Controlling [aktualisierte und erweiterte Auflage] 9783486843026, 9783486582468

Das vorliegende Lehrbuch hat eine bewährte Grundsystematik: Es werden die Konzeptionen und Instrumente auf den Ebenen de

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Controlling [aktualisierte und erweiterte Auflage]
 9783486843026, 9783486582468

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Controlling von Professor

Dr. Lothar Hans und Professor

Dr. Volker Warschburger

3., aktualisierte und erweiterte Auflage

Oldenbourg Verlag München

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

© 2009 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, [email protected] Herstellung: Anna Grosser Coverentwurf: Kochan & Partner, München Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Druck: Grafik + Druck, München Bindung: Thomas Buchbinderei GmbH, Augsburg ISBN 978-3-486-58246-8

Vorwort zur 3. Auflage Der Einsatz der Controlling-Konzeption zur Erfüllung der Führungsaufgaben in Unternehmen hat sich weiter verbreitet und verfestigt; dies betrifft sowohl die institutionale als auch die funktionale Dimension des Controllings. Auf der institutionalen Ebene ist zum einen der zunehmende Einsatz in kleineren und mittleren Unternehmen festzustellen, der von wissenschaftlicher Seite durch die Bereitstellung eines auf diesen Unternehmenstyp zugeschnittenen Instrumentariums begleitet wird. Zum anderen wird Controlling im Rahmen des „Neuen Verwaltungsmanagements" verbreitet in öffentlichen Verwaltungen eingeführt, um die Zielsetzung der Verbesserung von Effektivität und Effizienz des Verwaltungshandelns zu realisieren. Auf der funktionalen Ebene werden Spezialisierungen der Controlling-Tätigkeiten diskutiert und auch praktisch realisiert, z.B. die Konzeption eines spezifischen Vertriebs-, Produktions-, Logistik- oder Datenverarbeitungscontrollings, wobei die allgemeinen Controlling-Methoden und Instrumente auf den Einsatz in dem spezifischen Ausschnitt der betrieblichen Arbeitsteilung angepasst und ergänzt werden. Neben diesen Tendenzen hat die betriebswirtschaftliche Forschung die einschlägigen Methoden, die vom Controlling zur Erfüllung seiner Aufgaben eingesetzt werden, weiterentwickelt, auch sind neue Management-Techniken vorgeschlagen und in der fachlichen Diskussion hinsichtlich ihrer Eignung untersucht worden. Einige dieser Instrumente haben sich im praktischen Einsatz als nützliche Ergänzungen des Controlling-Instrumentariums erwiesen. Das vorliegende Lehrbuch hat seine bewährte Grundsystematik beibehalten, es werden die Konzeptionen und Instrumente auf den Ebenen der zeitlich und sachlich differenzierten Controllingstufen dargelegt und diskutiert, wobei von einem eigenständigen Funktionsbereich Controlling ausgegangen wird, der die Unternehmensleitung bei der Erfüllung ihrer Führungsaufgaben unterstützt. Der erwähnten funktionalen Spezialisierung des Controllings wird insofern nicht gefolgt. In allen Teilen ist der Stoff an den aktuellen Stand der fachlichen Diskussion angepasst. Ergänzt wird im zweiten Kapitel der Abschnitt über Kennzahlen und Kennzahlensysteme; aufgrund der praktischen Bedeutung dieses Instrumentariums erscheint eine vorgeschaltete zusammenfassende Darstellung zweckmäßig. Aufbauend hierauf wird im dritten Kapitel zusätzlich das Management- und Kennzahlensystem der Balanced Scorecard erläutert, dessen grundsätzliche Aufgabe in der Umsetzung der Planstrategien in den einzelnen Teilbereichen des Unternehmens gesehen wird. Des Weiteren ist der Teil über die Rationalisierungsinstrumente erweitert, indem die Methodik des Zielkostenmanagements ausführlicher dargestellt und die Technik des Benchmarking als Instrument zur Erkennung des Rationalisierungsbedarfes ergänzt wird. In diesen Ergänzungen werden ebenso wie in den übrigen Teilen die theoretischen Ausführungen anhand von praxisnahen Beispielen erläutert und vertieft, um so das Zusammenspiel zwischen theoretischer Fundierung und praktischer Anwendung zu gewährleisten. Lothar Hans

Vorwort zur 1. Auflage Betrachtet man die Entwicklung der Unternehmenstätigkeit, so ist vor allem eine zunehmende Komplexität der zu bewältigenden Führungsaufgaben festzustellen. Die wesentlichen Gründe hierfür sind in der Interaationalisierung der Märkte, der zunehmenden Dynamik der technologischen Entwicklungen, der Verkürzung der Produktlebenszyklen sowie in der Tendenz zu steigenden Unternehmensgrößen zu sehen. Diese Entwicklungen stellen die Unternehmensleitungen vor folgende, sich im Zeitablauf verstärkende Probleme. Zum einen wird - nach außen - eine intensivere Beschäftigung mit den Märkten der Unternehmen erforderlich. Auf der Beschaffungsseite sind in diesem Zusammenhang u.a. die Tendenz zum weltweiten Einkauf und die Bestrebungen zur Verringerung der Fertigungstiefe zu nennen. Im Bereich der Absatzmärkte werden die Unternehmen mit steigenden Qualitätsanforderungen und sich schneller ändernden Konsumgewohnheiten konfrontiert. Zum zweiten erfordern - nach innen - die wachsenden Unternehmensgrößen einen erhöhten Aufwand zur zielorientierten Abstimmung der betrieblichen Teilbereiche untereinander. Dies gilt insbesondere dann, wenn in der Umsetzung moderner Führungskonzepte den einzelnen Unternehmenseinheiten eine größere Selbständigkeit gewährt wird. Als Instrument zur Bewältigung der aufgezeigten Anforderungen an die Unternehmensleitung hat sich in den letzten Jahren in zunehmendem Maße das Controlling etabliert, das die Unternehmensleitung bei der Erfüllung ihrer Führungsaufgaben unterstützen soll. Voraussetzungen für den Aufbau einer anforderungsgerechten Controlling-Konzeption waren die Entwicklung einer leistungsfähigen Plankosten- und Deckungsbeitragsrechnung, hier sei auf die Arbeiten von W. Kilger und H.G. Plaut hingewiesen, die Nutzung der Verfahren zur Investitionsbeurteilung und der Aufbau geeigneter Analyse-Instrumente im Bereich der strategischen Planung und Kontrolle; auf diesem Gebiet sind insbesondere die Veröffentlichungen von M.E. Porter und der Boston Consulting Group zu erwähnen. Zur Verbreitung des Controlling-Gedankens in der Praxis trug - neben den einschlägigen wirtschaftswissenschaftlichen Veröffentlichungen - wesentlich die Tätigkeit der ControllerAkademie, Gauting, unter Leitung von A. Deyhle durch ein breit gefächertes Schulungsangebot bei. Ziel des vorliegenden Lehrbuches ist die umfassende Beschreibung der Tätigkeitsfelder eines Funktionsbereiches Controlling, der als eigenständige organisatorische Einheit die Unternehmensleitung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützt. Hierbei kommt der zielgerichteten Koordination der Unternehmensteilbereiche eine besondere Bedeutung zu. Einen weiteren Schwerpunkt der Ausführungen stellt die Zusammenarbeit zwischen diesem Funktionsbereich Controlling und den übrigen betrieblichen Funktionen, aber auch die Aufgabenabgrenzung zwischen dem Controlling und diesen dar. Es wird auf der einen Seite dargelegt, welche Beiträge die sonstigen Funktionsbereiche zur Erfüllung der Aufgaben des Controllings zu leisten haben, und auf der anderen Seite wird aufgezeigt, welche Unterstützung

Vili

Vorwort zur 1. Auflage

zur Bewältigung ihrer Führungsaufgaben diese Funktionsbereiche durch das Controlling erfahren. Die Ausführungen gliedern sich in fünf Kapitel. Im ersten Kapitel wird zunächst der Controlling-Begriff abgegrenzt, im Anschluss hieran werden die funktionale und die institutionale Dimension des Controlling erläutert sowie das Anforderungsprofil von Controlling-Mitarbeitern. Kapitel 2 widmet sich den theoretischen Grundlagen von Planung und Kontrolle, den wichtigsten Instrumenten des Controllings. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Beschreibung der zeitlichen Strukturierung der Unternehmensplanung; die konkreten Tätigkeiten des Controllings und die einzusetzenden Planungs- und Entscheidungsverfahren hängen in hohem Maße davon ab, welcher zeitlichen Planungsstufe die jeweilige Problemstellung zuzuordnen ist. Die weitere Systematisierung des Stoffes folgt dieser zeitlichen Differenzierung. Kapitel 3 behandelt das strategische Controlling. Neben der Darstellung von Aufgaben und Analyse-Instrumenten der strategischen Planung erfolgt die ausführliche Beschreibung des Ablaufes einer Geschäftsfeldanalyse; diese wird auch anhand eines umfangreichen, praxisnahen Fallbeispiels erläutert. Gegenstand des vierten Kapitels ist das langfristig operative Controlling. Hier wird zunächst zwischen der langfristigen Planung und Kontrolle der betrieblichen Funktionsbereiche und der fallweise auftretender Projekte unterschieden. Der Schwerpunkt der weiteren Ausführungen liegt in der Planung, der Wirtschaftlichkeitsbeurteilung und der Kontrolle der wesentlichen Projekttypen in den einzelnen Funktionsbereichen. Im umfangreichen fünften Kapitel erfolgt als erstes die detaillierte Beschreibung der kurzfristigen Planungsaufgaben in den einzelnen Funktionsbereichen. Hierbei zeigt sich, dass bei vielen Fragestellungen der Lösungsansatz von der Art der Auftragserteilung im jeweiligen Unternehmen abhängt. Es wird eine zweckmäßige, praxisbezogene Systematisierung der Formen der Auftragserteilung vorgestellt und hierauf aufbauend eine problemadäquate Behandlung der Planungsaufgaben. Alle Entscheidungen in den einzelnen Funktionsbereichen haben Auswirkungen auf die Kosten und damit die Gewinne der betrachteten Periode. In einem umfassenden Abschnitt des 5. Kapitels werden daher Planung und Kontrolle der Kosten im System der flexiblen Plankosten- und Deckungsbeitragsrechnung behandelt, dem wichtigsten Instrument des kurzfristig operativen Controllings. Hieran schließt sich die Planung und Kontrolle des Periodenergebnisses an. Es wird gezeigt, wie sich im System der Deckungsbeitragsrechnung die Differenz zwischen geplanten und tatsächlichen Gewinnen in Abweichungsursachen aufspalten lässt und wie diese zur Steuerung der betrieblichen Teilbereiche genutzt werden können. Innerhalb der einzelnen Kapitel wird jeweils an geeigneter Stelle auf die Zusammenhänge zu den vor- und nachgelagerten zeitlichen Planungsstufen hingewiesen, um so dem Leser die Interdependenzen zwischen den einzelnen Bausteinen eines umfassenden ControllingKonzeptes aufzuzeigen. Zielgruppen des Buches sind sowohl Studierende der Betriebswirtschaftslehre, der Wirtschaftsinformatik und des Wirtschaftsingenieurwesens als auch Praktiker, die sich im weitesten Sinne mit Fragestellungen der Unternehmenssteuerung befassen. In einem integrativen Ansatz wird eine wissenschaftlich fundierte Gesamtdarstellung von Controlling-Aufgaben

Vorwort zur 1. Auflage

IX

und Controlling-Tätigkeiten gegeben; der Praxisbezug wird durch die Behandlung praxisnaher Problemstellungen und die Vielzahl sachbezogener Fallbeispiele gewährleistet. Lothar Hans Volker Warschburger

Inhaltsübersicht Inhaltsverzeichnis

XIII

1

Grundlagen des Controllings

1

2

Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensführung

23

3

Strategisches Controlling

57

4

Langfristig operatives Controlling

113

5

Kurzfristig operatives Controlling

193

Literaturverzeichnis

337

Verzeichnis der Übersichten

343

Verzeichnis der Abbildungen

345

Sachverzeichnis

347

Inhaltsverzeichnis Vorwort zur 3. Auflage

V

Vorwort zur 1. Auflage

VII

1

Grundlagen des Controllings

I

1.1

Der Controlling-Begriff

1

1.2

Die Aufgaben des Controllings

4

1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3

Controlling im Führungssystem eines Unternehmens 6 Die Stellung des Controllings innerhalb der Unternehmensführung 6 Die Bedeutung des Planungs- und Kontrollsystems zur Erfüllung der ControllingAufgaben 10 Die Bedeutung des Informationssystems zur Erfüllung der Controlling-Aufgaben 13

1.4

Die institutionelle Einordnung des Controllings

16

1.5

Das Anforderungsprofil des Controllers

21

2

Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensführung

23

2.1

Aufgaben und Grundbegriffe der Unternehmensplanung

23

2.2

Die zeitliche Strukturierung der Planung

29

2.3

Die Kontrolle der betrieblichen Planung

33

2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.4

Ausgewählte Instrumente der Planung und Kontrolle Punktbewertungsmodelle Methoden der Wirtschaftlichkeitsbeurteilung Optimierungstechniken Kennzahlen und Kennzahlensysteme

35 35 38 42 46

3

Strategisches Controlling

57

3.1

Begriff und Aufbau der strategischen Planung

57

3.2

Die Phasen einer Geschäftsfeldanalyse

59

3.3

Analyse-Instrumente der strategischen Planung

73

3.4

Fallbeispiel zur strategischen Planung

86

3.5

Möglichkeiten der Kontrolle der strategischen Planung

105

3.6

Die Balanced Scorecard als Instrument zur Umsetzung von Strategien

106

4

Langfristig operatives Controlling

113

4.1

Aufgaben und Aufbau der langfristig operativen Planung

113

4.2

Die Planung von Forschung und Entwicklung

119

XIV

Inhaltsverzeichnis

4.3 4.3.1 4.3.2

Die langfristige Absatzplanung Die Planung des absatzpolitischen Instrumentariums Die Planung der Absatzmengen

125 125 130

4.4 4.4.1 4.4.1.1 4.4.1.2 4.4.1.3 4.4.2 4.4.2.1 4.4.2.2

Die langfristige Kapazitäts- und Verfahrensplanung Die Erweiterung der Kapazität Horizontale Kapazitätserweiterung Vertikale Kapazitätserweiterung Verfahrenswahlentscheidungen Die Verringerung der Kapazität Horizontale Stilllegungsentscheidungen Vertikale Stilllegungsentscheidungen

134 134 134 137 141 144 144 150

4.5 4.5.1 4.5.1.1 4.5.1.2 4.5.2 4.5.2.1 4.5.2.2 4.5.2.3

Rationalisierungsentscheidungen Instrumente zur Erkennung des Rationalisierungsbedarfs Target Costing Benchmarking Die Rationalisierungsfelder Die Produktrationalisierung Die Rationalisierung der Fertigungsverfahren Die Rationalisierung betrieblicher Abläufe

154 154 154 159 164 164 170 175

4.6

Die langfristige Planung der Produktionsfaktorbeschaffung

179

4.7

Die Abstimmung von Investitions- und Finanzplanung

182

4.8

Die Kontrolle der langfristig operativen Planung

186

5

Kurzfristig operatives Controlling

193

5.1

Aufgaben und Aufbau der kurzfristig operativen Planung

193

5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4

Die Die Die Die Die

202 202 209 216 217

5.3 5.3.1 5.3.2 5.3.3 5.3.3.1 5.3.3.2 5.3.3.3

Die kurzfristige Produktionsplanung....: Die Abstimmung der Planproduktions- und Planabsatzmengen Die Planung des Produktionsvollzuges Die Beschäftigungsplanung Die Planung der Kapazität und der Beschäftigung Die Planung kapazitätserhöhender Anpassungsprozesse Die Planung kapazitätsumgehender Anpassungsprozesse

222 222 228 234 234 238 241

5.4 5.4.1 5.4.2

Die kurzfristige Planung der Produktionsfaktorbeschaffung Die kurzfristige Beschaffung von Material und Leistungen Die kurzfristige Personalplanung

249 249 251

5.5

Die Planung und Steuerung der Lagerbestände

257

5.6

Die kurzfristige Finanzplanung

262

5.7 5.7.1

Die Planung und Kontrolle der Kosten Grundlagen der Plankosten- und Deckungsbeitragsrechnung

265 265

kurzfristige Absatzplanung Planung von Verkaufspreisen und Konditionen Planung der Absatzmengen Erlösplanung Ermittlung von Preisuntergrenzen

Inhaltsverzeichnis

XV

5.7.2 5.7.2.1 5.7.2.2 5.7.2.3 5.7.2.4 5.7.3 5.7.3.1 5.7.3.2 5.7.3.3 5.7.3.4

Der Aufbau der Kostenplanung Die Planung von Beschaffungspreisen und Tarifen Die Planung der Einzelkosten Die Planung der Gemeinkosten Der Aufbau von Plankalkulationen Die Kontrolle der Kosten Die Erfassung und Auswertung von Preis- und Tarifabweichungen Die Kontrolle der Einzelkosten Die Kontrolle der Gemeinkosten Die Erfassung von Abweichungen zwischen Kostenstellenrechnung und Kalkulation

272 272 274 280 298 301 301 304 306

5.8 5.8.1 5.8.2 5.8.2.1 5.8.2.2 5.8.3

Die Planung und Kontrolle des Periodenerfolges Überblick über die Verfahren der kurzfristigen Erfolgsrechnung Die kurzfristige Erfolgsrechnung als Planungsrechnung Die Planung des Periodengewinnes Die Analyse des Plangewinnes Die kurzfristige Erfolgsrechnung als Kontrollrechnung

315 315 318 318 320 323

5.9

Die Abstimmung der kurzfristig operativen Planung und Kontrolle und ihre Integration in das Gesamtsystem der Unternehmensplanung

332

311

Literaturverzeichnis

337

Verzeichnis der Übersichten

343

Verzeichnis der Abbildungen

345

Sachverzeichnis

347

1

Grundlagen des Controllings

1.1

Der Controlling-Begriff

Im ersten Kapitel wollen wir uns mit den Grundlagen des Controlling-Konzeptes befassen und hierbei insbesondere mit den Aufgaben des Controllings, seiner Einordnung in die Unternehmenshierarchie sowie den wichtigsten Instrumenten, welche das Controlling zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt. Zunächst sollen aber Inhalt und Umfang des Begriffes Controlling geklärt werden. Seinen Ursprung hat das Controlling in den Vereinigten Staaten. Die erste Erwähnung liegt im 18. Jahrhundert; nach der Gründung der USA wurde ein Beamter mit der Aufgabe betraut, das Gleichgewicht des Budgets, d.h. der staatlichen Einnahmen und Ausgaben, sowie die Verwendung der Einnahmen zu kontrollieren; dieser Beamte wurde als Controller bezeichnet.1 In den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts untergliederte das „Financial Executive Institute" das Finanzmanagement der Unternehmen in die beiden Bereiche „Controllership" und „Treasurership" und ordnete dem Controlling folgende Aufgaben zu:2 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Planung (Planning for Control) Berichterstattung und Interpretation Bewertung und Beratung Steuerangelegenheiten Berichterstattung an staatliche Stellen Sicherung des Vermögens Volkswirtschaftliche Untersuchungen.

Wie wir unten noch zeigen werden, gehören die drei erstgenannten Aufgaben auch nach neueren Begriffsauffassungen zum Aufgabenfeld des Controllings; Steuerangelegenheiten, Berichterstattung an staatliche Stellen und volkswirtschaftliche Untersuchungen sind dagegen heute weniger typische Controlling-Aufgaben. Auf die Frage, inwieweit die „Sicherung des Vermögens", worunter damals das Aufgabenfeld der Internen Revision verstanden wurde, dem Controlling zweckmäßigerweise zugeordnet werden soll, werden wir in Abschnitt 1.4 eingehen. Die Aufgabenumschreibung zeigt in ihrem relevanten Teil, dass Controlling von jeher vom überwiegenden Teil der Fachvertreter nicht ausschließlich als nachträgliche Kontrolle verstanden wurde, sondern dass mit Controlling immer schon planende und steuernde Aufgaben verbunden wurden.3 (Im Übrigen umfasst der Begriff „to control" im Englischen durchaus

Vgl. J. Weber u. U. Schäffer, (Einflihrung 2006), S. 2. 2

Vgl. K. Agthe, (Controller 1969), Sp. 353f.; J. Hauschild, (Finanzvorstand 1972), S. 6.

3

Vgl. E. Mayer, (Controlling 1986), S. 2; K. Serfling (Controlling 1992), S. 16 f.

1 Grundlagen des Controllings

2

die Bedeutungen Steuern, Lenken, Regeln von Prozessen4.) Des Weiteren bringt die Aufgabenumschreibung zum Ausdruck, dass Controlling die Unternehmensleitung bei der Erfüllung ihrer Führungsaufgaben unterstützen soll. In Deutschland taucht der Controlling-Begriff Ende der fünfziger Jahre erstmals an den Hochschulen auf; seit Ende der sechziger Jahre wurde Controlling in immer stärkerem Maße im wissenschaftlichen Bereich diskutiert und Zug um Zug in den Unternehmen eingeführt. Heute ist Controlling in den großen und mittleren Unternehmen etabliert und auch viele kleinere Unternehmen haben Controlling-Konzepte, wenn auch häufig in vereinfachten Varianten, übernommen. Im Laufe der Einführung des Controllings lassen sich in der wissenschaftlichen Diskussion und der praktischen Anwendung die folgenden historischen Entwicklungslinien bezüglich der Auffassung von Controlling unterscheiden: •

Das buchhaltungsorientierte Controlling

Controlling wird hier in hohem Maße mit dem betrieblichen Rechnungswesen gleichgesetzt. Hauptaufgaben sind die ordnungsgemäße Erfassung der in den Abrechnungsperioden angefallenen Aufwands-, Kosten- und Leistungsdaten und die Ableitung von Planwerten aus diesen Istdaten für die folgende Planungsperiode. Hier ist der Controller normalerweise identisch mit dem Leiter des Rechnungswesens, seine Tätigkeiten beschränken sich auf die Aufgabenfelder dieser Abteilung. Diese Form des Controllings findet sich häufig in Organisationen mit einer geringen Umweltdynamik, bei denen wenige Veränderungen im Leistungsspektrum und damit auch in der Kosten- und Ertragssituation auftreten (z.B. Energieversorgungsunternehmen, öffentlicher Nahverkehr, Verwaltungseinrichtungen). •

Das aktionsorientierte Controlling

Hauptaufgabe des Controllings ist hier die Ermittlung von Abweichungen zwischen geplanten und tatsächlich eingetretenen Kosten- und Leistungsdaten und die Einleitung von Korrekturmaßnahmen zur Beseitigung dieser Abweichungen. Das Controlling stützt sich bei seiner Arbeit auf eine ausgebaute Plankostenrechnung, mit deren Hilfe regelmäßig Soll-IstVergleiche durchgeführt werden. Die auftretenden Kostenabweichungen werden gemeinsam mit den kostenverantwortlichen Bereichen auf ihre Ursachen hin analysiert und Maßnahmen zur Ursachenbeseitigung erarbeitet und umgesetzt. Im Gegensatz zur ersten Entwicklungslinie ist hier die Arbeit des Controllers nicht auf den Bereich des Rechnungswesens beschränkt, er agiert aktiv mit den übrigen Funktionsbereichen des Unternehmens, wobei der Aufgabenschwerpunkt auf der eher kurzfristigen Planung und Abweichungsanalyse liegt. Diese Form des Controllings findet man häufig in relativ statischen Unternehmen, die allerdings stärkeren Veränderungen in der wirtschaftlichen und technischen Umwelt ausgesetzt sind (z.B. Unternehmen des Maschinenbaus, Gesundheitseinrichtungen). •

Das fiihrungsorientierte Controlling

Controlling hat hier die grundsätzliche Aufgabe, die Unternehmensleitung bei ihren Führungsaufgaben zu unterstützen. Dabei erstreckt sich der Aufgabenbereich nicht nur auf die kurzfristige wirtschaftliche Steuerung des Unternehmensgeschehens, sondern auch auf langfristige Veränderungen in der Unternehmensumwelt und im Unternehmen selbst. Gemeinsam mit den Führungskräften der Funktionsbereiche sollen Strategien entwickelt wer-

Siehe auch J. Weber u. U. Schäffer, (Einfuhrung 2006), S. 3.

1.1 Der Controlling-Begriff

3

den, um die sich aus den langfristigen Veränderungen ergebenden Chancen zu nutzen bzw. die damit verbundenen Risiken zu vermeiden. Eine wesentliche Aufgabe des führungsorientierten Controllings besteht darin, die Zielvorstellungen der Unternehmensleitung in der Organisation durchzusetzen, d.h. die Steuerungsaufgabe des Controllings ist hier so zu verstehen, dass die Arbeit aller Organisationseinheit so aufeinander abzustimmen ist, dass die Zielvorstellungen der Unternehmensleitung realisiert werden. Diese Form des Controllings ist unerlässlich fur Organisationen in einer dynamischen Umweltentwicklung und mit einer Größe, die eine zentrale, weisungsorientierte Führung seitens der Unternehmensleitung nicht mehr zulässt. In Übersicht 1.1 sind die drei Entwicklungslinien des Controllings mit ihren Zielen, Aufgaben und den erzielbaren Ergebnissen zusammengefasst. Merkmale

buchhaltungsorientiert

aktionsorientiert

fiihrungsorientiert

Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung

Ermittlung und Beseitigung von Kostenabweichungen

Verbesserung der Führungstätigkeit

Aufgaben

Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung auf Basis von Ist- und Normalkosten

Kostenplanung, Ursachenanalyse, Korrekturmaßnahmen

Lang- und kurzfristige Planungstätigkeit zur Durchsetzung der Unternehmensziele

Ergebnis

Fortschreibung des Jahresplans aus den Vorjahreswerten

Planung und Kontrolle der jahresbezogenen Planwerte

Steuerungsunterstützung für das gesamte Unternehmen

Ziele

Übersicht 1.1: Entwicklungslinien des Controllings

Die historische Entwicklung läuft vom buchhaltungsorientierten Controlling hin zum fuhrungsorientierten Controlling, das die Leitung der betreffenden Organisation bei der Erfüllung ihrer Führungsaufgaben unterstützt. Im deutschsprachigen Schrifttum ist bezüglich des Controlling-Begriffes auf der einen Seite eine starke Betonung der Informationsversorgung festzustellen. So bezeichnet A. Heigl Controlling als „Beschaffung, Aufbereitung und Prüfung von Informationen fur deren Anwendung zur Steuerung der Betriebswirtschaft auf deren Ziele hin".5 Die Beschränkung auf die Informationsversorgung erscheint allerdings unzweckmäßig. Soll das Controlling die Unternehmensleitung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen, so kann es hierbei mehr leisten als nur Informationsmanagement. So ist z.B. der Aufbau und die Handhabung eines Planungs- und Kontrollsystems zum einen sicher mehr als nur Informationsversorgung, zum anderen aber auch keine originäre Aufgabe der Unternehmensleitung selbst. Hier liegt - wie wir unten noch sehen werden - ein Schwerpunkt der Controller-Tätigkeit. Auf der anderen Seite wird in den Definitionen die Koordinationsfiinktion des Controllings hervorgehoben. P. Horvath definiert in diesem Sinne Controlling als ein „Subsystem der Führung, das Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung systembildend und systemkoppelnd koordiniert"6. Die genannte Koordinationsaufgabe umfasst nun zwei Aspekte. Zum einen hat das Controlling den Aufbau eines modernen Planungs- und Kontrollsystems mit den entsprechenden Planungs- und Kontrollinstrumenten sicherzustellen. P. Horvath spricht in

A. Heigl, (Controlling 1989), S. 3; vgl. auch K. Chmielewicz, (Rechnungswesen 1976), Sp. 3360; F. Hoffmann, (Merkmale 1972), S. 85. P. Horvath, (Controlling 2006), S. 144.

4

1 Grundlagen des Controllings

seiner Definition von systembildender Koordination.7 Zum zweiten hat das Controlling die konkrete Abstimmung der Unternehmensteilbereiche in der erforderlichen zeitlichen Differenzierung mit Hilfe eben dieses Planungs- und Kontrollsystems sicherzustellen. Für diesen Aspekt verwendet P. Horvath den Begriff systemkoppelnde Koordination. Damit erscheint aus unserer Sicht folgende Begriffsabgrenzung zweckmäßig. Controlling ist ein Instrument der Unternehmensiuhrung, das die Aufgabe hat, die Aktivitäten aller Unternehmensteilbereiche sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht im Sinne der Unternehmensziele abzustimmen. Hierzu werden fur die einzelnen Unternehmensteilbereiche für diese nachvollziehbare Vorgaben (Unterziele) erarbeitet, deren Einhaltung dann zu überwachen ist. Abweichungen zwischen Plan und Ist sind aufzuzeigen und zu erläutern sowie gegebenenfalls Maßnahmen zur Gegensteuerung einzuleiten und zu koordinieren. Die genannten Aufgaben setzten folgende Maßnahmen voraus: 1. 2. 3.

den Aufbau und die Anwendung eines Planungs- und Kontrollsystems, den Aufbau und die Anwendung eines Informationssystems, die Nutzung moderner betriebswirtschaftlicher Verfahrenstechniken.

Darüber hinaus erfordert der sinnvolle Einsatz des Controllings als Führungsinstrument entsprechende Führungskonzepte und einen entsprechenden Führungsstil, d.h., die Führung durch Zielvereinbarung (Management by Objectives) und der entsprechende (partizipative) Führungsstil müssen zur Anwendung des Controllings im Unternehmen akzeptiert sein; hierauf gehen wir in Abschnitt 1.3.1 näher ein. Controlling als Führungsinstrument ist nun unter zwei Aspekten zu betrachten.8 Zum einen ist es eine Tätigkeit, d.h. Controlling bedeutet die Erfüllung konkreter Arbeitsaufgaben (funktionaler Aspekt). Zum anderen werden diese Aufgaben bestimmten Stellen zugewiesen,9 wodurch die Einordnung des Controllings in die Unternehmenshierarchie notwendig wird (institutioneller Aspekt). Dem folgend soll zunächst ein Überblick über die grundsätzlichen Aufgabenfelder des Controllings gegeben und danach seine Stellung im System der Unternehmensiuhrung dargelegt werden, wobei insbesondere auf die genannten für das Controlling zur Erfüllung seiner Aufgaben unverzichtbaren Führungsinstrumente Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung eingegangen wird. Im Anschluss hieran wollen wir die verschiedenen Möglichkeiten der Einbindung des Controllings in die Unternehmensorganisation auf ihre Zweckmäßigkeit hin untersuchen.

1.2

Die Aufgaben des Controllings

Aus der Definition des Controllingbegriffs lassen sich die wesentlichen Aufgaben ableiten, die das Controlling nach der modernen, führungsorientierten Konzeption zu erfüllen hat. Es lassen sich die folgenden vier Aufgabenschwerpunkte unterscheiden:

Vgl. P. Horvath, (Controlling 2006), S. 144; J. Weber u. U. Schäffer (Einführung 2006), S. 21 ff. Vgl. }. Weber u. U. Schäffer, (Einführung 2006), S. 1 f. Unter einer Stelle versteht man die Zusammenfassung von Teilaufgaben zum Aufgabenbereich einer Person, vgl. G Wöhe, (Einfuhrung 2008), S. 119.

1.2 Die Aufgaben des Controllings •

5

Zielorientierte Koordination der Unternehmensteilbereiche

Hauptaufgabe ist die Unterstützung der Unternehmensleitung bei der Durchsetzung ihrer Ziele innerhalb der Organisation, d.h., alle Teilbereiche der Organisation sollen sich so verhalten, dass die Erreichung der obersten Ziele der Leitung gewährleistet wird. Wichtigstes Instrument zur Erfüllung dieser Aufgabe ist ein ausgebautes Planungs- und Kontrollsystem. Im Rahmen der Planungsprozesse erstellen sämtliche Bereiche der Organisation ihre Teilpläne, die anschließend zum Gesamtplan zusammengestellt werden. Die Ergebnisse dieser Pläne stimmt die Unternehmensleitung mit ihren Zielvorstellungen ab. Bei Übereinstimmung erfolgt eine Genehmigung der Planung, die zur Folge hat, dass die Planungsparameter zu Zielvorgaben für die einzelnen Bereiche werden. Erfüllt dann jeder Teilbereich seine Zielvorgaben, ist die Erreichung der Oberziele der Leitung gewährleistet.10 Das Controlling ist fur die koordinierte Durchführung dieses Planungsprozesses verantwortlich; es hat daher zum einen dafür Sorge zu tragen, dass ein ausgebautes Planungs- und Kontrollsystem zur Verfügung steht, zum zweiten ist es für die Nutzung dieses Systems zuständig. Die Koordinationsaufgabe vollzieht sich im Einzelnen in folgendem Controlling-Ablauf: (1) Erarbeitung von Vorgaben für die einzelnen Unternehmensbereiche, die sich an den Zielen des Unternehmens ausrichten, (2) Ermittlung der aus den Vorgaben resultierenden Sollgrößen und Gegenüberstellung mit den Istgrößen (Soll-Ist-Vergleich), (3) Analyse der Ursachen aufgetretener Abweichungen, (4) Unterbreitung von Vorschlägen für Korrekturmaßnahmen innerhalb des vorgegebenen Ziel- und Handlungsrahmens. (5) Wenn dies nicht mehr möglich ist, Unterbreitung von Vorschlägen zur Änderung des Ziel- und Handlungsrahmens. Zum Verständnis des modernen Controllings ist wichtig, dass Punkt 4 - die Unterbreitung von Vorschlägen fur Korrekturmaßnahmen - soweit wie möglich in Zusammenarbeit mit den betroffenen Fachabteilungen ohne Einschaltung vorgesetzter Stellen erfolgen soll. Nur wenn die unteren Ebenen über die einzuschlagenden Maßnahmen keine Einigung erzielen, ist der Instanzenweg zu gehen. •

Entscheidungsunterstützung

Dem Controlling kommt weiterhin die Aufgabe zu, die Unternehmensleitung bei wichtigen Entscheidungen im Unternehmen zu beraten. Beispiele für derartige Entscheidungen sind Ausweitungen der Marktaktivitäten, Entwicklungsprojekte, Kapazitätserweiterungen oder die Vergabe bisher selbst erstellter Leistungen an externe Unternehmen. Im Einzelnen kommen dem Controlling in diesem Zusammenhang folgende Aufgaben zu: (1) Mitwirkung beim Erkennen von Chancen und Risiken sowie bei der Vorauswahl geeigneter Handlungsalternativen, (2) Unterstützung der Fachabteilungen bei der Datenprognose, (3) Einsatz geeigneter Planungstechniken zur Alternativenbewertung,

Hierauf werden wir in Abschnitt 2.1 im Zusammenhang mit der Abstimmung der Untemehmensplanung ausfuhrlich eingehen.

1 Grundlagen des Controllings

6

(4) Ausarbeitung der Entscheidungsvorlage für die entscheidungsberechtigten Instanzen in Zusammenarbeit mit den involvierten Funktionsbereichen, (5) Abstimmung des gesamten Planungsprozesses in sachlicher und zeitlicher Hinsicht (Überwachung von Vollständigkeit, Abgestimmtheit sowie Terminen). Die Auflistung zeigt, dass auch zur Erfüllung dieser Aufgabe ein ausgebautes Planungs- und Kontrollsystem notwendig ist. •

Informationsbereitstellung

Das Informationssystem eines Unternehmens besteht aus den physischen Datenbeständen, die in den DV-Systemen hinterlegt sind und aus dem Berichtwesen. Die Pflege und Verwaltung der physischen Datenbestände ist den zuständigen Teilbereichen zugeordnet, hier hat das Controlling im Bereich der Planung, der Plankostenrechnung und je nach Organisation der Betriebsbuchhaltung Verantwortung zu übernehmen. Hinsichtlich des Berichtswesens ist das Controlling sowohl Empfänger als Sender wichtiger Berichte. Beispiele für Berichte, deren Erstellung in den Verantwortungsbereich des Controllings fallt, sind die jährlichen Planungsergebnisse, Kostenstatistiken, Soll-Ist-Vergleiche, Proj ektrechnungen. •

Methodenbereitstellung

Das Controlling hat als zentrale kaufmännische Funktion dafür Sorge zu tragen, dass die modernen betriebswirtschaftlichen Methoden im Unternehmen zur Verfügung stehen, sofern sich ihre Nutzung als sinnvoll erweist. Weiterhin hat es zu prüfen, ob neue Methoden für das Unternehmen einen Nutzen stiften können und somit zu beschaffen sind. Beispiele für derartige Methoden sind die ABC-Analyse, die Verfahren der Investitionsrechnung und Investitionskontrolle, die Portfolio-Technik, die Prozesskostenrechnung, die Balanced Scorecard u.Ä.

1.3

Controlling im Führungssystem eines Unternehmens

1.3.1

Die Stellung des Controllings innerhalb der Unternehmensführung

Unter Unternehmensführung versteht man zum einen institutionell alle Instanzen des Unternehmens, d.h. die Stellen mit Anweisungs- und Entscheidungskompetenzen, und zum anderen funktionell die zur Steuerung eines Unternehmens notwendigen Aufgaben." Zur Erfüllung dieser Aufgaben bedient sich das Management12 einer Vielzahl von Instrumenten, die als Führungssystem bezeichnet werden. Übersicht 1.2 zeigt das Führungssystem eines Unternehmens und insbesondere die Stellung des Controllings innerhalb dieses Systems.13

Vgl. P. Ulrich u. E. Fluri, (Management 1995), S. 13 ff.; H Schierenbeck, (Betriebswirtschaftslehre 2003), S. 95 ff. Wir wollen die Begriffe Unternehmensleitung und Management synonym verwenden. Vgl. die Abbildung bei H.U. Küpper, (Konzeption 1987), S. 89.

1.3 Controlling im Führungssystem eines Unternehmens

7

Übersicht 1.2: Das Führungssystem eines Unternehmens

Die grundsätzlichen Verhaltensweisen des Unternehmens werden in den allgemeinen Führungsgrundsätzen festgelegt und finden in vielen Unternehmen ihren Niederschlag in der Formulierung einer Unternehmensphilosophie. Hierunter versteht man ein System von Leitmaximen, deren Ausprägungen von ethischen und moralischen Wertvorstellungen bestimmt werden. In der Unternehmensphilosophie drückt sich somit die „ganzheitliche Interpretation der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Funktion und Stellung der Unternehmung und der daraus abzuleitenden Sinnzusammenhänge und Wertbezüge des Managements"14 aus. Die Unternehmensphilosophie ist eng verknüpft mit der Bildung des betrieblichen Zielsystems, insbesondere mit der sozialen Dimension der Unternehmensziele. Für das Controlling sind die allgemeinen Führungsgrundsätze Determinanten, die bei der Erfüllung der Aufgaben zu beachten sind. Unter dem Zielsystem eines Unternehmens versteht man die Gesamtheit der angestrebten Unternehmensziele.15 Die Ziele lassen sich nach drei Aspekten systematisieren: 1.

