Citymanagement: Innenstadt-Belebung mit System - starke Zentren mit Erlebnisqualität gestalten [1. Aufl. 2020] 978-3-658-26644-8, 978-3-658-26645-5

Dieses Buch ist Leitfaden, Ideenquelle und Nachschlagewerk für alle, die für die Gestaltung zukunftsfähiger Innenstädte

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German Pages XXIII, 310 [318] Year 2020

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Citymanagement: Innenstadt-Belebung mit System - starke Zentren mit Erlebnisqualität gestalten [1. Aufl. 2020]
 978-3-658-26644-8, 978-3-658-26645-5

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XXIII
Front Matter ....Pages 1-1
„Schöne Grüße aus Bad Ödesleben!“ oder „Was Innenstädten den Todesstoß versetzt“ (Frank Manfrahs)....Pages 3-13
Front Matter ....Pages 15-15
Es muss was passieren: Citymanagement als Antwort auf die Krise der Innenstädte und Ortszentren (Frank Manfrahs)....Pages 17-55
Vom austauschbaren Produkt zum einzigartigen Markenerlebnis: Profilbildung für Innenstädte und Ortszentren (Frank Manfrahs)....Pages 57-80
Ergebnisorientiert und strukturiert arbeiten: Vorstellung eines einfachen Projektmanagement-Modells für Citymanagement-Starter (Frank Manfrahs)....Pages 81-86
Front Matter ....Pages 87-87
Werben, informieren, im Gespräch sein: Innenstadt-Belebung durch gezielte Standortkommunikation (Frank Manfrahs)....Pages 89-105
Shoppen zum Erlebnis machen: Innenstadt-Belebung durch Förderung von Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie (Frank Manfrahs)....Pages 107-153
Frischer Wind für leere Läden: Innenstadt-Belebung durch branchenorientiertes Leerstandsmanagement (Frank Manfrahs)....Pages 155-184
Immer was los: Innenstadt-Belebung durch den Aufbau zugkräftiger Veranstaltungen (Frank Manfrahs)....Pages 185-204
Ankommen, wohlfühlen, verweilen: Innenstadt-Belebung durch Schaffung von Aufenthaltsqualität (Frank Manfrahs)....Pages 205-245
„Endlich am Ziel!“ – Innenstadt-Belebung durch Schaffung einer optimalen Erreichbarkeit (Frank Manfrahs)....Pages 247-265
Zentrenumbau erfolgreich meistern: Innenstadt-Belebung mit Hilfe von Baustellenmarketing (Frank Manfrahs)....Pages 267-273
„Wir laden gern’ uns Gäste ein!“ – Innenstadt-Belebung durch touristische Potenzialentwicklung (Frank Manfrahs)....Pages 275-280
Front Matter ....Pages 281-281
Einblick in ein aktuelles Citymanagement-Projekt: Hohenlimburg-Report, Teil 1 (Frank Manfrahs)....Pages 283-291
Blick über den Tellerrand: Erfolgsmuster und Mutmacher jenseits von Innenstädten (Frank Manfrahs)....Pages 293-294
Was Innenstädte von Einkaufszentren lernen können! – Ein Interview mit Michael Grundmann (Frank Manfrahs)....Pages 295-299
Schlusswort oder einfach „Herzliche Grüße aus Bad Schönesleben!“ (Frank Manfrahs)....Pages 301-302
Back Matter ....Pages 303-311

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Frank Manfrahs

Citymanagement Innenstadt-Belebung mit System – starke Zentren mit Erlebnisqualität gestalten

Citymanagement

Frank Manfrahs

Citymanagement Innenstadt-Belebung mit System – starke Zentren mit Erlebnisqualität gestalten

Frank Manfrahs Geschäftsführung Frank Manfrahs Stadtmarketing & Citymanagement Gelsenkirchen, Deutschland

ISBN 978-3-658-26644-8    ISBN 978-3-658-26645-5  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Für meine Frau Meike, meinen Sohn Henri, meine Mutter Anita und meinen Vater Heinz. Und für alle, denen lebendige Innenstädte am Herzen liegen!

Vorwort

Zahlreiche Innenstädte sowie Orts- und Stadtteilzentren kämpfen aufgrund verschiedenster Ursachen zunehmend mit existenziellen Problemen: Umsatz- und Frequenzverluste, leerstehende Ladenlokale, ein unattraktives Einzelhandelsangebot, wachsender Kaufkraftabfluss, spürbar nachlassende Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum und vieles mehr. Die Liste der zu bewältigenden Aufgaben auf dem Weg zur Erhaltung und Stärkung traditionell gewachsener Stadt- und Ortsmitten ist lang. Betroffen sind dabei nicht nur die Ortskerne von Klein- und Mittelstädten; auch Innenstädte und Stadtteilzentren größerer Kommunen sehen sich häufig mit den oben genannten Negativentwicklungen konfrontiert. Selbst innenstädtische Nebenstraßen mit direkter Anbindung an frequenzstarke Fußgängerzonen in allerbester 1a-Lage geraten vielfach ins Abseits. Ausgehend von dieser kurzen Zustandsbeschreibung rund um das Phänomen der klassischen Ortsmitten soll das vorliegende Buch praktische Unterstützung bei der Bekämpfung solcher Miseren geben. Je nach Bedarf kann es als Einführung, Leitfaden, Ideenquelle oder Nachschlagewerk verwendet werden. Denn: bei aller Standortindividualität ähneln sich viele grundsätzliche Entwicklungen. Die eingangs aufgezählten Kennzeichen für den Niedergang von Ortszentren sind also oftmals typisch. Folglich lassen sich allgemeingültige Methoden zur Lösung von Standardproblemen definieren. Aber: keinesfalls geht es darum, pauschale Patentrezepte nach „Schema F“ aufzuzeigen, sondern vielmehr ein praxisorientiertes Starterset für angestrebte Verbesserungsprozesse in Innenstädten und Ortsmitten zur Verfügung zu stellen, quasi eine Auswahl an Möglichkeiten und Vorschlägen, die selbstredend auf die individuellen Bedürfnisse vor Ort abzustimmen sind. So enthält dieses Buch neben grundlegenden theoretischen Ausführungen konkrete Praxisbeispiele -teilweise aus meinem eigenen Leben als freiberuflicher Citymanager an verschiedenen Standorten- sowie Arbeitshilfen, insbesondere in Form von Checklisten für verschiedenste Citymanagement-Aufgabenbereiche und -projekte. Dieses alles soll einen schnellen Einstieg in die Materie ermöglichen. Ergänzend habe ich für die Verwaltung komplexer Innenstadt-Prozesse das 9K-Citymanagement-Modell entwickelt. Dieses bringt die grundsätzlichen Anforderungen an professionelle Zentreninitiativen auf den Punkt und hilft, bei diesen den nötigen Überblick zu behalten. Den inhaltlichen Schwerpunkt des Buches stellen neben Hinweisen zum grundsätzlichen Aufbau von VII

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Vorwort

Citymanagement-­Initiativen die Aufgaben- und Themenfelder dar, um welche sich Citymanager im Rahmen ihrer Arbeit typischerweise kümmern bzw. bei denen sie „mit am Tisch sitzen“, also mitreden und mitgestalten. „Innenstadt-Belebung mit System“ richtet sich an alle am Thema Interessierten, unabhängig davon, ob sie konkreter Berufseinsteiger, bereits praktizierender Citymanager mit frischem Inspirationsbedarf oder Impulsgeber vor Ort sind, welcher sich auf lokaler Ebene für die Einrichtung eines Citymanagements starkmacht. Fühlen Sie sich alle herzlich angesprochen! Aus Gründen eines angenehmen Leseflusses habe ich an den entsprechenden Stellen im Buch die männliche Form verwendet, welche jeweils selbstredend auch die weibliche sowie die diverse Ansprache mit abdeckt. Wenn ich an manchen Stellen nur einen der Begriffe „Innenstadt“, „Ortsmitte“ oder einen anderen verwende, sind alle anderen Zentrenarten wie z. B. Ortskerne oder Stadtteilzentren selbstverständlich ebenfalls angesprochen, sofern die gemachten Aussagen für diese zutreffend erscheinen. Die entsprechende Beurteilung, ob manche im Buch vorgestellte Innenstadt-Idee auch in der Ortsmitte eines wenige hundert Seelen großen Dorfes funktioniert, kann ein jeder Leser vor dem Hintergrund der persönlichen Kenntnisse seines Standortes und der dortigen Gegebenheiten eigentlich nur selber treffen. Wie bereits erwähnt, versteht sich das Buch unter anderem als eine Art Werkzeugkasten, in welchen bedarfs-, also standortgerecht, hineingegriffen werden kann. Beenden möchte ich dieses kurze Vorwort nicht ohne den Hinweis auf meine feste Überzeugung, dass ein Nieder- oder gar Untergang unserer oftmals wunderbaren Innenstädte und Ortsmitten ein immenser gesellschaftlicher Verlust wäre. Deshalb müssen wir uns unbedingt um den Erhalt und die Stärkung unserer Zentren kümmern. Lassen Sie uns also mit der Arbeit beginnen! GelsenkirchenFrank Manfrahs , im Mai 2019

Grau ist alle Theorie. Entscheidend is’ auf’m Platz! (Adi Preißler)

Danke!

Die Erstellung dieses Buches wäre für mich in der vorliegenden Form nicht ohne Unterstützung möglich gewesen. Inhaltlich beraten und unterstützt haben mich Manuela Kase, Geschäftsführerin des Stadtmarketing Elmshorn e.V. und meine Berufseinstiegsmentorin Anfang des Jahrtausends bei der Gesellschaft für Stadtmarketing Siegen e.V., sowie Stephanie Erben, Leiterin des Fachbereichs Handel und Dienstleistungen an der südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK). Die beiden haben alle einzelnen Teile des Buches kritisch begutachtet, wertvolle inhaltliche Hinweise gegeben und neue bzw. ergänzende Ideen und Verbesserungsvorschläge beigesteuert. Meine Ehefrau Meike Simon hat von Beginn an mit großem Engagement viele, viele einzelne, teils noch bruchstückhafte Textelemente auf ihre innere Logik sowie deren gute Lesbar- und Verständlichkeit hin überprüft und mir immer wieder konkret passende Korrekturvorschläge unterbreitet. Seitens des Springer Gabler Verlags hat mich mein Lektor Rolf-Günther Hobbeling hervorragend betreut. Seine zahlreichen wichtigen Anmerkungen und Tipps und seine jederzeitige Ansprechbarkeit waren von enormer Bedeutung, um dieses Buch strukturiert und zielgerichtet innerhalb eines Zeitraums von etwas weniger als einem Jahr verfassen zu können. Ganz wichtig: alle haben mir jederzeit das Gefühl gegeben, auf dem richtigen Weg unterwegs zu sein. Daraus habe ich in schwierigen Schreibphasen immer wieder neuen Mut und frische Motivation zum Weitermachen gewonnen. Ihnen allen gilt somit mein besonderer Dank! Frank Manfrahs

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Teil I  Schreckensszenario 1 „Schöne Grüße aus Bad Ödesleben!“ oder „Was Innenstädten den Todesstoß versetzt“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   3 1.1 Ausgangssituation ����������������������������������������������������������������������������������������   3 1.2 Nicht allein auf weiter Flur: Bad Ödesleben gibt es überall!������������������������   4 1.3 Zum Teil schuldlos, zum Teil viel selber „verbockt“: Gründe für das Bad Ödesleben-Dilemma ������������������������������������������������������������������������������������   5 1.3.1 Wer soll das alles kaufen? – Wettbewerb und wirtschaftliche Entwicklungen����������������������������������������������������������������������������������   6 1.3.2 Die Menschen ändern sich: Gesellschaftliche Entwicklungen ��������   7 1.3.3 Ziemlich unverständlich: Ungenügende Unterstützung durch Politik und Verwaltung����������������������������������������������������������������������   7 1.3.4 Darf’s ein bisschen weniger sein? – Mängel im Händlerverhalten������������������������������������������������������������������������������   8 1.3.5 Wie sieht’s denn hier aus?! – Unzureichende Standortattraktivität��������������������������������������������������������������������������   9 1.3.6 Kaum zu gebrauchen: Schlechte Geschäftsflächen und unprofessionelle Immobilieneigentümer������������������������������������������  10 1.3.7 Auch das noch: „Höhere Gewalt“����������������������������������������������������  11 1.3.8 Wie ein Haus ohne Dach: Fehlendes Standortmanagement und -marketing ����������������������������������������������������������������������������������������  11 1.4 Fazit��������������������������������������������������������������������������������������������������������������  11 1.5 Arbeitshilfe: Erkenntnis-Checkliste „Mein Standort“����������������������������������  12 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  13

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Teil II  Lösungen finden, Strategien entwickeln, Strukturen schaffen 2 Es muss was passieren: Citymanagement als Antwort auf die Krise der Innenstädte und Ortszentren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  17 2.1 Jetzt gilt’s: Citymanagement aufbauen und organisieren ����������������������������  17 2.2 Definition der Citymanagement-Handlungsfelder����������������������������������������  18 2.2.1 Strategieentwicklung������������������������������������������������������������������������  18 2.2.2 Standortkommunikation��������������������������������������������������������������������  19 2.2.3 Förderung von Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie��������������������������������������������������������������������������������������  19 2.2.4 Leerstandsmanagement��������������������������������������������������������������������  19 2.2.5 Eventmanagement����������������������������������������������������������������������������  20 2.2.6 Stadtgestaltung und Aufenthaltsqualität ������������������������������������������  20 2.2.7 Verkehrsplanung ������������������������������������������������������������������������������  21 2.2.8 Sonstige Aufgabenfelder������������������������������������������������������������������  21 2.2.9 Alles hängt mit allem zusammen: Empfehlung einer ganzheitlichen Aufgabenbetrachtung������������������������������������������������  21 2.3 Wer macht’s? – Eine Übersicht möglicher Trägermodelle für Citymanagement-Initiativen��������������������������������������������������������������������������  22 2.3.1 Gründung einer Citymanagement-Organisation (eingetragener Verein)����������������������������������������������������������������������  22 2.3.2 Werbegemeinschaften u. ä. ��������������������������������������������������������������  24 2.3.3 BID & Co.����������������������������������������������������������������������������������������  24 2.3.4 Stadtmarketing- und Wirtschaftsförderungsorganisationen��������������  25 2.3.5 Interessen- bzw. Auftraggebergemeinschaften ��������������������������������  25 2.4 Finanzierungsbausteine��������������������������������������������������������������������������������  26 2.4.1 Mitgliedsbeiträge������������������������������������������������������������������������������  26 2.4.2 Öffentliche Zuschüsse����������������������������������������������������������������������  26 2.4.3 Verfügungsfonds ������������������������������������������������������������������������������  26 2.4.4 LEADER-Programm für den ländlichen Raum��������������������������������  28 2.4.5 Sponsoringbeiträge ��������������������������������������������������������������������������  28 2.4.6 Projektabhängige Umlagen��������������������������������������������������������������  29 2.4.7 Kommunales Budget������������������������������������������������������������������������  29 2.4.8 Teilnahme an Wettbewerben ������������������������������������������������������������  29 2.5 Auf gute Zusammenarbeit! – Menschen, mit denen es Citymanager zu tun haben��������������������������������������������������������������������������������������������������  30 2.5.1 Private Akteure����������������������������������������������������������������������������������  30 2.5.2 Öffentliche Akteure��������������������������������������������������������������������������  32 2.5.3 Anmerkungen zum Umgang mit Problemakteuren��������������������������  33 2.6 Gedanken zur Auswahl und Einrichtung eines Citymanagement-Büros ������  36

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2.7 Kreativer Heilsbringer oder machtloser Erfüllungsgehilfe: Der Citymanager als wesentlicher Erfolgsfaktor für gelingende Innenstadtprozesse����������������������������������������������������������������������������������������  37 2.7.1 Bewerberanforderungen��������������������������������������������������������������������  38 2.7.2 Netzwerke, Ansprechpartner und Weiterbildungsmöglichkeiten für Citymanager��������������������������������������������������������������������������������  42 2.7.3 Praktische Tipps für den Citymanager-Alltag����������������������������������  43 2.7.4 Anmerkungen zu Arbeitsbedingungen für Citymanager������������������  48 2.8 Alles gut unter Kontrolle: Mit dem neuen 9K-Citymanagement-Modell Innenstadt-Prozesse erfolgreich verwalten ��������������������������������������������������  50 2.9 Fazit��������������������������������������������������������������������������������������������������������������  54 2.10 Checkliste „Citymanagement aufbauen“������������������������������������������������������  55 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  55 3 Vom austauschbaren Produkt zum einzigartigen Markenerlebnis: Profilbildung für Innenstädte und Ortszentren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  57 3.1 „Wer für nichts Besonderes steht, steht für gar nichts!“ – Zur Notwendigkeit der Angebotsdifferenzierung im Wettbewerb der Standorte ������������������������������������������������������������������������������������������������  57 3.2 Ein klares Profil muss her!����������������������������������������������������������������������������  59 3.3 Die Innenstadt als Marke������������������������������������������������������������������������������  61 3.3.1 Ursprung und Weiterentwicklung des Markenbegriffs ��������������������  61 3.3.2 Aufgaben von Marken����������������������������������������������������������������������  62 3.3.3 Markeninhalte ����������������������������������������������������������������������������������  64 3.3.4 Markenauftritt ����������������������������������������������������������������������������������  65 3.3.5 Innenstadtrelevante Markenarten������������������������������������������������������  66 3.3.6 Weitere Markenbegriffe��������������������������������������������������������������������  67 3.3.7 Trends und Entwicklungen im Bereich Markenmanagement����������  68 3.3.8 Marken sind wertvoll!����������������������������������������������������������������������  68 3.4 Erlebnisorientierung als inhaltlicher Haupttreiber für funktionierende Innenstadt-Marken����������������������������������������������������������������������������������������  69 3.4.1 Was ist ein Erlebnis?������������������������������������������������������������������������  70 3.4.2 Vier Bausteine für die Erlebnisplanung��������������������������������������������  70 3.4.3 Innenstädtische Erlebnis-Potenzialfelder������������������������������������������  72 3.5 „Wer nicht auffällt, ist tot!“ – Aufmerksamkeit als (Über-)Lebenselexier für die „Marke Innenstadt“ ��������������������������������������������������������������������������  73 3.5.1 Erzeugung von Aufmerksamkeit als Pflichtaufgabe für Innenstädte����������������������������������������������������������������������������������������  73 3.5.2 Vier ausgewählte Marketinginstrumente, um als Innenstadt (positiv) aufzufallen��������������������������������������������������������������������������  74

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3.6 Fazit��������������������������������������������������������������������������������������������������������������  78 3.7 Arbeitshilfe: Checkliste Profil- und Markenbildung������������������������������������  79 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������  79 4 Ergebnisorientiert und strukturiert arbeiten: Vorstellung eines einfachen Projektmanagement-Modells für Citymanagement-Starter. . . . . . . . . . . . . . .  81 4.1 Ausgangssituation und daraus folgender Lösungsansatz������������������������������  81 4.2 Projektmanagement-Phasen��������������������������������������������������������������������������  82 4.2.1 Projektvorbereitung��������������������������������������������������������������������������  83 4.2.2 Projektdurchführung ������������������������������������������������������������������������  84 4.2.3 Projektnachbereitung������������������������������������������������������������������������  85 4.3 Fazit��������������������������������������������������������������������������������������������������������������  85 4.4 Arbeitshilfe: Checkliste Projektmanagement ����������������������������������������������  86 Teil III  Citymanagement-Arbeitsfelder 5 Werben, informieren, im Gespräch sein: Innenstadt-Belebung durch gezielte Standortkommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  89 5.1 Einleitung������������������������������������������������������������������������������������������������������  89 5.2 Noch immer gefragt: Klassische Werbemaßnahmen für die City����������������  89 5.2.1 Plakatwerbung����������������������������������������������������������������������������������  90 5.2.2 Flyerverteilung����������������������������������������������������������������������������������  91 5.2.3 Printsonderseiten������������������������������������������������������������������������������  91 5.2.4 Radiowerbung ����������������������������������������������������������������������������������  91 5.2.5 Bannerwerbung ��������������������������������������������������������������������������������  92 5.2.6 Herausgabe eines Citymagazins ������������������������������������������������������  93 5.3 Auf direktem Wege zum Empfänger������������������������������������������������������������  94 5.3.1 Newsletter & Newsticker������������������������������������������������������������������  94 5.3.2 Mailings��������������������������������������������������������������������������������������������  94 5.4 Innenstadt-Kommunikation online ��������������������������������������������������������������  95 5.4.1 Webseite��������������������������������������������������������������������������������������������  95 5.4.2 Soziale Medien���������������������������������������������������������������������������������  95 5.4.3 Standort-Apps ����������������������������������������������������������������������������������  98 5.5 Immer für ’ne Schlagzeile gut: Gezielte Pressearbeit als Fundament einer regelmäßigen und glaubwürdigen öffentlichen Berichterstattung����������������  99 5.5.1 Einleitung������������������������������������������������������������������������������������������  99 5.5.2 Pressetermine vorbereiten und durchführen ������������������������������������ 100 5.5.3 Hinweise zur Herausgabe und Erstellung von Medieninfos������������ 103 5.6 Fazit�������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 104 5.7 Arbeitshilfe: Checkliste Standortkommunikation���������������������������������������� 105 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 105

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6 Shoppen zum Erlebnis machen: Innenstadt-­Belebung durch Förderung von Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 6.1 Blick in den Rückspiegel: Einzelhandel von gestern bis heute�������������������� 108 6.1.1 Eine kleine Geschichte des Einkaufens�������������������������������������������� 108 6.1.2 Persönlicher Einkaufserlebnis-Mythos des Autors, Teil 1: Das Westfalenkaufhaus in Gelsenkirchen���������������������������������������� 110 6.1.3 Persönlicher Einkaufserlebnis-Mythos des Autors, Teil 2: Das Einkaufen im eigenen Stadtteil�������������������������������������������������� 111 6.1.4 Zur gesellschaftlichen Bedeutung des lokalen Einzelhandels���������� 112 6.2 Um ihn allein geht’s: Der (begeisterte) Kunde als Mittelpunkt aller Einzelhandelsaktivitäten ������������������������������������������������������������������������������ 113 6.2.1 Wie Kunden zu Stammkunden werden�������������������������������������������� 114 6.2.2 Mit exzellentem Service und kundengerechter Beratung punkten �� 114 6.2.3 Das Angebot inszenieren, den „Kaufappetit“ anregen���������������������� 116 6.2.4 Das eigene Angebot wirksam vermarkten���������������������������������������� 117 6.2.5 Exkurs: Kaufentscheidungsprozesse verstehen und erfolgreich steuern ���������������������������������������������������������������������������������������������� 120 6.2.6 Mit spannenden Geschichten Kunden binden���������������������������������� 122 6.2.7 Bad Practice: Service vergeigt und den Buchautor als zukünftigen Stammkunden verloren �������������������������������������������������������������������� 122 6.2.8 Best Practice 1: Ein Eldorado in Sachen Kindermode: „Sophies Welt“ in Wardenburg �������������������������������������������������������� 124 6.2.9 Best Practice 2: Feinkost in Verbindung mit hervorragendem Service: Die „Ammerländer Schinkendiele“ in Bad Zwischenahn ������������������������������������������������������������������������������������ 126 6.2.10 Best Practice 3: Ein kleiner Gruß aus dem Kaufmannsladen ���������� 129 6.2.11 Arbeitshilfe: Checkliste „Allgemeine Kunden- und Verkaufsorientierung im lokalen Einzelhandel“ ������������������������������ 130 6.3 „Gibt’s nicht“ geht nicht! – Gastronomie als unverzichtbarer Bestandteil eines ganzheitlichen Innenstadterlebnisses�������������������������������������������������� 131 6.3.1 Arten und Funktionen innenstädtischer Gastronomieangebote�������� 131 6.3.2 Belebungselement Straßencafé �������������������������������������������������������� 132 6.3.3 Möglichkeiten zur Förderung der Innenstadt-Gastronomie�������������� 133 6.3.4 Arbeitshilfe: Checkliste Innenstadt-Gastronomie���������������������������� 134 6.4 Hier gibt’s was zu tun: lokale Einzelhandelsförderung als Kernaufgabe von Citymanagement-Initiativen������������������������������������������������������������������ 134 6.4.1 Ziele der Förderung des Einzelhandels�������������������������������������������� 135 6.4.2 Gemeinschaftswerbung initiieren ���������������������������������������������������� 135 6.4.3 Einzelhandelsorientierte Veranstaltungen und Sonderaktionen organisieren�������������������������������������������������������������������������������������� 136

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6.4.4 Standort-Kundenservices entwickeln������������������������������������������������ 138 6.4.5 Interne Fördermaßnahmen���������������������������������������������������������������� 143 6.4.6 Möglichkeiten und Grenzen der einzelbetrieblichen Förderung������ 144 6.4.7 Wissen, ob’s läuft: Controlling-Instrumente für den Einkaufsstandort Innenstadt�������������������������������������������������������������� 145 6.4.8 Abschließende Bemerkungen zum Anspruchsdenken mancher Geschäftsleute vor Ort���������������������������������������������������������������������� 147 6.4.9 Arbeitshilfe: Checkliste Einzelhandelsförderung und Gemeinschaftsaktionen �������������������������������������������������������������������� 148 6.5 Wo Shoppen heute schon auf Zukunft trifft: Beispielhafte Initiativen und Projekte zur digitalen Weiterentwicklung des stationären Einzelhandels ���������������������������������������������������������������������� 149 6.5.1 Einzelhandelslabor und City Lab Südwestfalen ������������������������������ 149 6.5.2 FutureCity Langenfeld���������������������������������������������������������������������� 150 6.5.3 ShoppingLAB Aachen���������������������������������������������������������������������� 150 6.5.4 B8ta �������������������������������������������������������������������������������������������������� 151 6.5.5 Barbara Frères Kindermoden������������������������������������������������������������ 151 6.6 Fazit und Anmerkungen�������������������������������������������������������������������������������� 152 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 153 7 Frischer Wind für leere Läden: Innenstadt-­Belebung durch branchenorientiertes Leerstandsmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 7.1 Leerstand ist leider schon normal!���������������������������������������������������������������� 155 7.2 Starterwissen und grundlegende Arbeitshilfen �������������������������������������������� 156 7.2.1 Passives vs. aktives Leerstandsmanagement������������������������������������ 156 7.2.2 Arbeitshilfe: Erfassungsformular für Mietangebote und -gesuche ������������������������������������������������������������������������������������ 156 7.2.3 Das Flächenkataster als zentrales Arbeitsinstrument������������������������ 158 7.2.4 Anmerkungen zur Arbeit mit Mietspiegeln�������������������������������������� 158 7.2.5 Berücksichtigung von integrierten Standortkonzepten �������������������� 158 7.2.6 Innenstadttypische Sortimente���������������������������������������������������������� 159 7.2.7 Kennzahlen �������������������������������������������������������������������������������������� 159 7.2.8 Lageeinteilungen������������������������������������������������������������������������������ 160 7.2.9 Grundkenntnisse der gewerblichen Mietvertragsgestaltung ������������ 160 7.3 Unterwegs zwischen Mietinteressent und Vermieter: Die Zusammenarbeit mit den beiden wichtigsten Leerstandsmanagement-Akteursgruppen �������� 162 7.3.1 Immobilieneigentümer���������������������������������������������������������������������� 162 7.3.2 Filialisten als Mietinteressenten mit vermuteter Magnetfunktion���� 164 7.3.3 Wenn Individualität gefragt ist: Existenzgründer finden und beraten���������������������������������������������������������������������������� 165 7.3.4 Franchising: als Existenzgründer wie ein Filialist auftreten������������ 168 7.3.5 Hinweise zur Zusammenarbeit mit Dritten�������������������������������������� 168

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7.4 Von einfachem Standard bis hochkreativ: Das Thema „Leerstand“ wirksam vermarkten�������������������������������������������������������������������������������������� 170 7.4.1 Infomaterial�������������������������������������������������������������������������������������� 170 7.4.2 Infostand bei Stadtfesten������������������������������������������������������������������ 170 7.4.3 Schaufensterplakat-Kampagne �������������������������������������������������������� 171 7.4.4 Leerstandsbörse im Internet�������������������������������������������������������������� 171 7.4.5 Leerstandsrundgänge������������������������������������������������������������������������ 172 7.4.6 Kreative Leerstandsaktionen������������������������������������������������������������ 172 7.4.7 Exkurs: „Profil- und Markenbildung für die Innenstadt“ ���������������� 174 7.5 Nicht einfach drauflos vermieten: Leerstand als Chance zur Steuerung des Branchen- und Nutzungsmixes�������������������������������������������������������������� 174 7.5.1 Vermeidung von und Umgang mit Mindernutzungen���������������������� 174 7.5.2 Neue Chancen durch Schrumpfung und Konzentration des innenstädtischen Einzelhandelsangebotes���������������������������������������� 175 7.5.3 Nutzungsideen für die multifunktionale Innenstadt der Zukunft���������������������������������������������������������������������������������������������� 176 7.6 Mehr als nur Leerstandskosmetik: Mit sinnvollen Zwischennutzungskonzepten freie Flächen vorübergehend beleben������������ 177 7.7 Eingreifen, bevor es zu spät ist: Maßnahmen der präventiven Leerstandsvermeidung���������������������������������������������������������������������������������� 179 7.7.1 S.O.S.: Beratung bei Krisensignalen von Bestandsbetrieben ���������� 179 7.7.2 Aktive Nachfolgersuche�������������������������������������������������������������������� 180 7.8 Fazit�������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 180 7.9 Arbeitshilfen ������������������������������������������������������������������������������������������������ 181 7.9.1 Checkliste Leerstandsmanagement�������������������������������������������������� 181 7.9.2 Checkliste Zwischennutzungen�������������������������������������������������������� 182 7.9.3 Muster Zwischennutzungsvereinbarung ������������������������������������������ 183 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 184 8 Immer was los: Innenstadt-Belebung durch den Aufbau zugkräftiger Veranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 8.1 Grundsätzliche Gedanken vorab ������������������������������������������������������������������ 185 8.2 Anders als andere: Veranstaltungen als einzigartiges Erlebnis �������������������� 187 8.2.1 Bausteine für den Event-Erfolg�������������������������������������������������������� 187 8.2.2 Einbindung der Händlerschaft ins Veranstaltungsprogramm������������ 188 8.2.3 Inspirationsquellen für die Gestaltung von Veranstaltungskonzepten und -programmen������������������������������������ 189 8.3 Jede Menge zu beachten: Veranstaltungsmanagement als umfangreiche Projektaufgabe���������������������������������������������������������������������������������������������� 190 8.3.1 Infrastruktur bzgl. Energieversorgung���������������������������������������������� 190 8.3.2 Sicherheit und Ordnung�������������������������������������������������������������������� 190 8.3.3 Sauberkeit ���������������������������������������������������������������������������������������� 191

XX

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8.3.4 Achtung, Urheberrecht! – Anmeldepflicht von Musiknutzungen bei der GEMA���������������������������������������������������������������������������������� 192 8.3.5 Künstlersozialkasse (KSK) �������������������������������������������������������������� 193 8.3.6 Einholung ordnungsbehördlicher Genehmigungen�������������������������� 193 8.3.7 Veranstaltungskosten und Finanzierungsbausteine�������������������������� 194 8.3.8 Verträge mit Teilnehmern abschließen���������������������������������������������� 195 8.3.9 Veranstaltungen bekanntmachen������������������������������������������������������ 196 8.4 Märkte als besondere Veranstaltungsform���������������������������������������������������� 196 8.4.1 Zentrenbelebendes Element Wochenmarkt�������������������������������������� 196 8.4.2 Einladung zum Schlendern und Verweilen: Feierabendmärkte als temporärer Erlebnistreffpunkt in der City ���������������������������������� 198 8.4.3 Weihnachts- und Adventsmärkte������������������������������������������������������ 201 8.4.4 Sonstige Marktformen und –ideen���������������������������������������������������� 202 8.5 Fazit�������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 202 8.6 Arbeitshilfe: Checkliste Veranstaltungsmanagement������������������������������������ 203 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 204 9 Ankommen, wohlfühlen, verweilen: Innenstadt-Belebung durch Schaffung von Aufenthaltsqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 9.1 Vieles könnte so schön sein …! – Ein einleitender Gedankenmix zum Thema „Aufenthaltsqualität“������������������������������������������������������������������������ 205 9.1.1 Aufenthaltsqualität, was ist das eigentlich?�������������������������������������� 205 9.1.2 Schaffung von Aufenthaltsqualität als privat-öffentliche Gemeinschaftsaufgabe���������������������������������������������������������������������� 206 9.1.3 Stadtgestaltung als privater Investitionsanreiz���������������������������������� 206 9.1.4 Innenstadtqualität als Instrument gegen Fachkräftemangel�������������� 207 9.1.5 Der Citymanager als Stadtgestalter�������������������������������������������������� 207 9.2 Ein wohltuender Anfang: Entrümpeln, Aufräumen, die Blicke öffnen! ������ 208 9.2.1 Überladung vermeiden���������������������������������������������������������������������� 208 9.2.2 Abgenutztes aussortieren������������������������������������������������������������������ 209 9.2.3 Fehlendes erkennen�������������������������������������������������������������������������� 209 9.2.4 Barrierefreiheit berücksichtigen������������������������������������������������������� 209 9.2.5 Regelmäßige Optimierungsrundgänge organisieren������������������������ 210 9.3 Raus aus der Schmuddelecke! – Nur eine saubere City ist eine Wohlfühl-City ���������������������������������������������������������������������������������������������� 211 9.4 Gefahrenherd Innenstadt? – Hinweise zur Erhöhung des allgemeinen Sicherheitsempfindens in zentralen Lagen���������������������������������������������������� 215 9.4.1 Abbau von Angsträumen������������������������������������������������������������������ 215 9.4.2 Schaffung von Sicherheit für Verkehrsteilnehmer���������������������������� 216 9.5 Aus (meiner) Erfahrung gut: Einige Denkansätze zugunsten einer belebungsorientierten Stadtgestaltung���������������������������������������������������������� 217 9.5.1 „Schön interessant“ schlägt „Schön langweilig“������������������������������ 217 9.5.2 „Knochenprinzip plus Etappenkonzept“ als Straßenmodell ������������ 218

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XXI

9.5.3 Vier Gestaltungsdimensionen als Erfolgsrezept ������������������������������ 218 9.5.4 Aufenthaltsqualität mit allen Sinnen������������������������������������������������ 219 9.5.5 Anmerkungen zur Arbeit mit Gestaltungssatzungen������������������������ 220 9.6 So viele Möglichkeiten! – Anregungen zur Gestaltung des öffentlichen Raums ���������������������������������������������������������������������������������������������������������� 221 9.6.1 Stadtmobiliar������������������������������������������������������������������������������������ 221 9.6.2 Stadtbeleuchtung������������������������������������������������������������������������������ 224 9.6.3 Bodenbeläge�������������������������������������������������������������������������������������� 225 9.6.4 Stadtgrün ������������������������������������������������������������������������������������������ 225 9.6.5 Weihnachtsbeleuchtung und weitere Stadtdekorationen������������������ 226 9.6.6 Wasser in der Stadt���������������������������������������������������������������������������� 229 9.6.7 Spielflächen�������������������������������������������������������������������������������������� 231 9.6.8 Hausfassaden������������������������������������������������������������������������������������ 232 9.6.9 Außengestaltung von Geschäften ���������������������������������������������������� 232 9.6.10 Plätze beleben ���������������������������������������������������������������������������������� 233 9.6.11 Straßencafés�������������������������������������������������������������������������������������� 235 9.6.12 Kunst im öffentlichen Raum ������������������������������������������������������������ 237 9.6.13 Innenstadtumbau ������������������������������������������������������������������������������ 241 9.6.14 Digitale Mehrwerte für den Aufenthalt im öffentlichen Raum�������� 242 9.7 Fazit�������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 243 9.8 Arbeitshilfe: Checkliste Aufenthaltsqualität ������������������������������������������������ 244 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 245 10 „Endlich am Ziel!“ – Innenstadt-Belebung durch Schaffung einer optimalen Erreichbarkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 10.1 Gute Erreichbarkeit als Standortvorteil������������������������������������������������������ 247 10.2 Der Citymanager als Unterstützer der innenstädtischen Verkehrsplanung ���������������������������������������������������������������������������������������� 248 10.3 Optimierung der City-Erreichbarkeit für Fußgänger���������������������������������� 248 10.4 Optimierung der City-Erreichbarkeit für Fahrradfahrer ���������������������������� 249 10.5 Optimierung der City-Erreichbarkeit für Bus- und Bahnnutzer ���������������� 250 10.6 Optimierung der City-Erreichbarkeit für Auto- und Motorradfahrer��������� 251 10.6.1 Ortswegweiser und Beschilderungen�������������������������������������������� 251 10.6.2 Parkplatzsuche������������������������������������������������������������������������������ 252 10.6.3 Parkgebühren�������������������������������������������������������������������������������� 254 10.6.4 Parkplätze und Parkhäuser������������������������������������������������������������ 256 10.7 Gedanken zu verkehrsbezogenen „Nutzungsänderungen“ in Innenstädten und Ortszentren �������������������������������������������������������������������� 257 10.7.1 Umgestaltung befahrener Einkaufsstraßen in Fußgängerzonen������ 257 10.7.2 Öffnung von Fußgängerzonen für den motorisierten Individualverkehr�������������������������������������������������������������������������� 258 10.7.3 Einrichtung von „Straßen für alle“ ���������������������������������������������� 260 10.7.4 Abschließende Bewertung von verkehrsbezogenen „Nutzungsänderungen“ ���������������������������������������������������������������� 260

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10.8 Einwurf: Grundlegende Anmerkungen zur Zukunft des Autoverkehrs in Innenstädten�������������������������������������������������������������������������������������������� 261 10.9 Fazit������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 262 10.10 Arbeitshilfe: Checkliste Erreichbarkeit������������������������������������������������������ 262 Literatur������������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 265 11 Zentrenumbau erfolgreich meistern: Innenstadt-Belebung mit Hilfe von Baustellenmarketing. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 11.1 Baustellenmarketing als Beitrag zur Krisenabwehr������������������������������������ 267 11.2 Baustellenmarketing-Komponenten������������������������������������������������������������ 268 11.2.1 Information ���������������������������������������������������������������������������������� 268 11.2.2 Aktion ������������������������������������������������������������������������������������������ 269 11.2.3 Kommunikation���������������������������������������������������������������������������� 270 11.3 Fazit������������������������������������������������������������������������������������������������������������ 271 11.4 Arbeitshilfe: Ideen-Checkliste Baustellenmarketing���������������������������������� 272 12 „Wir laden gern’ uns Gäste ein!“ – Innenstadt-Belebung durch touristische Potenzialentwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 12.1 Chancen zur Beteiligung des Citymanagements an touristischen Bemühungen zugunsten der Innenstadt������������������������������������������������������ 275 12.2 Arbeitshilfe: Ideencheckliste Innenstadt-Tourismus���������������������������������� 279 Teil IV  Mehrwert-Input für die Citymanagement-Praxis 13 Einblick in ein aktuelles Citymanagement-­Projekt: Hohenlimburg-Report, Teil 1. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 13.1 Standort und Ausgangslage������������������������������������������������������������������������ 283 13.2 Installierung eines Innenstadt-Managements���������������������������������������������� 285 13.3 Arbeitsbedingungen������������������������������������������������������������������������������������ 285 13.4 Der Auftrag ������������������������������������������������������������������������������������������������ 285 13.5 Das erste halbe Jahr������������������������������������������������������������������������������������ 287 13.6 Zwischenresumée���������������������������������������������������������������������������������������� 290 13.7 Fortsetzung folgt!���������������������������������������������������������������������������������������� 290 14 Blick über den Tellerrand: Erfolgsmuster und Mutmacher jenseits von Innenstädten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 14.1 Apple: Aus existenzieller Krise zum wertvollsten Unternehmen der Welt������ 293 14.2 Puma: Aus der Ramschecke zur angesagten Lifestyle-Marke�������������������� 294 15 Was Innenstädte von Einkaufszentren lernen können! – Ein Interview mit Michael Grundmann. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 16 Schlusswort oder einfach „Herzliche Grüße aus Bad Schönesleben!“ . . . . . . 301 Stichwortverzeichnis �������������������������������������������������������������������������������������������������� 303

Über den Autor

Dipl.-Kfm. Frank Manfrahs  ist freier Berater, Dienstleister, Trainer und Dozent für Citymanagement und beschäftigt sich seit nahezu zwei Jahrzehnten mit dem Thema „Belebung von Innenstädten“. Durch die Tätigkeit in verschiedenen Funktionen und an unterschiedlichen Standorten verfügt er über ein umfangreiches Wissen auf diesem Gebiet, verbunden mit einer großen Portion an Praxiserfahrung.

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Teil I: Schreckensszenario

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„Schöne Grüße aus Bad Ödesleben!“ oder „Was Innenstädten den Todesstoß versetzt“

Zusammenfassung

In vielen Innenstädten kriselt’s, und zwar gewaltig. Verödungstendenzen greifen spürbar um sich und die City ist oftmals nicht mehr DER Standort der gesamten Stadt, die Ortsmitte nicht mehr DER Treffpunkt im Dorf, in der Gemeinde oder im Stadtteil. Vieles wird weniger: die Menschen auf der Straße, der Umsatz in den Läden, die Anzahl und die Qualität der Geschäfte am Standort. Ursachen dafür gibt es eine Menge. Zum Teil kommen diese von außen und sind nicht änderbar, viele hingegen sind hausgemacht und könnten somit strukturiert angegangen werden. Einleitend erfolgt ein kurzer Überblick über die wichtigsten Zentrenprobleme. Anhand der fiktiven Stadt Bad Ödesleben werden beispielhafte Ursachen für diese Probleme aufgeführt. Ziel ist es, zum einen nachdrücklich das Bewusstsein für die Gefahr eines umfassenden Innenstadt-­ Sterbens zu schärfen, und zum anderen, die Problemfelder zu identifizieren, für welche in den einzelnen Kapiteln des Buches Lösungsansätze  und Maßnahmenideen vorgestellt werden. Eine „Erkenntnis-Checkliste“ soll dem Leser bei der Einschätzung helfen, ob und in welchem Ausmaß an seinem Standort eine konkrete Kümmerung um das eigene Orts- bzw. Stadtzentrum nötig scheint.

1.1

Ausgangssituation

Viele Innenstädte, Geschäftsstraßen und Stadtteilzentren stehen zunehmend unter Druck. Insbesondere Ladenleerstand, stark zurückgehende Passantenfrequenzen, Umsatz- und Kaufkraftverluste sowie Attraktivitätseinbußen sowohl in Bezug auf das lokale Einzelhandels- und Gastronomieangebot als auch auf das äußere Erscheinungsbild sind häufige Merkmale solcher Krisensituationen. Auch Standorte, welche aktuell noch gut funktionieren, erkennen zunehmend, dass sie sich aktiv um ihre zentralen Lagen kümmern müssen, um diese für die Zukunft zu stärken. So sagte mir bereits im Jahr 2005 der Filialleiter eines © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 F. Manfrahs, Citymanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_1

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1  „Schöne Grüße aus Bad Ödesleben!“ oder „Was Innenstädten den Todesstoß versetzt“

großen Kaufhauskonzerns, dass im Einzelhandel kaum noch gesicherte Prognosen selbst für relativ kurze Zeiträume erstellt werden könnten. Es sei höchst unseriös, wenn er mir gegenüber Aussagen treffen würde, wie es um sein Haus in einem halben Jahr bestellt sein würde. Rund 14 Jahre später lässt sich feststellen, dass sich die Situation nicht gebessert hat, im Gegenteil. Einst etablierte Marken, z. B. im Modebereich, fallen plötzlich von der „Tischkante“ und schließen in mehr oder weniger großem Stil eigene Geschäfte. Exem­ plarisch für dieses Phänomen stehen aktuell bekannte Namen wie Gerry Weber, Bonita, Adler, Tom Tailor, Esprit oder Hugo Boss.1 Die Gründe hierfür sind in unserer extrem schnelllebigen und von stetigem Wandel geprägten Zeit oft nicht wirklich bis ins kleinste Detail auszumachen, andere sind hingegen sehr gut erkennbar. Ein Beispiel wie das kürzlich von Rassismusvorwürfen begleitete Werbedesaster von H&M in Südafrika zeigt aber auch, wie durch unternehmensseitige Unachtsamkeit quasi aus dem Nichts heraus und somit völlig unerwartet Flächenbrände mit Verbraucherboykott und Shitstorms in den sozialen Medien entstehen und eine bisher gut angesehene Marke enorm beschädigen können. Einige weitere Varianten, die zum Scheitern von Einzelhandelsunternehmen und somit auch zu Geschäftsaufgaben in den Innenstädten führen können, werden wir im Verlaufe dieses Kapitels kennenlernen.

1.2

Nicht allein auf weiter Flur: Bad Ödesleben gibt es überall!

Für meine regelmäßigen Vortragstätigkeiten zum Thema Citymanagement habe ich mir den fiktiven Standort Bad Ödesleben ausgedacht. Anhand diesem erläutere ich, welche vielfältigen Gründe dazu beitragen können, dass Innenstädte und Ortszentren in der Kunden- und Besuchergunst massiv ins Hintertreffen geraten. Ergänzend zeige ich im Rahmen dieser Vorträge die zu den jeweiligen Aussagen passenden Bilder. Diese habe ich vielerorts im Rahmen von Exkursionen, Ausflügen und Urlaubsreisen aufgenommen, verorte sie im Rahmen der Präsentation jedoch allesamt in Bad Ödesleben. Im Anschluss daran präsentiere ich auf gleiche Weise und als positiven Gegenpart den relativ erfolgreichen Nachbarstandort Bad Schönesleben und berichte, was dort unternommen wurde, um mit der eigenen Innenstadt vergleichsweise gut dazustehen und positiv gestimmt in die Zukunft blicken zu können. Auf diese Weise entsteht eine kleine Bildergeschichte in zwei Akten, welche den Zuschauern gut nachvollziehbar vor Augen führt, mit welchen Problemen und dahinterliegenden Ursachen es Innenstädte heute zu tun haben und welche grundsätzlichen Lösungsansätze es gibt. Diese Vorträge ernten viel Zustimmung, insbesondere, wenn es im ersten Teil um die Standortbeschreibung von Bad Ödesleben geht. So nehme ich hier und da ein Kopfnicken wahr oder halblaut vernehmbare Selbstbestätigungen à la „Genau wie bei uns!“, und immer wieder gibt es im Anschluss an eine offizielle Diskussions- und Fragerunde noch weitergehenden persönlichen Gesprächsbedarf einiger Teilnehmer. Das  Aus: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) v. 07.01.2019: „Deutsche Modefirmen in der Krise“. 1

1.3 Zum Teil schuldlos, zum Teil viel selber „verbockt“: Gründe für das Bad…

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Abb. 1.1  Dieses traurige Postkartenmotiv zeigt die verlassene Innenstadt von Bad Ödesleben mit leeren Schaufenstern und einem Straßencafé, dessen Tische und Stühle sehnlich auf Gäste warten. (Quelle: Eigene Darstellung)

alles zeigt mir: aktive Bemühungen zur Stärkung von Innenstädten und Ortsmitten werden immer wichtiger. Deshalb lade ich alle Leser zu Beginn dieses Buches -quasi als Grundlage für alle weiteren späteren Ausführungen- auf eine kleine gedankliche Reise nach Bad Ödesleben ein, um uns gemeinsam anzuschauen, wie dort der Niedergang der Innenstadt (vgl. Abb. 1.1) zustande kam.

1.3

 um Teil schuldlos, zum Teil viel selber „verbockt“: Gründe Z für das Bad Ödesleben-Dilemma

Der Fairness halber muss man den Bad Ödeslebenern zugestehen, dass ihre Innenstadt äußeren Einflüssen unterlag, auf die sie wie die Akteure an allen anderen Standorten keinen oder nur wenig Einfluss hatten. Auf der anderen Seite gibt es jedoch Ursachen, welche dem fehlerhaften Verhalten aller Handelnden vor Ort zuzuordnen sind. Im Folgenden werden wesentliche Ursachen für die Entstehung gravierender Probleme in der Bad ­Ödeslebener Innenstadt aufgeführt, welche so oder zumindest in Teilen auch exemplarisch für die Negativentwicklung vieler anderer Stadtzentren zu sehen sind.

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1  „Schöne Grüße aus Bad Ödesleben!“ oder „Was Innenstädten den Todesstoß versetzt“

1.3.1 W  er soll das alles kaufen? – Wettbewerb und wirtschaftliche Entwicklungen Nehmen wir zunächst die aktuell im Zusammenhang mit Zentrenproblemen meistgenannte Ursache, den Onlinehandel. Dieser verzeichnet stetig zweistellige Zuwachsraten pro Jahr, die Expansion des Phänomens schreitet fort. Rund jeder achte Einzelhandels-Euro wird aktuell im Internet verdient, Tendenz steigend. Bei einem jährlichen Gesamtumsatz des deutschen Einzelhandels in Höhe von rund € 520 Milliarden im Jahr 2018 bedeutet dieses einen Anteil von über € 50 Milliarden (Firlus 2018). Ein Umstand, den natürlich auch die City von Bad Ödesleben in den letzten Jahren zu spüren bekam. Massive Konkurrenz spürten viele Einzelhändler in Bad Ödesleben zudem durch ein ungebremstes Flächenwachstum sowohl in der Region als auch in ihrer eigenen Kommune. Eine neue Einkaufspassage in der einen Nachbarstadt, ein Outlet-Center in der anderen, ein skandinavisches Möbelhaus mit etlichen tausend Quadratmetern an innenstadtrelevanten Sortimenten, offiziell relativ lapidar als „zulässiges Randsortiment“ betitelt, in der dritten. Auch innerhalb der eigenen Stadtgrenzen wurde handelstechnisch enorm „aufgerüstet“. Ein Fachmarktzentrum inkl. Lebensmittel-Vollsortimenter und -discounter (welcher im Non-Food-Bereich dermaßen aktiv war, als wäre es sein Hauptgeschäft) in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt, ein SB-Warenhaus im Industriegebiet des Nachbarstadtteils sowie ein völlig überdimensioniertes Einkaufszentrum am Ende der Fußgängerzone. Nach und nach blieb nicht mehr genug Nachfrage und somit Umsatz für alle übrig, einige inhabergeführte Fachgeschäfte in der Ödeslebener Innenstadt gaben resigniert auf, darunter das in vierter Generation geführte Haushaltswarengeschäft Steingut, der alteingesessene Metzgereibetrieb Fleischmann sowie die Traditionsbäckerei „Laib & Seele“ am alten Marktplatz. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auf dem an die Bad Ödeslebener Innenstadt direkt angrenzenden Kirmesplatz zweimal pro Woche eine mobile Großkonkurrenz in Form eines regionalen Riesen-Flohmarktes stattfand, welcher mit einem ausgeprägten Neuwarenverkauf aufwartete. Die diesbezügliche Beschwerde der innenstädtischen Einzelhändler an ihren seit 38 Jahren amtierenden Bürgermeister Hubertus Schirkheimer wischte dieser mit der Begründung vom Tisch, dass es sich bei Flohmarktneuware meistens um Restposten oder B-Ware handeln würde, welche nicht in Konkurrenz zu den Qualitätsprodukten im „regulären“ Handel stünden. Im Gegenteil sei der Flohmarkt ein Alleinstellungsmerkmal der Stadt und er sei sich ziemlich sicher -auch wenn er es zugegebener Maßen nicht belegen könne-, dass dieser nicht nur viele auswärtige Besucher anziehen würde, sondern dass diese nach ihrem Flohmarktbesuch auch noch einen Gang durch die Innenstadt machen würden, wenn sie denn schon einmal vor Ort wären. So würde er es ja schließlich selber auch machen, wenn er in der Haut eines solchen F ­ lohmarktbesuchers stecken täte. Tatsache war natürlich, dass kaum einer der auswärtigen Flohmarktbesucher in die Ödeslebener Innenstadt kam. Statt inhabergeführter Fachgeschäfte dominierten somit zusehends Filialisten das innenstädtische Gesamtbild. Doch auch diese hatten es nicht leicht. Wegen der seit Jahren

1.3 Zum Teil schuldlos, zum Teil viel selber „verbockt“: Gründe für das Bad…

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im Modebereich vorhandenen Marktsättigung mussten zwei Fashion-Markenstores am Standort schließen. Deren textile Ware ließ sich immer schlechter an den Mann bzw. an die Frau bringen. Insgesamt wurde das Einkaufsangebot im  Bad Ödeslebener Zentrum  im Vergleich zu anderen Innenstädten im Umland somit immer uninteressanter. Im Zuge dieses regionalen Standortwettbewerbs kehrten nicht wenige Bad Ödeslebener Bürger ihrer eigenen City aufgrund des in den Nachbarstädten als besser empfundenen Einkaufserlebnisses den Rücken. Kaufkraft wanderte ab.

1.3.2 Die Menschen ändern sich: Gesellschaftliche Entwicklungen Die Gesellschaft, und damit auch die Bad Ödeslebener Bevölkerung, wurde im Laufe der vergangenen Jahre und Jahrzehnte weniger, älter und bunter. Stichwort „Demographischer Wandel“. Damit änderte sich nicht nur die Art der Kundschaft, sondern auch die Höhe des Besucheraufkommens in der Ödeslebener Innenstadt, und zwar nach unten. In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat sich zudem ein Wandel im Verhalten und in den Einstellungen der Kunden vollzogen. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang vor allem eine deutlich nachlassende Loyalität zu den Geschäften, in denen eingekauft wird. Der Kunde lässt sich schwieriger als früher zum Stammkunden machen. Wer früher seine Jeans immer strikt bei „Hosen Müller“ aussuchte, schaut sich heute gern’ auch mal woanders um. Dazu kommt eine gestiegene Preisaffinität. „Geiz ist geil!“ dachten sich denn auch viele Bad Ödeslebener und verlernten in diesem Zuge weitestgehend, dass Dinge nicht nur einen Preis, sondern auch einen Wert haben, und gingen nicht mehr so häufig in die Fachgeschäfte vor Ort, sondern dorthin, wo mit den vermeintlich kleinsten Preisen geworben wurde. Im Zusammenhang mit dem gerade genannten Thema Preissensibilität spielt sicherlich zudem die viel beschworene Krise der Mittelschicht eine Rolle. Auch in der Ödeslebener Bevölkerung ging die Schere zwischen „Ich muss auf den Preis achten!“ und „Der Preis ist mir egal. Ich kauf’, was mir gefällt!“ immer weiter auseinander. Insbesondere Händler mit Angeboten im mittleren Preissegment bekamen das zu spüren. Auf der einen Seite etablierten sich in Nebenstraßen der Ödeslebener Innenstadt zwischenzeitlich einige wenige Läden mit höherpreisigen Sortimenten, auf der anderen Seite belegten in bester Lauflage zunehmend „Billigheimer“ Geschäftsflächen, auf denen vormals der klassische „gesunde Mittelstand“ seine Einkaufsmöglichkeiten vorfand.

1.3.3 Z  iemlich unverständlich: Ungenügende Unterstützung durch Politik und Verwaltung Passend zu der unter Pkt. 1.3.1 dargestellten kleinen Flohmarktanekdote sei erwähnt, dass die Vertreter der Bad Ödeslebener Werbegemeinschaft von jeher eine fehlende Unterstützung durch Politik und Verwaltung beklagten. So diente die Innenstadt im Laufe der Jahr-

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1  „Schöne Grüße aus Bad Ödesleben!“ oder „Was Innenstädten den Todesstoß versetzt“

zehnte immer wieder als politischer Zankapfel für kontroverse, teils ideologisch geprägte Zentrenvisionen, von denen schlussendlich keine einzige umgesetzt wurde. Dazu wurden durch die städtische Verwaltung regelmäßig dringende Genehmigungsprozesse verschiedenster Art so lange „verschleppt“, bis Investoren wieder absprangen oder externe Veranstalter für neue City-Events die Lust verloren. Im Rahmen offizieller Anlässe wurde hingegen gerne regelmäßig darauf verwiesen, dass die Innenstadt ein wichtiges Aushängeschild für die Gesamtstadt sei und dass man das Engagement der dort handelnden privaten Akteure sehr schätzen und dieses selbstredend jederzeit gerne unterstützen würde. Aber: Meistens wurde bei wichtigen Planungen und Entscheidungen „über die Köpfe“ der Betroffenen hinweg und an den Bedürfnissen der Bürger vorbei gehandelt. Alleine drei größere innenstädtische Bauruinen sowie eine äußerst „ungastlich“ gestaltete Platzsituation direkt hinter dem Ödeslebener Dom zeugen in diesem Zusammenhang von einem deutlichen Behördenversagen. Nicht weniger ärgerlich waren regelmäßig erlassene, völlig überzogene Auflagen sowie immer mal wieder neu eingeführte Gebührenarten zu Ungunsten des Einzelhandels und der Gastronomie, welche sich daraufhin gegängelt und „abgezockt“ statt unterstützt fühlten, was das Klima zwischen privaten und öffentlichen Akteuren zusehends vergiftete.

1.3.4 D  arf’s ein bisschen weniger sein? – Mängel im Händlerverhalten Leider waren auch etliche Geschäftsleute der Bad Ödeslebener Innenstadt in ihrem eigenen Handeln nicht unbedingt sehr geschickt. Statt konstruktiv zusammenzuarbeiten, bevorzugten sie mehrheitlich das klassische Einzelkämpfertum. Als Folge davon gab es so gut wie keine Gemeinschaftsaktionen, dafür aber jede Menge individuelle und somit uneinheitliche Öffnungszeiten. An sinnvolle größere Kooperationsprojekte wie die Herausgabe eines gemeinsamen Geschenk-Gutscheines oder ähnliches war für die nur noch wenige Mitglieder zählende „Werbegemeinschaft Bad Ödesleben-Mitte e.V.“ unter diesen Umständen nicht zu denken. Die Händlergemeinschaft litt seit Jahren darunter, dass sich kaum noch jemand für die Vorstandsarbeit fand und sich insgesamt immer weniger Mitglieder an der aktiven, nicht geringer werdenden Vereinsarbeit beteiligten. „Viel Last auf wenigen Schultern“ also. Obendrein ließen auch die Bemühungen und Fähigkeiten vieler Händler und Gastronomen in Bezug auf eine ausreichende Attraktivität ihres Geschäftes sehr zu wünschen übrig. So waren einige Unternehmenskonzepte nach und nach einfach nicht mehr ­zeitgemäß, andere nicht immer von Grund auf wirklich gut durchdacht. Bei weiteren machten sich die fehlenden unternehmerischen Fähigkeiten des Inhabers bemerkbar. Das Verschlafen von Trends, falsche Preisgestaltung, mangelhafte Präsentation der Ware, kaum Service, eine schlechte Beratung oder keine Informationsmöglichkeiten zum Sortiment im Internet seien nur als einige wenige von vielen Versäumnissen genannt. Bei manchen kamen noch unglückliche, teils missverständliche Namensgebungen für ihren Betrieb hinzu. Ich erinnere

1.3 Zum Teil schuldlos, zum Teil viel selber „verbockt“: Gründe für das Bad…

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mich daran, wie ich vor ein paar Jahren mit meiner Frau in Bad Ödesleben zu Besuch war und wir ein Geschäft namens „Giftshop“ entdeckten, wohinter sich nicht wie zunächst vermutet das Büro des örtlichen Kammerjägers, sondern bei genauerem Hinsehen ein in englischer Sprache betitelter Geschenkartikelladen verbarg.

1.3.5 W  ie sieht’s denn hier aus?! – Unzureichende Standortattraktivität Die Bad Ödeslebener Innenstadt war gekennzeichnet von einer geringen Aufenthaltsqualität. Das bereits angesprochene „unglückliche“ Verhalten seitens Politik und Verwaltung war in Bezug auf das Stadtbild nicht zu übersehen. Wenig Begrünung, veraltetes und kaum aufeinander abgestimmtes Stadtmobiliar und ein seit Jahrzehnten aufliegender und offensichtlich kaum gepflegter Bodenbelag ergaben insgesamt ein von maximaler Lieblosigkeit geprägtes Ambiente, an welchem auch der eine oder andere privat organisierte Verschönerungsversuch der Werbegemeinschaft nicht viel ändern konnte. Als Folge der negativen Ausstrahlung des öffentlichen Raums sahen sich zudem die Immobilieneigentümer kaum motiviert, ihre Fassaden „in Schuss“ zu halten. Hinzu kam ein von Bürgern und Kunden immer wieder angesprochenes allgemeines Unsicherheitsempfinden, welches neben den bereits genannten Faktoren durch einen unvorteilhaften Mix aus mangelnder Sauberkeit im Straßenbereich, zunehmenden Leerständen, vermehrten Nutzungen wie Wettbüros und Ein-Euro-Shops sowie von innenstädtischen Angsträumen (z. B. die Treppenaufgänge in den städtischen Parkhäusern) hervorgerufen wurde. Der sog. Trading Down-Effekt war im Zentrum von Bad Ödesleben immer weiter auf dem Vormarsch. Dazu kam eine äußerst schlechte Erreichbarkeit der Innenstadt. Egal, auf welchem Wege die Bad Ödeslebener ihre City besuchen wollten, es wurde ihnen nicht einfach gemacht. Wer mit dem Bus aus einem der Stadtteile anreiste, musste meistens zweimal umsteigen. Wer mit dem Auto kam, wusste aufgrund eines fehlenden Parkleitsystems nicht, welches Parkhaus er bevorzugt ansteuern sollte. Für Radfahrer fehlten fast gänzlich eigene Radwege. Und wer sich als ortsfremder Fußgänger auf die Wegweiser zu einzelnen zen­ tralen Punkten verließ, merkte an der nächsten Kreuzung meist, dass der dort notwendige Folgewegweiser fehlte. Wie anderenorts auch, wurde in der Bad Ödeslebener Innenstadt lange und sehr einseitig auf das vermeintliche Erfolgspferd „Einkaufsstandort“ gesetzt, andere u. U. sinnvolle Ergänzungsnutzungen, z. B. aus den Bereichen Gastronomie, Freizeit und Kultur, vernachlässigte man hingegen sträflich. So wurden die von einem Investor geplanten ­Ansiedlungen eines Kinos und eines Fitness-Centers in einer leer stehenden Einkaufspassage von verschiedenen Seiten öffentlich torpediert und damit letztendlich zur Strecke gebracht, weil man glaubte, hier auf Dauer wieder vollumfänglich Einzelhandel ansiedeln zu können (was natürlich nicht gelang). Zudem entwickelte sich über die Jahre am Standort ein unzureichender Branchenmix, der sowohl in Hinsicht auf die Angebotsqualität als auch auf die Sortimentsvielfalt zu wünschen übrig ließ.

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1  „Schöne Grüße aus Bad Ödesleben!“ oder „Was Innenstädten den Todesstoß versetzt“

Selbst die Bad Ödeslebener Innenstadt-Events waren auf Dauer nicht mehr das, was sie früher einmal waren, exemplarisch dargestellt am viertägigen Stadtfest, welches jährlich immer am ersten Septemberwochenende stattfand. Nahezu jedem Programmpunkt merkte man über die Jahre zunehmend an, dass offensichtlich nicht genügend Geld vorhanden war, um ein Mindestmaß an Qualität einzukaufen. Auch wiederholten sich etliche dieser Programmpunkte von mal zu mal in allzu offensichtlicher Weise, zu wenig Neues wurde geboten. So ließ das Besucherinteresse irgendwann allmählich nach. Ähnlich verhielt es sich mit weiteren Veranstaltungen in der Ödeslebener City, insbesondere dem Wochenmarkt, welcher über die Jahre immer mehr an Zuspruch verlor. Die Zahl der Stände ging innerhalb von fünf Jahren von rund 20 auf heute durchschnittlich vier zurück, von denen meistens zwei Textil- statt Frischemarkt-Sortimente vorhalten.

1.3.6 K  aum zu gebrauchen: Schlechte Geschäftsflächen und unprofessionelle Immobilieneigentümer Große Probleme gab es bei der Vermietung von Leerständen in der Bad Ödeslebener Innenstadt, weil die entsprechenden Flächen oftmals von Größe und Zuschnitt her nicht den zeitgemäßen Bedürfnissen vieler Einzelhandelskonzepte entsprachen. „Zu klein, zu verschnitten, zu viele Säulen, Eingang nicht barrierefrei.“, so die regelmäßige Standardantwort von Mietinteressenten nach der Besichtigung verschiedener Flächen. Zu allem Überfluss riefen einige Immobilieneigentümer deutlich überhöhte Mietpreise auf, ohne auf der anderen Seite die unbedingt fälligen Flächensanierungen anzugehen. Des Weiteren bestand kaum ein Bewusstsein für mögliche negative Folgen im Zusammenhang mit Neuansiedlungen. „Hauptsache vermieten!“ lautete in den meisten Fällen die Devise. So kam es, dass sich einige Flächenbelegungen zum Nachteil für das gesamte nähere Umfeld auswirkten und aktiv zum bereits erwähnten Trading Down-Effekt beitrugen, z.  B. deswegen, weil die neue Nutzung Zielgruppen anzog, die ihren Müll einfach auf die Straße warfen und/oder ständig in angsteinflößenden Grüppchen vor dem Laden „herumlungerten“. Andere Hauseigentümer, die es sich leisten konnten, handelten stattdessen in entgegengesetzter Weise nach dem Motto „Lieber Leerstand, als sich kümmern müssen oder Ärger mit Mietern haben!“. Insgesamt herrschte somit ein weitestgehend unprofessioneller Umgang mit leerstehenden Ladenlokalen, zumal selbst die örtlichen Makler unter den gegebenen Gesamtbedingungen kaum Chancen für die Ansiedlung qualitätsvoller Nutzungen sahen und sich dementsprechend am Standort Innenstadt kaum noch engagierten. Selbst die kommunale Wirtschaftsförderung als für das Thema „gewerbliche Ansiedlung“ z­ uständige Organisation hatte irgendwann erst das Interesse und dann den Anschluss verloren. So fehlte ihr ab einem gewissen Zeitpunkt weitestgehend der Überblick über die Eigentumsverhältnisse in der Bad Ödeslebener Innenstadt, geschweige denn, dass sie aktiven Kontakt zu dortigen Immobilieneigentümern gehabt bzw. gesucht hätte.

1.4 Fazit

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1.3.7 Auch das noch: „Höhere Gewalt “ Einige kaum vorhersehbare „Einschläge“ hielt das Jahr 2018 für etliche Standorte gleichermaßen bereit, und somit natürlich auch für Bad Ödesleben. Angefangen beim Jahrhundert-­Sommer, dessen Hitze über Wochen und Monate die Lust der Kundschaft auf ein Shopping-Erlebnis in der City deutlich in Grenzen hielt, gefolgt von langen milden Phasen in der zweiten Jahreshälfte, aufgrund derer ein Großteil der Herbst- und Winterware in den Modegeschäften liegenblieb.2 Ein kleiner Trost für das aus Sicht des Handels empfundene Wetterdebakel wäre es  vielleicht gewesen, wenn die  deutsche Fußball-­ Nationalmannschaft eine halbwegs ordentliche WM gespielt und den Ödeslebener Gastronomen zumindest eine Handvoll zünftiger und somit umsatzträchtiger Public Viewing-­ Abende spendiert hätten Bekanntermaßen war das jedoch  nicht der Fall. Dazu kommt obendrein der nationale Innenstadt-Aufreger des Jahres schlechthin: Insgesamt sorgte die Gewerkschaft ver.di wie auch an vielen anderen Standorten aufgrund erfolgreicher Klagen für die Absage aller vier verkaufsoffenen Sonntage in der Bad Ödeslebener Mitte. Diese besonderen Tage mit Rahmenprogramm waren über Jahre hinweg erfolgreich gewachsen und stellten für viele Besucher aus der ganzen Region einen willkommenen Anlass dar, ihrer Nachbarstadt einen Besuch abzustatten und sich das dortige Einzelhandelsangebot gemeinsam mit der ganzen Familie einmal in Ruhe anzuschauen, was vielen von ihnen „unter der Woche“ so kaum möglich war.

1.3.8 W  ie ein Haus ohne Dach: Fehlendes Standortmanagement und -marketing Selbstverständlich wurden letztlich auch keine professionellen Kommunikationsmaßnahmen zugunsten der Bad Ödeslebener Innenstadt in Gang gesetzt. Regelmäßige positive Nachrichten aus der City aufgrund einer strukturierten Pressearbeit oder Werbemaßnahmen für den Standort existierten somit nicht. Es gab schlichtweg niemanden, der sich gezielt um dieses wie auch um viele andere wichtige Dinge vor Ort kümmerte. Wie bereits beschrieben, war die Werbegemeinschaft in dieser Hinsicht völlig überfordert.

1.4

Fazit

Wie sich am Beispiel von Bad Ödesleben schnell feststellen lässt, kann es eine Vielzahl von Gründen geben, warum es in Stadtzentren und Ortsmitten nicht gut läuft. Auf einige Ursachen haben die handelnden Akteure vor Ort kaum bis gar keinen Einfluss. Andersherum gibt es jedoch auf lokaler Ebene viele „Angriffspunkte“ für eine positive  Aus: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) v. 07.01.2019: „Deutsche Modefirmen in der Krise“. 2

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1  „Schöne Grüße aus Bad Ödesleben!“ oder „Was Innenstädten den Todesstoß versetzt“

Innenstadtentwicklung. Diese Haupterkenntnis aufgrund der obigen Zustandsbeschreibung der Bad Ödeslebener City, welche in ihrer aktuellen Situation übrigens kaum noch überlebensfähig erscheint, bildet den Ausgangspunkt für die weiteren Ausführungen in diesem Buch.

1.5

Arbeitshilfe: Erkenntnis-Checkliste „Mein Standort“

Die folgende Checkliste liefert Unterstützung bei der Analyse der individuellen Situation vor Ort und hilft bei der Bewertung, ob dort größere Bemühungen zur Stärkung des Zen­ trums notwendig sind und welche inhaltlichen Schwerpunkte dabei im Bedarfsfall gesetzt werden sollten. Erkenntnis-Checkliste „Mein Standort“ Die Situation in Hinsicht auf die unten aufgeführten Bewertungskriterien ist an meinem Standort … (Zutreffendes bitte ankreuzen!) ok nicht ok Passantenfrequenzen Ladenleerstand Branchenmix Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie sowie Nutzungsmix insgesamt Kaufkraftbindung und Zentralität zeitgemäßer Zustand der Einzelhandelsflächen (z. B. Zuschnitt, Größe, Barrierefreiheit) Sicherheit und Sauberkeit allgemeine Aufenthaltsqualität Veranstaltungen (Feste, Märkte, Aktionen) Händlerprofessionalität (z. B. Beratung, Service, Sortimente, Angebotsinszenierung) Standortkommunikation (Pressearbeit, Werbung, persönlicher Austausch) Gemeinschaftshandeln (z. B. durch aktive Werbegemeinschaft) Einbindung Immobilieneigentümer Kümmerungsstrukturen/Citymanagement Parken, Verkehr, Erreichbarkeit allgemeine Kundenzufriedenheit Sonstiges, z. B.: Vorläufiges Fazit (z. B. Einrichtung von Citymanagement sinnvoll/nicht sinnvoll):

ok, aber das könnte sich in absehbarer Zeit ändern!

Anmerkungen

Literatur

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Literatur Internet Firlus, Th. (2018). Zweistellig wachsen? Willkommen im Onlinehandel. WirtschaftsWoche. https://www.wiwo.de/unternehmen/handel/e-commerce-2018-zweistellig-wachsen-willkommen-im-onlinehandel/23894604.html. Zugegriffen am 07.05.2019.

Zeitungsartikel Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) v. (07. Januar. 2019). Deutsche Modefirmen in der Krise.

Teil II: Lösungen finden, Strategien entwickeln, Strukturen schaffen

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Es muss was passieren: Citymanagement als Antwort auf die Krise der Innenstädte und Ortszentren

Zusammenfassung

Die Erkenntnis, dass Innenstädte aktive Unterstützung in Form einer Citymanagement-­ Initiative benötigen, ist vielerorts vorhanden. In diesem Kapitel wird vorgestellt, wie ein solches aufgebaut und umgesetzt werden kann und welche Themen im Rahmen eines ganzheitlich ausgerichteten Citymanagement-Prozesses grundsätzlich eine Rolle  spielen. Neben der Schaffung von Organisationsstrukturen kommt es insbesondere auf die Auswahl eines erfolgreich agierenden Citymanagers an, weshalb intensiv auf die fachlichen und persönlichen Anforderungen an diesen eingegangen wird. Das neue 9K-Citymanagement-Modell hilft, einen guten Überblick über die kompletten örtlichen Citymanagement-Bemühungen zu wahren. Eine abschließende Checkliste bietet Unterstützung bei den ersten Schritten auf dem Weg zur Einrichtung einer örtlichen Innenstadt-Initiative, welche sich um die Bewältigung der vorhandenen Citymanagement-­Aufgaben kümmert.

2.1

Jetzt gilt’s: Citymanagement aufbauen und organisieren

Anhand des Beispiels Bad Ödesleben dürfte klar geworden sein, dass es vielen Innenstädten und Ortszentren häufig am Grundsätzlichen mangelt. Wenn auch nicht alle, so ließen sich eine Menge Probleme mit großer Sicherheit lösen, wenn sie professionell angegangen würden. Der Ansatz hierfür ist der Aufbau und die Installierung eines zentralen Managements für die Innenstadt. Dieses kümmert sich um bestimmte Arbeitsfelder direkt, im Falle anderer Zuständigkeiten wird es beratend und/oder mitarbeitend hinzugezogen. Nur durch abgestimmtes Handeln in allen Dingen wird ein Zentrum auf Sicht als komplette Einheit wahrgenommen werden. Es ist davon auszugehen, dass Citymanagement eine dauerhafte und somit keine vorübergehende Aufgabe ist, da sich Innenstädte und

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 F. Manfrahs, Citymanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_2

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2  Es muss was passieren: Citymanagement als Antwort auf die Krise der Innenstädte …

­ rtszentren zum einen immer weiterentwickeln und es zum anderen permanent vielfältige O wichtige und dringende Alltagsaufgaben gibt, um die sich jemand in möglichst professioneller Weise kümmern sollte. Besteht vor Ort die Absicht, ein solches Citymanagement zu installieren, ist zunächst dessen zukünftiger organisatorischer Rahmen abzustecken. Dabei geht es vornehmlich um folgende Fragen: Welche Themen sind grundsätzlich zu bearbeiten und welche davon sollen den Schwerpunkt der Arbeit bilden? Welche Institution soll dafür zuständig sein? Wie können das Personal und die Projekte finanziert werden? Brauchen wir eine eigene Geschäftsstelle? Welche Kenntnisse, Eigenschaften und Fähigkeiten sollte ein Citymanager mitbringen? Der Inhalt dieses Kapitels zielt also darauf ab, die grundsätzlichen Strukturen, in denen sich Citymanagement abspielt, kennenzulernen, um darauf aufbauend die Einrichtung einer funktionierenden Citymanagement-Einheit vorbereiten zu können. An dieser Stelle möchte ich den Begriff „Citymanagement“ definieren, wie ich ihn aufgrund meiner langen Erfahrung verstehe. Ich sehe Citymanagement als eine umfassende Perspektive über alle Handlungsbereiche, die in letzter Konsequenz auf die Belebung einer Innenstadt oder Ortsmitte ausgerichtet sind. Ansatz ist es, das Zentrum soweit wie möglich in einer unternehmerisch inspirierten, ganzheitlichen Sichtweise zu führen. Hieraus leitet sich auch der Begriff des Citymanagers ab, welcher nicht nur die Funktion des Kümmerers ausfüllt, sondern im besten Falle wie eine Art Unternehmenslenker und -denker Ziele und Ideen entwickelt und als Macher, Moderator und Motivator deren Realisierung angeht, Erfolgskontrolle betreibt und bei Bedarf nachjustiert. Alternativ zu „Citymanagement“ (oder manchmal auch Innenstadt-Management, Ortskern-Management, Zentren-Management etc.) wird teilweise der Begriff „Citymarketing“ verwendet, welcher sich vom Stadtmarketing-Begriff ableitet und bei welchem somit die Marketingdimension  im Vordergrund steht. Marketing ist eine von mehreren  Teildisziplinen  im Bereich der  Unternehmungsführung bzw. innerhalb  von  Führungsprozessen. In diesem Sinne ist aus meiner Sicht der Citymanagement-Begriff der umfassendere und somit derjenige, den ich im vorliegenden Zusammenhang verwende. 

2.2

Definition der Citymanagement-Handlungsfelder

Als Erkenntnis aus den im Einführungskapitel festgestellten Problemen und Ursachen ergeben sich für Innenstädte und Ortszentren mehrere inhaltliche Aufgabengebiete für die Arbeit eines Citymanagers. Diese werden im Folgenden aufgezeigt und inhaltlich jeweils kurz „angerissen“. Eine intensivere Auseinandersetzung folgt in den jeweiligen gesonderten Schwerpunktkapiteln.

2.2.1 Strategieentwicklung Nach Möglichkeit ist als erste Maßnahme eine Standortstrategie festzulegen, an der sich zukünftig alle wichtigen Innenstadt-Projekte ausrichten sollten, eine Art Leitbild also.

2.2  Definition der Citymanagement-Handlungsfelder

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I­ nhaltlich geht es vor allem darum, zu definieren, wofür der Standort zukünftig stehen soll und wie er demzufolge in seinem Wettbewerbsumfeld positioniert wird, um sich in diesem durch eine für Besucher interessante Einzigartigkeit behaupten zu können. Dieses bedeutet eine aktiv steuernde Arbeit an der Marke Innenstadt.

2.2.2 Standortkommunikation Für einen Citymanager ist es wichtig, allen Akteuren am Standort die entsprechenden Botschaften in Bezug auf das Geschehen in der Innenstadt sowie bzgl. seiner Arbeit zukommen zu lassen und mit den Akteuren aktiv im Gespräch zu sein. Dazu gehören klassische Werbemaßnahmen genauso wie Aktivitäten in den sozialen Medien, der Bereich Pressearbeit, Newsletterversendungen und ähnliches.

2.2.3 Förderung von Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie Als eine der Citymanagement-Hauptaufgaben kann in den meisten Fällen die Stärkung von Einzelhandel, Dienstleistung  und Gastronomie angesehen werden. An nahezu jedem Standort besteht der Wunsch, eine zumindest halbwegs erfolgreiche Einkaufsmeile, welche ergänzend  frequenzstarke Angebote aus dem Dienstleistungsbereich  -wie z. B. Reisebüros- sowie Cafés und Restaurants vorhält, vorzeigen zu können. Dabei sind die diesbezüglichen Aufgaben eines Citymanagers vornehmlich auf das gesamthafte Kundenerlebnis  einer Innenstadt und somit auf Gemeinschaftsaktionen der  dort ansässigen Geschäfte ausgerichtet. Beispiele hierfür sind die Einrichtung und Umsetzung eines gemeinsamen Geschenk-Gutschein-Systems, Schaufensterwettbewerbe oder die Durchführung verkaufsoffener Sonntage mit Rahmenprogramm. Darüber hinaus steht der Citymanager auch für Anfragen einzelner Betriebe zur Verfügung und kann diese in einem begrenzten Umfang unterstützen, etwa bei der Suche nach Ideen für erfolgversprechende Kundenaktionen. Allerdings sollte die persönliche Betreuung durch den Citymanager dort enden, wo tiefergehende fachliche Beratung angesagt erscheint, beispielsweise durch Steuer- und/oder Unternehmensberater. In solchen Fällen kann der Citymanager allenfalls eine Art Lotsenfunktion einnehmen und entsprechende Empfehlungen zur Heranziehung solcher Fachleute aussprechen.

2.2.4 Leerstandsmanagement Eine weitere typische Kernaufgabe von Citymanagement ist das sog. Leerstands- bzw. Flächenmanagement. Dieses zielt darauf ab, die Anzahl der am Standort vorhandenen Ladenleerstände zu minimieren. Nach Möglichkeit sollten zudem nicht einfach „irgendwelche“ Neunutzungen, sondern bisher am Standort fehlende oder in zu geringem

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2  Es muss was passieren: Citymanagement als Antwort auf die Krise der Innenstädte …

Umfang  vorhandene Sortimente angesiedelt werden, und dieses obendrein in einer ­angemessenen Qualitätsstufe. „Nebenaufgabe“ von Leerstandsmanagement ist somit eine entsprechende Branchenmixsteuerung. Beim Leerstandsmanagement handelt es sich um eine zeitintensive Aufgabe, vor allem dann, wenn dieses in der Weise ausgefüllt wird, dass nicht nur eingehende Mietanfragen für verfügbare Objekte koordiniert werden, sondern auch aktiv potenzielle Mietinteressenten für diese Flächen gesucht und angesprochen werden. Grundsätzlich von Bedeutung im Bereich des Leerstandsmanagements ist eine gute Zusammenarbeit mit den zahlreichen Immobilieneigentümern, welche mit unterschiedlichsten Interessen agieren. Es gilt, diese für die eigenen Ziele zu sensibilisieren und zu gewinnen, zum Beispiel in Bezug auf die Einhaltung moderater Mietpreise.

2.2.5 Eventmanagement Veranstaltungen und Aktionen sind das Salz in der Suppe vieler Citymanagement-­ Bemühungen, denn über diese zeigt sich, ob noch Leben am Standort vorhanden ist und sich die Bürger und Einwohner sowohl der eigenen Kommune als auch der umliegenden Städte und Gemeinden zu einem Besuch der ihnen angebotenen Events bewegen lassen. Gute, im besten Falle gar begeisternde Aktionen schaffen die Möglichkeit, dem eigenen Zentrum schnelle Aha-Effekte zu bescheren und es imagemäßig wieder ein Stück nach vorne zu bringen. Nachhaltiges Ziel sollte es sein, dass sich viele der Festbesucher obendrein zum Besuch der umliegenden Geschäfte und Gastronomieeinrichtungen „verleiten“ lassen. Dieses kann durch besondere Zusatzaktionen der Betriebe gefördert werden. Entsprechende Aktivitäten  von Händlern, Dienstleistern und Gastronomen können ebenfalls vom Citymanagement angestoßen und koordiniert werden.

2.2.6 Stadtgestaltung und Aufenthaltsqualität Menschen gehen dorthin, wo sie sich wohlfühlen, sich also gerne aufhalten und auf andere Menschen treffen. Deshalb liegt der Aspekt der Stadtgestaltung ebenfalls im Inte­ resse des Citymanagers. Hier gilt es zum einen, in Richtung der für dieses Thema zuständigen kommunalen Abteilungen Impulse zu setzen und ggf. Projekte anzustoßen, und zum anderen, als Citymanager in stadtgestalterische Überlegungen und Planungen meinungsbildend einbezogen zu werden. Davon unabhängig können im Rahmen des Citymanagement-­Prozesses eigene Maßnahmen -z. B. in den Bereichen Sauberkeit und Sicherheit- in Gang gesetzt werden. Nach Möglichkeit sollte jedoch zuvor immer ein entsprechender Informationsaustausch und Abstimmungsprozess mit der jeweils zuständigen Behörde erfolgen.

2.2  Definition der Citymanagement-Handlungsfelder

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2.2.7 Verkehrsplanung Auch beim Themenkomplex „Erreichbarkeit, Parken und Verkehr“ sind Citymanager nicht „außen vor“. Schließlich handelt es sich hierbei um Themen, die für den Standorterfolg oftmals  nicht unwesentlich sind. Dabei geht es neben Fragen einer bestmöglichen Standorterreichbarkeit und einer guten Parkraumausstattung auch um Auswirkungen der Verkehrsplanung auf die Aufenthaltsqualität, z. B. bei der Frage, ob eine Fußgängerzone befahrbar sein oder umgekehrt eine bisher befahrbare Einkaufsstraße in eine Fußgängerzone umgebaut werden soll.

2.2.8 Sonstige Aufgabenfelder Neben den bis hierher aufgezählten typischen Hauptarbeitsfeldern im Bereich des Citymanagements gibt es weitere, welche entweder anlass- oder standortbezogen und somit als Citymanagement-Spezialarbeitsfelder einzuordnen sind. Als anlassbezogenes Citymanagement-Arbeitsfeld wird in diesem Buch die Einrichtung eines Baustellenmarketings im Rahmen von Stadtumbaumaßnahmen vorgestellt. Ein solches verfolgt das Ziel, auf der einen Seite die Kundschaft in der Umbauphase möglichst nicht zu verlieren und auf der anderen Seite die Geduld und das Verständnis der Händlerschaft für eine Baumaßnahme trotz der schwierigen Situation vor der eigenen Ladentür aufrechtzuerhalten. Ein Beispiel für standortbezogene Spezialarbeitsfelder hingegen ist die Durchführung von Maßnahmen im Bereich  Innenstadt-Tourismus. Hierbei handelt es sich also um ein ortsabhängiges Thema, welches für manche Innenstädte von existenzieller Bedeutung ist, für andere dagegen spielt es keinerlei Rolle, und für weitere dient es evtl. als neu zu gestaltender Erfolgsbaustein für die Zukunft in Ergänzung zu bereits vorhandenen anderen Stärken des eigenen Standortes.

2.2.9 A  lles hängt mit allem zusammen: Empfehlung einer ganzheitlichen Aufgabenbetrachtung An allen Standorten, für die ich bisher tätig war, stellte sich immer wieder heraus, dass es nie damit getan war, sich nur um die Wiederbelebung von Leerständen zu kümmern, sich lediglich mit der Förderung des Einzelhandels zu befassen oder ausschließlich attraktive Events auf die Beine zu stellen. Immer lief es darauf hinaus, dass es auf mehreren oder gar allen Aufgabenfeldern etwas zu tun gab. Andererseits ließ sich auch immer beobachten, dass eine Erfolgsnachricht in einem Bereich zumindest indirekt ebenfalls positive Wirkung in einem anderen Bereich zeigte. So hörte ich immer wieder von Existenzgründern, dass sie gar nicht unbedingt wegen der gezielten Bemühungen im Bereich Leerstandsmanagement angefangen hätten, sich für den jeweiligen Standort zu interessieren, sondern, weil sie über längere Zeit verfolgt hätten, dass sich an diesem auf verschiedenen Feldern

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2  Es muss was passieren: Citymanagement als Antwort auf die Krise der Innenstädte …

wieder etwas tut. Hier die „Neukonstruktion“ des Stadtfestes, dort die Einführung eines Geschenk-Gutschein-Systems im Einzelhandel als Gemeinschaftsinitiative, an anderer Stelle die Gestaltung eines professionellen Markenauftritts. Es lohnt sich also, Citymanagement nicht rein eindimensional und somit monothematisch anzugehen, sondern die beabsichtigte Standortoptimierung auf allen Ebenen voranzutreiben, da sich diese oft gegenseitig befruchten. Leonardo da Vinci hat diese Erkenntnis bereits vor über 500 Jahren in Worte gefasst: „Alles hängt mit allem zusammen!“.

2.3

 er macht’s? – Eine Übersicht möglicher Trägermodelle für W Citymanagement-Initiativen

Eine wesentliche Frage steht ziemlich am Anfang des Citymanagement-Vorbereitungsprozesses im Raum, nämlich die der institutionellen Zuordnung des Themas. Davon hängen im Weiteren wichtige Sachverhalte wie z. B. die Klärung von Weisungsbefugnissen gegenüber dem Citymanager ab. Im besten Falle wird mit der Einrichtung einer Citymanagement-Initiative auch eine klare „Marschroute“ dahingehend festgelegt, dass zukünftig Zuständigkeitsüberschneidungen, unklare Kompetenzverteilungen und untereinander nicht abgestimmtes Handeln in punkto Innenstadt der Vergangenheit angehören, weil es mit dem Citymanagement nun eine Art „Innenstadt-Zentrale“ gibt. Zu oft „werkeln“ verschiedene Institutionen wie Werbegemeinschaft, Wirtschaftsförderung, Stadtplanungsamt etc. nebeneinander her mit dem Ergebnis, dass die Innenstadt für Außenstehende nicht wie ein „Produkt aus einem Guss“ wirkt. Die Ansiedlung des Themas Citymanagement ist bei verschiedensten Trägern denkbar. Die einzelnen Möglichkeiten und Konstellationen werden hier nun vorgestellt. Eines sollte jedoch unabhängig davon unbedingt gegeben sein: Die Kommune -als hoheitliches Organ über den Standort Innenstadt- sollte dem Citymanagement unbedingt die offizielle Befugnis verleihen, in der Innenstadt bzw. der Ortsmitte als solches tätig zu werden und somit im Auftrag der Stadt oder der Gemeinde zu handeln. Es darf keinesfalls der Eindruck entstehen, dass es sich beim Citymanagement um eine rein private Initiative ohne öffentlichen Auftrag handelt. Dieses würde das allgemeine Vertrauen in das Citymanagement negativ beeinflussen und somit dessen Möglichkeiten und Bedeutung enorm ­einschränken.

2.3.1 G  ründung einer Citymanagement-Organisation (eingetragener Verein) Vielerorts wird eigens eine neue Citymanagement-Organisation gegründet, in den meisten Fällen in Form eines eingetragenen Vereins. Daneben gibt es vereinzelt Initiativen, die als Genossenschaft oder als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) organisiert sind.1  Für nähere Informationen zu diesen beiden Organisationsformen s. z. B. www.wirtschaftslexikon. gabler.de. 1

2.3  Wer macht’s? – Eine Übersicht möglicher Trägermodelle für …

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An dieser Stelle wird im Weiteren der „Regelfall“ einer Vereinsgründung betrachtet. Zum Teil geschieht dieses parallel zu einer bereits bestehenden Werbegemeinschaft, in anderen Fällen geht diese in dem neuen Verein auf, um Doppelstrukturen zu vermeiden und stattdessen eine einzige „schlagkräftige“ Organisation im Sinne einer „Standortgemeinschaft Innenstadt“ auf die Beine zu stellen, in der sich nicht nur die lokalen Geschäftsleute, sondern alle an der positiven Entwicklung der City Interessierten engagieren können. Vor Gründung des neuen Vereins gilt es, genügend Mitstreiter zu gewinnen, welche Vereinsmitglieder sein wollen und somit auch den finanziellen Grundstock bilden. Um wirklich etwas bewegen zu können, sollten bereits in dieser Vor-Gründungs-Phase deutlich mehr als die für eine Vereinsgründung notwendigen sieben Gründungsmitglieder akquiriert werden, zum Beispiel über eine groß angelegte „Startschuss“- bzw. Auftaktveranstaltung. Im Gegensatz zum klassischen Prinzip der Werbegemeinschaft sollten im Rahmen von Citymanagement-Vereinsgründungen alle denkbaren Akteursgruppen (s. hierzu Abschn. 2.5) angesprochen werden, denen der Standort am Herzen liegt. Dieses macht zum einen eine breitere Mitgliederbasis wahrscheinlich, sorgt zudem für ein höheres Aufkommen an Mitgliedsbeiträgen und schafft obendrein das wichtige Wir-Gefühl als Voraussetzung dafür, gemeinsam vor Ort bestimmte Ziele erreichen zu wollen. Vor der Gründung ist eine Vereinssatzung zu erstellen, welche den Vereinszweck benennt und wesentliche Inhalte der individuellen Vereinstätigkeit regelt. Die Vereinsgründung ist notariell zu beglaubigen  und der Verein wird in das beim zuständigen Amtsgericht geführte Vereinsregister eingetragen. Eine gute Mustersatzung für Vereinsgründungen findet sich im Internet unter https://www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/ordentliche_gerichte/FGG/Registersachen/Vereinssatzung/index.php (Justizportal Nordrhein-Westfalen o. J.). Die Bildung von Rücklagen, z. B. für die Sicherung von Projekten in den Folgejahren, ist im Citymanagement zwar von Interesse, jedoch aus steuerlichen Gründen nicht lohnenswert. Der Gesetzgeber sieht den Zweck von Vereinen in der Durchführung aktueller Projekte. Manche Vereine gründen deswegen zusätzlich eine GmbH, in welche Gelder des Citymanagement-Vereins überführt werden können und sich Rücklagen wesentlich „steuerfreundlicher“ bilden lassen. Praktischerweise empfiehlt es sich, mindestens einen lokalen Rechtsanwalt und einen örtlichen Steuerberater für die Mitarbeit im Verein zu gewinnen, welche sich aufkommender rechtlicher und steuerrechtlicher Fragen annehmen. Im Idealfall erfolgt dieses Engagement im Sinne der persönlichen Identifikation mit dem eigenen Standort, also entweder kostenlos oder zumindest stark preisreduziert. Ein wichtiges Merkmal von Citymanagement-Vereinen ist der Anspruch, eine professionelle Betreuung der Innenstadt in Person eines bezahlten Citymanagers beauftragen zu können, insbesondere, um das rein ehrenamtliche Engagement in Werbegemeinschaften sinnvoll zu ergänzen oder sogar gänzlich zu ersetzen. Oftmals ist der Citymanager dann auch Geschäftsführer dieses Vereins und mit entsprechenden Tätigkeiten der Vereinsführung betraut wie z. B. Mitgliederakquise und -pflege.

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2  Es muss was passieren: Citymanagement als Antwort auf die Krise der Innenstädte …

2.3.2 Werbegemeinschaften u. ä. Werbegemeinschaften, Kaufmannschaften und ähnliche Organisationen bilden die klassische Denkweise ab, wonach sich die am Standort ansässigen Einzelhändler, Gastronomen und Dienstleister untereinander organisieren und Projekte durchführen, welche der Innenstadt in ihrer Funktion als Einkaufsstandort zugutekommen sollen. In den meisten Fällen sind Werbegemeinschaften als Vereine organisiert. Die Platzierung des Themas Citymanagement bei einer reinen Händlergemeinschaft ist denkbar, aber aufgrund der eindimensionalen Arbeitsausrichtung, Sichtweise und Zielsetzung (Förderung von Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie) nicht unbedingt ratsam.

2.3.3 BID & Co. Das Konstrukt der sog. Business Improvement Districts, kurz BIDs, zielt darauf ab, dass sich die Immobilieneigentümer und Gewerbetreibenden in einem geografisch fest definierten, zusammenhängenden Stadt- oder Ortsbereich aus Gründen der Planungssicherheit verpflichtend für eine zuvor festgelegte Dauer (z. B. für fünf Jahre) zusammenschließen und als Mitglieder einer solchen lokalen Wirtschaftsunion fixe Beiträge für Projekte einzahlen, deren Umsetzung dem Ziel der wirtschaftlichen Stärkung dieses BIDs dienen. Indirekt beabsichtigt ist damit zum einen die Werterhaltung und -steigerung der einzelnen Immobilien in diesem BID, zum anderen der jeweils individuelle Geschäftserfolg der Gewerbetreibenden. Durch die Zwangsverpflichtung zur Teilnahme soll ausgeschlossen werden, dass Einzelne auf Kosten anderer von den genannten positiven Folgen profitieren, ohne dass sie sich finanziell beteiligt hätten (sog. „Trittbrettfahrer-Problem“). Außerdem sichert eine hundertprozentige Beteiligung aller infrage kommenden BID-Teilnehmer eine Budgethöhe, welche bei freiwilliger Teilnahme vermutlich nicht mal ansatzweise aufgebracht werden könnte. Zustande kommt ein BID dann, wenn sich nach Antragstellung auf dessen Einrichtung – z. B. durch eine Gruppe von engagierten Immobilieneigentümern an diesem Standort- innerhalb einer vorgeschriebenen Frist weniger als die vom zuständigen Gesetzgeber (in Deutschland sind dieses die einzelnen Bundesländer) geforderte Quote an aktiver Ablehnung dieses BIDs zustande kommt (sog. Quorum). Abzustimmen haben diejenigen Eigentümer und Geschäftsleute, deren Immobilie bzw. Geschäft in dem e­ ntsprechenden BIDAreal liegt. Die einzelnen BID-Beiträge werden über die jeweilige Kommune eingezogen und an die für die Projektumsetzungen eigens gegründete BID-Organisation, z.  B. einen Verein, ausgezahlt. Die Höhe der jährlichen Beiträge ist zuvor festzulegen und Bestandteil der Informationen, aufgrund derer die Immobilieneigentümer und Gewerbetreibenden über die Einrichtung des BIDs abstimmen. Eine jeweilige Verlängerung nach Ablauf eines BID-Zeitraums ist möglich. Dafür muss ein erneutes Antragstellungs- und Abstimmungsverfahren erfolgen. Die Art der BID-Projekte kann unterschiedlichster Natur sein, soweit mit diesen der bereits genannte Zweck der wirtschaftlichen Aufwertung des BID-Areals verfolgt wird. Dabei kann sich die Kommune keineswegs ihrer grundsätzlichen Verpflichtungen wie z. B. die der regelmäßigen Straßenreinigung entledigen; diese bleiben weiterhin

2.3  Wer macht’s? – Eine Übersicht möglicher Trägermodelle für …

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bestehen. Die einzelnen BID-Maßnahmen, welche im Vorhinein mit der Stadt bzw. Gemeinde abzustimmen sind, haben somit „On Top-Charakter“, sind also als Zusatzmaßnahmen über das übliche kommunale Handeln hinaus zu verstehen. Das BID-Konstrukt existiert nicht in allen Bundesländern. Dort, wo es angewendet wird, sind hierfür teils neue individuelle Wortschöpfungen entstanden wie z. B. „Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG)“. Zum Teil besteht die Möglichkeit der Einrichtung von BIDs auf freiwilliger Basis, also ohne verpflichtende Einbindung aller Immobilieneigentümer und Gewerbetreibenden in einem Geschäftsviertel. Zwei relativ aktuelle und interessante Übersichten zum BID-Geschehen in den verschiedenen deutschen Bundesländern können auf der Internetseite der IHK Hannover heruntergeladen werden.2

2.3.4 Stadtmarketing- und Wirtschaftsförderungsorganisationen Citymanagement lässt sich in durchaus sinnvoller Weise sowohl bei Stadtmarketing-­ Organisationen als auch bei Wirtschaftsförderungseinheiten angliedern, weil es hier in der Regel jeweils klare Schnittmengen gibt. So treten Stadtmarketinggesellschaften nicht selten z. B. als Veranstalter von Innenstadt-Events auf, Wirtschaftsförderungen kümmern sich vornehmlich um Gewerbeansiedlung, stehen also dem Thema Leerstandsmanagement sehr nahe. Das Citymanagement ist in diesen Fällen in entsprechende, je nach Standort mehr oder weniger große Strukturen eingebettet und kann von diesen profitieren und diese nutzen, z. B. in Bezug auf Räumlichkeiten, Sekretariat oder ein Internetportal. Eine „Unterbringung“ bei einer dieser Institutionen hat zudem evtl. den Vorteil, dass sich der Citymanager auf ganz spezielle Problemfelder konzentrieren kann, weil bestimmte typische Citymanagement-Aufgaben, z.  B. im Bereich des Standortmarketings, bereits von der übergeordneten Gesamtorganisation erledigt werden. Nachteilig auswirken kann sich eine solche Konstellation unter Umständen allerdings auch, denn in aller Regel besteht eine große Nähe von Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung zur Stadtverwaltung (wenn sie nicht sogar deren Bestandteil sind). Viele privatwirtschaftliche Akteure hegen eine teils sehr ausgeprägte Skepsis gegenüber kommunalen Einheiten und identifizieren in Folge den Citymanager als jemanden, der den Willen der Stadtverwaltung durchsetzen soll. Denkbar sind in diesem Zusammenhang auch weitere „rathausorientierte“ Zuordnungen des Citymanagements, z. B. zum Fachbereich Stadtentwicklung oder eine direkte Unterstellung gegenüber dem Bürgermeister.

2.3.5 Interessen- bzw. Auftraggebergemeinschaften Letztlich ist es auch möglich, dass sich mehrere Partner in freier Weise zusammenschließen, für eine Grundfinanzierung sorgen und gemeinsam einen externen Berater bzw.  S. https://www.hannover.ihk.de/ihk-themen/handel/orte/stadt-und-regionalmarketingquartiersentwicklung/bid6.html. Zugegriffen am 15. Februar 2019. 2

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2  Es muss was passieren: Citymanagement als Antwort auf die Krise der Innenstädte …

Dienstleister als Experten mit der Durchführung des Citymanagement-Prozesses beauftragen. Zu sprechen wäre dann von einer Interessen- oder auch Auftraggebergemeinschaft. Sollte die Kommune sich an einem solchen Finanzierungsmodell nicht beteiligen können, sollte sie dem Citymanager jedoch zumindest offiziell die notwendige Befugnis verleihen, in der Innenstadt bzw. der Ortsmitte offiziell als solcher tätig werden zu können.

2.4

Finanzierungsbausteine

Mit etwas Geschick kann eine Citymanagement-Initiative mehrere Geldquellen „anzapfen“ und auf diese Weise erfolgreich funktionierende Strukturen aufbauen und Projekte durchführen. Folgend werden verschiedene diesbzgl. vorhandene Möglichkeiten vorgestellt.

2.4.1 Mitgliedsbeiträge Im Falle der Gründung eines Citymanagement-Vereins oder der Ansiedlung des Citymanagements bei einer Werbegemeinschaft oder einer vergleichbaren Organisation spielt die Einnahme von Mitgliedsbeiträgen eine wesentliche Rolle. Im besten Falle können daraus bereits fixe Positionen wie die Mietkosten für eine Geschäftsstelle oder Personalkosten für den Citymanager aufgebracht werden. Als Mitgliedsbeiträge sind im vorliegenden Sinne auch BID-Abgaben von Immobilieneigentümern und Gewerbetreibenden an die jeweils zuständige BID-Organisation (s. auch unter Punkt 2.3.3.) zu werten.

2.4.2 Öffentliche Zuschüsse Bei öffentlichen Zuschüssen handelt es sich insbesondere um finanzielle Unterstützungen durch die Kommune, welche in der Regel jährlich vom Stadt- bzw. Gemeinderat für die kommende Haushaltsperiode zu beschließen sind. Zu beachten ist hier, dass bei ­kommunalen Zuschüssen an private Organisationen eine Umsatzsteuerpflicht entsteht. Im Bedarfsfall empfiehlt es sich, steuerrechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, sofern Unklarheiten bzgl. einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Finanzamt bestehen, um unerwartete Steuernachzahlungen zu vermeiden.

2.4.3 Verfügungsfonds Der Verfügungsfonds ist ein „Angebot zur kooperativen Zentrenentwicklung“3 (N.N. 2017) zwischen privatem und öffentlichem Sektor. Er kommt Standorten zugute, 3  https://www.staedtebaufoerderung.info/StBauF/DE/Programm/AktiveStadtUndOrtsteilzentren/ Programm/Instrumente/Verfuegungsfonds/verfuegungsfonds_node.html. Zugegriffen am 4. März 2019.

2.4 Finanzierungsbausteine

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­ elche bereits vom Städtebau-Förderprogramm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“4 prow fitieren und darauf aufbauend die Vorteile aus der Einrichtung dieses Finanzierungsinstrumentes auf lokaler Ebene nutzen wollen (Anmerkung: Voraussetzung für den Erhalt von Städtebau-Fördermitteln ist die Existenz eines „integrierten Standortkonzeptes“. Nähere Infos hierzu enthält das Kap. 7 unter dem Punkt 7.2.5). Hauptziel von Verfügungsfonds ist die „Aufwertung benachteiligter Zentrenbereiche“ unter weitgehender Einbindung der privaten Akteure vor Ort. Diese müssen, im Bedarfsfall gemeinsam mit der betreffenden Kommune, mindestens fünfzig Prozent der finanziellen Mittel in den Verfügungsfonds einbringen. Den Rest schießt der Fördergeber hinzu. Dieser öffentliche Zuschuss darf nur für „investive, investitionsvorbereitende und -begleitende Maßnahmen“ wie z. B. die Anschaffung von Stadtmobiliar verwendet werden. In meiner Zeit als Citymanager in Radevormwald (Nordrhein-Westfalen) haben wir über den Citymanagement-Verein dessen Mitgliedern aus der am Marktplatz gelegenen Gastronomie die Möglichkeit gegeben, per Verfügungsfonds einen nennenswerten Zuschuss zur Neuanschaffung von qualitätvollen und ansehnlichen Außenbestuhlungen, Sonnenschirmen und Markisen zu erhalten. Dieses geschah in der Absicht, den Platz anhand dieser Maßnahme weiter zu „veredeln“ und nachhaltig „in Wert“ zu setzen, was auch gelang. Nicht förderfähig sind in diesem Zusammenhang jedoch Aufwendungen für Events, Standortwerbung u.  ä., also sog. nicht-­ investive Maßnahmen. Der vor Ort eingebrachte Eigenanteil hingegen darf sowohl investiv als auch nicht-investiv eingesetzt werden, somit also auch für die Beauftragung eines externen Citymanagers bzw. einer das Citymanagement umsetzenden Agentur. Oder eben auch für Werbung, Events u. ä. Über die Verwendung der Gelder aus dem Verfügungsfonds können die beteiligten Akteure selbst bestimmen, und zwar innerhalb eines dafür eigens eingerichteten Gremiums, welches seine Entscheidungen auf der Basis eines „abgestimmten integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzeptes für das Fördergebiet“ trifft. Absicht des Förderinstrumentes „Verfügungsfonds“ ist es, Eigeninitiative, Handlungsmotivation und Kooperationsbereitschaft der Akteure vor Ort zu stärken und diesen schnelle, flexible und möglichst unbürokratische Projektumsetzungen zu ermöglichen. Die Zahl der im Programm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ eingerichteten Verfügungsfonds hat gem. Bundesstädtebauministerium im Jahr 2017 bundesweit bei mind. knapp unter 200 gelegen bei steigender Tendenz. Die meisten Programmkommunen können in Hinsicht auf den Gesamt-Jahresetat über einen Betrag von 10.000 bis 50.000 Euro aus Fondsmitteln verfügen. Wichtig in bürokratischer Hinsicht ist: „Die Trägerschaft und die organisatorische Abwicklung des Verfügungsfonds liegen zumeist bei der kommunalen Verwaltung oder bei einem durch die Verwaltung beauftragten externen Dienstleister (Anmerkung: Z. B. beim oben erwähnten Citymanager). Teilweise findet eine arbeitsteilige Zusammenarbeit dieser verschiedenen Akteure statt.“

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 S. hierzu www.aktivezentren.de.

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2  Es muss was passieren: Citymanagement als Antwort auf die Krise der Innenstädte …

2.4.4 LEADER-Programm für den ländlichen Raum „LEADER ist ein methodischer Ansatz der Regionalentwicklung, der es den Menschen vor Ort ermöglicht, regionale Prozesse mitzugestalten und die Region gemeinsam weiterzuentwickeln. Dafür stehen den sogenannten LEADER-Regionen Fördergelder zur Verfügung. Finanziert wird LEADER durch den „Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums“ (ELER) sowie vom Bund und den Ländern. Mit LEADER werden Projekte zur Erhaltung der Lebensqualität im ländlichen Raum gefördert. Die thematische Bandbreite ist groß – so können mit LEADER beispielsweise wirtschaftliche, soziale, kulturelle und touristische Projekte umgesetzt werden.“5 (Netzwerk Landwirtschaftlicher Raum (o. J. a)). Grundlage für die vor Ort umzusetzenden Maßnahmen ist eine „lokale Entwicklungsstrategie“, „die am Beginn einer jeden EU-Förderphase mit Beteiligung der Menschen vor Ort erstellt wird“. Unterstützung bei der Antragstellung bietet das jeweils zuständige LEADER-Regionalmanagement.6 (Netzwerk Landwirtschaftlicher Raum (o.J. b)). Angesiedelt ist LEADER bei der Deutschen Vernetzungsstelle Ländliche Räume (DVS) in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Weitere Informationen zum Förderprogramm sind auf deren Internetseite www.netzwerk-laendlicher-raum.de zu finden. Ein praktisches Beispiel für die Nutzung des LEADER-Programms ist die Förderung eines Online-Marktplatzes in Neustadt am Rübenberge (Niedersachsen) zur Stärkung ­örtlicher Betriebe in Einzelhandel, Dienstleistung und Handwerk.7 (Online Marktplatz Neustadt (o. J.)).

2.4.5 Sponsoringbeiträge Das Marketinginstrument Sponsoring kann sowohl für einzelne Projekte eingesetzt werden als auch für den gesamten Citymanagement-Prozess als solches. Inhalt ist die Bekanntmachung des Namens des Sponsors im Rahmen zuvor  vereinbarter Sponsoring-­ Gegenleistungen. Dieses kann etwa die Namensgebung einer Musikbühne im Rahmen des jährlichen Stadtfestes sein. Bei einem Komplett-Sponsoring des Citymanagements lässt sich hingegen vereinbaren, dass der Firmenname bei jeder sich bietenden Möglichkeit im Zusammenhang mit dem Citymanagement Verwendung findet, z.  B. durch Anbringung des Sponsorenlogos auf den Geschäftspapieren der Citymanagement-Initiative u.v.m. Hierfür zahlt der Sponsor den zuvor entsprechend vereinbarten Sponsoringbetrag.  Aus LEADER-Flyer, entnommen unter https://www.netzwerk-laendlicher-raum.de/fileadmin/sites/ ELER/Dateien/05_Service/Publikationen/LEADER-Flyer/flyer_leader_IhreRegion.pdf. Zugegriffen am 05.03.2019. 6  https://www.netzwerk-laendlicher-raum.de/regionen/leader. Zugegriffen am 05.03.2019. 7  https://www.kaufinneustadt.de/leader-foerderung. Zugegriffen am 05.03.2019. 5

2.4 Finanzierungsbausteine

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2.4.6 Projektabhängige Umlagen Projektabhängige Umlagen lassen sich im Zusammenhang mit dem Verkauf von Einzelleistungen durch das Citymanagement in Rechnung stellen. Häufig sind Projekte nur über diesen Weg zu realisieren. Prägnante Beispiele sind die Beteiligung der Einzelhändler und weiterer Akteure an der örtlichen Weihnachtsbeleuchtung oder die Vergabe von Standplätzen bei Veranstaltungen gegen eine Sondernutzungsgebühr.

2.4.7 Kommunales Budget Ist das Citymanagement Teil von Institutionen wie der lokalen Stadtmarketinggesellschaft oder sogar der kommunalen Verwaltung, sind hierüber in der Regel die Personalkosten bereits gedeckt sowie ein Sach- und/oder Projektkostenbudget vorhanden, so dass nicht unbedingt zusätzliche private oder öffentliche Gelder akquiriert werden müssen.

2.4.8 Teilnahme an Wettbewerben Die Zuwendung von Fördermitteln können neben der Teilnahme an Förderprogrammen auch im Rahmen von Wettbewerben erfolgen, dann jedoch für gezielte Innenstadt-­Projekte. Voraussetzung ist eine erfolgreiche Teilnahme an einem solchen Wettbewerb. Genannt sei an dieser Stelle der in mehreren Bundesländern stattfindende Innenstadt-Wettbewerb „Ab in die Mitte!“. Dessen grundlegender Ansatz besteht darin, dass pro Wettbewerbsjahr ein Motto vorgegeben wird, anhand dessen die Teilnehmerstädte ein ortsindividuelles Ideenund Umsetzungskonzept samt eines Finanzierungsplanes erstellen. Letzterer gibt insbesondere Aufschluss über einen vor Ort von privaten Akteuren und/oder der Kommune aufzubringenden Eigenanteil. Die Teilnahmeunterlagen sind von den Antragstellerkommunen beim Veranstalter (also den jeweiligen Bundesländern) bzw. einem von diesem beauftragten Dienstleister einzureichen. Aufgrund der länderindividuellen Ausgestaltung der Teilnahmebedingungen, Förderregelungen und Projektzeiträume von „Ab in die Mitte!“ sind an dieser Stelle nur schwierig weiterführende Ausführungen möglich. Bei Interesse an grundlegenden Informationen zu diesem Wettbewerb empfiehlt sich eine Kontaktaufnahme mit dem vor Ort für das Thema Innenstadtentwicklung zuständigen Landesministerium. Dieses kann in der Regel beantworten, ob eine Wettbewerbsdurchführung in dem entsprechenden Jahr geplant ist und wie im Bedarfsfall die Ausschreibungsunterlagen zu bekommen sind. In Nordrhein-Westfalen existiert ein noch junger Landeswettbewerb, welcher auf den Titel „Digitalen und stationären Einzelhandel zusammendenken“ hört. Worum es dabei geht, dürfte klar sein.

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2  Es muss was passieren: Citymanagement als Antwort auf die Krise der Innenstädte …

 uf gute Zusammenarbeit! – Menschen, mit denen es A Citymanager zu tun haben

Citymanager haben es mit einer ganzen Reihe von Ansprech- und Kooperationspartnern zu tun. Deren Bedeutung für die eigene Arbeit ist differenziert zu gewichten. Zu unterscheiden sind private und öffentliche Akteure. Häufig stellt der Citymanager das Bindeglied zwischen diesen beiden Gruppen dar. Nach der etwas detaillierteren Vorstellung der wichtigsten Citymanagement-Akteursgruppen gebe ich im Anschluss noch ein paar Tipps zum Umgang mit verschiedenen Typen von „Problemakteuren“, die mir im Laufe der Zeit begegnet sind.

