Briefliches Zitieren bei Paulus und Cicero: Eine vergleichende Untersuchung zu den Korintherbriefen 3161600185, 9783161600180, 9783161612558

Auf den ersten Blick verbindet die beiden antiken Briefautoren Cicero und Paulus wenig. Während Cicero als Redner politi

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Briefliches Zitieren bei Paulus und Cicero: Eine vergleichende Untersuchung zu den Korintherbriefen
 3161600185, 9783161600180, 9783161612558

Table of contents :
Cover
Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungen von Lexika, Reihen und Zeitschriften
1 Einleitung
1.1 T hema der Arbeit
1.2 Forschungsstand
1.2.1 Forschungsstand zu den Zitaten in Ciceros Werken
1.2.2 Forschungsstand zu den Schriftbezügen in den Briefen des Paulus
1.3 Gegenstand der Arbeit
1.3.1 Definition zentraler Begriffe: Zitat, Tradition, Bildung und Brief
1.3.2 Textgrundlage
1.3.3 Vorgehensweise
2 Zitation in Ciceros Briefen
2.1 Markierung der Zitate
2.1.1 Explizite Markierung
2.1.2 T hematisierende Markierung
2.1.3 Implizite Markierung
2.2 Wortlaut der Zitate
2.2.1 Abweichungen vom Wortlaut
2.2.2 Eine ciceronische Besonderheit: Das Anzitieren
2.3 Kontextualisierung der Zitate
2.3.1 Berücksichtigung des Prätextkontextes: Übereinstimmung oder Kontrast?
2.3.2 Umfang der Bezugnahme: Rekurs auf spezielle oder allgemeine Aspekte?
2.3.3 Doppelte Kontextualisierung: Das Rezitat
2.4 Funktion der Zitate
2.4.1 Formale Funktionen
a. Zitat als Einleitung
b. Zitat als Überleitung
c. Zitat als Abschluss
2.4.2 Inhaltliche Funktionen
a. Zitieren zur Begründung einer Aussage
b. Zitieren zur Veranschaulichung einer Aussage
2.4.3 Relationale Funktionen
a. Schaffung und Erhalt von Verbundenheit durch Zitate
b. Abmildern oder Verstärken von Kritik durch Zitate
c. Kompensation von Bitten oder Ratschlägen durch Zitate
2.5 Bildungshintergrund der Zitate
2.5.1 Einschätzung des Autors
a. Eingesetzte Mittel
b. Zitierte Autoren
2.5.2 Zitation als Bildungsprozess
2.5.3 Fähigkeiten der Adressaten
a. Aussagen über die Leserschaft in Ciceros Briefen
b. Aussagen über die Leserschaft in anderen Quellen
3 Zitation in den Korintherbriefen des Paulus
3.1 Markierung der Zitate
3.1.1 T hematisierende Markierung
3.1.2 Explizite Markierung
3.1.3 Implizite Markierung
3.1.4 Nicht-Markierung
3.2 Wortlaut der Zitate
3.2.1 Textgrundlage des Paulus
3.2.2 Abweichungen vom Wortlaut
3.3 Kontextualisierung der Zitate
3.3.1 Berücksichtigung des Prätextkontextes: Übereinstimmung oder Kontrast?
a. Übereinstimmung
b. Kontrast
3.3.2 Umfang der Bezugnahme: Rekurs auf spezielle oder allgemeine Aspekte?
3.3.3 Kontextualisierende Auslegungsmethoden
3.4 Funktion der Zitate
3.4.1 Formale Funktionen
a. Zitat als Argumentationsbasis
b. Zitat als Überleitung
c. Zitat als Abschluss
3.4.2 Inhaltliche Funktionen
a. Zitieren zur Begründung einer Aussage
b. Zitieren zur Veranschaulichung einer Aussage
c. Kombination beider Funktionen
3.4.3 Relationale Funktionen
a. Schaffung von Verbundenheit durch Zitate
b. Verstärkung von Kritik durch Zitate
3.5 Bildungshintergrund der Zitate
3.5.1 Einschätzung des Autors
a. Eingesetzte Mittel
b. Zitierte Schriften
3.5.2 Zitation als Bildungsprozess
3.5.3 Fähigkeiten der Adressaten
a. Aussagen über die Leserschaft in den Korintherbriefen des Paulus
b. Aussagen über die Leserschaft in anderen Quellen
4 Auswertung
4.1 Zitationstechnik
4.1.1 Markierung der Zitate
4.1.2 Wortlaut der Zitate
4.1.3 Kontextualisierung der Zitate
4.2 Funktion der Zitate
4.2.1 Formale Funktionen
4.2.2 Inhaltliche Funktionen
4.2.3 Relationale Funktionen
4.3 Kommunikationssituation
4.3.1 Abfassungssituationen
4.3.2 Briefgattungen
4.3.3 Adressaten
4.3.4 Zitierte Schriften
5 Fazit
6 Anhang
6.1 Tabellarische Übersicht zur Markierung der Zitate in Ciceros Briefen
6.2 Tabellarische Übersicht zur Markierung der Zitate in den Korintherbriefen
6.3 Tabellarische Übersicht zur Funktion der Zitate in Ciceros Briefen
6.4 Tabellarische Übersicht zur Funktion der Zitate in den Korintherbriefen
7 Literaturverzeichnis
7.1 Textausgaben
7.2 Hilfsmittel
7.3 Übersetzungen
7.4 Kommentare
7.5 Weitere Sekundärliteratur
Stellenverzeichnis
Autorenverzeichnis
Stichwortverzeichnis

Citation preview

I

SERAPHIM Studies in Education and Religion in Ancient and Pre-Modern History in the Mediterranean and Its Environs Editors Peter Gemeinhardt · Sebastian Günther Ilinca Tanaseanu-Döbler · Florian Wilk Editorial Board Wolfram Drews · Alfons Fürst · Therese Fuhrer Susanne Gödde · Marietta Horster · Angelika Neuwirth Karl Pinggéra · Claudia Rapp · Günter Stemberger George Van Kooten · Markus Witte

15

II

III

Briefliches Zitieren bei Paulus und Cicero Eine vergleichende Untersuchung zu den Korintherbriefen

von

Christina Bünger

Mohr Siebeck

IV Christina Bünger, geboren 1989; 2008−2013 Bachelor of Arts und Master of Education in Latein und Ev. Religion; 2015−2017 wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität Göttingen; 2015−2020 Promotionsstudiengang Theologie in Göttingen; 2017−2018 Lehrkraft an der Integrierten Gesamtschule Osnabrück; seit September 2019 Lehrkraft an der Gesamtschule Halle (Westf.).

Diese Publikation entstand als Dissertation im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 1136 „Bildung und Religion in Kulturen des Mittelmeerraums und seiner Umwelt von der Antike bis zum Mittelalter und zum Klassischen Islam“ an der Georg-August-Universität Göttingen. Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) – Projektnummer 244798977 – SFB 1136, Teilprojekt B 02: „Schriftauslegung als Bildungsvorgang in den Briefen des Paulus“. ISBN 978-3-16-160018-0 / eISBN 978-3-16-161255-8 DOI 10.1628/978-3-16-161255-8 ISSN 2568-9584 / eISSN 2568-9606 (SERAPHIM) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nati­onal­ bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Computersatz Staiger in Rottenburg/N. aus der Minion gesetzt, von der Druckerei Beltz Graphische Betriebe GmbH in Bad Langensalza auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und gebunden. Den Umschlag entwarf Uli Gleis in Tübingen. Umschlagabbildung: Jan Luyken (?), Der ­Apostel Paulus schreibend, halbe Figur, 230 x 298mm; CC BY-SA 4.0 Städel Museum, Frankfurt am Main. Printed in Germany.

V

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist die überarbeitete Fassung meiner Dissertation, die angelehnt an meine Mitarbeit im Sonderforschungsbereich 1136 „Bildung und Religion in Kulturen des Mittelmeerraums und seiner Umwelt von der Antike bis zum Mittelalter und zum Klassischen Islam“ an der Georg-August-Universität Göttingen entstanden ist und in diesem Rahmen durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert wurde. Daher gilt mein besonderer Dank allen Mitwirkenden des Sonderforschungsbereichs und der Deutschen Forschungs­ gemeinschaft für die finanzielle und wissenschaftliche Unterstützung meiner Arbeit. „Alles, was ihr tut, soll mit Liebe geschehen!“ (1Kor 16,14) Dieser Spruch des ersten Korintherbriefes, der mich seit meiner Vokation als Religionslehrerin begleitet, hat auch meine Arbeit an der vorliegenden Untersuchung bestimmt. In dieser Studie steckt sehr viel Herzblut, von mir und von vielen lieben Menschen, die mich im Entstehungsprozess begleitet und unterstützt haben und denen ich hiermit danken möchte. Insbesondere möchte ich meinem langjährigen Lehrer und Doktorvater Prof. Dr. Florian Wilk (Universität Göttingen, Neues Testament) für die umfassende Förderung und wissenschaftliche Begleitung meiner Arbeit danken. Ohne ihn wäre dieses Buch nicht entstanden. Er hat nicht nur während des Studiums meine Leidenschaft für das Neue Testament entfacht, sondern mir auch nach dem Referendariat die Möglichkeit gegeben, eine neutestamentliche Dissertation zu verfassen. Dank gebührt auch Prof. Dr. Peter Kuhlmann (Universität Göttingen, Klassische Philologie), der meine zweite Leidenschaft für das Fach Latein gefördert, den Cicero-Teil dieser Arbeit betreut und bereitwillig das Zweitgutachten für meine Arbeit übernommen hat. Ich danke ebenfalls Prof. Dr. Reinhard Feldmeier (Universität Göttingen, Neues Testament), der die Arbeit im Entstehungsprozess mitbetreut hat, sowie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des NT-Doktorandenkolloquiums in Göttingen, die mir mit fachlichem Rat zur Seite standen. Weiterhin gilt mein Dank meinen Weggefährten Laura Schimmelpfennig und Konrad Otto, die ich während des Promotionsstudiums kennenlernen durfte. Ihnen möchte ich dafür danken, dass sie mich stets bereitwillig in Göttingen aufgenommen und Teile meiner Arbeit Korrektur gelesen haben. Schließlich sage ich meinen Eltern und Großeltern Dank, die mich in Liebe haben aufwachsen und meinen Weg finden lassen sowie meinem Mann und

VI

Vorwort

meinem Sohn, die mir jeden Tag ihre Liebe schenken und mir damit die Kraft für dieses Projekt gegeben haben. Ihnen sei dieses Buch gewidmet. Melle, im Oktober 2021

VII

Inhaltsverzeichnis Vorwort

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   V

1 Einleitung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1

1.1  T hema der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   1

1.2 Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   4 1.2.1  Forschungsstand zu den Zitaten in Ciceros Werken . . . . . . . . . . .   5 1.2.2  Forschungsstand zu den Schriftbezügen in den Briefen des Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  11 1.3  Gegenstand der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  17 1.3.1  Definition zentraler Begriffe: Zitat, Tradition, Bildung und Brief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  18 1.3.2 Textgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  27 1.3.3 Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  29

2  Zitation in Ciceros Briefen

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   32

2.1  Markierung der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  33 2.1.1  Explizite Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  34 2.1.2  T hematisierende Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  38 2.1.3  Implizite Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  42 2.2  Wortlaut der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  44 2.2.1  Abweichungen vom Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  45 2.2.2  Eine ciceronische Besonderheit: Das Anzitieren . . . . . . . . . . . . . .  49 2.3  Kontextualisierung der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  51 2.3.1  Berücksichtigung des Prätextkontextes: Übereinstimmung oder Kontrast? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  52 2.3.2  Umfang der Bezugnahme: Rekurs auf spezielle oder allgemeine Aspekte? . . . . . . . . . . . . . . . .  56 2.3.3  Doppelte Kontextualisierung: Das Rezitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  60 2.4  Funktion der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  62 2.4.1  Formale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  63

VIII

Inhaltsverzeichnis



a. Zitat als Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   63 b. Zitat als Überleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   65 c. Zitat als Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   66



2.4.2  Inhaltliche Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   69



2.4.3  Relationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   84





a. Zitieren zur Begründung einer Aussage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   69 b. Zitieren zur Veranschaulichung einer Aussage . . . . . . . . . . . . . . . .   78 a. Schaffung und Erhalt von Verbundenheit durch Zitate . . . . . . . . .   84 b. Abmildern oder Verstärken von Kritik durch Zitate . . . . . . . . . . .   93 c. Kompensation von Bitten oder Ratschlägen durch Zitate . . . . . . .   95

2.5  Bildungshintergrund der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  100 2.5.1  Einschätzung des Autors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  100



a. Eingesetzte Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  101 b. Zitierte Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  104

2.5.2  Zitation als Bildungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  111 2.5.3  Fähigkeiten der Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  114



a. Aussagen über die Leserschaft in Ciceros Briefen . . . . . . . . . . . . . .  114 b. Aussagen über die Leserschaft in anderen Quellen . . . . . . . . . . . .  121

3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  127 3.1  Markierung der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  131 3.1.1  T hematisierende Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  131 3.1.2  Explizite Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  134 3.1.3  Implizite Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  136 3.1.4 Nicht-Markierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  136 3.2  Wortlaut der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  137 3.2.1  Textgrundlage des Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  138 3.2.2  Abweichungen vom Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  140 3.3  Kontextualisierung der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  148 3.3.1  Berücksichtigung des Prätextkontextes: Übereinstimmung oder Kontrast? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  148

a. Übereinstimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  148 b. Kontrast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  151

3.3.2  Umfang der Bezugnahme: Rekurs auf spezielle oder allgemeine Aspekte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  153 3.3.3  Kontextualisierende Auslegungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . .  159

3.4  Funktion der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  162

Inhaltsverzeichnis

IX



3.4.1  Formale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  163



3.4.2  Inhaltliche Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  175



3.4.3  Relationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  190







a. Zitat als Argumentationsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  163 b. Zitat als Überleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  167 c. Zitat als Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  173

a. Zitieren zur Begründung einer Aussage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  176 b. Zitieren zur Veranschaulichung einer Aussage . . . . . . . . . . . . . . . .  180 c. Kombination beider Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  186

a. Schaffung von Verbundenheit durch Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  191 b. Verstärkung von Kritik durch Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  195

3.5  Bildungshintergrund der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  201 3.5.1  Einschätzung des Autors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  201



a. Eingesetzte Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  202 b. Zitierte Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  205

3.5.2  Zitation als Bildungsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  207 3.5.3  Fähigkeiten der Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  210

a. Aussagen über die Leserschaft in den Korintherbriefen des Paulus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  210 b. Aussagen über die Leserschaft in anderen Quellen . . . . . . . . . . . .  214

4 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  222 4.1 Zitationstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  222 4.1.1  Markierung der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  222 4.1.2  Wortlaut der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  227 4.1.3  Kontextualisierung der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  229 4.2  Funktion der Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  231 4.2.1  Formale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  231 4.2.2  Inhaltliche Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  232 4.2.3  Relationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  233 4.3 Kommunikationssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  235 4.3.1 Abfassungssituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  236 4.3.2 Briefgattungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  240 4.3.3 Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  245 4.3.4  Zitierte Schriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  247

5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  250

X

Inhaltsverzeichnis

6 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  253 6.1 Tabellarische Übersicht zur Markierung der Zitate in Ciceros Briefen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  253 6.2  Tabellarische Übersicht zur Markierung der Zitate in den Korintherbriefen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  261 6.3  Tabellarische Übersicht zur Funktion der Zitate in Ciceros Briefen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  263 6.4 Tabellarische Übersicht zur Funktion der Zitate in den Korintherbriefen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  271

7 Literaturverzeichnis

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  273

7.1 Textausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  273 7.2 Hilfsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  274 7.3 Übersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  274 7.4 Kommentare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  277

7.5  Weitere Sekundärliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  281

Stellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  301 Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  313 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  319 .

XI

Abkürzungen von Lexika, Reihen und Zeitschriften* ACD AGCS ANTC ASBT h

Acta Classica Universitatis Scientiarum Debreceniensis Avant-Garde Critical Studies Abingdon New Testament Commentaries Acadia Studies in Bible and T heology

BaDR.B BAC BAZ BECNT BzNL

Beiträge zum antiken Drama und seiner Rezeption, Beiheft Bochumer Altertumswissenschaftliches Colloquium Biblische Archäologie und Zeitgeschichte Baker Exegetical Commentary on the New Testament Beiträge zur Neueren Literaturgeschichte

CA CB CBSS CCTC CGLC CJ CR

Classical Antiquity T he Classical Bulletin Continuum Biblical Studies Series Cambridge Classical Texts and Commentaries Cambridge Greek and Latin Classics T he Classical Journal T he Classical Review

EdN EGD EH EST hPHR

Enzyklopädie der Neuzeit Europäische Geschichtsdarstellungen Europäische Hochschulschriften European Studies in T heology, Philosophy and History of Religion

GGer Glotta GLW GNS

Grundlagen der Germanistik Glotta: Zeitschrift für griechische und lateinische Sprache Grundstudium Literaturwissenschaft Good News Studies

HlLA

Handbuch der lateinischen Literatur der Antike

ICS

Illinois Classical Studies

JSPL

Journal for the Study of Paul and His Letters

KSL

Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft

*  Titel von Lexika, Reihen und Zeitschriften werden in dieser Arbeit nach dem Abkürzungsverzeichnis der RGG4 abgekürzt. Alle weiteren Abkürzungen sind in diesem Verzeichnis aufgeführt.

XII

Abkürzungen von Lexika, Reihen und Zeitschriften

LB.S LC LEC LNTS

Linguistische Berichte, Sonderheft Litora Classica Library of Early Christianity Library of the New Testament Studies

McMNTS MLaA MLaL MLL MRB.BÖA

McMasters New Testament Studies Metzler Lexikon antiker Autoren Metzler Lexikon antiker Literatur Metzler Literatur Lexikon Monographische Reihe von Benedictina, Biblisch-Ökumenische Abteilung

NCamBC NET h NIBC NTSI

New Cambridge Bible Commentary Neutestamentliche Entwürfe zur T heologie New International Biblical Commentary T he New Testament and the Scriptures of Israel

PACA Pallas PAPhA PCA PCNT PNTC PSt

Proceedings of the African Classical Association Pallas: Revue d’Études Antiques Proceedings of the American Philological Association Proceedings of the Classical Association Paideia Commentaries on the New Testament T he Pillar New Testament Commentary Pauline Studies

RomA RhMu

Roma Aeterna Rheinisches Museum der Philologie

SaDR.NS SAG SfBS SGLG SHBC SKPh SNTS.MS SPS Spu. StColl

Studien zum antiken Drama und seiner Rezeption, Neue Serie Studien zur Alten Geschichte Sources for Biblical Study Studia Graeca et Latina Gothoburgensia Smyth and Helwys Bible Commentary Studien zur klassischen Philologie Society of the New Testament Studies, Monograph Series Sacra Pagina Series Spudasmata: Studien zur Klassischen Philologie und ihren Grenzgebieten Stauffenburg Colloquium

TBN TynNTC

T hemes in Biblical Narrative T he Tyndale New Testament Commentaries

YCS

Yale Classical Studies

1

1 Einleitung 1.1  T hema der Arbeit Vor mehr als 20 Jahren hat Timothy Lim in seinem Werk Holy Scripture in the Qumran Commentaries and Pauline Letters die Verwendung von Schriftzitaten in den Qumran-Pesherim und den Briefen des Paulus miteinander verglichen. Am Ende dieser Arbeit kommt er zu folgendem Schluss: T he similarities, however, should not be overemphasized. Exegetically, the Qumran pesherists were locked into the structure of the biblical prophecies that were being interpreted. T here is a greater degree of order and regularity than that which is evident in Paul’s exposition. T he interpretation of scripture in the Pauline letters depended more upon the practical problems that he was addressing than any systematic commentary on larger and smaller portions of the biblical texts. T hemes arise from real issues facing the Churches and these are supported and defended by proof-texts or illustrated by biblical precedents and patterns.1

Laut Lim unterscheidet gerade ihr situativer Kontext, der auch den Schriftgebrauch bestimme, die Briefe des Paulus von den Pesherim. In Anlehnung an diese Feststellung legt die vorliegende Arbeit ihren Fokus genau auf diesen Aspekt der Briefe. Untersucht werden soll, inwiefern die Situation von Autor und Leserschaft die Zitation in den Korintherbriefen des Paulus bestimmt. Wie bei Lim erfolgt die Untersuchung anhand einer Gegenüberstellung mit einer Textgruppe. Der Gebrauch von Schriftzitaten in den Korintherbriefen des Paulus wird vor dem Hintergrund der Verwendung von Dichterzitaten in den Briefen des römischen Redners Marcus Tullius Cicero analysiert. Die Autorenauswahl erscheint auf den ersten Blick ungewöhnlich, da keine direkten Bezüge zwischen Paulus und Cicero angenommen werden können und sich beide Autoren in vielerlei Hinsicht unterscheiden. Jedoch verbinden beide Autoren, obwohl sie zu unterschiedlichen Zeiten an verschiedene Leserschaften geschrieben haben und nicht die gleichen Schriften zitieren, zwei entscheidende Punkte: Zum einen sind ihre Briefe im Gegensatz zu vielen anderen antiken Schreiben wirklich versandt worden, d. h. sie sind aus konkreten Situationen entstanden, die sich jedenfalls in Ansätzen erfassen und dann auch untersuchen lassen.2 Zum anderen bringen 1 

Lim 1997, 181 [Hervorhebungen C. B.]. Vgl. Tomson 1990, 56–58; Probst 1991, 62.86. Bei Cicero zeigt sich dies z. B. an zahlreichen Bemerkungen zur Übermittlung der Briefe. Vgl. Jenkins 2006, 37–50. Auch wenn es sich sowohl bei den Schreiben Ciceros als auch bei denen des Apostels Paulus um reale 2 

2

1 Einleitung

beide Autoren im Zuge ihrer mit bestimmten Absichten verfassten Briefe diverse Zitate rhetorisch gezielt in ihre Argumentation ein, um den Zweck des jeweiligen Schreibens zu befördern.3 Somit ist es anhand ihrer Schreiben möglich, den funktionalen Gebrauch der Zitate in einem bestimmten situativen Kontext zu untersuchen. Gerade die Verschiedenheit der Autoren und ihrer Werke ermöglicht es, Grundmuster der Zitation sowie Besonderheiten der jeweiligen Texte herauszustellen. Entstanden ist die Idee zu dieser Arbeit durch die Mitarbeit im Teilprojekt B02 Schriftauslegung als Bildungsvorgang in den Briefen des Paulus des Sonderforschungsbereiches Bildung und Religion in den Kulturen des Mittelmeerraums und seiner Umwelt von der Antike bis zum Mittelalter und zum Klassischen Islam der Georg-August-Universität Göttingen. Darin wurde das Zitationsgeschehen als Vorgang religiöser Bildung betrachtet, um Unterschiede im paulinischen Schriftgebrauch zwischen den verschiedenen Briefen zu erklären, indem der Blick stärker auf den Zusammenhang der konkreten brieflichen Kommunikation gerichtet wurde. Am Beispiel der Briefe des Paulus an die Gemeinde in Korinth wurden Schriftbezüge, deren Verwendung und Auslegung sowie daraus zu ermittelnde Bildungserwartungen analysiert.4 Das Projekt bot u. a. die Möglichkeit, zwei zentrale Gesichtspunkte des paulinischen Schriftgebrauchs näher zu beleuchten, die in der aktuellen Forschung stark diskutiert werden: die Leserschaft und die kommunikative Funktion der Schriftbezüge. Umstritten ist diesbezüglich, welche Schriftkenntnisse auf Seiten der Leser vorausgesetzt werden dürfen und inwiefern griechisch-römische Rhetorik sowie antik-jüdische Auslegungsmethoden den Schriftgebrauch des Paulus beeinflusst haben.5 An eben diese Aspekte knüpft auch die vorliegende Arbeit an. Entscheidend für die Frage nach der Bedeutsamkeit situativer Kontexte ist nämlich die Betrachtung der argumentativen Funktion der Zitate, wie sie Lim bereits im letzten Satz der oben zitierten Textpassage andeutet. Die T hemen eines Briefes, die sich aus praktischen Problemen der Gemeinde ergeben, werden seiner Meinung nach durch Bezüge auf Texte aus den Schriften Israels6 unterBriefe handelt, sollte man dennoch beachten, dass diese von Editoren gesammelt und stellenweise überarbeitet worden sind. Vgl. Manuwald 2009, 6–10. 3  Vgl. Stanley 2004, 20–21. Zur Abhängigkeit der Sprache von der Abfassungssituation und der Funktion der Briefe bei Cicero vgl. Jäger 1986. 4  Vgl. Wilk 2019b, 88–89. 5  Zur Debatte über die Leserschaft vgl. Stanley 1999; Abasciano 2007. Zur Diskussion der Zitatfunktionen vgl. Lim 1997; Stanley 2004; Heil 2005; Fisk 2012. Ähnliche Fragestellungen bezüglich der Leserschaft und der argumentativen Funktion von Zitaten in Briefen werden auch in der Klassischen Philologie thematisiert. Vgl. Hutchinson 1998; Spahlinger 2005; Behrendt 2013. Für eine ausführlichere Darstellung der unterschiedlichen Positionen vgl. S. 5–16. 6  Paulus zitiert in seinen Briefen fast immer aus den jüdischen Schriften, die in der heutigen christlichen Sicht das Alte Testament bilden. Lim bezeichnet diese als biblische Texte. Vgl. Lim 1997, 181. Beide Bezeichnungen sind anachronistisch und lassen vermuten,

1.1  T hema der Arbeit

3

stützt oder veranschaulicht. Damit bedingt die Abfassungssituation die Intention des Autors und somit auch den funktionalen Zitateinsatz. Zur Funktion von Zitaten findet man in den Texten antiker Rhetoriker nur wenige Erklärungen. Aristoteles erwähnt im Zusammenhang mit Beweismitteln in einer Gerichtsrede, dass man Dichter und angesehene Männer als Zeugen anführen solle. Als Beispiele nennt er Homer und verschiedene Sprichwörter.7 Cicero macht diesbezüglich in seinen rhetorischen Schriften keine Angaben. Laut Quintilian dienen Zitate als Beweis oder als Schmuck der Argumentation:8 Denique credamus summis oratoribus, qui veterum poemata vel ad fidem causarum vel ad ornamentum eloquentia adsumunt. (Schließlich sollten wir den größten Rednern glauben, die die Dichtungen der Alten entweder für die Glaubwürdigkeit ihrer Fälle oder zur Ausschmückung ihrer Beredsamkeit heranziehen.)

(Quint.inst. I,8,10).

Untersuchungen der neueren Forschung, die literaturwissenschaftliche T heorien aufgreifen und ihren Fokus auf konkrete Textbeispiele legen, zeigen aber, dass der Zitateinsatz in der literarischen Kommunikation der Antike deutlich komplexeren Konventionen unterlegen war, als in den Handbüchern beschrieben wird. So hängt z. B. die Frage, auf welche Texte ein anderer referiert, sowohl von der Text­ sorte bzw. der Gattung als auch vom jeweils adressierten Publikum ab. Wie sich der Rückgriff auf andere Texte gestaltet, ist wiederum u. a. durch die Konventionen und Traditionen des Kulturraums motiviert, in dem der bezugnehmende Text produziert wird.9

es habe zur Zeit des Paulus bereits ein Buch vorgelegen, dass all diese Schriften enthalten habe, die man auch heute im Alten Testament der Bibel findet. Da dies nicht der Fall ist – Paulus konnte vielmehr nur auf Schriftrollen einzelner biblischer Bücher zugreifen, und es war auch noch nicht eindeutig festgelegt worden, welche Bücher zum Kanon der Heiligen Schriften des Judentums gehörten (vgl. Wilk 2016, 40–42) –, wird im Folgenden auf diese Bezeichnungen verzichtet und stattdessen von den Schriften Israels gesprochen. Stamps hält diesen Begriff wegen seiner politischen bzw. nationalistischen Konnotation für weniger geeignet als die Bezeichnung „Jewish sacred writings“. Er ist jedoch konkreter und passgenauer, wie Stamps selbst anmerkt. Das Genitivattribut „Israel“ ist zudem weniger politisch konnotiert als aus den Schriften selbst entnommen, die sich ja an das Volk Israel richten. Vgl. Stamps 2006, 11, Anm. 3. 7  Vgl. Arist.rhet. I,15,13–14. 8  In eine ähnliche Richtung gehen auch die Ratschläge des Longinus, der zur Nachahmung großer Schriftsteller und Dichter aufruft, um so Inspiration zu erhalten. Vgl. Long. sublime XIII,2–3; XIV,1. 9  Behrendt 2013, 12.

4

1 Einleitung

Anja Behrendts Aussagen machen deutlich, wie sinnvoll eine Verknüpfung der Frage nach den Zitatfunktionen mit der Betrachtung der Leserschaft ist. Zudem führt uns die Gattung des Briefes wiederum zum bereits angesprochenen situativen Kontext, der zusätzlich zu Konventionen und Traditionen die Kommunikation bestimmt.10 Damit schließt sich der Kreis. Sowohl Vertreter der biblischen Wissenschaften als auch Vertreter der klassischen Philologie weisen darauf hin, wie wichtig der Blick auf die Abfassungssituation eines Briefes ist.11 Mit einer solch historischen Sichtweise wird also einerseits der Gattung Brief und andererseits dem Kommunikationsprozess der Zitation Rechnung getragen. Außerdem ermöglicht die textpragmatische Analyse eine gute Ausgangsbasis für die Einordnung der Korintherbriefe des Paulus in die römische Briefpraxis. Daher bildet sie die Grundlage dieser Arbeit, deren Fragestellung sich aus den zentralen Elementen des Briefes und der Zitation zusammensetzt. Anzumerken bleibt noch, dass auch die Entscheidung zur Darstellung der römischen Briefpraxis anhand der Briefsammlungen eines Autors nicht zufällig erfolgt ist, sondern dem Umstand geschuldet ist, dass entsprechende theoretische Quellen zum Zitateinsatz in brieflicher Korrespondenz fehlen.12

1.2 Forschungsstand Bevor die Darstellung des Gegenstandes der vorliegenden Arbeit fortgesetzt wird, soll nun ein kurzer Abriss zum Forschungsstand gegeben werden, an den sich das T hema der Arbeit anlehnt. Aufgrund der Fülle von Studien, die bis zum heutigen Tag zu diesem T hema entstanden sind, kann an dieser Stelle kein umfassender Überblick über die Forschungsgeschichte gegeben werden. Vielmehr sollen hier anhand ausgewählter Beispiele der Verlauf und wichtige Ergebnisse der Forschung in groben Zügen getrennt nach den Fachbereichen der lateinischen Philologie und der neutestamentlichen T heologie dargestellt werden.

10  Vgl. Reed 2001, 175–178. Schon Jocelyn stellte 1973 in seinem Aufsatz Greek Poetry in Cicero’s Prose Writing fest, dass Cicero seine Dichterzitate in den Briefen und Reden nicht nach literarischen Konventionen, sondern je nach Situation ausgewählt habe. Vgl. Jocelyn 1973, 62–63. 11  Vgl. Lim 1997, 181; Behrendt 2013, 12. 12  Vgl. Malherbe 1988, 2–3; Klauck 1998, 166–168; Moyise 2008, 17–18.

1.2 Forschungsstand

5

1.2.1  Forschungsstand zu den Zitaten in Ciceros Werken Bereits Ende des 19. Jahrhunderts begannen Philologen mit einer Bestandsauf­ nahme der Zitate in Ciceros Werken.13 Neben der eigentlichen Quellenforschung14 wurden auch Zitationstechniken,15 mögliche Gründe für das Zitieren16 und Ciceros Verhältnis zur Dichtung17 betrachtet. Dabei galt ein besonderes Interesse der Frage nach der Bedeutsamkeit der griechischen Dichtung für die ­Römer.18 Daher spricht auch Wilhelm Zillinger 1911 zu Beginn seiner Dissertation mit dem Titel Cicero und die altrömischen Dichter nicht nur von römischen, sondern auch von griechischen Dichtern. Während Cicero in seinen öffentlichen Werken oft die altrömischen Dichter lobe, greife er in seinen privaten Briefen lieber auf griechische Autoren zurück. Aus dieser Tatsache zieht Zillinger den Schluss, dass Cicero zwar die griechischen Dichter für überlegen halte, aber die Hochachtung der römischen Dichter durch Zitate in seinen Werken fördern wolle.19 Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt deshalb auf Ciceros Beurteilung der zitierten römischen Autoren. Seiner Meinung nach erfolgt dessen Urteil selbstständig und differenziert.20 Daher erläutert Zillinger im ersten Teil seiner Arbeit einzelne Dichter und deren Bewertung durch Cicero.21 Erst im zweiten Teil untersucht er dann auch die Verteilung und Form von Zitaten, aus denen man ebenfalls Einschätzungen ableiten könne. In Bezug auf die Briefe stellt Zillinger fest, dass das Vorkommen von Zitaten dort den Vorlieben des Autors einerseits und denen der Adressaten andererseits entspreche, z. B. greife Cicero oft gerade in Briefen an Freunde, die selbst gerne zitieren, wie Atticus oder Paetus, auf Dichterverse zurück. Zugleich hebt er einen Zusammenhang zwischen Ciceros schriftstellerischer Tätigkeit und dem gehäuften Vorkommen von Zitaten in den Briefen in diesem Zeitraum hervor. 22 Bezüglich der Form wirft er Cicero vor, nicht besonders sorgfältig zu zitieren, es komme zu Erinnerungsfehlern, weil Cicero zu oft Zitate anführe.23 Daneben erläutert er am Ende seiner Arbeit kurz stilistische Besonderheiten in Ciceros Zitierweise. Aus Gründen der Abwechslung kämen neben wört­ lichen Zitaten an einigen Stellen auch stilistisch bedingte Änderungen, Paraphrasen oder Anspielungen vor. Ebenso neige Cicero dazu, sprunghaft oder andeutungsweise zu zitie-

13  Für eine ausführliche Darstellung der Forschungsgeschichte zur Zitatforschung bei Cicero vgl. Spahlinger 2005, 10–14; Behrendt 2013, 12–28. 14  Vgl. Radin 1910–1911; Zillinger 1911; Rose 1921; Howind 1921; Pütz 1925. Zur Ent­ stehung und anfänglichen Dominanz der Quellenforschung in der Klassischen Philologie vgl. Schmitz 2015, 529–532. 15  Vgl. Dammann 1910; Howind 1921. 16  Vgl. Font 1894; Steele 1900; Dammann 1910. 17  Vgl. Lange 1880; Zillinger 1911; Howind 1921. 18  Vgl. Lange 1880, Steele 1900; Nassal 1910; Zillinger 1911. 19  Vgl. Zillinger 1911, 15–17. 20  Vgl. Zillinger 1911, 44–49. 21  Vgl. Zillinger 1911, 14–44. 22  Vgl. Zillinger 1911, 59–63. 23  Vgl. Zillinger 1911, 69–73.

6

1 Einleitung

ren. Er verzichte zudem häufig auf Autorenangaben, damit das Zitieren nicht als Selbstzweck erfolge, sondern dem Schmuck der Aussagen diene.24 Im Gegensatz dazu legt Edgar Howind 1921 in seiner Dissertation De ra­tione citandi in Ciceronis Plutarchi Senecae Novi Testamenti scriptis obvia den Fokus auf die formalen Aspekte des Zitats. Weil in dieser Studie mehrere Autoren nebeneinander betrachtet werden, fallen die Ausführungen zu Cicero entsprechend knapp aus. Ebenso wie Zillinger untersucht Howind alle Gattungen von Ciceros Werken25 nacheinander. Während in den rhetorischen Schriften Zitate speziell zu Illustrationszwecken eingesetzt würden,26 sei der Gebrauch in den philosophischen Schriften deutlich vielfältiger. Dies schlage sich auch in den unterschiedlichen Zitateinleitungen innerhalb dieser Gattung nieder.27 In Bezug auf Ciceros Reden falle dagegen auf, dass zitierte Autoren kaum gelobt und z. T. nicht einmal mit Namen genannt würden.28 In den Briefen wiederum kämen auch griechische Zitate vor, v. a. in denen an Atticus. Zudem verzichte Cicero darin häufig auf eine Zitateinleitung.29 Aufgrund solcher Beobachtungen kommt Howind zu der Schlussfolgerung, dass Cicero seine Zitationsweise an die jeweilige Gattung seiner Werke anpasse.30

Entsprechend der in diesen beiden Dissertationen aufgestellten Prämissen verschob sich in den folgenden Jahren auch der Forschungsschwerpunkt von der Bestandsaufnahme hin zur Einzelbetrachtung. Zum einen analysierten mehrere Philologen in Anlehnung an Zillinger Ciceros Einstellung zu bestimmten Autoren bzw. Autorengruppen.31 So untersuchte z. B. Frederick Warren Wright 1931 Ciceros Beziehung zum T heater. Dazu betrachtete er vier verschiedene Gesichtspunkte: die Erwähnung von Schauspielern, das Anführen und Zitieren lateinischer Stücke sowie Autoren, das Anführen und Zitieren griechischer Stücke sowie Autoren und die Verwendung von T heaterbegriffen in Ciceros Werken. Zusätzlich zu ausführlichen Referenzlisten enthält die Studie Erläuterungen, wie Cicero den Status und die Kunstfertigkeit von Schauspielern einschätze32 und wie er einzelne lateinische sowie griechische Autoren beurteile.33 Laut Wright ist Cicero so24 

Vgl. Zillinger 1911, 79–88. Sowohl Spahlinger als auch Behrendt weisen darauf hin, dass Howind als Erster alle Schriften Ciceros in den Blick nimmt. Vgl. Spahlinger 2005, 11–12; Behrendt 2013, 15. 26  Vgl. Howind 1921, 8. 27  Vgl. Howind 1921, 8–19. 28  Vgl. Howind 1921, 19–20. Howinds T hese, dass Cicero Zitate ohne Einleitungsworte anführe, wenn die Aussage seiner eigenen Meinung entspreche, wird 1959 von Armleder widerlegt. Die Auslassung erfolge vielmehr, weil sie aufgrund der Kenntnisse des Adressaten nicht nötig sei und eine Anpassung an den neuen Kontext ohne syntaktischen Bruch zur Stilglätte beitrage. Vgl. Armleder 1959a. 29  Vgl. Howind 1921, 20–23. 30  Vgl. Howind 1921, 23. 31  Vgl. Wright 1931; Nairn 1932; Malcovati 1943; Laidlaw 1959; Marti 1974. 32  Vgl. Wright 1931, 23–30. Vorangestellt ist zudem eine kurze Erläuterung zur religiösen und politischen Bedeutung des T heaters in der Römischen Republik. Vgl. Wright 1931, 1–9. 33  Vgl. Wright 1931, 31–93. 25 

1.2 Forschungsstand

7

wohl an lateinischen als auch an griechischen T heaterstücken interessiert. Während er aber lateinische Aufführungen selbst besucht habe, sei sein Interesse an den griechischen Dramen rein literarisch gewesen. Daher könne man sich aus Ciceros Bemerkungen nur ein Bild vom römischen T heater machen, das zudem noch durch seinen persönlichen Geschmack eingefärbt sei. Seine Favoriten seien Ennius, Accius und Terenz. Naevius, Plautus oder Caecilius schätze er dagegen nicht so sehr.34

Zum anderen griffen einige Philologen Howinds Erkenntnis auf, dass der Zi­ tat­einsatz von der Gattung abhängig sei. Sie beschränkten sich daher auf die Analyse einer einzigen Textgattung. So kam es, dass Mitte des 20. Jahrhunderts erstmals die Frage nach der Funktion der Zitate in den Briefen untersucht w ­ urde.35 1957 analysierte Werner Stahlenbrecher in seiner Dissertation die Dichterzitate in Ciceros Briefen hinsichtlich ihrer Funktionsweisen. Dabei unterschied er zwischen Aussageweisen des Menschen Cicero und des Gebildeten Cicero, die er wiederum in zwei bzw. drei Funktionen untergliederte. Seiner Ansicht nach dienen die Zitate in Ciceros Korrespondenz als Ausdruck eines Urteils Ciceros über seine eigene Person oder andere Personen, als Ausdruck seiner Urbanität, als Ornament, als Beleg oder als praeceptum (Vorschrift).36 Ein kurzer Vergleich mit den Zitaten der Zeitgenossen Ciceros, die in den Briefsammlungen zu finden sind, zeige zudem, dass diese auf dieselben Zitatfunktionen zurückgreifen. Im Gegensatz zu Cicero, der am häufigsten das Zitat als Ausdruck eines Urteils einsetze, würden seine Zeitgenossen Zitationen aber vorwiegend als Ornamente verwenden.37 Zu derselben Zeit untersuchte auch Paul John Armleder die Briefe Ciceros hinsichtlich der Fragestellung, was den Autor dazu veranlasse, Zitate einzufügen.38 Im Gegensatz zu Stahlenbrechers Arbeit gliedert sich Armleders Dissertation jedoch nicht entsprechend der verschiedenen Zitatfunktionen. Er beginnt stattdessen mit einer Zusammenfassung zur statistischen Verteilung der Zitate in den Briefen Ciceros sowie zu den Zitiermethoden des Autors. Anschließend unterscheidet er die folgenden Kapitel, in denen vornehmlich die Zwecke der Zitate an Beispielen dargestellt werden, nach der Wahl der zitierten Autoren.39 Dementsprechend benennt Armleder keine Kategorien für die Einteilung der Zitatfunktionen, sondern zählt unterschiedliche Zwecke auf, zu denen Cicero Zitate verwende, z. B. nutze er Dichterverse als Belege für seine eigenen Aussagen.40

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts rückte die Frage nach der Funktion der Zitate allerdings wieder in den Hintergrund. Im Zentrum stand nun die Untersuchung von Ciceros Quellenbenutzung. Dabei wurde u. a. diskutiert, ob

34 

Vgl. Wright 1931, 78–79.92–93. Vgl. Stahlenbrecher 1957; Armleder 1957. 36  Vgl. Stahlenbrecher 1957, 19–21.255–256. 37  Vgl. Stahlenbrecher 1957, 256. 38  Vgl. Armleder 1957, VIII. 39  Vgl. Armleder 1957, VII. 40  Vgl. Armleder 1957, 96–97. 35 

8

1 Einleitung

Cicero Zitate von anderen Autoren übernommen, ob er bewusst Änderungen am Wortlaut vorgenommen oder ob er aus dem Gedächtnis zitiert habe.41 Die erste Position wird 1973 von Henry David Jocelyn in einem Aufsatz mit dem Titel Greek Poetry in Cicero’s Prose Writing vertreten. Seiner Meinung nach hat Cicero die meisten seiner griechischen Zitate aus Vorlagen übernommen, wohingegen die lateinischen Zitate von ihm selbst stammen. Dafür spreche, dass Cicero lateinische Verse zitiere, die zu seiner Zeit aufgeführt worden und ihm daher geläufig seien, Griechischkenntnisse hingegen nicht einmal in der römischen Elite weit verbreitet gewesen seien.42 Deshalb greife Cicero auch nur in privaten Briefen, v. a. an Atticus Pomponius, der eine Zeit lang selbst in Griechenland gelebt habe, auf griechische Zitate zurück. Jocelyn bezweifelt allerdings, dass Cicero die Originalkontexte der angesprochenen griechischen Werke immer gekannt habe. Er nimmt stattdessen an, dass Cicero meist Atticus rezitiere oder gnomische Verse verwende.43 In ähnlicher Weise interpretiert er auch die Herkunft der griechischen Dichterzitate in Ciceros philosophischen Werken. Es handele sich dabei meist um lateinische Übersetzungen, deren griechische Vorlage er aus seinen philosophischen Quellen übernommen habe. Denn im Vordergrund stehe immer die philosophische Argumentation. So entstünden oft Abweichungen vom Originalkontext und Wortlaut, wie er an mehreren Beispielen ausführt.44 Etwas anders sieht es Paul John Armleder, der sich in zwei kurzen Artikeln im Classical Bulletin mit Abweichungen vom ursprünglichen Wortlaut in Ciceros Zitaten beschäftigt. Einerseits lehnt er 1959 Dammanns Annahme ab, dass Cicero an zwei Stellen falsch zitiert habe. Seiner Meinung nach handelt es sich in dem einen Fall um eine bewusste Änderung zur inhaltlichen Anpassung an den neuen Kontext und in dem anderen Fall um eine Paraphrase.45 Andererseits vertritt er acht Jahre später die T hese, dass Cicero aus der Erinnerung zitiere. Dafür führt er u. a. folgende Argumente an: Cicero verfüge über ein großes literarisches Wissen, er setze die Kenntnis der Verse auch bei seinen Adressaten voraus und zitiere auch an Orten, an denen ihm keine Bibliothek zur Verfügung stehe.46 Am Ende seines Artikels erwähnt Armleder kurz die Funktion von Zitaten: Cicero wisse, dass sie einen Brief schmücken und dessen Wert erhöhen.47 41  Vgl. Armleder 1967; Jocelyn 1973; Albrecht 1973. Die Frage nach der Textvorlage Ciceros wurde auch schon in früheren Studien angesprochen. Laut Zillinger zitiert Cicero aus dem Gedächtnis. Vgl. Zillinger 1911, 73. 42  Vgl. Jocelyn 1973, 61–63. 43  Vgl. Jocelyn 1973, 64–65. 44  Vgl. Jocelyn 1973, 65–111. Für eine kritische Würdigung dieses Ansatzes vgl. Spahlinger 2005, 12–13. Obwohl Spahlinger Jocelyns Ansatz für problematisch hält, da er von drei Prämissen ausgehe, die nicht belegt werden könnten, bildet dessen Arbeit eine Basis für seine eigene Studie, weil es die einzige Untersuchung zu den Zitaten in den philosophischen Werken sei. Zudem biete diese nützliches Material und stelle eine wichtige Verbindung zwischen Ciceros Zitaten und dessen Übersetzungspraxis her. 45  Vgl. Armleder 1959b. Die angesprochenen Textstellen sind Q.fr. III,5,4 und Att. VII,3,10. 46  Vgl. Armleder 1967, 81–82. Daneben werden in dem Artikel noch mehrere andere Fragen thematisiert, die von seinen Vorgängern aufgeworfen worden sind. Die Frage nach Ciceros Quellenbenutzung scheint aber am wichtigsten zu sein, da sie an den Anfang des Artikels gestellt wurde. 47  Vgl. Armleder 1967, 85.

1.2 Forschungsstand

9

Das Beispiel Armleders zeigt, dass man sich in dieser Zeit, wenn man überhaupt über die Funktion der Zitate sprach, auf die beiden Funktionen konzentrierte, die in antiken Rhetorikhandbüchern genannt werden.48 Dies ist auch noch zwanzig Jahre später der Fall. So stellt Peter Jesse Aicher 1986 seiner Untersuchung von Homer-Übersetzungen in Ciceros philosophischen Werken einige Bemerkungen zur Rolle der entsprechenden Vers­zitate voran, die sich ebenfalls auf die Schmuck- und die auctoritas-Funktion beschränken.49 Das Hauptaugenmerk seiner Analyse richtet sich jedoch wie bei den zuvor genannten Forschern auf die Abweichungen vom Originalwortlaut, die seiner Ansicht nach zumeist der Anpassung an den neuen argumentativen Zusammenhang geschuldet sind.50

Zusätzlich zur Schmuck- und auctoritas-Funktion wird lediglich eine humoristische Funktion der Zitate51 erwähnt. Michael von Albrecht erklärt 1973 in seinem Artikel zu Ciceros Sprache und Stil in ­Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, dass Dichterzitate in Ciceros Briefen meist humoristisch wirkten und daher vermehrt in privaten Schreiben vorkämen, während sie in offiziellen Schreiben fast gänzlich fehlten.52 Ähnlich verhält es sich seiner Meinung nach mit der Verwendung griechischer Fremdwörter in den Briefen. Diese träten ebenfalls fast nur in privaten Schreiben an enge Vertraute auf und würden ironisch oder humoristisch ver­wendet.53

Ende des 20. bzw. Anfang des 21. Jahrhunderts kam es schließlich zu einem Wandel in der Zitatforschung der klassischen Philologie. In Anlehnung an literaturwissenschaftliche T heorien, wie Rezeptionsästhetik, reader-response criticism und Intertextualitätsforschung,54 rückte nun der Vorgang des Zitierens selbst in den Vordergrund.55 Zitate werden seitdem in der Forschung als Bestandteile der Kommunikation betrachtet, die bewusst zu argumentativen Zwecken eingesetzt werden.56 Daneben wuchs in dieser Zeit das Interesse an Ciceros Briefen.57

48  Vgl. Armleder 1967; Aicher 1986. Die Beweis- und die Schmuckfunktion von Zitaten wurden bereits 1911 in Zillingers Dissertation erwähnt. Vgl. Zillinger 1911, 79.85. Jocelyn trifft diesbezüglich sogar eine gattungsgemäße Unterscheidung. Während in Ciceros Reden vor allem die Schmuckfunktion intendiert sei, habe in den philosophischen Werken die Beweisfunktion Vorrang. Vgl. Jocelyn 1973, 66. 49  Vgl. Aicher 1986, 103–104. 50  Vgl. Aicher 1986, 106–130. 51  Vgl. Albrecht 1973; Wardman 1976. 52  Vgl. Albrecht 1973, 1280. 53  Vgl. Albrecht 1973, 1274–1275. 54  Vgl. Schmitz 2015, 536–538. 55  Vgl. Spahlinger 2005; Behrendt 2013. 56  Vgl. Hutchinson 1998; Spahlinger 2005; Hall 2009; White 2010; Behrendt 2013. 57  Vgl. Hutchinson 1998; Hall 2009; White 2010; Wilcox 2012.

10

1 Einleitung

1998 beklagte sich Gregory Owen Hutchinson über die bisherige Vernachlässigung von Ciceros Briefen in der Forschung.58 In seinem Werk Cicero’s Correspondence widmet er sich daher ganz dieser Textgattung und beleuchtet darin neben zeitlichen Aspekten v. a. literarische Elemente der Briefe.59 Entscheidend für spätere Arbeiten60 war seine Idee, dass das Schreiben von Briefen in der Antike der Freundschaftspflege diente. Ziel eines Briefes sei nicht nur den Leser zu überzeugen, sondern auch ihn zu umwerben.61 In diesem Zusammenhang untersucht er auch Ciceros Zitateinsatz, der durch die jeweilige Briefsituation bestimmt sei und kommunikative Gepflogenheiten der Zeit abbilde.62 So erwähnt er an einigen Stellen ganz unterschiedliche Funktionen von Zitaten. Zitate könnten, wie bereits Von Albrecht bemerkt hat, humoristisch wirken,63 zur Eröffnung eines Briefes eingesetzt werden,64 zur Beschreibung einer Person dienen65, Nähe und ­Distanz zum Adressaten schaffen66 oder Lösungsansätze aufzeigen.67 Seine Beispiele zeigen, dass Zitate in der Antike deutlich mehr Aufgaben erfüllen sollten als die von Quintilian erwähnten zwei, die Beweis- und die Schmuckfunktion. Daher untersucht auch Lothar Spahlinger in seiner Habilitationsschrift68 v. a. den argumentativen Status der Zitate in den philosophischen Werken Ciceros (neben deren Kennzeichnung und der Autorenauswahl)69. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern konzentriert er sich dabei nicht nur auf philosophische Vorbilder, sondern auch auf das Zitieren von Dichterversen.70 Zusätzlich greift er zur Definition des Begriffs „Zitat“ auf moderne Literaturtheorien zurück, weil entsprechende Versuche für die lateinische Li-

58 

Vgl. Hutchinson 1998, 2–3. Vgl. Hutchinson 1998, Inhaltsverzeichnis. 60  In ähnlicher Weise entwickelt Jon Hall in Anknüpfung an soziolinguistische Höflichkeitstheorien drei Basisformen von Höflichkeit (politeness of respect, affiliative politeness, redressive politeness), die in Ciceros Briefen greifbar seien. Vgl. Hall 2009, 3–15. Amanda Wilcox sieht die Funktion von Briefen ebenso wie Hutchinson in der Beziehungsarbeit begründet. Vgl. Wilcox 2012, 3–11. 61  Vgl. Hutchinson 1998, 16–21. 62  Vgl. Hutchinson 1998, 13–15. 63  Vgl. Hutchinson 1998, 175–177. 64  Vgl. Hutchinson 1998, 14. 65  Vgl. Hutchinson 1998, 15. 66  Vgl. Hutchinson 1998, 15. 67  Vgl. Hutchinson 1998, 118–124. 68  Der Titel lautet Tulliana simplicitas, da Spahlinger sich auch mit der Einschätzung des älteren Plinius auseinandersetzt, der in seiner Naturalis historia Ciceros Umgang mit seinen Vorbildern in dieser Weise beschreibt. Vgl. Spahlinger 2005, 9–10.341. 69  Bezüglich der Markierung der Zitate in Ciceros philosophischen Werken stellt Spahlinger fest, dass sie nicht nach einer literarischen Konvention erfolge, sondern dass die Zitate je nach literarischer Intention durch das Metrum, durch einen inhaltlichen Wechsel oder durch eine Einleitungsformel kenntlich gemacht werden. Zusätzlich gebe es Zitate, die Cicero absichtlich nicht markiere. Vgl. Spahlinger 2005, 205–217. Die Autorenauswahl erfolge hingegen nach klaren Kriterien. Cicero zitiere v. a. bekannte Autoren, Schlüsselstellen, vertraute Autoritäten und geläufige Argumentationsverfahren. Philosophische Zitate stellt er zudem in den Dienst seiner Gesamtaussage. Vgl. Spahlinger 2005, 341–343. 70  Vgl. Spahlinger 2005, 10–14. 59 

1.2 Forschungsstand

11

teratur bisher fehlten.71 Am Schluss seiner Arbeit hält er fest, dass Zitate, die er in Anlehnung an Plett als textgenaue Segmente aus einem Prätext in einem Folgetext bezeichnet,72 eine interne und eine externe Funktion erfüllen würden. Intern bzw. argumentativ diene ein Zitat entweder zur Illustration oder zur pointierten Zuspitzung. Die externe Funktion lasse sich noch weiter ausdifferenzieren, in die ethopoietische Funktion (die Charakterisierung eines Redners) und die aemulative Funktion (die Bezugnahme auf ein literarisches Vorbild). Diesbezüglich nutze Cicero die Zitate zum einen, um den Redner möglichst genau zu porträtieren oder als Repräsentant einer philosophischen Richtung darzustellen, zum anderen, um den Traditionszusammenhang sichtbar zu machen oder um die literarische Fiktion zu bewahren.73 Ebenso legt Anja Behrendt, die in ihrer Dissertation die Zitierweise in Ciceros Korrespondenz untersucht, den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Funktionsweisen der Zitate.74 Sie fasst diese in fünf Funktionsbereichen zusammen: 1. Kommentierung und Charakterisierung von Situationen und Personen des alltäglichen Lebens, 2. Kompensation für Unannehmlichkeiten im sozialen Miteinander, 3. Konfliktmanagement (Abmilderung oder Verschärfung von Kritik), 4. Verwendung im Rahmen argumentativer Auseinandersetzungen, 5. Versicherung der Verbundenheit mit einem Adressaten.75 Daneben betrachtet sie den Wortlaut, die Kontextualisierung und die Markierung der Zitate. Cicero habe eine Vorliebe dafür, die Zitate explizit zu markieren, vollständige Sinneinheiten zu zitieren und den Kontext des Prätextes auf den aktuellen Kontext zu übertragen. In Einzelfällen neige er aber auch dazu, einen Vers lediglich implizit zu markieren, anzuzitieren, dessen Wortlaut stilistisch anzupassen oder den Kontext nicht zu berücksichtigen. Ihrer Meinung nach ist zwar keine Methode des Zitierens, aber gewisse Regelmäßigkeiten in der Zitation erkennbar. Man könne davon ausgehen, dass Cicero die Zitate bewusst einsetze und an die jeweilige Briefsituation anpasse.76

1.2.2  Forschungsstand zu den Schriftbezügen in den Briefen des Paulus Ähnlich wie die Dichterzitate in den Werken Ciceros in der klassischen Philologie haben auch die Schriftbezüge in den Briefen des Apostels Paulus in der neutestamtlichen Forschung ein breites Interesse erfahren. Bereits Hieronymus bemerkte, dass der Wortlaut der paulinischen Zitate von der Schrift abweiche.77 Nach der Reformation wurde dieser Gedanke in Form der Frage nach der Textvorlage des Paulus wieder aufgegriffen und auch noch im 19. Jahrhundert stark diskutiert.78 Bereits in dieser Zeit war man größtenteils da71 

Vgl. Spahlinger 2005, 14–30. Vgl. Spahlinger 2005, 24. 73  Vgl. Spahlinger 2005, 218–222. 74  Vgl. Behrendt 2013, 28–32. 75  Vgl. Behrendt 2013, 195–197. 76  Vgl. Behrendt 2013, 197–206. 77  Vgl. Hier.ep. LVII. 78  Vgl. z. B. Junius 1590; Drusius 1594; Roepe 1827; Kautzsch 1869; Böhl 1878; Vollmer 72 

12

1 Einleitung

von überzeugt, dass Paulus die Septuaginta als Textvorlage genutzt habe.79 Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts lag der Schwerpunkt des Interesses dann aber auf der Frage nach den Auslegungsmethoden und dem Schrift­verständnis des Paulus. T heologen untersuchten v. a., wie Paulus seine Schrift­zitate im Sinne seiner christlichen Lehre einsetzte.80 Adolf von Harnack wies in dieser Zeit darauf hin, dass es große Unterschiede zwischen den Briefen gebe. Während Paulus in einigen Schreiben sehr häufig aus den Schriften ­Israels zitiere, fehlten solche Zitate in anderen gänzlich.81 Im Anschluss an die Analyse der paulinischen Auslegungsmethoden wurden besonders Ver­gleiche mit zeitgenössischen jüdischen Interpretationstechniken unternommen.82 Ein Beispiel hierfür ist die Untersuchung von Edward Earle Ellis, der den paulinischen Schriftgebrauch nicht nur mit jüdischen, sondern auch mit anderen neutestament­lichen Texten vergleicht. Die Schriftauslegung des Paulus weise zwar eine große Nähe zu der des palästinischen Judentums auf, unterscheide sich aber in einem entscheidenden Punkt von der rabbinischen Literatur. Paulus interpretiere die Schrift christologisch, mit Christus habe sich für ihn die Bedeutung der Schrift grundlegend verändert.83 Daher gebe es auch Übereinstimmungen mit anderen Schriften des Neuen Testaments, die vermutlich auf die Nutzung einer gemeinsamen Quelle zurückgehen.84 Paulus kombiniere also rabbinische Auslegungsmethoden mit hermeneutischen Prinzipien der frühen Kirche.85 1895. Für eine Übersicht zur Entwicklung der Fragestellung und zu deren unterschiedlichen Sichtweisen vgl. Ellis 1957, 2–5; Stanley 1992, 8–28. 79  Vgl. Roepe 1827; Kautzsch 1869; Vollmer 1895. 80  Vgl. T holuck 1849; Turpie 1868; Harnack 1928; Michel 1929; Goppelt 1939. Dieser Untersuchungsschwerpunkt setzte sich auch in den folgenden Jahrzehnten fort. Vgl. Dodd 1952; Ellis 1957; Lindars 1961; Ulonska 1963; Bruce 1968; Luz 1968; Käsemann 1969; Dörrie 1974; Longenecker 1975. Für eine kurze Übersicht zu den verschiedenen Deutungen einiger der genannten Autoren vgl. Koch 1986, 5–9. 81  Vgl. Harnack 1928. Während Adolf von Harnack aus seiner Beobachtung die negative Schlussfolgerung zieht, dass gerade die Briefe ohne Schriftbezüge der Normalfall seien und die Schriften Israels für die Missionstätigkeit des Paulus eine untergeordnete Rolle gespielt hätten, stellt Dietrich-Alex Koch in späterer Zeit dem eine positive Erklärung gegenüber. Seiner Ansicht nach deutet dieser Befund darauf hin, dass Paulus schrittweise seine Zitiertechnik durch eigenes Schriftstudium erworben habe und ihm nicht zu jeder Abfassungszeit das dafür nötige Material zur Verfügung gestanden habe. Vgl. Koch 1991, 174–176. Im Zuge seiner T hese lässt Koch allerdings außer Acht, wie Hermann von Lips richtig bemerkt, dass auch die Möglichkeit des Zitierens aus dem Gedächtnis besteht. Daher ist es wahrscheinlicher, dass die unterschiedliche Häufigkeit von Zitaten in den verschiedenen Briefen des Paulus thematisch oder durch die literarische Gestaltung einzelner Briefteile bestimmt ist. Vgl. Lips 1991, 35. 82  Vgl. Ellis 1957; Fitzmyer 1961; Longenecker 1975; Mulder 1988; Lim 1997; Schaller 2001; Watson 2004. 83  Vgl. Ellis 1957, 83–84. 84  Vgl. Ellis 1957, 112–113. 85  Vgl. Ellis 1957, 148–149.

1.2 Forschungsstand

13

Ende des 20. Jahrhunderts verlagerte sich der Fokus der Forschung wiederum stärker auf die Textvorlagen und formalen Zitiertechniken des Paulus.86 1980 untersuchte Berndt Schaller in einem Zeitschriftenaufsatz den Textcharakter der Hiobzitate bei Paulus. Während das Hiobzitat in Phil 1,19 mit der Septuaginta übereinstimmt, weichen die beiden Hiobzitate in 1Kor 3,19 und Röm 11,35 erheblich von deren Wortlaut ab. Bisher wurden diese Abweichungen mit einem Rückgriff auf den hebräischen Urtext oder auf eine Konkurrenzübersetzung zur Septuaginta, die mit den späteren Übersetzungen von Aquila, Symmachos und T heodotion verwandt sei, erklärt. Für die vorliegenden Fälle bereiteten diese Erklärungsansätze allerdings Schwierigkeiten.87 Daher geht Schaller davon aus, dass sich Paulus nicht auf eine Konkurrenzübersetzung, sondern auf einen Ableger der Septuaginta beziehe. Die Annahme einer solchen revidierten Septuaginta-Fassung habe bereits Adolf Deißmann 1929 vertreten und sie sei später durch Textfunde in der Wüste Juda belegt worden. Für das Hiobbuch finde man zudem Beispiele einer hebraisierenden Rezension im Testament Hiobs und in einem griechischen Papyrusfragment.88 Zusätzlich enthielten die beiden Hiobzitate in 1Kor 3,19 und Röm 11,35 selbst Anhaltspunkte für die Vorlage einer revidierten Septuaginta-Fassung, die an den hebräischen Text angenähert worden sei.89 Dementsprechend arbeitet auch Dietrich-Alex Koch in seiner Habilitationsschrift die Nutzung vorpaulinischer Septuagintarezensionen in den Zitaten des Paulus heraus. Er kommt zu dem Ergebnis, dass Paulus neben einer revidierten Fassung des Hiobbuches eine hebraisierende Überarbeitung des Jesaja- und des ersten Königebuches genutzt h ­ abe.90 Zusätzlich zur Textgrundlage untersucht Koch in seiner Studie Fragen der Zitiertechnik des Paulus. Diesbezüglich hält er fest, dass Paulus sich bei der Wahl von Zitateinleitungen und Büchern an die jüdische Zitierpraxis anlehne, aber grundsätzlich ein eigenes Profil aufweise91 und in den meisten Fällen eine schriftliche Textvorlage benutze,92 wobei er im Gegensatz zur zeitgenössischen jüdischen Exegese deutlich freier mit dem Wortlaut umgehe.93 Des Weiteren widmet sich Koch im zweiten Teil seiner Arbeit wie seine Vorgänger den Auslegungsmethoden und dem Schriftverständnis des Paulus. Anders als Ellis kommt er zu dem Schluss, dass für die paulinische Exegese das hellenistische Diasporajudentum bestimmend gewesen sei, v. a. die Methode der Allegorese, deren Bezugsrahmen allerdings von Paulus verändert worden sei.94 Daneben greife Paulus den im Judentum allgemein anerkannten Gegenwartsbezug der Schrift und das Verständnis der Schrift als Ankündigung künftiger Ereignisse auf, kombiniere sie mit der frühchristlichen Lehre von der Schriftgemäßheit des Evangeliums und leite daraus sein Schriftverständnis ab, nach dem zum einen das Evangelium Voraussetzung 86 

Vgl. Fitzmyer 1961; Hanson 1974; Schaller 1980; Stanley 1992; Lim 1997. Vgl. Schaller 1980, 21–23. 88  Vgl. Schaller 1980, 24–25. 89  Vgl. Schaller 1980, 25–26. 90  Vgl. Koch 1986, 78–81. 91  Vgl. Koch 1986, 32.47–48. 92  Vgl. Koch 1986, 92–101. Anhand dieser T hese erläutert Koch auch das Fehlen von Schriftzitaten in den Gefangenschaftsbriefen des Paulus. Vgl. Koch 1986, 96. 93  Vgl. Koch 1986, 186–198. 94  Vgl. Koch 1986, 230–232. 87 

14

1 Einleitung

für das richtige Verständnis der Schrift sei und zum anderen die Schrift selbst als Zeuge des Evangeliums angesehen werden könne.95 Ähnlich wie Koch beschäftigt sich Christopher Stanley 1992 ebenfalls mit der Frage nach der Zitationstechnik des Paulus. Während Koch jedoch nur einen Teil seiner Arbeit dieser Fragestellung widmet, beschränkt sich Stanley ausschließlich darauf. Dazu analysiert er die Markierung, die Verteilung und den Wortlaut expliziter Zitate bei Paulus und vergleicht diese mit literarischen Konventionen seiner Zeit, um Aussagen über Quellen und Standards der paulinischen Zitiermechanismen treffen zu können.96 Er kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die Zitiertechnik des Paulus sowohl Parallelen zu der jüdischer als auch zu der griechisch-römischer Zeitgenossen aufweist. Die formelhaften Einleitungen, die Vielfalt in Umfang und Verteilung sowie die Freiheit im Umgang mit dem ursprünglichen Wortlaut der Zitate entsprächen sowohl jüdischen als auch griechisch-römischen Gepflogenheiten. Bei Paulus stächen diesbezüglich die Vorliebe für Zitateinleitungen mit γράφειν, die auch in anderen neutestamentlichen Schriften anzutreffen sei, und die große Anzahl von Abweichungen hervor.97

Während zuvor vor allem explizite Zitate untersucht wurden, erweitert Richard Hays 1989 mit seinem Werk Echoes of Scripture in the Letters of Paul den Blickwinkel der Forschung, indem er das Konzept der Intertextualität zur Analyse der Paulusbriefe nutzt und neben Zitaten auch verschiedene Formen der Anspielung betrachtet.98 Seitdem wurden mehrere Versuche unternommen, die Schriftbezüge im Neuen Testament zu klassifizieren.99 Eine einheitliche Bestimmung der Bezeichnungen fehlt allerdings bis heute. Parallel zu den Entwicklungen in der klassischen Philologie kam es in der neutestamentlichen Forschung ebenfalls Ende des 20. bzw. Anfang des 21. Jahrhunderts zu einem methodischen Wandel. Die Frage nach der rhetorischen Rolle der Zitate100 in den Briefen des Paulus rückte nun stärker in den Fokus der Betrachtung. Untersucht wurde v. a., welche Funktionen die Schriftworte innerhalb der paulinischen Argumentation erfüllen.101  95 

Vgl. Koch 1986, 322–353. Vgl. Stanley 1992, 3–4.29.  97  Vgl. Stanley 1992, 338–360.  98  Vgl. Hays 1989, 1–33. Für eine Rezension dieser Monografie vgl. Hübner 1991, 881– 898.  99  Vgl. z. B. Evans/Sanders 1993; Porter/Stanley 2008; Wagner 2011; Wilk 2013. 100  Die paulinische Rhetorik wurde bereits 1897 von Weiss untersucht, 1974 von Betz wieder aufgegriffen und anschließend auch von anderen Autoren analysiert. Vgl. Weiss 1897; Betz 1974; Bünker 1984; Wuellner 1986; Schüssler Fiorenza 1987; Mitchell 1991; Pogoloff 1992. Aber erst 1997 forderte Stanley in einem Aufsatz, die rhetorische Analyse auch auf die Zitate anzuwenden. Vgl. Stanley 1997b. 101  Vgl. T hiselton 2000; Stanley 2004; Heil 2005; Stamps 2006. Ansätze hierfür findet man schon bei Dietrich-Alex Koch, der in einem Aufsatz zur Funktion der Schrift bei Paulus darauf hinweist, dass Zitate in den paulinischen Briefen selten rein bestätigend oder illustrativ eingesetzt werden, sondern eigenständige Argumente darstellen oder eigene Aussagen des Paulus verdeutlichen bzw. fortführen. Vgl. Koch 1991, 173.  96 

1.2 Forschungsstand

15

Bereits 1997 forderte Christopher Stanley in einem Aufsatz den Einsatz einer rhetorischen Analyse in Bezug auf den Schriftgebrauch im Neuen Testament, da Zitate eingesetzt würden, um zu überzeugen und somit einen rhetorischen Akt ausführen.102 Neben rhetorischen Ansätzen103 böten v. a. linguistische T heorien wie Austins Sprachakt-T heorie oder die literarische T heorie des reader-response-­criticism Anknüpfungspunkte für eine solche Vorgehensweise.104 Im Anschluss an seine eigenen Forderungen untersuchte Stanley dann 2004 selbst die rhetorische Effektivität des paulinischen Zitateinsatzes, wobei er nicht nur die Unterstützung der Argumentation durch Zitate, sondern auch die Voraussetzungen der Leser in den Blick nahm.105 Nach der Analyse einzelner Textstellen in verschiedenen Briefen stellt er fest, dass die Zitate innerhalb der unterschiedlichen Passagen meist eine jeweils eigene Funktion in der Argumentation erfüllten106 und bei der Leserschaft lediglich Grundkenntnisse der Schrift vorausgesetzt würden.107 In ähnlicher Weise geht auch John Paul Heil in seiner Studie aus dem Jahre 2005 vor. Er untersucht ebenfalls die rhetorischen Funktionen der paulinischen Zitate, konzentriert sich dabei aber auf die Analyse eines einzigen Briefes, des ersten Briefes an die Korinther, und auf die Betrachtung der Aussagen des Briefes zur Leserschaft.108 Dazu teilt er den Brief in sechs rhetorische Abschnitte ein und betrachtet nacheinander jede einzelne Textstelle mit einem expliziten Schriftbezug.109 In seiner abschließenden Schlussfolgerung erklärt er, dass jede Referenz auf die Schrift die Akzeptanz der göttlichen Autorität der jüdischen Schriften voraussetze und eine effektive rhetorische Rolle innerhalb des Briefkontextes er­fülle.110

Wie die beiden Beispiele zeigen, wurde in diesem Zusammenhang der Blick auch vermehrt auf die Schriftkenntnis der Leserschaft gerichtet.111 Besonders Christopher Stanley macht sich dafür stark, die Perspektive des Lesers vermehrt in den Blick zu nehmen, da der Erfolg eines rhetorischen Werkes von den Fähig­keiten der Leserschaft abhängig sei.112 Daher überprüft er 1999 in seinem Aufsatz Pearls before Swine: Did Paul’s Audiences Understand His Biblical Quotations? zehn Prämissen

102 

Vgl. Stanley 1997b, 44–46. Für eine Übersicht zur vorangegangenen rhetorischen Analyse der Paulusbriefe in der neutestamentlichen Forschung vgl. Porter 2001, 539–561. 104  Vgl. Stanley 1997b, 46–58. 105  Vgl. Stanley 2004, 65–66. 106  Vgl. Stanley 2004, 78. 107  Vgl. Stanley 2004, 95–96. 108  Vgl. Heil 2005, 4–7. 109  Vgl. Heil 2005, 10–15. 110  Vgl. Heil 2005, 261. 111  Vgl. Stanley 2004; Abasciano 2007. Daneben wird auch zur Schriftkenntnis des Paulus weiterhin geforscht, wie Ross Wagners Artikel in T he Blackwell Campanion to Paul zeigt. Vgl. Wagner 2011. 112  Vgl. Stanley 1999, 124–125. 103 

16

1 Einleitung

bezüglich der paulinischen Adressaten, die in der Forschung bisher vorausgesetzt worden seien. Grundsätzlich kommt er zu dem Schluss, dass eine Diskrepanz zwischen den Lesern, die aus Aussagen des Autors im Text erschlossen werden können, und den realen Lesern der Briefe des Paulus bestehe und dass neutestamentliche Forscher die Fähigkeiten der Leser bisher überschätzt hätten.113 Denn der Großteil der Gemeinden setze sich aus Analphabeten zusammen, die zwar die Autorität der Schrift anerkennen, aber aufgrund ihrer geringen Schriftkenntnisse Anspielungen und kontextuelle Rückbezüge von Zitaten nicht erkennen könnten.114 Zusätzlich betont Stanley die Heterogenität innerhalb der Gemeinden und führt verschiedene Erklärungsansätze für die Diskrepanz zwischen dem im Text beschriebenem und dem realem Leser an. Entweder beurteile Paulus die Fähigkeiten der Adressaten falsch oder setze nur die Kenntnis von Grundzügen voraus oder spreche v. a. die wenigen gebildeten Gemeindemitglieder mit größeren Schriftkenntnissen an, die den anderen die Schriftbezüge erklären sollen.115 Stanleys Einschätzung der paulinischen Leserschaft ist allerdings nicht unumstritten. Brian Abasciano bringt in seiner Antwort auf Stanleys Artikel deutliche Kritik an dessen Annahmen zum Ausdruck. Grundsätzlich wirft Abasciano Stanley vor, seine Argumente aus fehlenden Quellen abzuleiten und die Sicht des heutigen Forschers zu überschätzen, wenn er meine, dass der die Voraussetzungen der Leser besser einschätzen könne als Paulus selbst.116 Seiner Meinung nach ist der Zugang zur Schrift nicht so schwierig wie Stanley ihn darstelle und auch die Lokalisierung von Textstellen sei für die Adressaten nicht unmöglich,117 da sie zwar meist Analphabeten seien, aber trotzdem über literarische Kenntnisse verfügen. Denn in der Antike sei das Gedächtnis von zentraler Bedeutung gewesen und in den christlichen Gemeinden habe wohl ähnlich wie in Synagogen mündliches Schrifttraining stattgefunden.118 Zudem schätzt er den Anteil der gebildeten Gemeindemitglieder deutlich höher ein, da häufig Gottesfürchtige, die durch ihre Nähe zur Synagoge weitreichende Schriftkenntnisse erworben hätten, zum Christentum konvertiert seien.119 Dennoch stimmt Abasciano mit Stanley in einigen Punkten überein. Beide gehen von einer großen Bandbreite an Kenntnissen der Leser, von einem tieferen Verständnis der wissenden Adressaten und von der Notwendigkeit der Betrachtung jeder einzelnen Textstelle aus.120 Abasciano ist allerdings insgesamt der Ansicht, dass die Betrachtung der Leserperspektive spekulativ sei und fordert daher zur Rückkehr zur Autorperspektive auf.121

In Bezug auf die Textgrundlagen hat sich die Forschung nach anfänglicher Betrachtung größerer Textmengen122 in späterer Zeit auf bestimmte neutestament113 

Vgl. Stanley 1999, 139–144. Vgl. Stanley 1999, 128–138. 115  Vgl. Stanley 1999, 133–136.139–141. 116  Vgl. Abasciano 2007, 161–163. 117  Vgl. Abasciano 2007, 156–161.163–164. 118  Vgl. Abasciano 2007, 164–173. 119  Vgl. Abasciano 2007, 167–168. 120  Vgl. Abasciano 2007, 180–183. 121  Vgl. Abasciano 2007, 155–156.177–180. 122  Vgl. z. B. Harnack 1928; Michel 1929; Goppelt 1939; Dodd 1952; Ellis 1957; Lindars 1961; Longenecker 1975; Mulder 1988. 114 

1.3  Gegenstand der Arbeit

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liche bzw. alttestamentliche Bücher,123 konkrete Textpassagen124, biblische Gestalten125 oder Erzählzusammenhänge126 konzentriert. Zahlreiche solcher Einzelstudien findet man in thematischen Sammelbänden zum Schriftgebrauch im Neuen Testament zusammengestellt.127 In diesem Zusammenhang sind die Briefe des Paulus bereits unter anderen Aspekten mit den Briefen Ciceros verglichen worden. Zum einen werden die Briefe Ciceros bei der Einordnung des Corpus Paulinum in die griechisch-römische Praxis zur Kompilation von Briefen herangezogen,128 zum anderen zur Klärung des Verhältnisses zu griechisch-römischer Rhetorik und Stilistik.129

1.3  Gegenstand der Arbeit Wie bereits erwähnt, knüpft die vorliegende Arbeit genau an die Punkte der Forschung an, die aktuell in beiden Fachbereichen, der lateinischen Philologie und der neutestamentlichen Wissenschaft, diskutiert werden: an die Funktion von Zitaten im argumentativen Zusammenhang und an die situativen Hintergründe von Leserschaft und Autor. In ihrer Arbeit zu Ciceros Zitateinsatz in seinen Briefen, die derzeit die jüngste zu diesem T hema ist, stellt Anja Behrendt fest, dass Cicero beim Zitieren keine bestimmte Methode verwende, sondern seine Zitate in vielfältiger Weise an die jeweilige Briefsituation anpasse.130 Daher erscheint eine Betrachtung des Zusammenspiels von Zitateinsatz und situativem Entstehungskontext, wie sie in der vorliegenden Arbeit angestrebt wird, sinnvoll. Daneben empfiehlt Behrendt am Ende ihrer Dissertation, Ciceros Zitierweise mit der anderer antiker Autoren zu vergleichen,131 was ebenfalls in diesem Zusammenhang umgesetzt wird. Wie die Auseinandersetzung zwischen Stanley und 123  Vgl. z. B. zu Jesaja: Wilk 1998; Wagner 2002; Gignilliat 2007; zum Deuteronomium: Moyise/Menken 2007; Lincicum 2010 und zur Offenbarung des Johannes: Moyise 1995; Beale 1998. 124  Vgl. z. B. zu Gal 1–2: Ciampa 1998; zu Röm 9–11: Aageson 1984; Hübner 1984; zu 1Kor 1–3: Williams 2001; zu 1Kor 5–7: Rosner 1994. Eine Besonderheit stellt hierbei 2Kor 3 dar. Denn diese Textpassage wurde bereits Anfang des 20. Jahrhunderts gesondert betrachtet und auch noch in späterer Zeit stark diskutiert. Vgl. Goettsberger 1924; Kamlah 1954; Unnik 1963; Hanson 1980; Belleville 1991; Stockhausen 1993; Hafemann 1995. 125  Vgl. z. B. Hansen 1989; Harrisville 1992; Öhler 1999. 126  Vgl. z. B. Barrett 1982; Fowl 1994; Hickling 1996; Works 2014. 127  Vgl. z. B. Evans/Sanders 1993; Moyise 2000; Porter 2006; Moyise 2010; Stanley 2012; Öhler/Wilk 2017. Daneben gibt es aber auch aus dieser Zeit Überblickswerke zur Einleitung in das T hema (vgl. Moyise 2001) oder als zusammenfassender Kommentar zu allen neutestamentlichen Büchern (vgl. Beale/Carson 2007). 128  Vgl. z. B. Richards 1991, 15–62; Schmeller 2004, 181–208; Neil 2015, 3–17. 129  Vgl. z. B. Patrick 2004, 43–64; Hughes 2016, 86–95; Livesey 2016; Baum 2019, 118– 157. 130  Vgl. Behrendt 2013, 205–206. 131  Vgl. Behrendt 2013, 206.

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1 Einleitung

Abasciano zeigt, gibt es in der neutestamentlichen Forschung Diskrepanzen zwischen der autor- und der leserzentrierten Textanalyse.132 Während Stanley die Leserperspektive favorisiert, von Unterschieden zwischen den im Text beschriebenen und realen Lesern des Paulus ausgeht und die bisherige Überschätzung der Fähigkeiten der Adressaten in der Forschung kritisiert, macht sich Abasciano für die Autorperspektive stark und geht entsprechend der paulinischen Darstellung von deutlich größeren Kenntnissen auf Seiten der Adressaten aus als S­ tanley.133 Möglicherweise kann der Einbezug beider Sichtweisen zur Klärung der Diskrepanzen beitragen, indem stärker, als bisher geschehen, zwischen dem, was ein Brief über die Leserschaft mitteilt, zwischen dem, was der Autor mit seiner literarisch-kommunikativen Eigenart in Bezug auf die Leserschaft voraussetzt und zwischen dem, was wir über die Leserschaft unabhängig vom Brief wissen, unterschieden wird.134 Daher lautet die zentrale Fragestellung dieser Arbeit: Inwiefern wird der Zitateinsatz in Briefen durch die Ausgangssituation von Autor und Leserschaft bestimmt? Um diese Frage beantworten zu können, müssen zuvor einige theoretische Grundlagen geklärt und methodologische Überlegungen angestellt werden. Im Folgenden werden deshalb kurz ausgehend vom Titel der Arbeit zentrale Begriffe definiert, die Wahl der Textgrundlage erläutert und die Vorgehensweise dargestellt. 1.3.1  Definition zentraler Begriffe: Zitat, Tradition, Bildung und Brief Wie im Titel bereits angedeutet, steht das Zitat im Zentrum der Arbeit. Auf die Betrachtung anderer Schriftbezüge oder Referenzformen wird an dieser Stelle verzichtet, da deren Vergleichbarkeit aufgrund der Unbegrenzbarkeit des Materials und definitorischer Schwierigkeiten nur schwer gewährleistet werden kann.135 Auch die Bezeichnung „Zitat“ ist freilich nicht unumstritten.136 Aus der Antike sind keine theoretischen Erörterungen über Zitate bekannt. Daher liegt die Vermutung nahe, dass eine theoretische Betrachtung des Phänomens in der Antike nicht angestrebt wurde.137 Heute gibt es dagegen zahlreiche De132 

Vgl. Stamps 2006, 16–17. Stamps weist zudem darauf hin, dass die Erschließung der Autorintention schon nicht unumstritten ist und Aussagen über den historischen Leser beinahe unmöglich erscheinen. 133  Vgl. Stanley 1999; Abasciano 2007 und S. 15–16. 134  Einer solchen Unterscheidung liegt die Annahme zugrunde, dass von den Aussagen des Paulus nicht direkt auf die Fähigkeiten der realen Leserschaft geschlossen werden kann, da die Briefe rhetorisch überformt und deren Aussagen der Absicht des Autors unterworfen sind, umgekehrt aber auch nicht aus anderen Quellen erschlossene Informationen über die Briefe gestellt werden dürfen, weil die Briefe unsere Hauptquelle sind und der Autor seine Adressaten besser kennt als heutige Forscher. 135  Vgl. Spahlinger 2005, 28–29. 136  Vgl. Stamps 2006, 12–14. 137  Auch wenn schon in der Antike zitiert wurde, entstand der Begriff „Zitat“ erst viel

1.3  Gegenstand der Arbeit

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finitionen zum Begriff „Zitat“, die je nach Fachbereich differieren.138 Während umgangssprachlich ein Ausspruch einer berühmten Person oder ein Sprichwort als Zitat bezeichnet wird, definiert man es in der Literaturwissenschaft als wörtliche Übernahme aus einem fremden Text und in der Sprachwissenschaft als Fall von Metarepräsentation.139 Da das Zitat zwei Texte miteinander verbindet, ist es auch ein wichtiges Element der Intertextualitätsforschung. Laut Julia Kristeva, die den Begriff „Intertextualität“ als erste verwendet hat, indem sie Michael Bachtins Modell der Dialogizität erweitert hat, ist jeder Text ein Mosaik von Zitaten. Bereits an diesem Beispiel ist die Weite ihres Intertextualitätskonzepts erkennbar, das durch die Ausweitung des Textbegriffs zum Intertext und durch die Dezentrierung des Subjekts bestimmt wird. 140 Neben diesem globalen Modell des Poststrukturalismus gibt es verschiedene strukturalistische bzw. hermeneutische Intertextualitätsmodelle, bei denen entweder das Textverständnis oder das Subjektverständnis stärker eingegrenzt wird, indem z. B. nur bestimmte Textgattungen betrachtet werden oder zwischen bewusster und unbewusster Intertextualität unterschieden wird.141 Auch wenn der Intertextualitätsbegriff auf die Komplexität von Textbeziehungen und die besondere Bedeutung des Lesers aufmerksam macht, ist er aufgrund seiner ursprünglichen Weite und seiner vielfältigen Verwendungsweisen, wie sie in den gerade angesprochenen verschiedenen Modellen zum Ausdruck kommt, für eine konkrete Arbeit an Zitaten nicht hilfreich.142 Vielmehr widerspricht Kristevas Grundkonzept der konkreten Untersuchung von bewussten Textreferenzen mit Blick auf die Autorintention und damit der Fragestellung dieser Arbeit.143 Zudem erhöht die Komplexität und Vielfalt des Intertextualitätsverständnisses begriffliche Unschärfen, die durch eine genaue Definition des Zitatbegriffs in dieser Arbeit gerade vermieden werden sollen. Daher wird in der vorliegenden Studie auf die Verwendung des Intertextualitätsparadigmas verzichtet. In der neutestamentlichen Forschung gibt es ebenfalls verschiedene Definitionen zum Begriff „Zitat“. Während einige die wörtliche Übereinstimmung von mindestens drei Worten als Zitat bezeichnen,144 legen andere Wert darauf, dass neben der wörtlichen Übereinstimmung eine Zitationsformel, interprespäter. Im Lateinischen verwendete man stattdessen Begriffe wie exemplum, sententia, verba afferre. Vgl. Berg 2000, 12. 138  Vgl. Behrendt 2010,115; Tischer 2010, 93–94. 139  Vgl. Brendel/Meibauer/Steinbach 2007, 7. 140  Vgl. Broich/Pfister 1985, 1–11; Berndt/Tonger Erk 2013, 12.61. 141  Vgl. Broich/Pfister 1985, 6–24; Holthuis 1993, 20–93. Zur historischen Einordnung der Entstehung des Konzepts und zu daraus entstandenen Konzepten vgl. auch Moyise 2000, 14–41; Alkier 2003, 1–26. 142  Vgl. Porter 1997, 84–85; Spahlinger 2005, 16–20; Stamps 2006, 19–20. 143  Vgl. Berndt/Tonger Erk 2013, 61. 144  Vgl. Porter 2017, 29–31.

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1 Einleitung

tative Glosse oder syntaktische Inkongruenz als Markierung vorhanden sein müsse.145 Aufgrund dieser Vielfalt ist eine Begriffsklärung als Basis dieser Arbeit erforderlich. Weil die Einordnung der Korintherbriefe in die römische Briefpraxis die Grundlage der vorliegenden Arbeit bildet und diese anhand einer Gegenüberstellung mit dem Beispiel der Cicerobriefe erfolgt, ist es für die Vergleichbarkeit notwendig, möglichst konkrete Kriterien festzulegen. Außerdem lenkt die Fragestellung der Arbeit den Blick auf ein Kommunikationsgeschehen zwischen Absender und Empfänger von Briefen, d. h. die Zitation ist nicht nur vom bewussten Handeln des Autors, sondern auch von der Rezeption der Leser abhängig. Beides sollte bei der Begriffsbestimmung bedacht werden. Daher liegt dieser Untersuchung ein enges Begriffsverständnis zugrunde, nach dem ein Zitat eine absichtliche Bezugnahme auf eine bestimmte Vorlage ist, wobei diese nicht explizit benannt, aber zumindest durch Hinweise als fremde Rede kenntlich gemacht werden muss, die für die Leser erkennbar sind.146 Folglich besteht ein Zitat aus vier Elementen: dem Prätext, dem Folgetext,147 dem Zitatsegment und der Markierung148 des Zitats. Zudem ist das Verständnis eines Zitats vom Kommunikationsvorgang sowie vom Wissenshorizont des Autors und des Lesers abhängig, wenn man vom funktionalen und intentionalen Gebrauchstext eines Briefes149 ausgeht. 150 Denn die Intention des Autors bestimmt in einem solchen bewusst geformten Schreiben auch den Zitateinsatz und damit die Wahl des Prätextes, des Zitatsegments, des Folgetextes und der Markierung. Die Rezeption des Lesers ist wiederum von dessen eigener Wahrnehmung des Zitat­ segments abhängig, da er den Brief nicht mit den Augen des Verfassers, sondern mit seinen eigenen liest: Erkennt er die Markierung? Wie bestimmt er die Länge des Zitatsegments? Und wie versteht er dessen Funktion innerhalb des Folgetextes? Die Zitation ist somit ein Prozess, der kognitive Operationen sowohl beim Verfasser als auch beim Adressaten voraussetzt.151 145 

Vgl. Wagner 2011, 164; Wilk 2013, 499; Kujanpää 2017, 187. Vgl. Albrecht 1990, 3339; Schweikler 1990, 511. 147  Der Text, der zitiert wird, und der Text, der das Zitat enthält, können unterschiedlich bezeichnet werden. Eine knappe Übersicht der Begriffe findet man bei Berndt/Tonger Erk 2013, 12. In Anlehnung an Behrendt werden im Folgenden die Bezeichnungen Prätext und Folgetext verwendet, da sie aus sich heraus verständlich sind. 148  In Anlehnung an Helbig lassen sich Markierungen definieren als „spezifische sprachliche oder graphemisch-visuelle Signale […], die eine intertextuelle Einschreibung erst als solche kennzeichnen (eben: ‚markieren‘) sollen“ (Helbig 1996, 54). 149  Ein Brief dient der Kommunikation zwischen räumlich getrennten Partnern. Vgl. Belke 1973, 142. Auch wenn es in Form und Zweck Unterschiede gibt, ist allen Briefen die direkte Anrede eines Adressaten hinsichtlich einer bestimmten Angelegenheit eigen. Vgl. Mitchell 1998, 1758. 150  Vgl. Behrendt 2010, 115–116; Tischer 2010, 99–101.103. 151  Vgl. Berg 2000, 12–13; Behrendt 2010, 112–116. 146 

1.3  Gegenstand der Arbeit

21

Da bei der Zitation Inhalte weitergegeben und kognitive Fähigkeiten der Adres­saten berücksichtigt werden, werden bei der Betrachtung der zitierten Autoren bzw. Schriften die Begriffe „Tradition“ und „Bildung“ eine zentrale Rolle spielen. Trotz ihrer häufigen Verwendung im alltäglichen Sprachgebrauch sind beide Begriffe nicht eindeutig und somit ist wiederum eine Begriffsklärung vor der Untersuchung erforderlich. Mit Tradition (lat. traditio – Weitergabe) wird allgemein etwas bezeichnet, das von Generation zu Generation weitergegeben wird.152 Im engeren Sinne sind damit das Festhalten und Bewahren von Brauchtum und Wissen gemeint, das Kontinuität und soziale Identität153 schafft.154 Diese Definition bietet die Möglichkeit Unterkategorien für die Fragestellung nach dem Status der von Cicero und Paulus zitierten Textpassagen zu bilden (Kontinuität und Identität), aber sie enthält auch eine Vokabel, die umstritten ist und weiterer Erklärungen bedarf: die soziale oder kollektive Identität. Der Begriff „Identität“, der auf das mittelalterliche Wort identitas (Wesenseinheit) zurückgeht und seit dem 18. Jahrhundert die Grundbedeutung „Selbigkeit“ besitzt, umfasst heute eine verwirrende Vielfalt von sich teilweise widersprechenden Bedeutungsinhalten.155 Daher ist dessen Verwendung nicht unproblematisch und erfordert eine gewisse Vorsicht sowie eine konkrete Begriffsbestimmung.156 Zunächst einmal bezieht sich die vorliegende Arbeit auf einen kollektiven, nicht auf einen personalen Identitätsbegriff.157 Sie betrachtet kollektive Identität in Anlehnung an Stefan Alkier von außen als Interpretationsprozesse, die im Wandel der Zeiten nach Kontinuitäten suchen, indem Merkmale einer Gruppe identifiziert werden, die diese als Kollektiv auszeichnen.158 Für die Zuordnung der Zitate zur Tradition bedeutet dies, dass die Referenzen dann traditionell sind, wenn sie stetig weitergegeben werden (Kontinuität) und wenn sie gemeinsame Merkmale einer Gruppe abbilden, die deren Mitglieder teilen (Identität). Daneben gibt es drei theologische Bedeutungen von Tradition: a) die religiöse Tradition, die den Menschen im Alltag prägt; b) die konstitutive Tradition, die zur Bildung von Christentum und Kirche grundlegend ist; c) die normative Tradition, die auf kirchlichen Entscheidungen aufbaut und damit die christliche Lehre bestimmt.159 Zu einer Untersuchung der Paulusbriefe passt Bedeutung b). Denn in der neutestamentlichen Forschung wird kulturelles und religiöses Wis152 

Vgl. Dudenredaktion 2020, o. S. Zur vielfältigen Verwendung der Vokabel „Identität“ in Geistes- und Sozial­wissen­ schaf­ten sowie in der T heologie vgl. Strecker 2013, 113–167. 154  Vgl. Baumann 2005, 505; Walther 2011, 680. 155  Vgl. Strecker 2013, 115–116.142. 156  Vgl. Strecker 2013, 163–167; Alkier 2017, 108–109. 157  Auch wenn beide Identitäten eng zusammenhängen, erscheint eine Unterscheidung dann sinnvoll, wenn man sich lediglich auf eines der beiden Konzepte bezieht. Vgl. Alkier 2017, 111–116. 158  Vgl. Alkier 2017, 117–130. 159  Vgl. Walther 2011, 687–688. 153 

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1 Einleitung

sen, auf das die neutestamentlichen Autoren zurückgreifen und das die Basis für die Identitätsbildung des Urchristentums ist, als Tradition angesehen. Dies sind einerseits die jüdischen Überlieferungen und andererseits die eigenen frühen Deutungen des Christusgeschehens.160 Daher zählen die Schriften des später von Christen so genannten Alten Testaments, die Paulus zitiert, zum Traditionsgut des Urchristentums. Diese engere Definition von Tradition lässt sich aber nicht auf die Dichterzitate bei Cicero übertragen. Aus diesem Grund liegt der vorliegenden Arbeit der oben beschriebene und nicht der neutestamentliche Traditionsbegriff zugrunde. Allerdings soll nicht nur untersucht werden, ob es sich bei den Zitatsegmenten um Traditionen handelt, sondern auch, ob sie zur Bildung beitragen. Aber was ist überhaupt Bildung? Laut Duden wird mit Bildung a) die Erziehung bzw. das Gebildetsein, b) das Bilden, Formen, Schaffen, c) das Sichbilden und Entstehen, d) die Form oder Gestalt bezeichnet.161 Diese weit gefasste Definition enthält alle Verwendungsweisen von Bildung. Im vorliegenden Zusammenhang ist aber der pädagogische Bildungsbegriff gemeint, der erst seit der Aufklärung verbreitet ist162 und oft als Synonym für ganz unterschiedliche Lehr-Lern-Prozesse verwendet wird.163 Im Gegensatz zur absichtsvollen und operationalisierbaren Erziehung und zur nicht direkt intendierten Sozialisation durch Teilhabe und Imitation ist Bildung aber ein vom Subjekt geprägtes, unverfügbares Geschehen. Der pädagogische Bildungsbegriff umfasst einen Prozess des Sich-Bildens eines Subjekts sowie dessen Resultate und Inhalte.164 Dennoch wird dieser Begriff häufig in doppelter Weise verwendet: Zum einen als Einzelbegriff für die Selbst-Bildung eines Subjekts, zum anderen als Oberbegriff für alles, was im Zusammenhang mit Wissensvermittlung steht.165 Gerade durch das Zusammenspiel der drei Begriffe „Bildung“, „Erziehung“ und „Sozialisation“ bietet die deutsche Sprache jedoch Differenzierungsmöglichkeiten bei der Betrachtung von Bildungsphänomenen, die man fruchtbar für die Analyse und den Vergleich verschiedener Texte nutzen kann.166 Wenn man zusätzlich bedenkt, dass in der Antike ein anderer Subjektbegriff vorherrschte und Bildung eine starke soziale Komponente beinhaltete, ist der moderne Bildungsbegriff durchaus auf antike Prozesse anwendbar.167 Da Resultate, Inhalte und Ideale von Bildung allerdings je nach Epoche, Land und Trägergruppe variieren, ist zusätzlich eine 160 

Vgl. Schröter 2005, 507–508. Vgl. Dudenredaktion 2020, o. S. 162  Erste Ideen und Belege hierzu findet man aber bereits in der Antike und bei Meister Eckhart. Vgl. hierzu Gemeinhardt 2019, 9–19. 163  Vgl. Schweitzer 1998, 1584; Walther 2005, 224. 164  Vgl. Gemeinhardt 2017, 167; Gemeinhardt 2019, 20–21. 165  Vgl. Gemeinhardt 2019, 31. 166  Vgl. Gemeinhardt 2019, 6–7.29–32. 167  Vgl. Gemeinhardt 2017, 168–169. 161 

1.3  Gegenstand der Arbeit

23

kurze Darlegung zur Bildung im antiken Rom und im antiken Judentum erforderlich.168 Im antiken Rom lag Bildung in der Verantwortung der Familie, erfolgte vornehmlich durch praktische Einübung (Sozialisation) und war von der sozialen Stellung abhängig.169 Nur ein geringer Teil der Bevölkerung besuchte überhaupt eine Schule, und nur einige Angehörige der Oberschicht besuchten alle drei Bildungsinstitutionen, die Elementarschule, den Grammatik- und den Rhetorik­ unterricht. In der Elementarschule erwarben Schülerinnen und Schüler Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen, der Grammatikunterricht schulte analytische und konstruktive Fähigkeiten zum Verständnis klassischer Texte, und der Rhetorikunterricht diente der Einweisung in die Kunst der öffentlichen Rede.170 Die Ausbildung in diesen drei Schulformen bereitete also auf eine politische Karriere vor, Bildung diente im antiken Rom vor allem zur Einweisung in soziale und religiöse Praxis.171 Zum Ideal der vollkommenen Bildung, wie es u. a. in den Rhetorikhandbüchern Ciceros und Quintilians formuliert wird,172 gelangte man dagegen nicht durch die Schule. Sie sollte ihre Schüler vielmehr dazu veranlassen, sich selbstständig in den artes liberales, eines Freien würdige Künste, weiterzubilden und so dem Bildungsideal näher zu kommen.173 In diesen Bereich gehören dann auch Bildungsreisen nach Griechenland und der Besuch von Philosophenschulen, wie beides für Cicero belegt ist.174 Auch im antiken Judentum gab es Bildungsideale, wie das des Weisheitslehrers im Buch Sirach.175 Während Bildungsinhalte in der jüdischen Literatur zahlreich vertreten sind, fehlen im Unterschied zur griechisch-römischen Literatur für die Zeit des zweiten Tempels Quellen, die jüdische Bildungsprozesse oder Bildungsinstitutionen beschreiben.176 Einige Forscher versuchen daher diesbezüglich aus späteren rabbinischen Schriften Informationen zu erschließen.177 168 

Vgl. Walther 2005, 224. Vgl. Gemeinhardt 2019, 3–5.17.19–24. Zur Erziehung in den römischen Senatorenund Ritterfamilien vgl. Scholz 2011, 89–113. 170  Vgl. White 2017, 30–32. 171  Vgl. Gemeinhardt 2019, 29–30. 172  Vgl. Cic.de orat. I,16,72; Quint.inst. I,10,1. Angelehnt ist diese Idee an das hellenis­ tische Bildungsziel des ἐγκύκλιος παιδεία. Vgl. Gemeinhardt 2007, 46–48. 173  Vgl. Gemeinhardt 2007, 28–59; Christes/Klein/Lüth 2006,17–18.101–110. 174  Vgl. u. a. Cic.Brut. 314–316; Plut.Cic. IV,5. Für eine Übersicht zu den philosophischen Schulen der Zeit vgl. Schmeller 2001, 46–92. 175  Vgl. White 2017, 52–53. 176  Vgl. Vegge 2006, 109; White 2017, 41–44. 177  Vgl. z. B. Vegge 2006, 109–111. Seiner Ansicht nach ist die Fähigkeit des Lesens im antiken Judentum weiter verbreitet gewesen als im antiken Rom, da jeder erwachsene Jude nach Aussage rabbinischer Schriften am Sabbat aus den heiligen Schriften vorlesen können sollte. Zudem habe es in Ansätzen ein Schulsystem gegeben. Nach dem Elementarunterricht, in dem das Alphabet und das Lesen der T hora vermittelt worden seien, konnten begabte Schüler eine weitere Ausbildung im sogenannten bet midrasch genießen und in der 169 

24

1 Einleitung

Allerdings lassen sich diese nicht so einfach auf die Zeit des Paulus übertragen. Aussagekräftiger scheinen dahingehend Philos Schriften oder weisheitliche Texte aus der Zeit des zweiten Tempels zu sein, auch wenn darin keine systematischen Darstellungen zur jüdischen Erziehung zu finden sind.178 Dort wird u. a. auf die große Bedeutung der Eltern für die frühe religiöse Bildung von Kindern verwiesen, die Synagoge als mögliche Bildungsinstitution benannt und die Vermittlung von Weisheit durch Lehrer dargestellt. Jedoch sind solche Aussagen nicht auf das komplette Judentum übertragbar, sondern gelten lediglich für bestimmte Strömungen.179 Eine Strömung im ersten Jahrhundert n. Chr., der sich auch Paulus zurechnete, sind die Pharisäer. Mit ihrer genauen Interpretation der heiligen Schriften und ihrer gesetzestreuen Lebensführung stellten sie eine Schulrichtung des Judentums dar, bei der Schriftgelehrte eine zentrale Rolle spielten.180 Unter Einfluss des Hellenismus entstanden in diesem Rahmen vermutlich Schülerkreise, die sich um einzelne Lehrerpersönlichkeiten sammelten, ähnlich den griechisch-römischen Philosophenschulen.181 Genaueres bezüglich der Rahmenbedingungen pharisäischer Bildung oder zum Pharisäismus in der Diaspora ist leider nicht bekannt.182 In der zu untersuchenden Textgrundlage ist der Zitatgebrauch in eine brief­ liche Korrespondenz eingebettet. Daher soll zum Abschluss dieses Kapitels kurz die Gattung des antiken Briefes und dessen Bedeutung im antiken Rom sowie im frühen Christentum erläutert werden. Das Schreiben von Briefen war sowohl im antiken Nahen Osten als auch im griechisch-römischen Kulturkreis weit verbreitet.183 In Rom war das Schreiben von Briefen die einzige Möglichkeit, um mit Menschen an anderen Orten zu kommunizieren. Der Brief stellte damit eine literarische Gebrauchsform dar, die der Kommunikation zwischen räumlich getrennten Personen diente.184 Solange sich beide Gesprächspartner in Rom aufhielten, wurden soziale und berufliche Angelegenheiten in der Regel persönlich geregelt. Da Rom aber schon damals sehr weit ausgedehnt war, konnten vor allem Amtsträger nicht alle Kontakte persönlich pflegen und nutzten daher auch innerhalb Roms den Austausch von Briefen. Darüber hinaus erfolgte die Kommunikation vornehmlich über Briefe, sobald einer der beiden Briefpartner Rom verließ. Daneben gab es die Möglichkeit bei vertraulichen Informationen Boten zur rein mündlichen Übermittlung einzusetzen, um die Weitergabe von geheiDiaspora habe die Synagoge einen passenden Rahmen für weitere Studien geboten. Vgl. Vegge 2006, 281–295. 178  Vgl. White 2017, 41–44. 179  Vgl. White 2017, 44–57. 180  Vgl. Vegge 2006, 284–295; Frey 2017a, 99–105. 181  Vgl. Schmeller 2001, 41–45. 182  Vgl. Vegge 2006, 484. 183  Vgl. Mitchell 1998, 1760. 184  Vgl. Belke 1973, 142; Trapp 2003, 1; Manuwald 2009, 3; Rühl 2018, 15–20.

1.3  Gegenstand der Arbeit

25

men Botschaften durch abgefangene Briefe zu verhindern. Mit der imperialen Expansion Roms nahm auch die Bedeutsamkeit der brieflichen Korrespondenz immer weiter zu.185 Parallel zu den Gepflogenheiten der römischen Oberschicht im persön­lichen Gespräch entstanden so auch für den Austausch von Briefen gewisse Konven­ tionen. Ein Brief sollte kurz gefasst, schlicht und zugleich anmutig sein. 186 Neben Anfangs- und Endgruß enthielt er häufig gute Wünsche und Freundschaftsbekundungen,187 da er zusätzlich zum Informationsaustausch zur Pflege von Beziehungen eingesetzt wurde.188 Jedes Mitglied der römischen Elite war stets darum bemüht, seine eigene soziale Stellung und die seines Gegenübers zu wahren.189 Das Schreiben von Briefen im antiken Rom erforderte also gewisse Fähigkeiten, die jedoch wahrscheinlich nicht in den Grammatik- und Rhetorikschulen gelehrt wurden.190 Vielmehr war das Schreiben von Briefen Teil der aristokratischen Sozialisation: Anhand von Modellbriefen lernte der Sohn von seinem Vater oder einem Hauslehrer durch Imitation das Briefeschreiben.191 Obwohl oder gerade weil die briefliche Korrespondenz zum Alltagsgeschäft der antiken Römer gehörte, sind heute nur noch wenige Briefe aus dieser Zeit erhalten. Eine erfreuliche Ausnahme stellen diesbezüglich die vier Sammlungen der Briefe Ciceros dar.192 185 

Vgl. Hall 2009, 16–18. Vgl. Albrecht 2012, 433–434. Welche Rolle dabei die Rhetorik spielt, ist in der Forschung noch nicht hinreichend eindeutig geklärt. Vgl. Mitchell 1998, 1759. 187  Vgl. Mitchell 1998, 1758; Möller 2009, 19; Manuwald 2009, 4. 188  Vgl. Fögen 2018, 71–75. 189  Vgl. Hutchinson 1998, 16–19; Hall 2009, 5–10; White 2010, 21–28.78–82; Wilcox 2012, 4–11. Zur Bedeutung des zugrundeliegenden römischen Wertbegriffs der verecundia vgl. Kaster 2005, 13–27. Dieses Bestreben geht sogar so weit, dass selbst der Umgang mit den Überbringern der Briefe konventionell geprägt ist. Zum Einfluss der Briefkuriere auf die briefliche Kommunikation vgl. Schröder 2018, 81–100. 190  In lateinischen Rhetorikhandbüchern ist keine Brieftheorie enthalten und der Einfluss von griechischen Briefhandbüchern in Rom ist schwer nachweisbar. Einzig das Üben von verschiedenen Stilen lässt sich nachweisen. Vgl. Hall 2009, 18–20; Malherbe 1988, 6–7. Auch Übereinstimmungen zwischen Briefen und rhetorischen Vorgaben sind v. a. funktionaler Natur und lassen sich auf allgemeine Argumentationsprinzipien zurückführen. Vgl. Reed 2001, 173–192. Einige Forscher gehen trotzdem davon aus, dass das Schreiben von Briefen in der Schule thematisiert worden sei. Vgl. Trapp 2003, 38; Porter 2008, 104. 191  Vgl. Hall 2009, 18–23. 192  Vgl. Shackleton Bailey 1980, 13; Klauck 1998, 127; Albrecht 2012, 431. Daneben sind Papyrusfragmente von Briefen einfacher Leute, amtliche Schreiben wie hellenistische Königsbriefe und einige Briefe von griechischen Philosophen erhalten. Das Besondere an den Briefen Ciceros besteht darin, dass sie aufgrund der erhaltenen Fülle von Schreiben einen Einblick in eine private römische Korrespondenz bieten. Vgl. Schneider 1954, 568–570. Bekannt sind zudem die Briefsammlungen der lateinischen Autoren Horaz, Ovid, Seneca d. J. und Plinius d. J., die aber deutlich stärker literarisiert und stilisiert sind als die Briefe Ciceros. Vgl. Albrecht 2012, 431–432. 186 

26

1 Einleitung

Auch im frühen Christentum war der Brief eine beliebte literarische Form, die zur religiösen Unterweisung und zur Kommunikation genutzt wurde und die ebenfalls bestimmten Konventionen folgte.193 Die frühchristlichen Briefe sind ebenso wie andere antike Briefe dreigeteilt. Auf den Briefeingang folgen Briefcorpus und Briefschluss. In den Briefen des Paulus wird in der Regel im Anschluss an das Präskript, bestehend aus Absender, Empfänger und Gruß, ein Dankgebet angeführt (Briefproömium) und vor den Schlussgruß (Postskript) Grüße, Lebewohlwünsche und oft der Wunsch nach einem Wiedersehen (Brief­ epilog) gestellt.194 Ähnlich wie die antiken römischen Briefe dienen auch die Briefe des Paulus zur Beziehungspflege und stellen ein „schriftlich geführtes Gespräch mit seinen Gemeinden“195 dar. Dies zeigt sich vor allem darin, dass Topoi wie die suggerierte Anwesenheit des Empfängers und Phrasen, die eine freundschaft­liche Gesinnung zum Ausdruck bringen, verwendet werden.196 Zudem nutzt Paulus seine Briefe als Mittel zur Gemeindeleitung. Für diese Funktionsweise findet man Parallelen in frühjüdischen Diasporabriefen.197 Zusätzlich schreibt Paulus in seiner Funktion als Apostel und nutzt homiletische Traditionen genauso wie Formmerkmale des Diatribenstils und rhetorische Mittel.198 Seine Briefe sind also situationsgebundene Sendschreiben mit konkreten Anliegen,199 die bewusst literarisch gestaltet sind. Daher stellen sie einen Übergang vom reinen Gebrauchstext zum literarisierten Kunstbrief dar.200 Die Besonderheit der Briefe des Paulus besteht darin, dass die Briefsituation zwischen Sender und Empfänger ausgeweitet wird, indem Gott und Christus in das Geschehen aufgenommen werden. In der dreidimensionalen Kommunikation zwischen Gott/Christus, Apostel und Gemeinde stellt der kerygmatische Paulusbrief seinem Wesen nach ein Freundschafts-, ja ein Segensgeschenk dar, das zum einen die Verbundenheit des Apostels und der Gemeinde im gemeinsamen Glauben und Bekenntnis aktualisiert, zum anderen aber auch die Verbundenheit des Apostels und der Gemeinde mit Gott und Christus spürbar werden lässt.201

193 

Vgl. Klauck 1998, 227–228; Mitchell 1998, 1758. Vgl. Hoegen-Rohls 2013, 25–26. Umstritten ist diesbezüglich, ob das Briefproömium dem Briefeingang oder dem Briefcorpus zuzuordnen ist und ob der Briefepilog dem Briefcorpus oder dem Briefschluss zuzuordnen ist. Für eine Übersicht zum Aufbau der einzelnen Briefe des Paulus vgl. Klauck 1998, 228–248. 195  Hoegen-Rohls 2013, 31. 196  Vgl. Hoegen-Rohls 2013, 27–33. 197  Vgl. Hoegen-Rohls 2013, 34–39. Für eine Übersicht zu Briefen im Frühjudentum vgl. Klauck 1998, 181–198. 198  Vgl. Hoegen-Rohls 2013, 40–48. 199  Vgl. Mitchell 1998, 1758.1761. 200  Vgl. Hoegen-Rohls 2013, 66–81. 201  Hoegen-Rohls 2013, 116. 194 

1.3  Gegenstand der Arbeit

27

1.3.2 Textgrundlage In der vorliegenden Arbeit soll die Zitiertechnik in den Korintherbriefen des Paulus vor dem Hintergrund römischer Briefpraxis untersucht werden. Beispielhaft erfolgt dies anhand der Briefe des römischen Redners Marcus Tullius Ciceros. Die Wahl ist auf diesen römischen Autor gefallen, weil seine Briefe ebenso wie die paulinischen Schreiben an die Korinther202 zweckgebunden sind. Denn er hat während seiner politischen Karriere zahlreiche Schreiben an Freunde und Verwandte verfasst, die jeweils in konkreten Situationen entstanden und auch versandt worden sind.203 Dadurch bieten seine Briefe gute Voraussetzungen, um die Abfassungssituationen und Kommunikationsprozesse näher in den Blick zu nehmen, wie es in der Fragestellung angedacht ist. Denn neben der Absicht der Schreiben wird darin oft auch die Situation des Autors und der Leser thematisiert. So erklärt Cicero in fam. VII,1,1, dass er seinem Freund Marius von den Aufführungen zur Eröffnung des Pompeiustheater berichte, da dieser aufgrund gesundheitlicher Probleme selbst nicht anwesend sein könne und ihn darum gebeten habe; und Paulus erwähnt in 1Kor 1,11–12, dass es in der Gemeinde Streit gebe, weil sich Gruppierungen gebildet haben, die sich auf unterschiedliche Autoritäten berufen. Darüber hinaus stellen die Briefsammlungen Ciceros Vorlagen für spätere Autoren dar und sind damit Prototypen für antike briefliche Kommunika­tion.204 Obwohl in der Antike viel Zeit auf das Schreiben von Briefen verwendet wurde, sind nur wenige Briefe aus dieser Zeit erhalten, v. a. aus der Zeit vor Cicero fehlt Vergleichsmaterial.205 Ciceros Briefsammlungen, die neben vielen Schreiben Ciceros auch Antwortbriefe der Adressaten enthalten, bilden folglich eine erfreuliche Ausnahme und ermöglichen neben der Untersuchung der Autor­intention eine Betrachtung der Rezeption der Leser. Ihre Erwähnung bei späteren Autoren verdeutlicht, wie einflussreich sie gewesen sind. So empfiehlt z. B. Cornelius Nepos die Briefe als Quelle für historische Ereignisse zu lesen oder Plinius der Jüngere bemüht sich deren Stil zu imitieren.206 202  Paulus schreibt aus konkreten Anlässen an seine Gemeinde, die wiederum darauf reagiert. Vgl. z. B. 1Kor 5,9–11. 203  Vgl. Albrecht 2012, 431. Die darin enthaltenen Aussagen zu politischen Gegebenheiten sind allerdings zu überprüfen, da Briefe keine Tatsachenberichte sind, sondern häufig der Selbstkonstruktion dienen. Vgl. Zeiner-Carmichael 2014, 16. 204  Ebenso sind die Briefe des Paulus die ältesten erhaltenen Zeugnisse des frühen Christentums und Vorbild für mehrere pseudepigraphische Schriften. Darin werden nicht nur Lehren und Stil des Apostels Paulus aufgegriffen, sondern auch Probleme und Fragestellungen anderer Gemeinden fortgeführt. Für konkrete Beispiele vgl. z. B. Porter/Fewster 2013. 205  Es sind zwar einige Papyrusfragmente von Briefen einfacher Leute, hellenistische Königsbriefe und Briefe von griechischen Philosophen erhalten, aber diese bieten keinen Einblick in die private römische Briefpraxis, wie es bei den Briefen Ciceros der Fall ist. Vgl. Schneider 1954, 568–570. 206  Vgl. Nep.Att. XVI,3–4; Plin.ep. IX,2. Ähnlich äußern sich auch Seneca und Quin­

28

1 Einleitung

Zusätzlich zur Auswahl der Autoren ist aufgrund der Vielzahl bzw. Länge der erhaltenen Briefcorpora eine weitere Eingrenzung der Textgrundlage erforderlich gewesen. Der Apostel Paulus zitiert in mehreren seiner Briefe aus den Schriften Israels, v. a. im Römerbrief, in den beiden Korintherbriefen und im Galaterbrief findet man zahlreiche Zitate. Daneben enthalten auch der Epheserbrief und die beiden Timotheusbriefe, die nicht als echte Paulusbriefe gelten,207 einige wenige Schriftbezüge.208 All diese Briefe sind verhältnismäßig lang und anspielungsreich. Daher ist es nicht möglich alle Schreiben ausführlich zu betrachten. Für die vorliegende Arbeit sind zwei Briefe ausgewählt worden. Die Wahl fiel auf die beiden Schreiben des Paulus an die Gemeinde in Korinth, da diese gute Voraussetzungen für die Analyse bieten. Erstens handelt es sich um die einzigen Briefe des Paulus, die an dieselbe Leserschaft gerichtet sind und so die Betrachtung der Kommunikation über einen längeren Zeitraum in verschiedenen Situationen ermöglichen. Zweitens enthalten beide Briefe vielfältige Schriftbezüge in unterschiedlichen thematischen Kontexten. Drittens gibt es mehrere antike Quellen zur Stadt Korinth, sodass der Bildungshintergrund der Adressaten nicht nur aus den Aussagen in den Briefen über die Leser, sondern auch über den historischen Hintergrund erschlossen werden kann.209 Ebenso können aufgrund der Menge an Schreiben nicht alle Briefe Ciceros im Hauptteil der Arbeit betrachtet werden. Insgesamt gibt es vier Briefsammlungen von Marcus Tullius Cicero, die alle Zitate enthalten und sich an ganz unterschiedliche Adressaten richten. Während drei Corpora an Einzelpersonen adressiert sind (an Ciceros Freund Atticus Pomponius, an seinen Bruder Quintus und an seinen Freund Marcus Brutus), enthält die vierte Sammlung eine ganze Fülle von Adressaten. Gerade diese Vielfalt bietet für die Gegenüberstellung mit der heterogenen Gemeinde in Korinth die besten Anhaltspunkte. Denn Paulus’ Beziehung zu den Korinthern lässt sich nur schwer mit der Nähe zwischen Brüdern oder engen Freunden vergleichen, wohingegen die Briefsammlung Ad familiares ein breites Spektrum an Beziehungsgeflechten abdeckt, was auch für die Gemeinde in Korinth angenommen werden kann. Daher konzentriert sich die vorliegende Arbeit vorwiegend auf die Zitate in diesem Corpus. Da allerdings tilian. Vgl. Sen.ep. XXI,4; Quint.inst. X,1,107. Laut Trapp kann man Ciceros Briefe sogar als Klassiker der Epistolographie bezeichnen. Vgl. Trapp 2003, 13–14; Neil 2015,5–6. 207  Als echt gelten der erste T hessalonicherbrief, der Philipperbrief, der Galaterbrief, die zwei Korintherbriefe, der Philemonbrief und der Römerbrief. Dafür sprechen Gemeinsamkeiten in Stil und Vokabular sowie die apokalyptische Weltsicht in Verbindung mit einer dialogischen Grundstruktur, die diesen sieben Briefen gemeinsam ist. Bei den anderen sechs Schreiben des Neuen Testaments, die Paulus zugeordnet werden, bestehen dagegen Zweifel an deren Authentizität, da sie in Stil, Vokabular und theologischen Inhalten von den anderen abweichen. Vgl. Harding 2004, 137.152–161. 208  Zur Verteilung der Schriftzitate in den einzelnen Briefen vgl. Koch 1986, 88–91. 209  Die Auswahl der Textgrundlage entspricht der des Teilprojekts B02 des SFB 1136, in dessen Zusammenhang die Idee zu dieser Arbeit entstanden ist.

1.3  Gegenstand der Arbeit

29

die Briefsammlung Ad Atticum die größte Menge an Zitaten enthält, werden bei der Betrachtung der Zitation in den Briefen Ciceros auch vermehrt Schreiben aus jenem Corpus in den Blick genommen.210 1.3.3 Vorgehensweise Die Einordnung bestimmter Briefe in einen größeren Zusammenhang kann in unterschiedlicher Weise erfolgen. In der vorliegenden Arbeit werden zunächst beide Autoren getrennt voneinander betrachtet und erst danach Schlussfolgerungen zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden in der Zitierpraxis gezogen. Denn beide Autoren bringen verschiedene kulturelle und soziale Hintergründe mit sich, die eingehender Betrachtung bedürfen. Während Marcus Tullius Cicero als Redner und Politiker der Oberschicht in der ausgehenden Römischen Republik des ersten Jahrhunderts v. Chr. wirkt, tritt Paulus als ehemaliger Pharisäer und christusgläubiger Apostel im pagan geprägten Griechenland auf. Die detaillierte Untersuchung beider Autoren ist bei einer Einzelanalyse leichter zu gewährleisten. Die Zitatanalyse selbst erfolgt bei beiden Autoren in fünf Schritten. Die Kategorien dafür sind in Auseinandersetzung mit antiken Vorgaben und modernen T heorien entstanden sowie an die Fragestellung der vorliegenden Arbeit angepasst worden. Während Vorgaben zur Zitation in antiken Rhetorikhandbüchern spärlich gesät sind, warten moderne Literaturwissenschaften mit einer ganzen Fülle von Zitattheorien auf. Daher ist eine Eingrenzung des zu untersuchenden Phänomens unbedingt erforderlich. Als hilfreich erwies sich dabei der Artikel Aspekte des Zitats. Überlegungen zur Anwendung eines modernen Konzepts auf antike lateinische Texte von Ute Tischer.211 Darin werden zentrale Elemente des Zitats benannt, die auch die Grundlage der vorliegenden Zitatdefinition bilden. Dementsprechend werden in den ersten drei Schritten der Arbeit eben diese Grundelemente eines Zitats analysiert: die Markierung, der Wortlaut des Zitat­ segments und die Kontexte von Prä- sowie Folgetext. In antiken Texten findet man zu solchen formalen Aspekten des Zitats keine Angaben. Ihre Analyse ist aber unbedingt erforderlich, wenn man die Zitierweise untersuchen will, da sie konkrete Anhaltspunkte für eine Gegenüberstellung bieten. In Bezug auf die Fragestellung der vorliegenden Arbeit ermöglicht die Betrachtung der Markierung, des Wortlauts und der Kontextualisierung einen Einblick einerseits in die Vorgehensweise des Autors beim Zitieren und andererseits in die erforderlichen Voraussetzungen zum Verstehen des Zitats auf Seiten der Adressaten.

210  Für eine ausführliche Darstellung zu den Briefsammlungen Ciceros und den darin enthaltenen Zitaten vgl. S. 32–33. 211  Vgl. Tischer 2010.

30

1 Einleitung

Das vierte Analysekriterium ist bereits bei Quintilian angesprochen worden. Zitate erfüllen in ihrem jeweiligen literarischen Kontext eine bestimmte Funktion. Untersuchungen der neueren Forschung haben aber gezeigt, dass deren Formen die antiken Vorgaben deutlich übersteigen und oft durch den jeweiligen Textzusammenhang bedingt sind.212 Daher erscheint es sinnvoll, die kommunikativen Funktionen der Zitate an einzelnen Textstellen zu untersuchen. Zudem bietet gerade eine solche Funktionsuntersuchung die Möglichkeit, den situativen Kontext der Zitate zu beleuchten, der für die Ausgangsfrage dieser Arbeit grundlegend ist. Diese erfolgt im vierten Schritt der Arbeit mithilfe einer Argumenta­ tionsanalyse. In Anlehnung an Stanley Porter werden dabei drei Funktionsebenen unterschieden. Denn Zitate erfüllen häufig nicht nur inhaltliche Funktionen innerhalb der Argumentation, sondern auch formale Funktionen im Briefaufbau und Funktionen auf der Beziehungsebene.213 Schließlich wird entsprechend der Fragestellung der vorliegenden Arbeit der Bildungshintergrund der Zitate in zwei Richtungen untersucht. Zum einen wird ein Blick auf die zitierten Textpassagen selbst geworfen. Handelt es sich dabei um traditionelles Bildungsgut, d. h. um sprachliche Wendungen, die kontinuierlich weitergegeben werden und zur Identitätsbildung der Gemeinschaft beitragen?214 Dabei wird auch die Wahl der zitierten Autoren bzw. Schriften betrachtet, von deren Bewertung durch Autor und Adressat die Autorität des Zitatsegments abhängt.215 Zum anderen wird die Bildungssituation der Adressaten in den Blick genommen, wobei sowohl die Kenntnisse, die der Autor im jeweiligen Text voraussetzt, als auch näherungsweise die Fähigkeiten der Adressaten mithilfe zusätzlicher Quellen herausgearbeitet werden. Zugleich werden damit alle zuvor untersuchten Elemente (Markierung, Wortlaut, Kontextualisierung und Funktion der Zitate) mit Blick auf die zentrale Frage nach der Situationsabhängigkeit des Zitateinsatzes miteinander verknüpft.

212  Vgl. Behrendt 2013, 195–206. Zur Vielfalt der Zitatfunktionen vgl. Schweikle 1990, 511. Zur Entwicklung und Veränderungen der Zitatfunktionen in verschiedenen Epochen vgl. Berg 2000, 11–30. 213  Vgl. Porter 2017, 38–54; Kujanpää 2017, 199–200. 214  Vgl. Baumann 2005, 505; Walther 2011, 224.680. 215  Die Idee dazu ist durch die Analyse von Ciceros De inventione entstanden. Denn darin merkt Cicero an, dass man bei der Auslegung von Schriftstücken den Verfasser und dessen Hintergrund heranziehen solle. Vgl. Cic.inv. II,117.121. Spahlingers Analyse zur Autorenauswahl in Ciceros philosophischen Werken bestätigt zudem, wie sinnvoll dieser Ansatz ist, da Cicero die Autoren ganz unterschiedlich bewertet. Vgl. Spahlinger 2005, 223–340.

1.3  Gegenstand der Arbeit

31

Zusammengefasst erfolgt die Analyse nach dem folgenden Fragenkatalog: a. Wie wird das Zitat markiert? (Markierung) b. Was wird in welchem Wortlaut zitiert? (Wiederholung und Modifizierung) c. Wie wird der Kontext des Prätextes berücksichtigt? (Einbettung) d. Welche Funktion hat das Zitat in der Argumentation des Briefes? (Funktion) e. Welches Wissen über das zitierte Werk setzt der Autor beim Adressaten voraus, und welches Wissen ist vorhanden? (Leserbetrachtung) In vorangehenden Arbeitsschritten wurde diese Analyse an zahlreichen Textstellen durchgeführt. In der Arbeit selbst werden nun einzelne Beispiele für Phänomene, die mehrfach vorkommen, vorgestellt, um Wiederholungen zu vermeiden und einen Überblick zur Zitation des jeweiligen Autors zu geben. Daneben werden bestimmte Textstellen ausführlicher erläutert, an denen die Besonderheiten der beiden Autoren deutlich erkennbar sind. Eine solche ergebnisorientierte Darstellung erleichtert einerseits den Lesefluss und ermöglicht andererseits eine gute Ausgangsbasis für die anschließende Gegenüberstellung.

32

2  Zitation in Ciceros Briefen Es gibt vier Briefsammlungen, die Schreiben des römischen Rhetors und Politikers Marcus Tullius Cicero enthalten: Ad familiares, Ad Atticum, Ad Quintum fratrem und Ad Brutum. Die Briefsammlung Ad familiares, die erst im vierten oder fünften Jahrhundert v. Chr. zu einem Corpus zusammengestellt worden ist und deren heutiger Titel auf den Humanisten Stephanus zurückgeht,1 enthält in 16 Büchern 435 Briefe aus den Jahren 62 bis 43 v. Chr., die überwiegend von Marcus Tullius Cicero selbst verfasst worden sind.2 Die Schreiben richten sich an verschiedene Adressaten, von denen auch einige Antwortschreiben (z. T. ohne eine Entgegnung Ciceros) in dem Corpus enthalten sind. Die Briefe sind ursprünglich nicht zur Veröffentlichung gedacht gewesen. Vermutlich hat nach Ciceros Tod dessen Sekretär Tiro damit begonnen, da Cicero selbst zu Lebzeiten geplant hatte, eine Sammlung ausgewählter Briefe herauszugeben.3 Das heute erhaltene Corpus ist dann später von einem unbekannten Editor zusammengestellt worden, wobei er vorrangig Briefe von Senatoren ausgewählt und das Corpus nach Adressaten gegliedert hat.4 Die Briefsammlung wird auch als vermischte Korrespondenz bezeichnet, da sie nicht nur Briefe an unterschiedliche Adressaten enthält, sondern auch thematisch und stilistisch breit gefächert ist.5 Die Briefsammlungen Ad Atticum, Ad Quintum fratrem und Ad Brutum richten sich dagegen nur jeweils an einen einzigen Adressaten: an Ciceros engen Vertrauten Titus Pomponius Atticus, an Ciceros Bruder Quintus Tullius Cicero und an den bekannten Caesarmörder Marcus Iunius Brutus. Das Corpus Ad Atticum umfasst 426 Briefe in 16 Büchern, die zwischen den Jahren 68 und 44 v. Chr. von Cicero verfasst und ursprünglich von Atticus herausgegeben worden sind.6 Die darin enthaltenen Briefe sind chronologisch geordnet, in der Alltagssprache der römischen Oberschicht verfasst und enthalten zahlreiche griechische Wörter, Phrasen sowie Zitate.7 Das Corpus Ad Quintum fratrem gliedert sich in drei ­Bücher, die insgesamt 27 Briefe Ciceros an seinen Bruder aus den Jahren 59–54 v. Chr. enthalten. Bis auf eine Ausnahme handelt es sich dabei um 1 

Vgl. Kasten 2004, 938–939; Oppermann 2000, 23–25. Vgl. Willcock 1995, 1; Klauck 1998, 127; Trapp 2003, 13. 3  Vgl. Oppermann 2000, 23–25. 4  Vgl. White 2010, 31–61. 5  Vgl. Shackleton Bailey 1980, 15–16; Hutchinson 1998, 47–48.111–112.199; Oppermann 2000, 24. 6  Vgl. Shackleton Bailey 1980, 13; Willcock 1995, 1. 7  Vgl. Shackleton Bailey 1980, 15. 2 

2  Zitation in Ciceros Briefen

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private S­ chreiben.8 Im Gegensatz zu den anderen beiden Briefsammlungen sind im Corpus Ad Brutum zusätzlich zu den Schreiben Ciceros an Brutus auch Antwortschreiben aus der Feder des Brutus zu finden. Insgesamt umfasst das Corpus 26 Briefe, die in heutigen Ausgaben auf zwei Bücher verteilt sind und die alle aus dem Jahr 43 v. Chr. stammen.9 Im Vorfeld dieser Arbeit wurden alle vier Briefsammlungen und die darin enthaltenen Schreiben mit Zitaten analysiert. Während das Corpus Ad familiares 25 Briefe enthält, in denen zitiert wird, und das Corpus Ad Atticum sogar 86, findet man im Corpus Ad Quintum fratrem nur sechs und im Corpus Ad Brutum nur einen einzigen Brief mit Zitaten.10 Für die nun folgende Gesamtdarstellung der Zitation in den Briefen Ciceros bilden daher die Schreiben der Briefsammlungen Ad familiares und Ad Atticum die vorrangige Textgrundlage. Weil sich die Situation der paulinischen Gemeinde von Korinth leichter mit der Vielfalt an Adressaten in der gemischten Korrespondenz als mit der persönlichen Beziehung zwischen Atticus und Cicero vergleichen lässt, stammt zudem der überwiegende Teil der Beispiele aus dem Corpus Ad familiares. Die Analyse der Zitate in Ciceros Briefen erfolgte anhand des in der Einleitung genannten Fragenkatalogs.11 Dementsprechend orientiert sich auch die Gliederung dieses Kapitels daran. Nach der Betrachtung der Markierung der Zitate folgt ein Blick auf deren Wortlaut, wobei neben Abweichungen vom ursprünglichen Wortlaut auch eine besondere Eigenart Ciceros, das sogenannte Anzitieren, in den Blick genommen wird. Anschließend wird anhand von Beispielen erläutert, inwiefern Cicero bei der Zitation in Übereinstimmung mit dem Prätextkontext zitiert und wie die Zitate funktional eingesetzt werden. Dabei wird aus Gründen der Übersichtlichkeit zwischen formalen, inhaltlichen und relationalen Funktionen unterschieden. Den Abschluss bildet die Untersuchung des Bildungshintergrunds der Zitate, wobei einerseits die Entscheidungen des Autors und andererseits die Voraussetzungen der Adressaten in den Blick genommen werden, um zu klären, inwiefern die Zitation bei Cicero eine gelungene Kommunikation darstellt.