In zeitlicher Hinsicht Hier unterscheidet man lang-, mittel- und kurzfristige Ziele, wobei die genaue Abgrenzung dieser zeitlichen Ebenen theoretisch schwierig und in der Praxis nicht einheitlich ist.

2.

In sachlicher Hinsicht Es lassen sich ökonomische, soziale, technologische und ökologische Ziele unterscheiden.16

3.

In hierarchischer Hinsicht Da nicht alle Ziele gleichrangig nebeneinander stehen, wird eine Unterteilung in Ober-, Zwischen- und Unterziele vorgenommen.17 P. Ulrich u. E. Fluri, (Management 1995), S. 53. Zum Zielsystem vgl. T. Reichmann (Kennzahlen 2006) S. 39 ff.; E. Heinen (Industriebetriebslehre 1991), S. 26 ff.; J. Wild, (Grundlagen 1982), S. 57 ff. Vgl. so ähnlich H. Schierenbeck, (Betriebswirtschaftslehre 2003), S. 61 ff. Vgl. G. Wöhe (Einführung 2008), S. 79.

1 Grundlagen des Controllings

8

Eine wesentliche Aufgabe des Controllings besteht nun darin, die von der Unternehmensleitung vorgegebenen Oberziele des Unternehmens in operationale Zwischen- und Unterziele für die einzelnen betrieblichen Teilbereiche zu übersetzen. Dies erfolgt naturgemäß in enger Zusammenarbeit mit den betreffenden Teilbereichen, wobei das Controlling auch auf die Abgestimmtheit der Bereichsziele untereinander zu achten hat.18 Eine weitere Aufgabe des Controllings besteht dann in der Überwachung der Einhaltung der erarbeiteten Zielvorgaben. Diese Überwachung kann dann u.U. Rückkopplungen auf die Ausgestaltung des Zielsystems bewirken. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nicht die Überwachung jedweder Vorgaben in den Aufgabenbereich des Controllings fallen kann; dies gilt insbesondere im leistungswirtschaftlichen Bereich des Unternehmens. So sind z.B. kurzfristige Überwachungstätigkeiten wie Terminüberwachung, Überwachung von Maschinenstillstandszeiten, Durchlaufzeiten, Lieferzusagen usw. nicht vom Controlling durchzufuhren, sondern fallen in den Aufgabenbereich der jeweiligen Fachvorgesetzten. Das Controlling hat sich dann mit den Folgen eventueller Vorgabenüberschreitungen auf die Gesamt-Zielvorgaben dieses Bereiches auseinander zu setzen; dies geschieht im Allgemeinen mit einer zeitlichen Verzögerung. Nach der Behandlung der Führungsgrundsätze und des Zielsystems wollen wir uns dem Organisationssystem zuwenden. Unter Organisation versteht man die Strukturierung von Daueraufgaben.19 Hierbei unterscheidet man Aufbau- und Ablauforganisation. Während sich die Aufbauorganisation mit dem Komplex der hierarchischen Strukturierung des Unternehmens befasst, regelt die Ablauforganisation wiederkehrende betriebliche Prozesse. Ergebnisse des Organisationsprozesses sind im Rahmen der Aufbauorganisation u.a. Stellenbeschreibungen und die Zuordnungs- und Unterstellungsbeziehungen (Organigramm) sowie im Rahmen der Ablauforganisation Arbeitsanweisungen und Richtlinien. Die bestehenden Organisationsstrukturen sind vom Controlling zunächst als gegeben hinzunehmen. Sollte sich erweisen, dass bestimmte Controlling-Anforderungen durch die vorhandene Organisationsstruktur behindert werden, sollte das Controlling in Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung entsprechende Änderungen erwirken. Des Weiteren ist zu erwarten, dass dem Controlling in gleicher Weise wie anderen Fachabteilungen die Aufgabe zukommt, die Unternehmensleitung bei der Durchführung organisatorischer Änderungen bzw. der Erarbeitung neuer Arbeitsanweisungen und Richtlinien zu unterstützen. Unter den Personalfunktionen der Führung versteht man das Führungsverhalten der Vorgesetzten den ihnen zugeordneten Mitarbeitern gegenüber. Die mitarbeiterbezogenen Aufgaben des Vorgesetzten lassen sich unter zwei grundsätzlichen Aspekten betrachten: •

Zum einen soll der Vorgesetzte die Mitarbeiter dazu veranlassen, die ihnen übertragenen Arbeitsaufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen. • Zum anderen soll er Arbeitsbedingungen schaffen, die es den Mitarbeitern ermöglichen, ihre Ansprüche an die Arbeitsaufgabe zu erfüllen. P. Ulrich und E. Fluri sprechen von Aufgabenzielen und Mitarbeiterzielen, welche der Vorgesetzte zu beachten hat.20

Auf den Begriff der Abgestimmtheit kommen wir in Abschnitt 2.1 im Zusammenhang mit den Grundsätzen der Unternehmensplanung zurück. 19

Vgl. H. Schierenbeck, (Betriebswirtschaftslehre 2003), S. 114 ff.

20

Vgl. P. Ulrich u. E. Fluri, (Management 1995), S. 164 ff.

1.3 Controlling im Führungssystem eines Unternehmens

9

Die Frage, ob mehr die aufgabenbezogenen Ziele das Führungsverhalten des Vorgesetzten prägen oder ob Ausgewogenheit zwischen den aufgaben- und mitarbeiterbezogenen Zielen besteht, bestimmt nun den Führungsstil des Vorgesetzten bzw. in der Gesamtbetrachtung den Führungsstil des Unternehmens. Stehen die aufgabenbezogenen Ziele eindeutig im Mittelpunkt des Führungsverhaltens, so spricht man vom eher autoritären Führungsstil; werden in zunehmendem Maße mitarbeiterbezogene Zielsetzungen berücksichtigt, wandelt sich der Führungsstil hin zum mehr partizipativen Führungsverhalten, bei dem der Mitarbeiter innerhalb eines vereinbarten Rahmens über die Art der Erfüllung seiner Arbeitsaufgabe selbst entscheidet.21 In engem Zusammenhang zu dem partizipativen Führungsstil steht das Führungskonzept des Management by Objectives, welches die Führung durch Zielvereinbarung postuliert.22 Nach diesem Konzept fuhrt der Vorgesetzte die ihm unterstellten Stellen und Instanzen durch Vorgabe operationaler Ziele. Die Mitarbeiter bzw. die unterstellten Instanzen sind dann in ihren Entscheidungen zur Erfüllung der vorgegebenen Ziele frei. Vergegenwärtigt man sich den Begriffsumfang des Controllings, wie wir ihn in Abschnitt 1.1 umrissen haben, so wird deutlich, dass sich die Idee des Controllings am einfachsten bei Praktizierung eines partizipativen Führungsstils verwirklichen lässt. Die zur Abstimmung der betrieblichen Teilbereiche innerhalb eines Planungsprozesses erarbeiteten Vorgaben entsprechen gerade dem „vereinbarten Rahmen" des partizipativen Führungsstils. Die Art und Weise, wie die einzelnen Funktionsbereiche ihre Vorgaben realisieren, bleibt ihnen überlassen. Das Controlling überwacht lediglich die Einhaltung dieser Vorgaben und leistet bei Abweichungen Hilfestellung zu deren Erklärung und Beseitigung. Der beschriebene Prozess gewährleistet die Delegation von Aufgaben und der damit verbundenen Verantwortungen auf die ausfuhrenden Stellen. Betrachtet man das Führungskonzept des Management by Objectives, so ist schwer vorstellbar, dass sich dieses Konzept ohne Unterstützung durch ein Controlling in dem oben beschriebenen Begriffsumfang realisieren lassen kann. Aufgrund des Gesagten kann bezweifelt werden, dass sich das Controlling-Konzept zur Erfüllung der Aufgabe der zielbezogenen Koordination bei Praktizierung eines eher autoritären Führungsstils sinnvoll realisieren lässt. Hier erfolgt die Koordination durch persönliche Weisungen der Vorgesetzten, die Mitarbeiter verfügen über keine oder nur sehr eingeschränkte Gestaltungsspielräume bei der Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben. Unter diesen Rahmenbedingungen kann Controlling zur Unterstützung der Aufgaben der Personalführung wenig Hilfestellung leisten. Neben den bisher behandelten Instrumenten der Unternehmensführung besteht das Führungssystem noch aus dem Planungs- und Kontrollsystem sowie dem Informationssystem. Auf diese werden wir aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für das Controlling in den nachfolgenden Abschnitten gesondert eingehen.

Zu den Führungsstilen im Einzelnen vgl. H. Schierenbeck, (Betriebswirtschaftslehre 2003), S. 108 ff. Zu den alternativen Führungskonzepten, insbesondere zu Management by Exception und Management by Delegation vgl. H. Schierenbeck, (Betriebswirtschaftslehre 2003), S. 156 ff. sowie W. Hopfenbeck, (Managementlehre 2002), S. 519 ff.

10

1 Grundlagen des Controllings

1.3.2

Die Bedeutung des Planungs- und Kontrollsystems zur Erfüllung der Controlling-Aufgaben

Planung und Kontrolle sind von jeher wesentliche Forschungsschwerpunkte der Betriebswirtschaftslehre, deren theoretische Erforschung und praktische Nutzung in Deutschland zeitlich vor der Einführung des Controllings liegen.23 Bereits im Jahr 1951 bezieht E. Gutenberg Planung und Kontrolle als derivative dispositive Faktoren in sein System der Produktionsfaktoren ein.24 Übersicht 1.3 zeigt das System der Produktionsfaktoren nach E. Gutenberg, in welchem die Elementarfaktoren ausführende Arbeit, Werkstoffe und Betriebsmittel sowie der dispositive Faktor unterschieden werden. Die angegebene Differenzierung des dispositiven Faktors zeigt bereits eine hohe Ähnlichkeit mit dem in Übersicht 1.2 wiedergegebenen Führungssystem eines Unternehmens.

Übersicht 1.3: Das System der Produktionsfaktoren nach E. Gutenberg

Controlling als modernes Instrument der Unternehmensführung macht sich die theoretischen und praktischen Erkenntnisse der (allgemeinen) Betriebswirtschaftslehre hinsichtlich Planung und Kontrolle für die Erfüllung seiner Aufgaben zunutze. Im weiteren Verlauf dieses Abschnittes wollen wir daher den grundsätzlichen Ablauf von Planung und Kontrolle behandeln. In Übersicht 1.4 sind die Phasen des Prozesses der Planung und Kontrolle wiedergegeben.25 Die Planung stützt sich auf die Ziele eines vorgelagerten Zielbildungsprozesses, der in den Zuständigkeitsbereich der Unternehmensleitung fallt. Um die Ziele zu erreichen, sind Vorkehrungen zu treffen, sich ergebende Chancen zu nutzen bzw. möglicherweise auftretende Risiken zu vermeiden. Das Eruieren möglicher Chancen und Risiken ist Gegenstand der Phase der Problemerkenntnis. In der sich anschließenden Phase der Alternativensuche werden geeignete Handlungsmöglichkeiten ermittelt, um die erkannten Chancen zu nutzen bzw. den Risiken zu begegnen.

Zur zeitlichen Entwicklung der Unternehmensplanung vgl. D. Hahn u. W. Klausmann, (Entwicklung 1989), Sp. 406 ff. Vgl. E. Gutenberg, (Grundlagen 1951), S. 3 ff. Vgl. die Darstellung bei J. Wild, (Unternehmensplanung 1982), S. 37.

11

1.3 Controlling im Führungssystem eines Unternehmens

f

Zielbildung Problemerkenntnis

Realisation



X> •Ό

00 α 2 ω JS

ο α

o¿

o

Messung

Übersicht 1.4: Phasenstruktur des Planungsprozesses

Jede der grundsätzlich als geeignet befundenen Handlungsalternativen ist mit unterschiedlichen Datenkonstellationen und damit unterschiedlichen Wirkungen auf die Zielgrößen des Unternehmens verbunden. Die möglichst genaue Vorhersage aller relevanten Daten in ihrer zeitlichen Entwicklung während eines vorgegebenen Betrachtungszeitraumes ist Gegenstand der Prognosephase. Im nächsten Planungsschritt erfolgt die Bewertung jeder grundsätzlich als geeignet befundenen Alternative, d.h. anhand der prognostizierten Daten werden die Veränderungen der Zielgrößen bei Realisierung eben dieser Alternative im Vergleich zum Verzicht auf deren

12

1 Grundlagen des Controllings

Realisierung prognostiziert. Hierbei werden die für die Problemstellung geeigneten Bewertungstechniken eingesetzt.26 Anhand der Ergebnisse der Bewertung erfolgt in der Entscheidungsphase die Auswahl deijenigen Alternative, die den höchsten Beitrag zur Verbesserung der Zielgröße erbringt. Da die Entscheidungsträger im allgemeinen nicht mit den Funktionsträgern identisch sind, welche die praktische Umsetzung der gewählten Alternative zu gewährleisten haben, kommt nach dem Treffen der Entscheidung auf die Entscheidungsträger zunächst die Aufgabe zu, die zur Realisation erforderlichen Maßnahmen bei den geeigneten (internen und externen) Stellen zu veranlassen; dies geschieht in der Durchsetzungsphase. Die konkrete Umsetzung erfolgt dann in der Realisationsphase. Nach Vorlage der Ist-Ergebnisse wird in der Phase der Abweichungsermittlung ein Vergleich von Ist- und sich aus dem ursprünglichen Planansatz ergebenden Sollwerten vorgenommen.27 In der abschließenden Phase der Abweichungsanalyse werden die Ursachen aufgetretener Abweichungen ergründet; die sich hieraus ergebenden Erkenntnisse fuhren in zweifacher Hinsicht zu Konsequenzen: • •

Der ursprünglich geplante Zielerreichungsgrad muss korrigiert werden. Es werden im Rahmen eines Lernprozesses Erkenntnisse fur zukünftige Planungen gewonnen.

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass die einzelnen Phasen nicht notwendigerweise linear von oben nach unten ablaufen, sondern dass an allen Stellen Rückkopplungen zu vorgelagerten Phasen vorkommen können. Den grundsätzlichen Ablauf des Planungsprozesses wollen wir nun anhand eines einfachen Beispiels einer Standortentscheidung erläutern. Hierbei wollen wir von der Zielsetzung der langfristigen Existenz- und damit Gewinnsicherung ausgehen. Die Auseinandersetzung mit dieser Zielsetzung führe zu der Erkenntnis, dass auf den vorhandenen Märkten die Wachstumspotentiale weitgehend erschöpft sind, so dass die Erschließung neuer Märkte mit der Einrichtung der entsprechenden Produktionsstätten erforderlich ist. Dies sind die Ergebnisse der Phase der Problemerkenntnis. Bei der Suche geeigneter Alternativen werden ein Standort in Osteuropa und ein Standort in Südostasien als grundsätzlich geeignet angesehen und in die Vorauswahl einbezogen. Aus finanziellen Gründen kann nur eine Alternative realisiert werden. In der Prognosephase sind jetzt alle relevanten Daten zu erheben und fur einen vorgegebenen Planungszeitraum zu prognostizieren; Beispiele hierfür sind Marktvolumen, Verkaufspreisniveau, Lohnniveau, Zinsniveau, Inflation, Verfügbarkeit der benötigten Produktionsfaktoren, Infrastruktur, politische Stabilität, Ausbildungsniveau, Währungsstabilität etc. Zur Bewertung können in diesem Fall ein geeignetes Verfahren der Investitionsrechnung oder Punktbewertungsmodelle herangezogen werden. Der Standort mit den günstigsten Resultaten des eingesetzten Bewertungsverfahrens wird dann ausgewählt (Entscheidung).

Zu den Bewertungstechniken im Einzelnen vgl. Abschnitt 2.4. Auf die Abweichungsermittlung werden wir in Abschnitt 2.3 ausführlich eingehen.

1.3 Controlling im Führungssystem eines Unternehmens

13

Nachdem die Entscheidung getroffen ist, werden die zur Markterschließung und zum Aufbau der Fertigungseinrichtungen erforderlichen Maßnahmen beschlossen und geeignete Stellen mit der Realisierung beauftragt (Durchsetzung). Nach erfolgtem Aufbau des Standortes (Abschluss der Realisierung) werden die tatsächlichen Ausprägungen der oben genannten Daten ermittelt und mit den zugehörigen Planansätzen verglichen. Hieraus ergibt sich dann auch ein Vergleich von Plan- und Istzielgrößen (Abweichungsermittlung). Die festgestellten Abweichungen werden auf ihre Ursachen hin analysiert und gegebenenfalls Maßnahmen zur Beseitigung der Abweichungsursachen eingeleitet. Eine wesentliche Aufgabe des beschriebenen Planungsprozesses ist - wie in Abschnitt 1.2 gesehen - die Koordination der einzelnen Unternehmensteilbereiche im Hinblick auf die Ziele des Gesamtunternehmens, um sicherzustellen, dass die erforderlichen Maßnahmen zur Zielerreichung vollständig und wirtschaftlich ausgeführt werden. Gemäß dem beschriebenen Controlling-Konzept werden hierzu im Rahmen einer sachlich und zeitlich umfassenden Unternehmensplanung aus den Zielen des Gesamtunternehmens Zielvorgaben fur die einzelnen Funktionsbereiche erarbeitet. Die Einhaltung dieser Zielvorgaben wird durch Gegenüberstellung der geplanten Werte und der korrespondierenden Ist-Ausprägungen überwacht.

1.3.3

Die Bedeutung des Informationssystems zur Erfüllung der Controlling-Aufgaben

Unter Information versteht man in der Betriebswirtschaftslehre zweckorientiertes Wissen.28 Bei näherer Betrachtung dieser Definition stellt man fest, dass Informationen inhärenter Bestandteil nahezu aller elementaren und dispositiven Produktionsfaktoren sind. Infolgedessen ist eine nähere Eingrenzung des Begriffes Informationssystem notwendig, will man dessen Praktikabilität gewährleisten. Im Folgenden wollen wir das Informationssystem (aus betriebswirtschaftlicher Sicht) auf die folgenden beiden Sachverhalte beschränken: 1. 2.

die im Unternehmen physisch gespeicherten Datenbestände; das installierte Berichtswesen.

Der betriebliche Leistungsprozess bildet sich in einer Vielzahl mengen- und wertbezogener Daten ab, die in geeigneten Datenbeständen physisch gespeichert werden müssen.29 Aus diesen Grunddaten werden je nach Informationsbedarf Verdichtungen und Verknüpfungen erstellt. Beispiele für wichtige betriebliche Datenbestände sind: •

Stücklisten

Sie beinhalten die Bedarfe an Materialien und Vorprodukten je Einheit der Enderzeugnisse und selbsterstellten Vorprodukte. •

Einkaufsstammdatei

Hier werden unter anderem die geplanten und tatsächlichen Einstandspreise fremdbezogener Materialien und Vorprodukte gespeichert.

Vgl. J. Berthel, (Informationsbedarf 1992), Sp. 872. Zur Entwicklung und Implementierung computergestützter Informationssysteme vgl. ausführlich A.W. Scheer, (Wirtschaftsinformatik 1997).

14 •

1 Grundlagen des Controllings Arbeitspläne

Die Bearbeitungszeiten und/oder sonstigen Bezugsgrößen pro Einheit der Eigenteile und Endprodukte sind Inhalt dieses Datenbestandes. •

Ist-Produktionsvollzug (Betriebsdatenerfassung)

Alle wichtigen Daten des abgelaufenen Fertigungsprozesses werden gespeichert, z.B. Maschinenbelegung und -laufzeiten, Losgrößen, Durchlaufzeiten etc. •

Fakturierung

Mengen, Verkaufspreise und -konditionen der abgesetzten Produkte werden hier erfasst. •

Finanz- und Betriebsbuchhaltung

Sie erfassen einerseits alle Geschäftsvorfalle zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt und andererseits die hieraus resultierenden Kosten nach geeigneten Gliederungsmerkmalen. •

Kalkulation

Hier werden die Kosten je Erzeugniseinheit gespeichert. •

Personalstammdatei

Alle mitarbeiterbezogenen Daten werden in speziellen, im Allgemeinen vertraulich zu behandelnden Datenbeständen gesammelt. In vielen Unternehmen wird die Erfassung, Speicherung und Auswertung derartiger Daten durch Standard-Softwaresysteme unterstützt. Hierbei werden häufig einzelne der angeführten Datenbestände in Softwarepaketen zusammengefasst; ein Beispiel hierfür sind komplexe Produktionsplanungs- und Produktionsteuerungssysteme (PPS-Systeme), in denen sämtliche beschaffüngs- und produktionsrelevanten Daten zusammengefasst sind. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Erfassung und Verwaltung der Daten liegt bei den damit betrauten Fachabteilungen.30 Es ist jedoch sicherzustellen, dass allen Funktionsbereichen die für ihre Tätigkeit erforderlichen Daten zugänglich sind; dies ist durch entsprechende Zugriffsberechtigungen zu den einzelnen Datenbeständen zu gewährleisten. So greifen z.B. auf die Stücklistendaten neben den Konstruktionsabteilungen die Materialwirtschaft, die Fertigungsplanung und die Kalkulation zu; andererseits werden die Personaldaten sicherlich nicht für alle Funktionsbereiche freigegeben werden. In ähnlicher Weise wie beim Organisationssystem muss das Controlling zunächst die vorhandenen Datenbestände und ihre Strukturierung als gegeben hinnehmen. Genügen die bestehenden Datenstrukturen nicht den controllingspezifischen Anforderungen, so muss auf eine entsprechende Verbesserung gedrängt werden. Bei Neukonzeptionen im Bereich der DVSysteme wird das Controlling - in gleicher Weise wie die anderen Funktionsbereiche - seine Belange bei der Erstellung der diesbezüglichen Pflichtenhefte einbringen. Ob und inwieweit das Controlling für eigene Datenbestände Verantwortung zu zeichnen hat, hängt u.a. von seiner institutionellen Eingliederung in die Unternehmensorganisation ab; hierauf werden wir im nächsten Abschnitt eingehen.

Dies kann eine spezielle Datenverarbeitungsabteilung sein; mit der Einführung moderner Dialogsysteme wird die Daten Verantwortung jedoch immer mehr den Funktionsbereichen übertragen.

1.3 Controlling im Führungssystem eines Unternehmens

15

Unter Berichtswesen wollen wir im Folgenden die funktionsbereichsübergreifende Weiterleitung zuvor zweckentsprechend aufbereiteter Informationen verstehen.31 Aus dieser Definition wird deutlich, dass „Berichten" zum Aufgabenbereich eines jeden betrieblichen Funktionsbereiches gehört; umgekehrt ist auch jeder Funktionsbereich Empfänger von Berichten. Das Erstellen derartiger Berichte insbesondere an die Unternehmensleitung, aber auch an die anderen Funktionsbereiche, ist eine wesentliche Aufgabe des Controllings; notwendige Voraussetzung zur Erfüllung dieser Aufgabe sind wiederum vorgelagerte Berichte anderer Funktionsbereiche.32 Im Zusammenhang mit der Gestaltung des betrieblichen Berichtswesens sind folgende Sachverhalte zu klären:33 •

Wozu wird berichtet?

An erster Stelle steht die Frage nach dem Berichtszweck, der sich aus dem Informationsbedarf der Empfanger der Berichte ergibt. Der Berichtszweck ist bestimmend fur die weiteren Merkmale von Berichten. •

Was wird berichtet?

Hier sind Berichtsinhalte, gewünschte Verdichtungen und gegebenenfalls entsprechende Kommentierungen zu regeln. •

Wie wird berichtet?

Eine wichtige Frage im Zusammenhang mit dem Berichtswesen ist die einheitliche und zweckmäßige Gestaltung der Formulare; hierzu gehört auch eine eventuelle graphische Aufbereitung wichtiger Ergebnisse. Weiterhin können hier Fragen einer standardisierten Präsentation geregelt werden. •

Wer berichtet an wen?

Die Zuständigkeiten für die Erstellung des jeweiligen Berichtes sowie der Adressatenkreis (Verteiler) sind festzulegen. •

Wann wird berichtet?

Es ist zwischen regelmäßigen und unregelmäßigen Berichten zu unterscheiden. Letztere werden fallweise zu bestimmten Anlässen erstellt; Beispiele hierfür sind die Präsentation der Ergebnisse eines Forschungs- und Entwicklungsprojektes oder ein außerordentlicher Liquiditätsstatus in einer Krisensituation. Die regelmäßigen Berichte lassen sich je nach Zeitintervall (unter anderem) in tägliche (z.B. Produktionszahlen), monatliche (z.B. kurzfristige Erfolgsrechnung) und jährliche (z.B. Jahresplanung) Berichte differenzieren. Übersicht 1.5 verdeutlicht noch einmal die grundsätzlichen Alternativen bezüglich der beiden zuletzt genannten Fragestellungen.

Eine weitergehende Definition von Berichtswesen gibt H. Blohm, (Berichtswesen 1982), S. 866, eine engere Fassung findet sich bei P. Horvath, (Controlling 2006), S. 604 f. Der Idealfall, dass sämtliche berichtsrelevanten Daten unmittelbar aus den entsprechenden Dateien entnommen werden können, dürfte selten sein. Vgl. Ziegenbein, (Controlling 2004), S. 474; so ähnlich siehe auch H. Blohm, (Gestaltung 1974), S. 13 f.

16

1 Grundlagen des Controllings

Übersicht 1.5: Gliederungsmerkmale von Berichten

Die Regelung der angeführten Sachverhalte obliegt grundsätzlich der Unternehmensleitung bzw. den hiermit von ihr beauftragten Stellen;34 weiterhin sind informelle Regelungen einzelner Bereiche und Abteilungen denkbar. Die Zweckmäßigkeit des vorhandenen Berichtswesens sollte von Zeit zu Zeit überprüft und an veränderte Anforderungen und dv-technische Möglichkeiten angepasst werden. In Übersicht 1.6 sind Beispiele typischer Berichte wiedergegeben, deren Erstellung in den Aufgabenbereich des Controllings fallt. Dabei wird - wie oben angedeutet - zwischen unregelmäßig zu erstellenden Berichten und regelmäßigen Berichten unterschieden. Auf die konkrete Gestaltung controlling-relevanter Berichte werden wir in unseren weiteren Ausführungen bei der Behandlung des jeweiligen Sachproblems eingehen.

Übersicht 1.6: Beispiele typischer Berichte des Controllings

1.4

Die institutionelle Einordnung des Controllings

In diesem Abschnitt wollen wir untersuchen, auf welche Weise sich das Controlling in die Aufbauorganisation eines Unternehmens integrieren lässt, und die Zweckmäßigkeit der ein-

Dies kann auch das Controlling sein.

1.4 Die institutionelle Einordnung des Controllings

17

zelnen Gestaltungsalternativen beurteilen. In Übersicht 1.7 sind die möglichen Alternativen einer organisatorischen Einordnung des Controllings wiedergegeben.

Übersicht 1.7: Möglichkeiten der organisatorischen Einordnung des Controllings

Als erstes ist die Frage zu klären, ob ein eigener Controlling-Funktionsbereich eingerichtet werden soll oder ob man die Controlling-Funktionen anderen Funktionsbereichen überträgt. Diese Frage wird sich in erster Linie in kleineren Unternehmen stellen. Für einen Verzicht auf eigene Controlling-Abteilungen sprechen hier die folgenden Sachverhalte:35 •







Kleinere Unternehmen verfugen im Allgemeinen über gute Kommunikationskanäle zwischen den (wenigen) Funktionsbereichen; der Koordinationsbedarf ist deshalb nicht so hoch. Aufgrund dieses geringeren Koordinationsbedarfes und des damit einhergehenden geringeren Planungs- und Kontrollaufwandes kann - bei sonst unveränderter Organisation der Arbeitsumfang zu gering sein, um eine eigene Controlling-Instanz auszufüllen. Will man dann die Controlling-Instanz vollständig auslasten, müssen controllingfremde Aufgabenbestandteile ergänzt werden. Diese sind dann anderen Instanzen wegzunehmen, was zu Kompetenzstreitigkeiten führen kann. Hierdurch wird unter Umständen die Position des Controllers als unabhängiger Vermittler und Berater beeinträchtigt. Soll Controlling richtig betrieben werden, setzt dies eine fachlich und persönlich entsprechend qualifizierte Führungskraft voraus.36 Das hierfür erforderliche Entgelt passt im Zweifel nicht in das Gehaltsgefuge kleinerer Unternehmen.

Die oben genannten Gründe lassen erwarten, dass das Controlling bei den anderen Abteilungen auf Akzeptanzschwierigkeiten stoßen wird. Die Verteilung der Controlling-Aufgaben auf bestehende Funktionsbereiche vermeidet diese Schwierigkeiten.

Vgl. J. Weber u. U. Schäffer, (Einführung 2006), S. 456 ff. Zum Qualifikationsprofil des Controllers vgl. Abschnitt 1.5.

18

1 Grundlagen des Controllings

Verzichtet man auf die Einrichtung eines eigenen Controlling-Bereiches, so bestehen folgende Möglichkeiten, Controlling-Aufgaben dennoch wahrzunehmen: 1.

Übertragung auf den Leiter des Rechnungswesens Dies hat den Vorteil, dass eine einheitliche Leitung für das Controlling und die Kostenrechnung, den Haupt-Datenlieferanten des Controllings, besteht. Ein Problem kann allerdings in dem erforderlichen Qualifikationsniveau bestehen.

2.

Übertragung auf den Assistenten der Unternehmensleitung Auch in kleineren Unternehmen wird in vielen Fällen die Unternehmensleitung durch Assistenten unterstützt. Es ist denkbar, diesen neben anderen Tätigkeiten auch Controlling-Aufgaben zu übertragen.

3.

Übertragung auf einen funktionsbereichsübergreifenden Arbeitskreis Neben den zu erwartenden Interessenkonflikten ist hier mit fehlenden Sachkenntnissen sowie mangelnden Fähigkeiten zur Moderation der Problemlösungsprozesse zu rechnen.

Der Verzicht auf die Einrichtung eigener Controller-Stellen ist mit folgenden Nachteilen verbunden:37 •



Für die Stellen, auf welche die Controlling-Aufgaben übertragen werden, bedeutet dies eine Erhöhung der Arbeitslast, was zu Akzeptanzschwierigkeiten und Interessenkonflikten führen kann. Controlling erfordert spezielles Methodenwissen, das in kleineren Unternehmen zunächst kaum vorhanden sein dürfte. Es zu schaffen und weiterzuentwickeln erfordert erhebliche Anstrengungen; hierbei werden auch durch die Qualifikation der Mitarbeiter Grenzen gesetzt.

Entschließt man sich zur Einrichtung eines eigenen Controlling-Funktionsbereiches, so ist als nächstes die Frage zu klären, ob es sich um eine Stabs- oder Linienstelle handeln soll.38 Auf den ersten Blick erscheint es naheliegend, das Controlling wegen seiner Aufgaben Beratung und Information des Managements einer Stabsstelle direkt unter der Unternehmensleitung zuzuordnen.39 Betrachtet man allerdings das gesamte Aufgabenspektrum des Controllings, so bringt die organisatorische Einordnung als Führungsstab die folgenden wesentlichen Nachteile mit sich:40 •



Das Controlling nimmt nicht nur Unterstützungsfunktionen wahr; in seiner Eigenschaft als Planungs- und Kontrollorgan muss ihm auch eine Entscheidungs- und Mitsprachekompetenz zukommen (z.B. bei der Analyse und Beseitigung aufgetretener Planabweichungen). Stäbe müssen sich bei ihrer Arbeit mangels eigener Kompetenz auf die Autorität ihrer vorgesetzten Instanz berufen. Für das Controlling bedeutet dies einen Verlust an eigener Autorität, der es in der Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen behindert.

Diese Nachteile erscheinen so gravierend, dass für die Aufgaben des Controllings LinienFunktionsbereiche eingerichtet werden sollten. Die in der Literatur erwähnte Gefahr der

Vgl. J. Weber u. U. Schäffer, (Einführung 2006), S. 456 f. -3 0 Vgl. M. Schweitzer, (Industriebetriebslehre 1994), S. 866 f. 39



Stabsstellen unterscheiden sich von Linienstellen hauptsächlich durch das Fehlen eigener Entscheidungs- und Weisungskompetenz; vgl. hierzu H. Schierenbeck, (Betriebswirtschaftslehre 2003), S. 119 ff. Vgl. J. Weber u. U. Schäffer, (Einführung 2006), S. 461.

1.4 Die institutionelle Einordnung des Controllings

19

Herausbildung eines „eigentlichen Machtzentrums"41 sehen wir dann nicht, wenn das Controlling als gleichberechtigter Funktionsbereich neben anderen (Materialwirtschaft, Fertigung, Vertrieb etc.) mit einer klar abgegrenzten Aufgabenstruktur installiert ist. In großen Unternehmen ist Controlling heute in der überwiegenden Zahl der Fälle ein eigenständiger Linien-Funktionsbereich. Neben einer einheitlichen (rein zentralen) Linienfunktion findet man hier häufig die Zweiteilung des Controllings in einen ControllingZentralbereich und dezentrale Controlling-Instanzen. Letztere sind je nach räumlicher und organisatorischer Differenzierung des Unternehmens eingeteilt; Beispiele hierfür sind das Werkscontrolling und das Spartencontrolling. Zu den Aufgaben des Controlling-Zentralbereiches gehören in diesen Fällen: • • • • •

Pflege und Weiterentwicklung eines Informationssystems, das in der Lage ist, die controlling-relevanten Daten bereitzustellen. Konzeptionierung und Implementierung eines einheitlichen controllingspezifischen Berichtswesens, Fachliche und personelle Koordination der dezentralen Controller, Zusammenfassung und Kommentierung der Berichte der dezentralen Controller, Bearbeitung fallweise auftretender, grundsätzlicher Problemstellungen.

Es ist denkbar, dass die genannten Aufgaben von einer Stabsstelle unmittelbar in der Nähe der Unternehmensleitung wahrgenommen werden. Die in die jeweilige Linie eingebundenen dezentralen Controlling-Abteilungen erfüllen die in Abschnitt 1.2 beschriebenen ControllingAufgaben fur ihre Organisationseinheiten; ferner berichten sie an das Zentral-Controlling. Zu klären ist in diesem Zusammenhang noch die Frage der fachlichen und disziplinarischen Unterstellung des dezentralen Controlling. Die Unterstellung unter die Linieninstanz hat den Vorteil der guten Integration und hohen Akzeptanz der Controller in der Linie, birgt aber andererseits die Gefahr in sich, dass das Controlling-Gesamtkonzept und auch die Berichterstattung an die Zentrale vernachlässigt werden. Umgekehrt ist es bei einer Unterstellung unter das Zentral-Controlling; hier können zwar die Interessen der Zentrale besser in die Bereiche hineingetragen werden, es besteht aber die Gefahr, dass der Controller als der Zentrale zugehörig angesehen und daher isoliert und von den Informationskanälen abgeschnitten wird. Als Kompromiss findet man in der Praxis häufig das „Dotted-Line-Prinzip", was besagt, dass das dezentrale Controlling disziplinarisch der Linieninstanz und fachlich (auch) dem ZentralControlling unterstellt ist.42 In dieser Regelung dürften die Interessenslagen sowohl der einzelnen Einheiten als auch des Unternehmens als Ganzes Berücksichtigung finden. Unabhängig davon, für welche organisatorische Einbindung des Controllings man sich letztendlich entscheidet, sollte darauf geachtet werden, dass das Controlling einen unmittelbaren Zugang zu den Daten der Kostenrechnung hat. Die Hauptaufgabe des Controllings besteht, wie oben gezeigt, in der Erarbeitung von Vorgaben und der späteren Überprüfung von deren Einhaltung. Wie wir später noch sehen werden, leitet sich ein Großteil dieser Vorgaben aus geplanten Kosten und Deckungsbeiträgen ab. Dies bedeutet, dass sowohl die Planung von bei wirtschaftlicher Betriebsfuhrung angemessenen Kosten als auch die richtige Erfassung und

J. Weber u. U. Schäffer, (Einführung 2006), S. 461. 42

Vgl. hierzu J. Weber u. U. Schäffer, (Einführung 2006), S. 460 f.

1 Grundlagen des Controllings

20

zweckmäßige Aufbereitung der angefallenen Istkosten für das Controlling von größter Bedeutung sind. Die Zuordnung dieses Aufgabenfeldes zu einer anderen gleichberechtigten organisatorischen Einheit kann zu Schwierigkeiten und Reibungsverlusten fuhren, insbesondere wenn keine klaren Kompetenzabgrenzungen festgelegt werden. Es erscheint daher erwägenswert, die Kostenrechnung in den Controllingbereich einzubetten. Übersicht 1.8 zeigt beispielhaft eine denkbare organisatorische Unterteilung eines derartigen Funktionsbereiches.

Übersicht 1.8: Beispiel einer organisatorischen Integration von Kostenrechnung und Controlling

Abschließend wollen wir noch den Zusammenhang zwischen Controlling und Interner Revision behandeln. In Großunternehmen werden häufig Abteilungen mit der Bezeichnung Interne Revision eingerichtet, denen folgende Aufgaben zukommen: •

Überwachung der Ordnungsmäßigkeit Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen, Buchhaltungsgrundsätzen u.Ä.



Überwachung von Organisationsanweisungen Einhaltung von Richtlinien, vorgeschriebenen Arbeitsabläufen.



Überprüfung der Wirtschaftlichkeit Notwendigkeit von Arbeitsabläufen, Vermeidung von Doppelarbeit. Die Interne Revision erfüllt diese Aμfgaben, indem die einzelnen Unternehmensteilbereiche in längeren Abständen einer mehrwöchigen, gründlichen Überprüfung unterzogen werden. In diesem Aspekt unterscheidet sich ihre Arbeitsweise grundlegend von der des laufenden operativen Controllings. Eine Unterstellung der Internen Revision unter das Controlling erscheint aus folgenden Gründen unzweckmäßig: •

• •

43

Die Interne Revision muss als unabhängiges Kontrollorgan ausschließlich der obersten Unternehmensleitung unterstellt sein43 (in manchen Unternehmen dem Justiziar); sie ist eine typische Stabsabteilung. Auch das Controlling als Linieninstanz ist Gegenstand von Prüfungen hinsichtlich Ordnungsmäßigkeit, Organisationsanweisungen und Wirtschaftlichkeit. Das Controlling muss um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den anderen Funktionsbereichen bemüht sein. Diese könnte durch Prüfberichte an die Unternehmensleitung in hohem Maße beeinträchtigt werden.

