Bürgerbeeinflussung durch Berichterstattung staatlicher Stellen: Zugleich ein Beitrag zur Dogmatik des staatlichen Informationshandelns [1 ed.] 9783428553723, 9783428153725

Verfassungsschutzbericht, Umweltbericht, Jahreswirtschaftsbericht – Berichte sind ein vielgenutztes Mittel staatlicher I

160 92 2MB

German Pages 393 Year 2018

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Bürgerbeeinflussung durch Berichterstattung staatlicher Stellen: Zugleich ein Beitrag zur Dogmatik des staatlichen Informationshandelns [1 ed.]
 9783428553723, 9783428153725

Citation preview

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1369

Bürgerbeeinflussung durch Berichterstattung staatlicher Stellen Zugleich ein Beitrag zur Dogmatik des staatlichen Informationshandelns

Von

Marcel Kühn

Duncker & Humblot · Berlin

MARCEL KÜHN

Bürgerbeeinflussung durch Berichterstattung staatlicher Stellen

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1369

Bürgerbeeinflussung durch Berichterstattung staatlicher Stellen Zugleich ein Beitrag zur Dogmatik des staatlichen Informationshandelns

Von

Marcel Kühn

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn hat diese Arbeit im Jahre 2017 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: CPI buchbücher.de, Birkach Printed in Germany

ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-15372-5 (Print) ISBN 978-3-428-55372-3 (E-Book) ISBN 978-3-428-85372-4 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern Sonja und Walter Kühn

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2017 von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten für die Veröffentlichung bis November 2017 berücksichtigt werden. Mein erster und besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Dr. Wolfgang Durner, LL.M. Er hat das Promotionsvorhaben von Beginn an mit vielen hilfreichen Anregungen und großem Enthusiasmus gefördert, mir aber zugleich alle wissenschaftliche Freiheit belassen. Eine bessere Betreuung hätte ich mir nicht wünschen können. Herrn Prof. Dr. Heiko Sauer danke ich für die Übernahme und die rasche Fertigstellung des Zweitgutachtens. Die Erstellung der Arbeit wurde durch ein Promotionsstipendium der KonradAdenauer-Stiftung gefördert. Hierfür und für die vielen persönlichen Impulse, die ich durch die ideelle Förderung erhalten habe, bleibe ich der Konrad-AdenauerStiftung in Dankbarkeit verbunden. Meinen Freunden Jonas Jossen und Martin Thelen, LL.M, die mit mir Freude und Sorgen des Doktorandenlebens geteilt haben, danke ich für die vielen spannenden Diskussionen und die schöne gemeinsame Zeit. Andrea Gröne danke ich für ihre Hilfe bei der sprachlichen Korrektur der Dissertationsschrift. Meiner Freundin Julia Gröne-Tietz danke ich für ihre Ermutigung, die immerwährende Unterstützung und ihr Verständnis bei der Anfertigung der Dissertation. Vor allem aber danke ich ihr für ihre Liebe, die mir in den vergangenen Jahren mehr Kraft gegeben hat, als sie selbst vermutlich weiß. Mein letzter Dank gilt meinen Eltern Sonja und Walter Kühn, die mich vom ersten Tag an auf meinem Ausbildungsweg begleitet und mich immer ermutigt haben, auf diesem Weg weiterzugehen. Ihnen widme ich diese Arbeit. Bonn, im November 2017

Marcel Kühn

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

Kapitel 1 Untersuchungsgegenstand

29

Definition eines Berichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bericht im Verständnis der Alltagssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Bericht aus Sicht der Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der historisch-juristische Berichtsbegriff des Reichsgerichts . . . . . . . . . . b) Impressionen aus der Betriebswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Modifikationen der vorgestellten Berichtsverständnisse . . . . . . . . . . . . . . aa) Der zeitliche Faktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der wertungsoffene Tatsachenbegriff? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Faktor der Regelmäßigkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der Bericht im Sinne des § 75 GO BT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis der Berichtsdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 29 30 30 32 33 33 34 35 37 37

II. Staatliche Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

III. Bürgerbeeinflussung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

I.

Kapitel 2

I.

Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

41

Kategorien der Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Berichtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Berichtsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesamt-, Ressort- und Maßnahmenberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Arten des Berichtsgegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Tätigkeitsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Wissensbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Erfahrungsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Berichterstatter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Adressierung des Berichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Periodizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Funktionen von Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42 42 43 43 44 44 45 45 46 48 49 50

10

Inhaltsverzeichnis a) Informationsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Folgefunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Handlungsvorbereitung und Bewusstseinsbeeinflussung . . . . . . . . . . . (1) Handlungsvorbereitung für staatliche Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Beeinflussende Wirkung beim Bürger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Aufklärungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Warnfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Prangerfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kontroll- und Rechtfertigungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Kontrolle und Rechtfertigung gegenüber staatlichen Stellen . . . . (2) Mittel der Selbstdarstellung gegenüber der Öffentlichkeit . . . . . . cc) Evaluationsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Planungsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51 51 51 52 52 53 54 55 55 56 56 57 58

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Verfassungsschutzbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Verfassungsschutzbericht 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Rechtsprobleme der Verfassungsschutzberichterstattung . . . . . . . . . . . aa) Die Problematik des Eingriffs durch Berichterstattung . . . . . . . . . . . . bb) Die Problematik der Verdachtsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erkenntnisse aus der Untersuchung des Verfassungsschutzberichts . . . . . 2. Der Umweltzustandsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Umweltzustandsbericht 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsprobleme der Umweltzustandsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Normative Vorgaben für die Umweltzustandsberichterstattung . . . . . bb) § 11 UIG als Ermächtigungsgrundlage für einen Grundrechtseingriff d) Erkenntnisse aus der Untersuchung der Umweltzustandsberichterstattung 3. Der Bericht des BfDI zum Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Tätigkeitsbericht zum Datenschutz für die Jahre 2011 und 2012 . . . . aa) Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59 60 60 63 63 64 66 67 68 68 70 71 71 71 73 73 73 75 76 77 77 80 82 82 82 85 85

Inhaltsverzeichnis

11

bb) Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsprobleme der Berichterstattung zum Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . aa) Warnungs- und Prangerberechtigung für den BfDI? . . . . . . . . . . . . . . (1) Lösung nach dem geltenden BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Perspektive DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Berichterstattung unter Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht d) Erkenntnisse aus der Untersuchung des Berichts des BfDI zum Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Jahreswirtschaftsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Jahreswirtschaftsbericht 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsprobleme der Jahreswirtschaftsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . d) Erkenntnisse aus der Untersuchung der Jahreswirtschaftsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Jahresbericht des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Jahresbericht 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsprobleme der Jahresberichterstattung des BBK . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erkenntnisse aus der Untersuchung der Jahresberichterstattung des BBK 6. Der Erfahrungsbericht über die Anwendung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Erfahrungsbericht ÜGRG vom 17.10.2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Text und Darstellung der Evaluierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) (Rechts-)Probleme des Erfahrungsberichts ÜGRG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zulässigkeit der Erweiterung des Berichtsgegenstands . . . . . . . . . . . .

85 87 88 88 88 89 93 94 96 96 96 97 97 97 99 100 100 101 101 101 102 102 102 104 105 105 106

106 106 107 107 108 109 110 110 110

12

Inhaltsverzeichnis bb) Selbstverpflichtung der Bundesregierung durch Abgabe einer Zusage (1) Einhaltung der Zusicherung im konkreten Fall . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtliche Verbindlichkeit einer verfassungsrechtlichen Zusage cc) Insignifikantes statistisches Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erkenntnisse aus der Untersuchung des Erfahrungsberichts zum ÜGRG . 7. Der Bericht über die Ergebnisse der Evaluation des VIG . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Erfahrungsbericht VIG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Text und Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsprobleme des Erfahrungsberichts VIG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Rechtsverbindlichkeit eines Bundesratsbeschlusses . . . . . . . . . . . bb) Eingriff in die Rechte der DUH e. V. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erkenntnisse aus der Untersuchung der Berichterstattung über die Ergebnisse der VIG-Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Exkurs Europäische Berichterstattung: Der Bericht zur Umsetzung der UI-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kategorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Erfahrungsbericht UI-RL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Text und Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gestaltung und Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Übertragbarkeit des Leitfaden-Modells auf deutsche Erfahrungsberichte? d) Erkenntnisse aus der Untersuchung der europäischen Erfahrungsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

111 111 112 112 113 113 113 114 114 115 116 116 117 117 117 118 119 119 120 120 122 122 123

III. Folgerungen aus der Untersuchung der Berichtspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

Kapitel 3 Berichte staatlicher Stellen im System staatlichen Informationshandelns 125 I.

Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Formenlehre im Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Nutzen und Grenzen einer Formenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verwaltungshandeln, Handlungsformen, Rechtsformen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schlichtes Verwaltungshandeln und Informelles Verwaltungshandeln . . . . . . a) Das schlichte Verwaltungshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das informelle Verwaltungshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Merkmale des informellen Verwaltungshandelns . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtliche Unverbindlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

125 125 125 128 129 130 132 133 133

Inhaltsverzeichnis

13

(2) Das Fehlen einer ausdrücklichen Normierung . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Alternativitätsverhältnis zur tradierten Rechtsform . . . . . . . . . . . (4) Das Kooperationsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Verhältnis des informellen Verwaltungshandelns zum schlichten Verwaltungshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einordnung des staatlichen Informationshandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Staatliches Informationshandeln als Publikumsinformation . . . . . . . . . . . b) Staatliches Informationshandeln als schlichtes Verwaltungshandeln . . . . c) Staatliches Informationshandeln als informelles Verwaltungshandeln . . . aa) Die fehlende rechtliche Normierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Alternativität zu den regelnden Handlungsformen . . . . . . . . . . . . cc) Das Kooperationsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Weitere Argumente gegen eine Zuordnung zum informellen Verwaltungshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis zum staatlichen Informationshandeln als Verwaltungshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

133 136 137 139

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns . . . . . . . . . 1. Die Typen staatlichen Informationshandelns nach der herrschenden Lehre . . a) Informationen über Staatstätigkeit – Öffentlichkeitsarbeit im engeren Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben – Aufklärung, Empfehlung, Warnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Empfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Warnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Berichterstattung als Typus staatlichen Informationshandelns? . . . . . . . . . . . a) Berichterstattung als eigene Kategorie staatlichen Informationshandelns? aa) Berichterstattung als reines Mittel der Informationsvermittlung . . . . (1) Berichte als multifunktionales Mittel in der staatlichen Informationspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Steuerungswirkung reiner Tatsachenmitteilung . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die normative Anlegung des Typs Bericht durch den Gesetzgeber? . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Berichterstattung als Unterfall eines anderen Typus staatlichen Informationshandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Berichterstattung als Typensammlung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis zur Einordnung der Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . 3. Rückschlüsse aus der Berichterstattungspraxis für die Typisierung staatlichen Informationshandelns? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Besonderheit staatlicher Berichterstattung als Gegenargument . . . . . . . . .

139 142 142 144 145 146 146 147 152 155 155 155 156 158 159 160 161 162 163 163 165 168 170 174 174 175 176 176 176

14

Inhaltsverzeichnis b) Kritik an der Struktur der Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Warnung und Empfehlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Warnung/Empfehlung und Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kritik an der Differenzierung Informationen über Staatstätigkeit/Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Abgrenzung anhand des Informationsgegenstands . . . . . . . . . . . . bb) Die Trennung von Bewusstseins- und Verhaltensbeeinflussung . . . . . cc) Differenzierung anhand der informierenden staatlichen Stelle . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Folgen für die Differenzierung von staatlichen Informationshandlungen . . aa) Die rechtliche Relevanz der Unterscheidungen nach diesem Modell bb) Das Argument normativer Anlegung eines differenzierten Modells . . cc) Begrenzung des Modells auf eine reine Typisierung ohne rechtsdogmatische Aussagekraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

177 177 181 184 184 186 188 188 189 189 191 193

III. Zwischenergebnis zur Berichterstattung staatlicher Stellen im System staatlichen Informationshandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

Kapitel 4

I.

Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

196

Erster Problemkreis: Die Berichtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rechtsverbindlichkeit der Berichtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Verbindlichkeit von Berichtsersuchen durch Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zulässigkeit einfachgesetzlicher Regelungen im verfassungsrechtlichen Inter-Organverhältnis von Bundestag und Bundesregierung . . bb) Verfassungsrechtliche Informationsansprüche als Grundlage gesetzlicher Berichtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Verbindlichkeit von Berichtsersuchen durch Beschluss . . . . . . . . . . . . aa) Beschlüsse des Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Rechtsnatur, Zulässigkeit und Verbindlichkeit von allgemeinen Parlamentsbeschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bundestagsbeschlüsse als Ausprägung eines verfassungsrechtlichen Informationsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verfassungsrechtliche Informationsansprüche des Bundestags gegen die Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Das Zitierrecht des Bundestages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Das Frage- und Interpellationsrecht des Bundestages . . (b) Berichtsbeschlüsse als Ausprägung eines verfassungsrechtlichen Informationsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

196 196 196 197 200 201 201 201 202 205 205 206 207 211

Inhaltsverzeichnis

15

(aa) Berichtsbeschlüsse als Ausprägung des Zitierrechts? . . (bb) Berichtsbeschlüsse als Ausprägung des Frage- und Interpellationsrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Kein abgeschlossener Katalog von Interpellationsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Strukturelle Unterschiede zwischen Berichtsbeschlüssen und Interpellation? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (g) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Problem der Diskontinuität für Berichtsbeschlüsse . . . . . . . . . . . . (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beschlüsse des Bundesrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Informationsansprüche des Bundesrates gegenüber der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Berichtsbeschlüsse des Bundesrates als Ausprägung von Art. 53 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Adressatenkreis verbindlicher Berichtsbeschlüsse . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Normative Vorgaben für die Berichterstattung aus der Berichtsgrundlage . . a) Beispiele für normative Vorgaben der Berichtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . aa) Vorgaben über die Periodizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vorgaben über die Berichtsform, -veröffentlichung und -ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Vorgaben über den Berichtsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grenzen der Verbindlichkeit von normativen Vorgaben aufgrund der Art der Berichtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verbindliche Vorgaben über den Inhalt in Beschlüssen . . . . . . . . . . . . bb) Verbindliche Vorgaben über die Periodizität in Beschlüssen . . . . . . . cc) Differenzierung bei Vorgaben über Ausgestaltung, Verbreitung und Form in Beschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausgestaltung normativer Vorgaben durch den Berichterstatter . . . . . . . . d) Normative Vorgaben als inhaltliche Grenze der Berichterstattung . . . . . . aa) Grenzen der Ergänzung des Berichtsgegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Grenzen der Erweiterung des Berichtsgegenstands . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung zum ersten Problemkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

212

II. Zweiter Problemkreis: Die Berichtskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Recht zur Berichterstattung als Teil der staatlichen Kompetenzordnung 2. Kompetenz zur Berichterstattung aufgrund von Gesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kompetenz zur Berichterstattung aufgrund von Beschlüssen . . . . . . . . . . . . . 4. Kompetenz zur Berichterstattung aus eigener Initiative . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Informationsgegenstand als Ausgangspunkt der herrschenden Lehre aa) Information über Staatstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

214 214 215 220 220 226 227 227 229 230 230 231 231 231 232 232 233 234 234 235 236 238 238 239 240 240 241 242 243 245 245 246

16

Inhaltsverzeichnis bb) Information zur Erfüllung von Staatsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Problem der Überschneidung aufgrund der Multifunktionalität von Berichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Informationskompetenz ermitteln: Das Beispiel der Staatsleitung als zuständigkeitsbegründende Norm für die Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Staatsleitung als Grundlage einer Informationskompetenz für die Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Mängel einer Informationskompetenz der Staatsleitung . . . . . . . . cc) Folgen für die staatliche Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung zum zweiten Problemkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III. Dritter Problemkreis: Berichterstattung unter dem Gebot der parteipolitischen Neutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gebote staatlicher Neutralität im Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Gebot der parteipolitischen Neutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die vier Grenzen der politischen Neutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Absolute Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Absolut-formelle Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Absolut-inhaltliche Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Temporäre Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Temporär-quantitative Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Temporär-qualitative Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sachliche Information aus akutem Anlass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bereichsausnahme für Information zur Erfüllung von Staatsaufgaben? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zufälliger Zusammenfall von Wahlkampf und Berichterstattung . . . . (1) Umgehung durch parlamentarische Behandlung von Berichten? . (2) Umgehung durch kollusives Schaffen von Berichtspflichten in der Vorwahlzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zugang zu Berichten im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung zum dritten Problemkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vierter Problemkreis: Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Bürger als Ziel staatlicher Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die negative Informationsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Meinungsbildungsfreiheit und der Grundsatz der staatsfreien Willensbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis zur Zulässigkeit der Adressierung von Bürgern . . . . . . 2. Der Bürger als Objekt staatlicher Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

246 246 250 250 251 253 253 254 254 255 257 258 258 258 259 260 261 262 263 263 264 268 269 271 273 276 276 277 277 278 280 281 281

Inhaltsverzeichnis a) Private in der staatlichen Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einfach-rechtliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Datenschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Das BDSG als Grenze im Rahmen der Erstellung von Berichten (2) Das BDSG als Grenze im Rahmen der Erstattung von Berichten (3) Perspektive DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die wesentlichen Aussagen der DSGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Ein neues BDSG – Lösung der Veröffentlichungsproblematik? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bereichsspezifische Geheimhaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Allgemeine Geheimhaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Geheimhaltungsvorschriften in Berichtsgesetzen . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis zu den einfach-rechtlichen Grenzen der Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verfassungsrechtliche Grenzen: Die Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Glykol und Osho – Eine „Kurskorrektur“ in der Grundrechtsdogmatik? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Gewährleistungsbereich – Deutung eines grundrechtsdogmatischen Begriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Das funktionale Äquivalent – mittelbar faktische Belastung – moderner Eingriffsbegriff? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Eine Korrektur der Kurskorrektur des BVerfG? . . . . . . . . . . . . . . (a) Inkonsistenz der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Verkürzung des Grundrechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Dogmatische Fragwürdigkeit eines überdifferenzierten Grundrechtskonzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Ablehnung der BVerfG-Judikatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Lösung durch eine großzügigere Annahme eines funktionalen Äquivalents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Das funktionale Äquivalent in der Rechtsprechung des BVerwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Mittelbare Abkehr vom zweistufigen Modell des BVerfG . . . . . . cc) Die verfassungsrechtlichen Grenzen staatlicher Berichterstattung im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Das funktionale Äquivalent und staatliche Berichterstattung . . . (a) Die Finalität als zentrales Kriterium eines funktionalen Äquivalents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Berichte als funktionales Äquivalent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anforderungen an die Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Vorbehalt des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Die Geltung des Vorbehalts des Gesetzes für staatliches Informationshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 281 282 282 285 287 291 291 294 295 296 297 298 299 299 301 302 304 304 307 309 311 311 312 313 313 314 314 316 317 318 318

18

Inhaltsverzeichnis (bb) Unentbehrlichkeit einer einfach-gesetzlichen Regelung – Keine verfassungsunmittelbare Befugnis aus der Kompetenz der Staatsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Der Vorbehalt des Gesetzes für staatliche Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Wahrung der Kompetenzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Gebot der Verhältnismäßigkeit und seine besonderen Ausprägungen im staatlichen Informationshandeln . . . . . . . . . . . . (aa) Exkurs: Die objektive Bedeutung von Richtigkeit und Sachlichkeit als allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Gebot der Richtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Gebot der Sachlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Pflicht zur vorherigen Anhörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung zum vierten Problemkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

321 324 326 326

329 329 331 332 337

Kapitel 5 Rechtsschutz und Staatshaftung

339

Rechtsschutz unter staatlichen Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abwehr staatlicher Berichterstattung durch andere staatliche Stellen . . . . . . 2. Durchsetzung staatlicher Berichterstattung durch andere staatliche Stellen . . 3. Verwaltungsprozessuale Durchsetzung und Abwehr von Berichten durch staatliche Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

339 339 341

II. Rechtsschutz privater natürlicher oder juristischer Personen . . . . . . . . . . . . . 1. Die präventive Abwehr staatlicher Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Restitution nach Veröffentlichung eines Berichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Kompensation für veröffentlichte Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Amtshaftungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Weitere Kompensationsansprüche des Staatshaftungsrechts . . . . . . . . . . . .

344 345 348 351 351 355

I.

342

III. Zwischenergebnis zu Rechtsschutz und Staatshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391

Abkürzungsverzeichnis a. A. AbfallR AbgG ABlEG AEUV AfP ALG AltPflG AMG Anm. AO AöR ARegV Art. AT AuA AufenthG Aufl. Az. BaFin BAföG BauGB BayVBL BayVGH BayVSG BBiG BBK Bd. BDSG BDSG-Entwurf

BeckOK BEEG BerBiFG BfD

anderer Ansicht Recht der Abfallwirtschaft Abgeordnetengesetz Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Archiv für Presserecht Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte Altenpflegegesetz Arzneimittelgesetz Anmerkung Abgabenordnung Archiv für öffentliches Recht Anreizregulierungsverordnung Artikel Allgemeiner Teil Arbeit und Arbeitsrecht Aufenthaltsgesetz Auflage Aktenzeichen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesausbildungsförderungsgesetz Baugesetzbuch Bayrische Verwaltungsblätter Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Bayerisches Verfassungsschutzgesetz Berufsbildungsgesetz Bundesamt für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz Band Bundesdatenschutzgesetz Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 Beck’scher Online-Kommentar Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz Berufsbildungsförderungsgesetz Bundesbeauftragter für den Datenschutz

20 BfDI BfV BGB BGBl. BGH BGHSt BGleiG BHO BImSchG Biokraft-NachV BK-Grundgesetz BMELV BMG BMI BMJV BMU BMWi BND BNDG BörsG BQFG BR-Drucks. BRH BStatG BT-Drucks. BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerfSchG BVerwG BWahlG ContStifG dpa DÖV DRIZ DSGVO Dt. VerwR DuD DUH e. V.

Abkürzungsverzeichnis Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Bundesamt für Verfassungsschutz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen (Amtliche Sammlung) Bundesgleichstellungsgesetz Bundeshaushaltsordnung Bundes-Immissionsschutzgesetz Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung Bonner Kommentar zum Grundgesetz Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Bundesmeldegesetz Bundesministerium des Innern Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Bundesnachrichtendienst Gesetz über den Bundesnachrichtendienst Börsengesetz Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz Bundesratsdrucksache Bundesrechnungshof Bundesstatistikgesetz Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Amtliche Sammlung) Bundesverfassungsgerichtsgesetz Bundesverfassungsschutzgesetz Bundesverwaltungsgericht Bundeswahlgesetz Conterganstiftungsgesetz Deutsche Presse-Agentur Die Öffentliche Verwaltung Deutsche Richterzeitung Datenschutzgrundverordnung Deutsches Verwaltungsrecht Datenschutz und Datensicherung Deutsche Umwelthilfe e. V.

Abkürzungsverzeichnis DV DVBL EEG EEWärmeG EG EnLAG EnWG Erg.-Band ErwGr. etc. EU EuGH EuR EurUP EUV EWG f. ff. FinDAG FlUUG Fn. FS gem. GewArch GewerbeG GFA GG GGK GO BT GO LT GWB Hb. HbdGR HbdStR HdUR HdWUR HebG HeimG HK h. M. Hrsg. Hs.

Deutsche Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt Erneuerbare-Energien-Gesetz Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz Europäische Gemeinschaften Energieleitungsausbaugesetz Energiewirtschaftsgesetz Ergänzungsband Erwägungsgrund et cetera Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europarecht Zeitschrift für Europäisches Umwelt- und Planungsrecht Vertrag über die Europäische Union Europäische Wirtschaftsgemeinschaft folgende fortfolgende Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz Fußnote Festschrift gemäß Gewerbearchiv Gewerbegesetz Gesetzesfolgenabschätzung Grundgesetz Grundgesetz-Kommentar Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages Geschäftsordnung des Landtags Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Handbuch Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland Handwörterbuch des Umweltrechts Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts Hebammengesetz Heimgesetz Handkommentar herrschende Meinung Herausgeber Halbsatz

21

22 i. E. i. e. S. IFG i. S. d. i. S. v. i.V. m. JA Jb. Jb. UTR JöR JURA JuS JZ Kap. KJ KrPflG KSpG KVG KWG LFGB LG lit. LKRZ LPresseG LSG MAD M/K/S MüKo-StGB m.w. N. NDSG NJW NKRG NK-StGB NRW NSU NuR NVerfSchG NVWZ NVWZ-RR Öff. OVG

Abkürzungsverzeichnis im Ergebnis im engeren Sinne Informationsfreiheitsgesetz im Sinne des im Sinne von in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Jahrbuch Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristen-Zeitung Kapitel Kritische Justiz Krankenpflegegesetz Kohlendioxid-Speicherungsgesetz Kommunalvermögensgesetz Kreditwesengesetz Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch Landgericht Buchstabe Zeitschrift für Landes- und Kommunalrecht Hessen, RheinlandPfalz, Saarland Landespressegesetz Landessozialgericht Militärischer Abschirmdienst Mangoldt/Klein/Starck Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch mit weiteren Nachweisen Niedersächsisches Datenschutzgesetz Neue Juristische Wochenschrift Gesetz zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates Nomos Kommentar Strafgesetzbuch Nordrhein-Westfalen Nationalsozialistischer Untergrund Natur und Recht Niedersächsisches Verfassungsschutzgesetz Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, Rechtsprechungs-Report Öffentliches Oberverwaltungsgericht

Abkürzungsverzeichnis PartG PKGrG PUAG RDV RLP Rn. ROG S. SächsDSG SGB SGleiG s. o. sog. SpkG StabG Sten. Berichte StGB StUG StWStP s. u. SUG TierSchG TKG TrinkwV u. u. a. UA UBAG UBWV ÜGRG UIG UI-RL UmweltR Urt. v. VBlBW VerfGH VerfSchR Verw VerwArch VerwR

23

Parteiengesetz Kontrollgremiumgesetz Untersuchungsausschussgesetz Recht der Datenverarbeitung Rheinland-Pfalz Randnummer Raumordnungsgesetz Seite Sächsisches Datenschutzgesetz Sozialgesetzbuch Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz siehe oben sogenannte Sparkassengesetz Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft Stenografische Berichte Strafgesetzbuch Stasi-Unterlagen-Gesetz Staatswissenschaften und Staatspraxis siehe unten Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetz Tierschutzgesetz Telekommunikationsgesetz Trinkwasserverordnung und und andere Unterabsatz Gesetz über die Errichtung eines Umweltbundesamtes Unterrichtsblätter für die Bundeswehrverwaltung Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren Umweltinformationsgesetz Umweltinformationsrichtlinie Umweltrecht Urteil vom, von Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Verfassungsgerichtshof Verfassungsschutzrecht Die Verwaltung Verwaltungsarchiv Verwaltungsrecht

24 VG vgl. VIG VuR VVDSTRL VwAT VwGO VwVfG WBeauftrG WiSt WiVerw WM WpHG WRV z. B. ZBR ZDG ZG ZHG ZJS ZLR ZParl ZRP ZSR N. F. zust.

Abkürzungsverzeichnis Verwaltungsgericht vergleiche Verbraucherinformationsgesetz Verbraucher und Recht Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Allgemeines Verwaltungsrecht Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Gesetz über den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages Wirtschaftswissenschaftliches Studium Wirtschaft und Verwaltung Wertpapiermitteilungen Wertpapierhandelsgesetz Weimarer Reichsverfassung zum Beispiel Zeitschrift für Beamtenrecht Zivildienstgesetz Zeitschrift für Gesetzgebung Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde Zeitschrift für das Juristische Studium Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht Zeitschrift für Parlamentsfragen Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Schweizerisches Recht – Neue Folge zustimmend

Einleitung Die Abhandlungen zu aktivem staatlichem Informationshandeln sind Legion1. In der Literatur kommt es bisweilen vor, dass einer Zusammenstellung der einschlägigen Beiträge eine Art Vorwort vorangestellt wird, die Zahl der Beiträge sei nicht mehr überschaubar und die folgende Liste erhebe daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit2. Das nicht umsonst „Modethema“ 3 genannte aktive staatliche Informationshandeln beschäftigt seit mehreren Jahrzehnten Rechtsprechung und Wissenschaft4, und bis heute werden fortgesetzt Monografien zu diesem Bereich staatlicher Lenkungstätigkeit veröffentlicht5. Bedarf es da wirklich noch weiterer Untersuchungen? Aus zwei Gründen muss die Antwort auf die Frage ja lauten. Einerseits sind nach wie vor viele Problembereiche staatlichen Informationshandelns trotz aller Bemühungen von Rechtsprechung und Wissenschaft ungeklärt und strittig. Andererseits hat sich die Diskussion um staatliches Informationshandeln häufig auf einzelne Elemente des Informationshandlungsspektrums konzentriert6. Diese Untersuchung möchte ein Mittel staatlichen Informationshandelns betrachten, welches bisher allenfalls am Rande Aufmerksamkeit erhalten hat: Die Berichterstattung durch staatliche Stellen. Die Erstattung von Berichten staatlicher Stellen ist kein neues Phänomen. Im parlamentarischen Bereich etwa enthält schon die US-Verfassung vom 17.09. 1787 in Art. 2 Abschnitt 3 eine geschriebene Pflicht des US-Präsidenten dem Kongress Informationen zu übermitteln, mit anderen Worten ihm zu berichten7. 1

Vgl. die Literaturübersicht bei Bumke, DV 37 (2004), 3, 4 Fn. 5. So z. B. Gurlit, DVBL 2003, 1119, 1124 Fn. 54. 3 Di Fabio, JuS 1997, 1. 4 Frühe Beiträge sind etwa Kloepfer, Information als Intervention; Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen; Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen; Ossenbühl, in: Jb. UTR 3 (1987), 27; Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705. 5 Z. B.: Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit; Boddenberg, Negative Produktinformation; Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz; Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation; Vogt, Informationstätigkeit des BRH; Schneider, Staatliche Informationstätigkeit. 6 Gegenwärtig scheint die Beschäftigung mit dem Bereich der Verbraucherinformation im Vordergrund zu stehen, vgl. aktuell etwa Boddenberg, Negative Produktinformation; Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation; Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz; Schoch, NJW 2012, 2844; Ossenbühl, NVWZ 2011, 1357. 7 Maiwald, Berichtspflichten, S. 33. 2

26

Einleitung

In der Bundesrepublik hat die Bedeutung allein der Berichterstattung der Bundesregierung an den Bundestag quantitativ stetig zugenommen8. Durch das staatliche Berichtswesen wird eine Fülle von Informationen verarbeitet, komprimiert und weitergegeben. Diese Informationsverwaltung hat aus mehreren Gründen hohe rechtliche Relevanz. Dies betrifft zum einen die unmittelbare Wirkung der gezielten Informationsveröffentlichung mit der Öffentlichkeit als Hauptadressat. Exemplarisch zeigt sich dies etwa an den Berichten des BfV, die gemäß § 16 BVerfSchG explizit der Unterrichtung der Öffentlichkeit dienen. In solchen Fällen werden bewusst Informationen von Staatsseite in der Form des Berichts an die Öffentlichkeit weitergegeben, was letztlich auch der Verhaltensbeeinflussung dient, um z. B. gesellschaftliche Ablehnung zu erzeugen9. Zum anderen haben auch Berichte, die an andere staatliche Stellen adressiert sind, eine unmittelbare Informationswirkung durch regelmäßige Veröffentlichung. Der Jahreswirtschaftsbericht etwa wird gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 StabG dem Bundestag und dem Bundesrat von der Bundesregierung erstattet. Seine Informationen sind aber durch die Parlamentsöffentlichkeit, die Veröffentlichung in den Bundestagsdrucksachen, die gezielte Verbreitung als eigenständige Publikation sowie die Abrufbarkeit im Internet allgemein zugänglich10. Nicht zuletzt bilden Berichte oft die Grundlage für weiteres staatliches Handeln. Berichte sind dabei regelmäßig die Basis, um Erforderlichkeit, Art und Umfang weiterer Maßnahmen zu bestimmen11. Diese Maßnahmen sind nicht selten selbst rechtserheblich12. Berichterstattungspflichten können praktisch jedes Thema zum Gegenstand haben. Berichte wie der Jahresabrüstungsbericht 201313 befassen sich nahezu ausschließlich mit Fragen, die dem staatlichen Bereich zugeordnet werden können, 8 Die erste Legislaturperiode von 1949 bis 1953 verzeichnete neun Berichte der Bundesregierung an den Bundestag. In der vierten Legislaturperiode von 1961 bis 1965 waren es schon 110, für die 16. Legislaturperiode von 2005 bis 2009 wurden mittlerweile 308 Berichte verzeichnet; vgl. Schindler, Datenhandbuch Bundestag 1949 bis 1990 Bd. I, S. 1268–1269 sowie Feldkamp, Datenhandbuch Bundestag 1990 bis 2010, S. 625. Hiervon wird eine Vielzahl von Berichten nicht erfasst, z. B. der Verfassungsschutzbericht. 9 Murswiek, NVWZ 2004, 769, 771; ausführlich zum Verfassungsschutzbericht unten Kap. 2. II. 1., S. 60. 10 Vgl. umfassend zum Jahreswirtschaftsbericht unten Kap. 2 II. 4., S. 96. 11 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 67. 12 Z. B. Gesetzesänderungen in Folge von Evaluierungsberichten. In Begründungen zu Gesetzentwürfen wird nicht selten auf staatliche Berichte Bezug genommen, z. B. im 25. BaFöG-Änderungsgesetzentwurf, BT-Drucks. 18/2663, 1. Es ist nicht unüblich, dass staatliche Berichte selbst konkrete rechtlich relevante Maßnahmen vorschlagen, vgl. etwa den Bericht über die Auswirkungen des ProstG, BT-Drucks. 16/4146, 44. 13 BT-Drucks. 19/933.

Einleitung

27

anders formuliert berichtet der Staat hier über sich selbst, nämlich über seine Abrüstungspolitik. Andere Berichte wie der Umwelt- oder der Sozialbericht beschäftigen sich mit Gegenständen, die sowohl staatlichen als auch gesellschaftlichen Bezug haben. Nicht zuletzt gibt es Berichte, die sich schwerpunktmäßig mit gesellschaftlichen Phänomenen beschäftigen und hier bis zur Nennung konkreter Einzelpersonen und Unternehmen gehen, so etwa der Verfassungsschutzbericht oder der Bericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI)14. In solchen Fällen kann die Erwähnung in einem Bericht erhebliche Nachteile für die Betroffenen haben15 und Grundrechtseingriffe beinhalten. Trotz der rechtspraktisch erheblichen Relevanz hat das Berichtswesen des Staates rechtswissenschaftlich bisher nur wenig Aufmerksamkeit erfahren. Zu nennen sind hier zunächst vereinzelte Analysen einzelner Berichte, die aber das Phänomen der Berichterstattung nicht insgesamt in den Blick nehmen16. Das Berichtswesen insgesamt ist vor allem aus staatsrechtlicher Perspektive und dort mit dem Schwerpunkt der Berichte der Bundesregierung an den Bundestag betrachtet worden17. Auch liegt eine verwaltungswissenschaftliche Arbeit zum Berichtswesen vor, die sich im Schwerpunkt mit dem Bericht als Mittel der internen Verwaltungskontrolle beschäftigt18. Eine umfassende Untersuchung des Berichtswesens mit Blick auf seine Rolle im System staatlichen Informationshandelns ist aber bisher unterblieben19. Diese Lücke will diese Untersuchung schließen, indem sie einerseits fragt, ob es sich bei Berichterstattung staatlicher Stellen um eine eigene Handlungsform im System staatlichen Informationshandelns handelt, und andererseits die zentralen Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung aufarbeitet.

14

Zu diesen Berichten ausführlich unten Kap. 2 II. 1., S. 60 und Kap. 2 II. 3., S. 82. Für der Verfassungsschutzbericht: Murswiek, NVWZ 2004, 769; für den Bericht des Datenschutzbeauftragten: VG Köln, Beschluss v. 11.03.1999 – Az. 20 L 3757/98 –, zitiert aus juris. Für Berichte des Bundeskartellamts Kloepfer, Information als Intervention, S. 20–21 m.w. N. 16 Exemplarisch: zum Verfassungsschutzbericht: Murswiek, NVWZ 2004, 769; Doll, NVWZ 2005, 658; zum Subventionsbericht aus auch ökonomischer Perspektive: Dickertmann/Diller, WiSt 1986, 601; zum Monitoring-Bericht über die Auswirkungen der Regelungen zur gewerblichen Sammlung von Abfällen: Petersen/Hermanns, AbfallR 2014, 138; zu Schulinspektionsberichten: Winkler, JZ 2012, 762. 17 Monografisch Maiwald, Berichtspflichten; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 297–300; Linck, DÖV 1979, 116; Waechter, ZG 1996, 84; aus politologischer Sicht Ismayr, ZParl 21 (1990), 553. 18 Monografisch Loeser, Berichtswesen. 19 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 65, 67 bezeichnet das Berichtswesen insgesamt als „rechtswissenschaftlich weitgehend unerforscht“ und hält dieses „Forschungsdefizit“ für erstaunlich. Freilich konstatiert er an anderer Stelle, das Berichtswesen weise kaum Probleme auf, vgl. Schoch, VBlBW 2014, 361, 364. Ob dies zutreffend ist, wird die Untersuchung zeigen. 15

28

Einleitung

Dazu erfolgt zuerst eine Annäherung an den Begriff des Berichts (Kapitel 1). Daran anschließend soll das staatliche Berichtswesen in der Praxis untersucht und systematisiert werden (Kapitel 2). Dabei werden über den einzelnen Bericht hinausgehende Rechtsprobleme zunächst nur angedeutet, um einen unbefangenen Blick auf die Berichtspraxis zu ermöglichen. Erst auf dieser Basis nämlich kann sodann versucht werden, zu beantworten, ob es sich bei Berichterstattung um eine eigene Handlungsform handelt. Zugleich ist zu klären, ob innerhalb des staatlichen Informationshandelns überhaupt andere Handlungsformen wie Warnungen, Empfehlungen oder Aufklärung anzuerkennen sind (Kapitel 3). Hieran anschließend sollen die rechtlichen Probleme staatlicher Berichterstattung erörtert werden (Kapitel 4). Abschließend wird der Frage nachgegangen, wie Rechtsschutz gegenüber rechtswidriger Berichterstattung erlangt werden kann (Kapitel 5).

Kapitel 1

Untersuchungsgegenstand Die wissenschaftliche Aufarbeitung der Bürgerbeeinflussung durch Berichterstattung staatlicher Stellen als Gesamtphänomen kann nur gelingen, wenn Umfang und Grenzen der Berichterstattung umrissen sind. In diesem Abschnitt wird daher zunächst der Begriff des Berichts untersucht und – zumindest für den Zweck dieser Arbeit – definiert (I.). Dann soll es darum gehen, was unter einer staatlichen Stelle zu verstehen ist und welche staatlichen Stellen im Fokus der Betrachtung stehen werden (II.). Hieran anschließend bedarf es einer Klarstellung, wann diese Art der Berichterstattung überhaupt fähig ist, Bürger zu beeinflussen (III.).

I. Definition eines Berichts Der Begriff des Berichts taucht als solcher häufig in der Rechtssprache auf, etwa in Gesetzen1 oder Bundestagsbeschlüssen2. Dessen zum Trotz und obwohl rechtliche Kontroversen um den Berichtsbegriff schon in der preußischen Rechtsprechung auftauchen3, hat die Rechtswissenschaft bisher nur selten versucht, den Begriff des Berichts zu definieren. Um sich dem Begriff zu nähern, sollen zunächst unterschiedliche Definitionsansätze betrachtet werden. Es wird sich zeigen, dass trotz aller nuancieller Unterschiede im Kern anerkannte Elemente eines Berichtsbegriffs bestehen. 1. Bericht im Verständnis der Alltagssprache Erster Ausgangspunkt der Analyse ist das Verständnis des Berichts in der Alltagssprache. Auch wenn Rechtsbegriffe ganz erheblich von der Bedeutung abweichen können, die ihnen in der Alltagssprache in der Regel zugemessen wird4, ist 1 Z. B.: § 11 UIG; § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG; § 2 Abs. 1 S. 1 StabG; § 16 Abs. 2 BVerfSchG; in vollkommen unterschiedlichen Zusammenhängen schließlich das GG in Art. 13 Abs. 6 S. 2, Art. 42 Abs. 3, Art. 85 Abs. 4 S. 2, Art. 91b Abs. 2, Art. 114 Abs. 2 S. 2. 2 Z. B. BT-Drucks. 7/4770, 1; BT-Drucks. 12/3761, 6; BT-Drucks. 6/2152, 1; BTDrucks. 12/7035, 3; BT-Drucks. 12/7616, 6. 3 Preußisches Obertribunal, Urteil v. 31.03.1864, abgedruckt in Oppenhoff, Die Rechtsprechung des Königlichen Obertribunals in Strafsachen, Band IV, 1864, S. 429– 436. 4 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 203–204.

30

Kap. 1: Untersuchungsgegenstand

diese doch zumindest ein erster Anhaltspunkt für das wahrscheinlich zugrunde liegende Verständnis des Gesetzgebers für den Begriff 5. Als Bericht im Sinne der Alltagssprache wird „die Wiedergabe eines Geschehens oder Sachverhalts“ 6 verstanden. Literaturwissenschaftlich werden Berichte definiert als „die einfache sachliche Wiedergabe eines Handlungsverlaufs ohne ausmalende, vergegenwärtigende oder reflektierende Elemente“ 7. 2. Der Bericht aus Sicht der Rechtswissenschaft Rechtswissenschaftliche allgemeine Definitionsversuche aus jüngerer Zeit finden sich nur selten. Gängige Rechtswörterbücher enthalten den Begriff des Berichts entweder gar nicht oder nur in speziellem Zusammenhang8. a) Der historisch-juristische Berichtsbegriff des Reichsgerichts Eine frühe Definition erarbeitete das Reichsgericht. Es verstand unter einem Bericht eine „erzählende Darstellung eines historischen Vorgangs in seinem wesentlichen Verlauf“ 9. Hintergrund der Entscheidung ist die strafrechtliche Verurteilung wegen Verbreitung von Reden, die im Reichstag gehalten wurden. Fraglich war die Reichweite des Berichtsbegriffs, insoweit die Verbreitung wahrheitsgemäßer Berichte über die Reichstagsverhandlungen von strafrechtlicher Verfolgung frei blieb10. Die Definition des Reichsgerichts stützt sich auf die ältere Rechtsprechung des Preußischen Königlichen Ober-Tribunals, welches im selben Kontext unter einem

5

Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 731, 738; Sauer, in: Grundlagen des Rechts, § 9 Rn. 16: „Der Gesetzgeber will, dass seine Anordnungen befolgt werden [. . .] er knüpft also an ein in der Sprachgemeinschaft vorhandenes Begriffsverständnis an“. 6 Brockhaus-Enzyklopädie, S. 640 (Bericht). 7 Brockhaus-Enzyklopädie, S. 640 (Bericht); vgl. auch die Definitionen in v. Wilpert, Sachwörterbuch der Literatur, S. 79 (Bericht): „kurze, sachlich nüchterne, folgerichtige Darstellung eines Handlungsablaufs ohne ausschmückende Ausschweifungen und deutende Reflexionen“ und Ueding, Historisches Wörterbuch Bd. I, Sp. 1485 (Bericht): „die sachlich-nüchterne, zeitlich geordnete und folgerichtige Wiedergabe eines Handlungsverlaufs, wobei subjektiv-ausmalende, vergegenwärtigende oder reflektierende Elemente im Wesentlichen ausgespart bleiben“. 8 „Bericht“ taucht als Begriff weder auf in Creifelds, Rechtswörterbuch, noch in Tilch/Arloth, Deutsches Rechtslexikon, noch in Alpmann/Krüger/Wüstenbecker, Studienlexikon. Erwähnung finden dagegen Begriffe wie „Berichterstatter“ oder „Berichtspflicht“, dann aber nur in speziellem, etwa in prozessualem Zusammenhang, etwa Tilch/Arloth/Kissel, Deutsches Rechtslexikon, S. 653 (Berichterstatter), 655 (Berichtspflicht); Creifelds, Rechtswörterbuch, S. 179 (Berichterstatter). 9 Reichsgericht, Urteil v. 06.11.1988, RGST 18, 207, 210. 10 Art. 22 Abs. 2 der Verfassung v. 1871, abgedruckt im Gesetz betreffend die Verfassung des Deutschen Reiches, Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1871, Nr. 16, 63–85.

I. Definition eines Berichts

31

„Bericht von oder über eine Sache [. . .] eine einfache historische Darstellung ihres Verlaufs“ verstand11. Beide Entscheidungen bleiben bei der Definition des Berichts eng an den bereits genannten literarischen Verständnissen12. Insbesondere wird Wert gelegt auf eine inhaltlich vollständige und wertungsfreie Wiedergabe des Berichtsgegenstands13, was sich daraus ergibt, dass die Straffreiheit der Wiedergabe von Kammerverhandlungen als Fortsetzung der Indemnität der Abgeordneten gedacht war14. Die historisch überkommene Definition hat auch heute noch Bedeutung. Art. 42 Abs. 3 GG und § 37 StGB treffen im Bereich des Berichtsbegriffs eine mit Art. 22 Abs. 2 der Verfassung v. 187115 identische Regelung und erklären die Erstattung wahrer Berichte über die Sitzungen des Bundestages bzw. über die Äußerungen in gesetzgebenden Körperschaften und der Bundesversammlung für von jeder Verantwortlichkeit freibleibend. Angesichts der hierin ausgedrückten Anknüpfung an die staatsrechtliche Tradition verwundert es nicht, dass auch unter Geltung des Grundgesetzes die Definition des Berichts sich an der Reichsgerichtsdefinition orientiert16. Gleichwohl neigt man heute teilweise dazu, etwas mehr Spielraum gegenüber wertenden Elementen in einem Bericht zu dulden, weil die Regelung heute auch die Information der Öffentlichkeit fördern und nicht die literarische Gattung des Berichts wahren soll17, auch wenn die Reichweite der Vorschriften im Einzelnen strittig ist18. Dies bedarf an dieser Stelle jedoch keiner Vertiefung.

11 Preußisches Obertribunal, Urteil v. 31.03.1864, abgedruckt in Oppenhoff, Die Rechtsprechung des Königlichen Obertribunals in Strafsachen, Band IV, 1864, S. 429, 430. 12 s. o. Kap. 1 Fn. 7. 13 Preußisches Obertribunal, Urteil v. 31.03.1864, abgedruckt in Oppenhoff, Die Rechtsprechung des Königlichen Obertribunals in Strafsachen, Band IV, 1864, S. 429, 430. 14 Sten. Berichte der preußischen zweiten Kammer (Haus der Abgeordneten), 1850/ 51, 1292; hieran anschließend Preußisches Obertribunal, Urteil v. 31.03.1864, abgedruckt in Oppenhoff, Die Rechtsprechung des Königlichen Obertribunals in Strafsachen, Band IV, 1864, S. 429, 430–431. 15 s. o. Kap. 1 Fn. 10. 16 Für Art. 42 Abs. 3 GG: M/K/S/Achterberg/Schulte, GG, Art. 42 Rn. 51; Münch/ Kunig/Versteyl, GGK I, Art. 42 Rn. 35; Sachs/Magiera, GG Art. 42 Rn. 17; SchmidtBleibtreu/Kluth, GG Art. 42 Rn. 23. Für § 37 StGB: MüKo-StGB/Joecks, § 37 Rn. 6; NK-StGB/Neumann, § 37 Rn. 5; Schönke/Schröder/Perron, StGB § 37 Rn. 3. 17 MüKo-StGB/Joecks, § 37 Rn. 6; Münch/Kunig/Versteyl, GGK I, Art. 42 Rn. 35; NK-StGB/Neumann, § 37 Rn. 5. 18 MüKo-StGB/Joecks, § 37 Rn. 6–7; NK-StGB/Neumann, § 37 Rn. 6–7 m.w. N.

32

Kap. 1: Untersuchungsgegenstand

b) Impressionen aus der Betriebswissenschaft Unter dem Gesichtspunkt des Verwaltungsorganisationsrechts wurde Berichterstattung definiert als „die Vermittlung von Informationen durch das Medium des Berichts über Tatsachen, Erzeugnisse, Zusammenhänge und Vorgänge aus und von Organisationen und deren Umwelt“ 19. Diese Definition knüpft an die Grundsätze betriebswissenschaftlicher Berichterstattung an20. Unter Berichtswesen wird betriebswissenschaftlich in seiner weitesten Auslegung das gesamte betriebliche Informationssystem verstanden21, überwiegend jedoch der Prozess der betriebsinternen Informationsübermittlung in den Vordergrund gestellt22, teilweise ergänzt um den Prozess der Informationserzeugung23. Berichte sind dabei „Medien zur Übermittlung von Informationen“ 24, bzw. Zusammenstellungen von Nachrichten unter übergeordneten Gesichtspunkten zum Informationsaustausch25. Diese Definitionen legen Wert auf einen Faktor, der in der literarischen und der historisch-juristischen Definition keine oder kaum ausdrückliche Beachtung gefunden hat: Das Merkmal der inhaltlichen Komprimierung. Berichte geben Informationen nicht nur wieder, sondern bündeln diese und bemühen sich um eine kompakte Darstellung auch komplexer Sachverhalte26. Zugleich müssen sie aber auch alle relevanten Informationen beinhalten. Dies wird als „Gradwanderung zwischen Informationsüberversorgung und ausreichender Steuerungsinformation“ beschrieben27. Dieses Merkmal findet sich regelmäßig auch in Berichten staatlicher Stellen. Unabhängig von der Frage, an wen genau staatliche Stellen Berichte adressieren und welchen Zweck sie verfolgen, stellen Berichte regelmäßig ihren Gegenstand in komprimierter Form dar. Dies mag selbstverständlich erscheinen. Da aber gerade die Auswahl der dargestellten Informationen sowie ihr Umfang und ihre 19

Loeser, Berichtswesen, S. 19. Loeser, Berichtswesen, S. 19 Fn. 1. 21 Blohm, Management-Enzyklopädie, S. 892; Göpfert, in: Wirtschaftslexikon, S. 692. 22 Horváth/Gleich/Seiter, Controlling, S. 311; Weber/Schäffer, Controlling, S. 237. Deutliche Anleihen an dieses Verständnis finden sich im Bereich der Gesetzesevaluation, wenn dort Berichte als konkretisierter Teil des Gesetzescontrollings bezeichnet werden, vgl. die Glossardefinitionen in Böhret/Konzendorf, Hb. GFA, S. 343–344 zu den Begriffen „Berichtswesen“, „Controlling“ und „Gesetzescontrolling“. 23 Göpfert, in: Wirtschaftslexikon, S. 692, 694; Schulte, Controlling-Lexikon, S. 67 (Berichtswesen, internes). 24 Hirsch/Weber, Controlling in öffentlichen Institutionen, S. 163. 25 Blohm, Management-Enzyklopädie, S. 892. 26 Göpfert, in: Wirtschaftslexikon, S. 692, 693; Hirsch/Weber, Controlling in öffentlichen Institutionen, S. 163; Horváth/Gleich/Seiter, Controlling, S. 315; Gebhard, in: Die moderne Verwaltung, S. 145, 147: „Verdichtungsstufe“. 27 Gebhard, in: Die moderne Verwaltung, S. 145, 146. 20

I. Definition eines Berichts

33

Präsentation im Bericht einen erheblichen Einfluss auf die Funktionalität und die Steuerungswirkung desselben haben28, verdient dieses Merkmal Beachtung, auch wenn es in der literarischen oder historisch-juristischen Definition keine ausdrückliche Erwähnung findet. c) Modifikationen der vorgestellten Berichtsverständnisse Im speziellen Kontext von Berichtspflichten an den Bundestag wurden Berichte an diesen definiert als „die Mitteilung von Tatsachen durch parlamentsexterne staatliche Organe“ 29. Für eine von Berichten an den Bundestag losgelöste Definition interessiert hier davon nur die Aussage, bei Berichten handele es sich um Mitteilung von Tatsachen. Das ist trotz scheinbarer Übereinstimmung mit den bisherigen Ansätzen diskussionsbedürftig, weil einige Modifikationen der Definitionsansätze vorgeschlagen werden. aa) Der zeitliche Faktor Zunächst soll das Erfordernis des Vergangenheitsbezugs gelockert werden. Dabei wird an die Definition des Reichsgerichts von einem Bericht als „erzählende Darstellung eines historischen Vorgangs in seinem wesentlichen Verlauf“ 30 angeknüpft. Das Merkmal eines „historischen Vorgangs“ sei nach der Definition des Reichsgerichts so zu verstehen, dass es sich um einen in der Vergangenheit abgeschlossenen Vorgang handeln müsse31. Dieses Verständnis dürfte zumindest für den historisch-juristischen Berichtsbegriff des Reichsgerichts korrekt sein, auch wenn es nicht explizit so formuliert wird32. Die Berichterstattung, die privilegiert werden sollte, war von der Grundidee die der Presse. Diese konnte aber schon aus technischen Gründen gar nicht anders über Verhandlungen des Reichstags berichten als nach deren Ende. Die Frage, ob und wie sich dieses Verständnis in Anbetracht neuer Medien gewandelt hat, kann hier offen bleiben. Bei den hier zu behandelnden Berichten 28 Hirsch/Weber, Controlling in öffentlichen Institutionen, S. 163; Loeser, Berichtswesen, S. 171; Horváth/Gleich/Seiter, Controlling, S. 315–318; Gebhard, in: Die moderne Verwaltung, S. 145, 147; vgl. auch konsequenterweise die ersten beiden Gestaltungsregeln für Berichte bei Göpfert, in: Wirtschaftslexikon, S. 692, 699: „1) Die Berichte sind auf die für den Empfänger relevante Informationsmenge zu begrenzen. 2) Berichte müssen übersichtlich sein. [. . .]“. 29 Maiwald, Berichtspflichten, S. 21–22. 30 Reichsgericht, Urteil v. 06.11.1988, RGST 18, 207, 210. 31 Maiwald, Berichtspflichten, S. 18. 32 Eine entsprechende Aussage findet sich weder in Reichsgericht, Urteil v. 06.11. 1988, RGST 18, 207, noch in der entsprechenden staatsrechtlichen Literatur, Anschütz, WRV-Kommentar, S. 208; Hatschek, Staatsrecht Bd. I, S. 581. Auch Maiwald, Berichtspflichten, S. 18 gibt für seine Auffassung keine Nachweise an.

34

Kap. 1: Untersuchungsgegenstand

handelt es sich um solche staatlicher Stellen, die teilweise sehr unterschiedliche Gegenstände und Zwecke haben33. Warum sich auch staatliche Berichte nur auf abgeschlossene Sachverhalte beziehen sollten, ist nicht ersichtlich. Dies hätte insbesondere die Folge, dass Zwischenberichte über noch nicht abgeschlossene Prozesse auszuklammern wären, wofür kein Grund besteht34. Zwar werden Berichte an ein in der Vergangenheit begonnenes Geschehen anknüpfen müssen. Jedoch dürfte es ausreichen, den Vergangenheitsbezug für staatliche Berichte auf die Anknüpfung an ein in der Vergangenheit begonnenes, aber nicht notwendig vollständig abgeschlossenes Geschehen oder in der Vergangenheit erlangtes Wissen zu beschränken35. bb) Der wertungsoffene Tatsachenbegriff? Eine weitere Modifikation wird zur inhaltlichen Reichweite des Tatsachenbegriffs vorgeschlagen. Unter Tatsachen im Sinne eines parlamentarischen Berichts seien auch Prognosen und auf Tatsachen gestützte Bewertungen zu verstehen36. Begründet wird diese Abweichung mit der geübten Praxis, Erfahrungsberichte zur Durchführung neuer Gesetze erstatten zu lassen, die dann regelmäßig Bewertungen enthielten37. In der Frage spiegelt sich das Problem der Abgrenzung von Tatsachen und Meinungsäußerungen wider, wie sie aus Art. 5 GG bekannt sind38. Insbesondere beim historisch-juristischen Verständnis, welches auch Art. 42 Abs. 3 GG zugrunde gelegt wird, werden Tatsachen im Sinne der klassischen Abgrenzung von Tatsachen und Meinungsäußerungen, nämlich der Zugänglichkeit der Aussage zum Beweis, verstanden39. Hier ist erneut der strukturelle Unterschied zwischen dem historisch-juristischen Berichtsbegriff und der Berichterstattung staatlicher Stellen von Bedeutung. Das strenge Tatsachenverständnis des historisch-juristischen Berichtsbegriffs sollte zu einer hohen sachlichen Übereinstimmung zwischen Bericht und parlamentarischer Verhandlung führen. Dieser Gedanke ist auf staatliche Berichte nicht übertragbar. Er zeigt jedoch den Weg zur richtigen Lösung auf: Die

33

Dazu umfassend unten Kap. 2 I. 2., S. 43 und Kap. 2 I. 6., S. 50. Z. B. Fortschrittsbericht der Bundesregierung zur Lage in Afghanistan – Zwischenbericht Juni 2013, BT-Drucks. 17/14303. 35 Für eine Erweiterung des Begriffs auch Maiwald, Berichtspflichten, S. 19. 36 Maiwald, Berichtspflichten, S. 20. 37 Maiwald, Berichtspflichten, S. 20–21. 38 Dazu etwa Münch/Kunig/Wendt, GGK I, Art. 5 Rn. 8–14. 39 Epping/Hillgruber/Brocker, BeckOK GG, Art. 42 Rn. 25; M/K/S/Achterberg/ Schulte, GG, Art. 42 Rn. 51; Dreier/Morlok, GG, Art. 42 Rn. 41; kritisch ggü. diesem Erfordernis für Art. 42 Abs. 3 GG Münch/Kunig/Versteyl, GGK I, Art. 42 Rn. 35. Gegen diese Kritik Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 42 Rn. 59. 34

I. Definition eines Berichts

35

Auslegung der Berichtsgrundlage40 bzw. des Berichtsgegenstands. Ob und inwieweit eine Darstellung von Wertungen zulässig ist, muss davon abhängig gemacht werden, ob dies nach Auslegung der Berichtsgrundlage und des Berichtsgegenstands zur Erreichung des Berichtszwecks notwendig ist41. Wenn der Gegenstand eines Berichts sich nur durch die Wiedergabe von Wertungen erfassen lässt, dann muss diese Wiedergabe auch zulässig sein. Dies muss zum Beispiel gelten für Berichte, die gerade über Bewertungen informieren sollen, oder für direkt an die breite Öffentlichkeit gerichtete Berichte über Spezialmaterien. Diese wären ohne Bewertung der reinen Sachinformation für viele Leser, insbesondere fachliche Laien, kaum verständlich42. Das zeigt gleichzeitig auch die Grenze der Wertungsoffenheit von Berichten auf. Wertungen können nur soweit zulässig sein, wie es für die vollständige und verständliche Wiedergabe des Berichtsgegenstands erforderlich ist. Sie müssen damit auf den dem Bericht zugrunde liegenden und in diesem genannten Tatsachen beruhen43 und als Wertung erkennbar sein. Der überwiegende Schwerpunkt des Berichts muss dabei auf der Tatsachendarstellung bleiben, wenn sich nicht aus zwingenden Gründen etwas anderes aus dem Berichtsgegenstand oder dem Berichtszweck ergibt. Solange die genannten Voraussetzungen vorliegen und die genannten Einschränkungen gewahrt sind, ist auch die Wiedergabe von Wertungen zulässig44. cc) Der Faktor der Regelmäßigkeit? Als weitere Modifikation wird überlegt, ob man als Bericht nur solche Informationsweitergabe definieren soll, die einer gewissen Regelmäßigkeit unterliegt. 40 Zu den unterschiedlichen Berichtsgrundlagen (Gesetz, Beschluss, Eigeninitiative, etc.) s. u. Kap. 2 I. 1., S. 42. 41 Zu diesen Gesichtspunkten s. u. Kap. 2 I., S. 42. 42 Vgl. z. B. den Bundeswaldbericht 2009, S. 11–12: „Seit 1996 liegen Messergebnisse über die Entwicklung der Einträge von Säure-, Schwefel- und Stickstoffverbindungen mit der Kronentraufe aus 75 bundesweit verteilten Dauerbeobachtungsflächen des forstlichen Umweltmonitorings der Länder vor. Dort lagen die Einträge mit der Kronentraufe 2004 bis 2006 bei rund – 8 kg Schwefel (SO4-S) und – 17 kg Stickstoff (NOx-N und NH4-N) pro Hektar und Jahr. Daraus ergibt sich ein jährlicher mittlerer Gesamtsäureeintrag von 2 kmolc/ha potenzieller Säure“. Dass es sich dabei um eine zu hohe Stickstoffbelastung handelt, dürfte dem Laien ohne die Bewertung in Bundeswaldbericht 2009, 13: „Unbefriedigend sind jedoch die nach wie vor zu hohen Stickstoffeinträge“ nicht unmittelbar einsichtig sein. So in der Begründung auch Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 24 für den Begriff der Aufklärung. 43 Maiwald, Berichtspflichten, S. 21: „Diese Prognosen und Bewertungen werden auf der Grundlage von Tatsachen vorgenommen“. 44 So im Ergebnis auch Maiwald, Berichtspflichten, S. 21, der bei Bewertungen und Prognosen von „tatsachenbezogenen Werturteilen“ spricht.