2.5.1 Private Akteure 2.5.1.1  Einzelhändler, Gastronomen und Dienstleister In vorderster Linie stehen die am Standort ansässigen Einzelhändler, Gastronomen und Dienstleister, welche die Ladenlokale „bespielen“. Es gilt, diese zum Mitmachen zu bewegen, z. B. bei Gemeinschaftsaktionen im Rahmen von Festen. Eventuell kann der Citymanager auch freundlich Impulse zur Verbesserung der individuellen Warenpräsentation oder Sortimentsgestaltung geben. Grundsätzlich besteht eine seiner wichtigsten Aufgaben in der Förderung und Stärkung des lokalen Einzelhandelsangebotes. Ohne eine funktionierende Zusammenarbeit mit denen, die hiervon direkt profitieren sollen, wird dieses freilich nicht gelingen. Grundsätzlich einfacher ist es, die Eigentümer von i­ nhabergeführten Geschäften gegenüber den am Standort ansässigen Filialgeschäften zur Mitarbeit zu bewegen, da die Leiter von letzteren in der Regel nicht mit den notwendigen Entscheidungskompetenzen und finanziellen Ressourcen ausgestattet sind, um verbindliche Zusagen für Projektbeteiligungen vor Ort machen zu können. 2.5.1.2  Immobilieneigentümer Ganz wichtig ist der Aufbau von Vertrauen bei den lokalen Immobilieneigentümern. Es ist von höchster Bedeutung, diese für die eigenen Citymanagement-Ziele zu gewinnen. Zu diesen gehört, dass „moderate“ Mietpreise am Standort eingehalten werden, dass für einen zeitgemäßen Zustand der Flächen gesorgt wird, dass der Citymanager in die Vermarktung leer stehender Ladenlokale eingebunden wird und, dass nach Möglichkeit nicht einfach an den „erstbesten“ Interessenten vermietet wird, wenn durch die damit zusammenhängende Nutzung eine nachteilige Entwicklung für den Standort zu befürchten ist. Hauptziel von Immobilieneigentümern hingegen ist – natürlich – eine möglichst hohe Mietrendite. Viele Eigentümer legen zudem Wert auf ein möglichst langfristiges und unproblematisches Verhältnis zu ihren Mietern. 2.5.1.3  Vertreter freier Berufe Weiterhin sind die Vertreter freier Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater usw. mit ihren Praxen und Kanzleien häufig in zentralen Lagen anzutreffen. Auch wenn diese Berufsgruppen für die Citymanagement-Arbeit auf den ersten Blick keine direkte Bedeu-

2.5  Auf gute Zusammenarbeit! – Menschen, mit denen es Citymanager zu tun haben

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tung haben, so liegt ihnen oftmals dennoch das Funktionieren des Standortes am Herzen. Deshalb kann die Kontaktaufnahme durchaus sinnvoll sein. Vielleicht wollen diese Akteure das Engagement zugunsten der Innenstadt finanziell und/oder tätig unterstützen, z.  B.  durch die aktive Teilnahme an einem gut zu ihnen und ihrer Arbeit passenden Citymanagement-­Projekt.

2.5.1.4  Pressevertreter Für die lokale Presse ist die Entwicklung von und das Geschehen in Innenstädten generell von großem Interesse. Die zuständigen Redakteure nehmen relevante Nachrichten aus dem Bereich des Citymanagements in aller Regel gern entgegen und machen diese bekannt. Bei guter Kontaktpflege sollte abseits der anlassbezogenen Berichterstattung die Möglichkeit bestehen, auf „Zuruf“ durch den Citymanager gemeinsam die eine oder andere „Extra-Story“ in Form von Hintergrundberichten o. ä. zu veröffentlichen. 2.5.1.5  Sponsoren Immer wieder werden einzelne Projekte entweder teilweise oder sogar gesamthaft von Sponsoren finanziert. Häufig handelt es sich hierbei um größere lokale oder regionale Unternehmen. Hilfreich bei der Sponsorenakquise ist es, wenn sich der potenzielle Sponsor inhaltlich mit dem möglichst durch ihn zu fördernden Projekt identifizieren kann. Insbesondere größere Sponsoren wünschen im Falle einer Zusammenarbeit häufig, dass diese verlässlich für mehrere Jahre vereinbart wird, um das Sponsoring-Engagement nachhaltig im öffentlichen Bewusstsein verankern zu können. In diesem Sinne sollte z. B. beim Sponsoring einer Stadtfest-Bühne direkt über ein Engagement über einen Zeitraum von ca. drei bis fünf Jahren gesprochen werden. Im Umkehrschluss entsteht hierdurch für den Veranstalter eine Planungssicherheit für mehrere Jahre. 2.5.1.6  Projektpartner Im Zuge verschiedener Umsetzungsmaßnahmen wird der Citymanager immer wieder auf die Unterstützung oder Mitarbeit diverser Projektpartner angewiesen sein. Zum Teil verfolgen diese ein kommerzielles Interesse, etwa als Auftragnehmer in Bezug auf extern zu vergebende Leistungen. Beispiele hierfür sind die Einbindung einer Veranstaltungsagentur bei der Durchführung eines verkaufsoffenen Sonntags mit Rahmenprogramm oder die gebührenpflichtige Teilnahme von Schaustellern und Bewirtungsbetrieben an solchen Events. Auf der anderen Seite lassen sich auch immer wieder nicht-kommerzielle Mitstreiter in Projekte einbinden, wie etwa, wenn Vereine oder soziale Einrichtungen mit dem Citymanager gemeinsam an einem Thema arbeiten, welches für beide Seiten von Interesse ist. So können dieses z. B. Maßnahmen sein, um mehr Familienfreundlichkeit in der Innenstadt zu erreichen. 2.5.1.7  Kunden, Bürger und Stadtbesucher Nicht vergessen werden dürfen selbstredend die Kunden und Besucher der Innenstadt, die in vielen Fällen gleichzeitig auch Bürger der Gesamtstadt sind, und von deren Gunst der Erfolg eines Zentrums letztendlich abhängt. Ihre Meinung kann z. B. in Form von Kundenzufriedenheitsabfragen eingeholt werden. Eine gute Möglichkeit, persönlich ins Gespräch zu

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­ ommen, ist der Aufbau eines Aktionsstandes im Rahmen von City-­Veranstaltungen. Auch k sollten für Kunden und Bürger Info- und Diskussionsveranstaltungen durchgeführt werden, bei denen sie die Chance haben, ihre eigenen Innenstadt-Ideen einzubringen.

2.5.1.8  Diverse Unterstützer Schlussendlich gibt es über die bisher genannten Akteursgruppen hinaus  noch weitere, welche zum Gelingen des Citymanagement-Prozesses und somit zu  einer positiven Innenstadt-­ Entwicklung beitragen (können). Zu nennen sind z.  B.  Mitglieder des Citymanagement-­Vereins, welche zwar nicht in der Innenstadt unternehmerisch tätig sind, denen deren positive Entwicklung aber trotzdem am Herzen liegt.

2.5.2 Öffentliche Akteure 2.5.2.1  Bürgermeister Jeder Bürgermeister wünscht sich eine funktionierende Innenstadt bzw. Ortsmitte. Kaum einem „ersten Bürger der Stadt“ ist es egal, wie es um sein Zentrum bestellt ist. Sowohl für das reale Zusammenleben der Bürger in deren Stadt als auch aus Imagegründen ist eine funktionierende Mitte von Bedeutung. Häufig leitet sich die allgemeine Bewertung einer Gesamtstadt in nicht zu unterschätzender Weise vom Zustand ihrer Innenstadt ab. Diese entfaltet somit Symbolwirkung über ihre Grenzen eigentlichen hinaus. Jeder Bürgermeister, der dieses verstanden hat, wird ein entsprechendes Interesse an der Arbeit des Citymanagements haben, dieses würdigen und in regelmäßigen Abständen auch in inhaltlichem Austausch mit diesem stehen. Gerade in Klein- und Mittelstädten sollte es möglich sein, dass der Citymanager bei Gesprächsbedarf mit dem Bürgermeister relativ umgehend einen Termin bei diesem bekommt aufgrund der exponierten Bedeutung des Themas Innenstadt. 2.5.2.2  Mitarbeiter der Stadtverwaltung Im Zuge seiner Arbeit hat ein Citymanager viele Anknüpfungspunkte mit Mitarbeitern der Stadt- bzw. Gemeindeverwaltung. So sind die Kollegen von der Ordnungsbehörde z. B. für die Erlaubnis zur Durchführung von Veranstaltungen zuständig, diejenigen aus der Bauabteilung sind gefragt hinsichtlich der Genehmigung beim gewünschten Umbau einer Einzelhandelsfläche in eine Gastronomiefläche und diejenigen von der Wirtschaftsförderung, wenn es um die Weiterleitung von Unternehmensanfragen für den Standort Innenstadt geht. Und vieles, vieles mehr. Wichtig ist dabei, dass der Citymanager als „Kollege auf Augenhöhe“ anerkannt und respektiert wird, keinesfalls als Bittsteller. Um dieses zu vermeiden, sollte die Stadtspitze in Person des Bürgermeisters eine aktive Zusammenarbeit der einzelnen städtischen Fachbereiche und Abteilungen mit dem Citymanager garantieren und diese entsprechend instruieren, um die von ihm gewünschte positive Entwicklung der Innenstadt aktiv zu unterstützen.

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2.5.2.3  Mitglieder in Räten und Ausschüssen Zusätzlich hat Citymanagement eine lokalpolitische Dimension. Den Vertretern im Stadt- oder Gemeinderat, in den einzelnen Fraktionen und in verschiedenen Fachausschüssen liegt der eigene Standort und das, was dort in strategischer Hinsicht passiert, in aller Regel sehr am Herzen. Deshalb wollen sie eingebunden sein, zumindest informativ, manchmal auch mitentscheidend. So beschließt der Stadtrat bspw. städtische Zuschüsse zum Citymanagement-­Prozess und erwartet hierfür Erfolgsnachrichten. Zu empfehlen ist, dass der Citymanager seine Arbeit in regelmäßigen Abständen in den verschiedenen relevanten Gremien präsentiert. Über diesen Weg ist er automatisch mit den zuständigen Ansprechpartnern und Entscheidungsträgern im Gespräch. 2.5.2.4  Unterstützer in öffentlichen Kammern und Verbänden Insbesondere die Industrie- und Handelskammern engagieren sich in verschiedenster Form zugunsten lebendiger Innenstädte und Ortskerne. So bieten diese sowohl auf regionaler als auch auf überregionaler Ebene regelmäßig Fachtagungen an, geben Kurzratgeber und Informationsbroschüren heraus und stellen in den einzelnen Kammerbezirken Ansprechpartner für das Thema Innenstadt zur Verfügung. Ähnliches gilt für viele regionale Einzelhandelsverbände. 2.5.2.5  Stadtmarketing- und Tourismusorganisationen An vielen Standorten bestehen erfreulicherweise Einrichtungen, welche schon „von Haus aus“ ganz eng mit dem Thema „Citymanagement“ verbandelt sind. Stadtmarketing- und Tourismusorganisationen arbeiten ebenfalls an der Aufgabe „Lebendige Stadt“, regelmäßig auch mit dem Schwerpunkt Innenstadt. Oftmals dienen Stadtmarketinggesellschaften sogar als Trägerorganisationen für das Citymanagement (s. hierzu auch unter Pkt. 2.3.4). 2.5.2.6  Fördermittelgeber Wird der Aufbau von Citymanagement-Initiativen mit öffentlichen Geldern unterstützt, sind gegenüber der fördernden Institution („Fördergeber“) Nachweise über die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel zu erbringen.

2.5.3 Anmerkungen zum Umgang mit Problemakteuren Wir Menschen sind zum Glück nicht alle gleich. Sobald man es mit Gruppen zu tun hat, finden sich darunter unterschiedliche Charaktere. Mit manchen davon ist der Umgang überhaupt nicht kompliziert, mit anderen ein bisschen, mit weiteren hingegen ist er extrem schwierig. Aber in welcher Art und Weise sich jemand auch verhält: ein Citymanager sollte immer Herr der Lage bleiben und ein souveränes Auftreten beibehalten. Aussagen wie „Sie müssen mir nicht meinen Job erklären!“ o. ä. sollten ihm deshalb besser nicht über die Lippen kommen. An späterer Stelle sage ich dazu im Zusammenhang mit dem

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Citymanager-Bewerberprofil noch etwas mehr. Nur so viel: denken wie ein Diplomat, ruhig, freundlich und vermittelnd bleiben und weder arrogant noch unterwürfig wirken, das sollte in schwierigen Umgangssituationen das Motto sein. Falls sich ein Gegenüber jedoch total im Ton vergreift -wie das z. B. bei Cholerikern, herrschsüchtigen Platzhirschen und ähnlichen Unsympathen häufiger vorkommt- und dieser auch in der Folge partout nicht ins sachliche Gespräch zurückfinden möchte, darf natürlich ein klares Signal gesetzt und freundlich darauf hingewiesen werden, dass man diese Unterredung nicht weiter fortsetzen möchte. Je nachdem, wer der Gesprächspartner ist und welche Stellung er im Zusammenhang mit der Arbeit des Citymanagers hat und/oder welche gesellschaftliche Bedeutung ihm vor Ort zukommt, könnte es von Vorteil sein, als Citymanager seinen Vorgesetzten bzw. Auftraggeber über den Vorfall zu informieren. Im Bedarfsfall dient dieses dem Selbstschutz und der Citymanager erhält gegenüber der entsprechende Person zukünftig „Rückendeckung“. Dann und wann gibt es Begegnungen mit Gesprächspartnern aus der Kategorie „Besserwisser, Alleskönner und Wichtigtuer“. Diese haben oftmals schon alles erlebt, wissen zu jedem Problem bereits die Lösung, kennen Gott und die Welt. Häufig fallen sie einem ins Wort, hören nicht gut zu und akzeptieren keine andere Meinung. Mein Tipp: mit ein paar unverbindlichen Äußerungen à la „Wahnsinn, was Sie schon alles erlebt haben!“ lässt sich viel erreichen. In Gruppenformationen kann es sein, dass diese Charaktergattung störend auf ein konstruktives Miteinander wirkt und alle anderen Teilnehmer schnell die Lust ­verlieren. In diesem Falle gilt es, zwingend einzugreifen und das Problem freundlich „wegzumoderieren“, damit die Veranstaltung nicht entgleitet. Immer wieder bin ich im Rahmen meiner Arbeit auf grenzenlose Euphoriker, Phantasten u. ä. getroffen, meistens im Zusammenhang mit der Präsentation neuer Geschäftsideen, auf die der Standort laut deren Meinung nur gewartet hätte. Unbedingt wolle man schnellstmöglich schon mal das bereits ausgewählte Wunschladenlokal besichtigen und den Eigentümer kennenlernen. Der Euphoriker sprüht nur so vor Begeisterung, Ideen und Geistesblitzen. Allerdings führt dieses beizeiten schnell zu einer gewissen Sprunghaftig- und Unzuverlässigkeit, da der fortwährend kreativ-produktive Geist gerne bereits parallel an weiteren Sensationen tüftelt. Hier gilt es, als Citymanager ruhig zu bleiben und der ganzen Situation bewusst ein angesagtes Maß an Sachlichkeit zu verleihen. Im Falle von Existenzgründern kann das bedeuten, sich erst einmal einen Business-Plan und weitere Nachweise einer „ordentlichen“ Gründungsvorbereitung vorlegen zu lassen, bevor im Rahmen des Leerstandsmanagements eine Kontaktvermittlung zu Immobilieneigentümern zustande kommt. Insbesondere in der Händlerschaft finden sich regelmäßig Einzelkämpfer. Sie verweigern sich weitestgehend dem Gemeinschaftsdenken am Standort, belächeln die aus ihrer Sicht „amateurhaften Verrenkungen“ der Werbegemeinschaft oder der Citymanagement-­ Initiative und machen deshalb ihr „eigenes Ding“. Auch wenn ich im persönlichen Gespräch mit diesen Akteuren natürlich in überzeugter Weise für die „Kraft der Gemeinschaft“ werbe, so sehe ich doch zu, dass ich sie dabei weder belehre oder aus deren Sicht sogar belästige. Oftmals hilft in diesen Fällen ein wenig Geduld. Deshalb sollte man den

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Typus Einzelkämpfer nicht von vornherein als „hoffnungslosen Fall“ links liegenlassen. Durch regelmäßigen Kontakt und vor allem durch erfolgreiche Standortprojekte des Citymanagements „weicht“ er manchmal auf und beteiligt sich an Gemeinschaftsaktionen, wenn vielleicht auch nicht immer oder nicht immer im vollen Umfang. Aber: auch Teilerfolge helfen vielfach ja schon weiter! Ungemütlich wird’s im Umgang mit Intriganten. Diesen ist zur Erreichung ihrer egoistischen Ziele jedes Mittel recht. Ich erinnere mich nur allzu gut daran, wie vor etlichen Jahren ein Immobilieneigentümer wutentbrannt in ein innenstädtisches Quartiersbüro gestürmt kam und mir den Vorwurf machte, ich hätte seinen Mieter für ein Immobilien-­ Großprojekt an anderer Stelle in dem besagten Quartier abwerben wollen. Dieser hätte ihm mitgeteilt, dass ich ihm von mir aus ein lukratives Angebot für eine solche Alternativfläche gemacht hätte. Natürlich würde ich so etwas niemals tun, sofern ein Geschäftsinhaber mich nicht ausdrücklich um Vermittlung eines neuen Ladenlokals bittet. Das Ganze war also schlichtweg von dem Einzelhändler erlogen. Er hatte mich ungefragt als Werkzeug benutzt, um bei seinem Vermieter auf eine Reduzierung des Mietpreises zu drängen. Glücklicherweise glaubte mir der Eigentümer und ließ sich beruhigen, war nun aber stattdessen „stinkwütend“ auf seinen Mieter. Nach Beendigung des Gesprächs führte mich mein erster Weg zu dem Verursacher der ganzen Misere. Ich stellte ihn in ruhigem Tonfall zur Rede und zeigte ihm die Konsequenzen seines Handelns in Form der Beschädigung meiner Person und damit auch meiner Arbeit zugunsten des gesamten Innenstadt-­Quartiers auf und das so etwas kein zweites Mal passieren dürfe. Für den Fall der Wiederholung wies ich ihn vorsichtshalber auch auf drohende rechtliche Konsequenzen im Zusammenhang mit Rufschädigung hin. An seiner Reaktion merkte ich, dass ihm die ganze Angelegenheit ziemlich unangenehm war. Übrigens kommen Intriganten oft zunächst als Einschmeichler daher. Unangenehm werden können auch Anspruchsteller. Diese meinen, der Citymanager müsste genau das tun, was sie persönlich für richtig hielten und versuchen über diesen Weg, ihn Aufgaben jenseits seiner offiziell bestehenden Arbeitsaufträge erledigen zu lassen, was vornehmlich natürlich ihnen selbst zugutekommt. Manchmal stammen diese Personen aus dem „erweiterten“ Kreis der Innenstadt-Akteure, wie z. B. Einzelhändler oder Hauseigentümer, manchmal aber sind es auch Akteure aus dem „engeren“ Zirkel, z. B. Vorstandsmitglieder innerhalb des Citymanagement-Vereins. Zu dem Verhaltensspektrum gehört auch die Erwartung, schnell, umfassend und persönlich über neueste Geschehnisse am Standort informiert und somit exklusiv auf dem Laufenden gehalten zu werden. Je nachdem, um wen es sich dabei handelt, sollte ein freundliches Gespräch darüber geführt werden, wo die Grenzen solcher Ansprüche an den Citymanager sind. Im Zweifelsfalle muss das Gespräch auch offiziell mit dem Vereinsvorsitzenden oder gar dem Bürgermeister erfolgen. Auf gar keinen Fall darf es dazu kommen, dass der Citymanager durch Herantragen unberechtigter Ansprüche an ihn von seiner Arbeit abgehalten, er gar instrumentalisiert oder aber  dazu verleitet  wird, gegenüber Unbefugten vertrauensvolle Inhalte auszuplaudern. Kurz erwähnt sei die Gattung Heckenschütze. Statt fairerweise erst einmal ein persönliches Gespräch zu suchen, knöpft er sich jemanden vor und schießt seinen Unmut über

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Facebook oder per Leserbrief gleich an die „ganze Welt“ hinaus. Eine Reaktion hierauf sollte wohlüberlegt sein. Antwortet man über dieselben Medien, besteht die Gefahr, dass sich die Sache hochschaukelt. Oftmals kann es deswegen richtig sein, gar nicht zu reagieren, um nicht weiteres Öl ins Feuer zu gießen (auch, wenn das als „Geschädigter“ ungerecht wirken mag). Scheint hingegen eine Antwort zwingend gefordert, gilt es, diese trotz allem sachlich zu formulieren. Als letztes Beispiel sei noch der Dauernörgler genannt, welcher alles schlechtredet und als personifizierte Aussichtslosigkeit unterwegs ist. Insbesondere in Gruppenveranstaltungen kann sein Auftreten unangenehm werden. Vielfach handelt es sich bei Nörglern um Akteure, die selber kaum bis nichts zum Prozess beitragen, aber liebend gerne das Handeln der anderen kritisieren. Oft hilft auch hier eine persönliche Konfrontation, z. B. nach dem Motto „Herr Müller, bitte nicht dauernd nörgeln. Einfach mal mitmachen. Na, wie wär’s?“ oder „Frau Meier, nichts für ungut, aber wir sind heute Abend eigentlich zusammengekommen, weil wir darüber sprechen wollen, wie wir gemeinsam etwas erreichen können. Ehrlich gesagt sind ihre ständigen Einwände für alle anderen Teilnehmer eher demotivierend als motivierend, auch wenn das wahrscheinlich gar nicht Ihre Absicht ist.“ Die obige Auswahl ist als beispielhaft auf der Grundlage meiner persönlichen Erfahrungen zu betrachten. Sicher gibt es einige, wenn nicht sogar etliche „unbequeme“ Typenarten mehr, von denen man sich als Citymanager aber keinesfalls den Spaß an der Sache verderben lassen sollte. Es geht lediglich darum, gewappnet zu sein und sich zu überlegen, wie man diesen, im Innersten ihres Herzens wahrscheinlich äußerst liebenswerten, Mitmenschen in der jeweiligen konkreten Situation am besten gegenübertritt. Abschließend noch ein Hinweis, der in den vorliegenden Zusammenhang passt: Sollte es vor Ort Situationen geben, bei denen am Citymanagement-Prozess beteiligte Akteure oder Akteursgruppen  partout nicht zusammenfinden bzw.  nicht in der Lage sind, in angemessener Weise miteinander zu kommunizieren, könnte sich evtl. die vorübergehende Einbindung eines Mediators als hilfreich erweisen. 

2.6

 edanken zur Auswahl und Einrichtung eines G Citymanagement-Büros

Teilweise besteht vor Ort die Absicht, dem Thema Citymanagement eine eigene kleine „Heimat“ in Form eines Büros bzw. einer Geschäftsstelle einzurichten. Die folgenden Überlegungen für die Auswahl und Gestaltung eines solchen Citymanagement-Büros beruhen auf meiner persönlichen Erfahrung an verschiedenen Standorten. Das Büro sollte für Besucher gut erreichbar sein, muss sich aber nicht in zentralster Lage befinden. Dieses hat den Vorteil, dass der für die zentralere Lage anfallende höhere Mietpreis vor dem Hintergrund ohnehin knapper finanzieller Ressourcen nicht wertvolle Geldmittel „auffrisst“, welche besser in einer möglichst professionellen Ausstattung des Büros oder aber in anderen Citymanagement-Projekten aufgehoben wären (Anmerkung: grundsätzlich sinnvoll ist es, Eigentümer von leer stehenden Ladenlokalen anzusprechen,

2.6  Gedanken zur Auswahl und Einrichtung eines Citymanagement-Büros

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ob sie sich eine Vermietung zu einem reduzierten Mietpreis vorstellen könnten). In diesem Zusammenhang hilft evtl. auch der Hinweis, dass erfahrungsgemäß in den wenigsten Fällen die Lage ausschlaggebend für ein gezieltes Aufsuchen des Citymanagers in dessen Büro ist. In aller Regel statten diejenigen Akteure, die den Citymanager unbedingt sprechen wollen, diesem auch in einer Seitenstraße einen Besuch ab. Bei den meisten Akteuren, insbesondere Einzelhändlern als eine der Hauptzielgruppen seiner Arbeit, wird der Citymanager ohnehin aktiv vorbeischauen, da sie als Geschäftsleute -oftmals ohne Mitarbeiterihren Laden tagsüber kaum verlassen können. Und: in der Hauptsache wird das Citymanagement über die Arbeitsinhalte und -ergebnisse wahrgenommen, nicht über das Büro. Darüber hinaus gibt es noch weitere Kriterien. So sollte das Büro vertrauliche Gespräche ermöglichen, z. B. mit Hauseigentümern hinsichtlich eines drohenden Leerstandes in ihrer Immobilie. Von Vorteil ist es, wenn im Büro kleinere Sitzungen, Arbeitsgruppentermine u. ä. abgehalten werden können, da dann auch deren Teilnehmer einen besseren Bezug zu der Innenstadt-Initiative bekommen als bei Nutzung anderweitiger Räumlichkeiten. Hinsichtlich der Büroausstattung zu nennen sind mindestens ein Schreibtisch, ein Sitzungstisch, Aktenschränke, Regale, Telefon (mobil und Festnetz), Fax, Computer bzw. Notebook, Drucker und ein Internetanschluss, dazu ein Präsentationsmedium wie Flipchart, Whiteboard oder eine Stellwand. Ein Beamer zum Zwecke von Präsentationen lässt sich bei Bedarf hingegen evtl. bei einem Kooperationspartner wie der lokalen Wirtschaftsförderung ausleihen. Weil sich in der Regel viele Materialien ansammeln, die noch gebraucht werden oder grundsätzlich aufzubewahren sind, sollte ein Materialraum, Lager und/oder Archiv vorhanden sein. Um Gäste bewirten zu können, zumindest in kleinem Umfang, ist die Einrichtung einer (Mini-)Teeküche angebracht. Eine Toilette ist als Selbstverständlichkeit zu betrachten. Eine große Hilfe ist es letztlich, wenn dem Citymanager eine Bürokraft zur Seite gestellt wird, welche ihm einfache Schreibtischtätigkeiten und Erledigungen abnimmt, damit er seine eigene Arbeitszeit so effektiv wie möglich zugunsten der Innenstadt einsetzen kann. Ein Büroraum für das Citymanagement kann grundsätzlich auch von dessen Unterstützern gratis oder zumindest zum Vorzugspreis bereitgestellt werden, z. B. im Rathaus, bei der Wirtschaftsförderung, beim Stadtmarketing oder bei einem Mitgliedsbetrieb des Citymanagement-­ Vereins. Berücksichtigt werden sollte in diesem Zusammenhang jedoch, dass manche privaten Akteure in solchen Konstellationen regelmäßig eine erhöhte und für sie nachteilig wirkende Abhängigkeit des Citymanagers von den entsprechenden Institutionen vermuten (s. dazu auch unter Pkt. 2.3.4).

2.7

 reativer Heilsbringer oder machtloser Erfüllungsgehilfe: K Der Citymanager als wesentlicher Erfolgsfaktor für gelingende Innenstadtprozesse

Aufgrund des in aller Regel sehr breiten Aufgabenspektrums sind Citymanager pure Generalisten, auch wenn sie natürlich von allen Seiten als Spezialisten in Sachen Innenstadt angesehen werden. Wer die Wahrscheinlichkeit für erfolgreiche Citymanagement-­Prozesse

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erhöhen will, sollte die Personalie „Citymanager“ mit größtmöglicher Sorgfalt bearbeiten. Von der richtigen Personalauswahl hängt in maßgeblicher Weise ab, ob der gesamte Citymanagement-­Prozess zur Zufriedenheit der Akteure vor Ort ausfällt. Neben entsprechenden Hinweisen, welche die Suche nach einer für die Ausfüllung dieser wichtigen Funktion geeigneten Person erleichtern sollen, gebe ich im Folgenden zusätzlich noch einige Ratschläge und Informationen für die praktische Tätigkeit und erlaube mir obendrein ein paar Anmerkungen in Richtung Arbeit- bzw. Auftraggeber hinsichtlich der Gestaltung der Arbeitsbedingungen für Citymanager.

2.7.1 Bewerberanforderungen Wegen der Bandbreite an Arbeitsinhalten bedarf es einiger fachlicher Voraussetzungen, die ein angehender Citymanager mitbringen sollte, die sog. hard skills. Demgegenüber werden von einem Innenstadt-Beauftragten insbesondere auch menschliche Qualitäten erwartet, welche in vielen Situationen erst das eigentliche Geheimnis seines Erfolgs ausmachen, die sog. soft skills. Die im folgenden aufgezählten Kenntnisse, Fähigkeiten und Eigenschaften stellen eine pauschale Auswahl für die Erstellung von Stellenprofilen dar. Sie beruhen auf meiner eigenen Erfahrung als Citymanager. Gleichzeitig können sich potenzielle Bewerber einen Überblick über die grundsätzlichen Anforderungen an Citymanager verschaffen.

2.7.1.1  Fachliche Kompetenzen Ein angehender Citymanager sollte möglichst einen gewissen Grundstock an Vorwissen mitbringen. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang natürlich -zumindest teilweiseGrundkenntnisse in den typischen Citymanagement-Arbeitsbereichen, also Einzelhandelsförderung, Leerstandsmanagement und Veranstaltungsmanagement, idealerweise ergänzt um ein Grundwissen im Bereich Stadtentwicklung. Sehr hilfreich sind Kenntnisse zum Themenkomplex „Marketing & Kommunikation“ (Markenbildung, Werbung, PR etc.). Keine Probleme bereiten sollten einfache kaufmännische Vorgänge wie z. B. Budgetierung von Projekten, Rechnungsstellung u.  ä. Erwartet werden können ausreichende EDV-Kenntnisse in den gängigen Office-Programmen Word, PowerPoint, Excel und Outlook. Immer wichtiger wird eine grundlegende Kompetenz im Umgang mit dem Internet und den sozialen Medien. Kenntnisse lokaler Strukturen in Bezug auf das Zusammenspiel aus Politik, Verwaltung und Privatwirtschaft helfen, den Kontext zu verstehen, in welchem Citymanagement agiert. Sich schnell einen Überblick über den Standort und sein Umfeld anzueignen, ist für Citymanager ein Muss. Schließlich fließt dieses Wissen, zumindest teilweise, in die konzeptionelle Arbeit ein (evtl. hilft es in diesem Zusammenhang, wenn der Citymanager aus der Region kommt und die Mentalität der Akteure am Standort besser versteht und zudem eher akzeptiert wird als ein „Zugereister“). Als zukünftiger Planer und Macher in einer Person sind einem Citymanager geregelte Projektabläufe nicht fremd,

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ebenso eine koordinierte und konzeptionelle Arbeitsweise, zu der nicht zuletzt auch ein gutes Zeitmanagement und eine gut strukturierte Büroorganisation gehören. Grundsätzlich von Vorteil ist Berufserfahrung. Auf der anderen Seite müssen auch Berufsstarter eine Chance erhalten. Ich selbst hatte das Glück, meinen Jobeinstieg auf einer Art Co- bzw. Junior-Citymanager-Position zu erleben in einer idealen Kombination aus gezielter Anleitung und erster eigener Projektverantwortlichkeit.

2.7.1.2  Soziale Kompetenzen Als Citymanager gilt es, verschiedene Rollen und Funktionen zu übernehmen und innerhalb dieser gekonnt zu agieren. So knüpft der Citymanager als Netzwerker wichtige Kontakte. Als Veranstalter von Sitzungen, Infoabenden und Workshops beteiligt er die Öffentlichkeit an der weiteren Innenstadtentwicklung und ist dabei (gefälliger) Moderator, (gewiefter) Diskussionsleiter und (begeisternder) Vortragsredner. Als personifizierte Inte­ ressenvertretung der Innenstadt tritt er als erfolgreicher Verhandlungsführer zu deren Gunsten auf. Er ist in der Lage, bei Prozessen die Führung zu übernehmen und eine kleine Mannschaft erfolgs- und teamorientiert zu steuern. Aus meiner Erfahrung heraus spielen Persönlichkeitsmerkmale im Citymanagement eine herausragende Rolle. In vielen Fällen sind sie Grundlage dafür, ob eine Z ­ usammenarbeit mit wichtigen Standortakteuren überhaupt zustande kommt. Positive persönliche Eigenschaften sind in jeglichen Lebenssituationen „Türöffner“ im Bereich des menschlichen Miteinanders. Eine freundliche, sympathische und authentische Ausstrahlung ist in vielen geschäftlichen Situationen die „halbe Miete“. Einem „einnehmenden Wesen“ fällt es leichter, andere Menschen für sich zu gewinnen. Das im Zusammenhang mit dem Thema Einzelhandel oftmals zitierte chinesische Sprichwort „Wer nicht lächeln kann, sollte kein Geschäft aufmachen!“ gilt in Abwandlung auch hier: „Wer nicht lächeln kann, sollte nicht Citymanager werden!“. Aufgrund der hohen Bedeutung von „soft skills“ halte ich es für angemessen, auf einige von diesen etwas ausgiebiger einzugehen. Citymanager sollten kommunikativ sein. Sie kommen mit vielen Menschen unterschiedlichster Prägung zusammen und müssen in der Lage sein, sich mit diesen in jeweils angemessener Weise auszutauschen. Die Fähigkeit zu Small Talk kann in diesem Zusammenhang sehr nützlich sein, um auf galante Art ins Gespräch zu finden. Aber Vorsicht: „kommunikativ“ ist nicht gleich „geschwätzig“! Der Job eines Citymanagers lebt in weiten Teilen von Diskretion, also vom absolut vertraulichen Umgang mit mehr oder weniger sensiblen Informationen. Sollte es sich herumsprechen, dass der Innenstadtbeauftragte als „lokale Plaudertasche“ unterwegs ist, beraubt er sich einer seiner wichtigsten Arbeitsgrundlagen. Diese lautet, auf der Basis seines persönlichen Informantennetzwerks möglichst schnell und detailliert über wichtige Vorgänge am Standort unterrichtet zu sein. Einer unvorsichtigen „Quasselstrippe“ hingegen wird man auf Dauer kaum noch etwas anvertrauen. Vorhanden sein sollte weiterhin ein hohes Problem- und Verantwortungsbewusstsein, um schwierige Situationen schnell zu erkennen und sich im Bedarfsfall als Kümmerer dafür zuständig zu fühlen.

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Erwartet werden darf auch ein „gesundes“ Selbstbewusstsein (nicht zu verwechseln mit Arroganz!), weil die Akteure vor Ort auf jemanden bauen möchten, der sich zutraut, größere Probleme anzupacken und dabei vorneweg zu marschieren. Mir selbst wurde bei einem Dienstantritt mal gesagt, dass mir doch „wahrscheinlich klar sei, dass ich von den Akteuren vor Ort als Messias betrachtet würde, der ab jetzt dafür sorgt, dass alles gut wird.“ Damit wäre ganz nebenbei und in wenigen Worten klar ausgedrückt, auf welcher Höhe die Messlatte für Citymanager vielfach liegt. Damit tatsächlich vor Ort hoffentlich alles gut wird, sind Überzeugungskraft, Motivationskunst und Durchsetzungsvermögen vonnöten. Ein Citymanager sollte an seine Projektaufträge glauben und Unterstützer für seine Arbeit gewinnen. Von Pessimisten, Nörglern und Besserwissern, welche in der Regel in Hinsicht auf Innenstadt-Entwicklungsprozesse so zuverlässig auf den Plan treten, wie es nachts dunkel ist, darf er sich nicht aus dem Konzept bringen lassen. Eine spürbare Identifikation mit der Aufgabe, im besten Falle Leidenschaft und „Herzblut“, helfen zur Erlangung von Respekt und Autorität am Standort, selbst wenn der Citymanager nicht an diesem wohnt, was insbesondere von Teilzeitkräften und externen Citymanagement-­Dienstleistern auch gar nicht erwartet werden kann. Mithilfe von diplomatischem Geschick lassen sich manche schwierigen Gesprächssituationen meistern. Hier besteht für den Citymanager die Chance, bei aufkommenden Fragen, Zweifeln oder Abwehrhaltung des Gegenübers durch das Aufzeigen plausibler Alternativlösungen zu glänzen! Immer gilt dabei jedoch: mit Fingerspitzengefühl agieren und im Bedarfsfall Kompromissbereitschaft zeigen. Der Citymanager sollte darüber hinaus als kreativer Denker und Macher auftreten, welcher einzigartige und zugkräftige Ideen für seinen Standort entwickelt und umsetzt. Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem und Interesse an unterschiedlichsten Themenfeldern und Lebensbereichen sind von Vorteil, um immer wieder neue Inspiration für das eigene kreative Wirken zu generieren. Verschiedene Akteure kommen mit ernsten Sorgen, z. B. einer drohenden Geschäftsaufgabe, zum Citymanager und freuen sich neben der rein fachlichen Besprechung des Themas auch über menschliches Verständnis für die Situation und ein paar ernst gemeinte mutmachende Worte. Einfühlungsvermögen lautet hier das Stichwort. Natürlich geht dieser Anspruch relativ weit. Ist diese Fähigkeit jedoch gegeben, kann großes Vertrauen unter den Beteiligten entstehen und die wahrgenommene Persönlichkeit des Citymanagers am Standort enorm „beflügeln“. Da es Citymanager mit vielen Menschen zu tun haben, ist es von Vorteil, diese mithilfe der entsprechenden Menschenkenntnis schnell durchschauen zu können. Dabei geht es vornehmlich nicht darum, grundsätzlich das Schlechte in anderen Menschen zu sehen, sondern potenzielle ungute Entwicklungen früh genug zu „erspüren“, um in der eigenen Funktion nicht ausgenutzt oder sogar instrumentalisiert zu werden. Einzelhändler können oft nur nach Ladenschluss, also abends, zu Terminen und Sitzungen kommen. Innenstadt-Veranstaltungen finden zudem oft an Wochenenden statt. Ge-

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fragt ist somit Bereitschaft zu teilweiser Abend- und Wochenendarbeit. Eine gewisse Belastbarkeit wird somit von Bewerbern durchaus verlangt. Hierzu passt auch die Erwartung, dass Citymanager ihre Projekte weitestgehend ohne Hilfe von außen entwickeln und vo­ ranbringen und somit eigenständiges Arbeiten für sie kein Problem darstellt. Und letztlich: Man lernt nie aus, Citymanager als Generalisten ohnehin nicht. Eine grundsätzliche Bereitschaft zu Fort- und Weiterbildung zwecks Erweiterung und Auffrischung der beruflichen Kenntnisse ist nahezu unerlässlich.

2.7.1.3  E  in Job wie kein anderer: Zusätzliche Anmerkungen für Berufsinteressenten Die bis hierhin aufgezählten Anforderungen an Interessenten bzw. Kandidaten für eine Citymanager-Karriere sind zugegebenermaßen nicht „von Pappe“. Nicht umsonst zeige ich in entsprechenden Vorträgen Superman und Superwoman als „Fahndungsfotos“ in Hinsicht auf die für dieses Job-Profil gesuchten Personen. Aber: Angst vor dem Berufsbild Citymanager ist nicht angebracht, vielmehr ein gesunder Respekt vor einer für einen Standort und dessen Akteure wichtigen Aufgabe. Sicherlich wird auch kaum ein Bewerber alle genannten Kriterien erfüllen können. Zum Teil muss man ihm vor Ort einfach ­ermöglichen, sich nach und nach inhaltlich zu verbessern und zudem in seiner Persönlichkeit zu reifen, wozu eine Tätigkeit als Citymanager hervorragend geeignet ist. Natürlich braucht es manchmal auch das berühmte „dicke Fell“. Aber ganz ehrlich: in welchem Job mit Verantwortung ist das heutzutage nicht so? Das bedeutet im Umkehrschluss natürlich auch, dass ein Mensch, der allzu sensibel daherkommt, vom Berufsbild des Citymanagers lieber die Finger lassen sollte. Schließlich wird es immer wieder mal vorkommen, dass vor Ort jemand nicht zufrieden ist und dieses auch kundtut, in manchen Fällen zudem nicht in der gebührenden respektvollen Art und Weise. Das ist sicherlich nicht nett, lässt sich aber kaum vermeiden. Citymanager werden von vielen Menschen als öffentliche Person betrachtet, mit Gegenwind sollte daher grundsätzlich immer gerechnet werden. Dieser kann auf verschiedensten Wegen erfolgen; wenn nicht im persönlichen Gespräch, dann gerne per Mail, per Leserbrief, über die sozialen Medien, im Rahmen von Presseberichten oder öffentlichen Sitzungen. Dieses muss man einfach wissen. Kurzum: eine gewisse Konflikt- und Kritikfähigkeit sollten Citymanager-Anwärter zwingend mitbringen, zumal sie es im zukünftigen Alltagsbetrieb immer wieder mit gestandenen Geschäftsleuten, Immobilieneigentümern, Lokalpolitikern, städtischen Abteilungsleitern und gewieften Presseleuten zu tun haben werden, welche in der Regel allesamt zu einer „klaren Sprache“ fähig sind, insbesondere, wenn ihnen etwas nicht passt. Und trotzdem: wer die Möglichkeiten, welche die Arbeit zugunsten einer Innenstadt bietet, zu nutzen weiß, findet im Beruf des Citymanagers ein spannendes, kurzweiliges, persönlichkeitsbildendes und obendrein sehr exklusives Tätigkeitsfeld mit hohem beruflichem und persönlichem Lernfaktor und der Chance auf viele Erfolgserlebnisse. Wem das alles zusagt, für den könnte Citymanagement genau das Richtige sein!

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2.7.2 N  etzwerke, Ansprechpartner und Weiterbildungsmöglichkeiten für Citymanager Vielfach haben Citymanager bzw. Innenstadtbeauftragte das Gefühl, aufgrund ihrer Exklusivstellung am Standort in gewissen Fragen auf sich allein gestellt zu sein. Es fehlt an kollegialem Austausch. Des Weiteren benötigen Citymanager Wissensinput zu den verschiedenen Arbeitsfeldern, in denen sie tätig sind. Hierfür existieren Anlaufstellen, die sowohl das Netzwerken fördern als auch Seminare und/oder Tagungen anbieten. Bei diesen wiederum ergibt sich in der Regel auch die Möglichkeit, neue Kollegen kennenzulernen und mit diesen ins Gespräch zu kommen. Dieses sind insbesondere folgende Institutionen und Einrichtungen: • • • • •

Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland (bcsd/www.bcsd.de) urbanicom – Deutscher Verein für Stadtentwicklung und Handel (www.urbanicom.de) Deutscher Verband für angewandte Geografie (DVAG/www.geographie-dvag.de) Bundestransferstelle „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ (www.aktivezentren.de) Industrie- und Handelskammern (IHK/z. B. www.dihk.de)

Neben diesen Anlaufstellen auf nationaler Ebene gibt es vielfach auch auf Bundeslandebene Initiativen wie z.  B. in Nordrhein-Westfalen das „Netzwerk Innenstadt NRW“ (www.innenstadt-nrw.de) oder in Bayern „Leben findet Innenstadt“ (www.lebenfindetinnenstadt.de). Darüber hinaus lohnt es sich, die Augen auch gegenüber Verbänden und Institutionen offen zu halten, welche speziell nur eines der verschiedenen Citymanagement-­Arbeitsfelder betreffen. Diese bieten häufig ebenfalls interessante Seminare und Tagungen an, manchmal sogar zum Thema Innenstadt-Entwicklung. Beispielhaft genannt werden können hier der Handelsverband Deutschland (HDE/www.einzelhandel.de) und der Immobilienverband Deutschland (ivd/www.ivd.net), welche auch auf Landes- oder Regionalebene mit Unterverbänden vertreten sind (s. z. B. www.handelsverband-nrw.de). Spezielle berufliche Weiterbildungsmöglichkeiten für Citymanager mit der Möglichkeit bzw. dem Ziel einer Zertifizierung bieten das Institut für City- und Regionalmanagement Regensburg (ICR/www.icr-studium.de) und die IHK Hannover an (www.hannover. ihk.de) Darüber hinaus veranstalte ich selber in Zusammenarbeit mit der südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu  Hagen (SIHK) praxisorientierte Citymanagement-­ Starterlehrgänge, deren inhaltlicher Aufbau sich an diesem Buch orientiert und die ebenfalls unter dem Titel „Innenstadt-Belebung mit System!“ angeboten werden. Informationen hierzu sind unter der Internetadresse www.citymanagement-seminare.de zu finden. Alle genannten Angebote sind kostenpflichtig. Neben den oben aufgezählten Anbietern gibt es im deutschsprachigen Raum weitere Veranstalter von themenbezogenen Seminaren und Tagungen. So führt z. B. das Unternehmen CCI Congresse jedes Jahr im Februar in Salzburg einen zweitägigen internationalen Kongress für Citymanagement sowie Stadt- und Standortmarketing durch, auf wel-

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chem viele Best Practice-Beispiele von den dafür Projektverantwortlichen aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz persönlich vorgestellt und anschließend mit den Teilnehmern diskutiert werden (www.cci-congresse.com). Wenn es um Netzwerken und Meinungsaustausch geht, kann evtl. auch die Nutzung von Online-Karrierenetzwerken wie XING sinnvoll sein, die neben der direkten Kontaktaufnahme zu anderen Netzwerkmitgliedern die Teilnahme an Themengruppen wie z. B. „Citymarketing“ ermöglichen. In diesen Gruppen werden Informationen, Wissen und Meinungen ausgetauscht.

2.7.3 Praktische Tipps für den Citymanager-Alltag Sicherlich gibt es unzählige Möglichkeiten, an der Optimierung der eigenen Arbeit in Hinsicht auf das sehr umfassende Aufgabengebiet „Citymanagement“ zu feilen. Ausgewählt habe ich exemplarisch einige Beispiele hierfür, welche allerdings keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit haben, jedoch als kleine persönliche Auswahl meinerseits trotzdem hier und da in entsprechenden Situationen ein wenig Hilfestellung leisten sollten.

2.7.3.1  Wir-Gefühl erzeugen  Eine erfolgreiche Arbeit zugunsten von Innenstädten und Ortsmitten gelingt umso wahrscheinlicher, je mehr die dortigen Akteure zusammenhalten und gewillt sind, unter der Moderation des Citymanagers gemeinsam etwas „auf die Beine zu stellen“. Auf die negativen Folgen von Einzelkämpfertum und anderen destruktiven Verhaltensweisen habe ich an anderer Stelle bereits hingewiesen. Für einen Citymanager ist die mit einem Wir-­Gefühl verbundene positive Grundhaltung von kaum zu überschätzender Bedeutung, weil sie Grundlage dafür ist, nicht nur einzelne Akteure, sondern den gesamten Standort mobilisieren zu können. Wer sich zur Gemeinschaft bekennt, glaubt an diese! Schafft es ein Citymanager, einen Großteil der privaten und öffentlichen Akteure hinter sich zu versammeln, verschafft das seiner Arbeit einen enormen Rückenwind. Es entsteht eine Art „Hebelwirkung“, aufgrund derer viele Projektvorhaben um ein vielfaches schneller in Gang kommen können gegenüber einer zäh verlaufenden Überzeugungsarbeit in vielen mühsamen Einzelgesprächen. Wo wirkliches Wir-Gefühl herrscht, kommen in der Regel immer genügend interessierte Akteure zusammen, wenn der Citymanager zu einer Projektvorstellung einlädt, und in den meisten Fällen finden sich auf Anhieb direkt erste Unterstützer, welche „Prima, wir sind dabei!“ sagen. Um an diesen Punkt zu kommen, sollte der Citymanager von Beginn seiner Arbeit an jegliche Chance nutzen, auf die Bedeutung eines lokalen Zusammenhalts als Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Agieren zugunsten der Innenstadt hinzuweisen, sei es bei seiner öffentlichen Vorstellung, bei Händlersitzungen oder im Rahmen der Pressearbeit. Zu den ersten „Wir-Signalen“, welche ein Citymanager in seiner Startphase aussenden sollte, ist eine Vorstellungsrunde durch alle Geschäfte. Es macht einen guten Eindruck, wenn der ab jetzt zuständige „Innenstadt-Mensch“ einmal alle Einzelhändler, Dienstleis-

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Abb. 2.1  „Bekenner-Foto“ der Innenstadt-Akteure in Radevormwald. (Quelle: Tanja Behnke)

ter und Gastronomen aufsucht. Das sorgt schnell für einen guten Eindruck, bringt erste Sympathiepunkte  und spricht sich positiv herum. Im Rahmen meiner Arbeit ist es mir dabei immer so ergangen, dass einige Akteure bereits im Rahmen dieses Erstkontakts ihre Bereitschaft zur Unterstützung signalisiert haben und somit schnell ein Grundstock an Händlern und Gastronomen vorhanden war, die ich für eine Mithilfe bei meinen ersten Projektvorhaben ansprechen konnte. Das beigefügte  Bild (vgl. Abb.  2.1) symbolisiert in diesem Zusammenhang so eine Citymanager-Startphase in mustergültiger Weise. Nachdem ich es mir zum Start meiner Tätigkeit für die Innenstadt von Radevormwald (Nordrhein-Westfalen) zur Aufgabe gemacht hatte, innerhalb von ca. vier Wochen alle Händler und Gastronomen zu besuchen und darüber hinaus noch einige Immobilieneigentümer sowie wichtige Ansprechpartner aus Politik und Verwaltung kennenzulernen, habe ich als Aktion des dortigen Citymanagement-­Vereins alle interessierten Innenstadt-Akteure auf einen kleinen „Umtrunk mit dem neuen Citymanager“ in das Bewirtungszelt der am Marktplatz gelegenen Winter-Eisbahn eingeladen. Für den Fall, dass genügend Gäste kommen würden, hatten wir seitens des Vereins die Idee, mit Hilfe einzeln ausgedruckter Großbuchstaben für die Presse ein „Bekenner-Foto“ unter dem Motto: „Wir in Radevormwald!“ zu schießen. Das Ergebnis: der Abend wurde ein großer Erfolg, über 50 Gäste schlitterten trotz glatter Sohlen für die Erstellung des Fotos auf die Eisbahn und das Motiv mit der tollen Gemeinschaftsbotschaft fand sich am nächsten Tag in exponierter Weise in der lokalen Presse. Für mich persönlich war die Veranstaltung ein gelungener Abschluss meiner Vorstellungsrunde am Standort, ergänzt um eine wichtige Erkenntnis: „Mit den Radevormwaldern, da geht was!“. Noch heute zeige ich das Foto im Rahmen von Präsentationen gerne als eines meiner Lieblingsbilder.

2.7.3.2  Anregend präsentieren Als Citymanager findet man sich dann und wann in der Situation wieder, im Rahmen von Tagungen, Ratssitzungen oder Ausschüssen seine Projekte vorzustellen. Oder man will

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innerhalb einer Entscheiderrunde oder eines Workshops Begeisterung für seine neuen Ideen hervorrufen. In der Regel erfolgt all dieses heutzutage unter Zuhilfenahme einer Präsentationssoftware wie insbesondere PowerPoint. Hier machen viele Redner allerdings regelmäßig zwei gravierende Fehler, ich übrigens bis vor relativ kurzer Zeit mangels besseren Wissens auch: der eine Fehler bezieht sich auf die Verwendung von Text, der andere auf die Verwendung von Bildern. Hierauf gehe ich im Folgenden etwas näher ein, woran sich noch einige weitere Hinweise für die Gestaltung erfolgreicher Vorträge anschließen. Umgang mit Textinhalten Bei der Verwendung von Text werden Folien mit unendlich vielen Buchstaben und teils komplett ausformulierten Sätzen an die Wand „geworfen“ und dann obendrein stupide abgelesen. Ist man ehrlich, ermüdet einen als Teilnehmer eine solche Vortragsweise ungemein. Die Vermittlung selbst des spannendsten Themas gerät dabei in Gefahr. Aber hat ein solch einfallslos vorbereiteter Vortrag überhaupt eine andere Reaktion verdient? Was man wissen muss: in PowerPoint erstellte Textfolien sind keine Präsentation, sondern in Wirklichkeit stark vergrößerte Word-Dokumente. Die Paradoxie einer solchen kombinierten Vortragsweise aus Vorlesen plus Mitlesen ist übrigens wissenschaftlich belegt: der Mensch kann nicht gleichzeitig hören und lesen, sondern sich nur auf eines von beiden konzentrieren. Eine Konsequenz aus dieser Erkenntnis könnte also sein, den Vortragsinhalt im Sinne der guten alten Redeform rein mündlich wiederzugeben. Eine anregende, engagiert vorgetragene Rede lässt sich immer noch besser verfolgen als stur von der Wand abgelesene Textinhalte. Falls vorhanden, kann die Rede perfekterweise mit passenden Bildprojizierungen unterlegt werden. Frecher und schon ein wenig schulmeisterlich wäre der ebenfalls denkbare umgekehrte Weg: den Redetext an die Wand „werfen“ und die Teilnehmer diesen stumm lesen lassen und nach ein paar Augenblicken fragen, ob alle mit dem Lesen fertig sind und alles verstanden wurde. Durchaus kann solch ein Vorgehen ausnahmsweise einmal im Sinne eines erfrischenden Unterbrechungseffektes während einer Präsentation angewendet werden, empfiehlt sich aber selbstverständlich nicht als durchgängiges Vortragskonzept. Angemerkt sei, dass die vorgetragenen Inhalte nicht verkompliziert, sondern so einfach verständlich wie möglich dargeboten werden sollten, sofern es sich nicht ausdrücklich um eine Fachzuhörerschaft handelt. Der Einsatz von Fachvokabular, Fremdwörtern und vielen mittlerweile üblichen englischsprachigen Begriffen sollte im Zuge der Vortragsvorbereitung genau überlegt werden. Umgang mit Bildinhalten Der andere häufig begangene markante Vortragsfehler hat wie schon geschrieben mit der Verwendung von Bildern zu tun. Obwohl Präsentationsprogramme keine Beschränkung bei der Anzahl der verwendeten Folien vorgeben, werden oftmals mehrere Bilder zu einem Thema gemeinsam auf eine Folie „gepresst“, meist natürlich in der guten Absicht, dem Betrachter eine kleine Auswahl bzw. einen Überblick zu einem Thema oder zu einem Begriff zur Verfügung zu stellen. Aber: die einzelnen Bilder werden dadurch viel kleiner und somit schwieriger erkennbar. Außerdem geraten sie in Konkurrenz zueinander und nehmen sich gegenseitig die Wirkung und uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Nur in Aus-

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nahmefällen ergeben Collagen Sinn. Die beste Wirkung wird erzielt nach dem Motto „ein (1) Bild bzw. ein (1) Gedanke pro Folie“, wobei dieses Bild dann so groß wie möglich dargestellt werden sollte, evtl. ergänzt um einen schlagwortartigen Kerngedanken, und der dazugehörige Inhalt rein mündlich erläutert wird. Manchmal braucht man sogar für mehrere Folien nur einen einzigen Einstiegssatz in den Raum zu werfen und sagt dann beim Durchklicken der einzelnen Folien gar nichts mehr. Dieses lässt sich anhand eines kurzen Beispiels verdeutlichen: aus welchen Gründen auch immer soll den Immobilieneigentümern der Innenstadt schmackhaft gemacht werden, dass eine Durchmischung der Haupteinkaufsstraße mit knallbunten Hausfassaden eine hervorragende, weil belebende Wirkung hätte. Dafür hat der Citymanager im Rahmen seiner Präsentation eine einzige Folie vorgesehen und als Beispiele für seine These fünf kleine Bildchen von tollen bunten Häusern mit auf diese eine Folie gequetscht. Wenn er stattdessen aber einfach sagen würde „Ich möchte Ihnen nun anhand einiger toller Beispiele zeigen, welch fantastische Wirkung bunte Häuser auf ihren jeweiligen Betrachter haben!“ und im Anschluss stumm und mit Ruhe fünf einzelne großformatige Hausansichten vorstellt, bekommen die Teilnehmer ­seines Vortrags eine viel intensivere und somit tiefere Vorstellung von dem, was er eigentlich sagen will. Da Vorträge in der Regel nicht zu lang und inhaltlich nicht überladen ausfallen sollten, empfiehlt es sich ansonsten, auf zu viele Bilder zu verzichten, sofern diese immer wieder nur Varianten des bereits Vorgestellten zeigen. Geschichten erzählen & spielerische Elemente einbauen Präsentationen sind auch immer eine hervorragende Möglichkeit für sog. Storytelling (s. hierzu auch unter Pkt. 3.5.2.1). Menschen, und somit auch die Teilnehmer einer Präsentation, lieben Geschichten und eine möglichst kreative, spannende Darbietung von Vorträgen. Dabei muss sich die Kreativität natürlich immer dem Inhalt unterordnen und darf niemals zum Selbstzweck einer Präsentation werden. Kurz: eine gelungene Kombination aus der Kraft der Bilder und der Macht des (gesprochenen) Wortes, verpackt in eine kleine Geschichte bzw. angereichert mit kleinen Geschichten, z. B. Anekdoten, helfen allen Zuhörern, während eines Vortrags aufmerksam zu bleiben. Gleiches gilt für den Einbau leichter spielerischer Formen, die zum Mitdenken animieren. Hier und da lassen sich in Vorträgen z.  B. gut Fragen einbauen, bei denen die Teilnehmer aufgefordert werden, die richtige Lösung zu erraten. Gutes Zuhören können ermöglichen Zu einer gelungenen Präsentation gehört, in akustischer Hinsicht gut verständlich zu reden, d. h., eher langsam, betont und laut genug, garniert von etwas Begeisterung für das eigene Thema in der Stimme, also nicht in langweiliger Leierkastenmanier. Wenn ein Mikro vorhanden ist, empfiehlt sich in den meisten Fällen dessen Nutzung, zumindest in größeren Runden. Dieses erleichtert den Anwesenden die Konzentration und sorgt für eine größere Wahrscheinlichkeit, dass die vorgetragenen Inhalte tatsächlich gehört werden. Optimal ist die Verwendung eines Headsets, weil dieses die meisten Möglichkeiten für ein lebendiges Erzählen „mit Händen und Füßen“ zulässt.

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Moderationskarten schreiben als „Rückendeckung“ Ich selbst schreibe mir oft zu jedem Bild eine Moderationskarte mit wirklich nur den allerwichtigsten Zusatzinformationen in Bezug auf die mit diesem Bild verbundene Kernaussage. Ich präge mir diese dadurch noch einmal besser ein und gehe obendrein auf Nummer sicher, dass ich durch das Vorhandensein der Karte die wichtigsten Botschaften im Rahmen meines Vortrags auch tatsächlich bei den Zuhörern platziere. An Dia-Vorträgen orientieren Gute Präsentationen auf der Basis der bis hierhin beschriebenen Vorgehensweisen lassen sich ein Stück weit mit professionellen Dia-Vorträgen vergleichen: man sieht ein Bild und bekommt dazu in sprachlicher Form auf interessante und gut verständliche Art die dazugehörige Erläuterung bzw. Geschichte erzählt. Niemand könnte sich vorstellen, dass bei einer Dia-Show mehrere Bilder gleichzeitig nebeneinander gezeigt werden oder der Redetext an die Wand „geworfen“ würde. Im Gegenteil: Die Teilnehmer würden sich empören und etliche vermutlich sogar ihr Eintrittsgeld zurückfordern! Mit der Dia-­Vortragsmethode lässt sich also mit relativ wenigen Handgriffen ein Vortrag gestalten, der sich -zumindest bei Tagungen mit mehreren Referenten- in der Regel wohltuend von anderen Vorträgen abhebt, weil die Teilnehmer gut „mitgenommen“ werden und ihnen die Wissensaufnahme, um die es ja schließlich geht, enorm erleichtert wird.

2.7.3.3  Trends verfolgen Um auf neue, möglichst einzigartige Projektideen zu kommen, stöbere ich gerne durch Buchhandlungen. Zu aktuellen Trends gibt es in der Regel immer Aktionstische mit mehreren Büchern und manchmal auch ergänzenden Accessoires. Ebenso entstehen um gesellschaftlich relevante Trends herum oftmals Zeitschriften-Magazine. Bereiche wie Lifestyle, Gesundheit, gutes Leben und ähnliches sind diesbzgl. besonders oft vertreten, also Themen, welche sich grundsätzlich gut für die Ideenfindung im Stadtmarketing nutzen lassen. Insbesondere größere Buchhandlungen weisen häufig ein breites Sortiment an Zeitschriften auf, ausgerichtet auf vielfältige Interessensrichtungen, also neben den bereits genannten auch auf Hobby, Sport, Freizeit usw. Über diesen Weg bin ich persönlich z. B. auf Hygge aufmerksam geworden, diese aus Dänemark stammende Art von positiver, entspannter Lebenseinstellung. Wie wäre es, in der Innenstadt mal ein Hygge-Fest oder einen Hygge-Markt zu veranstalten? Für viele Regionen wäre das vermutlich einzigartig und ein Anziehungspunkt. 2.7.3.4  „Express-Wissen“ aneignen Citymanager sind wie bereits erwähnt als ausgeprägte Generalisten unterwegs und können kaum vom Start weg zu jedem Handlungsfeld über ein fundiertes Fachwissen verfügen. Auch ist in den meisten Fällen nicht die Möglichkeit vorhanden, um zu verschiedensten Themengebieten in kürzester Zeit umfangreiche Fachbücher zu studieren oder sich anderweitig intensiv fortzubilden. Eine gute Methode ist es daher, sich, sofern verfügbar, anhand kleiner Taschenratgeber ein erstes „gesundes Halbwissen“ zu verschaffen und darauf

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aufbauend im zweiten Schritt bei Bedarf Wissensvertiefung anhand weiterführender Fachbücher (oder anderer Medien) zu betreiben. Das bedeutet schnelle „erste Hilfe“ und erspart im Zweifelsfalle „Wissenslücken-Frust“. Pocket-Fachbücher sind insbesondere zu vielen Management- und Marketing-Themen erschienen und finden sich in gut sortierten Buchhandlungen, oft auch in größeren Bahnhofsbuchhandlungen. Daneben entstehen derzeit erfolgreich Apps wie z. B. Blinklist, welche die wichtigsten Kerngedanken von Fachbüchern zusammenfassen.

2.7.3.5  „Elefantenrunden“ einberufen Ist eine Projektidee vorhanden, welche seitens des Citymanagers und seines engeren Entscheiderumfeldes (z. B. Vorstand eines Citymanagement-Vereins) als wichtig für den Standort angesehen wird, jedoch Befürchtungen bestehen, die Akteure vor Ort für dieses Vorhaben nicht sofort begeistern zu können, erweist es sich oftmals als strategisch klug, die entsprechende Idee nicht direkt öffentlich und auch noch nicht allen potenziellen ­Projektteilnehmern, sondern zunächst einer ausgewählten Runde von Akteuren vorzustellen, von denen man glaubt, dass diese die Projektidee mittragen, unterstützen und fördern würden. Gelingt dieses, wäre zum einen die benötigte Grundmenge an Mitstreitern, die sog. „kritische Masse“, für einen erfolgreichen Projektstart vorhanden und zum anderen ließe sich nun mit wesentlich verbesserter Erfolgsaussicht ein öffentlicher Infoabend organisieren, bei dem die „schon Eingeweihten“ als Unterstützer der Idee auftreten und so weitere Akteure zur Beteiligung animieren können. Ein Prozess kann in dieser Weise ablaufen, wenn es bspw. darum geht, ein lokales Bonus- oder Rabattsystem am Standort einzuführen, wofür eine große Anzahl an teilnehmenden Geschäftsbetrieben benötigt wird. 2.7.3.6  Zum Start schnelle Projektumsetzungen anstreben Zu Beginn einer Citymanagement-Tätigkeit ist es ratsam, nicht zu viele Projekte auf einmal loszutreten und sich in diesen zu „verzetteln“, sondern stattdessen eher wenige Maßnahmen mit ausreichendem Aufmerksamkeitspotenzial tatsächlich umzusetzen. Vielen Akteuren am Standort ist es wichtig, dass sie zügig etwas  „zu sehen“ bekommen, um Glauben an und Vertrauen in die Idee „Citymanagement“ entwickeln zu können.

2.7.4 Anmerkungen zu Arbeitsbedingungen für Citymanager Wichtig erscheinen mir einige abschließende Bemerkungen zum Thema „Citymanager“ in Richtung potenzieller Arbeit- bzw. Auftraggeber.

2.7.4.1  Erteilung von Handlungsbefugnissen Dem Citymanager sollten klare Aufgaben und Kompetenzen zugeordnet werden, nicht zuletzt, um inhaltliche Überschneidungen mit Mitarbeitern anderer Organisationen und Behörden zu vermeiden und nach außen hin klar zu signalisieren, worum sich der Citymanager vor Ort kümmert und dass man ihm dieses seitens seines Arbeit- bzw. Auftraggebers zutraut.

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Öffentlich vorgebrachte Wertschätzung für seine Arbeit ist für Citymanager ein wertvolles Gut beim Aufbau eines gewissen „Standings“ am Standort und hat darüber hinaus natürlich eine nicht zu unterschätzende motivatorische Wirkung auf ihn. Jedem vor Ort sollte bewusst sein bzw. im Zweifelsfalle bewusst gemacht werden, dass es sich bei der Einrichtung einer Citymanager-Stelle nicht um eine einflusslose Alibi-­Position handelt und auch niemals handeln darf. Dafür ist alleine schon das inhaltliche Thema „Stärkung der Innenstadt“ viel zu wichtig. Keinesfalls sollte der Stelleninhaber zu einem „armen Wicht“ degradiert werden, dessen wertvolle Ideen und dessen Herzblut und Leidenschaft für die Sache im besten Falle milde belächelt und anschließend umgehend beiseitegeschoben werden.

2.7.4.2  Stundenkontingente Von immenser Bedeutung ist die dem Citymanager eingeräumte Stundenzahl pro Woche. Diese sollte sich an der Themenfülle und der Komplexität der Aufgabenstellungen orientieren. Wird das vereinbarte Stundenkontingent mit inhaltlichen Anforderungen überladen, ist ein Scheitern einzelner Projekte vorauszusehen. Auch die Gefahr einer „Verheizung“ des Citymanagers ist dann nicht gering, zumal, wenn der Stelleninhaber noch keine Berufserfahrung vorweisen kann und sich in jedweder Beziehung erst noch im Job zurechtfinden muss. Erfahrene Citymanager kommen im Bedarfsfall durchaus mit etwas weniger Stunden aus bzw. schaffen in der vereinbarten Stundenzahl etwas mehr als Berufsanfänger, weil sie die Materie kennen und in der Regel einen guten Blick dafür haben, wo sie im Rahmen ihrer Arbeit gezielt ansetzen müssen. Natürlich ist der Einkauf von Erfahrung in der Regel allerdings etwas teurer, so dass letztendlich nur individuell vor Ort entschieden werden kann, welche Lösung man bevorzugt. 2.7.4.3  Vergütung Eine angemessene Vergütung von Citymanagern sollte eigentlich selbstverständlich sein. Schließlich leisten diese Immenses für ihren Standort, wenn sie es hinbekommen, dass „ihre“ Zentren funktionieren. Ein gutes Lebensgefühl für die eigenen Bürger, ein positives Image der eigenen (Innen-)Stadt in der Region, lokale Kaufkraftbindung und Erhöhung der Zentralität, höhere Steuereinnahmen durch Vermietung von Geschäften statt Leerstand: das alles hat spürbar etwas mit der Arbeit von Citymanagern zu tun. Zudem „reißen“ sie keinen klassischen „Neun-bis-fünf“-Job ab und stehen regelmäßig abends und teilweise an Wochenenden für die Arbeit zur Verfügung. Als Generalisten verfügen sie über ein umfangreiches Wissen und als Netzwerker nach und nach über viele wertvolle Kontakte vor Ort. Sie entwickeln selber Ideen, für die manch eine andere Institution externe Beratung einkaufen müsste, bieten also geldwerten Vorteil. Insofern sind Citymanager vielmehr wirkliche Manager denn eine Art „Sachbearbeiter Innenstadt“. Zufriedenstellende Vergütungen bzw. Vergütungsmodelle sind zudem von Belang, um für diese wichtige Standortaufgabe gutes Personal zu finden und dauerhaft zu halten. Außerdem lässt sich das Berufsbild „Citymanager“ nicht zuletzt über den Vergütungsaspekt nach und nach auch interessanter für Kandidaten gestalten, welche von Haus aus eigentlich eine „typische“ Management-Karriere in der freien Wirtschaft anstreben.

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2  Es muss was passieren: Citymanagement als Antwort auf die Krise der Innenstädte …

 lles gut unter Kontrolle: Mit dem neuen A 9K-Citymanagement-Modell Innenstadt-Prozesse erfolgreich verwalten

Das 9K-Modell fasst die Notwendigkeiten, Voraussetzungen und Bedingungen zum Aufbau und zur Umsetzung erfolgreicher Citymanagement-Initiativen zusammen. Anhand beispielhafter Prüffragen lässt sich schnell beurteilen, an welchen Stellen des Prozesses noch nachgearbeitet bzw. optimiert werden sollte. Ziel ist es, als Citymanager den ­Gesamtprozess im Blick behalten und diesen möglichst einfach verwalten zu können. Darüber hinaus lässt sich das Modell auch gut als Diskussionsgrundlage in Citymanagement-­ Sitzungen mit mehreren Teilnehmern verwenden. In diesem Fall bietet es sich optisch unterstützend an, auf einer Flipchart o. ä. neun Felder in „Würfel-Formation“ aufzuzeichnen, so dass diese wiederum ein großes Quadrat ergeben. In die einzelnen Felder werden dann die einzelnen K-Wörter eingetragen, evtl. samt der Prüffragen. Wichtige Hinweise, Erkenntnisse bzw. Ergebnisse aus dem Diskussionsverlauf lassen sich dann zusätzlich in die Felder eintragen, so dass sich auf diesem Wege eine strukturierte Gesprächsdokumentation (oder ein Ergebnisprotokoll) „auf einen Blick“ ergibt. Innerhalb dieses Abschnittes findet sich eine beispielhafte Grafik dazu (vgl. Abb. 2.2). Die neun Ks des Modells stehen für folgende Begriffe: 1. Konzept Von Beginn an sollte strategisch gedacht und vorgegangen, also konzeptionell gehandelt werden. Es ist festzulegen, welche Themen, Projekte und Maßnahmen schwerpunktmäßig verfolgt und bearbeitet und in welchen Zeiträumen welche Ziele erreicht werden sollen. Dieses alles sollte in ein übergeordnetes Standortkonzept eingebettet sein, welches als ganzheitlicher Plan für die Innenstadt ausgelegt ist. Dazu gehört insbesondere auch das Thema Profil- und Markenbildung inkl. der Beantwortung der Frage „Wofür stehen wir bzw. unsere Innenstadt?“ Unter diesen Punkt fallen aber auch Teilaspekte wie die Gestaltung von Finanzkonzepten im Sinne von Budgetplanungen, Konzepte für die Steuerung des Branchenmixes usw. Weil konzeptionelles Handeln auch immer strategisch kluges Handeln bedeutet, geht es in diesem Zusammenhang zudem  um die Einschätzung von Machbarkeit, indem Visionen statt Utopien erzeugt und verfolgt werden, um die Erstellung von Leitbildern etc. Prüffrage: Sind wir im Rahmen unseres Citymanagement-Prozesses konzeptionell auf allen Ebenen „gut unterwegs“? 2. Köpfe Welche Akteure sind für die Umsetzung und/oder Unterstützung des Citymanagement-­ Prozesses von Bedeutung, lautet hier die Frage. Dabei geht es sowohl darum, wer sich als aktiver Mitstreiter gewinnen lassen würde (z. B. durch Übernahme eines Vorstandspostens

2.8  Alles gut unter Kontrolle: Mit denm neuen 9K-Citymanagement-Modell …

1. Konzept

2. Köpfe

3. Kapital

Konzeptionelles Handeln durchgängig ok?

Fehlen einzelne Akteure oder Akteursgruppen?

Gesamtetat ok?

51

Projektbudgets ok? Sind die vorhandenen Akteuren in richtiger Weise Weitere berücksichtigt? Finanzierungsquellen in Aussicht?

4. Kapazitäten

5. Kommunikation

6. Kümmerung

Anzahl Personal ausreichend?

Wie erfolgt jegliche Vor-Ort-Kommunikation?

Umgang mit Problemmeldungen?

CitymanagementBüro angemessen bzw. ausreichend?

Wie ist der Umgang untereinander?

Generelle Umsetzungsorientierung ausreichend?

7. Kontrolle

8. Kontinuität

9. Kreativität

Wo gibt es spürbare Probleme?

Qualitätslevel durchgängig ok?

Kreavität und Innovationsfreude im Wettbewerb ausreichend?

Arbeitstempo ok?

Genügend externes kreatives Know-How vorhanden?

Arbeitszeitkontingent aller Mitarbeiter ausreichend?

Drohen irgendwelche Risiken?

Abb. 2.2  Das 9K-Citymanagement-Modell als übersichtlicher Würfel mit neun Feldern. (Quelle: Eigene Darstellung)

im Citymanagement-Verein), als auch darum, die vornehmlichen Zielgruppen der eigenen Tätigkeit zu kennen (z.  B.  Immobilieneigentümer und Einzelhändler) und mit diesen konstruktiv zusammenzuarbeiten. Prüffrage: Sind alle maßgeblichen Akteure bzw. Akteursgruppen im Rahmen unserer Citymanagement-­Arbeit berücksichtigt und wenn ja, in der richtigen Weise? 3. Kapital Die finanzielle Ausstattung einer Citymanagement-Initiative ist für diese von existenzieller Bedeutung. Je nachdem sind Personal-, Raum-, Sach- und Projektkosten zu bestreiten. Hilfreich ist eine Budgetsicherung für mehrere Jahre, um die wichtige Arbeit zugunsten der Innenstadt über einen längeren Zeitraum abzusichern und somit nachhaltig planen zu können.

52

2  Es muss was passieren: Citymanagement als Antwort auf die Krise der Innenstädte …

Prüffragen: Ist unser Citymanagement in finanzieller Hinsicht ausreichend ausgestattet, sowohl insgesamt als auch in Bezug auf die einzelnen Projektbereiche? Haben wir alle Möglichkeiten der Finanzmittelgewinnung ausgeschöpft und falls nein, welche wären noch in Erwägung zu ziehen? 4. Kapazitäten Neben der als grundlegend zu betrachtenden finanziellen Ausstattung (s. o.) kann eine Citymanagement-Initiative nur dann erfolgreich agieren, wenn weitere Kapazitäten in angemessener Weise vorhanden sind. Diese betreffen vornehmlich die Personalausstattung, die verfügbaren Zeitkontingente für sämtliche Tätigkeiten sowie die räumliche Situation, also das Vorhandensein eines Büros, in welchem der Citymanager im notwendigen Umfang und in adäquater Weise seiner Arbeit nachkommen kann. Prüffragen: Ist unsere Citymanagement-Initiative personell gut aufgestellt? Reicht das Arbeitszeitkontingent des Citymanagers und evtl. weiterer Mitarbeiter für die Bewältigung aller anstehenden Aufgaben aus? Agiert unser Citymanagement in der Aufgabe angemessen erscheinenden Räumlichkeiten? Lassen sich in dem Büro z. B. diskrete Gesprächstermine durchführen? 5. Kommunikation Citymanagement kann nur dann wirklich gut funktionieren, wenn alle daran beteiligten Akteure immer wieder miteinander im Gespräch sind, um gemeinsam Dinge voranzubringen. Dabei sind die Möglichkeiten des persönlichen Austauschs vielfältig. Oft ist ein Vier-Augen-Gespräch das richtige Mittel der Wahl, z. B. wenn der Citymanager im Rahmen von Innenstadtrundgängen die Einzelhändler vor Ort aufsucht und sich nach deren geschäftlicher Situation erkundigt. Das können aber auch größere Veranstaltungen wie z.  B. regelmäßige City-Stammtische sein, in deren Rahmen die Innenstadt-Akteure gemeinsam wichtige Themen diskutieren. Aus Sicht des Citymanagers ist es auf jeden Fall wichtig, dass er mit anderen in kommunikativem Kontakt, aber auch selber „im Gespräch“ ist, das heißt, dass alle anderen wissen, was er überhaupt macht. Zu berücksichtigen ist auch, dass der generelle Informationsfluss hinsichtlich der Verbreitung wichtiger Botschaften, auch in Richtung Öffentlichkeit, funktioniert, z. B. im Zusammenhang mit dem Entwicklungsprozess rund um das Thema „Profil- und Markenbildung für die Innenstadt“. Prüffragen: In welcher Weise ist unser Citymanagement mit den Akteuren vor Ort im Gespräch? Gibt es diesbzgl. Verbesserungsbedarf und wie könnte dieser aussehen?  Wird die Citymanagement-­Arbeit ausreichend öffentlich kommuniziert?

2.8  Alles gut unter Kontrolle: Mit denm neuen 9K-Citymanagement-Modell …

53

6. Kümmerung Unter diesen Aspekt fallen zwei Ansprüche an einen Citymanager. Der erste ist, dass er Ansprechpartner ist, wenn Probleme auftauchen, die in seinen Zuständigkeitsbereich fallen, und er sich dann der Sache annimmt, sich also kümmert. Der zweite Anspruch liegt auf etwas höherer Ebene darin, dass er sich als umsetzungsorientiert hinsichtlich der durchzuführenden Projekte versteht und diese nicht „schleifen“ lässt. Hiermit ist also so eine Art „Machertum“ angesprochen. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass sich manche Aufgaben klugerweise an Mitstreiter delegieren lassen, um die Menge an Arbeit bewältigen zu können. Prüffragen: Reagieren wir als Citymanagement zügig und inhaltlich adäquat bei Problemmeldungen? Ist unser Citymanagement in ausreichender Weise umsetzungsorientiert angelegt? 7. Kontrolle Der Stand der inhaltlichen Arbeit zugunsten der Innenstadt sowie deren Erfolge sollten regelmäßig und selbstkritisch überprüft bzw. hinterfragt werden, damit im Bedarfsfall nachgebessert werden kann. Prüffrage: Ist der aktuelle Stand unserer Citymanagement-Bemühungen sowohl in der Gesamtbetrachtung als auch in Hinsicht auf die einzelnen Projektbereiche zufriedenstellend? 8. Kontinuität Citymanagement ist eine Daueraufgabe und sollte nicht eingestellt oder auf ein Mindestmaß heruntergefahren werden, wenn es nach einer zwischenzeitlichen Schwächeperiode wieder besser um die Innenstadt bestellt ist. „Am Ball bleiben, nicht nachlassen!“, lautet die Devise. Dieses gilt im Bedarfsfall auch für einzelne Projekte wie z. B. erfolgreich eingeführte Veranstaltungskonzepte, welche stetig weiterentwickelt und auf gar keinen Fall leichtfertig wieder aufgegeben werden sollten. Nur so können sich Kunden und Besucher auf Dauer an ein Angebot gewöhnen. Prüffragen: Halten wir in Bezug auf unsere Innenstadt-Bemühungen das „Level“ durchgehend genügend hoch? Gibt es Anzeichen für Ermüdungserscheinungen? Gelingt es uns, kontinuierlich an der weiteren Verbesserung erfolgreich gestarteter Projekte zu arbeiten?

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2  Es muss was passieren: Citymanagement als Antwort auf die Krise der Innenstädte …

9. Kreativität Im Wettbewerb der Standorte geht es darum, mit neuen, durchaus auch mal außergewöhnlichen Projektideen Aufmerksamkeit zu erzeugen und damit die Kunden und Besucher in die eigene Innenstadt zu locken. Es ist keinesfalls verboten, innovativ zu denken und zu handeln und damit den gewünschten Beitrag zur Entwicklung eines eigenen Standortprofils zu leisten. Im besten Falle überträgt sich diese Denke auch auf den örtlichen Handel, z. B. in Form einer Durchführung solch außergewöhnlicher Kundenaktionen, die es der Presse wert sind, hierüber zu berichten. Gerade für kreative Prozesse bietet es sich an, Kompetenz und Inspiration von außen hinzuzuholen. Dieses müssen nicht unbedingt professionelle Kreativagenturen, sondern können z. B. auch lokale Künstler sein. Wichtig ist jedoch, dass auch zwischen aufsehenerregenden Ideen und der Profilaussage, wofür der Standort steht, ein inhaltlicher bzw. konzeptioneller Zusammenhang besteht. Prüffragen: Sind unsere Ideen und Projekte so kreativ bzw. innovativ, dass sie im Wettbewerb mit Nachbarstandorten für einen relevanten Unterschied, im besten Fall für einen „Wow!“-Effekt sorgen? Und passen sie inhaltlich zu unserem Standortprofil?

2.9

Fazit

Professionelle, also gut organisierte und auf nachhaltiges Funktionieren ausgerichtete Citymanagement-­Strukturen lassen sich nicht im Handumdrehen „aus dem Boden stampfen“. Es braucht vor Ort einen Prozess der Bewusstseinsbildung, ob und in welchem Ausmaß Citymanagement betrieben werden soll, was insbesondere von den für Personal, Infrastruktur (insbesondere Büro), Projekten und benötigten Sachmitteln zur Verfügung stehenden finanziellen Möglichkeiten abhängt. Dazu ist im Vorhinein zu planen, welche Institution die Verantwortung für das Thema übernimmt. Im Mittelpunkt der praktischen Arbeit steht der Citymanager als beauftragter Umsetzer des komplexen Tätigkeitsfeldes Citymanagement. Mit dessen Auswahl steht und fällt in aller Regel das Gelingen der ihm aufgetragenen umfangreichen Innenstadt-Bemühungen. Hierfür ist eine „gedeihliche“ Zusammenarbeit mit verschiedensten Innenstadt-Akteursgruppen von essenzieller Bedeutung. Unterstützend sollte dem Citymanager ein Arbeitsumfeld geschaffen werden, welches ihm ermöglicht, seine Aufgaben so zielgerichtet und effektiv wie möglich zu erfüllen. Allen im Kern am Citymanagement-Geschehen Beteiligten, neben dem Citymanager also insbesondere seinen Auftraggebern und Projektentscheidern, steht als Hilfsinstrument das neue 9K-Citymanagement-Modell zur Verfügung, welches hilft, auf einfache Weise den Gesamtprozess im Blick und „im Griff“ zu behalten. Werden die o.g. Voraussetzungen, Anmerkungen und Hilfestellungen berücksichtigt bzw. genutzt, wird eine relativ schnelle Erkenntnis nach den ersten konkreten Bemühungen sein: erfolgreiches Citymanagement ist machbar!

Literatur

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2.10 Checkliste „Citymanagement aufbauen“ Checkliste „Citymanagement aufbauen“ Aufgabe Benennung der zukünftigen Hauptaufgabenfelder Entscheidung Trägerschaft Erstellung Übersicht „Akteursgruppen und für den Prozessbeginn einzubindende potenzielle Unterstützer“ Vereinsgründung (evtl.) Planung Gesamtbudget und Finanzierungsbausteine Auswahl und Einrichtung Citymanagement-Büro Ausschreibung und Auswahl Citymanager Sonstiges, z. B.:

erledigt am Anmerkungen

Literatur Internet Justizportal Nordrhein-Westfalen. (o. J.). Muster: Satzung eines gemeinnützigen Vereins. https:// www.justiz.nrw.de/Gerichte_Behoerden/ordentliche_gerichte/FGG/Registersachen/Vereinssatzung/index.php. Zugegriffen am 06.03.2019. N.N. (2017). Der Verfügungsfonds – ein Angebot zur kooperativen Zentrenentwicklung. https://www. staedtebaufoerderung.info/StBauF/DE/Programm/AktiveStadtUndOrtsteilzentren/Programm/ Instrumente/Verfuegungsfonds/verfuegungsfonds_node.html. Zugegriffen am 04.03.2019. Netzwerk Landwirtschaftlicher Raum. (o. J. a). aus LEADER-Flyer. entnommen unter. https://www. netzwerk-laendlicher-raum.de/fileadmin/sites/ELER/Dateien/05_Service/Publikationen/LEADER-Flyer/flyer_leader_IhreRegion.pdf. Zugegriffen am 05.03.2019. Netzwerk Landwirtschaftlicher Raum. (o. J. b). https://www.netzwerk-laendlicher-raum.de/regionen/leader. Zugegriffen am 05.03.2019. Online Marktplatz Neustadt. (o. J.). https://www.kaufinneustadt.de/leader-foerderung. Zugegriffen am 05.03.2019.

3

Vom austauschbaren Produkt zum einzigartigen Markenerlebnis: Profilbildung für Innenstädte und Ortszentren

Zusammenfassung

Innenstädte stehen im Wettbewerb sowohl untereinander als auch mit anderen Angebotsformen wie z. B. dem Online-Handel. Vor dieser Herausforderung müssen sie sich z. T. neu positionieren und ihre zukünftige Rolle finden. Hauptansatzpunkte sind hierbei Erlebnisorientierung, Profilbildung und Markenaufbau. Ziel muss sein, in für Kunden und Besucher relevanter Weise Einzigartigkeit im Wettbewerb zu erlangen, sich also in positiver Weise von der Konkurrenz zu unterscheiden und dieser gegenüber in in Bezug auf die Kundengunst in Vorteil zu gelangen. Genannt werden in diesem Kapitel reale Beispiele für verschiedenste Standortprofile in ganz Deutschland. Umfangreiche praxisorientierte Ausführungen helfen, dem Wesen „Innenstadt-Marke“ und dessen wichtiger Bedeutung für den eigenen Standorterfolg auf die Spur zu kommen. Abrundend werden einige konkrete Marketingmethoden vorgestellt, welche der City-Marke und mit ihr dem Standort Innenstadt in positiver Weise Aufmerksamkeit und damit die nötige Wahrnehmung im Einzugsgebiet verschaffen können. Die Checkliste „Markenund Profilbildung Innenstadt“ dient dazu, den damit zusammenhängenden Entwicklungsprozess vor Ort strukturiert zu begleiten bzw. zu bearbeiten.

3.1

„ Wer für nichts Besonderes steht, steht für gar nichts!“ – Zur Notwendigkeit der Angebotsdifferenzierung im Wettbewerb der Standorte

Wenn es um die zukünftige und dauerhafte Erfolgswahrscheinlichkeit von Innenstädten und Ortszentren geht, lässt sich zunehmend beobachten, dass Beliebig- und Austauschbarkeit im Vergleich zu Konkurrenzstandorten die Wahrscheinlichkeit erhöhen, es früher oder später mit gravierenden strukturellen Problemen wie Leerstandszunahmen oder Frequenzverlusten und  daraus resultierender allgemeiner Verödung zu tun zu bekommen. Kein

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 F. Manfrahs, Citymanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_3

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58

3  Vom austauschbaren Produkt zum einzigartigen Markenerlebnis: Profilbildung für …

Wunder: Fehlt der berühmte „rote Faden“, ist die Entwicklung eines besonderen, einzigartigen, unverwechselbaren Gesamterlebnisses samt gezielter Ansprache potenzieller Kundschaft nur schwer zu bewältigen. Im Gegenteil: Es fehlt jeglicher klare Kurs; die Weiterentwicklung des Standortes wird nicht von zielorientierten Strategien und Strukturen, sondern weitestgehend vom Zufall getragen. Austauschbarkeit ist eine „offene Flanke“, deren Vermeidung bzw. Schließung im Produktmarketing zu den obersten Pflichtaufgaben gehört. Im Standortmarketing ist dieses bisher leider nicht durchgehend selbstverständlich. Insbesondere für kleine und mittelgroße Standorte erscheint es in Zukunft schwierig, sich ohne ein klares Bewusstsein und eine eindeutige Aussage darüber, wofür man steht und worin man besonders (gut) ist, gegen die mannigfaltig vorhandene Konkurrenz zu behaupten. Ein gesichtsloses Zentrenangebot ohne Besonderheiten und/oder ortstypische Merkmale trifft heutzutage kaum noch auf Kundeninteresse. Gefragt ist also im wahrsten Sinne des Wortes eine Standortbestimmung: Wie lässt sich eine von Bürgern, Kunden und Besuchern gewertschätzte Positionierung im Wettbewerbsumfeld erreichen, welche neben den in der Nachbarschaft gelegenen Konkurrenz-­ Innenstädten auch den Mitbewerbern auf der „grünen Wiese“ und im Internet standhält? Welches Profil kann die eigene City entwickeln und wie lässt sich ein solches auf Dauer schärfen? Diese Fragen sind für viele Standorte zunehmend von existenzieller Bedeutung. Vielerorts ist deswegen der Wunsch nach der Bildung einer City-Marke vorhanden. Die damit vorhandenen Entwicklungsprozesse bereiten jedoch häufig Probleme. Das ist kein Wunder, geht es doch um viel mehr als um die Gestaltung eines Logos und eines Slogans, was oftmals fälschlicherweise unter dem Aufbau einer Marke verstanden wird. Markentheorie ist ein komplexes Thema und eine Wissenschaft für sich. Obendrein sind die Markenvoraussetzungen und -zusammenhänge für gewachsene Standorte in Form von Innenstädten und Ortszentren andere, als wenn es um klassische Produktmarken wie z. B. Turnschuhe oder Schokoriegel geht. Bei letztgenannten erfolgt die Markenbildung im Zusammenhang mit ihrer Neueinführung am Markt, Innenstädte existieren jedoch bereits. Ich habe des Öfteren erlebt, dass mit einigem Aufwand, z. B. in Form von Bürgerworkshops, Markenprozesse angestoßen wurden, die im Endeffekt nicht zu zielführenden Ergebnissen führten. Entweder landeten die entsprechenden Ausarbeitungen und Lösungsansätze wieder in der Schublade oder es lief auf austauschbare Allgemeinplätze wie „lebenswert und liebenswert“ hinaus. Dabei würde wohl kaum ein Standort ernsthaft von sich behaupten, nicht lebens- und liebenswert zu sein, sodass solche Art von Standortaussagen leider schlichtweg als banal und unbrauchbar zu bezeichnen sind, wenn es darum geht, das Besondere und Einzigartige eines Standortes herauszufiltern und auf den Punkt zu bringen. Und dieses zudem noch unter der Nebenbedingung, dass das gefundene einzigartige Standortmerkmal für eine ausreichende Menge an Menschen relevant ist! „Lebenswert“ und „liebenswert“ sind obendrein andere Begriffe für „nett“. Und „nett“ ist mittlerweile ein anerkanntes Synonym für „langweilig“. Ein erfolgsorientierter Standort muss heutzutage mehr bieten als eine „austauschbare Nettigkeit“. Er muss Argumente dafür liefern, warum dessen Besuch und Nutzung denkbaren Alternativen vorgezogen wird. Kaufe ich heute in der City ein oder im Internet? Gehe ich nachher in die Eisdiele

3.2  Ein klares Profil muss her!

59

am Marktplatz oder lege ich mich lieber im Stadtpark auf die Wiese? Bummele ich ein wenig durch meinen eigenen Ortskern oder schaue ich mir die Schaufenster in der Nachbarstadt an? Die Auswahl ist umfangreich, der Wettbewerb um Gunst, Zeit und Geld der Kundschaft rigoros. Aus allen Ecken hallt es „Komm’ hierhin, hier bekommst Du etwas geboten!“ Anlass genug für jegliche Zentren, darüber nachzudenken, wer sie sind, was sie können und wohin sie wollen. Und: welche Kernbotschaft hiermit verbunden ist, die stellvertretend für das gesamte Angebotsbündel am Standort erfolgreich in die Köpfe der potenziellen Besucher transportiert werden soll.

3.2

Ein klares Profil muss her!

Ein wesentlicher Baustein für die erfolgreiche Stärkung von Innenstädten und Ortszentren liegt also darin, eine „eigene Note“ zu entwickeln, eine „eigene Persönlichkeit“, ein „eigenes Profil“, welches einen Standort nicht nur unterscheidbar und einzigartig, sondern ihn obendrein interessant macht. Als „Profil“ nennt der Duden mehrere Definitionen, wovon aber insbesondere eine die im vorliegenden Zusammenhang relevante ist. Demnach ist ein Profil die „Gesamtheit von [positiven] Eigenschaften, die unverwechselbar typisch für jemanden oder etwas sind.“ (Duden o. J.) Zum Teil weisen Standorte bereits ein oder mehrere Positiv-Merkmale auf, welche aufgegriffen und zu einer Art Spezialthema weiterentwickelt werden können. Im Rahmen einer sog. S.W.O.T.-Analyse (Gabler Wirtschaftslexikon o. J.) werden zunächst die bestehenden Stärken (= Strength für das „S“ in S.W.O.T.) und Schwächen (Weakness) eines Standortes zusammengetragen, um daraufhin zu definieren, welche Chancen (Opportunities) und Risiken bzw. Gefahren oder Bedrohungen (Threats) für die Zukunft des Standortes gesehen werden. Dieses sollte u. a. per Durchführung von Akteursworkshops geschehen, um die eigene Bevölkerung auf der Reise zur Gestaltung einer Innenstadtmarke mitzunehmen und darüber hinaus bereits von Beginn an Akzeptanz und Vor-Ort-Identifikation für den Prozess und dessen Ergebnisse zu sichern. So kann eine Stärke z. B. die gute Erreichbarkeit der Innenstadt mit Bus und Bahn sein, eine Schwäche die uneinheitlichen Öffnungszeiten der Einzelhändler, eine Chance der Bau einer neuen Hochschule am Standort mit viel studentischem Potenzial für eine verjüngende Belebung der City, ein Risiko die drohende Schließung eines großen Industrieunternehmens in direkter Innenstadtnähe, dessen gut verdienende Mitarbeiter bis dato mehrheitlich direkt am Standort eingekauft haben. Sind alle Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken zusammengetragen, erfolgt eine Bewertung von deren Relevanz für die weitere Entwicklung des Standortes. Über dieses Vorgehen verdichten sich die Hinweise darauf, in welche Richtung eine sinnvolle Zukunftspositionierung erfolgen könnte. Dabei geht es darum, Hauptzielgruppen bzw. Kundentypen (z.  B.  Genussmenschen) zu erkennen und zu definieren und deren Kaufkraft, Vorlieben und Ansprüche an ein innenstädtisches Gesamtangebot zu dokumentieren. Darüber hinaus können eventuelle Standortmehrwerte zugunsten dieser Zielgruppen vorüberlegt werden, mithilfe derer eine wirkungsvolle ­Abgrenzung zu ähnlichen oder nahezu gleichen Konkurrenzangeboten in der Region möglich wäre.

60

3  Vom austauschbaren Produkt zum einzigartigen Markenerlebnis: Profilbildung für …

Diese Art des Vorgehens ist jedoch kein Dogma. So kann sich ein Ortszentrum auch einem gänzlich neuen Thema widmen und dieses intensiv „bespielen“, sofern noch kein anderer Standort in der Region auf diese Idee gekommen ist. Sollte zum Beispiel das Thema „Familienfreundliche City“ im Wettbewerbsumfeld noch nicht vergeben sein, könnte dieses besetzt werden und anhand geeigneter Projekte, Umsetzungsmaßnahmen und Kampagnen nach und nach ausgearbeitet und entsprechend vermarktet werden. Auch auf diese Weise würde mit der Zeit ein einheitliches Bild der Innenstadt entstehen. Es könnte dann guten Gewissens behauptet werden, dass diese in dieser Hinsicht ein klares Profil aufweist. Wichtig: die Möglichkeiten zur Bildung eines Profils sind breit gefächert und können unterschiedlichsten Ursprungs sein. Zudem ist es denkbar, auch Teilprofile für einzelne Bereiche der City zu entwickeln, welche sich jedoch möglichst einem Gesamtprofil für die ganze Innenstadt unterordnen lassen können sollten. Lautet das City-Motto z. B. „Standort für Lebensart“, könnte sich in einem Straßenzug gehobene Gastronomie konzentrieren und in einem anderen Einzelhandelsspezialisten mit einem gewissen Qualitätsanspruch, wie z.  B. ein Feinkosthändler, ein Maßschneider oder eine Galerie, die auch Rahmungen anbietet. Folgende reale Beispiele für Standortprofile bieten sich lerntechnisch dafür an, auf den genannten Webseiten selber etwas zu stöbern, sich so jeweils ein eigenes Bild zu machen und daraus Schlüsse für die Profilbildung in Bezug auf die eigene Innenstadt bzw. auf Teile von dieser zu ziehen. Dabei sind einige der Beispielprofile traditionell gewachsen, andere bewusst neuentwickelt worden. Auf jeden Fall haben es diese Standorte weitestgehend geschafft, dass sie teils regional, teils sogar national oder international mit einer besonderen Standortspezialität identifiziert werden. Sie stehen also für etwas und sind somit eindeutig in ihrer Standortaussage. Sie drücken klar und unmissverständlich aus: „Wenn Du genau diese besondere Art von Angebot suchst: Hier bekommst Du es!“ • Ausgehen & Feiern: Gastromeile Bermuda3Eck, Bochum (https://www.bermuda3eck.de) • „Die gute Stube“-Quartier: Schnoorviertel, Bremen (www.bremen-schnoor.de) • Trendy & individuell: Karolinenviertel, Hamburg (https://www.hamburg.de/karoviertel) • Mittelalterliches Ambiente: Historische Altstadt, Rothenburg o.  d. Tauber (https:// www.rothenburg-tourismus.de/entdecken/zeitreise) • „Quartier der Spezialisten“: Bochum-Innenstadt (www.das-quartier.de) • „Hochzeitsmeile“: Weseler Straße, Duisburg-Marxloh (https://www.goethe.de/de/kul/ mol/20840429.html) • Kulinarische Flaniermeile: die Frankfurter Fressgass (https://www.frankfurt-tourismus.de/Media/Attraktionen/Shopping/Fressgass) • Luxusshopping: Neuer Wall, Hamburg (https://www.neuerwall-hamburg.de/de) • Die romantische Outlet-Innenstadt: Bad Münstereifel (https://www.cityoutletbadmuenstereifel.com)

3.3  Die Innenstadt als Marke

61

Abschließend ist anzumerken, dass der Profilaussage für einen Standort aus strategischer Sicht allerhöchste Bedeutung zukommt. Diese ist das thematische „Dach“, welches über allem steht und unter welchem sich alle an der Entwicklung einer Innenstadt beteiligten Akteure zwingend im Sinne der gemeinsamen Erfolgsabsicht „versammeln“ sollten. Beispielsweise wird häufig der Fehler begangen, dass seitens der Kommune zunächst ein Umbau bzw. eine gestalterische Modernisierung der Innenstadt vollzogen wird und erst im Anschluss daran eine strategische Ausrichtung für diese definiert wird. Richtig wäre der umgekehrte Weg: Zunächst ist festzulegen, wohin sich ein Standort inhaltlich entwickeln soll, erst danach dürften dann sämtliche Innenstadtmaßnahmen passend dazu geplant und umgesetzt werden, also auch baulich-gestalterische. Als Beispiel genannt sei in diesem Zusammenhang noch einmal jenes der „familienfreundlichen Stadt“. Wenn dieser Aspekt profilbildende Bedeutung erlangen soll, wird die Neugestaltung einer Innenstadt vermutlich so ablaufen, dass z. B. mehr Spielgeräte installiert werden als eigentlich üblich.

3.3

Die Innenstadt als Marke

Ist ein grundsätzliches Standortprofil definiert, gilt es, dieses weiter zu schärfen und professionell zu vermarkten. Ab diesem Punkt heißt es, die Innenstadt als Marke zu denken und zu behandeln, sie permanent weiterzuentwickeln und aktiv zu steuern.

3.3.1 Ursprung und Weiterentwicklung des Markenbegriffs Früher wurden Tiere mit Brandzeichen markiert (daher die  englischen Begriffe „Branding“ für Markenbildung und „Brand“ für Marke). Später diente eine Produktmarkierung dazu, gleichartige oder nahezu identische Erzeugnisse verschiedener Hersteller unterscheiden zu können. Trotz der Produktgleichheit gelang es diesen, mithilfe der Markierung Kundenbindung zu betreiben. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sorgten der Durchbruch des Mediums Fernsehen und der aufkommende Werbeboom für den Siegeszug sogenannter Markenartikel (neben Produkten auch Dienstleistungen und Unternehmen). In den 1990er-Jahren setzte sich Markenbildung auf Bereiche wie Politik (z. B. Parteien), Soziales (z. B. Sozialverbände wie die Arbeiterwohlfahrt, kurz AWO), Prominente (z. B. Schauspieler wie Brad Pitt), Personengruppen (z. B. Chöre wie die Wiener Sängerknaben), Veranstaltungen (z. B. Volksfeste wie das Münchner Oktoberfest, auch genannt „die Wies’n“) und vieles mehr durch. Seitdem gilt, dass es so gut wie nichts gibt, was nicht Marke werden könnte (Davis 2005, S. 18 ff.). Einzelhandelsexperten weisen zunehmend darauf hin, dass sich auch Geschäfte möglichst zu einer von der Konkurrenz unterscheidbaren Marke entwickeln sollten, welche für eine bestimmte Botschaft stehen und sich anhand dieser immer weiter in eine bestimmte, vom Kunden positiv wahrgenommene Richtung entwickeln. Und, von besonderem Interesse im Zusammenhang mit diesem Buch: auch Innenstädte und Ortszentren können natürlich Marken sein.

62

3  Vom austauschbaren Produkt zum einzigartigen Markenerlebnis: Profilbildung für …

Die hier zugrunde gelegte Definition des Markenbegriffs macht deutlich, dass eine Marke viel mehr ist als lediglich ein zugkräftiger Name plus ein ansprechendes Logo plus ein verführerischer Slogan. Nach Meffert ist eine Marke „ein in der Psyche des Konsumenten und sonstiger Bezugsgruppen fest verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung“ (Roeske 2006, S. 4 f.). In Anlehnung daran soll eine Innenstadtmarke hier als „ein in der Psyche von sämtlichen Innenstadt-­ Bezugsgruppen (z. B. Bürger, Kunden, Besucher, Einzelhändler, Hauseigentümer, Lokalpolitiker etc.) fest verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einer Innenstadt“ verstanden werden. Eine City-Marke vereint in sich somit alle möglichen Inhalte und Bilderwelten in Bezug auf die zu ihr gehörenden Themenfelder wie Einkaufsmöglichkeiten, Aufenthaltsqualität etc. Entsteht Kontakt mit der City-Marke, z. B. durch Hören des Namens der entsprechenden Innenstadt, öffnet sich vor dem „inneren Auge“ der „Kontaktperson“ ein gewisses „Gesamtbild“, zusammengesetzt aus vielen Einzelteilen. Wie ausgeprägt dieses Vorstellungsbild bei einer Person ist, hängt von deren bisherigem Bezug zu und ihrem Kenntnisstand über die City ab. In vielen Fällen sind Kunden postwendend, also ohne bewusstes Nachdenken, in der Lage, aufgrund ihres vorhandenen persönlichen Vorstellungsbildes eine Entscheidung für oder gegen den Besuch einer bestimmten Innenstadt zu treffen. Dieses ist in anderen Zusammenhängen außerhalb von Stadtzentren nicht anders. Das Phänomen lässt sich z. B. gut am Beispiel der Marke IKEA verdeutlichen. Alleine durch eine kurze Wahrnehmung des Firmenschriftzuges öffnet sich in unsichtbarer Weise die gesamte besondere IKEA-Welt aus kultverdächtigen Billy-Regalen, Selbstbaumöbeln, Köttbullar-Gerichten im IKEA-Restaurant, Schweden-Feeling, skandinavischem Design, Bällebad u. v. m. Genauso funktioniert es auch bei vielen Standorten. Die meisten Menschen, die das Wort Paris hören, werden unweigerlich den Eiffelturm vor Augen haben, als nächstes wahrscheinlich den Triumphbogen, Sacre Coeurs oder den Louvre samt Mona Lisa. Wer Köln hört, denkt mit hoher Wahrscheinlichkeit direkt an den Dom, den Rhein, Kölsch, Karneval und evtl. an den FC. (City-)Marken müssen sowohl nach innen – also bei den für den Erfolg des Standortes und der Marke zuständigen Akteuren wie Geschäftsleuten, Immobilieneigentümern, Stadtentwicklern, dem Citymanager usw. – als auch nach außen – also hauptsächlich bei Kunden und Besuchern- wirken und entsprechend funktionieren. Eine (Innenstadt-)Marke wird umso erfolgreicher sein, je mehr Menschen – egal in welcher Beziehung sie zu dieser Marke stehen- sich möglichst stark mit ihr identifizieren.

3.3.2 Aufgaben von Marken Marken beeinflussen das menschliche Leben. Sie sind Teil vieler Alltagsentscheidungen. Entsprechend groß ist auch ihr Aufgabenspektrum. So hat eine Innenstadt-Marke die Aufgabe, in umfangreicher Form ihren Beitrag dazu zu leisten, dass sich die City möglichst dauerhaft erfolgreich im Wettbewerb beweist. Wer

3.3  Die Innenstadt als Marke

63

z. B. an Coca-Cola denkt, erkennt schnell, dass der Aufbau einer gesamten Markenwelt, die bei Coca-Cola bis hin zur Einbindung des Weihnachtsmannes geht, Garant für lang anhaltenden, weltweiten Produkt- und Unternehmenserfolg ist. Wäre ein vergleichbarer Erfolg möglich, wenn dasselbe Produkt als namenloses, dunkelbraunes Brausewasser und ohne jegliche Begleitaktionen angeboten würde? Wohl kaum. Insofern ist zu überlegen, was zugunsten von Innenstädten zu tun ist, um eine City-Marke aktiv zu leben. Marken bewirken Aufmerksamkeit und eine schnelle Wiedererkennbarkeit (z. B. Rückschluss vom Hockeyschläger-Logo auf die Marke Nike). Sie liefern Orientierung in unübersichtlichen, konkurrierenden Angebotssituationen (z. B. im Süßwarenregal zwischen etlichen Weingummisorten) und erleichtern die Auswahl bei kaum vorhandenen Produktunterschieden (z. B. Coke vs. Pepsi). Ziel ist es, die eigene Marke dermaßen attraktiv und einzigartig erscheinen zu lassen, dass sich der Verbraucher für sie entscheidet. Eine schnelle Wiedererkennbarkeit führt übrigens dazu, dass der Markeninhaber in der Regel erhöhte Preise für sein Angebot durchsetzen kann, weil der Kunde diesem mit hoher Wahrscheinlichkeit bis zu einem gewissen Grad treu bleiben wird. Dieses ist bei Standorten nicht anders. Ist ein Stadtzentrum in seiner Gesamtheit sehr attraktiv aufgestellt und daher besonders angesagt, vielleicht sogar über die eigene Region hinaus, wird daraus in aller Regel Kapital geschlagen, angefangen bei den Parkgebühren und endend bei den Preisen für eine Tasse Cappuccino im Straßencafé. In Bezug auf Citymanagement kann eine Standortmarke in wertvoller Weise zu schnellen internen Entscheidungsfindungen beitragen. So passiert es mancherorts immer wieder, dass Projektideen bei innenstädtischen Entscheidern auf dem Tisch landen, z. B. bei Vorständen von Werbegemeinschaften. Dort wird dann lange und letzten Endes oft ergebnislos über solche Ideen diskutiert. Viele solcher Vorgänge wären allerschnellstens erledigt, würde es eine klare Marken- und Profilaussage zur eigenen Mitte geben, welche als Maßstab dafür herhalten kann, schnellstens zu überprüfen, ob eine vorhandene Maßnahmenidee zum Standort passt oder nicht. Lautet der Slogan einer Innenstadt z. B. „Die Junge-­ Familien-­City in der Region“, würde man wohl kaum in ausgiebiger Weise einen Vorschlag zur Durchführung eines Seniorentages mitten im Zentrum besprechen, sondern diese Idee direkt als zum Standortprofil unpassend ablehnen und evtl. einen alternativen Standort für dieses aus Bürgersicht sicherlich wichtige Projekt suchen. Speziell gegenüber Citymarken besteht die Anforderung, den Zuspruch der eigenen Bevölkerung und der Akteure vor Ort zu sichern, in dem die örtliche Identität betont und gefördert wird, und zwar durch die Hervorhebung und Bewusstmachung vorhandener lokaler Werte und Stärken. Dieses geschieht nicht zuletzt auch durch die eigentlich eher plakativen Elemente des Markenauftritts in Form eines Logos und eines Slogans (s.  u. unter Pkt. 3.3.4). Als Beispiel hierfür kann der Standortslogan „Unsere herzliche Mitte!“ gesehen werden, welchen ich gemeinsam mit einigen Standortakteuren für ein Stadtteilzentrum in Herten, Nordrhein-Westfalen, entwickelt habe (s. hierzu auch unter Pkt. 3.5.2.2) Marken sind letztlich ein Qualitätsversprechen gegenüber dem Kunden, welcher dieses mit Vertrauen honoriert. Hieraus ergibt sich für den Markenabsender die Verpflichtung, eine Enttäuschung des Kunden zu vermeiden. Der Anspruch an die Markenbotschaft lautet

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3  Vom austauschbaren Produkt zum einzigartigen Markenerlebnis: Profilbildung für …

daher, dass diese „wahr und klar“ ist. Auch hier lässt sich ein einfaches Beispiel für Innenstädte und Ortszentren herleiten. Verspricht ein Standort seinen Besuchern im wahrsten Sinne des Wortes einen „schönen Aufenthalt“ und präsentiert sich dann mit Negativmerkmalen wie Schmuddelecken und einer mangelnden Anzahl an Verweilmöglichkeiten, macht er sich unglaubwürdig und verprellt vielleicht sogar Gäste, die aufgrund von Werbeanzeigen o.  ä. erstmalig angelockt wurden. Wenn diese dann obendrein ihre Enttäuschung, womöglich sogar Verärgerung, in ihrem privaten Umfeld oder den sozialen Medien verbreiten, wird der Standortmarke obendrein noch Schaden zugefügt.

3.3.3 Markeninhalte Eine Marke sollte folgende Bestandteile in sich tragen: Falls gegeben, eine vorhandene Tradition bzw. Erfolgshistorie („Wirdorf – DIE Einkaufsstadt in der Region seit über 150 Jahren!“), eine klare Zukunftsvision („Wir gestalten für Sie das stationäre Einkaufserlebnis von morgen!“), das Selbstverständnis der für das Funktionieren der Marke zuständigen Personen („Wir wollen mit unserem Handeln dazu beitragen, dass Ihr Einkaufserlebnis mit jedem Tag ein kleines Stückchen besser wird!“), ein konkretes Qualitätsversprechen („In unserer City finden Sie besonders viele Fachgeschäfte mit hervorragender Beratung!“), die Anzeige eines klaren Verbrauchernutzens („Unsere Innenstadt bietet Ihnen ein stressfreies Shoppingerlebnis der kurzen Wege!“) sowie Werte wie Freundlichkeit, Nähe und Emotionalität gegenüber dem Kunden. Im Zentrum steht jedoch die zu transportierende Markenbotschaft, also das Hauptargument und Alleinstellungsmerkmal, welches die Marke einzigartig macht und sie von ihren Mitbewerbern abgrenzt. So ist Venedig als Stadt im Wasser mit ihren daraus resultierenden Kanälen, Gondelfahrten etc. in dieser Form weltweit einzigartig. Eine touristische Markenbotschaft à la „Einzigartiges Erlebnis von Weltrang“ müsste  für Venedig gar nicht mehr neu erfunden werden, weil diese Botschaft in den Köpfen vieler Menschen auf der ganzen Welt bereits vorhanden ist, ohne, dass sie noch gesondert ausgesprochen werden müsste. Gleiches gilt für die Dresdner Altstadt. Deren Bauten und Kulisse in Zusammenhang mit der davor gelegenen Elbe begründet den Ruf der Stadt als „Elbflorenz“. Ein enorm starkes Vorstellungsbild, welches mit einem Wort klarmacht, dass an diesem Ort Einzigartigkeit und historisches Weltniveau geboten werden. Eine Markenbotschaft sollte möglichst so formuliert sein, dass sie zu einer Kauf- bzw. Nutzungsentscheidung hinführt. Dieses gelingt umso besser, wenn die Botschaft dem Kunden ein unschlagbares Nutzenargument an die Hand gibt, welches die Kraft hat, ­Mitbewerber auszuschalten. In den 50er-Jahren wurde die Konkurrenzsituation zwischen zwei Herstellern von Mundwasser dadurch entschieden, dass einer von beiden mit dem Slogan „Stoppt Mundgeruch!“ warb. Damit reklamierte dieser die Bewältigung der Kernaufgabe des Produktes, nämlich „Mundgeruch beseitigen“, exklusiv für sich und stellte auf diese Weise den Wettbewerber quasi schachmatt. Dieses kleine Beispiel verdeutlicht, welche (Markt-)Macht und welche Kraft Marken an den Tag legen können. Mithilfe von

3.3  Die Innenstadt als Marke

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Markenbildung kann also im Zweifelsfalle eine konkurrenzvernichtende Wirkung erzielt werden. Neben den oben beschriebenen Aufgaben würde eine Marke in diesem Falle gar die Funktion als (siegbringende) „Waffe im Wettbewerb“ erfüllen! Definiert sich auf dieser Basis ein Stadtzentrum als „DIE Innenstadt in der Region“, bringt sie sich aus Marketingsicht damit grundsätzlich in Vorteil, allerdings nur unter der Nebenbedingung, dass die Konkurrenzstandorte von den Bewohnern dieses Einzugsgebietes nicht als besser empfunden werden und man sich im Falle der betreffenden Innenstadt sichtbar um die Erlangung bzw. Erhaltung der Marktführerschaft im eigenen Wettbewerbsumfeld, also der eigenen Region, bemüht. Dieses bedeutet, dass in Hinsicht auf Standortmarken Handlungen, Aktivitäten, Programme und Standortstrategien, also ein aktives Leben der Marke, eine hochbedeutsame Rolle spielen. Die Gestaltung eines professionellen Markenauftritts, der nicht mit Leben gefüllt ist, bringt im Zusammenhang mit Innenstädten hingegen nichts. Im Gegenteil: Das „Herausposaunen“ eines Standortversprechens ohne ernsthafte Bemühungen, dieses Versprechen zu erfüllen, fügt der „Marke Innenstadt“ mit ziemlicher Sicherheit Schaden zu, weil sich Kunden und Besucher „verschaukelt“ fühlen.