2.1  Markierung der Zitate Damit ein Leser ein Zitat überhaupt bemerkt, muss es seine Aufmerksamkeit erregen. Es sind also bestimmte Textsignale erforderlich, die den Blick des Lesers auf die Benutzung fremder Rede hinweisen. Solche deiktischen Zeichen werden  8 

Vgl. Shackleton Bailey 1980, 16; Willcock 1995, 2. Vgl. Shackleton Bailey 1980, 16; Willcock 1995, 2; Kasten 1998, 266. 10  Vgl. Shackleton Bailey 1995, 155–157. 11  Vgl. den Fragenkatalog auf S. 31.  9 

34

2  Zitation in Ciceros Briefen

in der Zitatforschung als Markierung bezeichnet.12 Dabei gibt es unterschiedliche Versuche zur Klassifikation der Markierungen.13 Eine sehr umfassende T heorie ist die von Jörg Helbig. Er unterscheidet nach dem Grad der Deutlichkeit vier Formen von Markierung: Nicht-Markierung, implizite Markierung, explizite Markierung und thematisierende Markierung.14 Bei der Nicht-Markierung verzichtet der Autor auf jegliche Signale. Dabei besteht die Gefahr, dass das Zitat nicht erkannt wird, was auch intendiert sein kann. Bei der impliziten Markierung wird das Zitatsegment durch quantitative oder positionelle Besonderheiten (z. B. Wiederholungen oder Zitat als Texteinstieg) nachdrücklich ins Gedächtnis gerufen. Bei der expliziten Markierung führt ein durch linguistische oder graphemische Signale erzeugter Bruch (z. B. durch den Wechsel in eine andere Sprache) zur Wahrnehmung des Zitats. Die beiden Formen der impliziten und expliziten Markierung verhalten sich wie Indiz und Beweis zueinander. Bei der thematisierenden Markierung schließlich wird der Referenztext oder der Produktions-Rezeptions-Prozess durch ergänzende Angaben (z. B. durch Anführen des Autors oder der Abfassungssituation) angesprochen.15 Da die vier Formen der Markierung nach Helbig leicht zu unterscheiden sind und eine übersichtliche Klassifikation ermöglichen,16 werden sie hier zur Gliederung des Kapitels und zur Einteilung der vielfältigen Markierungsformen übernommen, wobei auf die Nicht-Markierung verzichtet wird, weil sie in Bezug auf die Zitate in Ciceros Briefen nicht vorkommt. Damit die Vielfalt innerhalb einer Kategorie zum Ausdruck kommt, werden unterschiedliche Beispiele zu jeder Markierungsform erläutert. Daneben sollen Angaben zur Häufigkeit der jeweiligen Phänomene Ciceros Vorlieben offenlegen. Dementsprechend wird auch die Reihenfolge der Kategorien an Ciceros Gepflogenheiten angepasst. Die Darstellung beginnt mit der häufigsten Markierungsform. 2.1.1  Explizite Markierung Die explizite Markierung ist Ciceros Favorit.17 Er verwendet sie in ca. zwei Drittel aller Fälle, besonders gerne in seinen Briefen an Atticus.18 Zu unterscheiden sind hier zwei Arten: 1. die Markierung durch einen Schrift- und Sprachwechsel, 12 

Vgl. Helbig 1996, 73; Behrendt 2010, 118–119. Vgl. Broich/Pfister 1985, 31–47; Helbig 1996. Für eine kurze Übersicht vgl. Behrendt 2013, 40. 14  Vgl. Helbig 1996, 87. 15  Vgl. Helbig 1996, 88–135. 16  Aus demselben Grund wird auf weitere Untergliederungen der vier Oberkategorien, wie sie Helbig vollzieht, verzichtet. Eine solche Feingliederung würde nämlich die Übersichtlichkeit wieder zunichte machen und Sonderfälle hervorbringen, die sich nicht eindeutig zuordnen lassen. 17  Vgl. Behrendt 2013, 201. 18  Wenn man nur die Zitate in den Briefen Ad familiares betrachtet, ergibt sich daher ein 13 

2.1  Markierung der Zitate

35

2. die Markierung durch ein Metrum. Im Gegensatz zu seinen philosophischen Werken19 übersetzt Cicero in seinen Briefen griechische Zitate nicht ins Lateinische, sondern gibt sie in ihrer Originalsprache wieder.20 Dadurch entsteht ein Bruch im Lesefluss, hervorgerufen durch den veränderten Schriftsatz und den Wechsel der Sprache,21 d. h. die Wiedergabe des Zitats in Griechisch markiert bereits den Beginn einer fremden Rede.22 Somit wird die Art der Markierung durch die Wahl des Referenztextes im Voraus festgelegt.23 Ein Beispiel dafür sind die ersten drei Zitate in fam. XIII,15. 45 v. Chr. verfasst Cicero ein Empfehlungsschreiben für den jungen Precilius an Gaius Iulius Caesar, das zahlreiche griechische Zitate enthält (fam. XIII,15).24 Die Empfehlung selbst stellt allerdings nur den Rahmen des Briefes dar, den Hauptteil bildet Ciceros Rechtfertigung seines bisherigen Verhaltens gegenüber Caesar.25 Mit Bezug auf den Vater des Precilius leitet Cicero zur Darstellung seiner Situation über: Em hic ille est de illis, maxime qui inridere atque obiurgare me solitus est, quod me non tecum, praesertim cum abs te honorificentissime invitarer, coniungerem;  ‚ἀλλ᾽ ἐμὸν οὔ ποτε θυμὸν ἐνὶ στήθεσσιν ἔπειθεν‘. Audiebam enim nostros proceres clamitantis:  ‚ἄλκιμος ἔσσ᾽, ἵνα τίς σε καὶ ὀψιγόνων ἐὺ εἴπῃ‘  ‚ὣς φάτο, τὸν δ᾽ ἄχεος νεφέλη ἐκάλυψε μέλαινα‘.

etwas anderes Bild. Dort greift Cicero nur bei etwa einem Drittel der Fälle auf diese Form der Markierung zurück. Gezählt wurden in beiden Berechnungen nur die expliziten Markierungen, die nicht mit einer thematisierenden Markierung verbunden sind. 19  Vgl. Spahlinger 2005, 27–28. 20  Der Gebrauch griechischer Sprache in lateinischer Prosa ist somit an bestimmte Gattungen gebunden. Daneben bestimmen Autor und Abfassungsumstände, ob ein griechisches Zitat in der Originalsprache wiedergegeben wird. Vgl. Wenskus 1993, 205–216. 21  Wenn man davon ausgeht, dass Briefe in der Antike laut vorgelesen wurden, ist anders als heute der Klang der fremden Sprache entscheidender für das Erkennen eines Zitats als das veränderte Schriftbild. 22  Vgl. fam. III,7,6; IX,7,1; IX,7,2; XIII,15,1; XII,14,7; XIII,15,2; Att. I,1,4; I,12,1; I,15,1, I,16,5; II,3,4; II,5,1; II,9,3; II,11,2; II,13,2; II,16,2; II,16,4; IV,7,2; IV,7,3; IV,8,1; IV,8a,2; IV,6,2; IV,9,1; IV,11,2; IV,15,7; V,12,1; VI,1,8; VI,1,22; VI,1,23; VI,3,1; VI,8,5; VI,9,3; VII,1,2; VII,1,4; VII,1,9; VII,6,2; VII, 8,4; VII,11,1; VII,11,3; VII,12,3; VII,13,4; VIII,5,1; VIII,8,2; VIII,16,2; IX,2a,2; IX,5,3; IX,6,4; IX,6,6; IX,7,3; IX,7,5; IX,13,1; IX,15,3; IX,18,3; X,2,1; X,5,2; X,12a,1; XIII,11,1; XIII,13–14,2; XIII,21a,1; XIII,24,1; XIII,25,3; XIII,42,1; XIV,10,1; XIV,13,1; XIV,13,2; XIV,22,2; XV,4,1; XV,11,3; XVI,5,5; XVI,6,1; XVI,6,2; XVI,11,1; XVI,11,6; XVI,13,1; XVI,13,2; Q.fr. II,9,2; II,14,5; III,7,1; III,7,2. 23  Vgl. Behrendt 2013, 201. Umgekehrt bedingt das Zitieren an sich den Codewechsel (den Wechsel von einer Sprache in die andere). Vgl. Wenskus 1993, 205. 24  Vgl. Wilcox 2012, 81. Daneben ist nur ein weiterer Brief an Caesar erhalten, ebenfalls ein Empfehlungsschreiben, allerdings ohne solche Besonderheiten wie im vorliegenden Brief. Vgl. fam. XIII,16. 25  Laut Shackleton Bailey haben Gerüchte über Ciceros Illoyalität gegenüber Caesar ihn dazu veranlasst. Vgl. Shackleton Bailey 1977b, 458.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

Sed tamen idem me consolatur etiam. Hominem perustum etiamnum gloria volunt incendere atque ita loquuntur:  ‚μὴ μὰν ἀσπουδί γε καὶ ἀκλειῶς ἀπολοίμην,   ἀλλὰ μέγα ῥέξας τι καὶ ἐσσομένοισι πυθέσθαι.‘ (Siehe er [gemeint ist der Vater des Precilius] ist derjenige von ihnen, der mich am meisten zu verspotten und zu tadeln pflegte, dass ich mich dir nicht angeschlossen habe, obwohl ich von dir überaus ehrerbietig dazu eingeladen worden sei; ‚aber nie konnte er mein Herz in der Brust überzeugen‘. Ich hörte nämlich, unsere Vornehmen ausrufen: ‚Sei stark, damit dich auch Nachkommen loben‘, ‚als er sprach, hüllte ihn die dunkle Wolke der Betrübnis ein‘. Aber dennoch tröstet mich dasselbe auch. Sie wollen den verbrannten Mann auch jetzt noch durch Ruhm entflammen und sprechen so: ‚Damit ich gewiss nicht kampflos und ruhmlos zugrunde gehe, sondern Großes vollbringend, etwas, wovon auch noch Künftige hören werden‘.) (fam. XIII,15,1–2).

Der Bericht enthält drei Zitate, die ohne syntaktische Brüche Ciceros eigene Worte fortsetzen. Lediglich der Wechsel von Sprache und Schriftsatz zeigt, dass sich Cicero hier der Worte eines anderen bedient. Zusätzlich legt er zwei der Zitate mithilfe von verba dicendi einer anderen Sprechergruppe in den Mund.26 Er spielt mit den Zitaten und verzichtet deshalb anfangs auf Herkunftsangaben. Erst an späterer Stelle, als er ein weiteres Zitat anführen will, erwähnt Cicero die Autorschaft Homers: Itaque ab Homeri magniloquentia confero me ad vera praecepta Εὐριπίδου: … (Deshalb wende ich mich von Homers pathetischer Sprache ab hin zu den wahren Weisungen des Euripides: …) (fam. XIII,15,2). Die griechische Sprache ist also bei den ersten drei Zitaten als Markierung ausreichend. Lediglich die Zitation eines weiteren Autors macht die Benennung des vorherigen notwendig. Aber auch ohne diese Angabe wäre das Erkennen der fremden Rede möglich gewesen. Denn das Auswendiglernen von Homerversen gehörte zur Grundausbildung der römischen Elite.27 Trotzdem erfordert die kontextuelle Einordnung eines griechischen Verses einen hohen Grad an Bildung und ein gewisses Interesse an der griechischen Sprache.28 Daher sind die hier aufgeführten Zitate als Kompliment an Caesars literarischen Geschmack und seine Bildung zu verstehen.29 Anstelle einer späteren Erwähnung des Autors wird die Markierung durch Schrift- und Sprachwechsel in anderen Briefen durch inhaltliche Besonderheiten verstärkt. Die Zitatsegmente enthalten nämlich in 26  Ähnlich auch in Att. VI,1,27; VIII,8,2; XIV,13,2; XVI,13,2. In zwei anderen Briefen stellt er die Zitatsegmente als eigene Gedanken dar. Vgl. Att. XV,11,3; XVI,6,2. 27  Vgl. Spahlinger 2005, 254. 28  Deshalb kommen griechische Zitate ohne Herkunftsangabe nur in den Briefen an Atticus, Quintus, Appius Claudius, Varro und Caesar vor. Daneben enthält ein Brief an Cicero selbst ein solches Zitat. Vgl. fam. XII,14,7. 29  Vgl. Trapp 2003, 240.

2.1  Markierung der Zitate

37

vielen Fällen Namen von Figuren, Göttern, Volksgruppen bzw. Orten oder metaphorische Ausdrücke, die auf ihre poetische Herkunft hindeuten.30 Dieses Phänomen tritt auch bei den meisten Zitaten der zweiten Kategorie, der Markierung durch ein Metrum, auf.31 Genauso wie ein griechischer Vers durch seine sprachliche Andersartigkeit erregt ein lateinischer Vers durch sein Versmaß innerhalb eines Briefes besondere Aufmerksamkeit. Beim Lesen eines Schreibens gerät ein gebildeter Römer automatisch ins Stocken, wenn die prosaische Sprache durch einen metrisch überformten Satz unterbrochen wird. Verstärkt wird dieser Effekt durch die antike Vorliebe für lautes Vorlesen.32 Daher kann man davon ausgehen, dass Ciceros Adressaten auch Zitate, die nur durch das Metrum markiert sind, wahrgenommen haben.33 Wiederum bestimmt die Wahl des Referenztextes die Art der Markierung.34 Gleich mehrfach begegnet uns dieser Fall in fam. II,9, einem Brief an Ciceros Klienten Marcus Caelius Rufus, der ihn während seiner Statthalterschaft über die Ereignisse in Rom informiert.35 Darin gratuliert Cicero Caelius zu seiner Wahl zum Ädil und verspottet dessen Mitbewerber Gaius Lucilius Hirrus, indem er in dessen Rolle schlüpft: Difficile est loqui; te autem contemplans absentem et quasi tecum coram loquerer:   ‚non edepol quantam rem egeris neque quantum facinus feceris‘; quod quia praeter opinionem mihi acciderat, referebam me ad illud:   ‚incredibile hoc factum obicitur‘; repente vero incessi   ‚omnibus laetitiis laetus …‘.36 In quo cum obiurgarer, quod nimio gaudio paene desiperem, ita me defendebam:   ‚ego voluptatem animi nimiam …‘. (Es fällt mir schwer [so] zu sprechen; aber während ich dich als abwesend und als gleichsam bei mir betrachte, würde ich von Angesicht zu Angesicht zu dir sagen: 30  Vgl. fam. III,7,6; Att. I,1,4; I,16,5; II,5,1; II,13,2; II,16,2.4; IV,8a,2; IV,9,1; VII,1,4; VII,8,4; VII,11,1; VII,12,3; VIII,5,1; VIII,16,2; IX,5,3; IX,7,3; X,5,2; XIII,13–14,2; XIII,21a,1; XIII,24,1; XIV,13,1; XVI,13,2. 31  Vgl. fam. VII,30,1; IX,7,2; IX,26,2; Att. I,18,1; II,15,3; V,12,3; VI,3,7; XII,6a,1; XV,11,3. 32  Vgl. Spahlinger 2005, 209–210. Zur Bedeutsamkeit oraler Praktiken beim Schreiben und Lesen allgemein vgl. Achtemeier 1990, 13–19. 33  Dafür spricht auch die Tatsache, dass diese Art der Markierung bei ganz verschiedenen Adressaten vorkommt (an Caelius Rufus, Appius Claudius, Trebatius, Curius, Varro, Papirius Paetus und Atticus). Vgl. fam. II,9,2; III,8,8; VII,10,4; VII,30,1; IX,7,2; IX,26,2; Att. I,18,1; II,1,5; II,15,3; II,19,1.2; IV,1,8; V,12,3; VI,3,7; VII,26,1; XII, 6a,1; XIII,24; XIII,52,1; XIV,14,1; XV,11,3. 34  Vgl. Behrendt 2013, 201. 35  Cicero hat Caelius in die Politik eingeführt und vor Gericht vertreten. Vgl. Fuhrmann 1980, 7–14. Für eine ausführliche Betrachtung der Beziehung vgl. Oppermann 2000, 257–260. 36  Der Wortlaut geht auf eine Konjektur zurück. Vgl. Watt 1982, 59.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

‚Nein, beim Pollux, welch große Sache du getan und welch große Tat du vollbracht hast‘; [und] weil es mir nun wider Erwarten passiert ist, bezöge ich mich auf jenes: ‚Diese unglaubliche Tat widerfährt mir‘; plötzlich aber ginge ich einher ‚durch alle Freuden froh …‘. Wenn man mich dabei tadelte, dass ich vor allzu großer Freude beinahe närrisch sei, würde ich mich so verteidigen: ‚Ich [halte es für] ein sehr großes Vergnügen für den Geist …‘.) (fam. II,9,2).

Cicero zitiert an dieser Stelle vier Verse von unterschiedlichen Dichtern. Weil die ursprünglichen Werke verloren sind, ist deren Zuordnung schwierig. Laut David R. Shackleton Bailey handelt es sich um zwei Zitate von unbekannten Autoren, um ein Zitat von Caecilius und um ein Zitat von Trabea.37 Dass Cicero überhaupt auf fremde Rede zurückgreift, zeigt das Vermaß an. Damit dies erkannt wird, gibt Cicero das erste Zitat in voller Länge wieder. Bei den weiteren Bezügen genügt es dann einen Halbvers oder wenige Worte anzuzitieren. Wie in fam. XIII,15 spielt Cicero mit den Zitaten. Indem er die Rolle des Hirrus übernimmt, kommt es zu einer doppelten Zitation, die durch verschiedene verba dicendi (loqui, referre, defendere) hervorgehoben wird. Im Gegensatz zu den Zitaten in fam. XIII,15 steht nun aber nicht der Inhalt der Zitatsegmente, sondern der Akt des Zitierens selbst im Zentrum. Denn die sinnlose Aneinanderreihung von Komödienversen dient dazu, Hirrus’ Eigenart, die Rolle des nobilis in der römischen Komödie zu übernehmen und Komödienverse aufzusagen,38 ins Lächerliche zu ziehen.39 Daher sind Herkunftsangaben an dieser Stelle nicht erforderlich. Die Markierung durch das Metrum reicht aus, damit der Adressat erkennt, dass es sich um Dichtung handelt. 2.1.2  T hematisierende Markierung Die thematisierende Markierung kommt bei etwa einem Drittel der Zitate in Ciceros Briefen vor.40 Es handelt sich dabei um Zusatzangaben, die Hinweise auf die Herkunft eines Zitatsegments oder den Rezeptionsprozess geben.41 Besonders häufig verwendet Cicero zur Einleitung einer fremden Rede eine Kombination aus Autorenangabe und verbum dicendi, wie ut ait Terentius (wie Te37  Vgl. Shackleton Bailey 1995, 157. Es gibt auch andere Zuordnungen der Zitate. Vgl. z. B. Kasten 2004, 950. Möglicherweise handelt es sich bei den ersten beiden Zitaten um erdachte Zitate des Hirrus. Die anderen beiden Zitate sind auch an anderer Stelle bei Cicero belegt. Vgl. Cic.Tusc. IV,35; Cic.fin. II,13; Rühl 2010, 148–149. 38  Vgl. fam. II,9,1; VIII,2,2. 39  Vgl. Rühl 2010, 148–149. 40  Die Zahl bezieht sich auf die Zitate in allen vier Briefsammlungen Ciceros. In Ad familiares ist der Anteil dieser Form der Markierung deutlich höher. Etwa 45 % der Zitate in diesem Briefcorpus werden so eingeleitet. 41  Meist treten diese zusätzlich zu den oben beschriebenen expliziten Markierungen auf. Bei der Berechnung der Häufigkeiten wurden solche Fälle, die beide Markierungsformen aufweisen, der thematisierenden Markierung zugeordnet.

2.1  Markierung der Zitate

39

renz sagt) (fam. XII,25,5).42 Auch zwei seiner Adressaten markieren ihre Zitate in dieser Form.43 Teilweise werden zusätzlich Figuren- oder Werksangaben angeführt, z. B. ut ait Philoctetes apud Accium (wie Philoctetes bei Accius sagt) (fam. ­VII,33,1).44 Stattdessen können aber auch Figuren- und Werksangaben ohne Auto­renangabe in Kombination mit Stellen-, Gattungs-, Orts- oder Schauspieler­ angaben Hinweise auf die Ursprungstexte geben.45 Das nun folgende Beispiel zeigt, wie vielfältig dabei die Formulierungen sind. In fam. V,12,7 und XV,6,1 zitiert Cicero denselben Vers aus der Tragödie Hector proficiscens des Naevius,46 die heute nicht mehr erhalten ist. An diesen zwei Textstellen wird offensichtlich, dass Cicero nicht einmal bei der Verwendung desselben Zitats die gleiche Einleitung gebraucht. Zunächst ein paar Bemerkungen zu den beiden Briefen: Der ältere Brief (fam. V,12) aus dem Jahre 55 v. Chr.47 ist an Lucius Lucceius, einen befreundeten Geschichtsschreiber,48 adressiert. In dessen Zentrum steht Ciceros Bitte, Lucceius möge seine Taten in einem literarischen Werk verherrlichen. Der jüngere Brief (fam. XV,6) aus dem Jahre 50 v. Chr. richtet sich dagegen an Marcus Porcius Cato und hat Catos Reaktion auf die Genehmigung eines Dankfestes für Cicero zum T hema.49 Beim Vergleich der beiden Briefe fallen mehrere Unterschiede auf. Erstens die Position des Zitatsegments innerhalb des Briefaufbaus: Während Cicero in fam. XV,6 mit dem Zitat einsteigt, bildet das Zitatsegment in fam. V,12 den Abschluss einer längeren Aufzählung im Argumentationshauptteil. Zweitens die Wiedergabe des Zitatsegments: In fam. XV,6,1 wird der Vers, laetus sum laudari abs te, pater, a laudato viro (ich bin froh, von dir, Vater, gelobt zu werden, von einem gelobten Mann), vollständig wiedergegeben, wohingegen er in fam. V,12,7 an die vorangehende Satzstruktur angepasst und zum Teil indirekt zitiert wird: 42  Vgl. fam. VI,18; XII,25; Att. VI,2,8; VII,1,6; IX,13,4; X,8,7; XIII,12,3; Q.fr. III,5,8. An einigen Stellen lässt Cicero die Verbform weg oder ersetzt sie durch ein Substantiv. Vgl. fam. XIII,15,2; Att. XIII,21,3; XIII,38,2; Q.fr. III,1,23. An anderen Stellen ergänzt er eine Beurteilung zum Autor. Vgl. fam. I,9,12.18; Att. I,19,8; II,7,4; VII,3,10; XIV,20,3. 43  Vgl. fam. XV,19; XVI,8. 44  Vgl. fam. V,12,7; VII,33,1; Att. IX,5,3; IX,8,2; ad Brut. I,2a,2. 45  Vgl. fam. I,9,19; VI,6,6; VII,6,1–2; VII,16,1; IX,22,1. In den Briefen an Atticus greift Cicero zudem auf Umschreibungen und auf Aufführungsangaben zurück. Vgl. Att. II,3,4; II,19,3; VIII,11,3. 46  Ein weiteres Mal zitiert Cicero denselben Vers in Tusc. IV,67. 47  Zur Datierung vgl. Shackleton Bailey 1977a, 319. 48  Gemeinsame wissenschaftliche Interessen verbinden die beiden. Cicero lobt Lucceius in seiner Rede Pro Caelio als gebildeten, belesenen, kultivierten und gewissenhaften Mann. Vgl. Cic.Cael. 54; Oppermann 2000, 270. 49  Der Brief ist Teil einer Reihe von Briefen, in denen Cicero Cato aus der Provinz Kilikien berichtet und um seine Unterstützung aus der Ferne bittet. Vgl. fam. XV,3–6. Dabei versucht Cicero Cato nicht nur durch seine Argumente, sondern auch durch dessen Darstellung als Repräsentanten des Senats, der von ihm als erster informiert wird und dessen Maximen sein Handeln vor Ort bestimmen (fam. XV,3–4), zu überzeugen. Vgl. Morello 2013, 207–213.

40

2  Zitation in Ciceros Briefen

Placet enim Hector ille mihi Naevianus, qui non tantum ‚laudari‘ se laetatur sed addit etiam ‚a laudato viro‘. (Mir gefällt nämlich jener naevianische Hektor, der sich nicht nur freut, ‚gelobt zu werden‘, sondern auch hinzufügt ‚von einem gelobten Mann‘.) Drittens die Markierung: Cicero leitet zwar in beiden Fällen das Zitat durch eine thematisierende Markierung in Form einer Herkunftsangabe, bestehend aus Autor und Hauptfigur, ein, greift dabei aber auf unterschiedliche Formulierungen zurück. fam. V,12,7

fam. XV,6,1

Placet enim Hector ille mihi Naevianus, qui … … inquit Hector opinor apud Naevium … (… sagt, wie ich meine, Hektor bei (Mir gefällt nämlich jener naevianische ­Naevius …) Hektor, der …)

In fam. V,12,7 kombiniert er die Figurenangabe mit einem verbum sentiendi, einer Autorenangabe in Adjektivform und einem Relativsatz.50 Im Gegensatz dazu nutzt er in fam. XV,6,1 eine geläufigere Wendung aus verbum dicendi, Sprecher­ angabe und Autorenangabe mit vorangestellter Präposition apud.51 Zusätzlich ergänzt er die Einschränkung opinor.52 Er scheint sich nun nicht mehr ganz sicher bezüglich der Wahl des Sprechers zu sein. Armleder schließt daraus, dass Cicero in fam. XV,6 aus der Erinnerung zitiere, wohingegen er beim Verfassen von fam. V,12 Zugang zu einer Bibliothek gehabt habe.53 Shackleton Bailey meint dagegen: „Opinor plainly does not express any real uncertainty as to the provenance of the quotation, but Cicero wished to avoid any touch of the schoolmaster.“54 Beide Erklärungen stützen sich auf Vermutungen und lassen sich nicht beweisen. Ciceros anschließende Worte geben diesbezüglich nämlich keine Auskunft, sie legen vielmehr nahe, dass für Cicero an dieser Stelle nicht der Sprecher, sondern vielmehr der Ausspruch selbst von Bedeutung ist. Für ihn sei gerade das Lob einer ruhmvollen Person erfreulich und daher freue er sich sehr über Catos Lob, den er überaus schätze. Das Zitat dient also in fam. XV,6,1 als Kompliment für den Adressaten. Ebenso verhält es sich mit der Funktion des Zitats in fam. V,12,7.55 Das Beispiel belegt, dass trotz funktionaler Übereinstimmung die Formulierung der Markierung abweichen kann. Jedoch scheint der Vers aufgrund 50  Diese Zusammenstellung ist ungewöhnlich. Singulär ist zudem die Kombination aus Figurenangabe und Autor im Genitiv ohne Verbform in Att. IX,8,2. 51  Vgl. fam. VII,33,1; Att. IX,5,3. 52  Eine solche Einschränkung findet man auch in Att. I,20,3 und Att. VII,18, hier allerdings in Bezug auf den Autor. Ob es sich dabei um Gedächtnislücken oder bewusstes Understatement handelt, lässt sich auch in diesen Fällen nicht einwandfrei entscheiden. 53  Vgl. Armleder 1967,82. 54  Shackleton Bailey 1977a, 450. 55  Vgl. Hall 1998, 314–317.

2.1  Markierung der Zitate

41

geringer Bekanntheit generell einer Autorenangabe, d. h. einer thematisierenden Markierung, zu bedürfen. Einen zusätzlichen Hinweis auf das Werk gibt die Angabe des Sprechers, die zugleich die Autorität der Aussage und des Zitierenden erhöht, da sie sich auf eine herausragende mythische Gestalt bezieht. T hematisierende Markierungen sollen also nicht nur das Zitat als solches sichtbar machen, sondern auch andere Aufgaben erfüllen. Gegenüber einem Adressaten, der über umfassende Kenntnisse des zitierten Werkes verfügt, muss ein Zitat nicht ausdrücklich hervorgehoben werden. Wird dies dennoch vom Autor getan, dann verfolgt er damit eine bestimmte Absicht, wie z. B. die Autorität einer Zitataussage besonders zu betonen oder den allgemeinen Charakter einer zitierten Szene hervorzuheben bzw. Details derselben auszublenden.56

So stellt Cicero in fam. XII,25,5 mit der thematisierenden Markierung ut ait Terentius im Anschluss an das Zitat, Nunc hic dies aliam vitam adfert, alios mores postulat (Dieser Tag nun bringt ein anderes Leben, er fordert andere Sitten), nicht nur den Autor der Aussage, sondern auch dessen Autorität als Ratgeber heraus, die sich in der gekonnten Formulierung der angeführten Sentenz zeigt. Oder er weist mithilfe der eingeschobenen Figurenangabe in fam. VII,33,1, quod haec ‚pinnigero, non armigero, in corpore tela exerceantur‘, ut ait Philoctetes apud Accium, ‚abiecta gloria‘ (weil diese ‚Wurfgeschosse an einem befiederten, nicht an einem bewaffneten Körper trainieren‘, wie Philoctetes bei Accius sagt, ‚ohne Ruhm‘), auf die besondere Situation des Philoctetes hin, der ebenso wie er selbst gegen unbewaffnete Gegner kämpft. Neben konkreten Werksangaben greift Cicero auch auf thematisierende Markierungen zurück, die Hinweise auf den Produktions- und Rezeptionsprozess an sich geben, z. B. in fam. VII,13,2. Der Brief fam. VII,13 richtet sich an Ciceros Klienten Trebatius.57 Der junge Rechtsgelehrte ist zur Zeit der Abfassung des Schreibens (53 v. Chr.) auf Anraten seines Patrons58 als Berater Caesars in Gallien tätig.59 Nachdem Cicero im ersten Teil des Briefes dessen Hochmut kritisiert hat (die Nähe zu Caesar sei ihm wohl zu Kopf gestiegen), stimmt er im zweiten Teil versöhnliche Töne an. Er freue sich, dass Trebatius sein anfängliches Heimweh überwunden habe, befürchte aber, dass er seine Fähigkeiten in Gallien nicht gewinnbringend einsetzen könne. Dies begründet er folgendermaßen: Nam, ut audio, istic ‚non ex iure manum consertum, sed magis ferro rem repetunt‘. (Denn, wie ich höre, ‚lädt man dort nicht zur Eröffnung eines Prozesses ein, sondern fordert eher mit dem Schwert Genugtuung‘.) (fam. VII,13,2). Es handelt sich dabei um ein Zitat aus den Annalen des Ennius, das durch die Anmerkung ut audio (wie ich höre) markiert wird. Anstelle einer Autoren- oder Werksangabe weist hier 56 

Behrendt 2013, 202–203. Vgl. fam. VII,17,2. 58  Vgl. fam. VII,5. 59  Vgl. Kasten 2004, 956. 57 

42

2  Zitation in Ciceros Briefen

eine Zwischenbemerkung, die die Wahrnehmung des Zitierenden beschreibt, auf die Verwendung fremder Rede hin. Ähnliche Hinweise findet man auch in einem Brief an Marcus Curius, in einem Schreiben an Quintus und in mehreren Briefen an Atticus. Allerdings liegt dort der Fokus nicht auf Ciceros persönlicher Rezeptionserfahrung, sondern auf der anderer Rezipienten.60 Der Verzicht auf eine Herkunftsangabe und die allgemeine Formulierung solcher Markierungen deuten darauf hin, dass Cicero an diesen Stellen die Kenntnis der Zitate bei seinen Adressaten voraussetzt.61 Daher ist es nicht verwunderlich, dass Hinweise solcher Art besonders häufig in den Briefen an Ciceros engen Vertrauten und gebildeten Zeitgenossen Titus Pomponius Atticus vorkommen.62 Dass Cicero von einem hohen Bildungsgrad seiner Korrespondenten ausgeht, belegen Textstellen, an denen explizit deren Kenntnisse benannt werden. So bricht Cicero in fam. VII,28,2 ein Zitat nach drei Worten ab, mit der Begründung nosti cetera (den Rest kennst du ja) oder ergänzt in fam. VII,16,1 die Verbform scis ([wie] du weißt) zur Werks- und Stellenangabe eines Zitats.63 Dementsprechend dienen solche Markierungen in Ciceros Briefen vornehmlich nicht als Hinweis auf das Anführen fremder Rede, sondern zur Betonung der Autorität des zitierten Autors wie in fam. VII,13,2 oder des Wissens des Adressaten wie in fam. VII,28,2. 2.1.3  Implizite Markierung Keines der untersuchten Zitate in Ciceros Briefen ist allein implizit markiert. Die von Helbig genannten Formen der impliziten Markierung treten immer in Kombination mit Formen der expliziten oder thematisierenden Markierung auf.64 Im Zusammenspiel mit den anderen Textsignalen dienen die exponierte Stellung oder die Wiederholung eines Zitats als Rezeptionsverstärker. Denn ein Zitat am Anfang oder am Ende eines Textes65 erregt stärker die Aufmerksamkeit eines Lesers als eines mitten im Text. Daher ist es nicht verwunderlich, dass diese Art der impliziten Markierung in den meisten Fällen zusätzlich zur expliziten Markierung erfolgt. So z. B. in fam. VII,10: Dieser Brief an den bereits erwähnten 60 

Vgl. fam. VII,31,2; Att. VII,3,5; IX,15,4; X,1,1; XII,5,1; XIV,12,2; Q.fr. I,2,1. Aus diesem Grund nimmt Behrendt an, dass an diesen Stellen nicht die Kenntlich­ machung des Zitats, sondern andere argumentative Funktionen mit der thematisierenden Markierung intendiert seien. Sie führt für diese T hese drei Atticus-Briefe als Beispiele an. Vgl. Behrendt 2013, 202. 62  Neben den bereits genannten Beispielen gebraucht Cicero nur in einigen Briefen an Atticus und an seinen Bruder Quintus unterschiedliche Wendungen mit Demon­strativ­ pronomen, wie si verum illud est, die auf das Anführen fremder Rede hindeuten. Vgl. Att. II,25,1; V,10,3; V,11,5; XV,7; Q.fr. I,2,13; III,5,4. 63  Vgl. auch fam. VI,18,5; IX,22,1; Att. II,25,1. 64  Vgl. Behrendt 2013,203. 65  Vgl. fam. VI,18,5; VII,10,4; VII,16,1; XV,6,1; Att. IX,13,1; XII,5,1; XII,6a,1; XIII,11,1; XIV,14,1; Q.fr. II,14,5. 61 

2.1  Markierung der Zitate

43

Rechtsgelehrten Trebatius endet mit einem Zitat aus dem Heauton timorumenos des Terenz, das anhand des Metrums erkennbar ist: aut consolando aut consilio aut re iuvero (mit Trost, Rat und Tat will ich dir helfen) (fam. VII,10,4). Die exponierte Stellung des Verses verhindert, dass er übersehen wird und verleiht der Aussage besonderes Gewicht.66 Wie die Aufmerksamkeit des Lesers für argumentative Zwecke genutzt wird, zeigt auch ein erneuter Vergleich von fam. V,12,7 und fam. XV,6,1. Obwohl in beiden Fällen derselbe Vers zitiert wird, fällt er in fam. XV,6,1 sofort auf, da der Brief damit beginnt, wohingegen man in fam. V,12,7 erst nach dem Zitat suchen muss, das sich nicht nur im Argumentationshauptteil versteckt, sondern auch nur indirekt zitiert wird. Durch die exponierte Stellung rückt Cicero das Zitat in fam. XV,6,1 bewusst ins Zentrum der Argumentation, es bildet deren Basis. In fam. V,12,7 ist es hingegen lediglich das letzte Glied einer Beweiskette, die sich aus mehreren historischen Beispielen zusammensetzt. Die Anhäufung von Markierungselementen geschieht also parallel zur Bedeutsamkeit des Zitats innerhalb des Gedankengangs. Ebenso erhöht die Wiederholung eines Zitatsegments in einem späteren Schreiben die Chance auf Erkennbarkeit und verweist auf die große Autorität der enthaltenen Aussage, wenn es sich lohnt, sie mehrfach anzuführen. Daher verzichtet Cicero bei allen Zitaten, die er bereits einmal zitiert hat, auf eine thematisierende Markierung und verwendet sie häufig als Begründung. Beispiele dafür findet man nur in den Briefen an Atticus.67 Besonders auffällig ist dabei ein Homerzitat, das in sechs verschiedenen Schreiben zu finden ist: αἰδέομαι Τρῶας καὶ Τρῳάδας ἑλκεσιπέπλους (ich fürchte die Troer und Troerinnen, die ihr Gewand nachschleppen) (Hom.Il. VI,442). Bei Homer erklärt Hektor mit diesen Worten seiner Frau, dass er gegen die Griechen kämpfen müsse, da er sonst von seinen Untertanen als feige angesehen werde. Cicero charakterisiert mithilfe derselben Worte in allen sechs Briefen seine Situation im Machtkampf zwischen Pompeius und Caesar, wobei er die Trojaner mit den Optimaten in Rom gleichsetzt. Er befürchtet negative Folgen für seine Beziehung zu eben dieser Gruppe, wenn er Rom verlässt (Att. II,5,1; VIII,16,2), wenn er sich Caesar anschließt (Att. VII,1,4; VII,12,3), wenn er dem Caesaranhänger Dolabella ein Werk widmet (Att. XIII,13,13–14,2), aber nicht, wenn er Varro ein Werk widmet (Att. XIII,24,1).68 „Es macht den Eindruck, Cicero habe über die Zeit aus dem Homer-Zitat sein eigenes geflügeltes Wort erschaffen, dass er […] nach Art eines Allgemeinplatzes für die Aussage ‚Furcht vor den Optimatenkreisen‘ gebraucht.“69 Die implizite Markierung in Form ei66 

Vgl. auch Att. IX,13,1; XII,5,1; XII,6a,1; XIII,11,1; XIV,14,1; Q.fr. II,14,5. Vgl. Att. II,5; VII,1,4; VII,12,3; VIII,16,2; XIII,13–14,2 und XIII,24,1; vgl. Att. IX,7,5; IX,18,3 und X,2,1; vgl. Att. VII,1,9 und X,12a,1; vgl. Att. XV,11,3 und XVI,6,2; vgl. Att. VI,1,23 und XVI,11,6; vgl. Att. XVI,6,1 und XVI,13,1. 68  Vgl. White 2010, 108; Behrendt 2013, 230–231.261–263. 69  Behrendt 2013, 262. 67 

44

2  Zitation in Ciceros Briefen

ner Wiederholung dient dabei nicht so sehr zur Kennzeichnung des Zitats als vielmehr zur Hervorhebung des allgemein gültigen Charakters der neu entstandenen Zitataussage.

2.2  Wortlaut der Zitate Ein wichtiges Element eines Zitats ist die wörtliche Übereinstimmung mit der Vorlage. Daher sind die von Cicero zitierten Passagen in der Forschung schon früh hinsichtlich ihres Wortlauts mit ihren Ursprungstexten verglichen worden. Dabei stieß man an einigen Stellen auf Unterschiede, die der Erklärung bedurften. Von besonderem Interesse war diesbezüglich die Frage, ob solche Abweichungen bewusst oder versehentlich entstanden seien.70 Es stellte sich heraus, dass es ganz unterschiedliche Formen von Modifikationen des Wortlauts gibt und in jedem Einzelfall entschieden werden muss, ob Abweichungen vom Wortlaut des Ursprungstextes intendiert sind oder nicht.71 Daher werden im folgenden Abschnitt zunächst zwei Typen des nicht-wörtlichen Zitierens unterschieden und an Beispielen erläutert. In einem zweiten Schritt wird dann der Blick auf eine Besonderheit der ciceronischen Zitierweise gelenkt, die eine spezielle Art des wörtlichen Zitierens darstellt. An mehreren Stellen führt Cicero nämlich nur den Anfang eines Zitatsegments an und erwartet vom Adressaten die eigenständige Ergänzung der vollständigen Sinneinheit. Dieses Vorgehen wird im Folgenden in Anlehnung an Anja Behrendt als „Anzitieren“ bezeichnet.72 Während der Vorgang des Anzitierens anhand der Länge des Zitatsegments auch bei Zitaten untersucht werden kann, deren Prätext nicht mehr erhalten ist, bereiten diese Fälle bei der Analyse der Modifikation des Wortlauts Schwierigkeiten. Wenn aufgrund fehlender Prätexte nicht alle Zitate überprüft werden können, ist es nicht möglich eine relative Häufigkeit der Zitate, die vom ursprünglichen Wortlaut abweichen, in Bezug auf die Gesamtmenge aller Referenzen zu bestimmen. Die Angaben beschränken sich deshalb im ersten Teil des Kapitels auf absolute Zahlen.

70 

Vgl. dazu die Ausführungen zum Forschungsstand auf S. 7–9. Daneben besteht immer auch die Möglichkeit, dass der abweichende Wortlaut nicht durch Cicero selbst verursacht, sondern auf seine Textvorlage zurückzuführen ist. Vgl. Büchner 1961, 380. Eine solche Annahme lässt sich aber nicht belegen, da Handschriften aus dieser Zeit fehlen. Daher wird im Folgenden nur zwischen zufälligen und bewussten Änderungen vom Wortlaut unterschieden. Abweichungen, die durch eine andere Textvorlage bedingt sein könnten, sind dabei in der ersten Gruppe inbegriffen. 72  Vgl. Behrendt 2013, 69–70. 71 

2.2  Wortlaut der Zitate

45

2.2.1  Abweichungen vom Wortlaut In absoluten Zahlen wurden 23 Fälle in den Briefen an Atticus, fünf Fälle in der Briefsammlung Ad familiares und zwei Fälle in den Briefen an Quintus ermittelt.73 Dabei reichen die Abweichungen von Auslassungen oder Veränderungen einzelner Wörter bis hin zur Auslassung oder Modifikation eines ganzen Verses. Trotz der Unterschiede im Umfang der Abweichung lassen sich die verschiedenen Formen in zwei Gruppen einteilen. Zum einen gibt es Fälle, in denen die Änderungen am Wortlaut versehentlich erfolgen, zum anderen gibt es Fälle, in denen die Modifikation oder Auslassung intendiert ist. Als Beispiel einer versehentlichen Abweichung kann das Zitat in fam. XII,25 angeführt werden. Am Ende dieses Schreibens an Quintus Cornificius aus dem Jahre 43 v. Chr. zitiert Cicero aus der Andria des Terenz. T hema des Briefes ist die Auseinandersetzung um die Statthalterschaft in der Provinz Africa vetus zwischen Cornificius und Calvisius, der laut Beschluss des Antonius das Amt übernehmen soll.74 Zugleich bietet fam. XII,25 Einblick in Ciceros eigenen Einsatz für die res publica in dieser Zeit.75 Im Anschluss an die Annahme einer Entschuldigung des Cornificius heißt es dort: Nunc hic dies aliam vitam adfert, alios mores postulat‘, ut ait Terentius. (‚Dieser Tag nun bringt ein anderes Leben, er fordert andere Sitten‘, wie Terenz sagt.) (fam. XII,25,5). Im Prätext lautet der Vers hingegen: Nunc hic dies aliam vitam defert, alios mores postulat. (Dieser Tag nun bringt ein anderes Leben, er fordert andere Sitten.) (Ter. Andr. 189). Cicero verwendet an dieser Stelle also ein anderes Kompositum des Verbs ferre (tragen, bringen) als Terenz. Der Bedeutungsunterschied der beiden Komposita ist allerdings so gering, dass eine bewusste Änderung unwahrscheinlich erscheint. Vermutlich handelt es sich daher um ein Versehen, das möglicherweise dadurch bedingt ist, dass Cicero aus der Erinnerung zitiert.76 Allerdings könnte die andere Verbform auch auf eine Textvorlage zurückgehen, die von der heute bekannten abweicht, und die richtige Lesart enthalten, da die Bedeutung des Verbs adferre (hinbringen) in dem vorliegenden Satzzusammenhang klarer verständlich ist.77 Solche Abweichungen vom ursprünglichen Wortlaut, die auf andere Textvorlagen oder Erinnerungsfehler zurückgeführt werden können, findet man noch an acht weiteren Textstellen.78 Es handelt sich dabei jeweils um kleinere Modifikationen an einzelnen Wörtern. Gerade der geringe Umfang der 73  Die Unterschiede in den Häufigkeiten entsprechen der Gesamtverteilung der Zitate in den verschiedenen Briefsammlungen. 120 Zitaten in den Briefen an Atticus stehen 40 Zitate in der Briefsammlung Ad familiares und 10 Zitate in den Briefen an Quintus gegenüber. 74  Vgl. Kasten 2004, 1001–1002. 75  Vgl. Behrendt 2013, 125. 76  Vgl. Willcock 1995, 107. 77  Vgl. Willcock 1995, 107. 78  Vgl. Att. II,11,2; VII,3,5; VII,6,2; VII,11,3; X,8,7; XII,5,1; XVI,6,1; Q.fr. III,5,4. Wahrscheinlich trifft dies auch auf das Sophokles-Zitat in Att. II,7,4 zu, dessen Wortlaut gering-

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2  Zitation in Ciceros Briefen

Änderung ohne Verschiebung des Sinns deutet hier darauf hin, dass die Abweichungen versehentlich erfolgt sind. Im Gegensatz dazu kann man an anderen Stellen bewusste Modifikationen ausmachen, die z. T. einen deutlich größeren Umfang einnehmen, z. B. die Platonbezüge in fam. I,9,12 und fam. I,9,18. In fam. I,9,12 heißt es: Erant praeterea haec animadvertenda in civitate, quae sunt apud Platonem nostrum scripta divinitus, ‚quales in re publica principes essent, talis reliquos solere esse civis‘. (Außerdem war im Staat das zu bedenken, was bei unserem Platon vortrefflich geschrieben steht, ‚wie im Staat die Führungspersonen sind, so sind gewöhnlich auch die übrigen Bürger‘.)

Da Cicero selbst auf Platon verweist, halten viele Kommentatoren den Ausspruch für eine lateinische Paraphrase aus Platons Nomoi 711c: μηδεὶς ἡμᾶς πειθέτω, ὧ φίλοι, ἄλλῃ θᾶττον καὶ ῥᾷον μεταπάλλειν ἄν ποτε πόλιν τοὺς νόμους ἢ τῇ τῶν δυναστεθόντων ἡγεμονίᾳ. (Keiner soll uns überzeugen, Freunde, dass auf eine andere Weise ein Staat jemals schneller und leichter die Gesetze umgestalten könnte als durch den Oberbefehl der Machthaber.). Allerdings weist Shackleton Bailey darauf hin, dass sich derselbe Gedanke auch bei Xenophon und Isocrates finde. Er meint, Ciceros Worte seien eine Übersetzung von Xenophons Cyro­ paedia ­VIII,8,5:79 ὁποῖοί τινες γὰρ ἄν οἱ προστάται ὦσι, τοιοῦτοι καὶ οἱ ὑπ αὐτοὺς ὡς ἐπὶ τὸ πολὺ γίγνονται. (Denn wie irgendwelche Vorsteher sind, so werden fast immer auch die unter ihnen.). Möglicherweise hat Cicero hier einen Fehler gemacht. Beim Vergleich der Zitate wird deutlich, dass Wortwahl und korrelative Satzstruktur bei Cicero dem Xenophon-Satz entsprechen, Cicero aber durch die Angabe apud Platonem (bei Platon) explizit auf Platon als Autor der Aussage hinweist. Selbst wenn Cicero sich nicht auf Xenophon bezieht, hat er Platon nicht direkt zitiert, sondern den Satz ins Lateinische übersetzt und zu einer allgemeinen Sentenz zusammengefasst.80 Hier lässt sich die bewusste Änderung des Wortlauts durch Cicero nicht leugnen. Anstatt von Zitat wird man an dieser Stelle wohl eher von einer Paraphrase sprechen müssen. fügig von den vollständig zitierten Versen bei Stobaios abweicht. Vgl. Shackleton Bailey 1965a, 367.   Papyrusfunde in Ägypten belegen das Vorkommen zahlreicher Anthologien, Lexika und Zusammenfassungen zu Homers Werken. Anzunehmen ist, dass auch zu anderen antiken Autoren solche Textformen vorgelegen haben, die beim Zitieren genutzt worden sind und deren Wortlaut stellenweise von den heute noch erhaltenen Handschriften abweicht. Vgl. Porter 2008, 112–115. 79  Vgl. Shackleton Bailey 1977a, 311. 80  Da es wie ein Sprichwort klingt, ist es auch möglich, dass der Fehler nicht auf Cicero zurückgeht, sondern sich bereits eingebürgert hat, d. h. der Ausspruch könnte zur Zeit Ciceros als Diktum Platons überliefert worden sein.

2.2  Wortlaut der Zitate

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Ein weiteres Mal greift Cicero in fam. I,9,18 auf Platon zurück: Id enim iubet idem ille Plato, quo ego vehementer auctore moveor, ‚tantum81 contendere in re publica, quantum probare tuis civibus possis; vim neque parenti nec patriae adferre oportere‘. (Denn dies befiehlt eben jener Platon, durch dessen Autorität ich stark beeinflusst werde, ‚dass man im Staat nur so weit kämpfen solle, wie man es vor seinen Bürgern rechtfertigen könne; Gewalt dürfe man weder gegen ein Elternteil noch gegen sein Vaterland anwenden‘.).

Es handelt sich wiederum um eine Übersetzung, die Platons Gedankengang sentenzartig zusammenfasst, jedoch dieses Mal aus Platons Kriton 51b–c82: … ποιητέον ἃ ἂν κελεύῃ ἡ πόλις καὶ ἡ πατρίς, ἢ πείθειν αὐτὴν ᾗ τὸ δίκαιον πέφυκε· βιάζεσθαι δ᾽ οὐχ ὅσιον οὔτε μητέρα οὔτε πατέρα, πολὺ δὲ τούτων ἔτι ἦττον τὴν πατρίδα. (… zu tun, was der Staat befiehlt und das Vaterland, oder es zu überzeugen, was eigentlich Recht sei; Gewalt anzuwenden aber gegen Mutter oder Vater, ist Frevel, noch viel mehr als gegen sie aber ist es Frevel, Gewalt anzuwenden gegen das Vaterland.). Direkt daran anschließend zitiert Cicero indirekt weiter Platon, markiert durch ille …ait (jener…sagt). Nun nimmt er Bezug auf einen Brief Platons.83 Da Cicero in fam. I,9 gleich mehrfach griechische Platonverse mit Herkunftsangabe in lateinischer Paraphrase wiedergibt, liegt die Vermutung nahe, dass der Adressat die philosophischen Werke Platons nicht näher kennt. Cicero passt also den Wortlaut der platonischen Gedanken in diesem Fall an die Bildungsvoraussetzungen des Adressaten an.84 Eine solch starke Veränderung des Wortlauts stellt allerdings die Ausnahme dar. Deutlich häufiger sind innerhalb dieser Gruppe intendierter Änderungen 81 Bei auctore moveor, tantum handelt es sich um eine Konjektur von Mendelssohn. In den Handschriften ist auctoremque ortatum, optarem te (h)ortatum und auctorem sequor tantum zu lesen. Vgl. Watt 1982, 42. Unabhängig davon, für welche Lesart man sich entscheidet, hebt der Relativsatz Ciceros Wertschätzung gegenüber Platon hervor. 82  Alternativ kann sich die Paraphrase auch auf eine Aussage im siebten Brief Platons beziehen. Vgl. McConnell 2014, 36. 83  Vgl. Shackleton Bailey 1977a, 313. 84  Armleder und Spahlinger weisen darauf hin, dass Cicero bei Bezug auf T hucydides und Platon häufig so verfährt. Vgl. Armleder 1959a, 39; Spahlinger 2005, 48. Ein solches Vorgehen entspricht zudem Ciceros Gepflogenheiten in seinen rhetorischen und philosophischen Schriften. Vgl. Jocelyn 1973, 65–111. Wie in seinen Schriften trägt Cicero in dem vorliegenden halb öffentlichen Schreiben dem zwiespältigen Verhältnis der Römer zur griechischen Kultur Rechnung, wenn er darin auf direkte Zitate in der Originalsprache verzichtet. Vgl. Rollinger 2015, 144–145. Damit passt er den Wortlaut nicht nur an die Bildungs­ voraussetzungen bzw. Bildungskonventionen des expliziten Adressaten an, sondern auch an die des durch ihn vertretenen Optimatenkreises.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

am Wortlaut zwei andere Formen: 1. die bewusste Modifikation einzelner Text­ elemente, 2. die bewusste Auslassung von Textelementen.85 Zu intendierten Veränderungen des Wortlauts kommt es entweder aus stilistischen oder aus inhaltlichen Gründen. 86 So fordert die Satzstruktur in fam. V,12,7 die Fortsetzung durch ein indirektes Zitat: Placet enim Hector ille mihi Naevianus, qui non tantum ‚laudari‘ se laetatur sed addit etiam ‚a laudato viro‘. (Mir gefällt nämlich jener naevianische Hektor, der sich nicht nur freut, ‚gelobt zu werden‘, sondern auch hinzufügt ‚von einem gelobten Mann‘.), und die direkte Anrede in Att. VII,1,2 bedingt die Änderung der Verbform87 im Zitatsegment von der 3. Ps. Sg. in die 2. Ps. Sg.: Videsne ut te auctore sim utrumque complexus [Pompeium et Caesarem] 88? Ac vellem a principio te audisse amicissime monentem; ‚ἀλλ᾽ ἐμὸν οὔποτε θυμὸν ἐνὶ στήθεσσιν ἔπειθες 89‘. Sed aliquando tamen persuasisti, ut alterum complecterer, quia de me erat optime meritus, alterum, quia tantum valebat. (Siehst du ein, dass ich durch deinen Rat mit beiden [Pompeius und Caesar] verbunden bin? Hätte ich doch von Anfang an auf deine freundschaftlichen Ermahnungen gehört; ‚aber nie konntest du mein Herz in der Brust überzeugen‘. Aber schließlich hast du mich doch überredet, dass ich mich dem einen anschließe, weil er sich besonders um mich verdient gemacht hat, und dem anderen, weil er so mächtig war.).

Auslassungen von einzelnen Wörtern, Versen oder Halbversen sind ebenfalls der jeweiligen Zitierabsicht geschuldet. Wenn Teile des Zitatsegments für das Verständnis im Brief nicht erforderlich oder sogar hinderlich sind, lässt Cicero sie weg,90 z. B. verzichtet er in Att. I,16,5 auf den Halbvers Hom.Il. XVI,112b (Ὀλύμπια δώματ᾽ἔχουσαι – olympische Höhen bewohnend) und kombiniert stattdessen den vorangehenden und den folgenden Halbvers miteinander: Ἕσπετε νῦν μοι, Μοῦσαι … ὅππως δὴ πρῶτον πῦρ ἔμπεσε.91 (Sagt mir nun an, Musen … wie nunmehr zuerst das Feuer fiel.), da Cicero den Fokus an dieser Stelle nicht auf die Herkunft der Musen, sondern auf deren Wissen um die Geschehnisse in Troja legt.

85 

Vgl. Behrendt 2013, 69–70. Vgl. fam. V,12,7; Att. VII,1,2; VII,1,6; VII,3,10; IX,13,4; XIV,13,2; XVI,13,2. Für eine ausführliche Darstellung eines Beispiels vgl. Behrendt 2013, 93–97. 87  Vgl. Shackleton Bailey 1968a, 278. 88  Zur Textkritik vgl. Shackleton Bailey 1987, 240. 89  Das in den Handschriften folgende πατρίδος ist von Schütz entfernt worden. Vgl. Shackleton Bailey 1987, 240. 90  Vgl. fam. III,7,6; Att. I,1,4; I,15,1; I,16,5; II,16,4; VII,1,4; IX,5,3; IX,15,4; X,1,1; XIV,13,1; Q.fr. III,7,2. Für eine ausführliche Darstellung eines Beispiels vgl. Behrendt 2013, 84–85. 91  Cicero kürzt hier den Originaltext, indem er zwei Versteile neu kombiniert. Er übernimmt jeweils den vorderen Teil der Verse 112 und 113. Vgl. Hom.Il. XVI,112–113. 86 

2.2  Wortlaut der Zitate

49

Beim Vergleich der absoluten Zahlen der unbewussten und bewussten Modifikationen des Wortlauts fällt auf, dass anders als von Zillinger und Armleder dargestellt die Fälle der intendierten Änderungen überwiegen.92 Während die Forschung früherer Jahre zahlreiche Veränderungen gegenüber dem originären Wortlaut Ciceros schlechtem Gedächtnis zuschrieb, so ist heute ein gegenteiliger Trend beobachtbar, nämlich solche Phänomene stets einem absichtsvollen Handeln des Autors zuzuschreiben.93

Trotzdem zeigen Beispiele wie fam. XII,25,5, dass Fehler ex memoria nicht ausgeschlossen sind.94 2.2.2  Eine ciceronische Besonderheit: Das Anzitieren Viele Zitate in den Briefen Ciceros brechen nach wenigen Worten ab. Anders als bei den oben beschriebenen Auslassungen scheinen in diesen Fällen aber die weggelassenen Worte für das Verständnis notwendig zu sein. Cicero erwartet also, dass der Adressat das Zitatsegment selbst fortsetzt. Bespiele hierfür findet man in einzelnen Briefen an Caelius Rufus, Lepta, Marius, Trebatius, Curius, Varro und Caesar95 sowie in mehreren Briefen an Quintus96 und in zahlreichen Briefen an Atticus.97 Der Umfang der anzitierten Passagen variiert dabei von einem Wort bis hin zu fünf Worten. Besonders beliebt ist der Abbruch nach zwei oder drei Worten, wie z. B. in fam. VII,1,2.98 In diesem Schreiben berichtet Cicero seinem Freund99 Marcus Marius auf dessen Wunsch hin von der Einweihung des 92  Dies trifft nicht nur auf die Zitation in den Briefen, sondern auch auf die Zitation in den philosophischen und rhetorischen Werken Ciceros zu, wobei das Vorgehen zeittypisch ist, wie Beispiele in der Rhetorica ad Herennium zeigen. Vgl. Hunter 2010, 55–56.164. 93  Behrendt 2013, 199. 94  Vgl. Spahlinger 2005, 192–193. 95  Vgl. fam. II,9,2; VI,18,5; VII,1,2; VII,16,1; VII,28,2; IX,7,1; XIII,15,2. 96  Vgl. Q.fr. I,2,1.13; II,9,2; III,7,1.2 97  Vgl. Att. I,12,1; I,15,1; II,13,2; II,25,1; IV,7,2; IV,7,3; IV,9,1; IV,15,7; V,10,3; V,11,5; V,12,1; VI,1,8.22; VI,8,5; VI,9,3; VII,8,4; VII,12,3; VII,13,4; VII,18; VIII,11,3; VIII,16,2; IX,6,6; IX,7,5; IX,13,1; IX,15,3; IX,18,3; X,2,1; X,5,2; XII,5,1; XIII,11,1; XIII,13–14,2; XIII,21a,1; XIII,24,1; XIV,10,1; XV,4,1; XV,7; XVI,5,5; XVI,6,1; XVI,11,1; XVI,13,1.  98  Vgl. auch fam. II,9,2; VII,16,1; VII,28,2; Att. I,12,1; I,15,1; II,13,2; II,25,1; IV,7,2; IV,9,1; V,10,3; V,11,5; V,12,1; VI,1,22; VI,8,5; VI,9,3; VII,8,4; VII,12,3; VII,12,3; VII,13,4; VII,18; VIII,11,3; VIII,16,2; IX,7,5; IX,15,3; XII,5,1; XIII,11,1; XIII,13–14,2; XIII,21a,1; XIII,24,1; XIV,10,1; XV,4,1; XVI,5,5; XVI,6,1; XVI,11,1; XVI,13,1; Q.fr. I,2,13; II,9,2; III,7,1.  99  Ciceros Offenheit bezüglich seiner persönlichen Empfindungen und Einstellungen in den Briefen an Marius belegen, dass es sich dabei nicht um eine rein politische Freundschaft, sondern um eine engere persönliche Beziehung gehandelt haben muss. Vgl. fam. VII,1,4–5; VII,2,2–3; VII,3,2–5. Cicero legt zudem besonderen Wert auf persönliche Treffen mit Marius. Vgl. fam. VII,1,5–6; VII,2,4; VII,3,6; VII,4. Diese Zuneigung ist aber keineswegs einseitig gewesen. Denn auch Marius hat sich um das Wohlergehen seines Freundes gesorgt. Vgl. fam. VII,3,1.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

Pompeius-T heaters.100 Dabei äußert er seine Kritik an den damit einhergehenden Aufführungen, u. a. kritisiert er das Auftreten der Schauspieler: Nam primum honoris causa in scaenam redierant ii, quos ego honoris causa de scaena decesse arbitrabar. Deliciae vero tuae, noster Aesopus, eius modi fuit, ut ei desinere per omnis homines liceret. Is iurare cum coepisset, vox eum defecit in illo loco: ‚si sciens fallo …‘. (Denn zuerst waren die ehrenhalber auf die Bühne zurückgekehrt, die, wie ich glaubte, die Bühne ehrenhalber verlassen hatten. Dein Liebling aber, unser Aesop, war so, dass es ihm von allen Menschen erlaubt worden wäre aufzuhören. Als er nämlich zu schwören begann, versagte ihm die Stimme an der Stelle ‚Wenn ich wissend täusche …‘.)

(fam. VII,1,2).

Zu Beginn der Spiele seien ältere Schauspieler aufgetreten, die besser nicht noch einmal auf die Bühne zurückgekehrt wären. Als Beispiel führt Cicero den von Marius sehr geschätzten Aesop an. Dessen Darstellungsleistung sei so schlecht gewesen, dass niemand seinen Rücktritt bedauert habe. Als Beleg für seine negative Beurteilung nennt Cicero das Versagen der Stimme des Schauspielers an einer gewichtigen Textstelle, die er auch zitiert: si sciens fallo. Auffällig daran ist, dass das Zitatsegment nur aus einem Nebensatz besteht. Nach drei Worten bricht es plötzlich ab. Den Hauptsatz bleibt uns Cicero schuldig. Der Sinn des Verses muss selbstständig ergänzt werden. Dies bereitet heutigen Lesern allerdings Schwierigkeiten, da der Vers nicht eindeutig zugeordnet werden kann. Man vermutet, dass es sich um einen Vers aus der Tragödie Equus Troianus des Naevius handelt, weil deren Aufführung kurz darauf erwähnt wird (vgl. fam. VII,1,2) und die beschriebene Situation zu der des Griechen Sinon passt, der die Trojaner dazu überredet, das hölzerne Pferd in die Stadt zu bringen und sie so wissentlich täuscht.101 Für den realen Leser scheint es dagegen kein Problem gewesen zu sein, den Ursprungkontext des anzitierten Verses zu erschließen und den Gedankengang fortzusetzen. Denn nach Ciceros Ansicht bedarf es weder Autoren- bzw. Figurenangabe noch einer vollständig zitierten Sinneinheit. Dass der Adressat Marius dazu in der Lage gewesen ist, ist anzunehmen, da wahrscheinlich ein T heaterstück angesprochen wird, das noch aufgeführt wird, und Marius sich laut Cicero gerne der Lektüre literarischer Werke gewidmet hat (vgl. fam. VII,1,1).

100  Die Beschreibung der Ereignisse in diesem T heater ist so detailliert und auf die Interessen des Marius bezogen, dass man den Eindruck gewinnt, Cicero wolle ihn selbst am Geschehen als Zuschauer teilnehmen lassen. Vgl. Morello 2013, 206–207. 101  Vgl. Kasten 2004, 969; Spahlinger 2005, 228. Andere meinen dagegen, dass es sich nicht um einen Vers aus einem T heaterstück, sondern um einen Schwur der Schauspieler vor der Aufführung handele. Vgl. Shackleton Bailey 1977a, 325.

2.3  Kontextualisierung der Zitate

51

Voraussetzung für das bloße Anzitieren eines Verses ist folglich ein kompetenter Leser.102 Dass Cicero die Kenntnis bestimmter literarischer Werke und die Fähigkeit, dieses Wissen an der gewünschten Stelle zu aktualisieren, bei seinen Adressaten für gegeben hält, belegen einige Bemerkungen, die unvollständige Zitatsegmente abschließen, wie in fam. VI,18,5. Dieses Schreiben an Ciceros ehemaligen Präfekten und Freund Quintus Lepta103 aus dem Jahre 45 v. Chr. endet mit einem Hesiodvers: Lepta suavissimus ediscat Hesiodum et habeat in ore ‚τῆς δ’ ἀρετῆς ἰδρῶτα‘ et cetera. (Dein sehr angenehmer Lepta soll Hesiod auswendig lernen und den Spruch auf den Lippen haben ‚der Tüchtigkeit Schweiß aber‘ usw.) (fam. VI,18,5). Im Anschluss an die Aufforderung, den Sohn Hesiod studieren zu lassen, folgen die ersten vier Worte eines Verses von eben diesem Dichter. Danach bricht das Zitatsegment ab und wird durch die lateinische Formulierung et cetera (usw.) fortgesetzt. Wörtlich übersetzt bedeutet dies „und die übrigen Dinge“, was eine Kenntnis der Fortsetzung evoziert. Der lateinische Zusatz et cetera (usw.) bringt also an dieser Stelle das zum Ausdruck, was beim vorangestellten Beispiel bereits angenommen wurde: Cicero geht beim Anzitieren davon aus, dass der Adressat die vollständige Sinneinheit selbstständig ergänzen kann. Noch deutlicher wird dies in fam. VII,28,2, wo Cicero nach dem Anzitieren eines Verses von Accius die Erklärung nosti cetera (du kennst ja den Rest) hinzufügt.

2.3  Kontextualisierung der Zitate Neben dem neuen Kontext, in dem es nun steht, hat jedes Zitat einen ursprünglichen Kontext, aus dem es entnommen wurde. Inwiefern Cicero bei der Neukontextualisierung der Zitatsegmente innerhalb seiner Briefe den Kontext des Prätextes berücksichtigt, soll in diesem Kapitel dargestellt werden. Dazu wird das Verhältnis von Prätext und Folgetext auf unterschiedliche Weise betrachtet. Zunächst wird untersucht, ob die Zitation in Übereinstimmung oder im Kontrast mit der ursprünglichen Aussage erfolgt. Dann wird der Umfang der Bezugnahme in den Blick genommen. Ruft Cicero beim Zitieren spezielle Aspekte des Prätextkontextes ins Gedächtnis oder ist ihm lediglich an der allgemeinen Aussage des Zitatsegments gelegen? Schließlich soll das Rezitat als Beispiel für eine Form der doppelten Kontextualisierung in den Blick genommen werden. Bei allen drei Fragestellungen ist das Untersuchungsmaterial begrenzt, da nur von etwa der Hälfte der Zitatsegmente der Ursprungskontext noch erhalten ist. Wiederum beschränken sich daher die Häufigkeitsangaben auf absolute Zahlen.

102  103 

Vgl. Behrendt 2013, 197–198. Vgl. Kasten 2004, 968; Shackleton Bailey 1977b, 383.

52

2  Zitation in Ciceros Briefen

2.3.1  Berücksichtigung des Prätextkontextes: Übereinstimmung oder Kontrast? Beim Kontextvergleich fällt auf, dass Cicero nur in wenigen Fällen von der Aussage des Prätextes abweicht.104 Die Abweichungen reichen dabei vom Übergehen entscheidender Aspekte des Prätextes105 bis hin zur Umkehrung der ursprünglichen Aussage.106 Am häufigsten sind jedoch inhaltliche Verschiebungen bei der Übertragung der Ausgangssituation auf eine neue Situation im Briefkontext wie in fam. XII,25,5 zu beobachten.107 Am Ende von fam. XII,25,5 zitiert Cicero aus der Andria des Terenz. Der Brief aus dem Jahre 43 v. Chr. ist an Quintus Cornificius adressiert und thematisiert v. a. Ciceros positiven Einsatz für den Adressaten und den Staat. In Auseinandersetzung mit einer Entschuldigung des Cornificius,108 der für sein Verhalten zeitliche Umstände geltend machen möchte, erläutert Cicero im zweiten Teil des Briefes, wie er selbst im caecum tempus servitutis (in der dunklen Zeit der Knechtschaft) gehandelt habe.109 Anschließend zitiert er einen Vers von Terenz mit thematisierender Markierung: ‚Nunc hic dies aliam vitam adfert, alios mores postulat‘, ut ait Terentius. (‚Dieser Tag nun bringt ein anderes Leben, er fordert andere Sitten‘, wie Terenz sagt.) (fam. XII,25,5). Es handelt sich dabei mit einer kleinen Ausnahme (im Original heißt es defert anstelle von adfert) um den Wortlaut von Vers 189 der Andria. Im Prätext versucht der alte Athener Simo im Gespräch mit seinem Sklaven Davos etwas über eine eventuelle Liebesbeziehung seines Sohnes Pamphilus in Erfahrung zu bringen. Er spricht allerdings sein Anliegen nicht direkt an, sondern nutzt dazu eine etwas umständliche Erklärung, deren Bestandteil auch das Zitatsegment ist. Ausgehend von einem Gerücht über eine mögliche Liebschaft seines Sohnes behauptet er zunächst, dass ihn frühere Liebesverhältnisse seines Sohnes nicht interessieren und auch nichts angehen, da sie ein Produkt zeitlicher Umstände gewesen seien. Nun aber sei eine andere Form der Lebensführung gefordert, weil der Sohn heiraten solle. Daher wolle er seinen Sohn ab jetzt aktiv zur Rückkehr auf den rechten Weg bewegen. Auf diese Weise versucht Simo seinem Sklaven Informationen zu entlocken, der Sklave spielt aber den Unwissenden und verrät nichts.110 104  Vgl. fam. VII,10,4; XII,25,5; Att. II,16,4; II,19,1; IV,7,2; VII,3,5; XII,6a,1; XIII,12,3; XIV,10,1. 105  Vgl. Att. II,16,4; XIII,12,3. 106  Vgl. Att. IV,7,2; VII,3,5. 107  Vgl. fam. VII,10,4; XII,25,5; Att. II,19,1; XII,6a,1; XIV,10,1. 108  Die Entschuldigung bezieht sich auf ein Verhalten hinsichtlich eines Sempronius. Aus der Korrespondenz ist nicht ersichtlich, was genau vorgefallen ist. Vgl. Shackleton ­Bailey 1977b, 514. 109  Laut Behrendt handelt es sich dabei um eine epische Einlage, da Cicero sich bei seiner Darstellung sowohl an Odysseus’ Rede vor den Phäaken als auch an Hercules’ Kampf mit Cacus anlehne .Vgl. Behrendt 2013, 127–132. 110  Vgl. Ter.Andr. 184–194.

2.3  Kontextualisierung der Zitate

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Wie Simo zieht auch Cicero aus dem Zitatsegment eine Schlussfolgerung. Er fordert Cornificius zur Unterstützung seines politischen Kurses auf: Quam ob rem, mi Quinte, conscende nobiscum et quidem ad puppim … (Deshalb, mein Quintus, steig mit mir ein und zwar aufs Achterdeck …) (fam. XII,25,5). Wenn man genauer hinsieht, bemerkt man sogar weitere strukturelle Übereinstimmungen in der Argumentation der beiden. Simo kommt nach den beiden Prämissen, die Vergangenheit interessiere ihn nicht und der Lebenswandel seines Sohnes müsse sich nun ändern, zu dem Schluss, dass er selbst ihn dazu veranlassen müsse. Ebenso schätzt Cicero die Vergangenheit gering, wenn er Cornificius’ Entschuldigung seines Verhaltens aufgrund der zeitlichen Umstände akzeptiert, nimmt durch das Zitat Simos zweite Prämisse auf und endet mit einer conclusio.111 Aber worin besteht dann die kontextuelle Verschiebung? Die Antwort liegt in der vorangehenden Briefpassage verborgen. Während Simo das frühere Verhalten seines Sohnes mit dem Zwang der zeitlichen Umstände begründet, lässt Cicero diese Begründung des Cornificius nur scheinbar durchgehen. Er nimmt zwar die Entschuldigung an, schildert aber, wie er selbst in dieser schwierigen Zeit im Sinne der res publica gehandelt habe. Somit widerlegt er anhand seines eigenen positiven Beispiels die Annahme, dass zeitliche Umstände zu falschem Handeln zwingen. Er übt also indirekt Kritik an der Begründung des Cornificius für seine Entschuldigung, wobei er mithilfe des Zitats auf den kritischen Unterton aufmerksam macht. Erst der genaue Kontextvergleich offenbart die inhaltliche Akzentverschiebung und die damit verbundene Kritik.112 Damit Cornificius die versteckte Kritik wahrnehmen kann, ist eine Kenntnis des Zitatkontextes erforderlich. Als Hilfestellung fügt Cicero den Namen des Autors hinzu und wählt ein geläufiges Werk aus. Denn die Andria des Terenz wird zu Lebzeiten Ciceros in der Schule behandelt und auf der Bühne aufgeführt.113 Cicero selbst zitiert häufig aus diesem Werk, das zu seinen Lieblingsstücken zählt.114 Cornificius wiederum wird von Cicero in anderen Briefen als klug und gelehrt bezeichnet.115 Man kann also davon ausgehen, dass der Kontext des Primärtextes dem gebildeten Adressaten geläufig ist und Ciceros Kritik auch angekommen ist. Zum Ausgleich dieser Kritik hebt Cicero im Rahmenteil des Briefes ihre freundschaftliche Beziehung hervor. So wie er sich für Cornificius’ Angelegenheit eingesetzt habe, solle sich nun auch dieser zusammen mit ihm für den Staat ein­setzen.116 111 

Vgl. Behrendt 2013, 134–136. Vgl. Behrendt 2013, 136–139. 113  Vgl. Albrecht 2012, 197–198; Zimmermann 1997b, 693. 114  Vgl. Zillinger 1911, 39–40. 115  Vgl. fam. XII,17,2; XII,18. 116  Dass Cicero am Erhalt ihrer Freundschaft gelegen ist, zeigen seine anderen Briefe an 112 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

Das Beispiel zeigt, dass Cicero Abweichungen vom Kontext des Prätextes bewusst zu argumentativen Zwecken einsetzt. Besonders ergiebig scheinen diesbezüglich die Komödien des Terenz gewesen zu sein, da Cicero in vier von neun Fällen von kontextuellen Verschiebungen auf diesen Autor zurückgreift. Vermutlich bietet gerade die Vielschichtigkeit der Figuren und Handlungsstränge innerhalb der terenzischen T heaterstücke zahlreiche Anknüpfungspunkte für ein solches Spiel mit dem Kontext. Ebenso offenbart das Beispiel, dass das Erkennen einer intentionalen Kontextverschiebung einen sehr kompetenten Leser voraussetzt. Dementsprechend selten sind diese Fälle. Sie kommen fast nur in den Briefen an Atticus vor. Der Großteil der Zitationen in Ciceros Briefen erfolgt hingegen in Übereinstimmung mit dem ursprünglichen Kontext, z. B. in fam. III,7,6. Der Brief richtet sich an Appius Claudius Pulcher, dessen Nachfolgerschaft in der Provinzverwaltung Cicero 51 v. Chr. antritt. Obwohl Cicero sich einige Jahre zuvor mit ihm auf Veranlassung des Pompeius ausgesöhnt hat, ist ihr Verhältnis angespannt.117 Trotz zahlreicher Bemühungen Ciceros um den politischen Freund118 ist dieser unzufrieden mit Ciceros Provinzverwaltung. In fam. III,7 rechtfertigt sich Cicero nun gegenüber dessen Vorwürfen und hinterfragt dessen Interesse an ihrer freundschaftlichen Beziehung. Nach der Zurückweisung der ersten Beschwerde über die Verzögerung eines Bauprojekts (fam. III,7,2–3) weist Cicero die zweite Anschuldigung, Cicero habe es bei der Übergabe der Provinzver­ waltung am nötigen Respekt fehlen lassen, mithilfe von Ironie zurück (fam. III,7,4–5).119 Schließlich enthebt er Appius Claudius sogar seiner Freundschaftspflichten (libero te ista cura – ich befreie dich von dieser Fürsorge), wobei er als Erklärung Hom.Il. I,174b–175 anführt: πάρ᾽ ἔμοιγε καὶ ἄλλοι οἵ κέ με τιμήσουσι, μάλιστα δὲ μητίετα Ζεύς (an meiner Seite sind noch andere, die mich wohl ehren werden, ganz besonders Berater Zeus)120 (fam. III,7,6). Cornificius aus dem Jahre 43 v. Chr., in denen er ihm mehrfach seine Verbundenheit zusichert. Vgl. fam. XII,24.25a.28. 117  Vgl. Behrendt 2013, 140. 118  Vgl. Schneider 1998, 383.392–393; Wilcox 2012, 26–28. Dies ist vor allem an den Briefen erkennbar, die vor dem Antritt seiner Statthalterschaft und an deren Ende verfasst worden sind. Dort sichert Cicero mehrfach Appius Claudius seine uneingeschränkte Verbundenheit und Unterstützung zu. Vgl. fam. III,1–5.9–13. Er selbst erklärt sogar in fam. III,12,4, dass er sich stets bemüht habe, den Anschein einer Scheinversöhnung zu vermeiden. Für eine ausführliche Darstellung der Entwicklung ihrer Beziehung vgl. Oppermann 2000, 248–252. 119  Für eine ausführliche Darstellung der Gliederung und der Argumentationsstruktur vgl. Schuricht 1994, 77–85. 120  Kasten und Shackleton Bailey gehen davon aus, dass Cicero mit „Zeus“ auf Pompeius anspielt. Vgl. Kasten 2004, 955; Shackleton Bailey 1977, 373. Laut Stahlenbrecher ist dies jedoch eher unwahrscheinlich, da Cicero eine Gott-Mensch-Identifikation bei Homerzitaten vermeidet und zur Abfassungszeit des Briefes das Verhalten des Pompeius nicht Ciceros Erwartungen entsprochen hat. Vgl. Stahlenbrecher 1957, 124–125. Daher liegt die Vermutung

2.3  Kontextualisierung der Zitate

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Die Worte entstammen einer Rede des Agamemnon, der damit auf Achills Rücktritt aus dem Heer reagiert. Vorausgegangen ist dem Folgendes: Als die Pest im griechischen Heer um sich griff, wurde ein Seher befragt, warum Apollo zürne. Dieser erklärte, Agamemnon solle zur Besänftigung des Apollon sein Ehrgeschenk, die Tochter eines Apollon-Priesters, zurückgeben. Agamemnon war dazu nur widerwillig bereit und forderte als Entschädigung Achills Ehrgeschenk. Darüber geriet Achill so in Zorn, dass er das Heer verließ. Agamemnon erklärte daraufhin, wie verhasst ihm Achill sei und wie wenig ihn dessen Schicksal kümmere.121 Beim Vergleich der unmittelbaren Kontexte des Prätextes und des Folgetextes fallen mehrere Parallelen auf. Wie Agamemnon Achills Kampfleistungen gering schätzt, da sie kein eigener Verdienst, sondern Gottesgeschenke seien (vgl. Hom.Il. I,178), so erklärt auch Cicero kurz vor der Zitation, dass wahre Nobilität von eigener virtus abhängig sei (vgl. fam. III,7,5). Wie Achill Streit und Krieg liebe (vgl. Hom.Il. I,177), so ist Appius Claudius laut Cicero von Natur aus φιλαίτιος (streitsüchtig) (fam. III,7,6). Wie Agamemnon sich nicht mehr um Achills Schicksal kümmere und allein gewinnen wolle (vgl. Hom.Il. I,180), so sei auch Cicero gleichgültig, wie Appius Claudius auf seinen Brief reagieren werde und spreche daher offen mit ihm (vgl. fam. III,7,6).122 Cicero berücksichtigt also zahlreiche Elemente des ursprünglichen Kontextes. Mithilfe des griechischen Wortes φιλαίτιος (streitsüchtig), das im Anschluss an das Zitat auftaucht und wörtlich Bezug auf den Kontext des Prätextes nimmt, lädt er zusätzlich den Adressaten zum Einbezug des Ursprungskontextes ein. Denn erst dadurch offenbart sich die eigentliche Funktion des Zitats. Cicero stellt hier seinem aufrichtigen Bemühen um die Freundschaft das feindselige und streitsüchtige Verhalten des Appius Claudius entgegen. Mithilfe des Zitats weist er darauf hin, dass ihr eigenes Verhalten auch Einfluss auf weitere Beziehungen habe. Appius soll erkennen, daß er sich mit seinem Verhalten selbst disqualifiziert und isoliert, während Cicero durch sein konstantes Verhalten seine Zuverlässigkeit in formalen Freundschaftsbeziehungen beweist und damit das Lob und die Gunst anderer Freunde gewinnt, die noch mächtiger und für ihn wichtiger sind als Appius.123

nahe, dass Cicero an dieser Stelle nicht eine konkrete Person vor Augen hat, sondern sich allgemein auf Freundschaftsbeziehungen zu anderen mächtigen Römern bezieht. 121  Vgl. Hom.Il. I,43–187. 122  Vgl. Behrendt 2013, 146–147. 123  Schuricht 1994, 84–85. Schneider deutet das Zitat anders. Er meint, dass sich Cicero in Anlehnung an sein Werk De re publica an dieser Stelle auf eine Verpflichtung gegenüber der Gesamtordnung des Kosmos beziehe. Der Einzelne sei nicht mehr der römischen Werteordnung, sondern einer höheren Ordnung verpflichtet. Eine solche Interpretation berücksichtigt aber nicht den Kontext des Prätextes und setzt sehr genaue philosophische Kenntnisse beim Adressaten voraus. Vgl. Schneider 1998, 393–395.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

Zugleich kritisiert Cicero durch die Gleichsetzung von Appius Claudius mit Achill dessen Hochmut. Beide seien streitsüchtig und beanspruchen Ehrbezeugungen, die ihnen nicht zustehen, da ihnen wirkliche virtus fehle.124 Das Zitat bietet Cicero folglich die Möglichkeit, den Adressaten auf die Folgen seines Fehlverhaltens hinzuweisen und seinem Ärger über dessen Hochmut Ausdruck zu verleihen.125 Da Appius Claudius Mitglied einer bekannten römischen Adelsfamilie ist, kann er sich den Kontext des Homerverses, dessen Werke zum Schulkanon der römischen Elite gehören,126 erschließen und so auch die Parallelen sowie die damit verbundene Kritik entdecken. Auch wenn ein entsprechendes Antwortschreiben nicht erhalten ist, deutet zumindest eine Bemerkung in fam. III,11,5 darauf hin, dass die Kritik angekommen ist. Dort heißt es nämlich, dass Appius Claudius den Brief als ziemlich empörend (stomachosior) empfunden habe. Insgesamt überwiegen die Fälle, in denen Cicero in Übereinstimmung mit dem Kontext des Prätextes zitiert. Kommt es doch einmal zu einem kontrastierenden Rückgriff auf den Ursprungskontext, erfordert dies dennoch eine Kenntnis des Prätextes, da gerade die Abweichungen zur Verstärkung der Aussageabsicht genutzt werden (vgl. fam. XII,25,5). Genauso verhält es sich aber auch mit den Zitaten, bei denen zahlreiche Elemente des ursprünglichen Kontextes übernommen werden. Hier dienen Parallelen zur Vermittlung der Argumentation (vgl. fam. III,7,6). Ganz unabhängig davon, ob die Neukontextualisierung in Übereinstimmung oder im Kontrast mit dem ursprünglichen Kontext erfolgt, wird sie also von Cicero funktional eingesetzt und fordert den Adressaten zur Aktivierung seines Hintergrundwissens auf. Wie breit dieses sein muss, ist wiederum durch den Umfang der Bezugnahme bedingt. 2.3.2  Umfang der Bezugnahme: Rekurs auf spezielle oder allgemeine Aspekte? Nur wenige Zitate weisen eine so genaue Entsprechung zum Ursprungskontext auf wie in fam. III,7,6.127 In den meisten Fällen nimmt Cicero auf spezielle Aspekte des Prätextes Bezug oder übernimmt eine allgemeine Aussage aus seiner Quelle. Eine Kombination beider Formen findet man in fam. XIII,15,1 vor. Das bereits erwähnte Schreiben an Gaius Iulius Caesar aus dem Jahre 45 v. Chr. besteht aus einem Rahmenteil, in dem Cicero den jungen Precilius empfiehlt, und 124 

Vgl. Behrendt 2013, 146–147. Zugleich mildert das Zitat die darin enthaltene Kritik ein wenig ab, indem es die gemeinsame intellektuelle Herkunft betont und Appius Claudius die Rolle des Helden Achill zuweist. Vgl. Rollinger 2015, 140–142. 126  Vgl. Bernard 1997, 333. 127  Vgl. auch Att. II,13,2; VII,8,4; VII,11,1; XIII,34. 125 

2.3  Kontextualisierung der Zitate

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einem Hauptteil, in dem Cicero sein bisheriges Verhalten gegenüber Caesar rechtfertigt. Am Übergang der beiden Teile zitiert Cicero einen Homervers: Em hic ille est de illis, maxime qui inridere atque obiurgare me solitus est, quod me non tecum, praesertim cum abs te honorificentissime invitarer, coniungerem; ‚ἀλλ᾽ ἐμὸν οὔ ποτε θυμὸν ἐνὶ στήθεσσιν ἔπειθεν‘. (Siehe er [gemeint ist der Vater des Precilius] ist derjenige von ihnen, der mich am meisten zu verspotten und zu tadeln pflegte, dass ich mich dir nicht angeschlossen habe, obwohl ich von dir überaus ehrerbietig dazu eingeladen worden sei; ‚aber nie konnte er mein Herz in der Brust überzeugen‘.) (fam. XIII,15,1).

Cicero verknüpft hier ein Lob für den Vater des Precilius mit einer Erklärung für seinen Entschluss, sich Caesar nicht anzuschließen. Seine Ablehnung gibt er dabei mit Homers Worten wieder. Der zitierte Vers stammt entweder aus dem siebten oder aus dem neunten Buch der Odyssee. An beiden Stellen erläutert Odysseus den Phäaken bzw. deren Königspaar seine Sehnsucht nach der Heimat. Um sie wiederzusehen, habe er sogar Angebote von Göttinnen ausgeschlagen. Zum einen habe ihm Kalypso Unsterblichkeit und ewige Jugend versprochen, wenn er bei ihr bliebe (Hom.Od. VII, 255–260). Zum anderen sei ihm neben der Heirat mit der Göttin Kalypso auch die Vermählung mit der Göttin Kirke in Aussicht gestellt worden (Hom.Od. IX,29–36). Beide Textstellen berichten davon, dass Überzeugungsversuche fehlgeschlagen seien, wie es auch auf die im Brief geschilderte Situation zwischen Precilius und Cicero zutrifft. Auf den ersten Blick scheint Cicero also auf diese allgemeine Aussage anzuspielen. Allerdings deuten die Bekanntheit der Homerszenen und die Verwendung des Verbs coniungere (verbinden) im unmittelbaren Umfeld des Zitas eher darauf hin, dass Cicero nur auf eine der beiden Textstellen und dort auf einen speziellen Aspekt anspielt. Da Homers Verse in der römischen Antike auswendig gelernt wurden, ist anzunehmen, dass deren kontextuelle Details bekannt sind und beim Lesen der Verse aktualisiert werden. Zur Lenkung der Rezeption verwendet Cicero hier das Verb coniungere, das sowohl im Sinne eines politischen Bündnisses als auch in der Bedeutung einer ehelichen Verbindung vorkommt und damit an dieser Stelle darauf hinweist, dass hier das Nicht-Anschließen an Caesar mit dem Ausschlagen der Heirat mit einer Göttin im neunten Buch der Odyssee verglichen wird.128 Cicero stellt dadurch Distanz zwischen der eigentlichen Aussage und seiner Person her und schmeichelt dem Adressaten, indem er ihn mit den Göttinnen gleichsetzt.129

128  129 

Vgl. Behrendt 2013, 186–187. Vgl. Shackleton Bailey 1977b, 458; Behrendt 2013, 187.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

In ähnlicher Weise versucht Cicero auch beim nun folgenden Zitat die Aufmerksamkeit des Lesers auf einen speziellen Aspekt des Prätextes zu lenken: Audiebam enim nostros proceres clamitantis: ‚ἄλκιμος ἔσσ᾽, ἵνα τίς σε καὶ ὀψιγόνων ἐὺ εἴπῃ‘ (Ich hörte nämlich, unsere Vornehmen ausrufen: ‚Sei stark, damit dich auch Nachkommen loben‘.) (fam. XIII,15,1). Als Begründung für seine Entscheidung führt Cicero eine Forderung einiger älterer Adeliger130 an, deren Wortlaut wiederum einem Homervers entspricht, der an zwei Stellen der Odyssee vorkommt, einerseits in einer Rede der Athene (Hom.Od. I,302), andererseits in einer Rede des Nestors (Hom.Od. III,200). In beiden Fällen erteilen die Redner Odysseus’ Sohn Telemachos den Rat, wie Orestes die Ordnung im Reich seines Vaters selbst wiederherzustellen.131 Auf welchen Redner Cicero sich bezieht, deutet die Sprecherangabe proceres an. Gemeint sind damit nämlich altehrwürdige Männer des Senatorenstandes, denen wohl eher die Person des Nestors als die der Athene entspricht.132 Cicero bezieht sich also auf die besondere Situation des Prätextes, dass ein älterer, angesehener Mann einem Jüngeren einen Rat erteilt. Anders verhält es sich im Gegensatz dazu mit dem Zitat, das direkt an das gerade besprochene anschließt: ὣς φάτο, τὸν δ᾽ ἄχεος νεφέλη ἐκάλυψε μέλαινα. (Als er sprach, hüllte ihn die dunkle Wolke der Betrübnis ein.). Noch einmal greift Cicero auf Homers Worte anstatt auf seine eigenen zurück. Dieses Mal beschreibt er die negativen Folgen seines Entschlusses, auf den Rat anderer zu hören, mit einem Vers des Dichters, der sich gleich an drei Stellen in dessen Werken findet: Il. 17,591; Il. 18,22 und Od. 24,315. Im Buch 17 der Ilias will Apollon Hektor im Kampf um Patroklos’ Leichnam gegen Menelaos aufhetzen und erzählt ihm daher, dass dieser seinen Gefährten Podes im Kampf getötet habe.133 Im Buch 18 der Ilias berichtet Antilochos Achill unter Tränen vom Tod des Freundes Patroklos.134 Im Buch 24 der Odyssee gibt sich Odysseus als Fremder aus und behauptet seinem Vater Laertes gegenüber, dass er den vermissten Sohn schon lange Zeit nicht mehr gesehen habe.135 In allen drei Fällen lösen die Nachrichten Kummer auf Seiten der Empfänger aus, wie der zitierte Vers zeigt. Cicero gibt an dieser Stelle keinen Hinweis, auf welche der drei Textstellen er sich bezieht.136 Stattdessen übernimmt er die allgemeine Aussage des Verses, 130  Cicero bezeichnet die genannten Personen als nostros proceres. Um wen genau es sich handelt, verschweigt er. Wahrscheinlich sind damit sture Optimaten wie Cato gemeint. Vgl. Shackleton Bailey 1977b, 458; Kasten 2004, 1003. 131  Vgl. Hom.Od. I,293–305; Hom.Od. III,193–200. 132  Vgl. Behrendt 2013, 188. 133  Vgl. Hom.Il. XVII,585–590. 134  Vgl. Hom.Il. XVIII,15–21. 135  Vgl. Hom.Od. XXIV,302–314. 136  Allerdings bezieht er sich vermutlich nicht auf Hom.Il. XVII,591, wo anstelle von Trauer eher Wut hervorgerufen wird und im Gegensatz zu den anderen beiden Textstellen

2.3  Kontextualisierung der Zitate

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dass bestimmte Botschaften den Empfängern Leid zufügen können, und überträgt sie auf seine eigene Situation.137 Eine solche Reduktion auf das allgemeine Moment eines Dichterwortes trifft man auch in fam. VI,18,5 an. In dem Brief fam. VI,18 an Quintus Lepta wird ein Vers aus Hesiods Lehrgedicht Werke und Tage anzitiert, der sich ursprünglich auf die Feldarbeit bezieht: τῆς δ’ ἀρετῆς ἰδρῶτα θεοὶ προπάροιθεν ἔθηκαν ἀθάνατοι (vor den Erfolg haben die unsterblichen Götter den Schweiß gesetzt).138 Cicero fordert mit diesem Vers zum Hesiodstudium auf, das seiner Ansicht nach Fleiß erfordert und Erfolg bringt. Der Kontext der Landarbeit wird dabei ausgeklammert, sodass der Vers wie eine allgemein gültige Lebensweisheit klingt.139 Zudem erweckt der Vers durch das Anzitieren mit lateinischer Fortsetzung et cetera (usw.) den Eindruck eines locus communis.140 Gerade der zuletzt beschriebene Fall belegt, dass Zitate, die allgemeine Aspekte des Prätextes hervorheben, häufig dann zum Einsatz kommen, wenn etwas begründet oder legitimiert werden soll. Bisweilen gewinnt man den Eindruck, dass Cicero an diesen Stellen allgemeine Handlungsmaximen aus Worten von Dichtern und Philosophen ableitet.141 Auch wenn in diesem Kapitel für beide Gruppen gleich viele Beispiele angeführt worden sind, kommen die allgemeinen Bezugnahmen in der Gesamtübersicht seltener vor.142 Der Großteil der Zitatsegmente, deren ursprünglicher Kontext noch erhalten ist, wird von Cicero so eingesetzt, dass ein bis zwei herausragende Merkmale des Prätextkontextes Berücksichtigung finden.143 Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Cicero eine aktuelle Situation mit einer Szene bei Homer vergleicht wie im dargestellten ersten Beispiel.144

kein Trost erwähnt wird, der für Cicero situationsbestimmend ist, wie der anschließende Satz sed tamen idem me consolatur etiam (aber dennoch tröstet mich dasselbe auch) zeigt. 137  Vgl. Behrendt 2013, 189. 138  Vgl. Hes.op. 289. 139  Vgl. Behrendt 2013, 139. 140  Der Spruch ist bis in die heutige Zeit hinein bekannt. Vgl. Behrendt 2013, 217–219. 141  Vgl. fam. I,9,12.18; VI,18,5; Att. II,9,3; V,10,3; VI,1,8; IX,13,4; Q.fr. III,5,4. Die Allgemeingültigkeit dieser Zitataussagen veranlasst Stahlenbrecher dazu, entsprechende Zitate der Ornamentfunktion zuzuordnen. Vgl. Stahlenbrecher 1957, 132–199. 142  Vgl. fam. I,9,12.18; VI,18,5; XIII,15,1.2; Att. II,9,3; IV,15,7; V,10,3; VI,1,8.22; VII,1,6.9; IX,13,4; IX,15,4; X,12a,1; XIII,11,1; XV,4,1; XVI,11,1; Q.fr. II,14,5; III,5,4; III,7,1. 143  Vgl. fam. I,9,19; IX,7,1; XIII,15,1.2; Att. I,1,4; I,15,1; I,16,5; II,3,4; II,5,1; II,11,2; II,25,1; IV,7,3; VI,1,23; VII,1,2.4; VII,6,2; VII,11,3; VII,12,3; VIII,16,2; IX,5,3; IX,6,4.6; IX,7,3; IX,8,2; IX,15,3; XII,5,1; XIII,13–14,2; XIII,24,1; XIII,25,3; XIV,13,1.2; XVI,6,1; XVI,11,6; XVI,13,1; Q.fr. I,2,1; III,5,8; III,7,2; ad Brut. I,2a,2. 144  Vgl. auch fam. IX,7,1; Att. I,16,5; II,3,4; II,5,1; VI,1,23; VII,1,2.4; VII,6,2; VII,12,3; VIII,16,2; IX,5,3; IX,6,4; IX,8,2; IX,15,3; XIII,13–14,2; XIII,24,1; XIII,25,3; XIV,13,1.2; XVI,6,1; XVI,11,6; XVI,13,1; Q.fr. III,5,8.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

2.3.3  Doppelte Kontextualisierung: Das Rezitat Eine besondere Form der Kontextualisierung tritt immer dann auf, wenn Cicero nicht selbst zitiert, sondern die Worte von anderen übernimmt bzw. ihnen in den Mund legt. Ein Beispiel für ein solches Doppelzitat ist bereits im vorangehenden Abschnitt angesprochen worden. In fam. XIII,15,1 führt Cicero eine Forderung einiger älterer Senatoren als Begründung für sein Verhalten an, die sich beim genauen Hinsehen als Homervers entpuppt. In einem solchen Fall liegen drei verschiedene Kontexte vor, in denen das Dichterwort Verwendung findet. Neben den ursprünglichen Kontext treten die Situation, in der die Forderung ausgesprochen worden ist und der Briefkontext, in dem die mündliche Aussage wiederholt wird. Bei der letzten Kontextualisierung werden demnach nicht nur Elemente des Ursprungstextes, sondern auch der ersten Verwendungssituation aufgegriffen. Daher kann man hier von einer doppelten Kontextualisierung sprechen. Allerdings ist es schwierig, in Einzelfällen zu bestimmen, welche Elemente der ersten und welche Elemente der zweiten Kontextualisierung zuzuordnen sind. Zudem muss man vorher klären, ob die angenommene erste Zitation fiktiv ist oder wirklich stattgefunden hat. Bei dem vorliegenden Zitat in fam. XIII,15,1 liegt die Vermutung nahe, dass Cicero die Gesamtsituation aus argumentativen Zwecken entworfen hat. Denn er lässt seine Ratgeber gleich mehrere Verse zitieren und in einen Wettstreit mit dem alten Precilius treten. Nach dem oben beschriebenen ersten Rat, der Cicero nur Kummer bereitet habe, hätten die proceres noch einmal nachgelegt: Hominem perustum etiamnum gloria volunt incendere atque ita loquuntur:  ‚μὴ μὰν ἀσπουδί γε καὶ ἀκλειῶς ἀπολοίμην,   ἀλλὰ μέγα ῥέξας τι καὶ ἐσσομένοισι πυθέσθαι.‘ (Sie wollen den verbrannten Mann auch jetzt noch durch Ruhm entflammen und sprechen so: ‚Damit ich gewiss nicht kampflos und ruhmlos zugrunde gehe, sondern Großes vollbringend, etwas, wovon auch noch Künftige hören werden‘.) (fam. XIII,15,2).

Trotz seiner Fehlschläge bauten sie noch auf ihn und wollten ihn durch den Bezug auf Hektors Entschluss, sich Achill nicht kampflos zu ergeben, zum Weitermachen überreden. Cicero konnten sie mit solchen Versen aber nicht mehr beeinflussen. Um das herausragende Vorbild Hektors, das schwer zu widerlegen ist, zu entkräften, führt er eine weitere Autorität an: Itaque ab Homeri magniloquentia confero me ad vera praecepta Εὐριπίδου: ‚μισῶ σοφιστὴν ὅστις οὐχ αὑτῷ σοφός‘.145 (Deshalb wende ich mich von Homers pathetischer Sprache ab hin zu den wahren Weisungen des Euripides: ‚Ich hasse den Weisen, der für sich selbst nicht weise ist‘.) (fam. XIII,15,2). Nun wird Homer als der Autor der vorherigen 145  Der zitierte Vers ist nur hier zu finden und lässt sich daher keinem bestimmten Werk des Euripides zuordnen.

2.3  Kontextualisierung der Zitate

61

Zitate ergänzt und Euripides gegenübergestellt. Für Cicero gelten nur noch die vera praecepta des Euripides. Anstatt auf den Rat anderer setze er auf seine eigenen Einschätzungen und Entscheidungen. Gesteigert wird die Entkräftung der Autorität der zuvor angebrachten Homerzitate noch dadurch, dass der euripideische Vers ausgerechnet dem Precilius in den Mund gelegt wird und zwar mit dem Hinweis, es handele sich hierbei um eines seiner favorisierten Zitate (quem versum senex Precilius laudat egregie; Cic. fam. 13,15,2,9).146 Dadurch entkräftet er nicht nur die Rufe der proceres, sondern auch die Eingangsforderung des alten Precilius, sich Caesar anzuschließen. Denn laut dessen Lieblingsspruch solle man seiner eigenen Entscheidung vertrauen und so habe Cicero von Anfang an richtig gehandelt.147 Weiterhin widerlegt sich die Gegenseite selbst, indem sie den Vorrang des Euripides-Zitats mit Homerzitaten begründet: Quem versum senex Precilius laudat egregie et ait posse eundem et ‚ἅμα πρόσσω καὶ ὀπίσσω‘148 videre et tamen nihilo minus ‚αἰὲν ἀριστεύειν καὶ ὑπείροχον ἔμμεναι ἄλλων‘149. (Diesen Vers lobt der alte Precilius besonders und er sagt dazu, derselbe könne ‚zugleich in die Zukunft und die Vergangenheit‘ sehen und nichtsdestotrotz ‚immer der Beste und andere überragend sein‘.) (fam. XIII,15,2).

Der kurze Einblick in die Argumentation zeigt, dass Cicero die Zitate unterschiedlichen Sprechern in den Mund legt, um seine eigene Position zu bestätigen. Die gesamte Situation ist wohl fiktiv, da an dieser Stelle zu rhetorischen Zwecken eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Zitaten konstruiert wird, und dient der Veranschaulichung gegenteiliger Meinungen. Die Fiktion ermöglicht es Cicero, sich von anderen Positionen zu distanzieren ohne Caesar direkt eine Absage erteilen zu müssen.150 Diese fiktive Konstruktion einer doppelten Kontextualisierung stellt allerdings die Ausnahme dar. In den anderen Fällen handelt es sich um echte Rezitate, da Cicero dort Aussagen seiner Adressaten aus vorangehenden Schreiben151 oder Sprüche, für die bestimmte Personen bekannt sind,152 wiederholt. Generell greift 146 

Behrendt 2013, 191. Vgl. Behrendt 2013, 191–193. 148  Vgl. Hom.Il. I,343; Hom.Il. III,109; Hom.Od. XXIV,452. In der Odyssee ist der Wortlaut etwas anders. Dort heißt es ὅρα statt ἄμα. Inhaltlich besagen aber alle drei Textstellen das Gleiche. 149  Vgl. Hom.Il. VI,208; Hom.Il. XI,784. 150  Vgl. Behrendt 2013, 194. 151  Vgl. Att. II,16,4; VII,3,5; IX,7,5; XVI,5,5; XVI,13,2; Q.fr. I,2,13. 152  Vgl. fam. VII,31,2; Att. VI,3,7; X,1,1. 147 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

Cicero aber nur selten auf solche Doppelzitate zurück, die Mehrheit der Zitate stammt von ihm selbst. Falls er doch einmal rezitiert, verfolgt er damit immer eine bestimmte Intention. So nutzt Cicero in Q.fr. I,2,13 sein genaueres Wissen um den Kontext eines Zitats seines Bruders, um ihn argumentativ in die Enge zu treiben153; oder setzt in Att. XVI,13,2 das Spiel des Atticus mit einem Homervers selbst homerisch fort, um seine intellektuelle Verbundenheit mit dem Freund herauszustellen.154 An anderen Stellen werden die ursprünglichen Sprecher der Zitate zur Steigerung der Autorität der Aussage genannt, z. B. in fam. VII,31. In diesem Schreiben an Marcus Curius bittet Cicero den Freund nach Rom zurückzukehren. Er begründet dies folgendermaßen:155 Vides enim exaruisse iam veterem urbanitatem, ut Pomponius noster suo iure possit dicere ‚nisi nos pauci retineamus gloriam antiquam Atticam‘. (Du siehst ja, dass die alte Urbanität schon versiegt ist, sodass unser Pomponius mit Recht sagen kann ‚Wenn nicht wir wenigen den alten attischen Ruhm erhielten‘.) (fam. VII,31,2). Anhand des Metrums und der Sprecher­angabe Pomponius noster (unser Pomponius) ist deutlich erkennbar, dass die Erklärung ein Zitat enthält. Cicero zitiert hier einen Vers, den ihr gemeinsamer Freund Atticus Pomponius häufig gebraucht,156 um ihre Verbundenheit durch die urbanitas157 hervorzuheben und Curius so von einer Rückkehr nach Rom zu überzeugen. Zugleich weist das Beispiel auf eine Korrelation zwischen Rezitat und thematisierender Markierung hin. Wenn Cicero rezitiert, benennt er den ursprünglichen Sprecher. In diesen Fällen dient die thematisierende Markierung nicht nur zur Kenntlichmachung des Zitats, sondern auch zum Verweis auf die zitierende ­Person.158

2.4  Funktion der Zitate Bereits im ersten Jahrhundert nach Christus hat der Rhetoriker Quintilian in seinem Handbuch festgestellt, dass der Einsatz von Zitaten gezielt erfolge, d. h. jedes Zitat innerhalb des Textzusammenhangs eine bestimmte Funktion erfülle. Während in der älteren Forschung diese Funktionen auf die zwei von Quinti153 

Für eine ausführliche Darstellung vgl. Behrendt 2013, 105–111. eine ausführliche Darstellung vgl. Stahlenbrecher 1957, 227; Behrendt 2013,

154  Für

93–97. 155  Vgl. Stahlenbrecher 1957, 215. 156  Da der Sprecher Curius und Cicero dem Sprecher folge (ergo is tibi, nos ei succedimus – also folgt er dir und ich ihm), handelt es sich um eine noch lebende Person, die zu beiden in Beziehung steht, d. h. mit Pomponius noster (unser Pomponius) ist Atticus gemeint, nicht der Dichter Pomponius Bononiensis. Vgl. Shackleton Bailey 1977b, 436. 157  In der römischen Republik wird mit urbanitas „ein für die Stadt Rom spezifischer sprachlicher Auftritt assoziiert […], der im engeren Sinne durch Beispiele und mit einer Auswahl bestimmter Begriffe präzisiert werden kann und dem ein kompetitives Moment in der Beherrschung der urbanitas eigen ist“ (Rühl 2018, 257). 158  Vgl. Behrendt 2013, 199–200.202.

2.4  Funktion der Zitate

63

lian benannten, Beweisfunktion und Schmuckfunktion, beschränkt wurden, hat man in der neueren Forschung weitere Funktionen hinzugefügt.159 Betrachtet man diese Funktionen näher, fällt auf, dass sie auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sind. Während z. B. die Charakterisierung einer Situation inhaltlich erfolgt, ist die Kompensation von Unannehmlichkeiten sozial bedingt. Zur besseren Vergleichbarkeit sollen in diesem Kapitel daher die inhaltliche und die Beziehungsebene getrennt voneinander betrachtet werden. Wenn man zusätzlich noch eine formale Ebene einführt, wie sie in Spahlingers Scharnierfunktion zum Ausdruck kommt, erhält man die drei Ebenen, die Stanley Porter in seinem Aufsatz zur Kategorisierung von Zitaten anführt.160 Eine solche Einteilung ist gerade dann hilfreich, wenn man unterschiedliche Autoren gegenüberstellen will. Denn die genaue Definition von Vergleichskriterien erleichtert das Herausarbeiten von Parallelen und Unterschieden. Daher wird im Folgenden zwischen formalen, inhaltlichen und relationalen Funktionen unterschieden. 2.4.1  Formale Funktionen Im Gegensatz zu Seneca, der Zitate häufig an den Schluss seiner Briefe stellt, trifft man bei Cicero Zitate vor allem im Hauptteil der Schreiben an. Wenn er doch einmal zu Beginn oder am Ende eines Briefes zitiert, ist dies meist funktional bedingt. Die fremde Rede bildet dann den Ausgangspunkt oder den Schlusspunkt der Argumentation, sie dient als Basis oder Fazit der weiteren Ausführungen. Damit stellt die exponierte Randstellung eines Zitats nicht nur eine Form der impliziten Markierung dar, sondern auch eine formale Funktionsweise. Zusätzlich findet man auch in Ciceros Briefen die Scharnier- oder Überleitungsfunktion von Zitaten vor, die Spahlinger für Ciceros philosophische Werke ermittelt hat, aber deutlich seltener. Alle drei Formen der formalen Funktionen sollen nun jeweils anhand eines Beispiels erläutert werden. a. Zitat als Einleitung In Equo Troiano scis esse in extremo ‚sero sapient‘ (Du weißt, dass im Equus Troianus am Ende steht ‚zu spät sind sie verständig‘), heißt es am Anfang von fam. VII,16. Im Anschluss an die Werksangabe in Equo Troiano und den Stellenhinweis in extremo161 zitiert Cicero einen Vers an, dessen Kenntnis er beim Adres159  Vgl. dazu die Ausführungen zum Forschungsstand auf S. 9–11. Im Gegensatz zu anderen Autoren wie Marcus Terentius Varro, der in seinem Werk De lingua Latina Dichter­ zitate ausschließlich als Beweisquelle verwendet, nutzt Cicero solche Bezugnahmen deutlich innovativer. Vgl. Hunter 2010, 84.165–166. Daher erscheint eine Ergänzung weiterer Funktionen in Bezug auf Zitate in Ciceros Werken durchaus sinnvoll. 160  Vgl. Porter 2017, 38–54. 161  In extremo könnte auch zum zitierten Versteil gehören, aber die grammatische Kon-

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2  Zitation in Ciceros Briefen

saten voraussetzt, wie er durch das eingeschobene scis (du weißt) deutlich macht. Der Brief aus dem Jahre 54 v. Chr. richtet sich an seinen Klienten Trebatius, der auf Empfehlung Ciceros Caesar nach Gallien begleitet hat und dort von Heimweh geplagt wird (vgl. fam. VII,6). Nun scheint sich seine Stimmung ein wenig gebessert zu haben: Tu tamen, mi vetule, non sero. primas illas rabiosulas sat fatuas dedisti; deinde quod in Britannia non nimis φιλοθέωρον te praebuisti, plane non reprehendo. nunc vero in hibernis iniectus mihi videris, itaque te commovere non curas. (Du, mein Alterchen, bist jedoch nicht zu spät [zu Verstand gekommen]. Zuerst hast du mir jene reichlich wütenden und sehr albernen Briefe geschickt; dass du dich dann nicht allzu sehr als freudiger Betrachter Britanniens gezeigt hast, kritisiere ich ganz und gar nicht. Nun scheinst du mir aber im Winterlager festzusitzen, deshalb kümmerst du dich nicht darum, dich fortzubewegen.) (fam. VII,16,1).

Cicero beschreibt hier, wie sich die Gemütsverfassung seines Freundes im Laufe der Zeit verändert habe. Nach anfänglicher Wut und vorübergehendem Desinteresse sei nun Ruhe eingekehrt. Auch wenn die Veränderung durch äußere Umstände erzwungen sei (in hibernis iniectus – im Winterlager festgesetzt), sei Trebatius doch endlich zu Verstand gekommen. Im Vergleich mit dem vorangehenden Zitat, das wahrscheinlich aus dem Equus Troianus des Naevius stammt,162 wirkt diese Aussage wie ein Lob. Während die Trojaner zu spät die Gefahr erkannt hätten, habe Trebatius noch rechtzeitig sein Verhalten geändert. Cicero nutzt also das Zitat als Ausgangsbasis für seine eigene Beurteilung, wobei er das Adverb sero übernimmt und auf die neue Situation überträgt. Deshalb stellt er es an den Anfang seiner Argumentation.163 Zusätzlich entsteht durch diese exponierte Stellung der Eindruck, dass ein früher Tadel besser sei als einer, der zu spät komme. Denn im Gegensatz zum Dichter, der erst am Ende (in extremo) seines Werkes das Verhalten der Trojaner getadelt habe, spricht Cicero seinen Freund direkt zu Beginn seines Briefes auf sein bisheriges Fehlverhalten an und rät ihm anschließend: Usquequaque sapere oportet; id erit telum acerrimum (Man muss immer bei Verstand sein; dies wird die schärfste Waffe sein)164 (fam. VII,16,1). Noch einmal knüpft Cicero wörtlich an das Einstiegszitat an, wobei er dieses Mal einen anderen Vers eines unbekannten Dichters mit dem Verb sapere assoziiert. Damit schließt sich der Kreis der Argumentation. Während es für die Trojaner zu spät sei, dem Ratschlag zu folgen, könne Trebatius noch den richtigen Weg struktion und Ciceros übliche Verwendungsweise dieser Wendung deuten darauf hin, dass Cicero auf einen Vers am Ende des Stückes hinweist. Vgl. Shackleton Bailey 1977a, 335. 162  Vgl. Armleder 1957, 102; Kasten 2004, 971. 163  Vgl. Stahlenbrecher 1957, 214–215. 164  Es handelt sich wiederum um ein Zitat. Dies ist nur am Metrum erkennbar. Herkunftsangaben jeglicher Art fehlen. Shackleton Bailey vermutet, dass das Zitat ebenfalls von Naevius stammt. Vgl. Shackleton Bailey 1977a, 336.

2.4  Funktion der Zitate

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einschlagen, wenn er Ciceros Kritik annehme und sich auf seinen Verstand besinne.165 Ebenso nutzt Cicero in fam. XV,6 ein Naeviuszitat als Einleitung für seine lobenden Ausführungen gegenüber Cato. Er beginnt das Schreiben mit Hektors Worten: laetus sum laudari abs te, pater, a laudato viro (ich bin froh, von dir, Vater, gelobt zu werden, von einem gelobten Mann) (fam. XV,6,1), bestätigt dessen Aussage und wendet sie dann auf seinen Adressaten an, wobei er das im Zitat enthaltene Lob überbietet: nam ad meum sensum et ad illud sincerum ac subtile iudicium nihil potest esse laudabilius quam ea tua oratio, quae est ad me perscripta a meis necessariis (denn für mein Gefühl und für jenes unverfälschte und einfache Urteil kann nichts lobenswerter sein als deine Rede, die mir überbracht worden ist von meinen Freunden) (fam. XV,6,1).166 Neben diesen beiden Fällen in der Briefsammlung Ad familiares gibt es noch neun weitere in den Briefen an Atticus, in denen die Zitation als Ausgangsbasis für die weitere Argumentation Verwendung findet. 167 Es handelt sich also um eine eher seltene Form des ciceronischen Zitateinsatzes. b. Zitat als Überleitung Noch seltener als die zuvor beschriebene Funktion kommt die nun folgende Form in Ciceros Briefen vor. Lediglich an drei Stellen im Corpus Ad Atticum trifft man den Fall an, dass das Zitat als Überleitung innerhalb einer Argumentation eingesetzt wird: in Att. I,16,5, in Att. VII,1,6 und in Att. XIV,13,1.168 Zur Veranschaulichung des Phänomens soll hier das erste Beispiel kurz erläutert werden. In Att. I,16 berichtet Cicero seinem Freund u. a. vom Gerichtsprozess gegen seinen Feind Clodius, der sich unerlaubterweise Zutritt zum Bona-Dea-Fest verschafft hatte.169 Nachdem Cicero den seiner Meinung nach zunächst positiven Verlauf des Prozesses geschildert hat – eine Verurteilung des Clodius schien zum Greifen nahe –, unterbricht er seine Ausführungen plötzlich mithilfe eines Zitats aus Homers Ilias, das allein durch den Sprachwechsel kenntlich gemacht wird: Ἕσπετε νῦν μοι, Μοῦσαι … ὅππως δὴ πρῶτον πῦρ ἔμπεσε.170 (‚Sagt mir nun an, Musen … wie nunmehr zuerst das Feuer fiel.‘) (Att. I,16,5). 165 

Vgl. Stahlenbrecher 1957, 223–224. Gegen Stahlenbrecher, nach dessen Interpretation das Zitat eine verborgene Kritik gegenüber Cato enthalte. Vgl. Stahlenbrecher 1957, 126–130. 167  In Att. IX,13,1; XII,5,1; XII,6a,1; XIII,11,1 und XIV,14,1 steht das Zitat direkt am Anfang des Briefes; in Att. IV,7,2; IV,8a,2; XIII,38,2 und XVI,6,2 bildet es hingegen die Argumentationsbasis eines Textabschnitts im Hauptteil eines Briefes. 168  Zu Att. XIV,13,1 vgl. Armleder 1957, 48–49 und zu Att. VII,1,6 vgl. Stahlenbrecher 1957, 25–26. 169  Vgl. Kasten 1998, 1108–1109. 170  Cicero kürzt hier den Originaltext, indem er zwei Versteile neu kombiniert. Er übernimmt jeweils den vorderen Teil der Verse 112 und 113. Vgl. Hom.Il. XVI,112–113. 166 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

Anschließend legt Cicero dar, wie sich der Prozessverlauf zum Negativen gewendet habe und Clodius schließlich mithilfe von Bestechung der Richter freigesprochen worden sei. Das Zitat teilt den Bericht also in zwei Teile, indem ein Musenanruf aufgegriffen wird, der eine Wendung im Geschehen und eine bevorstehende Krise anzeigt.171 Im Prätext bittet der Dichter nämlich die Musen um Informationen darüber, wie es den Trojanern gelungen sei, die griechischen Schiffe in Brand zu setzen, was wiederum zum Kampfeinsatz des Patroklos und schließlich zu dessen Tod geführt habe.172 Cicero knüpft beim Bezug auf den Musenanruf eben an diese Wendefunktion der Textstelle an und leitet so vom positiven zum negativen Teil seines Berichts über. Daneben nimmt er in ironischer Weise die Situation der Unwissenheit des Dichters auf und überträgt sie in veränderter Form auf seine eigene Situation. Auch wenn er im Gegensatz zu Homer dabei gewesen sei, könne er den Ausgang des dargestellten Geschehens trotzdem nicht nachvollziehen, nicht etwa, weil die Ereignisse zu kompliziert gewesen seien, sondern vielmehr, weil die Tatsache an sich, der Freispruch seines Feindes Clodius, unfassbar sei.173 c. Zitat als Abschluss Auch wenn Cicero in Bezug auf die Häufigkeit der Abschlusszitate weit hinter Seneca zurückbleibt, ist auch in seinen Briefen diese Form der formalen Zitatfunktion am meisten vertreten. Allerdings endet selten der gesamte Brief mit einem Zitat. Dies trifft nur in fünf Fällen zu.174 An allen anderen Stellen schließt Cicero nicht das ganze Schreiben, sondern einen argumentativen Textabschnitt mithilfe eines Zitats ab.175 Für beide Spielarten soll hier jeweils ein Beispiel angeführt werden. Der Brief fam. VII,10, der ebenso wie fam. VII,16 an Trebatius adressiert ist, endet mit einem Ausspruch aus dem Heauton timorumenos des Terenz. Im Gegensatz zu fam. VII,16 teilt Cicero nun keine Ratschläge aus, sondern lobt seinen Adressaten, da er als Jurist von Caesar sehr geschätzt werde (vgl. fam. VII,10,1). Zugleich kritisiert er aber, dass er so wenig über Trebatius’ persönliche Situation aus seinem letzten Brief erfahren habe. Daher äußert er in scherzhafter Weise seine Sorge um dessen Gesundheitszustand sowie dessen Sicherheit (vgl. fam. VII,10,2). Anschließend weist er auf seinen Einsatz für Trebatius gegenüber Caesar hin, bevor er eindringlich um Nachricht bittet. Er betont dabei sein Interesse am Wohlergehen des Adressaten (vgl. fam. VII,10,3–4). Der Gedankengang gipfelt in dem Satz: aut consolando aut consilio aut re iuvero 171 

Vgl. Janko 1992, 331. Vgl. Hom.Il. XVI, 103–129.818–828. 173  Vgl. Stahlenbrecher 1957, 116–119; Behrendt 2013, 256–258. 174  Vgl. fam. VI,18,5; VII,6,2; VII,10,4; Att. II,11,2; Q.fr. II,14,5. 175  Vgl. fam. III,8,8; V,12,7; Att. I,19,8; II,3,4; II,7,4; II,16,4; VI,1,23; VII,11,3; VII,13,4; IX,6,6; IX,13,4; XIV,10,1. 172 

2.4  Funktion der Zitate

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(mit Trost, Rat und Tat will ich dir helfen) (fam. VII,10,4), den Cicero von Terenz übernommen hat.176 Ohne Einleitung und Erklärung wird hier ein Zitat angeführt, das einzig am Metrum und seiner exponierten Stellung als solches zu erkennen ist177 und die Aussagen des vorherigen Textabschnittes zusammenfasst. Cicero begründet sein Interesse an Trebatius’ persönlicher Situation damit, dass er ihn unterstützen wolle. Durch das im Zitat enthaltene Trikolon hebt er zusätzlich seine besondere Fürsorge für den Freund hervor. An die Stelle einer abschließenden Briefformel mit guten Wünschen tritt nun eine universelle Zusicherung von Trost und Hilfe.178 Allerdings entspricht dies nicht dem Kontext des Prätextes. Denn hier wird der Vers, wie Eckard Lefèvre richtig bemerkt, von einer Figur gesprochen, die sich später als neugieriger Intrigant erweist.179 Der alte Chremes erkundigt sich zwar zu Beginn der Komödie mit dem Hinweis auf seine Menschlichkeit nach dem Schicksal seines Nachbarn Menedemus, der sein Verhalten gegenüber seinem Sohn bereut, und sichert ihm mit den genannten Worten seine Unterstützung zu.180 Im weiteren Verlauf zeigt sich aber, dass er nicht aus Fürsorge, sondern aus Neugier gehandelt hat und sogar Intrigen gegen seinen Nachbarn spinnt.181 Nutzt Cicero also nur die allgemeine Aussage des Verses ohne dessen Kontext zu berücksichtigen? Dagegen spricht, dass das Verhalten der Figuren in der Komödie mehrere Parallelen zur Situation des Briefes aufweist. Wie Menedemus wird Trebatius für sein Verhalten getadelt, wie Chremes fordert Cicero Informationen von seinem Adressaten ein und nutzt die Tröstung dafür als Lockmittel und wie in der Komödie wird im Brief das Motiv der Neugier beim Blick auf den Gesamtzusammenhang ersichtlich.182 Daher liegt die Vermutung nahe, dass Cicero auch die Vielschichtigkeit der Charaktere berücksichtigt hat, um versteckt ein weiteres Anliegen zur Sprache zu bringen. Durch den Rückgriff auf Figuren, deren Verhältnis sich im Laufe des Stückes umkehrt, zeigt Cicero an, dass auch er die Veränderung einer Beziehung akzeptiert, nämlich die Verschiebung des hierarchischen Patron-Klient-Verhältnis zwischen ihm und Trebatius, die durch dessen Nähe zu Caesar entsteht. Denn der gesamte Brief spiegelt diese Beziehungsthematik wider. Zunächst spricht Cicero die schrittweise Annäherung zwischen Caesar und Trebatius an, dann bringt er die derzeitige Distanz zwischen ihm und Trebatius zum Ausdruck, bevor er abschließend noch einmal 176 

Vgl. Ter.Heaut. 86. Vgl. Behrendt 2013, 120. 178  Vgl. Stahlenbrecher 1957, 7–9. 179  Laut Lefèvre ignoriert Cicero die Vielschichtigkeit der terenzischen Charaktere und bezieht sich stattdessen auf Menanders Figuren, die Terenz als Vorbild gedient haben. Vgl. Lefèvre 1994, 14–15. 180  Vgl. Ter.Heaut. 53–87. 181  Vgl. Ter.Heaut. 410–561. 182  Vgl. Behrendt 2013, 117–124. 177 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

seine Rolle als Vermittler zwischen Caesar und Trebatius hervorhebt.183 Implizit weist Cicero also darauf hin, dass ihm die Veränderung ihres Beziehungsverhältnisses bewusst sei, ihm die Freundschaft aber weiterhin am Herzen liege. Damit stellt das Zitat gleich in doppelter Weise einen Abschluss dar. Es schließt den Brief in formelhafter Weise ab und bringt das vorläufige Ende der Entwicklung der Beziehung zwischen den Korrespondenten zum Ausdruck. Mit der gleichen Funktion gipfelt ein zentraler Argumentationsabschnitt in fam. III,8 in einem Zitat. In dem Schreiben an seinen Vorgänger in der Statthalterschaft in Kilikien, Appius Claudius Pulcher,184 wehrt sich Cicero gegen das Gerede in Rom und stellt die freundschaftlichen Absichten seines Adressaten in Frage, weil dieser Gerüchten Gehör schenke. Das Briefcorpus gliedert sich in drei Argumentationsgänge: Nachdem Cicero im ersten Hauptteil konkrete Vorwürfe entkräftet (vgl. fam. III,8,2–5) und im zweiten Hauptteil seine freundschaftliche Gesinnung bewiesen hat (vgl. fam. III,8,5–7), wendet er sich im dritten Hauptteil gegen die Verleumder und schließt sich so mit Appius Claudius zusammen (vgl. fam. III,8,7–8).185 Dazu hebt er die Aufrichtigkeit ihrer Versöhnung186 und die Rechtmäßigkeit ihrer beider Verwaltungsstile hervor. Die unterschiedliche Amtsführung sei durch die verschiedenen Charaktere der jeweiligen Amts­inhaber bedingt. Während Appius Claudius von Natur aus freigebig sei, sei Cicero schon immer eher sparsam gewesen: Non debent mirari homines, cum et natura semper ad largiendum ex alieno fuerim restrictior et temporibus, quibus alii moventur, isdem ego movear, ‚med esse acerbum sibi uti sim dulcis mihi‘.187 (Die Leute brauchen sich nicht wundern, weil ich auch von Natur aus immer ziemlich sparsam mit Schenkungen aus fremdem Eigentum gewesen bin und ich mich von den zeitlichen Umständen, die andere beeinflussen, ebenso beeinflussen lasse, ‚dass ich hart gegen ihn sei, um lieb gegen mich zu sein‘.) (fam. III,8,8).

