiestatis Dei, aliud earn posse divinitus capacem fieri." 474 Ebd., 296,28f.: „Deus enim habitat in omnibus creaturis et tribuit suum cuique iuxta naturae eius capacitatem." 475 Institutio, IV, 17,25 („evertatur totus ordo naturae"). 476 Μ 308,14f. („voluntas seu λόγος eius est rerum natura").

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„es ist offenkundig, daß so wie nichts anderes in jedweder Natur ist, als was Gott will und gibt, so überlassen sich alle (Naturen) dem Willen Gottes zu (ihrem) natürlichen Handeln".477

Dies gilt hinsichtlich der grundsätzlichen Aufnahmefähigkeit auch für den Menschen.478 Angesichts des ,Axioms' von Joh 1,14 ist aber im Blick auf Christus - im Zusammenhang mit dem schöpfungsgemäß Wahren und im Bedenken der differentia specifica - zu sagen: „Im ,Sohn des Menschen', den der Sohn Gottes in die Einheit der Person aufgenommen und mit sich untrennbar vereint hat, wollte Gott eine unumgrenzte, unmessliche und unendliche Aufnahmefähigkeit".479

Der Wille Gottes fungiert bei Brenz jedoch nicht als unvermitteltes supranaturales Vermögen einer ,ungebundenen Macht' (potestas absoluta), sondern als permanente Konstitutionsmacht und Veränderungsinstanz aller Dinge. Dieser Wille Gottes hat nach dem Zeugnis der Schrift in Christus ein Neues gesetzt: „die unermessliche Aufnahmefähigkeit des Sohnes des Menschen in Christus".480 Der Mensch ist in seiner Substanz als solcher endlich, „dennoch hat Gott gewollt, diese in Christus auch aufnahmefähig zu machen - und er hat es getan - unendlicher Macht, Wissens, Weisheit und Gegenwart".481 Das stark gemachte voluntative Argument steht der Generalisierbarkeit der christologisch bestimmten ,Kapazität' und jeder Begründung durch die selbsteigene Entwicklungsfähigkeit der ,Gattung' Mensch entgegen. Die Einbindung in die schenkende Kapazitätsgewährung an die je bestimmten Naturen vom Stein bis zum Menschen vermittelt die soteriologische Präsenz Gottes mit seinem kreatorischgebenden Handeln an den in ihrer ,Natur' nicht verschlossenen Geschöpfen. Sie sind und sie werden. Doch nur in Christus ist dieses Werden die geschenkte ,Kapazität' für die Mitteilung der unendlichen Majestät Gottes an seine- an sich endliche - Menschheit.482 Nur in 477 Ebd., Z.5-8: „manifestum sit, quod quemadmodum non est aliud in unaquaeque natura, quam quod Deus vult et quod dat, ita omnia praebeant sese voluntati Dei ad agendum naturaliter." 478 Ebd., Z.16f.: „[...] quod ea humanae substantiae capacitas sit naturalis, quam Deus vult." 479 Ebd., Z.21-24: „In filio autem hominis, quem filius Dei in unitatem personae assumpsit et sibi inseparabiliter univit, voluit esse capacitatem incircumscriptam, immensam et infinitam." 480 Ebd., 310,27f. („de immensa capacitate filii hominis in Christo"). 481 Ebd., 312,12-14: „humana substantia alioqui sit finita, tarnen Deus voluerit eam in Christo facere ac fecerit etiam capacem infinitae potentiae, scientiae, sapientiae et praesentiae." 482 R 988: „Affirmo [...], quod humanitas Christi, etsi sua natura, et iuxta conditionem huius mundi finita est, tarnen capax sit infinitae maiestatis Dei."

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Christus ist es offenkundig, dass das Endliche aufnahmefähig werden kann für das Unendliche. 483 In ihm ist das neue Verhältnis gesetzt: „das unendliche Wort wird endliches Fleisch";484 und zugleich gilt: der so angenommene Mensch ist des Unendlichen aufnahmefähig 485 und also seiner teilhaftig. Dann aber ist das Zeugnis der Schrift von Gottes AllgegenwartPs 139, Jer 23 - „nicht länger von Gott oder von der Gottheit allein, sondern auch vom Menschen oder von der in Gott aufgenommenen Menschheit zu verstehen" 486 Der Unterschied zwischen der omnipraesentia ipsa der Gottheit und Christi Menschheit als durch Mitteilung allgegenwärtiger bleibt bestehen, 487 aber das Novum der Inkarnation erlaubt es nicht, die Allgegenwart „länger" nur „von Gott" auszusagen. Nun gilt: „Wo immer die Gottheit ist, dort ist auch die Menschheit Christi",488 denn die dem Fleisch Christi mitgeteilte Majestät macht den Sohn des Menschen nicht nur „der unendlichen Vollmacht, Sünden zu vergeben teilhaftig",489 sondern - über diese unmittelbar soteriologische Aussage hinaus - nicht minder auch „der unendlichen Gegenwart" 490 Behauptet Brenz also eine unbegrenzte All-Präsenz des Irdischen? Jesus, daran wird kein Zweifel gelassen, war an Orten, also in Bethlehem 491 und nirgendwo sonst als in der Krippe,492 in Bethanien und zur selben Zeit nicht in Jerusalem 493 Diese je eindeutige ,Örtlichkeit' besagt jedoch nicht, dass für Jesu Menschheit ihre Erhebung in die geschenkte unendliche Gegenwart beim Irdischen unterbrochen worden wäre. Der „in tuechlin eingewickelte" 494 „konnte nicht in der Krippe festgehalten werden, so dass er nicht den ganzen Erdkreis erfüllte". 495 Der nicht beim Tode des Lazarus war, war dennoch beim Sterbenden. 496 Die Er-

483 484 485 486

487 488 489 490 491 492 493 494 495 496

Ebd., 1000: „[...] manifestum est, quod finitum possit fieri capax [...] infiniti." Ebd., 990 („ea proportio, ut verbum infinitum fiat caro finita"). Ebd., 1098 („hominem a filio Dei assumptum, esse infiniti capacem"). Ebd., 1096: „Postquam autem Deus est incarnatus, sentiendum est, quod ea dicta non sint amplius de Deo, aut de divinitate tantum, sed etiam de homine, aut humanitate in Deum assumpta, intelligenda." Ebd., 1001. Ρ 18,21f. („ubicunque est deitas, ibi etiam sit humanitas Christi"). R 990: „Filius hominis in Christo [...] capax infinitae potestatis remittendi peccata". Ebd. („capax infinitae [...] praesentiae"). Μ 326,25. Ebd., 336,24. Ebd., 338,8. May 337,31f. Μ 336,26f. („non potuit in praesepi teneri, quin impleret universum orbem"). Μ 338,2-7.

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hebung der Menschheit Christi in „jene Erhabenheit, in der seine Gottheit (immer) war", 497 begründet auch ihre „unendliche Gegenwart". Doch wie kann diese Bewegung nach oben den Ort des Irdischen bewahren? Wie soll diese erhöhte Menschheit der Mensch Jesus sein? Brenz entgegnet diesem Einwand so: Christi Menschheit ist durch ihre dimensionierte Körperlichkeit nicht unübersteigbar als Sein am Ort gebunden. Als mit unendlichen Gaben überschüttete ist sie je an einem Ort nur aus spontanem Willen.498 Diese freie Annahme der Endlichkeit führt jedoch nicht zum Verlust der mitgeteilten „unendlichen Gegenwart". 499 Von der Menschheit des Irdischen ist deshalb beides auszusagen: Örtlichkeit und (nicht ausgedehnte) Allgegenwart, denn wo immer die Gottheit ist, dort ist auch die Menschheit Christi.500 Dieses grundlegende ,Zugleich' ändert sich auch nach dem „manifesto spectaculo" 501 der Himmelfahrt nicht, denn der, welcher bei der Inkarnation als Gott „den Vater nie verlassen hat", hat mit seiner Erhöhung als Mensch „nie die Welt verlassen".502 Es ändert sich jedoch insofern, als der Leib Christi - obwohl er in den Erscheinungen, den Visionen und schließlich der Parusie auf bestimmte, endliche Weise ist503 - jetzt nicht mehr als dreidimensionaler an einem bestimmten Ort, im G i m mel', örtlich gegenwärtig ist; auch im Sakrament ist er zwar an Orten, aber nicht als ausgedehnter, gegenwärtig. Luther hat, um die Selbigkeit des Leibes unter diesen unterschiedlichen Bedingungen auszusagen, die nominalistische Vorlage der drei Modi von Gegenwart am Ort so beansprucht, dass dadurch die Konkretheit der Einvermittlung ins Gegenständliche, wie auch die Freiheit von deren eingrenzenden Bedingungen zugleich ausgesagt werden kann. Brenz wählt einen anderen Weg; er geht nicht vom Umgang Christi mit seinem Leib aus, sondern verweist auf zwei unterschiedliche Arten von ,Welt' und Leib. Wird Christi Leib „nach diser art und natur, die er in diser eüsserlichen weit hat" (iuxta rationem eius naturae seu conditionis, quam habet in hoc externo mundo), bedacht, „so ist es offenbar, das er nicht sey, er sey denn an einem ort" (quod non sit nisi in loco). „Da man aber den leib bedencken will nach der art, die er hat in der himmelischen weit, so lehret Paulus, das er nicht sey natürlich, sonder geistlich und himmelisch, wölcher, gleich wie er keiner 497 R 1 0 9 6 : „cum filius Dei assumpserit humanitatem in Deum, extulerit ipsam in eam celsitudinem, in qua fuit divinitas eius." 498 Ρ 12,37f. („in uno loco non cogente necessitate, sed spontanea voluntate"). 499 R 990 („infinitae praesentiae"). 500 Ρ 28,33-30,5. 501 Μ 320,26f. 502 Ebd., 426,34-428,5. 503 Vgl. Brandy, Späte Christologie, 211.

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speiß bedarff, also bedarff er auch keins orts" (docet Paulus, quod non sit animale, sed spirituale et coeleste, quod ut nec cibo, ita nec loco indiget).504

Diese nicht zufällig in der Auseinandersetzung mit Augustin entfaltete Unterscheidung von zwei Welten - und von corpus animale und spirituale - führt aber eine ontologische und wertende Differenz ein. Das Sein am Ort ist jetzt nicht mehr die frei beanspruchte Weise, in der Christus mit seinem Leib auf Erden gegenwärtig ist, sondern eine andere, minderwertige Art von Da-sein: „denn vom Ort umgrenzt sein und von Ort zu Ort umhergehen, ist nicht Sache göttlicher Vorzüglichkeit, sondern körperlicher Gebrechlichkeit, nicht himmlischer Majestät, sondern irdischer Armseligkeit, nicht geisthafter Schönheit, sondern fleischlicher Missgestalt".505

Die Folgen dieser Verknüpfung der kommunikativen Unio mit der ,Zwei-Welten-Theorie' für das Verständnis des Irdischen können nicht ausbleiben: Christus kommt zwar „ein menschlicher Leib in dieser Welt und nach der Bedingung dieser Welt zu, und so ist es offenkundig, dass der Leib örtlich umschrieben am Ort ist".506 Doch diese Aussage gilt nicht exklusiv; der Leib Christi darf nicht nur hinsichtlich des ,Ansich-Seins' eines menschlichen Leibes betrachtet werden,507 denn „jener Leib Christi ist mit dem Sohn Gottes durch die untrennbare hypostatische oder persönliche Einung geeint" 508 Die daraus abgeleitete Folgerung lautet: „so dass wo immer der Sohn Gottes ist, dort auch sein Leib ist".509 Brenz deutet nämlich das Sein des Leibes Christi am Ort als eine der Folgen der Übernahme der menschlichen Gebrechlichkeiten durch die mit der Einung erhöhte Menschheit.510 „Was durch die Sache selbst bezeugt wird", 511 dass „Christi Leib örtlich und umschrieben am Ort

504 May 4 3 1 , 2 4 - 3 0 / Μ 430,15-19. 505 R 999: „nam loco circumscriptivum esse, et de loco in locum ambulare, non est divinae excellentiae, sed corporeae imbecillitatis, non coelestis majestatis, sed terrestris parvitatis, non spiritualis pulchritudinis, sed carnalis deformitatis." Wiederholt: 1048,1070,1093. 506 Ρ 28,33-36: „tribuitur Christo humanum corpus, [...] in hoc mundo et pro conditione huius mundi; sie [...] manifestum est, quod corpus sit in loco localiter et circumscriptive". 507 Ebd., Z.33-35: „non est simpliciter considerandum, quae sint proprietates, quae accidentia humani corporis per se". 508 Ebd., 30,2f.: „quod corpus illud Christi unitum sit cum filio Dei unione hypostatica seu personali ac inseparabili". 509 Ebd., Z.3f. („ut ubicunque est filius Dei, ibi sit etiam corpus eius"). 510 Ebd., Z.8-10: „Christus suseepit tempore ministerii et conversationis suae in hoc mundo humanas (praeter peccatum) imbecillitates, ac fuit corpore suo pro conditione huius mundi in loco circumscriptive." 511 Ebd., Z . l („id quod res ipsa testificatur").

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ist",512 wird als zusätzliche Bestimmung der Inkarnation gefasst, der sich die erhöhte Menschheit aus funktionalen Gründen513 unterzog. Die ,lutherisch' zutreffende Aussage, dass „dennoch unterdessen die hypostatische Union nicht aufgelöst war, so dass wo immer die Gottheit Christi war, sie dort nicht auch mit sich ihre Menschheit gehabt hätte", wird - trotz des „wo immer" / „dort" - nicht auf die Weltgegenwart bezogen, vielmehr durch die Erläuterung, dies sei „nicht localiter", zu verstehen, sondern, wie nach jenem Prophetenwort „Ich erfülle Himmel und Erde die Alten gesagt haben, ,erfüllend'", 514 reduziert auf das Binnenverhältnis ,des Leibes Christi und seiner Gloria in dieser oder jener Welt' zur gebenden ,Gottheit, mit der dieser Leib persönlich untrennbar geeint ist'.515 Die Differenz zu Luther scheint minimal zu sein, denn dass „wir" im Binnenverhältnis von Menschheit und Gottheit „mit Christo ausser allen Creaturn" 516 „kommen", ist auch ihm nicht zweifelhaft. Doch bei Luther mündet die binnenchristologische Argumentation in die Aussage: „[...] und also auch an allem ort sein, da Gott ist"; 517 Brenz aber verschweigt die damit eröffnete Weltgegenwart der Menschheit, indem er an die Wiederholung der Aussage von der ,Versetzung des Leibes Christi' „in himmlische Majestät" den Relativsatz anschließt: „die er, obwohl er sie zur Zeit seines Fleisches in dieser Welt verbarg oder sich ihrer, wie Paulus sagt, entäusserte, deren er jedoch niemals ermangelte". 518 Luther weist der Menschheit zu, „an allem ort" zu „sein, da Gott ist". Brenz spricht in einer zwar biblisch getönten [Heb 5,7], aber bei ihm ,schwebend' werdenden Formulierung von der „Zeit seines Fleisches". Dieses „tempus carnis suae" wird überdies durch den Zusatz „in hoc saeculo" 519 negativ qualifiziert. Zwar fällt der Blick des den Leib Christi „erhebenden" und „in himmlische Majestät versetzenden" Denkens nun auch auf den irdischen Jesus, aber die Diastase zur ei512 Ebd., 28,36. 513 Ebd., 30,8 („tempore ministerii"). 514 Ebd., Z.10-14: „tarnen interea hypostatica unio non fuit dissoluta, ut ubicunque fuit deitas Christi, ibi non secum habuerit etiam humanitatem; idque non localiter, sed, ut ex illo Prophetae dicto: Ego coelum et terram repleo veteres locuti sunt ,repletive'." 515 Ebd., Z.14-18: „Quam igitur gloriam corpus Christi vel habuit in hoc saeculo vel iam habet in altero saeculo: non habet ex natura humanitatis per se, sed ex natura deitatis, cum qua corpus Christi hypostatica seu personali unione inseparabiliter est unitum." 516 W A 26,341,3. 517 Ebd., Z.llf. 518 Ρ 30,24-27: „[...] et collocamus iuxta conditionem hypostaticae unionis in coelesti maiestate; quam etsi tempore carnis suae in hoc saeculo dissimulavit seu ea sese, ut Paulus loquitur, exinanivit, tarnen nunquam ea caruit." 519 Ebd., Z.25.

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gentlichen Weltjenseitigkeit des Leibes wird so stark gemacht, dass aus der konkret-gegenständlichen Menschheit (corpus animale) die verbergende Hülle der verherrlichten Menschheit wird. Bei dieser Aussage handelt es sich nicht um einen isolierten Betriebsunfall', denn die folgende Bestreitung einer unterstellten Multiplikation dieses verbergenden corpus, ,des einen in Jerusalem, eines anderen in Rom, eines anderen in Athen, eines anderen im Himmel', und die Behauptung der Selbigkeit dieses Leibes, der in Jerusalem sichtbar und örtlich war, aber mit der Gottheit, ,wo immer diese ist, unsichtbar und unörtlich', wendet sich nicht zur Weltgegenwart mit der Gottheit zurück, sondern bricht ins gänzlich Jenseitige aus: „extra omnia loca". 520 Während bei Luther die numerische Reihung von Orten dazu dient, die Anwesenheit der Gottheit mit der Menschheit an allen Orten auszusagen, führt bei Brenz die Aufzählung wirklicher und imaginierter Orte dazu, „alle Orte" zu distanzieren. Um diese Vergleichgültigung der räumlichen, örtlichen Differenz zu begründen, wird eine ,erkenntnistheoretisch'-ontologische Unterscheidung zwischen Gottes und des Menschen Perspektive eingeführt, aufgrund deren „diese Orte, die in unseren menschlichen Augen verschieden sind und voneinander gegenseitig entfernt", in der Sicht der göttlichen Majestät ihrer Konkretheit entkleidet werden. Für diese sind sie nicht „so viele, so große und so beschaffene. Wie alle Zeiten für sie ein Augenblick sind, so sind ihr auch alle Orte ein Ort, vielmehr nicht einmal ein OrtPunkt, oder wenn etwas noch Geringeres genannt werden kann". 521

Die in der Schöpfung gesetzten Realdifferenzen von Orten sind eigentlich, in der Perspektive der göttlichen Majestät, nichtig. Alles ballt sich nicht nur auf Eines zusammen, es nähert sich dem schlechthin irrelevanten ,Beinahe-Nichts'. Auch Luther hat 1528 diese Überlegungen berührt, wenn er den Kontrahenten fragen lässt: „Sollen nu alle stet und räum / ein räum und stet werden?" 522 Er hat sie jedoch zur Erläuterung der Allenthalbenheit des Leibes Christi nicht nur nicht beansprucht, sondern - indem er die Frage unbeantwortet ließ - als Einwand überhört. Das Argument läuft bei ihm deshalb auf die Bekräftigung der 520 Ebd., Z.29-34: „Itaque non habuit vel duo tria vel quatuor vel plura corpora, aliud quidem in Hierusalem, [...] aliud in urbe Roma, aliud Athenis, aliud in coelo; sed unum idemque corpus, quod erat in Hierusalem visibiliter et localiter, erat cum deitate, ubicunque ea esset, extra omnia loca invisibiliter et illocaliter." 521 Ebd., Z.34-38: „Neque enim ea loca, quae sunt in nostris humanis oculis diversa et a se invicem distantia , sunt tot, tanta et talia in oculis divinae maiestatis; sed sicut omnia tempora sunt ei momentum, ita et omnia loca sunt ei unus locus, imo ne punctus quidem loci, aut si quid minutius dici potest." 522 W A 26,333,26f.

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Weltgegenwart von Gott und Mensch in Christus hinaus („das wo Gott ist / da ist auch der mensch" 523 ) - und gerade nicht auf ein Transzendieren aller vorgeblich nur für uns wirklichen Orte. Während Luther gerade die dimensionalen Bestimmungen von „klein, groß, kurz, lang, breit" 524 aufnimmt, um das unerforschliche Wesen Gottes bekennend zu prädizieren, schließt sie Brenz als Worte „dieser unserer körperlichen Welt" aus dem Diskurs aus. Der Zusammenhang mit Luther in der Aussage, „dass" - in Christus - „ein Leib in seiner Substanz wahrer Leib bleibt, auch wenn er zur himmlischen Majestät versetzt wird", zerfällt, wenn hinzugefügt wird: „Hinzukommt, dass, gleich wie groß, klein, lang, kurz, hoch, tief, oberhalb, unterhalb, so auch das ,Am-Ort-umschrieben' und ,endlich' Worte sind nicht jener spirituellen und himmlischen, sondern [nur] dieser unserer körperlichen Welt" 5 2 5 Wenn mit diesen Negationen die Eintragung gegenständlicher Vorstellungen in die Aussage über die Daseinsweise Gottes und der erhöhten Menschheit Christi abgewehrt werden soll, ist auch dieser dualistisch-ontologischen Sprache ihr Recht nicht grundsätzlich zu bestreiten. Doch Brenz setzt diese platonischen' Momente so grundsätzlich ein, dass er bei einer Re-installierung des ,Nulla-proportio-Axioms' ankommt: „Denn es gibt kein Verhältnis zwischen den Dingen dieser Welt zu den unaussagbaren und für das menschliche Erfassen unerforschlichen Zuständen jener Welt. Denn wie die Unterscheidungen der Zeit, so sind auch die des Ortes nur in dieser Welt und mit dieser entstanden: vor und außerhalb von dieser sind sie nicht". 526

Indem Brenz dieses ,Nulla-comparatio-Axiom' in die Bestimmungen der Majestät der Menschheit Christi einträgt, wird das Weltverhältnis dieser Menschheit prinzipiell problematisiert und eine paradox ,neonestorianische' Trennung zwischen einer inkarnierten Gottheit, die sich sogar mit dem Leiden „gemein" macht, und einer weltenthobenen majestätischen Menschheit hervorgebracht. 523 Ebd., 335,26f. 524 Ebd., 339,39-42. 525 R 1000: „[...] quod corpus substantia sua verum maneat corpus, etiamsi ab omnibus locis absolvatur, et ad coelestem maiestatem transferatur. Accedit hue, quod sicut magnum, parvum, longum, breve, altum, profundum, superum, inferum: ita et loco circumscriptum, et finitum vocabula sunt, non spiritualis et coelestis illius, sed huius nostri corporalis mundi." 526 Ebd.: „Nulla enim est comparatio [Cicero, De universo 4,5,7 für άναλογία!] rerum huius seculi ad ineffabiles, et humano captu impervestigabiles illius seculi conditiones. Nam ut temporis, ita et loci distinetiones, in hoc mundo sunt solo, et cum mundo genitae: ante aut extra illum nullae sunt."

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Die mit Luther zusammenstimmende Absicht, Christus in seiner Menschheit den Bedingungen der Endlichkeit nicht als zwingend unterworfen auszusagen,527 schlägt um in eine Unterwerfung der erhöhten Menschheit unter die „conditiones" der spirituellen Welt. Selbst die Präzisierungen hinsichtlich der, hier528 widerwillig als Term akzeptierten, Ubiquitas sind problematisch. Zwar wird zurecht eine ubiquitas localis, eine sich ausdehnend-verbreiternde ,Ortlichkeit'529 - Luthers , gedehntes Fell'530 - als Missverständnis abgewiesen. Weder die ubiquitas repletiva Gottes noch die ubiquitas personalis der Menschheit Christi531 bezeichnen eine unbegrenzte Ausspannung, denn es gibt „kein ,Ding', weder ein geisthaftes noch ein körperliches, das mit örtlicher Überallheit überall ist".532 Folglich „bezeichnet auch in der Aussage:,Christi Menschheit ist überall', dieses Wort ,überall' nicht irgendwelche Örtlichkeit". 533 Diese hinsichtlich des Modus der Anwesenheit zutreffende Richtigstellung, die verhindert, der mit der Gottheit geeinten Menschheit eine räumliche Ausdehnung zuzuschreiben534 wird nun aber in die unklare Konsequenz überführt: „Wenn von der geometrischen Weite der Orte die Rede ist, ist die Menschheit Christi nicht überall" 535 Unklar ist diese Folgerung deshalb, weil die Negation einer Ausdehnung der Menschheit nicht besagen kann, dass diese Menschheit nicht an allen geometrisch bestimmten Orten anwesend ist. Mit Luther ist vielmehr zu sagen: Die selbst nicht überall localiter gegenwärtige Menschheit ist an und in allen Orten, also loco, anwesend, zwar coelesti modo, aber als so bestimmte erfüllt sie alles.536 Hier nur vom Zusammensein von Gottheit und Menschheit in der Einheit der Person zu sprechen, aber zu unterschlagen, dass es um die Einheit der Person in der Perspektive ihres „Wo-auch-immer-Seins" geht, wobei dieses „wo" eben einen Ort meint, ist unzulässig.537 Denn, wird dieses

527 R 1006: „Non voluit [Deus] autem, ut hic naturalis homo fineretur semper naturalibus legibus". 528 Ρ 42,33-44,31. 529 Ebd., 44,9 („diffusam et undique extensam localitatem"). 530 WA 26,333,29. 531 Ρ 44,2-7. 532 Ebd., Z.3f.: „Ac nulla quidem res est, nec spiritualis nec corporalis, quae sit ubique locali ubiquitate". 533 Ebd., Z.9-11: „In hac autem locutione: ,Humanitas Christi est ubique', haec vox ubique' non significat ullam localitatem". 534 Ebd., Z.12f. („humanitatem deitati unitam localiter diffundi et extendi"). 535 Ebd., Z.17f.: „si sermo est de geometrico spacio locorum, humanitas Christi non est ubique". 536 Ebd., Z.22 („coelesti modo implendi omnia"). 537 Ebd., Z.23-31.

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„Wo-auch-Immer" nur hinsichtlich des negierten Vermögens von Orten, die beiden Naturen zu trennen, thematisiert, dann entfällt die positive Aussage, dass die Person als die beiden Naturen an allen Orten gegenwärtig ist, und es kommt nur zu einer ,inneren' Gemeinschaft von Gottheit und Menschheit, höchstens zur Partizipation an der Herrschaft der Gottheit.538 Mit einem Wort: Brenz übernimmt von Luther die Negation des localiter, aber er nimmt das in loco esse nicht auf. Dass damit „das fromme und gesunde" Verstehen der einen Person, deren Menschheit auch dort sein muss, „wo immer ihre Gottheit ist",539 aber auch das sakramentstheologische Argument, dass „Christus zusammen mit seinem Leib und Blut wahrhaftig im Mahl gegenwärtig ist, bevor die Worte" der Einsetzung gesprochen werden540 geschwächt wird, ist evident. Wie lässt sich diese Inkonsistenz der Aussagen erklären? Brenz interpretiert die Majestas der Menschheit Christi in den benannten Äußerungen exklusiv als Teilhabe an der Welt- und Ortsüberlegenheit Gottes, dessen Weltverhältnis schon zuvor, anders als bei Luther, nur noch als Freiheit vom Ort und nicht als dialektisches Insein ausgelegt wird. Beeindruckt vom Dualismus der Schweizer, fehlgeleitet durch seinen eigenen platonisierenden Augustinismus541 und in einer isolierenden Aufnahme des ,Extra Lutheranum' gerät er in einen Selbstwiderspruch, der seine auf Vermittlung von Schöpfer und Geschöpf zielenden Bestimmungen des ,capax', die Aussagen über die gestufte Teilgabe der Gottheit an die Geschöpfe vom Stein bis zum Menschen, vor allem aber die soteriologische Präsenz der Gottheit in der Menschheit Jesu und damit das Heil für die Sünder, die an Orten sind, zu gefährden droht.

5. Die bleibende Unruhe im Getriebe: Andreä und die Folgen Im Kontext der sich stabilisierenden lutherischen Konfessionskultur blieb die Ubiquitätslehre die gleichermaßen bewegende wie irritierende 538 Vgl. Brandy, Späte Christologie, 175. 539 Μ 220,1-4: „an non is qui pio et sano intellectu [...] confitetur divinam et humanam naturam in Christo esse inseparabiliter in una persona coniunctas, necesse habeat etiam sentire et confiteri, quod ubicunque est divinitas Christi, ibi etiam sit humanitas eius?" 540 R1028: „Christum una cum corpore et sanguine suo vere in Coena praesentem esse, priusquam verba Coenae recitaverint". 541 Μ 320,5f. („homo e sordibus suis").