3.3.4 Markenauftritt Der Markenauftritt, welcher die nach außen hin wahrnehmbaren Markenbestandteile beinhaltet, setzt sich aus mehreren „Bausteinen“ zusammen, insbesondere aus dem Markennamen, dem Logo, dem Slogan (häufig auch als „Claim“ bezeichnet) sowie Schrifttypen und Farben. Aus diesen Elementen oder zumindest einzelnen davon ergibt sich das sog. „Corporate Design“. Darüber hinaus können auch nicht-visuelle Bestandteile eines Markenauftritts existieren, z. B. klangliche. Vielen Menschen im Ohr ist wahrscheinlich der über viele Jahre hinweg mithilfe von Radio- und Fernsehwerbung penetrierte, aus wenigen Tönen bestehende sog. Werbejingle der Deutschen Telekom. Dazu kommen gewisse Handlungen, Aktionen und Verhaltensweisen rund um die Marke, anhand derer diese gelebt wird. Ein schönes Beispiel hierfür ist die in EDEKA-Märkten anzutreffende Kundenfreundlichkeit auf der Basis des Slogans „Wir lieben Lebensmittel!“ Spätestens, wenn es um die Gestaltung des Markenauftritts geht, sollten Kommunikationsagenturen in den Markenbildungsprozess einbezogen werden. Mithilfe der Ergebnisse aus dem vorgelagerten Profilbildungsprozess (s. unter Abschn. 3.2) sollte ein Briefing solcher Agenturen erfolgen. Diese entwerfen daraufhin Ideen und Konzepte. Vorteilhaft erscheint die Ansetzung eines kleinen Wettbewerbs mit zwei bis drei teilnehmenden Agenturen, da die Vergleichsmöglichkeit in Bezug auf unterschiedliche ­konzeptionelle Ansätze sehr bei der Vorauswahl und Entscheidungsfindung hilft. Natürlich ist die Durchführung eines solchen Wettbewerbsverfahrens nicht zuletzt auch eine Frage der vor Ort zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen, da den Agenturen die Entwurfsphase in der Regel vergütet wird. Die Agenturen präsentieren ihre Entwurfsvorschläge am besten zunächst einem zuvor bestimmten Fachgremium, bestehend aus Bürgermeister und weiteren für das Thema Innenstadt relevanten Entscheidern. Geht aus diesem Verfahren ein Entwurf

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3  Vom austauschbaren Produkt zum einzigartigen Markenerlebnis: Profilbildung für …

als klarer Favorit hervor, von welchem die Mitglieder des Fachgremiums mehrheitlich so überzeugt sind, dass dieser -zumindest nahezu- umsetzungsreif ist, sollte dieser Entwurf der Öffentlichkeit zur Diskussion vorgestellt werden. Alles Weitere ergibt sich in der Regel über diesen Weg von selbst. Dabei reicht die Skala von totaler öffentlicher Ablehnung bis hin zu uneingeschränkter Zustimmung. Angesagt sind bei der Gestaltung eines Markenauftritts eine schlichte, verständliche, einprägsame Ansprache und die Aussendung klarer Botschaften, da nur diese in einem Umfeld unzähliger Informationen, mit denen die meisten Menschen pro Tag konfrontiert werden, im Bewusstsein haften bleiben. Zu lange, schwer auszusprechende Slogans, schwer zu „entziffernde“ Bildbotschaften usw. führen zu Unverständnis und Ablehnung. Ein negatives Musterbeispiel hierfür lieferte ein im Jahr 2008 gescheiterter Versuch, einen international einsetzbaren Slogan für das Ruhrgebiet zu entwickeln. Das von den Auftraggebern ausgewählte „Wortkonstrukt“ war sowohl sprachlich als auch intellektuell äußerst schwierig zu erfassen und obendrein weder eingängig noch eindeutig (Bergs 2008). Die Erarbeitung eines Markenauftritts ist für die Akteure vor Ort in der Regel ein sichtbares Zeichen für die ernst gemeinten Anstrengungen zugunsten ihres Zentrums. Zum Teil entsteht sogar ein gewisser lokaler Stolz, wenn der Entwurf den Eindruck eines „Volltreffers“ macht.

3.3.5 Innenstadtrelevante Markenarten Weil Innenstädte komplexe Leistungsbündel mit vielschichtigen Angeboten sind (Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistungen, Behörden, Veranstaltungen etc.), wird für diese der Aufbau einer sog. Dachmarkenstrategie empfohlen. Dachmarken fungieren als Klammer, unter denen sich Einzelmarken versammeln. So ist der Name eines Autoherstellers (z. B. Volkswagen) als Dachmarke einzuordnen, welche unter sich die verschiedenen Modelle (z. B. Golf) im Sinne von Einzelmarken vereint. Zwischen Dach- und Einzelmarken sollte im Zusammenhang mit der Markenbildung für Innenstädte immer eine Zugehörigkeit untereinander erkennbar sein, da sich beide gegenseitig stärken. So lassen sich für die City-Einzelmarken in Form von Veranstaltungen oder das Shopping-Angebot z. B. Slogan-­ Alternativen von der Dachmarke ableiten. Wenn der Slogan einer Innenstadt-Dachmarke „Lust auf City Tollstadt!“ lautet, könnten dazu passende Varianten wie „Lust auf Shoppen in der City Tollstadt!“, „Lust auf Verweilen in der City Tollstadt!“, „Lust auf Wohnen in der City Tollstadt!“, „Lust auf Ausgehen in der City Tollstadt!“, „Lust auf Feiern in der City Tollstadt!“ inkl. eigener, aus dem Dachmarkenauftritt abgeleiteter Kampagnen kreiert werden. Die gesamte Markenfamilie aus Dachmarke und dazugehörigen Einzelmarken bleibt auf diese Weise relativ lange „frisch“ und abwechslungsreich. Gleichzeitig stärken sich alle Einzelaussagen untereinander, weil alles, auch die jeweils verwendeten Gestaltungselemente auf der Grundlage des bestehenden Corporate Designs, aufeinander abgestimmt sind und wie eine groß angelegte Kampagne dieselbe Hauptbotschaft verbreiten: Es bereitet positive Gefühle wie Freude, Vergnügen oder Wohlbehagen, die City Tollstadt zu besuchen!

3.3  Die Innenstadt als Marke

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Ein Sonderfall sind sog. Eigen- oder Handelsmarken. Hierbei kreiert ein Händler eigene Markenlinien neben den klassischen Markenprodukten, in der Hoffnung, dass sein guter Ruf auch auf diese gesonderten Produkte abfärbt. Bekannte Beispiele sind „Ja!“ – Produkte bei REWE oder „Gut und günstig“ – Artikel bei EDEKA. Zwar spielen Eigenmarken keine wirkliche Rolle im Zusammenhang mit dem Aufbau einer City-Marke, werden hier jedoch deswegen erwähnt, weil ein Citymanager einigen dafür am Standort geeigneten Händlern empfehlen könnte, Eigenmarken zu entwickeln, um damit ihren guten Ruf und ihr Geschäft noch weiter zu stärken. Im Bereich Feinkost z. B. ist so ein Vorgehen gut denkbar. Eine eigene Produktlinie des fiktiven Geschäftes „Feinkost Köstlich“ unter dem Namen „Köstlichs Beste“ hätte vermutlich eine gewisse Erfolgsaussicht. Marken unterliegen vielfach auch einer geografischen Ausrichtung. So gibt es globale bzw. internationale (z. B. Mercedes), nationale (z. B. Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“), regionale (z. B. viele Biersorten) und lokale Marken (z. B. örtliche Tageszeitung). In den allermeisten Fällen haben Innenstädte regionale und Stadtteilzentren lokale Ausstrahlung auf der Grundlage ihres entsprechenden Einzugsgebietes. Nur wenige Ortskerne können von sich behaupten, überregionale oder gar nationale, wenn nicht sogar internationale Anziehungskraft aufzuweisen. Entsprechend sollte eine Marke passend zu ihrem Einzugsgebiet gebildet werden, also bei den dort ansässigen potenziellen Besuchern funktionieren. So wäre es ungeschickt, wenn ein Stadtteilzentrum mit einem relativ geringen lokalen Einzugsgebiet markentechnisch auf „weltgewandt“ machen würde. Es sei denn, das Markenkonzept basiert auf Selbstironie.

3.3.6 Weitere Markenbegriffe Markentheorie ist ein zwar sehr weites, nicht immer ganz einfach zu erfassendes, jedoch spannendes wissenschaftliches Gebiet. Aufgrund der bisherigen Ausführungen zu diesem Thema ist vielleicht bei dem einen oder anderen Leser die Erkenntnis gereift, dass man sich vor Ort durchaus mit dieser Materie befassen sollte. Passend dazu werden hier noch einige zusätzliche Begriffe erläutert, die mit dem Thema Marke zu tun haben und deren Kenntnis beim Aufbau und der Umsetzung eines City-Markenkonzeptes hilfreich ist. Der Begriff Markenimage beschreibt die Positionierung einer Marke in den Köpfen der Konsumenten. So erweckt der Begriff „Premium-Pils“ den Eindruck, von besserer Qualität als preisgünstige Biere zu sein. Innenstädtische Einkaufszentren arbeiten entsprechend manchmal mit dem Begriff „Premium-Shopping“. Die Art und Weise, wie der Verbraucher die Marke inklusive ihres gesamten Handelns und Auftretens wahrnimmt und wie er auf dieser Grundlage die Marke bewertet, wird als Markenerfahrung bezeichnet. So bietet der Besuch einer Innenstadt in der Regel eine Menge an Eindrücken. Finde ich gut einen Parkplatz? Ist von diesem Parkplatz aus der Kern der Innenstadt schnell erreichbar? Gibt es schöne Geschäfte, in denen ich obendrein zuvorkommend behandelt werde? Ist es angenehm, sich im öffentlichen Raum aufzuhalten? Gibt es gemütliche Cafés für einen kleinen Zwischenstopp zwischen den

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Shopping-­Aktivitäten? Sind die Parkgebühren „fair“? Der Gesamteindruck der „Marke Innenstadt“ entscheidet darüber, ob, wie oft und für wie lange jeweils Kunden und Besucher wiederkommen. Um die schnelle Wiedererkennbarkeit, das Image und den Bekanntheitsgrad von Marken zu fördern, werden sog. Markenkampagnen durchgeführt, also aufeinander abgestimmte Marketingmaßnahmen, die in einer relativen zeitlichen Dichte erfolgen und immer wieder dieselbe Markenaussage bzw. -botschaft aussenden. Beispiel: Monatliche City-Sonderseiten in Printmedien, evtl. ergänzt um Plakatwerbung o. a. Marken sind rechtlich schützbar, es kann also vom Inhaber der Marke ein sog. Markenschutz beantragt werden. Die Anmeldung einer Marke erfolgt beim Deutschen Patentamt in München.

3.3.7 Trends und Entwicklungen im Bereich Markenmanagement Markenkunde ist keine komplett starre, sondern in Teilen durchaus dynamische Disziplin, welche hier und da aktuellen Trends und zeitgemäßen Entwicklungen unterliegt. Einige davon werden im Folgenden kurz vorgestellt. Seit Jahren im Trend liegt die Emotionalisierung von Marken, was sich beispielsweise in vielen Slogans bemerkbar macht, die mit den Begriffen Liebe und Leben spielen. Hierauf wird in Abschn. 3.5.2.2. noch näher eingegangen. Angesagt ist zudem eine Form der Ansprache von (mündigen) Verbrauchern als individuelle Wesen. Hier geht es darum, den Markenadressaten in seinem Ich-Sein zu stärken, ihm Selbstbewusstsein zu vermitteln und ihn damit aufzuwerten (z. B. Slogan „REWE – Dein Markt“, Hornbach-Slogan „Mach’ Dein Projekt!“) Des Weiteren im Trend liegt ein dezentes „Minimalbranding“, also z. B. die Verwendung keines Logos oder aber nur eines Logos wie bei Apple oder Nike. Ein Zeichen, dass nicht mal mehr mit Namen versehen werden muss, reicht in diesen Fällen dem Betrachter aus, um die Marke erkennen und die Markeninhalte vor dem inneren Auge abrufen zu können. Marken, bei denen dieses funktioniert, haben’s offensichtlich geschafft. Auch der Aspekt „mehr Spaß“ ist angesagt, weil die Verknüpfung mit Humor und guter Laune zu einer positiveren Markenwahrnehmung führt. 2017 habe ich in der Gevelsberger Innenstadt in 30 teilnehmenden Geschäften eine große Cartoon-Ausstellung organisiert, welche nicht zuletzt auch als frohgesonnene Unterstützung der Markenaussage „City Gevelsberg – erfrischend anders!“ gedacht war (s. hierzu auch Kap. 6, Punkt 4.3.2.)

3.3.8 Marken sind wertvoll! Die immense Bedeutung, die Marken für den wirtschaftlichen Erfolg einer jeglichen Unternehmung haben, soll abschließend eine kleine Übersicht aufzeigen (vgl. Tab. 3.1). Aufgeführt werden darin die im Jahr 2018 zehn erfolgreichsten Unternehmensmarken weltweit,

3.4  Erlebnisorientierung als inhaltlicher Haupttreiber für funktionierende …

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Tab. 3.1  Die zehn erfolgreichsten Unternehmensmarken der Welt im Jahr 2018 (eigene Darstellung) Die weltweit zehn wertvollsten Unternehmensmarken im Jahr 2018 in $ 1.) Google (302,06 Mrd.) 6.) Facebook (162,11 Mrd.) 2.) Apple (300,6 Mrd.) 7.) Visa (145,61 Mrd.) 3.) Amazon (207,59 Mrd.) 8.) McDonald’s (126,04 Mrd.) 4.) Microsoft (200,99 Mrd.) 9.) Alibaba (113,4 Mrd.) 5.) Tencent (178,99 Mrd.) 10.) AT&T (106,7 Mrd.)

gerechnet in US-Dollar (Statista 2018). Bei diesen beträgt der Markenwert häufig bis zu einem Drittel der Bilanzsumme, wodurch die Marke in vielen Fällen den wichtigsten Unternehmenswert darstellt. Übersetzt heißt das, dass im Falle des Spitzenreiters Google ein potentieller Käufer etwas über 300 Mrd. US-Dollar zahlen müsste, damit er die Markenrechte erhält. Weitere bilanzierte Unternehmenswerte wie Gebäude, Fuhrpark etc. sind in diesem Preis nicht enthalten, wären also zusätzlich in Rechnung zu stellen. Theoretisch könnte das Unternehmen Google also sagen: „Wir verkaufen die Marke Google, behalten alles andere und machen unter einem neuen Namen weiter“. Welche Folgerung lässt sich daraus für Standortmarken ziehen? Zum einen möchte ich mithilfe dieser Übersicht mit Nachdruck verdeutlichen, dass die Bildung von Marken nichts mit „netter Spielerei“ zu tun hat, sondern eine spürbare wertschöpfende Wirkung erzeugt. Zum anderen lässt sich ablesen, dass eine nachweislich erfolgreiche Marke einen Wert und ihre Nutzung einen Preis hat. Diese Erkenntnis könnte z. B. in Gesprächen mit Sponsoren für eine City-Großveranstaltung gewinnbringend eingesetzt werden. Wer selber stark dasteht, hat eine wesentlich bessere Verhandlungsposition bei der Suche nach Kooperationspartnern, weil diese ihre eigene Marke gerne in einem möglichst erfolgversprechenden Kontext präsentieren möchten. Fakt ist: Aus einer Position der Stärke heraus macht man aktiv selbstbestimmte Angebote für eine Sponsoring-Zusammenarbeit, aus einer Position der Schwäche heraus bettelt man um finanzielle Unterstützung in jeglicher Höhe. Das ist der Unterschied.

3.4

 rlebnisorientierung als inhaltlicher Haupttreiber für E funktionierende Innenstadt-Marken

Wie bereits ausgeführt, gilt es, die Innenstadt bzw. Ortsmitte zu einem Ort zu machen, der aufgrund seiner gebündelten Angebote und seines speziellen Profils eine besondere Anziehungskraft entwickelt. In diesem Zusammenhang geht es letztendlich auch darum, dass die Besucher und Kunden ihren Aufenthalt als Erlebnis wahrnehmen, welches sie positiv stimmt, im besten Falle sogar begeistert, und sie gerne wiederkommen lässt. Im Folgenden wird geklärt, was sich genau hinter dem Begriff „Erlebnis“ verbirgt und welche Erlebnis-­Ansatzpunkte es in Bezug auf Innenstädte gibt.

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3  Vom austauschbaren Produkt zum einzigartigen Markenerlebnis: Profilbildung für …

3.4.1 Was ist ein Erlebnis? Fangen wir mit dem Duden an. Dessen verschiedene Definitionen rund um den Erlebnisbegriff weisen darauf hin, dass etwas Bestimmtes als „beeindruckend“, manchmal sogar als „aufregend“ empfunden wird (Duden o. J. b). Eine etwas weitergehende Erläuterung beschreibt ein Erlebnis als „das Gefühl, etwas Besonderes zu erfahren“, verbunden mit dem Zusatz, dass Erlebnisse für den Erlebenden immer individuellen Charakter haben (H. Niessen 2002, S. 16). Dabei ist anzumerken, dass Erlebnisse positiver oder negativer Art sein können. Im vorliegenden Zusammenhang geht es selbstredend um die Schaffung positiver Erlebnisse und insbesondere um die Frage, wie sich diese hervorrufen lassen. Gleichwohl sollte es natürlich in Innenstädten Anspruch sein, sich aktiv um die Verhinderung von Negativerlebnissen zu kümmern, z. B. Unsauberkeitstendenzen, Sicherheitsprobleme u. v. m. Aus den wenigen bisherigen Worten lässt sich bereits die Frage beantworten, ob Erlebnisse nur ab einer bestimmten Größenordnung als solche gelten. Die klare Antwort hierauf lautet: Nein! Auch ganz kleine Erfahrungen und Wahrnehmungen gelten als Erlebnis. Sobald etwas bei jemandem positive Gefühle und Empfindungen auslöst, ist dieses für ihn ein Erlebnis. So kann bereits der schnelle Kauf eines einfachen Brotes zu einem kleinen Erlebnis werden, wenn ich freundlich bedient werde und mir die Bäckereiverkäuferin trotz der sehr kurzen Begegnung mit netten Worten noch kostenlos ein kleines Brötchen zum Probieren mitgibt. Selbstverständlich gibt es auf der anderen Seite auch Erlebnisse, die etwas größer daherkommen, die vielleicht als atemberaubend oder gar bombastisch bezeichnet werden können. Freizeitparks z. B. leben davon, dass sie das Nicht-Alltägliche bieten, ihre Besucher damit beeindrucken und ihnen das Gefühl vermitteln, etwas Herausragendes zu erleben. Nicht umsonst betiteln sich viele solcher Einrichtungen bewusst als Erlebniswelten. Insgesamt geht es also schlicht und ergreifend darum, dem Kunden bzw. Besucher innerhalb des Zeitraums seiner Anwesenheit das besondere Gefühl zu vermitteln, dass man sich um ihn bemüht, ihm einen angenehmen Aufenthalt ermöglichen und ihn in allen Dingen zufriedenstellen möchte. Wer das in authentischer Weise schafft, hat sich oftmals bereits einen kleinen Vorsprung im Wettbewerb um den Kunden erarbeitet. Die Aufgabe als Einzelhändler, Gastronom oder Stadtentwickler lautet also letztendlich, Angebote zu kreieren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit bei Kunden und Innenstadtbesuchern ein Erlebnisempfinden auslösen. Ein probates und gleichsam einfaches Mittel, Ideen hierfür zu generieren, ist immer wieder, die Betroffenen einfach mal nach ihren Erlebniswünschen zu fragen, z. B. nach dem Motto: „Wie müsste für Sie als Besucher der Innenstadt der neu zu gestaltende Platz am Brunnen aussehen, damit sie dort gerne für längere Zeit verweilen würden?“

3.4.2 Vier Bausteine für die Erlebnisplanung Eine vertiefte Betrachtung des Erlebnisbegriffes liefert Claudius A.  Schmitz in seinem Buch „Charismating – Einkauf als Erlebnis“ (Schmitz 2009, S. 51 ff.). In diesem nennt er

3.4  Erlebnisorientierung als inhaltlicher Haupttreiber für funktionierende …

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vier verschiedene Aspekte, welche als Erlebnisauslöser fungieren können und die sich im Rahmen einer „Erlebnisplanung“ gezielt nutzen lassen. Dabei geht es zunächst um die wirksame Ansprache der menschlichen Sinne, also Sehen, Riechen, Schmecken, Hören und Tasten. Zu beachten ist, dass es diesbezüglich darauf ankommt, seine Zielgruppe bzw. Kunden zu kennen und in der für diese adäquaten Weise sinnesorientiert anzusprechen. So mögen beispielsweise Frauen in der Regel andere Düfte als Männer, ältere Menschen hören meistens andere Musik als jüngere usw. Ein weiteres erlebnisauslösendes Element ist der Zeitraum von Ereignissen. Viele Menschen erinnern sich gerne an bestimmte Zeiten zurück und verbinden damit gewisse positive Gefühle. Andere sind voller Vorfreude auf die Zukunft, weil z. B. bestimmte Ereignisse anstehen oder spannende neue Techniktrends absehbar sind. Vielfältige Chancen der Erlebnisvermittlung liegen darin, dieses Phänomen kundenorientiert aufzugreifen, z. B. mit der Durchführung einer 70er-Jahre-Woche in den Verkaufsräumen eines Wohnausstatters inkl. zeitgenössischer Dekoration, eines Nostalgiemarktes im Rahmen eines verkaufsoffenen Sonntags oder mit einer kleinen Ausstellung in einem Elektronik-­ Fachgeschäft zu der spannenden Frage, wie es sich wohl eines Tages auf dem Mars leben lässt. Da Menschen Geschichten lieben (s. hierzu auch die Ausführungen unter Pkt. 3.5.2.1 zum Thema Storytelling), lässt sich der Erlebnis-Zeitraum-Aspekt hervorragend für entsprechende Marketingaktionen nutzen. Drittens unterliegen Erlebnisse häufig einer Personenorientierung, d. h., sie hängen mit der Person bzw. den Personen zusammen, die in entscheidender Weise zu dem Erlebnis beigetragen haben. Insbesondere Einfühlungsvermögen und die sog. „emotionale Intelligenz“ nennt Schmitz in diesem Zusammenhang als herausragende Faktoren. Dazu gehört, seinem Gegenüber Aufmerksamkeit entgegenzubringen und ihn Wertschätzung spüren zu lassen. Dieses führt in aller Regel zu einer Steigerung von dessen Selbstwertgefühl. Je nach Kontext kann es in diesem Zusammenhang auch um mental-aufbauende Erlebnisse wie Trostspendung oder Sich-Verstanden-Fühlen gehen. Von Bedeutung in diesem Zusammenhang ist zudem die Körpersprache, also „Mimik, Haltung und Gestik“, die im Positiven Sympathie, Vertrauen, Zuneigung usw., in negativer Ausrichtung aber das genaue Gegenteil bewirken können. So ruft die bekannte, zustimmende „Daumen hoch“-Geste bei deren Adressaten oftmals Gefühle wie Freude oder Stolz hervor, während der berühmt-berüchtigte „vernichtende Blick“ dessen Empfänger im Zweifelsfalle „in Grund und Boden stampfen“ und ihn tieftraurig und verzweifelt zurücklassen kann. Ein zusätzlicher Aspekt besteht in der sog. „Fremdmotivation“. Hierbei geht es um erfolgreiche Unterstützung von außen in einer Situation der eigenen Hilflosigkeit. Ein simples Beispiel hierfür ist eine einfach gehaltene, motivierende Beratung eines Verkäufers für erklärungsbedürftige technische Produkte welcher  einen Kunden vor sich hat, der zu verstehen gibt, als eine Art „Technikversager“ die Beschäftigung mit Bedienungsanleitungen ­weitestgehend aufgegeben zu haben, und dieser Verkäufer ihn dann genau in dieser Situation abholt und sagt: „Wissen Sie was? Vergessen Sie jetzt einfach mal die zugegebenermaßen wirklich schwer zu verstehende Bedienungsanleitung. Ich

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zeige Ihnen jetzt zwei ganz einfache Handgriffe, mit denen Sie auf kinderleichte Weise dieses Gerät optimal bedienen können. Mehr müssen Sie gar nicht wissen. Und falls es doch einmal Probleme geben sollte, kommen Sie einfach vorbei und wir schauen und das Problem gemeinsam an. Ok?“ Als viertes und letztes erlebnisauslösendes Faktorenpaar nennt Schmitz „Verblüffung und Begeisterung“. Dabei sieht er Verblüffung als rationale und Begeisterung als eine emotionale Reaktion auf ein Vorkommnis an. Gut nachvollziehen lässt sich dieser Ansatz an dem gerade vorgeführten Beispiel des Kunden, der sich selbst als „Technikversager“ sieht. Verblüfft sein wird er vermutlich darüber, dass es für sein Problem einen viel einfacheren Lösungsweg gibt, als er vermutet hätte. Im nächsten Schritt kann daraus eine Begeisterung darüber entstehen, dass sein Gerät wieder funktioniert. Zudem wird er evtl. begeistert davon sein, dass sich der Verkäufer als freundlicher Fachberater erwiesen hat und ihn in einer genau auf ihn persönlich zugeschnittenen Art und Weise bedient hat. An dieser Stelle bietet sich mein folgender Tipp an alle Erlebnisverantwortlichen vor Ort an, also an sämtliche öffentlichen und privaten Akteure, die, in welcher Form auch immer, an der Entwicklung und Gestaltung einer Innenstadt oder Ortsmitte beteiligt sind: Denken und handeln Sie so, als wenn Sie die Besucher und Kunden Ihres Zentrums für eine Mitgliedschaft in einem „Fanclub Innenstadt“ gewinnen wollten. Was wäre dafür im Rahmen Ihrer Möglichkeiten zu tun, um solche Begeisterung für Ihr Ortszentrum auszulösen, dass die Besucher, Kunden, Bürger tatsächlich zu deren Fans würden, voller Hingabe von ihm sprechen und es leidenschaftlich weiterempfehlen würden? Alles in allem erscheint es also sinnvoll, den Begriff „Erlebnis“ etwas genauer zu betrachten, soll er im Rahmen der praktischen Arbeit erfolgreich mit Leben gefüllt werden. Dazu kommt die Erkenntnis, dass, wer etwas als positiv empfindet, sich zu diesem Etwas hingezogen, sich vielleicht sogar mit ihm verbunden fühlt. Um dieses in Bezug auf Innenstädte zu erreichen, schauen wir uns im Weiteren an, in welchen Zusammenhängen Kunden und Besucher einer Innenstadt Erlebnisse haben können.

3.4.3 Innenstädtische Erlebnis-Potenzialfelder Im Zusammenhang mit der Belebung von Innenstädten und Ortsmitten gibt es mehrere verbraucherseitige Bedürfnisfelder, welche jeweils für sich genommen unzählige Möglichkeiten für die Gestaltung von Kunden- und Besuchererlebnissen bieten: • Einkaufen bzw. Shoppen Hauptzuständiger Erlebnislieferant: der lokale Einzelhandel • Einkehren und Ausgehen Hauptzuständiger Erlebnislieferant: die örtliche Gastronomie

3.5  „Wer nicht auffällt, ist tot!“ – Aufmerksamkeit als (Über-)Lebenselexier für die …

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• Feiern, Menschen treffen, unterhalten werden Hauptzuständige Erlebnislieferanten: Veranstalterorganisationen wie z. B. Stadtmarketing oder Citymanagement, je nach Bedarf in Kooperation mit Einzelhandel und Gastronomie • Verweilen Hauptzuständige  Erlebnislieferanten: Kommunale Behörden bzw. Abteilungen wie Stadtentwicklung (Gestaltung), Ordnungsamt (Sicherheit) und Stadtreinigung (Sauberkeit), evtl. mit privater Unterstützung durch Geschäftsleute und Immobilieneigentümer • Gut und sicher ankommen Hauptzuständige Erlebnislieferanten: Kommunale Verkehrsplanung (Beschilderungen, Radwege etc.), öffentliche und private Betreiber von Parkplätzen und -häusern, örtliche Verkehrsbetriebe • Erledigungen durchführen Hauptzuständige Erlebnislieferanten: kommunale Behörden, Bürgerbüros, Vertreter freier Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte etc., Dienstleistungsunternehmen wie z. B. Banken, Deutsche Post, Schlüsseldienst, Schuster u. v. m. Alle diese grundsätzlichen „Erlebnis-Potenzialbereiche“ tauchen im Themenblock ab Kap. 5  im Zusammenhang mit den dazugehörigen Arbeitsfeldern auf und werden dort genauer betrachtet. Zum Teil ergibt sich daraus weiterführende Inspiration mit jeweils passenden Ideen für die Kreation geeigneter Kunden- und Besuchererlebnisse, welche in der Summe einen positiven Beitrag zum Gesamterlebnis Innenstadt leisten.

3.5

„ Wer nicht auffällt, ist tot!“ – Aufmerksamkeit als (Über-)Lebenselexier für die „Marke Innenstadt“

3.5.1 E  rzeugung von Aufmerksamkeit als Pflichtaufgabe für Innenstädte „Hallo, Herr Unscheinbar, was kann ich für Sie tun?“ „Herr Doktor, ich habe ein Problem damit, dass mich offensichtlich niemand wahrnimmt. Was kann ich dagegen tun?“ „Der Nächste, bitte!“ Dieser altbekannte Arztwitz gibt ganz gut wieder, worauf es auch im Wettbewerb unter verschiedenen Anbietern ankommt. Wenn immer mehr Konkurrenten aufeinandertreffen, von denen einige deutlich bessere Möglichkeiten haben, die Blicke auf sich zu ziehen, kann es schwierig werden, sich im Haifischbecken namens Verbraucherwahrnehmung erfolgreich zu behaupten. Wer nicht auffällt, existiert im Bewusstsein vieler Konsumenten nicht. Die unvermeidliche Folge: Die Mitbewerber ziehen vorbei und gewinnen den Kampf um die Kundschaft und deren Kaufkraft. Es gilt somit, positiv aus der Konkurrenz herauszustechen und Aufmerksamkeit zu erzeugen, um potenzielle Innenstadtbesucher und Kunden immer wieder an die eigene City zu erinnern und von dieser zu überzeugen.

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3  Vom austauschbaren Produkt zum einzigartigen Markenerlebnis: Profilbildung für …

Unabhängig davon bringt ein vorhandener Markenauftritt nicht viel, wenn er ein stiefmütterliches Dasein fristet und die mit ihm verbundene Standortaussage nicht gelebt, frischgehalten und bekanntgemacht wird. Dieses geschieht insbesondere mit Hilfe geeigneter, oft kreativer Marketingmethoden, von denen exemplarisch vier an dieser Stelle vorgestellt werden. Sie sind darauf ausgerichtet, Aufmerksamkeit für die „Marke Innenstadt“ innerhalb ihres Einzugsgebietes zu generieren. Dabei sind die oft eingeschränkten finanziellen und personellen Ressourcen ausdrücklich berücksichtigt. Auf die Vorstellung klassischer und digitaler Möglichkeiten, mit denen die Marke und ihre Botschaften und Inhalte zu ihren Adressaten transportiert werden können, wird an dieser Stelle bewusst verzichtet, da hierauf in Kap. 5 zum Thema „Standortkommunikation“ eingegangen wird.

3.5.2 V  ier ausgewählte Marketinginstrumente, um als Innenstadt (positiv) aufzufallen 3.5.2.1  Mit Storytelling spannende City-Geschichten erzählen Nahezu alle Menschen begeistern sich unabhängig von ihrem Alter für spannende Geschichten. Krimis z. B. gehören seit vielen Jahren zu den meistgesendeten Formaten im deutschen Fernsehen. Auf der Grundlage einer klar definierten Marke lassen sich interessante und spannende Geschichten auch über Stadt- und  Ortszentren erzählen. Dadurch bleiben diese „frisch“ und lebendig. Geschichten lassen sich rund um den Standort, seine Unternehmen, seine Historie, seine Persönlichkeiten u. v. m. entwickeln. Seien es positive Erfahrungsberichte auswärtiger Besucher in einem Online-Gästebuch, historische Berichte zu Gründungen lokaler Traditionsgeschäfte auf Sonderseiten in der Tageszeitung, eine Standort-Bildergeschichte auf Instagram oder was auch immer. Wichtig ist, dass Story und Markenbotschaft(en) zusammenpassen. Denkbar ist es dabei durchaus, fiktive Elemente und Inhalte, z. B. mit Hilfe eines Maskottchens, welches an verschiedenen interessanten Stellen immer wieder als eine Art Markenbotschafter im Stadtbild auftaucht und dort standortgenaue Informationen übermittelt (z. B. an historischen Gebäuden), oder als Comicfigur spannende City-Abenteuer erlebt, welche im Idealfall in der Tageszeitung veröffentlicht werden. Hierdurch würden eine regelmäßige Begegnung der Leserschaft mit der City-Symbolfigur gewährleistet und die „Marke Innenstadt“ samt ihrer Botschaft(en) auf eine sehr sympathische Art und Weise verbreitet. Storytelling bietet sich obendrein in exzellenter Weise zur Anwendung durch den örtlichen Einzelhandel an. Erläuterungen zur Entstehung der vertriebenen Produkte, zu der Verarbeitung der dafür verwendeten Materialien, zum Besuch besonders prominenter Kunden in dem Geschäft, zu den Anfängen des Unternehmens in anderen Geschäftsräumen und, und, und. Es gibt vieles zu erzählen, was den einen oder anderen Kunden ­interessieren dürfte und wodurch seine Bindung zu dem Geschäft, welche im besten Falle vor Ort als feste Institution gilt und somit definitiv als etablierte Einzelhandelsmarke anzusehen ist, steigt.

3.5  „Wer nicht auffällt, ist tot!“ – Aufmerksamkeit als (Über-)Lebenselexier für die …

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3.5.2.2  M  it „emotionaler Aufladung“ direkt ins Herz der Kundschaft zielen Seit Jahren im Trend liegt die sog. Emotionalisierung von Marken, was sich beispielsweise in vielen Slogans bemerkbar macht, die mit den Begriffen Liebe und Leben spielen. So heißt es bei EDEKA „Wir lieben Lebensmittel“, was nicht weniger ausdrückt, als dass Leidenschaft für die Sache die Grundlage für das kundenorientierte Handeln des Unternehmens und seiner Mitarbeiter ist. BMW lockt mit Fahrspaß, der „Freude am Fahren“. Selbst technische Produkte werden also emotionalisiert. Ein weiteres Beispiel: Wer hätte früher gedacht, dass sich triste Baumärkte zum gefühlten Sehnsuchtsort ganzer Heerscharen von Hobby-Handwerkern und-gärtnern entwickeln? Wie das geht, hat die Baumarkt-­Kette Hornbach eindrucksvoll mit ihrer Kampagne „Mach’ es zu  Deinem Projekt!“ bewiesen. Hier werden ganz offensichtlich und wirkungsvoll menschliche Urinstinkte angesprochen, die mit körperlicher, produktiver Arbeit zu tun haben. Dass Emotionalisierung sogar eine strikt beworbene Preisorientierung schlagen kann, wurde gerade in dieser Branche sichtbar. Einer der Hauptkonkurrenten von Hornbach, das Unternehmen Praktiker, hielt stur an der Botschaft „20 Prozent auf alles. Außer Tiernahrung!“ fest. Der irrige Glaube, dass bei austauschbaren Produkten alleinig der Preis kaufentscheidend sei, wurde Praktiker in fataler Weise zum Verhängnis und führte zum Untergang der Firma. Ein weiteres Positivbeispiel ist Apple. Kaum jemand hätte behauptet, dass Design bei Computern eine Rolle spielen würde, bevor Firmenchef Steve Jobs auf die Idee kam, Ende der 1990er-­Jahre das neue Modell iMac mit Monitoren mit farbigen Gehäusen auszustatten. Und nicht nur das: die Geräte gab es sogar in mehreren Farbvarianten, so dass sich die Käufer ihre Wunschfarbe aussuchen konnten. Die Folge: die Markteinführung des iMacs war nicht einfach nur ein netter Clou, sondern entpuppte sich als echter Coup, als Grundstein für den heutigen Erfolg von Apple. War das Unternehmen Mitte der 90er-Jahre eigentlich schon „mausetot“, so bedeutete die Rückkehr des einstigen Firmengründers Steve Jobs samt seines ersten genialen Volltreffers, eben des iMacs, die Wende und ein fulminantes Comeback der Firma (s. hierzu auch Kap. 14). Warum ist das alles so? Bei Emotionen entscheidet nicht der Kopf, sondern das Herz. Es geht nicht um die Frage, ob man etwas tatsächlich benötigt, sondern ob man es gerne hätte. Statt Logik zählen sinnliche Reize, statt einer Aufzählung stichhaltiger Argumente kommt eine verführerische Ansprache zum Einsatz. Shoppen wird so zum emotionalen Erlebnis aufgewertet, während Einkaufen allgemein nur noch als Erledigungspflichtvorgang verstanden wird. Dazu kommt die Tatsache, dass in turbulenten, unübersichtlichen, globalisierten Zeiten bei vielen Menschen eine Sehnsucht nach Nähe und Geborgenheit entsteht (der sog. „Cocooning-Effekt“), wohingegen eine rein informationsorientierte Ansprache eher gefühlskalt wirkt. Generell lassen sich auch viele Bestandteile von Innenstädten und Ortsmitten emotional „aufladen“. Das fängt bei der Art, wie sich der Einzelhandel präsentiert, an. Ein liebevoller Umgang mit der Kundschaft ist dafür nur eines von vielen möglichen Beispielen. Im Bereich der Stadtgestaltung kann z.  B. die Auswahl der in der

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3  Vom austauschbaren Produkt zum einzigartigen Markenerlebnis: Profilbildung für …

Abb. 3.1  Die Markenaussage „Unsere herzliche Mitte!“ im Straßenpflaster des Hertener Stadtteilzentrums „Kranzplatte Langenbochum“. (Quelle: Eigene Darstellung)

City gepflanzten Blumen einen positiven Gefühlsbeitrag leisten. Und so weiter und so fort. Insgesamt gilt: Wer selber mit Gefühl agiert, wird auch positive Gefühle bei seinem Gegenüber hervorrufen. Letztendlich kann auch, wie eingangs im Zusammenhang mit mehreren Unternehmensbeispielen beschrieben, in der Ansprache potenzieller Zielgruppen eine Emotionalisierung erfolgen, und zwar über Bilder, Sprache, Aktionen etc. Werbekampagnen, Werbemittel u.  ä. können gefühlsmäßig ausgerichtet werden. Im Rahmen eines Auftrages zur Revitalisierung des Stadtteilzentrums „Kranzplatte Langenbochum“ in Herten, Nordrhein-­Westfalen, wurde gar ein emotional ausgerichtetes Alleinstellungsmerkmal als Markenkern identifiziert. Dieses war die Herzlichkeit der Menschen am Standort. Ziel war es daraufhin, diese tolle menschliche Eigenschaft durch Aktionen im Handel, durch Maßnahmen im Bereich Stadtgestaltung usw. immer lebendiger werden zu lassen. Der Slogan bzw. Claim, den ich mit einem kleinen Team aus privaten Standortakteuren entwickelte, drückte dann auf den Punkt genau aus, worum es an diesem Standort insgesamt gehen sollte: Die Schaffung eines umfangreichen Wir-Gefühls, verbunden mit dem Alleinstellungsmerkmal „Herzlichkeit“ und letztlich mit der klaren Anzeige, dass der Standort zukünftig wieder als Zentrum und Haupttreffpunkt in diesem  Teil des Stadtgebietes positioniert werden sollte, was sich in den Jahren zuvor eher gegenteilig entwickelt hatte. Der gefundene Slogan lautete kurz und knapp: „Unsere herzliche Mitte!“ Dieser kam vor Ort so gut an, dass die zuständige Stadt Herten ihn samt Logo hat ins Straßenpflaster einarbeiten lassen (vgl. Abb. 3.1).

3.5  „Wer nicht auffällt, ist tot!“ – Aufmerksamkeit als (Über-)Lebenselexier für die …

77

3.5.2.3  Mit Guerilla-Marketing kostengünstig Aufsehen erregen Teilweise fehlt es im Bereich des Citymanagements an ausreichenden finanziellen Ressourcen, um die gewünschte Wahrnehmung für den Standort auf „üblichem“ Wege erzielen zu können. Maßnahmen, bei denen das kreative Element gegenüber den aufzuwendenden Kosten im Vordergrund stehen, können hier evtl. Abhilfe schaffen. „Guerilla-Marketing“ lautet das Stichwort. Dabei geht es insbesondere darum, mit einfachen und originellen Aktionen akut für ein möglichst hohes Maß an Aufmerksamkeit zu sorgen. Aber wie kann Guerilla-Marketing als Beitrag zur Belebung von Innenstädten inhaltlich aussehen, was hat Aussicht auf Erfolg und wirkt trotz geringem Budget nicht billig? Hierzu ein paar Beispiele: • Ein altes Klavier (gestimmt!) samt Klavierhocker ist kostengünstig oder bestenfalls gratis zu bekommen (z. B. als Spende, aus einer Haushaltsauflösung o. ä.). Dieses lässt sich mit Transportrollen versehen und kann bei größeren Veranstaltungen auf die Einkaufsstraße geschoben werden, damit Jedermann darauf spielen kann. In Dortmund, Nordrhein-Westfalen, gibt es so ein Klavier. Dieses wird nach einigen Liedern immer wieder ein Stück weitergeschoben. In Gevelsberg, Nordrhein-Westfalen, habe ich ebenfalls so ein City-Klavier eingeführt. • Doppelgänger berühmter Persönlichkeiten sorgen bei unangekündigten Auftritten oftmals für Furore, da viele Passanten denken, die Original-Person(en) vor sich zu haben. Manchmal bilden sich Menschentrauben, die Leute fordern Autogramme und vieles mehr. Es handelt sich im Endeffekt um einen großen und pressewirksamen Spaß, der umso besser funktioniert, je originalgetreuer ein solcher Auftritt inszeniert wird. Geht es z. B. um einen vermeintlichen Besuch der Queen in der Stadt, könnte diese zunächst in einem Rolls Royce vorfahren etc. Insgesamt sind bei dieser Aktion bestimmte Kosten einzuplanen, die aber im Verhältnis zum Nutzen dann doch günstig erscheinen. Wer nach Doppelgängern von Prominenten sucht, wird bei der Suche im Internet schnell fündig aufgrund der Einträge von Agenturen, bei welchen die entsprechenden Darsteller gebucht werden können. • Ein Guerilla-Marketing-Klassiker sind sog. „Flashmob-Aktionen“. Hierbei handelt es sich um „einen kurzen, scheinbar spontanen Menschenauflauf auf öffentlichen oder halböffentlichen Plätzen, bei dem sich die Teilnehmer persönlich nicht kennen und ungewöhnliche Dinge tun.“ (Wikipedia o.J.) In der Regel erfolgen die Verabredungen zu Flashmobs über soziale Medien und Messengerdienste wie WhatsApp. Im Bedarfsfall ist im Vorhinein zu überprüfen, ob für „Guerilla-Marketing-Aktionen“ Genehmigungen einzuholen und ordnungsrechtliche Vorschriften zu beachten sind (s. hierzu auch Kap. 8, Pkt. 3.6).

78

3  Vom austauschbaren Produkt zum einzigartigen Markenerlebnis: Profilbildung für …

Haben Guerilla-Marketing-Aktionen vor Ort Erfolg, wird es für die Zukunft umso leichter sein, weitere kreative Spontanaktionen am Standort durchzuführen und bei Kunden und Besuchern regelmäßig trotz geringem Budget für Aufmerksamkeit zu sorgen. Der arme, aber kreative Standort kann auf diesem Wege den finanziell gut ausgestatteten, aber unkreativen Konkurrenzstandort durchaus ein Stück weit „ärgern“. Interesse, Anerkennung und Aufmerksamkeit von vielen Seiten sind zumindest demjenigen sicher, der Mut zum Außergewöhnlichen hat.

3.5.2.4  Mit Co-Branding neue Markenkontakte generieren Eine gute Möglichkeit zur Stärkung der eigenen Marke ist das sog. Co-Branding. Hierbei arbeiten zwei Marken, durchaus aus unterschiedlichen Produkt- oder Lebenswelten, projektbezogen zusammen und verfolgen dabei das Ziel, jeweils die eigene Wahrnehmungsreichweite auszudehnen, d. h., die jeweiligen Interessenten an der einen Marke kommen auch mit der Kooperationsmarke in Berührung. Fiktives Werbebeispiel: „Besuchen Sie das große Barbecue-Wochenende der GRILLMASTER AG, nur exklusiv in der City Senfberg“. Beachtet werden sollte allerdings, dass der Niveauunterschied zwischen beiden Marken nicht so groß ist, dass die besser „situierte“ Marke von beiden einen Imageschaden durch die Zusammenarbeit erleidet.

3.6

Fazit

Im Überlebenswettkampf der Standorte ist es notwendig, dass diese sich voneinander unterscheiden, wollen sie die Sicherung ihrer zukünftigen Existenz nicht dem Zufall überlassen. Es gilt, erfolgversprechende Differenzierungsstrategien zu entwickeln, also Profilbildung zu betreiben, und sich hiermit gegenüber den Mitbewerbern zu positionieren. Der Standort tritt somit aktiv in den Markenbildungsprozess ein. Absicht ist, diesen ab sofort bewusst zu steuern, statt ihn dem Zufall zu überlassen. Dabei wirken Marken(-auftritte) nach innen identitätsstiftend und erzeugen unter den lokalen Akteuren positive Werte wie Stolz, Mut, Selbstbewusstsein, Motivation und eine Vergegenwärtigung der eigenen Stärken und Möglichkeiten. Nach außen hin bewirken sie mindestens Interesse, darüber hinaus im besten Fall konkrete Nutzung in Form von Innenstadtbesuchen und Kaufhandlungen. Im Idealfall wirkt der aus dem Standortprofil abgeleitete Markenauftritt, der zugleich im Sinne einer Vision (oder einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung?) bereits in der Gegenwart die Soll-Zukunft anzeigt, so stark, dass er im Zusammenspiel mit den gelebten Markeninhalten wettbewerbsentscheidende Wirkung entfalten kann. Die „Macht der Marke“ kann als eine Art „Waffe“ dazu beitragen, dass ein eigentlich unterlegener Standort sich nicht nur behauptet, sondern gegenüber der Konkurrenz in Vorteil gerät. Eine Marke ist als Prinzip und als Versprechen zu betrachten, und nicht als bloßes Logo ohne weiteren tieferen Sinn. Im besten Falle entwickelt eine Marke eine eigene Persönlichkeit und Charakter. Markenführung und -pflege sind als höchstbedeutsame strategische Innenstadt-­Aufgaben einzustufen und tragen entscheidend zum nachhaltigen Standorterfolg bei.

Literatur

3.7

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Arbeitshilfe: Checkliste Profil- und Markenbildung

Checkliste „Profil- und Markenbildung Innenstadt“ Aufgabe erledigt am Profilbildung S.W.O.T.-Analyse Innenstadt Auswahl der profilrelevanten Stärken und Chancen Verdichtung zu einer „Profilaussage Innenstadt“ evtl. Einteilung der Innenstadt in mehrere Quartiere, Zonen o. ä. und Entwicklung von zum „Gesamtprofil Innenstadt“ passenden Teilprofilen (gleiche Vorgehensweise) Sonstiges, z. B.: Markenbildung und -pflege Gestaltung eines professionellen Dachmarkenauftritts Innenstadt und dazu passender Einzelmarken für Innenstadt-Quartiere o. ä. auf der Grundlage der zuvor definierten Profilaussagen Durchführung von Marketingmaßnahmen mit dem Ziel, Aufmerksamkeit für die Marke und die Innenstadt zu erzielen und positiv wahrgenommen zu werden Breit gestreuter Einsatz der Elemente des Markenauftritts (z. B. Logo und Slogan auf Werbemitteln, Geschäftspapieren etc.) Sonstiges, z. B.:

Anmerkungen

Literatur Internet Bergs. (2008). Ruhr hoch n wie bitte. https://www.derwesten.de/incoming/ruhr-hoch-n-wie-bitte-id1463918.html. Zugegriffen am 07.05.2019. Duden. (o.J. a). Profil. https://www.duden.de/rechtschreibung/Profil. Zugegriffen am 28.02.2019. Duden. (o.J. b). Erlebnis. https://www.duden.de/suchen/dudenonline/Erlebnis. Zugegriffen am 26.02.2019. Gabler Wirtschaftslexikon. (o.J.). SWOT. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/swot-analyse-52664. Zugegriffen am 06.04.2019. Statista. (2018). Ranking der 25 wertvollsten Marken nach ihrem Markenwert im Jahr 2018 (in Milliarden US-Dollar). https://de.statista.com/statistik/daten/studie/6003/umfrage/die-wertvollsten-marken-weltweit/. Zugegriffen am 09.04.2019. Wikipedia. (o.J). Flashmob. https://de.wikipedia.org/wiki/Flashmob#Geschichte. Zugegriffen am 08.04.2019.

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3  Vom austauschbaren Produkt zum einzigartigen Markenerlebnis: Profilbildung für …

Buch Davis, M. (2005). World of Branding – Eine Einführung in die ganzheitliche Markenführung. München: Stiebner. Niessen, H. (2002). 30 Minuten für kreativen Erlebnishandel. Offenbach: GABAL. Roeske, S. (2006). Der Standort als Marke. Saarbrücken: VDM. Schmitz, C. (2009). Charismating – Einkauf als Erlebnis. München: Wirtschaftsbuch, Finanzbuch.

4

Ergebnisorientiert und strukturiert arbeiten: Vorstellung eines einfachen Projektmanagement-Modells für Citymanagement-Starter

Zusammenfassung

Wo anfangen, wie weitermachen, was zwischendrin erledigen, wo aufhören? Bei vielen Projekten helfen einfachste Strukturen, um diese zielgerichtet und erfolgreich auch ohne große Vorkenntnisse in Bezug auf typische Arbeitsabläufe zu bewältigen. Das hier vorgestellte Modell nimmt Rücksicht auf die besondere Ausgangssituation, unter denen an vielen Standorten Citymanagement-Projekte zu bearbeiten sind. Genannt seien vor allem eine geringe Personal- und Kapitalausstattung sowie eine parallel zu bearbeitende Aufgabenfülle. Eingegangen wird auch auf die heutzutage herrschende Schnelllebigkeit in Informationsabläufen etc. (Stichwort „Echtzeit-Gesellschaft“), welche vielmals flexiblere Projektabläufe erfordert, als sie die klassische Projektmanagement-­Lehre vermittelt. Die angefügte Checkliste ermöglicht den direkten Einsatz des hier vorgestellten Projektmanagement-Modells für die eigene Tätigkeit vor Ort.

4.1

Ausgangssituation und daraus folgender Lösungsansatz

Citymanagement unterliegt in der Regel speziellen Arbeitsbedingungen: Wenig Personal, geringe bzw. begrenzte finanzielle Ausstattung, mehrere Projekte von unterschiedlichem Ausmaß und Inhalt gleichzeitig. Das zumindest ansatzweise Arbeiten in geordneten Strukturen hilft, nicht den Überblick zu verlieren und Projekte im vorgegebenen Zeitrahmen erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Jedoch erscheinen mir aufgrund meiner Erfahrung an verschiedenen Standorten klassische Projektmanagement-Modelle für den Einsatz unter den eingangs genannten Grundbedingungen, unter denen sich Citymanagement oftmals abspielt, als zu komplex, zu „durchreglementiert“ und damit zu starr sowie ­letztendlich

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 F. Manfrahs, Citymanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_4

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82

4  Ergebnisorientiert und strukturiert arbeiten: Vorstellung eines einfachen …

zu theoretisch.1 Für die Tätigkeit als Citymanager im Sinne eines praxisorientierten „Machers“ halte ich ein wesentlich einfacher gehaltenes Projektschema, welches ein flexibles Agieren und Reagieren auf tagesaktuelle Entwicklungen und Umstände zulässt und dabei den Projektablauf trotzdem grob ordnet, für angebrachter. Im Vordergrund steht dabei ganz klar das Ergebnis, weniger ein haargenau vorgeschriebener Weg dorthin. Selbst in Großunternehmen wird heutzutage vielfach auf diese Weise gearbeitet, weil Marktbewegungen und externe Informationsströme, auf die reagiert werden muss, sich in einer Geschwindigkeit abspielen, welche sich mit „bis ins Letzte“ durchgeplantem und relativ langsamem Vorgehen nicht mehr „einfangen“ lassen. Der Fachbegriff hierfür lautet „hy­ brides Projektmanagement“. Dieses ist eine Mischform aus den oben angesprochenen traditionellen Projektmanagement-Modellen und dem sog. „agilen Projektmanagement“, welches sich dadurch auszeichnet, dass „das Projektteam über hohe Toleranzen bezüglich Qualität, Umfang, Zeit und Kosten verfügt,“2 also weitestgehend befreit von äußeren Strukturen arbeitet. Daneben ist es mein Ansatz, ein schnell zu erlernendes und anzuwendendes Projektmanagement-Gerüst zu vermitteln, welches sowohl Berufseinsteigern als auch fachfremden städtischen Verwaltungsmitarbeitern, welchen die Aufgabe Citymanagement zugeordnet wird, weiterhilft. Gerade an kleineren Standorten kann das entsprechende „Einstellungstelefonat“ nämlich auch schon mal ungefähr so ablaufen: „Hallo, Frau von Klang, hier ist Bürgermeister Schnellschuss. Ich melde mich, weil ich gehört habe, dass unsere „geliebte“ Nachbarkommune jetzt aktiv ihre Innenstadt nach vorne bringen will und dafür einen Citymanager eingestellt hat. Da müssen wir irgendwie drauf reagieren, können aber natürlich niemanden extra einstellen, das Geld haben wir nicht. Ich hatte mir gedacht, dass Sie als Leiterin der städtischen Musikschule sich ab sofort mal nebenbei, also vielleicht so für zehn Stunden in der Woche, um das Thema kümmern könnten. Weil, die Musikschule liegt ja auch mitten in der Innenstadt, hatte ich mir so gedacht. Sie verstehen schon … Na, dann auf jeden Fall gutes Gelingen. Ich freue mich auf Ihre ersten kurzfristigen Erfolgsmeldungen!“ Dieses ist natürlich bewusst etwas überspitzt dargestellt, um zu verdeutlichen, wie man hier und da an den Job des Citymanagers kommen kann und dann schnell sehen muss, wie man diesen bewältigt.

4.2

Projektmanagement-Phasen

Aufgrund des unter Punkt 4.1 erläuterten Bedarfes nach unkomplizierten und schnell anwendbaren Projektarbeitsstrukturen teile ich Citymanagement-Projekte in drei große Projektabschnitte ein, und zwar in die Projektvorbereitung, bei welcher die Grundlagen zur  Der „Klassiker“ hinsichtlich traditioneller Projektmanagement-Modelle ist das sog. „Wasserfall-Modell“, bei welchem die jeweils nächstfolgende Projektstufe erst bearbeitet werden darf, wenn die vorherige abgeschlossen ist. S. hierzu auch unter https://www.projektmagazin.de/glossarterm/ wasserfallmodell (Zugegriffen am 31.03.2019). 2  https://www.projektmagazin.de/glossarterm/agiles-projektmanagement (Zugegriffen am 17.01.2019). 1

4.2 Projektmanagement-Phasen

83

Abb. 4.1  Einfaches Projektmanagement-Schema. (Eigene Darstellung)

Entscheidungsfindung bzgl. der Projektumsetzung zusammengetragen werden, die Projektdurchführung in Form der konkreten Umsetzung eines Vorhabens, sowie in deren Anschluss die abschließende Projektnachbereitung (vgl. Abb. 4.1).

4.2.1 Projektvorbereitung Bevor überhaupt klar ist, ob eine Projektidee umgesetzt werden soll, sind verschiedene Vorarbeiten notwendig, welche schlussendlich zur entsprechenden Entscheidungsfindung führen. Als Allererstes empfiehlt sich das Anlegen eines strukturierten Projektordners, welcher eine laufende Projektdokumentation ermöglicht, den jeweiligen Sachstand erkennen lässt, Aufschluss über alle grundsätzlich zu erledigenden Arbeitsschritte gibt u. v. m. So ist es im Bedarfsfall auch für Außenstehende möglich, in ein bereits begonnenes Projekt einzusteigen oder für dieses je nach Notwendigkeit sogar die Verantwortung zu übernehmen, z. B. bei längerer Erkrankung des Citymanagers. Des Weiteren ist es hilfreich, im Falle von Projektwiederholungen anhand einer solchen Dokumentation auf wichtige Informationen und Erkenntnisse aus vergangenen Projektdurchläufen zurückgreifen zu können. Zu der dann folgenden inhaltlichen Arbeit gehört zunächst eine Startanalyse, welche Auskunft darüber geben soll, ob die entsprechende Projektidee vor Ort erfolgversprechend sein könnte, ob die vorhandenen Ressourcen für eine Projektumsetzung ausreichen ­würden, ob sich der örtliche Einzelhandel einbinden lassen könnte, wann der beste Umsetzungszeitpunkt wäre etc. Falls die Möglichkeit zur Aufstellung eines kleinen Projektteams besteht, kann dieses bereits hier ansetzen und Antworten auf bestehende Fragen zusammentragen sowie bei den weiteren Projektschritten gemeinsam agieren. Zur Arbeit im Team gehört auch die Klärung, wie dessen Zusammenarbeit organisiert werden soll. In der Regel empfehlen sich regelmäßige Treffen, zusätzlich kann ein Informations- und

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4  Ergebnisorientiert und strukturiert arbeiten: Vorstellung eines einfachen …

Meinungsaustausch auch per E-Mail-Kommunikation, WhatsApp-Gruppen-Chats o.  ä. gestaltet werden, wenn alle Beteiligten damit einverstanden sind. Wichtig ist es, eine gemeinsame Form zu finden, mit welcher alle Projektbeteiligten auf einem gleichen Wissensstand gehalten werden und schnell die Meinungen und/oder Antworten anderer Teammitglieder bei auftretenden Fragestellungen eingeholt werden können. Werden im Team Aufgaben verteilt, sind möglichst genau terminierte Fertigstellungszeitpunkte festzulegen. Geschieht die Projektbearbeitung alleinig durch den Citymanager, sollte dieser sich in disziplinierter Weise Zielpunkte für die Erledigung einzelner Arbeitsschritte setzen, wie das in einem Team mit gegenseitiger Berichterstattung ebenso der Fall wäre. Des Weiteren sind die mit dem Projekt verbundenen Ziele zu klären. Beispiele hierfür können sein, mit einem neuen Veranstaltungsformat eine bestimmte Menge an Besuchern in die Innenstadt zu locken oder einen spürbaren Imagegewinn für das eigene Zentrum und die Citymanagement-Initiative zu verzeichnen. Darauf folgend ist zu überlegen, ob die Durchführung des Projektes mit Risiken verbunden sein könnte. In diesem Zusammenhang geht es auch um die Einschätzung, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass diese Risiken eintreten und wie relevant diese überhaupt für die Durchführung oder Nicht-Durchführung des Projektes sind. Es ist also zu bewerten, ob die definierten Gefahren evtl. dazu beitragen könnten, die vorgenannten Projektziele zu gefährden bzw. zu verfehlen. Werden in diesem Zuge markante Risiken erkannt, geht es um die Suche nach Ideen, wie sie sich vermeiden oder zumindest in ausreichendem Maß abschwächen lassen würden. So kann z. B. bei der Planung eines größeren City-Events die Gefahr einer auftretenden Schlägerei Berücksichtigung finden, basierend auf dem Umstand, dass es einige stadtbekannte Randalierer gibt, die solche Anlässe gerne nutzen, um ihr pöbelhaftes Unwesen zu treiben. Gibt es vor Ort jedoch gute Erfahrungen mit dem vorsorglichen Einsatz eines Sicherheitsdienstes und erhöhter Polizeipräsenz, würde es mit Hilfe dieser Maßnahmen vermutlich mit hoher Wahrscheinlichkeit gelingen, das befürchtete Problem gar nicht erst auftreten zu lassen oder es im Bedarfsfall sofort im Keim zu ersticken. Aufgrund der bisherigen Vorabwägungen lässt sich nun ein erstes Grobkonzept des Projektvorhabens erstellen, welches wichtige Eckpunkte enthält, z. B. neben der grundsätzlichen Beschreibung der Projektidee auch den geplanten Ort der Projektumsetzung, eine vorläufige Kostenschätzung u. ä. An diesem Punkt sollten genügend Vorarbeiten geleistet sein, um eine konkrete Entscheidung hinsichtlich der Umsetzung der vorliegenden Projektidee treffen zu können. Fällt diese Entscheidung positiv aus, geht es somit ans „Eingemachte“, also die Realisierung des Projektes. Solche bedeutenden Projektmanagement-Situationen, welche den Vollzug eines wichtigen Zwischenschritts im gesamten Projektablauf markieren, werden im Fachjargon als „Meilensteine“ bezeichnet.

4.2.2 Projektdurchführung Nach der Entscheidung, die Projektidee umzusetzen, wird das im Rahmen der Projektvorbereitung erstellte Grobkonzept in eine detaillierte Feinplanung überführt, welche jegliche

4.2 Projektmanagement-Phasen

85

Informationen rund um das Projekt und dessen geplanten Ablauf enthält. Da nun die „Projektgrundlage“ steht und die zu erledigenden Einzelaufgaben bekannt sind, können diese abgearbeitet werden. Treten im Projektablauf Hindernisse auf, sind im Rahmen eines dauerhaften Projektcontrollings evtl. Änderungen im Projekt vorzunehmen. Sind die Probleme so groß, dass sie die gesamte Projektdurchführung in Gefahr bringen könnten, ist die übergeordnete Entscheiderebene, z.  B. der Vorstand des Citymanagement-Vereins, einzuschalten und dort das weitere Vorgehen zu besprechen und darüber zu entscheiden. So kann es z. B. sein, dass aufgrund von Fehleinschätzung oder einfach nur wegen Vergessens eines wichtigen Projektbestandteils ein Kostenpunkt viel zu niedrig angesetzt wurde, wodurch das gesamte Projekt viel teurer wird. Deshalb hilft von Beginn an ein regelmäßiger und kritischer Blick auf die Projektbausteine und die den diesen zugewiesenen Sollkosten, um möglichst früh genug eventuelle Fehler zu entdecken.

4.2.3 Projektnachbereitung Im Anschluss an die Durchführung sollte zügig eine Projektbewertung stattfinden. Dieses kann im Rahmen von Nachbesprechungen bzw. Auswertungsgesprächen sowohl innerhalb des Projektteams als auch auf Entscheiderebene geschehen. Bei Projekten mit Wiederholungscharakter, wie z. B. Veranstaltungen, kann unter Umständen sofort eine Neuauflage vereinbart werden. Je nach Projektbedeutung kann die Anfertigung einer Abschlussdokumentation sinnvoll sein. Diese fasst die Projektdurchführung schriftlich und evtl. bebildert zusammen. Hierfür können auch Presseberichte über das Projekt hinzugezogen werden, falls vorhanden. Je nach Umfang der Berichterstattung lohnt es sich evtl. sogar, eine eigene Pressedokumentation zu erstellen. Auf jeden Fall ist es für viele Akteure hilfreich, mithilfe solcher Zusammenstellungen Projekte im Nachgang noch einmal nachvollziehen zu können. Für die weitere Arbeit lassen sich die Dokumentationen z. B. bei der Akquise von Geldgebern und anderen Unterstützern einsetzen. Letztlich steht noch die Projektabrechnung an. Die dazugehörige Einnahme-­Überschuss-­ Rechnung gibt Auskunft darüber, wieviel das Projekt schlussendlich gekostet hat bzw. ob „unter dem Strich“ sogar ein Gewinn übrig geblieben ist. Ein zusätzlicher Soll-Ist-Vergleich zeigt an, ob die ursprünglich angesetzten Plan-Einnahmen- und Ausgabenhöhen den realen Beträgen entsprechen oder in welchem Maße sie davon ­abweichen (vgl. hierzu auch die beispielhafte Veranstaltungskalkulation und -abrechnung unter Pkt. 8.3.7).

4.3

Fazit

Bei vielen Citymanagement-Projekten besteht die Gefahr, sich als Citymanager zu ­„verzetteln“. Unübersichtlichkeit im Zusammenhang mit den Projektinhalten und eine mangelnde personelle Unterstützung kann schnell dazu führen, dass ein gesamtes ­Maßnahmenvorhaben „aus dem Ruder läuft“. Eine strukturierte, also relativ geordnete

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4  Ergebnisorientiert und strukturiert arbeiten: Vorstellung eines einfachen …

„Abarbeitung“ ist im Regelfall notwendig, um Projekte „in der Bahn“ zu halten und zielsicher zum Erfolg zu führen. Dieses sollte jedoch nicht in allzu überreglementierter Weise erfolgen, um als Citymanager die Möglichkeit zu wahren, im Rahmen des Projektablaufs auf aktuelle Entwicklungen angemessen und flexibel reagieren zu können. Das hier vorgestellte Projektmanagement-Modell für Citymanagement-Starter nimmt genau auf diese Bedürfnisse Rücksicht und richtet sich in besonderer Weise auch an Berufseinsteiger, die bis dato mit Projektmanagement noch nicht vertraut sind und sich schnell durch „Learning on the Job“ in entsprechende Arbeitsstrukturen einfinden müssen. Somit ist es auch ohne Vorkenntnisse möglich, sich nahezu umgehend in komplexen Projektsituationen zurechtzufinden.

4.4

Arbeitshilfe: Checkliste Projektmanagement

Checkliste Projektmanagement Aufgabe erledigt am 1. Projektvorbereitung Anlegen eines strukturierten Projektordners und Startanalyse Zielbestimmung Risikenbenennung Erstellung Grobkonzept Projektentscheidung 2. Projektdurchführung Feinplanung Verteilung von Arbeitsaufgaben, falls Projektteam vorhanden Abarbeitung der in der Feinplanung festgelegten Projektaufgaben permanent Projektcontrolling (inkl. Anbringung von Vermerken im Konzeptpapier bzw. in der Feinplanung in Bezug auf wichtige Erkenntnisse aus dem bisherigen Projektablauf zwecks Berücksichtigung bei einer eventuellen Projektwiederholung) eventuelle Vornahme von Änderungen im laufenden Projekt, falls aufgrund von Erkenntnissen aus dem Projektcontrolling notwendig 3. Projektnachbereitung Projektbewertung evtl. Entscheidung über eine Projektwiederholung Abschlussdokumentation Projektabrechnung

Anmerkungen

Teil III: Citymanagement-Arbeitsfelder

5

Werben, informieren, im Gespräch sein: Innenstadt-Belebung durch gezielte Standortkommunikation

Zusammenfassung

Wer nicht informiert und wirbt, der stirbt! Das, was eine Innenstadt zu bieten hat und was dort geschieht, muss bekanntgemacht werden, damit diejenigen, die es interessiert (oder aus Sicht der Citymanagement-Verantwortlichen interessieren soll) erfahren und im besten Falle positiv darauf reagieren. Die dafür vorhandenen Kanäle werden in diesem Kapitel vorgestellt, angefangen von der klassischen Werbung, über Direktmarketing und digitale Kommunikationswege bis hin zu Pressearbeit. Die Checkliste „Standortkommunikation“ rundet als praktische Arbeitshilfe das Kapitel ab.

5.1

Einleitung

Die Überschrift zu diesem Kapitel drückt bereits aus, worum es in Bezug auf die Kommunikation am Standort Innenstadt geht. Geplante und bereits gestartete Projekte sollen und müssen bekanntgemacht werden, darum bedarf es Maßnahmen und Kanäle, damit über sie informiert und für sie geworben werden kann. Kommunikation bedeutet somit Austausch und Vermittlung von Inhalten. Dabei spielen verschiedenste Instrumente und Medien eine Rolle, und zwar in analoger als auch digitaler Weise. Die diesbzgl. im Citymanagement wichtigsten bzw. gängigsten Maßnahmen und Methoden werden in diesem Kapitel ­vorgestellt.

5.2

 och immer gefragt: Klassische N Werbemaßnahmen für die City

Auch wenn sich die Welt der werblichen Kommunikation im längst begonnenen digitalen Zeitalter rapide wandelt, sind analoge Werbe- und Kommunikationsformate noch immer von Bedeutung, da sie in nicht zu unterschätzender Menge Kontaktzahlen generieren,

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 F. Manfrahs, Citymanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_5

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5  Werben, informieren, im Gespräch sein: Innenstadt-Belebung durch gezielte …

­ odurch die zu bewerbenden Botschaften wahrgenommen werden, also Aufmerksamkeit w und Beachtung finden. Immer wichtiger wird es dabei jedoch, dass Werbung professionell gestaltet ist und den Betrachter positiv-emotional anspricht. Gerade im Bereich der Innenstadt-­Vermarktung gibt es einige Werbeformen, die für die Bekanntmachung der eigenen Informationen weiterhin von Belang sind. Bei deren Nutzung sollte nach Möglichkeit eine Verknüpfung zu eigenen Online-Auftritten und -Aktivitäten hergestellt werden. Gängig ist es in diesem Zusammenhang, gut erkennbare Verweise insbesondere auf Webseiten und innerhalb von  Social Media-Auftritten  auf dem entsprechenden Medium zu platzieren (z. B. Angabe der Internetadresse und/oder Aufdruck von QR-Codes), damit der Betrachter weiß, wo bzw. wie er weiterführende Informationen bekommt. Im Folgenden werden kurz die im Bereich Citymanagement wichtigsten sog. klassischen, also analogen Werbeformen vorgestellt.

5.2.1 Plakatwerbung Plakate werden insbesondere als Aushänge in Geschäften und öffentlichen Einrichtungen gut wahrgenommen. Die Bekanntmachung eines Anlasses wie z. B. eines Stadtfestes sollte mit einem Zeitvorlauf von ca. 10–14 Tagen erfolgen. Ein früherer Aushangtermin führt in der Regel dazu, dass die Botschaft „verpufft“. Auf dem Plakat sollten gut erkennbar der Titel, das Datum und der genaue Ort eines Events vermerkt sein, dazu wie bereits eingangs erwähnt ein Online-Hinweis zur möglichen Einholung weiterer bzw. näherer Informationen sowie eine Information zu Eintrittspreisen (auch der Vermerk „Eintritt frei!“ kann in diesem Zusammenhang wichtig sein, um anzulocken!). Des Weiteren sind ein Veranstalterhinweis und, falls vorhanden, Logos von Mitveranstaltern, Unterstützern und/oder Sponsoren aufzudrucken. Bei alldem ist jedoch darauf zu achten, dass das Plakat weder inhaltlich noch gestalterisch überladen wirkt. Empfehlenswert ist die Einbindung einer Agentur, welche einen Plakatentwurf auf der Grundlage des für die Innenstadt eingeführten Corporate Designs (s. hierzu Pkt. 3.3.4) gestaltet. Im Idealfall wird ein Basisplakat erstellt, welches bei jeder neuen Veranstaltung bzw. jedem neuen Anlass nur noch geringfügig geändert zu werden braucht. Über diesen Weg werden sowohl Kosten gespart als auch ein Wiedererkennungseffekt im Sinne der in Kap. 3 beschriebenen Innenstadt-­Markenbildung erreicht. Eine Plakatreihe über verschiedene Veranstaltungen hinweg bekommt somit also einen Kampagnencharakter. Als Format empfiehlt sich DIN A3. Kleinere Formate werden nicht gut wahrgenommen, außerdem geraten die darauf platzierten Inhalte so winzig, dass sie kaum ins Auge fallen. Größere Formate als A3 werden hingegen kaum von den Aushangstellen, insbesondere Einzelhandelsgeschäften, akzeptiert. Größere Plakatformate eignen sich aber dann, wenn dafür geeignete Werbeflächen zur Verfügung stehen, wie z. B. Werbeaufsteller (sog. „Kundenstopper“) oder Hänge- bzw. Rahmensysteme, die an Straßenlaternen befestigt werden und von Autofahrern wahrgenommen werden sollen. Jedoch sollte für letzteren Zweck die Plakatgestaltung angeglichen werden, und zwar in Richtung einer Reduzierung auf die allerwichtigsten Inhalte, die dann aber so groß wie möglich gedruckt werden. Hier

5.2  Noch immer gefragt: Klassische Werbemaßnahmen für die City

91

zählt das Prinzip der „Fernwirkung“. Autofahrer müssen allerschnellstens in der Lage sein, die grundsätzliche Hauptbotschaft zu erfassen. In diesem Sinne würde ein großgedruckter Hinweis mit dem Inhalt „Cityfest  Heimathausen  – 3.-5. Oktober 2019“ völlig für den Zweck einer wahrnehmbaren Erstinformation ausreichen.

5.2.2 Flyerverteilung Als Flyer bezeichnet werden alle auf Papier gedruckten Werbe- und Infomaterialien im Handformat. Darunter fällt der schlichte Handzettel auf dünnem Papier genauso wie ein mehrfach gefalteter, relativ wertig anmutender kleiner Prospekt. Die Inhalte können unterschiedlichster Art sein. So kann ein Flyer das Programm des nächsten Stadtfestes oder auch die Gebührenordnung für eine Mitgliedschaft im Citymanagement-Verein samt Aufnahmeantragsformular beinhalten. Verteilt werden Flyer kostenlos, und zwar durch Auslage in Geschäften, öffentlichen Einrichtungen u. ä. oder durch persönliche Aushändigung.

5.2.3 Printsonderseiten Gedruckte Standortwerbung erfolgt insbesondere über sog. Sonderseiten in den lokalen Tageszeitungen und örtlichen Anzeigenblättern. Die grundsätzliche Aufmachung sollte dem bereits unter Pkt. 5.2.1 angesprochenen Corporate Design der Innenstadt entsprechen. Das inhaltliche Prinzip funktioniert so, dass ein redaktioneller Bericht in einem Umfeld aus kostenpflichtigen Inseraten platziert wird, welche in erster Linie von den örtlichen Geschäftsleuten gebucht werden. Insbesondere vor größeren Veranstaltungen in der Innenstadt ist es üblich, solche Sonderseiten-Formate aufzulegen. Um das gesamte Projekt kümmert sich ein sog. Medienberater der entsprechenden Zeitung. In aller Regel gibt es Rabattierungsvereinbarungen zugunsten von Inserenten, die sich als Mitglied in einer Standortorganisation engagieren, also in einer Werbegemeinschaft, einem Citymanagement-­Verein, einer Stadtmarketing-Gesellschaft u. ä.

5.2.4 Radiowerbung Die in absoluten Eurobeträgen gerechnet teuerste der an dieser Stelle vorgestellten Werbeformen ist Radiowerbung. Für die meisten Standorte kommt, wenn überhaupt, die Radiowerbung bei einem lokalen oder regionalen Sender in Frage, weil dieser relativ genau das entsprechende Einzugsgebiet abdeckt. Bei der Schaltung von Radiospots bei Lokalsendern habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese einen hohen Wahrnehmungsgrad unter den Hörern generieren. Mehrfach habe ich erlebt, dass das Besucheraufkommen bei Veranstaltungen mit vorheriger Radiowerbung deutlich höher war als bei Verzicht auf diese Werbeform. Insbesondere bei der Einführung neuer Veranstaltungsformate halte ich Radiowerbung für

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5  Werben, informieren, im Gespräch sein: Innenstadt-Belebung durch gezielte …

eine gute Möglichkeit, schnell einen gewissen Bekanntheitsgrad aufzubauen. Sinn hat Radiowerbung allerdings nur dann, wenn eine gewisse Mindestanzahl an Schaltungen des Spots gebucht wird, damit möglichst viele Hörer diesen zumindest einmal hören können. Neben den Kosten für die Schaltungen muss einmalig auch die Spotproduktion bezahlt werden. Um diesbzgl. Geld zu sparen, habe ich Radiospots inhaltlich immer wieder so verfasst, dass diese über mehrere Jahre verwendet werden konnten und somit nicht ständig neu produziert werden mussten. Statt ein festes Datum für ein Event zu nennen, habe ich dann z. B. getextet: „An diesem Wochenende: …“. Eine weitere Möglichkeit der Kosteneinsparung ist es, lokale Unternehmen um eine kostenpflichtige Kooperation anzufragen. So ist es möglich, am Schluss eines Radiospots einen sog. Abbinder einzubauen, der darauf hinweist, dass z. B. das örtliche Geschäft „Latzhosen Lustig“ das Event unterstützt, ohne dass dafür im nächsten Jahr wieder der komplette Spot neu produziert werden müsste, wenn dann ein anderes Unternehmen Kooperationspartner sein möchte. Eine dritte Variante der Kostenreduzierung gibt es manchmal bei regionalen Sendern, die ein relativ großes Einzugsgebiet abdecken. Dieses wird dann in verschiedene Werbezonen unterteilt, die einzeln gebucht werden können. Wenn ein Standort sein Einzugsgebiet lediglich im nördlichen Teil des Landkreises hat, zu dem er gehört, lässt sich im besten Fall entsprechend nur für dieses Gebiet Radiowerbung schalten. Letztlich gewähren Radiosender für die Schaltung von Werbung natürlich auch einen veranstaltungsübergreifenden Mengenrabatt, so dass es sich lohnen kann, von vornherein über die Buchung eines Paketes für mehrere Events nachzudenken.

5.2.5 Bannerwerbung In jeder Stadt gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, an dafür geeigneten Stellen in mehr oder weniger markanter Weise auf Veranstaltungen aufmerksam zu machen, und zwar mit Hilfe von Bannern, die an Zäunen, Brückengeländern u. ä. befestigt werden, meistens in der Absicht, Autofahrer auf ein Event aufmerksam zu machen. Für die Bedruckung oft verwendet wird dafür sog. Lkw-Plane. Soll ein Banner winddurchlässig sein, z. B. weil die Aufhängung über einer Straße beabsichtigt ist, wird sog. Mesh als Material verwendet (auch genannt Gitternetzplane oder Netzvinyl). Steht keine private Fläche zur Verfügung, an der das Banner installiert werden kann, muss ein Antrag bei der Kommune gestellt werden zwecks Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für dessen Aufhängung im öffentlichen Raum. Dieses sollte nicht zu spät vor Durchführung der zu bewerbenden Veranstaltung erledigt werden, da viele Städte und Gemeinden ihre Aushangflächen an die Firma Ströer, ehem. Deutsche Städte Medien (DSM), abgetreten haben und allenfalls nur noch in geringfügigem Umfang über Aushangstellen, deren Nutzung sie selber genehmigen können, verfügen. In der Regel darf an diesen Stellen dann auch keine Unternehmenswerbung erscheinen, d. h., dass auf einem Veranstaltungsbanner der Citymanagement-­Organisation keine kommerziellen Sponsorenlogos platziert werden dürfen. Aufgrund der beschriebenen Umstände sollte vor der erstmaligen Planung zur Aufhängung eines Werbebanners der Kontakt mit der örtlichen Ordnungsbehörde gesucht werden, um die vorhandenen Möglichkeiten und Bedingungen zu klären.

5.2  Noch immer gefragt: Klassische Werbemaßnahmen für die City

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Abb. 5.1  Das übersieht kaum jemand: Fassadenbanner als besondere Form der Bannerwerbung. Gesehen in Paris. (Quelle: Eigene Darstellung)

Eine herausragende Wirkung lässt sich in diesem Zusammenhang mit Fassadenbannern erzielen, sofern am Standort die finanziellen und baulichen Möglichkeiten dafür bestehen (vgl. Abb. 5.1).

5.2.6 Herausgabe eines Citymagazins An einigen Standorten gelingt es, regelmäßig ein kleines kostenloses Innenstadt-Magazin herauszugeben, finanziert durch Inserate lokaler oder regionaler Unternehmen. Die äußere Gestaltung sollte sich dabei wie bei den anderen vorgestellten Kommunikationsmitteln an den bestehenden Corporate Design-Vorschriften für die „Marke Innenstadt“ orientieren. Inhaltlich geht es um aktuelle Berichte vom Standort, ergänzt um Interviews, Unternehmensvorstellungen etc. Ein gelungenes Beispiel ist das ProCity-Magazin in Gevelsberg, Nordrhein-Westfalen. Dieses erscheint jeweils am Donnerstag vor einem verkaufsoffenen Sonntag sowie immer gegen Ende November in Form einer Adventsausgabe. Das Blatt wird in einer Kooperation mit der Zeitung Westfalenpost und der Innenstadt-­Gemeinschaft ProCity Gevelsberg e.V. herausgegeben. Die Verteilung erfolgt als Beilage zu den Tageszeitungen Westfalenpost und Westfälische Rundschau. In der Regel ist das Blatt mindestens 16 Seiten stark

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5  Werben, informieren, im Gespräch sein: Innenstadt-Belebung durch gezielte …

und wird nicht auf Zeitungs-, sondern auf Illustriertenpapier gedruckt, wodurch das Produkt „magaziniger“ und wertiger wirkt. Die ProCity-Zeitung dient als eines der Aushängeschilder für die dauerhaft gute und professionelle Citymanagement-­Arbeit in Gevelsberg.

5.3

Auf direktem Wege zum Empfänger

5.3.1 Newsletter & Newsticker Newsletter dienen im Citymanagement vornehmlich dazu, einer bestimmten Ziel- bzw. Akteursgruppe wie z. B. den Mitgliedern des Citymanagement-Vereins im Sinne eines Rundbriefes Informationen und Nachrichten zum aktuellen Geschehen am Standort Innenstadt und/oder über die Arbeit der Citymanagement-Initiative bzw. des Citymanagers zukommen zu lassen. Heutzutage erfolgt dieses in der Regel per E-Mail. Es sollte darauf geachtet werden, die jeweiligen Inhalte zu einem Berichtspunkt relativ kurz zu verfassen und den Newsletter insgesamt nicht zu lang werden zu lassen. Es ist besser, in geringeren Zeitabständen relativ kurze Newsletter, als in längeren Zeitabständen ziemlich umfangreiche Newsletter zu versenden. Denkbar ist zudem die Herausgabe eines Innenstadt-­Newsletters, für den sich alle interessierten Akteure, also auch Kunden, anmelden können. Vom Layout her wirkt es professionell, wenn die „City-News“ nach den Vorschriften des Corporate Designs für die Innenstadt gestaltet werden. Eine „ordentliche“ Newsletter-­Erstellung bedarf Zeit, Muße, Konzentration und oft auch Inspiration. Tatsächlich ist dieser „Job“ daher für eine „Aufschieberitis“ anfällig, wenn nicht fixe Ausgabetermine bestehen. Ich persönlich habe mir daher z. T. angewöhnt, nicht mehr nach dem Prinzip „Newsletter“, sondern nach dem Prinzip „Newsticker“ zu denken und zu verfahren. Statt Themen zu sammeln und die textlichen Ausarbeitungen dazu im Rahmen eines Newsletters zeitverzögert zu versenden, bediene ich die Newsletter-Empfänger mit ein bis zwei hochaktuellen Nachrichten in Kurzform. Die Adressaten fühlen sich dann schneller ­informiert und besser eingebunden. In der heutigen „Echtzeit-Gesellschaft“ sind schnelle, kurzgehaltene Informationsflüsse normal. Bis dato habe ich zu dieser Vorgehensweise noch keine Beschwerden bekommen. Viele der so versendeten Informationen werden sogar intensiver wahrgenommen, als wenn sie im Rahmen eines Newsletters erschienen wären, da die Hemmschwelle, diesen komplett zu lesen, deutlich höher ist. Ein weiterer Vorteil ist, dass es bei meinen „Newsticker-Nachrichten“ nicht wirklich gravierend ist, ob der Text einen Satz mehr oder weniger aufweist, weil die Gesamtnachricht immer noch relativ kurz im Verhältnis zu einem Newsletter ist.

5.3.2 Mailings Standardisierte Anschreiben mit persönlicher Anrede, sog. Mailings, sind innerhalb von Citymanagement-Prozessen insbesondere dann von Belang, wenn es darum geht, eine breite finanzielle Unterstützung für größere Projektvorhaben zu generieren. Ein prägnantes Beispiel

5.4  Innenstadt-Kommunikation online

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hierfür ist die Finanzierung der jährlichen Aufhängung der Weihnachtsbeleuchtung. Diese verursacht Kosten, die oftmals aus dem vorhandenen, relativ geringen  Budget für Innenstadt-Projekte nicht beglichen werden können. Genau genommen geht es dabei nämlich nicht nur um die Aufhängung, sondern auch um Einlagerungskosten außerhalb der Adventszeit, Reparaturen und Austausch von kaputten Elementen, Stromkosten (welche sich in Zeiten von LED allerdings deutlich reduziert haben) und die Abhängung zu Jahresbeginn. Selbst an mittelgroßen Standorten kommt dafür nicht selten eine fünfstellige Summe pro Jahr zusammen. Viele Werbegemeinschaften, Citymanagement- und Stadtmarketingorganisationen schreiben die von einer funktionierenden Innenstadt profitierenden Standortakteure, wie insbesondere Einzelhändler und Immobilieneigentümer, aber auch Vertreter freier Berufe, also in der City praktizierende Ärzte, Anwälte usw., an, um für eine Beteiligung zu werben. Dafür werden dann Gegenleistungen in Aussicht gestellt, welche hauptsächlich darauf ausgerichtet sind, das finanzielle Engagement der Unterstützer öffentlich bekannt zu machen.1

5.4

Innenstadt-Kommunikation online

5.4.1 Webseite Eine Internetseite, welche schwerpunktmäßig auf die Innenstadt ausgerichtet ist und sich immer auf dem neuesten inhaltlichen Stand befindet, sollte Standard sein. Auf dieser kann über jegliches Geschehen am Standort informiert, die zuständigen Akteure vorgestellt, Hintergrundinformationen zum City-Entwicklungsprozess vermittelt, Impressionen ­gezeigt, Geschäfte präsentiert oder auf aktuell verfügbare Ladenlokale hingewiesen werden. Da ein Großteil aller Online-Nutzer Webinhalte mittlerweile auf dem Smartphone betrachtet, sind die Seiteninhalte dringend für die mobile Darstellung zu optimieren, um Nutzer nicht zu verärgern bzw. von der Seite zu vertreiben. Zu empfehlen ist die Arbeit mit einem einfach zu bedienenden sog. Content Management System (CMS) wie z. B. Wordpress, um Seiteninhalte in Form von Texten und Bildern schnell und kostengünstig selber einpflegen zu können. Allerdings empfiehlt es sich, die grundsätzliche Gestaltung der Seite unter Beachtung des City-Corporate Designs professionell erledigen zu lassen, da die Verwendung sog. Baukastensysteme, welche eine eigene Erstellung der Webseite ermöglichen, oft zu einem „handgestrickt“ wirkenden Online-Auftritt führt, was beim Betrachter vielfach keinen guten Eindruck hinterlässt.

5.4.2 Soziale Medien Die Nutzung sozialer Medien bietet die Möglichkeit, kostenlos (bzw. kostengünstig im  Falle von Facebook-Werbung) Inhalte und Botschaften zu veröffentlichen, den  Anmerkung: Im Kapitel zum Thema Aufenthaltsqualität gehe ich unter dem Punkt 9.6.5 auf dieses Beispiel, weil sehr bedeutsam im Zusammenhang mit Citymanagement, auch noch einmal ein. 1

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5  Werben, informieren, im Gespräch sein: Innenstadt-Belebung durch gezielte …

Innenstadt-­Bekanntheitsgrad zu steigern, das Standortimage zu verbessern, darüber hinaus mit den eigenen als auch mit neuen Zielgruppen in Kontakt zu treten und obendrein neue City-Interessenten anzulocken. Die Verbreitung der Inhalte erfolgt in Echtzeit und kann von unterwegs mit dem Smartphone vorgenommen werden. Größtmögliche Aktualität ist also denkbar. Vorteilhaft für das eigene Controlling sind die Möglichkeiten, nachvollziehen zu können, wie viele und welche Art von Nutzern die jeweiligen Inhalte gesehen haben und wie sie diese bewerten. Am wichtigsten erscheinen mir im Zusammenhang mit Citymanagement-Prozessen aktuell drei soziale Netzwerke, mit welchen wesentliche Kommunikationsziele auf der digitalen Ebene erreicht werden können. Das sind Facebook, Insta­ gram und WhatsApp. Letzteres ist zwar genau genommen kein soziales Netzwerk, sondern ein Nachrichtendienst. Jedoch wird WhatsApp mittlerweile z. T. wie ein soziales Medium genutzt. Die Möglichkeiten dieser drei genannten Netzwerke sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden. Die Beschränkung auf diese hat auch einen ganz pragmatischen Grund: ein Citymanager ist kein Online-Manager und muss sich daher auf die wichtigsten Netzwerke konzentrieren, um sich nicht zu verzetteln. Besteht bei einzelnen Citymanagern eine Affinität zu diesem Thema und wird zudem ein konkreter Nutzen für die Arbeit mit anderen bzw. weiteren Netzwerken gesehen, z. B. um dort besondere Zielgruppen zu erreichen, ist es natürlich absolut richtig, entsprechend aktiv zu werden.

5.4.2.1  Facebook Als weltweit größtes und auch in Deutschland am stärksten verbreitetes soziales Netzwerk kommt an Facebook nicht vorbei, wer Inhalte und Botschaften über die eigene Innenstadt verbreiten will. Dazu ist es zunächst nötig, eine eigene City-Facebook-Seite anzulegen, was mit Hilfe eines „Schritt für Schritt“-Systems relativ einfach ist. Ich persönlich nutze Facebook im Rahmen der Citymanagement-Arbeit vornehmlich, um in Form sog. ­„Beiträge“ eigene Informationen zu veröffentlichen, z.  B. den Text einer Pressemitteilung, oder um auf Termine und Veranstaltungen hinzuweisen. Diese Inhalte teile ich dann in Gruppen, in denen ich mich als Mitglied angemeldet habe. So werden die Inhalte, die ich eingestellt habe, nicht nur auf der citymanagementeigenen Facebook-Seite gesehen, sondern auch von vielen Mitgliedern verschiedener Gruppen. Im besten Falle teilen diese die Inhalte dann wiederum in deren jeweiligem eigenen Facebook-Netzwerk, so dass ein enormer Verbreitungseffekt entstehen kann. Bedient werden sollten in diesem Zusammenhang insbesondere sog. „Standortgruppen“, die oft Bezeichnungen wie z. B. „Du bist Erfurter, wenn Du …“ tragen. Spannend an Facebook ist die Möglichkeit, zielgruppengenau kostenpflichtige Werbemaßnahmen durchführen zu können. Facebook hilft dabei, den zu bewerbenden Inhalt, z. B. einen erstellten Beitrag auf der eigenen Facebook-Seite, zu der Art von Empfängern zu transportieren, die man damit erreichen möchte. Dafür bietet Facebook entsprechende Voreinstellungen an, anhand derer sich innerhalb weniger Minuten die gewünschte Zielgruppe definieren lässt. Wenn es beispielsweise darum geht, am kommenden Woche­ nende im Ortskern ein „OpenAir-Fest der regionalen Spitzenköche“ durchzuführen und als Hauptzielgruppe hierfür Besserverdienende ab 40 Jahren in einem Umkreis von

5.4  Innenstadt-Kommunikation online

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30 ­Kilometern vermutet werden, lässt sich Facebook-Werbung so einstellen, dass genau diejenigen Mitglieder des Netzwerkes die Werbeinhalte zu sehen bekommen, auf die die genannten Zielgruppenkriterien zutreffen. Umfangreiche Analysewerkzeuge helfen dabei, den Erfolg einer solchen Facebook-Werbemaßnahme auswerten zu können. Für alle Werbenden ist dieses im Grunde genommen ein Traum, weil es bis dato bei kaum einem Medium möglich war, Werbeerfolge halbwegs brauchbar messen bzw. nachvollziehen zu können. Vorsichtig bin ich bei der Nutzung der Kommentarfunktion von Facebook. Ich halte mich als Citymanager hier bewusst zurück, um nicht der Gefahr aufzusitzen, im Rahmen einer Gruppendiskussion Informationen preiszugeben, welche offiziell der Gesamtöffentlichkeit vorbehalten sind, und eben nicht einer relativ kleinen und exklusiven Runde in einem Facebook-Chat. Wenn ich dort einmal etwas hinterlasse, dann nur solches, was in diesem Umfeld problemlos gesagt bzw. geschrieben werden kann. Im Zweifelsfalle kann das natürlich auch mal eine kurze Richtigstellung sein. Grundsätzlich habe ich für mich aber die Entscheidung getroffen, mich zwar dahingehend auf dem Laufenden zu halten, was auf Facebook „so gesprochen wird“, mich aber nicht zu sehr und zu intensiv in solche Diskussionen einzumischen, außer es hat den Anschein, dass es wirklich etwas bringt. Tut es meistens aber nicht und meine wertvolle Arbeitszeit ist an anderer Stelle in der Regel besser aufgehoben.

5.4.2.2  Instagram Instagram ist ein weltweit erfolgreiches soziales Netzwerk mit einer Milliarde aktiven Nutzern pro Monat (Statista o.J.). Zweck ist das Teilen von Bild- und Videomaterial. Instagram bietet sich für Citymanager somit insbesondere im Bereich der visuellen Standortvermarktung an. So ist es z.  B. denkbar, Innenstadt-Impressionen zu verbreiten, Standort-­ Bildergeschichten über einen längeren Zeitraum hinweg zu erzählen oder kleine Videos zu zeigen, in welchem der Citymanager persönlich zum Besuch des Stadtfestes am kommenden Wochenende einlädt. Instagram-Nutzer, denen dieses gefällt, werden zu Abonnenten dieses Profils und erhalten somit jeweils automatisch einen Hinweis, wenn ein neuer Innenstadtbeitrag eingestellt wurde. Ein solcher besteht für gewöhnlich aus einem Bild sowie optional aus einem kurzen Text hierzu. Eine Verbreitung der eigenen Veröffentlichung erfolgt vornehmlich durch eine Hinzufügung passender Schlagworte, also von Begriffen, die mit dem Bild etwas zu tun haben. Dieses geschieht durch die Verwendung sog. Hashtags. Dabei wird vor dem gewählten Schlagwortbegriff das Rautezeichen gesetzt. Wer möchte, dass der eigene Eintrag zum Thema Innenstadt möglichst häufig gesehen wird, sollte diesem somit insbesondere folgende Hashtags anfügen: #Innenstadt #City #Zentrum #Ortsmitte u.  ä. Es können mehrere Hashtags pro Eintrag aufgeführt werden. Diese werden voneinander nicht durch Satzzeichen getrennt, sondern durch ein Leerzeichen. Auch nach dem letzten aufgeführten Hashtag wird kein Satzzeichen gesetzt. Wer noch keine Erfahrung mit Instagram hat, sollte sich nach dem Herunterladen der Instagram-­App und anschließender Registrierung und Einrichtung eines eigenen Accounts einfach einmal die Auftritte und Einträge anderer Instagram-Nutzer ansehen, um ein Gefühl für den Umgang mit diesem Medium zu entwickeln. Ich selbst nutze Instagram, um schwerpunktmäßig

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5  Werben, informieren, im Gespräch sein: Innenstadt-Belebung durch gezielte …

„Unterwegs-Fundstücke“ zu veröffentlichen, meist im Zusammenhang mit einem nicht ganz ernst gemeinten Kommentar. In meinem Fall handelt es sich also um einen „halb-beruflichen“ Spaß. Viele Instagram-Profile sind komplett privat, genauso gibt es aber auch solche von Firmen, Institutionen etc. Aus meiner Sicht eignet sich Instagram sehr gut dafür, kurze, zielgenaue Botschaften zu versenden, die sich insbesondere für Emotionalisierungsstrategien eignen. Im Rahmen von Citymanagement kann das z. B. sein, mit Hilfe schöner Bilder eine Anziehungskraft bzgl. der eigenen Innenstadt zu erzeugen.

5.4.2.3  WhatsApp Eine relativ einfache Methode, in Echtzeit aktuelle Standortinformationen zu verbreiten, welche zudem mit hoher Wahrscheinlichkeit wahrgenommen werden, lässt sich mithilfe des mit Abstand am häufigsten genutzten Messengerdienstes WhatsApp einrichten. Alle an solchen Infos interessierten Bürger können sich mit ihrer Mobilnummer beim Absender der Nachrichten, also z. B. dem Citymanagement, zu einem City-Push-Nachrichtendienst anmelden. Dort werden die Nummern in einer sog. Broadcast-Liste gesammelt. Bei entsprechenden Anlässen wird dieser Verteiler in Form der Versendung von Kurznachrichten bedient. Die Empfänger bekommen die entsprechende Info als Textnachricht, evtl. ergänzt um Bild- oder Videomaterial, umgehend auf ihrem Smartphone angezeigt. Beispiel: „Nicht vergessen: morgen von 13–18  Uhr verkaufsoffener Sonntag in der Märzingdorfer Innenstadt mit großem Frühlingsprogramm für die ganze Familie. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!“ Ich selber nutze als interessierter Bürger so einen Service für die Gelsenkirchener Innenstadt, dessen Bezeichnung bei WhatsApp „City-NewsGE“ lautet. WhatsApp verwende ich im Rahmen meiner Arbeit zudem auch für die interne Kommunikation, vornehmlich für Arbeitsgruppenprozesse mit angehängter Projektarbeit, bei der sich die Gruppenmitglieder gegenseitig auf dem aktuellen Stand halten. Außerdem nehmen sie über dieses Medium Abstimmungen vor und treffen Entscheidungen, wenn Fragen auftreten, bei denen die Meinung und/oder das Votum der Gruppe von Belang sind und ein Warten bis zum nächsten „physischen“ Arbeitsgruppentermin als zu lang erscheint. Obendrein chatte ich hier und da auch mit anderen Akteuren wie Immobilieneigentümern, Mietinteressenten, Geschäftsleuten, Pressevertretern etc. per WhatsApp zwecks eines schnellen „Zwischendurch-Infoaustauschs“ (bei einigen alternativ per SMS), wenn ich davon ausgehen kann, dass im jeweiligen Fall diese Form der Kommunikation akzeptiert oder sogar gewünscht ist. Im Grunde genommen geht es mir hierbei um eine Verdichtung des Informationsflusses im Zeitraum zwischen persönlichen Gesprächen und Telefonaten, welche mir weiterhin ebenfalls sehr wichtig sind.

5.4.3 Standort-Apps Immer wieder kommt an vielen Standorten die Frage auf, ob es nicht sinnvoll wäre, eine eigene City-App zu entwickeln, über welche deren Nutzer Neuigkeiten und allgemeine Innenstadt-Infos abrufen könnten. Ich meine, dass Standort-Apps nur nutzerrelevant sind,

5.5  Immer für ’ne Schlagzeile gut: Gezielte Pressearbeit als Fundament einer …

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wenn sie permanent neuen, „spannenden“ Input bieten. Dieses fällt teilweise jedoch selbst Managementorganisationen größerer Innenstädte schwer. Es bietet es sich daher eher an, die City-Inhalte in eine „Gesamtstadt-App“ einzupflegen, welche alle möglichen lokalen Inhalte „aus einer Hand“ bietet. Zudem ist zu beachten, dass viele Nutzer nach dem mittlerweile wieder abgeebbten „Start-Hype“ rund um Apps sehr bewusst selektieren, welche Apps ihnen etwas bringen. Nichtgenutzte Apps werden ziemlich schnell und „gnadenlos“ wieder vom eigenen Smartphone verbannt.

5.5

I mmer für ’ne Schlagzeile gut: Gezielte Pressearbeit als Fundament einer regelmäßigen und glaubwürdigen öffentlichen Berichterstattung

5.5.1 Einleitung Eine immens wichtige Rolle für die positive Wahrnehmung der Arbeit eines Citymanagers spielt eine regelmäßige öffentliche Berichterstattung. In diesem Zusammenhang gilt es, Themen zu definieren, welche für die lokale bzw. regionale Presse interessant sein könnten und die damit zusammenhängenden Inhalte im Anschluss  zu den Medien zu transportieren. Dieses ist meistens nicht schwierig, da Citymanagement-Projekte häufig von öffentlichem Interesse sind. Bürger, Geschäftsleute, Immobilieneigentümer und viele weitere Akteursgruppen möchten wissen, was in ihrer Stadt passiert und wie sich die Innenstadt bzw. die Ortsmitte entwickelt. In der Regel melden sich lokale Presseredakteure immer mal wieder von alleine beim Citymanager, um wichtige Neuigkeiten zu erfahren. Zuweilen erfolgt sogar das Angebot, gemeinsam darüber nachzudenken, wie das Thema Innenstadt regelmäßig redaktionell platziert bzw. begleitet werden kann. Aus diesem Grunde lohnt es sich, mit Pressevertretern in Kontakt zu bleiben. Diese entscheiden mit ihrer Art der Berichterstattung nicht unwesentlich darüber, wie die Zentrumsaktivitäten vor Ort wahrgenommen werden, und tragen damit zur Imagebildung sowohl für das Citymanagement und den Citymanager als auch den gesamten Standort Innenstadt bei. Der Austausch mit den einzelnen Medien kann auf verschiedene Weise erfolgen. Bei konkret anstehenden Projekten werden je nach deren Bedeutung Medieninfos verschickt oder Pressegespräche angesetzt, deren jeweilige Adressaten in der Regel alle Redaktionen am Standort sind. Daneben gibt es Formen der exklusiven Zusammenarbeit mit einzelnen Medien. Hier spielen insbesondere Interviews eine Rolle, zum Beispiel zum aktuellen Stand der Bemühungen rund um die Innenstadt-Entwicklung, zum Sachstand bei einzelnen größeren Projektvorhaben oder anderes. Solche Interviews erfolgen entweder telefonisch oder im Rahmen eines persönlichen Treffens, manchmal als sog. Redaktionsbesuch in den presseeigenen Räumlichkeiten. Wichtig: Über „allgemeine Dauerthemen“ wie die aktuelle Leerstandssituation und andere grundsätzliche Standortaussagen kann in solch einem Rahmen problemlos gesprochen werden. Jedoch sollten in solchen exklusiven Unterredungen keine Inhalte vermittelt werden, welche für die gesamte Presse am

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5  Werben, informieren, im Gespräch sein: Innenstadt-Belebung durch gezielte …

Standort von Interesse sind, wie z. B. die Verkündung einer anstehenden bedeutsamen Neueröffnung. Ohnehin möchte vielleicht der Bürgermeister persönlich entsprechende Erfolgsmeldungen öffentlich verkünden. Diese Dinge sind im Vorhinein abzuklären, in diesem Fall entweder mit ihm selber oder mit seiner Pressestelle. Mit dieser sollte ohnehin ein aktives und positives Miteinander angestrebt werden, um im Bedarfsfall gemeinsam Absprachen zu treffen, wie bei manchen, insbesondere aus städtischer Sicht sehr bedeutsamen Innenstadt- bzw. Citymanagement-Projekten, bzgl. der Pressearbeit vorgegangen werden sollte. Wichtig im Zusammenspiel zwischen Citymanager und der Presse ist die „goldene Regel“, niemals zu jammern und stattdessen immer die positiven Entwicklungen und die eigene hohe Motivation zu betonen, gemeinsam mit den Innenstadtakteuren etwas erreichen zu wollen, also erfolgreich zu sein. Ein Pressevertreter rief mich einmal an und begrüßte mich am Telefon direkt mit den Worten, „Ach, Herr Manfrahs, seien Sie mal ehrlich. Ist das nicht alles ziemlich trist und aussichtslos hier in der Stadt? Verliert man dabei nicht die Lust an den, sicherlich sehr ehrenwerten, eigenen Bemühungen?“ Dabei verlieh er seiner Stimme einen extrem niedergeschlagen wirkenden Tonfall. Dass ich auf diese Art der Ansprache nicht angesprungen bin und stattdessen deutlich mit meinem unbeirrbaren Glauben an die Wende zum Guten geantwortet habe, dürfte selbstverständlich sein. Was im Umkehrschluss natürlich nicht heißt, dass sich eine positive Berichterstattung erzwingen lässt. Selbstredend herrscht in Deutschland Pressefreiheit und die Akteure vor Ort müssen es aushalten, wenn trotz aller lobenswerten Bemühungen auch einmal in kritischer Weise berichtet oder etwas in der Presse negativ kommentiert wird. Im besten Falle ist das dann „nur“ eine Ausnahme und wird als Ansporn zur weiteren Verbesserung der eigenen Arbeit verstanden. Sollte jedoch dauerhaft eine auffallend einseitig-negative Berichterstattung an der Tagesordnung sein, empfiehlt sich ein konstruktives Gespräch mit der b­ etreffenden Redaktionsleitung bzw. mit dem verantwortlichen einzelnen Redakteur, um die Gründe für das entsprechende Vorgehen zu erfragen und zu besprechen, wie zukünftig eine ausgewogenere Berichterstattung über die eigene Citymanagement-Arbeit erreicht werden kann.

5.5.2 Pressetermine vorbereiten und durchführen 5.5.2.1  Einladungen verfassen Für die regelmäßige Pressearbeit empfiehlt sich das Anlegen eines E-Mail-Verteilers, welcher die Adressen aller lokalen Redaktionen und dortigen persönlichen Ansprechpartner enthält. Darüber hinaus sollte zusätzlich ein weiterer regional ausgerichteter Verteiler erstellt werden für den Fall, dass ein Projekt über die Stadtgrenzen hinaus von Bedeutung ist. Diese Verteiler werden für den Versand von Presseinformationen oder für Einladungen zu einem Pressegespräch verwendet. Neben den klassischen Printmedien sind auch Online-­ Portale sowie Radio- und Fernsehsender mit lokalem oder regionalem Bezug typische Adressaten. Einladungen zu einem Pressetermin sollten mit einem ausreichenden Zeitvorlauf erfolgen. Sieben bis zehn Tage sind hierfür aus meiner Erfahrung heraus angemessen.

5.5  Immer für ’ne Schlagzeile gut: Gezielte Pressearbeit als Fundament einer …

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Aus inhaltlicher Sicht sollte die Einladungsmail auf keinen Fall ausufern. Lange Einleitungen oder allzu tiefe Erläuterungen zum Anlass der Einladung halte ich persönlich nicht für angebracht. Schließlich soll es im Rahmen des Pressetermins noch etwas zu berichten geben und nicht das Meiste schon in der Einladungsmail erzählt werden. Etwas „Appetit anregen“ in Bezug auf das Thema und ein kurzer Hinweis darauf, warum es sich bei dem Einladungszweck um etwas Besonderes handelt, ist sinnvoll, viel mehr an „Schwärmereien“ aus meiner Sicht aber nicht. Wichtig sind kurze, klare Informationen, wann und wo der Termin stattfindet und wie lange er ungefähr dauert. Letzteres ist aufgrund des engen Terminkalenders, den viele Pressemenschen heutzutage haben, nicht unwichtig. Ich habe es selbst schon erlebt, dass Redakteure nach relativ kurzer Dauer eines Pressegespräches dazwischenplatzten und fragten, welches Zeitfenster denn für dieses angesetzt sei; sie hätten ca. 30 Minuten eingeplant und müssten dann weiter zum nächsten Termin. Das ist natürlich unschön, wenn man selber mit einer Veranstaltungsdauer von ca. 60 Minuten kalkuliert hat. Ohnehin sollten Citymanagement-Pressetermine nicht länger als eine Stunde dauern, und dass auch nur bei wirklich großen Projektvorstellungen bzw. überaus wichtigen Anlässen. Ansonsten ist eine geringere Dauer anzustreben, um weder Zeit noch Geduld noch Interesse aller Anwesenden überzustrapazieren. Bestandteil des Einladungstextes sollte ebenfalls eine kleine Übersicht sein, welche Teilnehmer außer den Medienvertretern anwesend sein werden. Schließlich handelt es sich bei diesen oftmals um interessante Ansprechpartner für die Einholung von deren Meinungen und „O-Tönen“ zum Inhalt des Pressegesprächs.  Empfehlenswert ist es, in der Einladungsmail freundlich um Rückantwort hinsichtlich der Teilnahme zu bitten, am besten mit konkreter Terminvorgabe, z. B. zwei Tage vor dem Pressegespräch. Da in der Regel trotz dieser Bitte nicht immer alle Redaktionen antworten, besteht so noch ausreichend Zeit, diese anzurufen und die Teilnahme mündlich abzufragen, damit klar ist, ob überhaupt Pressevertreter kommen und wenn ja, welche.

5.5.2.2  Teilnehmerplanung Nehmen der Bürgermeister und/oder andere bedeutende Personen teil, die sich in der Rolle befinden, zu Beginn des Pressetermins einleitende Begrüßungsworte zu sprechen, sollten diese ca. einen Tag vor dem Termin eine Liste mit den angemeldeten Teilnehmern erhalten, da sie diese in ihrer Begrüßung evtl. namentlich nennen möchten. Zusätzlich zur Teilnehmerliste sollten die Begrüßenden die für den Termin erstellte Medieninfo erhalten, damit sie sich inhaltlich vorbereiten können. Dieses kann auch eine als solche gekennzeichnete tagesaktuelle Entwurfsfassung sein, wenn bis kurz vor dem Pressetermin noch Änderungen möglich sind. Wichtig ist, dass die grundsätzlichen Inhalte den Begrüßenden sowie den den gesamten Termin moderierenden Personen bekannt sind. Bei besonderen Projekten bietet es sich an, deren Teilnehmer und Unterstützer mit einzuladen und sie im Anschluss an die grundsätzliche Vorstellung des Vorhabens in Hinsicht auf ihren Part kurz zu Wort kommen zu lassen. Dieses wirkt authentisch und signalisiert eine funktionierende Zusammenarbeit am Standort. Darüber hinaus kann eine Einladung zum Pressetermin hier und da einmal als kleines Dankeschön für das besondere Engagement von Standortakteuren eingesetzt werden.

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5  Werben, informieren, im Gespräch sein: Innenstadt-Belebung durch gezielte …

5.5.2.3  Verteilung von Medieninfo und Pressematerial Im Rahmen des Pressegesprächs sollten alle Teilnehmer, also auch diejenigen, die keine Medienvertreter sind, als Service eine ausgedruckte Medieninfo sowie, falls vorhanden, dazugehörige Anhänge überreicht bekommen. Wenn es zum Beispiel um die Bekanntmachung des Programmes für das nächste Stadtfest geht, bietet es sich an, zusätzlich zu dem Pressetext, welcher grundsätzliche Aussagen zu der Veranstaltung enthält, den Programmflyer bzw. dessen Entwurf mit zu verteilen, falls sich das Programmheft noch im Druck befinden sollte. Den Pressevertretern biete ich zu deren Arbeitserleichterung obendrein eine anschließende Zusendung aller Pressematerialien an. Im Falle eines Stadtfestes gehören dazu neben dem Veranstaltungsplakat z. B. Fotos und eigene Pressetexte der auftretenden Künstler. Diese Inhalte werden selbstverständlich auch denjenigen Redaktionen zugemailt, die nicht an dem Pressegespräch teilnehmen können. Aber: bleiben immer wieder bestimmte Redaktionen den Presseterminen fern, sollte dort einmal freundlich nach dem Grund dafür gefragt werden, verbunden mit dem Hinweis, dass der persönliche Kontakt, zumindest „dann und wann“, schön wäre. Ein solches „freundliches Nachfassen“ beugt im besten Fall auch einer Art „redaktioneller Gemütlichkeit“ vor nach dem Motto „Der Citymanager versorgt uns ja auch ohne Teilnahme am Pressetermin in ausreichender Weise mit Material.“ Übrigens habe ich mir angewöhnt, Medieninfos meist schon einige Minuten vor Beginn eines Pressetermins auf alle Plätze zu legen. Ich habe die Feststellung gemacht, dass es für alle Seiten von Vorteil ist, wenn die anwesenden Medienvertreter nicht komplett alles mitschreiben müssen, sondern sich auf zusätzliche Details konzentrieren können. Auf diese Weise ist zudem oftmals gewährleistet, dass dann eher die Kernaussagen eines Themas übernommen werden, weil die Fakten vorliegen und so eventuelle Missverständnisse aufgrund „unglücklicher“ Ausdrucksweise der Redenden oder akustischer Mängel im Presseraum weitestgehend ausgeschlossen werden. Ein Pressevertreter hat mir sogar einmal gesagt, dass er bewusst schon immer ein paar Minuten eher zu meinen Presseterminen kommt, weil ich ihm durch die Vorabverteilung der Medieninfo die Möglichkeit gebe, sich ins Thema einzulesen und er das Pressegespräch daraufhin wesentlich konzentrierter und intensiver wahrnimmt und je nachdem deutlich gezieltere Rückfragen stellen kann als ohne diese kleine Vorbereitung. Außerdem lassen sich bei dieser Vorgehensweise Störungen à la „Sorry, wie war das jetzt noch mal genau mit der besonderen Sängerin bei dieser Rockband, die da abends auf der Hauptbühne spielt? Ich bin jetzt nicht ganz mitgekommen.“ weitestgehend vermeiden. Die Vorbereitung und Verteilung einer Medieninfo und weiteren relevanten Pressematerials zeigt darüber hinaus allen Teilnehmern an, dass der Citymanager die Medienarbeit akribisch und professionell erledigt und dass er diese als Möglichkeit versteht, den zuständigen Redakteuren ein Stück weit Servicedenken und Wertschätzung entgegenzubringen. 5.5.2.4  Herrichtung des Presseraumes Für das Pressegespräch sollte eine kommunikative Sitzanordnung gewählt werden. Bei ganz wenigen Teilnehmern reicht es aus, gemeinsam an einem Tisch zu sitzen, bei mehreren Anwesenden bietet sich eine U- bzw. Hufeisenform an. Findet der Pressetermin im

5.5  Immer für ’ne Schlagzeile gut: Gezielte Pressearbeit als Fundament einer …

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Stehen statt, sollten alle Teilnehmer einen Platz an einem Stehtisch finden können. Je nach Tageszeit ist eine Bewirtung zumindest mit Kalt- und/oder Heißgetränken als obligatorisch anzusehen. Pressetermine können auch bei Mitgliedsbetrieben oder bei Unterstützern und Sponsoren der Citymanagement-Initiative stattfinden, um sowohl die Zusammenarbeit vor Ort nachdrücklich zu betonen als auch auf diesem Wege einmal ein kleines Dankeschön in Richtung der Unterstützer auszusenden. Für den Fall, dass Veranstaltungstechnik für eine Beamerpräsentation oder ein Mikrofon benötigt wird, sind diese möglichst vor dem Eintreffen des ersten Teilnehmer einzurichten und auf ihre Funktionsfähigkeit hin zu prüfen.

