Bäuerliches Leben im Mittelalter: Schriftquellen und Bildzeugnisse 9783412327170, 3412136026, 9783412136024

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Bäuerliches Leben im Mittelalter: Schriftquellen und Bildzeugnisse
 9783412327170, 3412136026, 9783412136024

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Siegfried Epperlein Bäuerliches Leben im Mittelalter

Siegfried Epperlein

Bäuerliches Leben im Miftelalter Schriftquellen und Bildzeugnisse

2003

BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Umschlagabbildung: Detail aus Wirkteppich, Elsaß, Mitte 15. Jahrhundert. Victoria u n d Albert Museum, London. © 2 0 0 3 by Böhlau Verlag G m b H & Cie, Köln Ursulaplatz 1, D - 5 0 6 6 8 Köln Tel. (0221) 91 39 00, Fax (0221) 91 39 011 [email protected] Alle Rechte vorbehalten Druck u n d Bindung: Westermann Druck Zwickau G m b H Gedruckt auf chlor- u n d säurefreiem Papier Printed in Germany ISBN 3-412-13602-6

Inhalt Vorwort

VII

Einleitung

1

I.

7

Bauernarbeit trägt die Welt 1. Von Sonnenschein und Regen ... wer macht das Wetter? 2. Naturkatastrophen, Hungersnöte und Seuchen

16 20

3. Wozu Hunger Menschen treiben kann 4. Wälder fallen - Sümpfe werden entwässert - Dörfer entstehen

29 30

5. Das Feld wird bestellt 6. Ernte

38 52

7. 8. 9. 10. 11. 12.

II.

Über den Zehnten, Abgaben und Dienste Recht wird gesprochen In der Mühle und im Backhaus Vom Weinbau Schädlinge und Schädlingsbekämpfung Schweinezucht und Schweinediebstahl

68 89 97 104 113 116

13. Von Hirten 14. Wenn Vieh Schaden anrichtet

122 126

15. Verhütet Tierkrankheiten! 16. Allmende

132 137

17. Nutzung des Waldes - Schutz des Waldes 18. Stadt und Land 19. Fehden, Kriegsdienste und Schutz der bäuerlichen Wirtschaft

143 152 160

Alltag im Bauernhaus

177

1. Haus und Hof 2. Trinken - raufen - beleidigen .. .und tanzen

185 193

3. Kleider machen Leute 4. Des Bauern Speise

199 205

5. 6. 7. 8.

Ist das Bett beschritten Eine Bauernhochzeit Ehe und Familie Kinder

208 211 223 232

9. Sorge um die Gesundheit

237

Inhalt

V

III. Der Bauer im Weltbild des Mittelalters

240

1. Ständelehren 2. Aus einem alten deutschen Bauernspiegel

244 255

3. Bauernlob 4. Bauernschelte

260 267

5. Strebe nicht nach Ritterwürden! 6. Vom Ursprung der Leibeigenschaft

272 294

7. Der gewitzte Bauer 8. Zusammenfassung und Ausblick

304 312

Anmerkungen

317

Quellenverzeichnis Literaturverzeichnis

333 341

Bildnachweis

358

VI

Inhalt

Vorwort In das vorgelegte Quellenwerk ist der Ertrag langjähriger Forschungsarbeiten zur Geschichte der ländlichen Bevölkerung im Mittelalter eingegangen. Neben Schriftquellen haben mich dabei immer wieder Darstellungen der bäuerlichen Lebenswelt in der mittelalterlichen Kunst interessiert. Beide Uberlieferungssphären sind geeignet, Grundzüge der geschichtlichen Entwicklung im Agrarbereich im Mittelalter zu erfassen und sichtbar zu machen. Danken möchte ich allen, die mich in diesem Vorhaben unterstützten und bei der Auswahl bzw. Kommentierung von Bildzeugnissen sowie bei der Übersetzung von Quellentexten halfen. Ulrich Bentzien ( t ) und Bernd Schneidmüller bin ich für manchen Ratschlag und förderliche Kritik sehr verbunden. Dem Böhlau Verlag und seinem Programmleiter in Köln, Herrn Johannes van Ooyen, danke ich für die Aufnahme in das Publikationsprogramm und für eine gute Zusammenarbeit.

Siegfried Epperlein

Vorwort

VII

Einleitung

... Der Bauer wird am meisten geschoren. / Ein Bauer und ein Stier sind zwei grobe Tier./Der Bauer ist an Ochsen Statt, nur daßer keine Hörner hat./Gibt der Bauer, so sieht er sauer./Wenn man den Bauern bittet, schwillt ihm der Bauch./Bauern und Weiden muß man oft beschneiden. /Wer einen Bauern betrügen will, muß einen Bauern mitbringen./Wer einen Bauern plagen will, nehm einen Bauern dazu./Wenn der Bauer aufs Pferd kommt, reitet er schärfer als ein Edelmann./Hat der Bauer Geld, so hat's die ganze Welt./Bauern machen Fürsten./Wenn die Bauern nicht wären und ihre Gild, war ein Bettelsack der Edelleut Schild./Bei Gott gilt der Bauer soviel als der Junker./Ein Bauer zehrt mit einem Kreuzer soweit wie ein Herr mit einem Dukaten ... Ein buntes, widersprüchliches, auch provozierendes Bild ist es, das diese vorwiegend im 16. Jahrhundert erstmals aufgezeichneten, in ihrer Entstehung weiter zurückreichenden volkstümlichen Sprichwörter wiedergeben. Ob Lob oder Schelte - gleichviel: deutlich wird das beträchtliche Interesse, das in längst vergangener Zeit immer wieder am Bauern, seiner Arbeit, seiner gesellschaftlichen Stellung, seinem Verhalten, seinem sozialen Status genommen wurde. Kein Wunder, erarbeitete er doch das für alle sozialen Gruppen und Schichten der mittelalterlichen Ständegesellschaft Lebensnotwendige. Er rodete, machte Ödland urbar, säte und erntete, züchtete Vieh, legte Weinberge a n . . . Es ist nicht übertrieben, wenn man für das Wirken des Landmannes im Mittelalter sagt: Bauernarbeit trägt die Welt, und diese, den Alltag des Bauern entscheidend prägende Arbeit war hart und entbehrungsvoll wie das Leben der ländlichen Bevölkerung jener Zeit überhaupt. In den letzten Jahrzehnten ist in Deutschland die Gestalt des Bauern, sein Leben und seine Arbeit im Mittelalter stärker ins Blickfeld der Forschung getreten. In Spezialbeiträgen 1 und in Gesamtdarstellungen 2 wurden die wirtschaftliche Lage, der rechtliche Status und die sozialen Beziehungen der ländlichen Bevölkerung zu den Oberschichten erörtert und analysiert. Neue Erkenntnisse konnten insbesondere über Aufbau und Funktion der Grundherrschaft erzielt werden, in deren arbeitsorganisatorischem Verband der größte Teil der Bauern im Mittelalter lebte. 3 Daneben wurden in volkskundlich orientierten Darstellungen 4 und kulturgeschichtlich angelegten Uberblicken 5 die Vielfalt der bäuerlichen Lebenswelt und damit der Alltag auf dem Lande in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen untersucht. Wenn also festgestellt werden kann, daß es an Darstellungen keineswegs mangelt, so ist die Situation im Bereich von Sammlung und Präsentation von Quellen zur Geschichte der ländlichen Bevölkerung im Mittelalter wesentlich anders. Nach wie vor muß in dieser Hinsicht auch heute noch auf die verdienstvollen Bände von Hermann Wopfner 6 und Günther Franz7 zurückgegriffen werden. Während sich Wopfner auf Urkunden zur deutschen Agrargeschichte aus der Zeit vom 6. bis zum 14. Jahrhundert beschränkt, geht Franz in seinen Quellen zur Geschichte des deutschen Bauernstandes im Mittelalter einen Schritt weiter.

Einleitung

1

Neben Rechtsquellen werden literarische Zeugnisse mit Schilderungen des bäuerlichen Lebens sowie Dokumente zur Entwicklung der Landwirtschaft aufgenommen - gedacht auch als Quellenbuch zur gleichzeitig von Günther Franz herausgegebenen mehrbändigen »Deutschen Agrargeschichte«. 8 Wenn im folgenden der Versuch unternommen wird, einmal das Gesamtfeld des uns heute zur Verfügung stehenden Uberlieferungsgutes zur bäuerlichen Geschichte im Mittelalter in Deutschland mit dem Ziel ins Auge zu fassen, eine möglichst weitgreifende Bestandsaufnahme der verschiedenen Quellengattungen zu bieten, so unterscheidet sich der vorgelegte Band von bisherigen Quellensammlungen in mehrfacher Weise: Es werden noch stärker, als es bei Franz geschieht, literarische Quellen wie Zeugnisse der mittelhochdeutschen Dichtung 9 , Fabeln 10 , Sprüche", Schwänke 12 und Lieder 13 berücksichtigt. Wir erfahren aus diesen Quellen einiges über Kleiderordnungen, Speisevorschriften und die Stellung des Bauern in der mittelalterlichen Ständeordnung. Verschiedentlich fand in diese Quellen auch mündlich tradiertes Kulturgut Aufnahme, das Einblicke in die bäuerliche Mentalität gewährt. Um zu einer möglichst wirklichkeitsgetreuen Betrachtungsweise zu gelangen, war es notwendig, sich nicht nur auf die Wiedergabe jener Auffassungen zu beschränken, die sich geistliche und weltliche Repräsentanten, also Klerus und Adel, in der von ihnen veranlaßten schriftlichen Uberlieferung vom Bauern, seiner Arbeit und seiner Vorstellungswelt machten, so wichtig auch eine möglichst weitgehende Berücksichtigung entsprechender Zeugnisse sicher ist. W i r gingen einen Schritt weiter und suchten zu verdeutlichen, wie der Bauer selbst sein Milieu, das Geschehen in Natur und Gesellschaft, das Wirken der Mächtigen wahrnahm. Die damit angesprochene bäuerliche Vorstellungswelt läßt sich freilich nur schwer aus den heute zur Verfügung stehenden Schriftquellen erschließen. Diese stammen fast ausschließlich aus den Kreisen der Herrschenden und wurden von ihrem Standpunkt aus angefertigt, während von Bauern, denen im Mittelalter der Zugang zum Erlernen von Lesen und Schreiben verwehrt war, kein Schriftgut auf uns gekommen ist. Es wurde dennoch versucht, aus einigen Quellengruppen Anhaltspunkte dafür zu gewinnen, was und wie der Bauer fühlte und dachte. 14 Zu diesem Zweck wurden Poenitentiale (Bußbücher, von lat. Poenitentia = Buße) 15 und Benediktionen (Gebete, von lat. Benedictio - Segen) 16 herangezogen. Die Bußbücher enthalten die vom Priester bei der Beichte gestellten Fragen. Daraus geht hervor, daß die ländliche Bevölkerung noch in überwiegend vorchristlichen Vorstellungen lebte. Die Bauern fühlten sich dem unerkannten Naturgeschehen weitgehend schutzlos preisgegeben, das man von überirdischen Mächten gelenkt und beherrscht glaubte. Danach waren Kälte oder Hitze, Dürre oder Regen das Werk von »Wettermachern«, die die Wolken am Himmel bewegten, die Sonne scheinen oder es hageln ließen, Donner und Blitze erzeugten, die Ernte gedeihen ließen oder sie vernichteten. »Den Bauern lag«, schrieb bereits Max Weber, »spezifisch naturgebunden und von den Elementargewalten abhängig, wie ihre ganze ökonomische Existenz war, die Magie: der zwingende Zauber gegen die über und in den Naturkräften waltenden Geister, oder das einfache Erkaufen göttlichen Wohlwollens ... nahe...« 1 7 Mit Zaubersprüchen sollten Dämonen beschwichtigt und günstig gestimmt werden, um Seuchen, Epidemien oder Hungersnöte abzuwenden, Tierverletzungen zu hei-

2

Einleitung

1 u. 2 Landwirtschaftliche Tätigkeiten in den Sommermonaten. Wirkteppich (Details). Elsaß, Mitte 15. Jahrhundert (Victoria & Albert M u s e u m , L o n d o n ) Darstellungen bäuerlicher Tätigkeiten auf Ausstattungsgegenständen des bürgerlich-städtischen W o h n r a u m e s spiegeln eine damals weitverbreitete S e h n s u c h t nach einem idealen Leben auf d e m Lande wieder. D e r als W a n d b e h a n g d i e n e n d e dekorative Fries beschreibt bäuerliche Arbeiten in den einzelnen M o n a t e n . Die beiden Details zeigen für den M o n a t Juli ein Paar bei der H e u m a h d , f ü r den M o n a t August ein Paar bei der Getreideernte. Die S p r u c h b ä n d e r tragen die elsässische Bezeichnung der M o n a t e . Derartige Bildteppiche wurden im 15. J a h r h u n d e r t am O b e r r h e i n durch Berufswirkerinnen hergestellt.

Einleitung

3

len und Schädlinge zu vertreiben. Die ländliche Bevölkerung war also in starkem Maße vegetationsdämonischen und fruchtbarkeitsmagischen Glaubensvorstellungen verhaftet, in die der von der Abfolge der Jahreszeiten bestimmte Arbeitsprozeß eingebettet war. Dies war nach kirchlicher Ansicht Sünde, weil allein Gott über Leben und Tod, Gesundheit oder Siechtum, Sonnenschein und Regen entschied. Mit der Auferlegung von Bußen wurde der Sünder bestraft und zur strengen Einhaltung der Gebote des christlichen Glaubens angehalten. Anders verfuhr die Kirche in den Benediktionen, wo das in der ländlichen Bevölkerung tief verwurzelte vorchristliche Gedankengut nicht direkt bekämpft, sondern umgebildet wurde. Die etwa bei der Aussaat oder Ernte geübten Bräuche wurden nun zu Saatsegen oder Erntesegen, die der Priester in der Kirche oder auf den Feldern verkündete. Auch diese »Benediktionen« lassen mittelbar Schlüsse auf die bäuerliche Mentalität zu. Weiterhin beschränken wir uns nicht auf das an sich unbedingt erforderliche Sammeln und Zusammenstellen von Dokumenten, sondern versuchen, die jeweilige Quelle in den historischen Kontext einzuordnen, zu kommentieren und zu interpretieren. Es handelt sich also nicht um eine Quellensammlung schlechthin, sondern um ein die geschichtlichen Zusammenhänge verdeutlichendes kulturgeschichtliches Quellenwerk. Schließlich wurde großer Wert darauf gelegt, neben der schriftlichen Überlieferung das Bild als Geschichtsquelle heranzuziehen. Wie wichtig gerade Bildzeugnisse für die Erforschung und Darstellung der bäuerlichen Geschichte im Mittelalter sind, zeigt sich besonders dort, wo sie jene Partien des Lebens der ländlichen Bevölkerung, der bäuerlichen Wirtschaft beleuchten, die in der schriftlichen Uberlieferung wenig oder gar nicht erörtert werden. Das gilt insbesondere für bäuerliche Tätigkeiten, für Arbeitsgeräte und Kleidung, aber auch für den Alltag allgemein, für Tanzformen und Feste, die Anlage von Dörfern und anderem. Hier konnte an ikonographische Forschungen angeknüpft werden, in denen seit geraumer Zeit im Rahmen einer historischen Bildkunde 18 die Aussagekraft von Bildzeugnissen generell für das Mittelalter hervorgehoben wurde. Speziell für die Wirtschaftsgeschichte forderte bereits 1955 die Dopsch-Schülerin Erna Patzelt 19 in einem programmatisch angelegten Aufsatz, das Bild »als urkundliche Quelle« auszuwerten. »Das Ziel ist«, führte sie aus, »ein vollständiges Verzeichnis aller auf europäischem Boden vorhandenen Bildquellen zu publizieren, die für die Wirtschaftsgeschichte etwas aussagen können, ein Standortrepertorium der wirtschaftsgeschichtlichen Bilder.« 1985 stellte Walter Achilles 20 fest: »Etlichen Psalterien ist ein Kalendarium vorgebunden, das häufig auch noch mit Monatsbildern geschmückt ist. Sie schildern zumindest in den Sommermonaten landwirtschaftliche Tätigkeiten, so daß wichtige landwirtschaftliche Arbeiten bestimmten Monaten zugeordnet werden können. Außerdem werden landwirtschaftliche Geräte im Bild vorgeführt, von denen die mittelalterlichen Quellen nur den Namen, nicht aber das Aussehen überliefern. Ohne solche Miniaturen wären keine brauchbaren Aussagen über ihre Gestalt, Funktionsweise und Leistungsfähigkeit möglich. Das Erfassen dieser Bildquellen und ihrer Auswertung sollte deshalb ein Desiderat der Agrargeschichtsschreibung sein.« Bei der Verwirklichung dieser Forderung ist interdisziplinäre Zusammenarbeit nötig. In dieser Beziehung hat namentlich das Institut für mittelalterliche Realienkunde Österreichs der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften in Krems/Donau zahlreiche Publikationen vor allem für das späte Mittelalter vor-

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Einleitung

gelegt und dabei kulturgeschichtliche Probleme verschiedener gesellschaftlicher Gruppierungen in Stadt und Land im Mittelalter mehrfach erörtert. 21 Dabei wurde mit Erfolg versucht, das einschlägige Bildmaterial mit Hilfe von EDV-Verfahren zu erfassen und zu ordnen. 22 Im folgenden soll versucht werden, im Spiegel verschiedenartiger Quellengattungen das mühselige, im Vergleich zu den spektakulären Aktionen der Herrschenden in der großen Politik und auf dem Schlachtfeld unauffällige Wirken des Bauern lebendig werden zu lassen und dem Leser einen möglichst wirklichkeitsnahen und informativen Zugang zur Geschichte der ländlichen Bevölkerung im Mittelalter zu erschließen. Die damit intendierte Gesamtsicht konnte Denkanstöße und Anregungen von Max Weber 23 und vor allem auch der geschichtswissenschaftlichen Tradition in Frankreich aufnehmen und weiterführen. Namentlich die um das Publikationsorgan »Annales« 24 gruppierten Historiker wie Marc Bloch 25 , Jacques Le Goff 26 , Georges Duby 2 7 und Immanuel Le Roy Ladurie 28 haben unter verschiedenen Aspekten Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen Ökonomie, Gesellschaft und Kultur herausgearbeitet und dabei vor allem der Vorstellungswelt (mentalite) 29 der einzelnen sozialen Gruppen und Schichten der mittelalterlichen Ständegesellschaft besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Freilich ist bei manchen der stets geistvollen und anregenden Thesen und Hypothesen zu bisher vernachlässigten Forschungskomplexen die Quellengrundlage mitunter schwer zu erkennen. 30 Auch deshalb dürften die im folgenden vorgelegten Dokumente und Bildzeugnisse willkommen sein, weil sie vielfältige Aspekte der bäuerlichen Lebensweise im Mittelalter in der auf uns gekommenen Uberlieferung verorten und verankern. Die gebotenen Quellen erfassen ungefähr die Zeit vom 9. bis zur Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert und stammen durchweg aus dem Herrschaftsbereich des 'regnum Teutonicum'. Nur in wenigen Ausnahmen wurde aufTexte oder Bildquellen aus anderen Ländern vor allem dann zurückgegriffen, wenn ein wichtiger Sachverhalt nur so erfaßt und dokumentiert werden konnte. Die Quellentexte werden durchweg in hochdeutscher Sprache gebracht. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Masse der Quellenbelege aus der Zeit vom 12. bis 15. Jahrhundert überliefert ist. Daher wird diese Periode in erster Linie erfaßt und dargestellt, während das frühe Mittelalter einen kleineren Raum einnimmt. Je nach Aussagekraft und Informationsgehalt der schriftlichen Quellen zum jeweiligen Sachkomplex werden die entsprechenden Texte in unterschiedlicher Ausführlichkeit wiedergegeben. Häufig wurden Textausschnitte ausgewählt, die nur dann als solche gekennzeichnet sind, wenn sie nicht mit einem neuen Satz beginnen beziehungsweise mit einem vollständigen Satz enden. Nur in diesen Fällen haben wir [...] gesetzt.

Einleitung

5

I. Bauernarbeit trägt die Welt

Wenn im folgenden immer wieder von >Bauern< oder von dem >Bauern< gesprochen wird, so ist danach zu fragen, was wir darunter verstehen. 1 Eine inhaltliche Begriffsanalyse und der Versuch einer sozialen Standortbestimmung werden davon auszugehen haben, daß sich seit dem Neolithikum aus Jägern (Wildbeutern) und Sammlern im Laufe einer langen historischen Entwicklung Ackerbau und Viehzucht treibende Bevölkerungsgruppen entwickelten, die immer mehr jene Merkmale hervorbrachten, welche schließlich für den Bauern im Mittelalter charakteristisch waren. Dazu gehören vor allem Seßhaftigkeit, Verfügung über Haus und Hof mit eigenem Landbesitz, eine einigermaßen kontinuierliche Produktion mit eigenen Werkzeugen, Bestell- und Erntegeräten in eigener Wirtschaft, zunächst vorwiegend für die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse, später, besonders seit der Entstehung der Stadt im 11. Jahrhundert in wachsendem Maße auch für den Markt. Im frühen Mittelalter fehlt zunächst der Begriff des >Bauern< im Sinne von Landwirt. Das Wort >gebure< bezeichnet vor dem 11. Jahrhundert den Mitbewohner des Hauses (bur), den Angehörigen einer Nachbarschaft (burschap). In der schriftlichen Uberlieferung wurde damals bei der Benennung sozialer Gruppierungen im ländlichen Raum die rechtsständische Gliederung in Freie (liberi) u n d Unfreie (servi) akzentuiert. Das änderte sich im Z u s a m m e n h a n g mit der Entstehung, Ausbreitung u n d Konsolidierung von G r u n d herrschaften — ein Prozeß, der sich etwa in der Zeit vom 8 . - 1 1 . Jahrhundert vollzog. Für die gesamte bäuerliche Lebensordnung hatte die Grundherrschaft 2 im Rahmen der europäischen Agrargesellschaft entscheidende Bedeutung. Das gilt bei Berücksichtigung von zeitlichen Phasenverschiebungen u n d strukturellen Unterschieden f ü r England 3 u n d Frankreich 4 ebenso wie für Deutschland. 5 Die sich seit dem frühen Mittelalter herausbildende Grundherrschaft war die Hauptproduktionsorganisation auf dem Lande, in der die Erzeugung landwirtschaftlicher Güter sowie die Entrichtung von Abgaben u n d die Leistung von Frondiensten unter den Bedingungen vorherrschender Naturalwirtschaft gesichert wurde. Größere Grundherrschaften waren in mehrere Fronhofsverbände geteilt, an deren Spitze der »Haupthof« des G r u n d h e r r n stand, der die Bewirtschaftung des zu diesem H o f gehörigen Landes, des Eigenlandes und Sallandes, meist selbst beaufsichtigte. Die ihm unterstehenden Fronhöfe wurden von Meiern geleitet, die für die ordnungsgemäße Leistung der Dienste u n d die vollständige Entrichtung der Abgaben durch die hörigen Bauern zu sorgen hatten. Sämtliche Einkünfte m u ß t e n die Meier an den übergeordneten H a u p t h o f abführen. Dabei ist zu beachten, daß die überlieferten Schriftquellen wie Urkunden, Traditionsnotizen oder Besitz- und Abgabenverzeichnisse (Urbare) 6 herrschaftlicher Provenienz sind. Sie wurden aufgezeichnet, wenn es zu Streitigkeiten um die vom Grundherrn geforderten Leistungen kam, oder waren das Resultat von Bestandsaufnahmen, die die von den Bauern auf den Feldern der Herrn zu verrichtenden Bestell- und Erntearbeiten, Transportdienste und anderes fixierten. Von da schließen wir auf den Komplex >Bauernarbeit< insgesamt, ob-

Bauernarbeit trägt die Welt

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Kalenderbild. Miniatur aus einem Sakramentar. Fulda, Ende 10. Jahrhundert

(Staatsbibliothek, H a n d s c h r i f t e n a b t e i l u n g , Berlin; Signatur: Ms. theol. lat. 2°. 192/, Fragm.) Für diese F o r m eines Kalenderbildes w u r d e vermutlich eine antike Vorlage b e n u t z t . Das antike Erbe zeigt sich nicht nur in der Gesamtgestaltung, sondern auch in den Details. D i e m ä n n l i c h e n Figuren, die die vier Jahreszeiten symbolisieren, tragen phrygische M ü t z e n u n d antike G e w a n d u n g e n : J ü n g linge als Frühling u n d S o m m e r , ältere M ä n n e r als H e r b s t u n d W i n t e r u m r a h m e n d e n im mittleren Kreis t h r o n e n d e n A n n u s , die Personifikation des Jahres. In den seitlichen Arkaden stehende Einzelfiguren stellen die 12 M o n a t e dar; meist tragen sie das G e r ä t einer e n t s p r e c h e n d e n landwirtschaftlichen Arbeit wie ein A t t r i b u t in der H a n d , in einigen Fällen ist die Tätigkeit selbst schon gezeigt, wie Säen u n d Rebenschnitt.

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Bauernarbeit trägt die Welt

wohl wir nur wissen, was die ländliche Bevölkerung auf den Feldern ihrer Herren tat, nicht aber, was sie in der eigenen Wirtschaft, auf ihren Feldern vollbrachte. Eine solche Grundherrschaft, die in mehrere Nebenhöfe untergliedert war, wird nach deren Verwaltern (lat. villicus) auch »Villikationsverfassung« genannt. Die zu einem Fronhofverband gehörenden abhängigen Bauern bildeten eine Fronhofgenossenschaft, die unter Vorsitz des Grundherrn beziehungsweise seines Beauftragten das »Hofding« abhielt und bei der Ausübung der Fronhofgerichtsbarkeit mitwirkte. In diesem Rahmen bildete sich auch das Hofrecht aus, das Rechte und Pflichten der Bauern sowie die Befugnisse des Grundherrn festlegte. Im Laufe eines längeren sozialökonomischen Entwicklungsprozesses sanken einerseits Freie durch teilweise gewaltsame Pressionen ab und wurden von einem Herrn abhängig. Andererseits stiegen unfreie landlose Bevölkerungsschichten auf und verfügten schließlich über ein gewisses M a ß an G r u n d und Boden. Auf diesem Wege bildete sich in den entstehenden Grundherrschaften allmählich eine relativ einheitliche Schicht von H ö rigen heraus. Dieser gesellschaftliche Wandlungsprozeß fand auch in der schriftlichen Uberlieferung Audruck. Seit dem 11. Jahrhundert werden in Rechtsquellen immer häufiger >Ritter< (milites) u n d >Bauern< (rustici) erwähnt. Damit wird die überkommene geburtsständische Differenzierung zwischen >liber< und >servus< zugunsten einer funktionalen Unterscheidung aufgegeben, die in der Abgrenzung des Bauern vom Ritter 7 ihren Ausdruck findet. Sonderschutzbestimmungen für den nun nicht mehr fehdefähigen Bauern in Gottes- und Landfrieden 8 des 11. und 12. Jahrhunderts sowie Verbote der bäuerlichen Waffenführung stehen am Ende eines gesellschaftlichen Strukturwandels, in dessen Verlauf die entscheidenden politischen u n d militärischen Aufgaben auf die adeligen Führungsschichten übergegangen sind. Nicht zuletzt deshalb schied der Landwirt aus dem Heeresdienst aus. Die Intensivierung des Ackerbaus erforderte die ständige Anwesenheit des Bauern in seiner Wirtschaft. Seit dem 11. Jahrhundert setzte in der europäischen Agrarwirtschaft eine dynamische Aufschwungphase ein, die zu einem tiefgreifenden Wandel in den Beziehungen zwischen Grundherren und Bauern führte. 9 Auffallendstes Merkmal dieser Zeit ist eine ungewöhnlich starke Z u n a h m e der Bevölkerungszahl, die sich bis zum 14. Jahrhundert in nahezu allen europäischen Ländern etwa um das Zwei- bis Dreifache vergrößerte. 10 Sichtbarsten Ausdruck fand diese Bevölkerungsexpansion in einer intensiven Rodungstätigkeit, der Ausdehnung der Ackerfläche" u n d einem langfristigen Anstieg der Getreidepreise. Die rasche Ausbreitung und vermehrte Anwendung technischer Neuerungen förderten den landwirtschaftlichen Fortschritt. 12 Höhere Haltbarkeit und größere Arbeitseffektivität wurden im Gerätesektor durch stärkere Verwendung eiserner Teile erlangt. Der Bodenwendepflug mit Sohlenbeschlag, Grindelringen zur Befestigung des Sech, Wedem und Ketten zur Verbindung mit dem Joch beziehungsweise dem Radvorgestell setzten sich im Hochmittelalter durch, als sich die Getreidewirtschaft ausdehnte u n d nun auch schwerere Niederungsböden bearbeitet werden konnten. Eisenbewehrung ist beim Spaten vorhanden. Die Grasmähsense und die Bogensichel für den Getreideschnitt waren die wichtigsten Erntegeräte. Neue Anspannvorrichtungen der Zugtiere kamen dem ansteigenden Transportbedarf zugute. Während Rinder- und Ochsenbespannung vor Ackergeräten weiterhin dominierte, gewann das

Bauernarbeit trägt die Welt

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Pferd vor allem bei Fuhrdiensten über längere Distanzen steigende Bedeutung. Im Bereich der Bodennutzung setzte sich im 12. und 13. Jahrhundert die Dreifelderwirtschaft durch, drängte ältere Bewirtschaftungsformen wie die Feldgraswirtschaft zurück und bewirkte eine erhebliche Steigerung der landwirtschaftlichen Erträge. Starke Impulse auf eine Erhöhung landwirtschaftlicher Produktion gingen von der Entfaltung des hochmittelalterlichen Städtewesens aus. 13 Allmählich setzte eine Arbeitsteilung zwischen Stadt und Land ein, wobei die Bauern die städtische Bevölkerung mit Nahrungsmitteln versorgte, während der Landwirt handwerkliche Produkte in den Städten erwerben konnte. Die Möglichkeit, auf dem Markt kaufen und verkaufen zu können, weckte bei Grundherren und bäuerlichen Betrieben einen vermehrten Geldbedarf. Diese die hochmittelalterliche Ständegesellschaft prägenden wirtschaftlichen und sozialen Wandlungsprozesse schufen neue Rahmenbedingungen für die grundherrschaftliche Betriebsführung. Handwerkliche Produkte, die bisher in den eigenen Fronhofsverbänden hergestellt worden waren, konnten nun in besserer Qualität auf den städtischen Märkten erworben werden. Um die zum Kauf erforderlichen Geldmittel zu erhalten, verpachteten die Grundherren vielfach Fronhöfe. Damit reagierten die Herren auch auf die stärker werdende Abneigung der Bauern, die ihre Wirtschaft belastenden Arbeitsverpflichtungen auf den grundherrlichen Fronhöfen abzuleisten. Vielfach kam es wegen allzu bedrückenden Abhängigkeitsverhältnissen zur bäuerlichen Flucht in die sich herausbildenden Städte (Stadtluft macht frei!) und in Rodungsgebiete mit ihren vorteilhaften Siedlungsbedingungen. 14 Deshalb gingen viele Grundherren dazu über, die bäuerlichen Frondienste in Geldzahlungen umzuwandeln. Dies brachte zusätzliche Einkünfte und entsprach dem Interesse der ländlichen Bevölkerung an einer möglichst freien Verfügung über ihre Arbeitskraft. Die Tendenz zur Abkehr vom traditionellen Fronhofssystem wurde noch durch Selbständigkeitsbestrebungen der Fronhofsverwalter verstärkt, die die erwirtschafteten Uberschüsse nicht mehr an den Grundherren abführten, sondern selbst verbrauchten. Alle diese Faktoren führten im 12. und 13. Jahrhundert dazu, daß die grundherrliche Eigenwirtschaft wesentlich verkleinert wurde. 15 Die Ablösung der Frondienste durch Geldzins, die Fixierung der zu leistenden Abgaben sowie der Übergang zu freieren Landnutzungsformen machten bäuerliche Arbeit lohnender und kräftigten die bäuerliche Wirtschaft als wesentlichen Bestandteil der im hohen Mittelalter entstehenden Dorfgemeinschaft. Bei der Herausbildung von Dorfgemeinden 16 waren Elemente der grundherrlich-bäuerlichen Hofgenossenschaft wesentlich beteiligt (Hofrecht 17 ). Es entstand eine dörfliche Selbstverwaltung mit gewählten Amtsträgern, die die bäuerlichen Rechte gegenüber herrschaftlichen Forderungen wahrnahmen. Eng verbunden mit der Dorfgemeinschaft war häufig die Pfarrgemeinde mit Dorfkirche und Friedhof. 18 Auf dem Kirchplatz fanden Dorffeste und Märkte statt (Kirchweihfeste [Kirmes], Jahrmarkt). Bei der Bestellung von Pfarrgehilfen (Glöckner, Mesner) und der Verwaltung des Pfarrvermögens wirkte der Verband der Pfarrgenossen mit. In diesen Dorfgemeinden, die den Zusammenhalt der Bauern festigten, wurden die rechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten unter den Dorfbewohnern geregelt. In Weistümern und Dorfordnungen 19 wird die Vielfalt wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Formen bäuerlichen Gemeinschaftslebens anschaulich beschrieben. Da im Mittelalter

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Bauernarbeit trägt die W e l t

Gerätschaften und Werkzeuge der ländlichen Bevölkerung relativ einfach und die in der bäuerlichen Wirtschaft zu verrichtenden Arbeiten äußerst schwer waren, blieb der Bauer immer wieder auf Beistand und Hilfe seiner Nachbarn angewiesen. Auch gegenüber Naturkatastrophen und Seuchen war der einzelne nahezu machtlos und allein auf sich gestellt, konnte der Bauer ebenso gegen die Bedrückung durch seine Herren nur wenig ausrichten. So kam es, daß die Rodung der Wälder, die Bestellung der Felder und die Ernte gemeinsam durchgeführt und ganz allgemein im bäuerlichen Alltag auftretende Probleme, Schwierigkeiten und Notfälle vereint angegangen wurden. Die Termine fur das Pflügen, das Säen, das Zäunen, die Einhegung und die Ernte wurden einvernehmlich für alle bindend festgelegt. Dieser Flurzwang war nötig, um einen ungestörten, geregelten Arbeitsablauf im Rahmen der Dreifelderwirtschaft zu gewährleisten und die Dorfgenossen, wenn erforderlich, zu disziplinieren. Gemeinschaftlich unterhielten und nutzten die Dorfbewohner Wege, Brunnen, Brücken, Bewässerungsanlagen, Backhäuser. Sie waren gehalten, gemeinsam dieselbe Mühle und Schmiede aufzusuchen, die freilich, wie der >Dorfkrug< meist grundherrlicher Oberaufsicht unterstanden. Vielfach hafteten die Gemeindemitglieder zusammen für die Entrichtung von Abgaben und standen einander in Notlagen bei. Besonders nachdrücklich setzte sich die Dorfgemeinde für den Schutz der Allmende ein. Die im Laufe des hochmittelalterlichen Landesausbaus vorgenommenen Rodungen führten zu einem starken Rückgang der Waldfläche. Die sich ausdehnenden Felder verkleinerten die Wiesen und Weiden. Immer begehrter wurden Marknutzungsrechte, um die es bald zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Grundherren und Bauern kam. Ausmaß und Intensität der bäuerlichen Arbeiten in den einzelnen Jahreszeiten, insbesondere die im Verlauf des hochmittelalterlichen Landesausbaus vollbrachten Leistungen beeindruckten schon die Zeitgenossen derartig, daß das Leben auf dem Lande nicht allein in Schriftzeugnissen erwähnt, sondern auch in Bildquellen veranschaulicht wird. Im Anschluß an eigene Versuche 20 soll im folgenden kurz auf die geschichtlichen Voraussetzungen für die bildliche Wiedergabe von Bauern, ihrer Arbeit und ihrer Position in der mittelalterlichen Ständegesellschaft eingegangen werden. Schon allein der Tatbestand, daß Motive aus dem Leben der ländlichen Bevölkerung Eingang in die Buchmalerei und Graphik fanden, ist symptomatisch und hat Quellenwert. Die ersten >ArbeitsbilderGeorgicaGeorgica< (Landbau) des Vergil ist ein Lehrgedicht, das die mühevolle, friedliche Arbeit des Bauern preist. Die H a u p t t h e m e n der vier Bücher sind dem Ackerbau, der Baumpflege sowie der Viehund Bienenzucht gewidmet. Vergil wollte in diesen Hexametern nicht so sehr ein H a n d b u c h der Agrikultur geben, sondern vielmehr eine Darstellung der bäuerlichen Arbeitsumwelt. Sie war von der regelmäßigen Wiederkehr der Jahreszeiten geprägt und sollte als Leitbild für eine gesunde menschliche Gesellschaft gelten. Es ist nicht verwunderlich, daß in einer Zeit permanenter Unruhen der H u m a nist Sebastian Brant, der diese Ausgabe besorgte, bei der Herausgabe der Werke des Vergil besonderes Augenmerk auf dieses Lehrgedicht legte. Die Illustrationen des antiken Textes spiegeln zeitgenössisches Milieu wider. Es werden Tätigkeiten der eigenen Zeit gezeigt, so daß ein K o m p e n d i u m von bäuerlichen Geräten u n d Arbeiten entsteht.

wiedergegeben. Bäuerliche Initiative, wachsender Konsumtionsbedarf der Städte und das Streben nach höheren Einkünften bewirkten, daß im Laufe der seit dem ausgehenden 11. Jahrhundert einsetzenden zweiten Phase des mittelalterlichen Landesausbaus durch umfangreiche Rodungen, Entwässerungsarbeiten und Eindeichungen neue Kulturflächen gewonnen wurden. Diese Entwicklung, die weltlichen sowie geistlichen Grundherren die Bedeutung der bäuerlichen Arbeit plastisch vor Augen führte, nahm von Westeuropa ihren Ausgang. In diesem Raum setzte im Zusammenhang mit der Entfaltung städtischen Lebens am frühesten ein wirtschaftlicher Aufschwung ein, an dem die Landwirtschaft entscheidenden Anteil hatte. Nicht zufällig wurden gerade in diesem Gebiet, etwa in Frankreich, seit dem 12. Jahrhundert bäuerliche Arbeiten relativ ausführlich und detailliert im Bilde dargestellt. So wurden nun Psaltern Kaiendarien mit Szenen aus dem bäuerlichen Leben vor-

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angestellt. In »Bilderpsaltern« wurde auf medaillenförmigen Miniaturen der Bauer gezeigt, wie er im Frühjahr das Feld bestellt, im Sommer die Ernte einbringt, im Herbst Weintrauben pflückt, im Winter die Schweine mästet und das Borstenvieh schlachtet. 24 Diese in den verschiedenen Jahreszeiten zu verrichtenden Tätigkeiten der ländlichen Bevölkerung tauchen in Westeuropa, namentlich in Frankreich, nicht allein in der Buchmalerei auf. Die dort enthaltenen Miniaturen mit bäuerlichen Arbeitsdarstellungen wirkten wahrscheinlich auf die Gestaltung von Monatsbildern ein, die als Reliefs an den Portalen der bedeutendsten französischen Kathedralen, wie etwa in Paris, Chartres, Amiens und Reims, erscheinen, um nur die wichtigsten von ihnen zu nennen. 2 5 Auch in Deutschland wurde die bäuerliche Arbeit immer mehr als nützliches, gottwohlgefälliges Werk aufgefaßt (Berthold von Regensburg) 26 . Allerdings bleiben innerhalb des >regnum teutonicum< Monatsdarstellungen fast ganz auf die Buchmalerei beschränkt. Darstellungen von Bauern in der Bildhauerkunst sind hier sehr selten und eher eine Ausnahme. Auf deutschem Boden sind in Prachthandschriften des 13. Jahrhunderts viele reizvolle Miniaturen enthalten wie beispielsweise im sogenannten Landgrafenpsalter. 27 In der vorliegenden Bildauswahl wurde als ein noch weniger bekanntes Beispiel der Buchmalerei das Diurnale aus Kloster Marienstern in Panschwitz-Kuckau in der Lausitz herangezogen. In Monatsdarstellungen wird nun auch die gemeinsame Arbeit von Mann und Frau auf dem Feld und in der häuslichen Wirtschaft gezeigt. 28 Bei der Heuernte führt der Mann die Sense, während Frauen das Heu mit der Harke wenden. Beim Getreideschnitt ist auch die Frau mit der Sichel tätig, doch obliegt ihr öfter das Binden der Garben. Beim Melken der Kühe, bei der Schafzucht und auch beim Schweineschlachten sind beide, Bauer und Bäuerin, dargestellt. Die vor allem im 15. Jahrhundert beliebten und mit reichem Miniaturenschmuck versehenen Gebetbücher (Stundenbücher) 2 9 — vorwiegend Prachthandschriften adliger Auftraggeber im höfischen Bereich -schildern die bäuerliche Tätigkeit in stimmungsvollen Landschaften und beziehen auch Ställe sowie Scheunen in die Darstellung mit ein. Als Beispiele wurden Monatsbilder aus einem in Dresden aufbewahrten Stundenbuch niederländischer Herkunft ausgewählt Eine Umsetzung aus der Kleinkunst in die dekorative große Form erfuhr die Thematik der Monatsbilder in zwei Wirkteppichen des 15. Jahrhunderts. Hier wird das Landleben, die Arbeit des Bauern - ebenso wie auch in den Holzfällerteppichen aus Flandern - in idyllischer Verklärung gesehen, an der sich Adel und Bürger erfreuten. Mit dem Beginn der Druckgraphik und dem Einsetzen des Buchdruckes in der zweiten Hälfte des 15- Jahrhunderts wird der bäuerliche Alltag umfassender als in den Monatsbildern dargestellt. Die zu dieser Zeit meist schon in deutscher Ubersetzung erscheinenden Erstdrucke mittelalterlicher und antiker Autoren sind mit Holzschnitten reich illustriert, die den Text durch konkrete Darstellung der eigenen Zeit, ihrer Arbeitsvorgänge und Bräuche veranschaulichen und aktualisieren. So findet man in einer 1493 erschienenen Ausgabe des Werkes des Petrus de Crescentiis >Commodorum ruralium libri< (Bücher vom Nutzen der Landwirtschaft 30 ) nahezu alle Tätigkeiten, die auf einem Bauernhof anfallen: das Striegeln, Waschen und Beschlagen der Pferde, das Melken und Scheren der Schafe, die Käsezubereitung, die Imkerei und den Fischfang, das Graben, Pflanzen und Pfropfen der Bäume im Gar-

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ten. Eine ähnliche Auswahl enthält auch die niederdeutsche Ausgabe der Fabeln des Aesopus von 1489. Die Illustrationen der >Georgica< des Vergil in der 1502 besorgten Ausgabe von Sebastian Brant vereinen jeweils mehrere Tätigkeiten auf einem Blatt, so daß das Spektrum bäuerlicher Arbeit sichtbar wird. Hier ist auch das in den Schriftquellen immer wieder erwähnte Zaunflechten, das Brotbacken, die Schmiedearbeit am Amboß oder auch das Vertreiben der Vögel von der Saat dargestellt. Die Holzschnitte im >Speculum vitae humanae< (Spiegel des menschlichen Lebens) von 1490 zeigen Bauern beim Notar, die Leiden der ländlichen Bevölkerung bei Unwettern und die Ablieferung des Zehnten. 31 Letztere wird auch auf Einzelholzschnitten Schäufeleins zu Beginn des 16. Jahrhunderts abgebildet. Die >Zehntbauern< werden auch in das der Ausschmückung des Rathaussaales zu Uberlingen dienende Schnitzwerk einbezogen. Biblische Themen boten Gelegenheit zur Wiedergabe landwirtschaftlicher Tätigkeiten. Die Hirten mit ihren Tieren auf der Weide sind häufiges Sujet im Bild der Verkündigung der Geburt Christi. Die Legende des Kornwunders bei der Flucht nach Ägypten läßt in manchen Gemälden des 15. Jahrhunderts die Form der damals zum Getreideschnitt benutzten Sense erkennen. Doch wird man bei diesen Beispielen, wie in vielen anderen Werken der Kunst des hohen Mittelalters, das Einfließen antiker Vorbilder zu berücksichtigen haben,

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Kornernte.

Miniatur aus dem Kalendarium des Dresdener Gebetbuches. Flämisch, um 1470/90

(Sächsische Landesbibliothek, Dresden; Signatur: Mscr. A: 311 Bl. 7; Reproduktion nach Zeitglöcklein) Die Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau charakterisierte den Alltag der Landbevölkerung. Die schwere Arbeit des Mähens mit der Sichel, wie hier im Monatsbild Juli dargestellt, oblag dem Mann, die Frau band die Gaben zusammen.

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um Fehlinterpretationen und unmittelbare Rückschlüsse auf den tatsächlichen Verlauf bäuerlicher Arbeitsvorgänge zur Entstehungszeit der Werke auszuschließen. Auf Illustrationen von Textstellen des Alten Testaments findet man Adam beim Hacken, Graben oder Pflügen. Ruth wird beim Ährenlesen gezeigt. Bei der Veranschaulichung der ägyptischen Plagen wird offenbar auf die die bäuerliche Wirtschaft immer wieder heimsuchenden Heuschrecken 32 , Seuchen und Unwetter Bezug genommen - Plagen, die durch Gebete an bestimmte Schutzpatrone (Hl. Gertrud, Hl. Konkubilla) abgewehrt werden sollten. Waren diese Darstellungen auch nicht als Wiedergabe der Wirklichkeit gedacht, so flöß doch Naturbeobachtung im Detail mit ein (Tracht, Arbeitsgeräte). Mit dem im 15. Jahrhundert zunehmenden Interesse an der eigenen Umwelt, in die man häufig das biblische Geschehen und die Heiligen versetzte, wird landschaftlicher Hintergrund, werden Hütten und Häuser dargestellt. Zuweilen ist ein Genremotiv als Staffage in ein Gemälde mit christlicher Thematik eingefügt: Bauern, die ihre Ware in die Stadt, Mehl zur Mühle bringen oder Holz abfahren. In der Spätgotik werden mit der Hinwendung zur Wiedergabe der Umwelt auch das Dorf und seine Bewohner Bildgegenstand. Insbesondere mit dem Aufkommen der Druckgraphik und ihrer Blüte an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert werden der Bauer und

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Dreschen auf der Tenne.

Miniatur aus dem Kalendarium des Dresdener Gebetbuches. Flämisch, um 1470/90 (Sächsische Landesbibliothek, Dresden; Signatur: Mscr. A: 3 1 1 Bl. 8; Rep r o d u k t i o n nach Zeitglöcklein) In einer Scheune wird im Monatsbild August

das Korn g e d r o s c h e n .

Im

H i n t e r g r u n d sind die gleichmäßig geb u n d e n e n G a r b e n zu sehen.

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sein Leben, seine Arbeit, sein Stand und nicht zuletzt sein soziales Aufbegehren vielseitig geschildert. So ergibt sich das Problem, daß nahezu alle Bildquellen aus dem hohen und späten Mittelalter überliefert sind, während für die Zeit bis zum 11. Jahrhundert nur sehr wenig Bildmaterial zur Verfügung steht. Diese Quellensituation zwang dazu, daß für den in einer Schriftquelle wiedergegebenen Sachverhalt der bäuerlichen Geschichte mitunter ein Bildzeugnis aus späterer Zeit herangezogen werden mußte. Wir sind uns der damit implizierten Problematik bewußt. In jedem Falle wurde das jeweilige Bildzeugnis nicht aus dem historischen Zusammenhang gerissen, in dem es wurzelt, also keinesfalls als gewissermaßen zeitloses Anschauungsmittel betrachtet, sondern stets als ein unter ganz spezifischen Bedingungen und Voraussetzungen entstandenes Quellendokument verwendet. Nur selten entsprechen sich Wort u n d Bild in der gleichen Quelle. Das bekannteste Beispiel dafür ist das bedeutendste deutsche Rechtsbuch des Mittelalters, der Sachsenspiegel, mit seinen vier erhaltenen Bilderhandschriften. 33 Ausgewertet wurden Faksimileausgaben der Heidelberger Bilderhandschrift (um 1330), der Wolfenbütteler Bilderhandschrift (3. Viertel des 14. Jahrhunderts) u n d der Dresdener Bilderhandschrift (3. Viertel des 14. Jahrhunderts).

1. Von Sonnenschein und Regen ... wer macht das Wetter? Im frühen Mittelalter, etwa in der Zeit vom 9. bis zum beginnenden 11. Jahrhundert, als in Europa der Christianisierungsprozeß weitgehend abgeschlossen war, sahen es bedeutende Geistliche als eine wesentliche Aufgabe ihres Wirkens an, in der Bevölkerung weiterhin lebendiges vorchristliches Gedankengut energisch zu bekämpfen. Entsprechende Quellenzeugnisse sind auch deshalb wertvoll, weil sie uns Einblicke in die bäuerliche Vorstellungswelt eröffnen. So wandten sich Erzbischof Agobard von Lyon in einer besonderen Abhandlung und Bischof Burchard von Worms in seinen Bußvorschriften entschieden gegen offenbar weit verbreitete Vorstellungen, der für das Leben, die Arbeit der ländlichen Bevölkerung, für das Funktionieren der bäuerlichen Wirtschaft überhaupt außerordentlich wichtige Witterungsablauf könne durch Zauberei und magisch-dämonische Kräfte, über die sogenannte Wettermacher angeblich verfügten, bestimmt, ja entscheidend beeinflußt werden. Unter den herrschenden einfachen Existenzverhältnissen sahen sich die Menschen den Naturgewalten weitgehend schutzlos preisgegeben. Deshalb vertrauten sie auf das Wirken dämonischer, überirdischer Mächte, wenn sie >um gut Wetten< baten oder Naturkatastrophen abwenden wollten, die die Aussaat, das heranreifende Getreide ebenso wie die Traubenernte gefährden, ja vernichten konnten. Dagegen betonten maßgebende kirchliche Repräsentanten, daß allein Gott über Regen oder Sonnenschein, Hitze oder Kälte entscheide. Indirekt läßt sich aus dem von der Kirche bekämpften >Teufelswerk< erschließen, was und wie das Volk wirklich dachte, wie es das Naturgeschehen deutete, welche Sorgen und Nöte es bewegte. Wie zählebig sich solche Gewohnheiten u n d Bräuche hielten, zeigt ein Text vom Ende des 15- Jahrhunderts, wonach ein drohendes Gewitter durch menschliche >Abwehrmaßnahmen< vertrieben werden könne.

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Die Plage des Hagels. Holzschnitt von Bernt Notke in der Niederdeutschen Bibel. Lübeck 1494

(Universitätsbibliothek Leipzig, H a n d s c h r i f t e n a b t e i l u n g ; Signatur: Biblia 204) Im zweiten Buch Mose des Alten Testaments wird von den sieben ägyptischen Plagen berichtet, die die M e n s c h h e i t heimsuchen. Z u ihnen gehört auch die Plage des Hagels. Sie galten als Vorboten des Jüngsten Gerichts, das der z ü r n e n d e Weltenherrscher einst abhalten wird. Die Angst der Zeitgenossen vor N a t u r k a t a s t r o p h e n spiegelt sich in den Buchillustrationen wider.

Von Menschen, die man Wettermacher nennt In unseren Landstrichen sind fast alle Menschen, Adlige und Nichtadlige, Städter und Landleute, Alte und junge der Meinung, daß Hagel und Donnerwetter von Menschen willkürlich hervorgerufen werden können. Sie sagen nämlich, sobald sie Donner hören und Blitze sehen, >das ist ein angestiftetes UnwetterWettermacher< Hagelschauer zu erzeugen, die in entfernteren Gebieten niedergingen, von wo dann L u f t schiffen das daniederliegende Getreide abtransportierten. Einige von ihnen fallen >aus den

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Wolken< und werden von der geschädigten Bevölkerung gesteinigt, die über die Anstiftung des Unwetters mit anschließendem Getreideraub erzürnt ist. Ein Mädchen mit Bilsenkraut soll Regen bringen Hast du getan, was manche Frauen zu tun pflegen? Wenn sie keinen Regen haben und ihn dringend benötigen, so holen.sie eine Anzahl Mädchen zusammen und machen ein noch ganz kleines und jungfräuliches gewissermaßen zur Führerin ihrer Gruppe; und diese ziehen sie nackt aus undfiihren sie so entkleidet außerhalb des Dorfes zu einer Stelle, wo sie Bilsenkraut finden, was im Deutschen >Bilisa< heißt, und lassen diese Jungfrau ebendiese Pflanze mit dem kleinen Finger der rechten Hand ausziehen, und wenn sie mitsamt der Wurzel herausgezogen worden ist, so lassen sie diese mit irgendeinem Band an den kleinsten Zeh des rechten Fußes binden. Und die Mädchen, welche alle eine Gerte in der Hand halten, führen das zuvorgenannte jungfräuliche Mädchen, welches das Kraut hinter sich her schleift, in den nächsten Fluß hinein und besprengen mit diesen Gerten die Jungfrau mit Flußwasser, und dann hoffen sie, dank ihrer Zaubersprüche Regen zu bekommen. Und danach führen sie die Jungfrau ebenso nackt wie zuvor rükkwärtsgehend wie bei einem Krebs an den Händen vom Fluß ins Dorf zurück. Wenn du das getan oder zugelassen hast, sollst du zwanzig Tage bei Brot und Wasser Buße tun. 11. Jahrhundert. Burchard von Worms, Spalte 976.

Blitzsegen In dem DorfZscheila, auf einem Granitfelsen hoch über dem Heiligen Tal, ließ Bischof Benno [von Meißen] eine Kapelle zu Ehren des hl. Georg erbauen. Er stiftete auch die Glocke für das Gotteshaus und nahm selbst deren Taufe vor. Danach schritt er einen großen Kreis ab und bestimmte durch seinen Segen, daß dieser Umkreis der Glocke gegen Blitzschlag gefeit sein solle. Tatsächlich blieb selbst bei schwersten Unwettern das Gebiet von Einschlägen frei. 11. Jahrhundert. Sachsen. Kumpf, Elisabeth, S. 26.

Wie vertreibt man ein drohendes Gewitter? Wenn die Wolken herangejagt kommen und sich zu senken drohen und ein Unwetter bevorsteht, so werden unten von allen Seiten sogleich Lärm und prasselnde Geräusche durch Schütteln und Aneinanderschlagen von Hölzern hervorgebracht, auch durch den Ruf von Menschenstimmen und das Tönen der Glocken, und alsbald zerstreuen sich die Wolken, und die Blitze und Donner werden gehindert, herunterzugelangen. Und dies hat einen Grund. Denn Rufe, Lärm und Rasseln treiben die unteren Luftschichten nach oben. Die nach oben getriebene Luft aber stellt sich dem Unwetter und dem Blitz entgegen und versperrt ihm den Weg nach unten. 1482. Mathias Farinator, Liber mortalitum magnarum rerum naturalium lumen dicitur. In: Franz, Adolph, Band 2, S. 40.

Der in Wien geborene, um 1505 gestorbene theologische Schriftsteller stellte in seinem >Buch über die Vergänglichkeit der großen Weltbegebenheiten, Licht [im Sinne von Leben] genannt< naturkundliche Merkwürdigkeiten zusammen und schildert phantasievoll, aber nicht unwahrhaftig menschliches Verhalten gegenüber meteorologischen Vorgängen.

Von Sonnenschein und Regen

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2. Naturkatastrophen, Hungersnöte und Seuchen In Jahrbüchern (lat. annales; von lat. annus = das Jahr), die seit etwa dem 9. Jahrhundert meist von anonymen Verfassern ohne Titel überliefert sind, wurde in streng chronologischer Abfolge in knapper Form das aufgezeichnet, was vom Standpunkt der allein schreibkundigen Mönche und Geistlichen mitteilenswert erschien: Erfolge bei der Christianisierung, wichtige politische Ereignisse wie die Krönung oder die Absetzung von Königen, Siege und Niederlagen kämpfender Heere, Adelserhebungen, Kriegszüge. Bezeichnenderweise erwähnen diese Jahrbücher auch verschiedentlich Naturkatastrophen, die vielfach Mißernten, Hungersnöte und Seuchen verursachten - also Erscheinungen im gesamten Mittelalter, die tief und störend in das Leben aller Menschen eingriffen und im Bewußtsein der Zeitgenossen unauslöschliche Spuren hinterließen. Die Mehrzahl der Jahrbücher stammt aus Klöstern, nach denen diese Aufzeichnungen häufig benannt wurden. Regen und Hagel vernichteten entweder die Ernte oder führten, wenn solche Unwetter nach der Ernte ausbrachen, dazu, daß die Feldfrüchte verfaulten. Dauerregen konnte auch die Getreidehalme derart niederdrücken, daß überhaupt nicht geerntet werden konnte. Überschwemmungen beeinträchtigten die Aussaat von Wintergetreide, wodurch die Ernte des kommenden Jahres in Frage gestellt wurde. Außerdem begünstigte allzu feuchte Witterung den Ausbruch von Seuchen. Harte Winter fügten der bäuerlichen Wirtschaft schwere Schäden zu. Regen — Hagel - Gewitter In diesem Jahre [820] entstanden durch ständige Regenfdlle und allzu feuchtes Klima große Schäden. Denn eine Seuche, welche Menschen und Rinder befiel, wütete weit und breit so schrekklich, daß im gesamten Frankenreich kaum eine Gegend gefunden werden konnte, die von dieser Seuche frei und unberührt blieb. Auch das Getreide und die Hülsenfrüchte wurden durch den Dauerregen verdorben und konnten entweder nicht geerntet werden oder verfaulten nach der Ernte. Auch der Wein, der in diesem Jahr nur spärlich wuchs, war aus Mangel an Wärme sauer und herb. In manchen Gegenden aber wurde, da die Flüsse über die Ufer traten und das Wasser auf ebenem Gelände stehenblieb, die Herbstaussaat derart behindert, daß vor dem Frühjahr gar nichts ausgesät werden konnte. [...] Und in Sachsen sind [823] [...] dreiundzwanzig Dörfer durch vom Himmel fallendes Feuer verbrannt, und zwar kamen die Blitze bei heiterem Wetter, am hellen Tage vom Himmel herab. Und in vielen Gebieten wurden die Feldfrüchte durch Hagelschlag vernichtet, und an manchen Orten konnte man mit dem Hagel zusammen richtige Steine von gewaltigem Gewicht vom Himmel fallen sehen; auch sind Häuser vom Himmel herab getroffen und Menschen und andere Lebewesen überall häufiger als gewöhnlich von Blitzen erschlagen worden. Daraufbrach eine große Seuche und Sterblichkeit unter den Menschen aus, die im gesamten Frankenreich grausam und endlos gewütet hat und eine unzählige Menge Menschen jeden Alters und Geschlechtes durch ihr schlimmes Wüten umgebracht hat. 820 u n d 823. Fränkisches Reich. Annales regni Francorum, S. 154 u. 163.

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Von der Erwartung bessrer Zeit. Holzschnitt (Detail) aus Sebastian

Brants >Kurtz Tröstung wider affter cöser, depperer, erabschnyder zu baden Gedicht zu dem gryffogel Erhard zu haneGeschehnisse< (lat. res gestae - Ereignis) aus seiner Amtszeit. Die aus dem ersten Viertel des 9. Jahrhunderts (Fränkisches Reich), der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts (Bayern, Bodenseegebiet, Schwaben) und des 13. Jahrhunderts (Bayern) stammenden Quellentexte schildern in eindrucksvoller Kürze lapidar die verheerenden

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Auswirkungen eines strengen Winters. Brach die kalte Jahreszeit zu früh herein, so konnte die Herbstaussaat des Wintergetreides entweder nicht oder nur sehr mangelhaft erfolgen. Dauerte der Winter zu lang, so konnte kein Sommergetreide angebaut werden. In beiden Fällen waren zumindest schlechte Ernteerträge die Folge, die zu Hungersnöten führten, denen viele durch Kälte und ungenügende Ernährung geschwächte Menschen zum Opfer fielen. Es fehlte an Saatgut, und damit war die wichtigste Voraussetzung für künftige Ernten nicht gegeben. War der Winter endlich vorüber, schmolzen Eis und Schnee, so brachten Überschwemmungen der bäuerlichen Wirtschaft oft schweren Schaden. Windbruch in den Wäldern Ein äußerst heftiger und bisher unbekannter Sturm hat viele Schiffe versenkt, mehrere Gebäude zerstört, zahllose Obstbäume undWaldbäume umgestürzt, so daß in gewissen Wäldern kaum ein Zehntel

stehenblieb.

1135. Umgebung von Mühlhausen/Thüringen. Annales imperiales, S. 580.

Saturn, ein Stern von sehr kalter Natur In diesem Jahre gab es eine große Hungersnot. Denn der Saturn, einer der 7 Planeten, ein Stern von sehr kalter Natur, der in diesem Jahr am äußersten Rande des Sternbilds Widder stand, hatte die vorhergehenden 7 oder 8 Jahre unfruchtbar und das Land nahezu unempfänglich gemacht, so daß es nur in wärmeren und fruchtbareren Landstrichen seinen Bestellern geringe Ernteerträge und spärliche Weide brachte. In dieser unfruchtbaren Zeit sind fast in allen Ländern zahllose Menschen an Hunger gestorben; die übrigen haben ihr Leben mit Kräutern, Pflanzenwurzeln und auch mit dem Verzehr von Baumrinde kläglich gefristet. Manche machten es sich auch zur Gewohnheit, dem Großvieh wöchentlich Blut abzuzapfen, und erhielten mit dieser Nahrung ihr Leben. Dieser Stern vollendet in dreißig Sonnenjahren am Horizont strahlend seinen Umlauf. Wenn die Sonne in den Sommersternbildern ihm begegnet, verursacht er in dieser Zeit einen kalten Sommer und verwandelt ihn in eine beinahe winterliche Regenzeit. Trifft aber die Sonne in den Wintersternbildern auf seinen kalten Einfluß, so wird der Winter durch verdoppelte Kälte schrecklicher als gewöhnlich, weil dieser Stern durch seine Nähe sogar die Sonne selbst kälter macht. Diese Verdoppelung der Kälte, die aus der Nähe dieses Sternes zur Sonne zusammen mit derjährlich eintretenden Winterkälte sich ergibt, bringt den Ländern noch größere Unfruchtbarkeit, wenn dieser Stern, im Sternbild des Wassermannes, der Fische oder im ersten Abschnitt des Widders stehend und somit den Winter bis in den März oder April verlängernd, die Erde sich nicht zu ihrer gewohnten Zeit öffnen und begrünen läßt. 1145. Kloster Reichersberg am Inn/Oberösterreich. Annales Reicherspergenses, S. 460.

Die Annalen des Augustiner Chorherrenstiftes Reichersberg berichten über Ereignisse aus Bayern und Österreich. Zwei Katastrophenjahre: 1150 und 1151 Es gab Ernteausfälle bei Getreide und Wein, und der Winter [1150] war sehr streng und lang. 1150. Erfurt. Annales S. Petri, S. 20.

Naturkatastrophen, H u n g e r s n ö t e und S e u c h e n

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Vom Vorabend des Geburtstages des hl. Johannes des Täufers [24. Juni 1150] an gab es häufig schrecklichen Donner, furchtbare Blitze, beängstigende Stürme, starke Regenfdlle, große Überschwemmungen sowie finstere, dichte und stinkende Nebel; darauf folgte eine schwere Epidemie und Sterblichkeit sowohl der Menschen wie auch des Viehs und ein großer Mangel an Feldfrüchten; daher kam auch im folgenden Jahr vor der Erntezeit eine so große Hungersnot, wie sie die Menschen jener Zeit noch nie erlebt hatten. Es behaupteten nämlich diejenigen, welche sich etwas darauf einbilden, in der Astronomie einige Kenntnisse erworben zu haben, daßin diesem Jahr Saturn die Herrschaft hatte, der nach Vollendung seiner Umlaufzeit, die 30 Jahre beträgt, den abgeschlossenen Umlauf erneut beginnt und dann seine Herrschaft unter starkem Hochwasser der Flüsse, großen Epidemien und Sterblichkeit, Unfruchtbarkeit des Bodens und Hunger und auch durch stürmisches Klima und anderen Störungen jeglicher Art zum Ausdruck bringt. Der Winter war rauh und lang, und er zog sich sehr lange in das folgende Jahr hinein. 1150. Magdeburg. Annales Magdeburgenses, S. 190.

Es herrschte [1151] große Hungersnot und Sterblichkeit unter den Menschen. 1151. Erfurt. Annales S. Petri, S. 57.

Die Erde trug reichlich Frucht; durch Regengüsse jedoch, die vom Johannistag [24. Juni 1151] an bis Mitte August alles verwüsteten, konnte sie diese nicht zur Reife bringen. Da auf den Feldern die Wurzeln des Getreides erfroren waren, gab es [1151]großen Mangelan Feldfrüchten. 1151. Gembloux. Sigebert Aquicinctina, S. 396, 1151. Gembloux. Sigebert Bellovacensis, S. 463.

In diesem Jahr [1151] gab es plötzlich vor dem Monat August eine schwere Verteuerung des Weizens, so daß ein Cambrenser Maß öffentlich für mehr als 9 Schillinge verkauft wurde. Es gab auch eine schlimme Seuche des Viehs, welche die Zunge befiel, besonders bei Pferden. 1151. Cambrai. Annales Camaracenses, S. 522.

Es gab eine so große Hungersnot [1151], daß ein halber Scheffel Weizen für 30 Schillinge verkauft wurde, und 6 ziemlich kleine Brote kaufte man für 7 Schillinge. Die Fürsten selbst hatten einige Tage kein Brot und lebten von Breien verschiedener Art; das Volk lebte vom Fleisch seiner Tiere und von Kräutern, mehrere Tausend Menschen starben vor Hunger, so daßin den Dörfern viele Häuser von Bewohnern leerstanden. 1151. Ottobeuren. Annales Ottenburani, S. 313. Eine Mitte des 12. Jahrhunderts Mittel- und Westeuropa heimsuchende Naturkatastrophe beeindruckte die Zeitgenossen derartig, daß sie weitgehend übereinstimmend und gleichzeitig aus sehr entfernt liegenden Orten darüber berichten. In annalistischen Aufzeichnungen aus Thüringen (St. Peter in Erfurt), Schwaben (Kloster Ottobeuren, südlich von Memmingen), Nordfrankreich (Bistum Cambrai an der Scheide) und Belgien (Kloster Gembloux bei Naumur) wird relativ ausführlich berichtet, daß 1150/51 ein langer Winter die Herbstaussaat schwer schädigte. Feuchte, sonnenarme Witterung, Stürme und Überschwemmungen Ende Juni 1150 kamen dazu. Alles zusammen führte zu einer Mißernte mit anschließender Hungersnot. Der Winter 1150/51 war wiederum sehr kalt. Das anfangs gut

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gedeihende Getreide konnte jedoch wegen anhaltendem Regen nicht reifen. Die zu erwartende und dann auch eintretende Hungersnot trieb bereits im Juli 1151 die Preise für Getreide und Brot stark in die Höhe. So kostete ein Brot umgerechnet etwas über einen Schilling (12 Denare), für das sonst ungefähr 1 Denar bezahlt wurde. Viehsterben wegen Mangel an Winterfutter Am heiligen Ostersonntag, am 30. März, war der Südostwind von Wolken geschwängert, und eine Woche darauf, am 6. April, bedeckte er Häuser und Felder mit leuchtend weißem Schnee, und somit setzte der April mit weißem und kaltem Haupte ein, was vielen, die kein Heu, Futter und Getreide hatten, mißfiel. Es gab in diesen Tagen eine große Teuerung bei allen Waren. Aus Mangel an Heu starb das Großvieh, die Lämmer starben durch die Kälte, und die Schafe waren hinfällig. Denn drei Dinge kamen zusammen: ungewöhnliche Kälte, Viehsterben und die zu befürchtende Verteuerung des Getreides. Es wurde nämlich der vierte Teil eines Scheffels für zwei und eine halbe Mark verkauft, und niedergeschlagen waren die Gemüter vieler, welche bedachten, daßihre Sünden es dazu kommen lassen [...] Wenn wir nämlich schwer büßen müssen, ohne die Ursache zu kennen, so erkennen wir doch, daß dies von Gottes Gerechtigkeit ausgeht [...] Gott ist gerecht und betrügt niemanden. Er ist treu und wahrhaftig, denn er hält sein Versprechen. Er ist gerecht, weil er alles richtig entscheidet. Denn die Weisheit Gottes ist unbegrenzt, beschränkt ist hingegen das Wesen dieser Welt. 1 2 2 5 . Friesland. E m o n i s C h r o n i c o n , S. 5 0 8 .

Emo von Huzinge, Abt des 1214 nach Wittewierum bei Groningen verlegten Klosters Bioemhof, verfaßte für die Jahre von 1204 bis 1237 eine Chronik. Er berichtet u. a., daß im Frühjahr 1225 wegen eines langandauernden Winters das für die Uberwinterung vorgesehene Futter nicht reichte. Schnee im April verzögerte die Weidemöglichkeiten im Freien. Infolgedessen konnte ein Teil des Viehbestandes nicht gehalten werden. Sicher wurden viele Tiere schon vor dem Verhungern geschlachtet. Körnerausfall In diesem Jahr war auch eine große Teuerung, weil der Sturm im vorhergehenden Jahr die Getreidekörner herausgeschüttelt hatte. 1226. E r f u r t . C h r o n i c o n S. Petri, S. 2 2 6 . Die sogenannte Peterschronik entstand in einer auf dem Petersberg zu Erfurt gelegenen geistlichen Niederlassung. Dämme gegen Überflutung Die Dörfer, die am Wasser liegen und einen Damm haben, der sie vor der Flut schützt, sollen ihren Teil des Dammes gegen die Flut befestigen. Kommt jedoch die Flut und bricht den Damm, so lädt man mit einem Alarmruf alle ein, die innerhalb des Dammes wohnen, und wer nicht bei der Ausbesserung des Dammes hilft, der hat alles Erbe verwirkt, das er innerhalb des Dammes besitzt. U m 1230. Sachsenspiegel, L a n d r e c h t , 2. Buch, Artikel 56, § 1.