Vgl. H.U. Küpper, J. Weber, A. Zünd, (Verständnis 1990), S. 285.

1.5 Das Anforderungsprofil des Controllers

1.5

21

Das Anforderungsprofil des Controllers

In diesem Abschnitt wollen wir wesentliche Anforderungskriterien aufzeigen, die ein Controller zur Erfüllung seiner Aufgaben mitbringen sollte. Die Eignung einer Person für eine bestimmte Stelle wird determiniert durch das Verhältnis zwischen ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit und den Arbeitsanforderungen.44 Die Arbeitsanforderungen lassen sich nach folgenden Gesichtspunkten untergliedern: 1. 2. 3. 4.

Begabung Personelle Eigenschaften Fachliche Fähigkeiten Körperliche Verfassung.

Hinsichtlich der körperlichen Verfassung bestehen keine Unterschiede zwischen dem Controlling und sonstigen Verwaltungstätigkeiten. Für die drei erstgenannten Anforderungsarten sind die folgenden Kriterien für die Controlling-Aufgaben von Bedeutung.45 Bezüglich der Begabung sind für den Controller analytisches Denkvermögen und die Fähigkeit zu ganzheitlichem Denken von großer Wichtigkeit. Das Erkennen und die Analyse betrieblicher Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge sind im Aufgabenfeld des Controllings unerlässlich, so z.B. bei der Ermittlung von Abweichungsursachen. Darüber hinaus gehört die Beachtung der Interdependenzen zwischen den betrieblichen Teilbereichen zu den Wesensmerkmalen der Controller-Tätigkeit. Als Anforderungen an die personellen Eigenschaften werden genannt: •

Toleranz, Geduld Bei festgestellten UnWirtschaftlichkeiten darf sich der Controller nicht zu Schuldzuweisungen hinreißen lassen, sondern soll sich zusammen mit den Betroffenen um die Beseitigung bemühen.



Verhandlungsgeschick, Kontaktfahigkeit Im Rahmen seiner Tätigkeit steht der Controller in ständigem Kontakt zu allen anderen Funktionsbereichen. Um diese Kontakte aus der Sicht des Controlling effizient zu gestalten, muss der Controller überzeugend verhandeln können.



Durchsetzungsvermögen Bei der Ausführung der oben beschriebenen Controller-Tätigkeiten treten zwangsläufig Konflikte auf, bei denen der Controller seine Standpunkte durchsetzen muss, will er in seinem Aufgabengebiet erfolgreich sein. Zur Durchführung der Controller-Tätigkeiten sind folgende spezifischen fachlichen Fähigkeiten vonnöten: •

Beherrschung der Systeme des Rechnungswesens Buchhaltung und Kostenrechnung sind wichtige Datenlieferanten für das Controlling; daher muss ihre Arbeitsweise dem Controller vertraut sein.



Beherrschung moderner Planungs- und Kontrolltechniken Diese Notwendigkeit ergibt sich unmittelbar aus den Controlling-Aufgaben. Vgl. H. Schierenbeck, (Betriebswirtschaftslehre 2003), S. 154 f. Zum Anforderungsprofil des Controllers vgl. A. Deyhle, (Controllerhandbuch 2003), S. 37 ff.; H. Ziegenbein, (Controlling 2004), S. 51 ff.; H.U. Küpper, (Anforderungsprofil 1990), S. 325 ff.

22

1 Grundlagen des Controllings



DV-Kenntnisse Die modernen DV-Techniken haben in allen Funktionsbereichen ihren Einzug gehalten; hier darf das Controlling nicht zurückstehen, sondern muss vielmehr die diesbezüglichen qualitativen Verbesserungen und Rationalisierungsmöglichkeiten im eigenen und den sonstigen betrieblichen Bereichen vorantreiben.



Beherrschung moderner Problemlösungs- und Kommunikationstechniken Bei der Bewältigung von Konflikten der oben genannten Art sowie zur Lösung auftretender Probleme werden häufig spezielle Verhaltenstechniken eingesetzt. Weiterhin sollte der Controller für Präsentationsaufgaben im Rahmen des Berichtswesens mit den gängigen Kommunikationstechniken vertraut sein.

Der beschriebene Anforderungskatalog enthält naturgemäß Kriterien, die nicht controllingspezifisch sind, sondern auch von vergleichbaren Stelleninhabern anderer Funktionsbereiche erfüllt werden sollten. Weiterhin ist der Anforderungskatalog bewusst allgemein gehalten und somit im Einzelfall um betriebsspezifische Kriterien zu ergänzen. In diesem Zusammenhang erscheint es unerlässlich, dass der Controller mit den technischen Gegebenheiten (Produktaufbau, Maschineneigenschaften, Fertigungsabläufe) vertraut ist. Im Industriebetrieb bezieht sich der überwiegende Teil der Planungs- und Kontrolltätigkeit auf technische Sachverhalte, was vom Controller ein diesbezügliches Wissen verlangt, will er als kompetenter Gesprächspartner anerkannt werden.

2

Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensführung

2.1

Aufgaben und Grundbegriffe der Unternehmensplanung

Unsere Ausführungen im ersten Kapitel haben gezeigt, dass Planung und Kontrolle die wichtigsten Instrumente der Controlling-Tätigkeit darstellen. Aus diesem Grunde ist es für jeden Controller unerlässlich, die theoretischen Grundlagen und praktischen Anwendungsmöglichkeiten von Unternehmensplanung und -kontrolle zu beherrschen. In diesem Kapitel wollen wir nach der Behandlung von Aufgaben und Grundbegriffen eine zweckmäßige zeitliche Unterteilung der Planung vorstellen, die für deren praktische Umsetzung von großer Bedeutung ist. Im Anschluss hieran werden die Möglichkeiten der Kontrolle in den einzelnen zeitlichen Planungsstufen behandelt und abschließend ausgewählte Planungs- und Kontrollinstrumente dargestellt. Planung wird definiert als „systematisches zukunftsbezogenes Durchdenken und Festlegen von Zielen, Maßnahmen, Mitteln und Wegen zur zukünftigen Zielerreichung"46. Damit fällt der Planung die allgemeine Aufgabe zu, das Betriebsgeschehen unter Zugrundelegung bestimmter Zielsetzungen auf der Basis erwarteter Daten fur alle Teilbereiche eines Unternehmens und somit fur das Gesamtunternehmen festzulegen. Diese Umschreibung enthält bereits die wesentlichen Grundbegriffe der Planung, auf die wir weiter unten noch eingehen werden. Zunächst wollen wir die Aufgaben der Planung konkreter umschreiben und hierbei die in Übersicht 2.1 angegebenen Aufgabenbereiche unterscheiden. Wie obige Definition zeigt, bedeutet Planung immer eine Beschäftigung mit zukünftigen Gegebenheiten. Hieraus erhält man zwangsläufig Informationen über die weitere Entwicklung von Absatz- und Beschaffungsmärkten, Technologien u.Ä. Durch diese Informationen wird das Unternehmen in die Lage versetzt, sich ergebende Chancen und Risiken zu erkennen und damit Maßnahmen zu ergreifen, um die Chancen zu nutzen bzw. den Risiken zu begegnen. Damit werden die möglichen Handlungsspielräume des Unternehmens aufgezeigt. Während die bisher genannten Aufgaben in erster Linie nach außen gerichtet sind, bezieht sich der zweite Aufgabenkomplex auf innerbetriebliche Belange, nämlich auf die Koordination der Unternehmensteilbereiche. Bei Praktizierung eines eher partizipativen Führungskonzeptes ist zur Steuerung des Unternehmens die Vorgabe von operationalen Zielen für die einzelnen Unternehmensteilbereiche notwendig.47 Diese Vorgaben werden im Rahmen des Planungsprozesses erarbeitet; die konkreten Maßnahmen zur Erreichung der Zielvorgaben liegen im Entscheidungsbereich des jeweiligen Funktionsbereiches, d.h. mit der Verabschiedung der Vorgaben sind die zu erfüllenden Aufgaben auf die Teilbereiche delegiert. 46

47

J. Wild, (Unternehmensplanung 1982), S. 13. Vgl. hierzu Abschnitt 1.3.1.

24

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensfiihrung

Übersicht 2.1 : Aufgaben der Untemehmensplanung

Im Ist muss dann noch überprüft werden, ob die einzelnen Funktionsbereiche die gesetzten Vorgaben einhalten, d.h. die Planungsergebnisse sind notwendige Voraussetzung für die Durchführung von Kontrollen. Sinnvolle Kontrollen müssen sich an im Planungsprozess erarbeiteten Vorgaben orientieren und umgekehrt ist jede Planung ohne Überprüfung der zugehörigen Realisation weitgehend Selbstzweck. In Übersicht 2.2 haben wir die Grundbegriffe der Unternehmensplanung - Ziele, Daten und Entscheidungsparameter - systematisch gegliedert. Ziele sind die Orientierungsgrößen des Unternehmens und seiner Teilbereiche, sie beschreiben gewünschte, in der Zukunft liegende Zustände. Im Zusammenhang mit der Unternehmensplanung sind zwei Zielkategorien zu unterscheiden; zum einen werden von der Unternehmensleitung Oberziele erarbeitet, an denen sich sämtliche Planungsaktivitäten orientieren. 48 Zum anderen werden - wie im Zusammenhang mit den Aufgaben der Planung beschrieben - in den nachgelagerten Planungsprozessen Zwischen- und Unterziele für die einzelnen Unternehmensteilbereiche erarbeitet. Unter Daten versteht man Größen, die beim Aufbau der betrieblichen Planung relevant sind, die vom Entscheidungsträger aber nicht beeinflusst werden können; sie sind ihm vorgegeben. In Übersicht 2.2 werden vier Differenzierungsmerkmale von Daten unterschieden. 49 Nach dem Ort der Datenentstehung lassen sich externe und interne Daten unterscheiden. Externe Daten entstehen in der Umwelt des Unternehmens, also auf den Beschaffungs-, Absatz- und Kapitalmärkten oder aufgrund staatlicher Gesetze und Anordnungen. Interne Daten stammen aus dem Unternehmen selbst; sie resultieren im Allgemeinen aus Entscheidungen früherer Planungsperioden, die im Betrachtungszeitraum nicht revidiert werden können (z.B. Kapazitäten betrieblicher Teilbereiche, langfristige Lieferverträge).

4Q

Hierauf werden wir im folgenden Abschnitt näher eingehen. Vgl. hierzu W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 102 ff.

2.1 Aufgaben und Grundbegriffe der Unternehmensplanung

25

1.Ziele 2. Planungsrelevante Daten, differenziert nach den Merkmalen 2.1 Ort der Datenentstehung 2.1.1 Externe Daten 2.1.2 Interne Daten 2.2 Veränderung im Zeitablauf 2.2.1 Kontinuierlich veränderbar 2.2.2 Diskontinuierlich veränderbar 2.3 Sicherheitsgrad der Daten 2.3.1 Sichere Daten 2.3.2 Risikobehaftete Daten 2.3.3 Unsichere Daten 2.4 Einfluss auf den Handlungsspielraum der Planung 2.4.1 Restriktiv wirkende Daten 2.4.2 Nicht restriktiv wirkende Daten 3. Entscheidungsparameter, differenziert nach den Merkmalen 3.1 Nicht quantifizierbare Entscheidungsparameter 3.2 Quantifizierbare Entscheidungsparameter 3.2.1 Kontinuierlich variierbare Entscheidungsparameter 3.2.2 Quasi-kontinuierlich variierbare Entscheidungsparameter 3.2.3 Nicht kontinuierlich variierbare Entscheidungsparameter Übersicht 2.2: Grundbegriffe der Unternehmensplanung

Hinsichtlich der Veränderung im Zeitablauf werden kontinuierlich und diskontinuierlich veränderbare Daten unterschieden. Kontinuierlich veränderbare Daten ändern sich im Zeitablauf aufgrund von Trend-, Konjunktur-, Saison- und Zufallseinflüssen ständig. Beispiele hierfür sind die Preise börsennotierter Rohstoffe und die Wechselkurse. Diskontinuierlich veränderbare Daten ändern sich dagegen in regelmäßigen oder unregelmäßigen Zeitabständen und sind in der Zwischenzeit konstant. Beispiele sind die Löhne und Gehälter, die in der Regel einmal im Jahr an ein neues Tarifhiveau angepasst werden, sowie die Preise von Vorprodukten, für die periodenbezogene Preisvereinbarungen bestehen. Ein weiteres wichtiges Merkmal der Daten ist ihr Sicherheitsgrad. Unter sicheren Daten versteht man solche, deren Ausprägungen mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 100 % bekannt sind; diese findet man oft im Bereich des internen Datenkranzes. Als risikobehaftet werden Daten bezeichnet, deren Ausprägungen zwar nicht absolut sicher sind, der Informationsstand des Entscheidungsträgers reicht aber zur Bestimmung von Eintrittswahrscheinlichkeiten aus. Diese Wahrscheinlichkeiten sind entweder objektiv ermittelt, d.h. sie sind aus der Auswertung entsprechender Häufigkeitsverteilungen abgeleitet, oder sie beruhen auf subjektiven Schätzungen. Bei unsicheren Daten sind keine Informationen verfugbar, aus denen sich Wahrscheinlichkeitsverteilungen ableiten lassen. Letztes Unterscheidungsmerkmal ist der Einfluss auf den Handlungsspielraum der Planung. Hier spricht man von restriktiv wirkenden Daten, wenn die entsprechenden Größen die Entscheidungsparameter der Planung nach oben oder unten begrenzen und damit den Handlungsspielraum des Entscheidungsträgers einengen (z.B. Kapazitäten, Absatzhöchstmengen). Nicht restriktiv wirkende Daten beeinflussen zwar die Ergebnisse der Planung, fuhren aber nicht zu unmittelbaren Begrenzungen des Handlungsspielraumes. Für sie gibt es aber meist kritische Werte, ab deren Über- oder Unterschreitung bestimmte Planungsalternativen unwirtschaftlich

26

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensführung

werden und damit beim weiteren Aufbau der Planung nicht mehr berücksichtigt werden können (z.B. Faktorpreise, Verkaufspreise, Wechselkurse). Eine wichtige Arbeit beim Aufbau der betrieblichen Planung ist nun die Prognose der planungsrelevanten Daten. Die wirtschaftswissenschaftliche Literatur bietet eine Vielzahl von Prognoseverfahren, die bei der Informationsgewinnung eingesetzt werden können;50 in Übersicht 2.3 ist ein Überblick über die wichtigsten, in der Unternehmensplanung einsetzbaren Prognosemethoden wiedergegeben. 1. Quantitative Prognoseverfahren 1.1 Trendmodelle der Zeitreihenanalyse 1.1.1 Ungewichtete Zeitreihenanalysen 1.1.2 Gewichtete Zeitreihenanalysen 1.2 Regressionsanalyse 1.2.1 Einfache Regressionsanalyse 1.2.2 Multiple Regressionsanalyse 1.3 Wachturmsmodelle 1.4 Modelle der langfristigen Kostenanalyse 2. Qualitative Prognoseverfahren 2.1 Delphi-Methode 2.2 Szenario-Technik 2.3 Historische Analogien Übersicht 2.3: Verfahren der Informationsgewinnung

Übersicht 2.3 unterscheidet zunächst zwischen quantitativen und qualitativen Prognoseverfahren. Bei quantitativen Prognoseverfahren werden numerische Werte der betrachteten Prognosegröße mit Hilfe mathematisch-statistischer Verfahren berechnet. Trendmodelle sind hierbei insbesondere für Prognosen von kontinuierlich veränderbaren Daten geeignet, bei denen relativ stabile Entwicklungstendenzen durch Saison-, Konjunktur- und Zufallseinflüsse überlagert werden; diese sonstigen Einflüsse werden mit Hilfe dieser Methoden eliminiert. Bei ungewichteten Zeitreihenanalysen werden alle Elemente der zugrunde liegenden Zeitreihe gleich behandelt; als statistisches Verfahren kommt hier die Methode der kleinsten Quadrate zur Anwendung.51 Bei gewichteten Zeitreihenanalysen werden die aktuelleren Werte stärker gewichtet als weiter zurückliegende; hier arbeitet man mit den Methoden der exponentiellen Glättung.52 Trendmodelle liefern nur bei solchen Daten brauchbare Ergebnisse, bei denen sichergestellt ist, dass im Prognosezeitraum keine Brüche der bisherigen Entwicklungstendenzen auftreten. Die Regressionsanalyse unterstellt eine funktionale Beziehung zwischen dem gesuchten (abhängigen) Datum und bekannten Einflussgrößen.53 Anhand von Zeitreihen aus Werten vergangener Perioden wird mit Hilfe der Methode der kleinsten Quadrate eine funktionale Beziehung zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen konstruiert und dann aus

Zu den Prognoseverfahren vgl. A.W. Scheer, (Absatzprognosen 1983); Κ Brockhoff, (Prognoseverfahren 1977). Zur Methode der kleinsten Quadrate vgl. u.a. H. Schneeweiß, (Ökonometrie 1990), S. 41 ff. Zur den Methoden der exponentiellen Glättung vgl. u.a. J. Rosentreter, (Prognosen 1976). Zur einfachen und multiplen Regressionsanalyse vgl. H. Schneeweiß, (Ökonometrie 1990), S. 29 ff. und S. 89 ff.

2.1 Aufgaben und Grundbegriffe der Unternehmensplanung

27

gegebenen Werten der Einflussgrößen der Prognosewert des gesuchten Datums abgeleitet. Bei einfacher Regressionsanalyse wird zur Prognose eine unabhängige Variable herangezogen, während bei multipler Regressionsanalyse mehrere Einflussgrößen betrachtet werden. Wachstumsmodelle beschreiben die Entwicklung einer interessierenden Größe im Zeitablauf.54 Zu den bekanntesten Wachstumsmodellen zählen die Lebenszykluskurven, die Aussagen über die zeitliche Entwicklung der Absatzmengen neuer Produkte machen. Wichtigste Modelle der langfristigen Kostenanalyse sind die Lernkurve und die Kostenerfahrungskurve, die einen Zusammenhang zwischen Produktionsfaktorverbrauch und Kosten einerseits und der Gesamtproduktionsmenge andererseits aufstellen.55 Liegen keine mathematisch fassbaren Beziehungen zwischen Daten und irgendwelchen Einflussgrößen vor, können zur Vorhersage noch qualitative Prognoseverfahren eingesetzt werden. Bei der Delphi-Methode56 wird die Datenprognose einem Expertenteam übertragen, wobei die Teammitglieder ihre Erwartungen in schriftlichen Befragungsrunden abgeben. Nach jeder Befragungsrunde werden die Ergebnisse ausgewertet und den Mitgliedern mit der Bitte um eventuelle Überarbeitung ihrer Prognosen mitgeteilt. Hierdurch wird im Allgemeinen sehr schnell eine Annäherung der Standpunkte erreicht. Mit Hilfe der Szenario-Technik, bei der alle denkbaren zukünftigen Situationen in ihren Auswirkungen durchgespielt werden, sollen Strukturbrüche und Diskontinuitäten möglichst frühzeitig erkannt und die Wirkung von Gegenmaßnahmen simuliert werden. Die historische Analogie leitet Prognosen aus früheren Entwicklungen unter ähnlichen Umweltbedingungen ab. Letzter Grundbegriff der Planung in Übersicht 2.2 sind die Entscheidungsparameter; hierunter versteht man die Größen, über die beim Aufbau der Planung zu entscheiden ist. Die Entscheidungsparameter sind nach Möglichkeit so zu wählen, dass unter Beachtung der restriktiv wirkenden Daten die Zielgröße der Planung ein Optimum erreicht.57 Als nicht quantifizierbare Entscheidungsparameter werden solche Größen bezeichnet, die sich nicht mit quantitativen Maßgrößen messen lassen. Beispiele hierfür sind Entscheidungen im Forschungs- und Entwicklungsbereich oder Entscheidungen über organisatorische Maßnahmen. Hier liegen häufig entweder dichotome Entscheidungssituationen vor (Ja-neinEntscheidungen), oder aus einer begrenzten Anzahl von Alternativen muss eine ausgewählt werden. Bei quantifizierbaren Entscheidungsparametern muss im Rahmen des Planungsprozesses ein numerischer Wert festgelegt werden. Für die Behandlung des jeweiligen Entscheidungsparameters im Planungsprozess ist nun wichtig, inwieweit Ganzzahligkeitsbedingungen beachtet werden müssen; insbesondere bei Anwendung mathematischer Planungsmethoden hängt die Auswahl einer geeigneten Planungstechnik von dieser Frage ab. Lassen sich die betrachteten Größen in beliebigen Unterteilungen variieren, so spricht man von kontinuierlich variierbaren Entscheidungsparametern (z.B. Produktmengen bei Produktion von Fließgütern). Als quasi-kontinuierlich variierbar werden solche Entscheidungsparameter bezeichnet, bei denen zwar grundsätzlich Ganzzahligkeit vorliegt, deren Zu den Wachstumsmodellen vgl. R. Lewandowski, (Informationssysteme 1974), S. 274 ff. Zu Lernkurve und Kostenerfahrungskurve vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986) S. 248 ff. und 145 ff. Zur Delphi-Methode vgl. B. Bircher, (Unternehmensplanung 1976), S. 188. Vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 107.

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensfuhrung

28

Vernachlässigung beeinflusst aber die Ergebnisse der Planung nicht oder nur unwesentlich (z.B. Produktmengen bei Massenproduktion von Stückgütern). Bei nicht kontinuierlich variierbaren Entscheidungsparametern sind die Ganzzahligkeitsbedingungen dagegen nicht vernachlässigbar, da ansonsten schwerwiegende Planungsfehler auftreten können (z.B. Anzahl Betriebsmittel bei Investitionsentscheidungen). Die behandelten Grundbegriffe stellen den Rahmen fur den Aufbau der Unternehmensplanung dar; hierbei sind weiterhin die folgenden, von E. Gutenberg erstmals formulierten Grundsätze zu beachten:58 1. 2. 3.

Vollständigkeit Abgestimmtheit Flexibilität.

Der Grundsatz der Vollständigkeit ist unter zwei Aspekten zu betrachten, einmal als zeitliche und zum zweiten als sachliche Vollständigkeit. Zeitliche Vollständigkeit besagt, dass im jeweiligen Betrachtungszeitraum des anstehenden Planungsproblems keine Lücken bestehen sollen, d.h. der Planungszeitraum ist so fein zu differenzieren, dass der zeitliche Anfall der Planungsparameter hinreichend exakt abgebildet wird. So fuhrt beispielsweise eine pauschale monatsbezogene Finanzplanung zu Problemen, wenn vernachlässigt wird, dass die Einzahlungen am Monatsende, die Auszahlungen aber am Monatsanfang anfallen Unter sachlicher Vollständigkeit versteht man die Forderung, dass alle Teilbereiche des Unternehmens mit ihren inner- und außerbetrieblichen Geschäftsvorfällen in der Planung zu erfassen sind. Nach dem Grundsatz der Abgestimmtheit sind beim Aufbau der betrieblichen Teilpläne deren Interdependenzen zu beachten. Diese Beachtung der Interdependenz der Teilpläne ist wie im ersten Kapitel gezeigt - ein Bestandteil der Koordinationsfunktion des Controllings. Der Grundsatz der Abgestimmtheit besagt nun konkret, dass die Planung am sogenannten Minimumsektor auszurichten ist, d.h. dem Bereich, welcher bei der Zielverfolgung als erster begrenzend wirkt. In der kurzfristigen Planung ist dieser Minimumsektor als restriktiv wirkendes (externes oder internes) Datum hinzunehmen. Aufgabe der langfristigen Planung wird es sein, diesen Engpass zu beseitigen; dann wird ein anderer Teilbereich zum Minimumsektor. E. Gutenberg bezeichnet diesen Zusammenhang als das, Ausgleichsgesetz der Planung".59 Ist z.B. die Absatzseite der Engpass, so haben sich Produktions- und Beschaffungsmengen am möglichen Absatz auszurichten; langfristig muss dann versucht werden, durch Werbeinvestitionen oder Sortimentserweiterungen die Absatzmengen auszuweiten. Umgekehrt können auch die betrieblichen Kapazitäten restriktiv wirken; dann müssen langfristig entsprechende Erweiterungsinvestitionen geprüft werden. Der Grundsatz der Flexibilität besagt, dass die Planung sich rasch an geänderte Umweltbedingungen anpassen lassen soll. Dies geschieht durch Aufstellung von Alternativplänen, die dann zur Anwendung kommen, wenn bei wichtigen Planungsdaten kritische Schwellen überoder unterschritten werden. Für ein international arbeitendes Unternehmen ist z.B. zur Beantwortung der Frage, ob ein bestimmtes Produkt im In- oder im Ausland gefertigt wird, der betreffende Wechselkurs von großer Bedeutung. Somit empfiehlt es sich, für eventuelle Verschlechterungen dieser Größe Alternativen bereitzuhalten. Vgl. E. Gutenberg (Grandlagen 1983), S. 149 ff. Vgl. E. Gutenberg, (Grundlagen 1983), S. 163 f.

2.2 Die zeitliche Stmkturierung der Planung

29

Die Beachtung der genannten Grundsätze erfordert in der Praxis eine sachliche und zeitliche Zerlegung der Unternehmensplanung. Im folgenden Abschnitt wollen wir eine zweckmäßige zeitliche Strukturierung der Planung vorstellen; die sachliche Untergliederung wird in den jeweiligen Planungsstufen (Kapitel 3 bis 5) behandelt. Zuvor wollen wir aber noch kurz auf die theoretischen Möglichkeiten der organisatorischen Durchführung der Unternehmensplanung eingehen. Hier werden in der Literatur die folgenden Varianten unterschieden:60 1.

Das retrograde Planungsverfahren Bei diesem Verfahren erfolgt die Planung hierarchisch von oben nach unten. Von der Unternehmensleitung werden die generellen Ziele festgelegt und die übergeordneten Pläne aufgestellt. Die nachgelagerten Managementebenen haben dann die Aufgabe, die globalen Vorgaben in detaillierte Teilpläne ihrer Bereiche umzusetzen.

2.

Das progressive Planungsverfahren Die Aufstellung der Teilpläne erfolgt hier umgekehrt von unten nach oben. Die unteren Planungsebenen stellen als erstes ihre Pläne auf und reichen diese an die übergeordneten Instanzen weiter. Diese koordinieren die eingehenden Pläne und fassen sie zu ihrem Gesamtplan zusammen, den sie dann weiter nach oben reichen.

3.

Das Gegenstromverfahren Dies ist eine kombinierte Anwendung der beiden anderen Verfahren. Auf der einen Seite erarbeitet die Unternehmensleitung übergeordnete Ergebnisziele für das Gesamtunternehmen, auf der anderen erstellen die Funktionsbereiche ihre (untereinander abgestimmten) Teilpläne. Die sich ergebende Gesamtplanung wird der Unternehmensleitung zur Genehmigung vorgelegt, wobei diese die Ergebnisse der Planung mit ihren Zielvorstellungen vergleicht. Bei Abweichungen erfolgt eine zuweilen mehrstufige Abstimmung, in der die Pläne der Teilbereiche überarbeitet und/oder die Ergebnisvorstellungen der Unternehmensleitung revidiert werden. Mit der Genehmigung der Planung seitens der Leitung werden sämtliche Planungsparameter zu Zielvorgaben für die betreffenden Unternehmensbereiche.

Das Gegenstromverfahren entspricht der im voranstehenden Kapitel vorgestellten Controlling-Konzeption, die auf einem eher partizipativen Führungsstil aufbaut und eine Mitarbeiterfuhrung und Unternehmenskoordination durch Zielvereinbarung anstrebt. Die in dem genannten Abstimmungsprozess erarbeiteten Teilpläne werden den betreffenden Funktionsbereichen als Ziele vorgegeben, deren Einhaltung dann vom Controlling zu überwachen ist.

2.2

Die zeitliche Strukturierung der Planung

Die im voranstehenden Kapitel dargestellten Grundsätze der Vollständigkeit und der Abgestimmtheit der Planung lassen sich theoretisch exakt mit einer simultanen Gesamtplanung des Unternehmens verwirklichen. Diese würde sich über die Gesamtlebensdauer sowie alle Daten und Entscheidungsparameter sämtlicher betrieblicher Teilbereiche erstrecken. Darüber hinaus müsste über die Entscheidungsparameter unter Berücksichtigung ihrer sachlichen und

Vgl. J. Weber u. U. Schäffer, (Einführung 2006) S. 238 ff. und H. Schierenbeck, (Betriebswirtschaftslehre 2003), S. 127 f.

30

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensfuhrung

zeitlichen Interdependenzen entschieden werden. So wäre z.B. bei der Entscheidung über die Annahme eines einmaligen Zusatzauftrages u.a. dessen Auswirkungen auf die Ersatzzeitpunkte der betroffenen Betriebsmittel zu berücksichtigen. Das einfache Beispiel zeigt, dass ein derartiges sachlich und zeitlich vollständiges Totalmodell nicht praktikabel ist;61 aus diesem Grunde ist die Gesamtplanung in sachlich und zeitlich differenzierte Komponenten zu zerlegen. Die sachliche Unterteilung folgt hierbei der organisatorischen Gliederung des Unternehmens; sie kann je nach Planungsproblem variieren. Zum besseren Verständnis der Notwendigkeit einer zeitlichen Zerlegung wollen wir uns die folgenden Aspekte vergegenwärtigen:62 1.

2.

3.

4.

Die Unsicherheit der planungsrelevanten Daten nimmt mit zunehmendem Zeithorizont progressiv zu und damit auch der Prognoseaufwand, während sich die Prognosegenauigkeit erheblich vermindert. Eine Vermengung kurzfristiger, relativ sicherer und langfristiger, unsicherer Daten ist nicht zweckmäßig. Die Entscheidungsparameter der Planung haben unterschiedliche zeitliche Reichweiten; dies bedeutet, dass die getroffenen Entscheidungen mehr oder weniger leicht revidiert werden können und damit unterschiedliche Auswirkungen auf die Zielgrößen des Unternehmens haben.63 Mit zunehmendem Planungshorizont wird der Anteil der Entscheidungsparameter immer größer und derjenige der internen Daten immer geringer; d.h. über immer mehr betriebliche Gegebenheiten, die kurzfristig nicht veränderbar sind, kann in der langfristigen Betrachtung disponiert werden.64 Umgekehrt wird mit zunehmendem Bezug der Planung zur Steuerung des laufenden Betriebsgeschehens eine größere Detaillierung notwendig; eine Unternehmens-Gesamtplanung ist dafür zu unhandlich und nicht mehr überschaubar genug.

In der neueren betriebswirtschaftlichen Literatur und auch zunehmend in der Unternehmenspraxis hat sich die folgende zeitliche Strukturierung der Planung durchgesetzt:65 1. 2. 3.

Langfristige Rahmenplanung Strategische Planung Operative Planung 3.1 Langfristig operative Planung 3.2 Kurzfristig operative Planung

In Übersicht 2.4 sind die zeitlichen Planungsstufen mit ihren wesentlichen planungsrelevanten Merkmalen dargestellt.66

61

Vgl. W. Kilger, (Absatzplanung 1973), S. 17.

62

So ähnlich W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 110.

63

Vgl. W. Kilger, (Absatzplanung 1973) S. 18 f.

64

65

66

In der Literatur wird dieser Sachverhalt auch als Variation des Entscheidungsfeldes bezeichnet, vgl. u.a. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 110. Vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986) S. 111; A. Gälweiler, (Unternehmensplanung 1986), S. 134; H. Koch, (Beiträge 1980), S. 14; R.M. Hammer, (Unternehmensplanung 1995), S. 18 ff.; K.H. Dunst, (PortfolioManagement 1983), S. 16 f. Vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 112.

2.2 Die zeitliche Strukturierung der Planung

Übersicht 2.4: Die zeitliche Strukturierung der Untemehmensplanung

31

32

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensfuhrung

Die erste Spalte der Übersicht verdeutlicht noch einmal den oben skizzierten Zusammenhang, dass mit der Ausdehnung des Planungszeitraumes die Anzahl zu disponierender Entscheidungsparameter zunimmt, während sich der Detaillierungsgrad der Planung verringert. Die langfristige Rahmenplanung, deren Planungshorizont 5 bis 10 Jahre und darüber beträgt, ist Bestandteil der allgemeinen Unternehmenspolitik. Hier trifft die Unternehmensleitung auf der Grundlage der Ergebnisse des Zielbildungsprozesses zwischen den fur das Unternehmen relevanten Koalitionsteilnehmern67 - Entscheidungen über die Leit- und Oberziele des Unternehmens. Folgende Aspekte sind hier insbesondere zu nennen:68 • • • • • • •

die die die die die die die

globalen Produktions- und Wachstumsziele globalen Forschungs- und Entwicklungsziele Standortpolitik globalen Investitions- und Finanzierungsziele Ausschüttungspolitik langfristige Personalpolitik Imagepolitik.

Die langfristige Rahmenplanung bezieht sich grundsätzlich auf das Unternehmen als Ganzes. Aufgrund der globalen Betrachtungsweise und langfristigen Ausrichtung wird hier fast ausschließlich mit qualitativen Daten (und damit Prognoseverfahren) und Entscheidungsparametern gearbeitet. Die Festlegungen der langfristigen Rahmenplanung bilden die zielbezogenen Grundlagen der nachfolgenden Planungsstufen. Das Controlling nimmt bei den Planungsaufgaben der Rahmenplanung eine Unterstützungs- und Beratungsfimktion wahr; weiterhin liefert es aus Erkenntnissen der nachfolgenden Planungsstufen, für welche ihm die Planungsverantwortung zukommt, Anhaltspunkte für notwendige Korrekturen der bestehenden Leit- und Oberziele. Da die langfristige Rahmenplanung ureigenste Aufgabe der Unternehmensleitung ist und darüber hinaus hier keine standardisierten Planungstechniken eingesetzt werden können, wollen wir im Folgenden auf Gestaltung und Durchführung der Rahmenplanung nicht weiter eingehen. Die zweite Planungsstufe ist die strategische Planung; sie hat die allgemeine Aufgabe, die Leit- und Oberziele der langfristigen Rahmenplanung zu konkretisieren. Sie soll damit die Schaffung und Erhaltung von Erfolgspotentialen gewährleisten und gleichzeitig dazu beitragen, diskontinuierliche Umweltentwicklungen möglichst frühzeitig zu erkennen und mit geeigneten Vorkehrungen auf diese zu reagieren.69 Wie wir im nächsten Kapitel zeigen werden, besteht das Ergebnis der strategischen Planung in der Festlegung von Planstrategien, mit denen die genannten Aufgaben erfüllt werden sollen. Der Planungshorizont der strategischen Planung liegt bei 3 bis 5 Jahren. Betrachtungsgegenstand ist hier nicht mehr wie in der Rahmenplanung das Unternehmen als Ganzes, sondern sogenannte strategische Geschäftseinheiten, das sind Produkt-Markt-Kombinationen, für die sich eigenständige Strategien formulieren lassen. Zur Datenprognose werden sowohl qualitative als auch quantitative Prognoseverfahren eingesetzt, eine verbreitete Technik zur Entscheidungsfindung ist das Portfolio-Konzept. Zum Zielbildungsprozess vgl. u.a. P. Ulrich u. E. Fluri, (Management 1995), S. 97 ff. Vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S.l 11 ff. Vgl. A. Gälweiler, (Unternehmenssicherung 1976), S. 371.

2.3 Die Kontrolle der betrieblichen Planung

33

Auf die strategische Planung folgt als nächste Planungsstufe die langfristig operative Planung. Ihre allgemeine Aufgabe besteht darin, konkrete Maßnahmen zur Realisierung der in der strategischen Planung formulierten Strategien festzulegen; der Planungshorizont entspricht mit 3 bis 5 Jahren dem der strategischen Planung. Zur Datenprognose werden überwiegend quantitative Prognoseverfahren eingesetzt, die Entscheidungsfindung erfolgt mit geeigneten Verfahren der Investitionsrechnung oder mit Punktbewertungsmodellen. 70 Letzte Planungsstufe ist die kurzfristig operative Planung; sie erfolgt im Allgemeinen fur ein Jahr, differenziert nach Monaten. Im Rahmen dieser Planung wird von gegebenen Kapazitäten und einer gegebenen Grundstruktur des Erzeugnissortimentes ausgegangen. In den einzelnen betrieblichen Teilbereichen werden geplante Absatz-, Produktions- und Bereitstellungsmengen sowie die sonstigen kurzfristig variierbaren Entscheidungsparameter festgelegt. Datenprognosen sind hier im Vergleich zu vorgelagerten Planungsstufen eher von untergeordneter Bedeutung, da fur einen Großteil der Daten von sicheren Erwartungen ausgegangen werden kann. Richtige Entscheidungen werden im Rahmen der kurzfristig operativen Planung mit Hilfe von Grenzkosten und Deckungsbeiträgen getroffen. Auf die drei letztgenannten Planungsstufen werden wir in den nachfolgenden Kapiteln ausführlich eingehen und hierbei insbesondere die zur Planung erforderlichen entscheidungsrelevanten Daten und geeignete Methoden zur Entscheidungsfindung behandeln.

2.3

Die Kontrolle der betrieblichen Planung

Die betriebliche Planung kann als Führungs- und Steuerungsinstrument eines Unternehmens nur funktionieren, wenn überprüft wird, in welchem Umfang die festgelegten Entscheidungsparameter im Ist realisiert werden und welches die Gründe fur eingetretene Abweichungen waren. Die Analyse der Abweichungen liefert Anhaltspunkte über folgende Fragestellungen: 1.

Inwieweit sind die in die Planung eingeflossenen Daten anders eingetreten als prognostiziert. 2. Inwieweit sind die betrieblichen Teilbereiche von den in der Planung festgelegten Vorgaben abgewichen. 3. Inwieweit sind beim Aufbau der Planung Fehler seitens der Planenden eingetreten. Während der erste und der dritte Abweichungsgrund - neben ihren Ergebnisauswirkungen Anhaltspunkte für zukünftige Planungsrunden liefern, ermöglicht der zweite darüber hinaus das Erkennen von UnWirtschaftlichkeiten im Unternehmen. Die Kontrolle der Planung kann zum einen mit Hilfe quantitativer Soll-Ist-Vergleiche und zum anderen mit qualitativen Kontrollverfahren durchgeführt werden. 71 Ein quantitativer Soll-Ist-Vergleich ist natürlich nur möglich bei Plänen mit quantifizierbaren Daten und Entscheidungsparametern. Damit wird mit zunehmender Fristigkeit der Planung der Einsatz qualitativer Kontrollen ansteigen. In der langfristigen Rahmenplanung werden wie gesehen nur allgemeine Leit- und Oberziele formuliert; hier bestehen kaum Kontrollmöglichkeiten der Planansätze. Vgl. hierzu Abschnitt 2.4. Vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 199.