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Unruhe im Getriebe. Dass es möglich wurde, die zögernde Annäherung von Chemnitz an Luthers Einsichten mit der radikalisierten, aber auch spiritualisierenden Luther-Nachfolge von Brenz zu vermitteln, ist, soweit wir heute sehen, v. a. Jakob Andreä (1528-1590) zuzuschreiben, der die Christologie des Stuttgarter Stiftsprobstes selbständig rezipierte und modifizierte.

5.1. Andreä und die Maulbronner Ermäßigung Evident wird dies beim Maulbronner Kolloquium (10.-15.4.1564) der Württemberger und Kurpfälzer Theologen (u.a. Olevian und Ursin), wo Andreä als (alleiniger) Wortführer der Schwaben die Auseinandersetzung führte. Dabei kam es am Nachmittag des 12. April zu einer deutlichen Korrektur an Brenz. Auf Olevians Frage, ob „Christus nach seiner Menschheit allenthalben gegenwertig gewesen sey, da er empfangen in Mutter Leibe" 542 ? erwidert Andreä nach einigen präzisen Nachfragen schließlich: der Mensch Christus habe die Majestät besessen, „ist" aber „nit Allenthalben gewesen, dann er hat es nit gebraucht". 543 An die Stelle der Brenzschen Dialektik - allgegenwärtig als Erhöhter und zugleich lokal begrenzt als Erniedrigter - tritt damit die Unterscheidung von ,Besitz' und ,Gebrauch', die Andreä am 13.4. noch zusätzlich mittels der aristotelischen Termini von actus primus und actus secundus erläutert,544 wodurch der ,Besitz' auf den Status einer ,Möglichkeit' reduziert wird. Erst nach Ostern ging der ruhende Besitz in den Vollzug über.545 Der Gewinn für die gegenständliche Vorstellung vom Irdischen muss freilich erkauft werden um den Preis der Auflösung des Zugleich der Einheit des Menschen Christus mit Gott und seiner Weltgegenwart. Angesichts der auch bei Brenz selbst aufgetretenen Störung dieses Zusammenhangs,546 dürfte den Württembergern aber Andreäs Neuerung als Bruch nicht bewusst geworden sein. Dafür sprechen auch ihre apologetischen Texte nach Maulbronn, in denen die Personeinheit als ruhende bzw. aktivierte Wirksamkeit ausgelegt wird: Gottes Sohn hat

542 Protocoll Des Gesprächs zwischen den Pfältzischen und Würtenbergischen Theologen im Aprill des 1564. Jars zu Maulbrunn gehalten. Allderdings dem Originali gleichlautend on zusatz und abbruch getreulich von den Würtenbergischen Theologen, so gedachtem Colloquio beygewonet, in Truck verfertigt, Tübingen 1565,144. 543 544 545 546

Ebd., 145. Ebd., 164. Ebd., 147. Vgl. o. bei Anm. 504-541.

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„ein zeitlang sein Maiestet durch diesen Menschen nicht erzeigt, sonder also alle ding im Himmel und auf Erden regiert, das diser Mensch warhafftig nach seiner menschlichen Natur nicht mitgewürcket hat", 547 jetzt aber will er „durch und mit disem Menschen alle ding regieren". 548

Der Abstand zu Chemnitz wird aufgrund dieses instrumentalen Verständnisses von Majestät nur noch minimal. Ob Andreä von den psychologisierenden Überlegungen des Tübinger Aristotelikers Jakob Schegk abhängig war, der statuierte, „alles, was geschieht oder ist, geschieht mit Wissen und Wollen Christi, des Menschen", 549 lässt sich bislang nicht entscheiden. Wie wenig allerdings die gemäßigte Fassung der ,Ubiquitätslehre' den reformierten und altgläubigen Widerspruch mildern konnte, belegen die zeitgleichen Auseinandersetzungen, in die Andreä mit Beza und den Ingolstädter Jesuiten geriet. Gegen Beza, der 1565 „D.Johannes Brenz Argumente für die Allgegenwart des Fleisches Christi" bestritt, trat Andreä sogleich in seiner „Bekräftigung der frommen und orthodoxen Lehre von der persönlichen Einung" 550 an. Heftiger war der Schlagabtausch mit den Altgläubigen. Eine anonyme Ingolstädter Disputation über die Majestät des Menschen Christus gegen die gottlosen Thesen des Jakob Andreä, Schmidlin551 beantwortete Andreä noch

im selben Jahr 1564 mit einer Kurzen und bescheidenen Verteidigung der

Kapitel der Disputation über die Majestat des Menschen

Christus.552

In bei-

den Streitgängen nimmt Andreä die Maulbronner Erleichterungen nicht zurück, ohne dadurch die Kontrahenten von ihrem Widerspruch abbringen zu können.

5.2. Niedersachsen und Schwaben contra Kryptocalvinisten Dass nicht nach nach

auch der Widerspruch der Wittenberger Melanchthonschüler zu beruhigen war, wollte Andreä bis 1570 nicht wahrhaben. Erst dem Scheitern seiner ,Unionsartikel' von 1568/69 und vollends der kursächsischen Radikalisierung seit der Publikation des

547 Christliche und in Gottes Wort gegründte Erklärung, Der Würtenbergischen Theologen ... Zu ... Apologi des Maulbrunnischen ... Protocols Tübingen 1565,38. 548 Ebd., 23. 549 De una persona et duabus naturis Chisti..., Francofurti 1565, 45: „nihil fieri aut esse, quod nesciente aut non volente fiat homine Christo". 550 Assertio piae et orthodoxae doctrinae de personali unione ..., Tubingae 1565. 551 Disputatio de maiestate hominis Christi in celebri Academia Ingolstadiana adversus impias lacobi Andreae Theses, 1564. 552 Brevis et modesta apologia capitum disputationis de maiestate hominis Christi,... Contra theses incerti authoris in schola Ingolstadiani praepositas, Tubingae 1564.

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(Pezelschen) Wittenberger Katechismus (Januar 1571), der Chemnitz gegen diesen Versuch mobilisierte, „den Calvinismus in die Kirchen der Augspurgischen Confession [...] ein[zu]schieben", und zu seiner im S o m m e r 1571 verfassten Wiederholtein] Christliche[n] Gemeine[n] Confeßion und Erklerung, Wie in den Sechsischen Kirchen [...] gelehret wird

führte, in der er den „frommen wolverdienten" Brenz verteidigte,553 bot sich die Möglichkeit zur gemeinsamen schwäbisch-(nieder)sächsischen Aktion: Die Württemberger reagierten auf die niedersächsische ,Confession' mit der von Lukas I. Oslander verfaßten Bestendige[n] widerholung ... von 1572, einem Friedensangebot in Sachen Ubiquität.554 Damit waren endlich die Voraussetzungen gegeben, einen antiphilippistischen lutherischen Konsenstext zu verfassen, der dann 1577 in der FC zur Gestalt fand.

5.3. Die Vorstufen der FC und FC VIII Die Vorstufen der Formula Concordiae zeigen hinsichtlich des strittigen Ubiquitätsproblems folgendes Bild. 5.3.1. Andreäs sechs Predigten Jakob Andreä, der noch am 29. August 1572 in seiner Disputatio de persona Christi „das alte ubiquitistische liede" 555 gesungen hatte, legte im Februar 1573 mit der letzten seiner Sechs Christlichen Predig / Von den Spaltungen den katechetisch vorbildlichen Entwurf eines Bekenntnisses „von der Person, beiden Naturen der Göttlichen unnd Menschlichen, auch derselben Eigenschafften warhafftigen Gemeinschafft, und Maiestet Christi unsers einigen Heilands" 556 den Niedersachsen als Verhandlungsangebot vor. Der Text stellt heraus, dass „unser Seligkeit [...] an der rechten erkanndtnuß Jesu Christi" 557 hängt und fordert deshalb die klare Bejahung der 553 Vgl. Mager, Konkordienformel, 138 Anm. 53. 554 Vgl. ebd., 140. 555 Vgl. ebd., 139 Anm. 60. Der Volltitel lautet: Bestendige Wiederholung unnd grundtliche erklärung der Kirchen und Schulen im Fürstenthumb Würtemberg Lehre und Bekanntnus Von der Person und beeden Naturen ... Christi. Bestelt von den Würtembergischen Theologen, Tübingen 1572. 556 Sechs Christliche Predig / Von den Spaltungen / so sich zwischen den Theologen Augspurgischer Confession / von Anno 1548. biß auff diß 1573. Jar / nach unnd nach erhaben ... (1573), in: H. Heppe, Geschichte des deutschen Protestantismus in den Jahren 1555-1581, Bd. 3: Beilagen, Marburg 1857,3-75, hier: 59-74. 557 Ebd., 61.

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„Frag [...], ob die menschlich Natur in Christo, wölche jr Wesen und Eigenschafften behelt, mit der Göttlichen Natur in Christo unnd derselbigen Eigenschafften, ein warhafftige Gemeinschafft, [...] habe". 558

Bezüglich der mitgeteilten Idiome konzentriert sich Andreä jedoch auf die mit den Niedersachsen unstrittige „Allmechtigkeit", 559 spricht ausdrücklich nur die Mahlgegenwart an560 und berührt die Ubiquitätsthematik nur so, dass er die „Groben dölpischen fleischlichen gedancken" über Gottes Allgegenwart, als sei er „ein [...] außgespannen wesen" 561 abweist und zugleich die Wirkeinheit herausstellt: „Das also der gantz Christus im Himmel unnd auff Erden alles würcket". 562 Nur beim Verweis auf Luthers „Lehr von der Person Christi [...] darauff sein Lehr vom heiligen Abendtmal gegründet unnd bewisen, das der Gestalt, wie Gott und Mensch in Christo ein Person seie, sein Leib zumal im Himmel unnd auff Erden sein könde" 563 und mit dem Hinweis, dass „er nicht abwesend, sonder gegenwertig/ (doch nicht auff ein jrrdische raumliche, sonder auff ein Göttliche Himmlische weise) regiere" 564 wird die heikle Frage angeschnitten. 5.3.2. Schwäbische Konkordie (SC) Auch in der Schwäbischen Konkordie (SC) vom März 1574 konzentriert Andreä die Communicatio auf die operativen Idiome „Allmächtigkeit, onendtliche weysheit und Krafft".565 Nur im Zusammenhang mit diesen wird erwiesen, „das des Menschen Sohn, [...] alles in allem gegenwertig würcket" 566 und „allem gegenwertig ist". 567 Eindeutig wird die Weltgegenwart nur auf Gott bezogen, und zwar in der für Brenz charakteristischen Fassung: „weil Gott [...] allenthalben und inn allen Creaturen ist". 568 Hinsichtlich Christi Menschheit hingegen wird das Missverständnis einer essentiellen Vergottung abgewiesen: dass „die Menschlich Natur [solle] [...] fur sich selbst ein Allmächtig wesen werden". 569 Positive Lehre ist allein die Präsenz der Menschheit Christi in 558 559 560 561 562 563 564 565 566 567 568 569

Ebd. Ebd., 62, 68-71 und 73. Ebd., 62-64. Ebd., 70. Ebd., 71. Ebd., 63. Ebd., 64. H. Hachfeld, Die schwäbische Confession, ZHTh NF 30 (1866), 230-301, hier: 279. Ebd., 281. Ebd., 282. Ebd. Ebd., 283.

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der Kirche570 und „die gegenwertigkeit seines leibs unnd bluts im H. Abentmal, vermög der wort seiner stifftung";571 dagegen wird ausdrücklich verworfen, „das die Menschlich Natur in Christo Auff solche weyse, wie die Gotthait Allenthalben gegenwertig" sei, und einer A u s spannung' der „Menschheit Christi In alle ort [...] reumlich" 572 widersprochen. Auch die ,Vermanung', „mitt [...] vernunfft In solichem geheimnuß" nicht zu „grubein", zielt darauf, die plerophor bekannte Erhöhung, wodurch „unser flaisch unnd Blud in Christo so Hoch [...] gesetzt", 573 unbestimmt zu lassen. 5.3.3. Schwäbisch-Sächsische Konkordie (SSC) Mit dieser Vorgabe konnte Chemnitz, unterstützt von den Hanseaten, in der „Schwäbisch-Sächsischen Konkordie" (SSC) seine Vorstellungen durchsetzen. Der Text bietet faktisch eine Kurzfassung von De duabus naturis, inklusive der drei genera communicationis idiomatum,574 und erreicht nicht mehr als eine voluntaristisch limitierte funktionale Gegenwart des Leibes Christi: „Daß aber Christus durch seine göttliche Allmacht mit seinem Leibe, den er gesetzt hat zu der Rechten der Majestät und Krafft Gottes gegenwertig seyn könne, wo er will, sonderlich do er solche seine Gegenwertigkeit, als im Abendmahl in seinem Wort versprochen, das kann seine Allmacht und Weißheit wohl verschaffen, ohn Verwandlung oder Abtilgung seiner wahren menschlichen Natur". 575

5.3.4. Maulbronner Formel (FM) Die Maulbronner Formel (FM) vom 19.1.1576, an der für Württemberg Lucas I. Oslander beteiligt war, versuchte in ihrem Artikel „Von der Person Christi" 576 den Konsens mit den Niedersachsen noch einmal zu korrigieren. Zwar wird die seit Maulbronn 1564 vorgenommene Restriktion der Weltgegenwart - „vor seiner aufferstehung und himelfart den wenigem teil gebraucht und erzeigt" 577 - wiederholt, aber die Re-

570 571 572 573 574 575 576

Ebd., 285. Ebd., 286. Ebd., 287. Ebd., 288. Pfaff, Acta, 400f. Ebd., 409. T. Pressel, Zwei Actenstücke zur Genesis der Concordienformel. I. Die Maulbronner Formel, JDTh 11 (1866), 640-711, hier: 651-660. 577 Ebd., 654.

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duktion der mitgeteilten Idiome auf die Allmacht unterbleibt ebenso, 578 wie die Beschränkung auf die Präsenz bei der Kirche, deren Gewissheit vielmehr als Argument für die Allgegenwart eingesetzt wird: „Ist er aber bey der gantzen Christenheit, welche in die weite weit zurstreuet, So ist er ja zumal an viel tausent orten, und ist zugleich auch bey den heiligen im himel, warumb solt er dan nicht können allenthalben sein?"579

Das ,Können' steht hier unter keinem voluntaristischen Vorbehalt. Indem Eph 4 und Jer 23 auch auf Christi Menschheit bezogen werden, 580 gilt es als unmöglich, „das er nicht zumal an vielen oder ja nicht an allen örtern könne sein". 581 Dementsprechend kommen auch die stärksten Äußerungen Luthers, die Andrea (in SC) nicht beansprucht hatte, wieder zu Wort: „[...] und alles durch und durch vol Christus sey auch nach der menscheit". 582 Sogar die entmythologisierenden Korrekturen des Apostolikums werden aufgenommen, wenn als Fazit von CA III verlautet: „Und also sein widerkunfft mehr Ein Offenbarung dan Ein vorenderung des orts (dahe er von ferne herkomen muste) sein werde". 583 Diese Kühnheit wird jedoch nicht, wie bei Brenz, erkauft um den Preis spiritualistischer Verflüchtigung der Weltgegenwart. Christi Reich „auch nach der menscheit" erstreckt sich „über alle Creaturen und ort". 584 Die Gegenlehre, „das Christus nach seiner menscheit auch itzt im stand seiner herlikeit nicht alles wisse und nicht alles vermöge, Auch mit seiner heiligen menscheit nicht könne zumal an vielen oder ja an allen orten kegenwertig sein und kegenwertig regieren über himel, Erden und alle Creaturen"

bleibt nicht verschwiegen, sondern wird ausdrücklich,verworfen'. 585 Dieser von Baden und Henneberg unterstützte württembergische Text hätte die projektierte Konkordie zu einem Dokument der Übereinstimmung mit den Einsichten Luthers seit 1525 gemacht. Dass es dazu trotz der Intervention Andreas bei Kurfürst August 586 nicht kam, belegt der schließlich im Mai 1577 vereinbarte Text von FC VIII.

578 579 580 581 582 583 584 585 586

Ebd., 653 („almechtig, Allwissend und allenthalben"). Ebd., 654. Ebd. Ebd., 655. Ebd., 657f. Ebd., 656. Ebd., 657. Ebd., 659. Hutter, Concordia concors, 308-318.

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5.3.5. FC VIII Die Solida Declaratio der Formula Concordiae (FC) basiert in ihrem Artikel VIII „Von der Person Christi" (BSLK 1017-1049) auf der hinsichtlich der Gegenwart der Menschheit Christi kärglichen SSC, geht aber infolge einer Teilrezeption von FM, deren Tendenz durch zusätzliche ausführliche Lutherzitate verstärkt wurde, über die niedersächsischnorddeutsche Vorlage so weit hinaus, dass der Artikel den Kern der ubiquitären Aussagen zumindest eingekapselt konservierte (1025,3340). In der Reihe der solemn eingeleiteten - „wir glauben, lehren und bekennen" - Primäraussagen wird die Differenz zwischen der wesentlichen Eigenschaft der göttlichen Natur, „für sich selbst gegenwärtig" zu „sein" (1020,17), und der Angewiesenheit der menschlichen Natur, sich „von einem Ort zu dem andern" zu „bewegen" (1020,26f.), eingeschärft. Dass Christi Menschheit aufgrund der ,,personliche[n] Voreinigung mit der Gottheit und hernach durch die [...] Glorification erhöhet" ist „zur Rechten der Majestat, Kraft und Gewalt über alles" (1021,1115), wird nicht weniger eindeutig bekannt; und zwar mit dem präzisierenden Zusatz, dass Christus „diese Majestat [...] nach seiner Menschheit [...] im Mutterleib empfangen" (1021,18-23); „communio et unio" sollen also „eins durch das andere erkläret" werden (1024,9-12). An der Absage an eine nur verbale Gemeinschaft (1026,37-1027,3) wird kein Zweifel gelassen. Dennoch „wird von der Majestat Christi nach seiner Menschheit [...], und was derselben anhanget" (1024,22-25) nur im Kontext eines Luther-Zitates587 klar formuliert, dass Christus „Itzunder [...] wahrhaftig alles erfüllet und allenthalben, [...] auch als Mensch, gegenwärtig regieret, von einem Meer zum andern und bis an der Welt Ende" (1025,33-40). Auch die Verabschiedung der gegenständlichen Vorstellung von der ,Rechten Gottes', „welche kein gewisser Ort im Himmel" (1026,2f.), erfolgt nur vermittels eines Hinweises auf Luther588 und überdies mit der funktional-operativen Wendung von der ,,allmächtige[n] Kraft Gottes [...], die Himmel und Erden erfüllet, in welche Christus nach seiner Menschheit realiter [...] eingesetzt worden" (1026,6-13). Der direkt angeschlossene Verweis auf die Gegenwart von Leib und Blut im Mahl (1026,13-19) soll offenkundig vom Übergang zur Ansage der Weltgegenwart von Christi Menschheit abhalten. Der instrumentale Charakter der realis communicatio (1037,19f.) setzt sich auch bei der Deutung von Kol 2,9 durch; die Einwohnung der ,,ganze[n] Fülle der Gottheit in Christo" (1038,14) besage, 587 W A 54, 50,8. 588 W A 23,133,19.

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„daß sie mit aller ihrer Majestät, Kraft, Herrlichkeit und Wirkung in der angenommenen menschlichen Natur freiwillig, wenn und wie er will, leuchtet, in, mit und durch dieselbige seine göttliche Kraft, Herrlichkeit und Wirkung beweiset" (ebd. 17-22).

Infolge dieser Übernahme der Konzeption von Chemnitz erreicht der Artikel auch nur dessen ,Ubivolipräsenz', wenn gesagt wird, dass Christus „auch nach und mit derselbigen seiner angenommenen menschlichen Natur gegenwärtig sein könne und auch sei, wo er will, und sonderlich [...] bei seiner Kirchen [...], wie er des zu gewisser Versicherung [...] sein H. Abendmahl eingesetzt hat" (1043,29-45).

Erst durch das Langzitat aus WA 26, 332,24-333,9 werden die Bedenklichkeiten weggeräumt (1044,13-1045,16). Indem Luthers Satz, dass „alles durch und durch voll Christus sei, auch nach der Menschheit" (1044,18f.) in den Text des Bekenntnisses aufgenommen und damit ,dogmatisiert' wurde, war trotz der Chemnitzschen Gesamttendenz von Artikel VIII der FC die Unruhe der ubiquitären Christuserkenntnis zumindest nicht stillgestellt. Verbunden mit der religiösen Gewichtung der trostreichen Gegenwart Christi, der als „Mensch [...] mit uns als mit Menschen und seinen Brüdern ein Mitleiden haben kann" (1046,36-41), war die schwache symbolische Festschreibung des christologischen Durchbruchs Luthers doch zukunftsmächtiger als eine strenge Analyse von FC VIII vermuten lassen würde. 5.3.6. Andreas Musculus Unter den an der Endfassung des Konkordientextes beteiligten Autoren nimmt Andreas Musculus (1514-1581) eine Sonderstellung ein. Seine christologischen Texte, und zwar ausweichlich von den Propositiones de adorando mysterio (1546) bis zur Disputatio de adorando... mysterio (1568), durchbrechen entschlossener als die anderer Gnesiolutheraner das Axiom von der impassibilitas der Gottheit. Die 18. These der frühen Schrift schärft ein: „Gott hat also im Fleisch gelitten, er hat (nicht nur) im Fleische mitgelitten". 589 Dasselbe wiederholt die Disputation von 1568: „Es kann also nicht gesagt werden, Gott habe nicht erlitten, was der Mensch gelitten hat". 590 Dieser Spur einer direkten, ab 1546 da589 Propositiones de adorando mysterio convertentiae seu communicationis idiomatum in duabus naturis Filij hominis sedentis ad dexteram Dei Patris, ab Andrea Musculo in Academia Francophurdiana disputatae, o.O. 1546, Bl. A 5R: „Deus ergo in carne passus, non est in carni compassus." 590 Disputatio de adorando, ... mysterio, manifestationis filii Dei in carne, Frankfurt/Oder 1568, Th. ΧΧΧΙΠ: „Non ergo dici potest, non passum esse Deum, quicquid passus est homo."

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tierbaren Luthernachfolge, die unabhängig vom zweiten Abendmahlsstreit die Christologie des Reformators verfocht, deren auch altkirchliche Legitimität er 1552 im Enchiridion aufwies, wird die Forschung nachzugehen haben, obwohl es Musculus, an dem Andreä den entschiedenen Verfechter einer ungeschmälerten Allgegenwart der Menschheit591 zur Seite hatte, nicht gelang, den Text von FC VIII auch nur mitzubestimmen. 5.4. Massive Widersprüche gegen die FC; Heshusens Sonderweg Trotz ihres nur verklausulierten Bekenntnisses zur Allgegenwart der Menschheit Christi löste die FC massive Widersprüche aus. Von Seiten der calvinistischen und der sich calvinisierenden kryptocalvinistischen Theologen war nichts anderes zu erwarten gewesen. Dass jedoch der seit 1559 in der Abendmahlslehre als strikter Gnesiolutheraner ausgewiesene Tilmann Heshusen zu einem der schärfsten Kritiker der ubiquitären Momente in FC VIII wurde, führte zu irritierenden Verunsicherungen der norddeutschen Kirchen im Einflussbereich der Helmstedter Theologie. Es zählt zu den ironischen Wendungen der Geschichte, dass gerade der hartnäckigste unter den mit dem Meister brechenden Schülern zum wirkungsvollsten Kontrahenten der vom alten Melanchthon verabscheuten Ubiquitätslehre wurde. Eingelassen hatte er sich auf die durch Brenz' Eucharistietraktat (1557) revitalisierten Aussagen Luthers von 1527 nie. Schon sein Heidelberger Abendmahlsbekenntnis (1.9.1559) sprach sich gegen die Präsenz des Leibes Christi an allen Orten, in Holz und Stein aus.592 An der Mitteilung der Idiome der göttlichen Natur an Christi Menschheit, weil und insofern dies durch explizite Schriftzeugnisse begründet ist, duldet Heshusen jedoch keinen Zweifel. Der Sachgrund dafür ist Gottes, und also auch der Gottheit Christi, wirkmächtige Vollmacht (potentia).593 Weil Gottes Gottheit primär als ,Macht' zu bestimmen ist, gilt auch von Christi Fleisch, dass dieses als mit dem Logos geeintes zur „Herrin der gesamten Welt" wird.594 Anfänglich (1562) versucht Heshusen nur, die Ubiquitätsthematik zur

591 Widerlegung Aus Heiliger, Göttlicher Schrifft, Der Newen Caluinisten, Nestorianischen, Philosophischen, fleischlichen ... gedancken und fürgeben, Vom Leibe Gottes und Marie Son ..., Frankfurt/Oder 1577, Bl. C 3R-4R. 592 Vgl. Bekandtnuß vom heyligen Nachtmal..., Nürnberg 1560, Biijr. 593 De Praesentia Corporis Christi in Coena Domini..., Ienae 1560, Mviijr. 594 Ebd., Nv v : „[...] ut ea Caro [...] λόγφ unita [...] iam domina sit universi mundi".

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Nebensache herabzustufen,595 gesteht sogar, wohl unter dem Einfluss von Kirchner und Wigand, in seiner Jenaer Zeit (1570-1573) „Christi Menschheit die Herrligkeit" zu, „allen Creaturen gegenwärtig zu seyn / und alle Creaturen gegenwärtig zu haben".596 Doch seine ursprüngliche Aversion gegen jede Schwächung des Machtmotivs in der christologischen Communicatio schlägt schließlich voll durch. Äußerer Anlass seiner Polemik wurde die von Chemnitz, Seinecker und Kirchner entworfene Apologie der Konkordienformel597 gegen die Angriffe der Admonitio Neostadiana (1581), des Nürnberger Juristen Christoph Herdesianus (Pseudonym: Ambrosius Wolf), der schon 1579 die FC als Verkehrung der CA angeprangert hatte,598 die beiden Bremer Polemiken von Pezel (1581) und den Protest der Anhaltiner (1581). In der , Apologie', in der es ausschließlich um FC VII und VIII ging, hatten die Autoren die ohnehin schwachen ubiquitären Aussagen in FC VIII noch weiter minimalisiert und bestritten, dass die FC eine „Generalubiquität" lehre;599 ausgesagt werde nur die „universalis gubernatio" der Menschheit des Erhöhten.600 Gegen diese Verschleierungen bestanden Heshusen und Hoffmann in den Notationen zur Apologie (schon März/April 1582) auf Klarheit; auch in der Apologie fänden sich „semina generalioris Ubiquitatis";601 überdies sei ein Großteil der Neustädter Argumente berechtigt. Zur offiziellen Konfrontation kommt es beim Quedlinburger Kolloquium (7.-22.[31.]1.1583), dessen „Rezeß" (31.1.1583)602 das fatale Fazit notiert, dass „dieser Punct [...] ad referendum ausgesetzt".603 Heshusen hatte, v. a. gegen Kirchner, die Unentschiedenheit der Konkordienverfechter angeprangert: „Einer observirt die Ubiquitet; der ander verneint sie. Etliche Lehrer sind mit jhnen selbst nicht einig; Einmal setzen sie die Ubiquitet bey seits /

595 Verae et sanae Confessionis de praesentia ... pia defensio ..., Magdeburgae 1562, D2V: „[...] hunc non esse praecipuum quaestionis statum: An humana Christi natura sit ubique ut Divinitas." 596 Hutter, Concordia concors, 1155. 597 Vgl. Mager, Konkordienformel, 403-421. 598 De Confessione Augustana, quo sensu intellecta ..., o.O. [Genf] 1579. 599 Apologia Oder Verantwortung deß Christlichen Concordien Buchs..., Dreßden 1583,68R. 600 Ebd., 710. 601 T. Krüger, Empfangene Allmacht. Die Christologie Tilemann Heshusens (15271588), FKDG 87, Göttingen 2004, 216. 602 Hutter, Concordia concors, 1176-1181. 603 Ebd., 1178.