Naturkatastrophen, Hungersnöte und S e u c h e n

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Zwischen 1220 und 1235 übertrug Eike von Repgow (Reppichau bei Dessau), der selbst als Schöffe tätig war, im Auftrage des Grafen Hoyer von Falkenstein die zunächst in Latein abgefaßte Rechtsaufzeichnung >Sachsenspiegel< ins Niederdeutsche. Die erste deutsche Fassung war nicht die endgültige. Erst die um 1270 entstandene 4. Fassung stellt einen inhaltlichen Abschluß dar. Von ihr gehen alle folgenden Handschriftengruppen aus, darunter auch die Bilderhandschriften. Eike von Repgow schuf in einer Zeit, in der es so gut wie kein geschriebenes Recht gab, das kostbarste Werk mittelalterlichen deutschen Rechts in seiner Heimatsprache. Es werden in erster Linie bäuerliche Rechtsverhältnisse, das Zusammenleben im Dorfe sowie die Beziehungen der Oberschichten untereinander behandelt. Enthalten sind weiterhin Vorschriften über das mittelalterliche Gerichtsverfahren, Strafen für Verbrechen sowie ehegüterliche und erbrechtliche Bestimmungen. Wahrscheinlich entstand der Sachsenspiegel in der Nähe einer der Stifts- oder Klosterbibliotheken des östlichen Harzvorlandes. Im Entstehungsgebiet und Geltungsbereich des Sachsenspiegels, also im ElbeSaale-Raum, sollte mit Dammbauten die Überschwemmungsgefahr gebannt werden. Wie an der Küste waren auch hier die Bauern verpflichtet, diese Dämme instandzuhalten und bei Dammbruch sofort auszubessern. Ein Komet erschien, darauf kam eine Hungersnot Im Jahre des Herrn 1263 wurde ein Stern gesehen, den man Kometen nennt, und zwar ununterbrochen 30 Tage hindurch; ein solcher zeigt nach Beda und anderen Gelehrten entweder kommende Hungersnot oder Seuchen, Sterblichkeit, politische Umwälzungen, windiges Wetter oder heftige Stürme an. 1 2 6 4 . Kloster A d m o n t / S t e i e r m a r k , Annales A d m u n t e n s e s , S. 6 5 6 . Die im Kloster Admont in der Steiermark im 11. Jahrhundert entstandenen Jahrbücher wurden im 13. Jahrhundert im Kloster Zwiefalten, Baden-Württemberg, fortgesetzt. Der Glaube an den Einfluß überirdischer Mächte auf das Schicksal der Menschen äußerte sich auch darin, daß man astronomische Erscheinungen (Sonnen- und Mondfinsternisse u. a.) vielfach als Vorboten kommenden Unheils deutete. Die in einem der Texte angeführte Berufung auf Beda, den berühmten angelsächsischen Kirchenlehrer und Geschichtsschreiber, sollte dem behaupteten Zusammenhang zwischen dem Auftauchen eines Kometen und der daraufhin ausbrechenden Hungersnot besondere Uberzeugungskraft verleihen. Eine Hungersnot in Friesland und Westfalen In diesem Jahr [1272] gab es eine sehr große Hungersnot in Friesland, die sich auch über ganz Westfalen erstreckte, dazu eine Sterblichkeit der Schafe. Die Friesen, besonders die Ostfriesen [...], befielen in diesem Jahr noch vielerlei Unglücksfalle, welche die Auswirkung der Hungersnotsteigerten. Erstens dadurch, daß das Land durch Pilger von Geld entblößt worden war; zweitens, daß wegen übermäßiger Regenfalle vier Jahre lang nur sehr wenig Korn gewachsen war, vor allem in Durswolden, wo es zu anderen Zeiten sehr reichlich vorhanden ist; man konnte auch weder in Trenthe noch an der Ems, noch sonst irgendwo welches kaufen, sondern nur in Dänemark und im Slawenlande, wo der Herr, der zürnt und sich wieder erbarmt, eine reiche Getreideernte beschert hatte, damit wenigstens irgendwo etwas vorhanden war, um die Geschöpfe

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Gottes am Leben zu erhalten [...] Drittens, daßder Herr Bischof aus Haß gegen die Bewohner im Emsgau [...] wegen ihres Ungehorsams den Markt an der Ems gesperrt hatte. So konnten die Friesen ihr Vieh nicht verkaufen und nicht die notwendigen Dinge [gemeint ist hier wohl Getreide] mit Butter, Käse oder mit Pferden bezahlen, weilsie kein Geld hatten [...] In Dänemark und im Slawenland wollte man ihr Vieh nicht nehmen, sondern nur Geld. Auch haben ihre Amtsleute in sämtlichen Städten das Verbot ergehen lassen, Getreide außer Landes zu verkaufen [...] Darum hat Gott, der gerechte Richter, weilsie ihren Mitknechten keine Barmherzigkeit erwiesen haben, im selben Jahre angefangen, ihre Vergeltungsmaßnahmen zu rächen. In jenen Gegenden pflegt man das Sommergetreide spät, nach dem Festtag des heiligen Bonifazius [5. Juni], auszusäen. Um diese Zeit gab es eine derartige Dürre, daßfast das gesamte Sommergetreide verdarb. [...] Viertens stiegen die Preise, weil die Viehseuche schon seit sieben Jahren von einem Ort zum anderen schlich und die meisten Tiere starben. In diesen zwei Jahren [1272/73] aber starben fast überall die Schafe, und so konnten die Menschen nicht ihren Hunger mit Milchprodukten stillen, wie sie manchmal zu tun pflegten. Und so verstärkte sich schließlich die Hungersnot derartig, daß um die Pflngstzeit ein großer Scheffel [Getreide] für 18 Schillinge Sterling [...] verkauft wurde, in Mentarawalda aber ein Scheffelfür 4 Mark Sterling, zahlbar innerhalb eines Jahres. Die Einwohner jener Gebiete nehmen nämlich auch maßlose Wucherzinsen, sie verlangen für eine Mark [...] 4 Mark nach einem Jahr undfordern für einen Scheffel vier nach einem Jahr. Darum waren sie anscheinend bestrebt, die geistliche Gerichtsbarkeit außer Kraft zu setzen, um ihre Wuchergeschäfte uneingeschränkt betreiben zu können [die Kirche verbot den Wucher]. Grundstücke waren in diesen Zeiten gewissermaßen gar nichts wert, besonders in niedrig gelegenen Landstrichen, wie in Waltersum und Umgebung, weil der Hafer unter Wasser stand; es fanden sich auch deshalb keine Käufer, weil das Geld fehlte. Daher wurde die Hungersnot so groß, daß viele an Hunger starben; und es wären noch mehr gestorben, wenn Mönche ihnen nicht geholfen hätten [...] In dieser Hungerszeit waren vor allem die Einwohner von Astawalda und in Broke, weil ihre Äcker niedrig lagen, in Bedrängnis. Daher flüchteten nicht wenige von ihnen in die Städte, manche, um zu betteln, manche, um gleichsam nur fürs Essen als Knechte zu dienen, obwohl sie zuvor eigene Felder bestellt hatten. Denn wenn bei diesen Menschen der Roggen nicht gedeiht, so können sie sich nicht mit Vieh oder Milchprodukten behelfen. Viele sind sowohl aus Friesland wie auch aus Trenthe ausgewandert, in der Hoffnung, anderswo einen besseren Lebensunterhalt zu finden. Manche haben auch ihr klägliches Leben, so gut es ging, mit Brennesseln, Hagebutten und Lolch [Wendelgras, Raygras] gefristet, besonders aber mit Wegerich; denn der Herr, welcher auch im Zorn die Barmherzigkeit nicht zu vergessen pflegt, läßt in teuren Jahren oftmals den Wegerich aufden Feldern und die Fische im Meer [...] üppiger als sonst gedeihen. 1272/73. Friesland. Menkonis Chronicon, S. 560. Menko setzte die von Emo, Abt des Klosters Bioemhof in Friesland, verfaßte, von 1204 bis 1237 reichende Chronik fort. Für die in Friesland und Westfalen im Jahre 1272 wegen einer Hungersnot entstandene Notlage führt der Chronist folgende Gründe an: Langanhaltender Regen hatte das Wachstum von Getreide schwer beeinträchtigt. Die Einfuhr von Getreide aus >Uberschußgebieten< wie Dänemark und slawischen Ländern, die offenbar sonst üblich war, scheiterte 1272 an der Weigerung, Vieh, den Haupthandelsartikel der Friesen, in Zah-

Naturkatastrophen, Hungersnöte und Seuchen

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lung zu nehmen. Man forderte Geld, das nicht vorhanden war, weil, wie der Chronist bemerkt, Pilger (Kreuzfahrer?) alles Münzgeld mitgenommen hatten. Wichtiger für den herrschenden Geldmangel war wohl die Tatsache, daß den Friesen die Märkte an der Ems gesperrt wurden, so daß sie weder Vieh noch Milchprodukte verkaufen konnten. Dazu kam schließlich, daß die Getreideausfuhr aus den genannten Gebieten verboten wurde - vielleicht, um die Preise in die Höhe zu treiben - und eine Viehseuche ausbrach. Damit wurde der für die Küstenbewohner existenzwichtige Viehhandel - Getreide gedieh bei dem dauerfeuchten Klima an der See schlecht - stark eingeschränkt, und es entfiel auch die Möglichkeit, statt Getreideerzeugnissen Milchprodukte zu verzehren. Die erwähnten Faktoren führten dazu, daß die Preise stiegen und Geld- und Getreidewucher blühten. Der Zinssatz erreichte eine Höhe von dreihundert Prozent. Damit wurde die herrschende Notlage noch verschärft: Viele Menschen starben oder flüchteten in die Städte. Vom Wüten der Pest In dieser Zeit war ein gar großes Sterben hier in Augsburg und überall rings im Lande wie seit Menschengedenken nicht. Es starben auf dem Lande mehr als die Hälfte aller Menschen. Das Korn war wohlfeil, ein Scheffel Roggen kostete 70 Regens burger [1300 bis 1400 in Regensburg geprägte süddeutsche, Pfennige]. Am Freitag nach dem heiligen Kreuztag, als es erhöht wurde [Fest der Kreuzerhöhung, 14. September], gingen alle Priester und Klostermönche mit allen Reliquien in einer löblichen Prozession um die Stadt, und man bat Gott, daß er uns wolle gnädigsein und daß das große Sterben in der Stadt und auf dem Lande aufhören solle. Denn es war eine elende, schreckliche Sache, das Volk wollte fast verzweifeln. Viel Getreide blieb ungeerntet auf dem Feld, und viel Land blieb unbesät und unbestellt, weil es an Leuten fehlte. Doch waren alle Lebensmittel wohlfeil. Um 1400. Augsburg. Burkhard Zink, S. 26. In diesem selben Jahr entstand ein großer Jammer, es kam das zweite große Sterben, so daß die Menschen in allen Gegenden der deutschen Lande an dieser Seuche in Scharen zugrunde gingen, so wie sie während der ersten Seuche starben. Und wo sie nicht hinkam in diesem Jahr, da kam sie im zweiten Jahr und drang überall hin. Auch kosteten das Korn und die Frucht ihr Geld, so daß es in manchen Landen gar hart und kümmerlich zuging, besonders in Hessen, in Westfalen und auch anderswo. Der Wein war sehr teuer. So kostete ein Quart Wein aus dem Elsaß in Limburgfünf Engelse [Münzbezeichnung des 14. Jahrhunderts], das ist wahr, und der Landwein und der Wein vom Rhein einen Schilling Pfennige. Um 1400. Limburg. Tilemann, S. 46. Im Jahre 1450 ist eine schnell um sich greifende Pest an vielen Orten ausgebrochen, so daß man glaubte, es sei damals mehr als ein Drittel aller Menschen gestorben. Die Seuche erfaßte ganz Asien, Griechenland und Ungarn, breitete sich auch gewaltig in Frankreich und in allen deutschen Landen, insbesondere am Rhein, desgleichen in Holland, Flandern, Seeland usw. aus. Allenthalben starben viel Leute, denn es war ein Weltsterben. Wo man hinkam, da fand man die Seuche, so daß es völlig vergeblich war, aus einem Lande in das andere fliehen zu wollen. In Magdeburg starben mehr als achttausend, in Halle fünftausend Menschen, und es sind viele Menschen in dieser Grafschaft [(MansfeldJ zugrunde gegangen. 1450. Mansfeld. Cyriacus Spangenberg, f. 383 b.

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Bauernarbeit trägt die W e l t

9 Die Plage der Beulen. Holzschnitt vorn Bernt Notke in der Niederdeutschen Bibel. Lübeck 1494 (Universitätsbibliothek Leipzig, Handschriftenabteilung; Signatur: Biblia 204) Die Thematik des Blattes war über die Schilderung des biblischen Geschehens hinausgehend aktuell angesichts der Pestwellen, die seit Mitte des 14. Jahrhunderts immer wieder über Europa zogen und die Bevölkerung ganzer Dörfer vernichteten.

Der in Memmingen geborene Burkhard Zink war städtischer Chronist; er lebte seit 1419 in Augsburg, 1459 war er städtischer Zinsmeister. Zink verfaßte nach 1450 eine Chronik mit Autobiographie für die Zeit von 1368 bis 1468, in der er für die Einigkeit der Reichsstädte gegen weltliche und geistliche Fürsten eintritt. Tilemann Elhen von Wolfhagen verfaßte nach 1402 für die Zeit von 1335 bis 1398 die Limburger Chronik in deutscher Sprache, eine bedeutende kulturgeschichtliche Quelle, die u. a. über Trachten und Musik berichtet sowie Anekdoten und Volkslieder wiedergibt. Cyriacus Spangenberg, 1546 Rektor in Eisleben, verfaßte eine Mansfeldische Chronik.

3. Wozu Hunger Menschen treiben kann Waren in einem Notjahr die Nahrungsmittelvorräte, die bei der niedrigen Produktivität der Landwirtschaft im Mittelalter nur sehr gering waren, aufgezehrt, so blieb den Bauern, wollten sie nicht verhungern, häufig nichts anderes übrig, als Haus u n d H o f zu verlassen, in der Hoffnung, in anderen Gebieten Rettung und Hilfe zu finden. Auch Fälle von Menschenfresserei kamen vor. Die durch massenhafte Todesfälle ohnehin dezimierte Bevölkerung nahm weiter ab. Da so die Zahl der Arbeitskräfte zurückging, konnte ein Teil der Ackerflä-

Wozu Hunger Menschen treiben kann

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che nicht mehr bestellt werden, die Ernteerträge verringerten sich weiter - neue Hungersnöte kündigten sich an. Flucht vor dem Hunger Während der Regierungszeit König Lothars [817—855] gab es im Lande der Franken, sowohl in Gallien wie auch in Burgund, eine schwere Hungersnot, Sterblichkeit der Menschen und Viehseuche. Diese wütete nach dem gerechten Urteilsspruch Gottes im Volke so sehr, daß viele sich gezwungen sahen, ihre Heimat zu verlassen und in andere Länder auszuwandern, so daß viele Orte des fränkischen Reiches nur noch wenige Einwohner hatten. 868. Flavigny/Burgund. Hugonis Chronicon, S. 355.

[...] eine allgemeine Hungersnot [wirkte sich so stark] aufdas gesamte Reich aus, daß viele große Dörfer leerstanden, weil deren Einwohner umgekommen waren. 1045. Altaich/Bayern. Annales Altahenses maiores, S. 39.

Hugo, Abt des Klosters Flavigny in Burgund, verfaßte seit 1090 eine bis zum Jahre 1102 reichende Chronik. Menschenfresserei wegen Hunger Die Hungersnot, die im vorhergehenden Jahre [791] begonnen hatte, nahm solche Ausmaße an, daß sie nicht allein dazu zwang, unreine Dinge zu verzehren, sondern es dazu brachte, daß Menschen andere Menschen aßen, ein Bruder den anderen, die Mütter ihre eigenen Kinder. 792. Annales Mosellani, S. 498.

Diese nicht genau lokalisierbaren Jahrbücher beschreiben mehrfach Ereignisse in der Gegend an der oberen Mosel.

4. Wälder fallen - Sümpfe werden entwässert - Dörfer entstehen In alter Zeit waren weite Gebiete Mitteleuropas eine riesige Wildnis. Daher mußten, bevor bäuerliche Wirtschaften angelegt, Häuser gebaut, Felder bestellt und Dörfer gegründet werden konnten, Wälder gerodet, Sümpfe trockengelegt und Küstenstreifen eingedeicht werden. Die Schaffung und darauffolgende Erweiterung landwirtschaftlicher Nutzflächen forderte dem Bauern im Mittelalter härteste Arbeit ab, die er mit einfachen Produktionsinstrumenten bewältigen mußte. Dieser sich in zwei Phasen vollziehende Landesausbau - im frühen Mittelalter (8. bis 9. Jahrhundert) und im hohen Mittelalter (12. bis 13. Jahrhundert) - wurde von der ländlichen Bevölkerung mit großer Energie vorangetrieben, da nur so höhere Erträge erzielt, mehr Vieh gezüchtet und damit die Lebensbedingungen verbessert werden konnten. Die Oberschichten erkannten bald, wie nützlich diese bäuerlichen Initiativen für eine Erhöhung ihrer Einkünfte und den Ausbau ihrer Herrschaft ganz allgemein waren. Deshalb förderten sie vielfach diese Rodungen im 12. und 13. Jahrhundert.

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Bauernarbeit trägt die Welt

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Adam und Eva bei der Ar-

beit. Tafel aus denn Petri-Altar des Meisters Bertram. 1379 (Hamburger Kunsthalle) Barhäuptig

und

barfüßig

mit

w e i t a u s h o l e n d e r , kraftvoller G e bärde d i e H a c k e s c h w i n g e n d , erscheint A d a m als einfacher B a u er.

Eva

sitzt

neben

ihm

am

S p i n n r o c k e n . Sie trägt d i e K o p f bedeckung

der

verheirateten

F r a u u n d ein schlichtes H a u s g e w a n d . In der S c h i l d e r u n g biblischer S z e n e n a u f d e n Altartafeln f a n d vor allem in der Z e i t erster bäuerlicher Unruhen die Darstellung ländlicher Tätigkeiten eine p r ä g n a n t e S c h i l d e r u n g .

Das Schloß jedoch Rodungsverbote keineswegs aus. Sie wurden erlassen, wenn Bauern ohne Erlaubnis in Wäldern rodeten, die unter herrschaftlicher Verfügungsgewalt standen. D a in den vorausgegangenen Jahrhunderten überwiegend siedlungsfreundliche Böden in günstiger Lage, wie Täler, kultiviert worden waren, wurden nun in Gebirgen gelegene Wälder, Moore und Marschen urbar gemacht. Namentlich im Mittelgebirge mit seinen schwer rodbaren Laubwäldern und in Teilen der norddeutschen Tiefebene veränderte menschliche Rodungstätigkeit häufig zum ersten Mal die natürliche Vegetation des sich weithin ausbreitenden >UrwaldesAckernWer sich in Sumpfland niederlassen will ...< Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit. Dietrich, durch Gottes Gnade Bischof der Kirche von Halberstadt. [...] Es sei also [...] bekannt, daß die Leute, die das Sumpfland zwischen Oker und Bode bewohnen, Hufen zu je vierzehn holländischen Ackern besitzen sollen. Jeder soll zu Beginn der Siedlung eine Viertelmark Silber zum Zeichen [der Anerkennung der bischöflichen Herrschaft] und jedes Jahr nach der Ernte den Zehnt bezahlen, nach dem vierten Jahr aber solljede Hufe am St. Martinsfest [11. November] vier Schillinge als Zins und den Zehnten

Wälder fallen - Sümpfe werden entwässert - Dörfer entstehen

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wie bisher abliefern. Zu jedem Dorfe sollen fünfzig Hufen gehören, die Zins und Zehnt dem Bischofzahlen. Außerdem soll auch die Kirche eine Hufe haben und der Bauermeister eine. Wer sich im Sumpfland niederlassen will, hat freien Zuzug und Wegzug, Frieden für seinen Besitz und seine Leute sowie gemeinsamen Anteil an Wäldern und Weiden. [...] Sie werden durch den Bischof Frieden haben, das Sumpfgebiet zu besiedeln, und nachdem sie ihrem Herrn sein Recht abgegolten haben, werden sie von jeder Belastung frei sein und unter dem Schutz des Bischofs stehen. Sie sollen jedes Jahr drei Gerichtstage haben, an denen ein Vertreter des Bischofs teilnehmen wird; von dem, was an Strafgeldern eingeht, erhält der Bischof zwei Teile und einen der Bauermeister, der darüber nach Anweisung des Vertreters des Bischofs verfugt. [...] Uber Diebstahl und andere Vergehen wird der Bauermeister nach ihrem Recht richten, doch wird er den Vertreter des Bischofs hinzuziehen. Stirbt jemand ohne Erben, so wird seine Erbschaft ein Jahr und einen Tag aufbewahrt; kommt inzwischen kein Erbe, dann erhält davon der Bischof zwei und die Kirche einen Teil. 1180 bis 1184. Bischof Dietrich von Halberstadt ordnet Rechte und Pflichten der Siedler im Sumpfgebiet zwischen Oker und Bode (Großes Bruch zwischen Werlaburgsdorf und Oschersleben). UB Halberstadt, Nr. 308, S. 276. (Übers, in: Heibig, Herbert/Weinrich, Lorenz, Band 1, Nr. 18, S. 93 f )

Zur Bewältigung der Entwässerungsarbeiten werden jenen, die das Sumpfgebiet kultivieren wollen, beträchtliche Zugeständnisse gemacht. Die Bauern sind, abgesehen von einem geringfügigen Rekognitionszins, von allen Lasten befreit. Sie genießen Freizügigkeit und sind erst nach der Urbarmachung des Ödlandes und der Anlage von Ackern zu einer von Jahr zu Jahr ansteigenden Abgabe verpflichtet. Die Siedler verfügen über eigene Gerichtsbarkeit, die ein aus ihrer Mitte stammender Bauermeister unter Hinzuziehung eines bischöflichen Vertreters ausübt. Wälder fallen - Neue Dörfer entstehen Es sind nun 329Jahre vergangen, seit dieses alte Buch geschrieben wurde [...] In dieser langen Zeit sind bekanntlich viele Wälder gerodet, viele Dörfer erbaut, die Zehnten vermehrt worden, auch sind [...] viele Mühlen errichtet, viele Weinberge angelegt sowie unendlich viele Ländereien kultiviert worden. Es ist auch zu beachten, daß die Besitztümer des Klosters Prüm in verschiedenen Regionen weit und breit verstreut liegen; deshalb braucht sich niemand zu wundern, daß nicht alle einzelnen Besitztümer und Lehen in diesem Buche erwähnt sind. Wer also bestrebt ist, sich mit Sorgfalt und Eifer nach diesen zu erkundigen, kann viele Besitztümer und Lehen ausfindig machen, die in diesem Buche nicht verzeichnet sind. 1222. Eifel. Prümer Urbar, S. 259.

Der seit dem 11. Jahrhundert verstärkt einsetzende Landesausbau fand nun auch in der schriftlichen Überlieferung zunehmend Beachtung. Der Text ist in der im Jahre 1222 angefertigten Neufassung eines Urbars enthalten, das 893 im Benediktinerkloster Prüm (Eifel, nordwestlich von Trier) entstand. Urbare sind Verzeichnisse, in denen die Verpflichtungen (Abgaben, Dienste) der im Verband einer Grundherrschaft lebenden, abhängigen

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11 Die Holzfäller. Wirkteppich. Tournai 1460 (Musee des Arts Decoratifs, Paris) In einem Eichenwald werden die unterschiedlichen Arbeiten beim Holzfällen gezeigt. Das Geschehen ist wirklichkeitsgetreu geschildert: die Einzelheiten der Arbeitsgänge, die Werkzeuge u n d Geräte sowie die Tracht der agierenden Personen, in d e n e n deren interschiedliche soziale Stellung z u m Ausdruck k o m m t . Die b u r g u n d i s c h e n Bildteppiche mit Bauerndarstellungen waren im höfischen Bereich als W a n d s c h m u c k f ü r b e s t i m m t e R ä u m e e n t s t a n d e n . Im Kontrast zur eigenen überfeinerten Lebenskultur schien sich die adlige Gesellschaft an Bildthemen zu erfreuen, in d e n e n die urwüchsige Kraft des Volkes z u m A u s d r u c k k a m . D e r Teppich enthält das W a p p e n des Kanzlers Nicolas Rolin, der als Auftraggeber gelten k a n n .

ländlichen Bevölkerung festgehalten wurden. O f t finden sich hier auch Angaben über Grundbesitz. Die Benediktinermönche hoben in ihrer Ordensregel den Wert der Handarbeit besonders hervor, betätigten sich innerhalb der klösterlichen Wirtschaft selbst und widmeten generell der Landwirtschaft große Aufmerksamkeit. Der ehemalige Abt des Klosters Prüm, der 1222 das Urbar überarbeitete, registrierte die seit dem frühen Mittelalter im Landesausbau vollzogenen Fortschritte auch deshalb, weil sie dem Kloster höhere Einkünfte brachten. In diesem Zusammenhang fällt auch Licht auf die für viele mittelalterliche Grundherrschaften typische Streulage des Landbesitzes, die dem Abt die Ubersicht erschwerte. >Von wilder Wurzel ... < Wo Bauern ein neues Dorf gründen von wilder Wurzel, denen darf des Dorfes Herr geben Erbzinsrecht an dem Gute, obgleich sie zu dem Gute nicht geboren sind. Kein Recht darf er ihnen aber geben oder dürfen sie selbst wählen, womit sie des Landes Richters Recht kürzen oder sein Gewette [Bußgeld] mindern oder mehren möchten. U m 1230. Sachsenspiegel (Heidelberg), Landrecht, 3. Buch, Artikel 79, § 1.

Wälder fallen - Sümpfe werden entwässert - Dörfer entstehen

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Landrechts< hinaus. Sehr aufschlußreich ist, wie dies geschieht. Der Artikel 79, § I enthält lediglich die wichtige Festlegung, daß bei Dorfgründungen >von wilder Wurzelnicht zum Gute geboren sindDes Dorfes Herr< übergibt dem in der zugehörigen Textstelle nicht erwähnten >Bauermeister< als rechtlichem Vertreter der Bauern eine besiegelte Urkunde, in der ihnen offenbar das Erbrecht gewährt wird. Mit dieser im Bild deutlich erkennbaren Ubergabe der Urkunde sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß der ganze Vorgang nicht bloßes grundherrliches Diktat war, sondern auf gegenseitiger Übereinkunft beruhte, die Bauern also verhandlungsfähige Vertragspartner waren. Deshalb stellte der Zeichner dem Herrn den >Bauermeister« gegenüber. Dieser wird im Gebiet der Markgrafschaft Meißen bereits im 12. Jahrhundert im Zusammenhang mit einer existierenden oder entstehenden Dorfgemeinde in der schriftlichen Überlieferung erwähnt. Sie vereinte landbesitzende Bauern, die gemeinsam siedelten und wohnten. Diese standen in einem Abhängigkeitsverhältnis, regelten aber ihre eigenen Angelegenheiten relativ selbständig und wirkten als rechtsfähiger Verband nach außen und nach innen. Häufig war die Gemeinde Kristallisationskern des bäuerlichen Widerstandes gegen Bedrückung, der aus ihrer Einbindung in Grundherrschaften resultierte. Die mit der Zeichnung im Sachsenspiegel gegenüber dem zugehörigen Textabschnitt vorgenommene, recht aufschlußreiche Ergänzung deutet auch daraufhin, daß dem Herrn, in einzelnen Fällen auch den Bauern, bei schriftlich festgehaltenen Vereinbarungen eine Urkunde übergeben wurde. Die Bauern bewahrten sie als Beweismittel an einem möglichst sicheren Ort auf. Als beispielsweise 1118 die Markgenossen von Oesede (Kr. Iburg, Bistum Osnabrück) mit dem Kloster Iburg einen Vertrag über Waldnutzungsrechte schlossen, heißt es abschließend, daß die Bauern darauf bestanden, daß zwei in allen Teilen gleiche, mit Zeugen und Siegel versehene Exemplare der getroffenen Vereinbarung angefertigt wurden. Eines davon bewahrten sie in ihrer Kirche auf, das andere erhielt das Kloster (Dezember 1118, UB Osnabrück, Nr. 230). Ahnlich wurde offenbar verfahren, als 1186 ein Rechtsstreit zwischen dem Getreuen des Markgrafen Otto des Reichen aus Meißen, Adalbert von Taubenheim, mit fränkischen Ansiedlern in Sora, Ullendorf und Hassela geschlichtet wurde. Die darüber angefertigte Urkunde wurde im Jahre 1769 beim Einreißen der Kirche des Dorfes Sora südlich von Meißen in einer Giebelmauer, verwahrt in einem Holzkästchen, gefunden. Offenbar war auch hier ein Exemplar der Urkunde bei Vertragsabschluß den Bauern überlassen worden, die sie nun in die Kirche eines von ihnen bewohnten Dorfes einmauerten und damit gleichsam »archivierten« (Codex Saxoniae, Nr. 523).

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5. Das Feld wird bestellt Vom 5. bis 10. Jahrhundert wurde in Mitteleuropa bei der Feldbestellung durchweg der Hakenpflug benutzt, der den Boden zwar lockerte, zerkrümelte, aber nicht umwendete. Mit dem Haken wird senkrecht zur ersten Furche, also über Kreuz, geackert, so daß häufig dem Quadrat angenäherte Acker entstehen, die Blockflure. Ein wichtiger Fortschritt bei der Bestellung der Felder wurde mit der Einführung des Bodenwendepfluges erzielt, der im 13. Jahrhundert allgemein angewandt wurde. Im Gegensatz zum Hakenpflug wurde nun der Boden zuerst vom Sech senkrecht, dann von der eisernen Schar waagerecht geschnitten, etwas angehoben und vom Streichbrett zur Seite gedrückt. Die Ackerscholle wurde vom Bodenwendepflug gewendet und durch nachfolgendes Eggen zerkleinert. Daneben wurde der Hakenpflug weiter benutzt, der im Vergleich zum Beetpflug weniger Spannvieh benötigte und zur Bearbeitung steiniger und stark verunkrauteter Acker geeignet war. Mit dem Hakenpflug konnte man auf dem Feld auch relativ leicht größeren Hindernissen, wie etwa nach der Rodung stehengebliebenen Stubben, ausweichen. Beim Pflügen der Acker waren meist zwei Personen tätig: Einer führte den Pflug, während der andere, oft ein Knabe, das Spannvieh leitete und es mit einem Stecken antrieb. Durch das Pflügen werden ganz allgemein Nährstoffe und Erdteilchen, die von Niederschlägen aus den obersten Bodenschichten ausgewaschen wurden, wieder nach oben gebracht. Durch das Lockern des Bodens werden Voraussetzungen für gute Durchlüftung, Wasserabführung und das leichtere Eindringen der Wurzeln aus dem später eingebrachten Saatkorn ins Erdreich geschaffen und das Unkraut weitgehend vernichtet. Der im Mittelalter weit verbreitete Bodenwendepflug mit ebenem Streichbrett ermöglichte zwar im Vergleich zum Hakenpflug eine intensivere Bearbeitung des Bodens, hatte aber zwei Nachteile: 1. Der durch Sech und Schar abgeschnittene Boden wurde durch das Streichbrett zwar seitlich um eine Furchenbreite versetzt, aber nur ungenügend gewendet. 2. Infolge beträchtlicher Reibungsverluste wurde eine relativ große Zugkraft gebraucht. Deshalb waren oft mehrere Zugtiere erforderlich, über die nicht jede bäuerliche Wirtschaft verfügte. Oft mußten mehrere Bauern ihr Zugvieh einander zur Verfügung stellen, um die schwere Arbeit des Pflügens zu bewältigen. Die angeführten Mängel versuchte man in späteren Jahrhunderten dadurch zu beheben, daß man einen möglichst harmonischen Ubergang von der Schar zum Streichbrett herstellte und diesem eine gewundene Form gab. Damit wurde ein besseres Wenden der Ackerscholle erzielt und zugleich der beim Pflügen auftretende Bodenwiderstand etwas verringert. Ein solcher Pflug dürfte jedoch im 15. Jahrhundert noch eine Ausnahme gewesen sein und ist in Deutschland erst in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bezeugt. Die Herstellung eines gewundenen Streichbrettes, das aus einem Holzblock herausgearbeitet werden mußte, war sehr schwierig. Außerdem wurde durch Anbringen eines solchen Streichbrettes das Gewicht des Pflugkörpers erhöht. Eine Herstellung aus Eisen wäre im 15. Jahrhundert technisch möglich gewesen, war aber bis weit ins 18. Jahrhundert für die meisten Bauern zu teuer. Als Zugvieh vor dem Pflug bezeugen die Quellen im frühen Mittelalter ausschließlich das Rind, welches außerdem Milch und Fleisch für die menschliche Nahrung lieferte.

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13 Landwirtschaftliche Arbeitsdarstellungen. Miniatur in einem Kalendarium. Salzburg, um 818 (Bayerische Staatsbibliothek M ü n c h e n ; Signatur: C l m 2 1 0 , fol. 91 v) In vier Bildzeilen sind Figuren bei unterschiedlichen Arbeiten in den einzelnen M o n a t e n gezeigt. W i e die ebenfalls in einem Salzburger Kloster e n t s t a n d e n e n Monatsgedichte, die C a r m i n a Salisburgensia, sind die Beschreibungen der landwirtschaftlichen Tätigkeiten den einzelnen M o n a t e n zugeordnet. Das Kalendarium gilt als die auf antiker Tradition b e r u h e n d e älteste V e r b i n d u n g von Monatsvers u n d M o natsbild in Europa. G e g e n ü b e r den spätantiken Bildbeispielen, in d e n e n statuarische Jünglingsakte d u r c h beigefügte Gegenstände (beispielsweise Früchte u n d Krüge für den M o n a t August) als Symbolfigur eines M o n a t s gelten, sind hier erstmals Arbeitsgänge so verdeutlicht, wie es d a n n f ü r das gesamte Mittelalter üblich wurde.

D a s Feld wird bestellt

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Dagegen wurde das Pferd als Spanntier zuerst vor der Egge, die sich im Vergleich zum Pflug leichter und schneller ziehen ließ, verwendet und seit der Jahrtausendwende auch vor dem Pflug eingesetzt. Auch als Reittier und Zugkraft vor dem Wagen spielte das Pferd eine bedeutende Rolle. Vom Kriegs- und Transportwesen gingen zwei wichtige technische Neuerungen aus, die dann den landwirtschaftlichen Sektor stark beeinflußten: der Hufbeschlag mit Eisen u n d eine verbesserte Anschirrung. Beim Gehen über steinige Böden nutzten sich die Hufe der Pferde leicht ab. Während in Ländern mit trockenen Sommern u n d hohen Temperaturen die Pferdehufe mitunter so hart bleiben sollen, daß sie unbeschlagen ein Galoppieren selbst über Felsengrund vertragen können, erweicht das feuchtere Klima in den nördlichen Breiten Europas die Hufe. Sie waren deshalb gegen Beschädigungen anfälliger u n d mußten beschlagen werden. Zweifellos wurde das Pferd durch Hufbeschlag gegenüber schlechten Geländebedingungen widerstandsfähiger. Die damit verbundenen Vorteile wußten Grundherr und Bauer bald zu schätzen ... >beschlagen sein< gilt heute noch als Vorzug! Doch auch ein beschlagenes Pferd taugt nur wenig zum Ziehen eines Pfluges oder Karrens, wenn es nicht so angeschirrt wird, daß es seine Kräfte möglichst wirkungsvoll einsetzen kann. Lange Zeit geschah dies aber nicht, da man das für das Rind durchaus geeignete Jochgeschirr nur wenig verändert auch bei Pferden verwandte. Es wurden lediglich von jedem Ende des Joches zwei Stränge um Brust u n d Hals des Pferdes gelegt. Sobald das Tier anzog, drückten die Stränge auf Schlagader oder Luftröhre, so daß die Atmung u n d die Blutzufuhr zum Kopf gedrosselt wurden. Außerdem m u ß berücksichtigt werden, daß im Gegensatz zum Rind, das mit dem Nacken zieht und daher im Genick- oder Widerristjoch am meisten leistete, das Pferd die größte Zugkraft an den Schultern und mit den Brustmuskeln entwickelt. Diesen Bedingungen sind das Sielengeschirr mit Brustblatt, das die Zugkraft von der Brust des Pferdes abnimmt, und das Kummet angepaßt, dessen gepolsterter >Kragen< auf den Schultern des Pferdes aufliegt. Ausreichender Anbau von Hafer als Futtergrundlage und neue Formen der Anschirrung erlaubten es überhaupt erst, auch das Pferd immer stärker in das Wirtschaftsleben einzubeziehen. Die nun möglich gewordene intensive Nutzung der tierischen Zugkraft führte bei der Bestellung des Feldes zu höheren Ernteerträgen und trug damit zu einem allgemeinen Aufschwung in der Landwirtschaft bei. Der neueingeführte Bodenwendepflug ließ sich am vorteilhaftesten auf langgestreckten Feldern, den Streifenfluren, einsetzen. Anstelle der beim Pflügen mit dem Haken entstehenden Blockfluren trat n u n allmählich die ziemlich regelmäßige Verteilung der Ackerfläche in verschiedene Gewanne. Sie wurden in Form der Dreifelderwirtschaft genutzt, die sich im frühen Mittelalter auszubilden begann und im 12. und 13. Jahrhundert allgemein durchsetzte. Im Gegensatz etwa zur Zweifelderwirtschaft, wo ungefähr die Hälfte des verfügbaren Ackerlandes mit Wintergetreide (Roggen, Weizen) bestellt wurde, nutzte man bei der Dreifelderwirtschaft nicht nur fünfzig Prozent, sondern zwei Drittel der bestellbaren Fläche. Sie wurde in etwa drei gleich große Abschnitte aufgeteilt. Ein Drittel wurde im Herbst mit Wintergetreide bestellt, auf dem zweiten Drittel baute man im Frühjahr Hafer, Gerste,

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also Sommergetreide, und Hülsenfrüchte an (Bohnen, Linsen, Erbsen), während der Rest brach liegenblieb. Zur Verbesserung der Viehfütterung wurden seit dem 13. Jahrhundert auf der Brache Futterpflanzen angebaut, das heißt, die Brache wurde >besömmertGewannen< verstreut lagen, die sogenannte Gemengelage, und durch die verschiedenen >Gewanne< keine Zufahrtswege angelegt werden konnten, war es nötig, zu gemeinsam vereinbarten Zeitpunkten zu pflügen, zu säen und zu ernten. Wäre jeder Bauer nach eigenem Ermessen vorgegangen, so hätte er, um zu seinem Feld zu gelangen, über die Saat oder das bereits stehende Getreide fahren müssen und großen Schaden angerichtet. Um das zu vermeiden, war der einzelne an den sogenannten Flurzwang gebunden, der Aussaat, Ernte und Viehweide gemeinsam regelte. Auf diese Weise wurde auch der genossenschaftliche Zusammenhalt zwischen den Bauern gestärkt. Die Dreifelderwirtschaft bot gegenüber der Zweifelderwirtschaft folgende Vorzüge: 1. Während bei der Zweifelderwirtschaft der Boden nur einmal jährlich mit Wintergetreide bebaut wurde, kam bei der Dreifelderwirtschaft noch die Frühlingsaussaat für das Sommergetreide, für Hafer und Gerste, hinzu. Da Hafer die Futtergrundlage für das Pferd war, steht dessen umfassende Verwendung in der Landwirtschaft, besonders als Zugtier, in engstem Zusammenhang mit der Durchsetzung der Dreifelderwirtschaft. 2. Pflügen, Säen und Ernten verteilten sich gleichmäßiger über das gesamte Jahr. 3. Der verbesserte, häufigere Fruchtwechsel wirkte einer allzu starken Erschöpfung des Bodens entgegen. Um das Unkraut besser bekämpfen zu können und den Ernteertrag zu erhöhen, ging man dazu über, die Brache vor der Bestellung, etwa mit Futterpflanzen, zweimal umzupflügen. 4. Das Säen

14 Pflügen mit dem Beetpflug, Miniatur aus einem angelsächsischen Kalendarium. 11. Jahrhundert ( T h e British Library, L o n d o n ; Signatur: C o t t . Tib. Β V, fol. 3) D e r M o n a t April wird d u r c h Pflügen m i t einem G e s p a n n von vier O c h s e n dargestellt. Voran geht barf u ß der Treiber mit d e m Stachel. Bart u n d Beinkleider weisen den M a n n a m Pflug als sozial h ö h e r steh e n d aus. A m Beetpflug sind das Radvorgestell, die asymmetrische Schar, das Pflugmesser (Sech) und das Streichbrett zu e r k e n n e n . Gleich hinter d e m Pflüger w i r f t der rückwärts blickende S ä m a n n die Körner aus.

Das Feld wird bestellt

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zu verschiedenen Jahreszeiten und das zweimalige Ernten im Sommer verringerten bei Witterungsumbrüchen die Gefahr, daß die gesamte Aussaat verdarb oder das reifende Getreide völlig vernichtet wurde. 5. Die Ernährung der Menschen wurde verbessert. Während das Brotgetreide Weizen und Roggen als Wintergetreide Kohlehydrate lieferte, wurden durch den Anbau von Hülsenfrüchten neben Hafer bei der Frühjahrsaussaat Gemüseproteine erzeugt. Im Zusammenhang mit den neu gebildeten Fluranlagen kam es auch innerhalb der Siedlungsformen zu beträchtlichen Veränderungen. Im Verlaufe des hochmittelalterlichen Landesausbaues erlangten vor allem das Straßendorf, das Angerdorf und das Waldhufenbeziehungsweise Hagendorf größere Bedeutung. Die Häuser der Straßendörfer stehen zu beiden Seiten einer geraden, kurzen und meist ziemlich breiten Straßenachse. Oft ist das Dorf von einer Hecke oder einem Zaun umgeben. Die beiden Zugänge, durch welche die Dorfstraße führte, wurden nachts geschlossen. Beim Angerdorf verbreiterte sich die Dorfstraße in der Mitte spindelförmig, so daß hier Platz für die Kirche und den Dorfteich frei blieb. Durch umfassende Rodungstätigkeit entstandene Waldhufen- oder Hagendörfer sind namentlich im mittelelbischen Gebiet und in Mecklenburg anzutreffen, wo sie im Verlauf der Ostkolonisation von bäuerlichen Siedlern abgelegt wurden. Hinter den zu beiden Seiten der Dorfstraße angelegten Höfen erstreckte sich die dazugehörige, aus dem Wald herausgerodete >Hufe< riemenförmig bis zur Grenze der Dorfgemarkung. Da ein Feldweg jeden Acker mit dem dazugehörigen Bauernhof verband, war hier ein Flurzwang nicht erforderlich. Schwer ist das Pflügen ...

Dienste: Zwei Wochen im Herbst, zwei Wochen im Vorfrühling, zwei Wochen im Juni, in den einzelnen Wochen 5 Tage. Im Herbst ein Joch, das sind zwei Tagewerke, stürzen, d. h. >umbrecheneggenumbrichteggenJoch< (lat. iugerum) ist ein Flächenmaß von unterschiedlicher Größe (etwa 0,25 ha) und weist auf die bei der Feldbestellung >im Joch< angespannten Ochsen hin. Die für das Frühjahr und den Herbst genannten Bodenbearbeitungsgänge bezeugen die Sommersaat und die Wintersaat. Das Umbrechen im Juni setzt einen zu dieser Zeit nicht bestellten Akker voraus, weist also auf die Existenz einer Brache hin. Alle drei Faktoren lassen auf die erst im hohen Mittelalter voll durchgesetzte Dreifelderwirtschaft schließen.

15 Skizze eines Pfluges. Nachzeichnung nach dem Urkundenbuch des Zisterzienserinnenklosters in Coton, Lincolnshire. Ende 13. Jahrhundert D a s einzigartige zeitgenössische Zeugnis über die K o n s t r u k t i o n eines räderlosen Pfluges ist in der Beschreibung nicht i m m e r korrekt. D e r Zeichner k a n n t e zwar die Pflugteile, war aber mit Technik u n d Funktionsweise weniger gut vertraut. 1 = stiua ( H a n d g r i f f ) , 2 = buris (Hauptsterze), 3 = ansa (Nebensterze), 4 = t e m o ( P f l u g b a u m ) , 5 = d u e aures (Streichbrett), 6 = dentale (Pflugsohle), 7 = inter(?) (Griessäule), 8 = v o m e r (Pflugschar), 9 = m a l h o l m u s (Schlegel = P f l u g h a m m e r z u m Verkeilen der arbeitenden Teile des Pfluges), 10 = culter (Sech), 11 = pes (Vorrichtung zur Regulierung der Furchentiefe), 12 = c o n c i t a n d u m in t i m p a n u m (Zugseil), 13 = basta (Zugdeichsel), 14 = i u g u m J o c h b a u m ) , 15 = v i n c u l u m (Jochbügel), 16 = cavill u m (Jochnagel).

Wer kein Pflugvieh hat, muß graben Frondienste leisten heißt: für uns so wie für sich selber pflügen. Diese Frondienste nennt man zu deutsch >ateplugeDe universoDe universo< des späteren Erzbischofs von Mainz, H r a b a n u s M a u r u s , enthält ein Kapitel über d e n Ackerbau, d e n er in Beziehung zu e n t s p r e c h e n d e n Aussagen der Bibel setzt. Illustrationen dazu in einer u m 1023 in d e m b e r ü h m t e n italienischen Benediktinerkloster M o n t e cassino gefertigten Abschrift des Traktats zeigen sehr anschaulich folgende Arbeitsvorgänge: Ein Bauer hackt den Boden, ein zweiter treibt die beiden O c h s e n im N a c k e n j o c h ziehend m i t der Peitsche an; er setzt seinen F u ß auf die Sohle des Jochhakens, u m bei Beginn der n e u e n Furche die nötige Tiefe des Pflügens zu erlangen. Abb. 18 werden T r a u b e n geerntet, u n d Getreide wird a m h o h e n H a l m m i t der Sichel geschnitten.

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Pflugscharen für den Bauern Auch haben sie eine Schmiede [...] und ein jeder Schmied solljedem Bauern eine Schar machen und soll ihnen allen treulich schmieden und ihnen mit seiner Arbeit emsig aufwarten. Schönfeld/Thüringen. Weisthümer, Band 3, S. 628.

Die beiden Texte belegen, daß im späten Mittelalter längst nicht mehr alle für den Betrieb einer bäuerlichen Wirtschaft erforderlichen Geräte von Bauern selbst hergestellt wurden. Im Zusammenhang mit der allmählichen Trennung der vorwiegend landwirtschaftlichen Tätigkeit von der gewerblichen Produktion kam dem Dorfhandwerk wachsende Bedeutung zu. Da vor allem seit dem hohen Mittelalter immer mehr Arbeitsgeräte (Pflug, Sense, Sichel) und Werkzeuge (Spaten) entweder aus Eisen hergestellt oder mit eisernen Teilen versehen wurden, war der Schmied für die Geräteproduktion und die Ausführung von Reparaturarbeiten im Dorf geradezu unentbehrlich. Noch heute erinnern der weit verbreitete Familienname >Schmidt, Schmied< und Ortsnamen wie >Schmiedefeld, Schmiedeberg< an das Ansehen, das der Schmied einst auf dem Dorf und in der Stadt genoß. Daß Eisen auf dem Lande als kostbarer Rohstoff galt, deutet der Text aus Bayern mit dem Hinweis auf Wiederverarbeitung »alten Eisens< an. Saatsegen Allmächtiger, ewiger Gott, du Säer und Pfleger des himmlischen Wortes, der du das Feld unserer Herzen mit geistlichen Hacken ausjätest: Sei gnädig, unsere Bitten wohlwollend anzunehmen, und gieße reichen Segen über dieses Feld, das die für die menschliche Ernährung bestimmte Saat trägt, damit durch deinen Schutz alle Gewalt der Stürme und anderer Gefahren weit hinweg zieht, alle diese Feldfrucht durch deinen Segen sich voll entwickelt, und laßsie in die Scheunen gelangen. 10. Jahrhundert. Saatsegen. In: Franz, Adolph, Band 2, S. 12.

So bitten auch wir, Herr, um die Hilfe deiner Barmherzigkeit für das Gewächs dieser Samen, die in die Erde gesät werden sollen, daß sie kein Wirbelwind ausreißt und kein Hagel zu Boden schlägt, die Gewalt der Winde sie nicht knickt noch die Bewegung der Luft sie davonträgt, daß Brand und Mehltau sie nicht befallen, daß sie der schlimme Zahn der Heuschrecke und anderer Insekten nicht zernagt; sondern habe die Gnade, sie zum Unterhalt der Leiber der Menschen immerdar unverletzt zu erhalten und bis zur vollsten Reife zu führen. Durch deinen Beistand, Herr, sollen sie auf gutes und fruchtbares Land fallen und hundertfaltig Frucht bringen, auf daß wir leben und deinen Namen preisen, du Heiland der Welt. 11. Jahrhundert. Saatsegen. In: ebenda, S. 10.

Es segne uns Gott, unser Gott, es segne uns Gott und vervielfältige die reichen Früchte unserer Erde, auf daß die Säenden mit Freude säen und die Erntenden mit Jubel die Garben einbringen und dich allezeit rühmen. 12. Jahrhundert. Wessobrunner Rituale, Ackersegen. In: ebenda, S. 15.

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19 Winteraussaat. Miniatur aus dem Kaiendarium des Dresdener Gebetbuches. Flämisch, um 1470/90 (Sächsische Landesbibliothek, Dresden: Signatur: Mscr. A: 311, Bl. 10, Reproduktion nach Zeitglöcklein) Gebet- oder Stundenbücher waren für Laien bestimmt; sie erfreuten sich im 15. Jahrhundert bei Adel und Bürgertum großer Beliebtheit. Die meist kleinformatigen Bücher enthalten Gebete für die Tagesofficien (Stundengebete), Meßtexte, Lektionen und stets auch einen Kalender mit den Heiligennamen und Monatsbildern. Hohe künstlerische Qualität kennzeichnet besonders die illustrierten Stundenbücher des niederländisch-französischen Kunstkreises, in deren Nachfolge zahlreiche Handschriften entstanden. Die Monatsbilder der Kaiendarien dieser Handschriften enthalten auch Darstellungen bäuerlicher Tätigkeiten. Ein Beispiel dafür ist das weniger bekannte Dresdener Gebetbuch. Es enthält 12 Kalenderbilder und 16 Miniaturen von einem anonymen Miniator, dem man den Namen »Brügger Meister des Dresdener Gebetbuches< gab; sein Stil ist auch in anderen Gebetbüchern nachweisbar. Jedes Blatt des Kalenders zeigt in einem breiten Rahmen aus Ranken, Blumen und eingestreuten Tieren ein Genrebild mit reicher landschaftlicher Szenerie oder dem Interieur eines Stalles oder Gehöftes. Das Sternbild des Skorpion - Monatsbild Oktober - zeigt an, daß der Miniator die Winteraussaat dargestellt hat. Der Sämann schreitet über das Feld, im Schultertuch die Saat, während ein Helfer das Saatgut herbeiträgt.

R i t u a l e e n t h a l t e n >Ordineses sei denn eine eingezäunte Wiese< (Sachsenspiegel, Landrecht, 2. Buch, Artikel 47, § 5). Der Bauer muß für den Grundherrn Feldzäune setzen ... Weiter soll er zum Haupthof 30 Pfahle bringen, so oft es notwendig ist, den Zaun zu erneuern. Die alten Pfahle und Ruten kann er zu seinem Nutzen verwenden. In der Flur soll er den Feldzaun, der >]ucfak< heißt [also ein Joch, einen Morgen Land umfaßt], derart in Stand halten, daß die Zugochsen oder das Vieh nicht in die Saaten einbrechen können. Wenn es einbricht, ist er verantwortlich. Dieser Feldzaun sollfünf Feldruten lang sein. Ist der Zaun baufällig geworden, soll er ihn für sich nehmen und neu machen. Ende 9. Jahrhundert. Werdener Urbare. S. 10 f.

Wer sät, muß zäunen Wenn er den ersten Samen auf der Schulter trägt, soll er den Zaun auf der anderen Schulter tragen. 1442. Breitenbach. Österreichische Weisthümer, Band 2, Nr. 25, S. 125. So einer säen will, soll er zuallererst daraufsehen, ob er einen Zaun gemacht hat [...] hat er keinen gemacht, so soll er das Saatgut niederlegen und einen Zaun bauen, ehe er aussät, sonst wird er bestraft. [...] Der Flurschütz soll zur Sommerszeit die Felder umgehen und die Zäune besichtigen, ob sie in Ordnung sind oder nicht. Wenn aber der Flurschütz in einem Zaun eine Lücke findet [...] soller von Stund an zu demjenigen hingehen, dem der lückenhafte Zaun gehört, und ihm sagen, er solle den Zaun ausbessern und die Lücke schließen, damit kein Schaden entstehe. 1547. Höttingen. Österreichische Weisthümer, Band 2, Nr. 53, S. 237, § 27; S. 238, § 40.

Die vor allem im 14. und 15. Jahrhundert entstandenen Weistümer sind Aufzeichnungen von zunächst mündlich überliefertem Gewohnheitsrecht, in dem die Beziehungen zwischen Grundherrn und Bauern, bäuerliche Rechte und herrschaftliche Forderungen, geregelt wurden. Die Weistümer wurden auf Grund von Befragungen der betroffenen Bauern und ihrer Rechtsauskünfte schriftlich fixiert, enthalten also, wie der Name Weistümer es andeutet, gewiesenes Rechtsägendhauend< - mit einem kraftvollen Schwung wird ausgeholt, um die Halme möglichst mit einem Schlage zu treffen und zu fällen. Während bis ins hohe Mittelalter das Getreide mit der Sichel geschnitten wurde, ist seit dem 14. Jahrhundert zuerst in Nordwesteuropa bei Hafer und Gerste mit dem Übergang zur Sensenmahd zu rechnen. Bevor dieser die Arbeitseffektivität bei der Getreideernte wesentlich steigernde Schritt getan werden konnte, mußte die Qualität der bisher nur zur Grasmahd verwendeten Sense verbessert werden. Zwar diente die besonders bei der Getreideernte verwendete Sichel zunächst auch der Gewinnung von Wiesenheu. Da aber das Schneiden und Abhauen von Gras in tiefgebückter Haltung für den Sichelschnitter sehr anstrengend war u n d auch zu langsam vor sich ging, bedurfte es eines anderen Gerätes, das besser als die Sichel geeignet war, das zur Winterfütterung des Viehs nötige Wiesen- oder Laubheu in genügender Menge und in kürzerer Zeit leichter zu gewinnen. Für diese Zwecke erwies sich zunächst die halblange Sense geeignet, die wegen der besonderen Art ihrer Handhabung die Halme werden nicht abgeschnitten oder abgemäht, sondern abgehauen - als >Hausense< bezeichnet wird. Diese wurde mit beiden Händen vor dem in den H ü f t e n gebeugten Körper gehalten und mit kurzen, raschen Schwüngen von rechts nach links betätigt. Dabei traf die gesamte Länge der Schneide >auf einen Schlag< gegen die Halme, die also mehr abgehauen als abgeschnitten wurden.

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Um den Wirkungsgrad der Hausense noch zu erhöhen und den Kraftaufwand etwas zu senken, wurden vor allem zwei Veränderungen vorgenommen. Der Schaft der Hausense wurde verlängert und umgeformt. Außerdem erhielt das Blatt eine gleichmäßig gekrümmte Form und wurde in spitzerem Winkel am >Baum< befestigt. So ging aus der Hausense die Sense mit langem Baum hervor, die es ermöglichte, vom >Hauen< zum >Mähen< überzugehen. Die Wirkung dieses Sensenschnittes beruht auf der möglichst bogenförmigen Führung des Blattes, wobei der Mäher versuchen muß, der Sense mit Oberkörper und Armen den richtigen Schwung zu verleihen. In diesem Zusammenhang kommt der Form des Sensenbaumes besondere Bedeutung zu. D a dessen oberer Teil beim Mähen auf dem linken Arm beziehungsweise an der linken Schulter des Mähers aufliegt und so vom Körper gestützt wird (Armstütze), war dafür eine besondere Mähtechnik erforderlich. Es mußte also >mit dem Körper< gemäht werden. Bei jedem Schwung der Sense mußte der Oberkörper mitgewendet werden, weil der verlängerte Baum am linken Oberarm bzw. auf der Schulter auflag. Während bei der Getreideernte mit der Sichel das Stroh vorwiegend auf den Feldern verblieb, wurde es nun von der Sense mit abgemäht bzw. abgehauen. Das war auch insofern wichtig, weil die Bauern infolge der zunehmenden Einschränkung ihrer Allmendenutzungsrechte nicht mehr soviel Waldlaub als Einstreu zur Verfügung hatten. Im Zusammenhang mit der wachsenden Bedeutung der Stallfütterung wurde nun vor allem Stroh verwendet, das auch als wichtiger >Rohstoff< für die Dächer der Bauernhäuser diente. Bei der Getreideernte wurde nun sowohl die Hausense benutzt als auch jene Sense, die das Korn mähte. Beide Typen dieses Erntegeräts wurden weiterentwickelt. So wurde versucht, die Hausense nicht mehr mit beiden Armen zu führen, sondern mit dem rechten Arm allein zu schwingen, während mit der linken Hand ein Rechen oder Haken, der Mahdhaken, betätigt wurde. Diese Form der Hausense, die Sichte, war besonders für die Getreideernte geeignet und ist seit dem Ende des 14. Jahrhunderts auch auf bildlichen Darstellungen überliefert. Wie wurde nun mit der Sichte gearbeitet? Der Bauer, der das Getreide links vor sich stehen hatte, teilte zunächst mit dem Mahdhaken in der linken Hand einige Halme ab. Nun holte der Schnitter mit der am Griffende erfaßten Sichte mehrfach zum Schlage aus, bis die abgeschlagenen Halme für eine Garbe reichten. Der zunehmende Gebrauch der Sense bei der Getreidemahd legte nahe, eine Vorrichtung zu ersinnen, die es erlaubte, die Halme zusammenzuraffen und auf die linke Seite vom Mäher hinüberzubefördern, das sogenannte Ausschwaden. Zu diesem Zweck wurde ein aus Draht oder Weiden bestehendes korbartiges > Refft dicht am Blattansatz befestigt. Es brachte mit dem Schwung der Sense das Mähgut nach links und legte es dort in einer langen Zeile ab. Es entstanden so weitgehend regelmäßig geformte Schwaden. Dies war insofern wichtig, weil es für ein möglichst effektives Ausdreschen mit dem Flegel darauf ankam, daß sich die Ähren gleichmäßig in einer Höhe befanden. Von solchen Hafer- oder Weizensensen ist die Roggensense zu unterscheiden, eine Bügelsense, die zwischen >Baum< und Blatt einen dünnen Rutenbogen aufweist. Auch innerhalb der sich entwickelnden Getreidesense setzte also eine Spezialisierung ein.

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Monatsdarstellung. Miniaturen aus dem Landgrafenpsalter. Niedersächsisch, um 1211/13

(Württembergische Landesbibliothek, Stuttgart; C o d . bibl. fol. 23, fol. 6 r (ganze Seite u n d Detail) 5 r (Detail), 4 ν (Detail, 6 ν (Detail), Reproduktion nach Landgrafenpsalter) Innerhalb der mittelalterlichen Buchmalerei bilden die Psalterien eine eigene G r u p p e oftmals kostbar ausgestatteter Kodizes. N o t w e n d i g für die Stundengebete der Geistlichen, dienten sie auch zur Privatandacht. Prunkpsalterien wurden für Angehörige des Hochadels geschaffen. D e r sogenannte Landgrafenpsalter gehörte Sophia von Wittelsbach, der zweiten G e m a h l i n des Landgrafen H e r m a n n von T h ü r i n g e n , dessen Sohn Ludwig 1211 mit Elisabeth von Ungarn verlobt wurde. Notwendiger Bestandteil der Psalterien war das Kalendarium. Seine Seiten sind im Landgrafenpsalter nach folgendem Schema gegliedert: N e b e n der Schriftkolumne steht ein Apostel mit d e m jeweiligen Kalenderzeichen u n d d e m Monatsbild. Beide, Monatsbild u n d Kalenderzeichen, sind von Arkaden u m schlossen. Die Monatsbilder zeigen landwirtschaftliche Tätigkeiten etwa den Getreideschnitt der gezähnten Bogensichel. Der Aufsetzen eines Heuschobers (Monatsbild Juli) u n d das Worfeln des Kornes (Monatsbild November) verdienen besondere Beachtung, da sie selten in bildlichen Quellen dieser Zeit dargestellt werden.

W ä g t m a n Vorteile u n d Nachteile ab, die die A n w e n d u n g der Sense in ihren verschied e n e n F o r m e n g e g e n ü b e r d e r Sichel h a t t e , so e r g i b t sich e t w a f o l g e n d e s Bild: D e r entscheid e n d e V o r z u g d e r S e n s e lag d a r i n , d a ß i m V e r g l e i c h z u r S i c h e l e i n e h ö h e r e A r b e i t s l e i s t u n g e r b r a c h t w u r d e . D a s G e t r e i d e k o n n t e in erheblich kürzerer Zeit in die S c h e u n e n gefahren w e r d e n . D a s b e d e u t e t e viel, w e n n m a n b e d e n k t , d a ß d e r B a u e r b e s t r e b t w a r , s e i n e E r n t e rasch u n t e r D a c h u n d Fach zu bringen. Allerdings erforderte der U m g a n g m i t der Sense m e h r G e s c h i c k u n d m e h r K r a f t , als es b e i d e r S i c h e l d e r Fall w a r . D a z u k a m , d a ß n i c h t j e der B o d e n f ü r die M a h d m i t der Sense geeignet war. Solange das G e t r e i d e m i t der Sichel ges c h n i t t e n w u r d e , s p i e l t e n U n e b e n h e i t e n d e s A c k e r s , S t e i n e u . a. k e i n e w e s e n t l i c h e R o l l e , d a

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die Sichel meist höher schnitt als die Sense und die Sichel sich bei Bodenwellen flexibler handhaben ließ. Dagegen hemmten solche Hindernisse die Arbeit mit der Sense, deren Blatt schnell schartig wurde, wenn es auf Steine stieß. Es ist auch zu berücksichtigen, daß die Getreidehalme beim Mähen relativ stark erschüttert wurden, so daß bei besonders voll ausgereiften Ähren die Körner leicht ausfielen. Der Körnerverlust war demgegenüber bei der Sichel geringer, weil die H a l m e von der linken H a n d des Schnitters gehalten und nach dem Schnitt niedergelegt wurden. Auch die jeweils gewünschte Lage des Strohs gab hier der Sense, dort der Sichel bessere Anwendungsmöglichkeiten. D i e Sensenmahd lieferte langes Stroh, also mehr Streu und Viehfutter, da die Sense auch die niedrigen, zwischen den Halmen wachsenden Grünkräuter abmähte. Diese verzögerten allerdings das rasche Trocknen der Garben. Der Samen des >Unkrauts< gelangte beim Dreschen zwischen das Getreide und verunreinigte dieses. Das mit der Sichel geschnittene kürzere Stroh konnte zum Flechten von Körben und Matten verwendet werden. D i e beim Sichelschnitt stehenbleibenden langen Stoppeln hielten im Winter den Boden locker und warm. Sie dienten untergepflügt oder abgebrannt als Dünger. Insgesamt gesehen kann gesagt werden, daß die Sichel nahezu während des gesamten Mittelalters das wichtigste Erntegerät für Getreide war. Dies schließt nicht aus, daß verschiedentlich etwa seit dem 14. Jahrhundert auch die Sense beim Kornschnitt eingesetzt wurde. Es ist anzunehmen, daß beide Geräte während einer Ubergangszeit gemeinsam Anwendung fanden. Neben rationellen Überlegungen spielten bei der Beibehaltung alter Geräte oder der Durchsetzung neuer Arbeitswerkzeuge auch Brauchtum, Tradition und Gewohnheit im bäuerlichen Leben eine Rolle. Wenn man etwa sagte, es sei Sünde, das heilige Brotgetreide

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mit der Sense zu mähen und dabei Körner zu vergeuden, oder meinte, in der Bibel sei niemals von Kornmähen, sondern nur vom Schneiden mit der Sichel die Rede, so wird in solchen Worten deutlich, wie zäh man im Mittelalter teilweise am Althergebrachten festhielt. Die Anwendung der Sense war in noch höherem Maße als der Gebrauch der Sichel an bestimmte technische Voraussetzungen gebunden. Die Anfertigung von Sensenblättern erforderte eine gut ausgebildete Schmiedetechnik u n d beachtliches handwerkliches Können. Im 13. Jahrhundert sind beispielsweise in Osterreich bei der Eisenverarbeitung drei Arbeitsgänge nachweisbar. Das gewonnene Erz wurde zunächst in >Radwerken< verhüttet. Das so erzeugte Roheisen wurde durch mechanische Bearbeitung zu verschiedenartigen Halbfabrikaten geformt. Auf diese Weise entstanden auch die sogenannten Sensenknüttel, die dann in den Schmieden zu Sensenblättern weiterverarbeitet wurden. Besondere Sensenschmiede sind erst in den Nürnberger Handwerkerlisten von 1363 bezeugt. Seit dem 15. Jahrhundert häufen sich die Nachrichten über Sensenschmiedezünfte, in denen nun auch die in der schriftlichen Überlieferung unterschiedenen Korn- und Grassensen hergestellt wurden. Eine gut schneidende Sense galt im Mittelalter als kostbarer Besitz des Bauern, der sie deshalb auch sorgfältig wartete. Vor Beginn der Tagesarbeit wurde die Sense gedengelt. Anschließend wurde die Schneide geschärft und gehärtet. Während des Mähens wurde das Sensenblatt zusätzlich mehrmals mit einem Wetzstein nachgezogen, da die Schärfe der Schneide verhältnismäßig rasch nachließ. Wie wichtig eine gut schneidende Sense für den Landmann war, zeigen noch Sprichwörter aus späterer Zeit. So heißt es beispielsweise >Mähen ohne Schneid ist wie lieben ohne Freud«. Beim Kauf einer Sense achtete man besonders auf das Blatt, dessen Güte angeblich am Klang, den es beim Anschlag gab, zu >erhören< war. Ein aus Holstein stammender Spruch beweist aber, daß diese Klangprobe nicht allgemein anerkannt wurde: >Wer de Leh [nddt. Sense] köfft nach dem Klang/un de Fru nach de Gesang,/ist betragn sin Leben lang!
das alte Verzeichnis* bezieht sich auf das 893 angefertigte Urbar des Klosters Prüm/Eifel, das 1222 von dem ehemaligen Abt der Abtei, Caesarius von Milendonk kommentiert wurde. Hier wird der Begriff >Wachdienste< erläutert.

24 Korndrusch mit zweiteiligem Dreschflegel. Miniatur (Detail) aus einem um 1300 entstandenen Diurnale (Zisterzienserinnenkloster Marienstern in Panschwitz-Kuckau Kr. Kamenz; Signatur: Quart 1, Β 435/Li, fol. 6 a) Im Septemberbild ist das wechselseitige Schlagen mit dem zweiteiligen Dreschflegel genau beobachtet dargestellc.

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Licht für den Dreschraum >Daurastufen< sind Rinden, die von den Bäumen geschält werden; zu deutsch nenen wir sie »Lohet. Die Hufe gibt 5 Bündel solcher Rinden, das Bündel zu 15 anständigen Stücken. Diese Rindenbündel dienen zur Beleuchtung im Herrenhof, gemeinhin >Fronhof genannt. Wenn die Huf ner im Dezember das herrschaftliche Getreide dreschen, wird auch ihnen davon Beleuchtung gegeben, weil zu dieser Zeit die Tage kurz sind. 1222. Eifel. Prümer Urbar, S. 164. (Übers, in: Franz, Günther [1967], Nr. 35, S. 85.)

Erntesegen Bevor das neue Getreide in die Scheune gebracht wird, soll der Priester eine von den Kerzen nehmen, die er selbst am Feste Mariae Reinigung [2. Februar] in der Hand gehalten hat, sie anzünden und folgendes Gebet sprechen: Herr Jesu Christe, wahres Licht vom reinen Lichte herstammend, der du die im Finsteren sitzende Menschheit erleuchtet hast, der du zusammen mit dem Vater der Urheber allen Gedeihens gewesen bist, [wollest] erhalten und bewahren unsere Ernte.

11./12. Jahrhundert. Rituale von Prüm/Eifel. In: Franz, Adolph, Band 1, S. 381.

Wir bitten deine Güte, allmächtiger Gott, daßdu diese Erstlinge deiner Schöpfung, die du durch die richtige Mischung von Luft und Regen wachsen zu lassen so gnädig warst, mit der Flut deines Segens übergießen mögest und die Früchte deiner Erde zur Vollreife fuhren mögest und deinem Volk Grund gibst, dir für deine Gaben allezeit Dank zu sagen, daß du durch die Fruchtbarkeit der Erde die Seelen der Hungrigen mit üppigen Gütern satt machst und auch der Dürftige und Arme den Namen deiner Herrlichkeit loben kann. [...] Heiliger Herr, allmächtiger Vater, ewiger Gott, der Himmel und Erde, das Meer und alles geschaffen hast, dich bitten wir inständig, daß du so gnädig seist, diese neue Feldfrucht zu segnen und zu heiligen und sie denen, welche sie darbringen, reichlich zu vervielfältigen, daß du ihre Keller mit dem besten Getreide und Wein füllst, damit sie sich daran erfreuen und dir, allmächtiger Gott, Lob und Dank dafür sagen können. 12. Jahrhundert. Wessobrunner Rituale. In: ebenda, S. 376.

Die mittelalterliche Kirche suchte in der Bevölkerung verbreitete vorchristliche Vorstellungen zurückzudrängen. Anstelle noch wirksamer magischer Fruchtbarkeitskulte trat nun das Gebet, in dem der Segen Gottes für Aussaat und Ernte erfleht wurde. Damit sprach die Kirche das Volk zutiefst bewegende Wünsche und Hoffnungen an und sicherte sich auch damit einen die bäuerliche Vorstellungswelt bestimmenden Einfluß. Die Wirkung des Gebetes (Erntesegen) sollte durch die brennende, geweihte Lichtmeßkerze, die den Teufel und seine Schrecken zu vertreiben vermochte, verstärkt werden. Erntelied Wem zu Mute nach dem Gute, dem sei der Ernte Lohn; der bereite sich zur Zeit.

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Wohlauf, Knechte und auch rechte, stolze, schöne Mägde: Guten Lohn gibt man euch da. Dorthin kommt manche schöne Schar. Wohl ihm, dessen Schatz da ist, denn gar oft Minneblicke mag er ihm dann zeigen: Seht, das macht ihn sorgenfrei. In der Ernte pflegt man gerne Freud und Ausgelassenheit, denn da ist nur wenig Zwang. Da gibt's ein Kosen mit viel losen Sprüchen von der Minne, dazu mancher Freuden Spiel. Ο wie ist die Ernte gut, denn sie recht gesellen tut Knechte klug wohl mit Fug zu den schönen Mägden: Man freut sich bei des Maien Blüte. Könnt ich mich zeigen viele Stunden bei meiner Frauen! Das würde mir die Sorgen nehmen. Der Wächter Hüten kann so wüten, wenn ich sie will schauen, daß ich oft sie meiden muß. Denn meine Freude liegt in ihr, daß kaum ich von ihr lassen kann. All mein Glück gar mancher Art zögernd naht es mir, solange ich bin fern von ihr.

14. Jahrhundert. Hadlaub, S. 28 f.

Johann Hadlaub, ein volkstümlicher Dichter, der vermutlich in Zürich lebte, hat neben Liedern der hohen Minne, wo die angebetete Dame für den Dichter unerreichbar ist, auch Lieder der niederen Minne geschrieben, in denen Liebe und Lust im Verhältnis zu einem Bauernmädchen fröhlich und derb zum Ausdruck kommen.

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25 Strafe bei Korndiebstahi. Federzeichnung aus der Wolfenbütteier Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. 3. Viertel 14. Jahrhundert (Herzog August Bibliothek W o l f e n b ü t tel, Signatur: M s Aug. 3.1. fol. 3) 1

Ein M a n n hat drei Äxte g e f u n d e n

oder sie d e m h i n t e r i h m

stehenden

Dieb m i t d e m Sack abgejagt; er k o m m t d a m i t zu d e m vor i h m stehenden Bauermeister, h i n t e r

dem

zwei

weitere

M ä n n e r als >Kirchspielgenossen
Wundersamen Geschichten« aus der Literatur wie auch aus dem Brauchtum des Volkes >Beispiele< zur Belehrung seiner Novizen auf. Caesarius von Heisterbach erzählt in einer seiner wundersamen Geschichten, wie ein Ritter, der Hafer stahl, schwer dafür büßen mußte. Er wurde vom Blitz erschlagen: Ein Ritter trat in das Haus einer Witwe und verlangte in rücksichtsloser Weise Hafer für sein Pferd. Obwohl sie sagte: »Ich bin ein armes Weib; was du forderst, besitze ich nicht«, stieg der Elende in das Obergeschoß hinauf, nahm das bißchen Hafer, das er dort fand, in seinen Mantel und ging wieder hinunter. Beim Verlassen des Hauses rief die Witwe hinter ihm her: »Der Donner soll dich heute treffen.« Der Ritter vernahm zwar das Wort, achtete aber nicht weiter darauf. Und siehe da, noch zur selben Stunde begannen der Donner zu rollen und die Blitze zu zucken. Da erst ging der Ritter in sich, erinnerte sich an das Wort der Witwe, flüchtete voller Angst hinter die T ü r des Hauses und wurde dort vom Blitzstrahl getroffen. Das hat mir der Pfarrer von Breisig [am Frankenbach zwischen Burg Rheineck und Sinzig, Kr. Ahrweiler] erzählt, der die Personen und den Ort, wo das passiert ist, ganz genau gekannt hat (Caesarius von Heisterbach, S. 277). Pferdefutter von fremdem Feld? Bricht einem Reisenden das Pferd vor Erschöpfung zusammen, so darf er Korn abschneiden und es ihm geben, so weit er es, mit einem Fuße auf dem Wege stehend, erreichen kann. Er darf es aber nicht mitnehmen. U m 1230. Sachsenspiegel, Landrecht, 2. Buch, Artikel 68. Ein Reisender darf, indem er einen Fuß auf dem Wege läßt, für sein Pferd die Saat mit dem Schwert, dem Messer oder der Sichel schneiden und sein ermüdetes Pferd futtern, doch so, daßer nichts von dort mitnimmt. Wenn er aber die Saat anders schneidet oder etwas von dort mitnimmt, hat er den Frieden verletzt und soll als Dieb aufgehängt werden. 1. September 1221. Sächsischer Landfriede. In: Constitutiones, Band 2, Nr. 97, c. 8, S. 393. (Übers, in: Weinrich, Lorenz, Nr. 97, S. 387.)