Lediglich das Metrum der Textpassage, das beim Vorlesen des Briefes jedoch hervorsticht,188 macht deutlich, dass der Textabschnitt mit einem Zitat endet. 183 

Vgl. Behrendt 2013, 123–124. Vgl. Kasten 2004, 953–954. 185  Vgl. Schuricht 1994, 64.73–74. 186  Appius Claudius Pulcher ist der Bruder von Ciceros Feind Clodius. Auf Veranlassung des Pompeius haben sich die beiden miteinander versöhnt, wie man u. a. in fam. I,9 erfährt. Trotzdem ist ihr Verhältnis angespannt, sie verbindet lediglich eine politische Freundschaft. Der Briefaustausch bezeugt aber Ciceros Bemühungen um den Erhalt ihrer freundschaftlichen Beziehung. Vgl. Schneider 1998, 383.392–393; Wilcox 2012, 26–28; Behrendt 2013, 140. Für eine ausführliche Darstellung der Entwicklung ihrer Beziehung vgl. Oppermann 2000, 248–252. 187  Zur Anpassung des Metrums sind zwei kleinere Konjekturen vorgenommen worden (med statt me und uti statt ut). Vgl. Watt 1982, 90. 188  Laut Spahlinger ist ein Zitat für einen antiken Leser allein schon durch das Me­ 184 

2.4  Funktion der Zitate

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Denn Cicero schließt den Dichtervers, dessen Herkunft nicht bekannt ist, ohne syntaktischen Bruch an den vorangehenden Satz an. Er unterstreicht damit seinen zuvor beschriebenen Grundsatz der Bescheidenheit. Aufgrund des Parallelismus klingt das Zitat wie ein Sprichwort und die Vorbemerkung, Cicero lasse sich ebenso wie andere von zeitlichen Umständen beeinflussen, zeigt ebenfalls eine Verallgemeinerungstendenz an. Denn statt sich direkt mit seinem Vorgänger gleichzusetzen, dessen Freigebigkeit durch die schwierigen Verhältnisse in der Provinz eingeschränkt worden sei, wie Cicero zuvor erwähnt hat, spricht er hier von allgemeinen zeitlichen Umständen, die alle beeinflussen. Das Zitat dient also dazu, die allgemeine Gültigkeit eines Grundsatzes hervorzuheben, auf den Cicero auch gegen Widerstände beharrt und fasst damit sein Hauptargument noch einmal treffend zusammen.189 Eben solche Grundsätze unterschieden zwar die Amtsführung der beiden und könnten so zu Gerede führen, aber sie seien kein Grund an ihrer Freundschaft zu zweifeln, vielmehr belegen gerade diese ihre Standhaftigkeit. Deshalb bleibt Cicero auch hier standhaft und schließt den Gedankengang mit einem pointierten Zitat ab.190 2.4.2  Inhaltliche Funktionen Gerade die letzten beiden Beispiele aus dem vorangehenden Kapitel weisen darauf hin, dass Zitate neben der formalen Funktion als Ausgangsbasis oder Abschluss einer Argumentation zusätzlich innerhalb des Gedankengangs aufgrund ihres inhaltlichen Aussagegehaltes einen bestimmten Zweck erfüllen. Sie sind nicht bloß schmückendes Beiwerk, sondern integrativer Bestandteil der Argumentation. In Ciceros Briefen dienen Zitate dabei entweder zur Begründung einer Aussage oder zur Charakterisierung einer Situation bzw. Person. Wie genau der Zitateinsatz in beiden Fällen funktioniert, soll nun anhand verschiedener Beispiele erläutert werden. a. Zitieren zur Begründung einer Aussage In fam. I,9 nutzt Cicero gleich an drei Stellen die Worte eines anderen, um seine eigenen Aussagen zu untermauern. Der Brief aus dem Jahre 54 v. Chr.191 ist an Publius Cornelius Lentulus Spinther adressiert. Cicero, der Lentulus aufgrund trum erkennbar, gerade weil lautes Lesen weit verbreitet gewesen ist. Vgl. Spahlinger 2005, 209–210. 189  Vgl. Schneider 1998, 382; Schuricht 1994, 73–74. 190  Die von Stahlenbrecher vertretene T hese, das Zitat rufe eine gedankliche Fortsetzung hervor, die den Vorwurf enthalte, dass Appius Claudius sich gerade nicht an den Grundsatz der gebotenen Sparsamkeit gehalten habe, scheint aufgrund des Gesamtaufbaus des Briefabschnitts eher unwahrscheinlich. Vgl. Stahlenbrecher 1957, 119–122. 191  Vgl. Shackleton Bailey 1977a, 307.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

seines Einsatzes für seine Rückberufung aus dem Exil verpflichtet ist, dient ihm während dessen Statthalterschaft in Kilikien als Verbündeter und Informant in Rom.192 Die Briefpartner verbindet also eine politische Freundschaft.193 Dies wird auch in dem vorliegenden Schreiben deutlich, in dem Cicero Lentulus Rede und Antwort steht.194 Auf die Frage hin, warum er sich mit Crassus ausgesöhnt und Publius Vatinius vor Gericht vertreten habe, holt Cicero zu einer längeren Rechtfertigungsrede195 aus. In diese Apologie sind drei indirekte Platonzitate und ein direktes Terenzzitat eingebunden. Um die Funktion der Zitate innerhalb des ciceronischen Gedankengangs bestimmen zu können, ist eine nähere Betrachtung der gesamten Argumentation erforderlich. Der ganze Brief lässt sich folgendermaßen gliedern: Auf eine Einleitung (fam. I,9,1–3), in der Cicero seiner Dankbarkeit gegenüber Lentulus Ausdruck verleiht, folgt die Angabe des Briefanlasses (fam. I,9,4), wobei Cicero Anfragen des Lentulus aus einem früheren Brief aufgreift. Da er für die Beantwortung dieser Fragen weiter ausholen müsse, legt Cicero anschließend erst ausführlich seinen politischen Standpunkt dar (fam. I,9,4–18), bevor er kurz die Nachfragen des Adressaten zur Verteidigung des Vatinius (fam. I,9,19) und zur Aussöhnung mit Crassus (fam. I,9,20) abhandelt und die Freiwilligkeit seines 192  Cicero hat sich bereits in den Verhandlungen zur ägyptischen Frage und wegen der Anerkennung seines Feldzuges im Senat für Lentulus eingesetzt. Für eine ausführliche Darstellung der politischen Vorgeschichte vgl. Büchner 1975, 36–50; Goldmann 2005, 75–90. 193  Vgl. Oppermann 2000, 268–269. 194  Lentulus richtet Anfragen des Senats- und Optimatenkreises, zu dem er selbst gehört, an Cicero und gibt ihm so die Gelegenheit, sein Verhalten zu erklären. Cicero ist dazu verpflichtet, ihm Rede und Antwort zu stehen, da Lentulus nach seiner Rückführung aus dem Exil für ihn bürgt. Vgl. Lossmann 1962, 136; Wilcox 2012, 73; Behrendt 2013, 172. Zugleich kann er Ciceros Argumentation nachvollziehen, da er selbst gute Beziehungen zu Pompeius und Caesar unterhält und ähnliche Schwierigkeiten mit einigen Senatoren gehabt hat. Er dient Cicero also als Vermittler gegenüber der Nobilität. Vgl. Shackleton Bailey 1977a, 307. Cicero ist sich bewusst, dass sein Brief möglicherweise weitergereicht wird. Es handelt sich somit um eine fast öffentliche Selbstrechtfertigung. Vgl. Wilcox 2012, 8. Cicero hebt daher ihre ähnlichen intellektuellen und politischen Interessen hervor, indem er auf ihren Bücheraustausch und ihren wechselseitigen Einsatz für familiäre Angelegenheiten hinweist (vgl. fam. I,9,23–24) und betont am Anfang sowie am Ende ihre besondere Verbundenheit. Zu Beginn des Briefes verweist er nämlich auf seine pietas und seinen Wunsch nach Rückkehr des Lentulus (vgl. fam. I,9,1). Ebenso zeigt er am Schluss des Briefes die Intimität ihrer Beziehung, indem er persönliche Ratschläge erteilt, die auf Bitte des Lentulus erfolgen (vgl. fam. I,9,25–26). Vgl. Wilcox 2012, 72–77. Neben Ciceros politischer Haltung legt der Brief offen, wie man ein persönliches Schreiben zur Stabilisierung politischer Beziehungen einsetzen kann. Vgl. Behrendt 2013, 172. Eine ausführliche Darstellung der Beziehungsarbeit innerhalb des Briefes bietet Schneider. Vgl. Schneider 1998, 238–318. 195  Während die meisten Forscher den Brief als Rechtfertigungsschreiben bezeichnen, bestreitet Schneider dies. Seiner Meinung nach handelt es sich um ein Selbstfindungsgespräch Ciceros mit Lentulus. Lentulus habe aus Neugier nachgefragt und Cicero habe aus eigenem Interesse so ausführlich geantwortet. Diese Motive lassen sich allerdings nicht nachweisen, wohingegen der rhetorische Aufbau des Briefes für die Apologiethese spricht, wie die nun folgende Analyse zeigen wird. Vgl. Schneider 1998, 246–247.

2.4  Funktion der Zitate

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Handelns (fam. I,9,21) betont. Der Hauptteil wird durch eine erneute Zusicherung seiner Verpflichtung gegenüber Lentulus (fam. I,9,22) abgeschlossen. Daran angehängt sind die T hematisierung von Ciceros literarischer Tätigkeit sowie private Aufträge und politische Ratschläge in zwei Einzelfällen (fam. I,9,23–26). Dieser Abschnitt bildet den Schluss des Briefes.196 Ein genauerer Blick auf den kurzen Abriss der Argumentation macht deutlich, dass der Brief nach dem Aufbauprinzip der Rhetorik gegliedert ist. Auf die Darstellung des Ausgangspunktes (dispositio: fam. I,9,4), folgt der Bericht über die Vorgeschichte (narratio: fam. I,9,5–10), die eigentliche Rechtfertigung (argumentatio: fam. I,9,11–21) und die Zusammenfassung des Gedankengangs (conclusio: fam. I,9,22–23).197 Da die beiden Platonbezüge in die Darlegung der politischen Position (fam. I,9,4–18), mit der Cicero seine Freundschaft zu Caesar rechtfertigt,198 einbettet sind, richtet sich der Fokus nun zunächst auf diesen Teil der argumentatio. Nach Angabe des Briefanlasses berichtet Cicero zuerst von unterschiedlichen Reaktionen auf sein Verhalten nach der Rückkehr aus der Verbannung (fam. I,9,5–10), bevor er Einblick in seine Argumente für eine politische Umorientierung199 gibt (fam. I,9,11–22).200 Nachdem er dann die Vorzüge des Pompeius und seine Treue zu ihm (fam. I,9,11) ebenso wie die alte Freundschaft zu Caesar (fam. I,9,12) als 196  Zur Gliederung vgl. Büchner 1969, 221–222.233; Lossmann 1962, 137–138; Oppermann 2000, 302–306. 197  Vgl. Büchner 1969, 235; Oppermann 2000, 302–306; Behrendt 2013, 172. Oppermann weist zudem darauf hin, dass die Häufung rhetorischer Mittel und stilistischer Eigenheiten in der argumentatio zusätzlich zum Aufbau den Eindruck einer öffentlichen Rede erwecken. Vgl. Oppermann 2000, 304. 198  Vgl. Lossmann 1962, 135–136.138. Bereits Wieland erklärte Anfang des 19. Jahrhun­ derts, der Brief sei zur Verteidigung von Ciceros Verhalten nach seiner Rückkehr aus der Verbannung geschrieben worden. Vgl. Wieland 1972, 630–631. Büchner nennt das Schreiben zwar auch einen Rechtfertigungsbrief, betont aber, dass im Zentrum des Briefes die Abhandlung über die res publica stehe. Vgl. Büchner 1969, 215.236. Der nun folgende Abriss zur Argumentation Ciceros macht allerdings deutlich, dass diese Abhandlung in die Verteidigung seines politischen Handelns, d. h. der Hinwendung zu Caesar, eingebunden ist. Zur Gegenüberstellung der beiden Positionen vgl. Behrendt 2013, 172–173. 199  Auch wenn Cicero sich in diesem Brief als zentrale politische Figur in den Jahren 57 bis 56 v. Chr. darstellt und dadurch seine Unterstützung des Triumvirats wie eine plötzliche Kehrtwende erscheint, zeigen Aussagen in Briefen an Atticus und Quintus, dass dies nicht der Wirklichkeit entspricht, sondern vielmehr der Selbstdarstellungsabsicht Ciceros geschuldet ist. Im Zusammenspiel mit anderen Schreiben wird nämlich deutlich, dass Cicero nach seiner Rückkehr aus der Verbannung nur die Rolle eines Beobachters innehatte und seine Entscheidung, sich für Pompeius und Caesar einzusetzen, Folge persönlicher Frustration aufgrund der politischen Situation gewesen ist. Vgl. Mitchell 1969, 295–320. 200  Diese Gliederung lehnt sich an die Büchners an, da anhand der Wortwahl erkennbar ist, dass Cicero am Ende von fam. I,9,10 Bilanz zieht und einen neuen Abschnitt mit den Worten quam tibi, si potero, breviter exponam (diese [Summe meiner Überlegungen] werde ich dir, wenn ich kann, kurz darlegen) einleitet. Vgl. Büchner 1969, 222–223. Lossmann teilt den Abschnitt dagegen aus inhaltlichen Gründen in der Mitte von fam. I,9,12. Vgl. Lossmann 1962, 138. Hier ist allerdings nur schwer ein Einschnitt erkennbar. Trotzdem übernimmt Behrendt dessen Gliederung. Vgl. Behrendt 2013, 172–173.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

Beweggründe seines Handelns genannt hat, führt er das erste Platonwort in lateinischer Paraphrase an:201 Erant praeterea haec animadvertenda in civitate, quae sunt apud Platonem nostrum scripta divinitus, ‚quales in re publica principes essent, talis reliquos solere esse civis‘.202 (Außerdem war im Staat das zu bedenken, was bei unserm Platon vortrefflich geschrieben steht, ‚wie im Staat die Führungspersonen sind, so sind gewöhnlich auch die übrigen ­Bürger‘.) (fam. I,9,12).

Man müsse bedenken, dass die übrigen Bürger im Staat so zu sein pflegen wie ihre führenden Persönlichkeiten. Diese Aussage erläutert er anhand seines Konsulats und der daran anschließenden Zeit bis zu seiner Verbannung. Unter seiner Führung seien alle Guten eines Sinnes gewesen, wohingegen das Fehlen wahrer Führungspersonen später zu seiner Verbannung geführt habe.203 Bei Platon ist hingegen zunächst von der Umgestaltung der Gesetze die Rede, die von den Führungspersonen abhänge. Aber im weiteren Kontext legt auch er einem der Dialogpartner ähnliche Worte in den Mund: Besonnene und gerechte Machthaber würden dem Staate zum Guten dienen.204 Cicero übernimmt hier also nicht spezifische Details, sondern Grundgedanken von Platon.205 Bereits an dieser Stelle wäre ein Bezug auf das zweite Platonwort möglich gewesen. Denn Cicero lobt seinen eigenen Entschluss, auf Gewalt zu verzichten und in die Verbannung zu gehen, was auch in dem später angeführten platonischen Ausspruch zum Ausdruck kommt. Stattdessen weicht er nun aber ein wenig vom T hema ab, da seine Empörung über die Nobilität zur Zeit des Konsulats des Lentulus Überhand gewinnt. Nach einigen Beispielen für die negative Ver­änderung ihrer Gesinnung kommt Cicero auf seinen Anfangsgedanken zurück. Da sich die Führungsriege gewandelt habe, müsse sich auch die Einstellung der klugen Bürger, zu denen er sich zähle, ändern. Als Begründung – erkennbar an der Konjunktion enim (denn, nämlich) – wird nun das zweite Platonwort angeführt:

201 

Zur Modifikation des Wortlauts vgl. S. 46. Vgl. Plato leg. 711c. Zur Übereinstimmung des Gedankens mit weiteren Philosophen vgl. Shackleton Bailey 1977a, 311. 203  Vgl. Büchner 1969, 223–227. 204  Vgl. Plato leg. c711a–712a. 205  Wieland weist in seiner Übersetzung des Briefes darauf hin, dass es sich bei dem sogenannten Zitat um eine Wahrheit handele, die aus Platons gesamtem Werk hervorgehe. Vgl. Wieland 1972, 401. 202 

2.4  Funktion der Zitate

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Id enim iubet idem ille Plato, quo ego vehementer auctore moveor, ‚tantum contendere in re publica, quantum probare tuis civibus possis; vim neque parenti nec patriae adferre oportere‘. (Denn dies befiehlt eben jener Platon, durch dessen Autorität ich stark beeinflusst werde, ‚dass man im Staat nur so weit kämpfen solle, wie man es vor seinen Bürgern rechtfertigen könne; Gewalt dürfe man weder gegen ein Elternteil noch gegen sein Vaterland anwenden‘.) (fam. I,9,18).

Es handelt sich wiederum um eine Übersetzung, die Platons Gedankengang sentenzartig zusammenfasst, dieses Mal aus Platons Kriton 51b–c.206 Man dürfe im politischen Kampf nur soweit gehen, wie man seine Mitbürger überzeugen könne, Gewaltanwendung sei unangebracht. Wiederum erläutert Cicero diesen Gedankengang an historischen Beispielen. Zur Steigerung der Anschaulichkeit paraphrasiert er dabei eine Passage aus einem Brief Platons, markiert durch ille …ait (jener…sagt):207 Atque hanc quidem ille causam sibi ait non attingendae rei publicae fuisse, quod, cum offendisset populum Atheniensem prope iam desipientem senectute, cumque eum nec persuadendo nec cogendo regi posse vidisset, cum persuaderi posse diffideret, cogi fas esse non arbitraretur. (Und dies freilich, sagt er, sei für ihn der Grund gewesen, sich nicht mit staatlichen Angelegenheiten befasst zu haben, dass er, nachdem er das Volk von Athen, das beinahe schon durch hohes Alter unzurechnungsfähig gewesen sei, verletzt habe und nachdem er gesehen habe, dass es sich weder durch Überredung noch durch Zwang lenken lasse, es nicht für Recht gehalten habe, es zu zwingen, als er kein Vertrauen hatte, es überreden zu können.) (fam. I,9,18).

Anschließend stellt er Platons und seine Situation gegenüber: Während Platon sich von der Politik ferngehalten habe, da das athenische Volk nicht zu überzeugen gewesen sei, habe Cicero selbst nicht die Wahl, er müsse sich politisch beteiligen und gleichzeitig das platonische Prinzip vertreten. Daher habe er sich Caesar angeschlossen, dem er sich aufgrund seiner Liebenswürdigkeit und seiner Siege verpflichtet fühle.208 Zugleich hebt Cicero durch die dreimalige Verwendung des Begriffs res publica209 in der Textpassage die herausragende Bedeutung des Ge206 

Zur Modifikation des Wortlauts vgl. S. 47. Vgl. Shackleton Bailey 1977a, 313. 208  Vgl. Büchner 1969, 228–233. 209  Der Begriff res publica hat ein breites Bedeutungsspektrum. Er wird häufig mit Staat oder Republik übersetzt. Allerdings handelt es sich dabei um moderne Begriffe, die nicht so einfach in die Antike übertragbar sind. Cicero verwendet in seinen philosophischen Wer207 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

meinwesens für seine eigene Lebensführung hervor.210 Dies entspricht der he­ raus­ragenden Stellung von νόμοι und πατρίς in Platons Kriton 51a–b, die mehr als die eigenen Eltern gelten und denen immer zu gehorchen sei.211 Die beiden Platonbezüge sind also integrativer Bestandteil der argumentatio. Sie werden von Cicero als Argumente angeführt und mit Beispielen belegt. Dies ist vor allem durch den sprichwörtlichen Charakter der ausgewählten Textpassagen möglich, der durch die sentenzartige lateinische Paraphrase und die Reduktion der Prätexte auf allgemeine Momente entsteht. Ihre Funktion besteht darin, Ciceros Argumentation zu stützen. Auffällig ist daran, dass ihre Überzeugungskraft nicht nur aus dem Sinngehalt der Textaussagen selbst, sondern auch aus der auctoritas des angeführten Autors abgeleitet wird.212 Denn Cicero weist hier explizit auf Platons Autorität hin: Dessen Ausführungen seien divinitus (vortrefflich) (fam. I,9,12) und er selbst sei ein schriftstellerisches Vorbild für Cicero (fam. I,9,18: quo ego vehementer auctore moveor – durch dessen Autorität ich stark beeinflusst werde).213 Somit legitimiert Cicero seine politischen Leitgedanken durch die Bezugnahme auf die Autorität des griechischen Philosophen Platon, dessen Lehren er sich verbunden fühlt.214 Er geht sogar soweit, Platon als politisches Vorbild und sich selbst als dessen Nachahmer darzustellen.215 ken civitas als Synonym zu res publica, d. h. er meint damit eine Sache, die für alle Bürger von Nutzen ist. Vgl. Schofield 1995, 66–69. 210  Zur Bedeutung der res publica für Cicero in späteren Zeiten vgl. Gildenhard 2018, 205–236. 211  Im Gegensatz zu Lossmann, der in Ciceros Berufung auf Platon ein Zeichen von Resignation sieht, erkennt Büchner in der Anknüpfung an Platons Philosophie eine neue politische Einsicht Ciceros. Vgl. Lossmann 1962, 145; Büchner 1969, 231. Cicero greife platonische Grundsätze auf, um sein Handeln zu legitimieren. Die negative Wandlung der Nobilität habe zu seiner politischen Umorientierung geführt. Dies entspreche der Korrelation von Führungspersonen und Bürgern bei Platon. Da er sie zudem nicht durch Worte überzeugen könne und auf Gewalt verzichten wolle, habe er sich von der Nobilität ein wenig entfernt, wiederum den platonischen Vorgaben entsprechend. „Eine größere res publica ist Maßstab seines Handelns, nicht mehr die Politik derer, die sie gepachtet zu haben glauben.“ Büchner 1969, 231. 212  Stahlenbrecher bezeichnet solche Zitate, deren Aussage aufgrund der Autorität des Autors als allgemein gültig gelte, in Anlehnung an Ciceros eigenen Sprachgebrauch als praecepta der Griechen. Vgl. Stahlenbrecher 1957, 217–218. 213  Vgl. Armleder 1957, 68–70. Während Cicero in diesem Brief Platon explizit als Autorität hervorhebt, greifen die Vertreter der Akademie in seinen philosophischen Werken selten darauf zurück. Stattdessen widerlegen sie die Gegenseite, indem sie Schwächen der Argumentation aufzeigen. Eine Ausnahme bilden die Academica: Denn darin diskutieren zwei philosophische Richtungen miteinander, die sich beide auf Platon berufen. Vgl. Spahlinger 2005, 273–275. 214  Vgl. Schneider 1998, 270–274.282–285. Laut Griffin identifiziert sich Cicero mit Platons Pflichtbewusstsein gegenüber der res publica. Vgl. Griffin 1995, 334. Dies entspricht Ciceros Selbstdarstellung als conservator rei publicae in anderen Werken. Vgl. Kurczyk 2006, 353–361. An dem vorliegenden Beispiel zeigt sich zudem Ciceros vornehmliches Interesse an der praktischen Philosophie Platons. Vgl. Hösle 2008, 156–160. 215  Vgl. McConnell 2014, 39–43.

2.4  Funktion der Zitate

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In ähnlicher Weise zitiert Cicero auch im nächsten Textabschnitt der argumentatio (fam. I,9,19) einen Autor, den er sehr schätzt. Nachdem er die Übernahme der Verteidigung des Vatinius als Konsequenz seiner Verpflichtung gegenüber Caesar dargestellt hat, führt er als weiteren Grund einige Verse aus dem Eunuchen des Terenz an:216 Sed tamen defendendi Vatini fuit etiam ille stimulus de quo in iudicio, cum illum defenderem, dixi me facere quiddam quod in Eunucho parasitus suaderet militi: ‚ubi nominabit Phaedriam, tu Pamphilam continuo; si quando illa dicet Phaedriam intro mittamus comissatu’; ‚Pamphilam cantatum provocemus; si laudabit haec illius formam, tu huius contra; denique par pro pari referto, quod eam mordeat.‘217 (Aber dennoch war auch jener Anreiz, Vatinius zu verteidigen, vorhanden, über den ich im Prozess, als ich jenen verteidigte, gesprochen habe, dass ich etwas täte, was im Eunuchen der Schmarotzer dem Soldaten rate: ‚Sobald sie von Phaedria spricht, erwähne du sofort Pamphila; wenn jene irgendwann sagt: Lass uns Phaedria zum festlichen Umzug hereinholen; lass uns Pamphila zum Singen herbeirufen; wenn diese seine Gestalt lobt, lobe du dagegen ihre; schließlich sollst du Gleiches mit Gleichem vergelten, dass es sie kränkt.‘) (fam. I,9,19).

Das Zitat wird einerseits durch die Werks- und Figurenangabe, andererseits durch das Metrum, d. h. den Wechsel von Prosa in Dichtung, markiert.218 Im Prätext, der Komödie des Terenz, handelt es sich um einen Ratschlag des Parasiten Gnatho an den Soldaten T hraso. Sowohl T hraso als auch Phaedria sind in die Hetäre T hais verliebt. Daher ist T hraso eifersüchtig auf Phaedria. Gnatho rät ihm nun, T hais durch die Erwähnung einer anderen Frau, Pamphila, eifersüchtig zu machen. So könne er Gleiches mit Gleichem vergelten.219 Cicero hat diesen Ratschlag auf seine Situation übertragen und bereits in der Gerichtsverhandlung für Vatinius als Begründung für seine Übernahme des Mandats eingesetzt, wie er schreibt. Als Interpretationshilfe erklärt er im Anschluss an das Zitat, inwiefern seine Situation damit vergleichbar sei. Ihn bringe nicht ein Liebesrivale, sondern der freundschaftliche Umgang einiger Senatoren mit seinem Feind Publius Clodius in Rage. Um diesen Senatoren einen kleinen Stich zu versetzen, habe er

216  Zuvor ist er allerdings der Frage, warum er Vatinius in seiner Rede so stark gelobt habe, mit einem Hinweis auf Lentulus’ eigene Empfehlungspraxis ausgewichen. Vgl. Behrendt 2013, 176–177. 217  Vgl. Ter.Eun. 440–445. 218  Vgl. Behrendt 2013, 174. 219  Für eine kurze Zusammenfassung der gesamten Komödie vgl. Behrendt 2013, 174– 175.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

die Verteidigung des unbeliebten Publius Vatinius übernommen. So vergelte er Gleiches mit Gleichem.220 Die Besonderheit des Zitats besteht nun darin, dass es zugleich in zwei Redesituationen eingesetzt wird: Cicero hat das Zitat vor Gericht verwendet und wiederholt es nun im Brief.221 Vor Gericht erklärt Cicero mithilfe des Zitats, dass er Vatinius aus persönlichen Gründen, aus Eifersucht, verteidigt habe. Er versucht damit dem Vorwurf zuvorzukommen, er habe seine politische Haltung geändert und stelle sich auf Caesars Seite, da er dessen Anhänger verteidige. Zugleich sucht er durch Humor die Richter für sich zu gewinnen, indem er eine Passage aus einer Komödie aufgreift und sich mit einem liebestollen Soldaten gleichsetzt.222 Im Brief hebt Cicero aber auf eine andere Funktion des Zitats ab. Denn er betont am Ende seiner Erklärung zum Zitat, dass er oft (saepe) so handle und fügt die sprichwörtliche Wendung dis hominibusque adprobantibus (mit Zustimmung von Göttern und Menschen) hinzu. Dadurch wird der Fokus auf den letzten Satz des Zitats gelegt, der noch in der heutigen Redewendung „Gleiches mit Gleichem vergelten“ erhalten ist. 223 Ebenso wie die Platonworte dient also auch das Terenzzitat zur Begründung und Legitimation einer politischen Strategie Ciceros. Das Beispiel deutet bereits darauf hin, dass Cicero v. a. in Briefen, in denen er seine politische Einstellung rechtfertigt oder andere von seiner Position zu überzeugen versucht, auf diese Funktion des Zitats zurückgreift. Weitere Belegstellen in den bereits erwähnten Schreiben an Trebatius (fam. VII,6.13.16) oder Appius Claudius (fam. III,8) bestätigen diesen Eindruck. Insgesamt fungieren etwa 30 % der Zitate in der Briefsammlung Ad familiares primär als Bestätigung einer Aussage,224 in den Briefen an Atticus sind es hingegen nur etwa 15 %.225 Die Zitatfunktion ist also durch den Adressaten und die Gattung der Briefe bestimmt. In Freundschaftsbriefen an enge Vertraute wie Atticus oder 220  Vgl. fam. I,9,19; Behrendt 2013, 174–175. Im Anschluss daran fasst Cicero seinen Gedankengang noch einmal zusammen, wobei er die Freiwilligkeit seines Entschlusses hervorhebt und sich der Zustimmung des Lentulus versichert. Vgl. Lossmann 1962, 145–147. 221  Auf diesen Umstand macht Behrendt aufmerksam, die die Einbettung des Zitats ausführlich untersucht hat. Vgl. Behrend 2013, 174.178. Büchner und Lossmann erwähnen die Funktion des Zitats dagegen nur am Rande. Laut Büchner gesteht Cicero mithilfe des Zitats auf graziöse Weise seine Eifersucht gegenüber Clodius ein. Vgl. Büchner 1969, 232. Lossmann erklärt zusätzlich: „Die Verse sollen hier noch einmal den gleichen Zweck erfüllen wie in der Rede und der Spannung mit der Nobilität etwas von ihrer Schärfe nehmen.“ Lossmann 1962, 146. 222  Vgl. Stahlenbrecher 1957, 43–47; Schneider 1998, 289–290; Behrendt 2013, 179–180. 223  Vgl. Behrendt 2013, 180–181. 224  Vgl. fam. I,9,12.18.19; III,8,8; VI,6,6; VI,18,5; VII,6,1–2; VII,13,2; VII,16,1; IX,7,1–2; XII,14,7; XIII,15,1–2; XV,19,2; XVI,8,2. 225  Vgl. Att. I,1,4; I,19,8; II,3,4; II,7,4; II,9,3; II,25,1; IV,8a,2; IV,11,2; IV,15,7; V,10,3; V,11,5; VI,1,8; VI,3,7; VII,18,4; IX,2a,2; IX,13,1.4; XIII,12,3; XIV,20,3.

2.4  Funktion der Zitate

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Quintus226 bedarf es relativ betrachtet deutlich seltener eines Belegtextes in Zitatform als in tadelnden, ermahnenden oder halböffentlichen Schreiben an politische Verbündete. Die von Quintilian angeführte Beweisfunktion von angeführten Dichterversen kommt gerade dann zum Tragen, wenn strittige T hemen (ähnlich wie in einem Gerichtsverfahren) eine rhetorische Argumentation erforderlich machen.227 Dass ein solches Vorgehen in der römischen Antike verbreitet war, ist deshalb anzunehmen, weil neben Cicero auch einige seiner Adressaten Zitate in dieser Funktionsweise anwenden.228 Drei der aufgezählten Briefe aus Ad familiares stammen nämlich nicht aus Ciceros Feder. Zum einen handelt es sich bei fam. XVI,8 um ein Schreiben von Ciceros Bruder Quintus an dessen Sekretär Tiro, zum anderen richtet Gaius Cassius in fam. XV,19 und Lentulus Junior, der Sohn des oben erwähnten ehemaligen Statthalters von Kilikien, in fam. XII,14 das Wort an Cicero. In dem zuletzt genannten Brief hat sich die Situation im Vergleich zum ersten Beispiel umgekehrt. Nun ist es nicht Cicero, der Rede und Antwort steht, sondern Lentulus’ Sohn, der sich gegenüber Cicero rechtfertigt, indem er seinen bisherigen Einsatz für den Staat erläutert und Cicero darum bittet, sich dafür einzusetzen, dass ihm die Statthalterschaft in Asien übertragen werde.229 Seine Bitte begründet er zunächst mit einer Aufzählung der Taten, mit denen er sich bisher um den Staat verdient gemacht habe (fam. XII,14,6). Dann hebt er die schwierigen Begleitumstände seines Handelns hervor. Sogar Freundschaften und verwandtschaftliche Beziehungen habe er für seinen Einsatz für den Staat geopfert. Seine einzige Motivation sei die Liebe zum Vaterland gewesen, wie er mithilfe eines Zitats aus einer unbekannten griechischen Tragödie230 erklärt: Sed ‚πατρίδα ἐμὴν μᾶλλον φιλῶν‘ omnibus meis bellum primus indixi. (Aber ‚weil ich 226  In den zehn Briefen an Quintus, die Zitate enthalten, trifft dies nur auf Q.fr. III, 1,23 zu. 227  Einen Sonderfall stellen hierbei die Textstellen dar, in denen Zitate nicht als eigenständige Argumente, sondern lediglich als Belegbeispiele angeführt werden. Dies trifft zum einen bei Diskussionen über die sprachliche Richtigkeit bestimmter Wendungen wie in Att. VII,3,10 oder Att. XIII,21,3 zu (vgl. Stahlenbrecher 1957, 26–27.200–201), zum anderen bei Aufzählungen zur Darstellung von T heateraufführungen wie in fam. VII,1,2 (vgl. Stahlenbrecher 1957, 201–202) oder für die Unanstößigkeit von Begriffen wie in fam. IX,22,1 (vgl. Stahlenbrecher 1957, 210–212). 228  Vgl. Stahlenbrecher 1957, 238–240. 229  Ursprünglich war Lentulus Qaestor unter Trebonius in Asien. Nach dessen Ermordung wurde er von Dolabella aus der Provinz vertrieben. Vgl. Shackleton Bailey 1977b, 545. Nun sei er nach Asien zurückgekehrt, um seine Arbeit wieder aufzunehmen und Dolabella an einer Vereinigung mit den Antoniern zu hindern. Die Verwaltung der Provinz sei derweil den Konsulen übertragen worden. Da diese es aber nicht eilig hätten, während ihres Amtsjahres in die Provinz zu gehen, hofft Lentulus, dass er in der Zwischenzeit mit der Statthalterschaft beauftragt werde. Vgl. fam. XII,14,1–5. 230  Shackleton Bailey vermutet, dass der Vers aus Euripides’ Eurechtheus stamme. Vgl. Shackleton Bailey 1977b, 547.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

mein Vaterland mehr liebe‘, habe ich all meinen Freunden als Erster den Krieg erklärt.) (fam. XII,14,7). Der junge Lentulus setzt hier das unbekannte Zitat in ähnlicher Weise ein wie Cicero das Platonwort in fam. I,9,18. Es gibt einen politischen Leitgedanken wieder, der das bisherige Handeln legitimiert. Im Gegensatz zu fam. I,9,18 entfaltet das Zitat hier aber nicht durch die Autorität des Autors, sondern allein durch die eigene Aussagekraft seine Wirkung. Es rechtfertigt die Abkehr von Freunden und bildet die Grundlage für die anschließende Forderung nach Unterstützung durch den Senat. Lentulus wolle sich auch weiterhin für den Staat einsetzen, aber mit ein wenig Anerkennung könne er dies noch viel effizienter tun, heißt es nämlich im Anschluss an das Zitat. Indirekt wird damit noch einmal die Bitte an Cicero aufgegriffen, sich für ihn im Senat einzusetzen und wiederum erweist sich hier das Zitat als hilfreich. Denn es verbindet die Adressaten auf intellektueller Ebene. Cicero liebt griechische Verse und Vaterlandsliebe ist nach eigener Aussage auch seine oberste Handlungsmaxime.231 Somit begründet das Zitat nicht nur Lentulus’ eigenes Verhalten, sondern könnte auch eine mögliche Begründung dafür darstellen, warum Cicero Lentulus’ Bitte nachkommen sollte. b. Zitieren zur Veranschaulichung einer Aussage Anstelle der Beweisfunktion, die vorrangig in politischen Schreiben vorkommt, steht in den Privatbriefen eine andere Funktion im Zentrum. In über 50 % der Fälle in den Briefen an Atticus dient das Zitat zur Charakterisierung einer Situation oder Person. In den Briefsammlungen Ad familiares und Ad Quintum fratrem trifft man diese Funktionsweise hingegen seltener an,232 nur in etwa 20 % der Fälle. Wiederum bestimmen Adressat und Briefgattung die Zitatfunktion, so auch in fam. VII,33. Das Schreiben aus dem Jahre 46 v. Chr. ist an den römischen Ritter Publius Volumnius Eutrapelus233 adressiert. Nach zwei scherzhaften Bemerkungen darüber, dass Volumnius es bedauere, bei Ciceros Redeübungen nicht dabei gewesen zu sein, schlägt Cicero plötzlich ernstere Töne an: Nos enim plane, mi suavissime Volumni, aut nihil sumus aut nobis quidem ipsis displicemus gregalibus illis, quibus te plaudente vigebamus, amissis … (Ich bin nämlich, mein liebster Volumnius, entweder gar nichts mehr oder aber mit mir selbst unzufrieden, nach231 

Vgl. fam. I,9,18. Behrendt beschränkt sich dieser Funktionsbereich fast ausschließlich auf die Briefe an Atticus und stellt daher ein Charakteristikum dieser Korrespondenz dar. Vgl. Behrendt 2013, 195. Wenn man allerdings die Textbasis ausweitet, zeigt sich, dass auch in einigen Briefen an Quintus und an andere engere Freunde Beispiele hierfür zu finden sind. Vgl. fam. II,9,1–2; VI,6,6; VII,28,2; VII,30; VII,31,2; VII,33,1; VIII,2,1; IX,7,1–2; IX,26,2; Q.fr. I,2,1.13; II,14,5; III,5,4.8. 233  Der Beiname bezieht sich wahrscheinlich auf dessen Humor. Vgl. Kasten 2004, 975. 232  Laut

2.4  Funktion der Zitate

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dem ich jene Kameraden verloren habe, durch die ich, unterstützt von deinem Beifall, aufblühte …) (fam. VII,33,1). Anrede und pluralis maiestatis zeigen, dass sich der Tonfall ändert. Statt Humor übernimmt nun Pathos die Führung. Cicero leidet unter seiner eigenen Situation und beklagt sich darüber. Der Verlust seiner Kameraden hat auch Auswirkungen auf sein eigenes Verhalten. Er selbst zeige keine Höchstleistungen mehr bei seinen Auftritten und wenn ihm doch einmal etwas Hervorragendes gelinge, müsse er seufzen, quod haec ‚pinnigero, non armigero, in corpore tela exerceantur‘, ut ait Philoctetes apud Accium, ‚abiecta gloria‘ (weil diese ‚Wurfgeschosse an einem befiederten, nicht an einem bewaffneten Körper trainieren‘, wie Philoctetes bei Accius sagt, ‚ohne Ruhm‘) (fam. VII,33,1). Das heißt, nicht nur sein eigenes Auftreten, sondern auch die Zuhörerschaft lasse zu wünschen übrig. Diese Kritik ist in ein Zitat aus dem Philoctetes des Accius234 verpackt. Hauptfigur und Autor werden dabei explizit benannt. Daneben weisen das verbum dicendi ait (sagt er) und das Metrum auf die Zitation eines fremden Ausspruches hin.235 Cicero vergleicht seine eigene Situation mit der des Philoctetes, der sein eigenes Handeln als unrühmlich beschreibt, da er nicht gegen bewaffnete Gegner kämpfe. Denn Cicero erteilt zwar Rhetorikunterricht, aber seine Zuhörer seien ebenso wie die Gegner des Philoctetes unbewaffnet. Ihnen fehle das nötige Urteilsvermögen, das Volumnius hingegen besitze, wie im folgenden Abschnitt deutlich wird. Dessen Kommen sei der einzige Lichtblick, weil Cicero so den Verpflichtungen entfliehen und sich gemeinsam mit ihm der Muße widmen könne (vgl. fam. VII,33,2).236 Bereits um 60 v. Chr. hatte sich Cicero aufgrund seiner politischen Isolation mit der Gestalt des Philoctetes, der auf einer Insel ausgesetzt wurde, identifiziert.237 Nun kurz vor der Ermordung Caesars greift er wiederum auf diese Gestalt zurück, um seine derzeitige Situation zu veranschaulichen. Der Rückgriff auf eine mythische Gestalt bietet die Möglichkeit die Trostlosigkeit seiner Situation zu steigern und sich mit einem Helden gleichzusetzen. Zudem wird durch den Briefzusammenhang erkennbar, dass das Zitat indirekt ein Lob für Volumnius enthält. Denn dieser ist ein „bewaffneter“ Zuhörer, weil er aufgrund seines feinen Urteilsvermögens über dasselbe Können wie Cicero verfüge. In diesem Freundschaftsbrief charakterisiert Cicero also seine eigene unrühmliche Situation durch einen Vergleich mit einer mythischen Figur und hebt gleichzeitig seine Verbundenheit mit dem Adressaten hervor, indem er ihn über seine 234 

Vgl. Shackleton Bailey 1977b, 342. Zur Markierung des Zitats vgl. auch die Ausführungen auf S. 38–39. 236  Laut Stahlenbrecher bringt Cicero mit dem Zitat Kritik an seiner Gesamtsituation zum Ausdruck. Seine schriftstellerische Tätigkeit, auf die mit dem Adjektiv pinnigero (befiedert) angespielt werde, stelle keinen würdigen Ersatz für sein vorheriges politisches Wirken dar. Vgl. Stahlenbrecher 1957, 109–111. 237  Vgl. Spahlinger 2005, 231. 235 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

derzeitigen Zuhörer stellt und ihre gemeinsamen intellektuellen Vorlieben hervorhebt. Ebenso wie bei der vorangehenden Kategorie enthält die Briefsammlung Ad familiares auch für diese Form des Zitateinsatzes ein Beispiel eines anderen Verfassers. In fam. VIII,2 zitiert Ciceros Freund Marcus Caelius Rufus238 aus dem Teucer des Pacuvius, um Cicero, der sich gerade als Statthalter in Kilikien befindet, eine bestimmte Situation in Rom zu veranschaulichen. Das Schreiben vom Sommer 51 v. Chr.239 beginnt medias in res: Certe, inquam, absolutus est – me praesente pronuntiatum est – et quidem omnibus ordinibus et singulis in uno quoque ordine sententiis. (Gewiss, sage ich, er ist freigesprochen worden – ich war dabei, als es verkündet wurde – und zwar von allen Ständen und mit je einer Stimme in jedem Stand.). Caelius geht davon aus, dass Cicero bereits vom Freispruch des Marcus Valerius Messalla Rufus240 gehört habe (certe, inquam) und bestätigt nun diese Nachricht, indem er seine Augenzeugenschaft und das besondere Stimmenverhältnis herausstellt.241 Anschließend schildert er seine eigene Überraschung über den Prozessausgang und die negative Reaktion des Publikums darauf. Während er selbst sich als Freund des Angeklagten schon getäuscht242 gefühlt habe, hätten die übrigen Anwesenden ihr Missfallen offen und lautstark geäußert. Die Verärgerung des Volkes über das Gerichtsurteil habe sich auch an späterer Stelle noch einmal gezeigt, als dessen Anwalt Hortensius am Tag nach dem Freispruch das T heater betreten habe: Hic tibi ‚strepitus fremitus clamor tonitruum et rudentum sibilus‘ (Hier für dich ‚Lärm, Getöse, Geschrei, Donner und Pfeifen der Brüllenden‘) (fam. VIII,2,1). 238  Marcus Caelius Rufus, der Sohn eines wohlhabenden Ritters, ist Cicero zu Dank verpflichtet, da er von Cicero in die Politik eingeführt und 56 v. Chr. erfolgreich vor Gericht verteidigt worden ist. Vgl. Fuhrmann 1980, 7.14. Der gesamte Briefwechsel zwischen Caelius und Cicero zeigt, dass beide ein herzliches Verhältnis verbindet. Denn Cicero scherzt mit ihm ebenso wie mit Atticus (vgl. fam. II,10.16), redet ihn mit „mein Rufus“ an (vgl. fam. II,10.12) und erzählt ihm offen von seinen Empfindungen (vgl. fam. II,11.13.16). Genauso verhält sich auch Caelius gegenüber Cicero, wobei er ihm offen seine Einschätzung der Geschehnisse in Rom schildert (vgl. fam. VIII,1–14). Dies war allerdings nicht immer so und bleibt auch nicht so. Während Ciceros Konsulat kam es kurzzeitig zur Entfremdung der beiden, da Caelius sich Catilina anschloss (vgl. Cic.Cael. 11–12). Im Bürgerkrieg wiederum schließt sich Caelius Caesar an und enttäuscht so zum zweiten Mal die Erwartungen seines einstigen Beschützers (fam. VIII,15–17). Daher ist es nicht verwunderlich, wenn Cicero im Brutus resigniert feststellt, dass Caelius sich durch seinen politischen Wechsel selbst zugrunde gerichtet habe (Cic.Brut. 273). Für eine ausführliche Betrachtung der Beziehung vgl. Oppermann 2000, 257–260. 239  Zur Datierung vgl. Shackleton Bailey 1977a, 384–385. 240  Zu den Hintergründen des Prozesses vgl. Shackleton Bailey 1977a, 385. 241  Vgl. Shackleton Bailey 1977a, 385. 242  Zur Bedeutung des lateinischen Partizips captus an dieser Stelle vgl. Shackleton ­Bailey 1977a, 385.

2.4  Funktion der Zitate

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Caelius gibt hier das Geschehen in anschaulicher Weise mithilfe eines Tragödienverses aus dem Teucer des Pacuvius,243 der nur durch das Metrum markiert ist, wieder. Dazu greift er auf einen pathetischen Vers aus einem Drama zur Charakterisierung eines Vorkommnisses im T heater zurück, der zugleich lautmalerische Züge trägt. So führt er Cicero das Geschehen nicht nur visuell vor Augen, sondern sogar auditiv vor Ohren.244 Dass dieser Eindruck intendiert ist, belegt die direkte Anrede hic tibi (hier für dich). Damit Cicero, der nicht dabei sein konnte, das Geschehen doch noch miterleben kann, nutzt Caelius zunächst die Onomatopoesie des Pacuvius und fügt dann ein eigenes Bild hinzu, um den Gesamteindruck der Szenerie zu vervollständigen. Hortensius, der bis ins hohe Alter noch nie ausgepfiffen worden sei, habe den Unmut der Leute nun so stark zu spüren bekommen, dass es für ein ganzes Leben reiche. Beide Beispiele belegen, dass in römischen Freundschaftsbriefen des ersten Jahrhunderts v. Chr. Zitate zur Veranschaulichung einer Situation eingesetzt wurden. Zahlreiche weitere Belege hierfür findet man in den Briefen an Atticus. Zusätzlich gibt es in dieser Briefsammlung mehrere Fälle, in denen anstelle einer Situation eine Person mithilfe eines Zitats charakterisiert wird.245 In Att. X,1,1 erklärt Cicero, dass er großen Wert auf das Urteil des Sextus Peducaeus lege. Seine Wertschätzung begründet er mit einem Rat, den ihm dessen Vater in einer schwierigen Situation erteilt habe: μὴ μάν ἀσπουδί γε καὶ ἀκλειῶς […], ἀλλὰ μέγα ῥέξας τι καὶ ἐσσομένοισι πυθέσθαι (gewiss nicht kampflos und ruhmlos […],246 sondern Großes vollbringend, etwas, wovon auch noch Künftige hören werden) (Att. X,1,1). Bei dem Ratschlag handelt es sich um Hektors letzte Worte vor seinem Tod in Homers Ilias.247 Der Hintergrund des Prätextes ist an dieser Stelle aber nicht entscheidend wie die Auslassung der zentralen Verbform zeigt. Es geht Cicero hier vielmehr um die allgemeine Aussage der Verse, die Ermahnung zur Standhaftigkeit und zur Bewahrung des guten Rufs. Denn gerade daran sei die Vor243 

Vgl. Shackleton Bailey 1977a, 386. Vgl. Stahlenbrecher 1957, 230–231; Rühl 2018, 47. 245  Vgl. Att. I,20,3; II,1,5; II,16,2; II,19,2–3; IV,9,1; VII,8,4; VIII,5,1; IX,7,3; X,1,1; X,8,7; XIII,25,3. 246  Warum an dieser Stelle die Verbform ἀπολοίμην ausgelassen wird, ist umstritten. Laut Shackleton Bailey vermeidet Cicero hier möglicherweise die nicht zur Syntax passende erste Person Singular. Vgl. Shackleton Bailey 1968, 397. Behrendt meint hingegen in Anlehnung an Tyrrell/Purser, dass bereits Sextus Senior darauf verzichtet habe, da die Verbform am Tag der Verurteilung der Teilnehmer an der catilinarischen Verschwörung, der Situation, in der Sextus den Rat erteilt habe, unangemessen gewesen sei. Vgl. Behrendt 2013, 255. Am wahrscheinlichsten ist es, dass die Auslassung den allgemeinen Charakter des Rates unterstreicht. Wenn die Verbform fehlt, rückt nämlich die ursprüngliche Todessituation in den Hintergrund. Die Aussage gilt nun für jegliche politische Entscheidungssituation und passt damit zum Bild des standhaften Römers, das Cicero an dieser Stelle von Sextus zu zeichnen versucht. 247  Vgl. Hom.Il. XXII,304–305. 244 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

bildlichkeit des Sextus ablesbar, wie Cicero anschließend erklärt (eius igitur mihi vivit auctoritas). Die Auswahl und das Zitieren dieses Homerverses in so einer Situation zeichne Sextus Senior als entschlossenen und standhaften Römer aus. In diesem Brief dient also nicht nur die Zitataussage, sondern der Akt des Zitierens selbst zur Charakterisierung des Sextus Peducaeus und seines Sohnes, der ihm gleiche und daher ebenso viel Einfluss auf Cicero habe wie sein Vater.248 Während man solche Personencharakterisierungen durch Zitate in den Briefen an Atticus häufiger antrifft, gibt es dafür in Ad familiares nur einen Beleg, der zugleich einen Sonderfall darstellt, da die Beschreibung in spöttischer Weise erfolgt und wiederum den Akt des Zitierens in den Blick nimmt. In fam. II,9 gratuliert Cicero dem bereits bekannten Marcus Caelius Rufus zu seiner Wahl zum Ädil und verspottet anschließend dessen Mitbewerber, Gaius Lucilius Hirrus. Anlass zum Spott bietet zum einen ein Sprachfehler des Hirrus, der nicht namentlich genannt wird, sondern als ille (jener) bezeichnet wird. Durch die wiederholte Ersetzung von Hirrus durch ille bildet Cicero den Sprachfehler des gescheiterten Mitbewerbers ab, der vermutlich Schwierigkeiten mit der Aussprache des Buchstabens „r“ gehabt und daher „l“ statt „r“ gesprochen habe.249 Diese Vermutung liegt aufgrund einer Aussage Ciceros im folgenden Brief nahe. Hier heißt es nämlich: de Hillo – balbus enim sum (bezüglich Hillus – ich stottere nämlich).250 Zum anderen bildet eine weitere Eigenart des Mannes die Grundlage für Ciceros spöttische Bemerkungen: egique omnis illos adulescentis quos ille actitat251 (und ich habe die Rollen all jener jungen Männer übernommen, die jener gewöhnlich spielt) (fam. II,9,1). So wie Hirrus dazu neige, sich in die Rolle junger Männer hineinzuversetzen, wolle Cicero nun dessen Rolle übernehmen: Difficile est loqui; te autem contemplans absentem et quasi tecum coram loquerer:   ‚non edepol quantam rem egeris neque quantum facinus feceris‘; quod quia praeter opinionem mihi acciderat, referebam me ad illud:   ‚incredibile hoc factum obicitur‘; repente vero incessi   ‚omnibus laetitiis laetus …‘.252 In quo cum obiurgarer, quod nimio gaudio paene desiperem, ita me defendebam:   ‚ego voluptatem animi nimiam …‘. (Es fällt mir schwer [so] zu sprechen; aber während ich dich als abwesend und als gleichsam bei mir betrachte, würde ich von Angesicht zu Angesicht zu dir sagen:

248 

Vgl. Behrendt 2013, 255–256. Vgl. Shackleton Bailey 1977a, 409; Rühl 2010, 148. 250  Vgl. fam. II,10,1. 251  Die alternative Lesart iactitat ist klassisch nur einmal bei Livius belegt. Zudem kann actitat als Rückgriff auf das voranstehende egi gedeutet werden. Vgl. Shackleton Bailey 1977a, 409. 252  Der Wortlaut geht auf eine Konjektur zurück. Vgl. Watt 1982, 59. 249 

2.4  Funktion der Zitate

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‚Nein, beim Pollux, welch große Sache du getan und welch große Tat du vollbracht hast‘; [und] weil es mir nun wider Erwarten passiert ist, bezöge ich mich auf jenes: ‚Diese unglaubliche Tat widerfährt mir‘; plötzlich aber ginge ich einher ‚durch alle Freuden froh …‘. Wenn man mich dabei tadelte, dass ich vor allzu großer Freude beinahe närrisch sei, würde ich mich so verteidigen: ‚Ich [halte es für] ein sehr großes Vergnügen für den Geist …‘.) (fam. II,9,2).

Cicero reiht hier zwei Zitate von einem unbekannten Autor, ein Zitat von Caecilius und ein Zitat von Trabea aneinander,253 die jeweils durch ihr Metrum und durch ein Verb des Sagens als fremde Rede kenntlich gemacht sowie miteinander verbunden werden.254 Da die Zitate sogar doppelt zitiert werden – Cicero gibt sie aus der Sicht des Hirrus wieder –, steht nicht der Inhalt der Zitatsegmente, sondern der Akt des Zitierens im Fokus.255 Hirrus scheint nicht nur gerne die Rolle des nobilis aus der römischen Komödie zu übernehmen, wie dessen Beschreibung durch Caelius in fam. VIII,2 nahelegt,256 sondern auch häufig daraus zu zitieren. Dies macht Cicero durch die dichte Aneinanderreihung verschiedener Komödienzitate und die anschließende Erklärung deutlich: Dum illum rideo, paene sum factus ille. (Während ich jenen verspotte, bin ich beinahe selbst jener geworden.). Nach Ciceros Ansicht neigt Hirrus dazu, Komödienzitate sinnlos aneinanderzureihen. Genau dieses Verhalten, das Zuviel des Zitierens, veranschaulicht und kritisiert Cicero durch seine Rollenübernahme. Die Anführung der Zitate dient also dazu, eine Eigenart eines politischen Gegners darzustellen und zu verspotten.257 Alle angeführten Beispiele zeigen, wie vielfältig Cicero Zitate zur Veranschaulichung von Situationen und zur Charakterisierung von Personen nutzt. Entgegen Anja Behrendts Feststellung258 trifft man diese Zitatfunktion aber nicht fast ausschließlich in den Briefen an Atticus an, sondern auch in einigen anderen Schreiben. Gleichwohl ist sie in der Briefsammlung Ad Atticum deutlich häufiger zu finden.

253  Vgl. Shackleton Bailey 1995, 157. Es gibt auch andere Zuordnungen der Zitate, vgl. z. B. Kasten 2004, 950. Möglicherweise handelt es sich bei den ersten beiden Zitaten um erdachte Zitate des Hirrus. Die anderen beiden Zitate sind auch an anderer Stelle bei Cicero belegt. Vgl. Rühl 2010, 148–149. 254  Zur Markierung der Zitate vgl. die Ausführungen auf S. 37–38. 255  Vgl. Rühl 2010, 148–149. 256  Caelius beschreibt Hirrus in fam. VIII,2,2 als nobilem agentem. 257  Laut Schneider handelt es sich dabei sogar um eine freundschaftliche Gegenleistung für Caelius’ Wahlerfolg. So wie Caelius durch seinen Sieg sich an Ciceros Feinden gerächt habe, erweise Cicero ihm nun durch das literarische Spiel mit Zitaten seine Anerkennung. Vgl. Schneider 1998, 482–485. 258  Vgl. Behrendt 2013, 195.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

2.4.3  Relationale Funktionen In der römischen Republik werden Briefe nicht nur zum Informationsaustausch, sondern auch zur Beziehungspflege eingesetzt. Sie übernehmen sämtliche Funktionen eines persönlichen Gesprächs, welches sie aufgrund der räumlichen Entfernung ersetzen.259 Ebenso wie die direkte Konversation erfordert auch der briefliche Austausch den Einsatz von Höflichkeitsstrategien. Da politischer Erfolg von Kooperationen mit anderen abhängig ist und die römische Aristokratie dem sozialen Status große Bedeutung beimisst, ist der Verfasser eines Briefes ständig darum bemüht, die soziale Distanz zum Adressaten zu reduzieren, ohne dessen soziale Stellung zu verringern.260 In diesem Spannungsfeld bewegt sich auch der Zitateinsatz in Ciceros Briefen. Neben argumentativen Funktionen erfüllen Zitate Funktionen auf der Beziehungsebene. Einerseits stellt Cicero durch das Zitieren von gemeinsamem Bildungsgut eine Verbindung zwischen sich und seinen Adressaten her, andererseits versteckt er in seinen Zitaten Kritik an den Adressaten oder kompensiert Ratschläge sowie Bitten mit deren Hilfe. Wie dies im Einzelnen aussieht, soll nun anhand von Beispielen erläutert werden. a. Schaffung und Erhalt von Verbundenheit durch Zitate Ich beginne mit der häufigeren relationalen Funktion. Etwa 20 % der Zitate in den Briefen an Atticus261 und etwa 40 % der Zitate in den Briefen Ad familiares262 werden zur Verstärkung der Beziehung zwischen den Briefpartnern verwendet. Betrachtet man die zeitlichen Hintergründe und die Adressaten der jeweiligen Briefe, fällt auf, dass Cicero diese Taktik gerade dann einsetzt, wenn politische Umbrüche oder hierarchische Differenzen eine Betonung der Gemeinsamkeiten erforderlich machen. So ist Cicero z. B. nach seiner Begnadigung durch Caesar auf der Suche nach Verbündeten und schreibt deshalb 46 v. Chr. Briefe an Marcus Terentius Varro, der ebenso wie er im Bürgerkrieg auf Pompeius’ Seite gekämpft, sich aus dem Kampf zurückgezogen hat und von Caesar begnadigt worden ist.263 Aufgrund ihrer politischen Interessen sind beide einander respektvoll zugetan, aber nicht freundschaftlich verbunden, wie Bemerkungen in Ciceros Briefen an Atticus zeigen.264 Beide verbindet dieselbe Ausgangssituation: Sie 259 

Vgl. White 2010, 20–28. Vgl. Hall 2009, 8–15. 261  Vgl. Att. V,12,1; VI,1,22; VI,9,3; VII,1,6; VII,13,4; IX,6,6; IX,7,5; X,2,1; XII,6a,1; XIV,10,1; XIV,13,1; XIV,14,1, XV,4,1; XV,7; XVI,5,5; XVI,11,1; XVI,13,2. 262  Vgl. fam. II,9,2; V,12,7; VI,18,5; VII,6,1–2; VII,16,1; VII,31,2; VII,33,1; IX,7,1–2; IX,26,2; XII,14,7; XIII,15,1–2; XV,6,1; XV,19,2. 263  Vgl. Kasten 2004, 982. 264  Vgl. Leach 1999, 165–166; Behrendt 2013, 149–150. Cicero achtet zudem in seinen Briefen an Varro strikt auf die Einhaltung der Konventionen politischer Freundschaften, wenn er jeden Rat oder abweichenden Entschluss durch Bezug auf ihre gemeinsamen In260 

2.4  Funktion der Zitate

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warten auf Caesars Rückkehr aus Afrika.265 Uneinig sind sie sich hingegen, wie sie dann, wenn es so weit ist, reagieren sollen. Während Cicero abwarten will, ist Varro der Ansicht, man solle Caesar entgegengehen. In einem seiner Schreiben (fam. IX,7) begründet Cicero daher sein abwartendes Verhalten, hebt aber zugleich seine Verbundenheit mit Varro hervor, indem er ihre intellektuellen Gemeinsamkeiten anhand mehrerer Zitate herausstellt.266 Der Brief fam. IX,7 gliedert sich in zwei Teile: Zuerst erklärt Cicero sein bisheriges Handeln und gibt Hinweise für das gemeinsame weitere Vorgehen (fam. IX,7,1). Dann nennt er Informationen, die dafür wichtig sein könnten, bzw. einen möglichen Informanten (fam. IX,7,1). Beide Briefteile enthalten je zwei T hemenschwerpunkte, denen jeweils ein Zitat zugeordnet ist, d. h. jedes Zitat hat eine eigene Funktion innerhalb der Argumentation. Nach Angabe der Empfangssituation begründet Cicero zunächst sein bisheriges Verhalten, wobei er auf ein Zitat aus Homers Ilias zurückgreift, das allein durch Sprach- und Schriftwechsel markiert ist: Volebam prope alicubi esse te, si quid bonae salutis; ‚σύν τε δύ᾽ ἐρχομένω …‘ (Ich wollte, dass du irgendwo in der Nähe bist, wenn sich ein Glücksfall ergäbe; ‚und wenn zwei zusammen gehen…‘) (fam. IX,7,1). Er habe auf eine glückliche Wendung gewartet und sich dafür wie Diomedes in der Ilias einen Gefährten gewünscht.267 Cicero zitiert hier nicht den vollständigen Vers, sondern nur wenige Worte davon an. Für den Gelehrten Varro ist es ein Leichtes den Rest des Verses zu ergänzen: Σύν τε δύ᾽ ἐρχομένω καί τε πρὸ ὃ τοῦ ἐνόησεν. (Und wenn zwei zusammen gehen, denkt der eine für den anderen.) (Hom.Il. X,224). Die Worte sind Teil der Rede, die der Grieche Diomedes hält, bevor er als Späher ins feindliche Lager der Trojaner geschickt wird. Cicero überträgt dessen Aussage auf seine und Varros Situation, um sie als gefährlich und seinen Wunsch nach einem Gefährten als ernsthaftes Anliegen darzustellen. Er weist darauf hin, dass sie einander in dieser schwierigen Situation brauchen. Im nächsten Satz legt Cicero dann dar, warum er von seiner Abwartetaktik abgewichen sei. Da sich die politische Situation verändert habe, müsse man selbst zur Tat schreiten. Daher speise er mit den derzeitigen Machthabern und passe sich so den Zeitumständen an. Dieses Vorgehen rechtfertigt er zum einen mit lateinischen Sprichwörtern, wobei er mit equis viris (mit Pferden und Mänteressen zu kompensieren versucht. Vgl. z. B. fam. IX,3,1–2 oder fam. IX,2,4–5. Zusätzlich stellt er Varro als denjenigen dar, der den besseren Kurs eingeschlagen habe und lobt dessen intellektuelles Streben. Vgl. Leach 1999, 166. 265  Dies ist nur eine Gemeinsamkeit der Briefpartner, die Cicero hervorhebt. Vgl. Leach 1999, 167–168. 266  Vgl. Baier 1997, 27–42.70. In fast jedem seiner Briefe an Varro hebt Cicero ihr gemeinsames Interesse an der Literatur hervor. Vgl. fam. IX,1–4.6–8. Daneben scherzt er mit ihm, wobei er griechische und philosophische Anspielungen verwendet. Vgl. fam. IX,2,2; IX,3,2; IX,4. 267  Vgl. Hom.Il. X,224.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

ner) die Entschlossenheit und mit tempori serviendum est (man muss der Zeit dienen) die Notwendigkeit seines Handelns hervorhebt.268 Zum anderen nutzt er das Schicksal des Lucius Caesar, das er mit einem Zitat aus der Andria des Terenz verknüpft, als Begründung: Nam ut audivi de L. Caesare filio, mecum ipse ‚quid hic mihi faciet patri?‘ (Denn als ich von Lucius Caesar, dem Sohn, hörte, dachte ich bei mir ‚Was wird dieser mit mir, dem Vater, machen?‘) (fam. IX,7,1). Der junge Lucius Caesar ist zwar von Gaius Iulius Caesar begnadigt, aber kurz darauf von den Soldaten ermordet worden.269 Das Zitat ist nur durch das Metrum als solches erkennbar. Im Prätext stellt der alte Athener Simo seinem Freigelassenen Sosia diese Frage, nachdem sein Sohn bei der Trauerfeier für eine Nachbarin sehr betrübt gewesen ist.270 Cicero erwartet also ausgehend vom Beispiel des Lucius Caesar auch für sich selbst negative Konsequenzen aus seiner Unterstützung für Pompeius. Unklar ist allerdings, in welchem Verhältnis er sich und den jungen Caesar sieht. Überträgt man die Personenkonstellation des Zitatkontextes auf die von Cicero konstruierte Situation, bezeichnet er Lucius Caesar als Sohn und sich als Vater. Shackleton Bailey schließt daraus, dass Cicero lediglich den Alters­ unterschied hervorheben wolle und dass der primäre Zitatkontext keine Rolle für die Interpretation ­spiele.271 Behrendt widerspricht dieser Ansicht, weil Cicero selbst in seiner rhetorischen Schrift De oratore die Terenzpassage als Beispiel für eine comparatio ex minore an­führe.272 Dem dort angesprochenen Vorgehen folge Cicero auch in diesem Fall, indem er die drei Hauptfiguren aus der Komödie mit historischen Personen gleichsetze und deren Beziehungsgeflecht als Vergleichsmoment nutze. Wie Simo von seinem Sohn eine gewaltige Trauer nach seinem eigenen Tod erwarte, da er bereits über den Tod der fernstehenden Nachbarin sehr betrübt gewesen sei, so befürchte Cicero vom Imperator Caesar eine härtere Bestrafung als die, die Lucius Caesar erfahren habe, da er deutlich stärker in die politische Bewegung involviert gewesen sei.273 Behrendts Analyse zeigt, dass Cicero den Kontext des Prätextes berücksichtigt und das Dichterzitat als Begründung für sein Handeln einsetzt. Zugleich wird der Ernst des T hemas durch das Komödienzitat etwas abgeschwächt. „Dass Cicero eine solche Wirkung anstrebt, beweist nicht zuletzt der Satz, mit dem er den Abschnitt beschließt und zum nächsten Passus überleitet: sed ridicula missa (Cic. fam. 9,7,2,1).“274 Mit dieser Überleitung wendet sich Cicero vom Komödienzitat ab und einem ernsteren T hema zu. Passenderweise greift er dazu auf einen Vers aus den An268 

Vgl. Behrendt 2013, 151. Vgl. Kasten 2004, 982. 270  Vgl. Ter.Andr. 112. Zu dem Zeitpunkt weiß Simo aber bereits, dass sein Sohn in die Schwester der Verstorbenen verliebt ist. 271  Vgl. Shackleton Bailey 1977b, 314. 272  Vgl. Cic. or. 2,172; Lefèvre 2008, 17. 273  Vgl. Behrendt 2013, 152–155. 274  Behrendt 2013, 155. 269 

2.4  Funktion der Zitate

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nalen des Ennius zurück, der wiederum nur durch das Metrum markiert wird: Africa terribili tremit horrida terra tumultu. (Afrika, das raue Land, bebt vor schrecklichem Aufruhr.) (fam. IX,7,2). Ennius wird hier als Autorität für Kenntnisse über die Verhältnisse in entfernteren Regionen angeführt. Aufgrund dessen Einschätzung bezüglich Afrikas erwartet Cicero das Schlimmste für die weitere politische Entwicklung. Er leitet seine eigenen Befürchtungen aus den Worten des Ennius ab, um ihnen mehr Gewicht zu verleihen. Wie es damals war, so ist es auch heute: Aus Afrika können keine guten Nachrichten kommen. Anschließend folgen Vermutungen über mögliche Rückreiserouten Caesars.275 Cicero hofft diesbezüglich auf Informationen von Dolabella, der während des Schreibprozesses eintrifft. Die Erwähnung Dolabellas verleitet Cicero zu einem Scherz, der mit einem Zitat aus einer unbekannten griechischen Tragödie endet, das wiederum nur durch Sprach- und Schriftwechsel markiert ist: Eum puto magistrum fore; ‚πολλοὶ μαθηταὶ κρείσσονες διδασκάλων‘. (Ich glaube, er wird unser Lehrer sein; ‚viele Schüler sind besser als ihr Lehrer‘.) (fam. IX,7,2). Der Witz der Aussage besteht darin, dass die Verhältnisse zwischen Cicero und seinem Schwiegersohn umgekehrt werden. Aus dem Schüler Ciceros wird dessen Lehrer.276 Zugleich klingt hier in ironischer Weise an, dass sich das hierarchische Verhältnis zwischen Cicero und seinem Schwiegersohn aufgrund der politischen Gegebenheiten verschoben hat.277 Jedes der vier Zitate hat also seine ganz eigene argumentative Funktion innerhalb der verschiedenen Textabschnitte. Allen gemeinsam ist dagegen, dass Cicero ihre Kenntnis voraussetzt. Denn er verzichtet auf Herkunftsangaben und hält Metrum bzw. Sprachwechsel für ausreichende Markierungen. Da Varro als der Gelehrte der Antike gilt,278 ist es auch mehr als wahrscheinlich, dass ihm die Verse und deren Kontext geläufig sind. Zudem greift Cicero – zumindest bei den drei Zitaten, die sicher zugeordnet werden können – auf Autoren zurück, die einen hohen Stellenwert in Rom haben und auch von Varro geschätzt werden. Sowohl Homer als auch Terenz und Ennius sind Schulautoren und literarische Vorbilder zu Lebzeiten der Briefpartner.279 Beide heben die feine Charakterzeichnung des Terenz hervor und erkennen den Homerus-alter-Anspruch des Ennius 275  Wenn Cicero und Varro sich entschließen, Caesar entgegenzugehen, wie Varro es fordert, benötigen sie Informationen über dessen Reisepläne. Vgl. Shackleton Bailey 1977b, 313–315. 276  Vgl. Stahlenbrecher 1957, 105–106. Wahrscheinlich hat Cicero seinem Schwiegersohn Rhetorikunterricht erteilt. Vgl. Shackleton Bailey 1977b, 315. 277  Vgl. Stahlenbrecher 1957, 106. Die hier angesprochene Umkehrung des Lehrer-Schüler-Verhältnisses zwischen Cicero und Dolabella ist auch in einem Brief Ciceros an Dolabella erkennbar, in dem er ihm zu seinem Konsulat gratuliert. Cicero stellt sich dort scherzhaft als ehemaligen Ratgeber Dolabellas dar und hofft nun, etwas von dessen Ruhm abzubekommen. Vgl. fam. IX,14. 278  Vgl. Kasten 2004, 982. 279  Vgl. Bernard 1997, 333; Spahlinger 2005, 224.254; Albrecht 2012, 198.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

an. Zugleich sind diese Dichter Repräsentanten der „guten alten Zeit“.280 Somit zitiert Cicero traditionelles Bildungsgut und schafft dadurch eine intellektuelle Verbindung zwischen sich und Varro. Da beide keine verwandtschaftliche Beziehung oder enge Freundschaft verbindet, benötigt Cicero einen anderen Anknüpfungspunkt, um ihre Gemeinsamkeiten zu betonen. Deshalb zitiert er Autoren, die Varro schätzt, und verwendet eine ganze Fülle von Zitaten, die illustrieren sollen, wie urbanus die beiden Briefpartner sind. Neben ihrer jeweiligen inhaltlichen Funktion kommt den Zitaten also auch eine gemeinsame soziale Funktion als verbindendes Element zwischen zwei zeitweise politisch Verbündeten zu.281 Ebenso wie Cicero bemühen sich auch seine Adressaten, ihre freundschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten, indem sie Zitate als Mittel der Verbundenheit einsetzen. Neben dem bereits untersuchten Schreiben von Lentulus Junior (fam. XII,14) ist hier ein Brief von Gaius Cassius aus dem Jahre 45 v. Chr. zu nennen (fam. XV,19).282 Cassius, der sich aus den Kämpfen gegen die Pompejaner nach Brundisium zurückgezogen hat, hält mithilfe von Briefen den Kontakt zu Cicero aufrecht.283 Zu Beginn von fam. XV,19 hebt er seine Freude an eben dieser Korrespondenz hervor (fam. XV,19,1). Im Anschluss daran verleitet ihn das Beispiel des Pansa, der Rom unter allgemeiner Zustimmung verlassen habe, über die Förderung von Lust durch Tugend zu philosophieren. Er hofft darauf, dass man in Rom nun erkennen werde, was das wirklich Gute sei. Auch wenn es nicht leicht zu verstehen sei, τὸ καλὸν δι᾽ αὑτὸ αἱρετόν esse (dass das Gute um seiner selbst willen erstrebenswert sei), müsse man seiner Ansicht nach jetzt einsehen, dass Lust nur durch Tugend und Gerechtigkeit, d. h. das Gute, herbeigeführt werden könne. Cassius nimmt hier einen stoischen Gedanken auf, 280 

Vgl. Albrecht 2012, 198; Prinzen 1998, 159–160. Bereits 1973 hat Von Albrecht darauf hingewiesen, dass das Aufgreifen griechischer Fremdwörter in Ciceros Briefen der Verständigung und Kommunikation mit den Adressaten diene. Vgl. Albrecht 1973, 1274–1275. Kürzlich hat dies Rollinger in seinem Aufsatz zu Codewechseln im Briefverkehr bestätigt. Die darin beschriebenen Beispiele zeigen, wie Codewechsel im Briefaustausch des Cicero als kontaktknüpfendes und kontakterhaltenes Element zur Betonung der amicitia der Briefpartner durch den gemeinsamen kulturellen Hintergrund genutzt werden. Vgl. Rollinger 2015, 133–154. 282  Von der Korrespondenz zwischen Cicero und Cassius sind gleich mehrere Briefe aus verschiedenen Jahren erhalten. Zum einen hebt Cicero während seiner Statthalterschaft 51 v. Chr. in einem Brief seine freundschaftliche Verbundenheit mit Cassius hervor und bittet ihn wie andere darum, eine Verlängerung seiner Tätigkeit als Provinzverwalter zu verhindern. Vgl. fam. XV,14. Zum anderen bittet Cicero Cassius um einen persönlichen Austausch, nachdem sie sich beide 47 v. Chr. aus dem Bürgerkrieg zurückgezogen haben. Vgl. fam. XV,15. Zum Dritten versenden sie 45 v. Chr. scherzhafte Briefe, in denen ihre gemeinsame Bildung und ihr Interesse für Philosophie zum Ausdruck kommt. Vgl. fam. XV,16–19. Und nicht zuletzt sind im zwölften Buch des Corpus Ad familiares Briefe der beiden Korrespondenten aus dem Jahre 43 v. Chr. enthalten, in denen Cicero nach der Ermordung Caesars, an der Cassius maßgeblich beteiligt war, ihm seine Unterstützung zusichert und ihn zum weiteren Einsatz für den Staat auffordert. Vgl. fam. XII,1–12. 283  Vgl. Shackleton Bailey 1977b, 376. 281 

2.4  Funktion der Zitate

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den Cicero in einem vorangehenden Schreiben verwendet hat (vgl. fam. XV,17,3), und erweitert ihn mithilfe eines epikureischen Arguments. Die Argumentation gipfelt schließlich in einer Begründung durch ein Epikurzitat: Ipse enim Epicurus […] dicit: ‚οὐκ ἔστιν ἡδέως ἄνευ τοῦ καλῶς καἰ δικαίως ζῆν‘. (Denn Epikur selbst […] sagt: ‚Es ist nicht angenehm zu leben, ohne gut und gerecht zu leben‘.)284 (fam. XV,19,2). Aus diesem epikureischen Grundsatz zieht Cassius dann den Schluss, dass alle „Freunde der Lust“ auch „Freunde des Guten und der Gerechtigkeit“ seien. Er versucht dabei stoische und epikureische Begriffe in Einklang zu bringen. Diese Gleichsetzung wiederum begründet er in ironischer Weise mit dem Urteil des Sulla, der anstatt sich mit der Frage zu beschäftigen, was gut sei, einfach alle Güter aufgekauft habe und somit die Uneinigkeit der Philosophen ad absurdum geführt habe (fam. XV,19,3). Obwohl Cassius daraufhin die Milde ­Caesars scherzhaft kritisiert, hofft er doch auf dessen Sieg, weil er mehr Angst vor der Grausamkeit der Pompejaner habe. Aus Sorge um die derzeitige politische Situation bittet er Cicero abschließend um Informationen über das Geschehen in Spanien (fam. XV,19,4). Cassius reagiert in diesem Brief auf eine scherzhafte Kritik Ciceros an den Lehren Epikurs in einem vorangehenden Schreiben.285 Darin hat Cicero Cassius vor zwei Herausforderungen gestellt. Einerseits soll er die epikureische Erkenntnistheorie verteidigen und andererseits ein Lobpreis Pansas mit dem Epikureismus in Einklang bringen. Wider Erwarten gelingt Cassius beides. Seine Argumentation zeigt, dass Cicero die epikureischen Lehren unterschätzt hat.286 Sowohl Cicero als auch Cassius nutzen ihre philosophischen Ausführungen zur Kommentierung des aktuellen politischen Geschehens und damit verbundenen ethischen Verpflichtungen.287 Dabei greifen sie auf zahlreiche griechische Wendungen und Fachbegriffe zurück.288 Ein Zitat findet man aber nur bei Cassius. Im konkreten argumentativen Zusammenhang dient dieses als Beweis für den zuvor genannten philosophischen Leitgedanken und die anschließenden Schlussfolgerungen. Cassius beruft sich bei der Gleichsetzung von „Lust“ und „Gutem“ auf die Autorität des Gründers der Philosophenschule, der er selbst angehört. Zugleich versichert er sich mithilfe der philosophischen Argumentation der Verbundenheit mit Cicero. Denn das Interesse an Philosophie ist beiden gemeinsam.289 Der Rückbezug auf einen bereits von Cicero verwendeten stoischen Grundsatz und die Überbietung durch ein anschließendes Epikurzitat deuten 284 

Der Vers stammt aus Epikurs Brief an Menoeceus. Vgl. Shackleton Bailey 1977b, 382. Vgl. fam. XV,16. 286  Vgl. McConnell 2014, 23–26. 287  Vgl. McConnell 2014, 19–26. 288  Zur Schaffung von Verbundenheit durch einen Wechsel in die griechische Sprache (code-switching) vgl. Rollinger 2015, 148–150; Mäkilähde/Rissanen 2016, 237–245. 289  Vgl. fam. XV,18. 285 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

zudem darauf hin, dass sich aus dieser Verbundenheitsstrategie inzwischen ein gelehrtes Spiel zwischen den beiden Briefpartnern entwickelt hat, wie es auch in einigen Briefen an Atticus290 zu beobachten ist. Gerade in politisch unruhigen Zeiten nutzen Cicero und Cassius Rückbezüge auf die Philosophie, um ihre Verbundenheit zum Ausdruck zu bringen und ihre Freundschaftsbeziehung zu pflegen. Wie bereits erwähnt, findet man ein solches urbanes Spiel mit gemeinsamen Bildungsgütern vorrangig in den Briefen an Atticus.291 In Att. IV,7,1 antwortet Cicero z. B. auf Atticus’ Kritik an dessen verstorbenem Gläubiger292 Metellus auf eben so eine scherzhafte Weise: De Metello, ‚οὐχ ὁσίη φθιμένοισιν …‘, sed tamen multis annis civis nemo erat mortuus cui equidem …293 (Zu Metellus: ‚es ist Frevel, Verstorbenen … ‘, aber dennoch war viele Jahre lang kein Bürger gestorben, dem ich …) (Att. IV,7,2). Markiert durch den plötzlichen Wechsel ins ­Griechische, zitiert Cicero hier einen Vers aus Homers Odyssee an, wobei das Partizip κταμένοισιν durch φθιμένοισιν ersetzt wird (vgl. Hom.Od. XXII,412).294 Im Ursprungskontext ermahnt Odysseus die Amme Eurykleia, sich nicht über den Tod der Freier zu freuen. In diesem Sinne weist Cicero Atticus mit dem Homerzitat zunächst darauf hin, dass man gegenüber Toten kein böses Wort verlieren solle. Er leitet somit aus den Worten Homers eine Vorschrift für das menschliche Handeln ab.295 Während im Prätext aber der Aufforderung auch nachgekommen wird, hebt Cicero deren Bedeutung direkt im Anschluss wieder auf. Denn die anschließende Bemerkung, sed tamen multis annis civis nemo erat mortuus cui equidem…296 (aber dennoch war viele Jahre lang kein Bürger gestorben, dem ich …), macht deutlich, dass Cicero Atticus’ Kritik für berechtigt hält.297 Die anfängliche Ermahnung verwandelt sich so in Zustimmung. Cicero geht sogar so weit, dass er selbst über den Verstorbenen spottet (quemcumque heredem fecit, nisi Publium fecit, virum fecit non improbiorem quam fuit ipse – wen 290 

Vgl. Att. IV,7,2; XII,5,1; XVI,5,5. Auch das funktionale code-switching findet man am häufigsten in den Briefen an Atticus. Vgl. Rollinger 2015, 150–151. 292  Laut Kasten ist Metellus ein Schuldner des Atticus, wohingegen Shackleton Bailey erklärt, dass Atticus in Metellus’ Schuld stehe. Da der Kontext unklar ist, erscheint beides möglich. Der anschließende Hinweis, bei anderen vorsichtiger zu sein, macht aber Ersteres wahrscheinlicher. Vgl. Kasten 1998, 1121; Shackleton Bailey 1965b, 180–181. 293 Bei cui equidem … handelt es sich um eine Konjektur von Shackleton Bailey. Überliefert sind die unvollständigen Lesarten quid q- und qui q-. Vgl. Shackleton Bailey 1987, 141. 294  Vgl. Shackleton Bailey 1965b, 180. Da das Bedeutungsfeld der beiden Verben gleich ist, ist anzunehmen, dass die Abweichung im Wortlaut entweder auf einen Erinnerungsfehler Ciceros oder auf eine andere Textvorlage zurückgeht und nicht bewusst erfolgt ist. Vgl. Behrendt 2013, 304–305. 295  Vgl. Armleder 1957, 44. 296  Shackleton Bailey ergänzt hier maledicam libentius. Vgl. Shackleton Bailey 1965b, 180. 297  Vgl. Behrendt 2013, 304–306. 291 

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auch immer er als Erben eingesetzt hat, wenn es nicht Publius ist, hat er einen Mann eingesetzt, der nicht schlechter ist, als er selbst war).298 Damit wirkt der gesamte Textabschnitt wie ein urbaner Scherz unter gebildeten Freunden. Neben solchen freundschaftlichen Spielereien mit Zitaten trifft man in den Briefen an Atticus zwei weitere Sonderformen an, in denen sich der Zitateinsatz als Teil der Verbundenheitsstrategie niederschlägt. Zum einen verwendet Cicero in drei Briefen an seinen engen Vertrauten Zitate als Ansichtskarte299, zum anderen nutzt er in drei anderen Schreiben Zitate als Sprachcode300. Als Beispiele sollen an dieser Stelle die Textpassagen Att. II,11,2 und Att. IX,7,5 näher erläutert werden. Weil Cicero sich 59 v. Chr. auf seinem Formianum wie ein Verbannter fühlt, bittet er Atticus in Att. II,11 um genaue Informationen aus Rom und lädt ihn nach Arpinum ein, wo er als Nächstes hinreisen werde. Seinen Geburtsort Arpinum beschreibt er dabei mit folgendem Wortlaut: Τρηχεῖ᾽, ἀλλ᾽ ἀγαθὴ κουροτρόφος, οὔτ᾽ ἄρ᾽301 ἔγωγε ἧς γαίης δύναμαι γλυκερώτερον ἄλλο ἰδέσθαι. (Rau ist es, aber ernährt doch streitbare Männer, und wahrlich ich meinerseits kann nichts Süße­res als dieses Land sehen.) (Att. II,11,2). Wie am Schrift- und Sprachwechsel erkennbar ist, handelt es sich bei der Ortsbeschreibung um ein Zitat. Es stammt aus dem neunten Buch der Odyssee von Homer.302 Dort lobt Odysseus in der Erzählung von seiner Irrfahrt vor den Phäaken seine Heimat Ithaka mit diesen Worten. Cicero vergleicht sich also mit Odysseus und hebt dabei seine Heimatliebe hervor.303 Zugleich wird das Zitat als Werbung für Arpinum eingesetzt, indem das Lob des Odysseus übernommen wird.304 Da Cicero die Einladung zum Besuch in eine Frage verpackt (nam Arpinum quid ego te invitem? – Denn nach Arpinum darf ich dich wohl nicht einladen?), ist nämlich anzunehmen, dass Atticus ihn dort nicht besuchen möchte und daher noch überzeugt werden muss. Durch die Übernahme der epischen Beschreibung, die Atticus geläufig ist, wird zudem seine Unkenntnis des realen Ortes kompensiert und die räumliche Distanz zwischen den Briefpartnern durch intellektuelle Nähe überbrückt. Das Zitat übernimmt damit die Funktion einer Ansichtskarte, mit deren Hilfe sich der Adressat den Ort plastisch vorstellen kann und einen positiven Eindruck von ihm gewinnt.305 298 

Vgl. Shackleton Bailey 1965b, 180–181. Vgl. Att. II,11,2; II,13,2; V,12,1. 300  Vgl. Att. IX,7,5; IX,18,3; X,2,1. 301  Bei Homer heißt es stattdessen οὔ τι. Vermutlich geht diese Abweichung bei Cicero auf eine andere Vorlage oder eine Zitation aus dem Gedächtnis zurück, für eine bewusste Änderung ist der Bedeutungsunterschied zu gering. 302  Vgl. Hom.Od. IX,27–28. 303  Vgl. Stahlenbrecher 1957, 35–39. 304  Laut Armleder geht damit auch die Übernahme der positiven Emotionen einher, die mit dem jeweiligen Heimatort verbunden sind. Vgl. Armleder 1957, 42. 305  Vgl. Behrendt 2013, 62.243–244. 299 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

In dem anderen Beispiel aus dem Jahre 49 v. Chr. berichtet Cicero Atticus vom Verlauf seiner Unterredung mit Caesar (Att. IX,18,1). Auch wenn er mit seiner eigenen Rolle in diesem Gespräch zufrieden sei, benötige er weitere Ratschläge von seinem Freund, da Caesar ihm am Ende der Unterhaltung gedroht habe (Att. IX,18,2). Deshalb warte er nun auf seinem Arpinum auf Atticus’ λαλαγεῦσα306 (Schwätzerin) (Att. IX,18,3). Mit dem griechischen Wort spielt Cicero auf einen Vers des Leonidas von Tarent an, in dem die geschwätzige Schwalbe die nahende Abfahrt ankündigt.307 Er setzt also eine Antwort des Atticus mit der Schwalbe in Leonidas’ Epigramm gleich und deutet durch die Anspielung auf einen Vogel, der als Zeichen der Abreise fungiert, seine eigenen Pläne an. Denn bereits in vorherigen Briefen hatte er erklärt, dass er sich Pompeius anschließen und ihm nachreisen wolle. Seiner Meinung nach ist nun die Zeit gekommen, diesen Entschluss in die Tat umzusetzen. Für seine Abfahrt fehle ihm nur noch Atticus’ Zustimmung. Daher warte er auf dessen „Schwätzerin“, d. h. auf das Zeichen zur Abreise. Mithilfe der Anspielung auf Leonidas übermittelt Cicero seinem Freund eine versteckte Botschaft. Für einen Außenstehenden ist die Bedeutung der λαλαγεῦσα nicht nachvollziehbar. Atticus hingegen, der den Vers selbst in ähnlicher Weise verwendet, wie Ciceros Rezitat in Att. IX,7,5 beweist,308 kennt den wahren Bedeutungshintergrund des Wortes und versteht Ciceros Botschaft. Es handelt sich also bei der Anspielung auf den Leonidas-Vers309 um eine Art Sprachcode zwischen den Freunden, der ihre enge freundschaftliche Beziehung und Verbundenheit durch intellektuelle Gemeinsamkeiten widerspiegelt.310

306  Das Wort geht auf eine Konjektur von Bosius zurück, da die Handschriften an dieser Stelle verschiedene griechische Wörter überliefern, die unverständlich sind. Vgl. Shackleton Bailey 1987, 374. 307  Vgl. Kasten 1998, 1146. 308  In Att. IX,7,5 zitiert Cicero den Anfang desselben Epigramms von Leonidas in Anlehnung an Atticus an, um seine Situation zu verdeutlichen. Schon in diesem Schreiben ist er der Ansicht, dass der geeignete Zeitpunkt für seine Abreise per Schiff kommen werde. Vgl. Behrendt 2013, 259. 309  Der griechische Epigrammatiker Leonidas von Tarent hat Gedichte über das Schicksal armer, einfacher Leute in kunstvoller Sprache verfasst. Cicero zitiert nur diesen einen Vers von ihm, diesen aber gleich an drei Stellen. Dies deutet darauf hin, dass es sich bei dem Vers um einen Gemeinplatz handelt, der zumindest Cicero und Atticus geläufig ist. Vgl. Kroh 1972, 361–362; Behrendt 2013, 259. 310  Auch in anderen Schreiben verwendet Cicero im Bewusstsein, dass seine Briefe abgefangen oder von nicht vertrauenswürdigen Boten gelesen werden könnten, die griechische Sprache als Sprachcode. Vgl. Jocelyn 1973, 64–65; Jenkins 2006, 47. Allerdings funktioniert dies nur, wenn die unerwünschten Leser nicht der griechischen Sprache mächtig sind. Die Codierung in Att. IX,18,3 geht hingegen noch einen Schritt weiter, da sie nicht nur auf die griechische Sprache, sondern zusätzlich auch auf den Kontext eines Dichterverses zurückgreift, der sehr schwer anhand eines einzigen zitierten Wortes erkennbar ist.

2.4  Funktion der Zitate

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b. Abmildern oder Verstärken von Kritik durch Zitate Neben der Herstellung von Verbundenheit können Zitate in Ciceros Briefen auch in entgegengesetzter Richtung eingesetzt werden. In einigen Fällen fungieren sie nämlich als Ventil für angestaute Wut, indem kritische Äußerungen, die den Adressaten verletzen könnten, durch die Worte eines anderen abgemildert werden. In Einzelfällen kann der Ärger sogar so groß sein, dass römische Briefkonventionen verlassen werden und die Zitate zur Verstärkung von Kritik verwendet werden. Überraschenderweise trifft man diese Funktionsweisen häufiger in den privaten Briefen an Atticus und Quintus an als in den Schreiben an politische Freunde. In Ad familiares lassen sich nur zwei Textstellen ausmachen, in denen versteckt Verhaltensweisen der Adressaten kritisiert werden: fam. III,7,6 und fam. XII,25,5.311 Auch in Ad Atticum und Ad Quintum fratrem sind es selten die Briefpartner selbst,312 die mithilfe fremder Rede negativ dargestellt werden. Stattdessen richtet sich die Kritik öfter gegen dritte Personen.313 Beide Funk­ tions­weisen (Abmildern und Verstärken von Kritik) sowie die unterschiedlichen Adressaten der Kritik sollen nun anhand von zwei Beispielen erläutert werden. Zunächst zu einem Fall, in dem der Briefpartner selbst mithilfe des Zitats kritisiert wird: Att. VII,1,2. Während seiner Zeit als Statthalter in Kilikien greift Cicero in seinen Briefen an Atticus gerne auf Zitate zurück. In Att. VII,1 bezieht er sich gleich drei Mal auf Homer, um seine eigene Situation zu veranschaulichen. Dabei nimmt er an einer Stelle sogar seinen Adressaten mit in die Prätextsituation hinein. Dort befürchtet Cicero, dass es zum Bürgerkrieg zwischen Pompeius und Caesar kommen und er dann zwischen die Fronten geraten werde. Anschließend weist er darauf hin, dass er sich auf Geheiß seines Freundes mit beiden gutgestellt habe und so in diese Lage geraten sei: Videsne ut te auctore sim utrumque complexus [Pompeium et Caesarem] 314? ac vellem a principio te audisse amicissime monentem; ‚ἀλλ᾽ ἐμὸν οὔποτε θυμὸν ἐνὶ στήθεσσιν ἔπειθες‘. sed aliquando tamen persuasisti, ut alterum complecterer, quia de me erat optime meritus, alterum, quia tantum valebat. (Siehst du ein, dass ich durch deinen Rat mit beiden [Pompeius und Caesar] verbunden bin? Hätte ich doch von Anfang an auf deine freundschaftlichen Ermahnungen gehört; ‚aber nie konntest du mein Herz in der Brust überzeugen‘. Aber schließlich hast du mich doch überredet, dass ich mich dem einen anschließe, weil er sich besonders um mich verdient gemacht hat, und dem anderen, weil er so mächtig war.) (Att. VII,1,2). 311  Da beide Passagen bereits im Textabschnitt zur Kontextualisierung der Zitate in Ciceros Briefen erläutert worden sind, werden sie in diesem Teil nicht noch einmal besprochen. Vgl. die Ausführungen auf S. 52–56. 312  Vgl. Att. VI,2,8; VII,1,2; Q.fr. I,2,13; II,14,5. 313  Vgl. Att. II,19,1.2.3; II,25,1; IV,7,3; VII,8,4; VII,11,1.3; Q.fr. I,2,1; III,7,2. 314  Zur Textkritik vgl. Shackleton Bailey 1987, 240.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

In die Bemerkung ist ein Zitat aus Homers Odyssee eingebunden, das nur durch Sprach- und Schriftwechsel markiert ist und durch die Veränderung der Verbform (von 3. Ps. Sg. zu 2. Ps. Sg.) direkt auf Atticus übertragen wird.315 Im Prätext erklärt Odysseus mit diesen Worten dem König der Phäaken, wie ihn auf seiner Irrfahrt weder die Nymphe Kalypso noch die Zauberin Kirke zu einer Heirat überreden konnte.316 In ähnlicher Weise hat auch Cicero zunächst gegen den Rat seines Freundes sowohl ein Bündnis mit Pompeius als auch mit Caesar ausgeschlagen. Der Homervers veranschaulicht also Ciceros Ausgangssituation. Aber anders als den beiden Frauen gelingt es Atticus schließlich doch, Cicero zu überzeugen, sodass er sich beiden anschließt und nun zur Entscheidung für eine Seite gezwungen ist. Damit wird die Aussage des Homerverses aufgehoben. Es trifft nicht mehr zu, dass Atticus nie Ciceros Herz bewegen konnte. Indirekt sagt Cicero damit aber aus, dass gerade dadurch, dass er von der Vorgehensweise des Odysseus abgewichen sei, erst seine Schwierigkeiten entstanden seien. Die Änderung der Verbform macht dann wiederum deutlich, dass Atticus Mitverantwortung an Ciceros Misere trägt.317 Um den Freund nicht zu verletzen, spricht Cicero den Gedanken aber nur vorsichtig an. Anstatt Atticus direkt eine Mitschuld vorzuwerfen, mildert er die Kritik ab, indem er sie in eine Frage mit einem anschließenden Zitat verpackt. So schafft er Distanz zwischen sich und der Aussage und vermeidet eine Belastung ihrer Beziehung. Daran kann Cicero hier nämlich gar nicht gelegen sein, da er ja auf einen Rat des Mannes hofft, auf den er trotz der sich anbahnenden Probleme gerne von Anfang an gehört hätte. Wie sich die Situation weiterentwickelt hat, zeigt das zweite Beispiel aus dem Jahre 49 v. Chr.: Att. VII,11,1. Darin kritisiert Cicero ganz offen Caesars Ver­ halten im Bürgerkrieg und verstärkt seine Kritik durch die Aussage eines Zitats. Von einem Bündnis zwischen Cicero und Caesar ist hier nichts mehr zu spüren. Denn Cicero vergleicht Caesar mit Hannibal, dem römischen exemplum malum,318 bezeichnet ihn als amens (wahnsinnig) und zweifelt mithilfe rhetorischer Fragen dessen ehrenhafte Motive an. Den Höhepunkt der Beschimpfung bildet folgendes Euripides-Zitat: τὴν θεῶν μεγίστην ὥστ᾽ ἔχειν τυραννίδα319 (sodass er die größte Göttin, die Tyrannis, innehabe) (Att. VII,11,1). Nachdem Cicero zuvor Caesars dignitas-Anspruch mit dem Verlust der honestas entkräftet hat, erklärt er nun mithilfe des Zitats, dass dessen wahre Motivation seine Gier nach Macht sei. Er setzt ihn dabei mit Eteokles gleich und unterstellt ihm dieselbe Skrupellosigkeit wie dem Oedipus-Sohn, als er sich mit 315  Zur Veränderung des Wortlauts vgl. die Ausführungen auf S. 48. Zur Verwendung desselben Zitatsegments in fam. XIII,15,1–2 vgl. die Ausführungen auf S. 56–57. 316  Vgl. Hom.Od. IX,33. 317  Vgl. Behrendt 2013, 302–303. 318  Vgl. Gildenhard 2006, 198. 319  Vgl. Eur. Phoen. 506.

2.4  Funktion der Zitate

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seinem Bruder um den T hron von T heben stritt.320 Cicero kombiniert an dieser Stelle ein römisches Argument mit der platonischen Idee des Guten und dem griechischen Konzept der Tyrannis, das zunächst mit griechischen Phrasen angedeutet und schließlich mithilfe eines Euripides-Zitats explizit benannt wird. So wird aus Caesar, dem ursprünglichen civis Romanus, durch unrechtmäßige Machtergreifung ein Tyrann, der aufgrund unberechenbarer Handlungen Angst und Schrecken verbreitet.321 Anschließend stellt Cicero seine eigene Gesinnung dem Machtstreben Caesars entgegen. Er wolle lieber sterben als eine Gewaltherrschaft zu errichten (Att. VII,11,1–2). c. Kompensation von Bitten oder Ratschlägen durch Zitate So offen wie in Att. VII,11,1 spricht Cicero selten. In der Regel hält er sich bei der Abfassung seiner Briefe zurück, v. a. wenn es den Adressaten direkt betrifft. Bei Bitten oder Ratschlägen dringt der Sender in den persönlichen Bereich eines anderen ein. Um dabei eine Ansehensverletzung des Empfängers zu vermeiden, werden verschiedene Höflichkeitsstrategien eingesetzt.322 Auch Zitate können in diesem Sinne Verwendung finden, wie z. B. in fam. V,12,7 und fam. VII,6,1–2. In dem bereits genannten Brief fam. V,12 an Lucius Lucceius zitiert Cicero einen Vers aus dem Hector proficiscens des Naevius, um eine Bitte zu kompensieren.323 Cicero wünscht sich nämlich, dass der befreundete Geschichtsschreiber seine Taten in einem literarischen Werk verherrliche (fam. V,12,1). Das Zitat, das stellenweise in Paraphrase wiedergegeben wird, bildet dabei den Abschluss einer längeren Aufzählung von historischen Beispielen (fam. V,12,7). Zunächst wehrt Cicero den Vorwurf der Schmeichelei ab, indem er darauf hinweist, dass Lucceius sich selbst seines Talents bewusst sei. Dann erklärt er, er wolle gerade von Lucceius verherrlicht werden, da er so auch sich selbst als Schriftsteller Ruhm bringen könne. Dabei zitiert er indirekt Alexander den Großen. Weil sich dessen Aussage aber auf bildnerische Kunstwerke bezieht, führt er anschließend Xenophons Agesilaos als literarisches Werk an, das dem gepriesenen König mehr Ruhm gebracht habe als jedes Bild. Anschließend lobt er nochmals das Talent des Lucceius, wobei er ihn mit Timaeus und Herodot vergleicht und dessen Glaubwürdigkeit aufgrund seiner eigenen politischen Erfahrung herausstellt. Wiederum greift Cicero hier auf ein indirektes Zitat Alexanders zurück und setzt Lucceius sogar über Homer. Denn während dieser zwar Achill einen Heroldsdienst erbracht habe, werde Lucceius für ihn sogar ein glaubwürdiges Zeugnis ablegen. Abschließend fasst Cicero seinen Gedankengang mit Hectors Worten zusam320 

Vgl. Armleder 1957, 56–57; Stahlenbrecher 1957, 21–24. Vgl. Gildenhard 2006, 198–200. 322  Vgl. Hall 2009, 14–15. 323  Vgl. die Ausführungen zur Markierung und zum Wortlaut des Zitatsegments auf S. 39–41.48. 321 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

men: Placet enim Hector ille mihi Naevianus, qui non tantum ‚laudari‘ se laetatur sed addit etiam ‚a laudato viro‘. (Mir gefällt nämlich jener naevianische Hektor, der sich nicht nur freut, ‚gelobt zu werden‘, sondern auch hinzufügt ‚von einem gelobten Mann‘.) (fam. V,12,7). Von früheren Interpretatoren wurde dieser Textabschnitt häufig als Zeichen für Ciceros Eitelkeit und Selbstüberschätzung gewertet, da er sich hier mit berühmten Helden gleichsetze. Jon Hall weist aber darauf hin, dass, wenn man Ciceros Gedankengang folgt, vielmehr die Gleichsetzung des Lucceius mit berühmten Autoren im Vordergrund stehe.324 Dementsprechend dienen die historischen Beispiele nicht der Selbstdarstellung, sondern als Komplimente für den Adressaten. Diese haben wiederum im weiteren Briefkontext die Funktion, die offene Bitte um Darstellung der eigenen Taten in einem literarischen Werk, die die Grenzen der Höflichkeit übersteigt, abzumildern. Denn Cicero ist sich durchaus bewusst, welche Last er dem Schriftsteller mit seinem Wunsch aufbürdet (fam. V,12,2–3). Zugleich versucht Cicero das dadurch entstandene soziale Ungleichgewicht durch Betonung ihrer intellektuellen Verbundenheit zu kompensieren, indem er Bezug auf gemeinsame Bildungstraditionen nimmt, die auch als Inspirationsquelle für das zukünftige Werk des Lucceius fungieren könnten.325 Das Zitat wiederum stellt in dem Zusammenhang den Höhepunkt der Kompensation dar, da es die Betonung des gemeinsamen Bildungshintergrundes mit einem Lob verknüpft und dabei den Gedankengang unter Bezugnahme auf den Beginn der Ausführungen abschließt. In ähnlicher Weise gleicht Cicero in fam. VII,6 seine Ratschläge mithilfe von Zitaten aus. Aus dem Schreiben kann man entnehmen, dass der Adressat, Trebatius, Sehnsucht nach Rom hat. Cicero versucht diese zu lindern, indem er ihn zu Tatendrang ermuntert. Gegen mögliche Bedenken führt er anschließend einen Vergleich mit der Medea Exul des Ennius an: 326 Hoc tibi tam ignoscemus nos amici quam ignoverunt Medeae ‚quae Corinthum arcem altam habebant matronae opulentae optimates‘, quibus illa manibus gypsatissimis327 persuasit ne sibi vitio illae verterent quod abesset a patria; nam ‚multi suam rem bene gessere et publicam patria procul; multi, qui domi aetatem agerent, propterea sunt improbati‘.328 324 

Vgl. Hall 1998, 308.316. Vgl. Hall 1998, 314–317. 326  Vgl. Jocelyn 1967, 358. 327  Zu überlieferten Alternativen vgl. Watt 1982, 205. 328  Es ist umstritten, ob die gesamte anschließende Textpassage von Ennius stammt. In den kritischen Textausgaben werden die hier mit Anführungszeichen versehenen Teile als ennianische Verse angesehen. Den erläuternden Satz, quibus illa manibus gypsatissimis persuasit ne sibi vitio illae veterent, quod abesset a patria, schreibt man dagegen Ciceros Feder zu, wobei es sich wohl um eine Paraphrase mit wörtlichen Entsprechungen handelt. Vgl. Purser 1901, o.S.; Shackleton Bailey 1977a, 332; Watt 1982, 205. Watt rechnet zusätzlich die 325 

2.4  Funktion der Zitate

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(Dies werden wir, deine Freunde, dir ebenso verzeihen, wie es Medea ‚die reichen, vornehmen Frauen, die die hohe Burg von Korinth bewohnten‘, verziehen haben, die sie mit dick geschminkten Armen überredete, dass sie es ihr nicht als ihren Fehler anrechnen sollen, dass sie fern von ihrer Heimat sei; denn ‚viele haben fern von der Heimat private und öffentliche Aufgaben gut ausgeführt; viele, die zu Hause lebten, sind deswegen getadelt worden‘.) (fam. VII,6,1).

Aus Medeas Aussage zieht Cicero den Schluss, dass Trebatius zur zweiten Gruppe gehört hätte, wenn er ihn nicht überredet hätte, Rom zu verlassen. Mit seiner Schlussfolgerung zielt er darauf ab, Trebatius davon zu überzeugen, dass sein Fernbleiben von Rom, auch wenn es auf Betreiben anderer erfolgt sei, ihm großen Nutzen bringen könne, wenn er sich selbst nur dafür einsetze. Er nutzt die Worte des Ennius also als Bestätigung seiner eigenen Aufforderung.329 Hilfreich ist dabei nicht nur die Autorität des zitierten Autors, sondern auch der sentenzartige Charakter der Verse. Aber damit ist es noch nicht genug. Nach einem weiteren scherzhaften Rat ergänzt Cicero wiederum Worte aus der Medea:330 Quoniam Medeam coepi agere, illud semper memento: ‚qui ipse sibi sapiens prodesse non quit nequiquam sapit‘. (Da ich ja begonnen habe, Medea anzuführen, denke immer daran: ‚Wer sich selbst mit Verstand nicht helfen kann, gebraucht seinen Verstand umsonst‘.) (fam. VII,6,2).331 Dieses Mal übernimmt er direkt eine Ermahnung der Medea und entschuldigt den erneuten Bezug damit, dass er ja bereits mit dem Zitieren aus diesem Werk angefangen habe.332 In beiden Fällen stützt und versteckt Cicero seine eigenen Ratschläge mithilfe von sprichwörtlichen Wendungen aus einer Tragödie des Ennius.333 Zugleich heben die Zitate aus einem traditionellen Werk den gemeinsamen Bildungshintergrund und damit die Verbundenheit der beiden Briefpartner im Geiste hervor334. Damit entspricht der Zitateinsatz einer Höflichkeitsstrategie der brieflichen Beratung. Um die dignitas des Trebatius zu wahren und ihre Beziehung nicht zu belasten, spricht Cicero den Rat nicht offen aus, sondern beruft sich auf die Worte eines autoritativen Dichters, um eine Wendung manibus gypsatissimis zum Zitatsegment dazu. Für eine ausführliche Diskussion des ennianischen Textbestandes vgl. Jocelyn 1967, 358–363. 329  Vgl. Stahlenbrecher 1957, 213–214. 330  Eventuell stammt der zitierte Vers auch nicht aus der Medea des Ennius, sondern Cicero wird lediglich durch die Schlauheit der Medea an eben diesen Vers erinnert. Vgl. Stahlenbrecher 1957, 221. 331  Denselben Vers zitiert Cicero auch in off. III,62. Inhaltlich stimmt der Spruch mit dem griechischen Zitat von Euripides in fam. XIII,15 überein. Vgl. Shackleton Bailey 1977a, 333; Behrendt 2013, 191. 332  Armleder schließt aus der Tatsache, dass Cicero oft mehrfach in einem Brief zitiert, dass nach einem Zitat sein Gedächtnis geschärft sei und so das eine Zitat weitere inspiriere. Vgl. Armleder 1967, 84–85. 333  Vgl. Stahlenbrecher 1957, 221–222. 334  Behrendt nennt dies einen urbanen Habitus. Vgl. Behrendt 2013, 117.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

gewisse Distanz zwischen sich und den Aussagen zu schaffen. Sein vorsichtiges Vorgehen ist vermutlich dadurch bedingt, dass Trebatius nicht um Rat gebeten hat. Denn generell wäre Cicero als dessen Patron zu Ratschlägen ihm gegenüber berechtigt gewesen.335 Anders als zu erwarten trifft man diese Kompensationstaktik vorrangig in Briefen an Ciceros private Freunde an.336 Auch in den Briefen an seinen engen Vertrauten und Ratgeber Atticus verzichtet Cicero nicht auf die gebotene Höflichkeit. So nutzt er bereits im ältesten erhaltenen Schreiben dieser Briefsammlung (Att. I,1) ein Zitat, um die Ablehnung einer Bitte zu begründen und zu kompensieren. Cicero bittet darin nämlich seinen Freund um Verzeihung, weil er der Bitte seines Onkels Caecilius, ihn vor Gericht zu vertreten, nicht nachkommen könne. Dieser sei von Publius Varius um eine Geldsumme betrogen worden und fordere sie nun zusammen mit anderen Gläubigern von dessen Vetter Caninius Satyrus zurück. Weil eben dieser Satyrus aber ein Freund und Unterstützer Ciceros sei und Caecilius nicht allein vor Gericht gehe, habe er die Bitte abgelehnt. Denn die Annahme einer solchen Anklage würde seiner Bewerbung ums Konsulat schaden (vgl. Att. I,1,3). Des Weiteren schreibt er: Ego autem arbitror, etiam si id sit, mihi ignoscendum esse, ‚ἐπεὶ οὐχ ἱερήιον οὐδὲ βοείην‘. (Ich meine aber, dass du mir, auch wenn es so ist, verzeihen musst, ‚da nicht ein Opfertier oder eine Stierhaut‘ verhandelt wird.) (Att. I,1,4). Seine Bitte um Verzeihung begründet Cicero abschließend mit einem Zitat aus Homers Ilias.337 Zugleich relativiert der Homerbezug Ciceros Orientierung am persönlichen Nutzen bei der Entscheidungsfindung. Denn seiner Meinung nach kann der Einsatz für Caecilius nicht nur seine Freundschaft zu Satyrus, sondern seine gesamte politische Laufbahn gefährden. Dies macht er dadurch deutlich, dass er sein Bemühen um Fortschreiten im cursus honorum mit dem Wettlauf Hektors um sein Leben gleichsetzt.338 Im Ursprungstext wird nämlich von Hektors Flucht vor Achill berichtet, auf die Cicero mit dem anschließenden Satz anspielt: Vides enim in quo cursu simus339 … (Du siehst nämlich, in was für einem Rennen ich mich befinde…) (Att. I,1,4). Wie Hektor im Kampf mit Achill um sein Leben fürchtet, so befürchtet Cicero seinen politischen Tod, wenn er Caecilius vor Gericht vertrete.340 Zudem bietet Cicero das Zitat die Möglich335 

Vgl. White 2010, 119–135. Vgl. fam. V,12,7; VII,6,1–2; VII,16,1; VII,10,4; XV,6,1. Eine Ausnahme stellen hierbei die Zitate in dem Empfehlungsschreiben an Caesar (fam. XIII,15) dar, mit deren Hilfe Cicero seine anfängliche Ablehnung gegenüber Caesar rechtfertigt und auszugleichen versucht. 337  Vgl. Hom.Il. XXII,159. Das Homerzitat bildet die Klimax der Entschuldigung. Vgl. Armleder 1957, 39. 338  Vgl. Stahlenbrecher 1957, 31–34. 339  Shackleton Bailey übernimmt an dieser Stelle die Konjektur simus von Manutius. Überliefert ist aber die Lesart sumus. Vgl. Shackleton Bailey 1987, 3. 340  Vgl. Behrendt 2013, 280–282. 336 

2.4  Funktion der Zitate

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keit, die Bedeutsamkeit der Bitte des Caecilius herauszustellen. Wenn man die Gleichsetzung fortsetzt, entspricht diese nämlich dem ἱερήιον (Opfertier) und βοείην (Stierhaut) im Zitatsegment.341 Der Zitateinsatz dient also einerseits dazu, Ciceros Entscheidung zu legitimieren, andererseits die Ablehnung der Bitte des Caecilius zu kompensieren, um einen negativen Einfluss auf das Freundschaftsverhältnis zu Atticus zu vermeiden. In ähnlicher Weise fungieren einige weitere Zitate in den Briefen an Atticus als Kompensationsmittel für Ciceros Bitten an seinen Freund.342 Zwei Fälle stechen dabei besonders hervor, weil darin nicht nur eine Anfrage mithilfe eines Zitats abgemildert wird, sondern sogar versteckt wird.343 Seinen Brief Att. VI,3 aus dem Jahre 50 v. Chr. beginnt Cicero mit dem Hinweis, dass er eigentlich nichts Neues zu berichten habe, er aber trotzdem einen Brief verfassen wolle, weil ein Bote zur Verfügung stehe. Anschließend erklärt er, dass ihn etwas bedrücke, bei dem der Freund ihm allerdings aufgrund der räumlichen Entfernung nicht behilflich sein könne. Bevor er das Anliegen nun explizit zur Sprache bringt, heißt es jedoch ganz unvermittelt: Πολλὰ δ᾽ ἐν μεταιχμίῳ νότος κυλίνδει κύματ᾽ εὐρείας344 ἁλός. (Viele Wellen wälzt aber der Südwind in den Zwischenraum des weiten Meeres.) (Att. VI,3,1). Ein unbekanntes Zitat, das durch Schrift- und Sprachwechsel hervorsticht, trennt die Vorbemerkung von der Benennung des Anliegens. Cicero sorgt sich um seine Nachfolgerschaft in der Provinz Kilikien. Ausführlich legt er seinem Freund die Vor- und Nachteile der Einsetzung seines Bruders als Nachfolger dar (Att. VI,3,1–2). Aufgrund seiner Stellung im Gedankengang scheint das Zitat als Begründung dafür zu fungieren, warum Cicero, obwohl er keine Hilfe erwarte, Atticus trotzdem seine Sorge um die Wahl eines Nachfolgers mitteile. Dazu vergleicht Cicero sein Vorgehen mit einem Naturphänomen. Wie der Südwind Wellen auslöse und bis an die Grenze des Meeres treibe, so werde auch Ciceros Sorge bis zu Atticus gelangen und ihn zu einem Rat veranlassen. Darauf deutet auch die direkte Frage an Atticus im Anschluss an die Zitatpassage hin: Quem relinquam qui provinciae praesit? (Wen soll ich als Provinzverwalter zurücklassen?) (Att. VI,3,1). Cicero versteckt hier also seine Bitte um Entscheidungshilfe hinter den Worten eines unbekannten Dichters. Denn die indirekte Wiedergabe durch fremde Rede nimmt der Bitte ihre Dringlichkeit und wahrt so die Entscheidungsfreiheit des Atticus.345

341 

Vgl. Behrendt 2013, 277–282. Att. I,15,1; V,15,3; VI,3,1; VII,1,4; XII,6a,1; XIII,34; XIV,13,1. Daneben findet man auch in zwei Briefen an Quintus Belege für diese Höflichkeitsstrategie. Vgl. Q.fr. III,1,23; III,7,1. 343  Vgl. Att. VI,3,1; XIV,13,1. 344  Konjektur von Diggle vgl. Shackleton Bailey 1987, 225. 345  Vgl. White 2010, 119–122. 342  Vgl.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

2.5  Bildungshintergrund der Zitate Die Kommunikation mit Zitaten erfordert bestimmte intellektuelle Fähigkeiten sowohl auf der Seite des Autors als auch auf der des Adressaten. Damit die Zitation zu einer gelingenden Kommunikation wird, muss das Zitatsegment Autor und Leser bekannt sein. Daher sollte der Zitierende die Bildungsvoraussetzungen seines Adressaten richtig einschätzen. Denn nur wenn der Leser auch dazu in der Lage ist, das Zitat zu erkennen und dessen Aussagegehalt im neuen Kontext zu erfassen, kann die Zitation ihre intendierte Rezeptionswirkung erfüllen.346 Daher soll in diesem Kapitel die Betrachtung der Autorperspektive um die der Leserperspektive ergänzt werden. In einem ersten Schritt werden dazu die bisherigen Ergebnisse unter der Fragestellung, wie Cicero den Bildungshintergrund seiner Adressaten einschätzt, zusammengefasst, indem die bereits beschriebenen Markierungen und Kontextualisierungen der Zitate hinsichtlich ihrer Eindeutigkeit untersucht werden. Dann soll in einem zweiten Schritt ein Blick auf die zitierten Autoren und Werke geworfen werden. Dabei wird nicht nur die Auswahl und Verteilung in den Blick genommen, sondern auch Ciceros eigene Kenntnisse und Beurteilungen der zitierten Schriftsteller. In einem dritten Schritt wird dann die Zitation selbst als Bildungsprozess in den Blick genommen, wobei Autor- und Leserperspektive miteinander vereint werden. Analysiert werden soll, ob Cicero seine Leser zum Nachlesen anregen möchte und ob sich die Leser dazu anregen lassen. Die Fragestellung ist ausgehend von Zillingers Behauptung, Cicero wolle römische Dichter einem breiteren Publikum bekannt machen347, und der Beobachtung, dass Cicero in De oratore von Rednern eine allumfassende Bildung fordert,348 entstanden. Abschließend soll dann die Ebene des Autors verlassen werden, um das Hauptaugenmerk auf die Adressaten zu richten. Einerseits werden hierzu Ciceros Aussagen über die Fähigkeiten der Adressaten in seinen Briefen herangezogen, andererseits wird mithilfe weiterer Textzeugnisse versucht, das Bild zu vervollständigen. 2.5.1  Einschätzung des Autors Wie sich bereits gezeigt hat, setzt Cicero in bestimmten Briefen Zitate ein und verfolgt damit verschiedene Intentionen. Damit diese aber ihre intendierte Wirkung entfalten können, bedarf es einiger Hilfestellungen für die Leser, z. B. gewährleistet eine Markierung das Erkennen der fremden Rede, und Wortwahl sowie Syntax des unmittelbaren neuen Kontextes geben Hinweise auf die Aussageabsicht des Zitats. Welche Mittel Cicero einsetzt, um den Verständnisprozess 346 

Vgl. Behrendt 2010, 112–116; Tischer 2010, 99–103. Vgl. Zillinger 1911, 16. 348  Vgl. Cic.de orat. I,16,72. 347 

2.5  Bildungshintergrund der Zitate

101

auf Seiten des Adressaten zu unterstützen und wie eindeutig diese sind, soll im ersten Teil dieses Abschnitts erläutert werden. Daneben spielt aber auch das Zitatsegment selbst eine große Rolle für das Gelingen einer Zitation. Deshalb wird in einem zweiten Teil dargestellt, welche Autoren Cicero aus welchen Gründen zitiert. Genauso wie in den vorangehenden Kapiteln werden die Gesamtergebnisse mithilfe einiger Beispiele illustriert. a. Eingesetzte Mittel Cicero steuert die Zitatwahrnehmung seiner Adressaten auf ganz unterschiedliche Weise. Erstens markiert er die Zitate, sodass der Leser sie erkennen kann. Zweitens kürzt und verändert er an einigen Stellen deren Wortlaut, um den Fokus der Leser auf bestimmte inhaltliche Aspekte zu lenken. Drittens versucht er durch die Verwendung bestimmter Begriffe im Umfeld der Bezugnahmen nur ausgewählte Elemente des Prätextes in der Erinnerung der Leser wachzurufen. Wie er dabei im Einzelnen vorgeht, wurde bereits in den vorangehenden Kapiteln erläutert. Was noch aussteht, ist dagegen die Betrachtung dieser Vorgehensweisen aus der Leserperspektive. Sind die gewählten Mittel zur Leserlenkung eindeutig und hilfreich für die Adressaten? Eine solche Frage beinhaltet die Schwierigkeit, dass die Rezeption der angesprochenen Briefpartner nicht nachvollzogen werden kann, da entsprechende Dokumente fehlen. Trotzdem lassen sich vor dem Hintergrund allgemeiner Erkenntnisse zum Adressatenkreis Ciceros Aussagen über deren Fähigkeiten treffen, die eine Annäherung an den wirklichen Rezeptionsprozess ermöglichen. Zur Markierung setzt Cicero auf Unterschiede im Schriftbild oder im Klang. Zwei Drittel der Fälle sind nur anhand von Schrift- und Sprachwechsel oder Metrum erkennbar. Während die Einbindung eines griechischen Verses in einen lateinischen Text auch einem heutigen Leser sofort ins Auge sticht, bereitet ihm das Erkennen eines lateinischen Verses in einem lateinischen Text Schwierigkeiten. Für einen gebildeten antiken Römer, der Dichterverse in der Schule auswendig gelernt hat und im T heater gehört hat, ist es hingegen ein Leichtes, ein lateinisches Zitat anhand des Wechsels von Prosa in Dichtung zu erkennen. Von Vorteil erweist sich dabei auch die Gewohnheit der Römer, sich die Briefe laut vorlesen zu lassen, da dadurch die klanglichen Unterschiede noch stärker hervortreten.349 Weil Ciceros Adressaten der römischen Oberschicht angehören, ist von ähnlichen Bildungsvoraussetzungen auszugehen. Die Markierungsformen sind für sie also eindeutig. Alle weiteren thematisierenden Angaben, die in ca. einem Drittel der Fälle hinzukommen, dienen damit nicht vornehmlich der Erkennbarkeit von Zitaten, sondern erfüllen zusätzliche Funktionen.350 Daher gibt 349  350 

Vgl. Spahlinger 2005, 209–210. Vgl. Behrendt 2013, 202–203.

102

2  Zitation in Ciceros Briefen

es für solche Hinweise auf die Herkunft eines Zitatsegments oder den Rezep­ tionsprozess auch keine festgelegten Formeln. Die Formulierungen sind vielmehr so vielfältig wie die Elemente, die dort angeführt werden.351 Für die vorliegende Fragestellung sind v. a. die thematisierenden Markierungen interessant, die Hinweise auf den Rezeptionsprozess geben. Dort wird explizit ausgesagt, dass die Adressaten den Prätext kennen,352 und Zitatsegmente selbstständig vervollständigen können353. So wird in fam. VII,16,1 ein Zitat mit den Worten in Equo Troiano scis esse in extremo (du weißt, dass im Equus Troianus am Ende steht) eingeleitet und in fam. VII,28,2 mit den Worten nosti cetera (den Rest kennst du ja) abgeschlossen. Cicero fordert seine Briefpartner an einigen Stellen also dazu auf, ihre Erinnerung zu aktivieren. In einem Fall fügt er sogar als Gedächtnisstütze den Hinweis auf einen bekannten Schauspieler hinzu. In fam. IX,22,1 heißt es nämlich: ut ille in Demiurgo ‚modo forte‘ – nosti canticum, meministi Roscium – ‚ita me destituit nudum‘ (wie jener in der Demiurgus: ‚Eben gerade‘ – du kennst das Lied, du erinnerst dich an Roscius –‚ ließ sie mich so nackt stehen‘). Damit einher geht Ciceros Vorliebe für das Anzitieren. Auch wenn er nicht direkt zur Vervollständigung eines kurzen Zitatsegments ermahnt, setzt er es dennoch an den Stellen voraus, wo er nicht einen gesamten Vers, sondern lediglich dessen Beginn wiedergibt. Denn ohne Fortsetzung ergeben die anzitierten Worte keinen Sinn. Hier ist die Zitation nur dann nachvollziehbar, wenn Cicero die Vorkenntnisse seiner Adressaten richtig eingeschätzt hat, d. h. falls sie wirklich die angefangenen Verse vervollständigen können.354 Dafür muss er auf bekannte Werke zurückgreifen. Ob er das tut, wird im nächsten Kapitel untersucht. Zunächst aber zurück zu den anderen Mitteln der Leserlenkung, die Cicero beim Zitateinsatz verwendet: die Änderung des Wortlauts und die Kontextualisierung. Neben einigen unbewussten Abweichungen vom ursprünglichen Wortlaut findet man bei den Zitaten in seinen Briefen auch bewusste Modifikationen, wie die lateinische Paraphrase von Platonpassagen in fam. I,9,12 und fam. I,9,18.355 Vermutlich kommt er damit den Bildungsvoraussetzungen des Adressaten entgegen. Denn Cicero stellt mit seiner intensiven Beschäftigung mit der griechischen Philosophie und seinem Bekenntnis zu Platon eine Ausnahme in der römischen Nobilität dar. Zwar erfreuen sich auch einige seiner Zeitgenossen an griechischen Kulturgütern, und philosophische Anspielungen in seinen Briefen lassen auf eine philosophische Vorbildung bestimmter Adressaten schlie351 

Für eine ausführliche Darstellung vgl. S. 38–42. Vgl. fam. VII,16,1; IX,22,1; Att. II,25,1. 353  Vgl. fam. VI,18,5; VII,28,2. 354  Für eine ausführliche Darstellung vgl. S. 49–51. 355  Für eine ausführliche Darstellung vgl. S. 45–49. 352 

2.5  Bildungshintergrund der Zitate

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ßen,356 aber Ciceros Wertschätzung für die Philosophie der Griechen geht noch deutlich darüber hinaus. Für ihn ist philosophia die Gesetzgeberin des Lebens und sollte daher Grundlage für jeden Redner sein. Mit diesem Ideal, das in seinen rhetorischen und philosophischen Schriften zum Ausdruck kommt, widerspricht er allerdings anerkannten römischen Lebensformen und erfährt dementsprechend zahlreichen Widerspruch, der auch in seinen Werken zum Ausdruck kommt.357 Zudem hat sich Cicero schrittweise von der in Rom verbreiteten Skepsis gegenüber Philosophie und deren zentralen Annahmen, Philosophie gehöre in den Bereich des otium und sei nicht praktisch auf politische Gegebenheiten anwendbar,358 entfernt. Für ihn sind philosophische Lehren auf politisches Vorgehen übertragbar. Neben fam. I,9 zeigt sich dies v. a. in einem Brief an Marcus Cato aus dem Jahre 51/50 v. Chr., in dem Cicero hervorhebt, dass es ihrer beider Verdienst sei, dass die Philosophie auf das Forum gelangt sei.359 Daher übersetzt Cicero nicht nur in seinen rhetorischen und philosophischen Werken griechische Zitate ins Lateinische, sondern auch in fam. I,9, einem Brief, der auf Anfragen der Optimaten reagiert, wahrscheinlich weitergereicht wird und somit halb öffentlich ist.360 Auch wenn seine Briefadressaten nicht mit den Schriften Platons vertraut sind, erwartet Cicero dennoch eine positive Antwort auf seine platonische Selbstpräsentation in fam. I,9, weil er von deren inhaltlicher Aussagekraft überzeugt ist.361 Um dies zum Ausdruck zu bringen, nutzt er einerseits lateinische Paraphrasen, die den Verständnisprozess erleichtern, und andererseits Charakterisierungen des zitierten Autors, die dessen Autorität hervorheben. Meist erfolgen die Veränderungen am Wortlaut aber aus stilistischen oder inhaltlichen Gründen, d. h. sie sind der jeweiligen Zitierabsicht geschuldet. Cicero versucht an diesen Stellen den Fokus des Lesers auf die für ihn relevanten Aspekte zu lenken. Teile des Zitatsegments, die für das Verständnis im Brief nicht erforderlich oder hinderlich sind, werden weggelassen oder verändert. Da seine gebildeten Leser über die Änderungen stolpern oder selbst ausgelassene Ele356 

Vgl. Scholz 2011, 172. Vgl. Cic.fin. I,1; Tusc. II,1.13; de orat. II,66; Knoche 1959, 60–72. 358  Zur historischen Entwicklung der Aufnahme griechischer Bildungsgüter in Rom von anfänglicher Geringschätzung hin zu öffentlicher Wertschätzung vgl. Scholz 2011, 127–172. Cicero ist demnach in einer Übergangszeit aufgewachsen, in der zwar griechisches Bildungswissen vermittelt wurde, aber ein Primat der römischen Kultur vorherrschte. Wahrscheinlich ist er daher noch vorsichtig mit der Verwendung griechischer Philosophenworte in öffentliche Schreiben, auch wenn die Beschäftigung mit griechischer Philosophie seit etwa 70 v. Chr. beinahe selbstverständlich geworden ist. Vgl. Scholz 2011, 150–151.162. 359  Vgl. fam. XV,4. Zur zeitlichen Entwicklung dieser Einstellung vgl. McConnell 2014, 44–61. 360  Vgl. Wilcox 2012, 8. 361  Vgl. McConnell 2014, 36–44. McConnell geht allerdings von einer grundsätzlichen Vertrautheit der antiken Leser mit den platonischen Zitaten aus, da nur der Autor genannt werde. Dagegen sprechen aber die lateinischen Paraphrasen und die explizite Hervorhebung der Autorität des Autors. 357 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

mente aus ihrer Erinnerung ergänzen können, ist diese Form der Leserlenkung ähnlich eindeutig wie die der Markierung.362 Dies ist vergleichbar mit der Kontextualisierung.363 „Hat der Leser mit Hilfe des Intertextes einmal Zugang zum Prätext gefunden, so verlässt der ursprünglich vom Autor initiierte Gedanke seine Verfügungsgewalt und geht in die Verantwortlichkeit des Rezipienten über.“364 Um Missverständnisse zu vermeiden, weicht Cicero daher nur selten vom Ursprungskontext ab365 und bemüht sich mithilfe von Schlüsselwörtern die Aufmerksamkeit der Leser auf spezielle Aspekte des Prätextes zu richten. So deutet die Verwendung des Verbs coniungere (verbinden), das sowohl im Sinne eines politischen Bündnisses als auch in der Bedeutung einer ehelichen Verbindung vorkommt, im unmittelbaren Umfeld des Zitats in fam. XIII,15,1 darauf hin, dass hier das Nicht-Anschließen an Caesar mit dem Ausschlagen der Heirat mit einer Göttin im neunten Buch der Odyssee verglichen wird.366 Allerdings bleibt bei diesem Vorgehen immer ein kleines Restrisiko bestehen, dass die impliziten Hinweise nicht entdeckt werden und so die Leserlenkung scheitert. Alles in allem weisen die von Cicero eingesetzten Mittel darauf hin, dass der Autor von einer kompetenten Leserschaft ausgeht.367 Er setzt voraus, dass seine Adressaten anhand expliziter Markierungen ohne Herkunftsangaben Zitate erkennen, entscheidende Prätextelemente ergänzen und für das Verständnis nicht notwendige Aspekte beiseiteschieben können. b. Zitierte Autoren Genauso entscheidend wie die Markierung oder Kontextualisierung eines Zitats ist die Wahl des Zitatsegments selbst für den kommunikativen Erfolg einer Zitation. Denn wenn der Adressat den Prätext kennt, kann er das volle Bedeutungsspektrum eines Zitats erschließen. Zudem ermöglicht die Untersuchung der zitierten Autoren und Werke einen tieferen Einblick in die vom Autor angenommenen Bildungsvoraussetzungen der Adressaten. Da Cicero häufig Dichterverse ohne Herkunftsangaben anführt, scheint er davon auszugehen, dass seine Briefpartner bestimmte Autoren und Werke kennen. Welche dies sind, soll im 362 

Für eine ausführliche Darstellung vgl. S. 48–49. Für eine ausführliche Darstellung vgl. S. 51–62. 364  Behrendt 2013, 85. 365  Vgl. fam. VII,10,4; XII,25,5; Att. II,16,4; II,19,1; IV,7,2; VII,3,5; XII,6a,1; XIII,12,3; XIV,10,1. 366  Vgl. Behrendt 2013, 186–187. 367  Zu diesem Schluss kommt auch McConnell bezüglich der philosophischen Anspie­ lungen in Ciceros Briefen. Seiner Meinung nach passt Cicero seine Referenzen auf die Philosophie an das Vorwissen des jeweiligen Lesers an, zugleich besitzt der Adressat allerdings eine gewisse Freiheit im Rahmen der Bedeutungsrekonstruktion der Bezugnahmen. Vgl. McConnell 2014, 14–19. 363 

2.5  Bildungshintergrund der Zitate

105

Folgenden erläutert werden. Dazu wird zunächst die Häufigkeit und Verteilung der Bezugnahmen in den Briefen dargestellt und anschließend mit der Beurteilung Ciceros in seinen anderen Werken und den Verwendungsweisen seiner Zeitgenossen verglichen, um zu untersuchen, ob die Wahl der Autoren nur durch Ciceros eigene Vorlieben oder auch durch den Bildungshintergrund der Adressaten bestimmt ist. In den beiden größeren Briefsammlungen Ad familiares und Ad Atticum zitiert Cicero sowohl griechische als auch lateinische Autoren. In den Briefen an seinen Bruder Quintus greift er hingegen nur auf griechische Zitate zurück und in den Briefen an Brutus findet man lediglich einen lateinischen Vers. Während in Ad familiares die Bezugnahmen auf lateinische Autoren überwiegen, sind in den Briefen an Atticus häufiger griechische Zitate anzutreffen. Trotz solcher Unterschiede zwischen den Corpora gibt es auch Gemeinsamkeiten bezüglich der Autorenwahl.368 Am häufigsten zitiert Cicero Homer, insgesamt 58 Mal, wovon allein 45 Bezüge auf Ad Atticum entfallen,369 gefolgt von Euripides, der elfmal in den Briefen an Atticus, zweimal in den Briefen an andere Freunde und einmal in den Briefen an Quintus zitiert wird, und Sophokles, der dreimal in den Briefen an Atticus und einmal in den Briefen an Quintus zitiert wird. Auf lateinischer Seite stechen hingegen Ennius und Terenz heraus, beide werden etwa gleich oft in Ad familiares und Ad Atticum angeführt, insgesamt zehn- bzw. achtmal. Im Gegensatz dazu zitiert Cicero bestimmte Autoren nur in einer einzigen Briefsammlung. So kommen Verse von Menander nur in den Schreiben an Atticus vor, wohingegen Worte des Accius370 lediglich in den Briefen an andere Freunde Aufnahme finden. Folglich werden in Ciceros Briefen vornehmlich Epiker, Tragiker und Komiker zitiert.371 Denn zusätzlich zu den bereits genannten gibt es auch vereinzelt Bezüge auf den griechischen Tragiker Aischylos, die griechischen Komiker Aristophanes und Epicharmos, die lateinischen Tragiker Atilius, Naevius und Pacuvius sowie auf die lateinischen Komiker Caecilius, Plautus, Trabea und Turpilius. Zitate aus anderen literarischen Gattungen kommen hingegen nur selten vor, wobei wiederum ein Vorrang der Dichtung zu erkennen ist. Jeweils ein368  Für eine Übersicht zur Häufigkeit und Verteilung der zitierten Autoren vgl. Shackleton Bailey 1995, 155–157. 369  Ciceros Vorliebe für Homer-Zitate hat zur Folge, dass in der Gesamtübersicht die griechischen gegenüber den lateinischen Zitaten überwiegen. Vgl. Armleder 1957, 7–8. 370  Obwohl Shackleton Bailey in seinem Onomasticon nur ein Accius-Zitat auflistet, deuten Zuordnungen von Kasten darauf hin, dass auch einige der unbekannten Zitate in Ad familiares seiner Feder entsprungen sind. Vgl. Kasten 2004, 966.975.987–988. 371  Diese Vorliebe für Dichterzitate zeigt sich auch in Ciceros philosophischen und rhetorischen Schriften. Vgl. Hunter 2010, 9–19. Zugleich spiegelt sich darin laut Jocelyn Ciceros Liebe zum T heater wider. Vgl. Jocelyn 1973, 62.71. Laut Armleder gibt es verschiedene Gründe für Ciceros Präferenz von Dichterzitaten, zum einen könne man sich solche leichter merken und auch aus dem Gedächtnis zitieren, zum anderen bieten gerade die Epen Homers und die Dramen antiker Autoren eine inhaltliche und situative Vielfalt, aus der Cicero bei seinen verschiedenen Briefanlässen schöpfen könne. Vgl. Armleder 1957, 2–6.10–12.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

bzw. zweimal werden die griechischen Lyriker Archilochos, Kallimachos, Leonidas, 372 Phokylides, Pindar und Stesichoros, der Lehrdichter Hesiod, die Satiriker Rhinton und Lucilius, die Philosophen Epikur, Heraklit und Platon sowie der Geschichtsschreiber T hukydides angeführt. Daneben gibt es über 30 Zitate in Ciceros Briefen, die nicht eindeutig zugeordnet werden können, d. h. bei denen der Autor unbekannt ist.373 Die vorangegangene Übersicht zeigt, dass Cicero bestimmte Autoren und Gattungen selten zitiert, während er für andere eine gewisse Vorliebe zu haben scheint. Die Frage ist nun, ob er damit lediglich seinem persönlichen Geschmack nachkommt oder auch die Interessen sowie Kenntnisse der Adressaten berücksichtigt. Bei den Homerzitaten ist wohl beides der Fall. Zum einen ist von einer Vertrautheit aller gebildeten Römer mit Homer auszugehen, da er zum Kanon der damaligen Schulautoren gehört und Vorbild für zahlreiche römische Autoren ist.374 Seine Werke dienen als Stofflieferant für den Abstammungsmythos der Römer, der in mehreren republikanischen Tragödien und in der römischen Historiographie verarbeitet wird.375 Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Cicero vermehrt Passagen aus der Ilias zitiert, die gerade diesen Stoff enthält. Auch Ciceros literarische Zeitgenossen schätzen Homer sehr. Laut Lukrez hat nur Homer das Zepter der Musen erhalten376, und Nepos sowie Varro führen ihn als Beleggröße für Begriffsbezeichnungen und Personenbeschreibungen an.377 Zudem deuten die große Anzahl von griechischen Homer-Zitaten in Ciceros Korrespondenz und der überwiegende Verzicht auf Herkunftsangaben beim Anführen von Homerversen darauf hin, dass Cicero deren Kenntnis voraussetzt.378 Zum anderen spiegelt die Anhäufung von Homerbezügen in den Atticus-Briefen wohl die gemeinsame Vorliebe der Freunde für den griechischen Epiker wieder. Diese Vermutung liegt nahe, da hier im Gegensatz zu Ciceros anderen Werken379 372  Cicero zitiert nur einen einzigen Vers des griechischen Epigrammatikers, aber in drei verschiedenen Briefen an Atticus (Att. IX,7,5; IX,18,3; X,2,1). Die mehrfache Verwendung des Verses deutet darauf hin, dass es sich dabei um einen Gemeinplatz handelt, der zumindest Cicero und Atticus geläufig ist. Vgl. Behrendt 2013, 259. 373  Auch bei einigen anderen Zitaten ist die Zuordnung nicht immer eindeutig, da explizite Autorenangaben fehlen. Ciceros Vorliebe für Dichterverse ist aber auch bei den Zitaten, die nicht eindeutig zuzuordnen sind, erkennbar, da die meisten von ihnen ein Metrum aufweisen. 374  Vgl. Bernard 1997, 333. 375  Vgl. Bagordo 2010, 329–332. 376  Vgl. Lucr. III,1037–1038. 377  Vgl. Nep.Dat. II,2; Var.ling. VII,4,74; Var.rust. I,2,7. Auch Cicero sieht Homer als Quelle für solche Erklärungen an. Vgl. Cic.div. I,87.89; Tusc. I,3; Cato 54; n.d. III,11. 378  Dies trifft nicht nur auf seine Briefe zu, sondern auch auf Ciceros Reden und philosophischen Werke. Vgl. Spahlinger 2005, 254–255. 379  In seinen gesamten philosophischen Werken zitiert Cicero nur an acht Stellen direkt Homer, wohingegen er in den Briefen an Atticus 45–mal auf den griechischen Epiker zurückgreift. Vgl. Shackleton Bailey 1996, 141; Shackleton Bailey 1995, 155–156.