34

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensführung

Auch in der strategischen Planung ist die Durchführung von Plankontrollen aus folgenden Gründen schwierig: 72 •



Die in der strategischen Planung festgelegten Strategien erfordern Aktivitäten, die sich nur in längeren Zeiträumen realisieren lassen. Damit können z.B. jährlich durchgeführte Kontrollen keine abschließende Beurteilung über Erfolg oder Misserfolg liefern. Andererseits sind aber längere Kontrollperioden wenig sinnvoll, da dann Korrekturmöglichkeiten nicht oder zu spät erkannt werden. Die in den Planstrategien festgelegten Handlungsanweisungen sind häufig sehr allgemein gehalten und komplex, hierdurch wird eine Abweichungsanalyse schwierig bis unmöglich.

In Anbetracht dieser Schwierigkeiten halten wir einen Soll-Ist-Vergleich der strategischen Planung nicht für sinnvoll; stattdessen sollten folgende Kontrollmaßnahmen der strategischen Planung durchgeführt werden: 73 1. 2. 3. 4.

Kontrolle der wichtigsten Absatzmarktdaten wie Gesamtnachfrage, Marktanteile, Konkurrenzsituation oder Verkaufspreisentwicklung. Kontrolle der wichtigsten Beschaffungsmarktdaten wie Preisentwicklungen, technologische Entwicklungen bei Zulieferern oder eventuelle Mengenbegrenzungen. Kontrolle spezieller Risikofaktoren wie politische Entwicklungen oder gesetzgeberische Maßnahmen. Terminkontrolle der zur Realisierung der Planstrategien erforderlichen langfristigen Aktivitäten wie Forschungs- und Entwicklungsprojekte, Werbemaßnahmen oder Erweiterungs- und Rationalisierungsinvestitionen.

Bei erkennbaren wesentlichen Änderungen ist dann eine Überarbeitung der Planstrategien erforderlich. In der langfristig operativen Planung wird in erheblichem Umfang mit quantifizierbaren Daten und Entscheidungsparametern gearbeitet, so dass hier präzisere Kontrollverfahren zur Anwendung kommen können. So gehen in die Wirtschaftlichkeitsbeurteilungen von Investitionsprojekten eine Fülle quantitativer Daten ein, deren Ist-Ausprägungen im Rahmen einer Eckdatenverfolgung den Planansätzen gegenübergestellt werden können. 74 Bei der Kontrolle der langfristigen Teilpläne der betrieblichen Funktionsbereiche legt man den Schwerpunkt der Kontrollen nicht auf die Durchführung von Soll-Ist-Vergleichen; dies ist nur für das abgelaufene Jahr sinnvoll und damit Gegenstand der kurzfristig operativen Planung. Vielmehr führt man bei der jährlichen Überarbeitung der Langfristplanung einen Plan-Plan-Vergleich durch, bei dem Daten und Entscheidungsparameter der beiden Planungsstände miteinander verglichen werden. 75 Übersicht 2.5 zeigt das Zusammenspiel der Kontrollmöglichkeiten in den einzelnen Jahren eines vorgegebenen Planungszeitzeitraumes der (lang- und kurzfristigen) operativen Planung.

Vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 199 f. Vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 200. Hierauf werden wir in Abschnitt 4.8 ausführlich eingehen. Vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 201 f.

2.4 Ausgewählte Instramente der Planung und Kontrolle

35

Übersicht 2.5: Kontrollarten der operativen Planung

Die Kontrolle der kurzfristig operativen Planung ist wegen der fast vollständigen Quantifizierbarkeit der Daten und Entscheidungsparameter in jeder beliebigen Detaillierung möglich. Hier tritt eher das Problem auf, sich auf wenige, prägnante Kontrollgrößen zu beschränken. Dies werden sinnvollerweise solche Größen sein, deren Abweichungen erhebliche Auswirkungen auf das geplante Periodenergebnis haben; Beispiele für solche Kontrollgrößen sind: • • • • •

Verkaufspreisabweichungen Absatzmengenabweichungen Preis- und Tarifabweichungen der wichtigsten Produktionsfaktoren Verbrauchsabweichungen bei den Einzelkosten Verbrauchsabweichungen in den Kostenstellen.

Auf die Ermittlung und Auswertung derartiger Abweichungen werden wir im 5. Kapitel ausfuhrlich eingehen.

2.4

Ausgewählte Instrumente der Planung und Kontrolle

2.4.1

Punktbewertungsmodelle

Zur Erfüllung seiner Planungs- und Kontrollaufgaben setzt das Controlling eine Vielzahl betriebswirtschaftlicher Techniken ein. Im Folgenden sollen wichtige Analyse- und Entscheidungsinstrumente behandelt werden, die fur die Planung und Kontrolle von Bedeutung sind und teilweise in mehreren Stufen des zeitlich differenzierten Controlling angewandt werden. Bei der Darstellung der einzelnen Controllingstufen in den folgenden Kapiteln wird dann noch auf weitere Planungstechniken eingegangen werden. Als Erstes wollen wir die Technik der Punktbewertungsmodelle erläutern, die sowohl im strategischen als auch im langfristig operativen Controlling als Bewertungs- und Entscheidungsverfahren eingesetzt wird. Punktbewertungsmodelle kommen zur Anwendung, wenn bei Entscheidungsproblemen mehrere und/oder qualitative Ziele von Bedeutung sind, so dass quantitative Entscheidungsverfahren entweder nicht angewandt werden können oder zur Bestimmung optimaler Alter-

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensfiihrung

36

nativen nicht ausreichen.76 Der Ablauf eines Punktbewertungsmodells vollzieht sich im Allgemeinen in folgenden Schritten: 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Bestimmung der Alternativen. Festlegung der relevanten Entscheidungskriterien (Ziele). Festlegung der Gewichte für jedes Kriterium. Bewertung jeder Alternative für jedes Kriterium. Multiplikation von Punktzahl und Gewichtungsfaktor. Addition der gewichteten Punkte.

Die Vorgehensweise wollen wir anhand eines Beispiels erläutern. Ein international tätiger Konzern plant aus Kostengründen die Verlagerung eines Fertigungswerkes für elektromechanische Bauteile an einen ausländischen Standort. Da vorhandene Strukturen mitgenutzt werden sollen, kommen drei bereits bestehende Standorte in Frage, die im Folgenden mit A, Β und C gekennzeichnet werden sollen. Die eigentliche Wirtschaftlichkeitsbeurteilung mit Hilfe der internen Zinsfuß-Methode ergab für die drei Standorte aufgrund der unterschiedlichen Kostenniveaus die in Tabelle 2.1 wiedergegebenen Ergebnisse. Standort

Rendite

A

18%

Β

32%

C

29%

Tabelle 2.1: Beispiel zu Punktbewertungsmodellen

Wegen der unterschiedlichen wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten in den drei Ländern will man die Entscheidung nicht allein nach Renditegesichtspunkten treffen, sondern Risikofaktoren mit berücksichtigen. Folgende Kriterien sollen dabei Beachtung finden: • • • •

politische Stabilität, Währungsstabilität, Streiksituation, Lieferzuverlässigkeit.

Zusammen mit der Rendite sind dies fünf Kriterien, deren unterschiedliche Bedeutung nun mit Hilfe von Gewichtungsfaktoren berücksichtigt wird. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit werden die Gewichte so gebildet, dass ihre Summe 100 % beträgt.77 Im vorliegenden Beispiel sollen die Entscheidungsträger den einzelnen Kriterien folgende Bedeutungen beimessen: Entscheidungskriterium Rendite

Gewicht 35%

Politische Stabilität

5%

Währungsstabilität

20%

Streiksituation

15%

Lieferzuverlässigkeit

25%

Tabelle 2.2: Beispiel zu Punktbewertungsmodellen

Zu den Punktbewertungsmodellen vgl. u.a. R. Lackes, (Nutzwertanalyse 1988) S. 385 ff. Auf die Ermittlung von Gewichtungsfaktoren mit Hilfe von Präferenzmatrizen wollen wir nicht eingehen, vgl. hierzu H. Schierenbeck, (Betriebswirtschaftslehre 2003), S. 166 f.

37

2.4 Ausgewählte Instrumente der Planung und Kontrolle

Im Anschluss an die Festlegung der Gewichte muss nun jede Alternative nach jedem Kriterium bewertet werden. Hierfür ist als erstes eine geeignete Skalierung für die Bewertungsmaßstäbe festzulegen; im Beispiel soll der Bewertungsspielraum von 0 (= miserabel) bis 10 (= hervorragend) variieren. Die Entscheidungsträger nehmen nun für die einzelnen Alternativen die in nachstehender Tabelle wiedergegebene Bewertung vor. Die Werturteile werden dann mit den Gewichten des jeweiligen Kriteriums multipliziert und die gewogenen Punktwerte jeder Alternative summiert. Tabelle 2.3 zeigt für die angegebenen Kriterien die vorgenommene Bewertung und die hieraus folgenden Berechnungen. Bewertung des Standortes Entscheidungskriterium

A

Gewicht

Β

C

einzeln

gewichtet

einzeln

gewichtet

einzeln

gewichtet

Rendite

35%

5

1,75

9

3,15

8

2,80

Pol. Stabilität

5%

9

0,45

2

0,10

7

0,35

Währungsstabilität

20%

8

1,60

1

0,20

5

1,00

Streiksituation

15%

7

1,05

4

0,60

9

1,35

Lieferzuverlässigkeit

25%

8

2,00

3

0,75

8

2,00

Summe

100%

6,85

4,80

7,50

Tabelle 2.3: Beispiel zu Punktbewertungsmodellen

Damit wäre unter Beachtung aller relevanten Entscheidungskriterien sowie der vorgenommenen subjektiven Gewichtung und Bewertung der Standort C derjenige, der den Zielvorstellungen der Entscheidungsträger am ehesten entspricht. Diese Subjektivität von Bewertung und Gewichtung wird als das Hauptproblem der Punktbewertungsmodelle dargestellt. Aus praktischer Erfahrung heraus kann man dem nicht unbedingt zustimmen. Die Bewertung wird nämlich im Allgemeinen nicht von einer einzelnen Person vorgenommen, die dann auch noch die Entscheidung selbst trifft und durchsetzt. In der Praxis erfolgt üblicherweise die Entscheidungsvorbereitung durch ein Team bestehend aus Mitarbeitern der vom anstehenden Planungsproblem involvierten Fachabteilungen. Diese legen in mehreren Diskussionsrunden die Gewichte fest, führen die Bewertungen - oft unter Konsultation weiterer Experten - durch und legen dann der entscheidungsbefugten Unternehmensleitung die Ergebnisse in detaillierter Form vor. In dieser Runde werden dann die einzelnen Faktoren erläutert und nochmals diskutiert sowie bei Unstimmigkeiten und Unplausibilitäten überarbeitet. Damit sind im Ergebnis gut fundierte Entscheidungen mit einem hohen Maße an Objektivität zu erwarten. Darüber hinaus ist - insbesondere bei nahe beieinander liegenden Resultaten - die Durchführung von Sensitivitätsanalysen üblich. Man prüft z.B., wieweit Gewichte und/oder Bewertungsansätze abgewandelt werden können, bis zwei Alternativen gerade indifferent sind, oder wie sich Änderungen der Faktoren auf die Reihenfolge der Alternativen auswirken. Diese Sensitivitätsanalysen lassen sich unter Zuhilfenahme eines Tabellenkalkulationsprogramms recht einfach durchführen.

38

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensfuhrung

Punktbewertungsmodelle kommen sowohl in der strategischen als auch in der langfristig operativen Planung zur Anwendung.

2.4.2

Methoden der Wirtschaftlichkeitsbeurteilung

Nach den Punktbewertungsmodellen wollen wir uns nun den Verfahren der Investitionsrechnung zuwenden. Unter einer Investition versteht man allgemein die Erbringung einer Vorleistung zur Erzielung eines späteren Nutzens. Konkreter bedeutet dies, dass das Unternehmen einen relativ hohen Kapitalbetrag vorab aufbringt und in materielle oder immaterielle Vermögensgegenstände bindet in der Hoffnung, hierdurch später längerfristig Gewinne zu erzielen. Die Verfahren der Investitionsrechnung dienen der alleinigen Wirtschaftlichkeitsbeurteilung derartiger Vorhaben; hier kommen ausschließlich quantitative Daten zum Ansatz. Wir wollen uns im Folgenden auf einen Überblick über die dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung beschränken und dann auf Möglichkeiten der Risikobeurteilung eingehen.78 (Die in der Literatur gelegentlich zu findenden statischen Verfahren der Investitionsrechnung gehen von starken Vereinfachungen aus; wir werden sie im Weiteren nicht behandeln.) Gemeinsames Kennzeichen der dynamischen Verfahren ist die exakte Erfassung der Kapitalbindung und Kapitalfreisetzung. Aus diesem Grund dürfen nur zahlungsrelevante Daten berücksichtigt werden; dies bedeutet, dass die periodenbezogenen Erfolgsgrößen Erträge und Kosten um nicht zahlungswirksame Bestandteile (z.B. kalkulatorische Abschreibungen) bereinigt werden müssen. Die einzelnen Verfahren wollen wir anhand eines Beispiels darstellen, bei dem zur Steigerung der Absatzmengen zusätzliche Kapazitäten aufgebaut werden müssen, wozu die entsprechenden Kapitalbeträge erforderlich sind; das Beispiel basiert auf folgenden Ausgangsdaten, die der Einfachheit halber im Zeitablauf konstant sein sollen: Anschaffungsauszahlung

4,0 Mio. €

zusätzliche Absatzmenge

8.000 Stück/Jahr

geplanter Verkaufspreis geplante zahlungswirksame proportionale Kosten zusätzliche zahlungswirksame Fixkosten

680,- €/Stck 430,- €/Stck 500.000 €/Jahr

Laufzeit Kalkulationszinssatz

6 Jahre 79

Folgende dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung wollen wir behandeln: 1.

10% 80

Kapitalwertmethode

Unter dem Kapitalwert einer Investition versteht man die Summe aller auf den Betrachtungszeitpunkt abgezinsten zusätzlichen Ein- und Auszahlungen infolge der Investition. Zur BeHinsichtlich einer ausführlicheren Darstellung der Verfahren der Investitionsrechnung und ihrer Prämissen sei auf die umfangreiche Spezialliteratur verwiesen u.a. D. Schneider, (Investition 1992), H. Blohm u. K. Lüder, (Investition 2006), P. Swoboda, (Investition 1992), L. Kraschwitz, (Investitionsrechnung 2007). Der Kalkulationszinssatz gibt die vom Entscheidungsträger geforderte Mindestverzinsung der in der Investition gebundenen Kapitalbeträge an. Dabei wird diskrete Verzinsung unterstellt; die einzelnen Zahlungsbeträge sollen am jeweiligen Periodenende anfallen.

2.4 Ausgewählte Instramente der Planung und Kontrolle

39

Stimmung des Kapitalweltes im Beispiel müssen zunächst die mit dem Investitionsprojekt in Zusammenhang stehenden Einzahlungsüberschüsse in den Jahren der Nutzungsdauer errechnet werden. Hierbei ist der Grundsatz der entscheidungsrelevanten Daten zu beachten, d.h. es dürfen nur solche Daten in Ansatz gebracht werden, die ohne die Investition nicht eintreten würden. Man erhält: -

zusätzlicher Umsatz

680 * 8.000 = 5.440.000 €/Jahr

zusätzliche proportionalen Kosten

430 * 8.000 = 3.440.000 €/Jahr

auszahlungswirksamer

2.000.000 €/Jahr

Deckungsbeitrag

zusätzliche auszahlungswirksame Fixkosten =

500.000 €/Jahr

Einzahlungsüberschuss

1.500.000 €/Jahr

Die sich ergebende Zahlungsreihe wollen wir am Zeitstrahl darstellen: Jahr

0

1

Zahlungen (in Mio €)

-4,0

1,5

1,5

H

1

h

1,5

1,5

1,5

1,5

Abbildung 2.1: Zahlungsströme der Investition

Der Kapitalwert errechnet sich nun, indem alle Zahlungsbeträge mit Hilfe des Kalkulationszinssatzes auf den Zeitpunkt 0 diskontiert werden. Tabelle 2.4 zeigt die Berechnungen: Jahr

Zahlungsbetrag

diskontierter Zahlungsbetrag

0

- 4.000.000

-4.000.000

1

1.500.000

1.363.636

2

1.500.000

1.239.669

3

1.500.000

1.126.972

4

1.500.000

1.024.520

5

1.500.000

931.382

6

1.500.000 Kapitalwert

846.711 2.532.891

Tabelle 2.4: Beispiel zur Investitionsrechnung

Sind wie im Beispiel die Einzahlungsüberschüsse in jedem Jahr konstant, kann man die Berechnung mit Hilfe des Rentenbarwertfaktors vereinfachen. Für einen Kalkulationszinssatz von 10% ergibt sich bei einer Laufzeit von 6 Jahren ein Rentenbarwertfaktor von 4,3553; 81 man erhält damit folgende Kapitalwertgleichung:

81

Der Rentenbarwertfaktor fur einen Kalkulationszinssatz von i und eine Laufzeit von ζ Jahren errechnet sich nach folgender Formel:

Mz*i

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensfuhrung

40

Kapitalwert = - 4.000.000 + 1.500.000 * 4,3553 = 2.532.891 € Eine einzelne Investition ist dann wirtschaftlich, wenn ihr Kapitalwert positiv ist. Der Kapitalwert von ca. 2,5 Mio. € ist wie folgt zu interpretieren: 1. 2. 3.

Die investierten Beträge in Höhe von 4,0 Mio. € werden innerhalb des Betrachtungszeitraumes wiedergewonnen. Das in der Investition gebundene Kapital verzinst sich jährlich zum geforderten Kalkulationszinssatz. Über diese Mindestverzinsung hinaus wird ein Überschuss erzielt, dessen Barwert 2,5 Mio. € beträgt.

Von mehreren alternativen Investitionsobjekten ist das mit dem größten Kapitalwert zu wählen. Die Arbeitsweise des Kapitalwertes haben wir für das Beispiel in Tabelle 2.5 dargestellt. Zeitpunkt 1 2 3 4 5 6 Summe

Kapitalbindung 4.000.000 2.900.000 1.690.000 359.000 0 0

Einzahlungsüberschuß 1.500.000 1.500.000 1.500.000 1.500.000 1.500.000 1.500.000

Zinsen 400.000 290.000 169.000 35.900 0 0

Endwert:

4.105.100 + 382.071 = 4.487.171

Kapitalwert:

4.487.171 : 1,1®

Kapitalfreisetzung 1.100.000 1.210.000 1.331.000 359.000 0 0

Kapitalüberschuß 0 0 0 1.105.100 1.500.000 1.500.000 4.105.100

Zinsbasis 0 0 0 1.105.100 2.715.610

Zinsertrag 0 0 0 110.510 271.561 382.071

=2.532.891

Tabelle 2.5: Beispiel zur Investitionsrechnung

Die Tabelle zeigt, dass während der ersten Periode die Kapitalbindung 4,0 Mio. € beträgt. Annahmegemäß fällt am Periodenende der Einzahlungsüberschuss von 1,5 Mio. € an. Dieser wird aufgeteilt auf Zinsen in Höhe von 10% des gebundenen Kapitals und den Restbetrag von 1,1 Mio. €, der zur Kapitalfreisetzung eingesetzt wird. Damit beträgt das gebundene Kapital in der nächsten Periode noch 2,9 Mio. €. In der Periode 4 übersteigt der Einzahlungsüberschuss zum ersten Mal den für Zinsen und Kapitalfreisetzung notwendigen Betrag; dieser Überschuss wird zinsbringend angelegt, so dass in den Folgeperioden ein Zinsertrag von 10% des Kapitalüberschusses (unter Berücksichtigung von Zinseszinsen) entsteht. Die Summe aus Kapitalüberschüssen und Zinserträgen addiert sich zum Endwert der Investition von ca. 4,5 Mio. €. Zinst man diesen auf den Beginn des Betrachtungszeitraumes ab, so erhält man wiederum den Kapitalwert der Investition. 2.

Interner Zinssatz

Unter dem internen Zinssatz einer Investition versteht man den Kalkulationszinssatz, bei dem der Kapitalwert gerade gleich Null ist; er entspricht damit der Effektivverzinsung (Rendite) der in dem Projekt gebundenen Kapitalbeträge. Eine Investition gilt nach diesem Verfahren dann als wirtschaftlich, wenn der interne Zins größer oder gleich dem vorgegebenen Kalkulationszinssatz ist.

2.4 Ausgewählte Instrumente der Planung und Kontrolle

41

Die manuelle Ermittlung des internen Zinssatzes ist bei Zahlungsreihen mit unterschiedlichen jährlichen Einzahlungsüberschüssen kompliziert, entsprechende Programme finden sich aber auf Taschenrechnern und in Tabellenkalkulationsprogrammen. Im Beispiel ergibt sich ein interner Zinssatz von 29,6%. Der interne Zinssatz ist trotz der in der Theorie geübten Kritik ein in der Praxis beliebtes Verfahren der Investitionsrechnung.82 Dies liegt in erster Linie an der leichten Interpretierbarkeit, die auch fur einen Nichtfachmann verständlich ist; dagegen dürfte die inhaltliche Interpretation des Kapitalwertes für einen betriebswirtschaftlichen Laien nicht unmittelbar nachvollziehbar sein. 3.

Annuitätenmethode

Jede Zahlungsreihe lässt sich in eine äquivalente Zahlungsreihe umwandeln, deren Kapitalwert gleich ist und die aus konstanten Jahresbeträgen (Annuitäten) besteht. In der Praxis ist die Anwendung dieses Verfahrens nur bei annähernd konstanten jährlichen Einzahlungsüberschüssen sinnvoll, da ansonsten eine wenig aussagefahige Durchschnittsbildung über die Jahre des Betrachtungszeitraumes erfolgt. Die Annuität errechnet sich im allgemeinen Fall, indem der Kapitalwert mit dem Kapitalwiedergewinnungsfaktor, dem Reziproken des Rentenbarwertfaktors, multipliziert wird. Im Beispiel beträgt der Wiedergewinnungsfaktor 0,2296, so dass man die folgende Annuität erhält: Annuität = 2.532.891 * 0,2296 = 581.570 €/Jahr Bei Zahlungsreihen mit konstanten jährlichen Einzahlungsüberschüssen kann die Annuität errechnet werden, indem man die Anschaffungsauszahlung in gleich große Jahresbeträge umwandelt und diese von den konstanten Einzahlungsüberschüssen subtrahiert. Diese umgerechnete Anschaffungsauszahlung wird als Kapitaldienst bezeichnet; sie entspricht inhaltlich (wegen der Zinseszinswirkungen nicht betragsmäßig) den Abschreibungen und Zinsen des internen Rechnungswesens. Im Beispiel ergibt sich folgender Kapitaldienst: Kapitaldienst = 4.000.000 * 0,2296 = 918.430 Die Annuität beträgt damit: Annuität = 1.500.000 - 918.430 = 581.570 €/Jahr. Sie gibt - unter Vernachlässigung des anderen Ansatzes bei der Berechnung von Abschreibungen und Zinsen - die durchschnittliche jährliche Gewinnveränderung infolge der Investition an. Analog zum Kapitalwertkriterium ist eine Investition dann wirtschaftlich, wenn ihre Annuität positiv ist. Nach der Behandlung der gängigen Verfahren der Investitionsrechnung wollen wir uns noch mit Möglichkeiten der Risikobeurteilung beschäftigen. Ein Hauptproblem bei der Erstellung von Investitionsbeurteilungen ist nämlich die Unsicherheit der in die Rechnung einfließenden Daten wie Verkaufspreise, Absatzmengen usw. Gerade bei der langfristigen Betrachtung im Rahmen von Investitionsprojekten können hier erhebliche Schwankungen auftreten, die Verfahren lassen aber nur den Ansatz eines (quasi-sicheren) Wertes pro Periode zu. Aus diesem Grund wird in der Praxis die Investitionsbeurteilung fast immer um eine Risikobetrachtung ergänzt; sie besteht entweder aus einer Sensitivitätsanalyse, bei welcher die

Vgl. hierzu W. Kilger, (Kritik 1965), S. 765 ff. und die dort angegebene Literatur.

42

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensführung

Berechnung für vorgegebene, meist prozentuale Verschlechterungen eines interessierenden Datums nochmals durchgeführt wird, oder in der Errechnung kritischer Werte. Dies sind die Schwellenwerte, ab deren Über- oder Unterschreitung die Investition ihre Vorteilhaftigkeit verliert. Praktisch wird dies dergestalt durchgeführt, dass in der Gleichung von Kapitalwert oder Annuität die interessierende Größe variabel gesetzt wird. Die Grenze der Vorteilhaftigkeit ist erreicht, wenn Kapitalwert oder Annuität gleich Null sind, so dass sich die Gleichung dann nach der variablen Größe auflösen lässt.83 Im Beispiel lässt sich der kritische Verkaufspreis ρ nach folgendem Ansatz ermitteln: Kapitalwert = - 4.000.000 + [(p - 430) * 8.000 - 500.000] * 4,3553 = 0 Hieraus ergibt sich: 8.000 * ρ ρ

= 4.000.000 : 4,3553 + 500.000 + 430 * 8.000 = 430 + (500.000 + 918.430) : 8.000 = 607,30 €/Stck.

Der Planverkaufspreis von 680,- €/Stck darf somit um 10,7% auf 607,30 €/Stck sinken, bis die Investition unwirtschaftlich wird. In gleicher Weise lässt sich die kritische Absatzmenge χ errechnen: Kapitalwert = - 4.000.000 + (250 * χ - 500.000) * 4,3553 = 0 250* χ =918.430 + 500.000 χ = 5.674 Stck/Jahr. Sinkt die Planabsatzmenge um mehr als 29,1%, ist die Investition nicht mehr wirtschaftlich. Ein weiterer kritischer Wert ist die kritische Laufzeit oder Amortisationsdauer der Investition, die angibt, nach welcher Zeit die investierten Beträge zurückgeflossen sind. Zur Berechnung erhöht man die Investitionslaufzeit von Jahr 1 beginnend solange, bis der Kapitalwert erstmals positiv wird. Durch lineare Interpolation zwischen dem letzten negativen und ersten positiven Kapitalwert kann die Amortisationsdauer bestimmt werden. Im Beispiel ergibt sich: Kapitalwert nach 3 Jahren: -269.722 € Kapitalwert nach 4 Jahren: 754.798 € Mit Hilfe der linearen Interpolation errechnet man: Amortisationsdauer

= 4 - [754.798 : (754.798 - (-269,722))] = 3,3 Jahre

Die Problematik der Methoden der Risikobeurteilung besteht darin, dass immer nur die Veränderung eines Datums betrachtet werden kann, wobei unterstellt wird, dass alle übrigen zu ihren Planwerten realisiert werden. Dies spiegelt im Zweifel eine zu optimistische Sicht der Risikosituation wider.

2.4.3

Optimierungstechniken

Die im Folgenden betrachteten Optimierungstechniken werden als Entscheidungshilfen für Planungsprobleme genutzt, bei denen die in Frage kommenden Handlungsalternativen nicht oder nicht im an sich möglichen Umfang realisiert werden können, weil nicht in ausreichen-

Vgl. W. Kilger, (Kritische Werte 1965), S. 338 ff.; W. Dinkelbach, (Sensitivitätsanalysen 1969), S. 37 ff.

2.4 Ausgewählte Instrumente der Planung und Kontrolle

43

dem Maße materielle oder finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen, d.h. in mindestens einem Teilbereich der Planung tritt ein Engpass auf. In Abhängigkeit von der Anzahl der bestehenden Engpässe können folgende Optimierungsmethoden verwendet werden: 1. 2.

Verfahren der engpassbezogenen Reihung Verfahren der linearen Programmierung

Die Verfahren der engpassbezogenen Reihung werden angewandt, wenn beim Aufbau der Planung ein restriktiv wirkendes Datum den Handlungsspielraum dergestalt begrenzt, dass entweder nicht alle Handlungsalternativen oder die Handlungsalternativen nicht in der an sich möglichen Ausprägung realisiert werden können. Beispiele für derartige restriktiv wirkende Daten sind das maximal verfügbare Investitionsbudget, die vorhandenen Betriebsmittelkapazitäten oder die begrenzte Verfügbarkeit eines benötigten Rohstoffes. Bei diesem Verfahren erfolgt die Entscheidungsfindung, indem für jede Alternative der Beitrag zur Zielerreichung je Einheit der Inanspruchnahme der knappen Ressource gebildet wird (z.B. Deckungsbeitrag je Einheit der Engpassbelastung, Kapitalwert je zu investierendem Euro). Die Handlungsalternativen werden nun nach der Größe des relativen Zielbeitrages geordnet, und dann in dieser Reihenfolge in die Planung aufgenommen, bis die betreffende Ressource ausgeschöpft ist.84 Die Arbeitsweise des Verfahrens der engpassbezogenen Reihung wollen wir an einem Beispiel zur Produktions- und Absatzplanung erläutern. Ein Unternehmen stellt sechs Erzeugnisse her, die unter anderem in der Fertigungsstelle „Schleifen" bearbeitet werden, wobei die Kapazität dieser Stelle auf 300.000 Min./Mon. begrenzt ist. Tabelle 2.6 zeigt neben den geplanten Verkaufspreisen und proportionalen Kosten die maximal verkaufbaren Mengen der sechs Produkte sowie deren Bearbeitungszeiten pro Stück in der Engpassstelle „Schleifen". Produktart

Absatzhöchstmenge (Stck/Mon.]

Verkaufspreis [€/Stck]

Proportionale Kosten [€/Stck]

Bearbeitungszeiten Schleifen [Min./Stck]

1

10.000

21,60

14,40

8

2

12.000

24,60

15,60

5

3

8.000

18,30

12,00

5

4

17.000

40,10

24,80

6

5

16.000

19,80

13,20

7

6

8.000

25,70

16,10

8

Tabelle 2.6: Beispiel zum Verfahren der engpassbezogenen Reihung

Multipliziert man die Absatzhöchstmengen mit den Stück-Bearbeitungszeiten, so ergibt sich ein Kapazitätsbedarf von 458.000 Min./Mon., der somit um 158.000 Min./Mon. über der vorhandenen Kapazität liegt. Gesucht sind nun die Mengen, die unter Beachtung des Engpasses in das Produktionsprogramm aufgenommen werden sollen bzw. die Produkte, bei denen die Absatzhöchstmengen nicht in vollem Umfange ausgeschöpft werden. Hierzu werden zunächst die Stückdeckungsbeiträge durch die Bearbeitungszeiten im Engpass dividiert und die sich ergebenden relativen Deckungsbeiträge der Größe nach geordnet; man erhält die in Tabelle 2.7 angegebenen Werte.

84

Vgl. hierzu W. Kilger, (Absatzplanung 1973), S. 85.

44

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensfuhrung Stückdeckungsbeitrag

Produktart

absolut [€/Stck]

relativ [€/Min.]

Rangfolge

1

7,20

0,90

6

2

9,00

1,80

2

3

6,30

1,26

3

4

15,30

2,55

1

5

6,60

0,94

5

6

9,60

1,20

4

Tabelle 2.7: Beispiel zum Verfahren der engpassbezogenen Reihung

In der sich ergebenden Reihenfolge werden die Produkte in das Produktionsprogramm aufgenommen bis die Kapazität der Engpassstelle ausgeschöpft ist. Man erhält folgendes gewinnmaximales Produktionsprogramm: Produktart

Kapazitätsbedarf [Min./Mon.|

Restkapazität [Min./Mon.]

Absatzmengen (Stck/Mon.)

4

102.000

198.000

17.000

2

60.000

138.000

12.000

3

40.000

98.000

8.000

6

64.000

34.000

8.000

5

34.000

0

4.857

1

0

0

0

Tabelle 2.8: Beispiel zum Verfahren der engpassbezogenen Reihung

Damit wird deutlich, dass von Produktart 5 eine Restmenge von 11.143 Stck/Mon. und die gesamte Absatzhöchstmenge von Produktart 1 nicht hergestellt werden. Das sich ergebende Produktions- und Absatzprogramm ist das mit dem größtmöglichen Deckungsbeitrag. Treten in mehreren betrieblichen Teilbereichen restriktive Wirkungen auf, können optimale Handlungsalternativen durch Anwendung der linearen Optimierung ermittelt werden. Die Struktur derartiger Optimierungsverfahren wollen wir anhand des Standardansatzes zur Bestimmung optimaler Produktions- und Absatzprogramme erläutern, einem gängigen Planungsproblem der jahresbezogenen kurzfristig operativen Planung.85 Der Standardansatz geht von folgenden Annahmen und Anforderungen an die kurzfristig operative Planung aus: 1. 2. 3.

Konstante Planverkaufspreise und geplante proportionale Selbstkosten und damit konstante Stückdeckungsbeiträge. Keine Bestandsveränderungen bei Halb- und Fertigfabrikaten, d.h. die Produktionsmengen jeder Fertigungsstelle entsprechen den Absatzmengen. Konstante Fertigungskapazitäten und Bearbeitungszeiten pro Erzeugniseinheit je Fertigungsstelle.

Vgl. W. Kilger, (Absatzplanung 1973), S. 96 ff.; vgl. hierzu auch W. Dinkelbach, (Entscheidungsmodelle 1982).

2.4 Ausgewählte Instrumente der Planung und Kontrolle

45

Der Standardansatz besteht nun aus drei Elementen: (1)

Zielfunktion

Die gesuchten Produktions- und Absatzmengen sind so zu bestimmen, dass der Deckungsbeitrag der Planungsperiode maximal wird. (2)

Kapazitätsrestriktionen

Für jede Fertigungsstelle darf die Kapazitätsinanspruchnahme durch die (gesuchten) Produktionsmengen nicht größer als die vorhandene Kapazität sein. (3)

Absatzrestriktionen

Die Planabsatzmengen dürfen vom Vertrieb vorgegebene Verkaufsobergrenzen nicht überschreiten; eine Unterschreitung ist zulässig. Zur formalen Darstellung des Standardansatzes sind folgende Kurzzeichen erforderlich: DB: Deckungsbeitrag der Planungsperiode j: Artikelnummer n: Anzahl Artikel p: Planverkaufspreis kp: Proportionale Selbstkosten x: Gesuchte Produktions- und Absatzmengen i: Nummer der Fertigungsstelle m: Anzahl Fertigungsstellen T: Kapazität t: Kapazitätsinanspruchnahme pro Produkteinheit xH: Absatzhöchstmenge. Mit Hilfe dieser Kurzzeichen lässt sich folgender Optimierungsansatz formulieren: DB = t ( P j - k p j ) * X j j=i

T^XVxj

(i = l

m)

Hj^xj

(j = l

n)

Xj^O

(j = l

n)

j=i x

Zur Lösung derartiger Problemstrukturen wurden im Rahmen des Operations Research Algorithmen entwickelt,86 in Tabellenkalkulationsprogrammen sind Funktionen zur Lösung derartiger Planungsmodelle integriert. Der dargestellte Standardansatz wurde in der betriebswirtschaftlichen Literatur um alle Planungsprobleme der kurzfristig operativen Planung erweitert;87 lineare Programme wurden weiterhin für Fragestellungen der langfristigen Investitions- und Finanzplanung entwickelt.88

Vgl. hierzu insbesondere G.B. Dantzig, (Lineare Programmierung 1966); W. Krelle u. H.P. Künzi, (Lineare Programmierung 1958).

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensfuhrung

46

In der betrieblichen Praxis haben sich die Verfahren der linearen Programmierung nicht durchgesetzt. Hierfür lassen sich folgende Gründe vermuten: 1.

2. 3.

Schon der einfache Standardansatz zeigt, dass in derartige Planungsmodelle eine Vielzahl von Daten und Entscheidungsparameter eingehen; so sind bei 10 Fertigungsstellen und 100 Produkten - neben den sonstigen Daten - allein 1.000 Bearbeitungszeiten der Erzeugnisse zu planen. Bei jeder Erweiterung des Standardansatzes nimmt der Umfang exponentiell zu. Die Erhebung der relevanten Daten und die Realisation der Entscheidungsparameter wird damit auch in kleineren Unternehmen sehr schnell unüberschaubar. Oftmals werden entsprechend qualifizierte Mitarbeiter fehlen. Die Philosophie derartiger Planungsmodelle geht von einer zentralen Unternehmensplanung aus. Neben der damit verbundenen hohen Komplexität von Daten und Entscheidungsparametern widerspricht dieser Ansatz den partizipativen Führungskonzepten, die sich in der modernen Unternehmensfuhrung weitgehend durchgesetzt haben.

Die Praxis behilft sich bei derartigen Planungsproblemen mit suboptimalen Lösungen. Wegen der fehlenden Praxisrelevanz wollen wir in unseren weiteren Ausführungen auf die Behandlung derartiger Planungsmodelle weitgehend verzichten und sie nur dort behandeln, wo ein praktischer Einsatz realistisch erscheint.

2.4.4

Kennzahlen und Kennzahlensysteme

Die Planungs- und Steuerungsaufgaben des Controllings können durch den Einsatz geeigneter Kennzahlen unterstützt werden. Kennzahlen stellen komprimierte Größen dar, die verschiedene quantifizierbare Sachverhalte in ein inhaltlich sinnvolles Verhältnis zueinander setzen. Sie stellen Maßstabswerte fur inner- und zwischenbetriebliche Vergleiche dar. Im Einzelnen werden Kennzahlen fur folgende Aufgaben verwendet: •

Zeitvergleiche Die Entwicklung interessierender Sachverhalte im Zeitablauf wird dargestellt.



Betriebsvergleiche Die relevanten Größen mehrerer Betriebsstätten oder ganzer Unternehmen werden gegenübergestellt.



Plan-Ist-Vergleiche Die Relationen ursprünglich geplanter betriebswirtschaftlicher Größen werden mit den tatsächlich eingetretenen Werten verglichen.

Die letzte Aufgabe verdeutlicht, dass Kennzahlen sowohl auf der Basis von Plangrößen als auch anhand der Istwerte gebildet werden. Sie stellen damit unter anderem ein wertvolles Hilfsmittel für das Controlling bei der Ermittlung und Auswertungen aufgetretener Abweichungen im Rahmen der Steuerungsaufgaben dar.

Vgl. insbesondere W. Kilger, (Absatzplanung 1973) und die dort angegebene Literatur. Vgl. hierzu u.a. H. Jacob, (Investitionsplanung 1976), Sp. 882 ff.