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wollen nicht damit zuthun haben; Das andermal unterstehen sie sich die Ubiquitet auß Gottes Wort zubeweisen".604

Dabei sei doch das Schriftzeugnis eindeutig: dass Christus mit seiner Menschheit alles erfüllt (Eph 1,23; 4,10), gilt ausschließlich für die Kirche, der Christi Fleisch nach „Kraft, Wirkung, Handlung, Gaben und Herrschaft" (virtute, effectione, operatione, donis, dominatu) zugesagt ist 605 Weitergehende Folgerungen aus der persönlichen Einung verletzten das Mysterium: „kan man nit also schliessen: Wo eine Natur ist / da müsste die ander auch sein". 606 Zudem ist die in FC und Apologie zugestandene Einschränkung der Allgegenwart der Menschheit im Stand der Erniedrigung das beste Argument gegen die Beanspruchung der Unio: „Wann die Ubiquitet folgen solte aus der unione personali, so müste stets unnd allzeit der Leib Christi sein / da die Gottheit ist / unnd köndte hie keine exceptio stat haben". 607

Den Apologeten sei doch „unverborgen / daß D. Brentius die omnipraesentiam also getrieben / daß er gesagt: ,Unum idemque corpus quod erat in Ierusalem visibiliter et localiter, [...] fuisse simul Romae, Athenis, in caelis et extra omnia loca invisibiliter at illocaliter.' Auß welchen Worten wir abnemen können / wohin die omnipraesentia will gedeutet werden". 608

Vor dieser verkehrten, aber wenigstens klaren Behauptung scheuen sich die Apologeten. Der Preis für die Unredlichkeit ist hoch: am entscheidenden Punkt ist die Apologie „etlicher massen ambigua". 609 Die Alternative ist klar: „Erfüllt Christi menschliche Natur alles mit der Substanz oder durch Herrschaft"? 610 Nur Letzteres ist richtig, denn von der mitgeteilten Allmacht auf die Allgegenwart zu schließen, ist unzulässig. Aus der Teilhabe am Weltregiment folgt die Allgegenwart des ,Fleisches' nicht, auch die FC611 sagt nichts dergleichen. „Der Spruch Lutheri", 612 den Jakob Andreae „Hinein geflicket", hätte in den Artikel nicht eingeschoben werden dürfen.

604 Bericht von dem COLLOQUIO der zu Quedelburg versambleten Theologen..., Newstadt an der Hardt 1585, Biijr'". 605 Vgl. Krüger, Allmacht, 231. 606 Ebd., 233. 607 Ebd., 234. 608 Ebd., 236. 609 Ebd., 237. 610 Ebd., 239: „An humana natura impleat omnia substantia, an dominatu?" 611 BSLK 1048,9-19. 612 Ebd., 1044,13-22.

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Heshusen ist ehrlich genug, um nicht nur die Apologie anzugreifen; auch der FC selbst ist vorzuwerfen, dass sie in der zentralen Frage schwankt: „Also ist in der Formula Concordiae wol etwaß, daß vor die Ubiquität kann angezogen, wiederumb aber auch also verstanden werden, daß die Ubiquitet, welche wir aus wichtigen Gründen ausgesetzt haben, und noch aussetzen, dadurch nicht asserirt wird" (10.6.1584, mit Hoffmann und Sattler).613

Als eigenständiger Entwurf ist Heshusens Königschristologie eine Luthers Einsichten verfehlende Konstruktion. Seine Analyse der gebremsten Lutherrezeption der FC ist nicht nur sachlich im Recht, sie antizipierte gleichsam prophetisch die finale Auseinandersetzung, die vier Jahrzehnte später im Streit zwischen Gießen und Tübingen aufbrach.

5.5. Argumente auf der Basis der FC Dennoch wäre es verfehlt, die FC nur als schwachen Kompromisstext zu beurteilen. Dass die Personeinheit Christi als Communicatio, das Binnenverhältnis von Gottheit und Menschheit nicht als Setzung maximaler Abhängigkeit, sondern als Teilgabe und Teilnahme gefasst wurde, dass der Glaube auf Christus gerade in seiner verherrlichten, uns nahen Menschheit ausgerichtet wurde und die Übernahme des Kreuzestodes, so weit dies ohne Verletzung des zugleich religiösen und ontologischen Axioms der impassibilitas ging, Gott dem Sohn selbst zugeschrieben wurde, all dies war als Ertrag der Erkenntnisse Luthers bewusst geworden und zur Sprache gekommen. Die Ermäßigung der Gemeinsamkeit von Gott und Mensch für den Status der Erniedrigung, wodurch das Zugleich von Gottheit und Menschheit bezüglich der Weltpräsenz sistiert wurde, schien jedenfalls die gegenwärtige Gewissheit, es heute und stets nur mit dem untrennbar einen Gottmenschen zu tun zu haben, der als Person in beiden Naturen das Heil der Welt ist, nicht zu gefährden. Der Bann des Kausalitätsdenkens, das Christus nur als supranaturale Ursache eines erst in seinen Effekten wirklichen Heils begriff, war gebrochen. Christus selbst, nicht das Instrument des Heilswillens eines seine Dekrete exekutierenden Gottes, wurde geglaubt, bekannt und bedacht. Die christologische Reflexion der Konkordienlutheraner vollzog sich insofern nicht auf schwankendem Grund und keineswegs im Be613 C.G.H. Lentz, Die Concordienformel im Herzogthum Braunschweig, ZHTh 18 NF 12 (1848), 265-314, hier: 310.

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wusstsein, epigonale Verwalter eines widersprüchlichen Erbes zu sein. Während die isolierte Helmstedter Sonderlehre auf dem Weg von Heshusens gesteigertem Supranaturalismus zu Calixts NeoMelanchthonianismus verkümmerte, bemühten sich die konkordistischen Theologen, den schwäbisch-sächsischen Ausgleich zu verteidigen und vertiefen; freilich mit nur begrenztem Erfolg. Dies dokumentieren zwei nahezu zeitgleiche Texte. 5.5.1. Der Mittelweg: Johannes Matthaeus Als Programm des Mittelwegs firmiert Johannes Matthaeus (1526-1588) schon in der Praefatio seinen Tractatus de Unione personali v o n 1583.

Obwohl der Wittenberger Professor (seit 1580) in der vordersten Reihe der Streiter gegen den von Wolfgang Amling angeführten aggressiven anhaltinischen Semi-Calvinismus steht, sucht er nach einem Ausgleich zwischen den Extremen derer, die entweder „durch ihre nur verbale Kommunikation die Naturen so unterscheiden, dass sie Christus zerteilen" oder „durch ihre Vergottung die eine Person Christo so bekräftigen, dass sie die Naturen vermischen".614 Überzeugt vom gelungenen Ausgleich der Konkordienformel,615 führt er nicht nur die altkirchlichen „Väter", sondern auch die Scholasticos Doctores616 als Zeugen dafür an, dass „unsere Lehre von der Person Christi nicht neu ist".617 Dies gelte selbst für die Ubiquität der menschlichen Natur Christi, von der „die Scholastiker zurecht lehren, dass sie aus der persönlichen Einung nicht folge, insofern die Allenthalbenheit verstanden werde als Unendlichkeit, welche allein der göttlichen Natur zukommt". Die richtige Lehre von diesem Artikel werde dadurch jedoch nicht verneint, sondern vielmehr klargestellt „was wir wollen", nämlich dies: „Weil die Person des Sohnes Gottes, die von unendlicher Natur ist, keine trennbaren Teile hat und deshalb die menschliche Natur nicht (nur) zu einem Teil ihrer Person hin angenommen hat, kann niemand von der Person Christi zurecht behaupten, dass sie irgendwo sei, wo dennoch die angenommene menschliche Natur nicht gegenwärtig ist". 618

614 Tractatus de Unione personali, et communicatione Idiomatum..., Vitebergae 1583, A TTTTf • „Sunt, qui verbali sua communicatione naturas Christi ita distunguunt, ut Christum dividant. Sunt, qui Deificatione sua unam Christi personam ita affirmant, ut naturas confundant." 615 Ebd., A V: „[...] quemadmodum articulus ille controversus in Concordiae Formula [...] pie declaratus est, et conciliatus." 616 Ebd., A Vr. 617 Ebd.: „nostram doctrinam de persona Christi [non] esse novam". 618 Ebd., A VI: „Scholasticos ex unione personali nullam ubiquitatem humanae naturae Christi concludere: intelligunt autem ubiquitatis vocabulo nihil aliud nisi infinita-

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Wer dies bestritte, müsste die persönliche Einung überhaupt leugnen. Gerade den Vertretern der suppositalen Union sollte einleuchten, dass die Abhängigkeit der menschlichen Natur von der Person des Logos619 keine nur äußerliche Beziehung meint, denn „die zweite Person der Trinität hat nicht irgendeine Person eines Menschen, sondern die vollständige menschliche Natur in die Einheit ihrer Person ohne Vermischung oder Verwandlung angenommen und sich zu eigen gemacht". 620

Mit dem Aquinaten (STh III q.2 art.4) ist vom Inkarnierten deshalb als von einer „zusammengesetzten Person zu sprechen, insofern Eines in Zweien besteht". 621 Die Inkarnation hebt damit die vorgegebene Einheit der Person nicht auf, sie zerstört auch die wesenhaften Eigentümlichkeiten je beider Naturen, in denen die Person subsistiert, nicht.622 Wohl aber kommt - und dies besagt die Lehre von der communicatio realis (Cap. V) - der angenommenen Menschheit zu, nicht nur ,angeeignet' zu werden; vielmehr „besitzt sie im Logos selbst und gemeinsam mit ihm zu gemeinsamem Gebrauch (alles, was dem Logos eignet), weil sie bis zur Gottheit selbst durch die persönliche Einung erhöht wurde". 623 Hatte Chemnitz die Aneignung primär als funktionale Ausrüstung zum Organ des Logos verstanden, so denkt sie Matthaeus als erhöhende Ein-stellung der Menschheit in die Person. Der Angriff von Danäus geht deshalb ins Leere, „denn niemand lehrt und verteidigt jene reale Kommunikation, welche die Sakramentierer verneinen". 624 Der Streit lässt sich also entspannen. Infrage steht einzig, „ob das in die Einheit der Person des Wortes aufgenommene Fleisch, aufgrund der persönlichen Einung, alles Göttliche im annehmenden Wort wahrhaft besitzt und in Besitz und Gebrauch als gemeinsames hat, so, dass

tem, quae soli naturae divinae convenit [...]. hoc volumus, cum persona filii Dei, quae est naturae infinitae, partem extra partem non habeat, ideoque non ad partem aliquam suae personae assumserit humanam naturam, quod de persona Christi recte affirmare nemo possit, earn alicubi esse ubi tarnen assumta natura humana non sit praesens." 619 Ebd., 8 („quia habet dependentiam ad personam VERBI"). 620 Ebd., 9: „secunda Trinitatis persona, [...] non aliquam hominis personam, sed humanam naturam integram [...] in unitatem suae personae, sine confusione aut conversione assumsit, & sibi propriam fecit." 621 Ebd., 14: „Et sie dicitur persona composita, in quantum unum duobus consistit." 622 Ebd., 20 („unamquamque naturam retinere suas proprietates essentiales"). 623 Ebd., 39: „[...] in ipso λόγφ, [...] possideat, et commune cum VERBO habeat, ad communem usum, cum ad ipsam divinitatem usque, per unionem personalem exaltata sit." 624 Ebd., 40: „Nemo enim realem illam communicationen, quam Sacramentarii negant, docet ac defendit."

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die Gottheit des Wortes die Gottheit des angenommenen Fleisches und die Menschheit des Fleisches die Menschheit des annehmenden Wortes ist". 6 2 5

Sollte Matthaeus damit aussagen wollen, die Person sei die Größe, in der sich der Vollzug der gegenseitigen Anteilgabe und -habe ereignet, hätte er, ungeachtet der problematischen identitätsontologischen Primärstellung der Person, Einsichten der späteren Tübinger von der Person als terminus in quo vorweggenommen.626 Zumindest erreicht er als Konsequenz der Mitteilung der Person an die Menschheit die Kommunikation der Naturen in der Person.627 Das suppositale Dependenz-Modell ist damit auf Gemeinschaft hin umgeformt. Außerdem ist die Schwachstelle der primär zwischen den Naturen angesetzten Mitteilung, die den Vorwurf einer wesensverwandelnden ,infusio' auf sich zieht, hier vermieden. Wenn die Vermittlung „wegen der Person" 628 geschieht, dann „empfängt und besitzt die angenommene Natur die Allmacht des Logos nicht durch Einflößung, sondern der Mensch Christus ist allmächtig durch seine Allmacht, d. h. jene göttliche, die er im annehmenden W O R T besitzt". 6 2 9

Auf die Frage nach der Ubiquität bezogen, ergibt sich daraus: Aufgrund seiner bleibenden essentiellen Integrität ist (seit der Himmelfahrt) der Leib Christi (als verherrlichter) örtlich im Himmel,630 persönlich aber ist er überall.631 Deshalb gilt: „Gleich wie Gott allen Geschöpfen durch die Eigentümlichkeit seines Wesens gegenwärtig ist, so ist wegen der persönlichen Einung auch der ganze Christus, und zwar in eben dem Maße, mit seiner angenommenen Menschheit eben so wahrhaft und wirklich gegenwärtig wie die menschli-

625 Ebd., 41: „An assumta caro in unitatem personae VERBI, ratione personalis unionis, omnia divina in ipso VERBO assumente revera possideat, et possessione usuque communia habeat: ita ut VERBI divinitas sit assumtae carnis divinitas: et carnis humanitas, sit assumentis VERBI humanitas." 626 Acta Mentzeriana: hoc est Iusta et necessaria defensio contra primam partem ... defensionis Balthasars Mentzeri D. ..., Tubingae 1625,266. 627 De unione personali, 43: „[...] ex hac communicatione personae, communicatio sequatur naturarum in persona, ut natura naturam possideat et revera communem habeat". 628 Ebd., 45 („propter personam"). 629 Ebd., 46: „Attamen assumta natura accepit et possidet omnipotentiam τοΰ λόγου non per infusionem [...], sed [...] hominem Christum esse omnipotentem sua omnipotentia, h.e., divina illa, quam in VERBO assumente possidet." 630 Ebd., 51: „Corpus Christi esse in coelo localiter, intelligitur verum esse propter humani corporis modum." 631 Ebd. („personaliter ubique").

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che Natur wahrhaft und wirklich in die Einheit der Person des Logos aufgenommen ist".632 Gerade die unauflösliche Zugehörigkeit der Menschheit zur Person, in der sie subsistiert und von der sie im Dasein gehalten wird 6 3 3 erlaubt und fordert es, „vom Leibe Christi zu sagen, dass er, unbeschadet seiner Eigentümlichkeiten, persönlich überall ist". 634 Die gegenseitigen Prädikationen sind deshalb nicht bloß verbal, „es kann" vielmehr „wahrhaft gesagt werden: (sowohl) der Sohn Gottes ist gestorben, (wie auch) der Sohn des Menschen ist allmächtig, allgegenwärtig, allweise". 6 3 5 „Obwohl Christi göttliche Natur leidensunfähig ist, wird dennoch zurecht und gesamtchristlich gesagt, Gott hat gelitten, weil das Leiden Christi im Fleisch wahrhaft Gottes Leiden ist aufgrund der personalen Einung des Fleisches zur Person des Sohnes Gottes".636 Alle Einwände Amlings 637 erwachsen aus der Unterbestimmung der Einung als Aufnahme, denn „in die Einheit der Person aufnehmen ist nichts anderes als der angenommenen Natur seine Person und in ihr alles Göttliche mitzuteilen zu gemeinsamem Besitz, Gebrauch und gemeinsamer Wirkung".638 Dies geschah nicht erst durch die Auferstehung, 639 handelt es sich doch um die Konstitution der persona composita. „Die menschliche Natur wurde im höchsten Grade erhöht, als sie durch die persönliche Einung in die Einheit der Person des Logos aufgenommen wurde und hat ihre Majestät im Augenblick selbst der Einung empfangen und gehabt".640 „Im Stand der Erniedrigung hat sie dies aber nicht stets 632 Ebd., 52: „Quare, sicut Deus praesens omnibus creaturis, proprietate essentiae suae, sic etiam propter unionem personalem totus Christus adeoque sua assumta humanitate [...] tarn vere et realiter praesens est, quam vere et realiter humana natura in unitatem personae assumta est." 633 Ebd., 58 („cum nullibi nisi in ea subsistat, et ab ea sustenteretur"). 634 Ebd.: „et propterea recte dici de corpore Christi, quod salvis suis proprietatibus ubique sit personaliter". 635 Ebd., 60: „[·..] vere dici possit: filius Dei est mortuus: Item filius hominis est omnipotens, omnipraesens, omnisapiens." 636 Ebd., 84: „Quamvis autem divina natura Christi sit impassibilis, [...] tarnen recte et Catholice dicitur: Deum esse passum [...]. Quare passio Christi in carne, vere Dei passio est, propter personalem unionem carnis ad personam filii Dei." 637 Ebd., 96 („Theologi alicuius Servestani"). 638 Ebd., 103: „Assumere autem in unitatem personae, nihil aliud est, quam assumtae naturae suam personam et in ea omnia divina, [...] communicare ad communem possessionem, usum et effectum." 639 Ebd., 120. 640 Ebd.: „[...] humanam naturam altissimo gradu exaltatum esse, cum assumeretur unione personali in unitatem personae τοΰ λόγου et maiestatem suam in ipso momenta unionis accepisse et habuisse".

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erwiesen und gebraucht". 6 4 1 Damals „war der Gebrauch und die Offenbarung der Fülle der Gottheit auf Zeit gleichsam unterbrochen, so daß sie sich nicht sogleich und immer durch die angenommene Menschheit erzeigte". 6 4 2

Diese Einschränkung für den Irdischen behindert den Gegenwärtigen nicht mehr.643 Ein Jahr später (1584) verstärkt Matthaeus in seiner Responsio die u b i q u i t ä r e n A u s s a g e n in d e r Quaestio de Ubiquitate.644

W i e w e n i g er da-

bei die Weltgegenwart von Christi Menschheit infragestellt, dokumentiert der Umgang mit dem von Amling aufgefrischten Einwand, „dass nach dieser neuen Theologie die Majestät des Leibes Christi auch in jedem Gerstenkorn, in Heu, Kohlköpfen und allen Bierkannen wäre". 645 Matthaeus stellt unerschrocken fest, dass derselbe Einwurf von den Epikuräern gegen die Allgegenwart der Gottheit vorgebracht werde, die, wenn sie überall ist, auch an den unreinsten Orten wäre.646 So wenig es aber blasphemisch ist, von der göttlichen Natur des WORTES zu bekunden, dass sie in allen Geschöpfen ist, so wenig wird es blasphemisch sein, die Gegenwart des Leibes Christi im WORT zu bekennen 647 - und insofern auch in Gerste und Kohl. Indem Matthaeus die Vorgabe der suppositalen Union aus deren Fixierung auf das Verhältnis der Abhängigkeit der Menschheit Christi von der Person ablöst und als Erschließung von Gemeinsamkeit versteht, kommt er zu dem Schluss: „Hier setzt die Ubiquität der Örtlichkeit eine Grenze". 648 Die umstrittene Ubiquitas ist des ganzen Christus gemeinsame Gegenwart in allen Geschöpfen.

641 Ebd.: „[...] sed cum esset in statu exinanitionis [...] non semper exeruisse et usurpasse." 642 Ebd., 126f.: „usurpatio et manifestatio plenitudinis divinitatis, ad tempus dilata et quasi suspensa fuit, ita ut non statim et semper se per humanitatem assumtam exerere." 643 Ebd., 127: „Nunc vero [...] non amplius se continet, ac retrahit divinitatis plenitudo". 644 Responsio Johannis Matthaei Smalcaldensis, Theologiae Doctoris et Professoris publicis in Academia Vitebergensi: Qua Tractatum suum de unione personali..., adversus Wolfgangum Amlingum, Munerstadensem, Francum, Ecclesiae Servestanae ministrum defendit, Vitebergae 1584,179-239. 645 Ebd., 195: „[...] quod secundum novam hanc Theologiam Maiestas corporis Christi erit in quovis hordeo, foeno, brassica, et in omnibus cantharis cerevisiarijs etc.". 646 Ebd.: „[...] quod Epicurei mihi illud objiciunt: Si divinitas est ubique: Ergo et in locis impurissimis [...] erit." 647 Ebd., 195f.: „Si non est blasphemum de divina VERBI natura affirmare, quod sit in omnibus creaturis: quomodo blasphemum erit, profiteri corporis Christi praesentiam in VERBO". 648 Ebd., 229: „Hic ubiquitas localitati dedit terminum".

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5.5.2. Verformte Schwäbische Christologie: Aegidius Hunnius Die Vier Bücher von der Person Christi (1585) des seit 1576 in Marburg

lehrenden Württembergers Aegidius Hunnius (1550-1603) präsentieren das Fazit eines fast ein Jahrzehnt währenden Kampfes, den der Heerbrandschüler gegen die konkordienfeindliche Religionspolitik des Kasseler Landgrafen Wilhelms IV. für den „göttlichsten und heiligsten Artikel der christlichen Religion von der Person Christi" 649 geführt hatte. Das als didaktischer Diskurs zwischen fragenden Einwänden reformierter Provenienz und lutherischen Erwiderungen konzipierte Werk dokumentiert das Ausmaß der Verformungen schwäbischer Christologie in der Situation ihrer apologetischen Verteidigung. Dass sich Hunnius als Anwalt der Einsichten von Luther und Brenz verstand, ist unbestreitbar. Mit beiden besteht er auf der wesenhaften Weltgegenwart des Logos, der (immer schon) in allen Geschöpfen war;650 wie Brenz lässt er die gegenständlichen Bilder von Himmel und himmlischer Herrschaft hinter sich.651 Die Inkarnation ist ihm deshalb kein supranaturaler ,Einbruch', sondern die kontingente ,Aufnahme der menschlichen Natur in die untrennbare Einheit der Person dessen, der schon zuvor der Jungfrau Maria allergegenwärtigst war'.652 Und dennoch hat Hunnius, die spiritualistische Komponente von Brenz verstärkend, die ubiquitären Aussagen über Christi Menschheit nahezu revoziert. An der Intimität der persönlichen Einung hielt er allerdings ungebrochen fest. Die menschliche Natur wurde in die Gemeinschaft der Person des Wortes aufgenommen.653 Dieses „in λόγω" steht jedoch unvermittelt neben der natürlichen Bestimmtheit der menschlichen Natur, „örtlich am Ort" zu sein.654 Ihr Sein im Logos unterliegt keineswegs den Bedingungen dieser irdischen Welt,655 denn die 649 Libelli ΠΠ de Persona CHRISTI, ejusque ad dextram DEI sedentis divina Majestate. 1585. In: Tomus primus Operum latinorum D. Aegidii Hunnii, ed. H. Garthius, WITEBERGAE 1607, 135-312, hier: 135f.: „[...] divinissimum sanctissimumque Christianae religionis articulum de Persona Christi". 650 Ebd., 153: „[...] cum et ante incarnationem, essentialiter in Mundo, sicut et in caeteris creatis omnibus fuerit". 651 Ebd.: „et ubicunque λόγος est, ibidem coelum suum regnumque coeleste secum habeat". 652 Ebd.: „[...] hoc tantum ad illam ένσάρκωσιν opus ei fuit, ut qui ante et extra incarnationem praesentissimus erat Mariae virgini: nunc [...] Humanam ex ea naturam assumeret, sibique in Personae unitatem inseparabiliter copularet." 653 Ebd., 155 („in [...] communionem Personae Verbi, [...] assumta est"). 654 Ebd. („in loco est Christi assumpta Humanitas naturaliter et localiter"). 655 Ebd.: „Unio localis non est, seu locali, aut ullo alio physico ac terreno hujus seculi modo facta."

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Person des Wortes ist als solche gänzlich jedes Ortes enthoben, frei von Zeit, Ort und Raum.656 Wie bei Brenz, dessen Terminologie (terreno hujus seculi modo) rezipiert wird, steht der Aussage von der Weltgegenwart des Logos die Bekundung von dessen grundsätzlicher Weltfreiheit entgegen. Für Christi Menschheit wird gerade dieser zweite Gesichtspunkt dominant: „Weil Christi Fleisch nur in dieser Hypostase, an die keine Erstreckungen von Orten rühren, persönlich subsistiert, folgt mit unfehlbarer Notwendigkeit (in dieser Hinsicht), daß auch das Fleisch des Wortes ausser und über jedem Ort in der reinsten Gottheit und Hypostase des Wortes sein wird".657 Die Erhöhung der Menschheit zur Majestät der Gottheit kommt ungebrochen zur Sprache, doch gerade so wird ihr Weltbezug sistiert. Der Einwand, die Entgegensetzung des „in λόγω" zum „in loco" impliziere einen unvermittelten „Widerspruch, wird mit der Behauptung abgetan, es handle sich eben um „gänzlich verschiedene Weisen von der einen und selben Menschheit Christi zu sprechen". 658 Als Begründung dient der Hinweis, Christi Menschheit könne selbstredend „örtlich am Ort sein", ihr Sein im Logos aber könne von keinem Christen bestritten werden. 659 Hinsichtlich dieses entscheidenden Modus aber, da ja für die Hypostase des Logos ein Ort weder ist noch auch nur gedacht werden kann, folgt, dass von Christi Fleisch eine Erhöhung über und außer jedem Ort zu statuieren ist, und zwar mit Notwendigkeit. 660 Im Zuge dieser weltenthebenden Kommunikation wird dann im Vorübergehen die suppositale Abhängigkeit restringiert 661 und zugleich unter Hinweis auf den Unterschied der Stände eine instrumentale Beanspruchung der Menschheit für das Erlösungswerk und ihre Indienstnahme für das

656 Ebd. („Adde, quod ea ipsa Persona Verbi, [...] loco omni penitus exempta est"). 657 Ebd.: „Proinde, quia caro Christi non alibi, nisi in hac hypostasi, ad quam nulla locorum spacia pertingunt, personaliter subsistit: ex infallibili necessitate (hac ratione ac respectu) ipsa quoque Caro Verbi, extra et supra locum omnem erit in ipsa purißima Divinitate et hypostasi verbi." 658 Ebd., 156: „[...] de eadem quidem Humanitate Christi, sed secundum diversos respectus, totoque genere discrepantes modos dicuntur". 659 Ebd.: „Nam Humanitatem Christi in loco esse posse localiter, utrinque in confesso est. Quod autem etiam sit in λόγψ, ne hoc quidem a quoquam Christiano negari potest." 660 Ebd., 156: „Si vero in ipsa τοΰ λόγου est hypostasis, ubi locus nec est, nec cogitari potest: quid ni (respectu eo) iam supra et extra locum omnem Caro Christi evecta nessario statuitur". 661 Ebd. („nec tantum gestat earn, ac sustentat ne in nihilum redigatur").