2.5  Bildungshintergrund der Zitate

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eine ganze Fülle von Homerzitaten auftaucht. Die vermehrte Bezugnahme auf bestimmte Bücher der Ilias (Buch 6,18 und 22) entspricht wahrscheinlich ebenfalls Ciceros persönlichen Präferenzen. Denn bei seinen Zeitgenossen lassen sich solche ungleichen Verteilungen nicht beobachten. Ähnlich verhält es sich auch mit Euripides, den Cicero und sein Bruder sehr schätzen380 und deren Vorliebe dem Zeitgeist entspricht. Euripides ist nämlich nicht nur im hellenistischen Griechenland, sondern auch im Rom der ausgehenden Republik ein beliebter Tragiker. Ebenso wie Homers Werke werden die Werke des Euripides im römischen Schulunterricht behandelt und nehmen infolgedessen Einfluss auf spätere römische Autoren.381 Cicero zitiert ihn von den griechischen Tragikern am häufigsten. Auch in seinen philosophischen Werken finden sich zahlreiche Belege.382 Er schätzt vor allem dessen Klarheit und Kürze.383 In einer seiner philosophischen Schriften geht Cicero sogar so weit, zu behaupten, dass alle Dialogpartner einen bestimmten Euripidesvers in griechischer Sprache kennen.384 Es ist daher anzunehmen, dass die Stücke des Euripides zum traditionellen Bildungsgut der römischen Elite gehören. Ciceros Vorliebe für Ennius ist ebenfalls zeittypisch. In republikanischer Zeit gilt Ennius als primus poeta und alter Homerus. Diese Ansprüche werden von Ennius selbst in seinen Werken kommuniziert und von seinen Nachfahren anerkannt.385 Denn er kommt dem Geschmack der Römer entgegen und prägt durch seine Werke, die als Schullektüre und literarisches Muster verwendet werden, deren Identität.386 Cicero zitiert ihn häufig, da er von dessen Leistung beeindruckt ist387 und dessen Gefühlsbeschreibungen, Klarheit sowie Vokabelreichtum schätzt.388 Daher stellt er sich auch bei seinen Übersetzungen griechischer Dichtung in eine Traditionslinie mit Ennius, indem er dessen Begriffe und Wendungen übernimmt.389 Lukrez bezeichnet ihn als ersten berühmten Dichter der Römer, der laut eigenen Angaben von Homer berufen worden ist.390 Varro hält ihn für eine zuverlässige Quelle391 und zitiert ihn deshalb oft als Beweisautori380 

Vgl. fam. XIII,15; XVI,8. Kroh 1972, 220. So erwähnt z. B. Varro an einer Stelle, dass Ennius Euripides sprachlich imitiert habe. Vgl. Var.ling. VII,5,82. 382  Vgl. z. B. Cic.Tusc. I,115; III,29; IV,63. Für eine Übersicht vgl. Spahlinger 2005, 260– 261. 383  Vgl. Cic.n.d. II,65; off. III,82; fam. XIII,15,2. 384  Vgl. Cic.fin. II,32. 385  Vgl. Cic.fin. I,3; Prinzen 1998, 181.184–185. 386  Vgl. Classen 1993, 74–75; Spahlinger 2005, 223–225; Albrecht 2012, 122. 387  Vgl. Cic.Arch. 22. 388  Vgl. Wright 1931, 45.52. An einigen Stellen verwendet Cicero die Bezeichnung Ennius noster, wodurch dessen Bedeutung für die römische Identität direkt zum Ausdruck kommt. Vgl. z. B. Cic.Arch. 18.22; Cato 10; div. II,104. 389  Vgl. Ahrens 1961, 265. 390  Vgl. Lucr. I,117–126. 391  Vgl. Var.ling. V,15. Ähnlich sieht es auch Cicero. Ennius gilt für ihn als Autorität und 381  Vgl.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

tät.392 Neben den Annalen des Ennius erfreuen sich auch seine Tragödien, die noch zu Lebzeiten Ciceros aufgeführt werden, großer Beliebtheit. Vor allem die Medea, die sich stark an die Vorlage des Euripides anlehnt, genießt einen großen Bekanntheitsgrad.393 Sowohl die Annalen als auch die Medea entsprechen ebenfalls den Vorlieben Ciceros, der gerne hohe Dichtung und Euripides-Adaptionen zitiert.394 Die mehrfache Zitation aus diesen beiden Werken in Ciceros Briefen erklärt sich also einerseits durch die Präferenz des Autors andererseits durch die Kenntnisse der Leser. Da Ennius in der Schule behandelt wird, seine Stücke zu der Zeit aufgeführt werden395 und seine Werke von verschiedenen Autoren geschätzt werden, kann man davon ausgehen, dass Ciceros Adressaten die Verse und deren Hintergrund kennen. Auch Terenz gehört zum Bildungskanon der römischen Oberschicht. Denn er ist Schulautor und literarisches Vorbild zur Zeit Ciceros.396 Er gilt als herausragender Komödiendichter, seine Stücke werden noch bis zur Zeit des Horaz aufgeführt, und Caesar sowie Varro loben seine feine Charakterzeichnung und sprachliche Eleganz.397 Cicero schätzt dessen Sprachkunst und zitiert ihn daher häufig.398 In seinem Jugendwerk De inventione verwendet er Terenz-Zitate als Schulbeispiele, in seinen Reden für Caecina und Caelius Rufus spielt er auf Personen aus terenzischen Komödien an, und in einem Brief an Atticus begründet er seine Wahl einer Präposition vor einem Städtenamen mit sprachlichen Wendungen bei Terenz.399 Von den Komödien des Terenz hatte der Eunuchus verlässlicher Gewährsmann. Vgl. Prinzen 1998, 161.166; Elliott 2013, 172. Elliott erklärt zudem, dass Cicero trotz kritischem Bewusstsein für die Bearbeitung der Geschichte durch Ennius für dessen Autorität werbe, je nach Zweck seines Zitateinsatzes dessen Autorität bewerte und so die Ennius-Rezeption seiner Zeitgenossen und Nachfahren beeinflusse. Vgl. Elliott 2013, 154.159.193.195. 392  Vgl. z. B. Var.ling. V,10; VI,7; VII,2–3. 393  Vgl. Wright 1931, 50; Lennartz 1997b, 230–231. 394  Vgl. Prinzen 1998, 174; Spahlinger 2005, 225–226. 395  Vgl. Jocelyn 1967, 47.52. 396  Vgl. Albrecht 2012, 198; Zillinger 1911, 39–41; Zimmermann 1997b, 693; Lefèvre 2002, 250–251. 397  Vgl. Wright 1931, 66.70; Zimmermann 1997b, 693; Albrecht 2012, 198. 398  Obwohl Terenz im älteren Komikerkanon des Volcacius Sedigitus erst an sechster Stelle steht, zitiert Cicero ihn am liebsten, wahrscheinlich aufgrund seines eleganten Sprachstils. Möglicherweise zeigt sich darin auch eine allgemeine Tendenz zur Vorliebe für Terenz im ersten Jahrhundert v. Chr. Vgl. Shackleton Bailey 1983, 246. 399  Vgl. Cic.inv. I,27.33; Caecin. 27; Cael. 38; Att. VII,3,10; Marti 1974, 160–161. Laut Spahlinger zählen auch seine Anerkennung der künstlerischen Regeln des Caecilius, seine Anlehnung an die neuere Komödie des Menander, seine moralische Absicht und seine Verbindung zum Scipionenkreis zu den Gründen für die Bevorzugung des Terenz gegenüber Plautus. Vgl. Spahlinger 2005, 243–244. Zudem stellen für Cicero die Figuren des Terenz exempla für sittliche Verhaltensweisen dar, auf die man gut verweisen kann. Vgl. Schultheiß 2007, 164–171. Für eine Übersicht zu den laut Cicero nachahmenswerten Elementen der Komödien des Terenz vgl. Manuwald 2014, 184–200.

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den größten Erfolg.400 Dementsprechend zitiert Cicero in seinen Briefen auch am häufigsten aus diesem Werk. Daneben führt er vor allem Verse aus den Anfangsszenen der Andria und des Heauton timorumenos an. Dabei kommt er einerseits seiner persönlichen Vorliebe nach, da die Andria zu seinen Lieblingsstücken zählt,401 andererseits setzt er auf die Bekanntheit der Verse, wenn er Stücke wählt, die noch aufgeführt werden,402 und aus den Teilen zitiert, die in Rhetorenschulen besonders eingehend behandelt werden.403 Da die Stücke des lateinischen Tragikers Accius ebenfalls im ersten Jahrhundert n. Chr. noch aufgeführt werden404 und wegen ihrer politischen Implikationen sogar weit verbreitet sind, kann man von deren Bekanntheit ausgehen. Ciceros Werke enthalten außerdem viele Zitate aus den Tragödien des Accius, weil er dessen Sprache, Stil sowie Charakterzeichnung schätzt und ihn für einen summus poeta hält.405 Ebenso führt Varro Acciusbezüge als Belege für die Bezeichnung bestimmter Begriffe an.406 Cicero zitiert also nur dann Autoren mehrfach, wenn er selbst eine Vorliebe für sie hat und er deren Werke bei seinen Lesern als bekannt voraussetzen kann. Etwas anders sieht es im Gegensatz dazu mit Sophokles aus. Auch wenn einige Anekdoten über ihn in Rom geläufig sind, worauf Erwähnungen in Ciceros Werken hindeuten,407 sind Zitate von ihm selten.408 Die Autorenangabe tuus amicus Sophokles in Att. II,7,4 zeigt an, dass Ciceros Freund Atticus eine Vorliebe für diesen Tragiker hat. Daher zitiert Cicero v. a. in seinen Briefen an Atticus Verse von Sophokles.409 Daneben beschreibt Cicero seinen eigenen Bruder in einem philosophischen Dialog als Bewunderer dieses Tragikers.410 Dementsprechend findet sich auch in einem Brief an Quintus ein Zitat von Sophokles.411 Die Wahl des Autors wird hier also vornehmlich durch die Vorliebe der Adressaten bestimmt. Auch Menanders Worte findet man lediglich in der Briefsammlung Ad Atticum, obwohl seine Komödien beliebt in Rom sind, wie zahlreiche Adaptionen von Terenz und Plautus zeigen. Cicero schätzt dessen Werke, greift aber in seinen philosophischen Schriften und Reden lieber auf lateinische Adaptionen zu400 

Vgl. Albrecht 2012, 197–198. Vgl. Zillinger 1911, 39–40. 402  Vgl. Albrecht 2012, 197–198; Zimmermann 1997b, 693. 403  Vgl. Marti 1974, 161. 404  Vgl. Cic.Phil. I,36. 405  Vgl. Albrecht 2012, 138; Lennartz 1997a, 1; Spahlinger 2005, 229–231; Wright 1931, 38; Shackleton Bailey 1983, 246. 406  Vgl. z. B. Var.ling. V,14,80; VII,3,50; VII,5,96. 407  Vgl. Cic.Cato 22.47; off. I,40. 408  Vgl. Latacz 1992, 128–129; Spahlinger 2005, 259. 409  Vgl. Att. II,7,4; II,16,2; IV,8,1; Spahlinger 2005, 259. 410  Vgl. Cic.fin. V,3. 411  Vgl. Q.fr. II,9,2. 401 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

rück.412 Möglicherweise geht er davon aus, dass Menander nicht allen Römern im Original geläufig ist. Bei Atticus scheint er sich hingegen sicher zu sein, dass er dazu in der Lage ist, wenn er an allen drei Stellen ohne Herkunftsangaben zitiert. Auffällig ist allerdings, dass Cicero hier sentenzartige Verse zitiert, die auch ohne Kontextbezug verständlich sind. Eventuell hängt dies aber damit zusammen, dass Menander gerade für seinen Reichtum an Sentenzen in Rom bekannt ist.413 Und wie sieht es mit den Autoren aus, die Cicero lediglich ein- bis zweimal in seinen Briefen anführt? Ihre fehlende Präsenz in Ciceros Briefen ist ebenfalls entweder durch Ciceros persönliche Einstellung oder durch seine Einschätzung der Bildungsvoraussetzungen der Adressaten bedingt. So hält Cicero den Komiker Aristophanes zwar für einen witzigen Dichter,414 zitiert ihn aber kaum, da dessen Stücke wegen ihrer engen Zeit- und Ortsgebundenheit argumentativ wenig nützlich erscheinen.415 Ebenso verzichtet Cicero weitestgehend auf T huky­ dides-Zitate und wird damit seiner eigenen Forderung gerecht, nach der sich dessen Stil nicht zur Nachahmung eigne.416 Auch auf den hellenistischen Dichter Kallimachos, der anspielungsreiche und ausgefeilte kleine Gedichte für gelehrte Leser schreibt, nimmt Cicero selten Bezug, da dieser eine andere poetische Anschauung vertritt als er selbst.417 Dagegen greift er an anderen Stellen auf heute eher unbekannte Dichter wie Epicharmos oder Phokylides zurück, weil er deren Sinnsprüche selbst schätzt418 und in Rom als bekannt voraussetzen kann.419 In ähnlicher Weise zitiert Cicero nie aus dem Bellum Poenicum des Naevius und greift auch nur selten auf dessen Dramen zurück, da dieser schrittweise von Ennius verdrängt worden ist und daher nicht mehr so bekannt ist.420 Somit ist nicht nur die häufige Zitation von Homer, Euripides, Ennius und Terenz Ciceros eigenen Vorlieben und deren Bekanntheit in Rom geschuldet, sondern auch die Vernachlässigung anderer Autoren durch Ciceros negative Beurteilung und die Kenntnisse der Adressaten bestimmt.

412 

Vgl. Kroh 1972, 406–410; Spahlinger 2005, 261–262. Vgl. Kroh 1972, 410. 414  Vgl. Cic.leg. II,37. 415  Vgl. Spahlinger 2005, 262. 416  Vgl. Cic.Brut. 287; Spahlinger 2005, 265–266. Den Tragiker Atilius bezeichnet Cicero sogar im Anschluss an ein Rezitat von ihm als poeta durissimus und liefert damit direkt die Begründung für seinen Verzicht auf weitere Zitate von ihm. Vgl. Att. XIV,20,3. 417  Vgl. Kytzler 1997, 191–192; Spahlinger 2005, 157. Möglicherweise ergibt sich auch die Vernachlässigung des Lucilius z. T. daraus, dass Cicero dessen literaturgeschichtliche Sicht nicht teilt. Vgl. Kytzler 1997, 208–210; Spahlinger 2005, 245–246. 418  Vgl. Armleder 1957, 74–75. 419  Vgl. Kroh 1972, 198.476. 420  Vgl. Spahlinger 2005, 228–229; Prinzen 1998, 179; Albrecht 2012, 109. 413 

2.5  Bildungshintergrund der Zitate

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2.5.2  Zitation als Bildungsprozess Wie bereits die funktionale Betrachtung des Zitateinsatzes gezeigt hat, sind Zitate Bildungselemente. Mit ihrer Hilfe kann der Zitierende auf den gemeinsamen Bildungshintergrund der Kommunizierenden verweisen, um Verbundenheit zu schaffen.421 Voraussetzung hierfür ist aber, dass alle Teilnehmer der Kommunikation über dieselben Kenntnisse verfügen. Dies ist dann gegeben, wenn sie eine ähnliche Ausbildung durchlaufen haben oder die zitierten Autoren weiträumig bekannt sind. Beides trifft auf Ciceros Briefe zu, da er lediglich mit Mitgliedern der römischen Oberschicht korrespondiert und vorwiegend geläufige Werke zitiert. Darüber hinaus stellt die Zitation einen Prozess dar, der auf Seiten des Autors und des Lesers kognitive Operationen erfordert und damit möglicherweise Bildungsprozesse in Gang setzt. Daher soll im Folgenden der Blick auf die Frage gerichtet werden, ob und inwiefern Zitate in Ciceros Briefen über die vorausgesetzten Kenntnisse hinaus zum Nachdenken anregen und eine selbstständige Weiterbildung befördern. Als erstes Beispiel soll hier die lateinische Platonparaphrase in fam. I,9,12 angeführt werden, die die Vermutung nahelegt, dass Platons Werke nicht jedem Römer geläufig sind. Cicero zitiert an dieser Stelle nämlich nicht den originalen Wortlaut, sondern überträgt den Satz aus Platons Nomoi 711c ins Lateinische und verkürzt ihn. Zudem nennt er den Autor und hebt dessen Autorität hervor. Eingeleitet wird das Zitat mit den Worten: Erant praeterea haec animadvertenda in civitate, quae sunt apud Platonem nostrum scripta divinitus. (Außerdem war im Staat das zu bedenken, was bei unserm Platon vortrefflich geschrieben steht). Damit wird der folgende Satz Platons als Grundsatz eines weisen Mannes dargestellt. Zugleich impliziert die Verwendung des Gerundivums mit esse, das eine Notwendigkeit ausdrückt, eine Aufforderung an andere, bei politischen Handlungen ebenfalls die Worte Platons zu bedenken. Entsprechend führt Cicero im anschließenden Textabschnitt nicht nur Situationen aus der eigenen Vergangenheit, sondern auch aus der seines Briefpartners an, auf die die Aussage Platons zutreffe.422 Interessant sind hierbei die verbalen Wendungen, mit denen Cicero seine Ausführungen beginnt: tenebam memoria (ich hatte in Erinnerung) und memineram (ich erinnerte mich). Denn beide spiegeln das sich Zurückbesinnen Ciceros wider und scheinen den Adressaten ebenfalls zum Erinnern aufzurufen, indem neben den Taten Ciceros auch die des Angesprochenen angeführt werden (cum tu Hispaniam citeriorem cum imperio obtineres – als du Hispania Citerior verwaltetest). Die Verbformen im Umfeld der Paraphrase beschreiben also zum 421  In der vorliegenden Arbeit werden die Wissensinhalte als traditionelle Bildungsgüter bezeichnet, die kontinuierlich weitergegeben werden und dabei zum Prozess des Sich-Bildens eines Subjekts beitragen sowie kulturelle Identität stiften. Für eine ausführliche Darstellung zum hier verwendeten Bildungsbegriff vgl. S. 21–24. 422  Vgl. fam. I,9,13–14.

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2  Zitation in Ciceros Briefen

einen den Akt des Nachdenkens und ermahnen zum anderen implizit den Briefpartner dazu. Ob damit wirklich ein Bildungsprozess in Gang gesetzt wird, lässt sich leider nicht sagen, da ein Antwortschreiben des Lentulus, an den sich der Brief richtet, fehlt; intendiert ist er jedoch. In ähnlicher Weise verfährt Cicero auch in seinem Brief fam. VII,6. Dort fordert er seinen Adressaten Trebatius mit Worten des Dichters Ennius zum Gebrauch seines Verstandes auf. Am Ende des Briefes heißt es nämlich: Qui ipse sibi sapiens prodesse non quit nequiquam sapit. (Wer sich selbst mit Verstand nicht helfen kann, gebraucht seinen Verstand umsonst.) (fam. VII,6,2). Gleich zwei Mal werden in dem Zitatsegment Formen des Verbs sapere verwendet, zum einen das Partizip Präsens Aktiv sapiens, zum anderen die finite Verbform sapit. Eingeleitet wird der Vers mit den Worten: Quoniam Medeam coepi agere, illud semper memento… (Da ich ja begonnen habe, Medea aufzuführen, denke immer an jenen Spruch…). Bereits hier zeigt sich eine Möglichkeit, in der man seinen Verstand gebrauchen kann, man kann sich erinnern. Zugleich enthält der Imperativ memento eine doppelte Mahnung an den Adressaten. Einerseits soll er an den Spruch der Medea denken und seinen Verstand gebrauchen, um sich selbst zu helfen, andererseits soll er sich den Kontext der vorangehenden Medeaverse in Erinnerung rufen, wie Cicero durch den Rückbezug quoniam Medeam coepi agere deutlich macht. Möglicherweise veranlasst Ciceros assoziative „Aufführung“ Trebatius sogar dazu, weitere Verse zu ergänzen, die genauso gut zu seiner Situation passen. Dass Cicero seinen Adressaten zumindest zum Nachdenken angeregt hat, belegen seine Aussagen in einem späteren Schreiben. In fam. VII,16,1 erklärt Cicero nämlich, dass Trebatius nicht zu spät zu Verstand gekommen sei. Etwas deutlicher als in den beiden vorangehenden Beispielen, in denen die Aufforderung zum Nachlesen nur indirekt über bestimmte Verben erfolgt, wird Cicero in zwei anderen Schreiben. In fam. VII,28 und fam. IX,22 schließt er an das Zitat jeweils eine Bemerkung zum Vorwissen der Adressaten an. So heißt es in fam. VII,28,2: ‚ubi nec Pelopidarum …‘ – nosti cetera (‚wo weder der Pelopiden …‘ – den Rest kennst du ja), und in fam. IX,22,1: ut ille in Demiurgo ‚modo forte‘ – nosti canticum, meministi Roscium – ‚ita me destituit nudum‘ (wie jener in der Demiurgus: ‚Eben gerade‘ – du kennst das Lied, du erinnerst dich an Roscius –‚ ließ sie mich so nackt stehen‘). In beiden Fällen enthalten die Zusätze neben der Information, dass Cicero von der Bekanntheit der Zitatsegmente ausgeht (nosti), die Aufforderung, die Fortsetzung (cetera) oder den Kontext des Verses (canticum) selbstständig zu ergänzen. Bei Letzterem wird als zusätzliche Hilfestellung sogar noch auf den Schauspieler verwiesen, der den Vers bei einer Aufführung aufgesagt habe (meministi Roscium). Möglicherweise ist dies Curius, dem Adressaten von fam. VII,28, wider Erwarten nicht gelungen, da Cicero in einem späteren Schreiben

2.5  Bildungshintergrund der Zitate

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an ihn den Vers vollständig zitiert.423 Allerdings würde das dessen urbanitas widersprechen, die ihn laut Cicero mit ihm selbst und Atticus verbindet.424 Daher ist das gleichzeitige Verwenden einer Lang- und einer Kurzversion an ein und denselben Adressaten wohl eher durch Ciceros stilistisches Empfinden bedingt. Ebenso ist Papirius Paetus, der andere Adressat, der von Cicero als sehr gebildet dargestellt wird,425 dazu in der Lage gewesen, der impliziten Aufforderung Ciceros nachzukommen. Damit ist jedoch noch kein Bildungsprozess angestoßen worden, sondern es werden lediglich die Kenntnisse der Adressaten hervorgehoben. Ob beide Briefpartner darüber hinaus durch Ciceros Zitate zum Nachlesen oder Weiterdenken angeregt worden sind, lässt sich leider nicht feststellen. Ausgeschlossen ist dies aber nicht, gerade wenn man Ciceros Darstellung ihres literarischen Interesses ernst nimmt.426 Ganz explizit fordert Cicero dagegen in fam. VI,18,5 zur Weiterbildung auf. Der Sohn seines ehemaligen Untergebenen Lepta soll Hesiod auswendig lernen (Lepta suavissimus ediscat Hesiodum). Damit er damit sofort beginnen kann, hat Cicero eine erste Übung angeschlossen. Das folgende Hesiodzitat bricht nämlich nach drei Worten ab. Um den Sinn des Verses verstehen zu können, benötigt man aber dessen Fortsetzung. Somit ist der Adressat bzw. dessen Sohn selbst aufgefordert, den Satz zu vervollständigen. Wie ihm das gelingt, ist ihm selbst überlassen. Ziel ist es jedoch, dass er nach seinem Studium den Vers auf den Lippen hat (habeat in ore), d. h. selbst aus dem Gedächtnis zitieren kann.427 Die Selbstverständlichkeit, mit der Cicero den Vers anzitiert, legt die Vermutung nahe, dass Lepta selbst den Wortlaut vervollständigen kann. Da er zudem Cicero verpflichtet ist,428 ist anzunehmen, dass er die Studienempfehlung an seinen Sohn weiterleiten wird. Wenn er dafür Ciceros Brief nutzt, kann er direkt mit dem enthaltenen Beispiel starten. Insgesamt verwendet Cicero in seinen Briefen selten Zitate, um damit einen Bildungsprozess zu initiieren. Es gibt nur eine einzige explizite Aufforderung zum Studium, die mit einem Zitat verbunden wird. Daneben fordert Cicero an einigen anderen Stellen seine Adressaten implizit zum Nachlesen auf. Die Beispiele zeigen jedoch, dass er grundsätzlich von der Bekanntheit der zitierten Passagen ausgeht. Damit lässt sich Zillingers Behauptung, Cicero wolle römische Dichter einem breiteren Publikum bekannt machen429, für Ciceros Briefe nicht belegen. Es ist vielmehr so, dass gerade die Kenntnis der römischen Dich423 

Vgl. fam. VII,30,1. Vgl. fam. VII,31,2. 425  Vgl. S. 118–119. 426  Vgl. z. B. fam. VII,28,2; VII,29,1; IX,16,4–6; IX,26,2. 427  Zugleich kann man mit dem zitierten Hesiod-Vers das Bild eines fleißig lernenden Schülers assoziieren. Vgl. Armleder 1957, 73. 428  Vgl. fam. VI,18,3; VI,19,2. 429  Vgl. Zillinger 1911, 16. 424 

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ter die römische Oberschicht verbindet und daher von Cicero strategisch genutzt wird, um sich einen politischen Verbündeten gewogen zu machen.430 Die allumfassende Bildung, die Cicero in seinen anderen Werken für Redner fordert,431 setzt er somit bei seinen Adressaten voraus. Die hierfür erforderlichen Fähigkeiten müssen bereits in der Jugend ausgebildet werden. Deshalb richtet sich auch seine einzige explizite Aufforderung an einen jungen Mann, an den Sohn eines K ­ lienten. 2.5.3  Fähigkeiten der Adressaten Neben dem Autor ist der Leser die entscheidende Instanz in der brieflichen Kommunikation. Deshalb soll nun dargelegt werden, welche Voraussetzungen die Adressaten, die in diesem Fall der Leser sind, mitbringen müssen, um die vom Autor eingesetzten Mittel der Zitation zu entschlüsseln. Dabei kann man den Leser aus zwei unterschiedlichen Richtungen betrachten. Zum einen enthält der Text selbst Informationen über die Adressaten. Zu beachten ist dabei aber, dass die Betrachtung durch die Brille des Autors erfolgt. Zum anderen kann man mithilfe zusätzlicher Quellen versuchen, das Bild der Adressaten zu vervollständigen. In diesem Zweischritt erfolgt auch die folgende Analyse. Ciceros Briefe mit Zitaten richten sich an 20 verschiedene Adressaten, die alle der römischen Oberschicht angehören, wie durch die Präskripte ersichtlich wird. Darunter sind u. a. sein Bruder Quintus, private Freunde wie Atticus oder Paetus, Klienten wie Trebatius und politische Freunde wie Lentulus oder Varro. Da eine Untersuchung aller Briefpartner eine eigene Arbeit füllen würde, sollen im Folgenden exemplarisch fünf Adressaten vorgestellt werden, die sowohl das Spektrum an Beziehungen zu Cicero als auch die unterschiedlichen intellektuellen Voraussetzungen der Leserschaft Ciceros abdecken. Im Einzelnen sind dies Appius Claudius Pulcher, Publius Cornelius Lentulus Spinther, Marcus ­Caelius Rufus, (Lucius)432 Papirius Paetus und Titus Pomponius Atticus. a. Aussagen über die Leserschaft in Ciceros Briefen Im ersten Schritt werden nun Ciceros eigene Aussagen über die Adressaten in seinen Briefen zusammengefasst. Die Textgrundlage bilden dabei alle Schreiben Ciceros an den jeweiligen Adressaten. Im Fokus der Analyse stehen einerseits die Beziehung zwischen den Briefpartnern und andererseits der Bildungshorizont des Lesers. So ergibt sich ein genaues Bild davon, welche Vorstellung vom und 430  Vielmehr würde eine direkte Aufforderung zur Lektüre sogar der gegebenen Höflichkeit unter Gleichgesinnten widersprechen. 431  Vg. Cic.de orat. I,16,72. 432  Der Vorname ist nur an einer Stelle zu finden und daher nicht eindeutig belegt vgl. Demmel 1962, 273–274.

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Einstellung zum Adressaten Cicero hat. Die Reihenfolge der Darstellung orientiert sich dementsprechend an der Nähe bzw. Distanz zwischen den Korrespondenten. Beginnend mit den Freunden, die man unter heutigen Gesichtspunkten wohl eher als politische Verbündete bezeichnen würde, nähert sich die Darstellung immer mehr den wirklichen Freunden Ciceros an. Der Briefaustausch zwischen Marcus Tullius Cicero und Appius Claudius Pulcher ist dadurch bedingt, dass Cicero dessen Nachfolge als Statthalter in Kilikien antritt (vgl. fam. III,2,1). Die 13 erhaltenen Briefe im dritten Buch von Ad familiares zeigen die Entwicklung ihrer Beziehung während dieser Zeit. Aus dem ersten Schreiben erfahren wir, dass Cicero und Appius Claudius sich nach einer längeren Unterbrechung wieder freundschaftlich verbunden fühlen (vgl. fam. III,1,1).433 Sie bemühen sich beide um die Aufrechterhaltung ihrer freundschaftlichen Beziehung, indem sie sich uneingeschränkte Verbundenheit und Unterstützung zusichern (vgl. fam. III,1,1–2; III,4,1–2). Bei der Übergabe der Provinz kommt es aber zu Unstimmigkeiten, aus denen im weiteren Verlauf Streitigkeiten erwachsen. Cicero kritisiert die Reduzierung der Streitmacht und die Änderung der Reisepläne des Appius Claudius (vgl. fam. III,5,3–4; III,6,5). Appius Claudius wiederum wirft Cicero Geringschätzung beim Zusammentreffen und das Unterbinden eines Bauvorhabens vor (vgl. fam. III,7,2–5). Erst nach dessen Ankunft in Rom, bei der er Ciceros Ergebenheit erkannt habe, wird der Ton wieder freundlicher (vgl. fam. III,9,1–2). Die nun folgenden Briefe sind wiederum von dem Bemühen geprägt, die gegenseitige freundschaftliche Verbundenheit zu versichern (vgl. fam. III,10,1–3; III,11,1–4; III,12,1; III,13,1–2). Man müsse nämlich den Anschein einer Scheinversöhnung vermeiden (vgl. fam. III,12,4). Die gesamte Korrespondenz zeigt, dass die beiden Briefpartner lediglich eine politische Freundschaft verbindet, die anfällig für Spannungen ist.434 Zu dem Zeitpunkt, als das Band zwischen ihnen am schwächsten ist, da Zweifel an ihrem aufrichtigen Einsatz füreinander aufkommen (vgl. fam. III,8,2–6), versucht Cicero über intellektuelle Gemeinsamkeiten Verbundenheit herzustellen. Zunächst bezeichnet er Appius Claudius als non solum sapientem, verum etiam, ut nunc loquimur, urbanum (nicht nur weise, sondern auch, wie wir heutzutage sagen, urban) (fam. III,8,3). Dann fordert er ihn mit Bezug auf gelehrte Männer, die Schriften über die Freundschaft verfasst haben, dazu auf, nicht auf das Gerede anderer zu hören (vgl. fam. III,8,5). Schließlich gipfelt die Argumentation sogar in einem lateinischen Zitat ohne Herkunftsangabe (vgl. fam. III,8,8). Ausgehend von der Urbanität des Adressaten setzt Cicero also sowohl die Kenntnis bestimmter Autoren voraus, die über die Freundschaft geschrieben haben, 433  Dementsprechend verwendet Cicero in seinen Schreiben an Appius Claudius keine vertraute Anrede, er verwendet Pränomen und Cognomen und in den ersten beiden Briefen zusätzlich noch den Titel imperator. Vgl. Oppermann 2000, 251. 434  Ähnliche Beobachtungen hat auch Oppermann gemacht. Vgl. Oppermann 2000, 249–252.

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ohne diese direkt zu benennen, als auch die Fähigkeit, ein Zitat nur anhand des Metrums zu erkennen. Vermutlich erwartet er zudem, dass Appius Claudius den Kontext des Prätextes ergänzen und mit dessen Hilfe das Bedeutungsspektrum des Zitats innerhalb des Gedankengangs erschließen kann. Aufgrund des heute nicht mehr erhaltenen Ursprungstextes kann dies nicht mit Sicherheit bestätigt werden, allerdings deutet die Zitation eines Homerverses im chronologisch nachfolgenden Schreiben fam. III,7 darauf hin. Dort empfiehlt Cicero zunächst die Lektüre Athenodors (vgl. fam. III,7,5), bevor er anschließend ebenfalls ohne thematisierende Markierung aus Homers Ilias zitiert (vgl. fam. III,7,6). Mit Homers Worten, πάρ᾽ ἔμοιγε καὶ ἄλλοι οἵ κέ με τιμήσουσι, μάλιστα δὲ μητίετα Ζεύς (an meiner Seite sind noch andere, die mich wohl ehren werden, ganz besonders Berater Zeus)435 (fam. III,7,6), bringt Cicero zum Ausdruck, dass er neben Appius Claudius noch andere Freunde habe und daher nicht auf ihn angewiesen sei. Das im nächsten Satz enthaltene griechische Adjektiv φιλαίτιος (streitsüchtig) verweist zudem auf den unmittelbaren Kontext der Homerpassage, wo Achilles in ähnlicher Weise beschrieben wird.436 Wenn man nun die beiden Kontexte miteinander vergleicht, fallen weitere Parallelen auf. Cicero lädt also seinen Adressaten mithilfe des griechischen Adjektivs zum Rückbezug auf den Prätext ein. Er setzt voraus, dass Appius Claudius den Ursprungstext kennt und durch einen Vergleich die Bedeutung des Zitats im neuen Kontext ableiten kann.437 Vor Appius Claudius Pulcher hat Publius Cornelius Lentulus Spinther das Amt des Statthalters in Kilikien innegehabt (vgl. fam. III,7,5). Das erste Buch der Briefsammlung Ad familiares enthält zehn Schreiben von Cicero an Lentulus aus dieser Zeit. Cicero ist ihm aufgrund seines Einsatzes für seine Rückberufung aus dem Exil verpflichtet. Gleich mehrfach weist er in seinen Briefen darauf hin, dass er sich mit allen Kräften bemühe, seine Dankbarkeit dafür durch einen entsprechenden Einsatz für die Angelegenheiten des Lentulus zum Ausdruck zu bringen (vgl. fam. I,2,4; I,5a,2–4; I,6,2; I,8,5–7). Daher dient er ihm als Verbündeter sowie Informant bezüglich der Verhandlungen zur ägyptischen Frage, indem er im Senat einen Antrag stellt, nach dem Lentulus den vertriebenen ägyptischen König wieder in sein Amt einsetzen solle und ausführlich den Verlauf der Senatssitzungen schildert (vgl. fam. I,1–3.5a.5b). Schließlich berät er ihn sogar, wie er sich nach dem Beschluss des Senats verhalten solle, überlässt die endgültige Entscheidung aber ihm (vgl. fam. I,7.9). Zugleich lobt Cicero Lentulus für sein Verhalten (vgl. fam. I,5a,4; I,5b,2; I,7,3; I,9,22) und spricht ihm Trost zu, als der Antrag für ihn nicht die nötige Unterstützung erfährt (vgl. fam. I,6). Dabei vergleicht er dessen Situation mit seiner eigenen vor und nach der Exilzeit (vgl. fam. I,6,2; I,7,2; I,9,3). Darüber hinaus setzt er sich bei Pompeius für die Unterstüt435 

Vgl. Hom.Il. I,174–175. Vgl. Hom.Il. I,177. 437  Vgl. die entsprechenden Ausführungen zu diesem Schreiben auf S. 54–56. 436 

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zung des Lentulus bezüglich eines Triumphes ein, der schließlich im Senat bewilligt wird (vgl. fam. I,8,5–6; I,9,1). Lentulus selbst ist Cicero sehr dankbar für seinen Einsatz (vgl. fam. I,7,1; I,9,1). Beide Briefpartner sind also darum bemüht, die politischen Interessen des anderen zu vertreten, um so wiederum dessen Unterstützung in eigener Sache zu erhalten. Sie verbindet eine politische Freundschaft, in der Cicero aufgrund vorangehender Ereignisse stärker in der Pflicht steht. Dies spiegelt sich auch in der Anrede – Cicero spricht Lentulus immer mit Titel (proconsul oder imperator) an – und im Tonfall – ganz sachlich berichtet Cicero von den Geschehnissen in Rom – der Briefe wider.438 Trotzdem weiß auch Cicero die Beziehung zu Lentulus für seine Zwecke zu nutzen. In fam. I,9 dient er ihm als Vermittler gegenüber der Nobilität. In dem Schreiben rechtfertigt Cicero nämlich seine Annäherung an Pompeius und Caesar und hofft darauf, dass Lentulus seine Argumentation nachvollziehen kann und für ihn gegenüber kritischen Optimaten eintreten wird, da er selbst gute Beziehungen zu Pompeius und Caesar unterhält und ähnliche Schwierigkeiten mit einigen Senatoren gehabt hat (vgl. fam. I,6–7). Deshalb hebt er mehrfach ihre Verbundenheit hervor (vgl. fam. I,9,1.23–26), u. a. durch den gemeinsamen Bildungshintergrund (vgl. fam. I,9,19). Die Briefpartner tauschen nämlich Bücher aus (vgl. fam. I,9,23–24) und kennen dieselben T heaterstücke, wie ein Terenzzitat in fam. I,9,19 zeigt, bei dem nur der Werktitel, nicht aber der Autor genannt wird. Im Gegensatz zu anderen Adressaten teilt Lentulus aber nicht Ciceros Vorliebe für die Philosophie und die griechische Sprache. Denn Cicero paraphrasiert und übersetzt in dem Brief Platonworte (vgl. fam. I,9,12.18) und weist dabei explizit auf die auctoritas des Autors hin.439 Noch stärker verbunden fühlt sich Cicero Marcus Caelius Rufus. Während seiner eigenen Statthalterschaft in Kilikien lässt sich Cicero von ihm aus Rom berichten (vgl. fam. II,10,4; II,11,2; II,12,1; II,14). Der Briefwechsel zeigt, dass beide ein herzliches Verhältnis verbindet. Denn Cicero scherzt mit ihm ebenso wie mit Atticus (vgl. fam. II,10.16), redet ihn mit „mein Rufus“ an (vgl. fam. II,10.12) und erzählt ihm von seinen persönlichen Eindrücken (vgl. fam. II,11.13.16). Eine gewisse Diskrepanz offenbart sich aber bei der Anrede und der offenen Aussprache von Bitten. Cicero scheint in der Position zu sein, ohne Gegenleistung Aufträge an Caelius erteilen zu dürfen. Die meisten Briefe enden mit einer Aufforderung (vgl. fam. II,8,3; II,10,4; II,11,2; II,12,3; II,14; II,16,7). Zudem hebt er durch die Hinzufügung der niedrigen Amtsbezeichnung bei der Anrede die Statusunterschiede zwischen ihnen hervor. Somit besteht trotz enger freundschaftlicher Beziehungen ein hierarchisches Gefälle zwischen den Briefpartnern.440 438 

Vgl. Oppermann 2000, 268–269. Vgl. die entsprechenden Ausführungen zu diesem Schreiben auf S. 46–47. 440  Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Oppermann. Vgl. Oppermann 2000, 259–260. 439 

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Anders sieht es dagegen auf intellektueller Ebene aus. In fam. II,9 verbündet sich Cicero mit Caelius, um die Zitierpraxis eines Gegners zu verspotten. Dabei zitiert er dicht aufeinanderfolgend vier Dichterverse, von denen der letzte sogar bloß anzitiert wird. Zudem verzichtet er auf jegliche Herkunftshinweise. Aufgrund der Vertrautheit zwischen Cicero und seinem Adressaten, die an Ausdrücken wie scis quem dicam (du weißt, wen ich meine) erkennbar ist und im gesamten Brief durch den scherzhaften Tonfall spürbar ist, ist anzunehmen, dass Caelius die Zitate mithilfe des Metrums und der Kenntnis des erwähnten Gegners als solche wahrnehmen und auch die damit verbundene Kritik verstehen kann. Cicero scheint dies jedenfalls vorauszusetzen, wenn er die Markierung so stark reduziert.441 Im Gegensatz zu Cicero und Caelius besteht zwischen Cicero und Papirius Paetus kein hierarchisches Gefälle.442 Die beiden Briefpartner begegnen einander auf Augenhöhe. Sie beraten sich gegenseitig (vgl. fam. IX,15,1–3; IX,21,2–3; IX,24,1–3), sind umeinander besorgt (vgl. fam. IX,15,1; IX,20,3; IX,24,1) und teilen miteinander die Vorliebe für urbane Scherze (vgl. fam. IX,16,7; IX,18,3–4; IX,19,1; IX,20,1; IX,25,1–2). Paetus sei Cicero nach eigener Aussage mehr lieb als andere, gerade weil er dessen Humor so schätze (vgl. fam. IX,15,1–2).443 Bereits hieran zeigt sich die starke intellektuelle Verbundenheit der Briefpartner. Noch deutlicher wird diese dadurch, dass Cicero und Paetus über den richtigen Einsatz von Beispielen und Ausdrucksweisen diskutieren (vgl. fam. IX,16,4–6; IX,21,2–3; IX,22) und philosophische Positionen, wie die der Epikureer, der Paetus selbst angehört,444 in den Briefen thematisieren (vgl. fam. IX,20,1; IX,22,1–2).445 Daneben greifen beide Freunde in ihren Schreiben auf Zitate zurück. Cicero zitiert selbst zweimal in seinen Briefen (vgl. fam. IX,22,1; IX,26,2) und erwähnt, dass Paetus ebenfalls in seinen Antwortschreiben Dichterverse angeführt habe. Während er in fam. IX,16,4–5 noch den nicht ganz passenden Einsatz von Accius-Versen kritisiert, meint er in fam. IX,21,1, Paetus habe mit seinem Trabea-Zitat Ciceros eigenen Stil übertroffen.446 Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Cicero beim Zitieren eines Verses aus der Komödie Demiurgus des Turpilius dessen Kenntnis voraussetzt, wie er durch die Zwischenbemerkung nosti 441 

442 

277.

Vgl. die entsprechenden Ausführungen zu diesem Schreiben auf S. 37–38. Zum familiären und finanziellen Hintergrund des Paetus vgl. Demmel 1962, 274–

443  Vgl. Demmel 1962, 283–285.329–331. Wie Oppermann zu Recht anmerkt, kann es sich bei solchen Freundschaftsbekundungen auch um rhetorische Floskeln handeln. Andere Elemente wie die vertraute Anrede oder der Plauderton in den Briefen an Paetus sprechen aber dafür, dass Cicero sich ihm wirklich freundschaftlich verbunden fühlt. Vgl. Oppermann 2000, 246–248. 444  Zur epikureischen Einstellung des Paetus vgl. Demmel 1962, 287–291.301–316. 445  Vgl. Demmel 1962, 279–282. Zum hohen literarischen Niveau der Briefe vgl. auch Oppermann 2000, 272–273. 446  Vgl. Demmel 1962, 278–279.

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canticum, meministi Roscium (du kennst das Lied und erinnerst dich an Roscius) deutlich macht und auch die anschließenden Komödienzitaten, bei denen er gänzlich auf Herkunftsangaben verzichtet, für geläufig hält, wenn er sie mit quid est (was ist mit …) aneinanderreiht (vgl. fam. IX,22,1). Wie gebildet Paetus in Ciceros Augen ist, wird außerdem in fam. IX,26 deutlich.447 Dort tritt Paetus zunächst als interlocutor auf, der mithilfe eines Zitats Ciceros Anwesenheit bei einem Gelage kritisiert (vgl. fam. IX,26,2). Dann geht Cicero davon aus, dass sein Adressat sich einen Ausspruch des Sokratikers Aristipp selbst ins Griechische übersetzen könne (vgl. fam. IX,26,2).448 Schließlich endet die Darlegung mit einer Anekdote über Paetus’ eigenes Verhalten bei einem Gastmahl, die seinen urbanen Witz hervorhebt. Er habe nämlich seinem Philosophen auf dessen Frage, ob noch jemand eine Frage habe, geantwortet, er wolle schon die ganze Zeit wissen, was es zu essen gebe (vgl. fam. IX,26,3).449 Eine solche urbanitas450 kann nur noch von Ciceros engstem Freund Titus Pomponius Atticus übertroffen werden. Genauso wie mit Paetus scherzt Cicero mit Atticus und diskutiert mit ihm über philosophische T hemen und sprachliche Feinheiten.451 Er verwendet zahlreiche Zitate452, Wortspiele und griechische Wendungen in diesen Briefen, die stellenweise sogar zur Übermittlung vertraulicher Botschaften verwendet werden (vgl. z. B. Att. VI,4,3; VII,13a,1). Darüber hinaus hebt Cicero mehrfach die Klugheit des Atticus hervor (vgl. Att. I,20,2; VII,1,2; IX,5,1), die ihn dazu veranlasst, sich von ihm beraten und seine Werke von ihm Korrektur lesen zu lassen (vgl. z. B. Att. I,19,10; I,20,2). Obwohl Atticus sich nicht am Staatsleben beteiligt, sei er politisch interessiert und gerade deshalb der ideale Berater für Cicero (vgl. Att. IV,6,1–2). Er berät ihn aber nicht nur in politischen Angelegenheiten, sondern auch bei privaten Problemen und beim Verfassen seiner Schriften (vgl. z. B. Att. IV,6,3; VI,1,8–12; VI,3,8; VI,9,3; XII,6,3; XIII,38; XVI,6,4). Somit fühlen sich die beiden Briefpartner nicht nur intellektuell, sondern auch persönlich verbunden. Dies zeigt sich auch daran, dass 447  Cicero erschafft in fam. IX,26 ein alternatives Gastmahl, in dem er und Paetus die gemeinsame urbanitas ausüben können. Vgl. Rühl 2018, 284.287. Für eine Gesamtdarstellung des Briefes vgl. Demmel 1962, 150–167. 448  Darüber hinaus weist die lateinische Wiedergabe des Aristipp-Zitats auf die Vorliebe des Paetus hin, sich als echten Römer darzustellen, der in altrömischer Weise auf Latein scherzt, worauf Cicero an dieser Stelle Rücksicht nimmt. Vgl. Rollinger 2015, 145–147. 449  Scherze dieser Art verbinden die Briefpartner miteinander und mit einer Zeit, die nun nach der Machtübernahme Caesars verloren scheint. Der dialogische Austausch mit Paetus hilft Cicero trotz veränderter politischer Umstände seine Identität zu wahren. Vgl. Leach 1999, 150–153.169–176. 450  Während Cicero die urbanitas in den Briefen an Paetus als Beleg für die gemeinsamen Bildungsvoraussetzungen einsetzt, hat man in den Briefen an Atticus den Eindruck, beide Briefpartner setzen diese als selbstverständlich voraus, da sie über identische Bildungsvoraussetzungen verfügen. Vgl. Rühl 2018, 288. 451  Vgl. z. B. Att. II,3,2; IV,8,1; VI,1,13; VII,3,10. 452  Für eine Übersicht vgl. Shackleton Bailey 1995, 155–157.

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sie offen miteinander über persönliche Einstellungen und private Angelegenheiten reden. So berichtet Cicero Atticus von seiner Trauer um einen verstorbenen Sklaven oder Atticus Cicero über seine Sorge um die erkrankte Tochter (vgl. Att. I,12,4; XIII,12,1). Sie informieren einander gegenseitig über die Geschehnisse in Rom, wobei sie ihre eigenen Einschätzungen offenlegen, und führen wichtige Aufträge des jeweils anderen aus (vgl. z. B. Att. I,1,1–2; I,2,2; I,16,17; IV,11,2). Cicero selbst beschreibt sein Verhältnis zu Atticus folgendermaßen: Tu autem, qui saepissime curam et angorem animi mei sermone et consilio levasti tuo, qui mihi et in publica re socius et in privatis omnibus conscius et omnium meorum sermonum et consiliorum particeps esse soles, … (Du aber, der du so oft die Sorgen und Ängste meines Herzens durch deine Gespräche und Ratschläge gemindert hast, der du mir im Staatsleben ein Gefährte bist, meine gesamten privaten Verhältnisse kennst und gewöhnlich an all meinen Gesprächen und Plänen teilhast, …) (Att. I,18,1).

Die Beziehung zwischen Cicero und Atticus kommt damit unseren modernen Vorstellungen von Freundschaft am nächsten.453 Die hier gewählten Beispiele zeigen die Bandbreite an freundschaftlichen Beziehungen, die Cicero zu seinen Adressaten unterhält. Sie reichen von politischen Bündnissen bis hin zu Freundschaften im heutigen Sinne. Auch wenn Cicero sich in seinen Briefen um die Einhaltung von Höflichkeitskonventionen bemüht, wie die Funktionsanalyse gezeigt hat,454 kann er seine persönliche Einstellung gegenüber seinen Briefpartnern nicht verbergen. Interessanterweise ist seine Verbundenheit mit den Adressaten nicht nur von deren politischen Positionen, sondern auch von deren intellektuellen Fähigkeiten abhängig. Cicero fühlt sich gerade mit denjenigen am stärksten verbunden, die sich wie er für Philosophie interessieren und urbanen Witz mitbringen. Allerdings ist bei allen Adressaten ein hohes Maß an Bildung festzustellen, sie können Zitate allein am Metrum erkennen, deren Prätextkontext ergänzen und auch versteckte Botschaften wahrnehmen. Trotz vielfältiger Beziehungen und kleinerer Differenzen in Bezug auf die literarischen Interessen setzt Cicero bei allen Korrespondenten ein hohes intellektuelles Niveau voraus.

453 

Nichtsdestotrotz setzt Cicero auch in den Briefen an Atticus kommunikative Strategien der Selbstdarstellung ein, d. h. er äußert sich nicht so offen und unverstellt, wie man es heute von einem guten Freund erwarten würde. Vgl. Rühl 2018, 290–300. 454  Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 93–99.

2.5  Bildungshintergrund der Zitate

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b. Aussagen über die Leserschaft in anderen Quellen Die bisherige Darstellung der Adressaten hat sich auf Ciceros Aussagen in seinen Briefen an den jeweiligen Briefpartner konzentriert. Nun wird der Blick schrittweise geweitet. Zuerst soll anhand Ciceros Aussagen in anderen Werken überprüft werden, inwiefern dessen Darstellungen durch die Situation der persönlichen Kommunikation verzerrt werden. Stellt Cicero seine Beziehung zum Briefpartner anderswo genauso dar oder versucht er vielleicht im direkten Austausch stärker die Verbundenheit hervorzuheben? Anschließend wird, wenn es aufgrund der Überlieferung möglich ist, untersucht, ob der jeweilige Briefpartner die Verhältnisse ähnlich einschätzt wie Cicero. Schließlich wird unabhängig von der Sichtweise Ciceros betrachtet, wie die Adressaten in anderen literarischen Quellen beschrieben werden. Alles in allem sollen die verschiedenen Perspektiven dazu beitragen, den historischen Lesern der Briefe möglichst nahe zu kommen. Die Analyse erfolgt dabei wiederum beispielhaft an den zuvor ausgewählten fünf Adressaten. Die Beziehung zwischen Cicero und Appius Claudius Pulcher ist spannungsreich. Schon vor der Übergabe der Statthalterschaft hat es Schwierigkeiten gegeben. Auseinandersetzungen zwischen Appius’ Bruder Clodius und Cicero455 haben zeitweise zur Entfremdung der beiden Briefpartner geführt.456 Erst ein Einwirken des Pompeius hat sie schließlich dazu veranlasst, sich wieder miteinander zu versöhnen.457 Cicero bemüht sich infolgedessen das Verhalten des Appius Claudius während seines Konsulats nicht negativ darzustellen. So erwähnt er zwar mehrfach, dass Appius Claudius ohne Kuriatsgesetz die Provinz Kilikien übernehmen wolle und weist an einer Stelle darauf hin, dass ein solches Vorgehen rechtlich nicht unumstritten sei, verzichtet aber darauf, ihn dafür explizit zu kritisieren.458 Trotzdem kann er seine Abneigung gegen ihn nicht ganz verbergen. In einem Brief an Atticus erklärt er etwas verächtlich, dass die Offenlegung eines verbotenen Pakts mit zwei Konsulatsbewerbern Appius Claudius nicht geschadet habe, während es den Ruf seines Kollegen zerstört habe und in einem Brief an seinen Bruder Quintus macht er sich darüber lustig, dass Appius Claudius ihm schmeichle, weil er fürchte, Cicero könne dessen Pläne durch seine neu gewonnene Machtposition im Senat vereiteln.459 Dennoch hebt Cicero auch in den folgenden Jahren immer wieder nach außen hin seine Freundschaft mit Appius Claudius hervor. In seiner Rede für Milo, den er vergeblich gegen den Vorwurf verteidigt, er habe Appius’ Bruder Clodius ermordet, bezeichnet er Appius Claudius als einen ihm treu verbundenen 455 

Vgl. Att. IV,2,3; IV,3. Vgl. Cic.Scaur. 32. 457  Vgl. fam. I,9,4–10; Q.fr. II,11,3. 458  Vgl. fam. I,9,25; Att. IV,18,4; Q.fr. III,2,3. 459  Vgl. Att. IV,17,2; Q.fr. II,11,1–3. 456 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

Mann.460 Ebenso betont er in einem Brief an Caelius seine Zuneigung zu und seinen Einsatz für Appius Claudius, nachdem sein Briefpartner aufgrund von Gerüchten Zweifel daran geäußert hat.461 Aber auch hier ist Ciceros Maß an Selbstbeherrschung irgendwann überschritten. Als Appius Claudius während der Übergabe der Statthalterschaft vermehrt den Eindruck erweckt, kein Interesse an der Freundschaft zu haben, beschwert er sich darüber bei seinem Vertrauten Atticus.462 Seine Wut geht schließlich so weit, dass er seinem Freund gegenüber offen die Ausbeutung der Provinz durch seinen Vorgänger anprangert.463 Ciceros Aussagen in seinen Briefen an Atticus zeigen, dass er in seinen Schreiben an Appius Claudius seine Gefühle im Bemühen, die gerade erst wieder aufgenommene politische Freundschaft nicht zu gefährden, unterdrückt. Wirklich nahe standen sich die beiden also nie, auch wenn Cicero ihn in seinen späteren Schriften durchweg als Freund und Kollegen bezeichnet.464 Interessant ist in diesem Zusammenhang aber die Beschreibung des Appius Claudius als wissbegierigen, gelehrten und geübten Redner.465 Obwohl diese im Sinne eines Lobs für einen Verstorbenen wahrscheinlich etwas übertrieben ist, kann man dennoch davon ausgehen, dass der Angesprochene die dafür vorgesehene Ausbildung durchlaufen hat und damit über eine umfassende Bildung verfügt, wie Cicero sie für seinen Zitateinsatz voraussetzt. Publius Cornelius Lentulus Spinther wird im Gegensatz zu Appius Claudius Pulcher von Cicero wirklich geschätzt. Denn auch in seinen Briefen an Atticus und Quintus beschreibt er ihn positiv. Er sei ein Mann, der ihn mit Wort und Tat unterstütze und der das Amt des Konsuls ausgezeichnet ausgeführt habe.466 Dementsprechend fühlt sich Cicero ihm persönlich verpflichtet. Als sein eigener Einsatz für Lentulus scheitert, bedauert er dies, und als er im Bürgerkrieg zwischen die Fronten gerät, sorgt sich Cicero um ihn.467 Wie weit diese Verpflichtung reicht, zeigt sich auch daran, dass er, wenn er Lentulus in seinen Reden erwähnt, zugleich dessen Verdienste hervorhebt.468 Lentulus seinerseits entspricht dem Bild, das Cicero von ihm hat, indem er sich nicht nur für dessen Rückberufung eingesetzt hat, sondern auch für dessen Dankfest im Senat seine Stimme erhebt.469

460 

Vgl. Cic.Mil. 75. Vgl. fam. II,13,2; VIII,6,1–2. 462  Vgl. Att. V,16,4; V,17,6. 463  Vgl. Att. VI,1,2. 464  Vgl. Cic.Brut. 267; div. I,29.132; Tusc. I,37. 465  Vgl. Cic.Brut. 267. 466  Vgl. Att. III,22,2; Q.fr. II,5,2–3. 467  Vgl. Q.fr. II,2,3; Att. IX,1,1; IX,13,7 468  Vgl. Cic.dom. 7; Phil. XIII,3; Pis. 35. 469  Vgl. Cic.Phil. XIII,3; Pis. 35; fam. VIII,11,2. 461 

2.5  Bildungshintergrund der Zitate

123

Das hierarchische Gefälle zwischen Cicero und Marcus Caelius Rufus, das in den Briefen spürbar ist, lässt sich anhand der Vorgeschichte erklären, die man in Ciceros Rede Pro Caelio nachlesen kann. Zusammen mit Crassus und ­Caelius Senior habe Cicero die politische Ausbildung des Caelius Junior übernommen.470 Nachdem dessen Anschluss an Catilina kurzzeitig zur Entfremdung zwischen Lehrer und Schüler geführt habe, sei es durch die Verteidigung vor Gericht wieder zur Annäherung gekommen.471 Caelius ist somit Cicero gleich doppelt verpflichtet, da er ihn ausgebildet und verteidigt hat. Dies zeigt sich auch in seinen Briefen an den ehemaligen Lehrer, von denen glücklicherweise einige erhalten sind. Darin berichtet Caelius Cicero auf dessen Bitte hin während seiner Statthalterschaft aus Rom, wo er sich zugleich für dessen Belange einsetzt.472 Das bereits festgestellte herzliche Verhältnis zwischen den Briefpartnern ist hier ebenfalls erkennbar. Denn genauso wie Cicero scherzt Caelius mit seinem Briefpartner, sorgt sich um ihn und sehnt sich nach ihm.473 Er wünscht sich sogar, dass Cicero ihm als Erinnerung an ihre Freundschaft ein Werk widmen möge.474 Auch wenn die Formulierungen solcher Freundschaftsbekundungen stellenweise rhetorisch geprägt erscheinen, tragen sie doch ihr ganz eigenes Profil, z. B. wenn Caelius seine Sehnsucht nach Cicero mit einer spitzen Bemerkung gegen Hirrus, den einstigen Mitbewerber Ciceros und jetzigen Konkurrenten des Caelius, verbindet.475 Trotzdem begegnen sich die Briefpartner nicht auf Augenhöhe. Deren Patron-Klient-Verhältnis tritt offen zutage, wenn man die Briefe nebeneinanderlegt. Obwohl der Ton in Ciceros und Caelius’ Briefen ähnlich ist, werden bei der Erteilung von Ratschlägen und der Erfüllung von Bitten Unterschiede sichtbar. Während Cicero berät und nicht jeder Bitte nachkommt,476 erfüllt Caelius jeden Wunsch Ciceros und sucht dessen Rat.477 Belastet wird ihre Beziehung zudem in späterer Zeit durch ihre entgegengesetzte Positionierung im Bürgerkrieg. Caelius, der sich Caesar anschließt, versucht Cicero ebenfalls auf dessen Seite zu ziehen und ist empört, als Cicero sich für die Gegenseite entscheidet.478 Damit bestätigen die Briefe des Caelius den Eindruck, den man bei der Analyse der Cicero-Briefe gewinnt. Zudem wird das beschriebene Abhängigkeitsverhältnis in Ciceros Brutus deutlich. Darin lobt Cicero zwar das Verhalten seines ehemaligen Schülers während dessen Volkstribunat sowie dessen glänzende 470 

Vgl. Cic.Cael. 9. Vgl. Cic.Cael. 11–12. 472  Vgl. fam. VIII,1; VIII,2; VIII,3,1; VIII,10,5. 473  Vgl. fam. VIII,2,1; VIII,3,1; VIII,4,1; VIII,6,3–5; VIII,7,1–2; VIII,8,1; VIII,10,1. 474  Vgl. fam. VIII,3,2. 475  Vgl. fam. VIII,3,1. 476  Vgl. fam. II,8,2; VIII,2,2; VIII,3,2; VIII,4,5; VIII,8,10; VIII,9,3; Att. VI,1,21. 477  Vgl. fam. II,15,4; VIII,4,5; VIII,10,5. 478  Vgl. fam. VIII,14,1–3; VIII,15–17. Aber auch Cicero ist von der Entscheidung seines ehemaligen Schützlings enttäuscht. Resigniert stellt er im Brutus fest, dass Caelius sich durch seinen politischen Wechsel selbst zugrunde gerichtet habe. Vgl. Cic.Brut. 273. 471 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

Redeweise, stellt aber zugleich klar, dass dessen Gesinnung am Ende seines Lebens fragwürdig gewesen sei und schließlich zu dessen Fall geführt habe. Er geht sogar so weit zu behaupten, dass sein Entfernen von Caelius dessen Selbstentfremdung und schließlich den gewaltsamen Tod zur Folge gehabt habe.479 Eine solche Behauptung belegt trotz enthaltener Übertreibung das freundschaftliche Patron-Klient-Verhältnis zwischen Cicero und Caelius, wie es sich bereits in den Briefen gezeigt hat. Denn im Gegensatz zu anderen antiken Autoren beschreibt Cicero seinen Schützling vor allem positiv, während z. B. Caesar und Seneca ihn als hinterhältig und jähzornig beschreiben.480 Auch auf intellektueller Ebene erweist sich Ciceros Einschätzung in seinen Schreiben an Caelius als angemessen. Genauso wie er selbst nutzt Caelius nämlich einen Vers eines römischen Dichters ohne Herkunftsangaben zur Veranschaulichung einer Situation.481 Beide Korrespondenten setzen voraus, dass ihre Adressaten Zitate anhand des Metrums erkennen und selbstständig deren Hintergründe erschließen können. Es scheint sich dabei also um eine gemeinsame Bildungsvoraussetzung der römischen Elite zu handeln. Daneben wird Caelius auch von anderen antiken Autoren als begabter Redner dargestellt, was auf eine intellektuelle Ebenbürtigkeit hindeutet. So loben sowohl Velleius Paterculus als auch Quintilian dessen rhetorische Fähigkeiten und Tacitus nennt ihn sogar in einer Reihe mit Cicero und Caesar.482 Im Gegensatz zu Caelius ist über Papirius Paetus nicht viel mehr bekannt als in Ciceros Briefen überliefert ist. Lediglich an zwei Stellen in den Schreiben an Atticus wird zusätzlich erwähnt, wie es zu der Freundschaft zwischen Cicero und Paetus gekommen sei. Paetus habe Cicero als dessen Bewunderer die Bibliothek seines Vetters vermacht.483 Ausgehend von diesem kostbaren Geschenk habe sich dann die enge Beziehung zwischen den beiden entwickelt. Eben diese Briefsammlung ist auch eine der Hauptquellen zum Leben des Titus Pomponius Atticus. Zusätzlich zur Vertrautheit zwischen den Freunden Cicero und Atticus wird darin das geschäftliche und politische Wirken des Titus Pomponius Atticus deutlich, der vornehmlich als Geldverleiher tätig war484 und seinen politischen Einfluss durch zahlreiche Kontakte für sein eigenes und das Wohlergehen seiner Vertrauten nutzte.485 Diese Tätigkeiten sind auch in anderen Werken belegt. So diskutieren Cicero, Atticus und Brutus im Dialog Brutus scherzhaft über Ciceros Schulden bei Atticus486, oder Cornelius Nepos berichtet in seiner Atticus-Vita davon, dass dessen Onkel, Quintus Caecilius, ihn als Er479 

Vgl. Cic.Brut. 273. Vgl. Caes.civ. III,20–22; Sen.ir. III,8,6. Ebenso heben Quintilian und Velleius Paterculus dessen schlechten Charakter hervor. Vgl. Quint.inst. X,1,115; Vell. II,68. 481  Vgl. fam. VIII,2,1. 482  Vgl. Quint.inst. X,1,115; Tac.dial. XVII,1; Vell. II,68. 483  Vgl. Att. I,10,7; II,1,12. 484  Vgl. z. B. Att. XII,3; XII,50; XIII,25; XV,3. 485  Vgl. z. B. Att. I,9,2; I,20,7; IV,9,1; VI,2,7–9. 486  Vgl. ad Brut. IV,16–V,20. 480 

2.5  Bildungshintergrund der Zitate

125

ben eingesetzt habe, womit auch die Fortführung seines Geldgeschäfts verbunden gewesen sei, und dass Atticus die Privat- und Geschäftsangelegenheiten für verschiedene Mitglieder der römischen Elite geregelt habe.487 Daneben stellen die Wortbeiträge, die Varro Atticus in seiner Schrift De re rustica in den Mund legt, ihn als einen in Fragen der Viehhaltung fähigen Grundbesitzer dar.488 Für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit ist jedoch dessen Verhältnis zu Cicero interessanter als sein gesellschaftliches Wirken. In jeweils einem Brief an Curius, Paetus, Oppius und Tiro sowie einem Brief von Curius wird er als gemeinsamer Freund angeführt.489 Wie eng die Freundschaft gewesen ist, ist darüber hinaus in der Atticus-Vita des Nepos belegt. Dort heißt es u. a., die beiden habe eine Wesensverwandtschaft (similitudo morum) verbunden490, und Cicero habe Atticus mehr geliebt als seinen eigenen Bruder (ne frater quidem ei Quintus carior).491 Diese Schlussfolgerung zieht Cornelius Nepos aus der häufigen Erwähnung des Pomponius in Ciceros Büchern und der Menge an erhaltenen Briefen an ihn.492 „Um Atticus ein Denkmal zu setzen, hat Cicero ihn in mehreren seiner Werke als Dialogpartner auftreten lassen und ihm darüber hinaus die Schriften über das Alter und die Freundschaft gewidmet.“493 Allein diese Tatsache genügt als Ausweis der innigen Verbundenheit zwischen Cicero und Titus Pomponius Atticus. Alles in allem zeigt dieser kurze Abriss, dass Ciceros Aussagen bezüglich seiner Adressaten zwar durch die Situation der persönlichen Kommunikation stellenweise beschönigt sind, aber grundsätzlich der Wahrnehmung seiner Zeitgenossen entsprechen. Sowohl seine Briefpartner als auch andere literarische Quellen belegen, dass Ciceros Beziehung zu seinen Adressaten zwischen inniger Freundschaft und spannungsreicher Zweckgemeinschaft variieren kann sowie dass seine Leser belesen und gebildet gewesen sind. Dazu passt auch die Zitierpraxis Ciceros. Denn er setzt eben diese Belesenheit bei seinen Adressaten voraus und spielt sogar damit, wenn er Formen der expliziten Markierung bevorzugt, Verse lediglich anzitiert, Bezug auf spezielle Aspekte des Prätextkontextes nimmt und Zitate funktional vielfältig einsetzt. Die Betrachtung des Bildungshintergrundes legt also in Bezug auf die Zitierpraxis Ciceros die Gelehrsamkeit von Autor und Adressaten, deren gemeinsame Kenntnisse, Fertigkeiten und Haltungen sowie deren gelehrtes Spiel damit offen. 487 

Vgl. Nep.Att. V,2; XIII,2; XV,3. Vgl. Var.rus. II,2. Für eine ausführliche Übersicht zu den wirtschaftlichen und politischen Tätigkeiten des Titus Pomponius Atticus vgl. Perlwitz 1992, 30–146. 489  Vgl. fam. VII,29,1; VII,31,2; IX,16,1; XI,29,1; XVI,23,2. 490  Vgl. Nep.Att. V,3. 491  Vgl. Nep.Att. XVI, 2 492  Vgl. Nep.Att. XVI,3. Auch wenn die Atticus-Biographie des Cornelius Nepos aufgrund der Freundschaft zwischen Autor und Dargestelltem idealisiert ist, entspricht sie dem Bild der Briefe. Vgl. Stark 1964, 177–180. 493  Perlwitz 1992, 119. 488 

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2  Zitation in Ciceros Briefen

Zugleich wird deutlich, dass der eigentliche Lehr- und Lernprozess bei Ciceros Zitierpraxis bereits vorausgegangen ist, d. h. dass den Adressaten die für die Zitation notwendigen Fähigkeiten in ihrer Jugend vermittelt worden sind. Und diese Praxis wird bereits an die nächste Generation weitergegeben, wenn Cicero in fam. VI,18,5 seinen Freund Lepta auffordert, seinen Sohn Hesiod lernen zu l­ assen.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus Die Gemeinde in Korinth ist von Paulus auf einer Missionsreise gegründet worden.1 Zu diesem Zweck hielt sich Paulus selbst zusammen mit einigen Mitarbeitern eineinhalb Jahre lang (etwa ab 50 n. Chr.)2 in der römischen Kolonie auf. Nach seiner Abreise ist es aber zu Parteienstreitigkeiten und ethischen Missständen in der Gemeinde gekommen,3 die Paulus zum Anlass für einen Brief und zur Aussendung seines Mitarbeiters Timotheus nimmt. Zugleich beantwortet er mit seinem ersten Schreiben Fragen der Korinther, die sie ihm brieflich mitgeteilt haben.4 Dementsprechend gliedert sich der erste Brief an die Gemeinde in Korinth in zwei Hauptteile5, die jeweils in mehrere thematische Texteinheiten untergliedert werden können.6 Zuerst thematisiert Paulus Nachrichten zum Parteienstreit (1Kor 1,10–4,21) und zu Fällen der Unzucht (1Kor 5,1–6,20), wovon ihm von anderen berichtet worden ist, dann geht er auf Anfragen aus der Gemeinde zur Ehe und Ehelosigkeit (1Kor 7,1–40), zum Essen von Götzenopferfleisch (1Kor 8,1–11,1), zum Verhalten in der Gemeindeversammlung (1Kor 11,2–34), zum Einsatz von Geistesgaben (1Kor 12,1–14,40) und zur Auferstehung (1Kor 15,1–58) ein, bevor er kurz verschiedene Projekte (1Kor 16,1–12) an-

1  Laut Engels hat sich Paulus bewusst für diese Stadt entschieden, da sie u. a. aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung als Handelsstadt und ihrer kulturellen Vielfalt einen guten Ausgangspunkt für seine Mission bot. Vgl. Engels 1990, 112–116. 2  Zur Datierung vgl. Schrage 1991, 34–35; T hiselton 2000, 29–31. Als Grundlage der Datierung dienen das in der Apostelgeschichte erwähnte Edikt des Claudius und die dort genannte Prokonsulatszeit des Gallio. Vgl. Murphy-O’Connor 1983, 129–152. 3  Die Entstehung der Gruppierungen innerhalb der Gemeinde und das Aufkommen von ethischem Fehlverhalten lassen sich aus dem Briefzusammenhang nicht vollständig rekonstruieren, da verschiedene Faktoren dabei eine Rolle gespielt haben. Neben theologischen Unterschieden hat wohl auch die soziale und kulturelle Herkunft der Korinther großen Einfluss auf das Verhalten innerhalb der Gemeinde gehabt. Vgl. Engels 1990, 110–112; Schmeller 1995, 62–73.85–92. 4  Vgl. T hiselton 2000, 32–33; Zeller 2010, 46–47. 5  Die Einteilung in zwei Hauptteile ist umstritten, da die Zuordnung der T hemenkomplexe zu den zwei Informationsquellen schwierig ist. Vgl. Schrage 1991, 91–92; Merklein 1992, 48–51; T hiselton 2000, 32–36. 6  Aufgrund seiner thematischen Vielfalt umfasst der Brief auch verschiedene Tonlagen. Deshalb kann er mehreren antiken Brieftypen (z. B. dem Freundschafts-, dem Beratungsoder dem Ermahnungsbrief) zugeordnet oder als Mischform bezeichnet werden. Aus denselben Gründen ist eine Zuordnung des Briefes zu einer rhetorischen Gattung ebenfalls schwierig. Er entspricht am ehesten dem genus deliberativum. Vgl. Schrage 1991, 80.86; Merklein 1992, 43–45; Zeller 2010, 49–52; S. 240–243.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

spricht. Vorangestellt sind dem ein Präskript (1Kor 1,1–3) und ein Proömium (1Kor 1,4–9). Der Brief schließt mit Epilog (1Kor 16,13–18) und Postskript (1Kor 16,19–24).7 Anhand seiner Reisepläne ist anzunehmen, dass Paulus sich zum Abfassungszeitpunkt in Ephesos befindet (1Kor 16,8). Da er noch bis Pfingsten dortbleiben möchte, ist der Brief wahrscheinlich im Frühjahr geschrieben worden. Die vorangehende Tätigkeit des Apollos in Korinth und der in 1Kor 5,9 erwähnte Vorbrief sprechen dafür, dass seit der Abreise des Paulus (51/52 n. Chr.) einige Zeit vergangen ist,8 d. h. dass das Schreiben frühestens im Frühjahr 53/54 n. Chr. verfasst worden ist.9 Nachdem die Einheitlichkeit des ersten Korintherbriefes (nicht aber die Authentizität der einzelnen Teile) in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stark bestritten worden ist, spricht man sich in der heutigen Forschung mehrheitlich für sie aus. Denn die unterschiedlichen Teilungshypothesen verringern nur wenig die Schwierigkeiten im Text und rufen eigene Probleme hervor. Für die Einheit spricht zudem, dass trotz Differenzen zwischen einigen Kapiteln sachliche Parallelen in den entsprechenden Textabschnitten nachgewiesen werden können und eine logische Kohärenz des gesamten Briefes erkennbar ist.10 Nicht lange nach dem ersten Brief an die Korinther schreibt Paulus einen zweiten Brief an diese Gemeinde. Er blickt darin nach Präskript (2Kor 1,1–2) und Proömium (2Kor 1,3–11) in einem ersten Hauptteil auf das Geschehen zwi-

 7  Zur Gliederung vgl. Schrage 1991, 90; Zeller 2010, 48. Die Unterscheidung von Epilog und Postskript ist bei Schrage und Zeller nicht zu finden. Schrage zieht 1Kor 16,1–18 zu einem thematischen Komplex zusammen, während Zeller 1Kor 16,12–24 als Briefschluss bezeichnet. Jedoch werden in 1Kor 16,13–18 Ermahnungen an die Gemeinde übermittelt, während in 1Kor 16,19–24 Grüße überbracht werden. Daher erscheint eine Teilung aus inhaltlichen Gesichtspunkten sinnvoll.  8  Dieser Zeitabstand wird in der Forschung unterschiedlich gedeutet. Während Zeller von einer Abfassung des ersten Korintherbriefes in den Jahren 53/54 n. Chr. ausgeht (vgl. Zeller 2010, 47), hat Paulus laut Merklein den Brief erst 54/55 n. Chr. (vgl. Merklein 1992, 51) und laut Fitzmyer sogar erst 56/57 n. Chr. verfasst (vgl. Fitzmyer 2008, 48).  9  Vgl. Schrage 1991, 36–38; T hiselton 2000, 29–32; Zeller 2010, 45–48. Zeller weist al­ ler­dings darauf hin, dass man die Reisepläne des Paulus nicht mit seinem faktischen Aufenthaltsort gleichsetzen dürfe. Seiner Meinung nach ist nicht ausreichend belegt, dass sich Paulus zum Abfassungszeitpunkt in Ephesos aufhält. Vgl. Zeller 2010, 47. Das in 1Kor 16,8 verwendete Verb ἐπιμένω (dabeibleiben, ausharren) deutet aber stark darauf hin, dass Paulus plant an einem Ort zu bleiben, an dem er sich bereits befindet. Zudem bietet Zeller keinen Alternativvorschlag an, wo Paulus sich stattdessen aufhalte. 10  Vgl. Schrage 1991, 63–71; Merklein 1992, 46–48; Zeller 2010, 52–56. Schrage hält die Teilung aber grundsätzlich nicht für ganz ausgeschlossen. Vgl. Schrage 1991, 63–65.70–71. Zeller vertritt zusätzlich die Hypothese, dass der erste Korintherbrief in 1Kor 11,2–34 und 1Kor 15 Reste des in 1Kor 5,9 erwähnten Vorbriefes enthalte. Vgl. Zeller 2010, 56–58. Für eine ausführliche Darstellung von Teilungshypothesen und Argumenten für die Einheit des Briefes vgl. T hiselton 2000, 36–41.

3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

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schen Apostel und Gemeinde zurück (2Kor 1,1511–7,16). Ihre Beziehung wurde gestört, da Paulus seine Reisepläne geändert habe (2Kor 1,15–16), er bei einem Besuch von einem Gemeindemitglied heftig angegriffen worden sei (2Kor 2,5; 7,11–12) und daraufhin unter Tränen einen Brief an die Gemeinde geschrieben habe (2Kor 2,4). Durch Titus habe er aber erfahren, dass sein Tränenbrief die Gemeinde zur Besinnung gebracht habe und dass sie nun zu ihm stehe (2Kor 7,6– 7.9). Nach den Aussagen des Paulus zum Abweichen von seinen Besuchsplänen (2Kor 1,15–2,2) erläutert er also die Sendung des Titus mit dem sogenannten Tränenbrief und deren Wirkung (2Kor 2,3–7,16). Darin eingebettet ist eine Verteidigung des paulinischen Apostolats (2Kor 2,14–7,4), wobei Paulus seinen Dienst in Gegenüberstellung mit Mose als Beauftragung durch Gott zum Dienst am Neuen Bund charakterisiert (2Kor 3,1–4,6), sein Leiden als Apostel mit dem Leben Jesu in Verbindung setzt und seine Zuversicht mit der Auferstehung Christi begründet (2Kor 4,7–5,10) sowie die Versöhnung zwischen Gott und den Menschen als Ziel seines Dienstes ausweist (2Kor 5,11–6,10) und mit der Bitte an die Gemeinde, sich mit Paulus zu versöhnen, schließt (2Kor 6,11–7,4). In einem zweiten Hauptteil fordert Paulus dann die Korinther zur Fortsetzung der Kollekte für Jerusalem auf (2Kor 8,1–9,15) und setzt sich danach in einem dritten Hauptteil mit den Ansprüchen und Vorwürfen seiner Gegner auseinander, die sich v. a. auf das schwache Auftreten des Apostels beziehen und die Schwierigkeiten in der Gemeinde ausgelöst haben (2Kor 10,1–13,10). Der Brief schließt mit einem Postskript (2Kor 13,11–13).12 Paulus selbst befindet sich zur Abfassungszeit des Briefes (54/55 n. Chr.)13 in Mazedonien. Er berichtet, dass er Titus von Troas nach Mazedonien entgegengereist sei (2Kor 2,12–13).14 Da dieser Reisebericht in 2Kor 7,5 fortgesetzt wird, nehmen einige Forscher an, dass die erste Apologie des Apostolats (2Kor 2,14– 7,4) ursprünglich Teil eines anderen Briefes gewesen und sekundär an dieser Stelle eingefügt worden sei. Noch stärker umstritten ist die Einheitlichkeit des Briefes in Bezug auf die zweite Apologie des Apostolats (2Kor 10–13), die deutlich polemischer als die anderen Briefteile formuliert ist. Daher gehen viele Forscher von einer Zwei- oder Dreiteilung des Briefes aus.15 Dennoch gibt es Argumente 11  Der Rückblick beginnt in 2Kor 1,15; 2Kor 1,12–14 fungiert als propositio für den ganzen Brief. Vgl. Wilk 2020, 142. 12  Zur Gliederung vgl. Schmeller 2010, 13–19; Wilk 2020, 140–150. 13  Die Datierung lässt sich nicht genau festlegen. Je nachdem wie spät man die Abfassung des ersten Korintherbriefes ansetzt, verschiebt sich auch die Datierung des zweiten Korintherbriefes. 14  Zum Geschehen zwischen den beiden Korintherbriefen vgl. T hrall 1994, 50–77; Harris 2005, 54–67. 15  Daneben wird auch 2Kor 6,14–7,1 als späterer, nicht-paulinischer Zusatz betrachtet, und Kapitel 8 sowie Kapitel 9 werden jeweils als eigene Briefe zum T hemenfeld der Kollekte angesehen. Vgl. Harding 2004, 151. Für eine Übersicht der Teilungshypothesen vgl. T hrall 1994, 5–49; Harris 2005, 1–54; Mitchell 2005, 317–321; Schmeller 2010, 20–26.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

dafür, den Brief als Einheit zu betrachten. Zum einen wird der zweite Korintherbrief in den Handschriften als Einheit überliefert, zum anderen macht ein Vergleich mit der Abfassung der Cicero-Briefe deutlich, dass einige antike Briefe im Verlauf mehrerer Tage verfasst worden sind und dadurch Brüche im Textfluss entstehen konnten.16 Zusätzlich zeigt ein Blick auf die Redaktion der Briefe Ciceros, dass spätere Redaktoren in der Regel Briefe in der chronologischen Reihenfolge zusammengefügt haben, wodurch komplizierte Teilungshypothesen unwahrscheinlich erscheinen.17 Zudem lässt sich der Brief als geschichtlich geordnete Abhandlung zur Beziehungsgeschichte zwischen Apostel und Gemeinde verstehen18 und daher wird in der vorliegenden Arbeit von der Einheit des zweiten Korintherbriefes ausgegangen. Sowohl der zweite als auch der erste Korintherbrief enthalten Zitate aus den Schriften Israels. Wie andere Autoren des Neuen Testaments ist auch Paulus der Ansicht, dass sich in Jesus Christus der Gott Israels offenbart habe. Daher verankert er den Christusglauben in den Schriften Israels.19 Dabei kann er nicht auf einen festen Kanon von Schriften zurückgreifen. Die Sammlung ist im ersten Jahrhundert n. Chr. an den Rändern noch offen und auch der Wortlaut war noch nicht einheitlich fixiert. Zur Entstehungszeit der Briefe bestehen mehrere Texttraditionen nebeneinander.20 Welche Textgrundlage Paulus für seine Zitate in den Korintherbriefen verwendet hat, soll im Kapitel zum Wortlaut der Zitate erläutert werden. Zuvor wird aber ein Blick auf die Markierung der Zitate geworfen. Wie stellt Paulus sicher, dass seine Adressaten die Schriftbezüge überhaupt bemerken? Wenn diese grundlegenden Fragen geklärt sind, erfolgt die Betrachtung der Kontextualisierung der Zitate. Jedes Schriftwort ist einem eigenen Textzusammenhang entnommen worden. Inwiefern trägt Paulus dem bei der Einbettung in einen neuen Argumentationszusammenhang Rechnung? Neben der allgemeinen Absicht, mithilfe der Schriften Israels die eigene Identität als Christusgläubige zu verdeutlichen, dienen die Zitate in den Briefen ganz verschiedenen Zwecken.21 Daher endet der zweite Analyseteil dieser Arbeit ebenso wie der vorangehende mit einer Funktionsbestimmung. Da das Gelingen eines Kommunikationsprozesses wie einer Zitation nicht nur von der Intention des Autors, sondern auch entscheidend vom Verständnis des Adressaten abhängig ist, wird abschließend noch die Leserschaft der Briefe genau in den Blick genom-

16  Vgl. Harris 2005, 51–54; Schmeller 2010, 36–37. Zudem lässt sich 2Kor 1,12–14 als propositio des gesamten Briefes lesen. Zur Plausibilisierung dieser T hese vgl. Wilk 2011, 11–23. 17  Vgl. Schmeller 2010, 31–37. 18  Vgl. Wilk 2020, 140–143. 19  Vgl. Wilk 2016, 32–34. Zur Bezeichnung der Schriften im Neuen Testament vgl. Wilk 2016, 34–40. 20  Vgl. Wilk 2016, 40–42. 21  Vgl. Wilk 2016, 43–50.

3.1  Markierung der Zitate

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men. Die Analyse der Zitate in den Briefen des Paulus erfolgt also nach denselben Kriterien wie die der Zitate in den Briefen Ciceros.

3.1  Markierung der Zitate Wie bei der Analyse der Zitate in Ciceros Briefen bereits angemerkt, gibt es verschiedene T heorien zur Klassifikation von Markierungen. In der vorliegenden Arbeit werden in Anlehnung an Jörg Helbig vier Formen unterschieden: Nicht-Markierung, implizite Markierung, explizite Markierung und thematisierende Markierung.22 Im Gegensatz zu Cicero, der auf Nicht-Markierung verzichtet, nutzt Paulus alle vier Formen der Markierung. Jede Form der Markierung wird anhand von Beispielen und Häufigkeitsangaben erläutert. Da er am häufigsten die thematisierende Markierung verwendet, beginnt das Kapitel mit dieser Form. 3.1.1  T hematisierende Markierung Die thematisierende Markierung kommt bei etwa zwei Drittel der wörtlichen Übernahmen aus den Schriften Israels in den Korintherbriefen des Paulus vor. T hematisiert wird der Rückbezug auf ein geschriebenes oder gesprochenes Wort Gottes.23 Die Formulierungen beschränken sich dementsprechend auf die Verben γράφω (schreiben) und λέγω (sprechen),24 die in verschiedenen Kombinationen Verwendung finden. Das Subjekt ist dabei entweder unpersönlich oder (bisweilen strittig) Gott selbst.25 Hinzu kommen unterschiedliche Konjunktionen, Präpositionen oder Partikel. Diese Einleitungswendungen zeigen also nicht nur an, dass ein Zitat folgt, sondern offenbaren zugleich die Überzeugung des Zitierenden, dass das Zitatsegment göttlichen Ursprungs ist.26 Am häufigsten sind die Wendungen γέγραπται γάρ (denn es steht geschrieben) und καθὼς γέγραπται (wie es geschrieben steht). Sie werden jeweils an drei bzw. vier Stellen zur Einleitung eines Schriftwortes genutzt.27 Statt καθὼς γέγραπται (wie es geschrieben steht) verwendet Paulus auch ὥσπερ γέγραπται (wie es geschrieben steht). Diese Kombination ist aber in den Korintherbriefen einmalig,28 ebenso wie οὕτως καὶ γέγραπται (so steht es auch geschrieben).29 Da22 

Vgl. Helbig 1996, 87. Vgl. Collins 1995, 154–156. 24  In 1Kor 6,16 wird statt λέγω das Verb φημί verwendet. Die Bedeutung beider Verben ist allerdings ähnlich. 25  Für alternative Subjekte in anderen Paulusbriefen vgl. Rosik 2013, 29. 26  Vgl. Smith 1988, 281; Ellis 1991, 81–82; Smith 2012, 143–144; Rosik 2013, 43–45. 27  Vgl. 1Kor 1,19; 3,19; 9,9 und 1Kor 1,31; 2,9; 2Kor 8,15; 9,9. 28  Vgl. 1Kor 10,7. 29  Vgl. 1Kor 15,45. 23 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

neben findet man an zwei anderen Textstellen Formulierungen, bei denen das Verb γράφω (schreiben) als Partizip eingesetzt wird: ὁ λόγος ὁ γεγραμμένος (das Wort, das geschrieben steht) in 1Kor 15,54 und κατὰ τό γεγραμμένον (gemäß dem, was geschrieben steht) in 2Kor 4,13. Insgesamt greift Paulus in zwölf Fällen auf eine Kombination mit dem Verb γράφω (schreiben) zurück.30 Während das Verb γράφω (schreiben) immer im Perfekt Passiv gebraucht wird,31 tritt das Verb λέγω (sprechen) im Präsens und Aorist auf. So heißt es in 1Kor 14,21 und 2Kor 6,17–1832 im Zitat λέγει κύριος (spricht der Herr), in 2Kor 6,2 λέγει γάρ (denn es heißt oder denn er spricht), in 2Kor 4,6 ὁ θεὸς ὁ εἰπών (der Gott, der sprach) und in 2Kor 6,16 καθὼς εἶπεν ὁ θεὸς (wie Gott sprach)33. Auch hier überwiegen die finiten Verbformen, ein Partizip wird lediglich in 2Kor 4,6 verwendet und ähnlich wie bei den vorangegangenen Wendungen besteht eine Präferenz für die Partikel γάρ (denn) und die Konjunktion καθώς (wie). Alles in allem verwendet Paulus im zweiten Korintherbrief häufiger Zitateinleitungen mit dem Verb λέγω (sprechen), wohingegen er im ersten Korintherbrief Zitat­ einleitungen mit dem Verb γράφω (schreiben) bevorzugt. Allein in 1Kor 14,21 greift er auf eine Kombination aus beiden zurück. Zusätzlich zu den bereits genannten Elementen enthalten einige Einleitungswendungen ein ὅτι rezitativum34 und/oder eine Herkunftsangabe.35 In 1Kor 9,9 leitet Paulus einen Vers aus dem Deuteronomium mit den Worten ἐν γὰρ τῷ Μωϋσέως νόμῳ γέγραπται (denn im Gesetz des Moses steht geschrieben) ein. In 1Kor 14,21 ordnet er überraschenderweise ein Prophetenwort des Jesaja mit den Worten ἐν τῷ νόμῳ γέγραπται ὅτι (im Gesetz steht geschrieben:) ebenfalls dem Gesetz zu. Entgegen der heutigen Einteilung der Schriften entspricht eine solche Zuordnung dem jüdischen Sprachgebrauch, nach dem nicht nur der Pentateuch, sondern auch die ganze Schrift als Gesetz bezeichnet werden kann, so auch bei 30 

Vgl. 1Kor 1,19; 1,31; 2,9; 3,19; 9,9; 10,7; 14,21; 15,45; 15,54; 2Kor 4,13; 8,15; 9,9. Eine Ausnahme könnte die Formulierung δι᾽ἡμᾶς γὰρ ἐγράφη ὅτι (wegen uns wurde nämlich geschrieben) in 1Kor 9,10 darstellen. Allerdings ist umstritten, ob es sich dabei überhaupt um eine Zitateinleitung handelt, wie z. B. Koch annimmt. Vgl. Koch 1986, 41–42. Für die Annahme fehlt nämlich ein entsprechender Zitatprätext und auch in der häufig zum Vergleich herangezogenen Textstelle Röm 4,23 wird der Aorist Passiv von γράφω (schreiben) rückblickend und ohne belegbaren Originaltext verwendet. Daher ist es wahrscheinlicher, dass es sich um kein Zitat, sondern um eine Erläuterung handelt, die mit ὅτι (weil) eingeleitet wird. Vgl. Fitzmyer 2008, 364; Zeller 2010, 306. 32  Obwohl einige Exegeten Zweifel gegenüber der Authentizität und Integrität der Textpassage 2Kor 6,14–7,1 hegen, wird der Textabschnitt in dieser Arbeit als paulinisch angesehen, da, wie Beale, Scott und Wilk gezeigt haben, die formale und inhaltliche Eigenart der Textpassage typisch paulinisch ist und in die umliegende Argumentation passt. Vgl. Beale 1989, 566–575; Scott 1994, 73–99; Wilk 2008, 673–696. 33  Singulär für die paulinischen Briefe ist dabei die explizite Benennung Gottes als ­Sprecher in 2Kor 6,16. Vgl. Hübner 1993, 15. Auch sonst ist dies im Neuen Testament und seinem Entstehungsumfeld selten. Vgl. Wilk 2008, 682. 34  Vgl. 1Kor 14,21; 2Kor 6,16. 35  Vgl. 1Kor 9,9; 14,21. 31 

3.1  Markierung der Zitate

133

Paulus in Röm 3,19.31.36 Damit dienen die etwas ungenauen Herkunftsangaben ebenso wie die Zitationsformeln insgesamt weniger als Hilfestellung zur Identifizierung des Prätextes, sondern vielmehr zur Betonung der Autorität des Schriftwortes.37 Zudem passt die Bezeichnung als Gesetz in beiden Fällen zur halachischen Argumentation, in die das Schriftwort eingebettet ist.38 Beim gleichzeitigen Anführen mehrerer Zitate nutzt Paulus meist eine Einleitungswendung und reiht die zitierten Verse anschließend aneinander, sodass auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, dass hier auf unterschiedliche Prätexte Bezug genommen wird.39 Lediglich in 1Kor 3,19–20 verwendet er eine Anschlussformulierung (καὶ πάλιν – und wieder), die auf eine Verknüpfung von zwei verschiedenen Schriftworten hindeutet. Bei der Zitatkombination in 2Kor 6,16–18 sind zwar mehrere Zitateinleitungen anzutreffen, diese dienen aber nicht dazu, die einzelnen Zitatsegmente voneinander zu trennen. Zu Beginn leitet der Satz καθὼς εἶπεν ὁ θεὸς ὅτι (wie Gott sagte) die Zitatkombination ein, innerhalb der Zitatkette weisen die Einschübe λέγει κύριος (spricht der Herr) und λέγει κύριος παντοκράτωρ (spricht der Herr, der Allmächtige)40 darauf hin, dass es sich immer noch um Gottesrede handelt.41 Die drei Wendungen gliedern also die Zitatkombination in gleichmäßige Abschnitte, ganz unabhängig von den Einschnitten, die durch die unterschiedlichen Prätextsegmente entstehen.42 Die meisten Zitate in den Korintherbriefen des Paulus werden somit durch formelhafte Wendungen markiert, die nicht die konkrete Herkunft eines Zitatsegments thematisieren, sondern dessen Charakter als Schriftwort.43 Die vielen unpersönlichen Formulierungen legen die Vermutung nahe, dass es sich um vorgeprägte Einleitungsformeln handelt, bei denen jeder weiß, dass nun ein Schriftwort folgt. Parallelen hierzu findet man z. B. in den Schriften von Qumran. Dort werden vor allem in den Pescharim Zitationsformeln mit den hebräischen Ver36  Vgl. Strack/Billerbeck 1965, 159.463.542–543; Conzelmann 1981, 285; Fee 1987, 679; Schrage 1999, 405–406; Fitzmyer 2008, 519–520. 37  Vgl. Vielhauer 1979, 199; Smith 2012, 143–144. Laut Herbert Ulonska ist nicht einmal die Autorität der Schriftworte entscheidend, sondern allein deren Inhalt. Paulus erwarte von der mehrheitlich heidenchristlichen Gemeinde nicht die Anerkennung der Schrift, sondern die Bereitschaft, sich von den Worten ansprechen zu lassen. Vgl. Ulonska 1963, 128–129. Allerdings erleichtert die Akzeptanz der Schrift als Autorität solch ein Gefühl von Angesprochensein. 38  Vgl. Wilk 2019a, 36. 39  Vgl. 1Kor 15,54–55; 2Kor 6,16–18. Laut Hübner ist dieses Vorgehen nicht typisch jüdisch, hat aber möglicherweise Parallelen im jüdischen Midrasch. Vgl. Hübner 1993, 16. 40  Die zusätzliche Bezeichnung παντοκράτωρ (der Allmächtige) könnte durch 2Sam 7,8 inspiriert sein. Denn am Ende der Zitatkombination greift Paulus auf einen Vers aus eben diesem Kapitel zurück. Vgl. Furnish 1985, 364. 41  Vgl. Furnish 1985, 373–375; Harris 2005, 493; Balla 2007, 774; Wilk 2008, 691. 42  Vgl. Scott 1994, 77–78. Zudem sind die beiden Formeln integraler Bestandteil der Zitataussage, da sie die göttliche Herkunft der Prophezeiungen hervorheben. Vgl. Capes 2018, 106–108. 43  Vgl. Ellis 1957, 22–23; Dautzenberg 1982, 22.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

ben ‫( אמר‬reden) und ‫( כתב‬schreiben) verwendet.44 Daneben trifft man Wendungen, wie λέγει oder φησίν, auch in hellenistischen Texten, z. B. bei Epiktet und Philo, an.45 Auch in den Schriften Israels selbst und in der späteren rabbinischen Literatur gibt es ähnliche Formulierungen.46 3.1.2  Explizite Markierung Etwa ein Drittel der wörtlichen Übernahmen aus den Schriften Israels in den Korintherbriefen des Paulus sind nach Helbigs Definition auf den ersten Blick explizit markiert, da sie durch linguistische Signale einen sprachlichen Bruch erkennbar machen, indem die besondere Erscheinungsform des Prätextes im neuen Zusammenhang hervortritt.47 So wird in 1Kor 2,16 anstelle des zentralen Begriffs des Textabschnitts τὸ πνεῦμα (der Geist) der Begriff ὁ νοῦς (der Verstand, der Sinn) verwendet.48 Daneben weisen die Verwendung des Verbs συμβιβάζω (belehren), das in den echten Paulusbriefen nur an dieser Stelle vorkommt, und der sprichwörtliche Klang des Satzes – im Vergleich zum Original hat Paulus nämlich den Jesajavers um einen Fragesatz verkürzt, wodurch der Satz prägnanter und stärker nach einer bekannten Wendung klingt49 – darauf hin, dass es sich um fremde Rede handelt. Ähnlich ist auch die Bezugnahme auf Ps 23,1 in 1Kor 10,26 markiert. Der elliptische Satzbau und die allgemeine Wortwahl lassen den Vers, τοῦ κυρίου γὰρ ἡ γῆ καὶ τὸ πλήρωμα αὐτῆς (denn des Herrn ist die Erde und ihre Fülle), wie eine sprichwörtliche Wendung wirken.50 Zusätzlich hebt sich der Vers durch die Partikel γάρ und die für Paulus singuläre Wortverbindung ἡ γῆ καὶ τὸ πλήρωμα vom Rest des Textes ab. Ebenso sticht der zweite Teil von 2Kor 13,1 durch seine besondere Wortwahl heraus: Τρίτον τοῦτο ἔρχομαι πρὸς ὑμᾶς· ἐπὶ στόματος δύο μαρτύρων καὶ τριῶν σταθήσεται πᾶν ῥῆμα. (Jetzt komme ich zum dritten Mal zu euch; durch zweier Zeugen Mund oder dreier wird jede Sache entschieden werden.) Denn innerhalb des Verses vollzieht sich ein sprachlicher Wechsel. Nach der persönlichen Besuchsankündigung (1. Ps. Sg. Akt.) folgt ein allgemeiner Rechtsgrundsatz (3. Ps. Sg. Pas.), der sowohl im frühen Judentum als auch bei den neutestamentlichen Autoren bekannt ist.51 44 

Vgl. Fitzmyer 1971, 8–16; Metzenthin 2015, 167–169. Vgl. Michel 1929, 70–71. 46  Vgl. Hübner 1993, 15; Smith 2012, 142; Rosik 2013, 29–30. 47  Vgl. Helbig 1996, 117–120. 48  In Kombination mit dem Verb γιγνώσκω (erkennen) verwendet Paulus das Substantiv ὁ νοῦς (der Sinn) nur noch in Röm 11,34. In beiden Fällen handelt es sich um wörtliche Übernahmen von Jes 40,13. 49  Vgl. Koch 1986, 115–116. 50  Vgl. Koch 1986, 14. 51  Vgl. Rosner 2007, 134. Neben diesen Beispielen vgl. auch 1Kor 5,13; 15,32–33; 2Kor 5,17; 9,7. 45 

3.1  Markierung der Zitate

135

Eine Schwierigkeit bei der Bestimmung solcher linguistischen Codewechsel besteht allerdings darin, dass der Deutlichkeitsgrad einer Markierung von der Einschätzung des Adressatenkreises abhängig ist. Wenn z. B. Koch und Rosner davon ausgehen, dass es sich bei dem in 1Kor 5,13 zitierten Vers um ein geläufiges Schriftwort handele, da es häufig im Deuteronomium vorkomme,52 setzen sie zugleich voraus, dass die Adressaten über größere Schriftkenntnisse verfügen. Denn nur demjenigen ist der Vers geläufig, der überhaupt verschiedene Verse aus dem Gesetz des Moses kennt. Genauso ist die Bezugnahme auf Jes 22,13 LXX in 1Kor 15,32 schwer erkennbar, da Paulus den Vers syntaktisch bruchlos an den vorangehenden Satz anschließt und der Satz Verben enthält, die sehr häufig im ersten Korintherbrief vorkommen,53 wenn man nicht über die Kenntnis einzelner Jesajapassagen verfügt. Da nützt es dann auch nichts, dass der Vers durch die Kombination von drei elementaren Verben des menschlichen Lebens und den parataktischen Satzbau wie eine Sentenz wirkt.54 Somit sind alle bisher angeführten Textstellen nur für diejenigen Mitglieder der Gemeinde von Korinth, die über fundierte Schriftkenntnisse verfügen, explizit markierte Zitate55 und entsprechen damit auf dem zweiten Blick nicht der von Helbig genannten expliziten Markierung, weil diese auch ohne Vorkenntnisse erkennbar ist.56 Lediglich zwei Schriftbezüge, die bisher noch nicht genannt worden sind, sind auch für alle anderen Adressaten anhand ihrer Markierung als Zitate erkennbar und so explizit markiert. Zum einen wird das Psalmzitat in 1Kor 15,27: ‚πάντα‘ γὰρ ‚ὑπέταξεν ὑπὸ τοὺς πόδας αὐτοῦ‘ (denn ‚er hat alles unter seine Füße unterworfen‘), durch die anschließende interpretative Angabe: ὅταν δὲ εἴπῃ ὅτι πάντα ὑποτέτακται (wenn es aber heißt,57 dass alles unterworfen ist), deren Beginn einer Zitationsformel ähnelt, als Bezugnahme auf einen anderen Text kenntlich gemacht.58 Zum anderen zitiert Paulus in 2Kor 10,17 einen Vers, den er bereits in 1Kor 1,31 mit Zitationsformel angeführt hat: ὁ δὲ καυχώμενος ἐν κυρίῳ καυχάσθω (wer sich aber rühmt, rühme sich im Herrn). Der sprichwörtliche Klang des Verses, der durch die sentenzartige Verkürzung des Prätextes und die enthaltene Alliteration entsteht, und die Partikel δέ59 reichen nun als 52  Vgl. Koch 1986, 18; Rosner 2007, 122–123. Eine Kombination aus dem Verb ἐξαίρω und dem Substantiv πονηρός kommt im Deuteronium an acht Stellen vor (Dtn 17,7.12; 19,19; 21,21; 22.21.22.24; 24,7). 53  Das Verb ἐσθίω (essen) wird in 1Kor an 24 Stellen verwendet, das Verb πίνω (trinken) an 12 und das Verb ἀποθνῄσκω (sterben) an 7. 54  Vgl. Koch 1986, 14. 55  Vgl. Stanley 1999, 131–133. Die Verwendung von wörtlichen Übernahmen aus der Schrift ohne Kennzeichnung durch eine Einleitungsformel ist eine Besonderheit der Korintherbriefe. In anderen Briefen ist die Markierung eindeutiger. Vgl. Smith 1988, 274. 56  Vgl. Helbig 1996, 112. 57  Das setzt wegen des Aorist Konjunktiv einen nachlässigen Sprachgebrauch voraus. Vgl. Weiss 1925, 360. 58  Vgl. Koch 1986, 13; Zeller 2010, 491. 59  Vgl. Barnett 1997, 492.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

Markierung aus, da der Vers aufgrund der Wiederholung bei allen als bekannt vorausgesetzt werden kann.60 3.1.3  Implizite Markierung Ähnlich wie bei Cicero treten Formen der impliziten Markierung auch in den Korintherbriefen des Paulus immer zusätzlich zu thematisierender oder expliziter Markierung auf. In 1Kor 1,31, 2Kor 4,6 und 6,2 werden die Schriftworte nicht nur durch ihre Einleitungsformeln, sondern auch durch ihre exponierte Stellung am Ende eines Textabschnitts in den Fokus gerückt. Genauso erregt neben sprachlichen Besonderheiten die Endstellung der Schriftbezüge in 1Kor 2,16, 5,13 und 2Kor 13,1 die Aufmerksamkeit der Leser. In ähnlicher Weise erleichtert die hohe Referenzdichte in bestimmten Briefkapiteln das Erkennen von Zitaten. Denn das Bemerken eines Schriftbezugs verbessert die Chance, dass auch weitere Bezüge erkannt werden, da das Gehirn bereits darauf vorbereitet ist bzw. sogar gezielt danach sucht.61 So erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die wörtlichen Übernahmen von Jesaja und Menander bzw. Euripides in 1Kor 15,32–3362 von den Lesern wahrgenommen werden, weil bereits in 1Kor 15,27 zitiert worden ist und auch in 1Kor 15,45 und 15,54–55 weitere Zitate folgen, oder dass die wörtliche Übernahme aus Psalm 8 in 1Kor 9,7 von den Lesern bemerkt wird, weil direkt im Anschluss in 1Kor 9,9 ebenfalls aus den Psalmen zitiert wird. Die stärkste Form der impliziten Markierung, die man in den Korintherbriefen antrifft, ist jedoch die Wiederholung. Wie bereits im vorangegangenen Abschnitt erwähnt, wiederholt Paulus in 2Kor 10,17 ein Zitat, das er bereits in 1Kor 1,31 angeführt hat. Gerade weil der Vers zudem kurz und prägnant zusammengefasst ist, fällt es den Adressaten leichter, ihn wiederzukennen und als Schriftwort zu verstehen. 3.1.4 Nicht-Markierung Bei der Nicht-Markierung verzichtet der Autor auf Textsignale, die das Erkennen einer Bezugnahme erleichtern, wodurch es passieren kann, dass die Bezüge auf fremde Rede übersehen werden. Dies trifft bei Paulus auf fast alle Textstellen zu, die bereits bei der expliziten Markierung angeführt worden sind. Wenn man nämlich das Vorwissen betrachtet, das zur Wahrnehmung der linguistischen Codewechsel notwendig ist, wird der Kreis der Leser stark eingeschränkt. Für jemanden, der mit den Schriften Israels vertraut ist, müsste es ein Leichtes sein, 60 

Vgl. T hrall 2000, 652; Balla 2007, 780; Schmeller 2015, 186. Vgl. Helbig 1996, 97–102. 62  Nur in 1Kor 15,33 wird anstelle eines Schriftwortes ein Vers eines paganen Dichters angeführt. Wahrscheinlich zitiert Paulus an dieser Stelle aber nicht bewusst einen griechischen Dichter, sondern greift ein bekanntes Sprichwort auf. Vgl. Fitzmyer 2008, 583; Zeller 2010, 503. 61 

3.2  Wortlaut der Zitate

137

die sprachlichen Unterschiede zwischen den eigenen Worten des Paulus und den aus der Schrift entnommenen zu bemerken. Für ihn sind die Schriftbezüge in 1Kor 2,16; 5,13; 10,26; 15,32–33; 2Kor 5,17; 9,7 und 13,1 aufgrund besonderer Wortwahl oder sprichwörtlichem Klang explizit markiert. Für alle anderen, die nur Grundzüge der Schriften kennen, kommt diese Form der Markierung jedoch einer Nicht-Markierung gleich. Hier zeigt sich, wie eng die Frage nach der Markierung der Zitate mit dem Bildungshintergrund der Adressaten verknüpft ist. Daher werden die hier beschriebenen Beobachtungen noch einmal an späterer Stelle zur Sprache kommen.63 Festzuhalten bleibt jedoch, dass die Schriftbezüge in 1Kor 2,16; 5,13; 10,26; 15,32–33; 2Kor 5,17; 9,7 und 13,1 in dieser Arbeit nicht als Zitate bezeichnet werden, sondern als wörtliche Übernahmen ohne Zita­ tions­formel, da ihnen nach Maßgabe der gewählten Definition von „Zitat“ die für die Adressaten erkennbare Markierung als fremde Rede fehlt.64

3.2  Wortlaut der Zitate Der Apostel Paulus zitiert fast ausschließlich aus den Schriften Israels, die uns heute zwar in der Form des Alten Testaments vorliegen, damals aber noch nicht kanonisch festgelegt waren. Ursprünglich sind diese Schriften in hebräischer Schrift verfasst worden. Zu Lebzeiten des Paulus gab es aber auch Übersetzungen ins Griechische.65 Aufgrund der Vielfalt von Textvorlagen stellt sich in Bezug auf die Zitate in den Korintherbriefen zunächst die Frage, welche Textgrundlage von Paulus verwendet wird. Zudem wird in der Forschung diskutiert, ob die Texte, auf die sich Paulus bezieht, ihm immer als Schriftrollen vorlagen, da solche wegen ihres hohen Werts selten waren.66 Mögliche Alternativen sollen zusammen mit der Frage nach der Textvorlage des Paulus im ersten Teil des nun folgenden Kapitels erläutert werden. Erst danach kann der Blick auf Abweichungen vom Wortlaut der Textvorlage gerichtet werden. Anhand konkreter Beispiele wird im zweiten Teil des nun folgenden Kapitels dargelegt, inwiefern die Zitate in den Korintherbriefen des Paulus der angenommenen Textgrundlage nicht entsprechen. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob es sich diesbezüglich um versehentliche Fehler oder bewusste Änderungen handelt.

63 

Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 202–205. Dieser Arbeit liegt ein enges Begriffsverständnis von „Zitat“ zugrunde, nach dem ein Zitat eine absichtliche Bezugnahme auf eine bestimmte Vorlage ist, wobei diese nicht explizit benannt, aber zumindest durch Hinweise als fremde Rede kenntlich gemacht werden muss, die für Leser erkennbar sind. Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 18–20. 65  Vgl. Wilk 2016, 40–42. 66  Vgl. z. B. Stanley 2004, 41–43. 64 

138

3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

3.2.1  Textgrundlage des Paulus Spätestens seit den Untersuchungen von Kautzsch und Vollmer Ende des 19. Jahrhunderts67 steht fest, dass sich der Apostel Paulus vorwiegend auf den Text der Septuaginta, der damals bekannten griechischen Übersetzung der Schriften I­ sraels, stützt.68 An den meisten Stellen stimmt der Wortlaut der Zitate nämlich mit dem der Septuaginta überein. Daneben ist die gesamte Sprache des Paulus von der der Septuaginta geprägt.69 Dies zeigt sich vor allem an der Vielzahl von Anspielungen auf die Schriften Israels in den Briefen des Paulus.70 Beim Vergleich der verschiedenen Rezensionen der Septuaginta und der Schriftzitate des Paulus wird allerdings deutlich, dass der Wortlaut der Schriftzitate des Paulus sich nicht auf eine bestimmte Handschrift zurückführen lässt.71 Vielmehr sind lediglich Tendenzen bezüglich bestimmter Bücher erkennbar. So überwiegen bei Rückgriffen auf Jesajaverse die Übereinstimmungen mit LXX–A gegen LXX–B, bei Levitikus hingegen die mit LXX–F.72 Zudem gibt es einige Zitate in den paulinischen Briefen, deren Wortlaut sich nicht auf die Septuaginta zurückführen lässt. Entgegen der altkirchlichen Meinung, dass Paulus sich in diesen Fällen dem masoretischen Text zugewandt habe,73 ist man seit Ende des 19. Jahrhunderts der Ansicht, dass sich diese Abweichungen anhand abweichender griechischer Übersetzungen erklären lassen.74 Parallelen zu den Texten späterer Übersetzungen, wie Aquila, Symmachus und T heodotion, bestätigen diesen Eindruck.75 Untersuchungen an konkreten Textbeispielen Ende des 20. Jahrhunderts z. B. von Berndt Schaller haben zudem gezeigt, dass Paulus an einigen Stellen eine revidierte Septuagintafassung verwendet, die an den hebräischen Text angenähert worden ist.76 Grundsätzlich kann also festgehalten werden, dass

67 

Vgl. Kautzsch 1869; Vollmer 1895. Vgl. Michel 1929, 55; Lips 1991, 33. Dies trifft auch auf die meisten anderen Autoren des Neuen Testaments zu. Vgl. Hübner 1993, 17. Die Septuaginta ist zu dieser Zeit ebenso wie der hebräische Text als Schrift Gottes anerkannt. Vgl. Hanhart 1984, 395–399. Zur Entstehung der Septuaginta vgl. Hengel 1994, 236–284. 69  Vgl. Vollmer 1895, 11–13; Ellis 1957, 13; Hanson 1983, 59–60. 70  Vgl. Jobes/Silva 2000, 201–204. 71  Vgl. Rosik 2013, 31. 72  Vgl. Michel 1929, 63; Ellis 1957, 13–14. 73  Daneben gibt es Hypothesen, nach denen sich Paulus in diesen Fällen auf aramäische Übersetzungen oder mündliche Traditionen bezogen habe. Vgl. Ellis 1957, 14. Für eine Übersicht zu den verschiedenen Positionen und deren zeitlicher Entwicklung vgl. Stanley 1992, 8–16. 74  Papyrusfunde belegen, dass es bereits vor der Übersetzung des Aquila Versuche gab, den Text der Septuaginta an das hebräische Original anzunähern. Vgl. Hanhart 1984, 400– 409. 75  Vgl. Michel 1929, 63–66. 76  Vgl. Schaller 1980, 21–26. 68 

3.2  Wortlaut der Zitate

139

Paulus vornehmlich aus der Septuaginta zitiert, wobei er z. T. auf Textfassungen zurückgreift, die von der heute vorliegenden Form abweichen.77 Zusätzlich zur Textgrundlage kann aber auch die Zitiertechnik des Paulus zu Abweichungen vom Wortlaut führen. Möglicherweise zitiert der Apostel an einigen Stellen frei aus dem Gedächtnis78 oder ändert bewusst den Wortlaut entsprechend seiner Zitierabsicht.79 Während an ersterer Hypothese aufgrund jüdischer Memorisierungstechniken und paulinischer Exaktheit Zweifel geäußert worden sind,80 erfreut sich letztere bis heute großer Beliebtheit.81 Diskutiert wird außerdem, ob Paulus neben Schriftrollen biblische Exzerpte benutzt habe. Nach der sogenannten Testimonienbuchhypothese, die erstmals von Rendel Harris vertreten worden ist, hätten die neutestamentlichen Autoren nämlich in Abgrenzung zum Judentum auf eine Sammlung von bestimmten Schriftworten zurückgegriffen.82 Bereits Charles Dodd weist aber darauf hin, dass für diese T hese Belege fehlen.83 Edwin Hatch geht hingegen davon aus, dass jüdische Gelehrte Exzerpte zu den Schriften angefertigt haben.84 Daher hält Timothy Lim es für wahrscheinlich, dass Paulus gerade bei Zitatketten eben solche Zusammenfassungen verwendet habe, deren Existenz Anthologien, die in Qumran gefunden worden sind, nahe legen.85 Dietrich-Alex Koch und Christopher Stanley gehen sogar noch einen Schritt weiter, ihrer Meinung nach hat sich Paulus während seiner Schriftstudien ein eigenes Notizbuch mit für seine Zwecke nütz­lichen 77  Vgl. Lips 1991, 33–34; Hübner 1993, 17. Nicht ganz ausgeschlossen, aber weniger wahrscheinlich sind hingegen T hesen, nach denen Paulus auf aramäische Targumin oder andere griechische Übersetzungen zurückgreift. Vgl. z. B. Rosik 2013, 32–34. 78  Vgl. Ellis 1957, 14; Hanson 1974, 148; Achtemeier 1990, 25–27. 79  Vgl. Ellis 1957, 20. 80  Vgl. Ellis 1957, 14–15; Koch 1986, 93–99; Stanley 1992, 16–17.69–71. Dennoch sollte der Einfluss der Erinnerung nicht außer Acht gelassen werden, da die Formen von Abweichungen bei den paulinischen Zitaten Parallelen zu den Änderungen am Wortlaut in der hebräischen Bibel aufweisen, die auf Gedächtnisfehler zurückgeführt werden können. Vgl. Lincicum 2017, 12–13. 81  Vgl. z. B. Evans 1993, 14; Jobes/Silva 2000, 192; Wagner 2002, 22. Wie Stanley darlegt, entspricht ein solches Vorgehen dem anderer neutestamentlicher Autoren und den Gepflogenheiten seiner Zeit. Vgl. Stanley 1997a, 18–27. Für eine Übersicht zu Erklärungsansätzen für bewusste Änderungen des Paulus am Wortlaut vgl. Stanley 1992, 18–28. 82  Vgl. Lim 1997, 150–151. 83  Vgl. Dodd 1952, 26. Er ist vielmehr der Ansicht, solche Testimonienbücher seien erst nach der Verfassung der neutestamentlichen Schriften entstanden. Vgl. Dodd 1952, 126. Dem schließen sich auch Hanson und Smith an. Vgl. Hanson 1974, 191–193; Smith 1988, 280. 84  Vgl. Hatch 1889, 203. 85  Vgl. Lim 1997, 152–160. Ähnlich argumentieren auch Black, Holtz und Hanhart in Hinblick auf das gesamte Neue Testament. Vgl. Black 1972, 2–4; Holtz 1974, 28; Hanhart 1984, 406. Daneben weist Alexander in einem Aufsatz zu antiker Buchproduktion darauf hin, dass in der griechisch-römischen Welt Notizen von Rednern und Mitschriften zu Gelehrtenvorträgen verbreitet worden sind. Hierbei handelt es sich ebenfalls um Exzerpte, allerdings zu mündlichen Performances. Vgl. Alexander 1998, 93–97.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

Schriftworten zusammengestellt.86 Dass es ein solches Vorgehen in der Antike gegeben hat, belegen nämlich nicht nur Dokumente aus der Qumranhöhle 4, sondern auch Exzerpierhinweise griechischer und römischer Autoren. So rät Aristoteles seinen Lesern bei der Konstruktion von Argumenten auch geschriebene Worte auszuwählen und Cicero erklärt in seinem Rhetorikhandbuch, er habe vor dessen Abfassung passende Passagen aus anderen Werken gesammelt.87 Zudem lassen sich laut Stanley problematische Elemente der paulinischen Zitiertechnik wie die Vielfalt von Textvorlagen oder die gelegentlichen Abweichungen vom Originalkontext mithilfe einer solchen Notizbuch-T hese erklären, da Paulus bei seinen Exzerpten auf viele verschiedene Handschriften zurückgegriffen und Schriftworte losgelöst vom Prätext mit Blick auf seine eigenen Zwecke ausgewählt hat.88 Tatsächlich weiß man aber, wie bereits Philipp Vielhauer angemerkt hat, relativ wenig über den Schriftgebrauch in der Zeit des Paulus, sodass man nicht über Hypothesen hinauskommt.89 Für die Betrachtung des Wortlautes der Zitate bedeutet dies, dass grundsätzlich von der Verwendung der Septuaginta in schriftlicher Form als Vorlage ausgegangen wird, jedoch andere Möglichkeiten immer im Hintergrund mitgedacht werden sollten.90 3.2.2  Abweichungen vom Wortlaut Nur fünf der 19 expliziten Zitate in den Korintherbriefen des Paulus stimmen wortwörtlich mit dem Wortlaut der entsprechenden Schriftworte in der Septuaginta überein.91 Alle anderen weisen Abweichungen auf. Zum einen werden ursprünglich zum Text gehörige Wörter weggelassen92 oder neue ergänzt93, zum anderen werden Wortformen verändert94 oder ganze Wörter ersetzt.95 Während die meisten Einzelzitate lediglich kleinere Veränderungen aufweisen, häufen sich die Abweichungen bei den Zitatkombinationen in 1Kor 15,54–55 und in 2Kor 86 

Vgl. Koch 1986, 97–99; Stanley 1992, 73–79. Vgl. Aristot. top. I,14; Cic.inv. II,4. Ähnliche Bemerkungen findet man auch in Xen. mem. I,6,14; Athen. deipn. VIII,336d; Plut.de tranq. anim. 464F; Plin.ep. III,5; VI,20,5; Gell. XVII,21,1. Für eine detaillierte Darstellung vgl. Stanley 1992, 74–77. 88  Vgl. Stanley 1992, 77–78. 89  Vgl. Vielhauer 1979, 203. 90  Vgl. Stanley 1992, 79; Porter 2019, 7–18. 91  Vgl. 1Kor 6,16; 10,7; 2Kor 4,13; 6,2; 9,9. In allen Fällen werden keine vollständigen Verse, sondern Teilsätze davon zitiert. In 2Kor 9,9 fehlt zudem der Genitiv τοῦ αἰῶνος, der im Original noch zum Teilvers dazugehört. Dies ist bereits den Abschreibern aufgefallen, die in späteren Handschriften τοῦ αἰῶνος ergänzen. Laut Koch erfolgt die Verkürzung aus stilistischen Gründen. Vgl. Koch 1986, 25.116. Stanley schließt aber auch nicht aus, dass sie aus einer Vorlage stammt. Vgl. Stanley 1992, 233–234. 92  Vgl. 1Kor 1,31; 14,21; 2Kor 6,16–18; 10,17. 93  Vgl. 1Kor 3,19; 15,45; 15,54–55; 2Kor 4,6; 6,16–18. 94  Vgl. 1Kor 14,21; 15,27; 15,54–55; 2Kor 6,16–18; 8,15. 95  Vgl. 1Kor 1,19; 3,19; 3,20; 9,9; 15,54–55. 87 

3.2  Wortlaut der Zitate

141

6,16–18. Zusätzlich fallen größere Unterschiede bei den Zitaten in 1Kor 1,31; 2,9; 3,19 und 14,21 auf, wobei die Differenzen in 1Kor 2,9 so groß sind, dass Teile des Verses keiner der heute bekannten Schriften zugeordnet werden können.96 Zunächst richtet sich der Blick aber auf die Fälle, in denen der Wortlaut lediglich geringfügig abweicht. In 1Kor 1,19 zitiert Paulus die zweite Hälfte von Jes 29,14, wobei das Verb κρύπτω (verbergen), das den Vers in der Septuaginta abschließt, durch das Verb ἀθετέω (vernichten) ersetzt wird: ἀπολῶ τὴν σοφίαν τῶν σοφῶν καὶ τὴν σύνεσιν τῶν συνετῶν ἀθετήσω. (Ich werde die Weisheit der Weisen vernichten und den Verstand der Verständigen werde ich verwerfen.) Durch die veränderte Verbform wird die Aussage des Prätextes verschärft. Genauso wie die Weisheit wird nun auch der Verstand von Gott vernichtet, nicht bloß verborgen.97 Da dies der Intention des Paulus entspricht, der in dem Textabschnitt 1Kor 1,18–26 mit der Vernichtung der Weisheit der Welt durch Gott das Unverständnis der Weisen gegenüber der Botschaft vom Kreuz Christi begründet, ist anzunehmen, dass die Änderung des Wortlauts von ihm selbst vorgenommen worden ist.98 Möglicherweise hat er dabei das stärkere Verb aus Ps 32,10 LXX übernommen, wo die Ratschlüsse der Völker und Herrscher ebenfalls vernichtet werden.99 96  Der erste Relativsatz des Zitatsegments ἃ ὀφθαλμὸς οὐκ εἶδεν καὶ οὖς οὐκ ἤκουσεν καὶ ἐπὶ καρδίαν ἀνθρώπου οὐκ ἀνέβη (was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist) lässt sich noch als Zusammensetzung aus Jes 64,4 und Jes 65,16 mit kleineren Abweichungen erklären, für den zweiten Relativsatz ἃ ἡτοίμασεν ὁ θεὸς τοῖς ἀγαπῶσιν αὐτόν (was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben) kann man jedoch keine Parallelen in den heute bekannten Schriften Israels ausmachen. Vgl. Stanley 1992, 188–189.Wahrscheinlich zitiert Paulus hier eine an Jesaja angelehnte Sentenz mit einer eigenen Erläuterung. Für eine ausführliche Darstellung vgl. Wilk 2012, 486–504. 97  Vgl. Stanley 1992, 185–186; Wilk 2005b, 136. 98  Vgl. Michel 1929, 75.77; Koch 1986, 152–153; Schrage 1991, 174–175; Merklein 1992, 179; Stanley 1992, 185–186; Wilk 2005b, 136.  In ähnlicher Weise tauscht Paulus in 1Kor 3,20 das ursprüngliche Substantiv ὁ ἄνθρωπος (der Mensch) durch ὁ σοφός (der Weise) aus, damit der zitierte Vers besser zum neuen Kontext passt. Vgl. Koch 1986, 152–153; Capes 1992, 109; Stanley 1992, 194–195; ­Ciampa/Rosner 2010, 164–165.   Im Gegensatz dazu geht die Verwendung des Verbs κημόω (den Maulkorb anlegen) anstelle von φιμόω (mit einem Maulkorb verschließen) in 1Kor 9,9 wohl eher auf einen Erinnerungsfehler, eine abweichende Vorlage oder einen späteren Abschreibfehler zurück, da der Bedeutungsunterschied der beiden Verben gering und das bei Paulus verwendete Verb ungebräuchlicher ist. Vgl. Hanson 1974, 162; Koch 1986, 142.189; Stanley 1992, 195–196. Es könnte jedoch auch bewusst gewählt worden sein, weil es im Gegensatz zum Verb φιμόω (mit einem Maulkorb verschließen) nicht doppeldeutig ist. Vgl. Lindemann 1996, 212. 99  Vgl. Stanley 1992, 186; Inkelaar 2010, 144–145. Laut Heil erlaubt die Ersetzung des Verbs in Kombination mit der allgemeinen Einleitungsformel ohne Quellenangabe den Rückbezug auf mehrere Stellen der Schrift, die sich mit der angesprochenen T hematik auseinandersetzen. Dies bedeute allerdings nicht, dass Paulus an dieser Stelle bewusst Jes 29,14 mit Ps 32,10 kombiniere und seine Leserschaft den Psalmbezug wahrgenommen habe. Vgl. Heil 2005, 19.