5.5.2.5  Rollenverteilung Rechtzeitig vor der Durchführung eines Pressetermins sollte eine inhaltliche Abstimmung darüber erfolgen, wer welchen Part in diesem übernimmt, wer also begrüßt und verabschiedet, wer die Hauptmoderation innehat, wer das Anlassthema inhaltlich vorstellt (bei Citymanagement-Projekten in der Regel der Citymanager) und wer mit kleineren Redebeiträgen eingebunden wird. Nach Vorstellung von wesentlichen Botschaften und Inhalten zum Anlass des Pressetermins sollte den anwesenden Pressevertretern die Möglichkeit gegeben werden, Fragen zu stellen. Evtl. bietet es sich an, vor dem offiziellen Schlusswort noch weitere positive Innenstadt-Nachrichten von öffentlichem Interesse durch den Citymanager zu verlesen bzw. zu verkünden. 5.5.2.6  Gemeinsames Pressefoto In der Regel wird als letzte Aktion bei Presseterminen ein gemeinsames Foto aller Teilnehmer (außer den Pressevertretern) „geschossen“. Manchmal bringen Redakteure Pressefotografen mit, welche dann nicht immer bis zum Ende des Pressetermins warten können oder wollen. In diesen Fällen empfiehlt sich die spontane Frage an die Runde, ob es für alle Teilnehmer in Ordnung wäre, die Fotoaktion vorzuziehen. Wenn möglich, sollten zum Thema passende Objekte als Hingucker mit auf das Foto genommen werden, um dieses spannender und im besten Falle ein wenig emotionaler zu gestalten. Nichts wirkt langweiliger und einfallsloser als der lediglich einige Personen und sonst nichts abbildende Pressefoto-Klassiker mit dem Untertitel „Die Organisatoren freuen sich gemeinsam auf das Projekt xy am nächsten Donnerstag.“

5.5.3 Hinweise zur Herausgabe und Erstellung von Medieninfos Sollen bestimmte Citymanagement-Nachrichten öffentlich bekanntgemacht werden, geschieht dies in aller Regel über die Herausgabe eines entsprechenden  Pressetextes bzw. einer Medieninformation, welche alle wichtigen Hinweise zu dem Anlass, aus welchem die Bekanntmachung erfolgt, enthält. Die Medieninfo sollte auf dem Briefpapier der Citymanagement-­Initiative ausgedruckt  werden, ausdrücklich als Medieninfo gekennzeichnet sein und das Erstellungsdatum und den Namen des Verfassers ent-

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5  Werben, informieren, im Gespräch sein: Innenstadt-Belebung durch gezielte …

halten. Dann geht es an den Inhalt, der mit einer sachlich-prägnanten Überschrift eingeleitet wird. Auch, wenn es verlockend erscheint: Medieninfos sind keine Werbetexte. Sie sollen vielmehr klare und verständliche Informationen in Bezug auf den bekanntzumachenden Sachverhalt liefern. Formulierungen à la „An diesem Wochenende findet wieder unser unglaublich fantastisches Stadtfest statt. Wow, das muss man gesehen haben, da muss man unbedingt dabei sein!“ sind hier also fehl am Platze. Vielmehr gilt es, das, worüber eine redaktionelle Berichterstattung angestrebt wird, in sachlicher Weise auszudrücken. Das obige übertriebene Beispiel würde sich dann vielleicht eher so anhören: „An diesem Wochenende findet das alljährliche, beliebte Stadtfest statt. Der Citymanagement Heimathausen e.V. als Veranstalter rechnet wie immer mit einem großen Besucherandrang. Neben etlichen bewährten Angeboten sind auch viele neue Programmpunkte geplant.“ In der Regel werden Pressetexte nach deren Herausgabe redaktionell überarbeitet. Es ist also davon auszugehen, dass die niedergeschriebenen Inhalte von „professioneller Seite“ im Bedarfsfall ohnehin noch in eine Form gebracht werden, die beim Leser Interesse am Thema weckt. Wie bereits im Zusammenhang mit der Durchführung von Presseterminen erwähnt, sollte einer Medieninfo brauchbares Fotomaterial hinzugefügt werden, falls vorhanden. Interessante Bilder fungieren als Hingucker und lenken den Blick des Lesers bevorzugt auf bestimmte Artikel. Zu beachten ist dabei, dass die Bilddateien eine ausreichende, druckbare Größe aufweisen. Sofern diesbzgl. Unklarheit herrscht, hilft eine kurze Anfrage an die Redaktionen, welche Anforderungen an Bilddateien und -formate dort jeweils bestehen. Weiterhin zu beachten sind bei der Herausgabe von Fotos an die Presse evtl. zu berücksichtigende Urheberrechte. So müssen z.  B.  Abdruckgenehmigungen des Fotografen, von auf dem Bild deutlich erkennbaren Personen oder manchmal auch von Eigentümern von für Pressezwecke abgelichteten Gebäuden, eingeholt werden. Bei Veröffentlichung anzubringen ist standardmäßig der Hinweis auf den Fotografen am Ende einer Bildunterzeile. Beispiel: „Die Band Lauthals eröffnete in stimmgewaltiger Weise das diesjährige Kreischberger City-­Musikfestival (Foto: Larissa Löwenstein)“

5.6

Fazit

Die Kommunikationswege zu den verschiedensten Empfängern bzw. Empfängergruppen von innenstadtbezogenen Botschaften sind vielfältig. Noch immer funktionieren viele klassische Werbemaßnahmen, hinzugekommen sind in den letzten Jahren ergänzend (oder manchmal auch ersetzend) umfangreiche Möglichkeiten der digitalen Kommunikation. Pressearbeit bleibt weiter wichtig, weil die damit zusammenhängende Berichterstattung sowohl off- als auch online erfolgt. Je nach Branche, Zielgruppe und Anlass  sind auch Mailings weiter „im Rennen“. Newsletter werden mittlerweile fast ausschließlich per E-Mail versendet.

5.7  Arbeitshilfe: Checkliste Standortkommunikation

5.7

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Arbeitshilfe: Checkliste Standortkommunikation

Checkliste Standortkommunikation

Maßnahme Klassische Kommunikation/Werbung Plakatwerbung Flyerwerbung Sonderseiten Print (und evtl. sonstige Inseratformate) Radiowerbung Bannerwerbung City-Magazin Einkaufsführer (gem. Kap. 9 zum Thema „Maßnahmen Einzelhandelsförderung“) Sonstiges, z. B.: Direktmarketing E-Mail-Newsletter E-Mail-Newsticker Mailings Sonstiges, z. B.: Digitale Kommunikationswege Standort-Internetseite Facebook-Marketing Instagram-Marketing Nutzung weiterer soziale Netzwerke, z. B.: Kommunikation per SMS Nutzung WhatsApp o. ä. Einrichtung einer Stadt- bzw. City-App Sonstiges, z. B.: PR Durchführung von Presseterminen Herausgabe von Medieninfos Sonstiges, z. B.:

Geeignet für welchen Zwecks bzw. welches Projekt?

Realisierung ja/nein

Literatur Internet Statista. (o.J.). Statistiken zu Instagram. https://de.statista.com/themen/2506/instagram. Zugegriffen am 07.05.2019.

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Shoppen zum Erlebnis machen: Innenstadt-­ Belebung durch Förderung von Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie

Zusammenfassung

Den Kern des Geschehens bildet in den meisten Innenstädten und Ortszentren nach wie vor das Thema Einkaufen bzw. Shoppen, wozu als wichtige Ergänzungen  bestimmte Dienstleistungen und  abwechslungsreiche Gastronomieangebote gehören. Der Trend geht vom Erledigungskauf zum Erlebnisshopping. Die betroffenen Betriebe müssen sich daher zunehmend mit Erlebniskomponenten rund um Service, Beratung und die Inszenierung des eigenen Angebotes z. B. in Form von Warenpräsentation und Ladengestaltung befassen. Das Citymanagement leistet dem lokalen Handel, den vorhandenen Dienstleistungsbetrieben und der Gastronomie wertvolle Unterstützung durch die Organisation von Maßnahmen, welche insbesondere auf das Gesamteinkaufserlebnis am Standort ausgerichtet sind. Es ist darüber hinaus aber auch in der Lage, Verbesserungspotenziale bei einzelnen Geschäften zu erkennen. Dieses Kapitel beschäftigt sich aufgrund der immensen Bedeutung von Shopping für zentrale Standorte ausführlich mit diesem Thema. Es werden die Geschichte des Einkaufens erzählt, die lokal-­gesellschaftliche Bedeutung des örtlichen Einzelhandels aufgezeigt, ein Gefühl für Einkaufen als Erlebnis vermittelt, das Wesen „Kunde“ etwas genauer betrachtet und aufgezeigt, wie Einzelhandelsförderung im Rahmen von Citymanagement erfolgen kann, wo aber auch dessen Grenzen sind, weil Citymanagement nicht die unternehmerische Eigenverantwortung für einzelne Geschäfte ersetzen kann. Ergänzend werden ein Bad Practice- sowie drei Best Practice-Beispiele aus der Welt des inhabergeführten Einzelhandels vorgestellt und einige Initiativen und Projekte präsentiert, welche die Zukunft des Shoppens fest im Blick haben. Somit wird das Themenfeld „Einkaufen und Innenstadt“ in sehr praxisorientierter Weise umfangreich ausgeleuchtet, angereichert durch Checklisten zur Unterstützung der täglichen Citymanagement-Arbeit vor Ort.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 F. Manfrahs, Citymanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_6

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6.1

6  Shoppen zum Erlebnis machen: Innenstadt-­Belebung durch Förderung von …

Blick in den Rückspiegel: Einzelhandel von gestern bis heute

Einkaufen ist sowohl in gesellschaftlicher als auch in individueller Hinsicht ein Thema von zentralster Bedeutung. Es ist als elementar sowohl für die Gestaltung von Stadtzentren als insbesondere auch für das grundsätzliche Leben an sich einzustufen. Der erste Abschnitt dieses Kapitels greift diesen Sachverhalt auf und führt deswegen mehr oder weniger intensiv in die Materie ein. Dieses geschieht anhand eines Blicks in die jahrhundertealte Historie des Einkaufens, ergänzt durch zwei persönliche Erlebnisberichte von mir als Autor, welche vermutlich einige Leser nachvollziehen und teilen können. Im Anschluss daran wird die wichtige Bedeutung des örtlichen Einzelhandels erläutert und gezeigt, dass diese weit über die Versorgung der lokalen Bevölkerung mit Waren hinausgeht.

6.1.1  Eine kleine Geschichte des Einkaufens Die Versorgung mit Gütern, die der Mensch zum einen zum (Über-)Leben benötigt und zum anderen solcher, welche er nicht unbedingt braucht, aber trotzdem gerne haben möchte, ist seit jeher von besonderer Bedeutung. Dieses geschah ursprünglich im Tausch von Naturalien, nach Erfindung des Geldes wurde dieses verwendet, um erworbene Waren zu bezahlen. Nach und nach entstanden Stätten, an denen in mehr oder weniger geballter Form Handel betrieben wurde. Dieses geschah zunächst auf Märkten und Basaren. Im Zuge der seit dem Mittelalter einsetzenden Entwicklung der „Europäischen Stadt“ bildeten sich die bis heute vielfach erhaltenen und oft noch gut erkennbaren Stadtkerne heraus; die Anordnung in Form eines Kirchgebäudes mit einem davor gelegenen Marktplatz als zentralste Stelle sind typisch dafür. Hierum entwickelte sich weiteres Leben, insbesondere mit Gastronomie, Handwerk und Wohnbebauung. Diese städtebaulichen  Grundstrukturen haben sich bis heute durchgesetzt und sind über unseren Kontinent hinaus beispielgebend. So weisen weltweit viele Städte nicht annähernd dermaßen klare Zentrenstrukturen wie die o.g. „Europäische Stadt“ auf. Es gibt dann dort nicht den einen bedeutsamen Ort in einer Kommune, welcher gemeinsamer Treffpunkt und Identifikationsmerkmal für möglichst alle Bürger ist. Neben dem Verkauf von Waren vornehmlich auf Märkten wurden Händler im Laufe der Zeit mit ihrem Angebot zunehmend sesshaft. Es entstanden kleine Einzelhandelsgeschäfte, die sich auf ein bestimmtes Thema spezialisierten (z. B. Hutgeschäfte) oder aber als kleines Abbild von Märkten einen aufeinander abgestimmten Mix verschiedener Produkte führten. Krämer-, Kolonialwaren- oder Gemischtwarenläden sind Begriffe, welche heute noch vielfach bekannt sind. Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten sich – analog zu anderen Wirtschaftszweigen, insbesondere der Industrie – erste Großformen des stationären Einzelhandels in Form von Kaufhäusern, welche viele der bis dato auf etliche  kleine Geschäfte verteilten Sortimente unter einem Dach anboten. Die logische Folge war Verdrängung und somit ein Ladensterben aufgrund des Auftretens neuer Einzelhandelsformen. Auch begannen erste Unternehmer, ihr Geschäft durch die Gründung von Filialen zu stärken und sich

6.1 Blick in den Rückspiegel: Einzelhandel von gestern bis heute

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aufgrund der für alle Geschäftsstellen gemeinsam möglichen zentralen Abwicklung einzelner Unternehmensaufgaben Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, ebenso natürlich durch die damit verbundene Erhöhung des Bekanntheitsgrades in einer bestimmten Region. Ein weiterer markanter Punkt in der Geschichte des deutschen Einzelhandels war die nach dem zweiten Weltkrieg einsetzende sog. „Wirtschaftswunderzeit“. Im Zuge des Wiederaufbaus und aufgrund des durch den Krieg entstandenen Mangels an Waren, auch über die des täglichen Bedarfs hinaus, ließ sich nahezu alles, was produziert wurde, mühelos an die Frau und an den Mann bringen. Dazu kam das Bedürfnis, sich nach einer Zeit umfangreicher Entbehrungen hier und da mal etwas zu gönnen. Praktischerweise kamen neue Produkte auf den Markt, welche genau diese Bedürfnisse ansprachen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die berühmte „Musiktruhe“, also den Vorläufer der Stereoanlage in Form eines kleinen Schrankes, ausgestattet mit Radio und Plattenspieler. Musik als Möbelstück sozusagen, in der heimischen „guten Stube“ als permanenter Nachweis eines „wir können uns das leisten“ jederzeit nett anzuschauen. Kurzum: Es herrschte ein sog. Verkäufermarkt, d. h., was angeboten wurde, wurde auch nachgefragt. In den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts machten sich in vielen Bereichen erste Sättigungstendenzen breit, die Menschen samt ihrer Haushalte waren zunehmend mit dem Wichtigsten plus „ein bisschen mehr“ ausgestattet, die allgemeine Konsumlust ließ nach. Der Verkäufer- wandelte sich nach und nach in einen sog. Käufermarkt, Händler mussten sich nach den „goldenen Jahren“ zuvor wieder mehr anstrengen, um ihre Waren zu verkaufen und sich gegen Wettbewerb zu behaupten. In der Folge entstanden besondere Bemühungen um die Gunst des Kunden; Begriffe wie Kundenorientierung, Kundenfreundlichkeit, Beratung, Service etc. wurden nicht nur wichtig, sondern es galt, diese aktiv mit Leben zu füllen. Auch, weil weiterer Wettbewerb durch Flächenwachstum außerhalb der Innenstädte entstand, insbesondere im Zusammenhang mit einer zunehmenden Autokundenorientierung. Sowohl Lebensmittler als auch Mode-, Sport-, Möbel- und andere Händler begannen, große Fachmärkte mit einem umfangreichen Parkplatzangebot zu errichten. Markantester Punkt in der jüngeren Historie des Einzelhandels (1990er- und 2000er-Jahre) ist sicherlich das Phänomen der Einkaufszentren bzw. Shopping Center. Deren umfangreiche Expansion, welche für eine weitere enorme Ausweitung der Gesamtverkaufsfläche im Einzelhandel sorgte, ist als ein weiterer Entwicklungsschritt in der deutschen Einzelhandelsgeschichte anzusehen. Wieder gerieten bisherige Angebotsstrukturen unter Druck, dieses Mal zunehmend auch Kaufhäuser, weil sich diese als die bisherigen größten und mächtigsten „Fische“ im „Karpfenteich Innenstadt“ erstmals noch größeren Fischen gegenübersahen, welche zudem auf häufig relativ unmissverständliche Art klarmachten, dass sie ab sofort die „Macher“ in eben diesem Teich seien. Nachdem über ganz Deutschland verteilt mittlerweile über 400 Einkaufszentren  entwickelt wurden, ist auch hier ein Sättigungseffekt auszumachen. Zudem  sind mittlerweile nicht nur in den auf natürliche Weise gewachsenen Innenstädten Leerstandsprobleme zu beobachten, sondern auch in diesen künstlich geschaffenen Einkaufswelten, selbst in oberzentralen Lagen. In der Gegenwart angekommen, sind wir Zeitzeugen eines revolutionären Wandels im ­Einzelhandel: Bewegte sich der Kunde über Jahrhunderte hinweg wegen des von ihm beabsichtigten Wareneinkaufs in physischer Form zum Anbieter,

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6  Shoppen zum Erlebnis machen: Innenstadt-­Belebung durch Förderung von …

also Händler, hin (alternative Formen wie insbesondere den  Versandhandel gibt es zwar auch schon seit Jahrzehnten, wurde als eine Art „Nischen-Absatzkanal“ aber nie als „tödliche Bedrohung“ des stationären Einzelhandels angesehen), so ist dieses im Zuge der Erfindung des Internets und infolge dessen des Online-Handels grundsätzlich, zumindest in Bezug auf die meisten Sortimente, nicht mehr nötig. Die Zukunft lautet daher für den stationären Handel, sich einen Teil vom Online-­Umsatzkuchen abzuschneiden, vorausgesetzt, der dafür notwendige Aufwand ist individuell realisierbar (Filialisten sind hier gegenüber dem inhabergeführten Handel mit ihren Möglichkeiten einer professionellen Herangehensweise an das Thema sicherlich im Vorteil). Aber: Das ist nur die eine Seite und trägt zur Absicherung des gesamten Geschäftsmodells bei, zu welchem in erster Linie das stationäre Geschäft gehört. Und dieses braucht Frequenz. Die Aufgabe liegt also darin, dem Kunden in Zukunft Argumente für den Kauf im Geschäft statt im Internet zu liefern. Diese liegen in relevanten Mehrwerten zum Online-Kauf.  In  welchen genau, das kann je nach Branche durchaus unterschiedlich sein. Und: Ansatzpunkt für solche Mehrwerte ist nicht alleine, dass der Kunde zwanghaft in den Laden kommen MUSS. Es gilt, ihn obendrein mit gewissen „Annehmlichkeiten“ anzulocken, aufgrund derer er ins Geschäft kommen WILL. Dieses führt hier aber bereits etwas zu weit und wird gezielt in Abschn. 6.2 behandelt.

6.1.2  P  ersönlicher Einkaufserlebnis-Mythos des Autors, Teil 1: Das Westfalenkaufhaus in Gelsenkirchen1 Wenn ich darüber nachdenke, wie ich für mich persönlich den Begriff Einkaufserlebnis mit Leben fülle, denke ich unweigerlich an meine Kindheit in den 70er-Jahren zurück. Die Innenstadt meiner mitten im Ruhrgebiet gelegenen Heimatstadt Gelsenkirchen, einer damals stolzen Arbeiterstadt mit rund 330.000 Einwohnern, wartete mit einer Geschäftswelt auf, die aus heutiger Sicht kaum einen Wunsch an ein umfassendes Shoppingerlebnis schuldig blieb. Spielwaren- und Haushaltswarengeschäfte, Plattenläden, große Modehäuser und viele weitere offerierten eine gutsortierte, breite Auswahl bei gleichzeitig ansprechender Produktqualität. Mitten auf der Haupteinkaufsmeile, der Bahnhofstraße, thronten über der „Reststadt“ erhaben die beiden Könige der Gelsenkirchener Einkaufswelt. Auf der einen Seite das Westfalenkaufhaus, kurz WEKA genannt, und vis-a-vis auf der anderen Seite der Kaufhof. Beide konkurrierten um die Gunst der Kunden, wobei ich mich heute manchmal frage, ob sie wirklich im Wettbewerb miteinander standen oder ob ihnen die Existenz des jeweils anderen vor lauter eigenem Erfolg nicht vielleicht sogar herzlich egal war. Das WEKA ist lange Geschichte. Die Filiale des mittlerweile als „Galeria ­Karstadt Kaufhof“ auftretenden ehem. Kaufhofs ist in ihrer heutigen Ausführung gegenüber früher nach meinem Empfinden leider nur noch ein trüber Schatten ihrer selbst.  Vgl. hierzu ergänzend auch www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/gelsenkirchens-konsum-tempel-fuer-generationen-id9694027.html. Zugegriffen am 7. Mai 2019. 1

6.1 Blick in den Rückspiegel: Einzelhandel von gestern bis heute

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Wenn es damals hieß „Heute fahren wir in die Stadt!“, was umgangssprachlich automatisch immer „in die Innenstadt“ bedeutete, war dieses nicht denkbar ohne einen Besuch des Westfalenkaufhauses. Auf mehreren Etagen fand sich hier nahezu alles, was das Kundenherz begehrte, durchweg ausgestellt in einem klassisch-stilvollen Ambiente, bestehend aus Parkettböden und Unmengen an mit massiven Holzumrandungen versehenen Glasvitrinen. Insbesondere in der Spielwarenabteilung haben wir uns als Kinder die Nasen platt gedrückt an diesen wunderbaren Schaukästen. Angefangen von gefühlt hunderten kleiner Spielzeugautos über unzähliges Zubehör für Modelleisenbahnen bis hin zu ferngesteuerten Formel 1-Boliden im Miniaturformat gab es dort scheinbar nichts, was es nicht gab. Stundenlang hätte ich mich dort aufhalten können, ohne dass mir auch nur für eine Sekunde langweilig geworden wäre. Des Weiteren erinnere ich mich an die prunkvolle Lebensmittelabteilung im obersten Stockwerk, welche mit kulinarischen Besonderheiten aufwartete, welche es anderweitig so nicht gab. Ich weiß noch, dass ich dort mit meinen Großeltern für das Wochenende einkaufen ging, weil die Wurst für das samstägliche Mittagessen unbedingt die Krakauer aus dem WEKA sein musste; eine andere kam ihnen nicht auf den Tisch. Des Weiteren beherbergte dieser warmherzige Großstadt-­Konsumtempel ein klassisches Café, in welchem nachmittags eine uniformierte Schlagerkapelle bei Kaffee und Kuchen zum Tanz aufspielte, was insbesondere von älteren Semestern, die sich dort trafen, gerne und rege genutzt wurde. Dass die Kunden, oder sagen wir vielleicht lieber, die Gäste des Westfalenkaufhauses, bei der Nutzung des Fahrstuhls selbstredend nicht die Hände bzw. die Finger an die Etagenknöpfe legten, sondern dieses ein adrett gekleideter Fahrstuhlführer für sie tat, welcher sie zuvor freundlich nach ihrer Wunschetage gefragt hatte, sei lediglich zur Abrundung ebenfalls erwähnt. Ich bin überzeugt davon, dass manche Menschen heute Eintritt für so eine Art von Einkaufserlebnis zahlen würden. Damals hingegen wurde das alles nicht als so außergewöhnlich wahrgenommen und bewertet, wie ich das heute aus meiner Erinnerung heraus tue. Es war eben normal! Jedoch bin ich froh, diese Art von Angebotsinszenierung und Kundenorientierung, die es so oder ähnlich mit Sicherheit in vielen deutschen Städten gab, noch selber kennengelernt zu haben. Mit dieser Art von Einkauf und seinen Ausformungen bin ich in kommerzieller Hinsicht sozialisiert worden. Das Westfalenkaufhaus ist somit mein ganz persönlicher Einkaufserlebnis-Sehnsuchtsort, mein eigener kleiner Shopping-­ Mythos. Aber: Dem WEKA erging’s leider wie dem sagenumwobenen Atlantis. Untergegangen!

6.1.3  P  ersönlicher Einkaufserlebnis-Mythos des Autors, Teil 2: Das Einkaufen im eigenen Stadtteil Mein kleiner gedanklicher Kindheitsausflug führt mich obendrein auch in die Einkaufsstraße des kleinen Gelsenkirchener Stadtteils, in dem ich aufwuchs. Bei einer ­Einwohnerzahl von rund 7.000 bot diese eine Auswahl, welche deutlich über ein reines

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6  Shoppen zum Erlebnis machen: Innenstadt-­Belebung durch Förderung von …

Nahversorgungsangebot hinausging. Neben den üblichen kleinen Grundversorgern wie Bäckereien, Metzgern und kleinen Lebensmittelgeschäften, von denen jeweils mehr als eines vorhanden war, gab es auch ein Elektrowarengeschäft (das es heute immer noch gibt), ein Lotto- und Zeitschriftengeschäft, zwei Blumengeschäfte, eine Apotheke, ein Handarbeitsfachgeschäft, einen Supermarkt, zwei Geschäfte mit Tapeten und Teppichen bzw. Innendekoration, ein Haushalts- und Eisenwarengeschäft, eine Modeboutique, eine Eisdiele, eine Postfiliale, einen Juwelier, zwei Bankfilialen, mehrere Gaststätten, drei Trinkhallen (also kleine Kioske, die zum Ruhrgebiet so selbstverständlich dazugehören, wie Luft zum Atmen da ist und die in der Region einfach nur liebevoll als „Bude“ bezeichnet werden), eine Polizeistation und als Krönung des Ganzen ein kleines Stadtteilkaufhaus, welches trotz seiner relativ geringen Fläche immer den Eindruck vermittelte, alles, was man so bräuchte, vorrätig zu haben. Und: Wenn man mal etwas wie z. B. ein bestimmtes Werkzeug benötigte und vorsichtig zu verstehen gab, dass man es ja eigentlich nur ein einziges Mal bräuchte, konnte es schon mal vorkommen, dass der Inhaber dieses kleinen Kaufhauses sagte, dass man es „einfach so“ -also ohne zu bezahlen- mitnehmen, pfleglich behandeln und dann zeitnah wiederbringen solle. Mit einem verschmitzten Lächeln fügte er dann noch hinzu, dass er sich selbstverständlich freue, wenn man auch dann wieder in sein Geschäft käme, wenn man mal etwas „für dauerhaft“ benötigen würde. So klappte das alles in meiner kleinen Kindheitseinkaufsstraße lange Zeit zur Zufriedenheit aller Einwohner und Geschäftsleute ziemlich gut. Das Ganze war immer ein bisschen mehr als „einfach Einkaufen“. Diese ca. 200 Meter lange Ortsmitte war obendrein ein Ort des Miteinanders, wo man auf der Straße auch immer jemanden Bekanntes traf, stehen blieb, ein kurzes Quätschchen hielt, und dann weiter seines Weges ging. Leider ist auch dieses Stadtteil-­Kleinod in dieser Form nicht mehr vorhanden. Das kleine Kaufhaus, die Post, die Polizei, die Eisdiele, das Haushaltswarengeschäft, das Handarbeitsgeschäft, die Metzgereien, der Juwelier, die Modeboutique: Alles weg, Tapeten und Teppiche auch. Was danach kam, war meistens nicht besser, im Gegenteil. Wenn überhaupt etwas kam. Spürbaren Leerstand auf dieser einst so stolzen kleinen Einkaufsmeile gibt’s seit nunmehr schon rund 20 Jahren also auch. Leider scheint sich auch niemand so wirklich darum zu kümmern. Schade eigentlich.

6.1.4  Zur gesellschaftlichen Bedeutung des lokalen Einzelhandels Dass der Einzelhandel als solcher die gesellschaftlich wichtige Funktion der umfangreichen Warenbereitstellung für uns als Verbraucher einnimmt und damit zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen zählt, ist eine Binsenweisheit und muss nicht weiter erläutert werden. Insbesondere der lokale Handel vor Ort, insbesondere der inhabergeführte, übernimmt obendrein jedoch viele weitere wichtige „Nebenfunktionen“, welche für ein gutes Funktionieren der Stadtgesellschaft von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind. Die

6.2 Um ihn allein geht’s: Der (begeisterte) Kunde als Mittelpunkt aller …

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­Initiative „Heimatshoppen“2 (Heimat shoppen o. J.) der deutschen Industrie- und Handelskammern listet diese auf und wirbt in vielen Städten im Sinne der Verbraucherinformation bei der Kundschaft freundlich dafür, diese Zusatzaspekte in Zusammenhang mit dem eigenen, ortsbezogenen Kaufverhalten zu berücksichtigen: • lokale Geschäfte sind in großem Umfang Arbeitgeber und Ausbildungsbetriebe • lokale Geschäfte sponsern „Veranstaltungen, Vereine und Initiativen“ und fördern somit „Brauchtum und Bürgerengagement“ • lokale Geschäfte tragen zur Gestaltung einer „lebenswerten Gemeinde“ bei, welche nicht nur durch „Gebäude und Geschichte“, sondern auch durch die „Vielfalt der Einkaufsmöglichkeiten“ geprägt wird • lokale Geschäfte tragen zur „Reduzierung der Umweltbelastung“ bei. „Ein Einkauf vor Ort bedeutet weniger Energieverbrauch, weniger Staus und mehr Zeit und Geld für andere schöne Dinge“ • lokale Geschäfte stärken durch Zahlung von Gewerbesteuer, welche „die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen“ ist, deren „wirtschaftliche Grundlage“ zum Wohle aller Bürger Die kleine Aufzählung macht deutlich, dass die Schließung  eines örtlichen Geschäftes mehr als lediglich den Verlust einer lokalen Einkaufsmöglichkeit bedeutet.

6.2

 m ihn allein geht’s: Der (begeisterte) Kunde als Mittelpunkt U aller Einzelhandelsaktivitäten

Ein Geschäft zu betreiben ist in der Regel kein Selbstzweck. Ziel ist es vielmehr, Umsatz zu generieren und daraus unternehmerischen Gewinn zu erzielen. Dass Geld in die Kasse kommt, dafür sorgt der Kunde durch seine Einkäufe. Deshalb steht er folgerichtig im Fokus des Händlerverhaltens. Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich damit, wie der Kunde für das Angebot eines jeden einzelnen Geschäftes begeistert werden kann. Sich hierum zu bemühen, ist im Kern zwar ursächliche Arbeit der Einzelhändler selber und nicht des Citymanagers, jedoch sollte dieser ein Gefühl dafür entwickeln, wie die grundlegenden Zusammenhänge zwischen Einzelhandelstätigkeit und Kundenzuspruch funktionieren. Im Bedarfsfall kann er auf dieser Grundlage hier und da einmal freundliche Verbesserungsvorschläge anbringen. Auch bei der Gestaltung einzelhandelsfördernder Gemeinschaftsaktionen, auf welche unter Pkt. 6.4 näher eingegangen wird, steht der ­Aspekt der gezielten Ausrichtung der damit zusammenhängenden Einzelmaßnahmen auf den Kunden grundsätzlich im Mittelpunkt.  Die Aufstellung wurde vom Internetauftritt der Initiative „Heimat shoppen“ übernommen: https://www. heimat-shoppen.de/sechs-gute-gruende/ (Zugegriffen: 24. Januar 2019). Anmerkung: übernommen wurden „nur“ fünf von sechs der auf der Website aufgeführten Argumente, da nur diese im Zusammenhang mit dem hier betrachteten Aspekt der „gesellschaftlichen Bedeutung des lokalen Einzelhandels“ standen. 2

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6  Shoppen zum Erlebnis machen: Innenstadt-­Belebung durch Förderung von …

6.2.1  Wie Kunden zu Stammkunden werden Anspruch von Einzelhandelsunternehmen sollte es immer sein, aus „einfachen“ Kunden treue Stammkunden zu machen, welche durch ihre Wiederholungskäufe zur langfristigen Absicherung des Geschäftes beitragen. Viele Unternehmen gehen im Bereich der Kundenbindung den Weg, ihre Kunden wie Mitglieder zu behandeln, die sich in gewisser Weise zu einem Geschäft zugehörig fühlen. Die Kunden sollen merken, dass sie mit ihren Wünschen und Ansprüchen genau in diesem Geschäft perfekt aufgehoben sind. Solche Unternehmen führen selbstverständlich gut gepflegte Kundendateien und halten über verschiedene Kommunikationswege wie z. B. Newsletter-Zusendungen oder persönliche Anschreiben (s.u. die Punkte 6.2.4.6 und 6.2.4.7) aktiv Kontakt zum Kunden und lassen ihm regelmäßig für ihn relevante Informationen zukommen, auf die er im Bedarfsfall reagieren kann. Dieses können z. B. exklusive Sonderangebote für Stammkunden sein, die Einladung zu einer Modenschau oder der Aufruf zur Teilnahme an einer Stammkundenzufriedenheitsabfrage mit angehängtem Gewinnspiel. Der Hauptfokus einer solchen Kundenbeziehung sollte geschickterweise nicht auf den jeweiligen einzelnen und somit kurzfristigen Kaufvorgang ausgerichtet sein, sondern in nachhaltiger Weise auf das Anbieten verschiedener (Zusatz-) Dienstleistungen rund um das eigene Sortiment gelegt werden, um so die Beziehung zum Kunden auf ein breiteres Fundament zu stellen und Stück für Stück zu vertiefen. Dazu gehört auch, exklusive Sonderleistungen für „Stammkunden-­Mitglieder“ zur Verfügung zu stellen. Ein ganz simples Beispiel dafür kann sein, dass der Inhaber einer Mitgliedskarte von einem Blumengeschäft das dekorative Einpacken als Geschenk gegenüber Nicht-Mitgliedskunden kostenlos erhält. Oder, dass Premium-­Kunden „Sonderkulanzen“ bei Reklamationen eingeräumt werden. Wichtig ist, die Bemühungen zugunsten der Kundschaft, welche  übrigens mithilfe von Befragungen gut in Verbesserungsprozesse eingebunden werden kann, kontinuierlich zu verbessern.

6.2.2  M  it exzellentem Service und kundengerechter Beratung punkten Eine freundliche und fachgerechte Beratung ist gerade im Zusammenhang mit erklärungsbedürftigen Produkten ein „Stimmungsaufheller“ auf Seiten des Kunden. Gute Beratung bietet ihm eine möglichst ungestörte Zeit mit dem Verkäufer und führt ihn zu einer ausgewogenen Kaufentscheidung hin. Immer wieder machen Kunden hingegen negative Erfahrungen, da sie häufig von nicht ausgebildeten Aushilfskräften bedient werden. Sie fühlen sich somit nicht gut beraten und oft nicht mit ihren Problemen, Wünschen und Anforderungen verstanden. Die Folge: Sie vertagen ihre Kaufentscheidung. Anstatt, dass ihnen geholfen wurde, kommen sie mit noch größerer Verunsicherung aus dem Geschäft, als sie hineingegangen sind, und sind verständlicherweise frustriert. Viele Einzelhandelsbetriebe verzichten aus Kostengründen auf ausgebildetes Personal, zudem werden kaum noch Vollzeitstellen geschaffen. Die Folge: Die Beratungsqualität sinkt. Aber: Hervorragende Fachberatung ist in der Regel ein Umsatzbringer und mittlerweile ein Unterscheidungsmerkmal zur Konkurrenz!

6.2 Um ihn allein geht’s: Der (begeisterte) Kunde als Mittelpunkt aller …

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Ähnlich verhält es sich mit der Serviceorientierung eines Geschäftes. Die Art der angebotenen Services zeigt dem Kunden direkt an, wie wichtig er dem Händler ist. Das kann die Tasse Kaffee neben der Anprobe von Kleidungsstücken, die Lieferung von Waren nach Hause oder vieles andere mehr sein. In den Bereich der Service- und Kundenorientierung gehört auch die zu empfehlende regelmäßige Abfrage der Kundenzufriedenheit. Viele Händler vertun die große Chance, einfach einmal bei ihren Kunden nach deren Wünschen und Ideen zu fragen. Eine solche Abfrage ist im Zusammenspiel mit einer netten Kundenaktion in relativ simpler Weise organisierbar. Bei Servicemaßnahmen handelt es sich um freiwillige Dienstleistungen am Kunden, welche verkaufsunterstützend wirken sollen. Immer wieder wird in regelmäßigen Abständen gerne der Begriff der „Servicewüste Deutschland“ zitiert, welcher aussagen soll, dass es Unternehmen hierzulande mehrheitlich scheinbar nicht wichtig ist, sich zugunsten des Kunden zu engagieren. Dabei kann guter Service den entscheidenden Unterschied im hart umkämpften Wettbewerb ausmachen. Schließlich ist Service nicht nur ein bloßes Versprechen, sondern ein wirklicher Mehrwert in Form einer konkreten Leistung, die der Kunde in Ergänzung zum Einkauf in Anspruch nehmen kann. Serviceideen gibt es insgesamt vielmehr, als an dieser Stelle aufgezählt werden können. Dieses liegt nicht zuletzt daran, dass immer wieder neue Ideen geboren werden, z. B. ausgelöst durch technischen Fortschritt. Im Folgenden seien einige Beispiele für Service im Einzelhandel aufgeführt, die aber bewusst keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, sondern eher inspirierenden Charakter haben sollen. Darüber hinaus finden sich weitere Beispiel in der Checkliste „Serviceideen im Einzelhandel“ am Ende dieses Kapitels. Die Herausgabe eines Geschenk-Gutscheins ist als Standard zu bezeichnen. Viele Menschen wünschen sich einen solchen, um sich später in einem bestimmten Geschäft selber etwas aussuchen zu können. Im besten Falle wird der Gutschein auf Wunsch auch noch schön verpackt. Seit einiger Zeit ermöglichen manche Geschäfte auch den digitalen Ausdruck von Gutscheinen am heimischen PC oder als papierlose Variante auf dem Smartphone. Für den Fall von Wartezeiten sollte Kunden diese so angenehm und kurzweilig wie möglich gestaltet werden, am besten durch einen kleinen Wartebereich mit Sitzmöglichkeiten, kostenlosem Getränkeangebot und etwas Unterhaltung, z. B. mithilfe ausgelegter Zeitschriften. In einigen Branchen ist es üblich, Kunden Ware auf Wunsch nach Hause zu bringen. Solche Lieferservices gibt es in der Regel bei Apotheken, in vielen Buchhandlungen oder auch bei Elektronikfachgeschäften. Evtl. besteht die Chance, sich als lokales Geschäft diesen anzuschließen, wenn eine eigene Auslieferung nicht möglich ist. Unbedingt zu nennen sind an dieser Stelle digitale Services. Diese beinhalten insbesondere, dass der Kunde sich im Internet über das Geschäft und sein Angebot informieren kann, dass es ihm ermöglicht wird, einen E-Mail-Newsletter mit Angeboten und Unternehmensinformationen zu abonnieren oder dass er Ware online reservieren lassen und im Laden abholen kann („Click & Collect“). Hierzu gehören auch konkrete digitale Einkaufshilfen direkt im bzw. am Geschäft wie z. B. smarte Umkleidekabinen, welche den Anprobevorgang mit Hilfe eines in den Spiegel eingebauten Touch-Screens optimieren (z. B. durch möglichen Abruf von Informationen  zu im Geschäft vorhandenen alternativen

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­ rößen eines bestimmten Kleidungsstückes), oder  das Konzept des sog. „intelligenten G Schaufensters“, bei welchem der Kunde Informationen zum Geschäft und dessen Angebot rund um die Uhr mithilfe von dessen digitaler Schaufensterscheibe abrufen und über diesen Weg auch komplette Kauf- bzw. Bestellvorgänge abwickeln kann, ohne somit dafür das Geschäft betreten zu müssen.   Weitere Serviceideen sind problemlose Umtauschmodalitäten, unterschiedlichste Zahlungsmethoden, Ausprobiermöglichkeit vor Kauf, kostenlose „einfache“ Umarbeitungen von gekaufter Kleidung (z. B. Hosenkürzungen) u.v.m. Festzustellen bleibt, dass ein erfolgreicher Einzelhändler sich nicht nur als Verkäufer, sondern auch als Dienstleister sehen sollte, welcher sich gerne um seine Kunden bemüht. Wer den Spruch „Service bietet man nicht an. Man lebt ihn!“ guten Gewissens unterschreiben kann, ist auf dem richtigen Weg, nicht nur einfach kundenfreundlich zu sein, sondern seine Kunden zu begeistern.

6.2.3  Das Angebot inszenieren, den „Kaufappetit“ anregen Im Idealfall funktioniert der äußere Gesamtauftritt eines Geschäftes als „konsumfördernder Appetitanreger“. Dazu gehören vor allem das Ladendesign und die Darstellung des eigenen Angebotes. Hier lautet das Stichwort „Inszenierung statt bloße Produktbereitstellung“. Denn: Das Kundenauge isst mit! Eine ansprechende Präsentation der Ware sowohl im Geschäft als auch im Schaufenster ist im Zusammenhang mit der Gestaltung von Shoppingerlebnissen Pflicht. Ein erster Erfolgsbaustein in diesem Zusammenhang kann für manche Läden schon das altbekannte Prinzip „weniger ist mehr“ sein. In vielen Geschäften finden sich immer noch mit Ware vollgestopfte Gänge, in denen der Kunde den „Wald vor lauter Bäumen“ nicht mehr sieht und sich deswegen z. T. sogar bedrängt fühlt. Selbst Discount-Handelsketten, sowohl im Lebensmittel- als auch im Non-Food-Sektor, lichten mittlerweile ihre Regalreihen und frischen nach und nach ihre Filialen auf, um die dortige Aufenthaltsqualität zu erhöhen. Entsprechende Aufwertungsmaßnahmen haben zudem den positiven Nebeneffekt, dass der Kunde sich nicht nur wohler, sondern auch sicherer, weil unbedrängter, fühlt. Insgesamt steigt mit optischen Verbesserungen in der Regel die Akzeptanz von Geschäften und als Folge davon auch die Kundenzahlen sowie die ­Aufenthaltsdauer pro Kunde. Die Erfüllung folgender Mindestanforderungen für die Gestaltung von Verkaufsräumen sind bei den meisten Geschäften von Vorteil: Freundlich, sauber, hell, modern und halbwegs ordentlich soll es sein, das verwendete Material (Regale, Bodenbeläge etc.) ausreichend qualitätvoll. Wird das Ganze dann noch mit einem zum Sortiment passenden Schuss an Kreativität und Individualität gewürzt, bekommt jedes Ladenlokal schnell „das gewisse Etwas“. Von Bedeutung ist obendrein die Erkenntnis, dass in vielen Fällen das Geschäft bereits vor der Tür anfängt, nämlich durch eine geschickte und möglichst stilvolle Nutzung des Straßenraums. Warenständer und -tische sowie kreative Werbehinweise auf solchen Sondernutzungsflächen helfen, den Kunden schon vor der Ladentür „abzufangen“ und ihn im besten Falle „über die Türschwelle zu heben“, also ins Geschäft zu locken.

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6.2.4  Das eigene Angebot wirksam vermarkten Bereits in Kap. 5 zum Thema Standortkommunikation wurden Möglichkeiten erörtert, wie seitens des Citymanagements das Stadtzentrum als Ganzes sowie dessen einzelne Angebote bekannt(er) gemacht werden können. Im Mittelpunkt standen dabei die Aspekte Information und Werbung. Genau darum geht es auch für einzelne Geschäfte. Die folgende Punkte stellen kurz analoge und digitale „Wege zum Kunden“ vor.

6.2.4.1  Zeitungs- und Zeitschrifteninserate Diese bislang sehr typische Form im Bereich der Einzelhandelswerbung befindet sich bereits seit Jahren auf dem Rückzug. Für einen vergleichsweise hohen Preis lässt sich kaum erahnen, ob diese Werbemaßnahme zum Geschäftserfolg beiträgt oder nicht (was allerdings grundsätzlich ein Problem klassischer Werbung ist). Aufgrund des geänderten Informationsverhaltens vieler Verbraucher, insbesondere jüngerer, welche oftmals  gar keine gedruckten Zeitungen mehr lesen, sondern sich weitestgehend über andere Medien, vornehmlich das Internet, informieren, stellt sich die Frage, inwieweit Zeitungsinserate noch in ausreichender Weise wahrgenommen werden. Zumindest empfiehlt es sich, diese möglichst nur noch in Verbindung mit einem Reaktionsauslöser zu schalten, also z. B. Rabattcoupons, Gewinnspiel o. ä., um Ansatzweise ein Gefühl dafür zu bekommen, ob die Schaltung des Inserates erfolgreich gewesen sein könnte. 6.2.4.2  Prospekte Je nach Branche spielen Reklameblättchen, welche auf besondere Angebotsaktionen hinweisen, eine sehr bedeutsame Rolle. Die Verteilung erfolgt in der Regel als Postwurfsendung oder als Beilage in Tageszeitung und Anzeigenblättern. Viele Kunden kommen mit dem Prospekt unter dem Arm ins Geschäft und zeigen auf das Produkt, welches sie gerne kaufen möchten. Zum Teil versehen die Herausgeber das Werbeblatt mit zusätzlichen Lockmitteln wie auszuschneidenden Coupons für weitere Sonderrabatte. Prospekte werden insbesondere von größeren Unternehmen wie Lebensmittelmärkten, Möbelhäusern oder Elektronik-Fachmärkten herausgegeben, vielfach sogar wöchentlich. Eine Idee für kleinere Händler könnte sein, am Standort ein Gemeinschaftsprospekt herauszugeben. 6.2.4.3  Radiowerbung Radiowerbung ist vergleichsweise teuer, weil damit eine hohe Aufmerksamkeit in der gesamten Region garantiert ist. In der Regel können sich dieses nur größere Einzelhandelsbetriebe leisten. Zudem stellt sich die Frage, ob das Sendegebiet identisch mit dem Einzugsgebiet des werbenden Geschäftes ist, da ansonsten immense Streuverluste entstehen. Sind beide jedoch deckungsgleich und das Werbebudget lässt es zu, kann sich ein Versuch durchaus lohnen. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass nachhaltig funktionierende Radiowerbung von einer gewissen Penetration lebt. Das heißt, es sollte nicht nur einmalig mit einer kleinen Kampagne für eine bestimmte Aktion geworben, sondern mit Wiederholungsaktionen gearbeitet werden.

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6.2.4.4  PR-Maßnahmen Ziel der Maßnahmen ist es, eine redaktionelle Berichterstattung auszulösen. Um dieses zu erreichen, muss sich ein Geschäft etwas Besonderes einfallen lassen. Nicht gelingen wird das mit einer typischen Rabattaktion, jedoch vielleicht mit der Durchführung einer Autogrammstunde einer prominenten Person. Auch soziale Aktivitäten und gesellschaftliches Engagement eines Geschäftes kommen bei den Medien meistens gut an. Die Übergabe eines Spendenschecks für einen Kindergarten z. B. dürfte in aller Regel einen kleinen Pressebericht wert sein. 6.2.4.5  Sponsoring Bei Sponsoringaktionen geht es darum, Aufmerksamkeit und Wahrnehmung für den Namen des eigenen Geschäftes zu erzeugen und dieses dadurch bekannt(er) zu machen. Hier gibt es verschiedenste Möglichkeiten wie z. B. die Versehung einer Bühne beim Stadtfest mit dem eigenen  Firmennamen  oder das Sponsoring einer lokalen Fußballmannschaft, die für einen vereinbarten Zeitraum per entsprechendem Trikotaufdruck Reklame läuft. 6.2.4.6  Newsletter Viele Händler nutzen das ihnen zur Verfügung stehende Datenmaterial, um Kunden regelmäßig einen E-Mail-Newsletter zukommen zu lassen. Dieser enthält in der Regel wichtige Unternehmensinformationen für die Kundschaft (z. B. „Am 30.12.19 ist unser Geschäft ab 14 Uhr wegen Inventur geschlossen!“), Einladungen zu Aktionen („Am 25. Januar möchten wir Ihnen bei einem Gläschen Sekt im Rahmen unserer jährlichen Modenschau die neue Frühjahrskollektion vorstellen. Wir würden uns über Ihr Erscheinen freuen und bitten Sie um Anmeldung bis zum 20. Januar, damit wir diesen Abend optimal für Sie vorbereiten können!“) oder Hinweise auf Rabattaktionen („Der Frühling steht vor der Tür. Deshalb räumen wir in der kommenden Woche unser Winterlager. Die Wettervorhersage verspricht 25 Grad, wir versprechen 25 Prozent auf den kompletten Rest an Winterware!“). 6.2.4.7  Mailings Insbesondere in Hinsicht auf die Bekanntmachung von Kundenaktionen und besonderen Stammkunden-Rabatten wird häufig noch der Weg der klassischen Briefvariante gewählt. Mithilfe einer persönlichen Anrede gerät die zu vermittelnde Botschaft mit großer Wahrscheinlichkeit in die Hände und die Wahrnehmung des Empfängers. 6.2.4.8  Internetseite und Online-Sichtbarkeit Es ist heutzutage eigentlich Pflicht, im Internet mit einem Firmenauftritt in Form einer eigenen Webseite  gefunden werden zu können. Besteht nicht die Möglichkeit, aus welchen Gründen auch immer, diesen regelmäßig zu aktualisieren und auch Online-Services über diesen anzubieten (s. dazu auch Pkt. 6.2.2), so sollte es zumindest machbar sein, grundsätzlichste Informationen zum Geschäft samt Mitarbeiterteam und zum generellen Sortiment im Netz zur Verfügung zu stellen. Auch einige Impressionen helfen evtl. schon, potentiellen Kunden den Besuch im Geschäft schmackhaft zu machen. Besser ist es natürlich, wenn die Webseite zudem zur Bekanntmachung von aktuellen Informationen und Angeboten genutzt

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wird. Wichtig ist dabei die Darstellung der Inhalte auch für mobile Endgeräte, da die meisten Nutzer die Seiteninhalte auf dem Smartphone betrachten. Die Gestaltung sollte auf jeden Fall professionell und zeitgemäß wirken, auf keinen Fall „handgestrickt“, weil dieses in den meisten Fällen abschreckend wirkt. Eine geschäftliche Internetseite lebt zudem davon, dass sie gefunden wird. Das Zauberwort hierfür lautet Suchmaschinenoptimierung. Hier geht es insbesondere darum, die Inhalte auf der eigenen Webseite so zu gestalten, dass sie den Weg in Suchmaschinen wie insbesondere Google nicht nur finden, sondern dort im Zusammenhang mit in Frage kommenden Suchbegriffen in der Trefferliste möglichst weit oben angezeigt werden. Da dieses ein nicht zu unterschätzendes Unterfangen ist, sollte spätestens an diesem Punkt professionelle Unterstützung seitens einer Internetagentur hinzugeholt werden, sofern sich ein Geschäftsinhaber in der Eigenbearbeitung dieses Thema überfordert fühlt. Hinsichtlich dieses Aspektes einer möglichst optimierten „Online-Sichtbarkeit“ sei letztlich noch auf das Angebot namens „Google My Business“ hingewiesen. Bei diesem wird das einfach zu erstellende, eigene Unternehmensprofil dem Nutzer „genau dann präsentiert, wenn er in Maps oder auf Google nach“ genau diesem „oder einem vergleichbaren Geschäft oder Unternehmen sucht.“ (Google My Business o. J.)

6.2.4.9  Soziale Medien und Messengerdienste Wie bereits im Kapitel zum Thema Standortkommunikation erläutert, bieten soziale Medien und Messengerdienste die Möglichkeit, kostenlos bzw. kostengünstig eigene Inhalte und Botschaften zu veröffentlichen und mit der eigenen Kundschaft und speziellen Zielgruppen in Kontakt zu treten. Die Verfahren dafür sind ziemlich unkompliziert und können in der Regel problemlos von unterwegs per Smartphone vorgenommen werden. Facebook stellt umfangreiche Möglichkeiten zur Verfügung, um das eigene Angebot gezielt im eigenen Einzugsgebiet bekannt zu machen (z. B. über eine individuelle Zielgruppenkonfiguration für werbliche, kostenpflichtige Veröffentlichungen) und darüber hinaus wertvolles Kundenfeedback zu erhalten, z. B. in Form von Kommentaren, persönlichen Benachrichtigungen oder „Likes“. Beiträge, Veranstaltungshinweise etc. lassen sich durch das Teilen-Prinzip breit streuen, „gelikte“ Inhalte erzeugen Empfehlungscharakter. Bilder und Videos unterstützen bei Bedarf textliche Botschaften. Instagram als weiteres angesagtes soziales Netzwerk wird zunehmend spannender im Zusammenhang mit der Verbreitung bzw. dem Teilen visueller Unternehmensinhalte wie Bild- und Videomaterial. Damit lassen sich im besten Falle kleine Geschichten über mehrere Veröffentlichungen hinweg erzählen, welche ein Interesse beim Betrachter auslösen und ihn möglichst zum Abonnenten des geschäftseigenen Instagram-Auftritts werden lassen. Authentisch wirken auch mit dem Smartphone selbst gedrehte kleine Werbespots, bei denen der Geschäftsinhaber innerhalb einer halben Minute kurz und knackig im Sinne eines „Instagram-Angebotes der Woche“ die Hauptvorzüge eines bestimmten Produktes samt Nennung des Preises vorstellt. Als Verknüpfung zum seinem stationären Geschäft könnte ein Händler  in seinem Schaufenster ebenfalls dauerhaft auf das „Instagram-­ Angebot der Woche“ hinweisen, damit auch Passanten auf den Werbespot aufmerksam werden und ihn auf Instagram anschauen (was sich natürlich auf Facebook oder YouTube

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ebenso machen ließe). Zudem könnte der Spot im Laden auf einem Kunden-Tablet gezeigt werden. Interessant ist Instagram nicht zuletzt deswegen, weil insbesondere viele jüngere Nutzer Facebook mittlerweile den Rücken gekehrt haben und aktuell eher zum „cooleren“ und klarer positionierten Instagram hin tendieren (Facebook möchte gegenüber Instagram vieles bzw. möglichst alles auf einmal sein), auch wenn Instagram ebenfalls zum Facebook-­ Konzern gehört. Weitere Hinweise zur Nutzung von Instagram, z. B. zur Erstellung von Schlagworten in Form sog. Hashtags, finden sich an entsprechender Stelle in Kap. 5 zum Thema Standortkommunikation (unter Pkt. 5.4.2.2). Mithilfe von WhatsApp lassen sich Nachrichten verbreiten, welche direkt an eine entsprechende Kontaktliste gesendet und je nach vorhandenem Internetempfang umgehend auf dem Smartphone der Empfänger angezeigt werden. Neben den grundsätzlichen Textinhalten können Bilder und Videos angehängt werden. Für hieran interessierte Kunden besteht auf diesem Weg ein geschäftseigener Push-Nachrichtendienst. Sie erhalten dann z. B. Botschaften wie „Nur zur Erinnerung: Wir ziehen heute um. Sie finden uns ab morgen in der Goldenen Gasse 13. Wir freuen uns schon auf Ihren ersten Besuch! Liebe Grüße, Ihre Buchhandlung Leseratte!“

6.2.5  E  xkurs: Kaufentscheidungsprozesse verstehen und erfolgreich steuern Auch wenn der Citymanager nicht selber hinter einer der vielen Ladentheken „seiner“ Innenstadt steht, so kann es nicht schaden, wenn er weiß, wie Kaufentscheidungen zustande kommen. Schließlich gehört es zu den Kerntugenden einer erfolgreichen Innenstadt, dass -im wahrsten Sinne des Wortes- die Geschäfte gut laufen. Im Bedarfsfall kann der Citymanager versuchen, die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der sog. „Customer Journey“ den Händlern vor Ort näher zu bringen und sie so ein Stück weit in ihren Bemühungen, gute Umsätze zu generieren, unterstützen. Der international bekannte Marketingexperte Philip Kotler drückt dieses Bestreben des Handels folgendermaßen aus: „Das Endziel ist (…), Konsumenten zu begeistern und als loyale Befürworter zu rekrutieren.“ (Kotler et al. 2017, S. 76). Kotler nennt in diesem Zusammenhang folgende Voraussetzungen zur Erklärung von Kaufhandlungen in Bezug auf Markenprodukte (Kotler et al. 2017, S. 78 f.): • persönliche Entscheidungsfindung geschieht häufig eher auf sozialer als auf persönlicher Ebene, also in Abstimmung mit anderen • Kundentreue wird in letzter Konsequenz eher „als die Bereitschaft definiert, eine Marke weiterzuempfehlen“, und nicht, die zu der Marke gehörigen Produkte permanent auf’s Neue selber zu erwerben • Verbraucher tauschen sich, z. B. in Internetforen, aktiv über ihre jeweiligen Markenerfahrungen aus und bilden sich so ihre eigene, netzbasierte Einstellung zu Marken Daraus ergibt sich ein „Reiseweg“, der nicht nur zu konkreten einzelnen Kaufentscheidungen, sondern auch zu Kundentreue führt. Dieser Weg besteht aus den folgenden fünf Stufen:

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Stufe 1: Der potenzielle Kunde erfährt aufgrund von Werbung, Empfehlungen o.  ä. von einer Marke bzw. kann sich aufgrund einer früheren Verwendung an diese erinnern. Er nimmt sie auch im Umfeld vieler anderer Marken, denen er als Verbraucher ausgesetzt ist, bewusst wahr. Er erkennt sie also wieder. Die Marke X ist dem Kunden bekannt. (Kotler et al. 2017, S. 79) Stufe 2: Tatsächlich kommen nur wenige der mitunter vielzähligen Marken für den Konsumenten in die engere Wahl für eine eventuelle spätere Kaufentscheidung. Das liegt daran, dass er sich in der Regel nur von einigen der miteinander konkurrierenden Marken angezogen fühlt. Solche mit hochattraktiver Wirkung auf den Markenadressaten haben hier naturgemäß einen Vorteil. Die Marke X gelangt neben wenigen anderen in die engere Auswahl des Kunden. (Kotler et al. 2017, S. 79) Stufe 3: Verbraucher setzen ein persönliches Recherche- und Informationssystem ein, um mehr über eine für sie interessante Marke zu erfahren. Das kann auf verschiedensten Wegen geschehen, z. B. über den Austausch in Online-Foren, Gespräche im persönlichen Umfeld, Kaufberatungen im Geschäft, eigene Produkt- und Preisvergleiche usw. In dieser Phase wandelt sich die „Reise zur Kaufentscheidung“ also von einer persönlichen in eine soziale. Der Einfluss externer Meinungen beeinflusst maßgeblich die eigene. Dritte müssen die Attraktivität einer Marke bestätigen, damit die Customer Journey fortgesetzt werden kann (Kotler et al. 2017, S. 81). Der Kunde zeigt konkretes Interesse an dem (Marken-)Produkt. Stufe 4: Fällt der Informationsprozess zugunsten des „Objektes der Begierde“ aus, ist Vollzug angesagt. Der Kunde erwirbt das (Marken-)Produkt und macht damit im Anschluss seine ersten konkreten Erfahrungen. Dazu gehört auch, wie er sich bei evtl. aufkommenden Problemen und daraus resultierender Reklamation als Kunde behandelt fühlt (Kotler et al. 2017, S. 83). Stufe 5: Der Kunde entwickelt eine Bindung zur Marke auf der Grundlage seiner bisherigen positiven Erfahrungen mit dieser. Er hält weiter an ihr fest, kauft das dazugehörige Markenprodukt bei Bedarf erneut und empfiehlt es vor allem bei Gelegenheit weiter (Kotler et al. 2017, S. 83).

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Die Customer Journey lässt sich nicht nur auf Markenprodukte  anwenden, sondern auch auf Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Gastronomieangebote, ganze Innenstädte etc. Der Begriff „Kauf“ könnte somit in anderen Zusammenhängen auch durch Vokabeln wie „Besuch“ oder „Nutzung“ ersetzt werden. Das heißt, es ist anhand geeigneter Maßnahmen und Verhaltensweisen planbar, einen Menschen vom ersten Hören von einer Sache gezielt soweit „unterstützend“ zu begleiten, bis er deren treuer „Verwender“ wird.

6.2.6  Mit spannenden Geschichten Kunden binden Menschen lieben Geschichten! Die Methode des Storytellings  nutzt diese Erkenntnis zur gezielten Kundenbegeisterung. Geschichten lassen sich rund um das Unternehmen, um Marken oder Produkte oder auch Unternehmerpersönlichkeiten erzählen. Dabei kann es sich zum Beispiel um Erfahrungsberichte, die überaus interessante Historie der Geschäftsgründung vor 150 Jahren oder die lyrisch ausgeschmückte Beschreibung über die jahrzehntelange Lagerung eines Whiskeys in alten Eichenholzfässern handeln, erzählt auf der eigenen Internetseite, in Firmenbroschüren oder auf Produktverpackungen. Oder, oder, oder… (vgl. hierzu Kap. 3 unter Pkt. 3.5.2.1).

6.2.7  B  ad Practice: Service vergeigt und den Buchautor als zukünftigen Stammkunden verloren Vor einiger Zeit ging bei uns zuhause der Einbau-Kühlschrank kaputt; ein neuer musste also her. In unserem Nachbarstadtteil gibt es einen alteingesessenen Elektro-Fachhandel, bei welchem meine Eltern bereits seit Jahrzehnten immer wieder diverse Elektrogeräte angeschafft haben, sowohl für sich als später auch für eine im selben Stadtteil wohnende Tante von mir. Dabei ging es oftmals um teure Markengeräte. Aus unserer persönlichen Einstellung heraus, nach Möglichkeit den inhabergeführten Fachhandel zu unterstützen und die dort zu erwartende gute und persönliche Beratung samt entsprechendem Service zu bekommen, gingen meine Frau und ich nun in dieses Geschäft und trugen unseren Kaufwunsch vor. Dabei erwähnte ich, dass wir uns aufgrund der umfangreichen guten Erfahrungen meiner Eltern mit diesem Geschäft dazu entschieden hätten, es ebenfalls aufzusuchen. Hierbei ging es mir gar nicht darum, hieraus vielleicht irgendeine Art von Vorteil schlagen zu wollen. Vielmehr gebe ich gerne als Kunde auch immer mal wieder ein aktives Signal an Geschäftsinhaber oder deren Mitarbeiter, wenn ich mich gut bedient fühle, positives über ihr Geschäft gehört oder sogar Empfehlungen dafür ausgesprochen bekommen habe. Die Inhaberin, nennen wir sie der Einfachheit halber mal Frau Elvira Lektro, kannte meine Eltern und wusste um die gute Geschäftsbeziehung. Schnell schlug sie vor, in den kommenden Tagen am besten einmal bei uns vorbeizukommen, um unsere Küche persönlich in Augenschein zu nehmen und zu vermessen. Dabei könne sie schon erste Empfehlungen abgeben, auf deren Grundlage wir dann noch mal ins Geschäft kommen sollten

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und sie uns gezielt infrage kommende Geräte zeigen könnte. Sehr gut, dachten wir, das war sogar mehr Service als gedacht! Tatsächlich besuchte uns Frau Lektro dann zum vereinbarten Termin, schaute sich die Küche an, vermaß diese und empfahl uns daraufhin, für die Zukunft kein Einbaukühlgerät mehr zu nehmen, weil diese Art von Geräten zum einen wesentlich teurer als „normale“ Kühlgeräte sei. Wenn wir den Einbauschrank ausbauen würden, entstünde zum anderen Platz für eine zwei Meter hohe Kühl-­Gefrier-­Kombination. Und optisch sei das in unserem Falle auch gar kein Problem. Viele Kunden würden heutzutage Einbauküchen ohne Einbaukühlschränke kaufen und stattdessen das Kühlgerät separat dazustellen. Und: Ein Kühlgerät unter einer Höhe von 2 Metern sollten wir auf gar keinen Fall nehmen, da dieses ansonsten in Relation zur Gesamtküche zu winzig wirken würde. Also gingen wir zwei Tage später wieder zu ihr in den Laden. Frau Lektro beriet uns sehr zielorientiert in Richtung eines scheinbar perfekt auf unsere Bedürfnisse zugeschnittenen Kühlgerätes, was uns als Laien in wohltuender Weise die Qual der Wahl erleichterte. Wir bestellten also und zahlten einen Teilbetrag an. Weil wir uns so gut beraten fühlten und uns obendrein der grundsätzliche Aufenthalt in dem Geschäft im Gegensatz zu vielen größeren „Elektro-Markthallen“ sehr angenehm erschien, kauften wir spontan noch eine Mikrowelle dazu. Kurzum: Für fühlten uns bei Frau Lektro sehr gut aufgehoben und sendeten unsererseits jegliche Signale aus, mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Dauer gute Kunden ihres Geschäftes zu werden. Es passte also scheinbar alles. Doch dann, man ahnt es bereits, wendete sich kurz vor der Ziellinie das Blatt: Frau Lektro meldete sich bei uns mit dem Hinweis, dass sie sich nicht ganz sicher sei, ob das bestellte Gerät problemlos in unsere Wohnung im ersten Stock gebracht werden könne. Sie wolle noch mal einen ihrer Mitarbeiter aus der Auslieferung bitten, unseren Hausflur zu begutachten. Es sei ihr an einigen Stellen doch etwas eng vorgekommen. Der entsprechende Herr kam und stellte fest, dass er an gleich drei Stellen Probleme sähe. Erstens: Die Deckenhöhe über der ersten Stufe im Hauseingangsbereich könnte zu tief sein. Zweitens: Würde man diese wider Erwarten erfolgreich passieren, könnte die relativ geringe Höhe einer Schiebetür in unserer Wohnung problematisch sein, weil man davor um eine Ecke müsse und sich der Kühlschrank dort verkanten könnte. Er fragte mich ernsthaft, ob ich bei Lieferung vorsichtshalber evtl. wohl die gesamte Schiebetür samt des in der Wand und in der Decke verankerten Rahmens ausbauen könne. Drittens: Hätte man das Nadelöhr „Schiebetür“ erfolgreich passiert, würde als nächstes ein großes Sideboard im Weg stehen und den Durchgang zur Küche so verschmälern, dass es unbedingt beseitigt werden müsste (was zwar an der Stelle nicht ganz so einfach, aber von allen dreien noch das geringste Problem gewesen wäre). Kurzum: Er schüttelte den Kopf und verneinte damit die Möglichkeit der Anlieferung, es sei denn, wir würden das Risiko „auf unsere Kappe“ nehmen und den Transport trotzdem bezahlen, auch wenn das Kühlgerät aufgrund der oben genannten Hindernisse nicht in unsere Wohnung gebracht werden könne. Wir sollten stattdessen doch lieber einen kleineren Kühlschrank nehmen, schlug er vor. Hiermit wollten wir uns nicht zufriedengeben, zumal ich die Kühlschrankmaße kannte und die Stellen, an denen es eng werden könnte, ebenfalls vermessen hatte. Also bat ich Frau Lektro, nochmal  einen anderen ­Mitarbeiter vorbeizuschicken. Dieser kam und bewertete die Gesamtsituation genauso wie

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sein Kollege. Als ich dann im Geschäft anrief, um die Angelegenheit mit Frau Lektro persönlich zu klären, hieß es, dass diese jetzt erst mal für drei Wochen im Urlaub und definitiv nicht zu erreichen sei. Obwohl wir nunmehr dringend auf ein neues Kühlgerät angewiesen waren, warteten wir auf Frau Lektros Rückkehr aus dem Urlaub und behalfen uns für diese Zeit mit einem alten Kleingerät, welches noch in unserem Keller stand. Auch nach Rückkehr aus ihrem Urlaub hörten wir von Frau Lektro tagelang nichts. Ich schrieb ihr eine E-Mail mit der klaren Aufforderung, den bestellten Kühlschrank nun bitte möglichst umgehend zu liefern, da wir ansonsten vom Kauf zurücktreten würden. Einen kleineren Kühlschrank würden wir nicht nehmen, zumal ich persönlich der Ansicht sei, dass eine Anlieferung entgegen der Meinung ihrer Mitarbeiter möglich wäre. Sie schrieb mir dann relativ nüchtern zurück, dass sie das nicht so sähe und ich mir dann aussuchen könne, in welcher Form wir unser angezahltes Geld zurückerstattet haben wollten. Ich konnte das nicht fassen und sagte zu meiner Gattin, dass ich an Stelle von Frau Lektro in dieser Situation sicherlich das (überschaubare) Risiko auf mich genommen und zwei Fahrer mit dem Kühlschrank bei uns vorbeigeschickt und eine Lieferung versucht hätte. Entweder hätte es tatsächlich trotz der vermeintlichen Hindernisse geklappt oder aber sie hätte bewiesen, es versucht zu haben und wir hätten „live“ gesehen, dass es nicht funktioniert. Beides hätte vermutlich dazu geführt, dass wir mit der Firma Lektro im wahrsten Sinne des Wortes dauerhaft „im Geschäft“ geblieben wären (Anmerkung dazu: Wir wohnen nur 2km von Frau Lektros Geschäft entfernt; der Versuchsaufwand wäre also extrem überschaubar gewesen). Folge: Wir haben uns natürlich umorientiert und unser neues, zwei Meter hohes Kühlgerät in einem anderen Geschäft gekauft. Die Lieferung erfolgte problemlos, in rund zwei Minuten nach der Entladung am Lkw stand das langersehnte Teil in unserer Küche, ohne jegliche Probleme und vorbei an allen vermeintlichen Hindernissen. Es musste also weder die Schiebetür ausgebaut noch das Sideboard entfernt werden. Schade, weil: Dieses Geld und wahrscheinlich in Zukunft noch weiteres hätten wir liebend gerne beim einzigen vor Ort ansässigen Elek­troFachhandelsgeschäft gelassen. Der ist bei uns nach dieser Erfahrung allerdings „aus dem Rennen“. Dass es allerdings auch anders geht, zeigen die drei folgenden Beispiele.

6.2.8  B  est Practice 1: Ein Eldorado in Sachen Kindermode: „Sophies Welt“ in Wardenburg Branche: Kindermode Ort: Wardenburg (Niedersachsen) Einwohner: ca. 17.000 Mitarbeiter: 4 Verkaufsflächengröße in qm: 170 Gründungsjahr: 2011 „Sophies Welt“ bietet unter dem Motto „Alles rund ums Kind“ kunterbunte Kindermode von exklusiven Marken aus Schweden, Dänemark, Holland und Spanien an, ergänzt

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Abb. 6.1  Simone Brinkmann, Inhaberin von „Sophies Welt“. (Quelle: Eigene Darstellung)

um Accessoires und Babyspielzeug. Das Geschäft ist unterteilt in einen Bereich für Neuund in einen für Second-Hand-Ware. Letztere wird auf Kommission angenommen und der Umsatzerlös zwischen dem Geschäft und den privaten Lieferanten geteilt. Die Zielgruppe von „Sophies Welt“ besteht vornehmlich aus Eltern und Großeltern, welche für ihre Kinder bzw. Enkelkinder individuelle Qualitätsware zu einem fairen Preis erwerben möchten. Das engere Einzugsgebiet ist der Großraum Oldenburg, zum erweiterten Einzugsgebiet gehören zudem Ostfriesland und einige der nahegelegenen Nordseeinseln. Das Geschäftskonzept an sich sowie die vertriebenen Marken sind in der Region konkurrenzlos. Spürbarer Wettbewerb hingegen besteht im Onlinehandel sowie durch Kindermode-Aktionen von Lebensmitteldiscountern. Das Erfolgsrezept von „Sophies Welt“ besteht laut Inhaberin Simone Brinkmann (Abb. 6.1) aus einer Kombination von besonderer Kundenfreundlichkeit („Netter sein als andere!“), Zuverlässigkeit, ehrlicher und kompetenter Beratung, fairer Preisgestaltung, in der Region exklusiver Produkte und Marken sowie dem aus Neu- und Second Hand-Ware zusammengestellten Gesamtsortiment, welches für jeden Geldbeutel etwas passendes bietet. Dazu kommt der bereits eingangs erwähnte Aufbau eines regionalen Spezialistenstatus. Auch das Thema Authentizität spielt laut Simone Brinkmann eine nicht zu unterschätzende Rolle: „Die Kunden nehmen jeder Mitarbeiterin in unserem Team ab, dass der Verkauf von Kindermode genau ihr Ding ist“.

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„Sophies Welt“ ist bemüht, ständig ein Stück besser und professioneller zu werden. Als selbstverständlich wird die penible Führung einer auch für Marketingzwecke verwendeten Kundenkartei angesehen. Mithilfe der vorhandenen Kundendaten werden gezielt Newsletter und Einladungen zu regelmäßigen Aktionen wie Modenschauen, Nikolausparties etc. versendet. Die Nutzung eines modernen Warenwirtschaftssystems zwecks Management von Warenbeständen und Bestellprozessen hält Simone Brinkmann heutzutage für normal, ebenso die Herausgabe eines eigenen Geschenk-Gutscheins. Stammkunden profitieren von einem Rabattsystem. Für besondere Anlässe wie Taufen sind Wunschkisten bestellbar, an denen sich die Schenkenden beteiligen können. Dieses Angebot soll kurzfristig auch online verfügbar sein. Ohnehin plant Simone Brinkmann, die Internetaktivitäten ihres Geschäftes nach und nach zu optimieren und auszubauen. In diesem Zuge strebt sie eine bessere Verzahnung von Offline- und Online-Auftritt an. Bereits vorhanden ist eine eigene Webseite, über welche Ware bestellt und später im Laden abgeholt werden kann. Zudem wird über den Facebook-Auftritt von „Sophies Welt“ regelmäßig gezielt für bestimmte Produkte, Angebote und Aktionen geworben. Auch am Sortiment will die Geschäftsfrau regelmäßig, aber auf behutsame Art und Weise feilen und dieses in überschaubaren Schritten sinnvoll erweitern, in absehbarer Zeit z. B. um Lauflernschuhe. Und: Bei „Sophies Welt“ gilt „Durchgehend geöffnet!“, was sich nach und nach bewährt hat; neben dem Umsatz vor allem auch im Sinne der wahrgenommenen Kundenfreundlichkeit. Im Vorfeld ihrer Geschäftsgründung nutzte Simone Brinkmann umfangreiche Beratungsangebote. Entsprechende Hilfe holte sie sich seitens der IHK, der Wirtschaftsförderung des Kreises Oldenburg, bei einer Steuerberaterin, bei einer speziellen lokalen Gründungsagentur für Frauen sowie bei einem Gründer-Mentorenkreis, bestehend aus regionalen Wirtschaftssenioren. Simone Brinkmann hält das Miteinander in der örtlichen Händlerschaft für enorm wichtig und engagiert sich deshalb aktiv im Rahmen des Wunschbaumprojektes der „Gemeinde Wardenburg Marketingforum e.V.“. Persönliche unternehmerische Hauptziele für die kommenden Jahre sind eine weitere Steigerung des Bekanntheitsgrades von „Sophies Welt“ in der Region sowie ein von ihr als Inhaberin weitestgehend unabhängiges Funktionieren der Firmenorganisation, damit ihr selbst mehr Zeit für konzeptionell-kreative Tätigkeiten innerhalb des Geschäftsbetriebes bleibt. Eine weitere Expansion des Geschäftsmodells ist augenblicklich nicht vorgesehen. Weitere Infos & Kontakt: https://www.sophies-welt-wardenburg.de / www.facebook.com/sophiesweltwardenburg Mail: [email protected] / Tel.: 04407 / 913 93 53

6.2.9  B  est Practice 2: Feinkost in Verbindung mit hervorragendem Service: Die „Ammerländer Schinkendiele“ in Bad Zwischenahn Branche: Lebensmittel/Feinkost Ort: Bad Zwischenahn (Niedersachsen)

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Anzahl Mitarbeiter: 16 Verkaufsflächengröße in qm: 140 Gründungsjahr: 1975 Die „Ammerländer Schinkendiele“ in der Innenstadt von Bad Zwischenahn ist ein wahres Paradies für Schinkenfreunde. Über 20 Sorten warten darauf, entdeckt und genussvoll gekostet zu werden. Hinzu kommen ebenfalls 20 Sorten Dauerwurst, darüber hinaus verschiedene Feinkostprodukte wie Käse, Tee, feine Konserven, Leberwurst, Paté, Wein sowie zum Sortiment passende Geschenkartikel. Zielgruppe sind laut Inhaberehepaar Janina und Uwe Gundlach (Abb. 6.2) „alle Menschen, die sich mal zurücklehnen und die Zeit, das Leben und das Essen genießen möchten“. Von der Konkurrenz, welche sich mit „Billig-Feinkost“ beim Kunden interessant machen will, grenzt sich die Schinkendiele mit einer bewussten Ausrichtung auf beste Produktqualität, Service und Freundlichkeit ab. Der ganze „Auftritt“ des Geschäftes und von dessen Angestellten soll „das gewisse Etwas“ vermitteln, also den Einkauf zu einem kleinen Erlebnis innerhalb des sonstigen Alltagsgeschehens der Kunden machen. Um sich von vermeintlichen Mitbewerbern wirksam Abb. 6.2  Janina und Uwe Gundlach, Inhaber der „Ammerländer Schinkendiele“. (Quelle: Janina und Uwe Gundlach)

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zu unterscheiden, wurden zudem für verschiedene Produktbereiche Eigenmarken entwickelt, die es exklusiv nur in der „Ammerländer Schinkendiele“ gibt. Das Kundenverhalten hat sich in Bezug auf die Schinkendiele in der Weise gegenüber früher verändert, dass kleinere Mengen gewünscht werden, dafür jedoch der Anspruch an die Produktqualität spürbar gestiegen ist. Getreu dem Motto „Weniger ist mehr!“ habe sich das Kundenbewusstsein dahingehend entwickelt, mehr Wert auf das Besondere zu legen, sich auch mal „etwas außergewöhnlich Gutes“ zu gönnen, wenn auch in geringerem Umfang. Qualität schlägt also Quantität. Kunden, die in der Kundendatei des Unternehmens erfasst sind, wird regelmäßig der hauseigene Produktkatalog zugesandt. Dazu gibt es Anschreiben zu besonderen Aktionen, wie zum Beispiel zu speziellen Weinabenden, und einen Kunden-Newsletter. An der „Zwischenahner Woche“ beteiligt sich die Schinkendiele mit Verkaufs- und Verkostungsaktionen „vor der Tür“. Ein weiterer wichtiger Werbefaktor sind besondere Warenproben auf der Verkaufstheke, welche nachweislich als „Umsatzbringer“ funktionieren. Viele Kunden lassen sich hierdurch zu einem zusätzlichen Spontankauf animieren. Im Online-Bereich nutzt die „Ammerländer Schinkendiele“ außer der eigenen Internetseite auch Facebook zur gezielten Kundenansprache. Sich auch im Netz immer wieder zeigen und das eigene Angebot in Erinnerung rufen zu können, hält das Ehepaar Gundlach für eine gute Möglichkeit. In Bezug auf Werbung im Internet arbeiten die beiden mit einer professionellen Agentur zusammen. Auf Amazon betreibt das Unternehmen einen eigenen Online-Shop, ebenso auf der eigenen Internetseite unter der Adresse www.schinkendiele.de. Hier stellt Uwe Gundlach die „Ammerländer Schinkendiele“ auch in mehreren sehr sympathischen, ca. einminütigen YouTube-Videos vor. Die Bemühungen rund um die gezielte Ansprache der mit Adressen erfassten Kunden soll in Zukunft noch weiter ausgebaut werden. Als wesentliches Erfolgskriterium für ihr Geschäft betrachten Janina und Uwe Gundlach eine umfassende Kundenorientierung. Neben einer exzellenten Beratung rund um die Produkte gehören dazu außerdem markante Serviceelemente wie die Herausgabe eines eigenen Geschenk-Gutscheines, ein auf das Zwischenahner Stadtgebiet ausgerichteter Bringdienst sowie vielfältige Formen der Verpackung der Ware als Geschenk. Auch die Geschäftsöffnungszeiten lassen sich für ein inhabergeführtes Fachgeschäft durchaus als umfangreich bezeichnen. So kann in der Schinkendiele montags bis samstags zwischen 8:00 und 18:30 Uhr eingekauft werden, aufgrund der Eigenschaft von Bad Zwischenahn als Kurort zudem auch an Sonn- und Feiertagen (11:00 bis 18:30 Uhr). Zur Sicherung des zukünftigen Unternehmenserfolgs gehört für die Eheleute Gundlach u.  a. das Agieren auf einer zeitgemäßen Geschäftsfläche. In diesem Zusammenhang erfolgte in 2018 eine Kernsanierung des gesamten Ladenbereichs sowie der Einbau einer neuen Theke. In Hinsicht auf ihr Angebot ist den beiden ein permanentes Bemühen wichtig, sich von der „Masse“ abzuheben, kontinuierlich an den eigenen Stärken zu feilen und diese in den Vordergrund der eigenen Tätigkeit und in der Ansprache des Kunden zu stellen. Dazu gehört insbesondere die eigene Firmentradition als besonderes „Pfund“ des Hauses. Diese gilt als starker Markenkern und soll im Zusammenspiel mit allen Zukunftsbemühungen auch als solcher erhalten bleiben. Schließlich hängen am Traditionsbegriff elementar wichtige Unternehmenswerte wie z. B. Qualität, Zuverlässigkeit und Kundenorientierung.

6.2 Um ihn allein geht’s: Der (begeisterte) Kunde als Mittelpunkt aller …

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Aus Sicht der Inhaber werden Innenstädte bzw. traditionelle Einkaufsorte eine positive Zukunft haben, weil sie Werte wie „Nähe, Kommunikation, Gemeinschaft, Treffpunkt-­ Atmosphäre und persönlichen Kontakt“ bieten. Jedoch müsse dieses gemeinschaftlich und möglichst professionell organisiert werden, um im Wettbewerb mit anderen Angebotsformen wie Online-Handel, Einkaufen auf der „grünen Wiese“ etc. eine Chance zu haben. Dazu ist es aus ihrer Überzeugung heraus mancherorts nötig, dass im Sinne einer „Bewegung von unten“ die lokalen Einzelhändler zusammen mit den Bürgern die örtliche Politik und Verwaltung entsprechend „aufwecken“ und aktiv die Ergreifung unterstützender öffentlicher Zukunftsmaßnahmen einfordern. Die „Ammerländer Schinkendiele“ war keine neu entwickelte Geschäftsidee, sondern wurde von den Inhabern als bereits bestehendes Unternehmen übernommen und in der Folge zu einer in der Region bekannten, etablierten und bestens angesehenen Marke ausgebaut. Wer im Ammerland und auch ein Stück weit darüber hinaus den Begriff „Ammerländer Schinkendiele“ hört, hat in der Regel umgehend ein klares Bild des Unternehmens, seines Auftretens und seiner Leistungen und Angebote vor Augen. Als überzeugter „Gemeinschaftstäter“ engagiert sich Uwe Gundlach übrigens gerne in der Bad Zwischenahner Werbegemeinschaft in Form einer aktiven Mitarbeit auf Projektebene. Weitere Infos & Kontakt: Web: https://schinkendiele.de Mail: [email protected] / Tel.: 04403 / 10 03

6.2.10  Best Practice 3: Ein kleiner Gruß aus dem Kaufmannsladen Beim letzten Besuch bei meinen Schwiegereltern kramten wir für unseren dreijährigen Sohn den alten Kaufmannsladen vom Dachboden hervor, mit welchem meine Frau und ihr Bruder in deren eigener Kindheit mit Begeisterung gespielt haben. Dieser Kaufmannsladen steht nun bei uns in der Wohnung und erfreut sich einer ausgiebigen Nutzung. Dabei hat unser Sohn in seiner neuen Rolle als Geschäftsinhaber erstaunlicherweise schon wesentliche Grundzüge von Service und Beratung im Repertoire. Einzelhandel zu betreiben scheint also irgendwie fest in den menschlichen Genen verankert zu sein. Wenn wir an seinen Laden herantreten, begrüßt er uns freundlich und fragt als erstes, in welcher Farbe wir unseren Einkaufskorb wünschen. Dann zeigt er mit überzeugendem Gesichtsausdruck auf ein paar Produkte und sagt, dass er diese heute im Sonderangebot hätte. Wenn er merkt, dass ich unschlüssig bin, was ich im Einzelnen erwerben soll, gibt er freundlich Kaufempfehlungen, verbunden mit dem einen oder anderen Hinweis auf bestimmte Vorteile des jeweiligen Produktes („Nimm am besten diesen Honig, Papa. Der ist nämlich seeeeehr lecker. Den musst Du kaufen!“). Hat er etwas gerade nicht vorrätig, weist er freundlich darauf hin, dass die Lieferung quasi schon unterwegs sei („Das bekomme ich morgen. Dann kannst Du gerne wiederkommen.“). Und: er ist umsatzorientiert, zeigt echtes Vertriebstalent, kennt mich als Kunden sowie obendrein mein privates Umfeld ziemlich genau („Du möchtest eine Flasche Saft kaufen? Dann nimm am besten zwei mit. Der

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Opa trinkt den doch auch sehr gerne!“). In diesem Zusammenhang geht er sogar „auf Menge“ und hat ein Bonusprogramm eingeführt. Letztens sagte er doch tatsächlich zu mir: „Papa, wenn Du den Einkaufskorb vollpackst, kriegst Du ein Geschenk!“. Selbst an meinen imaginären kleinen Hund „Piccobello“, zu dessen Anschaffung er mich dezent gedrängt hat und den ich nun immer zum Einkaufen mitbringen und vor dem Laden anbinden soll, denkt er. So bekommt dieser bei jedem Besuch ein mit Wasser gefülltes Schälchen vor die Theke gestellt. Dass unser Sohn später auch im richtigen Leben das Zeug dazu hätte, Einzelhändler zu werden, hat er kürzlich während unseres Sonntagsfrühstücks bewiesen. Auf meine Frage hin, ob ich denn nach dem Essen bei ihm einkaufen könne, guckte er nicht mal von seinem Teller hoch und raunzte sichtlich genervt: „Heute is’ Sonntag, da hab’ ich zu!“

6.2.11  A  rbeitshilfe: Checkliste „Allgemeine Kunden- und Verkaufsorientierung im lokalen Einzelhandel“ Checkliste „Allgemeine Kunden- und Verkaufsorientierung im lokalen Einzelhandel“ Bewertungskriterien (Entsprechendes bitte Ideen/ ankreuzen!) gut verbesserungswürdig Anmerkungen Beratung freundlich fachlich-kompetent, problemlösungsorientiert spürbare Konzentration auf das Beratungsgespräch mit dem Kunden Sonstiges, z. B. Service und Angebot Einkaufsgutschein analog Einkaufsgutschein digital Bringdienst Digitale Services wie z. B. „intelligente Schaufenster“ oder „digitale Umkleidekabinen“ kundenfreundliche Öffnungszeiten inkl. Mittagsöffnung kostenlose Zusatzservices zum Kauf wie z. B. Schneidereiarbeiten in Modegeschäften Einzigartiges Sortiment am Standort Beratung nach Feierabend spezielle Stammkunden-Sonderangebote, -rabatte und -services Bonus- bzw. Rabattsystem Verpackung als Geschenk weitgehende Kulanz im für den Händler vertretbaren Rahmen im Falle von Reklamationen Internetseite mit Informationen zum Angebot, Impressionen vom Geschäft etc. (zwecks Vorabinformationsmöglichkeiten für den Kunden)

6.3 „Gibt’s nicht“ geht nicht! – Gastronomie als unverzichtbarer Bestandteil eines …

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Checkliste „Allgemeine Kunden- und Verkaufsorientierung im lokalen Einzelhandel“ Bewertungskriterien (Entsprechendes bitte Ideen/ ankreuzen!) gut verbesserungswürdig Anmerkungen Wartebereich mit Sitzmöglichkeiten, Getränken, Zeitschriften etc. Kundentoilette besondere Kundenaktionen (Live-Vorführungen wie Modenschauen, Laden-Lesungen, Live-Kochen, Gewinnspiele u. v. m.) Kundeneinbindung mithilfe von Befragungen diverse Bezahlsysteme Online bestellen, im Laden abholen (Click & Collect) Kunden-Newsletter WhatsApp-Pushnachrichtendienst für aktuelle Sonderangebote etc. Kundenmailings Sonstiges, z. B.: Einrichtung/Ladendesign/Wirkung Verkaufsraum Warenpräsentation Schaufenstergestaltung Nutzung der Fläche vor dem Geschäft Sonstiges, z. B.: Kommunikation und Werbung (außer Webseite, Newsletter, Mailings und WhatsApp, s. Rubrik „Service“) Schaltung von Werbeinseraten Verteilung von Werbeprospekten u. ä. Radiowerbung PR-Maßnahmen Sponsoring Nutzung sozialer Medien wie Facebook oder Instagram Sonstiges, z. B.:

6.3

„ Gibt’s nicht“ geht nicht! – Gastronomie als unverzichtbarer Bestandteil eines ganzheitlichen Innenstadterlebnisses

6.3.1 Arten und Funktionen innenstädtischer Gastronomieangebote Keine zentrale Einkaufslage kommt heute noch ohne ein gewisses Maß an Gastronomie aus. Je nach Standort reicht die Angebotspalette vom schnellen „Coffee to go“ über verschiedenartigste Imbissbetriebe bis hin zu angesagten Café- und Bistroeinrichtungen und teilweise sogar stilvollen Edelrestaurants. Dabei übernehmen die einzelnen

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6  Shoppen zum Erlebnis machen: Innenstadt-­Belebung durch Förderung von …

Gastronomieformen verschiedene Funktionen. So haben Kunden Lust auf einen schnellen Snack zwischen den Einkäufen, andere sitzen gerne „stundenlang“ Cappuccino trinkend in einem niedlichen Straßencafé und beobachten genüsslich das lebendige Treiben um sie herum, innenstädtische Arbeitnehmer wiederum freuen sich über eine Auswahl an guten und bezahlbaren Mittagstisch-Angeboten in fußläufiger Entfernung zu ihrem Arbeitsplatz. In diesem Zusammenhang ergänzen insbesondere Metzgereien und Bäckereien mit der Möglichkeit zum Direktverzehr warmer Mahlzeiten sinnvoll ihr eigentliches Kerngeschäft und übernehmen damit eine wichtige Funktion im gastronomischen Mix von Innenstädten und Ortszentren. Insbesondere Bäckereien mit angeschlossenem Cafébetrieb schießen in vielen Städten wie „Pilze aus dem Boden“ und erhöhen mit ihren meist preisgünstigeren Angeboten den Wettbewerbsdruck auf klassische Cafés.

6.3.2  Belebungselement Straßencafé Zunehmend von Bedeutung ist in der Gastronomie die Nutzung der jeweiligen Außenfläche vor den Betrieben, wodurch die sog. „Straßengastronomie“ entsteht. Aus quantitativer Sicht wird hierdurch der Gastraum und folglich die Umsatzaussicht erweitert, aus qualitativer Sicht wird der Kundenwunsch erfüllt, im Freien sitzen zu können. Durch die Brille der Stadtentwicklung betrachtet, trägt eine schön gestaltete und zudem gut genutzte Außengastronomie enorm zur Attraktivität eines Standortes und deren Belebung bei (Anmerkung: Hinweise zur Gestaltung von Straßencafés enthält Kap. 9  zum Thema „Aufenthaltsqualität“  unter Pkt. 9.6.11). In der Regel ist für die Einrichtung von Straßencafés von dessen Betreiber eine Sondernutzungsgebühr an die jeweilige Kommune zu entrichten. Deren Höhe ist satzungsmäßig geregelt. Die Stadt Gevelsberg (Nordrhein-Westfalen) hat nach einem groß angelegten Innenstadt-Umbau, der im Zusammenspiel mit einer Verkehrsberuhigung in der Haupteinkaufsstraße und der Verbreiterung der dortigen Bürgersteige unter anderem die Förderung von Außengastronomie zum Ziel hatte, über mehrere Jahre im Sinne einer maßnahmenbegleitenden Investitionshilfe auf die Erhebung der Sondernutzungsgebühr verzichtet. Innerhalb eines positiven „Gesamtklimas“ aus Umfeldaufwertung, Gebührenbefreiung und weiteren aktiven Unterstützungsmaßnahmen der Verwaltung hat sich die Zahl der gastronomischen Einrichtungen mit angeschlossenem Straßencafé innerhalb weniger Jahre nahezu verdreifacht. Auch im Falle von Innenstadt-Events ist die Straßengastronomie von besonderer Bedeutung, zum einen wegen der grundsätzlichen Versorgung der Festbesucher, zum anderen wegen der durch den Ausrichter erhebbaren „Extra-Sondernutzungsgebühr“, welche zur Finanzierung der Veranstaltung beiträgt. Da die Kommune dem Veranstalter für die Dauer des Events das sog. Marktrecht für die im öffentlichen Raum gelegene Veranstaltungsflä-

6.3 „Gibt’s nicht“ geht nicht! – Gastronomie als unverzichtbarer Bestandteil eines …

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che überträgt, kann er diese entsprechend kommerziell vermarkten. Viele Gastronomen mieten die Flächen, die sie außerhalb der Veranstaltung ohnehin belegen, gerne für die Festdauer vom Veranstalter noch einmal gesondert an, da sie umsatzmäßig zu den Hauptprofiteuren von City-Events gehören.

6.3.3  Möglichkeiten zur Förderung der Innenstadt-Gastronomie Entweder in Eigeninitiative der Gastronomen oder auch mit externer Unterstützung gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Förderung und Stärkung der örtlichen Gastronomiebetriebe. Ein beliebtes und erfolgreiches Veranstaltungskonzept sind in vielen Städten sog. Kneipenfestivals, bei denen etliche Betriebe Live-Musik anbieten und die Besucher gegen Zahlung eines einmaligen Eintritts Zutritt zu allen teilnehmenden Lokalen haben. Insbesondere für Restaurants interessant sind kulinarische Stadtführungen. Hierbei wandert die Teilnehmergruppe von Betrieb zu Betrieb, erhält dort jeweils ein kleines „Häppchen-Menü“ und erfährt vom jeweiligen Wirt Interessantes zum Speisenangebot sowie zum U ­ nternehmen. Hierdurch lernen Bürger und Stadtbesucher das gastronomische Angebot vor Ort besser kennen, bei manchen wird vielleicht sogar die Hemmschwelle überwunden, das eine oder andere Restaurant einmal zu betreten. Das Prinzip der Probeverkostungen lässt sich auch auf einzelbetrieblicher Ebene umsetzen, z. B. als ganzabendliche Weinproben in Zusammenarbeit mit Weingütern. Vielerorts gut angenommen werden von den Besuchern sog. Kulinarien. Vornehmlich lokale und regionale Gastronomiebetriebe treten hier gemeinsam im Rahmen einer OpenAir-Veranstaltung auf und präsentieren an mobilen Ständen zwar nicht zu Dumping-, aber zu Kennenlern-Preisen ihre gastronomischen Künste. Letztlich sollte das gastronomische Standortangebot auch wirksam beworben werben. Hierfür bietet sich die Gestaltung eines Gastroführers an, und zwar sowohl in einer Print- als auch einer Online-Version. Bei letzterer kann eine Verlinkung mit den individuellen, aktuellen Internet- und/oder Social-Media-Aktivitäten einzelner Betriebe erfolgen. So veröffentlichen viele Gastronomieeinrichtungen z.  B. ihre Tagesgerichte, teilen diese in Facebook-Gruppen oder informieren Kunden per  WhatsApp-Push-Nachrichten („Heute das halbe Hähnchen mit Krautsalat am Metzgerei Fleischmann-Mittagstisch für nur €  4,90 inkl. kleinem Getränk nach Wahl!“). Gibt es zusätzlich einen Gesamt-Einkaufsführer für die Innenstadt, sollten die gastronomischen Angebote hierin natürlich auch einbezogen werden, ebenso wie bei anderen Gemeinschaftsaktionen wie der Herausgabe eines City-­Geschenk-­Gutscheins, dessen Attraktivität sich insbesondere aus der Vielfalt an einlösbaren Angeboten und dem Umfang an teilnehmenden Betrieben ergibt (s. hierzu Pkt. 6.4.4.1). Eine interessante Idee ist auch die Einrichtung gegenseitiger Rabatte unter Einzelhändlern und Gastronomen (bzw. unter allen Geschäftsleuten am Standort).

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6  Shoppen zum Erlebnis machen: Innenstadt-­Belebung durch Förderung von …

6.3.4  Arbeitshilfe: Checkliste Innenstadt-Gastronomie Checkliste Innenstadt-Gastronomie Maßnahmen vorhanden ja/nein umgesetzt am Anmerkungen Service besonders schnelle Bedienung für Kunden in deren Mittagspause kundenfreundliche Öffnungszeiten betriebsindividuelle Geschenk-Gutscheine Online-Tischreservierungen Online-Speisekarte WhatsApp-Pushnachrichten-Dienst bei besonderen Aktionen und Angeboten Wickeltisch verschiedene Bezahlarten akzeptiert besondere Kundenaktionen (z. B. Weinprobe) kulturelle Veranstaltungen Sonstiges, z. B.: Gemeinschaftsaktionen Durchführung von Kulinarien Herausgabe eines lokalen Gastroführers (digital und Print) Beteiligung am Standorteinkaufsführer Durchführung von Kneipenfestivals Teilnahme am City-Geschenk-GutscheinSystem kulinarische Stadtführungen zum Kennenlernen der einzelnen Gastronomiebetriebe samt derer Angebote gegenseitige Rabattgewährung unter Geschäftsleuten am Standort Sonstiges, z. B.: Kommunikation und Werbung unternehmenseigene Webseiten mit Informationen und Impressionen Aktivitäten in sozialen Netzwerken E-Mail-Newsletter Sonstiges, z. B.:

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 ier gibt’s was zu tun: lokale Einzelhandelsförderung als H Kernaufgabe von Citymanagement-Initiativen

Eine Kernaufgabe für Citymanager liegt darin, die Innenstadt als Einkaufsstandort zu stärken und demzufolge Maßnahmen umzusetzen, von denen der örtliche Handel in seiner Gesamtheit profitiert. Im Folgenden werden die konkreten Ziele einer Förderung des Ein-

6.4 Hier gibt’s was zu tun: lokale Einzelhandelsförderung als Kernaufgabe von …

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zelhandels genannt und im Anschluss daran die verschiedenen Förderkategorien vorgestellt. Diese lauten Gemeinschaftswerbung, Gemeinschaftsaktionen, Gemeinschaftskundenservices und interne Förderung. Dazu werden konkrete Beispiele für dazugehörige Einzelmaßnahmen aufgezeigt. Der Abschnitt endet mit Hinweisen zu den Möglichkeiten und Grenzen einer umsatzfördernden Einzelbetriebsberatung durch den Citymanager, einer Auflistung von Controllinginstrumenten, anhand derer vornehmlich der geschäftliche Erfolg der Innenstadt überprüft werden kann und letztlich Anmerkungen zum Verhalten von Händlern, die gerne immer profitieren, aber dafür nicht das Geringste tun möchten. Zu empfehlen ist es, Händler in die Planung von ihnen zugutekommenden Fördermaßnahmen einzubinden, sofern sie dieses wünschen. Schließlich erhöht sich in der Regel die Erfolgswahrscheinlichkeit, wenn Betroffene zu Beteiligten werden.

6.4.1  Ziele der Förderung des Einzelhandels Die unter den folgenden Punkten aufgeführten Möglichkeiten zur Unterstützung des innenstädtischen Einzelhandels  sowie der dortigen  Dienstleistungs- und Gastronomiebetriebe richten sich insbesondere auf drei Teilziele aus, welche miteinander zusammenhängen und in Summe das eine große Ziel, nämlich einen erfolgreich funktionierenden Einzelhandelsstandort zu gestalten, verfolgen. • Teilziel 1 ist ein positives Image als Einzelhandelsstandort, welches Voraussetzung dafür ist, dass die innenstädtische Geschäftswelt von potenziellen Besuchern als aufsuchenswert eingeschätzt wird. • Teilziel 2 ist die Erzeugung von möglichst hohen Passantenfrequenzen, verbunden mit der Hoffnung, dass jedes einzelne Geschäft davon genügend Besucher bei sich begrüßen darf. • Teilziel 3 ist die Generierung eines möglichst hohen und stetig steigenden Gesamtumsatzes am Standort unter der Nebenbedingung, dass möglichst jedes einzelne Geschäft in ausreichender Weise hiervon profitiert.

6.4.2  Gemeinschaftswerbung initiieren Bereits in Kap. 5 zum Thema Standortkommunikation wurden einige Möglichkeiten vorgestellt, für die Innenstadt und ihre speziellen Angebote, wie z. B. die vielfältigen Shoppingmöglichkeiten, zu werben. Diese sollen daher an dieser Stelle nicht in wiederholender Weise gesondert präsentiert werden, sind jedoch selbstverständlich in der Checkliste zum Thema „Einzelhandelsförderung  und Gemeinschaftsaktionen“ am Ende dieses Kapitels noch einmal zu finden. Ergänzt wird die Auflistung aus Kap. 5 hier noch um die Idee zur Herausgabe eines Einkaufsführers, neudeutsch auch gerne „Shopping Guide“ genannt. Dieser präsentiert in ansprechender Weise in Form einer Broschüre das Einkaufsangebot

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6  Shoppen zum Erlebnis machen: Innenstadt-­Belebung durch Förderung von …

am Standort, stellt einzelne Geschäfte und Gastronomiebetriebe vor, weist auf die das Einkaufserlebnis ergänzenden Standortservices hin, z. B. auf öffentliche Toiletten u. ä. (s. dazu auch unten in Abschn. 6.4.4) oder listet Parkmöglichkeiten und Bushaltepunkte auf. Neben der Print- sollte ein Einkaufsführer unbedingt als digitale Version verfügbar sein, damit die Innenstadtbesucher die Informationen jederzeit online abrufen können, insbesondere auf ihrem Smartphone, und somit keine gedruckte Fassung mit sich herumtragen müssen.

6.4.3  E  inzelhandelsorientierte Veranstaltungen und Sonderaktionen organisieren Die Durchführung von Innenstadt-Veranstaltungen gehört zu den typischen City­ management-­Aufgaben. Grundsätzliche Hinweise zum Thema Eventmanagement enthält das entsprechende Kap. 9 in diesem Buch. An dieser Stelle soll es daher nicht darum gehen, wie in allgemeiner Hinsicht Veranstaltungen zu organisieren sind und was dabei zu beachten ist. Vielmehr ist hier von Belang, wie der Einzelhandel von Innenstadt-­ Veranstaltungen profitieren kann bzw. welche Veranstaltungsformate geeignet sind, nicht nur das generelle Standortimage zu steigern, sondern auch konkret Aufmerksamkeit für das örtliche Einzelhandelsangebot zu erwirken und im besten Falle noch direkt über das entsprechende Event Umsatz für die einzelnen Geschäfte zu generieren.

6.4.3.1  Regelmäßige Sonderöffnungen mit Rahmenprogramm Der Klassiker für Sonderöffnungszeiten sind verkaufsoffene Sonntage. Je nach Bundesland ist die Sonntagsöffnung mit einem attraktiven Rahmenprogramm zu begleiten, welches den offiziellen Anlass für die Erlaubnis der entsprechenden Sonderöffnung darstellt. Außer in Touristenorten, für welche umfangreiche Ausnahmeregelungen zugunsten von Geschäftsöffnungen an Sonn- und Feiertagen gelten, ist die Anzahl auf wenige Termine pro Jahr beschränkt. Auch hier gelten bundeslandspezifische Gesetze und Regelungen, ebenso für die erlaubten Öffnungszeiten. Grundsätzlich gelten verkaufsoffene Sonntage aus Sicht des Einzelhandels als wichtige Sonderverkaufs- und -werbetage, da die einzelnen Standorte dann die Chance haben, sich auf regionaler Ebene als Einkaufsort zu präsentieren. Oftmals nutzen viele Besucher aus dem Umland die Möglichkeit zu einer Stippvisite in der „Nachbarschaft“. Bei verkaufsoffenen Sonntagen handelt es sich häufig um sehr positiv wahrgenommene City-Familientage, welche laut Rückmeldung vieler Kunden eine wesentlich angenehmere und stressfreiere Einkaufsatmosphäre aufweisen als „normale“ Einkaufstage unter der Woche. Ein weiteres an vielen Standorten beliebtes Format für Öffnungszeiten „außer der Reihe“ sind sog. Moonlight Shopping-Aktionen. Diese zeichnen sich durch deutlich verlängerte Öffnungszeiten des Einzelhandels aus, begleitet von einem stilvollen Rahmenprogramm und besonderen Kundenaktionen in den Geschäften. Genehmigt werden müssen solche Veranstaltungen in Hinsicht auf die Öffnungszeit in aller Regel nicht, weil sie in den meisten Fällen im gesetzlich erlaubten Zeitfenster liegen.

6.4 Hier gibt’s was zu tun: lokale Einzelhandelsförderung als Kernaufgabe von …

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6.4.3.2  S  onderaktionen mit Einbindung des Einzelhandels am Beispiel der City-Cartoon-Tage Gevelsberg Neben den regelmäßigen Events mit Einzelhandelsbezug lassen sich weitere Formate im Sinne von Sonderaktionen entwickeln, welche die Besucher nicht nur in die Stadt, sondern obendrein in die Läden locken. Ein Beispiel hierfür sind die City-Cartoon-Tage Gevelsberg, die ich 2017 dort als Citymanager geplant und durchgeführt habe. Ausgangspunkt für diese Aktion war meine grundsätzliche Suche nach einem passenden Thema, anhand dessen sich für ein paar Wochen „gut gelaunte Alltagskunst“ in der Innenstadt präsentieren lassen könnte. Im Rahmen eines Ostseeurlaubs stieß ich dann auf die jährliche Ausstellung CARTOONAIR in Prerow/Mecklenburg-Vorpommern. Daraus entstand die Idee, für die „City Gevelsberg“ ein Cartoon-Projekt zu entwickeln. Nach einiger Beschäftigung mit dem Thema reifte der Gedanke, die Cartoons vornehmlich in Geschäften und einigen Gastronomiebetrieben, die so zu „Gute-Laune-Galerien“ werden sollten, zu zeigen. Verbunden mit dem Projekt war zudem die Absicht, eine „Cartoon-Wanderung“ durch die gesamte City zu gestalten. Und: sofern möglich, sollten die einzelnen Cartoons inhaltlich den entsprechenden Branchen der teilnehmenden Geschäfte zugeordnet werden können. So kam es dann, dass im September 2017 rund 200 gezeichnete Gags von 55 der aktuell bedeutendsten deutschsprachigen Cartoonisten für rund zwei Wochen in 30 Gevelsberger Geschäften und Cafés kostenlos bewundert werden konnten. Als Motto für die Ausstellung hatte ich „Tierisch im Bilde“ gewählt. Gezeigt wurden also Tier-Cartoons, welche ich aus dem  Fundus des Cartoon-Verleihers, welcher  ungefähr 3.000 Exponate enthielt,  ausgesucht hatte. Mehrere  tausend Besucher nutzten in den zwei Wochen die Chance, die Ausstellung in den „Galerie-Geschäften“ zu besuchen. Verbunden waren die City-Cartoon-Tage mit einem Gewinnspiel, bei welchem die Teilnehmer ihren Lieblingscartoon auswählen konnten. Aus dem Adressmaterial wertete ich anschließend aus, von woher in der Region die meisten Besucher zu der Ausstellung kamen. Zur Vertiefung der Idee „City-Cartoon-Tage“ gab es zusätzlich ein kleines Rahmenprogramm mit einer Cartoon-­Lesung im Gevelsberger Kino sowie zwei Cartoon-Workshops in der örtlichen Malschule. Weitere Ideen für einzelhandelsorientierte Sonderaktionen sind z. B. die Durchführung von Schaufensterwettbewerben und -ausstellungen oder die Organisation eines Laden-­ Adventskalenders, bei welchem zwischen dem 1. und 24. Dezember täglich ein anderes Geschäft die Besucher der Innenstadt zu einer kleinen vorweihnachtlichen Überraschung einlädt. Ein Anlass, sich an einem Standort als Händlerschaft gemeinsam kundenorientierte Aktivitäten auszudenken, können auch die jährlichen Aktionstage der IHK-Initiative „Heimat shoppen“ sein, die an vielen Standorten durchgeführt werden und welche einen Beitrag zur Kundenbegeisterung zugunsten des stationären Handels vor Ort leisten ­wollen.3  Für mehr Informationen zur Initiative „Heimat shoppen“ s. unter https://www.heimat-shoppen.de (Zugegriffen am 5. Mai 2019). 3

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6.4.4  Standort-Kundenservices entwickeln Genauso, wie sich jeder einzelne Händler und Gastronom für sein eigenes Geschäft darum bemüht (bzw. bemühen sollte), mithilfe passender Services Kundenfreundlichkeit und -orientierung zu leben, so sollten alle Betriebe gemeinsam, gesteuert und organisiert im Rahmen des lokalen Citymanagement-Prozesses, bestimmte Kundenservices aufbauen. Zum Teil handelt es sich dabei um gängige Standards, also um Leistungen, die eigentlich erwartbar sein dürfen, aber trotzdem oftmals nicht vorhanden sind, sowie um Maßnahmen, welche über den Standard hinausgehen und bei Umsetzung die Schaffung eines bedeutenden Vorteils gegenüber Standortkonkurrenten bedeuten können.

6.4.4.1  M  it City-Geschenk-Gutscheinen Freude bereiten und Kaufkraft binden Nichts Konkretes, sondern eine Auswahlmöglichkeit zu verschenken, liegt im Trend. Auf der einen Seite freut sich der Beschenkte, sich nach Lust und Laune etwas aussuchen zu können, was ihm gefällt, auf der anderen Seite kann der Schenkende auf Nummer sichergehen, mit seinem Geschenk nicht daneben zu liegen. Obendrein muss er sich nicht lange Gedanken machen: Das konkrete Nachdenken darüber, was dem zu Beschenkenden gefallen könnte, entfällt. Je mehr Einlösestellen in Form von unterschiedlichsten Betrieben es vor Ort gibt, umso attraktiver ist so ein Gutschein. Damit sind Geschenk-Gutscheine ein wichtiges Service- und Marketinginstrument für Innenstädte, schließlich fungieren sie bei Aushändigung gleichzeitig  als eine Art Werbebotschafter für die City sowie  als konkrete Einladung in diese zwecks Einlösung des Gutscheins. Aus Sicht des Schenkenden bezeugt ein verschenkter Gutschein außerdem dessen Identifikation mit dem Standort, eine Art Bekenntnis; schließlich würde er den Gutschein kaum verschenken, wenn er befürchten würde, sich damit beim Empfänger blamieren zu können. Daneben erfüllt ein City-Geschenk-Gutschein eine weitere wichtige Funktion: der Gutscheinumsatz bleibt vor Ort, und zwar bei (mindestens) einem der einlösenden Geschäfte. Damit bindet er Kaufkraft an den Standort, wodurch dieser wiederum gestärkt wird. Wichtig ist der Hinweis, dass City-Geschenk-Gutscheine nicht als Konkurrenz zu den Gutscheinen einzelner Geschäfte fungieren, sondern vielmehr als Ergänzung. So besteht für jedes Geschäft zusätzlich zu den Umsätzen aus dem eigenen Gutscheinverkauf die Chance, von dem Gemeinschaftsgutschein zu profitieren. Die detaillierte Ausgestaltung von gemeinschaftlichen Geschenk-Gutscheinen ist je nach Standort und den dortigen Vorlieben und Möglichkeiten unterschiedlich. Mal wird er in Papierform, mal als Scheckkarte ausgegeben. Mal ist der Wert schon eingedruckt bzw. vorgegeben, mal individuell wählbar. Mal zahlen die teilnehmenden Betriebe eine Organisationsgebühr zwecks Vergütung von Druckkosten, Arbeitsaufwand etc., mal ist die Teilnahme am Gutschein-System über den Mitgliedsbeitrag in der Werbegemeinschaft oder im Citymanagement-Verein abgegolten. Zum Teil ist die Mitgliedschaft in der Organisation, welche den Gutschein herausgibt, sogar Bedingung zur Teilnahme. In manchen Fällen zahlen die Kunden, also die Gutscheinkäufer, eine geringe Servicegebühr für den Gutscheinerwerb.