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universale Weltregiment des Logos ausgesagt.662 Damit treten die kommunikative Einung von Menschheit und Logos, die für die Menschheit die Erhöhung zum weltenthobenen Logos eröffnet, und die instrumentale Beteiligung derselben Menschheit am Erlösungswerk des Irdischen wie am unbegrenzten Weltregiment auseinander. Die starke Gewichtung der Gemeinschaft der Naturen663 kann diesen Schaden nicht kompensieren, obwohl es Hunn an nichts fehlen lässt: „Der Logos ist durch wunderbaren Wechsel des Fleisches und Blutes teilhaftig geworden und eben dieser Logos hat sich selbst als Ganzen der angenommenen Menschheit mitgeteilt".664

Bemerkenswert ist auch die Klarheit, mit der Hunn den Vorwurf der Naturenvermischung abweist: „Weil jede Teilgabe zumindest zwischen Zweien geschieht, wird dasjenige, das sich mitteilt, gewiss ein anderes bleiben, ein anderes aber dasjenige, dem es sich mitteilt".665

Dieses Argument ist nicht nur apologetisch stark, es zeigt überdies, dass der Autor die Gemeinschaft von Gottheit und Menschheit als permanentes Geschehen zu denken vermag, das sich nicht in seinem Ergebnis auflöst. Dementsprechend kann Hunn die Brenzsche Rede von der Ausschüttung' (effusio) vom Missverständnis der Vermischung abheben, gebrauche doch die Schrift selbst diese Metapher, um damit die überströmende Verteilung der Gaben des Heiligen Geistes anzuzeigen.666 Bei genauerem Zusehen zeigen sich aber Brüche auch in der Bestimmung der communicatio. So klar Hunn bekundet, dass „die göttliche Natur des Wortes ihrem angenommenen Fleisch ihre göttlichen Eigentümlichkeiten mitteilt, also Allmacht, Allwissenheit, lebendigmachende Kraft und Allgegenwart",667 so unsicher reagiert er auf den Vorwurf der essentiell-physischen Mitteilung. Um den Verdacht einer 662 Ebd.: „Dei seil. Filius, Naturam humanam ita sibi uniens, ut exinanitionis quidem tempore per eam opus redemtionis mundi perficeret: Nunc vero per illam omnia in coelo et in terris agat et operetur." 663 Ebd., 157 („summus [...] gradus κοινωνίας"). 664 Ebd.: „Λόγος [...] partieeps admirando commercio factus est carnis et sanguinis, [...] idem hic λόγος seipsum TOTUM [...] assumptae Humanitate communicavit." 665 Ebd., 158: „[...] quia κοινωνία omnis ad minimum inter duo est, certe aliud manebit id, QUOD se communicat, aliud vero id, CUI se communicat." 666 Ebd., 163: „[...] μεταφορικώς abundantem et exuberantem, sive opulentam distributionem donorum Sp.s." 667 Ebd., 161: „[...] divina Natura Verbi, per unionem hypostaticam, assumptae suae Carni [...] conferat: nempe, quod ei suas divinas proprietates communicet: omnipotentia, omniscientia, vivifleantem virtutem, omnipraesentiam".

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entleerenden Minderung des mitteilenden Logos abzuwehren, sagt er nun, die communicatio idiomatum sei personalis'; dies besage aber, daß der Logos seine Eigentümlichkeiten innerhalb seiner Hypostase festhalte, aber die menschliche Natur in die Einheit und Gemeinschaft seiner Hypostase aufnehme.668 Damit nehme er sie zugleich auch in die reale Gemeinschaft der Eigentümlichkeiten dieser seiner Hypostase auf und erhöhe sie.669 Die menschliche Natur empfängt nicht von der Gottheit her, sie wird zur Teilhabe an der ihre Propria festhaltenden Hypostase des Logos erhöht. Die Bewegungsrichtung der Kommunikation kehrt sich unter dem Druck der mit der göttlichen Unveränderlichkeit argumentierenden Kontrahenten um. Was bei Matthaeus als optimale Fassung einer von der Prävalenz der Hypostase herkommenden Konstruktion zu taxieren war, erweist sich bei Hunn als Schwächung des von der Kommunikation der Naturen ausgehenden ,Tübinger' Modells. Schwach ist auch der Umgang mit dem Axiom der Unvermittelbarkeit670 von Finitum und Infinitum: Hunn zieht sich schlicht auf die Zitation von Kol 2,9 zurück. Hingegen bieten die mit dem Stand der Erniedrigung verknüpften Probleme Hunn die Gelegenheit, seine Kompetenz im Umgang mit Einwänden zu erweisen, deren einer besagt: Wenn von Christus hinsichtlich seiner Menschheit gilt, dass „er an einem (einzigen) Ort geboren wurde und (nur) an einem Ort litt",671 er also „damals nach dem Fleisch nicht überall war, ohne dass die Unio aufgelöst war, dann wäre sie auch jetzt nicht aufgelöst, wenn dem Fleisch die Allgegenwart nicht zugeschrieben würde".672

Diesen Angriff auf die Gewissheit der gegenwärtigen Christuspräsenz wehrt Hunn vermittels einer grundsätzlichen Unterscheidung ab: „Christi menschliche Natur war gleichsam in zwei ,Dingen', am Ort und im Logos",673 „am Ort natürlich, örtlich und nach der Bedingung

668 Ebd., 163: „Communicatio Idiomatum [...] personalis est, qua λόγος sua idiomata quidem, intra suam hypostasin retinet [!]: assumendo autem Naturam humanam in unitatem et κοινωνίαυ suae Αποστάσεως". 669 Ebd.: „simul eandem in κοινωνίαν realem idiomatum quoque suae illus Αποστάσεως assumit ac evehit." 670 Ebd., 165 („nulla proportio"). 671 Ebd., 177 („uno in loco natus, uno loco passus"). 672 Ebd., 177f.: „[...] si tum non fuit soluta Unio, tametsi Christus juxta carnem ubique non esset: ne nunc quidem solvetur, etiamsi omnipraesentia illi non adscribatur." 673 Ebd., 178: „humana Christi Natura quasi in duobus fuit rebus, nempe in loco et in λόγφ."

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dieser Welt, im Logos aber nicht natürlich, sondern übernatürlich, nicht örtlich".674 Die Realität der ersten Bestimmtheit erlaubt keine Abstriche: „Dass er an einem Ort geboren wurde, litt, gekreuzigt wurde, von Ort zu Ort ging, dies alles muss auf den Modus bezogen werden, den er, durch die Eigenart der Natur bedingt, mit den übrigen Menschen gemeinsam hatte, wo er wahrhaftigst nur an einem Ort geboren wurde und litt, wahrhaftig und nicht scheinbar von Ort zu Ort ging". 675

Anders als Brenz deutet Hunn diese ,Localitas' der Menschheit nicht als Folge der Erniedrigung, sondern als Mitgesetztes der Inkarnation; er ist jedoch nicht imstande, das geschickhaft Notwendige dieser Situiertheit zu durchstoßen, denn er gibt den entscheidenden Gedanken von Brenz preis, dass es für die ursprünglich erhöhte Menschheit ein Akt der Freiheit war, die natürliche Ortsgebundenheit anzunehmen. Statt dessen verweist Hunn auf den nicht „zugleich", sondern als zusätzlich (interim) geltenden anderen Modus der Existenz der Menschheit, die „ausserhalb jeden Betrachtes eines Ortes unaussagbar dem Logos geeint bleibt".676 Darauf richtet sich der Blick exklusiv: „So dass der Logos nirgendwo von ihr abgesondert ist, sondern jene innerhalb seiner selbst, d. h., innerhalb seiner Hypostase, wie der Damaszener sagt, abstandslos und ohne irgendwelche Abstände von Orten gegenwärtiger hat als sonst ein Geschöpf im Himmel und auf Erden". 677

Der Logos ist mit seiner göttlichen Hypostase nirgendwo außerhalb der Menschheit Christi.678 Doch das damit verneinte ,Irgendwo' wird primär überhaupt nicht bedacht. Die Abweisung des Extra für den Logos geschieht vielmehr so, dass ein Extra der Menschheit als ausgeschlossen gilt, weil diese, neben ihrer essentiellen räumlichen Bedingtheit, als geeinte ganz im Logos ist. Bezogen auf diesen Betracht (respectus) ist Christi Menschheit im räum- und ortsenthobenen Logos, der sie, schon im Stande der Erniedrigung, stets und abstandslos bei sich hat. Für die Weltgegenwart der Menschheit Christi ist aber durch diese extreme Fassung der praesentia intima nichts gewonnen. Christi Gottheit ist

674 Ebd.: „In loco quidem naturaliter, localiter et iuxta conditionem huius seculi. In λόγω autem non naturaliter, sed supranaturaliter, non localiter." 675 Ebd.: „quod in uno loco natus, passus, crucifixus, de loco in locum progressus [...]: id omne de eo modo accipi debet, quem ex proprietate naturae ortum cum caeteris hominibus communem obtinebat, ubi verißime in uno tantum loco natus et passus, vere et non simulate de loco in locum progressus est." 676 Ebd.: „Interim tarnen iuxta alterum existentiae modum τω λόγω extra loci rationem omnem ineffabiliter unita mansit Humanitas." 677 Ebd.: „ita ut λόγος nullibi ab ea esset seiunctus, sed illam intra semetipsum, id est, intra suam hypostasin, ut Damascenus loquitur, άδιαστάτως, ac sine ullis locorum διαστήμασι praesentiorem habet, quam ullam creaturam aliam in coelo et in terris." 678 Ebd. („sua divina hypostasi extra earn non sit uspiam").

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überall, allerdings in ihrer wesenhaften Weltenthobenheit. Deshalb folgt daraus keineswegs, dass mit der göttlichen Natur auch Christi Menschheit auf illokale Weise allen Orten gegenwärtig ist. Die göttliche Hypostase hat die angenommene Natur stets und abstandslos bei sich, aber ist damit auch, vermittelt durch die innere Nähe der Menschheit zum Logos, ihre Weltpräsenz aussagbar geworden? Hunnius stellt sich der scharf formulierten Frage: „Urteilst du also, dass Christi Fleisch zusammen mit dem Logos, auch als im Schoß der Mutter, am Kreuz, im Grab existierendes, überall gewesen sei, da du ja behauptest, der Logos sei nirgendwo ausserhalb des Fleisches?679 Die Antwort bestätigt die schon notierten Vermutungen: „Hinsichtlich des Standes der Entäusserung" 6 8 0 ist zu sagen: „Der Logos hatte freilich damals die angenommene Natur auf verborgene und verschwiegene Weise sich geeintest außerhalb eines Ortes gegenwärtig, aber er hatte sie nicht den übrigen Geschöpfen in der Welt gegenwärtig (zu deren Lenkung damals die menschliche Natur noch nicht beansprucht wurde), vielmehr hatte er sie außerhalb aller Geschöpfe innerhalb des inneren Bestandes seiner vollkommensten Person sich gegenwärtig verbunden". 681 „Weil es aber jetzt anders um diese Majestät steht, als es im Stand der Erniedrigung war", 682 „hat der Logos nunmehr im Stand der Herrlichkeit die menschliche Natur nicht nur sich persönlich gegenwärtig, sondern stellt dieselbe auch den Geschöpfen hinsichtlich der Lenkung als gegenwärtige hin, insofern der Logos durch die erhöhte Menschheit alles im Himmel und auf Erden lenkt und verwaltet".683 Die Frage, ob Christi Fleisch in Krippe und Kreuz zugleich überall war, erfährt also einen negativen Bescheid: „Du siehst daher, wie der Logos im Stand der Entäusserung sein Fleisch ohne jeden Bezug zu Orten oder anderen Geschöpfen sich als gegenwärtigstes hatte, so dass es nirgendwo von ihm durch örtliche Zwischenräume

679 Ebd., 181: „Ergo censes, Carnem Christi una cum λόγω etiam in utero matris, in cruce, in sepulchro existentem, ubique fuisse, cum λόγος nullibi extra earn esse contendas?" 680 Ebd. („respectu status exinanitionis"). 681 Ebd., 181: „Siquidem λόγος tum quidem SIBI Naturam assumptam arcano quodam tacitoque modo unitißime praesentem extra locum habuit, sed non habuit eam caeteris in orbe creaturis praesentem (quibus gubernandis tum humana natura nondum adhibebatur) sed extra creaturas omnes intra perfectißimae Personae suae complexum intimum praesentißime iunctam SIBI habuit." 682 Ebd.: „Alia enim nunc est eius Majestatis ratio, quam fuit in statu humiliationis." 683 Ebd.: „Iam autem in statu gloriae λόγος non sibi tantum illam habet praesentem personaliter: sed eandem quoque creaturis ratione gubernationis praesentem sistit, quatenus λόγος per exaltatam Humanitatem omnia gubernat et administrat in coelo et in terra."

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abständig und abwesend war, obwohl dieses örtlich nur an einem Ort zugleich und einmal sich aufhielt".684

Der Irdische unterlag also einer doppelten,Örtlichkeit'. „Nach der Majestät der Einung war Christi Menschheit dem Logos, wo immer dieser war, gegenwärtigst. Jenes andere aber, nämlich im Schoß der Mutter, am Kreuz, im Grab zu sein, kam Christus nach der Natur zu, nicht nach jener Majestät, kraft deren wir das Fleisch Christi weder am Kreuze noch im Grab, sondern in der Gottheit selbst mit dem Auge des Glaubens erschauen".685

Der Blick des Glaubens geht an Schoß und Kreuz vorbei direkt auf die in den Logos aufgehobene Menschheit. Das (anders gemeinte) Zugeständnis Hunns - Abstrusa haec esse (ebd.) - verkehrt das luthersche ,Wo Gott, dort auch der Mensch' in ein Binnenverhältnis des Logos und seiner Menschheit. Die seit Maulbronn (1564) datierbare Bereitschaft der Württemberger, den Einwänden gegen die Omnipräsenz der erniedrigten Menschheit Christi durch rationale Distinktionen (Besitz, Gebrauch etc.) nachzugeben, hat sich bei Hunn mit dem bei Brenz selbst noch inkarnatorisch-dialektisch begrenzten Spiritualismus des Stuttgarter Propstes zu einer abwegigen Konstruktion verbunden: „insofern die menschliche Natur im Logos betrachtet wird, ist sie in dieser Hinsicht so sehr jedem Ort enthoben, als wenn schlechthin kein Ort wäre".686

Die Spekulation scheut nicht einmal vor der Annahme einer hypothetisch „vor der Schöpfung der Welt" stattfindenden „hypostatischen Einung der beiden Naturen" zurück „ehe überhaupt ein Ort war".687 Die Saat des Zeit und Raum nichtenden Brenzschen Akosmismus ist bei Hunn voll aufgegangen:

684 Ebd.: „Vides igitur, quomodo λόγος Carnem suam in statu exinanitionis sine ulla respectu aut consideratione locorum aliarumve creaturarum SIBI praesentißimam habuerit, ut nullibi ab ea per locorum intervalla distaret et abesset, quantumvis illa localiter in uno duntaxat loco simul et semel consisteret." 685 Ebd.: „Ita secundum Majestatem erat τω λόγω, ubi ubi is erat praesentißima [...]. Alterum vero illud, nempe in utero matris esse, in cruce et sepulchro esse, Christo conveniebat καχά φύσιν, non secundum Majestatem illam, gratia cujus nec in cruce, nec in sepulchro, sed in ipsa Deitate Carnem Christi fidei oculo aspicimus." 686 Ebd., 182: „Quatenus [...] consideratur humana natura in λόγω tarn exempta est omni loco, quam si locus prorsus nullus sit". 687 Ebd., 181: „Si unio duarum Naturarum hypostatica esset facta ante mundi creationem, priusquam locus ullus esset".

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„Denn wie für die Hypostase des Sohnes alle Zeiten wie ein unteilbares Jetzt sind (Ps 90), so können alle Orte, die ansonsten in der Welt von einander getrenntest sind, kaum als ein Punkt bezeichnet werden". 688

Nach diesen spiritualistischen Exzessen versucht Hunn (vergebens) doch noch gegenzusteuern. Auf den Einwand: „Wenn du so jeden örtlichen Bezug von der Betrachtung der Allgegenwart Christi ausschließet, wie läßt sich dann sagen, daß er an vielen, ja allen Orten anwesend ist",689

gibt er die schiefe Antwort: „Auch von Gott wird gesagt, dass er an allen Orten gegenwärtig ist, und dennoch ist er dies nicht mit örtlicher, sondern mit unörtlicher Gegenwart, insofern er ausserhalb von Zeit und Raum bei allen Dingen als gegenwärtigster anwesend ist".690

Als ob die Selbstverständlichkeit, dass Gottes Gegenwart nicht den Bedingungen des Geschöpfes unterliegt, dem er gegenwärtig ist, der Nähe des Anwesenden am und im Ort irgendeinen Abbruch täte. Weil Hunn die Alternative des ,in loco'- und ,in λόγω-Seins' installiert hat, kann er für Christi Menschheit als in der Person des Wortes Gottes subsistierende nur noch ein Dasein an allen Orten behaupten, das als ,unörtlich' dem Modus nach nur dann zutreffend bezeichnet wäre, wenn damit die Anwesenheit benannt würde; 691 doch dies ist aufgrund der weltlosen Fassung von illocalis - „ausserhalb von Zeit und Ort" - nicht der Fall. Die Gegenwart in Schoß, Kreuz und Grab wird exklusiv der natürlichen Bedingtheit zugewiesen. Die Menschheit ist als solche, unbestimmt von der mitgeteilten Majestät, nur am Ort. Außerdem aber ist sie im Logos. Dieses additive ,Zugleich' hat mit dem dialektischen ,Zugleich' von Brenz nichts gemeinsam. Allenfalls ließe sich sagen, dass der Menschheit auf dem Umweg über ihre Unterbringung in der Person des Logos eine indirekte Weltgegenwart zugewiesen wird, die allerdings infolge des spiritualistischen Verständnisses schon der Weltpräsenz der Gottheit kein reales Insein in allen Geschöpfen eröffnet. Diese Vermutung bestätigen die Aussagen über den Stand der Erhöhung. Hunn billigt auch der Menschheit des Erhöhten kein universa688 Ebd., 182: „Ut enim apud hypostasin Filii omnia tempora sunt ut quoddam άτομου nunc, Ps90. Sic [...] OMNIA loca, alias in mundo ab invicem disiunctißma, vix PUNCTUM appellari possunt". 689 Ebd., 183: „Si loci respectum omnem ita removes a consideratione omnipraesentiae Christ, quomodo igitur in multis vel omnibus dicitur adesse locis?" 690 Ebd.: „[...] et Deus dicitur esse in omnibus LOCIS praesens, et tarnen non locali, sed ILLOCALI praesentia, quatenus extra tempus et locum rebus omnibus adest praesentissimus." 691 Ebd.: „Sic et Christi Humanitas INTRA DEI Verbi Personam subsistens, omnibus in LOCIS adesse dicitur, et tarnen ILLOCALI modo."

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les Dasein bei den Kreaturen zu. Sie wird nur hinsichtlich des Weltregiments des Logos von diesem als gegenwärtig Eingestellt' und dient, anders als der Irdische, als Instrument zur Weltverwaltung. So nimmt es nicht wunder, wenn Hunn auch bei anderen heiklen Punkten einknickt. Die Himmelfahrt wird „einfach nach dem Buchstaben als Historie"692 aufgefasst. Himmel und Hölle gelten als räumlich getrennte Orte.693 Nur die „spekulativen" Ausmalungen des Himmelsortes gelten als ,Altweiberunfug'.694 Auch die Chemnitzsche Limitation der mit der Erhöhung zur Rechten Gottes eröffneten Herrschaft auf die Kirche wird nicht akzeptiert.695 Aus der Teilhabe der Menschheit am Weltregiment der Gottheit wird schließlich sogar gefolgert, dass von ihr auch die Orte nicht ausgeschlossen werden dürfen, von denen Christus der Mensch nicht umschlossen wird, die er vielmehr alle umfasst.696 Selbst die Abendmahlspräsenz wird mit dem Luther von 1527 und Brenz der Allgegenwart als deren prius zugeordnet.697 Doch all diese Korrekturen holen die verlorene Einheit von intimer Nähe der Menschheit Christi zur Gottheit des Sohnes und ihrer empfangenen Gegenwärtigkeit bei und in allen Kreaturen nicht ein. Den hymnischen Worten auf die Erhebung der Menschheit in das Innerste des WORTES698 folgt keine vergleichbare Rühmung ihres Daseins bei den Geschöpfen.

692 Ebd., 189 („Iuxta literam plane, ut historia"). 693 Ebd. („coelum id ab inferno vere et secundum loca distinctum esse scimus"). 694 Ebd.: „Interim vero aniles nugas Calvinistarum, Bullingeri aliorumque philosophicas speculationes approbare nec volumus nec possumus, ubi sit coelum illud et quomodo comparatum". 695 Ebd., 197: „[...] hanc seßionem ad dextram Dei non Ecclesiae terminis includi, sed ad ambitum totius universi se extendere." 696 Ebd., 201f.: „ita omnia subiecta, [...] ut nihil quicquam, [...] exemptum sit: cur, obsecro, loca exciperemus, quae simul omnia [...] Christus Homo sibi subiecta habet, adeo, ut ipse non sit [...] subiectus, comprehensus aut contentus locis, sed potius sit CONTTINENS locorum omnium." 697 Ebd., 202: „necesse est, ut personaliter seu iuxta modum dextrae Dei prius adsit, antequam sacramentaliter in cibum et potum se nobis communicet." 698 Ebd., 259f.

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6. Auf dem Weg zur konsequenten Lehrgestalt 6.1. Polykarp Leysers Katechismus (1599) Ungeachtet der Irritationen, die von der theologischen Reflexion ausgingen, verstummte die Bezeugung der mit der Inkarnation eröffneten neuen Bestimmung Gottes und des Menschen nicht. Polykarp Leysers (1552-1610) Katechismusauslegung (1599) sagt mit einfachen Worten beides aus, die Teilnahme Gottes an Leiden und Tod und die Teilgabe von Allmacht und Allgegenwart an Christi Menschheit: „Gott der allweise / der hat in dieser Persönlichen Vereinigung der beyden Naturen einen Weg gefunden / beydes wie Gott in seinem angenommenen Fleisch Leyde und Sterbe / und wie die Menschheit in der Person / von deren sie angenommen ist / alles allmächtig und allgegenwertig regiere: welche weiß Er auch behelt/ wann schon kein lebendiger Mensch solches glauben will". 699

6.2. Die Vorbereitung der Klimax Doch auch die akademische Theologie war fähig, die Schwierigkeiten, in denen sich Hunnius verfing, zu durchstoßen. Dies lässt sich exemplarisch an den beiden Wittenbergern Salomo Gessner (1559-1605) und Leonhard Hutter (1563-1616) aufzeigen. 6.2.1. Salomo Gessner Der als Denker stärkere Gessner nahm sich in seiner christologischen Confessio (1595) in subtiler Kritik des von Chemnitz in die Konkordienformel eingeschobenen sogenannten ersten Genus der communicatio idiomatum an, das nur eine Beschreibung der Zuordnung der zwei Naturen zur Person, aber keine Mitteilung zwischen den beiden zur Sprache bringt. Diesen Mangel deckt Gessner auf; er stellt klar, dass eine „Mitteilung" nur dort statt hat, „wo eines sich einem anderen mitteilt". 700 Weil aber die Person Christi die beiden Naturen ist, „in denen

699 Nach J.U. Pregitzer, Assertio sanae et orthodoxae doctrinae de Filio hominis gloria & honore coronato ..., Tubingae 1625,144f. 700 Nach T. Thumm, Ταπεινωσιγραφία Sacra ..., Tubingae 1623, 868: „[...] cum communicatio sit, quando unum se alteri communicat."

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sie subsistiert und aus denen sie besteht",701 ist evident, „dass eine Mitteilung einer Natur an die Person" besagen würde: „ein Selbiges teilt sich sich selbst mit". 702 Eine derartige „Mitteilung" wäre ein „leerer Titel". 703 Dennoch ist eine hermeneutische Sanierung des ersten Genus möglich, und zwar so, dass zum einen gesagt wird: „Die menschliche Natur teilt (sich) jener Person mit, die Sohn Gottes ist".704 Das der Menschheit zukommende Leiden und Sterben ist deshalb auch vom Sohn Gottes auszusagen: „Der Sohn Gottes stirbt, leidet". 705 Zum anderen ist mit dem ersten Genus zu sagen: „Die göttliche Natur teilt (sich) der Person mit, die der Sohn Marias ist".706 Also: „auch der Sohn Gottes wird unser Knecht genannt" und zugleich: „der Sohn der Jungfrau erhält Himmel und Erde". 707 „Dieselbe Person heisst Sohn und gleich Gott in der menschlichen Natur, nicht an sich oder getrennt für sich, sondern in jener Verbindung, von der alles ausgesagt wird: was von der göttlichen Natur gesagt werden kann, wird verbunden (in concreto) auch von der anderen gesagt". 708

Eben dies gilt auch bezüglich der menschlichen Natur, handelt es sich doch um eine „gegenseitige Wechselgabe". 709 Anders als in der melanchthonschen Vorgabe, die Chemnitz übernahm, ist das so gedeutete erste Genus keine analytische Beschreibung dessen, was von den Naturen der Person additiv zukommt - unter dem Aspekt des terminus a quo, sondern vielmehr Ausdruck der synthetischen ,Konkretion', welche von der Person, bezogen auf je eine Natur als jeweils von der Mitteilung der anderen bestimmt, spricht. Melanchthonisch gilt: Der Sohn Marias ist allgegenwärtig nach der göttlichen Natur (analytisch). Gessner aber meint: Der Sohn Marias ist allgegenwärtig, weil er in der Person des Gottmenschen die göttliche Allgegenwart empfängt (synthetisch), also Mensch nur so ist, dass er als essentiell endlicher die kommunikative Bestimmung der Allgegenwart empfängt, weil die Natur in der Person hinsichtlich ihres terminus 701 Ebd.: „persona subjecto idem est, quod duae naturae, in quibus persona subsistit, et ex quibus constat". 702 Ebd.: „proinde si natura communicat personae, idem sibi ipsi communicabit." 703 Ebd. („inanis solummodo titulus"). 704 Ebd., 869 („Humana natura communicat illi personae, quae est filius Dei"). 705 Ebd. („filius Dei moritur, patitur"). 706 Ebd. („et divina natura ei [personae], quae est filius Mariae"). 707 Ebd. („ideo filius Dei dicitur servus noster"; „filius virginis conservat coelum et terrain"). 708 Ebd.: „[...] eadem persona vocatur filius et aequalis Deo in humana natura, non per se, vel seorsim, sed in illa concretione, de qua dicuntur omnia: quae possunt dici de divina natura, dicuntur in concreto et de altera." 709 Ebd., 870 („esse mutuam άντίδοσιυ").

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ad quem synthetisiert wird, ohne deshalb ihrer selbst qua terminus a quo verlustig zu gehen. Letzteres aber unterstellt die missverstehende Kritik, mit der „einige zuunrecht schmähen, als ob die Eigentümlichkeit der einen Natur verbunden (in concreto) zur Eigentümlichkeit der anderen Natur werde". 710 Der unverständige Widerspruch hat nicht erfasst, „dass die Eigentümlichkeit einer Natur in Wahrheit der anderen mitgeteilt wird aufgrund der Verbindung oder persönlichen Einung". 711 Angesichts dieser Klärung im Grundsätzlichen ist unschwer zu vermuten, dass sich Gessner bei der Frage nach der Allgegenwart auf die apologetische Figur einer bloß inneren Präsenz von Logos und Menschheit nicht einlässt. In seinen Disputationen über die Konkordienformel (1595) heißt es denn auch: „nun ist zu zeigen, dass die Allgegenwart dem Fleisch Christi in der persönlichen Einung vom Logos wahrhaft und wirklich mitgeteilt ist, so, dass der ganze Christus und das Ganze Christi, d. h. Christus nach beiden Naturen, der göttlichen und der menschlichen, überall im Himmel und auf Erden zugegen ist". 712

Eine Beschränkung auf die „eingeschränkte Ubiquität" 713 bei der Kirche ist weder durch Mt 18,20 zu begründen noch religiös-praktisch erträglich, denn sowohl angesichts der von allen Seiten die Christen bedrängenden Anfechtungen, wie auch aufgrund unserer Bedürftigkeit im Blick „auf dieses zeitliche Leben" (Th. 33) ist zu bekennen, dass der ganze Christus „überhaupt alles, was über, unter, vor, hinter, rechts, links von uns ist, in der Hand hat". 714 Der gegenständlichen Bestimmtheit menschlichen Lebens korrespondiert die auf die Vielzahl örtlicher Präsenz bezogene Nähe Christi. Jeder Verflüchtigung wird jedoch schon zuvor die Gegenwart Gottes in Christus entnommen:

710 Ebd.: „quidam falso caluinniantur, quasi unius naturae proprietas in concreto fiat proprium alterius naturae". 711 Ebd.: „quod proprietas unius naturae revera alteri naturae communicetur, propter concretionem seu unionem personalem." 712 Disputationes 17 de sacrosancto Libro Concordiae, Wittebergae 1595, 13. Disp., Th. 18: „[...] ostendendum nunc est, earn [Dei omnipraesentiam] carni Christi in unione personali a λόγω vere et realiter esse communicatam, ita, ut totus Christus, et totum Christi, hoc est, Christus secundum utramque naturam, divinam et humanam, ubique in Coelo et in terra praesto sit". 713 Ebd., Th. 31 („restrictam [...] Ubiquitatem"). 714 Ebd., Th. 34: „[...] omnia denique quae supra, infra, ante, pone, ad levam, ad dextram nobis sunt, in manu habeat."