142

3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

Daneben verändert Paulus beim Zitat in 1Kor 15,27: ‚πάντα‘ γὰρ ‚ὑπέταξεν ὑπὸ τοὺς πόδας αὐτοῦ‘ (denn ‚er hat alles unter seine Füße unterworfen‘), zwei Wortformen des Prätextes Ps 8,7. Anstelle der zweiten Person Singular greift er auf die dritte Person Singular zurück, weil er im Gegensatz zum Psalmisten nicht mit Gott, sondern über ihn spricht, und anstelle des Adverbs ὑποκάτω (unterhalb) verwendet er die Präposition ὑπό (unter), da diese für ihn gebräuchlicher ist.100 Einerseits erfolgt hier also eine inhaltliche Anpassung an den neuen Textzusammenhang, andererseits eine stilistisch bedingte Angleichung an den paulinischen Sprachgebrauch.101 In ähnlicher Weise ergänzt Paulus in 1Kor 15,45 zu dem ursprünglichen Zitatsegment aus Gen 2,7 das Adjektiv πρῶτος (erster) und den Namen Ἀδάμ, damit es parallel zum korrespondierenden Nachsatz formuliert ist:102 οὕτως καὶ γέγραπται· ‚ἐγένετο ὁ‘ πρῶτος ‚ἄνθρωπος‘ Ἀδὰμ ‚εἰς ψυχὴν ζῶσαν‘, ὁ ἔσχατος Ἀδὰμ εἰς πνεῦμα ζῳοποιοῦν. (So steht es ja auch geschrieben: ‚Der‘ erste ‚Mensch‘ Adam ‚wurde zu einer lebendigen Seele‘, der letzte Adam zu einem lebendig machenden Geist.). Im Gegensatz zu den bisher angeführten kleineren Abweichungen vom Wortlaut des Prätextes, die sich aus der Aussageabsicht des Paulus ergeben, lassen sich die größeren Unterschiede wie in 1Kor 1,31 oder 1Kor 14,21 nicht so leicht erklären. Für das Zitat in 1Kor 1,31: ὁ καυχώμενος ἐν κυρίῳ καυχάσθω (wer sich rühmt, rühme sich im Herrn), gibt es zwei mögliche Prätexte. Neben Jer 9,23: … ἀλλ᾽ ἢ ἐν τούτῳ καυχάσθω ὁ καυχώμενος, συνίειν καὶ γινώσκειν ὅτι ἐγώ εἰμι κύριος ποιῶν ἔλεος καὶ κρίμα καὶ δικαιοσύναν ἐπὶ τῆς γῆς, ὅτι ἐν τούτοις τὸ θέλημά μου, λέγει κύριος.

100 

Vgl. Stanley 1992, 206–207; Rosik 2013, 129. Koch 1986, 111.140; Fitzmyer 2008, 574. Gegen Michel, der annimmt, Paulus zitiere hier frei aus dem Gedächtnis. Vgl. Michel 1929, 75. Laut Stanley kann bei der Ergänzung des Namens Ἀδάμ nicht ganz ausgeschlossen werden, dass Paulus diese bereits in einer Vorlage oder exegetischen Tradition vorgefunden habe, da auch die Übersetzungen von T heodotion und Symmachus den Namen enthalten. Vgl. Stanley 1992, 208–209.   Auch in 2Kor 8,15 kommt es aus stilistischen Gründen zu kleineren Veränderungen am Wortlaut. Zunächst kehrt Paulus die Wortstellung des ersten Teilsatzes um, sodass eine parallele Satzstruktur entsteht. Dann verwendet er im zweiten Teilsatz statt des Komparativs ἔλαττον (geringer) den Positiv ὀλίγον (wenig), um die Parallelität noch zu verstärken. Vgl. Koch 1986, 108. Letztere Abweichung könnte aber auch aus einer abweichenden Vorlage oder von einem Abschreiber stammen. Vgl. Stanley 1992, 231–233. 102  Vgl. Michel 1929, 75.79; Merklein/Gielen 2005, 365. Eine solche Ergänzung von Elementen aus dem unmittelbaren Kontext des Prätextes findet man ebenfalls in 2Kor 4,6. Dort kombiniert Paulus zwei Prätexte miteinander. Während die Zitationsformel ὅτι ὁ θεὸς ὁ εἰπών (denn Gott, der gesagt hat) auf den Schöpfungsbericht in Gen 1,3 anspielt, deutet die Wortwahl des Zitatsegments ἐκ σκότους φῶς λάμψει (aus Finsternis wird Licht leuchten) auf die Verheißung von Jes 9,1 hin, wobei das Substantiv ὁ σκότος (die Finsternis) aus Gen 1,2 hinzugefügt wird und im Umfeld des Zitats zahlreiche Rückbezüge auf Jes 8,16–9,1 zu finden sind. Vgl. Wilk 2005b, 148; Schmeller 2010, 247. 101  Vgl.

3.2  Wortlaut der Zitate

143

(… sondern wer sich rühmt, rühme sich darin, zu verstehen und zu erkennen, dass ich der Herr bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit auf die Erde bringt, da ich an diesen mein Wohlgefallen habe, spricht der Herr.),

kommt 1Sam 2,10b in Frage: … ἀλλ᾽ ἢ ἐν τούτῳ καυχάσθω ὁ καυχώμενος, συνίειν καὶ γινώσκειν τὸν κύριον καὶ ποιεῖν κρίμα καὶ δικαιοσύνην ἐν μέσῳ τῆς γῆς. (… sondern wer sich rühmt, rühme sich darin, zu verstehen und den Herrn zu erkennen und Recht und Gerechtigkeit mitten im Land zu tun.)103

Da jedoch der Verszusatz 1Sam 2,10b selbst auf Jer 9,23 zurückgeht und das für die paulinische Gesamtargumentation zentrale Stichwort σοφία (Weisheit) nur im Kontext des Jeremiaverses vorkommt, ist eine primäre Bezug­nahme auf Jer 9,23 wahrscheinlicher.104 Zudem ist das Zitat in 1Kor 1,31 im Vergleich zu den beiden möglichen Prätexten stark verkürzt. Die von ἐν τούτῳ abhängige Infinitivkonstruktion in Jer 9,23 und 1Sam 2,10b wird bei Paulus in zwei Worten (ἐν κυρίῳ) zusammengefasst.105 Zusätzlich ist die einleitende Konjunktion ἀλλ᾽ ἢ ausgelassen und das Partizip ὁ καυχώμενος vorgezogen worden.106 So entsteht ein einprägsamer Satz mit A-B-A-Struktur und k-Alliteration, in dessen Zentrum der κύριος steht107 und das Zitat erhält den Charakter einer Sentenz. Es erweckt so den Eindruck, dass Paulus die veränderte Form bereits vorgefunden habe.108 Darauf deuten auch die Wiederholung des Verses in 2Kor 10,17 und die längere Version des Verses in 1Clem 13,1 hin, die nicht direkt von der paulinischen beeinflusst ist.109 Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass Paulus den vollständigen Wortlaut im Blick und die Verkürzung selbst vorgenommen hat, weil bereits in 1Kor 1,26–29 zentrale Begriffe aus Jer 9,22 aufgegriffen werden.110

103 

Vgl. Hays 1997, 34–35; Tuckett 2000, 416–421; Han 2014,158.161. Vgl. Williams 2001, 111–112.129–130; Kraus/Karrer 2010, 303; Inkelaar 2010, 159– 160; Frey 2017b, 513. 105  Vgl. Han 2014, 160. 106  Vgl. Stanley 1992, 186–187. 107  Vgl. Heil 2005, 40–41. 108  Vgl. Schrage 1991, 205–206; Zeller 2010, 121. Laut Koch handelt es sich hierbei um eine vorgeprägte mündliche Tradition. Vgl. Koch 1986, 35–36. 109  Vgl. Wolff 1976, 137–139; Capes 1992, 133; Zeller 2010, 121. 110  Vgl. Michel 1929, 77–78; Schreiner 1974, 530–531; Stanley 1992, 187–188; Heckel 1994, 214–215; Williams 2001, 105–106; Han 2014, 160–163. Aus demselben Grund ist Heils Annahme, dass Paulus mit seiner Bezugnahme keine bestimmte Textstelle vor Augen habe, sondern auf ein in den Schriften Israels mehrfach angesprochenes T hema zurückgreife und mit der Einleitungsformel auf die allgemeine Autorität der Schrift hinweise, weniger wahrscheinlich. Vgl. Heil 2005, 37–39.191–194. 104 

144

3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

In 1Kor 14,21 werden zwei Jesajaverse ebenfalls in verkürzter Form wiedergegeben. Allerdings kommen hier noch weitere Änderungen am Wortlaut hinzu. Aus Jes 28,11–12: 11 διὰ φαυλισμὸν χειλέων διὰ γλώσσης ἑτέρας, ὅτι λαλήσουσιν τῷ λαῷ τούτῳ 12 λέγοντες αὐτῷ τοῦτο τὸ ἀνάπαυμα τῷ πεινῶντι καὶ τοῦτο τὸ σύντριμμα, καὶ οὐκ ἠθέλησαν ἀκούειν. (11 wegen der Verachtung der Lippen durch eine fremde Sprache, denn sie werden zu diesem Volk sprechen 12 und ihm sagen: „Dies ist die Erholung für den, der hungrig ist und dies ist der Untergang“, und sie wollten nicht hören.),

wird bei Paulus: ‚ἐν ἑτερογλώσσοις καὶ ἐν χείλεσιν ἑτέρων λαλήσω τῷ λαῷ τούτῳ καὶ οὐδ᾽οὕτως εἰσακούσονταί μου‘, λέγει κύριος. (‚Durch fremde Sprachen und Lippen Fremder werde ich zu diesem Volk sprechen und auch so werden sie nicht auf mich hören‘, sagt der Herr.) Der Vergleich zeigt, dass in 1Kor 14,21 die Hauptaussage von Jes 28,11 übernommen wird, wobei die Reihenfolge der Substantive γλῶσσα (Zunge, Sprache) und χεῖλος (Lippe) umgekehrt und die Person des Verbs von der dritten Person Plural in die erste Person Singular umgewandelt wird. Zudem stimmen die Begrifflichkeiten, mit denen das Sprechen in fremden Sprachen bezeichnet wird, nicht wörtlich überein. Daran schließt der zweite Teil von Jes 28,12 an, d. h. die wörtliche Rede, mit der der Vers beginnt, wird weggelassen. Wiederum sind Abweichungen vom Wortlaut des Prätextes erkennbar. Die Verneinung οὐκ wird durch die verneinte Anschlussformulierung οὐδ᾽οὕτως und die Kombination aus dem Aorist des Hilfsverbs ἐθέλω (wollen) und dem Infinitiv ἀκούειν (hören) wird durch das Futur von εἰσακούω (zuhören) ersetzt.111 Durch die abschließende Wendung λέγει κύριος, die das Ende des Zitats markiert, wird aus dem gesamten Vers ein Gotteswort. Bei der Verbindung der Substantive γλῶσσα (Zunge, Sprache) und χεῖλος (Lippe) durch καί (und) sowie bei der Wahl der sprechenden Person bestehen Anklänge an den masoretischen Text.112 Die Umkehrung der Reihenfolge der Substantive, die Auslassung der wörtlichen Rede und die Veränderung der Verbformen scheinen hingegen durch die Aussageintention des Paulus bedingt zu sein.113 Dadurch beginnt der Vers nämlich mit dem für die paulinische Erörterung entscheidenden 111 

Vgl. Stanley 1992, 198–205; Wilk 1998, 49–50. Vgl. Stanley 1992, 198; Aernie 2012, 98–100. In 1Kor 3,19 sind ebenfalls Differenzen gegenüber der Septuaginta-Fassung von Hiob 5,13 erkennbar. Sowohl das Partizip ὁ δρασσόμενος als auch das Substantiv ἐν τῇ πανουργίᾳ entsprechen nicht dem Vokabular der Septuaginta, sondern eher dem des masoretischen Textes. Wahrscheinlich hat Paulus hier eine hebraisierende griechische Übersetzung benutzt. Vgl. Koch 1986, 71–72; Schrage 1991, 311; Merklein 1992, 282; Zeller 2010, 171. 113  Vgl. Stanley 1992, 198–205; Wilk 2005b, 142; Aernie 2012, 98–100. 112   

3.2  Wortlaut der Zitate

145

Stichwort114 und konzentriert sich auf die Reaktion, die für die Darstellung des Paulus entscheidend ist. 115 Seiner Ansicht nach ruft Glossolalie Unverständnis auf Seiten der Zuhörer hervor. In seiner veränderten Form bestätigt das Schriftwort diese Annahme, da Gott dort ankündigt, dass er zum Volk mit fremder Zunge reden und dieses trotzdem nicht auf ihn hören werde. Die meisten Änderungen und Auslassungen sind somit inhaltlich bedingt und ermöglichen erst die paulinische Neuinterpretation des Verses. Daher ist es wahrscheinlich, dass Paulus sie selbst vorgenommen hat.116 Die veränderten Begrifflichkeiten zu Beginn des Zitats deuten hingegen darauf hin, dass Paulus zusätzlich auf eine von der Septuaginta abweichende Vorlage zurückgegriffen hat.117 Genauso wie bei den Zitaten in 1Kor 1,31 und 14,21 häufen sich die Abweichungen vom Wortlaut der Prätexte bei den Zitatkombinationen in 1Kor 15,54– 55 und 2Kor 6,16–18.118 Zudem spiegelt sich darin die Bandbreite an möglichen Veränderungen und deren Ursachen wider. Neben Kürzungen und Ergänzungen kommt es zur Ersetzung und Modifikation von Wörtern, die sich teils auf abweichende Vorlagen, teils auf bewusste Eingriffe des Paulus zurückführen lassen. In 1Kor 15,54–55 kombiniert Paulus Versteile aus Jes 25,8 und Hos 13,14 miteinander: κατεπόθη ὁ θάνατος εἰς νῖκος. ποῦ σου, θάνατε, τὸ νῖκος; ποῦ σου, θάνατε, τὸ κέντρον; (Verschlungen ist der Tod in den Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?). Beim Zitatsegment aus Jes 25,8 ist im Vergleich zur Septuaginta-Fassung das genus verbi von aktiv zu passiv umgeformt und das Substantiv νῖκος (Sieg) ergänzt worden. Da diese Abweichungen auch in den späteren griechischen Übersetzungen T hedotion und Aquila zu finden sind, kann man davon ausgehen, dass Paulus hier eine andere griechische Vorlage als die Septuaginta verwendet hat.119 Beim Zitatsegment aus Hos 13,14 hat Paulus dagegen selbst Hand angelegt. Er hat aus stilistischen Gründen das Personalpronomen vorangestellt und die zweite Anrede ᾅδη (Unterwelt) durch die bereits zuvor gebrauchte Anrede θάνατε (Tod) ersetzt. Umstritten ist aber, ob Paulus auch die Ersetzung des Substantivs δίκη (Recht, Strafe) durch das Substantiv νῖκος (Sieg) selbst vorgenommen hat, um eine Verbindung zwischen den beiden Zitaten her114 

Vgl. Fee 1987, 680; T hiselton 2000, 1120; Fitzmyer 2008, 520; Zeller 2010, 430. Vgl. Hays 1997, 240. Gegen Michel, der von einer abweichenden Textvorlage ausgeht. Vgl. Michel 1929, 64–65. 116  Vgl. Koch 1986, 63–66.111–112.122–123; Wilk 1998, 49–50; Schrage 1999, 378–379; Merklein/Gielen 2005, 188. 117  Vgl. Stanley 1992, 198–201. Stanley vertritt zudem die Position, dass Paulus am Ende des Zitats neben Jesaja andere prophetische Texte im Blick habe, die ebenfalls das Nicht­ hören Israels als Reaktion auf Gottes Worte mit demselben Wortlaut wie Jes 28,12b wiedergeben. Vgl. Stanley 1992, 203–205. 118  Auch in den anderen Briefen des Paulus treten Abweichungen v. a. bei Zitatkombi­ nationen oder Zitatketten auf. Vgl. Koch 1986, 102–198. 119  Vgl. Michel 1929, 64–65; Ellis 1957, 15; Koch 1986, 61–63; Stanley 1992, 210–211; ­Zeller 2010, 523. Gegen Rosik, der annimmt, Paulus habe den Wortlaut der Septuaginta selbst an den hebräischen Text angepasst. Vgl. Rosik 2013, 217–218. 115 

146

3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

zustellen oder ob er dies bereits in einer Übersetzung vorgefunden hat und so zu der Verknüpfung verleitet worden ist.120 Noch komplexer ist die Zusammenstellung von Zitatsegmenten in 2Kor 6,16–18: 16c καθὼς εἶπεν ὁ θεὸς ὅτι ‚ἐνοικήσω ἐν αὐτοῖς καὶ ἐμπεριπατήσω καὶ ἔσομαι αὐτῶν θεὸς καὶ αὐτοὶ ἔσονταὶ μου λαός. 17 διὸ ἐξέλθατε ἐκ μέσου αὐτῶν καὶ ἀφορίσθητε‘, λέγει κύριος, ‚καὶ ἀκαθάρτου μὴ ἅπθεσθε· κἀγὼ εἰσδέξομαι ὑμᾶς 18 καὶ ἔσομαι ὑμῖν εἰς πατέρα καὶ ὑμεῖς ἔσεσθέ μοι εἰς υἱοὺς καὶ θυγατέρας‘, λέγει κύριος παντοκράτωρ. (16c wie Gott sagte: ‚Ich werde unter ihnen wohnen und wandeln und ich werde ihr Gott sein und sie werden mein Volk sein. 17 Deshalb geht aus ihrer Mitte heraus und sondert euch ab‘, spricht der Herr, ‚und fasst Unreines nicht an; und ich werde euch annehmen 18 und ich werde euer Vater sein und ihr werdet meine Söhne und Töchter sein‘, spricht der Herr, der Allmächtige.) (2Kor 6,16b–18).

An dieser Stelle werden verschiedene Zitate miteinander verknüpft und durch drei formelhafte Wendungen, die Gott als Sprecher ausweisen,121 markiert sowie gegliedert. Die Zitatkombination beginnt mit einem Schriftwort aus Lev 26,11– 12, wobei V. 11 verkürzt durch die Verbform ἐνοικήσω, V. 12 jedoch vollständig wiedergegeben wird. Zudem wird anstelle der zweiten Person Plural in Lev 26,11–12 eine dritte Person Plural in 2Kor 6,16c angesprochen.122 Im Anschluss daran folgen in 2Kor 6,17 zwei Teilsätze aus Jes 52,11, die in umgekehrter Reihenfolge angeführt, um die Konjunktionen διό (deshalb) und καί (und) erweitert werden und in denen der Numerus des Pronomens αὐτός, αὐτή, αὐτό von Singular zum Plural verändert wird. Vervollständigt wird der Satz durch eine kurze Phrase aus Ez 20,34, die mit κἀγώ an die Jesaja-Passage angeschlossen wird. Den Schluss in 2Kor 6,18 bildet der erste Satz von 2Sam 7,14. Allerdings wird hier zum wiederholten Male das Personenkennzeichen verändert. Statt die dritte Person Singular spricht Gott nun die zweite Person Plural an. Zudem wird zu den Söhnen Gottes noch die weibliche Entsprechung θυγατέρας (Töchter) hinzugefügt.123 Die meisten Abweichungen vom Wortlaut der Prätexte ergeben 120 

Vgl. Koch 1986, 168–169; Stanley 1992, 212–215; Zeller 2010, 523. Eine Zitationsformel im eigentlichen Sinne ist nur die erste Wendung, die anderen beiden Wendungen sind integraler Bestandteil des Zitats. Vgl. Capes 2018, 106–108. 122  Eventuell zitiert Paulus hier nicht Lev 26,11 f, sondern Ez 37,27. Allerdings sind die wörtlichen Übereinstimmungen zu Lev 26,11 f größer, auch wenn in Ez 37,27 Pronomen in der dritten Person Plural verwendet werden. Eine Kombination aus beiden Schriftworten kann ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Vgl. Stanley 1992, 218–219; Scott 1994, 78–82; Aernie 2012, 225–227; Han 2014, 95–97. 123  Vgl. Furnish 1985, 374–375. Für eine Übersicht zu allen Abweichungen und möglichen Erklärungen dazu vgl. Stanley 1992, 218–230; Balla 2007, 772–773. Laut Scott, Wilk 121 

3.2  Wortlaut der Zitate

147

sich in diesem Fall durch die Zusammenstellung verschiedener Schriftworte. Ergänzungen von Konjunktionen124 und Modifikationen von Verbformen und Pronomen sind der Tatsache geschuldet, dass ein einheitlicher Zusammenhang geschaffen wird.125 Da Paulus auch in anderen Briefen Zitate in dieser Form kombiniert,126 ist anzunehmen, dass die Zitatkombination auch an dieser Stelle auf ihn selbst zurückgeht.127 Trotzdem kann man nicht ganz ausschließen, dass Paulus hier ein traditionelles Textstück zitiert, das er bereits in dieser Form vorgefunden hat.128 Der Apostel Paulus nutzt also stellenweise vorgeprägte Traditionen129 und Textvorlagen, die von der heute vorliegenden Fassung der Septuaginta abweichen.130 Deutlich häufiger scheint er aber selbst in den Wortlaut einzugreifen und ihn seiner Aussageabsicht anzupassen.131 Dies ist allerdings nichts Ungewöhnliches. Zu Lebzeiten des Paulus galten Textvarianten und Übersetzungen in der jüdischen Schriftauslegung als gültige Formen der Schrift, wodurch gewisse Freiheiten im Umgang mit den Schriften Israels entstanden.132 In zeitgenössischen jüdischen und griechisch-römischen Texten findet man ebenso wie bei Paulus Beispiele, in denen sich die Verfasser nicht strikt an den Wortlaut halund Han bezieht sich Paulus mit der Erwähnung von Söhnen und Töchtern auf Jes 43,6 zurück. Vgl. Scott 1994, 85–87; Wilk 2008, 690; Han 2014, 105. 124  Stanley weist allerdings darauf hin, dass Ergänzungen und Auslassungen von καί in der Septuaginta-Tradition Schwierigkeiten bereiten und es daher nicht ausgeschlossen sei, dass einige Konjunktionen bereits in der paulinischen Vorlage vorhanden gewesen seien. Vgl. Stanley 1992, 224–228. 125  Vgl. Wilk 2008, 688–691. Lediglich die Rede über eine dritte Person anstelle der Anrede einer zweiten Person Plural in 2Kor 6,16c überrascht, da in den anschließenden Versen direkt ein „Ihr“ angesprochen wird. Möglicherweise soll damit der Unterschied zwischen der ursprünglichen Verheißung an Israel und der daraus resultierenden Forderung, die immer noch gilt, herausgestellt werden. Dementsprechend wechselt auch das Tempus des Verbs λέγω von Aorist zu Präsens. Eventuell sind diese Abweichungen aber auch der Tatsache geschuldet, dass Paulus aus dem Gedächtnis zitiert und kombiniert. Vgl. Michel 1929, 81–82. 126  Vgl. Wilk 2008, 693. 127  Dafür sprechen neben der paulinischen Zitiertechnik u. a. auch die Zitierabsicht, die Adressaten an ihre Identität und das damit verbundene Verhalten zu erinnern, und das gemeinsame T hema der Gottesworte, die Abkehr vom Götzendienst, die zur sonstigen Kommunikation des Apostels mit seiner Gemeinde passt. Für eine ausführliche Darlegung der Gründe vgl. Scott 1994, 73–99; Wilk 2008, 673–696. 128  Vgl. Furnish 1985, 373. Wolff nimmt sogar an, dass Paulus für den gesamten Textabschnitt eine paränetische Tradition überarbeitet habe und Wilk vertritt die T hese, dass Paulus an dieser Stelle einen Teil aus seiner eigenen Gründungspredigt aufnehme. Vgl. Wolff 1989, 148; Wilk 2017, 157–159. 129  Vgl. 1Kor 1,31; 2Kor 10,17; evtl. 2Kor 6,16–18. 130  Vgl. 1Kor 3,19; 9,9; 15,54. 131  Vgl. 1Kor 1,19; 3,20; 14,21; 15,27; 15,45; 15,55; 2Kor 4,6; 6,16–18; 8,15. Dies entspricht auch seinem Vorgehen in anderen Briefen. Vgl. Koch 1991, 173–174. 132  Vgl. Instone Brewer 1992, 212.

148

3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

ten, sondern absichtlich davon abweichen. Paulus entspricht somit den Gepflogenheiten seiner Zeit, baut sie aber wohl aus.133

3.3  Kontextualisierung der Zitate Wie sich gezeigt hat, wählt Paulus Zitate aus den Schriften Israels aus und passt sie an den neuen Textzusammenhang an. Jedes Schriftwort hat aber auch einen spezifischen Ursprungskontext, in dem es entstanden ist. Daher stellt sich die Frage, ob und inwiefern Paulus bei der Neukontextualisierung der Zitatsegmente neben dem neuen auch den ursprünglichen Kontext berücksichtigt. Zur Beantwortung der Fragestellung wird zunächst untersucht, ob die Zitation überhaupt in Übereinstimmung, d. h. unter Berücksichtigung des Ursprungskontextes, erfolgt. Anschließend wird in den Blick genommen, inwiefern die Ausgangs­ situation der Schriftworte die Neukontextualisierung beeinflusst. Dabei wird zwischen speziellen und allgemeinen Aspekten der Bezugnahme unterschieden, um deren Umfang bestimmen zu können. Den Abschluss der Analyse bildet eine kurze Betrachtung der Auslegungsmethoden des Paulus, die das Verhältnis von altem und neuem Kontext bei der Schriftinterpretation offenlegen. 3.3.1  Berücksichtigung des Prätextkontextes: Übereinstimmung oder Kontrast? Alle expliziten Zitate in den Korintherbriefen des Paulus können eindeutig einem Prätext zugeordnet werden, der heute noch erhalten ist. Somit stützt sich die folgende Untersuchung auf eine breite Textbasis. Die meisten Schriftworte werden in Übereinstimmung mit dem Prätextkontext verwendet.134 a. Übereinstimmung Als Beispiele sollen hier die Zitationen in 1Kor 3,19–20 und 2Kor 6,2 ausführlich dargestellt werden. In 1Kor 3,18–23135 begründet Paulus seine Eingangsaufforderung, jeder Weise müsse erst töricht werden, um wirklich weise zu werden (V. 18), zunächst mit einer theologischen T hese: Für Gott sei die Weisheit dieser Welt Torheit (V. 19a).136 Dann führt er zwei Schriftzitate als weitere Begründung an, die dementsprechend durch die Zitationsformel γέγραπται γάρ (denn es steht ge133 

Vgl. Stanley 1992, 338–350. Vgl. 1Kor 1,19; 1,31; 2,9; 3,19–20; 6,16; 9,9; 10,7; 15,27; 15,45; 2Kor 4,6; 4,13; 6,2; 6,16– 18; 8,15; 9,9; 10,17. 135  Der Textabschnitt stellt eine Schlussfolgerung aus den vorherigen Ausführungen dar. Vgl. Fee 1987, 150; Hays 1997, 58. 136  Vgl. Schrage 1991, 311. 134 

3.3  Kontextualisierung der Zitate

149

schrieben) eingeleitet werden:137γέγραπται γάρ· ‚ὁ δρασσόμενος τοὺς σοφοὺς ἐν τῇ πανουργίᾳ αὐτῶν‘· καὶ πάλιν· ‚κύριος γινώσκει τοὺς διαλογισμοὺς τῶν σοφῶν ὅτι εἰσὶν μάταιοι.‘ (Denn es steht geschrieben: ‚der die Weisen fängt in ihrer List‘; und wieder: ‚Der Herr kennt die Überlegungen der Weisen, dass sie nichtig sind‘.) (1Kor 3,19b–20). Beide Zitate werden ihrem ursprünglichen Kontext (Hiob 5,13 und Ps 93,11 LXX) entsprechend eingesetzt.138 Denn so, wie Eliphas seinen Freund in Hiob 5 zur rechten Haltung gegenüber Gott ermahnt, warnt auch Paulus die vermeintlich Weisen in seiner Gemeinde vor einer verkehrten Lebenseinstellung.139 Genauer gesagt beschreiben beide das Handeln bzw. die Einstellung Gottes gegenüber Weisen. Laut Eliphas vereitelt Gott die Pläne der angeblich Weisen, um den Machtlosen zu helfen (Hiob 5,11–16).140 Ebenso erklärt Paulus, dass menschliche Weisheit unbedeutend für Gott sei (1Kor 3,19–20). Beide beziehen sich also auf eine negative Form der Weisheit, die mit πανουργία (Verschlagenheit, List) gleichgesetzt werden kann und die im Kontrast zur Weisheit Gottes steht.141 Noch stärker greift Paulus auf den Prätextkontext von Ps 93,11 LXX zurück. Dort ist explizit die Rede von Menschen, die sich rühmen (Ps 93,3 LXX), was Paulus den Korinthern im Anschluss an das Zitat untersagt (1Kor 3,21), und es werden μωροί (Toren) angesprochen (Ps 93,8 LXX), mit denen die Weisen laut Paulus gleichzusetzen sind (1Kor 3,18–19).142 Zudem ist der gesamte Psalm von der Gewissheit erfüllt, dass Gott Frevler und Toren bestrafen wird, die sich rühmen, Unrecht über Gott verkünden und in Wirklichkeit töricht sind, während sie sich für weise halten.143 Gerade auf diesen Gedanken stützt sich Paulus bei seiner Ablehnung menschlicher Weisheit in 1Kor 3,18–23.144 In 2Kor 6,1 bittet Paulus aufgrund seiner zuvor erläuterten Versöhnungsaufgabe145 die Gemeinde darum, die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangen zu haben. Dabei spricht er die Korinther direkt an und ruft sie indirekt zur Aner137 

Vgl. Koch 1986, 25–26; Fitzmyer 2008, 207. Vgl. Wilk 2019b, 98–101. 139  Vgl. Williams 2001, 303–305; Fitzmyer 2008, 207. 140  Vgl. Ciampa/Rosner 2007, 704. Die Darstellung von Gottes Einsatz für die Schwachen gegen die Listigen ist Teil eines Lobpreises (Hiob 5,10–16), der Hiob zu einer angemessenen Sicht Gottes motivieren soll. Vgl. Gradl 2001, 90–92. 141  Vgl. Capes 2018, 100. 142  Vgl. Lips 1990, 328. 143  Vgl. Hossfeld/Zenger 2000, 653–656; Inkelaar 2010, 208–210. 144  Vgl. Hays 1997, 60; Williams 2001, 305–306; Williams 2004, 166. Zu anderen Textstellen in den Schriften Israels, in denen diese Grundidee ebenfalls vorkommt, vgl. Heil 2005, 77–80. Wie White darlegt, wird Gott zudem in beiden Prätexten als Lehrer dargestellt und somit wird implizit von Paulus darauf hingewiesen, dass nicht er selbst oder Apollos, sondern Gott die wichtigste Lehrperson für die Korinther sei. Vgl. White 2017, 168–169. 145  Das Partizip συνεργοῦντες in 2Kor 6,1 bezieht sich in Kombination mit dem Prädikat παρακαλοῦμεν auf die in 2Kor 5,18–21 beschriebene Versöhnungstätigkeit der Apostel zurück. Vgl. Wolff 1989, 137. Daher sind mit συνεργοῦντες Mitarbeiter Gottes wie Paulus gemeint. Vgl. Martin 1986, 165; Lambrecht 1999, 108. 138 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

kennung seiner Person als Versöhnungsvermittler auf.146 Er begründet dies mit einem Schriftwort, das er durch die Zitationsformel λέγει γάρ (denn es heißt) als solches kennzeichnet:147 καιρῷ δεκτῷ ἐπήκουσά σου καὶ ἐν ἡμέρᾳ σωτηρίας ἐβοήθησά σοι. (Zur willkommenen Zeit habe ich dich erhört und am Tag der Rettung habe ich dir geholfen.) (2Kor 6,2a). Es handelt sich hierbei um den unveränderten ersten Teil des Verses Jes 49,8 in seiner Septuaginta-Fassung.148 Im Prätext ist der Vers Bestandteil des zweiten Gottesknechtliedes, in dem sich zum einen der Gottesknecht vorstellt (Jes 49,1–13) und er zum anderen auf Jerusalems Zweifel an der Treue Gottes reagiert (Jes 49,14–26).149 Nachdem die Berufung, die Mühen und die Sendung des Knechts als Licht für die Nationen dargestellt worden sind (Jes 49,1–7), wird in Jes 49,8–12 Gottes Beistand für den Knecht sowie die heilvolle Heimkehr der Zerstreuten des Volkes Israel verkündet, bevor anschließend zum Lobpreis Gottes aufgerufen wird (Jes 49,13).150 Der eigentliche Sprecher ist dabei Gott; eingeleitet wird die Verheißung in Jes 49,8 nämlich mit den Worten οὕτως λέγει κύριος (so spricht der Herr). Beschrieben wird dann das Heilshandeln Gottes gegenüber seinem Volk Israel (z. B. Jes 49,13b: ὅτι ἠλέησεν ὁ θεὸς τὸν λαὸν αὐτοῦ καὶ τοὺς ταπεινοὺς τοῦ λαοῦ αὐτοῦ παρεκάλεσεν – denn Gott hat sich seines Volkes erbarmt und die Elenden seines Volkes getröstet). Darauf stützt sich Paulus, der zuvor das Versöhnungshandeln Gottes durch Christus beschrieben hat (2Kor 5,18–21), wenn er im Anschluss an den zitierten Vers erklärt, dass die angekündigte Zeit der Rettung jetzt begonnen habe (2Kor 6,2b). Ebenso wie der Gottesknecht bei Jesaja leitet Paulus aus dem Versöhnungshandeln Gottes einen Aufruf zur Freude ab. Während in Jes 49,13 Gott explizit zum Jubeln auffordert, schwingt der Gedanke bei Paulus in seinem Ausruf in 2Kor 6,2b mit: ἰδοὺ νῦν καιρὸς εὐπρόσδεκτος, ἰδοὺ νῦν ἡμέρα σωτηρίας (siehe, jetzt ist die wohlgefällige Zeit, siehe, jetzt ist der Tag der Rettung). Somit dient das Zitat an dieser Stelle nicht nur als Begründung für die vorangehende Ermahnung, worauf die Partikel γάρ hindeutet,151 sondern auch zur Veranschaulichung der Versöhnungssituation an sich.152 Paulus berücksichtigt 146  Vgl. Schmeller 2010, 341.346–347. Für andere Interpretationen von εἰς κενὸν τὴν χάριν τοῦ θεοῦ δέξασθαι (die Gnade Gottes vergeblich empfangen) vgl. Martin 1986, 165– 167. 147  Da das Subjekt zu λέγει γάρ fehlt, kann man die Einleitungsformulierung unpersönlich verstehen, im Sinne von „denn es heißt“. So interpretiert es z. B. Koch. Vgl. Koch 1986, 25.31. 148  Vgl. Koch 1986, 102. 149  Vgl. Berges 2015, 27–30. 150  Vgl. Berges 2015, 32–55. Entgegen Lambrechts Annahme, dass dieser Kontext bei Paulus nicht berücksichtigt wird, ist es wahrscheinlicher, dass Paulus sich wie an anderen Stellen mit dem dort beschriebenen Diener Gottes identifiziert und so apostolische Autorität beansprucht. So interpretiert es auch Balla. Vgl. Lambrecht 1999, 111; Balla 2007, 768. 151  Vgl. Lang 1986, 303; Kremer 1990, 61; Harris 2005, 462–463. 152  Vgl. T hrall 1994, 453. Zusätzlich zu den situativen Parallelen auf Seiten der Empfän-

3.3  Kontextualisierung der Zitate

151

dafür den Kontext des Prätextes.153 Jedoch verlässt er dessen Rahmen in dem Moment, wo er das Versöhnungshandeln Gottes von Israel auf die Christusgläubigen überträgt. Eine solche Interpretation bildet zwar noch keinen Kontrast zum Prätext, weitet aber dessen Bezugsrahmen aus.154 b. Kontrast Einen wirklichen Kontrast zum Prätextkontext findet man lediglich in 1Kor 14,21 und 1Kor 15,55. Dort lässt Paulus den ursprünglichen Sinnzusammenhang des Zitatsegments außer Acht. Für seine Ausführungen ist lediglich die im Zitatsegment enthaltene Aussage entscheidend. So nutzt Paulus in 1Kor 14,21 ein verändertes Zitat aus Jes 28,11–12 als Ausgangsbasis für seine Argumentation zur Präferenz des prophetischen Redens gegenüber der Glossolalie (1Kor 14,20–25), das ursprünglich Teil eines Streitgesprächs des Propheten Jesaja mit seinen Gegnern gewesen ist (Jes 28,7–13).155 Durch Veränderungen am Wortlaut passt Paulus die Bedeutung des Zitatsegments so an, dass es nun wie eine allgemeine Ankündigung Gottes klingt, laut der das Reden in fremden Sprachen Unverständnis hervorrufe.156 Damit entfernt sich Paulus aber nicht nur vom Wortlaut des Prätextes, sondern auch von dessen kontextueller Einbettung. Auch wenn die Textfassungen von Jes 28,11–12 im masoretischen Text und der Septuaginta stark voneinander abweichen und deren Auslegung umstritten ist, lässt sich festhalten, dass beide die Verurteilung betrunkener Priester und Propheten durch Gott enthalten (Jes 28,7–13).157 Im masoretischen Text verspotten diese Jesaja, woraufhin er ihnen voraussagt, dass sie Gottes Worte nicht verstehen und daran zugrunde gehen werden. Im Text der Septuaginta werden die Priester und Propheten ebenfalls verflucht, weil die Worte Gottes, die sie verger der Verheißung bestehen Ähnlichkeiten zwischen der Situation des Gottesknechtes bei Jesaja und der des Paulus zur Abfassungszeit des Briefes. Vgl. Scott 1998, 143; Harris 2005, 460–461. 153  Vgl. Wilk 2005b, 152. Für eine ausführliche Darstellung mit weiteren Querverbindungen vgl. Wilk 1998, 250–254. 154  Vgl. Gignilliat 2007, 59–60; Han 2014, 71–72. In Übereinstimmung mit dem Kontext bewegt sich die paulinische Deutung jedoch, wenn man wie andere Exegeten aus der Argumentation erschließt, dass sich das Zitat nicht auf die Korinther, sondern auf die Berufung des Apostels beziehe. Vgl. Beale 1989, 564; Wilk 2005a, 110–111. Für eine ausführliche Gegenüberstellung der beiden Positionen vgl. Han 2014, 65–72 und die Ausführungen auf S. 193–195.   In ähnlicher Weise gilt dies auch für die zitierten Verse in 1Kor 6,16 und 1Kor 9,9. In 1Kor 6,16 überträgt Paulus die Einswerdung von Mann und Frau durch die Ehe (Gen 2,24) auf die Beziehung zu einer Prostituierten. In 1Kor 9,9 überträgt Paulus eine Tierschutzbestimmung auf den Menschen. Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 160.170–172.178–180. 155  Vgl. Beuken 2010, 51. 156  Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 144–145. 157  Vgl. Zeller 2010, 430.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

künden, für sie selbst unverständlich bleiben.158 Bei Paulus wiederum wird der Gerichtskontext völlig ausgeklammert. Er konzentriert sich in seiner Deutung auf das Reden in fremden Sprachen (1Kor 14,21), das im Jesajatext eine untergeordnete Rolle spielt. Seiner Ansicht nach ist dies ein Kennzeichen (σημεῖον)159 für die Ungläubigen (1Kor 14,22), wohingegen Jesaja mit diesen Worten ein Gottesurteil einleitet und an die vorausgegangene Treue Gottes zu seinem Volk beim Bundessschluss erinnert (Jes 28,11–13).160 Paulus berücksichtigt also weder den Kontext des Gerichts noch die Tatsache, dass sich die Glossolalie bei Jesaja nicht an Außenstehende, sondern an Angehörige der Glaubensgemeinschaft richtet. Damit steht seine Zitation in 1Kor 14,21 im Kontrast zu deren ursprünglicher Kontextualisierung.161 Ähnlich verhält es sich auch mit dem Zitat aus Hos 13,14 in 1Kor 15,55. Im Rahmen seiner Erörterung über die Fragestellung, was mit den Lebenden bei der Rückkehr Christi geschehe (1Kor 15,50–58), zitiert Paulus zwei Prophetenworte: τότε γενήσεται ὁ λόγος ὁ γεγραμμένος· ‚κατεπόθη ὁ θάνατος εἰς νῖκος. ποῦ σου, θάνατε, τὸ νῖκος; ποῦ σου, θάνατε, τὸ κέντρον;‘ (dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht: ‚Verschlungen ist der Tod in den Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?‘) (1Kor 15,54b–55). Durch die Zitateinleitung τότε γενήσεται ὁ λόγος ὁ γεγραμμένος (dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht) hebt er zunächst hervor, dass sich die Worte bisher noch nicht erfüllt hätten.162 Dann zitiert er unmittelbar hintereinander Jes 25,8a und Hos 13,14b, wobei der Wortlaut an mehreren Stellen von dem der Septuaginta abweicht.163 Die Zusammenstellung selbst ist etwas ungewöhnlich, da in Jes 25,6–8 allen Völkern ein großes Festmahl und Israel die Vernichtung jeg­ licher Unterdrückung verheißen wird, wohingegen in Hos 13,3–14,1 der Untergang Israels vorausgesagt wird. Paulus wird bei seiner Zitation nur dem Kontext des Jesajaverses gerecht,164 beim Hoseavers löst er sich hingegen vom Kontext

158 

Vgl. Beuken 2010, 63–71; Kraus/Karrer 2010, 1253. Die Bedeutung von σημεῖον in diesem Vers ist umstritten. Die synchrone Analyse des Textabschnitts legt die Bedeutung „Kennzeichen“ nahe. Vgl. Wilk 2019b, 34. 160  Vgl. Beuken 2010, 68–71. 161  Vgl. Stanley 2004, 92–93; Rosik 2013, 59; Ciampa/Rosner 2007, 741–742. Gegen Wilk 2005b, 143 und Aernie 2012, 105–111. Laut Aernie bildet der Gerichtszusammenhang von Jes 28 die Grundlage für die negative Schlussfolgerung in 1Kor 14,22 und der Gedanke der Wiederherstellung Israels aus Jes 28 die Basis für deren positives Gegenüber. Eine solche Verbindung ist allerdings nur dann erkennbar, wenn man sich ausführlich mit dem Prätextkontext vertraut gemacht hat und davon ausgeht, dass bereits die Rede von Ungläubigen und Gläubigen den Gegensatz von Gericht und Verheißung beinhaltet. 162  Vgl. Fee 1987, 803; Merklein/Gielen 2005, 384. Dies ist die einzige Prophezeiung, die Paulus in 1Kor 15 anführt, die noch unerfüllt ist. Vgl. Rosik 2013, 266. 163  Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 145–146. 164  Vgl. Hays 1997, 275–276. 159 

3.3  Kontextualisierung der Zitate

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und verändert dessen Sinn.165 Denn bei ihm stellen beide Verse zusammen eine Verheißung des Siegs über den Tod dar.166 Sie benennen das Ergebnis der zuvor beschriebenen Verwandlung und belegen die Gewissheit der Überwindung des Todes durch die Auferstehung.167 In Jes 25,8 wird der Tod ebenfalls besiegt, Gottes Königsherrschaft werde sich nicht nur in einem großen Gastmahl für alle Nationen zeigen, sondern auch in der Vernichtung des Todes als Grund aller Trauer, lautet dort die Prophezeiung.168 In Hos 13,14 spricht Gott dagegen mit dem Tod über eine Beschleunigung der Vernichtung Israels, mit den in 1Kor 15,55 zitierten Fragen werden dort die Waffen des Todes herbeigerufen.169 Paulus deutet diese Aussage ganz anders, bei ihm verliert der Tod durch die Auferstehung jeden Schrecken. Damit steht die Zitation in 1Kor 15,55 deutlich im Kontrast zum Kontext des Prätextes von Hos 13,14.170 3.3.2  Umfang der Bezugnahme: Rekurs auf spezielle oder allgemeine Aspekte? An die vorangegangene Feststellung, dass Paulus in den meisten Fällen den Kontext des Prätextes berücksichtigt, schließt sich die Frage an, in welchem Umfang die Bezugnahme erfolgt. Bezieht er sich allein auf allgemeine Aussagen des Prätextes oder finden auch spezielle Aspekte des Prätextes Berücksichtigung? Sowohl das eine als auch das andere trifft auf die Zitate in den Briefen des Paulus an die Korinther zu. Es überwiegen allerdings die Rekurse auf grundlegende thematische Schwerpunkte der Ursprungstexte.171 Beispielhaft soll dieses Vorgehen im Folgenden an den Zitaten in 1Kor 15,27 und 2Kor 9,9 erläutert werden. Zusätzlich neigt Paulus an einigen Stellen dazu, spezielle Aspekte der Kontexte im Umfeld der Zitate aufzurufen.172 Als Beispiele hierfür werden in einem zweiten Schritt die Zitationen in 1Kor 10,7 und 2Kor 4,13 vorgestellt. In 1Kor 15,20–28 überträgt Paulus das Auferstehungsgeschehen mithilfe ­einer Adam-Christus-Typologie173 von Christus auf alle Menschen (1Kor 165  Vgl. Koch 1986, 175. Ähnliche positive Deutungen finden sich aber auch in der jüdischen Exegese. Vgl. Klauck 1984, 122. 166  Vgl. Fitzmyer 2008, 607. Inhaltlich knüpft er damit an den Textabschnitt 1Kor 15,20– 28 an. Vgl. Merklein/Gielen 2005, 385. 167  Vgl. Wilk 1998, 119. 168  Vgl. Beuken 2007, 347–351. 169  Vgl. Bons 1996, 165–166. 170  Vgl. Ciampa/Rosner 2007, 748. Laut Michel ist die entgegengesetzte Deutung des Paulus bereits in Abweichungen der Septuaginta vom masoretischen Text angedeutet. Vgl. Michel 1929, 83. 171  Vgl. 1Kor 3,19–20; 6,2; 9,9, 14,21; 15,27; 15,45; 2Kor 6,2; 6,16–18; 8,15; 9,9; 10,17. 172  Vgl. 1Kor 1,19; 1,31; 10,7; 2Kor 4,6; 4,13. 173  Die Adam-Christus-Typologie ist eine besondere paulinische Rezeption der Schöpfungsgeschichte. Wie bei seiner Exodus-Exegese in 1Kor 10,1–14 deutet Paulus die Schrift an dieser Stelle eschatologisch und soteriologisch aus, indem er Christus mithilfe des Be-

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

15,20–22) und legt anschließend dar, wie die Auferstehung am Ende der Zeiten geschehen werde (1Kor 15,23–28). Christus werde alle weltlichen Mächte vernichten und bis zur Vernichtung des letzten Feindes, des Todes, herrschen, um danach Gott die Herrschaft zu übergeben (1Kor 15,24–28). Als Begründung für ein solches Handeln Christi führt Paulus zuerst folgende Erklärung an: δεῖ γὰρ αὐτὸν βασιλεύειν ἄχρι οὗ ‚θῇ‘ πάντας ‚τοὺς ἐχθροὺς ὑπὸ τοὺς πόδας‘ αὐτοῦ. (Denn er muss herrschen, ‚bis er‘ alle ‚Feinde unter seine Füße gelegt hat‘.174) (1Kor 15,25). Darin ist bereits eine Anspielung auf einen Psalmvers enthalten (Ps 109,1 LXX).175 Dann wiederholt er die Begründung, indem er nun offensichtlich aus Ps 8,7 zitiert: ‚πάντα‘ γὰρ ‚ὑπέταξεν ὑπὸ τοὺς πόδας αὐτοῦ‘. ὅταν δὲ εἴπῃ ὅτι πάντα ὑποτέτακται, δῆλον ὅτι ἐκτὸς τοῦ ὑποτάξαντος αὐτῷ τὰ πάντα. (Denn ‚er hat alles unter seine Füße unterworfen‘. Wenn es aber heißt, dass alles unterworfen ist, ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat.) (1Kor 15,27). Das Zitat ist nämlich durch die anschließende interpretative Angabe ὅταν δὲ εἴπῃ ὅτι πάντα ὑποτέτακται (wenn es aber heißt, dass alles unterworfen ist), deren Beginn einer Zitationsformel ähnelt, als solches erkennbar.176 Es stammt aus einem Loblied auf den Schöpfer, in dem Erstaunen über die Stellung des Menschen als Bewahrer der Schöpfung geäußert wird.177 Paulus nutzt den Vers aus Psalm 8 als Begründung (eingeleitet durch γάρ) dafür, dass Christus auch den Tod besiegen werde,178 und erläutert seine Vorstellung vom Ende der Welt, indem er die Aussage von Ps 8,7 auf Christus überträgt.179 Dabei nimmt er nicht auf spezielle Aspekte des Psalms wie die Niedrigkeit des Menschen (Ps 8,5) oder dessen Überlegenheit gegenüber den Tieren (Ps 8,7–9) Bezug, sondern greift das griffs πνεῦμα (Geist) in die Schrift hineinliest. Für eine ausführliche Darstellung vgl. Jöris 2016, 27–39. 174  Ebenso wie in V. 27 ist umstritten, wer das Subjekt im Temporalsatz ist, Gott oder Christus. Für beide Seiten lassen sich Argumente anführen. Entsprechend der grammatikalischen Konstruktion des Satzes ist es aber wahrscheinlicher, dass Christus als Subjekt gemeint ist. Vgl. Fee 1987, 755–756. 175  Vgl. Williams 2004, 170–173. Laut Heil handelt es sich auch bei 1Kor 15,25 um ein an die Argumentation angepasstes Zitat, das aufgrund seiner häufigen Verwendung in urchristlichen Texten als bekannt vorausgesetzt werden kann. Vgl. Heil 2005, 205–210. Allerdings ist zu hinterfragen, ob man aufgrund der häufigen Verwendung des Psalmverses in anderen Texten auf dessen Bekanntheit in der Gemeinde von Korinth schließen kann. 176  Vgl. Koch 1986, 13; Zeller 2010, 491. 177  Vgl. Seybold 1996, 49–52. 178  Vgl. Hays 1997, 265–266; Schrage 2001, 181; Fitzmyer 2008, 574; Zeller 2010, 492. Fee interpretiert diesen Vers anders. Seiner Meinung nach begründen die V. 27–28 den V. 24b. Vgl. Fee 1987, 758–759. Gegen seine Deutung spricht, dass in V. 27 der Fokus nicht auf dem Wirken Gottes liegt, sondern auf der Unterwerfung aller Dinge. Dafür sprechen die exponierte Stellung von πάντα (alles) am Satzanfang und der Verzicht auf eine explizite Erwähnung Gottes. 179  Vgl. Ciampa/Rosner 2010, 776.

3.3  Kontextualisierung der Zitate

155

darin enthaltene allgemeine Motiv auf, dass dem Menschen alles unterstellt sei (Ps 8,7).180 Genauso geht Paulus bei der Anspielung auf Ps 109,1 LXX181 in 1Kor 15,25 vor. In Psalm 109 LXX beruft Gott einen König zu seinem T hrongenossen und Priester.182 Paulus wiederum überträgt allein das grundlegende Motiv des Eingangsverses von der Unterwerfung aller Feinde unter die Füße des Königs durch Gott auf Christus und begründet so die besondere Herrschaftsgewalt Christi.183 Er verzichtet dabei darauf, weitere Aspekte des Psalms, z. B. das Priestermotiv (Ps 109,4), ebenfalls auf Christus zu beziehen.184 In dem Bestreben, das Verhältnis zwischen Gott und Christus zu bestimmen185 sowie Gottes souveränes Handeln hervorzuheben, reduziert Paulus die vielseitigen Aspekte der beiden Prätexte auf das ihnen gemeinsame Bild des „Unter-die-Füße-Stellens“ der Feinde.186 In ähnlicher Weise setzt Paulus auch die Zitation im Textabschnitt 2Kor 9,6– 15 ein, in dem er die Gemeindemitglieder auffordert, bereitwillig die Kollekte für Jerusalem zu unterstützen. Zur Erklärung seiner Aufforderung führt er das Wirken Gottes ins Feld, das Wohltätigkeit ermögliche: 8 δυνατεῖ δὲ ὁ θεὸς πᾶσαν χάριν περισσεῦσαι εἰς ὑμᾶς, ἵνα ἐν παντὶ πάντοτε πᾶσαν αὐτάρκειαν ἔχοντες περισσεύητε εἰς πᾶν ἔργον ἀγαθόν, 9 καθὼς γέγραπται· ‚ἐσκόρπισεν, ἔδωκεν τοῖς πένησιν, ἡ δικαιοσύνη αὐτοῦ μένει εἰς τὸν αἰῶνα.‘ (8 Gott aber kann jede Gnadengabe in euch reich machen, damit ihr in allem immer jegliches Auskommen habt und den Überfluss in jedes gute Werk steckt, 9 wie geschrieben steht: ‚Er hat ausgestreut, er hat den Armen gegeben, seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit.‘) (2Kor 9,8–9).

Den Abschluss bildet dabei ein durch die Wendung καθὼς γέγραπται markiertes Zitat aus Ps 111,9 LXX. Im Prätext wird dem stilisierten Gerechten, der Gott fürchtet und dessen Abbild ist, für seine guten Taten dauerhafter Segen und Reichtum für ihn und seine Nachkommen in Aussicht gestellt.187 Paulus nimmt daraus den grundlegenden Aspekt auf, dass Gerechtigkeit durch Spenden an 180 

Vgl. Williams 2004, 172; Rosik 2013, 154.265. Ps 110,1 wird an anderen Stellen des Neuen Testaments ebenfalls in Verbindung mit der Auferstehung Christi und Ps 8,7 angeführt. Vgl. Fitzmyer 2008, 573. Daher gehen einige Exegeten davon aus, dass es sich hierbei um eine christliche Tradition handele. Vgl. z. B. Rosik 2013, 284–287. 182  Vgl. Hossfeld/Zenger 2008, 203–205. Zu den Textproblemen des Psalms und den Divergenzen zwischen MT und LXX vgl. Hossfeld/Zenger 2008, 198–203.213–214. 183  Vgl. Hossfeld/Zenger 2008, 215. 184  Vgl. Williams 2004, 172; Rosik 2013, 127.264. 185  Vgl. Walter 2000, 261–262. 186  Vgl. Schneider 2011, 263–265. 187  Vgl. Hossfeld/Zenger 2008, 234–245. 181 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

Arme entstehe und bestehen bleibe,188 um die implizite Ermahnung an die Korinther zur Weitergabe ihres Überflusses durch Unterstützung der Kollekte zu legitimieren.189 Alle anderen Elemente, die einen Gerechten nach Ps 111 LXX ausmachen, sind in dem vorliegenden Zusammenhang nicht relevant und werden daher auch nicht im Textabschnitt angesprochen. Stattdessen setzt Paulus den begonnenen Gedankengang fort, wobei er den Aspekt der gerechten Gaben, die zum Dank gegenüber Gott verpflichten, noch vertieft (2Kor 9,10–15). Im Gegensatz dazu ist das Zitat von 1Kor 10,7 Teil eines Textzusammenhangs, der permanent auf verschiedene Situationen aus dem Exodus- und dem Numeribuch verweist.190 In 1Kor 10,1–13191 stellt Paulus zunächst die positiven Erlebnisse aller Israeliten mit Gott beim Auszug aus Ägypten dar und begründet diese mit der Anwesenheit Christi (1Kor 10,1–4).192 Dabei spielt er auf Geschehnisse an, die u. a. in Ex 13,21, 14,22, 16,4.35 und 17,6 geschildert werden. Im Anschluss daran stellt er den positiven Erfahrungen negative Verhaltensweisen und deren Konsequenzen gegenüber. Das Verhalten einiger Israeliten sei nicht gottgefällig gewesen und habe daher zu deren Vernichtung geführt (1Kor 10,5).193 Diese Behauptung wird anhand mehrerer Beispiele veranschaulicht, zu denen auch das Zitat aus Ex 32,6 LXX in 1Kor 10,7 gehört. Daneben führt Paulus in 1Kor 10,8–10 Ereignisse aus Num 11,4, 25,1.9, 21,5–6 und 14,2.36–37 in Paraphrase an. Jedes Beispiel ist mit einer konkreten Mahnung an die Korinther verbunden, da die 188  Da im Zitatsegment ein konkretes Subjekt fehlt, kann man den Vers sowohl auf Gott als auch auf die Korinther beziehen, die beide im Vorsatz als Subjekte auftreten. Je nachdem dient das Zitat dann entweder als Lob Gottes (vgl. Kremer 1990, 81; Barnett 1997, 440; Gräßer 2005, 58) oder als Identifikationsangebot für die Korinther (vgl. Wolff 1989, 186; Münch 2012, 185–186; Schmeller 2015, 95–96). In beiden Fällen verleiht es der vorangehenden Begründung für die Teilnahme an der Kollekte mehr Gewicht. Denn wenn Gott sich schriftgemäß als treuer Helfer der Armen erweist, sollen auch die Gemeindemitglieder dem erwarteten Verhalten nachkommen und wenn die Korinther mit dem Gerechten aus dem Psalm gleichgesetzt werden, sollen sie sich genauso wie er verhalten. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass Paulus das gerechte Handeln auf die Korinther bezieht, da er in 2Kor 9,10 von ihrer Gerechtigkeit spricht und auch in Ps 111 LXX von einem gerechten Menschen die Rede ist. Für weitere Interpretationen bezüglich des intendierten Subjekts vgl. Furnish 1985, 448–449. 189  Vgl. Barrett 1973, 238; Furnish 1985, 449; Koch 1986, 297; Wolff 1989, 186; Zeilinger 1992, 258.298; Scott 1998, 187–188; T hrall 2000, 563.580; Stanley 2004, 109; Balla 2007, 776.778. 190  Vgl. Hays 2005, 8. 191  Der Textabschnitt beginnt ebenso wie der darauffolgende mit einer direkten Anrede der Adressaten und grenzt sich dadurch vom vorangehenden ab. Vgl. Schrage 1995, 386; Zeller 2010, 326. 192  Bereits zuvor hat Paulus die Taufe und das Abendmahl auf die Situation der Exodus-Generation übertragen. Er interpretiert die Schrift also vom Christusgeschehen her. Vgl. Goppelt 1939, 174–176; Ellis 1957, 133–134; Conzelmann 1981, 203–205; Schrage 1995, 383; Hays 1997, 160–161. 193  Vgl. Zeller 2010, 326.329.

3.3  Kontextualisierung der Zitate

157

Geschichte Israels ein Typos für sie sei (1Kor 10,6.11).194 Paulus bezieht sich hier also auf spezielle Gegebenheiten aus der Geschichte Israels195 und setzt dabei eine deutlich breitere Textbasis als bei den zuvor genannten Textabschnitten als bekannt voraus. Zudem erfordert das Zitat selbst eine genauere Textkenntnis.196 Wenn man den Vers 1Kor 10,7, μηδὲ εἰδωλολάτραι γίνεσθε καθώς τινες αὐτῶν, ὥσπερ γέγραπται· ‚ἐκάθισεν ὁ λαὸς φαγεῖν καὶ πεῖν καὶ ἀνέστησαν παίσειν197‘. (Ihr sollt auch keine Götzendiener werden wie einige von ihnen, wie geschrieben steht: ‚Das Volk setzte sich, um zu essen und zu trinken und sie standen auf, um zu tanzen‘.), ohne Hintergrundinformationen liest, stellt sich nämlich die Frage, inwiefern das Essen, Trinken und Tanzen der Israeliten mit Götzendienst verbunden gewesen sei. Kennt man hingegen den Prätext, in dem von der Erschaffung des Goldenen Kalbs und einem anschließenden Fest für den Götzen berichtet wird, ist die Verbindung offenkundig.198 Das Verständnis des neuen argumentativen Zusammenhangs, in den der Exodusvers gestellt wird, ist also vom Wissen um den Kontext des Prätextes abhängig. Daher liegt die Vermutung nahe, dass Paulus dessen Kenntnis bei seinen Adressaten voraussetzt.199 Die Vielgestaltigkeit des Exodusbezuges im gesamten Textabschnitt macht es zudem wahrscheinlich, dass Paulus auch beim expliziten Zitat seine Adressaten zum Einbezug ihres Vorwissens auffordert.200 In ähnlicher Weise bezieht sich Paulus in 2Kor 4,13 stärker als an anderen Stellen auf den Prätextkontext des Zitats zurück. Dort begründet er seinen inneren Drang zum bezeugenden Reden mit einem Schriftbezug auf Ps 115,1 LXX: 194  Vgl. Fee 1987, 451. Die Ausführungen gipfeln in einer schlussfolgernden Warnung vor zu viel Selbstsicherheit (1Kor 10,12–13). Vgl. Fee 1987, 458–459. Der Textabschnitt gliedert sich also in drei Teile: Auf die positive Auslegung verschiedener Exodusstellen mit negativem Ausblick (V. 1–5) folgen konkrete Mahnungen an die Korinther (V. 6–10), die in einer grundsätzlichen Warnung münden (V. 11–13). Vgl. Meeks 1982, 64–66; Schrage 1995, 382–383. 195  Der Textabschnitt wird daher oft als schriftgelehrte Abhandlung bezeichnet. Einige Forscher nehmen zudem an, dass Paulus an dieser Stelle auf eine traditionelle Vorlage zurückgreife. Vgl. z. B. Conzelmann 1981, 201–202. Für eine Übersicht der Traditionshypothesen vgl. Wolff 2011, 212–214. Da die Argumentation stark an die Situation der Korinther angepasst ist, ist eine solche Traditionsannahme nicht ganz überzeugend. Vgl. Schrage 1995, 383–385; Fitzmyer 2008, 378–379. Es gibt jedoch formale Parallelen zu zeitgenössischen hellenistisch-jüdischen sowie zu späteren christlichen und rabbinischen Texten. Vgl. Meeks 1982, 73–75. 196  Vgl. Hays 2005, 8. 197  Die Bedeutung des Verbs ist umstritten. Zu den Übersetzungsmöglichkeiten vgl. T hiselton 2000, 734–735. 198  Vgl. Stanley 2004, 86–90. 199  Vgl. Hays 2005, 8–12; Works 2014, 71–72. Die Bekanntheit des Erzählzusammenhangs im frühen Judentum macht dies ebenfalls wahrscheinlich. Vgl. Ciampa/Rosner 2007, 725. 200  Vgl. Schneider 2011, 198–201. Möglicherweise ist dies von den wenigen Schriftkundigen in der Gemeinde bei der Verlesung der Briefe erläutert worden. Vgl. Wilk 2019a, 40–41.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

Ἔχοντες δὲ τὸ αὐτὸ201 πνεῦμα τῆς πίστεως202 κατὰ τὸ γεγραμμένον· ‚ἐπίστευσα, διὸ ἐλάλησα‘, καὶ ἡμεῖς πιστεύομεν, διὸ καὶ λαλοῦμεν … (Weil wir aber denselben Geist des Glaubens haben, wie geschrieben steht: ‚Ich habe geglaubt, deshalb habe ich geredet‘, glauben wir auch und deshalb reden wir auch …) (2Kor 4,13). Trotz aller widrigen Umstände (2Kor 4,7–12) zwinge ihn sein Glaube zum Handeln. Auf den ersten Blick hebt Paulus durch das Zitat den Zusammenhang von Glauben und bezeugendem Reden hervor und belegt so, dass sein Verhalten schriftgemäß ist, worauf auch die besondere Zitationsformel κατὰ τὸ γεγραμμένον (gemäß dem Geschriebenen) hindeutet.203 Bei genauerem Hin­ sehen fällt aber auf, dass es zusätzlich Parallelen zwischen der Situation des Paulus und der des Psalmisten gibt. Beide sind zwar erniedrigt worden (2Kor 4,7– 12; Ps 115,1 LXX), wurden aber von Gott gerettet und danken ihm dafür (2Kor 4,14–15; Ps 115,3.8–10 LXX).204 Paulus setzt sich also mit dem Psalmbeter gleich, indem er verschiedene Aspekte aus dessen Dankgebet übernimmt und auf sich überträgt. Ob die Korinther diese und ähnliche Bezüge wahrgenommen haben, soll an späterer Stelle untersucht werden.205 Festzuhalten bleibt jedoch, dass der Umfang der Bezugnahme in Beziehung zu den Bildungsvoraussetzungen der Adressaten gesetzt werden kann. Schriftzitate, die allgemeine Aspekte des Prätextes aufgreifen, können unabhängig vom Vorwissen anhand der jeweiligen Textaussage erschlossen werden.206 Der Rekurs auf spezielle Elemente des Prätextes, wie in 1Kor 10,7 oder 2Kor 4,13, erfordert hingegen genauere Schriftkenntnisse. Daher stellt sich die Frage, inwiefern 201  Hinsichtlich des Pronomens τὸ αὐτό (dasselbe) wird diskutiert, ob es sich auf den Glauben der Korinther zurückbezieht oder auf den des Psalmisten vorausweist. Wilk legt zudem dar, dass es sich im Anschluss an 2Kor 4,10–12 auf Jesus bezieht. Vgl. Wilk 2016,55. Da an dieser Stelle ein neuer Argumentationsschritt beginnt und τὸ αὐτό (dasselbe) eine Entsprechung in κατὰ τὸ γεγραμμένον (gemäß dem Geschriebenen) findet, ist es aber wahrscheinlicher, dass es auf den Psalmisten vorausweist. Vgl. Furnish 1984, 257–258; Gräßer 2002, 171; Harris 2005, 351. 202  Der Genitiv τῆς πίστεως kann ebenfalls unterschiedlich gedeutet werden: entweder als Genitivus obiectivus im Sinne von „der Geist, der den Glauben wirkt“ oder als Genitivus subiectivus im Sinne von „der Geist, der dem Glauben eigen ist“. Aufgrund der sonstigen Verwendung des Begriffs bei Paulus ist die zweite Möglichkeit wahrscheinlicher. Vgl. Gräßer 2002, 171; Harris 2005, 351. 203  Vgl. Wolff 1989, 94; Gräßer 2002, 171; Stanley 2004, 99; Balla 2007, 753; Schmeller 2010, 265. 204  Vgl. Williams 2004, 175. Daneben lassen sich auch im Psalm 114 LXX, der zusammen mit Psalm 115 LXX dem Psalm 116 im masoretischen Text entspricht, zahlreiche Parallelen zur Situation des Paulus finden. Vgl. Abasciano 2007, 173–177; Han 2014, 32–34; Wilk 2017, mündlicher Vortrag „Zum Psalmzitat in 2Kor 4,13“. Besonders die Erfahrung von Rettung und das Gottvertrauen einen Paulus und den Beter in Psalm 114 LXX. Vgl. Hossfeld/Zenger 2008, 296–302. Diese Beobachtungen widersprechen Stanleys Annahme, dass Paulus sich an dieser Stelle vom Originalkontext entfernt habe. Vgl. Stanley 2004, 100. 205  Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 210–221. 206  Vgl. Stanley 1999, 138.

3.3  Kontextualisierung der Zitate

159

Paulus eine Rekontextualisierung auf Seiten seiner Adressaten intendiert, die zentral für die spätere Betrachtung der Leserperspektive ist. Eine erste Annäherung an diese Fragestellung soll in diesem Kapitel über die Betrachtung der Auslegungsmethoden des Paulus erfolgen. 3.3.3  Kontextualisierende Auslegungsmethoden Bei einer Zitation gehen Prätext und Folgetext eine vielschichtige Verbindung ein, wobei die Bandbreite möglicher Verbindungspunkte groß ist. Sie reicht von der Übereinstimmung mit zahlreichen Einzelelementen des Prätextes bis hin zur Missachtung der ursprünglichen Bedeutung des Zitatsegments. Entscheidend hierfür ist die Aussageintention des Autors. Je nach Argumentationszusammenhang variiert in den Korintherbriefen des Paulus das Zusammenspiel zwischen Prätext und Folgetext, d. h. die Berücksichtigung des Prätextkontextes ist von den Auslegungsmethoden des Paulus abhängig, deren Betrachtung daher im Zentrum des vorliegenden Textabschnitts steht. Bei allen Schriftzitaten in den Korintherbriefen verwendet der Apostel Paulus Formen der aktualisierenden Schriftauslegung, wobei er Aussagen der Schrift auf die Situation der Korinther,207 seine eigene Position208 oder auf endzeitliche Ereignisse209 überträgt.210 Seine gesamte Interpretation der Schrift ist von der Idee getragen, dass sich die Verheißungen der Schrift im Christusgeschehen erfüllt haben und erfüllen.211 Ein solches Textverständnis ermöglicht es ihm, jede Aussage der Schrift auf aktuelle Geschehnisse anzuwenden. Parallelen für ein solches aktualisierendes Vorgehen findet man in den Texten von Qumran, in Josephus’ Antiquitates Judaicae und im pseudophilonischen Liber Antiquitatum Biblicarum.212 So vergleicht beispielsweise der Autor der Damaskusschrift in CD 1,13–14 die Abtrünnigen seiner Zeit mit dem Abfall Israels zur Zeiten Hoseas (Hos 4,16).213 Paulus wiederum warnt die Korinther in 1Kor 10,1–13 vor Selbstsicherheit, indem er Beispiele aus der Exoduserzählung anführt. Neben dieser Aktualisierungstendenz lassen sich verschiedene Methoden der Auslegung von Schriftzitaten in den Korintherbriefen des Paulus ausmachen. Paulus verwendet zum einen Zitate als Beweistext ohne weitere Auslegung, wie 207 

Vgl. 1Kor 1,19; 1,31; 3,19–20; 6,16; 10,7; 14,21; 2Kor 6,16–18; 9,9; 10,17. Vgl. 1Kor 9,9; 2Kor 4,6; 4,13. 209  Vgl. 1Kor 15,27; 15,45; 15,54–55; 2Kor 6,2. 210  Vgl. Smith 1988, 275. 211  Vgl. Hooker 1981, 305–306. 212  Vgl. Fitzmyer 1971, 21–33; Koch 1986, 322; Walter 1997, 61–63; Metzenthin 2015, 180. Laut Dörrie sind Grundzüge christlicher Exegese bereits in der antiken Homerauslegung erkennbar. Vgl. Dörrie 1974, 121–138. Daneben weist auch die Septuagintaübersetzung des Jesajabuches, in der der Autor die Worte des Propheten ebenfalls stellenweise auf die eigene Zeit überträgt, Parallelen zum Zitateinsatz des Paulus auf. Vgl. Wilk 2010a, 189–209. 213  Vgl. Fitzmyer 1971, 23. 208 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

in 1Kor 1,31 oder 2Kor 8,15, ein Vorgehen, das ebenfalls in den Texten vom Toten Meer anzutreffen ist.214 Zum anderen stellt er mehrere Schriftworte mithilfe assoziativer Stichworte zusammen, z. B. in 1Kor 3,19–20,215 wo zwei Schriftworte mithilfe des Substantivs ὁ σοφός (der Weise) verbunden werden. Das zweite erhellt dabei den Sinn des ersten, d. h. Schrift wird hier durch Schrift interpretiert. In späterer Zeit findet man ein solches Vorgehen v. a. in rabbinischen Schriften.216 Die assoziierende Auslegung entspricht zudem den Gepflogenheiten in einigen Qumrantexten.217 Zum Beispiel wird im 4QFlorilegium 3,10–13 ein Schriftwort aus 2Sam 7,11–14 mit einem Schriftwort aus Am 9,11 ausgehend von der Verbform ‫( והקימותי‬ich werde aufrichten) kombiniert, wobei die Aussage des zitierten Amosverses durch einen anderen Bedeutungshorizont eine Lücke des 2Sam-Schriftwortes füllt.218 Darüber hinaus deutet Paulus manche Schriftworte aus, indem er die ursprüngliche Bestimmung auf andere Personen überträgt. So gilt die Rede von der Einswerdung zwischen Mann und Frau in Gen 2,24 nach 1Kor 6,16 nicht nur für Ehepartner, sondern auch für andere Sexualpartner oder die Tierbestimmung aus Dtn 25,4 nach 1Kor 9,9–10 auch für Menschen.219 In beiden Fällen wird von einem tieferen Sinn der Schrift ausgegangen. Ähnliche Ansätze finden sich vor allem in hellenistisch-jüdischen Texten, z. B. bei Philo und Josephus.220 Daneben gibt es in 1Kor 10,1–13 Parallelen zu den typologischen Auslegungen dieser beider Autoren.221 214 

Vgl. Fishbane 1988, 348. Vgl. auch 1Kor 15,54–55; 2Kor 4,6; 6,16–18. Bei allen vier Zitatkombinationen handelt es sich um stichwortbasierte Zitatverbindungen, die nicht mit dem rabbinischen Prinzip der Gezera schawa gleichzusetzen sind, da ihnen deren spezifisches Element der wechselseitigen Auslegung von Schriftworten fehlt. Vgl. Avemarie 2015, 222–223. 216  Vgl. Patte 1975, 310. 217  Vgl. Metzenthin 2015, 180; Avemarie 2015, 211. 218  Vgl. Avemarie 2015, 196–198. 219  Bei der Adam-Christus-Typologie in 1Kor 15,20–22 und 1Kor 15,44b–49 deutet Paulus Teile der Schöpfungsgeschichte allegorisch aus. Bereits Philo hat den doppelten Schöpfungsbericht in LA I,31 so ausgelegt, dass es zwei Arten von Menschen gebe, den irdischen und den himmlischen. Im Gegensatz zur paulinischen Deutung ist bei Philo jedoch der doppelte Schöpfungsbericht entscheidend und die oft angenommene andere Reihenfolge der beiden Menschen bei Philo, auf deren Grundlage eine paulinische Umkehrung der philonischen Vorlage vermutet worden ist (vgl. z. B. Goppelt 1939, 161; Tiwald 2008, 445), ist im Text so nicht zu finden, wie Schaller nachgewiesen hat. Vgl. Schaller 2004, 147–151. Dennoch lässt sich eine Beziehung zur jüdisch-hellenistischen Schriftauslegung, wie man sie bei Philo antrifft, nicht von der Hand weisen. Vgl. Julius 1999, 165–166. 220  Vgl. Amir 1988, 426–427; Feldman 1988, 480. Solche Ausweitungen rechtlicher Bestimmungen findet man aber auch in einigen Texten vom Toten Meer. Vgl. Fishbane 1988, 369. 221  Vgl. Patte 1975, 312–313; Dugandzic 1977, 240–248; Probst 1991; 227–233; Tiwald 2008, 436–441. Typologien sind auch im Jesajabuch, den Texten aus Qumran und in anderen neutestamentlichen Schriften anzutreffen. Vgl. Hanson 1983, 49. In 1Kor 10,4 setzt Paulus sogar eine frühjüdische Deutung voraus. Die Wiederholung der Wasserspende in Ex 215 

3.3  Kontextualisierung der Zitate

161

Wieder andere Schriftworte legt Paulus stärker endzeitlich aus.222 In 1Kor 15,20–28 und 15,50–57223 schildert er die Ereignisse am Ende der Zeiten, wobei er die Geschehnisse mithilfe von Zitaten als Erfüllung prophetischer Schriftworte darstellt. Dabei befindet er sich wiederum in einer Traditionslinie mit den Texten aus Qumran, in denen ebenfalls ein eschatologisches Bewusstsein vorhanden ist.224 Die Schriftauslegung des Paulus bewegt sich also in einem jüdischen Rahmen.225 Neben einigen Parallelen zu hellenistisch-jüdischen Auslegungsmethoden weist der paulinische Schriftgebrauch vor allem Gemeinsamkeiten mit den Texten aus Qumran auf.226 Denn beide verbindet ein eschatologisches Bewusstsein und die aktualisierende Deutung der Schrift.227 Alle genannten Auslegungsmethoden des Paulus sind in dem Sinne kontextualisierend, dass sie die Schriftworte und deren jeweilige Ursprungskontexte nutzen, um einen neuen Verständnishorizont zu schaffen. So wird das Jesaj­azitat in 1Kor 1,19–20 als Warnung an die Korinther vor menschlicher Überheblichkeit umgedeutet, die Kombination aus Gen 1,3 und Jes 9,1 in 2Kor 4,6 letztendlich zur Legitimation der Verkündigungstätigkeit des Apostels genutzt und der Psalmvers in 1Kor 15,27 auf Christi Wirken am Ende der Zeiten übertragen. Erst durch ihren Gegenwartsbezug kommt nach paulinischem Verständnis also der für seine Zeit treffende Sinn der Schriftworte zur Geltung.228 Dies ist aber 17,6 und Num 20,11 wird in Pseudo-Philo und in einigen rabbinischen Texten nämlich so gedeutet, dass der Fels die Israeliten ständig begleite. Genauso sieht es auch Paulus, wenn er erklärt, dass der Fels mit Israel mitgehe. Vgl. Ellis 1957, 66–70; Hays 2004, 55; Tiwald 2008, 428. 222  Vgl. Rosik 2013, 275–279. 223  Vgl. auch 2Kor 6,2. 224  Vgl. Fitzmyer 1971, 46–52; Holtz 1974, 25–26; Docherty 2015, 8; Metzenthin 2015, 180. 225  Vgl. Ellis 1991, 79–121; Frey 2017a, 111–112. 226  Ellis hat zudem strukturelle Parallelen zwischen neutestamentlichem Zitateinsatz und rabbinischem Midrasch sowie der Pesher-Methode von Qumran herausgearbeitet. Vgl. Ellis 1978, 151–162. Die von ihm verwendete Bezeichnung „Midrash pesher“ passt allerdings nicht zur Zitation des Paulus, da die Gattung nicht so leicht übertragbar ist und zudem auf eine Fehlinterpretation eines Qumrantextes zurückgeht, wie Lim gezeigt hat. Vgl.Lim 1997, 123–139. Ähnliche Kritik an der Bezeichnung äußert auch Black. Vgl. Black 1972, 1. Zu weit geht ebenso Fitzmyers Annahme, der Textabschnitt 2Kor 6,14–7,1 sei eine unpaulinische Überarbeitung eines Qumrantextes, auch wenn inhaltliche und formale Parallelen erkennbar sind. Vgl. Fitzmyer 1971, 205–217. Dennoch weist die paulinische Schriftrezeption nicht nur bezüglich der Auslegungsmethoden Parallelen zu den in Qumran gefundenen Texten auf, sondern auch in ihren Grundzügen. Denn ebenso wie die Qumrantexte nutzt Paulus eine Vielfalt von Textvorlagen, Schriftbezügen und Schriften. Vgl. Frey 2017a, 106–108. 227  Unklar ist allerdings, ob Paulus diese jüdischen Auslegungstechniken in der Praxis (vgl. z. B. Metzenthin 2015, 183) oder während einer Studienzeit in Jerusalem erworben hat (vgl. z. B. Tiwald 2008, 142–143). 228  Diese Grundannahme zeigt sich auch in einigen beiläufigen Bemerkungen des Paulus zu seinem Schriftgebrauch, wie Röm 4,23–26 oder Röm 15,4–5.Vgl. Luz 1968, 109–115.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

keine paulinische Besonderheit, sondern entspricht den Auslegungstechniken seiner jüdischen Zeitgenossen. Ein Alleinstellungsmerkmal der urchristlichen Schriftinterpretation ist es jedoch, dass Jesus Christus als Schlüssel zum Schriftverständnis gesehen wird.229 Bei Paulus erschließen sich Schrift und Christusglaube wechselseitig.230

3.4  Funktion der Zitate Eng mit der Kontextualisierung verbunden ist der funktionale Einsatz der Zitate. Wie bereits angesprochen dient jede Zitation einem bestimmten Zweck. Rhetorische Analysen der Korintherbriefe haben gezeigt, dass Paulus ganz bewusst Schriftzitate einsetzt, um seine Adressaten zu überzeugen.231 Laut vieler Kommentatoren nutzt Paulus in seinen Briefen an die Korinther Schriftworte vornehmlich als Belege für seine Argumentation.232 Zudem sind Zitate sprachliche Äußerungen in einem Kommunikationsgeschehen, die neben ihrer semantischen Funktion auch Aussagen zur Beziehung der Kommunizierenden und zur Struktur eines Textabschnitts treffen. Dementsprechend erfolgt die Betrachtung der Zitatfunktionen in der vorliegenden Arbeit, wie es bereits zu Beginn des Cicero-Teils erläutert worden ist, anhand einer Dreiteilung. Zu Beginn werden 229 

Vgl. Hooker 1981, 305–307; Koch 1991, 177–179; Sass 1995, 497–502. Vgl. Wilk 2013, 486–490. 231  Vgl. Stanley 2004, 78; Heil 2005, 261. 232  Vgl. zu 1Kor: Barrett 1968, 52.205–206; Conzelmann 1981, 61.106–107.191–192.285. 335.360–361; Klauck 1984, 24.65; Kleinknecht 1984, 214; Fee 1987, 69–70; Strobel 1989, 84– 85.144.252.259.261; Schrage 1991, 167.311–313; Ortkemper 1993, 87; Kremer 1997, 44.79.357; Horsley 1998, 92.125–126.205–206; Schrage 1999, 406; Collins 1999, 163.243.247.332.568– 570; T hiselton 2000, 161; Garland 2003, 234.734; Peterson 2006, 66; Ciampa/Rosner 2010, 247.404.406.456.772.832; Zeller 2010, 107–108.221.225.512; Wolff 2011, 77.193–194; Perkins 2012, 49.55.76.98.  Vgl. zu 2Kor: Bultmann 1976, 111–112.123; Furnish 1985, 223–224; Klauck 1986, 47.82; Lang 1986, 278.303.309–310; Beale 1989, 563.565; Wolff 1989, 86.186; Kremer 1990, 61.75.81.89; Zeilinger 1992, 258.278.298; Barnett 1997, 317; Scott 1998, 151–152.187–188.200; Lambrecht 1999, 124–125; Gräßer 2002, 157.171.229.237.261–262; Gräßer 2005, 32.35.58; Harris 2005, 333.456.462; Balla 2007, 753.769.774–775; Schmeller 2010, 265.334.347.368.376.   Ebenso erklärt Hanson in einem Artikel explizit die Beweisfunktion zur Hauptfunktion der Zitate in allen Briefen des Paulus. Vgl. Hanson 1983, 61–62.   Daneben wird in einigen Kommentaren zu den Korintherbriefen erwähnt, dass Paulus mithilfe eines Zitats auch einen Gedankengang zusammenfassen oder es als Ausgangsbasis für seine Argumentation nutzen kann. Vgl. zu 1Kor: Kleinknecht 1984, 215; Strobel 1989, 56; Ortkemper 1993, 32.37; Collins 1999, 568; Garland 2003, 80.97.645; Ciampa/Rosner 2010, 832.   Vgl. zu 2Kor: Barnett 1997, 492; Scott 1998, 151.200; Matera 2003, 193; Schmeller 2015, 42.187.   Somit werden hier auch formale Funktionen von Zitaten in den Blick genommen. Der Hauptfokus liegt aber auf der Beweisfunktion. 230 

3.4  Funktion der Zitate

163

die formalen bzw. strukturellen Funktionen der Schriftworte dargelegt, gefolgt von den inhaltlichen bzw. thematischen Funktionen, die schließlich von den relationalen bzw. Beziehungsfunktionen abgelöst werden, um sich über den formalen Textaufbau schrittweise den inneren Zusammenhängen der Kommunikation anzunähern. 3.4.1  Formale Funktionen Je nach Stellung im Gesamtzusammenhang einer Textpassage kann ein Zitat als Einleitung, Überleitung oder Schluss der Argumentation Verwendung finden. Mit diesen Positionen sind oft strukturelle Funktionen verbunden. So dient ein Zitat am Anfang eines Textabschnitts häufig als Ausgangsbasis der Argumentation, ein Zitat in der Mitte verknüpft bisweilen zwei thematisch unterschiedliche Gedanken und ein Zitat am Ende eines Textabschnitts fasst meist den Gedankengang abschließend zusammen. Auch in den Korintherbriefen des Paulus trifft man diese drei formalen Funktionen von Zitaten an. Im Folgenden sollen jeweils zwei Beispiele für jede Kategorie vorgestellt werden. a. Zitat als Argumentationsbasis Insgesamt bilden fünf Schriftzitate in den Briefen des Paulus die Ausgangsbasis für anschließende kleinere Argumentationen.233 Überraschenderweise stehen sie nicht immer am Anfang einer Textpassage, wie in 1Kor 1,19 oder 1Kor 14,21, zum Teil leiten sie auch einen Unterabschnitt innerhalb der Textpassage ein, z. B. in 1Kor 9,9 oder 1Kor 15,45. Trotzdem übernehmen sie eine strukturierende Aufgabe, wenn sie innerhalb eines Textabschnitts zur Diskussion eines neuen Gedankens überleiten. Dies geschieht z. B. in 1Kor 15,35–49. Nachdem Paulus die Bedeutsamkeit der Auferstehungsbotschaft dargelegt hat, erläutert er in diesem Textabschnitt, wie die Toten auferweckt werden.234 Dazu beginnt er mit zwei Fragen,235 die er mit ἀλλὰ ἐρεῖ τις (aber jemand wird nun sagen) als möglichen Widerspruch einleitet 233 

Vgl. 1Kor 1,19; 9,9; 14,21; 15,45; 2Kor 4,13. Schrage 2001, 269. Der Textabschnitt lässt sich grob in drei Unterabschnitte gliedern: Nach den Vergleichen mit Saat und Schöpfung (V. 35–41) folgt die Übertragung auf die Auferstehung (V. 42–44), die die eigentliche T hese der Argumentation enthält und in den folgenden Versen mithilfe der Schrift begründet wird (V. 45–49). Vgl. Hays 1997, 270; Schrage 2001, 269; Zeller 2010, 506. 235  Bezüglich der Fragen wird diskutiert, ob sie hypothetisch gemeint sind oder direkt von den Korinthern stammen. Wahrscheinlich sind sie zwar von Paulus formuliert, aber durch korinthische Einwände inspiriert worden. Vgl. Schrage 2001, 270–272; Zeller 2010, 506–507.   Die zweite Frage dient zur Spezifizierung der ersten. Vgl. Hays 1997, 269–270; Schrage 2001, 269.279. 234  Vgl.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

(V. 35).236 Neben dem formalen Neueinsatz deutet auch die Wortwahl auf einen argumentativen Wechsel hin. Denn nun steht der Begriff σῶμα (Körper) im Zentrum.237 Als möglichen Einwand führt Paulus hier die Frage an, wie der Körper der Auferstandenen beschaffen sein werde. Paulus hält diese Frage für töricht, wie die anschließende Invektive zeigt (V. 36a).238 Trotzdem oder gerade deshalb erklärt er anschließend, warum der auferstandene Leib ganz anders sein werde als der irdische und dass dieser von Gott bereits bei der Schöpfung bestimmt worden sei.239 Diesen Gedanken leitet er zunächst aus einer Alltagsbeobachtung ab: Auch beim Säen entstehe die Pflanze aus einem Samenkorn (V. 36b–37).240 Dann nennt er Gott als den eigentlichen Urheber des Geschehens und leitet so zu einer Bezugnahme auf die Schöpfung über (V. 38).241 Mithilfe einer Aufzählung hebt er hervor, dass es unterschiedliche Arten von Lebewesen gebe (V. 39). Diese Unterscheidung weitet er dann auf die himmlischen und irdischen Körper aus.242 Sie unterschieden sich gerade in ihrem Glanz, wie Paulus am Beispiel von Sonne, Mond und Sternen ausführt (V. 40–41).243 Anschließend wendet er diese Beobachtungen auf das Geschehen der Auferstehung an (1Kor 15,42a).244 Mithilfe von drei Gegensatzpaaren macht Paulus deutlich, wie sehr sich das Leben auf der Erde und das Leben nach der Auferstehung unterscheiden (V. 42b–43).245 Der Gedankengang gipfelt in einer weiteren Antithese, wobei nun explizit der Leib zur Sprache kommt und die Frage von V. 35 beantwortet wird.246 Entsprechend der Gesamtsituation verändere sich auch der Körper: Aus dem σῶμα ψυχικόν (beseelter Leib) werde ein σῶμα πνευματικόν (geistvoller Leib) (V. 44a).247 Diese T hese begründet Paulus folgendermaßen: 236  Dies entspricht dem Diatribenstil. Vgl. Conzelmann 1981, 343; Hays 1997, 269–270. T hiselton bezeichnet den gesamten Textabschnitt daher in Anlehnung an Erikson als refutatio. Vgl. T hiselton 2000, 1258–1260. 237  Vgl. Fee 1987, 775–776. 238  Vgl. T hiselton 2000, 1263; Zeller 2010, 507. 239  Vgl. Burchard 1984, 237–240. 240  Vgl. Schrage 2001, 280. Zur speziellen Deutung dieser Analogie bei Paulus im Vergleich zu jüdischen Paralleltexten vgl. Schrage 2001, 281–285. 241  Vgl. Zeller 2010, 509. 242  Entsprechend gebraucht Paulus nun den Begriff σῶμα (Körper) anstelle von σάρξ (Fleisch). Vgl. Conzelmann 1981, 345–346. 243  Paulus nutzt also zwei Analogien zur Illustration der Auferstehung, zum einen die der Saat (V. 36–38), zum anderen die der verschiedenen geschöpflichen Wesen (V. 39–41). Vgl. Fee 1987, 777. 244  Vgl. Conzelmann 1981, 346; Schrage 2001, 293. 245  Es besteht eine gewisse Diskontinuität zwischen der ursprünglichen Schöpfung des Menschen und der Auferweckung der Toten. Vgl. Schneider 2011, 274–80. 246  Vgl. Conzelmann 1981, 346; Ortkemper 1993, 161; Schrage 2001, 297; Fitzmyer 2008, 591; Wolff 2011, 407. 247  Die Bedeutung der beiden Begriffe ist umstritten, v. a. die widersprüchliche Bezeich-

3.4  Funktion der Zitate

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44b Εἰ ἔστιν σῶμα ψυχικόν, ἔστιν καὶ πνευματικόν. 45 οὕτως καὶ γέγραπται· ‚ἐγένετο ὁ‘ πρῶτος ‚ἄνθρωπος‘ Ἀδὰμ ‚εἰς ψυχὴν ζῶσαν‘, ὁ ἔσχατος Ἀδὰμ εἰς πνεῦμα ζῳοποιοῦν. (44b Wenn es einen beseelten Leib gibt, gibt es auch einen geistvollen. 45 So steht es ja auch geschrieben: ‚Der‘ erste ‚Mensch‘ Adam ‚wurde zu einer lebendigen Seele‘, der letzte Adam zu einem lebendig machenden Geist.) (1Kor 15,44b–45).

Der erste Teil der Begründung ist eine T hese, die aus der Existenz des einen Körpers die des anderen ableitet. Der zweite Teil der Begründung ist ein erweitertes Zitat aus Gen 2,7, das durch die einmalige Zitationsformel οὕτως καὶ γέγραπται (so steht es auch geschrieben) markiert wird.248 Paulus ergänzt zu dem ursprünglichen Zitatsegment das Adjektiv πρῶτος (erster) und den Namen Ἀδάμ, sodass es parallel zum korrespondierenden Nachsatz formuliert ist.249 Zugleich wirkt die Formulierung des Gesamtsatzes aufgrund der Parallelität und des zweimaligen Bezugs auf dasselbe Prädikat so, als ob sich die Zitationsformel auf beide Teile beziehe, d. h. auch auf den von Paulus selbst verfassten zweiten Teil: ὁ ἔσχατος Ἀδὰμ εἰς πνεῦμα ζῳοποιοῦν (der letzte Adam zu einem lebendig machenden Geist).250 Paulus bezieht sich hier auf die bereits in 1Kor 15,20–22 angesprochene Adam-Christus-Typologie, die er aus der Schrift abzuleiten versucht.251 Dazu zitiert er einen Vers aus dem zweiten Schöpfungsbericht, der von der Erschaffung des Menschen aus Staub und durch Einhauchen des Lebensatems erzählt.252 Er belegt seine T hese von der Verwandlung des σῶμα ψυχικόν (beseelter Leib) in einen σῶμα πνευματικόν (geistvoller Leib) (V. 44) durch die Herleitung der Adam-Christus-Typologie aus dem Schöpfungsbericht.253 Zudem veranschaulicht er das Auferstehungsgeschehen, indem er es mithilfe des Bezugs nung σῶμα πνευματικόν (geistvoller Leib) ist schwer zu übersetzen. Für mögliche Übersetzungen vgl. Hays 1997, 272; T hiselton 2000, 1276–1281; Fitzmyer 2008, 593–594.596. 248  Vgl. Koch 1986, 25. 249  Vgl. Merklein/Gielen 2005, 365. 250  Vgl. Ellis 1957, 36; Koch 1986, 134–137. Eventuell liegt dem eine Tradition zugrunde. Vgl. Ellis 1957, 96–97; Conzelmann 1981, 348. Für eine Zusammenstellung verschiedener Traditionshypothesen vgl. Schrage 2001, 272–277; Fitzmyer 2008, 592. Laut Merklein und Gielen korrigiert Paulus an dieser Stelle die christologische Vorstellung einiger Korinther, die auf die Rezeption von Philos Genesis-Exegese zurückgeht. Vgl. Merklein/Gielen 2005, 362–365. 251  Vgl. Fee 1987, 777.787–788. Während Adam und Christus in 1Kor 15,20–22 als bloße Gegensätze dargestellt werden, sind sie nun aber durch die Bezeichnung als erster und zweiter Mensch sowie durch das Wortfeld „Leben“ stärker aufeinander bezogen. Vgl. Aageson 1993, 112–114. 252  Paulus hat gerade diesen Vers gewählt, weil er begrifflich an das Vorhergehende anknüpft. So entspricht εἰς ψυχὴν ζῶσαν (zu einer lebendigen Seele) im Zitat dem von Paulus eingeführten Begriff σῶμα ψυχικόν (beseelter Leib). Vgl. Hays 1997, 272; Fitzmyer 2008, 597. 253  Vgl. Goppelt 1939, 161–162; Fee 1987, 788–789; Hays 1997, 270.272; Schrage 2001, 269.302; Zeller 2010, 512.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

auf Gen 2,7 als Neuschöpfung darstellt:254 Der Körper des letzten Adam werde wie der des ersten Adam durch Gottes Wirken verwandelt. Für dieses Kapitel entscheidend sind aber die nun anschließenden Verse, in denen die Adam-Christus-Typologie weiter ausgeführt wird, ohne die beiden Personen explizit zu nennen. Dazu stellt Paulus zuerst heraus, dass der beseelte Leib die Basis für den geistvollen Leib bilde (V. 46).255 Dann hebt er die unterschiedliche Beschaffenheit des ersten und des zweiten Menschen hervor (V. 47), wobei er wiederum auf Gen 2,7 Bezug nimmt,256 bevor er daraus eine Grundunterscheidung von irdischen und himmlischen Menschen ableitet (V. 48).257 Zum Schluss kombiniert er den Gedanken der zeitlichen Reihenfolge mit dem der zwei unterschiedlichen Seinsweisen in einer Schlussfolgerung:258 Alle Gläubigen seien zunächst ein Abbild des irdischen Menschen (Adam) und würden später ein Abbild des himmlischen Menschen (Christus) sein (V. 49). Dabei spitzt er die Aussage auf seine Adressaten zu, indem er in die erste Person Plural wechselt.259 Damit ist das Zitat der Beginn einer längeren argumentativen Begründung. Erst der Bezug auf Gen 2,7 veranlasst Paulus dazu, die Adam-Christus-Typologie, die er bereits in 1Kor 15,20–22 angesprochen hat, noch einmal ausführlich zu erläutern.260 Ebenso bildet das Zitat in 1Kor 14,21 die Grundlage für alle weiteren Ausführungen in 1Kor 14,20–25, wobei hier das Schriftwort sogar am Anfang des Textabschnitts steht. Nach der eindringlichen Ermahnung zur Vollkommenheit im Denken (1Kor 14,21), heißt es dort: ἐν τῷ νόμῳ γέγραπται ὅτι ‚ἐν ἑτερογλώσσοις καὶ ἐν χείλεσιν ἑτέρων λαλήσω τῷ λαῷ τούτῳ καὶ οὐδ᾽οὕτως εἰσακούσονταί μου‘, λέγει κύριος. (Im Gesetz steht geschrieben: ‚Durch fremde Sprachen und Lippen Fremder werde ich zu diesem Volk sprechen und auch so werden sie nicht auf mich hören‘, sagt der Herr.) (1Kor 14,21). Es handelt sich dabei um die verkürzte Wiedergabe von Jes 28,11–12,261 die von zwei Zitationsformeln eingerahmt wird.262 An das Zitat schließt eine doppelte Schlussfolgerung an, welche 254  Vgl. Kremer 1997, 357; Schneider 2011, 270–271; Rosik 2013, 214–215. Zu weiteren Bezügen auf Genesistextstellen in dem Textabschnitt 1Kor 15,35–49 vgl. Heil 2005, 231–234. 255  Vermutlich handelt es sich hierbei um eine Korrektur korinthischer Aussagen. Vgl. Wolff 2011, 410. 256  Vgl. Fitzmyer 2008, 598. 257  Vgl. Merklein/Gielen 2005, 368. 258  Vgl. Fitzmyer 2008, 599. 259  Vgl. Merklein/Gielen 2005, 368. 260  Da das Zitat zum einen die T hese von V. 44a begründet und zum anderen die Ausgangsbasis für die weitere Argumentation bildet, wird es auch als Überleitung bezeichnet. Vgl. Ciampa/Rosner 2010, 820. 261 Zum veränderten Wortlaut der Verse und daraus resultierenden exegetischen Schwierigkeiten vgl. die Ausführungen auf S. 144–145. Zur Neukontextualisierung der Jesajaverse vgl. die Ausführungen auf S. 151–152. 262  Zur besonderen Form der Einleitungswendung vgl. die Ausführungen auf S. 131– 134.

3.4  Funktion der Zitate

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die Glossolalie dem prophetischen Reden gegenüberstellt: Während das Reden in fremden Sprachen ein Kennzeichen für Ungläubige sei, sei das prophetische Reden ein Kennzeichen für Gläubige (1Kor 14,22). Beides erläutert Paulus anschließend an hypothetischen Beispielen. Wenn ein Ungläubiger miterlebe, wie die gesamte Gemeinde Glossolalie praktiziere, werde er sie für verrückt halten (1Kor 14,23). Wenn umgekehrt ein Ungläubiger einer Gemeindeversammlung beiwohne, in der nur prophetisch gesprochen werde, werde dies ihn zum Lob der Gemeinde veranlassen (1Kor 14,24–25).263 Die zweite Erläuterung fällt deutlich ausführlicher aus, da mithilfe von mehreren Verbalhandlungen beschrieben wird, wie der Ungläubige zur Einsicht gelangt.264 Wie die Schlussfolgerung in V. 22a, die mit der Konjunktion ὥστε (daher) eingeleitet wird, zeigt, dient das Zitat als Ausgangsbasis für die anschließende Argumentation.265 Paulus setzt nämlich das Reden Gottes in fremden Sprachen mit der Glossolalie gleich und überträgt auch die Konsequenz des Jesajaverses auf die gegenwärtige Situa­tion.266 Da das Volk, zu dem Gott in fremden Sprachen spricht, nicht auf ihn hört und sich so als ungläubig erweist, sei das Reden in fremden Sprachen ein Kennzeichen für Ungläubige. Er leitet also aus dem Zitat eine generelle Aussage ab, die den ersten Teil der Ausgangsthese für die folgende Darstellung bildet (V. 22a).267 Zugleich begründet das Zitat zusammen mit der gesamten Argumentation die Eingangsmahnung des Textabschnitts, vollkommen im Denken zu sein (V. 20). Denn ihre Hochschätzung der Glossolalie legt die Vermutung nahe, dass die Mahnung berechtigt erscheint.268 b. Zitat als Überleitung Nur in drei Fällen verbinden Schriftzitate in den Korintherbriefen des Paulus zwei Gedankengänge so miteinander, dass sie eine Texteinheit bilden.269 Das Zitat stellt hier eine Überleitung dar, da es einerseits den vorangehenden Gedanken abschließt und andererseits den folgenden Gedanken anklingen lässt. Daher ist bei den entsprechenden Beispielen nach den Schriftworten auf den ersten Blick 263 

Zum Aufbau der Argumentation vgl. Heil 2005, 197–202. Zur Gliederung des Textabschnitts vgl. Fee 1987, 677. Anders gliedert Fitzmyer. Seiner Meinung nach bilden die Verse 18–21 eine Texteinheit und das Zitat veranschauliche den ironischen Gebrauch von Zungenrede durch Paulus, wie er in V. 18 beschrieben werde. Vgl. Fitzmyer 2008, 509.520. 265  Vgl. Koch 1986, 268–269; Lindemann 2000, 307; Garland 2003, 645; Merklein/Gielen 2005, 188; Wilk 2005b, 141–143. 266  Dabei wertet er das Zitat nur selektiv in Hinblick auf den für seine Argumentation entscheidenden Gedanken aus. Vgl. Conzelmann 1981, 285; Schrage 1999, 406. 267  Es erfolgt zunächst ein Schluss vom Besonderen auf das Allgemeine. In einem zweiten Schritt wird dann durch einen Umkehrschluss der hintere Teil der Ausgangsthese begründet (V. 22a), der nicht im Zitat enthalten ist. Vgl. Zeller 2010, 431. 268  Vgl. Kremer 1997, 305; Choi 2007, 62; Wilk 2019a, 35–36. 269  Vgl. 1Kor 2,9; 6,16; 2Kor 9,9. 264 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

ein Einschnitt erkennbar, der auf den zweiten Blick aber nicht stark genug ist, um das Ende des Textabschnitts zu kennzeichnen, weil es zusätzlich inhaltliche Bezüge zum anschließenden Vers gibt. So teilt sich z. B. der Textabschnitt 1Kor 2,6–16 in zwei Unterabschnitte, deren Schnittstelle das Zitat in 1Kor 2,9 bildet. In der Textpassage 1Kor 2,6–16270 erläutert Paulus, inwiefern sich in der von ihm verkündeten Botschaft vom Kreuz Gottes Weisheit verberge. Die Darlegungen beginnen einerseits mit einem Hinweis auf den Adressatenkreis des Paulus und andererseits mit zwei Negativbestimmungen zum Inhalt seiner Verkündigung (1Kor 2,6). Erst im nächsten Vers wird der Inhalt der Verkündigung positiv als geheimnisvolle Weisheit Gottes charakterisiert (1Kor 2,7a).271 In den anschließenden Relativsätzen wird noch einmal Bezug auf die negativen Formulierungen aus V. 6 genommen:272 Die Weisheit Gottes sei nicht aus dieser Zeit, sondern vor aller Zeit von Gott bestimmt worden (1Kor 2,6.7b). Sie komme auch nicht von den Herrschern dieser Zeit, sondern sei nicht einmal von diesen erkannt worden (1Kor 2,6.8a). Als Begründung für seine Einschätzung führt Paulus die Kreuzigung Christi an (1Kor 2,8b).273 Weiter heißt es: ἀλλὰ καθὼς γέγραπται· ‚ἃ ὀφθαλμὸς οὐκ εἶδεν καὶ οὖς οὐκ ἤκουσεν καὶ ἐπὶ καρδίαν ἀνθρώπου οὐκ ἀνέβη, ἃ ἡτοίμασεν ὁ θεὸς τοῖς ἀγαπῶσιν αὐτόν‘. (Aber wie geschrieben steht: ‚Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben‘.274) (1Kor 2,9). Durch die vorangestellte Zitationsformel ἀλλὰ καθὼς γέγραπται (aber wie geschrieben steht) weist Paulus diese Aussage als Schriftzitat aus. Ein Problem der Forschung besteht darin, dass die Herkunft des Verses unklar ist. Weil es nur geringe wörtliche Übereinstimmungen mit den Schriften des heutigen Alten Testaments gibt, wird oft angenommen, der Vers stamme aus einer apokryphen Schrift.275 Zudem gibt es aber Parallelen bei Jesaja (Jes 52,15; Jes 64,3; Jes 5,16) und im Psalm 30 (Ps 30,20 LXX). Daher könnte es sich auch um eine Kombination verschiede270 

Zur Abgrenzung des Textabschnitts vgl. Wilk 2019a, 24. Vgl. Merklein 1992, 227; Wolff 2011, 54–55. 272  Vgl. Fee 1987, 104–106. 273  Vgl. Schrage 1991, 247. 274  Die zwei aneinandergereihten Relativsätze werden hier wörtlich wiedergegeben. Da das Zitatsegment so schwer verständlich ist, meinen einige Forscher, dass der erste Relativsatz das Objekt des zweiten Relativsatzes bilde, übersetzt hieße der Vers dann: „Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, hat Gott denen bereitet, die ihn lieben.“ Vgl. Fee 1987, 108. Andere wiederum ergänzen vor dem Zitat ein Prädikat, z. B. „aber wir reden wie geschrieben steht“. Vgl. Schrage 1991, 247; Merklein 1992, 232. Zu Schwierigkeiten der Übersetzung vgl. insgesamt T hiselton 2000, 248–250. 275  Vgl. Ulonska 1963, 100; Hays 1997, 45. Laut Fee handelt es sich um eine traditionelle jüdische Zusammenstellung. Vgl. Fee 1987, 108–109. Merklein meint hingegen, dass das Zitat einer apokalyptischen Tradition entstamme. Vgl. Merklein 1992, 232. Zu diesen und weiteren Textvorschlägen vgl. T hiselton 2000, 250–252. Das Problem hierbei besteht darin, dass ein konkreter Prätext, der die Apokryphen-T hese belegen würde, fehlt. 271 

3.4  Funktion der Zitate

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ner Schriftworte handeln.276 Christliche und jüdische Parallelen wie 1Clem 34,8 oder ­LibAnt XXVI,13 machen jedoch wahrscheinlicher, dass Paulus an dieser Stelle eine traditionelle Wendung zitiert, deren Basis Jes 64,3 darstellt, und modifiziert bzw. ausdeutet.277 Unabhängig von der Frage der Herkunft des Zitats dient es in diesem Textzusammenhang zur Veranschaulichung eines Begriffs. Denn das Zitatsegment besteht aus zwei attributiven Relativsätzen, die ihr Bezugswort näher beschreiben. Das Bezugswort fehlt in diesem Fall, da Paulus nur die Relativsätze zitiert. Das Relativpronomen zeigt an, dass es sich im Prätext auf ein Neutrum Plural bezogen hat. Im Folgetext gibt es dazu keine grammatische Entsprechung. Inhaltlich steht die Weisheit (σοφία) bzw. Herrlichkeit (δόξα) Gottes im Mittelpunkt der Ausführungen des Paulus. Daher ist anzunehmen, dass sich auch die Relativsätze des Zitats darauf beziehen.278 Wenn aber das Schriftwort die Weisheit Gottes charakterisiert,279 fasst es gleichzeitig den Gedankengang der gesamten Texteinheit zusammen.280 Ihrer Andersartigkeit und Verborgenheit (V. 6–7) entspricht, dass niemand sie gesehen oder gehört hat (V. 9), das Unverständnis der Herrschenden (V. 8) findet sich darin wieder, dass sie in keines Menschen Herz ist (V. 9). Die, die Gott lieben und denen er seine Weisheit offenbart (V. 9), sind die, die reif dafür sind (τέλειοι in V. 6), d. h. alle Gläubigen (ἡμεῖς in V. 7)281. Dementsprechend erläutert Paulus im Anschluss daran, wie Gott „uns“ (Paulus und den Gläubigen)282 seine Weisheit enthüllt habe, nämlich durch den Geist (1Kor 2,10), d. h. das Zitat leitet zum nächsten Textabschnitt über.283 Auch wenn in V. 10 ein Objekt fehlt und dieses aus der vorherigen Textpassage erschlossen 276  Ellis hält es daher für wahrscheinlich, dass Paulus hier die genannten Textpassagen paraphrasiert. Vgl. Ellis 1957, 35. Laut Hays hat Paulus den Jesajatext aus dem Gedächtnis zitiert. Vgl. Hays 1997, 44. Ebenso versucht Williams die Herkunft des Zitats allein aus einer Kombination von Jes 64,3 und 65,17 zu erklären. Vgl. Williams 2001, 163–165. Dabei besteht allerdings die Schwierigkeit, dass sich bestimmte Teile des Zitats aufgrund zu geringer wörtlicher Übereinstimmungen nur als eigene Zusätze des Paulus erklären lassen. Inkelaar meint deshalb, dass sich Paulus im letzten Teilsatz auf einen allgemeinen Topos und nicht auf ein konkretes Schriftwort beziehe und Heil ist der Ansicht, dass Paulus sich nicht auf einen konkreten Text beziehe, sondern verschiedene Ideen und Konzepte der Schriften Israels kombiniere sowie mithilfe der Einleitungsformel deren generelle Autorität beanspruche. Vgl. Heil 2005, 53–57; Inkelaar 2010, 183–184. 277  Vgl. Koch 1986, 37–38.40–41; Zeller 2010, 137–138; Wilk 2012, 493–500. 278  Vgl. Clemen 1895, 190–192; Davis 1984, 96; Heil 2005, 58–59.61. 279  Vgl. White 2017, 151–152; Wilk 2019a, 25. 280  Vgl. Ulonska 1963, 99; Fee 1987, 107; Merklein 1992, 232–233; Hays 1997, 44; Lindemann 2000, 65; Garland 2003, 97; Zeller 2010, 137. 281  Da Paulus in 1Kor 3,1–4 erklärt, dass die Gemeinde in Korinth bisher noch nicht reif sei, ist davon auszugehen, dass das „Wir“ sich nicht auf Paulus und die Gemeinde bezieht, sondern allgemein Christusgläubige meint. Vgl. Zeller 2010, 131. 282  Vgl. Heil 2005, 60. 283  Vgl. Ulonska 1963, 99; Schrage 1991, 256; Merklein 1992, 232–233; Fitzmyer 2008, 179.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

werden muss, ist hier ein Einschnitt in der Argumentation erkennbar,284 da nun anstelle von σοφία (Weisheit) πνεῦμα (Geist) als zentraler Begriff verwendet wird (vgl. 1Kor 2,10–16).285 Zugleich ist dieser Einschnitt aber gerade wegen des fehlenden Objekts und der direkten Herleitung des neuen Gedankengangs aus dem vorangehenden Zitat nicht so stark, dass er die Unterscheidung von zwei eigenständigen Textabschnitten rechtfertigen würde.286 Die Relativsätze des Zitats, die durch Neutrum-Plural-Formen eingeleitet werden, bilden sogar die Ausgangsbasis für das Verständnis weiterer Neutrum-Plural-Formen in 1Kor 2,10– 16.287 Das Zitat verbindet also die beiden Gedankengänge (1Kor 2,6–9 und 1Kor 2,10–16) zu einer Texteinheit.288 In ähnlicher Weise ist diese Funktionsweise eines Schriftzitats auch in 1Kor 6,12–20 erkennbar. Die Textpassage, in der ethische Missstände in der Gemeinde angesprochen werden, beginnt mit der Zurückweisung von Parolen der Korinther.289 Neben πάντα μοι ἔξεστιν (alles ist mir erlaubt) in V. 12 ist wahrscheinlich auch τὰ βρώματα τῇ κοιλίᾳ καὶ ἡ κοιλία τοῖς βρώμασιν, ὁ δὲ θεὸς καὶ ταύτην καὶ ταῦτα καταργήσει (die Speisen sind für den Bauch und der Bauch ist für die Speisen da, Gott aber wird diesen und diese vernichten) in V. 13 ein solcher korinthischer Ausspruch.290 Beide Slogans scheinen dafür genutzt worden zu sein, Verbote im Bereich der Sexualität aufzuheben, wie die anschließende Entgegnung des Paulus zeigt, in der er die Bezeichnung „Bauch“ durch „Körper“ ersetzt:291 τὸ δὲ σῶμα οὐ τῇ πορνείᾳ ἀλλὰ τῷ κυρίῳ, καὶ ὁ κύριος τῷ σώματι· (Der Körper aber ist nicht für Unzucht, sondern für den Herrn, und der Herr 284  Vgl. Merklein 1992, 217; Fitzmyer 2008, 169; Inkelaar 2010, 167. Einige Exegeten sehen den Einschnitt dagegen erst innerhalb von V. 10. Dies hängt z. T. damit zusammen, dass mehrere Handschriften γάρ anstelle von δέ überliefern. Wenn man sich für die Textvariante mit γάρ entscheidet, ist V. 10a deutlich stärker an den vorangehenden Vers gebunden. Vgl. Klauck 1984, 29; Fee 1987, 99.109. Wilk verortet den entscheidenen Einschnitt erst nach V. 12, da die Erläuterung von V. 6 in zwei Abschnitten erfolge, die „jeweils mit einer […] Aussage über die apostolische Predigt eröfffnet werden (2,7a.13a) und jeweils in einem Satz über das Erkenntnismittel gipfeln, das ‚wir‘ von Gott empfangen haben (2,12.16c)“. Wilk 2012, 483. 285  Zu möglichen Zweifeln an der Authentizität und ursprünglichen Stellung der gesamten Texteinheit vgl. Fitzmyer 2008, 169–170. 286  Vgl. Schrage 1991, 247. 287  Vgl. Heil 2005, 62–66; Wilk 2019a, 25. 288  Vgl. Lindemann 1996, 205–206. 289  Vgl. Conzelmann 1981, 138–139; Fee 1987, 251–252; Schrage 1995, 10–11; Hays 1997, 101; T hiselton 2000, 460–462; Fitzmyer 2008, 261. 290  Vgl. Hays 1997, 101–103; Merklein 2000, 72–73. Andere Forscher zählen den zweiten Satz nicht zum Ausspruch der Korinther dazu, sondern sehen darin bereits den Beginn der paulinischen Entgegnung. Vgl. Conzelmann 1981, 140; Fee 1987, 254. Da der Nachsatz aber besser zur Vorstellung der Korinther, dass der Umgang mit dem Körper für das Heil irrelevant sei als zur anschließenden Argumentation des Paulus passt, handelt es sich dabei wohl eher um einen Teil des korinthischen Schlagwortes. 291  Vgl. Merklein 2000, 70.

3.4  Funktion der Zitate

171

ist für den Körper da.) (1Kor 6,13c). Der Satz bildet die Ausgangsthese der nun anschließenden Argumentation, deren T hema die angesprochene πορνεία (Unzucht) ist. Als Begründung dafür, dass der Körper dem Herrn gehöre, weist Paulus zunächst auf die Auferstehung als positive Konsequenz daraus hin: Wie Gott den Herrn auferweckt habe, werde er auch uns auferwecken (V. 14).292 Dann erläutert er seine T hese mithilfe von rhetorischen Fragen. Da er zwei davon mit οὐκ οἴδατε (wisst ihr denn nicht) einleitet, bleibt der Dialogstil, der durch Aufnahme der Schlagworte zu Beginn des Textabschnittes entstanden ist, erhalten. Zudem erhöht Paulus die Beweiskraft der folgenden Argumente, weil sie dadurch als bekanntes Wissen dargestellt werden.293 Inhaltlich legt Paulus in einem ersten Schritt dar, dass die Körper der Korinther Glieder Christi seien und man aus diesen keine Glieder einer Prostituierten machen dürfe (V. 15). Der Gegensatz zwischen Christus und Prostituierter bestimmt nun die Argumentation.294 In einem zweiten Schritt erklärt Paulus, dass der Geschlechtsverkehr mit einer Prostituierten zur Einswerdung mit ihr führe (V. 16a).295 Dies begründet er mit einem Schriftzitat: ‚ἔσονται‘ γάρ, φησίν, ‚οἱ δύο εἰς σάρκα μίαν‘. (Denn ‚es werden‘, heißt es, ‚die zwei ein Fleisch sein‘.) (1Kor 6,16b). Es handelt sich dabei um einen Vers aus dem zweiten Schöpfungsbericht (Gen 2,24 LXX), der hier durch formelhaftes φησίν und die Partikel γάρ markiert ist.296 Paulus wendet diese Aussage, die normalerweise auf die Ehe bezogen wird,297 auf die sexuelle Beziehung zu einer Prostituierten an, um den vorangehenden Halbvers (V. 16a) zu bestätigen.298 Darauf deutet auch die kausale Partikel γάρ hin. Das Zitat dient also zunächst zur Begründung einer ethischen Weisung.299 Dann leitet Paulus aber auch mit dessen Hilfe zum nächsten Gedankengang über, indem er das Stichwort der Einswerdung übernimmt und auf die Beziehung zu Christus überträgt.300 V. 17 ist zudem parallel zu V. 16a formuliert,301 um den Gegensatz zwischen Christus und Prostituierter noch einmal hervorzuheben: Wer sich an den Herrn hänge, werde ein Geist mit ihm sein.302 Damit setzt dann auch ein zweiter Argumen292  Vgl. Fee 1987, 256; Merklein 2000, 73–74. Weil V. 14 einen Gegensatz zu V. 13b darstellt und als Begründung von V. 13c verwendet wird, ist V. 14 keine Interpolation, möglicherweise aber traditionelles Spruchgut. Vgl. Schrage 1995, 9–10. 293  Vgl. Merklein 2000, 70; T hiselton 2000, 466. In ähnlicher Weise funktioniert auch die emphatische Verneinung am Ende von V. 15. 294  Vgl. Merklein 2000, 70. 295  Vgl. Fee 1987, 257–259. 296  Zur Besonderheit der Zitatmarkierung vgl. die Ausführungen auf S. 131–134. 297  Zur Berücksichtigung des Prätextkontextes vgl. S. 151. 298  Vgl. Clemen 1895, 193–194; Conzelmann 1981, 141; Klauck 1984, 48; Fee 1987, 259; Schrage 1995, 26; Hays 1997, 105; Lindemann 2000, 150; Merklein 2000, 76; Fitzmyer 2008, 267–268; Zeller 2010, 221.225. 299  Vgl. Koch 1986, 297. 300  Vgl. Soards 1999, 131; Rosner 1996, 516–518; Ciampa/Rosner 2007, 713. 301  Vgl. Conzelmann 1981, 142. 302  Schwierigkeiten bereitet an dieser Stelle die Ersetzung von „Leib“ durch den Begriff

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

tationsgang ein.303 Dieses Mal warnt Paulus die Korinther explizit vor Unzucht (V. 18a), wobei er die praktische Konsequenz aus den vorangehenden Ausführungen zieht.304 Er begründet seine Mahnung damit, dass man durch Unzucht anders als bei anderen Vergehen gegen den eigenen Leib sündige (V. 18b–c).305 Warum dies besonders schwerwiegend sei, erklärt Paulus wiederum mit einer durch οὐκ οἴδατε (wisst ihr denn nicht) eingeleiteten rhetorischen Frage: Der Körper eines Christusgläubigen gehöre nicht mehr ihm, sondern sei ein Tempel des Heiligen Geistes (V. 19). Dabei bezieht sich Paulus auf V. 17 zurück, indem er durch Wiederaufnahme des Stichworts πνεῦμα (Geist) darlegt, was es heißt, ein Geist mit dem Herrn zu sein.306 Als Grund dafür nennt er den Loskauf durch Gott (V. 20a).307 Daher zieht er abschließend die Schlussfolgerung, dass man Gott mit seinem Körper Ehre erweisen müsse (V. 20b), die zugleich eine weitere Begründung für das Verbot von Unzucht ist.308 Damit schließt sich der Kreis und der chiastische Aufbau der Argumentation, in deren Zentrum das Genesiszitat steht, wird erkennbar. Ausgehend vom kraftvollen Handeln Gottes (V. 13–14) wird der Blickwinkel zunächst auf den Leib und die Unzucht gerichtet (V. 15), dann weiter auf die Einswerdung mit einer Prostituierten zugespitzt (V. 16a) und schließlich in umgekehrter Reihenfolge wieder geweitet, von der Einswerdung mit dem Geist Gottes (V. 17) über körperliche Unzucht (V. 18) hin zum Loskauf durch Gott (V. 19–20). Die Scharnierstelle zwischen den beiden sich chiastisch entsprechenden Abschnitten bildet das Zitat von Gen 2,24 in 1Kor 6,16b, das die Schlüsselbegriffe der Einheit enthält und somit die Einswerdung mit einer Prostituierten in Verbindung setzt mit der Einswerdung mit dem Geist Gottes.309

„Geist“. Denn ein Gegensatz zwischen Leib und Geist passt nicht zur bisherigen paulinischen Position. Es ist wohl eher als Erklärung gedacht, im Sinne einer Anteilnahme an der geistigen Existenzweise Christi durch Vertrauen auf Christus in der leiblichen Existenz oder der Vermittlung der leiblichen Zugehörigkeit zu Christus durch den Geist. Vgl. Schrage 1995, 29–30; Merklein 2000, 77–78; Zeller 2010, 225. 303  Vgl. Fitzmyer 2008, 261; Zeller 2010, 221; Wolff 2011, 129. 304  Vgl. Merklein 2000, 78. 305  Die Auslegung von V. 18b ist umstritten. Da es auch andere Vergehen gibt, die dem Körper schaden, wird vermutet, dass Paulus den Teilvers entweder ad hoc formuliert habe oder dass es sich wiederum um einen korinthischen Ausspruch handele. Eine Entscheidung fällt hier schwer. Unabhängig von diesen Überlegungen lässt sich aber die Aussageabsicht des Paulus aus V. 18c ableiten. Der eigene Leib wird in das Vergehen involviert. Vgl. Hays 2000, 105–106; Merklein 2000, 78; Zeller 2010, 226–227. 306  Vgl. Fee 1987, 263. 307  Vgl. Conzelmann 1981, 143. Der Loskauf durch Christi Tod ist ein verbreitetes Bild im Urchristentum, das wahrscheinlich an die Praxis des Freikaufs von Sklaven in der Antike angelehnt ist. Vgl. Wolff 2011, 131. 308  Dass der Textabschnitt an dieser Stelle endet, legt der argumentative Neueinsatz in 1Kor 7,1 mit περὶ δὲ ὧν ἐγράψατε (nun aber zu dem, was ihr geschrieben habt) nahe. 309  Vgl. Heil 2005, 105–110.

3.4  Funktion der Zitate

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c. Zitat als Abschluss Im Gegensatz zur Verwendung von Zitaten als Argumentationsbasis, die vor allem im ersten Brief an die Korinther anzutreffen ist, werden Schriftworte im zweiten Brief an die Korinther häufig als Schlussbemerkung verwendet.310 In diesen Fällen stehen die Zitate nicht nur am Ende eines Textabschnitts, sondern bringen auch den Gedankengang auf den Punkt, indem sie die gesamte vorangehende Argumentation in einem Satz zusammenfassen. Ein Beispiel hierfür ist das Zitat aus Ex 16,18 in 2Kor 8,15, das den Textabschnitt 2Kor 8,1–15 abschließt. Zu Beginn des Textabschnitts 2Kor 8,1–15 führt Paulus den Korinthern das positive Beispiel der Mazedonier, die trotz Armut reichlich für die Gemeinde in Jerusalem gespendet hätten, in Form eines lobenden Berichts vor Augen (2Kor 8,1–5), wobei durch die direkte Anrede der Korinther als Brüder und den thematischen Wechsel der Beginn eines neuen Textabschnitts markiert wird. Die Fortsetzung des Gnadenwerks in Korinth durch Titus wird daraufhin als unmittelbare Folge der Ereignisse in Mazedonien dargestellt, indem ein substantivierter Infinitiv mit finaler Funktion angeschlossen wird (V. 6). Anschließend stellt Paulus die Situation der Korinther der der Mazedonier gegenüber und leitet daraus die Mahnung ab, ihren Überfluss an Liebe in uneingeschränkter Einsatzfreude für die Kollekte zu zeigen, bevor er den Zweck seiner Aufforderung nennt und sie mit dem Vorbild Christi begründet (V. 7–9).311 Im Anschluss daran rät er ihnen, ihren guten Willen in die Tat umzusetzen und die begonnene Sammlung auch zum Abschluss zu bringen (V. 10–12). Im Sinne einer Begründung erläutert Paulus daraufhin, dass die Kollekte mit dem Ziel des gerechten Ausgleichs erfolge (V. 13–14).312 Der Gedankengang endet mit einem Schriftzitat aus Ex 16,18,313 das durch eine Zitationsformel eingeleitet wird:314 … καθὼς γέγραπται· ‚ὁ τὸ πολὺ οὐκ ἐπλεόνασεν, καὶ ὁ τὸ ὀλίγον οὐκ ἠλαττόνησεν.‘315 (… wie geschrieben steht: ‚Wer viel [sammelte], hatte keinen Überfluss, und wer wenig [sammelte], hatte keinen Mangel.‘) (2Kor 8,15). Der Prätext Ex 16 berichtet davon, wie Gott die hungernden und murrenden Israeliten in der Wüste mit Wachteln und Manna gespeist habe, woraufhin alle Israeliten satt geworden seien, unabhängig davon, wie viel sie gesammelt hätten. Paulus übernimmt aus diesem Erzählzusammenhang nur den Grundgedanken, dass jeder so viel erhalte, wie er benötige. Zudem vereinfacht er den Wortlaut des Verses, um die parallele Satzstruk310 

Vgl. 2Kor 6,2; 8,15; 10,17. Im ersten Korintherbrief ist dies nur in 1Kor 1,31 der Fall. Vgl. Wolff 1989, 170; Schmeller 2015, 43. 312  Vgl. Furnish 1985, 409; Gräßer 2005, 32. 313  Das Zitat schließt den gesamten Textabschnitt ab. Denn in V. 16 leitet Paulus mithilfe eines Charis-Spruchs eine neue T hematik ein. Vgl. Zeilinger 1992, 271; Matera 2003, 193; Schmeller 2015, 42. 314  Vgl. Koch 1986, 22.25. 315  Paulus hat hier den Wortlaut geringfügig abgewandelt. Vgl. Koch 1986, 108. 311 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

tur stärker hervortreten zu lassen.316 Dadurch erhält das Zitat den Charakter einer sprichwörtlichen Wendung, die den zuvor von Paulus geforderten Ausgleich illu­striert.317 Im Gegensatz zur Exoduserzählung, in der die gerechte Verteilung durch Gott erfolgt, muss der Ausgleich bei Paulus aber durch menschliches Handeln in Gang gesetzt werden, und daher nutzt er das Zitat zugleich zur Legitimation seiner Forderung an die Korinther, die Kollekte zu unterstützen.318 Die von Gott geschaffene ausgeglichene Verteilung müsse durch Spendensammlung wiederhergestellt werden (ὅπως γένηται ἰσότης, καθὼς γέγγραπται – damit Gleichmäßigkeit entstehe, wie geschrieben steht [2Kor 8,14c–15]). Somit fasst der Exodus­vers zum einen das letzte Argument der paulinischen Ausführungen zur Kollekte und zum anderen die Grundidee des gesamten Textabschnitts zusammen, in dem Paulus mit einer Reihe von Begründungen die Korinther zur Vollendung der Kollektensammlung ermutigt.319 Als weiteres Beispiel für eine solche Abschlusszitation kann das Zitat in 2Kor 10,17 angeführt werden. In dem Textabschnitt 2Kor 10,12–18 kritisiert Paulus Leute, die sich selbst empfehlen. Obwohl er einen Vergleich mit diesen Personen ablehnt (2Kor 10,12), stellt er sein eigenes maßvolles Rühmen deren Eigenlob entgegen (2Kor 10,13).320 Als Begründung für seine positive Selbsteinschätzung führt Paulus an, dass er sich bei der Verkündigung des Evangeliums an die von Gott gesetzten Grenzen gehalten habe (2Kor 10,14). Diesen Gedanken erläutert er anschließend, indem er lediglich die Hoffnung auf Erweiterung des Verkündigungsraums äußert und sich von der Inanspruchnahme fremder Missionsgebiete abgrenzt (2Kor 10,15–16). Indirekt kritisiert er damit diejenigen, die sich mit den Erfolgen anderer schmücken.321 Stattdessen fordert er: ‚Ὁ δὲ καυχώμενος ἐν κυρίῳ καυχάσθω‘· οὐ γὰρ ὁ ἑαυτὸν συνιστάνων, ἐκεῖνός ἐστιν δόκιμος, ἀλλὰ ὃν ὁ κύριος συνίστησιν. (‚Wer sich aber rühmt, rühme sich im Herrn‘; denn nicht wer sich selbst empfiehlt, ist tüchtig, sondern wen der Herr empfiehlt.) (2Kor 10,17–18). 316  Vgl. Koch 1986, 108. Es ist aber auch nicht ganz ausgeschlossen, dass die kleineren Abweichungen vom Text der Septuaginta auf einen Erinnerungsfehler des Paulus oder eine abweichende Textvorlage zurückgehen. Vgl. Han 2014, 120–122. 317  Vgl. Barrett 1973, 227; Furnish 1985, 420; Lang 1986, 320; Martin 1986, 261.267–268; Barnett 1997, 415; Scott 1998, 181; Harris 2005, 592. Laut Koch ist der Kontext des Prätextes für das Verständnis des Zitats nicht nötig. Allein die Analogie zu einem vergangenen Geschehen sei für die illustrative Funktion des Zitats entscheidend. Vgl. Koch 1986, 258–259. 318  Vgl. Koch 1986, 297; Kremer 1990, 75; Zeilinger 1992, 271; Wünsch 1996, 309; T hrall 2000, 542–543; Balla 2007, 775–776. Hanson ist zudem der Ansicht, dass an dieser Textstelle die paulinische T heologie durchklinge und der Text damit nicht nur die ethische Ermahnung begründe, sondern auch Gottes Handeln in Christus beweise. Vgl. Hanson 1974, 176–177. Allerdings scheint er hier mehr in den Text hineinzulesen, als wirklich dasteht. 319  Vgl. T hrall 2000, 521; Schmeller 2015, 66–67. 320  Vgl. Barnett 1997, 484. 321  Vgl. Gräßer 2005, 106–107. Zur Gliederung vgl. Schmeller 2015, 174.