2.4 Ausgewählte Instrumente der Planung und Kontrolle

47

In Übersicht 2.6 ist eine Systematisierung der verschiedenen Kennzahlen wiedergegeben.89

Übersicht 2.6: Systematisierung der Kennzahlen

Grundzahlen sind absolute Mengen- und Wertgrößen, die als Strömungsgrößen pro Periode oder als Bestandsgrößen stichtagsbezogen geplant und erfasst werden. Verhältniszahlen stellen dagegen relative Größen dar, bei denen interessierende Sachverhalte in Beziehung zu einander gesetzt werden. Hierbei unterscheidet man zwischen Gliederungs-, Beziehungs und Indexzahlen. Als Gliederungszahlen bezeichnet man Kennzahlen, die eine Teilgröße ins Verhältais zur Gesamtgröße setzen. Beispiele für Gliederungszahlen sind der Anteil der Lohnkosten an den gesamten Kosten eines Bereiches oder der Anteil indirekten Personals an der gesamten Mitarbeiterzahl einer Produktionsstelle. Beziehungszahlen setzen verschiedenartige Größen in ein inhaltlich sinnvolles Verhältnis zueinander. Ein Beispiel fur eine Beziehungszahl ist die Arbeitsproduktivität, bei deren Berechnung die geleistete Arbeitsmenge ins Verhältnis zu den hierfür benötigten Arbeitsstunden gesetzt wird. Ein anderes Beispiel sind die Quadratmeter Bürofläche pro Mitarbeiter. Indexzahlen werden gebildet, indem die Ausprägungen einer Größe zu unterschiedlichen Zeitpunkten zueinander ins Verhältais gesetzt werden. Als Indexreihen werden beispielsweise die Entwicklungen der Einstandspreise wichtiger Güter und Dienstleistungen im Zeitablauf dargestellt. Im Weiteren soll eine Auswahl möglicher Kennzahlen vorgestellt werden, die vom Controlling im Rahmen seiner Planungs- und Kontrollaufgaben genutzt werden können. Dabei werden die Kennzahlen nach den folgenden Arbeitsfeldern systematisiert: • Absatz • Produktion • Produktionsfaktoren • Rechnungswesen In jedem der Arbeitsfelder werden die Keimzahlen weiterhin nach vier Betrachtungsebenen unterteilt. Die Auswahl ist dabei als Vorschlag zu betrachten, sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, die Größen können durch andere Kennzahlen ergänzt oder ersetzt werden.

Vgl. die ähnliche Übersicht bei G. Wöhe, Einführung (2008), S. 213.

48

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensfuhrung

Übersicht 2.7 zeigt eine Zusammenstellung geeigneter Kennzahlen für den Absatzbereich eines Unternehmens, die nach den Betrachtungsebenen Kunden, Markt, Produkte und Liefererfullung untergliedert sind.

Übersicht 2.7: Kennzahlen im Absatzbereich

Auf der Ebene der Kunden lässt sich die Kundenzufriedenheit durch eine entsprechende Befragung ermitteln; derartige Erhebungen werden in der Praxis in größeren zeitlichen Abständen (Quartale, Halbjahr) durchgeführt. Das Verhältnis von Neu- zu Altkunden, der Anteil der Kunden, die den Anbieter wechseln, bzw. als Gegenstück die Wiederholkaufrate lassen sich aus den Absatzstatistiken bestimmen. In der Betrachtung des Marktes spielen die Entwicklung des Marktvolumens, also der Gesamtnachfrage, sowie der eigene Marktanteil insbesondere im Rahmen der strategischen Planung eine besondere Rolle. 90 Die vergangene und zukünftige Entwicklung des Niveaus der Verkaufspreise ist ebenfalls fur Planungs- und Kontrollfragen von großer Bedeutung. Bezüglich der betrieblichen Erzeugnisse kann neben der Entwicklung von Absatzmengen und Auftragsbeständen fur die Steuerung des Vertriebsbereichs die Frage von Interesse sein, wie viele Kundenkontakte zu konkreten Aufträgen führen. Einen wichtigen Aspekt im Zusammenhang mit der Planung und Kontrolle im Absatzbereich stellt die Lieferfiillung dar, die naturgemäß auch Auswirkungen auf die kundenbezogenen Kenngrößen haben wird. Diese lässt sich mit Hilfe des Liefererfullungsgrades, also des Verhältnis von termingerechten Lieferungen zur gesamten Liefererfüllung, oder durch die Rückstandsquote, dem Anteil nicht oder verspätet gelieferter Aufträge, messen. Unter qualitätsbezogenen Aspekten ist der Anteil der Rücksendungen aufgrund von Beanstandungen eine wichtige Kennziffer.

Vgl. hierzu die Ausführungen im folgenden Kapitel.

2.4 Ausgewählte Instrumente der Planung und Kontrolle

49

Im Bereich der Produktion lassen sich die in der folgenden Übersicht angeführten Kennzahlen vom Controlling nutzen.

Übersicht 2.8: Kennzahlen im Produktionsbereich

Eine in der Praxis insbesondere von technisch orientierten Führungskräften häufig genutzte Kennzahl ist die Produktivität eines Betriebes oder Betriebsteils, die hier im Allgemeinen als Arbeitsproduktivität aufgefasst wird. Im Einproduktfall lässt sich diese als Ausbringungsmenge pro Mitarbeiterstunde messen; im Mehrproduktfall fuhrt dies aufgrund der unterschiedlichen Leistungsinhalte der Erzeugnisse zu keinen sinnvollen Resultaten, daher werden hier im Zähler wertbezogene Größen angesetzt, also Umsatz- oder Kostendaten. Hier fuhrt die Wertschöpfung (Umsatz - Kosten fur fremdbezogene Produktionsfaktoren) zu aussagefähigen Ergebnissen, da sie nur die infolge des Produktionsprozesses zusätzlich entstandenen Werte betrachtet, für welche letztendlich die Mitarbeiterstunden angefallen sind. Eine sehr grobe und theoretisch nicht fundierte Kennzahl stellt der Umsatz pro Mitarbeiter dar, die sich aber in der Praxis einer großen Verbreitung erfreut. Bezüglich der Steuerung der Kapazitäten stellen der Beschäfitigungs- und der Auslastungsgrad wichtige Kennziffern dar. Der Beschäftigungsgrad setzt die tatsächliche Beschäftigung einer Periode ins Verhältnis zur Planbeschäftigung, der Auslastungsgrad gibt die Relation von Beschäftigung zur installierten Kapazität wieder. Eine weitere wichtige Kenngröße zur Beurteilung der Kapazitätsauslastung sind die Leerkosten bzw. ihr Anteil an den gesamten Fixkosten eines Produktionsbereichs. Unter den Leerkosten versteht man die Kosten nicht genutzter Kapazitäten; sie errechnen sich nach folgender Bestimmungsgleichung: K

Leer

=

Κ ρ

K Leer :

Leerkosten

KF:

Fixkosten

B:

Beschäftigung

K:

Kapazität

50

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensführung

Ein hoher Anteil von Leerkosten, der zudem noch über einen längeren Zeitraum bestehen bleibt, gibt Anhaltspunkte für die Notwendigkeit von Stilllegungsüberlegungen. Wichtige Kennzahlen zur Steuerung und Beurteilung der Kapitalbindung sind zum einen die Durchlaufzeiten. Hier werden häufig Ziele vorgegeben, um diese in gewünschtem prozentualem Umfang zu reduzieren. Wichtige Kennzahlen für das Bestandscontrolling sind die Lagerreichweite, die auch als Lagereindeckung bezeichnet wird, und die Umschlaghäufigkeit. Die Lagerreichweite setzt den monatlichen oder jährlichen Lagerbestand ins Verhältnis zum zugehörigen Lagerabgang und gibt an, fur welche Zeiträume der jeweilige Lagerbestand ausreichend ist. Die Häufigkeit des Lagerumschlags errechnet sich umgekehrt, indem der Jahres- oder Monatsverbrauch durch den durchschnittlichen Lagerbestand dividiert wird; sie gibt an, wie oft der Lagerbestand in der Periode verbraucht wurde. Als Qualitätskennzahlen sind in Übersicht 2.8 die Ausschuss- und die Nacharbeitsquote angegeben, bei denen die betreffende Fehlerhäufigkeit auf die Gutstückzahl bezogen wird. Weitere mögliche Keimzahlen fur diese Betrachtungsebene sind der Anteil der Fehlerkosten an den Gesamtkosten der betreffenden Bereiche. Als Drittes sollen Kennzahlen für den Bereich der Produktionsfaktoren betrachtet werden; hier soll neben den üblichen Produktionsfaktoren Werkstoffe, Mitarbeiter und Betriebsmittel die Ebene der Innovation mit behandelt werden, die einerseits von großer Bedeutung ist, sich andererseits aber nur schwer einer der übrigen Betrachtungsfelder zuordnen lässt. Übersicht 2.9 zeigt mögliche Kennzahlen für diesen Bereich. Vorprodukte: •Anzahl Lieferanten •Wertschöpfungstiefe •Rücksendequote •Termintreue

Mitarbeiter: •Altersstruktur •Fluktuationsrate •Fehlzeitquote •Überzeitquote

Innovation: •Anteil F+E-Kosten •Anzahl Patente •Anzahl Neuanläufe

Betriebsmittel: •Neuinvestitionen zu Abschreibungen •Anteil Steigerungsinvestitionen •Anteil Rationalisierungsinvestitionen •Anteil Investitionen in Qualität

Übersicht 2.9: Kennzahlen im Bereich Produktionsfaktoren

Hinsichtlich der von Außen bezogenen Vorprodukte (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, fremdbezogene Teile und Baugruppen) ist die Entwicklung der Lieferantenzahl für die Festlegung und Überprüfung von Beschaffungsstrategien von Bedeutung. Anhand der Wertschöpfungstiefe lassen sich Umfang und Wirksamkeit von Maßnahmen bezüglich des Übergangs

2.4 Ausgewählte Instrumente der Planung und Kontrolle

51

von der Eigenfertigung zum Fremdbezug beurteilen. Für die laufende Bewertung der Lieferanten sind der Anteil von Fehllieferungen und die Termintreue, gemessen als Anteil termingerechter Lieferungen, wichtige Kenngrößen. Auf der Ebene des Personalcontrollings wird eine Vielzahl unterschiedlicher qualitativer und quantitativer Kennzahlen eingesetzt; Übersicht 2.9 zeigt eine kleine Auswahl. Neben dem Altersaufbau der Belegschaft sind die Fluktuationsrate, d.h. die Zahl der altersbedingten und freiwilligen Kündigungen bezogen auf die Gesamtmitarbeiterzahl, sowie die Fehlzeitoder Krankenquote für die Planung und Steuerung des Personaleinsatzes von großer Bedeutung. Anhand der Überzeitquote lassen sich die personelle Anspannung der einzelnen Unternehmensbereiche und auch die langfristige Notwendigkeit eines Personalaufbaus beurteilen. Bezüglich der Struktur und Entwicklung des Betriebsmittelbestandes, d.h. des Sachanlagevermögens, zeigt das Verhältnis von Neuinvestitionen zu Abschreibungen, ob und inwieweit eine Substanzerhaltung oder ein Substanzaufbau erfolgt. Für die Unternehmensleitung ist weiterhin der Anteil der einzelnen Investitionsgründe am gesamten Investitionsvolumen von hohem Aussagewert; häufig werden fur diesen Sachverhalt entsprechende Ziele vorgegeben (z.B. Anteil der Rationalisierungsinvestitionen > 30%). Die Kennzahlen aus dem Bereich der Innovation sollen Informationen über den Stand des technischen Fortschritts im Unternehmen geben. Neben dem Anteil der Kosten für Forschung und Entwicklung an den Gesamtkosten oder am Umsatz werden hier die zeitliche Entwicklung der Patentanmeldungen und des Anlaufs neuer Produkte zur Beurteilung herangezogen. Als Letztes sollen bestands- und erfolgsbezogene Kennzahlen aus dem Bereich des Finanzund Rechnungswesen vorgestellt werden; Übersicht 2.10 zeigt eine Auswahl, die sich in die Dimensionen Rentabilität, Bilanzstruktur, Liquidität und Kosten untergliedert. Die Kennzahlen beziehen sich zum großen Teil auf die Ergebnisse des handelsrechtlichen Jahresabschlusses des Gesamtunternehmens und sind daher für praktische Koordinationsaufgaben des Controllings von untergeordneter Bedeutung; sie sollen an dieser Stelle dennoch aus Gründen der Vollständigkeit angeführt werden.91 Die Rentabilitätskennzahlen beziehen den Jahresüberschuss bzw. den Kapitalgewinn vor Zinsen auf das Eigen- bzw. das Gesamtkapital und geben damit Auskunft über die Verzinsung der jeweiligen Kapitalpositionen. Die Kennzahlen zur horizontalen und vertikalen Bilanzstruktur geben Auskunft über die Zusammensetzung des Gesamtkapitals und des Vermögens sowie mit Hilfe der Anlagendeckung über die Struktur der Finanzierung des Anlagevermögens. Anhand der Liquiditätskennziffern sollen Informationen über die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens gewonnen werden. Mit Hilfe einer differenzierten Betrachtung der Entwicklung der Kostenstruktur lassen sich neben grundsätzlichen Informationen über die Personal- oder Anlagenintensität des Unternehmens die Wirkungen von entsprechenden Entscheidungen im strategischen und langfristig operativen Bereich messen und beurteilen. Für die Unternehmensleitung ist daneben noch die Information über den Anteil der Kosten des Verwaltungsapparates von Bedeutung.

Zu diesen Kennzahlen im Einzelnen vgl. G. Wöhe (Einführung 2008), S. 902 ff.

52

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensfuhrung

Übersicht 2.10: Kennzahlen im Bereich Rechnungswesen

Die einzelnen Kennzahlen stehen nicht unabhängig nebeneinander, vielmehr besteht zwischen ihnen ein vielfaltiges Beziehungsgeflecht. Die bestehenden Zusammenhänge zwischen den Kennzahlen werden häufig in Kennzahlensystemen abgebildet; hierunter versteht man (mathematisch oder logisch verknüpfte) Kombinationen mehrerer Kennzahlen. Mit Hilfe von Kennzahlensysteme sollen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge mehrerer Kennzahlen aufgezeigt werden. Es lassen sich folgende Grundformen von Kennzahlensystemen unterscheiden: •

Analytische Kennzahlensysteme Diese Systeme gehen von einer Spitzenkennzahl aus, die dann sukzessive in mehrere Unterkennzahlen aufgespaltet wird.



Synthetische Kennzahlensysteme Hier werden mehrere Einzelkennzahlen gleichwertig nebeneinander gestellt und in funktionalen Zusammenhängen beschrieben.

Das bekannteste betriebswirtschaftliche Kennzahlensystem ist das Du-Pont-Schema, das die Spitzenkennzahl Return on Investment in eine Kette von Einflussgrößen aufspaltet, siehe Übersicht 2.11.92 Anhand des Schemas kann nun in einfacher Weise nachvollzogen werden, wie sich Änderungen einzelner Einflussgrößen auf die Spitzenkennzahl auswirken. In der betriebswirtschaftlichen Theorie und auch in der Unternehmenspraxis sind zwei weitere Kennzahlensysteme verbreitet, die als Weiterentwicklung des Du-Pont-Systems zu verstehen sind: Das ZVEI-Kennzahlensystem wurde vom Zentralverband der Elektrotechnischen Industrie e.V. (ZVEI) 1989 entwickelt; es ist branchenneutral (88 Haupt- und 122 Hilfskennzahlen). Es ist ähnlich wie das Du-Pont-System aufgebaut, verwendet jedoch zwei Analysestufen: eine Wachstums- und eine Strukturanalyse.

Vgl. hierzu P. Horvath, (Controlling 2006), S 547.

2.4 Ausgewählte Instrumente der Planung und Kontrolle

53

Übersicht 2.11 : Du-Pont-Kennzahlensystem

Mit der Wachstumsanalyse werden die Vertriebstätigkeit, die Ergebnissituation, die Kapitalbindung und die Beschäftigung beurteilt. Es gibt neun Kennzahlen: Auftragsbestand, Cash Flow, Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, Personalaufwand, Wertschöpfiing und Mitarbeiter. Die Kennzahlen sind an Jahresabschlussgrößen orientiert. Die Strukturanalyse ist dagegen auf eine Periode bezogen. Es handelt sich hierbei um ein hierarchisch gegliedertes, mathematisch verknüpftes Kennzahlensystem mit der Spitzenkennzahl Eigenkapitalrentabilität. Analog zum Du-Pont-System werden auch hier die Spitzenkennzahl in ihre Elemente aufgespaltet und Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aufgezeigt. Übersicht 2.12 zeigt den grundsätzlichen Aufbau des Systems. Das RL-Kennzahlensystem von Reichmann und Lachnit wurde für den Finanzbereich eines Unternehmens entwickelt.93 Zentrale Kennzahlen sind hierbei Erfolg und Liquidität. Es besteht aus dem allgemeinen Teil und aus dem Sonderteil. Der allgemeine Teil ist unternehmensübergreifend aufgebaut und somit insbesondere fur zwischenbetriebliche Vergleiche geeignet.

Vgl. T. Reichmann, (Controlling 2006), S. 104 ff.

54

2 Planung und Kontrolle als Instrumente der Unternehmensfuhrung

Wachstumsanalyse

Verlriebstfttigkeit

Ergebais

Strukturanalyse

Wert Schöpfung, Beschäftigung

Kapital· biodung

Eigenkapitalrentabiü tat Sektor 1: Ertragskraftkennzahlen Typ Β (Rentabilität)

Sektor ΙΠ: Risikokennzahlen Typ A (Kapitalstruktur) Eigenkapitalanteil

Retura oa Investment Sektor II Ertragskraft-Kennzahlen Typ A (Ergebnisbildung)

Periodenergebnis

Umsatzrentabilität

Cash Flow

Anlagendeckunß

Liquidität

Sektor IV: Risikokennzahlen Typ Β (Kapitalbindung)

Kapitalumschlag

Kapitalbindung

Ertragskraft i.e.S. Betriebsergebnis

pro Kopf Aufwandsallen

Beschäftigung

ι DecVungsbeitrag

Kosten des Betriebs

Personalaufwand

Produktivitfit

Übersicht 2.12: ZVEI- Kennzahlensystem

RL-Kennzahlensvstem (Rentabilitätsteil) Ordentliches Ergebnis ordentliches Β etnebsei geb» is + ordentliches Fuianzetsebius

Finanzergebnis Beteiligonsseitra» + Ζ inserting - Bcteilis;iiii?saiifiva»d

Gesamtkapitalrentabilität

R e t u r n on Investment

Gesamtgewinn + Zuisaufwand

Betnebsergebms Gesuntkapital (betriebsbedingt)

Eigenkapitalrentabttitit

l T msatzrentabilitât

Gesamtgewinn

Beti lebsei sebnis

Umsatz

Außerordentlicher Eitias - Außeroideutlicher Aufwand

E is eilkapital

Umsatz

Gesnmtkapital (lieti lebsbedingt)

Betriebsergebnis

Erzeugnisumschlagszeit

Materialumschlag.«zeit

Forderungsumschlagszeit

Erzeugiusbestand

Matei ialbestand

Foidertmgsbeaand

Außerordentliches Ergebnis

Betriebsleistung - Kosten

Matenaleinsatz

EVA (ROŒ-W ACC)* Capital Employed

Kapitalumschlagshäufigkeit * 100

in Tage

2.4 Ausgewählte Instrumente der Planung und Kontrolle

55

RL-Kennzahlensystem (Liquiditätsteil)

Übersicht 2.13: RL-Kennzahlensystem

Im Sonderteil werden unternehmensspezifische Besonderheiten zur vertiefenden Analyse berücksichtigt. Die wichtigste Erfolgsgröße ist im RL-System das ordentliche Ergebnis. Es lässt sich in das neutrale Ergebnis und das Betriebsergebnis zerlegen. Im Sonderteil wird das Betriebsergebnis dann weiter analysiert. Ein erheblicher Vorteil des RL-Systems ist, dass es nicht ausschließlich auf die Ergebniszielsetzung ausgerichtet ist, sondern die Liquiditätszielsetzung mit integriert. Durch die wenigen rechentechnischen Verknüpfungen lässt sich das System an die individuellen Informationsbedürfnisse des Unternehmens anpassen, in dem spezifische Kennzahlen integriert werden. Übersicht 2.13 zeigt die relevanten Kennzahlen und ihre Beziehungen zueinander in den Teilen des RL-Kennzahlensystems. Ein weiteres, sämtliche Aktivitäten eines Unternehmens umfassendes Kennzahlensystem stellt die Balanced Scorecard dar, auf die wir im folgenden Kapitel näher eingehen werden.

3

Strategisches Controlling

3.1

Begriff und Aufbau der strategischen Planung

Wie im zweiten Kapitel gesehen ist die strategische Planung nach der langfristigen Rahmenplanung die zweite Stufe der zeitlich strukturierten Unternehmensplanung. Als eigenständiges Teilgebiet der Unternehmensplanung entstand die strategische Planung in den siebziger Jahren als Reaktion auf die zunehmende Komplexität und Dynamik der Bedingungen der Unternehmenstätigkeit. Beispiele hierfür sind: 1.

Erhöhung der Komplexität der Wirtschaftsbeziehungen durch zunehmende Internationalisierung Die Internationalisierung zwingt die Unternehmen, sich auf - zunächst noch nicht vertrauten - Auslandsmärkten zu engagieren und - entgegengesetzt - sich im Inland mit verstärkter Konkurrenz auseinander zu setzen.

2.

Erhöhung der Innenkomplexität der Unternehmen durch wachsende Unternehmensgröße Infolge der immer weitergehenden Diversifizierung entstanden immer größere Unternehmensgebilde und damit ein erhöhter Koordinationsbedarf, dem durch neue Verfahren der Unternehmensplanung Rechnung zu tragen war.

3.

Zunehmende Dynamik der gesellschaftlichen und technologischen Rahmenbedingungen Beispiele hierfür sind ein geändertes Konsumverhalten infolge gestiegenen Umweltbewusstseins, ein geändertes Freizeitverhalten und Änderungen in der Altersstruktur auf gesellschaftlicher Seite. In technologischer Hinsicht sind das Auftreten neuer Entwicklungen etwa in den Bereichen Mikroelektronik, Telekommunikation oder der Gentechnik sowie die kürzer werdenden Lebenszyklen der Produkte zu nennen.

Außerdem zeigten sich zu Beginn der siebziger Jahre erstmals Strukturbrüche in der Wirtschafisentwicklung (Ölkrise, Wachstumsgrenzen), so dass das bis dahin bevorzugte Prognoseinstrument der langfristigen Planung, die Trendextrapolation, versagte. Im System der Unternehmensplanung kommen der strategischen Planung folgende Aufgaben zu: 1.

Konkretisierung der Leit- und Oberziele der langfristigen Rahmenplanung Dies erfolgt, wie wir später noch sehen werden, durch Formulierung sogenannter Planstrategien für ausgewählte Unternehmensbereiche.

2.

Frühzeitiges Erkennen von diskontinuierlichen Umweltentwicklungen Hierdurch sollen Risiken für das Unternehmen vermieden und neue Chancen rechtzeitig erkannt werden.

94

Vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 113.

58 3.

3 Strategisches Controlling Schaffung und Erhaltung von Erfolgspotentialen durch Festlegung • mit welchen Produkten, • auf welchen Märkten, • mit welchem Mitteleinsatz, • mit welchen Aktivitäten das Unternehmen bzw. der betrachtete Teilbereich in Zukunft tätig sein sollen.

Der Planungszeitraum der strategischen Planung beläuft sich normalerweise auf drei bis fünf Jahre und ist damit deutlich kürzer als derjenige der langfristigen Rahmenplanung. Für das Wesen der strategischen Planung sind folgende Merkmale charakteristisch:95 1. 2. 3.

4.

Die strategische Planung ist primär umweit- und hier in erster Linie marktorientiert. Die strategische Planung ist konkurrenz- bzw. wettbewerbsorientiert, wobei der Ausbau und die Verteidigung von dauerhaften Wettbewerbsvorteilen im Vordergrund stehen. Während sich die langfristige Rahmenplanung auf das Unternehmen als Ganzes bezieht, hat die strategische Planung die Geschäftseinheit zum Gegenstand, d.h. die einzelnen Produktgruppen auf ihren Märkten. Die strategische Planung arbeitet überwiegend mit qualitativen Daten und Entscheidungsparametern.

In der Literatur zur Untemehmensplanung wird die Frage diskutiert, inwieweit die Durchführung der strategischen Planung dem Aufgabenbereich des Controllings zugeordnet werden soll.96 Gegen eine Integration der strategischen Planung in das Controlling wird vorgebracht, dass die Aufgaben des operativen Controllings und der strategischen Planung zu wesensfremd sind, um sie auf eine Person(engruppe) zu konzentrieren. Diese Argumentation übersieht aber folgende Sachverhalte: 1.

2.

3.

4.

Die Durchführung der strategischen Planung wird in der Praxis - wie wir später noch sehen werden - in der Regel einem Arbeitskreis übertragen, der sich aus Mitarbeitern der von der Planungsaufgabe betroffenen betrieblichen Funktionsbereiche zusammensetzt. Damit stellt sich für diesen Arbeitskreis die klassische Koordinationsaufgabe des Controllings im Kleinen, d.h. für die Abstimmung und auch die Moderation des Teams dürften die Controller am besten geeignet sein. Strategische Planung kann nur dann erfolgreich eingesetzt werden, wenn zur Realisation der definierten Planstrategien geeignete Maßnahmen ergriffen werden (dies ist eine Aufgabe der langfristig operativen Planung). Das Controlling hat nun dafür zu sorgen, dass diese Maßnahmen geplant und funktionsbereichsübergreifend aufeinander abgestimmt werden. Hierzu ist es in den Prozess der Strategiefindung mit einzubeziehen. Im Rahmen der operativen Planungs- und Kontrollprozesse wird vom Controller eine Vielzahl von Informationen erarbeitet, die für die strategische Planung und die hier zu treffenden Entscheidungen von großer Bedeutung sind. Auch unter dem Aspekt der Mitarbeitermotivation erscheint es angebracht, alle wesentlichen Unternehmensteilbereiche in den Prozess der strategischen Planung zu integrieren; hier darf das Controlling keineswegs unberücksichtigt bleiben.

Vgl. H.H. Hinterhuber, (Unteraehmensfuhrung 2004), S. 7 ff.; H. Jacob, (Quantifizierangsprobleme 1980), S. 19 ff.; G. Schreyögg, ( Unternehmensstrategie 1984), S. 80 ff.; R. Hammer, (Frühaufklärung 1992), S. 57 ff. Vgl. E. Jehle, (Controller 1984), S. 45 ff.; H. Pfohl u. B. Zettelmeyer, (Strategisches Controlling 1987), S. 145 ff.; T. Reichmann, (Kennzahlen 2006), S. 559 ff.

3.2 Die Phasen einer Geschäftsfeldanalyse

59

Die aufgezeigte enge Verflechtung von operativer und strategischer Planung sollte zur funktionalen Integration von operativem und strategischem Controlling fuhren. Dies bedeutet konkret, dass zur Durchführung der strategischen Planung im Rahmen einer Geschäftsfeldanalyse97 (zumindest) ein Mitarbeiter des Controllings in den zu bildenden Arbeitskreis entsandt wird und dort seine fachspezifischen Aufgaben wahrnimmt, insbesondere die Koordination sowie die Unterstützung der Gruppenarbeit durch geeignete Planungsmethoden. Ob der Controller die Leitung des Arbeitskreises übernimmt, hängt u.a. von eventuell vorliegenden speziellen Aufgabenstellungen und der sonstigen Zusammensetzung der Gruppe ab. Nach Abschluss der Geschäftsfeldanalyse hat der betreffende Controllingmitarbeiter dafür Sorge zu tragen, dass die Ergebnisse des strategischen Controllings in die nachfolgenden operativen Controllingtätigkeiten integriert werden. Zum besseren Verständnis der Planungszusammenhänge haben wir in Übersicht 3.1 für wesentliche planungsrelevante Merkmale die Unterschiede zwischen strategischem und operativem Controlling dargestellt.98 Merkmale Ausrichtung

Strategisches Controlling

Operatives Controlling

Langfristige Existenzsicherung

Erfolg, Liquidität

Chancen/Risiken

Ein-/Auszahlungen

Stärken/Schwächen

Leistungen/Kosten

Planungseinheit

Strategische Geschäftseinheit

Funktionsbereiche

Planungszyklus

unregelmäßig, fallweise

regelmäßig

Sicherheitsgrad

unsicher

relativ sicher

Art der Probleme

unstrukturiert

relativ gut strukturiert

Informationsschwerpunkte

primär umweltbezogen

primär untemehmensbezogen

Entscheidungsgrundlage

Übersicht 3.1: Vergleich strategisches und operatives Controlling

Während sich das operative Controlling in erster Linie auf die Größen Erfolg und Liquidität bezieht, ist die Ausrichtung des strategischen Controllings auf die Sicherung des Unternehmens angelegt. Dieser wesentliche Unterschied wird auch bei der Betrachtung der jeweiligen Entscheidungsgrundlagen deutlich; während die Entscheidungen der operativen Planung im allgemeinen auf monetären Erfolgsgrößen basieren (eine Ausnahme wären Punktbewertungsmodelle), orientieren sich die Entscheidungen der strategischen Planung einerseits an erkannten Chancen und Risiken und andererseits an Stärken und Schwächen des Unternehmens im Vergleich zu den Wettbewerbern. Eine nähere Erläuterung der restlichen Merkmale ergibt sich bei der im nächsten Abschnitt folgenden Behandlung der konkreten Durchführung der strategischen Planung im Rahmen einer Geschäftsfeldanalyse.

3.2

Die Phasen einer Geschäftsfeldanalyse

Die Durchführung der strategischen Planung erfolgt in der Praxis im Allgemeinen in Form einer Geschäftsfeldanalyse. Hierunter versteht man die umfassende und systematische Untersuchung eines Unternehmens bzw. eines Unternehmensteilbereiches in Bezug auf: Zur Geschäftsfeldanalyse vgl. den nachfolgenden Abschnitt 3.2. Vgl. die ähnliche Übersicht bei P. Ulrich u. E. Fluri, (Management 1995), S. 133 und T. Reichmann, (Kennz a h l n 2006), S. 560.

60 • • • • • •

3 Strategisches Controlling Markt Wettbewerb Technologie Kostenstruktur Ergebnissituation (Gewinn, Cash Flow).

Die Untersuchung bezieht sich immer auf die längerfristige Entwicklung dieser Größen im gewählten Untersuchungsgegenstand. Geschäftsfeldanalysen werden im Allgemeinen nicht in konstanten Zeitabständen regelmäßig durchgeführt und sind somit nicht in einen festen Planungskalender eingebunden. Sie stellen vielmehr Sonderuntersuchungen dar, die zu bestimmten Anlässen von der Unternehmensleitung initiiert werden. Derartige Anlässe können sein: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Entwicklung neuer Produkte; Erschließung neuer Märkte; Veränderungen bestehender Produkte und/oder Märkte durch neue Technologien; Auftreten neuer Wettbewerber im Geschäftsfeld; Übergang eines Produktes in eine neue Phase des Lebenszyklus; Geschäftsfelder mit nachhaltigen Verlusten; Produktbereiche, für die grundlegende Entscheidungen anstehen, wie z.B.: • hohe Investitionen • regionale Marktausdehnung • Kooperation mit anderen Unternehmen • Akquisition anderer Unternehmen.

Durch die Vielzahl der Anlässe dürfte sichergestellt sein, dass alle Produkt- und Marktbereiche eines Unternehmens im Abstand von zwei bis drei Jahren einer derartigen Analyse unterzogen werden. Mit Hilfe der Geschäftsfeldanalyse soll das langfristige Erfolgspotential einer Geschäftseinheit ermittelt und darauf aufbauend geeignete Erfolgsstrategien gefunden werden. Im Einzelnen werden dabei folgende Ziele angestrebt: 1.

Beurteilungen der Chancen und Risiken und damit der Attraktivität eines Geschäftsfeldes, 2. Beurteilung der eigenen Stärken und Schwächen in der längerfristigen Entwicklung, 3. Analyse von Wettbewerbssituation und Wettbewerbsdynamik, 4. Ermittlung der Erfolgsbedingungen für das Geschäftsfeld, 5. Überprüfung der bisherigen und Formulierung neuer Strategien, 6. Bessere Nutzung der Ressourcen und Verbundwirkungen in Großunternehmen. Aufgrund der Komplexität der strategischen Zusammenhänge, die alle Funktionsbereiche des Unternehmens betreffen, ist es - wie oben angedeutet - zweckmäßig, die Geschäftsfeldanalyse von einem Arbeitskreis durchführen zu lassen, dessen Mitglieder sich aus Experten der einzelnen Bereiche zusammensetzen, die hierfür (teilweise) von ihrer üblichen Tätigkeit freigestellt werden.

3.2 Die Phasen einer Geschäftsfeldanalyse

61

Üblicherweise verläuft eine Geschäftsfeldanalyse in den nachstehend angeführten fünf Phasen: 1. Definition und Abgrenzung der strategischen Geschäftseinheit 2. Situationsanalyse 2.1 Umweltanalyse 2.2 Unternehmensanalyse 3. Strategieentwicklung 4. Strategieauswahl 5. Strategieabstimmung Wie auch in den anderen Planungsstufen der Unternehmensplanung laufen diese Phasen nicht linear nacheinander ab, vielmehr treten Rückkoppelungen auf, welche die Ergebnisse vorgelagerter Phasen beeinflussen. Zunächst wollen wir uns der ersten Phase, der Definition und Abgrenzung der strategischen Geschäftseinheit zuwenden. Wie im voranstehenden Abschnitt dargelegt, wird strategische Planung nicht für das Unternehmen als Ganzes durchgeführt, Gegenstand der Untersuchungen sind vielmehr sogenannte strategische Geschäftseinheiten oder strategische Geschäftsfelder. Hierunter versteht man Teilbereiche eines Unternehmens, für die eigenständige Ziele formuliert werden können, die sich dann mit Hilfe geeigneter Strategien auch durchsetzen lassen." Bei einer strategischen Geschäftseinheit handelt es sich damit um ein nach Technologie, Markt, Wettbewerbern und sonstigen relevanten Kriterien abgegrenztes Betätigungsfeld des Unternehmens. Für die Bildung strategischer Geschäftseinheiten werden in der Literatur zwei Kriterien genannt, deren praktischer Nutzen allerdings begrenzt ist:100 1. Kriterium des externen Marktes 2. Kriterium der Unabhängigkeit Nach dem Kriterium des externen Marktes kommen als strategische Geschäftseinheiten nur Unternehmensteilbereiche in Frage, die selbständig bestimmte Produkte entwickeln, produzieren und auf externen Märkten anbieten.101 Richtig an dieser Abgrenzung ist die Forderung, dass eine strategische Geschäftseinheit immer eine Kombination von Produkt und Markt sein muss, d.h. für interne Lieferungen an andere Unternehmensbereiche können keine strategischen Geschäftsfelder gebildet werden. Die Unabhängigkeit des Absatzbereiches ist eine notwendige Voraussetzung für die Bildung strategischer Geschäftseinheiten; Produktmengen, Produktqualitäten sowie die zur Verfügung stehenden sonstigen absatzpolitischen Instrumente müssen bei der Formulierung von Planstrategien frei variierbar sein. Die Forderung nach eigenständiger Entwicklung und Fertigung wird in vielen Fällen unzweckmäßig sein, da hierdurch sehr große strategische Geschäftseinheiten entstehen können, die dann auf sehr unterschiedlichen Märkten agieren werden. Hierdurch wird die Formulierung einheitlicher Marktstrategien erschwert. Das noch weitergehende Kriterium der Unabhängigkeit verlangt Selbständigkeit in allen Funktionsbereichen. Aus den genannten Gründen erscheint dies nicht zweckmäßig, es wird Zur Definition der strategischen Geschäftseinheit vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 120 f. 100

Vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 121 f. und die dort angegebene Literatur. 101

Vgl. K.H. Dunst, (Portfolio-Management 1983), S. 57.

62

3 Strategisches Controlling

auch in vielen Fällen nicht praktikabel sein, da oftmals für die strategischen Geschäftseinheiten wichtige Funktionen von zentralen Unternehmensbereichen geleistet werden. Soll die Geschäftsfeldanalyse dennoch für ein relativ großes Geschäftsfeld mit einer entsprechend hohen Selbständigkeit durchgeführt werden, so besteht die Möglichkeit, dieses in einzelne Marktsegmente zu zerlegen, für die dann - bei Bedarf - eigene Untersuchungen durchgeführt und auch eigene Strategien formuliert werden können. Hier besteht die strategische Geschäftseinheit aus mehreren Teil-Geschäftseinheiten im Sinne von eigenständigen Produkt-Markt-Kombinationen. Die Anzahl zu bildender Geschäftseinheiten ist weitgehend von der Unternehmensgröße abhängig. In kleineren und mittleren Unternehmen, die nur einen Markt beliefern, kann sogar auf eine Differenzierung ganz verzichtet werden. Mit wachsender Größe nimmt die Heterogenität der Märkte zu, so dass eine mehr oder weniger große Anzahl strategischer Geschäftseinheiten unterschieden werden muss. Wichtig ist noch darauf hinzuweisen, dass je nach Anlass der Geschäftsfeldanalyse die Zusammensetzung der Produkt-Markt-Kombinationen und damit der Inhalt der strategischen Geschäftseinheiten variieren können. So kann z.B. ein Automobilhersteller eine Geschäftsfeldanalyse für einen Fahrzeugtyp auf allen Märkten durchführen oder für alle Modelle auf einem speziell interessierenden Markt oder auch für bestimmte Modelle auf bestimmten Märkten. Die im Allgemeinen umfangreichste Phase einer Geschäftsfeldanalyse ist die Untersuchung der momentanen und zukünftigen Situation der vorher definierten strategischen Geschäftseinheit. Diese Phase besteht bei jeder Geschäftsfeldanalyse aus den beiden Bestandteilen Umweltanalyse und Unternehmensanalyse. Im Rahmen der Umweltanalyse sind die Bestimmungsfaktoren zu ermitteln und zu analysieren, die für die zukünftige Entwicklung der betrachteten strategischen Geschäftseinheit von Bedeutung sind.102 Ihre Hauptaufgabe besteht in dem Erkennen der für das Geschäftsfeld relevanten Chancen und Risiken. Zur Erfüllung dieser Aufgabe werden im Rahmen der Umweltanalyse folgende Untersuchungsschwerpunkte unterschieden: 1. Analyse der alleemeinen Umweltentwicklune Aufgabe dieser Untersuchung ist es, die für die strategische Geschäftseinheit relevanten Umweltdaten systematisch zu erfassen und in ihren Wirkungen möglichst genau zu prognostizieren. Die in diesem Zusammenhang relevanten Umweltfaktoren lassen sich nach den nachstehend aufgeführten Merkmalen systematisieren:103 1. Wirkungsebene der Umweltfaktoren 1.1 Gesetzliche Umweltfaktoren Gesetze und Verordnungen, die von staatlichen Stellen oder internationalen Behörden erlassen werden. 1.2 Ökonomische Umweltfaktoren Wichtige Daten der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wie Konjunkturentwicklung, verfügbares Einkommen, Tarifniveau, Zinsniveau, Wechselkurse etc.