6.4 Hier gibt’s was zu tun: lokale Einzelhandelsförderung als Kernaufgabe von …

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Wichtig ist ein Bewusstsein dafür, dass es sich bei in Umlauf gebrachten, gedruckten Geschenk-Gutscheinen um Wertpapiere handelt. Diese sollten eine laufende Nummer haben und beim Verkauf, also ihrer Ausgabe, mit Datum, Gutschein-Nr., Wert und Angabe der Verkaufsstelle in einem Ausgabeformular erfasst werden, damit zum einen das ganze Gutschein-System in ordentlicher kaufmännischer Weise geführt wird und zum anderen einzelne Gutscheinbewegungen besser nachvollzogen werden können, wenn es zu einem vermeintlichen Betrugsfall kommt. Genauso sollten die Gutscheine in den jeweiligen Geschäften bei Einlösung ordentlich erfasst und die Gutscheine entwertet werden, bevor sie zur Abrechnung und Auszahlung der eingelösten Beträge bei der hierfür zuständigen (Citymanagement-)Organisation eingereicht werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, Geschenk-Gutscheine möglichst fälschungssicher zu gestalten. Während meiner Zeit als Geschäftsführer einer Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) in Siegen, Nordrhein-­ Westfalen, habe ich ein Gutschein-System für ein Innenstadt-Quartier aufgebaut. Nach längeren Recherchen zum Thema Fälschungssicherheit haben wir uns dafür entschieden, ein leicht gewölbtes Siegel in die Gutschein-Karte einzukleben, welches nur bei drei Herstellern in Deutschland und zudem nur in großen Stückzahlen zu bekommen war. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand den Aufwand betreibt, sich diese Siegel zu besorgen, und dann obendrein im Betrugsfall nicht zu ermitteln wäre, war also relativ gering. Zudem hatte das Siegel die Funktion, den Gutschein für die Mitarbeiter in den einlösenden Betrieben direkt als echt erkennbar zu machen, da die leichte Wölbung einen guten Schutz vor schlecht identifizierbaren Gutschein-Farbkopien darstellte. Von immenser Bedeutung für einen Erfolg eines City-Gutscheinsystems ist ein hoher Bekanntheitsgrad nicht nur hinsichtlich seiner bloßen Existenz, sondern auch bzgl. der Ausgabe-, also Verkaufsstellen. Hierfür sollte in allen teilnehmenden Geschäften ein Flyer ausliegen, der alle wichtigen Gutscheininformationen, insbesondere auch die Annahmestellen, enthält. Dieser Flyer sollte dem Gutschein auch beim Verkauf beigelegt werden, damit der Beschenkte sofort über wichtige Einlöseinformationen verfügt. Ebenso sollten alle Gutscheininformationen im Internet verfügbar sein, naheliegender Weise auf der Standort-Webseite. Hinsichtlich der Ausgabestellen gilt, dass diese so gewählt sein sollten, dass sie gut erreichbar sind und möglichst umfangreiche Öffnungszeiten haben. Zudem sollten es bei Innenstädten mit vorhandener spürbarer Ausdehnung mehrere Stellen über die Innenstadt verteilt sein, da zu weite Entfernungen evtl. vom Gutscheinkauf abhalten könnten. Mit diesen genannten Eckpunkten für Anforderungen an Gutschein-­ Ausgabestellen lässt sich auch erkennen, dass der Grad an Verfügbarkeit des Gutscheins ein wesentlicher Erfolgsfaktor für diesen ist. Gut ist es, wenn der Gutschein auch am Wochenende spontan zu bekommen ist, da er oftmals als Geschenk „auf den letzten Drücker“ z. B. für eine Feier am Samstagabend oder am Sonntag gefragt ist. In diesem Zusammenhang wird zukünftig auch die Digitalisierung von Geschenk-Gutscheinen eine Rolle spielen. So gibt es bereits die ersten Städte, welche es ermöglichen, City-­Geschenk-­ Gutscheine online zu erwerben und am heimischen PC auszudrucken (was natürlich nicht nur am Wochenende interessant ist, sondern auch unter der Woche für viele Kunden eine angenehme Möglichkeit des Gutscheinerwerbs darstellen dürfte). Auch eine gänzlich pa-

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pierlose Gutschein-Variante existiert bereits, und zwar in Form  der  Hinterlegung eines digitalen Gutscheines auf dem Smartphone, von wo aus dieser dann im Geschäft mithilfe der Eingabe eines Händlerakzeptanzcodes in die Gutscheinmaske auf dem Kundensmartphone eingelöst werden kann. Für die den Gutschein akzeptierenden Unternehmen ist neben der grundsätzlichen Umsatzaussicht auch eine zeitnahe  Auszahlung der Gutscheinbeträge auf der Grundlage der durch sie von Kunden angenommenen Gutscheine wichtig. Da letztere als Beweisdokumente für die Berechtigung zu  entsprechenden Rückvergütungen an die Gutschein-­ Annahmestellen  dienen und somit  als entwertetes Original zur Abrechnung eingereicht werden müssen, sind Teileinlösungen in mehreren Geschäften im Falle von gedruckten Gutscheinen in aller Regel nicht möglich. Zudem ist es aus Sicht des Einzelhandels das Ziel, über den Gutschein Umsatz zu generieren. Daher soll für diesen kein Geld an Kunden herausgegeben werden (außer evtl. minimal unter dem Gutscheinwert liegende Differenzbeträge), sondern ausschließlich Ware bzw. unternehmerische Leistungen. Findet ein Kunde partout nichts, um nahezu den gesamten Gutscheinwert einlösen zu können, kann die (Kompromiss-)Lösung darin liegen, dass das betreffende Geschäft ihm einen unternehmenseigenen Gutschein über den Restbetrag ausstellt und den City-Geschenk-­ Gutschein im Gegenzug komplett einzieht und sich entsprechend von der Herausgeberorganisation vergüten lässt. Die Erfahrung zeigt, dass ein gewisser „Bodensatz“ von Gutscheinen nie eingelöst wird. Nach Rücksprache z. B. mit einem citymanagementnahen Steuerberater sollte daher vor Ort besprochen werden, ob die damit verbundenen Gutscheineinnahmen nach gewisser Zeit freigegeben und für andere City-Projekte eingesetzt werden können. Eine „Umsatzbringeridee“ für lokale Geschenk-Gutschein-Systeme ist die Ansprache örtlicher Unternehmen, z. B. aus der Industrie. Diese sind oft auf der Suche nach Mitarbeiterpräsenten, etwa für Weihnachtsfeiern. Mit City-Gutscheinen bekunden sie ihre Identifikation mit ihrem Firmenstandort, tragen dort zum Umsatz bei und „schicken“ ihre Mitarbeiter damit indirekt noch in die betreffende Innenstadt. Ein weiterer interessanter Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Herausgabe sog. Arbeitgebergutscheine an die Mitarbeiter. Diese Art von Gutscheinen werden bis zu einem gewissen Betrag steuerlich bevorteilt. Mit diesem Phänomen lassen sich z. B. gut Mitarbeiter-Bonusprogramme gestalten nach dem Motto „Gutschein statt Geld“. Verwendet werden kann hier der bereits vorhandene City-Geschenk-Gutschein. Die gesetzliche Einlösegarantie für Geschenk-Gutscheine beträgt drei Jahre ab Ausgabe und sollte auf dem Gutschein vermerkt sein. Im Sinne der Kundenorientierung macht es sich gut, wenn Gutscheine in kulanter Weise auch nach dem offiziellen Ablaufdatum noch eingelöst werden dürfen. Einen relevanten Service-Mehrwert und somit einen zusätzlichen Kaufanreiz bieten Gutscheine, wenn sie attraktiv gestaltet sind. Bei dem o. g. Geschenk-Gutschein-System in Siegen legten wir damals Wert auf hochwertiges Papier und schöne Standortfotos. Dazu gab es qualitätvolle farbige Umschläge, welche auf Wunsch mit einer Schleife versehen wurden. Obendrein standen den Kunden wahlweise silber- und goldfarbene Stifte zur Ver-

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fügung, wenn sie die Umschläge stilvoll beschriften wollten. Das alles stand im glaubhaften und passenden Zusammenhang mit der Profilaussage für das Innenstadt-Quartier, welche „Besonderes Ambiente, besonderes Angebot!“ lautete. In diesem Sinne ist auch eine postalische Zusendung von Gutscheinen auf Kundenwunsch hin zu verstehen, nämlich als besonderer Service eines besonderen Standortes. Zur weiteren Inspiration und als nachdrücklicher Beleg dafür, welch enorm starkes Instrument zur Förderung eines Standortes City-Geschenk-Gutscheine sein können, empfehle ich einen Besuch auf der Internetseite https://www.elmshorn-gutschein.de (Elmshorn o. J.). In Elmshorn wurden in den zehn Jahren seit Einführung Gutscheine im Wert von mehr als 4 Millionen Euro verkauft. 

6.4.4.2  Aufbau von lokalen Shopping-Plattformen Seit einiger Zeit versuchen viele Innenstadt-Gemeinschaften, gemeinsame Online-­ Plattformen aufzubauen, die darauf ausgerichtet sind, den stationären Einzelhandel vor Ort zu stärken. Es geht also darum, das örtliche Einkaufsangebot im Internet abzubilden, damit der Handel möglichst davon profitiert. Die Rede ist von sog. „lokalen Shopping-­ Plattformen“. Ziel ist es, eine Art gemeinsames „Kaufhaus im Netz“ zu gestalten, welches darauf ausgerichtet ist, das Internet für den Handel vor Ort nutzbar zu machen, in dem über diesen Weg Umsätze generiert werden und, so die Hoffnung, ein Teil des stetig wachsenden Umsatzes, den der Online-Handel auf Kosten des stationären Handels verbucht, am Standort halten zu können. Aus meiner Sicht kann es für die meisten Standorte mit dem Betreiben einer lokalen Shopping-Plattform „nur“ darum gehen, für daran Interessierte in der Region im Rahmen eines akzeptablen Aufwands (für das Citymanagement) Argumente zum Besuch der Geschäfte vor Ort zu liefern und, sofern vorhanden, auf deren eigene Webshops zu verlinken, aber nicht, ein City-Online-Kaufhaus aufzubauen, und zwar aus folgenden Gründen: • bis dato haben es nur ganz wenige von vielen lokalen Shopping-Plattformen in Deutschland geschafft, zufriedenstellende Lösungen und auch relevante wirtschaftliche Erfolge zu erzielen • die Konkurrenten im Internet sind nicht, bei aller Wertschätzung, die direkten Nachbarkommunen, sondern Amazon und Co. mit Möglichkeiten, welche auf einer dermaßen großen Marktmacht und Professionalität beruhen, denen mit „kleinen Lösungen“ vor Ort nicht beizukommen ist • die Suchkriterien von Internetshoppern sind in der Regel auf Produkt und Preis und nicht auf ihren Wohnstandort ausgerichtet  • der Aufwand zum Betrieb eines vollumfänglichen „City-Online-Kaufhauses“ samt daran hängender Services wie Lieferdiensten etc. lässt sich im Rahmen der üblicherweise verfügbaren Ressourcen vor Ort überhaupt nicht darstellen. Es stellt sich die Frage, ob dann dafür nicht andere wichtige Projekte ins Hintertreffen geraten, so dass zum Schluss gar nichts mehr erfolgreich läuft.

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• mangelnde Händlerteilnahme, und das sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht. Kaum ein inhabergeführtes Geschäft ist in der Lage, zusätzlich zum täglichen Geschäftsbetrieb permanente Online-Angebotsaktionen sowie professionelle Fotos und Beschreibungen von zu verkaufenden Produkten zu liefern. Diejenigen, die dieses bereits für ihren eigenen Webshop machen und dazu folglich in der Lage sind, sind jedoch zu wenige, um mit ihren Waren ein ganzes Kaufhaus abzubilden. Es bleiben also immer große Sortimentslücken. • aufbauend auf dem letztgenannten Punkt stellt sich die Frage, wie interessant ein City-­ Online-­Kaufhaus für professionelle Einzelhändler überhaupt ist. Viele präsentieren sich in thematisch passenden Umfeldern und entsprechenden Portalen. Für einen Feinkosthändler ist es vermutlich lukrativer, seine Weine in einem Online-Weinkaufhaus anzubieten, als mit viel Aufwand auf einem standortorientierten Portal. Besteht trotz allem der Wunsch zum Aufbau eines vollumfänglichen „City-­ Online-­ Kaufhauses“, empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit Anbietern, welche sich auf dieses Thema spezialisiert haben.

6.4.4.3  Einrichtung eines kostenlosen City-WLANs Kostenloses WLAN im öffentlichen Raum und in Geschäften und Cafés, also in der kompletten Innenstadt, wird seitens vieler Kunden und Innenstadt-Besucher mittlerweile als Standardangebot wie selbstverständlich erwartet. Aus Kostengründen wurde ein solcher Service an vielen Standorten in Zusammenarbeit mit der Initiative Freifunk organisiert, welcher eine freie Informationsentfaltung am Herzen liegt und welche im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Arbeit interessierte Orte beim Aufbau eines flächendeckenden WLAN unterstützt. Hierfür spenden insbesondere Geschäftsleute frei verfügbare Internetkapazitäten von ihrem eigenen Anschluss. Durch die Aufstellung von aufeinander abgestimmten Routern, z. B. in den Schaufenstern der Einzelhändler, wird ein zusammenhängendes WLANNetz über die gesamte Innenstadt erzeugt, welches von Jedermann genutzt werden kann. Mit Abschaffung der sog. „Störerhaftung“ im Jahr 2017 müssen diejenigen Betriebe, welche einen Teil ihrer Internetkapazitäten ins Netz einspeisen (s. o.) nicht mehr haften, wenn Nutzer unerlaubte Inhalte herunterladen. Größere Städte sind häufig in der Lage, statt der Freifunk-Variante professionelle WLAN-Netzwerke für die gesamte City per Vertrag bei einem darauf spezialisierten Unternehmen einzukaufen. In diesem Falle müssen selbstverständlich keine Router in Schaufenstern platziert werden. So ein System funktioniert dann in der Regel über ein System von Funkantennen, welche an dafür prädestinierten Stellen in der Innenstadt installiert werden und von dort aus das WLAN-­Signal ausstrahlen. 6.4.4.4  Schaffung einheitlicher (Kern-)Öffnungszeiten Auch im Jahr 2019 leiden viele Ortszentren an der althergebrachten Gewohnheit vieler inhabergeführte Geschäfte, mitten am Tag ihre Türen zu schließen und erst zwei Stunden später wieder zu öffnen. Das Thema, am Standort zumindest verlässliche Kernöffnungszeiten einzurichten, ist ein Dauerbrenner seit vielen Jahren. Fakt ist: Der Kunde wünscht

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bei klassischen Innenstadtgeschäften unter der Woche durchgehende Öffnungszeiten zumindest von 10 bis 18 Uhr, je nach Standortgröße auch darüber hinaus bis 19 oder 20 Uhr. Mittagsschließungen werden definitiv als nicht mehr zeitgemäß für den Einzelhandel in einer City bewertet. Sie führen z. B. dazu, dass in der Innenstadt Berufstätige während ihrer Mittagspause in den dortigen Geschäften keine Einkäufe erledigen können.

6.4.4.5  W  eitere Standort-Serviceideen und Aufbau einer Service-­ Infrastruktur Neben den oben aufgezählten Ansätzen und Maßnahmenideen für einzelhandelsfördernde Standort-Services sollen beispielhaft noch weitere kurz genannt werden. So beschweren sich immer wieder Kunden, dass sie keine öffentliche Toilette finden. Kann diese nicht baulich eingerichtet werden, können evtl. Absprachen mit Geschäften oder Cafés getroffen werden, die ihre eigenen Kundentoiletten offiziell als City-Kundentoilette zur Verfügung stellen (Prinzip „Nette Toilette“), im Zweifelsfalle gegen Zahlung einer kleinen Aufwandsentschädigung aus dem Citymanagement-Budget. Weitere Serviceideen sind die Einrichtung eines Wickeltisches für junge Familien, der Aufbau eines gemeinschaftlichen Lieferservices am Standort, um hiermit wirkungsvoll dem Online-Handel etwas entgegenzusetzen, oder die Einrichtung einer Kinderbetreuung. Einzelideen gibt es natürlich noch viel mehr. Viele der hier genannten Maßnahmenvorschläge sind für Einkaufszentren oder größere Möbelhäuser normal, jedoch tut man sich in Innenstädten schwer damit. Am besten wäre es, gezielt und mit Konzept am Aufbau einer innenstädtischen Service-Struktur zu arbeiten.

6.4.5  Interne Fördermaßnahmen Zur Förderung des Einzelhandels in der Innenstadt kann es auch gehören, für diesen Angebote zu organisieren, die zur Optimierung seiner unternehmerischen Tätigkeit beitragen sollen und somit nicht wie die bisher vorgestellten Maßnahmenbereiche direkt auf den Kunden „abzielen“.

6.4.5.1  Anbieten von Händlerschulungen Angefangen von der Unterrichtung, wie Verkaufsgespräche optimal geführt werden, über einen Infoabend mit einem Schaufensterdekorateur bis hin zu – ganz wichtig! – Online-­ Seminaren: zu verschiedensten Themen lassen sich Experten für einen entsprechenden Schulungsabend buchen. Leider ist es oft so, dass wesentlich weniger Händler als erhofft an solchen sehr sinnvollen Veranstaltungen teilnehmen, was dann schade für die Mühe ist, die sich der Citymanager gemacht hat, ebenso wie es für die Innenstadt schade ist, weil diese möglichst professionell agierende Einzelhändler braucht, und obendrein schade um das meist nicht ganz günstige Expertenhonorar ist. Damit sich der Schaden diesbzgl. in Grenzen hält, sollte für solche Art von Veranstaltungen im Vorfeld unter den Händlern eine Interessensabfrage erfolgen. Wenn diese positiv ausfällt, empfiehlt es sich, mit konkreten

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Anmeldungen inkl. Fristeinhaltung zu arbeiten, damit dem gebuchten Referenten im Zweifelsfalle früh genug abgesagt werden kann und je nach vorheriger Vereinbarung dieser ein Ausfallgeld statt des kompletten Honorars ausbezahlt bekommt.

6.4.5.2  Einladung zum Händlerstammtisch Immer wieder bemängeln Geschäftsleute vor Ort einen fehlenden kollegialen Austausch. Hier bietet sich für den Citymanager eine ideale Gelegenheit, seine Funktion als wandelnde Netzwerkzentrale für die Innenstadt auszuspielen, welche die Akteure untereinander zusammenbringt. Veranstaltungsformate wie z.  B. quartalsweise Händlertreffs (am besten nach Geschäftsschluss im geselligen Rahmen) bringen die Unternehmer unterei­ nander näher zusammen (vielleicht werden sogar projektbezogen Geschäftskooperationen ersonnen und vereinbart). Auch für den Citymanager sind solche Termine eine gute Gelegenheit, gleich zu mehreren Standortakteuren auf einmal regelmäßigen Kontakt zu halten. Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus empfehle ich, solche Treffen in einen offiziellen und einen inoffiziellen Teil zu gliedern. Z. B. lässt sich der Einstieg in eine solche Veranstaltung gut mit einem Expertenvortrag zu einem angesagten Einzelhandelsthema gestalten. Im Anschluss daran folgt dann der „gemütliche“ Teil, in welchem alle Teilnehmer Gelegenheit haben, sich ungezwungen untereinander auszutauschen. Auf diese Weise erzeugen die Aspekte „Händlerschulung“ und „kollegialer Austausch“ Synergieeffekte untereinander. 6.4.5.3  Organisation von Gemeinschaftsrabatten Eine weitere Idee zur Förderung des lokalen Einzelhandels liegt darin, ihn bei der Reduzierung seiner betrieblichen Kosten zu unterstützen. So kann die für die Händlerschaft am Standort zuständige Organisation als eine Art Einkaufsverbund auftreten und versuchen, für ihre Mitglieder bei bestimmten Firmen Mengenrabatte sowohl auf Gemeinschafts- als auch auf Einzelbestellungen herauszuhandeln. Das können z. B. Sonderpreise für den Einkauf bei einem bestimmten Büromarkt sein. Ebenso denkbar sind Vereinbarungen mit Autohäusern im Zusammenhang mit der Anschaffung von Firmenwagen. Eine Gewährung von reduzierten Konditionen bei Energieversorgern oder Telekommunikationsanbietern ist ebenfalls nicht auszuschließen. Auch diese Unternehmen stehen allesamt im Wettbewerb, dürfen rabattieren und „lecken“ sich oftmals die Finger nach in Aussicht stehenden Großverträgen mit Einkaufsverbünden, welche ihnen im Zweifelsfall auf einen Schlag einen in Relation zu anderen Einzelgeschäften hohen Umsatz garantieren, was sie wiederum mit einem attraktiven Preisabschlag zugunsten der Besteller belohnen.

6.4.6  Möglichkeiten und Grenzen der einzelbetrieblichen Förderung Hier und da möchten sich Händler und Gastronomen gerne mit persönlichen Beiträgen in Gemeinschaftsaktionen einbringen, z. B. mit einer besonderen Aktion vor dem eigenen Geschäft, welche einen Programmbeitrag zum Stadtfest leistet. Selbstverständlich sind Citymanager

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dafür ansprechbar und helfen gerne kreativ mit. Auch, wenn ein Einzelhändler vorträgt, dass er grundsätzlich einmal etwas ganz Besonderes für seine Kunden „auf die Beine stellen“ möchte, er aber keine Idee hat, was er machen soll, kann ein Citymanager beim Nachdenken mithelfen. Immens wichtig ist eine Unterstützung, wenn sich ein Einzelhändler meldet und von unternehmerischen Problemen berichtet. Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs können dann gemeinsam mögliche Lösungsansätze erörtert werden. Dieses betrifft dann schon den Bereich der Leerstandsprävention. Dazu enthält das Folgekapitel 7 Ausführungen (s. Abschn. 7.7). Eine betriebliche Einzelberatung oder -förderung endet aus meiner Sicht aber dort, wo der Citymanager auf eine weitere Hilfestellung bzw. Betreuung durch einen Experten für ein bestimmtes Thema verweisen sollte, z. B. einen Unternehmens- oder Steuerberater. Ebenso muss er teilweise freundlich Grenzen ziehen, wenn ihn einzelne Akteure (auch in Bereichen außerhalb der Händlerschaft) zu sehr für sich vereinnahmen wollen und ständig Einzelunterstützung fordern, die er als für alle Akteure am Standort beauftragter Kümmerer und Ansprechpartner gar nicht leisten kann, ohne diese anderen Personen und obendrein seine restliche Arbeit zu vernachlässigen. Letztlich sollte es durchaus auch eine Rolle spielen, ob sich Betriebe, welche den Citymanager wiederholt um Unterstützung bitten, als zahlendes Mitglied in der Organisation engagieren, welche den Citymanager bezahlt.

6.4.7  W  issen, ob’s läuft: Controlling-Instrumente für den Einkaufsstandort Innenstadt In regelmäßigen Abständen sollte der Erfolg des eigenen Einkaufsstandortes gemessen bzw. kontrolliert werden. Die dadurch zur Verfügung stehenden Kenntnisse können bei der Einschätzung helfen, ob weitere Fördermaßnahmen zugunsten des Einzelhandels nötig sind oder ob bestehende verbessert werden sollten. Einige solcher Controllingmethoden werden folgend vorgestellt.

6.4.7.1  Frequenzzählungen Frequenzzählungen geben Auskunft über das Passantenaufkommen an einem Standort. Wirklich sinnvoll sind Frequenzzählungen nur dann, wenn sie in regelmäßigen Abständen unter gleichen Bedingungen (gleiche Erhebungsstelle, gleicher Zeitraum, gleicher Zähltag, gleiche Uhrzeit) durchgeführt werden, um daraus realistische Aussagen zur Frequenzentwicklung am Standort ableiten zu können. Für gewöhnlich erfolgt die Zählung an einer Erhebungsstelle für 10 oder 15 Minuten und wird dann auf eine Stunde oder einen ganzen Tag hochgerechnet. Einige Standorte haben in automatische Zählanlagen investiert, um mithilfe eines Infrarotsystems entsprechende Messungen durchführen zu können. 6.4.7.2  Zufriedenheitsabfragen unter Kunden und Einzelhändlern In schriftlicher Form können Kunden das Einkaufsangebot vor Ort sowie ergänzend weitere Innenstadt-Aspekte wie z.  B. die Aufenthaltsqualität oder die Erreichbarkeit des Standortes benoten. Daneben sollte es die Möglichkeit geben, dass die Teilnehmer ihre

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Bewertung begründen und freie Hinweise, Ideen oder Beschwerden formulieren können. Als Anreiz zur Teilnahme an der Befragung kann die Verbindung mit einem Gewinnspiel dienen, bei welchem z. B.  City-Geschenk-Gutscheine oder andere standortbezogene ­Präsente verlost werden. Hierfür müssten die Teilnehmer allerdings ihre Kontaktdaten eintragen. Grundsätzlich sind solche Befragungen in anonymisierter Form auszuwerten. Die Antworten der Befragten können bei Bedarf auch in Interviewform erfasst werden. Inte­ ressant im Zusammenhang mit solchen Abfragen ist die Angabe soziodemografischer Merkmale der Kunden nach Alter und Geschlecht, um die Ergebnisse der Befragung hiernach clustern zu können in der Absicht, in Zukunft zielgruppengenaue Verbesserungsmaßnahmen für die Innenstadt und speziell für die Händlerschaft  zu entwickeln. Eine gute Möglichkeit, Teilnehmer für solche eine Umfrage zu finden, besteht im Rahmen von verkaufsoffenen Sonntagen, Stadtfesten u. ä., bei denen Innenstadt-Besucher entweder spontan auf der Straße angesprochen und interviewt werden oder an einem gesonderten Citymanagement-­ Stand die Befragungskarten ausfüllen und in eine Box einwerfen ­können.

6.4.7.3  Postleitzahlen-Abfragen In Zusammenarbeit mit ausgewählten Geschäften lohnt es sich, die Kundschaft beim Bezahlvorgang durch Nennung der Postleitzahl nach deren Herkunft zu befragen. Hieraus lässt sich schnell ablesen, wie die eigene City in der Region ankommt bzw. welche Stahlkraft sie über die Stadtgrenzen hinaus hat. Insbesondere im Rahmen von verkaufsoffenen Sonntagen lässt sich anhand dieser Zahlen oftmals gut belegen, wie wichtig diese für die einheimischen Händler sind, um sich vor Besuchern aus umliegenden Städten präsentieren zu können. Diese haben unter der Woche nur wenig Möglichkeiten, sich das Einkaufsangebot in der Region anzuschauen, schon gar nicht als Familien mit Kindern. 6.4.7.4  Mystery Shopping Möchte ein Citymanager bei den lokalen Einzelhändlern dafür werben, in Hinsicht auf die Schaffung eines Einkaufserlebnisses für den Kunden besser zu werden, kann die Beauftragung einer Agentur helfen, welche unangekündigt und unerkannt Testkunden Geschäfte besuchen lässt und diese im Anschluss anhand verschiedener, zuvor vereinbarter Kriterien bewertet. In der Folge der Maßnahme ist ein hochsensibler Umgang mit den Auswertungsergebnissen gefragt. Keinesfalls darf es passieren, dass sich ein Händler diffamiert oder bloßgestellt fühlt. Zu raten ist, die Ergebnisse nur zur grundsätzlichen internen Bestätigung zu verwenden, dass in den Geschäften vor Ort wesentlich mehr im Bereich Kundenorientierung getan werden muss und deshalb gemeinsam mit den Händlern denkbare Verbesserungsmaßnahmen erörtern werden sollten. 6.4.7.5  Anonymisierte Umsatzabfragen Evtl. sind mehrere „repräsentative“ Innenstadt-Händler bereit, in anonymisierter Weise Auskunft zur generellen Umsatzentwicklung ihres Geschäftes zu geben, allerdings nur in

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Relation zu vorhergehenden Zeiträumen, nicht in absoluten Zahlen (z. B. Umsatzsteigerung im letzten Quartal um 10 %, im Vergleich zum selben Stichtag im Vorjahr um 24 % oder im Verhältnis zum Start der Umsatzabfrage-Initiative um 18 %). Hieraus ließen sich sowohl eine durchschnittliche Erfolgsentwicklung für den Standort ablesen als auch ­genauere Auswertungen vornehmen, z. B. mit einer solchen Erkenntnis: „80 % Prozent aller Auskunft gebenden Geschäfte beklagten einen Umsatzrückgang von mindestens 10 % gegenüber dem Vergleichsstichtag im Vorjahr, obwohl der Durchschnittsumsatz in Bezug auf alle Auskunft gebenden Geschäfte im selben Zeitraum gleich blieb. Demnach konnten einige wenige Geschäfte einen relativ hohen Umsatzzuwachs verzeichnen, der Großteil aber könnte bei einer Fortführung dieses Gesamttrends auf Dauer Probleme bekommen. Der Eindruck, dass die grundsätzliche Situation des Einzelhandels am Standort aufgrund des stagnierenden Umsatzes im Durchschnitt aller Geschäfte stabil ist, täuscht somit!“

6.4.8  A  bschließende Bemerkungen zum Anspruchsdenken mancher Geschäftsleute vor Ort Oft geht es um Projekte, welche ein aktives Mitmachen der Händlerschaft erfordern. Leider wird das von diesen nicht immer verstanden. Nicht wenige Händler, Dienstleister und Gastronomen meinen, mit einer Mitgliedschaft in der Werbegemeinschaft oder im Citymanagement-­Verein wäre jegliche Eigeninitiative im Rahmen von Gemeinschaftsaktionen nicht mehr nötig. Worum es vielfach jedoch geht, ist, mit handelsfördernden Projekten einen Gesamtrahmen vorzugeben, innerhalb dessen jeder Inhaber in Bezug auf sein eigenes Geschäft gefragt ist, sich aktiv einzubringen, um von den entsprechenden Maßnahmen zu profitieren. Ich versuche im Rahmen meiner Arbeit immer wieder, die Geschäftsleute vor Ort davon zu überzeugen, im Rahmen von City-Veranstaltungen, bei denen ein hohes Besucheraufkommen erwartet wird, sich eine besondere Aktion für ihre Fläche vor dem Laden auszudenken, welche hilft, die vielen Passanten ganz nah an das Geschäft heranzuführen und von dort aus in dessen Inneres zu locken. Das kann z. B. mit einem kleinen Gewinnspiel geschehen, bei welchem jeder Teilnehmer zumindest einen kleinen Preis gewinnt, den er im Geschäft abholen muss bzw. darf. Dort werden die Besucher dann mit besonderen Tagesaktionen, z. B. Rabatten, einer Produktvorführung oder ähnlichem angesprochen, so dass kaum eine Möglichkeit ausgelassen wurde, den ursprünglichen Straßenpassanten, der dann zum Gewinnspiel-Teilnehmer und im weiteren Schritt zu einem Besucher des Geschäftes wurde, in der letzten Stufe sogar zum Kunden zu machen. Das ist nicht nur gar nicht so schwer, sondern vielmehr die ureigenste Aufgabe eines Einzelhändlers, entsprechende Chancen engagiert zu nutzen und alles Erdenkliche zu versuchen, Passanten von der Straße ins Geschäft zu holen. Stattdessen jammern allen Ernstes Geschäftsleute häufig darüber, dass bei einer Veranstaltung, z. B. einem verkaufsoffenen Sonntag mit Rahmenprogramm, immens viele Menschen zwar in der Stadt, aber nicht in ihrem Geschäft waren. Wenn ich dann frage, in welcher Weise sie denn

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­ ersucht hätten, die Leute anzulocken, kommen Ausreden wie „Dafür haben wir keine v Zeit, alle Mitarbeiter waren für Wichtigeres eingeteilt.“ Gerne wird die Schuld auch auf andere ­geschoben: „Es war das falsche Publikum unterwegs.“, „Nur Sehleute, keine Kaufkundschaft.“ oder „An dieser Stelle der Einkaufsstraße fehlt ein Programmpunkt, deswegen gehen die Leute schneller vorbei und nehmen mein Geschäft nicht wahr.“ Ich sage dann immer wieder mal freundlich, dass es die Aufgabe des Citymanagements ist, Menschen in die Stadt zu holen und direkt vor die Geschäfte zu bringen, jedoch nicht, sie dort auch noch hineinzuschubsen. Gerne erkläre ich das manchmal auch bildhaft: das Citymanagement stellt den Anglern das mit Fischen prallvolle Becken direkt vor deren Füße. Die Angel auswerfen muss dann als Angler aber schon selber ... . Gemeinschaftsaktionen zugunsten des Einzelhandels sind also als bestmögliches Unterstützungsinstrument für diesen zu verstehen, nicht aber als automatisch funktionierende „Kundenbeschaffungsmaschine“ für jedes einzelne Geschäft.

6.4.9  A  rbeitshilfe: Checkliste Einzelhandelsförderung und Gemeinschaftsaktionen Checkliste Einzelhandelsförderung und Gemeinschaftsaktionen Maßnahme geeignet ja/nein erledigt am Anmerkungen Gemeinschaftswerbung und -kommunikation Plakatwerbung Flyerwerbung Sonderseiten Print (und evtl. sonstige Inseratformate) Radiowerbung Bannerwerbung City-Magazin Einkaufsführer analog und digital Standort-Internetseite mit Infos und Impressionen Facebook-Marketing Instagram-Marketing Nutzung weiterer sozialer Netzwerke, z. B.: WhatsApp-Pushnachrichtendienst PR-Maßnahmen Sonstiges, z. B.: Gemeinschaftsservices City-Geschenk-Gutschein analog City-Geschenk-Gutschein digital Einrichtung einer lokalen Shoppingplattform zentraler Bringdienst (evtl. taggleich mit Bestellung bis zu einer gewissen Uhrzeit) kundenfreundliche Öffnungszeiten inkl. Mittagsöffnung

6.5 Wo Shoppen heute schon auf Zukunft trifft: Beispielhafte Initiativen und Projekte … 149 Checkliste Einzelhandelsförderung und Gemeinschaftsaktionen Maßnahme geeignet ja/nein erledigt am Anmerkungen Initiative „Einheitliche (Kern-)Öffnungszeiten“ allgemeine bzw. öffentliche Kundentoilette Wickeltisch-Angebot City-Bonus- oder -Rabattsystem City-Kinderbetreuungsangebot Kundenbefragungen Gewinnspielaktionen Sonstiges, z. B.: Interne Fördermaßnahmen Durchführung von Händlerschulungen Organisation von „Händlerstammtischen“ Bemühung um Rabatte für den „Einkaufsverbund Händlerschaft“ Sonstiges, z. B.: Controllingmethoden „Einkaufsstandort Innenstadt“ Frequenzzählungen Zufriedenheitsabfragen Kunden Zufriedenheitsabfragen Händler Postleitzahlenabfragen Mystery Shopping regelmäßige anonyme Umsatzabfragen Sonstige, z. B.:

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 o Shoppen heute schon auf Zukunft trifft: Beispielhafte W Initiativen und Projekte zur digitalen Weiterentwicklung des stationären Einzelhandels

Viele Initiativen, Organisationen und Unternehmen beschäftigen sich damit, wie Einzelhandel in Zukunft funktionieren wird. Im Zentrum steht dabei der Wandel durch Digitalisierung. Im Folgenden stelle ich kurz fünf Beispiele vor mit dem Ziel, ein wenig Inspiration zu diesem wichtigen Thema zu vermitteln. Gleichsam soll  dafür sensibilisiert werden, sich dem Thema „Epochaler Wandel im Handel“ nicht zu verschließen und auch die Chancen zu erkennen, welche das Phänomen mit sich bringt. Weitergehende Informationen sind z. T. auf den im Literaturverzeichnis aufgeführten Internetseiten zu finden.

6.5.1  Einzelhandelslabor und City Lab Südwestfalen Zwischen 2016 und 2019 befasste sich das „Einzelhandelslabor Südwestfalen“ damit, den stationären Einzelhandel in der Region für die Herausforderungen der Digitalisierung ­fitzumachen. Projektpartner waren die IHK Arnsberg, die südwestfälische IHK zu Hagen,

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6  Shoppen zum Erlebnis machen: Innenstadt-­Belebung durch Förderung von …

die Universität Siegen, die Fachhochschule Südwestfalen und die private Hochschule BiTS Iserlohn. Mithilfe von Workshops, Informationsveranstaltungen und Exkursionen ging es insbesondere darum, interessierte Händler dahingehend zu stärken, eigene Online-­ Strategien für ihr Geschäft zu entwickeln. Auf der Internetseite des Einzelhandelslabors finden sich Leitfäden und weitere Schriften zum Thema „Digitalisierung im Einzelhandel“ zum kostenlosen Download. Ab September 2019 wird es mit dem „City Lab Südwestfalen“ ein auf dem Einzelhandelslabor aufbauendes Folgeprojekt geben, welches in ganzheitlicher Ausrichtung sämtliche Innenstadt-Akteure anspricht, verbunden mit dem Ziel, „gemeinsam lebendige und damit attraktive Innenstädte – digital unterstützt – zu entwickeln.“ (Einzelhandelslabor o. J.)

6.5.2  FutureCity Langenfeld Die zwischen Düsseldorf und Köln gelegene Mittelstadt Langenfeld mit über 60.000 Einwohnern hat sich zum Ziel gesetzt, eine „einzigartige Plattform für die Zukunft des modernen Handels“ zu entwickeln. „Visionäre und Experten“ arbeiten hierfür „interdisziplinär und kooperativ“ zusammen. „Händler, Konsumenten, Politik und Verwaltung“ unterstützen diesen Prozess, der nicht zuletzt auch auf das Thema „Innenstadtentwicklung“ abzielt. Dafür werden auch „Infrastrukturprojekte wie moderne Stadtentwicklung, Mobilitäts- und Smart City Konzepte einbezogen“.(futurecitylangenfeld o. J.)

6.5.3  ShoppingLAB Aachen Mit dem Untertitel „Zukunftsforum für lokalen Einzelhandel“ ging es im Jahr 2018 in einem Zeitraum von rund fünf Monaten darum, wie sich für die Aachener Händlerschaft „Online- und Offline-Welt sinnvoll miteinander verbinden“ lassen. Die im Projektzeitraum entstandenen Ideen und Kooperationen stellten die Grundlage für eine folgende Umsetzungsphase dar, über die sich Interessierte über SocialMedia-Kanäle wie Facebook und über einen Newsletter informieren können (für Informationen zur Newsletteranmeldung s.  https://www.shopping-lab-aachen.de/#meet). Im Rahmen des ShoppingLABs wurde neben vielen anderen Aspekten z.  B. erörtert, wie sich das 3D-Druckverfahren für den lokalen Einzelhandel nutzen lässt. Dazu gab es einen spannenden „Musterprozess“ zu begutachten: unter dem Motto „Digitalisierung eines neugegründeten Einzelhändlers“ wurde ein ausgesuchtes, neugegründetes Geschäft „vom Warenwirtschaftssystem bis zum eigenen Onlineshop“ professionell beraten. Im Rahmen von „regelmäßigen öffentlichen Treffen“ konnten „Händler die Entwicklung mitverfolgen und Anregungen für die eigene Vorgehensweise entdecken“. ShoppingLAB-Initiator ist die Stadt Aachen. (shopping-lab-aachen o. J.)

6.5 Wo Shoppen heute schon auf Zukunft trifft: Beispielhafte Initiativen und Projekte … 151

6.5.4  B8ta Die amerikanische Handelskette B8ta (gesprochen „Beta“) präsentiert in ihren Läden auf stilvolle Weise Produkte verschiedener Hersteller, die der Kunde bei Gefallen entweder auf der unternehmenseigenen Internetseite oder bei einem anderen Händler einkauft (vgl. brand eins, Juli 2018). Für das Ausstellen der Ware erhält B8ta eine Gebühr des Herstellers. Zielgruppe sind Kunden, die sich vorinformieren, Produkte antesten oder anfassen wollen oder einfach keine Ware mitnehmen und herumtragen möchten. Kurzum: also Kunden, für die die sofortige Verfügbarkeit keine Rolle spielt. Damit hat B8ta aus dem vom stationären Handel oft beklagten „Beratungsklau“, bei dem sich der Kunde zwar umfangreich beraten lässt, dann aber hinterher doch woanders kauft, eine Geschäftsidee gemacht. Die Hersteller präsentieren ihre Marken für einen vereinbarten Zeitraum gegen eine Gebühr in den Filialen von B8ta und erhalten im Gegenzug für sie wichtige Kundeninformationen, wie zum Beispiel Auswertungen der von Kameras aufgezeichneten Umgangsweisen wie Anfassen und Ausprobieren der Kunden mit den ausgestellten Produkten. Kundentablets ermöglichen die sofortige Einholung weiterer Informationen, Online-Preisvergleiche etc. Die menschliche Komponente des Konzeptes füllen Mitarbeiter aus, die strikt auf Beratung statt auf aktiven Verkauf ausgerichtet sind und die die Inhalte der Kommunikation mit dem Kunden anschließend auf dem Tablet erfassen. Mit der Idee bietet B8ta Herstellern, die zuvor nur mit einem eigenen Onlineshop aktiv waren, die Möglichkeit, den Sprung in den stationären Einzelhandel zu schaffen. Viele der interessierten Unternehmen sehen nämlich nach und nach auch Vorteile des stationären Handels gegenüber dem reinen Onlinehandel, insbesondere, wenn es darum geht, vor allem relativ teure Produkte vor dem Kauf anfassen, begutachten und vielleicht sogar ausprobieren zu können. Der Kundennutzen des Konzeptes liegt im Endeffekt darin, dass ein Kaufinteressent die ihn interessierenden Produkte weiter vor Ort begutachten kann, er aber nicht vor Ort kaufen muss, wenn er zum Erhalt des Geschäftes beitragen will. Der Ladenbetreiber erwirtschaftet seinen Umsatz nämlich wie oben beschrieben über den bei ihm ausstellenden Hersteller. Und apropos „Service und Beratung“: Das Unternehmen B8ta legt höchsten Wert darauf, dass seine Mitarbeiter umfangreich Kenntnis von den ausgestellten Produkten haben, um „jede Kundenfrage möglichst kompetent zu beantworten“.

6.5.5  Barbara Frères Kindermoden „Barbara Frères“ ist ein exklusives Fachgeschäft für hochwertige Kindermode. Ziel und Anspruch des Unternehmens ist es, „unseren Kunden ein absolut einmaliges Einkaufserlebnis zu bieten, wenn sie unser Ladenlokal auf der Düsseldorfer Königsallee besuchen. Eine exquisite Auswahl der luxuriösesten und innovativsten Modelabels für Kinder, eine starke Kompetenz, eine sehr persönliche Beratung und eine inspirierende Atmosphäre schaffen gemeinsam etwas Einmaliges. Unsere Vision ist es, unseren Kunden auf der

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6  Shoppen zum Erlebnis machen: Innenstadt-­Belebung durch Förderung von …

­ anzen Welt dieses besondere Erlebnis jederzeit verfügbar zu machen. Warum sollten Sie g Ihre persönliche Verkaufsberaterin nicht von überall sehen und sprechen können? Warum sollten Sie nicht in den Genuss unserer Beratung und Shopping Services kommen, wenn Sie einmal nicht persönlich in unser Geschäft kommen können? Unsere Antwort lautet: Live Video Shopping mit der LiSA Technologie. Mit dieser Lösung stehen Ihnen eine persönliche Beratung und ein einmaliges Einkaufserlebnis mit nur einem Mouseclick zur Verfügung – wann immer und wo immer Sie es wünschen!“. (barbarafreres.de o. J.) Eine bessere Einleitung zu dem, was sich das Unternehmen „Barbara Frères“ hat einfallen lassen, um Kunden in aller Welt durch Nutzung des Internets zu begeistern, scheint mir kaum möglich. Im Kern ist das Konzept ziemlich simpel. Das Unternehmen hat selber eine Art Kamerawagen entwickelt, und zwar in Form eines rollenden Unterbaus, auf dem ein Tablet-­Computer installiert wurde. Aufgrund des ohnehin vorhandenen internationalen Publikums am Standort Düsseldorf war „Barbara Frères“ schon von jeher darauf ausgerichtet, Kunden in verschiedenen Sprachen bedienen zu können. Das LiSA-Prinzip funktioniert nun so, dass Kunden sich online registrieren und dabei ihren Wunschtermin und einige Informationen zur gezielten Vorbereitung des Online-Beratungsgespräches hinterlegen. Für dieses steht dem Kunden zum vereinbarten Zeitpunkt ein Link zur Verfügung, über den das Verkaufsgespräch mit einer Verkaufsberaterin in der von ihm gewünschten Sprache starten kann. Mithilfe der Tablet-Kamera erhält der Kunde in Bezug auf die in Frage kommenden Artikel einen wesentlich realitätsgetreueren Eindruck als bei üblichen Produktfotos im Internet. Innerhalb der EU erfolgt ein Gratisversand der Ware; die Retourenquote liegt laut Firmenleitung im unteren einstelligen Bereich. Aus der Erfolgsidee LiSA hat Barbara Frères mittlerweile ein eigenes Geschäftsmodell abgeleitet, so dass andere interessierte Händler das System gegen Zahlung einer Lizenzgebühr nutzen können.

6.6

Fazit und Anmerkungen

Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie gehören zu den wichtigsten Besuchsanlässen und Erlebnisbausteinen für Innenstädte und Ortszentren. Damit diese sich erfolgreich im Wettbewerb um Kundschaft  beweisen können, müssen alle Beteiligten daran arbeiten, das zu bieten, was der Konsument wünscht und was ihn bestenfalls sogar begeistert. Standardservice ist Pflicht, reicht alleine aber kaum noch aus. Neben den Aufgaben, welche innenstädtische Händler eigenständig zu erledigen haben, um ihren Kunden ein ausreichendes Einkaufserlebnis zu bieten, kann das örtliche Citymanagement zusätzlich wertvolle Unterstützung mit der Umsetzung von einzelhandelsfördernden Projekten leisten, welche ein einzelnes Geschäft nicht durchzuführen in der Lage ist. In diesem Zusammenhang wäre es sehr hilfreich, wenn diejenigen Filialunternehmen, welche sich bis dato aus angeblichen Gesamtkostengründen (Anmerkung: in Hinsicht auf die Gesamtzahl aller Filialstandorte) nicht in Citymanagement-Organisationen oder Werbegemeinschaften engagieren, dieses in Zukunft tun und die vergleichsweise geringen

Literatur

153

­ itgliedsbeiträge als jeweilige Standorteinzelkosten akzeptieren würden. Dadurch wäre M es möglich, noch mehr und noch professionellere Citymanagement-Maßnahmen zugunsten des Einzelhandels vor Ort durchzuführen, was nicht zuletzt diesen Unternehmen sehr zugute kommen dürfte. Die Einnahmen aus einem einzigen zusätzlich durchgeführten verkaufsoffenen Sonntag z. B. wiegen im Regelfall die Jahresgebühr für eine solche Mitgliedschaft mehrfach wieder auf.

Literatur Internet Barbarafreres. (o.J.). Live Video Shopping. https://barbarafreres.de/de/shopping-lounge/live-video-shopping. Zugegriffen am 14.04.2019. Einzelhandelslabor. (o.J.). https://www.einzelhandelslabor.de. Zugegriffen am 14.04.2019. Elmshorn. (o.J.). Elmshorn Gutschein. https://www.elmshorn-gutschein.de. Zugegriffen am 01.05.2019. futurecitylangenfeld. (o.J.). https://futurecitylangenfeld.de. Zugegriffen am 14.04.2019. Google My Business. (o.J.). Google MyBusiness. https://www.google.com/intl/de_de/business/#share. Zugegriffen am 02.05.2019. Heimat shoppen. (o.J.). Sechs gute Gründe. https://www.heimat-shoppen.de/sechs-gute-gruende. Zugegriffen am 24.01.2019. shopping-lab-aachen. (o.J.). https://www.shopping-lab-aachen.de. Zugegriffen am 14.04.2019.

Zeitschriftenartikel Heuer, S., & Täubner, M. (2018). Anfassen erwünscht, Kaufen nicht nötig. brandeins, 2018(07), 40–44.

Buch Kotler, P., Kartajaya, H., & Setiawan, I. (2017). Marketing 4.0. Frankfurt/New York: Campus.

7

Frischer Wind für leere Läden: Innenstadt-­ Belebung durch branchenorientiertes Leerstandsmanagement

Zusammenfassung

Eines der größten Probleme von Innenstädten und Ortskernen ist die Verwaisung von Geschäftsflächen. In der Kundenwahrnehmung entsteht bei zunehmendem Leerstand von Ladenlokalen schnell das Image, dass der dazugehörige Standort „am Ende“, „tot“ oder zumindest „auf dem absteigenden Ast“ sei. Vielerorts wurde bereits erfolgreich bewiesen, dass mithilfe gezielter Kümmerung und spezieller Maßnahmen das Ladensterben gebremst, interessante Neueröffnungen gefeiert und eine nachhaltige Belebung von Flächen und damit des gesamten Standortes verzeichnet werden können. Das vorliegende Kapitel erläutert verschiedenste Vorgehensweisen und Instrumente, die darauf ausgerichtet sind, im Zusammenspiel mit Immobilieneigentümern, Mietinteressenten und oftmals einem Schuss Kreativität leer stehende Ladenlokale nachhaltig zu neuem Leben zu  erwecken. Erfahrungsberichte, Praxisideen und verschiedene Arbeitshilfen leisten wertvolle Unterstützung, um schnell mit einer wirkungsvollen Leerstandsbekämpfung vor Ort beginnen zu können.

7.1

Leerstand ist leider schon normal!

Ladenleerstand gehört mittlerweile leider fast schon wie selbstverständlich zum Bild vieler Innenstädte, Einkaufsstraßen und Stadtteilzentren. Das Citymanagement-Instrument „Leerstandsmanagement“ zielt darauf ab, mit Hilfe geeigneter Strategien und Maßnahmen sowohl schnellstmöglich für eine Verbesserung der akuten Flächenbelegungssituation zu sorgen, als auch nachhaltig den Branchenmix am Standort immer weiter zu optimieren. Alternativ häufig verwendete Begriffe sind „Flächenmanagement“, „Geschäftsflächenmanagement“ oder auch andere, jeweils vor Ort individuell gefundene Begriff wie z. B. „Branchenmanagement“. Da sich „Leerstandsmanagement“ aber im Stadtmarketing w ­ eitestgehend durchgesetzt hat, wird er, stellvertretend für alle der genannten Begriffsalternativen, in diesem Buch verwendet. Inhaltlich gemeint sind die Bemühungen, vorhandene Ladenleerstände in adäquater und nachhaltiger Weise zu beleben bzw. drohende Leerstandssituationen von vornherein zu vermei© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 F. Manfrahs, Citymanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_7

155

156

7  Frischer Wind für leere Läden: Innenstadt-­Belebung durch branchenorientiertes …

den. Im Unterschied zu kommerziellem Maklertum ist Leerstandsmanagement als eine Art öffentlicher Service zugunsten aller Immobilieneigentümer (= Vermieter) und aller Mietinteressenten (= potenzielle Mieter) in Bezug auf einen in der Regel geografisch genau definierten Raum zu verstehen. Somit geht es auch darum, nicht allein einzelne Immobilien, sondern obendrein die koordinierte Entwicklung aller Geschäftsflächen an einem Standort im Blick zu haben. Die Ausführungen in diesem Kapitel geben insbesondere Auskunft zur Zusammenarbeit mit verschieden Akteuren, zum Auffinden von potenziellen Mietinteressenten und zu generellen Belebungsstrategien für leer stehende Ladenlokale. Sie beruhen dabei weniger auf theoretischen Erkenntnissen, sondern auf meinen umfangreichen Erfahrungen in diesem Bereich, wozu insbesondere die aktive Begleitung von über 200 Geschäftsgründungen und -eröffnungen gehört.

7.2

Starterwissen und grundlegende Arbeitshilfen

Bevor es mit der Leerstandsbekämpfung losgeht, kann es aus meiner Sicht nicht schaden, zunächst ein paar generelle Informationen und Hilfestellungen mit auf den Weg zu bekommen. Diese sollen den Einstieg in die Materie etwas erleichtern, bevor das Arbeitsfeld „Leerstandsmanagement“ in den darauf folgenden Abschnitten und Unterpunkten intensiver ausgeleuchtet wird.

7.2.1 Passives vs. aktives Leerstandsmanagement Im Gegensatz zum sog. „Passiven Leerstandsmanagement“, welches sich hauptsächlich darauf beschränkt, Mietanfragen für bereits bestehende Ladenleerstände zu bearbeiten, befasst sich ein „Aktives Leerstandsmanagement“ zusätzlich mit Maßnahmen der Leerstandsprävention (s. hierzu Abschn. 7.7) sowie insbesondere mit der aktiven Mietersuche. Lautet beim „Passiven Leerstandsmanagement“ die Devise eher „Abwarten, was passiert“, wird bei der aktiven Variante das Heft des Handelns selber in die Hand genommen. Welche Vorgehensweise vor Ort jeweils gewählt wird, hängt stark von dem für diese Aufgabe vereinbarten Zeitkontingent ab. Es bedarf vermutlich keiner allzu großen Fantasie, um zu erkennen, dass die aktive Suche nach geeigneten Mietern relativ zeitintensiv, jedoch das angesagte Mittel ist, wenn an Problemstandorten spürbar und nachhaltig eine Reduzierung der Leerstandsquote erreicht werden soll.

7.2.2 A  rbeitshilfe: Erfassungsformular für Mietangebote und -gesuche Sowohl aktuelle als auch zu erwartende Leerstandsflächen sollten durch Eigentümerbefragungen so genau wie möglich mit Hilfe eines Datenblattes erfasst werden (Tab. 7.1), um anhand der darauf vermerkten Informationen eine entsprechende Vermarktung dieser Flächen vornehmen zu können. Falls es die Zeit des Citymanagers zulässt, bietet sich zusätzlich auch eine präventive Erhebung derjenigen Flächen an, bei denen das Eintreten einer Leerstandssituation augenblicklich noch als unwahrscheinlich angesehen wird. Obendrein hilft die Gesamtmenge an Daten z. B. dabei, Durchschnittsmieten am Standort errechnen zu können. Von Vorteil ist es,

7.2 Starterwissen und grundlegende Arbeitshilfen

157

wenn der Datenerfassung weiteres aussagekräftiges Material wie Objektfotos (innen und außen) und Grundrisszeichnungen hinzugefügt werden zwecks Herausgabe an potenzielle Mietinteressenten (z. B. in Form eines Exposés). Des Weiteren sind Mietgesuche zu erfassen. Je genauer die genannten Flächenanforderungen formuliert sind, umso einfacher ist es, eine diesen Wünschen entsprechende Fläche anzubieten, sofern im Leerstandsbestand vorhanden. Tab. 7.1  Beispiel für ein Geschäftsflächen-Erfassungsformular (eigene Darstellung) Erfassung Flächenangebot/-gesuch 

Datum: __________________________

Mietangebot → Objekt (Straße/Hausnummer): ______________________________________________________________ → eingereichte Unterlagen:

 Grundrisse  Fotos  sonstiges: ____________________________________________

→ Nachreichung Unterlagen:  Grundrisse  Fotos  sonstiges: ____________________________________________  Mietgesuch → Wunschadresse bzw. -standort: ________________________________________________________________ 1.) Objektart: Ladenlokal Gastronomie Praxisräume Wohnung  sonstiges: _______________________________ 2.) Etage: Erdgeschoss Untergeschoss 1. Obergeschoss sonstiges: ________________________________________ 3.) Nutzungsabsicht:  Einzelhandel Gastronomie Diensteistung sonstiges: __________________________________ 4.) Gesamtgröße in qm: ___________ davon Verkaufsfläche in qm: ______________ 5.) Nebenräume: Toilette (Anzahl ______) 6.) Eingang:  barrierefrei

Sozialraum

sonstige: ___________________________________________

Stufen (Anzahl: ______)

7.) Anzahl Schaufenster: _____________

Schaufensterbreite insgesamt in m: ________________

8.) eigene Parkplätze am Objekt:  Kunden (Anzahl: _______)

 Mitarbeiter (Anzahl: _______)

9.) öffentliche Parkplätze im direkten Geschäftsumfeld:  in großer Zahl (Menge ca.: ______)  überschaubare Menge (ca. _____) eher wenig (ca. _____) keine 10.) Vorstellung Mietlaufzeit in Jahren: 1 2 3 5 10 andere: _____ ges. Kündigungsfrist 11.) Renovierungsbedarf:  ja (welcher: _________________________________________________) nein Übernahme Renovierungskosten: Mieter Vermieter 12.) Mietpreisvorstellung kalt in €:

____________  zzgl. MwSt.  zzgl. Betriebsnebenkosten (Höhe in € ca.: _________)

 zzgl. Heizung (Höhe in € ca.: __________)

Höhe Stromkosten in € ca.: _________________

13.) Bezug möglich ab: ________________________ 14.) Veröffentlichung in der Online-Flächenbörse gewünscht?  ja nein 15.) Weitere Marketing-Maßnahmen eingeleitet? Makler (Name/Ort: __________________________)  Inseratschaltung (Medium: ______________________________) sonstige: ___________________________________________________________________________________________ 16.) Weitere Anmerkungen: __________________________________________________________________________________ Kontakt: Name: ____________________________________________________ Bei Mietangebot:  Eigentümer Verwalter Makler Anschrift:

________________________________________________________________________________________

Tel./E-Mail:

________________________________________________________________________________________

Weiteres Vorgehen: ________________________________________________________________________________________

158

7  Frischer Wind für leere Läden: Innenstadt-­Belebung durch branchenorientiertes …

7.2.3 Das Flächenkataster als zentrales Arbeitsinstrument Die mithilfe des Erfassungsblattes erhobenen Objektdaten sind in einer Gesamtübersicht, dem sog. Flächenkataster, zusammenzuführen (Tab. 7.2). Ziel ist es, zumindest alle aktuellen bzw. in absehbarer Zeit eintretenden Leerstände inkl. der damit zusammenhängenden Detailinformationen auf einen Blick verfügbar und vergleichbar zu machen, um z. B. bei Anfragen schnell passende Mietangebote erstellen zu können. Im Idealfall enthält das Kataster Daten zu möglichst allen Flächen am Standort unabhängig von der augenblicklichen Vermietungssituation. Der Citymanager verfügt hiermit auf einen Blick über viele wichtige Standortinformationen und kann z. B. die Mietpreissituation oder Trends in Hinsicht auf Mietvertragslaufzeiten relativ genau einschätzen. Das Kataster wird vor Ort häufig in Form einer Excel-Datei angelegt. Des Weiteren gibt es Anbieter von kostenpflichtigen Software-Programmen für die Pflege von Immobiliendaten.

7.2.4 Anmerkungen zur Arbeit mit Mietspiegeln Mietspiegel zeigen die Spanne zwischen dem günstigsten und dem teuersten Quadratmeter-­ Mietpreis in Bezug auf ein klar definiertes Gebiet an. Als konkrete Information oder gar Entscheidungsgrundlage für potenzielle Mietinteressenten ist die Angabe von Werten aus einem Mietspiegel allerdings umso unbrauchbarer, je größer die Spanne zwischen diesen beiden Werten ist. Eine hilfreiche Aussagekraft haben Mietspiegel somit häufig nicht. So hängen Quadratmeter-Mietpreise neben der Lage insbesondere stark von den individuellen Flächengegebenheiten wie Größe, Zuschnitt, Schaufenstersituation, Renovierungsstand, Barrierefreiheit etc. ab, wodurch dann die entsprechenden Abweichungen entstehen.

7.2.5 Berücksichtigung von integrierten Standortkonzepten Mit der Erstellung ganzheitlich und nachhaltig ausgerichteter Handlungs- und Entwicklungskonzepte wollen Kommunen die verschiedensten gegenwärtigen und zukünftigen gesellschaftlichen und standortindividuellen  Herausforderungen aktiv, konstruktiv und unter umfangreicher Einbeziehung der örtlichen Akteure angehen. Hierzu gehören auch Tab. 7.2  Beispiel für eine selbsterstellte Immobilienkataster-Vorlage mithilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms (eigene Darstellung) Objekt (Adresse) In der Gasse 1 Am Plätzchen 5

Größe davon aktuelle in qm VKF Nutzung 130 90 Sportgeschäft 65 50 Leerstand

Preis letzte netto Nutzung kalt in € Zoohand- 1.100,lung Damen- 800,boutique

Anzahl EigentüRäume mer 3 Ulf Berger 1 Thea Schubert

… weitere Telefon Felder … 0815/1919 … 0815/4711 …

7.2 Starterwissen und grundlegende Arbeitshilfen

159

Themen, welche mehr oder weniger direkt die Aufgabenbereiche innerhalb eines Citymanagement-­Prozesses betreffen, wie z. B. die Entwicklung der lokalen Einzelhandelsstrukturen und die Umsetzung stadtgestalterischer Vorhaben. Verwendet werden unterschiedliche Konzeptbezeichnungen, die aber inhaltlich die gleiche Bedeutung haben (BMI 2016). Bekannte Begriffe sind „Integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK)“ und „Integriertes Handlungskonzept (IHK)“. Sinnvollerweise wird in der Regel der Citymanager in den Entwicklungsprozess solcher Konzepte, deren Existenz im Übrigen zwingend Voraussetzung für eine erfolgreiche Beantragung von Städtebaufördermitteln sind, eingebunden. Gleiches gilt für sog. Einzelhandelsentwicklungskonzepte (EHEK), welche speziell auf die Entwicklung der lokalen Einzelhandels- und somit Versorgungsstrukturen abzielen. Das Vorhandensein eines solchen, im politischen Raum offiziell beschlossenen Konzeptes hat obendrein rechtliche Relevanz, und zwar, wenn es um die Abwehr unerwünschter Ansiedlungsversuche an einem Standort geht. Die Existenz eines EHEK, welches nachweislich aufzeigt, wie eine Kommune ihre Handelslandschaft und Versorgungsstrukturen zielgerichtet entwickeln will, ist dann Voraussetzung, um ein von der ansiedlungswilligen „Gegenseite“, also dem jeweiligen Investor, angestrengtes Klageverfahren erfolgreich abwehren zu können. Kurzum: die genannten Konzeptformen enthalten jeweils Inhalte, welche für die Arbeit eines Citymanagers insbesondere im Zusammenhang mit dem Thema Leerstandsmanagement bzw. -bekämpfung mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit von Interesse sind.

7.2.6 Innenstadttypische Sortimente Zu den Aufgaben eines Citymanagers gehört es, im Rahmen des Leerstandsmanagement-­ Prozesses Einfluss auf den Branchenmix am Standort zu nehmen. Dazu hilft die Kenntnis hinsichtlich typischer Sortimente, welche klassischerweise in Innenstädten zu finden sind (auch als sog. „ Innenstadtrelevante Sortimente“ bezeichnet). Dazu gehören: Lebensmittel, Bekleidung, Schuhe, Lederwaren, Kosmetik- & Drogerieartikel, Geschenkartikel, Sportartikel, Spielzeug, Blumen, Haushaltswaren, Elektronik & Unterhaltungselektronik, Optik & Hörakustik, Bücher & Schreibwaren sowie Uhren & Schmuck.

7.2.7 Kennzahlen Die Leerstandsquote gibt Auskunft über die Leerstandssituation in Bezug auf die an einem Standort vorhandenen Geschäftsflächen. Die gängige Formel dafür lautet Anzahl Leerstände × 100/Anzahl aller Flächen. Alternativ hierzu wird mancherorts die Leerstandsquote nicht über die Anzahl an Objekten, sondern über Verkaufsflächengrößen errechnet. Die dazugehörige Formel lautet dann Leerstand in qm x 100 / Gesamtverkaufsfläche am Standort in qm. Eine Leerstandsquote von 3 % oder weniger wird in Maklerkreisen als Vollvermietung angesehen.

160

7  Frischer Wind für leere Läden: Innenstadt-­Belebung durch branchenorientiertes …

Weitere für Investoren wichtige Kennziffern sind zum einen die am Standort vorhandene Kaufkraft (100 = Bundesdurchschnitt) sowie die (einzelhandelsbezogene) Zentralität. Liegt die Zentralität unter einem Wert von 100, bedeutet dieses, dass e­ inzelhandelsrelevante Kaufkraft vom Standort abfließt. Ein Wert von über 100 bedeutet, dass der eigenen Händlerschaft zusätzliche Kaufkraft aus umliegenden Städten und Gemeinden zufließt. Ein Standort mit einer hohen Zentralität weist also beim Thema „Einkaufen“ eine starke Anziehungskraft in der Region auf.

7.2.8 Lageeinteilungen Für gewerblich geprägte Standortlagen existieren bis zu vier Qualitätsstufen, die sich auf den dort aufgerufenen Mietpreis für eine Ladenfläche auswirken. Zu unterscheiden sind gem. der entsprechenden Erläuterung auf Deutschlands größtem Immobilienportal immobilienscout24.de (Immobilienscout24 o. J. a): • 1A-Lage: beste Lage, mitten im Zentrum, höchste Passantenfrequenz am Standort, alle gängigen Innenstadtsortimente vorhanden, fast flächendeckender Geschäftsbesatz mit namhaften Kundenmagneten • 2A-Lage: „Geschäftslagen im Nebenkern einer Stadt mit hoher Passantenfrequenz. Alle Objekte besitzen (…) einen direkten Straßenzugang.“ (Immobilienscout24 o. J. a) • 1B- und 2B-Lage: „B-Lagen sind in der Regel die Gegenden, die direkt an eine 1Aoder 2A-Lage angrenzen, beispielsweise die Nebenstraßen, die in der näheren Umgebung der Haupteinkaufsstraßen liegen.“ (Immobilienscout24 o. J. a)

7.2.9 Grundkenntnisse der gewerblichen Mietvertragsgestaltung Wenn es um konkrete Verhandlungen hinsichtlich der Anmietung einer gewerblichen Fläche geht, kommt es teilweise vor, dass der Citymanager anwesend ist und „mitdiskutiert“, zumindest wenn spürbar ist, dass es bei den Vertragsparteien noch an einigen Stellen hakt und sie kompromissfähige Ideen von außen benötigen, um schlussendlich hoffentlich zueinander zu finden. In diesem Zusammenhang hilft es, zumindest über ein kleines Grundwissen zur gewerblichen Mietvertragsgestaltung zu verfügen. Dabei geht es insbesondere um • die Art der Angabe des Mietpreises. Regelfall ist eine Nennung als sog. Nettokaltmiete. Dieses bedeutet, Betriebsnebenkosten, Mehrwertsteuer etc. kommen hier noch hinzu und sind im Mietvertrag explizit aufzuführen. Manchmal erfolgt die Nennung einer Warmmiete, welche bereits die Heizkosten beinhaltet. • die Höhe des Mietpreises an sich. Dieser ist in der Regel als fixer Betrag festgelegt und ergibt sich aus einem Quadratmeterpreis, der mit der Quadratmeterzahl der Fläche multipliziert wird. Oftmals wird hier noch zwischen einem teureren Quadratme-

7.2 Starterwissen und grundlegende Arbeitshilfen

161

terpreis für die Verkaufsfläche und einem günstigeren Preis für Nebenräume wie Toilette oder Lager unterschieden. Manche Vermieter gewähren gewerblichen Neumietern als ­Starthilfe entweder eine mietfreie Zeit, in welcher dann nur die Raumnebenkosten zu zahlen sind, oder per sog. Staffelmietvertrag eine relativ geringe Startmiete, welche dann über einen gewissen Zeitraum bis zum Erreichen der eigentlichen Zielmiete stufenweise ansteigt. Eine Variante, bei welcher der Immobilieneigentümer sich am geschäftlichen Risiko sowie auch an dessen Chancen beteiligt, ist die sog. Umsatzmiete. Seine Mieteinnahme ist dann gänzlich oder zumindest teilweise abhängig von dem unternehmerischen Erfolg seines Mieters, welcher bei dieser Variante dem Vermieter seine Geschäftszahlen offenlegen muss. Ein letzter zu nennender Aspekt, wenn es um die Mietpreisbindung geht, besteht in der Frage, ob der Mieter oder der Eigentümer die Kosten für evtl. notwendige Umbauten und Renovierungen des Ladenlokals übernimmt. Kümmert sich hierum der Vermieter, wird er dieses entsprechend auf den Mietpreis gegenüber einer Anmietung nach dem Prinzip „genommen wie gesehen“ aufschlagen. • die Vertragslaufzeit. Abschlüsse von Mietverträgen mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren sind heutzutage kaum noch zu realisieren und werden häufig auch nur noch von Filialisten eingegangen, welche oftmals immense Beträge in neue Mietobjekte investieren und dafür im Gegenzug eine gewisse Sicherheit dahingehend benötigen, dass der Immobilieneigentümer die Fläche nicht nach relativ kurzer Zeit an jemand anderen vermietet oder im Falle der  Vertragsverlängerung  einen höheren Mietpreis aufruft. Im Falle des inhabergeführten Handels werden bereits seit Jahren in den meisten Fällen nur noch Verträge über ein bis zwei Jahre abgeschlossen. Der Mieter ist an einer Risikominimierung interessiert, der Vermieter hingegen  ist im Falle eines Scheiterns des Mieters froh, wenn er ohne teures Rechtsverfahren relativ schnell wieder Zugriff auf die Fläche zugunsten einer anderweitigen Vermietung hat. Aus diesen Gründen werden im Bereich der Vermietung an inhabergeführte Geschäfte mittlerweile häufig sogar Verträge mit gesetzlicher Kündigungsfrist geschlossen. Im gewerblichen Bereich muss ein Mieter „spätestens am 3. Werktag eines Kalendervierteljahres für den Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres kündigen. Also mit einer 6-monatigen Kündigungsfrist zum Kalendervierteljahr.“ (Immobilienscout24 o. J. b) Die „Kündigungsfrist beläuft sich damit praktisch auf mindestens 6 und maximal 9 Monate.“ (Immobilienscout24 o. J. b). Zu nennen ist im Zusammenhang mit festen Vertragslaufzeiten, dass oftmals Verlängerungsoptionen vereinbart werden, welche einem oder beiden der Vertragsparteien das Recht einräumen, den Mietvertrag über die beschlossene Laufzeit hinaus für einen ausdrücklich genannten Zeitraum zu den bestehenden Vertragskonditionen zu verlängern. Wird die Nutzung der Option dem Vertragspartner gegenüber nicht erklärt, gilt das Mietverhältnis mit Ablauf der Vertragslaufzeit als beendet. Bei Weiternutzung der Fläche trotz fehlender Ausübung der Option geht das Mietverhältnis in ein unbefristetes über und es gilt fortan die gesetzliche Kündigungsfrist (Mietrecht o. J.).

162

7.3

7  Frischer Wind für leere Läden: Innenstadt-­Belebung durch branchenorientiertes …

 nterwegs zwischen Mietinteressent und Vermieter: U Die Zusammenarbeit mit den beiden wichtigsten Leerstandsmanagement-Akteursgruppen

Ein Citymanager bzw. Leerstandsbeauftragter lenkt in vermittelnd-beratender Weise die „Flächengeschicke“ vor Ort und bewirkt durch sein Handeln, dass sich mithilfe der Ansiedlung neuer Einzelhandels-, Gastronomie- und Dienstleistungsbetriebe oder anderer Nutzungen die Anzahl an Leerständen reduziert bzw. zumindest nicht weiter ausbreitet. Obendrein sollen sich Sortimentsvielfalt und Angebotsqualität und damit der Branchenmix nach und nach in eine immer positivere Richtung entwickeln. Im Zuge dieser Bemühungen steht der Citymanager im Mittelpunkt von zwei Hauptakteursgruppen, für die er gleichzeitig als Ansprechpartner, Berater und Kümmerer fungiert, nämlich den Immobilieneigentümern auf der einen und den Mietinteressenten auf der anderen Seite.

7.3.1 Immobilieneigentümer 7.3.1.1  Allgemeines Die Aufgabe für den Citymanager in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Eigentümern von Geschäftsflächen besteht darin, diese für die eigenen Ziele zu gewinnen. Nachhaltiges Denken und Handeln im Zusammenhang mit Vermietungen steht dabei im Vordergrund. In erster Linie geht es dabei um die Aspekte Mietpreisgestaltung, Mieterauswahl sowie Durchführung notwendiger Renovierungsmaßnahmen. Was der Citymanager im Gegenzug anbieten kann, sind Informationen über das Geschehen am Standort, im Bedarfsfall Beratungsleistungen rund um Themen und Trends aus der Immobilienszene sowie zu zeitgemäßen Mieterbedürfnissen, des Weiteren die aktive Vermarktung leer stehender Ladenlokale sowie die Vermittlung geeigneter Mietinteressenten. Dabei begegnen dem Leerstandskümmerer auf der Inhaberseite unterschiedlichste Arten von Ansprechpartnern. Mal sind es Eigentümer, die lediglich nur diese eine oder wenige Immobilien besitzen, in der Regel vor Ort wohnen und daher gut und schnell ansprechbar sind, sich häufig trotz ihrer Eigenschaft als Immobilieneigentümer aber nicht als „Unternehmer in eigener Sache“ sehen und dementsprechend nicht immer eine professionelle Sicht- und Verhaltensweise an den Tag legen. Schwieriger ist die Kontaktaufnahme, Kommunikation und Einholung von Entscheidungen bei sog. Eigentümergemeinschaften. Deren Mitglieder treffen Entscheidungen zu Anfragen in der Regel im Rahmen von Eigentümerversammlungen und somit meistens nicht zeitnah. Häufig sind die einzelnen Mitglieder auch nicht vor Ort ansässig. In diesen Fällen sollte eine Klärung angestrebt werden, wie eine möglichst effektive Kommunikation und Entscheidungsfindung vonstatten gehen kann nach dem Motto „Wer ist stellvertretend für die Eigentümergemeinschaft von außen ansprechbar?“ In wieder anderen Fällen sind Hausverwalter eingesetzt, die je nachdem gewisse Auskünfte selber geben und Entscheidungen treffen dürfen, in manchen Fällen hierfür aber wiederum den Hauseigentümer persönlich hinzuziehen müssen.

7.3 Unterwegs zwischen Mietinteressent und Vermieter: Die Zusammenarbeit mit den … 163

Schwierig ist die Kontaktaufnahme oft, wenn eine Immobilie einer Fondsgesellschaft gehört bzw. von einer solchen verwaltet wird. Oft verbergen sich dahinter schwer zu durchschauende Unternehmensverflechtungen, zuständige Ansprechpartner sind nur schwer ausfindig zu machen. Weiterführende Informationen über die Immobilie sind in solchen Fällen häufig nur mit viel Aufwand in Erfahrung zu bringen, zufriedenstellende Entscheidungen zugunsten der eigenen Citymanager-Arbeit lassen sich nur selten einholen. Auch hier gilt es, trotzdem „am Ball“ zu bleiben und im Zweifelsfalle so lange zu „nerven“, bis jemand als Ansprechpartner gefunden ist. Eine erste Einstiegshilfe bei der Kontaktaufnahme zu Immobilieneigentümern kann evtl. die lokale Wirtschaftsförderung bieten. Diese führt in vielen Fällen ein grundsätzliches Verzeichnis mit Adressen und Eigentümernamen und/oder Inhaberbezeichnungen für den Standort. Alternativ kann auch das für den Standort zuständige Katasteramt um entsprechende Unterstützung angefragt werden.

7.3.1.2  Gründe für Probleme bei der Vermietung Viele Eigentümer wundern sich, warum sie trotz bester Lage Schwierigkeiten bei der Vermietung ihrer Ladenfläche haben. Dieses kann mehrere Ursachen haben. Oftmals spielt die Beschaffenheit der Fläche eine gravierende Rolle. Da ist zum einen die Verkaufsflächengröße. In vielen Fällen sind Ladenlokale, insbesondere in Klein- und Mittelstädten, zu klein für die meisten Filialistenkonzepte. Diesbzgl. sollten sich benachbarte Immobilieneigentümer viel mehr als früher mit der Zusammenlegung von Ladenlokalen befassen. Des Weiteren sind klare Flächenzuschnitte wichtig. Säulen, nicht oder nur schwer einsehbare Ladenbereiche sowie verpflichtend zusätzlich anzumietende Nebenflächen im Unter- oder Obergeschoss sind für viele Ladenkonzepte schlichtweg heutzutage nicht mehr akzeptabel. Gefragt ist vielmehr eine klare Überschaubarkeit der gesamten Objektfläche für die meist ebenso überschaubare Anzahl des anwesenden Geschäftspersonals. Des Weiteren ist Barrierefreiheit sowohl im Eingangs- als auch im Verkaufsbereich vielfach zwingend gefordert. Neben dem Kundenserviceaspekt in Bezug auf das Thema Stufenlosigkeit spielt dabei auch die menschliche Psychologie eine wichtige Rolle. Stufen wirken ablehnend und hinderlich, halten deswegen den einen oder anderen potenziellen Kunden vom Geschäftsbesuch ab und kosten somit Umsatz. Ein weiterer Grund ist die Betrachtung des unternehmerischen Umfelds. Filialisten und Franchiseunternehmen wünschen gezielt andere „geschäftliche Zugpferde“ rund um sie herum. Insgesamt empfiehlt sich ein Blick auf die Flächenanforderungen, die viele Unternehmen im Rahmen ihrer Expansionsbemühungen auf ihren Internetseiten veröffentlichen. Mit wenig Aufwand lässt sich auf diesem Weg eine ganze Menge über das Thema „Standort- und Flächenanforderungen“ lernen. Ebenso können Vermietungsvorhaben daran scheitern, dass sie behördenseitig nicht genehmigt werden, wie bspw. im Falle von geplanten Nutzungsänderungen, bei denen z. B. eine ehemalige Einzelhandels- in eine Gastronomiefläche umgewandelt werden soll und hierfür jedoch die baulichen Voraussetzungen nicht vorliegen, z. B. in Bezug auf fehlende Brandschutzvorrichtungen etc. Ist eine solche Umnutzung  hingegen  genehmigungsfähig und können jedoch nicht genügend Pkw-Stellplätze für diese am Objekt nachgewiesen werden, muss hierfür evtl. eine teure Stellplatzablöse,

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7  Frischer Wind für leere Läden: Innenstadt-­Belebung durch branchenorientiertes …

welche offiziell zur Schaffung weiteren Parkraums verwendet wird, an die Kommune entrichtet werden. Hierbei handelt es sich de facto um ein Investitionshemmnis „allererster Güte“, welches an vielen Standorten in regelmäßigen Abständen eine attraktive Reaktivierung ungenutzter Gewerbeflächen zunichte macht. Letztlich liegen weitere Gründe für Probleme bei der Vermietung z.  B. darin, dass Schaufenster und/oder Flächen nicht gepflegt werden und auf Dauer einen „abgewrackten“ Eindruck machen, dass Vermieter trotz ausgehängtem Kontakthinweis dauerhaft nicht erreichbar sind, dass Flächen nicht renoviert oder gar saniert werden, obwohl dieses dringend nötig erscheint, oder dass Vermieter einen Mietpreis fern jeglicher Realität aufrufen. In einigen solcher Fälle habe ich in entsprechenden Situationen freundlich -und zum Teil erfolgreich- um Verständnis dafür gebeten, dass eigentümerseitig ein gewisses Maß an Mitarbeit im Zuge der Flächenreaktivierung notwendig sei. Ansonsten sei die Glaubwürdigkeit des Citymanagements in Bezug auf eine professionelle Vermarktung sowohl des gesamten Standortes als auch der einzelnen verfügbaren Flächen nicht gewährleistet. Nur der Vollständigkeit halber sei ergänzend noch erwähnt, dass manch ein Leerstand als steuerliches Abschreibungsobjekt dient und dieses der Grund für einen eigentümerseitigen Vermietungsunwillen ist. Hier stellt sich die Frage nach einem entsprechenden Eingriff des Gesetzgebers zur Vermeidung solcher Verhaltensanreize. Wie heißt es doch in anderen Zusammenhängen immer wieder gerne: Eigentum verpflichtet! Dieser Anspruch sollte gerade in Zeiten kriselnder Innenstädte und Ortszentren Erfüllung finden. Positive Innenstadt-­ Entwicklungsprozesse zum Wohle der Allgemeinheit dürfen aus meiner Sicht nicht von in dieser Art entgegengesetzten individuellen wirtschaftlichen Interessen abhängen. 

7.3.2 F  ilialisten als Mietinteressenten mit vermuteter Magnetfunktion Potenzielle Mieter sind in der Regel Filialunternehmen und Existenzgründer, manchmal Institutionen oder Vereine (z. B. aus dem sozialen und kulturellen Bereich). Bei der Zusammenarbeit mit Mietinteressenten geht es darum, über die Ziele und das Geschehen am Standort zu informieren, diese bzgl. verfügbarer Flächen zu beraten, Flächenbesichtigungen mit dem Eigentümer zu organisieren und ihnen im besten Fall erfolgreich ein Ladenlokal zu vermitteln.  Unter diesem Punkt wird zunächst das  mögliche  Vorgehen bei der Ansprache von Filialisten als potenziellen Mietinteressenten beschrieben. 

7.3.2.1  Überregionale Filialisten Unabhängig von der Standortgröße kommt immer wieder der Wunsch auf, in überschaubarem Maß auch das eine oder andere überregional bekannte Filialunternehmen anzusiedeln, welches aufgrund seines hohen Bekanntheitsgrades vermutlich als Magnet vor Ort funktionieren und somit für ein spürbar erhöhtes Kundenaufkommen in der Innenstadt sorgen könnte. Die hierfür „ausgeguckten“ Unternehmen sollten aus meiner Erfahrung

7.3 Unterwegs zwischen Mietinteressent und Vermieter: Die Zusammenarbeit mit den … 165

heraus nicht angeschrieben, sondern persönlich angerufen werden. In der Regel existiert eine Expansionsabteilung, deren zuständige Mitarbeiter aufgrund sog. „Expansionslisten“ Auskunft darüber geben können, an welchen Standorten innerhalb welchen Zeitraums neue Filialen eröffnet werden sollen. Ist die eigene Innenstadt dabei, kann der Citymanager seine konkrete Hilfsbereitschaft bei der Flächensuche anbieten. Es kommt zwar selten, aber doch manchmal vor, dass das Telefonat für das Unternehmen einen Impuls darstellt, sich mit dem Standort überhaupt einmal zu beschäftigen, weil dieser aufgrund des persönlichen Gespräches interessanter scheint als zunächst vom Unternehmen eingeschätzt. Dann sollte die Zusendung von weitergehenden Standortinformationen vereinbart werden. Im Falle einer direkten Absage hingegen sollte zumindest die Möglichkeit genutzt werden, sofern nicht schon vorher bekannt, nach den grundsätzlichen Standortanforderungen des Unternehmens zu fragen, um hieraus noch einen Lern- und Wissenseffekt für die weitere eigene Arbeit „mitzunehmen“. In der Regel gilt, dass die allgemeine Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Ansiedlung von Filialisten mit der Anzahl an Einwohnern im Stadtbzw. Einzugsgebiet steigt.

7.3.2.2  Regionale Filialisten Ebenfalls starke, zugkräftige Marken stellen Filialisten dar, die „nur“ auf regionaler Ebene zu finden sind, wie z. B. viele Bäckereiketten. Im Gegensatz zu national agierenden Filialisten weisen sie in der Regel eine enge regionale Bindung auf inkl. einer starken Identifikation mit den einzelnen Standorten in diesem Gebiet. Eine Möglichkeit auf regionaler Ebene besteht zudem darin, in Nachbarstädten die Inhaber interessanter Einzelgeschäfte persönlich aufzusuchen und dahingehend anzusprechen, ob diese sich die Eröffnung eines Zweitgeschäftes vorstellen können. Stößt diese Art von Akquise auf Interesse, kann der Citymanager konkret seine Unterstützung bei der Suche nach einer geeigneten Geschäftsfläche anbieten. 

7.3.3 W  enn Individualität gefragt ist: Existenzgründer finden und beraten 7.3.3.1  Die Frage aller Fragen: wo krieg’ ich nur die Gründer her?! Am Anfang der eigenen Leerstandsarbeit steht immer die Frage im Raum: „Wo bekomme ich Gründer aus den Bereichen Einzelhandel, Gastronomie, und Dienstleistung her, wo sind diese zu finden?!“ Im Gegensatz zu Filialunternehmen ist es bei der Suche nach ­Neugründern tatsächlich nicht möglich, einen klaren Wunschkandidaten auszusuchen bzw. zu benennen, dann dessen Telefonnummer im Internet zu suchen und ihn einfach mal anzurufen, um so die Chancen auf eine Ansiedlung auszuloten. Im Gegenteil: Bei der Suche nach Existenzgründern steht der Suchende zunächst einmal vor einer Art Nebelwand. Definitiv sind Gründungswillige in diesem Nebel vorhanden, jedoch zunächst logischerweise nicht sichtbar. Die Antwort daher lautet – so wenig zufriedenstellend das auch

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für den ein oder anderen Leerstandszuständigen klingen mag– sich auf verschiedenen Wegen seinen eigenen Innenstadt-Gründerpool über die Zeit zu erarbeiten und somit nach und nach den oben beschriebenen Nebel zu vertreiben und die potenziellen Innenstadt-Gründer in der Region sichtbar zu machen. Tipp 1: PR-Maschine anwerfen Zu Beginn der Bemühungen im Zusammenhang mit der Leerstandsbekämpfung am Standort sollte daher eine Presseinformation herausgegeben bzw. besser noch ein Pressegespräch durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Citymanager als zentraler Vermittler von Geschäftsflächen insbesondere Vermietern und potenziellen Mietern (und somit vornehmlich auch Existenzgründern) zur Verfügung steht. Diese Botschaft sollte in regelmäßigen Abständen medial wiederholt werden, z. B. in Zusammenhang mit Berichterstattungen über die Neueröffnung von Geschäften. Außer der bloßen Erhöhung des Bekanntheitsgrades über diesen Weg gibt es diesbzgl. noch einen wichtigen Nebeneffekt: Potenzielle Investoren (was Existenzgründer ja definitiv sind) mögen Erfolgsgeschichten. Mit jeder weiteren veröffentlichten Positivnachricht wird der Standort interessanter und es erhöht sich somit die Chance, dass sich weitere Investoren an diesem ansiedeln wollen. Das Citymanagement gewinnt an Reputation und Vertrauen, es wird als Kompetenzstelle für die Belebung gewerblicher Innenstadtflächen wahrgenommen. Dieses gilt auf Dauer auch für die Hauseigentümer am Standort. Ziel ist es, dass diese sich möglichst frühzeitig beim Citymanager melden, wenn sich eine kommende Leerstandssituation abzeichnet, damit ab sofort Maßnahmen zur Neuvermietung in Gang gesetzt werden können. Außerdem ist es wichtig, dass sich die Immobilieneigentümer vor Ort für die strategischen Ziele und vom Citymanagement u. U. vorgebrachten Vermietungsempfehlungen sensibilisieren lassen. Tipp 2: Netzwerkpartner aktivieren Konkret zu empfehlen ist eine enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen Wirtschaftsförderungen der Kommune und/oder des Landkreises sowie mit den örtlichen Industrie- und Handelskammern, weil sich dort immer wieder Gründungsinteressierte auf der Suche nach Standortinformationen oder nach geeigneten Geschäftsräumen melden. Nach Möglichkeit sollte hier ein Informationsaustausch vereinbart werden. Im besten Falle sprechen die genannten Initiativen gegenüber den Gründungsinteressierten aktiv die Empfehlung aus, sich in Bezug auf den Standort Innenstadt persönlich an das Citymanagement zu wenden. Ein weiterer kleiner Baustein ist das Nutzen persönlicher Empfehlungen. Insbesondere die Händlerschaft vor Ort sollte gebeten werden, Gründungswillige in deren eigenem persönlichen Umfeld auf die vorhandene Gründerunterstützung durch das Citymanagement aufmerksam zu machen. Es bietet sich an, hierfür ein kurzes Rundschreiben an die Händlerschaft zu verfassen. Tipp 3: Gründerveranstaltungen organisieren Eine gute Möglichkeit, Gründer anzulocken, kennenzulernen und mit diesen in Kontakt zu  kommen, ist die Durchführung eigener themenbezogener Veranstaltungen,  auch

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in  ­Zusammenarbeit mit den diesbezüglichen Kompetenzstellen bzw. Netzwerkpartnern (Wirtschaftsförderungen, IHKs, Einzelhandelsverband, Steuerberater etc., s. o.) erfolgen. Die Teilnehmer sollten sich nach Möglichkeit mit ihren Kontaktdaten in eine Liste eintragen und ihre schriftliche Zustimmung zu einer persönlichen Kontaktaufnahme und zur Zusendung weiterer Informationen geben. Gemeinsam mit den genannten Kompetenzstellen können auch regelmäßig offene Beratungsstunden angeboten werden. Denkbar ist zudem die Durchführung eines Gründertages mit Vorträgen, Beratungen etc., in welchen obendrein ein Rundgang mit der Möglichkeit zur Begutachtung aller derzeit vermietbaren Flächen integriert wird (s. hierzu auch Pkt. 7.4.5).

7.3.3.2  Gründungsvorhaben steuern Im persönlichen Gespräch mit Existenzgründern, welche sich auf der Suche nach einer geeigneten Fläche für ihre Geschäftsidee an den Citymanager gewendet haben, stellt sich oftmals heraus, dass diese in ihren Planungen noch nicht weit genug sind und mit der gewünschten Besichtigung eines Ladenlokals und der damit verbundenen erbetenen Kontaktherstellung zum entsprechenden Immobilieneigentümer den zweiten vor dem ersten Schritt machen wollen. Dann sollte die Empfehlung lauten, zunächst einen Business-Plan zu erstellen bzw. diesen zu Ende auszuarbeiten und hierzu nach Möglichkeit die Hilfe eines Steuerberaters und/oder der IHK in Anspruch zu nehmen. Letztere bietet an, Business-­ Pläne zu prüfen und zu bewerten. In Hinsicht auf die Gründungsfinanzierung sollte zudem ein Hinweis auf dafür bestehende Förderprogramme erfolgen (z. B. KfW-Kredite). Ist ein Gründer noch auf der Suche nach einer Geschäftsidee oder erweckt sein „Auftritt“ bis auf die Gründungsidee einen erfolgversprechenden Eindruck, sollte er durchaus auf inhaltliche Alternativideen hingewiesen werden, z. B. die Möglichkeit einer Franchise-­ Gründung (s.u.  Pkt. 7.3.4) oder vielleicht auch die Übernahme eines gut eingeführten Geschäftes am Standort, für welches aus privaten Gründen ein Nachfolger gesucht wird (s.u. Pkt. 7.7.2). Wichtig: Die Kontaktvermittlung zu Vermietern sollte in Abstimmung mit diesen erst erfolgen, wenn eine baldige Anmietung konkret erscheint und das Gründungskonzept die Zustimmung des Citymanagers erfährt. Bei wenig erfolgversprechenden oder für den Standort ungeeignet erscheinenden Geschäftskonzepten, unseriös anmutenden Unternehmerpersönlichkeiten etc. sollte eine Ansiedlung möglichst abgewehrt werden. 7.3.3.3  Gründerkooperationen in Erwägung ziehen Eine interessante Variante besteht darin, Gründungswillige miteinander bekanntzumachen zwecks einer eventuellen Gemeinschaftsnutzung von Flächen, wenn diese für eine alleinige Nutzung als zu groß erscheinen („Markthallenprinzip“). Im besten Falle entstehen auf diesem Wege sogar Synergieeffekte, weil die Kunden des einen Unternehmers auch gleich die Angebote des anderen entdecken. Eventuell ergeben sich bei einem solchen Vorgehen obendrein weitere unternehmerische Vorteile, wie z. B. die Möglichkeit zur Ausdehnung der Öffnungszeiten, weil das Gesamtgeschäft immer personell besetzt werden kann. Im besten Falle sind die integrierten Angebote artverwandt, so dass sich ein gemeinsames

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Marketing für eine Art „Themenhaus“ anbietet. Auf jeden Fall bleibt aber jeder der beteiligten Konzeptpartner mit seinem Angebot sowohl in rechtlicher als auch wirtschaftlicher Hinsicht selbstständiger Unternehmer.

7.3.4 Franchising: als Existenzgründer wie ein Filialist auftreten Beim sog. Franchising nutzt ein Existenzgründer bzw. selbstständiger Unternehmer in Lizenz ein bereits erfolgreich eingeführtes Geschäftskonzept. Hierfür zahlt er als Franchisenehmer dem Franchisegeber eine Lizenzgebühr. Der dieser Partnerschaft zugrunde liegende Franchisevertrag regelt beiderseitige Rechte und Pflichten, also zum Beispiel auch die Leistungen, welche der Franchisegeber zu erfüllen hat, wie zentral gesteuerte Marketingaktivitäten usw. Bekannte Beispiele für Franchise-Unternehmen  sind McDonalds, Apollo-Optik oder BabyOne. Diesbezüglicher Ansatz eines aktiven Leerstandsmanagements kann es sein, Kontakt zu Franchiseunternehmen, deren Angebote ins Suchraster der eigenen Branchenmixplanung passen, aufzunehmen und gemäß der unter Pkt. 7.3.2.1 beschriebenen Vorgehensweise Informationen über deren Expansionsplanungen einzuholen, um die Chancen für eine Ansiedlung vor Ort auszuloten. Ist eine solche Chance gegeben, kann der Citymanager als Standortexperte dem Franchiseunternehmen Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Gründer sowie nach einer adäquaten Fläche signalisieren. Nähere inhaltliche Informationen zum Thema Franchising sowie Übersichten von Franchiseunternehmen lassen sich im Internet auf der Seite des Deutschen Franchise-­ Verbandes unter der Adresse www.franchiseverband.com abrufen. Zudem präsentieren sich Franchiseunternehmen häufig auf Gründermessen, so dass auch auf diesem Wege eine erste persönliche Kontaktaufnahme samt Informationsaustausch gut möglich ist.

7.3.5 Hinweise zur Zusammenarbeit mit Dritten 7.3.5.1  Allgemeine Aussagen Mit „Dritten“ sind all diejenigen Akteure gemeint, welche im Bedarfsfall eingebunden werden sollten (oder zum Teil auch müssen!), um bestimmte Ansiedlungswünsche von Mietinteressenten zu ermöglichen oder deren Realisierung wahrscheinlicher zu machen. Dazu gehören können z. B. Kreditinstitute (Finanzierung), die lokale Ordnungsbehörde (gewerbliche Genehmigungen), das Bauamt (baurechtliche Genehmigungen), Steuerberater (Erstellung eines Businessplans), die IHK (Prüfung des Businessplans), Handwerker (bei notwendigen Umbaumaßnahmen an der Geschäftsfläche) und, und, und … Auf Wunsch kann der Leerstandsmanager eine Vermittlung zwischen dem Mietinteressenten und diesen Netzwerkpartnern vornehmen. Eine konkrete Idee in diesem Zusammenhang ist, dass der Citymanager in Absprache mit dem Existenzgründer an einem Gespräch bei

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der Bank teilnimmt, um aus seiner Sicht als „Standortexperte“ die Erfolgsaussichten des Gründerkonzeptes gegenüber dem zuständigen Firmenkreditberater darzulegen. Diese Vorgehensweise kommt zugegebenermaßen selten vor. Ich selbst hatte einen solchen Fall bisher nur einmal, zum Glück mit erfolgreichem Ausgang. Jedoch lässt sich hieran gut ablesen, wie weit Leerstandsmanagement im Bedarfsfall gehen kann.

7.3.5.2  Besondere Anmerkungen zur Zusammenarbeit mit Maklern Immer wieder taucht die Frage auf, ob Citymanager bzw. Leerstandsbeauftragte in unzulässiger Weise in das lokale Maklergeschäft eingreifen. Dieses ist nicht der Fall, da ein offizielles städtisches bzw. von der Kommune beauftragtes Citymanagement im Zusammenhang mit Leerstandsmanagement nichts anderes als klassische Wirtschaftsförderung in Bezug auf einen geografisch klar abgegrenzten Raum betreibt. Wäre aus der Sicht von Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung der Bedarf, aktiv in den Prozess einzugreifen, nicht vorhanden, würde dieses vermutlich auch nicht geschehen. Fakt ist, dass der viel beschworene „Markt“ die Entwicklungen vielfach gar nicht mehr oder nicht mehr in für die jeweilige Kommune zufriedenstellender Weise regelt. Wie in anderen Bereichen auch, bedarf es Unterstützung und Steuerung. Zudem interessieren sich viele Makler wegen vermeintlich geringer Erfolgsaussichten oft gar nicht mehr für kriselnde Standorte oder kümmern sich nur stiefmütterlich um eine zeitnahe adäquate Vermietung dortiger Ladenlokale, sofern sie sich hierfür haben beauftragen lassen. Dabei geht es dann ohnehin oftmals lediglich um ein „Hauptsache vermietet!“, ohne Rücksicht auf Branche, Qualität und Verträglichkeit der Ansiedlung für das betroffene Umfeld. Ernstzunehmende Makleraktivitäten werden interessanterweise häufig dann wieder sichtbar, wenn von zentraler bzw. offizieller Stelle aus das Vermietungsgeschäft am Standort per aktivem Leerstandsmanagement erfolgreich angeschoben wurde. Wichtig: Die oben getätigten Aussagen sollen kein Pauschalurteil über die gesamte Maklerszene in Bezug auf Geschäftsimmobilien darstellen, sondern lediglich aufgrund häufig gemachter Erfahrungen Argumente dafür liefern, warum ein „Die-­Situation-dem-­ freien-Markt-überlassen“ fatale Folgen für die eigene Stadtentwicklung, das lokale Wirtschaftsleben sowie das Standortimage haben kann. Selbstverständlich gibt es viele Makler, welche hervorragende Arbeit für City-Immobilien leisten und dabei auch die weitere Entwicklung des gesamten Standortes im Blick haben. Ebenso selbstverständlich ist auf dieser Basis auch eine gezielte Zusammenarbeit möglich und genauso selbstredend können verfügbare Flächen parallel sowohl über das  Citymanagement, welches ja keinen ­exklusiven Vermarktungsanspruch erhebt, als auch über ein Maklerunternehmen beworben werden. Wichtig ist es aus Citymanagement-Sicht, die in Bezug auf ein Stadt- oder Ortszentrum aktiv agierenden  Makler nach Möglichkeit mit den eigenen Zielen und Wünschen für eine Zusammensetzung des Branchenmixes etc. vertraut zu machen. Was jedoch gilt: Offizielle Leerstandskümmerer sollten sich gegenüber der Maklerszene ­neutral verhalten, also keine offiziellen Exklusivpartnerschaften mit einzelnen Maklern eingehen.

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7.4

7  Frischer Wind für leere Läden: Innenstadt-­Belebung durch branchenorientiertes …

 on einfachem Standard bis hochkreativ: Das Thema V „Leerstand“ wirksam vermarkten

Um Nachfrage nach den vom Citymanagement  angebotenen Leistungen im Bereich ­Leerstandsmanagement auszulösen, sollten diese umfangreich bekanntgemacht werden. Außerdem gilt es, mit Hilfe geeigneter Kommunikationsmittel nicht nur die über die ­Gesamtinitiative, sondern auch über konkret zu vermittelnde Einzelflächen zu informieren und diese zu bewerben. Zum Teil lässt sich auch beides miteinander verbinden. Im Folgenden werden einige dahingehende Ideen vorgestellt.

7.4.1 Infomaterial Mithilfe handlicher Infomaterialien können sich die am Leerstandsmanagement interessierten Akteure unabhängig und bereits vor einer ersten Kontaktaufnahme Kenntnis über dieses verschaffen. Dabei kann es sich um einen ganz einfachen Flyer oder auch um eine etwas umfangreichere Broschüre handeln, welche jeweils die wichtigsten Informationen zum Standort und zu den angebotenen Leerstandsdienstleistungen beinhalten. Denkbar ist auch die Erstellung einer professionellen Imagemappe, in welche in flexibler Weise aktuelle Presseberichte, Flächenexposés, Standortinfos etc. eingelegt werden können. Ein solches Produkt wirkt sehr professionell und macht einen entsprechend guten Eindruck beim Empfänger der Mappe. Eine solche wurde bereits vor Jahren für die Leerstandsarbeit in Siegen, Nordrhein-Westfalen, erstellt. Ich habe mich damit z.  B. auf ­großen Existenzgründermessen bei den dort ausstellenden Franchise-Unternehmen vorgestellt, um auszuloten, ob der Standort Siegen-Innenstadt für diese Firmen von Inte­ resse sein könnte. War dieses der Fall, habe ich die mit Standortinformationen bestückte Imagemappe überreicht inkl. des Angebotes, dass sich das zuständige Projektbüro, für welches ich tätig war und das von der Gesellschaft für Stadtmarketing getragen wurde, bei Bedarf gerne beim Finden eines Franchisenehmers und einer geeigneten Fläche vor Ort behilflich sein könne, was bei vielen Gesprächspartnern sehr gut ankam.

7.4.2 Infostand bei Stadtfesten Eine schöne Möglichkeit, die Leerstandsbemühungen bekannt zu machen und relativ zwanglos mit Hauseigentümern und potenziellen Mietern ins Gespräch zu kommen, ist die Einrichtung eines Info-Standes im Rahmen von verkaufsoffenen Sonntagen und ähnlichen Anlässen. In der Regel ist die Atmosphäre in der Stadt an solchen Tagen ungezwungen und man kommt relativ einfach und bei weitestgehendem Verzicht auf allzu große Förmlichkeiten ins Gespräch. Es empfiehlt sich, eine solche Aktion im Vorfeld über die verschiedenen nutzbaren Medien anzukündigen. Einige Akteure werden diese Möglichkeit zum ­unkomplizierten Erstkontakt vielleicht eher wahrnehmen, als dem Citymanager „offiziell“ einen Besuch in seinem Büro abzustatten.

7.4 Von einfachem Standard bis hochkreativ: Das Thema „Leerstand“ wirksam …

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7.4.3 Schaufensterplakat-Kampagne Mithilfe einer kreativen Schaufenster-Plakatkampagne werden die beworbenen Flächen zu Hinguckern. Die besondere Gestaltung der Plakate in Größe (möglichst A1 oder A0), Farbgebung und evtl. humorvollem Text soll dazu führen, dass sich die Kampagne schnell herumspricht. Im Mittelpunkt steht natürlich die Botschaft, dass die jeweilige Fläche zu vermieten ist. Als Kontaktstelle für Mietinteressenten sollte die Citymanagement-­Initiative als „Flächenvermittlungszentrale“ am Standort genannt werden, natürlich inkl. Kontaktdaten. Egal, welche Form von Werbung und Information seitens des Citymanagements zugunsten leer stehender Flächen gewählt wird: Da es im Zusammenhang mit Leerstandsmanagement nach Möglichkeit auch um Steuerung und Lenkung des Branchenmixes geht, sollte als Kontakt immer das Citymanagement und nicht der jeweilige Immobilieneigentümer angegeben werden, damit der Citymanager weiß, welche Art von Mietanfragen eingehen. Im Zweifelsfalle kann er nach Absprache mit dem Vermieter auch Anfragen abwehren, welche weder für den Vermieter, die Fläche noch für den Standort geeignet scheinen. Einige Immobilieneigentümer sind sogar dankbar, wenn die Anfragen für sie vorgefiltert werden, da vielfach auch Interessensbekundungen eingehen, die aus unterschiedlichsten Gründen ohnehin von vornherein keine Chance auf eine Anmietung haben („Herr Manfrahs, jeden Tag ruft mich einer an und will ’ne Pommesbude aufmachen!“). Da die Plakatkampagne nicht zuletzt auch ein Symbol für professionelle und qualitätvolle Arbeit zugunsten des Standortes darstellt, sollte mit Eigentümern, welche das Vermarktungsangebot seitens des Citymanagements samt Plakatinstallation in Anspruch nehmen möchten, vereinbart werden, dass sie im Gegenzug ihre leer stehende Fläche samt Schaufenster in einem gepflegten Zustand zu halten haben. Wie bereits angedeutet, eignen sich als Hingucker gut Plakataufmacher mit humorvoller Note, was nebenbei dazu führt, dass das Thema Leerstand auf sympathische Weise „verkauft“ wird. Während meiner Tätigkeit am Standort Siegen, Nordrhein-Westfalen, haben wir in diesem Zusammenhang gemeinsam mit einer Werbeagentur eine fiktive Serie von vermeintlichen Existenzgründungsideen, die aber alle offensichtlich nicht wirklich ernst gemeint waren, für leere Flächen entwickelt. Da wurde dann in dem einen Schaufenster auf die Eignung der Fläche für einen „Mofafriseur“, in einem anderen für eine „Eisblumendiele“ und in noch einem weiteren für eine „Milchglaserei“ hingewiesen, immer ergänzt um den Standardhinweis „Hier ist Raum für Ihre Ideen.  Günstig mieten. Hier und jetzt!“ sowie die Kontaktdaten des Projektbüros für das Leerstandsmanagement. Für den Standort Mörfelden-Walldorf in Hessen habe ich in ähnlicher Weise einmal eine Kampagne entwickelt, welche mit harmlosen „Anmachsprüchen“ gearbeitet hat. Diese lauteten z. B. „Hey, komm’ doch mal rüber!“ als Aufforderung für Betrachter des Plakates von der anderen Straßenseite aus, oder „Hallo, Du! Mein Vermieter möchte Dich gerne kennenlernen!“

7.4.4 Leerstandsbörse im Internet Die Leerstandsmanagement-Leistungen sollten mit allen wichtigen Informationen und Kontaktdaten im Internet auf einer eigenen Webseite, besser noch auf einer Unterseite des Citymanagement-Online-Auftritts, dargestellt werden, da sich Gründungswillige bzw.

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­ ewerbliche Mietinteressenten häufig vorab im Netz „schlaumachen“. Empfohlen wird g zusätzlich, einen Link zu diesem Angebot auch auf den Seiten der eigenen Netzwerkpartner (Wirtschaftsförderungen, IHK etc.) zu platzieren. Im Zusammenhang damit sollten die dokumentierten Ladenleerstände in Form von Mietangeboten im Rahmen einer Online-Flächenbörse präsentiert werden. Die Mindestform sollte dabei ein einfaches Kurzinserat sein, welches Auskunft über die Adresse, die Größe, das Verfügbarkeitsdatum, den Mietpreis und darüber hinaus evtl. über Zusatzausstattungen, die Schaufenstersituation, vorhandene Nebenräume, zum Objekt gehörende Pkw-Stellflächen oder besondere Brancheneignungen gibt. Im besten Falle werden auch Objektfotos, Grundrisszeichnungen und Flächenexposés online zur Verfügung gestellt. Zusätzliche eigentümerseitige Internetinserate auf speziellen Seiten für Immobilienangebote sind selbstverständlich hilfreich, um über verschiedene Kanäle so viele Mietinteressenten wie möglich zu finden. Allerdings sollte es das Ziel sein, dass sich die Eigentümer leer stehender gewerblicher Flächen mit dem Citymanager kurzschließen, wenn Mietanfragen direkt an sie herangetragen werden, um gemeinsam deren Eignung zu bewerten. Flächengesuche können natürlich ebenfalls in die Online-Ladenlokal-Börse eingetragen werden.

7.4.5 Leerstandsrundgänge Als Programmpunkt innerhalb eines Existenzgründertages, den ich einmal in einem leer stehenden Kaufhaus in Siegen, Nordrhein-Westfalen, organisiert habe, sind wir im Planungsteam im Vorfeld auf die Idee gekommen, dass es ein sinnvoller Mehrwert für die gründungswilligen Besucher sein könnte, wenn diese im Rahmen eines ca. einstündigen Rundgangs verschiedene mietbare Flächen anschauen und dabei direkt die jeweiligen Eigentümer kennenlernen und diesen Fragen stellen könnten. Natürlich war damit auch das unserseitige Interesse verbunden, vorhandene Leerstände konkret einer kleinen Schar von Interessenten zu präsentieren und vielleicht bei zumindest einem von diesen mit dieser Aktion eine konkrete Anfrage für eine der Flächen auszulösen.

7.4.6 Kreative Leerstandsaktionen Als „Marketing-Mann“ liegt es mir oft am Herzen, mit außergewöhnlichen Aktionen Aufmerksamkeit zu erzeugen. Dieses lässt sich auch im Zusammenhang mit der Vermarktung von leer stehenden Ladenlokalen gestalten. Ausgangspunkt ist dabei für mich die Beschaffenheit und Qualität des Raumes bzw. der Fläche, um darauf aufbauend eine entsprechende Idee zu entwickeln. Dieses möchte kurz anhand von zwei Projekten erläutern, die ich als Citymanager in Gevelsberg, Nordrhein-Westfalen, geplant und durchgeführt habe.

7.4.6.1  Beispiel 1: Nostalgiemarkt im Fachwerkhaus Im ersten Fall ging es darum, dass ein mitten in der Innenstadt gelegenes altes Wohn- und Geschäftshaus in Schiefer-Fachwerk-Optik zum Verkauf stand. Das Gebäude war komplett

7.4 Von einfachem Standard bis hochkreativ: Das Thema „Leerstand“ wirksam …

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leergezogen und seit bereits zwei Jahren nicht mehr bewohnt bzw. gewerblich genutzt worden. Trotz der Lage mitten in der Innenstadt war im Umfeld bereits eine Art Leerstandsgewohnheit eingetreten, das Objekt fiel kaum noch auf. Die direkte Nachbarschaft hatte sich scheinbar mit dem Leerstand arrangiert. Die Aufgabe lautete nun also, für dieses Objekt einen Käufer zu finden, bevor überhaupt an weitere Planungen für dessen zukünftige Nutzung gedacht werden konnte. Aufgrund der besonderen Architektur entwickelte ich die Idee, in dem Gebäude an einem Sonntagnachmittag einen Nostalgiemarkt mit allen möglichen dazu passenden Angeboten durchzuführen, beginnend im Verkaufsraum und endend in der Dachkammer. Die Eigentümerin sagte begeistert zu und ich machte mich an die Arbeit. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich verschiedenste Zusagen für passende Programmpunkte in den einzelnen Räumen des Hauses, angefangen von einem Buchantiquariat über eine Nähstube, ein Tortencafé, eine Märchenkammer und vieles mehr. Nebenbei wollte die Eigentümerin noch die letzten Restbestände ihres zwei Jahre zuvor an selber Stelle geschlossenen Haushaltswarengeschäftes veräußern. Im Endeffekt war der Tag ein voller Erfolg. Aufgrund der umfangreichen Pressevorberichterstattung kamen rund 500 Besucher zu der Veranstaltung, für die ich mir ganz bewusst den etwas kleinteiligen, plüschigen Titel „Großmutters kleiner Nostalgiemarkt bei Kaffee und Kuchen“ ausgedacht hatte (vgl. auch Breyer 2008). Der Erfolg ist umso höher zu bewerten, da es an dem entsprechenden Sonntag keine Öffnung der Geschäfte in der Stadt gab, wodurch ohnehin schon viele Menschen am Standort gewesen wären. Und: Das Haus erlangte wieder öffentliche Aufmerksamkeit, und das Ziel, einen Käufer für dieses zu finden, gelang relativ zeitnah nach Durchführung des Nostalgiemarktes. Die Lösung bestand dann im Endeffekt darin, dass der Investor den Altbau durch einen modernen Neubau ersetzte, welcher tatsächlich einen wohltuenden, architektonisch gelungenen städtebaulichen Impuls darstellte. Das war zwar keine Variante, an die ich im Zuge der Marketingmaßnahme „Nostalgiemarkt“ gedacht hatte, die aber in der Nachbetrachtung als absolut stimmig bezeichnet werden kann. Der ursprüngliche Aufmerksamkeitsimpuls in Form einer kreativen, außergewöhnlichen Veranstaltungsform führte also im Endeffekt zum Erfolg, auch wenn sich die damit verbundene Lösung zunächst gar nicht in meinem Blickfeld befunden hatte.

7.4.6.2  Beispiel 2: Klassisches Konzert im ehem. Aldi-Markt Ein zweites spannendes Projekt war ein klassisches „Mondschein-Konzert“ in einem ehemaligen Aldi-Markt, ebenfalls in der Gevelsberger Innenstadt. Bei dessen erstmaliger Besichtigung fiel mir die famose Akustik in diesem leer stehenden Objekt auf. Aufgrund meiner Kontakte als ausgebildeter Musiker rief ich einen mir bekannten Operntenor an, ob er nicht mal Lust auf ein besonderes Musikprojekt mit avantgardistischem Anspruch hätte. Er sagte zu und so kam es, dass sich zum offiziellen Abschluss des „Gevelsberger Mondscheinbummels“ mit langen Einkaufszeiten bis 22 Uhr rund 100 Besucher an einem sehr späten Freitagabend im November in einem unbeheizten, dafür aber mit hunderten Teelichtern ausgeleuchteten alten Aldi-Markt wiederfanden und rund eine Stunde lang andächtig Liedern wie „Der Mond ist aufgegangen“, dargeboten von einem Tenor mit Klavierbegleitung, lauschten und auch aktiv bei Mitsingliedern wie „Weißt Du, wieviel Sternlein stehen?“ einstimmten. Das ist über zehn Jahre her, aber viele, die dabei waren, haben dieses Erlebnis bis heute nicht vergessen. Leider war der im Zuge meiner Anmoderation eingestreute

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­ inweis, dass dieser wundervolle „Konzertsaal“ noch zu haben sei, nicht von Erfolg geH krönt. Im Laufe der Jahre fand sich trotz verschiedener Bemühungen nur ein vorübergehender Mieter für die Fläche: Eine Shisha-Bar. Mit deren Ansiedlung hatte ich aber nichts zu tun. Trotzdem war die Konzert-Aktion richtig. Schließlich muss man etwas  versuchen. Eine  Erfolgsgarantie gibt’s schließlich  vorher kaum irgendwo, im Zusammenhang mit Leerstandsmanagement schon gar nicht.

7.4.7 Exkurs: „Profil- und Markenbildung für die Innenstadt“ In diesem Zusammenhang sei noch einmal auf das Thema „Standortprofil und Markenbildung“ (s. Kap. 3) hingewiesen: wenn es für die Innenstadt eine offiziell beschlossene Entwicklungsrichtung inkl. thematischer Schwerpunktsetzung (z. B. Straße der Spezialisten, familienfreundliche City o. ä.) samt professioneller Vermarktung dieses Profils gibt, kann bzw. sollte das Citymanagement seine Ansiedlungsziele und -bemühungen mit diesem Profil in Einklang bringen. Für viele potenzielle Mieter ist die Aussage, wohin sich ein Standort in Zukunft entwickeln soll, ein zugkräftiges Argument, um  an diesem ihr unternehmerisches Glück zu versuchen.

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 icht einfach drauflos vermieten: Leerstand als Chance N zur Steuerung des Branchen- und Nutzungsmixes

So unschön Ladenleerstand ist, so beinhaltet er doch grundsätzlich die Chance, die betreffende Geschäftsfläche zukünftig mit einer Nutzung zu versehen, welche für den Standort von Vorteil ist. In Hinsicht auf das Thema Einzelhandel sind das die Ansiedlung eines dort bisher fehlenden Sortimentes sowie die Vermietung an einen zusätzlichen Anbieter innerhalb einer Branche, bei der am Standort etwas mehr Auswahl, also Wettbewerb, wünschenswert erscheint. Um immer wieder die wichtigsten Ansiedlungsbedarfe zu erkennen, sollte der Citymanager in Bezug auf die zum Bereich Innenstadt gehörenden Ladenflächen eine dauerhaft zu aktualisierende Branchen- und Nutzungsübersicht führen. Folgend werden einige Ansätze dargestellt, welche dazu beitragen sollen, den Nutzungsmix für ein Stadtzentrum zu optimieren.