3.4  Funktion der Zitate

175

Paulus zitiert an dieser Stelle einen Vers, den er bereits in 1Kor 1,31 verwendet hat. Es handelt sich um eine sentenzartige Verkürzung von Jer 9,22–23.322 Während in 1Kor 1,31 eine Zitationsformel als Markierung dient, verzichtet Paulus nun darauf, da er den Vers aufgrund der Wiederholung als bekannt voraussetzt.323 Genauso wie in 1Kor 1,31 greift Paulus dagegen die Grundidee des Prätextes auf, wonach man Ruhm nur durch Gotteserkenntnis erhalte, um zum Verzicht auf Selbstruhm zu ermahnen.324 Dies zeigt auch die anschließende Erklärung in V. 18: Eine Beurteilung der apostolischen Taten erfolge allein durch den Herrn325. Daher hält sich Paulus im Gegensatz zu anderen, die aufgrund ihres Selbstruhms gegen die zitierte Forderung der Schrift verstoßen, bei der Verkündigung an das von Gott gesetzte Maß. Das Zitat bringt also die göttliche Grundlage seines Handelns zum Ausdruck und fasst dabei den Grundgedanken der vorangegangenen Ausführungen zusammen.326 Alle bisher dargestellten Textbeispiele zeigen, dass Paulus Schriftzitate zu formalen Zwecken verwendet. Sie dienen dann entweder als Ausgangsbasis einer argumentativen Einheit oder als verbindendes Scharnier zwischen zwei Textabschnitten oder als Zusammenfassung einer argumentativen Einheit. Somit bilden sie textstrukturierende Elemente, die zur Übersichtlichkeit beitragen. Jede formale Funktionsweise ist dabei für sich genommen eher selten in den Korintherbriefen des Paulus anzutreffen. Insgesamt weisen jedoch fast alle Zitate in den paulinischen Schreiben an die Korinther eine solche Funktion auf. 3.4.2  Inhaltliche Funktionen Zusätzlich zu den dargestellten strukturierenden Funktionen übernehmen alle Zitate auch eine bestimmte Rolle im Argumentationszusammenhang. So dienen die Schriftworte in 1Kor 14,21 und 6,16 als Begründung für vorangegangene T hesen, wohingegen die Schriftworte in 1Kor 2,9 und 2Kor 8,15 die geschilderten Situationen illustrieren. An den genannten Beispielen wird bereits ersicht322  Als Prätext kommt daneben 1Sam 2,10 in Frage. Umstritten ist ebenfalls, ob Paulus die Verkürzung selbst vorgenommen oder übernommen hat. Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 142–143. 323  Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 136. 324  Vgl. Schreiner 1974, 533–535.541–542; Furnish 1985, 482; Lang 1986, 334; Kremer 1990, 89. 325  Mit dem Herrn ist hier wohl Jesus Christus gemeint, da die Berufung zum Apostel, die in 2Kor 10,18 angesprochen wird, von Paulus auch anderswo mit Jesus Christus verbunden wird. Vgl. Capes 1992, 136; Balla 2007, 780; Capes 2018, 128–130. 326  Vgl. Bultmann 1976, 199; Martin 1986, 325; Heckel 1993, 192–193; Lambrecht 1999, 167; Harris 2005, 726; Balla 2007, 780; Schmeller 2015, 187. Interessanterweise bildet dieses Zitat auch im weiteren Verlauf des Briefes den Ausgangspunkt der Argumentation. Denn in der anschließenden Narrenrede parodiert Paulus das Sich-Rühmen seiner Gegner durch das Rühmen seiner Schwachheit und erfüllt damit die Aufforderung von 2Kor 10,17, indem er sein gesamtes Wirken auf Christus zurückbezieht. Vgl. Heckel 1994, 211–214.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

lich, dass Paulus in seinen Korintherbriefen zwei inhaltliche Funktionsweisen bevorzugt. Zum einen nutzt er Schriftzitate zur Legitimation seiner Aussagen und zum anderen zur Charakterisierung beschriebener Situationen. Zudem gibt es Fälle, in denen beide Funktionen miteinander kombiniert werden. Wie Paulus im Einzelnen dabei vorgeht, sollen jeweils zwei Textbeispiele pro Kategorie veranschaulichen. Wiederum wird die häufigste Form zu Beginn des Kapitels dargestellt. a. Zitieren zur Begründung einer Aussage In etwa zwei Drittel der Fälle dienen Zitate in den Korintherbriefen des Paulus vornehmlich zur Begründung einer Aussage, wobei diese Funktionsweise vor allem im ersten Brief an die Korinther vermehrt auftritt.327 Daher stammen die nun folgenden Beispiele auch aus diesem Brief: 1Kor 1,19 und 1Kor 9,9. Die Bestimmung der inhaltlichen Funktion eines Zitats erfolgt einerseits über die in den Zitateinleitungen enthaltenen Partikeln und andererseits mithilfe einer Argumentationsanalyse des das Zitat umgebenden Textabschnitts. Das Schriftwort in 1Kor 1,19 ist in einen Textzusammenhang eingebettet, der von 1Kor 1,18–31 reicht, wobei in V. 26 ein neuer Unterabschnitt beginnt. Darin erläutert Paulus den Korinthern die Grundlage ihres Glaubens: die Botschaft des Kreuzes Jesu Christi. Der Textabschnitt lässt sich klar als Einheit abgrenzen. Denn in V. 18 wechselt Paulus von der Darstellung des Ziels seiner persönlichen Sendung zu einer allgemeinen T hese über das Wort vom Kreuz, wobei er ein Stichwort aus V. 17 aufgreift:328 Die Botschaft vom Kreuz Christi sei für Juden und Griechen unverständlich, doch für die, die Gott berufen habe, sei sie Weisheit (1Kor 1,18).329 Noch deutlicher ist die Abgrenzung des Textabschnitts nach hinten hin erkennbar. In V. 26 beginnt Paulus nämlich einen neuen Teilgedankengang mit einer Aufforderung und einer direkten Anrede an die Korinther (1Kor 1,26: βλέπετε … ἀδελφοί – schaut … Brüder). Der gesamte Text ist zudem 327 

10,17.

328 

Vgl. 1Kor 1,19; 1,31; 3,19–20; 6,16; 9,9; 14,21; 15,27; 15,45; 15,54–55; 2Kor 6,2; 6,16–18;

Die T hese in V. 18, die in V. 19–25 erläutert wird, wird durch die begründende Partikel γάρ (denn) mit dem vorangehenden Textabschnitt verbunden. Die Stichwortverbindung durch das Substantiv λόγος (Wort) deutet darauf hin, dass Paulus den Korinthern nun erklären möchte, auf welche Art von λόγος (Wort) bzw. Weisheit seine Verkündigung beruhe. Denn die vorwiegende Verwendung der dritten Person Singular dient zur Darstellung eines Sachverhalts, in diesem Fall zur Begriffsklärung. Vgl. Fee 1987, 68; Strobel 1989, 46; Merklein 1992, 176–177. Die Begründung der Unvereinbarkeit von Kreuz und Weisheit wird auch in den folgenden zwei Textabschnitten fortgesetzt (1Kor 1,26–31 und 1Kor 2,1–5). Vgl. Fee 1987, 66–67; Schrage 1991, 166; Hays 1997, 26–27; Wolff 2011, 34–35. Umstritten ist nun, ob es sich bei dem Textabschnitt 1Kor 1,18–25 um eine narratio (vgl. Merklein 1992, 176) oder eine argumentatio (vgl. Schrage 1991, 167–168) handele. Denn der Textabschnitt enthält Elemente von beiden Redeteilen. 329  Vgl. Conzelmann 1981, 59.

3.4  Funktion der Zitate

177

von Gegensätzen (Torheit – Weisheit, Stärke – Schwäche, verloren – gerettet, Gott – Mensch), die dialektisch verwendet werden,330 und parallelen Satzstrukturen331 geprägt. Innerhalb der Textpassage begründet Paulus die eingangs aufgestellte T hese, dass die Botschaft vom Kreuz für Ungläubige der Sache nach nicht verständlich sei, Gläubigen aber zur Rettung diene. Dazu führt er zunächst ein Schriftzitat aus Jes 29,14 an, das durch die Zitationsformel γέγραπται γάρ (denn es steht geschrieben) eingeleitet wird:332 ἀπολῶ τὴν σοφίαν τῶν σοφῶν καὶ τὴν σύνεσιν τῶν συνετῶν ἀθετήσω. (Ich werde die Weisheit der Weisen vernichten und den Verstand der Verständigen werde ich auslöschen.) (1Kor 1,19).333 Die Grundaussage des Prätextes, nach der Gott aufgrund der Verblendung des Volkes die Vernichtung der Weisheit verkünde, bleibt erhalten.334 Paulus überträgt diesen Gedanken nun auf die Situation in Korinth. Die Ankündigung Jesajas, dass Gott alle weltliche Weisheit vernichten wolle, hat sich laut Paulus darin erfüllt, dass die Botschaft vom Kreuz für Weise unverständlich sei (1Kor 1,18).335 Zugleich nutzt er das Zitat als Begründung für den vorangehenden Vers.336 Darauf deutet einerseits die Partikel γάρ in der Einleitung hin. Andererseits wird dies durch die anschließende Argumentation ersichtlich, in der die vorangegangene Aussage zusätzlich begründet wird, wie an der zweifachen Verwendung der Konjunktion ἐπειδή (da ja) in 1Kor 1,21–22 erkennbar ist. Die Argumentation erfolgt dabei in zwei Schritten.337 Zunächst hebt Paulus die Beweiskraft des Schriftzitats hervor, indem er mithilfe von vier rhetorischen Fragen und einem Aussagesatz das beschriebene göttliche Handeln untermauert.338 Weil die Welt mithilfe ihrer eige330 

Vgl. Klauck 1984, 24; Merklein 1992, 171–174; Fitzmyer 2008, 152; Inkelaar 2010, 124. Vgl. Merklein 1992, 170–171. Auch der Wortlaut des Zitats ist von parallelen Strukturen durchzogen. Zum einprägsamen Aufbau des Zitats vgl. Heil 2005, 20–22. 332  Vgl. Koch 1986, 25. Für Paulus steht die Schrift als vorgegebener Text im Vordergrund. Denn er leitet an dieser Stelle ein direktes Gotteswort mit einer unpersönlichen Zitationsformel ein. Vgl. Koch 1986, 31–32. 333  Zum geringfügig geänderten Wortlaut des Zitats vgl. die Ausführungen auf S. 141. 334  Vgl. Hays 1997, 28–29; Williams 2001, 56–58.89–91; Hays 2005, 13–14. Neben der inhaltlichen Übereinstimmung belegen auch weitere Anspielungen auf Jesajapassagen mit ähnlicher T hematik in V. 20–24, dass Paulus dem Kontext des Prätextes Rechnung trägt. Vgl. Ciampa/Rosner 2007, 698–699. Für eine ausführliche Darstellung zum Wortlaut und zur Kontextualisierung des Zitats vgl. Wilk 2005b, 136–139 und S. 141.148–149. 335  Vgl. Hays 2005, 14–15; Ciampa/Rosner 2007, 697–698. 336  Vgl. Clemen 1895, 188–189; Conzelmann 1981, 61; Fee 1987, 69–70; Merklein 1992, 179; Williams 2001, 88; Zeller 2010, 107–108; Wolff 2011, 36. Etwas anderer Ansicht ist hingegen Lindemann. Seiner Meinung nach begründet das Zitat nicht die Aussage von V. 18, sondern die von V. 17, da dort das Stichwort „Weisheit“ genannt wird. Vgl. Lindemann 1996, 201. 337  Die hauptsächliche Verknüpfung der Sätze durch kausale Konjunktionen legt die Vermutung nahe, dass es sich insgesamt bei dem Textabschnitt um einen Begründungszusammenhang handelt. Vgl. Zeller 2010, 105. 338  Vgl. Conzelmann 1981, 64; Fee 1987, 72; Schrage 1991, 169. 331 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

nen Weisheit nicht in der Lage gewesen sei, Gott zu erkennen, habe Gott durch die Botschaft vom Kreuz eben diese Weisheit ad absurdum geführt (1Kor 1,20– 21). Anschließend veranschaulicht Paulus anhand konkreter Reaktionen von Juden und Griechen deren Unverständnis gegenüber der Kreuzesbotschaft und stellt ihnen das richtige Verhalten der Gläubigen gegenüber.339 Das Wort vom Kreuz erscheine sowohl Juden als auch Griechen töricht, da sie lieber auf Zeichen und weltliche Weisheit vertrauten, doch für die Berufenen unter ihnen sei Christus Gottes Kraft und Weisheit (1Kor 1,22–24).340 Der Gedankengang gipfelt schließlich in dem theologischen Urteil, dass Gottes Tun weiser und stärker als die Menschen sei, welches die Grundlage für das zuvor beschriebene Gottvertrauen bildet (1Kor 1,25).341 Das Schriftzitat in 1Kor 1,19 fungiert somit als Begründung für die Eingangsthese in 1Kor 1,18 und bildet die Ausgangsbasis für die weitere Argumentation, in der erläutert wird, warum und auf welche Weise Gott die Weisheit der Welt verworfen habe.342 Dabei legt Paulus den Korinthern nicht nur dar, aus welchem Grund sie sich von weltlicher Weisheit abwenden sollen, sondern zeigt ihnen auch Gottes Macht als Alternative dazu auf.343 Das Zitat in 1Kor 9,9, das ebenfalls zur Begründung einer Aussage eingesetzt wird, ist hingegen Teil eines längeren Textabschnitts, der den Verzicht des Paulus auf Unterhalt thematisiert (1Kor 9,1–18). Neben einem thematischen Wechsel344 wird der Beginn der Textpassage durch eine Anhäufung von rhetorischen Fragen345 markiert. Das Ende der Textpassage ist daran erkennbar, dass Paulus in 1Kor 9,19 noch einmal mit dem Adjektiv ἐλεύθερος (frei) (ebenso wie in 1Kor 9,1) neu einsetzt. Anstelle der Unterhaltsfrage steht nun die Freiheit des ­Apostels im Vordergrund. Am Anfang des Textabschnitts 1Kor 9,1–18 wehrt 339  Vgl. Fitzmyer 2008, 152. Nach der Darstellung von Gottes Tun wird nun der Blick auf das Verhalten der Adressaten der Kreuzesbotschaft gelenkt. Vgl. Strobel 1989, 45. Laut Lindemann wird dabei das Gegenüber von Juden und Heiden in der Gemeinde bewusst gemacht und zugleich hervorgehoben, dass sich die Berufenen in der Gemeinde aus beiden Gruppen zusammensetzen. Vgl. Lindemann 1996, 203. 340  Für die Ekklesiologie des Paulus bedeutet dies, dass die Polarisierung von Heiden und Juden durch das Kreuz überholt ist. An dessen Stelle tritt nun die Unterscheidung von Berufenen und Nicht-Berufenen. Vgl. Kraus 1996, 166–170. 341  Vgl. Fee 1987, 77. 342  Vgl. Koch 1986, 274; Ciampa/Rosner 2010, 89.93. 343  Vgl. Heil 2005, 31–36. 344  Während zuvor der Verzicht aller Gläubigen auf den Verzehr von Götzenopferfleisch diskutiert wurde (1Kor 8,1–13), wird nun der Unterhaltsverzicht des Paulus in den Blick genommen. Vgl. Fitzmyer 2008, 353.   Trotzdem ist Kapitel 9 funktional in den Gesamtzusammenhang von 1Kor 8–10, in dem die Frage nach dem Verzehr von Götzenopferfleisch beantwortet wird, eingebettet. Paulus stellt sich darin nämlich als rücksichtvolles Vorbild dar. Er verhält sich so, wie er es auch von den Korinthern in Bezug auf den Verzehr von Fleisch aus Götzenopfern fordert (1Kor 10,31–33). Der Verzicht entspricht dem paulinischen Freiheitsverständnis. Vgl. Schrage 1995, 278–279; Hays 1997, 146–147; Merklein 2000, 210–211; Heil 2005, 133–142. 345  Zum gehäuften Einsatz von rhetorischen Fragen in Kapitel 9 vgl. Fitzmyer 2008, 355.

3.4  Funktion der Zitate

179

sich Paulus gegen die Bestreitung seines Apostolats. Zur Rechtfertigung führt er ein Argument aus seiner persönlichen Erfahrungswelt und ein Argument aus der Geschichte der Gemeinde an. Seine Christus-Vision und die Gründung der Gemeinde weisen ihn als Apostel aus (1Kor 9,1). Letzteren Gedanken erläutert er näher, indem er auf das Bild des Siegels zurückgreift (1Kor 9,2).346 Nach dieser Einleitung richtet sich Paulus gegen einen konkreten Vorwurf seiner Kritiker, wobei der Neueinsatz mit ἡ ἐμὴ ἀπολογία τοῖς ἐμὲ ἀνακρίνουσίν ἐστιν αὕτη (meine Verteidigungsrede gegen die, die mich beurteilen, ist diese) markiert wird (1Kor 9,3). Die anschließenden rhetorischen Fragen erwecken den Eindruck, dass das Recht des Apostels auf Unterstützung durch die Gemeinde bestritten werde (1Kor 9,4). Seinen Anspruch darauf begründet Paulus mit zwei unterschiedlichen Argumenten, die er in rhetorische Fragen verpackt.347 Erstens habe er dasselbe Recht wie andere Apostel (1Kor 9,4–6), zweitens belege die Alltagserfahrung, dass man Anteil an den Früchten seiner Arbeit haben müsse (1Kor 9,7).348 Darüber hinaus sei das Recht sogar im Gesetz des Moses verankert (1Kor 9,8–11).349 Eingeleitet durch eine Zitationsformel mit Herkunftsangabe (ἐν γὰρ τῷ Μωϋσέως νόμῳ γέγραπται – denn im Gesetz des Moses steht geschrieben) zitiert Paulus anschließend aus der Schrift: οὐ κημώσεις βοῦν ἀλοῶντα. (Du sollst einem dreschenden Ochsen nicht das Maul verbinden.) (1Kor 9,9a). Das hier verwendete Schriftwort stammt aus Dtn 25,4.350 Da der Vers für sich genommen unverständlich bliebe, wird er durch eine anschließende Auslegung verständlich gemacht: μὴ τῶν βοῶν μέλει τῷ θεῷ ἢ δι᾽ἡμᾶς πάντως λέγει; δι᾽ἡμᾶς γὰρ ἐγράφη ὅτι351 ὀφείλει ἐπ᾽ἐλπίδι ὁ ἀροτριῶν ἀροτριᾶν καὶ ὁ ἀλοῶν ἐπ᾽ἐλπίδι τοῦ μετέχειν. (Kümmert sich Gott etwa um Ochsen oder sagt sie [die Schrift] das vielmehr wegen uns? Wegen uns wurde es nämlich geschrieben, weil auf Hoffnung der Pflügende pflügen soll und der Dreschende auf Hoffnung der Teilhabe.) (1Kor 9,9b–10). In seiner Erläuterung überträgt Paulus den Satz, der wie eine Tierschutzbestimmung klingt und auch so gedeutet wird, auf den Menschen.352 Dabei wendet er einen Schluss a minore ad maius und einen Schluss a fortiori an.353 Zusammen mit seiner Auslegung legitimiert das Zitat den Anspruch des Apostels auf Versorgung durch die Gemeinde, indem er durch den Bezug auf einen Gesetzestext als Rechtsgrundsatz dargestellt wird.354 Wie an anderen Stel346 

Vgl. Conzelmann 1981, 187–188. Eine Besonderheit stellt dabei die Tatsache dar, dass Paulus in 1Kor 9,8–10 seine rhetorischen Fragen selbst beantwortet. Vgl. Collins 1995, 160–161. 348  Zu beiden Argumenten in V. 6 und V. 7 führt Paulus jeweils drei Bespiele an. Vgl. Fee 1987, 405. 349  Vgl. Hays 1997, 151; Merklein 2000, 209–210. 350  Zum veränderten Wortlaut vgl. Fußnote 91 auf S. 140. 351  Zur besonderen Formulierung an dieser Stelle vgl. Fußnote 31 auf S. 132. 352  Vgl. Conzelmann 1981, 191; Fitzmyer 2008, 262. 353  Vgl. Rosner 2007, 128. 354 Vgl. Koch 1986, 203–204; Fee 1987, 408–409; Strobel 1989, 144; Schrage 1995, 347 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

len wird die Begründung durch kausales γάρ in der Zitationsformel kenntlich gemacht. Zusätzlich unterstützt die Herkunftsangabe, auf die sonst verzichtet wird, die Funktion der Legitimation. Wie wichtig Paulus eine ausreichende Begründung ist, zeigt auch die anschließende Schlussfolgerung,355 in der Paulus noch einmal Bezug auf sein Eingangsargument (1Kor 9,1–2) nimmt. Wenn er geistlichen Samen in der Gemeinde gesät habe, sei es dann zu viel verlangt, von ihnen irdische Gaben erhalten zu wollen (1Kor 9,11)? Ebenso wiederholt er auch in 1Kor 9,12a einen bereits vorher genannten Begründungsansatz in gesteigerter Weise und in Form einer rhetorischen Frage: Stehe ihm nicht viel mehr das Recht auf Unterhalt zu als den anderen Aposteln, da er darauf verzichte? Nach einer kurzen Erklärung zu seinem Unterhaltsverzicht kehrt Paulus wieder zur vorherigen Argumentation zurück, die in einem weiteren Beleg gipfelt. Eingeleitet durch οὐκ οἴδατε (wisst ihr denn nicht) verknüpft Paulus eine Kultvorschrift und ein Herrenwort miteinander, um das Recht auf Unterhalt für Verkündiger des Evangeliums zu beweisen (1Kor 9,13–14).356 Somit bildet das Zitat ein Glied innerhalb einer längeren Begründungskette. Überraschenderweise erklärt Paulus im Anschluss daran, dass er auf eben diesen Anspruch auf Unterhalt verzichte (1Kor 9,12.15.18). Seinen Entschluss begründet er einerseits damit, dass er der Botschaft Christi kein Hindernis in den Weg legen wolle (1Kor 9,12b) und andererseits damit, dass ihn die Beauftragung durch Gott zur Verkündigung ohne Bezahlung zwinge und die Verkündigung selbst sein Lohn sei (1Kor 9,15–18).357 b. Zitieren zur Veranschaulichung einer Aussage Neben der Legitimationsfunktion begegnen einem in den Korintherbriefen des Paulus auch Fälle, in denen ein Zitat zu Illustrationszwecken verwendet wird. Diese Zitatfunktion ist aber deutlich seltener als die zuvor genannte. Etwa ein Drittel der Schriftzitate in den Briefen des Paulus an die Korinther dienen dazu, 285.298; Hays 1997, 151; Collins 1999, 332; Merklein 2000, 211; Ciampa/Rosner 2007, 719; Zeller 2010, 305; Lincicum 2010, 130–133; Wolff 2011, 193. 355  Vgl. Conzelmann 1981, 191. 356  Weil V. 12 bereits den Gedanken des Verzichts auf Unterhalt vorwegnimmt, V. 13–14 aber noch einmal das Recht auf Unterhalt selbst belegen, ist die Gliederung des Textabschnitts schwierig. Je nach Gewichtung der Verse wird der Einschnitt dann entweder nach V. 12 oder nach V. 14 gesetzt. 357  Da die erste Erklärung bereits in die Rechtfertigung des Anspruchs an sich eingebettet ist und der Textabschnitt mit der Rechtfertigung seines Verzichts endet, liegt die Vermutung nahe, dass dies der eigentliche Kritikpunkt ist, gegen den sich Paulus zur Wehr setzt. Vgl. Fee 1987, 414. Die Begründung für den Verzicht auf Unterhalt ist deutlich kürzer als die für das Recht auf Unterhalt an sich. Allerdings lassen sich auch die folgenden Textabschnitte als Rechtfertigung für den Verzicht anführen. Für seine Mission passe Paulus sich nämlich den Menschen an, auf die er treffe, um sie zu retten (1Kor 9,19–23) und wie ein Wettkämpfer tue er alles für die Verkündigung der Botschaft Christi, denn er habe ein großes, unvergängliches Ziel vor Augen (1Kor 9,24–27). Vgl. Fitzmyer 2008, 354–355.

3.4  Funktion der Zitate

181

eine bestimmte Situation zu charakterisieren.358 Auffällig ist dabei das vermehrte Vorkommen der Funktionsweise im zweiten Korintherbrief. Daher werden im vorliegenden Kapitel sowohl ein Beispiel aus dem ersten als auch ein Beispiel aus dem zweiten Brief an die Korinther vorgestellt: 1Kor 10,7 und 2Kor 4,6. Ebenso wie beim Zitieren zur Legitimation erfordert die Darstellung des Zitierens zur Charakterisierung eine Argumentationsanalyse des gesamten Textabschnitts, in den das Schriftwort eingebunden ist. Die Textpassage 1Kor 10,1–13, in die das Zitat von 1Kor 10,7 eingebettet ist, beginnt folgendermaßen: οὐ θέλω γὰρ ὑμᾶς ἀγνοεῖν, ἀδελφοί, ὅτι οἱ πατέρες ἡμῶν πάντες ὑπὸ τὴν νεφέλην ἦσαν καὶ πάντες διὰ τῆς θαλάσσης διῆλθον … (Ich will nämlich nicht, dass ihr nicht wisst, Brüder, dass unsere Väter alle unter der Wolke waren und alle durch das Meer gegangen sind …). Die allgemeine Einleitung der Mitteilung und die Anrede markieren den Anfang eines neuen Textabschnitts.359 Im ὅτι-Satz wird dann der Inhalt der Mitteilung genannt. Paulus spricht von den Erfahrungen der Israeliten beim Auszug aus Ägypten. Diesen Gedanken setzt er in drei weiteren Sätzen fort, die jeweils mit καὶ πάντες (und alle) eingeleitet werden (1Kor 10,2–4a). Er hebt darin die gemeinsamen positiven Erlebnisse aller Israeliten mit Gott hervor. Am Ende dieser Aufzählung in 1Kor 10,4b heißt es: ἔπινον γὰρ ἐκ πνευματικῆς ἀκολουθούσης πέτρας, ἡ πέτρα δὲ ἦν ὁ Χριστός. (Denn sie tranken aus einem geistigen Felsen, der sie begleitete, der Fels aber war Christus.) Paulus begründet die positiven Erfahrungen der Israeliten also mit der Anwesenheit Christi unter ihnen. Ganz im Gegensatz dazu steht der folgende mit ἀλλ’ (aber) beginnende Vers, in dem Paulus berichtet, dass Gott die meisten von ihnen vernichtet habe, da er mit ihnen nicht zufrieden gewesen sei (1Kor 10,5).360 Die paulinische Erklärung dafür lautet, diese Ereignisse seien ein warnendes Beispiel für die Korinther (1Kor 10,6a).361 Daher fordert Paulus die Adressaten auf, nicht wie die Israeliten nach Bösem zu streben (1Kor 10,6b). Diese allgemeine Warnung konkretisiert er mithilfe von vier weiteren Mahnungen in Kombination mit entsprechenden Vergehen der Israeliten, die jeweils mit μηδέ (und nicht) eingeleitet werden (1Kor 10,7–10).362 Während zunächst die positiven Erlebnisse aller hervorgehoben worden sind (1Kor 10,1–4), liegt nun der Fokus auf dem Fehlverhalten einiger von ihnen (1Kor 10,7–10).363 Insgesamt gibt Paulus hier mehrere Ereignisse aus Ex 13–17 und Num 11–21 in Paraphrase wieder.364 Eine Ausnahme stellt dabei das erste negative Beispiel

358 

Vgl. 1Kor 2,9; 10,7; 2Kor 4,6; 4,13; 8,15; 9,9. Vgl. Schrage 1995, 386; Zeller 2010, 326. 360  Vgl. Zeller 2010, 326.329. 361  Vgl. Fee 1987, 451. 362  Vgl. Fee 1987, 451; Schrage 1995, 386. 363  Vgl. Hays 1997, 162–163; Merklein 2000, 241. 364  Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 156–157. 359 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

dar, das direkt aus Ex 32,6 zitiert wird:365 μηδὲ εἰδωλολάτραι γίνεσθε καθώς τινες αὐτῶν, ὥσπερ γέγραπται· ‚ἐκάθισεν ὁ λαὸς φαγεῖν καὶ πεῖν καὶ ἀνέστησαν παίσειν‘. (Ihr sollt auch keine Götzendiener werden wie einige von ihnen, wie geschrieben steht: ‚Das Volk setzte sich, um zu essen und zu trinken und sie standen auf, um zu tanzen‘.) (1Kor 10,7). Das Zitat ist durch die Zitationsformel ὥσπερ γέγραπται (wie geschrieben steht) markiert. Es stimmt wörtlich mit dem Bezugsvers in der Septuaginta überein.366 Im Prätext wird von der Erschaffung des Goldenen Kalbs und einem anschließenden Fest für den Götzen berichtet. Dementsprechend warnt Paulus die Korinther davor, wie die Israeliten einen Götzen zu verehren.367Der Exodusvers veranschaulicht also den Götzendienst Israels und stellt ein Beispiel von mehreren für den Vergleich zwischen dem Volk Israel und der Gemeinde von Korinth dar.368 Die Warnung selbst wirkt dadurch umso plastischer: Unscheinbares Verhalten wie Essen und Trinken ist unter bestimmten Voraussetzungen nicht gottgerecht, nämlich dann wenn es im Zusammenhang mit der Anbetung eines Götzen erfolgt. Indem Paulus ein Schriftwort wählt, das Mahl und Götzendienst verbindet, schafft er zudem eine Basis für die weitere paulinische Argumentation zur Unvereinbarkeit von Abendmahl und Götzendienst (1Kor 10,14–22).369 Aus diesem Grund scheint Paulus sich auch an dieser Stelle für ein direktes Zitat entschieden zu haben. Denn so sticht der zentrale thematische Gesichtspunkt innerhalb der Aufzählung stärker heraus.370 Dementsprechend wird die vorangestellte Warnung vor Götzendienst mit einem direkten Imperativ ausgedrückt und im Gegensatz zu den folgenden Beispielen fehlt hier ein Hinweis auf die Bestrafung des Vergehens.371 Nach drei weiteren negativen Beispielen weist Paulus noch einmal darauf hin, dass diese Ereignisse als warnendes Vorbild für diejenigen, denen das Ende der Welt bevorstehe, aufgeschrieben worden seien (1Kor 10,11).372 Er überträgt die Geschehnisse also auf die Situation der Korinther und warnt sie anschließend in Form einer Schlussfolgerung vor zu großer Selbstsicherheit (1Kor 10,12).373 Diese Warnung verstärkt Paulus zuerst durch den Hinweis, dass ihre Prüfung 365 

Vgl. Fee 1987, 453–454. Vgl. Koch 1986, 102. 367  Vgl. Ciampa/Rosner 2007, 725. 368  Vgl. Fee 1987, 453; Schrage 1995, 412; Merklein 2000, 251; Ciampa/Rosner 2010, 456–458; Works 2014, 71. 369  Vgl. Fee 1987, 454; Hays 1997, 163–164; Wolff 2011, 218–219. 370  Vgl. Koch 1986, 216; Lindemann 1996, 215; Collins 1995, 152. 371  Vgl. Schrage 1995, 398–399; Merklein 2000, 248. 372  Vgl. Aageson 1993, 50–51. Der zweimalige Hinweis auf die Exemplarität des Geschehens in V. 6 und V. 11 weist den gesamten Textabschnitt als paränetisches Exempel aus. Vgl. Schrage 1995, 381. Oft wird er auch als Typologie bezeichnet. Vgl. z. B. Julius 1999, 229–232. Luz und Zeller bezweifeln aber, dass diese Bezeichnung passend ist, da der weltanschauliche Hintergrund nicht dem einer typologischen Gegenüberstellung entspreche. Vgl. Luz 1968, 120–122; Zeller 2010, 333. 373  Vgl. Fee 1987, 458–459. 366 

3.4  Funktion der Zitate

183

bisher das menschliche Maß noch nicht überschritten habe,374 mildert sie dann aber mithilfe des Stichwortes von der Treue Gottes ab.375 Gott werde dafür sorgen, dass seine Probe die Fähigkeiten der Korinther nicht übersteige und sie diese bestehen könnten (1Kor 10,13).376 Anschließend verknüpft Paulus seine am Beispiel Israels dargelegte Mahnung mit der übergeordneten Fragestellung nach dem Verzehr von Götzenopferfleisch. Dazu beginnt er mit der Anrede ἀγαπητοί μου (meine Lieben) in 1Kor 10,14 einen neuen Textabschnitt.377 Während Paulus in 1Kor 10,1–13 mithilfe eines Zitats und weiterer Paraphrasen aus den Büchern Exodus und Numeri Vergehen veranschaulicht, vor denen sich die Korinther hüten sollen, charakterisiert er in 2Kor 4,6 seine eigene Berufung zum Apostel anhand eines Gotteswortes. In 2Kor 4,1–6 beschreibt Paulus nämlich den Dienst eines Apostels. Daher wechselt zu Beginn des Textabschnitts auch die zentrale Begrifflichkeit: An die Stelle von δόξα (Herrlichkeit) tritt nun διακονία (Dienst). Ebenso verschiebt sich der inhaltliche Akzent ab 2Kor 4,7 von der Berufung und Verkündigung der Diener Gottes hin zu ihrem Verhalten in Bedrängnis. Beibehalten wird allerdings in allen Textpassagen die Rede in der ersten Person Plural. Damit bildet der vorliegende Textabschnitt eine Fortsetzung des vorangehenden. Dies ist auch an der einleitenden präpositionalen Wendung διὰ τοῦτο (dadurch, deshalb) ersichtlich.378 Inhaltlich knüpft der Abschnitt an 2Kor 2,14–17 an und fasst die Gedanken aus 2Kor 3,7–18 zusammen.379 Er beginnt mit einer Voraussage bleibender Zuversicht, wobei der von Gott übertragene Dienst in Form einer Partizipialkonstruktion als Begründung vorangestellt worden ist (2Kor 4,1). Daran ist erkennbar, dass mit dem Personalpronomen „wir“ die Diener Gottes, d. h. Paulus und seine Mitarbeiter, gemeint sind. Anschließend erläutert Paulus mithilfe von drei negativen und einer positiven Bestimmung die Kon374  Nach Conzelmann werde bereits in V. 13a durch den Hinweis auf die menschliche Art der Prüfung Trost ausgesprochen. Vgl. Conzelmann 1981, 207. 375  Vgl. Fee 1987, 451.460; Schrage 1995, 387. Er spricht damit eine Grundidee an, die sich sowohl in den Schriften Israels, auf die er sich zuvor bezogen hat, als auch im gesamten Brief findet. Vgl. Works 2014, 81–87. 376  Der Textabschnitt gliedert sich also in drei Teile: Auf die positive Auslegung verschiedener Pentateuchstellen mit negativem Ausblick (V. 1–5) folgen konkrete Mahnungen an die Korinther (V. 6–10), die in einer grundsätzlichen Warnung münden (V. 11–13). Vgl. Schrage 1995, 382–383. 377  Der Textabschnitt 1Kor 10,1–13 wird in 1Kor 10,14–22 fortgesetzt. Da V. 14 eine Überleitung bildet, kann man darin das Ende der ersten oder den Anfang der zweiten Textpassage sehen. Vgl. Hays 1997, 166; Merklein 2000, 240; Fitzmyer 2008, 377; Wolff 2011, 212. Laut Schneider endet der Textabschnitt mit dem Rück- bzw. Vorausblick in V. 15, der mithilfe des Wortfeldes „Verstehen“ zusammen mit V. 1 einen Rahmen um die Argumentation bilde. Vgl. Schneider 2011, 189–194.230. 378  Vgl. Barrett 1973, 127; Furnish 1984, 217; Martin 1986, 75–76; Barnett 1997, 211; Lambrecht 1999, 67; Gräßer 2002, 147; Harris 2005, 322; Balla 2007, 762; Schmeller 2010, 234–235. Daher hat der Text auch den Charakter einer peroratio. Vgl. Schmeller 2010, 236. 379  Vgl. Barnett 1997, 210; Gräßer 2002, 159; Harris 2005, 320.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

sequenzen für das Verhalten eben dieser zuversichtlichen Diener.380 Sie würden nicht listig oder heimlich handeln, sondern offen die Wahrheit verkünden (2Kor 4,2). Die negativen Bestimmungen deuten darauf hin, dass sich Paulus gegen Vorwürfe wehrt oder vom Verhalten falscher Apostel abgrenzt.381 In Bezug auf ihre Hörerschaft fügt er aber eine Einschränkung hinzu (erkennbar an der Einleitung mit εἰ δὲ καί – wenn aber auch):382 Nicht jeder Mensch könne das Evangelium empfangen, für Ungläubige sei es verhüllt (2Kor 4,3). Im folgenden Relativsatz wird dann der Akt des Verhüllens näher beschrieben.383 Der Gott dieser Welt384 habe sie geblendet, sodass sie das Licht Christi nicht erkennen konnten (2Kor 4,4). Der Satz endet mit einer Beschreibung Christi, die Paulus als Überleitung für die anschließende Begründung nutzt, die durch γάρ (denn) eingeleitet wird und sich auf 2Kor 4,2 zurückbezieht.385 Die Aufgabe der Diener Gottes sei es nämlich, Jesus Christus zu verkünden und der Gemeinde zu dienen (2Kor 4,5).386 Diese Argumentation wird im nächsten Vers durch eine eigene Begründung gestützt:387 Gott habe die Herzen der Apostel erhellt, damit sie seine Herrlichkeit in Jesus Christus weitergeben (2Kor 4,6).388 Der Textabschnitt gliedert sich also in drei Verspaare, in denen zuerst die Form der apostolischen Verkündigung, dann eine Reaktion darauf und schließlich deren Inhalt thematisiert werden.389 Den letzten Vers leitet Paulus mithilfe eines Gotteswortes390 ein: ὅτι ὁ θεὸς ὁ εἰπών· ‚ἐκ σκότους φῶς λάμψει‘ … (Denn Gott, der gesagt hat: ‚Aus Finsternis wird Licht leuchten‘ …) (2Kor 4,6a). Anstelle der unpersönlichen Zitationsformel γέγραπται γάρ (denn es steht geschrieben) verwendet Paulus an dieser Stelle eine Einleitung, die Gott explizit als Sprecher auszeichnet. Der Inhalt der anschließenden wörtlichen Rede deutet auf den Kontext der Schöpfung hin. Trotz struktureller Übereinstimmungen entspricht die Wortwahl nicht genau der von Gen 1,3. Statt γενηθήτω φῶς (Licht soll entstehen) heißt es hier: ἐκ σκότους φῶς 380 

Vgl. Barnett 1997, 212. Vgl. Barrett 1973, 128–129; Barnett 1997, 211.214; Gräßer 2002, 149. 382  Vgl. Furnish 1984, 219; Gräßer 2002, 151. 383  Vgl. Barnett 1997, 218. 384  Zur sonstigen Verwendung der Bezeichnung bei Paulus vgl. Gräßer 2002, 152–153. 385  Der Rückbezug ist nicht nur am Inhalt ablesbar, sondern auch am Wechsel der Person und der ähnlichen Satzstruktur. Anstelle der dritten Person Plural wird nun wieder die erste Person Plural verwendet und ebenso wie in V. 2 wird einer negativen Aussage eine positive mit ἀλλά (sondern) gegenübergestellt. Vgl. Lambrecht 1999, 68. 386  Laut Barrett kann man den christlichen Dienst kaum präziser mit so wenigen Worten beschreiben wie in diesem Vers. Vgl. Barrett 1973, 134. 387  Vgl. Furnish 1984, 223; Barnett 1997, 223; Gräßer 2002, 157. 388  Möglicherweise bezieht sich Paulus hier v. a . auf seine eigene Berufungssituation. Vgl. Barnett 1997, 211. 389  Vgl. Harris 2005, 321; Schmeller 2010, 236. 390  Dieses Wort Gottes wird unterschiedlich bezeichnet. Während einige es ein Zitat nennen, bezeichnen andere es als Paraphrase oder Anspielung. Vgl. z. B. Lambrecht 1999, 66.69; Gräßer 2002, 157–158; Harris 2005, 334. 381 

3.4  Funktion der Zitate

185

λάμψει (aus Finsternis wird Licht leuchten). Eine ähnliche Wortfolge391 findet man hingegen in Jes 9,1: φῶς λάμψει ἐφ᾽ὑμᾶς (Licht wird auf euch leuchten).392 Die Erschaffung des Lichts, wie sie im ersten Schöpfungsbericht geschildert wird, wird in Jes 9,1–6 genutzt, um die Befreiung von Fremdherrschaft durch die Geburt eines Kindes zu veranschaulichen. Paulus scheint nun diese beiden Prätexte miteinander zu verknüpfen.393 Während die Zitationsformel auf die Schöpfung durch Gottes Wort (Gen 1,3) anspielt, deutet die Wortwahl auf die Verheißung von Jes 9,1 hin. Paulus nutzt die Kontexte beider Prätexte, um Gottes Wirken zu umschreiben.394 Genauso wie bei der Erschaffung des Lichts habe Gott die Herzen seiner Diener erhellt, damit sie die Herrlichkeit Jesu Christi erkennen und sich so die Verheißung von Jes 9,1–6 erfülle.395 Zudem veranschaulicht das Zitat nicht nur Gottes Handeln, sondern auch die beschriebene Situation an sich, die Berufung und der Dienst des Apostels.396 Denn direkt an das Zitat schließt folgender Satz an: … ὃς ἔλαμψεν ἐν ταῖς καρδίαις ἡμῶν πρὸς φωτισμὸν τῆς γνώσεως τῆς δόξης τοῦ θεοῦ ἐν προσώπῳ [Ἰησοῦ] Χριστοῦ. (… der es in unseren Herzen leuchten lassen hat zum Aufleuchten397 der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi.)398 (2Kor 4,6b). Die Berufung wird hier als Erleuchtung dargestellt.399 Wie Gott einst das Licht allein durch sein Wort geschaffen habe, so habe er auch seine Diener von einem Augenblick zum anderen zur Erkenntnis der wahren Bedeutung Jesu Christi geführt.400 Durch das Zitat wird die Berufung der Apostel folglich als göttliche Neuschöpfung charakterisiert. Zudem erhält der Dienst des Paulus durch seinen Bezug auf Jes 9,1 prophetische Autorität. Denn er beinhaltet ebenso wie die Verheißung Jesajas das Licht als Zeichen der Rettung, das mit Jesus Christus gleichgesetzt werden kann.401

391  Daneben gibt es wörtliche Übereinstimmungen mit Hiob 37,15. Da jedoch inhaltliche Anklänge an diesen Prätext fehlen, bezieht sich Paulus wohl nicht auf diesen Text. Vgl. Aernie 2012, 205–206. 392  Vgl. Furnish 1984, 223–224; Martin 1986, 80; Wilk 2005b, 148. 393  Vgl. Schmeller 2005, 247. 394  Vgl. T hrall 1994, 315; Balla 2007, 763–764; Wilk 2008, 683–684. 395  Die hier beschriebene Berufung der Apostel lässt sich auch auf alle Christusgläubigen übertragen. Die Bekehrung zu Christus erfolgt somit durch Gottes Wirken und kann mit einer Neuschöpfung gleichgesetzt werden. Vgl. Balla 2007, 763–764. 396  Vgl. Hafemann 1998, 250; Lambrecht 1999, 69; Schmeller 2010, 248. 397  Vgl. Wilk 1998, 271–272. 398  Die Anknüpfung an V. 6a bedarf entweder der Ergänzung von ἐστίν (er ist es) oder der Übersetzung des Relativpronomens mit einem Demonstrativpronomen. Vgl. Lambrecht 1999, 66; Harris 2005, 334; Schmeller 2010, 247. 399  Damit entspricht Paulus einer jüdischen sowie griechisch-römischen Tradition. Vgl. Schmeller 2010, 247–248. 400  Vgl. Barrett 1973, 134–135; Lang 1986, 278; Gräßer 2002, 157–158; Wolff 1989, 87–88. 401  Vgl. Aernie 2012, 204–214.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

c. Kombination beider Funktionen Die bisher dargestellten Beispiele lassen sich eindeutig einer der beiden inhaltlichen Funktionsweisen zuordnen. Daneben gibt es aber auch einige Zitate, die innerhalb eines Textabschnitts beide Funktionen erfüllen, wobei eine der beiden stärker ausgeprägt ist als die andere.402 Man kann demnach Fälle in den Korintherbriefen des Paulus unterscheiden, in denen das Schriftwort vornehmlich zur Legitimation einer Aussage dient und zusätzlich die Situation charakterisiert.403 Ebenso kommt es vor, dass ein Zitat in erster Linie eine Aussage illustriert, aber zugleich indirekt die Gesamtaussage des Textabschnittes begründet.404 Für beide Möglichkeiten soll an dieser Stelle jeweils ein Beispiel erläutert werden: 1Kor 15,54–55 und 2Kor 9,9. Τοῦτο δέ φημι, ἀδελφοί (Dies aber sage ich, Brüder): Mit diesen Worten leitet Paulus in 1Kor 15,50 einen neuen Textabschnitt ein.405 Nachdem er die leibliche Veränderung bei der Auferweckung der Toten dargelegt hat (1Kor 15,35–49), beschäftigt er sich nun noch einmal allgemein mit der Frage nach der Auferstehung der Toten (1Kor 15,50–58). Er fasst in dieser Passage Gedanken aus den vorangegangenen Abschnitten zusammen und führt sie weiter aus.406 Dazu beginnt er mit zwei negativen T hesen, die parallel formuliert sind und dieselbe Aussage treffen,407 wobei die zweite als Erklärung für die erste T hese fungiert:408 Fleisch und Blut könnten nicht das Reich Gottes erben, da die Vergänglichkeit nicht die Unvergänglichkeit erben werde (1Kor 15,50).409 Direkt im Anschluss daran heißt es: ἰδοὺ μυστήριον ὑμῖν λέγω… (Siehe, ich sage euch ein Geheimnis…) (1Kor 15,51a). Paulus stellt nun der negativen Aussage eine positive entgegen, die er durch die Interjektion „siehe“ und die Bezeichnung als „Geheimnis“ besonders hervorhebt.410 Zugleich bezieht er die Korinther durch

402  Aus diesem Grund werden die entsprechenden Zitate in den vorangegangenen zwei Kapiteln der Funktionsweise zugeordnet, die deutlicher hervortritt. 403  Vgl. 1Kor 15,27; 15,45; 15,54–55; 2Kor 6,2; 6,16–18. 404  Vgl. 2Kor 4,13; 8,15; 9,9. 405  Vgl. Conzelmann 1981, 356. Τοῦτο (dies) könnte sich auch auf den vorhergehenden Vers zurückbeziehen. Wahrscheinlicher ist aber, dass es sich um eine Formel zur Einleitung eines neuen Gedankens handelt, da die Wendung auch in 1Kor 7,29 so eingesetzt wird, eine erneute Anrede erfolgt und die Partikel δέ (aber) verwendet wird. Vgl. Fee 1987, 798; Zeller 2010, 519. 406  Vgl. Wilk 1998, 113–114. 407  Vgl. Fee 1987, 798. 408  Vgl. Fitzmyer 2008, 603. 409  Viele Forscher interpretieren den ersten Teil der T hese (V. 50b) als traditionelle Aussage. Merklein und Gielen gehen noch einen Schritt weiter, ihrer Meinung nach greift Paulus an dieser Stelle eine T hese der Korinther auf. Vgl. Merklein/Gielen 2005, 376–380. Der zweite Teil der T hese (V. 50c) wird hingegen als Übersetzung für hellenistische Leser (vgl. Zeller 2010, 519) oder als Wiederholung von V. 42 angesehen (vgl. Hays 1997, 274). 410  Damit schlüpft Paulus in die Rolle eines Propheten, der ihnen das Geheimnis offenbart. Vgl. Klauck 1984, 121; Schrage 2001, 371; Merklein/Gielen 2005, 381.

3.4  Funktion der Zitate

187

den Wechsel zur ersten Person Plural mit ein.411 Wenn die Toten auferweckt würden, würden auch alle Lebenden verwandelt werden (1Kor 15,51)412. Diese T hese erläutert er dadurch, dass er die zeitlichen Umstände der Verwandlung näher beschreibt (1Kor 15,52).413 Anschließend zieht Paulus ein Fazit aus seinen Ausführungen (eingeleitet durch δεῖ γάρ – denn es muss), wobei er wie in 1Kor 15,50 zwei parallele, synonyme Sätze verwendet und die Verwandlung mit dem Wechseln eines Kleides vergleicht (1Kor 15,53).414 Von einem Augenblick auf den anderen würden alle Gläubigen ein unvergängliches und unsterbliches Kleid erhalten (1Kor 15,51–53).415 Wenn das geschehe, τότε γενήσεται ὁ λόγος ὁ γεγραμμένος· ‚κατεπόθη ὁ θάνατος εἰς νῖκος. ποῦ σου, θάνατε, τὸ νῖκος; ποῦ σου, θάνατε, τὸ κέντρον;‘ (dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht: ‚Verschlungen ist der Tod in den Sieg. Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?‘) (1Kor 15,54b–55). Paulus kombiniert an dieser Stelle zwei Schriftworte miteinander. Zunächst markiert er beide Zitate durch die nicht formelhafte Zitateinleitung τότε γενήσεται ὁ λόγος ὁ γεγραμμένος (dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht).416 Im Gegensatz zu anderen Schriftbezügen hebt er nun hervor, dass sich die Worte bisher noch nicht erfüllt hätten.417 Dann zitiert er direkt hintereinander den Beginn von Jes 25,8 und den mittleren Teil von Hos 13,14. Bei beiden Versteilen weicht der Wortlaut von der heutigen Fassung der Septuaginta ab.418 Zudem ist die Zusammenstellung selbst ungewöhnlich, da es sich ursprünglich zum einen um eine Heilszusage und zum anderen um eine Unheilsverkündigung handelt.419 Bei Paulus stellen beide Verse zusammen eine Verheißung des Siegs über den Tod dar.420 Sie benennen das Ergebnis der zuvor beschriebenen Verwandlung und belegen die Gewissheit der Überwindung des Todes durch die Auferstehung.421 Zugleich veranschaulichen sie das Auferstehungsgeschehen, indem die Verwandlung der Lebenden am Ende der Zeiten mit dem endgültigen Sieg über den Tod durch Jesus Christus in Verbindung gebracht wird (1Kor 15,54–57).422 411 

Vgl. Schrage 2001, 369–370. Zu den verschiedenen Lesarten von V. 51 vgl. Schrage 2001, 370. 413  Paulus greift dabei auf das traditionelle Symbol des Trompetensignals zurück, um die Plötzlichkeit des Geschehens hervorzuheben. Vgl. Hays 1997, 274. 414  Vgl. Conzelmann 1981, 359–360; Fee 1987, 802; Hays 1997, 275; Zeller 2010, 518. 415  Die Verse stimmen in Grundzügen strukturell und inhaltlich mit 1T hess 4,15–17 überein. Vgl. Fee 1987, 800–802; Zeller 2010, 521. 416  Vgl. Koch 1986, 25. 417  Vgl. Fee 1987, 803; Merklein/Gielen 2005, 384. 418  Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 145–146. 419  Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 152–153. 420  Vgl. Fitzmyer 2008, 607. 421  Vgl. Wilk 1998, 119. 422  Vgl. Wilk 2005b, 146. 412 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

Paulus hebt am Schluss seiner Argumentation also noch einmal die Bedeutsamkeit der Auferstehung hervor, indem er den Sieg über den Tod mittels der Zitatkombination als Erfüllung der Schrift darstellt.423 Zudem wird das zweite Schriftwort anschließend erläutert.424 Denn in 1Kor 15,56 greift Paulus den Begriff κέντρον (Stachel) aus dem zweiten Zitat wieder auf und verbindet ihn mit dem Begriff ἁμαρτία (Sünde). Die Sünde, die ihre Macht durch das Gesetz erhalte, sei der Stachel des Todes (1Kor 15,56).425 Und auch bei der abschließenden Danksagung knüpft er begrifflich an die Zitate an.426 Gott schenke den Menschen den Sieg (νῖκος) über den Tod durch Jesus Christus, daher seien sie ihm zu Dank verpflichtet (1Kor 15,57). Damit hat sich Paulus von den konkreten Ausführungen zur Verwandlung der Lebenden bei der Parusie verabschiedet und mithilfe der Zitatkombination zur allgemeinen Darstellung des Auferstehungsgeschehens als Sieg Gottes über den Tod zurückgefunden. Daher ist die Abschlussermahnung an die Korinther, am Glauben festzuhalten und sich unerschütterlich für die Sache des Herrn einzusetzen (1Kor 15,58), als Konsequenz (eingeleitet durch ὥστε – demnach, daher) der gesamten Argumentation in Kapitel 15 zu verstehen.427 In 2Kor 9,6–15 steht die Kollekte für Jerusalem im Zentrum der Argumentation. Nachdem Paulus die Gemeinde in Korinth zur Fortsetzung der Kollekte ermuntert und ihnen den Besuch dreier Kollektenbeauftragter angekündigt hat (2Kor 8), erklärt er anschließend, warum er die „Brüder“ vorausgeschickt habe. Er wolle, dass die Gemeinde bei seiner eigenen Ankunft mit den Mazedoniern gut vorbereitet sei und eine großzügige Spende als Beweis für ihre gelobte Einsatzbereitschaft vorweisen könne (2Kor 9,1–5). Mit τοῦτο δέ (dies aber [sage ich euch]) beginnt er dann in 2Kor 9,6 einen neuen Textabschnitt,428 wobei er mithilfe sprichwörtlicher Wendungen429 jedes einzelne Gemeindemitglied zur freigebigen und bereitwilligen Teilnahme an der Spendensammlung ermahnt (2Kor 9,6–7). Als Begründung für diese Mahnung führt Paulus wie in 2Kor 8,7 den von Gott geschenkten Überfluss der Gemeinde an, der Wohltätigkeit ermögliche (2Kor 9,8). Direkt im Anschluss zitiert er dann einen Psalmvers: 423 

Vgl. Ortkemper 1993, 166; Hays 1997, 275; Schrage 2001, 361; Zeller 2010, 523. Vgl. Koch 1986, 272. 425  Da der Vers nur mithilfe zusätzlicher Informationen verständlich ist, hat man ihn für eine nachpaulinische Glosse gehalten. Laut Zeller ist er aber eine persönliche Bemerkung des Paulus, die sein Nachdenken über das Gesetz zeigt. Vgl. Zeller 2010, 524–525. Ähnlich argumentieren auch Conzelmann und Hays. Vgl. Conzelmann 1981, 361–362; Hays 1997, 277. 426  Vgl. Conzelmann 1981, 362. 427  Vgl. Hays 1997, 277; Merklein/Gielen 2005, 374–375. Da der Textabschnitt (1Kor 15,50–58) den Abschluss der Argumentation bildet, kann er als peroratio bezeichnet werden. Vgl. Merklein/Gielen 2005, 375. 428  Vgl. Wolff 1989, 183; Schmeller 2015, 90. 429  Vgl. Furnish 1985, 446–447; Gräßer 2005, 53–56. Möglicherweise spielt er dabei auf zwei Wendungen aus dem Proverbienbuch an. Vgl. Hanson 1974, 177–178. 424 

3.4  Funktion der Zitate

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8 δυνατεῖ δὲ ὁ θεὸς πᾶσαν χάριν περισσεῦσαι εἰς ὑμᾶς, ἵνα ἐν παντὶ πάντοτε πᾶσαν αὐτάρκειαν ἔχοντες περισσεύητε εἰς πᾶν ἔργον ἀγαθόν, 9 καθὼς γέγραπται· ‚ἐσκόρπισεν, ἔδωκεν τοῖς πένησιν, ἡ δικαιοσύνη αὐτοῦ μένει εἰς τὸν αἰῶνα.‘ (8 Gott aber kann jede Gnadengabe in euch reich machen, damit ihr in allem immer jegliches Auskommen habt und den Überfluss in jedes gute Werk steckt, 9 wie geschrieben steht: ‚Er hat ausgestreut, er hat den Armen gegeben, seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit.‘) (2Kor 9,8–9).

Das Zitat wird durch eine Zitationsformel markiert, die Paulus häufig als Einleitung verwendet.430 Der Wortlaut entspricht der ersten Hälfte des Verses Ps 111,9 in der Septuaginta, wobei ein kleiner Versteil aus stilistischen Gründen ausgelassen wird.431 Paulus übernimmt aus dem Psalm einen Vers,432 der die von den Korinthern geforderte Reaktion veranschaulicht, der Wohltat Gottes entsprechend an Arme zu spenden, um sich als gerecht zu erweisen. Dementsprechend legitimiert das Zitat indirekt die vorangegangene Aufforderung an die Korinther zur Weitergabe ihres Überflusses durch Unterstützung der Kollekte.433 Denn wenn die Korinther mit dem Gerechten aus dem Psalm gleichgesetzt werden, sollen sie sich genauso wie er verhalten. Somit illustriert das Zitat die zuvor beschriebene Situation und unterstreicht die paulinische Ermahnung zur Fortsetzung der Spendensammlung für Jerusalem.434 Dementsprechend schließt Paulus daran eine Argumentation mit einer Beschreibung der Folgen eines solchen Handelns an. Mithilfe eines landwirtschaftlichen Bildes fasst er zunächst den bisherigen Gedankengang zusammen, wobei er an 2Kor 9,8 anknüpft:435 Gott werde den Korinthern nicht nur Samen für ihre eigene Speise geben, sondern auch Samen, um die Früchte ihrer Gerechtigkeit zu vermehren (2Kor 9,10436). Dann schildert er eine ganze Kette positiver Konsequenzen:437 Der von Gott geschenkte Reichtum werde die freigebige Unterstüt430 

Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 131–132. Vgl. Koch 1986, 25.116. 432  Zur Kontextualisierung des Verses vgl. die Ausführungen auf S. 155–156, v. a. Fußnote 188. 433  Vgl. Barrett 1973, 238; Furnish 1985, 449; Koch 1986, 297; Wolff 1989, 186; Zeilinger 1992, 258.298; Scott 1998, 187–188; T hrall 2000, 563.580; Stanley 2004, 109; Williams 2004, 178–179; Balla 2007, 776.778. 434  Dabei wird mithilfe des Zitats der vorherige Gedankengang zusammengefasst und die anschließende Beschreibung positiver Konsequenzen angeregt, sodass der Vers 1Kor 9,9 formal als Überleitung fungiert. 435  Vgl. Gräßer 2005, 58. 436  Bei der Beschreibung Gottes nimmt Paulus Bezug auf Jes 55,10 und Hos 10,12. Vgl. Furnish 1985, 449–450; Gräßer 2005, 59–60. Laut Koch handelt es sich sogar um ein Zitat mit stilistischer Differenz zum Kontext. Vgl. Koch 1986, 14.23. Für ein Zitat fehlt allerdings die Markierung. 437  Vgl. Gräßer 2005, 61; Schmeller 2015, 89. 431 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

zung der Kollekte durch die Korinther zur Folge haben, die wiederum Dankbarkeit gegenüber Gott bei den Empfängern in Jerusalem auslösen werde und im Gebet für die Korinther ihre Entsprechung finden werde (2Kor 9,11–14). Da alle diese Ereignisse durch Gottes Gabe ausgelöst werden, endet der Textabschnitt mit einer Danksagung gegenüber Gott (2Kor 9,15).438 Auch wenn diese zwei Beispiele offenbaren, dass sich die beiden inhaltlichen Funktionsweisen der Zitation in den Korintherbriefen stellenweise überschneiden, bleibt doch grundsätzlich festzuhalten, dass Paulus seine Zitate aus den Schriften Israels zum einen zur Legitimation seiner Argumentation und zum anderen zur Veranschaulichung dargestellter Situationen verwendet. Während in der Gesamtzahl die zuerst genannte Funktionsweise doppelt so häufig Verwendung findet, zeigen sich zwischen den zwei Schreiben an die Korinther Unterschiede. Im ersten Korintherbrief dienen die Schriftzitate bis auf zwei Ausnahmen zur argumentativen Begründung, wohingegen im zweiten Korintherbrief mehr als die Hälfte der Fälle der Charakterisierungsfunktion zugeordnet werden können. 3.4.3  Relationale Funktionen Paulus und seine Gemeinde in Korinth verbindet eine besondere Beziehung, wovon die beiden Briefe Zeugnis ablegen. Die Entstehung der Gemeinde in Korinth ist nach eigener Aussage das Werk des Paulus.439 Sein Apostolat, den er mithilfe des Heiligen Geistes ausführe,440 berechtige ihn dazu, als Vater441 und als Vorbild für die Gemeindemitglieder442 aufzutreten. Trotzdem kommt es im Laufe der Zeit zu Spannungen zwischen der Gemeinde und ihrem Gründer. Denn einige Gemeindemitglieder berufen sich auf andere Apostel oder vergleichen ihn mit anderen Aposteln,443 wobei sie Paulus selbst negativ beurteilen und sein Verhalten kritisieren.444 Auf solche und andere Vorkommnisse reagiert Paulus in seinen Briefen. Er versucht, die Korinther durch bestimmte Argumentationen von seiner Position zu überzeugen. Zugleich schwingen darin oft Aussagen auf der Beziehungsebene mit. Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch die Zitate in den Korintherbriefen des Paulus neben ihren formalen und inhaltlichen Funktionen relationalen Zwecken nachkommen können. Allerdings beinhaltet nicht jedes Zitat in den Korintherbriefen des Paulus eine relationale Funktion, die zusätzlich zu den zuvor dargestellten inhaltlichen Funktionsweisen auftritt. 438  Vgl. Schmeller 2015, 89.103. Zur Gliederung des Textabschnitts vgl. Wolff 1989, 183– 184; Barnett 1997, 435–436. 439  Vgl. 1Kor 3,9–10; 9,1–2. 440  Vgl. 1Kor 2,10–13; 3,5–10. 441  Vgl. 1Kor 4,14–15. 442  Vgl. 1Kor 4,16; 7,7; 10,33–11,1. 443  Vgl. 1Kor 1,11–12; 3,3–4; 2Kor 10,12; 11,5; 12,11. 444  Vgl. 1Kor 4,1–5; 9,3; 2Kor 10,1–2.10.

3.4  Funktion der Zitate

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Es lassen sich jedoch trotz der geringeren Anzahl von Belegen zwei Formen unterscheiden. Einerseits versucht Paulus durch Zitate Verbundenheit zwischen sich und den Gemeindemitgliedern herzustellen, indem er ihre Gemeinsamkeiten hervorhebt, anderseits enthalten seine Zitate negative Aussagen, die seine Kritik an bestimmten Verhaltensweisen der Adressaten verstärken. Wie Paulus dabei im Einzelnen vorgeht, soll im Folgenden anhand von vier Beispielen erläutert werden. a. Schaffung von Verbundenheit durch Zitate Die Herstellung von Verbundenheit ist besonders da vonnöten, wo die Beziehung belastet ist. Dies ist auch beim Zitateinsatz in den Korintherbriefen des Paulus der Fall. Zum einen greift Paulus innerhalb seiner Ausführungen zu den Spaltungen in der Gemeinde im ersten Korintherbrief auf eine solche relationale Zitatfunktion zurück, zum anderen verwendet er sie gleich mehrfach in der ersten Apologie des zweiten Korintherbriefes.445 Da die Belegstellen vor allem im zweiten Brief des Paulus an die Korinther anzutreffen sind, werden an dieser Stelle zwei Beispiele aus diesem Schreiben vorgestellt: 2Kor 4,13 und 2Kor 6,2. In 2Kor 4,7 setzt Paulus ebenso wie in 2Kor 4,1 mit einer Verbform von ἔχω (haben) noch einmal neu ein.446 Ergänzend zu den vorherigen Ausführungen erklärt er nun, dass das gesamte Wirken eines Apostels von Gott abhängig sei, da jeder Apostel eine zerbrechliche Hülle, d. h. einen verletzlichen Körper, habe (2Kor 4,7).447 Diese Aussage ist in eine metaphorische T hese448 mit anschließender Zweckbestimmung verpackt449 und wird anhand eines Peristasenkatalogs mit vier Gegensatzpaaren näher ausgeführt (2Kor 4,8–9).450 Auffällig ist dabei die gehäufte Verwendung von Partizipien, die den gesamten Textabschnitt prägen.451 Danach vergleicht Paulus die alltäglichen Gefahren im Leben eines ­Apostels mit 445 

Vgl. 1Kor 2,9; 2Kor 4,6; 4,13; 6,2. Vgl. Schmeller 2010, 251. 447 In den zerbrechlichen Hüllen tragen sie laut Paulus θησαυρὸν τοῦτον (diesen Schatz). Was damit gemeint ist, wird in der Forschung kontrovers diskutiert. Ist damit die Erkenntnis der Herrlichkeit aus dem vorangehenden Vers gemeint oder das Evangelium oder der Dienst des Apostels? Wie man diese Frage beantwortet, hängt zusätzlich davon ab, wie man die Verbindung der beiden Textabschnitte 1Kor 4,1–6 und 1Kor 4,7–15 einschätzt. Vgl. T hrall 1994, 321–322; Schmeller 2010, 254. 448  Zur Verwendung der Metaphern in der Antike vgl. T hrall 1994, 322–325; Schmeller 2010, 255–256. 449  Vgl. Harris 2005, 340. 450  Vgl. Barnett 1973, 232–234; Gräßer 2002, 162–164. Zum Peristasenkatalog findet man Parallelen in stoischen Texten und in jüdischen Schriften. Vielleicht hat Paulus solche Traditionen vor Augen als er die Antithesen verfasst hat, Ton und Aufbau sprechen aber vornehmlich dafür, dass sie aus der eigenen Feder des Paulus stammen. Vgl. Lambrecht 1999, 77. Zur Deutung der Antithesen vgl. Schmeller 2010, 257–259. 451  Vgl. Schmeller 2010, 251–252. 446 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

dem Leiden und Sterben Jesu, wobei auf zwei sachlich gleiche T hesen jeweils ein Finalsatz folgt und der zweite Vers eine Begründung des ersten darstellt (2Kor 4,10–11).452 Die leidende Existenz der Apostel entspreche dem Leiden und Sterben Jesu und mache dies für andere sichtbar.453 Dieser zweite Argumentationsschritt endet mit einer Schlussfolgerung (erkennbar an der Konjunktion ὥστε – demnach, daher), in der das Dasein der Apostel dem der Gemein­demitglieder gegenübergestellt wird.454 In einem dritten Schritt455 schreibt Paulus: Ἔχοντες δὲ τὸ αὐτὸ πνεῦμα τῆς πίστεως κατὰ τὸ γεγραμμένον· ‚ἐπίστευσα, διὸ ἐλάλησα‘, καὶ ἡμεῖς πιστεύομεν, διὸ καὶ λαλοῦμεν (Weil wir aber denselben Geist des Glaubens haben, wie geschrieben steht: ‚Ich habe geglaubt, deshalb habe ich geredet‘, glauben wir auch und deshalb reden wir auch) (2Kor 4,13). Nachdem Paulus die äußeren Umstände des Apostolats dargelegt hat, kommt er nun auf die inneren Voraussetzungen zurück, wobei er wiederum mit einer Form von ἔχω (haben) neu einsetzt.456 Der Geist des Glaubens rufe den Apostel zum bezeugenden Reden. Diesen inneren Drang veranschaulicht er durch Rückbezug auf einen Psalmvers. Es handelt sich nämlich bei dem durch die Zitationsformel κατὰ τὸ γεγραμμένον (gemäß dem Geschriebenen) markierten Satz, ἐπίστευσα, διὸ ἐλάλησα (ich habe geglaubt, deshalb habe ich geredet), um ein Psalmzitat, dessen Wortlaut mit Ps 115,1 der Septuaginta übereinstimmt.457 Paulus hebt durch das Zitat hervor, dass Glauben und Reden zusammengehören und dass sein Verhalten schriftgemäß ist, worauf auch die besondere Zitationsformel und die Parallelen zwischen der Situation des Paulus und der des Psalmisten hindeuten.458 Dementsprechend wird der Textabschnitt mit weiteren Begründungen für den Dienst des Apostels fortgesetzt,459 sodass man den Eindruck gewinnt, die gesamte Textpassage und damit auch das Zitat diene zur Rechtfertigung des paulinischen Apostolats. Zunächst wird ein durch das Partizip εἰδότες (wissend) eingeleiteter Glaubensgrundsatz als Grund für ein solches Handeln angeführt: Gott habe Jesus auferweckt und werde auch den Apostel mit ihm auferwecken (2Kor 4,14).460 Diese Begründung wird im nächsten Vers noch um eine Zielbestimmung ausgeweitet. Das Handeln, das aus seinem Glauben erwächst, lässt auch 452 

Vgl. Barnett 1973, 236; Gräßer 2002, 166.168. Zur Deutung der Analogie vgl. Schmeller 2010, 262–264. 454  Vgl. Furnish 1984, 257; Gräßer 2002, 169–170; Harris 2005, 349–350. 455  Zur Gliederung in drei Abschnitte vgl. Gräßer 2002, 162; Harris 2005, 338. 456  Auch wenn der inhaltliche Akzent verschoben wird und durch die Verbform ein Neueinsatz markiert wird, stellt 1Kor 4,7–15 trotzdem eine Texteinheit dar. Denn erst in V. 15 wird unter Bezugnahme auf vorangehende Verse ein Resümee aus der gesamten Textpassage gezogen. Vgl. Wolff 1989, 89; Schmeller 2010, 252. 457  Vgl. Koch 1986, 102. Zur Kontextualisierung des Verses vgl. die Ausführungen auf S. 157–158. 458  Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 131–132.157–158. 459  Vgl. Barnett 1973, 242. 460  Vgl. Hafemann 1998, 251; Gräßer 2002, 171; Harris 2005, 352–353. 453 

3.4  Funktion der Zitate

193

die Gemeinde am Heil teilhaben und vermehrt so die Gnade und die Herrlichkeit Gottes durch Dankbarkeit der Gemeindemitglieder (2Kor 4,15).461 Paulus überträgt damit das Verhalten des Psalmisten auch auf die Gemeinde. Indirekt fordert er sie in 2Kor 4,15 zu solch einer dankbaren Glaubenshaltung auf, wie sie der Beter in Psalm 115 LXX zeigt.462 Eng damit verbunden ist die Akzeptanz des Paulus als Apostel, zu der er die Gemeinde ermahnt, wenn er abschließend betont, dass sein lebensgefährliches Wirken nur ihretwegen erfolge. Die gesamte Argumentation veranschaulicht also nicht nur den Dienst des Apostels für die Gemeinde, sondern offenbart auch den Wunsch des Paulus, dass sein Bemühen um die Gemeinde auch durch ein entsprechendes Verhalten der Gemeindemitglieder, durch Dank ihm gegenüber, gewürdigt werde. Um eben diese Akzeptanz zu schaffen, greift Paulus mithilfe des Zitatsegments auf eine Fähigkeit zurück, die ihn und die Gemeindemitglieder verbindet. Der Glaube an Gott ist nicht nur etwas, das dem Apostel und dem Psalmbeter gemeinsam ist, sondern auch eine Voraussetzung für die Zugehörigkeit zur Gemeinde. Paulus nutzt somit das Zitat ebenso wie die Argumentation des Textabschnitts 2Kor 4,7–15 um seiner Verbundenheit mit der Gemeinde Ausdruck zu verleihen. Mit derselben Absicht zitiert Paulus auch bei der Beschreibung seines Dienstes als Versöhnungshandeln (2Kor 5,11–6,2) ein Schriftwort, mit dessen Aussage sich die Korinther identifizieren können. Der Textabschnitt grenzt sich dadurch vom vorherigen ab, dass Paulus in 2Kor 5,11 das Verb οἶδα (wissen) aus 2Kor 5,1 wieder aufgreift. Beide Textpassagen beginnen somit mit „wir wissen“, um einen neuen Gedankengang einzuleiten, wobei in V. 1 die Indikativform und in V. 11 die Partizipialform verwendet wird. In beiden Fällen wird ein bestimmtes Wissen über Gott als Grund für ein entsprechendes Handeln des Paulus und seiner Mitarbeiter angeführt. In 2Kor 5,11 wird das Wissen um die nötige Ehrfurcht vor Gott als Grund für deren missionarisches Bemühen genannt. Anschließend stellt Paulus die T hese auf, dass das gesamte Handeln der Apostel Gott offenbar sei und leitet daraus die Hoffnung ab, dass es auch den Korinthern offenbar werde (2Kor 5,11).463 Der Zweck seines Wunsches wird daraufhin zunächst negativ und dann positiv bestimmt. Paulus wolle sich nicht selbst empfehlen, sondern den Korinthern einen Grund aufzeigen, warum sie stolz auf ihn und seine Mitarbeiter sein könnten, den sie auch in der Argumentation mit seinen Gegenspielern verwenden könnten (2Kor 5,12). Ein solches Gegenargument stellen nämlich die Motive dar, die sie in ihrem Handeln antreiben. Einerseits hätten sie immer Gott und die Gemeinde im Blick, wie Paulus an zwei entgegengesetzten Beispielen kurz ausführt (2Kor 5,13), andererseits sei die Liebe zu Christus ihr eigentlicher Antrieb (2Kor 5,14a). In461  Vgl. Gräßer 2002, 173–174. Zu den exegetischen Problemen des Verses vgl. T hrall 1994, 344–347; Harris 2005, 355–357. 462  „In 4,16–18 werden die Inhalte von 4,7–15 in anderer Begrifflichkeit und mit anderen Akzenten neu gefasst.“ Schmeller 2010, 252. Daher endet der Textabschnitt nach V. 15. 463  Vgl. Wolff 1989, 119.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

wiefern diese Einfluss auf ihr Handeln habe, wird anhand des Stellvertretertodes Christi näher erläutert (2Kor 5,14b–15). Daraus leitet Paulus wiederum eine negative und eine positive Konsequenz ab, die er jeweils mit ὥστε (daher) einleitet.464 Zum einen solle man nicht nach menschlichen Maßstäben urteilen (2Kor 5,16), zum anderen entstehe durch die Zugehörigkeit zu Christus etwas gänzlich Neues (2Kor 5,17). Als Begründung für seine Einschätzung führt Paulus das Versöhnungshandeln Gottes an (2Kor 5,18–19): Durch Christus habe Gott die Menschen mit sich versöhnt (2Kor 5,18a.19a) und die Verkündigung dieser Versöhnung habe er Paulus und seinen Mitarbeitern anvertraut (2Kor 5,18b.19b).465 Letztgenannter Gedanke, der Versöhnungsdienst des Apostels, wird anschließend noch einmal zusammengefasst und durch eine direkte Aufforderung zur Versöhnung mit Gott gesteigert (2Kor 5,20), bevor Paulus die Begründung aus 2Kor 5,15 noch einmal wiederholt, wobei er zentrale Begriffe seiner T heologie, wie ἁμαρτία (Sünde) und δικαιοσύνη (Gerechtigkeit), hinzufügt (2Kor 5,21). Aufgrund seiner Versöhnungsaufgabe466 bittet Paulus die Gemeinde an­ schließend, die Gnade Gottes nicht vergeblich zu empfangen (2Kor 6,1). Dabei knüpft er an die Aufforderung von 2Kor 5,20 eine weitere Ermahnung an.467 Als Begründung für seine Mahnung zitiert Paulus einen Teil des Verses Jes 49,8: καιρῷ δεκτῷ ἐπήκουσά σου καὶ ἐν ἡμέρᾳ σωτηρίας ἐβοήθησά σοι. (Zur willkommenen Zeit habe ich dich erhört und am Tag der Rettung habe ich dir geholfen.) (2Kor 6,2a). Im Prätext ist der Vers Teil einer Rede des Gottesknechts, in der die Wiederherstellung Israels durch Gottes Liebe verheißen wird.468 Paulus wiederum erklärt im Anschluss an diesen Vers, dass die angekündigte Zeit der Rettung jetzt begonnen habe (2Kor 6,2b). Er überträgt dessen Aussage also auf die Situation der Korinther und auf seine eigene, da sich durch das „Du“ im Zitat sowohl die Leser als auch der Verfasser angesprochen fühlen können.469 Daher fungiert das Zitat an dieser Stelle nicht nur als Begründung für die vorangehende Ermahnung, worauf die Partikel γάρ hindeutet,470 sondern auch zur Veranschaulichung der Ausgangssituation zwischen Paulus und seiner Gemeinde.471 464 

Vgl. Harris 2005, 426. Einige Exegeten nehmen an, dass Paulus an dieser Stelle Traditionen aufgreift. T hrall bezweifelt dies. Zu den verschiedenen Positionen vgl. T hrall 1994, 445–449. 466  Das Partizip in 2Kor 6,1 bezieht sich auf die Aussage von 2Kor 5,18–21 zurück. Vgl. Wolff 1989, 137. Daher sind mit συνεργοῦντες Mitarbeiter Gottes gemeint. Vgl. Martin 1986, 165; Lambrecht 1999, 108. 467  Vgl. Schmeller 2010, 341.346–347. 468 Für eine ausführliche Darstellung der ursprünglichen Kontextualisierung vgl. S. 149–151. 469  Vgl. Balla 2007, 767. 470  Vgl. Lang 1986, 303; Kremer 1990, 61; Harris 2005, 462–463. 471  Zudem hat die Aussage Auswirkungen auf die Tätigkeit des Apostels selbst. Dazu passen auch die Ähnlichkeiten zwischen der Situation des Gottesknechts bei Jesaja und der des Paulus zur Abfassungszeit des Briefes. Vgl. Beale 1989, 561–563; Scott 1998, 143; Wilk 1999, 298–299; Harris 2005, 460–461. 465 

3.4  Funktion der Zitate

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Gerade weil sich das Heilswort nun erfüllt habe, sollen die Korinther die Gnade Gottes in würdiger Entsprechung annehmen. Deshalb könne auch der Apostel trotz Not und Bedrängnis seinen Auftrag ausführen. Daher schließt er auch eine ausführliche Beschreibung seines schwierigen Versöhnungsdienstes unmittelbar daran an (2Kor 6,3–10).472 Das Zitat verdeutlicht also die Dringlichkeit der vorangehenden Mahnung, indem es auf die Gegenwart bezogen wird.473 Zugleich bildet es den Abschluss des vorherigen Textabschnitts.474 Denn die gesamte vorangehende Textpassage (2Kor 5,11–6,2) ist von der Idee getragen, dass mit dem Tod und der Auferstehung Jesu Christi eine neue Zeit angefangen habe. Zur Verdeutlichung dieses Gedankens greift Paulus nicht nur auf ein Jesaja-Zitat zurück, sondern spielt auch mit der Idee der Neuschöpfung in 2Kor 5,17 auf einen Jesajavers an (vgl. Jes 43,18–19). Paulus liest diese Verse im Lichte der Christus­ botschaft, für ihn haben sie sich mit Christus erfüllt.475 Um den Korinthern klarzumachen, welch große Gnade ihnen mit der Christusbotschaft zuteilgeworden ist, ruft er am Ende der Passage aus: ἰδοὺ νῦν καιρὸς εὐπρόσδεκτος, ἰδοὺ νῦν ἡμέρα σωτηρίας. (Siehe, jetzt ist die angenehme Zeit, siehe, jetzt ist der Tag der Rettung!) (2Kor 6,2b). Er weitet dabei das Bild der Septuaginta sogar noch aus: aus der willkommenen, annehmbaren Zeit (καιρὸς δεκτός) wird die angenehme, sehr annehmbare Zeit (καιρὸς εὐπρόσδεκτος).476 Gerade diese neuen zeitlichen Umstände verbinden den Apostel mit seiner Gemeinde. Die Übertragung des Zitats auf die Gegenwart hat folglich auch eine Beziehungsfunktion. Die Versöhnung mit Gott erfolgt durch den Apostel Paulus, da er den Korinthern den Anbruch einer neuen Zeit offenbart hat.477 b. Verstärkung von Kritik durch Zitate Während die relationale Funktion der Schaffung von Verbundenheit durch Zitate vornehmlich im zweiten Brief an die Korinther zu finden ist, nutzt Paulus vor allem im ersten Brief an die Korinther Schriftworte zur Verstärkung von Kritik an denjenigen, die unerwünschte Verhaltensweisen zeigen. Die Mehrzahl der Belegstellen konzentriert sich dabei auf den ersten Hauptteil des Briefes, in dem sich Paulus mit Nachrichten über Parteienstreitigkeiten innerhalb der Ge472  Vgl. Beale 1989, 565–566; Wilk 2005a, 110–111. Damit bilden die Verse 1–2 eine Überleitung zwischen den beiden Textabschnitten 2Kor 5,11–21 und 2Kor 6,3–10. Vgl. Martin 1986, 160; Schmeller 2010, 342. 473  Vgl. Barrett 1973, 183; Kleinknecht 1984, 280; Martin 1986, 167–169; Wolff 1989, 138; Scott 1998, 144; Gräßer 2002, 229.237; Schmeller 2010, 347–348. 474  Vgl. Koch 1986, 261–263.277–278; Scott 1998, 142–143. 475  Paulus deutet die Verse also im Sinne seines Evangeliums um. Dadurch entstehen eschatologische, christologische, ekklesiologische und theologische Verschiebungen. Vgl. Lambrecht 1999, 108–109. 476  Vgl. Wright 2013, 558. 477  Vgl. Hafemann 1998, 252–253; Balla 2007, 767–768; Moyise 2010, 95–96.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

meinde auseinandersetzt.478 Daneben trifft diese Funktionsweise lediglich auf ein weiteres Zitat im ersten Korintherbrief und auf ein einziges Zitat im zweiten Korintherbrief zu, das zudem nicht nur wörtlich, sondern auch mit derselben argumentativen Absicht auf ein Zitat des ersten Korintherbriefes zurückgreift.479 Aus diesem Grund ist die Wahl der Beispiele für dieses Kapitel auf 1Kor 1,31 und 1Kor 3,19–20 gefallen. Im Textabschnitt 1Kor 1,26–31, der durch die wiederholte Anrede ἀδελφοί (Brüder) in 1Kor 1,26 und 1Kor 2,1 gerahmt und abgegrenzt wird,480 setzt Paulus den in 1Kor 1,18–25 begonnenen Gedankengang fort.481 Nun führt er als Beispiel für die Vernichtung der Weisheit der Welt durch Gott die eigene Erfahrung der Korinther an, welche er zum Hinsehen auffordert.482 Die Gemeinde setze sich gerade nicht aus vielen Weisen, Mächtigen und Vornehmen nach menschlichem Maßstab zusammen (1Kor 1,26: οὐ πολλοὶ σοφοὶ κατὰ σάρκα, οὐ πολλοὶ δυνατοί, οὐ πολλοὶ εὐγενεῖς). Dieser negativen Bestimmung stellt Paulus daraufhin drei positive Formulierungen gegenüber.483 Gott habe vielmehr das Törichte, das Schwache und das Unedle der Welt484 auserwählt (1Kor 1,27–28: τὰ μωρὰ τοῦ κόσμου, τὰ ἀσθενῆ τοῦ κόσμου, τὰ ἀγενῆ τοῦ κόσμου), um die Weisen und Starken zu demütigen und weltliche Maßstäbe außer Kraft zu setzen. Noch einmal greift Paulus auf Gegensätze zurück,485 allerdings wählt er jetzt im Gegensatz zum vorherigen Vers die Neutrum-Plural-Formen der Adjektive und ergänzt zu jedem der drei Adjektive einen Finalsatz (1Kor 1,27–28).486 So wird die Aussage verallgemeinert487 und der Fokus auf den Zweck des göttlichen Handelns gelegt. Daher gipfelt der Gedanke in einem weiteren Finalsatz:488 ὅπως μὴ καυχήσηται πᾶσα σὰρξ ἐνώπιον τοῦ θεοῦ (dass sich nur nicht alles Fleisch im Angesicht489 Gottes rühme) (1Kor 1,29). Gemeint ist damit, dass kein Mensch seine eigenen Vorzüge hervorheben solle.490 Dieser Satz bildet nicht nur den Zielpunkt des 478 

Vgl. 1Kor 1,19; 1,31; 3,19–20. Vgl. 1Kor 14,21; 2Kor 10,17. 480  Vgl. Fee 1987, 79; Fitzmyer 2008, 161; Wolff 2011, 42. Daneben ist dieser Textabschnitt durch parallele Satzstrukturen und Wiederholungen verbunden. Vgl. Conzelmann 1981, 69–70; Klauck 1984, 26; Merklein 1992, 193; Zeller 2010, 117. 481  Somit ist die Textpassage als Begründung bzw. Beweis gedacht. Vgl. Merklein 1992, 197; Zeller 2010, 117. 482  Vgl. Fee 1987, 78–79; Schrage 1991, 204. 483  Vgl. Strobel 1989, 54; Schrage 1991, 206–207; Zeller 2010, 117. 484  Die letzte Charakterisierung erfolgt durch drei Bezeichnungen (1Kor 1,28: τὰ ἀγενῆ τοῦ κόσμου, τὰ ἐξουθενημένα, τὰ μὴ ὄντα – das Schwache der Welt, das gering Geschätzte und das nichts Seiende), die eine Klimax bilden. Vgl. Wolff 2011, 44. 485  Vgl. Fee 1987, 82–83; Merklein 1992, 194–195. 486  Vgl. Schrage 1991, 204. 487  Darauf deutet auch die Ausweitung des letzten Glieds der Aufzählung in V. 28 auf τὰ ἐξουθενημένα (das gering Geschätzte) und τὰ μὴ ὄντα (das nichts Seiende) hin. 488  Vgl. Conzelmann 1981, 71; Fee 1987, 84; Zeller 2010, 117; Wolff 2011, 44. 489  Zur Übersetzung von ἐνώπιον vgl. Wilk 2010b, 60. 490  Vgl. Schrage 1991, 212–213; Wolff 2011, 44–45. 479 

3.4  Funktion der Zitate

197

vorigen Arguments, sondern auch die Grundlage für die an­schließende Erläuterung, die dessen Stichworte wiederaufnimmt.491 Durch Gott seien sie in Christus, der ihnen Gottes Weisheit sei und Gerechtigkeit, Heiligkeit und Erlösung bringe (1Kor 1,30),492 ἵνα καθὼς γέγραπται· ‚ὁ καυχώμενος ἐν κυρίῳ καυχάσθω‘ (damit gilt wie geschrieben steht: ‚Wer sich rühmt, rühme sich im Herrn‘) (1Kor 1,31). Wiederum stellt Paulus der negativen Bestimmung (1Kor 1,29) eine positive entgegen.493 Dabei bildet ein sentenzartig verkürztes Zitat von Jer 9,23494 den Abschluss des Textes.495 Das Schriftwort wird durch eine häufige Zitationsformel eingeleitet (καθὼς γέγραπται – wie geschrieben steht) – eine Besonderheit stellt allerdings die vorangestellte finale Konjunktion ἵνα dar, die aus dem Zitat eine Zweckbestimmung für das zuvor beschriebene Erwählungshandeln Gottes macht.496 Bei Jeremia erläutert Gott mit diesen Worten, dass im Gegensatz zu Weisheit, Stärke oder Reichtum einzig und allein Gotteserkenntnis Ruhm zur Folge habe (Jer 9,22–25). Paulus nimmt genau diesen Gedanken auf, wenn er in 1Kor 1,26–29 gerade die Weisen, Starken und Vornehmen herabsetzt, also Begrifflichkeiten aus Jer 9,22 LXX aufgreift (σοφός, δυνατός/ἰσχυρός, πλούσιος/ εὐγενῆς),497 und zum Verzicht auf Selbstruhm aufruft.498 Zudem lehnt er sich auch strukturell an den Prätext an. Auf die negative Betrachtung anhand einer Triade folgt wie in Jer 9,22–23 ein positives Statement, das wiederum drei zentrale Substantive enthält (δικαιοσύνη, ἁγιασμός, ἀπολύτρωσις).499 Das Zitat selbst hat dann die Funktion einer abschließenden Schlussfolgerung.500 Denn es steht am Ende des Textabschnitts und wird mit der Konjunktion ἵνα eingeleitet, die neben ihrer finalen Grundbedeutung im Neuen Testament auch eine konsekutive Konnotation beinhalten kann.501 Dazu passt die sentenzartig verkürzte Form des zitierten Verses. Zugleich legitimiert der Bezug auf ein Schriftwort 491 

Vgl. Hays 1997, 33. Aufgrund der formelhaften Sprache dieses Verses wird diskutiert, ob es sich um eine Tradition handelt. Vgl. Schrage 1991, 204–205. 493  Vgl. Strobel 1989, 54; Zeller 2010, 117. 494  Daneben ist auch ein Bezug auf 1Sam 2,10 möglich. Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 142–143. 495  Vgl. Lindemann 1996, 204. 496  Vgl. Koch 1986, 25; Heil 2005, 40–41. 497  Auch wenn die Begrifflichkeiten abweichen und Paulus anstelle einer positiven eine negative Formulierung wählt, wie Tuckett berechtigterweise anmerkt (vgl. Tuckett 2000, 418–419), kann man trotzdem von einer Parallele sprechen, da die gewählten Adjektive inhaltlich nahe beieinander liegen und auch die jeremianische Formulierung eine Verneinung enthält. 498  Vgl. Hays 1997, 34–35; Tuckett 2000, 416–421; Williams 2001, 111–112.129–130; Hays 2005, 15–16; T hiselton 2000, 195. 499  Vgl. O’Day 1990, 264–266. 500  Vgl. Koch 1986, 277–278; Fee 1987, 87; Hays 1997, 33; Fitzmyer 2008, 165; Wolff 2011, 46. Diese Funktion entspricht der teleologischen Grundstruktur des gesamten Textabschnittes. Vgl. Inkelaar 2010, 148. 501  Vgl. Gemoll/Vretska 2006, 411. 492 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

die implizit darin enthaltene Aufforderung.502 Wie Jeremia ermahnt Paulus die Adressaten, nicht stolz auf eigene Vorzüge zu sein, sondern zu erkennen, dass sie durch Gott zu Jesus Christus gehören (1Kor 1,30). Es ist wahrscheinlich, dass sich die Bezeichnung κύριος im Zitatsegment auch auf Christus bezieht und somit eine christologische Deutung des Verses erfolgt.503 Der Glaube an Jesus Christus ist die Basis, die alle Gemeindemitglieder vereint. Ihre gesamte Existenz wurzelt darin.504 Wenn es aber in der Schrift heißt, dass man sich nur im Herrn rühmen solle (1Kor 1,31), dann soll man sich nicht selbst rühmen (1Kor 1,29). Ein solches Selbstrühmen scheinen aber einige Korinther betrieben zu haben. Daher thematisiert Paulus es an dieser Stelle ausführlich. Indirekt kritisiert er also diejenigen in der Gemeinde, die sich selbst überschätzen und auf menschliche Vorzüge stolz sind.505 Das Zitat wiederum verstärkt diese Kritik, indem ihr Verhalten als nicht schriftgemäß und damit als ein Handeln gegen den Willen Gottes dargestellt wird. Die in Korinth praktizierte falsche Form des Rühmens muss durch die in der Schrift bezeugte richtige Form des Rühmens506 ersetzt werden. Nur wenn das Rühmen aus dem Wirken Gottes in Christus erfolgt, ist es legitim und erst wenn alle Korinther dem zustimmen, besteht Einheit in der Gemeinde.507 Neben denjenigen, die sich selbst rühmen, greift Paulus im ersten Hauptteil des ersten Korintherbriefes auch diejenigen an, die sich für weise halten. Deren weltliche Weisheit hat er bereits in 1Kor 1,18–25 als vernichtet erklärt. Auf dieselbe T hematik kommt er dann noch einmal im Textabschnitt 1Kor 3,18–23 zu sprechen.508 Mit dem thematischen Rückbezug verändert sich auch das Vokabular. Anstelle von Baubegriffen steht nun wieder ἡ σοφία (die Weisheit) im Zentrum. Zudem grenzt sich der Textabschnitt durch die Einstiegsermahnung, μηδεὶς ἑαυτὸν ἐξαπατάτω (niemand soll sich selbst täuschen), deutlich vom Vorherigen ab. Auch gegenüber der folgenden Textpassage ist ein Einschnitt erkennbar. Denn in 1Kor 4,1 wechselt Paulus von der zweiten Person Plural zur ersten 502 

Vgl. Clemen 1895, 189; Ciampa/Rosner 2007, 700. Vgl. Capes 1992, 134–135; Collins 1999, 100.113; Capes 2018, 128–130. 504  Vgl. Moyise 2010, 89. 505  Dazu passt, dass Paulus in 1Kor 1,26–29 T hemen aufgreift, die in den Auseinandersetzungen in Korinth eine größere Rolle spielen. So bildet die Weisheit den Schwerpunkt in den ersten vier Kapiteln des Briefes, das Zusammenspiel von Starken und Schwachen wird in den Kapiteln 8–10 thematisiert und die Frage der edlen bzw. niedrigen Herkunft wird in Kapitel 11 aufgegriffen. Vgl. O’Day 1990, 265–266. 506  Dabei lehnt Paulus sich nicht nur an Jeremia an, sondern hat einen Begriff des Rühmens im Blick, der auch in anderen Schriften Israels, wie Dtn 10,21 oder 1Sam 2,10, zu finden ist. Dieser Begriff beinhaltet eine starke existentielle Dimension. Denn der Ruhm ist darin vom menschlichen Tun und dem Angenommenwerden durch Gott abhängig. Vgl. Schreiner 1974, 532–542. 507  Vgl. Wilk 2010b, 59–62; Inkelaar 2010, 165. Indirekt bezieht sich Paulus an dieser Stelle auch auf die in 1Kor 1,10–17 kritisierten Spaltungen zurück, die ebenfalls durch das Rühmen einzelner Menschen bedingt sind. Vgl. Heil 2005, 45–46. 508  Vgl. Conzelmann 1981, 105; Fee 1987, 150; Capes 1992, 106; Hays 1997, 58. 503 

3.4  Funktion der Zitate

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Person Plural und spricht statt über Weisheit von seiner eigenen Tätigkeit als Diener Christi. Zu Beginn des Textabschnittes 1Kor 3,18–23 wird die Eingangsermahnung, niemand solle sich selbst täuschen (1Kor 3,18a), durch eine weitere Mahnung konkretisiert: Jeder Weise müsse erst töricht werden, um wirklich weise zu werden (1Kor 3,18b), d. h. die Korinther „sollen sich bei ihrer Selbsteinschätzung von dem was, ‚in dieser Weltzeit‘ als ‚weise‘ gilt, abwenden“509. Die eigentliche Argumentation setzt im Anschluss daran mit der theologischen T hese ein, dass für Gott die Weisheit dieser Welt Torheit sei (1Kor 3,19a).510 Dann ergänzt Paulus zwei Schriftzitate, die durch die häufige Zitationsformel γέγραπται γάρ (denn es steht geschrieben) und die Anschlussformulierung καὶ πάλιν (und wieder) markiert werden:511 γέγραπται γάρ· ‚ὁ δρασσόμενος τοὺς σοφοὺς ἐν τῇ πανουργίᾳ αὐτῶν‘· καὶ πάλιν· ‚κύριος512 γινώσκει τοὺς διαλογισμοὺς τῶν σοφῶν ὅτι εἰσὶν μάταιοι.‘ (Denn es steht geschrieben: ‚der die Weisen fängt in ihrer List‘; und wieder: ‚Der Herr kennt die Überlegungen der Weisen, dass sie nichtig sind‘.) (1Kor 3,19b–20). Die beiden Zitatsegmente weisen eine unterschiedliche Nähe zum Text der Septuaginta auf. Während das zweite fast wörtlich mit dem Wortlaut von Ps 93,11 in der Septuaginta übereinstimmt (lediglich der Genitiv τῶν ἀνθρώπων [der Menschen] wurde durch τῶν σοφῶν [der Weisen] ersetzt, was sich mit der Aussageabsicht des Paulus erklären lässt),513 sind beim ersten deutliche Unterschiede zur Septuaginta-Übersetzung von Hiob 5,13 erkennbar.514 Wahrscheinlich hat Paulus hier eine griechische Übersetzung benutzt, die stärker an den hebräischen Text angelehnt ist.515 Beide Zitate werden aber ihrem ursprünglichen Kontext entsprechend eingesetzt516 und begründen die T hese von 1Kor 3,19a, dass weltliche Weisheit Torheit sei.517 Dementsprechend enthält auch 509 

Wilk 2019b, 96. Vgl. Schrage 1991, 311. 511  Vgl. Koch 1986, 25–26; Fitzmyer 2008, 207. 512  Zum Bezug des Kyrios-Titels auf Gott vgl. Capes 2018, 100–102. 513  Vgl. Koch 1986, 152–153; Capes 1992, 109; Stanley 1992, 194–195; Ciampa/Rosner 2010, 164–165. 514  In der Septuaginta lautet der Vers ὁ καταλαμβάνων σοφοὺς ἐν τῇ φρονήσει. Bei Paulus sind sowohl das Partizip καταλαμβάνων als auch das Substantiv φρονήσει durch andere Vokabeln ersetzt worden. Daneben sind der Artikel τούς und das Pronomen αὐτῶν ergänzt worden. Vgl. Stanley 1992, 189–194. 515  Vgl. Schaller 1980, 21–26; Koch 1986, 71–72; Schrage 1991, 311; Merklein 1992, 282; Zeller 2010, 171. Auch Stanley spricht sich dafür aus, dass die Änderungen am Text auf eine abweichende Vorlage zurückzuführen sind. Seiner Ansicht nach lässt sich aber nur die Ergänzung des Pronomens αὐτῶν als Annäherung an den hebräischen Text erklären. Vgl. Stanley 1992, 190–192. 516  Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 148–149. 517  Vgl. Conzelmann 1981, 106–107; Fee 1987, 152; Strobel 1989, 84–85; Schrage 1991, 311.313; Merklein 1992, 281–282; Zeller 2010, 169; Wilk 2019b, 96. Im Vergleich zu anderen Textstellen wird an dieser Stelle aber kein neues Argument angeführt, sondern zuvor mehrfach Gesagtes mithilfe der Autorität der Schrift bewiesen. Vgl. Lindemann 1996, 208. 510 

200

3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

die Zitationsformel die kausale Partikel γάρ. Zugleich verstärken die Schriftaussagen die Kritik des Paulus an denjenigen Gemeindemitgliedern, die auf eben eine solche Weisheit vertrauen. Zusammen mit dem Schriftwort in 1Kor 1,19 führt Paulus folglich drei Schriftbelege dafür an, dass Gott die Weisheit der Welt vernichten werde,518 und grenzt sich klar von der Haltung einiger Gemeindemitglieder ab. Damit fasst er nicht nur den Kerngedanken seiner Argumentation in den Zitaten zusammen und bildet mit ihrer Hilfe einen Rahmen um die Argumentation,519 sondern wird auch der antiken Regel gerecht, dass ein Urteil nur anhand mehrerer Zeugen möglich sei.520 Aus seiner begründeten T hese zieht Paulus dann die Schlussfolgerung, dass sich niemand eines Menschen rühmen solle, die er mit der konsekutiven Konjunktion ὥστε (demnach, daher) einleitet (1Kor 3,21a).521 Wiederum bezieht er sich dabei auf vorangehende Textabschnitte zurück, indem er das Verb καυχάομαι (sich rühmen) verwendet, das zentral für die Argumentation von 1Kor 1,26–31 ist522 und den Gedanken der Berufung der Korinther auf unterschiedliche Autoritäten aufgreift, was er bereits in 1Kor 1,11–17 kritisiert hat.523 Anschließend begründet er seine Aufforderung damit, dass den Korinthern doch bereits alles gehöre (1Kor 3,21b). Was dieses πάντα (alles) beinhalte, zählt er im folgenden Vers (1Kor 3,22) auf,524 bevor er in 1Kor 3,23 eine Einschränkung hinzufügt: ὑμεῖς δὲ Χριστοῦ, Χριστὸς δὲ θεοῦ (ihr selbst aber gehört Christus, Christus aber gehört Gott).525 Erst jetzt wird die Begründung verständlich. Wenn ihre eigene Existenz auf Christus zurückgeht, haben sie ihm auch alles andere zu verdanken.526 Damit gibt es keinen Grund auf jemand anderen stolz zu sein als auf Christus bzw. Gott527, wie Paulus bereits in 1Kor 1,31 dargelegt hat.528 Der Textabschnitt dient also nicht nur zur Zusammenfassung der bisherigen Argumentation, sondern auch zur Einschärfung der vorangehenden Ermahnungen.529

518 

Vgl. Hays 1997, 59. Vgl. Koch 1986, 275; Collins 1999, 164–165; Inkelaar 2010, 196.199; Ciampa/Rosner 2010, 163.165. 520  Laut 2Kor 13,1 hält sich Paulus selbst bei seinen Besuchen an diesen Grundsatz, der im Deuteronomium wie auch bei römischen Rhetorikern zu finden ist. Vgl. Dtn 17,6; 19,15; Sen.contr. 2,16; Cic.Scaur. 29; Vliet 1958, 13. Die Verwendung in 2Kor 13,1 zeigt zudem, dass diese Regel für Paulus sprichwörtliche Bedeutung hat. Vgl. Vliet 1958, 88. 521  Vgl. Conzelmann 1981, 107; Fee 1987, 152–153; Schrage 1991, 311–312. 522  Vgl. Merklein 1992, 27–279; Wolff 2011, 76. 523  Vgl. Fee 1987, 153–154; Heil 2005, 82–85; Fitzmyer 2008, 205–206. 524  Vgl. Strobel 1989, 85–86. 525  Vgl. Merklein 1992, 278. 526  Vgl. Fee 1987, 154–155; Zeller 2010, 173. 527  Das letzte Glied der Aufzählung macht deutlich, dass Christus Gott gehört und damit alles auf ihn zurückgeht. Vgl. Ciampa/Rosner 2010, 168. 528  Vgl. Hays 1997,60–61. 529  Vgl. Strobel 1989, 84; Merklein 1992, 278–280; Williams 2001, 330. 519 

3.5  Bildungshintergrund der Zitate

201

3.5  Bildungshintergrund der Zitate Der Zitationsprozess erfordert auf beiden Seiten der Kommunikation bestimmte kognitive Fähigkeiten. Damit der Zitateinsatz verstanden wird und die Kommunikation gelingt, muss der Autor die Bildungsvoraussetzungen seiner Leser richtig einschätzen und der Leser muss die vom Autor an ihn gestellten Erwartungen erfüllen. Die vom Autor intendierte Aussage eines Zitats entfaltet nur dann ihre ganze Kraft, wenn der Leser ihr auch folgen kann.530 Daher soll in diesem Kapitel die Betrachtung der Autorperspektive um die der Leserperspektive ergänzt werden.531 Dazu wird zunächst die persönliche Einschätzung des Autors hinsichtlich der Voraussetzungen der Leser anhand von zwei Fragestellungen untersucht: 1. Welche Mittel der Leserlenkung setzt Paulus ein und wie wirken diese auf seine Leserschaft? 2. Welche Schriften zitiert er aus welchen Gründen? Beide Fragestellungen nehmen sowohl die Autor- als auch die Leserperspektive in den Blick, da die zu analysierenden Parameter sich teils aus den Vorlieben des Paulus und teils aus seiner Einschätzung der Adressaten ergeben. Anschließend sollen dann die Fähigkeiten der Gemeindemitglieder in Korinth in den Blick genommen werden, wobei zwischen Aussagen des Paulus und Aussagen in anderen Quellen unterschieden wird. Da es allerdings keine direkten Aussagen über die Gemeinde von Korinth in anderen Quellen gibt, kann der zweite Schritt nur näherungsweise über Aussagen in antiken Texten und archäologische Befunde zur Stadt Korinth erfolgen.532 3.5.1  Einschätzung des Autors Paulus zitiert in seinen beiden Korintherbriefen gleich mehrfach aus den Schriften Israels. Zudem weist er an einigen Stellen ohne nähere Erläuterung auf thematische Zusammenhänge der Verheißungen Israels hin, z. B. in der Rede vom „neuen Bund“ in 1Kor 11,25 und 2Kor 3,6. In 1Kor 15,1–5 erklärt Paulus sogar, dass er von Anfang an das Evangelium im Zusammenhang mit Schriftbezügen verkündigt habe.533 Daher liegt die Vermutung nahe, dass er davon ausgeht, dass seine Adressaten Schriftzitate erkennen und deren Aussagegehalt innerhalb der Argumentation erschließen können. Zusätzlich hat die vorangegangene Analyse verschiedener Textbeispiele gezeigt, dass Paulus bestimmte Mittel einsetzt, etwa die Markierung oder Kontextualisierung der Zitate, die nicht nur seine Aussageabsicht unterstützen, sondern auch Hilfestellungen für den Verständnisprozess seiner Adressaten bieten. Inwiefern diese Mittel im Einzelnen zur Leserlenkung eingesetzt werden, soll im ersten Teil des vorliegenden Kapitels dargelegt werden. 530  531 

160.

532  533 

Vgl. Behrendt 2010, 115–116; Tischer 2010, 99–101.103. Für eine kurze Gegenüberstellung der beiden Perspektiven vgl. Williams 2019, 153– Vgl. Fish 1980, 172–175; Stanley 2008, 136. Vgl. Wilk 2017, 155–157.

202

3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

Daran anschließend wird in einem zweiten Teil untersucht, aus welchen Schriften Paulus zitiert, um Aussagen zu dessen Vorlieben sowie zu möglichen Kenntnissen der Adressaten treffen zu können, bevor abschließend die Zitation selbst als Bildungsprozess in den Blick genommen wird. a. Eingesetzte Mittel Alle bisher dargestellten Elemente eines Zitats (Markierung, Wortlaut und Kontextualisierung) beeinflussen die Wahrnehmung eines Lesers. Zugleich geben sie Informationen darüber, wie Paulus die Bildungsvoraussetzungen seiner Adressaten einschätzt. So deutet die Markierung durch Zitationsformeln u. a. darauf hin, dass Paulus explizite Hinweise auf ein Zitat für seinen Leser- bzw. Hörerkreis für notwendig hält, da sie ohne solche Formeln die Bezugnahmen überlesen könnten. Denn die entsprechenden Formulierungen reichen nicht aus, um den konkreten Prätext identifizieren zu können. Sie dienen vielmehr dazu, das Zitat als solches hervorzuheben und ihm Gewicht zu verleihen und bieten dadurch die Möglichkeit, das Schriftwort auf den ersten Blick als solches zu erkennen. Aber wie verhält es sich dann mit den Schriftbezügen, die zwar wörtlich mit der Schrift übereinstimmen, aber nicht durch eine entsprechende Einleitungsformel markiert werden? Hier ist nicht eindeutig erkennbar, ob und inwiefern Paulus deren Kenntnis voraussetzt. Vielleicht setzt er voraus, dass die Adressaten den Schriftbezug auch ohne thematisierende Markierung erkennen können, vielleicht nimmt er aber auch in Kauf, dass die entsprechenden Schriftbezüge überlesen werden.534 Dies ist eine Schwierigkeit, die die gesamte Diskussion zur Leserperspektive in Bezug auf die Paulusbriefe betrifft. Die Einschätzung des Autors muss aus den Aussagen innerhalb der Briefe erschlossen werden und lässt sich nicht immer eindeutig bestimmen. Dennoch sind bestimmte Tendenzen erkennbar, die im Folgenden dargelegt werden sollen. Dazu wird untersucht, inwiefern Markierung, Wortlaut und Kontextualisierung der Zitate zusätzlich zu ihrer argumentativen Funktion Bildungsvoraussetzungen der Korinther aus der Sicht des Paulus offenlegen. Zunächst zur bereits angesprochenen Markierung der Zitate:535 Der Apostel Paulus kennzeichnet seine wörtlichen Übernahmen aus den Schriften Israels in den Korintherbriefen häufig mit einer thematisierenden Markierung, wobei der Rückbezug auf ein geschriebenes oder gesprochenes536 Wort Gottes betont wird, 534  Diese Fragestellung kann am ehesten durch die genaue Betrachtung der einzelnen Textstellen beantwortet werden. Vgl. dazu exemplarisch Wilk 2019a, 21–41. 535  Für eine ausführliche Darstellung zur Markierung vgl. die Ausführungen auf S. 131– 137. 536  Der Bezug auf ein gesprochenes Wort Gottes ist dabei die Ausnahme. Vgl. 2Kor 4,6; 6,16. Mit dem Bezug auf Gott als Sprecher eines Schriftzitats verbindet sich zudem eine ganz bestimmte Deutung. „Wie in 4,6, so wird auch [in 6,16] ein Gotteswort angeführt, das Gottes Handeln an den Christusgläubigen als das eschatologische Gegenstück zu einem in der T hora bezeugten ‚Gründungsgeschehen‘ charakterisiert.“ Wilk 2008, 684.

3.5  Bildungshintergrund der Zitate

203

wie z. B. in der Wendung γέγραπται γάρ (denn es steht geschrieben). Herkunftsangaben sind hingegen selten und so vage formuliert, dass der Ursprungstext nicht unmittelbar anhand der Angaben bestimmt werden kann (vgl. 1Kor 9,9; 14,21).537 Solche Markierungen dienen also nicht dazu, die genaue Herkunft eines Zitats bestimmen zu können, sondern vielmehr dazu, die Autorität des anschließenden Schriftwortes hervorzuheben.538 Da die einzelnen Formulierungen häufiger vorkommen und verschiedene Parallelen haben, z. B. in den Pescharim von Qumran,539 werden sie auch als Zitationsformeln bezeichnet. Ein so markiertes Zitat kann demnach gar nicht übersehen werden, weil die Einleitungsformel es eindeutig hervorhebt. Für die Schriftzitate des Paulus bedeutet dies, dass Paulus, wenn er sicher gehen möchte, dass alle Leser das zitierte Schriftwort wahrnehmen können, entsprechende Einleitungswendungen hinzufügt. Es ist daher anzunehmen, dass der Apostel an den Stellen, wo er Zitationsformeln verwendet, diese für das Verständnis aller Leser für notwendig hält. Deren Wortlaut zeigt zudem, dass für ihn dabei nicht entscheidend ist, dass die Leser wissen, aus welcher Schrift er das jeweilige Zitatsegment entnommen hat, sondern dass sie die Autorität erkennen, die das Zitat durch seine Eigenschaft als Wort Gottes erhält.540 Andere wörtliche Übernahmen, die lediglich durch linguistische Codewechsel markiert sind (vgl. z. B. 1Kor 2,16) und daher nur für diejenigen Mitglieder der Gemeinde von Korinth, die über fundierte Schriftkenntnisse verfügen, erkennbar sind, lassen hingegen vermuten, dass Paulus mit bestimmten Schriftworten eine andere Aussageabsicht verfolgt. So scheint er in 1Kor 2,16 mit dem wörtlichen Schriftbezug ohne Zitationsformel bloß einen Teil seiner Adressaten anzusprechen. Nachdem ein vorangegangenes Zitat (1Kor 2,9) die Schrift als Autorität ausgezeichnet hat, begründet Paulus im weiteren Verlauf seine Ausführungen mit einem wörtlichen Schriftbezug, der nicht auf den ersten Blick als solcher erkennbar ist, der aber für befähigte Schriftinterpreten das Verständnis der stellenweise schwierigen Textpassage erleichtert.541 Dieses Beispiel und die Tatsache, dass die entsprechenden Bezugnahmen meist durch zusätzliche implizite Markierungen, wie eine exponierte Stellung oder eine hohe Referenzdichte, hervorgehoben werden, deuten darauf hin, dass Paulus wörtliche Übernahmen, die lediglich durch linguistische Codewechsel markiert sind, zumindest von einer Teilgruppe erkannt wissen möchte, um möglicherweise einen Austausch über die Schriftworte in der Ge537  Zudem ist bei der Aneinanderreihung verschiedener Schriftworte nur in 1Kor 3,19– 20 erkennbar, dass es sich um zwei eigenständige Zitatsegmente handelt. Bei allen anderen Zitatkombinationen ist dagegen nur schwer ersichtlich, dass hier auf verschiedene Prätexte Bezug genommen wird. Vgl. 1Kor 15,54–55; 2Kor 6,16–18. 538  Zur Funktion der entsprechenden Ergänzungen vgl. die Ausführungen auf S. 131– 134. 539  Vgl. Metzenthin 2015, 167–169. 540  Da die interpretative Glosse im Anschluss an das Zitat in 1Kor 15,27 einer Zitationsformel ähnelt, kann man davon ausgehen, dass dies auch für 1Kor 15,27 gilt. 541  Für eine ausführliche Darstellung vgl. Wilk 2019a, 21–41.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

meinde anzuregen.542 Für Adressaten, die die Schriften Israels nur in Grundzügen kennen, kommen all diese Hinweise jedoch einer Nichtmarkierung gleich, da die Wahrnehmung linguistischer Codewechsel nur dann möglich ist, wenn man mit der Sprache der Schriften vertraut ist. Allein beim Zitat in 2Kor 10,17, das bereits in 1Kor 1,31 angeführt worden ist, ist im Gegensatz dazu anzunehmen, dass der Vers aufgrund der Wiederholung bei der Mehrheit der Gemeindemitglieder als bekannt vorausgesetzt werden kann.543 Neben der Markierung lenkt auch der Wortlaut eines Zitatsegments die Leserichtung und ermöglicht Rückschlüsse auf die Einschätzung des Autors hinsichtlich seiner Adressaten.544 Paulus zitiert alle Schriftworte in griechischer Sprache, vermutlich weil dies die im Kontext gegebene Verkehrssprache ist. Obwohl seine Textgrundlage nachweislich die Septuaginta ist, weichen zahlreiche Zitatsegmente von deren heute vorliegendem Wortlaut ab, was teils auf eine andere Textvorlage aus der LXX-Tradition und teils auf eine bewusste Anpassung an den neuen Kontext zurückzuführen ist. Die Selbstverständlichkeit, mit der Paulus verschiedene Textvorlagen verwendet und die Schriftworte selbst für seine Zwecke anpasst, legt den Schluss nahe, dass dies durchaus üblich für den Umgang mit der Schrift gewesen ist. Parallelen in einigen Texten von Qumran bestätigen diese Vermutung.545 Somit ist es wahrscheinlich, dass Abweichungen vom Wortlaut auch bei den Adressaten nicht für Unverständnis gesorgt haben. Zudem scheint Paulus davon auszugehen, dass die Korinther keinen Anstoß daran nehmen, weil er Abweichungen an keiner Stelle thematisiert. Seine eigene Interpretation der Schrift wird nie in Frage gestellt und oft sogar zur Legitimation seiner Aussagen genutzt. Paulus setzt dabei voraus, dass die Leser ihn als fähigen Schriftinterpreten ansehen. Diese angenommene Akzeptanz seiner Schriftinterpretation zeigt sich auch darin, dass Paulus die Schrift aktualisiert und christologisch ausdeutet, ohne die Gültigkeit solcher Auslegungsmethoden zu diskutieren. Der Fokus liegt dabei weniger auf dem ursprünglichen Kontext der Schriftzitate als vielmehr auf deren Bedeutungsgehalt für die Abfassungssituation der Briefe.546 Daher ist es nicht verwunderlich, dass es Fälle gibt, in denen die paulinische Deutung in Kontrast zum Prätext steht, wie in 1Kor 14,21, wo Paulus mit seinem Schriftzitat den ursprünglichen Kontext von Jes 28 verlässt, indem er den Gerichtszusammenhang ausklammert und die Bezugsgröße der Glossolalie ausweitet.547 Wiederum scheint Paulus davon auszugehen, dass die Korinther solche Formen der Ausle542 

Vgl. 1Kor 2,16; 5,13; 9,7; 15,32–33; 2Kor 13,1. Vgl. Schmeller 2015, 186. 544  Für eine ausführliche Darstellung zum Wortlaut vgl. die Ausführungen auf S. 137– 148. 545  Vgl. Metzenthin 2015, 165–167. 546  Vgl. Hays 2004, 58–60. 547  Für eine ausführliche Darstellung des Beispiels vgl. die Ausführungen auf S. 151–152. 543 

3.5  Bildungshintergrund der Zitate

205

gung als rechtmäßig anerkennen. Denn sonst würde seine gesamte Argumentation, die das Schriftwort als Beweis nutzt, in sich zusammenfallen. Um der Argumentation des Paulus folgen zu können, ist es meist nicht nötig, sich den Inhalt des Prätextes zu vergegenwärtigen, da sich die Zitate vorwiegend auf grundlegende thematische Schwerpunkte der Ursprungstexte zurückbeziehen, deren Aussagegehalt bereits im Zitatsegment enthalten ist (vgl. z. B. 1Kor 15,27).548 Allerdings ermöglicht ein gewisses Hintergrundwissen ein tiefergehendes Textverständnis, vor allem dann, wenn Paulus zusätzlich im Umfeld der Zitation auf spezielle Aspekte des Ursprungstextes anspielt, wie beim Psalmzitat in 2Kor 4,13.549 Wenn der Leser den Psalm kennt, ist die Identifikation des Paulus mit dem Psalmisten aufgrund situativer Gemeinsamkeiten sofort ersichtlich. Bei Nichtkenntnis weist zwar die Argumentation auf die Schriftgemäßheit des apostolischen Handelns hin, die Gleichsetzung mit dem Psalmbeter kann aber übersehen werden.550 Auch der Zusammenhang zwischen der einleitenden Ermahnung und dem anschließenden Exoduszitat in 1Kor 10,7 ist ohne jegliche Schriftkenntnisse schwer verständlich.551 Da sich Paulus in 1Kor 10,1–13 aber auf unterschiedliche Ereignisse in der Geschichte Israels bezieht, scheint er in Bezug auf die Exodusgeschichte eine breitere Textbasis als bekannt vorauszusetzen als bei anderen Schriften.552 Die Zitationstechnik des Paulus ist also nicht nur von den Fähigkeiten der Leser, sondern auch von der Bekanntheit der zitierten Schriften und der konkreten Kommunikationsabsicht abhängig, worauf im nächsten Kapitel Bezug genommen wird. b. Zitierte Schriften Der Apostel Paulus zitiert in seinen Briefen an die Gemeinde in Korinth nicht aus allen uns heute bekannten Schriften Israels. Seine Bezugnahmen konzentrieren sich vielmehr auf einige ausgewählte Texte. Am häufigsten führt Paulus Verse aus dem Jesajabuch an,553 gefolgt von Psalmversen554 und Passagen aus den 548 

Für eine ausführliche Darstellung des Beispiels vgl. die Ausführungen auf S. 153–155. Für eine ausführliche Darstellung des Beispiels vgl. die Ausführungen auf S. 157–159. 550  Vgl. Han 2014, 35–36. 551  Möglicherweise ist dies von den wenigen Schriftkundigen in der Gemeinde bei der Verlesung der Briefe erläutert worden. Vgl. Wilk 2019a, 40–41. Für eine ausführliche Darstellung des Beispiels vgl. die Ausführungen auf S. 156–157. 552  Vgl. Hays 2004, 58. Neben 1Kor 10,1–22 ist dies an 1Kor 5,1–13 erkennbar. Vgl. Hays 2005, 8–12.22–24. Wie wichtig die Deutung gerade dieser Texttraditionen für die Gemeinde von Korinth zu sein scheint, zeigt auch der Auftakt der Textpassage, in der Paulus explizit hervorhebt, dass es ihm am Herzen liegt, dass die Korinther dies wissen. 553  Vgl. 1Kor 1,19; 14,21; 15,54; 2Kor 4,6; 6,2; 6,17. Zur Bedeutung des Jesajabuches für die Korintherbriefe vgl. Wilk 2005b, 133–158. 554  Vgl. 1Kor 3,20; 15,27; 2Kor 4,13; 9,9. 549 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

Büchern Genesis555 sowie Exodus556. Die paulinische Vorliebe für Jesaja und die Psalmen zeigt sich auch in drei wörtlichen Übernahmen aus diesen Büchern im ersten Korintherbrief, die nicht explizit markiert sind. In 1Kor 2,16, 10,26 und 15,32 sind wörtliche Übereinstimmungen aus Jes 40,13, Ps 23,1 LXX und Jes 22,13 in der Fassung der Septuaginta erkennbar. Zusätzlich gibt es Einzelbezüge auf die Bücher Levitikus, Deuteronomium, 2Samuel, Jeremia, Hosea,557 Ezechiel und Hiob558. Auf das Deuteronomium wird zudem an jeweils einer Stelle des ersten und des zweiten Korintherbriefs wörtlich Bezug genommen, ohne dies durch eine Einleitungsformel kenntlich zu machen.559 Die hier dargestellten Häufigkeiten entsprechen weithin den sonstigen Vorlieben des Paulus. Fasst man die Schriftzitate in allen Briefen zusammen, bevorzugt er Jesaja, Genesis, Exodus, Deuteronomium, die Psalmen, Levitikus, Numeri und das Dodekapropheton.560 Dabei weist er Gemeinsamkeiten etwa mit dem Evangelisten Markus auf, der überwiegend aus den sechs Büchern Exodus, Levitikus, Deuteronomium, den Psalmen, dem Dodekapropheton und Jesaja zitiert oder Verse daraus paraphrasiert.561 Ähnliche Vorlieben findet man auch bei Matthäus, in der Apostelgeschichte des Lukas und in den Texten von Qumran.562 Der Vorzug dieser Schriften ist wohl inhaltlich bedingt, da sie grundlegende Aussagen zur Geschichte des Gottesvolkes enthalten, die entscheidend für die Deutung der Identität der jeweiligen Bezugsgruppe sind.563 Die besondere Hochschätzung für Jesaja564 in den Briefen des Paulus entspricht ebenfalls bestimmten antik-jüdischen und frühchristlichen Gepflogenheiten. So nimmt das Lob für Jesaja im Buch Jesus Sirach fast ebenso viel Raum ein wie für alle anderen Schriftpropheten zusammen (Sir 48–49) und auch in den neutestamentlichen Schriften erhält Jesaja eine führende Rolle innerhalb der zitierten Schriften.565 Während bei der Auswahl der zitierten Schriften eine gewisse Kontinuität 555 

Vgl. 1Kor 6,16; 15,45; 2Kor 4,6. Vgl. 1Kor 10,7; 2Kor 8,15. 557  Das Buch Hosea war Paulus allerdings wohl nur als Teil des Zwölfprophetenbuches bekannt. Vgl. Burchard 1998, 229. 558  Vgl. 2Kor 6,16; 1Kor 9,9; 2Kor 6,18; 1Kor 1,31 bzw. 2Kor 10,17; 1Kor 15,55; 2Kor 6,17 und 1Kor 3,19. 559  Vgl. 1Kor 5,13; 2Kor 13,1. Zur Bedeutung des Deuteronomiums für die Korintherbriefe vgl. Rosner 2007, 118–135. 560  Vgl. Dautzenberg 1982, 22; Smith 1988, 273; Collins 1995, 153–154; Moyise 2001, 75; Wilk 2014a, 196.216–218. 561  Vgl. Wilk 2014a, 192.196. 562  Vgl. Dautzenberg 1982, 22; Wilk 2014a, 196. Der vermehrte Bezug auf das Deuteronomium entspricht zudem der Hochschätzung des Buches im gesamten frühen Judentum. Nicht nur in den Texten von Qumran, sondern auch in Apocrypha, Pseudepigraha, bei Philo und Josephus wird daraus zitiert. Vgl. Lincicum 2010, 193–201. 563  Vgl. Hanson 1974, 172; Dautzenberg 1982, 22. 564  Vgl. Wagner 2002, 356–359. Zur Entwicklung der Nutzung, Interpretation und Lektüre des Jesajabuches bei Paulus vgl. Wilk 2005a, 101–116. 565  Vgl. Wilk 2007, 245–247.258–264. Bei Paulus erfährt das Jesajabuch dadurch zusätz556 

3.5  Bildungshintergrund der Zitate

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zwischen Paulus und bestimmten Strömungen des zeitgenössischen Judentums besteht, setzt Paulus bei der Reduktion innerhalb der Schriften eigene Schwerpunkte. So klammert er z. B. Gesetzestexte oder die Königszeit bei seinen Schriftbezügen größtenteils aus.566 Auch in Bezug auf die biblischen Figuren konzentriert sich Paulus in seinen Briefen auf wenige Hauptpersonen. Zentral für sein Schriftverständnis sind v. a. Adam, Abraham und Moses.567 Unabhängig von der Bevorzugung einzelner Schriften genießt die Schrift insgesamt die höchste Autorität bei Paulus.568 Auch wenn er an einigen Stellen Herrenworte und Analogien aus dem täglichen Leben als Beweise anführt, begründet Paulus seine T heologie und die daraus resultierenden Weisungen für eine christusgläubige Lebensgestaltung am häufigsten mit Schriftworten.569 Da das Schriftzitat für ihn der entscheidende Beweis ist, kann man von einer großen Wertschätzung gegenüber der Schrift ausgehen. Diese reicht sogar so weit, dass Paulus niemals seinen Zitaten Erklärungen zum Wert der Schrift hinzufügt, ihre Beweiskraft muss nicht erläutert werden, da sie allgemein bekannt ist.570 3.5.2  Zitation als Bildungsprozess Die bisherige Analyse der Leserschaft des Paulus hat gezeigt, dass die Mehrheit der Korinther griechischer Herkunft ist und damit nur geringe Schriftkenntnisse besitzt, die im Rahmen der Mission des Paulus vermittelt worden sind.571 Zusätzlich gibt es einige jüdische Gemeindemitglieder, die wahrscheinlich über ein größeres Vorwissen in Bezug auf ihre heiligen Schriften verfügen.572 Da Paulus in seinen Briefen an die Korinther so häufig aus den Schriften Israels zitiert, stellt sich die Frage, welche Kenntnisse er dabei auf Seiten der Adressaten voraussetzt. Markierung, Wortlaut und Kontextualisierung der Schriftzitate in den Korintherbriefen des Paulus deuten darauf hin, dass der Autor den unterschiedlichen Voraussetzungen seiner Adressaten Rechnung trägt. Denn zum einen sind die durch Einleitungsformeln markierten Zitate auf den ersten Blick für alle Leser liche Bedeutung, dass er seine Berufung zum Heidenapostel als bei Jesaja vorangekündigt deutet. Vgl. dazu Wilk 1999, 291–303. 566  Vgl. Koch 1991, 170–172. 567  Vgl. Mauser 1991, 50–55. 568  Vgl. Ellis 1957, 28–33. 569  „Die Schrift ist […] nach Paulus insgesamt als Zeugnis und Interpretament der in Christus sich vollziehenden Begegnung zwischen Gott und Mensch zu verstehen. So verstanden bildet sie die Voraussetzung und das zentrale Medium der Entwicklung seiner T heologie – und sorgt somit dafür, dass diese der Einbindung des Christusgeschehens in die Erwählungs- und Verheißungsgeschichte Israels entspricht.“ Wilk 2013, 490. 570  Vgl. Michel 1929, 159–160.171–172. 571  Vgl. Lindemann 1996, 225. 572  Anzunehmen ist zudem, dass einige Gottesfürchtige, Sympathisanten der jüdischen Gemeinde, die aufgrund ihrer Nähe zur Synagoge über breitere Schriftkenntnisse verfügen, zur Gemeinde des Paulus gehören. Vgl. Zeller 2010, 37.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

erkennbar und bedürfen keines erhöhten Kontextwissens, weil Paulus bei der Zitation vornehmlich allgemeine Aspekte des Prätextes aufgreift und sein Umgang mit dem Wortlaut der Zitate der zeitgenössischen Praxis entspricht. Zum anderen enthalten die Korintherbriefe wörtliche Schriftbezüge, die zwar nicht durch eine thematisierende Markierung hervorgehoben werden, die aber anhand expliziter und impliziter Marker für schriftgelehrte Leser innerhalb der Gemeinde durchaus wahrnehmbar gewesen sind. Zudem ermöglicht ein Einbezug des Prätextkontextes an einigen Textstellen ein tieferes Verständnis der paulinischen Argumentation, womit Paulus ebenfalls Gemeindemitglieder mit größeren Schriftkenntnissen im Blick haben könnte. Daher stellt sich nun die Frage, ob es von Paulus intendiert ist, dass seine Adressaten die Schriftzitate lediglich als Belege für die jeweilige Argumentation anerkennen, ohne sich Gedanken über deren genauen Hintergrund zu machen oder ob er damit vielleicht zusätzlich eine Art Bildungsprozess anstoßen möchte? Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Paulus an keiner Stelle seiner beiden Briefe an die Gemeinde in Korinth von einem Schriftstudium vor Ort spricht, geschweige denn die Gemeindemitglieder explizit dazu auffordert, auch wenn die Verwendung des Begriffs „Psalm“ in 1Kor 14,26 und einige der in 1Kor 12,4– 11 genannten Gemeindeämter Schriftgelehrsamkeit implizieren. Dennoch gibt es einige Textpassagen, in denen man als Leser den Eindruck gewinnt, Paulus erwarte von seinen Adressaten doch mehr als bloße Akzeptanz seiner eigenen Schriftinterpretation.573 Dies lassen z. B. die paulinischen Ausführungen in 1Kor 10,1–13 vermuten, in die eine Vielzahl von Schriftbezügen eingeflossen ist.574 Die Textpassage beginnt mit den Worten: οὐ θέλω γὰρ ὑμᾶς ἀγνοεῖν, ἀδελφοί, … (Ich will nämlich nicht, dass ihr nicht wisst, Brüder, …). Bereits zu Beginn macht Paulus deutlich, wie wichtig ihm die Kenntnis der nun folgenden Darlegungen ist. Im Anschluss daran werden verschiedene Ereignisse aus der Exodusgeschichte wiedergegeben. Auf die kurze Darstellung der zunächst positiven Beziehung zu Gott (1Kor 10,1–4) folgt eine Aufzählung von Fehlverhalten der Israeliten und deren Bestrafungen durch Gott (1Kor 10,5–10). Die Israeliten selbst werden dabei als Väter (1Kor 10,1) und Vorbild der Korinther (1Kor 10,6) bezeichnet. Paulus aktualisiert an dieser Stelle biblische Geschehnisse, indem er deren Grundaussagen auf die derzeitige Situation der Adressaten überträgt. Denn laut 1Kor 10,11 sind alle negativen Erlebnisse der Israeliten, die eine Folge ihrer falschen Verhaltensweisen seien, als Zurechtweisung für die Korinther aufgeschrieben worden. Paulus fordert seine Adressaten also explizit dazu auf, bestimmte Vergehen, die die Israeliten begangen haben, zu meiden und die Schriften aktualisierend aus573  Für eine Übersicht von Bildungsvollzügen mit Bezug auf die Schrift im ersten Brief an die Korinther vgl. Wilk 2019b, 102–106. 574  Für eine ausführliche Darstellung des Beispiels vgl. die Ausführungen auf S. 156–157.