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„Dasjenige, in dem die ganze Fülle dessen, der überall ist, leibhaftig einwohnt, muss überall sein. Aber der ganze Logos, der überall ist, wohnt im angenommenen Fleisch ein. Also ist das angenommene Fleisch überall".715

Weit ab von der Diastase zwischen einem ,sein im Logos' und ,am Ort', fügt Gessner beides zusammen: „Christi menschliche Natur ist im ganzen Logos und nicht (nur) in einem Teil des Logos, der aber ist überall. Also ist auch das Fleisch überall".716 Um einzuschärfen, dass es nicht angeht, der Menschheit Christi nur eine indirekte Gegenwart am Ort aufgrund ihrer Aufnahme und Erhöhung in die essentiell gegenwärtige Gottheit zuzubilligen, schärft These 46 ein: „Wenn aber an irgend einem Ort der Logos ist, wo das Fleisch nicht ist, dann tritt notwendig zwischen den beiden, dem Logos und seinem eigenen Fleisch, eine Trennung ein".717

Gessner setzt der spiritualistisch motivierten, apologetisch scheinbar entlastenden Theorie der praesentia intima, die Christi erhöhte Menschheit in die Weltlosigkeit entrückt, die Aussage entgegen, dass „das überall geeinte Fleisch auch überall ist".718 Der Verdacht, der scharfe Syllogistiker sei zur Wahrnehmung der Entäußerung unfähig gewesen, wird durch Gessners geniale, auf ,die Tübinger' vorausweisende Auslegung von Phil 2 widerlegt. Worauf verzichtete, wessen entäußerte sich der Erniedrigte? Die Antwort des Textes ist eindeutig: „Er beraubte nicht uns seiner Handlung und der Gestalt der göttlichen Majestät, auch nicht die übrigen Geschöpfe in der Welt". Unvermindert galt, was Christus „selbst Joh 5 sagt: [...] Und Ich wirke. Auch in der tiefsten Erniedrigung [...] beweist er die Allmacht [...], wenn er im Tode selbst die Erde erschüttert".719

Die Entäußerung hebt das universale Weltverhältnis Christi auch nach seiner Menschheit nicht auf. Sie verändert vielmehr seinen Umgang mit der mitgeteilten Majestät.

715 Ebd., Th. 48: „[...] in quocunque tota plenitudo eius, qui ubique est, corporaliter inhabitat, id ubique sit oportet. Sed totus λόγος, qui utique est, inhabitat in assumpta carne. Ergo assumta caro ubique est." 716 Ebd., Th. 47: „[...] humana Christi natura est in toto λόγω, et non in parte aliqua λόγου, qui λόγος est ubique. Ergo Caro quoque est ubique." 717 Ebd., Th. 46: „Quod si vero ullo in loco est λόγος, ubi non sit caro, necesse est διάστασιν inter λόγον et carnem ipsius propriam intercedere". 718 Ebd., Th. 50 („ubique est unita, ubique etiam erit"). 719 Orthodoxa Confessio de Persona et officio Christi, Wittebergae 1595, 251: „Non spoliavit Nos sua operatione, et forma divinae Maiestatis, non reliquas in mundo creaturas. Quia dicit ipsa Joh. 5, [...] et Ego operor. Et in profundissima Humiliatione Christus [...] omnipotentiam probat [...], cum in ipsa morte terram concutit".

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„Er hat sich selbst ,entledigt', indem er seine göttliche Allmacht für sich und seine Verteidigung gegen seine Feinde und uns nicht im mindesten beanspruchte, sondern zurückhielt und hemmte und so für sich selbst die Kraft und Wirksamkeit seiner Majestät hinsichtlich der Geschöpfe preisgab". 720

Der Stand der Erniedrigung ist nicht die der gegenwärtigen Weltherrschaft und Allgegenwart vorausgehende Phase, in der Christus im Extrem auf die Bedingungen der Endlichkeit reduziert war. Erniedrigt hat sich der Allmächtige und als Gott und Mensch Allgegenwärtige, indem er seine Majestät für sich preisgab, sich selbst hingab, aber gerade damit seine Gegenwart bei allen und sein Wirken für alle Geschöpfe nicht aufgab. 6.2.2. Leonhard Hutter Weniger eindeutig scheinen die Dinge bei Hutter zu liegen, der die ,intima-Lehre' seines Landsmanns Hunnius offenkundig auch vertrat, und zwar einschließlich der Unterscheidung zwischen dem Sein des Fleisches Christi am Ort und im Logos. Auch ihn bewegt die Sorge, das Da-sein Christi an je konkreten Orten nicht zu verflüchtigen und dennoch die Erhöhung in die Hypostase des Logos auszusagen. Auf die Frage, „ob Christi Fleisch im Schoß der Mutter wahrhaft eingeschlossen war, bevor es ans Licht trat"?721 antwortet er bejahend und zugleich präzisierend722: „dieser Modus der Existenz kam dem Fleisch Christi nicht aus der Einung mit dem Logos zu, sondern aus der Bedingung und Eigentümlichkeit der menschlichen Natur, der entsprechend es örtlich im Schoß der Mutter eingeschlossen sein und an einem Ort geboren werden konnte". 723

Wie bei Hunn wird von dieser lokalen Örtlichkeit die metaphorische der persönlichen Einung abgehoben: „Wenn aber gefragt wird, wohin die angenommene Menschheit durch die Einung mit dem Logos gelangt ist und wo sie ihr hypostatisches Bestehen vom ersten Augenblick der Empfängnis an hatte und auch heute noch hat? dann müssen wir notwendigerweise bekennen, dass der Logos die

720 Ebd.: „Seipsum evacuavit, divina sua omnipotentia, pro se suaque defensione contra suos hostes et contra nos minime utendo, sed eam retrahendo et inhibendo, seque ipsum suae Maiestatis virtute et efficacia respectu creaturarum destituendo." 721 Libri Christianae Concordiae... Explicatio plana et perspicua ..., Vitebergae 1608, 891: „An caro Christi utero matris vere fuerit inclusa, priusquam in lucem ederetur?" 722 Ebd. („Respondemus simpliciter affirmate, sed cum hac determinatione"). 723 Ebd.: „competivisse hunc existentiae modum carni Christi non ex unione cum λόγω, sed ex conditione et proprietate naturae humanae, secundum quam utero matris includi localiter, uni in loco nasci, [...] potuit."

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Menschheit nicht in den Schoß Marias angenommen hat, nicht in diesen oder jenen Ort, sondern in seine unörtliche und einfachste Hypostase". 724 Statt in dem Geschehen am Ort das nicht den Bedingungen des Ortes unterliegende Ereignis wahrzunehmen, kommt es zu einer dualistischen Trennung, die sogleich noch verstärkt wird: „und daher hatte die Menschheit auch ihren persönlichen Bestand nicht an irgend einem Ort, hat ihn auch jetzt nicht, sondern über und ausser allen Orten allein in der Hypostase des Logos, in der sie auch viel näher, unvergleichlich tiefer existierte und auch jetzt existiert, als im mütterlichen Schoß". 725 Trotz dieser quantitierenden Positionierung, die dem Sein im Logos den Vorrang vor dem Sein am Ort gibt, schließt Hutter aus der intimen Zugehörigkeit zum Logos ein dadurch eröffnetes Sein an Orten nicht aus. Dem Fleisch Christi wird vielmehr eine nunmehr nicht durch seine essentielle Endlichkeit bedingte Weltgegenwart zugeschrieben, die es seinem Sein in der Hypostase des Logos verdankt. „In dieser persönlichen und gänzlich übernatürlichen Hinsicht war Christi Fleisch auch zu der Zeit, als es im mütterlichen Bauch natürlich eingeschlossen war, mit dem Logos anderswo [!], wohin die Mutter Maria niemals gelangen konnte". 726 Allein schon die drastische Wortwahl indiziert, dass Hutter den von ihm zuvor übernommenen Ausgleich der Vorstellungen mittels der Dualität von Logos und locus verabschiedet. Es trifft also zu, dass Hutter die ,intima-Lehre' übernimmt. Es trifft aber nicht zu, dass er damit Christi Menschheit in die Weltenthobenheit der reinen Gottheit entrückt. „Der ganze Logos ist inkarniert, und daher hat er durch eine intime und verborgenste Gegenwart sein Fleisch als mit sich zuhöchst geeintes gegenwärtiges, das er abgesehen von allen und jeden einzelnen Orten in seine ganze, unendliche, vollkommenste, einfachste Hypostase aufgenommen

724 Ebd.: „Quando autem de personali assumptione quaeritur, Quonam per unionem cum λόγφ pervenerit assumpta humanitas, et ubi suam hypostaticam subsistentiam jam inde a primo conceptionis momento habuerit, ac etiamnum hodie habeat? Ibi vero necessario nobis fatendum, λόγον non in uterum Mariae assumpsisse humanitatem, non in hunc vel ilium locum, sed in illocalem et simplicissimam suam hypostasin". 725 Ebd.: „ac proinde personalem etiam suam subsistentiam non in ullo unquam habuisse loco; vel etiamnum habere, [...] sed supra et extra loca omnia in sola Αποσ τ ά σ ε ι λόγου, in quo etiam multo propius, incomparabiliter profundius [...] extitit, ac etiamnum existit, quam in utero materno". 726 Ebd., 892: „Hoc respectu personali et plane supernaturali, caro Christi, etiam eo tempore, quo in alvo materna naturaliter inclusa erat, cum λόγω alibi erat, quo Maria Mater nunquam in aeternam pervenire potuit".

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hat, so, dass er nirgendwo ausserhalb ihrer ist oder gedacht werden kann". 727

Der örtliche Hinweis auf ein „nirgendwo" ist keineswegs nur eine rhetorische Floskel. Hutter ist es ernst damit, dass das Fleisch „mit dem Logos" auch „anderswo" ist. Da die Gegenwart des Logos bei den Kreaturen unbezweifelbar ist, müsste eine gleichzeitige Abwesenheit der Menschheit von eben diesen Geschöpfen die Einheit der Person auflösen. Zwei Argumentationsgänge begründen dies. Zum einen wird die Beschränkung der Gegenwart von Christi Menschheit auf die Kirche ad absurdum geführt: „Solange aber vorgegeben wird, der Logos sei ausserhalb der Kirche allen Geschöpfen gegenwärtig, das Fleisch aber desselben Logos sei abwesend, dann folgt daraus die Trennung der Naturen; das sieht selbst ein Blinder". 728

Zum anderen wird die gleichfalls binnenlutherisch offene Frage nach der Allgegenwart der Menschheit Christi im Stand der Erniedrigung eindeutig beantwortet. „Wo immer im Stand der Entäusserung die Gottheit des Sohnes Gottes war und nicht zugleich dessen Fleisch, dort war keine persönliche Einung, denn die Einung wird nicht durch Abwesenheit, sondern durch gegenseitige Gegenwart der Naturen definiert".729

Zu dieser Gegenseitigkeit gehört auch die mit dem Logos der Menschheit zuzuschreibende Allgegenwart, selbst für den Irdischen. Wie wenig einhellig die eigenen Konfessionsgenossen hier urteilen, deutet Hutter in seiner Kritik an „einigen" an: „Wo immer im Stand der Entäusserung die Menschheit nicht gegenwärtig war, dort war der ganze Christus nicht gegenwärtig. Jedoch nach einigen war die Menschheit im Stand der Entäusserung nicht allen Geschöpfen gegenwärtig. Also war im Stand der Entäusserung der ganze Christus nicht gegenwärtig. Theologisch ein Unding". 730

727 Ebd., 852: „[...] totus λόγος sit incarnatus, ac proinde intima quadam arcanissimaque praesentia carnem suam sibi unitißime praesentem habeat, quam extra omnium et singulorum locorum intuitum, in totam infinitam suam perfectissimam, simplicissimam hypostasis aussumpsit, ita ut nullibi extra earn sit, vel cogitari possit." 728 Ebd., 887: „Iam vero quamdiu λόγος extra Ecclesiam fingitur esse praesens omnibus creaturis, caro vero ejusdem λόγου fingitur abesse, utique naturarum διάστασιν consequi, vel caecus videt." 729 Ebd., 852: „Ubicunque in statu exinanitionis fuit Deitas filii Dei, et non simul ipsius caro, ibi nulla fuit unio personalis, quia unio definitur non absentia, sed praesentia mutua naturarum." 730 Ebd.: „Ubicunque non fuit praesens humanitas in Statu Exinanitionis ibi non fuit praesens totus Christus. Atqui secundum quosdam, humanitas non fuit praesens

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Im Streit mit dem Züricher Hospinian geht Hutter einen Schritt weiter u n d deckt auf, wie untragbar die exklusiv gefasste ,intimaTheorie' ist. Denn auch der Schweizer (Helvetius) stimmt dem Satz zu: „Die Menschheit ist persönlich, wo immer die Gottheit ist".731 Er versteht darunter jedoch nur, „dass die Gottheit überall persönlich mit der Menschheit geeint ist, nicht aber, dass eben diese Menschheit selbst an allen Orten bei der Gottheit ist, mit der sie persönlich geeint ist".732 Nach ihm genügt es, „wenn gesagt wird, die überall existierende Gottheit bildet überall eine Person mit der angenommenen Menschheit, die (nur) an einem Ort existiert". 733 Einer strengen Fassung der ,Intima' wäre damit Genüge getan. Doch darauf kann sich Hutter nicht einlassen, „denn in Frage steht dies: Ob die persönliche Einung dieser beiden Naturen nur dies erbringt, dass die Gottheit, wo sie auch ist, wahrhaft geglaubt werden soll als persönlich mit der Menschheit geeinte? Oder aber, ob sie zudem auch dies erbringt und bewirkt, dass die angenommene Menschheit, die ihren Bestand in der unörtlichen Hypostase des Logos hat, so über und ausser alle Orte und Abstände der Orte kraft dieser persönlichen Einung erhoben ist, dass sie ineins mit der annehmenden Gottheit alles gegenwärtigst erfüllt im Himmel und auf Erden"?734 Obwohl Hutter die ungegenständliche Einung ohne Einschränkung lehrt, insofern also die ,intima-Theorie' vertritt, weist er den Versuch ab, mittels dieses Gedankens die Kreaturen u m die Gegenwart von Christi Menschheit zu bringen. Im Gegenteil. Er wendet die Menschheit gerade als erhöhte,allem, im Himmel und auf Erden' zu. Doch weder der Scharfsinn Gessners noch die herbe Klarheit Hutters vermochten die Christologie der Lutheraner zur Eindeutigkeit zu bringen. Eine Thesenreihe vom September 1605 belegt dieses Urteil.

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omnibus Creaturis in statu exinanitionis. Ergo omnibus creaturis in statu exinanitionis non fuit praesens totus Christus, άθεόλογον." Concordia concors, 16: „Humanitatem personaliter esse, ubicunque est Divinitas". Ebd.: „quod Divinitas ubique sit personaliter unita cum Humanitate: non vero quod haec ipsa Humanitas ubique locorum adsit Divinitati, cum qua personaliter unita est." Ebd.: „si dicatur, Divinitas ubique existens, ubique unam personam constituere, cum assumpta Humanitate, uno in loco existente." Ebd.: „Hoc ipsum enim in quaestione est: An personalis unio duarum istarum naturarum, illud tantum praestet, ut Divinitas, ubi, ubi est, vere credi debeat personaliter cum Humanitate esse unita? [...] An vero praeter hoc illud etiam praestat et efficiat, ut assumta Humanitas, quae suam subsistentiam habet in illocali Αποστάσει, τοΰ λόγου, ita supra et extra omnia loca, et locorum διαστήματα, vi personalis Unionis huius sit evecta, ut una cum Divinitate assumente omnia impleat praesentissime in coelo et in terra [...]?"

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6.3. Stillstand und Widerspruch: Wolfgang Franz Mit seiner Disputatio de Persona Domini nostri Iesu Christi präsentiert

Wolfgang Franz (1564-1628) ein Dokument der Verlegenheit. Nicht, dass der Wittenberger Professor unkundig wäre. Die seit Jahrzehnten aufgebotenen apologetischen Argumente sind ihm geläufig, sei es die Unterscheidung zwischen primären und akzidentellen Eigentümlichkeiten eines Körpers, dessen Endlichkeit zwar unübersteigbar, dessen „örtliches Sein" 735 aber sekundär ist, sei es der seit Luther immer wieder eingebrachte Hinweis, dass Christi Leib als allgegenwärtiger nicht in alle Orte ausgespannt sei.736 Insbesondere diese Klarstellung schärft Franz ein;737 komme doch auch der allgegenwärtigen Gottheit keinerlei räumliche Ausdehung in alle Orte zu.738 Generell vermeiden die Thesen jedes Extrem. Die Einung der Naturen ist von der allgemeinen ,unter-haltenden' Daseinsgewährung739 und einer beliebigen instrumentalen Beanspruchung der Menschheit740 abzuheben, sie darf aber auch nicht als ,Vergottung des Fleisches'741 verstanden werden. „Die göttlichen Eigentümlichkeiten bleiben in alle Ewigkeit einzig solche des Logos und breiten nur (ihre) Kraft und Wirksamkeit durch Mitteilung an das angenommene Fleisch aus".742 Allerdings darf hinsichtlich der gemeinsamen göttlichen Handlungen zwischen Welt und Kirche nicht unterschieden werden.743 Trotz dieser (faktischen) Korrektur an Chemnitz wird dessen Limitation der Mitteilung auf die energetischen Idiome übernommen; das esse infinitum wurde nur indirekt als Qualifikation der Macht gegeben.744 Nur so verstanden gilt:

735 Disputatio de Persona Domini nostri Iesu Christi (20.9.1605), Wittebergae 1605, Th. LVII („esse locale"). 736 Ebd., Th. LXI („in omnia loca expansum"). 737 Ebd., Th. CLXXXf. 738 Ebd., Th. CLXXXK („aliqua localis extensio in omnia loca"). 739 Ebd., Th. LXXIV („generalis sustentatio"). 740 Ebd. („pro lubitu uti"). 741 Ebd., Th. CLVm („Deificatam carnem"). 742 Ebd. Th. XC: „Proprietates [...] divinae in omnem aeternitatem manent[...] solius λόγου, et solummodo vim seu efflcaciam communicando in carnem assumtam propter unionem exporrigunt." 743 Ebd., Th. XCII: „operationes divinas communes facit [...] et mundi et Ecclesiae redemtionem conservationem et gubernationem". 744 Ebd., Th. XCV: „non infinitum άπλώς, tarnen infinitam, immensam et aeternam potentiam datam fuisse".

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„Der Logos teilt sich als ganzen, seine Idiome und den Gebrauch der Handlungen der angenommenen Natur mit und tut nichts, was zur Erhaltung und Lenkung von Welt und Kirche gehört, ohne sie, sondern durch sie, in ihr, mit ihr". 745

Eine gewichtige Einschränkung geht dem freilich voraus: Erst mit der Erhöhung „begann" das Fleisch Christi „alles im Himmel und auf Erden mit dem Logos zu wirken". 746 Obwohl Franz in der Konsequenz der behaupteten Mitteilung nur der energetischen Idiome die Frage der Allgegenwart wie Chemnitz marginalisieren müsste, erlaubt ihm dies der Stand des Diskurses über „diese in der Konkordienformel wiederholte Lehre Luthers" nicht.747 Zur Abwehr „des Verdachtes vieler Absurditäten" 748 setzt er bei der Gotteslehre an, damit „die Abhandlung über die Allgegenwart des Fleisches zukünftig leichter ist".749 Aufgrund von Jer 23 ist zu bekennen: „Die Gottheit ist überall gegenwärtig (und zwar) als unendliches Wesen und infolge der Kraft und wesenhaften Eigentümlichkeit ihrer Natur". 750 Da dies aber nicht besagt, dass „Gott in Steine und Baumblätter eingeschlossen und überall ausgebreitet ist",751 geht Franz zu einer indirekten Bestimmung über und spricht in der folgenden These von „der Unendlichkeit der Allmacht, Weisheit, der Rechten der Kraft und des göttlichen Wesens". 752 Doch damit ist die Argumentation von der generalis ubiquitas abgekommen. Erst die übernächste These bietet eine Art,Definition': „Der Modus, durch den die Gottheit selbst überall und allgegenwärtig ist, besteht sowohl in der Unermesslichkeit der Kraft und Vollkommenheit wie auch in der wahrsten, aber dennoch unaussprechlichen Gegenwart des (göttlichen) Wesens selbst".753

Im ersten Schritt kommt es also zur qualifizierenden Zuordnung der Allgegenwart zu anderen Bestimmungen der Gottheit, im Fortgang 745 Ebd., Th. CXXXIX: „Λόγος se totum, suaque idiomata, et operationum usum, assumtae naturae communicat, et sine assumta natura nihil, quod ad conservationem et gubernationem mundi et Ecclesiae pertinet, agit, sed per earn, in ea, cum ea". 746 Ebd., Th. CXII („omnia in coelo et in terra cum λόγω operari [...] cepit"). 747 Ebd., Th. CLXXTV („Lutheri doctrinam in Formula concordiae [...] repetitam"). 748 Ebd. („suspicionem plurimarum absurditatum"). 749 Ebd., Th. CLXXXVI („de omnipraesentia carnis dissertatio facilior est futura"). 750 Ebd., Th. CLXXXÜI: „Ubique quidem praesens est divinitas ut infinita aliqua essentia, et ex virtute ac proprietate essentiali suae naturae, sicut Jer. 23. dicitur ...". 751 Ebd.: „nequaquam Deus inclusus est lapidibus et foliis arborum, et ubique extensus". 752 Ebd., Th. CLXXXTV: „Infinitatem [...] omnipotentiae, sapientiae, dexterae virtutis et essentiae divinae". 753 Ebd., Th. CLXXXVII: „Modus [...], quo [...] ipsa divinitas ubique et omnipraesens est, consistit tum in virtutis et perfectionis immensitate, tum in ipsius etiam essentiae verißima sed tarnen ineffabili praesentia".

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wird sie als Gegenwart des Wesens selbst tautologisch repetiert. Darüber hinaus gelingt keine Klärung. Statt dessen geht in der Folge über der Abwehr ,materialistischer' Vorstellungen und nach einer Wiederholung der Sekundärprädikation 754 der für jede Bestimmung von Allgegenwart kardinale Weltbezug verloren.755 Die Allgegenwart wird zum reinen Selbstverhältnis. 756 Um die bloße Binnenrelation auszuweiten, schließt Franz nun auch die Geschöpfe ein: „Es genügt uns, zu wissen, dass Gott auf eben diese Weise alle Kreaturen sich als gegenwärtigste hat, und dies so, dass er durch diesen Akt allen gegenwärtigst ist und über alle als gegenwärtigster herrscht im Himmel, auf Erden, im Meere, in der Luft, in der Unterwelt" 757

Die Allgegenwart ist als Selbstverhältnis zugleich Bewusstseinsakt des Allmächtigen bezüglich der Dinge.758 Die für einen Lutheraner des beginnenden 17. Jahrhunderts untypische Freundlichkeit, mit der Franz von Calvin (Th. CLXXVII), „neueren Calvinern" (Th. CXLVII) und Zanchi (Th. CCXXXVI) spricht, dürfte also nicht psychologisch zu erklären sein. Für die Nähe der Thesen zu reformierten Überzeugungen spricht auch eine weitere Beobachtung: Die Kontraposition zur Fehldeutung der ubiquitas als „Ausdehnung" hätte lutherisch als illokale substantielle Anwesenheit gefasst werden müssen, nicht aber, wie durch Franz (mit Calvin) als „anwesend sein durch verborgene Kraft".759 Im Zuge der Näherbestimmung der universalen Gegenwart Gottes bei den Kreaturen nicht minder problematisch ist auch der Verweis auf Jes 40 (ab Th. CXCI), wo in Vers 12 von den „Völkern" als „QUASI NIHILUM" (Th. CXCIII) die Rede ist, woraus Franz folgert, es gebe „zwischen Gott und allen Geschöpfen keine Ähnlichkeit", 760 die vergleichbar wäre den mathematischen Beziehungen, die zwischen Körpern und Körpern bestehen können.761 Infolge der pauschalen Beanspruchung dieser zutreffenden Aussage droht nun aber eine gänzliche Beziehungslosigkeit von Schöpfer 754 755 756 757

758 759 760 761

Ebd., Th. CLXXXVHI („non mole Deus magnus est, [...] sed virtute et potentia"). Ebd. („ITEM Extra tempus et locum"). Ebd. („et sie in seipso ubique est"). Ebd., Th. CLXXXIX: „[...] sufficit nobis scire, quod hoc ipso modo Deus [...] sibi praesentißimas habeat omnes creaturas, ita ut hoc actu omnibus praesentißimus sit et omnibus praesentißimus dominetur in coelo, in terra, in mari, in aere, in inferno." Ebd., Th. CXC („idcirco ipsi perspicue omnia instar punctuli cujusdam esse"). Ebd., Th. CXC: „[...] Dei ubiquitatem non consistere in extensione, deinde virtute arcana ipsum omnibus adesse." Ebd., Th. CLXXXXVI: „inter Deum et [...] omnesque creaturas [nulla] cognatio aliqua similis". Ebd. („Corporum ad corpora dari possunt proportiones Mathematicae").

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und Geschöpf. Um dem zu steuern, wird in grober HolzhammerDialektik mit der nächsten These das glatte Gegenteil vertreten: „Die ganze Gottheit ist hier, die ganze dort, die ganze in den einzelnen Geschöpfen, die ganze in allen". 762 Durch ein Lutherzitat aus der 1527er Schrift schließt Franz überdies die christologische Aussage an: „daher ist die ganze Gottheit leibhaftig in Christus auf Erden, die ganze im Himmel, beim Vater, die ganze im Schoß der Jungfrau, auch vor der Empfängnis". 763 Weitere Lutherzitate (Th. CC-CCII) verstärken die verbale Gewichtung der Weltgegenwart der Gottheit, die zu denken Franz verweigert, denn im Fazit zur Gotteslehre taucht wieder das akosmistische „nihilum" und die Behauptung des Selbstverhältnisses Gottes auf, allerdings gegenüber Th. CLXXVIII erweitert, insofern ihm auch ein „Sich-gegenwärtig-Haben" aller Dinge, die er sich zugleich „unterworfen" hat, zugeschrieben wird. 764 Dem Leib des Aufgefahrenen weist Franz das von den Lutheranern generell vertretene „einem Orte analoge" himmlische „Wo" 7 6 5 zu. „Himmel" und „Hölle" werden als räumlich „getrenntest" behauptet,766 und „die Geschichte von der Himmelfahrt" gilt als Beschreibung einer „räumlichen Bewegung in die Höhe". 767 Weil er jedoch nicht die massiven Objektivismen (etwa Bullingers) verfechten will, werden diesem „Himmel, zu dem Christus aufstieg, physikalische Bedingungen" abgesprochen, 768 ja sogar die üblichen lutherischen Karikaturen von dem in sein himmlisches „Gefängnis" eingeschlossenen Leib Christi wiederholt. 769 Um die Konfusion noch zu steigern, wird schließlich daran erinnert, dass „Christi Leib viel mehr im Logos als in einem Ort sei". 770

762 Ebd., Th. CLXXXXIX: „Tota divinitas hie est, tota ibi, tota in singulis creaturis, tota in omnibus". 763 Ebd.: „[...] unde tota in Christo Deitas est corporaliter, in terris, tota in coelis, apud patrem, tota in utero virginis, etiam ante conceptionem, inquit Lutherus in libro quod verba sint immota." 764 Ebd., Th. CCV: „Sed sufficiat hoc, quod respectu majestatis Dei omnia vere sint ut atomus, ut nihilum, et quod Deus non extensive sit ubique, sed modo inscrutabili sibi omnia praesentia et subjecta habeat." 765 Ebd., Th. CCVI (,,τό ποΰ seu loco analogum"). 766 Ebd., Th. CCVII: „coelum [...] non ab hoc tantum mundo, sed inferno etiam ipso longißime distinctam esse". 767 Ebd., Th. CCVIII: „Historiam ascensionis Christi in coelum [...] describitur [...] motu locali in altum". 768 Ebd., Th. CCIX: „[...] in coelum, ad quod ascendit Christus [...] conditiones physicae non pertingant". 769 Ebd., Th. CCX („corpus Christi [...] tanquam [...] carcere [...] affixum"). 770 Ebd., Th. CCIX („multo magis in λόγω ut in loco").