36

Kap. 1: Untersuchungsgegenstand

Gesetze, die Berichte anfordern, legen häufig einen Berichtsturnus fest45. In Abgrenzung zur einmaligen sog. Unterrichtung46 sei ein Bericht dadurch charakterisiert, dass „eine Behörde zu einem bestimmten Thema dauerhaft Informationen zu sammeln und diese zu einem festgelegten Mitteilungszeitpunkt an eine andere Stelle zu übermitteln hat“ 47. Teilweise wird auch von einem Grundsatz der Regelmäßigkeit für Berichterstattung gesprochen, dem der Gesetzgeber Rechnung trage48. Es stellt sich die Frage, ob es sich bei diesem Kriterium der Regelmäßigkeit um ein zwingendes Merkmal für das Vorliegen eines Berichts handelt. Dagegen spricht das Verständnis des Gesetzgebers, der zwar oft eine regelmäßige Berichterstattung anordnet, aber genauso einmalige Berichte anfordert49. Die Differenzierung zwischen Unterrichtung und Berichterstattung wurde entwickelt für innerbehördliche Mitteilungspflichten, von denen die Unterrichtung durch ein bestimmtes, in der Regel im Gesetz festgelegtes Ereignis veranlasst werde, die Berichtspflicht sich dagegen hiervon durch ihre Regelmäßigkeit und Dauerhaftigkeit unterscheide50. Einerseits findet sich diese Einschränkung in keiner der bisher vorgeschlagenen Verständnisse, ist insbesondere auch im Alltagsverständnis nicht angelegt. Das ist zwar für sich genommen kein zwingendes Argument, aber andererseits ist für die hier interessierende Bürgerbeeinflussung auch nicht ersichtlich, warum ein Faktor der Regelmäßigkeit für die Öffentlichkeitswirkung einer staatlichen Information generell und in jedem Fall relevant sein soll, warum man also von dem Alltagsverständnis abweichen sollte. Zwar mag in Einzelfällen ein Bericht einen solchen Grundsatz explizit in seiner Grundlage oder implizit in Sinn und Zweck des Berichts beinhalten, zum Beispiel weil eine Entwicklung dargestellt werden soll. Um einen solchen Fall dürfte es sich auch bei der Subventionsberichterstattung handeln, für die zum ersten Mal von einem Grundsatz der Regelmäßigkeit gesprochen wurde, dem der Gesetzgeber entsprochen habe51. Diese Regelmäßigkeit wird aus dem Sinn der Subventionsberichterstattung abgeleitet, wenn es heißt: „Die Subventionsberichterstattung kann schließlich ihre zugedachten Funktionen nur dann erfüllen, wenn sie regelmäßig betrieben wird“ 52. Es wird also jedenfalls kein genereller Grundsatz für alle Berichte aufgestellt. Da 45 Z. B. § 16 Abs. 2 BVerfSchG; § 11 S. 1 UIG; § 25 Abs. 2 ROG; § 16e Tierschutzgesetz; § 53 GWB; § 2 Abs. 1 S. 1 StabG; § 37 Abs. 3 StUG; § 26 Abs. 1 BDSG; § 35 S. 3 BAföG. 46 6ˆ dem Begriff der Unterrichtung i. S. d. § 75 GO BT, dazu sogleich. 47 Holznagel, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 24 Rn. 35–36; ähnlich Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 78–79. 48 Dickertmann/Diller, WiSt 1986, 601, 605. 49 Z. B. § 6 Abs. 5 HebG (BGBl. I 1985, 902); § 25 BEEG (BGBl. I 2006, 2748); § 112 S. 1 EnWG; § 5 Alkopopsteuergesetz (BGBl. I 2004, 1857). 50 Holznagel, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 24 Rn. 32–33, 35–36. 51 Dickertmann/Diller, WiSt 1986, 601, 605. 52 Dickertmann/Diller, WiSt 1986, 601, 605.

I. Definition eines Berichts

37

die Unterscheidung zumindest für die hier interessierenden Fragen keinen Erkenntnismehrwert versprechen, sollen hier beide Arten als Bericht behandelt werden. Berichte können folglich regelmäßig, unregelmäßig oder auch nur einmalig erstattet werden53. d) Der Bericht im Sinne des § 75 GO BT Berichte werden als Vorlagegegenständen in § 75 Abs. 1 lit. e GO BT genannt. Sie werden dort neben den Materialien als Unterart der Unterrichtungen verstanden. Jedoch verwendet die GO BT die Begriffe selbst nicht einheitlich, wenn sie etwa in § 93 Abs. 1 GO BT Berichte und Unterrichtungen als getrennte Gegenstände aufzählt oder Berichte in § 75 Abs. 1 lit. h, i, j und k GO BT erneut erwähnt, obwohl diese begrifflich schon von § 75 Abs. 1 lit. e GO BT erfasst wären. Nimmt man hinzu, dass § 75 GO BT wohl nur zum Zwecke des Überblicks über denkbare Vorlagearten54 nicht abschließend55 mögliche Verhandlungsgegenstände aufzählt, so dürfte mit dem Begriff Bericht in diesem Zusammenhang nur eine exemplarische Nennung einer Unterrichtungsart gemeint sein, ohne dass eine Bewertung als Bericht hier mit normativen Konsequenzen versehen wäre56. Dafür spricht auch die Gleichbehandlung sämtlicher Vorlagen des § 75 Abs. 1 lit. e GO BT in § 77 Abs. 2 GO BT. Wenn aber die Einteilung als Bericht hier nur der Veranschaulichung dient und keine rechtlichen Konsequenzen damit verbunden sein sollen, so ist der Berichtsbegriff des § 75 Abs. 1 lit. e GO BT für die hier vorzunehmende Definition unergiebig. Auf die umstrittene Frage der Rechtsnatur der GO BT kommt es damit nicht an57. 3. Ergebnis der Berichtsdefinition Die vorgestellten Berichtsverständnisse unterscheiden sich nuanciell im Detail, haben aber im Kern übereinstimmende Elemente. Nimmt man die gesammelten Elemente zusammen, so lässt sich ein Bericht als die sachlich-neutrale Darstellung eines Themas, Geschehens oder Sachverhalts auf der Grundlage von Tatsachen und durch die Wiedergabe dieser Tatsachen definieren, wobei der Bericht in der Regel inhaltlich vollständig, aber komprimiert darstellt.

53 So implizit wohl auch Maiwald, Berichtspflichten, S. 21–22, 166–168, wenn er Mitteilungen unabhängig vom Kriterium der Periodizität als Berichte einordnet. 54 BT-Drucks. 8/3460, 102; Trossmann, Parlamentsrecht Erg.-Band, § 75 Rn. 6. 55 BT-Drucks. 8/3460, 101; Roll, GO-BT-Kommentar, § 75 Rn. 1. 56 Vgl. Trossmann, Parlamentsrecht Erg.-Band, § 75 Rn. 6: „§ 75 hat somit keinen normativen, sondern nur deklaratorischen Charakter“. 57 Dazu Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 15 Rn. 169–170; Maunz/Dürig/Klein, GGKommentar, Art. 40 Rn. 55; Epping/Hillgruber/Brocker, BeckOK GG, Art. 40 Rn. 32– 35; Sachs/Magiera, GG Art. 40 Rn. 25–27 m.w. N.

38

Kap. 1: Untersuchungsgegenstand

II. Staatliche Stellen Die informationelle Beeinflussung durch Berichterstattung muss durch eine staatliche Stelle erfolgen. Dazu muss zuerst bestimmt werden, was unter einer staatlichen Stelle zu verstehen ist. Auf den ersten Blick könnte man scheinbar für den Zweck dieser Arbeit einfach von Berichterstattung des Staates sprechen, da es im Kern um die Wirkungen der Berichterstattung im Staat-Bürger-Verhältnis geht58. Formulierungen wie „staatliche Informationen“ 59 „staatliches Informationshandeln“ 60, oder „staatliche Informationstätigkeit“ 61 sind durchaus verbreitet. Gleichwohl suggeriert die Bezeichnung als staatliche Information eine Einheitlichkeit der öffentlichen Verwaltung, die es so nicht gibt. Was dem Bürger als „die Verwaltung“ oder „der Staat“ gegenübertritt, ist ein komplexes System aus verschiedenen juristischen Personen mit einer Vielzahl von Organen, die Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen haben62. Zugespitzt wurde daher schon kritisiert, die Vorstellung von der Einheit der Verwaltung sei Mythos63. Gerade Berichterstattung zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich nicht immer direkt an den Bürger richtet, aber gleichwohl auf ihn einwirken kann. Verstünde man unter staatlichen Stellen nur „den Staat“ als monolithischen Block, so würden die Binnenbeziehungen zwischen einzelnen Organen des Staates ausgeblendet. Wenn ein Bericht aber primär der Information einer anderen Stelle innerhalb der staatlichen Verwaltung dient oder mehrere Stellen bei der Erstellung eines Berichts zusammenwirken, so kann sich dies auf Aufbau, Gestaltung und Umfang des Berichts auswirken. Bei der Analyse der Berichtspraxis sollen diese Unterschiede, die sich aus der komplexen Struktur der Verwaltungsorganisation ergeben, mitberücksichtigt werden. Dazu wird nicht von „dem Staat“, sondern von staatlichen Stellen gesprochen, sodass auch Fälle, in denen eine Behörde einer anderen Behörde Bericht erstattet, sprachlich miterfasst werden. Darüber hinaus ergeben sich keine definitorischen Unterschiede. Staatliche Stellen im Sinne dieser Untersuchung sind mit Hoheitsrechten ausgestattete natürliche oder juristische Personen und ihre Organe. Dabei handelt es sich wohl überwiegend, aber nicht ausschließlich um solche Personen, die mit der Wahr58 Eine solche Sichtweise hält Ernst, Verwaltungserklärung, S. 343–344 für dieses Verhältnis trotz ihrer Oberflächlichkeit für potenziell ausreichend. 59 Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel; Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen. 60 R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln. 61 Papesch, Staatliche Informationstätigkeit; Engel, Staatliche Informationstätigkeit; Schneider, Staatliche Informationstätigkeit. 62 Maurer, VwAT, § 21 Rn. 1; Ernst, Verwaltungserklärung, S. 343; Krebs, in: HbdStR, § 108 Rn. 16. 63 Schuppert, DÖV 1987, 757, 761; Loeser, Berichtswesen, S. 23.

III. Bürgerbeeinflussung

39

nehmung von Verwaltungsaufgaben betraut sind64, also zur Verwaltung in Abgrenzung zu Rechtsprechung und Gesetzgebung gehören65. Staatliche Stellen sind aber auch solche, die sich nicht eindeutig einer der drei Kategorien zuordnen lassen66, solange ihre Berichterstattung hoheitlich erfolgt. Die Untersuchung wird sich sowohl hinsichtlich der Analyse der Berichtspraxis als auch hinsichtlich der daran anschließenden rechtlichen Fragen auf die Berichterstattung staatlicher Stellen des Bundes konzentrieren. Die Ergebnisse hierzu dürften in der Regel auf die Berichterstattungspraxis der Länder übertragbar sein. Soweit sich Besonderheiten daraus ergeben, dass Berichterstattung zwischen einer Stelle des Bundes und einer Stelle eines Landes erfolgt, wird darauf gesondert eingegangen.

III. Bürgerbeeinflussung Liegen Berichte staatlicher Stellen vor, müssen diese noch geeignet sein, den Bürger zu beeinflussen. Dabei soll es hier noch nicht darum gehen, wie diese Beeinflussung aussieht, welche Folgen sie hat, ob sie intendiert ist oder lediglich faktisch-mittelbar wirkt, sondern es geht zunächst nur um das Beeinflussungspotenzial. Das setzt die Möglichkeit der intellektuellen Einwirkung eines Berichts auf die Öffentlichkeit voraus. Hierfür wiederum ist die einzig notwendige Voraussetzung der Zugang der Öffentlichkeit zum Bericht. Dabei lassen sich bei grober Unterscheidung vorläufig zwei verschiedene Arten der Öffentlichkeit unterscheiden. Einerseits sind Berichte zu nennen, die direkt an die Öffentlichkeit adressiert sind67 oder deren Veröffentlichung vorgeschrieben ist, auch wenn sie an eine staatliche Stelle zu erstatten sind68. Andererseits gibt es Berichte, die zwar primär der Information einer staatlichen Stelle dienen und deren Veröffentlichung nicht direkt angeordnet ist, die aber über andere Öffentlichkeitsregeln doch allgemein zugänglich werden. Darunter dürften die meisten Berichte an den Bundestag fallen, die aufgrund der Parlamentsöffentlichkeit regelmäßig in den Bundestagsdrucksachen veröffentlicht werden69 und darüber hinaus auch verstärkte 64

Ehlers/Pünder/Ehlers, VwAT, § 1 Rn. 5; Maurer, VwAT, § 21 Rn. 1. Allgemein zur nicht immer einfachen Abgrenzung Ehlers/Pünder/Ehlers, VwAT, § 1 Rn. 7–10; Peine, VwAT, Rn. 30; Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 3 Rn. 4. 66 Dies wird zum Beispiel als problematisch angesehen für Rechnungshöfe, den Wehr- oder die Datenschutzbeauftragten, Peine, VwAT, Rn. 30; Ehlers/Pünder/Ehlers, VwAT, § 1 Rn. 9. 67 Z. B. Verfassungsschutzbericht, § 16 Abs. 2 BVerfSchG; Umweltzustandsbericht, § 11 UIG. 68 Z. B. Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamts, § 53 Abs. 1 GWB. 69 Neben der gedruckten Fassung sind diese mittlerweile auch im Internet abrufbar, was die Publizität der Bundestagsdrucksachen enorm steigert. Die Bundestagsdruck65

40

Kap. 1: Untersuchungsgegenstand

Aufmerksamkeit erlangen können, zum Beispiel bei Behandlung des Berichts im Plenum70 oder bei medialer Rezeption71. Wiederum hiervon zu unterscheiden sind Berichte, die eigentlich lediglich an staatliche Stellen adressiert sind und die nicht von sich aus veröffentlicht werden, die aber aufgrund rechtlichen Zwangs oder politischen Drucks zumindest einzelnen Privatpersonen zur Verfügung gestellt werden. Dies kann bei entsprechender Verbreitung der Informationen durch diese Privatpersonen, insbesondere etwa die Medien, ähnliche faktische Wirkungen haben wie eine Veröffentlichung durch die staatlichen Stellen selbst72. Rechtlicher Zwang kann hier entstehen durch Zugangsansprüche wie etwa presserechtliche Auskunftsansprüche, z. B. § 4 Abs. 1 LPresseG NRW oder allgemeine Informationszugangsansprüche wie § 1 IFG73. Darüber hinaus können Berichte eine über die staatliche Sphäre hinausgehende, also auf Einzelne oder die Gesellschaft beeinflussende Wirkung haben, wenn auf sie rechtlich relevante Folgemaßnahmen gestützt werden74. Die weitere Untersuchung wird sich auf die Berichte konzentrieren, die von staatlicher Seite ohne Veranlassung veröffentlicht werden, da im Fokus der Untersuchung Berichterstattung als Mittel staatlichen Informationshandelns steht. Der Zugang zu internen Berichten auf Antrag und die Wirkung von Berichten als Grundlage für weitere hoheitliche Maßnahmen bleiben dabei außer Betracht.

sachen können etwa über die Homepage des Deutschen Bundestages gesucht und aufgerufen werden: http://pdok.bundestag.de/index.php (Stand: 09.01.2017). 70 Maiwald, Berichtspflichten, S. 102–103. 71 Exemplarisch genannt sei hier die Sozialberichterstattung 2009, zum Beispiel rezipiert durch Spiegel Online unter: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sozial bericht-der-bundesregierung-jeder-dritte-euro-fuer-soziales-a-636278.html (Stand: 09.01. 2017), und FAZ.NET unter: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/so zialbericht-sozialausgaben-erreichen-rekordhoehe-1827857.html (Stand: 09.01.2017). 72 Winkler, JZ 2012, 762, 766–767. 73 Winkler, JZ 2012, 762, 767. 74 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 65, 67.

Kapitel 2

Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis Die Berichterstattung staatlicher Stellen zeigt quantitativ betrachtet einen enormen Umfang. Das betrifft einerseits die Anzahl, andererseits die jeweilige Länge der einzelnen Berichte. Das Datenhandbuch des Deutschen Bundestages zählt 308 Berichte der Bundesregierung an den Bundestag allein für den Zeitraum von 2005 bis 20091. Hinzu kommt eine Vielzahl von Berichten anderer staatlicher Stellen, die keinen Eingang in die Statistik finden2. Die Statistik gibt jedoch einen ersten Orientierungspunkt darüber, wie hoch die Anzahl der von staatlichen Stellen veröffentlichten Berichte ist. Viele Berichte haben darüber hinaus gut und gerne dreistellige Seitenzahlen3, andere dagegen sind ausgesprochen kurz4. Beide Aspekte deuten etwas an, was zur rechtlichen Bewertung der Berichterstattung von Bedeutung ist: Berichte decken eine Vielzahl von thematischen Bereichen ab und können sich in einigen Gesichtspunkten ganz erheblich voneinander unterscheiden. Um eine möglichst präzise Einordnung der Berichterstattung staatlicher Stellen vorzunehmen, ist es daher erforderlich, diese Breite soweit möglich auszuwerten. Dies soll hier in zwei Schritten erfolgen: Zunächst soll versucht werden, staatliche Berichterstattung in verschiedenen Kategorien zu erfassen (I.). Im Anschluss daran sollen ausgewählte Berichte aus den einzelnen Kategorien vertieft untersucht werden (II.). 1

Feldkamp, Datenhandbuch Bundestag 1990 bis 2010, S. 625. Das gilt zum Beispiel auch für Berichte nachgeordneter Behörden wie den Tätigkeitsbericht des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Dies erklärt sich daraus, dass die Statistik des Datenhandbuchs auf den Angaben der Bundestagsverwaltung beruht. Diese kann aber nur solche Berichte erfassen, die der Parlamentsverwaltung als solche bekannt werden. Mit anderen Worten werden nur solche Berichte erfasst, die 1. an den Bundestag adressiert sind und 2. diesem als Bericht gemeldet werden. In die Statistik werden alle als Berichte gemeldeten Drucksachen aufgenommen. Eine inhaltliche Überprüfung, ob es sich auch um einen Bericht handelt, erfolgt nicht. Diese Information beruht auf einer fernmündlichen Anfrage bei der der Bundestagsverwaltung. 3 Als Beispiel sei der Bundesbericht Forschung und Innovation 2014 genannt, dessen Länge 722 Seiten beträgt. 4 Etwa der „Zweite Bericht der Bundesregierung über die Situation des Fahrradverkehrs in der Bundesrepublik Deutschland“, BT-Drucks. 16/6705. Der eigentliche Berichtstext hat eine Länge von 8 Seiten. 2

42

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

I. Kategorien der Berichterstattung Die Kategorisierung erfolgt anhand unterschiedlicher Merkmale, die alle Berichte in der einen oder anderen Form haben, die sich aber konkret von Bericht zu Bericht unterscheiden können. 1. Die Berichtsgrundlage Als Grundlage der Berichterstattung wird hier bezeichnet, was die staatliche Stelle zur Erstellung des Berichts veranlasst hat. Gemeint ist damit nicht ein konkreter Anlass im Sinne eines realen Ereignisses, welcher die politische Idee eines Berichts begründet hat, sondern die rechtliche Ursache des Berichts. Berichte können hiernach auf drei Grundlagen beruhen: Auf einem Gesetz, einem Beschluss des Bundestages oder des Bundesrates5 oder auf Eigeninitiative der berichterstattenden staatlichen Stelle. In der Literatur ist diese Kategorie teilweise als Art der „Anforderung“ 6, „Initiative für Berichte“ 7 oder „Veranlasser und Art der Initiierung“ 8 beschrieben worden. Durch die Bezeichnung als Grundlage wird eine Anlehnung an den verwaltungsrechtlichen Terminus der Ermächtigungsgrundlage gewählt9. Diese Nähe leuchtet ein, wenn man sich vor Augen führt, dass der rechtliche Anlass zugleich auch Grenzen für die Berichterstattung setzt. Ein Bericht etwa, der auf Eigeninitiative beruht, wird bei grundrechtstangierenden Inhalten unweigerlich mit dem Vorbehalt des Gesetzes in Konflikt geraten10. Andererseits ist ein auf Eigeninitiative beruhender Bericht in seiner inhaltlichen Gestaltung umgekehrt weitestgehend frei, solange er nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere Verfassungsrecht verstößt. Ein Bericht, der auf Gesetz oder Beschluss beruht, muss dagegen auch den inhaltlichen Anforderungen genügen, die durch diese Grundlage vorgegeben werden, soweit man der Grundlage Rechtsverbindlichkeit zumisst11. Die Grundlage ist also ein wichtiger Rahmen für die rechtmäßige inhaltliche Reichweite des Berichts12. Diese Unterscheidung hat Bedeutung für die Frage, ob eine echte Rechtspflicht zur Erstattung des Berichts besteht oder nicht. Während bei einem auf Eigenini5 Zur Anforderung eines Berichts durch Beschluss des Bundesrates s. u. Kap. 4 I. 1. b) bb), S. 227. 6 Maiwald, Berichtspflichten, S. 23–25. 7 Derlien, ZParl 6 (1975), 42. 8 Linck, DÖV 1979, 116, 118. 9 Feldkamp, Datenhandbuch Bundestag 1990 bis 2010, S. 626–756, verwendet in seiner Statistik den ähnlichen Begriff der Rechtsgrundlage. 10 Zu diesem s. u. Kap. 4 IV. 2. c) cc) (2) (a), S. 318. 11 Zur Rechtsverbindlichkeit von Berichtsgesetzen und Berichtsbeschlüssen s. u. Kap. 4 I. 1., S. 196. 12 Dazu umfassend s. u. Kap. 4 I. 2., S. 231.

I. Kategorien der Berichterstattung

43

tiative beruhenden Bericht selbstverständlich ist, dass die berichterstattende Stelle zur Erstattung nicht verpflichtet ist, ist dies jedenfalls bei Berichtsersuchen durch Beschluss und teilweise auch bei Berichtspflichten durch Gesetz strittig. Der Frage der Rechtsverbindlichkeit von Berichtsgesetzen und Berichtsbeschlüssen wird an anderer Stelle nachgegangen13. 2. Der Berichtsgegenstand Im Berichtsgegenstand oder auch dem Berichtsthema spiegelt sich die ganze inhaltliche Breite des Berichtswesens wider. Dementsprechend gestaltet sich eine Einteilung von Berichten unter dem Gesichtspunkt des Gegenstands als schwierig. a) Gesamt-, Ressort- und Maßnahmenberichte Soweit bisher überhaupt nach dem Gegenstand der Berichte differenziert wurde, orientierte die rechtswissenschaftliche Literatur sich an einer aus der Politikwissenschaft stammenden Einteilung, die Berichte in Gesamt-, Politikbereichsund Maßnahmenberichte unterscheidet14, sich dabei allerdings auf Berichte der Bundesregierung beschränkt. Unter einem Gesamtbericht wird dabei ein Bericht über alle Politikbereiche verstanden, als Beispiel wird dazu der Bericht zur Lage der Nation genannt15. Ein Politikbereichsbericht bezieht sich hiernach auf den Aufgabenbereich eines Ministeriums16 oder einen größeren Teilbereich der Aufgaben eines Ministeriums oder sogar mehrerer Ministerien17. Ein Maßnahmenbericht gebe dagegen über „Stand und die Wirksamkeit einzelner Gesetze und Programme Auskunft“ 18. Letztlich wurden dieser Kategorie bisher auch alle anderen Berichte zugeordnet, die sich nicht der Kategorie des Gesamt- oder der des Politikbereichsberichts zuordnen lassen19. 13

Siehe dazu Kap. 4 I. 1., S. 196. Grundlegend Derlien, ZParl 6 (1975), 42, 43. Dieser Einteilung im Grundsatz folgend auch Linck, DÖV 1979, 116, 117; Maiwald, Berichtspflichten, S. 26–31; König, in: Gesetzgebungslehre, S. 96, 102; diese Einteilung als Ausgangspunkt wählen auch Mössle, Regierungsfunktionen, S. 182; Stoll, Sicherheit als Aufgabe, S. 438; ohne Gesamtberichte Ismayr, ZParl 21 (1990), 553, 554. 15 Derlien, ZParl 6 (1975), 42, 43. 16 Derlien, ZParl 6 (1975), 42, 43; zustimmend Linck, DÖV 1979, 116, 117. 17 Ismayr, ZParl 21 (1990), 553, 554; ähnlich Maiwald, Berichtspflichten, S. 27–30, der von „Ressortberichten“ spricht. 18 Derlien, ZParl 6 (1975), 42, 43. 19 Linck, DÖV 1979, 116, 117–118; Maiwald, Berichtspflichten, S. 30–31, spricht von einer „Auffangkategorie“ und plädiert dafür, sie aufgrund ihrer Vielfalt nicht besonders zu bezeichnen. 14

44

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

Diese Aufteilung verdient im Hinblick auf die Weite, die ein Berichtsgegenstand haben kann, Zustimmung, sagt aber nur bedingt etwas darüber aus, was inhaltlich Gegenstand eines Berichts sein kann. Damit soll diese Aufteilung nicht verworfen werden. Die Frage, wie weit der Gegenstand gefasst ist, lässt auch Rückschlüsse auf Gestaltung und den verfolgten Zweck des Berichts zu. Ein Gesamtbericht etwa muss erheblich komprimierender ausfallen als ein Maßnahmenbericht, wenn er zugleich den gesamten Themenbereich abdecken und nicht zu umfassend sein soll, um den Adressaten nicht mit Informationen zu überlasten. Darüber hinaus soll hier aber versucht werden, nicht nur nach der Breite, sondern auch nach der Art des Berichtsgegenstands zu unterscheiden. b) Arten des Berichtsgegenstands Konsens ist wohl, dass grundsätzlich jedes Thema Gegenstand eines Berichts sein kann20. Aufgrund dieser Offenheit dürfte eine Typologie, die alle Gegenstände der Berichterstattung staatlicher Stellen erfasst, nahezu unmöglich sein. Jedoch seien im Folgenden einige Arten von Berichten genannt, die näher an der Art der Tatsachenwiedergabe anknüpfen und einen großen Teil der Berichterstattung erfassen. Diese Typen können sich in den Details überschneiden, die meisten Berichte dürften dabei jedoch in ihrem Schwerpunkt einem der Typen zugeordnet werden können. Welcher Art der jeweilige Bericht am ehesten entspricht, ergibt sich in der Regel aus der Berichtsgrundlage. Die einzelnen Typen verfolgen zumeist unterschiedliche Zwecke21. aa) Der Tätigkeitsbericht Tätigkeitsberichte informieren in komprimierter Form über Handlungen und Maßnahmen einer staatlichen Stelle. Sie beziehen sich dabei auf einen konkreten Zeitraum und stellen die Arbeit der Stelle in diesem Zeitraum im Rahmen ihrer Zuständigkeit dar. Anders formuliert ist die Tatsachenwiedergabe hier auf eigenes, früheres Verhalten konzentriert. Orientiert man sich an der dargestellten Aufteilung nach der Breite des Inhalts, so entsprechen diese Berichte meistens einer Art Gesamtbericht einer staatlichen Stelle. Die Tätigkeit der Stelle wird dabei hauptsächlich referiert, gegebenenfalls aber auch bewertet. Als Beispiele genannt seien etwa die Tätigkeitsberichte des BfDI zum Datenschutz22 oder zur Informationsfreiheit23, der Jahresbericht des Bundesamtes für

20 21 22 23

So auch Maiwald, Berichtspflichten, S. 30–31; Linck, DÖV 1979, 116, 118. Dazu sogleich Kap. 2 I. 6., S. 50. § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG. Zu diesem Bericht umfassend unten Kap. 2 II. 3., S. 82. § 12 Abs. 3 IFG i.V. m. § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG.

I. Kategorien der Berichterstattung

45

Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe24 oder der Bericht über die Deregulierungsmaßnahmen der Bundesregierung25. bb) Der Wissensbericht Ein Wissensbericht stellt Informationen über einen durch die Berichtsgrundlage definierten Gegenstand zusammen. Hierbei handelt es sich um eine sehr weite Kategorie. Die Berichte erfassen dabei alle relevanten Aspekte des vorgegebenen Themas und sind um eine vollständige Gesamtdarstellung bemüht, häufig unter Zuhilfenahme einer Beschreibung des Ist-Zustands26. Die Art der Wiedergabe konzentriert sich auf die Wiedergabe einer beim Berichterstatter zum Thema vorhandenen Informationsmenge. Bei diesem Wissen kann es sich um Wissen über ein abstraktes gesellschaftliches oder politisches Thema, aber auch um Wissen über Handlungen Dritter oder Entwicklungen handeln, von denen der Berichterstatter Kenntnis hat. In der Breite entsprechen sie am ehesten den Politikbereichs- oder den Maßnahmenberichten, abhängig von der Vorgabe durch die Berichtsgrundlage. Nicht unüblich ist, dass in diesen Berichten auf der Grundlage der Ist-Beschreibung weitere potenzielle oder bereits geplante Maßnahmen für die Zukunft dargestellt werden27. Beispiele hierfür sind etwa der Umweltzustandsbericht28, der Berufsbildungsbericht29 oder der Bericht über Kinderarbeit in der Welt30. cc) Der Erfahrungsbericht Der Erfahrungsbericht gibt größtenteils eigene Beobachtungen und auf diesen Beobachtungen beruhende Wertungen zur Wirksamkeit eines Gesetzes, eines Programms oder einer Maßnahme ab31. Er konzentriert die Tatsachenwiedergabe 24 Das BBK veröffentlicht einen Jahresbericht aufgrund eigener Initiative. Zu diesem Bericht s. u. Kap. 2 II. 5., S. 101. 25 BT-Drucks. 12/7468, erstattet auf Grundlage eigener Initiative. 26 Genau genommen des Ist-Zustands auf Grundlage der Informationslage zum Zeitpunkt der Berichtserstellung. Insofern hat ein solcher Bericht auch Vergangenheitsbezug, da zum Zeitpunkt der Vorlage des Berichts diese Informationen überholt sein können. 27 Teilweise wird dies sogar explizit von der Berichtsgrundlage gefordert, vgl. § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StabG. 28 § 11 S. 1 UIG, hierzu umfassend s. u. Kap. 2 II. 2., S. 71. 29 § 86 Abs. 1 S. 2 BBiG (BGBl. I 2005, 931). 30 BT-Drucks. 13/1079, erstattet auf Grundlage eines Beschlusses vom 29.06.1994, BT-Drucks. 12/8163, 3. 31 So auch Höland, ZG 1994, 372, 377; Schneider, Gesetzgebung, Rn. 152; Maiwald, Berichtspflichten, S. 115; Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, S. 512.

46

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

also auf die (gegebenenfalls subjektiven) Erfahrungen des Berichterstatters als innere Tatsachen. Vom Tätigkeitsbericht unterscheidet er sich dadurch, dass er weniger das Tun des Berichterstatters zusammenfasst, sondern die Bewertung der Wirksamkeit des Tuns wiedergeben soll, er geht also über einen reinen Tätigkeitsbericht hinaus32. Ein Erfahrungsbericht muss aber nicht zwingend am Tun des Berichterstatters anknüpfen, sondern kann auch Handlungen von Dritten zum Gegenstand haben. Vom Wissensbericht unterscheidet er sich einerseits durch seinen konkreten Bezug auf ein Gesetz, ein Programm oder eine Maßnahme, andererseits durch seine stärker retrospektive Blickweise33, soweit er sich auf die Wirkungen von Gesetzen, Programmen oder Maßnahmen in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum bezieht, während Wissensberichte in der Regel den Ist-Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt beschreiben. In der Breite entspricht der Erfahrungsbericht wohl stets einem Maßnahmenbericht34. Beispiele für Erfahrungsberichte sind etwa der Bericht zur Evaluierung der Anwendung des Antiterrordateigesetzes35, der Bericht über die Auswirkungen des Alkopopsteuergesetzes auf den Alkoholkonsum von Jugendlichen unter 18 Jahren sowie die Marktentwicklung von Alkopops und vergleichbaren Getränken36 oder der Erfahrungsbericht der Bundesregierung zum Erneuerbare-Energien-Gesetz37. 3. Der Berichterstatter Berichte werden von einer Vielzahl von Berichterstattern vorgelegt. Zu beachten ist dabei, dass ein Berichterstatter tendenziell geneigt sein wird, einen Bericht derart auszugestalten, dass er Aussagen in seinem, also des Berichterstatters Interesse macht38. Die Bundesregierung etwa hat bei der Erstattung eines Berichts in der Regel andere Interessen als ein unabhängiges staatliches Gremium, wird etwa die Regierungspolitik tendenziell günstiger bewerten, wenn sie einen Erfahrungsbericht zu einem Gesetz vorlegt39.

32 So wohl implizit auch Steinberg, Der Staat 15 (1976), 185, 203, wenn er an Berichten, die der Evaluation dienen, kritisiert, dass diese „Tätigkeitsberichte zuzüglich der Ankündigung zukünftiger Entwicklungen und Maßnahmen“ seien. 33 Höfling/Engels, in: Gesetzgebung, § 34 Rn. 35. 34 Tatsächlich hat Derlien, ZParl 6 (1975), 42, 43 genau unter dem, was hier als Erfahrungsbericht bezeichnet wird, Maßnahmenberichte verstanden. 35 BT-Drucks. 17/12665. 36 BT-Drucks. 15/5929, erstattet auf Grundlage von § 5 des Alkopopsteuergesetzes. 37 BT-Drucks. 17/11957, erstattet auf Grundlage von § 65 EEG in der Fassung vom 28.7.2011. 38 So auch bezogen auf Berichte von Regierungen Ismayr, ZParl 21 (1990), 553, 556; Maiwald, Berichtspflichten, S. 102. 39 So auch Maiwald, Berichtspflichten, S. 133; indirekt Steinberg, Der Staat 15 (1976), 185, 203.

I. Kategorien der Berichterstattung

47

Berichte (zumindest an den Bundestag) werden überwiegend von der Bundesregierung erstattet40. Werden diese Berichte durch Gesetz oder Beschluss angefordert, wird teilweise die Bundesregierung als Ganzes41, teilweise ein bestimmtes Regierungsmitglied oder sein Ministerium42, teilweise abstrakt das zuständige Regierungsmitglied oder sein Ministerium43 und teilweise werden sogar mehrere bestimmte Ministerien44 zur Vorlage des Berichts aufgefordert. Ebenfalls werden Berichte von Behörden erstattet, die keine oberste Bundesoder Landesbehörde und damit nicht Bestandteil der Regierung sind. Unterschieden werden können hier die im klassischen Sinn nachgeordneten Behörden und verselbstständigte Verwaltungseinheiten. Beide sind Teil der unmittelbaren Staatsverwaltung, im Gegensatz zu nachgeordneten Behörden verfügen verselbstständigte Verwaltungseinheiten aber über ein höheres Maß an Unabhängigkeit gegenüber anderen staatlichen Stellen, was sich etwa durch eine organisatorische Verselbstständigung von Personal- und Sachmitteln oder eine weisungsfreie Entscheidungstätigkeit ausdrücken kann, wobei es an klaren Abgrenzungen zwischen den Behördenarten fehlt45. Es dürfte nicht fernliegend sein anzunehmen, dass eine Behörde mit einem höheren Maß an Unabhängigkeit eher bereit sein dürfte, Kritik etwa an der Regierung zu üben, als eine gänzlich weisungsabhängige nachgeordnete staatliche Stelle. Auch diese Behörden werden teilweise aufgrund von gesetzlicher Verpflichtung tätig46, teilweise aufgrund eigener Initiative47. Auch von ihnen können Berichte durch Beschluss angefordert werden, wenn ein entsprechendes Recht besteht48.

40 Maiwald, Berichtspflichten, S. 31, 157; dies dürfte entsprechend auch für die Landesebene gelten. 41 Z. B. § 35 BAföG; § 4 Abs. 1 S. 1 u. S. 2 PKGrG (BGBl. I 2009, 2346); § 154 Abs. 1 S. 1 SGB VI; § 16e TierSchG; § 11 S. 1 UIG. 42 Z. B. § 31 BHO; § 3 Nr. 5 WBeauftrG; § 86 Abs. 1 S. 1 BBiG; § 11 des Gesetzes zur Anpassung der personellen Struktur der Streitkräfte (BGBl. I 2012, 1583); § 33 AltPflG (BGBl. I 2003, 1690); § 64 S. 1 Biokraft-NachV (BGBl. I 2009, 3182); § 27 KrPflG (BGBl. I 2003, 1442); § 4a Abs. 4 S. 3 WpHG. 43 § 3 Abs. 1 S. 1 BerBiFG in der Fassung vom 23.12.1981 (BGBl. I 1981, 1692). 44 § 3 S. 1 EnLAG (BGBl. I 2009, 2870): „Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung“. 45 Krebs, in: HbdStR, § 108 Rn. 25, 27. 46 Z. B. § 16 Abs. 1 BVerfSchG; § 53 GWB; § 37 Abs. 3 S. 1 StUG; § 7 Abs. 1 S. 1 des Hilfetelefongesetzes (BGBl. I 2012, 448); § 18 Abs. 2 S. 4 PartG; § 21 Abs. 3 S. 3 TrinkwV (BGBl. I 2016, 459). 47 Z. B. der Jahresbericht des BBK, s. o. Kap. 2 Fn. 24 und die umfassende Untersuchung unten Kap. 2 II. 5., S. 101; Jahresbericht des Bundesamts für Strahlenschutz, abrufbar unter http://www.bfs.de/DE/mediathek/berichte/bfs-jahresberichte/bfs-jahresbe richte_node.html (Stand: 09.01.2017). 48 Dazu auch u. Kap. 4 Fn. 29.

48

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

4. Die Adressierung des Berichts Die Adressierung des Berichts beschreibt das kommunikative Ziel der staatlichen Berichterstattung, also denjenigen, der über den Berichtsgegenstand informiert und durch die Information beeinflusst werden soll. Das schließt ein, dass sich der Bericht funktionell auf die kommunikativen Bedürfnisse des Adressaten einstellen, sich am „Kundennutzen orientieren muss“ 49. Der Adressat eines Berichts folgt in der Regel aus der Berichtsgrundlage und ihrer Auslegung. Berichte richten sich entweder an eine andere staatliche Stelle oder an die Öffentlichkeit50. Für diese Untersuchung sind nur solche Berichte relevant, die eine bürgerbeeinflussende Wirkung haben können, also grundsätzlich der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Das ist bei gezielt an die Öffentlichkeit gerichteten Berichten offensichtlich. Eine gezielte Adressierung der Bürger drückt sich vor allem bei gesetzlichen Berichtspflichten häufig durch die Formulierung aus, der Bericht sei zu „veröffentlichen“. Auch an andere staatliche Stellen gerichtete Berichte können aber veröffentlicht werden. Das passiert aufgrund der Parlamentsöffentlichkeit regelmäßig mit Berichten, die an den Bundestag oder ein Landesparlament adressiert sind und dann in den Parlamentsdrucksachen veröffentlicht werden51. Genauso werden aber auch an nicht parlamentarische staatliche Stellen gerichtete Berichte veröffentlicht, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist52. Zu beachten ist dabei, dass in diesen Fällen der Bericht sowohl an die Öffentlichkeit als auch eine andere staatliche Stelle adressiert ist, der Bericht wird sowohl für die staatliche Stelle als auch für die Öffentlichkeit verfasst und verfolgt gegenüber beiden einen Zweck53. Liegt eine gesetzliche Veröffentlichungspflicht nicht vor, so kann ein Bericht dennoch aufgrund eigener Entscheidung des Berichterstatters oder des Adressaten veröffentlicht werden54. Da insbesondere Tätigkeitsberichte geeignet sind, 49

Richter/Dreyer, in: Die moderne Verwaltung, S. 159, 165. Ähnlich Engels, in: HbdStR, § 80 Rn. 6: „Regierungskommunikation kann zwei Adressaten haben: die Bürger, deren Verhalten die Regierung ändern will, und andere Beteiligte am politischen Prozeß“. 51 Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 80 Fn. 115; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 67. 52 Z. B. § 44 Abs. 3 S. 1 u. 2 GWB. 53 Zu den verschiedenen Funktionen von Berichterstattung s. u. Kap. 2 I. 6., S. 50. 54 Zum Beispiel der an die EU-Kommission gerichtete „Bericht der Bundesrepublik Deutschland über die bei der Anwendung der Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen gewonnenen Erfahrungen“. Die Berichtsgrundlage ist Art. 9 Abs. 1 UA 1 RL 2003/4/EG, eine Veröffentlichungspflicht sah die Berichtsgrundlage für diesen Bericht nicht vor. Gleichwohl hat das BMU entschieden, diesen Bericht öffentlich zugänglich zu machen, er kann im Internet abgerufen werden unter http://www.bmub.bund.de/fileadmin/bmu-import/files/pdfs/allgemein/applica 50

I. Kategorien der Berichterstattung

49

das eigene Handeln des Berichterstatters in einem günstigen Licht darzustellen, werden auch an das Parlament adressierte Tätigkeitsberichte häufig über die parlamentarische Behandlung hinaus55 aktiv in der Öffentlichkeit verbreitet. Auch bei einer formalen Adressierung einer staatlichen Stelle mag daher ein Bericht de facto tatsächlich sogar hauptsächlich auf die Öffentlichkeit zielen56. Dies wurde für parlamentarische Berichte zutreffend mit der Formulierung umschrieben, Berichte an den Bundestag seien „an das Parlament adressiert, aber auch für die Öffentlichkeit formuliert“ 57. Die formale Adressierung durch die Berichtsgrundlage lässt daher keinen zwingenden Schluss zu, ein Bericht sei nur für diesen formalen Adressaten konzipiert und verfasst worden. Das kann zumindest dann problematisch sein, wenn eine für den Berichterstatter verbindliche Berichtsgrundlage beim Adressaten einen bestimmten Zweck verfolgt, der Bericht mit Blick auf die potenzielle Rezeption der Öffentlichkeit aber unzweckmäßig gestaltet wird58. Vereinfacht ausgedrückt darf ein Werben durch Berichterstattung in der Öffentlichkeit nicht dazu führen, dass der ursprüngliche Zweck des Berichts verfehlt wird. 5. Die Periodizität Berichte werden in unterschiedlicher Frequenz erstattet. Die Periodizität wird in der Regel nach antizipierten Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten durch die Berichtsgrundlage bestimmt59. Grundsätzlich kann man zwischen Berichten unterscheiden, die einmalig oder mehrmals zu erstatten sind. Bei mehrmals zu erstattenden Berichten kann sowohl eine bestimmte Frequenz angeordnet werden, zum Beispiel indem ein Bericht jährlich oder alle zwei oder vier Jahre vorzulegen ist60, oder es kann ohne Angabe einer festen Periodizität einfach eine regelmäßige Berichterstattung61 oder eine Vorlage einmal pro Legislaturperiode verlangt werden62. Auch bei Berichten tion/pdf/ui_richtlinie_umsetzungsbericht_bf.pdf (Stand: 09.01.2017). Zu diesem Bericht ausführlich unten Kap. 2 II. 8., S. 119. 55 Zur Öffentlichkeitswirkung durch eine parlamentarische Behandlung vgl. Maiwald, Berichtspflichten, S. 103–104. 56 Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 80. 57 Kirchhof, Verwalten durch mittelbares Einwirken, S. 122. 58 Ein solcher Fall dürfte beim Umweltzustandsbericht vorliegen, s. u. Kap. 2 II. 2., S. 71. Ein derartiges Problem kann natürlich nicht auftreten, wenn ein Bericht aufgrund eigener Initiative abgegeben wird, da in diesem Fall der Berichterstatter die Zielsetzung im Rahmen der allgemeinen verfassungs- und einfachrechtlichen Grenzen selbst bestimmen kann. 59 Maiwald, Berichtspflichten, S. 167. 60 Z. B. § 154 Abs. 1 S. 1 SGB VI: „jährlich“; § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG: „alle zwei Jahre“; § 11 S. 1 UIG: „in vierjährigem Abstand“. 61 Z. B. § 6 Abs. 1 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes (BGBl. I 2005, 775). 62 Z. B. § 84 Abs. 1 S. 1 SGB VIII; Beschluss des Bundestages vom 26.10.2000 zu Nr. 1 lit. b. der BT-Drucks. 14/3711.

50

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

aufgrund eigener Initiative kann ein eigener Berichtsturnus gewählt werden, zum Beispiel werden Tätigkeitsberichte gerne als Jahresberichte veröffentlicht63. Gelegentlich werden Berichten auch feste Termine zugewiesen64. Auch kann zur Vorlage eines Berichts eine Frist gesetzt werden65. Grundsätzlich sind diese verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten auch kombinierbar66. Allerdings beeinflusst die Periodizität die Funktionalität des Berichts. Ein Wissensbericht an ein Parlament über eine sich schnell ändernde Materie, der aber mit einer niedrigen Vorlagefrequenz (etwa alle vier Jahre) versehen wird, kann zu einem Informationsmangel führen67. Auch kann ein fester Vorlagetermin in Konflikt mit den Grundsätzen der Öffentlichkeitsarbeit in Wahlkämpfen führen, oder umgekehrt gerade das Fehlen eines Vorlagetermins, wenn eine Regierung einen Bericht bewusst in eine Wahlkampfzeit legt68. 6. Die Funktionen von Berichterstattung Schließlich können Berichte eine Vielzahl von Funktionen haben. Welche Funktion ein Bericht verfolgt, ist nicht immer leicht zu bestimmen. Die vorgenannten Kategorien können aber Indikatoren dafür sein, welche Funktion einem Bericht zugedacht ist. Die Auslegung der Berichtsgrundlage etwa lässt einen ersten Rückschluss darauf zu, was durch den Bericht überhaupt erreicht werden soll69. Auch ist nicht jede Berichtsart für jeden Zweck geeignet, ein Wissensbericht etwa kann nur bedingt die eigene Arbeit des Berichterstatters rechtfertigen, ein Tätigkeitsbericht dagegen schon. Ein in regelmäßigen Abständen vorzulegender Bericht ermöglicht die Kenntnisnahme von langfristigen Planungen70 und die 63

Z. B. Jahresbericht des BBK, s. u. Kap. 2 I. 5., S. 101. Z. B. § 79 Abs. 1 S. 2 ALG (BGBl. I 1994, 1890, 1891): „bis zum 31. September 2017“; § 25 S. 1 BEEG: „bis zum 31. Dezember 2015“. 65 Z. B. § 3 Abs. 4 S. 1 BWahlG: „innerhalb von fünfzehn Monaten nach Beginn der Wahlperiode des Deutschen Bundestages“. 66 Z. B. § 37 Abs. 3 S. 1 StUG: „mindestens alle zwei Jahre, erstmals zum 1. Juli 1993, einen Tätigkeitsbericht“. Einen Überblick über die Vielzahl der Gestaltungsmöglichkeiten gibt Feldkamp, Datenhandbuch Bundestages 1990 bis 2010, S. 626–756 in der Auflistung der an den Bundestag erstatteten Berichte. 67 Ähnlich Maiwald, Berichtspflichten, S. 167. 68 Zu dieser Problematik s. u. Kap. 4 III. 2. c) cc) (2), S. 271. 69 Das gilt jedenfalls für Berichte, die aufgrund von Gesetz oder Beschluss erstattet werden. Bei einem aus Eigeninitiative erstatteten Bericht fehlt es dagegen an einer auslegbaren schriftlichen Grundlage. Allerdings deutet gerade in solchen Fällen das Vorwort eines Berichts gerne die Absicht des Berichterstatters an. Vgl. z. B. Jahresbericht des BBK 2013, 11: „In den nachfolgenden Beiträgen unseres Jahresberichts stellen wir Ihnen die Ergebnisse unserer Arbeit des Jahres 2013, wesentliche Entwicklungen, neue Produkte und – so hoffe ich – interessante Informationen rund um das BBK vor“. 70 Kirchhof, Verwalten durch mittelbares Einwirken, S. 121. 64

I. Kategorien der Berichterstattung

51

Bewertung von Entwicklungen, was bei einem einmaligen Bericht kaum möglich ist. Häufig werden Berichte mehrere sich überschneidende Haupt- oder Nebenfunktionen haben71. Insbesondere kann ein Bericht gegenüber unterschiedlichen Adressaten unterschiedliche Zwecke haben, etwa gegenüber der Öffentlichkeit andere als gegenüber einer staatlichen Stelle, obwohl der Bericht formal vielleicht nur an eine der beiden Seiten adressiert ist72. a) Informationsfunktion Die Grundfunktion staatlicher Berichterstattung liegt in der Übermittlung von Information. Jeder Bericht ist zunächst eine Sammlung von staatlichen Informationen und staatlicher Erfahrung73, unabhängig von der Frage, ob diese Informationen sich auf eigene Tätigkeit, eigene Erfahrung oder eigenes Wissen i. e. S. beziehen. Dieses Wissen mitzuteilen ist die erste Funktion von Berichterstattung, die wohl jeder Bericht in irgendeiner Form verfolgt. b) Folgefunktionen Damit ist noch nicht viel gesagt. Jeder staatlichen Informationstätigkeit liegt ein Informationstransfer zugrunde. Die rechtlich relevante Frage dagegen dürfte eher sein, welchen Effekt, welche Reaktion die Information beim Empfänger hervorrufen soll oder was mit dem Wissen beim Empfänger geschehen soll, also mit anderen Worten, welche Folgefunktion der Informationstransfer hat. Die Erfüllung der Informationsfunktion ist in der Regel kein Selbstzweck74. aa) Handlungsvorbereitung und Bewusstseinsbeeinflussung Handlungsvorbereitende Berichte sind solche, an die der Empfänger eine auf Grundlage der durch den Bericht vermittelten Informationen gestützte Maß71 Ähnlich Maiwald, Berichtspflichten, S. 94, wenn er einem Bericht eine Schwerpunktfunktion zuspricht; nach Derlien, ZParl 6 (1975), 42, 45 „ist eine strenge Funktionszuschreibung nicht möglich“; ähnlich Loeser, Berichtswesen, S. 95: „Die einzelnen Funktionen bedingen, ergänzen und formen sich wechselseitig“. 72 Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 80; Kirchhof, Verwalten durch mittelbares Einwirken, S. 122. 73 Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 80 spricht von einem „Daten- und Erfahrungsschatz“; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 78: „Informationsschatz“. 74 Dickertmann/Diller, WiSt 1986, 601, 602; laut Voßkuhle, in: Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 349, 388 erfolgten Informationshandlungen in der Regel mit Beeinflussungsabsicht, „weil sie sonst wenig Sinn“ machen; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 90: „Im weitesten Sinne ist allen Erscheinungsformen der [. . .] staatlichen Informationstätigkeit das Ziel der Verhaltensbeeinflussung gemeinsam“; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 72.

52

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

nahme, Verhaltens- oder Bewusstseinsänderung anschließt. Berichte sind damit Grundlage für das Fällen von Entscheidungen. (1) Handlungsvorbereitung für staatliche Stellen Berichte an staatliche Stellen, hauptsächlich an Parlamente, bereiten häufig Rechtssetzungsmaßnahmen, insbesondere Gesetzgebungsakte vor75. Auf der Grundlage des durch den Bericht erlangten Wissens kann der Empfänger eine ausgewogene Bewertung der Situation vornehmen, z. B. ob eine rechtliche Regelung erforderlich ist und wie diese auszusehen hat76. Unterscheiden kann man hier zwischen Berichten, die Handlungsbedarf aufdecken und solchen, die Anpassungsbedarf aufdecken77. Erstere vermitteln in Form eines Wissensberichts Informationen über einen Bereich, über den der Empfänger, in der Regel das Parlament, sich unzureichend informiert sieht und der auf Grundlage der Berichtsinformation einen Bereich rechtlich regeln will78. Letztere dienen – häufig in Form eines Erfahrungsberichts – der Überwachung und gegebenenfalls Anpassung eines bereits rechtlich geregelten Bereichs, der aber kontinuierlichem Wandel unterworfen ist und daher der regelmäßigen Überprüfung bedarf79. Dies geschieht vor allem im Bereich der Leistungsverwaltung80. (2) Beeinflussende Wirkung beim Bürger81 Berichte, die sich an die Öffentlichkeit richten, können bei dieser durch eine Erweiterung des eigenen Wissens eine Bewusstseins-, gegebenenfalls auch eine 75 Maiwald, Berichtspflichten, S. 95; Linck, DÖV 1979, 116, 118; Schreckenberger, VerwArch 68 (1977), 28, 40. 76 So auch Ismayr, ZParl 21 (1990), 553, 555; Vogt, Informationstätigkeit des BRH, S. 208 für die Berichte des Bundesrechnungshofs. 77 Die Aufteilung ist angelehnt an Maiwald, Berichtspflichten, S. 96–98 und Mössle, Regierungsfunktionen, S. 183–184; ähnlich angedeutet auch Schreckenberger, VerwArch 68 (1977), 28, 40. 78 Mössle, Regierungsfunktionen, S. 184. 79 Mössle, Regierungsfunktionen, S. 183; Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, S. 276. 80 Maiwald, Berichtspflichten, S. 96 spricht daher von „Leistungsanpassungsberichten“. 81 Gemeint sind hier solche Berichte, die sich (schwerpunktmäßig) auf außerhalb der staatlichen Sphäre liegende Gegenstände beziehen. Berichte über Staatstätigkeit verfolgen dagegen in der Regel (schwerpunktmäßig) eine Rechtfertigungs- und Legitimationsfunktion. Zur Frage, ob diese Unterscheidung nach dem Bezugspunkt der Information sich auf die Anwendung der Handlungsformenlehre im Bereich des staatlichen Informationshandelns auswirkt, s. u. Kap. 3 II., S. 155.

I. Kategorien der Berichterstattung

53

konkrete Veränderung des persönlichen Verhaltens anstreben. „Information bezweckt und bewirkt Verhaltensänderung“ 82. Die Vermittlung von sachlichen Informationen über ein Thema bereitet die eigene Meinungs- und Entscheidungsfindung der Bürger vor83. Berichterstattung an die Parlamente kann durch die Öffentlichkeit der parlamentarischen Sitzungen ebenfalls Bewusstseins- und daran folgend Verhaltensänderung erzeugen84, indem sie etwa Problembewusstsein schafft oder Akzeptanz für bestimmte Zustände stärkt85. Berichte, die sich direkt an die Öffentlichkeit richten, verfolgen dieses Ziel in der Regel umso mehr. Es kommen dabei verschiedene Unterfunktionen in Betracht, abhängig vom angestrebten Beeinflussungserfolg86. (a) Aufklärungsfunktion Berichte können als Aufklärungsmaßnahme87 eingesetzt werden, um eine eigenverantwortliche Verhaltensmodifikation von Bürgern zu bewirken88, indem sie durch Vermittlung von abstraktem Wissen89 wie zum Beispiel wissenschaft82

Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 101. Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 67: „Informationsversorgung“. 84 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 11–12. 85 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 78; hier kann schon ein Übergang in die Funktion der Rechtfertigung vorliegen. 86 Dies wird noch eine Rolle für die Frage spielen, wie Berichte sich in das System staatlichen Informationshandelns einfügen, siehe dazu unten Kap. 3 II. 2., S. 162. Hier wird sich noch auf eine deskriptive Darstellung der Funktionen beschränkt, die in der Literatur Berichten schon zugewiesen wurden. 87 Hier wird die Funktion referiert, die gemeinhin der Aufklärung durch Information zugemessen wird. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Bericht deswegen zwingend als Aufklärungsmaßnahme in Abgrenzung zu anderen Handlungsformen einzuordnen ist. Eine Bewertung der Aufklärung als eigene Handlungsform gerade in Abgrenzung etwa zur Warnung ist damit nicht verbunden. Zur Struktur von Informationsmaßnahmen nach der herrschenden Lehre s. u. Kap. 3 II. 1., S. 155. 88 A. A. wohl Vierhaus, Umweltbewusstsein, S. 190, 194, für die Umweltzustandsberichterstattung, der seiner Ansicht nach das belehrende Element gänzlich fehle und die es bei einer reinen Mitteilung von Tatsachen bewenden lasse. Er gibt aber selbst zu, dass auch noch so neutral gehaltene abstrakte Tatsachenmitteilungen verhaltensbeeinflussende Wirkung haben können, Vierhaus, Umweltbewusstsein, S. 211. Wie noch zu zeigen sein wird, kann aber hinsichtlich der aktuellen Umweltzustandsberichterstattung von einer von Werthaltungen freien reinen Information über Tatsachen ohnehin nicht die Rede sein, s. u. Kap. 2 II. 2., S. 71. 89 Gröschner, DVBL 1990, 619, 621; Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 15; a. A. Brandt, Umweltaufklärung, S. 91–95, der konkret auf individuelle Personen oder Produkte gerichtete Warnungen als vom Aufklärungsbegriff erfasst ansieht und insofern wohl eine Differenzierung ablehnt. Ähnlich wohl Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 56, der aber betont, seine Aufteilung enthalte nur „vorläufige Arbeitsbegriffe“ und habe „weitgehend heuristische Funktion“; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 53. Die Abgrenzungsversuche zwischen Warnungen, Aufklärung und anderen Informationsformen werden an anderer Stelle untersucht, s. u. Kap. 3 II. 1., S. 155. 83

54

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

lichen Erkenntnissen90 „idealerweise zu der staatlicherseits angestrebten Verhaltensweise führen“ 91. Der Bericht wird von den politischen Zielen des Berichterstatters mitbeeinflusst, indem er durch die Wissensvermittlung zu der staatlich gewünschten „vernünftigen Freiheitsausübung“ 92 führt, nachdem er die Sensibilität für bestimmte Probleme erhöht hat93. Das Wissen wird also in einen Kontext eingeordnet, der es dem Adressaten ermöglicht, wertbezogen mithilfe der Informationen sein eigenes Verhalten kritisch zu hinterfragen. Der Wissensbericht dürfte im Regelfall das Mittel der Berichterstattung sein. (b) Warnfunktion Berichte können auch dazu genutzt werden, Warnungen auszusprechen. Die Warnung wird gemeinhin als Mittel der Gefahrenabwehr betrachtet94. Sie richtet sich in der Regel in Abgrenzung zur Aufklärung konkret gegen bestimmte Personen, Gruppen oder Vorgänge95. Zumindest die Wirkung einer Warnung kann schon durch schlichte Tatsachenmitteilung eintreten96, ohne dass explizit eine Aufforderung oder eine Wertung vonnöten ist, wenn sich die Handlungsaufforderung aus dem Inhalt der Tatsachen von selbst erschließt. Die Wiedergabe von Eigenschaften etwa einer Gruppe, die allgemein als stark negativ bewertet werden, ist geeignet, bei einem Informationsempfänger dieselbe Wirkung auszulösen wie eine damit verbundene Aufforderung, sich von der Gruppe zu distanzieren, wenn sich nämlich die Aufforderung implizit aus den Tatsachen aufdrängt. Daher kann auch die Tatsachenmitteilung durch einen Bericht ebenfalls geeignet sein, eine warnende Wirkung zu erzielen. Folglich wurde auch Berichten schon warnende Funktion attestiert97.

90 Brandt, Umweltaufklärung, S. 25, der dies allerdings als eine weniger stark wahrgenommene Form der Umweltaufklärung bezeichnet. Dies dürfte aber dadurch begründet sein, dass er begrifflich auch Warnungen, Empfehlungen und Einzelberatungen als Formen von Umweltaufklärung nennt, vgl. Brandt, Umweltaufklärung, S. 19–25. 91 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 355. 92 Gramm, Der Staat 30 (1991), 51, 67. 93 Czerwick, DÖV 1997, 973, 981. 94 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 88; Heintzen, NuR 1991, 301, 303; Leidinger, DÖV 1993, 925, 926; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 28. 95 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 89. 96 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 29; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 18: „Entscheidend für die Warnung ist der Appellcharakter der Äußerung, der bereits in eindringlichen Informationen liegen kann“. 97 Z. B. wird teilweise Verfassungsschutzberichten warnende Funktion zugesprochen, Murswiek, NVWZ 2004, 769, 771 m.w. N.; Droste, Hb. VerfSchR, S. 458. Umfassend zum Verfassungsschutzbericht s. u. Kap. 2. II. 1., S. 60; in der Osho-Entscheidung des BVerfG, in der es um staatliche Warnungen vor Jugendsekten ging, wurde auch ein Bericht an den Petitionsausschuss angegriffen, BVerfGE 105, 279, 281.

I. Kategorien der Berichterstattung

55

(c) Prangerfunktion Berichte können auch benutzt werden, um gezielt einzelne Individuen oder Gruppierungen negativ darzustellen, was hier als Prangerwirkung bezeichnet werden soll. Zwar kann dies implizit auch bei warnenden, bei entsprechender Transferleistung des Empfängers je nachdem auch schon bei aufklärenden Berichten98 erfolgen, der Unterschied liegt aber hier darin, dass dies nicht Nebenfolge einer Gefahrabwehrmaßnahme oder einer Vermittlung abstrakten Wissens ist, sondern der Hauptzweck der Berichterstattung. Es geht also nicht darum, dass der Bürger aus Gründen des Selbst- oder Gesellschaftsschutzes eine bestimmte Verhaltensänderung herbeiführt, sondern um den bewussten Angriff auf das gesellschaftliche Ansehen als Mittel zur gesellschaftlichen Isolierung99 oder zur Sanktionierung des Angeprangerten100. Ein solcher Fall kann insbesondere dann vorliegen, wenn eine Information in einem Bericht aufgrund zeitlichen Abstands nicht mehr geeignet ist, Gefahrenabwehr zu betreiben, weil die Gefahr bereits abgewehrt wurde und es folglich nur um die Bekanntmachung einer Gefahrverursachung oder eines Rechtsverstoßes gehen kann, indem man über diese berichtet101. bb) Kontroll- und Rechtfertigungsfunktion Berichte werden auch als ein Mittel der Kontrolle und Rechtfertigung eingesetzt. Insbesondere auf parlamentarischer Ebene wird mittels Berichtsanforderungen die Arbeit der Exekutive überwacht und gegebenenfalls werden weitere Kontrollmaßnahmen eingeleitet102. Berichte können andererseits für den Berichterstatter eine Chance sein, die eigene Arbeit zu erklären und zu rechtfertigen103, sei es gegenüber einer übergeordneten Behörde, gegenüber einem Parlament oder gegenüber der Öffentlichkeit, wodurch für streitbare Maßnahmen Legitimation

98 Zur schwierigen Abgrenzung von Aufklärung, Warnung und anderen Erscheinungsformen der staatlichen Informationstätigkeit und ihrer Einordnung als Handlungsform s. u. Kap. 3 II. 1., 155 und Kap. 3 II. 3., S. 176. 99 Murswiek, NVWZ 2004, 769, 772; allgemein zum Pranger als Verwaltungssanktion Reimer, JöR 58 (2010), 275 und Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 103– 122. 100 Ein Beispiel dafür findet sich im 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 145. Siehe dazu umfassend unten Kap. 2 II. 3. b) bb), S. 85. 101 So auch ohne konkreten Bezug zu Berichterstattung Schmieszek/Langner, WM 2014, 1893, 1894. Ein Beispiel für derartige Berichte kann die Nennung von sanktionierten Unternehmen in Tätigkeitsberichten des BKartA sein, vgl. dazu treffend Reimer, JöR 58 (2010), 275, 277: „Zwar bezieht sich die Bekanntmachung hier auf Sanktionen und ist ihrer Konzeption nach nicht selbst Sanktion; doch kann auch eine Veröffentlichung von Sanktionen die Veröffentlichung zur Sanktion machen“. 102 Linck, DÖV 1979, 116, 118; Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 80. 103 Kirchhof, Verwalten durch mittelbares Einwirken, S. 124.