Nur in Ausnahmefällen, etwa dann, wenn der Reisende unterwegs sein erschöpftes Pferd füttern muß, war es erlaubt, auf fremdem Feld die heranwachsende Saat beziehungsweise das Getreide zu schneiden. Die Menge und die für den Schnitt erlaubten Geräte waren genau vorgeschrieben. Wer diese Anordnung verletzte und Getreide fortführte, galt als Friedensbrecher. Ihm drohte, wie dem Korndieb, die Todesstrafe. Die Aufnahme eines solchen De-

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liktes in die Landfriedensgesetzgebung und das verhängte hohe Strafmaß lassen darauf schließen, daß entsprechende Vorkommnisse offenbar keine Ausnahmeerscheinungen waren. Deshalb wurden sie energisch bekämpft.

26 Pferdefutter, Lavierte Federzeichnung (Detail) aus der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Um 1330 (Universitätsbibliothek Heidelberg; Signatur: C o d . Pal. G e r m . 164, fol. 11 v, R e p r o d u k t i o n nach Sachsenspiegel [Heidelberg]) D e r außerhalb eines Feldes stehende Reisende darf Futter f ü r sein Pferd schneiden.

Wer unwissentlich fremdes Korn schneidet ... Wer eines anderen Mannes reifes Korn schneidet und dabei glaubt, daß es sein oder seines Herren Land sei, der begeht kein Unrecht, solange er es nicht wegschafft. Man soll ihm seine Arbeit bezahlen.

U m 1230. Sachsenspiegel, Landrecht, 3. Buch, Artikel 37, § 4.

Sonntagsarbeit nur im Notfall [...]. Dass er soll ruhen an Feiertagen. Nun merkt auf, was ich sage: Er soll auch sein Vieh ruhen lassen, denn was zuzeiten nicht kann Ruhe haben, das kann auf die Dauer nicht währen [...] Ein rechter Bauer soll unterlassen knechtliche Werke zu bestimmter Zeit, man feiere oder man feiere nicht.

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Bauernarbeit trägt die Welt

Was leider viele doch nicht tun, denn mancher von ihnen hat den Mut, Dass er an Feiertagen viel tut, was Gott missfallen muss, wenn er zum Weine geht und trinkt, dass er den Verstand verliert. Wenn er dann wird der Sinne bar, so kommt er gar dazu, auch Dinge gegen Gott zu tun und gegen Gottes Gebot mit vielerlei Frevel. Dass rechte Not kann sein, wenn Korn und Wein auf dem Felde stehen in Gefahr, durch Unfried oder Unwetter, dass sie möchten verderben, so kann man an Feiertagen werben, dass sowohl Korn wie Wein von dem Felde würden eingefahren. Dies und was man braucht in Not. Man muss auch oft backen Brot an manchen Feiertagen.

1337. Kunrad von Ammenhausen, Spalte 405 f.

Kunrad von Ammenhausen, ein aus dem Thurgau stammender Geistlicher, verfaßte 1337 nach einer französischen Vorlage ein >Schachzabelbuch< (lat. tabula = Spielbrett). Die Figuren des Schachspiels werden als Vertreter der einzelnen Stände aufgefaßt, deren Vorzüge und Mängel lehrhaft kritisch geschildert werden. Dabei fällt auch Licht auf das Leben im Dorf und damit auf den Alltag der Bauern. Die Kirche verbot vor allem deshalb, von Ausnahmen abgesehen, an Sonn- und Festtagen zu arbeiten, um der ländlichen Bevölkerung den Besuch des Gottesdienstes zu ermöglichen. Die Bereitschaft dazu war offenbar nicht allzu groß - ins Wirtshaus ging man offenbar viel lieber. >Nimm Rücksicht auf den Nachbarn ...< Auch sprechen wir, wenn einer sein Getreide oder Heu oder seine Blumen [...] ernten will, so soll er auf der rechten Straßeden nächsten Wegfahren [...] Muß er durch Getreide oder Heu fahren, so soll er einen Weg mähen oder schneiden, und er soll auf das Korn und Heu des Nachbarn achten. Es soll auch niemand über den Grund und Boden eines anderen fahren, wenn er ihm dabei Schaden verursacht. Um 1427. Pfäffikon/Schweiz. Weisthümer, Band 4, S. 346, c. 15.

Ernte

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Wenn aber einer erntet und sein Nachbar noch nicht geerntet hat, so soll er einen Weg über den Acker schneiden, und er kann das Getreide zusammenbinden oder ablegen. Und will er es dem anderen nach Hause fahren, so kann er es wohl tun. Will er es aber nicht tun, so soll er den andern benachrichtigen, daß der sein Getreide heimfahre. U m 1435. Peiting am Lech. Weisthümer, Band 3, S. 653, c. 53.

Wenn einer ein reifes Korn auf seinen Feldern hat und dasselbe Korn abfahren will, ein anderer aber neben denselben Ackern auch ein reifes Korn hat, das noch nicht geschnitten wäre, so soll er zu demselben gehn oder ihn wissen lassen, er wolle sein Korn einfahren und jener möchte ihm auf seinen Ackern Platz machen, damit er darüberfahren könne und ihn keinen Schaden mache. Wenn jener das tut, ist es gut. Tut er es aber nicht, so hat der, der sein Korn heimfahren wollte, das Recht, dem anderen, den er gewarnt hat, das Korn abzuschneiden und alsdann demselben heimzufahren. 1547. Höttingen. Österreichische Weisthümer, Band 2, Nr. 53, S. 238, § 46. Im allgemeinen wurde es durch die im Rahmen des Flurzwanges von den Bauern gemeinsam vereinbarten Termine für die Aussaat, die Ernte sowie den Abtransport des Korns in die Scheune vermieden, daß jemand bei der Verrichtung der dabei nötigen Arbeiten über bebaute Äcker fuhr. Trotz der getroffenen Festlegungen kam es offenbar vor, daß jemand g e schnitten hatte, ein anderer aber noch nicht< und daher >durch Korn und Heu< eines anderen Bauern fahren mußte. Es galt dann das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme ... mit einer Ausnahme: Läßt ein Mann sein Korn draußen stehen, wenn alle Leute ihr Korn eingefahren haben, wird es ihm gefressen oder zertreten, so vergütet man es ihm nicht (Sachsenspiegel, Landrecht, 2. Buch, Artikel 48, § 2). Haltet die Feldgrenzen ein! Wenn einer dem andern über die Feldgrenze mäht oder schneidet, die Feldgrenze unbeabsichtigt überzäunt oder überbaut, der soll das dem andern sagen und das liegenlassen. Sagt er ihm das nicht und ließe er ihm das liegen, daß es verfault, so wäre er ihm soviel schuldig, wie er ihm geschadet hat. Fährt er es aber nach Hause und spräche der andere zu ihm: >Du hast mir das Meinige weggefahrenEs ist unabsichtlich geschehen, oder er sagt: >Es haben das meine Leute ohne mein Wissen getan, lieber Nachbar! Ich will dir gern die gleiche Menge wiedergeben, so ist er dem Gericht und auch keinem andern etwas schuldig. Spricht er aber: >Ich habe das Meine heimgefahren, und behauptet er das, und es stellt sich heraus, daß es nicht sein Eigentum ist, so ist er der Herrschafi zweiundfünfzig Pfund Berner zur Strafe verfallen und dem andern den Schaden zu ersetzen schuldig. Stans/Tirol. Österreichische Weisthümer, Band 2, Nr. 36, S. 167.

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Bauernarbeit trägt die Welt

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27 Getreideernte mit der Bogensichel. Miniatur aus einem um 1300 entstandenen Diurnale (Zisterzienserinnenkloster Marienstern in Panschwitz-Kuckau, Kr. Kamenz. Signatur: Q u a r t 1, Β 4 3 5 / L i , fol. 5 b) Ein Diurnale, ein Auszug aus dem Brevier, enthält die zu den täglich vorgeschriebenen Gebetszeiten notwendigen Texte. So gehörte wie beim Psalterium oder dem Breviarium zu diesem Gebetbuch auch ein Kalendarium. Es folgt dem üblichen Schema von Bildleiste und Schriftblock. Uber d e m hochrechteckigen Bildfeld mit dem heiligen Bartholomäus - sein Tag wurde am 24. August gefeiert - zeigt das quadratische Bild einen Bauern bei der M a h d des Getreides: die H a l m e werden bündelweise mit der Sichel geerntet und gerichtet auf den Boden gelegt. Der Schnitter trägt ein gegürtetes Gewand und einen breitkrempigen Strohhut. Die noch weitgehend unbekannte Handschrift in Marienstern soll ursprünglich dem Kloster Altzella in Sachsen gehört haben und von dort an das ihm unterstellte Zisterzienserinnenkloster übergeben worden sein.

Ernte

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7. Über Zehnten, Abgaben und Dienste Die sich seit dem frühen Mittelalter herausbildende Grundherrschaft war die Hauptproduktionsorganisation auf dem Lande, in der die Erzeugung landwirtschaftlicher Güter sowie die Entrichtung von Abgaben und die Leistung von Frondiensten unter den Bedingungen vorherrschender Naturalwirtschaft gesichert wurde. Eine solche Grundherrschaft, die in mehrere Nebenhöfe untergliedert war, wird nach deren Verwaltern (lat. villicus) auch >Villikationsverfassung< genannt. Die zu einem Fronhofverband gehörenden abhängigen Bauern bildeten eine Fronhofgenossenschaft, die unter Vorsitz des Grundherrn beziehungsweise seines Beauftragten das >Hofding< abhielt und bei der Ausübung der Fronhofgerichtsbarkeit mitwirkte. In diesem Rahmen bildete sich auch das sogenannte Hofrecht aus, das Rechte und Pflichten der Bauern sowie die Befugnisse des Grundherrn festlegte. Die in der Grundherrschaft bestehende, von der Kirche sanktionierte Leistungspflicht nahmen die Bauern keineswegs widerspruchslos hin. Ein Wesenszug bäuerlicher Geschichte im Mittelalter ist es vielmehr, daß die ländliche Bevölkerung sich widersetzte und neben Abgaben die besonders drückenden Frondienste verweigerte oder nur nachlässig leistete. Diese Resistenz wurde durch die Entstehung von Städten seit dem 11. Jahrhundert und die damit verbundene Einbeziehung der bäuerlichen Wirtschaft in den Marktverkehr stimuliert. Die Entwicklung der Ware-Geld-Beziehungen förderte einerseits das Interesse der Bauern an der Behauptung eines möglichst großen Teils des Mehrproduktes für sich selbst, während auf der anderen Seite die Herren nach höheren Geldeinkünften strebten. Die nun heftiger werdenden Auseinandersetzungen zwischen Grundherrn und Bauern wurden noch dadurch verschärft, daß sich die Städte als freie Stadtgemeinden konstituierten und auf die hörige Landbevölkerung große Anziehungskraft ausübten. Der daraus resultierende, den bäuerlichen Alltag prägende passive Widerstand, insbesondere die Flucht der Bauern in Rodungsgebiete oder in Städte (nach der Devise: Stadtluft macht frei) bereitete den Grundherrn, ebenso wie offene Empörungen, erhebliche Schwierigkeiten. Aber während Aufstände von den im Vergleich mit den Bauern besser ausgerüsteten und in der Kampfesführung erfahreneren feudalen Streitkräften niedergeschlagen werden konnten, zwangen Leistungsverweigerung und Flucht die Herren auf lange Sicht dazu, Zugeständnisse zu machen und die bäuerliche Lage besonders im 12. und 13. Jahrhundert, etwa durch Ablösung der Frondienste, Fixierung der Abgaben, Gewährung des Erbrechts, zu verbessern. Der bäuerliche Widerstand war hier also erfolgreich und bewirkte, daß die Leibeigenschaft mehr und mehr zurücktrat. Die damit zusammenhängende Annäherung der Rechtsstellung der abhängigen Bauern auf der Stufe einer mehr oder weniger ausgeprägten Hörigkeit ermöglichte auch ein geschlossenes Auftreten der Bewohner eines Dorfes und stärkte deren genossenschaftlichen Zusammenhalt. Die Dorfgemeinde mit eigenem Gericht entwickelte sich, in dem die Bauern ein über die Regelung des dörflichen Wirtschaftsbetriebes hinausgehendes Mitspracherecht ausübten. Das Dorf, in dem das genossenschaftliche Leben und die Aktivitäten der Gemeinde vom 12. bis 15. Jahrhundert einen Höhepunkt erreichten, wurde gleichsam zur kleinsten politischen Einheit innerhalb der mittelalterlichen Ständegesellschaft.

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Bauernarbeit trägt die Welt

28 Der Abgabenkalender. Lavierte Federzeichnung aus der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsen-



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spiegels. Um 1330

(Universitätsbibliothek Heidelberg; Signatur: Cod. Pal. Germ. 164, fol. 9 r, Reproduktion nach Sachsenspiegel [Heidelberg]) 1 Zwei Männer bauen an einem Damm, der aus viereckigen Erd- und Rasenstücken im Wechsel hochgeschichtet wird, so daß die Fluten aufgehalten werden. Das ziegelgedeckte Haus mit offenen Türflügeln symbolisiert das Dorf. 2 Eine Insel von Sträuchern umgeben von Was-

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3 Ein Mann schneidet mit der Sichel Korn. Da dies auf fremdem Feld geschieht, muß er dem Besitzer (rechts) dafür zahlen; als Lehnsherr sitzt dieser in einem ziegelgedeckten Haus. 4 bis 9 Der Illustrator hat für die Darstellung der Zinstage und der fälligen Abgaben die Form eines Bauernkalenders gewählt. Fälligkeitstermine für verschiedene Zinsarten, vor allem für den Zehnten, werden in einem >Abgabekalender< durch Heilige und religiöse Symbole veranschaulicht. Drei Lämmer bezeichnen den Lämmerzehnten, der zu Walpurgis (1. Mai) fällig war und deshalb durch einen Maibaum gekennzeichnet ist. Am Tag des St. Urban (25. Mai), auf dessen Martyrium durch Block und Beil hingedeutet wird, mußte bei Besitzwechsel der Obst- und Weinzehnte abgeliefert werden. Die rote Kutte mit Kapuze (rechts) ist als Arbeitskleidung zu verstehen Rind, Kalb, Ziege und Hahn geben den Fleischzehnten an, der am Johannistag (24. Juni) fällig war, den eine Johanneskrone anzeigt. Der St. Margaretentag (13. Juli) war der Stichtag für den Kornzehnten. Als Symbolfigur sieht man die Heilige, wie sie entsprechend der Legende den vor ihr sitzenden Teufel fesselt. Hinter ihr liegen Korngaben. An Mariae Himmelfahrt (15. August) mußte jede zehnte Gans dem Grundherrn gebracht werden. Die gezeigten Kräuter- und Wurzelbündel spielen auf den an diesem Tag geübten Brauch der Kräuterweihe an. In der letzten Bildzeile wird an den St. Bartholomäustag (24. August) erinnert, der durch den Heiligen, der entsprechend der Legende die ihm abgezogene Haut auf einem Stock über dem Rücken trägt, veranschaulicht wird. An diesem Tag waren verschiedene Leistungen fällig: Der Geldzins wird auf den Tisch gezahlt. Die Naturalleistungen bestehen aus Eiern und Getreide. Ein Reiter beim Eggen, ein weiterer mit Harke schließen die Darstellungen ab.

Über Zehnten, A b g a b e n und Dienste

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29 Ablieferung des Zehnten. Holzschnitt aus Rodericus Zamorensis >Speculum vitae humanae< (Spiegel des menschlichen Lebens). Augsburg, um 1475 ( S c h r a m m : D e r Bilderschmuck. Band II, Tafel 94, Abb. 703) In demutsvoller H a l t u n g überreicht der erste der B a u e r n g r u p p e seine Abgabe. D i e N a c h f o l g e n d e n halten lebende Tiere bereit. D e r Text z u m H o l z s c h n i t t lautet: >Von der arbeit beschwärt v n g e m a c h v n n d sorgfeltigkeit deren die also den fürsten nachuolgen ... v n d von den siben lasten den selben n a c h uolgcnden.
unter sich hatselbdritt< - zu dritt). Auf diese Weise wird ihre rechtliche Stellung zum >Hauptschwörer< (dem verklagten Bauern) verdeutlicht, eine Szene, die der Zeichner wahrscheinlich dem Alltag abgesehen hat.

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Bauernarbeit trägt die Welt

Feldvermessung Dem Gut in Isarhofen wie auch anderen Besitzungen in der ganzen Grafschaft Bogen ist es durch den Grafen Albert und dessen Gegner so ergangen, daß keiner mehr die Acker und Wiesen dieser Besitzung kennt, da seit langem keine Hörigen mehr vorhanden sind. Ritter und Vornehme haben lediglich die Äcker in der Nähe des Gutes bebaut, die entlegeneren wurden von Dornbüschen und Hecken überwuchert. Als nach dem Tode des genannten Grafen der Friede wieder einkehrte, haben die Klosterbauern und die belehnten Ritter um Größe und Grenzen [der Äcker] gestritten. Ich, Abt Hermann, habe daher auf Grund verschiedener Klagen und Vorstellungen vor Herrn Herzog Otto [Otto II. von Bayern] verschiedene Personen aus der Ritterschaft veranlaßt, auf die Reliquien der Heiligen zu schwören, die reine Wahrheit zu sagen, wieviel ein jeder von ihnen von Rechts wegen besitzen soll. Das ist auch, wie unten ausgeführt wird, geschehen. Man kam überein, die größte Flur, die nach Auhalmingen zu liegt, durch Stricke zu vermessen und jeder Hufe 12 Joch, das Joch zu 12 Ackerbeeten, zuzuteilen. Zuerst sollen den Belehnten ihre Anteile zugewiesen werden. Der ganze Rest aber soll dem Kloster verbleiben. In ebenso viele Teile, wie die größte Flur geteilt wurde, soll auch das zweite und dritte Feld geteilt werden. Doch kann eine jede Hufe in den anderen Feldern nicht wie in dem ersten 12 Joch umfassen. Diese Flureinteilung ist durch den Mönch Alwin als Schreiber, den Propst Bruder Berchthold und den Amtmann Rudolf die mit den Seilen vermaßen, in Gegenwart des Amtes Hermann und der Bevölkerung begonnen worden. Im Jahre des Herren 1247. U m 1247. Neuaufteilung von an Bauern vergebenen Ländereien des Klosters Niederaltaich (Niederbayern) in Isarhofen. In: Wopfner, H e r m a n n , Nr. 144, S. 192. (Übers, in: Franz, G ü n t h e r [1967], Nr. 123, S 3 2 9 f.)

Im hohen Mittelalter wurden die dem Bauern vom Grundherrn auferlegten Leistungen je Hufe erhoben. Je größer die Anzahl der von einem Bauern besessenen Hufen war, je mehr Abgaben und Dienste mußte er leisten. Mit anderen Worten: Wieviel ein Bauer von seinem erwirtschafteten Ertrag einbehalten, also nicht an seinen Herrn abliefern mußte, hing namentlich von zwei Faktoren ab: 1. Wie groß die Felder waren. 2. In wieviel Hufen diese eingeteilt wurden. Infolgedessen waren die Bauern daran interessiert, ihre Felder in möglichst große leistungspflichtige Hufen zu teilen, deren Anzahl dann entsprechend klein ausfiel. Die Herren nahmen den entgegengesetzten Standpunkt ein, da ihnen viele kleine Hufen größere Einkünfte brachten. Dies führte zwangsläufig zu Streitigkeiten bei der hier mit einem Seil vorgenommenen Neuvermessung. Sie erfolgte in Isarhofen, weil das Akkerland infolge von Adelsfehden völlig verwildert war, so daß sich die alten Feldgrenzen nicht mehr feststellen ließen. Die bei der Neueinteilung der Flur erwähnten drei Felder deuten auf die Dreifelderwirtschaft hin, die sich im hohen Mittelalter endgültig durchsetzte. >Du bist ein rechter Betrügen Ihr Herren, folget euren Ratgebern nicht, wenn sie euch raten, daß ihr euren Leuten Böses antut. Es istfür euch viel vorteilhafter, daß ihr sie alle Jahre ein wenig in Anspruch nehmt und ihr auf solche Weise um so länger Nutzen habt. Ihr könnt eure Hufe nicht bestellen und sollt daher euren Leuten einen Teil davon überlassen, daß sie euch dienen mögen. Und es sollen auch sie euch

Über Zehnten, A b g a b e n und Dienste

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getreulich dienen, redlich miteinander leben und ihren Anteil treulich abgeben. Da bringst du Holz angefahren, das in der Mitte krumm ist, und verkaufst so Luft für Holz. Und das Heu lädst du so betrügerisch auf den Wagen, daß es den Menschen zum Nachteil wird. Du bist ein rechter Betrüger. Du legst auch schönes Korn oben in den Sack und unten das schlechte, und so verdirbst du all deine Arbeit mit Betrug, Haß und Neid. Mit den Bauern wäre leicht zurechtzukommen, wenn sie getreu und wahrhaftig wären. Und du bist gar froh, wenn deinem Nachbarn ein Leid oder ein Schaden geschieht. Deshalb ist dir nimmer zu helfen. 13. Jahrhundert. Berthold von Regensburg, Band 1, S. 152.

Der Franziskaner Berthold von Regensburg war einer der bedeutendsten Volksprediger des Mittelalters. Seine in deutscher Sprache gehaltenen Predigten sind ein wertvolles Zeugnis dafür, was vor allem die unteren Bevölkerungsschichten empfanden und dachten. Die Schwächen und Laster aller Stände werden einer herben Kritik unterzogen. Entsprechend den Geboten der mittelalterlichen Ständelehre sollen einerseits die Herren >den Leuten nichts Böses< antun, sie also nicht willkürlich bedrücken. Zum anderen sollen die Bauern ihre Herren nicht >betrügenHerr, wir können den Zins nicht geben ... < Man soll die bösesten Bauern rupfen und ihnen das Ihre abzwacken und -zupfen immer im jeweils dritten Jahr, denn sie sind aller Tugend bar. So sie ihren Zins sollen entrichten, so machen sie das Getreide zunichte. Trespen, Wicken und Korngefäße, sie lassen darin die Ackerschollen und wollen es nicht sauberschwingen, daß solche Stäube von dannen gingen. Das gute Korn sie dann verkaufen. Sie wollen sich selbst das Haar ausraufen. Wenn er Zins bezahlt am Sankt Martinstag, dann kommt der Bauer mit großer Klag: Das Korn ist gar übel geraten, das geschah, Herr, als wir säten, da war das Wetter morastig und naß, das hat verdorben uns Korn und Gras. Deshalb ist nicht viel davon geworden. Wir stecken in allergrößten Sorgen, wie wir durch das Jahr sollen kommen. Herr, wir können den Zins nicht geben, der Hagel hat uns empfindlich getroffen,

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Bauernarbeit trägt die Welt

ihr solltet Mitleid haben mit uns! Das ist dann alles weitgehend erlogen. Er hat das gute Korn in den Kasten gezogen, und den Herrn hat er damit betrogen.

Nach 1337. Des Teufels Netz, S. 3 9 3 f.

In der nach 1337 entstandenen Moralsatire >Des Teufels Netz< werden in allegorischer Weise die sieben Todsünden (Unkeuschheit, Unmäßigkeit, Geiz, Neid, Zorn, Trägheit, Stolz) von den Knechten des Teufels verkörpert, die dessen Netz zum Einfangen von Sündern ziehen. Die in mittelhochdeutscher Sprache verfaßte Dichtung ist eine für das Leben der mittelalterlichen Stände ergiebige Quelle. Mit scharfen Worten wird die Willkür der Herren gegeißelt, die gerade dann vom Bauern Frondienste fordern, wenn er pflügen, ernten oder dreschen muß, in der bäuerlichen Wirtschaft also >Arbeitsspitzen< gegeben sind. Seit dem 14. Jahrhundert strebten die Herren danach, die ländliche Bevölkerung, deren wirtschaftliche, soziale und rechtliche Lage sich im hohen Mittelalter vorübergehend verbessert hatte, wieder fester in feudale Bindungen zu zwingen und vor allem die den Bauern besonders belastende Fron zu fordern. Die angeführte Textstelle verdeutlicht einen für die mittelalterliche Ständesatire ganz allgemein charakteristischen Wesenszug: >Bauernlob< steht neben >Bauernschelteböse< Bauer getadelt, der sich mit Ausflüchten und Klagen seiner Zinspflicht entziehen will und damit seinen >guten< Herrn betrügt. Wertmaßstab ist in beiden Fällen das in der mittelalterlichen Ständelehre geltende Prinzip, wonach der Herr Willkür vermeiden soll, jedoch Anspruch auf Abgaben und Dienste hat. Verweigert diese der Bauer, so wird er gescholten, er ist dann >böseGut< ist der Bauer nur dann, wenn er gehorcht und geduldig seine schwere Arbeit verrichtet. Zur Fron die schwächsten Leute?

Der Hufen bauer ist verpflichtet, einen Tag zu roden und zu schneiden. Ist der Schnitter so stark, daß er neun Halme in seiner Hand halten kann, so soll er [der Klosterabt] sich mit demselben begnügen. Selrich/Eifel. Weisthümer, Band 2, S. 547. Der Abt des Klosters Prüm/Eifel soll also zufrieden sein, wenn ihm aus Selrich zur Ernte ein Schnitter geschickt wird, der >stark< genug ist, neun Kornhalme in seiner Hand zu halten. Mit anderen Worten: Er mußte froh sein, wenn überhaupt jemand kam. Von bäuerlicher Seite war verständlicherweise wenig Interesse vorhanden, gleichsam die >Besten< zur Fron auf den herrschaftlichen Hof zu schicken. Wenn schon die Fron nicht einfach verweigert wurde, was vorkam, so suchte man wenigstens den erforderlichen Arbeitsaufwand beziehungsweise den Ausfall von Arbeitskräften (Knechten) möglichst niedrig zu halten. Ein Rabe kam dahergeflogen ...

Sie traten dann auch alle an und mähten bis zum Nachmittag; Über Zehnten, Abgaben und Dienste

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der Pfarrer auf dem Raine lag. Ein Rabe kam dahergeflogen, der Pfarrer fragt sie ohne Hehl, er sprach: » Was kann der Vogel sein, und daß er gar so laut muß schrein?« Die Mäher waren mit Worten schnell: »Herr, es ist unser Zeitvogel, der kommt immer zu dieser Zeit und er mit lauter Stimme schreit und sitzet dort auf diesem Stein, da gehn wir allesamt dann heim.« Er sprach: »Ist das eure Gewohnheit so sei es euch nicht untersagt. Ich geh genau so gern wie ihr.« Sie waren bereit gar bald und schier und sind allesamt nach Haus gezogen; den Pfarrer hatten sie betrogen.

15. Jahrhundert. Philipp Frankfurter, S. 17 f.

Philipp Frankfurter, frühneuhochdeutscher Dichter, sammelte um 1450 Schwanke, die über den Pfaffen vom Kalenberg im Volksmund erzählt wurden, und gab sie als gereimte Rahmenerzählung unter dem Titel >Die Geschichte des Pfarrers vom Kalenberg< heraus. Dieser Pfarrer soll ein Weigand von Theben (unweit von Bratislava) gewesen sein, der um 1330 in dem Dörfchen Kalenberg (am nordöstlichen Ausläufer der niederösterreichischen Alpen) gelebt habe. In die satirische Dichtung werden sowohl der höfische und kirchliche Bereich als auch die dörfliche Sphäre einbezogen. Im angeführten Text verulken Bauern ihren Pfarrer, für den sie Getreide mähen, und beenden die Arbeit, als ihr Zeitvogel erscheint. Frönerbrot und Bauernulk Wenn der Fröner am Tage Frondienste geleistet hat und wieder heimziehen will, so sollen [...] einem jeden zwei Brote mit nach Haus gegeben werden. Die Brote sollen so groß sein, daß sie [...] wenn einer seine Hände auf die Hüften setzt, nicht durch die gebeugten Arme passen. Geschieht es aber, daß die Dienste an einem Fastentag zu leisten sind, so sollen den Frönern drei Brote mitgegeben werden. Wenn ihnen aber die Brote verweigert werden, so solljeder Fröner so lange zu Haus bleiben, bis er diese erhält. 1497. Walmünster. Weisthümer, Band 2, S. 67. Wenn die Fronschnitter bis zum Morgenbrot gearbeitet haben, soll ihnen der Meier zu essen geben. Wenn er das nicht täte, mag der Schnitter von der geschnittenen Frucht in eine Weidenrute legen, soviel er mag. Bricht die Rute von dem Binden, so hat er 30 Schillinge Buße zu zahlen. Bricht aber solche Weide nicht, so soll er die Frucht heimtragen und dreschen. Und so sie gedroschen ist, zur Mühle und darnach zum Backen tun. Wenn solches Brot gebacken ist, so kann er anfangen zu essen. Wenn er solchen Brotes genug gegessen hat, sofern es noch Tag ist, soll er wieder hinausgehen, auf dem Feld zu schneiden.

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Bauernarbeit trägt die Welt

i486. Appenweiler. Weisthümer, Band 1, S. 844, § 19.

Im allgemeinen mußten die Bauern im Mittelalter Frondienste auf eigene Kosten und unentgeltlich leisten. Allenfalls wurde eine meist geringfügige Zukost gereicht, etwa das sogenannte Frönerbrot. Seine Größe wird in den den bäuerlichen Alltag anschaulich und humorvoll wiedergebenden Weistümern verschieden angegeben. So heißt es an anderer Stelle, das Frönerbrot solle vom Knie bis an das Kinn reichen oder so beschaffen sein, >daß ein Mann soll setzen seinen Daumen darauf und soll ihm sein längster Finger all um das Brot gehen, also daß er doch das Brot möge umfahren in gleicher Weise wie ein Zirkel auf einem Boden«. (Weisthümer, Band 1, S. 413; Elsässische Weistümer, S. 89.) Bei Pflugdiensten wurde mitunter an beiden Enden des Ackers eine >Atzung< gelegt - etwa »ein Lüppen mit honighso er schwagh würdte< (Weisthümer, Band 2, S. 547). - Hatte sich nun ein Grundherr zu einer Beköstigung bereitgefunden, lieferte sie aber nicht, so wurden die entsprechenden Dienste so lange verweigert, bis das Versprochene gegeben wurde, indem man dem Herrn in oft humorvoller Form Maßnahmen androhte, die einer Verweigerung gleichkamen.

8. Recht wird gesprochen Der im Sachsenspiegel bezeugten Dorfgemeinde stand der Bauermeister vor, über dessen Einsetzung — Wahl durch Dorfgenossen oder herrschaftliche Beauftragung - nichts bekannt ist. Daß er in der Gemeindeversammlung Beschlüsse mit Mehrheit faßte, deutet auf ein beachtliches Maß von Eigenverantwortlichkeit und Mitbestimmung der Bauern in Angelegenheiten ihres engeren Lebensbereiches hin. Der Bauermeister war jedoch nur für die niedere Gerichtsbarkeit zuständig, durfte also nur über weniger schwere Vergehen richten. Der Schadenswert durfte drei Schillinge nicht übersteigen. Ihm oblag auch die Aufsicht über Maß und Gewicht. Bei Auseinandersetzungen mit Körperverletzung müssen Bauermeister und Gemeinde den Täter auf frischer Tat verhaften. Vor übergeordneten Gerichten hatte er den Verband der Dorfbewohner zu vertreten. So war er verpflichtet, im Gericht des die Blutgerichtsbarkeit ausübenden Gografen und im Ding des Vogtes Verbrechen gegen Leib und Leben anzuzeigen und Klage zu erheben. Der Bauermeister richtet Was der Bauermeister anordnet zu des Dorfes Frommen mit Einwilligung der Mehrheit der Bauern, dem darf die Minderheit nicht widersprechen. Nun vernehmt von Verbrechen und welche Strafen dafür zu verhängen sind. Den Dieb soll man hängen. Geschieht aber in dem Dorf bei Tage ein Diebstahl, der sich auf weniger als drei Schillinge beläuft, so kann das der Bauermeister am gleichen Tage wohl richten zu Haut und zu Haar oder mit drei Schillingen bestrafen. So bleibt jener ehr- und rechtlos. Das ist die höchste Gerichtsbefugnis, die der Bauermeister hat. Denselben Diebstahl darf er nicht aburteilen, wenn eine Nacht nach der Anklageerhebung vergangen ist. [...] Dieses Gericht befindet auch über Unrechtes Maß und Gewicht und über betrügerischen Kauf, wenn man dabei ertappt wird.

Recht wird gesprochen

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Die Landsassen, die kein Grundeigentum im Lande besitzen, sollen das Gericht ihres Gografen über sechs Wochen aufsuchen. Hier und bei jedem Vogtgericht solljeder Bauermeister alle rügen, die nicht zu Gericht kommen, obwohl sie zu kommen verpflichtet sind, ferner das Alarmgeschrei wegen der blutenden Wunde eines Menschen, die ihm ein anderer zugefügt hat, und wegen eines gezogenen Schwertes zum Schaden eines anderen sowie alle Verbrechen gegen Leib und Leben, wenn sie durch Anklageerhebung vor Gericht gebracht worden sind. Anderes darf er nicht rügen. [...] U m 1230. Sachsenspiegel, Landrecht, 2. Buch, Artikel 55; Artikel 13, §§ 1 - 3 ; 1. Buch, Artikel 2, § 4.

Go: sächsische Benennung für »land< im Sinne von Landgemeinde (altfriesisch: ga); an der Spitze steht der Gograf. Die oft unter einem bestimmten Baum, einer Linde, Eiche oder Buche, stattfindende Gerichtssitzung (Weisthümer, Band 6, S. 71, 538; ebenda, Band 4, a.a.O., S. 390) wurde vielfach durch feierliches Läuten eingeleitet: Der Küster soll am Morgen, von sieben bis acht Uhr zwei starke Zeichen geben und danach um neun Uhr mit allen Glocken zusammen läuten, heißt es 1394 in einem Weistum. Mitunter ertönten drei Glockenschläge, »darum, daß der Hufner [der eine Hufe besitzende Bauer] höre und wisse, daß man das Ding abhalten will und er nicht unentschuldigt ausbleibe ...< (Weisthümer, Band 4, S. 55, 98). Der Gerichtstag sollte beendet werden, >wenn die Sonne einen über das Haus reichenden Schatten wirft< (Osterreichische Weisthümer, Band 5, Nr. 11, S. 97). Wegen der »weiten Entlegenh e i t und »wilden Orte< sollten die Bauern von Ischgl und Galtür »zur hohen Winterszeit und köstlichen Sommerszeit von der Gerichtspflicht befreit sein (Österreichische Weisthümer, Band 3, Nr. 46, S. 287). Das Hofrecht wird verlesen ... Außerdem ist festgesetzt worden, daß der Abt drei Gerichtstage halten soll, die >Ding< genannt werden. Diese sind am Abend zuvor anzusagen, am Morgen darauf sind sie abzuhalten. Alle, die in der Pfarrei ein Haus besitzen, müssen in Gegenwart des Abtes erscheinen, damit sie das Recht handhaben. Der Abt urteilt zuerst für sich, dann für alle, die irgendeine Klage vorzubringen haben. Es mußauch das Hofrecht verlesen werden. Nach diesen drei gesetzten Dingen finden drei Tagedinge statt, an denen die Sachen abzuurteilen sind, die zuvor unerledigt geblieben sind. Es sind die, die zum früheren Ding nicht erschienen waren, zu laden. U m 1100. Hofrecht von Münchweier bei Ettenheim/Schwarzwald, S. 424. (Übers, in: Franz, Günther [1967], Nr. 64, S. 163, § 15.)

Es handelt sich hier um das Gericht innerhalb einer klösterlichen Grundherrschaft, dem der Abt vorsaß und dabei auch das Hofrecht, das heißt das im Bereich dieser Grundherrschaft geltende Recht, den anwesenden Bauern verlesen ließ. Ihnen, die weder lesen noch schreiben konnten und daher auf mündliche Überlieferung, auf das gesprochene Wort, angewiesen waren, sollten damit ihre Rechte und Pflichten stets gegenwärtig bleiben. War die An-

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Wesenheit des Abtes als Vorsitzender in diesem Hofrecht gewissermaßen selbstverständlich, so war es dort, wo die Bauern selbst Gericht abhielten, anders. Aus einem Weistum von Wiltingen von 1488 geht hervor, daß der Abt zu Mettloch als Grundherr zur Gerichtssitzung zwar kommen konnte, aber nicht gerade willkommen war. Man werde zwar, so heißt es, seinen Sattel und sein Zaumzeug bewahren, sein Pferd unterbringen, diesem Futter bis an die Ohren und Streu bis an den Bauch geben. Wenn er aber auch noch essen und trinken wolle, so solle er gefälligst in seinen eigenen Beutel greifen (Weisthümer, Band 2, S. 64). Gerechte Richter Ein Richter, der ein Verbrechen nicht ahndet, der hat dieselbe Strafe verdient, die über den Täter verhängt werden sollte. Auch ist niemand verpflichtet, des Richters Termin zu suchen und sein Recht zu pflegen, während der Richter selbst das Recht verweigert hat. U m 1230. Sachsenspiegel, Landrecht, 2. Buch, Artikel 13, § 8.

Für Recht und Ordnung im Dorf und seiner Umgebung Wer einen Menschen erschlägt, fangt oder ausraubt oder wer ein Haus ansteckt (ohne Mordbrand) oder wer Frauen oder Mädchen vergewaltigt, den Frieden bricht oder wer im Ehebruch ertappt wird, dem soll man den Kopf abschlagen. Wer Diebstahl oder Raub verhehlt oder unterstützt, den soll man, wenn er überführt wird, genauso bestrafen wie Diebe und Räuber. Fischt jemand in Teichen, die künstlich angelegt sind, oder schlägt er Bäume, die gepflanzt sind oder tragende Bäume, oder pflückt er Obst, das ihm nicht gehört, oder haut er Grenzbäume um oder gräbt er Steine, die als Grenzsteine dienen, aus, so muß er dreißig Schillinge bezahlen. Findet man ihn am Tatort, so darf man ihn pfänden oder festnehmen wegen des Schadens, den er verursacht hat, ohne die Erlaubnis des Richters. U m 1230. Sachsenspiegel, Landrecht, 2. Buch, Artikel 13, § § 5 - 6 ; Artikel 28, § 2.

Herrenwechsel Wer sich von seinem Herrn lossagt und sich einem anderen verspricht und vor Gericht gefordert wird, aber sein neuer Herr erscheint nicht, um ihn mit Recht zu vertreten, so behält ihn sein früherer Herr mit dem Zeugnis von drei seiner Verwandten, wenn er sie hat. Hat er sie nicht, so bezeugt er ihn mit zwei seiner eingeborenen Leute. Wenn er den Beweis erbracht hat, dann soll er sich, wenn er will, zu Recht durch einen Halsschlag seiner bemächtigen. U m 1230. Sachsenspiegel, Landrecht, 3. Buch, Artikel 32, § 9.

[...] und wenn der Herr dem Mann [seinem Bauern] zu dick täte [ihn zu sehr bedrückt] [...], so magder Mann [...], zwei Nachbarn zu sich holen und soll sagen: Dieser Herr tut mir zu dick, ich will von diesem Herrn los hinter einen anderen Herrn. Und wenn der Mann all sein Gut auf einen Wagen geladen hat, und es begegnet ihm sein Herr, von dem erfortzieht, und hätte der Mann [seinen Wagen] überladen, so daß er steckenbleibt und nicht weiter kann, so soll der Herr seinen Knecht anweisen abzusitzen und dem Mann weiterzuhelfen, damit er zu dem anderen Herrn gelangen kann. 15. Jahrhundert, Duckweiler. Weisthümer, Band 2, S. 436.

Recht wird gesprochen

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36 Verlesung eines bäuerlichen Weistums. Wirkteppich (Detail), Tournai, um 1475 ( M u s e u m of Decorative Art, Kopenhagen; Inv. Nr. Β 1 3 3 / 1 9 3 0 ) Die T h e m e n der großen b u r g u n d i s c h e n W i r k t e p p i c h e , deren künstlerische G e s t a l t u n g in e n g e m Z u s a m m e n h a n g mit der gleichzeitigen Malerei steht, sind häufig literarischen Ursprungs u n d greifen auf das zeitgenössische oder antike S c h r i f t t u m zurück. U m so b e d e u t e n d e r ist hier die originelle Darstell u n g einer Szene aus d e m bäuerlichen Rechtsleben. W ä h r e n d in der linken Bildhälfte die H u l d i g u n g vor d e m Lehnsherrn geschildert wird, zeigt die Szene der rechten Bildhälfte die Verlesung eines bäuerlichen Weistums. Diese W e i s t ü m e r e n t s t a n d e n im 14. u n d 15. J a h r h u n d e r t in größerem U m f a n g u n d k o n n t e n sowohl bäuerliche Rechte als auch herrschaftliche Forderungen enthalten. Sie w u r d e n einmal im Jahr verlesen. W ä h r e n d im 14. J a h r h u n d e r t v o r n e h m l i c h die G r u n d h e r r n die Niederschrift der W e i s t ü m e r veranlaßten, weil sie h o f f t e n , auf diesem Wege ihre A n s p r ü c h e eindeutig festlegen u n d den Bestrebungen der Bauern nach größerer Unabhängigkeit einen Riegel vorschieben zu k ö n n e n , war es im 15- J a h r h u n d e r t anders. Die H e r r e n versuchten n u n , eine größere Belastung der Bauern d u r c h zusetzen. D e m g e g e n ü b e r wollte die ländliche Bevölkerung mit Hilfe der Weistümer d e n seit alters her bestehenden Rechtszustand fixieren u n d das weitere Vordringen der H e r r e n aufhalten.

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9. In der Mühle und im Backhaus Auf dem Gebiet der >Getreideverarbeitung< wurden im hohen Mittelalter beträchtliche Fortschritte erzielt. Durch Erschließung neuer Energiequellen, durch die Nutzung der Kraft des Wassers und des Windes konnte das Mühlenwesen verbessert werden. Noch um die Jahrtausendwende wurde der größte Teil des geernteten Korns in Handmühlen verarbeitet, wobei die Körner zwischen zwei Steinen zerrieben wurden. Seit dem 11. Jahrhundert wurde in größerem Maßstab das Wasserrad zum Antreiben von Getreidemühlen benutzt. Häufig bediente man sich jener Mühlen, deren Wasserrad >unterschlächtig< war, also durch die natürliche Strömung in Gang gesetzt wurde. Im Vergleich zur Handmühle wurde durch Inbetriebnahme von Wassermühlen und Windmühlen die für die Gewinnung einer bestimmten Menge Mehl nötige Arbeitszeit wesentlich verkürzt. Damit wurden in beträchtlichem Maße menschliche Arbeitskräfte für andere Tätigkeiten frei. Etwa Ende des 12. Jahrhunderts kam das >oberschlächtige< Wasserrad auf, das auch dort eingesetzt werden konnte, wo kein schnell fließendes Gewässer von Natur aus vorhanden war. Die Gewalt des Wassers, das von oben her das Mühlrad traf, wurde nun durch die Fallhöhe bestimmt, die durch Gräben und Rohre, durch Dämme und Wehre geregelt werden konnte. Seit dem 13. Jahrhundert sind auch Windmühlen verbürgt, die als bedeutende technische Neuerung anzusehen sind. Am bekanntesten ist die sogenannte Bockwindmühle, bei welcher das gesamte Mühlenhaus, der Kasten, um ein meist aus Eichenbohlen gebautes Gestell, den Bock, in die jeweils gegebene Windrichtung gedreht wurde. Als Antrieb diente das meist aus vier Flügeln bestehende Windrad. Vom diebischen Müller Ein Müller mußt mit dem Dieb aufitebn, seht, wenn Gott ein gutes Jahr gibt, so stehlen die Müller das Vieh [...] Also der Müller und sein Kind, seine Gänse und sein Rind, Hühner, Esel und auch Schwein, alle müssen Diebe sein. Nach 1337. Des Teufels Netz, S. 299.

Die im Mittelalter allgemein verbreitete Auffassung vom diebischen, listigen, habgierigen und unehrlichen Müller dürfte darauf zurückgehen, daß es der Müller beim Abmessen des Mahlgutes und des daraus gewonnenen Mehls nicht allzu genau nahm und Betrügereien vorkamen. In diese werden im angeführten Gedicht auch seine Kinder und Haustiere gewissermaßen mit hineinverstrickt.

In der Mühle und im Backhaus

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39 Getreidemühle mit unterschlächtigem Wasserrad. Nachzeichnung aus dem »Hortus delicia-

rum< der Herrad von Landsberg. Um 1170 (Reproduktion nach Hortus deliciarum) Um im Lukas-Evangelium 17,35 zu illustrieren >Zwei Frauen werden miteinander Korn mahlen ...das Ohr haltenden Arm] hindurchstoßen und eine Sichel in diese Hand nehmen. So weit er die Sichel zu werfen vermag, so weit dürfen seine Hühner gehen. 1420. St. Gallen/Schweiz. Von Künßberg (1925), S. 127.

Es war schon akrobatisches Geschick erforderlich, um solche Wurferschwernisse, die verhindern sollten, daß weit geworfen werden konnte, zu meistern. Die Hühner des Müllers sollten möglichst nicht in Felder oder in den Nachbarhof eindringen können.

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Der Mühlgraben muß sauber sein [...] auch weisen sie als Recht, daß der Müller den Bach fegen [reinigen] soll und soll mitten im Bach stehen und [den Unrat] zu beiden Seiten hinauswerfen. 1448. Birkenfeld. Weisthümer, Band 6, S. 47, § 14.

[...] ein jeglicher Müller [...] soll den Unrat aus dem Bach in Weingärten, Baumgärten, auf bebaute oder unbebaute Felder werfen, die an seinen Mühlgraben stoßen. Er darfauch Bäume jeglicher Art, edel oder unedel, ausschlagen. Mühlenrecht an der Schwechat. In: Osterreichische, Weisthümer, Band 7, Nr. 113, S. 688.

Der Müller mußte den Mühlgraben sauberhalten (fegen), da für den Betrieb der Mühle ungehinderte und ausreichende Wasserzufuhr eine entscheidende Voraussetzung war. Im Mühlenrecht zu Schwechat reichen die Befugnisse des Müllers in dieser Beziehung sehr weit zu ungunsten der Bauern, die dulden müssen, daß der Aushub auf Feldern, Gärten und Weinbergen abgelagert wurde, die an den Mühlbach grenzten, und sogar Bäume abgeholzt werden konnten. Mahlzwang - Mahlbetrug Und es wurde da festgelegt, daß alle Hufenbauern in des Hofs Mühle mahlen sollen, und sooft man gewahr wird, daß einer nicht daselbst mahlt, sondern anderswo, soll er dem Müller 5 Pfund zu zahlen schuldig sein. Und wäre es der Fall, daß ihm der Müller nicht sein volles Maß heimschickt, so soll und kann der Hufenbauer des Müllers Esel, der ihm das Mehl bringt, so lange behalten, bis ihm sein volles Maß ausgehändigt wird. 1452. Obermendig. Weisthümer, Band 6, S. 645 f., § 19.

Bauholz für die Mühle [...] dieselbe Mühle hat auch ein Holz, genannt das Mühlenholz, dort drin soll der Müller Holz hauen, das erfür seine Mühle braucht. Findet er aber nicht das für seine Mühle geeignete, so soll er im Wald der Bauern [Allmendewald] Holz hauen. Findet er auch dort nichts Passendes, so soll er im Sonderwald des Meiers [ein vom Allmendewald abgesondertes Waldstück] suchen, und wenn er auch dort nichts findet, so soll er welches kaufen. 1347. Birmensdorf/Schweiz. Weisthümer, Band 1, S. 36.

Wirf, wenn du kannst! Es soll auch niemand hinter seiner Mühle weiter bauen, als er mit einer Bilk zu werfen vermag. Dabei soll er auf einem Weidenbaum stehen, das linke Ohr in die rechte Hand nehmen und den linken Arm dazwischen stoßen, doch so, daß dessen Ellenbogen nicht über den rechten Arm reiche, und in dieser Haltung mit der Bille in der Hand werfen. 1458. Mühlenrecht von Bischweiler, S. 582.

Zur Reparatur und zum Ausbau seiner Mühle wurde dem Müller Holz zur Verfügung gestellt. Mitunter wurde die Grenze, bis zu der der Müller seine Mühle erweitern durfte, ge-

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nauer bestimmt - freilich nicht immer in so humorvoller Weise, wie es 1458 in Bischweiler geschah. Vielleicht war das Ganze nur ein symbolischer Scherz, denn in der beschriebenen Körperhaltung konnte, wenn sie überhaupt einzunehmen war, nur wenige Meter weit geworfen werden. Diese Beschränkung zum Ausdruck zu bringen, war wohl auch die eigentliche Absicht: Der Müller sollte möglichst wenig Baugrund in Anspruch nehmen. Die erwähnte Bille ist eine doppelschneidige, kurze Flachhaue, mit welcher der Müller den Mahlstein bearbeitete. Bauer und Müller Die Mühle, die in der Gemarkung Schöllbronn liegt, ist von alters her anerkannt als die eigene Mühle des Dorfes mit allen Rechten, so daß niemand außer die Schöllbronner das Recht haben, darin zu mahlen. Sie sind verpflichtet, einem jeden Müller einen Mühlstein, wenn er gebraucht wird und innerhalb einer Meile Weges liegt, auf Gemeindekosten zu holen und zur Mühle führen zu lassen ohne des Müllers Schaden. Dafür soll der Müller jederzeit, wenn es von einem Schöllbronner verlangt wird, einen Malter [Getreidemaß von unterschiedlicher Größe von 1,5 bis 12,5 Hektoliter] Korn eine Meile Weges auf seine Kosten holen lassen, ohne Schaden der Armen. Als Mahllohn soll er von jedem Malter Korn einen Vierling nehmen. Fordert heute einer, daß der Müller sein Korn zur Mühle abhole, so soll der Müller das nicht länger hinausschieben als bis zum nächsten Morgen; und wenn das Korn gemahlen ist, so soll er das Mehl nie über Nacht in der Mühle behalten, sondern es dem Auftraggeber hinfahren. Fährt einer von Schöllbronn Korn in die Mühle und braucht es schnell zurück, der Müller aber hat das Korn eines Fremden eingeschüttet, so ist der Müller verpflichtet, auf des Schöllbronners Wunsch das Korn des Fremden fortzunehmen und des Einheimischen Korn aujzuschütten und zu mahlen ohne Betrug. Der Müller soll auch zu allen Zeiten einen starken Knecht haben, der einen Malter Korn tragen kann und der dem Armen das Seine wohl getreulich versorget, daß ihm nichts verschüttet wird und verlorengeht, denn was also dem Armen verloren geht, das mußder Müller ihm bezahlen. Läßt ein Schöllbronner ohne redliche und ehrbare Ursache sein Korn bei einem anderen Müllermahlen, und der Müller klagt ihn deswegen an, so muß der Schöllbronner dem Dorf deswegen fünf Schillinge Strafe zahlen. Braucht der Müller Bauholz für seine Mühle, so soll er die Schöllbronner darum bitten, haben sie das Verlangte in ihrer Gemarkung, so müssen sie es ihm geben und es ihm ohne seine Kosten hinfahren. 1485. Dorfrecht von Schöllbronn b. Karlsruhe, S. 141 f.

Anders als in jenen ländlichen Siedlungen, wo grundherrliches Mühleneigentum dominierte, verfügte das Dorf Schöllbronn über eine eigene, auf Gemeindekosten unterhaltene Mühle. Auch hier herrschte Mahlzwang, der aber im Gegensatz etwa zu jenen Gebieten, wo Grundherren das Mühlenregal innehatten, von der Dorfgemeinde selbst überwacht wurde.

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Wie breit soll der Mühlweg sein? [...] der f...] Weg zur Mühle soll so weit sein, daß ein Roß dem anderen mit einem Sack ausweichen kann. Langenerchingen bei Mühlheim/Thurgau. Weisthümer, Band 1, S. 272. [...] sie haben auch einen Weg zur Mühle gewiesen, der soll so breit sein, daß ein Esel [...] mit einem Sack hindurchgehen kann. 1485. Metloch/Hunsrück. Weisthümer, Band 2, S. 60. In der Mühle Zum siebenten haben sie als rechtens dargetan von der Mühle, daß der Abt einen Müller oder einen Knecht haben soll, der einen Malter Korn heben und tragen kann. Und wenn ihn ein armer Mann [ein Bauer] in Anspruch nimmt, so soll der Müller ihm das Korn einsacken helfen, den Sack aufhalten und das Korn mahlen, so daß der arme Mann das Mehl spätestens am dritten Tage bekommt. Wenn das nicht geschähe und der arme Mann deshalb warten müßte, so kann er dem Müller das Fuhrwerk auf der Gasse, wo immer er es erwischt, anhalten und festhalten, bis er sein Mehl bekommt. Zum achten haben sie dargelegt, daß der Müller zu rechtem Mahllohn von 20 Maltern einen Malter nehmen soll, es sei denn, daß der Abt einen anderslautenden Brief hätte, da wollten sie nicht dagegen sein. Zum neunten haben sie gesprochen und festgelegt: Wenn der Müller dem armen Mann sein Mehl geliefert hat und der Bauer der Meinung ist, daß ihm Abzug geschehen sei, so soll der Müller das Mehl mit demselben Maß messen, mit dem das Korn gemessen worden ist, und er soll ihm von dem Malter 8 Sommer [Getreidemaß] gehäuft oder 12 gestrichen liefern. Zum zehnten haben sie festgelegt und gesprochen: Wenn der arme Mann kein Korn hätte und es anderswo kaufen müßte, so soll es ihm der Müller innerhalb einer Meile Weges abholen und für das gewöhnliche Mahlgeld mahlen, wie oben beschrieben ist. Zum elften haben sie mit Rechtfestgelegt und erkannt: In dem Falle, daß jemand, der im Bannbereich wohnt, auswärts mahlen läßt, soll der Müller auf ihn warten, und wenn er ihn ergreift, kann er ihm Getreide, Mehl, Sack und Fuhrwerk nehmen und das Getreide oder das Mehl für sich behalten. Das Fuhrwerk soll er zum Abt fahren. 1488. Sponheim/Kurpfalz. Weisthümer, Band 6, S. 495 f., §§ 7-11.

Viele Grundherren verfügten seit dem hohen Mittelalter über das einträgliche Mühlenregal und übten den Mühlenbann aus. Danach waren die Bauern verpflichtet, ihr Korn in der Mühle ihres Grundherrn gegen eine bestimmte Gebühr mahlen zu lassen. Die Einhaltung dieses >MahlzwangesHolz< dem Müller, der nun die ihm verbliebene andere Hälfte dagegenhielt und prüfte, ob beide Teile zueinander paßten. Danach schnitt er für jeden abgelieferten Kornsack quer über die zusammengehaltenen Hälften eine Kerbe. Dadurch konnte jederzeit festgestellt werden, wieviel der jeweilige Hörige von seinem Getreide zur Mühle gebracht hatte. Daß es bei dieser Art der doppelten Buchführung< nicht immer korrekt zuging, deutet noch heute eine Redensart an: Jemand hat >etwas auf dem KerbholzwerktagsEr hat drei Säcke zur Mühle gebracht .. .< Der Bauer wohl in die Mühle trat, er wünschte dem Müller einen guten Tag, dazu einen guten Morgen. Hab Dank, hab Dank, du grober Bauer, was willst du bei mir holen? Ja holen?

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Der Bauer schnell in die Mühle schreit: Müller, hältst du das Mehl mir bereit? Du hast es mir halb gestohlen! Du lügst, du lügst, du grober Bauer, es ist in der Mühle verstoben, verstoben. Der Bauer wohl aus der Mühle trat, das Annelein ihm die Wahrheit sagt, du hast die Kleie vergessen. Ach nein, ach nein, liebes Annelein, des Müllers Schweine haben sie gefressen, ja gefressen. Die Müller haben die besten Schwein, die im Lande mögen sein, gemästet aus der Bauern Säcken. Da mußgar manch armer Bauer seine Mägd und Knechte früh wecken, ja wecken. Der Müller gäb einen Batzen darum, daß man das Liedlein ihm nimmer singe, er muß es gar übel hassen. Singt man es in der Stube nicht, so singt man es auf der Gassen, ja Gassen. Der uns das Liedlein neu sang, ein grober Bauer ist er genannt, er hat es gar gut gesungen. Er hat drei Säcke zur Mühle gebracht, nur zwei sind ihm wiedergekommen, ja gekommen. Ende 14. Jahrhundert/Anfang 16. Jahrhundert. Volkslieder, S. 692 f.

10. Vom Weinanbau Der seit ältester Zeit bekannte Anbau von Wein erforderte stets beträchtlichen Arbeitsaufwand, Sorgfalt, genaue Kenntnis der Anbau- und Pflegebedingungen, war von guten klimatischen und geologischen Bedingungen besonders abhängig, daher sehr risikoreich, aber auch, wenn alles gut gegangen war, recht einträglich. Besonders die Klöster widmeten dem Weinbau (Wein als Sakramentsspeise beim Abendmahl!) große Aufmerksamkeit. Als bedeutende Vermittler alten Kulturgutes verwerteten namentlich die Benediktinerklöster im

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Garten- und Weinanbau antike Traditionen, experimentierten anfangs in klösterlichen Gärten, um später zum großflächigen Anbau überzugehen. Von der Kunst des Weinbaus Die Satzung über den Weinbau ist oft abgeschafft und ebensooft wieder erneuert worden, denn sooft wir selbst den Anbau betreiben mußten, konnten wir nicht durchhalten. Aber ob wir selbst oder die Bauern den Anbau betreiben, auf alle Fälle gedeiht es alles nur bei viel Arbeit und bedarfgrößter Sorgfalt und Pflege. Wenn wir nun anbauen wollten, könnten wir nicht durchhalten. Wenn aber die Bauern die Weinberge besorgen, betreiben sie alles nachlässig und eignen es sich mit Lug und Trug an und zehren zusammen mit Weib und Kind die festgesetzten Abgaben selbst auf. Jeder Bauer hat nun auf sein Tagewerk jährlich sieben Fuhren Mist zufahren, dann die Reben zu schneiden und zu binden, den Boden zweimal mit der Hacke zu bearbeiten, wo nötig Löcher zu graben und Reben zu pflanzen und so ihre Zahl zu vergrößern, sie durch einen Zaun oder sonstwie besser zu sichern und durch häufige Rundgänge zu bewachen; ferner Holz, das man fur die Pfahle braucht, zu besorgen, schließlich, wenn die Trauben ansetzen, die überflüssigen Triebe auszubrechen und den gemeinsamen Feldhüter zu besolden. Hat er zu Ostern die Reben noch nicht beschnitten und mit der Hacke bearbeitet, so wird er bestraft, ebenso, wenn er zum Fest der Geburt Johannes des Täufers [24. Juni] sie nicht zum zweitenmal behackt und angebunden hat. Kommt die Zeit der Weinlese, so mußer seinen Helfern alles Nötige besorgen — Speise und Trank, Lohn und Gefäß— und hat nach der Weinlese und dem Keltern der Trauben den Most ist unseren Keller zu bringen, darf aber den sechsten Eimer für sich behalten; die Eimer müssen nach dem festgesetzten Maß geeicht sein. Auch soll man auf den Hügeln, in den Weinbergen, auf den Wegen und im Keller Aufseher bestellen, um die Träger sorgfältig zu überwachen. Hat der Bauer diese Arbeit getan, so geht er nach Hause und bringt dem Meier zwei Brote, ein Viertel Fuder Wein und zwei Immen Hafer oder Gerste. Also muß man fur eine Arbeit, aus der so großer Nutzen und eine solche ehrenvolle Stellung hervorgehen muß, einen rechtschaffenen, zuverlässigen und umsichtigen Meister oder Meier einstellen, der fähig und willens ist, einen solchen Hof zu verwalten und zu beaufsichtigen. U m 1 1 5 0 . H o f r e c h t des Klosters M u r i ins Aargau/Schweiz, das Weinberge a m Z ü r i c h e r See besaß. In: Q u e l l e n Schweiz, Band 3, S. 6 0 f. (Übers, in: Franz, G ü n t h e r [1967], Nr. 7 8 , S. 2 0 7 f.)

Beim Weinanbau mußten die Klöster bei ihren auf Vermehrung von Einkünften abzielenden Bemühungen mit Widerständen der ländlichen Bevölkerung rechnen, die sich gegen zusätzliche Belastungen wehrte. Die entsprechende Konfliktsituation wird in den vom Kloster Muri erlassenen Anweisungen über den Weinanbau mehrfach angesprochen. Mit der Androhung von Strafen und der Einsetzung von Aufsehern sollte Abhilfe geschaffen werden.

Vom Weinanbau

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Weinernte September Nun vollendet der Bauer, was etwa im Monat August bleibt übrig an Erntegeschäften; und dann sind geborgen die Früchte. Doch jetzt nahet die Zeit, an den Weinberg Wachen zu stellen, welche den streifenden Dieb zu hindern vermögen am Eintritt, und der listige Fuchs ist in Stricken zu fangen und Schlingen. Dann auch gilt's, durch die Schleuder und schrecklich tönend Geklapper fortzuscheuchen der Vögel Gezücht vom belästigten Weinberg, wenn am ragenden Berg Duft steigt von süßen Gehängen und der Winzer schon pflückt mit Auswahl reifere Trauben, aber vom schäumenden Most noch immer nicht triefet der Weinberg und die Fülle des Weins noch nicht ausgießt unter der Kelter. Häufig jedoch verlangen die Reben, erwärmt von den lauen Aquinoktiumregen schon jetzt die schneidende Hippe; dann wirft ab der Winzer die Schuhe, entblößt die Beine und zerquetscht mit den Füßen die aufgeschichteten Trauben. Jetzt auch pflückt man die Apfel, die durch den Winter man aufhebt. Oktober Diesen Monat umfleht mit geöffneten Lippen der Weinbau, und auf allen Gefilden, die schmückt die liebliche Rebe, hallen die Pflanzungen wider von ringsher versammelten Leuten. Ein Teil schneidet mit Messern die lieblichen Früchte vom Weinstock, andere tragen die Massen der Trauben vergnügt auf den Schultern, wiederum andere fahren des Bacchus Gaben hinaus auf Wagen; noch andere drehn mit kräftigen Armen die Kelter emsig herum undfüllen die Bütten mit herrlichem Moste; endlich noch setzt ein Teil die älteren Kufen in Stand und macht die nötigen neuen aus kräftigem Holz; den gesamten Wein des Jahrs verschließen darin die sorglichen Keller. Alle entflammt dieselbige Lust, bei allen sich zeigt die nämliche Umsicht; kaum daß die Nacht den Ermüdeten etwas Ruhe gewährt; nur das eine Geschäft zu erringen bewegt sie sämtlich. Dann auch kocht der geschichtete Brand mit mäßgem Feuer den Most und schleudert den Schaum aus dem siedenden Kessel. So bewahren den süßen Geschmack die gekläreten Weine und verschaffen besonders den Fastenden leichte Erquickung. 8 5 0 . R h e i n l a n d . W a n d e l b e r t von P r ü m , S. 2 8 5 f.

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40 Westwange (unterer Teil) des südlichen Chorgestühls im Dom zu Erfurt. Eichenholz. Um 1350/60 D i e Seitenwange des Gestühls zeigt in den R a n k e n eines Weinstockes, der Symbol C h r i sti ist, Szenen aus d e m Alltag der W e i n b a u e r n : in d e n H a u p t b i l d e r n auch die Z a h l u n g des Weinzinses u n d den G e n u ß des Weines am w ä r m e n d e n Feuer, vermutlich die Jahreszeiten H e r b s t u n d W i n t e r symbolisierend. Zwischen den Blätterranken sind kleine Figuren b e i m Ernten der T r a u b e n dargestellt.

Schlechte Weinernte In diesem Jahr [1174]fehlte wegen beständigen Windes dem Sommer die gewohnte Wärme, weshalb in vielen Gegenden Wein und Getreide zugrunde gingen. In der Herbstzeit ist auch durch Dauerregen und starken Wind eine nicht geringe Überschwemmung verursacht worden. 1174. Erfurt. Chronicon S. Petri, S. 186.

Winzerdienste Wenn aber der Wein schlecht geraten ist, müssen sie — wenn auch nicht in voller Höhe — dennoch ihren Zins bezahlen nach gnädiger Anordnung des Boten, den die Domherren dorthin beordert haben [...] Vom Anfang der Weinlese bis zum Ende wage keiner den Bann [Weinbann] zu brechen [...] Um die Weinfässer der Domherren anzuschaffen, schuldet jedes Tagewerk für die Reifen einen Pfennig. Wenn der Wein gekeltert wird, bringt jeder Pfichtige zum Hof eine Bütte, ein anderes Gefäß und eine Leuchte. Am Tage, an dem sie den Wein zu den Schiffen der Domherren bringen, gebührt ihnen rechtmäßig je Person ein Becher und je zweien für einen Pfennig Brot. Sie müssen auch den ]...] Wein mit eigener Arbeit zum Trierer Hafen befördern, worauf ihnen abermals von Rechts wegen je Person zwei Becher Wein zustehen fur jeden Tag, solange sie dort

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arbeiten, ausgenommen dem Wächter, der mit einem Becher täglich genug haben wird. Wenn sie zum Trierer Hafen kommen, muß der Bote der Domherren ihnen einmal ausreichend zu essen geben. Um 1047. Beschreibung des Hofes Curei bei St. Goar (Kühr, Kreis St. Goar), den Erzbischof Poppo von Trier dem Domkapitel schenkt. In: UB Mittelrhein, Nr. 326, S. 380. (Übers, in: Franz, Günther [1967], Nr. 54a, S. 137 f.)

Es wird auch aus diesem Text deutlich, mit welchen Mühen und Belastungen der Weinanbau verbunden war. Gleich zu Beginn wird mit einer schlechten Weinernte gerechnet - ein angesichts der Empfindlichkeit der Weinstöcke etwa gegenüber Witterungsunbilden gewiß nicht seltener Vorgang. Dessenungeachtet mußte der Zins, wenn auch herabgesetzt, entrichtet werden. Ersichtlich wird weiter, daß die ländliche Bevölkerung außer den für den Anbau und die Weinlese erforderlichen Arbeiten beim Keltern, Abfüllen und Abtransport des Weines (Lieferung von Reifen für die Fässer, Bütten für das Tragen der Weintraubengefäße, Beförderung der Weinfässer) mithelfen mußte. Die gebotene strikte Einhaltung des Weinbannes bedeutete, daß jede Störung der Arbeiten im Weinberg und jede Beschädigung der Weinstöcke streng untersagt war. Dafür vor allem sollte ein Wächter sorgen, der auch den Abtransport der Weinfässer zu beaufsichtigen hatte. Als Belohnung sollte er täglich nur einen Becher Wein erhalten - wohl auch, um nicht einzuschlafen. Daß es sich gleichsam um eine Art Berufskrankheit handelte, geht auch aus einem Rebenweistum von Twann am Bielersee (Bern) von 1421 hervor: Wenn dem Weinbergwächter schläfrig wird, soll er sich hinlegen, einen Kieselstein unter seinen Kopf schieben und ruhen, aber nicht schlafen. (Weisthümer, Band 1, S. 182.)

41 Weinlese. Miniatur (Detail) aus einem um 1330 entstandenen Diurnale (Zisterzienserinnenkloster Marienstern in Panschwitz-Kuckau, Kr. Kamenz; Signatur: Q u a r t 1, Β 4 3 5 / L i , fol. 6 b) D a s M o n a t s b i l d O k t o b e r zeigt, wie sorgsam die Trauben geendet u n d in einen K o r b gelegt wurden.

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Bauernarbeit trägt die Welt

>Extrastücke< - für den Weinbauern Die Herrin und Königin Ricbenza seligen Angedenkens hat den Fronhof Mesenich mit allen dazugehörigen Leuten dem heiligen Nikolaus [Patron der Abtei Brauweiler] übergeben. Außerdem überließ sie dem Heiligen vierundzwanzig Weinberge, die man >Arpenna< nennt, unter der Bedingung, daßjeder Weinberg zur Zeit der Lese zehn Lasten Wein der Kirche abliefere, von dem Rest sollte die Kirche nochmals zwei Drittel erhalten und ein Dritteiden Leuten verbleiben. Die Königin, die ihrem erlauchten Stande entsprechend freigebig war, würdigte sich, dieses Drittel, das für die vielen Arbeiten, die der Weinbau erfordert, doch etwas wenig war, den Arbeitsleuten zu vermehren, indem sie diesen noch einige als >Extrastücke< [lat. singularitates] bezeichnete Weinberge und kleine Höfe mit Äckern und Wiesen überließ; was davon einkam, sollten die Leute für sich allein haben. Die Leute wurden infolge dieser Zuweisung anmaßend, wandten sofort all ihren Eifer an die Extrastücke, vergrößerten sie erheblich und vernachlässigten unsere Weinberge von Tag zu Tag mehr. Da wir diese andauernde Schädigung nicht länger ertragen konnten, zogen wir die Leute vor dem Vogt Dietrich zur Rechenschaft, damit sie ihren Verpflichtungen nachkämen oder, wie es die Gerechtigkeit heischt, verlören, was sie von der Kirche haben. Da ihre Nachlässigkeit vor aller Augen offen zutage lag, konnten sie sich nicht rechtfertigen. Sie verlangten aber von uns, wir sollten ihnen für ihre Arbeit und ihre Aufwendungen in den Weinbergen sechzig Mark geben, während sie von nun ab allen Wein, den sie auf ihren Sonderstücken gewinnen würden, jedes Jahr mit uns zu gleichen Teilen teilen würdest. Wir geben schließlich zu dieser Regelung unsere Zustimmung [...] Stirbt einer von diesen Leuten, so ist sein Pferd, sein Rind oder sein bestes Gewand [Besthaupt] abzuliefern. 1176. Vereinbarung zwischen der Abtei Brauweiler, westlich von Köln, u n d den Weinbauern des einst von Richenza, der Gemahlin Lothars III., d e m Kloster geschenkten Fronhofes Mesenich. In: U B Niederrhein, Nr. 457, S. 321.

Da, wie sich aus dem Text ergibt, die Weinbauern nur weniger als ein Drittel der Ernte behalten durften und alles andere abliefern mußten, werden sie am Weinbau für das Kloster wenig interessiert gewesen sein. Dieses gesteht daher auch zusätzlichen Landbesitz zur Bewirtschaftung auf eigene Rechnung als materiellen Anreiz zu ... mit dem gewiß nicht beabsichtigten Erfolg, daß die Weinbauern nun alle Anstrengungen auf die möglichst ertragreiche Bebauung dieser abgabefreien Parzellen konzentrierten, diese noch dazu ausdehnten und so wenig wie möglich auf den klösterlichen Weinbergen arbeiteten. Sie werden schließlich bestraft und müssen künftig den Gewinn aus ihren »Privatwirtschaften mit den Mönchen teilen - gewiß ein aufschlußreicher Blick in den Alltag grundherrlich-bäuerlicher Beziehungen im Mittelalter. Schutz den Weingärten Wir setzen auch fest: Wenn einer Weingärten oder Baumpflanzungen und Exkommunikation der Brandstifter unterliegen.

umhaut, soll er der Acht

29. Dezember 1186. Friedebrief Kaiser Friedrichs I. gegen die Brandstifter. In: Constitutiones, Band 1. Nr. 318, S. 452, c 22 (Übers, in: Weinrich, Lorenz, Nr. 78, S. 315, c. 22.)

Vom Weinanbau

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Daß Weingärten und Baumpflanzungen in die Landfriedensgesetzgebung mit einbezogen werden und Beschädigung mit der weltlichen (Acht) und geistlichen (Exkommunikation) Höchststrafe geahndet wurden, deutet auf zweierlei hin: erstens auf den Wert, den man dem ungestörten Anbau entsprechender Kulturen beimaß. Zweitens auf die offenbar bestehende Gefahr der Zerstörung, der mit der Androhung von >Abschreckungsstrafen< vorgebeugt werden sollte. Das gerade im 12. und 13. Jahrhundert grassierende Fehdeunwesen war ja geradezu eine alltägliche Gefahrenquelle. Kein Wasser für die Mühlenräder ... aber guter Wein

Das Jahr [1293] war warm und trocken, der Wein sehr gut. Die Kolmarer hatten genügend Getreide und Wein. Ein Viertel Weizen wurdefür 7 Schillinge verkauft, ein Viertel Mehl jedoch für ein Pfund, weil das Mühlenwasser f...] abgeleitet worden war. Die Armen stampften das Getreide in Mörsern, andere mahlten es in Gewürzmühlen. Manche stellten Menschen an die Mühlräder und zwangen sie, im Kreise zu gehen. 1293. Kolmar/Elsaß. Annales Colmarienses, S. 2 5 8 f.