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Mit diesem Fündlein von Chemnitz und Hunn wird in der Folge gearbeitet. Dabei entwickelt Franz eine eigene Lesart der Lehre von der „praesentia intima", die dem aufnehmenden Logos als aufnehmendem jedes Weltverhältnis abspricht771 und demzufolge bei der Einung „alle sonstigen Geschöpfe" ausschließt. „Innerhalb der Hypostase des Logos ist jetzt allein die Menschheit". 772 Hat aber der Logos als solcher keine Kreaturen bei sich, dann ist auch das erhöhte Fleisch Christi „über alle Orte erhoben". 773 Doch noch im Satz erinnert sich Franz, in Th. CCV Gott eine innere Gegenwart der Dinge bei sich zugeschrieben zu haben, die er nun auch der „keinen Abständen von Orten ausgesetzten" 774 Menschheit Christi zuweist. Eben noch allein mit dem Logos, hat sie nun „alle Orte, unerforschlich und anbetungswürdig, sich unterworfen und gegenwärtig". 775 Franz vermeint dennoch, nach dieser Schleuderfahrt ein klares Fazit vortragen zu können: „Wenn wir das Fleisch Christi überall gegenwärtig bzw. wirkend nennen, zeigen wir dies an: aufgrund der Einung und in der Einung hat Christus auch nach dem Fleisch alle Geschöpfe auf wunderbare Weise sich als gegenwärtigste und ist so in der Weise der Rechten Gottes allen Geschöpfen gegenwärtig; so herrscht er wirklich als gegenwärtiger über alles". 776

Freilich gilt dies erst für die Zeit nach der Himmelfahrt.777 Auch dann bleibt Christi Leib als solcher ein endlicher Körper,778 der „dort, wo er örtlich gegenwärtig nicht ist, örtlich abwesend ist". 779 Diese scheinbar unumgängliche Feststellung deckt jedoch auf, dass Franz nicht erfasst hat, dass die Negation des Modus localis gerade nicht gleichzusetzen 771 Ebd., Th. CCXVII: „sicut facta est [...] assumtio humanitatis [...] non in locum, verum in [...] personam χοΰ λόγου, [...] et λόγος non eo pacto quo in creaturis est efficax [ks. J.B.], sed quo intra sese [...] consideratur, humanitatem sibi junctam habet". 772 Ebd.: „ita intra ύπόστασιν λόγου sola nunc est humanitas, reliquae vero creaturae non intra, sed extra Ιίπόστασιν λόγου omnes." 773 Ebd., Th. CCXVIII: „Quatenus autem caro Christi intra ίιπόστασιν λόγου sola est, eatenus supra omnia loca evehitur". 774 Ebd. („nullis locorum intervallis est obnoxia vel exposita"). 775 Ebd.: „immo omnia loca modo inscrutabili et adorando sibi habet subjecta et praesentia." 776 Ebd., Th. CCXIX: „Cum igitur ubique praesentem seu operantem eam appellamus, hoc indicamus, propter unionem et in unione Christum etiam secundum carnem omnes creaturas ratione admirabili habere sibi praesentißimas, et ita ad modum dexterae Dei omnibus creaturis esse praesentem, sicque actu praesentem omnibus dominari." 777 Ebd., Th. CXII („omnibus sine fine dominari [...] cepit"). 778 Ebd., Th. CCXXX: „Corpus enim Christi in se, ex se, per se etiam nunc manet corpus [...] finitum." 779 Ebd. („Ubi igitur localiter praesens non est, ibi localiter absens est").

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ist mit der Bestreitung des ,Seins am Ort'. Aufgrund dieses Defektes kann er dem von ihm verneinten ,Sein am Ort' das Sein der Menschheit im Logos wie Hunn nur dualistisch entgegensetzen, statt jenes durch dieses zu vermitteln. Eben dies erbringt der Wittenberger Professor auch dann nicht, wenn er von Christi Leib, als „im Logos betrachtetem, wo er nicht örtlich ist, sondern persönlich'", bekennt, „er werde der Lenkung aller Geschöpfe teilhaftig, die der Rechten Gottes und dem Logos eignet". 780 Zu dieser unzulänglichen These gesellt sich noch einmal die hier gänzlich unpassende Nichtung aller Dinge, die im Bezug auf „das dem Logos geeinte Fleisch wie nichts" sind.781 Ohne des Ungedankens eines Umgangs mit „nichts" gewahr zu werden, fährt Franz jedoch fort: „auf diese Weise hat das Fleisch alles gegenwärtig, trägt und leitet es". 782 Christi Menschheit im Logos „über Raum und Zeit" erhaben, „alle Geschöpfe, die ihr gegenwärtigst sind, lenkend",783 und so „stark durch die unendliche Majestät des Logos", 784 - diese rhetorisch aufgeputzte Kunstfigur darf sich 1605 als lutherisch präsentieren. Dass die Christologie in solchen Halbheiten nicht verdarb, ist den Tübingern Theodor Thumm (1586-1630) und Lucas II. Oslander (1571-1638) zu verdanken.

6.4. Die Klimax lutherischer Christologie 6.4.1. Mentzers Anstoß Als Balthasar Mentzer (1565-1627) in These 31 seiner Gießener Disputation vom 4. Oktober 1616 im Zuge seiner langjährigen Auseinandersetzungen mit dem Bremer Reformierten Matthias Martini zur Klarstellung des fast ein Jahrhundert alten binnenprotestantischen christologischen Dissenses vorschlug, „die Gegenwart Gottes bei den Geschöpfen" generell als „Handlung" (actionem) zu fassen, sie von den metaphysischen Attributen der „Unendlichkeit bzw. Unermesslichkeit" abzukoppeln und nicht als „bloßes Zugegensein", geschweige denn als 780 Ebd., Th. CCXXXI: „In λόγω vero consideratum ubi non est localiter, [...] sed personaliter, [...] gubernationis omnium creaturarum fit particeps illius, quae propria est dexterae Dei et λόγου." 781 Ebd., Th. CCXXXII: „Hic enim ad modum dexterae Dei, omnia respectu carnis unitae λόγω sunt tanquam atomus, et tanquam punctum Mathematicum seu nihilum." 782 Ebd. („quo pacto omnia caro praesentia habet, gestat, moderatur"). 783 Ebd., Th. CCXXXV: „extra et supra omnem loci et temporis respectum [...] omnes creaturas sibi praesentissimas gubernet." 784 Ebd. („infinita majestate λόγου pollens").

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„örtlich Gesetztes" zu verstehen785 und demzufolge auch christologisch zu sagen, es gehe nur um „des gegenwärtigen Christus göttliche Handlung in (bzw. an) den Geschöpfen", 786 löste er nicht nur sogleich eine heftige Kontroverse an der Gießener Fakultät aus, sondern stürzte die konkordistische Theologie in den schweren Konflikt, der als ,GießenTübinger-Streit' firmiert wird, in Wirklichkeit aber die gesamte Kirche der lutherischen Reformation erfasste, brachte er doch an den Tag, dass die Halbheiten der bisherigen christologischen Reflexion nicht länger perpetuiert werden konnten. Mentzer selbst zielte faktisch auf die Umwandlung der Lehre von der Person in eine Bestimmung ihrer Wirkungen, die in der Konsequenz zu einer Lehre vom gewirkten' Christen werden musste. Dies wurde freilich nicht allen an der Auseinandersetzung Beteiligten klar, wie der Verlauf der Kontroverse belegt, die durch den Machtspruch der kursächsischen Decisio von 1624 (Präfatio durch Johann Georg I.: 10.12.1623), die der Oberhofprediger Hoe zu verantworten hat, fatal fehlentschieden wurde. Provoziert durch Mentzer, formierte sich um 1620 die Tübinger Christologie. Von ihr ist nicht bloß in historischer Hinsicht zu sagen, dass „nur die [...] Theorie Theodor Thumms" (und Lukas II. Oslanders) „als in sich konsistent zu betrachten" 787 ist, denn dieser Theologie bis hin zu Johann Christoph Pfaff (1651-1720) gelang - in der Sprache traditioneller Ontologie- der bislang profilierteste Entwurf lutherischer Christologie. Weshalb es dazu gerade im Streit mit Mentzer und Justus Feurborn (1587-1656) kam, lässt sich noch immer nicht befriedigend erklären, hielt sich doch die Tübinger Fakultät vor dem Amtsantritt Thumms (Inauguraldisputation: 4./5.9.1618) und Oslanders (1619) noch in der Grauzone zwischen Hunn und Hutter auf. Zum Schritt in die Klarheit kommt es in Tübingen vermutlich zum einen infolge der Wahrnehmung der sozinianischen Jesulogie, die „den Artikel von Christus gänzlich umstieß", 788 zum anderen aufgrund der Erkenntnis, dass Mentzers Fassung der Weltgegenwart Gottes und Christi als „Handlung" das umgreifende Sein des Schöpfers bei den Kreaturen in einzelne Akte im

785 Disputationum Theologicarum ... in Academia Giessana publice habitarum, Tom VI, 1617, Disp. XIV: „[...] praesentiam illam apud creaturas, non esse absolutum aliquod Dei attributum, quale est infinitas, sive immensitas: neque nudum et otiosum situm sive adsistentiam apud creaturas: neque localem aliquem positum". 786 Ebd. („Sed Christi praesentis divinam in creaturis actionem"). 787 Τ. Mahlmann, Jakob Andrea im Lichte neuerer Forschung, LuThK 14 (1990), 139153, hier: 143. 788 Thumm, Majestas, 2 („Articulum de CHRISTO [...] penitus everterit").

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Verhältnis zwischen je selbständigen Subjekten auflöst789 und christologisch-soteriologisch anstelle der Ausrichtung auf die Person Christi790 die Orientierung an den Wirkungen der Gnade Christi setzt.791 Diesen Herausforderungen war nur durch einen entschiedenen, mittels der zeitgenössischen Abarbeitung an den Themen der Ontologie methodisch geschärften Rückgriff auf den Luther des Abendmahlsstreites, nicht aber durch eine bloße,Brenz-Renaissance' 792 zu begegnen. 6.4.2. Unio als Weltgegenwart Um die seit Maulbronn (1564) aufgekommenen Irritationen793 auszuräumen, musste die Weltgegenwart der Menschheit Christi als unmittelbar in der Einung von Gott dem Sohn mit der menschlichen Natur eröffnet ausgesagt werden: „Wenn die persönliche Einung gesetzt ist, kann auch jene umfassende, übernatürliche, unörtliche, göttliche Gegenwart der geeinten menschlichen Natur bei allen Geschöpfen, ihre substantielle Nähe und Anwesenheit bei den Geschöpfen, nicht nicht sogleich folgen".794

Oslander bindet die gegenseitige Nähe von Gott und Mensch mit der Weltgegenwart der menschlichen Natur Christi so eng zusammen, dass er der Mitteilung der Allgegenwart einen sachlichen (nicht zeitlichen) Vorrang vor jener der übrigen Idiome zuschreibt, weil nur die Mitteilung der Allgegenwart identisch ist mit der Aufnahme in die Hypostase, indes die Mitteilung der Idiome dem folgt.795 Radikaler konnte im Rückgriff auf Luthers ,wo Gott, dort der Mensch' der eingerissenen Nachordnung der Allpräsenz nicht widersprochen werden. Indem die Erhöhung der menschlichen Natur nicht als Entrückung über die Geschöpfe, sondern als Ein-stellung in die Nähe Gottes bei der Welt verstanden wird, distanzieren sich Oslander und Thumm nicht nur von

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Vgl. Baur, Erben, 250. Vgl. ebd., 252 Anm. 213. Vgl. ebd., 251 Anm. 210. Vgl. ebd., 240. Vgl. o. Abschnitt 5.1.1. L. Oslander Π, Justa Defensio Orthodoxae Veritatis ... De quatuor theologicis, circa OMNIPRAESENTIAM et OMNEPOtentiam Carnis Christi in Exinanitionis Statu constituti, quaestionibus ..., Tubingae 1622, 76: „positaque Unione Personali non posse non statim sequi quoque illam, [...] universalem, supernaturalem, illocalem apud omnes Creaturas, divinam, unitae humanae naturae Praesentiam, et Substantialem ad Creaturas Propinquitatem et Adessentiam." 795 Ebd., 109: „unicum hoc Omnipraesentiae Proprium, πρώτως, coetera Idiomata consequenter esse communicata: propterea, quod ordine naturae (non autem temporis) praecedat hypostaseos, sequatur vero Idiomatum Communicatio".

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,Maulbronn' und den Folgen, sondern auch, obwohl sie dies unbenannt lassen, von Brenz und dessen Spiritualismus. Die Korrektur an Hunn ist offenkundig: „die zwei Naturen sind nicht nur durch die »innere Gegenwart' (einander) gegenwärtig, sondern bleiben auch durch die ,äussere Gegenwart' bei den Geschöpfen in substantieller Nähe gegenwärtig".796 Der Schritt weg von Brenz wird faktisch vollzogen, indem Thumm aufzeigt, wie unsinnig es wäre, wenn die im Diskurs stets beanspruchten „ortsbezüglichen Ausdrücke", also „wo, dort, wo immer, wohin, Geschöpf, Ort, Himmel", nicht „notwendig die Beziehung auf Orte und (örtlich bestimmte) Geschöpfe implizierten, wenngleich nicht so, dass das Bezogene örtlichen Bedingungen unterstellt wird". 797 Brenz' Konzeption zweier Welten, einer geistig-himmlischen und einer körperlichdiesseitigen, verneint Thumm nicht ausdrücklich, aber er schärft das Gegenteil ein: „Die persönliche Einung ist nämlich unteilbar geschehen, damit jene zwei Naturen nicht nur voneinander, sondern auch hinsichtlich aller Zeiten und ,Wos' betrachtet, nicht getrennt werden können, vielmehr durch eine untrennbare und dauernde Verknüpfung zu jeder Zeit, in allen ,Wos' und bei allen Geschöpfen verbunden sind und bleiben".798 Weder aus Gottes Überlegenheit über Zeit und Ort folgt, dass er bei den Geschöpfen nicht in substantieller Nähe, als er selbst, anwesend ist, noch ist für „den Menschen Christus, der durch den Akt der Person ausser Zeit, Ort und andere physischen Beschränkungen gesetzt ist, zu schliessen, dass er deshalb den Geschöpfen in substantieller Nähe nicht anwesend ist".799 Das Argument ist vielmehr umzukehren:

796 Thumm, Tapeinosigraphia, 456: „[...] duae naturae non tantum praesentia intima praesentes sint, sed et praesentia extima ad creaturas, quoad propinquitatem substantialem, praesentes maneant." 797 Ebd., 49: „Nota hie, Particulas Topicas, in hoc ut et in sequentibus testimonijs UBI, IBI, UBIcunque, Quocunque, Creatura, Locus, Coelum, etc. non quidem localem rationem, interim necessario σ χ έ σ ι ν ad loca et creaturas implicare" (vgl. ebd., 454). 798 Ebd., 422: „Unio enim personalis facta est [...] indivise, ut naturae illae duae non tantum ad se invicem, sed etiam respectu omnium temporum, ποΰ seu ubi consideratae, separari nequeunt, sed nexu inseparabili et foedere perpetuo, omni tempore, in omnibus ubi, et apud omnes creaturas copulatae sint et maneant". 799 Ebd., 456: „Sicuti proinde nulla ratio connexi, Deus per naturam extra omne tempus et locum constitutes est, Ergo propinquitate substantiali creaturis non adest; ita et connexio haec laborat: homo Christus actu personae extra tempus, locum et alias physicas infirmitates constitutus est; ergo propinquitate substantiali creaturis non adest."

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„Der Mensch Christus, der sein Dasein in der unendlichen Hypostase hat, ist durch den Akt der Person ausser Zeit und Ort gesetzt, folglich ist er durch den Akt der Person anwesend", 800

denn der Logos ist als weltjenseitiger zugleich der weltimmanente. Deshalb führt Thumm weder Psalm 90 an, um Raum und Zeit als nur menschlich-endliche Größen zu verflüchtigen, noch rückt er bei der Besinnung auf die in Christus sich eröffnende Nähe Gottes zu seinen Geschöpfen diese mit Jes 40,15-17 in die Nähe des ,Nichts' (Jes 40,17, LXX: ούδέν). Obwohl er nicht bestreitet, dass „das Endliche mit dem einfach Unendlichen in keinem Verhältnis steht",801 bezieht er die Allgegenwart auf die gegenständliche Welt.802 Insofern ist Gott als Ganzer in den einzelnen Geschöpfen, ohne dass deshalb - korrelativ - die Kreaturen an der Gottheit und der göttlichen Majestät teilhätten.803 6.4.3. Krypsis und Kenosis Die ortsbezogene Gegenständlichkeit Christi gerät den Tübingern nicht ins Zwielicht. „Wahrhaft und nicht zum Schein ist er mit seinem Leib von Ort zu Ort weitergeschritten, so, dass er, als Lazarus starb, in Bethanien örtlich wahrhaft nicht anwesend war". Doch ist mit dieser beschreibenden Aussage der von der Schrift bezeugte Sachverhalt noch nicht als ganzer zur Sprache gebracht. Thumm präzisiert deshalb: Dies gilt „hinsichtlich der angenommenen Natur und ihres natürlichen Aktes". Weil der Mensch Christi aber nicht „nur der Sohn des Zimmermanns" 804 ist, „war er dennoch anwesend, wahrhaft und wirklich, wiewohl unörtlich und unsichtbar aufgrund des allerengsten Bandes der Einung und Mitteilung in der unendlichen Hypostase des Logos". 805

Beides, die Einung von Gott und Mensch und die doppelte Bestimmtheit der Gegenwart der Menschheit „ist für unsere Vernunft betreffs 800 Ebd.: „Invertimus potius argumentum: extra tempus et locum homo Christus (in infinita Αποστάσει subsistens) actu personae constitutus est, Ergo actu personae adest." 801 Majestas, 186: „cum finiti, ad simpliciter infinitum, nulla sit proportio; Hinc[!] Esa. 40,17". 802 Ebd. („totum hoc systema coeli et terrae"). 803 Ebd., 189: „Licet enim in singulis creaturis totus sit, non tarnen [...] creaturae Deitate et majestate divina ullo modo participant". 804 Majestas, 2 („non nisi [...] fabri lignarii filius"). 805 Ebd., 238: „Vere [...] et non simulate suo corpore de loco in locum progressus est, ita, ut localiter vere in Bethania, Lazaro moriente, ratione assumptae naturae, actuque naturali non adfuerit [...]. Adfuit tarnen [...] vere et realiter, licet illocaliter et invisibiliter, ob arctissimum [...] unionis et communicationis in infinita Αποστάσει χοΰ λόγου vinculum."

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des präzisen Modus selbst unbegreifbar". 806 Die Unmöglichkeit des präzisen Begreifens ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einer gänzlich paradoxen Unverständlichkeit. Der Nerv der Problematik wird von Thumm denn auch scharfsichtig freigelegt. Die Vernunft bedarf zu ihrer Orientierung in der verwirrenden Erfahrung von vielem der Eindeutigkeit, dass ein Seiendes dieses und nicht zugleich auch noch ein anderes ist. Wird dieser Satz von der Identität, also die Negierung des ,Zugleich', in das Urteil über Christus eingebracht, der im Stand der Erniedrigung eben durch das ,Zugleich' von Majestät und Schande qualifiziert ist, dann sucht die auf ihren Kriterien beharrende Vernunft eindeutige Verhältnisse zu schaffen, indem sie entweder die widersprüchlichen Prädikationen nur auf je eine Natur Christi bezieht oder eine Abfolge der jeweils nur eindeutig bestimmten Stände konstruiert. Beiden ,Lösungen', der ,nestorianisch'-dogmatischen und der biblischheilsgeschichtlichen, tritt Thumm entgegen, um sowohl das Widerstreben der ,einfachen Gemüter', wie auch „den Irrtum der Abweichenden" (Gießener) zu überwinden:807 „Sie wollen nicht glauben, daß der Gebrauch der Majestät und die Schande, das umfassende Regiment über die Kirche und das ganze Universum und die wahre und wirkliche Erniedrigung in ein und demselben Fleisch Christi zu einer und derselben Zeit zugleich bestehen können; sie halten vielmehr diese zwei für schlicht widersprüchlich".808

Das Problem bestünde freilich nicht, wenn von Christus im Stand der Entäußerung nur auszusagen wäre, was sich unmittelbar auf ,unsere Befreiung vom Fluch' der Sünde bezieht.809 Doch auf diese Engführung lässt sich Thumm nicht ein. Statt dessen arbeitet er den behaupteten einfachen, und als solchen unhaltbaren Widerspruch ab: „Der Mensch Christus konnte im Stand der Erniedrigung in seinem königlichen Amt ungetrennt eins mit dem Logos mit einer und derselben und also ungeteilten Handlung durch den nach aussen gerichteten Gebrauch der göttlichen Majestät die Kirche umfassend, wenngleich nicht im Vollmaß, bewahren, beständigen und lenken, wie auch sämtliche und einzelne Geschöpfe in der Welt (Krypsis); und um nichts weniger (konnte er) zugleich in eben diesem Stande im priesterlichen Amt hinsichtlich derselben menschlichen Natur bezogen auf sich und sein eigenes Fleisch bei allem, 806 Ebd., 186 („Rationi nostrae incomprehensibilis quoad ipsum Modum praecise"). 807 Tapeinosigraphia, 253: „[...] et simpliciores hoc Theoremate non recte intellecto, offenduntur, et totus Dissentientium error, inde promanat." 808 Ebd.: „maiestatis usum et ignominiam, regimen Ecclesiae totiusque universi Catholicum, et veram atque realem Humiliationem, in una et eadem carne Christi, uno et eodem tempore, simul consistere POSSE credere nolunt, et haec duo pro simpliciter contradictorijs habent". 809 Mentzer nach Oslander, Defensio, 373: „quicquid non facit ad nos a maledictione liberandos, id Christo homine, in statu Exinanitionis, nullo modo tribuendum est."

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was das Werk der Erlösung hindern konnte, denselben Gebrauch der göttlichen Majestät ungetrennt zusammen mit dem Logos zurückziehen und anhalten (Kenosis)".810

Damit hat Thumm das ,Zugleich' aus dem Status eines Paradoxes gelöst und zur Formel des erschlossenen, aber nicht spekulativ aufgehobenen Mysteriums gemacht. Der Ausgriff auf die Ämterlehre unterläuft die Lehre von der Person nicht, vielmehr wird so deutlich, dass Christi Person sein Sein für uns und die gesamte Schöpfung ist, im königlichen Amt in der schützenden Lenkung von Gemeinde und Welt und zugleich im priesterlichen Amt im erlösenden Leiden und Sterben.811 Die Differenz der Zeiten bleibt dabei in Geltung; das Weltregiment des Erniedrigten ist „non plenarie" - Kenosis in der Krypsis. Ein voller und so auch offenbarer Umgang mit der göttlichen Majestät nach innen und außen wäre in der Tat mit der Erniedrigung unverträglich.812 Die in dem gedrängten Satz zweimal begegnende Wendung „ungeteilt eins mit dem Logos", bzw. „zusammen mit dem Logos ungeteilt" 813 ist keine Floskel. Sie sagt nicht weniger an, als „dass alles in jedem Amt und in allen Ständen zwischen Christi Naturen ungeteilt war". 814 Dann aber „hat nicht nur der Mensch, sondern auch der Logos bei allem, was das Ziel der Inkarnation betraf, den Gebrauch seiner Majestät, nach innen auf sich selbst bezogen, zurückgezogen". 815 Weil Gott und Mensch in Christus je aneinander Anteil haben, ist der ganze Christus Retter im priesterlichen und Herr im königlichen Amt stets nur als Gott und Mensch:

810 Tapeinosigraphia, 254: „Christus Homo in statu Humiliationis, secundum suum officium Regium, POTUERIT INDIVISE una cum λόγφ, una eademque, atque adeo INDIVISA operatione et usurpatione divinae maiestatis extranea et directa, universaliter, licet non plenarie, conservare, sustentare et gubemare Ecclesiam, ut et universes et singulos in mundo contentas creaturas, et nihilominus simul eodem Statu, secundum eandem humanam naturam, in Sacerdotali officio, reflexe quoad se propriamque suam carnem itidem una cum λόγφ indivise in omnibus ijs, quae opus redemptionis possent impedire, usum divinae maiestatis retrahere et inhibere". 811 Ebd. („pro salute generis humani pati et mori"). 812 Ebd., 253: „Regimen omnipotens [...] et plenaria usurpatio divinae maiestatis, tarn quoad intra, quam quoad extra, cum vera Humiliatione consistere plane non possit". 813 Ebd. („indivise una cum λόγφ"; „una cum λόγφ indivise"). 814 Ebd., 132f.: „quod omnia in omni officio omnique Statu inter Naturas Christi fuerint INDIVISA". 815 Ebd., 133: „[...] non tantum Homo, sed et λόγος retraxerit suae majestatis usurpationem ad intra reflexe, in omnibus ijs, qui finem Incarnationis concemebant".

Ubiquität

301

„Der ganze Christus, Gott und Mensch, hat gelitten und starb im priesterlichen Amt, in der Entäusserung. Der ganze wiederum, Gott und Mensch hat zur selben Zeit als lebendiger Himmel und Erde gelenkt".816

Thumm weiß, dass er damit über die Sätze auch der eigenen Tradition nach Luther hinausgeht, für die nur die Entschuldigung bleibt, zu einer Zeit „unbedachter geredet zu haben, als die gegenwärtige", zur Entscheidung drängende „Kontroverse noch nicht aufgebrochen war, sonst hätten sie vorsichtiger geredet".817 6.4.4. Die christologische Summe Ein Jahr später summiert die Replik auf den Ingolstädter Jesuiten Caspar Lechner das christologische Ereignis, in dem Gott Mensch und der Mensch Gott wird, weder durch Verwandlung der Gottheit noch durch Angleichung des Menschen, wohl aber im Prozess der Teilnahme Gottes am Elend des Menschen und der Aufnahme des Menschen in Gottes Macht und Leben. „Wie aufgrund der persönlichen Einung Gott Mensch wird, schwach und sterblich, so (von der Sache selbst, nicht von deren Modus gesagt) wird der Mensch Gott, allmächtig und unsterblich; freilich wird Gott nicht an sich selbst, wesenhaft und unterliegend, sondern durch Annahme und innige Aneignung wirklich schwacher, sterblicher Mensch. Und deshalb wird auch der angenommene Mensch nicht an sich selbst, wesenhaft und unterliegend, sondern aufgrund der Gemeinschaft der Naturen, der Eigentümlichkeiten und aller Tätigkeiten wirklich Gott". 818

Indem die sogenannte Ubiquitätslehre bekundet, dass in Christus dieser Gott und Mensch allen Geschöpfen gegenwärtig ist, wird eben ihnen dieses Ereignis in der Sprache der Lehre zugewendet.

816 Ebd.: „TOTUS Christus, DEUS et HOMO, passus et mortuus fuerit in officio Sacerdotali, Inanitione: TOTUS vicissim, DEUS et Homo, eodem tempore [...] vivus gubernaverit coelum et terram." 817 Ebd. („hac item controversia nondum mota, securius loquutos fuisse"). 818 Sanae de Maiestate Christi... doctrinae Repetitio ..., Tubingae 1624, 328: „qua ratione ob unionem personalem Deus fit homo, infirmus, mortalis; ea ratione (loquendo de reipsa, non rei modo) homo fit Deus omnipotens, immortalis: atqui Deus non formaliter, essentialiter seu subjective, sed assumendo et intime appropriando realiter fit homo infirmus, mortalis; Ergo et homo assumptus non formaliter, essentialiter seu subjective, sed ob naturarum, proprietatum et omnium ένεργείων κοινωυίαν realiter fit Deus."