56

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

geschaffen werden kann104. Das Mittel zur Zielerreichung ist hier in der Regel der Tätigkeitsbericht. (1) Kontrolle und Rechtfertigung gegenüber staatlichen Stellen Berichte liefern insbesondere für den parlamentarischen Bereich die „Basisdaten“ 105 für den politischen Diskurs. Diese Informationen zur Verfügung zu stellen, ermöglicht aber auch das gezielte Werben für politische Maßnahmen im Parlament und umgekehrt die Einflussnahme auch der Opposition auf die Entscheidungen der Regierung sowie der Mehrheitsfraktionen durch die Auseinandersetzung im Parlament106. In diesem Zusammenhang sind Berichte Mittel der Konsensbeschaffung, da sie die Chance erhöhen, durch die parlamentarische Beteiligung Gesetzesbeschlüsse zu korrigieren und mehrheitsfähiger machen107. Auch kann durch das Anfordern eines Tätigkeitsberichts kontrolliert werden, ob und inwieweit die Exekutive überhaupt tätig geworden ist108. Bereiche, in welchen durch derartige Berichte in besonderem Maß Kontrolle geübt werden kann, sind z. B. solche, wo ein breiter Gestaltungsspielraum bei der Auswahl der Maßnahmen für die Exekutive zur Erreichung parlamentarischer Ziele besteht109. Gleichzeitig bieten Berichte aber auch dem Berichterstatter die Möglichkeit, sich vor einer anderen staatlichen Stelle günstig darzustellen, einen Leistungsnachweis zu erbringen110. Im Bereich der hierarchisch organisierten Verwaltung ist Berichterstattung ohnehin ein seit langem anerkanntes Mittel der Kontrolle und ein Steuerungselement innerhalb der Organisation einer Behörde oder zwischen mehreren Behörden im Über-/Unterordnungsverhältnis111. (2) Mittel der Selbstdarstellung gegenüber der Öffentlichkeit Berichte können aber auch, sei es über den ,Umweg‘ des Parlaments112 oder durch eine direkte Erstattung an die Öffentlichkeit, genutzt werden, um über die 104 Dickertmann/Diller, WiST 1986, 601, 602; zustimmend Loeser, Berichtswesen, S. 94–95; Ladeur, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 21 Rn. 22. 105 Ismayr, ZParl 21 (1990), 553, 558. 106 Linck, DÖV 1979, 116, 118. 107 Schreckenberger, VerwArch 68 (1977), 28, 40. 108 Maiwald, Berichtspflichten, S. 99–100. 109 Mössle, Regierungsfunktionen des Parlaments, S. 182–183 nennt als Beispiele den Bericht über die Lage der Landwirtschaft gem. der §§ 4 u. 5 des Landwirtschaftsgesetzes (BGBl. I 1955, 565) und den Raumordnungsbericht gem. § 25 Abs. 2 ROG (BGBl. I 2008, 2986) (Berichtsgrundlage auf heutigen Stand aktualisiert). 110 Maiwald, Berichtspflichten, S. 114. 111 Loeser, Berichtswesen, S. 92–94, 96–97; Ladeur, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 21 Rn. 22; Gebhard, in: Die moderne Verwaltung, S. 145, 147.

I. Kategorien der Berichterstattung

57

eigene Tätigkeit zu informieren, Transparenz zu schaffen113 und dadurch Zustimmung zu erlangen114. Dies gilt besonders für Regierungsberichte, da der Berichterstatter hier in Anbetracht einer wahlbedingten besonderen Abhängigkeit von der Zustimmung der Bürger unter erhöhtem Druck steht, seine Tätigkeit zu rechtfertigen115. Gleichzeitig bietet die Darstellung der Regierungstätigkeit einer parlamentarischen Opposition die Möglichkeit, sich kritisch mit der Tätigkeit der Regierung auseinanderzusetzen116. Gerade hier ist noch mehr als bei handlungsvorbereitenden Berichten die Förderung der politischen Willensbildung117 im Sinne der Entscheidungshilfe für unterschiedliche politische Positionen Ziel der Berichterstattung. Berichte können dabei auch gezielt zur Bewerbung politischer Positionen benutzt und missbraucht werden118. Aber auch Behörden versuchen, über ihre Tätigkeit und ihre Angebote zu informieren und ihr Ansehen in der Öffentlichkeit zu steigern oder aktiv in den Meinungskampf einzugreifen119. cc) Evaluationsfunktion Berichte können eingesetzt werden, um Gesetze, Prozesse oder sonstige Maßnahmen retrospektiv zu untersuchen und Wirkung und Erfolg dieser zu bewerten, mit anderen Worten zu evaluieren120. Dabei geht es zumeist um die Erreichung des mit der Maßnahme verfolgten Ziels121, aber auch um sonstige Aus- oder Ne-

112 Umweg meint hier nur die Adressierung. Ein Bericht an den Bundestag kann gerade durch seine parlamentarische Behandlung größere Aufmerksamkeit erlangen als ein Bericht, der direkt an die Öffentlichkeit adressiert ist, aber nicht im Parlament behandelt wird. Vgl. zur Bedeutung der parlamentarischen Behandlung allgemein und zur Art der Behandlung speziell für die Öffentlichkeitswirkung von Berichten Maiwald, Berichtspflichten, S. 102–104. 113 Mössle, Regierungsfunktionen des Parlaments, S. 185. 114 Ismayr, ZParl 21 (1990), 553, 556; Linck, DÖV 1979, 116, 118. Diese Funktion wird häufig als Öffentlichkeitsarbeit (i. e. S.) bezeichnet. Dazu s. u. Kap. 3 II. 1. a), S. 156. 115 Maiwald, Berichtspflichten, S. 102 spricht zu Recht von „Öffentlichkeitsdruck“. 116 Ismayr, ZParl 21 (1990), 553, 555. 117 Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 80; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 78; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 11–12. 118 Zu den Anforderungen politischer Neutralität an staatliche Berichterstattung s. u. Kap. 4. III. 2., S. 255. 119 Ein Beispiel hierfür ist das Erheben datenschutzpolitischer Forderungen durch den BfDI, s. u. Kap. 2 II. 3. b) bb), S. 85. 120 Höfling/Engels, in: Gesetzgebung, § 34 Rn. 35; Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, S. 511; J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 105; Grimm/Brocker, ZG 1999, 58, 64 bezeichnen Berichtsersuchen des Parlaments als Teil eines möglichen Gesetzescontrollings. 121 Maiwald, Berichtspflichten, S. 116, 130, in Abgrenzung zur dauernden Überprüfung fortbestehender Verfassungsmäßigkeit.

58

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

benwirkungen122. Das hat besondere Bedeutung für Maßnahmen, deren Folgen bei Durchführung der Maßnahme nicht oder kaum absehbar waren123. Bei derartigen Berichten darf nicht unterschätzt werden, dass die Berichterstatter häufig über ihre eigenen Maßnahmen zu berichten und diese damit auch zu rechtfertigen haben. Regierungsberichte, die Maßnahmen derselben Regierung zu bewerten haben, sind insoweit auch Teil der politischen Selbstdarstellung124, sodass hier häufig Funktionsüberschneidungen zur Kontroll- und Rechtfertigungsfunktion vorliegen können. Auch kann durch die Bewertung der vorangegangenen Maßnahmen weiterer Handlungsbedarf aufgedeckt werden125, sodass ebenfalls Überschneidungen mit dem Bereich der Handlungsvorbereitung auftreten. Dies kann verbunden werden mit der unmittelbaren Aufforderung, Vorschläge zu im Rahmen der Evaluation aufgetretenen Mängeln zu machen126. Trotz dieser Überschneidungen ist es gerechtfertigt, der Evaluation eine eigenständige Bedeutung mit anderen Funktionen zuzumessen. Das Ergebnis und der Zweck der Evaluation sind zunächst ein Erkenntnisgewinn über Wirksamkeit und Folgen einer Maßnahme. Dass auf der Basis der Erkenntnisse des Berichts weitere Ziele ins Auge gefasst werden, heißt nicht, dass an einen Evaluierungsbericht nicht andere Anforderungen zu stellen sind als zum Beispiel an einen von vornherein nur auf positive Selbstdarstellung gerichteten Tätigkeitsbericht. Mittel zur Evaluation von Maßnahmen ist in der Regel der Erfahrungsbericht, teilweise wird bei Evaluierungsberichten praktisch eine Tendenz zur Darstellung in Form eines Tätigkeitsberichts attestiert127. dd) Planungsfunktion Außerdem können Berichte als Mittel der Planung eingesetzt werden. Unter Planung wird dabei die Wiedergabe für einen zukünftigen Zeitraum angestrebter,

122 Ismayr, ZParl 21 (1990), 553, 555; Mössle, Regierungsfunktionen, S. 184–185. Angesichts der Schwierigkeiten, Ziele und Wirkungszusammenhänge zu bestimmen, wird teilweise eine Konzentration auf eine reine Wirkungsforschung befürwortet, Schneider, Gesetzgebung, Rn. 153. 123 Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, S. 502. Bei sog. Experimentgesetzen wird eine derartige Folgenbeobachtung teilweise auch für verfassungsrechtlich geboten gehalten, vgl. Meßerschmidt, Gesetzgebungsermessen, S. 1029 m.w. N. sowie allgemein zu Experimentgesetzen Meßerschmidt, Gesetzgebungsermessen, S. 1015–1040. 124 König, in: Gesetzgebungslehre, S. 96, 102. 125 Schreckenberger, VerwArch 68 (1977), 28, 40; J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 105. 126 Z. B. § 50 Abs. 2 S. 3 AbgG; § 33 Abs. 1 S. 1 ARegV (BGBl. I 2007, 2529); § 48 S. 2 BDSG; § 58 S. 1 u. 3 BMG (BGBl. I 2013, 1084). 127 Steinberg, Der Staat 15 (1976), 185, 203.

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

59

aber noch nicht umgesetzter Maßnahmen verstanden128. Der Berichterstatter legt also innere Tatsachen, nämlich seine bereits gefassten Absichten, in dem Bericht dar129. Sie kommen häufig vor, wenn dem Berichterstatter ein weiter Gestaltungsspielraum im Rahmen der exekutivischen Umsetzung einer gesetzlichen Zielvorgabe zukommt130, also insbesondere auf Regierungsebene. Ein politisches Themengebiet, in dem Berichte häufig Planungsfunktion haben, ist der Bereich der Haushalts- und Finanzplanung131. Hierin besteht die Möglichkeit einer vorbeugenden Kontrolle geplanter Maßnahmen durch den Berichtsempfänger132. Die Verpflichtung, die eigenen Planungen zusammenzutragen, dient aber zugleich der Selbstvergewisserung und Koordination133. Durch die öffentliche Ankündigung geplanter Maßnahmen erfolgt auch eine Selbstbindung des Berichterstatters, von ihm wird die Umsetzung seiner Pläne erwartet werden134. In der Praxis werden solche der Planung dienenden Berichte oft derart konzipiert, dass sie zugleich eine Darstellung vergangener Maßnahmen und des aktuellen Stands sowie der für die Zukunft geplanten Maßnahmen verlangen135.

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte Auf der Grundlage dieser Kategorisierung sollen nun einzelne Berichte aus den jeweiligen Kategorien vertieft untersucht werden, um einerseits eine Grundlage für die Beantwortung der Formenfrage zu legen und andererseits die rechtliche Problematik staatlicher Berichterstattung zu illustieren. Angesichts der hohen Zahl staatlicher Berichte wäre es kaum möglich, sie alle einzeln darzustellen. Die folgenden Einzeluntersuchungen sollen daher nicht mehr als eine Querschnittsbetrachtung ermöglichen. Schon hieraus können sich Erkenntnisse für die Gesamteinordnung des Berichtswesens ergeben. Dabei sollen sowohl prominente Berichte wie der Verfassungsschutzbericht oder der Umweltzustandsbericht als auch von der breiten Öffentlichkeit und der Rechtswissenschaft bisher eher unbeachtete Berichte behandelt werden. Neben der begründeten Zuordnung zu den Kategorien sollen auch die Art der Darstellung, der Kontext und die Funktionalität der Berichte betrachtet werden. Dies 128 Hierin liegt der Unterschied zu einem auf Rechtfertigung zielenden Tätigkeitsbericht über bereits abgeschlossene Maßnahmen des Berichterstatters. 129 Z. B. § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 u. 3 StabG. 130 Mössle, Regierungsfunktionen, S. 182; Maiwald, Berichtspflichten, S. 105. 131 Maiwald, Berichtspflichten, S. 108–112 mit diversen Beispielen. 132 Linck, DÖV 1979, 116, 118. 133 Derlien, ZParl 6 (1975), 43, 46; Ismayr, ZParl 21 (1990), 553, 555; Maiwald, Berichtspflichten, S. 114. 134 Derlien, ZParl 6 (1975), 43, 47; Maiwald, Berichtspflichten, S. 114. 135 Diese Konzeption zeigt sich etwa im Raumordnungsbericht, vgl. § 25 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ROG.

60

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

erfolgt anhand der Untersuchung eines jeweiligen Beispielberichts. Dabei wird nicht verkannt, dass sich ein Bericht bei regelmäßiger Berichterstattung entwickeln und seine Darstellungsart verändern kann, wenn etwa personelle Umstrukturierungen beim Berichterstatter erfolgen136. Gleichwohl wird hier davon ausgegangen, dass sich in der Praxis bei einer regelmäßigen Berichterstattung eine bestimmte Darstellungsart etabliert und im Wesentlichen beibehalten wird137. Schließlich werden Rechtsprobleme, die einzelne Berichte in der Praxis aufgeworfen haben, aufgezeigt. Dazu werden später Rechtsfragen treten, die sich in staatlicher Berichterstattung insgesamt stellen138. Soviel sei vorab angedeutet: Die Behauptung, in Bezug auf amtliche Berichterstattung stellten sich kaum rechtliche Probleme139, wird sich als nicht haltbar erweisen. 1. Der Verfassungsschutzbericht a) Kategorisierung Der Verfassungsschutzbericht wird jährlich (§ 16 Abs. 2 S. 1 BVerfSchG) vom BMI herausgegeben140, wobei die Redaktion des Berichts beim BfV liegt141. Gegenstand des Berichts sind anknüpfend an die Aufgabenstellung des BfV142 verfassungsfeindliche Bestrebungen, wie sie § 3 Abs. 1 Nr. 1–4 BVerfSchG aufzählt. Als verfassungsfeindliche Bestrebungen definiert das BfV alle Aktivitäten, die auf die Beseitigung der Grundwerte der freiheitlichen Demokratie gerichtet sind143. Hinzu kommen sogenannte Strukturdaten über das BfV und den MAD gem. § 16 Abs. 2 S. 2 BVerfSchG. Der Verfassungsschutzbericht vereinigt damit sowohl Elemente eines Wissens- als auch eines Tätigkeitsberichts144. Adressat dieser Informationen ist explizit die Öffentlichkeit, § 16 Abs. 2 S. 1 BVerfSchG, 136 Ein neuer BfDI etwa mag seine Schwerpunkte anders setzen und auch sprachlich ein anderes Maß an Zuspitzung wählen als sein Amtsvorgänger. Dasselbe gilt auch für Behörden, wenn die zuständigen Amtswalter wechseln. 137 Bei den dargestellten Berichtsbeispielen handelt es sich um die jeweils zum Untersuchungszeitpunkt aktuellsten vorliegenden Berichte. 138 s. u. Kap. 4, S. 196. 139 So Schoch, VBlBW 2014, 361, 364. 140 Auch die Innenministerien der Länder geben regelmäßig Landesverfassungsschutzberichte heraus. In dieser Untersuchung wird sich auf den Bericht des BMI beschränkt. 141 Verfassungsschutzbericht 2013, S. 285. 142 Droste, Hb. VerfSchR, S. 457. 143 BfV, Aufgaben, Befugnisse, Grenzen, S. 25. 144 So deutet Junggeburth, Die Beobachtung politischer Parteien, S. 239 m.w. N. das Verständnis der älteren Rechtsprechung; ähnlich Michaelis, Politische Parteien unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes, S. 120–121; a. A. OVG Berlin-Brandenburg NVWZ 2006, 838, 839.

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

61

auch wenn andere staatliche Stellen regelmäßig ebenfalls die Informationen des Verfassungsschutzberichts auswerten145. Legislativ bestimmter Zweck der Verfassungsschutzberichterstattung ist die Aufklärung der Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen146. Das dient einerseits dazu, Informationen über verfassungsfeindliche Bewegungen, ihre Motive, Ziele und ihr personelles und finanzielles Potenzial in die Öffentlichkeit zu bringen, andererseits aber auch der Förderung des demokratischen Grundkonsenses. Dies erfolgt durch die Darstellung von außerhalb des Grundkonsenses liegenden Positionen, was gleichzeitig umgekehrt die Akzeptanz des demokratischen Grundkonsenses erhöhen soll147. Gleichzeitig wird durch die Schilderung dieser Bestrebungen der Bürger in die Lage versetzt, Bestrebungen als verfassungsfeindlich zu erkennen und sie daher zu bewerten, was typische Intention einer Aufklärungsmaßnahme ist. Die Form der Aufklärung, die durch die Verfassungsschutzberichterstattung betrieben wird, geht aber deutlich über die oben als Aufklärungsfunktion148 beschriebene Vermittlung abstrakten Wissens hinaus. Es ist gängige Praxis und von § 16 Abs. 3 BVerfSchG gedeckt, über abstraktes Wissen hinaus auch Informationen über konkrete Gruppierungen und Personen unter Nennung personenbezogener Daten in einen Verfassungsschutzbericht aufzunehmen. Durch die Nennung von Gruppierungen und Personen wird dem Leser zweierlei mitgeteilt: Erstens befindet sich die genannte Person oder Gruppierung unter Beobachtung des BfV und zweitens kommt das BfV zu der Bewertung, sie verfolge verfassungsfeindliche Bestrebungen. Dieses staatlicherseits ausgesprochene Verdikt dient der geistig-politischen Auseinandersetzung mit den Bestrebungen der genannten Gruppierung oder Person149. Zugespitzt formuliert macht die Bezeichnung als extremistisch den Genannten gleichsam zum „Feind der Verfassung“ 150. Über diesen Feind wird die Öffentlichkeit durch die Aufklärung des Verfassungsschutzberichts nicht nur aufgeklärt, sondern auch vor ihm gewarnt151. Die War145 Häufig eine Rolle spielt der Verfassungsschutzbericht im Bereich des Beamtenoder Militärrechts, wenn es um die persönliche Eignung von Anwärtern geht, vgl. z. B. BVerfG NVWZ-RR 2004, 269; BVerwG DVBL 1986, 947. 146 Dies ergab sich ursprünglich unmittelbar aus § 16 Abs. 2 S. 1 BVerfSchG in der Fassung vom 05.01.2007. In der gegenwärtig geltenden Gesetzesfassung ergibt sich die Zweckbestimmung aus dem Normtitel, der „Verfassungsschutz durch Aufklärung der Öffentlichkeit“ lautet, vgl. § 16 BVerfSchG in der Fassung vom 17.11.2015. 147 Murswiek, NVWZ 2004, 769, 771. 148 s. o. Kap. 2 I. 6. b) aa) (2) (a), S. 53. 149 So schon BVerfGE 40, 287, 292; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 104. 150 Murswiek, NVWZ 2004, 769, 771. 151 So auch BVerfGE 113, 63, 77–78 unter widerspruchslosem Verweis auf die Ausführungen der fachgerichtlichen Erstinstanz; explizit von einer Warnfunktion sprechen auch Shirvani, AöR 134 (2009), 572, 591; Droste, Hb. VerfSchR, S. 458; Gusy, NVWZ

62

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

nung bezweckt dabei das Ziel, Distanzierung und Ablehnung beim Adressaten gegenüber den genannten gefährlichen Personen oder Gruppierungen hervorzurufen und ihnen dadurch (auch nur potenzielle) Unterstützung zu entziehen152. Durch die Abtrennung und Ausgrenzung eines bestimmten politischen oder ideologischen Spektrums im „publizistischen Forum“ 153 des Verfassungsschutzberichts wird die Sicherung der demokratischen Grundordnung betrieben154. Die gesellschaftliche Isolierung der im Bericht genannten Personen und Gruppierungen geht noch über das Element der Gefahrenabwehr hinaus. Sie ist bis zu einem gewissen Grad Selbstzweck und entspricht der Prangerfunktion155. Die Bewertung als verfassungsfeindlich, die Kennzeichnung mit dem „Stigma des Extremismus“ 156, zielt direkt auf das gesellschaftliche Ansehen und zwar auch zu dem Zweck, soziale Ächtung zu erreichen und Isolation herbeizuführen. Hierin liegt eine faktische Sanktionierung unerwünschten, nämlich verfassungsfeindlichen Verhaltens157. Die öffentlichen Wirkungsmöglichkeiten eines derart Bezeichneten werden beschränkt158, seine Meinung wird von vornherein skeptisch bewertet oder pauschal abgelehnt159. Auch staatlicherseits stehen Nachteile im Raum160. Der soziale Ausschluss als Sanktion hat damit spezialpräventive Wirkung: Die spürbaren Nachteile, die sich aus verfassungsfeindlichen Bestrebungen ergeben, sollen zur Aufgabe dieser Bestrebungen bewegen161. 2014, 236; Junggeburth, Die Beobachtung politischer Parteien, S. 239; Murswiek, NVWZ 2004, 769, 771, m.w. N. 152 Zutreffend insofern Murswiek, NVWZ 2004, 769, 771, der die Aufklärung „bereits Bekämpfung“ nennt; Sander, DÖV 2001, 328, 331; Shirvani, AöR 134 (2009), 572, 591. 153 Gusy, NVWZ 1986, 6. 154 Gusy, NVWZ 1986, 6; Murswiek, NVWZ 2004, 769. 155 Murswiek, NVWZ 2004, 769, 773: „Der Verfassungsschutzbericht ist der moderne Pranger“. 156 Kunze, in: Der Verfassungsschutz, S. 141, 144. 157 BVerfGE 113, 63, 77 stellt dies ausdrücklich fest; Shirvani, AöR 134 (2009), 572, 591; Junggeburth, Die Beobachtung politischer Parteien, S. 243–245; Sander, DÖV 2001, 328, 331; Murswiek, NVWZ 2004, 769, 773. 158 BVerfGE 113, 63, 78. 159 Murswiek, NVWZ 2004, 769, 772–773 zeichnet mögliche Konsequenzen einer Erwähnung. Ähnlich drastisch Kunze, in: Der Verfassungsschutz, S. 141, 145–146. Diese Konsequenzen sind allerdings nicht zwingend, und ihr Eintritt ist faktisch von der Rezeption und Befolgung durch die Bevölkerung abhängig, die dies nicht in jedem Fall tut. Insoweit ist Murswieks Befund zu relativieren, so auch Shirvani, AöR 134 (2009), 572, 591 Fn. 120; ausführliche Kritik an Murswieks Darstellung der Konsequenzen mit Gegenbeispielen bei Doll, NVWZ 2005, 658, 659–660. Auch erscheint nicht ausgeschlossen, dass aus verfassungsfeindlichen Kreisen in solchen Fällen Solidarisierung erfolgt. 160 Z. B. kann die dem Verfassungsschutzbericht entnommene Wertung, eine politische Betätigung sei extremistisch, ein wichtiger Faktor in der Bewertung der Eignung eines Kandidaten für eine Einstellung als Beamter sein, vgl. etwa BVerwG DVBL 1986, 947.

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

63

Schließlich verfolgt der Verfassungsschutzbericht auch den Zweck, über die Arbeitsweise, die grundsätzliche Stellung und die Befugnisse des BfV zu informieren162, was Akzeptanz für die Arbeit der Verfassungsschutzbehörden herstellen und ihre Arbeit transparent machen soll. Er ist also Mittel der Selbstdarstellung für das BfV und das BMI. Der Verfassungsschutzbericht verfolgt damit auf der Ebene der Beeinflussung mehrere Zwecke, die sich teilweise auseinander ergeben und ergänzen. Wie dies praktisch erfolgt, sei anhand des Verfassungsschutzberichts 2013 an einem Beispiel praktisch dargestellt. b) Der Verfassungsschutzbericht 2013 aa) Aufbau Der Verfassungsschutzbericht 2013 lässt sich grob in zwei Teile gliedern: Er beginnt mit einem allgemeinen Teil163, in dem die gem. § 16 Abs. 2 S. 2 BVerfSchG geforderten Strukturdaten angegeben werden. Es folgen allgemeine Erläuterungen zu den Grundlagen der wehrhaften Demokratie, den Aufgaben und Befugnissen der Verfassungsschutzbehörden und ihrer Stellung in der deutschen Sicherheitsarchitektur sowie ihrer Kontrolle. Dem schließt sich ein statistikbasierter Abschnitt zur politisch motivierten Kriminalität an. Es folgt eine ebenfalls vor die Klammer gezogene Erläuterung der Bedeutung des Internets. Im anschließenden besonderen Teil164 werden in geschlossenen Abschnitten Rechtsextremismus, Linksextremismus, Islamismus/islamistischer Terrorismus, sonstiger Ausländerextremismus, Spionageabwehr, Sabotageschutz und die Scientology-Organisation behandelt.

161 Ähnlich Murswiek, NVWZ 2004, 769, 773, der von einer spezialpräventiven Wirkung spricht. 162 Informationen über die Tätigkeit des BfV werden zwar über die Strukturdaten gem. § 16 Abs. 2 S. 2 BVerfSchG hinaus nicht explizit verlangt, ergeben sich aber in der praktischen Berichterstattung oft von selbst, da das Wissen über verfassungsfeindliche Bestrebungen erst durch die nachrichtendienstliche Tätigkeit des BfV gewonnen wird. Darüber hinaus werden im Bericht auch die grundsätzliche Funktionsweise, die Aufgaben und die Befugnisse des BfV beschrieben, vgl. etwa Verfassungsschutzbericht 2013, S. 16–29. Aus offensichtlichen Geheimschutzgründen wird dabei aber regelmäßig nicht zu sehr in die Tiefe gegangen. Insbesondere finden sich keine Angaben dazu, wie oft und in welchen Fällen etwa nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt werden. 163 Dieser Teil wird hier als allgemein bezeichnet, weil er sich nicht gezielt auf konkrete Arten oder Gruppierungen des Extremismus konzentriert, sondern allgemeine Aussagen macht; nach dieser Aufteilung gehört zum allgemeinen Teil Verfassungsschutzbericht 2013, S. 13–59. 164 Besonders, weil er sich gezielt den einzelnen Arten des Extremismus widmet und in den einzelnen Abschnitten systematisch alle bedeutenden Gruppierungen darstellt. Nach dieser Aufteilung Verfassungsschutzbericht 2013, S. 61–353.

64

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

Der Bericht schließt mit einer listenartigen Übersicht165 über sämtliche im Bericht genannten und als extremistisch bewerteten Organisationen. bb) Text Die Beeinflussung des Adressaten wird vor allem über die Informationsweitergabe über den Berichtsgegenstand in Textform erreicht. Daher soll an Beispielen gezeigt werden, wie der Verfassungsschutzbericht 2013 seine Funktionen durch den Berichtstext verfolgt. Abstrakte Informationen im Sinne der Aufklärungsfunktion finden sich in den Überblicksabschnitten zu den einzelnen Arten des Extremismus. Im Überblicksabschnitt zu Linksextremismus etwa wird grob die ideologische Grundidee sowie abstrakt die Entwicklungstendenzen, die Organisation und das Personenpotenzial in der linksextremistischen Szene beschrieben, in der Regel ohne vertieft auf einzelne Personen oder Gruppierungen einzugehen166. Entsprechende weitestgehend abstrakte Überblicksabschnitte gibt es in fast allen Kapiteln des besonderen Teils167. Auch allgemeine Informationen über Methoden, Personalstärke und Agitationsfelder über einzelne Gruppierungen dürften noch Aufklärungscharakter haben. Warn- und Prangerfunktion zeigen sich vor allem in den Abschnitten über einzelne Gruppierungen und Personen. Dies ergibt sich zu großen Teilen aus der konkreten Nennung dieser Gruppierungen und Personen von selbst. Durch Zitate von Personen mit szeneweiter Bedeutung, von offiziellen Plattformen, aber auch durch Zitate ohne Nennung des Urhebers etwa aus Internetdiskussionsforen werden Belege für verfassungsfeindliche Haltungen erbracht168. Zwar hält sich der Bericht mit gezielten Aufforderungen an den Adressaten zurück und beschränkt sich zumeist auf die Darstellung der agierenden Verbände und Personen sowie ihrer Bewertung als verfassungsfeindlich, jedoch dürfte diese Bewertung in der Regel schon ausreichen, um die im Sinne der Warn- und der Prangerfunktion erstrebte Distanzierung von den im Bericht genannten Gruppierungen und Personen zu erreichen169. Bezüglich der Prangerwirkung ist insbesondere noch der Registeranhang interessant: Hier findet sich eine alphabetische Aufzählung aller als verfassungsfeind165

Verfassungsschutzbericht 2013, S. 374–381. Verfassungsschutzbericht 2013, S. 136–140. 167 Außer zum Geheim- und Sabotageschutz und zu Scientology, welche aber beide ohnehin nur eine kurze Behandlung erfahren, Verfassungsschutzbericht 2013, S. 344, 348. 168 Z. B. Verfassungsschutzbericht 2013, S. 95–96, 99–100 zur NPD. 169 Gänzlich frei von zumindest indirekten Aufforderungen zum Widerstand ist der Bericht dennoch nicht, vgl. Verfassungsschutzbericht 2013, S. 56. 166

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

65

lich eingestuften Gruppierungen170. Da alle genannten Gruppierungen auch im Fließtext des Berichts auftauchen171, kann der Zweck dieses Anhangs nur sein, eine übersichtliche und schnell verfügbare Liste mit Verfassungsfeinden zur Verfügung zu stellen. Diese dürfte besonders geeignet sein, die genannten Gruppierungen an den Pranger zu stellen, weil allein das Verdikt der Verfassungsfeindlichkeit mit der Gruppe genannt wird und eine Begründung dieser Bewertung weitere Recherche im Bericht erfordert. Wer pauschal keinen Umgang mit Verfassungsfeinden pflegen möchte, kann sich mühelos an dieser Liste orientieren. Insgesamt ist in der Darstellung des Berichtsgegenstands, der verfassungsfeindlichen Bestrebungen, die Verfassungsschutzberichterstattung um eine weitestgehend sachliche Wiedergabe ihrer Erkenntnisse bemüht. Die Warn- und Prangerwirkung erschöpft sich ganz überwiegend schon in der Bewertung als verfassungsfeindlich selbst, ohne dass dies weiterer stilistischer Unterstützung bedürfte. Da der Verfassungsschutzbericht mit vielen Beispielen und Zitaten arbeitet, wirkt seine Einschätzung des Betroffenen als verfassungsfeindlich zumindest insoweit glaubhaft. Ganz im Sinne der Aufklärungsfunktion machen es die vielen Beispiele und die Erläuterung von Ideologie und Struktur der Gruppierungen dem Adressaten aber möglich, nachzuvollziehen, was zur Bewertung als verfassungsfeindliche Organisation geführt hat und ermöglichen so, die eigene Meinung zu überdenken. Im Bericht werden allerdings an keiner Stelle Indizien gegen eine Verfassungsfeindlichkeit einer bestimmten Gruppe angebracht. Im Gegenteil werden scheinbar neutrale Veranstaltungen als Verschleierungstaktik interpretiert172. Der Selbstdarstellung und Werbung um Vertrauen dienen immer wieder eingestreute Ausführungen zur Arbeitsweise und zu den nachrichtendienstlichen Erfolgen des BfV173. Deutlich in diese Richtung geht der Abschnitt Geheim- und Sabotageschutz, der letztlich nur diese Begriffe und die Rolle des BfV erklärt174. Auch das Lob von gegen Extremismus gerichteten Maßnahmen der Bundesregierung oder des BfV scheinen diesen Zweck zu verfolgen175. Bemerkenswert hier170

Verfassungsschutzbericht 2013, S. 374–381. Verfassungsschutzbericht 2013, S. 374. 172 Z. B. Verfassungsschutzbericht 2013, S. 132, wo es um Agitation von Rechtsextremisten im Bereich Tierschutz geht und wo es heißt, Neonazis führten verstärkt Aktionen gegen Wildtierhaltung in Zirkussen durch, was aber nur vordergründig dem Tierwohl diene. Aus Präsentation und begleitender Kommentierung ergäbe sich, dass Tierschutz lediglich Mittel zum Zweck sei. Bemerkenswerterweise fehlt gerade an dieser Stelle ein Beleg für die begleitende Kommentierung. Die Interpretation des BfV dürfte wahrscheinlich zutreffen, aber die Glaubwürdigkeit der Bewertung würde durch Belege auch an solchen Stellen erhöht. 173 Z. B. Verfassungsschutzbericht 2013, S. 63. 174 Verfassungsschutzbericht 2013, S. 344–346. 175 Verfassungsschutzbericht 2013, S. 201: „Mit dem Verbot [. . .] hat die Bundesregierung ein deutliches Zeichen gesetzt“. 171

66

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

zu ist der auf das BfV bezogene Teil des ersten Abschnitts zu Verfassungsschutz und Demokratie, der sich mit dem Reformprozess der Struktur der deutschen Sicherheitsbehörden in Folge der Taten des NSU auseinandersetzt176. Hier wird erkennbar daran gearbeitet, verlorenes Vertrauen wiederherzustellen, indem Reformmaßnahmen dargestellt und ihr Erfolg an einem Beispiel gezeigt wird. In dieselbe Richtung geht auch die Aussage, das BfV verstehe sich „als Dienstleister für eine demokratische Gesellschaft“ 177. cc) Gestaltung Auch die Gestaltung eines Berichts ist ein Faktor des Beeinflussungspotenzials. Eine ansprechende Gestaltung sowie die Verwendung von Grafiken, Bildern und Statistiken können dem Adressaten das Verständnis erleichtern oder unbewusstes Wohlwollen gegenüber dem Text erzeugen178. Daher verdient auch die Gestaltung des Verfassungsschutzberichts, der sich an die breite Öffentlichkeit richtet, eine Betrachtung. Der Verfassungsschutzbericht wurde als Hochglanzbroschüre im DIN-A5-Format in Farbdruck verlegt. Auf dem Cover ist unter dem Titel ein Grundgesetz abgedruckt. Den einzelnen Kapiteln wurden Farben zur Orientierung zugeordnet179. Passend zu den jeweiligen Textstellen werden gelegentlich Bilder am Rand des Textes abgedruckt. Dabei kann es sich einerseits um Logos oder Plakate der entsprechenden Gruppierung180, andererseits um Bilder von Demonstrationen181 oder Straftaten182 handeln. Die Bilder stammten ausschließlich aus externen Quellen, ihre Herkunft wird in einem Bildnachweis angegeben183. 176

Verfassungsschutzbericht 2013, S. 20–23. Verfassungsschutzbericht 2013, S. 23. 178 Vgl. zu dieser „Informationsverarbeitung über die periphere Route“ ausführlich Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 73–74. 179 Die Farben scheinen zumindest teilweise danach verteilt zu werden, welche Farbe am ehesten mit dem entsprechen Spektrum assoziiert wird, so überwiegt im Kapitel Rechtsextremismus die Farbe Braun, im Kapitel Linksextremismus die Farbe Rot. Murswiek, in: Jb. Informationsfreiheit und Informationsrecht 2009, 57, 78, sieht in der Verwendung der gleichen Farbe für Verdachtsfälle und erwiesen extremistische Fälle eine unzulässige Gleichsetzung, was seiner Logik folgend ein Verstoß gegen verfassungsrechtliche Vorgaben wäre. Zum Rechtsproblem der Verdachtsberichterstattung s. u. Kap. II. 1. c) bb), S. 70. Die Farbwahl als Mittel der Assoziation kritisiert auch Schüßlburner, in: Der Verfassungsschutz, S. 155, 159. 180 Z. B. zur „Bürgerbewegung Pro NRW“ Verfassungsschutzbericht 2013, S. 111 (Logo), 112, 115, 116 (Plakate zu einzelnen Aktionen). 181 Z. B. Verfassungsschutzbericht 2013, S. 164 (Bild eines schwarzen Blocks bei einer Demonstration, während im Text von einer Demonstration am 21.12.13 in Hamburg berichtet wird). 182 Z. B. Verfassungsschutzbericht 2013, S. 157 (Bild ausgebrannter Fahrzeuge, während im Text von einem Brandanschlag auf eine Bundeswehrkaserne berichtet wird). 183 Verfassungsschutzbericht 2013, S. 382–383, wobei die Quellen teilweise sehr knapp angegeben werden. Zum Bild einer Demonstration Verfassungsschutzbericht 177

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

67

Alles in allem erweckt der Verfassungsschutzbericht 2013 den Eindruck, sorgfältig auf eine möglichst breite Öffentlichkeitswirksamkeit hin gestaltet worden zu sein. Er bleibt dabei aber betont text- und faktenorientiert und benutzt etwa Bilder oder Farbeffekte nur zur Unterstreichung textlicher Aussagen. dd) Verbreitung Der Verfassungsschutzbericht 2013 kann als Datei sowohl von der Internetpräsenz des BMI als auch der des BfV heruntergeladen und gespeichert werden184. Auf der Homepage des BMI ist es auch möglich, sich den Bericht als Broschüre185 kostenfrei zusenden oder ihn sich vorlesen zu lassen186. Darüber hinaus stehen Kurzzusammenfassungen des Berichts zum Download zur Verfügung187. Der Bericht wurde durch eine Pressemitteilung bekannt gemacht188 und in der Bundespressekonferenz vorgestellt189. Zudem wird der Bericht auf Informationsveranstaltungen gezielt verteilt190. Soweit ersichtlich wurde der Bericht zwar nicht als eigenständiger Punkt im Plenum des Deutschen Bundestages besprochen, aber da er sich direkt an die Öffentlichkeit und nicht an das Parlament 2013, S. 164, wird als Bildnachweis nur die dpa angegeben. Ob es sich dabei um ein Bild der beschriebenen Demonstration handelt oder etwa um ein Archivbild, wird nicht aufgedeckt. Man kann in Frage stellen, ob wirklich Bilder der beschriebenen Vorkommnisse vorliegen, oder ob mithilfe eines Archivbilds eine gewünschte (negative) Assoziation hervorgerufen und gegebenenfalls sogar das Ereignis dramatisiert wird. 184 http://www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/verfas sungsschutzberichte/vsbericht-2013 (Stand: 09.01.2017) für das BfV. Auf Anfrage teilte das BfV mit, dass bis zum 24.08.2015 2508 Zugriffe auf den Verfassungsschutzbericht 2013 und 1336 Zugriffe auf die Kurzfassung des Berichts auf der Internetpräsenz des BfV registriert wurden. Da der Bericht auch auf anderen Internetplattformen zur Verfügung stehe, sei davon auszugehen, dass die Gesamtzahl der Zugriffe deutlich höher liege. 185 Auf Anfrage teilte das BfV mit, vom Verfassungsschutzbericht 2013 seien 12.000 Druckstücke hergestellt worden. Aufgrund einer dezentralen Verteilung sei es zwar nicht möglich zu bestimmen, wie viele Druckstücke verteilt worden seien. Es sei aber die Erfahrung des BfV, dass die Berichte nahezu vollständig verteilt würden. Ein Nachdruck erfolge nicht, sollten die Berichte vergriffen sein, würden Interessierte auf die Möglichkeit verwiesen, den Bericht im Internet abzurufen. 186 http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2014/vsb_20 13.html (Stand: 09.01.2017). 187 http://www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/verfas sungsschutzberichte/vsbericht-2013-kurzzusammenfassung (Stand: 09.01.2017) und http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2014 /vsb_kurzfas sung_2013.html (Stand: 09.01.2017). 188 http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2014/06/vsb2013. html (Stand: 09.01.2017). 189 http://www.verfassungsschutz.de/de/aktuelles/meldungen/me-20140618-vorstel lung-vsb-2013 (Stand: 09.01.2017); auf derselben Seite steht eine Aufzeichnung der Vorstellung zur Verfügung. 190 Die Angabe beruht auf einer Anfrage beim BfV.

68

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

richtet, ist das keine Überraschung. Alles in allem kann man daher sagen, dass seitens des Berichterstatters vielfältige Möglichkeiten ergriffen werden, um den Bericht in der Öffentlichkeit bekannt zu machen und seinem Inhalt Gehör zu verschaffen. c) Die Rechtsprobleme der Verfassungsschutzberichterstattung Die Verfassungsschutzberichterstattung dürfte zu den auch rechtlich kontroversesten Arten der Berichterstattung gehören. Das spiegelt sich auch in Rechtsprechung und Literatur wider, die sich mit einigen Rechtsproblemen der Verfassungsschutzberichterstattung umfassend beschäftigt haben. Die wichtigsten Rechtsprobleme sollen hier kurz nachgezeichnet werden: Zu nennen sind hier einerseits die Problematik des Eingriffs durch Berichterstattung und andererseits die Frage, ob und inwieweit Verdachtsberichterstattung zulässig ist. Da beide Probleme mittlerweile eine Lösung gefunden haben, soll sich dabei größtenteils auf Rezeption beschränkt werden. aa) Die Problematik des Eingriffs durch Berichterstattung In seiner wohl ersten Entscheidung zum Verfassungsschutzbericht hatte sich das BVerfG mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Berichterstattung über verfassungsfeindliche Bestrebungen einer Partei überhaupt ein Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen, konkret in die Parteifreiheit gem. Art. 21 Abs. 1 GG sein kann191. Das BVerfG lehnte die Eingriffsqualität ab: Es erfolge weder ein administratives Einschreiten, noch eine rechtliche Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit der Klägerin192. Soweit faktische Nachteile entstünden, gewähre Art. 21 GG dagegen keinen Schutz193. Der Schutz der Verfassung beschränke sich vielmehr auf ein Willkürverbot194. Diese Rechtsprechung hat Kritik erfahren195 und dürfte mittlerweile überholt sein. Die pauschale Ablehnung einer Eingriffsqualität beruhte noch auf der Un191

BVerfGE 40, 287–296. BVerfGE 40, 287, 292–293. 193 BVerfGE 40, 287, 293. 194 BVerfGE 40, 287, 293: „Danach wäre es der Regierung untersagt, eine nicht verbotene politische Partei in der Öffentlichkeit nachhaltig verfassungswidriger Zielsetzung und Betätigung zu verdächtigen, wenn diese Maßnahme bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich wäre und sich daher der Schluss aufdrängte, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruhte“. 195 Z. B. M/K/S/Streinz, GG, Art. 21, Rn. 115; Michaelis, Politische Parteien unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes, S. 191–192; Murswiek, NVWZ 2004, 769, 774–775; im Grundsatz zustimmend wohl Sachs/Ipsen, GG, Art. 21 Rn. 203; widersprüchlich Droste, Hb. VerfSchR, S. 459, die einerseits vor faktischen Nachteilen keinen Grundrechtsschutz gegeben sieht, aber andererseits die Unterlassungsklage als Rechtsschutzmöglichkeit nennt, wobei Rechtsgrundlage Grundrechte seien. 192

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

69

terscheidung zwischen rechtlichen und faktischen Beeinträchtigungen, wobei zur Zeit der Entscheidung die Dogmatik nur rechtlichen Beeinträchtigungen Eingriffscharakter beimaß. Nachdem mittlerweile auch faktische Beeinträchtigungen durch staatliches Informationshandeln als grundsätzlich eingriffstauglich bewertet werden, wenn sie final und erheblich sind196, hat das BVerfG auch die Verfassungsschutzberichterstattung einer neuen Bewertung unterzogen. Es kommt zum Schluss, dass der Verfassungsschutzbericht gerade kein beliebiges Erzeugnis staatlicher Öffentlichkeitsarbeit sei, sondern es sich dabei um eine mittelbar belastende negative Sanktion handle, was einem Eingriff gleichkomme197. Zur Rechtfertigung benötige dieser Eingriff eine verfassungsmäßige Grundlage198 und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei strikt zu wahren199. Zwar wurde in besagter Entscheidung ein Eingriff in die Pressefreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG und nicht in die Parteienfreiheit gem. Art. 21 Abs. 1 GG angenommen. Die Begründung für die Annahme eines Eingriffs, nämlich die belastenden faktischen Wirkungen, ist aber nicht genuin pressetypisch, sondern dürfte potenziell bei allen im Verfassungsschutzbericht genannten Gruppierungen und Personen eintreten200. Bei konsequenter Betrachtung kann eine Nennung im Verfassungsschutzbericht dann auch ein Eingriff in andere Grundrechte sein, wenn im Schutzbereich eines Grundrechts durch die Nennung entsprechende faktische Wirkungen eintreten201. Das dürfte letztlich auch für die Parteienfreiheit gem. Art. 21 Abs. 1 GG gelten, da die faktischen Wirkungen die Chancengleichheit der Parteien im politischen Wettbewerb beeinträchtigen können202. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung scheint die Annahme, eine Erwähnung in einem Verfassungsschutzbericht sei ein Eingriff, mittlerweile einhellig anerkannt zu sein und keiner großen Erörterung mehr zu bedürfen203.

196 BVerfGE 105, 252, 273: „Insbesondere kann die staatliche Informationstätigkeit eine Beeinträchtigung im Gewährleistungsbereich des Grundrechts sein, wenn sie in Zielsetzung und ihren Wirkungen Ersatz für eine staatliche Maßnahme ist, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre“. Ausführlich zum Eingriff durch Berichterstattung unten Kap. 4 IV. 2. c), S. 299. 197 BVerfGE 113, 63, 77. 198 BVerfGE 113, 63, 78–80. 199 BVerfGE 113, 63, 80. 200 Murswiek, NVWZ 2006, 121, 128. 201 Murswiek, NVWZ 2006, 121, 128 nennt als potenziell betroffene Grundrechte die Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG, die Kunstfreiheit gem. Art. 5 Abs. 3 GG, die Religionsfreiheit gem. Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG und die Allgemeine Handlungsfreiheit gem. Art. 2 Abs. 1 GG. 202 So auch Murswiek, NVWZ 2006, 121, 128; Shirvani, AöR 134 (2009), 572, 593; Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 21 Rn. 576; Junggeburth, Die Beobachtung politischer Parteien, S. 240–248 mit umfassender Diskussion der faktischen Wirkungen. 203 BVerwG NVWZ 2008, 1371, 1372: Allg. Persönlichkeitsrecht, Art. 2 Abs. 1 GG; OVG München NVWZ-RR 2011, 62, 63; jüngst BVerwG NVWZ 2014, 233, 235: Vereinigungsfreiheit, Art. 9 Abs. 1 GG.

70

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

bb) Die Problematik der Verdachtsberichterstattung Jüngeren Datums ist die Frage, ob eine Berichterstattung über Personen und Gruppierungen nur dann zulässig ist, wenn die Verfassungsfeindlichkeit der Person oder Gruppierung erwiesen ist, oder ob für eine Berichterstattung schon der bloße Verdacht einer verfassungsfeindlichen Zielsetzung ausreicht. Die Frage hat eine verfassungs- und eine verwaltungsrechtliche Ebene. Zunächst war zu klären, ob eine Verdachtsberichterstattung grundsätzlich möglich ist oder ob dem schon prinzipiell verfassungsrechtliche Grundsätze entgegenstehen204. Das BVerfG hatte sich auch mit dieser Frage bereits auseinandergesetzt205. Das Gericht hielt eine Verdachtsberichterstattung grundsätzlich für möglich und die Frage ihrer Zulässigkeit ausschließlich für eine solche des einfachen Rechts, da gegen sie keine verfassungsrechtlichen Bedenken zu erheben seien206. Auf Basis des Verhältnismäßigkeitsprinzips werden jedoch Anforderungen an eine eventuelle Verdachtsberichterstattung aufgestellt: Die tatsächlichen Anhaltspunkte müssten ein hinreichendes Gewicht haben207, eventuell müsse ergänzend der besondere Gehalt der betroffenen Grundrechte berücksichtigt werden208 und es sei eine hinreichend deutliche Differenzierung zwischen erwiesener und bloß verdächtigter Verfassungsfeindlichkeit vorzunehmen209. Auf der verwaltungsrechtlichen Ebene war strittig, ob die Ermächtigungsgrundlage210 zur Verfassungsschutzberichterstattung auch zur Berichterstattung über bloße Verdachtsfälle berechtigt211. Eine ausdrückliche und eindeutige Ermächtigung dazu ließ sich, anders als in einigen Verfassungsschutzgesetzen der Länder212, § 16 Abs. 2 BVerfSchG a. F.213 nicht entnehmen. Die Diskussion fand mit einem Urteil des BVerwG214 ihr vorläufiges Ende. In Anwendung der Auslegungsmethoden kommt das BVerwG zu dem Schluss, § 16 Abs. 2 BVerfSchG

204 Eine Verfassungswidrigkeit der Verdachtsberichterstattung nahm etwa Murswiek, NVWZ 2004, 769, 774–776 an. Ähnlich Michaelis, Politische Parteien unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes, S. 123, 226, der allerdings auch mit einfachrechtlicher Auslegung argumentiert. 205 BVerfGE 113, 63–87. 206 BVerfGE 113, 63, 80–81. 207 BVerfGE 113, 63, 81. 208 BVerfGE 113, 63, 82–84, in dem Fall: Meinungs- und Pressefreiheit. 209 BVerfGE 113, 63, 84. 210 § 16 Abs. 2 BVerfSchG in der Fassung vom 05.01.2007. 211 Dafür Droste, Hb. VerfSchR, S. 458; Junggeburth, Die Beobachtung politischer Parteien, S. 232–234; dagegen Michaelis, Politische Parteien unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes, S. 123, 226; Murswiek, NVWZ 2004, 769, 774–776. 212 Z. B. Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 BayVSG; § 33 Abs. 1 S. 2 NVerfSchG. 213 § 16 Abs. 2 S. 1 BVerfSchG in der Fassung vom 05.01.2007. 214 BVerwG NVWZ 2014, 233–235.

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

71

a. F. ermächtige nicht zur Verdachtsberichterstattung 215. Die methodisch umfassend begründete Entscheidung ordnet die Verfassungsschutzberichterstattung typologisch dem Bereich staatlicher Warnungen zu, womit die sicherheitsrechtliche Differenzierung zwischen Gefahr und Gefahrverdacht sich auch im Verfassungsschutzrecht niederschlägt216. In Reaktion auf dieses Urteil217 wurde § 16 BVerfSchG um eine Ermächtigung für Verdachtsberichterstattung ergänzt. Da die Arbeit der Nachrichtendienste ohnehin kontrovers beurteilt wird und im Vollzug der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Verfassungsschutzberichterstattung nach wie vor Vollzugsdefizite gesehen werden218, dürfte die Verfassungsschutzberichterstattung auch zukünftig Rechtsprechung und Rechtswissenschaft beschäftigen. d) Erkenntnisse aus der Untersuchung des Verfassungsschutzberichts Anhand der Verfassungsschutzberichterstattung wurde deutlich, dass Berichte gleichzeitig eine Vielzahl von Funktionen haben können, ohne dass die Funktionen einander widersprechen, sie ergänzen sich vielmehr. Es hat sich gezeigt, dass die erwünschten Wirkungen, etwa Warnung und Pranger, auch eintreten können, wenn man sich auf eine simple Tatsachenwiedergabe beschränkt, ohne dass explizit Aufforderungen zur Distanzierung oder zum Boykott erhoben werden, also Aufklärung, Warnung und Pranger in einer Maßnahme zusammenfallen können. Diese Erkenntnisse werden für die Einordnung der Berichterstattung in das System staatlicher Handlungsformen noch Bedeutung haben219. 2. Der Umweltzustandsbericht a) Kategorisierung Der Umweltzustandsbericht erscheint mindestens alle vier Jahre und wird auf Grundlage von § 11 UIG erstattet. Verpflichtet zur Erstattung ist die Bundesregierung, § 11 S. 1 UIG, in der Praxis herausgegeben wird der Bericht durch das BMU220. Gegenstand des Umweltzustandsberichts sind Informationen über den Zustand der Umwelt, wobei mindestens Angaben über Umweltqualität und vorhandene Umweltbelastungen erfolgen müssen, § 11 S. 3 UIG. Gedacht ist dabei 215

BVerwG NVWZ 2014, 233. Gusy, NVWZ 2014, 236, 236–237; zum Begriff der Warnung nach den Grundsätzen herrschenden Lehre s. u. Kap. 3 II. 1. b) cc), S. 161. 217 Vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drucks. 18/4654, 32. 218 Murswiek, in: Jb. Informationsfreiheit und Informationsrecht 2009, S. 57, 73–97 mit umfassender Analyse der Berichtspraxis in Bund und Ländern. 219 s. u. Kap. 3 II. 2., S. 162. 220 Umweltzustandsbericht 2010, S. 2. 216

72

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

an eine umfassende Darstellung des bundesweiten Umweltzustands insgesamt221. Darunter dürften sowohl die einzelnen Umweltbestandteile gem. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG als auch ihre Wechselwirkungen zueinander zu verstehen sein222. In der Breite des Berichtsgegenstands handelt es sich um einen Gesamtbericht, einen Bericht zur „Lage der Nation“ 223 im Bereich des Umweltzustands für das gesamte Bundesgebiet224. Seiner Art nach ist der Umweltzustandsbericht als Wissensbericht über die Umwelt konzipiert. Die Regelung des § 11 UIG beruht auf der Umweltinformationsrichtlinie (UIRL) der Europäischen Union225. Sie ist ein Element der aktiven (im Sinne von antragslosen) Informationsweitergabe, die das UIG regelt226. Sie bildet mit § 10 UIG ein sich ergänzendes System: § 10 UIG fordert die Verbreitung von einzelnen jeweils bei den Behörden vorhandenen Informationen227. Diese bilden aber naturgemäß kein Gesamtbild ab. Das Gesamtbild wird durch den Umweltzustandsbericht des § 11 UIG zur Verfügung gestellt. So soll für jedes Informationsinteresse das passende Informationsangebot bereitstehen. Intention der UI-RL war, die Verfügbarkeit von und den Zugang zu Umweltinformationen für die Bevölkerung zu verbessern, um Umweltbewusstsein zu schaffen und die Bürger für Verbesserung des Umweltschutzes zu aktivieren228. Durch die Umweltzustandsberichterstattung erweitert die Bevölkerung ihr Wissen um Umweltbelastungen und das Vorhandensein von Umweltgütern, sodass sie ihr eigenes Verhalten kritisch überdenken und sich auf diese Informationen einstellen kann229. Der Bericht adressiert also primär die Bevölkerung und verfolgt ihr gegenüber den Zweck der Aufklärung. Dass der Bericht auf möglichst große Verbreitung in der Bevölkerung zielt, ist in der Rechtsgrundlage ebenfalls angelegt: Gem. §§ 11 S. 2 i.V. m. 10 Abs. 3 UIG ist der Bericht leicht verständlich abzufassen und leicht zugänglich zu machen, wozu auch elektronische Mittel eingesetzt werden sollen. Gleichzeitig kann anhand des Berichts eine Unterrichtung des Parlaments erfolgen230, dieses ist insoweit Nebenadressat. Umweltzustandsberichte werden in 221 Klein, Umweltinformation im Völker- und Europarecht, S. 119; Fluck/Fischer/ Martini/Guckelberger, Informationsfreiheitsrecht, § 11 UIG Rn. 9. 222 Fluck/Fischer/Martini/Guckelberger, Informationsfreiheitsrecht, § 11 UIG Rn. 9. 223 Klein, Umweltinformation im Völker- und Europarecht, S. 119. 224 Landmann/Rohmer/Reidt/Schiller, UmweltR, § 11 UIG Rn. 4. 225 RL 2003/4/EG. 226 Landmann/Rohmer/Reidt/Schiller, UmweltR, § 11 UIG Rn. 1. 227 Landmann/Rohmer/Reidt/Schiller, UmweltR, § 10 UIG Rn. 4–5. 228 Vgl. ErwGr. 1 der RL 2003/4/EG. 229 Fluck/Fischer/Martini/Guckelberger, Informationsfreiheitsrecht, § 11 UIG Rn. 2; so auch Martin, Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 105–106 bezogen auf alle behördlichen Berichterstattungspflichten bezüglich Umweltinformationen. 230 Fluck/Fischer/Martini/Guckelberger, Informationsfreiheitsrecht, § 11 UIG Rn. 2.

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

73

der Regel in die Bundestagsdrucksachen aufgenommen231 und vom Parlament behandelt232. Die Zustandsbeschreibung aus dem Umweltzustandsbericht macht Probleme und Handlungsbedarf im Umweltbereich deutlich und dient damit bezogen auf das Parlament der Handlungsvorbereitung. Ob die Umweltzustandsberichterstattung ihrer Zielsetzung gerecht wird, soll am Beispiel des Umweltzustandsberichts 2010 analysiert werden. b) Der Umweltzustandsbericht 2010 aa) Aufbau Der Umweltzustandsbericht 2010 ist in sechs Kapitel gegliedert: Im ersten Kapitel wird allgemein die Umweltpolitik mit ihren internationalen Bezügen behandelt, die Kapitel zwei bis sechs konzentrieren sich auf einzelne Faktoren, die entweder selbst Umweltbestandteile (z. B. Klimaschutz = Umweltbestandteile Luft und Atmosphäre, natürliche Lebensgrundlagen) sind oder Auswirkungen auf die Umweltbestandteile (Ressourceneffizienz, Mobilität) haben. Die einzelnen Umweltbestandteile finden sich, soweit sie kein eigenes Kapitel bilden, als Unterpunkte in den einzelnen Kapiteln wieder, z. B. Wasserqualität im Kapitel V. (Umweltschutz ist Gesundheitsschutz). Die einzelnen Kapitel untergliedern sich in die Abschnitte Herausforderungen, Bilanz 2007–2010 und Perspektiven, wobei im Regelfall im Bereich der Bilanz 2007–2010 auf die Umweltbestandteile eingegangen wird. bb) Text Anhand des Texts zeigt sich, dass sich die Umweltzustandsberichterstattungspraxis in Teilen weit von der gesetzlichen Grundlage entfernt hat. Es finden sich eine Vielzahl von Programmsätzen, politischen Maßnahmenbeschreibungen und Bewertungen der Umweltpolitik der Bundesregierung, die oft eher der Werbung für die Politik des Berichterstatters dienen dürften233. Unter Programmsätzen werden hier politische Forderungen oder Zielerklärungen verstanden. Sie beschreiben nicht den Ist-Zustand der Umwelt, sondern sind Ausdruck der politischen Haltung des Berichterstatters. Solche Sätze sind z. B. gegeben, wenn gesagt wird, man müsse das Verständnis von Wachstum auf den Prüfstand stellen und brauche heute ein qualitatives Wirtschaftswachstum234, 231 Landmann/Rohmer/Reidt/Schiller, UmweltR, § 11 UIG Rn. 7; z. B. Umweltzustandsbericht 2010 = BT-Drucks. 17/4130. 232 Z. B. der Umweltzustandsbericht 2010: Sten. Bericht zur 77. Sitzung des Deutschen Bundestages (01.12.10), 17. Wahlperiode, 8429–8437. 233 Zu den Rechtsproblemen, die diese Praxis verursacht, s. u. Kap. 2 II. 2. c) aa), S. 77. 234 Umweltzustandsbericht 2010, S. 11.

74

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

Umweltverschmutzung solle in unserem Wirtschaftssystem einen Preis haben, der die tatsächlichen Kosten widerspiegelt235, man bewahre durch den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen „die Schöpfung“ 236, oder man brauche heute umweltbewusste Bürger und eine innovative Wirtschaft237. Man mag solche Aussagen inhaltlich teilen oder nicht, aber mit dem Ist-Zustand der Umwelt haben sie wenig zu tun. Zumindest ihrem Gegenstand nach weniger kritisch dürften die Maßnahmenbeschreibungen und Maßnahmenankündigungen sein. Die Bundesregierung nutzt den Umweltzustandsbericht im Sinne der Selbstdarstellungs- und der Planungsfunktion, um ihre bisherige und ihre zukünftig beabsichtigte Politik zu rechtfertigen. Diesen Beschreibungen kann man zumindest insoweit einen Bezug zum Umweltzustand attestieren, als die Maßnahmen Auswirkungen auf den Umweltzustand haben werden. Auch ist es im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn die Bundesregierung im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit ihre umweltpolitischen Maßnahmen darstellt. Fragwürdig wird diese Praxis allerdings, wenn die Beschreibung der Politik der Bundesregierung ein Ausmaß annimmt, welches die Schilderung des Umweltzustands in den Hintergrund drängt oder sogar komplett verdrängt, obwohl der Bericht den Umweltzustand beschreiben soll. Die jeweils mit „Perspektive“ überschriebenen Unterkapitel im Umweltzustandsbericht 2010 etwa konzentrieren sich fast ausschließlich auf geplante Ziele der Umweltpolitik und die dazu vorgeschlagenen Maßnahmen und machen allein 20 % des Umweltzustandsberichts 2010 aus. Da auch im Bereich der Unterkapitel „Bilanz 2007– 2010“ oft die vergangene Politik beschrieben wird und sowohl die Perspektiven als auch die Bilanzen teilweise nur sehr mittelbar einen Bezug zum Umweltzustand in Deutschland haben238, dürfte deutlich über die Hälfte des Umweltzustandsberichts sich nicht auf den Umweltzustand konzentrieren, sondern auf die Darstellung der Umweltpolitik. Wenn die (an sich zulässige) Selbstdarstellung zu Lasten des eigentlichen Berichtsthemas geht, kann dies faktische und rechtliche Probleme nach sich ziehen. Dies wird besonders deutlich, wenn auf die Wiedergabe von Umweltdaten erklärtermaßen bewusst verzichtet wird239. Der Umweltzustandsbericht verweist hier u. a. auf die Publikation „Daten zur Umwelt – Um235

Umweltzustandsbericht 2010, S. 11. Umweltzustandsbericht 2010, S. 107. 237 Umweltzustandsbericht 2010, S. 124. 238 Z. B. Umweltzustandsbericht 2010, S. 113: „Ziel: Einen wirksamen Beitrag zum Stopp des globalen Waldverlustes leisten“; 161: „Ziel: Den sicheren Umgang mit Chemikalien global fortentwickeln“; 138: „Ziel: Umweltgerechte und ressourcenschonende Abfallwirtschaft weltweit voranbringen“. Natürlich könnte man hier einwenden, dass auch internationale Entwicklungen sich über Wechselwirkungen in der Umwelt auch auf den Umweltzustand in Deutschland auswirken. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass nahezu jedes Ereignis in irgendeiner Form Auswirkungen auf die Umwelt hat und man nach dieser Logik über alles und nichts berichten könnte. 239 Umweltzustandsbericht 2010, S. 12. 236

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

75

weltzustand in Deutschland“ des Umweltbundesamts. Die Daten zur Umwelt 2009240, die zeitlich am nächsten zum Umweltzustandsbericht 2010 liegen, haben als Dokument eine Länge von 84 Seiten, der Umweltzustandsbericht 2010 eine Länge von 207 Seiten. Hätte man auf eine Darstellung der eigenen Politik verzichtet, wäre es problemlos möglich gewesen, die Informationen im eigentlichen Umweltzustandsbericht241 unterzubringen. Der Umweltzustandsbericht wird so zu einem Umweltpolitikbericht umgewidmet. Ob dies noch mit § 11 UIG und dessen europarechtlichen Grundlagen zu vereinbaren ist, wird noch zu erörtern sein242. Die Problematik wird dadurch verschärft, dass der Bericht auch als Plattform genutzt wird, um die eigene Politik zu bewerten. So leiste Deutschland etwa einen fairen Beitrag zur Finanzierung des Klimaschutzes243, die Bundesregierung gehe mit gutem Beispiel voran244, die Kreislaufwirtschafts- und Abfallpolitik gehöre zu den großen Erfolgsgeschichten der deutschen Umweltpolitik245, die Bundesregierung habe sich erfolgreich für Entwicklung und Einsatz klimafreundlicher Alternativen zur F-Gas-Technologie eingesetzt246 und auch die Luftreinhaltepolitik in Deutschland sei in den vergangenen Jahrzehnten sehr erfolgreich247. Verfehlte Ziele oder Misserfolge werden nur vereinzelt angesprochen248. Wie man zu diesen Bewertungen kommt und auf welchen Tatsachen sie beruhen, wird nicht offengelegt. cc) Gestaltung Der Umweltzustandsbericht erscheint als Hochglanz-Broschüre mit Farbdruck im DIN-A4-Format. Die Kapitel werden mit jeweils eigenen Farben belegt, die der Orientierung dienen und in der jeweils auch die Überschriften gehalten sind. Besonders auffällig ist die hohe Anzahl an Bildern, mit denen der Text ergänzt oder auch geschmückt wird. So haben die einzelnen Kapitel jeweils zweiseitige Deckblätter, welche ausschließlich aus Bildmaterial bestehen249. In den Text ein-

240 Abrufbar unter http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/pu blikation/long/3876.pdf (Stand: 09.01.2017). 241 Welcher ausdrücklich als der nach dem UIG zu erstattende Umweltzustandsbericht deklariert wird, Umweltzustandsbericht 2010, S. 2. 242 s. u. Kap. 2 II. 2. c) aa), S. 77. 243 Umweltzustandsbericht 2010, S. 64. 244 Umweltzustandsbericht 2010, S. 25. 245 Umweltzustandsbericht 2010, S. 128. 246 Umweltzustandsbericht 2010, S. 146. 247 Umweltzustandsbericht 2010, S. 176. 248 Umweltzustandsbericht 2010, S. 102; wobei die Zielverfehlung nicht mit mangelhaften Maßnahmen der Bundesregierung begründet wird, sondern mit zu kurzen Fristen und zu hohen Umweltzielen des europäischen Rechts. 249 Z. B. Umweltzustandsbericht 2010, S. 14–15, 40–41, 82–83.