Im Elsaß herrschte solche Hitze, daß die Kärrner ihre zweirädrigen Karren mit gesamter Ladung nackt durch die Felder schoben. Die Hitze war so groß, daß ein Bach, der sonst zwei Räder drehte, kaum noch ein Mühlenrad zu drehen vermocht haben soll. Ein kleines Brot wurde für einen Pfennig verkauft, und der Weizen wurdefür 5 oder 6 Schillinge verkauft. Das ganze Jahr [1304] war warm, sonnig und ohne nennenswerten Regen. Es brachte auf den Bergen guten Wein in reichlicher Menge. Wo einer sonst ein bis drei Faß voll zu bekommen gedachte, konnte er nun leicht fünf Fässer füllen. Manche eben gelegenen Weingärten brachten indes nur schlechten und ziemlich wenig Wein. Ein Viertel Weizen wurdefür 5 bis 6 Schillinge verkauft, aberfür ein kleines Brot zahlte man einen Pfennig. Das Brot war deshalb knapp, weil die Mühlen das Getreide nicht mahlen konnten. Guten Wein gab es in großer Menge und zu geringem Preis, denn der Rhein konnte den Wein nichtforttransportieren. Der Rhein hatte einen so niedrigen Wasserstand, daß man ihn zwischen Straßburg und Basel an mehreren Stellen durchwaten konnte. 1304. Kolmar/Elsaß. Annales Colmarienses maiores, S. 2 3 1 .

Große Hitze und Trockenheit verursachten Ende des 13. Jahrhunderts im Elsaß Wassermangel, der viele Wassermühlen lahmlegte, was zu Engpässen in der Mehlversorgung führte. Zwar war genügend Getreide vorhanden, doch konnte es nicht gemahlen werden. Während die Getreidepreise erschwinglich waren, wurde das Brot teurer. Vielfach griff man zur Selbsthilfe. Alte Mörser wurden wieder hervorgeholt, die Getreidekörner in Handmühlen zerkleinert. Verschiedentlich wurde das Mahlwerk der Mühlen durch Menschen betrieben. (Scriptores, Band 17, S. 193 f.; 1270. Schweiz. Annales Basiiienses.) Um 1304 ließ die sommerliche Wärme den Wein im Elsaß gut gedeihen. Der deshalb geringe Preis sank weiter, da der Wein nicht auf dem Schiffahrtsweg zu kaufkräftigen Absatzmärkten transportiert werden konnte. Der Wasserstand des Rheins war zu niedrig. Doch auch zuviel Wasser konnte den Mühlen schaden, die mitunter, wie um 1270 in der Schweiz im Umkreis von Basel, durch Überschwemmungen zerstört wurden (vgl. Scriptores, Band 17, S. 194).

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Bauernarbeit trägt die Welt

42 Die Kelter. Miniatur aus dem Kalendarium des Dresdener Gebetbuches. Flämisch, um 1470/90 (Sächsische Landesbibliothek, Dresden; Signatur: Mscr. A: 311, Bl. 9, R e p r o d u k t i o n nach Zeitglöcklein) Im

Monatsbild

September

werden von einem M a n n mit nackten Beinen in einem Bottich die aufgeschütteten Traub e n z e r s t a m p f t ; im

Hinter-

g r u n d ein W e i n b a u e r

beim

D r e h e n der Kelter.

E i n r e c h t e r B a u e r soll B ä u m e u n d W e i n s t ö c k e p f l a n z e n

Ein rechter Bauer noch mehr können soll, Bäume und auch Reben bauen wohl. Ihr sollt auch wissen dabei: Wie alt ein Bauer auch sei, so soll er doch nicht ablassen, er soll Fleiß und Sorge tragen. wie er Bäume und Reben züchten möge, daß sie für seine Erben taugen und ihnen zu Nutze mögen kommen, seinen Kindeskindern zum Frommen. Denn welcher alte Bauer nicht will Sorge tragen, daß er seine Nachkommen versehe mit seinem Bau, daß ihnen wohl geschehe,

Vom Weinanbau

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der verstieße gegen der Bauern Recht, er sei selber Meister oder Knecht. Er soll Bäume und Reben nicht setzen, wenn er kein Zutrauen zu den Früchten der Bäume und Reben kann haben. Der Bauer sprach: Die Rede laßt, Herr! Denn sie ist ganz und gar unklug. Ein biederer Bauer soll wahrnehmen, was der Gemeinschaft nützlich ist. Auch sollt ihr merken hierbei: Hätten unsere Vorfahren nicht gepfropft Bäume und Reben, die wir jetzt sehn, wir hätten nur wenig davon. Ein rechter Bauer soll nehmen wahr, was seinen Nachkommen und Erben nützen mag [...] 1337. Kunrad von Ammenhausen, Spalte 407 f.

Klage über Weinbergknechte Ja, hätt er den Lohn nun in der Taschen, so kümmert ihn nicht, wer die Reben tat naschen. Was unreif und nicht gediehen, das ließen sie von den Reben liegen. Des Tages sie gar viel versäumen, und wenn man sie sieht, fahren sie wild umher. Sieht man sie nicht, liegen sie in der Sonne oder im Schatten unter einem Baum und wollen daflir großen Lohn, und wollen sich nicht lassen strafen und lehren. Sie möchten an keinem sich kehren und wollen gut trinken und essen. Und haben sich dessen vermessen. Niemand kann sie genügend belohnen, die verfluchten dreckigen Lümmel. Nach 1337. Des Teufels Netz, S. 362.

Wann ist der Traubenschneider ein Bösewicht? Hat jemand drei oder vier Trauben in seine Hand geschnitten und verspeist, so ist er deshalb noch kein Bösewicht. Trägt er aber an seiner Brust, in seinen Armen, in seinem Schoß oder in seiner Kapuze geschnittene Trauben weg, und wird das vom Feldschützen entdeckt, so ist derjenige, der den Übeltäter einen Bösewicht nennt, nicht schuldig. 15. Jahrhundert. Rheingau. Rechtsalterthümer, Band 2, S. 84.

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Bauernarbeit trägt die Welt

Der Herbst wird ausgeleuchtet ... Gegen Ende der Weinlese kommen die Jungen alle auf einem Feld zusammen und machen sich dort aus Stroh, das für diesen Zweck hingebracht worden ist, gute handliche Fackeln, ein jeder zwei, und sie gehn zur Nacht singend in geordnetem Zug in die Stadt. Damit leuchten sie den Herbst feierlich aus. 1534. Sebastian Franck, S. 51 b. Der in Donauwörth geborene und vermutlich in Basel gestorbene Sebastian Franck ist einer der bedeutendsten Schriftsteller und Denker des 16. Jahrhunderts. Er war Chronist, Geograph, Publizist und Sprichwortsammler und zeichnete sich durch eine bewußt volksverbundene Haltung aus. In seinem >WeltbuchFleischtiere< sehr geschätzt, waren, weitaus schärfer bestraft als der von Feldfrüchten. Die Hausschweine, deren Lebensweise in vielem der des Wildschweines glich, blieben fast das ganze Jahr hindurch tagsüber und nachts auf der Weide. Die intensive hochmittelalterliche Rodungstätigkeit verschlechterte die Futtergrundlage, so daß lange zu Gewichtsverlusten führende Wanderungen der Schweineherden zu entfernten Waldmastplätzen keine Seltenheit waren. Von Schweinediebstählen 1. Wenn jemand ein saugendes Ferkel aus dem ersten oder dem mittleren Wurf stiehlt und dessen überführt wird, werde er zu 120 Pfennigen gleich 3 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 2. Wenn er aber aus dem dritten Wurf stiehlt, werde er zu 600 Pfennigen gleich 15 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 3.

Wenn jemand ein Ferkelaus einer Hürde stiehlt, die einen Verschluß hat, werde er zu 1800 Pfennigen gleich 45 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 4. Wenn jemand ein Ferkel aufdem Felde inmitten der Schweine stiehlt, während der Schweinehirt sie bewacht, werde er zu 600 Pfennigen gleich 15 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 5. Wenn jemand ein Ferkel stiehlt, das ohne Mutter leben kann, werde er zu 40 Pfennigen gleich 1 Schilling außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 6. Wenn jemand ein Mutterschwein beim Diebstahl gegen den Leib schlägt, so daß er die Ferkel der Mutter abtreibt, werde er zu 280 Pfennigen gleich 7 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 7. Wenn jemand ein Mutterschwein mit Ferkeln stiehlt, werde er zu 700 Pfennigen gleich 17 1/2 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 8. Wenn jemand ein einjähriges Ferkel stiehlt, werde er zu 120 Pfennigen gleich 3 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 9. Wenn jemand ein zweijähriges Schwein stiehlt, werde er zu 600 Pfennigen gleich 15 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 10. Wenn jemand ein Stallferkel, ehe es ein Jahr alt ist, stiehlt, werde er zu 120 Pfennigen gleich 3 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt.

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Bauernarbeit trägt die Welt

11. Wenn jemand aber ein Schwein, nachdem es ein Jahr alt ist, stiehlt, werde er zu 600 Pfennigen gleich 15 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 12. Wenn jemand einen Eber stiehlt, werde er zu 700 Pfennigen gleich 17 112 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 13. Wenn jemand ein Leitmutterschwein stiehlt, werde er zu 700 Pfennigen gleich 171/2 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 14. Wenn jemand ein geweihtes Barchschwein, Votivschwein genannt, stiehlt und jener, der es verlor, mit Zeugen beweisen kann, daß es geweiht war, werde er zu 700 Pfennigen gleich 17 H2 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 15. Wenn jemand ein nicht geweihtes Barchschwein stiehlt, werde er zu 600 Pfennigen gleich 15 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 16. Wenn jemand 3 Schweine oder mehr, bis zu 6 Stück, stiehlt, werde er zu 1400 Pfennigen gleich 35 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 17. Wenn jemand aus einer Herde 15 Schweine stiehlt und die anderen dort zurückbleiben, werde er zu 1400 Pfennigen gleich 35 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 18. Wenn jemand 25 Schweine stiehlt undjene Herde nicht aus mehr besteht, werde er zu 2500 Pfennigen gleich 62 112 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 19- Wenn aber von dieser Schweineherde über 25 Schweine hinaus einige zurückbleiben und nicht gestohlen werden, werde er zu 1400 Pfennigen gleich 35 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 20. Wenn er aber 50 Schweine stiehlt und einige zurückbleiben, werde er zu 2500 Pfennigen gleich 62 112 Schillingen außer Wertersatz und Weigerungsbuße verurteilt. 6. Jahrhundert. Pactus, c. 2, §§ 1 - 2 0 , S. 20 ff. (Übers, in: Eckhardt, Karl August, S. 3 f., c. 2.)

44 Schweinemast. Miniatur (Detail) aus einem um 1300 entstandenen Diurnale (Zisterzienserinnenkloster Marienstern Panschwitz-Kuckau, Kr. Kamenz; Signatur: Q u a r t 1, Β 435/Li., fol. 2 b) D a s Kalenderbild z u m M o n a t S e p t e m b e r n i m m t auf den Brauch Bezug, nach d e m im H e r b s t die Schweineherden in den W ä l d e r n mit Eicheln zu mästen sind. M i t hoch erhobener Keule treibt der H i r t das Schwein in den Wald.

Schweinezucht und Schweinediebstahl

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Die aus dem frühen Mittelalter überlieferten stammesrechtlichen Aufzeichnungen sind aus einer Verbindung von königlicher Satzung mit dem Gewohnheitsrecht des jeweiligen Stammes entstanden. Sie sind für die Stammesangehörigen verbindlich. Das bedeutendste aller germanischen >Volksrechte< ist das Recht der salischen Franken (lat. Lex Salica) mit reicher, vielfältiger Uberlieferung; hier ist auch der merowingische 65-Titel-Text (lat. Pactus legis Salicae) zu nennen. Welche Bedeutung bereits im frühen Mittelalter der Schweinezucht beigemessen wurde, geht auch daraus hervor, daß das Recht der salischen Franken nicht weniger als 20 Paragraphen Strafen für verschiedene Formen des Schweinediebstahls enthält. In diesem Zusammenhang wird eine regelrechte Schweineterminologie entwickelt. Genannt werden saugende Ferkel aus dem ersten, zweiten und dritten Gehege, Ferkel, die im Koben, in der Hürde und auf dem Feld gehalten wurden, gewöhnliche Ferkel, Mastferkel, ferner Läufer, Mutterschweine, Leitsauen, Barchschweine und Eber. Keiner töte einen Schweinehirten Wenn ein Schweinehirt, der in der Herde 40 Schweine, einen angelernten Hund und einen Schweinejungen hat, getötet wird, büße man mit 40 Schillingen. 1. Hälfte 8. Jahrhundert. Leges Alamannorum, c. 79, § 1, S. 138. (Übers, in: Eckhard, Karl August, Band 2, S. 57, c. 80.)

Vergleicht man die im zu Beginn des 8. Jahrhunderts entstandenen alemannischen >Volksrecht< (lat. Lex Alamannorum) für die Tötung eines Schweinehirten vorgesehene Strafe mit anderen Bußsätzen der Rechtsaufzeichnung, so ergibt sich, daß jene mit der Strafe für das Töten eines Hirten mit 80 Schafen oder eines Goldschmiedes gleichgesetzt wurde — gewiß ein Hinweis auf die Wertschätzung des Schweinehirten im frühen Mittelalter. Schweinemast - Schweineschlachten November Auch sind die Herden der Schweine im nährenden Walde zu halten, während die Eiche beim Schütteln des Sturmes ein reichliches Fallen liefert und weit und breit mit Eicheln bestreut wird der Waldgrund. Dezember Jetzt auch pflegt man die Schweine zu schlachten, welche die Eichel aufgefüttert schon hat, so daß sie die völlige Mast durch wanstigen Bauch bekunden, und hängt in den laulichen Rauch sie, wenn man die Rücken zuvor mit befeuchtetem Salze bestreut hat. 850. Rheinland. Wandelbert von Prüim, S. 287 f.

Was ist ein Hufenschwein? Jeder, der eine Hufe besitzt, von der er alle Rechte erstatten muß, muß dem Kloster am St. Andreastag [30. November] ein Schwein, das >Hufenschweingebranntgeringeltwild< mitweideten und dann beschlagnahmt wurden. Damit mit den Brenneisen kein Mißbrauch getrieben werden konnte, wurden sie an einem als besonders sicher geltenden Ort, im Dorfgericht oder in der Kirche, aufbewahrt. Das in der >Schweinemastordnung< erwähnte Verbot fur den Hirten, Holz zu schlagen und Feuer im Wald zu entzünden, dürfte sich vor allem auf M a s t bäume«, also Buchen und Eichen, bezogen haben. Diese sollten auch durch die Bestimmung geschützt werden, wonach das >Eichelschwingen< untersagt war - ein offenbar recht häufig geübter Brauch, denn die Miniaturen des europäischen Hochmittelalters zeigen immer wieder Bauern, die mit langen Stöcken die Früchte der Eichen abschlugen, Knüppel in die Baumkronen warfen oder auf die Bäume geklettert waren, um die auf höhergelegenen Asten gewachsenen Eicheln herunterzubefördern (oder vor Wildschweinen Schutz zu suchen?). Auf diese Weise konnten die Äste der Eichen beschädigt werden. Außerdem fielen viele unreife Früchte ab, die zur Mästung ungeeignet waren, da sie von den Schweinen nicht gefressen wurden. Schließlich wurde auch das Nachwachsen junger Eichenbäume beeinträchtigt beziehungsweise verhindert, da die unreifen Eicheln noch keine Keimkraft besaßen. Das Wühlen der Schweine im Boden wirkte sich insofern positiv aus, als dabei auch viele Eicheln im aufgelockerten Erdreich ein günstiges Saatbett fanden, sofern sie ausgereift waren. Schweinemast im Wald Die Gemeinde und ein jeder zu Schöllbronn kann und mag zu allen Zeiten mit den Schweinen in den Wald zur Mast mit Eicheln und Bucheckern ziehen, und zwar mit soviel Schweinen, wie jeder selber züchtet. Hat ein Armer keine eigenen Schweine, so kann er ungefähr acht Tage nach oder vor dem Tag des hl. Jakob in der Ernte drei oder vier Schweine um die Hälfte kaufen oder leihen und damit zur Mast ziehen, ohne daß ihn jemand hindert, so ist es von alters her gewesen, und das Gericht zu Schöllbronn hat es als Recht anerkannt. Gäbe aber Gott der Herr einmal so viel Eicheln und Bucheckern, daß noch etwas übrig bliebe, was die Gemeinde für ihre Schweine nicht brauche, so mag unser gnädiger Herr dies nehmen, nutzen und brauchen; aber Seine Gnaden soll der Gemeinde nicht sein Vieh auf die Weide treiben [...] Ein jeder Schultheiß zu Schöllbronn soll als Knecht unseres gnädigen Herrn Markgrafen den Wald beschützen und beschirmen ohne der Gemeinde Kosten und Schaden. Kann er dies aber zu der Zeit der Schweinemast nicht allein tun, so soll ihm die Gemeinde helfen. Die Strafgelder, die dabei eingehen, fallen von alters her zur Hälfte an den Herrn Markgrafen, zur Hälfte an den Schultheißen im Dorf und die, die ihm geholfen haben. 1485. Dorfrecht von Schöllbronn b. Karlsruhe, S. 141 f.

Besonders im 14. und 15. Jahrhundert, als nach den im hohen Mittelalter erfolgten Rodungen die Wälder kleiner geworden waren und zwischen Grundherrn und ländlicher Bevölkerung Streitigkeiten um Marknutzungsrechte ausbrachen, wandten die Bauern in den

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verbleibenden Eichen- und Buchenwäldern einer geregelten Schweinemast besondere Aufmerksamkeit zu. Sie war nur dann möglich, wenn genügend Eicheln oder Bucheckern gewachsen waren. In zahlreichen Weistümern wird angeordnet, daß erst nach sorgfältiger Prüfung des Mastbehanges von Eichen und Buchen der Zeitpunkt des Eintriebs und die Zahl der zu mästenden Schweine festgelegt wurden. Nur bei einer überdurchschnittlich guten Ernte von Mastfrüchten wurde nach vollzogener Fütterung der Schweine dem Grundherrn etwas abgegeben. Ihm gegenüber achtete die Gemeinde offenbar sehr genau darauf, daß ihre Weiderechte in Wald und Feld nicht geschmälert oder verletzt wurden. Die im Schöllbronner Dorfrecht in diesem Zusammenhang angeführte Schutz- und Schirmformel (den Wald beschützen und beschirmen) deutet daraufhin, daß dem Herrn Rechte zustanden, die Gemeinde also nicht mehr uneingeschränkt verfügen konnte. Auch die Herren legten, bis hinauf zum König, als Besitzer großer Schweineherden auf die Waldmast großen Wert. So ordnete schon Karl der Große an, daß ihm vor dem 1. September die Verwalter der königlichen Güter berichteten, ob die Eichelernte die Schweinemast ermöglichte oder nicht. (Um 800. Hofgüterordnung Karls des Großen. In: Capitularia, Band 1, Nr. 32, S. 85; c. 25. Ubers, in: Franz, Günther [1967], Nr. 22, c. 25, S. 47.) Diese Hofgüterordnung wird von dem fränkischen Herrscher im Zusammenhang mit seiner auf die wirtschaftliche Stärkung des Reichsgutes gerichteten Politik erlassen, um eingerissene Mißstände in der Bewirtschaftung zu beseitigen und die ordnungsgemäße Nutzung in Zukunft zu sichern.

13. Von Hirten Rechte und Pflichten der Hirten Niemand soll sein Vieh zu Hause lassen, das dem Hirten überlassen werden kann, mit Ausnahme der Sauen, die Ferkel haben. Diese soll man behüten, daß sie keinen Schaden nehmen. Niemand soll auch einen gesonderten Hirten haben, wodurch er dem Gemeindehirten den Lohn mindert, er habe denn drei Hufen oder mehr, die sein Eigentum oder sein Lehen sind. Der darf sehr wohl seinen eigenen Schafhirten haben. Wenn man dem Hirten den Lohn verspricht von der Hufe und nicht vom Vieh, so darf ihm doch niemand den Lohn vorenthalten, damit das Dorf nicht ohne Hirten bleibe. Bringt der Hirte das Vieh, das man ihm übergibt, nicht wieder in das Dorf zurück, so muß er es bezahlen. Und auch was ihm Wölfe reißen oder Räuber nehmen, ohne daß er den Hilferuf erschallen läßt und damit Zeugen herbeiruft, muß er bezahlen. Verletzt ein Tier ein anderes in Gegenwart des Hirten oder wird es getreten oder gebissen, und beschuldigt man den Hirten deshalb, so muß er das Tier, das den Schaden verursacht hat, nennen und das beschwören. Dann muß der Besitzer des Tieres das geschädigte Tier in seine Pflege nehmen, bis dieses wieder auf die Weide gehen kann. Stirbt es, so muß er es nach dem festgelegten Wert bezahlen. Beschuldigt man den Hirten, daß er ein Tier nicht zum Dorf zurückgebracht habe, und er vermagseine Unschuld zu beweisen, so ist er von der Anschuldigung frei. Wer aber sein Vieh vermißt und sogleich zum Hirten geht und ihn mit dem Zeugnis zweier Männer beschuldigt, so kann

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Bauernarbeit trägt die Welt

sich der Hirt nicht mit einem Eide von der Beschuldigung befreien, sondern er mußdas Tier bezahlen. Sagt aber der Hirt, daßihm das Tier nicht anvertraut worden sei, so kann er es mit zwei Männern bezeugen, die es sahen, als man das Vieh ihm zutrieb. Dann ist der Hirt unschuldig. Um 1230. Sachsenspiegel, Landrecht, 2. Buch, Artikel 54, §§ 1 - 6 .

47 Rechtsvorschriften für Hirten. Lavierte Federzeichnung aus der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Um 1330 (Universitätsbibliothek Heidelberg; Signatur: C o d . Pal. G e r m . 164, fol. 8 v, R e p r o d u k t i o n nach Sachsenspiegel [Heidelberg]) 1

Links s t e h t der kleiner gezeichnete

Privathirte, der auf seinen vor i h m steh e n d e n H e r r n weist; dieser ist d u r c h das Fehlen des Beinriemens als der sozial h ö her s t e h e n d e Besitzer von >drei H u f e n oder

mehr
Wergeld< aus. 4

D e r H i r t e m u ß Geld f ü r ein verlore-

nes Tier an den geschädigten E i g e n t ü m e r zahlen; dieser verhindert den Eid des H i r ten, i n d e m er die z u m S c h w u r ausgestreckte H a n d des H i r t e n festhält. Einer seiner Z e u g e n m a c h t die Schwurgebärde, d u r c h die er seine Bereitschaft z u m Z e u geneid zeigt.

Von Hirten

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Jedes Dorf sollte Hirten haben, denen jeder Bauer sein Vieh zuzutreiben hatte. Die Hirten waren für das ihnen anvertraute Vieh (Rinder, Schweine, Schafe u. a.) verantwortlich und mußten es unversehrt von der Weide ins Dorf zurückführen. Schlafe nicht ein, Hirte Er soll einen Stab haben, der sei so lang, daß er vom Fuß bis unter das Kinn reicht, und soll an beiden Enden mit einem spitzen Eisen beschlagen sein, und soll diesen Stab auf seinen Fuß und unter sein .Kinn setzen, damit er nicht einschlafe. 13. Jahrhundert. Leberach. Weisthümer, Band 4, S. 263.

[...] legt er sich aber nieder, um zu schlafen [...] trifft man ihrs schlafend an, schlägt man ihn dann tot, so wird dafür nichts verbüßt. Wyler/Treisam/Schwarzwald. Weisthümer, Band 1, S. 360.

Hirten, haltet die Weidegrenzen ein [...] und wenn die beiden Hirten [der Gemeinden Riez und Pfaffenhofen] in dem gleichen Bach Wasser schöpfen wollen und der Pfaffenhofer Hirt dabei über die Mitte des Baches hinausgreift, so mag ihm der Riezer Hirte mit dem Napf aufden Kopfschlagen. Das soll dem Hirten [der Gemeinde Riez] und deren Rechten nicht schaden. Ende 13. Jahrhundert. Riez. Österreichische Weisthümer, Band 3, Nr. 10, S. 51.

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Viehaustrieb. Lavierte

Federzeichnung (Detail) aus der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Um 1330 (Universitätsbibliothek

Heidel-

berg; Signatur: C o d . Pal. G e r m . 164, fol. 17 v, R e p r o d u k t i o n nach Sachsenspiegel [Heidelberg]) D e r Bauer, der hier das Eintreiben der O c h s e n a m A b e n d u n d das Austreiben am M o r g e n vollzieht, trägt die f ü r seinen Stand charakteristischen weißen Binden u m die W a d e n ; mit einem A u f m e r k s a m keitsgestus weist er auf die Rechtm ä ß i g k e i t seiner H a n d l u n g h i n . Das G e b ä u d e aus Q u a d e r s t e i n e n mit einem Ziegeldach gleicht allerdings m e h r einem Kirchenbau als einem Stall. Im Bild wird das Korn auf f r e m d e m Feld mit der Sichel geschnitten u n d v o m gleichen Bauern zu H a u f e n gelegt; da er es nicht abfährt, m a c h t er sich nicht strafbar.

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Bauernarbeit trägt die Welt

Hirtenschelte Vielleicht kommt der Mann, dem sie Schaden haben getan. Der beginnt zu fluchen und zu schelten, und man mußihm den Schaden entgelten. Vielleicht können es die Wölfe zerzerren, wo ist denn ihr Verwirren? Würden das die Buben entgelten und kämen sie davon ab nur selten und schliefen dabei sie nicht so lang, bis der Schaden geschehn ist. Hat er das Vieh wieder zusammenzutreiben, so stößt er es mit schwerem Kolben und zerschlägt ihm Rücken und Bein, daßdie Tiere hinkend nach Hause kommen. Und das wird sich an ihm rächen. Er sollte dem Vieh ruhig zusprechen oder mit Ruten es zusammentreiben. So könnte den Leuten das Vieh heil bleiben. Sonst, wenn die Kuh tragend ist halb, so wirft sie vorzeitig ein totes Kalb [...] Noch eines will ich euch sagen (ich hör es durch des Hirten Klagen): So der Abend beginnt zu nahen, so werden Kühe und Schafe gefangen, die werden gemolken in einen Kübel. Ist das nicht ein großes Übel? Wenn die Jungmagd die Kuh will melken, so hat es der Hirt auf dem Feld schon getan. Daraus macht er dann Schmalz und Käse in seinem schändlichen Haus. Kommt man zu ihm mit dieser Klag, so redet er, was er vermag, die Weide sei mager und dürr und die Kuh ein altes Geschirr. Damit hat er die Milch gestohlen, ganz heimlich geschieht's und verhohlen. Ist nicht das auch ein Dieb?

49 Bei der Schafschur. Miniatur aus dem Prachtkalender von Albrecht Glockendon. Nürnberg 1526 (Staatsbibliothek, Handschriftenabteilung, Berlin; Signatur: Ms. germ. oct. 9, fol. v, Reproduktion nach Glockendon) Das in leuchtenden Deckfarben ausgeführte Bild für den M o n a t Juni zeigt vor einem Fachwerkgehöft ein Bauernpaar beim Scheren der Schafe. In der Zierleiste ist zwischen Blumenranken das Tierkreiszeichen eingefügt. Verse mit Lebens- und Gesundheitsregeln ergänzen in diesem Kalender, den sich ein reicher Patrizier in der Nürnberger Briefmaler-Werkstatt der bekannten Illuminatorenfamilie bestellt haben mag, die jeweiligen Monatsbilder.

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14. Wenn Vieh Schaden anrichtet Gänse im Saatfeld März Früh lings beginn erwärmet gar lieblich den Monat; der Lenz ist's, welcher das Meer und das Land durch reizende Bilder besänftigt. [...] Aber die heitere Luft durchschwirrt die geschwätzige Schwalbe, auf dem Gefild ergeht sich der graulichte Kranich, vom Saatfeld zieht allmählich hinweg der Gänse verhaßte Gesellschaft. 850. Rheinland. Wandelben von Prüm, S. 281 f.

Verwöhnte Hunde Es gibt viele, die bei der Rückkehr von der Jagd mehr für ihre Hunde als für ihre Knechte sorgen. Sie lassen die Hunde neben sich auf den Bänken liegen oder schlafen und veranlassen, daß sie in ihrer Gegenwart von ihren eigenen Speisen zu fressen bekommen. Dabei ist es ihnen gleichgültig, ob ihr Knecht vor Hunger verschmachtet; und was noch schlimmer ist: wenn den Hunden das Futter nicht sorgfältig genug zubereitet worden ist, so wird um eines Hundes willen der

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Knecht bestraft, womöglich sogar totgeschlagen. Man kann nämlich in vielen Häusern gepflegte und wohlgenährte Hunde herumlaufen sehen und gleichzeitig Menschen, die bleich und wankend einhergehen. 1. Hälfte 9. Jahrhundert. Predigten des Hrabanus Maurus. In: Migne, Band 110, Spalte 25.

Hrabanus Maurus, der bedeutendste Theologe der späten Karolingerzeit, war Abt des Klosters Fulda und seit 847 Erzbischof von Mainz. Seine besondere Sorge galt der Ausbildung des Klerus, der Seelsorge und einer durch anschauliche, überzeugende Predigten vermittelten Breitenwirkung des christlichen Glaubens.

50 Über das Halten wilder Tiere. Lavierte Federzeichnung (Detail) aus der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Um 1330 (Universitätsbibliothek Heidelberg; Signatur: C o d . Pal. G e r m . 164, fol. 10 v, Reprod u k t i o n nach Sachsenspiegel [Heidelberg]) 1

Links über d e m O p f e r eine T i e r g r u p p e

aus H u n d , Wolf, Bär, Hirsch, dazwischen aufrecht der Affe; rechts tritt das O p f e r mit zwei Z e u g e n vor den Richter. 2

Der Angegriffene erschlägt den H u n d ,

der Eber liegt bereits tot am Boden; rechts s c h w ö r t der T ä t e r d e n V e r t e i d i g u n g s n o t stand. 3

Die Wildtiere sind innerhalb einer U m -

z ä u n u n g dargestellt.

Von Hunden Wenn ein Hund aufs Feld geht, so soll man ihn an der Leine halten, damit er niemandem schade. Schadet er aber, so soll das der bezahlen, dem der Hund aufs Feld gefolgt ist. Oder es zahlt sein Herr, wenn er es nicht zu zahlen vermag. Schlägt jemand einen Hund oder einen Eber oder ein anderes Tier tot, das ihn angreift, so braucht er es nicht zu bezahlen, wenn er mit einem Eid auf die Heiligen beschwört, daß er in Notwehr gehandelt hat.

Wenn Vieh Schaden anrichtet

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Verletzt aber ein Mann einen Hund, oder schlägt er ihn tot, weil er ihn beißen wollte oder weil er sein Vieh auf der Straße oder auf dem Felde gebissen hat, so bleibt er ohne Strafe, wenn er auf den Heiligen schwört, daß er sich anders des Hundes nicht erwehren konnte. U m 1230. Sachsenspiegel, Landrecht, 3. Buch, Artikel 49; 2. Buch, Artikel 62, § 2; 3. Buch, Artikel 48, § 4.

Das Gebot >Für Hunde Leinenzwang< war also schon im 13. Jahrhundert bekannt ... und offenbar notwendig. Die im Sachsenspiegel angeführten Delikte machen das sehr deutlich. Dabei darf naturgemäß nicht vergessen werden, daß Hunde etwa für den Schutz von Haus und Hof sowie des weidenden Viehs (Wölfe!) sehr nützlich waren. So verwundert es nicht, wenn in Weistümern bei der unmotivierten Tötung eines Hundes mitunter dessen Wert sinnfällig betont wird. Erschlägt jemand einen Hund, wenn dieser dem Täter seinen Schwanz zukehrt und ihn nicht sehen kann (Heimtückemotiv!), so soll das getötete Tier am Schwanz aufgehängt werden, so daß es mit dem Maul die Erde berührt. Der Schuldige muß nun soviel Weizen über den Körper des Tieres schütten, bis dieses mit den Getreidekörnern bedeckt ist. Der so angehäufte Weizen gehört dem Herrn des Hundes. (Weisthümer, Band 3, S. 308, § 9; S. 714.)

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51 Leinenzwang für Hunde. Lavierte Federzeichnung (Detail) aus der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Um 1330 (Universitätsbibliothek Heidelberg; Signatur: C o d . Pal. G e r m . 164. fol. 10 r)

Vom Bauern und seinen Hunden Weit von den Leuten wohnt ein Bauer. In einem Wald ließ er sichs sauer mit Hauen und mit Spalten werden, mit Hacken, Roden in der Erden, daß er sich einen Acker zuricht. Wie er nun lang gearbeitet hatt,

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Bauernarbeit trägt die Welt

gingen ihm aus Speis und Brot, ihn bedrängte große Not. Weil er des Hungers sich wollte erwehren, begann er seine Lämmer zu verzehren, danach die Ziegen, Böcke und Schaf. Zuletzt es auch die Ochsen traf, und einen wollt er auch schon schlachten. Als das die Hunde sahn, sie dachten und überlegten: » Was wollen wir tun? Weil er die Ochsen jetzt greift an, die ihn täglich helfen ernähren und ihm allezeit den Acker pflügen. Wenn er dieselben nicht verschont und ihnen nun dermaßen lohnt; was soll dann geschehn mit uns armen Hunden? Unser Leben wir nicht retten können! Drum ist's am besten, daß wir

und nicht länger hier bei ihm verziehn.«

fliehn

15/16. Jahrhundert. Burkhard Waldis,

1. Teil, S. 15.

Verletzung oder Tod durch Vieh Wessen Hund oder Eber oder Pferd oder Ochse oder sonstiges Tier einen Mann oder ein Tier tötet oder verletzt, der soliden Schaden nach dem richtigen Wergeid beziehungsweise nach dem Werte bezahlen, wenn er es wieder in seinen Besitz nimmt, nachdem er es erfuhr. Jagt er es aber weg und nimmt er es nicht in seinen Hof undfuttert oder tränkt er es nicht, dann ist er unschuldig an dem Schaden. Dann bemächtigt sich jener des Tieres, wenn er will, als Ersatz fiir seinen Schaden. Wer sein Vieh auf eines anderen Getreide oder Gras treibt, der soll ihm seinen Schaden nach geltendem Recht bezahlen und mit drei Schillingen büßen. Lst er aber nicht zugegen, wenn das Vieh den Schaden verursacht, so sollen die, denen das Vieh gehört, den Schaden bezahlen, wenn man ihn sofort nach der Schätzung der Bauern nachweist. Als Strafe gibt jeder sechs Pfennige für sein Vieh. Ist das Vieh nicht ohne weiteres einzutreiben, wie ein brünstiges Pferd oder eine Gans oder ein Eber, so hole er zwei Männer herbei und zeige ihnen seinen Schaden und folge dem Vieh in seinen Stall und beschuldige den Besitzer. Dann mußdieser die Entschädigung für das Vieh zahlen, so als ob es gepfändet wäre. Wer sein Vieh auf ein anderes Feld der allgemeinen Weide treibt und deshalb gepfändet wird, der zahlt sechs Pfennige. U m 1230. Sachsenspiegel, Landrecht, 2. Buch, Artikel 40, § § 1 - 2 ; Artikel 47, §§ 1 - 4 .

Das Wergeid (lat. vir = der Mann, Manngeld) bezeichnet ursprünglich das Sühnegeld, das an die Sippe eines getöteten Mannes zu zahlen war; es löste die Blutrache ab. Im Sachsenspiegel wird der Begriff auch bei der Tötung von Tieren angewendet.

Von Sonnenschein und Regen 1 2 9

52 Schaden durch Vieh. Lavierte Federzeichnung aus der Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. 3. Viertel 14. Jahrhundert

(Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel; Signatur: Ms. Aug. 3.1., fol. 4) 1 Die Szene stellt den in Landrecht II, § 33 erwähnten Dienstaustritt des Gesindes dar. Der Knecht verläßt den Dienstherrn, weil er heiraten will. Der Lohn wird ihm ausgezahlt. Die Ehe wird durch die beiden Trauringe symbolisiert, die der Knecht und die Frau hochhalten. Junge und Mädchen sind unmündige Kinder, über die der Knecht die Vormundschaft auszuüben hat. Als Zeichen der Hilfsbedürftigkeit der Kinder ergreift der Junge den Arm des Knechtes. 2 Hinter dem Rücken des Besitzers tritt dessen Pferd einen Mann zu Tode. Rechts attackiert ein Ochse einen Ziegenbock, während der Besitzer durch Dazwischentreten verhindert, daß ein Eber auf den Verletzten losstürmt. Im Bild werden so verschiedene Fragen der Haftung des Besitzers von schadenstiftendem Vieh aufgegriffen, aber nicht beantwortet. 3 Der Besitzer treibt sein Vieh, das Schaden verursacht hat, von seinem Hof. 4 Der Wagen hat einen Mann überfahren, der Wagenlenker versucht zu fliehen. Ein von rechts kommender Mann hält das Gespann auf und bedeutet durch eine Handgeste, daß die Beschlagnahme sich gegen den Herrn des Fuhrwerkes richtet.

5 Da Schweine und Gänse nicht gepfändet werden können, auch wenn sie die Felder eines anderen Besitzers verwüsten oder dessen Korn fressen, darf der Geschädigte seine Hunde auf sie hetzen. Diese dürfen die eingedrungenen Tiere totbeißen - dargestellt durch die Gans im Maul des vorderen Hundes - , ohne daß der Grundherr dafür bestraft werden kann.

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Bauernarbeit trägt die Welt

Feldschaden durch Schweine Läßt ein Mann das Getreide oder sonst eine Saat seiner Nachbarn von Schweinen oder Gänsen abfressen, die man nicht pfänden kann, und hetzt man die Tiere dann mit Hunden, und die Hunde beißen sie tot, so bleibt man ungestraft. Um 1230. Sachsenspiegel. Landrecht, 2. Buch, Artikel 40, § 5.

Schweine, auch Wildschweine, wühlten häufig das Erdreich in den Feldern auf. Dies sollte auf zweifache Weise verhindert werden: Man steckte ein Stück Draht durch den Rüssel der Schweine. Das Zerwühlen des Bodens mit der Schnauze war dann für das Tier sehr schmerzhaft und unterblieb meist. Verschiedentlich wurden Schweine auch >gejochtSpielraum< möglichst eng begrenzen, um Schaden und die daraus entspringenden Streitigkeiten zwischen den Nachbarn zu vermeiden. Deshalb wurden bestimmte Stellungen und Körperhaltungen beim Werfen vorgeschrieben, die einen weiten Wurf nicht zuließen ... wenn diejenige Person dann überhaupt noch werfen konnte! Wie die Gänse machten auch die Hühner, die ja in keiner Wirtschaft fehlen durften, den Bauern einigermaßen zu schaffen. Hier wie da ging man dem Übel mit Witz einfallsreich zu Leibe. Wer etwa ein Huhn auf seinem Feld einfing, sollte dem Federvieh den Kröpf aufschneiden, das gefressene Korn ausstreuen und dann das so zugerichtete Huhn dem Besitzer zufliegen lassen. (16. Jahrhundert. Weisthümer, Band 3, S. 133, § 2.) Gänse im Kornfeld [...] und wer Gänse hat, die über die Hecke fliegen, denen soll man den Kopf durch den Zaun stoßen, ihren Hintern darüberwerfen und sie so hängenlassen. Kommt sie los, soll sie frei sein. 15. Jahrhundert. Magdenau/Schweiz. Weisthümer, Band 5, S. 188 § 7.

[...] richten Gänse [...] Schaden an, so soll man einen Stock nehmen, diesen an einem Ende spalten, den Kopf der Gans zwischen den Spalt stecken und den Stock in die Erde stecken. Kann sie sich losmachen,

so mag sie weglaufen.

Benker Heidenrecht, Westfalen, Band 3, S. 42, § 21.

[...] wenn Gänse in das Kornfeld eines Mannes eindringen, so mag er sie totschlagen f...], einen Galgen machen [...] und sie daran aufhängen. Mitte 14. Jahrhundert. Schwelm, östlich Elberfeld. Weisthümer, Band 3, S. 30.

Es ist ein Stück derb-drastischen Bauernhumors, der hier zum Ausdruck kommt. Die angedrohten Strafen, eine im Kornfeld gefundene Gans an einem Galgen aufzuhängen, ihren Schnabel durch einen Zaun oder in einen gespaltenen Stock zu stecken, dürften vor allem symbolischen Charakter haben. Hier machte sich der Ärger der ländlichen Bevölkerung über umherstreunende Gänse und den Schaden, den sie anrichteten, Luft, und sehr sanft wird man dann solche Tiere nicht gerade behandelt haben.

15. Verhütet Tierkrankheiten! Mit Sprüchen und Segensformeln wurde im Mittelalter versucht, das Vieh gesund zu erhalten und Krankheiten vorzubeugen. Dabei wurde an vorchristliches Brauchtum angeknüpft. Aufschlußreich ist nun, wie sich die Kirche gegenüber diesen Gewohnheiten verhielt. Zum einen deutet die Aufnahme entsprechender Delikte in das bekannte Bußbuch des Bischofs Burchard von Worms zu Beginn des 11. Jahrhunderts auf weite Verbreitung bei einer vom christlichen Glauben offenbar noch nicht tiefer erfaßten Bevölkerung hin, der für ihre Sünden nun Bußen auferlegt werden. Zum anderen griff die Kirche vorchristliche Vorstellungen auf, bildete sie um und lenkte sie in die von den christlichen Glaubensgeboten vorgezeichneten Bahnen.

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Bauernarbeit trägt die Welt

Gegen Würmer Geh heraus, Wurm, mit neun Würmlein, heraus aus dem Mark in den Knochen, aus denn Knochen in das Fleisch, heraus aus dem Fleisch in die Haut, heraus aus der Haut in diesen Strahl. Herr, es geschehe so!

10. Jahrhundert. Mettke, Heinz, S. 92 f.

Zu den seit dem 9. Jahrhundert in althochdeutscher Sprache aufgezeichneten Zaubersprüchen und Segen gibt es auch bei anderen Völkern (so in Indien) Parallelen. Der noch relativ primitive Stand der gesellschaftlichen Entwicklung, die dadurch bedingte starke Abhängigkeit von der Natur, der die Menschen sich weitgehend machtlos ausgeliefert sahen, führen bei verschiedenen Völkern der Erde zu einer ähnlichen Beurteilung von Naturerscheinungen und Krankheiten, die man durch überirdische Mächte verursacht sieht. Durch Kulthandlungen sollen Geister und Götter günstig gestimmt werden. Die älteste Form einer in Worte gefaßten Beschwörung gegen Krankheiten, die man durch Würmer hervorgerufen dachte - im Altindischen haben diese Würmer Namen und sind fast Gottheiten - , ist ein Wurmsegen. Würmer gelten als Verursacher vieler Krankheiten, unter anderem des Strahlkrebses der Pferde. Strahl ist die niederdeutsche Bezeichnung für die Hornsohle am Pferdehuf. Zweiter Merseburger Zauberspruch Phol und Wodan ritten in den Wald, da ward dem Fohlen Balders sein Fuß verrenkt. Da besprach ihn Sinthgunt [und] Sünna, ihre Schwester, da besprach ihn Frija [und] Volla, ihre Schwester, da besprach ihn Wodan, wie [nur] er es richtig verstand: Wie die Beinrenke, so die Blutrenke, so die Gliedrenke: Bein zu Bein, Blut zu Blute, Glied zu Gliedern, als ob sie aneinandergefügt seien. Gegen das Lahmen des Pferdes Ein Mann ging seines Weges, er führte sein Pferd an den Händen; da begegnete ihm mein Herr in seiner Barmherzigkeit. » Warum, Mann, gehst du? Weshalb reitest du nicht?« » Wie kann ich reiten, mein Roß ist lahm.« »Nun ziehe es dort an der Seite, raune ihm in das Ohr,

Verhütet Tierkrankheiten

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tritt es an den rechten Fuß: so wird es geheilt von der Lähmung.« Vaterunser; und streiche seine Schenkel und Füße und sprich: »Ebenso schnell werde diesem — welche Farbe es nun habe, rot, schwarz, weiß, fahl, grau, bunt - Rosse Heilung von seiner Lähmung, wie Gott jenem selber dort Heilung verschaffte.« 10. Jahrhundert. Mettke, Heinz, S. 87 f. Die sogenannten Merseburger Zaubersprüche enthalten zwei nach ihrem Fundort benannte Beschwörungsformeln aus der Zeit vor 750, wurden jedoch erst im 10. Jahrhundert, wahrscheinlich im Kloster Fulda, aufgezeichnet und sind die einzigen erhaltenen, in althochdeutscher Sprache verfaßten Schriftzeugnisse aus vorchristlicher Zeit. Die zu Beginn des zweiten Merseburger Zauberspruches gebrachte epische Erzählung zielt darauf ab, durch die Darstellung des sich bei den namentlich genannten Göttern einst zugetragenen Vorgangs die gleiche heilende Kraft bei einem konkreten >Unglücksfall< herbeizuzwingen. Der zweite Spruch stammt aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts und beschäftigt sich ebenfalls mit der Fußverletzung oder -Verrenkung eines Pferdes. Diese wird jedoch nicht mehr durch das Einwirken mythologischer Gestalten germanischer Herkunft geheilt, vielmehr bespricht der Besitzer des Pferdes selbst die Verletzung und sagt ein Vaterunser auf. Magisch-dämonische und christliche Vorstellungen sind hier miteinander verflochten. Hirten- und Hundesegen Christ wurde geboren eher als Wolf oder Dieb. Da war Sankt Martin Christes Hirte. Der heilige Christ und Sankt Martin, der möge beschützen heute die Hunde (und) die Hündinnen, daß ihnen weder Wolf noch Wölfen schaden können; wohin sie auch immer laufen, sei es Wald oder Weg oder freies Gelände. Der heilige Christ und Sankt Martin, die mögen sie mir heute alle gesund nach Hause schicken. 10. Jahrhundert. Mettke, Heinz, S. 88.

Der Text beruht auf einer aus dem 8. Jahrhundert stammenden Vorlage, in der anstelle Christus Wodan stand und der heilige Martin noch fehlte. Im Zusammenhang mit der Christianisierung wurde der heidnische Gott durch Christus ersetzt und Martin als Schutzpatron der Tiere hinzugefügt. Aus einem Jägerspruch wurde so ein Hirten- und Hundesegen. Bienensegen Christ, der Bienenschwarm ist draußen! Nun flieg du, mein Getier, her im Frieden des Herrn, in Gottes Schutz, um gesund heimzukommen. Sitze, sitze, Biene! Das gebot dir die heilige Maria. Erlaubnis sollst du nicht erhalten, in den Wald sollst du nicht fliegen, du sollst mir weder entrinnen, noch sollst du mir entkommen. Sitze ganz still, vollführe Gottes Willen.

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Bauernarbeit trägt die Welt

10. Jahrhundert. Mettke, Heinz, S. 88 ff.

Die Bienen waren schon in früher Zeit wegen des Honigs und des Wachses, aus dem sie ihre Waben bauten, sehr geschätzt. Honig wurde verzehrt oder zu Met verarbeitet, aus Wachs wurden die im Bauernhaus und von der Kirche benötigten Kerzen hergestellt. Was man Lahmen Nennt Zuerst ein Vaterunser. Ein Fisch schwamm im Wasser, [und] es zerbrachen seine Flossen: da heilte ihn unser Herr. Derselbe Herr, der den Fisch heilte; der heile das Roß von dem Lahmen. Amen.

10. J a h r h u n d e r t . M e t t k e , H e i n z , S. 89.

Wie werden Schweine und Rinder vor Krankheiten bewahrt? Hast du Zauberknoten, Zaubersprüche oder jene verschiedenartigen Zaubermittel gebraucht, welche schändliche Menschen, Schweine- und Rinderhirten und manchmal auch Jäger herstellen, wobei sie teuflische Sprüche über Brot oder über Kräuter hersagen, auch über irgendwelche schändlichen Zauberknoten, und diese dann in einem Baum verstecken oder auf einen Kreuzweg oder Dreiweg werfen, um entweder ihre eigenen Tiere und Hunde vor Krankheit und Unfall zu bewahren oder die von anderen zu verderben? Wenn du das getan hast, sollst du zwei Jahre lang an den vorgeschriebenen Tagen [Montag, Mittwoch, Freitag] Buße tun. 11. J a h r h u n d e r t . B u r c h a r d v o n W o r m s , Spalte 9 6 1 .

Schweinegebet Großer Gott, gerechter Gott, treuer Gott, Gott, der vor Schaden bewahrt, vor dem alle Sünden zu meiden sind und alle schädlichen Dinge nicht zu schaden vermögen ohne dein Geheiß oder deine Erlaubnis: Du, Herr, bewahre diese Schweine vor dem Rotz, vor dem Rotlauf [...] vor dem Blutfluß und vor innerem Fieber, Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs, der du alle Lebewesen mit Segen erfüllst, beschütze und erhalte diese Schweine um deines heiligen und glorreichen Namens willen. [...] Schreibe dies auf ein Brot und zerreibe es in einem Gefäß, gib es den Schweinen, und sie werden von keiner Seuche befallen. 12. J a h r h u n d e r t . Franz, A d o l p h , Band 2, S. 138.

Mit den verschiedensten Mitteln suchte man die für den bäuerlichen Wirtschaftsbetrieb so wichtigen Schweine und Rinder gesund zu erhalten, und auch die Jäger wußten, daß ohne Hunde eine erfolgreiche Jagd kaum möglich war. Die angeführten Zaubersprüche und Gebete zeigen, daß die von Bischof Burchard von Worms im 11. Jahrhundert energisch bekämpften vorchristlich magisch-dämonischen Vorstellungen in den folgenden Jahrhunderten nicht etwa verschwanden, sich vielmehr als außerordentlich zählebig erwiesen und von der Kirche entweder bekämpft oder umgebildet wurden. Besprach man vor der Christianisierung Brot mit teuflischen SprüchenBescheidenheitauch die Luft noch< nahmen, ist sozusagen Inhalt des Windmühlenregals, das für die Nutzung der Windkraft zum Mühlenbetrieb eine Abgabe an den >Bannherrn< vorsah. Interessant ist, daß der Dichter in diesem Zusammenhang nicht nur die allgemein herrschende Willkür geißelt, sondern auch über die Begründung für materiellen Besitz und soziale Stellung in der Gesellschaft nachdenkt. Dabei gibt er gegenüber edler Geburt der Tugend den Vorrang. Würde sie tatsächlich zum Maßstab gemacht, meint F., dann kehre sich das Herr-Knecht-Verhältnis um. Abackern, abgraben, abzäunen Wer vom Gemeindeland seiner Bauern etwas abpflügt, abgräbt oder einzäunt und deshalb vor dem Bauermeister gerügt oder angeklagt wird, der muß für sein Vergehen drei Schillinge Geldstrafe bezahlen. Weigert er sich aber, daß seine Sache vor dem Bauermeister verhandelt werde, und wird er dann vor dem Oberrichter verklagt, so muß er dem Richter und den Bauern drei Schilling als Strafe zahlen und das Land wieder hergeben. In gleicher Weise bezahlt eine Bauernschafi der anderen mit drei Schillingen und vergütet ihr ihren Schaden, wenn man sie bei den Nachbargemeinden verklagt, wie man es mit Recht soll. Verweigert sie aber das Recht, und wird sie dann vor dem Oberrichter verklagt, so muß ihr Bauermeister für sie alle das Strafgeld bezahlen und den Bauern dreißig Schillinge als Strafe geben und ihnen ihren Schaden ersetzen. Um 1230. Sachsenspiegel, Landrecht, 3. Buch, Artikel 86, §§ 1 - 2 .

So, wie sich die Bauern jeder Schmälerung der Allmende widersetzten, achteten sie innerhalb der Dorfgemeinschaft sorgsam darauf, daß keiner ihrer Mitglieder auf dem genossenschaftlich genutzten Gemeindeland pflügte, grub oder Zäune errichtete und sich so >private< Vorteile verschaffte. Die unberechtigte Nutzung der Allmende durch Nachbargemeinden war verboten. Vision vom feurigen Grenzstein In der Diözese Köln, im Dorf Bude, lebte ein Bauer namens Heinrich. Als ihm seine Todesstunde nahte, sah er einen großen glühenden Stein über sich in der Luft schweben. Durch die Hitze, die von dem Stein ausströmte, wurde es dem Kranken schrecklich heiß, und er schrie mit jämmerlicher Stimme: »Der Stein da, der drohend über meinem Kopfe schwebt, wird mich noch ganz und gar verbrennen.« Da wurde der Priester gerufen. Der Kranke beichtete, aber es nützte ihm nichts. Der Priester sagte: »Denke doch einmal nach, ob du jemanden mit diesem Stein betrogen hast.« Darauf ging er in sich und sprach: »Ich erinnere mich, daß ich diesen Stein auf fremdes

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Bauernarbeit trägt die W e l t

Gebiet gerückt habe, um meine Äcker zu vergrößern.« Sogleich gab der Priester zur Antwort: »Da haben wir die Ursache!« Er aber gestand seine Schuld, versprach Entschädigung und wurde so von der schrecklichen Vision befreit. 1219 bis 1223. Caesarius von Heisterbach, S. 249. Die von Caesarius von Heisterbacch in seinen Wundergeschichten überlieferte Vision vom feurigen Grenzstein läßt nachempfinden, wie sehr die ländliche Bevölkerung die Furcht vor der Strafe bewegte, die jenen traf, der Feldgrenzen in betrügerischer Absicht zum eigenen Vorteil veränderte. Von Marksteinen Wer Grenzbäume oder Marksteine setzt, der soll den hinzuziehen, der auf der anderen Seite das Land besitzt. Wer einen Zaun setzt, der soll die Aste nach seinem Hof kehren. Um 1230. Sachsenspiegel, Landrecht, 2. Buch, Artikel 50.

[...] sie sollen alle Jahre die Mark [...] gehörig umgehen, die Marksteine, Löcher und Zeichen besichtigen [...] und jedes Mal fünf oder sechs Knaben von fünfzehn Jahren und so viele von der Gemeinde mitnehmen, die entsprechend alt genug sind, die Dinge im Gedächtnis zu behalten. 1484. Ingersheim am Neckar. Weisthümer, Band 4, S. 526, c. 10.

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Schutz des Gemeinde-

landes. Lavierte Federzeichnung (Detail) aus der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Um 1330 (Universitätsbibliothek Heidelberg; Signatur: C o d . Pal. G e r m . 164, fol. 28 v, Reprod u k t i o n nach Sachsenspiegel [Heidelberg]) 1

D e r Bauer mit d e m Spaten

zahlt 3 Schillinge (durch 111 gekennzeichnet), da er seinem N a c h b a r n G e m e i n d e l a n d abgrub; die gleiche S u m m e wird gefordert b e i m Abpflügen, ein Vergehen,

dessen

sich

der

rechts stehende Bauer schuldig macht. 2

Zwei B a u e r n g r u p p e n ste-

h e n sich gegenüber u n d erheb e n m i t ihren Befehlsgesten Z a h l u n g s a u f f o r d e r u n g e n . Die beiden Bauermeister geben d u r c h H a n d s c h l a g u n d e r h o b e n e Schwurh a n d das gegenseitige Zahlungsversprechen über die S u m m e , die w i e d e r u m d u r c h 111 (= drei Schillinge) vermerkt ist.

Allmende

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Geschieht es, daßjemand mit seinem Pflug oder seiner Egge [...] einen Markstein [...] auswirft, so soll er stillhalten und den Markstein wieder aufstellen, wenn er es ohne Schaden kann [...] oder er soll [...] seinen Widerpart [den angrenzenden Landbesitzer] rufen, so daß sie [zusammen] den Markstein wieder setzen, und deshalb hat er nichts verbrochen. Wenn er dies aber nicht tut, und der Stein bleibt [ausgeworfen] liegen, und es kommt vor Gericht, so t r i f f t ihn die Höchststrafe. 1421. Erfweil/Schwaben. Weisthümer, Band 2, S. 31. Wer einen Markstein ausgräbt, den soll man bis an seinen Gürtel in die Erde eingraben, und sollen sechs Stück ungezähmten Viehs genommen und gegen ihn gefahren werden, kann er das verwinden, so soll das seine Strafe sein. 1511. Bruchweiler/Hunsrück. Weisthümer, Band 2, S. 138. Mit Steinen, Bäumen und anderem wurden die Grenzen der Felder und der Allmende markiert, und es gehörte zu den wichtigsten Obliegenheiten der Dorfgemeinde, dafür zu sorgen, daß diese Grenzen nicht vorsätzlich oder unabsichtlich — verändert wurden, etwa durch das Umpflügen, Ausgraben und Versetzen von solchen Zeichen. Zu den regelmäßigen Flurbegehungen wurden häufig Kinder und Jugendliche mitgenommen, ihnen dabei mitunter auch Backenstreiche versetzt, damit ihnen möglichst lange der gewiesene Grenzverlauf im Gedächtnis haften blieb. Demjenigen, der >freventlich< Marksteine verrückt, drohten grausame Strafen: Dem eingegrabenen Missetäter sollte der Kopf abgepflügt oder es sollte durch sein Herz gepflügt werden. Man schrieb auch vor, den Frevler mit dem Kopf nach unten einzugraben, so daß die Beine herausragten, zwischen die nun der Markstein gestellt wurde, >[...] damit jeder sähe, daß dies eine gute Markierung sei [...]< (Weisthümer, Band 2, S. 132, 138,494; Band 6, S. 627, § 31. 14. Jahrhundert. Österreichische Weisthümer, Band 7, Nr. 118, S. 742, § 108). Die verhängten Strafen dürften in erster Linie symbolisch gemeint sein. Sie sollten abschreckend wirken und zugleich die Schwere des Vergehens kenntlich machen. Ein Bauer soll getreu sein

Ein Bauer soll getreu sein dem, dem er bebaut das Land. Er soll auch haben treuen Sinn gegen seinen Genossen, wenn er einen hat. Die Treue in vielen Dingen sich zeigt, in Zäunen und in Grenzsteinen; davon soll er keinen anders setzen, als wo er stehen soll. Er soll auch jedem lassen sein Holz, sein Heu und auch sein Gras. Er soll auch verhindern, daß sein Vieh Schaden verursache. 1337. Kunrad von Ammenhausen, Spalte 393 f.

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Bauernarbeit trägt die Welt

54 Marksteine werden ausgegraben. Lavierte Federzeichnung aus der Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. 3. Viertel 14. Jahrhundert (Sächsische Landesbibliothek, Dresden; Signatur: Μ 32, f o l . 29 a, R e p r o d u k t i o n nach Sachsenspiegel) 1

Priester u n d Ritter an einer Brücke.

2

D e r F u h r m a n n verzollt einen leeren

Wagen, der auf b e b a u t e m Land fährt, wonach für jedes Rad 1 P f e n n i g zu b ü ß e n ist, daher überreicht er 4 M ü n z e n . 3

Fischen, G r a s s c h n e i d e n u n d H o l z -

schlagen sind als sogenannte Wandelfälle dargestellt. W e r widerrechtlich

Fische

fängt, B ä u m e fällt oder Gras m ä h t , wird bußfällig. 4

Ausgraben der Marksteine, Schlagen

von Fruchtbäumen, Obstpflücken und Fischen. 5

Links der D i e b am Strick, n e b e n i h m

die B ü n d e l des v o n i h m geschlagenen Holzes, rechts die Strafe des s o g e n a n n t e n Staupenschlages, wobei der Tagedieb fast entkleidet an der Staupsäule v o m H e n k e r mit

dem

Reisbesen

geschlagen

und

gleichzeitig sein H a a r mit der Schere gestutzt wird; rechts H o l z u n d gehauenes Gras.

Allmende

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Der Bauer darf das Wild nicht töten Der Edelmann verlangt, daßdas Wild ihm gehöre, under verbietet den Bauern, es zu töten. Dieser muß offenkundigen Schaden ertragen, denn es kommen Jäger oder Falkner mit ihren Hunden, reiten über die Saat und verderben die Frucht. [...] Im vorigen Statut habe ich gesagt, das Böse werde das Gute überwinden, und alle Tugend und Gerechtigkeit seien in den Mächtigen erloschen. Das lernen die Kleinen von den Mächtigen, daß keine Gerechtigkeit mehr im Lande ist. Man sagt: Zeige mir den Mann, ich zeige dir das Recht. Gunst, Gaben und Gewalt beenden das Recht. Ist es nicht ein Elend zu sagen, daß ein wildes Tier mehr Freiheit haben soll als ein Mensch? Geht ein Tier in den Weingarten oder Baumgarten eines armen Mannes und verursacht ihm großen Schaden, so darf der arme Mann es dennoch nicht totschlagen. Geht aber ein fremder Mensch in seinen Garten und er schlägt ihn tot, so hat er recht gehandelt. Warum nimmt er ihm das Seine? Ende 15. Jahrhundert. Oberrheinischer Revolutionär, S. 4 7 8 f.

Der »oberrheinische Revolutionär war möglicherweise der Kitzinger Bürgersohn Conrad Stürtzel, der nach Ausbruch der ersten Bundschuhverschwörung in Schlettstadt/Elsaß im Jahre 1493 das >Buch der hundert Kapitel und der vierzig Statuten< zwischen 1498 und 1510 verfaßte. Er wirkte vor allem im Elsaß und propagierte eine Reichsreform, die vom Kaiser und dem Adel, besonders von den Rittern, mit Unterstützung des Volkes durchgeführt werden sollte. Bei aller Sympathie für die unteren Bevölkerungsschichten und scharfer Kritik an feudaler Willkür erkennt der Verfasser die bestehende gesellschaftliche Hierarchie an, die durch Reformen nicht überwunden, sondern stabilisiert werden soll. Weide, Wild und Fische sollen dem Bauern gehören Der will edel heißen und will doch mit Gewalt seinem Mitmenschen beweisen, daß alles Wild, das im Walde umherläuft, sein Eigentum sei, der Fisch, der im Wasser schwimmt, und auch die Weide sei sein über zehn Meilen. Er denkt nicht daran, daß er vor Gott nicht mehr gilt als jeder andere Mensch. Ende 15. Jahrhundert. Oberrheinischer Revolutionär, S. 332.

Bewaldete Acker werden Allmende Auch weist man, daß niemand einen eigenen Wald haben soll, wenn er auch wohl seine Güter dazu verwachsen lassen wollte, sondern ist [gehört] allein der Gemeinde. 1354. Altenhaslau bei Gelnhausen/Wetterau. Weisthümer, Band 3, S. 414, § 9.

[...] hat jemand Wiesen [...] so mag er diese so halten, daß sie nicht zu Wald werden. Läßt er aber zu, daß diese sich bewalden, und ist das Gestrüpp so stark, daß es zwei Ochsen mit dem Pflug nicht niederzudrücken vermögen, so soll er es nicht ohne Erlaubnis des Försters ausroden. 1338. Dreieicher W i l d b a n n , zwischen Frankfurt a. M . u n d Darmstadt gelegener königlicher Forst. Weisthümer, Band 1, S. 502.

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Bauernarbeit trägt die Welt

[...] hätte jemand Äcker oder Wiesen [...] und möchte diese zu Wald werden lassen, wächst dieser so heran, daß zwei weidende Ochsen [...] [darin bedeckt] stehen, so soll es mit diesem Walde gehalten werden wie mit der anderen Mark. 1354. Altenhaslau bei Gelnhausen/Wetterau: Weisthümer, Band 3, S. 416, § 5.

Seit dem hohen Mittelalter war es üblich, daß >wüstgewordeneWas in zehn Jahren nicht gedüngt ist, Busch und Berg, das soll gemeine Weide sein< oder >Was sich auf verrottetem Feld von Bäumen über Sträucherhöhe erhebt, wird wieder markmäßigRitterwort< Ausdruck fanden: >Wenn das Holz reicht dem Ritter an den Sporn, hat der Bauer sein Recht verlornVita< zählte zu den lebendigsten biographischen Denkmälern der deutschen Geschichte des frühen Mittelalters. Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts, als der Landesausbau weitere Fortschritte machte und infolge ausgedehnter Rodungen die Ackerfläche auf Kosten der Wälder zunahm, wurden Waldnutzungsrechte immer begehrter und waren, wie der Text zeigt, zwischen Herren und Bauern zeitweise heftig umstritten. Der Vorfall ereignete sich, als Bischof Benno II. von Osnabrück zu Beginn der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts am Südabhang des Teutoburger Waldes bei Iburg ein Kloster gründen wollte. In dem dafür vorgesehenen bewaldeten Gebiet wurden von bäuerlicher Seite Nutzungsrechte geltend gemacht. Ob dabei die Bauern, gewissermaßen unrechtmäßig, ihre Ansprüche erst nach Erwerb des betreffenden Gebietes durch den Bischof vorbrachten, wie die bischöfliche Lebensbeschreibung meint - sie spricht unter anderem von Neuerungen —, ist schwer zu sagen. Jedenfalls sind die Bauern vorerst erfolgreich und vertreiben den vom Bischof eingesetzten Meier, der wie sie bewaffnet ist. Erst nach Bannandrohung und längerem Prozeß kann sich der Bischof gegen die genossenschaftlich den Wald nutzenden und vereint vorgehenden Bauern durchsetzen. Daß auch sonst die Beziehungen zwischen dem Geistlichen und der ländlichen Bevölkerung gespannt waren, deutet die Lebensbeschreibung« an anderer Stelle an. Dort heißt es, daß er >[...] bei der Eintreibung der Leistungen [...] wie allbekannt, sehr scharf war, so daß er die Bauern oft durch Schläge zur Zahlung ihrer schuldigen Abgaben zwang< (Vita Bennonis, S. 9). Das im Text erwähnte Fortschaffen der Eicheln in Säcken durch die Bauern läßt a u f - auch von bischöflicher Seite betriebene (Speicher) — Vorratswirtschaft und wohl auch saisonale, nicht ganzjährige Stallfütterung schließen. Keine >wilden< Rodungen! Landgraf Ludwig dem Führer der Waldroder, Heil. Wir wollen dich ermahnen, möglichst schnell die bewaldeten Gegenden aufzugeben und sie mit deinen dir untergebenen Waldrodern zu verlassen. Wenn Ihr das auch nur kurze Zeit noch hinausschiebt, werde ich selbst zu Euch kommen und alles, was Euch gehört, mit Feuer und Plünderung und unter Lebensgefahr fur Euch verwüsten lassen. 1140 bis 1172. Landgraf Ludwig von Thüringen verbietet ohne seine Erlaubnis erfolgte Rodungen. In: Codex Saxoniae, Nr. 394, S. 273. (Übers, in: Franz, Günther [1967], Nr. 74, S. 193.)

[...] ob einer ohne herrschaftliche Genehmigung Wälder roden und den Neubruch zu dessen Nachteil anbauen dürfte, und welches Recht in dieser Sache gegen die gelte, die solches versuchten? Es wurde ein Urteil gefallt und von allen gutgeheißen: Solcher sei gehalten, den Neubruch selbst innerhalb 14 Tagen dem Herrn des Waldes zurückzuerstatten und für die verübten Schäden Genugtuung zu leisten, im übrigen habe er 10 Pfund unserer Kammer und 10 Pfund dem Geschädigten als Buße zu entrichten und müsse für jede weiteren 14 Tage, die er den Neubruch zurückzuhalten sich erdreistet, die gleiche Strafe zahlen. 1234. Verbot wilder Rodungen durch einen Rechtsspruch des Pfalzgrafen bei Rhein. In: Constitutiones, Band 2, Nr. 461, S. 633 f. (Übers, in: Franz, Günther [1967], Nr. 125, S. 333.)

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Bauernarbeit trägt die Welt

Aus verschiedenen Gründen wurde eigenmächtiges Roden der Bauern untersagt. Im hohen Mittelalter, etwa seit dem 12. Jahrhundert, führten Versuche, die bäuerlichen Waldnutzungsrechte einzuschränken, dazu, daß sogenannte Bannforste entstanden, in denen allein die Herren zu gebieten hatten (Inforstierung). Nur mit ihrer Erlaubnis durften in diesen Forsten bäuerliches Vieh gemästet und Bäume gefällt werden (Holzbedarf der Herren!). Wichtig war weiter, daß die Herren befürchteten, durch wilde Rodungen< der Bauern Einkünfte zu verlieren. Von dem durch Neubruch gewonnenen Ackerland wurden nur dann Abgaben entrichtet, wenn es zwischen Herrn und Bauern vertragliche Abmachungen gab, in denen die Zinshöhe nach vollzogener Rodung geregelt wurde. Schließlich sollten durch entsprechende Rodungsverbote eine Schmälerung der herrschaftlichen Jagdgründe und eine Beeinträchtigung des Wildbestandes verhindert werden. Auf dessen Schutz wurde vor allem in den Bannforsten Wert gelegt. So wird im Sachsenspiegel festgelegt: Wer durch den Bannforst reitet, sein Bogen und seine Armbrust sollen ungespannt sein, sein Köcher soll bedeckt sein, seine Windhunde und seine Bracken festgehalten und seine Hunde gekoppelt (Landrecht, 2. Buch, Artikel 61, § 3). Bauern klagen In Wohlen lebte einst ein sehr mächtiger Laie namens Guntran, dort und andernorts mit vielen Besitzungen begabt und gierig auf seiner Nachbarn Eigen. Einige Freie nun, die in diesem Dorfe wohnten, übergaben ihm in der Meinung, er sei gütig und milde, ihr Land gegen den gesetzmäßigen üblichen Zins mit der Bedingung, daß sie unter seinem Schutz und Schirm sicher sein könnten. Jener verlegte sich übermütig und voller Arglist sogleich darauf, diese Leute zu unterdrücken, begann zunächst, sie mit bittweisen Forderungen anzugehen, machte dann von seiner unbeschränkten Machtfülle Gebrauch und befahl ihnen, fast als wären sie seine Hufenbauern, ihm Dienst zu leisten, und zwar in seiner Landwirtschaft, beim Grasmähen und Einbringen des Heues, und bedrückte sie bei jeder Gelegenheit, wo es ihm paßte. Und als jene laut klagend Einspruch erhoben, hielt er ihnen entgegen, von ihrem Besitz komme nichts aus ihren Hütten, sie aber verwüsteten seine Acker und Gärten und schlügen seine Wälder nieder. Er untersagte den Leuten, die diesseits des Flusses [Bünz] wohnten, zum Holzfallen seinen Wald zu betreten, wenn sie ihm nicht jährlich zwei Hühner gäben, eines fur ihr Haus, ein anderes für die Waldnutzung; die Leute jenseits des Flusses nur ein Huhn. Jene, unfähig, sich zu widersetzen, taten unter Zwang, was er befahl. Unterdessen kam der König [Heinrich III.] zur Burg Solothurn; da zogen die Bauern dorthin und begannen wegen ihrer ungerechten Bedrückung Klage zu erheben. Doch unter einer so großen Zahl von Fürsten und wegen der unbeholfenen Rede ihrer Wortführer gelangte ihre Klage nicht vor den König. Waren sie in übler Lage gekommen, so zogen sie in noch schlimmerer wieder nach Hause. Um 1040. Bedrückung der Bauern von Wohlen im Aargau nach einer um 1050 verfaßten Aufzeichnung des Klosters Muri/Schweiz. In: Quellen Schweiz, S. 69, c. 22. (Übers, in: Franz, Günther [1967], Nr. 54, S. 135 f.)