7.5.1 Vermeidung von und Umgang mit Mindernutzungen Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass Immobilieneigentümer in einer Leerstandssituation auf den „ersten und besten“ Mietinteressenten anspringen, um möglichst schnell wieder Mieteinnahmen zu erzielen. Dabei achten sie dann kaum darauf, ob die neue Nutzung standortverträglich ist. Die gleichsam beratenden und mahnenden Worte des Citymanagers, lieber etwas länger zu warten und stattdessen eine in der Qualität für den Standort sinnvollere Alternative abzuwarten, verhallen schnell ungehört (fairerweise muss man sagen, dass der finanzielle Druck einiger Hauseigentümer so groß ist, dass der berühmte

7.5 Nicht einfach drauflos vermieten: Leerstand als Chance zur Steuerung des …

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„Spatz in der Hand“ mehr zählt als die „Taube auf dem Dach“). So geschieht es dann, dass Billig-Friseure, Wettbüros, Nagelstudios, Handyläden, Sonnenstudios, Shisha-Bars u. ä. den Weg in die besten Lagen von Innenstädten finden, z. T. sogar in mehrfacher Ausführung. Vielfach sind hiermit Abwertungen der umliegenden Mikrostandorte verbunden, es sind oft die letzten Stufen vor dem Dauerleerstand. Ich bezeichne solche Ansiedlungen deswegen gerne als „Mindernutzungen“, weil sie das Qualitätsniveau am Standort senken. Zudem wird z. T. Publikum angezogen, welches sich nur für diese Art von Angebot inte­ ressiert und nur wenig mit dem teils wertigeren Angebot drumherum anfangen kann. Genauso empfinde ich eine Fläche als mindergenutzt, wenn in bester Lage statt Einzelhandel oder Gastronomie Büros oder Geschäftsstellen platziert werden, welche keine oder nur kaum Frequenz erzeugen und bei denen u. U. sogar noch das Schaufenster mit Lamellenvorhängen bestückt wird, um den unerwünschten Blick von außen ins Innere des Ladenlokals zu vermeiden. Solche Vermietungen sollten eher außerhalb der besten Einzelhandelslage einer Innenstadt erfolgen, z. B. in den Randbereichen einer Einkaufsstraße, wenn sich diese nicht mehr in ausreichender Weise mit Handel und Gastronomie belegen lassen (s. hierzu auch die folgenden Ausführungen unter Pkt. 7.5.2). Neben nachdrücklichen Überzeugungs- und Sensibilisierungsversuchen des Citymanagers gegenüber den entsprechenden Eigentümern hilft in solchen Fällen eigentlich nur, schneller als „unerwünschte“ Mietinteressenten zu sein und dem betreffenden Eigentümer eine eigene, bessere Mieterlösung zu präsentieren. Hier und da kann das gelingen, falls der Citymanager bereits über eine Warteliste für Flächennachfrager verfügt. Ehrlicherweise muss man aber sagen, dass die Möglichkeiten des Citymanagers in diesem Bereich oft an Grenzen stoßen, da er gegenüber den Immobilieneigentümern nur für gewisse Verhaltensund Vorgehensweisen werben, diese aber nicht einfordern kann.

7.5.2 N  eue Chancen durch Schrumpfung und Konzentration des innenstädtischen Einzelhandelsangebotes An vielen Standorten entsteht immer wieder die Diskussion, ob das klassische Innenstadtangebot mit dem Mega-Schwerpunkt Einzelhandel noch eine dermaßen ausgeprägte Zukunft hat, dass sich damit die oftmals mehrere hundert Meter oder noch längeren Haupteinkaufsstraßen, teils in Form von Fußgängerzonen, komplett bestücken lassen. Für etliche Stadtzentren wird das von den dort Verantwortlichen verneint. Hier kann die Lösung einer zukünftig immer noch attraktiven City darin liegen, innerhalb der betreffenden ­Einkaufsmeile bewusst einen starken mittleren Bereich zu definieren, welcher als „Mitte in der Mitte“ fungiert und sich auf Einzelhandel plus ergänzende Gastronomie konzentriert. Hier kann weiterhin eine gezielte Steuerung des Branchenmixes angestrebt werden. Die Außenbereiche werden dann bewusst freigegeben für a­ lternative Nutzungen, welche vornehmlich dazu dienen, Leerstand zu vermeiden (vgl. Abb. 7.1). Unter dem folgenden Pkt. 7.5.3 wird aufgezeigt, welche Themen und Nutzungsarten in diesen Außenbereichen zum Tragen kommen können. Im Zusammenhang mit einer bewusst akzeptierten Schrumpfung ihrer innenstädtischen Haupteinkaufsstraße hat die

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Abb. 7.1  Inhaltliche Neuordnung einer Einkaufsstraße als Strategie gegen innenstädtische Verödungstendenzen. (Quelle: Eigene Darstellung)

Stadt Oberhausen einen Teil der ehemaligen Fußgängerzone zurückgebaut und wieder befahrbar gemacht. Das Erlebnis Innenstadt bzw. Haupteinkaufsstraße beginnt dort nun gegenüber früher erst „einige Meter“ weiter (s. hierzu auch Pkt. 10.7.2).

7.5.3 N  utzungsideen für die multifunktionale Innenstadt der Zukunft Insbesondere in Rand- und Nebenlagen sind, wie gerade unter Pkt. 7.5.2 ausgeführt, zunehmend Nutzungen denkbar, die nicht innenstadtrelevant sein und zudem nicht unbedingt zu den frequenzstarken Angebotsbereichen in Einzelhandel, Gastronomie oder Dienstleistung zählen müssen. Ziel ist es, vornehmlich Leerstände zu vermeiden, zumindest ein wenig für Frequenz an diesen Stellen zu sorgen und ein einigermaßen „ordentliches“ Erscheinungsbild zu gewährleisten. Aufgrund des allgemeinen Phänomens des Ladensterbens (Experten gehen in den nächsten Jahren deutschlandweit von bis zu 40.000 Geschäftsaufgaben im inhabergeführten Einzelhandel aus) liegt es auf der Hand, alternative Nutzungen in die Innenstädte zu holen. Folgende beispielhaft aufgeführten Nutzungsthemen sind in diesem Zusammenhang für eine verstärkte Platzierung in solchen zentralen Randbereichen denkbar: • soziale Angebote: Jugend-, Familien- und Seniorenzentren, Kindertagesstätten • kulturelle Angebote: Theater, Kleinkunsträume, Künstlerateliers, Kulturzentren, Museen/Ausstellungsflächen, Bibliotheken • Freizeitangebote: Fitness-Center, Kinos • Gesundheit: Ärzte/Ärztehäuser, Therapiepraxen, Klinikbetriebe • beratende Branchen: Steuerberater, Rechtsanwälte, Finanzdienstleister

7.6 Mehr als nur Leerstandskosmetik: Mit sinnvollen Zwischennutzungskonzepten …

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Verwaltungen: Krankenkassen, Versicherungen Behörden u. ä.: Bürgerbüros, Kfz-Anmeldung, Standesamt Bildungseinrichtungen: schulische Angebote, VHS gesellschaftspolitische Nutzungen: Büros von Parteien, Gewerkschaften u. ä. religiöse Einrichtungen: Kirchen, Versammlungsstätten, Gemeindehäuser Umnutzung in Wohnraum Alten- und Pflegeeinrichtungen Spezialgeschäfte, Dienstleister  u.ä.: Fotostudios, Reisebüros, Fahrschulen, Maßschneider, Handwerksbetriebe

Ebenso wichtig ist es, solche Arten von Nutzungen nach Möglichkeit in den Innenstädten zu belassen, wenn sie bereits dort verortet sind. In meiner Heimatstadt Gelsenkirchen wurden vor wenigen Jahren die Finanzämter Gelsenkirchen-Nord und Gelsenkirchen-Süd zusammengelegt, die zuvor jeweils beide in unmittelbarer Nähe zu den Haupteinkaufszonen im Norden und Süden der Stadt gelegen haben. Als Standort für die Zusammenlegung wurde ein Areal „auf der grünen Wiese“ gewählt. Die Folge davon ist, dass viele der Mitarbeiter, die früher ihre Mittagspause in den jeweiligen Innenstädten verbracht haben und oft auch nach Dienstschluss noch durch die City gegangen sind und dort eingekauft haben, dieses jetzt nicht mehr tun, sondern in den meisten Fällen mit dem Auto direkt von zu Hause zum neuen Finanzamtsgebäude fahren, nach Feierabend denselben Weg in umgekehrter Richtung nehmen und dabei noch ihre Einkäufe erledigen. Und zwar wo? Genau, ebenfalls auf der „grünen Wiese“. Gleiches gilt übrigens für die vielen Besucher des Finanzamtes, welche früher noch einen Gang in die wenige Meter entfernten Haupteinkaufsstraßen unternommen haben.

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 ehr als nur Leerstandskosmetik: Mit sinnvollen M Zwischennutzungskonzepten freie Flächen vorübergehend beleben

Zwischennutzungen kaschieren nicht nur die eigentliche Leerstandssituation; sie zeigen im besten Falle auch an, wie sich die vermietbare Fläche in Nutzung darstellt. Außerdem besteht bei begehbaren Zwischennutzungen, also solchen, die nicht lediglich auf eine ­Belebung des Schaufensters ausgerichtet sind, die Chance, das Objekt einmal unverbindlich besichtigen zu können. Inhaltlich ist in diesem Bereich vieles denkbar. Von Schulausstellungen über Künstlerateliers (die in der Praxis wohl häufigste Zwischennutzungsform) bis hin zu regulär anmutenden Läden auf Zeit, den sog. PopUp-Stores. Bei Letzteren kann der Zwischenmieter z. B. die Nachfrage nach seinen Produkten am Standort ausprobieren, bevor er eine feste, längerfristige Anmietung vornimmt. Häufig werden PopUp-Stores auch von großen Markenanbietern als temporäre Showrooms inkl. hohem Erlebnischarakter eingerichtet mit dem Ziel, die eigene Marke vor Ort bekannt(er) zu machen. In der Regel lassen sich für den Zwischennutzungszeitraum reduzierte Mietkosten vereinbaren, da die entsprechende Aktion auch einen Werbeeffekt für den Vermieter haben soll. Ein gut erkennbarer „Zu vermieten!“-Hinweis sollte deshalb unbedingt während der

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7  Frischer Wind für leere Läden: Innenstadt-­Belebung durch branchenorientiertes …

Abb. 7.2  Conny Krug in ihrer temporären Damenboutique im Rahmen der Gevelsberger Zwischennutzungsaktion „Drei auf einen Streich!“ (Quelle: Eigene Darstellung)

Zwischennutzungsdauer vorhanden sein. Über das Mietverhältnis ist zwischen Vermieter und Zwischenmieter eine Zwischennutzungsvereinbarung in einfacher Vertragsform abzuschließen, um beide Seiten vor unliebsamen Überraschungen zu schützen. In der Regel enthält die Vereinbarung einen Passus, nach welchem die Fläche innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes zu räumen ist, wenn eine reguläre Vermietung erreicht werden konnte und der neue Mieter die Fläche möglichst schnell beziehen will. Eine beispielhafte Zwischennutzungsvereinbarung findet sich als Arbeitshilfe am Ende dieses Kapitels. In Gevelsberg, Nordrhein-Westfalen, standen im Jahr 2017 mitten in der Innenstadt drei kleine, nebeneinander gelegene Ladenlokale leer und warteten auf den Abriss des Gesamtgebäudes ein halbes Jahr später. Zwecks Belebung dieser Ladenzeile für diesen Zeitraum konnte ich unter dem Motto „Drei auf einen Streich!“ drei Zwischennutzer gewinnen, darunter Conny Krug. Sie gestaltete eine vorherige Metzgerei samt fest verbauter Theke, die sie herausreißen ließ, für den Zwischennutzungszeitraum in vorbildlicher Weise in eine Damenboutique um und nutzte die Zeit als Testlauf am Standort Gevelsberg. Das Ergebnis: Nach Ablauf der Zwischennutzungsdauer mietete Conny Krug direkt gegenüber ein festes Ladenlokal an und ist seitdem erfolgreich dort tätig (vgl. Abb. 7.2). Im niederländischen Den Helder hat der Kunsthandwerk-Laden „REJOEZ“ (Inhalt der Tätigkeit sind Herstellung und Vertrieb sog. Upcycling-Produkte) einen Vertrag mit einer Immobiliengesellschaft, welcher einige Objekte in der dortigen Innenstadt gehören, ge-

7.7 Eingreifen, bevor es zu spät ist: Maßnahmen der präventiven Leerstandsvermeidung 179

Abb. 7.3  Blick in die stylisch hergerichtete Zwischennutzung des Upcycling-Ladens REJOEZ in Den Helder, Niederlande. (Quelle: Eigene Darstellung)

schlossen. Das Geschäft bespielt einen Leerstand im Auftrag der Immobiliengesellschaft immer so lange, bis dieser wieder regulär vermietet ist und zieht dann weiter in einen anderen zu dem Unternehmen gehörenden Leerstand (vgl. Abb. 7.3).

7.7

 ingreifen, bevor es zu spät ist: Maßnahmen der präventiven E Leerstandsvermeidung

Die beste Form von Leerstandsmanagement ist natürlich die, welche Leerstand von vornherein verhindert. Deshalb sollte ein Citymanager auch Ansprechpartner bei geschäftlichen Krisen und bei der Suche nach einer Unternehmensnachfolge sein, welche die beiden Hauptanlässe im Bereich der vorbeugenden Leerstandsbekämpfung darstellen.

7.7.1 S.O.S.: Beratung bei Krisensignalen von Bestandsbetrieben Im Idealfall informieren die Inhaber kriselnder Geschäfte den Citymanager rechtzeitig, um mit ihm die Situation zu besprechen und gemeinsam erste Lösungsansätze zu entwickeln. Evtl. fallen dem Citymanager gravierende, korrigierbare Schwachpunkte auf, z. B.

180

7  Frischer Wind für leere Läden: Innenstadt-­Belebung durch branchenorientiertes …

in der Sortimentszusammenstellung, bei der Preisgestaltung, der Warenpräsentation etc. Häufig empfiehlt sich die Hinzunahme weiterer Experten in Bezug auf verschiedenste unternehmerische Zusammenhänge. Das können Steuer- oder Unternehmensberater, aber auch Fachleute für spezielle geschäftliche Themen, wie z. B. Dekorateure oder Schaufenstergestalter sein, wenn der Eindruck entsteht, dass es z. B. im Bereich der Angebotsinszenierung hapert.

7.7.2 Aktive Nachfolgersuche Ladenleerstand droht auch im Falle von geplanten Geschäftsaufgaben, z. B. aus Altersgründen. Bei der -in der Regel schwierigen- Suche eines Nachfolgers sollten verschiedene „Kanäle“ genutzt werden. So kann etwa die Möglichkeit zur Übernahme eines gut eingeführten Geschäftes innerhalb des vom Citymanagement aufgebauten Gründerpools bekanntgemacht werden. Zudem sollte ein frühzeitiger Eintrag in Online-Unternehmensbörsen wie z.  B. www.nexxt-change.org des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erfolgen. Auch ein rechtzeitig und im Bedarfsfall mehrfach geschaltetes klassisches Zeitungsinserat unter dem Motto „Erfolgreiches Ladengeschäft aus privaten Gründen zu verkaufen!“ ist dem Noch-Inhaber zu empfehlen, zudem eine Verbreitung des Suchhinweises innerhalb von Branchenverbänden, in denen der betreffende Betreiber organisiert ist. In Hinsicht auf die Vorlaufzeit bei der Nachfolgersuche aus Altersgründen empfehlen Experten, hiermit bis zu fünf Jahre (!) im Vorhinein zu beginnen, da der „Tag X“ der vermutlichen Geschäftsschließung in der Regel bekannt ist, zumindest grob. Bei ausreichendem Zeitvorlauf besteht beispielsweise die Möglichkeit, dass der Käufer des Unternehmens bereits vor Ausscheiden des Geschäftsinhabers als eine Art Kompagnon in dieses eintritt und es durch aktive Mitarbeit „von der Pike“ auf kennenlernt.

7.8

Fazit

Ein erhöhtes Aufkommen an Leerständen kann als DAS Symbol für kriselnde Innenstädte und Ortskerne schlechthin bezeichnet werden. Standortbesucher merken in aller Regel sofort, dass es vor Ort scheinbar „ein Problem“ gibt. Spätestens in dieser Situation sollten alle Verantwortlichen aufwachen und erkennen, dass die Belebtheit von Geschäftsflächen etwas mit Stadtentwicklung zu tun hat und man das diesbezügliche Geschehen am Standort nicht dem „freien Markt“ und somit dem Zufall überlassen darf. Kümmerung ist gefragt, und zwar in einem nicht zu unterschätzenden Ausmaß. Leerstandsmanagement ist als Kernaufgabe an Standorten zu betrachten, welche gewillt sind, für die Zukunft professionelle Managementstrukturen auf die Beine zu stellen. Über eine inhaltliche Steuerung in Bezug auf die  Nutzung der einzelnen Geschäftsflächen lässt sich nach und nach wirksam an der Attraktivität des Branchenmixes arbeiten. Methoden und Instrumente hierfür stehen in breiter Auswahl zur Verfügung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine

7.9 Arbeitshilfen

181

erfolgreiche Zukunft vieler Stadtzentren weniger als bisher von Einzelhandel geprägt sein wird. Aus diesem Grund sind alternative Nutzungsformen zu überlegen, ebenso wie gezielte strukturelle Vorgehensweisen im Sinne von Verdichtungs-, Konzentrations- und Schrumpfungsprozessen in Hinsicht auf in der Vergangenheit vornehmlich shoppingdominierte Innenstadt-Lagen.

7.9

Arbeitshilfen

7.9.1 Checkliste Leerstandsmanagement Checkliste Leerstandsmanagement relevant erledigt Aufgaben/Maßnahmen/Instrumente/Vorgehensweisen ja/nein am Anmerkungen Arbeitsmaterialien Erfassungsformular für Mietangebote/Mietgesuche Erstellung Flächenkataster Muster Zwischennutzungsvertrag aktuelle Branchen- bzw. Nutzungsübersicht inkl. Benennung von Angebots- bzw. Nutzungslücken Sonstiges, z. B.: Marketing/Werbung/Kommunikation Entwurf einer investorenorientierten Standortmarketing-­ Kampagne Schaufensterbanner-Kampagne Infoflyer Leerstandsmanagement Leerstandsbörse im Internet Leerstandsrundgänge mit Flächenbesichtigungen Gründer-Infoveranstaltungen ausrichten Gründerwettbewerb ausrichten regelmäßige Pressearbeit Infostand bei Stadtfesten etc. Empfehlungen für das Leerstandsmanagement durch Netzwerkpartner erbitten (z. B. IHK, Wirtschaftsförderung) Kreative, flächenindividuelle Leerstandsaktionen Sonstiges, z. B.: Spezielle Leistungen für Immobilieneigentümer, Mietinteressenten und Bestandsmieter aktive Mietersuche aktive Flächenvermarktung Organisation von Besichtigungsterminen Gründerberatung bzgl. Standort und Flächen Vermieterberatung und -sensibilisierung für Entwicklungsziele Innenstadt Krisenberatung bei Bestandsmietern Nachfolgersuche bei angekündigten Geschäftsaufgaben Sonstiges, z. B.:

182

7  Frischer Wind für leere Läden: Innenstadt-­Belebung durch branchenorientiertes …

Checkliste Leerstandsmanagement relevant erledigt Aufgaben/Maßnahmen/Instrumente/Vorgehensweisen ja/nein am Allgemeine Leistungen Steuerung des Branchenmixes Vermeidung von Mindernutzungen am Standort Entwicklung von strategischen Ideen für zukünftige Nutzungsentwicklungen in Hinsicht auf einzelne Innenstadt-­ Abschnitte und dort vorhandenen Flächen Sonstiges, z. B.:

Anmerkungen

7.9.2 Checkliste Zwischennutzungen Checkliste Zwischennutzungen geeignet Maßnahme ja/nein Nutzungsideen, begehbar PopUp-Store Kunstgalerie Ausstellungsraum für Schulprojekte, Vereine u. ä. Ausstellungsfläche für umliegende Händler (Show-Room) temporärer Vortragsraum temporäres Beratungsbüro Sonstiges, z. B.: Nutzungsideen, nicht-begehbar (Schaufenster-Aktionen) Kunst-Schaufenster Schaufensterausstellung für Schulprojekte, Vereine u. ä. Werbeschaufenster für umliegende Geschäfte Infoschaufenster für lokale Initiativen Sonstiges, z. B.: Organisation Öffentlicher Aufruf „Zwischennutzer gesucht!“ Vertragsgestaltung für Zwischenmieter und Vermieter Einholen einer behördlichen Nutzungserlaubnis der Fläche (z. B. „Kurzzeit-Ausnahmegenehmigung“), falls notwendig (insbesondere gewerbe- und baurechtlich) Entwicklung eigener Zwischennutzungsideen und Suche von Umsetzern hierfür Aufbau einer offiziellen Zwischennutzungsoffensive am Standort Information der Medien zur Zwischennutzungsoffensive und zu einzelnen Zwischennutzungsprojekten Dokumentation von Zwischennutzungsaktionen Sonstiges, z. B.:

erledigt am

Anmerkungen

7.9 Arbeitshilfen

183

7.9.3 Muster Zwischennutzungsvereinbarung Nutzungsvereinbarung Zwischen und wird folgende Nutzungsvereinbarung getroffen: § 1 Mietgegenstand - Vermieter - Nutzer Der Vermieter übergibt dem Nutzer das Ladenlokal mit der Adresse .................................. (Straße) in ................................................ (PLZ, Ort) zur Nutzung als ............ Die zu nutzende Fläche beträgt ... qm. § 2 Nutzungsdauer Die vereinbarte Nutzung erfolgt zwischen dem ....... und dem ........... Erfolgt während der Nutzungsdauer eine Vermietung, muss das Objekt vom Nutzer innerhalb von ..... Wochen geräumt werden. § 3 Nutzungsentgelt Der Vermieter überlässt dem Nutzer das Ladenlokal in der gem. § 2 angegebenen Dauer zu einem Nutzungsentgelt in Höhe von monatlich € … ,– inkl. Betriebsneben- und Heizkosten zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer (19 %). Die Stromkosten werden vom Nutzer übernommen. § 4 Übergabe Der Nutzer übernimmt das Ladenlokal im vorhandenen Zustand. Zu Beginn der Nutzungsdauer wird ein Übergabeprotokoll angefertigt. Während der Nutzungsdauer hat der Nutzer für eine möglicherweise erforderliche Reinigung des Mietgegenstandes Sorge zu tragen. Er verpflichtet sich, das Ladenlokal und gemeinschaftliche Gebäudeteile, Anlagen und Einrichtungen schonend und pfleglich zu behandeln. Bei Ablauf der Nutzungsdauer hat er das Ladenlokal in dem Zustand, der im Übergabeprotokoll festgehalten wurde, wieder an den Vermieter zurückzugeben. Schäden, die zum Zwecke der Nutzung im Ladenlokal vom Nutzer verursacht worden sind (Löcher etc.), sind von diesem bei Vertragsende zu beseitigen. § 5 Haftung Der Vermieter und der Nutzer einigen sich hinsichtlich der Übernahme evtl. auftretender Haftungsschäden im Objekt sowie an den Besuchern auf den Abschluss einer den gesamten Zwischennutzungszeitraum abdeckenden Versicherung für Personen- und Sachschäden. Der Abschluss dieser Versicherung erfolgt durch den Nutzer. ____________________________________________________ Ort, Datum ............................................ ............................................... - Vermieter - - Nutzer -

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7  Frischer Wind für leere Läden: Innenstadt-­Belebung durch branchenorientiertes …

Literatur Internet BMI. (2016). Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzepte in der Städtebauförderung: Eine  Arbeitshilfe für Kommunen. https://www.staedtebaufoerderung.info/StBauF/SharedDocs/­ Publikationen/StBauF/Arbeitshilfe_ISEK.pdf?__blob=publicationFile&v=5. Zugegriffen am 25.04.2019. Breyer M. (2008). Ein Heimatmuseum für einen Tag. https://www.wr.de/staedte/ennepetal-gevelsberg-schwelm/ein-heimatmuseum-fuer-einen-tag-id1355513.html. Zugegriffen am 7.05.2019. Immobilienscout24. (o.J. a). Lage A oder B. https://www.immobilienscout24.de/gewerbe/lexikon/alage-b-lage.html. Zugegriffen am 25.04.2019. Immobilienscout24. (o.J. b). Kündigungsfrist Gewerberaum. https://www.immobilienscout24.de/ anbieten/private-anbieter/lexikon-vermieten/kuendigungsfrist-gewerberaum.html. Zugegriffen am 25.04.2019. Mietrecht. (o.J.) . Gewerbemietrecht: Optionsrecht zur Vertragsverlängerung. https://www.mietrecht.org/gewerbe/gewerbemietrecht-optionsrecht-zur-vertragsverlaengerung. Zugegriffen am 26.04.2019.

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Immer was los: Innenstadt-Belebung durch den Aufbau zugkräftiger Veranstaltungen

Zusammenfassung

Innenstädte sind in aller Regel bedeutende Treffpunkte für Veranstaltungen verschiedenster Art. Dazu zählen neben Stadtfesten auch Rahmenprogramme im Zusammenhang mit verkaufsoffenen Sonntagen, unterschiedliche Marktformen und vieles mehr. In diesem Kapitel werden grundsätzliche Erfolgsbausteine für Events vorgestellt und gezeigt, was bei deren Vorbereitung zu berücksichtigen ist. Konkret eingegangen wird zudem auf diverse Marktkonzepte, da Märkte häufig auch „unter der Woche“ für eine zusätzliche Innenstadt-Belebung sorgen, von welcher der umliegende stationäre Einzelhandel häufig  profitiert. Zur gezielten Planung, Organisation und Durchführung von Events findet sich am Ende des Kapitels  die „Checkliste Veranstaltungsmanagement“.

8.1

Grundsätzliche Gedanken vorab

In den letzten rund 20 Jahren habe ich weit über einhundert Veranstaltungen verschiedenster Art geplant, organisiert und umgesetzt, die meisten davon in meiner Funktion als Citymanager. Darunter waren, wie an anderen Stellen in diesem Buch z.  T. erwähnt, viele verkaufsoffene Sonntage mit jährlich wiederkehrenden Rahmenprogrammen, Moonlight-­ Shopping-­Aktionen, größere und kleinere Tagesaktivitäten in Leerständen, dreitägige Stadtfeste, Baustellen-Events, Lesungen, Konzerte und als besondere, einzigartige Highlights eine Existenzgründermesse in einem leer stehenden Kaufhaus, eine zweiwöchige Cartoon-Ausstellung in dreißig Innenstadt-Geschäften sowie ein Indoor-Nostalgiemarkt quer durch ein altes und ungenutztes, jedoch wunderschönes Fachwerkhaus. Zu einigen dieser Projekte berichte ich an entsprechender Stelle gesondert.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 F. Manfrahs, Citymanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_8

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186

8  Immer was los: Innenstadt-Belebung durch den Aufbau zugkräftiger Veranstaltungen

Nachhaltiges Ziel sollte es sein, gute Veranstaltungsideen weiterzuentwickeln und somit inhaltlich auszubauen, so dass diese auf Dauer zu einer in der Region fest etablierten Eventmarke werden. Im Umkehrschluss bedeutet dieses einen weitestgehenden Verzicht auf die Produktion von „Eintagsfliegen“, welche vom Besucher nicht „gelernt“ werden können und immer einen dauerhaft höheren Organisationsaufwand gegenüber Veranstaltungskonzepten bedeuten, die über die Jahre hinweg als eine Art Serie angelegt sind. Natürlich bestätigen auch in diesem Zusammenhang Ausnahmen die Regel. So sind manche City-Aktionen bewusst auf Einmaligkeit ausgerichtet, z. B. Tagesaktionen in einem Leerstand mit dem Ziel, diesen als Mietobjekt anzupreisen. Zu einem guten Event gehört auch der Mut zur Aufgabe von Veranstaltungsformaten, die sich offensichtlich überlebt haben, mit einem negativen Image belegt sind und/oder nur mit einem Aufwand erfolgversprechend zu betreiben sind, welcher in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen steht. In meinem ersten Jahr als Citymanager in Gevelsberg (Nordrhein-Westfalen) kam die Frage auf mich zu, wie wir zukünftig mit dem Thema Weihnachtsmarkt umgehen sollten. In den Jahren davor hatte diese immer an einem einzigen Wochenende im Advent stattfindende Veranstaltung spürbar an Qualität verloren. Es fanden sich kaum noch Betreiber für ansehnliche Stände, abgesehen von reinen Bewirtungsangeboten. Die Aussicht darauf, in Gevelsberg in näherer Zukunft einen niveauvollen Weihnachtsmarkt auf die Beine zu stellen, welcher aufgrund der Qualitätsansprüche einen erhöhten Kostenaufwand rechtfertigen würde, war eher gering. Traditionell hing an dem Weihnachtsmarkt jedoch immer die Genehmigung für einen verkaufsoffenen Sonntag, welcher seitens der Händlerschaft natürlich nicht so einfach aufgegeben werden wollte. Was also tun? Nach einigen Überlegungen und Recherchen in der Region wagte ich den Vorschlag, das Thema Weihnachtsmarkt zumindest für die kommenden Jahre ad acta zu legen, und zwar aus folgenden Gründen: 1.) Die Durchführung von Weihnachtsmärkten unterliegt einer immensen Konkurrenzsituation. Selbst in allerkleinsten Ortschaften finden Weihnachtsmärkte statt. Obendrein veranstalten Organisationen wie Schulen, Kirchen, Seniorenheime u.v.m. eigene kleine Weihnachtsmärkte. 2.) Aus diesem Grund hätte ein Konzept mit Alleinstellungscharakter entwickelt werden müssen, zum Beispiel ein Themenweihnachtsmarkt. Die Kosten für dessen Planung und Umsetzung wären ziemlich hoch, evtl. zu hoch, gewesen. 3.) Veranstaltungen an nur einem Wochenende unterliegen wettertechnisch dem totalen Zufall. Die Wahrscheinlichkeit eines kompletten Schlechtwetter-Wochenendes war nicht zu unterschätzen. Kurzum: Als „Ausweichlösung“ schlug ich vor, aus der Not eine Tugend zu machen und,  statt mit überschaubaren Erfolgsaussichten in der Region  in einen erneuten Weihnachtsmarkt-­Wettbewerb einzutreten, lieber auf ein von der Konkurrenz bis dato nicht belegtes „Event-Geschäftsfeld“ auszuweichen. Konkret: Die Durchführung eines

8.2 Anders als andere: Veranstaltungen als einzigartiges Erlebnis

187

Martinsmarktes Anfang November inkl. verkaufsoffenem Sonntag als Auftakt für das regionale Weihnachtsgeschäft. Fazit: Seit rund 10 Jahren gibt es in der Gevelsberger Innenstadt nunmehr einen Martinsmarkt, jedoch keinen Weihnachtsmarkt mehr. Die Idee eines bewussten Verzichts auf ein Event im Austausch gegen ein anderes, konkurrenzloses Veranstaltungskonzept hat somit „gefruchtet“. Hinweise aus der Bevölkerung und der Händlerschaft, es müsse unbedingt wieder ein Weihnachtsmarkt in der Gevelsberger Innenstadt stattfinden, kommen schon seit Jahren nur noch äußerst selten auf.

8.2

 nders als andere: Veranstaltungen als einzigartiges A Erlebnis

Wie bereits an anderen Stellen dieses Buches aufgezeigt, spielt der Erlebnischarakter im Zusammenhang mit der Entwicklung erfolgreicher Innenstädte und Ortszentren zunehmend eine ausschlaggebende Rolle. Dieses ist somit auch für die Planung und Durchführung von City-Events und -Aktionen von Bedeutung. Die nachstehenden Ausführungen vermitteln Anhaltspunkte, welche zur Gestaltung einzigartiger Veranstaltungserlebnisse beitragen sollen.

8.2.1 Bausteine für den Event-Erfolg Das Geheimnis für einen nachhaltigen Erfolg von City-Festen liegt aus meiner Sicht in einigen wenigen Bausteinen begründet. Zum einen sollte die Event-Idee, also das Thema, für eine ausreichend große Menge an potenziellen Besuchern interessant sein. Auf der anderen Seite sollte sie aber wiederum nicht beliebig oder „abgekupfert“ wirken, insbesondere nicht im Sinne eines Kopierens von vermeintlichen Erfolgsevents aus Nachbarstädten. Eigene gute Ideen sind stärker und wirken sympathischer! Des Weiteren sollten City-Veranstaltungen einen gewissen Qualitätsanspruch erfüllen. Über dieses Kriterium wird unter anderem auch gesteuert, welche Art von Publikum sich für ein Event interessiert und dieses besucht. Sind die finanziellen Mittel nicht vorhanden, um eine gute Veranstaltungsidee unter Einhaltung eines gewissen Qualitätsanspruchs umzusetzen, sollte im Zweifelsfalle lieber auf die Durchführung verzichtet werden. Der Imageverlust im Falle von „Hauptsache-wir-machen-irgendwas“-Festen wiegt letztlich oft schwer. Ich persönlich vermeide es z. B. auch, wahllos Veranstaltungsstände in die Innenstadt zu holen, nur um entweder leere Flächen mit diesen zu füllen oder aber die gewünschten bzw. notwendigen Standgebühren zu erzielen. In der Regel bin ich mit dieser Vorgehensweise im Sinne einer „Mindestqualitätsstrategie“ immer gut gefahren. Hat die Veranstaltung zudem ein klares Thema, so gibt es auch einen „roten Faden“, anhand dessen sich die einzelnen Programmpunkte ausarbeiten lassen. Womit wir beim nächsten Erfolgskriterium wären: Liebe zum Detail! Gute Themen lassen sich inhaltlich hervorragend in die Tiefe ausarbeiten. Die Besucher werden die so entstehende Konsequenz und Intensität des Events spüren, und

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8  Immer was los: Innenstadt-Belebung durch den Aufbau zugkräftiger Veranstaltungen

damit auch den Unterschied zu „Allerweltsveranstaltungen“, die sie an anderen Standorten erleben. Sie werden sich daran erinnern, wo sie diese einzigartige besondere Veranstaltung besucht haben. Dieses ist in der Event-Flut, die heutzutage herrscht, bei Weitem nicht selbstverständlich. Insbesondere bei von Agenturen komplett „von der Stange“ eingekauften Stadt- oder Straßenfestprogrammen ist die Standortbeliebig- und somit Austauschbarkeit leider oftmals schon im Preis inbegriffen. Die Besucher erinnern sich bei den entsprechenden Festivitäten zum Schluss oftmals kaum noch daran, wo sie was erlebt haben. Das liegt daran, dass den Veranstaltungen der Bezug zum Standort gefehlt hat. Deshalb als weiterer Tipp: Nach Möglichkeit sollten Konzepte und Programme vor Ort selber entwickelt werden, am besten unter Einbindung lokaler bzw. regionaler Akteure wie Vereine, Künstler, Schausteller usw., welche in der Regel allesamt ein gutes Gefühl dafür haben, wie ihr Heimatstandort und deren Einwohner „ticken“ und was dort eventmäßig funktioniert. Um das Ganze für die Besucher interessant zu halten, sollten dann „on Top“ gezielt einzelne „externe“ Teilnehmer hinzugenommen werden. Diese Art von Mix hat sich aus meiner Sicht sehr bewährt, ebenso wie die Strategien, altbekannte und beliebte mit neuen Programmpunkten zu durchmischen und sich zu bemühen, dass für jeden Besucher „etwas dabei“ ist. Letzteres gilt auch für die Bewirtung einer Veranstaltung. Gängiges durch Besonderes zu ergänzen, ist so gut wie nie verkehrt. Wenn es um die Form des Aufbaus einer Veranstaltung geht, funktioniert in aller Regel das sog. Knochenprinzip gut (s. hierzu auch im folgenden Kapitel Abschn. 9.5.2). Dieses funktioniert über zwei starke Außenpunkte wie z. B. Bühnen, welche die Besucher animieren, sich von einem Endpunkt der Veranstaltung zum anderen zu begeben. Auf der Strecke zwischen diesen beiden Punkten nehmen sie dann das dazwischen aufgebaute „Restprogramm“ wahr. Was zwar im besten Falle erfolgsfördernd, aber nicht planbar ist, ist letztlich das Wetter. Fast vor jedem verkaufsoffenen Sonntag mit Rahmenprogramm wurde ich von Einzelhändlern und Gastronomen gefragt: „Na, Herr Manfrahs, kriegen wir denn am Sonntag gutes Wetter?!“ Und stets habe ich mit einem Augenzwinkern geantwortet: „Das habe ich im Rahmen der Vorbereitungen auf die Veranstaltung natürlich als erstes bestellt, weil es ja der wichtigste Programmpunkt ist!“

8.2.2 Einbindung der Händlerschaft ins Veranstaltungsprogramm Nach Möglichkeit sollten City-Events so gestaltet werden, dass die lokalen Geschäfte von diesen profitieren. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine aktive Einbindung der Läden (und bei Bedarf auch Gastronomiebetriebe) in die jeweilige Veranstaltung sinnvoll erscheint. Die Festbesucher nehmen dadurch Event und Handel als Einheit wahr und erleben eine Geschäftswelt, die sich agil, kreativ und kundenorientiert präsentiert. Geschickterweise sollten die Einzelhandelsaktionen vor dem Ladeneingang durchgeführt werden. Dadurch werden vielmehr Kunden aufmerksam gemacht als bei Aktivitäten, welche ausschließlich  innerhalb der Geschäftsräume stattfinden. Außerdem ist die Hemmschwelle für eine Teilnahme wesentlich geringer, weil die Besucher „einfach mal im Vorbeigehen“

8.2 Anders als andere: Veranstaltungen als einzigartiges Erlebnis

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anschauen, was denn hier und da so passiert. Idealerweise sollten die Sonderaktionen zum jeweiligen Sortiment passen und im besten Falle bei den Besuchern einen Impuls auslösen, als nächstes den Gang ins jeweilige Geschäfte zu unternehmen. Ich persönlich habe es oft so gehalten, dass ich die Händler gebeten habe, sich für ihr Geschäft etwas auszudenken, was von den Festbesuchern als Beitrag zum Gesamtprogramm der Veranstaltung wahrgenommen wird. Bei Bedarf habe ich bei der Ideenfindung geholfen. Als Gegenleistung habe ich diese Aktionen inkl. Nennung von Firmennamen und Adressen in den Programmflyer aufgenommen, zum Teil auch im Rahmen der veranstaltungsvorbereitenden Medienarbeit erwähnt. Als exemplarische Beispiele zu nennen wären ein historisch gekleideter Schuhputzer vor einem Schuhgeschäft, eine Kletterwand vor einem Sportfachgeschäft oder der Aufbau einer Dufttheke („Duftothek“) mit angeschlossenem „Düfte-­ raten-­Gewinnspiel“ vor einer Parfümerie, bei welchem die Teilnehmer ihre Gewinne an einer Sondertheke im Laden abholen konnten und dabei mit den Produkten des Geschäftes in Berührung kamen (als kleiner verkaufsfördernder Tipp hierzu: Um Besuchern des Standes ein Positiverlebnis im Zusammenhang mit dem Geschäftsnamen zu vermitteln und obendrein möglichst viele von ihnen in die Geschäftsräume zu locken, sollten natürlich alle Teilnehmer zumindest einen kleinen Preis gewinnen können!). Als weiteren „Motivationsbaustein“ zur Gestaltung einer kreativen Aktion vor dem Geschäft habe ich die entsprechenden Teilnehmer von der Erhebung einer Sondernutzungsgebühr für die Veranstaltung befreit. Ein solches Vorgehen lässt sich zudem  dadurch rechtfertigen, dass die Händler mit ihren eigenen Aktionen dazu beitragen, dass veranstalterseitig nicht ganz so viele extern beauftragte Programmpunkte organisiert und bezahlt werden  müssen. Die veranstaltungsbezogene Sondernutzungsgebühr für den öffentlichen Raum vor ihrem Geschäft mussten dann selbstredend jedoch  diejenigen Geschäfte bezahlen, welche diese Fläche ohne irgendeinen Programmbeitrag rein kommerziell nutzen wollten, z. B. in Form einer Aufstellung von Warenständern oder Werbeschildern.

8.2.3 I nspirationsquellen für die Gestaltung von Veranstaltungskonzepten und -programmen Es gibt einige Möglichkeiten, um auf Ideen für neue Veranstaltungskonzepte oder auch für einzelne Programmpunkte innerhalb bereits bestehender Veranstaltungsformate zu kommen. Ich persönlich besuche Events in anderen Städten und gehe oft aktiv auf Künstler, Standbetreiber etc., die mich interessieren, zu und frage, ob sie sich eine Teilnahme auf einer meiner Innenstadt-Veranstaltungen vorstellen könnten. Weiterhin von Belang ist für mich eine regelmäßige Zeitungslektüre. Hier finden sich häufig ausführliche Berichte über verschiedenste Arten von Veranstaltungen, welche teilweise sehr interessante Programmpunkte beinhalten. Regelmäßig werden auch von Bürgern spannende Ideen an mich herangebracht, welche diese von anderenorts „mitbringen“. Ich animiere deshalb die Akteure an den Standorten, an denen ich jeweils arbeite, immer ausdrücklich, mir gerne ihre entsprechenden Vorschläge zukommen zu lassen, auch wenn ich natürlich nicht sofort eine

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8  Immer was los: Innenstadt-Belebung durch den Aufbau zugkräftiger Veranstaltungen

­ arantie für deren Umsetzung geben kann. Bei all dem ist mir jedoch wichtig, Ideen nicht G einfach „eins zu eins“ zu kopieren, zumindest nicht von denjenigen Standorten im ­Wettbewerbsumfeld. Oftmals lassen sich bei der Recherche entdeckte Programminhalte auch individuell für den eigenen Standort „umarbeiten“.

8.3

J ede Menge zu beachten: Veranstaltungsmanagement als umfangreiche Projektaufgabe

Wer ein Event „auf die Beine“ stellen will, merkt schnell, dass man ein solches nicht „einfach mal so eben“ aus dem Hut zaubern und umgehend umsetzen kann. Im Vorfeld gibt es eine Menge zu klären, zu organisieren, zu kalkulieren und zu beantragen, wie die folgenden Ausführungen belegen.

8.3.1 Infrastruktur bzgl. Energieversorgung Hinsichtlich der Stromversorgung ist im besten Falle eine gute Infrastruktur bereits am Standort installiert, d. h., es gibt direkt nutzbare Stromversorgungspunkte mit einer ausreichenden Auslastungskapazität. Vor Durchführung einer Veranstaltung sollten unbedingt die Strombedarfe der teilnehmenden Stände abgefragt werden, um sicherzustellen, dass genügend Anschlüsse zur Verfügung stehen und der Gesamtstrombedarf gedeckt werden kann. Im Zweifelsfalle sollte sicherheitshalber ein kundiger Elektriker beratend  hinzugezogen werden. Dieser kann auch Auskunft darüber geben, ob Standbetreiber vorsichtshalber Adap­ter für die Starkstromanschlüssse mitbringen sollten, da es immer wieder vorkommt, dass mit Starkstromkabeln mit veralteten, nicht mehr passenden Steckern gearbeitet wird. Obendrein ist es unbedingt ratsam, während der Veranstaltung eine Elektriker-­Notfallnummer für Probleme hinsichtlich der Stromversorgung anrufen zu können. Die Sicherung der Wasserversorgung erfolgt vielfach über sog. Standrohre, die an eigens dafür vorhandenen Zapfstellen angeschlossen werden. Die Standrohre werden in der Regel beim örtlichen Energielieferanten, welcher Inhaber der Zapfstellen ist, gegen Gebühr ausgeliehen. Der Auf- und Abbau der Standrohre sollte bzw. muss in fachgerechter Weise erfolgen. Diesbezüglich können oftmals die städtischen Kollegen vom Betriebshof angesprochen werden. In Rechnung gestellt wird neben der Standrohr-Leihgebühr der genaue Wasserverbrauch pro Versorgungsstelle.

8.3.2 Sicherheit und Ordnung Mit der örtlichen Ordnungsbehörde sollte unter Einhaltung einer ausreichend langen Vorlaufzeit besprochen werden, ob und welche Sicherheitsvorkehrungen für das geplante

8.3 Jede Menge zu beachten: Veranstaltungsmanagement als umfangreiche…

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Event zu treffen sind. Bei Großveranstaltungen werden zudem die Polizei und die ­Feuerwehr zu den Abstimmungsgesprächen hinzugezogen. Zu klären ist in diesem Zusammenhang auch, ob Sicherheitspatrouillen eingesetzt werden, wer diese stellt und mit welchen konkreten Aufgaben diese versehen werden. Falls die Erstellung eines professionellen Sicherheitskonzeptes notwendig ist, kann dieses bei einer darauf spezialisierten Agentur in Auftrag gegeben werden. Unter Umständen wird es notwendig sein, kostenpflichtig einen privaten Sicherheitsdienst einzusetzen, welcher z. B. die Bühnenbereiche beschützt und obendrein als Nachtwache bei mehrtägigen Veranstaltungen fungiert, bei denen Aufbauten über Nacht stehenbleiben und diese  deshalb in erhöhtem Maße diebstahl- und vandalismusgefährdet sind. Weitere wichtige Partner sind -zumindest im Rahmen von City-­Großveranstaltungen-Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK) oder das Technische Hilfswerk (THW), welche vor Ort für Sanitäts- und Erste-Hilfe-Maßnahmen zur Verfügung stehen. Der Standort von deren Einsatzteam sollte durch Ausschilderungen, Vermerke im Programmflyer sowie über die Presse bekanntgemacht werden. Auch hinsichtlich dieser Partner ist eine frühzeitige Beauftragung und Abstimmung über den Umfang der zu erbringenden Leistungen empfehlenswert, da die Einsatzteams oft für andere, zeitgleich stattfindende Events in der Region gebucht werden. Die Leistungen von DRK, THW oder ähnlichen Organisationen sind in der Regel kostenpflichtig.

8.3.3 Sauberkeit Das Veranstaltungsgelände sollte sich während einer Veranstaltung dauerhaft möglichst reinlich präsentieren. Sauberkeit ist ein Qualitätskriterium! Auf keinen Fall sollten Mülleimer überquellen oder Unrat auf der Straße umherfliegen. Neben regelmäßigen Reinigungs- zw. Leerungsintervallen hilft die Aufstellung von zusätzlichen Abfallbehältern in ausreichender Menge an strategisch sinnvollen Orten, d. h., wo ein erhöhtes Müllaufkommen erwartbar ist und wo die Behälter möglichst gut gesehen werden und sich nah am Laufweg der Passanten befinden. Mit der zuständigen kommunalen Abteilung sollte daher im Vorfeld einer Veranstaltung eine Art „Reinigungsmanagement“ vereinbart werden. Die teilnehmenden mobilen Bewirtungsbetriebe sollten ebenfalls verpflichtet werden, in genügender Weise gut sichtbare Abfallbehälter mit ausreichender Kapazität vor ihren Ständen zu platzieren. Im Zuge dessen wird häufig vereinbart, dass die Standbetreiber nach Veranstaltungsende ihren Müll selber abtransportieren müssen. Alternativ besteht die Möglichkeit, ihnen an zentraler Stelle gesondert größere Mülltonnen zur Verfügung zu stellen oder ihnen anzubieten, dass sie die verschlossenen Müllsäcke nach Abbau an der Standfläche zurücklassen können und die Stadtreinigung diese im Rahmen der Aufräumarbeiten auf dem Veranstaltungsgelände  einsammelt. Zum Thema Sauberkeit gehört des weiteren die Zurverfügungstellung von schnell erreichbaren, gut ausgeschilderten und halbwegs gepflegten Besuchertoiletten in ausreichender Menge (z.  B.  Toilettenwagen), um Unarten wie „Wildpinkeln“ u. ä. soweit wie möglich vorzubeugen.

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8  Immer was los: Innenstadt-Belebung durch den Aufbau zugkräftiger Veranstaltungen

8.3.4 A  chtung, Urheberrecht! – Anmeldepflicht von Musiknutzungen bei der GEMA Sobald auf einer öffentlichen Veranstaltung Musik gespielt bzw. abgespielt wird, ist dieses urheberrechtlich relevant. Sowohl Komponisten als auch Textern steht eine Vergütung für die Nutzung der von ihnen geschaffenen Werke zu. In Deutschland kümmert sich darum die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, kurz GEMA. Eine Veranstaltung mit Musik ist im Vorfeld bei der GEMA anzumelden. Eine nachträgliche Anmeldung kann Strafgebühren in gleicher Höhe der eigentlichen Nutzungsgebühr nach sich ziehen, wodurch sich die GEMA-Kosten somit verdoppeln würden. Da bei Großveranstaltungen schnell einige tausend Euro an GEMA-Gebühren zusammenkommen können, kann auf die Dringlichkeit einer ausreichend frühzeitigen Anmeldung kaum genug hingewiesen werden. Zeitnah nach der Veranstaltung ist der GEMA eine Titelfolge über die von den einzelnen Künstlern auf der Veranstaltung gespielten Stücke einzureichen. Für nicht vorgelegte Titelfolgen verlangt die GEMA nachträglich noch einmal 10 % „Nachschlag“, allerdings nicht auf die Gesamtrechnung, sondern auf den darin enthaltenen Teilbetrag bzgl. des entsprechenden Musikacts. Es empfiehlt sich daher, mit allen auftretenden GEMA-relevanten Künstlern im Vorfeld vertraglich zu vereinbaren, dass die Auszahlung des Auftrittshonorars erst bei Herausgabe der  auf dem dafür zur Verfügung stehenden GEMA-Formular eingetragenen und vom Künstler unterschriebenen Musiktitelfolge geschieht. Ansonsten könnte es für den Citymanager bzw. Veranstalter enorme nachträgliche Mühe bedeuten, zeitnah nach Beendigung der Veranstaltung ein solches Dokument ausgehändigt zu bekommen. Die Internetseite www.gema.de enthält umfangreiche weitergehende Informationen. Auch können hier die Formulare zur Anmeldung von Veranstaltungen sowie zum Nachweis von Titelfolgen heruntergeladen, auf dem digitalen Weg bearbeitet und versendet werden. Sicherlich nicht uninteressant ist zum Zwecke der Kalkulation einer Veranstaltung auch der auf dieser Webseite zur Verfügung stehende GEMA-Tarifrechner. Keine GEMA-Gebühren zu zahlen sind für live gespielte Werke, die bereits älter als 70 Jahre sind, zum Beispiel eine Klaviersonate von Wolfgang Amadeus Mozart, da nach Ablauf dieses Zeitraums das Urheberrecht erloschen ist. In diesen Fällen muss auch keine Anmeldung einer entsprechenden Musiknutzung bei der GEMA erfolgen. Wird dieselbe Mozartsonate allerdings in einer weniger als 70 Jahre alten Aufnahme „vom Band“ abgespielt, handelt es sich aus urheberrechtlicher Sicht dabei um ein eigenes Werk, dessen Verwendung sehr wohl genehmigungspflichtig ist.1 Abschließend sei noch der Hinweis platziert, dass Mitglieder der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland (bcsd) einen GEMA-Rabatt erhalten.

1

 S. hierzu www.urheberrecht.de (Zugegriffen am 26. Februar 2019).

8.3 Jede Menge zu beachten: Veranstaltungsmanagement als umfangreiche…

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8.3.5 Künstlersozialkasse (KSK) Neben der GEMA müssen für kommerzielle künstlerische Auftritte auch Abgaben an die sog. Künstlersozialkasse, kurz KSK, erfolgen.2 Diese organisiert für selbstständige Künstler auf gesetzlicher Grundlage eine stark vergünstigte Möglichkeit (50 % Reduzierung), in vollem Umfang sozialversichert zu sein. Dabei sind die Abgaben pauschal auf alle künstlerischen Leistungen zu zahlen, also unabhängig davon, ob ein gebuchter Künstler auch tatsächlich in der KSK versichert ist oder nicht. Gezahlt wird eine Jahresabgabe auf der Grundlage aller in dem betreffenden Jahr gezahlten Gelder für künstlerische und publizistische Leistungen  (neben Honoraren z.  B. auch auf Nebenkostenabrechnungen bzw. Auslagen der Künstler). Für das Jahr 2019 beträgt der Abgabesatz 4,2 %. Die „Zusammenarbeit“ mit der KSK beginnt, in dem sich ein Veranstalter als „abgabepflichtiges Unternehmen“ bei der Organisation anmeldet.

8.3.6 Einholung ordnungsbehördlicher Genehmigungen Grundsätzlich sind Innenstadt-Events beim Ordnungsamt als zuständiger kommunaler Behörde anzumelden. Viele Städte und Gemeinden stellen das hierfür zu verwendende Formular auf der städtischen Internetseite zum Download zur Verfügung. Auf dem Formular werden in der Regel neben grundsätzlichen Daten alle relevanten Informationen abgefragt, welche der Behörde eine klare Einschätzung ermöglichen, ob die entsprechende Veranstaltung genehmigungsfähig ist. Anzugeben sind u. a. Hinweise zu den einzelnen Programmpunkten, zum Aufbau von Ständen samt deren Anzahl und Größe oder zur Anwesenheit von Rettungssanitätern. Vor Abgabe ist der Antrag vom Veranstalter zu unterschreiben. Die Abgabefrist beträgt in der Regel mehrere Wochen vor der geplanten Durchführung des Events. Ist das Ergebnis der Antragsprüfung positiv, lässt das Ordnungsamt dem Einreicher eine schriftliche Erlaubnis zur Durchführung der Veranstaltung zukommen, welche im Bedarfsfall Auflagen enthält, die seitens des Veranstalters zu beachten sind. Ebenfalls bei der Kommune zu beantragen ist eine Sondernutzungserlaubnis für die ­Nutzung des öffentlichen Raums zwecks Durchführung der Veranstaltung. Erst diese versetzt ihn in die Lage, das geografisch eindeutig definierte Veranstaltungsgelände innerhalb eines terminlich fest umrissenen Zeitraums aktiv zu nutzen, in dem dort z. B. Stände, Bühnen, Spielgeräte und Fahrgeschäfte aufgebaut werden. Die übliche „Alltags-­ Sondernutzungsregelung“ ist für die Dauer der Veranstaltung ausgesetzt, so dass der Veranstalter für die Nutzung öffentlicher Fläche eigene Sondernutzungsgebühren erheben kann. Will ein Gastronom also z. B. im Rahmen eines Stadtfestes seinen üblichen ­Straßenbiergarten stehenlassen, muss er dafür beim Veranstalter eine eigene „Stadtfest-­Sondernutzungsgebühr“ zusätzlich zu den ansonsten anfallenden kommunalen Sondernutzungsgebühren entrichten. 2

 S. hierzu www.kuenstlersozialkasse.de (Zugegriffen am 26. Februar 2019).

194

8  Immer was los: Innenstadt-Belebung durch den Aufbau zugkräftiger Veranstaltungen

Eine Sondernutzungserlaubnis für den öffentlichen Raum kann zudem auch nötig werden, wenn Werbebanner  für die Veranstaltung an städtische Brückengeländer  gehängt werden und ähnliches. Weiterhin relevant ist die Einholung einer Erlaubnis zum Ausschank von Alkohol. Ohne eine solche darf keine entsprechende Bewirtung erfolgen. Mit der lokalen Ordnungsbehörde sollte besprochen werden, ob es reicht, wenn die Veranstalterorganisation pauschal das Schankrecht beantragt und dieses an die betreffenden Teilnehmer überträgt oder ob jeder Teilnehmerbetrieb mit Alkoholausschank eine einzelne Erlaubnis, die zum Teil auch „Gestattung“ genannt wird, einholen muss.

8.3.7 Veranstaltungskosten und Finanzierungsbausteine Die Gesamtkosten für die Durchführung eines Events in der Innenstadt teilen sich auf verschiedene Bereiche auf. Im Einzelnen zu bezahlen sind die eingekauften Programmpunkte wie z. B. Straßenkünstler, die Einrichtung einer Infrastruktur in Form einer Wasser- und Stromversorgung sowie Bühnenaufbauten u. ä., die Ausstellung von Genehmigungen, die Durchführung von Werbe- und Kommunikationsmaßnahmen wie z.  B. die Aufhängung von Plakaten oder die Durchführung eines Pressetermins mit Bewirtung. Häufig stellt sich die Frage, wovon größere Veranstaltungen bezahlt werden. Klassisch ist ein Finanzierungsmix, der auf mehreren Säulen beruht. Als eine Art „Basiskapital“ sollte möglichst ein Eigenanteil der veranstaltenden Organisation zur Verfügung stehen. Vielerorts beteiligt sich die Kommune, zumindest im Zusammenspiel mit Werbegemeinschaften, Citymanagement-Organisationen u. ä., mit einem öffentlichen Zuschuss an diese Organisationen. Gängig sind auch Sponsoringbeiträge von Unternehmen, welche unter Nennung ihres Firmennamens z. B. exklusiv eine Stadtfestbühne präsentieren und dafür Geld bezahlen. Eine weitere Säule sind Teilnahmegebühren (i.S.v. Sondernutzungsgebühren, s. o.), die für mobile Schankstellen, Straßencafés, Verkaufsstände, Fahrgeschäfte usw. erhoben werden. Denkbar ist es, einige Programmpunkte so zu gestalten, dass hierfür Eintrittsgelder erhoben werden können. In manchen Fällen gelingt es auch, Fördermittel für die Durchführung von Veranstaltungen verwenden zu können. Ein gutes Beispiel in diesem Zusammenhang ist der bereits unter Pkt. 2.4.8 vorgestellte und in einigen Bundesländern jährlich durchgeführte  Innenstadt-Wettbewerb „Ab in die Mitte!“. Hierfür sind von den Teilnehmerstandorten Konzepte in Hinsicht auf ein vom jeweiligen Wettbewerbsausrichter vorgegebenes Motto zu entwickeln. Die eingereichten Beiträge enthalten in der Regel auch Aktionen und Veranstaltungen, welche häufig im Rahmen einer besonderen Aktionswoche durchgeführt werden. Voraussetzung für den Erhalt von Fördermitteln ist selbstredend ein erfolgreicher Ausgang des eingereichten Bewerberkonzeptes. Zu beachten ist jedoch, dass die öffentlichen Zuschüsse nicht die vollen Projektkosten abdecken, sondern vor Ort ein Eigenanteil aufzubringen ist. Um einen bestmöglichen Überblick über die gesamten Veranstaltungsfinanzen zu erhalten, bietet es sich an, alle Soll- bzw. Plan- und Ist-Beträge sowohl in Hinsicht auf die Ausgaben als auch auf  die Einnahmen in einer gemeinsamen Aufstellung auf der

8.3 Jede Menge zu beachten: Veranstaltungsmanagement als umfangreiche…

195

Tab. 8.1  Beispiel für eine einfache Veranstaltungskalkulation und -abrechnung City-Herbstfest 2019: Kalkulation und Abrechnung Ausgaben in € Soll Ist 1. Programm Hüpfburg inkl. Personal Kinderschminken inkl. Personal Automeile der lokalen Autohäuser kleine Bühne inkl. Band GEMA KSK 2. Bewirtung Essensstände Getränkestände 3. Kommunikation/Werbung Plakate (Druck, Entwurf, Verteilung) Radiowerbung Durchführung Pressetermin Bannerdruck Facebook-Werbung Druck von Programmflyern und Verteilung 4. Infrastruktur Aufstellung Baustromverteiler inkl. Stromverbrauch Ausleihe Standrohr für Wasser inkl. Verbrauch Straßensperrung 5. Finanzierung Zuschuss Stadt Sponsoring 6. Sonstiges DRK Summe Defizit/Überschuss:

300,00 100,00

Einnahmen in € Soll Ist

280,00 110,00 2.500,00 2.800,00

1.500,00 1.400,00 100,00 70,00 50,00 30,00 500,00 500,00 150,00 500,00 100,00 50,00 100,00 600,00

145,00 530,00 75,00 55,00 85,00 500,00

150,00 80,00 900,00

135,00 90,00 900,00

600,00 350,00

1.000,00 1.000,00 1.000,00 1.100,00 50,00 300,00 5.030,00 470,00

30,00 300,00 4.735,00 5.500,00 5.850,00 1.115,00

Grundlage einer sog. Einnahmen-Überschuss-­Rechnung zusammenzutragen. Im vorliegenden Beispiel weist das finanzielle Veranstaltungsergebnis einen Ist-Überschuss in Höhe  von € 1.115,00 ggü. dem ursprünglich  prognostizierten Soll-Überschuss in Höhe von € 470,00 auf (Tab. 8.1). Im Gegensatz zu der unten dargestellten beispielhaften Finanzübersicht empfiehlt es sich, in der Ausgabenkalkulation grundsätzlich einen Pufferbetrag für unvorhersehbare Ereignisse zu berücksichtigen.

8.3.8 Verträge mit Teilnehmern abschließen Um sicherzustellen, dass diejenigen Akteure, mit denen eine Teilnahme vereinbart wurde und die somit zum Gelingen eines Events beitragen sollen, dieses auch tatsächlich tun, empfiehlt sich eine schriftliche Fixierung der getroffenen Abmachungen. Insbesondere

196

8  Immer was los: Innenstadt-Belebung durch den Aufbau zugkräftiger Veranstaltungen

Bands und professionelle (Straßen-)Künstler arbeiten oftmals mit Vertragsvorlagen, in welche dann nur noch Details wie z. B. die ausgehandelte Gagenhöhe eingesetzt werden. In den Verträgen ist insbesondere auch geklärt, wie damit umgegangen wird, wenn einer der beiden Vertragspartner diesen nicht erfüllt bzw. erfüllen kann. Auch in der Zusammenarbeit mit Akteuren, welche für ihre Teilnahme eine Gebühr entrichten müssen, weil sie auf der Veranstaltungsfläche mit Ständen verschiedenster Art Geld verdienen wollen, sollte eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden, z. B. in Form einer zu unterzei­ chnenden Teilnahmeerklärung. Es ist wichtig, dass im Zweifelsfalle ein Beweisstück existiert, auf dessen Grundlage Gebühren in Rechnung gestellt werden können. Zusätzlich sollten Standbetreiber „Teilnahmeregeln“ ausgehändigt bekommen und unterschreiben, dass sie diese beachten werden. Dabei geht es um Dinge wie z. B. die Aufstellung von ausreichend großen Abfallbehältern an jedem Essenstand und etliches mehr.

8.3.9 Veranstaltungen bekanntmachen Es wäre zu schade, wenn die umfangreiche Mühe und die oftmals nicht geringen finanziellen Aufwendungen, welche in die Vorbereitung eines Events einfließen, weitgehend umsonst sind, weil kaum jemand weiß, dass die entsprechende Veranstaltung oder Aktion stattfindet. Heißt: Wie bei anderen City-Projekten auch muss informiert und geworben werden. Die möglichen Maßnahmen dazu sind in Kap. 5 zum Thema Standortkommunikation beschrieben worden und sollen an dieser Stelle nicht noch einmal wiederholt werden. Speziell für die Bekanntmachung von Veranstaltungen sind hier jedoch zusätzlich die Eintragungen in lokale und regionale Veranstaltungskalender und -übersichten zu nennen. Diese existieren in der Regel bei allen Medien wie Tageszeitungen, Anzeigenblättern, Radiosendern oder auch entsprechenden Online-Portalen.

8.4

Märkte als besondere Veranstaltungsform

8.4.1 Zentrenbelebendes Element Wochenmarkt 8.4.1.1  Nahversorgung als Erlebnis Ein für viele Innenstädte wichtiges Belebungselement sind Wochenmärkte. Auf diesen wird in aller Regel Ware von guter Qualität angeboten, in der Hauptsache frische Lebensmittel zu einem etwas höheren Preis gegenüber dem Einkauf im Supermarkt. Zum ­Kernsortiment gehören traditionellerweise Obst und Gemüse, Käse und Wurst, Fleisch und Fisch sowie Backwaren. Typische Ergänzungssortimente sind Bekleidung, Blumen und Grünpflanzen, Haushaltswaren und Speziallebensmittel wie z. B.  Imkereiprodukte oder Feinkost. Teilweise finden sich auch besondere Dienstleistungen, welche es im stationären Geschäftsleben so kaum noch gibt, wie Scherenschleifer o. a. Auch Stände für den Direktverzehr stehen auf Wochenmärkten, häufig solche mit Imbisscharakter. Viele

8.4 Märkte als besondere Veranstaltungsform

197

Marktbesucher sind seit Jahren oder gar Jahrzehnten treue Stammkunden bei bestimmten Händlern, die auch Marktbeschicker genannt werden. Sie schätzen neben der Produktqualität insbesondere deren gute Beratung und das Wissen um die Herkunft der Ware. Oftmals sind auf Wochenmärkten obendrein noch tolle Verkäufertypen „am Start“, bei denen es einfach Spaß macht, einzukaufen. Zum Teil finden Wochenmärkte mehr als einmal pro Woche am selben Standort statt. Für die Zukunft zu überlegen ist vielerorts, wie das „Erlebnis Wochenmarkt“ optimiert und erfolgreich in die Zukunft geführt werden kann, z. B. mithilfe eines Rahmenprogramms mit dezenter Straßenmusik und dem Aufbau von Dekorationen. Ein Grund hierfür ist, dass Wochenmärkte in den vergangenen Jahren massiv Konkurrenz durch Supermärkte bekommen haben, welche alle Aspekte wie Frische, Regionalität und Beratung aufgegriffen und nach und nach erfolgreich ausgebaut haben. Durch den Verlust dieser Kernkompetenzen im Sinne eines Alleinstellungsmerkmals müssen Wochenmärkte neue Wege finden und gehen, welche zu ihrem Besuch und zum Kauf der dort angebotenen Waren animieren. Der Erlebnisaspekt rückt also auch hier in den Mittelpunkt. Dazu kommt der Bedarf, unterscheidbar und einzigartig zu werden, und zwar sowohl gegenüber den stationären Supermärkten als auch im Wettbewerb der Märkte untereinander. Kurzum: Auch bei Wochenmärkten geht es um strategisches Marketing im Sinne von Profil- und Markenbildung. Denkbar wäre es in diesem Zusammenhang z. B., dass ein Markt komplett nur auf regionale Waren setzt oder nur auf Bio-Produkte oder ähnliches, um hierfür ein bestimmtes Publikum anzuziehen. Mithilfe eines wie auch immer definierten Profils wäre es dann einfacher, sich als Marke mit einem ganz konkreten Kundenversprechen zu etablieren, welches sich selbstverständlich in einer entsprechenden Markenaussage äußert sowie in einem Markenauftritt mit Logo, Slogan usw., welche z. B. auf Werbeprodukten wie Markttaschen o. ä. zum Einsatz kommen können. Wichtig: erfolgreiche Wochenmärkte leben vom berechtigten Vertrauen der Kundschaft darauf, dass die Marktbeschicker zuverlässig teilnehmen, darüber hinaus von der Auswahl des Marktplatzes und dessen Erreichbarkeit (s. untenstehenden Pkt. 8.4.1.4 zum Thema Infrastruktur), der Wahl des Markttages (Samstag vs. Montag bis Freitag, s. u. Pkt. 8.4.1.2) und der Kaufkraft im direkten bzw. näheren Umfeld.

8.4.1.2  Marktzeiten und Zielgruppen Meistens beginnen Wochenmärkte sehr früh, teilweise sind die ersten Stände bereits um 7 Uhr verkaufsbereit und bedienen vorwiegend eine Stammkundschaft, welche diese frühen Einkaufszeiten schätzt. Allerdings enden klassische Wochenmarktveranstaltungen auch relativ früh; zum Teil wird schon ab 13 Uhr wieder abgebaut. Somit richten sich viele Wochenmärkte mit ihrem Angebot in erster Linie an Rentner bzw. Pensionäre, Nicht-­Berufstätige (vorausgesetzt, diese weisen die notwendige Kaufkraft auf) sowie an Berufstätige an deren freien Tagen bzw. außerhalb von deren Arbeitszeiten (z.  B. aufgrund von Schichtdienst). Mancherorts werden Alternativmodelle ausprobiert in Form von Nachmittagsmärkten (z. B. von 14–18 Uhr), um auch diejenigen Zielgruppen ansprechen zu können, welche im Vormittagsbereich keine Zeit haben. Solche Nachmittagsmärkte sind nicht zu verwechseln mit sog. Feierabendmärkten, auf welche unter Pkt. 8.4.2 noch gesondert eingegangen wird.

198

8  Immer was los: Innenstadt-Belebung durch den Aufbau zugkräftiger Veranstaltungen

8.4.1.3  Organisation In vielen Fällen ist die Kommune Veranstalter der lokalen Wochenmärkte, wobei alternativ auch eine Vergabe an private Betreiber möglich ist. Zuständiger Organisator und Ansprechpartner vor Ort ist der sog. Marktmeister. Dieser kann ebenfalls städtischer Mitarbeiter sein oder privat beauftragt werden. Für ihre Teilnahme zahlen die Markthändler eine je nach Kommune bzw. Marktbetreiber unterschiedlich hohe Standgebühr, welche in der Regel die Flächennutzung sowie den Energieverbrauch beinhaltet. Grundsätzliche Regelungen zur Teilnahme an einem Wochenmarkt, z. B. hinsichtlich der zugelassenen Sortimente, Abweisungen von Bewerbern durch den Marktmeister u.v.m. regelt jeweils die örtliche Marktsatzung bzw. Marktordnung. Auch im Zusammenhang mit Wochenmärkten sei auf die an vielen Standorten mittlerweile vorgeschriebenen zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen hingewiesen. So sichern manche Städte ihre Wochenmärkte mit Barrieren ab, die es Amokfahrern unmöglich machen sollen, mit ihrem Gefährt auf das Marktgelände zu gelangen. 8.4.1.4  Infrastruktur Als Wochenmarktstandort bietet sich am besten eine gut erreichbare Fläche in zentraler Lage an, möglichst in direkter Anbindung zur Innenstadt bzw.  zu einem Stadtteilzen­ trum, um im Zusammenspiel mit dem dortigen Einzelhandel gegenseitige Synergieeffekte zu erzeugen. Auf dem Veranstaltungsgelände sollte sich bestenfalls ein klassischer Marktaufbau in Form eines Karrees oder alternativ mit einzelnen Marktgängen gestalten lassen. Der Untergrund des Platzes sollte problemfrei begehbar, bestenfalls barrierefrei und für die Marktbeschicker ohne größere Umstände befahrbar sein. Eine ausreichende Zahl an Parkplätzen im direkten Umfeld ist sowohl für die bereits erwähnte gute Erreichbarkeit als auch für kurze Zu-Fuß-Transporte der eingekauften Waren zum Auto hilfreich. Ebenso sollte eine gute ÖPNV- und nach Möglichkeit auch Radwege-Anbindung vorhanden sein. Wichtig ist eine ausreichende Versorgung des Marktareals mit Strom- und Wasserzugängen. In Bezug auf die Stromversorgung sind festinstallierte Zugänge von Vorteil, da der Aufbau von mobilen Stromkästen relativ teuer ist.

8.4.2 E  inladung zum Schlendern und Verweilen: Feierabendmärkte als temporärer Erlebnistreffpunkt in der City 8.4.2.1  Angebote, Anspruchsniveau & Zielgruppen Feierabendmärkte liegen im Trend und bieten häufig eine professionelle Inszenierung gängiger und besonderer Marktangebote auf einem zumindest leicht erhöhten Qualitätsniveau. Die Markthändler liefern als Produktexperten vielfach eine hervorragende Beratung und heizen

8.4 Märkte als besondere Veranstaltungsform

199

mit der Verkostung kleiner Pröbchen den Appetit der Kundschaft und damit ihren eigenen Umsatz an. Von den Sortimenten her finden sich klassische Wochenmarkt-­Kernsortimente von Obst und Gemüse bis hin zu Feinkostspezialitäten, darunter z. B. auch Spirituosen. Erfolgversprechend ist der „Einbau“ von regionalen und Bio-Produkten. Teilweise wird Kunsthandwerk integriert. Auch die ansprechende Gestaltung der Stände lässt auf eine hohe Angebotsqualität schließen. Alles ergänzt sich gegenseitig zu einem niveauvollen Mix. Das Signal lautet: Der Marktbesuch soll in jeder Hinsicht ein Genuss sein! Daneben sind Feierabendmärkte insbesondere kulinarisch-kommunikative Treffpunkte. In entspannter Atmosphäre laden attraktive Bewirtungsstände zum geselligen Verweilen ein, hier und da untermalt von galanter, live vorgetragener Hintergrundmusik. Mustergültig organisierte Feierabendmärkte sind Gute-Laune-Lieferanten und somit in positiver Weise „emotional aufgeladen“. Sie ermöglichen ihren Besuchern einen kleinen Ausflug vom Alltag. Zielgruppen sind insbesondere Besucher, die es aus beruflichen Gründen nicht schaffen, im Vormittagsbereich auf dem Markt einzukaufen und solche, die an hochpreisigen Ständen Premium-Produkte (z. B. „Edelfleisch“) erwerben wollen, welche es auf klassischen Wochenmärkten nicht gibt. Angesprochen sind zudem Marktgäste, die wegen der teils exklusiven Bewirtungsangebote kommen und in netter Atmosphäre, evtl. in Gemeinschaft, bei einem Gläschen Wein oder Bier den Tag ausklingen lassen wollen. Diese als „etwas gediegen“ zu bezeichnenden Interessenslagen bringen es mit sich, dass typische Feierabendmarktbesucher vom Alter her als „etwas reifer und gesetzter“ bezeichnet werden können. Die Erfahrung zeigt übrigens, dass bei einer Veranstaltungsdauer von nachmittags bis abends eine Schwerpunktverlagerung zwischen der Nutzung von Einkaufs- und Bewirtungsständen stattfindet: Zu Beginn der Marktzeit wird bevorzugt eingekauft, zum Ende hin dominiert Geselligkeit. Häufig wirken Feierabendmärkte wie eine Oase im von Hektik geprägten Innenstadt-­ Umfeld. Sie zeigen auf verhältnismäßig kleiner Fläche und innerhalb weniger Stunden pro Woche exemplarisch und teils in nahezu perfekter Weise, wie Innenstadt zum Erlebnis werden kann.

8.4.2.2  Zusätzliche Erfolgsfaktoren Positiv auf den Erfolg eines Feierabendmarktes wirkt sich aus, wenn dieser unabhängig vom verwendeten Verkehrsmittel gut erreichbar ist. Ein von vielen Besuchern positiv wahrgenommener Service ist die Bereitstellung einer sauberen Toilettenanlage. Um auch bei Regen Kunden anzulocken (bzw. diese bei einem plötzlich eintretenden Schauer auf dem Marktgelände zu halten), sollten Unterstände für die vorhandenen Sitzmöglichkeiten aufgebaut werden. Die „Gesamtanmutung“ des Marktgeschehens sollte etwas gehoben, aber niemals abgehoben wirken. Gibt es im Wettbewerbsumfeld alternative Feierabendmärkte, kann es sinnvoll sein, gegenüber diesen ein eigenes, möglichst interessanteres bzw. zugkräftigeres Profil zu entwickeln und sich somit positiv von diesen abzuheben, um den eigenen Erfolg zu sichern. Denkbar ist es in diesem Zusammenhang, Themen-­ Feierabendmärkte zu veranstalten. Warum z.  B. nicht mal einen italienischen oder

200 8  Immer was los: Innenstadt-Belebung durch den Aufbau zugkräftiger Veranstaltungen

französischen Feierabendmarkt durchführen mit entsprechenden landestypischen Produkten und kulinarischen Genüssen?

8.4.2.3  Organisatorisches Eine typische Veranstaltungszeit ist die von 16 bis 20 Uhr. Manche Standorte halten eine wöchentliche Durchführung für erfolgversprechend, andere hingegen eine monatliche. Manche Feierabendmärkte werden ganzjährig veranstaltet, andere nur in der sog. „hellen Jahreszeit“, in der Hoffnung, damit „wettertechnisch“ auf der sicheren Seite zu liegen. Eine wichtige Rolle spielen nicht zuletzt auch die vorhandenen lokalen Kapazitäten in Hinsicht auf Personaleinsatz, Flächenbedarf etc. Insgesamt lässt sich die Frage nach der Häufigkeit zur Durchführung eines  Feierabendmarktes nur anhand der entsprechenden Standortkenntnisse diskutieren und entscheiden. Wichtig bei der Organisation von Feierabendmärkten ist, dass wie bei anderen Veranstaltungen bzw. Märkten gewisse Grundsätzlichkeiten zu beachten sind, wie z.  B. die durch den Standbetreiber einzuholende ordnungsrechtliche Genehmigung im Falle des Alkoholausschanks, evtl. die Erhebung von Teilnehmergebühren und/oder Umlagen, die Sicherstellung einer ausreichenden Strom- und Wasserversorgung für die Stände sowie die Klärung der Reinigungszuständigkeiten inkl. Müllentsorgung nach Marktende. Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang die Herausgabe eines Teilnahmeformulars mit durch den Standbetreiber zu unterzeichnenden Teilnahmebedingungen. In Hinsicht auf die Planung und Durchführung von Feierabendmärkten empfiehlt sich im Sinne eines „Stände-Qualitätsmanagements“ die Anwendung eines Bewerbungsverfahrens und somit die Vermeidung eines bei üblichen Wochenmärkten gängigen „Spontanteilnahmeprinzips“. Ziel sollte sein, das für den Standort optimale bzw. bestmögliche Feierabendmarkterlebnis zu entwickeln. Die Möglichkeit zur konzeptionellen Lenkung und Steuerung des auf dem Markt präsentierten Angebotesmixes ist daher als extrem wichtig zu bewerten. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass einige der Markthändler auch morgens auf klassischen Wochenmärkten stehen und für diese Akteure eine Teilnahme deshalb nicht immer ganz einfach ist. Dieses sollte bei den Planungen nicht außen vorgelassen werden. Evtl. bestimmt sich der für einen geplanten Feierabendmarkt zu wählende Wochentag von selbst, wenn klar ist, wann überhaupt die Teilnehmer mitmachen können. Deshalb gilt es, frühzeitig mit interessierten Marktbeschickern ins Gespräch zu kommen. Des Weiteren sollte das Bewirtungsangebot auf dem Feierabendmarkt  so gestaltet sein, dass möglichst wenig Konkurrenz zu den umliegenden G ­ astronomiebetrieben erzeugt wird. Es sollten also im Rahmen dieser Veranstaltung bestenfalls gastronomische Sortimentslücken am Standort geschlossen werden. Ratsam ist letztlich die Gestaltung einer Feierabendmarkt-Webseite, welche allgemeine und aktuelle Informationen wie Anfahrtsinfos, Termine sowie Stand- zw. Sortimentsübersichten beinhaltet, außerdem Hinweise für an einer Teilnahme interessierte Händler sowie tolle Impressionen, welche Lust auf einen Besuch des Marktes machen. Die folgenden Linktipps zu Internetseiten von Feierabendmärkten sollen der weiterführenden Inspiration zum Thema dienen:

8.4 Märkte als besondere Veranstaltungsform

• • • •

201

www.feierabend-markt.de www.wochenmaerkte-essen.de/feierabendmarkt.php www.meet-and-eat.koeln www.moltkemarkt.de

8.4.3 Weihnachts- und Adventsmärkte Egal, ob mitten in der City, auf dem Stadtteil-Marktplatz oder auf dem Gelände der örtlichen Grundschule: Weihnachtsmärkte, die manchmal auch Adventsmärkte o. ä. heißen, finden mittlerweile „an jeder Ecke“ statt. Sie sind in Deutschland quasi Bestandteil eines festen Brauchtumsinventars. Manchmal dauern die Märkte nur einen Nachmittag, hier und da ein ganzes Wochenende und im längsten Fall bis zu ca. sechs Wochen. Ausschlaggebend hierfür sind die Größe des Standortes samt vermuteter Besucherzahl, die Art des Veranstalters (z.  B. professionelle Stadtmarketinggesellschaft vs. örtlicher Turnverein) und die Ziele, die mit der Durchführung des Marktes verbunden sind. So geht es in Kindergärten und Grundschulen vornehmlich darum, sich zu präsentieren, einen schönen Programmpunkt im Jahresveranstaltungskalender zu organisieren und obendrein noch die Kasse des Fördervereins aufzubessern. In großen Innenstädten sind Weihnachtsmärkte hingegen unterstützendes Marketinginstrument für das Weihnachtsgeschäft des umliegenden Einzelhandels, für welchen es gilt, Besucher und Kunden anzulocken, und außerdem ein wichtiger Imagefaktor (Urlaubsguru o. J.).3 Zu sehen gibt es in der Regel kunsthandwerkliche Produkte und Bewirtungsstände. Als größte lokale „Glühweinausgabestelle“ sind Weihnachtsmärkte ein beliebter Treffpunkt nach Feierabend. In diesem Sinne fungieren sie als eine Art adventliche After Work-Party. Dazu wird oft etwas Rahmenunterhaltung angeboten, z. B. in Form eines kleinen Bühnenprogramms oder eines Krippenspiels. Dieses kostet Geld, genauso wie die Aufstellung einheitlicher Holzhütten, die Versorgung der Stände mit Strom und Wasser, die Durchführung von Werbemaßnahmen, der Einbau von Dekorationen wie z.  B. schneebedeckten Weihnachtsbäumen oder hier und da der Aufbau einer Eisbahn. Umgelegt werden diese Kosten auf die Mieten, welche die Betreiber der Stände zu entrichten haben. In den letzten Jahren kommt dazu der Aspekt einer ausreichenden Absicherung von Weihnachtsmärkten gegen mögliche Terrorakte. Die Aufstellung von Barrieren zur Vermeidung von Amokfahrten auf das Weihnachtsmarktgelände oder die Beauftragung eines Sicherheitsdienstes, der mitten auf dem Markt dauerhaft Patrouille läuft, verursachen weitere Kosten. Aufgrund der enormen Konkurrenzsituation, welche nicht nur einen Wettbewerb um Besucher, sondern auch um teilnehmende Händler bedeutet, sollten sich Veranstalter von Weihnachtsmärkten mit der Frage befassen, wie ihr Advents-Event ein eigenes Profil entwickeln  Die Bedeutung des Imageaspektes spiegelt sich u. a. in der Existenz von Bewertungsportalen für Weihnachtsmärkte wieder, wie z.  B. unter https://www.urlaubsguru.de/deutschlandliebe/weihnachtsmaerkte-deutschland/ gut zu erkennen. 3

202 8  Immer was los: Innenstadt-Belebung durch den Aufbau zugkräftiger Veranstaltungen

kann, um sich wirksam von anderen Märkten abzuheben. Ziel sollte sein, ein zuverlässig wiederkehrendes (Stamm-)Publikum zu finden bzw. aufzubauen und als Markt zu einer unverwechselbaren Marke zu werden. Dieses kann gut über den Weg geschehen, dass Weihnachtsmärkte mit einem besonderen Thema kombiniert und z. B. als nordischer Weihnachtsmarkt positioniert und dementsprechend konsequent ausgestaltet werden.

8.4.4 Sonstige Marktformen und –ideen Die Auswahl an Themen für Marktveranstaltungen ist prinzipiell unbegrenzt. Von Interesse für die Belebung von Innenstädten sind insbesondere Märkte, bei denen auf eine ausreichende Zahl an Besuchern gehofft werden kann. Als Abschluss zum Thema „Märkte“ werden folgend noch einige Beispiele für besondere Marktthemen aufgeführt, deren Umsetzung wohl kaum in wöchentlichen Abständen erfolgen wird, bei denen aber vielleicht eine Einbindung im Rahmen von verkaufsoffenen Sonntagen oder anderen Anlässen geeignet sein könnte. • Kunsthandwerker- und Kreativmärkte • Trödel- und Nostalgiemärkte, entweder mit freier Sortimentsdurchmischung oder spezialisiert (Büchermärkte o. ä.) • Bauernmärkte mit Waren von regionalen Versorgern, aus Eigenanbau und aus Bio-­ Landwirtschaft • jahreszeitliche Märkte wie Oster-, Frühlings-, Sommer- oder Herbstmärkte mit dazu passenden Angeboten • Spezialmärkte für bestimmte Sortimentsbereiche wie Stoffe oder Second-Hand-­ Kinderbekleidung („Windelmärkte“) • bunte Märkte, die bewusst auf eine Art Basarcharakter ausgerichtet sind • kulinarische Märkte wie z. B. Street Food-Märkte mit sog. Food Trucks oder von regionalen Gastronomen durchgeführte Kulinarien • zielgruppenorientierte Märkte wie z.  B.  Seniorenmessen oder Gesundheitstage mit dazu passenden Ausstellern und Angeboten

8.5

Fazit

Feste, Märkte und Aktionen sind unverzichtbarer Bestandteil der „Erlebniswelt Innenstadt“. Zum Teil haben Events primär imagefördernde, in anderen Fällen vornehmlich verkaufsfördernde Wirkung. Beides hat seine Berechtigung für Stadtzentren in ihrer Funktion als lebendige Treffpunkte im eigenen Ort oder gar in der Region. Allerdings wird es immer wichtiger, dass Veranstaltungskonzepte ein eigenes Profil entwickeln (am besten in Abstimmung auf das Standortprofil für die Innenstadt), um sich damit im Event-­ Wettbewerb behaupten zu können. Im Optimalfall werden sie zu einer etablierten Event-­ Marke mit einer ganz eigenen Ausprägung und finden so ein festes, treues und somit immer gerne wiederkehrendes Publikum.

8.6 Arbeitshilfe: Checkliste Veranstaltungsmanagement

8.6

203

Arbeitshilfe: Checkliste Veranstaltungsmanagement

Checkliste Veranstaltungsmanagement Aufgabe relevant ja/nein Infrastruktur Beauftragung Stromversorgung Beauftragung Wasserversorgung Vergabe Bewirtungsangebote (Essen und Trinken) Buchung Sicherheitsdienst Buchung Erste-Hilfe-Versorgung Planung Sicherheitsvorkehrungen/-konzept Klärung Straßenreinigung sowie Aufstellung und Leerung von  Müllbehältern Buchung Bühne(n) und Bühnentechnik Bestellung sonstiges Equipment (z. B. Pavillons, Kabelbrücken, Stehtische, Bierzeltgarnituren) Sonstiges, z. B.: Anmeldungen/Genehmigungen/Abrechnung ordnungsbehördliche Erlaubnis zur Veranstaltungsdurchführung GEMA-Anmeldung Künstlersozialkasse Sondernutzungserlaubnis für Nutzung des öffentlichen Raums, Aufhängung von Werbebannern u. ä. Gestattung für Alkoholausschank Erstellung und Versand von Teilnehmerrechnungen Sonstiges, z. B.: Werbung und PR Durchführung Pressetermin Erstellung und Herausgabe Medieninfo Verteilung und Aufhängung Veranstaltungsplakate, Werbebanner u. ä. Veranstaltungsankündigung online (Webseite und soziale Medien) Buchung Radiospot Gestaltung, Druck und Verteilung Programmflyer Sonstiges, z. B.: Programm Musik (Bühne und/oder Straßenmusik) Verkaufsstände Kinderaktionen Fahrgeschäfte

erledigt am

Anmerkungen

204 8  Immer was los: Innenstadt-Belebung durch den Aufbau zugkräftiger Veranstaltungen Checkliste Veranstaltungsmanagement Aufgabe Straßenkünstler Info- und Aktionsstände Kreative Aktionen der Einzelhändler vor ihren Geschäften Sonstiges, z. B.: Finanzierung Zuschüsse Eigenmittel Sponsoring Teilnehmergebühren Sondernutzungsgebühren Einzelhandel und Gastronomie für kommerzielle Nutzung des öffentlichen Raums Sonstiges, z. B.:

relevant ja/nein

erledigt am

Anmerkungen

Literatur Internet Urlaubsguru. (o.J.). Die schönsten Weihnachtsmärkte in Deutschland. https://www.urlaubsguru.de/ deutschlandliebe/weihnachtsmaerkte-deutschland. Zugegriffen am 07.05.2019.

Weiterführende Literatur https://www.kuenstlersozialkasse.de. Zugegriffen am 26.02.2019. https://www.urheberrecht.de. Zugegriffen am 26.02.2019.

9

Ankommen, wohlfühlen, verweilen: Innenstadt-Belebung durch Schaffung von Aufenthaltsqualität

Zusammenfassung

Das Gesamterlebnis Innenstadt bezieht einen Teil seiner Attraktivität in nicht zu unterschätzender Weise aus der Qualität des öffentlichen Raums. Flair und Ambiente, Sauberkeit und Sicherheit, so lauten vielverwendete Begriffspaare, wenn es um die Beschreibung geht, was  eine gute Aufenthalts- und Verweilqualität ausmacht. Dieses Kapitel beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten, wie sich aktiv eine Wohlfühlatmosphäre in Innenstädten schaffen lässt und sich stadtgestalterisches Geschick positiv auf eine Belebung von Straßen und Plätzen in der City auswirken kann. Eine wichtige Rolle spielen hierbei breit gestreute Anregungen in Form musterhafter Beispiele, verständlich erläutert und umfangreich bebildert. Die abschließende  Checkliste zum Thema soll dabei helfen, den Besuchs- und Aufenthaltswert von Stadt- und Ortszentren nach und nach in spürbarer Weise zu erhöhen. 

9.1

 ieles könnte so schön sein …! – Ein einleitender V Gedankenmix zum Thema „Aufenthaltsqualität“

9.1.1 Aufenthaltsqualität, was ist das eigentlich? Aus meiner Sicht hat ein Ort eine gute Aufenthaltsqualität, wenn ich mich dort wohlfühle und den Wunsch verspüre, dort länger als nötig zu verweilen und mir vorstellen kann, gerne wiederzukommen. Dieses ist dann der Fall, wenn meine Sinne positiv angesprochen werden von dem, was mich umgibt. Laut dem weltweit gefragten und erfolgreichen Stadtplaner Jan Gehl beruht Verweilen auf „Erholung und Vergnügen“ (Gehl 2018, S.  157). Genau wie im Einzelhandel die Aspekte Ladengestaltung, Wareninszenierung usw. eine wichtige Rolle für die Aufenthaltsdauer in einem Geschäft spielen, sollte das ­„Gesamtangebot Innenstadt“ außerhalb der Läden ebenfalls ein ansprechendes Ambiente

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 F. Manfrahs, Citymanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_9

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206

9  Ankommen, wohlfühlen, verweilen: Innenstadt-Belebung durch Schaffung von …

bieten, welches dazu beiträgt, eine angenehme Zeit in der City verbringen zu können. Sauberkeit, Sicherheit und jegliche gestalterischen Aspekte sind die wesentlichen Zutaten, welche über die äußere Attraktivität einer Innenstadt entscheiden. Gehl schreibt dazu: „Die Menschen gehen, stehen und sitzen dort, wo sie von der Schönheit und angenehmen Atmosphäre des öffentlichen Raums dazu angeregt werden.“ (Gehl 2018, S. 157). Und weiter: „Eine gute Stadt ist wie eine gute Party: Die Gäste bleiben, weil es ihnen gefällt.“ (Gehl 2018, S. 171)

9.1.2  S  chaffung von Aufenthaltsqualität als privat-öffentliche Gemeinschaftsaufgabe Das äußere Erscheinungsbild eines Standortes ist vornehmlich geprägt durch gestalterische Aspekte. In erster Linie liegt die Zuständigkeit hierfür in öffentlicher Hand. So ist es grundsätzlich Aufgabe der Kommune, sich im öffentlichen Raum um die Begrünung und Bepflanzung, Bodenbeläge, Straßenbeleuchtung, Stadtmobiliar (insbesondere Bänke, Fahrradständer, Müllbehälter, Laternen), Konzepte zur Barrierefreiheit und einiges mehr zu kümmern. Durchaus besteht aber auch die Möglichkeit für private Initiativen, zusätzlich zu den öffentlichen Leistungen finanzielle Mittel einzubringen, um die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Wenn der „Standard“, den die Kommune zu leisten in der Lage ist, den privaten Akteuren nicht ausreicht, können diese nach Absprache mit der Stadt die kommunalen Beiträge mit dem Ziel einer Maßnahmenoptimierung evtl. aufstocken. Dieses kann z. B. im Rahmen eines in Kap. 2 beschriebenen BID-Prozesses geschehen (vgl. hierzu Pkt. 2.3.3). Auch im normalen Alltagsgeschehen rund um das Thema Aufenthaltsqualität gibt es Schnittmengen zwischen privatem und öffentlichem Handeln, bei denen jedoch gar keine offiziellen Vereinbarungen getroffen werden müssen. So trägt z. B. zusätzlich zu den städtischen Laternen die abendliche Schaufensterbeleuchtung in einer Einkaufsstraße zu einer generell verbesserten Beleuchtungssituation, zu einer attraktiveren Wahrnehmung der Straße und obendrein zu einem höheren Sicherheitsempfinden im direkten Geschäftsumfeld bei.

9.1.3  Stadtgestaltung als privater Investitionsanreiz Das Maß an Aufenthaltsqualität im Umfeld einer Geschäftsfläche hat Einfluss darauf, wie potenzielle Mietinteressenten einen Standort wahrnehmen. Diese machen nicht selten ihre Standortwahl hiervon abhängig. So lässt sich relativ einfach nachvollziehen, dass sich Anbieter von Premiumsortimenten wie z. B. Feinkost kaum in einem „Schmuddelambiente“ ansiedeln wollen. Die Käufer von Geschäftshäusern schauen sich in der Regel ebenfalls das Umfeld des Gebäudes an, an welchem sie ein Kaufinteresse hegen. Umso ­professioneller

9.1 Vieles könnte so schön sein …! – Ein einleitender Gedankenmix zum Thema …

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diese Akteure agieren, umso geschulter ist ihr Blick für das, was aktuell rund um das ­Objekt passiert und wie sich darauf aufbauend das Gesamtgefüge aus Geschäftsbesatz und Stadtraumqualität entwickeln könnte. In Städten, in denen öffentliche Investitionen zur Attraktivierung des Stadtraums getätigt wurden, ist immer wieder festzustellen, dass dieses weitere Investitionen in Privatgebäude nach sich zieht. In Gevelsberg (Nordrhein-Westfalen) haben im Anschluss an den von der Bevölkerung sehr positiv aufgenommenen Innenstadt-Umbau mehrere Hauseigentümer sichtbare Verbesserungen an ihren Immobilien vorgenommen, insbesondere in Form von Fassadenrenovierungen. Markante positive Impulse für den gesamten Standort werden also nicht nur wahrgenommen, sondern auch aktiv aufgegriffen und zum Anlass für zusätzliche, nach außen hin gut sichtbare Optimierungsmaßnahmen im privaten Bereich genommen, welche wiederum ebenfalls einer Attraktivierung des Stadtbildes zugutekommen.

9.1.4  Innenstadtqualität als Instrument gegen Fachkräftemangel Bereits seit einigen Jahren hört man von vielen Unternehmen, insbesondere aus der Industrie, dass ihnen die gute Konjunktur insofern Sorge bereitet, als dass sie gerne qualifiziertes Personal einstellen möchten bzw. müssen, sie sich dabei aber in einem ausgeprägten nationalen Wettbewerb mit anderen Unternehmen befinden. Gute Bewerber können sich in vielen Branchen aussuchen, für welches Unternehmen an welchem Standort sie in Zukunft arbeiten möchten. Dabei spielt es durchaus eine Rolle, ob sich ein potenzieller kommender Angestellter bzw. Arbeitnehmer vorstellen kann, am Unternehmensstandort den neuen Lebensmittelpunkt für sich und seine Familie einzurichten. Vielfach überprüfen Bewerber daher das städtische Umfeld, insbesondere auch mit Hilfe eines Ganges durch die Innenstadt. Gerade der dort erworbene erste Eindruck (für den es laut einem bekannten Wortspiel keine zweite Chance gibt) trägt entscheidend zur Standortwahrnehmung sowie zur Entscheidungsfindung zugunsten oder zuungunsten des personalsuchenden Unternehmens bei. Insofern kann eine attraktive Innenstadt (wozu in diesem Zusammenhang genau genommen neben der Aufenthaltsqualität natürlich auch das vorhandene Einzelhandelsund Gastronomieangebot zählt) durchaus als ein relevanter lokaler Wirtschaftsfaktor angesehen werden.

9.1.5  Der Citymanager als Stadtgestalter Natürlich ist der Themenkomplex Stadtgestaltung keine ursächliche Kerndisziplin von Citymanagern. Dafür gibt es mit Stadtplanern und -entwicklern eigens Fachleute bei nahezu jeder Kommune. Zum Teil werden obendrein, je nach Projekt, externe Experten beauftragt. Aber: Unter der hier angenommenen Prämisse einer ganzheitlichen Sichtweise

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9  Ankommen, wohlfühlen, verweilen: Innenstadt-Belebung durch Schaffung von …

in Bezug auf die erfolgreiche Entwicklung von Innenstädten und Ortsmitten sollten ­Citymanager zumindest einige grundlegende stadtgestalterische Aspekte kennen. Nur so können sie vor Ort an der Erhöhung der Aufenthaltsqualität mitwirken. Zumindest hilft es, in der Lage zu sein, eventuelle gestalterische Missstände zu erkennen und benennen zu können. Im besten Fall ist ein Citymanager auf Dauer selber in der Lage, sinnvolle, vielleicht sogar spannende, außergewöhnliche stadtgestalterische Ideen zu entwickeln. Die Einbindung des Citymanagers in Veranstaltungen und Konzepterstellungen, bei denen es um grundsätzliche Entwicklungsschritte jeglicher Art für die Innenstadt geht, sollte verwaltungsseitig als Pflicht angesehen werden, alleine ­ schon  deshalb nicht, damit keine Fehlentwicklungen in Bezug auf die beabsichtigte Standortentwicklung „aus einem Guss“ entstehen. Zudem kann der Citymanager aufgrund seiner guten Kontakte zu den Einzelhändlern und Immobilieneigentümern im Bedarfsfall bei diesen um Zustimmung zu gestalterischen oder anderen Veränderungsvorhaben werben.

9.2

 in wohltuender Anfang: Entrümpeln, Aufräumen, die Blicke E öffnen!

9.2.1 Überladung vermeiden Manchen Menschen sagt man nach, dass diese einen „wohltuend aufgeräumten“ Eindruck machen würden. Ich behaupte: Das lässt sich mit etwas Geschick auch für Innenstädte hinbekommen! Dabei geht es nicht darum, in puristischer Weise alles leer zu räumen. Auch soll andersherum nicht bestritten werden, dass eine gewisse Üppigkeit an dafür geeigneten Stellen durchaus wunderbar sein kann, z. B. im Zusammenhang mit prachtvoll bestückten Blumenkästen in den Fenstern aller Häuser einer historischen Fachwerkgasse. Hier geht es im Gegenteil viel mehr darum, einer konzeptlosen Überladung vorzubeugen, in welcher das Einzelne untergeht und infolge dessen im Raum keine Wirkung mehr entfalten kann. Laternenmasten, Sitzbänke, Blumenkübel und -beete, Müllbehälter, Bäume, evtl. kleine Kunstinstallationen, Hinweisschilder, Schaukästen, mittendrin Straßencafés und vor den Geschäften platzierte „Kundenstopper“, Warenständer und -tische der Einzelhändler. Jedes konkurriert mit jedem, das Auge des Betrachters findet keine klaren Fixpunkte mehr, an denen es sich orientieren und/oder für einen Augenblick interessiert hängen bleiben kann. Die Psyche des Innenstadtbesuchers wird überfordert und resigniert in visueller Hinsicht. Kurzum: Hier und da sollte manches ersatzlos entfernt werden, wenn sich bei genauer Betrachtung darauf verzichten lässt. Und: Manchmal tut es dem Blick sogar ganz gut, wenn die Stelle, wo vorher manch „Stehrümchen“ seinen angestammten Platz hatte, einfach leer bleibt. Auch das kann stadtgestalterische Qualität sein. Oder anders gesagt: Wo nichts ist, muss nicht zwangsläufig etwas fehlen. Wenn sich die Gäste der Innenstadt in dieser ein Stück weit wie zuhause fühlen sollen, darf es nicht so aussehen wie bei „Hempels unter’m Sofa“.

9.2 Ein wohltuender Anfang: Entrümpeln, Aufräumen, die Blicke öffnen!

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9.2.2  Abgenutztes aussortieren Veraltetes Stadtmobiliar wirkt unschön. Genau wie daheim, wo der eine oder andere Einrichtungsgegenstand, dessen Zeit „abgelaufen“ erscheint, aussortiert wird, sollte auch in Städten nicht alles „bis zum Gehtnichtmehr“ aufbewahrt und zwanghaft weiter- bzw. wiederverwendet werden. Motto: Bloß nicht wegschmeißen, das kann man noch gebrauchen! Ein markantes Beispiel vielerorts sind alte, unzeitgemäße und mit kargen, dürren Sträuchern bepflanzte Blumenkübel aus Waschbeton, welche häufig an exponierten Ecken platziert wurden in dem irrigen Glauben, dieses wäre ein Beitrag zur Stadtverschönerung. Letzteres ist es jedoch meistens genau nicht, sondern stattdessen eine Form von sog. „Verschlimmbesserung“.

9.2.3  Fehlendes erkennen So wie auf der einen Seite ein Zuviel an Gestaltungselementen im öffentlichen Raum vorhanden sein kann, so fehlen solche an bestimmten Stellen immer wieder. Manche verlassenen Platzsituationen „schreien“ förmlich danach, endlich einmal mithilfe einiger schöner Bänke und Blumenkübel belebt zu werden. Ein Zuwenig existiert häufig auch bei Müllbehältern, Fahrradständern und weiterem Stadtmobiliar. Vielfach wird von Bürgern moniert, dass die entsprechende Ausstattung der Innenstadt bzw. Ortsmitte nicht ausreicht und man sich deswegen nicht wundern müsse, wenn mehr Unrat als nötig auf der Straße landet, Autofahrer für die Fahrt in die Innenstadt nicht auf’s Rad umsteigen usw.

9.2.4  Barrierefreiheit berücksichtigen Ein immer größer werdendes gesellschaftliches Bewusstsein entsteht seit Jahren gegenüber den Bedürfnissen von Menschen mit körperlichen Handicaps. Dieses betrifft die Gestaltung des öffentlichen Raums nicht weniger als andere Lebensbereiche. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des damit verbundenen weiteren kontinuierlichen Anstiegs der Zahl älterer Menschen wird sich diese Entwicklung weiter fortsetzen. Es ist daher nur konsequent und zudem zukunftsorientiert gedacht, den Aspekt der Barrierefreiheit im Zusammenhang mit jeglichen gestalterischen Aktivitäten im öffentlichen Raum zu berücksichtigen. Wurden in den obigen Ausführungen die beiden Argumente „Überfrachtung“ und „Abgenutztheit“ für Änderungen im stadtgestalterischen Bereich herangezogen, so geht es in diesem Zusammenhang zusätzlich um den Abbau von Hindernissen (z. B. Beseitigung von Werbeaufstellern, die insbesondere Sehbehinderten Menschen im Weg stehen) sowie die evtl. zu berücksichtigenden Bedürfnisse von älteren und körperbehinderten Menschen, wenn Gestaltungselemente nicht beseitigt, sondern überarbeitet, optimiert oder gar neu installiert werden. Zum Beispiel sollten an Laternen angebrachte Müllbehälter nicht so hoch aufgehängt werden, dass Rollstuhlfahrer dort nicht ­herankommen. Interessant ist die Erkenntnis, dass entsprechende Maßnahmen nicht selten

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9  Ankommen, wohlfühlen, verweilen: Innenstadt-Belebung durch Schaffung von …

auch weiteren Zielgruppen zugute kommen: Kinder haben ebenfalls etwas davon, wenn die genannten Müllbehälter nicht zu hoch hängen, Eltern mit Kinderwagen kommen barrierefreie Eingänge manchmal nicht weniger gelegen als Menschen mit einer Gehbehinderung. 

9.2.5  Regelmäßige Optimierungsrundgänge organisieren Aus den bis hierhin entwickelten Gedanken heraus bietet es sich an, in regelmäßigen Abständen mit offenen Augen und einem möglichst frischen und gleichsam kritischen Blick das eigene Zentrum abzuschreiten. Dabei sollte erfasst werden: • alles, was nicht mehr gut aussieht. In diesem Zusammenhang sollte eine Bewertung erfolgen, ob eine Deinstallation oder eine Aufarbeitung mit folgender Weiternutzung anzuraten ist. So muss z. B. eine Straßenlaterne mit abgeblätterter Farbe nicht ersetzt, sondern einfach nur neu angestrichen werden, sofern sie ansonsten noch einen „brauchbaren“ Eindruck macht. • alles, was kaputt und dabei unter Umständen sogar gesundheitsgefährdend ist. So kann eine Sitzbank mit wackeliger Armlehne bei Benutzung abbrechen und den Sturz desjenigen auslösen, der sich an dieser Lehne beim Aufstehen von der Bank abstützen wollte. • alles, was als störend, überflüssig und wahllos platziert erscheint. Manche Dinge passen einfach nicht zusammen, andere sind des Guten, oder besser gesagt, des Schlechten, zu viel. • alles, was an sinnvollen Elementen fehlt. Vielerorts wird z. B. moniert, dass nicht genügend Sitzmöglichkeiten im öffentlichen Raum vorhanden sind. • alle gestalterischen Situationen, bei denen Barrierefreiheit sinnvoll wäre. Es empfiehlt sich, solche „Optimierungsrundgänge“ im Team zu absolvieren. Durch Diskussionen in der Gruppe lässt sich eine klare Meinung dahingehend entwickeln, wo tatsächlich Verbesserungsbedarf besteht oder wo vielleicht die eigene Ansicht einzelner Teilnehmer zu den Dingen eher etwas überzogen sein könnte. „Teammitglieder“ können neben dem diesen Prozess moderierenden Citymanager z. B. interessierte Einzelhändler, Hauseigentümer, Lokalpolitiker und/oder interessierte Kunden und Bürger sein. Bestenfalls beteiligen sich auch Mitarbeiter aus betroffenen Verwaltungsbereichen wie Stadtentwicklung sowie „Ordnung und Sicherheit“ an diesem Gruppenprozess, um die Chancen auf eine tatsächliche Abarbeitung der Optimierungsliste zu erhöhen. In Zusammenhang mit dem Aspekt Barrierefreiheit bietet es sich an, den kommunalen Behindertenbeauftragten sowie betroffene Personen zu einem gesonderten Rundgang einzuladen. Ich selbst habe einmal in einer Stadt an solch einer Veranstaltung teilgenommen und war peinlich berührt. Die blinde Teilnehmerin kam kaum vorwärts, weil sie beim Geradeausgehen ­ständig von mitten auf den Bürgersteig gestellten Werbetafeln irritiert wurde. Der Rollstuhlfahrer blieb an den zur Haupteinkaufsstraße gelegenen Einmündungen immer wieder

9.3 Raus aus der Schmuddelecke! – Nur eine saubere City ist eine Wohlfühl-City

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an Bordsteinkanten hängen. Die Nutzerin eines Rollators hatte ständig Probleme beim Lenken ihrer Laufhilfe, weil sie mit den Rädern aufgrund von nicht verfüllten Löchern in der Straßenpflasterung und wegen anderer Unebenheiten mehrfach aus dem Tritt geriet und mit spürbarem Kraftaufwand gegensteuern musste, um mit ihrem Gefährt nicht vom Bürgersteig in Richtung Straßenverkehr zu geraten. Insgesamt geht es bei Stadtgestaltungs-Optimierungsrundgängen somit hauptsächlich darum, überflüssiges oder marodes Stadtmobiliar, Schandflecken und städtebauliche Missstände zu erkennen, zu dokumentieren und seitens der Gruppenmitglieder Vorschläge zu diskutieren, wie mit den entsprechenden Objekten und Situationen umgegangen werden sollte. So ein Prozess schärft nach und nach die Sinne aller Beteiligten und macht diesen z. T. sogar sehr viel Spaß, weil es eine relativ einfache Möglichkeit ist, sich aktiv am Thema Stadtentwicklung zu beteiligen. Vielfach reicht schon der „gesunde Menschenverstand“ aus, um offensichtliche Gestaltungsmängel zu erkennen und darauf aufbauend erste Ideen für eine Umkehr der Situation hin zum Positiven zu entwickeln. Jeweils vor Ort ist im Zusammenspiel mit Verwaltung und/oder Politik zu klären, ob und wie eine Umsetzung der Maßnahmenvorschläge erfolgen kann. Für die Innenstadt von Hagen-­Hohenlimburg (s. dazu auch Kap. 13) habe ich als dortiger Innenstadtmanager eigens eine kleine Bürger-Arbeitsgruppe eingerichtet, welche unter meiner Moderation im Schnitt einmal pro Monat gemeinsam die gesamte Innenstadt begutachtet und sich nach dem Vorbild der unten abgebildeten Tabelle aktuell wahrgenommene Mängel notiert (Tab. 9.1). Kleinere Hinweise werden von der Verwaltung unbürokratisch auf dem direkten Dienstweg erledigt, für etwas größer oder bedeutsamer anmutende Vorhaben ist ein offizieller Bürgerantrag an die Verwaltung zu stellen, und bei denen, die eine „politische Dimension“ aufweisen, erfolgt eine Beratung und Beschlussfassung in der Bezirksvertretung. Ein praktisches Beispiel hierfür ist, dass der Gruppe auffiel, dass an einer exponierten Stelle der Innenstadt nicht nur mehrere relativ unansehnliche große Blumenkübel an einem Straßenrand „herumstanden“, sondern dass die betreffende Stelle bei Neuordnung der Situation ein idealer Ausgangspunkt für die Einrichtung eines Fußgängerübergangs in Form eines Zebrastreifens wäre. Mit dessen Hilfe würden sich dort zwei wichtige, aber durch die Straße „zerschnittene“ Teile der Innenstadt von der Fußläufigkeit her miteinander verbinden lassen, die bisherige psychologische Barriere würde aufgehoben. 

9.3

 aus aus der Schmuddelecke! – Nur eine saubere City ist eine R Wohlfühl-City

Zu einer innenstädtischen Wohlfühlatmosphäre gehört selbstredend auch der Aspekt Sauberkeit. In eine verschmutzte Stadt mag kaum jemand gehen und schon gar nicht länger dort verweilen. Diese wirkt schnell ungastlich, man erledigt im Zweifelsfalle schnell das Nötigste und ist dann auch schon wieder weg. Verschmutzung ist ein spürbarer Treiber von Abwärtstendenzen (sog. Trading Down-Effekt) und der Verödung eines Standortes.

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9  Ankommen, wohlfühlen, verweilen: Innenstadt-Belebung durch Schaffung von …

Tab. 9.1  Beispiel für eine „Optimierungsliste Stadtgestaltung“ (eigene Darstellung)

Sollte ersatzlos Kann evtl. entfernt werden! weg! - Schaukasten - Blumen-­ Waschbetonkübel des 1. FC Superkick im neben der EingangsbeMetzgerei reich zur Fleischmann ist unansehnlich und Fußgängerzone wirkt trägt obendrein relativ zu optischer ungepflegt, Überladung des ausgehängte Umfeldes bei Infos sind - zwei alte meistens Laternen am veraltet Mozartplatz, die kaum noch genügend Beleuchtungsleistung aufweisen und zudem nicht zu den restlichen, neueren Laternen passen

Muss repariert/ aufgefrischt werden! - Laternen in der Fußgängerzone benötigen Neuanstrich - Mülleimer neben dem Restaurant „Zum goldenen Ochsen“ hängt schief - Blumenbeete rund um den Parkplatz am Rathaus werden nicht genug gepflegt und gewässert

Muss ausgetauscht/ erneuert/ umgestaltet werden! - Mülleimer neben der Eisdiele ist total verrostet - das grundsätzlich barrierefreie Straßenpflaster in der Fußgängerzone wird in regelmäßigen Abständen und jeweils über die komplette Straßenbreite mit einem Querstreifen aus Altstadtpflaster durchzogen, welcher sich mit Rollatoren und Rollstühlen kaum ­„überwinden“ lässt

Fehlt und sollte zeitnah erledigt werden! - zu wenig Fahrradständer in der gesamten Innenstadt - Sitzmöglichkeiten am Marktplatz fehlen gänzlich - Einrichtung von E-Ladesäulen im jeweiligen Umfeld von Rathaus und Marktplatz sinnvoll

Zu den Auslösern innenstädtischer Verunreinigung gehören einige „Klassiker“, die fast jeder schon einmal nicht nur gesehen, sondern sich auch darüber geärgert haben dürfte. So werden gerne „wilde Plakate“ unerlaubt an Schaufensterscheiben, Säulen oder Fassaden geklebt. Geschäftsleute lassen ihre Schaufensterscheiben verdrecken, im Falle eines Leerstands sind es die Eigentümer, die sich nicht entsprechend kümmern. Haus- und/oder Passageneingänge werden vermüllt, teilweise sogar mit Essensresten. Abfall jeglicher Art wird auf Gehwegen einfach achtlos weggeworfen. Blätterberge, Unrat usw. befinden sich vor Geschäftseingängen und werden nicht schnell genug oder gar nicht von den dort ansässigen Betreibern entfernt. Ein Dauerbrenner ist auch die Entsorgung von Zigarettenkippen auf offenem Straßenpflaster, welche teilweise noch nicht einmal ausgetreten werden und an denen sich insbesondere kleine Kinder und Hunde in ihrer Neugier verletzen können. Unverständlicherweise schmeißen teils gar Geschäftsleute ihre abgerauchten

9.3 Raus aus der Schmuddelecke! – Nur eine saubere City ist eine Wohlfühl-City

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„Stummel“ vor die eigene Ladentür. Auf der negativen Hitliste ganz oben stehen natürlich Kaugummireste auf Gehwegen, verteilt durch die ganze Innenstadt. Auch „beliebt“: Selbst an stark frequentierten Stellen lassen immer wieder Hundebesitzer ihre Vierbeiner ihr „großes Geschäft“ erledigen, ohne die entsprechenden Hinterlassenschaften anschließend ordnungsgemäß zu entfernen. Rutscht man nicht auf diesen „Tretminen“ aus, stapft man stattdessen bei nächster Gelegenheit in dickflüssige Speichelpfützen dauerausspuckender Zeitgenossen. Eine in den letzten Jahren zunehmend um sich greifende Unart ist das Abreißen bzw. Abtreten öffentlicher Müllbehälter, aus denen dann obendrein deren Inhalt auf den Boden fällt und sich dort in unappetitlicher Weise verteilt. In diese Kategorie reihen sich auch andere Ausprägungen innenstädtischen Vandalentums ein, wie die Zerstörung von Blumenkübeln, Sitzbänken usw. Im Gegensatz dazu scheinen Schmierereien an Hauswänden und wilde Beklebungen von Stromkästen, Laternen und anderem Stadtmobiliar mittlerweile fast schon als kindliche Lausbubenstreiche durchzugehen. Von vielen Standorten hört man, dass sowohl die Kommune als auch die Händlerschaft kaum noch Lust verspüren, sich ob der beschriebenen Zustände weiterhin mit Verschönerungsmaßnahmen zu befassen. Es ist ratsam, sich Sauberkeitsproblemen aktiv zu stellen und diese weder auf die leichte Schulter zu nehmen noch deren Behandlung auf die lange Bank zu schieben. Die Gefahr, dass sich zu viele Gäste der Innenstadt ob deren verschmutzten Zustandes angewidert fühlen und nicht mehr so schnell wiederkommen, ist nicht zu unterschätzen. Es gilt, nach Möglichkeit eine Verbesserung der jeweiligen Situation anzustreben, soll den Verhinderern einer besuchenswerten City nicht das Feld überlassen werden. Sicher gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, oftmals auch im Sinne kreativer, standort-individueller Lösungen für bestimmte Probleme im Bereich der Sauberkeit. Einige pauschale Ansätze sollen aber trotzdem exemplarisch genannt sein: • Hinwirkung auf deutlich erhöhte Ordnungsstrafen durch die Kommune samt regelmäßiger Kontrollen • Bereitstellung genügender, zur Nutzung animierender Müllbehälter (vgl. Abb. 9.1) und deren regelmäßige Leerung • Aufhängung von Spendern für Hundehaufentütchen • Installation von „Kippenbehältern“. In Stuttgart wurde dieses mit einem Abstimmungsspiel verbunden: Wer lieber Spätzle mag, wirft den Zigarettenstummel in den einen, wer lieber Maultaschen mag, wirft ihn in den anderen von zwei Schächten. • freundliche Hinweise auf die Bedeutung von Sauberkeit für eine Stadt in Kombination mit Verweisen auf die Folgen von Nichtbeachtung • Geschäftsleute für ein „Reinigungsverhalten“ im eigenen unternehmerischen Sinne sensibilisieren. Argument: „Aus Kundensicht beginnt Ihr Geschäft bereits VOR der Eingangstür, nicht dahinter!“ • CityServiceTeam mit Reinigungsaufgaben einsetzen in Zusammenarbeit mit Jobcenter oder anderen Trägern

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9  Ankommen, wohlfühlen, verweilen: Innenstadt-Belebung durch Schaffung von …

Abb. 9.1  Viele Städte animieren mittlerweile auf humorvolle Weise zur Nutzung von Müllbehältern, wie hier in Hamburg. (Quelle: Eigene Darstellung)

• Bürger zu Meldungen von markanten Verschmutzungen animieren, damit diese möglichst schnell beseitigt werden können. Manche Städte haben hierfür eine App eingerichtet, z. B. in Gelsenkirchen unter dem Motto „GE-meldet“. • Verschönerung von Stromkästen mit professioneller Graffiti-Kunst. Diese dient neben einer „Aufhübschung“ auch als erhöhter Schutz vor Schmierereien (eine Garantie hierfür gibt es natürlich nicht!) aufgrund eines entsprechenden Ehrenkodexes in der Sprayerszene. Dieser besagt, dass Graffiti-Künstler keine Werke anderer Künstler übersprühen, wenn diese besser sind als die eigene Kunst. Sicherheitshalber lässt sich auf die Kunstwerke eine Versiegelung zum Schutz vor Übersprühungen auftragen, so dass diese relativ einfach wieder entfernt werden können. • Hinweise mit dem Aufdruck „Bekleben verboten“ in mit „wilden Plakaten“ beklebte Schaufensterscheiben hängen. „Zuwiderhandlungen werden vom Eigentümer angezeigt.“ Diese Androhung zeigt in der Regel positive Wirkung. • Installation von „Kaugummi-Wänden“, mit deren Hilfe Passanten dazu animiert werden, ihre gekauten Kaugummis nicht mehr auf den Boden zu spucken, sondern auf eine eigens dafür -z. B. an Bushaltestellenmasten- angebrachte Fläche mit ­aufgedruckten Smileys zu kleben. Sind alle Smileys „beklebt“, werden die alten Kaugummis seitens der Stadtreinigung mithilfe eines Spezialblattes abgezogen, so dass die Grundfläche wieder von neuem beklebt werden kann. Beispielsweise in Stuttgart, Frankfurt und Duisburg gibt es bereits solche Vorrichtungen (Baur 2018).