76

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

gefügt finden sich viele Bilder, die Szenen aus der Natur250, aus Betrieben mit Umweltbezug251 oder aus der Forschung252 zeigen. Auffällig sind dabei auch die Bilder von zufriedenen oder lernenden Menschen253. Die Gestaltung versucht hier offensichtlich, beim Leser positive Gefühle zu erzeugen. Zwar werden gelegentlich auch durch Grafiken Informationen über den Umweltzustand weitergegeben254. Diese treten jedoch zumeist gegenüber den Bildern in den Hintergrund255. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass Bilder auch Sachinformationen über die Umwelt anschaulicher machen können. Bei der Abbildung eines Elektroautos oder schlafender Menschen kann diese Veranschaulichung aber nur höchst mittelbar sein256. dd) Verbreitung Der Umweltzustandsbericht 2010 steht auf der Internetseite des Umweltbundesamts zum Herunterladen zur Verfügung257. Er konnte zumindest eine Zeit lang als Broschüre (Auflage: 10.000 Exemplare258) kostenlos bestellt werden259. Außerdem ist er als Bundestagsdrucksache veröffentlicht und kann über die Internetpräsenz des Deutschen Bundestages heruntergeladen werden260. Im Deutschen Bundestag wurde der Bericht im Rahmen einer Fragestunde diskutiert261. Auf der Internetpräsenz des BMU ist außerdem eine Kurzfassung des Umweltzustandsberichts 2010 verfügbar262. Am 30.11.2010 gab das BMU eine Pressemitteilung zum Umweltzustandsbericht 2010 heraus263.

250

Z. B. Umweltschutzbericht 2010, S. 90–91. Z. B. Umweltzustandsbericht 2010, S. 52, 132, 134. 252 Umweltzustandsbericht 2010, S. 57, 144, 148; ebenso das Cover der Broschüre. 253 Umweltzustandsbericht 2010, S. 10, 29, 142, 201, 202. 254 Umweltzustandsbericht 2010, S. 49, 50, 53 (eher mit mittelbarem Bezug zum Umweltzustand); 86, 88, 96, 99 (direkt zum Umweltzustand). 255 Z. B. Kapitel „Ressourceneffizientes Wirtschaften“, Umweltzustandsbericht 2010, 118–139: 4 Grafiken stehen 14 Bildern gegenüber. 256 Umweltzustandsbericht 2010, S. 172, 202. 257 Umweltbundesamt: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/ 371/dokumente/bmu-broschuere_umweltbericht_2010_bf.pdf (Stand: 09.01.2017). 258 Umweltzustandsbericht 2010, S. 2. 259 http://www.bmub.bund.de/presse/pressemitteilungen/pm/artikel/roettgen-umwelt politik-ist-zukunftspolitik/ (Stand: 09.01.2017). Eine Bestellung scheint gegenwärtig nicht mehr möglich zu sein. 260 BT-Drucks. 17/4130; http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/041/1704130.pdf (Stand: 09.01.2017). 261 Sten. Bericht zur 77. Sitzung des Deutschen Bundestages (01.12.2010), 17. Wahlperiode, 8429–8437. 262 http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Strategien_Bi lanzen_Gesetze/hg_umweltbericht_2010_bf.pdf (Stand: 09.01.2017). 263 http://www.bmub.bund.de/presse/pressemitteilungen /pm/artikel/roettgen-umwelt politik-ist-zukunftspolitik/ (Stand: 09.01.2017). 251

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

77

c) Rechtsprobleme der Umweltzustandsberichterstattung Rechtsprobleme ergeben sich bezüglich der Umweltzustandsberichterstattung unter zwei Gesichtspunkten: Auf der Vollzugsebene scheint die Berichterstattungspraxis sich gefährlich weit von der gesetzlichen Konzeption entfernt zu haben. Hier ist zu klären, welche normativen Vorgaben264 sich für die Umweltzustandsberichterstattung herleiten lassen (aa)). Auf der Normebene stellt sich die Frage, ob § 11 UIG zu Eingriffen in Grundrechte ermächtigt und dafür hinreichend bestimmt ist (bb)). aa) Normative Vorgaben für die Umweltzustandsberichterstattung Im Umweltzustandsbericht 2010 nimmt die Darstellung der Umweltpolitik gegenüber der Darstellung des Ist-Zustands der Umwelt einen großen Anteil ein. Der Berichterstatter hat den Berichtsgegenstand in dem Sinne erweitert und einen gemischten Wissens- und Tätigkeitsbericht vorgelegt. Dazu stellt sich die Frage, ob eine derartige Erweiterung eines durch Gesetz, europäisches und internationales Recht vorgegebenen Berichtsgegenstands durch den Berichterstatter zulässig ist, oder ob vielmehr ein Bericht zu fordern ist, der sich ausschließlich mit dem vorgegebenen Berichtsgegenstand befasst. Letztlich handelt es sich dabei um eine Frage der Auslegung der Berichtsgrundlage, die sich in zwei Teilfragen stellt. Wenn sich aus der Grundlage zwingend das Erfordernis eines eigenständigen Berichts ergibt (1. Teilfrage), der sich ausschließlich mit dem Umweltzustand befasst (2. Teilfrage), so wäre eine Erweiterung unzulässig. Die Teilfrage der Eigenständigkeit von Umweltzustandsberichten ist bereits aufgeworfen worden. § 11 UIG ist eine Umsetzung von Art. 7 Abs. 3 UI-RL265 sowie Art. 5 Abs. 4 der Aarhus-Konvention266. Im Rahmen des europäischen Gesetzgebungsprozesses hat der Ausschuss der Regionen vertreten, Umweltzustandsberichte müssten keine eigenständigen Dokumente sein, sondern die Daten zum Umweltzustand könnten etwa in einem „Bericht über nachhaltige Entwicklung oder Lebensqualität“ vorgelegt werden267. Die Frage nach der Eigenständigkeit der Umweltzustandsberichte hat der Ausschuss der Regionen in Bezug auf Art. 7 Abs. 2 UI-RL268 also verneint. Eine Begründung dafür wird allerdings 264

Allgemein zu normativen Vorgaben der Berichtsgrundlage s. u. Kap. 4 I. 2., S. 231. Fluck/Fischer/Martini/Guckelberger, Informationsfreiheitsrecht, § 11 UIG Rn. 4. 266 Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vom 25.6.1998 (Aarhus-Konvention). 267 Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen“, ABlEG 2001 Nr. C 148/9, 11. 268 Die Stellungnahme des Ausschusses bezieht sich noch auf den Vorschlag für eine UI-RL der Kommission vom 29.06.2000, KOM (2000) 402 endg., wo die Umweltzu265

78

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

nicht genannt269. Die Auffassung findet auch keine Stütze im Gesetzestext, im Gegenteil: Schon der Wortlaut der UI-RL, der Aarhus-Konvention und der deutschen Umsetzung in § 11 S. 1 UIG sprechen ausdrücklich davon, einen Umweltzustandsbericht bzw. einen Bericht über den Umweltzustand zu veröffentlichen. Die Formulierung deutet klar auf ein geschlossenes Dokument mit dem Thema Umweltzustand hin, andernfalls hätte man von der Veröffentlichung von Umweltdaten in einem Bericht sprechen können. Jedenfalls für die deutsche Umsetzung im UIG sprechen auch systematische Gründe für ein eigenständiges Dokument zum Umweltzustand. § 11 S. 2 i.V. m. § 10 Abs. 3 UIG verlangt für den Umweltzustandsbericht ein leicht zugängliches Format und eine verständliche Darstellung. Die Zugänglichkeit der Daten ist aber erschwert und ihre Verständlichkeit gegebenenfalls auch gefährdet, wenn die Daten zum Umweltzustand in einem Bericht mit einem anderen Schwerpunkt gegenüber sonstigen Informationen in den Hintergrund treten. Da der Bericht auf eine möglichst breite Wirkung in der Öffentlichkeit zielt, dürften auch teleologische Gründe für einen eigenständigen Umweltzustandsbericht sprechen. Die Auffassung des Ausschusses der Regionen ist daher rechtlich nicht haltbar270. Wenn der Umweltzustandsbericht als eigenständiger Bericht erscheinen muss, so stellt sich angesichts der Berichterstattungspraxis die Frage, ob der Bericht auch genutzt werden darf, um über andere Aspekte, etwa über die Umweltpolitik der Bundesregierung zu berichten, oder ob ausschließlich über den Umweltzustand informiert werden darf. Bisher wurde wohl einhellig davon ausgegangen, dass § 11 UIG lediglich Mindestvorgaben für die Umweltzustandsberichterstattung aufstelle, sodass es grundsätzlich unproblematisch sei, wenn der Umweltzustandsbericht auch als Umweltpolitikbericht behandelt würde und Maßnahmen zur Einwirkung auf den Umweltzustand enthalte271. Dies wurde sogar teilweise ausdrücklich als von der UI-RL intendiert angesehen272. Interessant ist dabei vor allem das teleologische Argument, isolierte Zustandsdaten ohne Angaben von Verursachung und Gegenmaßnahmen könnten nicht zur von der UI-RL intendier-

standsberichte noch in Art. 7 Abs. 3 des Vorschlags geregelt waren. Änderungen zwischen Vorschlag und der verabschiedeten UI-RL gibt es für den nationalen Umweltzustandsbericht nicht. 269 Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen“, ABlEG 2001 Nr. C 148/9, 11. 270 Sie hat soweit ersichtlich auch nur wenig Beachtung gefunden, in der Literatur wird sie nur am Rande erwähnt bei Fluck/Fischer/Martini/Guckelberger, Informationsfreiheitsrecht, § 11 UIG Rn. 4; da die Eigenständigkeit der Umweltzustandsberichterstattung aber auch für die Folgefragen eine Rolle spielt, bedurfte die Ansicht des Ausschusses gleichwohl der Diskussion. 271 So ausdrücklich Fluck/Fischer/Martini/Guckelberger, Informationsfreiheitsrecht, § 11 UIG Rn. 11; HK-UIG/Schrader, § 11 Rn. 4. 272 HK-UIG/Schrader, § 11 Rn. 4.

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

79

ten Verbesserung des Umweltschutzes führen273. Dem dürfte zumindest für die Angabe von Ursachen für den Umweltzustand, insbesondere für Umweltbelastungen, zuzustimmen sein. Die Aufklärungsfunktion, die den Bürger durch abstraktes Wissen zu einem umweltbewussteren Verhalten führen soll, setzt die Kenntnis des Bürgers über Ursachenzusammenhänge voraus, damit er sich zukünftig dafür entscheiden kann, keine oder weniger Ursachen für Umweltbelastungen zu setzen. Ob auch die Beschreibung von getroffenen Maßnahmen sogar intendiert ist, erscheint hingegen zweifelhaft. Hierfür wurde das historische Argument angeführt, die ursprüngliche UI-RL274 habe in ihrer Entwurfsfassung für den Umweltzustandsbericht auch eine Pflicht zur Veröffentlichung bereits getroffener oder geplanter Maßnahmen vorgesehen275. Die Streichung der Maßnahmenbeschreibung sei nur aus redaktionellen Gründen erfolgt, da sie weitestgehend der Legaldefinition der Umweltinformation entsprochen habe, die Berichterstattung über Maßnahmen sei weiter intendiert276. Dem historischen Argument ist aber entgegenzuhalten, dass es problemlos möglich gewesen wäre, statt der Formulierung „Umweltzustand“ eine entsprechende Verweisung auf die Legaldefinition vorzunehmen. So liegt in der Formulierung eine klare Verkürzung des Berichtsgegenstands gegenüber dem Richtlinienentwurf vor. Auch teleologisch ist eine solche Auslegung nicht geboten: Nicht jede Maßnahmenbeschreibung oder Maßnahmenankündigung ist geeignet, den Umweltzustand zu beschreiben und eine Verbesserung des Umweltschutzes zu fördern277. Im Hinblick auf die Zielsetzung des Berichts, eine möglichst breite Aufklärungswirkung bei der Bevölkerung zu erreichen, können Maßnahmenbeschreibungen, die ersichtlich keine direkte Beziehung zum Umweltzustand haben, sogar die Funktionalität des Berichts beeinträchtigen, weil sie von seinem eigentlichen Inhalt ablenken. Zwar wird man angesichts der Unbestimmtheit von § 11 S. 1 u. S. 3 UIG dem Berichterstatter einen gewissen Gestaltungsspielraum zumessen müssen, jedoch ist dieser Spielraum auf das Ziel, das Umweltbewusstsein zu erhöhen, ausgerichtet278. Die Grenze dieses Spielraums ist überschritten, wenn die Verbreitung der Umweltdaten zugunsten der Maßnahmendarstellung verkürzt wird279. Darüber hinaus sind Maßnahmendarstellungen auf solche zu beschränken, die wirklich geeignet sind, den Ist-Zustand der Umwelt zu erläutern sowie das Umweltbewusstsein zu erhöhen.

273

HK-UIG/Schrader, § 11 Rn. 4. RL 90/313/EWG, aufgehoben durch RL 2003/4/EG. 275 Der Entwurf ist abgedruckt in NVWZ 1989, 1039–1040. 276 HK-UIG/Schrader, § 11 Rn. 4. 277 Das gibt letztlich auch HK-UIG/Schrader, § 11 Rn. 4 zu, wenn er umweltpolitische Pläne und Zielerklärungen ausnimmt. 278 Fluck/Fischer/Martini/Guckelberger, Informationsfreiheitsrecht, § 11 UIG Rn. 12. 279 So indirekt auch Fluck/Fischer/Martini/Guckelberger, Informationsfreiheitsrecht, § 11 UIG Rn. 11. Diese Schwelle dürfte der Umweltzustandsbericht 2010 bereits deutlich überschritten haben, s. o. Kap. 2 II. 2. b) bb), S. 73. 274

80

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

Es ist gerade die konzeptionelle Stärke des Umweltzustandsberichts, einen prägnanten Gesamtüberblick über den Zustand der Umwelt liefern zu können280. Diesen Maßstäben wird der Umweltzustandsbericht 2010 nicht gerecht und ist daher als rechtswidrig zu bewerten. Damit liegt gleichzeitig ein Verstoß gegen europäisches und internationales Recht vor, da die normativen Vorgaben auch durch die UI-RL und die Aarhus-Konvention vorgegeben sind. bb) § 11 UIG als Ermächtigungsgrundlage für einen Grundrechtseingriff An § 11 UIG wurde kritisiert, dass er für die aus dem Umweltzustandsbericht erwachsenden Grundrechtseingriffe keine ausreichende Rechtsgrundlage beinhalte und es an einer Ausgleichsregelung zwischen den kollidierenden Informationsbedürfnissen der Öffentlichkeit und den berechtigten Geheimschutzinteressen von Unternehmen fehle281. Gegen diese Einwände wurde bisher der lapidare Einwand erhoben, Grundrechtseingriffe seien praktisch ausgeschlossen, da der Umweltzustandsbericht auf einer abstrakten Ebene ohne Detailinformationen berichte282. Für die gegenwärtige Berichterstattungspraxis dürfte dieser Befund zutreffend sein283. Die Frage ist daher zunächst akademisch. Sie hat aber mittelbar auch praktische Relevanz, weil sich an ihr auf vergleichender Ebene zeigen lässt, wie der Gesetzgeber im Rahmen von Berichtsgesetzen Ermächtigungsgrundlagen für Grundrechtseingriffe schafft oder eben nicht schafft284. Um als Ermächtigungsgrundlage in Betracht zu kommen, müsste § 11 UIG Grundrechtseingriffe überhaupt normativ erfassen. Als Eingriff kommt hier nur ein faktischer Eingriffe durch Informationen285 in Betracht. Die Frage ist also, ob die negative Erwähnung von Einzelpersonen, Gruppierungen oder Unternehmen noch von § 11 UIG gedeckt wäre. Der Wortlaut des § 11 S. 1 u. S. 3 UIG scheint dagegen zu sprechen: Der Berichtsgegenstand umfasst den Zustand der Umwelt, Informationen über die Umweltqualität und die Umweltbelastungen, alles für sich genommen sehr abstrakte und weite Begriffe, bei denen auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, warum in

280

Rinke, Der Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen, S. 77. Hegele, in: Umweltschutz durch Umweltinformation, S. 101, 140. 282 Fluck/Fischer/Martini/Guckelberger, Informationsfreiheitsrecht, § 11 UIG Rn. 3; Landmann/Rohmer/Reidt/Schiller UmweltR, § 11 UIG Rn. 2. 283 Soweit ersichtlich enthält auch der Umweltzustandsbericht 2010 keine negative Erwähnung von Privatpersonen oder Unternehmen. 284 Das wird namentlich beim Bericht des BfDI noch eine Rolle spielen, s. u. Kap. 2 II. 3., S. 82. 285 Zum Eingriff durch staatliches Informationshandeln allgemein und ausführlich s. u. Kap. 4 IV. 2. c), S. 299. 281

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

81

diesem Zusammenhang die Nennung von Individuen erforderlich sein sollte286. Allerdings hat sich schon gezeigt, dass zur Berichterstattung über den Umweltzustand auch die Angabe von Ursachen und gegebenenfalls auch von Maßnahmen mit unmittelbarem Umwelteinfluss zulässig oder gar erforderlich sein kann287. Es sind aber Fälle denkbar, in denen ein Individuum oder (wahrscheinlicher) Unternehmen die Ursache für eine Umweltbelastung von bundesweiter Bedeutung setzt. Man denke etwa an Störfälle im chemischen oder nuklearen Bereich. Zwar könnte man dagegen einwenden, selbst in diesen Fällen sei keine Nennung von personenbezogenen Daten notwendig und ein Eingriff sei durch eine anonymisierte Berichterstattung denkbar. Streitentscheidend ist allerdings ein systematischer Gesichtspunkt, der die Entscheidung des Gesetzgebers für eine Ermächtigung zur Nennung von personenbezogenen Daten oder anderen eingriffsrelevanten Informationen letztlich deutlich macht. § 11 S. 2 UIG verweist auf § 10 Abs. 6 UIG, welcher wiederum auf § 9 UIG verweist. In diesem sind die Ausschlussgründe zum passiven Informationsanspruch nach § 3 Abs. 1 UIG geregelt. § 9 Abs. 1 Nr. 1 UIG schließt dabei die Nennung personenbezogener Daten aus, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse überwiegt. Die Verweisung erklärt diese Regelung auf den Umweltzustandsbericht für entsprechend anwendbar. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber es für möglich gehalten hat, dass eventuell personenbezogene Daten in einem Umweltzustandsbericht genannt werden. Noch wichtiger folgt daraus, dass er Situationen für denkbar gehalten hat, in denen er eine Veröffentlichung gegen den Willen der Betroffenen für gerechtfertigt hält, wenn nämlich das öffentliche Interesse überwiegt288. In einem solchen Fall kann je nach Konstellation ein Eingriff etwa in das informationelle Selbstbestimmungsrecht vorliegen289. Auch die anderen in § 9 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 UIG genannten Fälle, in denen eine Veröffentlichung gegen den Willen des Berechtigten erfolgen kann, stellen potenzielle Eingriffe in

286 Das dürfte auch erklären, warum die Kommentarliteratur die Frage nur sehr kurz behandelt und einhellig eine Eingriffsberechtigung ablehnt, vor allem angesichts der abstrakten Berichterstattungspraxis. Gleichwohl heißt die Tatsache, dass bisher praktisch abstrakt und eingriffsneutral berichtet wurde nicht, dass die gesetzliche Grundlage nicht dennoch zu Eingriffen ermächtigt. 287 s. o. Kap. 2 II. 2. c) aa), S. 77. 288 Dabei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers und nicht etwa, wie man einwenden könnte, um ein Redaktionsversehen. Die Gesetzesbegründung begründet den Verweis auf § 8 und § 9 UIG ausdrücklich mit der Schutzbedürftigkeit der dortigen Schutzgüter auch im Umweltzustandsbericht, BT-Drucks. 15/3406, 22. Durch die Verweisung auf die differenzierte Regelung des § 9 UIG dürfte sich auch der Einwand von Hegele, in: Umweltschutz durch Umweltinformation, S. 101, 140, § 11 UIG sei für Grundrechtseingriffe zu unbestimmt und enthalte keine Ausgleichsregelung, als haltlos erweisen. 289 Der Ablehnungsgrund dient laut der Gesetzesbegründung grundsätzlich dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts, BT-Drucks. 15/3406, 20.

82

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

Grundrechte dar290. Der Verweis auf diese Vorschriften macht nur Sinn, wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass es im Rahmen der Umweltzustandsberichterstattung zu solchen Veröffentlichungen kommen kann und soll. Daraus ist zu schließen, dass § 11 UIG grundsätzlich zu Grundrechtseingriffen ermächtigen soll, auch wenn dies praktisch die Ausnahme ist und bleiben dürfte. d) Erkenntnisse aus der Untersuchung der Umweltzustandsberichterstattung Die Berichterstattungspraxis über den Umweltzustand hat sich in einem solchen Umfang von der normativen Konzeption des Umweltzustandsberichts entfernt, dass sie als rechtswidrig bewertet werden muss. Für das Berichtswesen insgesamt ist die Erkenntnis relevant, dass der Gesetzgeber Berichterstatter, die im Einzelfall eigentlich über einen in hohem Maße abstrakten Gegenstand zu berichten haben, gegebenenfalls dennoch zu Grundrechtseingriffen ermächtigt, wenn sich die Absicht dazu durch Auslegung der gesetzlichen Grundlage ermitteln lässt. 3. Der Bericht des BfDI zum Datenschutz a) Kategorisierung Gestützt auf die Berichtsgrundlage § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG erstattet der BfDI alle zwei Jahre291 einen Tätigkeitsbericht292 zum Datenschutz. Der BfDI293 ist ein Spezifikum des deutschen Datenschutzrechts294. Er wird zugleich als Interessenvertreter der Gesamtheit der Betroffenen im Bereich des Datenschutzes, als unabhängige Kontrollinstanz der Verwaltung und als Wirtschaftsaufsicht in bestimmten Bereichen verstanden, jeweils mit Bezug zum Datenschutz295. Anknüpfend an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts296 wurde er einge290 Sowohl Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse als auch geistiges Eigentum sind grundrechtlich geschützt, Maunz/Dürig/Papier, GG-Kommentar, Art. 14 Rn. 99 (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse), 197–200 (Geistiges Eigentum). 291 Ein bestimmter Stichtag ist nicht vorgesehen, sodass seitens des BfDI ein gewisser Spielraum besteht, Simitis/Damann, BDSG, § 26 Rn. 6. 292 Gemeint ist hier der auf die Tätigkeit im Bereich des Datenschutzes bezogene Bericht. Gem. § 12 Abs. 3 IFG i.V. m. § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG erstattet der BfDI auch einen Tätigkeitsbericht im Bereich des Informationsfreiheitsrecht. Wenn hier vom Bericht des BfDI die Rede ist, so ist ausschließlich der Tätigkeitsbericht in Bezug auf den Datenschutz gemeint. 293 Die Zuständigkeit für die Informationsfreiheit hat der BfDI erst 2006 durch § 12 Abs. 2 IFG erhalten. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird hier durchgehend vom BfDI gesprochen, auch wenn es um Ereignisse geht, die vor dieser Zuständigkeitserweiterung stattfanden. 294 Auernhammer/v. Lewinski, DSGVO/BDSG-Kommentar, Vor. zu § 22 Rn. 2. 295 Auernhammer/v. Lewinski, DSGVO/BDSG-Kommentar, Vor. zu § 22 Rn. 2. 296 BVerfGE 65, 1, 2. Leitsatz, 46.

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

83

richtet als Teil der organisatorischen Sicherung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung297. Sein Bericht ist auf den ersten Blick gerichtet an den Deutschen Bundestag, § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG. § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG stellt aber klar, dass er zugleich die Öffentlichkeit adressiert298. Gegenstand des Berichts des BfDI ist gemäß § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG zunächst dessen Tätigkeit299. Erweitert wird der Berichtsgegenstand durch § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG, der den BfDI beauftragt, Bundestag und Öffentlichkeit über wesentliche Entwicklungen des Datenschutzes zu unterrichten. Der Bericht geht damit über einen bloßen Tätigkeitsnachweis hinaus300. Er ist zugleich ein Wissensbericht, in welchem der BfDI Erkenntnisse aus seiner Tätigkeit über Entwicklungen, Probleme und Handlungsbedarf im Bereich des Datenschutzes an Bundestag und Öffentlichkeit weitergibt301. Für das Parlament ist er einerseits Mittel der Kontrolle des unabhängigen BfDI302, andererseits Mittel der Handlungsvorbereitung, wenn gesetzgeberischer Korrekturbedarf aufgezeigt und der Gesetzgeber auf Datenschutzverstöße und Vollzugsprobleme aufmerksam gemacht wird303. Das gilt umso mehr, als der BfDI Erkenntnisse seiner Kontrolltätigkeit bei öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen mitteilt. Bei öffentlichen Stellen handelt es sich gem. § 2 Abs. 1 BDSG unter anderem um Behörden des Bundes. Durch Mitteilung der Kontrollergebnisse wird dem Bundestag eine verstärkte Kontrolle des Vollzugs der datenschutzrechtlichen Vorschriften in der Exekutive ermöglicht304. Bei nicht-öffentlichen Stellen handelt es sich gem. § 2 Abs. 4 BDSG um natürliche und juristische Personen des Privatrechts, die nicht von § 2 Abs. 1–3 BDSG erfasst sind. Zeigen sich hier Defizite bei der Beachtung des Datenschutzes durch Private, liegt ebenfalls ein gesetzgeberisches Eingreifen nahe305. Auf Seiten der Öffentlichkeit ist die Funktion der Wissensvermittlung schwieriger zu bestimmen. Zunächst ist der Bericht für den BfDI gegenüber der Öffent297

Simitis/Damann, BDSG, § 22 Rn. 1. Simitis/Damann, BDSG, § 26 Rn. 5; Roßnagel/Heil, Hb. Datenschutzrecht, S. 773; teilweise wird § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG darüber hinaus auch als allgemeine Ermächtigung zur Öffentlichkeitsarbeit verstanden, so etwa Auernhammer/v. Lewinski, DSGVO/BDSG-Kommentar, § 26 Rn. 11. 299 Das bezieht sich nicht nur auf die Tätigkeit des BfDI als amtsinhabende Person, sondern auch auf die Tätigkeit der ihm unterstellten Behörde. Zur Ausstattung des BfDI Auernhammer/v. Lewinski, DSGVO/BDSG-Kommentar, § 22 Rn. 23–26. 300 v. Lewinski, RDV 2004, 163, 164; Roßnagel/Heil, Hb. Datenschutzrecht, S. 773. 301 Simitis/Damann, BDSG, § 26 Rn. 3; Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG § 26 Rn. 2. 302 Auernhammer/v. Lewinski, DSGVO/BDSG-Kommentar, § 26 Rn. 6. 303 Simitis/Damann, BDSG, § 26 Rn. 3, 5. 304 Roßnagel/Heil, Hb. Datenschutzrecht, S. 774. 305 Roßnagel/Heil, Hb. Datenschutzrecht, S. 774; Simitis/Damann, BDSG, § 26 Rn. 5. 298

84

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

lichkeit ebenfalls ein Rechtfertigungs- und Selbstdarstellungsmittel306. Ebenfalls noch recht unproblematisch kann man eine Aufklärungsfunktion annehmen. Die Information über Entwicklungen und Probleme im Datenschutzbereich ermöglicht es, sich kritisch mit dem Thema Datenschutz und dem Umgang mit den eigenen Daten auseinanderzusetzen. Diese Sensibilisierung für ein Thema, hier den Datenschutz, ist typisches Merkmal einer aufklärenden Informationsmaßnahme307. Problematischer erscheint die Frage, ob der Berichterstattung durch den BfDI auch Warn- und gegebenenfalls auch Prangerfunktion zu attestieren ist. Die Berechtigung des BfDI, auf allgemeine Probleme beim Datenschutz einzugehen, ist selbstverständlich und ergibt sich unmittelbar aus § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG, denn Probleme und Unklarheiten in der Anwendung des Datenschutzes sind bei entsprechendem Gewicht wesentliche Entwicklungen des Datenschutzes308. Problematisch ist eher die Frage, wie konkret die Darstellung der Probleme werden darf. Eine Darstellung, die die Identifikation von natürlichen Personen oder Unternehmen ermöglicht, kann eine warnende Wirkung haben, etwa wenn von der Gefahr eines Datenschutzmissbrauchs berichtet wird309. Der Öffentlichkeit wird dann direkt oder indirekt nahegelegt, ihre Daten derartig genannten Personen nicht anzuvertrauen. Darüber hinaus wird durch die offene Nennung von gegebenenfalls auch nur vermeintlichen310 ,Datenschutzsündern‘ auf diese Druck ausgeübt, ihren Umgang mit Daten zu verändern. Die öffentliche Missachtung, die auf die derartige Anprangerung311 folgen kann, ist damit ein Mittel der Sanktionierung, die zur Durchsetzung des Datenschutzrechts oder zumindest der Interpretation des Datenschutzrechts des BfDI beitragen kann312. Die Frage nach Warnund Prangerfunktion ist letztlich erneut eine Frage der Auslegung der Berichtsgrundlage, § 26 Abs. 1 S. 1 u. 2 BDSG. Der Frage wird nachgegangen, nachdem die Berichterstattungspraxis betrachtet wurde.

306 Man kann auch von Legitimationswirkung sprechen, so Born, Datenschutzaufsicht, S. 299. 307 v. Lewinski, RDV 2004, 163, 164; Roßnagel/Heil, Hb. Datenschutzrecht, S. 774. 308 Plath/Hullen, BDSG/DSGVO-Kommentar, § 26 BDSG Rn. 5. 309 Derartig warnende Wirkung attestieren etwa v. Lewinski, RDV 2001, 275, 279; Born, Datenschutzaufsicht, S. 335; Müller, RDV 2004, 211, 214. 310 Es ist zu beachten, dass der BfDI in seinem Bericht nur seine behördeninterne Rechtsauffassung vertritt, nicht zwingend die korrekte Auslegung des Datenschutzrechts. Diese Rechtsauffassung wird von der Öffentlichkeit aufgrund der Expertenstellung des BfDI aber nicht zwingend als solche erkannt, sondern in der Regel als objektiv zutreffende Darstellung der Rechtslage, Müller, RDV 2004, 211, 214. 311 Explizit als Anprangerung bezeichnen dies auch v. Lewinski, RDV 2001, 275, 278; Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG § 26 Rn. 2; Wolff/Brink/Schiedermair, Datenschutzrecht, § 26 BDSG Rn. 3. 312 v. Lewinski, RDV 2004, 163, 164; Wolff/Brink/Schiedermair, Datenschutzrecht, § 26 BDSG Rn. 3.

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

85

b) Der Tätigkeitsbericht zum Datenschutz für die Jahre 2011 und 2012 aa) Aufbau Der Tätigkeitsbericht zum Datenschutz für die Jahre 2011 und 2012 – 24. Tätigkeitsbericht313 – ist in 16 Kapitel und einen Anhang unterteilt. Nach drei allgemeinen Kapiteln (Zusammenfassung aller Empfehlungen, Europa und Internationales, Grundsatzangelegenheiten) folgen spezielle Kapitel zu einzelnen Themenbereichen (z. B. Internet, Innere Sicherheit und Strafrecht, Finanzwesen, Arbeitsverwaltung). Eine systematische Struktur in der Reihenfolge der Kapitel oder eine Differenzierung in Berichterstattung aus dem öffentlichen und dem nicht-öffentlichen Bereich ist nicht erkennbar. bb) Text Die textliche Darstellung des 24. Tätigkeitsberichts Datenschutz zeigt einige Auffälligkeiten. Der Berichtstext ist durchgängig aus der Ich-Perspektive geschrieben. Er enthält eine Vielzahl von Wertungen, Zuspitzungen und auch Polemik, teilweise zulasten der Seriosität. So wird der Bericht als Plattform genutzt, um datenschutzpolitische Forderungen zu erheben. Das ist generell zulässig, denn diese Forderungen aus der Perspektive und zugunsten des Datenschutzes übermitteln dem Bundestag den für die Vorbereitung gesetzgeberischer Maßnahmen notwendigen Sachverstand314. Solche Forderungen können sich aus Anwendungsproblemen beim Datenschutzrecht ergeben und beruhen bei hinreichender Bedeutung auf wesentlichen Entwicklungen im Sinne von § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG. Das Recht des BfDI, Vorschläge und Forderungen zur Verbesserung des Datenschutzes zu erheben, wird zu Recht nicht bestritten, denn es entspricht der Funktion des BfDI als „Anwalt der Bürger“ 315. Jedoch beziehen sich seine Forderungen häufig nicht auf das Verhältnis von Bürger zu Datenverwender, sondern auf die Rechtsstellung des BfDI. Ist es Aufgabe des BfDI, seine eigene Rechtsstellung zu bewerten und die Bundesregierung vor einer „Lektion aus Luxemburg“ 316 zu warnen, wenn es eigentlich um wesentliche Entwicklungen des Datenschutzes gehen soll317? 313

Im Folgenden 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz. Jedenfalls in der Regel. Ob dem Bundestag inhaltlich wirklich geholfen ist, wenn ihm empfohlen wird, eine Regelung „verhältnismäßig auszugestalten“, kann bezweifelt werden. So aber 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 19. 315 Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG § 23 Rn. 5. 316 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 45. 317 Der Forderung nach mehr Unabhängigkeit wurde durch eine Änderung des BDSG zum Jahr 2016 zumindest teilweise Rechnung getragen, indem dem BfDI der Status einer obersten Bundesbehörde verliehen und er institutionell und sachlich unabhängiger wurde. Vgl. dazu Thomé, VuR 2015, 130. 314

86

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

Irritierend sind bisweilen die polemischen Andeutungen und die bildhafte Sprache, die im Bericht verwandt wird und die teilweise auch keinen unmittelbaren Bezug zum Datenschutz aufweisen. So wird im Bericht gesagt, nicht nur Flughafen- und Bahnhofsprojekte zögen sich hin, sondern auch die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte. Während bildhafte Vergleiche noch geeignet sein können, einen Sachverhalt zu plausibilisieren318, erscheint derartige Polemik als wenig zielführend. Vielmehr besteht das Risiko, dass die sachliche Autorität des BfDI durch solche Unsachlichkeiten gefährdet wird und bei der Öffentlichkeit die Bereitschaft nachlässt, die Anliegen des BfDI ernst zu nehmen. Ähnlich einzuordnen sind die Aussagen, Grenzkontrollen würden keinen Spaß machen, seien lästig und würden Zeit kosten319, Apps seien „ach so niedlich, wenn nicht gar noch praktisch“ 320 und der Bereich des Cloud-Computing sei „heiter bis wolkig“ 321. Im Umgang mit Datenschutzverstößen bezüglich der Nennung von Namen handelnder natürlicher oder juristischer Personen kann zwischen dem nicht-öffentlichen und dem öffentlichen Bereich unterschieden werden. Stellt der BfDI im öffentlichen Bereich nach seiner Auffassung Datenschutzverstöße fest, so benennt er die datenverarbeitende Stelle ausdrücklich322. Kommt der Verstoß im nicht-öffentlichen Bereich vor, so ist ein differenziertes Vorgehen zu betrachten. Einzelne Verstöße ohne besonderes Gewicht werden anonymisiert geschildert323. Zur konkreten Nennung von Namen scheint es in zwei Konstellationen zu kommen: Im Kapitel 5 über das Internet werden sehr deutlich und teilweise sehr kritisch die Praktiken von sehr großen Internet- und Technologieunternehmen wie Google, Facebook und Microsoft thematisiert324. Das betrifft zum Teil Vorgänge, die ausschließlich oder fast ausschließlich mit einem Unternehmen verknüpft sind, etwa der sog. Like-Button325 oder sog. Fanpages326 auf Facebook. Zum Teil werden aber auch unternehmensunspezifische Vorgänge mit datenschutzrecht-

318

Ein gutes Beispiel dürfte etwa 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 106 sein. 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 41. 320 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 78. 321 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 70. 322 Z. B. 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 67 (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik), 93 (BfV), 127 (Bundesministerium der Finanzen). Es sei auch erwähnt, dass ebenso Stellen gelobt werden, wenn sie mit dem BfDI in seinem Sinne positiv kooperieren, z. B. 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 171 (Bundesministerium der Verteidigung). 323 Z. B. 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 86: „Verschiedene Anbieter“; 87: „Telekommunikationsanbieter“; 144: „Eine Krankenkasse“; 147: „ein privates Unternehmen“. 324 Z. B. 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 75–77 (Facebook); 77–78 (Google); 78 (Microsoft). 325 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 77. 326 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 76. 319

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

87

licher Relevanz thematisiert327. Die konkrete Nennung der Unternehmen mag in solchen Fällen mit ihrer Rolle im entsprechenden Markt zusammenhängen328. Die andere Konstellation, in der konkrete Namen genannt werden, ist die, dass durch die explizite Nennung ausdrücklich dem Genannten ein Nachteil zugefügt werden soll, um ihn zur Beachtung der datenschutzrechtlichen Rechtsauffassung zu bewegen. Es handelte sich um einige (teilweise private) Krankenkassen, die an einer nach Auffassung von BfDI, Bundesversicherungsamt und Bundesministerium für Gesundheit rechtswidrigen Datenerhebungspraxis festhielten und dies damit begründeten, im Bericht des BfDI würde nur anonymisiert berichtet, sodass sie keine Konsequenzen seitens der Öffentlichkeit und der Versicherten befürchten müssten329. Darauf reagierte der BfDI mit der bewussten Nennung der betroffenen Krankenkassen330. Die Nennung wird hier gezielt als Beuge- und Sanktionsmittel eingesetzt331. Hier zeigt sich, dass zumindest seitens des BfDI der Bericht ebenfalls als Durchsetzungsmittel332 verstanden und bewusst eingesetzt wird. Zwar mag es sich dabei um ein Abweichen von der Regel handeln333, doch sieht der BfDI sich augenscheinlich zur derartigen Anprangerung berechtigt. Die Frage, inwieweit § 26 Abs. 1 BDSG hierzu eine Ermächtigung enthält, ist somit von praktischer Relevanz. cc) Gestaltung Der als Broschüre erschienene Bericht ist vom Cover abgesehen an den Bundestagsdrucksachen orientiert, in welchen der Bericht ebenfalls abgedruckt ist334. Die Broschüre scheint gestalterisch nicht überarbeitet worden zu sein. Dementsprechend entspricht die Gestaltung des Berichts auch der Nüchternheit von Bundestagsdrucksachen. Im Bericht kommen nur sehr selten Bilder vor335, vereinzelt 327

Z. B. die Datenschutzerklärung von Google, 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz,

S. 77. 328 Es handelt sich um Unternehmen mit überragender Marktstellung. Google etwa hat auf dem Markt für Suchmaschinenleistungen im Internet konstant über 90 % Marktanteil, 68. Sondergutachten der Monopolkommission, S. 81. Auf Facebook entfallen 77 % aller Aufrufe eines sozialen Netzwerks, 68. Sondergutachten der Monopolkommission, S. 107–108. 329 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 145. 330 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 145. 331 Auf Nachfrage bei den genannten Krankenkassen erklärten diese, von einem gerichtlichen Vorgehen gegen die Nennung abgesehen zu haben. Soweit dafür Gründe genannt wurden, stand eine interne Risikoabwägung einer Rechtsverfolgung im Vordergrund. 332 So auch v. Lewinski, RDV 2004, 163, 164 m.w. N. 333 Zumindest nach eigener Aussage des BfDI, 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 145. 334 BT-Drucks. 17/13000. 335 Cover und 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 53, wo zwei Bilder von Beobachtungsdrohnen abgedruckt sind.

88

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

werden mit Grafiken statistische Daten veranschaulicht präsentiert336. Wichtige Aussagen und Erläuterungen, Gesetze oder Beschlüsse und Entscheidungen werden in einem gesonderten Kasten dargestellt337, wobei sich auch dort ganz überwiegend338 auf eine Darstellung in Textform beschränkt wird. Insgesamt ist der 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz damit im Gegensatz zu seiner Sprache nüchtern gestaltet. dd) Verbreitung Der 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz kann über die Internetpräsenz des BfDI heruntergeladen339 und als Broschüre kostenlos bestellt werden340. Die Broschüre hat eine Auflage von 1500 Stück341. Durch seine Veröffentlichung als Bundestagsdrucksache wird seine Verbreitung weiter gesteigert. Der Bericht wurde in der Bundespressekonferenz vorgestellt, mit einer Pressemitteilung bekanntgemacht und im Newsletter des BfDI beworben342. Der Bericht liegt in der Dienststelle des BfDI aus und wird auf Veranstaltungen verteilt343. Der Bundestag hat sich mit dem 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz nicht im Plenum befasst, sondern ihn zusammen mit älteren Tätigkeitsberichten zum Datenschutz in die Ausschüsse verwiesen344. c) Rechtsprobleme der Berichterstattung zum Datenschutz aa) Warnungs- und Prangerberechtigung für den BfDI? Der Tätigkeitsbericht des BfDI für den Datenschutz wird gezielt als Instrument der Warnung und der Anprangerung eingesetzt. Es erscheint aber als fragwürdig, 336

24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 128, 213 Z. B. 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 57 (Sicherheitsempfehlungen des ITGrundschutzes zum Datendiebstahl), 71 (Arbeitsgruppen und Veröffentlichungen zum Cloud Computing), 79 (Auszug TKG), 95 (Erläuterung Quellen-Telekommunikationsüberwachung), 98 (Begriffserläuterung INPOL), 99 (Entschließung der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 27.07.2011), 118 (Zuständigkeiten der Bundesdruckerei). 338 Eine Ausnahme stellt 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 53 dar. 339 Der BfDI teilte auf Anfrage mit, dass die einzelnen Downloadzahlen nicht erfasst würden. Die Seite „Tätigkeitsberichte“ (http://www.bfdi.bund.de/DE/Infothek/Taetig keitsberichte/taetigkeitsberichte-node.html Stand 09.01.2017) sei im Jahr 2014 etwa 80.000-mal aufgerufen worden. 340 http://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Taetigkeitsberichte/TB_BfDI/ 24TB_11_12.html (Stand: 09.01.2017). 341 Diese Angabe beruht auf einer Anfrage beim BfDI. Bis zum 04.05.2015 wurden 1420 Broschüren versandt. In 2014 erfolgte ein Nachdruck der Broschüren. 342 Diese Angaben beruhen auf einer Auskunft des BfDI. 343 Diese Angaben beruhen auf einer Auskunft des BfDI. 344 Sten. Bericht zur 243. Sitzung des Deutschen Bundestages (06.06.2013), 17. Wahlperiode, 30734. 337

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

89

ob diese Praxis von § 26 Abs. 1 BDSG auch gedeckt ist345. Die Frage ist insbesondere in der Literatur diskutiert worden. In der Rechtsprechung hat die Frage, ob § 26 Abs. 1 BDSG auch zu Grundrechtseingriffen berechtigt, nur am Rande Beachtung gefunden346. (1) Lösung nach dem geltenden BDSG Ausgangspunkt der Lösung ist der Wortlaut von § 26 Abs. 1 S. 1 u. 2 BDSG. Danach informiert der BfDI in seinem Bericht Öffentlichkeit und Parlament über „wesentliche Entwicklungen“ im Bereich des Datenschutzes. Hier ist zunächst zu klären, was unter einer wesentlichen Entwicklung zu verstehen ist. Entwicklungen des Datenschutzes betreffen alle seine Elemente, wozu Technologie, Anwendung, Umgang mit personenbezogenen Daten sowie Auswirkungen und Risiken der Umgangspraxis gehören347. Wesentlich ist eine Entwicklung, wenn an ihr nach vertretbarer Würdigung des BfDI ein öffentliches Interesse seitens Parlament und/oder Bevölkerung besteht348. Das dürfte erst dann der Fall sein, wenn ein Ereignis oder eine Vielzahl von Ereignissen für den gesamtdeutschen Datenschutz einen spürbaren Einfluss hat. Im Sinne der (unstrittigen) Aufklärungsfunktion ergibt sich die Wesentlichkeit dann daraus, dass die Bevölkerung sich entsprechend der Entwicklung besser vor datenschutzrechtlichen Gefährdungen schützen kann349. Die Schilderung von Einzelfällen ist dabei wohl geeignet, Entwicklungen besonders anschaulich zu machen350. Das alleine heißt aber noch nicht, dass hierzu auch die Nennung konkreter natürlicher oder juristischer Personen vom Gesetzgeber für erforderlich gehalten wurde. Wesentliche Entwicklungen sind grundsätzlich auch abstrakt darstellbar351. Hier bietet sich ein Vergleich mit den bisher untersuchten Berichtsgrund345 Diese Frage wurde rechtlich oft für irrelevant erklärt, weil der BfDI auch ohne einfachrechtliche Spezialermächtigung Warnbefugnisse habe. Begründet wurde dies etwa mit einer Übertragung der Rechtsprechung, die für Regierungen auch ohne gesetzliche Ermächtigung eine Befugnis zur Warnung der Bevölkerung annahm. In diese Richtung etwa VG Köln, Beschluss v. 11.03.1999 – Az. 20 L 3757/98 –, Rn. 18–20, zitiert aus juris; Müller, RDV 2004, 211, 212–213; Weichert, DuD 2015, 397, 398; gegen die Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung mit guten Gründen Born, Datenschutzaufsicht, S. 332–334. Hier wird von der Prämisse ausgegangen, dass der Vorbehalt des Gesetzes allgemein für Grundrechtseingriffe durch staatliches Informationshandeln gilt, unabhängig von der die Information verbreitenden staatlichen Stelle. Zur Begründung s. u. Kap. 4 IV. 2. c) bb) (2) (a), S. 318. 346 Die Reichweite von § 26 Abs. 1 BDSG lässt offen VG Köln, Beschluss v. 11.03.1999 – Az. 20 L 3757/98 –, Rn. 18–20, zitiert aus juris; implizit bejahend wohl VG Schleswig, Beschluss v. 11.05.2013 – Az. 8 B 50/13 –, Rn. 8, zitiert aus juris. 347 Simitis/Damann, BDSG, § 26 Rn. 9. 348 Simitis/Damann, BDSG, § 26 Rn. 10. 349 Simitis/Damann, BDSG, § 26 Rn. 10. 350 Simitis/Damann, BDSG, § 26 Rn. 10. 351 So auch Zöllner, Der Datenschutzbeauftragte, S. 105.

90

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

lagen, § 16 Abs. 3 BVerfSchG und § 11 UIG, an. Auch im Verfassungsschutzbericht und im Umweltzustandsbericht ist Gegenstand ein grundsätzlich abstraktes Thema mit Aufklärungsfunktion. Hier hat sich aber die Intention des Gesetzgebers, im Rahmen dieser Berichte auch zur konkreten Nennung von Einzelfällen zu berechtigen, direkt aus der Berichtsgrundlage ergeben. In § 16 Abs. 3 BVerfSchG heißt es ausdrücklich, dass zur Förderung des Verständnisses und der Darstellung von Organisationen und Gruppierungen erforderlichenfalls personenbezogene Daten veröffentlicht werden dürfen. Für den Umweltzustandsbericht ergibt sich diese Berechtigung aus der Normsystematik des UIG und der Verweisung auf § 9 UIG. Eine entsprechende Regelung fehlt im BDSG vollkommen. Das legt den Schluss nahe, dass der Gesetzgeber zur Nennung solcher Daten und damit verbundener Grundrechtseingriffe352 in der Berichterstattung des BfDI nicht ermächtigen wollte. Der (wohl eher verfassungsrechtlich gemeinte) Einwand, es fehle § 26 Abs. 1 BDSG an Klarheit und Bestimmtheit, um eine Eingriffsnorm darzustellen353, ist vor diesem Hintergrund bereits auf der Ebene der Auslegung des einfachen Rechts berechtigt. Daraus ist zu folgern, dass § 26 Abs. 1 BDSG von Wortlaut und Systematik her nur zur Berichterstattung in anonymisierter Form berechtigt354. Damit allein ist die Frage aber noch nicht entschieden. Aus nicht direkt aus der Auslegung von § 26 Abs. 1 BDSG folgenden Gründen wird ein Recht zur Nennung konkreter Personen in weiten Teilen der Literatur angenommen. Als ein Argument hierfür wird die Unabhängigkeit der Datenschutzbehörden angeführt. Eine Untersagung der Nennung von personenbezogenen Daten sei eine Einschränkung der Äußerungsbefugnis und als solche ein Eingriff in die Unabhängigkeit der Datenschutzbehörden, welche wiederum einer Rechtfertigung bedürfe355. Diesem Argument liegt ein Zirkelschluss zugrunde, weil nach dieser Logik jede rechtliche Grenze des Handelns des BfDI ein Eingriff in dessen Unabhängigkeit wäre und einer Rechtfertigung bedürfe356. Seine Unabhängigkeit garantiert dem BfDI nicht komplette Freiheit von rechtsstaatlichen Bindungen oder gerichtlicher Kontrolle, er ist lediglich in der Ausübung seines Amts 352

Zum Grundrechtseingriff durch Information s. u. Kap. 4 IV. 2. c), S. 299. Zöllner, Der Datenschutzbeauftragte, S. 105. 354 So auch Born, Datenschutzaufsicht, S. 341–342; wohl auch Auernhammer/ v. Lewinski, DSGVO/BDSG-Kommentar, § 26 Rn. 15; Zöllner, Der Datenschutzbeauftragte, S. 105–106, der eine an § 16 Abs. 2 S. 2 BVerfSchG a. F. orientierte Ergänzung des § 26 Abs. 1 BDSG fordert, ohne allerdings den hier getroffenen Umkehrschluss zu ziehen. 355 Weichert, DuD 2015, 323, 325; ähnlich, wenn auch nicht so explizit und auf die gerichtliche Kontrolle beschränkt, Bull, in: FS Rudolf, S. 421, 430; unter Verweis auf die Datenschutz-Richtlinie der EU Müller, RDV 2004, 211, 213. 356 Eine solche Form der Unabhängigkeit scheinen aber anzustreben Kauß, DuD 2003, 370, 371 und Bull, in: FS Rudolf, S. 421, 430, wenn sie die Kontrolle der Äußerungen von Datenschutzbeauftragten durch Gerichte für grundsätzlich verfehlt halten. 353

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

91

unabhängig, die rechtlichen Grenzen des Amts werden aber durch die rechtliche Ausgestaltung des BfDI sowie durch verfassungs- und europarechtliche Vorgaben gesetzt. Das Europarecht sieht in Art. 28 Abs. 5 Datenschutz-Richtlinie 357 zwar die Erstattung eines Berichts vor, es ist aber weder ersichtlich, dass dieser Bericht der Anprangerung von Unternehmen dienen soll, noch dass dieser Bericht als Einwirkungsbefugnis im Sinne von Art. 28 Abs. 3 2. Spiegelstrich Datenschutz-Richtlinie gedacht ist. Die Bezeichnung als Tätigkeitsbericht spricht vielmehr dagegen358. Daher lassen sich weder aus dem Europarecht noch aus der unabhängigen Stellung des BfDI Argumente für eine Warn- und Anprangerungsbefugnis herleiten359. Als weiteres Argument für ein Warn- und Anprangerungsrecht könnten die schwachen sonstigen Durchsetzungsbefugnisse des BfDI in Betracht gezogen werden360. Die Prangerwirkung kann danach als gezieltes Instrument zur Verbesserung des Datenschutzes verstanden werden361. Dem ist nicht mehr entgegenzuhalten, als dass eine institutionelle Schwäche nicht dazu berechtigen kann, sich selbst unter Verweis auf rechtspolitische Ziele von verfassungsrechtlichen Grenzen wie dem Vorbehalt des Gesetzes zu befreien362. Selbst, wenn man Warnungen und Anprangerung als wünschenswerte Instrumente des Datenschutzes betrachtet, so ist gleichwohl die Notwendigkeit einer Ermächtigungsgrundlage gegeben, die gegenwärtig fehlt363. Zudem gibt es noch den Versuch, eine Ermächtigung zur Warnung und Anprangerung aus der verfassungsrechtlichen Stellung und den grundrechtlichen Schutzpflichten des BfDI zu begründen364. Zwar ist der BfDI in der Tat eine Schöpfung, die ganz wesentlich auf den Gedanken einer Schutzpflicht zugunsten 357

RL 95/46/EG. Hinzu kommt, dass der BfDI nicht Kontrollstelle im Sinne des Art. 28 Datenschutz-Richtlinie ist, sondern die nach Landesrecht zuständigen Aufsichtsbehörden gem. § 38 Abs. 6 BDSG. 359 So im Ergebnis auch Born, Datenschutzaufsicht, S. 344–345; v. Lewinski, RDV 2001, 275, 280. 360 In diese Richtung geht v. Lewinski, RDV 2001, 275, 276 ohne sich dieses Argument zu Eigen zu machen. Ausdrücklich so VG Köln, Beschluss v. 11.03.1999 – Az. 20 L 3757/98 –, Rn. 34, zitiert aus juris; auf der Überlegung, dies sei das einzige oder jedenfalls effizienteste Mittel, die Genannten zu beeinflussen, beruht wohl auch die Anprangerung im 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 145. 361 Vor diesem Hintergrund nimmt wohl Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG, § 26 Rn. 2 eine Prangerfunktion des Berichts an. 362 Auch v. Lewinski, RDV 2001, 275, 280 lehnt folglich eine Warnkompetenz des BfDI ab. 363 An der Notwendigkeit dieser Instrumente gerade für den BfDI kann man unter dem Gesichtspunkt, dass eine staatliche Aufsicht über § 38 BDSG gesichert ist, ohnehin zweifeln, Born, Datenschutzaufsicht, S. 344. 364 Grundlegend wohl VG Köln, Beschluss v. 11.03.1999 – Az. 20 L 3757/98 –, Rn. 30–38, zitiert aus juris; ähnlich Müller, RDV 2004, 211, 213. 358

92

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

des informationellen Selbstbestimmungsrechts zurückgeht365. Jedoch schafft eine Schutzpflicht alleine noch keine Eingriffsbefugnis für Behörden. Neben dem Mangel an Bestimmtheit366 spricht dagegen vor allem die fehlende Notwendigkeit. Bei hinreichendem grundrechtlich angezeigten Handlungsbedarf kann und gegebenenfalls muss der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung schaffen367. In einer solchen werden dann die Schutzpflicht und gegebenenfalls kollidierende Grundrechte in einen Ausgleich gebracht. Würde man einen Eingriff allein aufgrund verfassungsrechtlicher Schutzpflichten zulassen, so ließe sich der Vorbehalt des Gesetzes in weiten Teilen aushebeln. Eine auf die Verhältnismäßigkeit beschränkte Kontrolle allein reicht hier nicht aus368. Daher können grundrechtliche Schutzpflichten den BfDI nicht dazu berechtigen, ohne Befugnisnorm in Grundrechte einzugreifen. Zuletzt wird ein Warnungsrecht aus einem „Verfassungskonsens“ 369 hergeleitet, der sich aus einer über viele Jahre erstreckten Staatspraxis ergebe370. Die Berichterstattung im nicht-öffentlichen Bereich werde in der bestehenden Form vom Gesetzgeber toleriert. Dieser habe mit der Neufassung von § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG die bestehende Praxis legitimieren wollen371. Zwar dürfte es zutreffen, dass mit der Neufassung von § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG auch eine Berichterstattung über den nicht-öffentlichen Bereich gewünscht wird, jedoch ist nicht ersichtlich, dass auch zur Nennung von Namen, personenbezogenen Daten oder Unternehmen ermächtigt werden sollte. Hinweise für eine derartige Ermächtigungsabsicht ergeben sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Historie. Vielmehr lassen die Gesetzgebungsmaterialien den Schluss zu, dass die Klarstellung sich lediglich auf den Zeitpunkt einer Äußerung bezieht. Dort wird nämlich nur betont, dass der BfDI sich jederzeit an Parlament und Öffentlichkeit richten kann372. Die vorherige Fassung bezog sich nur auf den Tätigkeitsbericht als Äußerungsform373. Es ist damit noch nichts darüber gesagt, ob der BfDI bei seinen Äußerungen in Grundrechte eingreifen darf. Selbst wenn man dies anders sehen würde, so könnten eine tolerierte Staatspraxis und ein wie auch immer normativ zu verortender Verfassungskonsens eine hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage nicht ersetzen. Alles andere liefe auf eine mit dem Vorbehalt des Gesetzes unvereinbare Art gesetzgeberischer Duldungsvollmacht heraus. 365

s. o. Kap. 2 II. 3. a), S. 82 mit Nachweis zur Rechtsprechung des BVerfG. Born, Datenschutzaufsicht, S. 343 m.w. N. 367 Born, Datenschutzaufsicht, S. 343. 368 So auch Born, Datenschutzaufsicht, S. 344. 369 Müller, RDV 2004, 211, 213. 370 So VG Köln, Beschluss v. 11.03.1999 – Az. 20 L 3757/98 –, Rn. 32, zitiert aus juris; zustimmend Bull, in: FS Rudolf, S. 421, 422–423; Müller, RDV 2004, 211, 213. 371 Müller, RDV 2004, 211, 213; wohl auch Simitis/Dammann, BDSG, § 26 Rn. 9. 372 BT-Drucks. 14/4329, 42. 373 § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG in der Fassung vom 18.5.2001. 366

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

93

Es lässt sich also zusammenfassend festhalten, dass § 26 Abs. 1 BDSG grundsätzlich nicht zu einem derartigen Eingriff in Grundrechte berechtigt. Eine Berichterstattung, die in warnender oder gar anprangernder Weise konkrete Personen oder Unternehmen nennt, ist von § 26 Abs. 1 BDSG nicht gedeckt und daher rechtswidrig374. Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Berichterstattung im 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, so muss man auch die konkrete Anprangerung mehrerer privater Krankenkassen als rechtswidrig bewerten375. (2) Perspektive DSGVO An diesem Ergebnis könnte sich durch die sich abzeichnende europarechtliche Überformung des Datenschutzrechts künftig etwas ändern. Am 25.05.2016 ist die EU mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)376 den nächsten Schritt zur weiteren europäischen Harmonisierung des Datenschutzrechts gegangen377. Zwar wird die DSGVO erst ab dem 25.05.2018 gelten378, doch sind bereits jetzt Veränderungen im Bereich des BDSG absehbar, die die hier zu klärende Frage einer Warnungs- und Prangerbefugnis des BfDI berühren. So hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorgelegt379, der auch die Rechtsstellung des BfDI im Sinne der DSGVO überarbeiten soll. Hinsichtlich des Tätigkeitsberichts sieht der Entwurf für das neu zu fassende BDSG in § 15 S. 1 BDSG-Entwurf die Regelung vor, dass der BfDI einen Jahresbericht über seine Tätigkeit zu verfassen hat, der eine Liste mit Arten der gemeldeten Verstöße und der Arten der verhängten Maßnahmen einschließlich Sanktionen enthalten kann380. Dieser Vorschlag entspricht mehr oder weniger wörtlich dem Wortlaut des Art. 59 S. 1 DSGVO381. Man könnte nun überlegen, ob diese Neufassung dem BfDI ein Warnungs- und Anprangerungsrecht verleihen würde. Dafür spricht auf den ersten Blick, dass es dem BfDI ausdrücklich erlaubt wird, über Verstöße und Sanktionen zu berichten. Bei genauer Betrachtung bezieht sich diese Befugnis aber nur auf eine listenförmige Aufstellung der Verstoßarten. Es geht also um die Beschreibung eines be374 So auch Zöllner, Der Datenschutzbeauftragte, S. 105–106; Auernhammer/v. Lewinski, DSGVO/BDSG-Kommentar, § 26 Rn. 15; Born, Datenschutzaufsicht, S. 342. 375 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 145. 376 VO 2016/679/EU. 377 Zur Gesetzgebungsgeschichte der DSGVO vgl. Paal/Pauly/Paal/Pauly, DSGVO, Einl. Rn. 5–7. Die DSGVO löst die bisherige Harmonisierung durch die DatenschutzRichtlinie (s. o. Kap. 2 Fn. 357) von 1995 ab. 378 Art. 99 Abs. 2 DSGVO. 379 Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680, BT-Drucks. 18/ 11325. 380 BT-Drucks. 18/11325, 22. 381 Zur Zulässigkeit solcher Normwiederholungen Benecke/Wagner, DVBL 2016, 600, 604–606.