102

Vgl. hierzu u.a. P. Ulrich u. E. Fluri, (Management 1995), S. 117.

103

Vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 119.

3.2 Die Phasen einer Geschäftsfeldanalyse

63

1.3 Technologische Umweltfaktoren Forschungs- und Entwicklungsergebnisse in Bezug auf neue Produkte und auf neue Verfahrenstechniken. 1.4 Sozio-kulturelle Umweltfaktoren Z.B. Bevölkerungswachstum, Ausbildungsstand, Veränderungen in den Konsumgewohnheiten und im Freizeitverhalten. 1.5 Ökologische Umweltfaktoren Erkenntnisse über die ökologischen Wirkungen von Produkten, Verfahren und eingesetzten Rohstoffen. 2. Wirkungsbreite der Umweltfaktoren 2.1 International wirksame Umweltfaktoren Z.B. Währungsparitäten, Ölpreisentwicklung, internationale Vereinbarungen zu Außenhandel und multinationaler Zusammenarbeit. 2.2 National wirksame Umweltfaktoren Für die Volkswirtschaft relevante Umweltfaktoren, wie arbeits-, gewerbe- und handelsrechtliche Bestimmungen sowie der volkswirtschaftliche Datenkranz. 2.3 Branchenbezogene Umweltfaktoren Daten aus den relevanten Absatz- und Beschaffungsmärkten der strategischen Geschäftseinheit; vgl. die nachfolgenden gesonderten Untersuchungen. 3. Zeitliche Veränderung der Umweltfaktoren 3.1 Kontinuierlich veränderliche Umweltfaktoren Ständige Veränderung im Zeitablauf. 3.2 Diskontinuierlich veränderliche Umweltfaktoren Sprunghafte, oft einmalige und unverhoffte Veränderung. In Übersicht 3.2 ist ein Beispiel fur ein Formular zur Durchführung einer Analyse der allgemeinen Umweltentwicklung wiedergegeben: Planungszeitraum relevante Umweltfaktoren Basisjahr

Prognosejahre Jahr 1

Wirtschaftswachstum Verfügbares Einkommen Bevölkerungsentwicklung Inflationsrate Dollarkurs Arbeitslosenrate Kapitalmarktzinsen Produktivität Wachstum in Schlüsselmärkten Preisentwicklung für Rohstoffe Personalkosten

Übersicht 3.2: Formular zur Datenprognose im Rahmen einer Umweltanalyse

Jahr 2

Jahr 3

64

3 Strategisches Controlling

2. Analyse der relevanten Absatzmärkte Die wichtigsten branchenbezogenen Umweltfaktoren werden in gesonderten Untersuchungen systematisiert und prognostiziert. Die relevanten Gegebenheiten der Absatzmärkte lassen sich wie folgt unterteilen: 1. Qualitative Marktdaten 1.1 Kundenbedürfnisse 1.2 Kundenstruktur 1.3 Kaufmotive 2. Quantitative Marktdaten 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5

Marktvolumen Marktwachstum Marktanteile und Marktanteilsentwicklungen Verkaufspreisentwicklungen Preiselastizitäten.

3. Analyse der relevanten Beschaffunesmärkte Auch die Daten der Beschaffungsmärkte sind für die Umweltanalyse von besonderer Bedeutung, da von dieser Seite wichtige Restriktionen kommen können. Folgende Faktoren sind hier zu betrachten: 1. 2. 3. 4. 5.

Verfügbarkeit von Rohstoffen und Energie, Wachstumspotentiale der Zulieferer in quantitativer und qualitativer Hinsicht, Preisentwicklungen auf den Rohstoffmärkten, Arbeitsmarktentwicklung, Entwicklung des Ausbildungsstandes.

4. Analyse von Branchenstruktur und Wettbewerbssituation Als Vorstufe zur Unternehmensanalyse ist zunächst die allgemeine Struktur der Branche der betrachteten strategischen Geschäftseinheit zu untersuchen, wie z.B. Anzahl Anbieter, Anzahl Nachfrager, nationale und internationale Konkurrenz und ihre Entwicklung sowie die Frage, ob die Anbieter in starker Konkurrenz zueinander stehen oder bemüht sind, den Markt reguliert aufzuteilen. Die Ergebnisse der Umweltanalyse werden in einem Marktattraktivitäts-Profil für die betrachtete strategische Geschäftseinheit zusammengefasst, in welchem die erwarteten Ausprägungen der wichtigen Umwelt- und Marktfaktoren bewertet und zu einem Gesamturteil über die zukünftige Marktsituation verdichtet werden. In Übersicht 3.3 haben wir ein einfaches Beispiel fur die Bewertung der Marktattraktivität wiedergegeben. Für die angegebenen Kriterien, die zur Beurteilung der Marktattraktivität als relevant herangezogen werden, erfolgt die Bewertung auf einer Skala von - 4 bis + 4. Das Profil der Marktattraktivität ist in dem Beispiel durch Verbindungslinien zwischen den einzelnen Werturteilen dargestellt. Gewichtet man die Bedeutung der Kriterien untereinander, so lässt sich analog zur Technik der Punktbewertungsmodelle eine Gesamtbewertung der Marktattraktivität erstellen.

3.2 Die Phasen einer Geschäftsfeldanalyse

Kriterienkatalog Allgem. Umweltfaktoren Marktvolumen Marktwachstum

Gewichtung

7% 20% 5%

Ν achfrage ranzahl

7%

Rohstoffverfügbarkeit

10%

Rohs toffpre is e ntwickl.

2%

Arbe its markte ntwicklung

5%

Entwicklung Aus-

Anbieterzahl We ttbe we rbs ve rhalte η

8% 2% 10%

Eintritts barrie re η

2%

Erge bilis e ntwicklung

7%

Summe

Bewertung - 4 - 3 - 2 - 1 0 1 2 3 4

15%

Ve rkaufs pre is e ntwickl.

bildungs niveau

65

100%

0,16

Übersicht 3.3: Beispiel zur Beurteilung der Marktattraktivität

Während sich die Analyse von Branchenstruktur und Wettbewerbssituation - wie die gesamte Umweltanalyse - auf unternehmensunabhängige Sachverhalte beziehen, erfolgt in der eigentlichen Unternehmensanalyse der konkrete Vergleich zwischen der betrachteten strategischen Geschäftseinheit und ihren wichtigsten Wettbewerbern. Diese Untersuchung der relativen Wettbewerbsposition, die in der Literatur auch als Stärken-Schwächen-Analyse bezeichnet

3 Strategisches Controlling

66

wird,104 läuft in folgenden Schritten ab, die sich an der Vorgehensweise der Punktbewertungsverfahren orientieren: 1. 2. 3. 4. 5.

Auswahl der in den Vergleich aufzunehmenden Wettbewerber, Auswahl der wettbewerbsrelevanten Beurteilungskriterien, Gewichtung der ausgewählten Kriterien, Bewertung der strategischen Geschäftseinheit und der ausgewählten Wettbewerber anhand einer geeigneten Bewertungsskala, Erstellung eines Gesamtprofiis.

Die Auswahl geeigneter Wettbewerber hängt von der individuellen Marktstellung der strategischen Geschäftseinheit ab. Ist die strategische Geschäftseinheit selbst Marktfuhrer, so sollten die nächst größten Konkurrenten herangezogen werden. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, in den Vergleich ein typisches Unternehmen mit geringem Marktanteil aufzunehmen, um deren Stärken und Schwächen im Vergleich zum Großunternehmen zu erkennen. Gehört die strategische Geschäftseinheit zu den Wettbewerbern mit großem Marktanteil, ohne selbst Marktfuhrer zu sein, so ist der Marktfuhrer Hauptvergleichsmaßstab. Für strategische Geschäftseinheiten mit geringem Marktanteil macht der Vergleich mit dem Marktfuhrer zunächst wenig Sinn, so dass hier Wettbewerber mit ähnlichem Marktanteil heranzuziehen sind. Ein Vergleich mit den Unternehmen mit großem Marktanteil kann allerdings dann sinnvoll sein, wenn eine Nischenpolitik entweder betrieben oder erwogen wird, um festzustellen, welche Marktsegmente vom Großunternehmen nicht oder nicht ausreichend bedient werden. In Übersicht 3.4 ist ein einfaches Beispiel zur Unternehmensanalyse wiedergegeben, in dem die eigene strategische Geschäftseinheit mit einem Wettbewerber verglichen wird; dessen Wettbewerbsprofil wird durch die gepunktete Linie dargestellt. Auch hier ergeben sich die Gesamtbeurteilungen der jeweiligen Wettbewerbsstellung als gewogene Mittelwerte aus den Einzelurteilen. Eine Variante in der Darstellung des Wettbewerbsprofils kann darin bestehen, dass einer der Wettbewerber als Vergleichsmaßstab die Nulllinie der Übersicht darstellt. Dieser wird dann als der „normale" Wettbewerber interpretiert, gegenüber dem die anderen positiv oder negativ abgestuft werden. Als Ergebnis der Situationsanalyse liegt ein Profil sowohl über die Chancen und Risiken des Produkt-Markt-Bereiches als auch über seine Stärken und Schwächen im Vergleich zu den Wettbewerbern vor. Aufbauend auf diesen Ergebnissen sind Strategien zu entwickeln, um sich ergebende Erfolgspotentiale zu nutzen bzw. drohende Gefahren zu vermeiden. Ein Hilfsmittel zur Entwicklung geeigneter Strategien ist die Portfolio-Analyse.105 Sie ist ein Instrument zur Klassifizierung der strategischen Geschäftseinheiten nach ausgewählten, für die Strategiefindung wichtigen Merkmalen, z.B. der Marktattraktivität als externem Bestimmungsfaktor und der relativen Wettbewerbsposition als internem.

104 105

Vgl. u.a. T. Reichmann, (Kennzahlen 2006), S. 72 f. Zur Portfolio-Analyse vgl. u.a. H. Albach, (Strategische Untemehmensplanung 1978), S. 705 ff.; P. Roventa, (Portfolio-Analyse 1981), S. 131; R.M. Hammer, (Untemehmensplanung 1995), S. 176 ff.; K.H. Dunst, (Portfolio-Management 1983), S. 91 ff.

3.2 Die Phasen einer Geschäftsfeldanalyse

Kriterienkatalog

Gewichtung

Marktstellung

15%

Zuverlässigkeit

5%

67 Bewertung - 4 - 3 - 2 - 1 0 1 2 3 4

• t • m • / • i • M • ß f



J ·

Innovations freudigke it

·•• • %

8%



Kunde ndie ns ts e rvice

• • •

10% ^^ ^ ^

Sortirne nts ge staltung

··

^^^ ^^^

3% ^^

Fe rtigungs te chnologie

5%

Pre is Würdigkeit

5%

·

·



8% •

Flexibilität bei Sonderwiinschen Technische Beratung





Lieferfristen



••



Garantie



\





5%





7%





^^^^

5%



s

.



y» ·

· ·•

^ ^ ^

Kulanzve rhalte η/



t

2%



Termintreue

·»

• • •• • • •

Qualità ts wiirdigke it

·

^^^







5%

^^^^ ^ ^ ^

^ ^

Persönliche Kontakte Summe



12% •

Image



••

5% 100%

Übersicht 3.4: Beispiel zur Untemehmensanalyse

-0,36

$

• ••

1,90

• ·

·

·

•• •

68

3 Strategisches Controlling

Das einfachste Beispiel eines Portfolios ist die Boston-Matrix,106 die in Abbildung 3.1 dargestellt ist. Hier werden als strategierelevante Merkmale das Marktwachstum (Indikator für die Marktattraktivität) und der relative Marktanteil (Indikator für die Wettbewerbsposition107) verwandt. Die Skalierung der beiden Achsen ist denkbar einfach, es wird nur in „hoch" und „niedrig" differenziert.

Marktwachstum

i

Fragezeichen hoch

niedrig

Arme Hunde

niedrig

Stars

Cash Kühe

hoch

fcrelativer Marktanteil

Abbildung 3.1: Portfolio-Analyse anhand der Boston-Matrix

Wie aus Abbildung 3.1 hervorgeht, werden in diesem einfachen Konzept vier idealtypische Kategorien strategischer Geschäftseinheiten unterschieden. Als Stars werden strategische Geschäftseinheiten bezeichnet, die in wachsenden Märkten einen hohen Marktanteil besitzen. Cash Kühe sind dadurch gekennzeichnet, dass die strategische Geschäftseinheit über einen hohen Marktanteil und entsprechende Wettbewerbsvorteile in Märkten verfügt, deren Wachstumsphasen annähernd beendet sind und für die demzufolge ein geringer Investitionsbedarf besteht. Strategische Geschäftseinheiten, deren Marktsituation positiv und deren Marktstellung eher negativ zu beurteilen sind, werden als Fragezeichen bezeichnet; hier ist die Strategiefindung am schwierigsten. Sind weder Marktwachstum noch Marktstellung positiv zu bewerten, wird von Armen Hunden gesprochen.

Die Boston-Matrix wurde durch die Boston Consulting Group entwickelt und implementiert, vgl. hierzu auch R.M. Hammer, (Frühaufklärung 1992), S. 80 f.; W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S.153 f. Auf den Zusammenhang zwischen Marktanteil und Wettbewerbsposition werden wir im nächsten Abschnitt bei der Behandlung der Kostenerfahrungskurve ausführlicher eingehen.

3.2 Die Phasen einer Geschäftsfeldanalyse

69

Aus der Position der strategischen Geschäftseinheit im Portfolio und der daraus resultierenden Klassifizierung nach den vier dargestellten Kategorien erfolgt dann die Festlegung sogenannter Normstrategien. Hierunter versteht man vordefinierte Empfehlungen fur das zukünftige Handeln, die vor dem Hintergrund der Portfolio-Position erfolgversprechend erscheinen. Ziel dieser Normstrategien muss es sein, eine als zufriedenstellend empfundene Position im Portfolio zu halten bzw. unbefriedigende Positionen entweder zu verbessern oder zu bereinigen. In dem Fall, dass die Portfolio-Position nicht zufriedenstellend ist, wird neben der sich aus den Ergebnissen der Analysephase ergebenden Istposition eine Sollposition im Portfolio festgelegt; die Strategieentwicklung besteht dann in der Definition geeigneter Strategien, um von der Ist- zur Sollposition zu gelangen. Abbildung 3.2 zeigt für alternative Istpositionen der Boston-Matrix denkbare Sollpositionen.

Marktanteil Abbildung 3.2 Soll- und Istpositionen im Portfolio

Für die Kategorisierung der Boston-Matrix sind in Übersicht 3.5 plausible Strategieempfehlungen für die strategischen Elemente Marktanteil (Wettbewerbsposition), Investitionsbedarf und der Einstellung gegenüber dem Investitionsrisiko angegeben.108

108

Vgl. die ähnliche Ubersicht bei P. Ulrich u. E. Fluri, (Management 1995), S. 127.

70

3 Strategisches Controlling

Strategische Elemente

Portfolio-Kategorien Stars

CashKiihe

Relativer Markt- Halten/Leichter Ausbau Halten/Leichter Aus- oder anteil Abbau Investitionsbedarf Risikoeinstellung

Fragezeichen

Arme Hunde

Selektiver Ausbau oder Abbau Abbau

Hoch, liegt über dem eigenen Cash Flow

Gering, nur Rationalisierung und Ersatzbedarf

Hoher Erweiterungsbe- Minimal, Verkauf darf oder Verkauf oder Stilllegung

Akzeptieren

»-ι · . .. . Einschranken

Akzeptieren oder redu- Stark reduzieren zieren

Übersicht 3.5: Normstrategien in Abhängigkeit von der Portfolio-Position

Für Stars gehen sämtliche strategischen Überlegungen in die Richtung, wie der gute Marktanteil gehalten oder eventuell sogar noch verbessert werden kann, um die sich hieraus ergebenden Wettbewerbsvorteile nutzen zu können. Soll in stark wachsenden Märkten die Marktstellung gehalten bzw. verbessert werden, so setzt dies hohe Investitionen in Maschinen und Einrichtungen, Werbung u.Ä. voraus. Aus diesem Grund besteht für Stars ein hoher Kapitalbedarf, der über die eigenen finanziellen Überschüsse hinausgeht und daher zumindest teilweise von außen gedeckt werden muss. Das mit diesen Investitionen verbundene Risiko muss aufgrund der guten Marktstellung akzeptiert werden. In gleicher Weise wie die Stars bemühen sich auch die Cash Kühe, die vorhandene gute Marktstellung zu behaupten. Allerdings besteht bei diesen im Gegensatz zu den Stars aufgrund des niedrigen Marktwachstums nur noch ein geringer Kapitalbedarf für Ersatz- und Rationalisierungsinvestitionen, so dass große Investitionsrisiken nicht mehr einzugehen sind. Mit Hilfe der erwirtschafteten finanziellen Überschüsse kann u.a. das Wachstum der jüngeren Geschäftseinheiten finanziert werden. Am schwierigsten ist die Strategiefindung bei den Fragezeichen, d.h. bei den strategischen Geschäftseinheiten, die in attraktiven Märkten nur über eine schwache Marktposition verfugen. Hier ist die grundsätzliche Entscheidung zu treffen, ob die Marktposition verbessert werden oder ob das Unternehmen aus dem betreffenden Markt aussteigen soll. Im ersten Fall sind sehr hohe und auch sehr risikoreiche Investitionsentscheidungen zu treffen, deren Kapitalbedarf über dem der Stars liegt, da über das Marktwachstum hinaus zusätzliche Marktanteile gewonnen werden müssen. Erscheint dieser Kapitalbedarf zu hoch bzw. das mit den Investitionen verbundene Risiko nicht akzeptabel, so müssen geeignete Strategien für einen Rückzug aus dem Markt verabschiedet werden. Derartige Rückzugsstrategien sollten auch ergriffen werden, wenn sowohl Marktstellung als auch Marktwachstum einer strategischen Geschäftseinheit schlecht beurteilt werden, diese somit der Kategorie der Armen Hunde zuzuordnen ist. Das einfache Portfolio der Boston-Matrix ist in vielfacher Hinsicht erweitert und differenziert worden. In Abbildung 3.3 ist ein Beispiel für ein anspruchsvolles Portfolio wiedergegeben, bei dem die Analysegegenstände Marktattraktivität und Wettbewerbsposition explizit angeführt und nach relevanten Kriterien beurteilt werden.

3.2 Die Phasen einer Geschäftsfeldanalyse

71 Wettbewerbssituation

unattr.

I -2

Produkt Marktstellung Fertigung Vertrieb Service/Kundendienst Fu. E Personal Kosten + Ertragssituation

attr.

-1

0

1

1 I

1 k 1 1 1 1 1 1 ι 1 1 1 \ 1 1 ι ι ι I

ρ

2

1 1 1 1 1

1

Gesamtbeurteilung Wettbewerbsposition

1 1 "4- 1 1

Abbildung 3.3: Beispiel für ein Marktattraktivitäts-Wettbewerbs-Portfolio

Wie aus der Abbildung hervorgeht, werden hier zunächst die Einzelkriterien anhand einer ordinalen Bewertungsskala beurteilt und dann die Einzelurteile zu einer Gesamtbeurteilung je Analysegegenstand zusammengefasst. Diese Gesamtergebnisse werden dann als IstPortfolio-Position in eine Portfoliomatrix übertragen, welche die gleiche Skalierung wie die verwendete Bewertungsskala aufweist. Je nach Position in der Portfolio-Matrix werden auch hier unterschiedliche Planstrategien vorgeschlagen. Befindet sich eine strategische Geschäftseinheit im oberen schraffierten Bereich, so ist ein Ausbau des Geschäftsfeldes, z.B. mit Hilfe einer Investitions- und Wachstumsstrategie, sinnvoll. Für Geschäftsfelder im unteren schraffierten Bereich, die sich weder in attraktiven Märkten befinden noch eine gute Wettbewerbsposition innehaben, ist eine Rückzugsstrategie plausibel. Für die dazwischen liegenden Geschäftseinheiten werden sogenannte gemischte Strategien empfohlen; eine eindeutig plausible Planstrategie kann hier nicht benannt werden, es muss entschieden werden, ob ein Ausbau oder ein Rückzug aus Sicht des Gesamtunternehmens erfolgversprechender ist. Zur Beurteilung der Portfolio-Analyse als Instrument zur Strategieentwicklung sind folgende Vor- und Nachteile anzuführen. Zum einen ist die Portfolio-Technik ein sehr anschauliches Hilfsmittel, um die komplexen Zusammenhänge zwischen der Vielzahl strategierelevanter Einflussgrößen plastisch und verständlich darzustellen. Die so zum Ausdruck gebrachten Ergebnisse sind damit auch für solche Personen verständlich, die sich normalerweise nicht mit den Details der betrachteten strategischen Geschäftseinheit befassen, z.B. die Unternehmensleitung. Dieser Vorteil kann aber auch als Nachteil ausgelegt werden, da die Beschränkung auf zwei Beurteilungsmaßstäbe eine hohe Verdichtung relevanter Einzelkriterien notwendig macht, wodurch zwangsläufig auf einem relativ hohen Abstraktionsniveau gearbeitet werden muss.109 Diese Kritik kann allerdings nur dann aufrechterhalten werden, wenn lediglich das Endergebnis - die Portfolio-Position - betrachtet wird. Bezieht man auch die vielen Informationen und Einzelbewertungen auf dem Weg zur Portfolio-Position mit in die Betrachtung

109

Vgl. hierzu W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 157.

72

3 Strategisches Controlling

ein, so wird doch eine Vielzahl detaillierter Planungsergebnisse gewonnen.110 So gesehen ist hier der Weg ebenso wichtig wie das Ziel. Die Auswahl der zu verfolgenden Strategien sollte im Rahmen einer Sitzung erfolgen, an der neben dem die Geschäftsfeldanalyse durchfuhrenden Arbeitskreis die zuständige Leitung teilnimmt. Hier werden zunächst die Ergebnisse der Analyse vorgestellt, kritisch diskutiert und eventuell überarbeitet. Das Ergebnis des Treffens (bzw. einer nachfolgenden zweiten Sitzung) ist die Verabschiedung der als geeignet empfundenen Strategien, aus denen dann konkrete Maßnahmen im Rahmen der langfristig operativen Planung abgeleitet werden. In diesem Zusammenhang ist es für die Beurteilung der Strategien und damit für die Entscheidungsfindung von besonderer Bedeutung, den zur Realisierung der Strategien benötigten Finanzbedarf abzuschätzen. Mit der Strategieverabschiedung ist nämlich auch der entsprechende Finanzbedarf von der Leitung freizugeben. Nachdem die Geschäftsfeldanalyse für eine strategische Geschäftseinheit abgeschlossen ist, sollte sich die Unternehmensleitung Gedanken über die Abstimmung der Strategien der einzelnen Geschäftsfelder des Gesamtunternehmens machen. Auch hier kann die PortfolioMethode Hilfestellung bieten. Marktwachstum

hoch

niedrig

niedrig

hoch

relativer Marktanteil

Abbildung 3.4: Abstimmung der strategischen Geschäftsfelder

In Abbildung 3.4 ist eine denkbare Zusammensetzung des Gesamt-Portfolios eines Unternehmens aus den Portfolio-Positionen der einzelnen strategischen Geschäftsfelder wiedergegeben. (Diese Vorgehensweise setzt einheitliche Analysekriterien und eine einheitliche 110

Vgl. R.M. Hammer, (Frühaufklärung 1992), S. 84 f.

3.3 Analyse-Instrumente der strategischen Planung

73

Bewertungsskala voraus.) Will man die unterschiedliche Bedeutung der einzelnen strategischen Geschäftseinheiten - z.B. gemessen am Umsatz - zum Ausdruck bringen, so lässt sich dies durch die Größe der Flächen symbolisieren. Die Unternehmensleitung muss nun darauf achten, dass eine ausgewogene Zusammensetzung des Gesamt-Portfolios vorliegt. Bestünde ein Unternehmen nur aus stark wachsenden Geschäftsfeldern, so würde der erforderliche Finanzbedarf vermutlich die Finanzierungsmöglichkeiten übersteigen. Ist hingegen der Anteil stagnierender und schrumpfender Geschäftsfelder überproportional, so bedeutet dies langfristig die Gefahr schwindender Erfolgspotentiale. Ein ideales Gesamt-Portfolio besteht aus einer ausgewogenen Mischung aus jungen, wachsenden Geschäftsfeldern und älteren Einheiten, deren Liquiditätsüberschüsse den Kapitalbedarf fur das Wachstum der ersten Gruppe mitfinanzieren. Für beide Kategorien ist eine gute Marktstellung mit der damit verbundenen starken Wettbewerbsposition anzustreben.

3.3

Analyse-Instrumente der strategischen Planung

In den einzelnen Phasen einer Geschäftsfeldanalyse können verschiedene Analysetechniken eingesetzt werden, die bei Datenerhebung, Datenauswertung und den verschiedenen Bewertungsvorgängen Hilfestellung leisten. In diesem Abschnitt wollen wir wichtige AnalyseInstrumente der strategischen Planung vorstellen und kritisch beurteilen. Die Systematisierung der Instrumente lehnt sich dabei an die Phasen der Geschäftsfeldanalyse an, in denen die Instrumente überwiegend zum Einsatz kommen. Folgende Techniken sollen behandelt werden: 1.

Instrumente der Umweltanalyse 1.1 Produktlebenszykluskurve 1.2 Analyse der Branchenstruktur nach Porter

2.

Instrumente der Unternehmensanalyse 2.1 Konkurrentenanalyse 2.2 Potential- und Lückenanalyse 2.3 Erfahrungskurve 2.4 Wertschöpfungsketten nach Porter

3.

Instrumente der Strategieentwicklung 3.1 Portfolio-Analyse 3.2 PIMS-Programm.

Für die Beurteilung der Marktattraktivität eines Geschäftsfeldes (als Ergebnis der Umweltanalyse) ist von entscheidender Bedeutung, welche Wachstumspotentiale während des Planungszeitraumes in dem betrachteten Geschäftsfeld bestehen. Die im voranstehenden Abschnitt dargestellte Boston-Matrix ordnet dem Wachstumspotential sogar eine der Portfolio-Achsen zu. Ein Hilfsmittel zur Beurteilung der Wachstumsaussichten ist das Konzept der Produktlebenszykluskurve. Dieses Konzept ist ursprünglich als Prognoseinstrument im Rahmen der langfristigen Absatzvorhersage eingesetzt worden, ist somit älter als die strategische Planung und wurde von dieser adaptiert.111

Vgl. u.a. H. Meffert, (Marketing 1989), S. 369 f.; derselbe (Interpretation 1974), S. 110; R.M. Hammer, (Unternehmensplanung 1995), S. 155 ff.; W. Pfeiffer u. P. Bischof, (Produktlebenszyklen 1992), S. 133; W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 123.

74

3 Strategisches Controlling

Die Grundaussage des Konzeptes der Lebenszykluskurve besteht darin, dass jedes Produkt sofern es sich am Markt durchsetzt - nacheinander Phasen mit steigenden, stagnierenden und schrumpfenden Absatzmengen durchläuft. Im Einzelnen unterscheidet das Konzept die in Abbildung 3.5 angegebenen Phasen. Die Einfiihrungsphase wird auch als Phase der Erstkäufe bezeichnet; hier entscheidet es sich, ob ein Produkt am Markt angenommen wird. Die Phase ist gekennzeichnet von starker Einfuhrungswerbung und Verkaufsförderung, um die zu erwartenden Marktwiderstände zu überwinden; dies erfordert einen hohen Kapitalbedarf für absatzpolitische Maßnahmen. Häufig treten hier technische Probleme bei den Funktionen des Produktes und bei der Fertigungstechnologie mit entsprechenden Anlaufkosten auf. Über das Phasenende besteht in der Literatur keine einheitliche Auffassung, häufig wird das Erreichen der Gewinnschwelle als Zeitpunkt des Überganges zur Wachstumsphase festgelegt. Das Kennzeichen der Wachstumsphase besteht darin, dass sich die Absatzmengen mit steigenden Zuwachsraten erhöhen (progressiver Kurvenverlauf). Die Gewinnsituation wird sich unter anderem dadurch verbessern, dass die Anlaufkosten wegfallen dürften und die Werbekosten nicht mehr so hoch sein werden wie in der Einfuhrungsphase. Allerdings wird der Investitionsbedarf wegen der zur Realisierung des Wachstums notwendigen Kapazitätserweiterungen sehr hoch sein. Das Phasenende ist dann erreicht, wenn die Steigerungsraten der Absatzmengen nicht mehr weiter zunehmen (Wendepunkt der Kurve). In der Reifephase nimmt die Marktausdehnung zwar weiter zu, aber mit abnehmenden Zuwachsraten. Häufig treten in dieser Phase Konkurrenten auf den Markt, wodurch die Absatzmengen und auch das Preisniveau beeinträchtigt werden können. Hieraus folgt ein verstärkter Wettbewerb mit entsprechenden Mehrkosten z.B. für Werbung, Qualitätsmaßnahmen, Produktdifferenzierungen und Kulanzverhalten; dies beeinträchtigt die Gewinnsituation. Umgekehrt wird der Investitionsbedarf abnehmen, da der Kapazitätsaufbau weitgehend abgeschlossen sein wird. Das Phasenende liegt beim Maximum der Absatzmengen. Die Sättigungsphase ist dadurch gekennzeichnet, dass sich das Absatzvolumen auf dem hohen Niveau stabilisiert, ohne weiter anzusteigen. Es ist im Allgemeinen eine weitere Intensivierung der Marketinganstrengungen mit entsprechend erhöhten Kosten und Preiszugeständnissen notwendig, um die Marktanteile zu halten. Häufig deuten sich schon Substitutionsprozesse des Produktes durch neuere Erzeugnisse an. Das Phasenende ist schwer bestimmbar, da der Übergang zur Degeneration fließend ist und in vielen Fällen sehr schnell vonstatten geht. In der Degenerationsphase nehmen die Absatzmengen des Produktes ab. Die Funktionen des Erzeugnisses werden von anderen Produkten besser, rationeller, preisgünstiger oder bequemer erfüllt. Oft bleiben fur das Erzeugnis zumindest einige Zeit lang noch Rumpfmärkte bestehen. Das Absterben eines Produktes wird aus folgenden Gründen geschehen: • • • •

technischer Fortschritt, Veränderungen im Käuferverhalten, gesetzliche oder wirtschaftspolitische Maßnahmen, künstliche Veralterung bei modischen Erzeugnissen.

3.3 Analyse-Instrumente der strategischen Planung

Abbildung 3.5: Das Modell der Lebenszykluskurve

75

3 Strategisches Controlling

76

Zur Beurteilung des Konzeptes der Lebenszykluskurve wollen wir uns mit den impliziten Annahmen des Modells näher beschäftigen und hierbei zunächst den zugrunde liegenden Produktbegriff betrachten.112 Bezüglich des Produktbegriffes ist unstrittig, dass es sich um ein neu in den Markt einzuführendes Erzeugnis handeln muss; unklar hingegen bleibt der Umfang dieses Produktbegriffes. Es lassen sich grundsätzlich die folgenden drei Kategorien unterscheiden: • • •

Produktklasse oder -gattung (z.B. Fahrzeuge), Produktart oder -grappe (z.B. PKW), Produktausfuhrungsart (z.B. konkrete Typenklasse oder Modell).

Je nach betrachtetem Produktbegriff ergibt sich ein völlig anderer Betrachtungszeitraum und damit ein anderer Verlauf der Lebenszykluskurve. In der praktischen Anwendung der Lebenszykluskurve ist der verwendete Produktbegriff der Fragestellung der Geschäftsfeldanalyse anzupassen. Bei der Beschreibung der Phasen der Lebenszykluskurve wurde gezeigt, dass jeweils phasenspezifische Annahmen hinsichtlich des Einsatzes der absatzpolitischen Instrumente unterstellt werden. Wird von diesem Normverhalten abgewichen, so sind andere Verläufe bzw. andere Zeiträume der einzelnen Phasen zu erwarten. Wird das Konzept zur Analyse der Wachstumschancen der konkreten Produktausfuhrungsart eines Herstellers verwendet, so können unterschiedliche Anbieterstrukturen auf dem Gesamtmarkt der Produktausfuhrungsart den Verlauf der Lebenszykluskurve beeinflussen. Bezüglich der Nachfragerstruktur geht das Konzept davon aus, dass die Kaufentscheidungen der Nachfrager nach einem Diffusionsprozess ablaufen. In den einzelnen Phasen des Lebenszyklus sind demzufolge folgende Käufertypen anzutreffen: Phase

Käuferstruktur

Einführung

Innovatoren

Wachstum

frühe Abnehmer

Reife, Sättigung

frühe und späte Mehrheit

Degeneration

Nachzügler

Mit der diffusionstheoretischen Begründung des Konsumentenverhaltens können nur die Erstkäufe im Zeitablauf erklärt werden. Wiederholungskäufe haben zur Folge, dass bei Verbrauchsgütern - vor allem bei Gütern des täglichen Bedarfes - die Dauer von Reife- und Sättigungsphase nicht abgeschätzt werden kann und bei Gebrauchsgütern durch die Ersatzbeschaffungen sogenannte ersatzbedingte Schwingungen auftreten (vgl. den Verlauf der Kurve in Abbildung 3.6).113 Eine weitere Besonderheit in diesem Zusammenhang ist das Verbleiben von Rumpfmärkten, d.h., in der Degenerationsphase scheidet das Produkt nicht vollständig aus dem Markt aus, weil ein Teil der Käufer ihre Konsumgewohnheiten nicht auf neue Erzeugnisse umstellen wollen.

112 113

Zur Beurteilung der Lebenszykluskurve vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 127 ff. und die dort angegebene Literatur. Vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 126.

3.3 Analyse-Instrumente der strategischen Planung

Primärabsatz der

Primärabsatz von Nachzüglern

Einführungsphase

und Ersatzbeschañungen

77

Zeit

Abbildung 3.6: Verlauf der Absatzmengen bei ersatzbedingten Schwingungen

In der Gesamtbeurteilung der Lebenszykluskurve ist festzuhalten, dass dem Konzept keine funktionale Beziehung zwischen abhängigen und unabhängigen Größen zugrunde liegt, sondern lediglich eine Beschreibung der Absatzmengen im Zeitablauf erfolgt; damit ist es als Prognosemodell zur langfristigen Absatzmengenplanung ungeeignet. Dies ist allerdings auch nicht die Aufgabenstellung im Rahmen der strategischen Planung. Hier geht es vielmehr darum, die Wachstumsaussichten der betrachteten strategischen Geschäftseinheit als Kriterium der Marktattraktivität ordinal zu bewerten. Für diese Bewertung der Wachstumsaussichten von gut bis schlecht (mit geeigneten Abstufungen) ist das Konzept mit seiner Phasenunterteilung ein geeignetes Klassifizierungsinstrument. Als zweites Instrument der Umweltanalyse wollen wir die Analyse der Branchenstruktur nach Porter behandeln; vgl. Übersicht 3.6. Das Ziel dieser Analysetechnik besteht darin, die Wettbewerbssituation der jeweiligen Branche und darauf aufbauend deren Gewinnpotential anhand geeigneter Kriterien abzuschätzen." 4 Porter unterscheidet hierbei die folgenden fünf Wettbewerbskräfte: 1. 2. 3. 4. 5.

Rivalität zwischen den bisherigen Unternehmen der Branche, Verhandlungsstärke der Kunden, Verhandlungsstärke der Lieferanten, Bedrohung durch neue Konkurrenten, Bedrohung durch Ersatzprodukte.

114

Vgl. M.E. Porter, (Wettbewerbsstrategie 1999), S. 31 ff.; H. Kreikebaum, (Unternehmensplanung 1997), S. 66 ff.

3 Strategisches Controlling

78

Übersicht 3.6: Wettbewerbskräfte der Branchenstruktur

Wie schon im voranstehenden Abschnitt angedeutet ist für die Beurteilung der Marktattraktivität die Frage, wie die einzelnen Wettbewerber miteinander umgehen, von großer Bedeutung. Für die Rivalität zwischen den bisherigen Unternehmen der Branche nennt Porter u.a. die folgenden Bestimmungsfaktoren: •

Branchenwachstum Bei hohen Wachstumsraten ist die Notwendigkeit, zu Lasten der Konkurrenten Marktanteile zu gewinnen, nicht so groß wie in stagnierenden oder rückläufigen Märkten.



Kapitalintensität Die Deckung der hohen Fixkosten kapitalintensiver Unternehmen erfordert eine weitgehende Kapazitätsauslastung, die in Phasen schwachen Wachstums nur auf Kosten der Mitwettbewerber möglich ist.



Produktdifferenzierung Je ähnlicher die Produkte sind, desto größer ist die Bedeutung des Preiswettbewerbes zwischen den Anbietern, wodurch die Gewinnsituation stark beeinträchtigt wird.



Marktaustrittsbarrieren Ist die Aufgabe des Geschäftes gleichzusetzen mit der Aufgabe des Unternehmens, so wird sich die Zahl der Wettbewerber nur schwer einer verringerten Nachfrage anpassen.

3.3 Analyse-Instrumente der strategischen Planung

79

Die Verhandlungsmacht der Kunden wird von folgenden Faktoren bestimmt: • • • • • •

Nachfragekonzentration, d.h. Zahl der Abnehmer, Preisempfindlichkeit, Standardisierungsgrad der Produkte, Umstellungskosten der Kunden bei Liefererwechsel, Wirtschaftliche Lage der Kunden, Möglichkeiten des Überganges zur Eigenfertigung.

Hinsichtlich der Verhandlungsmacht der Lieferanten sind folgende Kriterien von Bedeutung: • • • •

Angebotskonzentration, Substitutionsmöglichkeiten, Abhängigkeit der Lieferanten von der Branche, Umstellungskosten der Branche bei Lieferantenwechsel.

Die Bedrohung durch neue Konkurrenten hängt davon ab, inwieweit der Marktzugang durch Markteintrittsbarrieren behindert wird. Derartige Eintrittsbarrieren können sein: •

• • • •

Betriebsgrößenersparnisse (Economics of Scale) Erfordert die Erreichung der Gewinnschwelle hohe Absatzmengen, so ist das mit dem Markteintritt verbundene Risiko sehr hoch. Markenstärke/Käuferloyalität Kapitalbedarf Umstellungskosten bei den Abnehmern Zugang zu Vertriebskanälen.

Die Bedrohung durch Ersatzprodukte wird durch folgende Determinanten beeinflusst: • • • •

Technologische Substituierbarkeit der Produkte, Preis-Leistungs-Verhältnis der Ersatzprodukte zu den vorhandenen Erzeugnissen, Umstellungskosten bei Kunden, Substitutionsneigung der Kunden.