Register 1. Bibelstellen Genesis Gen 1,26 Gen 1,27 Gen 22,1-19 Gen 27,1

93 164 27 65

Exodus Ex 12,3-11 Ex 20,2-17 Ex 32,25

108 185 107

Numeri Num 21,8f

108

Deuteronomium Dt 4,19 Dt 5,6-21 Dt 6,7 Dt 28,59 1. Könige lKön 8,27 Hiob Hi 40,25-32 Psalmen Ps 8 Ps 22,22-23 Ps 23,4 Ps 33,9 Ps 51 Ps 90 Ps 119,16.24 Ps 129,8 Ps 139 Ps 139,8

106 185 98,106 200

186

28

53 25 186 117 29 279,298 107 31 247 186

Jesaja Jes 7,15 Jes 25,8 Jes 40,6 Jes 40,12 Jes 40,15-17 Jes 42,8

235 26 187 291 298 43,69,195,233

Jeremia Jer 23,23f

186,209,247,260,290

Hosea Hos 11,8 Hos 13,14

27,187 26

Joel Jo 4,2

242

Sacharja Sach 2,12

187

Matthäus Mt 3,11 Mt 17,5 Mt 18,20 Mt 21,16 Mt 21,33-41 par Mt 24,23 Mt 24,31 Mt 28,20

69 21 283 53 50f 131 50 218

Markus Mk 10,45 Mk 15,34

72 13

Lukas Lk 17,20f

133

304 Johannes Joh 1,4 Joh 1,14 Joh 1,15 Joh 1,18 Joh 1,30 Joh 1,48-51 Joh 3,13 Joh 3,14 Joh 4,20 Joh 5 Joh 6,22-59 Joh 6,62 Joh 8,16 Joh 8,39f Joh 10,30 Joh 10,34 Joh 14,9 Joh 14,12f Joh 14,20 Joh 17,5 Joh 17,19 Joh 19,26

Register

126 19,122,147f„ 168,182,246 70 164 70 199 54,64,69 108 207 284 134,141 54, 64 54 60 60 91 60 54 9 43 43 133

Apostelgeschichte Apg 23,11 Römerbrief Rom 1,1-4 Rom 1,2-4 Rom 1,3 Rom 1,16 Rom 7,21 Rom 8,3 Rom 8,31f Rom 8,39 Rom 9,3-5 Rom 9,5 Rom 12,15 1. Korintherbrief IKor l,18f IKor 2,8 IKor 5,7 IKor 8,5f IKor 9,22

238

68,160 161 40,43 128 54 107,109 9,27 218 61 52 92

IKor IKor IKor IKor

10 10,4 11,23 11,24

131 108 128 193

IKor IKor IKor IKor

13,12 15,47 15,54 15,55

111 44 8 26

2. Korintherbrief 2Kor 5,16b 2Kor 5,21 2Kor 8

Galaterbrief Gal 1,19 Gal 2,21 Gal 3,16 Gal 3,18 Gal 5,4.11

51 107,109,159 77

64 155 54 25 107

Epheserbrief Eph l,22f Eph 1,23 Eph 4,10 Eph 5,21-33

132 265 188,260,265 27

Philipperbrief Phil 2,5f Phil 2,6-11 Phil 2,7 Phil 2,9 Phil 2,10 Phil 2,10-11

43 55,126,144,284 17,27f. 43,48 49,155 129

Kolosserbrief Kol 1,13 Kol 2,3 Kol 2,9

9 235 196,220,235,261,275

6 10,12,39,47,49, 52,63f„ 74, 86

1. Timotheusbrief lTim 2,6

72

108 61 92

2. Timotheusbrief 2Tim 4,2

106

Bibelstellen Titusbrief Tit 1,15 Tit 3,4 Tit 3,4-7 1. Petrusbrief IPetr 4,1 1. Johannesbrief ljoh 1,1-2 ljoh l,lff l j o h 4,2

142 28 32

12

69 176 142

305

Hebräerbrief Heb 2,6-9 Heb 2,14 Heb 4,15 Heb 5,7 Heb 11,19 Heb 13,8

53 126 14,107,109 25,250 126 61,70

Jakobusbrief Jak 1,17

10

306

Register

2. Personen Abraham, Μ. 5 Abramowski, L. 5,11,14,41,53f., 56, 61,71 Acacius von Melitene 59, 70 Ailuros, T. 80 Alain de Lille 124 Alexander ΙΠ. 17 Althaus, P. 212 Amann, E. 61 Amling, W. 267, 270f. Anastasios I. von Antiochien 79, 87 Anastasios Sinaites 79f., 89 Anastos, Μ. V. 55, 64 Anderegg, J. 122 Andrea, J. 189,254-258,260,263,265,295 Anselm von Canterbury 149,199 Apolinaris von Laodizea 13,42-48,5053,57-59,67-70 Aristophanes 196 Aristoteles 16, 22,49,100-102,162-164, 201f„ 208,245 Asterius Sophista 72 Athanasius 12, 22,40f., 45f., 51-53,56, 58,151,184 Augustinus 17,36,107,110,151,158, 162f., 182,218,249 Aulen, G. 142 Bach, J. S. 30 Bader, G. 95 Balthasar, H. U. von 89,91 Bannach, K. 5,33 Barth, K. 5,6,153,192 Bartholomaeus Arnoldi von Usingen 102,124 Basilius von Caesarea 36,44f., 48,50 Baumgarten, S. J. 192 Baur,J. 2,4,7,22,30,32,87,95,143, 152f., 155,174,180,190f., 214,242,296 Bausenhart, G. 87f. Bayer, O. 6, 7,19f„ 24f., 29,31,141 Bellarmin, R. 30,190 Bellini, E. 87 Bernhard von Clairvaux 13

Beza, Th. 190, 256 Biel, G. 16-18,20,22f., 174,203f., 207-209 Bielfeldt, D. 121,160,171-173,175-177 Boethius 31,124 Boff, L. 34 Bonaventura 14,37,123 Bötker, J. 189,194 Bouchet, J.-R. 46-48,51 Brandy, H. C. 222,241,248,254 Brecht, M. 129,144 Breithaupt, J. J. 187 Brenz, J. 4, 7,17,23,51,135,186,189, 192f., 216,222, 228,233,241, 244252,254-258,260,263,265,272-274, 276, 278-280, 296f. Brinkmann, H. HOf. Bucer, M. 136 Bullinger, H. 23,30,137,193, 242, 280, 292 Bultmann, R. 51,175 Burgundio 37 Busäus, J. 190 Calixt, G. 267 Calov, A. 187 Calvin, J. 152f„ 186f„ 192f„ 196,202, 245, 291 Campanus, J. 137 Cerbanus 37 Chemnitz, M. 4,153,189,192f., 215f., 227-241,255-257,259, 262,264,268, 280-282,289f„ 293 Chrysostomus 36,77 Cicero 97, 99,104,116,123,252 Clemens von Alexandrien 11, 72 Coccius, S. 137 Congar, Y. 141 Conticello, V. S. 38 Crell, P. 226 Cross, R. 39,58,80 Cusanus, Ν. 1 D'Ailly, P. 123f. Daley, Β. Ε. 76, 81,151,276

307

Personen Danaeus, L. 195,268 Deppermann, K. 133 Deuser, H. 32 Dionysios 43f„ 87,90 Dioskur von Alexandria 64 Donatus 105,110 Döpp, S. 104,116 Dost, Τ. P. 146 Doucet, M. 87 Drecoll, V. H. 48 Duns Scotus 17,203 Durand, G. M. de 56,68,71 Ebeling, G. 95,119 Eber, P. 226 Eck, J. 148 Eckhardt, B. F. Jr. 149 Eiert, W. 10-15,188 Ephrem von Amid 78 Epiphanius 52 Eulogius 60 Eusebius von Cäserea 72 Eusthatius 12 Eutyches 12,141,145,147,168,183 Faber, J. 21 Facundus 54 Favre, R. 40 Fecht, J. 189 Feuerbach, L. 1,192 Feurborn, J. 295 Flacius, M. 138 Franz, W. 289-294 Frecht, M. 135,137 Frischlin, N. 190f. Gerdes, D. 193 Gerhard, J. 200 Gerhardt, P. 28,190 Gessner, S. 281,282-284,288 Gilbert von Poitiers 16 Gleede, B. 3,5 Goethe, J. W. von 188,191 Gregor der Große 211 Gregor von Nazianz 49,63, 65, 72, 75, 81, 87,89f., 92f„ 197 Gregor von Nyssa 45-52,58,73,242 Greiffenberg, C. R. von 191 Grillmeier, A. 10,12-14,40,44,51, 61, 67,76 Grimm, J. und W. 186

Grosseteste, R. 37 Grün-Oesterreich, A.

103,117f.

Hachfeld, H. 258 Hagen, K. 149 Hall, J. 190 Hallman, J. M. 65 Hamann, J. G. 1, 74,191 Hardenberg, A. 193f., 196,241 Härle, W. 32,95,101 Harnack, A. von 12,142-144,189 Hegel, G. W. F. 1, 2,33,95,163 Heidegger, M. 18,163 Heine, H. 191 Heinzer, F. 86f. Henrici, C. F. 30 Heppe, H. 257 Herdesianus, Chr. 264 Heshusen, T. 190,193, 263f., 266f. Hetzer, L. 134 Hieronymus 36 Hilarius von Poitiers 40,135 Hilgenfeld, H. 101f., 105,204 Hinlicky, P. R. 4,148,159 Hoe von Hoenegg, M. 295 Hoen, C. 127f„ 133 Hoffman, Μ. 2,133-135 Hoffmann, D. 264, 266 Homer 76 Honorius I. 87 Hooker, R. 221-223 Hospinian, R. 226,288 Hübner, R. M. 44 Hugo von St. Viktor 16 Hunnius, A. 215, 272,274-281,285, 293-295, 297 Hut, H. 134 Hutten, J. G. 186 Hutter, L. 193, 208,226, 241, 260, 264, 281, 285,286-288, 295 Ignatius von Antiochien Ijsseling, S. 103 Irenaus von Lyon 40 Iwand, H. J. 6,21 Jackson, M. 176 Janse, W. 196, 241 Jenson, R. 7 Johann Georg I. 295 Johannes a Lasco 193

42,142,180

308 Johannes von Antiochien 59 Johannes von Damaskus. 14f., 37-39, 51,79, 90f. Jouassard, G. 58, 67 Jüngel, E. 25,95,100f., 103,113,123 Junghans, Η. 226 Justinian 14,55,143 Kant, I. 33,175,218 Kärkkäinen, V.-M. 159 Karlstadt, Α. von Bodenstein 2,130-132 Kierkegaard, S. 2, 27f., 175 Kirchner, Τ. 264 Klopstock, F. G. 191 Koch, E. 130 Krautwald, V. 4,134f. Krewitt, U. 99,124 Krüger, Τ. 264f. Kyrill von Alexandrien 12-14,22,43, 53,56,57-75,80,82,84, 88f., 94 Lampe, G. W. H. 56, 73 Latomus, J. 95-97,112,118f. Lebon, J. 80, 84 Lechner, C. 301 Lentz, C. G. H. 266 Leoni, S. 20 Leontius von Byzanz 56, 72,75-86, 89f„ 94 Leontius von Jerusalem 38, 85f. Lessing, G. E. 216,218 Leuckfeld, J. G. 190 Leyser, P. 281 Lienhard, M. 30,125,139-141,151, 161,167,174,177 Lindhardt, J. 146 Loewenich, W. von 6 Lombardus, P. 16f„ 125 Loofs, F. 64,71 Löscher, C. 189f. Löscher, V. Ε. 190 Lubac, Η. de 110f. Luther, Μ. 2f„ 6-10,12-31,33-37,40,74, 87,93-99,101f., 104-181,189-198,201207,210f., 214,216,218,220,222f„ 227, 240f., 243f., 248,250-258,260-263,265f„ 272,278,280,289f., 292,295f„ 301 Mager, I. 191,226f„ 257,264 Mahlmann, Th. 23,193,295 Maier, P. L. 141,166,169,179

Register Major, G. 21,226 Mani 139 Mannermaa, T. 7 Marcion 139 Markschies, Chr. 7,10,16,22, 24,36 Marshall, B. D. 179 Marshall, B. 153 Martini, M. 294 Mastricht, P. van 220,226 Matthaeus, J. 267-269, 271, 275 Maurer, Ε. 95, 97 Maxentius, J. 10 Maximus Confessor 72, 78-80, 86-94 McGuckin, J. 69 Melanchthon, Ph. 5, 36, 97,107,137, 152f., 170,174,187,189,193-195, 202, 213,219,223, 226-228, 263, 282 Melito von Sardes 1,40,42 Mentzer, B. 187,223,269,294f., 299 Metzke, E. 207 Meunier, B. 66f. Michel, A. 45f. Moltmann, J. 6, 25 Mörike, E. 191 Mostert, W. 119f. Müntzer, Th. 129f„ 134 Musculus, A. 189,262f. Nembach, U. 96 Nestorius 12f„ 52,57-62,64f., 67, 70f., 74, 78, 80, 85,141f. Nicolai, Ph. 190,193 Nietzsche, F. 101 Nikolaus von Lyra 107 Norris, R. A. 43,52,54, 56 Novalis 191 Novatian 40 Oberman, H. A. 150 Ockham, W. von 17,123f., 203, 207f. Oesterreich, P. L. 103,117f. Oetinger, F. C. 191 Ohly, K. 110 Ohst, M. 16 Ökolampad, J. 132,139 Olevian, C. 255 Origenes 36,40,42,160 Osiander, J. A. 190 Osiander, Lucas der Ältere/1. 257,259 Osiander, Lucas der Jüngere/ Π. 4, 7, 294-296,299

309

Personen Pamphilus 80 Peirce, C. S. 32 Pelikan, J. 142f. Perikles 196 Pezel, Chr. 226, 257,264 Pfaff, C. M. 190,220,259 Pfaff, J. Chr. 187,295 Philipp von Hessen 137 Philoxenus von Mabbug 11 Pinborg, J. 99,103f. Piret, P. 87 Piaton 11,14,103,162f„ 187 Porphyrios 77,81 Pregitzer, J. U. 190,281 Prenter, R. 160,192 Pressel, T. 259 Proklus 10 Pseudo-Athanasius 44f., 72 Pseudo-Kyrill 38 Pyrrho 87,89f. Quenstedt, J. A. 218 Quintilian 4, 95-105,116f„ 123f. Raeder, S. 110 Rahner, K. 34,153 Richard, M. 62, 64,78 Rieger, H. 137 Rieske-Braun, U. 28,95 Ringleben, J. 95,101,107,112-114 Riou, A. 87 Ritsehl, A. 34,152 Rufin 42 Ruspensis, F. 195 Saarinen, R. 7, 95,101,108,110,113, 162,176f. Sattler, M. 266 Schegk, J. 256 Scheibler, Chr. 187 Schelling, F. W. J. 33,192 Schleiermacher, F. D. E. 3, 5,33,141, 186f. Schneckenburger, M. 189,196 Schnelle, U. 181 Schoedel, W. R. 142 Schreiner, L. 192 Schröder, R. 200 Schütz, L. 17 Schuler, G. 135 Schulze, M. 139,147,155

Schwarz, R. 18f., 120,197 Schwenckfeld, C. von 2, 4,35,133-138, 140f., 145-147,153,160f., 165-169, 179,183 Sedulius 183 Seebass, G. 4 Seinecker, N. 264 Sergius (Grammaticus) 67,84 Severus von Antiochien 12, 67, 78, 84 Sherwood, P. 92 Siddals, R. 66f„ 70 Siggins, D. K. 143f„ 156f„ 159f„ 165, 177 Soto, P. de 241 Spaemann, R. 31 Spalatin, G. 96 Sparn, W. 220 Stalin, J. 153 Steiger, J. A. 111 Stiefel, M. 137 Stöhr, J. 186 Storr, G. C. 189 Strauß, D. F. 33,192,216,218 Streiff, S. 19, 23,122f. Studer, B. 42 Tertullian 11,40,135 Thaumaturgos, G. 11 Theodor von Mopsuestia 43, 52-57, 62, 64,69,142 Theodoret 58, 62-65,67, 69-71,76, 79, 85 Theodosius 68,70 Theodot von Ankyra 73f., 76f. Thomas von Aquin 17,107,196,268 Thumm, Th. 4, 7,214,281,294-301 Thunberg, L. 86, 89, 93 Tillich, P. 34 Timann, J. 189,194 Torchia, J. 40 Torrance, I. R. 84 Torrance, Τ. F. 153 Troxler, I. P. V. 191 Trutvetter, J. 124 Tyorinoja, R. 151,162,176 Ulrich von Württemberg 135 Ursinus, Z. 226, 255 Vadian, J. 137 Valentin 139 Varwig, F. R. 99,104

310 Vermigli, P. Μ. Vico, G. 101 Vind, A. 3

Register 193, 241

Wabel, T. 95,113,120 Weigelt, H. 135-138 Weinandy, Th. 37,58, 66 Wellhausen, J. 217 Westphal, J. 189,194 White, G. 123f. Wigand, J. 264

Wilhelm IV., Landgraf von Kassel Wilhelm von Zell 135 Wilken, R. L. 40 Wingren, G. 144 Wittgenstein, L. 95 Wolff, J. 25,111 Wolfhart, B. 135

272

Zanchi, G. 291 Zwingli, H. 2,4,21, 29,114,130,132134,141f., 177,202, 210,216

311

Sachen

3. Sachen (Kursiv gesetzte Ziffern verweisen auf Anmerkungen)

Abendmahl Einsetzungsworte als logische Identitätsaussage 130 Einsetzungsworte als Synekdoche 130 Gabewort 25,30 Gemeinschaft des Leibes Christi 129 Kommen Christi im Sakrament 129,131 Abendmahlspromissio 26,30 Realpräsenz des Leibes Christi im A. 29,128,132,133,194,196,200, 213,215, 254, 259, 261 spiritualistische Deutung des A. 133,134 Stärkung des Glaubens im A. 129 Symbolpräsenz des Leibes Christi i m A . 132,133 W u n d e r des Abendmahls 127,129 Abendmahlslehre u n d Christologie 4, 21,24,29,130,132-135,152,175, 193,196, 237,254, 263 Abendmahlsschrift Luthers von 1528 3,4, 20,20,22,24,26,29, 30,132, 134,175,202-218, 251 Abendmahlsstreit 1,127-136,139,139, 188,190,241, 263,296 Acaciusbrief 62,65,66,68, 70, 70, 71, 84,88 Actus primus - actus secundus 255 Affekte 104,118,187,190 Affektion des Logos —»Jesus Christus Akosmismus 278,292 Alexandriner 46,58, 62,64, 69,73,169 alexandrinisch- antiochenischer Kompromiss 78 Alleinwirksamkeit 142

Alte Kirche 1,12 christologische Streitigkeiten der AK 1,14,37,39,42, 57, 75,84 Christologie der AK 2, 3, 5,6,10, 11, 22, 23,35-94 Gotteslehre der AK 11 Trinitätslehre der AK 7,16,48, 163f Ämter Christi Königsamt Christi 29, 299f Priesteramt Christi 29, 299f Prophetenamt Christi 29, Analogie 6,153,159,162f, 164,165,175 Analogielosigkeit des Christusgeschehens 19 Anakrasis (Gregor von Nyssa) 46, 47, 48 Anglikanismus 221-223 Anhypostasie 61, 80,157,220 Anthropologie 81,96,159,216f Anthropomorphismus 51 Antike 14,16,32,35, 86,96, 99,100, 101,103,103,104,109,110,124 Antilatomus von 1521 4,24,36, 97, lOlf,

106,108,109,110,111,111,

113f, 114,123,196 Antimetastasis tön onomatön (Aussagentausch) 49,50,52 Antiochener 12,17,52,59,60, 60,61, 62, 65, 67, 67, 70, 71, 72, 78, 79, 79, 141,141,142,142,143 alexandrinisch-antiochenischer Kompromiss 78 Dreigliederung christologischer Aussagen 59, 60f, 62, 63, 64, 67, 70, 89,89,90 kyrillisch-antiochenische Synthese 70

312 -

Sachen Naturensymmetrie 72 Unterscheidung von physis und prosöpon 60, 61,63, 64,78

vergemeinschaftlichte Aussagen über Christus 59,60, 61, 63, 70 Antiphilippismus 257 Apathie-Axiom 1 0 , 1 1 , 1 1 , 1 2 , 1 3 , 1 7 Apokalypse 51 Apolinarismus 13,42-46,50-53,58,6770,88

-

figurale B.

106-108

Typologie 11 Of Böhmische Brüder 128,130

-

Antiapolinarismus 4 7 , 4 8 , 5 7 , 5 9 , 60,72 apolinarischer Streit 42,57 Apostolikum 260 Arianismus 12, 40,45, 46,58 Antiarianismus 45,58, 60, 67 Assumptionstheorie 16, 23,53, 62,149, 172,172,286 Aufklärung 1 , 1 9 0 , 2 2 0 Beredsamkeit 96, 97,104f, 116 Bibel, Heilige Schrift 19, 21,26f, 41-45, 51-53,53, 5 5 , 5 8 , 5 9 , 63, 65,69f, 74f, 78f, 83, 89,94, 95,96, 98,106-111, 114,117f, 118,122,132,142,144, 146-150,148,155,157,160,176,178, 182,185,186f, 196,202,206, 215f, 232f, 2 3 9 , 2 4 1 , 2 5 0 , 2 4 6 t 263,265, 274,298f -

Autorität der Schrift 239

-

dyophysitische Aufteilung biblischer Aussagen 4 5 , 5 2 , 5 9 Geist und Schrift 122,146f, 171f

-

Chalkedon, Chalkedonense 3,13, 23, 17, 2 3 , 3 6 , 3 7 , 3 9 , 5 6 , 5 7 , 5 8 , 61, 62, 64, 75-86, 89-91,94,142,143,143, 144,145,147,147,151,167,169, 207, 242 -

-

Neuchalkedonismus (Neo-Chalcedonianism) 12,78, 78,94,143,143, 153,169 nachchalkedon(ens)ische Theologie 14,37,39, 72, 7 8 , 8 0 vorchalkedon(ens)ische Theologie 37,39, 94

Christologie Ch. der AK - » A l t e Kirche -

Aufgabe der Ch.

-

Ch. als Bekenntnis des Glaubens 214

-

beneficia-Christologie 33 christologische Definitionensammlungen 78

-

Dreigliederung christologischer Aussagen —» Antiochener Einheitschristologie 4 2 , 4 3 , 4 4 Christologische Gleichnisse und Vergleiche 27, 88,145,169f, 172f, 175,232f, 274 Ch. als Grundlage der Theologie 119

-

11,115,122,

175

-

Königschristologie (Heshusen) Manifestationschristologie 34

266

-

Hermeneutik der B. —• Hermeneutik

-

Ch. zwischen trinitarischer Gotteslehre und Soteriologie 29

-

biblische Niedrigkeitsaussagen —• Niedrigkeitsaussagen

-

Ch. der Niedrigkeit Gottes 21 Panchristologie 93

-

biblische Paradoxalaussagen —> Paradoxale Rede

-

paradoxale christol. Rede —> Paradoxale Rede

-

Schriftpositivismus 85 Schrift und Tradition 149,170,179

-

Ch. und Schöpfungslehre 242 Christologisches simul 216 Ch. und Soteriologie lf, 5, 7-9, 9, 10,21-23,23,26,28f, 3 2 , 4 6 , 5 7 , 72f, 93,217f

-

Ch. und Soteriologie als Zentrum der Theologie 21

Vorrang der Schrift 149 Bibelauslegung 27,96,145,147-149, 178,198 allegorische B. HOf dihäretische B. 93

313

Sachen -

christol. Transsignifikation 2 Ubiquitätschristologie Luthers 4, 218 Urbildchristologie, geschichtliche 33 Urbildchristologie, rationale 33 Ch. als Zeugnis 151 Zwei-Naturen-Christologie —> Zweinaturenlehre Christusereignis 2 , 1 9 Commercium admirabile —> Fröhlicher Wechsel Communicatio idiomatum 2 , 3 , 5 , 1 0 , 1 2 , 1 2 , 1 4 , 1 4 , 1 6 , 2 0 , 26,36,37,38, 63, 64,65, 79, 81, 86,90,119,140141,141, 142,143,150,153-156,156, 167,177,181,201,242f Ablehnung der c. id. 65 -

-

-

-

-

als Anteilgabe und Anteilnahme —> Personeinheit als antendeixis 86 (anti-)monergetische c. id. 86, 87, 88 als antönomasia 86 Begriffsgeschichte 39, 45, 72-78, 85 Beschränkung der c. id. 65, 68, 258,259f c. id. als Beziehungsgeschehen 31 c. id. als christologischer Maßstab 151,191f c. id. als christologisches Zentrum 7 , 2 3 , 2 3 , 3 1 , 3 3 , 4 0 , 78-80,86,93,94 c. id. als doppelte Bestimmtheit der Person 229 c. id. als gegenseitige Durchdringung (Perichorese) 15, 43,44, 84,90,153,153 Konkretheit der c. id. 33,34,158 als metaklesis 86 c. id. als Mitteilung der Eigentümlichkeiten 15,31,38,44, 47,49, 63, 65, 73, 75, 75, 81-85, 88, 91,197, 224,226, 230-233, 237,242, 268-270,274f, 283,285,289,301 c. id. als Mitteilung der energetischen Idiome 289f, 301 c. id. als essentiell-physische Mitteilung 274

-

-

c. id. als funktionales Geschehen 199, 202,233, 235,268 c. id. als gegenseitiges Mitteilen 242 genera der c. id. 229-241,259, 281 genus majestaticum 132, 253, 233 genus tapeinotikon 132 c. id. als Mitteilung der Gnadengaben 221 Inkommunikabilität der göttlichen Ehre 43,69 Inkommunikabilität des göttlichen Namens 43 c. id. als Kommunikationsvorgang 29,31, 32

-

Möglichkeit der c. id. 82, 83 Austausch der Naturen 79 c . id. als neues Dogma 7, 23,24, 30,30 c. id. als Partizipation 43,48,53, 53,66,91,93, 245,254 Perichorese —> Durchdringung c. id. personalis 275 c. id. realis 268 Relevanz der c. id. 80 reziproke c. id. 73, 75-77, 85, 93 c. id. als rhetorische Figur (verbale c. id.) 224-226,227,267 soteriologischer Aspekt der c. id. 30,72, 73,93,119,153,177,233,235 Sprachlichkeit der c. id. 33,34 c. id. als symmetrischer Austausch 17 c. id. als synekdochischer Namentausch 86 Vernachlässigung der c. id. 1 c. id. als Weltenthebung 273, 277, 286 c. id. als Zusammenwirken 231 Concreta - abstracta 3 , 1 4 , 3 6 , 3 7 , 3 8 , 39,40,46,46,54,57-72, 74, 78, 79, 80, 94,156,157,157,158,159,177, 225, 230,282f Confessio Augustana 207,260, 264 Consensus Orthodoxorum orthodoxus in Loco de Christo von 1694 189 Decisio von 1624 295 Dialektische Theologie 5

314 negative Dialektik 6 Paradoxchristologie 5 , 6 sie et non 6 Disputatio de humanitate et divinitate Luthers (1540) 1,3, 4 , 1 0 , 1 4 , 1 8 , 2 0 , 31,33,35,36,43,120,125,136-185, 205 Entstehung 136 Disputation Luthers über Joh 1,14 (1539) 1,19,24,120-122,122 distinetio rationis —> Personeinheit Divisio vocum 44,52,58, 59,60,61 Doketismus 4,11,13,16,132,139,140142,144,165,169,178,180-181, 201 Antidoketismus 47,143,181,181 Doxologie 1 Durchdringung —> Communicatio idiomatum Dyophysitismus 43,45, 62

Sachen

Fides catholica 3, 7,10, 23,36, 37, 94, 143-145,147,148-150,179,181 Finnische Lutherforschung 2, 7, 7, 95 Formulae loquendi 36,145,148-150, 176,177 Franziskaner 17 Freiheitstraktat Luthers 8, 27 Fröhlicher Wechsel 8,26, 27,30, 72, 92,143,149,151,153,154 als Ortsveränderung 9 binnenchristologisch 77 Frömmigkeit 98,190,239 Fr. des Denkens 19,20 individuelle Fr. 8 „Garstiger Graben" (Lessing) 216 Gegenwart Gottes/Christi -