94

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

stimmten Verstoßtypus, der als solcher häufiger auftritt. Das soll wohl der Darstellung gängiger Verstöße zur Sensibilisierung dienen382, sie beinhaltet aber vom Wortlaut her nicht die Wiedergabe konkreter Einzelfälle unter Nennung von einzelnen natürlichen oder juristischen Personen. Auch aus der Entwurfsbegründung der Bundesregierung sind keine Überlegungen in diese Richtung ersichtlich383. Man kann insoweit davon ausgehen, dass eine Änderung der Befugnisse des BfDI im Rahmen seiner Berichterstattung nicht intendiert ist und die Änderungen im Vergleich zu § 26 BDSG in seiner aktuellen Fassung nur der Anpassung an die Vorgaben der DSGVO dienen384. Die bisherigen Befugnisse des BfDI beinhalten eine Warn- und Anprangerungsbefugnis aber nicht385, und auch Art. 59 S. 1 DSGVO fordert eine solche Befugnis zumindest dem Wortlaut nach nicht, wenn es nur um eine abstrakte Darstellung der Verstoß- und Sanktionsarten geht386. Folglich werden auch die DSGVO sowie die geplante Anpassung des BDSG nichts daran ändern, dass dem BfDI eine Warn- und Anprangerungsbefugnis nicht zusteht. bb) Berichterstattung unter Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht Hat sich das bisher behandelte Rechtsproblem im Bereich der Berichterstattung im nicht-öffentlichen Bereich bewegt, so betrifft das nun folgende Problem den öffentlichen Bereich. Die Frage kam auf durch die Veröffentlichung von gem. § 25 Abs. 6 S. 1 SächsDSG387 der Amtsverschwiegenheit unterliegenden Vorgängen durch den sächsischen Datenschutzbeauftragten im sächsischen Staatsministerium der Justiz388. Der BGH bestätigte den Freispruch des Landgerichts Dresden: Es handle sich zwar um ein Geheimnis im Sinne des § 353b

382 Kritisch gegenüber der Sinnhaftigkeit dieser Liste Paal/Pauly/Körffer, DSGVO, Art. 59 Rn. 3. 383 Genau genommen äußert sich die Bundesregierung zu dieser Liste überhaupt nicht, vgl. BT-Drucks. 18/11325, 87. 384 Vgl. auch dazu BT-Drucks. 18/11325, 87: Die Begründung für die neue Berichtsgrundlage befasst sich nahezu ausschließlich mit der Anpassung an die europarechtlichen Vorgaben. An anderer Stelle heißt es in der Begründung, die bisherigen Regelungen des BDSG zum BfDI würden inhaltlich weitgehend übernommen, BT-Drucks. 18/ 11325, 82. 385 s. o. Kap. 2 II. 3. c) aa) (1), S. 89. 386 So i. E. auch Auernhammer/v. Lewinski, DSGVO/BDSG-Kommentar, Art. 59 Rn. 3. 387 Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung § 23 Abs. 6 S. 1 SächsDSG a. F. 388 Der vollständige Sachverhalt findet sich bei BGHSt 48, 126, 126–129; der Vorgang selbst betraf zwar nicht den Tätigkeitsbericht des sächsischen Datenschutzbeauftragten, dürfte aber auf diesen übertragbar sein, Wolff/Brink/Schiedermair, Datenschutzrecht, § 26 BDSG Rn. 3.

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

95

Abs. 1 StGB389, jedoch fehle es an der für die Strafbarkeit notwendigen Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen. Der sächsische Datenschutzbeauftragte sei zur Kontrolle der Gesetzestreue anderer Amtsträger berufen, sodass er keine wichtigen öffentlichen Interessen390 gefährde, wenn er den auf die Veröffentlichung folgenden Druck der Öffentlichkeit nutze, um auf ein gesetzmäßiges Verhalten hinzuwirken391. An der Geheimhaltung sogenannter illegaler Dienstgeheimnisse bestehe in der Regel kein öffentliches Interesse392. Vielmehr sei es ein wichtiges öffentliches Interesse, dass der als Kontrollstelle zuständige BfDI derartig illegale Datenschutzverstöße der Öffentlichkeit zur Kenntnis bringt393. Die Entscheidung ist auf allgemeine Zustimmung gestoßen394, zumindest was das Ergebnis angeht395. Hat der BfDI alle anderen Mittel ausgeschöpft, so ist der Gang an die Öffentlichkeit die einzige Möglichkeit, einen gesetzmäßigen Zustand wiederherzustellen. Die Entscheidung dürfte auf den BfDI und seine Berichterstattung übertragbar sein396, insbesondere ist der BfDI entsprechend dem sächsischen Datenschutzbeauftragten im öffentlichen Bereich für die Überwachung der Einhaltung des Datenschutzes bei Stellen des Bundes zuständig, § 24 Abs. 1 BDSG. Die Reichweite von § 26 Abs. 1 BDSG spielt hier keine Rolle, da es um Vorgänge aus der staatlichen Sphäre geht, für die ein Grundrechtseingriff nicht in Betracht kommt. Hier liegt der entscheidende Unterschied zur Problematik der fehlenden Warn- und Prangerbefugnis: Zwar mag auch eine Anprangerung von Privaten ein Mittel zur Wiederherstellung eines gesetzmäßigen Zustands sein. Um dieses Mittel gegen Private einzusetzen, ist aber eine hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigung notwendig. Diese Notwendigkeit besteht nicht für eine entsprechende Veröffentlichung von staatlichem Fehlverhalten, sodass man hier widerspruchsfrei zu einer anderen Beurteilung kommen kann. 389

BGHSt 48, 126, 130. Dazu ist zu sagen, dass unter einem wichtigen öffentlichen Interesse im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB zumindest auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität, Verlässlichkeit und Verschwiegenheit der Verwaltung verstanden wird, Schuldt, Geheimnisverrat, S. 90 m.w. N. 391 BGHSt 48, 126, 132; zustimmend Wolff/Brink/Schiedermair, Datenschutzrecht, § 26 BDSG Rn. 6; diese Begründung teilt auch Kauß, DuD 2003, 370, auch wenn er noch weitergehend das gänzliche Absehen von gerichtlicher Kontrolle fordert; i. E. zustimmend auch Schuldt, Geheimnisverrat, S. 92. 392 MüKo-StGB/Graf, § 353b Rn. 44. 393 BGHSt 48, 126, 132; Wolff/Brink/Schiedermair, Datenschutzrecht, § 26 BDSG Rn. 6; Kauß, DuD 2003, 370; MüKo-StGB/Graf, § 353b Rn. 44. 394 s. o. die Nachweise in Kap. 2 Fn. 391. 395 In Bezug auf die Anwendung des § 353b StGB wird die Entscheidung in der Begründung unter methodischen Gesichtspunkten kritisiert, vgl. Schuldt, Geheimnisverrat, S. 92 m.w. N. 396 Ohne die Übertragbarkeit zu thematisieren: Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG § 26 Rn. 3; Wolff/Brink/Schiedermair, Datenschutzrecht, § 26 BDSG Rn. 6. 390

96

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

d) Erkenntnisse aus der Untersuchung des Berichts des BfDI zum Datenschutz Die Berichterstattung des BfDI zum Datenschutz hat bestätigt, dass im Rahmen der Berichterstattungspraxis Berichte auch als Warnung und als Pranger benutzt werden können. Anders als im Fall des Verfassungsschutzberichts ist ein solches Vorgehen aber von der Berichtsgrundlage nicht gedeckt und daher rechtswidrig. In der Praxis leidet die Berichterstattung zum Datenschutz unter weiteren Mängeln. Der BfDI sollte künftig von unnötigen und unsachlichen Polemisierungen absehen. Diese sind geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in den BfDI als kompetenten Experten zu untergraben und damit sein Aufklärungspotenzial zu reduzieren. Im Sinne seines Auftrags sollte der BfDI ,mehr Mut zur Sachlichkeit‘ wagen. 4. Der Jahreswirtschaftsbericht a) Kategorisierung Der Jahreswirtschaftsbericht wird erstattet auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 StabG397. Berichterstatter ist danach die Bundesregierung. In der Praxis wird der Jahreswirtschaftsbericht vom BMWi herausgegeben398. Die Periodizität des Berichts wird dabei auf eine jährliche Berichterstattung festgelegt, wobei der Bericht im Januar vorzulegen ist, § 2 Abs. 1 S. 1 StabG. Gegenstand des Berichts sind die finanz- und wirtschaftspolitischen Ziele der Bundesregierung (die sog. Jahresprojektion) für das laufende Jahr sowie die geplante Wirtschafts- und Finanzpolitik, § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 u. 2 StabG. Die Bundesregierung berichtet hier also über ihre finanz- und wirtschaftspolitischen Pläne für die Zukunft, wobei es sich dabei um bereits gefasste Beschlüsse, also innere Tatsachen handelt. Hinzu kommt eine Stellungnahme zum Jahresgutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StabG. Diese einzelnen Elemente gestalten den Berichtsgegenstand aus, ihre Auflistung wurde vom Gesetzgeber für notwendig gehalten, um eine klare Definition der wirtschafts- und finanzpolitischen Vorstellungen der Bundesregierung zu erhalten399. Gegenstand des Jahreswirtschaftsberichts sind damit also die Ziele und geplanten Maßnahmen der Finanz- und Wirtschaftspolitik. Der Bericht richtet sich ausgehend von § 2 Abs. 1 StabG zunächst an Bundestag und Bundesrat. Gleichwohl dürfte er auch der Information der Öffentlichkeit 397 Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 08.06.1967 (StabG); nicht zu verwechseln mit dem Gesetz zur Stabilisierung der Krankenhausausgaben 1996 (BGBl. I, 654–655), welches teilweise ebenfalls mit StabG abgekürzt wurde. 398 Jahreswirtschaftsbericht 2014, S. 2. 399 Bericht des Abgeordneten Dr. Elbrächter, zu BT-Drucks. 5/1678, 5.

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

97

über die geplanten wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen der Regierung dienen400. Zumindest die Bundesregierung scheint den Jahreswirtschaftsbericht von Beginn an auch als Mittel der Information für die Öffentlichkeit verstanden zu haben401. Er soll zugleich Orientierungsdaten für die Bevölkerung und alle am Wirtschaftsleben Beteiligten zur Verfügung stellen402. Der Jahreswirtschaftsbericht verfolgt damit mehrere Ziele. Für Bundestag und Bundesrat ist er handlungsvorbereitendes Informationsmittel, er soll nach eigener Aussage des Gesetzgebers eine „Wirtschaftspolitik aus einem Guss“ 403 ermöglichen. Regierungsintern ist er eine programmatische Entscheidung404 und hat Planungsfunktion für die weitere Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung. Gegenüber der Öffentlichkeit verfolgt der Bericht das Ziel, die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung vorzustellen und für sie um Akzeptanz zu werben. b) Der Jahreswirtschaftsbericht 2014 aa) Aufbau Der Jahreswirtschaftsbericht gliedert sich in vier Teile. Er beginnt mit einer Zusammenfassung des Gesamtberichts, worauf eine abstrakte Darstellung der Wirtschafts- und Finanzpolitik folgt, § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StabG. Hieran schließt sich die Jahresprojektion gem. § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StabG an. Der Bericht schließt mit einem tabellarischen Anhang, in dem konkrete Maßnahmen der Bundesregierung aufgelistet werden, die beschrieben und deren erwartete Wirkung prognostiziert wird sowie eine Angabe des Zeitplans und des gegenwärtigen Status der Maßnahme. bb) Text Die textliche Darstellung neigt nur zu wenigen Auffälligkeiten. Bei der Darstellung der wirtschafts- und finanzpolitischen Ziele bleibt der Text zwar oft vage, wenn es etwa zur Finanzierung von Forschung und Entwicklung heißt, die Bundesregierung werde einen erheblichen Beitrag hierzu leisten405 oder die Bundesregierung werde Erziehungsleistungen stärker würdigen406. Spätestens anhand der Maßnahmenliste im Anhang kann aber überprüft werden, wie dieser erhebli400

Mössle, Regierungsfunktionen, S. 184. Vgl. Thiele, DVBL 1970, 529, 530 unter einem Verweis auf ein Zitat des damaligen Bundeswirtschaftsministers Karl Schiller, laut dem der Jahreswirtschaftsbericht ein Mittel der Verbraucherinformation sei. 402 Vgl. Sten. Bericht zur 108. Sitzung des Deutschen Bundestages (10.05.1967), 5. Wahlperiode, 5110–5111. 403 Bericht des Abgeordneten Dr. Elbrächter, zu BT-Drucks. 5/1678, 6. 404 Mössle, Regierungsfunktionen, S. 184. 405 Jahreswirtschaftsbericht 2014, S. 15. 406 Jahreswirtschaftsbericht 2014, S. 29. 401

98

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

che Beitrag aussieht, sodass das Parlament gegebenenfalls auf Korrekturen hinwirken kann. Im Text wird auch häufig auf konkrete Maßnahmen aus dem Anhang verwiesen, sodass eine Verbindung von programmatischer Aussage und Umsetzungsmaßnahme besteht und eine Bewertung hierdurch erleichtert wird407. Im Text finden sich einige Programmsätze408. Sie ähneln mehr Wahlprogrammen oder Koalitionsvereinbarungen und haben ein derartiges Abstraktionsniveau erreicht, dass konkrete Ziele sich daraus eigentlich nicht gewinnen lassen. Jedoch ist Berichtsgegenstand ja gerade auch die grundsätzliche wirtschafts- und finanzpolitische Programmatik der Regierung. Auch derartig abstrakte Aussagen geben Aufschluss über die grundsätzliche wirtschaftspolitische Orientierung der Bundesregierung, auch wenn sie sich nicht auf einzelne Ziele konkretisieren lassen. Wenn es etwa heißt, man suche die vertrauensvolle Kooperation409, so ist dies immerhin ein Hinweis darauf, dass überhaupt kooperiert werden soll. Auch eine konfrontative Politik wäre als Alternative vorstellbar. Insoweit haben auch solche ,blumigen‘ Aussagen einen Inhalt. Bemerkenswert ist, dass der Jahreswirtschaftsbericht 2014 nach eigener Aussage auch Orientierungsdaten nach § 3 StabG vorlegt410. Im Fall des § 3 StabG müssen bei Gefährdung der Ziele des § 1 StabG Orientierungsdaten für eine sog. Konzertierte Aktion411 zur Verfügung gestellt werden. Bei den Orientierungsdaten handelt es sich um eine Beschreibung des Ist-Zustands der Wirtschaft, wenn eine Gefährdung der Ziele des § 1 StabG besteht412. Es geht dabei vor allem um eine Darstellung „gesamtwirtschaftlicher Zusammenhänge“ 413. Betrachtet man

407

Z. B. Jahreswirtschaftsbericht 2014, S. 29. Z. B. Jahreswirtschaftsbericht 2014, S. 14: „Die Bundesregierung will die gute wirtschaftliche Ausgangsbasis nutzen, um auf Basis einer von Dialog, Kooperation und vertrauensvoller Sozialpartnerschaft geprägten Sozialen Marktwirtschaft das Fundament für den Wohlstand und die Teilhabe der Menschen in Deutschland und Europa zu stärken“, 13: „Die Bundesregierung strebt neue Impulse des Dialogs, der Kooperation und der vertrauensvollen Sozialpartnerschaft an“, 25: „Die Bundesregierung will Vollbeschäftigung, gute Arbeit und soziale Sicherheit in Einklang bringen“. 409 Geleitwort des Ministers Gabriel, Jahreswirtschaftsbericht 2014, S. 4. 410 Jahreswirtschaftsbericht 2014, S. 6. Das BMWi teilte auf Anfrage mit, Orientierungsdaten würden seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr im Jahreswirtschaftsbericht veröffentlicht. Diese Information steht in direktem Widerspruch zu den eigenen Aussagen des Jahreswirtschaftsberichts 2014. 411 Als Konzertierte Aktion wird ein zwischen den Gebietskörperschaften, Unternehmensverbänden und Gewerkschaften abgestimmtes koordiniertes Verhalten zur Wahrung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts verstanden, Creifelds, Rechtswörterbuch, S. 759. 412 Ausdrücklich verlangt wird die Wiedergabe von Orientierungsdaten zwar nur im von § 3 Abs. 1 StabG beschriebenen Fall, die Bundesregierung ist aber nach expliziter Erklärung des Gesetzgebers „selbstverständlich“ frei, auch sonst Orientierungsdaten zu veröffentlichen, Bericht des Abgeordneten Dr. Elbrächter, zu BT-Drucks. 5/1678, 6. 413 Bericht des Abgeordneten Dr. Elbrächter, zu BT-Drucks. 5/1678, 6. 408

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

99

die Berichterstattung der vergangenen 10 Jahre, so wurden in mehreren Berichten (2006, 2008, 2010, 2013, 2014) nach eigener Aussage des jeweiligen Berichts auch Orientierungsdaten angegeben. Es scheint aber nicht üblich zu sein, bei jedem Bericht so zu verfahren. Im Jahreswirtschaftsbericht 2014 dürfte es sich vor allem bei den Informationen zu Beginn der Jahresprojektion über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung um solche Orientierungsdaten handeln414. Eine Begründung, ob und warum die Bundesregierung den Tatbestand des § 3 Abs. 1 StabG, eine Gefährdung der Ziele des § 1 StabG, gegeben sieht, erfolgt nicht. Da die Bundesregierung auch unabhängig von den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 StabG Orientierungsdaten vorlegen kann415, ist so nicht eindeutig ersichtlich, ob die Bundesregierung den Tatbestand des § 3 Abs. 1 StabG als erfüllt ansieht. Auch wenn wohl kein rechtlicher Zwang zu einer derartigen Begründung besteht, wäre sie aus Gründen der Übersichtlichkeit und Klarheit zu begrüßen. Eine konkrete Nennung von natürlichen oder juristischen Personen, Unternehmen oder sonstigen Gruppierungen erfolgt nicht. cc) Gestaltung Der Jahreswirtschaftsbericht erscheint als Hochglanzbroschüre, die allerdings in ihrer Gestaltung vergleichsweise nüchtern wirkt. Bilder finden sich ausschließlich auf dem Cover und im Geleitwort des Bundesministers für Wirtschaft und Energie416. Im Bericht kommen vielfältig Schaubilder und Übersichten vor, die der Veranschaulichung von Statistiken und Entwicklungen dienen und dabei einen hohen Informationswert enthalten417. Bei einem sehr statistikorientierten Politikbereich wie der Wirtschafts- und Finanzpolitik liegt eine derartige Gestaltung nah und unterstützt die Informationsvermittlung erheblich. In sechs Kästen werden einzelne Bereiche vertieft dargestellt, etwa die haushaltspolitischen Grundsätze der Bundesregierung für die kommenden Jahre oder die Kernpunkte der EEG-Reform418. Eine darüber hinausgehende farbliche Gestaltung beschränkt sich auf die Überschriften. Der Bericht erscheint insgesamt als ein gutes Beispiel dafür, wie gestalterische Elemente eingesetzt werden können, um die Vermittlung von Informationen zu fördern, ohne von diesen abzulenken.

414

Jahreswirtschaftsbericht 2014, S. 47–48. Bericht des Abgeordneten Dr. Elbrächter, zu BT-Drucks. 5/1678, 6. 416 Jahreswirtschaftsbericht 2014, S. 4: Ein Porträtfoto des Ministers. 417 Vgl. z. B. Jahreswirtschaftsbericht 2014, S. 14, 17, 22 etc. Im Inhaltsverzeichnis findet sich ein Verzeichnis der Schaubilder und Übersichten, Jahreswirtschaftsbericht 2014, S. 3. 418 Jahreswirtschaftsbericht 2014, S. 23, 63; eine Übersicht der Kästen findet sich im Inhaltsverzeichnis, Jahreswirtschaftsbericht 2014, S. 3. Ein System, welche Art von Information in einem Kasten dargestellt wird, ist nicht ersichtlich. 415

100

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

dd) Verbreitung Der Jahreswirtschaftsbericht 2014 kann sowohl als kostenlose Broschüre419 bestellt als auch als Datei von der Internetpräsenz des BMWi heruntergeladen werden420. Dort steht er auch in englischer und französischer Sprache zur Verfügung. Er wurde durch eine Pressemitteilung bekanntgemacht421 und am 12.02.2014 in der Bundespressekonferenz vorgestellt422. Zudem hat das BMWi den Bericht in sozialen Netzwerken beworben und auf Messeständen sowie im Zelt der Bundesregierung am Tag der Deutschen Einheit verteilt423. Der Bundestag hat den Jahreswirtschaftsbericht 2014 im Plenum beraten424 und ihm auch in der Öffentlichkeit damit weitere Aufmerksamkeit verschafft. Er wurde auch in späteren Debatten noch Gegenstand von Wortbeiträgen im Parlament425. Hier zeigt sich, dass die Abgeordneten den Jahreswirtschaftsbericht auch im Sinne seiner Planungsfunktion verstehen und die Regierung an ihren Zielen messen. Der Jahreswirtschaftsbericht 2014 ist auch von den Medien beachtet worden426. c) Rechtsprobleme der Jahreswirtschaftsberichterstattung Die Jahreswirtschaftsberichterstattung weist kaum Rechtsprobleme auf. Weder sind Anzeichen für einen Grundrechtseingriff ersichtlich, noch scheint die Berichterstattungspraxis hinter den Anforderungen des § 2 Abs. 1 StabG zurückzu419 Es wurden 4300 Exemplare gedruckt. Diese Information beruht auf einer Anfrage beim Ministerium. 420 http://www.bmwi.de/DE/Mediathek/publikationen,did=624768.html (Stand: 09.01. 2017). Auf Anfrage teilte das BMWi mit, der Jahreswirtschaftsbericht 2014 sei im Zeitraum vom 12.02.2014–27.09.2015 in der deutschen Fassung 28191-mal heruntergeladen worden. 421 http://www.bmwi.de/DE/Presse/pressemitteilungen,did=624802.html (Stand: 09.01. 2017). 422 Eine Aufnahme der Pressekonferenz kann unter https://www.youtube.com/watch? v=A5etOqVXD9w (Stand: 09.01.2017) abgerufen werden. 423 Diese Informationen beruhen auf einer Anfrage beim BMWi. 424 Sten. Bericht zur 14. Sitzung des Deutschen Bundestages (13.02.2014), 18. Wahlperiode, 970–996. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass im Rahmen dieser Behandlung auch eine Regierungserklärung und das Jahresgutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung behandelt wurden. Die Regierungserklärung erfolgte aber anlässlich des Jahreswirtschaftsberichts 2014. 425 Z. B. Sten. Bericht zur 30. Sitzung des Deutschen Bundestages (10.04.2014), 18. Wahlperiode, 2444, 2451; Sten. Bericht zur 41. Sitzung des Deutschen Bundestages (24.06.2014), 18. Wahlperiode, 3573. 426 Z. B. vom Handelsblatt, http://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/nachrich ten/jahreswirtschaftsbericht-regierung-erhoeht-wachstumsprognose-fuer-2014/9465512. html (Stand: 09.01.2017) und der Wirtschaftswoche, http://www.wiwo.de/politik/kon junktur/jahreswirtschaftsbericht-bundesregierung-erwartet-beschaeftigungsrekord/94694 20.html (Stand: 09.01.2017).

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

101

bleiben. Man könnte allein überlegen, ob die Veröffentlichung der Orientierungsdaten gem. § 3 Abs. 1 StabG rechtlich problematisch ist. Das wäre der Fall, wenn sich aus der Auslegung der §§ 2 und 3 StabG ergeben würde, dass beide Veröffentlichungen getrennt voneinander zu erfolgen haben. Ein Wille zur bewussten Trennung von Jahreswirtschaftsbericht und Orientierungsdaten ist aber nicht ersichtlich427, und vom Sinn und Zweck der Orientierungsdaten her liegt eine Veröffentlichung der Orientierungsdaten im Rahmen des Jahreswirtschaftsberichtes sogar nah: Es ist der Zweck der Orientierungsdaten, eine Grundlage für eine gemeinsam koordinierte Wirtschaftspolitik, die Konzertierte Aktion zu bilden, an der neben dem Staat auch die Tarifparteien beteiligt werden428. Die Koordination zwischen Staat und den am Wirtschaftsleben Beteiligten kann dadurch erleichtert werden, dass die Orientierungsdaten als Beschreibung des Ist-Zustands mit den wirtschaftspolitischen Zielen der Bundesregierung in Verbindung gebracht werden, denn so erfahren die Tarifparteien gleichzeitig, was die Ziele der Regierung sind und können dies in ihr Handeln ebenso einbeziehen wie die Orientierungsdaten. Die Verbindung von Jahreswirtschaftsbericht und Orientierungsdaten verbessert also die Chance, eine koordinierte Wirtschaftspolitik zu erreichen. Auch die Zielsetzung des Jahreswirtschaftsberichts, die Planungen der Bundesregierung mit dem Parlament abzustimmen, wird durch eine Beschreibung des Ist-Zustands unterstützt, weil so dem Parlament ermöglicht wird, die Auswirkungen der Maßnahmen der Bundesregierung besser abzuschätzen, indem man ihre Wirksamkeit auf Basis der Orientierungsdaten analysiert. Daraus folgt, dass keine rechtlichen Gesichtspunkte gegen eine Veröffentlichung der Orientierungsdaten im Jahreswirtschaftsbericht sprechen. d) Erkenntnisse aus der Untersuchung der Jahreswirtschaftsberichterstattung Am Jahreswirtschaftsbericht hat sich gezeigt, dass eine Erweiterung des Berichtsgegenstands – hier durch Einfügung der Orientierungsdaten – auch positiv für die Zielerreichung der Berichterstattung sein kann, wenn zusätzliche Informationen die angestrebte Wirkung der Berichterstattung begünstigen. Ob eine Beschränkung auf den gesetzlich vorgegebenen Berichtsgegenstand besteht oder eine Erweiterung zulässig ist, ist eine Frage des Einzelfalls. 5. Der Jahresbericht des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe a) Kategorisierung Der Jahresbericht des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Jahresbericht BBK) unterscheidet sich wesentlich von den bisher vorge427 428

Bericht des Abgeordneten Dr. Elbrächter, zu BT-Drucks. 5/1678, 4–6. Bericht des Abgeordneten Dr. Elbrächter, zu BT-Drucks. 5/1678, 4.

102

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

stellten Berichten. Das BBK erstattet ihn jährlich, er wird aber nicht aufgrund eines Gesetzes erstattet, sondern aufgrund eigener Initiative. Der Bericht enthält nach eigener Aussage die Ergebnisse der Arbeit des BBK im Berichtsjahr sowie Informationen über Entwicklungen, neue Produkte und abstrakte Informationen über das BBK429. Gegenstand des Berichts ist also nach der vom BBK selbst vorgegebenen Konzeption einerseits die Tätigkeit des BBK, in Teilen aber auch abstraktes Wissen über Entwicklungen mit Relevanz für den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Der jährlich erscheinende Bericht richtet sich an die Öffentlichkeit430. Er verfolgt dabei hauptsächlich das Ziel, die Arbeit des BBK vorzustellen431, es handelt sich also im Schwerpunkt um einen Tätigkeitsbericht mit dem Ziel der Selbstdarstellung. b) Der Jahresbericht 2013 aa) Aufbau Der „Jahresbericht 2013. Bevölkerungsschutz geht alle an“ gliedert sich in sieben Kapitel, die mit Tätigkeiten des BBK überschrieben sind, sowie ein nicht überschriebenes Kapitel mit Lese-Empfehlungen zu Publikationen des BBK und allgemeinen Daten und Zahlen432. Eine zwingende Systematik scheint der Reihenfolge der Kapitel nicht zugrunde zu liegen. bb) Text Der Text bemüht sich, in möglichst einfacher und verständlicher Weise die Maßnahmen und Tätigkeiten des BBK im Jahr 2013 darzustellen. Dazu bedient er sich einer Vielzahl von Beispielen und Plausibilisierungen, indem er bestimmte Szenarien beschreibt, für die das BBK eine Lösung entwickelt zu haben behauptet. Das passiert etwa, wenn beschrieben wird, dass es fatal wäre, wenn 429

Jahresbericht BBK 2013, S. 11. Auf Anfrage teilte das BBK mit, als Zielgruppen seiner Berichterstattung sehe es: „Bürgerinnen und Bürger, 7–12-jährige Kinder, Migranten und Migrantinnen, Schulen, sämtliche Medien, Menschen, die im Bevölkerungsschutz tätig sind, Hilfsorganisationen, Feuerwehren, THW, BBK-Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, politische Entscheider/gesellschaftspolitischer Raum, Experten (inklusive Universitäten und Forschungseinrichtungen), Institutionen, DKKV, SKK, DGKM, alle Kooperationspartner des BBK, sowie Unternehmen“. Zwar werden hier auch politische Entscheider aufgelistet, jedoch dürfte dies eher der Information solcher politischer Entscheider dienen, die im Bereich des Bevölkerungsschutzes Entscheidungen zu treffen haben, ohne dabei direkt mit dem BBK in Verbindung zu stehen. Damit dürfte eher eine Adressierung etwa an kommunale Mandatsträger gemeint sein, die ebenfalls in ihrer Gebietskörperschaft mit Fragen von Bevölkerungs- und Katastrophenschutz befasst sind, und nicht etwa der Bundestag oder die Bundesregierung als Kontrolleure der Arbeit des BBK. 431 Diese Angabe beruht auf einer Anfrage beim BBK. 432 Z. B.: „Helfen; Schützen; Forschen“, vgl. Jahresbericht BBK 2013, S. 7. 430

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

103

beim Hochwasser 2013 „kein Anschluss unter dieser Nummer“ 433 bestehe und es zu einem Kommunikationsausfall zwischen Ressorts und Institutionen käme, um sodann sein Lösungskonzept vorzustellen434, oder durch den Verweis auf vergangene noch bekannte Bedrohungen435 oder durch das Setzen von Zwischenüberschriften wie „Stromausfall – Und dann?“ 436. Gelegentlich erfolgt eine indirekte Einbeziehung der Leser, indem mehrfach Formulierungen mit „wir“ 437 benutzt werden. Dadurch wird eine Nähe zum BBK hergestellt, die wohl auf das Erringen von Sympathie gerichtet ist. Darauf scheinen auch Aussagen wie die gerichtet zu sein, man brauche eine neue Risikokultur, zu deren Eckpfeilern eine ehrliche Kommunikation über Risiken zwischen Staat und Gesellschaft gehöre438. Ebenso der Sympathiewerbung dienen wohl Informationen über die Renovierung der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz: Die Anschaffung eines Elektrofahrzeugs oder der Bau eines Volleyballplatzes dürften nur in geringem Umfang der Darstellung der eigentlichen Tätigkeit des BBK oder auch nur der Akademie dienen439. Auch eine (in weiten Teilen sehr unkritische) Bewertung der eigenen Maßnahmen erfolgt. So heißt es, das BBK habe „erfolgreich gearbeitet“ 440, der Bevölkerungsschutz „made in Germany“ 441 sei über Grenzen hinaus erfolgreich442, das BBK habe sich gut aufgestellt und handle konsequent443 und die gute Leistung von Einsatzleitungen und Verwaltungsstäben sei auch ein sichtbarer Erfolg der Arbeit des BBK444.

433

Jahresbericht BBK 2013, S. 17. Jahresbericht BBK 2013, S. 17. 435 Jahresbericht BBK 2013, 18: „[. . .] die Terroranschläge vom 11.09.2001 oder das Elbehochwasser 2002 haben das deutlich gemacht“. 436 Jahresbericht BBK 2013, S. 14. 437 Z. B. Jahresbericht BBK 2013, S. 20: „Wir brauchen die Wasserversorgung zum Leben, Strom für die Produktion oder Informations- und Kommunikationstechnik für Bankgeschäfte“, 24: „Ohne Strom können wir kein Licht einschalten, nicht heizen und nicht kochen“, 57: „Wir ahnen in vielen Bereichen nicht einmal, welche Herausforderungen auf den Bevölkerungsschutz zukommen“. 438 Jahresbericht BBK 2013, S. 22. Da mag die Frage berechtigt sein, wie nach Auffassung des Berichterstatters Staat und Gesellschaft bisher kommuniziert haben. 439 Jahresbericht BBK 2013, S. 56. Es ist zwar nicht unüblich, in Tätigkeitsberichten auch über Entwicklungen innerhalb der berichterstattenden Behörde zu berichten, vgl. etwa 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz, S. 174–178. Dann bezieht sich dies aber in der Regel schwerpunktmäßig auf die Struktur und personelle Entwicklungen in der entsprechenden Behörde. 440 Jahresbericht BBK 2013, S. 15. 441 Jahresbericht BBK 2013, S. 46. 442 Jahresbericht BBK 2013, S. 46. 443 Jahresbericht BBK 2013, S. 28. 444 Jahresbericht BBK 2013, S. 45. 434

104

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

Insgesamt zeigt der Text damit ein sehr starkes Maß an positiver Selbsteinschätzung. Damit soll nicht verhehlt werden, dass im Bericht des BBK auch tatsächlich Aufschluss über neue Entwicklungen445 und Produkte446 gegeben wird und der Adressat einen Einblick in die Arbeit des BBK erhält447. Zweifellos wird man einem Berichterstatter auch im Rahmen eines Tätigkeitsberichts nicht verwehren können, hinter seiner bisherigen Tätigkeit zu stehen und dies auch zu kommunizieren. Auch die Veröffentlichung von „Jubelberichten“ 448 über eigene Leistungen ist grundsätzlich zulässig, solange nicht verfassungsrechtliche Grenzen überschritten werden449. Ob dem Berichtszweck unter funktionellen Gesichtspunkten nicht besser gedient wäre, wenn der Bericht sich auch zumindest im Ansatz etwas selbstkritischer zeigen und dadurch objektiver auftreten würde, steht auf einem anderen Blatt. cc) Gestaltung Der Jahresbericht ist in einem Umfang gestalterisch bearbeitet, der allenfalls noch mit der Umweltzustandsberichterstattung vergleichbar ist. Er erscheint als Hochglanzbroschüre, die schon durch eine überdurchschnittlich große Schrift auffällt. Dazu wird in sehr großem Umfang mit Bildern und Grafiken gearbeitet. Bei systematischer Durchsicht finden sich bei 62 Seiten Gesamtlänge nur neun Seiten, die nicht mit Bildern, Grafiken oder Kästen unterlegt wurden450. Neben Bildern von Produkten oder handelnden Personen im Bereich des Bevölkerungsund Katastrophenschutzes451 werden auch jeweils ,passende‘ Bilder zum aktuellen Text gewählt, die einer mittelbaren Visualisierung des vom Text vorgegebenen Katastrophenszenarios dienen452. In Grafiken und Kästen werden Zusammenhänge und statistische Daten verständlich dargestellt oder Übersichten zur Verfügung gestellt453. All dies dient ersichtlich dem Zweck, die Anschaulichkeit des ohnehin einfach gehaltenen Berichts weiter zu erhöhen, sodass jedermann

445 Ein Beispiel für die Darstellung einer neuen Entwicklung findet sich etwa für den Social-Media-Bereich, Jahresbericht BBK 2013, S. 38–39. 446 Neue Produkte werden insbesondere im Kapitel „Forschen“ vorgestellt, vgl. Jahresbericht BBK 2013, S. 28–40. 447 Dies erfolgt durch Beschreibung von Arbeitsschwerpunkten, Workshops und Tätigkeitsfeldern. 448 Linck, DÖV 1979, 116, 118. 449 s. u. Kap. 4. III. 2., S. 255 und dort insbesondere Kap. 4. III. 2. c) cc) (1), S. 269. 450 Jahresbericht BBK 2013, S. 17, 25, 29, 33, 34, 36, 39, 41, 47. 451 Z. B. Jahresbericht BBK 2013, S. 30–32. 452 So etwa, wenn vom Szenario des Stromausfalls gesprochen wird und dazu Bilder von Menschen an elektronischen Kühlgeräten gezeigt werden, Jahresbericht BBK 2013, S. 24, 26 oder wenn vom Einsatz von Social-Media im Katastrophenschutz gesprochen und dazu ein Smartphone gezeigt wird, Jahresbericht BBK 2013, S. 38. 453 Z. B. Jahresbericht BBK 2013, S. 21, 44, 53, 60–61.

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

105

anhand des Berichts in der Lage ist, sich eine Vorstellung über das BBK und seine Handlungsfelder zu machen. dd) Verbreitung Der Jahresbericht des BBK kann über die Homepage des BBK kostenlos bestellt und als Datei heruntergeladen werden454, ebenso über die Internetseite des Bundesministeriums des Innern455. Bei Bestellung des Berichts erhält man einen Kinderbeileger zum Jahresbericht zusätzlich456. Der Bericht wird außerdem durch eine Pressemitteilung bekanntgemacht und auf der Bundespressekonferenz vorgestellt457. Nach Angabe des BBK wurde der Jahresbericht 2013 2600-mal versandt und 2915-mal auf der Internetpräsenz des BBK aufgerufen458. Soweit ersichtlich ist der Jahresbericht des BBK noch nie Gegenstand einer parlamentarischen Auseinandersetzung geworden und folglich auch nicht als Bundestagsdrucksache veröffentlicht. Hier zeigt sich sowohl die Adressierung des Berichts an die Öffentlichkeit als auch das Fehlen einer Anforderung des Berichts durch ein entsprechendes Gesetz oder einen Bundestagsbeschluss. Mediale Rezeption hat der Bericht soweit ersichtlich nur vereinzelt und in interessierten oder betroffenen Kreisen gefunden459. c) Rechtsprobleme der Jahresberichterstattung des BBK Der Jahresbericht des BBK zeigt keine Rechtsprobleme auf. Zwar gibt es auch für die Selbstdarstellung einer staatlichen Stelle verfassungsrechtliche Grenzen, jedoch ist hier kein potenzieller Verstoß gegen diese Grenzen ersichtlich. Insbesondere benötigt die reine Selbstdarstellung einer staatlichen Stelle in der Regel mangels Eingriffsrelevanz keine gesetzliche Grundlage. Auch Verstöße gegen verfassungsrechtliche Neutralitätspflichten sind nicht ersichtlich460.

454 http://www.bbk.bund.de/DE/TopThema/TT_2014/TT_BBK_Jahresbericht_2013. html (Stand: 09.01.2017). 455 http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/2014 /BBK_ Jahresbericht_2013.html (Stand: 09.01.2017). 456 Dieser kann unter http://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/BBK/DE/Pu blikationen/Jahresberichte/Kinderbeileger_BBK_JB_2013.pdf?__blob=publicationFile (Stand: 09.01.2017) heruntergeladen werden. 457 http://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/BBK/DE/Presse/Pressemeldung _2014/PM_Pressekonf_BBK_JB_2013_mit%20_Minister.html (Stand: 09.01.2017). 458 Die Information beruht auf einer Anfrage beim BBK. Die Zahlen beziehen sich auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung bis zum 25.03.2015. 459 Z. B. http://www.feuerwehr.de/news.php?id=10419 (Stand: 09.01.2017). 460 Siehe zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben für Selbstdarstellung unten Kap. 4 III. 2., S. 255.

106

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

d) Erkenntnisse aus der Untersuchung der Jahresberichterstattung des BBK Anhand des Jahresberichts des BBK hat sich gezeigt, wie Berichte aus eigener Initiative als Mittel der Selbstdarstellung und letztlich auch des Selbstlobs benutzt werden. 6. Der Erfahrungsbericht über die Anwendung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren a) Kategorisierung Der Erfahrungsbericht über die Anwendung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren461 (Erfahrungsbericht ÜGRG462) wurde dem Bundestag am 15.10.2014 durch das BMJV erstattet463. Der Bericht beruht auf einem Beschluss des Bundestages464 als Berichtsgrundlage. Dieser sah ein Bedürfnis für die Evaluierung des ÜGRG, da eine lange und kontroverse Diskussion den Gesetzgebungsprozess des ÜGRG begleitet hatte465. Der vom Bundestag als Berichtsadressat erteilte Evaluierungsauftrag lautete, die Erfahrungen mit der Anwendung des Gesetzes zu evaluieren und dem Bundestag hierüber Bericht zu erstatten, wobei besonderer Wert auf eine Überprüfung des Entschädigungsumfangs bei materiellen Nachteilen und der Angemessenheit der Nachweisanforderungen für die Kausalität mit Blick auf den Haftungsgrund und die Interessen der Betroffenen gelegt wurde466. Berichtsgegenstand ist also die Erfahrung der Bundesregierung bezüglich der Anwendung des Gesetzes, der Art nach handelt es sich um einen Erfahrungsbericht. Der Berichtsgegenstand wurde auf eigene Initiative der Bundesregierung erweitert. Dies geschah aufgrund einiger Bedenken des Bundesrats467. Diesem

461 BT-Drucks. 18/2950. Da es soweit ersichtlich keine eigenständige Veröffentlichung des Berichts als Publikation gibt, wird im Weiteren die BT-Drucks. 18/2950 zitiert. 462 Es gibt keine amtliche Abkürzung des Gesetzes. Hier wird daher die Abkürzung des Erfahrungsberichts benutzt, der das Gesetz mit ÜGRG abkürzt. 463 BT-Drucks. 18/2950, 1. 464 BT-Drucks. 17/7217, 3–4. 465 Roller, DRIZ 2015, 66; die Kontroversen um den Umgang mit überlangen Gerichtsverfahren, die in das ÜGRG mündeten, werden bei Steinbeiß-Winkelmann/Ott/ Steinbeiß-Winkelmann, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, Einleitung, Rn. 62–375 umfassend nachgezeichnet. 466 BT-Drucks. 17/7217, 3–4. 467 Siehe dazu Steinbeiß-Winkelmann/Ott/Steinbeiß-Winkelmann, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, Einleitung, Rn. 367–375.

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

107

hatte die Bundesregierung zugesichert, im Rahmen der Evaluierung die Regelung über den Kreis der Entschädigungsberechtigten einer Prüfung zu unterziehen468, also auch diesbezüglich ihre Erfahrungen mitzuteilen. Neben dem Hauptzweck, das ÜGRG zu evaluieren und potenziell weiteren Handlungs- und Korrekturbedarf des Gesetzgebers aufzuzeigen, ist Nebeneffekt dieses Erfahrungsberichts, Rückschlüsse über eventuelle Mängel in der personellen und sachlichen Ausstattung der Justiz aufzuzeigen469. Angesichts dieser Thematik hat der Bericht für die breite Öffentlichkeit wohl wenig Relevanz. Wenn man überhaupt eine über den Bundestag hinausgehende Adressierung durch das BMJV annehmen will, so dürfte sich diese auf betroffene und fachkundige Kreise beschränken. Da der Bericht aber als Bundestagsdrucksache veröffentlicht ist, kann er unabhängig von seiner Zielrichtung dennoch bürgerbeeinflussende Auswirkungen haben, wenn auch wohl in geringerem Umfang als solche Berichte, die neben der Veröffentlichung in den Drucksachen noch eigenständig als Broschüre publiziert wurden470. Der Bericht war einmalig vorzulegen, und zwar unverzüglich nach Abschluss der Evaluierung, die in den zwei Jahren nach Inkrafttreten des ÜGRG erfolgen sollte471. b) Der Erfahrungsbericht ÜGRG vom 17.10.2014 aa) Aufbau Der Bericht beginnt mit einleitenden Worten zum ÜGRG, dem Evaluierungsauftrag und der Evaluierungsmethode472. Sodann werden systematisch alle Gerichtszweige und Instanzen betrachtet473. Der Bericht gibt zum Zweck der Evaluierung hauptsächlich statistische Daten über die Erhebung von Verzögerungsrügen und Entschädigungsklagen sowie ihre Erfolgsquote, Klagebegehren, und Prozesskostenhilfe wieder. Darüber hinaus wird detaillierter über erfolgreiche Verfahren berichtet. In gesonderten Absätzen wird zu Einzelfragen des Evaluierungsauftrags Stellung genommen. Sodann werden Stellungnahmen von Verbänden abgedruckt und zum Schluss eine Zusammenfassung der wesentlichen Betrachtungen gemacht474.

468

Sten. Bericht zur 888. Sitzung des Bundesrats (14.10.2011), 498. Ähnlich Roller, DRiZ 2015, 66, 69 für das ÜGRG insgesamt. 470 Wie z. B. der Umweltzustandsbericht oder der Jahreswirtschaftsbericht, s. o. Kap. 2 II. 2. b) cc), S. 75 und Kap. 2 II. 4. b) cc), S. 99. 471 BT-Drucks. 17/7217, 3. 472 BT-Drucks. 18/2950, 7–8. 473 BT-Drucks. 18/2950, 9–28. 474 BT-Drucks. 18/2950, 29–35. 469

108

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

bb) Text und Darstellung der Evaluierung Der Bericht setzt sich wertend mit dem Zahlenmaterial auseinander, welches zum Zweck der Evaluierung von Seiten des BMJV bei Landesjustizverwaltungen, den obersten Bundesgerichten und Berufsverbänden erhoben wurde475. Als Ziele der Evaluierung identifiziert er die Wirksamkeit des ÜGRG in Bezug auf seine spezial- und generalpräventive Funktion bezüglich überlanger Gerichtsverfahren im Sinne einer Beschleunigungswirkung sowie das Ziel, materielle und immaterielle Nachteile auszugleichen, wobei er sogleich betont, angesichts einer nur zweijährigen Evaluationszeit eine Einschätzung der präventiven Wirkung des Gesetzes nicht vornehmen zu können476. Gleichwohl nimmt der Bericht gelegentlich Interpretationen des Zahlenmaterials vor, etwa wenn behauptet wird, aus dem Verhältnis von Verzögerungsrügen zu Entschädigungsklagen in einem bestimmten Gerichtszweig könne der Schluss gezogen werden, dass nach einer Verzögerungsrüge in der Regel kein Bedarf für eine Entschädigungsklage gesehen werde477. Auch wenn dies soweit ersichtlich an keiner Stelle explizit behauptet wird, legt der Bericht damit wohl die Folgerung nahe, dass Verzögerungsrügen das Verfahren im Regelfall ausreichend beschleunigen478. Bezüglich der speziellen Evaluationsaufgaben werden diese im Regelfall für jede einzelne Gerichtsbarkeit separat beleuchtet. Hier ist der Aussagewert des Berichts allerdings nur gering, weil im Regelfall bedingt durch die zweijährige Evaluationszeit nur ein Bruchteil der Befragten zu den speziellen Evaluierungsaufgaben überhaupt hinreichende Erfahrungswerte hatte, um Angaben machen zu können. So haben etwa bei der Befragung im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit, ob die Anforderungen an den Nachweis der Kausalität beim materiellen Schaden hinsichtlich des Haftungsgrunds und der Belange der Betroffenen angemessen sind, nur vier Bundesländer eine Antwort gegeben479. Die Sonderfrage, die aufgrund der Bedenken des Bundesrates in den Berichtsgegenstand aufgenommen wurde, wird nur kurz und im Rahmen der allgemeinen 475

BT-Drucks. 18/2950, 8. BT-Drucks. 18/2950, 8; grundsätzlich und wohl zu Recht skeptisch, ob sich ein solcher Nachweis überhaupt führen lässt Roller, DRiZ 2015, 66, 68. 477 Z. B. BT-Drucks. 18/2950, 10, 18, 21, 32. 478 So interpretieren auch Link/van Dorp, AuA 2015, 340, 342 den Bericht, wenn sie sagen, die Verzögerungsrüge sei ein probates Mittel zur Verfahrensbeschleunigung und der Bericht belege dies; implizit wohl auch Roller, DRiZ 2015, 66, 67 mit der Aussage, die Verzögerungsrüge entfalte in der Sozialgerichtsbarkeit gerade nicht die „vermutete befriedende Wirkung“. 479 BT-Drucks. 18/2950, 13; auch der Bundesgerichtshof sah sich außerstande, hierzu eine Aussage zu machen, BT-Drucks. 18/2950, 13. Bei der Befragung im Bereich der Verwaltungsgerichte konnten diese Frage nur drei Bundesländer beantworten, bei der Befragung der Arbeitsgerichtsbarkeit nur das Land Nordrhein-Westfalen ohne Einschränkungen, BT-Drucks. 18/2950, 20, 24. 476

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

109

Wiedergabe der statistischen Daten über die Strafgerichtsbarkeit behandelt480. Auch wird nicht erläutert, warum man zur Bewertung der Sachgerechtigkeit der Einbeziehung von Opfern und Nebenklägern in den Kreis der Ersatzberechtigten kommt. Allein die Tatsache, dass diese Ersatzberechtigten versuchen, Ersatz geltend zu machen, zeigt noch nicht, dass ein Ersatzanspruch ihnen gegenüber zwingend sachgerecht sein muss. Die Ausführungen der Bundesregierung zu diesem Punkt beschränken sich aber auf genau diese Feststellung. Angesichts der Skepsis des Bundesrates481 gegenüber der Einbeziehung von Opfern und Nebenklägern wäre eine ausführlichere Auseinandersetzung mit der Problematik angezeigt gewesen. Die Wiedergabe der Stellungnahmen der Berufsverbände erfolgt in indirekter Zitierung. Zwar gibt der Bericht auch Kritik der Berufsverbände wieder, er setzt sich aber regelmäßig auch kritisch mit dieser auseinander und kritisiert sie, wenn die Bundesregierung der Einschätzung des Berufsverbands nicht zustimmt. Das geschieht etwa, wenn die Bundesregierung Forderungen der Bundesrechtsanwaltskammer mit einem Verweis auf die Diskussionen während des Gesetzgebungsverfahrens ablehnt482 oder mit dem Hinweis, dass die Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer Nachteile ihrer Vorschläge für die Verfahrensdauer im verfassungsgerichtlichen Bereich nicht thematisiere483. Auch zu dogmatischer Kritik des Deutschen Richterbundes nimmt die Bundesregierung Stellung484. Hier zeigt sich, wie ein Erfahrungsbericht auch genutzt werden kann, um auf rechtswissenschaftliche Diskussionen einzugehen oder sich gegenüber externer Kritik zu rechtfertigen. Eine konkrete Nennung von natürlichen oder juristischen Personen, Unternehmen oder sonstigen Gruppierungen erfolgt nicht. cc) Gestaltung Der Bericht ist nur als Bundestags- und Bundesratsdrucksache485 und nicht als eigenständige Publikation in Broschürenform veröffentlicht. Er enthält weder Bildmaterial noch Grafiken oder Tabellen. Dies ist insbesondere angesichts des hohen Anteils von statistischen Daten, die ausschließlich im Fließtext wiedergegeben werden, bemerkenswert, da in diesem Bericht augenscheinlich keinerlei 480

BT-Drucks. 18/2950, 14. Immerhin hatte der Rechtsausschuss des Bundesrates mehrfach noch explizit den Ausschluss dieser Verfahrensbeteiligten aus dem Kreis der Ersatzberechtigten gefordert, BR-Drucks. 540/1/10, 10 und BR-Drucks. 587/1/11, 3. 482 BT-Drucks. 18/2950, 30, unter Verweis auf die Darstellung bei Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren. 483 BT-Drucks. 18/2950, 29. 484 BT-Drucks. 18/2950, 30. 485 BR-Drucks. 499/14. 481

110

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

Bemühungen unternommen wurden, die Lesbarkeit durch gestalterische Elemente zu erhöhen. Auch hier zeigt sich, dass die Bundesregierung den Bericht nicht für die Öffentlichkeit, sondern primär für Fachpolitiker und interessierte Kreise konzipiert hat. dd) Verbreitung Konsequenterweise gab es zu dem Bericht keine erkennbaren Bemühungen, seine Verbreitung in der Öffentlichkeit zu fördern. Weder wurde er durch die Bundesregierung im Internet beworben, noch war er als Broschüre bestellbar, auch fand keine Bewerbung durch Pressemitteilungen oder im Rahmen einer Pressekonferenz statt. Soweit ersichtlich hat sich auch das Plenum des Deutschen Bundestages nicht mit ihm beschäftigt. Allerdings hat der Bericht vereinzelt Aufmerksamkeit in der rechtswissenschaftlichen Literatur486 und seitens betroffener Kreise487 gefunden. Der Erfahrungsbericht ÜGRG ist damit ein Beleg dafür, dass Berichte staatlicher Stellen aufgrund ihres Informationsgehalts auch dann Beachtung in der Öffentlichkeit finden, wenn der Berichterstatter selbst keinerlei Maßnahmen ergreift, um den Bericht bekanntzumachen. c) (Rechts-)Probleme des Erfahrungsberichts ÜGRG aa) Zulässigkeit der Erweiterung des Berichtsgegenstands Ähnlich wie bereits bei der Umweltzustandsberichterstattung 488 könnte man überlegen, wie die einseitige Erweiterung des Berichtsgegenstands durch die Bundesregierung gegenüber der Berichtsgrundlage, wie sie durch den Bundestag in seinem Beschluss vorgegeben wurde489, zu bewerten ist. Hierbei ist zunächst auf den grundlegenden Unterschied zur Problematik bei der Umweltzustandsberichterstattung hinzuweisen, deren Grundlage ein Gesetz war, während die jetzt zur Diskussion stehende Erweiterung einen nur durch Beschluss vorgegebenen Berichtsgegenstand betrifft. Die Erweiterung kann in diesem Fall nur dann rechtlich problematisch sein, wenn man Berichtsersuchen in Form von Bundestagsbeschlüssen überhaupt Rechtsverbindlichkeit gegenüber der Bundesregierung zumisst490. An dieser Stelle kann jedoch unabhängig von dieser Frage jedenfalls eine Vereinbarkeit der Erweiterung mit dem Bundestagsbeschluss festgestellt 486

Roller, DRiZ 2015, 66; Link/van Dorp, AuA 2015, 340. Hinweis zum Bericht auf der Internetpräsenz der Bundesrechtsanwaltskammer, abrufbar unter http://www.brak.de/zur-rechtspolitik/newsletter/nachrichten-aus-berlin/ 2014/ausgabe-16-2014-v-21112014.news.html (Stand: 09.01.2017). 488 s. o. Kap. 2 II. 2. c) aa), S. 77. 489 BT-Drucks. 17/7217, 3–4. 490 Vgl. zu diesem Streit u. Kap. 4 I. 1. b) aa), S. 201. 487

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

111

werden. Dieser hatte die Bundesregierung aufgefordert, über die Erfahrungen bei der Anwendung des ÜGRG zu berichten und dabei besonders auf die im Beschluss bezeichneten Einzelfragen einzugehen491. Die Erweiterung durch die Bundesregierung betrifft nun die Angemessenheit der Einbeziehung von anderen Verfahrensbeteiligten in den Kreis der Anspruchsberechtigten im Strafprozess492. Dabei geht es um praktische Erfahrungen mit dem ÜGRG und ihre Evaluation, also um eine Materie, die den Berichtsgegenstand ergänzt. Die Erweiterung des Berichtsgegenstands drückt sich darin aus, dass die Bundesregierung die Absicht erklärt, einen bestimmten Aspekt der praktischen Erfahrungen im Bericht auf jeden Fall zu behandeln. Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken, solange jedenfalls auch die vom Bundestag aufgeworfenen Fragen hinreichend beantwortet werden. bb) Selbstverpflichtung der Bundesregierung durch Abgabe einer Zusage Daran schließt sich die Frage an, wie die Absichtserklärung der Bundesregierung zu verstehen ist. Insbesondere könnte man überlegen, ob die Absichtserklärung eine rechtlich wirksame Selbstverpflichtung der Bundesregierung begründet, diesen Aspekt der Evaluierung hinreichend zu beleuchten. Nimmt man dies an, so wäre die Ausgestaltung des Evaluierungsberichts angesichts der oberflächlichen Auseinandersetzung mit dem Problem des Kreises der Anspruchsberechtigten im Strafverfahren eventuell problematisch493. (1) Einhaltung der Zusicherung im konkreten Fall Die Frage stellt sich schon nicht, wenn die Bundesregierung ihrer Zusage Rechnung getragen und eine entsprechende Evaluierung des Kreises der Entschädigungsberechtigten vorgenommen hat. Wie ausgeführt beschränken sich die Ausführungen zu dieser Frage auf wenige und inhaltlich wenig aussagekräftige Zeilen494. Reicht dies nun aus oder folgt aus der Zusage die Pflicht zu einer umfassenden Auseinandersetzung mit der Frage? Um dies zu ermitteln, muss die inhaltliche Reichweite der Zusage durch Auslegung bestimmt werden. Betrachtet man allein den Wortlaut, so lässt sich aus der Erklärung nur die Zusage entnehmen, die Frage des Kreises der Entschädigungsberechtigten überhaupt in die Evaluierung aufzunehmen, aber nicht, dies zu einem Schwerpunkt zu machen oder vertieft zu behandeln495. Dennoch wird man bei Zusage einer 491

BT-Drucks. 17/7217, 3–4. Sten. Bericht zur 888. Sitzung des Bundesrats (14.10.2011), 498. 493 Zur Frage, warum die Behandlung dieser Frage im Erfahrungsbericht ÜGRG als sehr knapp erscheint, s. o. Kap. 2 II. 6. b) bb), S. 108. 494 Ausführlich s. o. Kap. 2 II. 6. b) bb), S. 108. 495 Sten. Bericht zur 888. Sitzung des Bundesrats (14.10.2011), 498. 492

112

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

Evaluation auch eine gewisse inhaltliche Auseinandersetzung mit den praktischen Konsequenzen aus Sicht des Empfängerhorizonts erwarten können. Klarstellenderweise muss man aber sagen, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung knapp, aber eben doch stattfindet. Die Bundesregierung begründet ihre Annahme, die Regelung des Kreises der Ersatzberechtigten habe sich bewährt, im Wesentlichen damit, dass auch Nebenkläger und Verletzte Entschädigungsklagen erhoben haben496. Diese Begründung kann man inhaltlich teilen oder nicht497, aber es zeigt zumindest, dass die Bundesregierung den zugesicherten Gegenstand im Rahmen der Evaluation ausgewertet und daraus einen Schluss gezogen hat. Man mag eine ausführlichere Auseinandersetzung hier zwar für angezeigt halten, die knappe Auseinandersetzung dürfte hier jedoch allenfalls politisch ungenügend sein. (2) Rechtliche Verbindlichkeit einer verfassungsrechtlichen Zusage Damit besteht an dieser Stelle auch kein Grund, sich vertieft mit der Frage der rechtlichen Verbindlichkeit einer solchen Zusicherung der Bundesregierung im Verfassungsrecht auseinanderzusetzen. Ohnehin wurde bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass im Falle der Nichteinhaltung durch die Bundesregierung die Möglichkeit besteht, diese zur Einhaltung ihrer Zusage zu verpflichten498, etwa durch einen entsprechenden Berichtsbeschluss499. cc) Insignifikantes statistisches Material Weniger ein rechtliches als ein methodisches Problem ergibt sich aus den Vorgaben des Bundestages für die Evaluierung. Da nur eine zweijährige Evaluierungszeit vorgesehen wurde500, war es einerseits nicht möglich, die generelle präventive Beschleunigungswirkung des ÜGRG zu ermitteln501, andererseits hatten viele nach Fallzahlen und rechtspolitischen Einschätzungen befragte Länder und Gerichte noch keine oder unzureichende Erfahrungen, um belastbare Angaben zu machen502. Bei beiden Problemen handelt es sich aber um Mängel, die weder dem Berichterstatter anzulasten sind noch die Rechtmäßigkeit des Berichts berühren. Sie zeigen jedoch, wie durch eine unglückliche Konzeption von Berichtsgegenstand und Berichtszeitraum ein Bericht schon vor Erstellung in seiner Funktionalität eingeschränkt werden kann. Insbesondere bei Evaluierungsberich496

BT-Drucks. 18/2950, 14. s. o. Kap. 2 II. 6. b) bb), S. 108. 498 Maiwald, Berichtspflichten, S. 155. 499 Zur Verbindlichkeit von Berichtsbeschlüssen des Bundestages und des Bundesrates s. u. Kap. 4 I. 1. b), S. 201. 500 BT-Drucks. 17/7217, 3. 501 BT-Drucks. 18/2950, 8. 502 Siehe die Nachweise oben in Kap. 2 Fn. 479. 497

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

113

ten sollte bei Anforderung durch Berichtsgesetz oder Beschluss darauf geachtet werden, Ziel und Methode der Berichterstattung aufeinander abzustimmen. Hier wären etwa ein längerer Evaluierungszeitraum und eine Aufforderung an die Länder, im Rahmen der Landesjustizverwaltung auf die Erstellung entsprechenden statistischen Materials zu achten503, für die Evaluierung förderlich gewesen. Gerade für letzteres wäre im Sinne einer größeren Verbindlichkeit und höheren Aufmerksamkeit für das Anliegen der Evaluation ein Berichtsgesetz als Grundlage günstiger gewesen als ein Berichtsbeschluss. d) Erkenntnisse aus der Untersuchung des Erfahrungsberichts zum ÜGRG Am Erfahrungsbericht des ÜGRG wurde gezeigt, wie eine Evaluierung sich selbst im Weg stehen kann. Hier ist schon bei der Konzipierung eines Evaluierungsverlangens darauf zu achten, dass der Berichterstatter überhaupt die Chance bekommt, eine hinreichende Evaluierung vorzunehmen. Aus Sicht der Erfahrungsberichte hat sich gezeigt, wie der Berichterstatter Erfahrungen bewerten und dadurch vor allem für den innerstaatlichen Prozess, aber auch für interessierte Kreise weiterführende Erkenntnisse zu Gesetzen und sonstigen Maßnahmen kommunizieren kann. 7. Der Bericht über die Ergebnisse der Evaluation des VIG a) Kategorisierung Der Bericht über die Ergebnisse der Evaluation des Verbraucherinformationsgesetzes (Evaluationsbericht VIG) wurde vom BMELV für die Bundesregierung als Berichterstatter am 14.05.2010 an den Bundestag als Berichtsadressaten erstattet504. Grundlage des Berichts sind ein Beschluss des Bundestages505 sowie ein Beschluss des Bundesrates506. Danach hat die Bundesregierung in den zwei Jahren nach Inkrafttreten des VIG ihre Erfahrungen zu dokumentieren und so503 Teilweise wurden die Fallzahlen seitens der Landesjustizverwaltungen gar nicht erhoben, so etwa in der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Rheinland-Pfalz, Thüringen und dem Saarland, BT-Drucks. 18/2950, 10, in der Arbeitsgerichtsbarkeit in NRW, BTDrucks. 18/2950, 23 und in der Sozialgerichtsbarkeit in NRW und in Thüringen, BTDrucks. 18/2950, 25. 504 BT-Drucks. 17/1800. 505 BT-Drucks. 16/2035, 3. 506 BR-Drucks. 584/06 (B), 1–2. Unabhängig von der Frage einer rechtlichen Verbindlichkeit eines Bundesratsbeschlusses gegenüber der Bundesregierung hat die Bundesregierung den Beschluss des Bundesrates jedenfalls akzeptiert, vgl. BT-Drucks. 17/ 1800, 3. Bemerkenswert ist, dass die Bundesregierung selbst in der Überschrift zwar von einem Auftrag von Bundestag und Bundesrat spricht, im Berichtstext selbst jedoch nur bezüglich des Bundestages von einer Beauftragung spricht, bezüglich des Bundesrates aber lediglich von einer Bitte um Evaluierung die Rede ist.