Der Quellentext zeigt, was in einer Zeit wachsender Expansion der Grundherrschaft von dem in der mittelalterlichen Ständelehre geforderten >Schutz- und Schirmfruchttragende< Bäume wie Buche oder Eiche (Mast!) und Waldanpflanzungen (Schonungen). Auch von herrschaftlicher Seite wurde bei aller Förderung des Landesausbaus schon früh ein gewisser > Waldschutz< praktiziert. So bestimmte Karl der Große: Unsere Wälder und Forsten sind sorgsam zu beaufsichtigen. Zur Rodung geeignetes Land soll man roden und verhindern, daß Ackerland wieder von Wald bewachsen wird, und nicht dulden, daß Wälder, wo sie nötig sind, übermäßig ausgeholzt und geschädigt werden ... Um 800. Hofgüterordnung Karls des Großen. In: Franz, Günther [1967], Nr. 22, c. 36

55 Bauernpaar beim Holzsammeln. M i n i a t u r aus d e m K a l e n d a r i u m des Dresdener Gebetbuches. Flämisch, u m 1 4 7 0 / 9 0 . (Sächsische Landesbibliothek, Dresden; M s . A: 311, Bl. 2, R e p r o d u k t i o n nach Zeitglöcklein) M o n a t s b i l d Februar.

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Schützt den Wald vor Viehverbiß Auch soll ein Hirte mit seinen Schafen und Ziegen nicht weiter in den Wald ziehen, als er mit seinem Hirtenstab werfen kann [...] und soll seinen Hund an einer Leine fuhren. Wenn dieser aber einen Wolf hetzen wollte, so mag er das wohl tun. Kehrt der Hund wieder zurück, so soll er wieder an die Leine genommen werden. 1338. Dreieicher W i l d b a n n . In: Weisthümer, Band 1, S. 499.

Es sollte verhindert werden, daß Schafe und Ziegen Laubwerk abfressen und damit in den Wäldern schweren Schaden anrichten (Viehverbiß). Der Hirtenhund mußte an der Leine geführt werden, damit er Menschen oder Tiere nicht verletzen konnte. Er wurde zum Schutz vor Wölfen häufig mit einem Stachelhalsband versehen. Angreifende Wölfe suchten Hunde — auch Menschen — vor allem an der Kehle zu fassen. Waldfrevel wird hart bestraft Auch soll er den Aschenbrennern wehren. Wer das tut und dabei ergriffen wird, dem soll der Förster die Hände auf den Rücken binden und seine Beine [fesseln] und einen Pfahl zwischen seine Beine schlagen und ein Feuer vor seinen Füßen machen, und das soll so lange brennen, bis ihm die Sohlen von seinen Füßen verbrennen, nicht aber die von seinen Schuhen. 1338. Dreieicher W i l d b a n n . In: Weisthümer, Band 1, S. 499.

Wer einen stehenden Baum schält, denjenigen soll man an seinem Nabel aufschneiden und mit einem Hufhagel den Darm an der Stelle anhefien, wo er zu schälen begann, und ihn so lange um den Baum treiben, bis dasjenige bedeckt ist, was er geschält hat, und sollte er keinen Darm mehr haben. [...] 1461. Aitenhaslau/Wetteran. Weisthümer, Band 3, S. 416, § 7. Wer die Mark frevelhaft ansteckt und verbrennt, denselben soll man in eine rauhe Kuh- oder Ochsenhautstecken und ihn drei Schritt vor das Feuer, wo es am allerheftigsten brennt, legen, bis das Feuer über ihm brennt, und das soll man zum zweiten und dritten Mal tun an der Stelle, wo es am heftigsten brennt, und wenn das geschehen ist und er bleibt lebendig oder nicht, so hat er gebüßt.

1461. Altenhaslau/Wetterau. Weisthümer, Band 3, S. 416, § 8.

Die tatsächliche Vollstreckung der angeführten strengen Strafen in einem konkreten Fall läßt sich nicht nachweisen. Vielmehr heißt es verschiedentlich, dem Übeltäter solle eher Gnade als Recht widerfahren. Es wurde also mit der Möglichkeit einer Begnadigung von vornherein gerechnet. In erster Linie sollte wohl ein Abschreckungseffekt erzielt werden. Schutz von Eichen und Buchen Sie dürfen hauen Weichholz [...] also Erlen, Birken, Hainbuche, Weide und allerhand anderes Holz, aber keine Eichen und Buchen. 1339. Ostbevern/Westfalen. Weisthümer, Band 3, S. 178.

Nutzung des Waldes - Schutz des Waldes

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56 Tausendjährige Eichen bei Ivenack, Lkr. Malchin/Mecklenburg-Vorpommern, die M a s t b ä u m e für die Schweinezucht waren.

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Man soll dann hauen [...] und doch Mastbäume stehen lassen, damit der Wald nicht also völlig ausgerodet werde [...] daßer Eicheln tragen möge. 1425. Lohr am Main/Spessart. Weisthiimer, Band 3, S. 533.

Wie lange man wegen einer Eiche pfänden und büßen darf? Wenn ein Sperber einen Sperling darauf essen könne und bis dieselbe ein Reh mit den Füßen auseinanderschlagen kann [also morsch ist],

Hülseder Mark/Niedersachsen. Weisthümer, Band 3, S. 302, § 22.

Der Bretterschneider mag eine Buche hauen, die hohl ist, alsoweit, als er von der Erde mit seiner Axt reichen mag, und mag hauen eine Buche, die zwei grüne Aste hat und sonst dürr ist. 1380. Büdingen/Hessen. Weisthümer, Band 3, S. 427.

Wer eine Eiche köpft und dabei ertappt wird, was soll seine Strafe sein? Den soll man zu dem Baumstamm bringen, ihm seinen Kopfabschlagen und diesen darauf [auf das Stammende] setzen so lange, bis er wieder anwächst. 16. Jahrhundert. Weisthümer, Band 4, S. 666, § 14. Reitet ein Abt durch den Wald von St. Goar (Prüm/Eifel), so darf sein Saumknecht eine Rute brechen, um das Saumpferd anzutreiben — sie darf aber weder aus Eichen- noch aus Buchenholz sein.

St. Goar/Eifel. Weisthümer, Band 1, S. 585, § 4.

Und wenn es Eckern gibt, wollte dann ein Herr oder Edelmann [...] wissen, was ihre Rechte an den Eckern sind, so weisen wir [...] daß ein Herr oder Edelmann durch den Wald reiten soll und soll ihm sein Knabe nachtraben, und dieser soll seinen Schild auf dem Haupte fuhren, was dann von den Eckern auf dem bleibt, gehört ihm. 15. Jahrhundert. Carber Mark. Weisthümer; Band 5, S. 304, § 4.

In oft scherzhafter Weise lassen die Weistümer immer wieder erkennen, wie sehr die Bauern darauf achteten, daß in den für die Schweinemast bestimmten Wäldern vor allem Eichen und Buchen erhalten blieben. Sie waren vom frühesten Wachstum an geschützt; wer diese Bäume beschädigte, wurde gepfändet oder mußte ein Bußgeld entrichten. Dem >Eichenköpfer< drohte die Todesstrafe. Gleiches sollte mit Gleichem vergolten werden, wenn die sicher als Abschreckung gedachte, wohl kaum wirklich vollzogene Strafe des >Köpfens< den Übeltäter treffen sollte. Auch die Oberschichten wurden in spöttisch-humorvoller Form zur Schonung von Eichen und Buchen aufgefordert. Wieviel Eicheln darf man lesen? Der Nachbar [...] darf in dem Graben stehen und legen den Ellenbogen auf des Grabens Bord, was er dann unter der Hand an Eicheln ablesen kann, die mag er haben. Anfang 16. Jahrhundert. Westfalen. Rechtsalterthümer, Band 1, S. 140.

Heizholz für das klösterliche Wärmezimmer Jede Hufe hat nach Prüm 1 Klafter [Holz] zu fahren, also einen Holzstoß oder Holzhaufen von 12 Fuß Länge und 6 Fuß Breite; für diesen Holzstoß fahrt jede Hufe 12 Wagenladungen an [...]

Nutzung des Waldes - Schutz des Waldes

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Diees Holz erhält der Klosterkämmerer und besorgt davon den Brüdern reichlich Feuerung im Wärmezimmer während des ganzen Winters, von Allerheiligen [1. November] bis Ostern; das Feuer wird zu Beginn der Frühmette angelegt und brennt durch bis zum Vespergottesdienst. 1222. Eifel. Prümer Urbar, S. 164. (Übers, in: Franz, Günther [1967], Nr. 35, S. 85.)

Brennholz [...] und mögen auf einen Wagen soviel Holz laden, wie sie wollen, daßsie den Wagen so fahren, daßdie hinteren Räder stehen, wo die Vorderrädergestanden haben. Danach mögen sie das Holz auf mehrere Wagen laden und heimfahren. 1381. Offingen. Weisthümer, Band 6, S. 208, § 33. [...] und sollen von jeder Hufe zwei Wagen Brennholz gefahren werden [...] Er soll [...] so übel beladen werden, daß sieben Hunde einen Hasen [durch das geladene Holz] jagen können. 1419. Birgel. Weisthümer, Band 1, S. 516.

Einmal nutzen also die Bauern das ihnen gewährte Recht auf den Bezug von Brennholz weidlich aus und laden den Wagen so voll, daß er eben noch von der Stelle gezogen werden konnte - so weit, daß die Hinterräder beim Anziehen des Zugviehs bis dahin rollen, wo die Vorderräder des Wagens standen. Im folgenden Text kommt in humorvoller Weise das Bestreben eines Herrn zum Ausdruck, seinen Bauern möglichst wenig Holz zuzugestehen. Mitunter wird die Sorge der Herren um ihren Holzbestand grotesk übersteigert wieder gegeben. Fährt ein Bauer durch den Wald und bricht ihm ein Deichselnagel, so soll er in das entstandene Loch seine Peitsche stecken, aber kein für die Reparatur erforderliches Holz aus dem Wald entnehmen. (Weisthümer, Band 2, S. 64) Holzrinnen im Gebirge Ferner ist rechtlich in bezug auf die Holzrinnen festgelegt: Wenn jemand einen langen Balken oder Zimmerholz ablassen will, so soll er dreimal rufen: »Istjemand da, der sehe sich vor!« Würde dennoch jemand dabei verletzt, dann wäre das für den, der das Holz abgelassen hat, ohne Schaden.

1303. Pfunds/Tirol. Österreichische Weisthümer, Band 3, Nr. 48, S. 312.

[...] sie öffnen drei Holzrinnen: eine an den Parzen, die zweite die Klosterrinne, die dritte die Scheibholzrinne. Wer dort Holz besitzt und das ablassen will, der soll offen dreimal mit lauter Stimme rufen und danach so lange abwarten, wie einer ein Ei und eine Schnitte Brot aufessen kann. Geschieht dann dennoch jemandem ein Schaden, so hat dieser keinen Anspruch auf Entschädigung gegenüber der Herrschaft, sondern allein gegen Gott. 1442. Breitenbach/Tirol. Österreichische Weisthümer, Band 2, Nr.25, S. 121.

Die genannten Rinnen entstanden, wenn in bergigem Gelände aus höhergelegenen Wäldern Baumstämme ins Tal befördert wurden. Mitunter wurden solche Rinnen auch künstlich aus geglätteten Hölzern angelegt.

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Bauernarbeit trägt die W e l t

Holz für Pflüge, Dächer, Brunnen und Brücken Sie haben auch Freiheit [Holz] zu hauenfür Pfluggeschirr, Bedachung und was sie sonst zur Notdurft benötigen.

1303. Hofrecht zu Emmen. In: Weisthümer, Band 1, S. 168.

[...] wo sie des Holzes bedürftig sind für ihre Brunnen oder Brücken, dasselbe Holz mögen sie hauen in der Herrschaft Wälder. 1487. Kyburg/Eifel. Weisthümer, Band 4, S. 337, § 3. Holzdiebe Geschieht es, daßjemand im Wald jenseits des Wenigbaches Holz schlägt, so soll man ihn pfänden und mit einer Buße belegen. Sollte er aber entfahren können [...] und mit der vorderen Hälfte seines Wagens über den Wenigbach sein, ehe er gepfändet wurde, so ist er entfahren und solle ihn niemand behelligen, denn er hat gerufen, als er haute, und gebeten, als er lud. 1486. Taben/Hunsrück. Weisthümer, Band 2, S. 74.

Wer nachts gemähtes Gras oder geschlagenes Holz stiehlt, den soll man mit dem Strange richten. Stiehlt er diese Dinge am Tage, so geht es ihm an Haut und Haar. Um 1230. Sachsenspiegel, Landrecht, 2. Buch, Artikel 28, § 3.

Komm, Förster, und hole dein Recht [...] auch weisen die zwölf [Schöffen], wenn ein Hofmann [Bauer] zum Bauen Holz braucht, der soll [...] um sein Recht nachsuchen. Wird es ihm gewährt, wohlan; erhält er es nicht [...] mag er in den Waldfahren, hauen und [...] für seinen Bau Holz laden und dreimal rufen: Komm, Förster, und hole dein Recht! Kommt der Förster, wohl gut. Kommt er nicht, so soll der Fuhrmann auf jeden Wurzelstock drei Pfennige legen und unbehelligt heimfahren. Tut er dies nicht, so muß er den drei Herrn Strafe zahlen. 1518. Möringer Wald/Hessen. Weisthümer, Band 2, S. 581.

Das Weistum spiegelt einen Zustand wider, der für das 15. und beginnende 16. Jahrhundert typisch ist: Den Herren ist es gelungen, Wälder, die einst allein in der Verfügungsgewalt von Dorfgemeinden und Markgenossenschaften standen, in ihre Abhängigkeit zu bringen. Im Gegensatz zum heutigen Wortgebrauch, wo Forst weitgehend gleichbedeutend mit Wald schlechthin ist, war Forst (lat. forestis) im Mittelalter ein Waldstück mit besonderer Rechtsstellung. Es unterstand dem König oder seit dem 13. Jahrhundert auch anderen Herren (Forstregal der Landesherren). In ihrem Auftrag übte der Förster in diesen Waldungen die Aufsicht (Banngewalt) aus, in denen die Jagd den Herren vorbehalten war und Bauern nur eingeschränkte Holznutzungsrechte besaßen. Die Ausdehnung dieses Forstbannes in den >Bannwäldern< auf die Wälder von Markgenossenschaften oder Dorfgemeinden führte zur Schmälerung der bäuerlichen Waldnutzungsrechte, die, wie im Text, nun nur noch gegen Entrichtung einer Geldabgabe wahrgenommen werden durften.

Nutzung des Waldes - Schutz des W a l d e s

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18. Stadt und Land Seit dem 11. Jahrhundert erzielten die Städte im Kampf gegen die Stadtherren beträchtliche Erfolge. Die von feudalen Bindungen weitgehend frei gewordenen Bürger schufen sich ein eigenes Recht und ein eigenes Gericht. Sie bestimmten innerhalb der Stadtmauern ihr Leben selbst, ohne dabei auf die Interessen der Grundherren Rücksicht zu nehmen. So boten die Städte, die ohne Zuzug vom Lande nicht gedeihen konnten, jenen Bauern, die sich ihren Grundherren entzogen, Schutz und weitgehende Freiheit von grundherrlichen Leistungen. Wollten die Herren nicht riskieren, Arbeitskräfte durch Flucht in die Stadt zu verlieren, so mußten den Bauern Zugeständnisse gemacht werden. Die Grundherren, die an Geldeinkünften interessiert waren, um im Bereich ihrer Grundherrschaft nicht greifbare Güter erwerben zu können, gingen dazu über, vor allem die die ländliche Bevölkerung besonders belastenden Frondienste in eine Geldabgabe zu verwandeln. Druck von unten - Zugeständnisse von oben Während einst das vorgenannte Kloster [Maria im Capitol zu Köln] [...] seiner reichen Besitzungen wegen in Blüte stand, wären jetzt infolge der Ungunst der Zeiten und der Unachtsamkeit der Verwalter einige seiner Höfe fast in Trümmer und Verwüstung zerfallen — so zeigen vor allem Efferen und Fischenich [Kreis Köln] augenscheinlich Zerstörung und Verheerung—, wenn ihnen nicht die schon genannte Äbtissin durch ihr Dazutun geholfen und sie in einen besseren Zustand versetzt hätte. Denn die zu den Höfen gehörenden Eigenleute - Männer wie Frauen die den vollen Kopfzins von je 10 Denaren jährlich entrichten mußten, gingen einer so hohen Zinsbelastung wegen in die Fremde und gerieten so sehr in Armut und Dürftigkeit, daß die Abgaben für das Kloster weder bei den Höfen selbst noch bei dem Hörigen verband eingetrieben werden konnten. Da die Zahl der Eigenleute auf beiden Höfen zu gering war, entschlossen sich die Hufner, die dort die Hufen bebauen, als sie vom Vogt und der Äbtissin, wie es rechtens war, gezwungen wurden, über ihren Zins die geschuldeten Abgaben an die Kirche in voller Höhe zu entrichten, zur Flucht und verließen die Hufen. So wurde bei den Unfreien wie bei den Hufen der Schaden des Klosters verdoppelt. In Anbetracht eines so schweren und schädlichen Übels hat die Magd Gottes, die Äbtissin Adelheid, nach dem Rat der Schwestern und Brüder des Klosters und auch des erlauchten Grafen Wilhelm von]ülich und der Priore von Köln, der Pröpste sowohl wie der Äbte, die genannten Höfe dadurch in ihren früheren Zustand und ihren alten Ertrag versetzt, daß sie allen Eigenleuten beider Höfe, die früher den vollen Zins von 10 Pfennigen je Kopf entrichteten, das Recht zugestanden hat, daß sie Zinser wären und jährlich für alle Zeit nur 2 Pfennigeje Kopfzahlen sollten. Nach dem Tod eines Mannes soll der Meier das Besthaupt oder, wenn er kein Vieh hat, das beste Kleid und 6 Pfennige empfangen. Entsprechend soll nach dem Tod einer Frau der Hofschulze deren bestes Kleid und 6 Pfennige empfangen. Für die Erlaubnis zur Eheschließung sollen Mann wie Frau 6 Pfennige zahlen. In Anbetracht dieser wahren Besserung ihres Standes, fur die zudem die genannte Magd Gottes aus eigenen Mitteln das meiste aufgewandt hat, haben die Eigenleute beider Höfe geschworen, durch ihre Arbeit den Hof Efferen so in den Baulichkeiten, der Landbestellung und der Wiederherstellung aller seiner Gerechtsame zu erneuern, daß von diesem Hofe jährlich 8 Mark Silber, 30 Malter Weizen und 7 Mal-

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Bauernarbeit trägt die Welt

ter Gerste zur Unterstützung der Nonnen und Mönche und 1,5 Schilling zum Hofe in Fischenich entrichtet werden können. Beide Höfe haben an Vieh, Inventar und übrigen ihre volle Ausstattung erhalten, so wie es der Hörigenverband

Hilfsmitteln

des Hofes unter Eid bezeugte.

Und

damit der schon genannte Hof Fischenich besser seine Aufgabe erfüllen kann, fügte die Äbtissin selbst jährlich das Einkommen

einer Mark aus ihren eigenen Mitteln zum Ausgleich hinzu.

Da-

mit die genannten Höfe in diesem Rechte bleiben und die Leute, die einst die volle Abgabe von 10 Pfennigen entrichteten, aus dem angeführten

Grunde für sich selbst und ihre

als Zinser für alle Zeiten nur 2 Pfennige entrichten und die oben verzeichneten unabänderlicher

Beständigkeit

Nachkommen Gerechtsame in

ausüben, haben wir [Erzbischof Friedrich von Köln] dies Recht

der Leute wie der beiden Höfe krafi der uns von Gott verliehenen Autorität bestätigt und durch das vorliegende Privileg gesichert. 1158. Erzbischof Friedrich von Köln bestätigt die Herabsetzung bäuerlicher Leistungen. In: Wopfner, Hermann, Nr. 95, S. 145 f. (Übers, in: Franz, Günther [ 1 9 6 7 ] , Nr. 85, S. 2 2 5 f.)

Da die bäuerliche Abwanderung in die Städte durch Verbote nicht zu verhindern war, blieb den Herren nichts anderes übrig, als durch Zugeständnisse die Lage ihrer Bauern zu verbessern. Dies war vor allem in der näheren Umgebung größerer Städte - hier Köln - nötig, deren Anziehungskraft auf die ländliche Bevölkerung besonders groß war. Die Äbtissin des Klosters befand sich in einer schwierigen Situation, aus der sie offenbar allein nicht herausfand und deshalb beim Kölner Erzbischof Rückhalt suchte - ein Hinweis auch auf die Stärke und Effizienz des bäuerlichen Widerstandes. Es flohen einmal die >EigenleuteFlucht nach Agypten< nachgebildet, aber ganz ins Profane übersetzt. D e r genau b e o b a c h t e n d e Künstler d e u t e t im detailliert geschilderten Ä u ß e r e n der dargestellten Personen A r m u t u n d S t a n d e s ü b e r h e b u n g gleicherm a ß e n an. So trägt der Bauer mit d e m Sack über der Schulter ein großes Schwert, d o c h u n t e r seinem Kittel lugt ein zerschlissenes H e m d hervor. Die Frau ist m i t einem fülligen Tuch drapiert, aber sie ist b a r f u ß u n d als Peitsche dient ein Ast. D a s hinter ihr sitzende Kind ist mit einer gezaddelten Sendelh a u b e ausgestattet, die n u r Erwachsenen zusteht. Im H i n t e r g r u n d eine D o r f a n s i c h t m i t Z i e h b r u n n e n , geflochtenem Z a u n , Fachwerkbauten m i t W a n d f ü l l u n g aus Flechtwerk u n d L e h m b e w u r f sowie eine aus Stein gebaute Kirche. Die Szene zählt zu den ältesten selbständigen Genredarstellungen aus d e m bäuerlichen Milieu. Möglicherweise b o t die im 15. J a h r h u n d e r t z u n e h m e n d e Flucht der Bauern vor der Unsicherheit des ländlichen Lebens in die von M a u e r n u m f r i e d e t e Stadt A n l a ß f ü r das ungew ö h n l i c h e Motiv.

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Bauernarbeit trägt die Welt

Es sollen Eigenleute von Fürsten, Edlen und Dienstmannen sowie auch von Kirchen nicht in unsere Städte aufgenommen werden. Es sollen die in unseren Städten wohnenden hörigen Leute die gewohnten und schuldigen Rechtsverpflichtungen wegen der Güter außerhalb der Stadt ihren Herren und Vögten erfüllen, aber nicht mit ungebührlichen Abgaben belastet werden. Es sollen die Eigenleute, Vogtlettte und Lehnleute, die zu ihren Herren heimkehren wollen, nicht durch unsere Amtleute zum Bleiben genötigt werden. 26. April 1220. Privileg Friedrichs II. zugunsten der geistlichen Fürst. In: Constitutiones; Band 2, Nr. 73, c. 3, S. 89. (Übers, in: Franz, G ü n t h e r [1967], Nr. 107, S. 283.) Mai 1232. Privileg zugunsten der weltlichen Fürsten. In: Constitutiones, Band 2, Nr. 171 S. 212, c. 12, 22, 23. (Übers, in: Weinrich, Lorenz, Nr. 114, S. 437, c. 12, 22, 23.

In Ubereinkünften mit den geistlichen und weltlichen Fürsten (1220, 1232) verzichtete Friedrich II. auf die Ausübung wichtiger königlicher Rechte in den sich konsolidierenden Landesherrschaften. Dabei machte der Herrscher den Fürsten u. a. auf Kosten der Städte wichtige Zugeständnisse (Verbot für königliche Städte, flüchtige Bauern der Fürsten aufzunehmen). Wer flieht, wird exkommuniziert Da aber die Kirche Gottes nicht allein von Fremden, sondern sehr häufig auch von den Ihren Betrugerdulden muß, indem nämlich ihr gehörige Leute sich mit List und Tücke in andere Gebiete begeben und, nachdem sie sich in den Städten eine Behausung besorgt haben, in die Freiheit ausbrechen, die doch in Leibeigenschaft gehalten werden — so begegnen wir deren ungesetzlichen Machenschaften vorsorglich dadurch, daßwiraus Gottes und unserer Vollmachtjene mit der Härte des Kirchenbanns belegen, welche sich über ihren angemessenen Stand erheben und ihren Hals dem Joch der Knechtschaft entziehen, durch die sie dem Kloster St. Marienfeld verhaftet sind, aber auch jene, die solche Flüchtlinge auftiehmen und behalten. Wir verbieten es daher ausdrücklich bei der Strafe der Exkommunikation, daßdie Hörigen und Eigenleute obengenannten Klosters in der Stadt Münster oder in Warendorf, Beckum, Ahlen oder in irgendeinem festen Platz oder Ort unserer Diözese Zuflucht finden oder aufirgendeine Weise aufgenommen werden, da sie ja flüchtig sind und ihre Arglist sie nicht beschützen darf. Geschehen im Jahre des Herrn 1224. 16. Dezember 1224. Bischof Dietrich III. von Münster verbietet den Städten im Bistum Münster, abhängige Bauern des Klosters Marienfeld aufzunehmen. In: U B Westfalen, Nr. 207, S. 113.

In dieser geharnischten Epistel gegen die Stadtflucht der Bauern wird diese nicht nur >terribiliter< mit der Exkommunikation bestraft, sondern gleichzeitig als Verbrechen gegen Gottes Gebot gewertet. Der Flüchtling durchbricht mit seiner Freveltat die ihm verordneten Standesschranken der Unfreiheit. Das bäuerliche Verhalten erscheint so als besonders verurteilenswert.

Stadt und Land

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Flucht in die Stadt Da ein Streit zwischen unseren Städten im Elsaß und den Adligen und Ministerialen desselben Landes über deren Eigenleute bestand, die schon in die Städte abgezogen sind und weiterhin abziehen werden, ist vor uns folgendes Urteil gefällt worden, damit dieser Zwist für immer beigelegt sei und jeder Teil sich seines Rechts erfreuen kann: Wenn eine Person, die einem Edlen oder Ministerialen leibeigen ist, in unsere Städte zieht, um sich dort niederzulassen, und ihr Herr sie zurückfordern will, so muß der Herr mit sieben Verwandten mütterlicherseits [...] beweisen, daß der Mann ihm zu Eigentumsrecht gehöre. Wenn aber der Herr die Verwandten oder Angehörigen aus irgendeinem Grund nicht beibringen kann, so möge er unter Beiziehung zweier geeigneter Zeugen aus der Nachbarschaft, aus der der entlaufene Mann stammt, beweisen, daß er jenen, bevor er in unsere Städte gezagen ist, zu Eigentumsrecht in ungestörtem Besitz hatte, und darüber hinaus soll er das mit sieben Eideshelfern seines Standes unter Handauflegen auf Reliquien von Heiligen beweisen; so soll ihm sein Mann zurückgegeben werden. Wir bestimmen auch und befehlen nachdrücklich, daß alle Edlen und Ministerialen, die wie gesagt ihre Eigenleute wiedererlangen wollen, unsere Städte in Frieden und mit unserer Sicherheit betreten und von dort ohne Bedrückung und Beleidigung zurückkehren; und von den Schultheißen und dem Rat unserer Städte soll ihnen für ihre Nachforschung Geleit gewährt werden. 1224. Rechtsspruch König Heinrichs VII. über flüchtige Bauern. In: Constitutiones, Band 2, Nr. 287, S. 403. (Übers, in: Franz, Günther [1967], Nr. 112, S. 299.)

König Heinrich VII., der am Gedeihen der königlichen Städte interessiert war, erlegt hier den Oberschichten die Beweislast auf, wenn sie flüchtige Bauern zurückfordern wollen (Zeugen, Eid). Aus den letzten Sätzen des Rechtsspruches geht hervor, daß die Edlen in ihrem Bemühen, der entwichenen Bauern wieder habhaft zu werden, in die Städte als Fluchtziel selbst vordrangen. Die Herren sollten dies >in Frieden tun und in den Städten bei ihren Nachforschungen >ohne Bedrückung und Beleidigung< bleiben. Dieses >Friedensgebot< war sicher nötig, weil in Wirklichkeit Gewalttätigkeiten oft vorgekommen sein mögen - zu schroff und feindselig standen sich Bürger und Herren im Ringen um entflohene Bauern gegenüber, ohne die keiner von beiden existieren konnte.

Bauern beschwören mit Städten den Frieden Jene Herren und Adligen dürfen bis zum nächstkommenden Martinstag ein halbes Jahr lang von den Gütern der Klöster, gleichgültig welchen Ordens, oder von den Gütern der Bürger überhaupt keine Auflagen, Beden [Steuern] oder ihnen nicht zustehende Zinse erpressen, sondern nur das, was die Schöffen und Bauern, die sogenannten Hufner, unter Eid und Bann des Herren als von Rechts wegen gebührend zugesprochen haben. [...] Sie sollen ihre Bauern dafür, daß sie mit den benachbarten Städten Frieden beschworen, in nichts besonders hart belasten oder beschweren; die Bauern aber sollen ihren Herren Dienste tun nach Maßgabe dessen, was sie ihnen und ihren Vorfahren vor 40 oder, 50 Jahren zu leisten gewohnt waren.

1 56

Bauernarbeit trägt die Welt

Femer:

Wer von den Bauern

während

des halben Jahres seinen Wohnsitz

gen will, kann von ihr zu vollem Bürgerrecht nicht als gebrochen mußsein obachteten

gelten.

Wenn aber ein Eigenmann

Herr, wenn er ihn zurückfordert, Gewohnheit

aufgenommen

in jeder Beziehung

in eine Stadt

werden, und der Friede soll

in besagte Städte zum

Wohnen

nach dem Recht und der von den Städten Genugtuung

verledadurch

zieht,

bislang

so be-

erhalten.

29. Juni 1255. Schreiben der Stadt Mainz an den Rat von Soest, Münster und anderen westfälischen Städten über die Beziehungen zwischen Bürgern, Adel und Bauern. In: Constitutiones, Band 2; Nr.431, S. 591, c 1, 2, 3. 591 (Übers, in: Franz, Günther [1967], Nr. 126, S. 335 f.) I m J a h r e 1 2 5 4 w u r d e d e r n e b e n d e r H a n s e b e d e u t e n d s t e d e u t s c h e S t ä d t e b u n d des M i t t e l alters v o n M a i n z u n d W o r m s b e s c h l o s s e n . I h m t r a t e n b a l d d i e m e i s t e n d e r r h e i n i s c h e n u n d o b e r d e u t s c h e n S t ä d t e , u n g e f ä h r siebzig, bei. D i e s e r r h e i n i s c h e S t ä d t e b u n d r i c h t e t e sich, e t w a m i t d e r A n d r o h u n g w i r t s c h a f t l i c h e r S a n k t i o n e n (wie K r e d i t e n t z u g ) , g e g e n d i e i m 13. J a h r h u n d e r t b e s o n d e r s u m sich g r e i f e n d e F e h d e t ä t i g k e i t u n d s t r e b t e F r i e d e n u n d S i c h e r h e i t f ü r H a n d e l u n d G e w e r b e a n . D a b e i s u c h t e n d i e B ü r g e r a u c h in d e r l ä n d l i c h e n B e v ö l k e r u n g B ü n d n i s p a r t n e r z u g e w i n n e n . D i e B a u e r n , f ü r d i e S t ä d t e ein l e b e n s w i c h t i g e s E l e m e n t —

58 Bauern verkaufen Vieh auf dem Hamburger Jahrmarkt. Miniatur aus der Bilderhandschrift des Hamburger Stadtrechts von 1497. Um 1500 (Hamburgisches Staatsarchiv, Hamburg; Signatur: CI. VII Lit. La No. 2 Vol. lc, fol. 2 1 3 a) Die um 1500 von mehreren Hamburger Meistern angefertigten Miniaturen sind farbenprächtige Illustrationen des Stadtrechtstextes, die sich durch ihre wirklichkeitsbezogene Gestaltungskraft auszeichnen. Auf freiem Platz zwischen Häuserfronten sieht man die zum Kauf angebotenen Tiere und das Abwickeln der Handelsgeschäfte. Links eine Gruppe, die handelseinig ist, der Bauer - an Schulterkragen und Hirtenstab zu erkennen - scheint den Verkauf an den Handelsherrn durch einen Handschlag zu besiegeln (Formalvertrag). In der Gruppe rechts bietet der Stadtherr dem Bauern ein Handgeld an. Ganz im Vorderg r u n d bindet der Knecht ein Schwein am Bein fest. Im Hintergrund ein offenes Haus, in dem eine Gerichtsverhandlung vor drei Richtern statt findet. Es ist das Marktgericht, das während der Dauer des Marktes Streitigkeiten im Schnellverfahren entscheidet. Die über der Szene ornamental gerollten Spruchbänder enthalten folgende Rechtssätze: >Contractus ex conventione legem suscipiunt« (Verträge erhalten durch Ubereinkunft gesetzliche Kraft) und >Pacta servabo, practa ait< (Formlose Vereinbarungen werde ich als gültig anerkennen).

Stadt und Land

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ohne Zuzug vom Lande kein städtisches Wachstum! - waren als Unterstützung im Ringen um Frieden für Handel und Verkehr durchaus erwünscht. Deshalb setzten sich die Städte dafür ein, daß die ländliche Bevölkerung von den Herren nicht ungebührlich bedrückt wurde. Andererseits erkannten die Städte das Recht auf Rückforderung von in die Stadt geflohenen Hörigen an. Eine ausdrückliche Ablehnung dieses Reklamationsrechtes hätte das durch die Kontakte der Städte mit den Bauern ohnehin komplizierte Verhältnis der Bürger zu den Herren noch weiter belastet. Einige von ihnen sahen sich schließlich sogar zum Anschluß an Städte gezwungen, um nicht als Feinde des von den Bürgern vertretenen Landfriedensgedankens zu gelten. >Diese Sache gefiel den Fürsten, Rittern und Räubern gar nicht [...] Sie sagten, es sei schimpflich, daß Kaufleute über adlige Herren regierten [...)Keine Henne fliegt über die Mauers hieß es im Sprichwort. Damit sollte angedeutet werden, daß der in die Stadt gezogene Bauer seinem ehemaligen Herrn keine Abgaben mehr entrichtete - etwa ein Leibhuhn als Zeichen der Abhängigkeit. Vor diesem Hintergrund gesehen wirkt die im Text beteuerte gegenteilige Absicht nicht sehr glaubwürdig. Die abgegebene Versicherung fixierte allenfalls einen Übergangszustand auf dem Wege zur vollen Eingliederung in den städtischen Rechtsbereich. Von einem Bauern und seinem Ochsen Es war einmal ein armer Bauer, der ließ sein Lebtag sich's werden sauer, doch kam er zuletzt in Ungemach. Gegen seinen Nachbarn fuhrt er eine Sach und hatte sich zu einem Juristen begeben,

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Bauernarbeit trägt die Welt

daß dieser ihm einen Rat sollt geben. Er kam in die Stadt zu des Doktors Haus, klopft an, und es kam der Knecht heraus. Der sprach zum Bauern: »Mein Herr kann nit dir seinen Rat jetzt teilen mit, er hat andre Geschäfte, die sehr wichtig sind, komm wieder zu einer andern Zeit.« Das trieb er nun etliche Mal. Der Bauer sprach: »Wie sollt ich's machen?« Ging heim und nahm, seine Sache zu fordern, einen fetten Ochsen aus dem Stall und bracht ihn vor des Doktors Tür. Er klopft, der Knecht kam bald herfür. Wie er den Ochsen blöken hört, denn solches hatte ihn sein Herr gelehrt, sprach er: »Komm herein, mein lieber Freund, den Herrn ihr eben müßig findet.« Der Bauer sprach: »So Angenehmes geschah mir nie!« Er fiel vor dem Ochsen auf die Knie und sprach: »Es ist billig, daß ich dich verehr, denn du verschafftest mir Gehör. « 15./16. Jahrhundert. Burkhard Waldis, l . T e i l , S. 305 f.

Von Schreibern und habgierigen Pfaffen Ist es nicht jämmerlich und schädlich, daß ein Schreiber mehr bekommt als sein Herr? Er hat den größten Nutzen, das heißt, wenn er fur einen Heller Papier und Pergament verschreibt, so muß man ihm einen Gulden bezahlen. Und da gibt es keinen Kaiser, der um des allgemeinen Wohles willen diese Erschwernis abschaffen könnte, sondern sie überlegen Tag und Nacht, wie sie den großen Vorteil an sich bringen. Fürwahr, es ist alles vergeblich. Pfaffen und Mönche haben die Schafe geschoren und das Fleisch unter der Haut des armen Mannes sich zugeeignet. Unddas hört nicht auf Der Pfaffe verdient einen Gulden an dem toten Körper. Er sagt, er wolle ihn und alle seine Vorfahren dem Teufel entreißen, und verlangt vier oder acht Schillinge fur die Seelenmesse nach dem dreißigsten Tag, ein Pfund fur das Jahrgeld und 20 Gulden für ein Gedächtnisamt, dazu das beste Kleid, und der Vogt oder oberste Richter fordern das beste Stück Vieh. Wo das nicht bar vorhanden ist, wird all sein Eigentum gebannt und verpfändet. Und es findet sich kein Fürst oder Herr, der da spräche: das ist Unrecht! 15. Jahrhundert. Oberrheinischer Revolutionär, S. 285.

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19. Fehden, Kriegsdienste und Schutz der bäuerlichen Wirtschaft

Alle M ü h e und Plage der Bauern waren umsonst, wenn Krieg und Verwüstungen die Ernte vernichteten und die Dörfer zerstörten, den Landmann um den Genuß der schwer verdienten Früchte seiner Arbeit brachten. Besonders im hohen Mittelalter wurden die Schrecken des Krieges zu einer alltäglichen Erscheinung. >Der Krieg ziert Mord und Brand wie das Magnifikat die Vesper< hieß es in einem damals verbreiteten Sprichwort. Dieses geradezu grassierende Fehdeunwesen schädigte die bäuerliche Wirtschaft, die Lebenszelle der Ständegesellschaft schwer. Den schlimmsten Auswirkungen der kriegerischen Verwicklungen sollte durch den Erlaß sogenannter Landfrieden entgegengewirkt werden. Die Bauern u n d ihr Arbeitsgerät wurden mehrfach unter ausdrücklichen Friedensschutz gestellt. Freilich stand den Königen und Kaisern sowie den Landesherrn keine zuverlässige, tatkräftige Exekutive zur Verfügung, die einen wirksamen Schutz der bäuerlichen Wirtschaft hätte gewährleisten können. Die fortwährende Wiederholung der genannten Landfrieden deutet darauf hin, daß ein durchschlagender Erfolg in der tatsächlichen Friedenssicherung offenbar ausblieb.

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>Von Pfauen, Hüh-

nern, Hennen, Bienen und TaubenVon der Artzney bayder Glück, des guten und des widerwärtigem. Um 1520 (Ratsschulbibliot h e k Zwickau (Sachsen) Signatur: 4 1 . 1 . 1 6 , Reprod u k t i o n nach Petrarca: Glücksbuch) In einen B a u e r n h o f m i t Tieren - eine Bäuerin ist mit d e m F ü t t e r n der H ü h ner beschäftigt - reitet ein Raubritter, begleitet v o n e i n e m L a n d s k n e c h t , ein. Mit

befehlender

Geste

stellt er seine Forderungen an

den

Bauern.

Der

Petrarca-Meister h a t d e n Text über P f a u e n b r a t e n u n d G e s u m m der Bienen z u m A n l a ß g e n o m m e n , eine aktuelle Szene seiner Zeit zu schildern.

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Bauernarbeit trägt die Welt

Raub und Brand

Da durch Uneinigkeit im Domkapitel, die sich bei der Bischoßwahl ergeben hat, unsere Kirche lange Zeit eines Oberhirten beraubt blieb, einige übelgesinnte Menschen, uneingedenk ihres Seelenheils und der Treuepflicht, die sie der Kirche von Münster gegenüber hatten [...] die Güter und Besitztümer unserer Kirche durch Raub und Brandstiftung in tyrannischer Weise vielfältig geschädigt haben, und die armen Untergebenen, nämlich die Hörigen unserer genannten Kirche, durch Gefangennahme und vielerlei gewaltsame Leistungsforderungen aus ihren Wohnsitzen vertrieben haben, bestellten die Hörigen die Felder nicht mehr und versteckten sich, wo sie nur konnten, wie Flüchtlinge. Wir sind nun aller Einkünfte und unserer Pfründe ohne unsere Schuld beraubt, und dies in einem solchen Maße, daß wir zur Schande des Klerikerstandes betteln gehen müssen, wenn nicht bald Abhilfe geschaffen wird. 23. M a i , 1273. Münster. U B Westfalen, Band 3, Nr. 936, S. 4 8 6 .

Nach dem Tode des Bischofs Gerhard von Münster im Jahre 1272 brachen zwischen den Nachfolgekandidaten Kämpfe aus, in deren Verlauf der Landbesitz des Bistums verwüstet wurde. Bei der Schilderung des entstandenen Schadens wird deutlich, wie schwer die ländliche Bevölkerung bei bewaffneten Auseinandersetzungen im Mittelalter ganz allgemein heimgesucht wurde. Ein Bauernhof wird überfallen

[...] ein Dorf er [ein Ritter] überfallt. Seinem Wirte [dem Besitzer eines Bauernhofes] nutzt es wenig, daß er ihm entgegengeht. Wenn er von dem Rosse steigt, bietet er sein Willkommen ihm. »Habt Dank, Herr Wirt, es ist ein Wein, der am nächsten Markte feil. Der ist uns gerade recht gekommen, wir trinken heute anderes nicht. Herr Wirt, wenn uns der nicht zuteil wird, sind wir, alt und jung gegen euch ohne Erbarmung!« Der Wirt sprach: »Herr, ich tu gern, was ihr nicht wollt entbehrn.« Es ist wohl eine Sünde, daß ein Wirt bei voller Kenntnis sie so gewähren läßt. Er heißt sie aufschließen, seine Kästen und Läden, der Hausfrau Zwirn und Fäden, durchweg nichts blieb übrig. Die Straße entlang man fest nun trieb nachts zu des Herren Hause. Fehden, Kriegsdienste und Schutz der bäuerlichen Wirtschaft

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»Knecht, schütte auf ohne Pause, wollt ihr mich nicht sehn in Zorn, Gerste, Hafer, Weizen, Korn. Dort steht Fench (Hirseart) und Hirse, wie möchtet ihr übel fahren, brächtet ihr es nicht in meinen Keller, ich eß daheim sehr gerne Brei.«[...] Rinder, Schaf, Schwein und Lamm, Wolle, Werg und Flachsabfall, Bürsten, Strählen, Nissenkamm und Schere, Becher, Tassen und Gefäße, Salzfaß, Dreifuß, Pfanne, die Henne mit dem Hahne könnt ihnen nicht entgehen. Des Wirtes Bettbezüge zieht er ab, nur zu dem Zweck, daß er hinein das Kleine steck: Gürtel, Hosen und die Schuh, Schleier, Binden, Ärmel, Tuch, Mantel, Rock und Arbeitskittel, Oberhemd und Unterkleid, als er den Sack geplündert voll, schafft er ihn heim, das tut ihm wohl. Danach nimmt er noch mehr: Käse, Schinken und auch Schmalz, sein Bett, das kahle; Tzentschin, der Falbe, der tut ihm nicht mehr gar so weh, denn er war gewarnt im voraus. Seiner Magd ging es entsprechend, sie wurde die Nacht umhergereicht, wie ein Weibsstück in dem Wirtshaus. In einem Verschlag versteckt, die Hausfrau mit ihren Kindern in übergroßer Sorge sind. Das Versteck war fest und gut, der Wirt hat es in seiner Hut, denn sie hatten es noch nicht entdeckt. Den Wirt führten sie davon zu einem großen Feuer, Holz war ihnen nicht teuer. Inzwischen brannte das vordere Tor;

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Bauernarbeit trägt die Welt

hinten war ein Gatter vor, das stand auch bald in Flammen. Ob es den Wirt nicht bekümmerte und er das nicht bedachte? Da brannten Eggen und der Pflug. Nun sprach einer von ihnen: »Herr Wirt, paßt gut auf und folget mir, ich tu euch kund, mein Herr will von euch dreißig Pfund. Gebt ihr die ihm heute nicht, so sag ich euch, was dann geschieht, da kann euch keiner trösten: Herr Wirt, ich muß euch rösten wie einen Hering auf der Glut, dazu auch euer Weib und Kind, die dort in dem Verschlage sind. [...]« Nun begann der Wirt zu klagen. Er lief zum Bett des Herrn, der schlief. Mit jammervoller Stimm er rief. » Weh heut und immer weh! Seht Herr, wie euch das ansteh! Alles habt ihr mitgenommen, wenn man ermordet mir die Kinder und ich sie tot vorfände. Seht, wie man sie auf das Rost legt!« Der Herr sprach: »Ohne Trost, Herr Wirt, seid ihr augenblicklich, wenn ihr mir nicht gebt dreißig Pfund.« »O weh Herr, woher nehme ich die? Führt mich gefangen mit euch, ich geb euch alles, was ich hab, wenn ihr mir nur die Kinder und die Frau am Leben laßt.« »Herr Wirt, ihr kommt nicht frei, bevor ihr nicht zwanzig Pfund bezahlt.« »Herr, nehmt fünf von mir, die verschaff ich euch sogleich.« »Gebt sieben Pfund, und zwar sehr schnell, und drei an den Rat: So rettet ihr die Kinderchen. Das ist mein letztes Wort.« »Herr, ich will sie gerne geben für meiner Kinder Leben. Befehlt, das Feuer zu löschen,

Fehden, Kriegsdienste und Schutz der bäuerlichen Wirtschaft

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daßsie ihren letzten Seufzer nicht in dem Rauch ausstoßen.« Der Herr ließ eilen, zu löschen die Brände. Die Nacht hatt ein Ende und es erschien lichter Tag.

Ende 13. Jahrhundert. Seifried Helbling, S. 40 ff.

Mit >Seifried Helbling< wird ein Gedichtzyklus aus den neunziger Jahren des 13. Jahrhunderts bezeichnet, in dem Seifried Helbling als Spielmann erwähnt wird. Vermutlich stammt der Dichter aus Adelskreisen in Niederösterreich (Zwettl). In Gesprächen eines Herren mit seinem Knappen werden diesem satirische Reden in den Mund gelegt. Gegeißelt wird der Verfall des Ritterstandes ebenso wie das Empordrängen der Bauern. Der Krieg schadet manchem Land Ein Krieg ist ausgebrochen, den schätzt man ganz und gar nicht. Ich fürchte, daß ihn Weih und Mann noch jammervoll beweine. Dauert er lange Zeit und wird er nicht geschlichtet, Gott weiß, welchen Jammer er uns bringt. Gott geb, daß er beendet werde. Die Fürsten und des Reiches Städte im Krieg sich ernst verstricken. Es werden anrücken auf dem Schauplatz viele der großen Heere. Die Fürsten haben die Zuversicht, der Krieg werde ihnen genehm, ließen die Städte aneinander nicht, das wird ihnen gar zuwider. So entstehen Raub und Brand, das macht viele Leute arm. Der Krieg schadet manchem Land, wie ich euch hier bedeute. Wenn der Bauer nicht mehr ist, so wird der Scherz allgemein bekannt: Wovon leben in dieser Frist, die wir Herren nennen? Die Fürsten nicht mit Pflügen gehn, die Bürger sich schämen, so muß es unterlassen werden, den Acker zu bestellen. Den Städten wehret man die Nahrung zu Feld und auf den Straßen.

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Bauernarbeit trägt die W e l t

Den Harnisch fegen sie aus Rost; sie wollen es nicht lassen. Den Reichen sind die Kasten voll, den Armen sind sie leer, dem Pöbel wird der Magen hohl, das ist ein großer Schmerz, denn sie sehen Weib und Kind vor Hunger werden gelb. Die Atmen können das wenig brauchen, es kann ihnen nicht gefallen. 14. Jahrhundert. Peter Suchenwirth, S. 110 f, c. 37.

Ritter: Sollte immer Frieden bleiben Sollte immer Frieden bleiben, die Bauern würden den Adel vertreiben. Sie würden am Ende so übermütig und geil, sie machten uns Burgen und Städte feil. Der Bauer möchte als Bürger leben, der Bürger als ein Edelmann. Darum mag uns der Krieg frommen, daßsie nicht über uns kommen. Sie müssen mit uns teilen fürwahr, heuer wie vor hundert Jahren. 15. Jahrhundert. Fastnachtspiele, Band 2, S. 646.

Der Friede ist also - folgt man der Meinung des Ritters - keineswegs ein erstrebenswerter Zustand, sondern macht das >Volk< gewissermaßen übermütig. Deshalb erscheint der vom Adel geführte Krieg hier als Regulativ der mittelalterlichen Ständeordnung, die durch aufstrebende Bauern und Bürger gefährdet wird. Sie müssen daher gewaltsam zur Räson gebracht werden. Auf diese Weise wird die Raublust des Adels, der im späten Mittelalter häufig gegenüber den Städten verschuldet war und sich dem immer heftiger werdenden Widerstand seiner Bauern gegenübersah, gleichsam als Ordnung stiftender Faktor gerechtfertigt. Warum Bauern den Kriegsdienst verweigern Die Armen [Bauern] klagen, sie würden aus ihrem Eigentum vertrieben; und diese Klage erheben sie gleichermaßen gegen die Bischöfe, Äbte und deren Vögte wie gegen die Grafen [...] Sie sagen auch: wenn jemand sein Eigen dem Bischof, Abt, Grafen, Richter [...] nicht geben will, suchen sie Gelegenheiten, diesen Armen zu verurteilen und ihn immer wieder gegen den Feind ziehen zu lassen, bis er, verarmt, sein Eigentum wohl oder übel übergibt oder verkauft; andere aber, die es schon übergeben haben, bleiben ohne Belästigung durch irgendjemand zu Hause.

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Es sagen auch andere, daßsie jene Ärmeren zwingen und gegen den Feind ziehen lassen und jene, die besitzen, wovon sie geben können, zu ihrem Eigengut entlassen. Es sagen die Grafen selbst, daß einige ihrer Bauern ihnen nicht gehorchen und dem Heerbann des Herrn Kaisers nichtfolgen wollen [...], auch wenn der Graf jenem sein Haus unter Bann lege [mit Strafen drohe], empfange er von daher keinen Gehorsam, wenn er nicht in dessen Haus eindringe und tue, was ihm gutdünkt. Einige aber [...]gingen zum Dienst ihrer Herren, wenn die anderen Bauern zum Heer einrücken müssen. Wieder andere bleiben zurück und sagen, ihre Lehnsherren blieben zu Hause, und sie müßten mit ihren Lehnsherren ausrücken, was auch immer der Befehl des Herrn Kaisers sei. Einige aber begeben sich deshalb unter den Schutz von Lehnsherren, die, wie sie wissen, nicht gegen den Feind ziehen werden. Uberhaupt gehorchen die Bauern selbst weniger dem Grafen [...] als früher geschah. 811. Bericht über die Ergebnisse einer unter Karl d e m Großen erfolgten P r ü f u n g der Gründe, w a r u m sich die Bauern der Heerfolge entziehen. In: Capitularia, Band 1, Nr. 73, S. 164 f. (Übers, in: Franz, G ü n t h e r [1967], Nr. 29, S. 73 f.)

60 Schwäbische Landsknechte überfallen im Schwabenkrieg 1499 ein Dorf. Lavierte Federzeichnung aus der Diebold-Chronik. Luzern 1513 ( Z e n t r a l b i b l i o t h e k Luzern ( E i g e n t u m K o r p o r a t i o n Luzern; Signatur: fol. 177 r)

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Bauernarbeit trägt die Welt

Eine besonders drückende Last war für die Bauern die Verpflichtung, an den von den fränkischen Herrschern zur Erweiterung ihres Machtbereiches immer wieder durchgeführten Kriegszügen teilzunehmen. Dabei nutzten die mit der Aufbietung des Heerbannes betrauten Grafen ihren Auftrag dazu aus, um Bauern durch möglichst häufige >Mobilisierung< zu ruinieren und damit abhängig zu machen oder aber aus einer Befreiung vom Heeresdienst Gewinn zu schlagen. Um diesem zu entgehen, unterstellten sich manche Bauern einem Herrn, der sich am jeweiligen Heereszug nicht beteiligte. Oft blieb dem Grafen nichts anderes übrig, um den wachsenden Widerstand gegen die geforderten Kriegsdienste schließlich dadurch zu brechen, indem er in das Haus des Pflichtigen eindrang und tat, >was ihm gutdünktnatseldeausleihen< und damit für längere Zeit, wenn nicht für immer auf das für Feldarbeiten und Transportfuhren wichtige Zugtier verzichten. Kehrte das Pferd von der >Reise über Berg< (Alpen) nicht zurück, so mußte das Dorfgericht, also nicht der jeweilige Herrscher, Schadenersatz leisten. Sie sind nun Heeresleute Ich hatte einen Streit, den ich lange hab geführt mit großer Not. Den hat vom Halse mir geschafft der Fürst aus Osterreich. Die geilen Dorfitutzer, die da waren in der Gegend, alle waren sie Vortänzer. Die tragen nun ein eisernes Gewand auf der Heerfahrt, zu der der Fürst befohlen hat. Junge Fraun, ihr werdet kaum von ihnen mehr umarmt. Sie sind nun Heeresleute, Bereliup und Irenwart. Irenwart und Uoge, die rechtens sollten pflegen den Landbau mit dem Pfluge, sah man zu Wien Harnisch und Panzer kaufen. Uoge, der kauft einen, dazu zwei dicke Leder für die Schienbeine. 13. Jahrhundert. Neidhart von Reuenthal, S. 150 f.

Neidhart von Reuenthal (Nithard vom Riuwental = Jammertal) ist in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts im bayerisch-österreichischen Raum bezeugt. Er überlieferte als erster das literarische ländliche Tanzlied, in dem er den Minnekult des Minnesangs parodiert und an die Stelle von Klagen um unerfüllte Liebe dramatisch bewegte Szenen aus dem Leben der Bauern setzt. In seinen Sommer- und Winterliedern, die in scharfem Kontrast zur erstarrenden Konvention des Minnesanges stehen, wird der Alltag der Bauern, ihre sich bei Tanz und Spiel äußernde Lebensfreude und Liebeslust kraftvoll realistisch geschildert. Dabei fließt auch Spott über bäuerlichen Kleiderprotz und das mitunter auftretende Streben der

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Bauernarbeit trägt die Welt

Bauern nach ritterlicher Lebensweise (Bewaffnung) ein. Durch vergröbernde Nachdichtungen geriet der Dichter später zu Unrecht in den Ruf, allein Symbolfigur des auf die Bauern herabsehenden und sie verspottenden Ritters zu sein. Gottesfrieden Vom Advent bis zum folgenden Montag nach Erscheinung des Herrn, ferner von dem Sonntag Septuagesima [der dritte Sonntag vor Beginn der Fastenzeit] bis zum Oktavtag [Nachfeier eines kirchlichen Festes mit Abschlußam achten Tag (lat. octavus)] von Pfingsten, ferner an allen Vigilien und Hochfesten, an drei Tagen in jeder Woche, also von Donnerstagabend bis Montagfrüh, soll überall Frieden sein, so also, daß niemand seinen Feind verletzt. Wer einen tötet, soll der Todesstrafe unterliegen. Wer einen verwundet, soll die rechte Hand verlieren. Wer einen mit der Faust schlägt, soll, wenn er ein Adliger ist, mit einem Pfund Buße tun, wenn er Freier oder Dienstmann, mit zehn Schilling, wenn ein Knecht, mit Haut und Haar. Jedes Haus, jede Hofstelle soll innerhalb ihrer Umzäunung festen Frieden haben. Keiner darfeindringen, keiner einbrechen, keiner darf sich herausnehmen, die drinnen Befindlichen dreist zu belangen oder sie etwa gewaltsam zu belästigen. Wer sich das herausnimmt — ganz gleich, welchen Standes er ist —, der soll seinen Kopf verlieren. Wenn einer auf der Flucht vor einem Feind in seine eigene oder jemandes Umzäunung geht, soll er dort sicher sein. Wer seine Lanze oder eine andere Waffe über den Zaun gegen ihn wirft, soll die Hand verlieren. Wem immer aber eine Verletzung dieses Friedens vorgeworfen wird und wer dies selbst leugnet — wenn er ein Edler oder Freier ist, soll er sich mit 12 bewährten Eidhelfern reinigen; wenn ein Knecht, und zwar ein Lite [abhängiger Bauer] oder Dienstmann, mit der Kaltwasserprobe, und zwar so, daß er selbst ins Wasser geworfen wird. 1084. Sächsischer G o t t e s f r i e d e n . In: C o n s t i t u t i o n e s , Band 1, N r . 4 2 6 , S. 6 0 8 , c. 1 - 5 (Übers, in: W e i n r i c h , Lorenz, N r . 3 7 , c. 1 - 5 . S. 149.)

Kriegerische Auseinandersetzungen waren im Mittelalter eines der wichtigsten Mittel, um die Grundlage politischer Machtausübung, Herrschaft über Land und Leute, zu stabilisieren und zu erweitem. Besonders im 12. und 13. Jahrhundert häufen sich gewaltsame Streitigkeiten zwischen Angehörigen der Oberschichten vor allem um den Ausbau von Landesherrschaften. Die Schrecken des Krieges wurden zu einer alltäglichen Erscheinung. >Trug gibt's im Übermaße. Gewalt herrscht auf der Straße. Friede und Recht sind todeswunds schrieb damals der Dichter Walther von der Vogelweide. Den schlimmsten Folgen der kriegerischen Verwicklungen sollte zunächst durch den Erlaß von >Gottesfrieden< entgegengewirkt werden, die öffentlich verkündet und beschworen wurden und seit dem Ende des 10. Jahrhunderts von Frankreich ihren Ausgang nahmen. Bestimmte Personen und Sachen wurden unter den Schutz des Gottesfriedens gestellt, um sie vor Gewalttaten zu schützen (Geistliche, Frauen, Kaufleute, Juden, Bauern; Kirchen, Wohnhäuser, Ackergeräte, Mühlen). Außerdem wurde zu festgelegten Zeiten jeglicher Waffengebrauch untersagt (sogenannte Treuga Dei = Waffenruhe; von Donnerstabend bis Montagmorgen, Adventszeit, Fastenzeit, Ostern, höhere kirchliche Festtage).

Fehden, Kriegsdienste und S c h u t z der bäuerlichen Wirtschaft

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Friede dem Bauern - Friede dem Dorf — Friede dem Pflug Kaufleute sollen auf Handelsreisen, Bauern während der Beschäftigung mit Landarbeit wie Pflügen, Graben, Ernten und ähnlichem an jedem Tag Frieden haben. Frauen aber und alle Angehörigen geistlicher Orden sollen ständigen Frieden genießen. 1 0 8 5 . Bamberger L a n d f r i e d e n . In: C o n s t i t u t i o n e s , B a n d 1 N r . 4 2 5 , S. 6 0 7 , c. 16. (Übers, in: Franz, G ü n t h e r [1967], N r . 6 2 , S. 155.)

Die Geistlichen, Kirchen, Friedhöfe und Kirchengüter sollen Frieden haben; ebenfalls sollen alle Menschen Frieden haben in den Wohnhäusern und jeglichem Gebäude, auch auf den Höfen sowie innerhalb der rechtmäßigen Hausgrundstücke — wir nennen sie gemeinhin >Hofstätten< — seien sie nun eingezäunt oder von keiner Umzäunung umgeben. Frauen sollen von niemandem Vergewaltigung erleiden. Kaufleute und Bauern sollen Frieden haben. Uberhaupt soll niemand nur wegen einer Geldsache gefangengesetzt werden. Wenn einer diesen Frieden bricht, soll er die Hand verlieren. 1104. Schwäbischer L a n d f r i e d e . In: C o n s t i t u t i o n e s , B a n d 1, N r . 4 3 0 , c. 1. (Übers, in: W e i n r i c h , Lorenz, N r . 4 5 , S. 169,, c. 1)

Wenn jemand einen flüchtenden Feind verfolgt bis zu einem Dorf und wegen des Ungestüms seines Pferdes, nicht aberfreiwillig, in das Dorf gebracht wird, soll er am Dorfior Lanze und Waffen, die er ablegen kann, niederlegen; in dem Dorf aber ist er gehalten, unter Eid zu versichern, daß er nicht freiwillig, sondern wegen des Ungestüms seines Pferdes ins Dorf hineingekommen sei; andernfalls ist er ein Friedensbrecher. 18. Februar 1 1 7 9 . R h e i n f r ä n k i s c h e r Langfriede. In: C o n s t i t u t i o n e s , B a n d 1, N r . 2 7 7 , S. 3 8 1 , c. 4. (Übers, in: Franz, G ü n t h e r [1967], N r . 9 3 , S. 247.)

Bauern und in der Landwirtschaft Tätige sind, während sie sich in den Dörfern aufhalten und während sie die Felder bearbeiten, allerwärts sicher, so daß keiner sich erkühnen soll, zu versuchen, eine Person, Rinder, Ackergeräte oder etwas anderes, was zur Landarbeit gehört, widerrechtlich zu nehmen, zu ergreifen oder mit Gewalt wegzunehmen. Wenn aber einer diese Satzung durch dreisten Zugriff zu verletzen wagt, soll er das Weggenommene vierfach wiedererstatten und auf Grund dieses Rechtes ehrlos sein. Außerdem ist er mit kaiserlicher Strenge zu bestrafen. 2 2 . N o v e m b e r 1 2 2 0 . L a n d f r i e d e n Friedrichs II. In: C o n s t i t u t i o n e s , Band 2, S. 109, c. 10. (Übers, in: Franz, G ü n t h e r [1967], N r . 109, S. 2 8 5 . )

Waffen für die Bauern: ja oder nein? Wenn ein Bauer Waffen oder einen Spieß oder ein Schwert trägt, dann soll der Richter, in dessen Bereich er angetroffen wird, ihm entweder die Waffen wegnehmen oder 20 Schilling für sie von dem Bauern empfangen. 1152. Reichslandfriede K ö n i g Friedrichs I. In: C o n s t i t u t i o n e s , B a n d 1, N r . 140,. S. 197 f , c . 12. (Übers, in: Franz, G ü n t h e r [1967], N r . 83, S. 223.)

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Bauernarbeit trägt die Welt

Die Landbewohner und die Männer ihres Standes dürfen außerhalb der Dörfer keine Waffen außer Schwertern tragen. In den Dörfern aber dürfen sie weder Schwerter noch andere Waffen tragen. In ihren Häusern aber sollen sie irgendwelche Waffen haben, damit sie, wenn der Richter zur Wiederherstellung des gestörten Friedens ihrer Hilfe bedarf, mit Waffen bereitstehen, da sie in diesem Artikel angehalten werden, auf Entscheid des Richters hin und nach der gegebenen Notwendigkeit dem Richter zu folgen. 18. Februar 1179. R h e i n f r ä n k i s c h e r L a n d f r i e d e . In: C o n s t i t u t i o n e s , B a n d 1, N r . 2 7 7 , S. 3 8 2 , c. 14. (Übers, in: Franz, G ü n t h e r [ 1 9 6 7 ] , N r . 9 3 , S. 2 4 9 . )

Sie dürfen Panzer, Eisenhut, Koller, Joppen von feinem Gewebe, ein lateinisches Messer, irgendeinen Kettenpanzer und kriegerischen Schmuck — ein Schwert nur die Hauswirte und keine anderen - zum Kirchgang tragen. An Werktagen dürfen sie nur ein kurzes Messer und eine Reutti tragen. Alles aber, was die gemeinsame Not des Landes erfordert, um die Gerichtsfolge zu leisten oder die Heimat gegen einen feindlichen Einfallzu verteidigen, können sie, wenn sie wollen, in ihren Häusern aufbewahren. 1 2 4 4 . Bayrischer L a n d f r i e d e . In: C o n s t i t u t i o n e s , B a n d 2, N r . 4 2 7 , S. 5 7 7 , c. 7 1 . (Übers, in: Franz, G ü n t h e r [ 1 9 6 7 ] , N r . 122, S. 3 2 7 f.)

Gemäß dem seit dem 12. Jahrhundert nachweisbaren Landfriedensgebot traten anstelle des älteren Bußensystems, bei dem nahezu jedes Verbrechen durch entsprechende Zahlungen gesühnt werden konnte, für schwerere Vergehen körperliche Strafen. Auf Raubüberfall, schweren Diebstahl und Mord stand die Todesstrafe. Wer jemanden verwundete, dem sollte die Hand abgehauen werden. In diesen Fällen richtete sich die Strafandrohung gegen Angehörige aller Stände. Da auf diese Weise das Fehdewesen zwar hier und da eingeschränkt werden konnte, ein voller Frieden sich aber nicht durchsetzen ließ, wurden einige das Waffenrecht der Bauern betreffende Bestimmungen zu deren Gunsten modifiziert, litt doch die ländliche Bevölkerung unter bewaffneten Ubergriffen besonders schwer. Seit dem frühen Mittelalter hatte sich im Kriegswesen ein wesentlicher Wandel vollzogen. Der freie Bauer, der damals noch einen wichtigen Platz im Heer einnahm, war den oft über längere Zeiträume hinweg in entlegenen Gebieten geführten Kriegen wirtschaftlich nicht mehr gewachsen. An die Stelle des Aufgebotes freier Bauern trat allmählich das besser ausgerüstete, schlagkräftigere Vasallenheer, dessen Kern die Panzerreiter bildeten. Der freie Bauer wurde bald zum Hörigen und schied aus dem Kriegsdienst aus. Eine schwerwiegende Folge dieser Entwicklung bestand darin, daß der Bauer das Waffenrecht, das ihn als Freien einst auszeichnete, nun einbüßte. Der Besitz schwerer Waffen wurde nun zum Prestige des Adels. So wurde es im Reichslandfrieden Friedrichs I. von 1152 ausdrücklich dem Bauern verboten, einen Spieß oder ein Schwert zu tragen. Diese Bestimmung wurde angesichts des grassierenden Fehdeunwesens im rheinfränkischen Landfrieden von 1179 etwas gelockert: Um sich wehren zu können, durften die Bauern jetzt außerhalb des Dorfes wieder ein Schwert tragen. Entsprechend dem bayrischen Landfrieden von 1244, sollten sich Messer, Panzer, Eisenhut, Koller, Joppe und anderes in bäuerlichem Besitz befinden. Doch durften sie nur beim sonntäglichen Kirchgang getragen werden. An Wochentagen war es

Fehden, Kriegsdienste und S c h u t z der bäuerlichen Wirtschaft

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dem Bauern nur gestattet, Messer oder ein Reutil, einen Stab zum Abklopfen der Erde, die sich an der Pflugschar oder am Streichbrett festgesetzt hatte, bei sich zu führen. Bereits 1256 wurden die 1244 dem Bauern zugestandenen Ausrüstungsgegenstände diesem wieder verboten. Hinsichtlich der Bauern zeigt sich hier in der Landfriedensgesetzgebung deutlich eine zwiespältige Tendenz. Einerseits sollte mit Waffenverboten für den Bauern die Standesgrenzen gegenüber den Rittern akzentuiert werden, war doch Waffenbesitz ein qualifizierendes Standessymbol der Oberschicht. Andererseits waren die Herren daran interessiert, gegen Friedensbrecher auch die ländliche Bevölkerung aufbieten zu können und so die Effektivität ihres Vorgehens zu erhöhen. Klage wegen Friedensbruchs Wenn ein Bauer einen Ritter wegen Verletzung des Friedens anklagt, soll er mit seiner Hand schwören, daßer dies nicht aus Mutwillen, sondern notgedrungen getan hat. Dann wird sich der Ritter mit drei Eidhelfern rechtfertigen. Wenn ein Ritter wegen Verletzung des Friedens einen Bauern anklagt, soller mit seiner Hand schwören, daßer dies nicht aus Mutwillen, sondern notgedrungen getan hat, dann mag der Bauer eins von beiden wählen. Entweder er erweise seine Unschuld durch Gottes- oder Gerichtsurteil, oder er rechtfertige sich durch sieben geeignete Zeugen, die der Richter ausgewählt hat. Wenn ein Ritter mit einem anderen Ritter einer Friedverletzungoder einer anderen wichtigen Sache wegen einen Zweikampf ausfechten will, dann darf ihm die Gelegenheit dazu nicht gegeben werden, wenn er nicht glaubhaft machen kann, daßseit alters er selbst gleich seinen Eltern von Geburt her ein rechtmäßiger Ritter ist. 1152. Reichslandfrieden K ö n i g Friedrichs I In: C o n s t i t u t i o n e s B a n d 1, N r . 140, S. 197, c. 10. (Übers, in: Franz, G ü n t h e r [ 1 9 6 7 ] , N r . 83, S. 233.)

Bekämpfung der Brandstifter Friedrich, von Gottes Gnaden Römischer Kaiser und allzeit Mehrer des Reiches. Es ziemt sich für die Zeit Unserer Getreulichkeit, mit dem Eifer Unserer Umsicht für die allgemeine Ruhe der Leute in den Landen Sorge zu tragen, um, solange Wir gegenüber den Untertanen mit der Kraft Unserer Herrschaft mächtig sind, alle Verworfenen und Verbrecher vor Untaten gegen Unsere Untertanen mit Unserer gerechtigen Züchtigung im Zaume zu halten. In Anbetracht der Tatsache aber, welcher Schaden und welche Verwüstung bei Menschen und Ländern durch Aufstände und Brandschatzung eintritt und wieviel Furcht vor der Zukunft die Vergangenheit mit sich bringt, wollen Wir, es möge allen Getreuen des Reiches all das bekannt werden, was mit Zustimmung und Rat der Fürsten und Unserer anderen Getreuen, der Freien wie der Dienstmannen, Unsere kaiserliche Macht zur Unterdrückung der Frechheit der Brandstifter geboten hat—und so, wie es auf Unserer Burg Nürnberg verordnet und bestätigt wurde, verkünden Wir es zu strenger Befolgung. Zunächst also sagen Wir allgemein über die Brandstifter: Wenn ein freier Mann, ein Edler, Dienstmann oder Mann, gleich welchen Standes, einen Brand verübt für eine eigene Fehde, für einen Freund, für den Vater oder im Falle irgendeiner anderen Streitsache, soll er nach Spruch und Urteil sofort der kaiserlichen Acht verfallen sein. Hierbei werden die Fälle ausgenommen, wenn etwa Leute in einer offenen Fehde offen Burgen einnehmen und wenn sie dabei Vorburgen, Stallungen und andere davorliegende Hütten durch Brand einäschern. Ausgenommen sind

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Bauernarbeit trägt die Welt

auch die Richter, denen es zukommt, gegen Verbrecher in rechtlicher Zuständigkeit die Strafe der Einäscherung vorzunehmen. Ferner: Wenn es vorkommen sollte, daß ein Herr in einem Dorf gewaltsam einkehrt, und es etwa geschieht, daß ein Haus angezündet wird, und wenn dann der Geschädigte den Herrn verklagt, dies sei auf seine Weisung hin und mit seinem Willen geschehen, soll er zunächst einen Eid über Verleumdung leisten; danach soll sich der Herr nur mit der Schwurhand reinigen, dies sei nicht mit Willen, Weisung und Wissen von ihm geschehen, und dem Geschädigten den Schaden ersetzen. Ferner: Wenn ein Brandleger gefangen wird und vor dem Richter leugnen will, den Brand gelegt zu haben, soll er, wenn keine Verbrechensanzeige in dem Lande vorliegt, falls der Richter ihn mit 7 geeigneten Zeugen überführen kann, mit dem Tode bestraft werden. Wenn aber eine Verbrechensanzeige vorliegt, braucht niemandes Zeugnis gesucht zu werden, sondern er ist sofort zu enthaupten. Ferner: Wenn die Burgleute eines Herrn von der Burg ihres Herrn heruntergehen und einen Brand legen, solange der Herr außer Landes ist, soll die Burg des Herrn deswegen nicht eingeäschert werden, vielmehr sollen die Güter der Brandleger, und zwar alles, was außerhalb der Burg gefunden wird, eingeäschert werden. Nach der Rückkehr des Herrn aber soll, wenn der Herr den Brandleger bei sich behalten will und ihn nicht von sich verstößt, seine Burg gleichfalls eingeäschert werden. 2 9 . D e z e m b e r 1186. Erlaß Kaiser Friedrichs I. gegen die Brandstifter. In: C o n s t i t u t i o n e s , Band 1, N r . 3 1 8 , S. 4 4 9 ff. c. 1, 1 2 - 1 4 . (Übers, in: W e i n r i c h , Lorenz, N r . 7 7 , S. 309.)