Die genannten Wettbewerbskräfte sind nicht nur systematisch zu erfassen, sondern gleichzeitig in ihrer zukünftigen Entwicklung zu prognostizieren. Damit liefert die Branchenstrukturanalyse geeignete Indikatoren zur Abschätzung der Gewinnsituation und damit der Attraktivität der betreffenden Märkte. Darüber hinaus kann sie Anhaltspunkte zur Verbesserung der eigenen Marktstellung eines Unternehmens im Rahmen der Unternehmensanalyse liefern. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es vom konkreten Einzelfall abhängig ist, welche der genannten Bestimmungsfaktoren der Wettbewerbskräfte relevant sind. Als erstes Instrument der Unternehmensanalyse wollen wir die Konkurrentenanalyse behandeln, deren Aufgabe in der systematischen Erfassung und Auswertung aller Daten der Konkurrenzunternehmen besteht, die für die Beurteilung der relativen Wettbewerbsposition von Bedeutung sind.115 Die Konkurrentenanalyse leistet damit eine Vorarbeit zum Beurteilungsverfahren der Stärken-Schwächen-Analyse (vgl. Phase 2.2 der Geschäftsfeldanalyse im voranstehenden Abschnitt).

115

Vgl. A. Gälweiler, (Untemehmensplanung 1986), S. 371.

80

3 Strategisches Controlling

Zur Erhebung der Konkurrentendaten können folgende Quellen genutzt werden: •

Veröffentlichungen der Konkurrenzunternehmen (Geschäftsberichte, Pressemitteilungen, Kataloge, Preislisten)

• • • • • • •

Internet-Auftritte Auswertungen externer Datenbanken Äußerungen von Führungskräften in Interviews oder Aufsätzen Befragungen von Außendienstmitarbeitern, Lieferanten und Kunden Verbands- und Messegespräche Kontakte eigener Mitarbeiter Rückschlüsse aus dem Verhalten der Konkurrenten (Werbemaßnahmen, Sortimentsänderungen).

Die relevanten Daten werden für die Wettbewerber erhoben, die in der Stärken-SchwächenAnalyse zum Vergleich mit dem eigenen Unternehmen herangezogen werden können. Zweckmäßigerweise sind die Daten nach den Bewertungskriterien der Unternehmensanalyse zu systematisieren.116 Es empfiehlt sich, die Erfassung der Konkurrentendaten unabhängig von konkreten Geschäftsfeldanalysen durchzufuhren und die gesammelten Informationen in einer Datenbank vorzuhalten, so dass sie bei Durchführung der Geschäftsfeldanalyse unmittelbar zur Verfügung stehen. Ein weiteres Instrument der Unternehmensanalyse, bei dem nicht die Situation der Konkurrenten, sondern Indikatoren für eigene Stärken und Schwächen untersucht werden, ist die Potential- und Lückenanalyse. Im Rahmen einer Potentialanalyse werden zunächst die vorhandenen Ressourcen (oder Potentiale) des Unternehmens erfasst und hinsichtlich ihrer Nutzung bei der Erarbeitung von Planstrategien überprüft. Dabei werden die einzelnen Funktionsbereiche des Unternehmens systematisch analysiert. Übersicht 3.7 zeigt - nach Funktionsbereichen differenziert - mögliche Untersuchungsgegenstände der Potentialanalyse.117 Objekt

zu erfassendes Potential Produktzwecke zur Lösung von Kundenproblemen

Produktbereich

Produktqualität Altersaufbau der Produkte Produktgestaltung Anlagenstruktur Fertigungstechnische Ausstattung

Produktionsbereich

Grad der Modernisierung Elastizität der Produktionsanlagen Qualität der Fertigungsplanung und Fertigungssteuerung Intensität und Wirksamkeit der F&E-Aktivitäten

Forschungs- und Entwicklungsbereich

Know-how Kooperations- und Kommunikationsmöglichkeiten

116

Vgl. Übersicht 3.4 in Abschnitt 3.2.

117

Vgl. die Übersicht bei H. Kreikebaum, (Unternehmensplanung 1997), S. 45.

3.3 Analyse-Instrumente der strategischen Planung

81

Schlagkraft der Vertriebsorganisation Absatzbereich

Werbungskonzeption Kundendienst Altersstruktur der Belegschaft

Personalbereich

Vorhandene Fähigkeiten Ausbildungsstand Motivation und Arbeitsfreude Eigenkapitalausstattung

Finanzbereich

Finanzieller Überschuss Möglichkeiten der Beteiligungsfinanzierung

Übersicht 3.7: Untersuchungsgegenstände einer Potentialanalyse

Auf der Potentialanalyse aufbauend wird dann die Lückenanalyse durchgeführt; sie basiert auf der Vorstellung, dass zwischen gewünschten Ausprägungen der Zielgrößen des Unternehmens und den bei Weiterfuhrung der bisherigen Verhaltensweisen erreichbaren Ausprägungen eine sich im Zeitablauf vergrößernde Lücke entsteht.118 Abbildung 3.7 stellt den zugrunde liegenden Zusammenhang graphisch dar. Zielgröße

Abbildung 3.7: Das Konzept der Lückenanalyse

118

Vgl. P. Ulrich u. E. Fluri, (Management 1995), S. 123 f.; H. Kreikebaum, (Unternehmensplanung 1997), S. 41 ff.

82

3 Strategisches Controlling

Untersucht wird nun, welche der vorhandenen Potentiale genutzt werden können, um die erkannte strategische Lücke zu schließen bzw. welche Potentiale hierzu im Rahmen der strategischen Planung noch aufzubauen sind. Der praktische Nutzen der Lückenanalyse bei Durchführung einer Geschäftsfeldanalyse erscheint aus folgenden Gründen zweifelhaft: 1.

2. 3.

Der Begriff der Zielgröße bleibt in diesem Konzept unbestimmt. Es wird nicht ersichtlich, welche quantitativen und qualitativen Zielgrößen einzubeziehen sind und wie sie untereinander gewichtet werden. Die hinreichend genaue Prognose der tatsächlich erreichbaren Zielausprägungen ohne weitere strategische Maßnahmen erscheint kaum möglich. Der Zusammenhang zwischen Zielgröße und jeweiligem Potential wird in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht mit der für eine praktische Handhabung benötigten Genauigkeit hergestellt werden können.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Lückenanalyse allenfalls grobe Anhaltspunkte fur Problemfelder des Unternehmens liefern kann, während die Potentialanalyse eine nützliche Vorarbeit der Unternehmensanalyse darstellt; insbesondere kann sie zur Beurteilung der Erfolgswahrscheinlichkeiten in Betracht gezogener Planstrategien eingesetzt werden, deren Scheitern häufig auf unzureichende Potentiale in einzelnen Funktionsbereichen zurückzufuhren ist. Ein wichtiges Instrument im Rahmen der Unternehmensanalyse stellt das Konzept der Erfahrungskurve dar, das einen Zusammenhang zwischen den Stückkosten eines Erzeugnisses und seiner Gesamt-Produktionsmenge herstellt. Das Konzept wurde von der Boston Consulting Group aufgestellt und in einer sehr engen Fassung wie folgt formuliert:119 „Mit jeder Verdoppelung der kumulierten Produktionsmenge sinken die vollen Stückkosten der Wertschöpfung (= volle Selbstkosten abzüglich der Kosten für Einzelmaterial und Zukaufteile) um einen konstanten Prozentsatz." Die Boston Consulting Group nennt Degressionsprozentsätze in der Größenordnung von 20% bis 30%. Abbildung 3.8 zeigt den Zusammenhang zwischen der kumulierten Produktionsmenge und den Stückkosten. Wie wir unten noch sehen werden, ist der grundsätzliche Zusammenhang zwischen kumulierter Produktionsmenge und Stückkosten plausibel, an der Formulierung des Konzeptes sind allerdings zwei Aussagen problematisch: •



119

Es ist nicht einzusehen, warum nur die Kosten der Wertschöpfung in die Betrachtung mit einbezogen werden; gerade bei den Materialkosten bestehen mit der Ausweitung der Produktionsmengen erhebliche Kostensenkungspotentiale, und sei es nur infolge der Ausnutzung von besseren Rabattstaffeln. Die Verminderung um einen im Zeitablauf konstanten Prozentsatz ist theoretisch nicht zu begründen und wurde für die vollen Selbstkosten auch praktisch nicht nachgewiesen.

Vgl. B.D. Henderson, (Erfahrungskurve 1986), S. 19; A. Gälweiler, (Unternehmensplanung 1986), S. 258; P.A. Wacker, (Erfahrungskurve 1980), S. 8 ff.; W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 146.

3.3 Analyse-Instrumente der strategischen Planung

Κ



83

[€/ME]

1.000

750

500 k (20%) 250 -

k (25%) k (30%) 0

40

80

160

320

Abbildung 3.8: Entwicklung der Stückkosten gemäß der Erfahrungskurve

Unabhängig von diesen Kritikpunkten bezüglich der engen Fassung des Erfahrungskurvenkonzeptes lassen sich fìir die Verminderung der Stückkosten bei wachsenden Produktionsmengen folgende Gründe anfuhren:120 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Übergang zu rationelleren Fertigungsverfahren, z.B. von einfachen CNCDrehmaschinen zu vollautomatischen Bearbeitungszentren. Übergang zu rationelleren Organisationsformen der Fertigung, z.B. Einführung des Fließprinzips statt Werkstattfertigung. Verminderte Personalkosten durch Lerneffekte bei Bedienern und Fertigungsingenieuren (Einfuhrung verbesserter Arbeitsmethoden). Verbesserte Einkaufsmöglichkeiten infolge von Rabatten und einer größeren Einkaufsmacht. Effizientere Lagerung von Rohstoffen, Halb- und Fertigfabrikaten. Rationellere Distributionsverfahren. Allgemeine Fixkostendegression infolge besserer Auslastung der vorhandenen Strukturen.

Die genannten Gründe können zeitgleich oder im Zeitablauf nacheinander folgend auf die Stückkosten wirken. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass die Kostensenkung nicht automatisch nach quasi naturgesetzlichen Regeln abläuft, sondern Potentialcharakter besitzt; d.h. dem Unternehmen stehen die Möglichkeiten zur Verbesserung der Kostensituation zur Verfügung, es muss aber geeignete Maßnahmen zu deren Nutzung ergreifen. W. Kilger spricht in diesem Zusammenhang von Kostensenkungspotentialen.121 Im Rahmen der strategischen Planung wird das Konzept der Erfahrungskurve wie folgt genutzt. Aus dem geschilderten Zusammenhang zwischen Stückkosten und Produktionsvolu120

Vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986), S. 146.

121

Vgl. W. Kilger, (Industriebetriebslehre 1986) S. 139 ff.

84

3 Strategisches Controlling

men folgt, dass das Unternehmen mit den höchsten Produktionsmengen tendenziell zu den niedrigsten Kosten produzieren kann, es hat im Vergleich zu seinen Konkurrenten die Kostenführerschaft. Die höchsten Stückzahlen hat aber das Unternehmen mit dem größten Marktanteil; somit ist zu vermuten, dass dem Marktführer auch die Kostenführerschaft zukommt, die aus folgenden Gründen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenten darstellt. Das Unternehmen, das zu den niedrigsten Kosten herstellt, macht bei einem gegebenen Preisniveau die größten Gewinne, die es dann wiederum zum weiteren Ausbau seiner Marktposition verwenden kann. Des Weiteren ist es als Erstes in der Lage, mit einer Preis- und/oder Qualitätsoffensive die Konkurrenten unter Druck zu setzen, da es aufgrund seiner niedrigen Kosten auch bei solchen Preisen noch Gewinne erwirtschaften wird, bei denen die Konkurrenten keine Kostendeckung mehr erzielen. Damit besteht die Möglichkeit, weitere Marktanteile von den Mitwettbewerbern zu gewinnen. Der Marktanteil wird wegen des geschilderten Zusammenhanges als ein entscheidender Bestimmungsfaktor für die relative Wettbewerbsposition des Unternehmens angesehen. Im einfachen Portfolio der Boston-Matrix ist er sogar neben dem Marktwachstum das zweite Klassifizierungsmerkmal der strategischen Geschäftseinheiten. Als letzte Analysetechnik der Unternehmensanalyse wollen wir das Konzept der Wertschöpfungsketten behandeln, das wie die Branchenstrukturanalyse von M.E. Porter entwikkelt wurde.122 Porter unterteilt die Tätigkeiten in den betrieblichen Funktionsbereichen in primäre Aktivitäten, die unmittelbar der Herstellung und dem Vertrieb der Leistungen des Unternehmens dienen, und in unterstützende Aktivitäten, die Versorgungs- und Steuerungsdienste für die primären Aktivitäten erbringen. Übersicht 3.8 zeigt die neun Kategorien primärer und unterstützender Aktivitäten des Modells von Porter. Unternehmensinfrastruktur Unter-

Personalwirtschaft

stützende

Technologieentwicklung

Aktivitäten

Beschaffung Eingangs- logistik

Operationen

Marketing u. Vertrieb

Ausgangslogistik

Kundendienst

Primäre Aktivitäten Ubersicht 3.8: Modell der Wertschöpfungsketten nach Porter

123

Die Art der Durchführung einer beliebigen Aktivität in der Wertschöpfungskette hat nun Auswirkungen auf die Kosten und die Effektivität der nachfolgenden Aktivitäten. Damit kann - angefangen bei den Abnehmern - jede Aktivität auf ihren Nutzen für den jeweiligen Kunden hin überprüft werden. Hierdurch werden dann Möglichkeiten zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen aufgezeigt. Gelingt es nämlich einem Unternehmen, die jeweiligen Aktivitäten besser und/oder kostengünstiger zu gestalten als die Konkurrenten, so entstehen ihm Wettbewerbsvorteile entweder auf der Kostenseite oder in der Marktstellung, d.h. im Ansehen beim Kunden. Diese Möglichkeiten zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen sind dann auch bei der Erarbeitung von Planstrategien relevant. 122

m

Vgl. M.E. Porter, (Wettbewerbsvorteile 2000), S. 63 ff. Vgl. M.E. Porter, (Wettbewerbsvorteile 2000), S. 66.

3.3 Analyse-Instrumente der strategischen Planung

85

Eine Erkenntnis der Analyse der Wertschöpfiingsketten kann darin bestehen, dass vorgelagerte oder unterstützende Aktivitäten nicht mehr selbsterstellt, sondern von externen Anbietern bezogen werden. Dies ist immer dann betriebswirtschaftlich sinnvoll, wenn der externe Zulieferer die Leistung besser oder kostengünstiger erstellen kann als das eigene Unternehmen. Aber selbst wenn dies nicht der Fall ist, können Risikogesichtspunkte wie z.B. die bessere Kostenanpassung bei Beschäftigungsrückgängen fur eine Fremdvergabe sprechen.124 Zu den Analyseinstrumenten der Strategieentwicklung zählen die Portfolio-Analyse und das PIMS-Programm. Die Portfolio-Analyse haben wir wegen ihrer zentralen Bedeutung für die Erarbeitung von Planstrategien bereits im letzten Abschnitt im Zusammenhang mit der entsprechenden Phase einer Geschäftsfeldanalyse behandelt und gewürdigt. Das PIMS-Programm (Profit Impact of Market Strategies) ist eine umfassende und kontinuierlich erweiterte Studie des Strategie Planning Institute in Cambridge, das zur Harvard Business School gehört. Grundlage des Programms ist eine umfangreiche Datenbank mit Daten aus ca. 250 Mitgliedsunternehmen, die sich in ca. 2.500 strategische Geschäftsfelder unterteilen.125 Die Auswertung der Daten, die überwiegend mit Hilfe von regressionsanalytischen Verfahren erfolgt, soll den Zusammenhang zwischen dem Erfolg der Geschäftsfelder, der anhand des Cash Flow und des Return on Investment (ROI) gemessen wird, und den verfolgten Strategien aufzeigen. Des Weiteren sollen Zusammenhänge zwischen den Erfolgsmaßstäben auf der einen Seite sowie Marktsituation und Wettbewerbskonstellation auf der anderen Seite herausgearbeitet werden. Folgende Einflussgrößen haben der Studie zufolge eine besonders große Wirkung auf die genannten Erfolgsgrößen:126 1.

2. 3.

4. 5. 6.

Die Investitionsintensität (Verhältnis von Anlagevermögen zu Umsatz) ist negativ korreliert mit ROI und Cash Flow, d.h. Unternehmen mit relativ viel Anlagevermögen erwirtschaften weniger Ergebnis als Unternehmen, die wie z.B. Handelsunternehmen, Banken und Versicherungen wenig Anlagevermögen benötigen. Die Produktivität definiert als Wertschöpfung je Mitarbeiter ist positiv korreliert mit ROI und Cash Flow. Die Wettbewerbsposition gemessen über den absoluten und den relativen Marktanteil ist positiv korreliert mit ROI und Cash Flow, dies kann als Bestätigung des Effektes der Kostenerfahrungskurve angesehen werden. Das Marktwachstum wirkt positiv auf den absoluten Gewinn, ist indifferent auf den ROI und negativ korreliert mit dem Cash Flow. Die Qualität der angebotenen Erzeugnisse und Dienstleistungen, die anhand von Kundeneinschätzungen gemessen wird, ist positiv korreliert mit den Erfolgsgrößen. Die Innovationsfreudigkeit wirkt nur dann positiv auf den Erfolg, wenn das Unternehmen eine starke Marktstellung hat.

124 125 126

Auf die Vorteile und auch auf die Probleme der Verringerung der Fertigungstiefe werden wir im 4. Kapitel ausführlicher eingehen. Vgl. F.F. Neubauer, (PIMS 1989), Sp. 1363. Vgl. F.F. Neubauer, (PIMS 1989), Sp. 1364 f.; P. Ulrich u. E. Fluri, (Management 1995), S. 119 f.

86

3 Strategisches Controlling

7.

Die vertikale Integration (Fertigungstiefe) wirkt positiv in ausgereiften und stabilen Märkten, in instabilen, rasch wachsenden oder schrumpfenden Märkten dagegen wirkt eine hohe Fertigungstiefe negativ auf die Erfolgsgrößen.

Die Ergebnisse der PIMS-Untersuchungen haben bei den Fachvertretern breite Resonanz gefunden und sind intensiv diskutiert worden. Der konkrete Nutzen fur das Planungsverhalten einer einzelnen Geschäftseinheit ist allerdings mit Vorsicht zu beurteilen. Die Aussagen stellen Durchschnittsbetrachtungen über Geschäftsfelder unterschiedlicher Größe, verschiedener Branchen und verschiedener Länder dar, so dass im konkreten Einzelfall völlig andere Zusammenhänge wirken können. Dennoch können die angegebenen Tendenzen Anhaltspunkte und Anregungen für eigene Untersuchungen liefern.

3.4

Fallbeispiel zur strategischen Planung

Die in den voranstehenden Abschnitten erarbeiteten Grundlagen des strategischen Controllings wollen wir nun anhand eines Fallbeispieles vertiefen. Hierzu wird ein fiktives Beispielunternehmen aus der Zulieferbranche betrachtet. Das Unternehmen sei divisional organisiert und stelle in vier Sparten folgende Produktgruppen her: • • • •

Kfz-Getriebe Getriebemotoren Zahnräder Normmotoren.

In der Sparte Kfz-Getriebe sei es im vergangenen Jahr zu einer erhöhten Wettbewerbskonzentration infolge der Fusion zweier Wettbewerber gekommen. Dies nimmt das Unternehmen zum Anlass, die für die nächste Zeit geplante Geschäftsfeldanalyse vorzuziehen. Das Unternehmen setzt fur Geschäftsfeldanalysen einen standardisierten Formularsatz ein, der aus folgenden Formularen besteht: Formular 1 :

Definition der strategischen Geschäftseinheit

Formular 2:

Wirtschaftliche Daten

Formular 3 :

Übersicht über die Wettbewerber

Formular 4:

Herausforderungen in Markt und Branche

Formular 5:

Möglichkeiten zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen

Formular 6:

Beurteilung der Marktattraktivität

Formular 7:

Kriterien zur Beurteilung der Marktattraktivität

Formular 8:

Beurteilung der relativen Wettbewerbsposition

Formular 9:

Kriterien zur Beurteilung der Wettbewerbsposition

Formular 10: Geschäftsfeld-Portfolio Formular 11 :

Planstrategien

Die Formulare der durchgeführten Geschäftsfeldanalyse sind im Anschluss an die folgenden Erläuterungen wiedergegeben. In Formular 1 wird zunächst das Tätigkeitsfeld der Geschäftseinheit umschrieben und eine Abgrenzung gegenüber den anderen Sparten des Unternehmens vorgenommen. Des Weiteren

3.4 Fallbeispiel zur strategischen Planung

87

sind die einzelnen Produktlinien, also die Schalt- und Automatikgetriebe für PKW, die LKWGetriebe sowie die Sondergetriebe, mit ihren Umsätzen im laufenden Jahr wiedergegeben. Im unteren Bereich des Formulars sind mögliche Segmente der Geschäftseinheit angegeben. Je nach Fragestellung kann es zweckmäßig sein, Teiluntersuchungen der Geschäftsfeldanalyse nach Segmenten differenziert durchzuführen.127 Auf die gesonderte Behandlung einzelner Segmente wollen wir im Beispiel aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichten. Auf die Definition der strategischen Geschäftseinheit folgt die Situationsanalyse. Sie beginnt mit der Auflistung der für die Geschäftseinheit wesentlichen Daten (siehe Formular 2). Diese werden zweckmäßigerweise unterteilt in Daten des allgemeinen Marktes und in spezielle Daten des Unternehmensbereiches. Die jeweiligen Daten sind für drei Perioden angegeben, die Istdaten des vergangenen Jahres, die aktuelle Prognose für das laufende Jahr sowie die Plandaten der kurzfristig operativen Planung für das folgende Planjahr. Die angegebenen Größen bilden den Ausgangspunkt für weitere Erhebungen über die Attraktivität des Marktes und die Stellung des Unternehmens im Vergleich zu den Wettbewerbern. Das Formular 3 gibt eine Übersicht über die Wettbewerber im Geschäftsfeld. Dabei ist neben den Gesamtumsätzen der Wettbewerber in ihren vergleichbaren Geschäftsfeldern eine Gewichtung der Umsätze in den einzelnen Segmenten angegeben. Die dargestellten Umsatzzahlen stammen entweder aus Veröffentlichungen der Konkurrenten oder der Wirtschaftspresse oder sind qualifiziert geschätzt. Die Angaben zu den einzelnen Segmenten sind nicht mehr quantifiziert, sondern folgen einer ordinalen Klassifizierung. In Formular 4 sind die Herausforderungen in Markt und Branche der strategischen Geschäftseinheit zu erarbeiten. Hier besteht die Aufgabe darin, wesentliche Entwicklungstendenzen, technische Neuerungen, aber auch Strukturbrüche in der Branchenentwicklung aufzuzeigen. Jeder erkannten Herausforderung wird zunächst das in der Geschäftseinheit vorhandene Potential zu Bewältigung bzw. Nutzung gegenübergestellt. In einem weiteren Schritt sind dann die bestehenden Defizite aufzulisten, die beseitigt werden müssen, um die sich aus den Herausforderungen ergebenden Chancen zu nutzen bzw. den Risiken zu begegnen. Diese Arbeit dient einmal der noch folgenden Beurteilung der Attraktivität des Marktes, die naturgemäß sehr stark von den bestehenden Chancen und Risiken geprägt sein wird. Darüber hinaus werden wesentliche Bestimmungsfaktoren für die Beurteilung der relativen Wettbewerbsposition des Geschäftsfeldes und Anhaltspunkte für notwendige und erfolgversprechende Maßnahmen zu deren Verbesserung erarbeitet. Die Suche der zu erwartenden Herausforderungen sollte das mit der Geschäftsfeldanalyse betraute Projektteam in Zusammenarbeit mit weiteren (externen und internen) Fachleuten gestalten. Eine weitere Untersuchung zur Generierung geeigneter Planstrategien ist die Auflistung von Möglichkeiten zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen gemäß Formular 5. Hier werden Kriterien gesucht, mit deren Hilfe sich ein Unternehmen in der Käufereinschätzung von den Wettbewerbern differenzieren kann. Für die einzelnen Kriterien ist abzuschätzen, ob ihre akquisitorische Wirkung von Dauer und/oder intensiv ist. Die zu erarbeitenden marktbezogenen Strategien der strategischen Planung haben sich an den Merkmalen zu orientieren, bei denen die größten und dauerhaftesten Differenzierungsmöglichkeiten bestehen. Es ist weiterhin darauf zu achten, dass sich die als wichtig eingeschätzten Kriterien auch in der Stärken-Schwächen-Analyse beim Vergleich zwischen strategischer Geschäftseinheit und Wett127

Vgl. hierzu auch Abschnitt 3.2.

3 Strategisches Controlling

88

bewerbern wiederfinden. Die angegebenen Einschätzungen stammen u.a. aus Befragungen von Kunden, Außendienstberichten sowie Erfahrungen der eigenen Vertriebsabteilungen. Nach diesen Vorarbeiten stehen nun die beiden Bewertungsaufgaben der Situationsanalyse an. In Formular 6 erfolgt die Beurteilung der Marktattraktivität, wobei zur besseren Systematik die Kriterien in die folgenden drei Gruppen unterteilt sind: • • •

Marktsituation Marktdaten Wettbewerbssituation.

Nach dem Prinzip der zweistufigen Punktbewertungsmodelle werden zunächst fur die Kriteriengruppen Gewichte festgelegt, deren Summe 100% ergibt. Im Anschluss hieran werden die Gewichte auf die zugehörigen Kriterien aufgeteilt. In Formular 7 sind die einzelnen Kriterien nach als wichtig erachteten Gesichtspunkten weiter spezifiziert. Hiermit soll dem Projektteam Hilfestellung sowohl bei der Bewertung als auch bei der späteren Begründung des Werturteils gegeben werden. Die Bewertung der Kriterien erfolgt anhand einer Fünf-Punkte-Ordinalskala. Das Gesamturteil erhält man als gewogenen Mittelwert der Einzelkriterien; im Beispiel ergibt sich ein Gesamtwert von 0,55. Interpretiert man die Bewertungsstufen analog zur Notenskala von sehr gut bis mangelhaft, so entspricht das Ergebnis einer Bewertung zwischen befriedigend und gut. Dieser Wert geht als die Beurteilung eines von zwei Klassifizierungsmerkmalen in die nachfolgende Portfolio-Analyse ein. In ähnlicher Weise erfolgt die Beurteilung der relativen Wettbewerbsposition der strategischen Geschäftseinheit, die in Formular 8 wiedergegeben ist. Die Beurteilung erfolgt hier nicht nur für das eigene Geschäftsfeld (E), sondern zum Vergleich noch fur zwei weitere Wettbewerber (Wl, W2). Im Beispiel wurden die Wettbewerber mit den größten Marktanteilen ausgewählt. Bei der Bewertung werden auch hier drei Kriteriengruppen unterschieden: • • •

kaufbestimmende Faktoren betriebliche Funktionen Stellung im Markt.

Gewichtungsmethode und Bewertungsskala entsprechen denen der Beurteilung der Marktattraktivität. Ebenfalls analog zur Analyse der Marktattraktivität sind in Formular 9 fur die einzelnen Kriterien Anhaltspunkte zur Fundierung der Beurteilung angegeben. Als Gesamturteil ergibt sich hier ein Wert von 0,54, also ein Ergebnis ebenfalls zwischen befriedigend und gut; dieses geht als Bewertung des zweiten Klassifizierungsmerkmals in die Portfolio-Analyse ein. Formular 10 zeigt die Portfolio-Analyse, in der zunächst die Ergebnisse von Marktattraktivitäts- und Stärken-Schwächen-Analyse als Istposition übernommen werden. Zur Strategieentwicklung wird dann eine Sollposition festgelegt, die im Betrachtungszeitraum erreicht werden soll. Im Beispiel soll eine deutliche Verbesserung der relativen Wettbewerbsposition realisiert werden.

3.4 Fallbeispiel zur strategischen Planung

89

Nach Festlegung der Sollposition sind nun geeignete Planstrategien zur Erreichung dieser Sollposition zu erarbeiten. Die als geeignet erachteten Planstrategien sind in Formular 11 wiedergegeben. Hier werden zunächst allgemeine Strategien fur das Geschäftsfeld als Ganzes festgelegt. Diese werden dann zu geeigneten strategischen Maßnahmen der einzelnen involvierten Funktionsbereiche konkretisiert. Im Beispiel liegt der Schwerpunkt der Planstrategien im Ausbau des Systemgeschäftes, der Forcierung von Produktinnovationen und in der Verbesserung der Kostensituation; dies sind Sachverhalte, die in den Untersuchungen als Herausforderungen in Markt und Branche erkannt wurden und nun entsprechend genutzt werden sollen. Die gesamte Geschäftsfeldanalyse wird in dem Formularsatz mit eventuellen Ergänzungen der Unternehmensleitung präsentiert; nach eingehenden Diskussionen und gegebenenfalls nach Korrekturen werden die Planstrategien verabschiedet. In allen Arbeitsschritten der Geschäftsfeldanalyse können geeignete Analyseinstrumente als Hilfsmittel der Untersuchung eingesetzt werden.128 So kann beispielsweise in Formular 3 — Übersicht über die Wettbewerber — auf Daten der Konkurrentenanalyse zurückgegriffen werden. Bei der Erarbeitung der Herausforderungen in Markt und Branche (Formular 4) können die Ergebnisse einer systematischen Potentialanalyse zur Bestimmung der vorhandenen bzw. noch zu erarbeitenden Voraussetzungen herangezogen werden. Zur Bewertung der Kriterien von Marktattraktivität und Wettbewerbsposition (vgl. Formulare 7 und 9) können u.a. die Produktlebenszykluskurve (Marktwachstum), die Branchenstrukturanalyse (Wettbewerbssituation) sowie die Kostenerfahrungskurve (Kostensituation) genutzt werden.

128

Vgl. die Ausführungen in Abschnitt 3.3.

90

3 Strategisches Controlling

Firma XY GmbH

Definition der strategischen Geschäftseinheit

Bezeichnung der strategischen Geschäftseinheiten:

Formular 1

Kfc-Getriebe

Inhaltliche Beschreibung Das Geschäftsfeld umfeßt die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Schalt- und Automatikgetrieben für PKW und LKW sowie Sondergetriebe.

Abgrenzung Zu den Sparten Getriebemotoren und Normmotoren bestehen keine Verpflechtungen. Zahnräder werden von der eigenen Sparte bezogen, es besteht auch die Möglichkeit des Fremdbezuges.

Produktlinie

Umsatz in M io €

PKW-Schaltgetriebe

500

PKW-Automatik-Getriebe

150

LKW-Getriebe

80

Sondergetriebe

20

Segmente der strategischen Geschäftseinheiten

1

PKW-Schaltgetriebe

2

PKW-Automatik-Getriebe

3

LKW-Getriebe Inland

4

LKW-Getriebe Ausland

5

Sondergetriebe

3.4 Fallbeispiel zur strategischen Planung

Firma

91

Wirtschaftliche Daten

Formular 2

XY GmbH

Vorjahr

Ist

Plan

1. Marktdaten Marktvolumen in Mio €

3.605,00

3.750,00

3.860,00

Eigener Marktanteil in % (Umsatzanteil am Marktvolumen)

20,00

Größter Wettbewerber W l , Anteil % Zweitgrößter Wettbewerber W2, Anteil %

35,00 14,00

20,00 35,00

21,00 35,00

15,00

15,00 71,00

Marktanteil der 3 größten Wettbewerber zusammen in % Anzahl Konkurrenten insgesamt Zahl der Kunden, mit denen das Geschäfts-

69,00 9,00

70,00 8,00

feld 50% des Gesamtumsatzes tätigt

11,00

12,00

12,00

Umsatz in Mio € Proportionale Kosten in Mio €

721,00 481,00

750,00 500,00

810,00 532,00

Fixe Kosten in Mio €

202,00 240,00

210,00

226,00 278,00

8,00

2. Unternehmens date η

Deckungsbeitrag in Mio € Betriebsergebnis in Mio €

38,00

Materialaufwand in Mio €

276,60

Personalaufwand in Mio €

239,00

Abschreibung, handelsrechtlich in Mio € Abschreibung, kalkulatorisch in Mio € Investitionen in Mio €

250,00 40,00 284,00 248,50 80,00 71,00

52,00 296,00 265,00 82,00 76,00 88,00

Forschung u. Entwickung in Mio €

72,00 65,00 80,00 56,00

Vorräte in Mio €

80,00

85,00 60,00 85,20

Kapazitätsauslastung in % (2-Schicht-Betrieb = 100 %)

94,00

94,00

96,00

direkt zuordbare Beschäftigte

4.107,00

4.200,00 420,00

4.290,00

Anteilige am Gesamtunternehmen

411,00

62,00 87,50

425,00

9 2

3

S t r a t e g i s c h e s

C o n t r o l l i n g

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3

3.4 Fallbeispiel zur strategischen Planung

93

τ*

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« ss ü -e 2 « 3 ·β



i

2

M -β β

1 υ OQ .S eυ M

.S e 6.750.000 Damit erhält man folgendes Stilllegungskriterium: Der Stilllegungszeitpunkt ist wirtschaftlich, für den erstmals die Abnahme des Liquidationserlöses (minus Sozialplanleistungen) zuzüglich der Verzinsung des Liquidationserlöses fur eine Periode größer ist als der Einzahlungsüberschuss der Folgeperiode. Wenn man mit der Stilllegung wartet, erhält man die zusätzlichen Einzahlungsüberschüsse des Folgejahres aus dem weiteren Verkauf der Produkte, auf der anderen Seite muss die Verminderung des Liquidationserlöses in Kauf genommen werden und es entgehen die Zinsen einer alternativen Anlage des früheren Liquidationserlöses. Im Beispiel sind die zusätzlichen Einzahlungsüberschüsse des zweiten Jahres um 750.000 € höher als die Abnahme des Liquidationserlöses und die entgangene Verzinsung; daher wird gegen Ende des ersten Jahres noch nicht stillgelegt. Diskontiert man die 750.000 € zweimal, so ergibt sich die Differenz zwischen den Kapitalwerten des ersten und zweiten Jahres: 750.000 : 1,12 = 619.835 = 16.983.471 - 16.363.636 Betrachten wir sämtliche alternativen Stilllegungszeitpunkte, so ergeben sich folgende Vergleiche:

4.4 Die langfristige Kapazitäts- und Verfahrensplanung Vergleichspenoden 0-1

Kriterium in T€ (15.000-10.000) + 15.000 * 0,1 > 8.000?

149 Entscheidung warten

6.500 < 8.000 1-2

(10.000-5.000) + 10.000 * 0,1 > 6.750?

warten

6.000 < 6.750 2-3

(5.000-0) + 5.000*0,1>4.250? 5.500 > 4.250

stilllegen in Periode 2

Tabelle 4.23: Beispiel zur horizontalen Stilllegung

Die Vorteile dieses Kriteriums sind darin zu sehen, dass es betriebswirtschaftlich gut zu interpretieren ist und ohne Verfahren der Investitionsrechnung auskommt, sein Nachteil liegt - wie oben beschrieben - in der eingeschränkten Anwendbarkeit. Neben diesen wirtschaftlichen Aspekten sind bei einer Stilllegung noch weitere, nicht quantifizierbare Faktoren von Bedeutung, wobei die sozialen Aspekte, die Auswirkungen auf die Öffentlichkeitsdarstellung des Unternehmens und Auswirkungen auf die anderen Teilbereiche des Unternehmens besonders hervorzuheben sind. Die mitunter wichtigste Frage betrifft den Verbleib der von der Stilllegung betroffenen Mitarbeiter. Hier sind folgende grundsätzlichen Möglichkeiten denkbar: 1.

Umsetzen in andere Unternehmensbereiche Ob und inwieweit dies gelingt, hängt von folgenden Fragen ab: • • • • •

Wie ist die Beschäftigungssituation der für die Übernahme in Frage kommenden Bereiche? Passt die Qualifikationsstruktur der zu übernehmenden Mitarbeiter annähernd? Wird Überzeit gefahren, deren Reduzierung einen zusätzlichen Mitarbeiterbedarf auslöst? Wie hoch ist die normale Fluktuationsrate? Bestehen befristete Arbeitsverträge, die nicht mehr verlängert werden müssen?

2.

Vereinbarung von Vorruhestandsregelungen (z.B. Altersteilzeit) Dies ist naturgemäß nur für ältere Mitarbeiter möglich und erfordert entsprechende Sozialplanleistungen des Unternehmens, wodurch - wie obiges Beispiel zeigt - die Wirtschaftlichkeit der Stilllegung beeinträchtigt wird.

3.

Entlassungen Entlassungen gelten wegen der entstehenden sozialen Härten als letztes Mittel zur Beseitigung eines Mitarbeiterüberhanges.159 Des Weiteren ziehen Entlassungen zumeist folgende Konsequenzen nach sich: • • •

159

Unruhe in der Belegschaft; Verschlechterung der Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung. Imageverlust des Unternehmens; oftmals Druck aus der Öffentlichkeit. Aufstellung von Sozialplänen, die eine beträchtliche Höhe erreichen können und wiederum die Wirtschaftlichkeit der Stilllegung beeinträchtigen.

Kurzarbeit kommt in der geschilderten Situation nicht in Betracht, da sie nur bei einer vorübergehenden Unterbeschäftigung von der Arbeitsverwaltung genehmigt wird.

4 Langfristig operatives Controlling

150

Die ökonomischen Auswirkungen auf andere Unternehmensbereiche betreffen folgende Aspekte: 1.

Kosten infolge der Übernahme von Mitarbeitern Bei der Übernahme von Mitarbeitern aus dem stillzulegenden Bereich sind, auch wenn die Qualifikationsstrukturen annähernd passen, Anlern- und Umlernkosten nur selten zu vermeiden.

2.

Erhöhte Belastung mit allgemeinen Unternehmensfixkosten Die allgemeinen Unternehmensfixkosten (z.B. Raumkosten, DV-Kosten, Kosten der Unternehmensleitung etc.) werden im Allgemeinen den Bereichen nach irgendwelchen Verteilungsschlüsseln belastet. Fällt nun einer dieser Bereiche infolge einer Stilllegung weg, so sind die bisher von diesem getragenen Fixkosten von den anderen zu decken. In Unternehmen, deren Kostenrechnung als Vollkostenrechnung ausgebaut ist, fuhrt somit die Stilllegung eines völlig anderen Bereiches zu einer Erhöhung der Produktselbstkosten. In divisional organisierten Unternehmen, deren Spartenleiter Ergebnisverantwortung haben, hat die Verschlechterung des Spartenergebnisses im Allgemeinen auch noch motivatorische Auswirkungen.