114

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

dann einen Erfahrungsbericht vorzulegen507. Als obligatorischen Teil des Berichtsgegenstands hat der Bundestag eine Evaluierung der gesetzlichen Antwortfristen sowie die Anzahl und Art der Anträge sowie ihre Erfolgsquote verlangt, worauf aufbauend eine Ausweitung des Anwendungsbereichs und eine Zusammenfassung und Systematisierung mit anderen Informationsansprüchen geprüft werden sollte508. Der Bundesrat hat in seinem Beschluss die Bundesregierung aufgefordert, die Länder in die Evaluation einzubeziehen und im Rahmen der Entwicklung von Vorschlägen zur Weiterentwicklung des VIG aus der Evaluation heraus auch eine stärkere Einbeziehung der Unternehmer, eine Ausweitung der Ansprüche über das Lebens- und Futtermittelrecht hinaus, eine erweiterte aktive Veröffentlichung von Informationen etwa über das Internet, die Entwicklung eines Negativkatalogs bezüglich Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen sowie eine Verzahnung des VIG mit dem IFG und dem UIG zu prüfen509. Es zeigt sich auch hier wieder, wie die Erfahrungen mit einer Maßnahme mit daraus gefolgerten Vorschlägen für die Zukunft in einem Bericht verbunden werden, was häufig bei Erfahrungsberichten über Gesetze vorkommt510. Neben der offenkundigen Adressierung an Bundestag und Bundesrat scheint der Bericht aber auch interessierte Kreise ansprechen zu wollen. Da im Rahmen der Evaluierung in breitem Umfang Kontakt zu wissenschaftlichen oder sonst interessierten Kreisen gesucht wurde511, besteht für die am Prozess Beteiligten natürlich auch ein Interesse an den Ergebnissen der Evaluation, sodass der Bericht auch der Stellungnahme der Bundesregierung gegenüber diesen Kreisen dienen dürfte512. Für eine Adressierung auch an außerhalb des staatlichen Bereichs liegende interessierte Kreise oder auch die gesamte Öffentlichkeit spricht auch die erklärte Absicht der Bundesregierung, durch die Veröffentlichung zur Akzeptanz des Verbraucherinformationsrechts beitragen zu wollen513. b) Der Erfahrungsbericht VIG aa) Aufbau Der eigentliche nur 10-seitige Berichtstext514 gliedert sich in eine Darstellung des Evaluierungsauftrags und des Evaluierungskonzepts, eine kurze Information 507

BT-Drucks. 16/2035, 3. BT-Drucks. 16/2035, 3. 509 BR-Drucks. 584/06 (B), 2. 510 Siehe dazu schon die Nachweise in Kap. 2 Fn. 126. 511 BT-Drucks. 17/1800, 9. 512 Diesen kommt nach Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 531 eine Katalysatorfunktion im Prozess parlamentarischer Kontrolle zu. 513 BT-Drucks. 17/1800, 3. 514 BT-Drucks. 17/1800, 3–12. 508

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

115

zu einem Symposium mit dem Thema „Zugang zu Unternehmensinformation“, eine knappe Darstellung der Ergebnisse einiger im Rahmen der Evaluierung gemachter Studien sowie des Austauschs mit den Ländern und eine abschließende Erläuterung der Handlungsoptionen zur Anpassung des VIG. Im Anhang wird noch einmal ausführlich über den Verlauf des genannten Symposiums berichtet515. bb) Text und Darstellung In der Darstellung durch den Berichtstext gibt es nur wenige Auffälligkeiten, da der Text sich größtenteils auf die Wiedergabe der Ergebnisse der Studien, eines Erfahrungsaustauschs mit den Landesbehörden und dem Symposium beschäftigt. Bemerkenswert ist die häufige Betonung der Einbeziehung gesellschaftlicher Gruppen und wissenschaftlichen Sachverstands im Rahmen der Evaluierung516. Die Betonung dieses Vorgehens dürfte hauptsächlich dazu dienen, die Akzeptanz der Berichtsergebnisse zu unterstützen, indem ein neutrales und alle Interessengruppen einbeziehendes Vorgehen betont wird. Gerade diese Betonung scheint sich gleichzeitig aber auch gegen den Bericht zu richten. So wird betont, man habe sich bemüht, auch VIG-kritische Verbraucherschutzorganisationen in die Evaluierung mit einzubeziehen. Diese werden dort namentlich genannt517. Sodann wird zweien dieser Organisationen vorgeworfen, sie hätten zum Bedauern der Bundesregierung keine Zeit für ein Expertengespräch gefunden518. Eine der genannten Organisationen, die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH e. V.), hat nach eigener Aussage rechtliche Schritte gegen diese Behauptung eingeleitet, da sie inhaltlich unzutreffend sei519. Eine Einladung zu einem Expertengespräch habe man nie erhalten. Ausdrücklich wird der Bundesregierung eine bewusste Falschaussage unterstellt520. Dies wirft rechtliche Probleme auf 521. Dem eigentlichen Berichtstext sollten die dem Bericht zugrunde liegenden Abschlussberichte der externen Studien als Anlage beigefügt sein. Dazu wurde eine Verlinkung mit der Internetpräsenz des Deutschen Bundestages in das Dokument 515

BT-Drucks. 17/1800, 13–21. BT-Drucks. 17/1800, 3–4, 9. 517 BT-Drucks. 17/1800, 3. 518 BT-Drucks. 17/1800, 3. 519 Pressemitteilung der DUH e. V. v. 09.06.2010, abrufbar unter http://www.duh.de/ presse/pressemitteilung/?no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=2319 (Stand: 09.01. 2017). 520 http://www.duh.de/presse/pressemitteilung/?no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news %5D=2319 (Stand: 09.01.2017). 521 s. u. Kap. 2 II. 7. c) bb), S. 117. 516

116

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

eingefügt522. Allerdings sind die Abschlussberichte dort nicht mehr abrufbar523. Für die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit des Berichts wäre es deutlich günstiger gewesen, diese Abschlussberichte in einer dauerhaften Form, etwa als Bundestagsdrucksache verfügbar zu machen oder sie direkt im Bericht als Anlage abzudrucken524. Das gilt umso mehr, da im eigentlichen Evaluierungsbericht oft Bezug auf die Studien genommen wird525. cc) Gestaltung Der Bericht ist lediglich als Bundestagsdrucksache und nicht separat in Form einer Broschüre veröffentlicht. Er enthält weder Bilder noch sonstige grafische Elemente, es handelt sich also auch hier um einen reinen Fließtext. Anders als im Erfahrungsbericht ÜGRG526 finden sich hier aber vergleichsweise wenige statistische Angaben527, sodass dies anders als beim Erfahrungsbericht ÜGRG die Anschaulichkeit des Berichts nicht beeinträchtigt. dd) Verbreitung Der Bericht selbst hat soweit ersichtlich nur in interessierten Kreisen Aufmerksamkeit erweckt. Dies geschah meist, wenn sich mit der Novellierung des VIG auseinander gesetzt wurde528. Eine eigenständige Bewerbung des Berichts, etwa durch eine Pressekonferenz oder Pressemitteilung seitens des BMELV ist nicht erfolgt. Der Bericht hat vereinzelt auch Beachtung im Rahmen der rechtswissenschaftlichen Aufarbeitung der VIG-Reform gefunden529. In einem Fall sind Angaben oder Aussagen des Berichts in der Rechtsprechung als Argumentationstopoi im Rahmen der Auslegung des VIG herangezogen worden530. Hier zeigt sich eine Parallele zum Erfahrungsbericht ÜGRG: Erfahrungsberichte finden in der breiten Bevölkerung meist wenig Aufmerksamkeit und sind in der Regel nur für

522

BT-Drucks. 17/1800, 5. http://dip21.bundestag.btg/ dip21/ btd/17 /018/CD01800 /Startseite.pdf (Stand: 20.01.2017). 524 Die Abschlussberichte können noch über die Internetpräsenzen der beauftragten Forschungsinstitute abgerufen werden, vgl. die Nachweise bei Prommer/Rossi, GewArch 2013, 97 Fn. 9. 525 Z. B. BT-Drucks. 17/1800, 5. 526 s. o. Kap. 2 II. 6. b) cc), 109. 527 Im Wesentlichen BT-Drucks. 17/1800, 7. 528 Z. B. http://www.vzbv.de/dokument/verbraucherinformationsgesetz-im-fokus-aufein-neues (Stand: 09.01.2017). 529 Schoch, NJW 2010, 2241, 2242–2243; Prommer/Rossi, GewArch 2013, 97–98. 530 OVG Lüneburg, Urteil v. 02.09.2015 – Az. 10 LB 33/13 –, Rn. 112, zitiert aus juris. 523

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

117

mit dem Berichtsgegenstand unmittelbar befasste Interessengruppen, Wissenschaftler und staatliche Stellen interessant. c) Rechtsprobleme des Erfahrungsberichts VIG aa) Die Rechtsverbindlichkeit eines Bundesratsbeschlusses Anders als beim Erfahrungsbericht ÜGRG hat hier nicht die Bundesregierung eine Erweiterung des Berichtsgegenstands zugesagt, sondern der Bundesrat hat sie im Wege des Beschlusses aufgefordert, bestimmte Fragen im Rahmen der Evaluierung des VIG zu betrachten und Handlungsoptionen zu prüfen531. Während die Rechtsverbindlichkeit von Berichtsbeschlüssen des Bundestages für die Bundesregierung Gegenstand rechtswissenschaftlicher Diskussionen gewesen ist532, scheint diese Frage bezüglich Berichtsbeschlüssen des Bundesrates bisher nicht erörtert worden zu sein. Sie hat auch an dieser Stelle noch keine praktische Relevanz, da die Bundesregierung dem Beschluss jedenfalls Beachtung geschenkt und die dort angesprochenen Evaluierungsfragen aufgenommen und beantwortet hat. Ob Bundesratsbeschlüsse zur Anforderung von Berichten für die Bundesregierung rechtsverbindlich sind, wird daher an anderer Stelle erörtert533. bb) Eingriff in die Rechte der DUH e. V. Der Evaluierungsbericht VIG hat der DUH e. V. unterstellt, keine Zeit für ein Expertengespräch im Rahmen der Evaluierung des VIG gefunden zu haben, was die DUH e. V. bestreitet534. Bei dieser Unterstellung könnte es sich um einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Grundrechte der DUH e. V. handeln. Zu dem Fall gibt es keine gerichtliche Entscheidung535. Er verdient aber dennoch eine kurze Betrachtung. Unterstellt, die Schilderung der DUH e. V. zu den Vorgängen ist zutreffend, so hat das BMELV in seinem Bericht eine wahrheitswidrige Aussage über die DUH e. V. gemacht, nämlich dass diese aufgrund Zeitmangels ein Gespräch über das VIG verweigert habe536, obwohl sie niemals eine Einladung dazu erhalten hat537. Die Aussage, die DUH e. V. habe sich einem Ex531

BR-Drucks. 584/06 (B), 1–2. Umfassend zur Diskussion s. u. Kap. 4 I. 1. b) aa), S. 201. 533 s. u. Kap. 4 I. 1. b) bb), S. 227. 534 Nachweise oben in Kap. 2 II. 7. b) bb), S. 115. 535 Die DUH e. V. hat zwar rechtliche Schritte angekündigt, siehe zum Nachweis oben Kap. 2 Fn. 519. Auf Anfrage teilte die DUH e. V. jedoch mit, man habe die Angelegenheit vor Einleitung gerichtlicher Schritte mit den Betroffenen geklärt und keine Notwendigkeit mehr für eine gerichtliche Auseinandersetzung gesehen. 536 Siehe zum Nachweis oben Kap. 2 Fn. 518. 537 Siehe zum Nachweis oben Kap. 2 Fn. 520. 532

118

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

pertengespräch aufgrund Zeitmangels bedauerlicherweise verweigert, ist geeignet, das Ansehen der DUH e. V. in einschlägigen Kreisen herabzusetzen, insoweit der kritische Leser diese Aussage auch so verstehen kann, dass die DUH e. V. sich einem konstruktiven Gespräch verweigert habe, jedenfalls aber fragwürdige Prioritäten setze, wenn sie keine Zeit für ein Evaluationsgespräch über das VIG hat. Hierin könnte ein sogenanntes funktionales Äquivalent zu einem Eingriff 538 in den sozialen Geltungsanspruch der DUH e. V. vorliegen539. Für ein solches funktionales Äquivalent bestünde weder eine gesetzliche Ermächtigung540, noch wäre sie in dem von der DUH e. V. vorgetragenen Sachverhalt mit dem Gebot der Richtigkeit541 vereinbar, wenn eine erwiesenermaßen falsche Tatsache behauptet wird. In diesem Fall wäre der Evaluationsbericht VIG tatsächlich rechtswidrig und gerichtliche Schritte hätten Aussicht auf Erfolg. d) Erkenntnisse aus der Untersuchung der Berichterstattung über die Ergebnisse der VIG-Evaluation Der Evaluationsbericht VIG hat gezeigt, dass auch Erfahrungsberichte, die sich eigentlich größtenteils in einer staatlichen Sphäre bewegen, dennoch Berührungspunkte mit der Öffentlichkeit haben und im Einzelfall grundrechtsrelevant sein können. Trotz der vermeintlichen Rechtsproblemlosigkeit von Berichterstattung542 scheint die Berichterstattungspraxis im grundrechtlichen Bereich relevanter zu sein, als dies bisher rechtswissenschaftlich konstatiert wurde. Dass auch bei diesem Bericht keine Bewerbung durch die Bundesregierung und keine separate Veröffentlichung in Form einer Broschüre stattfand, belegt die Vermutung, dass die Bundesregierung Erfahrungsberichte in der Regel nicht in demselben Umfang als Mittel der Selbstdarstellung nutzt wie Wissens- oder insbesondere Tätigkeitsberichte.

538

Dazu unten Kap. 4 IV. 2. c) cc) (1), S. 314. Die Herleitung des sozialen Geltungsanspruchs für ideelle juristische Personen ist umstritten. Teilweise wird er Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 i.V. m. Art. 19 Abs. 3 GG entnommen, so BVerwGE 82, 76, 78; BVerfG NJW 1989, 3269; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 103–104; nicht ganz eindeutig Maunz/Dürig/Remmert, GG-Kommentar, Art. 19 Abs. 3 Rn. 103; a. A. Faber, Schutz vor herabsetzenden Äußerungen des Staates, S. 75–76 m.w. N., die lediglich auf Art. 2 Abs. 1 GG in Form der allgemeinen Handlungsfreiheit rekurrieren will. Bei wirtschaftlich tätigen juristischen Personen ergibt sich ein solcher Achtungsanspruch ohnehin aus Art. 12 GG, soweit erwerbswirtschaftliche Nachteile im Raum stehen, vgl. Maunz/Dürig/Di Fabio, GG-Kommentar, Art. 2 Rn. 172 m.w. N. 540 Zu der Notwendigkeit einer solchen Ermächtigung s. u. Kap. 4 IV. 2. c) cc) (2) (a), S. 318. 541 Dazu unten Kap. 4 IV. 2. c) cc) (2) (c) (bb), S. 329. 542 So aber Schoch, VBlBW 2014, 361, 364. 539

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

119

8. Exkurs Europäische Berichterstattung: Der Bericht zur Umsetzung der UI-RL Eine separate Betrachtung im Zusammenhang mit Erfahrungsberichten verdient auch die durch europäisches Recht initiierte Berichterstattung staatlicher Stellen. In der Europäischen Union werden Berichte unter anderem zur Evaluation und Vorbereitung von Reformen für europäische Rechtsakte genutzt543. Dennoch gibt es einige bemerkenswerte Unterschiede im Vorgehen. Dafür wird hier exemplarisch der Bericht der Bundesrepublik Deutschland über die bei der Anwendung der Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen gewonnenen Erfahrungen (Erfahrungsbericht UI-RL) herangezogen544. a) Kategorisierung Grundlage für den zum 14.02.2009545 zu erstattenden Erfahrungsbericht UIRL ist Art. 9 Abs. 1 UA 1 UI-RL. Als ein zur Umsetzung der UI-RL verpflichteter Mitgliedsstaat hat auch die Bundesrepublik Deutschland durch die Bundesregierung einen entsprechenden Erfahrungsbericht am 05.10.2009546 vorgelegt, also mit Verspätung547. Berichtsadressat ist die Europäische Kommission, die auf Grundlage der nationalen Berichte einen eigenen Gesamtbericht mit Änderungsvorschlägen an das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union

543

s. o. Kap. 2 I. 6. b) cc), S. 57 zur Evaluationsfunktion von Berichten. Der Bericht ist auf den Internetpräsenzen des BMU und der EU-Kommission veröffentlicht und dort kostenlos abrufbar, http://www.bmub.bund.de/themen/umweltinfor mation-bildung/umweltinformation/umweltinformation-download/artikel/bericht-derbundesrepublik-deutschland-ueber-die-bei-der-anwendung-der-richtlinie-20034eg-ueberden-zugang-der-oeffentlichkeit-zu-umweltinformatione/ (Stand: 09.01.2017) und http:// ec.europa.eu/environment/aarhus/pdf/reports/germany.pdf (Stand: 09.01.2017). Strukturell vergleichbar mit diesem Bericht sind die völkerrechtlich initiierten Nationalen Umsetzungsberichte zur Aarhus-Konvention, die regelmäßig auf Grundlage des Art. 10 Abs. 2 Aarhus-Konvention erstattet werden und auf der Internetpräsenz des BMU abgerufen werden kann, http://www.bmub.bund.de/themen/umweltinformationbildung/umweltinformation/umweltinformation-download/artikel/nationale-umsetzungs berichte-der-aarhus-konvention-fuer-deutschland/?tx_ttnews%5BbackPid%5D =772 (Stand: 27.04.2017). 545 Der Bericht war allerdings erst zum 14.08.2009 zu übermitteln, Art. 9 Abs. 1 UA 2. UI-RL. Diese Aufnahme zweier unterschiedlicher Daten für denselben Bericht wird zurecht als nicht nachvollziehbar bewertet, so Rinke, NuR 2010, 389. 546 Vgl. die englische Fassung des Berichts, die auf den 05.10.2009 datiert, abrufbar unter: http:/ /ec.europa.eu/environment/aarhus/pdf/reports/germany_en.pdf (Stand: 09.01.2017). 547 Dieses Problem war bei über der Hälfte der Mitgliedsstaaten aufgetreten und von der Kommission mit Vertragsverletzungsverfahren beantwortet worden. Dies führte dazu, dass bis Mitte April 2010 alle Berichte vorlagen, vgl. Kommissionsbericht UI-RL, S. 4. 544

120

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

vorzulegen hatte, Art. 9 Abs. 2 UI-RL548. Nicht in der UI-RL erwähnt, aber wohl dennoch implizit bezweckt dürfte daneben auch sein, durch den Bericht die Umsetzung der UI-RL überwachen zu können, sodass die Kommission im Fall einer unzureichenden Umsetzung oder Nicht-Beachtung die Grundlage für ein Vertragsverletzungsverfahren erhält. Der Art nach handelt es sich um einen Erfahrungsbericht, seine Funktion ist die Evaluierung der in Deutschland umgesetzten UI-RL. Daran knüpft die Funktion der Handlungsvorbereitung auf europäischer Ebene an, da die nationalen Erfahrungsberichte in einen Gesamtbericht der EU-Kommission münden, anhand dessen die UI-RL im Bedarfsfall novelliert werden soll549. b) Der Erfahrungsbericht UI-RL Grund für den Rekurs auf europäische Erfahrungsberichterstattung ist die etwas andere Vorgehensweise der Evaluation. Anders als insbesondere durch Gesetz angeforderte Erfahrungsberichte auf Bundesebene, die häufig nur verlangen, über die Erfahrung mit der Anwendung eines Gesetzes zu berichten, ohne weitere Vorgaben für den Inhalt des Berichts zu machen550, hat Art. 9 Abs. 1 UA 3 UIRL dem Berichtsadressaten ein Mittel in die Hand gegeben, den Erfahrungsbericht an seine Bedürfnisse anzupassen, indem ihm das Recht eingeräumt wurde, verbindliche Vorgaben für die Berichterstattung der Nationalstaaten zu machen. Diese Vorgaben hat die Kommission mit einem Leitfaden551 gemacht, der zu allen Artikeln der UI-RL aus Sicht der EU-Kommission evaluierungsbedürftige Fragen aufwirft. In der Folge ist der Erfahrungsbericht UI-RL der Bundesregierung so aufgebaut, dass er diese Fragen systematisch beantwortet. aa) Text und Darstellung Die Inhalte des Erfahrungsberichts UI-RL sind bereits rechtswissenschaftlich untersucht worden552. Im Rahmen dieses Exkurses wird nur auf einige Besonderheiten hingewiesen. 548 Dieser Bericht wurde von der Kommission am 17.12.2012 vorgelegt und ist unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52012DC0774&from =EN (Stand: 09.01.2017) abrufbar. 549 In ihrem Gesamtbericht hat die EU-Kommission angekündigt, zunächst einige Studien durchführen zu wollen, bevor sie über den Änderungsbedarf der UI-RL entscheiden wird, vgl. Kommissionsbericht UI-RL, S. 15. 550 Z. B. Art. 7a GewerbeG (BGBl. I 2007, 1574); § 2 Abs. 8 ZHG (BGBl. I 1987, 1225); § 7 Nr. 2 NKRG (BGBl. I 2006, 1866); § 3 S. 3 EnLAG; § 27 KrPflG; § 18 BQFG (BGBl. I 2011, 2515). 551 Leitfaden zur Berichterstattung über die bei der Anwendung der Richtlinie 2003/ 4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen gewonnenen Erfahrungen, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/environment/aarhus/pdf/guidance_de.pdf (Stand: 09.01.2017).

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

121

Durch den Leitfaden werden in einem umfassenden Rahmen Inhalte des Erfahrungsberichts UI-RL vorgegeben. Dies ist auch sinnvoll, da die Evaluierungstechniken in den einzelnen Mitgliedsstaaten sich voneinander unterscheiden können, sodass durch den Leitfaden ein einheitlicher Rahmen geschaffen wird, der Grundlage für den Gesamtbericht der EU-Kommission sein kann. Abgesehen von dieser strukturell bedingten Besonderheit kann ein solches Vorgehen aber weitere Vorteile haben. Betrachtet man die Funktion der Erfahrungsberichterstattung – Evaluation und daran anknüpfend Handlungsvorbereitung –, so dient die Erfahrungsberichterstattung der Informationsversorgung des Berichtsadressaten, der aufbauend auf diesem Bericht eine Maßnahme oder einen Rechtsakt (in diesem konkreten Fall eine Richtlinie) verändern oder im bestehenden Zustand belassen soll. Kann der Berichtsadressat wie hier die wesentlichen Inhalte selbst bestimmen, so kann er die Evaluierungsfragen möglichst genau auf seine Informationsbedürfnisse anpassen553. Wird dagegen durch die Berichtsgrundlage nur ein Erfahrungsbericht verlangt, ohne konkrete Vorgaben für den Inhalt zu machen, so steht die inhaltliche Ausarbeitung und Schwerpunktsetzung im Ausgestaltungsermessen des Berichterstatters. In diesem Fall ist es wahrscheinlicher, dass an den Informationsbedürfnissen des Berichterstatters ,vorbeiberichtet‘ wird, da der Berichterstatter evaluierungsrelevante Informationen aus einer anderen Perspektive bewertet als der Berichtsadressat. Zwar können auch bei einem aufgrund eines Fragenkatalogs erstellten Bericht Ungenauigkeiten vorkommen. Insbesondere können Fragen unpräzise oder ausweichend beantwortet werden. Betrachtet man etwa den Erfahrungsbericht UIRL der Bundesregierung, so erscheint es etwa angesichts vielfältiger juristischer Streitigkeiten554 um das UIG als überraschend, wenn die Bundesregierung auf die Frage nach einem Auslegungsleitfaden für das UIG antwortet, dessen Text sei hinreichend präzise555. Hilfsweise wird auf die Rechtsprechung und die Kommentarliteratur verwiesen556. Unvollständig wird darüber hinaus etwa die Frage beantwortet, wie Umweltzustandsberichte veröffentlicht werden557. Es heißt dort, Umweltzustandsberichte des Bundes würden als „Bundestagsdrucksache (auch über das Internet)“ 558 veröffentlicht. Nicht angegeben wird aber, dass Umweltzu552

Rinke, NuR 2010, 389. Und dieses Informationsbedürfnis steht für an den Bericht anknüpfende Handlungen, etwa künftige Gesetzesvorhaben, im Vordergrund, Höfling/Engels, in: Gesetzgebung, § 34 Rn. 41. 554 Eine einfache Abfrage des UIG in der Datenbank juris zeigt immerhin 207 Gerichtsentscheidungen und 257 Literaturnachweise an (Stand: 09.01.2017). Eine ähnliche Wertung wie hier trifft Rinke, NuR 2010, 389, 392 über die Aussage, es seien nur wenige Anträge abgelehnt worden. 555 Erfahrungsbericht UI-RL, S. 18. 556 Erfahrungsbericht UI-RL, S. 18. 557 Erfahrungsbericht UI-RL, S. 34. 558 Erfahrungsbericht UI-RL, S. 34. 553

122

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

standsberichte des Bundes auch in Papierform, nämlich als Hochglanz-Broschüre veröffentlicht und mit weiteren Maßnahmen verbreitet werden559. Trotz Mängeln, die im Einzelfall auch bei einem durch einen Leitfaden oder Fragenkatalog vorgeprägten Bericht auftreten können, erscheint ein derartiges Vorgehen gegenüber der gänzlich dem Berichterstatter überlassenen Ausgestaltung dennoch als vorzugswürdig. Eine unpräzise oder ausweichende Antwort auf eine Frage in einem Leitfaden dient dem Informationsbedürfnis des Berichtsadressaten immer noch besser, als wenn der Berichterstatter ein bestimmtes Thema von sich aus gar nicht oder noch knapper anspricht. Auch sind in einem solchen Fall gegebenenfalls Nachfragen leichter und präziser zu stellen. Daher dürfte die Funktionalität von Evaluationsberichten, die derartig durch einen Leitfaden, einen Fragenkatalog oder sonstige Vorgaben geprägt sind, in der Regel über der einer vorgabenfreien Berichterstattung liegen. bb) Gestaltung und Verbreitung Der Bericht enthält abgesehen von gelegentlich hervorgehobenem Druck keinerlei gestalterische Elemente. Soweit ersichtlich wurden über die reine Veröffentlichung auf der Internetpräsenz des BMU und bei der Europäischen Kommission hinaus keine Maßnahmen unternommen, um die Inhalte des Berichts in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Es findet sich auch keine mediale Resonanz zu dem Bericht, in der Rechtswissenschaft ist er fast560 unbeachtet geblieben. Noch deutlicher als bei den bisher untersuchten Erfahrungsberichten zeigt sich hier, dass seitens staatlicher Stellen Erfahrungsberichte im Regelfall nicht als relevantes Mittel betrachtet werden, Informationen gezielt in die Öffentlichkeit zu bringen, sondern man sie nach wie vor primär als Informationsübermittlung im binnenstaatlichen561 Bereich betrachtet. c) Übertragbarkeit des Leitfaden-Modells auf deutsche Erfahrungsberichte? Man könnte nun überlegen, ob dieses Modell der Erfahrungsberichterstattung auch im nationalstaatlichen Bereich adaptiert werden könnte, etwa bei Erfahrungsberichten der Bundesregierung an den Bundestag. Eine unmittelbare Übertragung des Leitfaden-Modells scheitert an einer anders liegenden Organstruktur im Verhältnis Bundestag – Bundesregierung. Die 559

s. o. Kap. 2 II. 2. b) cc), S. 75 und Kap. 2 II. 2. b) dd), S. 76. Rinke, NuR 2010, 389. 561 Binnenstaatlich meint in diesem Zusammenhang die Adressierung einer staatlichen Stelle an eine andere in Abgrenzung zu einer Adressierung der Öffentlichkeit. In diesem Sinne ist auch ein an die EU-Kommission gerichteter Bericht an eine ,staatliche‘ Stelle gerichtet. 560

II. Vertiefte Untersuchung ausgewählter Berichte

123

Konkretisierung der Anforderungen des Erfahrungsberichts UI-RL wurde vom europäischen Gesetzgeber der EU-Kommission übertragen, Art. 9 Abs. 1 UA 3 UI-RL. Die Konkretisierung wurde also dem Berichtsadressaten zu einem späteren Zeitpunkt als dem Erlass der UI-RL zugewiesen. Vereinfacht ausgedrückt bewegt man sich hier auf europäischer Ebene in einem Dreiecksverhältnis. Der europäische Gesetzgeber erlässt mit der UI-RL die Berichtsgrundlage, ist aber nicht selbst Berichtsadressat, sondern die Europäische Kommission562. Diese soll den Bericht nach ihren Bedürfnissen konkretisieren können und wird daher ermächtigt, einen entsprechenden verbindlichen Leitfaden563 zu erstellen. Ein solches Auseinanderfallen von Berichtsadressat und Gesetzgeber ist in der Regel auf Bundesebene nicht der Fall, da in Bundestag und Bundesrat Gesetzgeber und Berichtsadressat in den meisten Fällen zusammenfallen und im Rahmen der Gesetzgebung oder Berichtsbeschlussfassung die Konkretisierung bereits vorgenommen werden kann. Dennoch lässt sich die Idee dieses europäischen Leitfadenmodells übertragen. Über das reine Anfordern eines Erfahrungsberichts hinaus sollten möglichst umfassende Vorgaben über die Inhalte des Erfahrungsberichts durch die Berichtsgrundlage gemacht werden. Es gelten auch für den Bundestag die dargestellten Vorteile einer besseren Abstimmung des Berichts auf die Informationsinteressen des Berichtsadressaten. In Beschlüssen wäre die Formulierung entsprechender Fragen auch problemlos möglich. In Berichtsgesetzen können zumindest die relevanten Themengebiete vorgegeben werden. Entsprechende Ansätze sind bereits in der bundesdeutschen Gesetzgebung vorhanden und sollten ausgebaut werden564. d) Erkenntnisse aus der Untersuchung der europäischen Erfahrungsberichterstattung Die europäische Erfahrungsberichterstattung hat einen Weg gefunden, sehr genaue Vorgaben für die Evaluation von Gesetzen und die daran anknüpfende Berichterstattung zu machen. Die Vorteile solcher Vorgaben liegen auf der Hand. Im Rahmen deutscher Gesetzesevaluation durch Erfahrungsberichte empfiehlt es sich daher, diese Praxis zumindest insoweit zu übernehmen, als dem Berichterstatter auch dort möglichst präzise Vorgaben gemacht werden sollten, welche Informationen der Berichtsadressat auf jeden Fall benötigt. Für eine Ermächti562

Auf der dritten Seite stehen die Nationalstaaten als Berichterstatter. Die UI-RL spricht in Art. 9 Abs. 1 UA 3 UI-RL von einem „Dokument“ mit „klaren Vorgaben“. 564 Entsprechende inhaltliche Vorgaben enthalten z. B. die Berichtsbeschlüsse zu den hier untersuchten Erfahrungsberichten zum ÜGRG und zum VIG, BT-Drucks. 17/7217, 3–4 und BT-Drucks. 16/2035, 3. Auch in einigen Berichtsgesetzen finden sich Angaben zum notwendigen Inhalt einer Evaluation, etwa in § 44 Abs. 2 KSpG (BGBl. I 2012, 1726); § 112 S. 3 EnWG; § 18 S. 2 EEWärmeG (BGBl. I 2008, 1658). 563

124

Kap. 2: Die Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis

gung über die Berichtsgrundlage hinaus, wie sie Art. 9 Abs. 1 UA 3 UI-RL für die Europäische Kommission geschaffen hat, besteht darüber hinaus zumindest gegenwärtig kein Anlass.

III. Folgerungen aus der Untersuchung der Berichtspraxis Berichte haben sich im Rahmen der Untersuchung als ausgesprochen vielfältig erwiesen. Obwohl sich bestimmte Kategorien von Berichten unterscheiden lassen, besteht generell kein einheitliches Vorgehen, was Konzipierung, Darstellung und Ausgestaltung von Berichten staatlicher Stellen angeht. Gleichwohl hat sich gezeigt, dass im Rahmen staatlicher Berichterstattung vielfältige rechtliche Probleme auftreten, die teilweise genuin berichtsspezifisch sind, teilweise aber auch die typischen Streitigkeiten um das staatliche Informationshandeln widerspiegeln. Im nächsten Schritt soll nun unter Zuhilfenahme dieser Ergebnisse das Berichtswesen in das System staatlichen Informationshandelns eingefügt werden.

Kapitel 3

Berichte staatlicher Stellen im System staatlichen Informationshandelns Die Einordnung erfolgt in zwei Schritten: Zunächst soll losgelöst von Berichterstattung das staatliche Informationshandeln verwaltungsrechtlich eingeordnet werden (I.). Diese Vorarbeit ist notwendig, da ein verwaltungsrechtsdogmatisch korrektes (Vor-)Verständnis staatlichen Informationshandelns für die rechtliche Bewertung spezieller Probleme des Berichtswesens hilfreich ist. Nach der Verortung des staatlichen Informationshandelns soll dieses selbst einer genaueren Ausdifferenzierung zugeführt werden (II.). Dort wird sich dann die Frage stellen, ob staatliche Berichte im System staatlichen Informationshandelns eine eigene Handlungsform darstellen oder sie sich einer anderen Handlungsform zurechnen lassen. In diesem Zusammenhang können anhand der praktischen Erkenntnisse über die Berichterstattung auch die bisherigen Strukturierungsversuche staatlichen Informationshandelns einer kritischen Prüfung unterzogen werden.

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln Vor der Einordnung hoheitlicher Tätigkeit in die verwaltungsrechtliche Formenlehre ist es förderlich, sich der Funktionen eben dieser Formenlehre zu vergewissern. Zwei Formen des Verwaltungshandelns sind im Zusammenhang mit dem aktiven staatlichen Informationshandeln für diese Untersuchung von Interesse: Zuerst soll es um das schlichte Verwaltungshandeln gehen. Nach dessen Begriffsbestimmung folgt als zweite im Zusammenhang mit staatlichem Informationshandeln genannte Handlungskategorie das informelle Verwaltungshandeln. Sind derart die allgemeinen Rahmenbedingungen gesetzt, kann eine Einordnung des aktiven staatlichen Informationshandelns erfolgen. 1. Die Formenlehre im Verwaltungsrecht a) Nutzen und Grenzen einer Formenlehre Die Bedeutung der Formenlehre ist vielseitig beschrieben worden. Ihr wurde die Funktion zugeschrieben, in der „flutenden Masse der Verwaltungstätigkeit“ „fort und fort feste Punkte auftauchen“ zu lassen, „welche dem Einzelnen Halt

126

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

gewähren und ihn darüber sicherstellen, wohin es geht“ 1. Eine andere bekannte Wendung bezeichnet die Handlungsformen als „die Tore, durch welche die in ihrer Vielfalt unüberschaubare, amorphe Tätigkeit der Verwaltung in die ordnende Welt des Rechts eingeschleust wird“ 2. Die Kategorisierung des Verwaltungshandelns in Formen schafft auf einer ersten Stufe Orientierung: Die wiederkehrende Form wird im Grundsatz stets nach denselben Rechtsregeln beurteilt und hat dieselben oder zumindest ähnliche (Rechts-)Folgen3. Hierin liegt eine nicht zu unterschätzende Entlastung und Rationalisierung für den Rechtsanwender, der grundsätzliche Sach- und Wertungsfragen nicht in jedem Einzelfall neu aufwerfen muss4. Zugleich wird der Verwaltung durch die Formung ein Speicher an Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt, anhand derer sie im Einzelfall Lösungen erarbeiten und wiederkehrende Rechtsprobleme zügig lösen kann5. Hierin liegt zugleich aber auch eine Disziplinierung der Verwaltung: Bestimmte Formen sind nur in bestimmten Situationen und bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen zulässig6. Auch für den Bürger als Adressaten des Verwaltungshandelns bieten gefestigte Handlungsstrukturen Schutz7: Die Bindung an eine Form mitsamt Bindungen an Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Verfahrensregeln schafft auch für ihn Rechtssicherheit und Rechtsklarheit8. Diese Handlungstransparenz begünstigt zugleich die Erlangung von Rechtsschutz und die Rechtmäßigkeitskontrolle von Verwaltungshandeln9. Solche Vorteile – Orientierung, 1 Das Zitat geht zurück auf Otto Mayer, der es in seinem Lehrbuch zum allgemeinen Verwaltungsrecht auf den Verwaltungsakt als Rechtsform bezogen hat, vgl. Mayer, Dt. VerwR I, S. 92–93. Es findet generalisiert auf die Formenlehre insgesamt noch heute vielseitig Zustimmung, etwa bei Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 1; Schmidt-Aßmann, DVBL 1989, 533, 534; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 298; Ossenbühl, JuS 1979, 681; Pauly, in: Wandel der Handlungsformen, S. 25, 36. 2 Zurückgehend auf Ossenbühl, JuS 1979, 681. 3 Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 3; Di Fabio, Risikoentscheidungen, S. 416. 4 Ossenbühl, JuS 1979, 681; Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 3; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 190; Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 44 Rn. 3; Schulte, in: Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 333, 339; Bauer, Verw 1992, 300, 310. 5 Der Begriff der Speicherfunktion geht wohl zurück auf Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 298 und Schmidt-Aßmann, DVBL 1989, 533; zustimmend HoffmannRiem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 3; Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 383; Schulte, in: Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 333, 339. 6 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 300–301; Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 383. 7 Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 44 Rn. 3 sprechen von einer „Schutzfunktion für den Bürger“. 8 Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 3; Ossenbühl, JuS 1979, 681, 682; Di Fabio, in: Wandel der Handlungsformen, S. 47; Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 44 Rn. 3. 9 Di Fabio, in: Wandel der Handlungsformen, S. 47; Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 3; Bauer, Verw 1992, 300, 310.

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln

127

Rationalisierung und Entlastung, Disziplinierung und Rechtssicherheit – können durch eine Einordnung der staatlichen Informationstätigkeit auch für diese fruchtbar gemacht werden und den Umgang für Verwaltung und Bürger hiermit erleichtern. Dabei soll nicht die Unvollständigkeit verhehlt werden, die der Formenlehre bisweilen zugesprochen wird, wenn es um die Erfassung praktischer verwaltungsrechtlicher Phänomene geht. Insbesondere von einigen Anhängern der Lehre des Rechtsverhältnisses wurde teilweise sogar eine Ablösung der Formenlehre durch eben die Lehre vom Rechtsverhältnis verlangt10. An der Formenlehre wurde kritisiert, sie führe zu einer zu starken Fixierung der Rechtswissenschaft auf tradierte Formen, insbesondere den Verwaltungsakt11, und erfasse nicht die Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Bürger über einen längeren Zeitraum12. Ihre Fixierung auf den gegenüber den Bürgern handelnden Staat erfasse dadurch Mitwirkungshandlungen oder Nebenpflichten eben dieser nicht13 und sie stoße insbesondere bei mehrpoligen Verwaltungsrechtsverhältnissen auf ihre Grenzen, da sie auf die „Regelung bilateraler, zweiseitiger Rechtsverhältnisse zugeschnitten“ 14 sei15. Die Kritik hat an vielen Stellen Berechtigung, sie hat insbesondere bezüglich der Mehrseitigkeit des Verwaltungshandelns auch für das staatliche Informationshandeln Bedeutung16. Man sollte sie aber auch nicht überbewerten. Auch wenn man nicht jedes einzelne Phänomen der Verwaltungstätigkeit in all seinen rechtlichen Verästelungen mithilfe der Formenlehre erklären kann, so sind dennoch die ordnende Funktion und ihre bereits dargestellten Vorteile im Ergebnis nach wie vor gegeben. Insbesondere der Einwand, die Formenlehre führe zu einer Versteifung auf bereits anerkannte Formen, ist weniger ein Problem der Formen10 So explizit Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 102–103 m.w. N. zu dieser Ansicht. Allgemein zu diesem Streit Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 44 Rn. 1–3; Bauer, Verw 1992, 300, 306–308. Die Rechtsverhältnislehre geht grundlegend auf Achterberg zurück, vgl. dazu Achterberg, VwAT, § 20 Rn. 1–86 m.w. N. 11 Krause, Rechtsformen, S. 235: „Das herkömmliche System hat allenfalls den Verwaltungsakt als Handlungsform dogmatisch erschlossen“; Ehlers, DVBL 1986, 912, 914; diese Problematik betrachtete Schmidt-Aßmann, DVBL 1989, 533, 535 bereits als überwunden. 12 Kempen, Formenwahlfreiheit, S. 102; Bauer, Verw 1992, 300, 312; Ehlers, DVBL 1986, 912, 914; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 192; Schulte, DVBL 1988, 512, 513; Bauer, VerwArch 78 (1987), 241, 259. 13 Bauer, Verw 1992, 300, 313–314; Ehlers, DVBL 1986, 912, 914; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 192; Schulte, DVBL 1988, 512, 513; Henneke, DÖV 1997, 768, 772. 14 Bauer, Verw 1992, 300, 314. 15 Ehlers, DVBL 1986, 912, 915; Bauer, Verw 1992, 300, 314; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 192–193; Schulte, DVBL 1988, 512, 513. 16 Darauf weist zutreffend Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 193 mit dem Beispiel der Produktwarnung hin, die „komplexe Rechtsbeziehungen nicht nur zwischen der Behörde, dem Verbraucher und dem Produzenten, sondern etwa auch zu den Händlern der umstrittenen Produkte“ entstehen lasse.

128

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

lehre als der inhaltlichen Schwerpunktsetzung von Rechtsprechung und Lehre17. Die Einordnung neuer Verwaltungstätigkeiten in den Formenkatalog, auch wenn er gelegentlich etwas künstlich erscheinen mag18, kann doch umso mehr die gebotene Orientierung für die Rechtspraxis bieten. Schon deswegen lohnt eine Betrachtung des staatlichen Informationshandelns unter dem Gesichtspunkt der Formenlehre. Wenn man die Formenlehre nicht als Allheilmittel betrachtet, sondern sie auf ihre benannten Funktionen beschränkt und sie im Bedarfsfall durch andere Ansätze wie etwa die Rechtsverhältnislehre ergänzt wird, besteht keinerlei Bedarf, sie grundsätzlich abzulösen19. b) Verwaltungshandeln, Handlungsformen, Rechtsformen Im Zusammenhang mit der Formenlehre sollten der Klarheit wegen noch einige Begriffe für diese Untersuchung bestimmt werden. Es geht dabei nicht um die allgemeingültige Klärung, sondern nur um die Vermeidung von Missverständnissen, wenn bisher und im Folgenden die Rede von Verwaltungstätigkeit, Rechts- und Handlungsformen ist. Ist die Rede von Verwaltungstätigkeit oder Verwaltungshandeln, so sind damit sowohl Tathandlungen als auch Entscheidungen gemeint20. Diese beiden Elemente zusammengenommen ist Verwaltungshandeln „jedes dem Staat normativ zurechenbare administrative Organwalterverhalten“ 21 und damit ein Oberbegriff für jedes staatliche Verhalten. Die Begriffe der Handlungsform und der Rechtsform werden häufig synonym verwandt22. Im Rahmen dieser Untersuchung wird der Differenzierung gefolgt, 17 Betrachtet man die umfassende rechtliche Behandlung, die ,neue Formen‘ wie das informelle und das schlichte Verwaltungshandeln in den letzten Jahren erfahren haben, so erscheint dieser Einwand auch nicht mehr zeitgemäß. Siehe dazu unten Kap. 3 I. 2., S. 129. 18 Ähnlich Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 192. 19 So i. E. auch Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 44 Rn. 2–3; Maurer, VwAT § 8 Rn. 25–26; Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 393; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 297. Auf diesem Standpunkt einer wechselseitigen Ergänzung von Formen- und Rechtsverhältnislehre stehen auch viele derer, die die Nachteile der Formenlehre klar benannt haben, etwa Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 193, 201–202; Schulte, DVBL 1988, 512, 513; Ehlers, DVBL 1986, 912, 915; Bauer, Verw 1992, 300, 315; Henneke, DÖV 1997, 768, 773. 20 Unterscheidung nach Ehlers/Pünder/Remmert, VwAT, § 17 Rn. 1. 21 Pauly, in: Wandel der Handlungsformen, S. 25, 29. 22 Keine explizite Unterscheidung treffen etwa Schuppert, in: Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 65, 98–101; Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167, 172; Krause, Rechtsformen, S. 14. Oft wird auch nur einer der beiden Begriffe verwandt, Ossenbühl, JuS 1979, 681; Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 12; Bumke, DV 37 (2004), 3, 31–33 und Ehlers, DVBL 1986, 912, 914 etwa sprechen allein von Handlungsformen, Schmidt-Aßmann, DVBL 1989, 533 allein von Rechtsformen.

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln

129

nach der Handlungs- und Rechtsformen sich teilweise überlappende Stufen auf einer ,Entwicklungsskala‘ des Verwaltungshandelns sind23. Eine Handlungsform ist danach eine „typische (durchaus auch rechtlich geprägte) Erscheinungsform“ 24 des Verwaltungshandelns. Sie kommt mit unterschiedlichen Akzentuierungen immer wieder vor und konturiert ihre typischen Merkmale im Rahmen einer fortschreitenden Typisierung aus der Verwaltungspraxis heraus. Ab einem bestimmten Maß der Konturierung und normativen Verdichtung kann sich eine Handlungsform zur Rechtsform entwickeln, wenn sich „feststehende Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen“ 25 herausgebildet haben. Dies kann durch zunehmende dogmatische Aufarbeitung der Verwaltungspraxis durch die Rechtswissenschaft oder auch durch Kodifizierungen seitens des Gesetzgebers erfolgen26. Handlungsform und Rechtsform bieten also beide – letztere noch stärker als erstere – die oben erläuterten Vorteile der Formenlehre27. Im Folgenden soll es nun darum gehen, die staatliche Informationstätigkeit im Katalog der Handlungsformen zu verorten. 2. Schlichtes Verwaltungshandeln und Informelles Verwaltungshandeln Staatliche Informationstätigkeit wird nahezu ausschließlich der Kategorie des schlichten oder der des informellen Verwaltungshandelns zugeordnet. Noch stärker als bezüglich der Begriffe der Rechts- und der Handlungsform divergiert aber 23 Die Differenzierung entstammt Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 11–15, 29; ähnlich Lehr, Lenkung durch Handlungsformen, S. 19. 24 Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 14. 25 Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 11. 26 Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 15. Ein praktisches Beispiel für diesen Prozess scheint Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 14 selbst unbewusst mit der hoheitlichen Warnung zu liefern. Diese bezeichnet er als Handlungsform, aber noch nicht als Rechtsform. Siehe insbesondere zur Kritik am Begriff der Warnung als Handlungs- oder gar Rechtsform unten Kap. 3 II. 3. b), S. 177. 27 Die Begriffsbildung ist wie gesagt nicht zwingend. Einen leicht anderen Ansatz etwa wählt Pauly, in: Wandel der Handlungsformen, S. 25, 31–34, der Handlungsform als Oberbegriff wählt und unter Rechtsform wohl nur regelndes Handeln versteht. Ähnlich Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 226–227; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 142–143; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 36. Die beiden Ansätze widersprechen sich aber materiell nicht wirklich. Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 29 sagt selbst, dass es Kumulationen und Überlappungen zwischen den Begriffen gibt. Der Unterschied liegt letztlich darin, ob man eine Rechtsform nach wie vor noch als Handlungsform bezeichnen möchte oder wie Hoffmann-Riem einen Übergang von Handlungsform zu Rechtsform für anschaulicher hält. Denn natürlich ist auch eine Rechtsform eine – eben durchnormierte – typisierte Form regelmäßig auftretenden staatlichen Handelns, sodass es sich hierbei letztlich nur um eine Frage der Begriffsbildung handelt. Für die hier interessierende Einordnung staatlichen Informationshandelns erscheint die Definition als Entwicklungsskala typisierten Verwaltungshandelns als besonders anschaulich.

130

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

das Verständnis von schlichtem und informellem Verwaltungshandeln. Dabei ist insbesondere strittig, in welchem Verhältnis das informelle zum schlichten Verwaltungshandeln steht und welche Merkmale conditio sine qua non für das informelle Verwaltungshandeln sind. Erneut geht es nicht darum, eine ,endgültige Definition‘ eines der beiden Begriffe zu entwickeln. Es soll aber klargestellt werden, wie und warum im Rahmen dieser Untersuchung die beiden Begriffe so verstanden werden. Denn nur wenn die begriffsbildenden Merkmale dieser beiden Handlungsformen feststehen, können aus der Zuordnung des staatlichen Informationshandelns zu einer der beiden Handlungsformen die dogmatisch richtigen Schlüsse gezogen werden. a) Das schlichte Verwaltungshandeln Das schlichte Verwaltungshandeln28 hat bis in das Ende der 80er Jahre ein Schattendasein in der rechtswissenschaftlichen Forschung geführt29. Obwohl seitdem Bemühungen um eine Konturierung des Begriffs erfolgt sind30, ist bis heute keine allgemein anerkannte Definition erkennbar. Dennoch wird ganz überwiegend ein Gesichtspunkt als wesensbildend in den Vordergrund gerückt: Schlichtes Verwaltungshandeln zeichne sich dadurch aus, dass es gerade nicht auf Rechtswirkung gerichtet31, also nicht selbst Rechtsquelle32 sei. Vielmehr richte es sich in der Regel auf die Herbeiführung eines tatsächlichen Erfolges33. Da28 Terminologisch wird oft auch von schlicht-hoheitlichen Maßnahmen, Verwaltungstathandeln oder einfach von Realakten gesprochen. Einen Überblick zur Terminologie bietet Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 4–5. 29 So ausdrücklich Battis, VwAT, S. 250; Robbers, DÖV 1987, 272: „ein Stiefkind der Dogmatik“; Ossenbühl, JuS 1979, 681, 685: „eine rechtlich profillose Auffangkategorie“; Bauer, Verw 1992, 301, 312: „dogmatische Unterbilanz“; Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 128: „Restekategorie“; Krause, Rechtsformen, S. 11: „Leertiteln der schlichten Verwaltungshandlung“; Burmeister, VVDSTRL 52, 190, 231 geht sogar so weit zu sagen, das schlichte Verwaltungshandeln sei dogmatisch uninteressant und irrelevant. 30 Als die bedeutendsten Beiträge in diesem Zusammenhang sind wohl Robbers, DÖV 1987, 272 und monografisch Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln zu nennen. 31 Ossenbühl, JuS 1979, 681, 685; Remmert, JURA 2007, 736–737; Battis, VwAT, S. 247; Achterberg, VwAT, § 21 Rn. 292; Ehlers/Pünder/Remmert, VwAT, § 36 Rn. 1; Peine, VwAT, Rn. 882; Maurer, VwAT, § 15 Rn. 1 unter Verwendung des Begriffs Realakt; Schröder, Verwaltungsrechtsdogmatik, S. 305–306; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 252–253; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 20. So dürfte auch Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 14 zu verstehen sein, wenn er von fehlenden Rechtswirkungen spricht. Zweifel an einer abschließenden Definierbarkeit bei Krause, Rechtsformen, S. 56, wenn er feststellt, der Begriff des Realakts erweise sich als „unspezifischer Sammelbegriff“. 32 So Robbers, DÖV 1987, 272, 274. 33 Die Formulierungen und Schwerpunktsetzungen unterscheiden sich in Nuancen, etwa darin, ob die Finalität bezüglich eines tatsächlichen Erfolgs oder die tatsächliche Herbeiführung eines tatsächlichen Erfolgs entscheidend ist, vgl. dazu Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 20 und ausführlich Siems, Der Begriff des schlichten Ver-

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln

131

durch grenzt es sich von rechtsgestaltenden Handlungsformen wie dem Verwaltungsakt, der durch die Verwaltung erfolgenden Rechtssetzung oder dem öffentlich-rechtlichen Vertrag ab. Das heißt freilich nicht, dass sich nicht auch an schlichtes Verwaltungshandeln sekundär Rechtfolgen knüpfen können34. Ein anderer Systematisierungsansatz steht dieser Fixierung auf die Regelungswirkung kritisch gegenüber. Begründet wird dies damit, die (negative) Regelungsbezogenheit der herrschenden Definition stehe einer dogmatischen Strukturierung des schlichten Verwaltungshandelns im Weg, da sie zu unterschiedliche Phänomene zusammenfasse und sich daher allgemeinen Aussagen entziehe35. Sinnvoller sei es, das schlichte Verwaltungshandeln als „Suchbegriff“ 36 zu begreifen, der vor allem die Funktion habe, die Verwaltungsrechtswissenschaft auf jene tatsächlichen Verwaltungspraktiken hinzuweisen, die bisher nicht hinreichend einer dogmatischen Strukturierung zugefügt worden seien37. Dieser Systematisierungsansatz setzt im Ergebnis auf der Ebene der Handlungs- und Rechtsformen an: Schlichtes Verwaltungshandeln wird dabei, um bei dem Bild der ,Entwicklungsskala‘ zu bleiben, als Bezeichnung für all jenes Verwaltungshandeln eingesetzt, welches noch nicht den für eine Einordnung als Handlungsform nötigen Grad der Typisierung erreicht hat38. Danach ist also schlichtes Verwaltungshandeln keine bestimmte Kategorie feststehender Handlungen, sondern ein durch die dogmatische Entwicklung Veränderungen unterliegender Begriff. Diesem Ansatz wird hier nicht gefolgt. Es erscheint als dogmatisch unbefriedigend, das schlichte Verwaltungshandeln auf die Funktion eines Indikators für noch nicht dogmatisch konturiertes Verwaltungshandeln zu beschränken. Auch ist es unzweckmäßig, eine derartige Auffangkategorie für nicht dogmatisch strukturiertes Verwaltungshandeln zu bilden. Denn hierzu sind in der Tat keine allgemeinen dogmatischen Aussagen möglich, da hier außer dem Mangel an dogmatischer Durchdringung kein verbindendes Merkmal besteht. Die Entwicklung allgemeiner Aussagen bezüglich des schlichten Verwaltungshandelns wäre mit diesem Ansatz unmöglich, weil es niemals einen feststehenden Katalog schlichwaltungshandelns, S. 4, 45–83. Die Unterscheidung dürfte für diese Untersuchung keinen Unterschied machen. 34 Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 29. Ein simples Beispiel wären etwa an ein rechtswidriges schlichtes Verwaltungshandeln anknüpfende Schadensersatzansprüche. Insoweit trifft der Befund von Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 30, rechtsunverbindliches Handeln sei nicht mit rechtunerheblichem Handeln gleichzusetzen, zu. 35 So die Kritik von Hermes, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 39 Rn. 17–20, der sich dabei auf die Bewertung des schlichten Verwaltungshandelns von Burmeister, VVDSTRL 52, 191, 231–232 und die Kritik von Krause, Rechtsformen, S. 55–56 stützt. 36 Hermes, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 39 Rn. 21. 37 Hermes, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 39 Rn. 21. 38 Hermes, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 39 Rn. 22.

132

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

ten Verwaltungshandelns geben könnte: Im Moment seiner umfassenden Normierung würde sich eine ,neue‘ Verwaltungshandlung vom schlichten Verwaltungshandeln zur Handlungs- oder gar Rechtsform entwickeln. Während die Differenzierung und Anerkennung von Handlungs- und Rechtsformen durchaus ihren Nutzen hat39, ist der Nutzen eines Oberbegriffs für noch überhaupt nicht typisiertes Verwaltungshandeln nicht ersichtlich. Betrachtet man dagegen den erstgenannten Ansatz, so mag es richtig sein, dass es sich beim nicht regelnden Verwaltungshandeln um eine sehr breite Kategorie handelt, über die allgemeine Aussagen schwierig sind. Bisher mag eine allgemein anerkannte Durchdringung nicht erfolgt sein, daraus kann man aber nicht folgern, eine vom Merkmal der Nicht-Regelung ausgehende Durchdringung wäre unmöglich40. Betrachtet man etwa auf der anderen Seite das regelnde Verwaltungshandeln, so käme niemand auf die Idee, darüber umfassende allgemeine Aussagen abzugeben, ohne etwa den Verwaltungsakt und den öffentlich-rechtlichen Vertrag zu differenzieren. Als Ausgangspunkt einer tiefergehenden Typisierung und Systematisierung ist die Differenzierung zwischen regelndem und nicht regelndem Verwaltungshandeln durchaus geeignet. Daher wird hier dem erstgenannten Ansatz gefolgt, der als begriffsbildend für das schlichte Verwaltungshandeln die fehlende Regelungsintention und Regelungswirkung betrachtet. b) Das informelle Verwaltungshandeln Stärker als beim schlichten Verwaltungshandeln besteht Uneinigkeit über Definition und Einordnung des informellen41 Verwaltungshandelns. Ausgangspunkt der rechtswissenschaftlichen Befassung mit dem informellen Verwaltungshandeln war die verstärkte Untersuchung kooperativer Ansätze in der Verwaltungspraxis und die Feststellung von Vollzugsdefiziten im Umweltrecht42. Der erste und wohl begriffsbildende Definitionsversuch sah als informelles Verwaltungshandeln „alle rechtlich nicht geregelten Tathandlungen, die der Staat anstelle von rechtlich geregelten Verfahrenshandlungen oder Rechtsfolgeentscheidungen wählt, die jedoch zur Herbeiführung des beabsichtigten Erfolgs auch in den von der Rechtsordnung bereitgestellten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Handlungsformen hätten erfolgen können“ 43 an. Typisch für informelles Verwal39

s. o. Kap. 3 I. 1. a), S. 125. Vgl. den Typisierungsansatz bei Robbers, DÖV 1987, 272, 274–280; zustimmend Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 252–253. 41 Die Rede ist teilweise auch von informalem Verwaltungshandeln. Welche Formulierung vorzuziehen ist, ist Gegenstand ausführlicher rechtswissenschaftlicher Diskussionen, vgl. zu sonstigen in dem Zusammenhang verwandten Formulierungen umfassend Kippes, Bargaining, S. 12–13, der über 30 Begriffe auflistet, die mehr oder minder auf dieses Phänomen bezogen sind. Der Streit dürfte insgesamt wenig zielführend sein, so auch Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 25 Fn. 54. 42 Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 2. 43 Bohne, VerwArch 75 (1984), 343, 344. 40

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln

133

tungshandeln sei darüber hinaus eine im weiten Sinne zu verstehende Tauschbeziehung und eine rechtliche Unverbindlichkeit44. Um Verständnis und Bedeutung dieser vier Merkmale – rechtliche Nichtregelung, rechtliche Unverbindlichkeit, Alternativitätsverhältnis zu einer rechtlich geregelten Handlungsform und Tauschbeziehung bzw. Kooperationsverhältnis zwischen den Beteiligten – kreist die Begriffsdiskussion bis heute. aa) Die Merkmale des informellen Verwaltungshandelns (1) Rechtliche Unverbindlichkeit Einigkeit besteht wohl über das Merkmal der rechtlichen Unverbindlichkeit oder Nicht-Regelung. Informelles Verwaltungshandeln zeichnet sich – ähnlich wie das schlichte Verwaltungshandeln45 – dadurch aus, nicht auf Setzung verbindlicher Rechtsfolgen gerichtet zu sein46. Klarstellend muss dazu gesagt werden, dass dies weder rechtliche Bindungen der Verwaltung bei der Verwendung informeller Verwaltungspraktiken noch eine faktische Verbindlichkeit des durch informelle Verwaltungshandlungen erreichten Ergebnisses ausschließt47. (2) Das Fehlen einer ausdrücklichen Normierung Als weiteres Merkmal wird das Fehlen einer ausdrücklichen Normierung des informellen Verwaltungshandelns genannt48. Damit ist das „Fehlen unmittelbar anwendbarer, geschriebener oder ungeschriebener Rechtssätze im Zeitpunkt der

44

Bohne, VerwArch 75 (1984), 343, 344. So auch Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 204; zur fehlenden Regelungswirkung des schlichten Verwaltungshandelns s. o. Kap. 3 I. 2. a), S. 130. 46 Wohl allgemeine Auffassung, etwa Bohne, VerwArch 75 (1984), 343, 344; Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 204–205; Dreier, StWStP 1993, 647, 648; Henneke, NuR 1991, 267, 270; Oster, NuR 2008, 845, 846; Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 57 Rn. 6; Ehlers/Pünder/Remmert, VwAT, § 37 Rn. 5; Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 7; Hermes, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 39 Rn. 30; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 25; Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip, S. 59–60; wohl auch Schulte, DVBL 1988, 512; von einer Sonderstellung zwischen „den Polen rechtlicher Unverbindlichkeit und rechtlicher Verbindlichkeit“ spricht Bauer, VerwArch 78 (1987), 241, 262. 47 Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 7–9; Brohm, DVBL 1994, 133, 134; Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 16–17; Oster, NuR 2008, 845, 846. 48 Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 45; Bohne, VerwArch 75 (1984), 343, 344; Bohne, in: HdUR I, Sp. 1047; Brohm, DVBL 1994, 133, 134; Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 205–206; Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 14–15; Ossenbühl, Jb. UTR 3 (1987), 27, 29; Bulling, DÖV 1989, 277; Henneke, NuR 1991, 267, 270. 45

134

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

Handlungsvornahme“ 49 gemeint. Vereinfacht ausgedrückt geht es darum, dass die informellen Verwaltungshandlungen anders etwa als Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlicher Vertrag keine ausdrückliche Normierung erfahren haben und daher nicht von der Rechtsordnung vorgesehen sind50. Hieran wurde bereits früh kritisiert, dass schon zum Zeitpunkt der ersten Konturierung des informellen Verwaltungshandelns vermeintlich informelle Instrumente bereits normiert waren und daher eine derartige Begriffsbildung eine gewisse Widersprüchlichkeit in sich trage51. Dieses Merkmal wirft aber auch Probleme auf, die sich auf die Funktion des Begriffs informelles Verwaltungshandeln beziehen lassen. Insoweit bestehen Parallelen zur Problematik bezüglich der Definition des schlichten Verwaltungshandelns52. Nimmt man an, dass zum informellen Verwaltungshandeln konstitutiv das Merkmal der fehlenden Normierung gehört, so erscheint es nicht möglich, einen festen Katalog an Handlungen zu identifizieren, die dauerhaft dem informellen Verwaltungshandeln zuzurechnen sind. Wird nämlich bei einem solchen Verständnis eine bisher informelle Handlungsweise normiert, so müsste man sie konsequenterweise aus dem informellen Verwaltungshandeln ausscheiden und dem formellen Verwaltungshandeln zurechnen53. Ein solches Verständnis läuft letztlich darauf hinaus, auch dem informellen Verwaltungshandeln eher eine „Suchfunktion“ 54 zu unterstellen55. Es begegnet daher auch den bereits geschilderten Bedenken: Der dogmatische Mehrwert einer solchen Sammelkategorie ist unklar, ein eigener Begriff für sämtliches nicht vollständig geregeltes Verwaltungshandeln ist wenig hilfreich. Eine Durchdringung des informellen Verwaltungshandelns mit dem Ziel, Konturen einzelner Handlungsformen zu entwickeln, erscheint angesichts eines wechselnden Be-

49

Bohne, in: HdUR I, Sp. 1047. Bohne, VerwArch 75 (1984), 343, 344; Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 14–15; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 13. 51 Stober, HdWUR, S. 816; Gentzcke, Informales Verwaltungshandeln, S. 2. Dieser Kritik kann man allerdings noch leicht begegnen, indem man solche normierten vermeintlich informellen Instrumente dann eben nicht mehr als informell bezeichnet. Siehe dazu die Nachweise unten in Kap. 3 Fn. 53. 52 Vgl. oben Kap. 3 I. 2. a), S. 130 und die dortige Auffassung von Hermes, Fn. 36– 38. 53 So zum Beispiel Robbers, AfP 1990, 84, 87: „Gesetzliche Normierungen [. . .] transformieren dieses informale Verwaltungshandeln in formales“; so auch Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 19–22; Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 206, 208. 54 Hermes, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 39 Rn. 21 zum schlichten Verwaltungshandeln. 55 Insbesondere wenn man davon ausgeht, dass das Fehlen einer ausdrücklichen Normierung das einzige begriffsbildende Merkmal des informellen Verwaltungshandelns ist, vgl. zu dieser Ansicht die Nachweise bei Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 203 Fn. 1147. 50

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln

135

stands im Katalog informellen Verwaltungshandelns als praktisch unmöglich. Will man das informelle Verwaltungshandeln als eigenständige Kategorie des Verwaltungshandelns etablieren, so bedarf es eines im Grundsatz bestimmbaren Handlungskatalogs. Daher wird hier einem anderen Verständnis dieses Merkmals gefolgt. Man kann das Fehlen einer ausdrücklichen Normierung auch als ,bisheriges Fehlen‘ verstehen. Gemeint ist damit, dass informelles Verwaltungshandeln nicht zu den überkommenen, rechtlich normierten und formalisierten Handlungsformen wie etwa Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlicher Vertrag gehört56, die von Rechtsprechung und Rechtswissenschaft bereits umfassend aufgearbeitet und dogmatisch weistestgehend erschlossen sind. Konsequenz ist, dass ein bisher ungeregeltes informelles Verwaltungshandeln trotz einer späteren Normierung weiter dem informellen Verwaltungshandeln zugerechnet wird. Dem Merkmal geht damit wohl ein guter Teil seiner Bedeutung verloren57. Dies erscheint jedoch angesichts des Zugewinns an inhaltlicher Gewissheit bezüglich des Begriffs informelles Verwaltungshandeln als vorzugswürdig. Es wird auch nicht völlig bedeutungslos. Einerseits betont es die Abgrenzung des informellen Verwaltungshandelns gegenüber den überkommenen Handlungsformen als novum in der dogmatischen Erfassung durch die Verwaltungsrechtswissenschaft58, auch wenn rechtstatsächlich informelle Praktiken wohl seit jeher angewendet werden59. Andererseits ist es mit dem Merkmal der rechtlichen Unverbindlichkeit nicht übereinstimmend, denn es gibt auch tradierte Formen des

56 So kann man etwa Ossenbühl, Jb. UTR 3 (1987), 27, 29 verstehen, wenn er dem informellen Verwaltungshandeln zuordnet, was „sich nicht unter die herkömmlichen (Hervorhebung nur hier) rechtlich formalisierten Handlungsformen der Verwaltung rubrizieren lässt“; ähnlich die Terminologie bei Maurer, VwAT, § 15 Rn. 14; wohl auch Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 57 Rn. 6: „kaum rechtlich vorgeprägt“; Knack/Henneke/Ritgen, VwVfG, vor § 9 Rn. 17: „herkömmlichen (Hervorhebung nur hier) rechtlich formalisierten Handlungsformen“; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 23. Im Ergebnis dasselbe erreichen die Autoren, die auf das Vorliegen des Merkmals verzichten, so etwa Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 7–13; Oster, NuR 2008, 845, 846; skeptisch gegenüber dieser Fokussierung einer durch mangelnde Normierung begründeten Informalität Bulling, DÖV 1989, 277, 278. 57 Dies mag der Grund sein, warum gerade jüngere Publikationen wie etwa Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 7–13 und Oster, NuR 2008, 845, 846 es nicht mehr erwähnen. 58 Schulte, DVBL 1988, 512, 513: „neue, eigenständige Form des Verwaltungshandelns“. 59 Gemeint ist insoweit also weniger das tatsächliche Auftreten von informellem Verwaltungshandeln als vielmehr seine rechtliche Durchdringung. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass als informelles Verwaltungshandeln bezeichnete Praktiken tatsächlich bereits lange vor ihrer Beachtung durch die Rechtswissenschaft stattfanden, etwa bei Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 21; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 22; Maurer, VwAT, § 15 Rn. 15.