Fehde (ahd. gefehida, mhd. vehede, vehde = Feindschaft, Unfriede). In germanischer Zeit nahm die Sippe des Verletzten oder Erschlagenen durch die Fehde Rache am Missetäter und seiner Verwandtschaft (Blutrache). Seit dem 9. Jahrhundert war die Fehde die typische, rechtlich geregelte (beispielsweise Ansagen der Fehde, Konsultierung eines Gerichts) Form der bewaffneten Auseinandersetzung. Im hohen Mittelalter war die Fehde nicht nur der Gegenschlag des durch eine Gewalttat Geschädigten und seiner Familie, sondern diente in zunehmendem Maße der gewaltsamen Durchsetzung privater Ansprüche von Adligen und pervertierte damit zum >FehdeunwesenHerrschaft< unterstand, deren Entscheidungsrecht berücksichtigt werden mußte. Im zweiten Textteil wird das Delikt des Hausfriedensbruches beschrieben und unter Strafe gestellt.

Fehden, Kriegsdienste und Schutz der bäuerlichen Wirtschaft

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62 Friedensbrecher. Lavierte Federzeichnung (Detail) aus der Heidelberger Bildhandschrift des Sachsenspiegels. Um 1330 (Universitätsbibliothek H e i d e l b e r g ; Signatur: C o d . Pal. G e r m . 164, fol. 12 r) D e r Friedensbrecher wird d u r c h das Tor einer Stadt, in die er geflohen war, seinen Verfolgern ausgeliefert. In der d a r u n t e r dargestellten Szene steht die G r u p p e der Verfolger m i t d e m an d e n H ä n d e n gefesselten Friedensbrecher vor d e m Richter m i t d e m Richtschwert.

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Bauernarbeit trägt die Welt

II. Alltag im Bauernhaus

Der ländliche Alltag war im Mittelalter wesentlich durch die Einbindung der bäuerlichen Wirtschaft in die Dorfgemeinde als Nachbarschaftsverband geprägt. 1 Heimstatt der bäuerlichen Familie mit dem Bauern als Haushaltsvorstand war der in grundherrliche Abhängigkeitsverhältnisse eingefügte Hof. 2 Die mittelalterliche Bauernwirtschaft war zunächst bestrebt, den Grundbedarf an Nahrungsmitteln und Konsumgütern möglichst aus eigener Kraft zu decken. Im Zusammenhang mit der städtischen Entwicklung gewannen WareGeld-Beziehungen auch für die ländliche Bevölkerung an Bedeutung, doch hielt sich die damit entstehende Marktbindung in Grenzen. 3 Die bäuerliche Familienwirtschaft 4 , in der alle im Hause Wohnenden zusammen mit dem Gesinde unentgeltlich mitarbeiteten, bildete die dauerhafte, lebenswichtige Existenzgrundlage für das gesamte Erwerbs- u n d Arbeitsleben in Haus und Hof. Betagte oder erwerbsunfähige Familienmitglieder wurden mit versorgt. Nach der Hofübergabe an den Sohn hatte der Vater Anspruch auf das >AltenteilHausherrn< und seiner ihm streng untergeordneten Ehefrau 7 genauer umschrieben. Ihre Rolle als Mutter und Erzieherin der Kinder 8 wird in Quellen, die dem bäuerlichen Leben besonders nahestehen und dem Alltag auf dem Lande immer wieder ihre Aufmerksamkeit widmen, beispielsweise in Weistümern 9 , eingehend erörtert und dabei auch der Schutz, der Schwangeren zuteil wurde, hervorgehoben. Natürlich wird auch erwähnt, was wohl zu allen Zeiten zwischen Eheleuten vorkommt, Eifersucht, Streit, Untreue, Themen, die auch in Schwänken und Sprichwörtern, mit Spott und H u m o r bedacht, gern aufgegriffen wurden. Bei alledem, aber auch bei der Sorge um die Gesunderhaltung von Mann, Frau und Kindern, wirkte vorchristlicher Glaube an Zauberkräfte und Zauberkünste weiter, von der Kirche als >Teufelswerk< bekämpft, bisweilen auch adaptiert und umfunktioniert. Einen Höhepunkt im bäuerlichen Leben bildete zweifellos die Hochzeit. 10 Wie so eine Bauernhochzeit vorbereitet wurde und dann verlief, beschreibt um 1400 Heinrich Wittenwiler in dem satirisch-didaktischen Epos >Der Ring< u . Seine derb-drastische, auch sarkastische, lebensvolle, sinnenfrohe und farbige Schilderung läßt uns noch heute nacherleben, wie der Bräutigam um seine Verehrte warb, wie man die Ehefrage im Familienrat disputierte, wie der junge Bauernbursche dann getraut und beschenkt wurde, nicht ohne vorher gelaust

Alltag im Bauernhaus

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Dorfleben im Winter. Miniatur der Brüder

von Limburg aus >Tres riches heures du Due de BerryTres riches heures du D u e de Berry< wurden von den Brüdern von Limburg geschaffen, den bedeutendsten niederländischen Miniaturisten, die in burgundischen Hofdiensten standen.

zu werden, wie dann die ungeheuerliche Schlacht des Hochzeitmahls< folgte, wie anschließend getanzt und natürlich gerauft 12 wurde und die Feier mit den >Liebesfreuden der Hochzeitsnacht< ausklang. War die Hochzeit vorüber, begann der rauhe, oft auch graue Alltag in der bäuerlichen Familie. Was aß u n d trank der Bauer? Wie kleidete er sich? Wenn es auch innerhalb der ländlichen Bevölkerung, was Essen u n d Trinken 13 betraf, Unterschiede gab, ein etwas wohlhabenderer Bauer also besser speiste als ein nur wenig G r u n d u n d Boden besitzender Landwirt, so war, soweit es die schriftliche Uberlieferung erkennen läßt, die bäuerliche Kost im allgemeinen recht einfach. Rüben u n d Kraut, manchmal mit Speck gekocht, daneben Hirsebrei, Roggenbrot, Käse sowie Bier als Getränk herrschen vor, während Fleisch nur selten auf den Tisch des Bauern kam. Zur Reglementierung der Bauern in >Speis undTrank< traten Kleidervorschriften. 14 Wer einem bestimmten Stand angehörte, war auch verpflichtet, eine entsprechende >Standestracht< zu tragen, mußte sich also >standesgemäß< kleiden. Die verschiedentlich vor allem in

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Alltag im B a u e r n h a u s

Süddeutschland und Österreich quellenmäßig faßbaren Versuche von materiell bessergestellten Bauern, durch das Tragen kostbarer Gewänder ritterliche Lebensweise anzustreben, waren Ausnahmen, können nicht verallgemeinert und generell als Zeichen bäuerlichen Wohlstandes gewertet werden. Was Kleidung und physische Beschaffenheit der ländlichen Bevölkerung betrifft, so sind die uns überlieferten Bildquellen mit kritischem Vorbehalt zu betrachten. In der mittelalterlichen Buchmalerei wird der Bauer fast durchweg im Sinne der Prinzipien der Ständelehre idealtypisch überhöht dargestellt. Der geistliche Leser von Psaltern sah auf den dort enthaltenen Monatsbildern gutgekleidete, saubere, wohlgenährte Bauern, allem Anschein nach zufrieden mit sich und einer Welt ohne sozialen K o n f l i k t s t o f f - eben so, wie der >Nährstand< in der Ständelehre sehr oft beschrieben wurde. Eine realistischere Sicht bahnte sich erst im späten Mittelalter an, als die nun aufbrechenden gesellschaftlichen Gegensätze verschiedentlich auch im Bild in der nun entwickelten Holzschnittechnik einen einigermaßen adäquaten Ausdruck fanden. Im Unterschied zu den aus Stein errichteten Burgen, Klöstern und Kirchen und zu den Steinbauten der Städte, den Rathäusern und Häusern reicher Kaufleute, wurde auf dem Lande in erster Linie Holz als Baumaterial verwendet. Steinbauten waren zu teuer und erforderten zudem bestimmte technische Kenntnisse. Im frühen Mittelalter war das Bauernhaus 1 5 im allgemeinen in eine Schlafkammer und ein >Wohnzimmer< geteilt, wobei der größere R a u m mit einer Feuerstelle versehen wurde. W ä h r e n d sich bei diesen Bauten das Vieh außerhalb des Hauses in Ställen befand, war es bei den sogenannten Hallenhäusern anders. Hier

64 Der verlorene Sohn. Kupferstich von Albrecht Dürer. Um 1496/98 (Staatliche K u n s t s a m m l u n g e n Dresden, Kupferstich-Kabinett) Als Szenerie f ü r das biblische G l e i c h n i s ist ein weiträumiger fränkischer Bauernhof gewählt. D i e zeitgenössische W ü r d i g u n g des Blattes d u r c h d e n Italiener Vasari hebt d i e s c h ö n e n H ü t t e n hervor, d i e es in D e u t s c h l a n d a u f d e m L a n d e gäbe. Vergleichbare g r o ß e G e h ö f t e als H i n t e r g r u n d m o t i v auf spätgotischen A l t a r t a feln ( H a n d w a s c h u n g des P i l a t u s v o n J ö r g Breu, Stift M e l k / O s t e r r e i c h ) bestätigen d e n Wahrheitsgehalt.

Alltag im B a u e r n h a u s

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65 Blockspeicher in Niederlungwitz, Kr. Glauchau, Anfang 16. Jahrhundert Seit d e m h o h e n Mittelalter waren Speicher wichtige Bestandteile des bäuerlichen Hofes. Meist über einem steinernen Kellergeschoß angelegt, dienten sie der Lagerung des G e treides. Die oberen Stockwerke waren entweder in Fachwerkkonstruktion oder als Blockbau ausgeführt. D e r Blockbau ist f ü r Gebiete Sachsens, O s t t h ü r i n g e n s u n d Bayerns seit d e m Spätmittelalter nachgewiesen. D e r zweigeschossige Speicher von Niederlungwitz ist Teil eines Vierseithofes.

wurde der Innenraum dreifach aufgegliedert: in der Mitte der Futtergang, an dessen beiden Seiten das Vieh untergebracht wurde, und am rückwärtigen Giebel der Wohnraum mit Herdanlage. Die beachtlichen Längenmaße solcher Häuser (bis zu vierzig Meter) weisen auf die im frühen Mittelalter besonders große Bedeutung der Viehzucht, insbesondere der Schweinemast, hin. Im Zusammenhang mit der im 12. und 13. Jahrhundert wachsenden Getreideproduktion wurde es nötig, Raum für die gestiegenen Ernteerträge zu schaffen. Deshalb wurde das Innere des vor allem in niederdeutschem Gebiet gebauten Hallenhauses verändert. War dieses ursprünglich bis ins Dach hinein offen, so wurden nun zunächst Stangen, später aus Brettern oder Bohlen bestehende Decken eingezogen, um so unter dem Dach Getreide lagern zu können. In diesen Bansen genannten Lagerplätzen wurde das Erntegut durch den aufsteigenden Herdrauch nachgetrocknet und damit vor Fäulnisschäden bewahrt, die ungünstige Witterung und hohe Luftfeuchtigkeit, namentlich in Küstengebieten, bewirken konnten. Schließlich wurden die Pfosten- oder Ständerreihen, auf denen das Dach ruhte, auseinandergerückt, so daß die Toreinfahrt erweitert, die Breite des Futterganges und die Banse vergrößert werden konnten. Außer diesen die gewachsene Produktivität der bäuerlichen Wirtschaft widerspiegelnden baulichen Veränderungen wurden teilweise die an den Seiten des Futterganges angelegten Ställe eingetieft, um durch mehr Einstreu einen höheren Dunganfall zu erzielen, der wiederum die Felder fruchtbarer machte. Zusätzlich zu diesen Veränderungen am Hallenhaus selbst wurden mitunter für bestimmte Zwecke noch besondere Bauten errichtet: ein Speicher für gedroschenes Getreide - das ungedroschene Erntegut wurde in der Banse gestapelt — und eine Scheune für Heu und Futtervorräte. Das niederdeutsche Hallenhaus wurde namentlich im Hinterland getreideexportierender Hafenstädte wie

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Alltag im Bauernhaus

H a m b u r g oder Lübeck zum Durchfahrtshaus entwickelt. An beiden Giebeln wurden große Tore eingebaut, um möglichst rasch das abgeerntete Getreide unter >Dach und Fach< zu bringen. Ähnlich wie in Niederdeutschland vollzog sich die bauliche Entwicklung des Bauernhauses im oberdeutschen Raum. Wohnung und Stall befanden sich unter einem Dach. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde verschiedentlich eine Scheune angefügt. Das Wohn-StallScheune-Haus entstand im Südwesten Deutschlands also durch Addition eines zusätzlichen Bauwerkes, nicht aber durch eine dreifache Aufteilung des Innenraumes, wie es beim niederdeutschen Hallenhaus geschah. Daneben hielten sich in Oberdeutschland ältere Hausformen, bei denen, wie heute noch in den Hochalpen, Wohnhaus und Stallung voneinander getrennt sind. Auch im mitteldeutschen Gebiet mußte im hohen Mittelalter für die steigenden Getreideerträge ein Stapelraum geschaffen werden. Zu diesem Zweck wurden Scheunen gebaut, denen dann noch die Anlage von Speichern und Backhäusern folgte. Ein Teil des Großviehs, der Rinder, wurde in einem im Wohnhaus eingerichteten Stall untergebracht, der vom Herdraum durch eine Trennwand geschieden wurde. Die eben skizzierten Hausformen aus verschiedenen Gegenden Deutschlands wurden im Verlauf der deutschrechtlichen Siedlungsbewegung nach Osten auch in slawische Gebiete übertragen, wo sie relativ rasch die dort in Blockbauweise errichteten Behausungen verdrängten. Generell kann festgestellt werden, daß vom 12. bis 14. Jahrhundert jene Typen des Bauernhauses entwickelt wurden, die für die folgenden Jahrhunderte Gestalt und Struktur des deutschen Dorfes prägten - sicher eine bedeutende kulturelle Leistung. Die bis ins 12. Jahrhundert vom Bauern unter Mithilfe seiner Nachbarn noch selbst errichteten Pfostenhäuser wurden im 14. Jahrhundert vom Ständerbau abgelöst. Bei diesen grub man das Holzwerk nicht mehr, wie beim Pfostenhaus, in die Erde ein, sondern stellte es auf Schwellen oder Steine. Die dazu erforderliche stabilisierende Bauweise konnte der Bauer nicht mehr selbst bewältigen. Der Zimmermann, hervorgegangen aus der in den Städten vollzogenen gewerblichen Spezialisierung, wurde nun auf dem Lande der eigentliche Baumeister. Die weitere Entwicklung ist durch den Ubergang zu zweigeschossigen Ständerbauten, zum Fachwerkbau, der gegenüber dem mit ganzen Stämmen arbeitenden Blockbau Holz einsparte, und vom Vordringen des Steinbaus gekennzeichnet. Damit begann die in den Städten aufstrebende bürgerliche Kultur stärker auf das Land auszustrahlen. Wie sah es nun im Bauernhaus aus?16 Im frühen Mittelalter wurden die bäuerlichen Wohnverhältnisse in besonderem Maße durch die Eigenart der Feuerstätten geprägt. Der Herd bestand anfangs aus Feldsteinen, zwischen denen Kugeltöpfe für die Zubereitung der Speisen aufgestellt wurden. Seit dem 13. Jahrhundert verwendete man mit Füßen versehene Grapen. Der Herd wurde nun aus Ziegelsteinen errichtet. Da man Schornsteine noch nicht kannte, waren die Hausräume immer voller Rauch. Einer Redensart aus dem 11. Jahrhundert zufolge gibt es »drei schlimme Dinge im Haus: ein undichtes Dach, ein schlimmes Weib und Rauch«. In den Giebeln und Wänden verschiedentlich angebrachte, verschließbare Öffnungen, die als Abzugslöcher dienen sollten, schafften nur wenig Abhilfe. Die Räume bleiben daher zunächst auch ohne Decken, um den Rauch

Alltag im Bauernhaus

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66 Ländliche Arbeiten,

im Vordergrund

Schafschur

und Käsebereitung.

Holzschnitt

aus

Vergils >Georgica< Straßburg 1502 (Universitätsbibliothek Rostock; Signatur: Cd-11368) Die Illustration zeigt uns die verschiedenen Formen hölzerner Bütten. Uber dem offenen Feuer im Haus hängt an einer Feuersäge der metallene Kessel. Er gehörte zu den wertvollsten Gegenständen der bäuerlichen Hauswirtschaft.

direkt durch das Sparrendach abziehen zu lassen. Auf diesen deckenlosen Zustand des Hauses deutet bereits eine Bestimmung des aus dem Anfang des 8. Jahrhunderts stammenden alemannischen Volksrechtes hin, das die Erbfähigkeit eines Neugeborenen gegeben sah, »wenn sein Vater Zeugen hat, die gesehen haben, daß jenes Kind die Augen geöffnet habe und den First und die vier W ä n d e des Hauses sehen konnte« (Leges Alamannorum, S. 151, c. 92). »Eigener Rauch« war aber nicht nur lästig, sondern galt als Symbol für den Besitz an Haus und Hof. Noch heute sagt man: Eigener Herd ist Goldes wert. Die Beleuchtung der Räume war sehr dürftig. Etwas Helligkeit spendeten das flackernde Herdfeuer und blakende Kienspäne. Am Tage fiel durch die geöffneten Türen etwas Licht ins Innere. Der Fußboden bestand meist aus festgestampftem Lehm. Holzdielung war noch sehr selten. Ganz wesentlich wurde die Wohnkultur im Bauernhaus durch die Ausbildung einer neuen Feuerstätte verbessert. Aus dem Backofen wurde wahrscheinlich der Heizofen entwickelt. Dieser wurde allmählich so mit dem Herd gekoppelt, daß der »Ofen« mit seinem Feuer- u n d

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Schürloch in den Herdraum, mit seinem »Heizkörper«, dem Gewölbe, in den benachbarten Wohnraum ragte. Geheizt und gekocht wurde in der so entstandenen Küche, der sogenannten Rauchküche, die weiterhin bis zum Dach offenblieb, um den Rauch abziehen zu lassen, während der nunmehr rauchfreie, durch eine Wand abgetrennte Wohnraum mit einer Decke vom Dach abgeschlossen wurde und so auch leichter erwärmt werden konnte. Es entwickelte sich die Wohnstube. Mit der Einführung einer »weißen Stube« änderte sich an der einfachen und zweckmäßigen Ausstattung des Bauernhauses kaum etwas. Als Tische dienten vielfach auf Gestelle gelegte Holzplatten, die nach dem Essen wieder entfernt wurden — die Tafel wurde »aufgehoben«. Man saß auf Holzschemeln oder auf der Bank. Geschlafen wurde auf Bettgestellen aus Brettern oder auf geschüttetem Stroh bei der Feuerstelle. Über dem Herd hing einfaches hölzernes oder irdenes Geschirr. Aus Metall gefertigte Pfannen, Krüge und Messer waren besonders wertvoll und daher nicht in jedem Bauernhaus anzutreffen. Die rauchfreie Stube fand zwar allgemeine Verbreitung, doch wurden im Bereich des niederdeutschen Hallenhauses noch ältere Zustände bewahrt, obwohl man sich der unbefriedigenden Erwärmung des großen Hausraumes durch Herdfeuer bewußt war: »Vörne n' Braden un achtern n' Isklumpen«, hieß es bezeichnenderweise in einem westfälischen Sprichwort. Auch im oberdeutschen Raum gab es noch »Rauchstuben«. Hohe Decken, Rauchfenster und Rauchtrichter in den Wänden sollten ein allzu starkes Verqualmen verhindern. Da das mittelalterliche Bauernhaus durchweg aus Holz gebaut und meist mit einem Stroh- oder Schindeldach versehen war, bestand jederzeit große Brandgefahr. Der beim Richtfest oder der Einweihung eines neuerrichteten Baus gesprochene Haussegen sollte seine Bewohner vor Krankheit, Unwetterschäden und vor allem vor Feuergefahr schützen. Brandstifter traf meist die Todesstrafe. Besonders geschützt und in das Gebet einbezogen wurde auch der Hausbrunnen, der das lebenswichtige Trinkwasser spendete. Haus und Hof, meist auch das Dorf waren von einem aus Pfählen und Weidengeflecht angefertigten Zaun umgeben, der vor Einbrechern schützen, eindringendes Vieh abwehren und jenen Bereich kennzeichnen sollte, in dem der Haus- oder Dorffrieden galt. Bei seiner Einhaltung hatte die Dorfgemeinde ein gewichtiges Wort mitzureden, ebenso beispielsweise bei der Anlage und Pflege von »Weg und Steg«, der Sauberhaltung des für den Mühlenbetrieb und die Bewässerung der Felder wichtigen Dorfbaches. Als authentische Zeugnisse des mittelalterlichen Dorfes sind bis heute Kirchen erhalten geblieben, die in der Regel die einzigen Steinbauten waren. Öfter als in den Städten sind sie vielfach noch aus der Gründungszeit der Dörfer nahezu unverändert überkommen. Das gilt insbesondere für die aus sorgsam behauenen Granit in handwerklicher Präzision erbauten Kirchen des 12. und 13. Jahrhunderts im norddeutschen Raum, deren unverwüstliches Material den Jahrhunderten am besten trotzte und auch Brände überstand. Meist sind sie schmucklos, in ihren monumentalen klaren Formen der Romanik oder Frühgotik im Außenbau aber beeindruckend. Ihre oft massigen Turmfronten dürften gerade in der Besiedlungszeit der ostelbischen Gebiete auch als gesicherter Zufluchtsort für Frauen und Kinder gedient haben. Nur sehr vereinzelt anzutreffende sogenannte feste Häuser auf dem Dorf,

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also Steinbauten für Wohnzwecke, dienten den Oberschichten und schlossen ebenfalls eine Schutzfunktion ein. Bildquellen für das Aussehen des Dorfes mit Bauerngehöften, Ziehbrunnen, Stallungen und den in Schriftquellen so häufig genannten Flechtzäunen treten erst im späten Mittelalter, in der Kunst der Spätgotik, auf. D i e im 14. Jahrhundert gezeichneten Ställe und H ä u ser in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels geben nicht die Wirklichkeit wieder, sondern sind als ein »Zeichen«, ein Kürzel für den im Text erwähnten Gegenstand zu verstehen. Im 15. und frühen 16. Jahrhundert, als man biblische Szenen in die heimische Landschaft versetzte und Wirklichkeitsnähe in der Darstellung anstrebte, wurde auch der Anblick einer Siedlung, eines Dörfchens mit seinen einfachen Katen und dem Ziehbrunnen als Hintergrundkulisse in der Malerei und Graphik üblich und oft in die Darstellung biblischer T h e m e n einbezogen. Damals kam es vereinzelt auch schon zur Wiedergabe eines bestimmten Dorfes. Dürers Interesse an Umwelt und Natur Schloß schließlich auch das D o r f als Sujet in seine Studien ein. Z u seinen berühmten Aquarellen gehört die Ansicht des Dorfes Kalkreuth bei Nürnberg, die den Reiz der in die Landschaft eingebetteten Hütten voller Atmosphäre wiedergibt, aber auch die Baufälligkeit eines Daches registriert. In Dürers be-

67 Das Dorf Kalkreuth. Aquarell von Albrecht Dürer. Um 1525 ( K u n s t h a l l e B r e m e n , R e p r o d u k t i o n nach einer D r u c k v o r l a g e von 1 9 1 9 / 2 0 ) D a s zu d e n Verlusten des zweiten Weltkrieges z ä h l e n d e Blatt g e h ö r t e zu d e n b e d e u t e n d s t e n L a n d s c h a f t s d a r s t e l l u n g e n D ü r e r s . Sie faszinierten d u r c h d i e B e h e r r s c h u n g des D e t a i l s u n d seiner E i n b i n d u n g in r ä u m l i c h e Weite.

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Alltag im Bauernhaus

rühmtem Kupferstich, der die Bewunderung der damaligen italienischen Kunstkritik hervorrief, kniet der »Verlorene Sohn« des biblischen Gleichnisses am Schweinetrog innerhalb eines sehr stattlichen fränkischen Bauernhofes. In den Holzschnitten des Petrarca-Meisters sieht man neben armseligen Behausungen und kleinen H ü t t e n auch Steinhäuser im dörflichen Bereich. Letztere können auch der Phantasie des Künstlers entsprungen sein, der bem ü h t war, dem spezifischen Gehalt des zugehörigen Textes gerecht zu werden. Über den Alltag bäuerlichen Lebens geben auch Bodenfunde Auskunft, die tönernes Geschirr u n d landwirtschaftliche Geräte mit eisernen Teilen überliefern. Ausgrabungen in Hohenrode, einer im südlichen Harz bei Grillenberg im 12. Jahrhundert entstandene Ansiedlung, lassen Gebäudeanlagen erkennen, die aus Wohnhaus, Speicher, Koch- u n d Backhaus bestanden. 1 7 Das Fundgut u m f a ß t Haushaltsgegenstände wie Kugel- u n d Standbodentöpfe sowie Becher u n d Gürtelschnallen. Neben Stemmeisen u n d Hohlbohrer sind Sicheln u n d Spatenbeschläge überliefert. Diese finden sich in gleicher Form auch auf bildlichen Darstellungen im Sachsenspiegel, deren Wirklichkeitsnähe damit durch materielle Hinterlassenschaft verifiziert wird. 18 In Mutzschen/Sachsen ergrabenes landwirtschaftliches Gerät läßt sich durch mitgefundene Münzen in den Anfang des 15. Jahrhunderts datieren. 19

1. Haus und Hof Bauernhöfe waren in der Regel mit einem Zaun umgeben, der unterschiedliche Formen aufwies. Manchmal benutzte man Bretter, die in die Erde gerammt und durch Geflecht aneinander befestigt wurden. In anderen Fällen umschloß man dicht nebeneinander stehende Pfähle mit Flechtwerk, so daß zwischen je zwei Pfosten die Weidenruten einander durchschlangen, oder man stellte durch Bohnenstangen und schmale Latten, die kreuzweise übereinander gelegt wurden, eine gitterartige Einzäunung her. Der Hofzaun sollte Schutz vor eindringendem Vieh gewähren und markierte gleichzeitig die Grenze, innerhalb welcher der Hausfrieden galt — so wie auch der das Dorf umgebende Zaun eine Schutzfunktion hatte und den Geltungsbereich des Rechtes der Dorfgemeinde kennzeichnete. Jedes Mitglied der Dorfgemeinde hatte das Recht auf >Weg und Stegs also das Recht auf die zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Felder erforderliche Zufahrt. Die gegenseitigen Interessen bei der Anlage etwa von Feldwegen mußten abgestimmt werden, um beispielsweise die Verletzung bereits bestehender Hof- und Flurgemarkungen zu vermeiden und damit Streitigkeiten vorzubeugen. Stießen solche Feldwege auf schon errichtete Zäune, so waren hölzerne Tore, sogenannte Falltore, anzubringen, die jeder beim Durchgang oder bei der Durchfahrt öffnen konnte und dann wieder schließen mußte. Entsprechend der Bedeutung, die Feuer und Wasser in der bäuerlichen Wirtschaft zukam, wird in Sprüchen und Weiheformeln darum gebetet, daß kein Brand ausbrechen und das Trinkwasser stets rein sein möge. Den Brandstifter traf die Todesstrafe.

Haus und Hof

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68 Bauernhof. Lavierte Federzeichnung aus der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Um 1330 (Universitätsbibliothek Heidelberg; Signatur: Cod. Pal. Germ. 164, fol. 8 r, Reproduktion des Sachsenspiegels [Heidelberg])

1 Die Kreisausschnitte über den Köpfen der Gänse bedeuten 3 Hel«tiiwn mnimraTioiip ftpn-V liriitprimiojji^p. In • ler, die je einem ViertelliftraiBiu Dipt i)i M t a t k ai inui'liuucfjartrrgn pfennig entsprechen. 2 Aus der Dachtraufe strömt das Regenwasser der Vorschrift gemäß auf den eigenen Hof. ö'DioiiiiuiiimiCMiErniriiiP giup balit eure Der Bauer umgibt den üuiijjilnriiazmiKficiiiol «lilimhraabhmfop Hof mit einem FlechtiNtrbnfinp rrfiru narfi fnupraic-Uufinirara liwup ini f|ti!inir\mi)(iz fimMwirii willtofal ί ijmr zaun, der auf der Seite, lofaiaaiftagFiitiffkReoimrlipem^rliPVuat die dem Nachbargrundtiittnui'uurteui rtntroFuicCO PfmftututelWl« stück zugekehrt ist, keime öatymipmiiriazenMitmclpnroaeuolaPi ne Aste zeigt. ο ι , mar-mieliiiapmijiT&eicIajigpGkfdiicnfalnifr 3 Darstellung der Ge& lipmaipH öaxh uidirca fiiiatm bäude: Schweinekoben, Abort und Backofen. 4 Der Bauer schlägt den vom Nachbargrundstück herüberrankenden Hopfen ab. 5 Dem Dorfhirten, der das Vieh austreibt, reicht der Bauernsohn ein Stück Käse oder Brot als Naturallohn. Mit dem Knüppel soll der Bauernjunge auf die Sau achten, die im Koben bleibt, weil sie Ferkel säugt.

Μ

Segen f ü r ein neues H a u s

Dich, ο Gott, allmächtiger Vater, bitten wir für dieses Haus undfür die Einwohner dieses Hauses mit der Hoffnung, daß du so gnädig bist, es zu segnen, zu heiligen und reich an allen Gütern zu machen, daß auch seine Vorratsräume voll sind und allezeit überfließen: [...] wir bitten für dieses Haus und fur alle, die darin wohnen, daß der Herr so gnädig sei, ihnen den Engel des Friedens, den Engel des Lichtes, den Engel des Schutzes zuzuweisen, er lasse sie geschützt und sicher sein, er mehre ihnen durch Tau vom Himmel die Fruchtbarkeit der Erde, an Korn, an Wein und Ol, er sei so gnädig, allen, vom Menschen bis zum Vieh, Frieden, Gesundheit, Freude und Segen zu spenden.

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Alltag im Bauernhaus

14. Jahrhundert. Haussegen. In: Franz, Adolph, Band 1, S. 607.

Der Bauernhof wird eingezäunt Jeder soll seinen Teil des Hofes einzäunen. Wer das nicht tut, und es entsteht daraus ein Schaden, so muß er den bezahlen. Geschieht dem Hofinhaber dadurch ein Schaden, so bleibt das ungestraft. [...] Wer zäunt, soll die Äste nach seinem Hof kehren. [...] Rankt der Hopfen über den Zaun, so greife der, auf dessen Hof die Wurzeln sind, so weit er kann und ziehe den Hopfen herüber. Was er herauszieht, das gehört ihm. Was auf der anderen Seite bleibt, gehört dem Nachbarn. Auch die Zweige seiner Bäume sollen nicht über den Zaun hängen zum Schaden des Nachbarn. U m 1230. Sachsenspiegel, Landrecht, 2. Buch, Artikel 49, § 2; Artikel 50; Artikel 52, § § 1 - 2 .

Der Zaun soll so fest und stark errichtet sein, daß, wenn der Amtmann mal kräftig wippt, ihn der Zaun allein hält, so stark soll er sein.

darauf steht und drei-

Wilzhut. Weisthümer, Band 3, S. 681, § 5.

Wer einen Zaun setzte, sollte die vom Rohholz abgeschlagenen Aste aufsammeln und nicht etwa >in Nachbars Garten< befördern. Auf dessen Grundstück sollten auch keine Zweige überhängen. Herabfallendes Obst gehörte dann zwar ebenso wie über den Zaun rankender Hopfen dem Nachbarn, der aber durch abbrechendes Astwerk auch geschädigt werden konnte. Vom Nachbarn und vom Bauern, der zum Herrn wird Hat ein Haus mehrere Herren, muß es sicher zugrunde gehn. Viele Widerwärtigkeiten bleiben dem erspart, der mit seinen Nachbarn freundlich verkehrt. Wer in Ehren leben will, muß Frieden mit den Nachbarn halten. Oft behauptet ein Nachbar fälschlich vom andern, daß dessen Hausbier sauer sei. Vieles muß ich hören und sehen und will doch zu niemandes Schaden spähen. Mancher klagt an selber sich und zeiht der Schuld dann mich. Viele reden sich um Kopf und Kragen, den Schaden haben sie selber zu tragen. Wer forschet nach meiner Schuld, den werde ich auch nach seiner fragen. Ein Nachbar beschuldigt den andern oft dessen, was er sich vorzuwerfen vergessen. Wenn des Nachbarn Haus niederbrennt, muß ich auch um das meine bangen.

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Den reichen Bauern schadet es sehr, wenn der Vogt ihre Verhältnisse genau kennt. Der Bauer in großem Ansehn steht, der an der Spitze seines Dorfes geht. Niemand schröpft so rücksichtslos wie der Bauer, der zum Herren wird. Das Schröpfen er sehr gut kann, da man es zuvor ihm selbst getan. Erbsen, Bohnen und Linsen fordert er als Zinsen.

13. Jahrhundert. Freidank, S. 178f.

>Es kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt< - gute Nachbarschaft: darauf war im Dorfe jeder angewiesen. In Haus und Hof, auf dem Feld und auf der Weide mußten sich die Bauern aufeinander verlassen können. Kein Wunder, wenn der Dichter so ausführlich auf die >Großmacht Nachbar< eingeht. Aber auch: >Wehe, wenn der Bauer zum Herrn wird< - oder, wie es später hieß: >Wenn der Bauer aufs Pferd kommt, reitet er schärfer als der Edelmanns Sicher kam das vor, aber man wußte auch: >Mit den Herrn ist nicht gut Kirschen essen.< Das galt generell und war wohl die aus sozialer Polarität resultierende Regel, das andere eher die Ausnahme. Von Eseln und schadhaften Dächern So weist und erkennt auch der ehrbare Schöffe zu Recht, daß ein Amtmann und sein ehrbares Gericht [...] im Dorfe umhergehen und schadhafte Bauten besichtigen sollen. Und wenn in einem Dach ein Bruch oder Loch gefunden wird, so groß oder weit, daß man ein Gespann Esel hindurchwerfen könnte, so soll solches verbüßt werden. Wird aber befunden, daß er [der Hausbesitzer] sich befleißigt, den Schaden zu mindern [...] und solches [das Loch] innerhalb von 14 Tagen verbaut, so ist er der Buße ledig. Geschieht dies aber nicht, so mußer dem Amtmann und Gericht die zweifache Buße zahlen. 1552. Hofsletten/Franken. Weisthümer, Band 3, S. 549.

Hausfrieden [...] des Nachts bei verschlossener Tür, bei gelöschtem Feuer und bei schlafenden Augen soll ein armer Mann [der Bauer] sicher in seinem Haus sein. 1303. Pfunds. Österreichische Weisthümer, Band 3, Nr. 48, S. 309.

Denn die Nacht soll so frei sein, daß einer seine Tür an der Landstraße zur Nacht nehmen kann und an die Wand hängen und morgens sie wiederum hintun. U m 1500. Wattwil bei St. Gallen. Weisthümer, Band 5, S. 198, § 1.

Hausfriedensbruch Wer einem in sein Haus still und heimlich und bei gelöschtem Feuer geht, derselbe ist zweimal fünfzig Pfund schuldig, denn er hat zweifach gefrevelt, einmal, daß er nachts heimlich in das Haus gegangen ist, zum anderen, daß er darin gefrevelt hat. Ist es Sache, daß er ohne böse Ab-

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sieht in das Haus gegangen ist, daß es eine redliche Sache sei und er wurde dabei gestellt, so soll man ihm ohne Gericht nichts tun, man möchte ihn wohl zurecht festhalten oder aber bei einem Richter anklagen, und er soll vor Gericht gebracht werden und nach dem Landrecht verhört werden, wie er die Sache begangen habe, und er sollgestraft werden, wie oben geschrieben steht. Denn wir können weder durch den Rat frommer Leute noch durch uns selber erkennen, daß jemand, der den andern um einer solchen Sache willen vom Leben zum Tode bringt, nicht selbst von einem Gericht zum Tode verurteilt werden müßte, es sei denn, daß es in einer Finsternis plötzlich und unwissentlich zuginge, daß der Hausbesitzer den andern nicht erkannt hätte und der andere sich nicht gemeldet hätte, gäbe er ihm in dieser Situation einen Stich oder Schlag und käme der Eindringling dabei zu Tode, so soll der, der den Schaden getan hat, vor Gericht ohne Leibesstrafe bleiben, aber doch mit 50 Pfund für die Tat geahndet werden. Und er mußfür 3 Jahre außer Landes gehen und darf innerhalb der 3 Jahre ohne eines Herrn von Chur und der Verwandtschaft Willen nicht ins Land kommen. Sooft er in der genannten Zeit ohne Zustimmung des Herrn und der Verwandtschaft ins Land käme, sooft ist er mit 50 Pfund zu bestrafen. 1427. Münsterthal. Österreichische Weisthümer, Band 4, Nr. 30, S. 345.

Mord oder Notwehr? Wer jemanden in seinem Haus vom Leben zu Tode bringt, es sei nachts oder bei heilichtem Tag, das ist Mord, und der [Täter] soll als Mörder gerichtet werden [...] es sei denn, daß derjenige, der die Tat verübt hat, nach Landesrecht beweisen kann, daß er sich wehren mußte und der Tod auf ihn zukam, so ist es kein Mord, und darüber soll als eine redliche Tat gerechtet werden. 1427. Münsterthal. Österreichische Weisthümer, Band 3, Nr. 30, S. 345.

Schutz unter der Dachtraufe Wenn sich eine Gewalttätigkeit aufder Gasse zutrüge und einer würde flüchtig und liefe in das Haus eines Biedermanns und man liefe ihm nach, einer oder mehr, hinein unter die Dachtraufe, so ist das bei Leib und Gut verboten. Denn unter dem Dach eines jeden Biedermanns soll einer, der darunter flieht und kommt, vor dem Verfolger sicher sein. Frevelt aber einer mit der Hand, und schlägt er den Geflüchteten unter der Dachtraufe, er treffe oder schlage fehl, um dieselbe Hand soller gestraft werden, oder man lasse sie, so lieb sie ihm sei; dasselbe gilt auch für seine Füße oder den ganzen Leib, nach alter Ordnung und Herkommen. Wenn jemand bei Nacht und bei Nebel bei gelöschtem Feuer und verschlossener Tür einem in sein Haus geht, ist das verboten bei Leib und Gut. 1485. Stans. Österreichische Weisthümer, Band 2, Nr. 36, S. 168.

Durch Pfützen und Morast Die beiden waren zur Abendzeit von einem Dorfe nicht mehr weit, zu dem führt' eine Straße hin, zwar breit, doch viele Pfützen drin; unmöglich wäre, daß zu Pferd ein Mann solch sumpfig Stück durchquert, auch könnte niemand einen Gang durch solchen Schlamm am Zaun entlang sich bahnen, führte nicht ein Weg hindurch auf schmalem Brettersteg; wenn man behutsam sich drauf stellt und mit der Hand am Zaun sich hält,

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hat man noch Mühe, daß man nicht in diesen tiefen Morast einbricht. Doch gibt es einen kleinen Pfad, schön ausgetreten, durch die Saat, auf dem man herrlich gehen kann: der stand allein dem Roten an; durch soviel Pfützen, schimpfe er, zu reiten, vermöchte er nimmermehr, ihm sei kein einziger Weg im Land mit soviel Schmutz und Dreck bekannt. Dafür wurde der Rote von den Bauern verprügelt. Auf seine Klagen erklärte der Ritter, er sei nur gerecht behandelt worden: » Wenn du nun schon ein Leid versetztest, schilt nicht noch den, den du verletztest! Zu schwer wird jedem doch der Schaden, der ihm gar doppelt aufgeladen. Verliert er nicht nur Hab und Gut, erleidet auch der Schmähung Wut. « Der Rote wußte sich dagegen auf eitles Drohen nur zu legen: Nicht eher ruhe er zur Nacht, als bis er die Bauern niedergemacht [...] und ihnen alles niedergebrannt. 11. Jahrhundert. Ruodlieb. In: Langosch, Karl, S. 149 f.

Ein Mönch aus dem bayrischen Kloster Tegernsee verfaßte vermutlich in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts, aus mündlicher Uberlieferung schöpfend, bei genauer Beobachtung von Mensch und Umwelt den ersten fiktionalen Roman des Mittelalters in Form eines Ritterspiegels, der nach seinem ritterlichen Titelhelden >Ruodlieb< benannt ist. Dieser trifft bei seiner Reise in die Heimat in einem Dorf die geschilderten Straßenverhältnisse an. Vom Recht auf Weg und Steg Er soll auch geloben, daß er mit seinen Nachbarn Wege und Stege bauen will [...] allein kann er nicht viel ausrichten. 1467. Breitenbach/Hessen. Weisthümer, Band 3, S. 355.

Bei der Anlage von Wegen sollten sich die Nachbarn untereinander helfen, weil ein Bauer allein nicht viel ausrichten könne, wie es heißt, ein schönes Zeugnis für gemeinschaftliches Zusammenwirken im mittelalterlichen Dorf. Wie breit soll eine Landstraße sein? /.../die Straße [...] soll so breit sein, daß einer, der auf einem Pferd sitzt und vor sich einen Wiesbaum quer über den Sattel hält, durchkommt. Der Wiesbaum soll 23 Schuh lang sein, und was er an beiden Seiten berührt, das soll man abhauen. Und der Mann soll mitten auf der Straße reiten, und [...] die Straße soll so breit sein, daß ein Wagen dem andern auszuweichen vermag. 15. Jahrhundert. Weisthümer, Band 1, S. 4 1 5 .

Wiesbaum: eine Stange, die zum Befestigen des Heus auf dem Wagen über die Ladung gelegt wird. Feuerweihe Heiliger Herr, allmächtiger Vater, ewiger Gott, in deinem Namen und in dem deines Sohnes, unseres Herrn Jesu Christi, und des Heiligen Geistes segnen wir dieses Feuer und weihen es mit-

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Alltag im Bauernhaus

samt dem Wachs und allem, was zu seiner Unterhaltung dient, und wir bezeichnen es mit dem Zeichen des Kreuzes unseres Herrn Jesu Christi, deines erhabensten Sohnes, damit es, drinnen oder draußen angezündet, keinen schädlichen Brand entfacht, sondern alle zum Nutzen der Menschen notwendigen Dinge erwärmt oder erleuchtet und was in diesem Feuer gegossen oder erwärmt worden ist, gesegnet sein und zum Wohl der Menschen nützen soll. 14. Jahrhundert. Feuersegen. In: Franz, Adolph, Band 1, S. 517.

Holzscheite gegen Unwetter Von der obersten Stelle dieses [brennenden Holzstoßes] nimmt jeder eine Brandfackel mit und trägt sie nach Hause, damit, wenn ein schwarzes Unwetter aujzieht, er vor jedem Schlag vom Himmel sicher sei, wenn er sie wieder anzündet. 14. Jahrhundert. Feuersegen. In: Franz, Adolph, Band 1, S. 517.

Die Kirche knüpfte mit der Feuerweihe an die aus vorchristlicher Zeit bekannten Frühlingsfeuer an, die die Felder fruchtbar machen sollten. Während in den letzten Tagen vor Ostern in den Kirchen im Hinblick auf den Kreuzestod Jesu Christi alle Lichter nach und nach gelöscht wurden, entzündete man am Sonnabend die Osterkerze als Symbol der Auferstehung des Heilands und der von ihm verkündeten Lehre. Auch in vielen Bauernhäusern wurde zu dieser Zeit das Herdfeuer gelöscht. Am Tage vor Ostern wurde dann ein vom Priester geweihtes Feuer entzündet, zu dem die Bauern die nötigen Holzscheite brachten. Einige davon wurden brennend ins Haus getragen und damit das auf diese Weise geweihte Herdfeuer neu entfacht. Nur angekohlte Scheite wurden verwahrt und bei Gewitter zum Schutz des Hauses angezündet. Aus solchen Holzstücken fertigte man auch kleine Kreuze, die auf die Saatfelder gesteckt wurden. Die Herdasche galt, auf Äcker, Wiesen und in Gärten verstreut, als wirksames Schutzmittel gegen Hagelschlag und Ungeziefer. Ofensegen und Schutz vor Feuer Allmächtiger, ewiger Gott, dessen Wesen Güte ist [...] Mache diesen Kalkofen zur Herstellung von Kalk fruchtbar und geeignet, daß die mit dieser Herstellung Beschäftigten durch das Feuer, das seine Wirkung tut, brauchbaren Kalk erhalten. [...] Lasset uns beten. Allmächtiger, ewiger Gott, gieße deinen Segen aus über diesen Backofen, den du zu segnen und zu weihen die Gnade haben mögest, daß er durch deine Gnade und durch deinen Segen zur höchsten Vollkommenheit geraten möge. Dann soll der Priester vor das Ofenloch treten und das Feuer segnen. 13. Jahrhundert. Ofensegen. In: Franz, Adolph, Band 2, S. 631 f.

Backofen, Abtritt und Schweinekoben müssen mindestens drei Fuß von dem Grenzzaun entfernt stehen. Jeder soll auch seinen Ofen und die Esse so sichern, daß die Funken nicht in eines anderen Hof fliegen und dort Schaden verursachen können. U m 1230. Sachsenspiegel, Landrecht, 2. Buch, Artikel 51, § § 1, 2.

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Tod dem Brandstifter [...] wer ein Dorf oder ein einzelnes Haus, in dem Leute sind, anzündet, derselbe soll auch verbrannt

werden.

1427. Münsterthal. Österreichische Weisthümer, Band 4, Nr. 30, S. 347.

Wenn Feuer ausbricht Wenn einem ein Feuer ausbräche in seinem Haus und seinen Stuben, der soll das ausschreien, sobald er es gewahr wird, und er soll seine Habe nicht hinaustragen. Tut er das und hat vorher das Feuer laut ausgeschrien: >Auf, auf, liebe Nachbarn, es brennt in meinem Haus!Ich beschwöre dich, Wasser, nimm diesen Menschen nicht auf, wenn er schuldig ist, sondern laß ihn auf dir schwimmen.
Sie wollen alle Herren sein ...
Nun aber hat sich die Bauernschaft den Rittern gleich gekleidet Nun schweigt! Ich will euch wissen lassen, warum ich euch hergeladen habe. Eine neue Schande ist entstanden in dem Lande, darin haben wir Nutz und Frommen, es ist neulich aufgekommen, was ich euch jetzt will sagen: Die Bauern wollen es nicht ertragen, daß die Ritter und ihre Kind anders als sie gekleidet sind. Die nehmen gar sehr ab an Tugenden alle Tage. Die Bauernschaft hoch steigt, die Ritterschaft sich niederneigt, als ihr jetzt habt erfahren. Noch vor kurzen Jahren war kein Bauer so reich, sie mußten alle gleich nur graue Mäntel tragen. Wie das aussah, will ich euch sagen: Mit Leinwand waren sie gefuttert. Sie trugen auch, ich hab's nicht erdacht, was nun kaum einer tut, eine graue Kappe und einen schlechten Hut, einen Kittel aus Hanf und eine Joppe aus Leinen. Und der war schon ein reicher Mann, der Kittel und Joppe besitzen konnte. Seine Schuhe waren mit Bast gebunden. Es war auch Brauch in jener Zeit, daß ihr Haar nach wendischen Sitten über den Ohren war abgeschnitten. Wenn sie in einen Krieg gingen, ihren Mantel sie auf die Schulter hingen. Auch wenn sie zum Markte sollten reiten, in jenen fernen alten Zeiten, war ihr Pferd nicht stolz, der Sattel war aus bloßem Holz, der Schwanzriemen war aus Hanf, der Gurt aus Bast. Die Stegreife waren aus Weiden gebunden.

Und weil sie der Sitte pflogen, hatten sie Frieden in jenen Tagen. Nun aber hat sich die Bauernschaft den Rittern gleich gekleidet mit Gewand und mit Gebärden. Jetzt kann es nimmer gut werden, seitdem die Bauern und ihre Kind Scheitelträger geworden sind. Ihr Kappenzipfel ist lang und geschnitten, er wischt den Arsch wohl damit. Ihr Rock, der ist so enge, anderthalb Ellen in der Länge, so daß, wenn er ihn hat angetan, er in ihm nicht mehr schreiten kann. Die Mäntel sind ihnen lang, darin leiden sie großen Zwang, daß sie sich nicht können umkehren, wenn sie sich in Not sollten wehren. Eh sie die Hand frei gewinnen, sind die Feinde all von hinnen; so stirbt von ihnen niemals einer. Ihre Schuh sind ausgeschnitten, durch Holz nach höfischen Sitten, daß die Hosen leuchten hervor, darüber spannen sie ihre Sporn. Da gehen sie mit Klingen, schandbare Liedchen sie singen, daß sie Friedensreden im Munde führen. Aber von diesen Tagen kann auf dieser Erden nimmer ein rechter Friede werden zwischen den Bauern und der Ritterschaft. 2. Hälfte 15. Jahrhundert. Neidhard-Spiel. In: Fastnachtsspiele, Band 1, S. 439.

In der Nachfolge des den bäuerlichen Kleiderprotz verspottenden Dichters Neidhart von Reuenthal entstehen im 15. Jahrhundert sogenannte Neidhard-Spiele. Wie bei dem Dichter wird auch hier die Kleidung deutlich als Standessymbol gekennzeichnet. Daß >die Bauernschaft hoch steigt, die Ritterschaft sich niederneigt< - ein mit dem Absinken der Ritter zu Raubrittern im späten Mittelalter eng verbundener Prozeß - kommt auch in der besseren Kleidung der Bauern zum Ausdruck. Die Bauern durchbrechen damit ihren Stand und verhalten sich also >unanständigDas ist dem Lande ein Hagelschlag ...Von schmaler Nahrung«. Holzschnitt des Petrarca-Meisters aus Francesco Petrarcas >Von der Artzney bayder Glück, des guten und des widerwärtigen«. Um 1520 ( R a t s s c h u l b i b l i o t h c k Z w i c k a u

(Sachsen); Signatur: 41.1.16, Reproduktion nach Petrarca: Glücksbuch) Die H ü t t e eines einfachen Mannes, eines Bauern oder Holzfällers, ist mit vielen Details wiedergegeben: ein Kachelofen, vor dem auf einer Stange die Kleider hängen, auf der Bank eine Axt; im umzäunten Hof liegen Reisigbündel. Der Mann sitzt an einem klobigen runden Tisch und ißt mit einem Holzlöffel den Brei aus der Pfanne; ein Stück Brot, Rüben und Zwiebeln ergänzen sein bescheidenes Mahl.

>Leg wenig Fleisch in unser Kraut ...< Er [der Bauer] sprach: »Meine Gemahlin traut, leg wenig Fleisch in unser Kraut, damit der Schinken lange reicht.« Sie sprach: »Lieber Rüeger [Name des Bauern], hätt ich doch eher dran gedacht, ich behalte sehr gern das Gut.« Also gab sie nach im Streit. Des Morgens zur Essenszeit trug sie ihm das Kraut dann auf.

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Alltag im B a u e r n h a u s

Das Fleisch hing an einer Schnur. Sie nahm es an demselben Faden und trug es wieder in die Kammer. Er sprach: » Wo ist das Fleisch hin?« »Das behalt ich aus dem Grunde, weil es ist so dauerhaft, vier Krautgerichten gibt es Kraft.« Der Wirt sprach: »Ei, wohl dir, das Kraut könnte nicht besser sein. Ißfest, du meine Königin, denn an deinem Sinn groß Ehre und auch Treu ich spür. Du richtest mir das Beste zu, wo das Fleisch hat gelegen und kannst mich sehr gut pflegen. Dein Essenteil ist gar so klein, ich eß es ganz allein. Haben wir wenig oder viel, ich weiß nicht, wovon du leben willst.« Sie sprach: »Mir ist nicht gut« Und gab ihm einen Kanten Brot, den er mit zum Acker trug. »Ich hab vom Mittag genug.« — »Gib her, du Königin!« Er fuhr hinaus, sie blieb zu Haus, das könnt sie mit Ehren tun: Sie hatte ein gebraten Huhn, das nicht besser könnte sein, dazu nahm sie aus ihrem Schrein guten Wein und Weizenbrot: »Gott, erspar ihm alle Not, von dem ich diese Präsent so heimlich hier verschwend.« Also sprach sie zu ihrer Magd: »Sicher sollten wir ihm gewogen sein; er spart es an seinem Leibe ein. Was ist mit mir armem Weibe? Ich laß ihn Wasser schöpfen, so will ich sein Gut nutzen. Nie aß er das Notwendigste. Und ich mach ihm Käsewasser zum Essen.«

Ende 13. Jahrhundert. Seifried Helbling, S. 51 ff.

Der Bauern Speise

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5. Ist das Bett beschritten

Wenn ein Bauer heiraten wollte, zeigte sich besonders deutlich, wie sehr die Herren die Entscheidungs- und Bewegungsfreiheit der ländlichen Bevölkerung einengen konnten. Der Grundherr, dem die jeweiligen Ehepartner unterstanden, hatte bei der Eheschließung ein gewichtiges Wort mitzusprechen und ließ sich dabei vor allem von wirtschaftlichen Gesichtspunkten leiten. Die Herren suchten auf jeden Fall zu vermeiden, daß ihnen durch Heiraten ihrer Hörigen Arbeitskräfte oder Einkünfte verlorengingen, und forderten daher, daß beide Ehepartner derselben Grundherrschaft angehörten. Wollten Angehörige verschiedener Grundherrschaften die Ehe eingehen, so war dafür eine besondere Erlaubnis nötig, die nur gegen Entrichtung einer bestimmten Gebühr gewährt wurde. Außerdem mußten der Hörige beziehungsweise die Hörige, die >nach auswärts< heirateten, dem angestammten Herrn ihre Abgaben weiter entrichten und ihre Dienste nach wie vor leisten. Häufig wurden solche >Ungenossenehen< unter erschwerende Bedingungen gestellt oder unter Androhung harter Strafen gänzlich verboten. Am günstigsten war es für die Herren, wenn sich Nachbarskinder heirateten, was auch häufig geschah. >Heirate über den Mist, so weißt du, wer sie istauswärtsfremde< Unfreie heiratet, wird vor den Wagen gespannt

Heinrich, durch Gottes Fügung Abt, und der ganze Konvent des Benediktinerklosters St. Blasien in der Diözese Konstanz geben mit ihrem Segen von dem Nachgeschriebenen Kenntnis. Alle mögen es wissen, denen es zu wissen frommt, daß Ulrich, genannt Keris, der nach Hörigenrecht dem in Christo zu verehrenden Herrn Abt und Konvent des Benediktinerklosters St. Georgen zugehört, Adelheid, die als Unfreie unserem Kloster zugehört, als rechtmäßige Gattin heimgeführt hat. Ulrich ist von den vorgenannten Herrn Abt und Konvent des Klosters St. Georgen dafür, daß er keine Frau seines Standes zur Gattin genommen hat, in den Wagen gespannt worden. Der oft erwähnte Ulrich ist deswegen zu uns gekommen und hat uns flehentlich gebeten, daß wir ihm wegen der erwähnten Übertretung Rat und Hilfe zuteil werden ließen. Nach vorausgegangener Beratung haben wir auf das inständige Bitten des Ulrich bestimmt, und ist es so vereinbart worden, daß die Kinder beiderlei Geschlechts, die Ulrich und seine Frau Adelheid in ihrer Ehe gezeugt haben oder zeugen werden, zwischen uns und dem genannten Kloster St. Georgen voll-

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kommen gleich geteilt werden, so daß die eine Hälfte der Kinder uns zufallt, dem Kloster St. Georgen aber die restliche Hälfte. 2. Januar 1311. Kloster St. Blasien im Schwarzwald bestimmt, daß die Kinder aus einer Ehe zwischen einem Hörigen des Klosters St. Georgen und einer Unfreien des Klosters St. Blasien zwischen beiden Klöstern geteilt werden. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Band 7, 1854, S. 156. (Übers, in: Franz, Günther [1967], Nr. 159, S. 423.)

Kinder folgen dem schlechteren Stand ... Wir, Rudolf von Gottes Gnaden, römischer König, Mehrer des Reiches, wollen, daß durch den Wortlaut der vorliegenden [Urkunde] zur Kenntnis aller gelange, daß der edle Graf Adolf von Berg, Unser lieber Getreuer, als Wir bei Germersheim am Aschermittwoch Gericht hielten, in Unserer Gegenwart ein Urteil darüber forderte, welchem Stand das Kind aus einer Ehe angehören soll, die Bauern oder Bäuerinnen, die Freie genannt werden, mit Hörigen oder einem anderen höheren oder niederen Standes geschlossen haben. Unter der Zustimmung aller Anwesenden ist gerichtlich festgesetzt worden, daß das Kind immer dem schlechteren Standfolgen soll. 13. Februar 1282. König Rudolf von Habsburg über die Rechtsstellung von Kindern aus Ehen zwischen Freien und Hörigen. In: Constitutiones, Band 3, Nr. 306, S. 300. (Übers, in: Franz, Günther [1967], Nr. 144, S. 371.)

Heiratete ein Freier eine Hörige, so wurde er von deren Grundherrn abhängig, mußte Abgaben und Dienste entrichten und verlor damit seine Freiheit. Die Grundherrn, die auch auf diese Weise ihre Einkünfte zu vermehren suchten, handelten dabei nach dem Grundsatz: >Trittst du mir meine Henne, so wirst du mein Hahn.< Oder umgekehrt: >Gehst du zu meinem Hahn, so wirst du meine Henne.< Mit anderen Worten: Eine Frau, die einen Hörigen heiratete, wurde von dessen Grundherrn abhängig. Dabei galt das Prinzip, daß die aus ungleichen Ehen entsprossenen Kinder stets >der ärgeren Hand«, >dem schlechteren Stande< folgten.

Hörige müssen heiraten Ein Propst soll auch einem jeden Gotteshausmann, der zwanzig- oder achtzehnjährig ist, gebieten, bei Strafe von einem Pfund, ein Weib zu nehmen. Bei der gleichen Strafesollerauch einem jeden Gotteshausweib gebieten, einen Mann zu nehmen, wenn sie vierzehnjährig ist. Kein Gotteshausweib soll Nonne oder Begine werden ohne Erlaubnis und Vormundschaft des Propstes. Ist eine Witwe vom Gotteshaus belehnt, soll sie der Propst zwingen, einen Mann zu nehmen, ebenso wie ein Witwer, daß er ein Weib nehme, außer wenn sie sich mit dem Propst nach seinem Willen einigen. 1344. Kloster Weitenau am Oberrhein. Heiratszwang für Hörige. In: Wopfner, Hermann, Nr. 216, S. 267.

Ist das Bett beschritten

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Arbeitskräfte gewinnen, nicht verlieren - das war der Grundsatz, von dem sich hier das Kloster, wie die Oberschichten ganz allgemein, leiten ließ, wenn es den Eintritt in den geistlichen Stand an besondere Bedingungen knüpfte und Jünglinge und Mädchen, Witwer und Witwen zur Heirat zwang. Eheschließung Wenn sich ein Mann und eine Frau, die zum Hof von Laufen gehören, sich mit der Absicht entkleiden, die Ehe zu schließen, so sind sie morgens, wenn sie aufstehen, einander Erbe und Genösse über allen Besitz, den sie haben, es sei liegendes Gut oder Fahrhabe. Laufen bei Schaffhausen. In: Weisthümer, Band 1, S. 102.

Zahlreiche Hindernisse, die heiratswillige Hörige überwinden mußten, wenn sie etwa verschiedenen Grundherrschaften unterstanden, dürften mit dazu beigetragen haben, daß sich die jungen Leute in aller Heimlichkeit und möglichst vom Grundherrn unbemerkt miteinander verbanden, dessen Forderungen den Eheschließenden unerträglich sein mußten. Daß der vollzogene Beischlaf die Ehe gleichsam rechtskräftig besiegelte, faßte der Volksmund in lapidarer Kürze in dem Spruch zusammen: >Ist das Bett beschritten, so ist die Eh erstritten.< Allerdings setzte die Kirche allmählich die kirchliche Trauung als entscheidende Voraussetzung für die rechtliche Gültigkeit der Ehe durch, die erst auf diese Weise feierlich beschlossen wurde. Eine Frau möchte einen Mann ehelichen Aber, so sprechen sie, geschieht es, daß eine Frau einen Mann ehelichen möchte und sie vor das Bett tritt und sich entkleidet, ergeht oder mißlingt es dann dem Manne, daß er stirbt und nicht zu ihr kommen kann, so ist das Eherecht der Frau verfallen. 15. Jahrhundert. Stäfen/Schweiz. Weisthümer, Band 1, S. 4 6 , § 14.

Das Recht der ersten Nacht Also sprechen die Hofleute, wer hier die heilige Ehe eingeht, der soll seinen Meier und auch dessen Frau einladen. Der Meier soll dem Bräutigam [...] zur Hochzeit ein Fuder Holz [...] und den vierten Teil eines Schweineschinkens schenken, und wenn die Hochzeitsfeier vorbei ist, so soll der Bräutigam den Meier in der ersten Nacht zu seinem Weib lassen, oder er soll sie lösen. 1543 Mure. Weisthümer, Band 1, S. 43.

Die Erteilung einer Eheerlaubnis konnte auch von dem berüchtigten >Recht der ersten Nacht< (lat. ius primae noctis), also von dem Recht abhängig gemacht werden, wonach der Grundherr den Neuvermählten in der ersten Nacht bei der ihm Angetrauten >vertreten< dürfe. Wie weit diese Unsitte verbreitet war, in welchem Maße dieses Recht von den Herren tatsächlich ausgeübt wurde, läßt sich heute nicht mehr mit Sicherheit ermitteln. Bekannt sind jedenfalls die Leistungen, mit deren Entrichtung die Betroffenen das grundherrliche >Recht< ablösen konnten. Galgenhumor der zahlenden Bauern und Zynismus der Herren dürften gleichermaßen mitgewirkt haben, wenn dem geforderten Zins vielsagende Spott210

Alltag im Bauernhaus

namen gegeben wurden: Jungfernzins und Steckgroschen, Nadelgeld und Hemdschilling, Schürzenzins und Bunzengroschen. Aufschlußreich sind auch aus späterer Zeit überlieferte Bräuche, wonach der Herr über das Bett der Braut schritt oder in ihr Bett ein Bein legte.

6. Eine Bauernhochzeit Eine Bauernhochzeit und ein Bauernturnier mit Hochzeitsmahl, Tanz und anschließender Rauferei schildert Ende des 14. Jahrhunderts Heinrich Wittenwiler, der 1395 als Advokat des bischöflichen Gerichts in Konstanz erwähnt wird, in dem episch-didaktischen Werk >Der RingSchlacht des Hochzeitsmahls< mit ungewöhnlicher Sprachkraft die feststehenden Regeln der höfischen Tischsitte - ein Verstoß folgt dem anderen. Zugleich kommen hier wie in der Dichtung >Der Ring< überhaupt Spott und Hohn über die >Bauerntölpel< zu Wort, die sich bei Tisch nicht benehmen können. Dabei kann der Dichter an Schwanke und Fastnachtsspiele anknüpfen, in denen Freßgier und Trunksucht der Bauern beliebte Motive waren. Generell wird aber bei aller sicher vorhandenen Übertreibung und Karikierung ein ungemein lebensvoller Eindruck davon vermittelt, wie es auf einer Bauernhochzeit zugehen konnte. So ausführlich und wirklichkeitsnah wurde ein bäuerliches Hochzeitsessen in der gesamten mittelhochdeutschen Literatur nicht geschildert. >Die ungeheuerliche Schlacht des Hochzeitsmahls< Den einen quälte die Hungersnot so, daß er sich beinah zu Tod verbrüht hätte in seinem Schlund. Da sprang er auf, hielt sich den Mund und schlug die Schüssel mit der Faust, daß die ganze Suppe saust mitsamt dem Brot hinab zur Erde. Da sagte sich jeder: Eh ich sterbe vor Hunger, so will ich vergessen den Dreck, den Kot und die Reste fressen, und wäre es noch übler beschissen, es bliebe nicht ein einziger Bissen! So geschah es, man lobte den edlen Geschmack. Danach nahm jeder einen Sack und breitete ihn im Grase aus. Da ward ein prächtiges Tischtuch draus! Man brauchte es nur einmal im Jahr zu waschen, was sicher ein Vorteil war. Als Becher und Gläserfungierten Krüge, die waren klobig und ungefüge.

Eine Bauernhochzeit

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Auch hätt man Salz und Salzwedel gebracht, hätte nur jemand daran gedacht. Auch Messer und fertige Schnitten gab es nicht bei hiesigen Sitten, Gerste- und Haferbrot indessen konnte man genügend essen, Roggenbrötchen gab es frisch, und fertig war der Hochzeitstisch. Als das Schenken ein Ende nahm, galoppierten Frau und Mann hin zum Tisch wie die Säu zum Trog: Zum Händewaschen es niemanden zog bis auf Frau Else und Fahrindiekuh, die hatten indessen auch Grund dazu, weil sie inmitten der drängelnden Scharen in die Scheiße gefallen waren. So mußten sie also Wasser haben, das wurde auch herbeigetragen. [...] Da Fahrindiekuh nichts hatte zum Putzen, mußte er die Hose benutzen, die er als Handtuch umfunktionierte, indem er — sie öffnend— die Hände 'reinschmierte. So rannte er los mit offnem Stalle und setzte sich zwischen die andern alle. Frau Else so lange die Hände wrang, bis man trug auf den zweiten Gang. Au wei, au wei, als sie dies sah, wie ging ihr das dem Herzen nah! Sie trug keine Hose, wollt auch nicht putzen die Hände am Hemd, um's nicht zu beschmutzen, auch glaubte sie zu viel zu verpassen, um sie im Winde trocknen zu lassen, so kam sie gelaufen pitschenaß, und bums! sie auf dem Arsche saß! Doch leider warn ihre Bein nicht krumm, und so stieß sie Tischtuch und Krüge um. [...] Danach guckte er in den Krug undfand, drin sei nicht Obstwein genug. Da ergriff er ein Schenkfaß, das war schwer, und schüttelte es, ob was drinnen war. Da tanzte der Wein, das gefiel ihm toll, er nahm den Krug undgoß ihn voll,

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Alltag im B a u e r n h a u s

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Eine Bauernhochzeit

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damit die Strecke kürzer wär, denn die Last ward ihnen schwer. Sie verfolgten auch ein zweites Ziel: Wenn ihnen etwas herunterfiel vom Löffel oder aus dem Rüssel, dann kam's gleich wieder in die Schüssel, denn ihre Mäuler waren weit und aufgesperrt zu jeder Zeit. Unter anderem machten sie das: Wurden ihnen die Finger naß, so schwangen sie zunächst die Hände übers Kraut gar sehr behende, das übrige wischten sie nicht zu knapp ganz einfach an Stiefeln und Kleidern ab: Wie sollten sie anders auch verfahren, wenn keine Tücher vorhanden waren. Doch weiterging dann gleich die Fahrt: An Fressenszeit wurde nicht gespart. [...] So ging der Gang weg wie im Sausen, man hörte es schmatzen, schlecken, brausen, mit den Schüsseln war man so gründlich verfahren, daß sie abgeleckt wie gewaschen waren. Trotzdem war noch der Hunger geblieben. Doch hatten sie vorher entkräftet geschwiegen, so schrien jetzt all die netten Bekannten: »Wir schänden dein Weib mitsamt deinen Tanten, Triefnas, bringst du uns nicht hier jetzt Wein und Met und dazu Bier, sonst verlierst du unsre Huld.« Daran war niemand anders schuld als jene, die sich Kellner wähnten und nur gelangweilt die Fresser angähnten und entweder viel zu fern oder zu nah standen bei den Herrn, wodurch keiner sehen wollte, was man bei Tische haben sollte. Den Bräutigam mußte das wohl genieren, und so wollte er seine Macht demonstrieren. Fr nahm beim Bart den einen Mann und raufte ihn, daß er zu schrein begann. Da kamen die anderen drei Kollegen zu Bertschi, ohne sich aufzuregen,

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Alltag im Bauernhaus

und stießen ihn, bis er im Kote lag. Drauf zogen sie ihm die Hose ab, dann gössen sie ihm Wasser auch in den Arsch und auf den Bauch, dann setzten sie ihn rückwärts in Marsch und stießen so heftig seinen Arsch an einen Baum, daß es richtig knallte, und verhauten ihn, daß es klatschend schallte. Die andern freuten sich der Geschieht und hielten's für das beste Gericht. Als Bertschi endlich wieder stand, sprach er: »Euch allen ist bekannt: Es war unmöglich, daß ich mich wehr, denn drei sind stets über einen Herr.« So ging das Intermezzo aus, und aller Wein, der in dem Haus noch war, der wurde herantransportiert und ausgeschenkt und gleich probiert. Da wurde getrunken und gesoffen, daß den Gästen die Augen troffen. Pentza Trinkaviel verschlang zum Neid der andern Trank auf Trank, erst nach dem dritten vollen Krug hatte er kurzfristig genug: Seht, da begann er zu keuchen und den Schweiß ans Tischtuch zu streichen! Mit Händen und mit Ellenbogen hatte er sich über den Tisch gezogen, dadurch wurde ihm wieder gut. Zur gleichen Zeit trank frohgemut Jungfrau Feina selbstvergessen und schlürfte und schluckte so besessen, daß sie ein schrecklicher Husten ankam und ihr der Wein in den Busen schwamm, den leckte sie mit der Zunge rein, so geil war sie auf sauren Wein. Jeder soff weil ihn die Kehle kratzte, so mächtig, daß ihm der Gürtel platzte, was einem Weisen nie passiert: Der gürtet sich locker und temperiert und trinkt dann so lange ohne Hast, bis ihm der Gürtel wiederpaßt.

Eine Bauernhochzeit

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Danach ging es an die Fische, die da standen auf dem Tische[...] Dieweil der schnelle Fahrindiewand ein Kopfstück herauszog mit bloßer Hand. Aus Angst, sein Bruder hätte geguckt, hat er alles auf einmal verschluckt, doch konnte er das nicht so recht genießen, weil die Gräten ihm den Hals aufrissen, zur Begleitungpsalmierte Galgenschwang: »Zarter Gott, hab ewigen Dank!« Aufdiese Weise fuhr Fahrindiewand dahin in das Schlaraffenland mit seiner Seele, wohin sie ja wollte, während man ihn in den Neckar rollte. Was ging das an die andern Fresser? Mich dünkt, sie fraßen jetzt noch besser, denn wer seinen Magen will richtig pflegen, der hüte sich vor zuviel Kollegen. [...] Kein Tropfen mehr vorhanden war. Da brachte man einen Eimer voll mit saurer Milch, das dämpfte den Groll. Rüfli setzte sogleich nicht faul den vollen Eimer an sein Maul und kehrte sich mit dem Eimer zur Wand, als würde er so nicht erkannt, und trank so lang und gierig daran, daß es die Braut zu verdrießen begann, und sie beschieß, ihn zu bestrafen, indem sie sprach: »Bist du entschlafen und in einen Traum versunken oder in der Milch ertrunken?« Da fing Rüfli an zu lachen. Und was begann die Milch zu machen? Sie fuhr ihm in das Hirn hinauf und aus der Nase mit Geschnauf wieder in den Kübel rein. Das lud die andern zum Trinken ein. Der Kübel ging von einem zu andern, doch Leerdentopf, der durch das Wandern des Kübels keine Milch vorfand, warf ihn vor Wut gleich an die Wand. [...] Zur gleichen Zeit war Frau Hürel verwirrt,

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Alltag im Bauernhaus

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TOjlt nut mit im siif-Uytt natxe ii j :• ttr lt!:C ΙΜ|Ein Mensch den anderen beraubt< Priester, Ritter und Bauer sind von Natur aus verwandt und sollen brüderlich miteinander leben. Wer zum Meister oder Richter wird bestellt über seine Genossen, der soll mit Güte und nicht mit Stolz sie leiten und soll mit Einsichtigkeit verfahren in Freud und Leid. Nun ist aber der Gewalt so viel, daß sie alles andere verdrängt, Treue und Gerechtigkeit sind vielen Menschen gänzlich leid. Ein Vogel den andern ißt, ein Tier das andere frißt, ein Fisch den andern verschlingt, ein Mensch den andern beraubt am Leibe, an Ehren, am Gute mit treulosem

Mute.

Anfang 13. Jahrhundert. Hugo von Trimberg, Band 1, S. 21.