9.4 Gefahrenherd Innenstadt? – Hinweise zur Erhöhung des allgemeinen …

9.4

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 efahrenherd Innenstadt? – Hinweise zur Erhöhung des G allgemeinen Sicherheitsempfindens in zentralen Lagen

9.4.1 Abbau von Angsträumen Der erste Aspekt zum Thema Sicherheit steht im Zusammenhang mit der Angst der Innenstadt-­Besucher vor kriminellen Handlungen, deren Opfer sie werden könnten. Hier spielen sog. „Angsträume“, eine besondere Rolle, also Orte, die durch ihr bloßes Aussehen oder ihre Art der Nutzung beim Betrachter ein Unsicherheitsempfinden auslösen. Dieses kann z.  B. in dunklen Ecken und Passagen, in Parkhäusern, in Unterführungen, in menschenleeren Nebenstraßen und sogar auf belebten öffentlichen Plätzen, auf denen sich „Dinge“ abspielen, die ein Unwohlsein hervorrufen, der Fall sein. Manchmal reicht sogar schon ein gewisser Ruf aus, um bestimmte Orte zu meiden. Sobald bspw. bekannt wird, dass sich die Anzahl an Raubüberfällen im Umfeld eines bestimmten Geldautomaten deutlich erhöht hat, werden sich in der Folge viele Menschen ganz genau überlegen, ob dieses noch der geeignete Ort ist, um dort Geld abzuheben bzw., um sich in dem entsprechenden Umfeld überhaupt aufzuhalten. Auch eine starke Verdreckung bzw. Vermüllung in manchen Ecken der Innenstadt (s.o. unter 9.3) kann die Wahrscheinlichkeit für ein auftretendes Unsicherheitsempfinden bei vielen Passanten erhöhen. Tatsache ist, dass Orte, welche Gefühle von Unwohlsein verursachen, nach Möglichkeit gemieden werden. Um das Sicherheitsempfinden der Besucher eines Stadtzentrums zu erhöhen, können unter Umständen je nach Bedarf z. B. folgende Vorsorgemaßnahmen getroffen werden: • vorübergehende verstärkte Präsenz von Polizei, Ordnungsbehörden und/oder privaten Wachdiensten • diverse Sauberkeitsmaßnahmen (s. unter Punkt 9.3) • Ausleuchtung dunkler Bereiche • Entwicklung eines „Licht bringt Sicherheit“-Konzeptes (zum Thema Licht s. auch Punkt 9.6.2) • auf privaten Flächen (wo sinnvoll): Videoüberwachung und klare Hinweise darauf • Versiegelung von stark gefährdeten „Schmierecken“ und schnelle Beseitigung entsprechender Verunreinigungen • kein Zulassen von Alkoholgelagen u. ä. im öffentlichen Raum • wirksames Vorgehen gegen aggressives und/oder offensichtlich vor kriminellem Hintergrund organisiertes Betteln • Konzept „Angstraum adieu!“ erstellen mit Ideen zur gezielten Aufwertung solcher Areale • Umkehrfrage stellen: „Wie müsste es an diesem Ort aussehen, damit man diesen unbedingt aufsuchen will!“ und entsprechend aktiv werden • Ansprache verschiedener Sinne. In einsamen Parkhaus-Treppenhäusern kann z. B. die dort vorhandene Stille zusätzlich beängstigend wirken, so dass evtl. die Einspielung von Hintergrundmusik zumindest eine akustische Belebtheit des Raumes suggeriert. In verschiedenen deutschen Großstädten wie z. B. Hamburg, Leipzig, München und Ber-

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lin wurden, teils sehr erfolgreich, Zugangsbereiche zu Bahnhöfen mit klassischer Musik bespielt, um durch die Dauerbeschallung den störenden Aufenthalt von Publikum zu verhindern, welches durch sein Auftreten und Handeln bei Zugreisenden zuvor für ein Unsicherheitsempfinden gesorgt hatte.

9.4.2  Schaffung von Sicherheit für Verkehrsteilnehmer Ein im Zusammenhang mit dem Thema „Sicherheit in Innenstädten“ häufig nicht berücksichtigter Aspekt ist der Schutz von Verkehrsteilnehmern. Insbesondere Fußgänger sind bei einem Unfall jeder anderen Fortbewegungsart unterlegen, im schlimmsten Falle mit dramatischen gesundheitlichen Folgen. Sind entsprechende Gefahrensituationen nicht ausreichend ausgeschlossen, werden verkehrstechnisch benachteiligte Personengruppen, zumindest solche mit einem besonderen Sicherheitsbedürfnis wie z. B. Eltern mit Kindern (vgl. Abb. 9.2), sicherere Alternativstandorte vorziehen, wenn diese mit akzeptablem Aufwand erreichbar sind. Insbesondere an vermeintlichen Gefahrenpunkten -von denen es in zentralen Stadtlagen meistens jede Menge gibt- sollte im wahrsten Sinne des Wortes immer „Sicherheit geht vor!“ gelten und zugunsten der aus Unfallsicht am meisten gefährdeten Gruppe von Verkehrsteil-

Abb. 9.2  Vor allem Kinder sind im Straßenverkehr gefährdet und daher besonders schutzbedürftig! (Quelle: Eigene Darstellung)

9.5 Aus (meiner) Erfahrung gut: Einige Denkansätze zugunsten einer …

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nehmern, die Fußgänger, gedacht werden. Selbst der passionierteste Autofahrer sollte niemals vergessen, dass er -zwangsläufig- selber oft als Fußgänger unterwegs ist und als solcher einmal von einer Sicherheitsmaßnahme profitieren könnte, die er in seiner anderen Rolle als Autofahrer vielleicht anprangern würde, nur weil der Fahrfluss ein wenig gestört wird. Ideen für Verbesserungen im Bereich der Verkehrssicherheit können sein: • Zebrastreifen-Anbringungen, evtl. sogar bewusst in größerer Zahl, um hierdurch neben der eigentlichen Funktion als Fußgängerüberweg obendrein auch eine Temporeduzierung und somit Verkehrsberuhigung herbeizuführen. • Tempolimits. Diese führen nicht nur zu mehr Sicherheit, sondern erzeugen in Gesamtbetrachtung auch eine stressmindernde Wirkung in Bezug auf die Hektik einer Innenstadt. • gut sichtbare Hinweisschilder für Autofahrer nach dem Motto „Wir dürfen auch mitmachen, aber nur langsam!“. Gibt es vor Ort einen entsprechenden Verbesserungsbedarf, ist es denkbar, dass der Citymanager diesbzgl. entsprechende Impulse an die Kollegen von Stadt- und Verkehrsplanung gibt, um den Optimierungsprozess aus seiner Position und Funktion heraus  aktiv anzuschieben.

9.5

 us (meiner) Erfahrung gut: Einige Denkansätze zugunsten A einer belebungsorientierten Stadtgestaltung

9.5.1 „Schön interessant“ schlägt „Schön langweilig“ Begriffe wie Aufenthaltsqualität und Wohlfühlatmosphäre verführen schnell dazu, die Gestaltung des öffentlichen Raums allein in Richtung eines heimeligen Ambientes zu interpretieren, wodurch evtl. die Gefahr von optischer Eintönigkeit entsteht. Es spricht überhaupt nichts dagegen, im Rahmen der (Innen-)Stadtgestaltung zusätzlich auch interessante, anregende Impulse zu setzen, welche vielleicht sogar das Salz in der Suppe ausmachen. Schließlich sollen Zentren nicht nur schöne, sondern auch spannende Orte sein. Schön kann im Zweifelsfalle auch „schön langweilig“ bedeuten. Interessant gestalten lassen sich Innenstadtbereiche auch durch das Prinzip des „Heranlockens“. Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen auf ein Objekt zugehen, steigt, je mehr sie sich diesem nähern müssen, um zu erkennen, worum es sich bei diesem genau handelt. Demzufolge stellt sich die Frage, ob die Gestaltung einer Stadt nicht nur ästhetisch wertvoller, sondern auch interessanter ist, wenn sich nicht alles bereits aus weiter Entfernung erkennen lässt. So arbeiten manche Ladenbetreiber bewusst mit einer fast schon minimalistischen Beschriftung ihres schön dekorierten Schaufensters, damit ein Anreiz entsteht, näherzutreten, um den entsprechenden Firmenschriftzug erkennen zu können und im Anschluss mit hoher Wahrscheinlichkeit  den  dazugehörigen Schaufensterinhalt  zu begutachten. In solch einer Weise werden Passanten motiviert, ein Mehr an Wegen in der Innenstadt zurückzulegen und

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9  Ankommen, wohlfühlen, verweilen: Innenstadt-Belebung durch Schaffung von …

an zusätzlichen Geschäften vorbeizukommen, auf die sie aufmerksam werden und in die sie dann vielleicht hineingehen. Das Gegenteil hiervon praktizieren z. B. die meisten Textildiscounter, denen ihre grellen Leuchtreklamen scheinbar nicht groß und auffällig genug sein können. Natürlich weiß ich, dass die entsprechenden Unternehmen das Ziel verfolgen, von ihren Kunden schon aus weiter Entfernung erkannt werden zu können. Wer sich nicht für das entsprechende Angebot interessiert, geht den Weg jedoch erst gar nicht. Auf diese Weise wird Städten viel Spannendes genommen, weil sich kaum noch etwas entdecken oder „erstöbern“ lässt. Der zu Beginn dieses Kapitels bereits erwähnte Stadtplaner Jan Gehl nennt Situationen, bei denen eine längere Strecke überschaut werden kann und dazu am Wegesrand nichts Spannendes passiert, die „Perspektive der ermüdenden Distanz“ (Gehl 2018, S. 149).

9.5.2  „Knochenprinzip plus Etappenkonzept“ als Straßenmodell Soll es gelingen, dass Innenstadtbesucher auch längere Strecken innerhalb der City zurücklegen und dabei viele unterschiedliche vorhandene Angebote wahrnehmen, empfiehlt sich die Anwendung des sog. „Knochenprinzips“. Dieses besagt, dass „Magneten“ wie z. B. Kaufhäuser nicht an einem Ort innerhalb der City gebündelt, sondern an entgegengesetzten Innenstadt-Enden platziert werden, damit sich viele Menschen veranlasst fühlen, zwischen diesen starken Polen hin und her zu gehen. Als zusätzlicher Verstärker dient das „Etappenkonzept“. Dieses unterteilt eine Einkaufsstraße in relativ kurze Abschnitte, an deren Ende immer wieder Interessantes wie ein besonders schönes Straßencafé o. ä. vorzufinden ist. Das folgende Etappenziel erahnt man nach Möglichkeit jeweils schon am vorherigen und wird somit motiviert, immer wieder weiterzugehen, um zu schauen, was als nächstes kommt. Gute Etappenziele lassen sich z. B. an Kreuzungsbereichen der Fußgängerzone gestalten, da diese bereits unterbewusst als markante Situationen wahrgenommen werden. So wird der Gang durch eine Innenstadt kurzweiliger, somit auch der von einem „Knochenende“ zum anderen.

9.5.3  Vier Gestaltungsdimensionen als Erfolgsrezept Wenn es angedacht ist, innenstädtische Mikrostandorte (z. B. kleine Platzsituationen) zu entwickeln und/oder mit einzelnen Gestaltungselementen (z. B. Stadtmobiliar) zu arbeiten, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass diese erfolgreich von den Innenstadtbesuchern angenommen werden, wenn sie mehrdimensional gedacht werden, also mehrere Nutzerbedürfnisse auf einmal abdecken. Hier spielen aus meiner Erfahrung insbesondere die vier folgenden „Gestaltungsdimensionen“ eine Rolle: erstens die ästhetische Dimension, bei der es um die Schaffung von Ambiente und Sinnesansprache geht, zweitens die intellektuelle Dimension, die darauf ausgelegt ist, Interesse an etwas und somit eine inhaltliche, geistige Beschäftigung mit diesem Etwas hervorzurufen, drittens die funktionale Dimension, welche auf den gebrauchsfähigen Nutzen einer Sache abzielt, und viertens die integrative Dimension, die besagt, keine Personengruppen auszuschließen.

9.5 Aus (meiner) Erfahrung gut: Einige Denkansätze zugunsten einer …

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Das Geschick besteht oftmals darin, mehrere oder gar alle vier Dimensionen miteinander zu verbinden. Zur Verdeutlichung soll folgendes Beispiel dienen: An einem Standort entsteht die Idee, mitten in der Fußgängerzone an geeigneter Stelle ein künstlerisch gestaltetes Wasserspiel zu installieren, um mit diesem eine Attraktivierung der dortigen Situation zu erreichen (ästhetische Dimension). In der Folge kommt die eigens für die Planung dieses Wasserspiels eingerichtete Arbeitsgruppe auf die Idee, dass dieses viele interessierte Besucher anzöge, wenn es von einem renommierten Künstler gestaltet und sich in eine Riege der von diesem Künstler geschaffenen Werke einreihen würde. Hier könnte es dann z. B. Infotafeln zu dem Künstler und seinem Schaffen geben (intellektuelle Dimension). Obendrein kommt der Vorschlag auf, dass das Wasserspiel nochmals mehr Besucher anlocken würde, wenn man es mit einem relevanten Gebrauchsnutzen versähe, z. B. mit der Bespielbarkeit des Objektes durch Kinder (funktionale Dimension). Selbstverständlich ist für die Mitglieder der Arbeitsgruppe, dass neue gestalterische Elemente in der Innenstadt barrierefrei sein müssen (integrative Dimension). Insgesamt lässt sich ablesen, dass aus der ursprünglich relativ „nüchternen“ Idee zur Installation eines Wasserspiels durch Berücksichtigung der vier genannten Gestaltungsdimensionen ein echtes Mehrwert-­Projekt mit optimalen Belebungsanreizen für die Innenstadt entstehen kann.

9.5.4  Aufenthaltsqualität mit allen Sinnen Der Regelfall berücksichtigt das Sehen als die ausschlaggebende Sinnesform zur Wahrnehmung des öffentlichen Raums. Mitunter lässt sich aber darüber nachdenken, ob nicht auch die zusätzliche Ansprache weiterer Sinne zur Schaffung einer Wohlfühlatmosphäre genutzt werden kann. In Bezug auf den Hörsinn ließe sich z. B. daran arbeiten, mit Hilfe von Tempolimits Stress auslösenden Autolärm in der City zu reduzieren. Umgekehrt könnte ein im Stundentakt aktives, dezentes Glockenspiel als angenehm empfunden werden. Der Geruchssinn würde sich vermutlich ebenfalls „freuen“, wenn mithilfe des gerade genannten Tempolimits weniger Schadstoffe in die Innenstadt geblasen würden. ­Regelrecht geehrt fühlen würde er sich wahrscheinlich, wenn an einer Stelle der City stattdessen eine Duftinsel installiert würde. Wie wäre es z. B. an einer dafür geeigneten Stelle mit einem kleinen Rosenhain inkl. Sitzbänken, in welchen mit Hilfe einer entsprechenden Automatik permanent frischer Rosenduft gesprüht würde? Zugegebenermaßen etwas einfacher lässt sich der Tastsinn aktiv ansprechen, z.  B. durch die Verwendung natürlicher, „warmer“ Materialen statt künstlicher, „kalter“ Werkstoffe im Zusammenhang mit der Installierung von Gestaltungselementen. Dabei spielt zusätzlich auch die Oberflächenbeschaffenheit eine Rolle. Weil relativ unbehandeltes Holz z. B. leicht splittert, hat es als Material im Bereich der Stadtgestaltung nichts zu suchen, ebenso wie andere gesundheitsgefährdende Oberflächen. Eine Idee im Zusammenhang mit der Nutzung des Tastsinns für die Erhöhung der Aufenthaltsqualität könnte die Installation einer Fühlwand sein, an welcher sich verschiedene Untergründe ertasten lassen. Insbesondere für Kinder können solche kleinen spielerischen Einbauten den für sie oftmals langweiligen Gang durch die Innenstadt inte-

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ressanter machen, womit in aller Regel auch ihren Eltern ein großer Gefallen getan wird. Bleibt noch der Geschmackssinn. In idealer Weise angesprochen wird dieser, wenn sich in der City das Eiscafé mit dem anerkannt besten Eis weit und breit befindet. Der Besuch der Innenstadt ist im Bewusstsein der Kunden dann automatisch mit dem Positivmerkmal „Genuss“ verknüpft. Ob man in diesem Zusammenhang entweder mit einem dicken Eisbecher im Straßencafé sitzt und dabei andere Passanten beobachtet oder sich mit ein paar leckeren Kugeln im Hörnchen für ein paar Augenblicke auf eine kleine Mauer hockt und dabei die ersten warmen Sonnenstrahlen des Jahres genießt: Der Aufenthalt in der Innenstadt erscheint in just diesem Moment als perfekt, man fühlt sich rundum wohl! Ein anderes Beispiel für den „Geschmack eines Standortes“ sind Brunnenanlagen, wie man sie in vielen Kurorten antrifft. Das frei entnehmbare Wasser daraus wird dann als ein besonders gesundes und gut schmeckendes Naturprodukt angepriesen  und wahrgenommen. Viele Kurgäste und Besucher erinnern sich meist gerne und lange an solche kleinen, aber besonderen Sinneserlebnisse zurück.

9.5.5  Anmerkungen zur Arbeit mit Gestaltungssatzungen Eine besondere Herausforderung besteht vielerorts darin, eine ausreichende Gestaltungsqualität dort im öffentlichen Raum zu bewirken, wo privater Einfluss auf diesen eine Rolle spielt. Dabei geht es um Flächen wie z. B. Hausfassaden, Vorgärten u. ä. sowie um Areale, die  per Sondernutzungserlaubnis privat „bespielt“ werden  -z.  B. als Straßencafé-  und wichtiger Teil des Stadtbildes sind. Eine grundsätzlich aufeinander abgestimmte Gestaltung von guter Qualität ist in der Regel wünschenswert. Viele Städte arbeiten daher neben in vielen Fällen zu beachtenden baurechtlichen Vorschriften mit einer sog. Gestaltungssatzung, welche verbindliche Vorschriften enthält, anhand derer die gewünschte gestalterische Qualität im  unter privatwirtschaftlichem  Einfluss stehenden Teil des  öffentlichen Raums gesichert werden soll. Typische Elemente, die davon betroffen sind, sind Werbeanlagen („Kundenstopper“, Beachflags, Fassadenwerbung, Leuchtreklame, ­Schaufensterbeklebungen), außengastronomische Möblierungen und Wetterschutzanlagen (Markisen, Windschutz-Systeme, Sonnenschirme u. ä.). Dabei gelten die Vorschriften aus der Satzung nur bei Gestaltungsmaßnahmen ab dem Zeitpunkt, ab dem die Satzung Gültigkeit erlangt. Für den davor liegenden Zeitraum gilt der sog. Bestandsschutz. Andere Kommunen hingegen setzen bei der Gestaltungsfrage auf Einsicht bzw. Freiwilligkeit. Zum Teil gelingt es, die Akteure vor Ort im persönlichen Gespräch oder im Rahmen einer Infoveranstaltung für qualitätvolle private Gestaltungsmaßnahmen zu gewinnen. Letztlich können auch finanzielle Anreize in Form von Förderprogrammen (z. B. Hof- und Fassadenprogramm, Verfügungsfonds etc.) dabei helfen, die entsprechenden Akteure für die gemeinsame Erreichung bestimmter gestalterischer Qualitätsziele am Standort zu begeistern. In Radevormwald (Nordrhein-Westfalen) wurde einigen Gastronomen z. B. ein Zuschuss zur Anschaffung einer neuen, wertigen und zum Stadtbild passenden Außenbestuhlung gezahlt.

9.6 So viele Möglichkeiten! – Anregungen zur Gestaltung des öffentlichen Raums

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 o viele Möglichkeiten! – Anregungen zur Gestaltung des S öffentlichen Raums

Es gibt etliche Möglichkeiten, die Aufenthaltsqualität in einer Innenstadt zu verbessern. Im Folgenden werden eine ganze Reihe von darauf ausgerichteten Ideen und Ansätzen vorgestellt.

9.6.1  Stadtmobiliar Als Stadtmobiliar bezeichnet werden etliche gestalterische Einzelelemente, die im öffentlichen Raum zum Einsatz kommen. Dazu gehören insbesondere auch Sitzmöglichkeiten (vgl. Abb. 9.3, 9.4, 9.5 und 9.6). Stadtplaner Jan Gehl empfiehlt die Beachtung einiger weniger Regeln, damit Bänke und andere Sitzmöbel möglichst häufig und lange genutzt werden. Dazu gehört eine Aufstellung möglichst so, dass der Rücken der Sitzenden geschützt ist, weil das dem unterbewussten menschlichen Sicherheitsbedürfnis entgegenkommt. Ein weiterer Aspekt sind möglichst geringe Lärm- und Geruchsbelästigungen. Am

Abb. 9.3  Wo es was zu sehen gibt, lässt es sich gut verweilen, wie hier in Bernkastel-Kues mit Blick auf die Mosel und das Hotel Drei Könige. (Quelle: Eigene Darstellung)

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Abb. 9.4  Clever: Im Ortskern von Callantsoog, Niederlande, wurde die Mauer des oftmals belebten Hauptplatzes so gestaltet, dass sie auch als lange Sitzfläche mit Rückenlehne funktioniert. (Quelle: Eigene Darstellung)

Abb. 9.5  Pfiffig: Kleine Aussichtsplattform vor Alpenpanorama im Leutaschtal, Tirol. Warum Ähnliches  nicht mal in einer Innenstadt an einer Stelle mit schönem Ausblick ausprobieren?! (Quelle: Eigene Darstellung)

9.6 So viele Möglichkeiten! – Anregungen zur Gestaltung des öffentlichen Raums

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Abb. 9.6  Stadtmöbel lassen sich gut mit Kunst im öffentlichen Raum verbinden, wie bei diesem Beispiel aus Enschede, Niederlande. (Quelle: Eigene Darstellung)

wichtigsten ist aber eine gute Aussicht auf das Treiben drumherum und andere schön bzw. interessant anzusehende Elemente im Zusammenhang z. B. mit Wasser, Pflanzen, Gebäuden oder Kunst. Gehl fasst das so zusammen: „Die ungehinderte Sicht auf Menschen und schöne Raumelemente ist eine besondere Attraktion.“ (Gehl 2018, S. 164). Als besondere Idee empfiehlt Gehl, je nach Anlass und Wetterbedingungen, bewegliche Stühle auf die Straße oder auf Plätze zu stellen, welche auf unkomplizierte Weise umplatziert werden können, auch von den Nutzern selber (Gehl 2018, S. 168). Ein weiteres Stadtmöbelbeispiel sind Fahrradständer. Bei vielen Innenstadt-Umbauten in den letzten Jahren wurden, gestalterisch auf das Umfeld abgestimmt, moderne Bügelständer aufgestellt, an denen sich Fahrräder grundsätzlich in sehr bequemer Weise abstellen lassen. Wenn man sie denn als solche erkennt! Tatsächlich trifft man immer wieder auf Innenstadt-Besucher, welche fragen, wozu denn diese „komischen Gestänge“ aufgestellt worden seien. Entsprechend selten werden diese Fahrradständer denn auch genutzt. Grundsätzlich ist es also ratsam, darauf zu achten, dass Gestaltungselemente gut zu verstehen sind, sofern man auf ihre tatsächliche Nutzung abzielt. Eine schöne Idee, aus so einer Situation das Beste zu machen, habe ich im emsländischen Sögel gefunden. Hier hat das in nächster Nähe zu den Radbügeln gelegene Blumengeschäft als Erkennungssymbol ein sehr stilvoll hergerichtetes Fahrrad platziert und damit obendrein sogar etwas für den Aspekt „Kunst im öffentlichen Raum“ getan (vgl. Abb. 9.7). Ebenfalls zur „Gattung“ Stadtmöbel gehören Laternen, Lichtstelen, Müllbehälter, Pflanzkübel und einiges mehr. Sofern möglich, sollten die verschiedenen Elemente gestalterisch aufeinander abgestimmt sein.

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Abb. 9.7  In Sögel, Niedersachsen, erkennt jeder die modernen Fahrradständer in der Innenstadt. (Quelle: Eigene Darstellung)

9.6.2  Stadtbeleuchtung „Licht lockt Leute!“. Im Umkehrschluss ließe sich auch sagen, dass dort, wo es dunkel ist, die Gefahr der Verödung groß ist. Fakt ist, dass sich Menschen im Hellen in jeder Hinsicht besser fühlen, und zwar sowohl in Bezug auf das Sicherheitsempfinden als auch auf das Gemüt. Dass Licht ein Stimmungsaufheller ist, weiß jeder, der sich nach dunkel-trüben Herbst- und Wintertagen über die ersten Sonnenstrahlen und einen klaren, hellblauen Himmel freut. Gerade in den dunklen Monaten spielt die Art der Beleuchtung einer Innenstadt bereits nachmittags eine Rolle und nimmt somit Einfluss auf die Aufenthaltsqualität am Standort während der Geschäftszeiten. Es sollte nach Möglichkeit darauf geachtet werden, dass die in der Innenstadt vorhandenen Licht- bzw. Beleuchtungselemente ein ausreichend helles, aber auch angenehmes Licht erzeugen. Insbesondere grelles Licht wirkt schnell störend und aufdringlich und kann, wenn blendend, sogar gesundheits- oder auch verkehrsgefährdend sein. Bei der Betrachtung der infrage kommenden Lichtquellen wird klar, dass diese jeweils unterschiedlichen Akteursgruppen gehören, sodass es im Falle von Optimierungsbestrebungen verschiedene Ansprechpartner gibt. Bei Straßenlaternen ist dieses die Kommune und/oder ein Energieversorger, Beleuchtungen von Hausfassaden sind den jeweiligen Immobilieneigentümern zuzuordnen. Wenn es um beleuchtete Werbeanlagen und Schaufenster geht, sind die jeweiligen Ladeninhaber zu kontaktieren. Insbesondere hell erstrahlende Schaufenster tragen in einer Einkaufsstraße zu deren attraktiverer Wahrnehmung, zur Werbung für das Sortiment des entsprechenden Geschäftes auch nach Ladenschluss, zu einem höheren abendlichen Sicherheitsempfinden von Passanten sowie letztendlich auch zu ei-

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nem besseren Einbruchsschutz bei. Unter Punkt 9.1.2. wurden diese Aspekte z. T. bereits genannt. Es ist daher als äußerst sinnvoll zu betrachten, wenn Geschäftsinhaber ihre Schaufensterbeleuchtung auch nach Geschäftsschluss noch für einige Stunden brennen lassen. Generell stellt sich die Frage, ob das wichtige Thema Innenstadt-Beleuchtung nicht ganzheitlich-konzeptionell angegangen werden sollte. Um ein öffentliches Bewusstsein für die Bedeutung des Themas zu erlangen, bietet sich als Auftakt die Durchführung einer Lichtkunstaktion an. Vielen Akteuren wird dabei oftmals erst klar, dass ein bewusster Umgang mit Licht einen Standort immens aufwerten kann und Licht nicht einfach nur für Helligkeit und Sicherheit, sondern gezielt für Aufenthaltsatmosphäre sorgen kann. Allein um diese zu erreichen, lohnt es sich, über die Erstellung eines Lichtkonzeptes nachzudenken, welches wiederum weitergehende Empfehlungen wie z. B. die Notwendigkeit zum Erlass einer kommunalen Gestaltungsatzung für Werbeanlagen etc. enthält, um Lichtquellen, die störend wirken, zu unterbinden.

9.6.3  Bodenbeläge Geht es um die Gestaltung von Straßenpflaster und Bodenbelägen, insbesondere in Fußgängerzonen, treffen oftmals ideologische Welten aufeinander. So geraten Vertreter, die sich strikt an ästhetischen Gesichtspunkten orientieren, an konsequente Funktionalisten, denen insbesondere die gute und sichere Nutzbarkeit des Belages sowohl zu Fuß als auch mit Rollstühlen, Rollatoren, Kinderwagen usw. am Herzen liegt. Schnell kommt es zu Debatten nach dem Motto „High Heels contra Altstadtpflaster“. Der bereits mehrfach zitierte Stadtplaner Jan Gehl (Gehl 2018) empfiehlt auf der Grundlage seiner jahrzehntelangen, weltweiten Erfahrung im Bereich der menschenorientierten Stadtentwicklung einen etwas entspannteren Umgang mit entsprechenden Fragestellungen, weil sich beide genannten Sichtweisen oftmals besser kombinieren lassen, als zunächst vermutet. Gute und für alle Seiten zufriedenstellende Lösungen, die mehr als ein „fauler Kompromiss“ sind, sind seiner Ansicht nach absolut möglich. Zum Beispiel ist mittlerweile vielerorts eine gesonderte, auf das Bodenumfeld gestalterisch abgestimmte (Extra-)Spur ins Pflaster eingelassen, welche ein barrierefreies Fortkommen ermöglicht. Zusätzlich ist es dann nötig, in regelmäßigen Abständen Querungen einzurichten, um ebenfalls barrierefrei die Seiten einer Fußgängerzone wechseln und die dort liegenden Geschäfte erreichen zu können. Eine wichtige Hilfe für sehbehinderte Menschen sind zudem sog. „Blindenstreifen“.

9.6.4  Stadtgrün Mit Pflanzen kommt die Natur und damit auch Natürlichkeit in die Stadt. Die Begrünung des öffentlichen Raums trägt zu einer entspannten Atmosphäre bei (vgl. Abb. 9.8). Neben

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Abb. 9.8  Ein wild-buntes Blumenbeet bringt Natur mitten in die Stadt und spricht die Sinne an. Gesehen in Sögel, Niedersachsen. (Quelle: Eigene Darstellung)

den von der Kommune fest installierten Grünelementen wie Bäume, Beete, Büsche oder Hecken tragen auch mobile Pflanzen, welche die Einzelhändler und Gastronomen vor ihre Geschäfte stellen, zu einer Erhöhung der Aufenthaltsqualität bei. Gute Ansprechpartner für preisgünstige oder gar kostenlose, stilvolle Begrünungen des öffentlichen Raums sind Gartenbaubetriebe, die als Gegenleistung viele Sichtkontakte für ihre dezenten Werbeschilder, die sie an den Pflanzbehältern anbringen dürfen, erhalten.

9.6.5  Weihnachtsbeleuchtung und weitere Stadtdekorationen Zentren, die nicht wenigstens mit einer kleinen weihnachtlichen Beschmückung während der Adventszeit für etwas stimmungsvolle Atmosphäre sorgen wollen, sind in unseren Breitengraden eigentlich kaum vorstellbar. Gefühlt ist es genereller Anspruch von Innenstädten, der Kundschaft und den Standortbesuchern irgendetwas präsentieren zu können, das sich offiziell als Weihnachtsbeleuchtung bewerben lässt (vgl. Abb. 9.9). Die klassische Variante besteht in einer Überhängung von Straßen mit Lichterketten und/oder in Beleuchtungselementen wie Sternen, Weihnachtsmännern und ähnlichem, welche an Laternen, Hausfassaden usw. angebracht werden. Dazu gehören aber auch, manchmal als Ergänzung, manchmal als Hauptelemente, festlich beleuchtete Tannenbäume. Einige Städte nutzen das Phänomen „Weihnachtsbeleuchtung“ hingegen in sehr umfangreicher Weise und präsentieren jeweils ihre gesamte Innenstadt als Kulisse für zum Teil spektakuläre weihnachtliche Beleuchtungsevents. So ein Beispiel sind die „Essener Lichtwochen“,

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Abb. 9.9  Interessante, aber gleichsam dezente adventliche Straßenüberhängung vor traumhaftem Alpenpanorama in Innsbruck, Tirol. (Quelle: Eigene Darstellung)

welche unter jährlich wechselnden Mottos neue Motive präsentieren und damit quer durch die gesamte City Geschichten erzählen. Solche Großprojekte gehen natürlich weit über die alljährliche „Pflichtbehängung“ einer Einkaufsstraße hinaus und bedienen in großem Stil touristische Ansprüche. Im Falle von Essen (Nordrhein-Westfalen) stellt die ­Vermarktung des Themas „Weihnachten“ eine nahezu perfekt organisierte Symbiose aus Lichtwochen und Weihnachtsmarkt dar. Letzterer hat für sich alleine genommen ebenfalls überregionale Bedeutung. Für das Gesamterlebnis nach dem Motto „Weihnachten in Essen“ fahren die Busse mit Touristen jedenfalls scharenweise in die Essener Innenstadt ein, viele davon aus den nahegelegenen Niederlanden (Visitessen o. J.). Da Kauf einer kompletten Weihnachtsbeleuchtung ziemlich teuer ist und sich schnell höhere fünfstellige Summen in den Angebotsschreiben entsprechender Anbieter finden, versuchen viele Städte, ihre oftmals zwar überalterten, aber noch funktionierenden Beleuchtungselemente so lange „durchzuschleppen“, bis sich eine Lösung zur Finanzierung einer Neuanschaffung, oft nur möglich unter starker Mithilfe der Kommune und von lokalen Sponsoren, abzeichnet. Neben den Anschaffungs- verursacht eine Weihnachtsbeleuchtung auch laufende Kosten, und zwar für Strom (was mit Anbrechen des LED-Zeitalters allerdings deutlich preisgünstiger geworden ist), für regelmäßig einzuplanende Reparaturen bis hin zum Austausch defekter Beleuchtungselemente, für  eventuelle

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­ rweiterungskäufe für die Einbindung bisher nicht berücksichtigter Innenstadtbereiche, E für die Auf- und Abhängung, für die Einlagerung und für Versicherungen. In Hinsicht auf die jährliche Finanzierung habe ich schon alles erlebt: Von entwürdigendem Hinterherlaufen und förmlichem Betteln um lächerliche Kleinstbeträge innerhalb einer Händlergemeinschaft bis hin zur professionell durchorganisierten Einwerbung von Umlagen in einer Höhe von mehreren zehntausend Euro pro Jahr, wie ich es in meiner Zeit als Citymanager in Gevelsberg (Nordrhein-Westfalen)  erleben durfte. Dort beteiligen sich jährlich über 150 Vertreter aus sämtlichen Akteursgruppen, welche von einer gut funktionierenden Innenstadt profitieren. Dieses sind neben den Geschäftsleuten auch Immobilieneigentümer und Vertreter freier Berufe, also Ärzte, Rechtsanwälte usw. Als Gegenleistung werden die Spendernamen auf der City-Webseite sowie auf Sonderseiten der lokalen Zeitungen veröffentlicht, außerdem gibt es einen Türaufkleber, der die Teilnehmer an ihrem Geschäftseingang als offizielle Unterstützer ausweist. Eine interessante Option kann für manche Standorte auch ein Leasing der Weihnachtsbeleuchtung bei entsprechenden Anbietern sein, um über diesen Weg das Finanzierungsrisiko überschaubar zu halten. Eine weitere Idee ist das jährliche Mieten von Beleuchtungselementen, was abseits finanzieller Aspekte die oben angesprochene Möglichkeit bietet, den Innenstadtbesuchern jährlich wechselnde Motive zu präsentieren. Neben dem Thema Weihnachtsbeleuchtung bietet die dunkle Jahreszeit weitere Möglichkeiten. Sowohl in Gevelsberg als auch in Radevormwald habe ich als Citymanager im Zusammenhang mit sog. Moonlight Shoppings lange Windlichterpfade entlang der dortigen Haupteinkaufsstraßen organisiert. In Radevormwald wurden dafür rund 50 große Windlichter vom Citymanagement-Verein finanziert und an diejenigen Einzelhändler verschenkt, welche mit ihrem Geschäft beim Abendverkauf mitmachten, verbunden mit der Bitte, die Laternen während der gesamten Adventszeit mit Einbruch der Dunkelheit vor die Ladentür zu stellen. Unabhängig von der Adventszeit und den damit verbundenen dekorativen Möglichkeiten können Innenstädte und Ortskerne auch anderweitig geschmückt werden. Bei Stadtfesten bietet es sich z. B an, Wimpelketten in den Nationalfarben der Länder aufzuhängen, in denen die Partnerstädte liegen. Auch Fahnen bzw. Flaggen sind Elemente, welche je nach Bedarf sehr stilvoll gestaltet sein können, evtl. innerhalb einer Kunstaktion im öffentlichen Raum. Im Jahr 2014 wurden in Radevormwald (Nordrhein-Westfalen) mit Unterstützung des Citymanagement-Vereins unter dem Motto „Flagge(n) zeigen“ 50 Fahnen mit hochwertigen Motiven internationaler Künstler über das ganze Stadtzentrum verteilt aufgehängt, sodass hierdurch eine Kunstroute im öffentlichen Raum entstand (s. hierzu auch Pkt. 9.6.12) (Scholl 2014). Auch mobile Begrünungen im Straßenraum und/oder vor Geschäften, Blumenampeln an Hausfassaden oder an Laternen u. ä. stellen einen Beitrag zur dekorativen Schmückung einer Stadt dar, welche darauf abzielt, die Aufenthaltsqualität am Standort zu erhöhen. Gut denkbar ist diesbzgl. eine Kooperation zwischen der Kommune, Einzelhändlern und Immobilieneigentürm in Form der Erstellung eines gemeinsamen mobilen Begrünungskonzeptes.

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9.6.6  Wasser in der Stadt Einige (Innen-)Städte haben das Glück, in malerischer Weise direkt an Flüssen, Seen oder anderen Gewässern zu liegen und diese Situation für sich nutzen zu können, z. B. in Form toller Verweilareale wie Biergärten mit Blick auf’s Wasser. Dort, wo Gewässer nur einen Steinwurf weit von der City entfernt liegen, werden häufig bewusst räumliche Beziehungen hergeleitet, um Synergieeffekte zwischen beiden zu erzeugen, wie z. B. beim Städtebauprojekt „Ruhrbania“ in Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen (team innenstadt o. J.). Keine Frage: Das Element Wasser kann ein regelrechter Heilsbringer für Städte sein, selbst in kleinem Maße. Nicht umsonst legen Kommunen immer wieder Wasserläufe in ihren Fußgängerzonen an, verbunden mit Brunnenanlagen, Sitzinseln, Spielgeräten und der Hoffnung, dass sich viele Innenstadtbesucher am entspannten Plätschern erfreuen mögen (vgl. Abb.  9.10). Leider geschieht es immer wieder, dass die Brunnenanlagen verstopfen, insbesondere mit Laub und Müll, und mit teils extrem hohen finanziellen Aufwendungen gereinigt oder gar repariert bzw. saniert werden müssen. Selbst im Hochsommer, in welchem das Wasser ja eigentlich unbedingt laufen sollte, liegen dann solche Wasserrinnen trocken, weil im kommunalen Haushalt die Folgekosten für Vorkommnisse solcher Art zuvor entweder gar nicht oder aber in viel zu geringer Höhe berücksichtigt wurden. Abb. 9.10  Wirkt gleichzeitig belebend und zudem anziehend auf Kinder: Wasserspiel in der Innenstadt von Gelsenkirchen, Nordrhein-Westfalen. (Quelle: Eigene Darstellung)

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Die Beliebtheit von Wasser als Anziehungspunkt zeigt sich beispielsweise auch in der Gestaltung von Shopping Centern. Kaum ein Einkaufszentrum, welches kein Wasserbecken hat, in welchem Fontänen entweder weit in die Höhe oder aber hin und her schießen und auf deren Beckenrändern sich Menschen tummeln, sich ausruhen und dabei das nasse Spektakel auf sich wirken lassen. Mit großem Aufwand hat die Stadt Siegen (Nordrhein-Westfalen) in den letzten Jahren den Fluss, der sowohl ihr selbst als auch der gesamten umliegenden Region, dem Siegerland, den Namen gab, für eine herausragende städtebauliche Attraktivierung nutzbar gemacht. So lief die Sieg jahrzehntelang nahezu unbemerkt mitten durch die Innenstadt, zugebaut von einem großen Parkdeck zwecks optimaler Erreichbarkeit des Zen­ trums und seiner Geschäfte mit dem Auto. Anfang dieses Jahrtausends kamen erste Stimmen auf, welche einen Rückbau der Parkflächen und eine Hervorholung der Sieg aus ihrem tristen Versteck vorschlugen. Natürlich wurden jegliche denkbaren Gründe von den Gegnern dieser Vision vorgetragen und diese z. T. gar als „Schnapsidee“ abgetan. Seien es die dann fehlenden Parkplätze für den Einzelhandel, ein zu tiefer Wasserstand der Sieg in den Sommermonaten oder auch einfach nur die Gewohnheiten der Bürger, die sich dann ja ändern müssten. Mir wurden in dieser Zeit viele solcher Argumente selber entgegengebracht, weil ich damals als Mitarbeiter der Gesellschaft für Stadtmarketing Siegen in die Entwicklung neuer Ideen für die Innenstadt aktiv eingebunden war. Und ich muss zugeben: Einiges, was wir uns damals zur Attraktivierung des Zentrums ausgedacht hatten, mag für manchen Außenstehenden in durchaus nachvollziehbarer Weise nach Utopie geklungen haben. Dann aber ging es irgendwann vorwärts. Auf der einen Seite wurden die Betonstelzen, auf denen die sog. „Siegplatte“ stand, baufällig, und es musste zwangsläufig eine E ­ ntscheidung über den weiteren Umgang mit dieser über dem Fluss „schwebenden“ Parkplatzanlage her. Auf der anderen Seite kam das seit Jahren ebenfalls sehr visionär bearbeitete Thema „Uni in die Stadt“ (Anmerkung: Die Siegener Universität liegt auf einem kleinen Berg deutlich außerhalb der Innenstadt) voran und innenstädtische  Flächen wurden für die zukünftige Nutzung durch Uni-Fachbereiche vorbereitet. Auch im Rahmen dieser Prozesse wuchs vor Ort das Verständnis für die Sinnhaftigkeit, im Bereich der Stadtgestaltung neue Wege zu gehen. Zunehmendes studentisches Leben in der Innenstadt und die daraus entstehenden, durchaus erwünschten positiven Effekte im Zusammenhang mit großstädtischem Lebensgefühl, neuen Gastronomie- und Einzelhandelsangeboten etc. sprachen obendrein für ein Umdenken. Kurzum: Siegen hat mit seiner mutigen städtebaulichen Maßnahme der Siegfreilegung eine enorme Attraktivierung seiner Innenstadt erreicht und die dortige Verweilqualität immens erhöht. Des Weiteren hat Siegen mit diesem visionären Großprojekt seine Position als zentral gelegenes Oberzentrum innerhalb des Metropolendreiecks Frankfurt-Köln-Dortmund deutlich stärken können. Die Preise und Auszeichnungen, welche die Stadt Siegen in den vergangenen Jahren für die In-Wert-Setzung ihrer Innenstadt und ihres Flusses, der Sieg, erhalten hat, dürfen als rundum verdient bezeichnet werden (Siegen zu neuen Ufern o. J.).

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9.6.7  Spielflächen Die Vorhaltung kleiner Spielflächen im öffentlichen Raum kann als City-Service zugunsten junger Familien angesehen werden. Die Spielinseln müssen nicht wahnsinnig groß sein, aber in sich geschlossen wirken, vielleicht etwas in Randlage zum Hauptgeschehen. So bekommen die Eltern ein gutes und sicheres Gefühl, mit den Kleinen unter sich zu sein und trotzdem das Geschehen drumherum gut beobachten und somit an diesem teilhaben zu können. Der Untergrund einer Spielfläche sollte sich vom umliegenden Straßenbelag abheben und auf eine minimale Verletzungsgefahr ausgerichtet sein. Die Anzahl an Spielgeräten muss nicht sehr hoch, dafür müssen diese aber interessant sein und zur Nutzung animieren. Vor allem müssen sie Kinder ansprechen und keine erwachsenen Designästheten! City-Spielplätze sind keine Spielplätze im Stadtpark und brauchen deshalb nicht auf einen „stundenlangen“ Aufenthalt ausgerichtet sein. Vielmehr geht es um die Ermöglichung kindgerechter Pausen zwischen den Erledigungen und Einkäufen. Gute Beispiele zur Inspiration bieten die kleinen Spielstationen, welche an manchen McDonald’s-Filialen vorzufinden sind. Mein Sohn liebt es, sich hier für zehn bis fünfzehn Minuten auf einer geschwungenen Rutsche zu verausgaben, bevor es danach zufrieden weitergeht (vgl. Abb. 9.11). Ein interessanter Nebeneffekt bei Spielplätzen ist häufig, dass diese auch als Kommunikationsorte sowohl zwischen den Kindern als auch zwischen den diese begleitenden Erwachsenen funktionieren. Insofern leisten City-Spielflächen auch einen -zumindest Abb. 9.11  Viele Fastfood-­ Restaurants bieten ihren kleinen Gästen mit einem einzigen Spielgerät mehr Aufenthaltsqualität, als sonst manchmal in ganzen Ortszentren zu finden ist. (Quelle: Eigene Darstellung)

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kleinen- Beitrag zum e­ rwünschten „Treffpunkt Innenstadt“. Hinsichtlich der Finanzierung handelt es sich bei der Einrichtung eines Innenstadt-Spielpunktes um ein wunderbares Thema für eine Beteiligung von Sponsoren, da ein Engagement zur Förderung von Kindern und Familien imagemäßig kaum zu „toppen“ ist. Die damalige Stadtsparkasse Gevelsberg (heute Sparkasse Gevelsberg-Wetter, Nordrhein-Westfalen) hat in diesem Zusammenhang vor einigen Jahren für einen begrenzten Zeitraum ein „Spielplatz-­Sparen“ als Produkt aufgelegt, mit dessen Hilfe der Bau einer kleinen Spielfläche am Rande der Gevelsberger Fußgängerzone ermöglicht wurde. Dieses familienfreundliche Angebot erfreut sich seit seiner Einweihung großer Beliebtheit und hat sowohl zur Belebung als auch zur optischen Aufwertung des dortigen Umfelds beigetragen. Und: Als Sahnehäubchen obendrauf ist es sogar gelungen, den Spielplatz in direkter Nähe zu einem Eiscafé zu platzieren. Sowohl Eltern als auch Kinder können sich also, am Spielplatz sitzend, ein leckeres Eis gönnen, was den Aufenthalt zusätzlich aufwertet. Perfekt!

9.6.8  Hausfassaden Eine große Bedeutung für die Wirkung und das Qualitätsniveau eines Straßenzuges haben die an diesen angrenzenden Häuser mit ihren Fassaden (vgl. Abb. 9.12). Immer wieder findet man Fassadengestaltungen, welche dermaßen schön anzuschauen sind, dass es sich lohnen würde, davor eine Sitzmöglichkeit aufzustellen, weil man als Betrachter an dieser Stelle gerne länger verweilen möchte. Leider folgt auf manche stilvoll „herausgeputzte“ Außenansicht eines Hauses in direkter Angrenzung ein hochgradig unansehnliches Mauerwerk und vernichtet einen schönen Gesamteindruck. Bestreben sollte es zumindest sein, dass sich an den kunden- und besucherstärksten Punkten eines Zentrums keine „runtergekommenen“ Hausansichten das Gesamtbild schädigen. Im Zweifelsfalle sollten Gespräche mit dem jeweiligen Eigentümer geführt werden, um diesen zum einen für den vorhandenen Verbesserungsbedarf zu sensibilisieren, und um zum anderen zu besprechen, ob und wie eine Renovierung realisiert werden kann. In vielen Fällen kann dieses z. B. mithilfe eines finanziellen Zuschusses aus öffentlichen Fördermitteln geschehen. In etlichen Kommunen existieren hierfür sog. Hof- und Fassadenprogramme. Eine Rolle spielt die Qualität von Fassaden auch im Zusammenhang mit dem Thema „Stadtbeleuchtung“ (s. hierzu Pkt. 9.6.2). Schön gestaltete Fassaden sind es Wert, in der Dunkelheit angestrahlt und besonders in Szene gesetzt zu werden.

9.6.9  Außengestaltung von Geschäften Das, was vor, neben oder unter Geschäftseingängen und Schaufensterscheiben in gestalterischer Hinsicht passiert, kann aus Sicht von Stadtgestaltung und der Schaffung von Aufenthaltsqualität nicht isoliert betrachtet werden. Es trägt zum äußeren Gesamtbild eines Ortes bei. Zu nennen sind insbesondere Warenpräsentationen auf der vor den Geschäftsräumen gelegenen Sondernutzungsfläche und die Gestaltung von Werbeanlagen wie z. B. Leuchtreklamen.

9.6 So viele Möglichkeiten! – Anregungen zur Gestaltung des öffentlichen Raums

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Abb. 9.12  In mittelalterlich geprägten Innenstädten gern’ gepflegte Tradition: kunstvoll aufgetragene Häuser- bzw. Fassadensprüche wie hier in Bernkastel-Kues, Rheinland-Pfalz. (Quelle: Eigene Darstellung)

Im Falle der Nutzung des Straßenraumes vor einem Laden werden hier häufig mit Ware vollgestopfte Kleiderständer und ähnlich Unansehnliches präsentiert, bei dem „Masse statt Klasse“ das Motto zu sein scheint. Insbesondere Textildiscounter tun sich hier häufig negativ hervor. Drogeriemärkte wagen es sogar, bis obenhin mit Toilettenpapier befüllte „Lagerkarren“ für jedermann sichtbar direkt vor die Eingangstür zu stellen. Dieselbe Fläche lässt sich hingegen auch als stilvolles Entré gestalten, welches Lust darauf macht, durch Betreten des betreffenden Geschäftes weiteres Schönes bzw. Interessantes zu entdecken (vgl. Abb. 9.13). Auch die Anbringung von Werbeanlagen am Geschäft ist oftmals darauf ausgelegt, dass dieses schon von Weitem „geortet“ werden kann. Ü ­ bergroß dimensioniert und grellfarbig aufgemacht wollen sie benachbarte Firmenschriftzüge übertrumpfen. Anmerkungen zum Umgang hiermit enthält der Pkt. 9.5.5 (Anmerkungen zur Arbeit mit Gestaltungssatzungen).

9.6.10  Plätze beleben Nach Jan Gehl (Gehl 2018, S. 159 ff.) benötigen Plätze eine einladende Atmosphäre, damit Menschen sich dort aufhalten, statt schnell weiter- bzw. wegzugehen. Nachteilig sind hierbei z. B. Situationen, bei denen Plätze komplett von pulsierendem Straßenver-

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Abb. 9.13  Hier passt einfach alles: die Vorgabe der bereits bestehenden Kulisse aus Altbaufassade und historischer Straßenlaterne wurde in Bezug auf die Nutzung der Fläche vor dem Haus perfekt genutzt. Der Firmenname befindet sich in stimmiger Weise auf dem Schaufenster. Gesehen in Luckenwalde, Brandenburg. (Quelle: Eigene Darstellung)

kehr umgeben sind. Sie werden dann zu einer Art einsamer Insel im weiten Ozean. Gehl empfiehlt, zumindest eine Platzseite verkehrsgeschützt anzulegen und die Belebung dieses Areals von dort aus anzugehen, da Menschen im Unterbewusstsein eine Art „Rückendeckung“ hinter sich spüren und aus „sicherer Position“ heraus beobachten wollen, was sich in dem für sie wahrnehmbaren Blickfeld, also vor ihnen sowie rechts und links davon, abspielt. Aus dieser „Grundaufstellung“ einer Platzgestaltung heraus lassen sich dann weitere Belebungselemente auf einem Platz positionieren. Gehl hat im Zuge seiner Forschungen ­herausgefunden, dass eine auf Belebung ausgerichtete Platzgestaltung eine 10 bis 30mal höhere Passantenfrequenz zur Folge hat (Gehl 2018, S. 91). Im Rahmen meiner Arbeit an verschiedenen Standorten konnte ich selber beobachten, wie neugestaltete Platzsituationen nach dem o.g. Denkmuster mit der Zeit erfolgreich von der Bevölkerung angenommen wurden. In Gevelsberg (Nordrhein-Westfalen) wurde im Zuge des Innenstadt-Umbaus direkt an der Haupteinkaufsstraße ein neuer Platz vor der Volkshochschule geschaffen. Mit dem Rücken zur Hauswand gelegen befinden sich dort mehrere Sitzbänke, davor einige Spielgeräte sowie ein Fontänenfeld. Das Areal ist ein

9.6 So viele Möglichkeiten! – Anregungen zur Gestaltung des öffentlichen Raums

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beliebter Aufenthaltspunkt, insbesondere im Sommer für Eltern mit Kindern. Als perfekte Abrundung dazu hat sich nur wenige Meter entfernt mit großem Erfolg eine kleine Eisdiele angesiedelt, welche seither ein beliebter „Versorgungspunkt“ für viele Platzbesucher ist.

9.6.11  Straßencafés Laut Stadtplaner Jan Gehl nehmen Straßencafés eine herausragende Rolle an vielen innenstädtischen Standorten ein (Gehl 2018, S. 169 ff.). Sie bringen „Freizeitvergnügen in die Stadt“ (vgl. Abb. 9.14 und 9.15). Die Besucher eines Straßencafés mögen es, das Straßengeschehen zu beobachten (oder sich selber beobachten zu lassen) und sich dabei etwas Leckeres zu gönnen. Oft dient das Café auch als netter Treffpunkt für Freunde und Bekannte, die dann dort gemeinsam eine „gute Zeit“ verbringen. Weil Stadtbesuche heutzutage nicht mehr so oft wie früher auf Besorgungen und Erledigungen ausgerichtet sind, gibt es weniger konkrete Anlässe für den Stadtbesuch. Cafébesuche u. ä. sind daher neue Optionen und Motivatoren für einen solchen (Gehl 2018, S. 171).

Abb. 9.14  Am Rande der Fußgängerzone von Rhede im Münsterland (Nordrhein-Westfalen) befindet sich dieser außengastronomische Fahrradfahrer-Treffpunkt. (Quelle: Eigene Darstellung)

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9  Ankommen, wohlfühlen, verweilen: Innenstadt-Belebung durch Schaffung von …

Abb. 9.15  Schöne Bestuhlung, schöner Platz, schönes Ambiente: manche Außengastronomie wirkt wie eine Oase mitten im hektischen Innenstadt-Treiben. Gesehen in Maastricht, Niederlande. (Quelle: Eigene Darstellung)

Bei der Gestaltung von Straßencafés sollten einige wenige gestalterische Kriterien berücksichtigt werden, um auch über diesen Weg zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt beizutragen (vgl. Abb. 9.16). Das fängt bereits mit einer guten Zugänglichkeit des gesamten Straßencafés sowie der einzelnen Tische an. Besucher sollten sich nicht „durchschlängeln“ müssen und allzu leicht in Gefahr geraten, anderen Gästen das Glas vom Tisch zu stoßen oder aber deren Stuhl zu rammen und ihnen dabei womöglich noch die heiße Kaffeetasse aus der Hand zu schlagen. Des Weiteren ist bei der Aufstellung der Tische ein ausreichender Abstand zu den Nachbartischen zu wahren. In Deutschland spielt die Intimsphäre eine große Rolle. Wenn man die Gespräche am Nachbartisch besser verstehen kann als das, was einem der am eigenen Tisch sitzende Gesprächspartner erzählt, ist das unschön und man fühlt sich zunehmend unwohl. Das für die Bestuhlung und bei weiteren Elementen wie Sonnenschirmen und Markisen verwendete Material sollte wertig, optisch ansprechend, bequem und in einem nicht abgenutzten Zustand sein. Evtl. regelt dieses vor Ort eine sog. Gestaltungssatzung (s. hierzu auch unter Pkt. 9.5.5). Im Idealfall einigen sich die ansässigen Gastronomen gemeinschaftlich auf ein untereinander abgestimmtes Gestaltungskonzept entlang einer Straße oder an einem Platz. Dieses soll keine „Gleichmacherei“ erzeugen, jedoch zumindest eine gemeinsame gestalterische und

9.6 So viele Möglichkeiten! – Anregungen zur Gestaltung des öffentlichen Raums

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Abb. 9.16  Eine gute Lösung: Die Tischreihe lässt den Gehweg frei und schafft durch die lange, durchgehende Sitzbank eine wohtuende Abgrenzung zur Straße. Gesehen im Stadtteilzentrum von Essen-Holsterhausen, Nordrhein-Westfalen. (Quelle: Eigene Darstellung)

stilvolle Grundlinie erkennen lassen. Unschön anzusehen sind auf jeden Fall weiße „Baumarktstapelstühle“, welche direkt auf den ersten Blick einen billigen Eindruck machen. Als letzter Aspekt sei ein gerader und fester Untergrund sowie „kippelfreie“ Tische und Stühle genannt, damit während des Aufenthaltes alles sicher an seinem Platz bleibt: Essen und Trinken auf dem Tisch, die Gäste auf ihren Stühlen.

9.6.12  Kunst im öffentlichen Raum Eine spezielle Möglichkeit, sowohl gestalterische Qualität als auch Belebung in den öffentlichen Raum zu bringen, ist die dauerhafte oder temporäre Ausstellung bzw. Integration von Kunst. Einige Städte haben z. B. ihre Wappen- oder Symboltiere in großer Zahl als Hartplastiken hergestellt, sie z. T. von lokalen Künstlern individuell bemalen lassen, und dann im Straßenraum platziert (z. B. Füchse in Ennepetal, Nordrhein-Westfalen, oder Elefanten in Hamm, ebenfalls Nordrhein-Westfalen). Neben der Aufwertung des öffentlichen Raumes ist speziell mit einer solchen Aktion gleichzeitig auch ein Werbeeffekt für den Standort verbunden sowie eine stärkere Identifikation der Bürger mit

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9  Ankommen, wohlfühlen, verweilen: Innenstadt-Belebung durch Schaffung von …

ihrer eigenen Stadt beabsichtigt. Grundsätzlich erhält die Innenstadt mit einer zugkräftigen, aufmerksamkeitswirksamen Kunstaktion einen Mehrwert zu den üblichen City-Themen wie Einkaufen oder Nutzung der Gastronomie. Nicht zuletzt haben solche Events oftmals einen sehr individuellen Charakter, so dass sie dazu beitragen, sich im Standortwettbewerb ein Stück weit von den Konkurrenz-Innenstädten in Nachbarkommunen abzugrenzen. Positiv zu bewerten ist zudem, dass Kunst in der öffentlichen Wahrnehmung häufig als etwas Nichtalltägliches bzw. als etwas Besonderes und Qualitätvolles angesehen wird. Mithilfe entsprechender Aktionen lässt sich im besten Fall auch ein Bewusstsein für den öffentlichen Raum und dessen Qualität schaffen. Dabei sollte es sich um Kunstformen handeln, die von den meisten Menschen verstanden werden und die nach Möglichkeit auch ein Besucherinteresse auslösen. Das heißt, dass Besucher bzw. Betrachter ausdrücklich keine Kunstkenner sein müssen, um an den ausgestellten Objekten Freude empfinden zu können. Dieses beinhaltet wiederum, dass es sich nach Möglichkeit nicht um v­ erstörende Kunst handeln sollte. Eines der Ziele sollte es sein, mit einer solchen Aktion auch einmal neue Besucher, zumindest aus dem Umland, in die Innenstadt zu locken. Ideal ist es, wenn sich Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie in das gewählte künstlerische Thema einbinden lassen und dieses somit eine ganzheitliche Standortstärkung auslöst. Im Maximum kann über Kunst im öffentlichen Raum sogar eine standortprägende Wirkung erzielt werden. So werden in einigen deutschen Städten überlebensgroße Figuren der Künstlerin Christel Lechner entweder dauerhaft oder als Ausstellung vorübergehend präsentiert. Die sog. „Alltagsmenschen“ bilden in gut gelaunter Weise Alltagssituationen ab und entfalten dabei eine stadtbildprägende Wirkung. In der jeweiligen Stadt werden sie als regionale Attraktion beworben und Tagestouristen aus dem Umland, teilweise auch von weiter her, machen sich auf den Weg, um die „Alltagsmenschen“ zu bewundern (Lechner o. J.; Bingmann 2018). Auch muss Kunst im öffentlichen Raum nicht unbedingt teuer sein, wenn am Standort die entsprechende Kreativität vorhanden ist. So könnte eine Stadt, welche sich als besonders fahrradfreundlich bezeichnet, passend zu diesem Profil alte Fahrräder künstlerisch gestalten lassen, vielleicht sogar per Bürgerwettbewerb, bei welchem es als ersten Preis ein E-Bike zu gewinnen gibt. Die Kunstfahrräder werden dann in der Innenstadt ­ausgestellt, z. B. durch Platzierung in Schaufenstern, Aufhängung an Laternenmasten etc. Besucher können sich an dem kreativen Mehrwert erfreuen und obendrein ihren persönlichen Favoriten auswählen. An dieser Idee lässt sich, ähnlich wie am Beispiel der Alltagsmenschen, erkennen, wie sich mithilfe eines einzigen Grundobjektes (Fahrrad, Figur etc.) per Schaffung von Variationen schlussendlich eine thematische Kunstroute durch die gesamte Innenstadt oder eine Ortsmitte gestalten lässt, was zum einen für die Besucher der Ausstellung sehr interessant ist und zum anderen den aus Citymanagement-Sicht gewünschten Effekt erzielt, diese Besucher durch die gesamte Innenstadt zu führen, wobei sie nebenbei evtl. auch etwas einkaufen oder verzehren. Dieser „Kunstrouten-Effekt“ hat in der Regel eine größere Anziehungskraft als die Installation oder Ausstellung lediglich einzelner Kunst-

9.6 So viele Möglichkeiten! – Anregungen zur Gestaltung des öffentlichen Raums

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werke, für deren Besichtigung sich vermutlich nicht so viele Besucher extra von „weiter her“ auf den Weg machen würden. Hervorragend verbinden lässt sich das „Kunstrouten-­ Konzept“ übrigens mit dem unter Pkt. 9.5.2 vorgestellten Etappen-Prinzip, welches besagt, eine Fußgängerzone in kurze Abschnitte mit interessanten Zwischenzielen einzuteilen, welche zum Immer-Weiter-Gehen und -Entdecken animieren. In diesem Zusammenhang kann evtl. darüber nachgedacht werden, Führungen anzubieten oder kleine Rahmenprogramme rund um das Kunstthema zu gestalten, z. B. mit zur Kunstart passenden Straßenmusikevents. Eine sinnvolle Ergänzung wäre sicherlich zudem die H ­ erausgabe eines kleinen Kunstrouten-Infoflyers und evtl. sogar eines Ausstellungskataloges. Zur Schaffung solcher Kunst und somit zur gestalterischen Aufwertung genutzt werden können auch Elemente, die bereits vor Ort vorhanden sind, also Bänke, Laternenmasten, Müllbehälter, Fassaden (vgl. Abb. 9.17), Stromkästen (vgl. Abb. 9.18) und vieles mehr. In vielen Fällen ist Kunst im öffentlichen Raum genehmigungspflichtig. Mit den zuständigen kommunalen Behörden sollte daher im Vorhinein geklärt werden, was generell möglich ist bzw. ob und wie die entsprechenden Ideen seitens des Citymanagements realisierbar sind.

Abb. 9.17  Beeindruckende Fassadenmalerei an einem Bunker am Rande der Innenstadt von Hagen, Nordrhein-Westfalen. Leider beschmiert. (Quelle: Eigene Darstellung)

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9  Ankommen, wohlfühlen, verweilen: Innenstadt-Belebung durch Schaffung von …

Abb. 9.18  Auf das unmittelbare Umfeld abgestimmte Stromkastenkunst in Siegen, Nordrhein-­ Westfalen. (Quelle: Eigene Darstellung)

In Hinsicht auf die Finanzierung von attraktiven Kunstprojekten im Stadtraum sollten sich in der Regel Sponsoren finden und ein städtischer Zuschuss generieren lassen. Zudem gibt es Fördertöpfe für Kulturprojekte, welche in diesem Zusammenhang evtl. genutzt werden können.1 Im Normalfall sind im öffentlichen Raum ausgestellte Kunstwerke zu versichern. Viele Versicherungsgesellschaften bieten aufgrund der hohen Vandalismusgefahr jedoch keine entsprechenden Policen an, und wenn doch, dann zu relativ teuren Prämien. Dabei stellt sich zusätzlich die Frage, ob lediglich der Material- oder zusätzlich auch ein immaterieller Wert zu versichern ist. Im Bedarfsfall empfiehlt es sich, im Internet Versicherungsunternehmen zu recherchieren, welche sich auf die Versicherung von Kunstobjekten spezialisiert haben. Auf jeden Fall sollte auch das Institut angesprochen werden, bei welchem die Citymanagement-Haftpflicht-Versicherung abgeschlossen wurde. Evtl. kann auf der Basis des ohnehin bestehenden Vertragsverhältnisses eine akzeptable und bezahlbare Lösung gefunden werden. Vom Prinzip her ähnlich zu bewerten wie Kunstaktionen im öffentlichen Raum sind Initiativen, die mit Wissenschaft oder anderen Inhalten zu tun haben. So wurde in Wetzlar (Hessen) aufgrund der Stellung als Optikstandort ein Optikparcours quer durch die Stadt 1

 S. hierzu z. B. www.foerderdatenbank.de (Zugegriffen am 27. März 2019).

9.6 So viele Möglichkeiten! – Anregungen zur Gestaltung des öffentlichen Raums

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angelegt (Wetzlar o. J.). In Marburg (Hessen), Anfang des 19. Jahrhunderts Studienort der Gebrüder Grimm, wird den Stadtbesuchern seit einigen Jahren der Aufstieg in die Oberstadt durch dort platzierte Märchenfiguren „versüßt“. Der Name dieses Weges: Grimm-­ Dich-­Pfad (Marburg o. J.).

9.6.13  Innenstadtumbau Steht eine Neugestaltung der gesamten City oder wesentlicher Teile davon an, geht es darum, den Standort in zeitgemäßer Weise baulich-gestalterisch und oft auch verkehrstechnisch für die Zukunft zu rüsten. Viele der unter den vorherigen Punkten genannten Aspekte fließen mit Sicherheit in das Gestaltungskonzept ein und müssen daher an dieser Stelle nicht noch einmal erörtert werden. Aussagen zu Verkehr und Erreichbarkeit enthält das folgende Kapitel. Oftmals spielen bei einem Zentrenumbau auch Grundsatzentscheidungen wie die zukünftige Beruhigung von bisher stark befahrenen Haupteinkaufsstraßen eine Rolle. Wichtig ist, neben den offen sichtbaren Veränderungen daran zu denken, bei einem Innenstadt-Umbau auch spätere infrastrukturelle Bedürfnisse zu berücksichtigen. Zum Beispiel ist es für City-Veranstaltungen wichtig, leicht zugängliche Wasser- und Stromanschlüsse in ausreichender Menge einzurichten, und zwar an strategisch sinnvollen Stellen. Sind solche sog. Versorgungspunkte nicht vorhanden, müssen in der Regel für jedes Event auf’s Neue mobile Lösungen auf- und abgebaut werden, was nicht nur aufwändig, sondern in der Regel auch ziemlich teuer ist. Ein Beispiel für eine gelungene Neugestaltung der City ist in Gevelsberg (Nordrhein-­ Westfalen) zu finden. Bereits in den 1980er-Jahren gab es erste Planungen zum Bau eines Tunnels durch einen am Rande der Innenstadt gelegenen Berg mit dem Ziel, durch eine Umgehungsstraße die Haupteinkaufsstraße vom Durchgangsverkehr zu befreien und teilzuberuhigen. Nach über 20 Jahren abwechselnden Wartens und Planens war es dann endlich soweit: Ende 2007 konnte der Tunnel freigegeben werden, ein Jahr später wurde die neugestaltete Innenstadt eröffnet. Diese ist auch nach dem Umbau für Zielkäufe weiterhin befahrbar, allerdings nur noch mit einer Geschwindigkeit von 20 km/h. Weitere gezielte Verlangsamungen in der Haupteinkaufsstraße erfolgen durch das erlaubte Parken in zweiter Reihe. Wesentlich gefördert wurde das Flaniererlebnis Innenstadt mit breiten, abgesenkten Bürgersteigen. An allen Kreuzungen und Einmündungen wurden gut sichtbare Etappenabschlüsse in Form von Platzsituationen gestaltet, die insbesondere bei City-­Events in Verbindung mit einer Komplettsperrung des Straßenzuges zu besonderen Aktionsflächen werden. Die Anzahl der Gastronomiebetriebe mit angehängtem Straßencafé bzw. -biergarten hat sich in den Jahren nach dem Umbau verdreifacht. Mehrere Hauseigentümer haben den Stadtumbau zum Anlass genommen, nach dessen Fertigstellung ihre Hausfassaden zu sanieren. Über 40 Ladeneingänge konnten im Zuge des Innenstadtumbaus mit Barrierefreiheit versehen werden. Insgesamt wurde die Aufenthaltsqualität immens erhöht, nicht zuletzt auch durch die Installation von Spielmöglichkeiten, z. T. in Verbindung mit Wasserelementen. Klug gehandelt wurde im

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9  Ankommen, wohlfühlen, verweilen: Innenstadt-Belebung durch Schaffung von …

Anschluss der Umbaumaßnahme seitens des Gevelsberger Stadtrates: Als Ausgleich für entgangene Umsätze während der Baustellenphase sowie als finanzieller Anreiz für zukünftige gewerbliche Investitionen wurden für einen Zeitraum von mehreren Jahren die Sondernutzungsgebühren für Einzelhändler und Gastronomen ausgesetzt. Insgesamt war die City-Attraktivierung, für welche zuvor noch die Haupteinkaufsstraße von einer Landes- in eine kommunale Straße umgewidmet werden musste, Voraussetzung dafür, dass im Zusammenspiel mit dem fast zeitgleich begonnenen Citymanagement-Prozess die regionale Marktführerschaft unter den im Wettbewerb stehenden Einkaufsstandorten erreicht werden konnte. Erfreulich war zudem ein festzustellender Entwicklungsprozess innerhalb der Bürgerschaft: Der Stolz der Gevelsberger auf ihre eigene Stadt sowie die Identifikation mit dieser nahm in den Jahren nach der Neugestaltung der Innenstadt merklich zu.

9.6.14  Digitale Mehrwerte für den Aufenthalt im öffentlichen Raum Dass Kunden während ihres Innenstadtbesuchs ihr Smartphone nutzen, kann als Standard angesehen werden. Die Einrichtung eines kostenlosen öffentlichen W-LAN-Netzes, welches nicht nur innerhalb der Geschäfte, sondern auch mitten in der Fußgängerzone oder im Straßencafé funktioniert, darf mittlerweile als City-Standardservice für die Kundschaft bezeichnet werden. Auf die Frage, mit welchem Anbieter ein solches System eingerichtet werden kann, wurde bereits im Kap. 6 zum Thema Einzelhandelsförderung eingegangen. Aus aktueller Sicht sollen zwei weitere Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie Digitalisierung zur Attraktivierung des öffentlichen Raums beitragen kann. Die eine ist das sog. „Augmented reality“-Konzept, zu übersetzen mit „erweiterte Realität“. Hierbei geht es um eine Ergänzung der physischen Wirklichkeit mit virtuellen Inhalten. Ein beliebtes Beispiel ist, dass einem Innenstadtbesucher relevante Zusatz- bzw. Hintergrundinfos zu dem Ort, an dem er sich gerade befindet, auf dem Smartphone angezeigt werden. Das können aber auch spielerische Aspekte sein. So macht es vielleicht dem einen oder anderen Nutzer Spaß, während seines Aufenthaltes im Straßencafé das umliegende Areal zu fotografieren und dieses im Anschluss virtuell mit Urzeittieren zu befüllen. Schließlich kann es ja ganz lustig sein, mal zu erfahren, wie die eigene Innenstadt nach einer Dinosaurier-Invasion aussehen würde. In ganz praktischer Hinsicht können Bürger mit den Möglichkeiten einer „augmentierten Realität“ aber auch zu privaten Stadtplanern werden, ohne dafür ein Bildbearbeitungsprogramm verwenden zu müssen. Wem auffällt, an welcher Stelle der City sich z. B. besonders gut eine Sitzbank machen würde, fotografiert den Ort, fügt die Sitzbank hinzu und schickt das Foto mit ein paar freundlichen Worten als Bürgervorschlag ins Rathaus. Ein weiteres Beispiel für die Digitalisierung des öffentlichen Raums ist die Installation von digitalen Medienwänden an dafür geeigneten Stellen. Diese können zum Beispiel an Bushaltestellen die Wartezeit vertreiben und abwechselnd werbliche und unterhaltende Inhalte einspielen, ergänzt um aktuelle Hinweise zu Busverspätungen u. ä.

9.7 Fazit

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Abb. 9.19  Digitale Medienwand im Ortskern von Sögel, Niedersachsen, fotografiert im Jahr 2014 während der lokalen Umbaumaßnahmen. (Quelle: Eigene Darstellung)

Digitale Medienwände können aber auch in Kinoleinwandgröße an zentralen Plätzen in der Stadt auftauchen und abwechselnd mit Werbung, z. B. von lokalen Unternehmen, und unterhaltsamen Inhalten bespielt werden (vgl. Abb. 9.19)

9.7

Fazit

Was wäre eine City ohne Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum? Mit großer Sicherheit eine ziemlich triste Veranstaltung! Leider sieht es vielerorts tatsächlich wesentlich weniger schön aus, als es das mit ein wenig Geschick, ein bisschen Geld und obendrein mit etwas gutem Willen könnte. Belebung von Orten entsteht nicht nur durch die Anzahl der vorhandenen Besucher, sondern auch durch deren möglichst hohe Verweildauer. Dass eine bewusste Stadtgestaltung hierzu beitragen kann, wird mithilfe der Ausführungen in diesem Kapitel, insbesondere auch durch die ergänzend gezeigten Bilder, deutlich. Dabei geht es keinesfalls immer um größere Projekte wie z. B. die Neupflasterung einer kompletten Fußgängerzone. Es gibt viele Möglichkeiten und Ansatzpunkte, im Kleinen mit ersten Ideen und Umsetzungen zu beginnen, um im Anschluss auf der Grundlage der ersten spürbaren Erfolge die Bemühungen, es den Stadtbesuchern schön zu machen, nach und nach auszuweiten. Existiert ein gewisses Standortprofil (s. hierzu Kap. 3), sollten sich die gestalterischen Maßnahmen möglichst an diesem orientieren.

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9  Ankommen, wohlfühlen, verweilen: Innenstadt-Belebung durch Schaffung von …

9.8

Arbeitshilfe: Checkliste Aufenthaltsqualität

Checkliste Aufenthaltsqualität Prüfsache allgemeine Entrümpelungsaktionen allgemeine Sauberkeit Angsträume Sicherheit für Verkehrsteilnehmer allgemeine Ausstrahlung, z. B. schön, interessant, ungastlich, langweilig etc. Knochenprinzip Einkaufsstraße(n) Etappenkonzept Einkaufsstraße(n) Ansprache verschiedener Sinne durch die Art der Stadtgestaltung Gestaltungssatzung sinnvoll? Sitzgelegenheiten Fahrradständer Laternen Müllbehälter (Anzahl & Zustand) Licht- bzw. Beleuchtungssituation Fassaden Außengestaltung von Geschäften (Reklameschilder, Nutzung des öffentlichen Raums etc.) Bestuhlung Straßencafés Sonnenschutz Straßencafés Windschutz Straßencafés Begrünung Wasser Gestaltung Platzsituationen Spielmöglichkeiten Bodenbeläge generelle Barrierefreiheit Stadtdekorationen(diverse) Kunst im öffentlichen Raum Neugestaltung Innenstadt oder einzelner Teile davon Digitale Mehrwerte für den öffentlichen Raum Sonstiges, z. B.:

relevant ja/nein

geprüft am

Bewertung/ Anmerkungen/Ideen

Literatur

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Literatur Internet Baur, T. (2018). Sauberkeit  – Stuttgart rüstet auf gegen Kaugummi-Plage. https://www.swp.de/ suedwesten/staedte/stuttgart/stuttgart-ruestet-auf-gegen-kaugummi-plage-28378814.html. Zugegriffen am 07.03.2019. Bingmann, C. (2018). Künstlerin Christel Lechner hat noch viel vor. https://www.waz.de/staedte/witten/kuenstlerin-christel-lechner-hat-noch-viel-vor-id215323745.html. Zugegriffen am 27.03.2019. Lechner. (o. J.). www.christel-lechner.de. Zugegriffen am 27.03.2019. Marburg. (o. J.). Grimm-dich-Pfad. https://www.marburg-tourismus.de/portal/seiten/grimm-dichpfad-900000294-1000000.html. Zugegriffen am 27.03.2019. Scholl, W. (2014). Flagge(n) zeigen  – ein Kunstprojekt mit 50 Fahnen in der Innenstadt. https:// rp-online.de/nrw/staedte/radevormwald/flagge-n-zeigen-ein-kunstprojekt-mit-50-fahnen-in-derinnenstadt_aid-19919135. Zugegriffen am 29.03.2019. Siegen zu neuen Ufern. (o. J.). www.siegen-zu-neuen-ufern.de. Zugegriffen am 29.03.2019. team innenstadt. (o. J.). Ruhrbania. https://www1.muelheim-ruhr.de/wertstadt/ruhrbania/8274. Zugegriffen am 29.03.2019. Visitessen. (o. J.). Essener Lichtwochen. https://www.visitessen.de/essentourismus_veranstaltungen/essen_lichtwochen/startseite.de.html. Zugegriffen am 29.03.2019. Wetzlar. (o. J.). Optikparcours. https://www.wetzlar.de/tourismus/entdecken-und-erleben/sehenswertes-in-wetzlar/optik-erleben/optikparcours.php. Zugegriffen am 27.03.2019.

Buch Gehl, J. (2018). Städte für Menschen. Berlin: Jovis.

„Endlich am Ziel!“ – Innenstadt-Belebung durch Schaffung einer optimalen Erreichbarkeit

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Zusammenfassung

Standorte, die grundsätzlich schlecht zu erreichen sind und an denen eine unzufriedenstellende Park- und Verkehrssituation herrscht, weisen einen Nachteil gegenüber in dieser Hinsicht besser aufgestellten Konkurrenzstandorten auf. Dieses Kapitel beschäftigt sich damit, wie die verschiedenen Verkehrsteilnehmer bestmöglich und in abgestimmter Weise zur Innenstadt hinkommen und in dieser unterwegs sein können. Dabei lassen sich im Zweifelsfalle Kompromisslösungen und Prioritätensetzungen nicht vermeiden. Daneben werden die an vielen Standorten bestehenden Debatten rund um eine Öffnung von Fußgängerzonen und umgekehrt, also die „Stilllegung“ befahrener Straßen zugunsten von Fußgängerzonen, gedanklich aufgegriffen, ebenso wie das Thema „Zukunft des Autoverkehrs in Innenstädten“. Den Schluss des Kapitels bildet die Checkliste „Innenstadt-Erreichbarkeit“, mit deren Hilfe eine ortsindividuelle Bewertung zur dortigen verkehrlichen Situation ermöglicht werden soll.

10.1 Gute Erreichbarkeit als Standortvorteil Die Erreichbarkeit eines Ortes kann durchaus ein Grund dafür sein, diesen überhaupt aufzusuchen. Lassen sich zwei konkurrierende Ziele mit ähnlichem Angebot unterschiedlich gut „ansteuern“, fällt die Wahl vermutlich auf jenes, welches sich besser erreichen lässt und welches weitere verkehrliche Vorteile, z. B. in Hinsicht auf die Parkplatzsituation, aufweist. Dabei gibt es nicht die eine Erreichbarkeit schlechthin, sondern es ist nach Arten von Verkehrsteilnehmern zu unterscheiden. Zu berücksichtigen sind Fußgänger, Radfahrer, Autound Motorradfahrer sowie die Nutzer des öffentlichen Personennahverkehrs. Sie alle haben unterschiedliche Bedürfnisse an die Erreichbarkeit und Verkehrssituation innerhalb  einer Innenstadt. Mitunter sind diese Bedürfnisse in Einklang zu bringen. Teilweise lässt es sich hingegen aus Entscheidersicht auch nicht vermeiden, diesbzgl. Prioritäten zu setzen. Zu be© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 F. Manfrahs, Citymanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_10

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10  „Endlich am Ziel!“ – Innenstadt-Belebung durch Schaffung einer optimalen …

rücksichtigen ist z. B. immer, dass Menschen mit relevanten Mobilitäts-­Sonderbedürfnissen, wie Behinderte, ältere Menschen oder Eltern mit Kinderwagen, in allen Überlegungen ausreichend berücksichtigt bzw. vorrangig behandelt werden. Unter dem Begriff „Erreichbarkeit“ ist im Folgenden nicht nur das grundsätzliche Ankommen am Standort Innenstadt gemeint, sondern auch das dortige „Unterwegssein“ als Verkehrsteilnehmer.

10.2 D  er Citymanager als Unterstützer der innenstädtischen Verkehrsplanung Auch wenn ein Citymanager nicht den Job des kommunalen Verkehrsplaners übernehmen soll, so ist das Thema für ihn im Zusammenhang mit der Belebung des Zentrums natürlich von Interesse. Er kann sich aus seiner Position als Standortexperte heraus einbringen und im besten Fall zu einer Optimierung der City-Erreichbarkeit für möglichst alle Verkehrsteilnehmer beitragen. Ansatzpunkte hierfür enthalten die folgenden Ausführungen.

10.3 Optimierung der City-Erreichbarkeit für Fußgänger Die Mobilitätsform „Zu Fuß unterwegs sein“ betrifft die Erreichbarkeit der Innenstadt aus relativ kurzer Entfernung. Ein Fußgängerleitsystem, welches den Weg zum Zielort Innenstadt weist, hilft ortsunkundigen Besuchern, welche z. B. mit ihrem Auto nicht bis in die City hineinfahren, sondern es etwas außerhalb abstellen und von dort aus ins Zentrum laufen möchten. Eine größere Rolle spielen aber gute Ausschilderungen in der Innenstadt selber. Hier kommt es auf die Erreichbarkeit besonderer Zielpunkte an. Wo geht’s zur Fußgängerzone, wo zum Theater, wo zum Bahnhof? Selbst wenn Fußgänger-Leitsysteme vorhanden sind, so fehlt ihnen manchmal die konsequente Durchgängigkeit. Sind beispielsweise von einem Startpunkt x aus gesehen mehrere Kreuzungen bis zum gewünschten Zielpunkt zu passieren, sollte immer wieder auf’s Neue erkennbar sein, in welche Richtung es genau weitergeht. Entsprechende, notwendige „Zwischenwegweiser“ fehlen aber oft und lassen Passanten fragend zurück. Seitens der Kommune ist außerdem darauf zu achten, dass Hinweisschilder nicht von irgendwelchen „Scherzbolden“ in eine falsche Richtung gedreht werden, ohne dass dieses schnellstens wieder korrigiert wird. Hilfreich zur innenstädtischen Orientierung sind auch große Stadtpläne, auf welchen der momentane Standort erkennbar ist („Sie befinden sich gerade hier!“). Auch wenn sich viele Menschen mittlerweile mithilfe ihres Smartphones durch die Gegend navigieren (lassen), so sind es immer noch nicht alle. Wichtig für den Aufenthalt als Fußgänger in Innenstädten ist zudem die Beschaffenheit der Wege bzw. Zuwege. Wenn diese in irgendeiner Weise als unangenehm empfunden werden, z.  B. aufgrund der Art bzw. des Zustands des Untergrundes, wegen zu engen ­Bürgersteigen und sonstigem, ist damit ebenfalls eine erschwerte Erreichbarkeit zu einzelnen Zielorten gegeben. In diesem Zusammenhang spielt auch das Thema Barrierefreiheit

10.4  Optimierung der City-Erreichbarkeit für Fahrradfahrer

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eine Rolle. Hindernisse wie Stufen, Treppen, Schlaglöcher, durchgängige Altstadtpflasterung etc. bereiten Zielgruppen wie Behinderten oder Eltern mit Kinderwagen große Pro­ bleme. Ein weiterer Aspekt ist das Thema Wetterschutz. Zu einer guten Erreichbarkeit einzelner Punkte innerhalb einer City gehört auch, zu diesen soweit wie möglich trockenen Fußes gelangen zu können. Dafür muss keine Überdachung von Fußgängerzonen vorgenommen werden. Jedoch hilft ein gut strukturiertes System von Vordächern entlang der Häuserzeilen. Letztlich sind dieses alles Aspekte, welche z.  T. bereits in Kap.  9 zum Thema Aufenthaltsqualität behandelt wurden. Hier gibt es also Schnittmengen. An Innenstadtampeln mit einem starken Aufkommen an Passanten sollte die Taktung zugunsten dieser eingerichtet werden, also möglichst oft und jeweils relativ lange, um hier das klare Signal zu setzen, dass in der Innenstadt das Zu-Fuß-Gehen im wahrsten Sinnen des Wortes als natürliche „Grundbewegungsart“ vorgeht. Diese betrifft in letzter Konsequenz innerhalb einer Innenstadt schließlich sämtliche Verkehrsteilnehmer. Selbst wenn ein Autofahrer direkt vor einem Geschäft parken, ein Radfahrer unmittelbar davor einen Fahrradständer nutzen oder ein weiterer Innenstadtbesucher kurz vor diesem Geschäft aus dem Bus steigen kann: Zumindest die letzten Meter sind immer als Fußgänger zurückzulegen. Und innerhalb eines Geschäftes oder Gastronomiebetriebes gilt es dann ja ohnehin, auf den eigenen Füßen unterwegs zu sein. Aus Gründen der Sicherheit für Fußgänger (und auch Radfahrer) empfiehlt es sich, in innenstädtischen Einkaufsstraßen, welche nicht als Fußgängerzone fungieren, grundsätzlich mit starken Geschwindigkeitsbegrenzungen zu arbeiten (s. hierzu auch Punkt 9.4.2 zum Thema „Schaffung von Sicherheit für Verkehrsteilnehmer“).

10.4 Optimierung der City-Erreichbarkeit für Fahrradfahrer In vielen Städten wachsen die Bemühungen, Autofahrern den Umstieg auf’s Rad schmackhaft zu machen. Notwendig ist hierfür meistens eine deutliche Verbesserung der damit zusammenhängenden Infrastruktur. Die Schaffung guter Radwege bzw. Radspuren in ausreichender Zahl ist diesbzgl. als Pflichtaufgabe zu sehen, ebenso konsequente, durchgängige Ausschilderungen zur Innenstadt. Nach Möglichkeit sollte ein Anschluss an das lokale bzw. regionale Radwegenetz erfolgen. Zu berücksichtigen sind auch Sicherheitsaspekte. Radfahrer sollten unbedingt davon verschont bleiben, in Gefahrensituationen zu geraten, z. B. weil sie an großen Kreuzungen im Umfeld der Innenstadt in den Autoverkehr „geschickt“ werden. Hier empfiehlt sich die Freigabe von Bürgersteigen für Radfahrer, wenn die Einrichtung von Radwegen bzw. -spuren nicht möglich ist. In der Innenstadt angekommen, sollten gute Abstellmöglichkeiten in ausreichender Menge vorhanden sein. Neben gängigen, „handelsüblichen“ Fahrradständern kann es sich für manche Standorte durchaus lohnen, „Fahrrad-Parkhäuser“ einzurichten, welche eine Bewachung, einen Wetterschutz und vielleicht sogar einen Reparaturservice bieten. Für die immer größer werdende Zahl an E-Bikes sollten als Service kostenlos nutzbare Ladestationen an zentralen Standorten in der City eingerichtet werden.

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10  „Endlich am Ziel!“ – Innenstadt-Belebung durch Schaffung einer optimalen …

Ein Anreiz zur Nutzung des Fahrrades in Innenstädten kann sein, in Fußgängerzonen, welche dieses vom Passantenaufkommen her zulassen, in gemäßigter und umsichtiger Weise (darauf ist hinzuweisen!) mit dem Rad fahren zu dürfen. Diesbzgl. sind entsprechende Markierungen denkbar im Sinne von Fahrradstraßen, damit das Radfahren in Fußgängerzonen möglichst geordnet und gefahrenfrei abläuft. Auch Fußgänger können so besser abschätzen, wo ihnen vermutlich eher Radfahrer entgegenkommen und wo nicht. In größeren Städten ist es möglich, mithilfe sog. Stadt-Rad-Systeme an gewissen Stellen ein Fahrrad gegen eine Gebühr zu mieten und dieses am selben oder an einem anderen zentral gelegenen Ort wieder abzustellen. Ergänzen lässt sich das Thema „Radfahren in der Innenstadt“ auch um nette Serviceund Marketingideen. So wurden in verschiedenen Städten, z.  B. im bayrischen Passau, Flickzeug-Automaten aufgestellt. In der von mir betreuten Innenstadt von Hagen-­ Hohenlimburg ist geplant, mit dem Rad „angereiste“ Wochenmarktbesucher mit einem kostenlosen „Radfahrer-Energieriegel“ in Form einer Banane zu begrüßen. Etliche Städte beteiligen sich am sog. „Stadtradeln“ des Klima-Bündnisses und betreiben damit vor Ort Werbung und Sensibilisierung für die Förderung dieser alternativen Mobilitätsart zum Auto.1 Seitens des Citymanagements ist es denkbar, diese Initiative mit eigenen Aktionen zu unterstützen mit dem Ziel, die Innenstadt in zukunftsorientierter Weise als „fahrradfreundliche City“ zu positionieren. In diesem Zusammenhang bietet es sich an, mit dem in vielen deutschen Städten mit einem Büro vertretenen Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) ins Gespräch zu kommen, um evtl. gemeinsam standortindividuelle Ideen zu entwickeln (Stadtradeln o. J.; ADFC o. J.). Ein wichtiger Anreiz für die Nutzung des Fahrrades in der Stadt ist letztlich, wenn dessen Mitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos möglich ist. Ohnehin wird es zukünftig an Bedeutung gewinnen, verschiedene Fortbewegungsformen zugunsten der eigenen Mobilitätsoptimierung miteinander kombinieren zu können.

10.5 O  ptimierung der City-Erreichbarkeit für Bus- und Bahnnutzer Eine wichtige Alternative zum Auto ist in größeren Städten der öffentliche Personen-­ Nahverkehr (ÖPNV). Von dessen Attraktivität hängt für viele Menschen ab, ob sie das Auto stehen lassen und stattdessen mit dem Bus und/oder der Bahn fahren. Dabei spielen für die genannte Attraktivität mehrere Faktoren eine Rolle. Hierzu gehört eine regelmäßige Verbindung aus den Stadtteilen in die City mit nutzerfreundlicher Taktung und möglichst wenig Umstiegen. Bei Ankunft vor Ort sollten die Innenstadt-Haltepunkte nicht zu weit vom Kern des Geschehens entfernt sein. Im besten Falle werden mehrere Stationen entlang der City angefahren, so dass ein Ausstieg in relativer Nähe zum jeweiligen persönlichen Hauptzielpunkt möglich ist. Für die Rückfahrt 1

 S. hierzu www.stadtradeln.de (Zugegriffen am 20. März 2019).

10.6  Optimierung der City-Erreichbarkeit für Auto- und Motorradfahrer

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spielt die „Qualität der Wartezeit“ eine Rolle. Gepflegte Wartehäuschen mit mehreren Sitzgelegenheiten sollten in diesem Zusammenhang Mindeststandard sein. Auch die Aufenthaltsqualität während der Fahrt ist von Bedeutung  . Zuviel Gedränge in übervollen Bussen, zerstörte und/oder verschmutzte Sitze oder Fahrgäste, welche andere Fahrgäste anpöbeln, angsteinflößend wirken o.  ä. sind für viele Menschen Argumente gegen den ÖPNV. Ebenso die Fahrpreise: Diese werden häufig als viel zu teuer betrachtet und zu einer Fahrt mit dem eigenen Pkw in Relation gesetzt. In vielen Städten müsste der Innenstadt-­ Aufenthalt einige Stunden dauern, damit sich die in diesem Zusammenhang relevanten Fahrtkosten aus Parkhausgebühren plus Spritverbrauch ungefähr auf einer Höhe mit den ÖPNV-Fahrpreisen befinden (auf die Berücksichtigung von Abnutzung, Kfz-Versicherung und -Steuern sei an dieser Stelle der Einfachheit halber verzichtet, da diese z. T. ohnehin für die reine Haltung des Autos anfallen). Dazu kommt vielerorts ein relativ schwierig zu durchschauendes Tarifsystem. Gerade „Seltenfahrer“ haben wenig Lust, sich für eine verhältnismäßig kurze Fahrstrecke minutenlang damit zu befassen, welches Bus- oder Straßenbahnticket sie genau ziehen müssen (sofern dieses an einem Automaten und nicht beim Bahn- oder Busfahrer erhältlich ist). Ganz zu schweigen von dem zusätzlich entstehenden Frust und Druck, wenn die Warteschlange im Rücken des Ticketkäufers immer länger wird und der Bus oder die Bahn obendrein jeden Moment vorfahren kann. Bereits angesprochen wurde unter Punkt 10.4 das zunehmende Verbraucherbedürfnis nach mobilen Kombinationsmöglichkeiten. Hierzu gehören auch die mittlerweile seit Jahrzehnten erprobten Park & Ride-Angebote. Das Auto kostenlos vor der Innenstadt zu parken und das letzte Wegstück mit dem Bus zurückzulegen, kann sich als Innenstadtbesucher durchaus rechnen und im besten Fall sogar stressmindernd auswirken, weil die unter Umständen lästige Parkplatzsuche entfällt. Gerade für Ortsfremde kann es von Vorteil sein, mit dem Auto nicht in der Innenstadt „umherzuirren“, sondern vom Bus direkt an den zentralsten Platz der Stadt gebracht zu werden. Im europäischen Ausland trifft man oftmals eine weitere lukrative Variante an, und zwar in Form von Kombitickets, welche zu einem geringen Festpreis eine Parkmöglichkeit auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz plus die Nutzung von Bus und/oder Bahn bieten.

10.6 O  ptimierung der City-Erreichbarkeit für Autound Motorradfahrer 10.6.1  Ortswegweiser und Beschilderungen Für die motorisierte Bevölkerung spielen klare Ausschilderungen eine wichtige Rolle. Es ist verwunderlich, wie unklar an vielen Standorten auf die Innenstadt bzw. das Ortszentrum hingewiesen wird, wenn überhaupt. Auch kleine Stadtteilzentren sollten ­ausgeschildert werden. Oftmals sind Durchreisende froh, wenn sie einen Hinweis bekommen, dass sie in der Nähe Möglichkeiten zum Einkaufen, für einen Mittagsimbiss o. ä. bekommen (vgl. Abb. 10.1).

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10  „Endlich am Ziel!“ – Innenstadt-Belebung durch Schaffung einer optimalen …

Abb. 10.1  Durch die Ausschilderung auch kleinerer Ortsteilzentren steigt deren Chance, gefunden zu werden (Anmerkung: Der Straßenname „Fersenbruch“ ist kein Gefahrenhinweis für Fußgänger, die Nähe zum Friedhof obendrein rein zufällig). (Quelle: Eigene Darstellung)

Darüber hinaus spielt das Thema Parken die wichtigste Rolle bei der Fahrt in die City. Im Folgenden geht es deshalb darum, wie diesbzgl. Optimierungen erreicht werden können (vgl. Abb. 10.2).

10.6.2  Parkplatzsuche Ein Parkleitsystem „aus einem Guss“ zeigt Autofahrern an, welche Parkmöglichkeiten es generell gibt und wo sich aktuell welche Anzahl an freien Stellplätzen befindet (vgl. Abb. 10.3). Hilfreich ist in diesem Zusammenhang grundsätzlich eine einheitliche Parkraumbewirtschaftung zur Vermeidung von Parksuchverkehr bzw. alternativ der Anschluss aller Parkplatz- bzw. Parkhausbetreiber an ein gemeinsames  digitales Parkwegweiser-­ System. Die Stadt Gelsenkirchen arbeitet im Zuge des Entwicklungsprozesses als digitale Modellstadt mit dem chinesischen Elektronikkonzern Huawei zusammen. Im Zusammenhang mit dem Thema Verkehrssteuerung, speziell bei der Parkplatzsuche, sollen Autofahrer in Zukunft per App abrufen können, wo genau freie Stellplätze vorhanden sind. Das Besondere hierbei ist, dass die Angaben nicht auf klassischen sensorikbasierten Zählungen, sondern auf Erfahrungswerten beruhen. Aktuell liegt die „Trefferquote“ für dieses System lt.

10.6  Optimierung der City-Erreichbarkeit für Auto- und Motorradfahrer

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Abb. 10.2  Kleiner Flächenverbrauch, großes Servicesignal: ein Motorradparkplatz mitten in der Innenstadt. (Quelle: Eigene Darstellung)

Manfred von Sondern, sog. Chief Digital Officer der Stadt Gelsenkirchen, bereits bei 80 Prozent.2 Generell sollten Parkmöglichkeiten mit jeweils ausreichender Stellplatzkapazität an verschiedenen Punkten der Innenstadt vorhanden sein, um möglichst kurze Entfernungen zwischen dem Ankunftsort und dem jeweiligen genauen Zielpunkt zu ermöglichen. Der Weg vom Abstellplatz bis zur Innenstadt sollte gut ausgeschildert und angenehm zu gehen sein. Immer wieder kommen vor Ort kundenseitige Beschwerden dahingehend auf, dass in der Innenstadt Berufstätige oder Anwohner kostenlose Kundenparkplätze belegen und hiermit dem Einkaufsstandort schaden. Die Betreffenden laufen dann regelmäßig während der Arbeitszeit zum Auto, um dieses kurz umzustellen und die Parkscheibe weiterzudrehen. Diesbzgl. sollten Anreizsysteme zur Vermeidung solcher Verhaltensweisen ­geschaffen werden. Im besten Falle werden seitens der Kommune Stellplätze gegen eine feste, geringe Monatsgebühr zugewiesen. Denkbar ist auch eine Beteiligung des Arbeitgebers an der kostenpflichtigen Pkw-Unterbringung auf nahegelegenen Parkplätzen bzw. 2

 Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) v. 20. März 2019.

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10  „Endlich am Ziel!“ – Innenstadt-Belebung durch Schaffung einer optimalen …

Abb. 10.3  Beruhigend für auswärtige Innenstadt-­ Besucher: ein Hinweis auf das City-Verkehrsleitsystem bereits an der Stadtgrenze. Gesehen in Gladbeck, Nordrhein-­ Westfalen. (Quelle: Eigene Darstellung)

in Parkhäusern. Auch ein Zuschuss zu Monatskarten für den öffentlichen Personennahverkehr oder für die  Anschaffung eines E-Bikes können diesbzgl. funktionierende Anreize sein. Auf jeden Fall sollte das Grundproblem vor Ort seitens Politik und Verwaltung lösungsorientiert angegangen werden. Bei der Einrichtung von kostenlosen Kurzzeitparkplätzen sollten diese strategisch sinnvoll platziert werden, nämlich dort, wo es tatsächlich um eine schnelle Erledigung geht, z. B. vor Geschäften für einen typischen Zielkauf (bspw. Nahversorger wie Metzgereien oder Bäcker), Dienstleistern wie Banken oder der Post, sowie an öffentlichen Einrichtungen mit relativ kurzer Nutzungsdauer wie Bürgerbüros oder Bibliotheken (z. B. Zwecks schneller Bücherrückgabe).

10.6.3  Parkgebühren Handy- bzw. mobiles Parken (m-Parking) ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Digitalisierung zur Optimierung der innenstädtischen Infrastruktur beitragen kann, in diesem Fall in Bezug auf die Bewirtschaftung des Parkraums. Mithilfe einer App auf dem Smartphone lassen sich freie Stellflächen in Zielnähe, welche offiziell als „Handyparkplätze“ ausgewiesen sind, erkennen und ansteuern. Das entsprechende System lässt sich sowohl für Stellplätze im öffentlichen Raum als auch für Parkhäuser einrichten. Nach dem Einparken

10.6  Optimierung der City-Erreichbarkeit für Auto- und Motorradfahrer

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wird mithilfe der App die „digitale Parkuhr“ gestartet, beim Ausparken wird die Parkzeit gestoppt und somit die minutengenau abzurechnende Parkdauer errechnet. Damit das System nicht missbraucht wird, ist über ein zentrales Kontrollsystem erkennbar, wenn Handyparkplätze ohne Auslösung der Startzeit per App beparkt werden. Parkscheinautomaten, „Knöllchenverteilung“ etc. sind im Zusammenhang mit Handyparkplätzen nicht mehr nötig. Die Abrechnung der Parkgebühren kann auf verschiedenen Wegen erfolgen, z. B. per Paypal oder über die persönliche Telefonrechnung des Autofahrers. Handyparken gibt es mittlerweile bereits in vielen deutschen Städten, z. B. in München, Köln und Paderborn (Nordrhein-Westfalen) (Paderborn o.  J.).3 Weitere Kommunen beschäftigen sich aktuell mit der Einführung. Um ihren Kunden ein kostenloses oder zumindest kostengünstiges Parken während des Innenstadt-Besuches zu ermöglichen, erstatten manche Geschäfte im Rahmen des dortigen Einkaufs gegen Vorlage des Parkscheins einen Teil der Parkgebühren. Für diese Geschäfte dient dieser Service im Gegenzug als Marketingmaßnahme mit dem Ziel, die Kundschaft ins eigene Geschäft zu locken. Insbesondere kleine und mittlere Standorte ermöglichen ihren Besuchern häufig kostenloses Parken im Zentrum. Dieses ist grundsätzlich als positives Standortargument zu werten. Aber: Innenstädtisches Gratis-Parken ist in der Regel mit einer definitiv einzuhaltenden Zeitbeschränkung verbunden. Oft liegt diese bei maximal zwei Stunden. Bietet ein Standort die Möglichkeit zu einem angenehmen Einkaufsbummel mit anschließender Einkehr in ein Café, scheint dieses Zeitfenster zu gering zu sein. An solchen Standorten, die durchaus einen etwas ausgedehnteren Aufenthalt in der Innenstadt ermöglichen, sollten für den Bedarfsfall längere Parkmöglichkeiten geschaffen werden. Zum Beispiel könnten größere Parkflächen mit Schranken und Parkscheinautomaten versehen werden samt Hinweis an der Zufahrt „Hier die ersten beiden Stunden gratis parken!“. In diesem Fall würde Besuchern freigestellt, ob sie ihren Einkaufsbummel spontan gegen einen geringen Aufschlag verlängern (was nur bei nachträglicher Abrechnung geht, nicht bei Vorherzahlung an Parkscheinautomaten. Auch dort ist man nämlich von vornherein auf eine bestimmte Parkdauer festgelegt!). Für die Stärkung von Zentren mit einem starken Frequenzrückgang ist es wichtig, Belebung nicht nur rein über die Anzahl von Besuchern zu erreichen, sondern darüber hinaus über deren möglichst lange individuelle Aufenthaltsdauer. Die sog. „Brötchentaste“ an Parkscheinautomaten in vielen Städten ermöglicht das kostenlose Kurzzeitparken für wenige Minuten (z.  B. eine Viertelstunde), um in dieser Zeit gezielt eine kleine Erledigung durchführen zu können. In negativer Hinsicht zu nennen ist eine mancherorts stark übertriebene „Knöllchenverteilerei“. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Die ordnungsgemäße Überwachung des ruhenden Verkehrs ist aus meiner Sicht absolut richtig. Es geht mir lediglich um das an einigen Standorten wahrnehmbar überzogene Handeln bei diesem Thema. An einigen  Eine gut nachvollziehbare Darstellung des Handypark-Systems der Stadt Paderborn lässt sich unter folgendem Link finden: https://www.paderborn.de/microsite/asp/parken_in_der_city/Handy_Parken.php (Zugegriffen am 1. April 2019). 3

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10  „Endlich am Ziel!“ – Innenstadt-Belebung durch Schaffung einer optimalen …

Orten ist die behördenseitige Lust auf das Vergraulen der (letzten?) Innenstadt-Gäste förmlich greifbar. Wer sich abhetzt, trotzdem zwei Minuten zu spät zum Auto kommt und dann bereits eine Verwarnung vorfindet, fühlt sich an diesem Ort nicht erwünscht, das ist einfach so. Selbst bei Geschwindigkeitsüberschreitungen gibt es einen Toleranzbereich und erst über diesen hinaus wird ein Bußgeld verhängt.

10.6.4  Parkplätze und Parkhäuser Parkplätze sollten gut befahr- und begehbar sein, wozu auch Barrierefreiheit gehört. Immer noch werden an manchen Orten Schotterplätze als öffentliche Parkflächen ausgewiesen, auf denen sich bei Regen große Schlammpfützen bilden oder auf denen die vorhandenen Schlaglöcher darum konkurrieren, Schäden an den dort fahrenden Autos oder an der Gesundheit der Parkplatznutzer zu verursachen, z. B. durch Umknicken. Auch eine ausreichende Beleuchtung solcher Areale kann zwingend erwartet werden. Ein sinnvoller, zukunftsorientierter Service für Innenstadt-Besucher wird bereits in vielen Städten angeboten, nämlich Stellplätze für das kostenlose Aufladen von E-Autos. Motto: Einkaufen und Auftanken in einem „Abwasch“. Beim Abstellen des Autos auf Parkplätzen oder in Parkhäusern fehlt insbesondere auswärtigen Innenstadt-Besuchern oft die Orientierung, wie sie von dort aus genau mitten in die Innenstadt gelangen. Gut erkennbare Hinweisschilder bzw. Wegweiser sind diesbzgl. also wichtig. Insbesondere in Parkhäusern gibt es etliche Möglichkeiten für eine Optimierung. Helligkeit, Sauberkeit, leise Hintergrundmusik (s. dazu auch unter Punkt 9.4.1), Videoüberwachung und Treppenaufgänge mit bodentiefen Fenstern für ein gutes Gefühl des im Notfall Gesehen-Werden-Könnens tragen zu einem erhöhten Sicherheitsempfinden bei. Für die Bequemlichkeit und Barrierefreiheit sorgen gut zugängliche und ausgeschilderte Fahrstühle sowie kantenlose Übergänge an entsprechenden Stellen. Stolperfallen und Pfützenbildungen gilt es zu vermeiden. Für ein besseres Wiederfinden des eigenen Autos hilft neben gut erkennbaren Etagenbezeichnungen eine individuelle Parkplatznummerierung und bei größeren Etagen deren Einteilung in Blöcke mit alphabetischer Bezeichnung. Die Wegeführung, evtl. auch unter Verwendung von Zebrastreifen, sollte es ermöglichen, gut im Parkhaus unterwegs zu sein und ebenso gut aus diesem wieder herauszufinden. Die Suche nach einem freien Platz erleichtern gut erkennbare Rot- bzw. Grün-Beleuchtungen über den einzelnen Stellflächen. Das Bezahlen am Automaten sollte auch bargeldlos möglich sein. Die Tarife sollten einfach zu verstehen und bei der Parkhauseinfahrt gut erkennbar angezeigt werden. Einige Parkhausbetreiber arbeiten mit der Verkürzung klassisch gelernter Parkzeiteinheiten auf z. B. 50 Minuten, um für diese Zeiteinheit weiterhin ­dieselbe Parkgebühr zu kassieren wie zuvor für 60 Minuten. Faktisch handelt es sich dabei um eine Verteuerung. Kunden ärgern sich über dieses Vorgehen, weil sie die Änderung der Minutenangabe weniger wahrnehmen als eine Änderung von Preisen und weil „krumme“ Zeitspannen schwieriger einzuhalten und für sich

10.7  Gedanken zu verkehrsbezogenen „Nutzungsänderungen“ in Innenstädten und …

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selbst zu überprüfen sind. So ist es einfacher, sich zu merken, in etwas weniger als einer Stunde zurück sein und bezahlen zu müssen (bei stundenweiser Abrechnung) als nach gut einer Dreiviertelstunde  (bei 50minütiger Abrechnung). Zu einem kundenfreundlichen Parkhaus gehören des Weiteren Notfallvorrichtungen wie Notruftasten, ein gut sichtbarer Defibrillator (Schockgeber) für Wiederbelebungen und schnell erkennbare Hinweise bzw. Markierungen in Bezug auf Fluchtwege. Auch hinsichtlich der baulichen Gestaltung gibt es häufig Verbesserungspotentiale. Insbesondere ältere Parkhäuser verfügen über sehr schmale, oft schlecht erkennbare Einfahrtsbereiche sowie etliche Säulen, neben denen in der Regel nur ungern geparkt wird. Oft sind Stellflächen sehr eng bemessen und lassen ein „ordentliches“ Ein- und Aussteigen nur zu, wenn nicht nur das eigene Auto, sondern auch diejenigen auf den Nebenplätzen möglichst mittig geparkt werden. Neuere Konzepte opfern deswegen einige Stellflächen, um stattdessen die seitlichen Begrenzungsstreifen in einer Breite aufzumalen, welche ein müheloses Türöffnen ermöglicht. Bleibt letztlich noch der Hinweis auf die Einrichtung von Parkflächen für besondere Zielgruppen, welche hierauf angewiesen sind bzw. welche dadurch einen spürbaren Vorteil haben. Neben Behinderten- und Frauenparkplätzen gehören dazu heutzutage auch Familien- bzw. Eltern-Kind-Parkplätze. All diese sollten in ausreichender Menge vorgehalten werden, aus Sicherheitsgründen gut einsehbar sein und in Nähe zum Ausgang bzw. zum Fahrstuhl liegen.