136

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

Verwaltungshandelns, welche zwar ohne Regelungswirkung daherkommen, aber dennoch rechtlich vorgesehen sind60. (3) Alternativitätsverhältnis zur tradierten Rechtsform Ein weiteres Merkmal informellen Verwaltungshandelns soll das Bestehen eines Alternativitätsverhältnisses zu einem rechtsförmlichen Verfahren sein61. Danach ergänzt oder ersetzt informelles Verwaltungshandeln rechtlich vorgesehene Verwaltungshandlungen. Auch dieses Merkmal bedarf vor dem Hintergrund der soeben vorgenommenen Einschränkung des Merkmals einer fehlenden Normierung informellen Verwaltungshandelns62 einer Präzisierung, denn nach hiesigem Verständnis können auch informelle Verwaltungshandlungen, die normiert werden, der Kategorie des informellen Verwaltungshandelns zugeordnet bleiben. Überträgt man die Wertung auf dieses Merkmal, so wird man davon ausgehen müssen, dass ein Alternativitätsverhältnis zu einer tradierten rechtlich geregelten Handlungsform wie dem Verwaltungsakt, dem öffentlich-rechtlichen Vertrag oder der Normsetzung bestehen muss63. Eine Behörde erfüllt dieses Merkmal also schon, wenn sie etwa eine informelle Absprache trifft, anstatt ein Verhalten im Wege der Regelung verbindlich vorzuschreiben, unabhängig davon, ob eventuell die Absprache selbst rechtlich als Alternative vorgesehen war64. Darin liegt nur scheinbar ein Widerspruch. Man könnte auf den ersten Blick meinen, dass ein rechtlich vorgesehener informeller Schritt doch gegenüber einer tradierten Handlungsform keine informelle Alternative mehr darstelle, sondern einfach ein weiterer rechtlich vorgesehener Handlungstypus sei. Das Bild wird klarer, wenn man sich gerade in Bezug auf die tradierten Handlungsformen vor Augen führt, dass diese, vor allem im Umwelt- und Technikrecht, häufig umfassende Form- und Verfahrensvorschriften 60 Man denke etwa an einige polizeiliche Standardmaßnahmen, vgl. dazu Robbers, DÖV 1987, 272, 275–276. 61 Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 67–68; Bohne, VerwArch 75 (1984), 343, 344; Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 206–207; Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 17–18; Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip, S. 59; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 350; Oster, NuR 2008, 845, 846; wohl auch Dreier, StWStP 1983, 647, 648; Brohm, DVBL 1994, 133, 134; Ehlers/Pünder/Remmert, VwAT, § 37 Rn. 5. 62 s. o. Kap. 3 I. 2. b) aa) (2), S. 133. 63 Ähnlich Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 10: „Nach der hier vorgenommenen Kategoriebildung ist informelles Verwaltungshandeln ferner dadurch gekennzeichnet, dass die Verwaltung zwischen rechtsförmlichen (mittels Vertrag, Verwaltungsakt oder Normsetzung) (Hervorhebung nur hier) und einem informellen Vorgehen [. . .] wählen kann“. 64 So im Ergebnis Gentzcke, Informales Verwaltungshandeln, S. 2–3 und wohl auch Stober, HdWUR, S. 816, der allerdings kaum zwischen schlichtem und informellem Verwaltungshandeln differenziert.

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln

137

vorsehen, die durch eine informelle Lösung aus Effizienz- und Steuerungsgesichtspunkten vermieden werden sollen65. Diese insofern für alle Beteiligten ,leichtere‘ Alternativlösung bleibt auch dann eine Alternative zu den tradierten Rechtsformen, wenn sie selbst gesetzlich vorgesehen wird66. Dabei ist nicht erforderlich, dass durch die informelle Vorgehensweise exakt dasselbe tatsächliche Ergebnis erreicht wird67. Es genügt, dass eine im beschriebenen Sinn tradierte rechtsförmliche Handlungsform substituiert wird, also etwa statt einer einseitighoheitlichen Regelung von Fahrzeugemissionswerten durch Gesetz eine informelle Absprache mit den Herstellern getroffen wird68. (4) Das Kooperationsverhältnis Betrachtet man die bisher diskutierten Merkmale, so ergeben sich aus ihnen im Verhältnis zum schlichten Verwaltungshandeln bisher nur graduelle Unterschiede. Hinzu kommt ein viertes Merkmal, welches das Wesen des informellen Verwaltungshandelns im Kern prägt: Bei informellem Verwaltungshandeln begegnen sich die Verwaltung und der Bürger in einem Kooperationsverhältnis69. Im Ge65 Hinzu kommen häufig Probleme der rechtlichen Durchsetzbarkeit und die fehlende rechtliche Bindungswirkung. Der Gedanke der Umgehung von verbindlicher Regelung, formellen Vorschriften und (rechts-)unsicheren formalisierten Verfahren zugunsten einer flexiblen, schnellen, kostengünstigen und konfliktarmen Lösung im Wege einer informellen Verwaltungshandlung ist unstrittig einer der Hauptgründe für die Popularität des informellen Verwaltungshandelns, zu dieser Motivation etwa Henneke, NuR 1991, 267, 269; Oster, NuR 2008, 845; Dreier, StWStP 1993, 647, 648; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 242–244; Bulling, DÖV 1989, 277. 66 Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass die Normierung eines informellen Verwaltungsinstruments nicht dazu führen darf, dass dieses ebenso mit Verfahrens- und Formvorschriften ,überladen‘ wird wie die ursprünglichen Handlungsformen der Verwaltung, da sie dann eben ihre Attraktivität als Alternative verliere, so etwa Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 83. Zu Betonen ist aber, dass eine Normierung, die eine Verwaltungshandlung nicht mit derartigen Vorschriften ,formalisiert‘, nach wie vor die Informalität der Verwaltungshandlung unberührt lässt, solange sie eben nicht in solchem Umfang formelle Vorschriften bezüglich Verfahren und Form vorsieht, dass diese Alternativität verloren geht. Es geht gerade darum, dass informelles Verwaltungshandeln kaum rechtlich vorgeprägt ist und Handlungsbindungen verringern will, Wolff/ Bachof/Stober, VerwR I, § 57 Rn. 6. Das heißt nicht, dass es überhaupt nicht rechtlich geprägt sein darf. Das Maß der rechtlichen Prägung bleibt nur erheblich hinter dem der tradierten Handlungsformen zurück. 67 Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 10; ähnlich Gentzcke, Informales Verwaltungshandeln, S. 2–3, der die Existenz einer „echten Alternativität“ bezweifelt. Ein echtes Alternativitätsverhältnis im Sinne des „gleichen tatsächlichen Erfolgs“ verlangt dagegen Bohne, in: HdUR I, Sp. 1049. 68 Beispiel angelehnt an Ossenbühl, Jb. UTR 3 (1987), 27, 29. 69 Besonders nachdrücklich Dreier, StWStP 1993, 647, 652: „Informales Verwaltungshandeln ohne Kooperation [. . .] erscheint nicht vorstellbar“; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 114; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 52; Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 208–209; Bohne, VerwArch 75

138

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

gensatz zu der in den tradierten Rechtsformen üblichen einseitig-hoheitlichen Regelung70 wird auf der Basis einer rechtlich unverbindlichen Willensübereinstimmung das Steuerungsziel der Verwaltung erreicht. Dieses Merkmal rückt auch die bisher genannten Merkmale in ein schlüssiges Gesamtbild: Bei den tradierten Handlungsformen, zu denen informelles Verwaltungshandeln eine Alternative bildet, handelt es sich nicht nur, aber doch überwiegend um einseitige hoheitlich regelnde Handlungsformen mit umfassender rechtlicher Vorprägung auch hinsichtlich Verfahren und Form wie den Verwaltungsakt oder die Normsetzung. Auch bezüglich des Kooperationsverhältnisses differieren die Schwerpunktsetzungen. Teilweise wird ein echtes Kooperationsverhältnis im Sinne eines Tauschverhältnisses, also der Austausch von Leistung und Gegenleistung verlangt71. Der wesensmäßige Kern des informellen Verwaltungshandelns dürfte aber – auch vor (1984), 343, 344; Oster, NuR 2008, 845, 846; Bulling, DÖV 1989, 277, 278; Shirvani, Kooperationsprinzip, S. 207–209; Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167, 172; Schlecht, Behördliche Warnungen, 10; Ehlers/Pünder/Remmert, VwAT, § 37 Rn. 5: „unter Einbeziehung der [. . .] Betroffenen“; Kaiser, Die Kommunikation der Verwaltung, S. 218–220; wohl auch Maurer, VwAT, § 15 Rn. 14–16. Das Merkmal des Kooperationsverhältnisses dürfte aber auch dasjenige sein, welches am häufigsten bestritten wird. Autoren, die dies tun, halten die Merkmale der fehlenden rechtlichen Normierung und des Alternativitätsverhältnisses für wesensprägend, verstehen diese aber manchmal auch strenger als die hier vertretene Auffassung, so etwa Ossenbühl, Jb. UTR 3 (1987), 27, 29; Henneke, NuR 1991, 267, 270–271; Schulte, DVBL 1988, 512; Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip, S. 62; Kippes, Bargaining, S. 30–31; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 16–17; Hermes, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 39 Rn. 31; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 71; als typisches, aber nicht zwingend notwendiges Merkmal informellen Verwaltungshandeln wird das Kooperationsverhältnis wohl von Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 349, 351 bewertet. Darauf scheint auch Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 18–27 im Ergebnis hinauszulaufen, der einseitig-, zweiseitig- und mehrseitig-informelles Verwaltungshandeln abgrenzt. 70 Eine Ausnahme bildet insoweit der öffentlich-rechtliche Vertrag, der allerdings auch rechtlich verbindliche Regelungen trifft, auch wenn diese kooperativ getroffen werden. Auf Grund dieser Kooperation bildet Bulling, DÖV 1989, 277, 278–282 die Gruppe des „Kooperativen Verwaltungshandeln“, in der er dann aber informelle und formelle Instrumente mischt. Es ist aber kein Widerspruch zur hier vorgenommenen Kategorienbildung, wenn man auch die Existenz nicht informeller kooperativer Verwaltungshandlungen wie etwa dem öffentlich-rechtlichen Vertrag anerkennt. Denn dass informelles Verwaltungshandeln stets kooperativ ist, heißt nicht, dass umgekehrt jedes kooperative Verhalten informell sein muss. Der Unterschied insbesondere zum öffentlich-rechtlichen Vertrag liegt dann nämlich darin, dass dieser rechtliche Verbindlichkeit besitzt, informelles Verwaltungshandeln aber nicht. So auch Shirvani, Kooperationsprinzip, S. 208–209: „Nicht jedes kooperative Verwaltungshandeln ist informal, aber informales Verwaltungshandeln ohne Kooperation erscheint nicht vorstellbar“ und Dreier, StWStP 1993, 647, 652: „Kooperation ist conditio sine qua non (Hervorhebung im Original), aber nicht conditio sine per quam (Hervorhebung im Original) des informalen Verwaltungshandelns“. 71 Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 68; Shirvani, Kooperationsprinzip, S. 207; Oster, NuR 2008, 845, 846; Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 209.

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln

139

dem Hintergrund des Zwecks der Begriffsbildung – ein anderer sein. Er verlangt, den Begriff des Kooperationsverhältnisses weit zu ziehen72, und macht klar, warum Kooperation begriffsprägend für das informelle Verwaltungshandeln ist. Substituiert der Staat einseitig-hoheitliches regelndes Handeln durch informelles Verwaltungshandeln, so verzichtet er (jedenfalls zunächst73) auf Möglichkeiten der Durchsetzung, die etwa bei hoheitlicher Regelung im Wege des Verwaltungszwangs möglich wäre. Die Beachtung des informellen Verwaltungshandelns ist allein von Entschluss und Kooperationsbereitschaft der Adressaten oder Kooperationspartner abhängig74. Auf den Punkt gebracht wurde dies mit der Formulierung, Recht bzw. regelndes Handeln habe einen Steuerungsanspruch, dagegen habe informelles Verwaltungshandeln lediglich eine Steuerungserwartung75. Die Kooperation besteht also darin, einen (möglicherweise nur impliziten) Konsens zu suchen, aufgrund dessen in beiderseitigem Interesse auf regelnde Hoheitsakte verzichtet werden kann76. (5) Zwischenergebnis Nimmt man diese Merkmale in der hier vertretenen Form zusammen, so handelt es sich bei informellem Verwaltungshandeln um nicht regelndes Verwaltungshandeln, welches nicht oder nur in vergleichsweise geringem Umfang normativ vorgeprägt ist und welches eine tradierte formalisierte Handlungsform ergänzt oder ersetzt, indem es den erwünschten Steuerungserfolg statt durch (in der Regel einseitig-regelndes) hoheitliches Handeln im Wege der Konsensfindung und auf Basis von Freiwilligkeit und Akzeptanz der Beteiligten erreicht. bb) Das Verhältnis des informellen Verwaltungshandelns zum schlichten Verwaltungshandeln Stehen somit die Begriffe des schlichen und des informellen Verwaltungshandelns fest, kann ihr Verhältnis zueinander geklärt werden. Es kommen drei Varianten in Betracht: Man kann informelles und schlichtes Verwaltungshandeln gleichsetzen77, sie als gänzlich unabhängige verschiedene Handlungsformen der 72

So auch Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 13. Die Alternative der einseitigen Regelung steht ja durchaus oft im Raum, vgl. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 246. 74 Dreier, StWStP 1993, 647, 651. 75 Schoch, in: HbdStR, § 37, Rn. 26. Ob darüber hinaus, wie Schoch meint, eine Systembildung um den Begriff der Information erforderlich ist, bedarf hier keiner Vertiefung. 76 Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 12–14; auch Maurer, VwAT, § 15 Rn. 14 lässt eine „tatsächliche Verständigung“ genügen. Für Ehlers/Pünder/Remmert, VwAT, § 37 Rn. 5 reicht eine Einbeziehung der Betroffenen. 77 Ausdrücklich: Schröder, Verwaltungsrechtsdogmatik, S. 305; So werden gelegentlich auch Ossenbühl, Jb. UTR 3 (1987), 27, 29–30; Brohm, DVBL 1994, 133, 134 und 73

140

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

Verwaltung betrachten78 oder informelles Verwaltungshandeln als eine Unterart des schlichten Verwaltungshandelns ansehen79. Die Lösung ergibt sich bei Betrachtung der Merkmale beider Arten des Verwaltungshandelns vor dem Hintergrund logischer Regeln der Begriffsbildung. Danach versteht man unter einer Gattung verschiedene Dinge, die ein gemeinsames wesentliches Merkmal haben80. Kommt ein weiteres Merkmal hinzu, welches nicht alle Dinge der Gattung teilen, so bilden alle Dinge, die das Gattungsmerkmal und ein weiteres Merkmal teilen, eine (Unter-)Art der Gattung81. Es lässt sich aus diesen Grundsätzen folgernd begründen, warum es sich beim informellen Verwaltungshandeln um eine Unterart der Gattung des schlichten Verwaltungshandelns handelt. Sowohl schlichtes als auch informelles Verwaltungshandeln teilen zunächst das Merkmal der fehlenden Regelungswirkung, haben also inhaltliche Überschneidungen und gehören zur selben Gattung der nicht regelnden Verwaltungshandlungen. Das spricht bereits gegen die Annahme, es handle sich um gänzlich unterschiedliche unabhängige Handlungskomplexe. Damit bleibt die Frage, ob es sich um gleichzusetzende Begriffe handelt, oder ob informelles Verwaltungshandeln eine Unterart des schlichten Verwaltungshandelns ist. In Bezug auf das schlichte Verwaltungshandeln wurde die fehlende Regelung als das einzig wesentliche Merkmal identifiziert82. Schlichtes VerwalHenneke, NuR 1991, 267, 270–271 interpretiert. Zumindest Brohm und Henneke thematisieren das schlichte Verwaltungshandeln allerdings nicht ausdrücklich, sodass dieser Schluss nicht zwingend erscheint. Diese Interpretation mag damit zusammenhängen, dass die genannten Autoren den Begriff des informellen Verwaltungshandelns weiter ziehen als andere und darin eine Gleichstellung mit dem schlichten Verwaltungshandeln vermutet wird, vgl. Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 14 Fn. 38 in Bezug auf Ossenbühl. Zumindest Henneke, NuR 1991, 267, 268 Fn. 1 zitiert aber zum Begriff „Informelles/Informales Verwaltungshandeln“ auch Literatur, die sich ausdrücklich auf schlichtes Verwaltungshandeln bezieht, was für eine Gleichsetzung seinerseits spricht. 78 Hermes, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 39 Rn. 30–31; wohl auch Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167, 170–171; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 233–235; Burmeister, VVDSTRL 52, 191, 235; Schulte, DVBL 1988, 512, 513; Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 14–15 sieht beide „zusammengefasst in der Auffangkategorie der bloßen Realakte“, was wohl auf ein Nebeneinander von informellem und schlichtem Verwaltungshandeln hindeutet und nicht auf eine Einordnung des informellen in das schlichte Verwaltungshandeln. 79 Ehlers/Pünder/Remmert, VwAT, § 37 Rn. 5; Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 236; Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 57 Rn. 7–8; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 349; Battis, VwAT, S. 250; Maurer, VwAT, § 15 Rn. 14–24 implizit durch seine Einordnung des informellen Verwaltungshandelns in das Kapitel „Schlichtes Verwaltungshandeln“; Shirvani, Kooperationsprinzip, 208; wohl auch Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 25, wenn er davon spricht, informale Staatstätigkeit über die Kategorie der Realakte hinaus zu präzisieren. 80 Vgl. dazu Schnapp, Logik im Recht, S. 31, 35. 81 Schnapp, Logik im Recht, S. 36. 82 s. o. Kap. 3 I. 2. a), S. 130.

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln

141

tungshandeln ist also der Gattungsbegriff des nicht regelnden Verwaltungshandelns. Das informelle Verwaltungshandeln hat darüber hinaus weitere Merkmale, die es nicht mit dem schlichten Verwaltungshandeln teilt83. Diese grenzen es von anderen Typen schlichten Verwaltungshandelns ab. Sie widersprechen inhaltlich aber auch nicht dem wesensbildenden Merkmal des schlichten Verwaltungshandelns84. Folglich ist informelles Verwaltungshandeln absteigende85 (Unter-)Art der Gattung des schlichten Verwaltungshandelns als Oberbegriff. Diese methodisch eigentlich recht einfache Begriffsbildung wird häufig bestritten. Dies mag in vielen Fällen an einer immer noch bestehenden Unsicherheit über die begriffsbildenden Merkmale von schlichtem und informellem Verwaltungshandeln liegen. Materiell wird dagegen eingewandt, die Einbeziehung des informellen Verwaltungshandelns in die Kategorie des schlichten Verwaltungshandelns verdecke aufgrund der extremen Breite des schlichten Verwaltungshandelns die dogmatischen Besonderheiten und die wachsende Bedeutung des informellen Verwaltungshandelns86. Allein die Bedeutung oder dogmatische Besonderheiten einer Unterart können es aber nicht rechtfertigen, eine an sich richtige Zuordnung zweier Begriffe zu ändern87 und dadurch die bestehenden dogmatischen Gemeinsamkeiten in ihrer Relevanz zu verwischen. Dies lässt sich an einem Beispiel verdeutlichen, betrachtet man auf der anderen Seite regelndes Verwaltungshandeln. Niemand würde bestreiten, dass der Verwaltungsakt im Rahmen regelnder Verwaltungstätigkeit eine besondere Bedeutung etwa im Vergleich zum öffentlich-rechtlichen Vertrag hat88. Dennoch käme niemand auf die Idee, den Verwaltungsakt zwecks Betonung seiner besonderen Bedeutung – also quasi aus Gründen der Anschaulichkeit – aus dem regelnden Verwaltungshandeln insgesamt auszuscheiden und gegenüber sonstigem regelnden Verwaltungshandeln als eigene völlig andere Handlungsform darzustellen. Damit würde vielmehr der Boden für dogmatische Missverständnisse gelegt. Summa summarum ist daher das informelle Verwaltungshandeln als eine Unterart des schlichten Verwaltungshandelns anzusehen.

83

Zu diesen Merkmalen oben Kap. 3 I. 2. b) aa) (2)–(4), S. 133. Dies belegt in Bezug auf die artbildenden Merkmale des informellen Verwaltungshandelns, dem Fehlen einer gesetzlichen Normierung, dem Bestehen eines Alternativitäts- und dem Bestehen eines Kooperationsverhältnisses, Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 233–236. 85 Zur Einteilung Schnapp, Logik im Recht, S. 36. 86 Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 48–49. 87 Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 48 gibt selbst zu, dass weitestgehend Gemeinsamkeiten bestehen. 88 Dies war gerade ein Kritikpunkt an der dogmatischen Ausrichtung der Verwaltungsrechtswissenschaft, vgl. die Nachweise oben in Kap. 3 Fn. 11. 84

142

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

3. Einordnung des staatlichen Informationshandelns Stehen somit die Begriffe des schlichten und des informellen Verwaltungshandelns fest, kann geklärt werden, welcher dieser Kategorien staatliches Informationshandeln zuzuordnen ist. Zunächst muss dazu der Begriff des staatlichen Informationshandelns konturiert werden (a)). Aufgrund der hier vorgenommenen Begriffsbildung von informellem Verwaltungshandeln als Unterart des schlichten Verwaltungshandelns bietet es sich an, zuerst die noch recht klare Zuordnung zum schlichten Verwaltungshandeln zu begründen (b)). Sodann kann darüber hinaus geprüft werden, ob staatliches Informationshandeln auch die weiteren Merkmale des informellen Verwaltungshandelns erfüllt oder als eine eigenständige Unterart des schlichten Verwaltungshandelns zu qualifizieren ist (c)). a) Staatliches Informationshandeln als Publikumsinformation Um Missverständnissen vorzubeugen erscheint zunächst eine begriffliche Konturierung des staatlichen Informationshandelns angezeigt. Man könnte staatliches Informationshandeln weit verstehen und darunter alle Arten staatlicher Tätigkeit mit Informationsbezug fassen89. Hier wird der Begriff in einem engeren Verständnis verwandt. Im Rahmen dieser Untersuchung ist staatliches Informationshandeln nur die antraglose Weitergabe von Informationen an eine breite Öffentlichkeit aufgrund eigener staatlicher90 Initiative91. Diese Art der Information wird oft auch als (aktive92) Publikumsinformation93 bezeichnet. 89 In diese Richtung wohl Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 78; Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 11; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 10. 90 Auch Berichte, die durch Gesetz oder Beschluss angefordert werden, beruhen insoweit auf staatlicher Initiative. 91 Ähnlich definiert Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 33–34 den Begriff der staatlichen Informationstätigkeit; ähnlich auch das Verständnis bei Leidinger, DÖV 1993, 925; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 25; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 44 und wohl auch Martini/Kühl, JURA 2014, 1221. Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 80–85 und Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 11 bezeichnen diese staatliche Handlung als „Öffentlichkeitsbezogene Informationstätigkeit“ und als eine Unterkategorie der staatlichen Informationstätigkeit im weiten Sinn; Di Fabio, Risikoentscheidungen, S. 400 spricht vom „Informationsakt“. 92 In Abgrenzung zur passiven oder reaktiven Publikumsinformation, die eine Weitergabe der Information nur auf Antrag aufgrund subjektiver Zugangsrechte etwa im Rahmen der Informationsfreiheit vorsieht. Diese Terminologie findet sich vor allem bei Schoch, etwa Schoch, NJW 2010, 2241; Schoch, VBlBW 2014, 361, 363; ebenso Augsberg, Informationsverwaltungsrecht, S. 200; zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden von aktiver Informationsveröffentlichung einerseits und reaktivem Informationszugang andererseits vgl. auch Gusy, DVBL 2013, 941, 944–945. Der Einteilung in eine aktive und eine passive Informationsweitergabe widerspricht Vierhaus, Umweltbewusstsein, S. 193, mit dem Argument, auch die reine Zugänglich-

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln

143

Ausgeklammert ist damit zunächst die reaktive Informationsweitergabe auf Antrag aufgrund von subjektiven Zugangsansprüchen wie etwa dem Informationsfreiheitsrecht. Es geht hier nur um die Veröffentlichung von Informationen von Amts wegen94. Nicht umfasst ist darüber hinaus das individualbezogene Handeln, wenn also der Staat nicht einen unbestimmten Personenkreis, sondern konkrete Einzelpersonen mit Informationen versorgt95, was etwa bei Auskünften an Private oder hoheitlicher Beratung erfolgt96. Ebenfalls ausgenommen sind damit Maßnahmen der Informationsvorsorge, zu der Aufgaben der Informationsgewinnung und Informationsaufbewahrung gehören97. Nicht gänzlich ausgenommen ist dagegen das staatsbezogene Handeln. Damit sind die „Informationsbeziehungen und -ströme zwischen den Gliederungen des Staates“ 98 gemeint, wenn etwa eine staatliche Stelle einer anderen Mitteilungen oder Auskünfte macht oder Akteneinsichtsmöglichkeiten gewährt99. Einige dieser Maßnahmen werden, obwohl sie formal an eine staatliche Stelle adressiert sind, gezielt veröffentlicht und haben damit ähnliche und beabsichtigte Steuerungseffekte wie auch formal öffentlichkeitsbezogenes Handeln100. Das gilt insmachung aufgrund eines Zugangsrechts sei ein aktives Tun und daher nicht passiv. Dieser Einwand dürfte allerdings zumindest bei einer Unterscheidung aktiv/reaktiv kein Problem sein. 93 Grundlegend zum Begriff Gramm, Der Staat 30 (1991), 51, 53–54; auch Gramm scheint die Begriffe der Publikumsinformation und des staatlichen Informationshandeln synonym zu verwenden, etwa Gramm, Der Staat 30 (1991), 51, 53, 74; zum Begriff der Publikumsinformation siehe auch Bumke, DV 37 (2004), 3, 6–7. Ob nun einer der beiden Begriffe vorzugswürdig ist, muss hier nicht entschieden werden. Beide haben Vor- und Nachteile. Bumke, DV 37 (2004), 3, 6 Fn. 8 hält den Begriff der Publikumsinformation für prägnanter, außerdem habe er gegenüber dem Begriff der Informationstätigkeit den Vorteil, dass Individualkommunikation von vornherein ausgeschlossen sei. Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 9–10, wirft dem Begriff der Publikumsinformation dagegen vor, er erwecke lediglich den Eindruck eines Informationsangebots und verschleiere Lenkungseffekte, weshalb Feik von staatlichem Informationshandeln spricht. Für die hiesige Untersuchung werden die Begriffe synonym verwandt. Entscheidend ist, dass mit ihnen dasselbe Phänomen beschrieben wird. 94 Schoch, VBlBW 2014, 361, 363. 95 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 10. 96 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 10; Kloepfer, Informationsrecht, § 80 Rn. 79; umfassend zum Phänomen der Beratung durch Behörden Oebbecke, DVBL 1994, 147. 97 Dazu Kloepfer, Informationsrecht, § 80 Rn. 87–121 und Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 13–14, die allerdings auch Informationsweitergabe als Akt der Informationsvorsorge verstehen. Dieses Verständnis führt allerdings, was beide Autoren auch zugeben, zu einer gewissen Überschneidung mit individualbezogenem und öffentlichkeitsbezogenem Informationshandeln. 98 Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 86. 99 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 13; Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 86. 100 Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 80.

144

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

besondere für die hier interessierende Berichterstattung einer staatlichen Stelle an eine andere, zu nennen ist als bestes Beispiel die Berichterstattung gegenüber dem Bundestag101. b) Staatliches Informationshandeln als schlichtes Verwaltungshandeln Um der Kategorie des schlichten Verwaltungshandelns zugeordnet zu werden, muss staatliches Informationshandeln nicht-regelnde Verwaltungstätigkeit sein. Tatsächlich wurde dem staatlichen Informationshandeln zeitweise Verwaltungsakts-Qualität zugemessen102. Dies dürfte sich aber ausschließlich aus Rechtsschutzgründen erklären lassen, da zu diesem Zeitpunkt das Vorliegen eines Verwaltungsakts notwendige Voraussetzung war, um Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten zu erlangen103. Diese Notwendigkeit ist mit dem Erlass der VwGO entfallen. Betrachtet man hoheitliches Informationshandeln ohne den Druck der Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes104, so hat Informationstätigkeit nicht die Intention, eine Rechtsfolge zu setzen, es fehlt ihm also an einer Regelungswirkung105. Es ist daher kein Verwaltungsakt, sondern nicht regelndes Verwaltungshandeln. Folglich gehört es zum schlichten Verwaltungshandeln106.

101 Kloepfer, Informationsrecht, § 30 Rn. 80; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 11–12. 102 Stern, BayVBL 1957, 86, 87–88 m.w. N. vor allem aus der älteren Rechtsprechung. 103 Dies tritt bei Stern, BayVBL 1957, 86, 87–88 in Bezug auf behördliche Warnungen deutlich zu Tage: „Daß diese Äußerungen nachhaltig in die Rechtsphäre [. . .] dessen, vor dem gewarnt werden soll, eingreifen, erscheint einleuchtend. [. . .] Sie sind daher Verwaltungsakte und unterliegen der Anfechtungsklage“. Bemerkenswert ist, dass Stern bereits lange vor den späteren Diskussionen um die Eingriffsqualität staatlicher Informationsmaßnahmen diesen eine solche recht bedenkenlos beimisst. Vgl. zur Eingriffsqualität staatlichen Hoheitshandelns unten Kap. 4 IV. 2. c), S. 299. 104 Darauf beruft sich noch Stern, BayVBL 1957, 86, 88. 105 OVG München NVWZ 2003, 998, 999: „als Realakt zu qualifizierendes staatliches Informationshandeln“; Ehlers/Pünder/Remmert, VwAT, § 36 Rn. 1; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 35 Rn. 91. 106 BVerwGE 71, 83, 86; Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 22, 50–58; Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 14; Hermes, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 39 Rn. 52–53; Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 32–36; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 235; Ossenbühl, JuS 1979, 681, 685; Robbers, DÖV 1987, 272, 278; Dreier, StWStP 1993, 647, 649; Maurer, VwAT, § 15 Rn. 8–13; Ehlers/Pünder/Remmert, VwAT, § 36 Rn. 1; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 24–25; Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 57 Rn. 14; Schröder, Verwaltungsrechtsdogmatik, S. 305, 315; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 17; Heintzen, VerwArch 81 (1990), 532; Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167, 170; Schlecht, Behördliche Warnungen, S. 8; Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 86; Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation, S. 14; Käß, WiVerw 2002, 197, 201; wohl auch Battis, VwAT, S. 251–252; Leidinger, DÖV

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln

145

c) Staatliches Informationshandeln als informelles Verwaltungshandeln Problematischer ist die Zuordnung des staatlichen Informationshandelns zum Bereich des informellen Verwaltungshandelns. In der rechtswissenschaftlichen Diskussion haben dies einige bejaht107, andere energisch bestritten108 oder für irrelevant erklärt109. Die Bewertung dieser Auseinandersetzung wird dadurch erschwert, dass viele derjenigen, die Informationshandeln als informell ansehen, die Merkmale des informellen Verwaltungshandelns anders definieren als nach hier vertretener Ansicht110. Um eine eindeutige Zuordnung zu ermöglichen, soll vertieft geprüft werden, ob staatliches Informationshandeln die Merkmale des informellen Verwaltungshandelns erfüllt und ob darüber hinaus sonstige Gründe gegen eine Zuordnung sprechen.

1993, 925, 927; Akkermann, Harmonisierung von öffentlichen Warnungen, S. 11; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 149; implizit Hochhuth, NVWZ 2003, 30. 107 Ossenbühl, Jb. UTR 3 (1987), 27, 29; Henneke, NuR 1991, 267, 270–271; Schulte, DVBL 1988, 512; Brohm, DVBL 1994, 133, 134; Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 111; Degenhart, AfP 2010, 324, 327; Martini/Kühl, JURA 2014, 1221; indifferent Schröder, Verwaltungsrechtsdogmatik, S. 305; Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 19–22 jedenfalls für nicht normiertes staatliches Informationshandeln. 108 Meinungsprägend wohl Dreier, StWStP 1993, 647, 648–650; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 235; Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 15–16; Shirvani, Kooperationsprinzip, S. 208; Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 208–209; Di Fabio, Risikoentscheidungen, S. 398; Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167, 172; Oster, NuR 2008, 845, 846; Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 388–389; Schlecht, Behördliche Warnungen, S. 10; wohl auch Maurer, VwAT, § 15 Rn. 16; Ehlers/Pünder/Remmert, VwAT, § 37 Rn. 1–4 implizit durch die Trennung von informalem Verwaltungshandeln im Aufbau; von einer Trennung von Informationsmaßnahmen und informalem Verwaltungshandeln scheint auch Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 17 auszugehen, der von einem Nebeneinander von informalen und informationellen Verwaltungshandlungen unter dem Überbegriff der indirekten Verhaltenssteuerung spricht. 109 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 38 führt zu staatlichem Informationshandeln aus, eine weitere Qualifizierung als informales Verwaltungshandeln vermöge keine rechtlichen Konsequenzen aufzuzeigen und sei daher lediglich beschreibend. Allerdings hält Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 28–29 informelles Verwaltungshandeln auch nicht für eine eigenständige Handlungsform und verzichtet auf eine genauere Überprüfung, ob und inwieweit staatliches Informationshandeln die Merkmale informellen Verwaltungshandelns erfüllt. 110 Etwa, indem sie auf das Merkmal des Kooperationsverhältnisses als notwendiges Merkmal verzichten, so etwa Ossenbühl, Jb. UTR 3 (1987), 27, 29; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 16–17; Henneke, NuR 1991, 267, 270–271; Brohm, DVBL 1994, 133, 134; Gurlit, DVBL 2003, 1119, 1131–1132; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 71–78. Alternativ wird überhaupt nicht oder kaum zwischen informellem oder schlichtem Verwaltungshandeln differenziert, was eine Zuordnung ebenfalls als schwierig erscheinen lässt, so etwa Degenhart, AfP 2010, 324, 327; Schröder, Verwaltungsrechtsdogmatik, S. 305; Käß, WiVerw 2002, 197, 201–202; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 209; Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 231.

146

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

aa) Die fehlende rechtliche Normierung Noch recht unproblematisch ist das Merkmal der fehlenden rechtlichen Normierung. Staatliches Informationshandeln zählt zu den Bereichen des Verwaltungshandelns, die nicht umfassend formalisiert und normiert sind111. Zwar ist bis zu einem gewissen Grad eine Normierungstendenz feststellbar, die teilweise auch Form- und Verfahrensvorschriften vorsieht112, dies führt aber nach hier vertretener Auffassung nicht dazu, Informationsmaßnahmen aus dem Bereich des informellen Verwaltungshandelns ausscheiden zu lassen, da Informationsmaßnahmen nach wie vor nicht zu den tradierten Handlungsformen der Verwaltung gehören113. bb) Die Alternativität zu den regelnden Handlungsformen Häufiger bestritten wird die Existenz eines Alternativitäts- und Ergänzungsverhältnisses zwischen staatlichem Informationshandeln und regelnden Handlungsformen. An einer echten Alternativität fehle es, weil staatliches Informationshandeln aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig nicht regelndes Verwaltungshandeln substituieren könne114 oder weil es sich insgesamt nicht mehr als Ersatz oder Ergänzung einer behördlichen Entscheidung darstelle115. Das Argument der Verhältnismäßigkeit ist schon deswegen problematisch, weil es eine schwierig zu bewertende Frage des Einzelfalls ist, welche Maßnahme sich als eingriffsintensiver erweist oder ob ein ,Eingriffsgleichgewicht‘116 besteht117. Zwar mag es zutreffen, dass ein staatliches Informationshandeln regel111 C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 13; auch Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 19, solange keine Normierung stattfindet, da dann kein informelles Verwaltungshandeln mehr vorliege; Ossenbühl, Jb. UTR 3 (1987), 27, 29; Henneke, NuR 1991, 267, 270; Dreier, StWStP 1993, 647, 650; Brohm, DVBL 1994, 133, 134; wohl auch Gurlit, DVBL 2003, 1119, 1132. 112 Man denke etwa an § 40 LFGB, welcher eine umfassende Regelung von Voraussetzungen für eine Informationstätigkeit, Vorgaben für die anzugebenden Informationen und diverse Verfahrensvorschriften enthält, in § 40 Abs. 3 LFGB etwa eine Anhörungspflicht. 113 A. A. Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 19–21; Robbers, AfP 1990, 84, 87. Zur Begründung der hier vertretenen Ansicht s. o. Kap. 3 I. 2. b) aa) (2), S. 133. 114 Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 16. 115 Maurer, VwAT, § 15 Rn. 16; wohl auch Hermes, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 39 Rn. 31. 116 Ein solches scheint Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 16 für das Bestehen eines Alternativitätsverhältnisses zu verlangen, was zu seiner eigenen Skizzierung des Alternativitätsverhältnisses bei Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, Rn. 10–11 in einem gewissen Spannungsverhältnis steht. 117 So zutreffend Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 20 Fn. 56.

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln

147

mäßig nicht eine behördliche Entscheidung ergänzt118. Es kommt aber zumindest als ersetzende Maßnahme für behördliche Ge- und Verbote oder eine entsprechende Normsetzung in Betracht119. Darüber hinaus ist ein exaktes Alternativitätsverhältnis auch nicht erforderlich und wäre angesichts des grundlegenden Unterschieds der Steuerungstechnik von regelndem und nicht-regelndem Verwaltungshandeln auch kaum erreichbar120. Es bleibt aber dabei, dass staatliches Informationshandeln ein Handlungsziel der Verwaltung erreichen kann, welches sonst durch regelndes Verwaltungshandeln hätte erreicht werden müssen. Wenn es etwa das Ziel ist, den Absatz eines umweltschädlichen Produkts zu reduzieren, kann ein behördliches Abraten von einem Produkt eine ähnliche Wirkung erzielen wie ein behördliches Verkaufsverbot121. Dem steht nicht entgegen, dass dann nach wie vor das Produkt gekauft werden kann und daher die Wirkung nicht dieselbe Schärfe hat wie ein Verkaufsverbot. Das Handlungsziel einer Absatzverringerung wird dennoch erreicht. cc) Das Kooperationsverhältnis Damit bleibt die Frage, ob staatliches Informationshandeln in einem Kooperationsverhältnis stattfindet. Dieses Merkmal wird wohl am entschiedensten abgelehnt, wenn es um das Verhältnis von informellem Verwaltungshandeln und staatlichem Informationshandeln geht. Im Gegensatz zu echten Kooperationsverhältnissen sei bei staatlichem Informationshandeln kein echter Interessenausgleich gegeben122. Eine Konsensbildung, eine Übereinkunft aller Beteiligten, finde nicht statt123. Stattdessen handle es sich um typisch einseitiges hoheitliches Han118 Wobei auch das nicht zwingend ist. Wird etwa das Ergebnis einer behördlichen Kontrolle öffentlich bekannt gemacht, so kann man dies auch als Ergänzung des behördlichen Verfahrens betrachten. Dergleichen kommt etwa vor, wenn Entscheidungen des Bundeskartellamts gezielt veröffentlicht werden, vgl. dazu bereits Kloepfer, Information als Intervention, S. 1–2 m.w. N.; ebenfalls als ergänzendes Mittel zum klassischen ordnungsrechtlichen Instrumentarium befürwortend Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 55–56. 119 Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 20; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 124; diese Wertung kann man auch der verfassungsgerichtlichen Judikatur entnehmen, wenn dort davon die Rede ist, Information sei dann grundrechtsbeeinträchtigend, wenn sie „in ihrer Zielsetzung und ihren Wirkungen als Ersatz für eine staatliche Maßnahme“ verwandt würde, BVerfGE 105, 252, 273. Zur Eingriffsqualität von Informationen s. u. Kap. 4 IV. 2. c), S. 299. 120 Ähnlich Gentzcke, Informales Verwaltungshandeln, S. 2–3. 121 Vgl. zu diesem Beispiel Ossenbühl, Jb. UTR 3 (1987), 27, 31–32. 122 Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 16; Oster, NuR 2008, 845, 846; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 235. 123 Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167, 172; Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 208–209; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 52; implizit wohl auch v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 108–109, wenn er unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit kooperative Maßnahmen als milderes Mittel im Verhältnis zu staatlichem Informationshandeln anspricht.

148

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

deln, welches in seinen Wirkungen oft einem behördlichen Verbot entspreche124 und daher kein weiches Instrument der Verhaltenssteuerung, sondern eher vergleichbar mit dem polizeirechtlichen Instrumentarium sei125. Auch fehle es am für informelles Verwaltungshandeln typischen Informationsaustausch, der Informationsfluss fließe nur in eine Richtung und ein Aushandeln von Konditionen finde erst recht nicht statt126. Selbst wenn man eine Art Konsensbildung annehme, so finde diese nicht zwischen Verwaltung und Betroffenen, sondern zwischen Verwaltung und Publikum statt, wobei letzteres nicht mit den Betroffenen gleichzusetzen sei127. In der Auseinandersetzung mit diesen Argumenten hilft eine Rückbesinnung auf den Kern des Kooperationsverhältnisses. Es geht beim Kooperationsverhältnis weder um eine echte Tauschbeziehung im Sinne von Leistung und Gegenleistung, noch um einen expliziten Aushandlungsprozess. Diese Aspekte sind häufig Bestandteil des informellen Verwaltungshandelns128, jedoch nicht wesensnotwendig129. Um ein Kooperationsverhältnis zu bilden, genügt es schon, wenn es zu einer rein tatsächlichen Verständigung kommt, die das Steuerungsziel erreicht und daher auf rechtsförmliche Verwaltungshandlungen verzichtet werden kann130. Auf diesem Ausgangspunkt lässt sich ein Konsens entwickeln, der zwischen informierender Verwaltung und Informationsempfänger gebildet wird. Mit Information bezweckt die Verwaltung eine Verhaltensänderung beim Informationsadressaten, etwa indem sie an seine Vernunft appelliert131 oder mit sonstigen außerrechtlichen Anreizen operiert132. Ändert der Informationsadressat sein 124 Berg, ZLR 1990, 565, 567: „Sie haben typischerweise den Rechtserfolg eines behördlichen Verbotes“ zu staatlichen Warnungen; ähnlich Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167, 171; Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 208. 125 Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 11–12 zumindest für hoheitliche Warnungen; zustimmend Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 208. 126 Dreier, StWStP 1993, 647, 651; zustimmend Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 235. 127 In diese Richtung argumentiert Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 16. 128 Etwa bei informellen Verhandlungen und Absprachen, vgl. dazu Bulling, DÖV 1989, 277. 129 s. o. Kap. 3 I. 2. b) aa) (4), S. 137. Ähnlich Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 13; a. A. Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 389, der nur Absprachen als informelle Verwaltungshandlungen betrachtet. 130 Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 13. 131 Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 19 Fn. 52. 132 Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 376 nennt als Anreize: Abwendung von Gefahren, Minderung von Risiken, Abbau von Ängsten, Steigerung der Selbstachtung oder des gesellschaftlichen Ansehens, Entlastung von Schuldgefühlen, Stärkung von Autonomie.

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln

149

Verhalten entsprechend, so tut er dies, weil er dem Appell133, welchen die Behörde über ihre Informationsmaßnahme abgibt, zustimmt134. Es bildet sich mit anderen Worten ein Konsens zwischen Verwaltung und Adressat darüber, welche Schlussfolgerung für das Verhalten des Adressaten aus der Information zu ziehen ist135. Daher ist das Argument, es werde keinerlei Konsens gebildet, für das staatliche Informationshandeln nicht zutreffend. Es kommt auch zu einem Interessenausgleich: Der dem Appell folgende Adressat wahrt ein Stück weit seine Entscheidungsfreiheit, da ihm kein rechtlicher Zwang auferlegt wird. Die Behörde dagegen ist nicht gezwungen, ihre Entscheidungen rechtlich durchzusetzen, was ihr Personal- und Sachkosten sowohl im Rahmen von Verwaltungszwang als auch bei späterer prozessualer Verteidigung ihrer Entscheidung erspart136. Soweit dagegen eingewandt wird, bei Warnungen sei häufig der Bedrohungscharakter so hoch, dass man von einer freien Entscheidung des Verbrauchers nicht mehr sprechen könne137, so muss man hiergegen betonen, dass der Bürger grundsätzlich frei ist, auch unvernünftige und gegebenenfalls auch für sich selbst gefährliche Entscheidungen zu treffen. Ein normativer Steuerungszwang liegt dem staatlichen Informationshandeln nicht zu Grunde138. Es mag daher die Regel sein, dass auf staatliches Informationshandeln die gewünschte Reaktion folgt, der gewünschte Konsens gebildet wird. Ein Automatismus ist dies nicht139. Die Adres133 Käß, WiVerw 2002, 197, 198 definiert den Appell staatlicher Informationsmaßnahmen als konkludente Aufforderung zu einer bestimmten Verhaltensweise. 134 Wer etwa nicht an einer Demonstration oder Kundgebung teilnimmt, weil er über die rechtsextremistischen Aktivitäten des Veranstalters in einem Verfassungsschutzbericht gelesen hat, zieht ja gerade die vom Bericht angestrebte Schlussfolgerung und leistet insoweit dem Appell Folge, vgl. dazu oben Kap. 2. II. 1. a), S. 60. 135 Ähnlich Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, S. 19 Fn. 52, der in diesem Zusammenhang zutreffend von einem „stillschweigenden Konsens“ spricht. Ähnlich wohl auch Martin, Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 104–105, wenn sie Partizipation als Ziel des Konzepts der informierten Öffentlichkeit nennt, wozu auch Veröffentlichungspflichten von Behörden zählen. Partizipation ist aber nichts anderes als eine Form von Kooperation. 136 Dies sei an einem Beispiel konkretisiert: Unterstellt, eine Behörde wolle den Fleischkonsum reduzieren und warnt daher vor Gesundheitsgefahren bei übermäßigem Fleischkonsum, anstatt den Konsum von Fleisch rechtlich einzuschränken. Der Verbraucher als Adressat wahrt sich Entscheidungsfreiheit etwa in der Frage, inwieweit er sich dem Appell der Warnung beugt. Er kann sich etwa dafür entscheiden, insgesamt weniger Fleisch zu essen, aber nicht völlig darauf zu verzichten. Müsste die Behörde stattdessen eine rechtliche Regelung treffen, so müsste sie mit massivem Widerstand gegen ihre Regelungsmaßnahme rechnen. 137 Ossenbühl, Jb. UTR 3 (1987), 27, 33: „Unwiderstehlich“; Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 17: „Dem Adressaten wird faktisch kaum eine andere Wahl gelassen, als sich in dem erwünschten Sinn zu verhalten“. 138 Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 376. 139 So gibt es auch genug Beispiele, wo staatliche Informationsmaßnahmen zumindest über einen langen Zeitraum keine messbaren faktischen Wirkungen entfaltet haben, man denke nur mit Berg, ZLR 1990, 565; Bumke, DV 37 (2004), 3, 8 und Käß, WiVerw

150

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

saten können genauso entscheiden, den Appell zu ignorieren, ohne dadurch (rechtliche) Nachteile zu erleiden. Von daher besteht kein Unterschied etwa zur informellen Absprache: Auch dort kann es in hohem Maße vernünftig und im eigenen Interesse sein, der Behörde in einer Streitfrage nachzugeben. Allein gezwungen ist dadurch noch niemand. Auf der anderen Seite sind die Konsensbildung und der freie Wille auch bei anerkannten Typen informellen Verwaltungshandelns wie der Absprache nicht gänzlich ohne willensbeeinflussende Elemente. Denn kommt es nicht zu einer Einigung im Rahmen der Absprachebemühungen, so steht der „regulatorische Knüppel“ 140 als Alternative und Drohmittel zur Verfügung. Daher kann es auch bei informellem Verwaltungshandeln zu Situationen kommen, in denen faktischer Zwang im Raum steht141. Hierin liegt also kein abgrenzendes Merkmal zwischen informellem Verwaltungshandeln und staatlichem Informationshandeln, faktischer Zwang schließt ein Kooperationsverhältnis in diesem Sinne nicht aus. Damit zeichnet sich auch ab, was dem Argument, Informationshandeln entspreche in seinen Wirkungen mehr einem behördlichen Verbot und sei daher nicht konsensual, zu entgegnen ist. Wie bereits betont ist die Wirkung einer staatlichen Informationsmaßnahme vom Befolgungswillen der Adressaten abhängig. Diese derartig skizzierte Freiheit ist es auch, die das staatliche Informationshandeln vom behördlichen Verbot unterscheidet und die es mit anderen Typen informellen Verwaltungshandelns teilt. Beim Informationshandeln und beim informellen Verwaltungshandeln ist der Eintritt der Wirkungen abhängig von der Reaktion der Beteiligten142, bei staatlichen Ge- und Verboten liegt sie (rein rechtlich) allein in der Hand der Behörde143. Diese Unterscheidung ist auch deswegen rele2002, 197, 199 Fn. 24 an die lange kaum wahrgenommenen Warnhinweise auf Zigarettenwerbungen. Auch die konsequente Nennung verfassungsfeindlicher Parteien in den Verfassungsschutzberichten führte bisher nicht zum Untergang der genannten Parteien. Die Anprangerung großer Internetkonzerne durch die Datenschutzbehörden hat deren Marktposition bisher ebenfalls nur wenig schmälern können. Vgl. zu diesen beiden Beispielen oben Kap. 2 II. 1., S. 60 und Kap. 2 II. 3., S. 82. 140 Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 246. 141 Das kann bis zu einem faktischen Grundrechtseingriff führen, Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 61; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 133. Laut Michael, Rechtssetzende Gewalt, S. 328–329 kommen etwa informelle Selbstverpflichtungen von Unternehmen regelmäßig unter dem Einfluss hoheitlichen Drucks zustande. Bemerkenswert ist in dem Zusammenhang noch die Auffassung von Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 52 Fn. 201, der einerseits Warnungen für einseitige nicht konsensbasierte Handlungen hält, es aber für legitim hält, wenn seiner Auffassung nach konsensorientierte Absprachen durch Drohung mit Warnungen erzwungen werden. Warum diese dann noch kooperativ sein sollen, wenn sie durch die Drohungen erzwungen werden, wird nicht begründet. 142 Käß, WiVerw 2002, 197, 199; Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 20. 143 Damit soll nicht verhehlt werden, dass auch Ge- und Verbote bis zu einem gewissen Grad von der Folgebereitschaft der Bevölkerung abhängen. Dennoch dürfte unzweifelhaft sein, dass ein konzeptioneller Unterschied zwischen einem regelnden Verbot und

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln

151

vant, weil sie verdeutlicht, wie unsicher Informationsmaßnahmen gerade im Vergleich zu Ge- und Verboten als Steuerungsmittel sind144. Die Betonung der erst durch die Reaktion des Publikums ausgelösten Wirkungen lenkt den Blick auf das letzte Gegenargument: Bei informellem Verwaltungshandeln komme es zu einem Konsens mit den Betroffenen, bei staatlichem Informationshandeln dagegen sei die Steuerungsleistung von der Folgebereitschaft des Publikums abhängig und ein Konsens mit den Betroffenen sei nicht notwendig. Man wird den Einwand wohl wirkungsorientiert verstehen müssen: Betrachtet man eine informelle Absprache, so geht ihre Wirkung vom Folgewillen der an der Absprache Beteiligten aus. Das sind etwa bei einem behördlichen Genehmigungsverfahren der potenzielle Antragsteller als Betroffener und die Behörde. Bei staatlichem Informationshandeln dagegen lassen sich drei Gruppen unterscheiden. Warnt etwa eine Behörde vor Lebensmitteln, so werden die Wirkungen erzeugt durch die Behörde und die Reaktion des Publikums. Die Wirkungen treffen aber eine dritte Gruppe, in diesem Beispiel etwa die ,betroffenen‘ Lebensmittelhändler 145. Versteht man diesen Einwand so, so wird man darin aber dennoch keinen genuinen Unterschied ausmachen können, der staatliches Informationshandeln aus dem informellen Verwaltungshandeln ausscheidet. Denn die dem Argument zu Grunde liegende Beobachtung ist unzutreffend: Auch bei unstrittig informellem Verwaltungshandeln treten Wirkungen nicht nur zwischen der Behörde und den „Betroffenen“ 146 ein. Betrachtet man die Absprache als einen der unstrittigen Typen informellen Verwaltungshandelns, so ist eine der problematischsten Fragen, wie die Gefährdung der (Grund-)Rechte Dritter durch bilaterale Absprachen vermieden werden kann147. Hieran zeigt sich, dass auch vermeintlich bipolare Verhältnisse wie die einer Absprache Wirkungen für Betroffene haben können, die nicht an der Absprache beteiligt sind. Dennoch käme niemand auf die Idee, diese Absprachen deswegen nicht mehr als informelles einem Verhaltensappell in Form einer Information besteht. Es ist der Unterschied zwischen „Steuerungsanspruch“ und „Steuerungserwartung“, Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 26. Bei einem Steuerungsanspruch hat die Verwaltung das Recht, die Einhaltung des Gebots verlangen zu können und entsprechend durchzusetzen. Bei einer Steuerungserwartung hat sie genau dieses Recht nicht, sondern hofft auf die autonome Folgebereitschaft der Bevölkerung. 144 Di Fabio, JZ 1993, 689, 691 bezeichnet staatliches Informationshandeln daher zu Recht als „in seinen Wirkungen mitunter unvorhersehbares Mittel“; ähnlich Käß, WiVerw 2002, 197, 199; Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 55. 145 Recht anschaulich erscheint die Differenzierung von Käß, WiVerw 2002, 197, 198, der bei hoheitlichen Warnungen in Adressaten der Informationsaussage und Adressaten der Informationswirkung differenziert. 146 Wie auch immer man den Begriff des Betroffenen nun verstehen will. Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 16 erläutert das Kriterium der Betroffenheit nicht näher. 147 Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 60, 92–96; Dreier, StWStP 1993, 647, 660–661; Bohne, VerwArch 75 (1984), 343, 358.

152

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

Verwaltungshandeln anzusehen. Stattdessen ist die Frage, wie die Rechte derartig Betroffener zu wahren sind, eine Frage der Rechtmäßigkeit informellen Verwaltungshandelns. Von daher ist schon die Prämisse des Arguments, der Konsens bei informellem Verwaltungshandeln bilde sich immer zwischen den Betroffenen und der Behörde, unzutreffend. Insgesamt erweisen sich die Argumente gegen die Annahme eines Kooperationsverhältnisses bei staatlichem Informationshandeln damit als nicht stichhaltig. Vielmehr kommt es auch bei staatlichem Informationshandeln zu einer impliziten Konsensbildung zwischen informierender Behörde und Informationsadressat. Hierin kann man mangels eines rechtlichen Zwangs ein Kooperationsverhältnis erblicken. Insgesamt ist damit festzustellen, dass staatliches Informationshandeln die Merkmale informellen Verwaltungshandelns in der hier vertretenen Definition erfüllt. dd) Weitere Argumente gegen eine Zuordnung zum informellen Verwaltungshandeln Es werden noch weitere Argumente gegen eine Einordnung des staatlichen Informationshandelns in die Kategorie des informellen Verwaltungshandelns vorgebracht. So sei eine Zusammenfassung von staatlichem Informationshandeln und anderen Typen informellen Verwaltungshandelns nicht sinnvoll. Denn einerseits gebe es bei beiden Problemen gänzlich unterschiedliche Folgeprobleme: Staatliches Informationshandeln sei ein genuin verfassungsrechtliches Thema mit Problemen wie dem Vorbehalt des Gesetzes, der föderalen Kompetenz und der Eingriffsqualität des Informationshandelns, während das informelle Verwaltungshandeln verwaltungsrechtliche Probleme in den Bereichen des Verwaltungsverfahrens und der Handlungsformenlehre hervorbringe148. Andererseits führe grundsätzlich die Zusammenfassung beider Komplexe zu einem so weiten Begriffsverständnis, dass eine Bewertung nach einheitlichen Gesichtspunkten kaum sinnvoll sei149. Daraus folge eine Verwischung der Grenzen zwischen schlichtem und informellem Verwaltungshandeln, was letztlich schon beinah auf eine Gleichsetzung hinausliefe150. Außerdem richte sich Informationshandeln wesens148 Dreier, StWStP 1993, 647, 650; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 235; Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 207; Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 16; Oster, NuR 2008, 845, 846; Bohne, in: HdUR I, Sp. 1050–1051; Shirvani, Kooperationsprinzip, S. 208; ähnlich Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167, 172: „Im Interesse einer klaren Problemabschichtung sollte man es daher unterlassen, öffentliche Warnungen dem informellen Verwaltungshandeln zuzuordnen“. 149 Maurer, VwAT, § 15 Rn. 16; Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 207. 150 Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 52 spricht davon, dass man „alten Wein in neuen Schläuchen“ verkauft.