Der vermutlich in der Nähe von Schweinfurt geborene Magister, Rektor und Dichter Hugo von Trimberg schrieb 1296 bis 1309 sein Hauptwerk, das mittelhochdeutsche Lehrgedicht >Der Rennen. In diesem Werk vergleicht sich der Dichter mit einem Reiter, dessen scheu gewordenes Pferd durchgeht - ein Symbol, das die von ihm selbst empfundene sprunghafte Gedankenführung andeuten soll. Es ist eine Satire auf alle Stände, deren Sünden und deren je nach Lebensalter besonders hervortretende Schwächen getadelt werden. Dabei fließen Szenen aus dem Alltag, Fabeln und volkstümliche Sprichwörter ein. Der Dichter bringt anschaulich zum Ausdruck, wie es um die immer wieder geforderte, auch von ihm selbst angesprochene Harmonie der Stände in Wirklichkeit bestellt ist. Der Teufel holt einen Vogt Mir hat ein Zisterzienserabt erzählt, daß vor einigen wenigen Jahren in der Diözese Bremen ein Ritter Vogt über mehrere Ortschaften gewesen sei. Der war ein unbarmherziger und habgieriger Mensch und nahm häufig drückende Steuereintreibungen bei den ihm unterstellten Leuten vor. Als er nun eines Tages zur Steuererhebung zu einem Dorf eilte, gesellte sich der Teufel in Menschengestalt unterwegs zu ihm. Da er an dem Schauder, den er empfand, wie an der gemeinsamen Unterhaltung den Teufel erkannte, hatte er ziemliche Angst, mit ihm zu gehen, konnte ihn aber weder dadurch, daß er betete, noch dadurch, daß er sich bekreuzigte, loswerden. Während sie nun gemeinsam daherzogen, begegnete ihnen ein armer Mann, der ein Schwein an einem Strick führte. Da das Tier bald hierhin, bald dorthin ausreißen wollte, riefder Mann voller Zorn: »Der Teufel soll dich holen!« Bei diesem Wort faßte der Vogt Hoffnung, bei einer solchen Gelegenheit von jenem befreit zu werden, und er sagte zu ihm: »Lieber Freund, hör zu,

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D e r B a u e r im W e l t b i l d d e s Mittelalters

dieses Schwein da ist dir geschenkt worden; geh und nimm es! « Doch der Teufel gab zur Antwort: »Er hat es mir keineswegs von Herzen geschenkt, und deshalb kann ich es nicht nehmen.« Dann zogen sie durch ein Dorf. Da hörten sie ein Kind weinen, die Mutter aber stand in der Haustür und sagte ärgerlich: »Dich soll der Teufel holen! Was quälst du mich mit deinem Geheule?« Der Ritter sprach: »Sieh da, hier hast du eine Seele gewonnen; nimm dieses Kind, denn es gehört dir. Seine Mutter hat es dir doch übergeben!« Doch der Teufel antwortete ihm wie vorher: »Nein, sie hat es mir nicht von Herzen gegeben, sondern die Leute haben nur die Gewohnheit, so zu reden, wenn sie wütend sind.« Als sie sich dem Ort näherten, zu dem sie eilten, sahen die Dorfbewohner den Vogt schon von weitem, und da sie den Grund seines Kommens nur zu gut kannten, riefen sie alle auf einmal: »Der Teufel soll dich holen, dem Teufel sollst du willkommen sein!« Kaum hatte der Teufel das gehört, wandte er den Kopf und sagte unter lautem Gelächter zu dem Ritter: »Sieh mal an, die da haben dich mir aus tiefstem Herzensgrund gegeben, und deshalb bist du mein!« Und zur gleichen Stunde schleppte ihn der Teufel davon. Was aber mit ihm geschehen ist oder wohin er ihn gebracht hat, das weiß man bis zum heutigen Tage nicht. Die Worte des Gesprächs zwischen dem Ritter und dem Teufel sind durch den Diener des Ritters bekannt geworden. Dieses Beispiel sollen die, die die Armen mit Steuern bedrücken und die heute so zahlreich sind, hören. Was gibt es Schrecklicheres, als daß ein Mensch, der zur Buße nicht bereit ist, gleich bei seiner verbrecherischen Tat lebendig zur Peinigung mit den ewigen Strafen in die Hölle geführt wird? 1219 bis 1223. Caesarius von Heisterbach, S. 141 f. Die Erzählung vom Vogt, den der Teufel holt, war im Mittelalter vor allem deshalb weit verbreitet, weil dem Sagenmotiv ein realer Kern innewohnt. Der Kirche und Klöster in weltlichen Angelegenheiten vertretende Vogt wurde aus einem >Schirmherrn< und Richter immer mehr zu einem Bedrücker der ländlichen Bevölkerung, die die ihm unterstellten Güter bewirtschaftete. Besonders im 13. und 14. Jahrhundert, als der Vogt im Auftrage der Landesherren die sogenannte Bede, eine ursprünglich >bittweisezwangsweise< erhobene Steuer einforderte, kam es immer wieder zu Ubergriffen. 90

Ständelehren

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>Sie sind der Bauern Höllenhunde< Wem soll man daran geben die Schuld? Den die Hand des Herrn hält, er sei Vogt oder Amtmann, die zu gebieten haben über die Leute durch des Herrn Befehl und Gewalt, die nehmen's vom Bauern mannigfalt. Es sei Recht oder Unrecht, sie können es doch einfach tun. Sie belasten mit Büß und Steuer die Bauern, die ihnen längst werden zu sauer, mehr noch als der Herr es geheißen. Sie machen Witwen und Waisen und unterschlagen dem Herrn selbst die Hälfte. Es wäre kein Wunder, daß der Erdboden sie verschlänge. Sie sind der Bauern Höllenhunde. »Ubermut, den man den Bauern tut< Ο weh, Leid und groß Ungemach, über die Grafen und Freien hört man die armen Leute schreien. Man belastet sie mit zu großen Steuern. Das wollen sie nicht mehr länger ertragen. Deshalb müssen die Amtsleut sie bestrafen, daß sie Resser und Rinder müssen verkaufen. Ich bezeuge das bei meinem Eid: Es ist Gott im Himmel leid ein solch großer Übermut, den man den Bauern auf dem Lande tut. Ein armer Mann, der auf dem Lande sitzt und Tag und Nacht für sein Brot schwitzt und für das, was er seinem Herrn hinbringt, wozu er ihn auch mit Gewalt noch zwingt. Was er auch über ihn denkt, keinen einzigen Heller er ihm schenkt. Es sei in der Ernte oder im Schnitt, was immer der Vogt von ihm erbitt, daß er dem Herrn soll fahren, und wollte der Bauer dreschen und pflügen,

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Der Bauer im Weltbild des Mittelalters

Nach 1337. Des Teufels Netz, S. 250.

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so muß er doch alles stehn lassen und liegen und mit seinen Rößlein zur Burg hin traben und einbringen des Herren Holz und Heu, Garben, Mist und auch die Streu. Und sollte dem Bauern das Seine verfaulen. Er fahrt ihm sonst über die Grube. Will er es aber nicht freiwillig tun, so läßt er ihn nimmermehr ruhn. Er nimmt ihm dafür zehn Pfund, und zahlt der Bauer die nicht auf die Stund, so muß er ein Rind hergeben, mit dem er hätte den Acker zu pflügen. Das schlägt der Herr gleich auf das Haupt, ist das nicht gestohlen und geraubt? Mit welchem Recht der Herr das tut dem Bauern früh und spät, das wollte ich gerne wissen. Sie sollen dafür werden zerrissen in dem ewigen höllischen Feuer, wo ihnen solcher Raub werde teuer. Ein armer Mann bebaut Acker und Garten, soll er jederzeit darauf warten, daß ihm der Herr das Seine könnt nehmen. Er sollte sich dessen von Grund auf schämen. Nach 1337. Des Teufels Netz, S. 248 f.

Ständelehren

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>Die Ritter sollen die Bauern beschirmen< Gott hat sich zum Lobe geschaffen Bauern, Ritter und Pfaffen: Die Ritter sollen die Bauern beschirmen, und so sollen die Priester beten für aller Christen Heil, dafür soll ihnen werden der zehnte Teil alles dessen, was auf Erden wächst. Wer arme Leute über bestehendes Recht hinaus zwingt und sie in großen Schaden bringt mit Abgaben, Ungeld und mit Steuern, dessen Seele verfallt den höllischen Feuern. Anfang 13. Jahrhundert. Hugo von Trimberg, Band 1, S. 92.

Die Androhung der »höllischen Feuer< ließ freilich die »edlen Herren< ziemlich ungerührt. Außerdem gab es auch ganz andere Empfehlungen für das Verhalten der Oberschichten gegenüber den »armen LeutenEdelmannslehrestandesgemäßes< Leben führen zu können. Sie waren bald hochverschuldet. Da außerdem im Kriegswesen, der Domäne ritterlichen >Handwerks< im Mittelalter, die Ritter immer mehr durch Söldner ersetzt wurden, also auch in den Heeren der Könige und Kaiser nichts mehr zu holen war, verlegten sich die Herren aufs Rauben. Sie wurden zu Raubrittern, für die die >Edelmannslehre< gewissermaßen eine >Anweisung zum Handeln< darstellte. Wie sie von den Bauern aufgenommen wurde, ist klar: >Der Bauern Haß ist jetzt sehr groß«, heißt es am Schluß. Die Herren wußten also recht gut, wie die ländliche Bevölkerung über sie dachte. >Die Bauern, die wollen uns fressen, dem Adel wohlbekannt, das wolle Gott verhindern«, heißt es in einem Reiterlied aus der gleichen Zeit.

2. Aus einem alten deutschen Bauernspiegel Der in Laer bei Horstmar/Westfalen geborene Bauernsohn Werner Rolevinck trat 1447 in das Kartäuserkloster St. Barbara in Köln ein und studierte Rechtswissenschaft. 1472 erschien das von ihm verfaßte Werk >Von der Unterweisung der Bauern«. Dieser einzige aus dem Mittelalter überlieferte Bauernspiegel lag 1490 bereits in fünfter Auflage vor. Als Rolevinck die bäuerliche Leistungspflicht gegenüber den Herren einschärft, geht er auch auf andere Fragen der mittelalterlichen Ständegesellschaft ein. So betont er, daß eine Arbeitsteilung unter den verschiedenen sozialen Gruppen nötig sei. Die Zuweisung der Berufe erfolgt nach göttlichem Willen und den Prinzipien der Vernunft. Mit anderen Worten: Was Gott gebietet, ist auch vernünftig und damit für den menschlichen Verstand faßbar und einsichtig. Die Aufteilung der Berufe erfolgt nach dem >Nutzen< (lat. utilitas) und der >Notwendigkeit< (lat. necessitas) für die Gesellschaft. Dementsprechend wurde die Landarbeit den Bauern zugewiesen, die jedoch die sich daraus ergebenden Pflichten vielfach vernachlässigen. Rolevinck beklagt den im 15. Jahrhundert eingetretenen Verfall bäuerlicher Sitten. Deshalb muß die ländliche Bevölkerung zu Recht schwere Plagen erleiden, weil sie es wegen ihrer Schlechtigkeit nicht anders verdient. Die Bauern müssen, meint Rolevinck, harte Herren über sieh haben, nur so können sie vielleicht noch zur Vernunft gebracht werden. In seinem >Bauernspiegel< hält Werner Rolevinck, der sich dabei ausdrücklich auf Thomas von Aquin bezieht, in seinen Ausführungen der ländlichen Bevölkerung gleichsam einen Spiegel vor und beschreibt in lehrhafter Weise ihre Vorzüge und Schwächen. Rolevinck will mit seiner Schrift jene belehren, die im geistlichen und weltlichen Bereich dem Bauern vorgesetzt sind, über ihn gebieten, auf ihn Einfluß haben und am Gehorsam und den Leistungen der ländlichen Bevölkerung vitales Interesse haben. Er folgt weitgehend dem

Aus einem alten deutschen Bauernspiegel

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in mittelalterlichen Ständelehren gezeichneten Bild einer hierarchisch gegliederten Gesellschaft, in der jeder seinen ihm von Gott zugewiesenen Platz unabänderlich einnimmt. Das gilt auch für den Bauern, für den Rolevinck einen Katalog von Geboten aufstellt. Diese muß er befolgen, will er seiner Standespflicht genügen und als durch die Erbsünde >verbanntes Geschöpf Gottes< doch noch einst die >ewige Glückseligkeit erlangen^ Als sich im 15. Jahrhundert die Gegensätze zwischen Herrschaft und ländlicher Bevölkerung verschärften, beschäftigte sich Rolevinck ausführlich mit der Gehorsamspflicht der Bauern, die sich steigenden Leistungsforderungen widersetzen. Die bäuerliche Unfreiheit, die Unterordnung eines Menschen unter den anderen ganz allgemein seien naturnotwendig, weil sonst das gesamte soziale Gefüge der mittelalterlichen Ständegesellschaft gestört, ja zerstört würde. Widerstand, den der >sündige< Bauer im Gegensatz zum >guten< gehorsamen Landmann leistet, wird verworfen und die Ablehnung der Leibeigenschaft als Irrtum bezeichnet. Wirkliche Freiheit sei eine innere Haltung, eine Tugend, die von ökonomischen, sozialen und rechtlichen Faktoren unabhängig sei. Die Herren werden zu einem >vernünftigen< Verhalten gegen ihre Untergebenen aufgerufen; wird trotzdem willkürliche Bedrükkung ausgeübt, so soll auch dann der Bauer jedes gewaltsame Aufbegehren unterlassen, sich auf gerichtlichem Wege mit seinem Herrn einigen und im übrigen Gott vertrauen. Dieser wird die Tyrannen strafen, dagegen werde der >gute< Bauer für geduldiges Ertragen aller irdischen Pein im Jenseits um so reichlicher belohnt. Von der Führung der Bauern Hier beginnt das Handbüchlein, das von der Führung der Bauern handelt. Den Pfarrern und Kaplänen, den Drosten [Beamte großer regionaler Herrschaftsbezirke in Westfalen] und Schuttheißen [Vorsitzende des Dorfgerichts] und den anderen Beamten des geistlichen und weltlichen Standes, die den Bauern vorgesetzt sind, möge es gute Dienste tun. Es trieb Gott der Herr Adam aus dem Paradies der Wonne, daß er die Erde bebaue, von der er genommen ist. So steht es geschrieben im 3. Kapitel der Genesis [23]. Als ich überlegte, was ich zur Erbauung meinen geliebten Brüdern und Verwandten, die mich ofi darum baten, sagen sollte, erinnerte ich mich an die kleine Abhandlung des heiligen Lehrers Thomas von Aquin über die Leitung der Fürsten [lat. De regimine principum], die er — ein Mann von vortrefflicher und edler Beredsamkeit — mit äußerster Gründlichkeit und Feinheit fur die Königliche Majestät verfaßte. Darin redete er gleichsam zu den Seinen das Seinige, als wahrhaft Großer zu Großen Großes, als Ruhmvoller zu Ruhmvollen Ruhmvolles, wie es einer so erhabenen Aufgabe gebührte. Aber ich armes und verbanntes Geschöpf Gottes — weiß Gott, wie ich vom Pfluge weggeholt und der heiligen Wissenschaft verpflichtet wurde — ich wollte diesem Beispielfolgen und den Meinen das Meinige sagen, als Geringer den Geringen Geringes; dabei bin ich zu dem obengenannten, beklagenswerten Satz gelangt: Es schickte Gott der Herr Adam aus dem Paradies der Wonne, daß er die Erde bebaue, von der er genommen war [Gen 3, 23], die so schlammige und unfruchtbare, die verworfene und vom Herrn verfluchte Erde. Sprach er doch zu Adam [Gen 3, 17—19]: Weil du der Stimme deines Weibes Gehör gegeben und vom Baum gegessen hast, von dem zu essen ich dir verboten hatte, so sei die Erde ob deiner Tat verflucht. In Mühen sollst du dich von ihr nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln wird sie dir tragen.

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D e r B a u e r im W e l t b i l d d e s Mittelalters

Und du wirst das Kraut des Feldes essen. Im Schweiße deines Angesichtes wirst du dein Brot verzehren, bis du zur Erde wiederkehrst, von der du genommen bist; denn du bist Staub und sollst zum Staub zurückkehren. Und obwohl alle Kinder Adams dies harte Elend erfahren, spürt es dennoch kein Geschlecht so hart wie das meine, das bäuerliche. Mehr als die anderen Menschen scheint das Bauerngeschlecht fast schon von der Wiege an zum Sterben bestimmt zu sein. Aber damit uns nicht allzu große Traurigkeit aufreibe, will ich aus den Schriften der heiligen Väter Worte des Trostes und der Erbauung sammeln. Das Bauerngeschlecht möge daraus in gleicher Weise wie aus den sonstigen täglichen Ermahnungen Hoffnung schöpfen und lernen, wie es durch zeitliche Beschwerden hindurch die ewige Glückseligkeit erlangen kann. 1. Zuerst einmal soll jeder gläubige Bauer Gott fürchten. 2. Er sollfest glauben, daßalle seine Werke, selbst die unscheinbarsten, vom allmächtigen Gott ihm mit reichlichem Lohn im Himmel vergolten werden, wenn er in der Einfalt des Herzens und beim guten Willen verharrt. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Er ehre auch seinen Berufals von Gott eingesetzt, und er führe heiter aus, was dazu gehört. Er sollferner demütig seinen Herren gehorchen. Die Geistlichen soll er besonders ehren und lieben. Den Zehnten, die Abgaben und sonstigen Schuldigkeiten soll er gewissenhaft entrichten. Er beobachte mit Ehrfurcht die Feste und Feiern der Kirche sowie das Fasten. Ebenso gebe er den Armen nach Vermögen Almosen. Desgleichen soll er mit allen Menschen, besonders mit seinen Nachbarn und Verwandten, im Frieden leben. 10. Seine Familie leite er in lobenswerter Weise. 11. Er hüte sich vor jeder Gelegenheit zum Bösen. 12. Ebenso sei er bedacht aufseinen guten Namen und auf untadeligen Ruf bei seinen Mitmenschen. 13. In gleicher Weise hüte er sich vor schlechtem Umgang mit Menschen, die trinken und fluchen und ohne Gottesfurcht dahinleben. 14. Er erforsche sorgfaltig sein Gewissen und beichte häufig. 15- Öfters denke er nach über die Beobachtung der Gebote Gottes und über den Wandel im rechten Glauben. 16. Er soll häufig an den Tod denken und an die Kürze des Lebens, er gewöhne sich daran, oft mit aufrechten und schlichten Worten Gott den Herrn anzurufen, daß er ihn in allem leite und endlich zur ewigen Freude führe. Das sind die Heilsmittel für jeden Christen; ohne ihre Beobachtung nützt ihm sein christlicher Name nichts. Dies sind die Dinge, die den Menschen von der Erde zum Himmel erheben, Gott mit dem Menschen wieder versöhnen, den Nächsten erbauen und auf einen glücklichen Heimgang vorbereiten. Aber da der Bauer in seiner Einfalt bisweilen nicht weiß, wie dies geschehen soll, wollen wir auf die einzelnen Punkte zurückkommen und etwas ausfuhrlicher darüber sprechen. 1472. W e r n e r Rolevinck, S. 7 7 f. (Übers, in: Holzapfel, Egidius, S. 5 f.)

Aus einem alten deutschen Bauernspiegel

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92 Neidischer Bauer. Miniatur aus Hans von Vintlers »Blumen der TugendVon d e m nyd. W e r neydig ist allweg in z o r n / W e n n er sieht a n d e r Leut k o r n / [ . . . ] W o neyd ist, da ist auch haß.< Ein Bauer mit k u r z e m Rock u n d Kurzschwert rauft sich vor Z o r n die H a a r e angesichts des üppigen Kornfeldes seines N a c h b a r n .

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Ein jeder getreue und gottesfürchtige Bauer muss seinen Herren demütig gehorchen Ach, wie viele Bauern verfehlen sich hierin! Sie wollen durchaus nicht gehorchen, es sei denn, ihre Widersetzlichkeit sei aussichtslos. Sie erfinden viele leere Ausreden und entschuldigen sich oft mit Lügen oder verstecken sich und ihre Absichten hinter irgendeinem anderen unsachlichen Vorwand, um sich von den schuldigen Dienstleistungen zu befreien. All diese widersetzen sich der rechtmäßigen Gewalt und beleidigen Gott schwer; denn um geringen Gewinnes wegen begehen sie immer wieder viele Sünden. Als Diebe gelten sie vor dem richtenden Angesichte der göttlichen Majestät, weil sie eine Sache oder einen Dienst, den sie einem anderen schulden, diesem gegen seinen Willen vorenthalten, sei es durch Gewalt oder durch Betrug. Dagegen aber wandeln die guten und gläubigen Bauern schlicht auf dem Weg der Gebote Gottes. Sie sinnen nicht auf Lüge oder Gewalt gegen ihre Herren aus Furcht vor Gott, sondern sie leisten allen ihre schuldige Pflicht nach der Ermahnung des hl. Paulus [Rom 13, 7]: Abgabe, wem Abgabe; Zoll, wem Zoll; Ehrfurcht, wem Ehrfurcht; Ehre, wem Ehre gebührt! So dienen sie ehrlich undtreu, nicht den Menschen, sondern Gott! und zwar nicht aus Augendienerei, sondern von Herzen (Eph6, 6], damit sie niemandem etwas schulden, außer daßsie einander lieben (Rom 13, 8], das heißt also, daß zwischen Herren und Untergebenen gegenseitige Liebe herrschen soll. Dies ist dann der Fall, wenn der Niedrige dem Höheren gegenüber willig seine Pflicht und Schuldigkeit tut. Andernfalls entstehen unter ihnen unaufhörlich Streit und Neid, und Gott wird beleidigt.

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Der Bauer im Weltbild des Mittelalters

Nun gibt es nicht wenige gutwillige Bauern und andere Bekenner des christlichen Namens, auch Gebildete, die glauben, daß eben diese vielbesprochene Unterordnung, in der fast auf dem ganzen Erdkreis das Volk der Bauern zu leben gezwungen ist, insbesondere jene Unterordnung, die den Bauern in die Fesseln der Leibeigenschaft schmiedet, ungerecht sei, weil wir von Natur aus alle frei geboren seien. Darum seien hier, um diesem Irrtum zu begegnen, einige Worte der Heiligen angefügt. Es steht ja fest, daß ein Mensch guten Willens leichter und lieber dient, wenn er weiß, daß mit ihm gerecht verfahren wird. Wenn er aber der Meinung ist, er würde gewalttätig und widerrechtlich bedrückt, dann schwitzt er statt Wasser beinahe Blut, es sei denn, er wäre schon vollkommen an Tugend. Man mußalso wissen, daß eine allgemeine Unterordnung von Mensch zu Mensch ohne Zweifel gerecht ist; ja sie ist sogar notwendig, sonst wäre in der Kirche Gottes keine Ordnung, sondern vollige Verwirrung. Wenn nämlich keiner untergeordnet sein wollte, wenn vielmehr alle in gleicher Weise an der Spitze stehen wollten, dann würde das wünschenswerteste Gut des Menschengeschlechtes, der Friede, dauernd gestört werden. Es könnten die Menschen auch nicht zusammenleben und miteinander verkehren. Das ist gerade so, wie wenn mehrere Leute vor einem Haus stünden und keiner dem anderen Platz machen und damit den Vortritt lassen wollte. Notwendigerweise müßten alle zusammen draußen verbleiben oder gar sich heftig gegenseitig stoßen und drängen, bis schließlich einer allein das ganze Haus in Besitz hat. Wie widersinnig das wäre, lehrt doch, auch wenn die Menschen es nicht wüßten, das Zusammenleben der Tiere. Denn auf Grund eines schönen und natürlichen Instinkts weicht das eine Tier dem anderen und erkennt es gleichsam als höheres an. Was aber der natürlichen Ordnung gemäß ist, das ist auch das Beste. Demnach gilt: Unterordnung und Überordnung sind notwendig im Volke Gottes. Folglich ist nicht jede Unterordnung gewalttätig und ungerecht, ebenso auch nicht jede Überordnung. [...] Freilich nur jene Art von Knechtschaft ist anzuerkennen, die aus Tugend hervorgeht. So werden viele Eigenleute, die von Geburt an diesem Stande angehören, bei Gott großes Verdienst haben, wenn sie treu ihren Herren dienen mit der Absicht, lieber das Straßoch auszuhalten, als durch Flucht, Gewalt oder Betrug sich von der Knechtschaft zu befreien und gegen das Gebot der Tugend zu handeln und so Gott den Herrn zu beleidigen. [...] Wer allerdings unwillig und mit Murren dient, beträgt sich elend. Wenn er nicht nachträglich Buße tut, wird er weder bei Gott noch bei den Menschen Gnade finden. Das erstreckt sich jedoch freilich nur auf die Todsünde der Ungeduld. Es ist ja kein Wunder, wenn ein Mensch guten Willens, der in täglicher Knechtschaft schwitzt, einmal Regungen leichter Ungeduld fühlt oder in unliebsame Worte gegen seine Herren ausbricht. Davor konnten sich kaum die heiligsten Männer bewahren. Da genügt die demütige Einsicht mit der Bitte um Verzeihung, sooft ein derartiger Fehler vorkommt; wenn damit der Vorsatz verbunden ist, sich fürderhin in acht zu nehmen, dann geht das Verdienst nicht verloren! [...] Da mag nun einerfragen, was die Knechte tun sollen, die so ungerechte Quälereien ihrer Herren nicht ertragen können. Hier die Antwort: Sie können Schutz suchen, indem sie sich auf die ihnen zustehenden Rechtsmittel berufen, wie es auch die andern tun, wie etwa die Freigeborenen. Im Recht ist eingebendfestgelegt, was in diesem Fall geschehen muß. Was die Knechte angeht, so ist im Gesetz festgelegt und ergibt sich aus dem Personenrecht, in den Verordnungen über die Knechte, daß es den Herren ohne vernünftigen Grund nicht gestattet ist, gegen ihre Knechte

Aus einem alten deutschen Bauernspiegel

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maßlos hart sein. Wer ohne Grund seinen eigenen Knecht tötet, soll genauso bestraft werden wie der, der einen fremden Knecht tötet [...] Klug verhält sich der Herr, der bestrebt ist, den Knecht geradeso wie seinen Sohn oder seine Tochter in Zucht zu halten; das ist für den Knecht nützlich. Die heiligen Satzungen bezeugen dies denn auch, da die Freiheit manchen Leuten gefährlich ist, die Knechtschaft aber heilsam. Einige nämlich erlangen die Freiheit und werden dann stolz. Diesen nützt es mehr, wenn sie wieder in die Knechtschaft zurückkehren, damit sie darin durch Gehorsam gegen Menschen tugendhaft werden, als daß sie durch den Sklavendienst der Sünde ins Verderben geraten. Umgekehrt gibt es Knechte, die sogar Freigeborene an Tugend übertreffen und bisweilen solchen Herren dienen, die ihnen keineswegs ein tugendhaftes Beispiel geben. Diese sind nicht nur der Freiheit würdig, ja sie müßten vielmehr als Vorbilder und Schutzherren verehrt werden. Sie werden nämlich desto höher vor den andern im zukünftigen Leben ausgezeichnet, je gottesfürchtiger sie hier in so großer Unterordnung leben mußten. Dazu sagt die Schrift [Sir 33, 31]: Hast du einen treuen Knecht, so halte ihn wie dich selbst. [...] 1472. Werner Rolevinck, S. 92 ff. (Übers, in: Holzapfel, Egidius, S. 21 ff.)

In seinem >Bauernspiegel< gibt Werner Rolevinck gleichsam einen >Verhaltenskodex< für den >guten Bauerndie einzelnen Punkte ausführlichen eingeht, so steht der Gehorsam gegen den Herrn an erster Stelle. Gerade dadurch zeichne sich der >gute Bauer< vor den schlechten Bauern* aus, von denen es leider viele gäbe: Sie seien widersetzlich, entrichteten ihre Abgaben nicht, verweigerten Frondienste und trachteten ihren Peinigern nach dem Leben. Gerade letzteres wäre verwerflich und gewissermaßen überflüssig, da die Bedrücker der Bauern einst von Gott bestraft werden, der dagegen dem gottesfürchtigen, sein elendes Los geduldig ertragenden Bauern im Jenseits alle Freuden des Paradieses zuteil lassen werde. Schließlich werden auch die Herren ermahnt, keine Willkür zu üben und ein Gott wohlgefälliges Leben zu führen.

3. Bauernlob In der mittelalterlichen Ständelehre werden vielfach Kritik an der Habgier der Herren gegenüber der ländlichen Bevölkerung und Warnung der Herrschenden vor den ihnen am Tage des Jüngsten Gerichts drohenden Strafen für ihre Untaten mit einem Lob des Landmannes verbunden. Der Bauer wird ermahnt, alle irdische Mühsal geduldig zu ertragen und aufs Jenseits zu hoffen, wo den Elenden dieser Welt himmlischer Lohn zuteil würde. Damit wurde den Geboten des christlichen Glaubens entsprochen und mit einer Dosierung von Lob und Tadel gleichzeitig versucht, Spannungen zwischen >oben< und >unten< zu neutralisieren.

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Der Bauer im Weltbild des Mittelalters

>Und müsst doch alles das erarbeiten, was die Welt braucht< Viele tausend Heilige sind durch ihre Mildtätigkeit ins Himmelreich gelangt, und deshalb sollt auch ihr den armen Leuten helfen. Pfui, du Habgieriger, wie hilfst du diesen armen Gotteskindern. Du hilfst ihnen, daßsie vollends zu Almosenempfängern werden müssen. Weh dir und allen, die rauben und den Armen das Ihre schmälern, wie teuer ist dir die Tugend! Ihr Räuber, ihr Ausplünderer, ihr Unrechten Vögte und Unrechten Richter und habgierigen Wucherer, was wollt ihr Gott antworten am jüngsten Tage, wenn diese armen Gotteskinder dann über euch klagen werden? Denn da steht mancher vor meinen Augen, derjetzt hundert Pfund Geldes für seine Arbeiten haben müßte und der nicht so viel hat, daß er sich vor dem Froste schützen kann. Und mancher ist dahergelaufen in diesem kalten Reif barfuß und in sehr dünner Kleidung. Wohl euch, ihr seligen Gotteskinder! Leidet jetzt geduldig eure Mühsal, die nimmt ein Ende, eure Armut nimmt bald ein Ende, doch eure Freude und euer Reichtum, die nehmen nimmer ein Ende. Und so wird es sich auch wenden für die Ausbeuter, die hier mehr als genug haben und gut leben mit dem Raube, den sie mit unrechtmäßiger Steuer an euch begehen, mit Unrechter Vogtschaft, mit Herbergen, mit Zwangsabgaben, mit Raub, mit Brand, mit Diebstahl, mit ungerechter Gewalt, mit ungerechtem Gericht, mit Unrechten Zöllen und Abgaben und mit Betrug, mit Wucher, mit Vorkauf, mit Borgen. Nun seht, ihr armen Leute, wie vielfaltig sie eure Arbeit ausnutzen, und deshalb habt ihr so wenig und lebt so manchen üblen Tag mit großer Plage früh und spät, und müßt doch alles das erarbeiten, was die Welt braucht, und euch wird davon kaum so viel zuteil, daß ihr nicht viel Besseres zu essen habt als eure Schweine, und hat es doch Gottfür euch genauso wie fiir sie erschaffen. Nun zwacken es euch die Reichen mit mancher List ab, daß euch nicht sovielbleibt, euch vor Hunger und Frost zu schützen. Denn was euch zum Essen bleibt, davon kann sich kaum ein Schwein ernähren. 13. Jahrhundert. Berthold von Regensburg, Band 1, S. 58 f.

>Wer sollte uns den Acker bestellen, wenn ihr alle Herren wäret?< Unser Herr hat jedem Menschen ein Amt verliehen, er hat niemanden zur Untätigkeit erschaffen. Wir müssen uns alle einer Aufgabe annehmen, damit wir unser Leben fristen. Ich habe auch ein Amt: Predigen ist meine Aufgabe. Da unser Herr alle Dinge mit Weisheit geordnet hat, so hat er auch das Leben des Menschen geordnet und eingerichtet, wie er will und nicht, wie wir wollen. Wollte mancher gern ein Graf sein, so mußer ein Schuster sein. Wolltest du gern ein Ritter sein, so mußt du ein Bauer sein und für uns Korn und Wein bauen. Wer sollte uns den Akker bestellen, wenn ihr alle Herren wäret? Oder wer sollte uns die Schuhe anfertigen, wenn du das wärest, was du wolltest? Du mußt sein, was Gott will. So hat er den einen geschaffen, daß er Papst sei. So soll der andere ein Kaiser oder ein König sein oder ein Bischof oder ein Ritter oder ein Graf oder dies und das. Und welches Amt du auch hast, es sei hoch oder niedrig, du mußt doch Gott zweifach Rechenschaft geben. 13. Jahrhundert. Berthold von Regensburg, Band 1, S. 13 f.

Bauernlob

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>Dafür lob ich den Bauersmann< Dafür lob ich den Bauersmann, der alle Welt ernähren kann. Er läßt seinen Pflug streichen. Wer kann sich ihm vergleichen? Kein König wäre so edel, saß er auf seinem Thron und hätte weder Wein noch Brot. Seine edle Abstammung würde zu nichts, er müßte alle Pracht aufgeben. Was sie am Hofe an Vergnügungen sich leisten, das kommt von den Bauersleuten. Sie wollten denn selber pflügen und reuten [roden]. Darum rat ich dir, Ritter, gut, halte den Bauern in deiner Hut, der ein guter Arbeiter war, also sprach der Teichner. 14. Jahrhundert. Heinrich der Teichner, Band 3, S. 642.

Der österreichische Spruchdichter Heinrich der Teichner verfaßte zwischen 1350 und 1370 über 700 lehrhafte Reimpaarreden, in denen er für die Bewahrung der gottgewollten mittelalterlichen Ständeordnung eintritt. Der Bauer, von dessen Arbeit alle Stände leben, soll vom >Ritter< geschützt werden ... ein frommer Wunsch, dem die Wirklichkeit kaum entsprach. >Dass er dem König spricht Schach und Matt< Ein Landvogt könnte nicht bezwingen sein Land, das er verwalten soll, ohne den Bauern, der schafft für ihn wohl. Den bedeutet der Fende [Bauer im Schachspiel], der vor dem Turm steht. Wie klein nun auch der Bauer sei, so ist er doch also frei, daß er dem König spricht Schach und Matt und solche Macht er dazu hat, daß er Turm, Springer, König und Königin kann fangen. Hieraus soll man das verstehn, daß niemand soll arme Leute verschmähn; man braucht sie zu allen Zeiten. Auch wisset, daß man geschrieben find, daß viele zu Herren geworden sind, die doch nicht waren von hoher Geburt. Wer Tugend übt in jedem Kampf,

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Der Bauer im Weltbild des Mittelalters

den soll man mit Recht für edel halten. Eines finde ich hier geschrieben, daß zu Päpsten und Königen geworden sind zuweilen armer Leute Kinder. 1337. Kunrad von Ammenhausen, Spalte 7 9 8 f.

>Gott grüß dich, du edler Ackersmann< Gott hat erschaffen so manchen, Herren, Grafen, Ritter und Knecht und Mönche und Nonnen und viel Wunder unter der Sonnen von Laien und von Pfaffen, unter denen hat Gott keinen geschaffen, der mit vollem Recht adlig wäre. Hierzu sollt ihr hören gern: Gott erschuf den edeln Ackersmann, einen besseren Freund ich nie gewann. Der hat mir Vater und Mutter ernährt, Gott hat ihn der Welt beschert. Ich will loben den edeln tüchtigen Bauern! Und warum? Es wird ihm oft sauer, wenn er seinen Pflug fuhrt, womit er alle Welt ernährt, Herren, Bürger, Handwerksmann, wär der Bauer nicht, sie wären schlimm dran. Mancher ist den Bauern gram, der hat noch nie gute Freunde gehabt, mit Ausnahme Gottes allein, an den sollen wir vor allem denken. Man sagt von der Herren Leben, es sei gut, weil die Bauern ihnen geben Weizen und Korn, damit besänfiigt man der Herren Zorn sowohl mit Zins wie mit Abgaben. Die Herren haben gut Gerät, Gürtel, Halsband und gut Gewand. Gäbe es den Bauern nicht, müßten sie Kittel tragen wie jeder arme Mann. Gott grüß dich, du edler Ackersmann! Denn dich keiner entbehren kann. Wohl uns deines lieben Rufens!

Bauernlob

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Der Vogel in der Luft, der Wurm in der Erden, sie alle müssen von dir gespeist werden. Was sollten wir armen Leute tun, führten uns die Bauern nicht zu Hafer, Korn und anderes mehr? Wir müßten sonst oft ohne Essen bleiben und müßten Hunger und Kummer tragen, das brächte ein jammervolles Klagen. Wie sollte der Priester die Messe feiern, gäbe ihm der Bauer nicht in die Hand Pfennig und Warenwert? Sein Sinnen stets das begehrt. Wie sollten sie predigen und singen, würde nicht des Bauern Dreschflegel klingen? Der hat einen gar süßen Klang, ich höre ihn wie der Nachtigall Gesang. Ich lobe dich, du edler Bauer, vor aller Schöpfung, vor allen Herrn auf Erden, der Kaiser muß dir gleichgestellt werden. Dir soll nimmer geschehen ein Leid, das sage ich auf meinen Eid. Ohne dich müßte mancher in Sorgen altern. Gott möge sich des Bauern annehmen, ihn stets halten in seiner Hut und ihm verleihen ein Ende gut. Wenn ich zu dem Bauern komme, ist das zu meinem Besten. Habe ich Hunger und nichts zu essen, so gibt er mir einen Ranft Brot. Das tut mir wohl und macht mich frohen Mutes, ich wünsch ihm alles Gute. Der mir den Sinn erfreuen kann, den will ich mit Lob bedenken. Ο edler Bauer, daß Gott dich wollte ehren! Wärest du nicht, wie sollt ich mich ernähren! Viele Leute leben auf Erden, die der Bauern Herren werden: Bischof und Papst,

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Der B a u e r im W e l t b i l d d e s Mittelalters

Abt und Propst, Laien, Domherrn und Pfaffen: Gott hat uns den Bauern erschaffen. Kommen arme Leute gegangen, vom Bauern werden sie freundlich empfangen. Er teilt mit ihnen sein Brot, Fleisch und Korn und Gut und macht oft auch mich froh. Gott gebe ihm den Himmel hoch! Man sagt uns von der Maienzeit, all unsere Zuversicht an den Bauern liegt. An den Bauern könnten wir unsere Freude haben, wenn die Herren sie in Frieden ließen. Es sei Katz oder Hund, der Bauer macht sie von Hunger frei. Es sei Schaf, Kuh oder Schwein, das man ißt für sein Hungerlein, daßsie alle können leben, das muß dir Gott und der Bauer geben. Mich nimmt oft wunder, warum sich die Herrn von den Bauern abgrenzen und leben doch von ihnen so wohl. Die Bauern füllen der Herren Taschen mit ihrem sauer verdienten Geld. Man müßte manchem Herren sagen: Sollte es sein, und es wäre recht, er wäre kaum eines Bauern Knecht. Die Welt hat mancherlei Gebrechen, das möchte ich mit Uberzeugung sprechen: Einer ist frostig, einer ist durstig, der dritte muß hungrig sein, das ist für den Bauch eine große Pein, der vierte hat schlechte Kleider, das betrifft sehr viele Leute, leider, der fünfte hat des Geldes nicht, es ist leider viel, das uns gebricht. Gott gebe den Bauern Heil, so wird auch uns unser Teil! Wenn sie zu Markte fahren, so können sie uns wohl bewahren. Ihre Frauen begleiten sie dorthin

Bauernlob

265

und bringen

mancherlei

Waren

mit,

die werden ihnen dann

abgekauft

zur Speise, wie es Brauch

der

die man nicht entbehren

mag.

Gott gebe den Bauern

Welt,

einen seligen

Tag

und auch uns allen miteinander.

Um 1450. Hans Rosenplüt, S. 109 ff.

E i n p a r t i e n w e i s e ü b e r s c h w e n g l i c h e s , s e h r e i n d r u c k s v o l l e s L o b des B a u e r n , v o n d e s s e n A r b e i t alle S t ä n d e l e b t e n . Freilich d a r f d a b e i n i c h t vergessen w e r d e n , d a ß d e r aus N ü r n b e r g s t a m m e n d e D i c h t e r a n a n d e r e r Stelle a u c h r e c h t h e r b e W o r t e f ü r d e n h i e r so h o c h G e p r i e s e n e n b e r e i t h ä l t . W i e a u c h s o n s t in d e r m i t t e l a l t e r l i c h e n S t ä n d e l e h r e k o m m e n b e i R . Bauernlob u n d Bauernschelte gleichermaßen zur Geltung.

93 u. 94 Zwei der >Vier Stadtbauerrv Holzstatuetten von Jakob Ruß im Rathaus Überlingen. 1494

Das Bildprogramm im Vorraum des Ratssaales zeigt in 39 Statuetten die verschiedenen Reichsstände in Gestalt ihrer zeitgenössischen Würdenträger. Neben den sieben Kurfürsten sind als Vierergruppen jeweils vier Markgrafen, vier Landgrafen, vier Grafen, vier Freiherren, vier Ritter etc. zusammengestellt. Als Vertreter der vier Städte Salzburg, Köln, Konstanz und Regensburg, die in den Reichsständen vertreten waren, erscheinen hier wie auch im Wappenbuch von Conrad von Grünemberg von 1483 vier Bauern mit ihren charakteristischen Arbeitsgeräten. Die Präsentation der Städte durch Bauern wurde vermutlich vom >Bauern Köln< übernommen. Für diese Stadt wird in der Chronik des 15. Jahrhunderts der N a m e der Stadt von lat. colonus (Landwirt) abgeleitet. Die Darstellung des Bauern als dritter Stand neben der Geistlichkeit und der weltlichen Feudalmacht ist durch die mittelalterliche Ständeordnung gegeben.

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Der B a u e r im W e l t b i l d d e s Mittelalters

>Ein sehr arbeitsames Volk, das jedermanns Fusslappen ist< Dieses mühselige Volk der Bauern, Häusler, Hirten [...] ist der vierte Stand, deren Behausung, Leben, Kleidung, Speise [...] kennt man wohl, ein sehr arbeitsames Volk, das jedermanns Fußlappen ist und mit Frondiensten, Scharwerken, Zinsen, Abgaben, Steuern, Zöllen hart beschwert und überladen ist, doch nicht etwa frommer, auch nicht wie ein einfaltiges, sondern ein wildes, hinterlistiges, ungezähmtes Volk. Ihre Verrichtungen, Sitten, Gottesdienste und ihr Bauen ist jedermann bekannt, doch nicht überall gleich, sondern wie an allen Orten ländlich, sittlich. 1534. Sebastian Franck, S. 47a.

4. Bauernschelte Die in der mittelalterlichen Ständelehre teilweise zum Ausdruck kommende negative Einstellung zur ländlichen Bevölkerung (der ungehorsame Bauer) wird namentlich von der Vagantendichtung aufgegriffen und zum Bauernhaß gesteigert. Danach ist der Bauer dumm und faul, er trinkt und hat ein tierisches Aussehen, ist schmutzig, wird übermütig, wenn man ihn lobt, ist überhaupt widerspenstig und muß gewaltsam zur Räson gebracht werden. Deklination des Wortes >Bauer< SINGULAR

PLURAL

NOMINATIV:

DER SCHURKE

DIE VERFLUCHTEN

GENITIV:

DES B Ä U R I S C H E N

D E R MISERABLEN

DATIV:

DEM TEUFEL

DEN LÜGNERN

AKKUSATIV:

D E N DIEB

DIE TAUGENICHTSE

VOKATIV:

D E R RÄUBER

IHR V E R A B S C H E U U N G S W Ü R D I G E N

ABLATIV:

V O N DEM PLÜNDERER

VON DEN TREULOSEN 12. Jahrhundert. Declinatio rustici, S. 113.

In dieser aus dem 12. Jahrhundert stammenden >Declinatio rustici< werden für die im Lateinischen geltenden sechs Fälle der Bauer, das Bäuerische verunglimpft. Diese >Deldination< dürfte aus Vagantenkreisen stammen, die sich hier unter dem Deckmantel der Grammatik über den Bauer lustig machen. Ein Franziskaner über die Bauern Der fünfte Stand wird durch den fünften Sohn symbolisiert, das sind die Bauern, die so sehr geliebte Söhne Gottes sind, bald wegen ihrer Arbeit, die Gott gefallt, bald wegen der Bedrückung, mit der sie von den Herren unrechterweise bedrängt werden. Sie [die Bauern] werden zwar auf deren Hälse im [Jüngsten] Gericht ihre Fuße setzen; jetzt aber werden sie von ihnen ausgebeutet und bedrückt durch unmäßige Dienstleistungen, was so unerträglich ist, daß sie mit Joel [1,11] sagen könnten: »Verstört sind die Ackersleute, denn die Ernte ist verloren'; denn was sie ernten, nehmen die Herren weg und verschlingen es. Psalm 34, 20: >Die Gerechten müssen viel leiden, aber aus dem allen wird sie Gott befreien. < Aber es ist zu beklagenswert, wie viele von ihnen verdammt werden, und das vor allem durch vier Dinge:

Bauernschelte

267

Durch Trägheit, denn sie trachten dem Gottesdienst zu entgehen, und an den Feiertagen suchen sie Ausflüchte, wenn sie sagen, sie müßten die ganze Woche hindurch arbeiten. Kannst du nicht mit den Pferden reden und kannst du nicht ein > Vaterunser< sagen, da du wenigstens sieben sagen solltest? Psalm 119, 164: >Siebenmal des Tages lobe ich dich. < Aber sie sind wie stumme Götzen, wovon Psalm 115, 5 sagt: >Sie haben einen Mund und reden nicht.< Durch die Ungerechtigkeit, denn sie stehlen sich untereinander die Früchte auf dem Felde und nicht allein die Früchte, ja sogar das Land durch den Pflug. Es ist ja bekannt, wie einer, wenn er in der äußersten Furche beim Feld des Nachbarn ist, seine Pflugschar [zur Seite] drükkt, da er sich nämlich zum Feld seines Nachbarn zurückwendet, und im nächsten Jahr hat er bis zu drei Fingerbreiten gestohlen, im übernächsten Jahr ebensoviel f...] Dabei hält er nicht die Vorschrift der Zehn Gebote: >Du sollst nicht begehren nach dem Acker deines Nächstem, ja er stiehlt sogar, was schlimmer ist. Durch Meineid, weil sie jederzeit für drei Heller einen Meineid leisten. Das ist höchst gefahrlich, denn es ist gegen das zweite Gebot. Durch Trunksucht, durch die die Seele so verdorben wird, daß sie Gott vergißt. Was aber Schlimmes durch die Trunksucht geschieht, das fordere alles von dem schlimmen Übel, der Kehle, zurück. E n d e 13. J a h r h u n d e r t . Predigt eines Franziskaners ü b e r d e n B a u e r n s t a n d . In: Franz, G ü n t h e r (1967), N r . 155, S. 4 1 2 ff.

Die Franziskaner, auch Minoriten (Minderbrüder) genannt, sind ein katholischer, von Franz von Assisi gegründeter Bettelorden, aus dessen Reihen bedeutende Volksprediger des Mittelalters, wie Berthold von Regensburg, hervorgingen. Sie forderten unter Rückgriff auf das apostolische Armutsideal strenge Askese, beschäftigten sich in ihren Büß- und Mahnpredigten eingehend mit den Sorgen und Nöten des Volkes und kritisierten Schwächen und Laster von Armen und Reichen. >Und sie sind aufgeblasen, wenn sie betrunken sind< Höre uns. Denn es sind die Bauern, die immer gegen uns sind. Gib ihnen Wasser zu trinken, gib uns, guten Wein zu genießen. Psalmvers: Die Bauern sind fröhlich, wenn sie vollgefressen sind. Responsorium: Und sie sind aufgeblasen, wenn sie betrunken sind. Gott, der du die Masse der Bauern zusammengebracht und zwischen ihnen und uns große Zwietracht gestiftet hast, gib, wir bitten dich, daß wir die Früchte ihrer Arbeit genießen und von ihren Weibern geliebt werden. Für alle Becher und Becher. Amen. 14. J a h r h u n d e r t . In: L e h m a n n , Paul, S. 177.

In diesem aus Vagantenkreisen stammenden Zechlied werden mit einer bauernfeindlichen Tendenz Psalmen parodiert. >Und von Gestalt wie folgt beschaffen Ein edler Bauer soll diese Eigenschaften haben: Er sei ein wahrer Waldbewohner,

268

Der Bauer im Weltbild d e s Mittelalters

in der Landschaft geboren und von Gestalt wie folgt beschaffen. Wie der eines Kamels soll sein der Rücken, verwegen und scheu sein Auge blicken. Auch soll er haben ein streitiges Hirn und eine breite, gefurchte Stirn. Sein Haar soll sein wie das vom Igel, und daßsein Bart brauche den Striegel, Seine Augen sollen ihm stets triefen, genauso die Nase, wo immer er geht. An seinem Halse man Kröpfe finde. Seine Haut sei wie Buchenrinde an allen Gliedern so gestaltet wie beim jungen Esel, vierzig Jahre alt, rauh und schwarz

wie ein Bär.

Um 1528. Schwaben. Johannes Knebel, S. 257 f.

95 Nasentanz zu Gimpelsbrunn. Holzschnitt von Hans Sebald Beham. 1534 (Staatliche M u seen, Kupferstichkabinett, Berlin) D e r Holzschnitt illustriert Verse von H a n s Sachs. Sieben M ä n n e r u n d eine

Frau

mit großen N a sen tanzen

um

eine Stange, an der eine

kurze

Männerhose, ein

Blumen-

kranz u n d ein >Nasenfutter< hängen. Weiter hinten sitzen zechende u n d W ü r f e l spielende M ä n n e r u n d Frauen an Tischen; in der Ferne wetteifern drei tanzende Paare u m den >HahnenpreisNasentanz< galt als Maskerade u n d Narrentreiben, an d e m Bürger u n d Bauern teilnahmen.

Bauernschelte

269

Johannes Knebel war Zisterziensermönch und Konventual in Kaisheim bei Donauwörth/ Schwaben. Die von ihm um 1528 verfaßte Chronik enthält neben tagebuchartigen Aufzeichnungen auch kritische Bemerkungen über einzelne Stände der mittelalterlichen Gesellschaft. So soll schon das Außere der Bauern auf dessen niedrige soziale Herkunft hinweisen. >Der Bauer sticht den, der ihn salbt< Es sagt der Adlige: Nun weiß ich es recht: Der Bauer sticht den, der ihn salbt, und salbt den, der ihn sticht. Daher hat auch ein Weiser gesagt: > Wasche und kämme den Hund — Hund ist und bleibt Hund. < Und ein anderer äußerte sich aus genauester Kenntnis des bäuerlichen Charakters folgendermaßen: >Das bäuerliche Volk, am besten im Leid, am schlechtesten in der FreudÄußerstfromm, solange es unterlegen ist, doch im Siege völlig ruchlosein falsches und verderbtes Geschlecht. 5. Mose 32,5U m 1450. Zürich. Felix Hemmerlin: De nobilitate et rusticitate (Vom Adel und vom Bauertum). In: Franz, Günther (1967), Nr. 214, S. 546 f.

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Codlm wo Wimm ißofmfdim 96 Allegorisches Wappen der Stadt Köln. Holzschnitt aus der >Cronica van der hilliger Stat van Coellen< (Kölnische Chronik). Köln 1499 (Universitätsbibliothek Leipzig; Signatur: Hist. R h e n . 62 h) Vor d e m d o p p e l k ö p f i g e n Reichsadler

mit

dem Wappenschild u n d Wappenhelm von Köln ist ein Bauer mit Sense u n d Dreschflegel dargestellt, d e n n der C h r o n i s t leitet den N a m e n Köln v o n lat. colonus (Landwirt) ab. Im Sinne des spätmittelalterlichen Bauernlobes wird d a r a u f verwiesen, d a ß v o m edlen A c k e r m a n n alle geistlichen u n d weltlichen Stände ernährt werden. M i t dieser Interpretation wird der Bauer den Repräsentanten der Reichsstände gleichgestellt, in d e n e n Köln, neben Regensburg, Konstanz u n d Salzburg, vertreten war. Alle vier Städte sind im Bildp r o g r a m m des Uberlinger Rathauses d u r c h einen Bauern symbolisiert.

270

Der Bauer im Weltbild des Mittelalters

In seiner Schrift, in der ein Adliger und ein Bauer disputieren, verteidigt der Züricher Chorherr Felix Hemmerlin Vorrechte und Traditionen des Adels, die er von den siegreich vordringenden Schweizer Eidgenossen gefährdet sieht. Die im Text enthaltenen, den Bauern schmähenden Sprüche fanden im 15. Jahrhundert in der bauernfeindlichen Dichtung weite Verbreitung. Gegen die Bauern Wenn einer das verfluchte und undurchsichtige Wesen der Bauern kennenlernen will, ein unseliges und unreines Geschlecht, so soll er das Folgende beachten: Von den Bauern ist kein einziger gut. Es weiß vielmehr der hohe Himmelsthron, um den die Engel singen, daß die Bauern eine große Last von Sünden in ihrem Busen tragen. Keiner von ihnen ist angenehm. Sie hängen sich immer an verderbte Menschen, schweifen umher wie ein Vogel oder wie ein Schiff ohne Steuermann auf hoher See. Ihre Taten sind wirkungslos; die Bauern haben keine feinen Sitten, sie sind und bleiben immer verächtlich, wenn sie sich mit öffentlichen Angelegenheiten befassen: Ο wie sind die Bauern falsch. Wenn sie gebeten werden, lassen sie sich nicht erbitten, sondern bleiben hart wie Stein und erheben sich in dieser Härte, bis sie in ihrer Überheblichkeit vor Gottes gerechtem Richterspruch verurteilt werden. Vom Land her sind sie bäurisch und vom Dorf her tölpisch; sie sind grausam und unmenschlich, sie reden eitel und mit gespaltenen Zungen. Sie sind vollgefressen wie die Kröten, sie ziehen nachts aus wie die Eulen und stehlen wie die Räuber, verspritzen Gift wie die Drachen. Man sollte die Bauern erschlagen. Dies gilt ein für allemal, daß unter tausend nicht einer ist, der noch nie gestohlen hätte: Sie folgen der bösen Tradition, weil sie aus bösem Samen entstanden sind. Jeder von ihnen ist ein zweiter Judas. Drum sollst du ihn heimlich lächelnd betrügen und ihn in deinem Herzen dabei auslachen. Wenn er etwas gibt, sollst du es nicht nehmen, ausgenommen Geld. Wenn welche von uns sie stechen, so sind die Bauern bereit zu kriechen, wenn aber welche von den Unseren ihnen schmeicheln, so sind sie bereit zu stechen, darin bleiben sie immer gleich. Sie kehren sich nicht an die Religion, sie bekleiden sich mit Lammfell, während ihr Inneres wölfisch ist; dabei bellen sie wie die Hunde, diese verdammten Bauern. Die Bauern sind Betrüger und dreckige Lügner und gegen alle rebellisch. Sie furchten sich vor allem, drohen aber dabei. Möge ihnen der Mangel zur Seite stehen. Ο was für falsche Spötter sind die bäurischen Verräter, die Henker der Städte und Verleumder der Fremden, Liebhaber von Verbrechen sind sie. Ich kenne niemanden, Bekannte und Unbekannte, der die Beweggründe eines Bauern wirklich durchschaut, denn dieser liebt nur sich allein und ist voller Mißgunst. Die Bauern seien verflucht, Unheil und Pest möge sie treffen. Denn sie sind immer falsche Zeugen in ihren groben Kleidern, in denen sie aussehen wie Narren. Diese verfluchten Schlangen sind um ihrer Sünden willen geplagt. Siesollen nicht siegen, sondern immer besiegt werden und mit Ketten gefesselt vor Gericht gestellt werden. Was jetzt vorbereitet wird, soll ihnen allen zuteil werden: Jeder von ihnen wird zum Feuertod verurteilt werden. Das ist dringend erforderlich. Im Unglück sind sie rebellisch, haben nie Freude am Guten, bereuen nicht ihre Sünden, kennen keine

Bauernschelte

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Todesfurcht. Mögen sie elend umkommen. Sie scheinen ein gutes Leben zuführen und wirken wie Einsiedler, dabei sind ihre Betrügereien nicht zu zählen; bei der Höllenstrafe werden sie aber nicht vergessen sein. Wenn jemand mit ihnen in freundschaftliche und geschäftliche Beziehungen tritt, so streiten sie alle Verbindlichkeiten ab. Darum sollen sie alle zu einer grausamen Höllenstrafe verdammt werden. Dort sollen sie immer verbleiben und im Feuer Dienste leisten, wo die verderbten Geschlechter weilen, unter Stöhnen und Heulen. Denn ich spreche nicht von Gerechten. Gute soll man immer lieben, Böse verschmähen. Gerechte soll man immer ehren, Verderbte jedoch unter das Höllenvolk bringen. Euch aber, ihr Bauern, samt eurer gottlosen Brut möge die Jungfrau Maria auf den rechten Weg zurückführen. 1460. In: Bertalot, Ludwig, S. 8 3 f. Der aus Nürnberg stammende Lorenz Schaller, seit 1472 in diplomatischen Diensten bei Herzog Wilhelm von Sachsen, sammelte in seinen italienischen Studienjahren Gelehrtenbriefe, humanistische Traktate sowie mittellateinische Poesie und faßte sie in einem Codex zusammen. Die in dem hier verzeichneten Gedicht >Gegen die Bauern< enthaltenen Schmähungen sind typisch für die lateinische Vagantendichtung des Mittelalters. Es ergeben sich Berührungspunkte zu der aus stadtbürgerlichen (Fastnachtsspiele) und adligen (Bauernschelte) Kreisen stammenden Literatur, in der der Bauer als Stand verspottet und verachtet wurde.

5. Strebe nicht nach Ritterwürden Der Bauer als Ritter war ein Lieblingsthema der mittelhochdeutschen Dichtung generell und beschäftigte als >Problemfall< insbesondere die Ständesatire immer wieder. Nachdem sich im hohen Mittelalter Bauer und Ritter als sich in wirtschaftlicher, rechtlicher und sozialer Hinsicht deutlich kontrastierende Stände herausgebildet hatten, versuchten namentlich wohlhabende Bauern, es dem Ritter auf verschiedene Art und Weise gleichzutun. Man legte gute, auffallende Kleidung an und gab an kirchlichen Feiertagen oder bei Familienfesten üppige Gelage. Vor allem durch das Tragen von Waffen und Rüstungen, die nur den Oberschichten zustanden, bis hin zur Veranstaltung von Turnieren wollte man ritterliche Lebensweise nachahmen. Entsprechend den Geboten der mittelalterlichen Ständelehre wurden solche Bauern, die über ihren Stand hinausstrebten, zurechtgewiesen. >Ein Knecht aber soll keinerlei Recht auf Ritterschaft besitzen< In bezug auf die Söhne von Priestern, Diakonen und Bauern bestimmen Wir, daß sie niemals einen Rittergürtel nehmen dürfen, und die ihn bereits genommen haben, sollen durch den Landrichter aus der Ritterschaft verstoßen werden. Wenn aber der Herr eines dieser Leute gegen den Einspruch des Richters einen in der Ritterschaft zu behalten trachtet, soll dieser Herr dem Richter mit 10 Pfund verfallen; ein Knecht aber soll keinerlei Recht auf Ritterschaft besitzen. 29. Dezember 1186. Kaier Friedrichs I. Brief gegen die Brandstifter. In: Constitutiones, Band 1, Nr. 318, S. 451 f., c. 20. (Übers, in: Weinrich, Lorenz, Nr. 77, S. 315, c. 20.

272

Der Bauer im Weltbild des Mittelalters

Im Zusammenhang mit der vollen Entfaltung der Ständegesellschaft traten sich Adel und Bauern als gesellschaftliche Gegenpole gegenüber. Dieser Abgrenzungsprozeß, in dessen Verlauf sich die privilegierten Oberschichten von der Masse der Bevölkerung abhoben, spiegelt sich in der Bestimmung wider, daß beispielsweise Bauern nicht mit dem Schwert umgürtet und durch diese symbolische Handlung zum Ritter erhoben werden dürfen. >Wenn sie nicht furchtsam sich ducken, aufgeblasen emporjucken< Als Hartmann wenige Jahre Abt gewesen war, ging er zur größten Trauer der Unsrigen dahin und hinterließ unser Kloster im höchsten Ansehen. Er war ein beharrlicher Anhänger der Zucht der Väter und ein anhaltender Einpräger der Wissenschaft, abgesehen davon, daß er, nicht ohne Schaden für unsere Städte, diejenigen, die unsere Ländereien bebauten und fur den Betrieb des weltlichen Besitztums zu sorgen hatten, weniger sorgfältig beaufsichtigte. Denn während er nur für die Leitung des Klosters sorgte und die Pröpste in heiliger Einfalt den religiösen Eifer, den er lehrte, auch außerhalb des Klosters in schärfster Weise bewahrten, hatten die Meier der Orte, über die geschrieben ist, daß die Knechte, wenn sie nicht furchtsam sich ducken, aufgeblasen emporjucken, geglättete Schilde und Waffen zu führen begonnen. Sie hatten gelernt, mit anderem Klange als die übrigen Bauern in die Hörner zu blasen. Hunde haben sie gehegt, zuerst für Hasen, zuletzt auch nicht für Wölfe, sondern um Bären und um Eber, wie einer gesagt hat, zu jagen. Die Kellermeister, sagten sie, mögen Höfe undÄkker bebauen. Wie wollen unsere Lehengüter besorgen und der Jagd, wie es Männern geziemt, nachgehen.

Um 1030. Über die Meier des Klosters St. Gallen/Schweiz. In: Casus sancti Galli, S. 176. (Übers, in: Franz, Günther [1967], Nr. 53, S. 135

97 Karikatur eines dicken Bauern. Holzschnitt von Hans Weiditz. Um 1520 (Staatliche M u s e e n , Kupferstichkabinett, Berlin) Der Dickwanst, der seinen gewaltigen Bauch auf einer Karre vor sich herschiebt u n d in h o h e m Bogen spuckt, ist d u r c h die Kleidung als Bauer g e k e n n z e i c h n e t ; seine b i l d h a f t drastisch ausgedrückte Maßlosigkeit im Essen u n d Trinken läßt, ebenso wie in den Tanzu n d Kirmesdarstellungen Spott des Städters gegenüber d e m Bauernstand erkennen.

Strebe nicht nach Ritterwürden

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Ekkehard IV, Mönch in St. Gallen, setzte eine ihm vorliegende, 883 endende Chronik des Klosters St. Gallen unter dem Titel >Casus sancti Gallic< (Ereignisse aus dem Kloster St. Gallen) fort; diese wurde nach seinem Tode bis 1094 weitergeführt. Die Chronik ist eine wichtige kulturgeschichtliche Quelle für das Leben der Mönche und ihren Schulbetrieb in einem Kloster. Die innerhalb der Villikationsverfassung die Nebenhöfe verwaltenden Meier versuchten sich gegenüber ihrem Grundherrn, an den sie die bäuerlichen Abgaben abzuführen hatten, selbständig zu machen, in die eigenen Taschen zu wirtschaften und wie die Herren zu leben. Diese Bestrebungen waren mit ein Grund dafür, daß die Grundherren im hohen Mittelalter die Villikationsverfassung auflösten und die den Meiern unterstehenden Ländereien direkt an die Bauern gegen ein Leistungsfixum verliehen. >Wie reich ein Bauer auch wär, er sollte die Ritterschaft meiden< Ich wollte, daß mir Gott bestätigt das: So Schild und Schwert ihm segnet, daß ihm auf der Stelle der Schild würde zum Pflugbrett, das Schwert zum Pflugreutel, sein seidener Beutel, wenn er ihn umhinge, daß er um ihn ginge und ein gutes Sätuch wär. Noch tät ich einen Fluch, wenn mich Gott erhörte, daß seine Gürtelborte ein hänfener Futterstrick würde: Das wäre ein lieber Anblick. Legte er Ritterkleider an, so werde ihm seine Vorspange zu einer Egge. Das müßte er so erleiden, und daß ihm sein Renngewand, mit dem er auf den Buhurt (ritterliches Turnier) rannt, würde zu einem alten Kittel [...] Ein Bauer reich und wert, wenn man dem segnet das Schwert, der wird unwert ein Ritter. Er hätte in seiner Hausgenossenschaft mehr Würden und mehr Ansehen. Wie reich ein Bauer auch wär, er sollte die Ritterschaft meiden. Einem Halbritter ich nicht gönne,

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Der Bauer im Weltbild des Mittelalters

daß er ein Ministerieller [in königlichem Dienst stehender niedriger Adliger] sei. Ich will raten, daß ein Graf nicht habe reicher Fürsten Hof. Ein Fürst trägt des Königs Krone nicht, ehe Wahl und Weihe ihm geschieht. Der Kaiser geht den Königen vor, denn ihn hebt der Papst empor zum Haupt der ganzen Christenheit. Herr, das sei euch gesagt: Ein frommer Mann in seiner Art, der seine Treu und Ehr bewahrt, er soll uns allen lieb sein, das rat ich, lieber Herre mein. E n d e 13. J a h r h u n d e r t . Seifried Helbling,

S. 195 ff.

Besonders in Österreich, woher der unbekannte Verfasser des Ende des 13. Jahrhunderts verfaßten Gedichtes stammt, gab es innerhalb der ländlichen Bevölkerung zahlreiche wohlhabende Bauern, die nach Ritterwürden strebten. Sie wurden vom Dichter ebenso getadelt wie alle jene, die nicht so lebten, wie es ihr >Stand< vorschrieb. >Wenn der Bauer höfisch tut< »Gnade, Herr«, sprach mein Knecht, »ich sage es mit des Landes Recht. Wenn der Bauer höfisch tut, schnell hat er der Herren Sinn, und ist das Land doch von Herren voll: Ich weiß nicht, wie sich einrichten soll das adlige Volk, klein und groß, macht ihr den Bauern zum Hausgenossen.« Ich sprach: »Du redest von reichen Rittern: Leben sie nicht ritterlich? Sie haben doch Ehre und Gut.« »Ja, Herr, und ritterlichen Mut!« Es sprach der Knecht: »Sie haben viel!« Ihr Geschrei ich erläutern will: »Pfui, meine Herren, roter Mund! Man gibt den Weizen für ftinf Pfund!«

E n d e 13. J a h r h u n d e r t . Seifried H e l b l i n g , S. 119.

Die hier geübte Standeskritik richtet sich sowohl gegen den hoffärtigen Bauern wie gegen den gewinnsüchtigen Ritter, der, gar nicht standesgemäß, sich dafür interessiert, zu welchem Preis der Weizen gehandelt wird. Der >AdelSchachzabelbuch< (Sp. 138), hat sich >tugendhaft< zu benehmen.

Strebe nicht nach Ritterwürden

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>Ein Bauer war zum Ritter worderx Ein Bauer war zum Ritter worden. Den lehnt' man ab in diesem Orden. Da bat er mich, ihm Rat zu geben, wie er in diesem Stand sollt leben, ob er ein Adliger werden könnte: Ich bin von Herkunft ein Bauer. Das sprach ich: Ich will Euch lehren. Wollt Ihr Euer Ansehn mehren und werden ein rechter Edelmann, so seid den Leuten Untertan und dient allen gleichermaßen, sie seien arm oder reich. Laßt ab von Euren Abenteuern. Wo man sich gegen den Feind zusammentut, da seid der vorderste zu aller Pflicht! Leib und Gut, das wägt nicht, wann man den Preis erringt, so seid Ihr wert und gut wie ein edler Ritter. Wollt Ihr aber müßig sein, bei Abenteuern und beim Wein, so wird man Euch vorhalten, wer Euer Vater gewesen ist.

14. Jahrhundert. Heinrich der Teichner, Band 2, S. 25.

Selbst dann, wenn, wie hier unterstellt wird, es dem Bauern gelungen war, Ritter zu werden, so wurde er zwar gelobt, wenn er im Kampf erfolgreich war, mußte sich aber in ruhigeren Zeiten den Vorwurf gefallen lassen, von unedler Geburt zu sein. >Ich hoffe, einen Ritter zu gewinnen< Da sprach ein Mädchen: Die Wiesen sollen sich mit Tau bedecken. Wollt ihr des Sommers Wunder schauen? Die Bäume, die den Winter über standen fahl ohne Zahl, die sieht man wieder in dem Walde grünen. In ihnen singt die Nachtigall. Hör, wie die Vögel alle tönen, wie sie den Mai mit ihrem Sange krönen! Ich mein, der Winter ist zu Ende. Frau Wierät, spring, daßich dir's immer danke.

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Der Bauer im Weltbild des Mittelalters

Die Linde steht in vollem Laub. Dort sollen wir uns heuer wiederfinden. Vordem Wald sind Rosen viel gewachsen, davon will ich ein Kränzlein wohlgetan aufsetzen. Tanz ich an eines Ritters Hand mit frohem Sinne. Nun wohlan! » Töchterchen, laßab von ihm. Willst du die Ritter zum Tanze drängen, die nicht deinesgleichen sind, Töchterchen, du wirst ganz sicher Schaden nehmen. Der junge Bauer verlangt nach dir.« »Schickt ihr mir den Bauern auf die Fersen! Lch hoffe, einen Ritter zu gewinnen! Was soll ein Bauer mir zum Mann?« Der kann nach meinem Willen mich nicht lieben. Er lerne, meiner zu entraten.« » Töchterchen, du sollst ihn nicht verschmähen, du willst aus Unverstand der Ritter Bindung. Das kränkt all deine Freunde. Manchen Eid schworst du, ungelogen. Deine Gesinnung treibt dich weg von mir.« »Mutter mein, laßt euer Zanken. Ich will meine Freunde für ihn wagen, dem meinen Willen ich noch nie verbarg. Überall sollen ihn die Leute wissen, mein Sinn, der steht nach Reuenthal.«

13. Jahrhundert. Neidhart von Reuenthal, S. 40 ff.

Neidhart von Reuenthal kannte Sorgen und Nöte, aber auch die Freuden und Feste der Bauern recht gut. Ihr Leben begann den Dichter zu fesseln und brachte ihn mit der traditionellen höfischen Sitte in Konflikt. Bauer und Bäuerin wurden schließlich zum zentralen Motiv seiner Sommer- und Winterlieder, in denen er das Leben auf dem Lande in bunten Farben schilderte und sich dabei bewußt von den erstarrten Konventionen des Minnesangs abwandte. Wenn die Bauernburschen mit ihren Mädchen beim Tanz unter der Linde ihre >Reien< traten, war auch Neidhart zur Stelle. Er liebte so manche Dorfschöne ... und wurde wieder geliebt, zum Leidwesen seiner bäuerlichen Nebenbuhler, die ihm manches Schnippchen schlugen. Wenn im angeführten Text eine Mutter ihrer Tochter dringend abrät, sich mit einem >Ritter< - hier ist es der Dichter selbst - einzulassen, so folgt sie der alt-

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eingewurzelten Vorstellung, wonach den Bauern vom Ritter eine tiefe, unüberwindliche Standesschranke trenne. Aufstieg und Fall eines Bauern, der Ritter werden wollte Der eine schildert, was er sieht, der andre das, was ihm geschieht, der dritte spricht von Minne, der vierte von Gewinne, der fünfte spricht von großem Gut, der sechste von erhabnem Mut: Ich schildre hier, was mir geschah, was ich mit eignen Augen sah. Ich sah, das ist gewißlich wahr, einen Bauerssohn, desselben Haar war lockig und wie Stroh so blond; bis in den Rücken tief er könnt es fallen lassen voll herab. Dem Haar er eine Haube gab, die war mit Bildern ausgeschmückt; so viele Vögel hat erblickt wohl niemand je aufHauben: Selbst Papagein und Tauben dort waren kunstvoll aufgenäht. — Was alles draufstand, gleich ihr seht. Ein Meier, der sich Helmbrecht nannt, zum Sohne hatte diesen Fant, dessen Geschichte ich begann. Wie jener hieß der junge Mann; denn beide nannt man Helmbrecht. [...] »[...] doch, lieber Sohn, verwinde, zum Hof zu reiten, dein Begehr; das Ritterleben ist zu schwer für die, die nicht von Kindheit an den höfischen Sitten

Untertan.