3.5  Bildungshintergrund der Zitate

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zulegen.575 Paulus spricht hier die Leser als aktiv Verstehende an und legt dar, wie sie die Schrift zu interpretieren haben.576 In 1Kor 14,20–25 geht Paulus noch einen Schritt weiter. Hier ermahnt er seine Adressaten am Anfang dazu, vollkommen im Denken zu sein (1Kor 14,20). Anschließend legt er einen Jesajavers aus (1Kor 14,21), indem er das dort beschriebene Reden in fremden Sprachen auf die in der Gemeinde praktizierte Glossolalie bezieht und dem von ihm bevorzugten prophetischen Reden gegenüberstellt (1Kor 14,22). Wie Gott laut Jes 28,11–12 in fremden Sprachen und durch fremde Lippen zum Volk geredet habe und dieses nicht auf ihn gehört habe, so führe auch die Glossolalie zu Unverständnis und sei daher ein Zeichen für Ungläubige, wohingegen das prophetische Reden dafür bestimmt sei, Menschen als Glaubende auszuweisen (1Kor 14,21–22).577 Seine Deutung des Verses veranschaulicht Paulus danach mithilfe von zwei hypothetischen Beispielen aus dem Gemeindeleben. Während das Reden in fremden Sprachen in der Gemeindeversammlung Unwissende und Ungläubige abschrecke (1Kor 14,23), ermuntere das prophetische Reden Unwissende und Ungläubige dazu, die Gemeinde zu loben (1Kor 14,24–25).578 Die Argumentation gipfelt schließlich in dem Bekenntnis, ὄντως ὁ θεὸς ἐν ὑμῖν ἐστιν (Gott ist wirklich bei euch), das auf einen weiteren Jesajavers anspielt. In Jes 45,14 verkündet Gott seinem Volk, dass andere Völker zu Israel kommen und bekennen werden, Gott sei wirklich bei ihnen. Wiederum überträgt Paulus eine Aussage, die sich ursprünglich auf Israel bezogen hat, auf die Gemeinde in Korinth.579 Allerdings ist die zweite Bezugnahme auf das Buch des Propheten Jesaja nicht für alle Adressaten erkennbar, da sie ohne explizite Markierung erfolgt. Paulus scheint hier also auf zwei Ebenen zu agieren. Zum einen nutzt er die Autorität des Jesajazitats, das anhand der Einleitungsformel für alle erkennbar ist, als Ausgangsbasis und Begründung für den Vorzug des prophetischen Redens gegenüber der Glossolalie. Zum anderen verwendet er eine Anspielung auf Jesaja, die nur von Gemeindemitgliedern mit größeren Schriftkenntnissen wahrgenommen werden kann, als zusätzlichen Beleg für seine T hese.580 Über allem steht aber die Eingangsermahnung, vollkommen im Denken zu sein. Wenn die Korinther diese ernst nehmen, werden sie versuchen, die Argumen575 

Vgl. Holtz 1974, 26; Walter 1997, 63. Vgl. Schneider 2011, 232.236–238. 577  Zur Interpretation der teils strittigen Aussage von 1Kor 14,22 vgl. Wilk 2019a, 33–35. Zur Kontextualisierung des Schriftwortes vgl. die Ausführungen auf S. 151–152. 578  Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 166–167. 579  Vgl. Hays 2005, 2–3. 580  Vgl. Wilk 1998, 331–333. Da Paulus an dieser Stelle zusätzlich zahlreiche Aus­d rücke der Septuaginta nutzt, es Parallelen zu einer Szene aus Dan 2 gibt und der Jesajavers als wörtliche Rede angeführt wird, ist die Schriftgemäßheit seiner Darstellung deutlich erkennbar. „Erst von den beigezogenen Schriftworten her wird klar, dass jenes Votum die versammelte Gemeinde – in Analogie zum Gottesvolk Israel – als Ort der Gegenwart Gottes preist.“ Wilk 2019a, 38. 576 

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tation des Paulus mit allen ihren Schriftbezügen zu entschlüsseln. In dem Fall sind dann gerade die schriftgelehrten Gemeindemitglieder aufgerufen, auf die zusätzliche Anspielung in 1Kor 14,25 hinzuweisen und die gesamte paulinische Schriftinterpretation den anderen Gemeindemitgliedern zu erläutern.581 Die beiden Textbeispiele legen die Vermutung nahe, dass Paulus seine Leser zum Nachdenken anregen möchte. Auch wenn der Apostel an keiner Stelle die Korinther explizit zum Schriftstudium auffordert, ist ihm daran gelegen, dass die Gemeindemitglieder seine Form der Schriftinterpretation anerkennen. Dazu müssen sie aber den Einsatz der Schriftbezüge nachvollziehen können. Deshalb sollen sie die Aussagen der Schriften Israels auf ihre eigene Situation übertragen (1Kor 10,1–13) und sich über die paulinische Schriftinterpretation austauschen (1Kor 14,20–25). In dem Sinn ist die Zitation von Schriftworten bei Paulus ein Geschehen, das einen Bildungsprozess in der Gemeinde anstoßen kann.582 3.5.3  Fähigkeiten der Adressaten Im Anschluss an die vorangegangene Ausweitung der Autorperspektive steht nun die Leserperspektive im Zentrum der Betrachtung. Da es neben den Briefen des Paulus keine direkten Zeugnisse zur Gemeinde in Korinth gibt, ist eine Darstellung der historischen Leserschaft der Korintherbriefe nur näherungsweise möglich.583 Zum einen enthalten die Briefe selbst Aussagen über den Adressatenkreis, wobei man beachten sollte, dass man hierbei quasi durch die „Brille“ des Autors auf die Adressaten blickt. Zum anderen berichten verschiedene antike Autoren vom Leben in der Stadt Korinth. Da die paulinische Gemeinde Teil dieser Stadt ist, kann man versuchen, aus den Beschreibungen der Stadt, die sich durch archäologische Funde belegen lassen, zusätzliche Rückschlüsse auf die Zusammensetzung und die Fähigkeiten der Adressaten zu ziehen. Somit wird sich im Folgenden schrittweise der historischen Leserschaft der Korintherbriefe des Paulus angenähert. a. Aussagen über die Leserschaft in den Korintherbriefen des Paulus Paulus schreibt in seinen Korintherbriefen aller Wahrscheinlichkeit nach an eine Gemeinde, deren Mehrheit aus sozial niedrigeren Schichten stammt. Denn wie er selbst sagt, gebe es unter ihnen nur wenige Weise, Mächtige und Vornehme (vgl. 1Kor 1,26). Deutlich höher scheint dagegen der Anteil an Sklaven und Freigelassenen gewesen zu sein, da diese gleich an zwei Stellen des ersten Briefes erwähnt werden (vgl. 1Kor 7,21; 12,13). Aber auch einige wohlhabendere Perso581 

Vgl. Wilk 2019a, 40–41. Vgl. Wilk 2019a, 41; Wilk 2019b, 106–107. 583  Vgl. Stanley 1999, 125. 582 

3.5  Bildungshintergrund der Zitate

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nen, die z. T. sogar namentlich genannt werden, wie der in Röm 16,23 erwähnte Hausbesitzer Gaius oder der ebenfalls in Röm 16,23 erwähnte städtische Beamte Erastus, gehören zur Gemeinde.584 Anzunehmen ist auch, dass die kulturelle und religiöse Zusammensetzung der Gemeinde in Korinth ebenfalls heterogen ist, da sowohl Juden als auch Griechen zu ihren Mitgliedern zählen (vgl. 1Kor 7,18; 12,13). Dies entspricht zudem dem missionarischen Vorgehen des Paulus, der Juden und Griechen zu gewinnen versucht (vgl.1Kor 9,20–21). Vermutlich ist der Anteil an Juden deutlich geringer gewesen als der an Griechen, da Paulus in 1Kor 12,1–3 von deren heidnischer Vergangenheit spricht.585 Die beschriebenen religiösen und sozialen Unterschiede haben wohl zu Diskussionen innerhalb der Gemeinde geführt. Es scheinen sich Gruppierungen gebildet zu haben, die sich auf unterschiedliche Autoritäten berufen (vgl. 1Kor 1,11–12; 3,3–4). Daneben führen Fragen des Sexualverhaltens (vgl. 1Kor 5–7) und der Verzehr von Götzenopferfleisch zu Auseinandersetzungen unter den Gemeindemitgliedern (vgl. 1Kor 8). Paulus versucht die Streitigkeiten auf unterschiedliche Weise zu schlichten, z. B. erläutert er die Botschaft vom Kreuz Jesu Christi als einende Grundlage der Gemeinde (vgl. 1Kor 1–2), stellt den Dienst für Gott als gemeinsame Aufgabe aller Apostel dar (vgl. 1Kor 3), fordert die Beibehaltung des Status, der bei der Berufung vorgelegen habe (vgl. 1Kor 7,17.20.24) und bittet um Rücksicht auf weniger gefestigte Gläubige (vgl. 1Kor 8,7–13).586 Hierin zeigt sich bereits die besondere Beziehung des Paulus zu seiner Gemeinde. Auch wenn er nur wenige von den Korinthern selbst getauft habe (vgl. 1Kor 1,14–16), ist er doch ihr Apostel, da er ihnen das Evangelium verkündigt (vgl. 1Kor 15,1), bei ihnen entsprechende Zeichen gewirkt habe (vgl. 2Kor 12,12) und die Gemeinde sein Werk sei (vgl. 1Kor 9,1–2). Er sieht sich als Vater (vgl. 1Kor 4,14–15) und Vorbild der Gemeinde (vgl. 1Kor 4,16; 7,7; 10,33–11,1). Die Gemeinde wiederum bezeichnet er als Siegel, das ihn als Apostel ausweise (vgl. 1Kor 9,2), und als Empfehlungsschreiben aus Fleisch und Blut (vgl. 2Kor 3,2–3). Auch wenn die Gemeinde grundsätzlich zu ihm stehe (vgl. 1Kor 11,2; 2Kor 7,7), sei es zu unerfreulichen Begebenheiten gekommen, die die Beziehung belastet hätten. Die Auseinandersetzung beginnt damit, dass ihn einige Gemeindemitglieder mit anderen Aposteln vergleichen und sein Verhalten negativ beurteilen (vgl. 1Kor 3–4). Dann sei Paulus bei einem Besuch von einem Gemeindemitglied so stark angegriffen worden, dass er der Gemeinde anschließend unter Tränen ge584 

Vgl. Schenk 1990, 625; Merklein 1992, 36–41; Zeller 2010, 37–39. Vgl. Schenk 1990, 625; Stanley 1999, 129; Mitchell 2005, 307; Rosik 2013, 53. Dieses Bild stimmt auch mit der Darstellung in Apg 18,1–8 überein, wonach Paulus in Korinth zunächst in der Synagoge predigte, dort aber keinen Anklang fand, dann im Privathaus eines Gottesfürchtigen lehrte und daraufhin den Synagogenleiter und viele andere Korinther vom Glauben an Christus überzeugte. 586  Paulus hofft auf diese Weise soziale Unterschiede überwinden zu können. Vgl. Schmeller 1995, 89–93. 585 

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

schrieben habe. Traurigkeit auf beiden Seiten sei die Folge gewesen. Paulus selbst legt das Ereignis als Probe für den Gehorsam der Gemeinde ihm gegenüber aus (vgl. 2Kor 2,1–11). Schließlich sieht sich Paulus gezwungen, sich gegen Angriffe Dritter zu verteidigen und um die Gemeinde zu werben, da andere Apostel sich ihm überlegen fühlen und ihn in der Gemeinde schlecht zu machen versuchen (vgl. 2Kor 10–13). Entsprechend differenziert ist deshalb auch die paulinische Einschätzung zur Aufnahmefähigkeit und Erkenntnis der Gemeinde. Grundsätzlich erklärt Paulus nämlich, dass sie den Geist Gottes empfangen habe und daher reich an Wort und Erkenntnis sei (vgl. 1Kor 1,5; 10,15; 2Kor 8,7), aber in bestimmten Situationen müsse er mit ihnen wie mit Kindern reden und sie würden ihn nicht immer richtig verstehen (vgl. 1Kor 3,1–4; 2Kor 1,13–14). Aufgrund solcher Missverständnisse liegt die Vermutung nahe, dass Paulus den Austausch der Gemeindemitglieder wünscht, damit die seiner Meinung nach richtige Erkenntnis und die Akzeptanz seines Amtes und dessen Autorität Verbreitung findet. Diese Hypothese wird durch einige Aussagen in den Briefen unterstützt. In 1Kor 5,9–11 erläutert Paulus eine Forderung aus einem vorangehenden Schreiben, die die Korinther missverstanden haben. Da Paulus von der Fehldeutung seiner Worte durch die Korinther erfahren hat, ist anzunehmen, dass die Gemeindemitglieder miteinander über die Inhalte der Briefe sprechen. Dies ist auch deshalb wahrscheinlich, weil die Zusammenkünfte der Gemeinde nach Aussagen des Paulus zur Unterweisung anderer (vgl. 1Kor 14,19) und zum lernenden Austausch (vgl. 1Kor 14,29–31) dienen sollten. Darüber hinaus haben die Korinther Fragen an Paulus gestellt, die er beantworten sollte (vgl. 1Kor 7,1; 8,4), sodass die briefliche Kommunikation an sich eine innergemeindliche Auseinandersetzung mit den Worten des Apostels nahelegt. Paulus bezieht sich dabei häufig auf T hemen, die er als bekannt voraussetzt, wie Einleitungsformeln mit περὶ δέ und οὐκ οἶδατε zeigen (vgl. z. B. 1Kor 7,1 oder 1Kor 9,13).587 Für eine Betrachtung der Schriftzitate des Paulus ist die Fragestellung besonders interessant, ob man sich bei solchen Gelegenheiten auch über die Schriftauslegung des Apostels ausgetauscht habe. Ein generelles Schriftstudium bei den Gemeindetreffen lässt sich aus den Briefen nicht ableiten,588 auch wenn die Verwendung des Begriffs „Psalm“ in 1Kor 14,26 auf den Vortrag schriftlicher Elemente in der Gemeindeversammlung hindeuten könnte.589 Die Schriftbe587  Vgl. Edsall 2014, 99–105.110–117; Williams 2019, 168–171. Zum Wissen der Korinther gehört demnach das Ablegen der heidnischen Herkunft, das damit verbundene Verbot von Idolatrie und πορνεία, Kenntnisse über Jesu Lehren und eschatologische Begebenheiten, die Ausführung des Herrenmahls, Elemente des Gottesdienstes und Verteilung von Aufgaben in der Gemeinde sowie Inhalte der Schriften Israels. Vgl. Edsall 2014, 156–166. 588  Auch Schnelle, der davon ausgeht, dass in frühchristlichen Gemeinden die Septuaginta studiert worden sei, führt diesbezüglich keine Begründung an. Vgl. Schnelle 2015, 119. 589  Unklar ist allerdings, ob Paulus mit dem Begriff „Psalm“ eine schriftliche Gattung

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züge des Paulus in den Korintherbriefen deuten aber darauf hin, dass die Gemeindemitglieder bestimmte Textpassagen aus den Schriften Israels kannten.590 Wie selbstverständlich nimmt Paulus Bezug auf die Exodustradition und die Schöpfungsge­schichte.591 In 1Kor 5,6–8 verwendet er das Bild des Sauerteigs und des Passalamms, ohne dies näher zu erläutern. In 1Kor 10,1–13 greift Paulus mehrere Ereignisse der Geschichte Israels in der Wüste auf und vergleicht sie mit der Situation der Korinther, wobei er bestimmte Zeichen der Zuwendung Gottes, wie dessen Anwesenheit in einer Wolkensäule oder dessen Hilfe beim Durchzug des Schilfmeeres, als bekannt voraussetzt.592 In 2Kor 3 spricht er in Anlehnung an den Bundesschluss am Sinai von einem neuen Bund der Gläubigen mit Gott, wobei er sein eigenes Wirken in Beziehung zum Auftreten des Moses setzt. In 1Kor 11,7–12 stellt der Rekurs auf die Erschaffung der Frau aus dem Mann die Grundlage der Argumentation für die Kopfbedeckung der Frau im Gottesdienst dar. In 1Kor 15,20–22.45–49 vergleicht Paulus Christus und Adam miteinander und in 2Kor 11,3 warnt er die Korinther davor, sich wie Eva zur Sünde verführen zu lassen. Zudem deuten die zahlreichen Schriftzitate in den Briefen auf eine gewisse Vertrautheit mit den Schriften hin.593 Dies ist nicht verwunderlich, da Paulus selbst, wie er sagt, von Anfang an die Schriftgemäßheit seiner Verkündigung herausgestellt habe (vgl. 1Kor 15,3–5).594 Da die Schriftzitate meist durch eine formelhafte Wendung eingeleitet werden und zur Begründung genutzt werden, ist davon auszugehen, dass die Autorität der Schrift insgesamt anerkannt wurde.595 Die hohe Bedeutung der Schrift wird zusätzlich in der Ermahnung des Paulus, bei der Beurteilung der Apostel nicht über das Maß der Schrift hinauszugehen, in 1Kor 4,6 deutlich.596 Neben der grundsätzlichen Akzeptanz der Autorität der Schrift setzt Paulus auch eine bestimmte Form der Auslegung als bekannt voraus. Denn in 1Kor 10,1 bezeichnet meint oder parallel zu den anderen verwendeten Begriffen eine mündliche Form des Vortrags. Vgl. Edsall 2014, 156–158.162. 590  Vgl. Stanley 2004, 75–76. 591  Vgl. Rosik 2013, 54–55. 592  Für eine ausführliche Darstellung der Schriftbezüge in 1Kor 10,1–13 vgl. die Ausführungen auf S. 156–157. 593  Ob damit auch eine Vertrautheit mit den jeweils zitierten Schriften einhergeht, muss in jedem Einzelfall entschieden werden. Laut Williams und Edsall deutet der häufige Bezug auf Psalmverse darauf hin, dass Teile des Psalters als bekannt vorausgesetzt werden. Vgl. Williams 2004, 180; Edsall 2014, 151–155. Dies ist jedoch nicht zwingend der Fall, da Paulus sich häufig nur auf die Grundaussage des zitierten Verses bezieht. 594  Paulus bezieht sich hier auf eine frühchristliche Tradition. Vgl. Holtz 1974, 19–22. Zu dessen Herkunft vgl. Liebers 1993, 248–267.349–368. Auch der generelle Verzicht auf grundsätzliche Aussagen zum Schriftgebrauch in den paulinischen Briefen spricht dafür, dass der Schriftgebrauch des Paulus insgesamt nicht erklärungsbedürftig oder strittig gewesen ist. Vgl. Luz 1968, 109–110. 595  Vgl. Stanley 1999, 131. 596  Für eine ausführliche Interpretation der Textstelle vgl. Wilk 2019b, 88–99.

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3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

er die Israeliten als Väter der Korinther und in 1Kor 10,6.11 deutet er die zuvor beschriebenen Ereignisse aus der Exoduserzählung als zurechtweisendes Beispiel für die Korinther.597 Indirekt fordert er sie also auf, die Aussagen der Schrift auf ihre eigene Situation zu übertragen.598 Diese Tendenz kann man auch bei vielen Zitaten in den Korintherbriefen entdecken (vgl. 1Kor 1,19.31; 3,19–20; 9,9–10; 10,7; 2Kor 6,2.16–18; 8,15; 9,9; 10,17).599 Alles in allem ist für Paulus die Schrift nur in Verbindung mit dem Christusgeschehen verständlich. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Paulus mehrere Schriftzitate christologisch deutet (vgl. 1Kor 1,31; 15,27.45.54–55; 2Kor 6,2; 10,17).600 Insgesamt lässt sich aus den Aussagen des Paulus ableiten, dass sich die Leserschaft des Paulus in Korinth mehrheitlich aus sozial niedrigeren Schichten zusammensetzt und dass der Anteil an Griechen vermutlich höher ist als der an Juden. Diese Heterogenität, aber auch das Eindringen abweichender Lehren bedingen Auseinandersetzungen innerhalb der Gemeinde und mit ihrem Gründer Paulus. Da dieser sich selbst als Vater und Apostel der Gemeinde sieht, versucht er die Gemeindemitglieder durch Ratschläge und Ermahnungen zur Einheit und zum Gehorsam ihm gegenüber zu bewegen. Dazu erläutert Paulus während seiner Besuche und in seinen Briefen seine eigene Lehre. Die Korinther wiederum scheinen über die Aussagen des Paulus zu diskutieren, wobei sie ihn teilweise missverstehen. In seinen Ausführungen sind zahlreiche Bezüge auf die Schriften Israels enthalten, mit denen die Anerkennung der Schrift als Autorität und die Kenntnis bestimmter paulinischer Auslegungsmethoden vorausgesetzt wird. b. Aussagen über die Leserschaft in anderen Quellen Nach dem Blick auf die Aussagen des Paulus zur Leserschaft erfolgt nun eine Annäherung an dessen historische Leserschaft, indem zuerst mithilfe antiker Quellen ein Bild von der Stadt Korinth gezeichnet wird und dann mit den paulinischen Aussagen über die Gemeinde von Korinth verglichen wird. Die antike Stadt Korinth war bei griechischen und römischen Autoren für ihre besondere geographische Lage bekannt.601 Sie lag auf einer Halbinsel an einer Landenge, dem Isthmus (vgl. Strab.geogr. VIII,6,20; Liv. XLV,28),602 unterhalb eines ho597  Hierin werden auch ekklesiologische Vorstellungen des Paulus sichtbar. Die von ihm gegründeten Gemeinden bilden nämlich das endzeitliche Gottesvolk. Vgl. Kraus 1996, 160–196. 598  Vgl. Lindemann 1996, 215–216.225. 599  Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 159–161. 600  Vgl. Stanley 2004, 76–77. 601  Für eine Übersicht antiker Texte, in denen die Stadt Korinth erwähnt wird, vgl. ­Murphy-O’Connor 1983, 1–128. 602  Pausanias und Plinius d. Ä. berichten, dass es mehrfach Versuche gegeben habe, einen Kanal durch die Landenge zu bauen, dies aber nie gelungen sei (Paus. II,1; Plin.nat. IV,10–11).

3.5  Bildungshintergrund der Zitate

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hen Felsmassivs, auf der sich die Festungsanlage der Stadt, Akrokorinth, befand (vgl. Polyb. XXX,10; Strab.geogr. VIII,4,8; Liv. XLV,28). Das Felsmassiv diente nicht nur als Schutz gegen Feinde (vgl. Polyb. XXX,10), sondern half auch bei der Wasserversorgung der Stadt durch die dort entspringende Quelle Peirene (vgl. Plin.nat. IV,10–11). Daneben besaß die Stadt zwei Häfen, Kenchreai am Saronischen Golf und Lechaion am Korinthischen Golf, die Schifffahrten in Richtung Asien und Italien ermöglichten (vgl. Strab.geogr. VIII,6,20; Paus. II,1; Cic. leg.agr. II,87). Diese günstige geographische Lage habe nach Aussage der antiken Schriftsteller zum einen den Handel der Stadt befördert (vgl. Strab.geogr. VIII,6,20), zum anderen zu deren Zerstörung sowie Wiederaufbau durch die Römer geführt (vgl. Strab.geogr. VIII,4,8; Cic.leg.agr. II,87; Cic.off. I,35; III,46).603 Korinth galt schon zur Zeit Homers als reiche Stadt (vgl. Hom.Il. II,570). Aussagen Ciceros, Strabos sowie Favorinus’ (vgl. Strab.geogr. VIII,6,23; Cic.imp.Cn. Pomp. 11; Cic.Verr.a.s. I,55,8; Dion.Chrys. XXXVII,36604) belegen zusammen mit Bauwerken, wie Brunnen, T heatern, Tempeln oder Bädern, die bei Pausanias und Strabo beschrieben werden (vgl. Strab.geogr. VIII,6,21; Paus. II,1.3), den Reichtum der Stadt auch in späterer Zeit. Als Gründe dafür werden zum einen der bereits erwähnte Handel Korinths, zum anderen wirtschaftliche Vorteile durch die Isthmischen Spiele angeführt (vgl. Strab.geogr. VIII,6,20). Denn Korinth galt in der Antike als Emporion, als Markt- und Handelsplatz für fremde Waren (vgl. T huc. I,13,5; Liv. XXXII,17), der auch zahlreiche Touristen anzog.605 Da Korinth zudem berühmt für Bronzeprodukte, Malerei und Bildhauerei war (vgl. Strab.geogr. VIII,6,23; Cic.Verr.a.s. IV,98,2; Plin.nat. XXXIV,6–8.48; Plin. ep. III,1.6; Sen.brev.vit. 12,2), ist anzunehmen, dass das Handwerk ebenfalls zum Reichtum der Stadt beigetragen hat. Denn bereits Herodot hat in seinen Historien angemerkt, dass von den Griechen die Korinther am wenigsten die Handwerker verachteten (vgl. Hdt. II,167). Zusammen mit Ciceros Hinweisen auf die Schönheit der Stadt und Favorinus’ Erwähnung der Anwesenheit von zahlreichen Kaufleuten, Pilgern, Gesandten und Reisenden in Korinth erhält man so das Bild einer florierenden, belebten antiken Handelsstadt (vgl. Cic.imp.Cn. Pomp. 11; Cic.Verr.a.s. I,55,8; Dion.Chrys. XXXVII,7–8).

603  Uneins ist man sich bezüglich der Beschaffenheit des Bodens in der Gegend um Korinth. Während Cicero und Livius beteuern, dass das Land fruchtbar gewesen sei (Cic. leg.agr. I,5; II,5; Liv. XXVII,31,1), behauptet Strabo das Gegenteil (Strab.geogr. VIII,6,23). 604  Die 37. Rede des Dion Chrysostomos wird in der heutigen Forschung als Werk seines Schülers Favorinus angesehen. Zum Hintergrund der Rede vgl. White 2005, 61–66. 605  Während sich für die Emporion-T hese eindeutige literarische Belege anführen lassen, fehlen diese für die sogenannte Diolkos-T hese, laut derer Korinths Wohlstand auf den Schifftransport über Land an der engsten Stelle des Isthmus zurückgeht. Solche Schiffstransporte werden nämlich nur in Einzelfällen zu militärischen Zwecken erwähnt. Vgl. Pettegrew 2014, 128–139.

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Allerdings gab es in der Geschichte der Stadt eine Zeit, in der dieses Bild nicht zutraf. Korinth wurde nämlich 146 v. Chr. von den Römern unter der Führung des Feldherrn Mummius zerstört. Anlass für die Zerstörung sei das verächtliche Verhalten der Korinther gegenüber römischen Gesandten gewesen (vgl. P ­ olyb. XXXVIII,12; Strab.geogr. VIII,6,23). Mummius habe daraufhin die Stadt im Sturm erobert und diejenigen, die nicht geflohen waren, getötet oder versklavt (vgl. Paus. VII,16). Weihgeschenke und Kunstwerke seien von den Soldaten achtlos behandelt (vgl. Polyb. XXXIX,3) und als Beute nach Rom gebracht oder verschenkt worden (vgl. Strab.geogr. VIII,6,23). Das Gebiet selbst sei den Sikyoniern, den Bewohnern einer benachbarten Stadt, zur Verwaltung übergeben worden (vgl. Strab.geogr. VIII,6,23). Die Korinther, die geflohen seien, hätten in den Nachbarstädten Unterschlupf gefunden und sich mit der Zeit deren Gepflogenheiten angepasst (vgl. Cic.Tusc. III,53). Die Ursachen für die Zerstörung der Stadt werden in den antiken Quellen unterschiedlich bewertet. Während Polybios die schlechte Bildung der korinthischen Bevölkerung dafür verantwortlich macht (vgl. Polyb. XXXVIII,12), erklärt Strabo, dass die günstige geografische Lage Korinths immer Streit hervorgerufen habe (vgl. Strab.geogr. VIII,4,8). Ebenso führt Cicero in seinen verschiedenen Werken unterschiedliche Gründe für die Vernichtung an. In De officiis bezeichnet er wie Strabo die Lage des Ortes als Ursache der Zerstörung (vgl. Cic.off. I,35; III,46). In De re publica führt er im Gegensatz dazu aus, dass die Nähe zum Meer die Sitten der Bürger verdorben habe, man sich daher nicht auf Ackerbau und Militär, sondern auf Handel und Seefahrt konzentriert habe und die Vernichtung der Stadt die Folge einer solchen Vernachlässigung gewesen sei (vgl. Cic.rep. II,7–9). Der Zustand der Zerstörung, der z. T. bedauert wurde (vgl. Cic.off. I,35; III,46), dauerte über ein Jahrhundert an. Denn noch 45 v. Chr. berichtet Servius Sulpicius in einem Brief an Cicero davon, dass die einst blühende Stadt Korinth nun am Boden liege (vgl. Cic. fam. 4,5,4). Auch wenn in der Literatur von einer völligen Vernichtung der Stadt die Rede ist (vgl. Dio.Cass. XXI,31), deuten archäologische Funde darauf hin, dass viele Bauwerke noch intakt waren und dort auch weiterhin Menschen lebten. Wahrscheinlich bewirtschafteten Bauern im Auftrag der Stadt Sikyon das Land. Zudem waren Handwerker in die Stadt zurückgekehrt, wie Keramikfunde aus der Interimszeit vermuten lassen.606 Aber erst nach dem Wiederaufbau Korinths als römische Kolonie unter Caesar im Jahre 44 v. Chr. (vgl. Strab.geogr. VIII,6,23; Paus 2,1; Dio.Cass. XLIII,50–51) stieg die Stadt wieder zur vollen Blüte auf (vgl. Paus. II,2; Dio.Cass. XLIII,50–51). Laut Strabo siedelte Caesar dort v. a. Freigelassene an (vgl. Strab. geogr. VIII,6,23). Plutarch behauptet hingegen, dass Caesar durch die Errichtung von Siedlungen in Korinth und Karthago das Heer für sich zu gewinnen suchte, d. h. dass es sich um Veteranenkolonien handelte (vgl. Plut.Caes. 57,8). Da Stra606 

Vgl. James 2014, 19–36.

3.5  Bildungshintergrund der Zitate

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bos Aussage durch Inschriften belegbar ist, ist sie an dieser Stelle glaubwürdiger. Für ­Plutarchs Aussage lassen sich dagegen keine archäologischen Funde anführen, vielmehr scheint er Korinth in dieser Textpassage mit Karthago gleichgesetzt zu haben, um Caesars Bemühen um das Heer stärker hervorzuheben.607 Nach der Neugründung entstanden zahlreiche zusätzliche Gebäude vor Ort und auch die Isthmischen Spiele fanden wieder in Korinth statt (vgl. Paus. II,2). Pausanias beschreibt mehrere Tempel und Heiligtümer, die er bei seinem Rundgang durch die Stadt gesehen habe und die eine Vielzahl praktizierter Kulte in Korinth belegen. Neben dem römischen Herrscherkult wurden auch griechische Götter wie Poseidon, Artemis, Aphrodite608 und Asklepios609 sowie östliche Götter wie Isis und Serapis in der Stadt verehrt (vgl. Paus. I,2–5).610 Apuleius stellt sogar in seinem Roman ausführlich den Ablauf einer entsprechenden Isisprozession vor Ort dar (vgl. Apul.met. XI,8–11). Die Vielfalt religiöser Kulte in der Stadt lässt sich zudem anhand von Münzfunden mit Tempel- und Kultbildern belegen.611 Laut Favorinus ist das römische Korinth eine hellenisierte Stadt gewesen (vgl. Dion.Chrys. XXXVII,26). Diese Aussage deckt sich zum einen mit der Fortsetzung der Kulte und zum anderen mit Inschriftenfunden. Denn neben den Kulten mit griechischen Wurzeln, die bereits zum römischen System gehörten, wurden auch korinthische Mythen, z. B. im Zusammenhang mit den Isthmischen Spielen, wieder aufgegriffen.612 Private Inschriften und Handwerkersignaturen sind ebenfalls meist in griechischer Sprache verfasst worden, während öffentliche Inschriften meist lateinisch verfasst sind.613 Es scheint sich also bei den neuen Sied607 

Vgl. Millis 2010, 19–22. ist die Bedeutung der Aussage Strabos, dass im Tempel der Aphrodite zahlreiche heilige Prostituierte gedient hätten (Strab.geogr. VIII,6,20; 12,3,36). Lanci weist darauf hin, dass antike Geschichtsschreiber nicht immer historische Tatsachen abbilden und es sich bei dieser Aussage wohl eher um eine rhetorische Anklage zur Herausstellung der Andersartigkeit Korinths als um eine historische Realität handele. Denn Formen von sakraler Prostitution in Korinth seien in keiner anderen Quelle belegt. Vgl. Lanci 2005, 210– 216. „As in any metropolis, Corinth may have had its red-light district, but it was probably no worse than other seaport towns, where money was wantonly spent.“ Fitzmyer 2008, 35. 609  Der Kult des Asklepios beinhaltete im neu gegründeten Korinth sowohl griechische als auch römische Elemente. Vgl. Wickkiser 2010, 66. 610  Vgl. Engels 1990, 93–106. Ein solcher Pluralismus von griechischen und östlichen Gottheiten lässt sich auch in der wahrscheinlich unter Augustus neu gebildeten Hafensiedlung in Kenchreai feststellen. Vgl. Rife 2010, 431–432. 611  Vgl. Hoskins Walbank 2010, 196–197. 612  Vgl. Bookidis 2005, 163–164. 613  Winter hebt daher hervor, dass Korinth im ersten Jahrhundert n. Chr. v. a. eine römische Kolonie gewesen sei und erst im zweiten Jahrhundert ein kultureller Wechsel stattgefunden habe. Denn alle literarischen Belege für die Hellenisierung stammten erst aus dieser Zeit. Archäologische Funde und die Petition der Argiver (Ps.Iul.ep. 198) stellten hingegen Korinth als Nachbau Roms und Zentrum der Romanitas dar. Vgl. Winter 2001, 7–22. Diese Schlussfolgerung ist jedoch nicht zwingend. Denn die entsprechenden Belege für die Romanitas der Kolonie könnten auch durch das Bestreben, den neuen Herrschern zu gefallen, bestimmt gewesen sein. 608  Umstritten

218

3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

lern um griechische Freigelasse und hellenisierte Römer gehandelt zu haben, die im öffentlichen Bereich Latein und im privaten Bereich Griechisch sprachen.614 Die Kontinuität der in Korinth gefundenen Kochgefäße belegt außerdem, dass daneben die ansässigen Bauern und Handwerker in die Kolonie eingegliedert wurden. Zu der römischen Elite kamen also niedrigere Klassen mit lokalem Ursprung.615 Ebenso findet man innerhalb der führenden Schicht neben Freigelassenen und Römern auch Belege für Griechen aus der provinzialen Oberschicht. Aufgrund der vielschichtigen Zusammensetzung der Führungsschicht in Korinth darf nun aber nicht angenommen werden, dass die gesellschaftlichen Aufstiegschancen dort einfacher gewesen seien als anderswo im Römischen Reich. Voraussetzung für den Zugang zur Elite waren wie in Rom Wohlstand und Unterstützung durch politische Freunde. 616 Daher ist davon auszugehen, dass nur wenige Personen zur Führungsschicht der Stadt Korinth gehörten. Die Mehrheit der Bevölkerung war hingegen Teil der Handwerker- und Bauernschicht.617 Überträgt man die Beobachtungen zur Zusammensetzung der Stadtbevölkerung von Korinth nun auf die Gemeinde des Paulus, bestätigt sich der Eindruck, der bereits bei der Lektüre der Briefe entstanden ist. Ebenso wie die Stadtbevölkerung setzt sich auch die Gemeinde vornehmlich aus Mitgliedern zusammen, die aus sozial niedrigeren Schichten stammen.618 In einer Kolonie für Freigelassene ist es zudem nicht verwunderlich, dass deren Anteil in der Gemeinde höher ist als an anderen Orten. Die Mehrheit der Mitglieder ist also arm. Daneben gibt es einige wohlhabendere Mitglieder, die ähnlich wie die Elite der Stadt römischen und griechischen Familien entstammen, wie deren lateinische und griechische Vornamen vermuten lassen.619 Die Vielfalt an vorhandenen Kulten in der Stadt macht es wiederum wahrscheinlich, dass es auch eine jüdische Gemeinde in Korinth gegeben hat, wovon z. B. Philo berichtet (vgl. Philo legat. 281), sodass sich das Vorhandensein jüdischer Gemeindemitglieder in der Leserschaft des Paulus ebenfalls belegen lässt.620 Schwierig ist es hingegen anhand der vorhandenen Quellen Aussagen zur Lese- und Schreibfähigkeit der Gemeindemitglieder, d. h. zu deren Alphabe614 

Vgl. Millis 2010, 23–35. Vgl. James 2014, 34–37. 616  Vgl. Millis 2014, 41–52. Später war die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie entscheidend für die politische Karriere, d. h. wenige Familien teilten die Macht unter sich auf. 617  Vgl. Friesen 2005, 366–367. 618  Vgl. Edsall 2014, 55–56. 619  Sechs lateinischen Namen (vgl. 1Kor 1,14: Krispus, Gaius; 1Kor 16,17: Fortunatus, Achaikus; Röm 16,22–23: Tertius, Erastus, Quartus) stehen vier griechische gegenüber (vgl. 1Kor 1,11.16: Chloe, Stephanas ; Röm 16,1: Phoebe; Röm 16,23: Erastos). Vgl. Schenk 1990, 625; Merklein 1992, 36–40. 620  Auch Apg 18,1–11 deutet darauf hin, dass Juden zur Gemeinde gehörten. Vgl. Rosik 2013, 52; Edsall 2014, 57–58. 615 

3.5  Bildungshintergrund der Zitate

219

tisierung, zu treffen, da der Untersuchungsgegenstand selbst unterschiedlich definiert wird, direkte Zeugnisse dazu fehlen und von einem mehrsprachigen Umfeld ausgegangen werden muss.621 Oftmals erfolgt die Bestimmung entsprechender Prozentsätze in der Forschung daher anhand der sozialen Stellung der betrachteten Personengruppe, die in der Antike den Zugang zur Bildung bedingte, wobei entsprechende Schlussfolgerungen durchaus verschieden sein können. So kommt Tuckett in Anlehnung an Harris und Gamble zu dem Schluss, dass maximal 20 % der Bevölkerung in der griechisch-römischen Antike lesen und schreiben konnten und dies auch für die Zusammensetzung der christusgläubigen Gemeinden gelte.622 Dagegen gehen Schnelle und Ho von einer im Vergleich zur Gesamtbevölkerung höheren Alphabetisierung von mehr als 50 % in den frühen Gemeinden aus, da es sich vornehmlich um Stadtbevölkerung mit Nähe zum Judentum und regem literarischen Interesse handele.623 Zugleich weist Schnelle aber darauf hin, dass Bildung in der Antike aufgrund des hohen Stellenwerts mündlicher Überlieferung nicht von der Lese- und Schreibkompetenz abhängig und nicht an Schichtenzugehörigkeit gebunden gewesen sei.624 Somit scheint eine Bestimmung der Lese- und Schreibfähigkeit der historischen Leser des Paulus anhand der vorhandenen Quellen nicht möglich zu sein. Ebenso erlauben die dargestellten antiken Quellen keine Rückschlüsse auf den Zugang der Gemeinde von Korinth zu Schriftrollen und die Möglichkeit, Kontextinformationen zu den Schriftzitaten nachzuschlagen. Sie belegen zwar die Existenz einer jüdischen Gemeinde vor Ort und damit wohl auch das Vorhandensein einer Synagoge, in der Schriftrollen aufbewahrt worden sind,625 aber es bleibt unklar, ob und inwiefern Kontakt zwischen der jüdischen und der christusgläubigen Gemeinde von Korinth bestand.626 Zudem treffen sie keine Aussagen über den privaten Besitz von Schriften in der Stadt Korinth, die Annahmen verschiedener Neutestamentler betreffend des Zugangs zu Schriftrollen in der Gemeinde des Paulus bestätigen würden.627 621 

Vgl. Gamble 1995, 3. Vgl. Harris 1989, 323–332; Gamble 1995, 4–10; Tuckett 2000, 407. 623  Vgl. Schnelle 2015, 119–120; Ho 2015, 128–133. Allerdings stützen sich Schnelles und Hos T hesen auf Annahmen, wie die höhere Schreib- und Lesekompetenz von Stadtbewohnern und Juden oder der leichte Zugang zur Septuaginta, die selbst nicht eindeutig belegbar sind. 624  Vgl. Schnelle 2015, 119. 625  Vgl. Millard 2000, 160–161. 626  Auch die Aussagen der Apostelgeschichte zur Mission des Paulus in Korinth sind diesbezüglich unterschiedlich. Obwohl sich Paulus von der Synagoge abwendet, als seine Predigt dort nicht auf fruchtbaren Boden trifft (Apg. 18,4–7), kommt der Synagogenvorsteher Krispus durch Paulus zum Glauben an Christus (Apg. 18,8). 627  Während z. B. Stanley bestreitet, dass die einfachen Gemeindemitglieder aufgrund der hohen Kosten Zugang zu Schriftrollen gehabt hätten, halten Millard und Abasciano dagegen den privaten Besitz von Schriftrollen in Anlehnung an Gamble und Koch für keine unwahrscheinliche Ausnahme in der Antike und daher deren Vorhandensein in den pauli622 

220

3  Zitation in den Korintherbriefen des Paulus

Im Gegensatz dazu offenbart die Darstellung der Stadt Korinth, wie sie sich aus antiken Quellen und archäologischen Funden ergibt, aber mehrere Anhaltspunkte für Fragen und Missstände, die in der Gemeinde des Paulus aufgekommen sind. Die Hochschätzung menschlicher Weisheit, die Paulus in 1Kor 1–3 kritisiert, ist zentraler Bestandteil griechischer Philosophie, mit der wahrscheinlich ein Teil der Gemeindemitglieder aufgewachsen ist.628 Ebenso lässt sich die Berufung auf verschiedene Autoritäten, die zu den in 1Kor 1–4 kritisierten Spaltungen innerhalb der Gemeinde führt, möglicherweise auf die Erfahrung der paganen Gemeindemitglieder mit der Werbung antiker Lehrer um Schüler zurückführen, da Paulus ähnlich wie antike Grammatiker und Rhetoren sein erstes Auftreten in Korinth hervorhebt (1Kor 2,1–5), eine Art Curriculum vermittelt (1Kor 4,17) und seine Verkündigung durch Bezug auf didaktische Strategien verteidigt (1Kor 3,5–8).629 Die in 1Kor 5 angesprochenen sexuellen Beziehungen sowie die in 1Kor 6,12–13 angeführten Schlagworte der Korinther fußen vermutlich auf den Erfahrungen, die die entsprechenden Personen in der florierenden und heterogenen Handelsstadt Korinth gesammelt haben.630 Die Frage nach dem Verzehr von Götzenopferfleisch in 1Kor 8–10 betrifft Praktiken, die im Rahmen griechischer und römischer Kulte ausgeführt worden sind.631 Eventuell sind auch Zweifel an der Auferstehung und deren ethischen Konsequenzen, die Paulus in 1Kor 15 auszuräumen versucht, durch Vorstellungen der griechisch-römischen Mythologie bestimmt, die zwischen Aktivitäten im Diesseits und im Jenseits trennt.632 Allerdings lässt sich dies nicht eindeutig belegen, da der paulinische nischen Gemeinden für wahrscheinlich. Vgl. Stanley 1999, 126–128; Millard 2000, 162–164; Abasciano 2007, 156–157. 628  Vgl. Engels 1990, 110–112. Die Entstehung der Gruppierungen innerhalb der Gemeinde, die in 1Kor 1–4 angesprochen wird, ist aber nicht nur auf kulturelle Faktoren zurückzuführen. Religiöse und gruppendynamische Aspekte spielen ebenfalls eine Rolle. Vgl. Schmeller 1995, 62–64. 629  Vgl. White 2017, 185–186. Dies ist wahrscheinlicher als Browns Vermutung, die Korinther hätten die Apostel mit Heroen verglichen, da deutlich mehr Parallelen zu antiken Lehrern als zu Heroen bestehen. Vgl. Brown 2014, 98–99. 630  Vgl. Ulonska 1963, 104; Ho 2015, 120–121. Es könnte sich dabei aber auch um eine Missinterpretation der neuen christlichen Freiheit handeln. Vgl. Schmeller 1995, 64–66. Möglicherweise ist diese aber ebenfalls durch die Erfahrungen beeinflusst, die die Korinther in ihrer Stadt gemacht haben. 631  Vgl. Murphy-O’Connor 1983, 161–165; Ho 2015, 146–154. Eher unwahrscheinlich ist hingegen, dass Gerichtsverfahren unter Christusgläubigen und Missstände beim Herrenmahl, worüber sich Paulus in 1Kor 6,1–8 und 1Kor 11,17–34 beklagt, dem Statusdenken der griechisch-römischen Gesellschaft geschuldet seien. Vgl. Murphy-O’Connor 1983, 153–161; Schmeller 1995, 86–87.71–73; Winter 2001, 58–75.142–158. Auch wenn es in höheren Gesellschaftsschichten durchaus üblich war, sich aus Statusgründen anzuklagen oder bei Gastmählern höher gestellten Personen eine bessere Position zukommen zu lassen, trifft dies nicht auf die historischen Gegebenheiten in der Gemeinde von Korinth zu, da diese sich eher aus niedrigeren sozialen Schichten zusammensetzt. 632  Vgl. Brown 2014, 234–235.

3.5  Bildungshintergrund der Zitate

221

Text keine Rückschlüsse auf mögliche Gründe für die angesprochenen Zweifel an der Auferstehung erlaubt. Alles in allem belegen die Quellen jedoch die Heterogenität der Zusammensetzung der Gemeinde von Korinth und die daraus resultierenden Schwierigkeiten und Missverständnisse, die die Beziehung der Gemeindemitglieder untereinander und zum Apostel Paulus beeinflussen. Zugleich ist anhand der Betrachtung des Bildungshintergrundes die Anpassung der paulinischen Zitierpraxis an die intellektuellen Voraussetzungen seiner Leser erkennbar. Denn Paulus unterstützt seine Adressaten mit geringen Schriftkenntnissen durch formelhafte Einleitungswendungen und den Bezug auf Grundaussagen beim Verständnis seiner Schriftzitate, um eine grundsätzliche Akzeptanz seiner Form der Schrift­ interpretation zu erreichen. Zugleich bezieht er die Adressaten, die über größere Schriftkenntnisse verfügen, in diesen Prozess mit ein, wenn er die Gemeindemitglieder zum Übertragen der Aussagen der Schriften Israels auf ihre eigene Situation (1Kor 10,1–13) und zum Austausch über die paulinische Schriftinterpretation auffordert (1Kor 14,20–25). Somit legt die Anwendung des Bildungsbegriffs auf die Zitierpraxis des Paulus die Schriftgelehrsamkeit des Paulus, die anzueignenden Kenntnisse, Fertigkeiten und Haltungen der Korinther sowie Anstöße für einen Lehr- und Lernprozess innerhalb der Gemeinde offen.

222

4 Auswertung Nachdem in den vorangegangenen Hauptteilen die beiden Textcorpora getrennt voneinander betrachtet worden sind, soll nun eine zusammenfassende Gegenüberstellung erfolgen, bei der die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Zitierpraxis in den Korintherbriefen des Paulus und in den Briefen Ciceros herausgestellt werden. Dazu wird zum einen die Zitationstechnik und zum anderen der funktionale Einsatz der Zitate verglichen. Im Anschluss daran wird der Einfluss der Kommunikationssituation der verschiedenen Textcorpora auf den Zitateinsatz in den Briefen in den Blick genommen, wobei beispielhaft Abfassungssituatio­nen, Briefgattungen, Adressaten und die Wahl der zitierten Prätexte gegenübergestellt werden. Darauf aufbauend erfolgt abschließend ein Fazit zur Einordnung der Korintherbriefe des Paulus in die römische Zitierpraxis, wie sie sich am Beispiel der Cicero-Briefe präsentiert. Durch ein solches Vorgehen wird der Struktur der zugrundeliegenden Analysen und der Fragestellung der Arbeit nach der Bedeutsamkeit situativer Kontexte für die Zitation in Briefen Rechnung getragen.

4.1 Zitationstechnik Die Auswertung beginnt mit der Gegenüberstellung der Zitationstechnik. Im Einzelnen beinhaltet dies eine Betrachtung der Markierungsformen, des Umgangs mit dem Wortlaut des Prätextes und des Einbezugs des Prätextkontextes in den neuen argumentativen Zusammenhang. Obwohl in diesem Bereich zahlreiche Unterschiede zwischen den Korintherbriefen des Paulus und den Briefen Ciceros bestehen, gibt es auch grundlegende Gemeinsamkeiten, wie die nun folgende Zusammenfassung zeigen wird. 4.1.1  Markierung der Zitate Cicero und Paulus kennzeichnen die Verwendung von Zitaten in ihren Briefen durch verschiedene Textsignale, die in der Zitatforschung als Markierung bezeichnet werden. Wenn man die Klassifikation der Markierungen von Jörg Helbig anwendet (Nicht-Markierung, implizite Markierung, explizite Markierung, thematisierende Markierung),1 ergibt sich für die untersuchte Textgrundlage fol1 

Vgl. Helbig 1996, 87–135.

4.1 Zitationstechnik

223

gendes Bild: Während Cicero in zwei Drittel der Fälle auf Formen der expliziten Markierung zurückgreift, die durch linguistische oder graphemische Text­ signale erfolgt,2 und in einem Drittel der Fälle auf Formen der thematisierenden Markierung, bei der durch ergänzende Angaben der Referenztext bzw. der Produktions- oder Rezeptionsprozess eines Zitats angesprochen wird,3 gibt Paulus umgekehrt in seinen Korintherbriefen in zwei Drittel der Fälle der thematisierenden Markierung den Vorzug4 und nur in einem Drittel der Fälle der expliziten Markierung, wobei diese für die meisten Adressaten, wie sich gezeigt hat, einer Nicht-Markierung gleichkommt.5 Gemeinsamkeiten zeigen sich dagegen bei den Formen der impliziten Markierung, der Hervorhebung des Zitatsegments durch quantitative oder positionelle Besonderheiten, die beide Autoren lediglich zusätzlich zu den zuvor genannten Textsignalen als Rezeptionsverstärker einsetzen. In der Gesamtübersicht überwiegen jedoch die Unterschiede hinsichtlich der Art der Markierung in den Korintherbriefen des Paulus und in den Briefen Ciceros. Dies wird v. a. dann offensichtlich, wenn man einen genaueren Blick auf einzelne Formen innerhalb der Kategorien wirft. Zunächst zu der Kategorie mit dem höchsten Grad an Deutlichkeit, der thematisierenden Markierung: Der Apostel Paulus markiert seine wörtlichen Bezugnahmen auf die Schriften Israels in den Briefen an die Korinther vornehmlich mit Einleitungswendungen, die den Charakter des gesprochenen oder geschriebenen Wortes Gottes betonen, indem er die griechischen Verben γράφω (schreiben) und λέγω (sprechen)6 in unpersönlicher Form mit bestimmten Kon2 

Vgl. fam. II,9,2; III,7,6; III,8,8; VII,10,4; VII,30,1; IX,7,1.2; IX,26,2; XII,14,7; XIII,15,1.2; Att. I,1,4; I,12,1; I,15,1, I,16,5; I,18,1; II,1,5; II,3,4; II,5,1; II,9,3; II,11,2; II,13,2; II,15,3; II,16,2; II,16,4; II,19,1.2; IV,1,8; IV,7,2; IV,7,3; IV,8,1; IV,8a,2; IV,6,2; IV,9,1; IV,11,2; IV,15,7; V,12,1.3; VI,1,8.22.23; VI,3,1.7; VI,8,5; VI,9,3; VII,1,2; VII,1,4; VII,1,9; VII,6,2; VII, 8,4; VII,11,1; VII,11,3; VII,12,3; VII,13,4; VII,26,1; VIII,5,1; VIII,8,2; VIII,16,2; IX,2a,2; IX,5,3; IX,6,4; IX,6,6; IX,7,3; IX,7,5; IX,13,1; IX,15,3; IX,18,3; X,2,1; X,5,2; X,12a,1; XII,6a,1; XIII,11,1; XIII,13–14,2; XIII,21a,1; XIII,24,1; XIII,25,3; XIII,42,1; XIII,52,1; XIV,10,1; XIV,13,1; XIV,13,2; XIV,14,1; XIV,22,2; XV,4,1; XV,11,3; XVI,5,5; XVI,6,1; XVI,6,2; XVI,11,1; XVI,11,6; XVI,13,1; XVI,13,2; Q.fr. II,9,2; II,14,5; III,5,4; III,7,1.2. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 34–38. 3 Vgl. fam. I,9,12.18.19; II,9,2; V,12,7; VI,6,6; VI,18,5; VII,1,2; VII,6,1.2; VII,16,1; VII,13,2; VII,28,2; VII,30; VII,31; VII,33,1; IX,22,1; IX,26,2; XII,25; XIII,15,1.2; XV,6,1; XV,19; XVI,8; Att. I,19,8; I,20,3; II,3,4; II,7,4; IV,9,1; VI,2,8; VI,3,7; VII,1,6; VII,3,10; VII,18; VII,26,1; VIII,8,2; VIII,11,3; IX,5,3; IX,13,4; IX,15,4; X,1,1; X,8,7; XII,5,1; XII,6a,1; XIII,12,3; XIII,21,3; XIII,21a,1; XIII,38,2; XIV,12,2; XIV,20,3; XV,7; XV,11,3; Q.fr. I,2,1; III,1,23; III,5,8; ad Brut. I,2a,2. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 38–42. 4  Vgl. 1Kor 1,19; 1,31; 2,9; 3,19; 6,16; 9,9; 10,7; 14,21; 15,45; 15,54; 2Kor 4,6; 4,13; 6,2; 6,16; 8,15; 9,9. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 131–134. 5  Vgl. 1Kor 2,16; 5,13; 10,26; 15,27; 15,32; 2Kor 5,17; 9,7; 10,17; 13,1. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 134–137. 6  An einer Stelle wird statt λέγω (sprechen) das griechische Verb φημί (sprechen) verwendet. Vgl. 1Kor 6,16. Dies ist allerdings die Ausnahme.

224

4 Auswertung

junktionen, Präpositionen oder Partikeln, meist γάρ (denn) oder καθὼς (wie), kombiniert, z. B. καθὼς γέγραπται (wie es geschrieben steht) in 1Kor 1,31 oder λέγει γάρ (denn es heißt oder denn er spricht) in 2Kor 6,2.7 So entstehen formelhafte Wendungen, die Schriftzitate für alle Leser erkennbar machen.8 Selten enthalten diese zusätzliche Herkunftsangaben, die nicht zur Identifizierung des Prätextes, sondern zur Betonung der Autorität des Schriftwortes und dessen allgemein gültigen Charakters dienen.9 Im Gegensatz dazu nutzt der römische Rhetor und Politiker Cicero in seinen Briefen ganz vielfältige Einleitungswendungen für seine Zitate. Die relativ häufige Grundkombination von Autorenangabe und verschiedenen vserba dicendi kann durch Figuren-, Werks-, Stellen-, Gattungs-, Orts- oder Schauspielerangaben ergänzt bzw. ersetzt werden, wie ut ait Philoctetes apud Accium (wie Philoctetes bei Accius sagt) in fam. VII,33,1 oder in Equo Troiano scis esse in extremo (du weißt, dass im Equus Troianus am Ende steht) in fam. VII,16,1.10 Daneben gibt es verschiedene Formulierungen, die den Rezeptions- oder Produktionsprozess einer Zitation thematisieren und dadurch ein Zitat als solches kennzeichnen.11 Zum Beispiel leitet Cicero in fam. VII,13,2 ein Enniuszitat mit einem Hinweis auf seine eigene Rezeptionserfahrung ein (ut audio – wie ich höre) oder er weist in fam. IX,22,1 mit der Zwischenbemerkung nosti canticum, meministi Roscium (du kennst das Lied, du erinnerst dich an Roscius) auf die Aufführung der zitierten Tragödie des Turpilius hin. Die Zitateinleitungen Ciceros sind also vielfältiger als die des Paulus. Diese Beobachtung deckt sich auch mit denen Christopher Stanleys, wonach verschiedene griechisch-römische Zeitgenossen des Paulus im Gegensatz zum Apostel ganz verschiedene Wendungen zur Einleitung eines Zitats gebrauchen.12 Dennoch weisen die thematisierenden Markierungen in den Korintherbriefen des Paulus eine Gemeinsamkeit mit der griechisch-römischen Briefpraxis auf. Ihre Funktion besteht nicht darin, die zitierte Textstelle konkret  7 

Vgl. Smith 1988, 281; Ellis 1991, 81–82; Collins 1995, 154–156; Rosik 2013, 43–45. Vgl. 1Kor 1,19; 1,31; 2,9; 3,19; 6,16; 9,9; 10,7; 14,21; 15,45; 15,54; 2Kor 4,6; 4,13; 6,2; 6,16; 8,15; 9,9. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 131–134.  9  Vgl. 1Kor 9,9; 14,21; Vielhauer 1979, 199; Smith 2012, 143–144. An beiden Stellen weist die zusätzliche Angabe darüber hinaus darauf hin, dass Paulus im weiteren Verlauf der Argumentation mit dem Schriftwort halachisch verfährt. Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 132–133. 10  Vgl. fam. I,9,12.18.19; V,12,7; VI,6,6; VI,18,5; VII,6,1.2; VII,16,1; IX,22,1; VII,33,1; XII,25; XIII,15,2; XV,19; XVI,8; Att. I,19,8; I,20,3; II,3,4; II,7,4; II,19,3; VI,2,8; VII,1,6; VII,18; VII,3,10; VIII,11,3; IX,5,3; IX,8,2; IX,13,4; X,8,7; XIII,12,3; XIII,21,3; XIII,38,2; XIV,20,3; Q.fr. II,1,23; III,5,8; ad Brut. I,2a,2. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 38–41. 11  Vgl. fam. VII,1,2; VII,13,2; VII,28,2; VII,31,2; Att. II,25,1; V,10,3; V,11,5; VII,3,5; IX,15,4; X,1,1; XII,5,1; XIV,12,2; XV,7; Q.fr. I,2,1.13; III,5,4. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 41–42. 12  Vgl. Stanley 1992, 271–290.  8 

4.1 Zitationstechnik

225

zu benennen, sondern darin, auf das Zitat aufmerksam zu machen und dessen Autorität zu betonen.13 Auch bei der zweiten Kategorie, der expliziten Markierung, steht zunächst einmal das Erkennen eines Zitats ohne Identifizierung des Prätextes im Fokus. Da Cicero seine griechischen Zitate in der Originalsprache übernimmt, entsteht beim Lesen des lateinischen Textes durch Schrift- und Sprachwechsel ein Bruch, der zur Wahrnehmung der fremden Rede führt.14 In ähnlicher Weise erregt das Einfügen eines metrischen Verses in einen Prosatext, wie es bei Ciceros lateinischen Dichterzitaten geschieht, die Aufmerksamkeit des Lesers.15 Unterstützt wird dieser Effekt an einigen Stellen durch inhaltliche Besonderheiten im Zitat­ segment, z. B. Namen oder Metaphern.16 Somit wird die Form der Markierung von Zitaten in Ciceros Briefen häufig von der Wahl des Prätextes bestimmt.17 Zugleich ist ein solches Vorgehen von den Bildungsvoraussetzungen der Adressaten abhängig. Das Einfügen eines griechischen Verses ist nur dann sinnvoll, wenn der Leser auch des Griechischen mächtig ist und auch das Erkennen eines lateinischen Verses allein anhand des Metrums erfordert gewisse Grundkenntnisse in diesem Bereich. Beide Fähigkeiten können für die gebildete Oberschicht Roms, mit der Cicero korrespondiert, vorausgesetzt werden, da seit dem zweiten Jahrhundert v. Chr. philosophische und literarische Bildung, zu der die Auseinandersetzung mit griechischen Werken und das Erlernen poetischer Techniken gehört, Teil der aristokratischen Ausbildung ist.18 Genau an diesem Punkt zeigt sich der große Unterschied zu den explizit markierten Zitaten in den Korintherbriefen des Paulus. Ähnlich wie beim lateinischen Metrum erfolgt beim Einfügen eines Schriftwortes ohne Einleitungsformel ein linguistischer Codewechsel, weil sich die Wortwahl des Zitats von der 13 

Zur griechisch-römischen Zitierpraxis vgl. Behrendt 2013, 202–203. fam. III,7,6; IX,7,1; IX,7,2; XIII,15,1; XII,14,7; XIII,15,2; Att. I,1,4; I,12,1; I,15,1, I,16,5; II,3,4; II,5,1; II,9,3; II,11,2; II,13,2; II,16,2; II,16,4; IV,7,2; IV,7,3; IV,8,1; IV,8a,2; IV,6,2; IV,9,1; IV,11,2; IV,15,7; V,12,1; VI,1,8; VI,1,22; VI,1,23; VI,3,1; VI,8,5; VI,9,3; VII,1,2; VII,1,4; VII,1,9; VII,6,2; VII, 8,4; VII,11,1; VII,11,3; VII,12,3; VII,13,4; VIII,5,1; VIII,8,2; VIII,16,2; IX,2a,2; IX,5,3; IX,6,4; IX,6,6; IX,7,3; IX,7,5; IX,13,1; IX,15,3; IX,18,3; X,2,1; X,5,2; X,12a,1; XIII,11,1; XIII,13–14,2; XIII,21a,1; XIII,24,1; XIII,25,3; XIII,42,1; XIV,10,1; XIV,13,1; XIV,13,2; XIV,22,2; XV,4,1; XV,11,3; XVI,5,5; XVI,6,1; XVI,6,2; XVI,11,1; XVI,11,6; XVI,13,1; XVI,13,2; Q.fr. II,9,2; II,14,5; III,7,1; III,7,2. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 35–36. 15  Vgl. fam. II,9,2; III,8,8; VII,10,4; VII,30,1; IX,7,2; IX,26,2; Att. I,18,1; II,1,5; II,15,3; II,19,1.2; IV,1,8; V,12,3; VI,3,7; VII,26,1; XII, 6a,1; XIII,24; XIII,52,1; XIV,14,1; XV,11,3. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 37–38. 16 Vgl. fam. III,7,6; VII,30,1; IX,7,2; IX,26,2; Att. I,1,4; I,16,5; I,18,1; II,5,1; II,13,2; II,15,3; II,16,2.4; IV,8a,2; IV,9,1; V,12,3; VI,3,7; VII,1,4; VII,8,4; VII,11,1; VII,12,3; VIII,5,1; VIII,16,2; IX,5,3; IX,7,3; X,5,2; XII,6a,1; XIII,13–14,2; XIII,21a,1; XIII,24,1; XIV,13,1; XV,11,3; XVI,13,2. 17  Vgl. Spahlinger 2005, 209–210; Behrendt 2013, 201. 18  Vgl. Scholz 2011, 182–191. 14  Vgl.

226

4 Auswertung

des Paulus unterscheidet.19 Da es sich aber in der Regel in beiden Fällen um Prosa handelt,20 ist dieser Wechsel schwerer erkennbar als der metrische. Somit sind lediglich diejenigen Leser, die den Sprachgebrauch des Paulus und den der Schriften Israels verinnerlicht haben, dazu in der Lage, solche Schriftbezüge wahrzunehmen, für alle anderen kommt es hingegen einer Nicht-Markierung gleich.21 Weil wahrscheinlich nur ein geringer Anteil der Gemeindemitglieder von Korinth über große Schriftkenntnisse verfügt hat, sind einige wörtliche Rückbezüge auf die Schriften Israels in den Korintherbriefen des Paulus für die Mehrheit der Adressaten nicht markiert und daher im Sinne der in dieser Arbeit verwendeten Definition22 nicht als Zitate zu bezeichnen.23 Daher überrascht es nicht, dass implizite Markierungsformen von Paulus gar nicht allein verwendet werden. Ebenso wie Cicero setzt er bestimmte Zitate wiederholt ein oder stellt sie an den Beginn oder an das Ende eines Textabschnitts, um die bereits durch thematisierende oder explizite Markierung erkennbaren Zitate noch stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit der Leser zu rücken und ihre argumentative Funktion zu unterstützen. Zudem erhöht die hohe Referenzdichte, die in bestimmten Abschnitten der Korintherbriefe des Paulus deutlich stärker ausgeprägt ist als in den Schreiben Ciceros, das generelle Bewusstsein der Adressaten für das Auftreten von Zitaten im Fließtext.24 Insgesamt scheint die Form der Markierung aber bei beiden Autoren von der eigenen Argumentationsabsicht, dem Vorwissen der Adressaten und der Wahl des zitierten Textes abhängig zu sein.

19  Weil der gesamte Sprachgebrauch des Paulus durch den der Septuaginta geprägt ist, sind die Unterschiede allerdings mitunter so gering, dass sie nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. 20  Eine Ausnahme stellen diesbezüglich die zitierten Psalmworte dar. Auch wenn die Übertragung des Begriffs der Metrik auf die Psalmen umstritten ist (vgl. Loretz 2002, 3–4), kann man davon ausgehen, dass sowohl die hebräischen als auch die griechischen Psalmen rhythmisch überformt gewesen sind, da sie nach Aussage antiker Autoren gesungen wurden. Vgl. Stettler 2000, 96–97. 21  Vgl. Stanley 1999, 131–133. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 134–137. 22  Ein Zitat ist eine absichtliche Bezugnahme auf eine bestimmte Vorlage, die durch Hinweise als fremde Rede für den Leser kenntlich gemacht wird. Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 18–20. 23  Zwei Ausnahmen stellen die Zitate in 1Kor 15,27 und 2Kor 10,17 dar, die zusätzlich zum linguistischen Codewechsel durch eine anschließende interpretative Angabe oder durch Wiederholung markiert und daher auch für Leser mit geringeren Schriftkenntnissen erkennbar sind. 24  Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 42–44.136.

4.1 Zitationstechnik

227

4.1.2  Wortlaut der Zitate Die Beobachtungen, die bisher in Bezug auf die Markierung der Zitate gemacht worden sind, treffen auch auf den Umgang mit dem Wortlaut der Zitatsegmente zu. Formale Unterschiede stehen funktionalen Gemeinsamkeiten gegenüber. Paulus weicht in den Korintherbriefen sehr oft und z. T. in großem Umfang vom ursprünglichen Wortlaut der Schriftworte ab, wohingegen Ciceros Zitate selten und nur in Kleinigkeiten nicht mit dem Prätext übereinstimmen. Beiden gemeinsam ist jedoch eine Vorliebe für bewusste Modifikationen aus stilistischen oder inhaltlichen Gründen. Im Einzelnen sieht der Befund folgendermaßen aus: Der Apostel Paulus verwendet nur bei fünf Zitationen aus den Schriften Israels in den Korintherbriefen den Originalwortlaut der Septuaginta, der griechischen Übersetzung, die seine Textgrundlage bildet (vgl. 1Kor 6,16; 10,7; 2Kor 4,13; 6,2; 9,9).25 Neben kleineren Änderungen an Wortformen (vgl. 1Kor 15,27) trifft man dabei Kürzungen (vgl. 1Kor 1,31), Ergänzungen (vgl. 1Kor 15,45) und Ersetzungen (vgl. 1Kor 1,19) von einzelnen oder mehreren Wörtern an,26 die an einer Stelle sogar so weit gehen, dass das Zitatsegment wie eine Sentenz wirkt, die die Aussage des Prätextes in vereinfachter Form zusammenfasst, wobei jedoch im Gegensatz zu einer Paraphrase wörtliche Übereinstimmungen in großen Teilen erhalten bleiben (vgl. 1Kor 1,31). In diesem Fall greift Paulus wahrscheinlich auf eine vorgeprägte Tradition zurück, die er selbst zweimal zitiert (vgl. 1Kor 1,31; 2Kor 10,17) und auch der erste Clemensbrief in längerer Form anführt (vgl. 1Clem 13,1).27 Daneben gibt es zwei Abweichungen in Schriftzitaten, die sich auf eine andere Textvorlage zurückführen lassen, nämlich auf eine revidierte Textfassung der Sep­tuaginta, die stärker an den Wortlaut des hebräischen Textes angepasst ist (vgl. 1Kor 3,19; 15,54).28 Alle anderen Textänderungen gehen dagegen wahrscheinlich auf das Konto des Paulus. Wie die Analyse der entsprechenden Textstellen gezeigt hat,29 handelt sich dabei nicht um Erinnerungsfehler, sondern um bewusste Modifikationen am Wortlaut der Zitatsegmente, entweder um die Aussageabsicht zu verstärken, also aus inhaltlichen Gründen (vgl. 1Kor 1,19), oder um die Aussage an den neuen Kontext anzupassen, also aus stilistischen Gründen (vgl. 1Kor 25  In allen Fällen werden keine vollständigen Verse, sondern Teilsätze davon zitiert. In 2Kor 9,9 fehlt zudem der Genitiv τοῦ αἰῶνος, der im Original zum Teilvers dazugehört. Zudem sollte man bedenken, dass sich der Vergleich auf die heute vorliegende Form der Septuaginta bezieht und sich einige Abweichungen auf die Variationsbreite der handschriftlichen Überlieferung zurückführen lassen. 26  Dabei kommt es stellenweise zur Mischung der verschiedenen Formen von Veränderungen, v. a. bei Zitatketten und Zitatkombinationen. 27  Vgl. Wolff 1976, 137–139; Koch 1986, 35–36; Schrage 1991, 205–206; Capes 1992, 133; Zeller 2010, 121. 28  Vgl. Koch 1986, 61–63; Stanley 1992, 210–211; Schaller 2001, 156–166. 29  Vgl. die Ausführungen auf S. 140–147.

228

4 Auswertung

15,27).30 Solch ein Vorgehen ist durchaus zeittypisch, wie Parallelen in den Texten von Qumran und in anderen neutestamentlichen Texten belegen,31 und widerspricht nicht der göttlichen Autorität der zitierten Texte, da nach damaligem Verständnis auch Textvarianten als gültige Formen der Schrift galten.32 Die Frage, ob Paulus aus dem Gedächtnis, aus Schriftrollen oder Exzerpten bzw. einem eigenen Notizbuch zitiert habe, lässt sich zwar nicht eindeutig beantworten, weil es dazu keine direkten Belege gibt, aber die vorliegenden Analyseergebnisse lassen vermuten, dass Paulus auf verschiedene schriftliche Vorlagen zurückgegriffen hat.33 Diese Frage lässt sich auch bei Ciceros Zitaten in seinen Briefen nicht abschließend klären. Aufgrund der Vielfalt der Entstehungsorte seiner Briefe ist es durchaus möglich, dass er in einem Schreiben aus dem Gedächtnis zitiert, da ihm keine Bibliothek zur Verfügung steht oder er das Werk auswendig kennt, und in einem anderen Schreiben lieber noch einmal nachgelesen hat.34 Entscheidend für die Gegenüberstellung mit den Korintherbriefen des Paulus ist jedoch, dass Cicero den Wortlaut der Prätexte meist beibehält35 oder bei Abweichungen nur einzelne Textelemente, die verändert oder ausgelassen worden sind, nicht dem ursprünglichen Wortlaut entsprechen36. Anstelle größerer Eingriffe in den Originalwortlaut gebraucht Cicero in seinen Briefen oft eine besondere Form des Zitierens, bei der ein Teil des Zitatsegments ausgelassen wird und selbstständig vom Adressaten ergänzt werden muss, das sogenannte Anzitieren. In solchen Fällen bricht das Zitatsegment nach wenigen Worten ab, wobei Cicero voraussetzt, dass seine kompetenten Leser dessen Fortsetzung selbst in Gedanken hinzufügen können, wie anschließende Bemerkungen zeigen (vgl. fam. VII,28,2: nosti cetera – du kennst ja den Rest).37 Dementsprechend findet man diese Zitationsform v. a. in den Briefen an Atticus, dessen literarische Kenntnisse Cicero als ehemaliger Mitschüler besonders gut einschätzen kann. Auch griechisch-römische Zeitgenossen des Paulus wie Strabo, Longinus, Heraclitus oder Plutarch verwenden vornehmlich Auslassungen und nur selten Ergänzungen und Ersetzungen, wie man sie in den Korintherbriefen des Paulus findet. 38 Im Vergleich 30 

Vgl. Stanley 1992, 18–28; Evans 1993, 14; Jobes/Silva 2000, 192; Wagner 2002, 22. Vgl. Stanley 1992, 338–350; Instone Brewer 1992, 212. 32  Vgl. Instone Brewer 1992, 212. 33  Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 138–140. 34  Vgl. dazu die Ausführungen auf S. 44–49. 35  Lediglich in den Briefen an Atticus treten vermehrt Abweichungen auf. Wenn man jedoch die große Anzahl an Zitationen in der Briefsammlung insgesamt miteinbezieht, relativiert sich dieser Eindruck wieder. Eine Schwierigkeit bei der Betrachtung besteht jedoch darin, dass nicht mehr alle Prätexte erhalten sind. Somit ist die Bestimmung von Abweichungen nur für etwa die Hälfte der Zitate möglich. Vgl. Shackleton Bailey 1995, 155–157. 36  Eine Ausnahme stellen diesbezüglich die Platonparaphrasen in fam. I,9,12.18 dar. 37  Vgl. Behrendt 2013, 197–198. 38  Vgl. Stanley 1992, 271–291. 31 

4.1 Zitationstechnik

229

zur griechisch-römischen Briefpraxis nimmt Paulus also häufiger, in größerem Umfang und vielfältiger bei einer Zitation in den beiden Schreiben an die Korinther Änderungen am Wortlaut des Prätextes vor. Die vornehmliche Änderung des Wortlauts aus inhaltlichen oder stilistischen Gründen entspricht dagegen den Gepflogenheiten in seiner paganen Umwelt. 4.1.3  Kontextualisierung der Zitate Genauso wie der Umgang mit dem Wortlaut der Zitate ist deren Kontextualisierung, d. h. der Rückbezug des Folgetextes auf den Kontext des Prätextes, vom Wissensstand des Autors und dem der Adressaten abhängig. Den Einbezug des Prätextkontextes in den neuen Kontext oder Abweichungen vom Ursprungskontext aus argumentativen Gründen kann nur derjenige Autor umsetzen bzw. derjenige Leser bemerken, der das Original näher kennt. Da sich die Autoren und noch mehr die Adressaten der paulinischen und ciceronischen Briefe bezüglich ihrer Bildungsvoraussetzungen stark unterscheiden, zeigen sich auch bei der Kontextualisierung der Zitate in den Korintherbriefen und in den Briefsammlungen Ad familiares, Ad Atticum sowie Ad Quintum fratrem große Unterschiede.39 Obwohl allen die Grundtendenz gemeinsam ist, in Übereinstimmung mit dem Kontext des Prätextes zu zitieren, ist dessen Umsetzung bezüglich des Umfangs verschieden. Cicero nutzt die Kontexte seiner Prätexte bewusst zu argumentativen Zwecken. Inhaltliche Aspekte des zitierten Textes, die für seine Argumentation nicht interessant oder hinderlich sind, übergeht er einfach,40 sodass in Ausnahmefällen die ursprüngliche Aussage sogar umgekehrt werden kann. Beispielsweise hebt Cicero in Att. IV,7,2 die Bedeutung der Worte Homers auf, nach denen man kein böses Wort über Tote verlieren solle, indem er im anschließenden sed-Satz der Kritik des Atticus an einem verstorbenen Gläubiger zustimmt.41 Zudem setzt er gezielt kontextuelle Verschiebungen ein, um versteckte Botschaften zu vermitteln. So kritisiert er in fam. XII,25,5 die Entschuldigung des Cornificius, die zeitlichen Umstände hätten ihn zum falschen Handeln gezwungen, indem er mithilfe seines eigenen positiven Beispiels darauf hinweist, dass er im Gegensatz zur Hauptperson des an dieser Stelle zitierten Terenztextes eine solche Ausrede 39  Ebenso wie beim Wortlaut der Zitate ist ein Vergleich mit dem Ursprungskontext nur dann möglich, wenn der Prätext noch erhalten ist. Bei den Schriftzitaten des Paulus ist dies nur bei Teilen von 1Kor 2,9 nicht der Fall. Ciceros Dichterzitate beziehen sich hingegen in etwa der Hälfte der Fälle auf nicht mehr vorhandene Originale zurück. Vgl. Shackleton Bailey 1995, 155–157. Weil die betrachtete Textgrundlage aber mehr als 150 ciceronische Textbeispiele umfasst, können dennoch Aussagen zur Kontextualisierung der Zitate getroffen werden, die sich auf eine breitere Textbasis zurückbeziehen. 40  Vgl. Att. II,16,4; IV,7,2; VII,3,5; XIII,12,3. 41  Für eine ausführliche Darstellung des Beispiels vgl. die Ausführungen auf S. 90–91.

230

4 Auswertung

nicht gelten lasse, und weist den Adressaten durch diese Akzentverschiebung auf seine Kritik hin.42 Oder er unterbreitet seinem Freund Atticus in Att. XIV,10,1 indirekt dadurch ein Kompliment, dass er beim Vergleich seiner Situation mit der ausweglosen Lage der Io in Aischylos’ Prometheus durch einen Zusatz Atticus als seinen persönlichen Ausweg präsentiert.43 Ein solches Spiel mit dem Prätextkontext erfordert auf Seiten der Adressaten ein genaues Vorwissen. Da Cicero mit gebildeten Römern der Oberschicht kommuniziert, zu deren Ausbildung das Auswendiglernen von eben den Dichtern gehört, die hier zitiert werden, kann man davon ausgehen, dass dies auch vorhanden ist. Dementsprechend verwundert es nicht, dass bei Ciceros Zitaten meist Bezug auf spezielle Aspekte des Prätextes genommen wird,44 und an einigen Stellen sogar Rezitate45 verwendet werden, die eine doppelte Kontextualisierung beinhalten.46 Im Gegensatz dazu konzentriert sich Paulus bei der Zitation aus den Schriften Israels in den Korintherbriefen auf deren Grundaussagen. So übernimmt er in 1Kor 15,27 allgemeine Aussagen des zitierten Psalmverses, klammert aber spezielle inhaltliche Aspekte, wie die Niedrigkeit des Menschen oder dessen Überlegenheit gegenüber den Tieren, die nicht direkt zu seiner Aussageintention passen, aus. Ein solches Ausklammern findet man auch bei Cicero. Wie Paulus lässt er Elemente der Zitate weg, die für seine Argumentation störend sind. Das Besondere bei der paulinischen Zitatkontextualisierung im Vergleich zu der Ciceros besteht aber darin, dass bei ihm Einzelaspekte nur in Ausnahmefällen eine Rolle spielen,47 und für das grundsätzliche Verständnis seiner Argumentation meist nicht erforderlich sind. Seine Adressaten müssen daher nicht über genaue Schriftkenntnisse verfügen, um den allgemeinen Ausführungen des Paulus folgen zu können. Voraussetzung ist jedoch, dass sie die aktualisierende Schriftauslegung des Paulus akzeptieren, die sich in der Übertragung von Zitataussagen auf Christus oder die Gemeinde von Korinth zeigt und Parallelen in zeitgenössischen jüdischen Texten hat.48 Beispielsweise leitet Paulus in 2Kor 9,9 aus dem Verhalten des Gerechten in Ps 111,9 LXX eine Ermahnung für die Korinther zur Unterstützung der Spendensammlung ab.49 Somit erfordert die Zitation von Schriftworten in den Korintherbriefen des Paulus von der Leserschaft die Kennt42 

Für eine ausführliche Darstellung des Beispiels vgl. die Ausführungen auf S. 52–53. Vgl. Behrendt 2013, 124–139; 148–149. 44  Der Bezug auf spezielle Aspekte des Prätextkontextes dient meist zur Veranschau­ lichung einer konkreten Situation, wohingegen die Hervorhebung allgemeiner Aussagen von Zitaten vorwiegend zur Legitimation verwendet wird. 45  Vgl. fam. VII,31,2; XIII,15,1–2; Att. II,16,4; VI,3,7; VII,3,5; IX,7,5; X,1,1; XVI,5,5; XVI,13,2; Q.fr. I,2,13. 46  Für eine ausführliche Darstellung vgl. S. 60–62. 47  Vgl. 1Kor 10,7; 2Kor 4,13. 48  Vgl. Stanley 1999, 138; Stanley 2004, 78. 49  Für eine ausführliche Darstellung des Beispiels vgl. die Ausführungen auf S. 155–156. 43 

4.2  Funktion der Zitate

231

nis inhaltlicher Grundlinien und der Basis der paulinischen Schriftauslegung, wohingegen die Dichterzitate in den Briefen Ciceros ein weitreichendes Wissen in Bezug auf die Prätexte voraussetzen.

4.2  Funktion der Zitate Im Gegensatz zur Zitationstechnik entspricht der funktionale Einsatz der Zitate in den Korintherbriefen des Paulus der römischen Briefpraxis, wie sie sich in den Briefen Ciceros darstellt. Cicero und Paulus nutzen ihre Zitate zur Strukturierung, Begründung, Veranschaulichung, Kritik und Schaffung von Verbundenheit, wobei sich die einzelnen Funktionsweisen auch überschneiden können. Unterschiede gibt es hingegen bei der Gewichtung der Funktionen und ihrer Ausgestaltung. Aufgrund der dadurch entstehenden Vielfalt von Zitatfunktionen sind in dieser Arbeit zur besseren Vergleichbarkeit drei Kategorien unterschieden worden, mit denen unterschiedliche Bereiche des Kommunikationsprozesses betrachtet werden, indem zunächst die formale Ebene der Textstruktur, dann die inhaltliche Ebene der Argumentation und schließlich die relationale Ebene der Beziehung zwischen Autor und Adressat betrachtet worden ist. 4.2.1  Formale Funktionen Auf der formalen Ebene setzt Paulus in den Schreiben an die Korinther Zitate häufiger zur Strukturierung eines Textabschnitts ein als Cicero in seinen Briefen. Während in den Korintherbriefen des Paulus zwei Drittel der Schriftworte mit Einleitungsformel eine formale Funktion aufweisen, trifft dies nur auf ein Fünftel der Dichterworte in Ciceros Briefen zu.50 Beide verwenden jedoch Zitate als Einleitung, Abschluss oder Überleitung in Textabschnitten, wobei letztere Funktionsweise am seltensten vorkommt. Während Paulus zudem v. a. im ersten Korintherbrief Texteinheiten mit Schriftworten beginnt und im zweiten Korintherbrief damit abschließt, weisen Ciceros Briefe insgesamt ein wenig mehr Abschluss- als Einleitungszitate auf, die zusätzlich stärker herausragen, da sie z. T. am Briefanfang oder Briefschluss stehen.51 Dementsprechend findet man bei Cicero besondere Formen der formalen Funktionsweise, die bei Paulus nicht anzutreffen sind. So verwendet er in einigen Schreiben Zitate wie Briefeinleitungs- oder Briefabschlussformeln. Paulus nutzt seine Zitate dagegen nur als Ausgangsbasis oder Fazit einzelner Textab-

50  51 

Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 63–69.163–175. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 66–69.173–175.

232

4 Auswertung

schnitte.52 Dieser Unterschied lässt sich auf die verschiedenen Briefkonventionen der beiden Autoren zurückführen. Ciceros Briefanfänge und -enden sind weniger einheitlich als die des Paulus. Neben Anfangs- und Endgruß können sie formelhafte gute Wünsche und Freundschaftsbekundungen enthalten, oft nutzt Cicero dabei aber ganz eigene Formulierungen oder beginnt bzw. schließt mit einem persönlichen Anliegen,53 wohingegen Paulus in den Korintherbriefen an das Präskript ein Proömium mit einer Danksagung an Gott anschließt und vor das Postskript einen Epilog mit Mahnungen oder Fürbitten stellt.54 Daneben spielt auch die Bildung der Adressaten bei der Verwendung besonderer formaler Funktionsweisen eine Rolle. Da Ciceros Adressaten deutlich gebildeter sind als ein Großteil der Adressaten des Paulus, kann er Sonderformen entwickeln, die nur mithilfe von Kontextwissen verständlich sind, wie z. B. in Att. I,16,5. Dort setzt er in einem Schreiben an Atticus ein Zitat nicht nur als Verbindungselement zwischen zwei Textabschnitten ein, sondern hebt damit auch einen Wendepunkt im Erzählvorgang hervor (vgl. Att. I,16,5), indem er die Funktionsweise aus dem Prätext übernimmt. Paulus verzichtet auf solche Spielereien, vermutlich, weil seine Adressaten mehrheitlich nicht über so ein großes Hintergrundwissen verfügen wie die Ciceros. 4.2.2  Inhaltliche Funktionen Auch die inhaltlichen Funktionen der Zitate in Ciceros Briefen werden von den Adressaten beeinflusst. Daneben ist in Bezug auf diese Kategorie ein größerer Einfluss der Briefgattung erkennbar. Cicero nutzt die von ihm zitierten Dichterverse v. a. in politischen Schreiben zur Legitimation von Aussagen, in Freundschaftsbriefen dienen sie hingegen meist zur Charakterisierung von Situationen oder Personen.55 So nutzt er z. B. in einem Schreiben an Caesar einen Homervers zur Rechtfertigung seines eigenen politischen Handelns (vgl. fam. XIII,15,2), während er denselben Vers in einem Brief an Atticus zur Charakterisierung des Vaters eines gemeinsamen Freundes heranzieht (vgl. Att. X,1,1). Insgesamt erfüllt ca. die Hälfte der Zitate in den Briefen an Atticus Illustrationszwecke, während es in den anderen Briefsammlungen nur ca. 20 % sind.56 Umgekehrt werden in etwa 15 % der Fälle in Ad Atticum Zitate als Begründung eingesetzt, wohin52 

Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 63–69.163–175. Vgl. Schröder 2004–2005, 203–205. 54  Vgl. White 1988, 97–100. 55  Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 69–83. 56  Auch wenn die Funktionsweise der Charakterisierung von Situationen und Personen durch Zitate vermehrt in den Briefen an Atticus vorkommt, trifft es nicht zu, dass sie sich fast ausschließlich auf diese Briefsammlung beschränkt, wie Behrendt annimmt. Vgl. Behrendt 2013, 195. Denn sie lässt sich auch in einigen Briefen an Quintus und an andere Freunde nachweisen. Vgl. fam. II,9,1–2; VI,6,6; VII,28,2; VII,30; VII,31; VII,33,1; VIII,2,1; IX,7,1–2; IX,26,2; Q.fr. I,2,1.13; II,14,5; III,5,4.8. 53 

4.2  Funktion der Zitate

233

gegen es in Ad familiares etwa 30 % sind.57 In ähnlicher Weise greift Paulus in seinen Briefen an die Korinther gerade dann auf die Legitimationsfunktion der Zitate zurück, wenn es zu Auseinandersetzungen in der Gemeinde oder mit der Gemeinde gekommen ist. Als Beispiele lassen sich hierfür die Zitate im ersten thematischen Hauptteil des Briefes anführen, in dem Paulus in Anbetracht von Spaltungen in der Gemeinde zur Einheit ermahnt und mithilfe von Worten aus der Schrift die Abwendung von menschlicher hin zu göttlicher Weisheit begründet (vgl. 1Kor 1,19; 3,19–20). Im Vergleich zu den formalen Funktionen der Zitate gibt es bei den inhaltlichen Funktionen stärkere Parallelen zwischen den Korintherbriefen des Paulus und den Briefen Ciceros. Beide Autoren begründen ihre Aussagen und legitimieren ihre Handlungen mit Zitaten, worauf entsprechende Konjunktionen und Partikel hinweisen. Sie sehen in den zitierten Versen gewichtige Argumente, deren Autorität auf ihre Prätexte bzw. deren Autoren zurückzuführen ist.58 So leitet Paulus aus der Schrift Handlungsgrundsätze ab, die mehr Gewicht haben als Argumente, die auf Alltagserfahrung fußen, da es sich dabei um Gottes Wort handelt (vgl. 1Kor 9,9). In ähnlicher Weise entwickelt Cicero aus Dichterworten Handlungsmaximen, die ihre Autorität durch den vorbildlichen Autor erhalten (vgl. fam. I,9,12.18). Daneben charakterisieren Paulus und Cicero ihre persönliche Situation, indem sie sie mit bekannten Erzählzusammenhängen der Schrift oder des Mythos vergleichen (vgl. 2Kor 4,6; fam. VII,33,1) oder sie veranschaulichen das Verhalten anderer Personen (vgl. 1Kor 10,7; Att. X,1,1) sowie besondere Geschehnisse (vgl. 1Kor 15,54–55; fam. VIII,2,1), indem sie auf Zitate zurückgreifen.59 Allerdings lassen sich bei den Schriftworten des Paulus die inhaltlichen Funktionsweisen nicht so klar voneinander trennen wie bei Cicero. Zahlreiche Zitate in den Korintherbriefen des Paulus dienen sowohl zur Begründung einer Aussage als auch zur Charakterisierung einer Situation.60 4.2.3  Relationale Funktionen Zusätzlich zu den argumentativen Funktionsweisen können soziale Komponenten die Zitation in Briefen beeinflussen. Cicero versucht v. a. in Zeiten politischer Umbrüche oder bei hierarchischen Differenzen Verbundenheit mit seinen Briefpartnern herzustellen, indem er mithilfe von Zitaten, griechischen Wendungen oder philosophischen Bezügen auf ihre intellektuellen Gemeinsamkeiten hin57  Somit beschränkt sich auch die Legitimationsfunktion nicht auf politische Schreiben, sondern findet auch in Freundschaftsbriefen Anwendung. Vgl. Behrendt 2013, 196. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 69–78. 58  Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 69–78.176–180. 59  Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 78–83.180–185. 60  Vgl. 1Kor 15,27; 15,45; 15,54–55; 2Kor 4,13; 6,2; 6,16–18; 8,15; 9,9. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 186–190.

234

4 Auswertung

weist. Dies trifft auf etwa 40 % der Zitate in Ad familiares und etwa 20 % in Ad Atticum zu. Rezitate in den Schreiben an Atticus und ein Zitat in einem Schreiben von Cassius an Cicero belegen, dass deren Adressaten ebenfalls so vorgegangen sind. Zugleich wird gerade in diesen Korrespondenzen sichtbar, wie sich aus dem Willen zur Schaffung von Verbundenheit durch gemeinsames Bildungsgut ein gelehrtes Spiel mit Zitaten entwickeln kann. So löst Cassius in fam. XV,19 einen philosophischen Zwiespalt, mit dem ihn Cicero herausgefordert hat, anhand eines Epikurzitats, und Cicero sowie Atticus nutzen laut fam. IX,7.18 einen Leonidasvers als Sprachcode, der nur für die beiden verständlich ist.61 In den Korintherbriefen des Paulus wiederum sind solche Sonderformen nicht zu finden. Dennoch setzt auch er auf die verbindende Kraft von Zitaten, wenn er z. B. durch ein Jesajazitat in 2Kor 6,2 auf die Erfüllung der Verheißung und den Anbruch einer neuen Zeit hinweist, die die Grundlage für sein eigenes Handeln und das der Korinther bildet. Ebenso wie Cicero nutzt Paulus eine solche Strategie v. a. dann, wenn die Beziehung zur Gemeinde durch äußere Umstände belastet ist. Jedoch stellen bei Paulus die Schriften Israels noch nicht die gemeinsame Bildungsgrundlage aller dar, auch wenn der Apostel nach 1Kor 15,3–5 das Evangelium von Anfang an in Verbindung mit der Schrift verkündigt hat. Durch seinen Zitateinsatz versucht er daher die Schrift als zusätzliche Gemeinsamkeit der Gemeinde hervorzuheben, d. h. eine literarische Grundlage zu schaffen, die die angesprochene Gruppe vereint und gegenüber anderen abgrenzt.62 Er strebt also einen Zustand an, der in der römischen Oberschicht bereits vorherrscht, ein Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe, das durch die in diesem Kreis vermittelten literarischen Kenntnisse wachgerufen werden kann, wobei die Bezugsgröße eine ganz andere ist. Neben der Schaffung von Verbundenheit dienen die Zitate in Ciceros Briefen zu zwei verschiedenen Formen von Kritik.63 Cicero nutzt Dichterverse, um seine Kritik am Verhalten bestimmter Personen durch die Gleichsetzung mit negativen mythischen Figuren zu verstärken (vgl. Att. VII,11,1), aber auch um seine Kritik an Briefpartnern abzumildern, indem das Zitat Distanz zwischen der Aussage und dem Zitierenden schafft (vgl. Att. VII,1,2). Denn wie im persönlichen Gespräch muss auch beim Austausch von Briefen innerhalb der römischen Oberschicht der soziale Status aller Beteiligten gewahrt werden. Da dieser durch Kritik verletzt werden könnte, war Cicero damit in der Regel vorsichtig. Genauso dringen Bitten und Ratschläge in den persönlichen Bereich des Angesprochenen ein und bedürfen der Vorsicht. Daher findet man in Ciceros Briefen Fälle, in denen Zitate zur Kompensation von Bitten und Ratschlägen eingesetzt werden. Dabei wirken die gleichen Mechanismen wie bei den zuvor genannten relatio61 

Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 84–92. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 191–195. 63  Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 93–95. 62 

4.3 Kommunikationssituation

235

nalen Funktionen. Intellektuelle Verbundenheit, enthaltene Komplimente und Distanz zur eigentlichen Aussage durch Berufung auf einen Dichter gleichen eine mögliche Ansehensverletzung aus. So versucht Cicero die Last, die er seinem Adressaten Lucius Lucceius aufbürdet, wenn er dessen Bitte nach Verherrlichung seiner Taten in einem literarischen Werk nachkomme, durch zahlreiche Komplimente auszugleichen, die in einem Naeviuszitat gipfeln (vgl. fam. V,12,5), oder er bemüht sich die angeschlagene Beziehung zu Trebatius nicht weiter zu belasten, indem er seine Ratschläge mit den Worten des Ennius kleidet, um sich von den Aussagen zu distanzieren und den gemeinsamen Bildungshintergrund hervorzuheben (vgl. fam. VII,6,1).64 Solche Vorsichtsmaßnahmen sucht man in den Korintherbriefen des Paulus vergeblich. Der hier dargestellte spezifisch stadtrömische Kontext des Zitateinsatzes spielt für die Zitation in den Korintherbriefen des Paulus keine Rolle. Paulus kritisiert v. a. im ersten Korintherbrief direkt unerwünschte Verhaltensweisen in der Gemeinde und zeigt mittels Schriftworten, dass diese nicht schriftgemäß sind (vgl. 1Kor 1,31; 3,19–20), d. h. er verschärft seine Kritik durch Schriftworte. Denn er sieht sich durch das Verhalten der Korinther dazu genötigt, seine Redeweise an deren irdische Gesinnung anzupassen (vgl. 1Kor 3,1–4), und menschliche Beurteilungen haben für ihn kein Gewicht, da er als Diener Christi allein dem Urteil Gottes unterstellt sei (vgl. 1Kor 4,1–5). Zugleich steht an dieser Stelle wiederum das Bestreben, die Schrift als Gemeinsamkeit aller Christusgläubigen herauszustellen, im Hintergrund, wenn Paulus seine Kritik am Verhalten der Korinther mit Schriftworten begründet.65

4.3 Kommunikationssituation Wie die bisherige Auswertung gezeigt hat, bestehen v. a. funktionale Gemeinsamkeiten zwischen der Zitierweise des Paulus in den Korintherbriefen und der römischen Briefpraxis, wohingegen auf formaler Ebene Unterschiede bestehen, die sich auf unterschiedliche Autorintentionen, Adressaten und Prätexte zurückführen lassen. Daher soll nun in einem dritten Schritt der Auswertung die Kommunikationssituation, die einerseits durch die Gattung des Briefes und andererseits durch den Zitationsprozess bestimmt wird, in den Blick genommen werden. Dazu werden die beteiligten Akteure – der Autor, die Leser und der Text selbst – sowie deren Einflüsse auf den Kommunikationsprozess untersucht, indem die Abfassungssituation der Autoren, die Gattung der Folgetexte, der Bildungshintergrund der Adressaten und die Bedeutung der Prätexte analysiert wird.

64  65 

Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 95–99. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 195–200.

236

4 Auswertung

4.3.1 Abfassungssituationen Auch wenn der Apostel Paulus im Römischen Reich lebt, wirkt er doch in einem ganz anderen Umfeld als der römische Politiker Cicero. Während Cicero als Redner politische Karriere in Rom macht und in den Kreisen der römischen Oberschicht verkehrt, wirkt Paulus zunächst als Verfolger von Christusgläubigen und reist dann nach einer Vision und Audition Jesu Christi vor Damaskus als Apostel, der die Botschaft von der Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi verkündet, in den römischen Provinzen umher.66 Dementsprechend unterscheiden sich auch die Abfassungssituationen der Korintherbriefe von denen der ciceronischen Briefe. Nach einem längeren Gründungsaufenthalt in Korinth setzt Paulus seine Missionsreise fort. In Ephesos erhält er Nachrichten über Streitigkeiten und ethische Missstände in der korinthischen Gemeinde sowie Anfragen von Gemeindemitgliedern zu seiner Verkündigung. Als Gründer der Gemeinde (1Kor 9,1–2) fühlt er sich auch für sie verantwortlich, wenn er nicht vor Ort ist. Daher beantwortet er ihre Fragen und ermahnt sie zur Einigkeit und rechten Lebenseinstellung mithilfe eines langen Schreibens. Etwa ein bis zwei Jahre später (nach einem weiteren Besuch und einem tränenreichen Brief, vgl. 2Kor 2,1–4) hält es Paulus noch einmal für nötig, der Gemeinde in Korinth ein längeres Schreiben zukommen zu lassen. Darin beschreibt Paulus die Entwicklung seiner Beziehung zu den Gemeindemitgliedern, fordert seine Adressaten zur Fortsetzung der Kollekte für Jerusalem auf und verteidigt sich gegen Vorwürfe seiner Gegner. In beiden Briefen reagiert Paulus auf Gegebenheiten, die in seiner Abwesenheit in der Gemeinde von Korinth vorgefallen sind, und versucht mithilfe seiner Schreiben, Einfluss auf das Geschehen vor Ort zu nehmen. Ähnlich agiert auch Cicero in seinen Briefen an Freunde oder politische Verbündete. Wenn er nicht in Rom ist, lässt er sich von seinen Adressaten über die Ereignisse in der Hauptstadt informieren und bittet sie, in seinem Sinne vor Ort zu handeln (vgl. fam. VIII,2; Att. V,11). Umgekehrt beantwortet er Anfragen von anderen oder verteidigt sich gegen Vorwürfe anderer mithilfe von Briefen, wenn sich die Korrespondenten nicht in Rom aufhalten (vgl. fam. I,9; III,7). Somit bedingt bei Cicero die räumliche Entfernung des Autors oder der Adressaten vom Zentrum der Römischen Republik den brieflichen Austausch, wohingegen bei Paulus seine Tätigkeit als Wanderprediger die Korrespondenz per Brief erforderlich macht.

66  Überraschenderweise können die unterschiedlichen Lebenseinstellungen der beiden Autoren aber in Einzelfällen dieselbe Einschätzung zur Folge haben, wie ein von Edsall untersuchtes Beispiel zeigt. Beide Autoren halten Rechtsstreit innerhalb einer religiösen Gruppierung aus verschiedenen Gründen für beschämend (Cic.Cael. 11; 1Kor 6,1–11). Vgl. Edsall 2013, 35–36.

4.3 Kommunikationssituation

237

Zusätzlich zur grundsätzlichen Ausgangssituation der Verfasser unterscheiden sich die konkreten Anlässe der einzelnen Schreiben. Daher werden im Folgenden die Abfassungssituationen der Briefe bzw. Briefabschnitte betrachtet. Zunächst zum ersten Brief des Paulus an die Korinther. Das Schreiben beginnt mit einem mahnenden Textabschnitt, der nach heutiger Zählung knapp vier Kapitel umfasst, in denen Paulus ausführlich auf Parteienstreitigkeiten in der Gemeinde eingeht. Er habe von Leuten einer gewissen Chloe erfahren, dass es in der Gemeinde Streit gebe, da jeder sich einer anderen Gruppierung zurechne, indem er sich auf eine andere Autorität berufe (1Kor 1,10–17). Paulus kritisiert dies und ruft die Gemeinde zur Einigkeit auf, wobei er die Botschaft vom Kreuz als einende Basis darstellt und hervorhebt, dass alle Mitarbeiter Gottes eine gemeinsame Aufgabe haben (1Kor 1,18–4,21). In diese Argumentation sind vier Zitate aus den Schriften Israels (vgl. 1Kor 1,19; 1,31; 2,9; 3,19–20) eingebettet, mit deren Hilfe Paulus v. a. die Berufung einiger Gemeindemitglieder auf Personen und die damit verbundene Selbstüberschätzung menschlicher Weisheit kritisiert. Daran schließt eine Texteinheit an, in der das konkrete Verhalten einzelner Korinther getadelt wird (1Kor 5–6). Zum einen habe er erfahren, dass ein Mann verbotenerweise die Ehefrau seines Vaters zur Frau genommen habe (1Kor 5,1– 13), zum anderen missfällt ihm, dass die Gemeindemitglieder bei Streitigkeiten untereinander städtische Richter aufsuchen (1Kor 6,1–11) und dass einige von ihnen zu Prostituierten gehen (1Kor 6,12–20).67 Es werden also ethische Missstände in der Gemeinde angeprangert. Paulus weist seine Brüder und Schwestern im Glauben nun explizit auf ihr Fehlverhalten hin, wobei er im zuletzt genannten Textabschnitt auch auf ein Genesiszitat zurückgreift (1Kor 6,16). Nachdem Paulus Fragen aus der Gemeinde zur Ehe und Ehelosigkeit beantwortet hat (1Kor 7), nutzt er eine weitere Anfrage zum Verzehr von Götzenopferfleisch dazu, zur Rücksicht auf die Schwachen zu ermahnen (1Kor 8;10). Dabei greift er in 1Kor 10 vermehrt auf Schriftbezüge zurück. Zudem geht er in diesem Zusammenhang auf Kritik an seinem eigenen Verhalten ein, indem er ausführlich seine apostolischen Ansprüche begründet (u. a. durch ein Schriftzitat in 1Kor 9,9) und seinen Verzicht darauf als vorbildlich im Umgang mit Schwächeren darstellt (1Kor 9). Der Textabschnitt trägt aber vornehmlich mahnende Züge.68 Dagegen nehmen im hinteren Teil des Briefes die belehrenden Passagen zu. Im Anschluss an einige Anweisungen zum Gottesdienst und zum Abendmahl (1Kor 11) erläutert Paulus ausführlich das Wirken des Geistes Gottes in der Gemeinde (1Kor 12–14) und das Geschehen der Auferweckung der Toten (1Kor 15), wobei er wiederum auf Fragen und Fehleinschätzungen der Korinther wie die

67 

68 

Zur Verknüpfung der Textabschnitte untereinander vgl. Schrage 1995, 8. Vgl. Probst 1991, 300–301.

238

4 Auswertung

Bevorzugung der Glossolalie eingeht und zum Ende hin vermehrt aus der Schrift zitiert (1Kor 14,21; 15,27; 15,45; 15,54–55). Insgesamt hat der erste Korintherbrief vornehmlich einen mahnenden und belehrenden Charakter.69 Die Nachrichten aus der Gemeinde und ihre Anfragen veranlassen Paulus dazu, die Gemeindemitglieder auf die Herausforderungen ihrer paganen Umwelt hinzuweisen und ihnen die Art der Lebensführung darzulegen, die ihrer christusgläubigen Existenz und der eschatologischen Situation entspricht. Durch diese Kommunikationssituation sind auch die Schriftzitate des Paulus bedingt. Für Paulus bildet nämlich die Schrift die Grundlage einer christusgläubigen Lebensgestaltung, und somit erfordert die derzeitige Situation der Gemeinde nach Ansicht des Paulus einen vermehrten Einsatz von Schriftbe­zügen.70 Im Gegensatz dazu überwiegen im zweiten Brief an die Korinther die apologetischen Textanteile. Auslöser für diese Veränderung ist die negative Entwicklung der Beziehung des Paulus zur Gemeinde, von der er selbst zu Beginn des Briefes berichtet (2Kor 1,12–2,13). Bei einem Besuch sei es zur Auseinandersetzung mit einem Gemeindemitglied gekommen (2Kor 2,5), woraufhin Paulus den Korinthern statt eines weiteren Besuchs unter Tränen einen Brief geschrieben habe (2Kor 2,1–4). Aufgrund des Verzichts auf einen persönlichen Besuch sei ihm zudem Wankelmut vorgeworfen worden (2Kor 1,12–14.17–18). Obwohl der Streit nun beigelegt sei (2Kor 7,5–16), wirbt Paulus um die Gemeinde und bittet sie um Offenherzigkeit ihm gegenüber (2Kor 6,11–13), indem er seinen Dienst als Apostel als rechtmäßig darstellt und mithilfe von Schriftzitaten auf das ihnen gemeinsame Leben in einer neu angebrochenen Zeit hinweist, das ein bestimmtes Verhalten erfordert (2Kor 2,14–7,4). Paulus scheint also mit fehlender Anerkennung in Teilen der Gemeinde zu kämpfen. Da verwundert es auch nicht, dass er sich am Ende des Briefes gegen Angriffe seiner Gegner wehrt, die seine Vollmacht anzweifeln (2Kor 10,1–13,10), wobei er zur Legitimation seines Verhaltens u. a. auf zwei Schriftzitate ohne thematisierende Markierung zurückgreift (2Kor 10,17; 13,1). Lediglich die eingeschobene Bitte um Fortsetzung der Kollekte für Jerusalem, in die ebenfalls zwei Schriftzitate eingebettet sind (2Kor 8,15; 9,9), ist in einem versöhnlichen Tonfall verfasst worden (2Kor 8–9). Alles in allem steht aber die Rolle des Paulus als Apostel der Gemeinde von Korinth auf dem Prüfstand, und diese Situation bedingt wiederum den Einsatz von Schriftzitaten, da die Schrift für Paulus nicht nur die

69  Wenn man dies mit den rhetorischen Redegattungen vergleicht, entspricht es dem genus deliberativum. Da die Parallelen zu dieser rhetorischen Kategorie allerdings vornehmlich funktional sind, sollte man bei deren Anwendung vorsichtig sein und sich deren Grenzen bewusst machen. Vgl. Porter 2001, 568–569.584–585. 70  Vgl. Wilk 2017, 160–164.

4.3 Kommunikationssituation

239

Grundlage einer christusgläubigen Existenz, sondern auch die Basis für die Beurteilung seines Apostolats bildet.71 In Ciceros Briefsammlung Ad familiares lassen sich ähnliche Briefanlässe ausmachen wie in den Korintherbriefen des Paulus. 54 v. Chr. veranlasst eine Anfrage des Optimaten Lentulus, der sich zu der Zeit als Statthalter in Kilikien befindet, Cicero zu einer ausführlichen Verteidigung seines politischen Agierens in Rom (fam. I,9). Ebenso wehrt er sich 51 v. Chr. nach seiner eigenen Statt­ halterschaft in Kilikien gegen Vorwürfe seines Nachfolgers Appius Claudius (fam. III,7–8). Zudem können konkrete Nachrichten über bestimmte Briefpartner Anlass zum Schreiben bieten, z. B. fühlt sich Cicero verpflichtet, den Dichter Caecina aufzumuntern, nachdem er von dessen Verbannung erfahren hat (fam. VI,6), oder er bittet Cato darum, sich für ihn über das beschlossene Dankfest zu freuen, obwohl dieser, wie er gehört habe, dagegen gestimmt habe (fam. XV,6). Auch die Beziehung zum Adressaten kann Gegenstand eines Cicerobriefes sein. In fam. VII,10 zeigt sich Cicero besorgt, weil er keine Antwortschreiben von seinem Klienten Trebatius erhält. Formen der Belehrung, die in beiden Schreiben an die Korinther zu finden sind und durch Fehlverhalten auf Seiten der Adressaten verursacht werden, sucht man bei Cicero hingegen vergeblich.72 Darüber hinaus werden in Ciceros Briefen Gründe für deren Abfassung genannt, die in den Korintherbriefen des Paulus nicht zu finden sind. In mehreren Schreiben bildet die Bitte um einen Freundschaftsgefallen den Ausgangspunkt, wie in fam. V,12, in dem Cicero den befreundeten Geschichtsschreiber Lucceius um das Verfassen eines Werks über seine Taten bittet, oder in fam. VII,1, in dem Cicero auf Bitte des Marius hin von den Eröffnungsfeierlichkeiten des Pompeius-T heaters berichtet. Zu dieser Gruppe kann man auch die sogenannten Empfehlungsschreiben rechnen, in denen der Verfasser den Adressaten um die Gunst für eine dritte Person bittet (fam. XIII,15).73 Daneben dienen zahlreiche Briefe zum Informationsaustausch. So informiert Caelius Cicero während seiner Statthalterschaft über die Geschehnisse in Rom (fam. VIII,2), oder Cicero und Varro tauschen Informationen aus, als sie beide auf die Rückkehr Caesars warten (fam. IX,7). Und nicht zuletzt ersetzen Ciceros Briefe zeitweise den persönlichen Kontakt und fungieren als Mittel der Freundschaftsbekundung wie in fam. VII,33. Besondere Formen nimmt diese Art der Beziehungspflege in den Briefen an Atti71 

Vgl. Wilk 2017, 164–165. Das didaktische Interesse christlicher Briefe findet seine Entsprechung eher in philosophischen Schreiben. Vgl. White 1988, 96. 73  Diese Briefgattung wird auch von Paulus genutzt, z. B. wenn er Mitarbeiter zur Spendensammlung aussendet (1Kor 16,3; 2Kor 8,16–24). Zudem bezeichnet er die Gemeinde von Korinth als seine Empfehlung durch Christus (2Kor 3,1–3) und bittet ihre Mitglieder um Anerkennung für die Familie des Stephanas (1Kor 16,15–18), wobei allerdings die für die Gattung typische Bemerkung fehlt, dass der Adressat dadurch in der Schuld des Empfängers stehe. Vgl. Stowers 1986, 153–155; White 1988, 88–90. 72 

240

4 Auswertung

cus an, die teilweise lediglich aufgrund der Freude an der Korrespondenz an sich verfasst worden zu sein scheinen (z. B. Att. II,15). Die dargestellten Briefanlässe Ciceros entsprechen somit in großen Teilen den drei Grundfunktionen antiker Briefe: Informationsaustauch, Bitte/Ermahnung und Erhalt des persönlichen Kontakts.74 Diese lassen sich auch in den Korintherbriefen des Paulus stellenweise nachweisen. Bei Cicero treten sie jedoch zumeist in reinerer Form (eine Funktion pro Brief) auf. 4.3.2 Briefgattungen Als Resultat der unterschiedlichen Abfassungssituationen variieren auch die Brieftypen, die in dieser Arbeit analysiert worden sind. Es gibt verschiedene Kategorien, mit deren Hilfe Gattungen von Briefen unterschieden werden können. Erstens können formale Elemente oder die Literarizität eines Briefes betrachtet werden. Handelt es sich z. B. um Prosa oder Dichtung? Schreibt der Verfasser an einen realen oder einen fiktiven Leser? Zweitens kann man den Grad der Öffentlichkeit von Schreiben vergleichen. Ist der Brief privat oder offiziell, vertraulich oder öffentlich? Drittens besteht die Möglichkeit, dass die Typisierung anhand der Adressaten oder der enthaltenen T hemen erfolgt. Richtet sich das Schreiben z. B. an einen Freund, einen Feind, ein Familienmitglied oder einen Vorgesetzten? Werden darin politische Ereignisse dargestellt, persönliche Anliegen unterbreitet oder bestimmte Verhaltensweisen angemahnt bzw. getadelt?75 Bei den Briefen Ciceros und den Korintherbriefen des Paulus bestehen die meisten Übereinstimmungen, wenn man deren Literarizität vergleicht. Denn beide Autoren schreiben an reale Leser. Auch wenn die heute vorliegende Form ihrer Schreiben stellenweise überarbeitet worden ist,76 kann man grundsätzlich davon ausgehen, dass sowohl Ciceros als auch Paulus’ Briefe wirklich in konkreten Situationen versandt worden sind. Es handelt sich also um reale, nicht um fiktive Schreiben.77 Zusätzlich gibt es Ähnlichkeiten bezüglich der Vertraulichkeit der Schreiben beider Autoren. Es sind keine offiziellen Schreiben eines Herrschenden oder öffentliche Rundschreiben, sondern Nachrichten an ein bestimmtes Gegenüber. Cicero schreibt als Senator, Patron, Freund oder Fami­ lienoberhaupt an politische Verbündete, Freunde oder Verwandte. Da die Gefahr besteht, dass seine Briefe aufgrund eines unzuverlässigen Boten verloren gehen oder von Dritten gelesen werden, kann sich Cicero nicht immer offen in seinen Schreiben äußern.78 Dennoch sind sie nicht grundsätzlich für eine breite Öffent74 

Vgl. White 1988, 95; Schröder 2004–2005, 206–210. Vgl. Trapp 2003, 3–5; Manuwald 2009, 4–5. 76  Vgl. Manuwald 2009, 6–10. 77  Vgl. Tomson 1990, 56–58; Jenkins 2006, 37–50. 78  Vgl. Att. I,13,1; V,3,2; Schröder 2004–2005, 196–203. 75 

4.3 Kommunikationssituation

241

lichkeit gedacht.79 Paulus wiederum richtet seine Briefe an bestimmte Gruppen von Christusgläubigen, zu denen er einen persönlichen Bezug hat. Auch wenn seine Schreiben von mehreren Personen gelesen und in den entsprechenden Gemeinden vorgelesen werden, sind auch sie nicht für die Allgemeinheit bestimmt. Jedoch ist bei ihm die Öffentlichkeit in einem begrenzten Rahmen mitzudenken, da er den Adressatenkreis stellenweise selbst über den Bezugsrahmen einer einzigen Gemeinde hinaus ausweitet, wie z. B. das Präskript des ersten Korintherbriefes belegt, in dem zusammen mit der Gemeinde von Korinth alle, die den Namen Jesu Christi anrufen, angesprochen werden (1Kor 1,2), oder das Präskript des zweiten Korintherbriefes, in dem nicht nur die Gemeinde Gottes in Korinth, sondern auch alle Heiligen, die in der Achaia leben, adressiert werden (2Kor 1,1). Ein großer Unterschied, der damit bereits angesprochen worden ist, besteht also bei den Adressaten. Während Cicero an verschiedene Einzelpersonen aus dem römischen Senatoren- und Ritterstand schreibt, mit denen er u. a. freundschaftlich oder familiär verbunden ist, richten sich die paulinischen Briefe an christusgläubige Gemeinden, für deren Entstehen meist Paulus selbst verantwortlich ist. Daher kann man einige von Ciceros Briefen als Freundschafts- oder Familienbriefe klassifizieren, für die Paulusbriefe ist eine solche Bezeichnung jedoch nicht angemessen,80 obwohl an einigen Stellen Topoi des Freundschaftsbriefes zu finden sind.81 Somit zeigt die Klassifizierung nach Adressaten v. a. die Differenzen der untersuchten Briefe der beiden Autoren auf. Festzuhalten bleibt zudem, dass die unterschiedlichen Adressaten einen großen Einfluss auf die Abfassung der Schreiben und die darin enthaltenen Zitate haben, wie auch das folgende Kapitel zeigen wird. In Anlehnung an die vorangehende Untersuchung der Abfassungssituationen richtet sich der Fokus des vorliegenden Textabschnitts auf die funktionalen Differenzen zwischen den Briefen sowie die daraus resultierenden Briefformen. In den beiden antiken Handbüchern zum Schreiben von Briefen, die Demetrios und Libanios zugeschrieben werden, sind verschiedene Brieftypen mit Definitionen und Beispielen aufgelistet.82 Ihre Einteilungen erfolgen entsprechend der rhetorischen Tradition anhand sozialer Kontexte und dafür charakteristischer Situationen. Beide Werke versuchen nachträglich die briefliche Praxis zu systematisieren, um Schreibern Muster an die Hand zu geben, die sie an ihre eigenen Zwecke anpassen können.83 Aufgrund der dabei verwendeten Vielzahl von Begriffen mit teils geringer Trennschärfe sind sie allerdings nur bedingt zur 79  Sie können allerdings für einen größeren Kreis von Adressaten bestimmt sein, z. B. wenn Cicero in fam. I,9 Lentulus als sein Sprachrohr gegenüber den Optimaten benutzt. 80  Vgl. Schrage 1991, 89. 81  Vgl. 1Kor 10,15; 2Kor 1,16; 5,3; 10,1–2; Stowers 1986, 60. 82  Für Texte, Übersetzungen und Kommentare zu den beiden Handbüchern vgl. Stowers 1986; Malherbe 1988; Klauck 1998. 83  Vgl. Stowers 1986, 51–56; Klauck 1998, 158–163.

242

4 Auswertung

Klassifizierung von Briefen geeignet.84 Dennoch kann man aus ihren Ausführungen typische Briefsituationen ableiten, die die Grundlage für die hier angewendete Unterscheidung von Briefgattungen bilden.85 Aufgrund der stilistischen Ausformung gerade der Cicerobriefe sollte man dabei die drei Redegattungen nicht außen vor lassen, auch wenn sie, wie Stowers berechtigterweise anmerkt, nur begrenzt auf Briefe anwendbar sind.86 Daher stellen sie lediglich die Basis der vorliegenden Einteilung dar, die durch zusätzliche Kategorien ergänzt wird. Grundsätzlich werden also in der vorliegenden Arbeit entsprechend der genera orationis anklagende bzw. rechtfertigende Briefe, lobende bzw. tadelnde Briefe und beratende Briefe unterschieden. Dazu kommen87 mahnende, tröstende, bittende bzw. dankende Schreiben, also Brieftypen, die auf konkrete Briefanlässe gründen und die auch in den antiken Handbüchern zu finden sind. Des Weiteren wird die Klassifizierung durch informierende, belehrende, vermittelnde und kommunizierende Briefe ergänzt, womit charakteristischen antiken Briefsituationen, die sich den bisher genannten Typen nicht zuordnen lassen, Rechnung getragen werden soll: dem Informationsaustausch, der didaktischen Unterweisung, der Empfehlung eines Dritten und dem Gesprächsersatz.88 Verzichtet wird dagegen auf Kategorien, die sich auf einen bestimmten Adressatenkreis beziehen (Freundschafts- und Familienbrief), da sie nicht zu den Paulusbriefen passen. Somit handelt es sich insgesamt um eine funktionale Einteilung nach Briefaustauschsituationen. Der erste Brief des Paulus an die Korinther trägt vornehmlich tadelnde, mahnende, beratende und belehrende Züge.89 Wie die Untersuchung der Abfassungssituation gezeigt hat, geben zunächst Spaltungen in der Gemeinde Anlass zur Kritik und machen Erläuterungen des richtigen christusgläubigen Verhaltens sowie Ermahnungen dazu notwendig (1Kor 1–4). Darüber hinaus führen ethische Missstände zu weiteren Tadeln und Mahnungen (1Kor 5–6). Anschließend bedingen Anfragen aus der Gemeinde Textpassagen, in denen eine Beratung des Paulus hinsichtlich zukünftiger Handlungsweisen stattfindet (1Kor 7;8–10), wobei bei der Selbstdarstellung des Paulus als Vorbild in 1Kor 9 apologetische Töne mitschwingen, da an dieser Stelle kurz zurückgeblickt und das bisherige Verhalten 84 

Vgl. Klauck 1998, 159.162. Ähnlich verfährt auch Stowers. Vgl. Stowers 1986, 49–173. 86  Vgl. Stowers 1986, 51–52. 87  Ein solch additives Verfahren bei der Klassifizierung ist dann sinnvoll, wenn die untersuchten Briefaustauschsituationen mit der Grundeinteilung nicht angemessen beschrieben werden können. 88  Der informierende und der kommunizierende Brief lehnen sich an Bemerkungen Ciceros zur Brieftheorie an, nach denen Briefe Nachrichten oder Gespräche über lustige sowie ernste T hemen enthalten. Vgl. fam. II,4,1; Att. V,5,1. 89  Laut Stowers ist dieses Schreiben eine Mischung aus paränetischem, beratendem und mahnendem Brief. Vgl. Stowers 1986, 96.108.128. 85 

4.3 Kommunikationssituation

243

des Apostels verteidigt wird,90 und bei der Fortsetzung der Götzenopferfleisch­ thematik in 1Kor 10 die mahnenden Töne zunehmen. In 1Kor 11, wo Paulus v. a. Missstände im Gottesdienst und bei der Feier des Abendmahls anprangert, sticht wiederum der mahnende Aspekt der Ausführungen hervor, während in den letzten beiden Hauptteilen, in denen vornehmlich das Wirken des Geistes Gottes in der Gemeinde (1Kor 12–14) und das Geschehen der Auferstehung (1Kor 15) erläutert wird, der Fokus auf die Belehrung der Adressaten gelegt wird. Aufgrund der Länge und Vielschichtigkeit des Schreibens ist es schwierig, den Brief einer einzigen Gattung zuzuordnen. Fasst man die Hauptfunktionen des ersten Korintherbriefes dennoch mit einem Stichwort zusammen, kann man ihn am ehesten als Brief zur Unterweisung bzw. paränetischen Brief bezeichnen,91 da Paulus dieses Schreiben nutzt, um die Adressaten zu einer der Verkündigung92 entsprechenden christusgläubigen Lebensgestaltung aufzufordern, nachdem er Anstoß an ihrem gegenwärtigen Verhalten genommen hat bzw. von ihnen um Rat gefragt worden ist. Ähnlich lässt sich auch der zweite Brief an die Korinther nur schwer einer einzigen Gattung zuordnen. Er vereint informierende (2Kor 1–2; 7), mahnende (2Kor 8–9) und apologetische Textpassagen (2Kor 2–693;10–13).94 Innerhalb der rückblickenden Klärung des Beziehungsprozesses zwischen Paulus und der Gemeinde von Korinth (2Kor 1,12–2,13; 7,5–16) erfolgt zunächst die Rechtfertigung seines Dienstes als Apostel (2Kor 2,14–7,4). Anschließend fordert Paulus die Gemeindeglieder zur Fortsetzung der Spendensammlung für Jerusalem auf (2Kor 8–9), bevor er sich wiederum verteidigt, dieses Mal jedoch gegen konkrete Angriffe in einem deutlich schärferen Tonfall (2Kor 10–13). Im Gegensatz zum ersten Brief, der vor allem einen paränetischen Charakter hat, steht nun die Apologie des Apostolats des Paulus im Vordergrund, auch wenn dieser Brief ebenfalls mahnende Textabschnitte enthält. Wenn man diesen Befund mit dem Einsatz von Schriftworten in Verbindung setzt, fällt auf, dass Paulus in beratenden und informierenden Textpassagen, wie 1Kor 7 und 2Kor 1–2, auf Schriftzitate verzichtet, wohingegen er in apologetischen, mahnenden und belehrenden Briefteilen, wie 2Kor 2,14–7,4, 1Kor 1–4 und 1Kor 15, vermehrt auf Schriftzitate zurückgreift. Umgekehrt bedingt aber nicht 90  Zu apologetischen Zügen in 1Kor 1–4 vgl. White 2017, 126–182. Zur Funktion der apologetischen Töne in 1Kor 9 im Gesamtzusammenhang von 1Kor 8–10 vgl. Probst 1991, 152–153.195–199. 91  Vgl. Schrage 1991, 87–88; Wilk 2019a, 22. 92  Nach Präskript und Proömium des ersten Korintherbriefes umfasst die Verkündigung v. a. die Darlegung der Gnade und Treue Gottes, die er den Menschen durch Jesus Christus zuteilwerden lässt. 93  Auch wenn die Apologie in 2Kor 2,14–7,4 an der Textoberfläche nur bisweilen apologetische Züge trägt, hat sie insgesamt eine apologetische Funktion und wird daher dieser Gattung zugeordnet. 94  Vgl. T hrall 1994, 5–49; Mitchell 2005, 317–321; Schmeller 2010, 20–26.