3.

Externer Bezug von Vorprodukten Lieferte der stillzulegende Bereich Vorprodukte an andere Unternehmensteile, so müssen diese nun bei externen Zulieferern zu eventuell schlechteren Bezugsbedingungen einkaufen. Den hier angesprochenen Problemkreis einer vertikalen Stilllegung wollen wir im nächsten Abschnitt behandeln.

4.

Verlust eines internen Kunden Hat der stillzulegende Bereich von anderen Unternehmensbereichen Vorprodukte oder Dienstleistungen bezogen, so verlieren diese einen (internen) Kunden, was zu Beschäftigungsproblemen und zur Verringerung der Deckungsbeiträge fuhren wird.

4.4.2.2

Vertikale Stilllegungsentscheidungen

Unter einer vertikalen Stilllegung versteht man die Schließung eines betrieblichen Teilbereiches, der Vorprodukte oder Sekundärleistungen erstellt, d.h. bisher eigenerstellte Leistungen sollen zukünftig auf Dauer von externen Zulieferern bezogen werden. Jede Stilllegung dieser Art bedeutet eine Verringerung der Fertigungstiefe und damit eine Verminderung der Wertschöpfung des Unternehmens. Vertikale Stilllegungen werden in der Theorie und Praxis auch als Outsourcing bezeichnet. Der Begriff stellt eine Zusammensetzung der drei englischen Wörter outside, ressource und using dar und beinhaltet damit die Nutzung externer Quellen zur betrieblichen Leistungserstellung. Wichtige Beispiele fur Outsourcing sind: • • • •

Fremdbezug von Vorprodukten, Lohnfertigung einzelner Arbeitsgänge (verlängerte Werkbank), Fremdvergabe von Reinigungs-, Reparatur- und Transportarbeiten, Fremdvergabe der Datenverarbeitung.

Den Aufbau der Stilllegungsrechnung für Outsourcing-Entscheidungen wollen wir anhand der Schließung einer Teilefertigung demonstrieren; hierfür sind folgende Daten zu planen:

4.4 Die langfristige Kapazitäts- und Verfahrensplanung 1. 2.

3. 4.

151

Planproduktionsmengen der Vorprodukte, abgeleitet aus dem Planabsatzprogramm. Fremdbezugskosten einschließlich inner- und außerbetrieblicher Beschaffungsnebenkosten. Bei den innerbetrieblichen Beschaffungsnebenkosten ist unter Umständen ein Strukturaufbau im Logistikbereich zu berücksichtigen, der entsprechende variable und auch fixe Kosten verursacht; ein Beispiel wäre der erhöhte Personalbedarf in der Wareneingangsprüfung bzw. bei der Lieferer-Auditierung. Auszahlungswirksame proportionale Herstellkosten der betroffenen Vorprodukte sowie die bei Stilllegung abbaufähigen Fixkosten. Einmalzahlungen im Stilllegungszeitpunkt (Liquidationserlöse, Sozialplanleistungen).

Auch hier erfolgt die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung mit Hilfe der Kapitalwerte jedes alternativen Stilllegungszeitpunktes. Diese setzen sich zusammen aus den relevanten Auszahlungen der Eigenfertigung bis zum Stilllegungszeitpunkt, den Einmalzahlungen im Stilllegungszeitpunkt und den Auszahlungen des Fremdbezuges vom Stilllegungszeitpunkt bis zum vorgegebenen Ende des Betrachtungszeitraumes. Auf die formale Darstellung wollen wir an dieser Stelle verzichten und die Vorgehensweise anhand eines Beispiels erläutern. Ein Unternehmen produziert und verkauft drei Enderzeugnisse mit den in Tabelle 4.24 angegebenen Stückzahlen. In diese Enderzeugnisse gehen u.a. drei Einzelteile ein, die bisher in einer eigenen Teilefertigung produziert werden; die Teilebedarfe pro Einheit der Enderzeugnisse sind ebenfalls in Tabelle 4.24 ausgewiesen. Teilebedarf pro Stück

Menge [Stck/Jahr]

Teil 1

Teil 2

Teil 3

1

7.000

2

2

2

2

6.000

2

3

2

3

2.000

2

4

7

Produkt

Tabelle 4.24: Beispiel zur vertikalen Stilllegung

Die drei Vorprodukte, für die bisher kein allgemeiner Markt existierte, werden nun von einem Zulieferer angeboten, woraufhin die Unternehmensleitung die Stilllegung des betreffenden Teilbereiches in Erwägung zieht. Die vom Zulieferer geforderten Einstandspreise (incl. Transport und Versicherung) sowie die proportionalen Herstellkosten der drei Einzelteile sind in Tabelle 4.25 angegeben. Teileart

Teil 1

Teil 2

Prop. Herstellkosten [€/Stck]

19,20

14,00

23,40

Einstandspreis [C/Stck]

24,00

20,00

28,00

Teil 3

Tabelle 4.25: Beispiel zur vertikalen Stilllegung

Als innerbetriebliche Beschafftingsnebenkosten fallen an: • •

5% der Einstandspreise als proportionale Materialgemeinkosten 200.000 €/Jahr für einen zusätzlichen Personalaufbau im Materialbereich.

Bei Stilllegung der Teilefertigung lassen sich Fixkosten in Höhe von 800.000 €/Jahr abbauen. Im jeweiligen Stilllegungszeitpunkt fallen die folgenden Liquidationserlöse (vermindert um Sozialplanleistungen) an:

152

4 Langfristig operatives Controlling Jahr

0

1

2

3

Einmalzahlungen

1.500.000

1.000.000

600.000

400.000

Tabelle 4.26: Beispiel zur vertikalen Stilllegung

Die angegebenen Mengen- und Kostendaten sollen während des Betrachtungszeitraumes von drei Jahren konstant bleiben; die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung erfolgt auf der Grundlage eines Kalkulationszinssatzes von 10%. Im ersten Schritt werden aus den Plan-Absatzmengen der Enderzeugnisse und den angegebenen Stücklistendaten die Teilebedarfe der Vorprodukte errechnet. Tabelle 4.27 zeigt die Ergebnisse. Teileart Teilebedarf

1

2

3

30.000

40.000

40.000

Tabelle 4.27: Beispiel zur vertikalen Stilllegung

Mit Hilfe der oben genannten Kostendaten lassen sich nun die entscheidungsrelevanten jährlichen Auszahlungen bei Eigenfertigung bzw. bei Fremdvergabe ermitteln. Auszahlungen bei Eigenfertigung: Prop. Teile-Herstellkosten:

2.072.000 €/Jahr

Abbaufähige Fixkosten:

800.000 €/Jahr

Summe:

2.872.000 €/Jahr

Auszahlungen bei Fremdbezug: Einstandskosten:

2.640.000 €/Jahr

Prop. Materialgemeinkosten:

132.000 €/Jahr

Zusätzliche auszahlungswirksame Fixkosten:

200.000 €/Jahr

Summe:

2.972.000 €/Jahr

In Tabelle 4.28 sind die relevanten Zahlungen in Abhängigkeit von den alternativen Stilllegungszeitpunkten wiedergegeben. Alternative Stilllegungszeitpunkte Jahr

0

0

-1.500.000

1

2.972.000

1

2

3

2.872.000

2.872.000

2.872.000

-1.000.000 2

2.972.000

2.972.000

2.872.000 -600.000

2.872.000

3

2.972.000

2.972.000

2.972.000

2.872.000 -400.000

Kapitalwert

5.890.924

6.390.924

6.721.503

6.841.713

Tabelle 4.28: Beispiel zur vertikalen Stilllegung

Sinnvollerweise werden bei der gegebenen Datenkonstellation Auszahlungskapitalwerte miteinander verglichen, was zur Konsequenz hat, dass Einzahlungen - in unserem Fall die Liquidationserlöse - mit negativem Vorzeichen anzusetzen sind. Die Tabelle zeigt, dass bei sofortiger Stilllegung im Zeitpunkt Null der entsprechende Liquidationserlös anfallt und in

4.4 Die langfristige Kapazitäts- und Verfahrensplanung

153

den Folgejahren die (höheren) relevanten Auszahlungen bei Fremdbezug. Wird mit der Stilllegung ein Jahr gewartet, so fallen in Periode 1 die Auszahlungen der Eigenfertigung an, gegen Ende des Jahres die entsprechende Einmalzahlung und in den beiden Folgejahren die Auszahlungen bei Fremdbezug. In analoger Weise ergeben sich die Zahlungsströme der beiden anderen Stilllegungszeitpunkte. Die letzte Zeile der Tabelle zeigt, dass bei der gegebenen Datenkonstellation die sofortige Stilllegung wirtschaftlich ist. Ein etwas eleganterer Lösungsweg ist in Tabelle 4.29 gewählt, bei dem mit den Ersparnissen bei Eigenfertigung gearbeitet wird, die im Beispiel 2.972.000-2.872.000 = 100.000 €/Jahr betragen und nur bis zum jeweiligen Stilllegungszeitpunkt realisiert werden können. Nach den Stilllegungszeitpunkten sind bei dieser Vorgehensweise keine Beträge mehr zu berücksichtigen. Alternative Stilllegungszeitpunkte Jahr

0

0

1.500.000

1

2

1

100.000 +1.000.000

100.000

100.000

2

0

100.000 +600.000

100.000

3 Kapitalwert

3

100.000 +400.000 1.500.000

1.000.000

669.421

549.211

Tabelle 4.29: Beispiel zur vertikalen Stilllegung

Da hier mit positiven Größen gearbeitet wird, ist der Zeitpunkt mit dem höchsten Kapitalwert wirtschaftlich. Beide Berechnungsmethoden fuhren immer zum gleichen Ergebnis; ein Vergleich der Kapitalwerte der einzelnen Alternativen zeigt, dass deren Differenzen immer gleich groß sind. Betrachten wir das im letzten Abschnitt entwickelte Kriterium des paarweisen Altemativenvergleiches, bei dem die Abnahme des Liquidationserlöses und die entgangene Verzinsung den Einsparungen des Folgejahres gegenübergestellt wird, so ergibt sich fur die Jahre 0 und 1: (1.500.000- 1.000.000)+ 1.500.000 * 0,1 > 100.000. Dies bedeutet, dass die Ersparnis des ersten Jahres nicht ausreicht, die Verschlechterung des Liquidationserlöses und den Zins-Entgang zu decken; dies gilt für alle folgenden Jahre ebenfalls. Neben der operativen, auf quantifizierbaren Wirtschaftlichkeitskriterien basierenden Beurteilung vertikaler Stilllegungen sind hier darüber hinaus strategische, qualitative Aspekte von Bedeutung. Durch die mit der vertikalen Stilllegung einhergehende Verringerung der Fertigungstiefe eines Unternehmens sind folgende, langfristige Vorteile zu erwarten: 1. Aufgrund größerer Stückzahlen und einer besseren Spezialisierung auf die betreffenden Vorprodukte müssten die jeweiligen Zulieferer langfristig zu günstigeren Stückkosten fertigen können (Kostenerfahrungseffekt), d.h. langfristig dürften die Beschaffungskosten unter den Herstellkosten der Eigenfertigung liegen. Dieser langfristige Kostensenkungseffekt ist nur schwer zu quantifizieren und daher nur unzureichend in die Zahlungsreihe zu integrieren.

4 Langfristig operatives Controlling

154 2. 3. 4.

5.

6.

Kleinere Zulieferer haben häufig einfachere Verwaltungsstrukturen und damit geringere Gemeinkosten in diesen Bereichen. In vielen Fällen haben Zulieferer günstigere Lohnkosten, da sie zu einem anderen Tarifgebiet gehören. Für die stillgelegten Bereiche entfallen zukünftig Reinvestitionen; hierdurch verringern sich das Investitionsvolumen des Unternehmens und damit der Finanzierungsbedarf. Dies wirkt sich positiv auf den Verschuldungsgrad, die Liquiditätsbelastung und die Abhängigkeit von Kapitalgebern aus. Unterstellt man eine unveränderte Gewinnsituation, so verbessern sich - unter sonst gleichen Bedingungen - aufgrund des geringeren Anlagevermögens die einschlägigen Kapitalrentabilitäten des Unternehmens (z.B. Gesamtkapitalrentabilität, Return on Investment). Dieser Effekt kann unter Umständen durch Aufstockungen im Umlaufvermögen abgeschwächt werden. Der Übergang zum Fremdbezug bedeutet eine Verminderung des Beschäftigungsrisikos, da die teilweise nicht oder nur schwer abbaubaren Lohn- und Gemeinkosten in beschäftigungsabhängig disponierbare Einzelmaterialkosten transformiert werden. Während im Fall der Eigenfertigung dem Unternehmen bei Beschäftigungsrückgängen die fixen Kosten erhalten bleiben, braucht bei Fremdbezug lediglich weniger bestellt zu werden. Der Zulieferer trägt hier das Beschäftigungsrisiko.

Dem letztgenannten Vorteil dürfte aus strategischer Sicht die größte Bedeutung zukommen. Demgegenüber kann die Verringerung der Fertigungstiefe folgende Probleme mit sich bringen: 1.

2. 3.

Der Zulieferer will normalerweise in seinem Verkaufspreis neben den proportionalen Kosten anteilige Fixkosten sowie einen Gewinnbetrag abgedeckt wissen. Unterstellt man daher, dass es ihm nicht gelingen wird, die proportionalen Herstellkosten des Unternehmens zu unterbieten, so wird sich kurzfristig wegen des verzögerten Abbaus der fixen Kosten dessen Gewinnsituation verschlechtern. Dies ändert nichts an der Richtigkeit der langfristigen Entscheidung, die kurzfristigen Konsequenzen müssen aber beachtet werden. Es entstehen verstärkt Abhängigkeiten von den Zulieferern. Es muss sichergestellt werden, dass der Zulieferer termingerecht und in der erforderlichen Qualität liefert. Werden technisch anspruchsvollere Teile und Baugruppen fremdvergeben, so ist zukünftig mit einem höheren Abstimmungsaufwand bei Neuentwicklungen zu rechnen. Dabei besteht die Gefahr, dass technisches Wissen an Dritte gelangt.

4.5

Rationalisierungsentscheidungen

4.5.1

Instrumente zur Erkennung des Rationalisierungsbedarfs

4.5.1.1

Target Costing

Unter Rationalisierung werden alle Maßnahmen verstanden, die durch Veränderungen in Art und Weise der betrieblichen Leistungserstellung zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit beitragen. In marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystemen ist Rationalisierung eine permanente

4.5 Rationalisierungsentscheidungen

155

Aufgabe der Unteraehmensfìihrung, da durch derartige Maßnahmen die Kostenstruktur und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens erhalten bzw. verbessert werden kann. Wie unsere Ausführungen zur Kostenerfahrungskurve in Abschnitt 3.3 gezeigt haben, ist die Realisierung vorhandener Kostensenkungspotentiale Voraussetzung für die Ausnutzung des Erfahrungseffektes; hierzu sind Verbesserungen am Mengen- und Wertgerüst der betrieblichen Produkte wie auch bei den Abläufen in und zwischen den einzelnen Funktionsbereichen erforderlich. Ein wichtiger Anhaltspunkt für Anlass und gewünschte Ergebnisse von Rationalisierungsmaßnahmen ist der im Markt erzielbare Verkaufserlös der betrachteten Produkte. In marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystemen wird der Marktpreis nur in den seltensten Fällen vom einzelnen Unternehmen frei gestaltet werden können;160 damit können Verbesserungen in der Ergebnissituation einzelner Produkte im Wesentlichen nur durch Kostenreduktion erzielt werden. Diese Erkenntnisse werden zum Konzept des Target Costing zusammengefasst.161 Den Ausgangspunkt dieser Methodik stellt eine Analyse der erzielbaren Marktpreise dar. Diese lassen sich bei Produkten des laufenden Sortimentes zunächst unmittelbar aus der Ist-Fakturierung bzw. der kurzfristig operativen Absatzplanung ableiten. Es müssen dann noch geplante langfristige Veränderungen dieses Preisniveaus etwa infolge von Änderungen der Marktgegebenheiten oder ausgelöst durch eigene Preisstrategien berücksichtigt werden. Bei neuen Erzeugnissen muss ein marktgerechter Einfuhrungspreis mit Hilfe entsprechender Methoden der Marktforschung ermittelt werden. Weiterhin ist zu diesem Zeitpunkt eine für das betreffende Produkt geeignete Preisstrategie zu definieren.162 In Abhängigkeit von der gewählten Preisstrategie lassen sich bezüglich der Konstanz der Marktpreise im Zeitablauf die folgenden beiden Fälle unterscheiden:163 1.

2.

Während der Verweildauer des Produktes im Markt ist, abgesehen von eventuellen inflationsbedingten Preisänderungen, mit einem weitgehend konstanten Verkaufspreis zu rechnen. Während des Lebenszyklus werden aus strategischen Gründen planmäßig Preisreduzierungen vorgenommen.

Diese Unterscheidung ist für die Konstanz der Zielkosten im Zeitablauf von Bedeutung. Liegen die erwarteten Verkaufspreise der Produkte fest, so besteht der nächste Schritt der Zielkostenermittlung in der Bestimmung des gewünschten Stückgewinnes der betrachteten Produkte. Ausgangspunkt hierfür ist die langfristige Gewinnerwartung der Unternehmensleitung, die zumeist in einer Kapital- oder einer Umsatzrendite ausgedrückt wird. Aus den Zielrenditen lassen sich die gewünschten Gewinnbeiträge pro Erzeugniseinheit ermitteln. Bezüglich des vorgegebenen Zielgewinnes sind wiederum zwei Fälle zu unterscheiden: 1.

Für das Erzeugnis wird ein für den Planungszeitraum annähernd konstanter Zielgewinn vorgegeben.

160

Auf die Bestimmungsfaktoren der Preisbildung werden wir in Abschnitt 5.2.1 ausführlich eingehen.

161

Zum Target Costing vgl. u.a. H Seidenschwarz, (Target Costing 2007); H. Müller, (Target Costing 1994), S. 103 ff.; K.P. Franz, (Kostenmanagement 1994), S. 67 ff.

162

Vgl. unsere Ausführungen in Abschnitt 4.3.1.

163

Vgl. L. Hans u. V. Warschburger, ( Target-Costing 1998), S. 133 ff.

4 Langfristig operatives Controlling

156 2.

Aufgrund erwarteter Veränderungen von Kosten und/oder Verkaufspreisen wird der Zielgewinn im Zeitablauf variiert. Eine realistische Vorgabe des Zielgewinnes muss beispielsweise berücksichtigen, dass die Höhe der Stückkosten in hohem Maße von der produzierten Menge abhängig ist. Nach dem Konzept der Kostenerfahrungskurve sinken die Stückkosten bei Ausweitung der Produktionsmenge in erheblichem Umfang. Damit ist mit einer deutlichen Verminderung der anfänglichen Stückkosten zu rechnen, wenn das Produkt in der Wachstumsphase eine wesentliche Mengensteigerung erfahrt; in diesen Fällen werden die Gewinnerwartungen im Zeitablauf erhöht werden. Umgekehrt kann es auch vorkommen, dass aufgrund einer veränderten Konkurrenzsituation die Renditeerwartungen zurückgenommen werden müssen.

Kombiniert man die Möglichkeiten der zeitlichen Entwicklung der Verkaufspreise mit denen der zeitlichen Entwicklung der Renditevorgaben, so lassen sich die folgenden vier Fälle unterscheiden: 1.

Verkaufspreise und Zielgewinn sind im Zeitablauf konstant Hier ergeben sich konstante Zielkostenvorgaben der Produkte. Aufgabe der betrieblichen Funktionsbereiche ist es nun, diese Zielkosten durch geeignete Maßnahmen möglichst rasch zu erreichen.

2.

Verkaufspreise werden konstant geplant, der Zielgewinn verändert sich im Zeitablauf Hier liegt eine dynamische Entwicklung der Zielkosten vor, die darauf zurückzufuhren ist, dass der letztendlich gewünschte Zielgewinn erst im Zeitablauf erreicht werden kann. In der japanischen Literatur zum Target Costing wird in diesem Zusammenhang unterschieden zwischen den „Allowable Costs", den endgültigen Zielkosten, und den „Target Costs" als realisierbaren Zwischenschritten zu diesem Ziel hin.164 Die Gründe für die zeitliche Entwicklung von Zielgewinn und damit Zielkosten können zum einen in der Veränderungen der Stückkosten aufgrund des Kostenerfahrungseffektes liegen, zum anderen kann zwischen endgültigen Zielkosten und aktuellem Kostenniveau eine sehr große Lücke bestehen, die sich nur über einen längeren Zeitraum schließen lässt.

3.

Verkaufspreise sinken planmäßig im Zeitablauf, der festgelegte Zielgewinn soll beibehalten werden Auch hier ergeben sich, wenn auch aus anderen Gründen, in jeder Periode des Betrachtungszeitraumes unterschiedliche Zielkosten.

4.

Verkaufspreise und Zielgewinn verändern sich im Zeitablauf Dieser Fall liegt beispielsweise dann vor, wenn bei einer Hochpreisstrategie eines neuen Erzeugnisses in der Phase einer monopolähnlichen Stellung der Zielgewinn höher sein soll als in den späteren Perioden mit intensivem Wettbewerb. Wie oben angedeutet, kann es auch aufgrund des Erfahrungseffektes zu steigenden Zielgewinnen kommen.

Die Zielkosten eines Produktes ergeben sich damit nach folgender Bestimmungsgleichung: Planverkaufspreis -

gewünschter Gewinnbeitrag

=

Zielkosten

1ή4 Vgl. hierzu u.a. H. Müller, (Target-Costing 1994), S.l 12 ff., J. Graßhoff, (Zielkostenmanagement 1995), S. 99, H. Seidenschwarz, (Target-Costing 2007), S. 6 ff. sowie die dort angegebene Literatur.

4.5 Rationalisierungsentscheidungen

157

Diese Zielkosten werden dann den zur Zeit aktuellen Kalkulationsergebnissen der betrachteten Produkte gegenübergestellt, d.h. den Plan- oder Standardkalkulationen bereits laufender Produkte bzw. den gültigen konstruktionsbegleitenden Vorkalkulationen der Produkte in der Entwicklungsphase. Im Allgemeinen werden die aktuellen Kalkulationswerte über den Zielkosten liegen; die eigentliche Aufgabe des Zielkostenmanagements besteht dann in der Beseitigung der Lücke zwischen den aktuellen Stückkosten und den Zielkosten. Hierzu werden die Stückkosten auf zwei Ebenen aufgespalten: 1.

Stücklistenbezogene Aufspaltung Hier erfolgt die Aufspaltung der gesamten Zielkosten auf wichtige Baugruppen und Teile. Dabei wird der Umfang der Aufspaltung zum einen von der Komplexität des Enderzeugnisses abhängen und zum anderen von der wertmäßigen Bedeutung der einzelnen Kostenkomponenten.

2.

Aufspaltung nach Kalkulationsbereichen Für die sich nach der stücklistenbezogenen Aufspaltung ergebenden Kalkulationsobjekte wird im nächsten Schritt eine Kostenaufspaltung in Materialkosten, Fertigungslöhne, sonstige Fertigungskosten sowie auf der Ebene des Endproduktes in Verwaltungs- und Vertriebskosten vorgenommen. Bei neu zu entwickelnden Produkten sind darüber hinaus noch für die disponierbaren Forschungs- und Entwicklungskosten Zielvorgaben festzulegen.

Bei der stücklistenbezogenen Kostenaufspaltung muss nun die Differenz zwischen den Zielkosten und den aktuellen Kalkulationsdaten des Enderzeugnisses auf die in die Betrachtung eingehenden Stücklistenkomponenten verteilt werden. Hierbei ist zu untersuchen, inwieweit die einzelnen Stücklistenkomponenten zur Schließung der Lücke zwischen aktuellen Kosten und Zielkosten beitragen können. Dies geschieht im Allgemeinen in einem Abstimmungsprozess zwischen den betroffenen Verantwortungsbereichen. Dabei werden einzelne Komponenten sehr stark zur Schließung dieser Lücke beitragen, bei anderen werden keine oder nur geringe Kostensenkungsspielräume vorliegen. Die Zielkosten der einzelnen Komponenten ergeben sich dann nach folgender Gleichung: Aktuelle Kalkulation der Stücklistenkomponente vereinbarte Kostensenkung = Zielkosten der Stücklistenkomponente Eine Besonderheit der stücklistenbezogenen Zielkostenspaltung liegt dann vor, wenn die betreffende Komponente unter mehreren eigenen Standorten und/oder externen Zulieferern ausgeschrieben wird. Hier orientieren sich die Zielkosten am günstigsten Angebot. Im nächsten Schritt werden die für die Einhaltung der Zielkosten Verantwortlichen die Zielkosten der jeweiligen Komponente in zweckmäßiger Weise auf die einzelnen Kalkulationsbereiche aufteilen. Auch hier werden die aktuellen Kalkulationsdaten in einer entsprechenden Differenzierung Ausgangspunkt sein. Es wird untersucht, inwieweit die einzelnen Kalkulationsbereiche zur Beseitigung der Differenz zwischen aktuellen Stückkosten und Zielkosten beitragen können. Übersicht 4.6 zeigt ein einfaches Beispiel zur Zielkostenspaltung sowohl nach Stücklistenkomponenten als auch nach Kalkulationsbereichen.

4 Langfristig operatives Controlling

158 Selbstkosten Zielkosten Material: 1.000 Material: 1.300 Lohn: 160 Lohn: 200 Frtg-Gemeinkosten: 740 Frtg-Gemeinkosten: 980 V.u.V.-Gemeinkoster 200 V.u.V.-Gemeinkosten 220 Zielkosten: 2.100 600 Selbstkosten 2.700 Zielliicke:

Zielkosten I Material: Lohn: Frtg-Gemeinkosten: Zielkosten: Zielratio:

Komponente I Selbstkosten I 415 Material: 75 Lohn: 320 Frtg-Gemeinkosten: 810 180 Herstellkosten

520 80 390 990

Komponente II Zielkosten II Selbstkosten II Material: 220 Material: 330 0 Lohn: 0 Lohn: Frtg-Gemeinkosten 25 Frtg-Gemeinkosten 30 Zielkosten: 245 Zielratio: 115 Herstellkosten 360

Komponente III Zielkosten III Selbstkosten III Material: 365 Material: 450 90 Lohn: 60 Lohn: Frtg-Gemeinkosten 250 Frtg-Gemeinkosten 380 Zielkosten: 675 920 Zielratio: 245 Herstellkosten

Übersicht 4.6: Beispiel zur Zielkostenspaltung

Betrachtet wird ein mehrteiliges Enderzeugnis, dessen aktuelle Selbstkosten 2.700,00 €/Stück betragen. Bei der stücklistenbezogenen Aufspaltung werden drei Baugruppen ausgewählt, deren Herstellkosten in der Summe 2.270,00 € betragen, womit der größte Teil der Selbstkosten des Enderzeugnisses abgedeckt ist. Für das Enderzeugnis ergibt sich hier eine Differenz zwischen aktuellen Kosten und Zielkosten in Höhe von 600,00 €/Stück. Diese Ziellücke wird so weit wie möglich auf die Baugruppen aufgeteilt. Gemeinsam mit den fur die jeweilige Baugruppe Verantwortlichen wird dabei abgeschätzt, welches Rationalisierungspotential die jeweilige Baugruppe realisieren kann. Im Beispiel ergibt sich für die Komponente I eine Zielratio von 180,00 €/Stück, d.h., bei dieser Baugruppe wird eine entsprechende Verminderung der Herstellkosten als realisierbar angesehen, wobei die einzelnen Kalkulationsbereiche mit den angegebenen Werte zur Rationalisierung beizutragen haben. Addiert man die Zielratio der einzelnen Komponenten, so verbleibt eine Differenz zur Gesamt-Ziellücke von 60,00 €/Stück. Hiervon entfallen 40,00 €/Stück auf Lohn und Gemeinkosten fur Montage und Prüfung des Enderzeugnisses und 20,00 €/Stück auf Rationalisierungsmaßnahmen im Bereich der Verwaltungs- und Vertriebskosten. Übersicht 4.7 zeigt abschließend noch einmal die konzeptionelle Vorgehensweise des Target Costing. Es wird deutlich, dass die Höhe der Differenz zwischen aktuellen Kalkulationsergebnissen und Zielkosten den vorhandenen Rationalisierungsbedarf widerspiegelt, der durch die angeführten Rationalisierungsmethoden zu bewältigen ist. Auf diese Rationalisierungsfelder werden wir im Folgenden noch ausführlich eingehen. Zuvor soll mit dem Benchmarking eine zweite Managementtechnik vorgestellt werden, anhand derer sich u.a. ein Rationalisierungsbedarf ableiten lässt.

4.5 Rationalisierungsentscheidungen

159

Marktpreis

Übersicht 4.7: Grundzüge des Konzeptes eines Target Costing

4.5.1.2

Benchmarking

Der Begriff Benchmark stammt ursprünglich aus dem Bereich der Landvermessung und bezeichnet eine Markierung oder einen Referenzpunkt, um die Höhe bei Vermessungen zu bestimmen. Übertragen auf den ökonomischen Bereich sind mit Benchmarks dann Orientierungs- oder Richtgrößen gemeint, an denen sich die Leistungserstellung ausrichten soll. Das charakteristische Merkmal des Benchmarking besteht nun darin, dass diese Orientierungsgrößen nicht als innerbetriebliche Parameter ermittelt, sondern durch den systematischen Vergleich mit Dritten gewonnen werden. Dabei wird in der Literatur zum Benchmarking die Forderung gestellt, dass die Vergleichsorganisationen diejenigen sein sollen, welche die betrachteten Sachverhalte mit den branchen- oder gar weltweit besten Resultaten realisieren. Dies bedeutet, dass mit dem Instrumentarium des Benchmarking von den Besten gelernt werden soll. Benchmarking wird demzufolge definiert als „der kontinuierliche Prozess Produkte,

4 Langfristig operatives Controlling

160

Dienstleistungen und Praktiken zu messen gegen den stärksten Mitbewerber oder die Firmen, die als Industriefuhrer anzusehen sind".165 Die theoretisch durchaus begründete Forderung nach dem Vergleich mit den Besten wird in der praktischen Anwendung der Methode häufig nicht eingehalten; hier hat sich für jeden systematischen, von beiden Seiten organisierten Vergleich zwischen Unternehmen oder Unternehmensteilbereichen der Begriff des Benchmarking eingebürgert. Aus der obigen Definition wird deutlich, dass Benchmarking sich zum einen auf die Produkte und Leistungen eines Unternehmens beziehen kann und zum anderen auf die Prozesse, die zur Herstellung und zum Absatz dieser Produkte und Leistungen erforderlich sind. Die wesentliche Zielsetzung des Benchmarking besteht darin, Vergleich mit anderen Organisationen Verbesserungspotentiale technologische, organisatorische, qualitäts- und kostenbezogene können. Damit liefert Benchmarking auch Erkenntnisse über rungsmaßnahmen.

durch den systematischen aufzudecken, die sich auf Fragenstellungen beziehen realisierbare Rationalisie-

Dabei wird unterschieden zwischen evolutionären und revolutionären Verbesserungen. Unter evolutionären Verbesserungen versteht man kleinere Veränderungen einzelner Parameter unter Beibehaltung des gleichen Grundprinzips (z.B. Weiterentwicklung von Produkten und Verfahren). Dagegen handelt es sich bei revolutionären Verbesserungen um den Übergang zu völlig neuen Lösungsprinzipien (z.B. Entwicklung neuer Produkte, Neugestaltung der organisatorischen Abläufe). Die verschiedenen Formen des Benchmarking lassen sich nach den beiden folgenden Kriterien differenzieren: • •

Benchmarking-Objekt Benchmarking-Partner.

Übersicht 4.8 zeigt die sich ergebenden unterschiedlichen Arten des Benchmarking. Hinsichtlich des Benchmarking-Objekts unterscheidet man zunächst zwischen dem Produkt-Benchmarking, bei welchem die Produkte und absatzfähigen Dienstleistungen Gegenstand des Vergleichs sind, und dem Prozess-Benchmarking, das die Abläufe zur Leistungserstellung und zur Aufrechterhaltung des Betriebsgeschehens der Benchmarking-Partner vergleichend analysiert. Als dritte objektbezogene Gestaltungsform ist das strategische Benchmarking zu nennen. Hier werden die strategischen Ziele sowie die Mittel und Wege zur Erreichung dieser Ziele analysiert. Es können beispielsweise die Leitbilder der Organisationen, ihre grundsätzlichen Einstellungen zu den relevanten Umweltgruppen und die verfolgten Strategien (z.B. Wachstums· oder Stagnationsstrategie) einander gegenübergestellt werden. Bezüglich des Benchmarking-Partners wird zwischen internem und externem Benchmarking unterschieden. Beim internen Benchmarking erfolgt der Vergleich zwischen den Teileinheiten eines meist relativ großen Unternehmens. Hierbei kann es sich um rechtliche unselbstständige Geschäftsbereiche oder auch Funktionsbereiche eines Unternehmens handeln oder um rechtlich selbstständige Tochterunternehmen eines Konzerns.

165

Vgl. R. Camp, (Benchmarking 1994), S. 13.

4.5 Rationalisierungsentscheidungen

161

Produkt-

Prozess-

Strategisches

Benchmarking

Benchmarking

Benchmarking

Benchmarking-Arten Internes

Externes

Benchmarking

Benchmarking

Unternehmensbezogenes Benchmarking

Ko nkurrenzb ezo genes

Konzernbezogenes Benchmarking

Branchenbezogenes Benchmarking

Benchmarking

Branchenfremdes Benchmarking Übersicht 4.8: Arten des Benchmarking 166

Internes Benchmarking ist insoweit eine einfache Form des Benchmarking, da hier der Daten- und Informationsaustausch schnell und einfach funktionieren kann und Vertraulichkeitsprobleme keine Rolle spielen dürften. Die Beteiligten der Untersuchung sind sich häufig gegenseitig bekannt, so dass die Initiierung der erforderlichen Kommunikation im Allgemeinen unproblematisch ist. Auch kann durch ein regelmäßig praktiziertes internes Benchmarking ein fruchtbarer interner Wettbewerb angestoßen werden. Der Nachteil des internen Benchmarking ist darin zu sehen, dass das Potential möglicher Verbesserungen relativ gering ist. Es fehlen die Anregungen fur große Veränderungen, da nur die jeweils besten Lösungen im eigenen Haus bzw. in Unternehmensbereichen mit ähnlichem Aufbau und ähnlichen organisatorischen Gegebenheiten als Vergleichsmaßstab herangezogen werden können. Im Gegensatz zum internen werden beim externen Benchmarking Unternehmen miteinander verglichen, die keine gemeinsame Leitung besitzen. Das externe Benchmarking kann nach den folgenden drei Arten weiter differenziert werden: (1) Konkurrenzbezogenes Benchmarking Hier werden Produkte, Leistungen und Abläufe des eigenen Unternehmens mit denen unmittelbarer Konkurrenten verglichen. Die Auswahl geeigneter Partner dürfte hier einfach sein, der Kreis der unmittelbaren Wettbewerber ist im Allgemeinen überschaubar. 166

Vgl. G. Siebert u. S. Kempf, (Benchmarking 2002), S. 34.

162

4 Langfristig operatives Controlling

Das Problem wird darin bestehen, den oder die in Betracht gezogenen Partner für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. Eine derartige Untersuchung ist nur dann sinnvoll, wenn die Partner zu einem offenen Informationsaustausch bereit sind. Dies wird dann nicht der Fall sein, wenn für den Partner der mögliche Verlust von Wettbewerbsvorteilen gravierender oder wahrscheinlicher ist als der Nutzen, den er aus dem Vergleich ziehen kann. Wichtig ist hier weiterhin eine klare vertragliche Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes und der auszutauschenden Daten. Häufig werden mit der Durchführung des konkurrenzbezogenen Benchmarking externe Organisationen, wie z.B. Hochschulinstitute oder Unternehmensberater betraut. (2) Branchenbezogenes Benchmarking Bei dieser Form sind die Vergleichspartner Unternehmen, die gleichartige Leistungen erstellen, aber nicht in Konkurrenz zueinander stehen. Ein Beispiel ist der Vergleich zweier Automobilfirmen, von denen eine hochpreisige Luxuskarossen anbietet, während die andere Massenprodukte erstellt. Aufgrund der fehlenden Konkurrenzsituation wird hier die Bereitschaft der Partner zur Zusammenarbeit und zum offenen Informationsaustausch keine wesentlichen Probleme darstellen, da das gegenseitige voneinander Lernen keine Nachteile erbringen kann. (3) Branchenfremdes Benchmarking Das branchenfremde Benchmarking, das auch als funktionales oder generisches Benchmarking bezeichnet wird, kann sich naturgemäß nur auf die Verfahren und Prozesse zur Leistungserstellung beziehen, nicht auf die Produkte und Leistungen selbst. Da in diesen Fällen in keiner Weise Wettbewerbsaspekte betroffen sind, ergeben sich mit den ausgewählten Partnern keine Probleme bezüglich der Vertraulichkeit der auszutauschenden Informationen. Ein bekanntes Beispiel für branchenfremdes Benchmarking ist der Vergleich der Fertigungsprozesse eines Pralinenherstellers mit denen eines Produzenten von Mikrochips. Bei beiden Produktionsprozessen muss auf die Reinheit und die Empfindlichkeit der Produkte geachtet werden, so dass durch die Übernahme der Abläufe des Partners völlig innovative Lösungen entstehen. Der Ablauf eines Benchmarking-Projekts vollzieht sich üblicherweise in zwölf Arbeitsschritten, die sich zu vier grundsätzlichen Phasen des Benchmarking zusammenfassen lassen. Übersicht 4.9 zeigt die einzelnen Phasen mit den dazugehörigen Arbeitsschritten.167 Am Anfang steht die Planung des Benchmarking-Projekts. Hier sind als Erstes festzulegen, welche Objekte, d.h. Produkte, Leistungen oder Prozesse, Gegenstand der Untersuchung sein sollen. Diese Auswahl wird im Allgemeinen durch erkannte Kosten- und Qualitätsprobleme bei den Produkten oder Unternehmensteilbereichen bestimmt werden. Im zweiten Schritt sind der oder die Benchmarking-Partner auszuwählen und für die Zusammenarbeit in dem Projekt zu motivieren. Das konkrete Vorgehen wird hier in hohem Maße davon bestimmt, für welche der oben genannten Arten des Benchmarking sich entschieden wird.

167

Vgl. N. Zdrowomyslaw u. R. Kasch, (Benchmarking 2002), S. 149

4.5 Rationalisierungsentscheidungen

163

1. Bestimmung des Benchmarking-Objekts Ü Ζ ta Ζ < J

2. Identifizieren der Benchmarking-Partner

PLH

3. Festlegung der Methoden der Datenerhebung a

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