Einwohnung 46,54,56,196, 261 Ehre Gottes 73,140,155,159,164,168, 200,221 Ehre Christi 140,140,144,163 Ehrenthron 190 Inkommunikabilität der E. G.s 43, 69,195 „unehrliche" E. G.s 200f Ekklesiologie 8 Empirismus/empiristisch 217 Enhypostasie 80,220 Ephesus, Konzil von 57,73, 77,85,147 Epikuräer 271

-

Epilysis (des Leontius von Byzanz) 75, 80, 81-83 Eranistes (des Theodoret) 62, 63, 64, 65, 67, 71, 76 Erkenntnistheoretischer Vorrang 178f, 179 Eschatologie 8,140,151,173,181,217, 237

-

Est - significat 30,114,154,164,180 Evangelium 25, 41, 86,126, 211, 217, 219 Ev. als Geheimnis 120f Gesetz und Evangelium —> Gesetz Extra Lutheranum 215, 254

-

-

-

-

äußere Ggw. der beiden Naturen Christi 297 Beschränkung der Ggw. der Menschheit Christi auf die Kirche —»Ubiquität circumskriptive Ggw. 132,208, 211-213 definitive bzw. diffinitive Ggw. 132,208f, 211-213 Diastase zwischen der Ggw. der Menschheit Christi am Ort und der Ggw. Christi im Logos 272, 279, 284,285,286, 292 Gleichgegenwart von Gott und Mensch 212 Vier Grade der Ggw. (Melanchthon) 223 innere Ggw. der beiden Naturen Christi 283,297 Ggw. am Ort 206-209, 248, 272, 273,279,294 partikulare Ggw. 194 Ggw. Christi in Predigt und Sakrament 33 Realpräsenz des Leibes Christi im Abendmahl —> Abendmahl repletive Ggw. 132,208f, 212f, 218 schenkende Ggw. 245

315

Sachen -

Symbolpräsenz des Leibes Christi im A. —* Abendmahl Gericht 51,54,106,233,235, 237,242 Gericht und Gnade 106,108,109 Geschichte 119,150,263 Altkirchliche Dogmengeschichte 15,25,141 Christologiegeschichte 35 forensisches Bild der G. 150f Geschichte Jesu 149,153f, 156f, 159,180 Kirchengeschichte 139 (Un-)Heilsgeschichte 27 Weltgeschichte 155 Gesetz Gottes 92,106f, 110,112,126, 188, 200, 208 Gesetz und Evangelium 106,119,188 Gießen-Tübinger Streit 266,295 Glaube 1,10,32,118,120,126,209, 218,220,278 Gl. und Abendmahl 129,134 christologische Aussagen als Bekenntnisse des Gl. 214 Blick des Glaubens 278 Gl. an Christus 112,149,177,266 fides quaerens intellectum 149 Freiheit des Gl. 8 Glaubensgehorsam des Theologen 232 Leben im Glauben 217,219 Glaube und Lehre 190 sola fide 16,133 Gl. und Vernunft 19f, 114,117f, 120,127,158,163,172, 215 Wahrheit des Glaubens 207,212 Gott - Affektlosigkeit G.s 11 Allgegenwart G.s —»Ubiquität Allmacht G.s 8,17,21,118,126, 141,186,191,194,197,209, 258-261, 264f, 269f, 274, 281, 284f, 290f, 301 -

G. an sich 12 Barmherzigkeit G.s 29 Betroffenheit G.s 187 deus corporeus/deus incarnatus 188,195,197f, 205,218 deus nudus und homo nudus 29

-

Deus pro nobis 12,16,22,32 Ehre G.s —» Ehre Gottes Eigenschaften G.s 5 Einheit G.s 2,17 Freiheit G.s 82,187 Gegenwart G.s —» Gegenwart Gottes

-

gekreuzigter G. 2 Gnade G.s 92,93,106,108,109, 112,119,126,150, 219 Hingabe G.s 26,188,192,218 Identifikation G.s mit den Erwählten 187 Leiden G.s in Christus 12 Leidensunfähigkeit G.s 10,11,11, 15, 22, 41, 42, 44, 50, 63, 65, 79, 84, 155,163,187,197,201, 219, 244,262, 266,270 Kommen G.s zum Tode 11 Menschenfreundlichkeit G.s 28 Mitsein G.s 188 Neubestimmung Gottes durch Christus 22,219

-

-

-

Niedrigkeit G.s 21 Rede von G. 175 als res ineffabilis 210,290 Selbsterniedrigung G.s 27 Selbsthingabe G.s 28 Tod Gottes 1, 14, 25, 26, 205, 230 Transzendenz G.s 1 , 2 Überweltlichkeit G.s 10 Unendlichkeit G.s 2f, 187 Unermesslichkeit G.s 187 Unnahbarkeit G.s 10 Unsterblichkeit G.s 41,50 Unveränderlichkeit G.s 10,17, 144,155,187,197, 244,275 Verborgenheit G.s 188 Vermenschlichung G.s 92,93 Welttranszendenz G.s 215 Weltüberlegenheit G.s 2 Wille Gottes 246 Zorn G.s 106,126 Gotteslehre 8 , 2 1 , 2 9 Gnesiolutheraner 262f Grammatik

316

Sachen

-

figurative Gr. 124 Gr. des Heiligen Geistes 20 Logik und Gr. 115f, 115,146,146 präzeptive Gr. 124 prohibitive Gr. 124 Gr. und Sinn 146,150

-

Theologie als Gr.

—»Theologie

Habitustheorie 17 Heidelberger Disputation von 1518 6, 126,163 Heidelberger Katechismus 220 Heidentum 43 Heilsgewißheit 6 , 9 , 3 0 Hermeneutik -

der Bibel 117,145,147-149,178 Dogmenhermeneutik 76 von Kirchenväteraussagen 35, 136,145,147-149 hermeneutischer Zirkel von Schrift und Tradition 149,170 Himmelfahrt Christi 30,51, 222,236, 248,269, 280,292f Hoheitssaussagen über den irdischen Jesus 4 5 , 4 8 , 5 0 , 5 4 , 5 5 , 5 8 , 5 9 , 6 0 , 64,69, 74 -

als Antizipation der Auferstehungsherrlichkeit 48,55 Homoousie, Homoousios 12,36,153 Hypostasenbegriff 18, 48, 66,81 Hypostatische Einheit Christi 15,38f, 75, 77,80, 82,84, 88,91,140,142, 153,154,167,174,2271,237,238, 243,244,249,250,275f, 277,286, 288,293,296, 298, s. weiter — Personeinheit Idealismus 216 Idiomenkommunikation —• Communicatio idiomatum Idiomenmischung 69,70, 74,88 Inkarnation 16,18-22,22, 27f, 33,37, 43, 4 4 , 4 5 , 4 6 , 5 0 , 5 6 , 5 8 , 6 8 , 88,121, 124-127,133,135,139,140,142,151160,151,161,164,168-170,173-177, 174, 179,188f, 197,199,203,204, 212,214, 218,219, 228, 231, 238, 247,

248, 250,261, 268,272,276, 278,281, 286,300 Innerlichkeit 8 Jesus Christus Affektion der Gottheit Christi 41, 42,44,47, 79, 84,143,187, 244 Allmacht Christi 8 Ämter Christi —» Ämter Christi Auferweckung Jesu 25,55 beneficia Christi 5, 219 Christusindividuum 2 als concretum universale 33 Deus corporeus —• Gott Dienst Christi 126 Ehre Christi —> Ehre Einheit von Person und Werk Christi 125 Einheit von Gottheit und Menschheit in der Person Christi —> Personeinheit -

-

-

als Fluch 51,158,159 Gehorsam Christi 152,153,154 Gerechtigkeit Christi 8 Glaube an Christus 112 Heil in Christus 112,113 als Herr 300 als Herr und Knecht —>Personeinheit homo deificatus —> Theosis im Himmel und im Sakrament 129 Identität von Amt und Werk 29 Identität von Person und Werk 32,32 Jesuolatrie 143 kata sarka (historischer Jesus) 51, 55 Kreatürlichkeit Christi 135 kosmischer Christus 34 Leib Christi —» Leib Christi der leidende Christus 129, Ϊ29 als logos asarkos/ensarkos 143, 156,203,243 Menschheit Christi —» Menschheit Christi als Neuer Adam als neue Kreatur

159,164-166,173 150,165f

317

Sachen -

-

Niedrigkeitsaussagen über Christus —»Niedrigkeitsaussagen ökonomische Selbstbegrenzung des Logos 66 als Opfer (sacrificium) 159 als res ineffabilis 49,121,204,220 als Retter 300 als Schöpfer und Geschöpf —»Personeinheit Christi Selbsthingabe Christi 72,285 status Christi —> Status Christi als Sünde 107-113,113,118,154, 173 Sündlosigkeit 8,87,159,136,166 Theosis (deificatio) —»Theosis Unsterblichkeit Christi 8 als Versöhner 152,153,159 Weisheit Christi 234 Weltfreiheit des Logos 273 Weltgegenwart des Logos 272f als Wort Gottes 119 als zeitlose Kontinuität 111

Kappadokier 48,78,81 Kategorienlehre des Aristoteles 67 Kausalität 266 Kirchenväter 11, 94,142,142,157,180, 267, s.a. - » Alte Kirche -

Autorität der K. 35, 241 Hermeneutik von Kirchenväteraussagen —» Hermeneutik Kirchliche Praxis 190 Klage und Lob 25 Kleiner Katechismus 147 Konkordienformel 4,239,257,260-267,281

-

Apologie der Konkordienformel 264,265, 266 Konzil von Konstantinopel 553 10 Kosmologie K. und Ontologie als extensive Christologie 91 kosmischer Prozess der Vermittlung 91 kosmische Schlacht 150,152,178, 180 K. und Soteriologie 216, 218 Krypsis/Kenosis 298-301

Kryptocalvinisten 226f, 256, 263 Kulturprotestantismus 6 Laetantur-Brief des Kyrill 59 Leib Christi corpus animale - corpus spirituale 248f -

corpus gloriosum 51,236f, 269 funktionale Gegenwart des L. Chr. 259,261 geistlicher und natürlicher Leib Christi 128 L. Chr. als massa humanae naturae 213f Multiplikation des L. Chr. 251 Realpräsenz des Leibes Christi im Abendmahl —• Abendmahl Weltjenseitigkeit des Leibes Christi 251 Liber Heraclidis 61, 64, 67, 85 Lutherische Orthodoxie 2 Lutherrenaissance 5 Marcionismus 206, 214 Materialismus 50, 210, 291 Maulbronner Formel von 1576 259, 261,297 Maulbronner Kolloquium von 1564 255 Mehrdeutigkeit (equivocation) 19, 144, 145,161,167,172,176 Menschheit Christi 126,135,158 Abhängigkeit der M. Chr. —> Personeinheit Christi Allmacht der M. Chr. 126,191, 258,261,265,269, 270,274,281,284, 285,301 -

-

Beschränkung der Gegenwart der M. Chr. auf die Kirche —»Ubiquität doppelte Bestimmtheit der Gegenwart der M. Chr. 298 Gaben an die M. Chr. 233-235 Herrschaft der M. Chr. 234 instrumentale Beanspruchung der M. Chr. für das Erlösungswerk 273 Integrität der M. Chr. 51

318 -

Register

Majestät der Μ. Chr. 189,218, 246, 250, 254,284 - Ubiquität der M. Chr. —» Ubiquität - Unsterblichkeit der Menschheit Christi 301 - Weltenthobenheit der M. Chr. 273, 277,286 Weltgegenwart der M. Chr. 240, 250,252, 258, 261,271, 276f, 286,296 - Wissen und Weisheit der M. Chr. 234f Metapher 95,97,100,102f, 105-109, 114,114,118,122f - christologische Gleichnisse und Vergleiche —»Christologie - Christusprädikate als bloße M. 50 - als eigentliche/uneigentliche Rede 95,100, lOOf, 103 - gereinigte M. 170 - katachretische M. 101 - Metapherntheorie, antike lOOf, 102 Metapherntheorie, lutherische 4 - Metapherntheorie, moderne lOOf, 123 - metaphora rerum 111-113 - ontische Relevanz der M. 113 - Realmetapher 108,112,113,113, 118 - wechselseitige M. (interaction m.) 172f Metaphysik 2,10,14,17,34, 94, 244, 155,160,162f, 167,187, 200,294 - Substanzmetaphysik 32 Mittelalter 1-3,17,31,94, 99,101,110, 123t 204 Modalismus 11,126,153 Moderne 2,3 - Leidfrage als Zentrum der M. 14 - moderne Metapherntheorie —• Metapher Monophysitismus 4,15,16, 62,67, 73, 75-77, 80-84,86,86,91,133,139,140, 142,144,166,169,179-180,195,201 - Antimonophysitismus 82,84,86, 89,89, 91, dynamischer M. 166 - monophysitische Soteriologie 169

Monotheletismus

87,88

Natur und Gnade 235 Naturverständnis - abstraktes N. 61, 64, 70, 71,80 - konkretes N. 64 Nestorianismus 15,62, 64, 71, 73, 73, 75, 76, 80,83, 85, 86,91,157, 299 - Antinestorianismus 60,73, 85,86, 91

- Neo-Nestorianismus 252 - nestorianischer Streit 57 Neuprotestantismus 8,16 Neuzeit 1,2,25,33 Nicänum 11, 64, 74,147,153 Niedrigkeitsaussagen über Christus 40,41,44,50,52,58,59,60, 64,67, 69 Nominalismus 19,123,162f, 172,174, 197,201,208,211, 213 Nulla-proportio-Axiom (strikte Unterscheidung Schöpfer Geschöpf) 1,16,53,155,162,164, 200,245,247,275,298 Ockhamismus 19,207f - Christologie des O. 174 pseudo-ockhamistisches Centiloquium 22 Ökumene 7,153,181 Ontologie, ontologisch 7,38,44, 57, 67, 77, 80, 81,84, 84,113,154,168,172, 172,173,207,211,222,249,251,266, 295,296 - dualistisch-ontologisch 252 - empiristische O. 217 - extraontologisch 175 - identitätsontologisch 269 - Kosmologie und O. —> · Kosmologie - Relationsontologie 31,32 - transontologisch 173,176 - wertontologisch 211 Operationes in Psalmos Luther 25,95, 97,108,110 Opus proprium und opus alienum 108 Ostkirche 7 Origenistisch 9, 76, 91

319

Sachen antiorigenistisch 92 Pantheismus 92 Paradoxale Rede 1, 2,5, 39,42,43,46, 49,51,52,54-57, 69, 77, 85,86,90, 121,140,156,157,165,168,171,172, 175,176, 211, 214, 217, 252, 299 als uneigentliche Rede 89, 90 Patripassianismus 11, 204, s.a. —»Gott Antipatripassianismus 14 Performative Rede 117 Perichorese - Communicatio idiomatum als Perichorese —»Communicatio idiomatum von Geist und Wort in der Theologie Luthers 171 Per se - per accidens 66 Personeinheit der zwei Naturen Christi 9 , 1 0 , 3 0 , 3 6 , 54,125-127,152,153, 154,165,170,197,199,202f, 215, 219,249,258,261,296,298 als Abhängigkeitsverhältnis 221, 224,226,266, 271,273 als akzidentielle Einheit 17,45,66f, 81,289 Alleosis 177,202 als Aneignung und Aufhebung menschlicher Widerfahrnisse 41 -

-

-

als Anteilgabe und Anteilnahme 15,17,53, 85,219, 229, 238, 266,269, 275, 281,301 Aussagentausch —» Antimetastasis tön onomatön Christus als Herr und Knecht 32 Unterscheidung von concreta und abstracta —> concreta - abstracta distinctio rationis der Naturen 47, 50,61,64, 68, 71,72, 73, 74, 80,82 doppelte Verkündigung Christi 41,45 als Durchdringung —> Communicatio idiomatum Entsprechung von pragma und onoma 65 Unterscheidung von Gottheit und Menschheit 3941,67,67,68,86-88,126

-

-

-

Identifikation der Person mit den beiden Naturen 87 ineffabilis relatio 220 als kombinierte Einheit 230,238 als Kommunikationsgeschehen 29, 31-33 als Namenseinheit 42-44,52, 70 naqifutha (Verbindung) 55, 57 Unterscheidung von Natur und Hypostase 38f, 79-81,90 als Neuerung der Naturen (kainotomia der physeis) 87 als ökonomische Einung 68f als partizipative Einheit —> Communicatio idiomatum als permanentes Geschehen 274 als Prozess der Erhöhung 48, 82 Realdistinktion der beiden Naturen 80 Christus als Schöpfer und Geschöpf (as Creator and creature) 1,21,31f, 53,121, 144,145,147,154,156,158, 159,161-164,166-168,174,177,188, 218f, 245,254 Subjektdualität 68 suppositale Union 18,195,197,202, 220,223,227f, 242,268f, 271,273 terminus a quo 68, 197, 204, 230, 282f terminus ad quem 197 terminus in quo 269 als theandrische Energie 87, 90 als theandrischer Wille 87 als ungetrennte Einheit 83,246,249, 250,266,267,272,282,297,299,300 unio formalis 204 Unvermischtheit der Naturen 63, 75f, 82f, 85, 88, 274 als Verflechtung der Naturen 87 als wechselseitiger Zustandsaustausch 92,92 als Willenseinheit 91,93 als Einheit der Würde 91 als zusammengesetzte Einheit 42 Zweiheit (der Naturen) Christi 36, 49,50,52, 60, 60,65,84 Zweiheit der Namen Christi 52

320 Philosophie 1,16,18, 23,33,38,47, 95, 118,122,144,151,156-158,175f, 180f, 191,192,201,211, 216,223, 245,280 Ph. und Rhetorik —»Rhetorik Sprachphilosophie 3t, 31f, 61, 74, 95, Ph. und Theologie —» Theologie Physis - prosöpon —> Antiochener Piatonismus, platonisch 11, 50,51,52, 92,104,105,116,162f, 187, 252, 254 pl. Gottesbegriff 11,14 Neuplatonismus 81 Poesie 191 Poietologie 32 Praesentia intima 188,215,238, 272, 276, 280, 284-288,293,297 Prolegomena 6 Promissio 24,26, 29-31,237 Pseudokyrillischer Traktat 38 Quedlinburger Kolloquium von 1583 264 „Räubersynode" von Ephesus 449 64 Rechtfertigung 8,16, 24,29 Rechtfertigungslehre 1,30,134,190 Reformation, reformatorisch 2 , 3 , 1 6 , 21,24,25,32,117,135,150,295 -

ref. Abendmahlsverständnis-ref. Christologie 24 ref. Umbruch in Luthers Theologie 24 Spätreformation 241 Rhetorik antike Rh. 96,97, 99,100/, 102,103, 104,109 der Asianer 104 der Attizisten 104 rhetorische Gattungen 104f Inhalt und Vermittlung 103,103 Klarheit der Rede (perspicuitas) 99,100,103,105 Rh. und Bibelexegese 96,97 Rh. und Dialektik 103f Rh. und Frömmigkeit 98 Rh. und Philosophie 103,116

Sachen -

Rh. und Wort Gottes 118 natura - ars - usus 99f, 99, 109, 117 rhetorischer Naturbegriff 99 rhetorische Praxis 104 ratio und sermo 103,118 Schönheit der Rede/geschmückte Rede 100,105,116,123 sermo und oratio 104 Wahrheit und Wahrscheinlichkeit 116 Rhetorische Figuren 95-124 allegoria rerum 108 Allegorie, hermeneutische HOf, 110 rh. F. der Alltagssprache 117 Aussagenvielfalt durch rh. F. 98 Metapher —» Metapher primäre Bedeutung und übertragene Bedeutung (significatio propria und significatio translata) 97, 98, 99,100,101,102,105,107, 108,109,110,113,115,121 -

in der Schrift 106-108,117 rh. F. als Seinsaussagen 114 Synekdoche 76,86, 97,106,108f, 108,114,114,115,130 Tropen und Figuren 101, 102,102, 114,114 Typologie 110-113,112, Verhältnis zwischen res und verba 99 zeitlose Bedeutung und zeitliche Bewegung 111-113,112

Zweck der rh. F. 97f, 114,116 Ritschischule 5 Römisch-Katholische Kirche 7 Scholastik 1 0 , 1 3 , 1 8 , 1 8 , 1 9 , 1 9 , 20-23, 23,33 Abendmahlslehre der Sch. 127 Christologie der Sch. 23, 94, 196, 237,267 scholastisch-monistisches Wissenschaftsideal 20 Spätscholastik 2 , 9 4 Schöpfungslehre 32,198, 211, 242

321

Sachen Schrift, Heilige Bibel Schwäbisch-Sächsische Konkordie von 1576 259,261 Schwäbische Konkordie von 1574 258 Schwärmer 2 , 4 , 1 1 4 f Semi-Calvinismus 267 Semiotik 32 Simul peccator et iustus 216f Sophisten 20,103,129-131, 208f Soteriologie 10,13,23,26,28f, 57, 72f, 75-77,93,159,166,174,177,181, 187,196, 216, 218,233,235, 246f, 254, 296 -

S. und Christologie —» Christologie S. und Kosmologie —> Kosmologie monophysitische S. —»Monophysitismus Sozinianismus 295 Spiritualismus 10,126,129,134,136, 207,210, 260,272,278f, 284, 297 Sprache 20,100,115-117,120,124, 164f, 177 Alltagssprache 115,117 alte und neue Spr. 2 , 1 9 , 2 1 , 2 3 , 31f, 121,145,147,150,155,160f, 163f, 171f, 180,183, 200 -

Aufgaben der Spr. 105 Bildersprache 104 Einfalt der Spr. 130f göttliche und menschliche Sprache 117

-

hymnische Sprache 1, 26,211,280 Spr. als Wesensmerkmal des Menschen 103 Spr. der Lehre 301 Lücken der Spr. 105,116 mediale und instrumentelle Spr. 122 mediale Spr. und metaphorische Rede 122f Predigtsprache 51,205 schöpferischer Charakter der Spr. 116 sinnliche Sprache 203 Sprechgewohnheit 115,124 Sprachfähigkeit 118 Sprachlosigkeit 175

-

-

-

Sprachphilosophie —»Sprachphilosophie stoische Sprachlehre 99 Spr. der Theologie 21, 120f, 145, 150, 155, 163, 171f, 176, 176, 177 verwirrte Spr. 157 virtus sermonis und sensus 223 Spr. als Zeichen 33 Stände (status) Christi 239f, 273 Auferstehung 9, 132,161, 270 Erniedrigung (exinanitio) 48,55, 132,145,153,161,166,199,219,228, 235, 265,266,270,275,276,277,284, 285,287,299,300,301,55 -

Erhöhung (exaltatio) 48, 50, 55, 56, 132,145,166,180,199,219, 235,261, 277, 279, 290, 293,296

Stoizismus 67,104 stoische Ethik 11 st. Naturbegriff 99 stoische Sprachlehre 99 Stuttgarter Bekenntnis von 1559 220 Subsistenztheorie 16-18 Summa Theologiae 17 Sünde 9, 14,107-119,126, 159, 208,242 Sündlosigkeit Christi —> Jesus Christus Christus als S. —> Jesus Christus Erbsünde bzw. Ursünde (peccatum originale) 23,133,165,167 -

Reinigung von Sünden 233, 235 Vergebung der S. 24,112,149,247, 299 Verzerrung der Wahrnehmung durch S. 172 Wurzel der S. 167 Suppositale Union —• Personeinheit Christi Supranaturalismus 216f, 224, 237, 239, 246,266, 267, 272, 276 Symbole, alttestamentliche 108,112 Synekdoche —> Rhetorische Figuren Synergie 56, 66 Teufel 9 , 2 8 , 2 8 , 3 0 Theismus 25,223

322

Register

Theologie th. crucis 6, 6,140,163 th. crucis als Erkenntnisprinzip 6, 6 existential-psychologische Th. 33 th. gloriae 155,181 Th. als Grammatik des Heiligen Geistes aus der Schrift 146f, 171f, 176 Leidenstheologie 129 Th. der Märtyrer 181 als menschliche Aufgabe 171,176 Natürliche Theologie 156,157,163 negative Th. 162f Theologie und Ökonomie 67 Philosophie und Th. 16,19-21,22, 120f, 127,145,147,151,156,158, 160-162, 164, 168, 171-173, 176f, 245 -

spekulative Th. 1,33,91, 93, 94, 125,126,189,192,280,300 Sprache der Th. —» Sprache Tod-Gottes-Theologie 1 Theologiegeschichtsschreibung 2 Theopaschismus 1 0 , 1 1 , 1 1 , 1 2 , 1 3 , 1 3 , 14,14,22,37,63,201, s.a. Gott Theosis (Vergottung, deificatio) der Glaubenden 91, 93,134, J59, 217 Christus als homo deificatus 30, 47, 48,50,92,135,166,140,159,166, 188,197f, 204f, 218,258, 267 Vergottung Christi als Prozess 50 trinitarische Th. 159,159 Theotokos 37,56,59, 64, 64, 71 Tomus Leonis 15,52 Totum pro parte 90 Transsubstantiationslehre 127 Trinität 1 0 , 1 4 , 1 6 , 1 8 , 2 2 , 2 8 , 3 1 , 3 8 , 78, -

114,143 trinitarische Gotteslehre 29,224 trinitarische Immanenz 28 trinitarischer Personalismus 153, 171 Tr. als Realmetapher 114 Tr. als Sprachgeschehen 28 trinitarische Theosis —»Theosis

Trinitätslehre 7 , 1 4 , 1 6 , 2 1 , 2 4 , 4 8 , 87, 119,123,179,181 Tr.lehre der Alten Kirche —» Alte Kirche Trinitarianismus Augustins 163f mittelalterliche Tr.lehre 123 Trishagion-Streit 14 Tübinger Christologie 187,190, 269, 295,284,294,298 Gießen-Tübinger Streit —> GießenTübinger Streit Tübinger Kolloquium von 1535 135 Ubiquität 130,132,139, 180f, 186-301 -

-

-

152,153,154,

Ub. und Abendmahl 280 Ub. als Allmacht 186 analytische Ub. 282 Ub. als reine Anwesenheit 187 ubiquitäre Christuserkenntnis 262 energetische Unendlichkeit Christi 222f, 291 Entstehung des Begriffs 192-196 geisthafte Unendlichkeit G.s 210 generalis ub. 290 Gott über und außer allen Kreaturen 211,215 Ub. als Handlung 187,294 Ub. als Hingabe G.s 188 Ub. und Inkarnation 198 ubiquitas localis 253 Ub. der Menschheit Christi 29,30, 191, 211-213, 217,247, 253, 258,259, 265, 267,270,281,282,283, 285 ??? Ub. der Menschheit Christi in der Beschränkung auf die Kirche 258, 260,265,280, 283,287 Ub. als Nichtabständigkeit 186 Ub. des Nichts 218,294 ub. personalis 253 ub. repletiva 253 Ub. und Schöpfungslehre 198, 211 Ub. als Selbstverhältnis 291 substantielle Ub. 291, 296, 297 synthetische Ub. 282 Ub. als Verwicklung Gottes mit dem Elend der Welt 201

Sachen -

Vorrang der Ubiquitätslehre 189-192,301

188,

reduktionistische Ub. 236 Unfreier Wille 8,30 Union von 433 59, 62, 63, 64,65, 70, 71 Vergemeinschaftlichte Aussagen über Christus —• Antiochener Vermenschlichung Gottes —» Gott: Vermenschlichung Gottes Vernunft 20,20,31,44, 68,70, 92,99, 103,115-120,199, 214, 219,235,298f Glaube und V. 118,120,215 göttliche V. 92 sophistische V. 131 Wort Gottes und V. 119,127

323 Versöhnung 143,145,155,159,219, 300 Weisheit 103,116,221, 234f, 246,270, 281,290 W. Christi —»Jesus Christus Wittenberger Katechismus von 1571 257 Zweinaturenlehre 5, 7, 8, 9,13,14,119, 128 Z. und geschichtlicher Christus 12 subjektivitätstheoretische Uminterpretation der Z. 3 Zwei-Naturen-Christologie 1, 2,3, 26