10.7 G  edanken zu verkehrsbezogenen „Nutzungsänderungen“ in Innenstädten und Ortszentren 10.7.1  U  mgestaltung befahrener Einkaufsstraßen in Fußgängerzonen Mit Bedacht gehandelt werden sollte, wenn es darum geht, befahrbare Straßen in Fußgängerzonen umzuwandeln. Wenn die meisten Innenstadtbesucher es gewohnt sind, mit dem Auto mitten in die City fahren zu können, werden sich viele davon kaum „umerziehen“ lassen wollen. Brechen aufgrund solch einer Maßnahme die Passantenfrequenzen ein, ist das Geschrei groß. Auch wenn letztendlich immer die individuelle Situation bzw. die Gegebenheiten vor Ort ausschlaggebend für die entsprechende Entscheidungsfindung sind, so scheint es jedoch in Bezug auf die meisten Klein- und Mittelstädte kaum noch Argumente für die Einrichtung reiner Fußgängerzonen zu geben. Hier reicht das vorhandene Angebot an Geschäften und Gastronomiebetrieben oftmals nicht aus, um daraus eine Laufzone zu gestalten, welche so attraktiv ist, dass sich in der Region genügend Besucher finden, welche ihr Auto am Rand der Innenstadt stehenlassen und dann in bzw. durch die Fußgängerzone gehen möchten. Vergessen werden sollte in diesem Zusammenhang nicht, dass die Haupteinkaufsstraßen kleiner und mittelgroßer Standorte in der Regel mehrere Geschäfte mit Zielkaufcharakter aufweisen, z. B. Nahversorger wie Metzgereien oder Bäckereien. Bei diesen fahren viele Kunden vor, um ausschließlich dort einzukaufen und

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10  „Endlich am Ziel!“ – Innenstadt-Belebung durch Schaffung einer optimalen …

anschließend wieder wegzufahren. Diese Käufe würden mehrheitlich vermutlich nicht mehr stattfinden, wenn dafür ein längerer Gang durch eine Fußgängerzone in Kauf genommen werden müsste. Ein weiteres Argument ist, dass für entsprechende Innenstadtumbaumaßnahmen typischerweise Städtebaufördermittel in Anspruch genommen werden. In Verbindung damit existieren sog. Zweckbindungsfristen. Es ist also nicht möglich, bei Maßnahmenmisserfolg eine Fußgängerzone ohne weiteres wieder zu öffnen und befahrbar zu machen, ohne dass der Fördergeber wegen Nichteinhaltung dieser Bindungsfristen Fördermittel zurückfordern würde, was die meisten Kommunen vor nahezu unlösbare finanzielle Probleme stellen dürfte. Unter den genannten Gesichtspunkten scheint es daher in vielen Fällen der bessere Weg zu sein, einen guten Kompromiss in der Weise zu finden, indem bis dato (zu) stark befahrene Einkaufsstraßen verkehrsberuhigt werden, aber weiterhin befahrbar bleiben.

10.7.2  Ö  ffnung von Fußgängerzonen für den motorisierten Individualverkehr Eine zentrale Frage im Zusammenhang mit der Forderung einer Öffnung bisheriger Fußgängerzonen für den motorisierten Individualverkehr sollte neben den damit vermuteten Chancen für den Einzelhandel diejenige nach dem zukünftigen Standortprofil sein. Wenn Flanierqualität, Ambiente und ähnliches eine prägende Rolle spielen sollen, ist natürlich genau zu überlegen, ob sich ein solcher Anspruch mit Autoverkehr durchmischen lässt. Dafür bräuchte es auf jeden Fall eine Straßenbreite, welche sowohl verkehrsberuhigtes Fahren samt Seitenbeparkung als auch einen möglichst ungestörten Einkaufsbummel ermöglichen (vgl. Abb. 10.4). Manche Städte kombinieren in geschickter Weise Befahrbarkeit mit temporären Teilsperrungen, z.  B. im Rahmen von Veranstaltungen. In Uelzen (Niedersachsen) ist ein Großteil der wichtigsten innenstädtischen Einkaufsstraßen unter der Bedingung einer starken Temporeduzierung befahrbar. Eine Sperrung für Autos erfolgt z. B. beim Wochenmarkt, sodass dessen Stände direkt an oder sogar auf der Straße aufgebaut werden und die Besucher mitten auf der Straße flanieren können. Ansonsten stehen beidseitig breite Bürgersteige bzw. Flanierbänder zur Verfügung (vgl. Abb. 10.5). Soll für die Befahrbarkeit keine gesonderte Fahrspur geschaffen, sondern die Befahrung auf dem vorhandenen Fußgängerzonenbelag erfolgen, ist zu überprüfen, ob dieser überhaupt entsprechend belastbar ist oder ob z. B. Pflastersteine brechen oder sich durch die ständigen ruckartigen Bewegungen verschieben können. Insbesondere für Fußgängerzonen mit vielen Zielkauf-Geschäften scheint die Überlegung zur Einrichtung einer Befahrbarkeit zumindest nachvollziehbar, weil nur wenige Kunden bereit sind, für ein gewisses „Wunschteil“ im Zweifelsfalle mehrere hundert Meter weit zu laufen, s.o. unter 10.7.1. In anderen Fällen kommt es vor, dass Fußgängerzonen für heutige Verhältnisse zu lang sind. Insbesondere in vielen Klein- und Mittelstädten stellt sich die Frage, warum es dort Fußgängerzonen gibt, die sich über etliche hundert Meter ausdehnen, wodurch die Entstehung

10.7  Gedanken zu verkehrsbezogenen „Nutzungsänderungen“ in Innenstädten und …

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Abb. 10.4  Die Öffnung von Fußgängerzonen für den motorisierten Individualverkehr bedarf einer ausreichenden Straßenbreite. In dieser Einkaufsgasse in Innsbruck z. B. wäre ein solches Vorhaben wohl kaum denkbar. (Quelle: Eigene Darstellung)

einer gewissen Leblosigkeit fast schon erwartbar erscheint. Selbst in größeren Städten kann es sinnvoll sein, die vorhandene Fußgängerzone zumindest zu verkürzen, wenn sich dort nichts mehr „abspielt“, was die Beibehaltung des Status einer Fußgängerzone rechtfertigt. In Oberhausen (Nordrhein-Westfalen) wurde in der Innenstadt deshalb die Haupteinkaufsstraße an einem der beiden äußeren Enden zurückgebaut und wieder befahrbar gemacht. Erscheint der Erfolg einer zukünftigen Befahrbarkeit von Fußgängerzonen unsicher, empfiehlt sich die Durchführung einer mehrwöchigen oder -monatigen Testphase. Wie bereits unter Punkt 10.7.1 erwähnt, ist solch ein Rückbau dann schwierig, wenn der aktuelle Zustand mithilfe öffentlicher Fördermittel hergestellt wurde und aufgrund einer noch nicht abgelaufenen Zweckbindungsfrist Städtebaufördermittel zurückgezahlt werden müssten. Letztlich zu berücksichtigen ist u. U. auch, welche gesellschaftlichen Signale mit der Öffnung einer Fußgängerzone für den Autoverkehr einhergehen. Viele Bürger sowie Stadt- und Verkehrsplaner bemängeln, dass das Auto mittlerweile bis in die „letzte Ritze“ des städtischen Lebens vorgedrungen ist und in Zeiten des drohenden Klima- als auch Verkehrskollapses andere Wege zur Belebung von Innenstädten gefunden werden müssen, statt sich dem Auto mit all seinen durchaus vorhandenen Nachteilen im Zusammenhang mit Flächenbedarf, Lärm- und Schmutzemissionen sowie gravierender Unfallgefahr immer weiter hinzugeben bzw. sich diesem letztendlich zu ergeben. Unter Punkt 10.8 gehe ich hierauf noch einmal gesondert ein.

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10  „Endlich am Ziel!“ – Innenstadt-Belebung durch Schaffung einer optimalen …

Abb. 10.5  In der verkehrsberuhigten Innenstadt von Uelzen, Niedersachsen, können Straßen im Bedarfsfall problemlos temporär gesperrt werden, z. B. für Veranstaltungen. (Quelle: Eigene Darstellung)

10.7.3  Einrichtung von „Straßen für alle“ Ein Konzept, möglichst alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt in einem Straßenbereich zu integrieren, ist das sog. „shared spaces“- bzw. „Straßen für alle“-Modell. Dieses geht davon aus, dass jegliche  Verkehrsteilnehmer automatisch eine gegenseitige Rücksichtnahme aufeinander entwickeln. Trotzdem gibt es auch hier keine Garantie dafür, dass sich einzelne Personen evtl. nicht an die Regeln halten, unvorsichtig agieren etc. Insbesondere im Falle von Autofahrern kann das für die anderen Verkehrsteilnehmer sehr gefährlich werden. Gleichsam ist das Konzept in einigen Städten, insbesondere in den Niederlanden, bereits erfolgreich eingeführt worden.

10.7.4  A  bschließende Bewertung von verkehrsbezogenen „Nutzungsänderungen“ Letztendlich bleibt unter dem Strich in Hinsicht auf die Frage nach gravierenden Änderungen in Einkaufsstraßen -egal, ob es dabei um eine zukünftige Befahrbarkeit oder im

10.8  Einwurf: Grundlegende Anmerkungen zur Zukunft des Autoverkehrs …

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­ egenteil um den Ausschluss von motorisierten Verkehrsteilnehmern geht- die ErkenntG nis, dass die Frage nach der Richtigkeit bzw. der Erfolgsaussicht einer solchen Maßnahme nur unter Berücksichtigung der standortindividuellen Gegebenheiten getroffen werden kann.

10.8 E  inwurf: Grundlegende Anmerkungen zur Zukunft des Autoverkehrs in Innenstädten Im Rahmen zunehmender Debatten um Mobilitätswandel und Umweltbelastungen aufgrund von motorisiertem Verkehr haben sich verschiedene europäische Großstädte bereits dazu entschieden, Autos aus den Innenstädten zu verbannen bzw. für diese die Zufahrt stark einzuschränken. Beispielsweise in London, Amsterdam oder Kopenhagen wurde erkannt, dass dem Pkw als Verkehrsmittel gerade in dichtbesiedelten Städten und Ballungsräumen nicht völlig unkritisch und ungehindert „das Feld überlassen“ werden kann, ohne dass damit nachhaltige negative Folgen für die Bevölkerung verbunden wären. Einem drohenden Verkehrskollaps und einer spürbaren Einschränkung der Lebensqualität vor Ort soll anhand entsprechender Maßnahmen und Konzepte wie City-Maut (London), Totalsperrung der Innenstadt (Amsterdam) oder der massiven Stärkung des Fahrrades als gut nutzbares (innen-)städtisches Verkehrsmittel (Kopenhagen) aktiv Einhalt geboten werden. In Deutschland tobt in den letzten Jahren hingegen eine heftige Diskussion um Dieselfahrverbote auf stark befahrenen Straßen. Fakt ist, dass der zukünftige Umgang mit motorisiertem Verkehr in Städten zunehmend eine wichtige Rolle in der öffentlichen Diskussion einnehmen wird. Jedoch entsteht hieraus ein schwieriges Spannungsfeld im Zusammenhang mit der Verödung der Innenstädte. Fahrverbote, City-Sperrungen u. ä. würden aus Sicht vieler Einzelhändler zu einer weiteren Abwanderung von Umsatz aus der Innenstadt in Richtung Onlinehandel führen. Diese Sorge scheint im autoverliebten Deutschland nicht unberechtigt. Viel zu lange wurden Städte vornehmlich als Autostädte gedacht und die drohenden Konsequenzen eines ungezügelten Wachstums der lokalen Pkw-Zahlen in Form von Luftverschmutzung, Platzmangel oder erhöhten Unfallgefahren ausgeblendet. Ernsthafte Bemühungen, mit Weitsicht attraktive Mobilitätsalternativen für das beengte Leben in der Stadt zu entwickeln, wurden vielfach nur in ungenügender Weise angegangen bzw. komplett unterlassen, ebenso die langfristig angelegte Sensibilisierung der Stadtbevölkerung für die Notwendigkeit mobiler Änderungsprozesse. Die Zeichen der Zeit sind aber eindeutig: Die verkehrstechnische Fahr- und Nachlässigkeit von gestern ist das Mobilitätsproblem von heute und morgen. Es ist dringend geboten, seitens aller dafür zuständigen Planer und Entscheider in Politik und Verwaltung dem Stadtmenschen den Besuch seiner Innenstadt ohne Nutzung des Autos schmackhaft zu machen, wie auch immer. Nur, wenn deutlich mehr Menschen als bisher auf Alternativen umsteigen, wird das Verkehrsaufkommen in den Innenstädten erträglich bleiben und drohende Sanktionen gegen den motorisierten Individualverkehr, welche eine weitere Verödung der Zentren nach sich ziehen könnten, verhindert werden.

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10  „Endlich am Ziel!“ – Innenstadt-Belebung durch Schaffung einer optimalen …

10.9 Fazit Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer und Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs: Alle möchten auf dem bequemsten Weg ihr Ziel erreichen, im vorliegenden Fall die Innenstadt. Standorte, die hier punkten, sind im Vorteil, insbesondere diejenigen, welche schwerpunktmäßig auf die autofahrende Bevölkerung, also die Mehrheit aller Verkehrsteilnehmer, ausgerichtet sind. Dabei sind die Möglichkeiten zur Durchführung von Optimierungsmaßnahmen vielfältig, angefangen von Ausschilderungen bis hin zur nutzerfreundlichen Gestaltung von Parkhäusern. Eine zunehmend bedeutende Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch das Thema Digitalisierung. Wurde in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten relativ einseitig der Automobilität das Wort gesprochen, dürfte es in den kommenden Jahren jedoch spannend werden, welche Wege Städte gehen, um alternative und im städtischen Kontext durchaus sehr geeignete Formen der Fortbewegung attraktiver zu gestalten. Evtl. wird dieses sogar als Chance begriffen, neue, reizvolle Innenstadtqualitäten zu entwickeln, welche in zufriedenstellender Weise den Bedürfnissen aller Verkehrsteilnehmer nachkommen. Einige Städte haben hier bereits mithilfe sinnvoller Umbaumaßnahmen in ihren befahrbaren Haupteinkaufsstraßen „vorgelegt“, in dem sie den Pkw-Verkehr nicht ausgeschlossen, aber beruhigt und damit die Straße für die Nutzung durch Fußgänger und Radfahrer enorm aufgewertet haben. Abhängig sind jegliche Maßnahmen solcher oder ähnlicher Art natürlich immer von den jeweils vor Ort vorzufindenden Gegebenheiten, z. B. in baulicher Hinsicht.

10.10 Arbeitshilfe: Checkliste Erreichbarkeit Checkliste Erreichbarkeit Maßnahme Fußgänger durchgängiges Fußgänger-Leitsystem gut und barrierefrei begehbare Bodenbeläge Vordächer als Regenschutz gut erkennbare und lesbare Display-CityStadtpläne fußgängerfreundliche Ampeltaktungen Geschwindigkeitsbegrenzungen für Autofahrer als Schutz vor Verkehrsunfällen (auch mit Radfahrern!) Sonstiges, z. B.: Radfahrer Radwege und Radspuren in ausreichender Menge und Qualität Radwege-Leitsystem

relevant ja/nein umgesetzt am Anmerkungen

10.10  Arbeitshilfe: Checkliste Erreichbarkeit

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Checkliste Erreichbarkeit Maßnahme relevant ja/nein umgesetzt am Anmerkungen teilweise Freigabe von Bürgersteigen für den Radverkehr, wo hohe Gefahr für Radfahrer durch Autoverkehr und fehlende Radwege gegeben genügend Abstellmöglichkeiten, evtl. mit Bewachung Ladestationen für E-Bikes Freigabe von Fußgängerzonen, evtl. Markierung von Fahrspuren Rad-Leih-Systeme mit diversen Entnahme- und Rückgabestellen Services wie z. B. Flickzeugautomaten Anbindung ans regionale Radwegenetz Fahrradmitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln Sonstiges, z. B.: ÖPNV-Nutzer gute Verbindung aus den Stadtteilen in die City nutzerfreundliche Taktung bei größeren Innenstädten pro Linie mehrere Haltepunkte, um kurze Entfernungen zu verschiedenen Zielpunkten zu ermöglichen gepflegte Bushaltestellen mit Wartehäuschen und Sitzmöglichkeiten angenehmer Aufenthalt in den Verkehrsmitteln (nicht überfüllt, gepflegte Innenausstattung) moderate Fahrpreise leicht verständliches Tarifsystem Erlaubnis zur Fahrradmitnahme (s. o.) Kostengünstige Kombitickets für Parkplatzund Bus- und/oder Bahnnutzung Sonstiges, z. B.: Autofahrer- und Motorradfahrer Parkleitsystem, möglichst dynamisch genügend Stellplätze, gut verteilt an verschiedenen Orten der City für kurze Wege zu den jeweiligen Zielorten funktionierende Ausschilderung vom Abstellplatz in die Mitte des Zentrums und zu wichtigen Zielpunkten gesonderte Stellplätze für in der Innenstadt Berufstätige bzw. Anreize für deren Anfahrt ohne Auto möglichst geringe Parkgebühren

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10  „Endlich am Ziel!“ – Innenstadt-Belebung durch Schaffung einer optimalen …

Checkliste Erreichbarkeit Maßnahme relevant ja/nein umgesetzt am Anmerkungen Möglichkeit der (evtl. gebührenpflichtigen) Parkzeitverlängerung an Standorten, die kostenloses Parken in Kombination mit einer Parkzeitbegrenzung anbieten Kostenlose Kurzzeitparkplätze in Nähe von Zielkaufgeschäften anbieten (z. B. per „Brötchentaste“) Mobiles bzw. Handyparken mit minutengenauer Abrechnung Parkgebührenerstattung im örtlichen Einzelhandel E-Ladestationen Sicherheitsmaßnahmen in Parkhäusern und auf Parkplätzen, z. B. Videoüberwachung attraktives Park & Ride-System Orientierungshilfen in Parkhäusern, z. B. gut sichtbare Etagenbezeichnungen und einfache Wegeführungen Anzeige freier Parkplätze innerhalb des Parkhauses Eltern-Kind-Parkplätze Frauenparkplätze Behindertenparkplätze Motorradparkplätze in der Innenstadt barrierefreies Parken bargeldloses Bezahlen im Parkhaus bzw. auf Parkplätzen übersichtliche Parktarife Notfallvorrichtungen in Parkhäusern ausreichende Breite von Stellplätzen übersichtlich strukturierte und gut erkennbare Ein- und Ausfahrten in Parkhäusern Sonstiges, z. B.: Verkehrsbezogene Umgestaltungen Öffnung Fußgängerzone für motorisierten Individualverkehr Umwandlung befahrbarer Straßen in Fußgängerzonen Einrichtungen von „Straßen für alle“ Sonstiges, z. B.:

Literatur

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Literatur Internet ADFC. (o.J.). https://www.adfc.de. Zugegriffen am 20.03.2019. Paderborn. (o.J.). HandyParken in Paderborn. https://www.paderborn.de/microsite/asp/parken_in_ der_city/Handy_Parken.php. Zugegriffen am 01.04.2019. Stadtradeln. (o.J.). https://www.stadtradeln.de. Zugegriffen am 20.04.2019.

Zeitungsartikel Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) v. 20. März 2019.

Zentrenumbau erfolgreich meistern: Innenstadt-Belebung mit Hilfe von Baustellenmarketing

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Zusammenfassung

Spätestens mit dem ersten Bagger rollt die Angst vor der kommenden Krise in die Innenstadt. Händler bangen  um ihre Existenz wegen des im großen Stil befürchteten Ausbleibens der Kundschaft. Wer will sich für seine Einkäufe schon durch Schmutz und Schotter quälen und dabei noch kleine Umwege in Kauf nehmen? Zumindest in akzeptabler Weise „abfedern“ können die mit einer Baustelle im Stadtkern verbundenen Unannehmlichkeiten gezielte Projekte im Rahmen eines sog. Baustellenmarketings. Mithilfe von Maßnahmen aus den Bereichen Information, Aktion und Kommunikation lassen sich manche Bürger und Kunden dazu bewegen, ihrer City während der für alle Seiten erschwerten äußeren Situation weitestgehend die Treue zu halten. Das vorliegende Kapitel zeigt anhand des Praxisbeispiels Radevormwald, Nordrhein-Westfalen, wie eine längere Umbauphase mit Hilfe von Baustellenmarketing erfolgreich bewältigt werden kann. Die Checkliste „Baustellenmarketing“ gibt ergänzend hierzu strukturierte Hilfestellung für Standorte, an denen länger andauernde Umbauvorhaben bevorstehen.

11.1 Baustellenmarketing als Beitrag zur Krisenabwehr Im Falle der Um- bzw. Neugestaltung des innenstädtischen öffentlichen Raums führen die damit einhergehenden Baumaßnahmen über Wochen und Monate, im schlimmsten Fall über Jahre zu spürbaren Beeinträchtigungen bzgl. der gewohnten Nutzbarkeit der City bzw. einzelner Teile davon. Lärm und Schmutz, holprige Wege, schwierig zu erreichende Geschäftseingänge sowie eingeschränkte Zufahrts- und Parkmöglichkeiten sorgen in dieser Zeit für ein gestörtes Shoppingvergnügen. Die Gefahr, dass Kunden alternative ­Einkaufsmöglichkeiten nutzen, ist groß. Händler und Gastronomen am Standort werden folglich nervös, wenn aufgrund der Baustellensituation die Umsätze einbrechen. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 F. Manfrahs, Citymanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_11

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11  Zentrenumbau erfolgreich meistern: Innenstadt-Belebung mit Hilfe von…

Um diese Risiken soweit wie möglich abzumildern, empfiehlt sich das an vielen Standorten bewährte Instrument eines professionellen Baustellenmarketings. Dieses kann helfen, die negativen Effekte einer innenstädtischen Umbausituation so gering wie möglich zu halten. Es ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung, sowohl den Kunden als auch der Händlerschaft das Gefühl zu geben, dass sich gerade in einer schwierigen Innenstadtphase besonders gut um sie gekümmert wird und möglichst umfangreiche und sinnvolle Anstrengungen zu ihren Gunsten unternommen werden. Dazu kommt, dass immer wieder Akteure vor Ort nicht mit der Umgestaltung ihres Zentrums einverstanden sind, entweder, weil sie meinen, der bisherige Zustand wäre noch ausreichend gewesen, oder, weil ihnen die neue Planung nicht gefällt. Die drei wichtigsten Ziele lauten also, die Kundschaft so weit wie möglich am Standort zu halten, die gewerblichen Anlieger glaubhaft zu „beruhigen“ und, vor Ort für eine möglichst hohe Akzeptanz der Maßnahme zu sorgen. Dabei lassen sich die damit zusammenhängenden Bemühungen aus meiner Erfahrung heraus sinnvoller Weise in drei Aspekte einteilen. Anhand dieser lässt sich ein gut funktionierendes Baustellenmarketing in strukturierter Form realisieren. Konkret geht es dabei um die Punkte Information, Aktion und Kommunikation. Zum Teil gibt es unter diesen Ansatzpunkten Schnittmengen, z. B. dann, wenn die Informationsvermittlung im Rahmen einer Aktion erfolgt. Im Folgenden wird anhand dieser Strukturierung das Baustellenmarketing in Radevormwald in Nordrhein-Westfalen vorgestellt. Ab 2012 fand in dieser im Bergischen Land gelegenen Stadt mit  etwas mehr als 20.000 Einwohnern ein Innenstadtumbau statt. Im Rahmen mehrerer Bauphasen sollten einzelne Teile der City nach und nach attraktiviert werden. Der örtliche Citymanagement-Verein, für den ich damals als externer Berater und Dienstleister tätig war, wurde mit der Einrichtung eines kreativen Baustellenmarketings beauftragt. In diesem Zusammenhang wurde ein ganzes Bündel an Marketingmaßnahmen entworfen, welche im Endeffekt tatsächlich dafür sorgten, dass die o. g. Ziele weitestgehend erreicht wurden: Der Innenstadt-Umbau verlief ohne größere atmosphärische Störungen und es kam zu keiner durch die Baumaßnahme bedingten Geschäftsschließung am Standort.

11.2 Baustellenmarketing-Komponenten 11.2.1 Information Ziel der Informationsaktivitäten ist es, sowohl die Händlerschaft als auch die Bevölkerung über die Gründe für den Innenstadtumbau, die konkreten gestalterischen Maßnahmen, die voraussichtliche Dauer und im Laufe des Prozesses auch über aufkommende Probleme im Zusammenhang mit der Baumaßnahme aufzuklären. Die Akteure sollen somit gedanklich „mitgenommen“ werden. Es gilt, sie inhaltlich an der Umbaumaßnahme teilhaben zu ­lassen. Bereits vor Beginn der Bauaktivitäten bietet sich daher die Durchführung einer Bürgerwerkstatt an, in deren Rahmen erste Baustelleninformationen bekanntgegeben und darüber hi­ naus gemeinsam Ideen für ein erfolgreiches Baustellenmarketing entwickelt werden.

11.2 Baustellenmarketing-Komponenten

269

In Radevormwald wurde zu Beginn der Bauarbeiten in allen Geschäften der Innenstadt sowie in öffentlichen Einrichtungen ein Baustellenflyer ausgelegt. Dieser enthielt die wichtigsten Informationen zur Umgestaltung der City, Hinweise zu Straßensperrungen, Umleitungen und Ausweichparkmöglichkeiten sowie die Kontaktdaten aller wichtigen Ansprechpartner rund um das Baustellengeschehen. Daneben enthielt der Flyer Ankündigungen besonderer Baustellen-Kundenaktionen seitens der Einzelhändler. Als nächstes wurde ein Bauzaun-Infobanner entwickelt, welches ebenfalls einen Überblick über das Gesamtprojekt samt Visualisierungen, obendrein aber auch eine Auflistung der zu bewältigenden einzelnen Arbeitsschritte enthielt. Nach Erledigung eines Arbeitsschrittes wurde dieser von der ausführenden Firma auf dem Banner abgehakt, so dass mitten in der Stadt für jedermann gut sichtbar der Fortschritt der Umbaumaßnahme ablesbar war. Im Umbaubereich wurde weiterhin gut sichtbar ein großes Baustellen-Straßenbanner mit dem Hinweis „Wir bauen für Sie um. Alle Geschäfte während des Umbaus geöffnet!“ aufgehängt. Unter den Punkt Information fallen auch die regelmäßig herausgegebenen Baustellen-­ Presseinformationen zwecks Unterrichtung der Öffentlichkeit hinsichtlich des Innenstadt-­ Umbaus sowie die Herausgabe eines Baustellen-Newsletters in gedruckter Form, welcher wie der o. g. Baustellenflyer insbesondere in Geschäften und öffentlichen Einrichtungen ausgelegt wurde. Eine Idee, die mir erst nach meinem Engagement in Radevormwald gekommen ist, ist die Aufstellung oder Einrichtung eines Baustellen-Schaukastens an zen­ traler Stelle, welcher ständig aktualisierte Hinweise und Infos enthält.

11.2.2  Aktion Im Rahmen von Baustellen-Aktionen geht es hauptsächlich darum, die Kundschaft mithilfe besonderer Aktivitäten während der Umbauphase in die Innenstadt zu locken und obendrein ein positives Baustellen-Image zu erzeugen. Insbesondere ein kreativer Umgang mit der anlassgebenden Ausgangssituation kann viele Interessierte anziehen. In Radevormwald gab es bereits zum ersten Spatenstich ein großes Baustellen-Event, und zwar ein Westernfest auf dem Marktplatz unter dem Motto „Willkommen in RadeCounty – Goldgräberstimmung auf dem Marktplatz“, als Konzept weitergesponnen aus der simplen Grundidee, dass Kinder in einem Haufen Bausand nach Goldklumpen buddeln könnten. Im Endeffekt sah der entsprechende Sonntagnachmittag dann so aus, dass die Besucher mit einer Westernkutsche und einer Western-Bimmelbahn abwechselnd Runden durch die Innenstadt drehen konnten, eine Country-Band für die musikalische Untermalung des Fes­ tes sorgte, sich Kinder an mehreren Spielstationen vom Rodeo-Reiten bis hin zum Goldschürfen vergnügten, eine Stuntmen-Gruppe der Karl May-Bühne im sauerländischen Elspe aufsehenerregende Szenen und Tricks aus ihrem Programm vorführte und in ­kulinarischer Hinsicht Westernsteaks „zum Einsatz“ kamen. Kurzum: Dieses vermutlich erste City-Westernfest im gesamten Bergischen Land war besuchermäßig ein riesiger Erfolg und vermittelte der Bevölkerung gleich vom Start der Baumaßnahme weg, dass es beabsichtigt war, mit der Bausituation gutgelaunt umzugehen. Im weiteren Umbauverlauf

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11  Zentrenumbau erfolgreich meistern: Innenstadt-Belebung mit Hilfe von…

gab es dann regelmäßig an Samstagvormittagen Baustellen-Aktionstage zu verschiedenen Themen (z. B. ein kleines Oktoberfest), bei denen die anliegenden Händler und Gastronomen in die Organisation und Durchführung eingebunden waren. An mehreren Tagen gab es Baustellen-Frühstücke, bei denen Kaffee im Pott (Kaffeebecher) und mit Mett, Fleischwurst oder Käse belegte Brötchen serviert wurden. Als dauerhafter Anreiz zum Besuch der Geschäfte diente eine Baustellen-Bonusheft-Aktion, bei welcher die Kunden beim jeweiligen Einkauf in einem Geschäft einen Bonusstempel-Eintrag erhielten. Komplett „bestempelte“ Bonushefte durften dann an einer Verlosung von Preisen teilnehmen, welche durch die bei der Aktion mitmachenden Geschäfte zur Verfügung gestellt wurden. Im Rahmen zweier Baustellen-Sommerfeste wurden vom städtischen Bauhof große Mengen Sand auf den Marktplatz gekippt zwecks Gestaltung eines City-Strandes mit Liegestühlen, Spielgeräten und einer Cocktailbar des direkt hieran angrenzenden Gastronomen. Daneben konnten Kinder auf einem Mini-Bagger unter Anleitung des Bauführers einen Baggerführerschein machen. Als Highlight fand zum Abschluss des Festes abends ein Open-Air-Baustellenkino statt. Gezeigt wurde die Ruhrgebiets-Baustellenkomödie „Was nicht passt, wird passend gemacht!“. Die Bewirtung des Kinos übernahm wiederum der an dem Platz ansässige Wirt, so dass diese besondere Baustellenaktion direkt mit einer Förderung der örtlichen Gastronomie verbunden war. Im Vorspann zu dem Kinofilm liefen kurze positive Baustellen-Videobotschaften von Radevormwalder Bürgern, welche zuvor am Rande des an einem Samstagvormittag durchgeführten Baustellen-Flohmarktes aufgenommen worden waren. Als letzte besondere Maßnahme genannt sei die Einrichtung eines mobilen Baustellen-Cafés, von dessen Terrasse aus die Besucher direkt auf das Umbauareal schauen und den dortigen Fortschritt live mitverfolgen konnten. Dieses sind natürlich nur einige von unzähligen Beispielen, wie mit kreativen Aktionen eine Baustelle interessant und damit der Baustellen-Ort, also die Innenstadt, innerhalb der Umbauphase besuchenswert gemacht werden kann. Mit etwas Einfallsreichtum lässt sich also durchaus eine gewisse „Lust auf das Erlebnis Baustelle“ erzeugen.

11.2.3  Kommunikation 11.2.3.1  Persönliche Kommunikation Wenn der Citymanager mit der Durchführung des Baustellenmarketings betraut wird, ist er insbesondere auch Ansprechpartner für mit der Baustellen-Situation unzufriedene Händler und Gastronomen, also eine Art wandelnde „Meckerbox“. Als Mittelsmann nimmt er deren Anmerkungen und Hinweise auf und leitet diese an die zuständigen Fachabteilungen bzw. an das ausführende Bauunternehmen weiter. Je nach Bedarf erfolgt daraufhin eine gemeinsame Lösungssuche mit den entsprechenden Ansprechpartnern, z. B. im Rahmen eines regelmäßigen internen Baustellen-jour fixes wie in Radevormwald. Gerade in der für die lokalen Geschäftsleute schwierigen Zeit des Innenstadt-Umbaus ist ein enger Kontakt zwischen Händlern, Gastronomen und Citymanager von besonderer Bedeutung, damit sich erstgenannte nicht alleingelassen fühlen und der Citymanager zudem die grundsätz-

11.3 Fazit

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liche Stimmungslage am Standort jederzeit gut einschätzen kann. In Radevormwald habe  ich deswegen regelmäßige Rundgänge mit Besuchen bei der Händlerschaft als Pflichtprogramm angesehen. Dazwischen habe ich in loser Folge auch einige Baustellen-Händlerrundschreiben verteilt, welche neben Informationen und Hinweisen, z. B. zur Beteiligungsmöglichkeit an einer kommenden Baustellen-Aktion, zusätzlich auch das eine oder andere mutmachende Wort enthielten. Eine Idee, die wir in Radevormwald zwar nicht durchgeführt haben, welche aber als durchaus überlegenswert erscheint, ist die Einrichtung von öffentlichen Baustellen-Sprechstunden, bei denen die verschiedenen Baustellen-Ansprechpartner aus den Bereichen Stadtplanung, Bauausführung oder Citymanagement interessierten Bürgern für deren Fragen und Anliegen zur Verfügung stehen.

11.2.3.2  Werbliche Kommunikation Um für ein positives Baustellen-Image zu sorgen, empfiehlt sich die Gestaltung eines eigenen, freundlich geprägten Corporate Designs für die Baustelle. Jegliche Werbe- und Informationsmaterialien sind somit im gleichen Stil gestaltet. Es wird Wiedererkennbarkeit erzeugt und die mit dem Innenstadt-Umbau zusammenhängenden positiven Botschaften werden „penetriert“, also in häufiger Wiederholung der Öffentlichkeit kundgetan. Die professionelle Gestaltung der Materialien ist für äußere Betrachter zudem ein Symbol dafür, dass auch der gesamte bauliche Prozess (hoffentlich) ebenso professionell abläuft und sich die Bürger, Kunden und Besucher der Innenstadt auf eine qualitätvolle Neugestaltung ihrer City freuen dürfen. Die einheitliche Gestaltungslinie bezieht sich neben Kommunikationsmitteln wie dem bereits genannten Baustellen-Infoflyer, Ankündigungsplakaten für Baustellen-Events, Bauzaunbanner, Baustellen-Bonusheft und Baustellen-Straßenbanner auch auf evtl. geplante Produkte  wie z.  B.  Baustellen-Kaffeebecher, Baustellen-T-Shirts oder Baustellen-Flaschenöffner. Es ist somit sogar ein sog. Baustellen-Merchandising denkbar. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass es sich durchaus lohnt, für einen Innenstadt-Umbau samt der dazugehörigen Baustellen-Situation ein spezielles Logo und einen „knackigen“ Slogan zu entwerfen. In Radevormwald wurde das Positivimage für die Baustelle insbesondere über einen eigens für den Innenstadt-Umbau zum Leben erweckten Sympathieträger erreicht, nämlich über das Maskottchen „Rabuddel“, einen kleinen Baustellen-Maulwurf, der sich auf jeglichen Baustellen-Info- und -Werbematerialien wiederfand. Dessen Name war im Rahmen eines Preisausschreibens von Bürgern vorgeschlagen worden. Insgesamt ist es auf diese Weise gelungen, den Radevormwalder Baustellenprozess ein Stück weit „emotional aufzuladen“ und zu einer eigenen, am Standort positiv bewerteten Marke zu machen.

11.3 Fazit Baustellensituationen in Innenstädten führen in aller Regel zu großen Beeinträchtigungen für die Kundschaft und die dortigen Einzelhändler, deren Geschäfte während der Umbauphase nur unter erschwerten Bedingungen zu erreichen sind. Die Folge sind in den meisten

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11  Zentrenumbau erfolgreich meistern: Innenstadt-Belebung mit Hilfe von…

Fällen deutliche Umsatzverluste, manchmal gar Geschäftsaufgaben. Im Rahmen des örtlichen Citymanagement-Prozesses kann ein gezieltes Baustellenmarketing helfen, die schlimmsten Negativentwicklungen zu vermeiden und zumindest einen Teil der Kunden trotz umbaubedingter Widrigkeiten am Standort zu halten. Im besten Fall nehmen die Bürger die Baustelle mithilfe geeigneter Imagemaßnahmen sogar positiv war und es entsteht eine ebensolche Einstellung im Zusammenhang mit der Aussicht auf die zukünftige Gestaltung und Aufwertung der Innenstadt. Aber: Das Thema muss emotionalisiert und gutgelaunt „rübergebracht“ werden, z. B. mithilfe von Veranstaltungen, die zeigen, dass eine Baustelle durchaus interessant sein und deren Besuch phasenweise sogar Spaß machen kann.

11.4 Arbeitshilfe: Ideen-Checkliste Baustellenmarketing Ideen-Checkliste Baustellenmarketing Maßnahme Information Baustellen-Infoflyer offizielle Baustellengespräche mit Anliegern (Termine: Start/ Mitte/Ziel) regelmäßige Baustellen-Händlerrundschreiben Baustellen-Führungen Bauzaun-Infobanner Hinweisschilder „Alle Geschäfte geöffnet!“ Ausschilderungen Wegeführungen Ausschilderungen Ersatzparkplätze Baustellen-Newsletter Sonstiges, z. B.: Aktion Baustellen-Frühstück Baustellen-Eröffnungsfest Baustellen-Abschlussfest Baustellen-Bonusheft Einrichtung Baustellencafé Baustellen-Flohmarkt Baustellen-Konzert Baustellen-Kino Baustellen-Kinderaktion: Baggerführerschein, Baustellen-Sandkasten, -Malwettbewerb o. ä. Baustellen-Gewinnspiele

umgesetzt am

Anmerkungen

11.4 Arbeitshilfe: Ideen-Checkliste Baustellenmarketing Ideen-Checkliste Baustellenmarketing Bauzaun-Kunstaktionen Sonstiges, z. B.: Persönliche Kommunikation regelmäßige Abstimmungsgespräche aller für den Baustellenprozess Verantwortlichen (jour fix) regelmäßiger persönlicher Austausch mit gewerblichen Anliegern, insbesondere durch Besuch in den Geschäften Baustellen-Sprechstunden Sonstiges, z. B.: Werbliche Kommunikation Baustellen-Markenauftritt (Logo und Slogan) Baustellen-Plakate Baustellen-Maskottchen Baustellen-Produkte bzw. -Werbemittel Sonstiges, z. B.:

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„Wir laden gern’ uns Gäste ein!“ – Innenstadt-Belebung durch touristische Potenzialentwicklung

12

Zusammenfassung

Einige Innenstädte besitzen von Grund auf touristisches Potenzial, für andere ist es denkbar, ein solches mit etwas Geschick zu entwickeln. Der hohe Grad an Mobilität und ein wachsendes gesellschaftliches Bedürfnis nach neuen Eindrücken und Erlebnissen ermöglichen die Chance, dass in Zukunft auch Standorte, welche dieses bisher nicht in Erwägung gezogen haben, einen Besuchsanreiz aufbauen und somit Menschen anlocken. Dieses kann auf der Grundlage bereits bestehender, bis dato jedoch noch nicht in Wert gesetzter Potenziale, wie z. B. eine überdurchschnittlich schöne Stadtarchitektur an einigen Stellen der City, geschehen, oder auch durch die gänzliche Neukonzipierung von innenstädtischen Erlebnisbausteinen. Hiermit beschäftigt sich dieses Kapitel, ergänzt durch eine Ideen-Checkliste zum Thema Innenstadt-Tourismus.

12.1 C  hancen zur Beteiligung des Citymanagements an touristischen Bemühungen zugunsten der Innenstadt Im Zuge der zunehmenden Bedeutung von Stadt-, Tages- und Nahtourismus entwickeln sich Perspektiven für ein damit zusammenhängendes und somit zusätzliches Besucheraufkommen auch für Standorte, welche sich bis dato mit diesem Thema nicht beschäftigt und/ oder gar nicht vermutet haben, dass sie auf diesem Sektor überhaupt eine Chance hätten. Aber: Der Mensch ist mobil und will etwas sehen, und zwar nicht immer nur dasselbe, sondern insbesondere auch Neues, im besten Falle Außergewöhnliches. Dieser Fakt bietet manchen Zentren Möglichkeiten, die sie wie bereits erwähnt bisher gar nicht in Erwägung gezogen haben. Hier gilt es, das berühmte „Pack-Ende“ zu finden, anhand dessen sich zumindest ein erster kleiner touristischer Ansatz entwickeln lässt. Bei genauer Betrachtung -oftmals hilft hier der Blick von außen durch ortsfremde Experten- gibt es im Bestand

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12  „Wir laden gern’ uns Gäste ein!“ – Innenstadt-Belebung durch touristische …

Abb. 12.1  Meistens touristisch gut vermarktbar: berühmte Töchter oder Söhne einer Stadt. (Quelle: Eigene Darstellung)

bereits „dieses oder jenes“, welches sich durch ein paar geschickte „Handgriffe“ wie Umdeutung, verbesserte Inszenierung, Verschönerung oder Kombination mehrerer Elemente untereinander so aufwerten lässt, dass etwas Besonderes „Neues“ und Einzigartiges im Sinne eines selbst erfundenen Alleinstellungsmerkmals entsteht, dessen Besichtigung bzw. Besuch sich inkl. einer -zumindest kurzen- Anreise lohnen könnte. Das kann z. B. die künstlerische Aufwertung von Stadtmöbeln sein, dass kann eine Gasse mit restaurierten Fachwerkhäusern sein, das kann die kunstvolle Anstrahlung von Bäumen und Hausfassaden in den frühen Abendstunden sein, das kann die Erfindung einer mystischen Figur, die angeblich vor hunderten von Jahren am Standort ihr Unwesen getrieben hat und nun Auslöser für eine Geschichtenroute durch die Innenstadt ist, sein. Oder was auch immer. Manchmal wird sogar bewusst ein komplett neues und vermeintlich zugkräftiges Angebot geschaffen, um zumindest im Kleinen eine Art „Bilbao-Effekt“ zu erzielen.1 Im Mittelpunkt steht auf jeden Fall immer, die Innenstadt mithilfe geeigneter Maßnahmen in Richtung eines Erlebnisstandortes weiterzuentwickeln. Nach Möglichkeit sollte ein solches  Der „Bilbao-Effekt“ beschreibt den Aufschwung der nordspanischen Stadt Bilbao, der sich angeblich allein auf der Eröffnung des vom Stararchitekten Frank Gehry entworfenen Guggenheim-Museums im Jahr 1997 begründet. 1

12.1  Chancen zur Beteiligung des Citymanagements an touristischen Bemühungen …

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Abb. 12.2  Ein schönes Touristenerlebnis ist die amüsant moderierte Kutschfahrt, welche durch die Fachwerkaltstadt von Celle in Niedersachsen führt. (Quelle: Eigene Darstellung)

Unterfangen konzeptionell angegangen werden, damit kein unkoordinierter „Erlebnisflickenteppich“ entsteht. In dieser Hinsicht kann ein Citymanager derjenige sein, der die ersten Impulse setzt, das Thema anschiebt und erste Projekte auf den Weg bringt und umsetzt. Auf der anderen Seite gibt es Standorte, die bereits „von Natur aus“ einen hohen Besuchsanreiz innehaben, z. B. auf der Grundlage einer besonderen Historie (vgl. Abb. 12.1), umwerfend schöner Architektur oder auch anderen speziellen Erlebniswerten (vgl. Abb. 12.2). Selbst das Thema „Shopping“ funktioniert mancherorts dermaßen gut, dass eigens dafür Touristen anreisen. Mit dem Begriff „Shoppingtourismus“ wurde für dieses Phänomen sogar eine eigene Vokabel entwickelt. Solche Standorte sind in der Regel in touristischer Hinsicht bereits professionell entwickelt und haben hierfür spezielles Personal. Ähnlich wie bei den Themenbereichen Stadtgestaltung/Aufenthaltsqualität oder Verkehrsplanung/Erreichbarkeit sollte der Citymanager jedoch zumindest mit „im Boot“ sein, wenn es um die Gestaltung konkreter Innenstadt-Tourismus-Angebote geht. Aufgrund seiner breit angelegten Erfahrung aus verschiedenen Themenfeldern und seiner guten Kontakte zu unterschiedlichsten Akteuren vor Ort kann er ein wertvoller Partner für die Entwicklung von neuen Erlebnisprogrammpunkten o. ä. sein.

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12  „Wir laden gern’ uns Gäste ein!“ – Innenstadt-Belebung durch touristische …

Abb. 12.3  In typischen Touristenorten funktionieren häufig besondere Geschäfte und Angebote, die es anderswo eher selten gibt. (Quelle: Eigene Darstellung)

Lohnenswert ist die Beschäftigung mit dem Thema Citytourismus nicht nur im Zusammenhang mit einer Steigerung der Passantenfrequenz in der Innenstadt, sondern auch, weil auswärtige Besucher in der Regel Geld in der Stadt lassen, sei es für Übernachtungen, Restaurant- oder Cafébesuche, Eintrittsgelder in Museen und Kinos, Einkäufe im Einzelhandel, die Mitnahme von Souvenirs und besonderen Erinnerungsstücken (vgl. Abb. 12.3) oder die Zahlung von Parkgebühren. Hilfreich für einen funktionierenden Innenstadt-Tourismus ist eine begleitende, qualitätvolle gastronomische Infrastruktur in Form von Cafés und Restaurants, welche den Aufenthalt am Standort nicht nur ein Stück weit angenehmer machen, sondern sogar zwingend notwendig sind als „Versorgungsposten“ bei mehrstündigen Besuchsdauern (vgl. Abb. 12.4). Weitere infrastrukturelle Services wie öffentliche Toiletten, Wickeltische u. ä. sollten ebenfalls selbstverständlich vorhanden sein. Die unten angehängte Ideencheckliste beinhaltet innenstadtbezogene Maßnahmenideen, die konkret auf auswärtige Stadtbesucher ausgerichtet sind und über das übliche „Innenstadt-Alltagsangebot“ hinausgehen. Natürlich dürfen auch die eigenen Einwohner die touristischen Angebote gerne nutzen, sodass diese dann den durchaus willkommenen positiven Nebeneffekt haben  können, eine Identifikationssteigerung der Bürger mit ihrer Stadt zu bewirken. Einige Kommunen entwickeln unter dem Motto „Urlaub in der eigenen Stadt“ mittlerweile sogar spezielle touristische Angebote für ihre Einwohner.

Arbeitshilfe: Ideencheckliste Innenstadt-Tourismus

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Abb. 12.4  Aus touristischer Sicht wertvolle Alleinstellungsmerkmale können vielfältiger Natur sein, z. B. auch gastronomischer. Guten Appetit! (Quelle: Eigene Darstellung)

12.2 Arbeitshilfe: Ideencheckliste Innenstadt-Tourismus Ideencheckliste Innenstadt-Tourismus Aufgabe Führungen Historischer Stadtrundgang Nachtwächterführungen spezielle Themenführungen, z. B. im Zusammenhang mit berühmten Persönlichkeiten, die an dem Standort gelebt haben fremdsprachige Stadtführungen Sonstiges, z. B.: Rundfahrten Bimmelbahn Kutsche Rikscha Oldtimer Sonstiges, z. B.: Information und Kommunikation Stadtpläne Webseite kostenlose Werbemittel Sonstiges, z. B.:

relevant umgesetzt ja/nein am

Anmerkungen

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12  „Wir laden gern’ uns Gäste ein!“ – Innenstadt-Belebung durch touristische …

Ideencheckliste Innenstadt-Tourismus Aufgabe Veranstaltungen historische Feste ortsbezogene Themenmärkte  wie z. B. Käsemarkt in Alkmaar, Niederlande Sonstiges, z. B.: Souvenirs & touristische Dienstleistungen Postkarten Erinnerungsstücke besondere Fotografie Sonstiges, z. B.: Allgemeines ortstypische gastronomische Angebote Sonstiges, z. B.:

relevant umgesetzt ja/nein am

Anmerkungen

Teil IV: Mehrwert-Input für die Citymanagement-­Praxis

Einblick in ein aktuelles Citymanagement-­ Projekt: Hohenlimburg-Report, Teil 1

13

Zusammenfassung

Insbesondere die Zentren kleiner und mittlerer Standorte geraten zunehmend unter Druck und leiden unter sich ausweitendem Ladenleerstand und sinkenden Passantenund Kundenzahlen. Der vorliegende Bericht beschreibt die Aufgabenstellung und die darauf aufbauende praktische Herangehensweise des Buchautors in der Startphase seiner Tätigkeit als Teilzeit-Innenstadtmanager an einem solchen Standort. Die dort zuständigen Akteure haben sich entschlossen, mit der Kombination aus externer Hilfe und großer lokaler Eigeninitiative die Zukunft ihres Zentrums motiviert in die Hand zu nehmen.

Vorbemerkung:  Um dem Anspruch dieses Buches gerecht zu werden, das Thema Innenstadt-­Belebung in möglichst praxisorientierter Weise zu vermitteln, halte ich es für angebracht, meine eigene Arbeit am Beispiel eines momentan laufenden Auftrags vorzustellen. Die Ausführungen unterstreichen aus meiner Sicht noch einmal deutlich den bereits an anderen Stellen angesprochenen Sachverhalt, dass die Citymanagement-Arbeit vor Ort immer aus einem Mix aus für viele Standorte gleichen sowie ortsindividuellen Problemen besteht, was dazu führt, dass die Erstellung pauschaler Konzepte und Strategien für verschiedene Standorte nicht möglich ist.

13.1 Standort und Ausgangslage Seit Oktober 2018 betreue ich als Citymanagement-Berater und -Dienstleister stundenweise die Innenstadt von Hagen-Hohenlimburg in Nordrhein-Westfalen. Bis 1975 war das am Übergang vom Ruhrgebiet zum Sauerland gelegene Hohenlimburg eine eigenständige

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13  Einblick in ein aktuelles Citymanagement-Projekt: Hohenlimburg-Report, Teil 1

Stadt, zugehörig zum Landkreis Iserlohn. Als dieser aufgelöst wurde, erfolgte die Eingemeindung der damals rund 30.000 Einwohner starken Kommune in die kreisfreie Stadt Hagen. Die Innenstadt weist rund 100 Geschäftsflächen auf, die meisten davon sind kleiner als 100 Quadratmeter. Der größte Teil der Objekte liegt im Bereich der Fußgängerzone, deren Gesamtlänge rund 500 Meter beträgt. Der seit einigen Jahren um sich greifende Trading Down-Prozess hat zu einer Leerstandsquote geführt, die im November 2018 mit 25 % zu Buche schlug. Viele der leer stehenden Ladenflächen weisen einen mehr oder weniger großen Renovierungs- oder gar Sanierungsbedarf auf. Das Umfeld der Innenstadt kann als durchaus reizvoll beschrieben werden. Wer von der Autobahn kommend auf das Hohenlimburger Zentrum zufährt, kann gut erkennen, warum hier früher vom „Heidelberg-­ Blick“ bzw. von „Westfälisch Heidelberg“ gesprochen wurde. So eröffnet sich dem Auge des Betrachters ein zusammenhängendes Panorama aus dem Fluß Lenne mit darüberführender Brücke, dahinter die Innenstadt, aus der die Türme von Rathaus und Kirche hervorragen, über allem auf einem kleinen Berg thronend das Schloss Hohenlimburg und das Ganze wiederum eingebettet in eine lieblich begrünte Hügellandschaft. Trotz dieser scheinbar guten äußeren Grundvoraussetzungen wird bei näherer Betrachtung von Straßen, Gebäuden, Ausschilderungen etc. schnell deutlich, dass dieser vermeintliche Standortschatz leider bisher nicht gehoben wurde (vgl. Abb. 13.1).

Abb. 13.1  Kleine Baumreihe entlang des Seitenflügels der Reformierten Kirche Hohenlimburg. Ein Stück Südfrankreich mitten in Westfalen. (Quelle: Eigene Darstellung)

13.4  Der Auftrag

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13.2 Installierung eines Innenstadt-Managements Um einer weiteren Verödung des Zentrums wirksam zu begegnen, haben sich vor Ort vier Kooperationspartner entschlossen, Geld in einen gemeinsamen Topf einzuzahlen, um damit externe fachliche Unterstützung für den geplanten Standortentwicklungsprozess „einzukaufen“. Zu dieser „Auftraggebergemeinschaft“ gehört die Hohenlimburger Bezirksvertretung als politisches Stellvertreterorgan des Stadtbezirks Hohenlimburg, der Hohenlimburger Bauverein, die Volksbank Hohenlimburg sowie die Werbegemeinschaft Hohenlimburg, welche bereits Citymanagement-Aufgaben wie z.  B. die Durchführung verkaufsoffener Sonntage übernimmt. Diese Institutionen haben vereinbart, als „Pioniere“ das in diesem Fall als „Quartiersmanagement Innenstadt“ bezeichnete Projekt, welches insgesamt im Jahr 2016 ins Leben gerufen wurde, zu ermöglichen. In nächster Zukunft sollen nach und nach zusätzliche Partner akquiriert werden, um das Vorhaben vom Umfang her ausweiten und über die aktuell vereinbarte Laufzeit bis Herbst 2020 hinaus verlängern zu können. Einen Erfolg verspricht man sich diesbzgl. bei der Ansprache einiger größerer ortsansässiger Unternehmen, welche bekanntermaßen einen hohen Identifikationsgrad mit ihrem Standort aufweisen. Außerdem haben diese Firmen ein Interesse daran, im Zuge des allgemeinen Fachkräftemangels potenziellen zukünftigen Mitarbeitern einen attraktiven Wohnstandort anbieten zu können, wozu auch eine besuchenswerte Innenstadt gehört.

13.3 Arbeitsbedingungen Um Kosten zu sparen, wurde kein fester Raum als Innenstadtmanagement-Büro angemietet. Ich bin im Durchschnitt einmal pro Woche vor Ort, um dann gezielt Termine mit Hauseigentümern und Mietinteressenten wahrzunehmen, Arbeitsgruppensitzungen zu leiten oder bei Händlern und Gastronomen vorbeizuschauen. Im Bedarfsfall kann ich den Besprechungsraum des Bezirksbürgermeisters im Hohenlimburger Rathaus für eigene Termine und Sitzungen nutzen. Des Weiteren besteht die Tätigkeit aus vielen Telefonaten und Mailverkehren, wofür keine Anwesenheit vor Ort notwendig ist und somit auch kein Büro. Vereinbart wurde eine relativ flexible Arbeitsweise mit Ergebnis- statt konkreter Arbeitszeitorientierung.

13.4 Der Auftrag Aufgrund meiner ersten Kenntnisse über den Standort Hohenlimburg, seine verschiedenen Akteure und den mir übermittelten Erfahrungsberichten habe ich vor Vertragsschluss Vorschläge für einige aus meiner Sicht wichtige Projektbausteine entwickelt, deren erfolgreiche Bearbeitung mir bei einer Vertragslaufzeit von zwei Jahren zwischen Herbst 2018 und Herbst 2020 und der für meine Tätigkeit vereinbarten Vergütung als „machbar“ erschienen. Diese lauten:

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13  Einblick in ein aktuelles Citymanagement-Projekt: Hohenlimburg-Report, Teil 1

• Erzeugung eines Wir-Gefühls und einer positiven Grundstimmung am Standort: Hintergrund ist, dass es in den Vormonaten hier und da Querelen unter einigen Innenstadt-­Akteuren gegeben hatte. Aus meiner Sicht ist ein funktionierendes Mitei­ nander vor Ort aber eine Grundvoraussetzung für innenstädtischen Erfolg, weil sich sonst nicht glaubhaft eine Wohlfühlatmosphäre zugunsten der Kunden und Besucher erzeugen lässt. Der Zusammenschluss der unter Punkt 13.2 genannten Partnerinstitutionen zum Aufbau einer Innenstadtmanagement-Initiative war dafür ein erstes wichtiges Signal an andere Akteure am Standort. • Profil- und Markenbildung: Sowohl für die Gesamtcity ist dieses in Form einer Dachmarke als auch für markante City-Teilbereiche in Form von zu definierenden Einzelprofilen geplant. Erarbeitet werden soll das Ganze gemeinsam mit Vor-Ort-Akteuren im Rahmen von Arbeitskreissitzungen und Workshops. • Leerstandsmanagement: Zwecks wirksamer Bekämpfung der sehr ausgeprägten Leerstandssituation soll ein Unterstützernetzwerk gegründet werden, in welches sich verschiedene Institutionen (z. B. IHK, Wirtschaftsförderung, Kreditinstitute etc.) sowie Einzelexperten (z.  B. private Gründungsberater, Makler) einbringen. Darüber hinaus geht es um eine aktive, konstruktive Zusammenarbeit mit Immobilieneigentümern. Die Durchführung von Maßnahmen zur Gewinnung von gewerblichen Neumietern gehört ebenfalls zum Aufgabenspektrum. In diesem Gesamtzusammenhang ist es angedacht, einen Existengründerwettbewerb in einem größeren Leerstand durchzuführen, bei welchem mehrere Gründungswillige unter einem gemeinsamen, zugkräftigen Oberthema eine Art „Shop-in-Shop“-System aufbauen und sich mit ihren Geschäftsideen kostengünstig ausprobieren sowie untereinander Synergieeffekte erzeugen können. • Akquise neuer Kooperationspartner: Es sollen weitere inhaltliche und finanzielle Unterstützer für den Gesamtprozess gewonnen werden. • Konzipierung einer Kunstaktion: Zu planen ist der Entwurf eines Konzeptes für eine wertige und zugleich ein breites Publikum ansprechende Kunstaktion im öffentlichen Raum. Ziel soll eine Imagesteigerung in Ausrichtung auf Qualität und Niveau für den Standort sein. • PR-Arbeit: Mir obliegt die regelmäßige Zusammenarbeit mit den Medien im Zusammenhang mit den o. g. Inhalten. Als Zusatzabsprache wurde vereinbart, dass dort, wo angebracht, die Belange spezieller Zielgruppen innerhalb des Innenstadtentwicklungsprozesses besonders berücksichtigt werden, beispielsweise im Zusammenhang mit den spezifischen Herausforderungen aufgrund des demografischen Wandels. Anhand der aufgezählten Aufgaben und Ziele geht es insgesamt darum, den Entwicklungsprozess für Hohenlimburg zu professionalisieren und den Standort durch den Aufbau nachhaltig wirksamer Strukturen zukunftsfähig zu machen.

13.5  Das erste halbe Jahr

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13.5 Das erste halbe Jahr Knapp sechs Monate nach Aufnahme meiner Tätigkeit lässt sich sagen, dass sich erfreulicherweise erste kleine Erfolge eingestellt haben. An einigen Stellen war es angebracht, aus „aktuellem Anlass“ zusätzliche Aufgaben zu übernehmen, zumindest vorübergehend. Hier der Bericht über die ersten Monate meiner Tätigkeit für die Hohenlimburger Innenstadt, Stand April 2019: Ich habe in den ersten Wochen fast alle Geschäfte besucht, mich jeweils kurz vorgestellt und meine Kontaktdaten hinterlassen. Bei einigen Betrieben ist das noch nachzuholen, weil ich mehrfach niemanden antreffen konnte. Am 27.11.2018 fand im Ratssaal des Hohenlimburger Rathauses ein nachträglicher öffentlicher Auftakt des Innenstadtmanagement-Prozesses statt. Diesen besuchten über 60 Teilnehmer. Neben Informationen zu den vertraglich vereinbarten Projektinhalten für die beiden kommenden Jahre und der Vorstellung erster Umsetzungsideen meinerseits diskutierten die anwesenden Besucher über diese Inhalte, brachten eigene Ideen an einer Pinnwand ein und meldeten sich zum Mitmachen in Arbeitsgruppen an (s.u.). Abschließend stellten sich die Teilnehmer zu einem gemeinsamen Pressefoto unter der Botschaft „Wir in Hohenlimburg“ auf, um damit ihren Willen zum gemeinsamen Engagement für den Standort auszudrücken. Im Rahmen des Leerstandsmanagements konnte ich bereits Gespräche mit den meisten von Leerstand betroffenen Immobilieneigentümern führen und deren Flächen besichtigen. Dazu gibt es zunehmend Kontakte mit Mietinteressenten. Zum Teil melden sich diese von alleine bei mir, weil sie durch Presseberichte oder Empfehlungen aktiver Innenstadt-­ Akteure (z. B. aus der Einzelhändlerschaft oder aus der Lokalpolitik) von mir und meiner Tätigkeit gehört haben. Bereits am Ende meines ersten Tätigkeitsmonats fand im Rahmen eines feierlichen Pressetermins die erste Neueröffnung statt, bei der ich als neuer Innenstadtmanager ­etwas Hilfestellung leisten durfte. Des Weiteren konnte ich an anderer Stelle erfolgreich als Moderator im Zusammenhang mit einem Nutzungsänderungsvorhaben agieren. Dabei ging es um die Umwandlung einer ehemaligen Einzelhandels- in eine gastronomische Fläche. Nach weniger als drei Monaten der Prozessbegleitung konnte das kleine Café, um das es ging, bereits eröffnet werden, insbesondere dank einer hervorragend funktionierenden Zusammenarbeit mit den verschiedenen zuständigen Fachabteilungen der Stadt Hagen. Für das geplante Unterstützernetzwerk im Bereich „Existenzgründung in der Hohenlimburger Innenstadt“ konnte ich erste Zusagen verschiedener Institutionen einholen. In einem nächsten Schritt ist geplant, einen „Gründerwegweiser“ in Form eines Flyers he­ rauszugeben, welcher verschiedenste Ansprechpartner zu dem Thema benennt. Im Bereich PR ist es gelungen, mehrere prägnante, positive Presseartikel zu der Arbeit der Innenstadtmanagement-Initiative in der Tageszeitung „Westfalenpost“ auszulösen,

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13  Einblick in ein aktuelles Citymanagement-Projekt: Hohenlimburg-Report, Teil 1

und zwar sowohl auf der Grundlage eines Redaktionsbesuches im ersten Monat meiner Tätigkeit als auch mithilfe von projektbezogenen Presseterminen. Die Online-Versionen dieser Berichte habe ich auf der Facebook-Seite des Quartiersmanagements als Beiträge eingestellt bzw. dorthin verlinkt und anschließend in verschiedenen Gruppen des sozialen Netzwerks geteilt, um mit diesen Inhalten möglichst viele Adressaten in der Region zu erreichen und unsere Innenstadt-Initiative weiter bekannt zu machen. Zwei markante Plätze in der Innenstadt haben in einem Fall gar keinen und in dem anderen Fall lediglich einen umgangssprachlichen Namen. Ich habe deswegen einen Namenswettbewerb für diese Plätze angestoßen, erste Vorschläge sind bereits eingegangen. Ich halte dieses in den kommenden Monaten weiter zu verfolgende Projekt deshalb für wichtig, weil es zum einen identitätsstiftende Wirkung in Hinblick auf die eigenen Bürger hat und zum anderen eine bessere Orientierung für auswärtige Besucher ermöglichen soll. Ein namenloser Ort lässt sich nicht ausschildern oder in Karten eintragen. Die Bürgerarbeitsgruppe „Profil- und Markenbildung“ hat zum ersten Mal getagt und als Grundlage für die nächsten Schritte im Rahmen einer S.W.O.T.-Analyse (s. hierzu auch unter  3.2) die Stärken und Schwächen der Hohenlimburger Innenstadt sowie die Chancen und Risiken in Hinsicht auf deren weitere Entwicklung dokumentiert. Dabei wurden auch erste Gewichtungen insbesondere in Bezug auf die vorhandenen Stärken und zukünftigen Chancen vorgenommen, um nach und nach herauszufiltern, in welche Richtung die angestrebte Profilbildung gehen wird. Eine weitere Bürgerarbeitsgruppe habe ich unter dem Titel „Stadtgestaltung und Kunstaktionen“ eingerichtet. Der Arbeitsauftrag zur Konzipierung einer Kunstaktion im öffentlichen Raum war, wie bereits unter Punkt 13.4 erwähnt, vertraglich festgeschrieben worden. Darüber hinaus war mir in den ersten Wochen aufgefallen, dass es im Stadtbild an einigen Stellen durchaus Verbesserungspotenziale gibt. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, ein „Standortteam“ mit diesen beiden Schwerpunktthemen, welche sich gegenseitig ergänzen sollen, zu bilden. So ist es denkbar, einige stadtgestalterische Ideen direkt mit dem Thema Kunst zu verbinden. Zum Beispiel könnten neue Sitzbänke künstlerisch „veredelt“ werden, etwa durch einen entsprechenden Anstrich. Die Gruppe hat sich innerhalb von drei Monaten seit Start bereits drei Mal getroffen und neben ersten Gestaltungsideen auch Stadtsituationen erfasst, bei denen Entrümpeln, Reparieren oder Erneuern angesagt ist. Auf dieser Basis werden nun Bürgeranträge verfasst mit dem Ziel der Umsetzung erster sichtbarer Maßnahmen im Stadtbild. Mitte November, also wenige Wochen nach meinem „Dienstantritt“, verbreitete sich die Hiobsbotschaft, dass der freitäglich stattfindende Wochenmarkt nach dem Abzug mehrerer Anbieter in kurzer Zeit nun nur noch aus einem einzigen Stand mit Wurst und Käse bestünde. Umgehend kam es im Hohenlimburger Rathaus zu einer Krisensitzung mit verschiedenen an dem Thema interessierten Akteuren. In deren Rahmen wurden erste Ideen für eine Wiederbelebung entwickelt. Obwohl das Thema aus vertraglicher Sicht nicht zu meinem Aufgabengebiet gehört, entschloss ich mich, aufgrund der wichtigen Bedeutung

13.5  Das erste halbe Jahr

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des Wochenmarktes für den Standort eine Arbeitsgruppe unter dem Motto „Wochenmarkt und Einkaufserlebnis Innenstadt“ einzurichten. Meine Überlegung dabei war, die aktuelle Krise des Wochenmarktes dafür zu nutzen, in Zukunft eine stärkere Verzahnung zwischen Markt und umliegenden Geschäften zu erzeugen, um auf Dauer ein „Einkaufserlebnis aus einem Guss“ zu entwickeln. Diese Arbeitsgruppe trifft sich ebenfalls monatlich und „marschiert“ zu meiner großen Freude hoch motiviert mit großen Schritten. In jeder Sitzung werden Arbeitsaufträge vergeben (z. B. Akquise neuer Markthändler, Erstellung und Verteilung von Werbematerialien etc.), die Teilnehmer halten sich mithilfe einer WhatsApp-­ Gruppe gegenseitig auf dem Laufenden, tauschen Meinungen aus und treffen Gemeinschaftsentscheidungen. Dass neben Markthändlern auch der zuständige Marktmeister Mitglied der Arbeitsgruppe ist, hilft in organisatorischer Hinsicht sehr. Als erstes Projekt wurde vereinbart, unter dem Motto „ExtraMarkt Hohenlimburg“ an sechs Freitagen zwischen April und Oktober ein besonderes Markterlebnis durchzuführen, welches neben den klassischen Frischesortimenten weitere Angebote in Form von Kunsthandwerk, Direktverzehr sowie Info- und Aktionsständen beinhaltet. Dieser Markt findet von 9 bis 18 Uhr statt, da es ausdrückliches Ziel ist, über diesen Weg auch interessierte Zielgruppen wie insbesondere Berufstätige und junge Familien anzulocken, welche zu den üblichen Zeiten des  Wochenmarktes (8–13  Uhr) keine Chance haben, diesen zu besuchen. Gleichzeitig soll der ExtraMarkt als „Schnupperaktion“ für Marktbeschicker dienen, welche den Standort Hohenlimburg samt Publikum erst einmal kennenlernen und sich nicht von vornherein für den wöchentlich stattfindenden Markt anmelden wollen. Fazit: Der erste ExtraMarkt-­ Termin am 5. April 2019 konnte sich sehen lassen. 15 Teilnehmer sorgten dafür, dass die beabsichtigte Marktatmosphäre gegeben war. Auch wenn wetterbedingt weniger Besucher kamen, als erhofft, waren die Markthändler mit den Umsätzen weitestgehend zufrieden; viele wollen weiterhin an dieser Markt-Sonderform teilnehmen. Was ebenfalls gelang, war, im Nachmittagsbereich junge Familien mit Kindern anzulocken. Zugegebenermaßen haben wir als Organisatoren dabei etwas nachgeholfen. Mithilfe zweier Sponsoren konnten wir es uns leisten, für den Nachmittag ein Karussell anzumieten und die anwesenden Kinder nach Herzenslust kostenlos darauf fahren zu lassen. Ebenfalls erfreulich war der Umstand, dass viele der umliegenden Einzelhändler ihre Geschäfte über Mittag geöffnet hielten und zum Teil sogar eigens für diesen Tag Sonderaktionen geplant haben. Die Idee eines „Einkaufstages aus einem Guss“ (s. o.), bei welchem auch gemeinsame Öffnungszeiten von Wochenmarkt und Einzelhandel eine ganz wichtige Rolle spielen, hat zumindest am 5. April 2019 im Rahmen des „ExtraMarktes Hohenlimburg“ funktioniert. Ab dem kommenden ExtraMarkt-Termin ist die größte Tageszeitung in der Region, die Westfalenpost, offizieller Medienpartner und wird über Hohenlimburg hinaus auf die Veranstaltung aufmerksam machen. Übrigens: Auch der freitägliche Wochenmarkt ist wieder etwas erfolgreicher geworden und weist mittlerweile oft vier Stände statt nur einen einzigen wie im letzten November auf. Wichtig für die weitere Entwicklung des Wochenmarktes ist in diesem Zusammenhang, dass ein neuer, zuverlässig teilnehmender Obst- und Gemüsehändler gefunden werden konnte.

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13  Einblick in ein aktuelles Citymanagement-Projekt: Hohenlimburg-Report, Teil 1

Hinsichtlich immer wieder aufkommender Diskussionen wegen vermeintlich zu geringer Parkmöglichkeiten in der Hohenlimburger Innenstadt habe ich mir die Mühe gemacht, eine eigene Bestandsaufnahme hierzu durchzuführen und die Anzahl aller Parkflächen, Stellplätze und deren Lage zu erheben. Vordergründig scheint das vorhandene Parkplatzangebot auszureichen. Jedoch liegt der Teufel auch hier wie so oft im Detail: weil im Hohenlimburger Rathaus das Straßenverkehrsamt der Stadt Hagen untergebracht ist, ist der rund einhundert Stellflächen zählende Rathaus-Parkplatz direkt am Eingang zur Innenstadt während der Öffnungszeiten dieser Behörde weitestgehend von deren Besuchern belegt. Diese Plätze fehlen somit an anderer Stelle und können daher nicht „eins zu eins“ als Innenstadt-Parkplätze anerkannt werden. Zieht man zusätzlich die gerne hinzugerechneten, zu einem kleinen Nahversorgungszentrum am anderen Ende der Innenstadt gehörenden Supermarkt- und Lebensmitteldiscounter-Parkflächen ab, verbleiben plötzlich nur noch rund 150 offizielle Innenstadt-Parkplätze, von denen weitere nahezu durchgängig von Geschäftsinhabern sowie von vor Ort Berufstätigen belegt werden. Aus meiner Sicht ist das für die Kunden und Besucher des Standortes zu wenig.

13.6 Zwischenresumée Als kleines Fazit nach rund sechs Monaten lässt sich feststellen, dass unter Berücksichtigung der vor Ort gegebenen begrenzten finanziellen Möglichkeiten bereits spürbare Fortschritte in verschiedenen Projektbereichen erkennbar sind. Obendrein gibt es deutliche Anzeichen dafür, dass sich die grundsätzliche Stimmungslage am Standort verbessert hat, abzulesen aus Presseberichten, persönlichen Rückmeldungen oder aktiver Mitarbeit der lokalen Akteure, insbesondere in den drei thematischen Arbeitsgruppen. Es gibt erste Neueröffnungen, weitere sind aufgrund der mir vorliegenden Mietinteressenten- und Eigentümeraussagen in der kommenden Zeit zu erwarten. Der Wochenmarkt kommt langsam wieder „ans Laufen“, dazu gibt es mit dem „ExtraMarkt Hohenlimburg“ mehrmals im Jahr eine Art „Wochenmarkt plus“. Stadtgestalterische Impulse sind in Vorbereitung, die Definition eines klaren Standortprofils und die Gestaltung eines dazu passenden Markenauftritts sind auf einem guten Weg. Mein „Job“ in Hohenlimburg lebt in weiten Teilen davon, relativ ungestört agieren zu können und dabei in einem engen Austausch mit den Vor-Ort-Akteuren zu stehen, entweder in persönlichen Gesprächen oder telefonisch, per Mail, per SMS oder per WhatsApp. Damit ist ein effektives Arbeiten und gutes Vorankommen garantiert.

13.7 Fortsetzung folgt! Der weitere Werdegang dieses Praxisprojektes lässt sich im „Hohenlimblog“ auf meiner Webseite www.manfrahs.com mitverfolgen. Des Weiteren sind vor Ort ganztägige, praxisorientierte Citymanagement-Einsteiger-Seminare geplant. Diese werden bewusst in

13.7  Fortsetzung folgt!

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Kleingruppen abgehalten, um einen persönlichen Austausch unter allen Teilnehmern zu ermöglichen. Integriert ist selbstverständlich ein moderierter Rundgang durch die Hohenlimburger Innenstadt. Informationen hierzu sind unter dem Menüpunkt „Seminare“ auf meiner oben genannten Internetseite zu finden. Alternativ kann auch die Adresse www.citymanagement-seminare.de aufgerufen werden.

Blick über den Tellerrand: Erfolgsmuster und Mutmacher jenseits von Innenstädten

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Zusammenfassung

Nicht nur Innenstädte und Ortszentren kennen die Situation, sich beweisen zu müssen. Etliche Beispiele aus unterschiedlichsten Bereichen zeugen davon, mit welcher Denke und welcher Art von Handeln sich selbst aus Krisensituationen heraus Großes erreichen lässt. Das Schöne daran: viele dieser Beispiele tragen ein inneres Erfolgsmuster und eine lehrreiche Moral in sich, welche sich für die Arbeit im Bereich Citymanagement zunutze machen lassen. Zwei davon werden kurz vorgestellt, und zwar aus der Welt der Wirtschaft. Es geht um die Marken Apple und Puma.

14.1 A  pple: Aus existenzieller Krise zum wertvollsten Unternehmen der Welt Kaum ein anderer Unternehmer der letzten Jahrzehnte hat es zu einer dermaßen ikonenhaften Verehrung gebracht wie der Gründer von Apple, der im Jahr 2011 verstorbene Steve Jobs. Einst aus seinem eigenen Unternehmen vertrieben, wurde er hilfesuchend zurückgeholt, als die Firma Mitte der 90er-Jahre kurz vor dem Ruin stand. Der Rest ist Legende. Noch vor der Jahrtausendwende führte Jobs den einstigen Konkurrenten von Microsoft mit der Einführung des iMacs wieder in die Erfolgsspur zurück. Was ihm dabei gelang: neben der für Apple-Geräte typischen maximalen Bedienerfreundlichkeit, in anderen Worten: Einer totalen Ausrichtung auf den Kundennutzen, schaffte er es, diese per besonderem Design zu emotionalisieren und begründete damit eine neue Ära in der Gestaltung technischer Produkte. Damit, dass dieser Aspekt für die Computerkunden eine Rolle spielen könnte, hatte vor Erscheinen des iMacs so gut wie niemand gerechnet. Im folgenden Jahrzehnt erfand Jobs als genialer Kreativer noch den iPod als tragbares Kleingerät mit einer großen Speichermenge für Musik, das iPad als flache tragbare und handliche ­Computervariante sowie als wohl größte technische und weltweit in den letzten Jahren

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 F. Manfrahs, Citymanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_14

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14  Blick über den Tellerrand: Erfolgsmuster und Mutmacher jenseits von Innenstädten

meistgenutzte Errungenschaft das Smartphone. Apple führte er mit all dem an die Spitze der erfolgreichsten Marken und Unternehmen der Welt. Jobs stieg mit diesem Werdegang nicht nur zum Paradebeispiel eines Hightech-Unternehmers auf, sondern avancierte vielmehr zu einer Art planetarem Business-Guru mit einer kaum vergleichbaren Aura, die so nur ganz wenige Firmenlenker seit Beginn des Industriezeitalters innegehabt haben dürften. Als Lerneffekt für die Entwicklung von Stadt- und Ortszentren lassen sich hier gleich mehrere Erfolgsmuster herauslesen: Das Vorhandensein eines unbedingten Willens der handelnden Akteure zur Optimierung ihres Angebotes „Innenstadt“, eine von allen Beteiligten akzeptierte Führungspersönlichkeit mit hochmotivatorischer Ausstrahlungskraft, die Entwicklung und Umsetzung (!) visionärer Ideen, die im Wettbewerb den Unterschied ausmachen, sowie die klare Ansprache von Zielgruppen, die genau dieses Besondere, Einzigartige suchen. „Think different!“, so der langjährige Apple-Slogan, sollte auch für manche Innenstadt und Ortsmitte vielmehr als bisher zum Leitsatz werden.

14.2 Puma: Aus der Ramschecke zur angesagten Lifestyle-Marke Eine wirtschaftliche Berg- und Talfahrt hat auch der bekannte deutsche Sportartikelhersteller Puma hinter sich. Noch Mitte der 80er-Jahre stolzer Ausrüster des deutschen Tennis-­Jungwunders Boris Becker, war die Traditionsmarke nur wenige Jahre später zum Billiglabel verkommen, dessen Produkte sich unter anderem als Aktionsware in SB-­ Warenhäusern wiederfanden. Aber: das Comeback gelang. Unter dem Anfang der 90er-­ Jahre eingesetzten jungen Vorstandschef Jochen Zeitz wurde eine konsequente Neuausrichtung als Lifestylemarke beschlossen inkl. eines nachhaltig wirkenden, langfristig angelegten Umsetzungskonzepts. Ein paar Jahre später hatte sich das Image der Marke komplett gewandelt: Puma galt plötzlich nicht nur als Qualitäts-, sondern sogar als Kultmarke. Hilfreich für diese Entwicklung waren nicht zuletzt clevere Marketing-­Schachzüge. Wo früher noch verramscht wurde, gab es nun z. B. bewusste Verknappungsaktionen im Sinne von „Limited Edition“-Strategien. Waren bestimmte Produkte ausverkauft, gab es keinen Nachschub. In Kombination mit anderen Marketingmaßnahmen, wie z.  B. dem werblichen Einsatz von Prominenten, die in bestimmten Lifestyle-Zielgruppen als cool galten, wurde so die Nachfrage spürbar angeheizt. Puma ist auch heute noch entsprechend angesagt und erfolgreich. Auch aus diesem Beispiel lassen sich weitere Erfolgsmuster gegen die innenstädtische Krise herauslesen: der Mut zu einer klaren konzeptionellen Neuausrichtung, die klare Definition eines zu erreichenden Qualitätslevels, sowie Geduld, Disziplin und strategisches Denken und Handeln zwecks Erreichung und nachhaltiger Sicherung des beabsichtigten Turnarounds. Das Ganze immer wieder unterfüttert mit unkonventionellen Marketingmethoden.

Was Innenstädte von Einkaufszentren lernen können! – Ein Interview mit Michael Grundmann

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Zusammenfassung

Michael Grundmann war von 1996 bis 2008 Geschäftsführer des CentrO in Oberhausen, welches mit Shopping Mall, Gastro-Promenade, Event-Arena, Musicalhalle und Multiplex-Kino das größte Einkaufs-, Freizeit- und Entertainment-Center Europas darstellt. 20 Mio. Menschen besuchen das CentrO pro Jahr. Von 2008 bis 2017 arbeitete Michael Grundmann als selbstständiger Berater europaweit für große Einkaufszentren. Seit Juni 2018 ist er als Handelsberater mit dem Schwerpunkt Innenstadt für die Stadt Oberhausen tätig. Somit kennt Michael Grundmann die unterschiedlichen Voraussetzungen, unter denen Einkaufszentren und gewachsene Innenstädte agieren. Für dieses Buchprojekt war er bereit, als „Experte für beide Welten“ einige Fragen zu beantworten.

Herr Grundmann, was ist aus Ihrer Sicht der wichtigste Erfolgsfaktor von Shopping-­ Centern? Michael Grundmann: Das ist ganz klar der Umstand, dass alle Mieter einen einheitlichen Rahmenmietvertrag unterschreiben müssen, welcher grundsätzliche Centerregeln enthält. Dabei geht es um einheitliche Öffnungszeiten, eine gemeinsam einzuhaltende Hausordnung, welche insbesondere Sauberkeits- und Sicherheitsaspekte regelt, oder den Umgang mit Kundenaktionen einzelner Geschäfte vor deren Eingangstür. Auch ist es vertraglich nicht gestattet, Schaufensterscheiben „über Gebühr“ zu bekleben. Das sieht nicht nur nicht gut aus, sondern die Kunden können dann auch nicht mehr das Angebot hinter der Glasscheibe in ausreichender Weise erkennen. Es existiert also so eine Art Gestaltungssatzung, welche es dem Centermanager ermöglicht, konkret Einfluss darauf zu nehmen, wie sich die einzelnen Geschäfte präsentieren. In Innenstädten hingegen macht in den meisten Fällen jeder, was er will. Im Gegenzug partizipieren die Mieter eines

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15  Was Innenstädte von Einkaufszentren lernen können! – Ein Interview mit …

Abb. 15.1  Michael Grundmann. (Quelle: Jörg Vorholt)

­ inkaufszentrums in starkem Maße daran, dass sie verpflichtend Teil eines MarketingverE bundes sind, über welchen sehr qualitätsvolle, einzigartige und somit publikumsträchtige Gemeinschaftsaktionen organisiert werden. Ermöglicht wird diese ganze positive Ausgangssituation natürlich dadurch, dass nicht jede Ladenfläche einem anderen Eigentümer gehört, sondern alle Flächen zusammen einem einzigen. Die Aufsplittung von Innenstädten auf etliche unterschiedliche Immobilieneigentümer, die z. T. nicht einmal vor Ort wohnen und oft auch nicht unternehmerisch denken, ist hingegen der Grund dafür, dass sich notwendige professionelle Managementstrukturen nur mit viel Aufwand und auch nicht immer mit der eigentlich notwendigen Konsequenz umsetzen lassen. Das Beste für eine City wäre es demnach, wenn eine kompetente und politisch einflussreiche Werbegemeinschaft zusammen mit städtischer Verwaltung, Immobilieneigentümern und privaten Investoren versucht, den Branchenmix in der Innenstadt als Ganzes zu betrachten, um eine homogene, aber dennoch abwechslungsreiche und urbane Atmosphäre zu schaffen (vgl. Abb. 15.1). Gibt es weitere konkrete Vorteile auf Seiten der Shopping Center, wenn es um den von Ihnen angesprochenen Fakt der klaren Eigentumsverhältnisse geht? Michael Grundmann: Das ist z. B. beim Thema Branchenmixsteuerung der Fall. Da alle Flächen demselben Eigentümer gehören, kann schachbrettartig geplant werden, welche Art von Geschäft welcher Fläche zugeordnet werden soll. Ein geringes Maß an Fluktuation bietet in gewisser Weise somit auch die Chance, die entsprechende Fläche zukünftig mit einem besseren Angebot als zuvor zu belegen. Würden in Innenstädten, wie oben von mir beschrieben, in Hinsicht auf die Eigentümersituation klarere, professionellere und aufeinander abgestimmtere Verhältnisse herrschen, wäre ein strategisch ausgerichteter

15  Was Innenstädte von Einkaufszentren lernen können! – Ein Interview mit …

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Umgang mit den gesamthaft verfügbaren Ladenflächen vor Ort wesentlich einfacher, als es derzeit in der Regel der Fall ist. Die Möglichkeit zur aktiven, zentralen und möglichst alle Ladenflächen einbeziehenden Steuerung des Branchenmixes ist ein elementarer Erfolgsfaktor für die Attraktivität einer City. Welche Rolle spielt bei Einkaufszentren eigentlich der Kunde? Michael Grundmann: Der Kunde spielt die größte und wichtigste Rolle überhaupt. Er steht im absoluten Mittelpunkt aller Aktivitäten. Ich wage mich, zu behaupten, dass der Kunde in den meisten Shopping Centern ernster genommen wird als in vielen Innenstädten bzw. von den dortigen Händlern. Da mangelt es häufig leider selbst am Allergrundsätzlichsten. Sei es die Möglichkeit, eine Kundentoilette aufzusuchen, oder mich zwischen den Einkäufen auf eine Bank setzen zu können, ohne dafür allzuweit laufen zu müssen. Man muss in diesem Zusammenhang eines ganz klar sehen: der Kunde von heute ist kein reiner kauf-, erledigungs- bzw. zweckorientierter Kunde mehr. Er ist vielmehr genuss- und erlebnisorientiert. Wenn er ein Center oder eine Innenstadt besucht, geht es ihm insbesondere darum, für die Dauer seiner Anwesenheit eine nette Zeit dort zu verbringen. Die Themen Aufenthaltsqualität -wozu auch Sauberkeit und Sicherheit gehören- und Serviceorientierung stehen für Einkaufszentren im ständigen Mittelpunkt ihrer Bemühungen zugunsten des Kunden. Und das auch in Absprache mit diesem: mithilfe regelmäßiger Kundenumfragen betreiben Shopping Center ständig Marktforschung und setzen die daraus resultierenden Erkenntnisse für ihre Besucher nach Möglichkeit um. Im Grunde genommen sind das aber alles Dinge, die sich in Innenstädten auch organisieren lassen. Beim Thema Service ist ja immer wichtig, dass dieser nicht nur einfach angeboten, sondern auch spürbar gelebt wird. Wie gelingt es, dass die vielen Akteure innerhalb eines Centers, die in irgendeiner Weise Kundenkontakt haben, Servicedenken verinnerlichen? Michael Grundmann: Man darf nicht einfach immer nur in internen Reden vor dem eigenem Team oder in Rundschreiben an die Händler darauf hinweisen, dass uneingeschränktes Servicedenken unendlich wichtig ist, sondern sollte die betreffenden Personen nach Möglichkeit konkret darin schulen. Dem einen liegt Service von vornherein mehr im Blut, anderen weniger. In Bezug auf das CentrO wurde im ersten Jahr seines Bestehens eine Service-Akademie für die Mitarbeiter der Mieter, also der Geschäfte, angeboten. Danach sind wir weiter vorgegangen und haben auch die Security-Kräfte und das für die sanitären Anlagen zuständige Personal geschult. Auch diese werden schließlich oft angesprochen und um einfache Hilfestellungen wie z. B. Hinweise für das Auffinden bestimmter Geschäfte gebeten. Bei den Security-Leuten haben wir eingeführt, dass diese die Kunden bei entsprechenden Anfragen aktiv zu einem Geschäft hinführen. Übrigens haben wir all diese Mitarbeiter auch mit einer entsprechend hochwertigen Dienstkleidung ausgestattet, durch welche sie sofort als CentrO-Servicekräfte identifiziert werden konnten. Im Umkehrschluss fühlten sich alle Servicekräfte im Haus, selbst wenn sie bei externen Dienstleistern angestellt waren, als Teil eines Teams, was sie auch innerlich aufwertete. Sie identifizierten sich auf diesem Wege mit dem CentrO vielmehr als vorher, was sich letztlich auch im Auftreten ggü. der Kundschaft in sehr positiver Weise ­widerspiegelte.

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15  Was Innenstädte von Einkaufszentren lernen können! – Ein Interview mit …

Was ist sonst noch wichtig für den Erfolg eines Einkaufszentrums? Michael Grundmann: Zu den Top-Themen gehört eine gute Erreichbarkeit für alle Verkehrsteilnehmer. Gerade bei innenstädtischen Centern ist es in der Regel garantiert, dass sie gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sind. Unabhängig von der Lage müssen direkt am Objekt immer genügend Parkplätze vorhanden sein, von denen man obendrein möglichst wettergeschützt in das Innere des Centers gelangen kann. Das CentrO z. B. hat 14.000 Stellplätze, für die dieses mehrheitlich gilt. Übrigens lautet das Motto für das Parken im CentrO seit über 20 Jahren zuverlässig „Kostenlos und ohne Zeitbeschränkung!“ Haben Einkaufszentren eigentlich ein eigenständiges Profil und können so zu einer Marke werden? Oder sind sie, was manche Besucher immer wieder bemängeln, im Grunde genommen untereinander austauschbar? Michael Grundmann: Auch Einkaufszentren müssen sich zunehmend im Wettbewerb behaupten und sollten unbedingt darauf achten, ein eigenes Profil zu entwickeln. Grundsätzlich ist die Art der Zusammenstellung des Branchenmixes ein wichtiger Ansatzpunkt. Da sich in der Regel das Shoppingangebot aufgrund der sehr stark filialisierten Strukturen im deutschen Einzelhandel in vielen Centern und Innenstädten mittlerweile jedoch sehr gleicht -es finden sich häufig immer wieder dieselben Ketten an den unterschiedlichen Standorten- ist das gar nicht so einfach. Daher muss die Alleinstellung auch über andere Themen erzeugt werden. In diesem Zusammenhang komme ich wieder auf die oben genannten Erlebnisparameter zurück: Aufenthaltsqualität -in deren Zusammenhang zunehmend auch die gastronomischen Angebote immer wichtiger werden- ein toller Rund-um-­ Service, und: regelmäßig besondere Events mit WOW-Effekt, die im Einzugsgebiet den Anspruch auf  Einzigartigkeit erheben und höchstmögliche Aufmerksamkeit erzeugen. Zugegebenermaßen sind die finanziellen Möglichkeiten für Shopping Center hier ganz spezielle, weil aufgrund des o.g. Rahmenvertrags alle Mieter verpflichtet sind, eine Werbeumlage zu zahlen. Entsprechend ist ein ausreichend hohes Marketingbudget vorhanden. Im Umkehrschluss profitieren die Mieter natürlich von außergewöhnlichen Events u. ä., s. o. Wenn z. B. das CentrO dadurch an einem Wochenende die Besucherzahlen nahezu verdoppelt, ist das gut angelegtes Geld. Wobei man ganz genau unterscheiden muss zwischen verkaufs- und imagefördernden Veranstaltungen. Bei Stadtfesten ist das ja nicht anders: die Leute kommen, um zu gucken, und nicht, um zu kaufen. Aber man führt das Event trotzdem durch, um im Gespräch zu bleiben und Aufmerksamkeit für den Standort und sein generelles Angebot zu erzeugen. Auf jeden Fall werden diese Zusammenhänge in Zukunft immer bedeutsamer, und zwar sowohl für Center als auch für Innenstädte. Es werden zunehmend Themen angesagt sein, die sich auf Begriffe wie Touristik, Freizeit und Entertainment ausrichten. In diesem Sinne kann übrigens auch die herausragende Architektur eines Centers oder einer Innenstadt für deren Profilbildung von Belang sein. Gibt es aus Ihrer Perspektive Chancen für Innenstädte, die sich für Einkaufszentren so nicht ergeben? Michael Grundmann: Ich bin der Meinung, dass gewachsene Innenstädte z. B. dann eine gute Chance haben, wenn sie bereits besuchsrelevante Besonderheiten aufweisen, auf

15  Was Innenstädte von Einkaufszentren lernen können! – Ein Interview mit …

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denen sich aufbauen lässt und die in Zukunft konsequent weiterentwickelt werden können. Wichtig ist, dass im Zusammenhang damit Kundenerlebnisse vermittelt werden und eine authentische Story entsteht. Ein gutes Beispiel ist diesbzgl. das Vorhandensein einer besonders schönen Bausubstanz innerhalb eines  Stadtzentrums. Konkretisieren wir das Ganze mal und sagen „Historische Altstadt“. Ein solches Umfeld bietet eine wunderbare Chance, ein Profil mit dazugehörigen Elementen wie Flair und Ambiente, entdeckenswerte Kleinteiligkeit, Gemütlichkeit, Genuss, Flanieren und Verweilen, Tradition u. v. w. erfolgreich auszugestalten. In einer sich immer weiter angleichenden Warenwelt muss mit weichen Faktoren in Bezug auf das geschäftliche Umfeld gepunktet werden! An einem solchen Ort würde sich dann insbesondere ein Publikum treffen, welches der Uniformität des Einzelhandelsangebotes in vielen Innenstädten und Einkaufscentern überdrüssig ist. Hier findet man als Besucher dann stattdessen Einzelhandels-Nischenkonzepte, die es nicht „an jeder Ecke“ zu bestaunen gibt. Ich bin z. B. ein Fan der sog. „urbanen Manufakturen“. Die Rückkehr des lokalen Handwerks in die Innenstadt, z. T. durchaus lifestyle-­ getrieben, begeistert mich total! Hochwertiges und/oder Spezialisiertes, das Ganze möglichst in Verbindung mit viel Service, präsentiert in einem heimeligen innenstädtischen Umfeld, das hat viel Potential. Ergänzend sollten passende Events durchgeführt werden, die jedoch als punktuelle Begleitmaßnahme anzusehen sind. Deutlich wichtiger ist eine gute Aufenthaltsqualität, da diese durchweg auch im Alltag gegeben sein muss. Wenn ich ein kurzes Fazit zu dieser Frage ziehen sollte, dann würde ich sagen, dass Innenstädte und Ortszentren sich allgemein darüber Gedanken machen müssen, wie sie das Bestehende in Richtung eines Besonderen mit ausreichender Kundenrelevanz weiterentwickeln können. Vielen Dank, lieber Herr Grundmann, für das sehr aussagekräftige und inhaltsreiche Interview!

Schlusswort oder einfach „Herzliche Grüße aus Bad Schönesleben!“

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Welches Fazit lässt sich aus den Ausführungen dieses Buches ziehen? Sicher keines in dem Sinne, dass Citymanagement eine in sich geschlossene noch eine zeitlich vorübergehende Disziplin wäre. Im Gegenteil: Viele Dinge auf dem Weg zum Erfolg hängen in interdisziplinärer Weise miteinander zusammen und alles das, was mit Innenstädten und Ortsmitten zu tun hat, wird sich weiterentwickeln und immer wieder verändern. Viele zentrale Standorte sehen sich schon jetzt der Herausforderung gegenüber, sich neu erfinden müssen. Andere werden dieses nach und nach ebenfalls erkennen. Dabei geht es in Zukunft nicht mehr um die reine Zurverfügungstellung eines möglichst umfangreichen Shopping-Sortimentes, sondern um viel mehr, nämlich um die Schaffung eines ganzheitlichen Aufenthaltsangebotes mit unterschiedlichen Erlebniselementen. Gerade deshalb ist eine bestimmte Erkenntnis elementar wichtig: Ein solcher dauerhafter Entwicklungsfortgang muss professionell begleitet werden! Es bedarf umfangreicher, fachgerechter, tatkräftiger und prozessmoderierender Kümmerung, selbstverständlich angepasst an die jeweiligen standortindividuellen inhaltlichen Schwerpunktsetzungen und Bedürfnisse. Das Überleben im Wettbewerb der Standorte wird zukünftig kaum noch irgendwo nach dem Prinzip „Das regelt der Markt schon von alleine!“ funktionieren. Nur wer seinen Bürgern, Besuchern und Kunden interessante und somit relevante Angebote unterbreitet, darf auf deren Gunst und Zustimmung hoffen. Im besten Falle werden sie zu Fans, welche sich über schöne Shopping- und Einkaufsmöglichkeiten, tolle Kundenservices, eine hohe Aufenthaltsqualität, eine optimale Erreichbarkeit sowie über weitere Vorzüge in Bezug auf ihr Zentrum freuen. Gelungen ist dieses z. B. in Bad Schönesleben, einer direkten Nachbarstadt unserer eingangs vorgestellten Problemkommune Bad Ödesleben. Im Gegensatz zu Bad Ödesleben hat man in Bad Schönesleben bei der Entwicklung der Innenstadt vieles richtiggemacht (vgl. Abb. 16.1). Dieses alles zu erreichen, ist eine wahnsinnig spannende Aufgabe, welche teils sehr komplexe Arbeitsinhalte, oft einen hochkreativen Anspruch an Ideen und Lösungsfindungen sowie in reichlichem Maße kommunikative Herausforderungen beinhaltet. Aber: Es lohnt sich! © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 F. Manfrahs, Citymanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5_16

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16  Schlusswort oder einfach „Herzliche Grüße aus Bad Schönesleben!“

Abb. 16.1  Ein Ort, der die Wende mithilfe von Citymanagement erfolgreich geschafft hat: In Bad Schönesleben genießen die Besucher sichtlich den Aufenthalt in der Innenstadt. (Quelle: Eigene Darstellung)

Für die Anstrengungen und Bemühungen vor Ort wünsche ich allen Verantwortlichen guten Mut, viel Lust und vor allem bestes Gelingen! Ich hoffe, dass das vorliegende Buch Sie bei Ihrer Arbeit ein wenig unterstützen kann. Mit herzlichen Grüßen aus Bad Schönesleben, Ihr

Stichwortverzeichnis

A Abendverkauf 228 Ab in die Mitte! 29 Abteilung, städtische 33 Adventsmarkt 201 Akteur 30 Akteursgruppe 30, 228 Aktion 237, 238 Aktionsfläche 241 Alleinstellungsmerkmal 76, 197, 276 Alltagsmensch 238 Altstadtpflaster 225 Ambiente 206, 217, 218, 299 Ammerländer Schinkendiele 127 Analyse 59 Angebotsinszenierung 111 Angstraum 215 Anschaffungskosten 227 Ansprechpartner 226 Anziehungskraft 67, 239 Anziehungspunkt 230 Apple 68, 75, 293 Architektur 277 Atmosphäre 225, 226, 233 Attraktivierung 230, 242 Audi 75 Aufenthalt 231, 242 Aufenthaltsatmosphäre 225 Aufenthaltspunkt 235 Aufenthaltsqualität 205, 206, 217, 219, 221, 224, 226, 228, 232, 236, 241 Aufgabe 286 Aufmerksamkeit 63, 73, 74, 77, 90, 172 Aufwertung 232, 237 Augmented reality 242

Ausschilderung 191, 251 Außengastronomie 132 Austausch, kollegialer 227 Auto 230, 251, 253 Autofahrer 252

B Bad Ödesleben 3, 4 Bad Zwischenahn 126 Bank 239 Barrierefreiheit 163, 209, 210, 219, 241, 248, 256 Bauabteilung 33 Baustellenmarketing 268 Baustellenphase 242 Begrünung 206, 225 mobile 228 Begrünungskonzept, mobiles 228 Behindertenbeauftragter 210 Behörde, kommunale 239 Belebung 205, 232, 234, 237 Belebungselement 234 Beleuchtung 224 Beleuchtungselement 224, 226–228 Beleuchtungsevent 226 Bepflanzung 206 Beratung 107, 114 Besichtigung 239 Bestandsschutz 220 Bestuhlung 236 Besucher 215, 235, 238 Besucherinteresse 238 Beteiligung 232 Bevölkerung 234

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 F. Manfrahs, Citymanagement, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26645-5

303

304 BID (Business Improvement Districts) 24 Biergarten 229 Bilbao-Effekt 276 Blickfeld 234 Blindenstreifen 225 Blumenampel 228 BMW 75 Bodenbelag 225 Bonusprogramm 130 Bordsteinkante 211 Branchenmix 159 Branchenmixsteuerung 169, 170, 175 Brunnenanlage 229 Budget 29 Bürger 230, 238, 242, 270 Bürgerantrag 211 Bürgermeister 32, 33 Bürgerschaft 242 Bürgersteige 241 Bürgervorschlag 242 Bürgerwettbewerb 238 Bundestransferstelle „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ 42 Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing (bcsd) 42, 192 Bushaltestelle 242 Business Improvement Districts (BID) 24 C Café 235 Cafébesuch 235 CCI Congresse 42 Centermanager 295 CentrO 295, 297 Chance 59, 71, 298 City -App 98 -Cartoon-Tag 137 familienfreundliche 60, 61 -Magazin 93 -Marke 58, 62, 63, 67 Citymanagement 17 -Büro 36, 37 -Seminare 42 -Starterlehrgang 42 -Verein 32, 44, 48, 228 Citymanager 37, 41 -Arbeitsbedingung 48 -Auswahl 38

Stichwortverzeichnis Citymarketing 18 Citytourismus 278 Co-Branding 78 Coca-Cola 63 Controlling 145 Corporate Design 66, 91 Customer Journey 120 D Dachmarkenstrategie 66 Deutscher Verband für angewandte Geografie (DVAG) 42 Digitalisierung 242, 254 Dorfladen 28 Dortmund 77, 230 Dresden 64 Durchgangsverkehr 241 E EDEKA 65, 67, 75 Eigentümer 232 Eigentümergemeinschaft 162 Einbruchsschutz 225 Einkaufen 108, 238 Einkaufserlebnis 110 Einkaufsmeile 19 Einkaufsstraße 227 Einkaufszentrum 230, 295, 296 Einzelhandel 230, 238 Einzelhandelsförderung 242 Einzelhändler 226, 242 Elbflorenz 64 Elefantenrunde 48 E-Mail-Newsletter 94 Emotionalisierung 68, 75, 76 Engagement 232 Ennepetal 237 Entrümpeln 208 Entwicklungsprozess 242 Erfolgskontrolle 18 Erfolgsmuster 293, 294 Ergebnisorientierung 285 Erlebnis 69, 70, 72, 75 Erlebnisorientierung 297 Erlebnisparameter 298 Erlebnisplanung 70 Erlebnisshopping 107 Erlebniswert 277

Stichwortverzeichnis Erreichbarkeit 230, 241, 247, 250, 251 Erscheinungsbild 206 Essener Lichtwochen 226 Etappenkonzept 218 Etappenprinzip 239 Event 188, 189, 194, 238, 241 Existenzgründer 165, 167 F Facebook 96, 97 Fachausschuss 33 Fachberater 72 Fachbereich 230 städtischer 33 Fachkräftemangel 207 Fahnen 228 Fahrrad 238 Fahrradständer 223 Familie 231 Fanclub Innenstadt 72 Fassade 232, 239 Fassadengestaltung 232 Fassadenrenovierung 207 Feierabendmarkt 198–200 Filialist 164 Finanzierungsbaustein 26 Flächenkataster 158 Flächenmanagement 155 Flagge 228 Flaniererlebnis 241 Flyerverteilung 91 Fördergeber 33 Fördermittel 29, 232 Förderprogramm 220 Förderung 232 Fondsgesellschaft 163 Fontäne 230 Fontänenfeld 234 Fraktion 33 Franchising 167 Freiberufler 31 Frequenzverlust 57 Frequenzzählung 145 Fußgänger 216, 248 -Leitsystem 248 Fußgängerzone 175, 232, 239, 242, 248, 257, 258

305 G Gartenbaubetrieb 226 Gastronom 226, 236, 242 Gastronomie 131, 230, 238 Gastronomiebetrieb 241 Gebrauchsnutzen 219 Gehl, Jan 206, 218 Gelsenkirchen 110, 177, 214, 252 GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) 192 Gemeinderat 33 Gemeindeverwaltung 32 Gemeinschaftsaktion 135 Gemeinschaftswerbung 135 Genehmigung 193, 200 Genossenschaft 28 Genuss 220 Gesamterlebnis 227 Geschäft 225, 228, 230, 232, 233, 242 Geschäftseingang 232 Geschäftsleute 228 Geschäftsstraße 3 Geschäftsumfeld 206 Geschenk-Gutschein 138, 139 Geschichte 227 Geschichtenroute 276 Gesprächspartner 236 Gestaltungkonzept 236 Gestaltungsdimension 218 Gestaltungselement 209, 218, 219, 223 Gestaltungskonzept 241 Gestaltungsmangel 211 Gestaltungssatzung 220, 236, 295 Gevelsberg 77, 93, 137, 172, 173, 178, 186, 187, 207, 228, 232, 234, 241, 242 Gewalt, höhere 11 Giftshop 9 Grimm-Dich-Pfad 241 Großprojekt 230 Grünelement 226 Grundmann, Michael 295 Guerilla-Marketing 77 H Händlergemeinschaft 228 Händlerschulung 143

306 Händlerstammtisch 144 Hagen in Westfalen 211, 250, 283, 284 Hamm 237 Handelsverband Deutschland (HDE) 42 Haupteinkaufsstraße 228, 234, 241, 242 Hauseigentümer 241 Hausfassade 226, 228, 232, 241 Heimat shoppen 113, 137 Helligkeit 225 Herten 63, 76 Hof- und Fassadenprogramm 232 Hohenlimblog 290 Hohenlimburg 211, 250, 283, 284 Hornbach 75 I Idee 230, 239 Identifikation 23, 238, 242 Identität 63 IKEA 62 Imageförderung 298 Imagesteigerung 286 Immobilie 156 Immobilieneigentümer 30, 162, 163, 166, 167, 171, 174, 175, 228 Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) 25 Immobilienverband Deutschland (ivd) 42 Industrie- und Handelskammer (IHK) 33, 42, 166, 167 Infostand 170 Infrastruktur 195 Innenstadt -Marke 59, 61 -Tourismus 277, 278 -Umbau 234, 241, 268 Innenstadtbesucher 228, 229, 242 Innenstadtentwicklung 11 Inspiration 231 Instagram 97, 98 Institut für City- und Regionalmanagement Regensburg (ICR) 42 Interessengemeinschaft 26 Internet 240 Internetseite 95 J Jobs, Steve 75, 293

Stichwortverzeichnis K Käufermarkt 109 Kapital 51 Kaufhaus 109 Kaufkraft 160 Kennzahl 159 Kinder 210, 219, 231 Kinderwagen 225 Kleinstadt 32 Knochenprinzip 188, 218 Köln 62, 230, 255 Kommune 227, 229, 232, 255 Kommunikation 268 werbliche 89 Konkurrenz 238 Konzept 239, 242 Kooperation 228 Kosten, laufende 227 Kreativität 54, 238 Krise 11 Krisensitzung 288 Kümmerer 39 Künstler 219, 228 Künstlersozialkasse 193 Kunde 32, 242 Kundenbindung 61 Kundenorientierung 109, 128 Kundentoilette 297 Kundenumfrage 297 Kundschaft 226, 242 Kunst 237 im öffentlichen Raum 223, 228 Kunstaktion 228, 238 Kunstfahrrad 238 Kunstroute 228, 238 Kunstrouten-Effekt 238 L Laden 233 Ladeneingang 241 Ladengestaltung 107 Ladenleerstand 155 Ladenschluss 224 Laterne 226, 228 LEADER-Programm 28 Leben findet Innenstadt 42 Lebensgefühl 230 LED (light-emitting diodes) 227

Stichwortverzeichnis Leerstand 155 Leerstandsmanagement 155, 156, 159, 168, 170, 179 Leerstandsquote 159 Leuchtreklame 218, 233 Licht 224, 225 Lichtkonzept 225 Lichtkunstaktion 225 Lichtquelle 225 Lifestyle 299 Lösung 227, 240 Lokalpolitik 33 M Mailing 94 Makler 169 Mandern 28 Manufaktur, urbane 299 Marburg 241 Marke 63 Markenauftritt 65 Markenbildung 61, 64 Markenbotschaft 64 Markenkern 76 Marketingbudget 298 Markise 236 Marktforschung 297 Marktführerschaft 65, 242 Marktsättigung 7 Maskottchen 74, 271 Mauerwerk 232 Medien 286 soziale 95 Medieninfo 103, 104 Medieninformation 103 Medienpartner 289 Medienwand, digitale 242 Mieter 164 Mietinteressent 164 Mietspiegel 158 Mietvertrag, gewerblicher 160, 161 Mikrostandort 174 Mikrostandorte 218 Mindernutzung 175 Mitarbeiter 230 Mitgliedsbeitrag 26 Mitinteressent 162 Mitstreiter 53

307 Mittelstadt 32 Modell, 9K- 50 Moonlight Shopping 136, 228 Motto 227, 233 Mülheim an der Ruhr 229 Müllbehälter 239 Mystery Shopping 146 N Nahtourismus 275 Nahversorgung 28, 196 Nahversorgungszentrum 290 Natürlichkeit 225 Natur 225 Netzwerk Innenstadt NRW 42 soziales 96 Neuanschaffung 27, 227 Neuausrichtung 294 Neueröffnung 287 Neugestaltung 241 Neustadt am Rübenberge 28 Newsticker 94 Nike 63, 68 Nischenkonzept 299 Nutzungsänderung 287 O Oberhausen 175, 259, 295 ÖPNV (Öffentlicher Personen-Nahverkehr) 250 Online-Sichtbarkeit 119 Optikparcours 240 Optimierungsliste 210 Optimierungsrundgang 210 Ordnungsbehörde 32, 190 Ordnungsstrafe 213 Ortskern 67, 228 Ortsmitte 3, 18, 238 Ortszentrum 57, 72 P Paderborn 255 Paris 62 Parkdeck 230 Parkfläche 230

308 Parkgebühr 254 Parkhaus 254, 256 Parkplatz 230, 252, 256 Passantenfrequenz 234 Pflanze 223, 225 mobile 226 Pflanzkübel 223 Plakatkampagne 170, 171 Plakatwerbung 90 Platz 233 Platzgestaltung 234 PopUp-Store 177 Positionierung 58 Postleitzahlen-Abfragen 146 Präsentation 45, 46 Preis 238 Preisaffinität 7 Preisorientierung 75 Premiumsortiment 207 Presse 31 Pressearbeit 99–102 Pressegespräch 102 Pressetext 103 Problemakteur 34 ProCity Gevelsberg 93 Produkt 232 Profil 238 Profilbildung 57, 58, 60 Projektbaustein 285 Projektmanagement 81 Projektpartner 31 PR (Public Relations) 165 Puma 294 Q Qualität 232, 237 Qualitätslevel 294 Qualitätsmarke 294 Qualitätsniveau 232 Quartiersmanagement 18, 285 R Radevormwald 220, 228, 268, 269 Radfahrer 249 Radiowerbung 91, 92 Rahmenmietvertrag, einheitlicher 295 Rahmenvertrag 298 Randsortiment 6

Stichwortverzeichnis Rathaus 242 Raumelement 223 Raum, öffentlicher 225, 226, 228, 231, 237–239, 242 Region 230 Reinigungsintervall 191 REWE 67, 68 Risiko 59 Rollator 211, 225 Rollstuhl 225 Rollstuhlfahrer 210 Ruhrbania 229 Ruhrgebiet 66 Rundschreiben 297 S Sättigungstendenz 109 Sauberkeit 191, 206, 211 Schandflecken 211 Schaufenster 224 Schaufensterbeleuchtung 206, 225 Schaufensterscheibe 232 Schrumpfungsprozess 175 Schwäche 59 Service 107, 115, 231 Shopping Center 109, 297 Shoppingerlebnis 110 Shopping-Plattform, lokale 141 Shoppingtourismus 277 Sicherheit 190, 206, 216, 225, 241 Sicherheitsbarriere 198 Sicherheitsdienst 201 Sicherheitsempfinden 206, 215, 224 Siegen 170–172, 230 Siegplatte 230 Sinneserlebnis 220 Sitzbank 234, 242 Sitzinsel 229 Sitzmöglichkeit 232 Slogan 65 Smartphone 95, 96, 99, 242, 254 Sögel 223 Sondernutzungserlaubnis 92, 194, 220 Sondernutzungsfläche 232 Sondernutzungsgebühr 29, 189, 193, 242 Sonderseite 91, 228 Sonnenschirm 236 Sonntag, verkaufsoffener 71, 93, 136, 185–188, 202

Stichwortverzeichnis Sophies Welt 124 Spielfläche 231 Spielgerät 61, 229, 231, 234 Spielinsel 231 Spielmöglichkeit 242 Spielplatz 231, 232 Spielpunkt 232 Spielstation 231 Sponsor 227, 232, 240 Sponsoring 28, 31 Stadtbeleuchtung 224, 232 Stadtbild 207, 220 Stadtentwicklung 225 Stadtfest 185, 228 Stadtgestaltung 207, 230, 232 Stadtmarketing 18, 25, 47, 230 Stadtmobiliar 209, 218, 221 Stadtmöbel 223 Stadtplaner 235 Stadtrat 242 Stadtraumqualität 207 Stadtteilzentrum 3, 63, 251 Stadtumbau 241 Stadtverwaltung 32, 33 Stadtzentrum 65, 228 Städtebauförderung 27 Städtebauprojekt 229 Stärke 59 Stammkunde 114 Standortentwicklung 208 Standortentwicklungsprozess 285 Standortgemeinschaft 23, 25 Standortkommunikation 89 Standortkonzept 50 Standortmarke 63, 64 Standortmarketing 25, 58 Standortprofil 54, 60, 61 Standortstärkung 238 Standortwettbewerb 238 Storytelling 46, 74 Straßenbelag 231 Straßencafé 235, 241, 242 Straßenpflaster 225 Straßenraum 228, 233, 237 Straßenverkehr 233 Ströer 92 Stromkasten 239 Suchmaschinenoptimierung 119

309 Südwestfälische Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK) 42 S.W.O.T.-Analyse 59 Synergieeffekt 229 T Tagestourismus 275 Tagestourist 238 Teilnehmer 228 Tollstadt 66 Tourist 227 Trading Down-Effekt 9, 10, 212 Down-Prozess 284 Tradition 299 Trends 47 U Uelzen 258 Umbaumaßnahme 242 Umlage 228 projektabhängige 29 Umsatz 242 Umsatzabfrage 147 Unrat 209 Unternehmenskrise 179 Unternehmensnachfolge 179 Unterstützer 228 Unterstützernetzwerk 286, 287 urbanicom 42 Urheberrecht 192 V Vandalismus 213 Vandalismusgefahr 240 Venedig 64 Veranstaltung 185–188, 192, 241 Veranstaltungsmanagement 185 ver.di 11 Vereinsgründung 23 Verfügungsfond 26, 27, 220 Verkäufermarkt 109 Verkaufsförderung 298 Verkehrsmittel, öffentliches 250 Verkehrsplanung 21, 248 Verkehrsteilnehmer 216 Verletzungsgefahr 231

310 Vermarktung 227 Verödung 57, 212 Verschlimmbesserung 209 Verschmutzung 212 Versicherung von Kunstobjekten 240 Verweilareale 229 Verweilen 205, 232 Verweilqualität 230 W Wandel, demografischer 7, 209 Wardenburg 124 Ware 233 Warenpräsentation 107, 232 Wasser 229, 230, 241 Wasserelement 242 Wasserlauf 229 Wasserspiel 219 Webseite 95, 228 Weihnachtsbeleuchtung 226–228 Weihnachtsmarkt 186, 201, 227 Weiterbildungsmöglichkeit für Citymanager 42 Werbeanlage 220, 224, 225, 232, 233 Werbebanner 92 Werbeeffekt 237 Werbegemeinschaft 23, 24

Stichwortverzeichnis Werbeumlage 298 Westfalenkaufhaus 110 Westfalenpost 93 Wettbewerb 242 Wettbewerbsumfeld 58, 60 Wetter 232 Wetzlar 240 WhatsApp 98 Wiedererkennbarkeit 63 Wiese, grüne 177 Wimpelkette 228 Windlicht 228 Windlichterpfad 228 Wir-Gefühl 23, 43 Wirtschaftsförderung 25, 33 WLAN 142, 242 Wochenmarkt 196, 197 Wohlfühlatmosphäre 211, 217 Z Zentralität 160 Zentrenumbau 241 Zentrum 17, 18, 66, 230, 232 Zielkauf 241 Zuschuss 220, 240 öffentlicher 26 Zwischennutzung 177