244

4 Auswertung

die mahnende oder belehrende Funktion eines Textabschnittes an sich bereits den Einsatz von Schriftworten. Denn auch in 1Kor 11 werden keine Schriftzitate angeführt, es gibt aber wohl Schriftbezüge, z. B. auf Gen 1–2 in 1Kor 11,7–8. Im Gegensatz zu den Korintherbriefen des Paulus sind Ciceros Schreiben, die Zitate enthalten, selten in mahnender Absicht verfasst worden. Lediglich in den Briefen an seinen Klienten Trebatius wird der Adressat zur Überwindung seines Heimwehs durch den Gebrauch seines Verstandes aufgefordert (fam. VII,6; VII,16). Ebenso sind nur in Schreiben an eben diesen Empfänger und in einem Schreiben von Ciceros Bruder Quintus an dessen Sekretär Tiro tadelnde bzw. beratende Züge erkennbar (fam. VII,6; VII,10; VII,13; XVI,8). Häufiger dienen Ciceros Briefe (wie der zweite Korintherbrief) zur Rechtfertigung des eigenen Verhaltens. So verteidigt Cicero gegenüber seinem politischen Unterstützer Lentulus seine Aussöhnung mit vorherigen Feinden (fam. I,9), gegenüber seinem Vorgänger in der Provinzverwaltung Appius Claudius seine Art der Amtsausführung (fam. III,7; III,8) oder gegenüber Caesar seine anfängliche Zurückhaltung beim Anschluss an ihn (fam. XIII,15).95 Des Weiteren ist in Ciceros Briefsammlungen das Moment der Information deutlich stärker ausgeprägt als im zweiten Korintherbrief des Paulus. Während Paulus seinen Bericht zur eigenen Situation mit einer Apologie verbindet (2Kor 1–7), erfüllen bei Cicero zahlreiche Schreiben allein den Zweck des Informationsaustauschs (z. B. fam. VI,18; VII,1; VIII,2).96 Daneben bestimmen in Ciceros Briefen mit Zitationen in den meisten Fällen eine Bitte oder der Wunsch, mit dem Adressaten zu sprechen, die Gattung der Schreiben, v. a. wenn Cicero mit Atticus korrespondiert (z. B. Att. I,15; II,25; VII,1 oder Att. II,11; IV,7; VII,6). Insgesamt ergibt sich für die untersuchte Textmenge folgende Rangfolge von Brieftypen mit Zitaten, ausgehend von der seltensten Form: vermittelnd, tröstend, tadelnd, beratend, mahnend, rechtfertigend, bittend, kommunizierend, informierend. In den Korintherbriefen des Paulus kommen die Zitate dagegen überwiegend in rechtfertigenden, belehrenden und mahnenden Textpassagen vor. Bedingt werden diese Unterschiede zum einen durch die verschiedenen Abfassungssituationen der Briefe und zum anderen durch die am Austausch beteiligten Personen, die im folgenden Abschnitt in den Blick genommen werden.

95 

Ebenso rechtfertigt sich Lentulus Junior gegenüber Cicero mithilfe eines Briefes. Vgl. fam. XII,14. 96  Besonders stark ausgeprägt ist diese Briefgattung in der Briefsammlung Ad Atticum. Vgl. z. B. Att. I,1; I,12; II,1; IV,1; V,10.

4.3 Kommunikationssituation

245

4.3.3 Adressaten Wie sich gezeigt hat, sind die Abfassungssituation und der Brieftyp eng mit dem Verhältnis der Briefpartner untereinander verbunden.97 Die Gattung des Briefes wird nicht nur durch die Ausgangslage des Autors, sondern auch durch die der Adressaten bestimmt.98 Da Zitationen ebenfalls von allen an der Kommunikation Beteiligten beeinflusst werden, ist in den Einzelanalysen ein ausführlicher Blick auf die Briefempfänger geworfen worden, den es nun in Hinblick auf die Vergleichbarkeit der Korintherbriefe des Paulus mit den Briefen Ciceros auszuwerten gilt. Dazu werden die beiden Adressatengruppen, die paulinische Gemeinde von Korinth und die römische Oberschicht, gegenübergestellt. Vornehmlich werden hierbei ihre soziale Stellung und ihre Bildungshintergründe betrachtet. Die christusgläubige Gemeinde von Korinth ist von Paulus auf einer seiner Missionsreisen gegründet worden. Ähnlich wie die Bevölkerung der antiken Stadt Korinth setzt sich die Gemeinde mehrheitlich aus sozial niedrigeren Schichten und wenigen wohlhabenden Mitgliedern zusammen. Während der Großteil von ihnen vor der Bekehrung durch Paulus pagane Kulte praktiziert hat, ist lediglich eine kleine Gruppe von ihnen jüdischer Herkunft. Dementsprechend bildet die griechisch-römische Kultur den gesellschaftlichen Hintergrund der meisten Gemeindemitglieder, was sich auch in ihren Anfragen an Paulus und den auftretenden Problemen der Gemeinde zeigt. Bezüglich der Inhalte der Schriften Israels verfügen sie hingegen nur über Grundkenntnisse. Dennoch akzeptieren sie die Schrift als Autorität, deren Aussagen auf ihre aktuelle Situation übertragbar sind. Wahrscheinlich hat Paulus während seiner Verkündigungstätigkeit vor Ort seinen Zuhörern dieses Wissen und entsprechende Auslegungsmethoden vermittelt. Da die wenigen jüdischen Mitglieder über größere Schriftkenntnisse verfügen und Paulus seine Gemeinde zum Austausch aufgefordert hat, ist anzunehmen, dass nach Paulus’ Abreise das vorhandene Wissen noch erweitert worden ist. Zwischen Paulus und seiner Gemeinde besteht eine Art Lehrer-Schüler-Verhältnis, genau genommen findet man in den Korintherbriefen eine Kombination von Gleichheit und Autorität vor, da der Apostel Paulus Verantwortung für seine Brüder und Schwestern im Glauben trägt, die in der gemeinsamen Christusbeziehung verankert ist.99 Im Gegensatz dazu sind die Adressaten Ciceros durchweg Mitglieder der römischen Oberschicht, die die römische Politik und Kultur lenken. Die Zugehörigkeit zum römischen Adel ist vom Bekanntheitsgrad bzw. der Prominenz einer 97  Laut Probst bildet die Beziehung der Briefpartner selbst den Anlass antiker Briefe. Vgl. Probst 1991, 102. 98  Vgl. White 1988, 95. 99  Vgl. White 1988, 98. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 210–221.

246

4 Auswertung

Person abhängig, die durch die Besetzung von Jahresmagistraturen (honores) und die gewissenhafte Ausübung von Senator-, Patron- sowie Priesterrolle entsteht.100 Auf eben diese sozialen, politischen und religiösen Funktionen werden die Söhne der römischen Oberschicht von Kindheit an vorbereitet. Neben den Pflichten der Herrschaftspraxis werden sie in ranggemäßem Verhalten geschult. Auf intellektueller Ebene bedeutet dies eine langjährige rhetorische Ausbildung und die Kenntnis zahlreicher literarischer Texte. So entsteht ein gemeinsamer urbaner Habitus, der sie von anderen sozialen Schichten trennt.101 In diesem Zusammenhang stellt der Briefaustausch ein Mittel zur Beziehungspflege dar, da er aufgrund des dafür nötigen Zeitaufwandes eine Art Dienstleistung ist und über eine gewisse Entfernung den Kontakt aufrechterhält.102 Die an dieser Stelle sichtbar gewordenen Bildungsunterschiede zwischen den Korinthern und den Adressaten Ciceros beeinflussen die Zitation in der jeweiligen brieflichen Korrespondenz. Denn beide Autoren legen Wert darauf, den für das jeweilige Beziehungsgeflecht richtigen Ton zu treffen, um ihr Ziel, ihre Leser von den eigenen Ansichten zu überzeugen, nicht durch eine unpassende Wortwahl zu gefährden.103 Zum einen unterscheiden sich die Prätexte. Während Cicero in seinen Briefen griechische und römische Dichter zitiert, führt Paulus in seinen Schreiben Zitate aus den Schriften Israels an.104 Beide Autoren haben Texte ausgewählt, die für sie selbst und ihre Adressaten in unterschiedlicher Weise bedeutsam sind. Gemeinsam ist ihnen, dass kontinuierlich auf sie Bezug genommen wird und dass sie zur Identität einer bestimmten Gruppe beitragen. Daher kann man sie als traditionelles Bildungsgut bezeichnen.105 Zum anderen gibt es Differenzen bei der Zitationstechnik. Der Apostel Paulus leitet seine Schriftworte mit formelhaften Wendungen ein, verändert häufig deren Wortlaut und bezieht sich auf Grundaussagen der Prätextkontexte. Weil die Mehrheit der Korinther nur inhaltliche Grundzüge und einzelne Sätze der Schriften Israels kennt, verwendet Paulus in der Regel thematisierende Markierungsformen und setzt kein detailliertes Kontextwissen voraus. Zugleich passt er wie einige zeitgenössische jüdische Autoren den Wortlaut der Schriftbezüge an seine Aussageabsicht an.106 Cicero verzichtet dagegen meist auf thematisierende Markierungen, greift selten in den ursprünglichen Wortlaut ein und setzt die Kenntnis 100 

Vgl. Beck 2008, 109–114. Vgl. Scholz 2011, 89–91.191–196. 102  Vgl. Osgood 2009, 341–343. Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 114–126. 103  Vgl. Trapp 2006, 340–341. 104  Eine Ausnahme stellt diesbezüglich ein in 1Kor 15,33 angeführter Vers dar, der Menander bzw. Euripides zugeordnet werden kann. Wahrscheinlich zitiert Paulus an dieser Stelle aber nicht bewusst einen griechischen Dichter, sondern greift ein bekanntes Sprichwort auf. Vgl. Fitzmyer 2008, 583; Zeller 2010, 503. 105  Vgl. hierzu die Ausführungen auf S. 104–110.205–207. 106  Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 202–205. 101 

4.3 Kommunikationssituation

247

spezieller Aspekte seiner Prätexte voraus. Ebenso wie Paulus berücksichtigt er dabei die Bildungsvoraussetzungen seiner Leserschaft, die aufgrund ihrer höheren Bildung in der Lage ist, Dichterworte allein anhand von Metrum oder Sprachwechsel zu erkennen, auch kleinere Abweichungen vom Ursprungstext wahrzunehmen und Details der Prätextkontexte zu ergänzen.107 4.3.4  Zitierte Schriften Cicero und Paulus zitieren Texte, die als Autorität angesehen werden. Während Cicero ältere griechische und lateinische Dichter als Beweisgrößen anführt, belegt Paulus seine Argumente mit Zitaten aus den Schriften Israels. Zugleich können Aussagen aus diesen Prätexten Sachverhalte illustrieren, indem neue Situationen mit aus den Schriften bekannten Begebenheiten verglichen werden. Die Autorität der Texte besteht also einerseits darin, dass ihre Inhalte überzeitliche Bedeutung haben. Andererseits erhalten die entsprechenden Werke Gewicht durch ihre Verfasser. Im antiken Rom gelten Poeten wie Homer, Euripides, Ennius oder Terenz als Gewährsmänner für moralische Integrität und sprachliche Richtigkeit. Ihre Stücke werden daher im T heater aufgeführt und in der Schule gelesen. Ebenso stellen für jüdische Glaubensgemeinschaften die Schriften Israels, v. a. die T hora, Richtlinien für rechtes Verhalten dar. Die Bedeutsamkeit der zitierten Texte zeigt sich zudem darin, dass Zeitgenossen des Paulus und Ciceros dieselben Autoren bzw. Schriften präferieren. So führt z. B. Varro ebenso wie Cicero Homer und Ennius als Beleggrößen an,108 und Jesaja sowie die Psalmen werden auch in anderen neutestamentlichen Texten bevorzugt zitiert109. Somit entsprechen die jeweiligen Prätexte der antiken Vorstellung von auctoritas (Autorität, Ansehen), nach der Aussagen durch ihr Alter, ihre Weisheit oder Allgemeingültigkeit Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft erhalten.110 Im Gegensatz zu den Schriften Israels, die aufgrund ihres Gottesbezugs und der damit verbundenen besonderen Geschichte des jüdischen Volkes singuläre Bedeutung für Juden haben, sind die Schriften griechisch-römischer Dichter und Philosophen weniger bedeutsam für antike Griechen und Römer gewesen. Neben diesem quantitativen Unterschied gibt es auch eine qualitative Differenz zwischen den paganen Texten und den Schriften Israels. Die Schriften Israels sind religiöse Texte und gelten als heilig, d. h. sie geben Auskunft darüber, wie mit einem göttlichen Gegenüber umzugehen ist111, sie haben göttliche Autorität und 107 

Für eine ausführliche Darstellung vgl. die Ausführungen auf S. 101–104. Vgl. Var.ling. VII,4; Var.rust. I,2; Var.ling. V,15. 109  Vgl. Dautzenberg 1982, 22; Wilk 2014a, 196. 110  Vgl. Calboli Montefusco 1992, 1177–1181. 111  Für eine kurze Definition zur Religion in der Vormoderne vgl. Gemeinhardt 2020, 7–8. 108 

248

4 Auswertung

werden liturgisch verwendet.112 Lediglich die Rolle Homers in der Antike lässt sich ansatzweise damit vergleichen.113 Denn Homers Werke haben die griechische sowie römische Literatur nach ihm stark beeinflusst. Er war prägend für die antike Epik, seine Stoffe sind in weitere Gattungen, wie Tragödie oder Lyrik, eingeflossen, antike Philosophen und Historiker haben sich mit seinem Götterbild und seinen Quellen auseinandergesetzt.114 Zudem wurde ihm besondere Hochachtung in der Antike entgegengebracht, wie der Einsatz seiner Werke im Grammatikunterricht, der Streit verschiedener Städte um seine Herkunft und die Entstehung von Legenden zu seiner Person sowie Editionen und Kommentare alexandrinischer Gelehrter belegen.115 Insgesamt galt Homer im antiken Griechenland und im antiken Rom als Vorbild und seine Werke als Stofflieferanten sowie Wissensquelle für nahezu alle Bereiche des menschlichen Lebens.116 Daher ist es nicht verwunderlich, dass Cicero ihn in allen Briefsammlungen am häufigsten und in vielfältiger Weise zitiert. Einen ähnlichen Stellenwert haben für ihn nur noch die Werke des griechischen Tragikers Euripides und des römischen Dichters Ennius, die er ebenfalls zu verschiedenen Zwecken vermehrt anführt, sowie die Werke der römischen Dichter Naevius und Terenz, die er gezielt in schwierigen Kommunikationssituationen einsetzt. In Bezug auf die verschiedenen Funktionsweisen der Zitate ist jedoch keine Hierarchie der zitierten Autoritäten erkennbar, die Autorenauswahl scheint unabhängig vom Zweck der Zitation zu erfolgen. Dies trifft auch auf die Schriftzitate des Paulus in den Korintherbriefen zu, die zwar häufig aus Jesaja, den Psalmen und der T hora stammen, deren Auswahl aber nicht mit einer bestimmten Funktion korreliert. Daneben kann man die Prätexte beider Autoren als traditionelles Bildungsgut bezeichnen. Wie bei Traditionen üblich wird auf die Texte in verschiedenen Generationen Bezug genommen.117 Bis heute berufen sich Juden und Christen auf die Schriften, die schon Paulus zitiert hat, und antike Dichter, die bereits bei Cicero als Autorität angeführt werden, bilden auch für spätere Autoren literarische Vorbilder und Beweisgrößen, wie Homer und Ennius für Vergil und Ovid.118 Darüber hinaus schaffen diese Texte kulturelle Identität, indem darin Merkmale abgebildet werden, die die entsprechende Gruppe als Kollektiv auszeichnen.119 So stellen die Schriften Israels u. a. die Geschichte des Volkes dar, und die lateinischen Dichter vermitteln römische Werte, wie die Hochschätzung von virtus (Tugend) und ius (Recht) in den Werken des Ennius.120 112 

Vgl. Pezzoli-Olgiati 2000, 1549; Veltri 2000, 1549–1550. Vgl. Davies 1993, 21–22.29–30. 114  Vgl. Zimmermann 2004, 90. 115  Vgl. Kroh 1972, 292.295; Latacz 1992, 10; Bernard 1997, 333; Kytzler 1997, 164. 116  Vgl. Bagordo 2010, 323.329–334. 117  Vgl. Dudenredaktion 2020, o.S. 118  Vgl. Classen 1993, 71–75; Bagordo 2010, 332–334. 119  Vgl. Alkier 2017, 117–130. 120  Vgl. Albrecht 2012, 120–121. 113 

4.3 Kommunikationssituation

249

Bildungsgüter stellen die zitierten Schriften in dem Sinne dar, dass sie zu den Bildungsinhalten der an der Zitation Beteiligten gehören. Denn sie sind Bestandteil der Verkündigung des Paulus, mit der er seinen Adressaten den Glauben an Christus vermittelt, oder ein wichtiges Element im gelehrten Austausch der römischen Elite, das Ciceros Briefpartner in ihrer Jugend durch ihre rhetorische Ausbildung verinnerlicht haben. Stellenweise tragen sie sogar zum individuellen Prozess des Sich-Bildens bei, also der pädagogischen Bildung im engeren Sinne, wenn Cicero seinen Lesern Hinweise zum Nachlesen gibt oder Paulus seine Leser dazu ermuntert, die Aussagen der Schriftbezüge auf ihre eigene Situation zu übertragen. Obwohl beide Autoren nicht bewusst dazu auffordern, erscheint es doch wahrscheinlich, dass die Beschäftigung mit den Zitaten in den Briefen den Bildungshorizont der Leser ein wenig erweitert hat. Somit zitieren sowohl Cicero als auch Paulus in ihren jeweiligen Briefen Texte, die autoritativ und zeittypisch sind, d. h. auch im Umfeld der Autoren bekannt und beliebt. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft greifen beide Autoren aber auf verschiedene Prätexte zurück. Cicero nutzt die Werke, die zum Bildungskanon der römischen Elite gehören, d. h. Werke von griechisch-römischen Dichtern und Philosophen, die zu seiner Zeit bekannt und anerkannt sind, um Verbundenheit mit seinen Adressaten herzustellen, und Paulus verwendet die Schriften Israels, d. h. heilige Texte mit göttlicher Autorität und Bedeutung für den religiösen Lebensvollzug der Gläubigen, als gemeinsame Basis aller Gemeindemitglieder, da deren Verheißungen für ihn ewige Gültigkeit haben.

250

5 Fazit Die Zitation traditionellen Bildungsgutes in den Korintherbriefen des Paulus entspricht in Grundzügen der römischen Briefpraxis, wie sie sich in den Briefen Ciceros präsentiert. In Bezug auf die Zitationstechnik bedeutet dies, dass Zitate unter Berücksichtigung der Vorkenntnisse der Adressaten markiert werden, deren Wortlaut aus inhaltlichen oder stilistischen Gründen verändert werden darf und in der Regel eine Übereinstimmung zwischen Prätext- und Folgetextkontext angestrebt wird. Die größten Übereinstimmungen bestehen jedoch hinsichtlich der Zitatfunktionen. Neben formalen Aspekten der Gliederung dienen Zitate zur Legitimation oder Charakterisierung einer Aussage sowie zur Übermittlung von Kritik oder Versicherung von Verbundenheit. Daneben bestehen aber gerade auf formaler Ebene aufgrund der unterschiedlichen Autorität der Prätexte zahlreiche Unterschiede. Besonders die Verwendung formelhafter Einleitungswendungen und der stellenweise freie Umgang mit Wortlaut und Prätextkontext der Zitatsegmente in den Korintherbriefen des Paulus unterscheiden sich deutlich von Ciceros Vorgehen. Hierbei steht Paulus weniger in einer Traditionslinie mit der römischen Zitierpraxis als mit Formen der antik-jüdischen Schriftauslegung. Dass Paulus in den Korintherbriefen auf bestimmte Zitatfunktionen, wie die Kompensation von Bitten durch Zitate, die durch Höflichkeitskonventionen der römischen Oberschicht bedingt sind, verzichtet, lässt sich wiederum anhand der andersartigen Kommunikationssituation erklären. Die Beziehung zwischen Apostel und Gemeinde, die im Gegensatz zu Ciceros Verhältnis zu seinen Briefpartnern ein hierarchisches Gefälle beinhaltet, verlangt andere Umgangsformen als der urbane Habitus der römischen Elite. Diese Differenzen sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man untersucht, inwieweit die paulinische Zitationspraxis für pagane Leser nachvollziehbar ist. Schwierigkeiten wird zunächst einmal die Markierung anhand von Zitationsformeln bereiten. Denn die entsprechenden Formulierungen weisen zwar darauf hin, dass nun ein Zitat folgt, aber sie geben Lesern, die nicht wissen, dass sich einleitende Wendungen, wie γέγραπται γάρ (denn es steht geschrieben) oder λέγει γάρ (denn es heißt), auf die Schriften Israels beziehen, keine Auskunft über den Prätext der Zitation. Daher erscheint es nur sinnvoll, dass der Apostel Paulus von Anfang an die Verkündigung des Evangeliums mit Schriftbezügen verknüpft hat (1Kor 15,3–5). Darüber hinaus könnten größere Abweichungen vom Originalwortlaut zu Irritationen führen, da dies in der griechisch-römischen Zitierpraxis nicht üblich ist. Jedoch sollten sich diese in Grenzen halten, weil zum

5 Fazit

251

einen die dafür nötigen Detailkenntnisse der Schriften fehlen und zum anderen bewusste Modifikationen am Wortlaut an sich auch in der griechisch-römischen Zitierpraxis weit verbreitet sind. Abgesehen davon fügt sich die paulinische Zitationspraxis gut in den römischen Bildungskontext ein, weil sie auf die gleichen Zitatfunktionen zurückgreift. Zudem könnte Paulus die Erfahrung paganer Leser, dass Zitationen häufig Bezüge auf den Kontext des Prätextes beinhalten, für seine Zwecke nutzen. Denn eben diese Erfahrung könnte einzelne Leser in der Gemeinde dazu veranlassen, nach dem inhaltlichen Hintergrund der zitierten Textstelle zu fragen und so einen Bildungsprozess in der Gemeinde anstoßen. Zugleich offenbart die Analyse der Zitate in den Korintherbriefen des Paulus vor dem Hintergrund römischer Briefpraxis die starke Situationsabhängigkeit des Zitateinsatzes in antiken Briefen. Abfassungssituation und Adressat bestimmen sowohl die funktionale Briefgattung als auch die Wahl der zitierten Schriften und deren argumentativen Zweck. Die Beziehung zum Briefpartner wird dabei stets mitbedacht. Somit haben bei der Zitation traditionellen Bildungsgutes situative Zusammenhänge einen größeren Einfluss als formale Vorgaben der antiken Rhetorik. Dies erklärt auch, warum die beiden in Quintilians Rhetorikhandbuch erwähnten Funktionen des Zitats, die Beweisfunktion und die Schmuckfunktion, in realen Briefzeugnissen Abwandlungen und Ergänzungen durch weitere Funktionsweisen erfahren. Für die Analyse von Schriftbezügen in den Briefen des Paulus bedeutet dies, dass in jedem Einzelfall der argumentative und situative Kontext einbezogen werden sollte. Zudem erscheint es aufgrund der funktionalen Nähe der Zitationen in den Briefen an die Korinther zu denen in Ciceros Briefen sinnvoll, Forschungen in diesem Bereich zu vertiefen. Um zusätzliche Aussagen zum römischen Hintergrund der Paulusbriefe und der Bildung des Paulus treffen zu können, sind demnach Untersuchungen an weiteren paulinischen Schreiben und lateinischen Briefen erforderlich.

252

253

6 Anhang 6.1  Tabellarische Übersicht zur Markierung der Zitate in Ciceros Briefen Textstelle

T hematisierende Markierung

fam. I,9,12

Autorenangabe mit Beurteilung

fam. I,9,18

Autorenangabe mit Beurteilung

fam. I,9,19

Werks- und Figurenangabe

Explizite Markierung

fam. II,9,2

Metrum

fam. III,7,6

Sprach- und Schriftwechsel

fam. III,8,8

Metrum

fam. V,12,7

Autoren- und Figurenangabe

fam. VI,6,6

Figuren- und Gattungsangabe

fam. VI,18,5

Autorenangabe

fam. VII,1,2

Stellenangabe

fam. VII,6,1–2

Figurenangabe

fam. VII,10,4

exponierte Stellung am Briefende

Metrum

fam. VII,13,2

Rezeptionshinweis

fam. VII,16,1

Werks- und Stellenangabe

fam. VII,28,2

Metrum

fam. VII,31,2

Rezeptionshinweis: Sprecherangabe

fam. VII,33,1

Autoren- und Figurenangabe

exponierte Stellung am Briefende exponierte Stellung am Briefanfang

Metrum

fam. VII,30

Implizite Markierung

254 Textstelle

6 Anhang

T hematisierende Markierung

Explizite Markierung

fam. VIII,2,1

Metrum

fam. IX,7,1

Sprach- und Schriftwechsel

fam. IX,7,1

Metrum

fam. IX,7,2

Metrum

fam. IX,7,2

Sprach- und Schriftwechsel

fam. IX,22,1

Gattungs-, Werks- und Schauspielerangabe

fam. IX,26,2

Metrum

fam. XII,14,7

Sprach- und Schriftwechsel

fam. XII,25,5

Autorenangabe

fam. XIII,15,1

Sprach- und Schriftwechsel

fam. XIII,15,1

Sprach- und Schriftwechsel

fam. XIII,15,2

Sprach- und Schriftwechsel

fam. XIII,15,2

Implizite Markierung

Autorenangabe

fam. XIII,15,2

Sprach- und Schriftwechsel

fam. XIII,15,2

Sprach- und Schriftwechsel

fam. XV,6,1

Autoren- und Figurenangabe

fam. XV,19,2

Autorenangabe

fam. XVI,8,2

Autorenangabe

exponierte Stellung am Briefanfang

Att. I,1,4

Sprach- und Schriftwechsel

Att. I,12,1

Sprach- und Schriftwechsel

6.1  Tabellarische Übersicht zur Markierung der Zitate in Ciceros Briefen

Textstelle

T hematisierende Markierung

Explizite Markierung

Att. I,15,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. I,16,5

Sprach- und Schriftwechsel

Att. I,18,1

Metrum

Att. I,19,8

Autorenangabe

Att. I,20,3

Autorenangabe

Att. II,1,5 Att. II,3,4

Metrum Stellenangabe

Att. II,3,4

Sprach- und Schriftwechsel

Att. II,5,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. II,7,4

Autorenangabe

Att. II,9,3

Sprach- und Schriftwechsel

Att. II,11,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. II,13,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. II,15,3

Metrum

Att. II,16,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. II,16,4

Sprach- und Schriftwechsel

Att. II,19,1

Metrum

Att. II,19,2

Metrum

Att. II,19,3

Spielstätten- und Schauspielerangabe

Att. II,25,1

zusätzlicher Hinweis auf fremde Rede

Att. II,25,1

Implizite Markierung

Sprach- und Schriftwechsel Sprach- und Schriftwechsel

exponierte Stellung am Briefende

255

256 Textstelle

6 Anhang

T hematisierende Markierung

Explizite Markierung

Att. IV,1,8

Metrum

Att. IV,6,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. IV,7,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. IV,7,3

Sprach- und Schriftwechsel

Att. IV,8,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. IV,8a,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. IV,9,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. IV,11,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. IV,15,7

Sprach- und Schriftwechsel

Att. V,10,3

zusätzlicher Hinweis auf fremde Rede

Sprach- und Schriftwechsel

Att. V,11,5

zusätzlicher Hinweis auf fremde Rede

Sprach- und Schriftwechsel

Att. V,12,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. V,15,3

Metrum

Att. VI,1,8

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VI,1,22

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VI,1,23

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VI,2,8

Autorenangabe

Att. VI,3,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VI,3,7

Metrum

Att. VI,8,5

Sprach- und Schriftwechsel

Implizite Markierung

6.1  Tabellarische Übersicht zur Markierung der Zitate in Ciceros Briefen

Textstelle

T hematisierende Markierung

Explizite Markierung

Att. VI,9,3

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VII,1,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VII,1,4

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VII,1,6

Implizite Markierung

Wiederholung

Autorenangabe

Att. VII,1,9

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VII,3,5

Rezeptionshinweis

Att. VII,3,10

Autorenangabe mit Beurteilung

Att. VII,6,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VII,8,4

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VII,11,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VII,11,3

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VII,12,3

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VII,13,4

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VII,18,4

257

Wiederholung

Autorenhinweis

Att. VII,26,1

Metrum

Att. VIII,5,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VIII,8,2

Sprach- und Schriftwechsel

Wiederholung

Att. VIII,16,2

Sprach- und Schriftwechsel

Wiederholung

Att. IX,2a,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. VIII,11,3

Att. IX,5,3

Figurenumschreibung

Autoren- und Figurenangabe

258 Textstelle

6 Anhang

T hematisierende Markierung

Explizite Markierung

Att. IX,6,4

Sprach- und Schriftwechsel

Att. IX,6,6

Sprach- und Schriftwechsel

Att. IX,7,3

Sprach- und Schriftwechsel

Att. IX,7,5

Sprach- und Schriftwechsel

Att. IX,8,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. IX,13,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. IX,13,4

exponierte Stellung am Briefanfang

Autorenangabe

Att. IX,15,3 Att. IX,15,4

Implizite Markierung

Sprach- und Schriftwechsel Rezeptionshinweis

Att. IX,18,3

Sprach- und Schriftwechsel

Wiederholung

Att. X,2,1

Sprach- und Schriftwechsel

Wiederholung

Att. X,5,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. X,1,1

Att. X,8,7

Rezeptionshinweis

Autorenangabe

Att. X,12a,1 Att. XII,5,1

Sprach- und Schriftwechsel Rezeptionshinweis

Wiederholung exponierte Stellung am Briefanfang

Att. XII,5,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. XII,6a,1

Metrum

exponierte Stellung am Briefanfang

6.1  Tabellarische Übersicht zur Markierung der Zitate in Ciceros Briefen

Textstelle

T hematisierende Markierung

Att. XIII,11,1

Att. XIII,12,3

Explizite Markierung

Implizite Markierung

Sprach- und Schriftwechsel

exponierte Stellung am Briefanfang

Sprach- und Schriftwechsel

Wiederholung

Autorenangabe

Att. XIII,  13–14,2 Att. XIII,21,3

Autorenangabe

Att. XIII,21a,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. XIII,24,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. XIII,25,3

Sprach- und Schriftwechsel

Att. XIII,34 Att. XIII,38,2

Metrum Sprach- und Schriftwechsel

Att. XIII,52,1

Metrum

Att. XIV,10,1

Sprach- und Schriftwechsel Rezeptionshinweis

Att. XIV,13,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. XIV,13,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. XIV,14,1

Metrum

Att. XIV,20,3

Autorenangabe mit Beurteilung

Att. XIV,22,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. XV,4,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. XV,7

Wiederholung

Autorenangabe

Att. XIII,42,1

Att. XIV,12,2

259

zusätzlicher Hinweis auf fremde Rede

Metrum

exponierte Stellung am Briefanfang

260 Textstelle

6 Anhang

T hematisierende Markierung

Explizite Markierung

Implizite Markierung

Att. XV,11,3

Sprach- und Schriftwechsel

Att. XVI,5,5

Sprach- und Schriftwechsel

Att. XVI,6,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. XVI,6,2

Sprach- und Schriftwechsel

Att. XVI,11,1

Sprach- und Schriftwechsel

Att. XVI,11,6

Sprach- und Schriftwechsel

Wiederholung

Att. XVI,13,1

Sprach- und Schriftwechsel

Wiederholung

Att. XVI,13,2

Sprach- und Schriftwechsel

Q.fr. I,2,1

Rezeptionshinweis

Q.fr. I,2,13

zusätzlicher Hinweis auf fremde Rede

Sprach- und Schriftwechsel

Q.fr. II,9,2

Sprach- und Schriftwechsel

Q.fr. II,14,5

Sprach- und Schriftwechsel

Q.fr. III,1,23

Autorenangabe

Q.fr. III,5,4

zusätzlicher Hinweis auf fremde Rede

Q.fr. III,5,8

Autorenangabe

Sprach- und Schriftwechsel

Q.fr. III,7,1

Sprach- und Schriftwechsel

Q.fr. III,7,2

Sprach- und Schriftwechsel

ad Brut. I,2a,2

Werks-, Figuren- und Autorenangabe

Wiederholung

exponierte Stellung am Briefende

6.2  Tabellarische Übersicht zur Markierung der Zitate in den Korintherbriefen

261

6.2  Tabellarische Übersicht zur Markierung der Zitate in den Korintherbriefen Textstelle

thematisierende Markierung

1Kor 1,19

Zitationsformel: γέγραπται γάρ

1Kor 1,31

Zitationsformel: ἵνα καθὼς γέγραπται

1Kor 2,9

Zitationsformel: ἀλλὰ καθὼς γέγραπται

1Kor 2,16

1Kor 3,19–20

Implizite Markierung

exponierte Stellung am Abschnittsende

begrifflicher Wechsel: exponierte Stellung am νοῦς statt πνεῦμα, Abschnittsende Partikel γάρ, sprichwörtlicher Klang Zitationsformel: γέγραπται γάρ Anschlussformulierung: καὶ πάλιν

1Kor 5,13

häufige Wendung des Deuteronomiums

1Kor 6,16

Verbum dicendi mit Partikel: γάρ φησίν

1Kor 9,9

Zitationsformel: ἐν γὰρ τῷ Μωϋσέως νόμῳ γέγραπται

1Kor 10,7

Zitationsformel: ὥσπερ γέγραπται

1Kor 10,26

1Kor 14,21

Explizite Markierung

Referenzdichte inhaltlicher Bruch, sprichwörtlicher Klang, Partikel γάρ

Zitationsformel: ἐν τῷ νόμῳ γέγραπται, ergänzende Bemerkung: λέγει κύριος

exponierte Stellung am Abschnittsende

262 Textstelle

6 Anhang

T hematisierende Markierung

Explizite Markierung

Implizite Markierung

1Kor 15,27

anschließende Interpretation: ὅταν δὲ εἴπῃ (wenn es aber heißt)

1Kor 15,32

sprichwörtlicher Klang

1Kor 15,33

Referenzdichte sprichwörtlicher Klang, ungewöhnliche Wortwahl

1Kor 15,45

Zitationsformel: οὕτως καὶ γέγραπται

1Kor 15,54–55

Zitationsformel mit Interpretation: τότε γενήσεται ὁ λόγος ὁ γεγραμμένος

2Kor 4,6

Verbum dicendi mit Gott als Subjekt: ὁ θεὸς ὁ εἰπών

2Kor 4,13

Zitationsformel: κατὰ τὸ γεγραμμένον

2Kor 5,17

Referenzdichte

exponierte Stellung am Abschnittsende

sprichwörtlicher Klang, ungewöhnliche Wortwahl

2Kor 6,2

Verbum dicendi mit Partikel: λέγει γάρ

2Kor 6,16–18

Verbum dicendi mit Gott als Subjekt: καθὼς εἶπεν ὁ θεὸς ὅτι, λέγει κύριος, λέγει κύριος παντοκράτωρ

2Kor 8,15

Zitationsformel: καθὼς γέγραπται

exponierte Stellung am Abschnittsende

exponierte Stellung am Abschnittsende

6.3  Tabellarische Übersicht zur Funktion der Zitate in Ciceros Briefen

Textstelle

263

Explizite Markierung

Implizite Markierung

Einleitung mit τοῦτο δέ, sprichwörtlicher Klang

Referenzdichte

2Kor 10,17

Partikel δέ, sprichwörtlicher Klang

Wiederholung aus 1Kor 1,31, exponierte Stellung am Abschnittsende

2Kor 13,1

inhaltlicher Bruch, allgemeiner Rechtsgrundsatz

exponierte Stellung am Abschnittsbeginn

T hematisierende Markierung

2Kor 9,6–7

2Kor 9,9

Zitationsformel: καθὼς γέγραπται

6.3  Tabellarische Übersicht zur Funktion der Zitate in Ciceros Briefen Textstelle

formale Funktion

inhaltliche Funktion

fam. I,9,12

Begründung

fam. I,9,18

Begründung

fam. I,9,19

Begründung

fam. II,9,1–2

Charakterisierung einer Person (Verspottung)

fam. III,7,6

relative Funktion

Verbundenheit

Kritik

fam. III,8,8

Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

fam. V,12,7

Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Begründung Verbundenheit und Kompensation einer Bitte

264 Textstelle

6 Anhang

formale Funktion

fam. VI,6,6

fam. VI,18,5

relative Funktion

Begründung und Veranschaulichung Zitat als Abschluss (Briefende)

fam. VII,1,2

Begründung

Verbundenheit

Belegbeispiel

fam. VII,6,1–2

Zitat als Abschluss (Briefende)

fam. VII,10,4

Zitat als Abschluss (Briefende)

fam. VII,13,2 fam. VII,16,1

inhaltliche Funktion

Begründung

Verbundenheit und Kompensation von Ratschlägen Kompensation

Begründung Zitat als Einleitung (Briefanfang)

Begründung

Verbundenheit und Kompensation von Ratschlägen

fam. VII,28,2

Veranschaulichung

fam. VII,30

Veranschaulichung

fam. VII,31,2

Veranschaulichung

Verbundenheit

fam. VII,33,1

Veranschaulichung

Verbundenheit

fam. VIII,2,1

Veranschaulichung

fam. IX,7,1–2

Begründung und Veranschaulichung

fam. IX,22,1

Belegbeispiele

fam. IX,26,2

Veranschaulichung

Verbundenheit

fam. XII,14,7

Begründung

Verbundenheit

fam. XII,25,5 fam. XIII,15,1–2

Verbundenheit

Kritik Begründung

Verbundenheit und Kompensation einer Rechtfertigung

6.3  Tabellarische Übersicht zur Funktion der Zitate in Ciceros Briefen

Textstelle

formale Funktion

fam. XV,6,1

Zitat als Einleitung (Briefanfang)

inhaltliche Funktion

Begründung

fam. XVI,8,2

Begründung

Att. I,1,4

Begründung

Att. I,12,1

Veranschaulichung

Att. I,15,1 Zitat als Überleitung

Veranschaulichung Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Begründung Charakterisierung einer Person

Att. II,1,5

Charakterisierung einer Person

Att. II,3,4

Begründung und Veranschaulichung Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Att. II,5,1 Att. II,7,4

Begründung Veranschaulichung

Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Att. II,9,3 Att. II,11,2

Begründung Begründung

Zitat als Abschluss (Briefende)

Verbundenheit: Ansichtskarte

Att. II,13,2 Att. II,15,3

Kompensation der Ablehnung einer Bitte

Veranschaulichung

Att. I,20,3

Att. II,3,4

Verbundenheit: urbanes Spiel

Kompensation einer Bitte

Att. I,18,1 Att. I,19,8

relative Funktion Verbundenheit und Kompensation einer Bitte

fam. XV,19,2

Att. I,16,5

265

Verbundenheit: Ansichtskarte Veranschaulichung

266 Textstelle

6 Anhang

formale Funktion

Att. II,16,2 Att. II,16,4

inhaltliche Funktion

relative Funktion

Charakterisierung einer Person Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Veranschaulichung

Att. II,19,1

Kritik an Dritten

Att. II,19,2

Charakterisierung einer Person

Kritik an Dritten

Att. II,19,3

Charakterisierung einer Person

Kritik an Dritten

Att. II,25,1

Begründung

Kritik an Dritten

Att. II,25,1

Veranschaulichung

Att. IV,1,8

Veranschaulichung

Att. IV,6,2

Veranschaulichung

Att. IV,7,2

Zitat als Einleitung (Argumentationsbasis)

Verbundenheit: urbanes Spiel

Att. IV,7,3

Kritik an Dritten

Att. IV,8,1 Att. IV,8a,2

Zitat als Einleitung (Argumentationsbasis)

Begründung

Att. IV,9,1

Charakterisierung einer Person

Att. IV,11,2

Begründung

Att. IV,15,7

Begründung

Att. V,10,3

Begründung

Att. V,11,5

Begründung

Att. V,12,1

Verbundenheit: Ansichtskarte

Att. V,15,3

Veranschaulichung

Att. VI,1,8

Begründung

Att. VI,1,22

Kompensation einer Bitte Verbundenheit

6.3  Tabellarische Übersicht zur Funktion der Zitate in Ciceros Briefen

Textstelle

formale Funktion

inhaltliche Funktion

Att. VI,1,23

Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Veranschaulichung

Att. VI,2,8

Veranschaulichung

Att. VI,3,1

relative Funktion

Kritik Kompensation einer Bitte

Att. VI,3,7

Begründung

Att. VI,8,5

Veranschaulichung

Att. VI,9,3

Verbundenheit

Att. VII,1,2

Veranschaulichung

Abmildern von Kritik

Att. VII,1,4

Veranschaulichung

Kompensation einer Bitte

Att. VII,1,6

Zitat als Überleitung

Verbundenheit

Att. VII,1,9

Veranschaulichung

Att. VII,3,5

Veranschaulichung

Att. VII,3,10

Belegbeispiel

Att. VII,6,2

Veranschaulichung

Att. VII,8,4

Charakterisierung einer Person

Att. VII,11,1 Att. VII,11,3

Kritik an Dritten Verstärkung von Kritik an Dritten

Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Att. VII,12,3 Att. VII,13,4

267

Kritik an Dritten Veranschaulichung

Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Verbundenheit

Att. VII,18,4

Begründung

Att. VII,26,1

Veranschaulichung

Att. VIII,5,1

Charakterisierung einer Person

Att. VIII,8,2

Veranschaulichung

Att. VIII,11,3

Veranschaulichung

268 Textstelle

6 Anhang

formale Funktion

inhaltliche Funktion

Att. VIII,16,2

Veranschaulichung

Att. IX,2a,2

Begründung

Att. IX,5,3

Veranschaulichung

Att. IX,6,4

Veranschaulichung

Att. IX,6,6

Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Att. IX,7,3

Verbundenheit Charakterisierung einer Person

Att. IX,7,5

Verbundenheit: Sprachcode

Att. IX,8,2

Veranschaulichung

Att. IX,13,1

Zitat als Einleitung (Briefanfang)

Begründung

Att. IX,13,4

Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Begründung

Att. IX,15,3

Veranschaulichung

Att. IX,15,4

Veranschaulichung

Att. IX,18,3

Veranschaulichung

Att. X,1,1

Charakterisierung einer Person

Att. X,2,1 Veranschaulichung

Att. X,8,7

Charakterisierung einer Person

Att. X,12a,1

Veranschaulichung Zitat als Einleitung (Briefanfang)

Att. XII,5,1 Att. XII,6a,1

Verbundenheit: Sprachcode

Verbundenheit: Sprachcode

Att. X,5,2

Att. XII,5,1

relative Funktion

Veranschaulichung

Verbundenheit: urbanes Spiel

Veranschaulichung Zitat als Einleitung (Briefanfang)

Verbundenheit und Kompensation einer Bitte

6.3  Tabellarische Übersicht zur Funktion der Zitate in Ciceros Briefen

Textstelle

formale Funktion

inhaltliche Funktion

Att. XIII,11,1

Zitat als Einleitung (Briefanfang)

Veranschaulichung

Att. XIII,12,3

Begründung

Att. XIII,13–14,2

Veranschaulichung

Att. XIII,21,3

Belegbeispiel

Att. XIII,21a,1

Veranschaulichung

Att. XIII,24,1

Veranschaulichung

Att. XIII,25,3

Charakterisierung einer Person

Att. XIII,34 Att. XIII,38,2

Zitat als Einleitung (Argumentationsbasis)

Veranschaulichung Veranschaulichung

Att. XIII,52,1

Veranschaulichung Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Att. XIV,12,2 Att. XIV,13,1

Verbundenheit Veranschaulichung

Zitat als Überleitung

Att. XIV,13,2 Att. XIV,14,1

relative Funktion

Kompensation von Bitten

Att. XIII,42,1 Att. XIV,10,1

Verbundenheit und Kompensation einer Bitte Veranschaulichung

Zitat als Einleitung (Briefanfang)

Verbundenheit

Att. XIV,20,3

Begründung

Att. XIV,22,2

Veranschaulichung

Att. XV,4,1

Verbundenheit

Att. XV,7

Verbundenheit

Att. XV,11,3 Att. XVI,5,5

269

Veranschaulichung Verbundenheit: urbanes Spiel

270 Textstelle

6 Anhang

formale Funktion

Att. XVI,6,1 Att. XVI,6,2

inhaltliche Funktion

relative Funktion

Veranschaulichung Zitat als Einleitung (Argumentationsbasis)

Veranschaulichung

Att. XVI,11,1

Verbundenheit

Att. XVI,11,6

Veranschaulichung

Att. XVI,13,1

Veranschaulichung

Att. XVI,13,2

Verbundenheit

Q.fr. I,2,1

Veranschaulichung

Kritik an Dritten

Q.fr. I,2,13

Veranschaulichung

Kritik

Q.fr. II,9,2 Q.fr. II,14,5

Verbundenheit Zitat als Abschluss (Briefende)

Veranschaulichung

Kritik

Q.fr. III,1,23

Begründung

Kompensation einer Bitte

Q.fr. III,5,4

Veranschaulichung

Q.fr. III,5,8

Veranschaulichung

Q.fr. III,7,1

Kompensation einer Bitte

Q.fr. III,7,2

Kritik an Dritten

ad Brut. I,2a,2

Begründung

Kompensation einer Bitte

6.4  Tabellarische Übersicht zur Funktion der Zitate in den Korintherbriefen

271

6.4  Tabellarische Übersicht zur Funktion der Zitate in den Korintherbriefen Textstelle

formale Funktion

inhaltliche Funktion

relative Funktion

1Kor 1,19

Zitat als Einleitung (Argumentationsbasis)

Begründung

Verstärkung von Kritik

1Kor 1,31

Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Begründung

Verstärkung von Kritik

1Kor 2,9

Zitat als Überleitung

Veranschaulichung

Verbundenheit

Begründung

Verstärkung von Kritik

1Kor 3,19–20 1Kor 6,16

Zitat als Überleitung

Begründung

1Kor 9,9

Zitat als Einleitung (Argumentationsbasis)

Begründung

1Kor 10,7

Basis für spätere Argumentation: 1Kor 10,14–22

Veranschaulichung

1Kor 14,21

Zitat als Einleitung (Argumentationsbasis)

Begründung

1Kor 15,27 1Kor 15,45

Verstärkung von Kritik

Begründung (Veranschaulichung) Zitat als Einleitung (Argumentationsbasis)

Begründung (Veranschaulichung)

1Kor 15,54–55

Begründung (Veranschaulichung)

2Kor 4,6

Veranschaulichung

Verbundenheit

2Kor 4,13

Zitat als Einleitung (Argumentationsbasis)

Veranschaulichung (Begründung)

Verbundenheit

2Kor 6,2

Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Begründung (Veranschaulichung)

Verbundenheit

2Kor 6,16–18

Begründung (Veranschaulichung)

272

6 Anhang

Textstelle

formale Funktion

inhaltliche Funktion

2Kor 8,15

Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Veranschaulichung (Begründung)

2Kor 9,9

Zitat als Überleitung

Veranschaulichung (Begründung)

2Kor 10,17

Zitat als Abschluss (Argumentationsschluss)

Begründung

relative Funktion

Verstärkung von Kritik

273

7 Literaturverzeichnis 7.1 Textausgaben Cicero, Ad Atticum, hg. v. David R. Shackleton Bailey, Stuttgart: Teubner 1987. Cicero, Ad Atticum, in: M. Tulli Ciceronis Epistulae, Bd. 2, hg. v. William S. Watt, Oxford: Clarendon 41985. Cicero, Ad Brutum, in: M. Tulli Ciceronis Epistulae, Bd. 3, hg. v. William S. Watt, Oxford: Clarendon 1978. Cicero, Ad familiares, in: M. Tulli Ciceronis Epistulae, Bd. 1, hg. v. Louis C. Purser, Oxford: Clarendon 1901. Cicero, Ad familiares, in: M. Tulli Ciceronis Epistulae, Bd. 1, hg. v. William S. Watt, Oxford: Clarendon 21982. Cicero, Ad familiares, hg. v. David R. Shackleton Bailey, Stuttgart: Teubner 1988. Cicero, Ad Quintum fratrem, in: M. Tulli Ciceronis Epistulae, Bd. 3, hg. v. William S. Watt, Oxford: Clarendon 1978. Euripides, Ion, hg. v. Gunther Martin, Berlin: de Gruyter 2018. Euripides, Phoenissae, hg. v. Donald J. Mastronarde, Cambridge: Cambridge University Press 1994. Homer, Ilias, hg. v. Martin L. West, Stuttgart: Teubner 1998–2000. Homer, Odyssee, hg. v. Martin L. West, Berlin: de Gruyter 2017. Novum Testamentum Graece post Eberhard et Erwin Nestle, hg. v. Barbara und Kurt Aland, Johannes Karavidopulos, Carlo M. Martini, Bruce M. Metzger, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 282012. Plato, Kriton, in: Platonis opera, Bd. 1, hg. v. John Burnet, Oxford: Clarendon 1900. Plato, Leges, in: Platonis opera, Bd. 5,1, hg. v. John Burnet, Oxford: Clarendon 1906. Septuaginta. Id est Vetus Testamentum graece iuxta LXX interpretes edidit Alfred Rahlfs, hg. v. Robert Hanhart, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 2006. Terentius, Andria, hg. v. Andreas T hierfelder, Heidelberg: Kerle 1951. Terentius, Andria, in: P. Terenti Afri comoedia, hg. v. Robert Kauer und Wallace M. Lindsay, Oxford: Clarendon 1958. Terentius, Eunuchus, in: P. Terenti Afri comoedia, hg. v. Robert Kauer und Wallace M. Lindsay, Oxford: Clarendon 1958. Terentius, Heautontimorumenos, in: P. Terenti Afri comoedia, hg. v. Robert Kauer und Wallace M. Lindsay, Oxford: Clarendon 1958.

274

7 Literaturverzeichnis

7.2 Hilfsmittel Bauer, Walter, Griechisch-Deutsches Wörterbuch zu den Schriften des Neuen Testaments und der frühchristlichen Literatur, Berlin/New York: de Gruyter 61988. Dudenredaktion (Hg.), Duden-Online-Wörterbuch, online unter: https://www. duden.de. Gemoll, Wilhelm/Vretska, Karl, Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch, München: Oldenbourg 102006. Georges, Karl Ernst/Baier, T homas (Hg.), Der neue Georges. Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2013. Institut für Neutestamentliche Textforschung/Rechenzentrum der Universität Münster (Hg.), Konkordanz zum Novum Testamentum Graece von Nestle-­A land (1987), 26. Auflage, und zum Greek New Testament, 3rd Edition, Berlin/New York: de Gruyter 31987. Schmoller, Alfred (Hg.), Handkonkordanz zum griechischen Neuen Testament. Nach dem Text des Nestle-Aland Novum Testamentum Graece (28. Auflage) und des Greek New Testament (5. Auflage) überarbeitet von Beate von Tschischwitz im Institut für Neutestamentliche Textforschung Münster/Westfalen, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 92014. Shackleton Bailey, David R., Onomasticon to Cicero’s Speeches, Stuttgart: Teubner 21992. Shackleton Bailey, David R., Onomasticon to Cicero’s Letters, Stuttgart: Teubner 1995. Shackleton Bailey, David R., Onomasticon to Cicero’s Treatises, Stuttgart: Teubner 1996.

7.3 Übersetzungen Apuleius, Der goldene Esel, Metamorphoseon libri XI, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von Edward Brandt und Wilhelm Ehlers, Düsseldorf: Artemis & Winkler 51998. Aristoteles, Werke in deutscher Übersetzung, Bd. 4: Rhetorik, übersetzt und erläutert von Christof Rapp, Berlin: Akademie 2002. BasisBibel, Das Neue Testament, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 2010. Caesar, Der Bürgerkrieg, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von Otto Schönberger, Berlin: de Gruyter 52012. Cassius Dio, Dio’s Roman History, Bd. 2: Books XII–XXXV, with an English Translation by Earnest Cary on the Basis of the Version of Herbert Baldwin Foster, Cambridge (Mass.): Harvard University Press 1970. Cassius Dio, Dio’s Roman History, Bd. 4: Books XLI–XLV, with an English Translation by Earnest Cary on the Basis of the Version of Herbert Baldwin Foster, Cambridge (Mass.): Harvard University Press 1987. Cicero, An Bruder Quintus, An Brutus, Brieffragmente, dazu Q. Tullius Cicero Denkschrift über die Bewerbung, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von Helmut Kasten, München: Heimeran 21976.

7 Literaturverzeichnis

275

Cicero, An seine Freunde, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von Helmut Kasten, Düsseldorf: Artemis & Winkler 62004. Cicero, Atticus-Briefe, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von Helmut Kasten, Düsseldorf: Artemis & Winkler 51998. Cicero, Berühmte Briefe, Briefe aus dem Exil, Szenen einer Ehe, Lateinisch-Deutsch, eingeleitet, übersetzt und erläutert von Lenelotte Möller, Wiesbaden: Marix 2009. Cicero, Brutus, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von Bernhard Kytzler, Düsseldorf: Artemis & Winkler 52000. Cicero, Cato der Ältere über das Alter, Laelius über die Freundschaft, herausgegeben und übersetzt von Max Faltner, Düsseldorf: Artemis & Winkler 42004. Cicero, Der Staat, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von Rainer Nickel, Berlin: Akademie 2011. Cicero, Die politischen Reden, 3 Bände, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben, übersetzt und erläutert von Manfred Fuhrmann, München: Artemis & Winkler 1993. Cicero, Die Philippischen Reden, Lateinisch-Deutsch, übersetzt von Manfred Fuhrmann, herausgegeben, überarbeitet und eingeleitet von Rainer Nickel, Berlin: de Gruyter 2013. Cicero, Die Prozessreden, 2 Bände, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben, übersetzt und erläutert von Manfred Fuhrmann, Düsseldorf/Zürich: Artemis & Winker 1997. Cicero, Die Reden gegen Verres, 2 Bände, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben, übersetzt und erläutert von Manfred Fuhrmann, Zürich: Artemis & Winkler 1995. Cicero, Gespräche in Tusculum, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von Olof Gigon, Düsseldorf/Zürich: Artemis & Winkler 71998. Cicero, In Twenty-Eight Volumes, Bd. 6: T he Speeches Pro Publio Quinctio, Pro Sexto Amerino, Pro Quinto Roscio Comoedo, De lege agraria, with an English Translation by John Henry Freese, Cambridge (Mass.): Harvard University Press 2007. Cicero, Orator, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von Bernhard Kytzler, Düsseldorf: Artemis & Winkler 41998. Cicero, Sämtliche Briefe, übersetzt von Christoph Martin Wieland, in: Wielands gesammelte Schriften, Abt. 2: Übersetzungen, Bd. 1–4, herausgegeben von der Deutschen Akademie der Wissenschaften der DDR durch Hans Werner Seiffert, Berlin: Akademie 1972–1975. Cicero, Sämtliche Reden, Bd. 6: Rede für Caelius, Rede über die konsularischen Provinzen, Rede gegen Piso, Rede für Scaurus, Rede für Plancius, Rede für Rabirius Postumus, Rede für Annius Milo, eingeleitet, übersetzt und erläutert von Manfred Fuhrmann, Zürich: Artemis & Winkler 1980. Cicero, Über den Redner, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von T heodor Nüßlein, Düsseldorf: Artemis & Winkler 2007. Cicero, Über die Auffindung des Stoffes, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von T heodor Nüßlein, Düsseldorf: Artemis & Winkler 1998. Cicero, Über die Gesetze, Stoische Paradoxien, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben, übersetzt und erläutert von Rainer Nickel, Düsseldorf: Artemis & Winkler 32004. Cicero, Über die Wahrsagung, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben, übersetzt und erläutert von Christoph Schäublin, Düsseldorf: Artemis & Winkler 22002. Cicero, Über die Ziele des menschlichen Handelns, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Olof Gigon und Laila Straume-Zimmermann, Düsseldorf: Artemis & Winkler 22002.

276

7 Literaturverzeichnis

Cicero, Vom pflichtgemäßen Handeln, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von Rainer Nickel, Düsseldorf: Artemis & Winkler 2008. Cicero, Vom rechten Handeln, Lateinisch-Deutsch, eingeleitet und neu übersetzt von Karl Büchner, Düsseldorf: Artemis & Winkler 42001. Cicero, Vom Wesen der Götter, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Olof Gigon und Laila Straume-Zimmermann, Düsseldorf/Zürich: Artemis & Winkler 1996. Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung (2016), Lutherbibel revidiert 2017, herausgegeben von der Evangelischen Kirche in Deutschland, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 2016. Dion Chrysostomos, Discourses, Bd. 4: Books 37–60, with an English Translation by H. Lamar Crosby, Cambridge (Mass.): Harvard University Press 2001. Epikur, Briefe, Sprüche, Werkfragmente, Griechisch-Deutsch, übersetzt und herausgegeben von Hans-Wolfgang Krautz, Stuttgart: Reclam 2001. Flavius Josephus, In Nine Volumes, Bd. 4: Jewish Antiquities, Books I–IV, with an English Translation by H. ST. J. T hackeray, Cambridge (Mass.): Harvard University Press 1967. Homer, Odyssee, Griechisch-Deutsch, übertragen von Anton Weiher, Berlin: Akademie 142014. Herodot, Historien, Griechisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von Josef Feix, Düsseldorf: Artemis & Winkler 72006. Hesiod, Works and Days, edited with Prolegomena and Commentary by Martin L. West, Oxford: Clarendon 1978. Livius, Römische Geschichte, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben von Hans Jürgen Hillen und Josef Feix, Düsseldorf: Artemis & Winkler 1974–2000. Longinus, Vom Erhabenen, Griechisch-Deutsch, übersetzt und herausgegeben von Otto Schönberger, Stuttgart: Reclam 2008. Lucretius, Über die Natur der Dinge, Bd. 1: Texte. Lateinisch-Deutsch, in deutsche Prosa übertragen und kommentiert von Klaus Binder, Heidelberg: Lambert Schneider 2016. Nepos, Berühmte Männer, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von ­Michaela Pfeiffer unter Mitarbeit von Rainer Nickel, Düsseldorf: Artemis & Winkler 2006. Pausanias, Reisen in Griechenland, Gesamtausgabe in drei Bänden, auf Grund der kommentierten Übersetzung von Ernst Meyer herausgegeben von Felix Eckstein, Zürich: Artemis & Winkler 1986–1989. Philo, Legatio ad Gaium, edited with an Introduction, Translation and Commentary by E. Mary Smallwood, Leiden: Brill 1961. Philo, On Virtues, Introduction, Translation and Commentary by Walter T. Wilson, Leiden: Brill 2011. Plato, Werke in acht Bänden, Griechisch-Deutsch, herausgegeben von Gunther Eigler, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 72016. Plinius d.Ä., Naturkunde, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben und übersetzt von Roderich König, München: Artemis & Winkler 1973–2004. Plinius d. J., Briefe, Lateinisch-Deutsch, herausgegeben von Helmut Kasten, Berlin: Akademie 1982. Plutarchus, Große Griechen und Römer, eingeleitet und übersetzt von Konrat Ziegler, Zürich: Artemis & Winkler 1954–1965.

7 Literaturverzeichnis

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300

301

Stellenverzeichnis Altes Testament Gen – Gen 1,2 142 – Gen 1,3 142, 161, 185 – Gen 2,7 142, 165–166 – Gen 2,24 151, 160, 171–172 Ex – Ex 13,21 156 – Ex 14,22 156 – Ex 16,4 156 – Ex 16,18 173 – Ex 16,35 156 – Ex 17,6 156, 160–161 – Ex 32,6 156, 182 Lev – Lev 26,11–12 146 Num – Num 11,4 156 – Num 14,2 156 – Num 14,36–37 156 – Num 20,11 161 – Num 21,5–6 156 – Num 25,1 156 – Num 25,9 156 Dtn – Dtn 10,21 198 – Dtn 17,6 200 – Dtn 17,7 135 – Dtn 17,12 135 – Dtn 19,15 200 – Dtn 25,4 160, 179 1Sam – 1Sam 2,10 143, 175, 197, 198

2Sam – 2Sam 7,8 133 – 2Sam 7,14 146, 160 Hiob – Hiob 5,13 144, 149, 199 – Hiob 37,15 185 Ps – Ps 8,7 LXX 142, 154–155 – Ps 23,1 LXX 134, 206 – Ps 30,20 LXX 168 – Ps 32,10 LXX 141 – Ps 93,11 LXX 149, 199 – Ps 109,1 LXX 155 – Ps 111,9 LXX 155–156, 189, 230 – Ps 115,1 LXX 157–158, 192–193 Jes – Jes 5,16 168 – Jes 9,1 142, 161, 185 Jes 22,13 135, 206 – Jes 25,8 145, 152–153, 187 – Jes 28,11–12 144, 145, 151–152, 166, 209 – Jes 29,14 141, 177 – Jes 40,13 134, 206 – Jes 43,6 147 – Jes 43,18–19 195 – Jes 45,14 209 – Jes 49,8 150, 194 – Jes 52,11 146 – Jes 52,15 168, 169 – Jes 55,10 189 – Jes 64,3 168 – Jes 64,4 141 – Jes 65,16 141 – Jes 65,17 169

302

Stellenverzeichnis

Jer – Jer 9,22–23 142–143, 175, 197

Hos – Hos 4,16 159 – Hos 10,12 189 – Hos 13,14 145, 152–153, 187

Ez – Ez 20,34 146 – Ez 37,27 146

Am – Am 9,11 160

Dan – Dan 2 209

Neues Testament Apg – Apg 18,1-8 211, 218, 219 Röm – Röm 3,19 133 – Röm 3,31 133 – Röm 4,23 132, 161 – Röm 11,34 134 – Röm 11,35 13 – Röm 15,4–5 161 – Röm 16,1 218 – Röm 16,23 211, 218 1Kor – 1Kor 1,1 128 – 1Kor 1,2 241 – 1Kor 1,3 128 – 1Kor 1,4 128 – 1Kor 1,5 212 – 1Kor 1,9 128 – 1Kor 1,10–17 198, 237 – 1Kor 1,10 127 – 1Kor 1,11–12 27, 190, 211 – 1Kor 1,11–17 200 – 1Kor 1,11 218 – 1Kor 1,14–16 211 – 1Kor 1,14 218 – 1Kor 1,16 218 – 1Kor 1,18–25(26) 141, 176–178, 198 – 1Kor 1,19 131, 132, 140, 141, 147, 148, 153, 159, 161, 163, 176–178, 196, 200, 205, 214, 223, 224, 227, 233, 237, 261, 271 – 1Kor 1,26–29 143, 197–198

– 1Kor 1,26–31 176, 196–198, 200 – 1Kor 1,26 210 – 1Kor 1,31 131, 132, 135, 136, 140, 141, 142–143, 145, 147, 148, 153, 159, 160, 173, 175, 176, 196–198, 200, 204, 206, 214, 223, 224, 227, 235, 237, 261, 263, 271 – 1Kor 2,1–5 176, 220 – 1Kor 2,6–16 168–170 – 1Kor 2,9 131, 132, 141, 148, 167–170, 175, 181, 191, 203, 223, 224, 229, 237, 261, 271 – 1Kor 2,10–13 190 – 1Kor 2,16 134, 136, 137, 203, 204, 206, 223, 261 – 1Kor 3,1–4 169, 212, 235 – 1Kor 3,3–4 190, 211 – 1Kor 3,5–10 190, 220 – 1Kor 3,9–10 190 – 1Kor 3,18–23 148–149, 198–200 – 1Kor 3,19–20 133, 148–149, 153, 159, 160, 176, 196, 198–200, 203, 214, 233, 235, 237, 261, 271 – 1Kor 3,19 13, 131, 132, 140, 141, 144, 147, 206, 223, 224, 227 – 1Kor 3,20 140, 141, 147, 205 – 1Kor 4,1 198 – 1Kor 4,1–5 190, 235 – 1Kor 4,6 213, – 1Kor 4,14–15 190, 211 – 1Kor 4,16 190, 211 – 1Kor 4,17 220 – 1Kor 4,21 127 – 1Kor 5,1–13 205, 237

Stellenverzeichnis

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

1Kor 5,1 127 1Kor 5,6–8 213 1Kor 5,9–11 212 1Kor 5,9 27, 128, 1Kor 5,11 27 1Kor 5,13 134, 135, 137, 204, 206, 223, 261 1Kor 6,1–8 220 1Kor 6,1–11 236, 237 1Kor 6,12–20 170–171, 237 1Kor 6,12–13 220 1Kor 6,16 131, 140, 148, 151, 159, 160, 167, 170–172, 175, 176, 206, 223, 224, 227, 237, 261, 271 1Kor 6,20 127 1Kor 7,1 127, 172, 212 1Kor 7,7 190, 211 1Kor 7,17 211 1Kor 7,18 211 1Kor 7,20 211 1Kor 7,21 210 1Kor 7,24 211 1Kor 7,29 186 1Kor 7,40 127 1Kor 8,1–13 178 1Kor 8,1 127 1Kor 8,4 212 1Kor 8,7–13 211 1Kor 9,1–18 178–180 1Kor 9,1–2 190, 211, 236 1Kor 9,3 190 1Kor 9,7 136, 204 1Kor 9,9–10 160, 179, 214 1Kor 9,9 131, 132, 136, 140, 141, 147, 148, 151, 153, 159, 163, 176, 178–180, 203, 206, 223, 224, 233, 237, 261, 271 1Kor 9,10 132 1Kor 9,13 212 1Kor 9,19–23 180 1Kor 9,19 178 1Kor 9,20–21 211 1Kor 9,24–27 180 1Kor 10,1–13(14) 153, 156–157, 159, 160, 181–183, 205, 208, 210, 213, 221 1Kor 10,1–22 205 1Kor 10,1 213 1Kor 10,4 160

303

– 1Kor 10,6 157, 214 – 1Kor 10,7 131, 132, 140, 148, 153, 156– 158, 159, 181–183, 205, 206, 214, 223, 224, 227, 230, 233, 261, 271 – 1Kor 10,11 157, 214 – 1Kor 10,14–22 182–183 – 1Kor 10,15 212, 241 – 1Kor 10,26 134, 137, 206, 223, 261 – 1Kor 10,31–33 178 – 1Kor 10,33–11,1 190, 211 – 1Kor 11,1 127 – 1Kor 11,2 127, 128, 211 – 1Kor 11,7–8 244 – 1Kor 11,7–12 213 – 1Kor 11,17–34 220 – 1Kor 11,25 201 – 1Kor 11,34 127, 128 – 1Kor 12,1–3 211 – 1Kor 12,1 127 – 1Kor 12,4–11 208 – 1Kor 12,13 210, 211 – 1Kor 14,19 212 – 1Kor 14,20–25 151, 166–167, 209–210, 221 – 1Kor 14,21 132, 140, 141, 142, 144–145, 147, 151–152, 153, 159, 163, 166–167, 175, 176, 196, 203, 204, 205, 209, 223, 224, 238, 261, 271 – 1Kor 14,22 152, 209 – 1Kor 14,26 208, 212 – 1Kor 14,29–31 212 – 1Kor 14,40 127 – 1Kor 15,1–5 201, 213 – 1Kor 15,1 127, 211 – 1Kor 15,3–5 234, 250 – 1Kor 15,20–22 160, 165–166, 213 – 1Kor 15,20–28 153–154, 161 – 1Kor 15,25 154–155 – 1Kor 15,27 135, 136, 140, 142, 147, 148, 153–155, 159, 161, 176, 186, 203, 205, 214, 223, 226, 227, 230, 233, 238, 262, 271 – 1Kor 15,32–33 134, 135, 136, 137, 204 – 1Kor 15,32 135, 206, 223, 262 – 1Kor 15,33 136, 246, 262 – 1Kor 15,35–49 163–166, 186 – 1Kor 15,44–49 160, 213

304

Stellenverzeichnis

– 1Kor 15,45 131, 132, 136, 140, 142, 147, 148, 153, 159, 163, 163–166, 176, 186, 206, 214, 223, 224, 227, 233, 238, 262, 271 – 1Kor 50–57(58) 152, 161, 186–188 – 1Kor 15,54–55 133, 136, 140, 145, 147, 152, 159, 160, 176, 186–188, 203, 214, 233, 238, 262, 271 – 1Kor 15,54 132, 147, 205, 223, 224, 227 – 1Kor 15,55 147, 151, 152–153, 206 – 1Kor 15,58 127 – 1Kor 16,1 127, 128 – 1Kor 16,3 239 – 1Kor 16,8 128 – 1Kor 16,12 127, 128 – 1Kor 16,13 128 – 1Kor 16,15–18 239 – 1Kor 16,17 218 – 1Kor 16,18 128 – 1Kor 16,19 128 – 1Kor 16,24 128 2Kor – 2Kor 1,1–2 128, 241 – 2Kor 1,3–11 128 – 2Kor 1,12(13)–14 129, 130, 212, 238, 243 – 2Kor 1,15–16 129, 241 – 2Kor 1,17–18 238 – 2Kor 2,1–11 212 – 2Kor 2,1–4 236, 238 – 2Kor 2,2 129 – 2Kor 2,3 129 – 2Kor 2,4 129 – 2Kor 2,5 129, 238 – 2Kor 2,12–13 129, 238, 243 – 2Kor 2,14–17 183 – 2Kor 2,14 129, 238, 243 – 2Kor 3,1–3 239 – 2Kor 3,1 129 – 2Kor 3,2–3 211 – 2Kor 3,6 201 – 2Kor 3,7–18 183 – 2Kor 4,1–6 183–184 – 2Kor 4,6 129, 132, 136, 140, 142, 147, 148, 153, 159, 160, 161, 181, 183–185, 191, 202, 205, 206, 223, 224, 233, 262, 271

– – – – – – – – – – – – – – –

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

2Kor 4,7–12 158 2Kor 4,7–15 191–193 2Kor 4,7 129, 183, 191 2Kor 4,10–12 158 2Kor 4,13 132, 140, 148, 153, 157–158, 159, 163, 181, 186, 191–193, 205, 223, 224, 227, 230, 233, 262, 271 2Kor 4,14–15 158 2Kor 5,1 193 2Kor 5,2 241 2Kor 5,10 129 2Kor 5,11–6,2 193–195 2Kor 5,11 129 2Kor 5,17 134, 137, 195, 223, 262 2Kor 5,18–21 149–150, 194 2Kor 6,1 149 2Kor 6,2 132, 136, 140, 148, 149–150, 153, 159, 161, 173, 176, 186, 191, 193– 195, 205, 214, 223, 224, 227, 233, 234, 262, 271 2Kor 6,3–10 195 2Kor 6,10 129 2Kor 6,11–13 238 2Kor 6,11 129 2Kor 6,14–7,1 129, 132, 161 2Kor 6,16–18 133, 140, 145–147, 148, 153, 159, 160, 176, 186, 203, 214, 233, 262, 271 2Kor 6,16 132, 202, 206, 223, 224 2Kor 6,17 132, 205, 206 2Kor 6,18 132, 206 2Kor 7,4 129, 238, 243 2Kor 7,5–16 238, 243 2Kor 7,5 129 2Kor 7,6–7 129 2Kor 7,7 211 2Kor 7,9 129 2Kor 7,11–12 129 2Kor 7,16 129 2Kor 8,1–15 173 2Kor 8,1 129 2Kor 8,7 188, 212 2Kor 8,15 131, 132, 140, 142, 147, 148, 153, 160, 173–174, 175, 181, 186, 206, 214, 223, 224, 233, 238, 262, 272 2K0r 8,16–24 239 2Kor 9,1–5 188 2Kor 9,6–15 155, 188–190

Stellenverzeichnis

– 2Kor 9,7 134, 137, 223, 263 – 2Kor 9,8–9 155, 189 – 2Kor 9,9 131, 132, 140, 148, 153, 155– 156, 159, 167, 181, 186, 188–190, 205, 214, 223, 224, 227, 230, 233, 238, 263, 272 – 2Kor 9,10–15 156 – 2Kor 9,10 156 – 2Kor 9,15 129 – 2Kor 10,1–2 190, 241 – 2Kor 10,1 129, 238 – 2Kor 10,10 190 – 2Kor 10,12–18 174 – 2Kor 10,12 190 – 2Kor 10,17 135, 136, 140, 143, 147, 148, 153, 159, 173, 174–175, 176, 196, 204, 206, 214, 223, 226, 227, 238, 263, 272

305

– – – – – –

2Kor 10,18 175 2Kor 11,3 213 2Kor 11,5 190 2Kor 12,11 190 2Kor 12,12 211 2Kor 13,1 134, 136, 137, 200, 204, 206, 223, 238, 263 – 2Kor 13,10 129, 238 – 2Kor 13,11–13 129 Phil – Phil 1,19 13 1Thess – 1Thess 4,15-17 187

Antike Autoren Apul. – met. XI,8–11 217 Aristot. – top. I,14 140 Athen. – deipn. VIII,226d 140 Caes. civ. – civ. III,20–22 124 Cic. ad Brut. – ad Brut. I,2a,2 39, 59, 223, 224, 260, 270 – ad Brut. IV,16–V,20 124 Cic. Arch. – Arch. 18 107 – Arch. 22 107 Cic. Att. – Att. I,1,1–2 120, 244 – Att. I,1,4 35, 37, 48, 59, 76, 98–99, 223, 225, 254, 265 – Att. I,2,2 120 – Att. I,9,2 124

– Att. I,10,7 124 – Att. I,12,1 35, 49, 223, 225, 244, 254, 265 – Att. I,12,4 120 – Att. I,13,1 240 – Att. I,15,1 35, 48, 49, 59, 99, 223, 225, 244, 255, 265 – Att. I,16,5 35, 37, 48, 59, 65–66, 223, 225, 232, 255, 265 – Att. I,16,17 120 – Att. I,18,1 37, 120, 223, 225, 255, 265 – Att. I,19,8 39, 66, 76, 223, 224, 255, 265 – Att. I,19,10 119 – Att. I,20,2 119 – Att. I,20,3 40, 81, 223, 224, 255, 265 – Att. I,20,7 124 – Att. II,1,5 37, 81, 223, 225, 244, 255, 265 – Att. II,1,12 124 – Att. II,3,2 119 – Att. II,3,4 35, 39, 59, 66, 76, 223, 224, 225, 255, 265 – Att. II,5,1 35, 37, 43, 59, 223, 225, 255, 265 – Att. II,7,4 39, 45, 66, 76, 109, 223, 224, 255, 265 – Att. II,9,3 35, 59, 76, 223, 225, 255, 265

306

Stellenverzeichnis

– Att. II,11,2 35, 45, 59, 66, 91, 223, 225, 244, 255, 265 – Att. II,13,2 35, 37, 49, 56, 91, 223, 225, 255, 265 – Att. II,15,3 37, 223, 225, 240, 255, 265 – Att. II,16,2 35, 37, 81, 109, 223, 225, 255, 266 – Att. II,16,4 35, 37, 48, 52, 61, 66, 104, 223, 225, 229, 230, 255, 266 – Att. II,19,1 37, 52, 93, 104, 223, 225, 255, 266 – Att. II,19,2 37, 81, 93, 223, 225, 255, 266 – Att. II,19,3 39, 81, 93, 224, 255, 266 – Att. II,25,1 42, 49, 59, 76, 93, 102, 224, 244, 255, 266 – Att. III,22,2 122 – Att. IV,1,8 37, 223, 225, 244, 256, 266 – Att. IV,2,3 121 – Att. IV,3 121 – Att. IV,6,2 35, 119, 223, 225, 256, 266 – Att. IV,6,3 119 – Att. IV,7,2 35, 49, 52, 65, 90, 104, 223, 225, 229, 244, 256, 266 – Att. IV,7,3 35, 49, 59, 93, 223, 225, 244, 256, 266 – Att. IV,8,1 35, 109, 119, 223, 225, 256, 266 – Att. IV,8a,2 35, 37, 65, 76, 223, 225, 256, 266 – Att. IV,9,1 35, 37, 49, 81, 124, 223, 225, 256, 266 – Att. IV,11,2 35, 76, 120, 223, 225, 256, 266 – Att. IV,15,7 35, 49, 59, 76, 223, 225, 256, 266 – Att. IV,17,2 121 – Att. IV,18,4 121 – Att. V,3,2 240 – Att. V,5,1 242 – Att. V,10,3 49, 59, 76, 224, 244, 256, 266 – Att. V,11,5 49, 76, 224, 236, 256, 266 – Att. V,12,1 35, 49, 84, 91, 223, 225, 256, 266 – Att. V,12,3 37, 223, 225 – Att. V,15,3 99, 256, 266 – Att. V,16,4 122

– Att. V,17,6 122 – Att. VI,1,8 35, 49, 59, 76, 119, 223, 225, 256, 266 – Att. VI,1,12 119 – Att. VI,1,21 123 – Att. VI,1,22 35, 49, 59, 84, 223, 225, 256, 266 – Att. VI,1,23 35, 43, 59, 66, 223, 225, 256, 267 – Att. VI,1,27 36 – Att. VI,2,8 39, 93, 124, 223, 224, 256, 267 – Att. VI,3,1 35, 99, 223, 225, 256, 267 – Att. VI,3,7 37, 61, 76, 223, 225, 230, 256, 267 – Att. VI,3,8 119 – Att. VI,4,3 119 – Att. VI,8,5 35, 49, 223, 225, 256, 267 – Att. VI,9,3 35, 49, 84, 119, 223, 225, 257, 267 – Att. VII,1,2 35, 48, 59, 93–94, 119, 223, 225, 234, 257, 267 – Att. VII,1,4 35, 37, 43, 48, 59, 99, 223, 225, 257, 267 – Att. VII,1,6 39, 48, 59, 65, 84, 223, 224, 257, 267 – Att. VII,1,9 35, 43, 59, 223, 225, 257, 267 – Att. VII,3,5 42, 45, 52, 61, 104, 224, 229, 230, 257, 267 – Att. VII,3,10 8, 39, 48, 77, 108, 119, 223, 224, 257, 267 – Att. VII,6,2 35, 45, 59, 223, 225, 244, 257, 267 – Att. VII, 8,4 35, 37, 49, 56, 81, 93, 223, 225, 257, 267 – Att. VII,11,1 35, 37, 56, 93, 94–95, 223, 225, 234, 257, 267 – Att. VII,11,3 35, 45, 59, 66, 93, 223, 225, 257, 267 – Att. VII,12,3 35, 37, 43, 49, 59, 223, 225, 257, 267 – Att. VII,13,4 35, 49, 66, 84, 223, 225, 257, 267 – Att. VII,13a,1 119 – Att. VII,18,4 40, 49,76, 223, 224, 257, 267 – Att. VII,26,1 37, 223, 224, 257, 267

Stellenverzeichnis

– Att. VIII,5,1 35, 37, 81, 223, 22, 2575, 267 – Att. VIII,8,2 35, 36, 223, 225, 257, 267 – Att. VIII,11,3 39, 49, 224, 257, 267 – Att. VIII,16,2 35, 37, 43, 49, 59, 223, 225, 257, 268 – Att. IX,1,1 122 – Att. IX,2a,2 35, 76, 223, 225, 257, 268 – Att. IX,5,3 35, 37, 39, 40, 48, 59, 119, 223, 224, 225, 257, 268 – Att. IX,6,4 35, 59, 223, 225, 258, 268 – Att. IX,6,6 35, 49, 59, 66, 84, 223, 225, 258, 268 – Att. IX,7,3 35, 37, 59, 81, 223, 225, 258, 268 – Att. IX,7,5 35, 43, 49, 61, 84, 91, 92, 106, 223, 225, 230, 258, 268 – Att. IX,8,2 39, 40, 59, 224, 258, 268 – Att. IX,13,1 35, 42, 43, 49, 65, 76, 223, 225, 258, 268 – Att. IX,13,4 39, 48, 59, 66, 76, 224, 258, 268 – Att. IX,13,7 122 – Att. IX,15,3 35, 49, 59, 223, 225, 258, 268 – Att. IX,15,4 42, 48, 59, 224, 258, 268 – Att. IX,18,3 35, 43, 49, 91, 92, 106, 223, 225, 258, 268 – Att. X,1,1 42, 48, 61, 81–82, 224, 230, 232, 233, 258, 268 – Att. X,2,1 35, 43, 49, 84, 91, 106, 223, 225, 258, 268 – Att. X,5,2 35, 37, 49, 223, 225, 258, 268 – Att. X,8,7 39, 45, 81, 224, 258, 268 – Att. X,12a,1 35, 43, 59, 223, 225, 258, 268 – Att. XII,3 124 – Att. XII,5,1 42, 43, 45, 49, 59, 65, 90, 224, 258, 268 – Att. XII,6,3 119 – Att. XII,6a,1 37, 42, 43, 52, 65, 84, 99, 104, 223, 225, 258, 268 – Att. XII,50 124 – Att. XIII,11,1 35, 42, 43, 49, 59, 65, 223, 225, 259, 269 – Att. XIII,12,1 120 – Att. XIII,12,3 39, 52, 76, 104, 224, 229, 259, 269

307

– Att. XIII,13–14,2 35, 37, 43, 49, 59, 223, 225, 259, 269 – Att. XIII,21,3 39, 77, 224, 259, 269 – Att. XIII,21a,1 35, 37, 49, 223, 225, 259, 269 – Att. XIII,24,1 35, 37, 43, 49, 59, 223, 225, 259, 269 – Att. XIII,25,3 35, 59, 81, 124, 223, 225, 259, 269 – Att. XIII,34 56, 99, 259, 269 – Att. XIII,38,2 39, 65, 119, 223, 224, 259, 269 – Att. XIII,42,1 35, 223, 225, 259, 269 – Att. XII,52,1 37, 223, 225, 259, 269 – Att. XIV,10,1 35, 49, 52, 66, 84, 104, 223, 225, 230, 259, 269 – Att. XIV,12,2 42, 223, 224, 259, 269 – Att. XIV,13,1 35, 37, 48, 59, 65, 84, 99, 223, 225, 259, 269 – Att. XIV,13,2 35, 36, 37, 48, 59, 223, 225, 259, 269 – Att. XIV,14,1 37, 42, 43, 65, 84, 223, 225, 259, 269 – Att. XIV,20,3 39, 76, 110, 223, 224, 259, 269 – Att. XIV,22,2 35, 223, 225, 259, 269 – Att. XV,3 124 – Att. XV,4,1 35, 49, 59, 84, 223, 225, 259, 269 – Att. XV,7 49, 84, 223, 224, 259, 269 – Att. XV,11,3 35, 36, 37, 43, 223, 225, 260, 269 – Att. XVI,5,5 35, 49, 61, 84, 90, 223, 225, 230, 260 – Att. XVI,6,1 35, 43, 45, 49, 59, 223, 225, 260, 270 – Att. XVI,6,2 35, 36, 43, 65, 223, 225, 260, 270 – Att. XVI,6,4 119 – Att. XVI,11,1 35, 49, 59, 84, 223, 225, 260, 270 – Att. XVI,11,6 35, 43, 59, 223, 225, 260, 260, 270 – Att. XVI,13,1 35, 43, 49, 59, 223, 225, 270 – Att. XVI,13,2 35, 36, 48, 61, 62, 84, 223, 225, 230, 260, 270

308

Stellenverzeichnis

Cic. Brut. – Brut. 267 122 – Brut. 273 80, 123, 124 – Brut. 287 110 – Brut. 314–316 23 Cic. Caecin. – Caecin. 27 108 Cic. Cael. – Cael. 9 123 – Cael. 11–12 80, 123, 236 – Cael. 38 108 – Cael. 54 39 Cic. Cato – Cato 10 – Cato 22 – Cato 47 – Cato 54

107 109 109 106

Cic. de orat. – de orat. I,16,72 23, 100, 114 – de orat. II,66 103 Cic. div. – div. I,29 122 – div. I,87 106 – div. I,89 106 – div. I,132 122 – div. II,104 107 Cic. dom. – dom. 7 122 Cic. fam. – fam. I,2 116 – fam. I,3 116 – fam. I,5a 116 – fam. I,5b 116 – fam. I,6 116, 117 – fam. I,7 116, 117 – fam. I,8 116, 117 – fam. I,9 47, 68, 69–71, 103, 111, 116, 117, 121, 236, 239, 241, 244 – fam. I,9,12 39, 46, 59, 72, 74, 76, 102, 111, 117, 223, 224, 228, 233, 253, 263

– fam. I,9,18 39, 46, 47, 59, 73–74, 76, 78, 102, 117, 223, 224, 228, 233, 253, 263 – fam. I,9,19 39, 59, 75–76, 223, 224, 253, 263 – fam. II,4 242 – fam. II,9 37–38, 78, 82–83, 118, 232 – fam. II,9,2 37, 38, 49, 78, 83, 84, 223, 225, 232, 253, 263 – fam. II,10 80, 82, 117 – fam. II,11 80, 117 – fam. II,12 117 – fam. II,13 80, 122 – fam. II,14 117 – fam. II,16 80, 117 – fam. III,1 54, 115 – fam. III,2 54, 115 – fam. III,3 54 – fam. III,4 54, 115 – fam. III,5 54, 115 – fam. III,6 115 – fam. III,7 54–55, 115, 116, 236, 239, 244 – fam. III,7,6 35, 37, 48, 54–56, 93, 116, 223, 225, 253, 263 – fam. III,8 68, 76, 115, 239, 244 – fam. III,8,8 37, 66, 68–69, 76, 115, 223, 225, 253, 263 – fam. III,9 54, 115 – fam. III,10 54, 115 – fam. III,11 54, 56, 115 – fam. III,12 54, 115 – fam. III,13 54, 115 – fam. IV,5 216 – fam. V,12 239 – fam. V,12,7 39–40, 43, 48, 66, 84, 95– 96, 98, 223, 224, 235, 253, 263 – fam. VI,6 239 – fam. VI,6,6 39, 76, 78, 223, 224, 232, 253, 264 – fam. VI,18 39, 244 – fam. VI,18,5 42, 49, 51, 59, 66, 76, 84, 102, 113, 126, 223, 224, 253, 264 – fam. VI,19,2 113 – fam. VII,1 27, 49, 50, 239, 244 – fam. VII,1,2 49–50, 77, 223, 224, 253, 264 – fam. VII,2 49

Stellenverzeichnis

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

fam. VII,3 49 fam. VII,4 49 fam. VII,5 41 fam. VII,6 64, 76, 96–97, 244 fam. VII,6,1 39, 76, 84, 95, 96, 98, 223, 224, 235, 253, 264 fam. VII,6,2 39, 66, 76, 84, 95, 97, 98, 112, 223, 224, 253, 264 fam. VII,10 42, 66, 239, 244 fam. VII,10,4 37, 42, 43, 52, 66–68, 98, 104, 223, 225, 253, 264 fam. VII,13 41, 76, 244 fam. VII,13,2 41, 42, 76, 223, 224, 253, 264 fam. VII,16 76, 244 fam. VII,16,1 39, 42, 49, 63–64, 66, 84, 98, 102, 112, 223, 224, 224, 253, 264 fam. VII,17 41 fam. VII,28,2 42, 49, 51, 78, 102, 112, 113, 223, 224, 228, 232, 253, 264 fam. VII,29,1 113, 125 fam. VII,30 37, 78, 113, 223, 225, 232, 253, 264 fam. VII,31,2 42, 61, 62, 78, 84, 113, 125, 223, 224, 230, 232, 253, 264 fam. VII,33,1 39, 40, 41, 78–79, 84, 223, 224, 233, 239, 253, 264 fam. VIII,1 80, 123 fam. VIII,2 38, 80, 83, 123, 236, 239, 244 fam. VIII,2,1 78, 80–81, 124, 232, 233, 254, 264 fam. VIII,3 80, 123 fam. VIII,4 80, 123 fam. VIII,5 80 fam. VIII,6 80, 123 fam. VIII,7 80, 123 fam. VIII,8 80, 123 fam. VIII,9 80, 123 fam. VIII,10 80, 123 fam. VIII,11 80, 122 fam. VIII,12 80 fam. VIII,13 80 fam. VIII,14 80, 123 fam. VIII,15–17 80, 123 fam. IX,1 85 fam. IX,2 83, 85

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

309

fam. IX,3 85 fam. IX,4 85 fam. IX,7 239 fam. IX,7,1 35, 49, 59, 76, 78, 84, 85–86, 223, 225, 232, 254, 264 fam. IX,7,2 35, 37, 76, 78, 84, 86–87, 223, 225, 232, 254, 264 fam. IX,6–8 85 fam. IX,14 87 fam. IX,15 118 fam. IX,16 113, 118, 125 fam. IX,19 118 fam. IX,20 118 fam. IX,21 118 fam. IX,22,1 39, 42, 77, 102, 112, 118, 119, 223, 224, 254, 264 fam. IX,24 118 fam. IX,25 118 fam. IX,26 119 fam. IX,26,2 37, 78, 84, 113, 118, 119, 223, 225, 232, 254, 264 fam. XI,29 125 fam. XII,1–12 88 fam. XII,14 77, 88 fam. XII,14,7 35, 36, 76, 78, 84, 223, 225, 254, 264 fam. XII,17 53 fam. XII,18 53 fam. XII,24 54 fam. XII,25 39, 45 fam. XII,25,5 39, 41, 45, 49, 52–53, 56, 93, 104, 223, 224, 229, 254, 264 fam. XII,25a 54 fam. XII,28 54 fam. XIII,15 35–36, 38, 97, 98, 107, 239, 244 fam. XIII,15,1 35, 36, 56–58, 59, 60, 76, 84, 94, 104, 223, 225, 230, 254, 264 fam. XIII,15,2 35, 36, 39, 49, 59, 60–61, 76, 84, 94, 107, 223, 224, 225, 230, 232, 254, 264 fam. XIII,16 35 fam. XV,3–6 39 fam. XV, 4 103 fam. XV,6 39–40, 239 fam. XV,6,1 39, 40, 42, 43, 65, 84, 98, 223, 254, 264

310 – – – – – –

Stellenverzeichnis

fam. XV,14 88 fam. XV,15 88 fam. XV,16 88, 89 fam. XV, 17,3 89 fam. XV,18 88, 89 fam. XV,19 39, 76, 77, 84, 88–89, 223, 224, 234, 254, 264 – fam. XVI,8 39, 76, 77, 107, 223, 224, 244, 254, 264 – fam. XVI,23 125 Cic. fin. – fin. I,1 103 – fin. I,3 107 – fin. II,13 38 – fin. II,32 107 – fin. V,3 109 Cic. imp.Cn.Pomp. – imp.Cn.Pomp. 11 215 Cic. inv. – inv. I,27 108 – inv. I,33 108 – inv. II,4 140 – inv. II,117 30 – inv. II,121 30 Cic. leg. – leg. II,37 110 Cic. leg.agr. – leg.agr. I,5 215 – leg.agr. II,5 215 – leg.agr. II,87 215 Cic. Mil. – Mil 75 122 Cic. n.d. – n.d. II,65 107 – n.d. III,11 106 Cic. off. – off. I,35 215, 216 – off. I,40 109 – off. III,46 216

– off. III,62 97 – off. III,82 107 Cic. or. – II,172 86 Cic. Phil. – Phil. I,36 109 – Phil. XIII,3 122 Cic. Pis. – Pis. 35 122 Cic. Q.fr. – Q.fr. I,2,1 42, 49, 59, 78, 93, 223, 224, 232, 260, 270 – Q.fr. I,2,13 42, 49, 61, 62, 93, 224, 230, 232, 260, 270 – Q.fr. II,2,3 122 – Q.fr. II,5,2–3 122 – Q.fr. II,9,2 35, 49, 109, 223, 225, 260, 270 – Q.fr. II,11,1–3 121 – Q.fr. II,14,5 35, 42, 43, 59, 66, 78, 93, 223, 225, 232, 260, 270 – Q.fr. III,1,23 39, 77, 99, 223, 224, 260, 270 – Q.fr. III,2,3 121 – Q.fr. III,5,4 8, 42, 45, 59, 78, 223, 224, 232, 260, 270 – Q.fr. III,5,8 39, 59, 78, 223, 224, 232, 260, 270 – Q.fr. III,7,1 35, 49, 59, 99, 223, 225, 260, 270 – Q.fr. III,7,2 35, 48, 49, 59, 93, 223, 225, 260, 270 Cic. rep. – rep. II,7–9 216 Cic. Scaur. – Scaur. 29 200 – Scaur. 32 121 Cic. Tusc. – Tusc. I,3 106 – Tusc. I,37 122

Stellenverzeichnis

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Tusc. I,115 107 Tusc. II,1 103 Tusc. II,13 103 Tusc. III,29 107 Tusc. III,53 216 Tusc. IV,35 38 Tusc. IV,63 107 Tusc. IV,67 39

Cic. Verr.a.s. – Verr.a.s. I,55,8 215 – Verr.a.s. IV,98,2 215 1Clem – 1Clem 13,1 143, 227 – 1Clem 34,8 169 Dio. Cass. – Dio.Cass. XXI,31 216 – Dio.Cass. XLIII,50–51 216 Dion. Chrys. – Dion.Chrys. XXXVII,7–8 215 – Dion.Chrys. XXXVII,36 215 Eur. – Phoen. 506 94 Gell. – Gell. XVII,21,1 140 Hdt. – Hdt. II,167 215 Hom. – Il. I,174–175 54, 116 – Il. I,177–180 55, 116 – Il. I,343 61 – Il. II,570 215 – Il. III,109 61 – Il. VI,208 61 – Il. VI,442 43 – Il. X,224 85 – Il. XI,784 61 – Il. XVI,112–113 48, 65 – Il. XVII,585–590 58 – Il. XVIII,15–21 58

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Il. XXII,159 98 Il. XXII,304–305 81 Od. I,302 58 Od. III,200 58 Od. VII,255–260 57 Od. IX,27–28 91 Od. IX,29–36 57 Od. IX,33 94 Od. XXII,412 90 Od. XXIV,302–314 58 Od. XXIV,452 61

LibAnt – LibAnt XXVI,13 169 Liv. – Liv. XXVII,31 215 – Liv. XXXII,17 215 – Liv. XLV,28 214, 215 Long. sublime – sublime XIII,2–3 3 – sublime XIV,1 3 Lucr. – Lucr. I,117–126 107 – Lucr. III,1037–1038 106 Nep. Att. – Att. V,2 125 – Att. V,3 125 – Att. XIII,2 125 – Att. XV,3 125 – Att. XVI,2 125 – Att. XVI,3–4 27, 125 – Dat. II,2 106 Paus. – Paus. I,2–5 217 – Paus. II,1 214, 215, 216 – Paus. II,2 216, 217 – Paus. II,3 215 – Paus. VII,16 216 Philo – LA I,31 160 – legat. 281 218

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312 Plato – Cri. 51b–c 47, 73 – leg. 711c 46, 72, 111 Plin. ep. – ep. III,1 215 – ep. III,6 215 Plin. nat. – nat. IV,10–11 215 – nat. XXXIV,6–8 215 – nat. XXXIV,48 215 Plut. – Caes. 57,8 216 – Cic. IV,5 23 – de tranq.anim. 464F 140 Polyb. – Polyb. XXX,10 215 – Polyb. XXXVIII,12 216 – Polyb. XXXIX,3 216 Ps.Iul. – ep. 198 217 Quint. inst. – inst. I,8,10 3 – inst. I,10,1 23 – inst. X,1,107 28 – inst. X,1,115 124 Sen. – brev.vit. 12,2 215 – ep. XXI,4 28 – ir. III,8,6 124

Stellenverzeichnis

Strab. geogr. – geogr. VIII,4,8 215, 216 – geogr. VIII,6,20 214, 215, 217 – geogr. VIII,6,21 215 – geogr. VIII,6,23 215, 216 – geogr. XII,2,36 217 Tac. dial. – dial. XVII,1 124 Ter. – Andr. 112 86 – Andr. 189 45, 52 – Eun. 440–445 75 – Heaut. 86 67 Thuc. – Thuc. I,13,5 215 Var. – ling. V,10 108 – ling. V,14,80 109 – ling. V,15 107, 247 – ling. VI,7 108 – ling. VII,2–3 108 – ling. VII,3,50 109 – ling. VII,4,74 106, 247 – ling. VII,5,96 109 – ling. VII,5,82 107 – rust. I,2,7 106, 247 – rust. II,2 125 Vell. – Vell. II,68 124 Xen. – cyr. VIII,8,5 46 – mem. I,6,14 140

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Autorenverzeichnis Aageson, James 17, 165, 182, 281 Abasciano, Brian 2, 15, 16, 18, 158, 219, 220, 281 Achtemeier, Paul 37, 139, 281 Aernie, Jeffrey 144, 146, 152, 185, 281 Ahrens, Herbert 107, 281 Aicher, Peter 9, 281 Albrecht, Michael von 8, 9, 10, 20, 25, 27, 53, 87, 88, 107, 108, 109, 110, 248, 281 Alexander, Loveday 139, 281 Alkier, Stefan 19, 21, 248, 281, 291 Amir, Yehoshua 160, 281 Armleder, Paul 6, 7, 8, 9, 40, 47, 49, 64, 65, 74, 90, 91, 95, 97, 98, 105, 110, 113, 281 Avemarie, Friedrich 160, 281 Bagordo, Andreas 106, 248, 281 Baier, T homas 85, 274, 282, 294 Balla, Peter 133, 136, 146, 150, 156, 158, 162, 174, 175, 183, 185, 189, 194, 195, 277 Barnett, Paul 135, 156, 162, 174, 183, 184, 190, 191, 192, 277 Barrett, Charles 17, 156, 162, 174, 183, 184, 185, 189, 195, 278, 282 Baum, Armin 17, 282 Baumann, Martin 21, 30, 282 Beale, Gregory 17, 132, 151, 162, 194, 195, 277, 278, 282 Beck, Hans 246, 282 Behrendt, Anja 42, 43, 44, 45, 48, 49, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 61, 62, 66, 67, 68, 70, 71, 75, 76, 78, 81, 82, 84, 86, 90, 91, 92, 94, 97, 98, 99, 100, 101, 104, 106, 201, 225, 228, 230, 232, 233, 282 Belke, Horst 20, 24, 282 Belleville, Linda 17, 282 Berg, Willem van den 19, 20, 30, 282 Berges, Ulrich 150, 278 Bernard, Wolfgang 56, 87, 106, 248, 282 Berndt, Frauke 19, 20, 282

Betz, Hans 14, 282 Beuken, Wim 151, 152, 153, 278 Billerbeck, Paul 133, 280 Black, Matthew 139, 161, 282 Böhl, Eduard 11, 282 Bons, Eberhard 153, 278 Bookidis, Nancy 217, 282 Brendel, Elke 19, 282 Broich, Ulrich 19, 34, 282 Brown, Paul 220, 283 Bruce, Frederick 12, 283 Büchner, Karl 44, 70, 71, 72, 73, 74, 76, 276, 283 Bultmann, Rudolf 162, 175, 278 Bünker, Michael 14, 283 Burchard, Christoph 164, 206, 283 Calboli Montefusco, Lucia 247, 283 Capes, David 133, 141, 143, 146, 149, 175, 198, 199, 227, 283 Choi, Song-Bok 157, 283 Christes, Johannes 23, 283 Ciampa, Roy 17, 141, 149, 152, 153, 154, 157, 162, 166, 171, 177, 178, 180, 182, 198, 199, 200, 278, 283 Classen, Carl 107, 248, 283 Clemen, August 169, 171, 177, 198, 283 Collins, Raymond 131, 162, 179, 180, 182, 198, 200, 206, 224, 278, 283 Conzelmann, Hans 133, 156, 157, 162, 164, 165, 167, 170, 171, 172, 176, 177, 179, 180, 183, 186, 187, 188, 196, 198, 199, 200, 278, 298 Dammann, Wilhelm 5, 8, 283 Dautzenberg, Gerhard 133, 206, 247, 283 Davies, William 248, 283 Davis, James 169, 284 Demmel, Meinolf 114, 118, 119, 284 Docherty, Susan 161, 284 Dodd, Charles 12, 16, 139, 284

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Autorenverzeichnis

Dörrie, Heinrich 12, 159, 284 Drusius, Johannes 11, 284 Dugandzic, Ivan 160, 284 Edsall, Benjamin 212, 213, 218, 236, 284 Elliott, Jackie 108, 284 Ellis, Earle 12, 13, 16, 131, 133, 138, 139, 145, 156, 161, 165, 169, 207, 224, 284 Engels, Donald 127, 217, 220, 284 Evans, Craig 14, 17, 139, 228, 283, 284, 292, 295, 296 Fee, Gordon 133, 145, 148, 152, 154, 157, 162, 164, 165, 167, 168, 169, 170, 171, 172, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 186, 187, 196, 197, 198, 199, 200, 278 Feldman, Louis 160, 284 Fewster, Gregory 27, 292 Fish, Stanley 201, 284 Fishbane, Michael 160, 284 Fisk, Bruce 2, 284 Fitzmyer, Joseph 12, 13, 128, 132, 133, 134, 136, 142, 145, 149, 153, 154, 155, 157, 159, 161, 164, 165, 166, 167, 169, 170, 171, 172, 177, 178, 179, 180, 183, 186, 187, 196, 197, 199, 200, 217, 246, 278, 285 Fögen, T horsten 25, 285 Font, Auguste 5, 285 Fowl, Stephen 17, 285 Frey, Jörg 24, 143, 161, 281, 285, 290 Friesen, Steven 218, 282, 285, 287, 288, 289, 290, 291, 292, 293, 297 Fuhrmann, Manfred 80, 275, 285 Furnish, Victor 133, 146, 147, 156, 158, 162, 173, 174, 175, 183, 184, 185, 188, 189, 192, 278 Gamble, Harry 219, 285 Garland, David 162, 167, 169, 278 Gemeinhardt, Peter 22, 23, 247, 285, 298 Gemoll, Wilhelm 197, 274 Gignilliat, Mark 17, 151, 285 Gildenhard, Ingo 74, 94, 95, 285 Goettsberger, Johann 17, 285 Goppelt, Leonhard 12, 16, 156, 160, 165, 285

Goldmann, Frank 70, 286 Gradl, Felix 149, 278 Grässer, Erich 156, 158, 162, 173, 174, 183, 184, 185, 188, 189, 191, 192, 193, 195, 278 Griffin, Miriam 74, 286 Hafemann, Scott 17, 185, 192, 195, 286 Hall, Jon 9, 10, 25, 40, 84, 95, 96, 286 Han, Paul 143, 146, 147, 151, 158, 174, 205, 286 Hanhart, Robert 138, 139, 273, 286 Hansen, Walter 17, 286 Hanson, Anthony 13, 17, 138, 139, 141, 160, 162, 174, 188, 206, 286 Harding, Mark 28, 129, 286 Harnack, Adolf von 12, 16, 286 Harris, Murray 129, 130, 133, 150, 151, 158, 162, 174, 175, 183, 184, 185, 191, 193, 194, 278 Harris, William 219, 286 Harrisville, Roy 17, 286 Hatch, Edwin 139, 286 Hays, Richard 14, 143, 145, 148, 149, 152, 154, 156, 157, 161, 163, 164, 165, 168, 169, 170, 171, 172, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 186, 187, 188, 197, 198, 200, 204, 205, 209, 278, 286, 291, 298 Heckel, Ulrich 143, 175, 286 Heil, John 2, 14, 15, 141, 143, 149, 154, 162, 166, 167, 169, 170, 172, 177, 178, 197, 198, 200, 287 Helbig, Jörg 42, 131, 134, 135, 136, 222, 287 Hengel, Martin 138, 287 Hickling, Colin 17, 287 Ho, Sin-pan 219, 220, 287 Hösle, Vittorio 74, 287 Holthuis, Susanne 19, 287 Holtz, Traugott 139, 161, 209, 213, 287 Hooker, Morna 159, 162, 287 Hoskins Walbank, Mary 217, 287 Hossfeld, Frank-Lothar 149, 155, 158, 278 Horsley, Richard 162, 278 Howind, Edgar 5, 6, 7, 287 Hübner, Hans 14, 17, 132, 133, 134, 138, 139, 287, 297

Autorenverzeichnis

Hughes, Frank 17, 287 Hunter, Anthony 49, 63, 105, 287 Hutchinson, Gregory 2, 9, 10, 25, 32, 287 Inkelaar, Harm-Jan 141, 143, 149, 169, 170, 177, 197, 198, 200, 287 Instone Brewer, David 147, 228, 288 Jäger, Wolfgang 2, 288 James, Sarah 216, 218, 288 Janko, Richard 66, 278 Jenkins, T homas 1, 92, 240, 288 Jobes, Karen 138, 139, 228, 288 Jocelyn, Henry 4, 8, 9,47, 92, 96, 97, 105, 108, 278, 288 Jöris, Steffen 154, 288 Julius, Christiane-Barbara 160, 182, 288 Junius, Franciscus 11, 288 Kamlah, Ehrhard 17, 288 Karrer, Martin 143, 152, 277, 298 Käsemann, Ernst 12, 288 Kasten, Helmut 32, 33, 38, 41, 45, 50, 51, 54, 58, 64, 65, 68, 78, 83, 84, 86, 87, 90, 92, 105, 274, 275, 276 Kaster, Robert 25, 288 Kautzsch, Emil 11, 12, 138, 288 Klauck, Hans-Josef 4, 25, 26, 32, 153, 162, 170, 171, 177, 186, 196, 241, 242, 279, 288 Klein, Richard 23, 283 Kleinknecht, Karl 162, 195, 288 Knoche, Ulrich 103, 288 Koch, Dietrich-Alex 12, 13, 14, 28, 132, 134, 135, 139, 140, 141, 142, 143, 144, 145, 146, 147, 149, 150, 153, 154, 156, 159, 162, 165, 167, 169, 171, 173, 174, 177, 178, 179, 182, 187, 188, 189, 192, 195, 197, 199, 200, 207, 218, 219, 227, 288 Kraus, Wolfgang 143, 152, 178, 214, 277, 288, 298 Kremer, Jacob 150, 156, 162, 166, 167, 174, 175, 194, 279 Kroh, Paul 92, 107, 110, 248, 288 Kujanpää, Katja 20, 30, 288 Kurczyk, Stephanie 74, 289 Kytzler, Bernhard 110, 248, 275, 289

315

Laidlaw, William 6, 289 Lambrecht, Jan 149, 150, 162, 175, 183, 184, 185, 191, 194, 195, 279, 289 Lanci, John 217, 289 Lang, Friedrich 150, 162, 174, 175, 185, 194, 279 Lange, Edmund 5, 289 Latacz, Joachim 109, 248, 279, 289 Leach, Eleanor 84, 85, 119, 289 Lefèvre, Echard 67, 86, 108, 289 Lennartz, Klaus 108, 109, 289 Liebers, Reinhold 213, 289 Lim, Timothy 1, 2, 4, 12, 13, 139, 161, 289 Lincicum, David 17, 139, 180, 206, 289 Lindars, Barnabas 12, 16, 289 Lindemann, Andreas 141, 167, 170, 177, 178, 182, 197, 199, 207, 214, 279, 289 Lips, Hermann von 12, 138, 139, 149, 289 Livesey, Nina 17, 290 Longenecker, Richard 12, 16, 290 Loretz, Oswald 226, 290 Lossmann, Friedrich 70, 71, 74, 76, 290 Lüth, Christoph 23, 283 Luz, Ulrich 12, 161, 182, 213, 290 Mäkilähde, Aleksi 89, 290 Malcovati, Enrica 6, 290 Malherbe, Abraham 4, 25, 241, 290 Manuwald, Gesine 2, 24, 25, 108, 240, 290 Marti, Heinrich 6, 108, 109, 290 Martin, Ralph 149, 150, 174, 175, 183, 194, 195, 279 Matera, Frank 162, 173, 279 Mauser, Ulrich 207, 290 McConnell, Sean 47, 74, 89, 103, 104, 290 Meeks, Wayne 157, 290 Meibauer, Jörg 19, 282 Menken, Maarten 17, 291, 293, 298, 299 Merklein, Helmut 127, 128, 141, 142, 144, 145, 152, 153, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 171, 172, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 182, 183, 186, 187, 188, 196, 199, 200, 211, 218, 279 Metzenthin, Christian 134, 159, 160, 161, 203, 204, 290

316

Autorenverzeichnis

Michel, Otto 12, 16, 134, 138, 141, 142, 143, 145, 147, 153, 207, 290 Millard, Alan 219, 220, 290 Millis, Benjamin 217, 218, 290 Mitchell, Margaret 14, 20, 24, 25, 26, 129, 211, 243, 291 Mitchell, T homas 71, 291 Möller, Lenelotte 25, 275 Morello, Ruth 39, 50, 291 Moyise, Steve 4, 17, 19, 195, 198, 206, 291, 293, 298, 299 Mulder, Martin 12, 16, 281, 284, 291 Münch, Stephan 156, 291 Murphy-O’Connor, Jerome 127, 214, 220, 291 Nairn, John 6, 291 Nassal, Franz 5, 291 Neil, Bronwen 17, 28, 291 O’Day, Gail 197, 198, 292 Öhler, Markus 17, 285, 289, 292, 296, 298 Oppermann, Irene 32, 37, 39, 54, 68, 70, 71, 80, 115, 117, 118, 292 Ortkemper, Franz-Josef 162, 164, 188, 279 Osgood, Josiah 246, 292 Patrick, James 17, 292 Patte, Daniel 160, 292 Perkins, Pheme 162, 279 Perlwitz, Olaf 125, 292 Peterson, Erik 162, 279 Pettegrew, David 215, 292 Pezzoli-Olgiati, Daria 248, 292 Pfister, Manfred 19, 34, 282 Porter, Stanley 14, 15, 17, 19, 25, 27, 30, 46, 47, 63, 73, 140, 238, 286, 292, 293, 295, 299 Prinzen, Herbert 88, 107, 108, 110, 293 Probst, Hermann 1, 160, 237, 243, 245, 293 Purser, Louis 81, 96, 273 Pütz, T heodor 5, 293 Radin, Max 5, 293 Reed, Jeffrey 4, 25, 293 Richards, Randolph 17, 293

Rife, Joseph 217, 293 Rissanen, Veli-Matti 89, 290 Roepe, Georg 11, 12, 293 Rollinger, Christian 47, 56, 88, 89, 90, 119, 293 Rose, Herbert 5, 293 Rosik, Mariusz 131, 134, 138, 139, 142, 145, 152, 155, 161, 166, 211, 213, 218, 224, 293 Rosner, Brian 157, 162, 166, 171, 177, 178, 179, 180, 182, 198, 199, 200, 206, 278, 293 Rühl, Meike 24, 38, 62, 81, 82, 83, 119, 120, 293 Sanders, James 14, 17, 284, 292, 295, 296 Sass, Gerhard 162, 293 Schaller, Berndt 12, 13, 138, 160, 199, 227, 293 Schenk, Wolfgang 211, 218, 294 Schmeller, T homas 17, 23, 24, 129, 130, 136, 142, 150, 156, 158, 162, 173, 174, 175, 183, 184, 185, 188, 189, 191, 192, 193, 194, 195, 204, 211, 220, 243, 279, 294 Schmitz, T homas 5, 9, 294 Schneider, Johannes 25, 27, 294 Schneider, Michael 155, 157, 164, 166, 183, 209, 294 Schneider, Wolfgang 54, 55, 68, 69, 70, 74, 76, 83, 294 Schnelle, Udo 212, 219, 294, 297 Schofield, Malcolm 74, 294 Scholz, Peter 23, 103, 225, 246, 282, 294 Schrage, Wolfgang 127, 128, 133, 141, 143, 144, 145, 148, 154, 156, 157, 162, 163, 164, 165, 167, 168, 169, 170, 171, 172, 176, 177, 178, 179, 181, 182, 183, 186, 187, 188, 196, 197, 199, 200, 227, 237, 241, 243, 279 Schreiner, Josef 143, 175, 198, 294 Schröder, Bianca-Jeanette 25, 232, 240, 294 Schröter, Jens 22, 294 Schultheiss, Jochen 108, 294 Schuricht, Ralf 54, 55, 68, 69, 294 Schüssler Fiorenza, Elisabeth 14, 294

Autorenverzeichnis

Schweikle, Irmgard 20, 30, 295 Schweitzer, Friedrich 22, 295 Scott, James 132, 133, 146, 147, 151, 156, 162, 174, 189, 194, 195, 279, 295 Seybold, Klaus 154, 280 Shackleton Bailey, David 25, 32, 33, 35, 38, 39, 40, 46, 47, 48, 50, 51, 52, 54, 57, 58, 62, 64, 69, 70, 72, 73, 77, 79, 80, 81, 82, 83, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 96, 97, 98, 99, 105, 106, 108, 109, 119, 228, 229, 273, 374, 280, 295 Silva, Moisés 138, 139, 228, 288 Smith, Claire 131, 133, 134, 224, 295 Smith, Moody 131, 135, 139, 159, 206, 224, 295 Soards, Marion 171, 280 Spahlinger, Lothar 2, 5, 6, 8, 9, 10, 11, 18, 19, 30, 35, 36, 37, 47, 49, 50, 63, 68, 69, 79, 87, 101, 106, 107, 108, 109, 110, 225, 295 Stahlenbrecher, Werner 7, 54, 59, 62, 64, 65, 66, 67, 69, 74, 76, 77, 79, 81, 87, 91, 95, 97, 98, 295 Stamps, Dennis 3, 14, 18, 19, 295 Stanley, Christopher 2, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 135, 137, 138, 139, 140, 141, 142, 143, 144, 145, 146, 147, 148, 152, 156, 157, 158, 162, 189, 199, 201, 210, 211, 213, 214, 219, 220, 224, 226, 227, 228, 230, 281, 284, 292, 293, 295 Stark, Rudolf 125, 295 Steele, Robert 5, 295 Steinbach, Markus 19, 282 Stettler, Christian 226, 296 Stockhausen, Carol 17, 296 Stowers, Stanley 239, 241, 242, 296 Strack, Hermann 133, 280 Strecker, Christian 21, 296 Strobel, August 162, 176, 178, 179, 196, 197, 199, 200, 280 T hiselton, Anthony 14, 127, 128, 145, 157, 162, 164, 165, 168, 170, 171, 197, 280 T holuck, August 12, 296 T hrall, Margarete 129, 136, 150, 156, 174, 185, 189, 191, 193, 194, 243, 280 Tischer, Ute 19, 20, 29, 100, 201, 282, 293, 296

317

Tiwald, Markus 160, 161, 296 Tomson, Peter 1, 240, 296 Tonger-Erk, Lily 19, 20, 282 Trapp, Michael 24, 25, 28, 32, 36, 240, 246, 296 Tuckett, Christopher 143, 197, 219, 296 Turpie, David 12, 296 Ulonska, Herbert 12, 133, 168, 169, 220, 296 Unnik, Willem van 17, 296 Vegge, Tor 23, 24, 296 Veltri, Guiseppe 248, 296 Vielhauer, Philipp 133, 140, 224, 296 Vliet, Hendrik van 200, 296 Vollmer, Hans 11, 12, 138, 296 Vretska, Karl 197, 274 Wagner, Ross 14, 15, 17, 20, 139, 206, 228, 297 Walter, Nikolaus 155, 159, 209, 297 Walther, Gerrit 21, 22, 23, 30, 297 Wardman, Alan 9, 297 Watson, Francis 12, 297 Watt, William 37, 47, 68, 82, 96, 273 Weiss, Johannes 14, 135, 280, 297 Wenskus, Otta 35, 297 White, Devin 23, 24, 149, 169, 220, 243, 297 White, John 232, 239, 240, 245, 297 White, Michael 215, 297 White, Peter 43, 84, 98, 99, 297 Wickkiser, Bronwen 217, 297 Wieland, Christoph Martin 71, 72, 275 Wilcox, Amanda 9, 10, 25, 35, 54, 68, 70, 103, 297 Wilk, Florian 14, 17, 20, 129, 130, 132, 133, 137, 141, 142, 144, 145, 146, 147, 149, 151, 152, 153, 157, 158, 159, 162, 167, 168, 169, 170, 177, 185, 186, 187, 194, 195, 196, 198, 199, 201, 202, 203, 205, 206, 207, 208, 209, 210, 213, 238, 239, 243, 247, 285, 289, 292, 297, 298 Willcock, Malcolm 32, 33, 45, 280 Williams, Drake 200, 201, 212, 213, 298, 299 Winter, Bruce 217, 220, 299

318

Autorenverzeichnis

Wolff, Christian 143, 147, 149, 156, 157, 158, 162, 164, 166, 168, 172, 173, 176, 177, 180, 182, 183, 185, 188, 189, 190, 192, 193, 194, 195, 196, 197, 200, 227, 280, 299 Works, Carla 17, 157, 182, 183, 299 Wright, Frederick 6, 7, 107, 108, 109, 299 Wright, Nicholas 195, 299 Wuellner, Wilhelm 14, 299 Wünsch, Hans-Michael 174, 299 Zeilinger, Franz 156, 162, 173, 174, 189, 280

Zeiner-Carmichael, Noelle 27, 299 Zeller, Dieter 127, 128, 132, 135, 136, 143, 145, 146, 151, 154, 156, 162, 163, 164, 165, 167, 169, 171, 172, 177, 180, 181, 182, 186, 187, 188, 196, 197, 199, 200, 207, 211, 227, 246, 280 Zenger, Erich 149, 155, 158, 278 Zillinger, Wilhelm 5, 6, 8, 9, 49, 53, 100, 108, 109, 113, 299 Zimmermann, Bernhard 53, 108, 109, 248, 275, 276, 299

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Stichwortverzeichnis Adressat – A. Caecina 108, 239 – M. Caelius Rufus 37, 49, 80, 82, 108, 114, 117, 123 – C. Cassius Longinus 77, 88, 89, 90, 234 – App. Claudius Pulcher 36, 37, 54, 55, 56, 68, 69, 76, 114, 115, 116, 121, 122, 239, 244 – P. Cornelius Lentulus Spinther d. Ä. 69, 70, 71, 72, 75, 76, 77, 112, 114, 116, 117, 122, 239, 241 – P. Cornelius Lentulus Spinther d.J. 77, 78, 244 – Q. Cornificius 45, 52, 53, 54, 229 – M. Curius 37, 42, 49, 62, 112, 125 – C. Iulius Caesar 35, 36, 41, 43, 48, 49, 56, 57, 61, 64, 66, 67, 68, 70, 71, 73, 75, 76, 79, 80, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 92, 93, 94, 95, 104, 108, 117, 119, 123, 124, 216, 217, 232, 239, 244 – M. Iunius Brutus 28, 32, 33, 105, 124 – Korinther 1, 4, 20, 27, 28, 129, 131, 132, 133, 135, 136, 137, 140, 148, 149, 151, 153, 156, 157, 158, 159, 161, 162, 163, 165, 167, 170, 171, 172, 173, 174, 175, 176, 178, 180, 181, 182, 183, 186, 188, 189, 190, 191, 193, 194, 195, 196, 198, 199, 200, 201, 202, 204, 205, 206, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215, 216, 220, 221, 222, 223, 224, 225, 226, 227, 228, 229, 230, 231, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 238, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245, 246, 250, 251 – Q. Lepta 49, 51, 59, 113, 126 – L. Lucceius 39, 95, 96, 235, 239 – M. Marius 27, 49, 50, 239 – L. Papirius Paetus 5, 37, 113, 114, 118, 119, 124, 125 – T. Pomponius Atticus 5, 6, 8, 28, 32, 33, 34, 37, 39, 42, 43, 45, 49, 54, 62, 65, 71, 76, 78, 80, 81, 82, 83, 84, 90, 91, 92,

– – – – – –

93, 94, 98, 99, 105, 106, 108, 109, 110, 113, 114, 117, 119, 120, 121, 122, 124, 125, 228, 229, 230, 232, 234, 244 M. Porcius Cato 39, 40, 58, 65, 103, 239 M. Terentius Varro 36, 37, 43, 49, 63, 84, 85, 87, 88, 106, 107, 108, 109, 114, 125, 239, 247 C. Trebatius Testa 37, 41, 43, 49, 64, 66, 67, 68, 76, 97, 98, 112, 114, 235, 239, 244 Q. Tullius Cicero 28, 32, 36, 42, 45, 49, 71, 77, 93, 99, 105, 109, 114, 121, 122, 232, 244 Tiro 32, 77, 125, 244 C. Volumnius Eutrapelus 78, 79

Beziehung – Freundschaft 10, 26, 53, 54, 55, 68, 69, 70, 71, 75, 77, 83, 84, 88, 90, 91, 92, 98, 99, 115, 117, 118, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 239 – Gemeinde 2, 16, 26, 27, 28, 33, 127, 128, 129, 130, 133, 135, 147, 149, 154, 155, 156, 157, 167, 169, 170, 173, 178, 179, 180, 182, 184, 188, 190–200, 201– 221, 226, 230, 233–245, 250, 251 – Gemeinschaft 30, 125, 247 – Höflichkeit 10, 84, 95, 96, 99, 120, 250 – Identität 21, 22, 30, 107, 111, 119, 130, 147, 206, 246, 248 Bildung – Ausbildung/Weiterbildung 23, 36, 111, 113, 122, 123, 225, 246, 249 – Bildungsbegriff 21, 111, 221 – Bildungsgrad 42, 120 – Bildungsgut 30, 84, 88, 90, 103, 107, 111, 234, 246, 248, 249, 250, 251 – Bildungserwartung/-voraussetzung 2, 47, 100, 101, 102, 104, 110, 119, 124, 158, 201, 202, 219, 225, 229, 247

320

Stichwortverzeichnis

– Bildungshintergrund/-horizont/ -situation 28, 30, 33, 96, 97, 100–126, 137, 201–221, 232, 235, 245, 249 – Bildungsideal/-ziel 23, 114, 122 – Bildungsgrundlage/-inhalt/-kanon/ -wissen 23, 103, 108, 234, 249 – Bildungsinstitution 23, 24 – Bildungsprozess/-vorgang 2, 23, 100, 111, 112, 113, 202, 207, 208, 210, 251 Brief – Briefanlass 70, 71, 105, 239, 240, 242 – Briefaufbau 26, 30, 39 – Briefaustausch/briefliche Korrespondenz 4, 7, 24, 25, 33, 52, 68, 78, 88, 106, 115, 234, 236, 240, 242, 246 – Briefgattung 4, 6, 7, 9, 10, 24–26, 76, 78, 127, 222, 232, 235, 239, 240–244, 245, 251 – Briefe Ciceros 1, 2, 5–10, 17, 20, 27–28, 32–126, 222–251 – Briefe des Paulus 1, 2, 11–17, 21, 27–28, 127–221, 222–251 – Briefkonvention 3, 4, 26 – Briefpartner 24, 70, 84, 85, 87, 88, 90, 91, 93, 97, 101, 102, 104, 111, 113, 114, 115, 117, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 125, 234, 245, 249, 250, 251 – Briefpraxis 4, 20, 27, 224, 229, 231, 235, 250, 251 – Briefsammlung 4, 7, 25, 27–29, 32–33, 38, 45, 65, 76, 78, 80, 81, 83, 105, 109, 116, 124, 228, 232, 239, 244, 248 – Briefsituation 10, 11, 17, 26, 242 – Freundschaftsbrief 76, 79, 81, 127, 233, 241, 242 Dichtung – Accius 7, 39, 41, 51, 79, 105, 109, 224 – Aischylos 105, 230 – Aristophanes 105, 110 – Atilius 105, 110 – Caecilius 7, 38, 105, 108 – Dichtervers/-zitat 1, 4, 7, 8, 9, 11, 22, 69, 77, 86, 92, 101, 105, 106, 118, 225, 229, 231, 234 – Ennius 7, 41, 87, 96, 97, 105, 107, 108, 110, 112, 224, 235, 247, 248

– Epicharmos 105, 110 – Euripides 36, 60, 61, 77, 94, 95, 97, 105, 107, 108, 110, 136, 246, 247, 248 – Hesiod 51, 59, 106, 113, 126 – Homer 3, 9, 36, 43, 46, 54, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 65, 66, 81, 82, 85, 87, 90, 91, 93, 94, 95, 98, 105, 106, 107, 110, 116, 159, 215, 229, 232, 247, 248 – Kallimachos 106, 110 – Leonidas 92, 106, 234 – Menander 67, 105, 108, 109, 110, 136 – Metrum 10, 35, 37, 38, 43, 62, 64, 67, 68, 75, 79, 81, 83, 86, 87, 106, 116, 118, 120, 124, 225, 247, 253–259 – Naevius 7, 39, 40, 50, 64, 65, 95, 105, 110, 235, 248 – Pacuvius 80, 81, 105 – Phokylides 106, 110 – Plautus 7, 105, 108, 109 – Sophokles 45, 105, 109 – Terenz 7, 43, 45, 52, 53, 54, 66, 67, 70, 75, 76, 86, 87, 105, 108, 109, 110, 117, 229, 247, 248 – Trabea 38, 83, 105, 118 – Turpilius 105, 224 Fachbereich – klassische Philologie 2, 4, 5, 9, 14, 17 – neutestamentliche Theologie/Wissenschaft/Forschung 2, 4, 15, 16, 17, 18, 19, 21 Kommunikation – Absender/Autor 1–4, 5, 6, 7, 8, 16, 17, 18, 20, 120, 26, 27, 30, 31, 34, 49, 95, 100, 114, 125, 130, 159, 201, 202, 204, 207, 210, 229, 231, 235, 236, 245, 249 – Absicht/Intention 2, 18, 19, 20, 27, 41, 48, 49, 56, 62, 100, 103, 130, 139, 141, 142, 144, 147, 159, 172, 193, 196, 199, 201, 203, 205, 226, 227, 235, 244, 246 – Adressat/Empfänger/Leser 1–4, 5, 8, 10, 11, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 47, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 61, 65, 66, 67, 68, 70, 76, 77, 78, 79, 84, 88, 91, 92, 93, 95, 96, 100, 101, 102, 103, 104, 106, 108, 109, 110,

Stichwortverzeichnis

111–126, 130, 135, 136, 137, 147, 156, 157, 158, 159, 162, 166, 168, 178, 181, 190, 191, 194, 198, 201, 202, 203, 204, 207–221, 222, 223, 224, 226, 228, 229, 230, 231, 232, 234, 235, 236, 239, 240, 241, 242, 243, 244, 245–247, 249, 250, 251 – Kommunikationsgeschehen/ -prozess/-vorgang 4, 9, 20, 24, 26, 27, 100, 130, 162, 201, 235 – Kommunikationssituation 3, 4, 26, 27, 28, 121, 125, 222, 235–249, 250 Philosophie – Epikur 89, 106, 118, 234 – griechische Philosophie 102, 103, 220 – Platon 46, 47, 70, 71, 72, 73, 74, 76, 78, 95, 102, 103, 106, 111, 117, 228 – philosophisches Interesse 88, 89, 90, 117, 120 Religion – religiöse Bildung/Unterweisung 2, 24, 26 – religiöse Praxis/Kulte 23, 217, 246, 249 – religiöse Tradition/Texte 21, 247 – religiöses Wissen 21 – religiöse Gruppierung/Zusammen­ setzung 211, 220, 236 Schrift – Autorität 10, 16, 30, 41, 42, 43, 47, 60, 61, 62, 73, 74, 78, 87, 89, 97, 103, 107, 108, 111, 133, 143, 169, 185, 199, 203, 207, 209, 211, 212, 213, 214, 220, 224, 225, 228, 233, 237, 245, 247, 248, 249, 250 – Schriftauslegung 2, 12, 147, 159, 160, 161, 231, 250 – Schriftbezug 2, 11, 12, 15, 16, 18, 28, 130, 135, 136, 137, 157, 161, 187, 201, 202, 203, 208, 210, 213, 226, 237, 238, 244, 246, 249, 250, 251

321

– Schriftgebrauch 1, 2, 12, 15, 17, 140, 161, 213 – Schriftkenntnis 2, 15, 16, 135, 158, 203, 205, 207, 208, 221, 226, 230 – Schriftzitat 1, 12, 13, 28, 148, 159, 162, 163, 167, 168, 170, 171, 173, 175, 176, 177, 178, 180, 190, 199, 201, 202, 203, 204, 206, 207, 208, 212, 213, 214, 219, 221, 224, 227, 229, 237, 238, 243, 248 – Schriften Israels 2, 3, 12, 28, 130, 131, 134, 136, 137, 138, 141, 143, 147, 148, 149, 169, 183, 190, 198, 201, 202, 204, 205, 207, 210, 212, 213, 221, 223, 226, 227, 234, 237, 245, 246, 247, 248, 249, 250 – Tradition 3, 4, 11, 18, 21, 22, 30, 88, 96, 97, 107, 111, 130, 138, 142, 143, 147, 155, 157, 161, 165, 168, 169, 171, 185, 186, 187, 191, 194, 197, 204, 205, 213, 241, 246, 248, 250, 251 Zitation – Funktion 2, 3, 4, 7, 8, 9, 10, 11, 14, 15, 17, 20, 26, 30, 31, 33, 40, 42 55, 56, 59, 62–99, 101, 111, 120, 125, 130, 162–199, 202, 203, 222, 224, 226, 227, 231–235, 250, 251, 263–272 – Kontextualisierung 11, 29, 30, 51–61, 93, 100, 104, 130, 148–161, 162, 166, 177, 189, 192, 194, 201, 202, 207, 229– 230 – Markierung 10, 11, 14, 20, 29, 30, 31, 33–43, 52, 62, 63, 79, 83, 87, 95, 100, 101, 104, 116, 118, 125, 130, 131–137, 171, 175, 189, 201, 202, 203, 204, 207, 208, 222–227, 246, 250, 253–263 – Wortlaut 8, 9, 11, 13, 14, 29, 30, 31, 33, 37, 44–49, 52, 58, 72, 73, 82, 90, 91, 94, 95, 101, 102, 103, 111, 113, 130, 137–147, 151, 152, 166, 173, 177, 179, 187, 189, 192, 202, 204, 207, 208, 222, 227–229, 246, 250, 251