Nein, lieber Sohn, führ du den Stier oder den Pflug und ich das Tier, daß wir bestelln die Hufe; so gehst mit gutem Rufe du einst zu Grab, allwie auch ich; denn das erhoff ich sicherlich, hab ja gelebt in Treuen,

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kein Unrecht zu bereuen, auch brachte ich ja alle Jahr rechtmäßig meinen Zehnten dar und hab gelebt so meine Zeit stets ohne Zank und ohne Streit.« »Mein lieber Vater«, sprach der Sohn, »o schweig und sprich nicht mehr davon! Nicht anders kann's geschehen: ich selbst muß hin und sehen, wie's Ritterleben schmecke. Nie werd ich deine Säcke mehr auf dem Nacken tragen und nie auf deine Wagen ich dir den Mist mehr schaffen. Fürwahr, Gott soll mich strafen, wenn ich je hinterm Ochsen geh und deinen Hafer nochmals sä; das paßte schlecht, 's ist wirklich wahr, zu meinem langen blonden Haar mit seinem wallenden Gelock, schlecht auch zu meinem schönen Rock und zu der schmucken Haube, auf die manch seidne Taube gestickt mir worden ist von Fraun — wie helf ich dir das Feld bebaun.« [...] »Mein Vater, bin ich erst beritten, so glaub ich in den höfischen Sitten mich so stets zu bewegen wie's die am Hofe pflegen. Wer nur die Haube, schön gestickt, auf meinem Kopfe hat erblickt, der schwört mit tausend Eiden: sie muß 'nen Ritter kleiden — fuhrt ich auch manch Gespann und trug dir durch die Furche manchen Pflug. Und werd ich erst anhaben das Kleid, das gestern gaben die Mutter und die Schwester mir, daß wohlversehn ich zieh von hier: so gleiche ich, das ist doch klar,

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dem nicht mehr, der ich vorher war, oh ich nun auf der Tenne stand, den Dreschflegel in meiner Hand, und Korn drosch oder, oft genug, auch Pflöcke in den Boden schlug. Wenn außerdem dann Fuß und Bein noch werden ausstaffieret sein mit Hosen und mit Lederschuhn: daß ich mit Zäunen hatt zu tun für dich oder 'nen Nachbarsmann, das sieht dann niemand mehr mir an. [...]« »Bist du [der Sohn] auch selbst entschlossen, als gleichen Ranggenossen dich zu geselln dem Edelmann, dir's dennoch nicht gelingen kann, denn er bringt Haßdir nur dafür; du kannst auch sicher glauben mir, daß sich kein Bauer darum schert, wenn dann ein Leid dir widerfahrt. Und nähm ein echter Ritter dem Bauer alle Güter, er käme besser doch davon als du, das wisse nur, mein Sohn. Nimmst du ihm auch nur ein Stück Brot, mein liebes, gutes Kind, bei Gott! Bekommt er dich in seine Hand, so bist du Bürge ihm und Pfand für alle, die ihm was genommen; er läßt dich nicht zu Worte kommen, will gleich Abrechnung halten und glaubt mit Gott zu schalten, erschlägt er dich beim Raube. [...]« »Nein, Vater, was mich auch anficht, von meinem Auszug laß ich nicht; ich mußdie weite Welt beschaun. Einen andern nimm zum Sohn dir, traun, der mit dem Pfluge sich abmüht; vor mir das Rind nun brüllend flieht, wenn übers Feld ich's treibe. Daß ich so lang hier bleibe,

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Der Bauer im Weltbild des Mittelalters

98 Neidhart von Reuenthal, umringt von Bauern. Miniatur aus der Manessischen Liederhandschrift. Um 1314

(Universitätsbibliothek Heidelberg; Signatur: Cod. Pal. Germ. 848, fol. 273 a, Reproduktion nach Manessische Liederhandschrift) Die Heidelberger Liederhandschrift ist das bedeutendste Denkmal profaner Buchmalerei der Gotik und die größte mittelhochdeutsche Liedersammlung von 140 meist süddeutschen Minnesängern, die in 137 ganzseitigen Miniaturen von vermutlich vier Künstlern dargestellt sind. In der nach dem Züricher Ratsherrn Rüdiger Manesse und dessen Sohn Johannes benannten Prachthandschrift sind zu den Miniaturen die Namen der Minnesänger zwar angegeben, jedoch sind daraus keine porträthaften Züge abzuleiten. Das hochgotische Idealbild eines ritterlichen Sängers wurde oft konfrontiert mit der >frouwe< gezeichnet, der der Minnedienst galt. Bei Neidhart von Reuenthal n i m m t das Bild Bezug auf dessen Lieder; es sind Tanzlieder in >dörperweise Benediktinerregel· zum >EzzoliedWettermacher< den Witterungsverlauf bestimmen könnten. Vgl. Blöcker, Monica: Wetterzauber. Zu einem Glaubenskomplex im frühen Mittelalter. In: Francia, Band 9. 1981, S. 121 ff.; dies.: Volkszorn im frühen Mittelalter. Eine thematisch begrenzte Studie. Ebenda. Band 13, 1985, S. 123 f.; Mordek, Hubert/Glatthaar, Michael: Von Wahrsagerinnen und Zauberern. Ein Beitrag zur Religionspolitik Karls des Großen. In: Archiv für Kulturgeschichte, Band 75. 1993, S. 33 ff. Vgl. Wohlfeil, Rainer und Trudl: Landsknechte im Bild. Überlegungen zu einer »Historischen Bildkunde«. In: Bauer, Reich und Reformation. Festschrift für Günther Franz zum 80. Geburtstag. Herausgegeben von Peter Blickle. Stuttgart 1982, S. 104 ff.; Talkenberger, Heike: Von der Illustration zur Interpretarion. Das Bild als historische Quelle. Methodische Überlegungen zu einer Historischen Bildkunde. In: Zeitschrift für historische Forschung, Band 2. 1994, S. 289 ff.; bei der Analyse und Interpretation von Bildzeugnissen wurden namentlich im Bereich der mittelalterlichen Stadtgeschichtsforschung methodische Fortschritte erzielt. Vgl. Jacob, Frantz-Dietrich: Aspekte zu Entwicklung und Aufgaben der Historischen Bildkunde. In: Festschrift für Ernst-Heinz Lemper. Beiheft zum Görlitzer Magazin. Görlitz 1989, S. 14 ff.; Boockmann, Hartmut: Die Stadt im späten Mittelalter. München 3 1994; ders.: Deutsche Städte um 1500 in den Augen von Zeitgenossen. In: Studien zum 15. Jahrhundert. Festschrift für Erich Meuthen, Band 2. München 1994, S. 957 ff.; ders.: Das Zentrum einer spätmittelalterlichen Stadt. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht. Jahrgang 47, Heft 12. 1996, S. 745 ff. Vgl. allgemein auch Lexikon der Kunst in fünf Bänden. Herausgegeben von Ludger Alscher und anderen. Leipzig 1968-1978 mit Literaturhinweisen zu den einzelnen Stichworten; Thesaurus des images medievales. Pour la constitution de bases de donnees iconographique (Centre de recherches historiques) (Ecole des hautes etudes en sciences sociales). Paris 1993. Patzelt, Erna: Das Bild als urkundliche Quelle der Wirtschaftsgeschichte. In: Archivalische Zeitschrift. Band 50/51. 1955, S. 245 ff. Achilles, Walter: Die Herkunft eines hochmittelalterlichen Psalteriums aus dem Braunschweiger Stift St. Blasii. In: Braunschweigisches Jahrbuch. Band 66. 1985, S. 182. Appelt, Heinrich: Mittelalterliche Realienkunde Österreichs als Forschungsaufgabe. In: Europäische Sachkultur des Mittelalters. In: Veröffentlichungen des Instituts für mittelalterliche Realienkunde Österreichs, Band 4. Wien 1980, S. 7 ff.; Bäuerliche Sachkultur des Spätmittelalters. Ebenda, Band 7. Wien 1984; Alltag im Spätmittelalter. Herausgegeben von Harry Kühnel. Graz - Wien - Köln 2 198 5; Brunner, Karl; Jaritz, Gerhard: Landherr - Bauer - Ackerknecht. Der Bauer im Mittelalter. Klischee und Wirklichkeit, a.a.O.; Pictura quasi figura. Die Rolle des Bildes in der Erforschung von Alltag und Sachkultur des Mittelalters und der frühen Neuzeit. In: Forschungen des Instituts für Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Band 1, Wien 1996. Die Funktion der schriftlichen Quelle in der Sachkulturforschung. In: Veröffentlichungen des Instituts für mittelalterliche Realienkunde Österreichs, Band 1. Wien 1976, S. 5. Vgl. Kocka, Jürgen: Max Webers Bedeutung für die Geschichtswissenschaft. In: Max Weber, der Historiker. Herausgegeben von Jürgen Kocka. Göttingen 1986, S. 13 ff.; in der deutschen Mittelalterforschung fand das Werk dieses bedeutenden Historikers nur wenig Beachtung. Eher eine Ausnahme ist in dieser Hinsicht Karl Bosl. Nach einer Vortragsreise in Japan 1965 (!) wies Bosl auf den »starken Eindruck« hin, »den offensichtlich die geschichtlich gesättigte Soziologie Max Webers auf Geschichtsdenken und Methode der Japaner gemacht hat.« Bosl weiter: »Deutschlands Geschichtsdenken bewegte sich allzulange in ausschließlich individualistischen Bahnen und verlor damit den Zusammenhang mit der Welt ... Vielleicht hat kein Deutscher seit der Klassik in der Welt einen so tiefen und nachhaltigen Eindruck hinterlassen wie Max Weber, der große

Einleitung

319

Individualist, der auch die deutschen Historiker gesellschaftliches D e n k e n lehrte.« Vgl. Bosl, Karl: D i e Gesellschaft in der Geschichte des Mittelalters. G ö t t i n g e n 1966, S. 5; ders.: G r u n d l a g e n der m o d e r n e n Gesellschaft im Mittelalter. Eine deutsche Gesellschaftsgeschichte des Mittelalters. Teile I u n d II, Stuttgart 1972, W i d m u n g u n d Vorwort; ders.: M e n s c h u n d Gesellschaft in der Geschichte Europas. M ü n c h e n 1972, S. 9 f.; vgl. auch M o m m s e n , Wolfgang/ Schwentker, Wolfgang: M a x Weber u n d das m o d e r n e Japan. G ö t t i n g e n 1999, S. 2 4 ff. 24

D a z u grundsätzlich Oexle, O t t o - G e r h a r d : Was deutsche Mediävisten an der französischen Mittelalterforschung interessieren m u ß . In: Mittelalterforschung nach der W e n d e 1989, a.a.O.,S. 8 9 ff.; vgl. weiter: D i e R ü c k e r o b e r u n g des historischen

Denkens. Grundlagen

der

neuen

Geschichtswissenschaft. Herausgegeben von Jacques Le G o f f u n d anderen. F r a n k f u r t a. Μ . 1990; Raphael, Lutz: D i e E r b e n von Bloch u n d Febvre. Annales - Geschichtsschreibung u n d nouvelle histoire in Frankreich 1 9 4 5 - 1 9 8 0 . Stuttgart 1994; Alles G e w o r d e n e h a t Geschichte. D i e Schule der >Annales< in ihren Texten. Herausgegeben v o n M a t t h i a s Middell. Stuttgart 1997. 25

Bloch, Marc: Die Feudalgesellschaft. D t . Ausgabe. F r a n k f u r t a. M . - W i e n - Berlin 1982; Raulff, Ulrich: Ein Historiker im 20. J a h r h u n d e r t . M a r c Bloch. F r a n k f u r t a. M . 1995; Raphael, Lutz: Die Erben von Bloch u n d Febvre. Annales - Geschichtsschreibung u n d nouvelle histoire in Frankreich 1 9 4 5 - 1 9 8 0 , a . a . O .

26

Le G o f f , Jacque: F ü r ein anderes Mittelalter. F r a n k f u r t a. M . 1984; D e r M e n s c h des Mittelalters. Herausgegeben von Jacques Le Goff. F r a n k f u r t a. M . 2 1 9 9 0 ; ders.: D a s alte E u r o p a u n d die Welt der M o d e r n e . D t . Ausgabe. M ü n c h e n 1996.

27

Duby, Georges: Krieger u n d Bauern. Die E n t w i c k l u n g von W i r t s c h a f t u n d Gesellschaft im f r ü h e n Mittelalter. D t . Ausgabe. F r a n k f u r t a. M . 1997; ders.: D i e drei O r d n u n g e n . Das Weltbild des Feudalismus. D t . Ausgabe. F r a n k f u r t a. M . 1981; ders.: Ritter, Frau u n d Priester. D t . Ausgabe. F r a n k f u r t a. M . 1985; Geschichte des privaten Lebens, B a n d 2: Vom Feudalzeitalter zur Renaissance. Herausgegeben v o n Georges Duby. D t . Ausgabe. F r a n k f u r t a. M . 1990; ders.: Eine andere Geschichte. D t . Ausgabe. Stuttgart 1992.

28

Le Loy Ladurie, E m m a n u e l : M o n t a i l l o u . Ein D o r f vor d e m Inquisitor 1 2 9 4 - 1 3 2 4 . D t . Ausgabe. F r a n k f u r t a. M . - Berlin - W i e n 1980; ders.: D i e Bauern des Languedoc. D t . Ausgabe. Stuttgart 1983.

29

E n t s p r e c h e n d e D e n k a n s t ö ß e w u r d e n seit den 80er Jahren auch in der deutschen Mittelalterfors c h u n g a u f g e n o m m e n . Vgl. Mentalität u n d Alltag im Spätmittelalter. Herausgegeben von C o r d Meckseper u n d Elisabeth Schraut. G ö t t i n g e n 1985; M e n t a l i t ä t e n im Mittelalter. M e t h o d e n u n d inhaltliche Probleme. Herausgegeben von Frantisek Graus. In: Vorträge u n d Forschungen. H e r ausgegeben v o m Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte, Band 35. Sigmaringen 1987; Europäische Mentalitätsgeschichte. H a u p t t h e m e n in Einzeldarstellungen. Stuttgart 1993; Tanz, Sabine: V o m Sinn der Mentalitätsgeschichte. Bilanz u n d Ausblick. In: Mittelalterforschung nach der W e n d e 1989, a.a.O., S. 2 2 7 ff.

30

Kritisch z u m Mentalitätsbegriff der Annales-Schule Schreiner, Klaus: Von der Schwierigkeit, mittelalterliche M e n t a l i t ä t e n kenntlich u n d verständlich zu m a c h e n . In: Archiv f ü r Kulturgeschichte, Band 68, 1986, S. 2 1 7 ff.; vgl. auch F u h r m a n n , H o r s t : E i n l a d u n g ins Mittelalter. M ü n chen 1987, S. 2 8 2 ; Borgolte, Michael: »Selbstverständnis« u n d »Mentalitäten«. Bewußtsein, Verhalten u n d H a n d e l n mittelalterlicher M e n s c h e n im Verständnis m o d e r n e r Historiker. In: Archiv f ü r Kulturgeschichte, Band 79, 1997, S. 189, der m i t Recht kritisiert, d a ß bei der Suche nach »einheitlicher Sinnstiftung« im Selbstverständnis mittelalterlicher M e n s c h e n u n d G r u p p e n die W i d e r s p r ü c h l i c h k e i t e n zu wenig beachtet w ü r d e n . Diese Feststellung gilt beispielsweise auch f ü r Gurjewitsch, A a r o n J.: D a s Weltbild des mittelalterlichen M e n s c h e n . M ü n c h e n 5 1 9 9 7 ; allgemein Goetz, H a n s - W e r n e r : M o d e r n e Mediävistik. Stand u n d Perspektiven der Mittelalterforschung, D a r m s t a d t 1999, S. 2 7 7 ff.

320

Anmerkungen

Anmerkungen zu Kapitel I. Bauernarbeit trägt die Welt 1

Z u m Folgenden vgl. Pape, Ingrid: Accola, agricola, cultor u n d incola als Rechtsbegriffe im früh e n u n d h o h e n Mittelalter. In: J a h r b u c h zur Wirtschaftsgeschichte, Teil II. 1970, S. 195 ff. W o r t u n d Begriff »Bauer«; Begriff u n d historische Wirklichkeit. Herausgegeben von Reinhard Wenskus; H e r b e r t J a n k u h n u n d Klaus G r i n d a , a. a. O .

2

Vgl. generell Verhulst, Adriaan: Die G r u n d h e r r s c h a f t s e n t w i c k l u n g im ostfränkischen R a u m vom 8. bis 10. J a h r h u n d e r t . G r u n d z ü g e u n d Fragen aus westfränkischer Sicht. In: S t r u k t u r e n der G r u n d h e r r s c h a f t im f r ü h e n Mittelalter, a. a. O . , S. 2 9 ff.; ders.: Aspekte der G r u n d h e r r s c h a f t s e n t w i c k l u n g des Hochmittelalters aus westeuropäischer Perspektive. In: G r u n d h e r r s c h a f t u n d bäuerliche Gesellschaft im Hochmittelalter, a. a. O . , S. 16 ff.; K u c h e n b u c h , Ludolf: Potestas u n d utilitas. Ein Versuch über Stand u n d Perspektiven der Forschung zur G r u n d h e r r s c h a f t im 9 . 13. J a h r h u n d e r t . In: Historische Zeitschrift, Band 269, 1997, S. 117 ff.

3

Postan, Moisei Mihail: Medieval agrarian society in its prime: England. In: T h e C a m b r i d g e econ o m i c history of Europe. Edited by Moisei Mihail Postan. Τ. I. C a m b r i d g e 2 1 9 6 6 , S. 548 ff.

4

Duby, Georges: Medieval Agriculture ( 9 0 0 - 1 5 0 0 ) . In: T h e F o n t a n a E c o n o m i c H i s t o r y of Europe. T. 1. L o n d o n 1969, S. 6 0 ff.

5

Rösener, Werner, G r u n d h e r r s c h a f t im Wandel, a. a. Ο . , S. 8 3 ff.

6

Vgl. Fossier, Robert: Polyptyques et censiers. In: Typologie des sources d u moyen-äge occidental. Τ. 28. Paris 1978; H ä g e r m a n n , Dieter: Quellenkritische B e m e r k u n g e n zu den karolingerzeitlichen Urbaren u n d Güterverzeichnissen. In: Strukturen der G r u n d h e r r s c h a f t im f r ü h e n Mittelalter, a. a. O . , S. 4 7 ff.; ders.: Wandel der klösterlichen G r u n d h e r r s c h a f t im 11. J a h r h u n d e r t ? Beo b a c h t u n g e n an d e m U r b a r des B e n e d i k t i n e r i n n e n k l o s t e r s Kitzingen in U n t e r f r a n k e n . In: G r u n d h e r r s c h a f t u n d bäuerliche Gesellschaft im Hochmittelalter, a. a. O . , S. 162 ff.; Bünz, E n n o : Probleme der hochmittelalterlichen Urbarüberlieferung. Ebenda, S. 31 ff.; K u c h e n b u c h , Ludolf: Die A c h t u n g vor d e m alten Buch u n d die Furcht vor d e m neuen. Caesarius von Milend o n k erstellt 1222 eine Abschrift des P r ü m e r Urbars von 893. In: Historische Anthropologie, Band 3, 1995, S. 175 ff.

7

Z u r H e r a u s b i l d u n g eines Bauernstandes im Mittelalter vgl. Fleckenstein, Josef: Z u m Problem der Abschließung des Ritterstandes. In: Historische Forschungen f ü r Walter Schlesinger. Köln - W i e n 1974, S. 2 5 2 ff.; ders.: Die E n t s t e h u n g des niederen Adels u n d das R i t t e r t u m . In: Herrschaft u n d Stand. U n t e r s u c h u n g e n zur Sozialgeschichte des 13. J a h r h u n d e r t s . Herausgegeben von Josef Fleckenstein. G ö t t i n g e n 2 1 9 7 9 , S. 17 ff.; ders.: R i t t e r t u m zwischen Krieg u n d Frieden. In: Träger u n d I n s t r u m e n t a r i e n des Friedens im h o h e n Mittelalter. Herausgegeben von J o h a n n e s Fried. In: Vorträge u n d Forschungen. Herausgegeben v o m Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte. Band 43. Sigmaringen 1996, S. 151 ff. Rösener, Werner: Bauer u n d Ritter im H o c h mittelalter. Aspekte ihrer Lebensform, Standesbildung u n d sozialen Differenzierung im 12. u n d 13. J a h r h u n d e r t . In: Institutionen, Kultur u n d Gesellschaft im Mittelalter. Festschrift f ü r Josef Fleckenstein. Sigmaringen 1984, S. 6 6 5 ff.; ders.: Bauern im Mittelalter, a. a. O . , S. 18 ff.; Goetz, H a n s - W e r n e r : Leben im Mittelalter, a. a. O . , S. 137 ff.

8

H o f f m a n n , H a r t m u t : Gottesfriede u n d Treuga Dei. In: Schriften der M o n u m e n t a G e r m a n i a e Historica. T. 20. Stuttgart 1964, S. 4 8 ff., 56 f.; G e r n h u b e r , Joachim: D i e Landfriedensgesetzgeb u n g in D e u t s c h l a n d bis z u m Mainzer L a n d f r i e d e n von 1235. B o n n 1952, S. 4 1 ff., 6 0 ff. Dilcher, G e r h a r d : Friede d u r c h Recht. In: Träger u n d I n s t r u m e n t a r i e n des Friedens im h o h e n Mittelalter. Herausgegeben von Johannes Fried. In: Vorträge u n d Forschungen. Herausgegeben v o m Konstanzer Arbeitskreis f ü r mittelalterliche Geschichte. B a n d 4 3 . Sigmaringen

1996,

S. 2 1 5 ff.; B o o c k m a n n , H a r t m u t : L a n d f r i e d e n s b e s t i m m u n g e n aus d e m Sachsenspiegel. In: G e schichte in Wissenschaft u n d U n t e r r i c h t , Jahrgang 50, H e f t 3, 1999, S. 163 ff.

Kapitel I: Bauernarbeit trägt die Welt

321

9

Duby, Georges: Krieger und Bauern, a.a.O., S. 185 f.; Abel, Wilhelm: Agrarkrisen und Agrarkonjunktur. Göttingen 3 1978, S. 27 ff.; Bosl, Karl: Europa im Aufbruch. Herrschaft - Gesellschaft - Kultur vom 10. bis 14. Jahrhundert. München 1980, S. 40 ff.; Haverkamp, Alfred: Aufbruch und Gestaltung. Deutschland 1056-1273. München 1984, S. 37 ff.; Keller, Hagen: Zwischen regionaler Begrenzung und universalem Horizont. Deutschland im Imperium der Salier und Staufer 1024-1250, Berlin 1990, S. 219 ff.; Rösener, Werner: Die Bauern in der europäischen Geschichte, a. a. Ο., S. 64 ff. 10 Abel, Wilhelm: Geschichte der deutschen Landwirtschaft vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert, Stuttgart 2 1967, S. 28 ff.; Determinanten der Bevölkerungsentwicklung im Mittelalter. Herausgegeben von Bernd Herrmann und Rolf Sprandel. Weinheim 1987. 11 Epperlein, Siegfried: Waldnutzung, Waldstreitigkeiten und Waldschutz in Deutschland im hohen Mittelalter (2. Hälfte 11. Jahrhundert bis ausgehendes 14. Jahrhundert). In: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte 109. Stuttgart 1993, S. 13 ff., 50 ff., 80 ff., 92 ff.; Gringmuth-Dallmer, Eike: Siedlungshistorische Voraussetzungen, Verlauf und Ergebnisse des hochmittelalterlichen Landesausbaus im östlichen Deutschland. In: Grundherrschaft und bäuerliche Gesellschaft im Hochmittelalter, a. a. O., S. 320 ff.

12 Vgl. zum Folgenden: Lühning, Arnold: Die Entwicklung der schneidenden Erntegeräte. In: Jahrbuch für die Schleswigsche Geest. Band 9. 1961, S. 9 ff.; Lynn White, Junior: Die mittelalterliche Technik und der Wandel der Gesellschaft. Dt. Ausgabe. München 1968, S. 39 ff.; Hielscher, Karl: Fragen zu den Arbeitsgeräten der Bauern im Mittelalter. In: Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie. Band 17. 1969, S. 6 ff.; Le Goff, Jacques: Kultur des europäischen Mittelalters. Dt. Ausgabe. München - Zürich 1970, S. 335 ff.; Schultz-Klinken, Karl-Rolf: Die Entwicklung der ländlichen Handarbeitsgeräte in Südwest-Deutschland. In: Der Museumsfreund. Hefte 14/15- 1975; ders.: Haken, Pflug, Ackerbau. In: Schriftenreihe für das deutsche Landwirtschaftsmuseum. Band 1. Stuttgart 1981; Bentzien, Ulrich: Bauernarbeit im Feudalismus, a.a.O., S. 57 ff.; Rösener, Werner: Bauern im Mittelalter, a.a.O., S. 118 ff.; Hägermann, Dieter/Schneider, Helmuth: Landbau und Handwerk 750 v. Chr.-1000 n. Chr. In: Propyläen - Technik - Geschichte. Herausgegeben von Wolfgang König. Frankfurt a. M. - Berlin 1991, S. 317 ff. 13

14

15 16

322

Schmitz, Hans-Joachim: Faktoren der Preisbildung für Getreide und Wein in der Zeit von 800-1350. Stuttgart 1968; Kiessling, Rolf: Die Stadt und ihr Land. In: Städteforschung. A 29. Darstellungen. Band 29. Weimar 1989; Reinecke, Christian: Agrarkonjunktur und technischorganisatiorische Innovation auf dem Agrarsektor im Spiegel niederrheinischer Pachtverträge 1200-1600. In: Rheinisches Archiv. Band 123, 1989; Engel, Evamaria: Die deutsche Stadt des Mittelalters. München 1993, S. 260 ff. Epperlein, Siegfried: Bauernbedrückung und Bauernwiderstand im hohen Mittelalter. In: Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte. Band 6. Berlin 1960, S. 48 ff., 67 ff., 89 ff., 98 ff., 125 ff.; Spieß, Karl-Heinz: Zur Landflucht im Mittelalter. In: Die Grundherrschaft im späten Mittelalter, Band 1, a.a.O., S. 157 ff. Henning, Friedrich-Wilhelm: Deutsche Agrargeschichte des Mittelalters. 9.—15. Jahrhundert. Stuttgart 1994, S. 62 ff., 168 ff. Die Anfänge der Landgemeinde und ihr Wesen. Herausgegeben von Theodor Mayer. In: Vorträge und Forschungen, a.a.O., Bände 7, 8. Sigmaringen 1984; Wunder, Heide: Die bäuerliche Gemeinde in Deutschland. Göttingen 1986, S. 32 ff.; dies.: Peasant communities in medieval and early modern Germany. In: Les communautes rurales. In: Recneils de la societe Jean Bodin pour hhistoire comparative des institutions, t. 44. Paris 1987, S. 9 ff.; Spiess, Karl-Heinz: Bäuerliche Gesellschaft und Dorfentwicklung im Hochmittelalter. In: Grundherrschaft und bäuerliche Gesellschaft im Hochmittelalter, a.a.O., S. 384 ff.; Genicot, Leopold: Rural communities in the medieval west. Baltimore - London 1990, S. 17 ff., 57 ff., 72 ff., 115 ff.

Anmerkungen

17

Rösener, Werner: Frühe Hofrechte und Weistümer im Hochmittelalter. In: Probleme der Agrargeschichte des Feudalismus und Kapitalismus, Band 23. Rostock 1990, S. 12 ff.; Warnecke, HansJoachim: Das Hofrecht von Schulze Rolevinck in Laer. In: Westfälische Zeitschrift, Band 130, 1980, S. 31 ff.; vgl. auch Zotz, Thomas: Z u r Grundherrschaft des Königs im deutschen Reich. In: Grundherrschaft und bäuerliche Gesellschaft im Hochmittelalter, a.a.O., S. 89 ff. (Limburger Hofrecht).

18

Rödel, Viktor: Die Pfarrorganisation im linksrheinischen Teil des Bistums Speyer im Mittelalter. Ein Uberblick. In: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte, Band 44. 1992, S. 13 ff.

19

Werkmüller, Dieter: Über A u f k o m m e n und Verbreitung der Weistümer. Berlin 1972; Deutsche ländliche Rechtsquellen. Probleme u n d Wege der Weistumsforschung. Herausgegeben von Peter Blickle. Stuttgart 1977; Ders.: Gewohnheitsrecht in deutschen Weistümern. In: La C o u t u m e . Recueils de la societe Jean Bodin, t. 52. Brüssel 1990, S. 311 ff.; Kocher, Gernot: Das Recht im bäuerlichen Alltag. In: Bäuerliche Sachkultur des Spätmittelalters, a.a.O., S. 49 ff.; Bentzien, Ulrich: Bauernarbeit im Feudalismus, a.a.O., S. 93 ff.; Spiess, Karl-Heinz: Die Weistümer und Gemeindeordnungen des Amtes Cochem im Spiegel der Forschung. In: Ländliche Rechtsquellen aus dem kurtrierischen Amt Cochem. Bearbeitet von Christel Krämer u n d Karl-Heinz Spiess. Wiesbaden 1986, S. 1 ff.; Lade, Ulrike: Dorfrecht u n d Flurordnung in den Illustrationen der Sachsenspiegel-Bilderhandschriften. In: Text - Bild - Interpretation. Untersuchungen zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. Band 1. Textband. Herausgegeben von Ruth Schmidt-Wiegand. M ü n c h e n 1986, S. 171 ff.

20

Epperlein, Siegfried: Der Bauer im Bild des Mittelalters. L e i p z i g - J e n a - Berlin 1975; ders.: Bäuerliche Arbeitsdarstellungen auf mittelalterlichen Bildzeugnissen. In: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte. Teil I, 1976, S. 181 ff.

21

Gille, Bertrand: Recherches Sur les instruments du labour au moyen-äge. In: Bibliotheque de l'ecole des chartres. T. 120, 1962, S. 5 ff.; Mane, Perrine: Calendriers et techniques agricoles. France - Italie. XII-XIII siecles. Paris 1983. Achilles, Walter: Der Monatsbilderzyklus zweier Salzburger Handschriften des frühen 9. Jahrhunderts in agrarhistorischer Sicht. In: Festschrift f ü r Wilhelm Abel zum 80. Geburtstag. Göttingen 1984, S. 85 ff.; Reuter, Marianne: Text und Bild im Codex 132 der Bibliothek von Montecassino »Liber Rabani de originibus rerum«. Untersuchungen zur mittelalterlichen Illustrationspraxis. M ü n c h e n 1984, S. 192.

22

23

24 25 26

Lipburger, Peter Michael: »Quoniam si quis non vult operari, nec manducet...«. Auffassungen von der Arbeit vor allem im Mittelalter. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde. Band 128. 1988, S. 55 ff. mit reichem Literaturnachweis; Meier, Christel: Labor improbus oder opus nobile. Z u r Neubewertung der Arbeit in philosophisch-theologischen Texten des 12. Jahrhunderts. In: Frühmittelalterliche Studien. Band 30. 1996, S. 315 ff. Leroquais, Victor: Les psautiers manuscrits latins dans les Bibliotheque publiques de France. Bände 1, 2. Mäcon 1940/1. Hansen, Wilhelm: Kalenderminiaturen der Stundenbücher. Mittelalterliches Leben im Jahreslauf. M ü n c h e n 1984, S. 35 ff. Stahleder, Helmuth: Arbeit in der mittelalterlichen Gesellschaft. M ü n c h e n 1972. S. 158 ff.; ders.: Das Weltbild Bertholds von Regensburg. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. Band 37. 1974, S. 728 ff.; Gurjewitsch, Aaron J.: Stimmen des Mittelalters - Fragen von heute. Mentalitäten im Dialog. In: Edition Pandora. Band 17. Herausgegeben von Helga u n d Ulrich Raulff. Frankfurt a. M . 1993, S. 41 ff.; ders.: Das Individuum im europäischen Mittelalter. M ü n c h e n 1994, S. 209 f.

Kapitel I: Bauernarbeit trägt die Welt

323

27

D e r Landgrafenpsalter. Vollständige Faksimile-Ausgabe im O r i g i n a l - F o r m a t der H a n d s c h r i f t H B II 24 der W ü r t t e m b e r g i s c h e n Landesbibliothek Stuttgart. Herausgegeben von Felix Heinzer. Graz - Bielefeld 1992.

28

Vgl. H a n s e n , W i l h e l m : K a l e n d e r m i n i a t u r e n der S t u n d e n b ü c h e r . Mittelalterliches Leben im Jahreslauf, a.a.O., S. 52 ff.

29

Ebenda, S. 191 ff. (Verzeichnis der S t u n d e n b u c h h a n d s c h r i f t e n ) , S. 2 4 7 ff. (Bildquellen zur Realienkunde des Mittelalters); vgl. auch Leroquais, Victor: Les livres d'heures. Manuscrits de la Bibliotheque Nationale. Bände 1, 2. Paris 1927. S u p p l e m e n t b a n d 1943.

30

Vgl. auch Richter, Will: Die U b e r l i e f e r u n g der Ruralia C o m m o d a des Petrus de Crescentiis im 14. J a h r h u n d e r t . In: Mittellateinisches J a h r b u c h . Band 16, 1981, S. 35 ff.; Schröder-Lembke, G e r t r u d : Petrus de Crescentiis u n d sein E i n f l u ß auf die f r ü h e deutsche Sachliteratur. In: Zeitschrift f ü r Agrargeschichte u n d Agrarsoziologie. B a n d 19. 1971, S. 160 ff.

31

Vgl. dazu Epperlein, Siegfried: Bäuerliche Arbeitsdarstellungen auf mittelalterlichen Bildzeug-

32

Vgl. auch Böning, Karl: Schädlingsplagen auf Beichtspiegeln u n d graphischen Blättern des

nissen, a.a.O., S. 2 0 4 ff. 15. u n d b e g i n n e n d e n 16. J a h r h u n d e r t s . In: Anzeiger f ü r Schädlingskunde, Pflanzenschutz, U m weltschutz. 50. Jahrgang. H e f t 10. 1977, S. 145 ff. 33

T e x t - B i l d - I n t e r p r e t a t i o n . U n t e r s u c h u n g e n zu d e n B i l d e r h a n d s c h r i f t e n des Sachsenspiegels. I: Textband, II: Tafelband. Herausgegeben von R u t h S c h m i d t - W i e g a n d . M ü n c h e n 1986; dies.: Die Bilderhandschriften des Sachsenspiegels als Z e u g e n pragmatischer Schriftlichkeit. In: Frühmittelalterliche Studien, Band 22. 1988, S. 3 5 7 ff.; G o t t ist selber Recht. Die vier Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. Ausstellungskatalog der H e r z o g August Bibliothek. W o l f e n b ü t t e l 1992; Die W o l f e n b ü t t e l e r Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Aufsätze u n d U n t e r s u c h u n g e n . K o m m e n t a r b a n d zur Faksimile-Ausgabe. Herausgegeben von R u t h S c h m i d t - W i e g a n d . Berlin 1993; vgl. allgemein auch O p p i t z , Ulrich-Dieter: D e u t s c h e Rechtsbücher des Mittelalters. Bände 1 - 3 . K ö l n - W i e n 1990.

Anmerkungen zu Kapitel II. Alltag im Bauernhaus 1

Bader, Karl Siegfried: Dorfgenossenschaft u n d D o r f g e m e i n d e . W e i m a r 1962, S. 38 ff.; Sablonier, Roger: Das D o r f im U b e r g a n g v o m H o c h - z u m Spätmittelalter. In Festschrift f ü r Josef Fleckenstein zu seinem 65. Geburstag. Sigmaringen 1984, S. 7 2 3 ff.

2

H i l t o n , Rodney: D i e N a t u r mittelalterlicher Bauernwirtschaft (peasant e c o n o m y ) . In: Feudalismus-Materialien zur T h e o r i e u n d Geschichte. Herausgegeben von Ludolf K u c h e n b u c h . Frankf u r t a. M . - Berlin - W i e n 1977, S. 4 8 1 ff.; vgl. auch Groebner, Valentin: Außer H a u s . O t t o B r u n ner u n d die »alteuropäische Ö k o n o m i k « . In: G e s c h i c h t e in W i s s e n s c h a f t u n d U n t e r r i c h t . J a h r g a n g 46, H e f t 2. 1995, S. 6 9 ff.

3

Rösener, Werner: Bauern im Mittelalter, a. a. O . , S. 34 f.

4

Vgl. allgemein: Familie u n d Gesellschaftsstruktur. Herausgegeben von Heidi R o s e n b a u m . Frankf u r t a. M . 1978; Fricke, Friedrich W i l h e l m : Das Eherecht des Sachsenspiegels. Systematische D a r stellung. F r a n k f u r t a. M . 1978; H ü p p e r , D a g m a r : Ehe, Familie, Verwandtschaft. Z u r W i d e r spiegelung von Begrifflichkeit in der Bildtradition des Sachsenspiegels. In: Text-Bild-Interpretation. U n t e r s u c h u n g e n zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. Band 1: Textband. H e r ausgegeben von R u t h S c h m i d t - W i e g a n d , a. a. O . , S. 129 ff.; Schuler, T h o m a s : Familien im Mittelalter. In: Die Familie in der Geschichte. Herausgegeben v o n H e i n z Reif. G ö t t i n g e n 1982, S. 2 8 ff.; Goetz, H a n s - W e r n e r : Leben im Mittelalter, a. a. O . , S. 3 4 ff.; E h l e n , Trude: H a u s h a l t u n d Familie in Mittelalter u n d f r ü h e r Neuzeit. F r a n k f u r t a. M . 1991.

324

Anmerkungen

5 6

Rösener, Werner: Bauern im Mittelalter, a. a. O., S. 177. Werner Rolevinck. Die seelsorgerliche Führung der Bauern. Bauernspiegel: Herausgegeben von Egidius Holzapfel. Freiburg i.Br. 1959; Brack, Hans: Werner Rolevincks Bauernspiegel. In: Historisches Jahrbuch. Band 74, 1955, S. 139 ff.; Henn, Volker: Der Bauernspiegel des Werner Rolevinck ,De regimine rusticorum< und die soziale Lage westfälischer Bauern im späten Mittelalter. In: Westfälische Zeitschrift. Band 128, 1978, S. 289 ff. Warnecke, Hans-Joachim: Das Hofrecht des Schulzen Rolevinck in Laer. Ebd. Band 130, 1980, S. 31 ff.; vgl. auch die zwischen 1348 und 1352 entstandene Ökonomik des Konrad von Megenberg. Herausgegeben von Sabine Krüger. In: Monumenta Germaniae Historica. Staatsschriften des späteren Mittelalters. III, V/1. Stuttgart 1973.

7

Epperlein, Siegfried: Der Bauer im Bild des Mittelalters, a. a. O., S. 71 ff.; ders.: Medieval pictorial evidence of working country-women in Europe from the 12lh to the 15 ,h century. In: La donna nell' economia sec. XIII-XVIII. In: Atti delle Settimane di studi e altri convegni, t. 21. Prato 1990, S. 217 ff.; Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. München 1984, S. 88 f.; Ketsch, Peter:Frauen im Mittelalter. Band 1. Düsseldorf 1983, S. 79 ff.; Lorenz-Schmidt, Sabine: Vom Wert und Wandel weiblicher Arbeit. Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in der Landwirtschaft in Bildern des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. Stuttgart, 1998. 8 Kocher, Gernot.· Das Recht im bäuerlichen Alltag. In: Bäuerliche Sachkultur des Spätmittelalters. In: Veröffentlichungen des Instituts für mittelalterliche Realienkunde Österreichs. Nr. 7, Wien 1984, S. 51 f.; Shahar, Shulamith: Childhood in the middle-ages. London 1990. 9 Ketsch, Peter: Frauen im Mittelalter. Band 2. Düsseldorf 1984, S. 196 ff. 10 Schüppert, Helga: Der Bauer in der deutschen Literatur des Spätmittelalters - T o p i k und Realitätsbezug. In: Bäuerliche Sachkultur des Spätmittelalters, a.a.O., S. 127 ff.; Brunner, Karl/Jaritz, Gerhard: Landherr, Bauer, Ackerknecht. Der Bauer im Mittelalter: Klischee und Wirklichkeit, a.a.O., S. 76 f. 11 Heinrich Wittenwiler: Der Ring. Herausgegeben von Rolf Bräuer. Berlin 1983; Andreanzky, Arpad Stephan: Wittenwilers Ring als Quelle der mittelalterlichen Wirtschafts- und Sozialgeschichte. In: Archiv für Kulturgeschichte, Band 60. 1978, S. 94 ff.; vgl. auch Sprenger, Reinhard: Bäuerliches Feiern im spätmittelalterlichen Deutschland. In: Mediävistik, Band 2. 1989, S. 215 ff.; Goetz, Hans-Werner: Kirchenfest und weltliches Alltagsleben im früheren Mittelalter. In: Ebenda, S. 148 ff. 12 Daß teilweise gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Dorfbewohnern oder Mitgliedern einer grundherrlichen >familia< auch sonst keine Seltenheit waren, bezeugt das Hofrecht des Bischofs Burchard von Worms (ca. 1023); vgl. Dilcher, Gerhard: Mord und Totschlag im alten Worms. Zu Fehde, Sühne und Strafe im Hofrecht Bischof Burchards (ad 1023-25). In: Überlieferung, Bewahrung und Gestaltung in der rechtsgeschichtlichen Forschung. Hrsgg. von Stephan Buchholz, Paul Mikat und Dieter Werkmüller. In: Rechts- und Staatswissenschaftliche Veröffentlichung der Görres-Gesellschaft, NT, Band 69, Paderborn 1993, S. 91 ff. 13

Wiegelmann, Günter: Alltags- und Festtagsspeisen. Marburg 1967; Abel, Wilhelm: Stufen der Ernährung. 1981, S. 65 ff.; Bumke, Joachim: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. München 1986, S. 241 f. ;Saalfeld, Diedrich: Die Sorge um das tägliche Brot. In: Die bäuerliche Welt. Herausgegeben von Jerome Blum, a.a.O., S. 2 0 9 ff.; ders.: Wandlungen der bäuerlichen Konsumgewohnheiten vom Mittelalter zur Neuzeit. In: Essen und Trinken in Mittelalter und Neuzeit. Herausgegeben von Irmgard Ditsch, Trude Ehlert und Xenja von Ertzdorff. Sigmaringen 2 1990, S. 59 ff.; Alltag im Spätmittelalter. Herausgegeben von Harry Kühnel, a.a.O., S. 196 ff. vgl. allgemein auch Elias, Norbert: Über den Prozeß der Zivilisation, Band 1, Frankfurt a.M. 2 1 1997, S. 202 ff., 248 ff. (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, Band 158)

Kapitel II: Alltag im Bauernhaus

325

14

H a n s e n , W i l h e l m : Aufgaben der historischen Kleidungsforschung. In: Geschichte der Alltagskultur. Herausgegeben von G ü n t e r W i e g e l m a n n . M ü n s t e r 1980, S. 150 ff.; B u m k e , Joachim: H ö f i s c h e Kultur. Literatur u n d Gesellschaft im h o h e n Mittelalter. a.a.O., S. 172; Ebner, Herwig: D e r Bauer in der mittelalterlichen Historiographie. In: Bäuerliche Sachkultur des Spätmittelalters, a.a.O., S. 113 ff.; H ü p p e r , D a g m a r : D i e Kleidung. In: Die W o l f e n b ü t t e l e r Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. K o m m e n t a r b a n d . Herausgegeben v o n R u t h S c h m i d t - W i e g a n d , a.a.O., S. 163 ff.; vgl. auch Jaritz, Gerhard: Kleidung u n d Prestige - K o n k u r r e n z . Unterschiedliche Identitäten in der städtischen Gesellschaft u n t e r N o r m i e r u n g s z w ä n g e n . In: Saeculum. Band 4 4 . 1993, S. 11 ff.; Bulst, N e i t h a r t / Jutte, Robert: Zwischen Sein u n d Schein. Kleidung u n d Identität in der ständischen Gesellschaft. In: Saeculum. S o n d e r h e f t 1, F r e i b u r g - M ü n c h e n

1993,

S. 2 7 ff. 15

Bischoff, Karl: L a n d u n d Leute, H a u s u n d H o f im Sachsenspiegel. In: Niedersächsisches Jahrb u c h . Band 91. 1968, S. 4 3 ff.; B a u m g a r t e n , Karl: Das deutsche Bauernhaus. Berlin 2 1 9 8 5 ; Geschichte des privaten Lebens. B a n d 2: V o m Feudalzeitalter zur Renaissance. Herausgegeben von Georges Duby, a.a.O., S. 3 9 9 ff.; D a u t e r m a n n , C h r i s t o p h : Bauvorschriften des Sachsenspiegels in den Codices picturati. In: S c h m i d t - W i e g a n d , R u t h / H ü p p e r , D a g m a r : D e r Sachsenspiegel als Buch. F r a n k f u r t a. M . - N e w York - Paris 1991, S. 2 8 0 ff.

16

Rösener, Werner: Z u r sozialökonomischen Lage der bäuerlichen Bevölkerung im Spätmittelalter. In: Bäuerliche Sachkultur des Spätmittelalters, a.a.O., S. 29; Brunner, Karl/Jaritz, G e r h a r d : L a n d h e r r - Bauer - Ackerknecht. D e r Bauer im Mittelalter: Klischee u n d Wirklichkeit, a.a.O., S. 7 8 f.

17

G r i m m , Paul: H o h e n r o d e , eine mittelalterliche Siedlung im Südharz. Halle 1939.

18

D i e Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. K o m m e n t a r b a n d . Herausgegeben von Walter Koschorreck. F r a n k f u r t a. M . 1970, S. 3 0 ff.; G o t t ist selber Recht. Die vier Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. Herausgegeben von W o l f g a n g M i l d e u n d R u t h S c h m i d t - W i e g a n d , a.a.O., S. 2 8 f.; Eike von Repgow. D i e W o l f e n b ü t t e l e r Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Textband: Herausgegeben von R u t h S c h m i d t - W i e g a n d , a.a.O., S. 131; K o m m e n t a r b a n d , a.a.O., S. 117 f., 145 f.

19

B a u m a n n , W i l f r i e d : Mittelalterlicher M ü n z f u n d m i t landwirtschaftlichen Eisengeräten v o n M u t z s c h e n ( G r i m m a ) . In: Ausgrabungen u n d F u n d e , Band 23, H e f t 1, 1978, S. 4 2 ff. Z u m Beitrag der Mittelalterarchäologie zur E r f o r s c h u n g der bäuerlichen Lebensweise vgl. Janssen, Walter: Mittelalterliche D o r f s i e d l u n g e n als archäologisches Problem. In: Frühmittelalterliche Studien. Band 2. 1968, S. 3 0 5 f.; Fehn, Klaus: Historische Geographie, Siedlungsgeschichte u n d archäologische Siedlungsforschung (Sammelbericht). In: Blätter f ü r deutsche Landesgeschichte. Band 128. 1992, S. 2 9 9 ff.; Rösener, Werner: Z u r T o p o g r a p h i e u n d E n t w i c k l u n g der curtes in mittelalterlichen Dorfsiedlungen. Probleme der interdisziplinären Z u s a m m e n a r b e i t zwischen Archäologie u n d Geschichte. In: Niedersächsisches J a h r b u c h . Band 6 5 . 1993, S. 107 (neuere Literatur zur Dorfarchäologie).

Anmerkungen zu Kapitel III. Der Bauer im Weltbild des Mittelalters 1

Vgl. D a z u generell T ö p f e r , Bernhard: U r z u s t a n d u n d Sündenfall in der mittelalterlichen Gesellschafts- u n d Staatstheorie. In: M o n o g r a p h i e n zur Geschichte des Mittelalters. Hrsgg. v o n Friedrich Prinz, Stuttgart 1999, S. 151 ff.; Epperlein, Siegfried: D e r Bauer im Bild des Mittelalters, a.a.O., S. 4 3 ff., 7 9 ff.

2

Herrschaft u n d Stand. Herausgegeben von Josef Fleckenstein. In: Veröffentlichungen des M a x Planck-Instituts f ü r Geschichte in G ö t t i n g e n . Band 51. G ö t t i n g e n 2 1 9 7 9 , S. 15 ff.

326

Anmerkungen

3 Oexle, O t t o - G e r h a r d : D i e f u n k t i o n a l e Dreiteilung als D e u t u n g s s c h e m a t a der sozialen Wirklichkeit in der ständischen Gesellschaft des Mittelalters. In: Ständische Gesellschaft u n d soziale M o bilität. Herausgegeben von W i n f r i e d Schulze. In: Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien 1 2 . M ü n c h e n 1988, S. 3 2 ff.; gegenüber Oexle, der den Wirklichkeitsbezug der Dreiständelehre b e t o n t , bleibt A a r o n J. G u r j e w i t s c h . Mittelalterliche Volkskultur, a.a.O., S. 2 3 6 sehr vage: »...solche E i n t e i l u n g . . . f l ö ß . . . diesem oder j e n e m Verfasser unwillkürlich aus der Feder, sobald er sich auf A u s f ü h r u n g e n über die irdische U n v o l l k o m m e n h e i t oder die Verderbnis der Geistlichen u n d des Adels einließ u n d z u m Mitleid sowie zur Nachsicht mit den Niederen u n d Bedrückten aufrief.« Vgl. auch Fried, Johannes: D i e F o r m i e r u n g Europas ( 8 4 0 - 1 0 4 6 ) . M ü n c h e n 1991, S. 139 f.; Iwanczack, Wojciech: Mittelalterliche D i l e m m a t a . Die Stadt u n d die Lehre von den drei gesellschaftlichen Ständen. In: Archiv f ü r Kulturgeschichte. Bd. 74, 1992, S. 4 9 ff. 4 Oexle, O t t o - G e r h a r d : »Die Statik ist ein G r u n d z u g des mittelalterlichen Bewußtseins.« Die W a h r n e h m u n g sozialen Wandels im D e n k e n des Mittelalters u n d das Problem ihrer D e u t u n g . In: Sozialer W a n d e l im Mittelalter. W a h r n e h m u n g s f o r m e n , Erklärungsmuster, Regelungsmechanismen. Herausgegeben von Jürgen M i e t h k e u n d Klaus Schreiner. Sigmaringen 1994, S. 54. 5 Le G o f f , Jacques: B e m e r k u n g e n zur dreigeteilten Gesellschaft, m o n a r c h i s c h e n Ideologie u n d wirtschaftlichen E r n e u e r u n g in der Christenheit vom 9. bis 12. J a h r h u n d e r t . In. Ideologie u n d H e r r schaft im Mittelalter. Herausgegeben von M a x Kerner. In: Wege der Forschung, Bd. 530. D a r m stadt 1982, S. 4 1 2 ff. 6 Le G o f f , Jacques: Kultur des europäischen Mittelalters, a.a.O., S. 4 5 2 ; H a n s e n , W i l h e l m : Kalend e r m i n i a t u r e n der S t u n d e n b ü c h e r , a.a.O., S. 35 f., der auf Monatsbilderzyklen in der mittelalterlichen S k u l p t u r e n k u n s t hinweise. 7 W e r t s c h ä t z u n g der bäuerlichen Lebenswelt schwingt auch bei der Z e r e m o n i e anläßlich der Einsetzung des Grafen M e i n h a r d von Tirol auf den K ä r n t n e r Herzogsstuhl a m 1. September 1286 mit. N a c h d e m H o c h a m t w u r d e der H e r z o g in bäuerliche G e w ä n d e r gekleidet u n d d u r c h Bauern eingesetzt. Vgl. S t e i n m a n n , Ulrich: D i e älteste Z e r e m o n i e der Herzogseinsetzung u n d ihre U m gestaltung durch die Habsburger. In: Mitteilungen des Geschichtsvereines f ü r Kärnten (Carinthia) 157. Jahrgang. H e f t e 3 / 4 . 1967, S. 4 6 9 ff.; Das ist Kärnten. Herausgegeben von der K ä r n t n e r Landesregierung. Klagenfurt 1970, S. 24 ff.; f ü r O s t m i t t e l e u r o p a sei auf die A b s t a m m u n g s s a g e n der Przemysliden (Cosmas) in B ö h m e n u n d der Piasten (Gallus A n o n y m u s ) in Polen verwiesen, w o Bauern als A h n h e r r e n von Dynastien erscheinen (Pflügerkönig); vgl. Banaszskiewicz, Jacek: Königliche Karrieren von H i r t e n , G ä r t n e r n u n d Pflügern. Z u einem mittelalterlichen Erzählschema v o m Erwerb der Königsherrschaft. In: Saeculum. Band 33. 1982, S. 2 6 5 ff.; Epperlein, Siegfried: D e r Bauer im Bild des Mittelalters, a.a.O., S. 65 ff.; H o m o faber. Herausgegeben von Vaclav H u sa, a.a.O., S. 48, Tafel 1; auf einem W a n d g e m ä l d e in der Burgkapelle in Z n o j m o ( S ü d m ä h r e n ) aus d e m 12. J a h r h u n d e r t wird Przemysl als Pflüger dargestellt; vgl. auch Graus, Frantisek: Die H e r r schersagen des Mittelalters als Geschichtsquelle. In: Archiv f ü r Kulturgeschichte. Band 5 1 . 1 9 6 9 , S. 88 f. 8 Vgl. auch Lipburger, Peter Michael: » Q u o n i a m si quis n o n vult operari, nec m a n d u c e t . . . « Auffassungen von der Arbeit vor allem im Mittelalter, a.a.O., S. 56 ff. 9 Oexle, O t t o - G e r h a r d : Die f u n k t i o n a l e Dreiteilung als D e u t u n g s s c h e m a t a der sozialen Wirklichkeit in der ständischen Gesellschaft des Mittelalters, a.a.O., S. 3 3 f. 10 Derselbe: Die Dreiteilung der Gesellschaft bei Adelbero v o n Läon. In: Frühmittelalterliche Studien. Band 12. 1978, S. 19 ff.; Töpfer, Bernhard: U r z u s t a n d u n d Sündenfall in der mittelalterlichen Gesellschafts- u n d Staatstheorie, a.a.O., S. 118 11 T ö p f e r , Bernhard: U r z u s t a n d u n d Sündenfall in der mittelalterlichen Gesellschafts- u n d Staatstheorie. a.a.O., S. 116 f. 12 Ebd., S. 132 f.

Kapitel III: Der Bauer im Weltbild des Mittelalters

327

13 Struve, T i l m a n : D i e E n t w i c k l u n g der organologischen Staatsauffassung im Mittelalter. Stuttgart 1978; ders.: Pedes rei publicae. D i e d i e n e n d e n Stände im Verständnis des Mittelalters. In. Historische Zeitschrift. Band 2 3 6 . 1983, S. 2 ff.; T h e world of J o h n of Salisbury. In: Studies in church history. Subsidia 3. Edited by Michael J. Wilks, O x f o r d 1984; N e d e r m a n , Cary J.: T h e physiological significance of the organic m e t a p h o r in J o h n of Salibury Policraticus. In: H i s t o r y of political t h o u g h t . T. 8. 1987, S. 211 ff.; ders.: Medieval political theory. A reader: the quest for the body politic ( 1 1 0 0 - 1 4 0 0 ) . L o n d o n 1993, S. 2 7 ff.; T ö p f e r , Bernhard: U r z u s t a n d u n d Sündenfall in der mittelalterlichen Gesellschafts- u n d Staatstheorie, a.a.O., S. 197 f. 14 Struve, T i l m a n : Pedes rei publicae. D i e d i e n e n d e n Stände im Verständnis des Mittelalters, a.a.O., S. 14, 4 0 f. 15 Vgl. Le Goff, Jacques: B e m e r k u n g e n zur dreigeteilten Gesellschaft..., a.a.O., S. 4 1 4 ; so berichtet J o h n of Worcester v o n einem A l p t r a u m des englischen Königs H e i n r i c h I. (gest. 1135), der sich v o n den drei Ständen attackiert sieht. D i e Bauern greifen ihn m i t ihren Werkzeugen u n d die Krieger mit ihren Waffen an, w ä h r e n d der Klerus mit seinen Insignien gegen d e n Herrscher zieht. Die Szene ist auch in M i n i a t u r e n illustriert; vgl. Le G o f f , Jacques: K u l t u r des europäischen Mittelalters, a.a.O., S. 4 5 2 , Abb. 117, 118; ders.: F ü r ein anderes Mittelalter, a.a.O., S. 48. 16 Epperlein, Siegfried: D e r Bauer im Bild des Mittelalters, a.a.O., S. 4 3 ff., 7 9 f. 17 T ö p f e r , B e r n h a r d : N a t u r r e c h t l i c h e Freiheit u n d Leibeigenschaft. D a s H e r v o r t r e t e n kritischer Einstellungen zur Leibeigenschaft i m 1 3 . - 1 5 . J a h r h u n d e r t . In: Sozialer W a n d e l i m Mittelalter. W a h r n e h m u n g s f o r m e n , E r k l ä r u n g s m u s t e r , R e g e l u n g s m e c h a n i s m e n , a.a.O., S. 3 3 5 ff.; vgl. allgemein a u c h v o n O l b e r g , Gabriele: A u f f a s s u n g e n v o n der mittelalterlichen G e s e l l s c h a f t s o r d n u n g in Text u n d Bild des Sachsenspiegels. I n : T e x t - B i l d - I n t e r p r e t a t i o n . U n t e r s u c h u n g e n zu d e n Bild e r h a n d s c h r i f t e n des Sachsenspiegels. H e r a u s g e g e b e n v o n R u t h S c h m i d t - W i e g a n d , a . a . O . , S. 155 ff. 18 Schreiner, Klaus: Sozialer Wandel im Geschichtsdenken u n d in der Geschichtsschreibung des späten Mittelalters. In: Geschichtsschreibung u n d Geschichtsbewußtsein im späten Mittelalter. H e r ausgegeben von H a n s Patze. In: Vorträge u n d Forschungen. Herausgegeben v o m Konstanzer Arbeitskreis f ü r mittelalterliche Geschichte. Band 31. Sigmaringen 1987, S. 2 4 5 : Gurjewitsch, A a r o n J.: Das I n d i v i d u u m im europäischen Mittelalter, a.a.O., S. 2 0 9 ff. 19 Epperlein, Siegfried: D e r Bauer im Bild des Mittelalters, a.a.O., S. 46; anders B u m k e , Joachim: H ö f i s c h e Kultur. Literatur u n d Gesellschaft im H o h e n Mittelalter. Band 1. M ü n c h e n 1986, S. 54: »Die Bauern bei N e i d h a r t u n d im >Helmbrecht< waren Kunstfiguren, auf das adlige H o f p u b l i k u m hin konzipiert.« 20 Seibt, Ferdinand: Vom Lob der H a n d a r b e i t . In: V o m Elend der H a n d a r b e i t . Herausgegeben von H a n s M o m m s e n u n d W i n f r i e d Schulze. Stuttgart 1981, S. 176. 21 M a r t i n i , Fritz: Das B a u e r n t u m im deutschen S c h r i f t t u m von den A n f ä n g e n bis z u m 16. Jahrh u n d e r t , a.a.O., S. 4 1 ff. 2 2 Seibt, Ferdinand: V o m L o b der H a n d a r b e i t , a.a.O., S. 176; H e n n , Volker: Der Bauernspiegel des W e r n e r Rolevinck »De regimine rusticorum« u n d die soziale Lage westfälischer Bauern im späten Mittelalter. In. Westfälische Zeitschrift. Band 128. 1978, S. 2 8 9 f. 2 3 M a r t i n i , Fritz: D a s B a u e r n t u m im deutschen S c h r i f t t u m von den A n f ä n g e n bis z u m 16. Jahrh u n d e r t , a.a.O., S. 119 ff.; G o h e e n , Jutta: M e n s c h u n d M o r a l im Mittelalter. Geschichte u n d Fiktion in H u g o von Trimbergs »Renner«. Berlin 1990, S. 35 ff.; T ö p f e r , Bernhard: U r z u s t a n d u n d Sündenfall in der mittelalterlichen Gesellschafts- u n d Staatstheorie, a.a.O., S. 311 f. 24 Le Goff, Jacques: Les paysans et le m o n d e rural dans la litterature d u h a u t moyen-age. In: Agricoltura e m o n d o rurale in O c c i d e n t e nell' alto medioevo. In: Settimane di studi del centro italian o nell' alto medioevo. Spoleto 1960, S. 7 2 3 ff.; Ebner, Herwig: D e r Bauer in der mittelalterlichen Historiographie, a.a.O., S. 103 ff.; Schuler, Peter-Johann. Ursachen u n d W a n d e l v o m Bild des

328

Anmerkungen

25 26

27 28

29 30 31

32

Bauern im Spätmittelalter. In: Die Ortenau. Veröffentlichungen des historischen Vereins für Mittelbaden. 1986, S. 186 ff. Wunder, Heide: Der dumme und der schlaue Bauer, a.a.O., S. 34 ff. Vgl. auch Schmidt-Wiegand, Ruth: Text und Bild in den Codices picturati des Sachsenspiegels. Überlegungen zur Funktion der Illustrationen. In: Text-Bild-Interpretation. Untersuchungen zu den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, Band 1, a.a.O., S. 11 ff.; dies.: Die Bilderhandschriften des Sachsenspiegels als Zeugen pragmatischer Schriftlichkeit, a.a.O., S. 357 ff. Hüpper, Dagmar: Die Kleidung. In: Die Wolfenbütteler Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Kommentarband. Herausgegeben von Ruth Schmidt-Wiegand, a.a.O., S. 176 ff. Peters, Werner: Der Fronbote als Nachrichter. Überlegungen zu seiner Darstellung in den Codices picturati des Sachsenspiegels. In: Schmidt-Wiegand, Ruth/Hüpper, Dagmar: Der Sachsenspiegel als Buch, a.a.O., S. 295 ff. Epperlein, Siegfried: Bäuerliche Arbeitsdarstellungen auf mittelalterlichen Bildzeugnissen, a.a.O., S. 200 f. Ebenda, S. 202 f.; Talkenberger, Heike: Der »Stände-Holzschnitt« in der Prognosticatio von Johannes Lichtenberger. In. Ständische Gesellschaft und soziale Mobilität, a.a.O., S. 324 ff. Achilles, Walter: Bemerkungen zum sozialen Ansehen des Bauernstandes in vorindustrieller Zeit. In: Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie. 34. Jahrgang. 1986, S. 2 ff.; vgl. auch Vandenbroeck, Paul: Verbeeck's peasant weddings: a study of iconography and social function. In: Simiolus. Band 14. 1984, S. 79 ff. Wohlfeil, Rainer/Wohlfeil, Trudl: Verbildlichungen ständischer Gesellschaft. Bartholomäus Bruyn d. Ä. - Petrarcameister. In: Ständische Gesellschaft und soziale Mobilität, a.a.O., S. 282 ff., 308 ff.

Anmerkungen zur Zusammenfassung 1

2

3

Vgl. Goetz, Hans-Werner: Zur Mentalität bäuerlicher Schichten im frühen Mittelalter, a.a.O., S. 169 ff.; Sprenger, Reinhard: Bäuerliches Feiern im spätmittelalterlichen Deutschland, a.a.O., S. 221 f.; vgl. auch Kuchenbuch, Ludolf/Sokoll, Thomas: Vom Brauch-Werk zum Tauschwert: Überlegungen zur Arbeit im vorindustriellen Europa. In: Sozialphilosophie der industriellen Arbeit. Herausgegeben von Helmut König, Bodo von Greiff, Helmut Schauer. In: Leviathan. Zeitschrift für Sozialwissenschaft. Sonderheft 11. 1990, S. 34 ff. So beispielsweise Aaron J. Gurjewitsch in seinem an sich legitimen und verdienstvollen Bemühen, Wesenszüge der bäuerlichen Mentalität und Vorstellungswelt zu erfassen. Vgl. derselbe: Stumme Zeugen des Mittelalters. Weltbild und Kultur der einfachen Menschen. Weimar - Köln - Wien 1997, S. 18f.; »Die Bauernschaft und das bäuerliche Leben spiegeln sich beinahe überhaupt nicht im sozialen Weltbild wider, welches in den Vorstellungen dieser Epoche sichtbar wird. Das allein ist schon sehr symptomatisch. Die Gesellschaft, die von ihrer Natur her agrarisch war und sich auf die Ausbeutung und Unterdrückung breiter Schichten der dörflichen Bevölkerung gründete, erlaubte sich sozusagen, ihre eigene Mehrheit ideologisch zu ignorieren. Der Bauer war gleichsam »ausgeklammerte«; weiter: »Ich bin von der Feststellung ausgegangen, daß dem Bauern überhaupt kaum Platz in der frühmittelalterlichen Kultur eingeräumt wurde...« Selbst für das frühe Mittelalter ist dies so nicht haltbar, übertrieben und unzutreffend. G. selbst weist für diese Periode auf den bäuerlichen Schwank >Unibos< (Anfang 11. Jahrhundert) und den höfisch-ritterlichen Abenteuerroman >Ruodlieb< (Mitte 11. Jahrhundert) hin - Dichtungen, die zahlreiche intime Bezüge zum Leben im Dorfe, in der bäuerlichen Familie enthalten (a. a. O., S. 21 f.). Vgl. Borgolte, Michael: Das soziale Ganze als Thema deutscher Mittelalterforschung vor und nach der Wende. In: Francia, Band 21/1, 1995, S. 155 ff.

Zusammenfassung

329

4

Vgl. Oexle, Otto-Gerhard: Memoria und Memorialüberlieferung im früheren Mittelalter, In: Frühmittelalterliche Studien, Band 10. 1976, S. 70 ff.; Wollasch, Joachim: Gemeinschaftsbewußtsein und soziale Leistung im Mittelalter. Ebd., S. 268 ff.; Greise, Eckhard: Kalendarische und annalistische Grundformen der Memoria. In: Der geschichtliche Zeugniswert des liturgischen Gedenkens im Mittelalter. Hrsgg. von Karl Schmid und Joachim Wollasch. In: Münsterische Mittelalterschriften, Band 48, München 1984, S. 442 ff.; Memoria in der Gesellschaft des Mittelalters. Hrsgg. von Dieter Geuernich und Otto-Gerhard Oexle. In: Veröffentlichungen des Max-PlanckInstituts für Geschichte, Band 111, Göttingen 1994, passim; Memoria als Kultur. Hrsgg. von Otto-Gerhard Oexle. Ebd., Band 121, Göttingen 1995, S. 76 ff.; allgemein; Goetz, Hans-Werner: Moderne Mediävistik. Stand und Perspektiven der Mittelalterforschung, a.a.O., S. 162, 365 ff.; Borgolte, Michael: Memoria. Zwischenbilanz eines Mittelalterprojekts. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Band 46, 1998, S. 197 ff.

5 Hansen, Wilhelm: Kalenderminiaturen der Stundenbücher. Mittelalterliches Leben im Jahresverlauf, a.a.O., S. 11 f. 6 Rösener, Werner: Zur Problematik des spätmittelalterlichen Raubrittertums. In: Festschrift für Berent Schwineköper zu seinem 70. Geburtstag. Herausgegeben von Helmut Maurer und Hans Patze. Sigmaringen 1982, S. 969 ff. 7 Vgl. allgemein Militzer, Stefan: Klima - Klimageschichte - Geschichte. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht. Jahrgang 47, Heft 2. 1996, S. 71 ff. mit ausführlichen Literaturhinweisen; Körber, Hans-Günther: Vom Wetteraberglauben zur Wetterforschung. Leipzig 1987. Vgl. auch Buszello, Horst: Wohlfeile und Teuerung am Oberrhein 1340 bis 1525. In: Bauer, Reich und Reformation. Festschrift zum 80. Geburtstag von Günther Franz. Herausgegeben von Peter Blickle. Stuttgart 1982, S. 18 ff. mit zahlreichen Quellenbelegen über Mißernten, die von Witterungsunbilden, Erdbeben, Kriegen und Schädlingsbefall der Felder verursacht wurden. 8 van Werveke, Hans: De middeleuwse hongersnood. Brüssel 1967; Determinanten der Bevölkerungsentwicklung im Mittelalter. Herausgegeben von Bernd Herrmann und Rolf Sprandel. Weinheim 1987. 9 Mac Neill, William: Seuchen machen Geschichte. Geißeln der Völker. Dt. Ausgabe. München 1978; Ruffie, Jacques/Sournia, Jean Charles: Seuchen in der Geschichte der Menschheit. München 2 1993. 10 Vgl. Fichtenau, Heinrich: Lebensordnungen des 10. Jahrhunderts. Studien über Denkart und Existenz im einstigen Karolingerreich. In: Monographien zur Geschichte des Mittelalters. Band 30. Teil 2. Stuttgart 1984, S. 399 ff. 11 Hansen, Wilhelm: Kalenderminiaturen der Stundenbücher. Mittelalterliches Leben im Jahreslauf, a.a.O. (Vorwort). 12 Vgl. auch Borst, Arno: Lebensformen im Mittelalter. Frankfurt a. M . - Berlin - Wien 4 1987, S. 38 ff.; Ranke, Kurt: Agrarische und bäuerliche Denk- und Verhaltensweisen im Mittelalter. In: Wort und Begriff »Bauer«, a.a.O., S. 207 ff.; Goetz, Hans-Werner: Leben im Mittelalter, a.a.O., S. 240 f.; Gabbe, Jörg/Nonn, Ulrich: Lebensformen im Mittelalter. Stuttgart 1995. 13 Rösener, Werner: Die Bauern in der europäischen Geschichte, a.a.O., S. 32. 14 Oexle, Otto-Gerhard: »Die Statik ist ein Grundzug des mittelalterlichen Bewußtseins«, a.a.O., S. 62 f. 15 Schulze, Winfried: Die ständische Gesellschaft des 16./17. Jahrhunderts als Problem von Statik und Dynamik. In: Ständische Gesellschaft und soziale Mobilität, a.a.O., S. 13 f.; vgl. auch Kellenbenz, Hermann: Dynamik in einer quasi-statischen Welt. In: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 13. Stuttgart 1991. 16 Zum gesamten Problemkomplex jetzt grundsätzlich Fried, Johannes: Die Aktualität des Mittelalters. 2. Auflage. Stuttgart 2002, S. 34 ff.; ders.: Die Formierung Europas (840-1046), a.a.O.,

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Anmerkungen

S. 130 f.; vgl. auch Schreiner, Klaus: Sozialer Wandel im Geschichtsdenken und in der Geschichtsschreibung des späten Mittelalters, a.a.O., S. 237 f., 250 f., 286. »Prediger, Exegeten und Sozialethiker des Mittelalters entwickelten zahlreiche Maximen und Metaphern, die darauf angelegt waren, Anstrengungen zur Standesverbesserung von vornherein ins Unrecht zu setzen. Dem Stufenbau des Kosmos sollte eine hierarchische Ordnung der Gesellschaft entsprechen. Politische und soziale Ungleichheit galt als Grundvoraussetzung für die Funktionsfähigkeit eines Gemeinwesens.« Für das frühe Mittelalter vgl. Fichtenau, Heinrich: Soziale Mobilität in Quellen des 10. und frühen 11. Jahrhunderts. In: Wirtschafts- und sozialhistorische Beiträge. Festschrift für Alfred Hoffmann zum 75. Geburtstag. 1979, S. 27 ff. 17 Gurjewitsch, Aaron J.: Das Weltbild des mittelalterlichen Menschen, a.a.O., S. 160, 204; dazu kritisch Oexle, Otto-Gerhard: »Die Statik ist ein Grundzug des mittelalterlichen Bewußtseins«, a.a.O., S. 46 ff. 18 Keller, Hagen/Worstbrock, Franz-Josef: Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter: Der neue Sonderforschungsbereich 231 an der Westfälischen Wilhelms-Universität München. In: Frühmittelalterliche Studien. Band 22. 1988, S. 389; für den städtischen Bereich vgl. Statutencodices des 13. Jahrhunderts als Zeugen pragmatischer Schriftlichkeit. Die Handschriften von Como, Lodi, Novara, Pavia und Voghera. Herausgegeben von Hagen Keller und Jörg W. Busch. München 1991, S. 2 ff.. 19 Vgl. Wohlfeil, Rainer/Wohlfeil, Trudl: Verbildlichungen ständischer Gesellschaft. Bartholomäus Bruyn d. Ä. - Petrarcameister, a.a.O., S. 281 ff., 307 ff., 319. 20 Zum Mittelalter als historischer Epoche generell jetzt Fried, Johannes: Die Aktualität des Mittelalters, a. a. O., S. 8 ff.

Zusammenfassung

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