I. Staatliches Informationshandeln als Verwaltungshandeln

153

mäßig an die Öffentlichkeit, während dem informellen Verwaltungshandeln Vertraulichkeit immanent sei151. Das Argument völlig unterschiedlicher Folgeprobleme ist weniger gewichtig, als es auf den ersten Blick scheint. Zunächst einmal ist allein die Tatsache, dass einzelne Handlungstypen aus derselben Kategorie des Hoheitshandelns unterschiedliche rechtliche Probleme aufwerfen, kein Grund, sie in unterschiedliche Kategorien einzuteilen, solange genug verbindende Elemente vorliegen. Das ist hier mit den Merkmalen des informellen Verwaltungshandelns der Fall. Es ist damit nicht ausgeschlossen, dass man innerhalb des Systems des informellen Verwaltungshandelns weitere Unterarten herausarbeitet, etwa staatliches Informationshandeln und Absprachen als unterschiedliche Unterarten qualifiziert. Neben diesem eher auf der Ebene der Begriffsbildung siedelnden Argument kommt hinzu, dass die Folgeprobleme weniger unterschiedlich sind, als sie auf den ersten Blick aussehen. Auch im Bereich des Informationshandelns werden umfassende Erwägungen zu einer Einbettung in das System der Handlungsformen angestellt152 und verfahrensrechtliche Probleme erörtert153. Auf der anderen Seite sind auch im informellen Verwaltungshandeln insgesamt der Schutz von Grundrechten154 und die Frage nach dem Vorbehalt des Gesetzes nicht unproblematisch155. Letztlich ist auch sowohl für das informelle Verwaltungshandeln insgesamt als auch das staatliche Informationshandeln fraglich, ob und inwieweit sie überhaupt einer Verrechtlichung zugängig sind156. Daher sind die Probleme in151 Dreier, StWStP 1993, 647, 650; Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, S. 208; Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 16; Oster, NuR 2008, 845, 846; ähnlich wohl Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip, S. 62: „Informelles Verwaltungshandeln ist auf bestimmte oder zumindest bestimmbare Adressaten bezogen“. 152 Diese Frage ist Gegenstand der Beiträge von Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167; Käß, WiVerw 2002, 197 und Berg, ZLR 1990, 565 allein in Bezug auf die Warnung. Genauso gibt es auch insgesamt viele Beiträge zu einer Typologisierung und Systematisierung des staatlichen Informationshandelns, etwa Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 76–89; Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 12–16; Leidinger, DÖV 1993, 925. Insgesamt zu den Unterarten staatlichen Informationshandelns s. u. Kap. 3 II., S. 155. 153 Insbesondere zur Frage der Anhörung, siehe etwa Brohm, DVBL 1994, 133, 136; Leidinger, DÖV 1993, 925, 934; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 192–194; zur Frage der Anhörung außerdem s. u. Kap. 4 IV. 2. c) cc) (2) (d), S. 332. 154 Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 60–61; auch Bohne, VerwArch 75 (1984), 343, 352 und Bohne, in: HdUR I, Sp. 1067–1068 erkennt an, dass Rechte Dritter betroffen sein können. 155 Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 71–72 m.w. N. 156 Bezüglich des informellen Verwaltungshandelns äußern Bedenken etwa Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38 Rn. 71–73, 83 und Maurer, VwAT, § 15 Rn. 21. Bezüglich des staatlichen Informationshandelns hat immerhin das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit einer Verrechtlichung als nicht praktikabel bewertet, BVerfGE 105, 279, 304–305.

154

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

formellen Verwaltungshandelns und staatlichen Informationshandelns durchaus eng verwandt. Folglich ist auch das Argument, man bilde durch eine Zusammenfassung eine zu weite Kategorie, die sich nicht nach einheitlichen Kriterien bewerten lasse, nicht stichhaltig. Denn es liegen spezifische Merkmale vor, die die Kategorie abgrenzbar machen und über die dogmatische Aussagen gemacht werden können, etwa dass es sich um kooperative Handlungstypen handelt. Damit wird die Notwendigkeit einer weiteren Differenzierung innerhalb der Kategorie nicht bestritten, aber die Weite einer Kategorie ist für sich noch kein Argument gegen die Begriffsbildung. Das Argument, diese Begriffsbildung laufe letztlich auf eine Gleichsetzung von informellem und schlichtem Verwaltungshandeln hinaus, kann Gültigkeit nur für ein anderes Verständnis von informellem Verwaltungshandeln verlangen. Denn nach hiesiger Auffassung gehören zum informellen Verwaltungshandeln auch die Merkmale des Alternativitätsverhältnisses und des Kooperationsverhältnisses. Diese grenzen einen erheblichen Teil des schlichten Verwaltungshandelns aus dem Bereich des informellen Verwaltungshandelns aus, welches in weiten Teilen weder alternativ zu tradierten Handlungsformen noch kooperativ ist157. Diese zusätzlichen Merkmale erfüllt aber auch das staatliche Informationshandeln. Damit erfolgt aber keine Ausweitung des informellen Verwaltungshandelns, sondern eine Einbeziehung des staatlichen Informationshandelns. Die Reichweite des Begriffs erhöht sich dadurch nicht. Als letztes Argument bleibt damit die faktische Beobachtung, informelles Verwaltungshandeln vollziehe sich in vertrauten Kreisen bei bestimmbarem Personenkreis, während staatliches Informationshandeln die unbestimmbare Öffentlichkeit adressiere. Diesem Argument liegt ein logischer Fehler induktiver Schlussfolgerung zu Grunde. Denn allein die faktische Beobachtung, bei vielen informellen Verwaltungshandlungen liege Vertraulichkeit vor, rechtfertigt nicht den Schluss, dies müsse bei allen informellen Verwaltungshandlungen so sein. Zwar mag es zutreffen, dass viele informelle Verhaltensweisen der Verwaltung, insbesondere Absprachen, sich in vertraulichem Rahmen bewegen. Jedoch ist nicht ersichtlich, warum Vertraulichkeit ein wesentliches Merkmal des informellen Verwaltungshandelns sein soll. Vertraulichkeit und Bestimmbarkeit des Adressatenkreises wird von keinem der vier Merkmale des informellen Verwaltungshandelns vorausgesetzt, insbesondere ist auch Kooperation problemlos öffentlich oder mit einer unbestimmten Zahl an Personen möglich. Ob eine informelle Verhaltensweise öffentlich oder in vertraulichem Rahmen erfolgt, ist daher für das Vorliegen von informellem Verwaltungshandeln irrelevant. 157 Auch hier kann man an die polizeirechtlichen Standardmaßnahmen denken, die man wohl zu den tradierten Handlungsformen zählen kann und die in der Regel nicht von der Kooperation der Adressaten abhängig sind, sondern im Gegenteil oft gegen den Willen des Adressaten durchgesetzt werden. Vgl. zur Rechtsnatur der Standardmaßnahmen als schlichtes Verwaltungshandeln Robbers, DÖV 1987, 272, 275.

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

155

Insgesamt haben sich damit auch die nicht an die Merkmale des informellen Verwaltungshandelns anknüpfenden Argumente als nicht stichhaltig erwiesen. 4. Zwischenergebnis zum staatlichen Informationshandeln als Verwaltungshandeln Staatliches Informationshandeln ist nach alledem eine Unterkategorie des informellen Verwaltungshandelns, welches wiederum Unterkategorie des schlichten Verwaltungshandelns ist. Diese Erkenntnis hat auch praktische Bedeutung: Die Betonung der Konsensabhängigkeit staatlichen Informationshandelns im Rahmen des informellen Verwaltungshandelns legt frühzeitig den Fokus auf dessen faktische Wirkungsweise. Dies wird etwa bei der Bewertung der Verhältnismäßigkeit einer solchen Informationshandlung noch von Bedeutung sein158. Auf dieser dogmatischen Grundlage kann sich nun mit der weiteren Konturierung und Systematisierung des staatlichen Informationshandelns sowie der Rolle der staatlichen Berichterstattung beschäftigt werden.

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns Notwendig ist dazu zunächst, sich die weitergehende Typologisierung dieses Informationshandelns anhand bisheriger Einteilungsversuche der Rechtswissenschaft zu vergegenwärtigen (1.). Es folgt die Frage nach der Rolle staatlicher Berichterstattung in diesem System (2.). Hieran kann die Diskussion anknüpfen, ob und inwieweit eine Verdichtung einzelner Typen des staatlichen Informationshandelns zu Handlungsformen angenommen werden kann oder ob die Typisierungsversuche im Gegenteil sogar kritisch hinterfragt werden müssen (3.). Daran wird sich auch zeigen, ob das vorgeschlagene Typologisierungsmodell „rechtsdogmatisch anschlussfähig“ 159 ist. 1. Die Typen staatlichen Informationshandelns nach der herrschenden Lehre Es wurden bereits vielfach Versuche unternommen, staatliches Informationshandelns zu typisieren. Die Herausbildung abgrenzbarer Typen ist der erste notwendige Schritt in der Entwicklung einer Verwaltungspraxis zur Handlungsform160. Im Folgenden wird das wohl herrschende Modell vorgestellt, dessen Typen vereinzelt sogar schon Handlungsformcharakter beigemessen wurde161. Zu 158 159 160 161

s. u. Kap. 4 IV. 2. c) cc) (2) (c), S. 326. Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 74. Vgl. dazu oben Kap. 3 I. 1. b), S. 128. R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 25–28.

156

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

betonen ist, dass es sich für den Moment lediglich um eine deskriptive Vorstellung handelt. Ob eine derartige Typologisierung überhaupt sinnvoll mit rechtlichen Konsequenzen verbunden werden kann, wird später ausführlich diskutiert162. Vorgeschlagen wird zunächst eine Zweiteilung staatlichen Informationshandelns als Grundlage einer weiteren Ausdifferenzierung163. Auf der einen Seite stehe die Information staatlicher Stellen über Staatstätigkeit, auf der anderen Seite stehe die Information staatlicher Stellen zur Erfüllung von Staatsaufgaben164. a) Informationen über Staatstätigkeit – Öffentlichkeitsarbeit im engeren Sinn Informationshandeln über Staatstätigkeit sei Informationsweitergabe zur Akzeptanzsicherung165. Es biete Information „aus der Aufgabenerfüllung und über die Aufgabenerfüllung“ 166, informiere die Öffentlichkeit über staatliches Han-

162

s. u. Kap. 3 II. 3., S. 176. Das Modell wird u. a. vertreten von Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 74; Palm, in: FS VerfGH NRW, S. 319, 325; Kaiser, Die Kommunikation der Verwaltung, S. 272 Fn. 153; die Terminologien weichen im Einzelnen voneinander ab, faktisch wird aber dieselbe Trennung auch vollzogen bei Gurlit, DVBL 2003, 119, 1124; Heintzen, VerwArch 81 (1990), 532, 552; Schlecht, Behördliche Warnungen, S. 6–7; Akkermann, Harmonisierung von öffentlichen Warnungen, S. 12–16; Degenhart, AfP 2010, 324, 327; Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 30–31; Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 2; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 33; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 79–82; Gersdorf, AfP 2016, 293, 294; Augsberg, Informationsverwaltungsrecht, S. 202; im Ansatz auch Eder, Rote Karte gegen Spinner, S. 150, der allerdings keine Konsequenzen aus der Differenzierung zieht; wohl auch Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 87; Gröschner, DVBL 1990, 619, 620, der Öffentlichkeitsaufklärung als Oberbegriff verwendet und darunter in Öffentlichkeitsarbeit einerseits (entspricht der hiesigen Information über Staatstätigkeit) und verbraucherbezogener Öffentlichkeitsaufklärung im engeren Sinn (entspricht der hiesigen Information zur Erfüllung von Staatsaufgaben) unterteilt. Die hiesige Unterscheidung hat den Vorteil, den Begriff der Aufklärung nicht in zwei unterschiedlichen Bedeutungen verwenden zu müssen. C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 17 trennt in mitteilendes Informationshandeln, wozu auch Öffentlichkeitsarbeit i. e. S. zähle, und Verhaltenssteuerung bezweckende Maßnahmen. Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 80– 82, der als dritte Form neben diese beiden die staatliche Berichterstattung stellt; so auch Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 11–12. Zur Rolle der Berichterstattung in diesem System unten Kap. 3 II. 2., S. 162. 164 Die Unterscheidung geht terminologisch zurück auf die von VerfGH NRW, NVWZ 1992, 467, 468 getroffene Unterscheidung von Äußerungen über eigene Tätigkeiten mit dem Ziel, in eigener Sache darzustellen, und Informationshandeln als primäre Regierungstätigkeit, also zur Aufgabenerfüllung selbst; daraus haben Palm, in: FS VerfGH NRW, S. 319, 325 und im Anschluss an ihn Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 74 die hier verwandte Formulierung entwickelt. 165 Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 13. 166 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 21. 163

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

157

deln, Politik und (geplante) staatliche Maßnahmen und schaffe ein Stück staatlicher Transparenz167. Dies umfasse die Darstellung, Erläuterung und Bewertung getroffener und künftiger Maßnahmen168, und zwar stets Maßnahmen der informierenden staatlichen Stelle169. Darüber hinaus dürfte solches Informationshandeln auch Informationen über die staatliche Stelle insgesamt umfassen, etwa wenn eine Behörde sich und ihr Tätigkeitsfeld den Bürgern nur vorstellt, ohne konkrete Maßnahmen darzustellen170. Für derartiges Informationshandeln wird häufig auch der Begriff der Öffentlichkeitsarbeit verwendet171. Der Zweck der Akzeptanzsicherung richte sich dabei grundsätzlich auf die Schaffung eines Grundkonsenses im Sinne eines Einverständnisses der Bürger mit den durch das Grundgesetz gesetzten Werten und der von ihm konstituierten Staatsordnung172. Ihre verfassungsrechtliche Grundlage finde diese Art der Akzeptanzsicherung im Demokratieprinzip173. Dabei werde für den Staat die Notwendigkeit eines gewissen Maßes an innerer Zustimmung zu „Erforderlichkeit, Sinnhaftigkeit und Vernünftigkeit seiner konkreten Maßnahmen, Aufgaben, Rechtsregeln und Institutionen“ 174 anerkannt. Da reine Legalität für die Durchsetzung des staatlichen Gehorsamsanspruchs nicht ausreiche, sei darüber hinaus Legitimität in den Augen der Bevölkerung notwendig, die durch Informationshandeln über Staatstätigkeit vermittelt werden könne175. Öffentlichkeitsarbeit sei also ein Mittel der Staatspflege176. Nicht zu verwechseln sei die Öffentlichkeitsarbeit mit der Werbung für bestimmte politische Zielsetzungen einer Regierungs-

167

Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 313. Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 76. 169 BVerfGE 44, 125, 147; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 76. 170 Ähnlich Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 32: „Sie erläutern den Aufbau ihrer Einrichtungen“; in diese Richtung dürften z. B. Internetseiten von staatlichen Stellen gehen, wenn dort die Behörde allgemein vorgestellt wird. 171 Etwa bei Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 11; der Begriff wird teilweise aber auch als Oberbegriff für das gesamte staatliche Informationshandeln benutzt, insbesondere von denen, die eine Typologisierung des staatlichen Informationshandelns ablehnen. Der Begriff der Information über Staatstätigkeit erscheint daher weniger missverständlich. 172 BVerfGE 44, 125, 147; BVerfGE 63, 230, 242–243; deutlich Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 225: „Es geht darum, die Bürger für Staat und Verfassung zu gewinnen“. 173 BVerfGE 44, 125, 147: „Eine verantwortliche Teilhabe der Bürger an der politischen Willensbildung des Volkes setzt voraus, dass der Einzelne von den zu entscheidenden Sachfragen, von den durch die verfaßten Staatsorgane getroffenen Entscheidungen, Maßnahmen und Lösungsvorschlägen genügend weiß, um sie beurteilen, billigen oder verwerfen zu können“. 174 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 22, 314; ähnlich Gramm, Der Staat 30 (1991), 51, 65–66. 175 Gramm, Der Staat 30 (1991), 51, 65. 176 Engel, in: HbdStR, § 80 Rn. 5; a. A. Quaritsch, Probleme der Selbstdarstellung des Staates, S. 13. 168

158

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

mehrheit oder allgemein mit Wahlwerbung177. Die Kompetenz zur Öffentlichkeitsarbeit in diesem Sinne stehe allen staatlichen Untergliederungen zu und sei eine legitime Aufgabe von Parlament, Regierung, Verwaltung und Justiz178. Obwohl die bewusstseinsbeeinflussende Wirkung nicht bestritten wird179, wird der so verstandenen Öffentlichkeitsarbeit von denjenigen, die eine Zweiteilung in Informationshandeln über Staatstätigkeit und Informationshandeln zur Erfüllung von Staatsaufgaben vertreten, weder eine verhaltenslenkende Zielrichtung noch eine solche Wirkung zugesprochen180. Hierdurch sei Öffentlichkeitsarbeit klar von verhaltenslenkenden Maßnahmen wie Aufklärung, Empfehlung und Warnung zu unterscheiden181. b) Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben – Aufklärung, Empfehlung, Warnung Informationshandeln zur Erfüllung von Staatsaufgaben seien Informationshandlungen, welche gezielt der individuellen Verhaltenslenkung dienen und worunter vielfältige Erscheinungsformen wie staatliche Aufklärung, Empfehlungen und Warnungen fallen sollen182. Es betreffe inhaltlich „Vorgänge außerhalb des 177 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 315–316; Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 14; Stern, Staatsrecht Bd. I, S. 226 betont den Unterschied von Staats- und Parteienpflege. 178 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 77; Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 97: „Wer eine Staatsaufgabe wahrnimmt, darf auch über deren Wahrnehmung informieren“. 179 Ausdrücklich Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 312–313; Mandelartz, LKRZ 2010, 371, 372 geht sogar weiter und attestiert regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit ebenfalls das Ziel, eine Reaktion, mit anderen Worten ein Verhalten hervorzurufen. Gleichwohl ordnet er Aufklärung, Empfehlung und Warnung der Sachpolitik zu. 180 C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 18, allerdings dort noch unter Verwendung des Begriffes Öffentlichkeitsarbeit als Oberbegriff; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 313: „Hingegen ist nicht Zweck der „allgemeinen“ (Hervorhebung im Original) Öffentlichkeitsarbeit, konkret verhaltenssteuernd auf die Bürgerinnen und Bürger einzuwirken“; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 76; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 32; Akkermann, Harmonisierung von öffentlichen Warnungen, S. 13; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 80; Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation, S. 19. 181 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 76; ähnlich C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 17, der zwischen verhaltenslenkenden und lediglich mitteilenden Informationsmaßnahmen unterscheidet. 182 C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 27; Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 37–39; Leidinger, DÖV 1993, 925; Gröschner, DVBL 1990, 619, 620–622; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 23–31; Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 81–82; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 7–12; Akkermann, Harmonisierung von öffentlichen Warnungen, S. 14 mit weiteren Unterarten; ähnlich auch R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 25, ohne auf Informationsmaßnahmen über Staatstätigkeit einzugehen; differenzierter noch Schoch, in: HbdStR,

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

159

nach eigenem Ermessen gestalteten Tätigkeitsbereichs der Regierung“ 183. Mit anderen Worten: Solche Handlungen seien „nicht Information der Öffentlichkeit über staatliche Aktivität, sondern die Aktivität selbst“ 184. Die Abgrenzung innerhalb dieser Kategorie erfolge anhand des Maßes der intendierten Verhaltensbeeinflussung185 und der „Intensität der Informationsvermittlung“ 186. aa) Aufklärung187 Als mildestes Mittel der verhaltenssteuernden Informationsmaßnahmen wird die Aufklärung genannt. Bei ihr stehe das Vermitteln von Wissen im Sinne einer Mitteilung von Tatsachen und Stellungnahmen im Vordergrund188, also „die Vermehrung von Wissensbeständen“ 189 oder umgekehrt formuliert das Ziel, „Unwissenheit oder ungenügende Kenntnis über etwas zu beseitigen“ 190. Diese Mitteilung bezwecke aber eine derartige Bewusstseinsbeeinflussung, dass hinter der Aufklärung die staatliche Hoffnung191 stehe, es komme beim Adressaten auch zur gewünschten Verhaltensänderung192. Daher seien Übergangsformen zu Warnungen und Empfehlungen möglich193. Zu einem ausdrücklichen Aussprechen des erwünschten Verhaltens komme es aber in Abgrenzung zu Warnung und Empfehlung nicht194, auch würden konkrete Personen oder Produkte nicht ge§ 37 Rn. 79–89, der zu den genannten noch die Typen „Unterrichtung“ und „Hinweis“ bildet; ähnlich v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 20, der wohl für Aufklärung den Begriff des Hinweises verwendet. 183 Gröschner, DVBL 1990, 619, 620. 184 Heintzen, VerwArch 81 (1990), 532, 552 in Bezug auf Warnungen. 185 C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 27; Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 16; Leidinger, DÖV 1993, 925, 926; Gröschner, DVBL 1990, 619, 622; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 13; Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation, S. 17; Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 150. 186 Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 36. 187 Zur Aufklärungsfunktion von Berichten s. o. Kap. 2 I. 6. b) aa) (2) (a), S. 53. 188 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 82; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 7–8; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 25. 189 Bumke, DV 37 (2004), 3, 9. 190 Brandt, Umweltaufklärung, S. 91. 191 Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 37: „Eine verhaltenslenkende Absicht des Staates ist nur insoweit gegeben, als dass er zwar auf eine Verhaltensänderung hoffen (Hervorhebung nur hier) mag, sein Primärziel aber tatsächlich dasjenige ist, seine Bürger mit Wissen zu versorgen, welches ihnen bei der Entscheidungsfindung helfen kann“. 192 Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 37; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 82. 193 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 41. 194 Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 37; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 8; Akkermann, Harmonisierung von öffentlichen Warnungen, S. 15; Grösch-

160

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

nannt195. Vielmehr beruhe die Wirksamkeit der Aufklärung auf dem Vertrauen staatlicher Institutionen, mündige und vernunftbegabte Bürger würden aus den mitgeteilten Tatsachen die richtigen Schlüsse ziehen und daher die intendierte Verhaltensweise annehmen196, auch wenn die Verhaltensentscheidung letztlich in der Verantwortlichkeit des Bürgers bleibe und er sich auch dagegen entscheiden könne197. Trotz dieser Konzentration auf eine reine Informationsmitteilung sei der Aufklärung allerdings ein gewisser Wertungsmoment nicht abzusprechen198, solange Bewertungen auf fundierter Basis getroffen und sachlich präsentiert würden199. Werde allerdings durch die Intensität einer Aufklärungskampagne ein solcher Druck aufgebaut, dass faktisch dem Bürger kein eigener Verhaltensspielraum verbleibe, so könne Aufklärung in eine Empfehlung oder Warnung umschlagen200. bb) Empfehlung Unter einer Empfehlung verstehe man das positive Nahelegen einer bestimmten Verhaltensweise201. Gerade diese Bestimmtheit sei es, die eine Empfehlung von der Aufklärung unterscheide202, wobei im Einzelnen eine generell gehaltene Empfehlung der Aufklärung sehr nahe stehen könne203. Wichtiges Merkmal einer Empfehlung sei es, dem Adressaten einen eigenen Handlungsspielraum zu belasner, DVBL 1990, 619, 621 betont das Unterlassen konkreter Produktempfehlungen als konstitutives Merkmal der Aufklärung. Generelle Empfehlungen ohne konkreten Produktbezug seien aber noch vom Begriff der Aufklärung umfasst. Ebenso R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 26; weiter wohl Vierhaus, Umweltbewusstsein, S. 194, der auch das Nahelegen eines bestimmten Verhaltens vom Begriff der Umweltaufklärung für gedeckt hält. Ähnlich wie er auch Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 146, nach der die „präferierte Verhaltensweise [. . .] aber deutlich“ wird. 195 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 23. 196 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 83; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 30; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 23–24. 197 Gröschner, DVBL 1990, 619, 621 verwurzelt dieses Aufklärungsverständnis auch in der geistesgeschichtlichen Bedeutung des Begriffs im Sinne Kants. Kritisch gegen diese Inbezugnahme der historischen Epoche der Aufklärung Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 98–99. 198 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 82; Gröschner, DVBL 1990, 619, 621; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 8; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 37, der vom Begriff der Aufklärung aber auch Warnungen umfasst sieht. 199 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 356. 200 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 356. 201 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 26; allgemeiner Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 365–366: „staatliche Aussagen über die faktische Ratsamkeit bestimmter Verhaltensoptionen“. 202 Oft wird auch von einer konkreten Verhaltensweise gesprochen, R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 26; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 9. 203 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 27; Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 147; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 8–9 sieht in einer generellen Empfehlung keine Empfehlung, sondern eine Form der Aufklärung.

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

161

sen und ihn nur zu einer staatlicherseits präferierten Verhaltensweise anzuhalten, die aber nicht die einzig rechtlich erlaubte Verhaltensweise sei204, sodass dem Adressaten keinerlei staatliche Nachteile drohten, sollte er der Empfehlung nicht folgen205. Vielmehr seien alle zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen rechtlich wie tatsächlich unbedenklich206. Insbesondere sei die Empfehlung kein Mittel der Gefahrenabwehr207. Im Zuge einer Empfehlung könne es auch zu einer Nennung bestimmter Personen oder Produkte kommen208. Nach einem anderen Ansatz unterscheidet sich die Empfehlung von der Warnung durch ihre Zielrichtung: Eine Empfehlung verfolge den Aufbau sozialmoralischer Verhaltensregeln209, was man wohl so verstehen muss, dass eine Empfehlung dem Schutz eher abstrakter Gemeinschaftsrechtsgüter wie dem Umweltschutz diene. Eine Warnung dagegen bezwecke den Schutz bedrohter Individualrechtsgüter210. cc) Warnung211 Die höchste Stufe staatlicher informationeller Verhaltenssteuerung stelle die Warnung dar. Ihre Entwicklung zur Handlungsform wurde am intensivsten diskutiert212. Bei einer Warnung handle es sich um die „von Amts wegen erfolgende Mahnung oder Aufforderung zu einem bestimmten Verhalten bei Vorliegen einer konkreten Gefahr für den einzelnen oder das Gemeinwesen“ 213. Von der Aufklärung unterscheide sie sich also einerseits durch ihren Zweck der Gefahrenabwehr214, 204 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 86–87; Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 17; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 10; Schlecht, Behördliche Warnungen, S. 19; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 83. 205 Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 37. 206 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 87; Akkermann, Harmonisierung von öffentlichen Warnungen, S. 15; Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 147. 207 C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 28; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 24. 208 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 86; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 28–29. 209 Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 93. 210 Zur Abgrenzung nach diesem Ansatz Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 93–95. 211 Zur Warnfunktion von Berichten s. o. Kap. 2 I. 6. b) aa) (2) (b), S. 54. 212 Vgl. die Beiträge von Berg, ZLR 1990, 565; Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167; Käß, WiVerw 2002, 197; implizit bejahend auch Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 144–145. 213 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 88. 214 Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 17; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 28; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 27; Leidinger, DÖV 1993, 925, 926; Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167; Akkermann, Harmonisierung von Warnungen, S. 15; Schlecht, Behördliche Warnungen, S. 14; Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation, S. 19; Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 148; Zott, Aktive Informationen

162

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

andererseits durch ihren in der Regel direkt und eindringlich formulierten Verhaltensappell215. In Abgrenzung zur Empfehlung beinhalte nach teilweise vertretener Auffassung eine Warnung einen negativen Appell, eine Handlung zu unterlassen, bestimmte Produkte nicht zu konsumieren oder mit bestimmten Personen keinen Umgang zu pflegen, während eine Empfehlung ein bestimmtes Verhalten positiv nahelege216. Damit ist bereits gesagt, dass Warnungen auch konkrete Personen oder Produkte nennen können217. Insbesondere hier kann es zu einem Dreiecksverhältnis zwischen warnender staatlicher Stelle, gewarntem Adressaten und dem ,Warnungsgegenstand‘, also demjenigen, vor dem gewarnt wird, kommen218. Hinzu komme bei der Warnung als entscheidendes Merkmal in Abgrenzung zur Empfehlung eine starke Verringerung der Entscheidungsfreiheit des Adressaten: Während bei einer Empfehlung der Adressat zwischen mehreren gleich ungefährlichen Alternativen wählen könne, habe der Adressat einer Warnung „faktisch keine andere Wahl“ 219, als dem Verhaltensappell des Warnenden zu folgen, da er sich sonst unkalkulierbaren Risiken aussetze220, auch wenn mangels einer entsprechenden Rechtspflicht der Adressat natürlich nicht zur Befolgung der Warnung gezwungen werden könne221. 2. Berichterstattung als Typus staatlichen Informationshandelns? Fraglich ist nun, ob und wie sich staatliche Berichterstattung in dieses Modell staatlichen Informationshandelns einfügt. Ausgehend von den Ergebnissen der

des Staates, S. 84; Käß, WiVerw 2002, 197; Gröschner, DVBL 1990, 619, 622; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 11; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 22. 215 Käß, WiVerw 2002, 197, 198; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 427; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 88 hält allerdings auch eine konkludente Formulierung für möglich. Zur Wirkungsambivalenz von staatlichem Informationshandeln, welches auch ohne einen solchen Appell eine warnende Wirkung beinhalten kann, s. o. Kap. 2 I. 6. b) aa) (2) (b), S. 54 und unten Kap. 3 II. 3., S. 176. 216 Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 16; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 28; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 11; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 36; kritisch gegen dieses Merkmal Käß, WiVerw 2002, 197, 200. 217 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 29. 218 Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 17; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 11. 219 Leidinger, DÖV 1993, 925, 926. 220 C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 27–28; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 26; Käß, WiVerw 2002, 197, 200; Leidinger, DÖV 1993, 925, 926; Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 17; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 11–12; ähnlich Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 427; Berg, ZLR 1990, 565, 568 hält die Befolgung der Warnung sogar für eine „geradezu zwingende Folge“. 221 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 88; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 25–26.

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

163

Untersuchung des Berichtswesens in der Praxis soll zunächst aufgezeigt werden, warum Berichterstattung keine eigene Form staatlichen Informationshandelns darstellt (a)). Im Anschluss daran wird begründet, warum sich Berichterstattung auch keiner der soeben vorgestellten Kategorien staatlichen Informationshandelns zuordnen lässt (b)). Vielmehr wird deutlich werden, dass die staatliche Berichterstattung Anlass gibt, das vorgestellte System staatlichen Informationshandelns, wie es von der herrschenden Lehre entwickelt wurde, bezüglich seiner juristischen Relevanz grundlegend zu hinterfragen. a) Berichterstattung als eigene Kategorie staatlichen Informationshandelns? Im Rahmen einiger Typologisierungsversuche des staatlichen Informationshandelns wurde Berichterstattung teilweise als eigener Typus identifiziert oder sogar schon als eigene Handlungsform222 bewertet. Vor dem Hintergrund der hier erfolgten Untersuchung des staatlichen Berichtswesens sollen zunächst die Einordnungsversuche der Literatur aufgezeigt und hinterfragt werden (aa)). Sodann soll aufgezeigt werden, warum es schon grundsätzlich an den für die Bildung einer eigenen Handlungsform der Berichterstattung im System staatlichen Informationshandelns notwendigen Voraussetzungen fehlt (bb)). Dabei sollen auch die Gegenargumente, die von der herrschenden Lehre gegen Kritik an ihrem Modell entwickelt wurden, kritisch betrachtet werden. aa) Berichterstattung als reines Mittel der Informationsvermittlung Wird Berichterstattung als eigener Typus bewertet, so wird sie, wenn überhaupt eine inhaltliche Beschreibung staatlicher Berichterstattung vorgenommen wird223, in der Regel als auf die reine Mitteilung von Information gerichtete Informationsmaßnahme beschrieben224. Der in Berichten enthaltene „Informationsschatz“ 225 sei eine wichtige Grundlage politischer Willensbildung226. Wird Berichterstattung derartig als eigener Typus identifiziert, so wird sie in der Regel auf der Skala der 222 So ausdrücklich Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 123 für die Umweltzustandsberichterstattung. 223 Schoch, NJW 2012, 2844, 2845 führt nur eine Auflistung von Informationsmaßnahmentypen auf, ohne sie voneinander abzugrenzen; ähnlich bei Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 123, der sogar Handlungsformstatus annimmt, ohne zu beschreiben, was den Umweltzustandsbericht eigentlich zu einer eigenen Handlungsform in Abgrenzung zu Warnung, Empfehlung oder Aufklärung macht. 224 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 78; Schoch, VBlBW 2014, 361, 364; ähnlich wohl auch Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 12–13; Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 80; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 79. 225 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 78. 226 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 11–12; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 78; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 35.

164

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

Beeinflussungsintensität staatlichen Informationshandelns227 als im Vergleich zur Aufklärung noch weniger influenzierendes Mittel bewertet228, teilweise wird auch eine verhaltenssteuernde Wirkung staatlicher Berichte gänzlich abgelehnt229. Allerdings wurde auch von Autoren, die die vorgestellte grundsätzliche Zweiteilung in Informationstätigkeit über Staatshandeln und Informationstätigkeit zur Erfüllung von Staatsaufgaben vertreten230, anerkannt, dass Berichterstattung gleichzeitig auch Elemente von Öffentlichkeitsarbeit beinhalten kann231, Berichte werden in dieser Variante also als Überschneidungsbereich der beiden Grundtypen anerkannt. Der Schwerpunkt der Einordnung liegt aber klar auf der Einordnung als der Aufklärung vorgelagerter Typ staatlichen Informationshandelns zur Erfüllung von Staatsaufgaben. Dieses auf theoretischer Ebene durchaus einsichtige Modell muss allerdings bezüglich der Berichterstattung in mehrerer Hinsicht in Zweifel gezogen werden. Berichterstattung ist danach ein Instrument der Unterrichtung232, also der Information der Öffentlichkeit über Fakten oder Rechte und Pflichten des Einzelnen zur Beförderung der politischen Willensbildung233 und das mildeste Mittel der Verhaltenssteuerung unter den Typen staatlichen Informationshandelns zur Erfüllung von Staatsaufgaben234. Dieser Bewertung kann man auf zwei Ebenen Einwände entgegenhalten: Zunächst deckt sich der dieserart gebildete Berichtstypus nicht mit der real stattfindenden Berichtspraxis (1). Dies erklärt sich über 227 Zu dieser Abgrenzungsmethode zwischen einzelnen Typen staatlichen Informationshandelns s. o. Kap. 3 II. 1. b), S. 158 und zur Kritik an dieser Methode unten Kap. 3 II. 3. b), S. 177. 228 So wohl Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 78–79, wenn er Berichterstattung als System regelmäßiger Unterrichtung bewertet und Unterrichtung wiederum ein Mittel der weichen Verhaltenssteuerung sein soll. 229 In diese Richtung Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 53 unter Zugrundelegung der Begriffe Umweltzustandsberichterstattung und Umweltaufklärung aus dem Entwurf zum Umweltgesetzbuch; wohl auch Vierhaus, Umweltbewusstsein, S. 190, 194, der bei Umweltzustandsberichterstattung auf das reine Vermitteln von Wissen abstellt und ein Verhaltensbeeinflussungsmoment erst bei Umweltaufklärung erblicken will; wohl auch Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 79. 230 Siehe dazu oben Kap. 3 II. 1., S. 155. 231 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 78: „Ferner kann die Akzeptanz von staatlichen Entscheidungen gefördert werden“. 232 Ob man nun Berichterstattung und Unterrichtung mit der Begründung, Berichterstattung sei systematisch und wiederkehrend, während eine Unterrichtung anlassbezogen und einmalig sei, differenzieren muss, wie Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 79 dies vorschlägt, bedarf hier keiner weiteren Erörterung. 233 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 80–81. 234 Leicht anders Vierhaus, Umweltbewusstsein, S. 190–194 und Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 53–58, die keine verhaltenssteuernden Implikationen bei Berichterstattung sehen, und wohl inzident Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 12–14, wenn er Berichterstattung nicht unter die Mittel informationeller Steuerung fasst. In dieser Variante ist Berichterstattung nur ein Mittel der Bewusstseinsbeeinflussung.

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

165

Einzelfälle hinaus auf theoretischer Ebene insbesondere mit der Wirkungsweise von Fakten beim Informationsadressaten (2). (1) Berichte als multifunktionales Mittel in der staatlichen Informationspraxis Die Einordnung von Berichten als reines Mittel der Informationsvermittlung mit wenigen oder gar keinen verhaltensbeeinflussenden Elementen kann für eine Vielzahl staatlicher Berichte keine Geltung verlangen. Im Gegenteil werden Berichte, wie sich an der Untersuchung der Berichtspraxis gezeigt hat, multifunktional eingesetzt. Tatsächlich lassen sich für nahezu alle im Modell der herrschenden Lehre entwickelten Typen staatlichen Informationshandelns Berichte finden, die deren typische Merkmale erfüllen. Diese Multifunktionalität begründet sich daraus, dass Berichterstattung, anders als etwa Warnungen, schon definitorisch nicht einen bestimmten Zweck verfolgt235. Es kommt vielmehr auf den Inhalt und den Kontext des einzelnen Berichts an, insbesondere können sie mehrere Funktionen gleichzeitig verfolgen236. So dienen Tätigkeitsberichte regelmäßig der Öffentlichkeitsarbeit im Sinne einer Selbstdarstellung von Behörden und ihrer Tätigkeit. Man denke etwa an den Jahresbericht BBK 2013, der erklärtermaßen genau dieses Ziel verfolgt237. Auch der Jahreswirtschaftsbericht wird trotz formaler Adressierung an andere staatliche Stellen auch mit dem Ziel erstattet, die Öffentlichkeit zu informieren und staatliche Maßnahmen darzustellen238. Darüber hinaus enthalten Wissensberichte wie der Umweltzustandsbericht239 und der Verfassungsschutzbericht240 klare Elemente staatlicher Selbstdarstellung mit dem Ziel der Akzeptanzsicherung. Dies 235

Sämtliche Definitionsansätze von Berichterstattung stellen bestimmte formale Anforderungen an Berichte wie etwa eine Beschränkung auf Tatsachen auf, aber keiner attestiert Berichterstattung in irgendeiner Form eine Zweckbindung. Zur Berichtsdefinition s. o. Kap. 1 I., S. 29. 236 Dies hat sich an diversen Berichten im Rahmen der Untersuchung gezeigt, etwa am Verfassungsschutzbericht oder am Bericht des BfDI zum Datenschutz, vgl. oben Kap. 2 II. 1., S. 60 und Kap. 2 II. 3., S. 82; die Multifunktionalität der Berichterstattung des Bundesrechnungshofs hat Vogt, Informationstätigkeit des BRH, S. 207–209 klar herausgearbeitet. 237 Diese Angabe beruht auf einer Anfrage beim BBK. Vgl. insgesamt zum Jahresbericht BBK die umfassende Untersuchung oben Kap. 2 II. 5., S. 101. 238 Vgl. Jahreswirtschaftsbericht 2014, S. 6: Das Vorwort des Ministers Gabriel kündigt an, der Jahreswirtschaftsbericht werde die ersten Schritte zeigen, um die wirtschaftspolitischen Ziele der Regierung zu erreichen. Es geht also genau um die Darstellung und Begründung staatlicher Maßnahmen. 239 Zugegeben ein kritisches Beispiel, weil gerade diese Schwerpunktsetzung auf Selbstdarstellung zu rechtlichen Problemen führt, obwohl statt staatlicher Tätigkeit Wissen um den Umweltzustand im Vordergrund stehen müsste, vgl. dazu oben Kap. 2 II. 2. c) aa), S. 77. 240 s. o. Kap. 2 II. 1. a), S. 60 und Kap. 2 II. 1. b) bb), S. 64.

166

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

gilt auch für Erfahrungsberichte, wenn sie im Rahmen einer Evaluation Akzeptanz für gesetzliche Regeln schaffen wollen, wie dies beim Evaluationsbericht VIG der Fall ist241. Dabei handelt es sich auch nicht um Ausnahmefälle. Die Funktion, Selbstdarstellung gegenüber der Öffentlichkeit zu ermöglichen, kommt dem Berichtswesen seit jeher zu242. Auch das BVerfG hat staatlichen „Leistungs-, Arbeits- oder Erfolgsberichten“ diese Funktion beigemessen und sie daher in Wahlkampfzeiten als problematisch angesehen243. Nun könnte man dies noch als vertretbare Abweichung im Zuge von Abgrenzungsschwierigkeiten abtun, insbesondere da die Selbstdarstellungsfunktion von Berichten ja auch von Vertretern der herrschenden Lehre zumindest anerkannt wird244. Sie erschüttert jedoch schon die dem Modell zugrundeliegende Zweiteilung in Informationstätigkeit über Staatstätigkeit und Informationstätigkeit zur Erfüllung von Staatsaufgaben, denn es tritt deutlich zu Tage, dass rechtstatsächlich Berichte häufig sowohl Elemente des einen sowie des anderen Informationstätigkeitstyps zeigen245. Hinzu kommt, dass es sich bei dieser Überschneidung zweier im Modell unterschiedener Typen nicht um die einzige handelt. Gerade bei an die Öffentlichkeit gerichteten Berichten tritt zudem immer wieder die Aufklärungsfunktion zu Tage. Eine solche haben etwa der Verfassungsschutzbericht, der Umweltzustandsbericht und die Berichte des BfDI zum Datenschutz. In dem Zusammenhang ist besonders zu betonen, dass beide Typen – Berichterstattung und Aufklärung – nach dem Modell der herrschenden Lehre lediglich abstraktes Wissen vermitteln, wobei Aufklärung der Verhaltenssteuerung im Leben der Adressaten dienen soll, da diese aufgrund der Informationen ihr individuelles Verhalten überdenken sollen, während Informationen aus Berichten lediglich der politischen Willensbildung durch Bewusstseinserweiterung dienen sollen. Diese Abgrenzung kann aber bestenfalls nur eine graduelle sein, da vielfältige Informationen sowohl der Willensbildung als auch der persönlichen Verhaltensüberdenkung dienen können. Dies wird besonders deutlich bei Informationen über den Umweltzustand: Die Information im Umweltzustandsbericht gilt als klassisches Instrument der Informationsvermittlung zur politischen Willensbildung246, es erscheint aber nur plausibel, dass der Adressat beim Aufzeigen eines schlechten Umweltzustands auch sein eigenes Verhalten daraufhin über241

s. o. Kap. 2 II. 7. a), S. 113. Ismayr, ZParl 21 (1990), 553, 556; Maiwald, Berichtspflichten, S. 102–104; Linck, DÖV 1979, 116, 118; eindrücklich Kirchhof, Verwalten durch mittelbares Einwirken, S. 122, mit seinem Befund, Berichte seien „an das Parlament adressiert, aber auch für die Öffentlichkeit formuliert“. 243 BVerfGE 44, 125, 152; hierzu auch unten Kap. 4 III. 2. b) bb) (2), S. 262. 244 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 78. 245 Zur grundsätzlichen Kritik an diesem Modell s. u. Kap. 3. II. 3. c), S. 184. 246 Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 53; allgemeiner Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 78 für das Berichtswesen insgesamt; Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 80; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 11–12. 242

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

167

prüft, ob er mehr zum Schutz der Umwelt tun kann. Letztlich ist dies auch das erklärte Ziel der umweltpolitischen Bewusstseinsbildung durch Informationen über den Umweltzustand, diese ist darauf ausgelegt, in eine Verhaltensänderung umzuschlagen247. Hier zeigt sich, wie wenig abgrenzbar Berichterstattung und Aufklärung tatsächlich sind248 und es wird gleichzeitig die Frage aufgeworfen, ob eine Trennung von Verhaltenssteuerung und Bewusstseinsbeeinflussung überhaupt möglich ist249. Nicht zuletzt findet sich in einer Vielzahl von Berichten ebenso die konkrete Nennung von natürlichen oder juristischen Personen, gelegentlich in durchaus grundrechtstangierender Form250. Dies ist offensichtlich beim Verfassungsschutzbericht oder stark kritischen oder polemischen Äußerungen im Bericht des BfDI251, es kommt aber sogar bei auf Evaluierung gerichteten Erfahrungsberichten vor252. Hier sind bisweilen Steuerungseffekte zu beobachten, die das Maß an Verhaltensbeeinflussung einer direkt formulierten Warnung erreichen können253. Nicht zwingend der Gefahrenabwehr dienend, aber vom Steuerungseffekt her einer Warnung vergleichbar dürfte auch das öffentliche Anprangern sein, wie es in Berichten zu finden ist254. Sowohl das direkte Nennen von natürlichen oder juristischen Personen als auch die insbesondere bei Nennung in negativer Konnotation erreichten Steuerungseffekte staatlicher Berichte sollten, legt man das Mo247 Fluck/Fischer/Martini/Guckelberger, Informationsfreiheitsrecht, § 11 Rn. 2: „Denn durch die Umweltzustandsberichterstattung kann die Bevölkerung wichtige Informationen zur Kenntnis nehmen. Das Wissen über Umweltbelastungen einschließlich ihrer Entstehung sowie über die Verteilung und Verfügbarkeit von Umweltgütern ermöglicht es ihr, ihr Verhalten anhand dieser Informationen auszurichten, und ist insgesamt für die reale Umweltbeanspruchung von entscheidender Bedeutung“. Auch Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 1276, betont die Rolle der Bürger für den Schutz der Umwelt als Verbraucher oder Beteiligte an staatlichen Entscheidungsprozessen. Ohne eine entsprechende Umweltinformation könnten Bürger sich weder für bestimmte Produkte entscheiden noch sich in den Entscheidungsprozessen äußern. Hieran zeigt sich, dass auch Kloepfer, obwohl er an anderer Stelle (vgl. oben Kap. 3 Fn. 234) Berichterstattung nicht als Steuerungsmittel einordnet, ihr gleichzeitig Auswirkungen auf das Verhalten der Bürger zumisst, womit sie letztlich doch Steuerungsmittel ist. Martin, Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit, S. 105–106 nennt Sensibilisierung als eine Funktion des Konzepts der informierten Öffentlichkeit, zu dem auch die Umweltzustandsberichterstattung gehört. Dabei gehe es hauptsächlich um „Verhaltenssteuerung der Bürger als Verbraucher und Unternehmer“. 248 Dies gibt Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 53, unumwunden zu. 249 Siehe dazu unten Kap. 3 II. 3. c) bb), S. 186. 250 Zu den Grundrechten als Grenze staatlicher Berichterstattung s. u. Kap. 4 IV. 2. c)., S. 299. 251 Vgl. zu den beiden Berichten oben Kap. 2 II. 1. b) bb), S. 64 und Kap. 2 II. 3. b) bb), S. 85. 252 Z. B. im Erfahrungsbericht VIG, vgl. oben Kap. 2 II. 7. b) bb), S. 115. 253 Besonders eindrücklich zu beobachten am Verfassungsschutzbericht, vgl. oben Kap. 2 II. 1. a), S. 60. 254 Zur Prangerfunktion s. o. Kap. 2 I. 6. b) aa) (2) (c), S. 55.

168

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

dell der herrschenden Lehre zugrunde, welches nach dem Maß der intendierten Verhaltensbeeinflussung differenziert und eine konkrete Nennung eigentlich erst ab der Ebene der Empfehlung und Warnung vorsieht, eigentlich nicht vorkommen. Es zeigt sich also, dass jedenfalls in der Berichtspraxis Berichte nicht nur auf regelmäßige Unterrichtung zur politischen Willensbildung beschränkt sind, sondern vielmehr abhängig von Inhalt und Hintergrund des Berichts Elemente nahezu aller Typen staatlichen Informationshandelns nach dem Modell der herrschenden Lehre beinhalten können. (2) Steuerungswirkung reiner Tatsachenmitteilung Dieses Auseinanderfallen von Modell und Wirklichkeit lässt sich aus der Steuerungswirkung von Informationsmaßnahmen durch Tatsachenmitteilung begründen. Um dies zu erläutern, sei zunächst erneut der Abgrenzungsmechanismus der herrschenden Lehre innerhalb der Informationstätigkeit zur Erfüllung von Staatsaufgaben vor Augen geführt255: Die Abgrenzung erfolgt hauptsächlich anhand der Intensität der Verhaltensbeeinflussung der Maßnahme, gesteuert über den Inhalt der Information und die Formulierung in der Informationsmaßnahme. Dieser Abgrenzungsmechanismus erweist sich, wie gerade das Beispiel der Berichterstattung zeigt, jedenfalls für (ganze)256 Berichte als untauglich. Berichte arbeiten schwerpunktmäßig durch das Mitteilen von Tatsachen257, das um Berichterstattung ergänzte Modell der herrschenden Lehre spricht von Unterrichtung durch Mitteilung von Information258. Die Fokussierung auf die Förderung der Willensbildung, die als Zweck dieser Unterrichtung attestiert wird, führt nach dem Maßstab, der anhand der Intensität der Verhaltensbeeinflussung differenziert, zur Einordnung als mildestes Mittel der Verhaltenssteuerung259 oder gar zur Bewertung, Berichte seien keine verhaltenssteuernden Informationsmaßnahmen260. Dabei wird verkannt, dass schon das reine Mitteilen von Informationen über die Unterstützung politischer Willensbildung hinaus eine Steuerungswirkung entfalten kann. Der Fehler liegt auch darin, dass nur davon ausgegangen wird, welche Reaktion die staatliche Stelle antizipiert. So wird letztlich ausgeblendet, dass die Öffentlichkeit auf das Mitteilen von Informationen gänzlich anders reagieren kann, als von der informierenden staatlichen Stelle vorhergesehen 255

Umfassend dazu oben Kap. 3 II. 1. b), S. 158. Vgl. zum Bericht als Typensammlung unten Kap. 3 II. 2. c), S. 175. 257 Vgl. dazu schon die Ausführungen zum Begriff eines Berichts, Kap. 1 I., S. 29. 258 Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 12–13; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 78–79; Vierhaus, Umweltbewusstsein, S. 190: „die pauschale Vermittlung von Umweltwissen“, bezogen auf die Umweltzustandsberichterstattung. 259 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 78–79. 260 Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, S. 53; Vierhaus, Umweltbewusstsein, S. 190, 194. 256

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

169

und beabsichtigt. Es zeigt sich gerade hieran wieder das kooperative Element staatlichen Informationshandelns261: Was die Öffentlichkeit aus den staatlichen Informationen macht, ist ihr überlassen. Sie kann kooperieren und der intendierten Verhaltensbeeinflussung folgen, oder jede Intention der informierenden staatlichen Stelle ins Leere laufen lassen. Sie kann sogar überreagieren. Wird etwa der Konsum eines bestimmten Produkts des Herstellers X als gefährlich bezeichnet, so besteht ein reales Risiko, dass auch vergleichbare Produkte anderer Hersteller oder gänzlich andere Produkte desselben Herstellers gemieden werden262. Insbesondere ist es nicht notwendig, einen Verhaltensappell zu formulieren, um ein bestimmtes Verhalten zu erzeugen. Dies wurde bereits an der Warnfunktion von Berichten erläutert263. Schon das Mitteilen negativer Tatsachen über ein bestimmtes Ereignis, eine Gruppierung oder eine Person kann zur Meidung eben dieser führen, ohne dass zur Meidung aufgerufen wird, wenn der Informationsadressat von sich aus zu dem Schluss kommt, es sei in seinem Interesse, sich von diesem Ereignis, der Gruppierung oder der Person fernzuhalten264. Das Mitteilen von Informationen über Umweltschutzmaßnahmen zeigt zugleich auf, dass die Umwelt in gerade den von diesen Maßnahmen betroffenen Bereichen des Schutzes bedarf und kann sowohl durch Aufklärung dazu führen, dass der Einzelne sein individuelles Verhalten zugunsten des Umweltschutzes ändert als auch im Sinne einer Warnung dazu führen, dass bestimmte Verhaltensweisen als für die eigene Person als schädlich wahrgenommen und in Zukunft unterlassen werden. Dies sei an einem Beispiel weiter verdeutlicht: Eine Wasserbehörde veröffentlicht einen Bericht über den Zustand der Seen in ihrem Zuständigkeitsgebiet. Der Bericht enthält die Information: Im See X ist aufgrund des Abladens von Müll am Seeufer der Wert Y über den Grenzwert getreten. Welche Reaktion ist nun mit dieser Information intendiert? Letztlich sind wieder nahezu alle Typen des Modells der herrschenden Lehre denkbar: Man kann die Information als Information über Staatshandeln einordnen, denn es ergibt sich aus dem Bericht, dass die Wasserbehörde den Gewässerzustand des Sees X überwacht und bei problematischen Gewässerzuständen aktiv wird. Man könnte es als Beitrag zur politischen Willensbildung bewerten, wenn der Öffentlichkeit durch Information über schlechte Gewässerzustände staatlicher Handlungsbedarf 261

s. o. Kap. 3 I. 3. c) cc), S. 147. Augsberg, Informationsverwaltungsrecht, S. 207; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 52. 263 s. o. Kap. 2 I. 6. b) aa) (2) (b), S. 54. 264 Ähnlich Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 23; ähnlich zumindest bezüglich der Warnungswirkung von reinen Informationsmitteilungen Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 29; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 18, die beide einen Verhaltensappell durch das Formulieren eindringlicher Informationen anerkennen, allerdings dennoch an der Warnung als eigenständigem Typus festhalten. 262

170

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

im Bereich Gewässerschutz aufgezeigt wird. Ebenso ist eine aufklärende Komponente denkbar, vielleicht werden in Zukunft die Leser des Berichts bezüglich ihres eigenen Wegwerfverhaltens an Seen umsichtiger sein. Nicht zuletzt mag diese Information dazu führen, dass im See weniger geschwommen wird, weil sie der Öffentlichkeit durch die Information, ein Grenzwert sei überschritten, eine Gefahr für die eigene Gesundheit suggeriert. Schon die Tatsache, dass überhaupt hierüber berichtet wird, dürfte von vielen Lesern als warnend empfunden werden, alleine weil informiert wird265, obwohl eine warnende Wirkung seitens der Behörde möglicherweise gar nicht intendiert war266. Es zeigt sich also, dass das Mitteilen von Informationen keinen Rückschluss darauf zulässt, in welchem Maß das Verhalten der Adressaten durch diese Informationen beeinträchtigt wird. Dies hängt vielmehr vom Inhalt der Information sowie der Deutung durch die Adressaten ab. Bezüglich dieser Faktoren sind Berichte für sich aber insignifikant, da sie begrifflich Informationen jedes Inhalts zum Gegenstand haben können. bb) Die normative Anlegung des Typs Bericht durch den Gesetzgeber? Erweist sich der Abgrenzungsmechanismus nach der Intensität der Verhaltensbeeinflussung für Berichterstattung als nicht zielführend, so könnte man dennoch zu dem Schluss kommen, staatliche Berichterstattung als eigenen Typus zu bewerten. Immerhin seien diese Typen normativ angelegt, die dem Modell der herrschenden Lehre zugrundeliegende Typologie also an Begriffen orientiert, mit denen der Gesetzgeber selbst verschiedene Informationsmaßnahmen bezeichnet habe267. Hiergegen könne man auch „ernsthaft nicht einwenden, dass es im Einzelfall zu Abgrenzungsproblemen und Überschneidungen kommen kann“ 268, immerhin seien Abgrenzungsfragen das „tägliche Geschäft des Juristen“ 269. Als besonders schwerwiegend erscheint das Argument, der Gesetzgeber habe die unterschiedlichen Typen staatlichen Informationshandelns normativ angelegt. Im hiesigen Zusammenhang geht es zunächst allein um die Frage, ob durch die Normierung von Berichten als Mittel staatlichen Informationshandelns ein eigener abgrenzbarer Typ des Berichts normativ festgelegt ist270. Es kann dabei nicht abgestritten werden, dass der Gesetzgeber den Begriff des Berichts in vielfälti265

Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 23. Etwa, wenn eine Überschreitung des Grenzwerts für Y noch nicht zu potenzieller Gesundheitsschädlichkeit des Schwimmens im See X führt, weil der Grenzwert deutlich unter der Schwelle der Gesundheitsgefährdung liegt. 267 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 73–74. 268 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 75. 269 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 75. 270 Zur Relevanz des Arguments normativer Anlegung für das staatliche Informationshandeln insgesamt s. u. Kap. 3 II. 3. d) bb), S. 191. 266

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

171

gem Zusammenhang verwendet hat271. Die Kodifizierung einer Verwaltungshandlung im Sinne einer näheren rechtlichen Ausgestaltung ist nach der hier vertretenen Formenlehre sogar wichtige Voraussetzung, um von der Entwicklung nicht nur zu einer Handlungs-, sondern sogar zu einer Rechtsform auszugehen272. Der Schluss, bei Berichten müsse es sich angesichts der Normierung des Gesetzgebers um eine eigene Form handeln, ist nur scheinbar zwingend. Es genügt nämlich nicht, eine Verwaltungshandlung nur in einer Rechtsvorschrift zu erwähnen, um sie zu einer dauerhaft vertypten Form zu machen. Voraussetzung der Anerkennung einer Handlung insbesondere als Rechtsform ist, dass sich aus der Normierung auch feststehende Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen ableiten lassen273. Selbst Handlungsformen benötigen über die reine rechtliche Erwähnung auch eine rechtliche Prägung oder zumindest eine ansatzweise Vertypung274. Vereinfacht formuliert: Wer mit einer Rechtsform – dasselbe gilt abgeschwächt dann auch für die Handlungsform – konfrontiert ist, kennt zumindest wesentliche Eigenschaften oder kann rechtliche Folgen mit der Form verbinden. Nicht weniger ist schließlich der Sinn der Einordnung in Formen staatlichen Handelns, nur so können die Funktionen der Formenlehre – Ordnungs-, Speicher-, Orientierungs- und Entlastungsfunktion275 – greifen. Dergleichen ist für staatliche Berichterstattung nicht erkennbar. Zwar verwendet der Gesetzgeber den Begriff des Berichts regelmäßig, jedoch finden sich keine Hinweise dafür, dass er dem Begriff normative Bedeutung zumisst. Das lässt sich schon anschaulich auf der Funktionenebene beobachten: Wie bereits aufgeführt hat Berichterstattung keine einheitliche Funktion276, die jedem Bericht zugrunde liegt, sondern ist ein multifunktionales Mittel staatlichen Informationshandelns277. Die genaue Funktion jedes einzelnen Berichts lässt sich nur im Zusammenhang mit dem Berichtskontext unter Auslegung von Berichtsgrundlage und Berichtsgegenstand ermitteln. Das ist auch deswegen von besonderer Bedeutung, weil sich die anderen Typen – Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärung, Empfehlung und Warnung – staatlichen Informationshandelns zumindest ihrer intendier271

Vgl. allein die zitierten Normen oben Kap. 2 Fn. 41–44. Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 11; zu den Begriffen s. o. Kap. 3 I. 1. b), S. 128. 273 Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 11. 274 Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 15. 275 Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33 Rn. 13; ausführlich zu den Funktionen der Formenlehre oben Kap. 3 I. 1. a), 125. 276 Ausgeklammert sei in dem Zusammenhang die Funktion, Informationen zu vermitteln. Diese liegt zwar zweifellos jeder Berichterstattung zugrunde. Dasselbe gilt aber für jedes staatliche Informationshandeln, sodass diese Funktion für sich keine Aussagekraft als Abgrenzungskriterium innerhalb des Systems staatlichen Informationshandelns hat. Es kommt vielmehr auf die Folgefunktion der Informationsvermittlung an. Gerade hier verfolgen Berichte aber unterschiedlichste Zwecke. 277 s. o. Kap. 3 II. 2. a) aa) (1), S. 165. 272

172

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

ten Funktion, wenn schon nicht ihrer faktischen Wirkung nach unterscheiden lassen. Auch wurden bisher an die Begriffselemente des Berichts kaum allgemeine rechtliche Konsequenzen angeknüpft, insbesondere fehlt es an einer Legaldefinition, was Berichte überhaupt sein sollen. Wenn der Begriff rechtliche Kontroversen hervorgerufen hat, dann stets in speziellem fachrechtlichen Zusammenhang278. Besinnt man sich auf die an die dieser Untersuchung vorangestellte Definition eines Berichts zurück, so hat sich gezeigt, dass Berichterstattung ein um viele auch fächerübergreifende Facetten angereicherter Begriff ist. Diesen Facetten ist bisher fast279 nie rechtliche Verbindlichkeit zugemessen worden. Es wäre etwa beispielsweise noch nie jemand auf die Idee gekommen, einen Bericht für rechtswidrig zu halten, weil er über eine sachliche Wiedergabe von Tatsachen hinaus auch Wertungen enthält oder unsachliche Aussagen280 trifft281. Zwar verbindet der Gesetzgeber zweifellos eine bestimmte Vorstellung mit dem Begriff, wenn er gerade einen Bericht als Informationsmittel einsetzt. Das heißt jedoch noch lange nicht, dass er dem Begriff auch rechtmäßigkeitsbestimmende Bedeutung beimessen wollte. Zwar ist eine Entwicklung, die zu einer normativen Aufladung des Berichtsbegriffs führt und rechtmäßigkeitsbestimmende Merkmale einer Berichtsform etwa an die Definition eines Berichts knüpft, für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Jedoch sind gegenwärtig keine entsprechenden Tendenzen erkennbar. Im Gegenteil: Bereits 1970 wurde festgestellt, das bestehende staatliche Berichtswesen sei ein „Wirrwarr“ 282, wobei diese Aussage sich allein auf die Berichte der Bundesregierung bezog und damit viele behördliche Berichte noch nicht einmal in die Bewertung einbezog. Der Untersuchung des staatlichen Berichtswesens durch eine interministerielle Arbeitsgruppe folgten Vorschläge zur Verbesserung und Vereinheitlichung des Berichtswesens283, welche eine Grundlage für die Herausbildung einer Berichtsform hätten sein können. Jedoch wurde ein Großteil der Vorschläge nicht umgesetzt und erst recht nicht zu ver278 Als Beispiel lässt sich etwa die Auslegung des Begriffs durch das Reichsgericht nennen, vgl. oben Kap. 1 I. 2. a), S. 30. 279 Eine Ausnahme bildet die Begriffsdefinition des Reichsgerichts, s. o. Kap. 1 I. 2. a), S. 30. 280 Insbesondere unsachliche Aussagen wurden noch nie unter dem Gesichtspunkt eines Formverstoßes betrachtet, sondern nur hinsichtlich des Gebots der Sachlichkeit, welches seine Wurzeln im Verfassungsrecht findet und formunabhängig für alle staatlichen Informationshandlungen gilt. Siehe dazu unten Kap. 4 IV. 2. c) cc) (2) (c) (cc), S. 331. 281 Nähme man eine derartige Rechtsverbindlichkeit der Begriffselemente an, so liefe ein derartiger Verstoß inhaltlich wohl auf einen Formenmissbrauch hinaus. 282 Maiwald, Berichtspflichten, S. 209 unter Verweis auf die Ergebnisse einer interministeriellen Arbeitsgruppe „Berichte der Bundesregierung“ 1970. Auf Anfrage teilten sowohl das Bundeskanzleramt als auch der Deutsche Bundestag sowie das Bundesarchiv mit, dass zu dieser Arbeitsgruppe keine Unterlagen mehr verfügbar seien. 283 Maiwald, Berichtspflichten, S. 55–56; die Vorschläge werden im Einzelnen vorgestellt bei Maiwald, Berichtspflichten, S. 209–218.

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

173

bindlichen Vorgaben für staatliche Berichterstattung ausgestaltet284. Stattdessen sind vielmehr seit dieser Arbeitsgruppe keine zentralen Bemühungen zur Systematisierung und Vereinheitlichung des Berichtswesens erkennbar285. Auch praktisch kann daher von einem einheitlichen Typus des Berichts kaum gesprochen werden. Somit zeigt sich, dass Berichterstattung zwar gesetzlich vorgesehen, aber nicht gesetzlich geformt ist. Es fehlt vielmehr an normativen Merkmalen staatlicher Berichterstattung, sodass trotz der Erwähnung von Berichten in Gesetzestexten von einer Handlungsform des Berichts nicht die Rede sein kann. Damit ist es auch nicht möglich, Berichterstattung als eigene Form anzuerkennen und davon abweichende Berichte als Ausnahmen zu benennen. Nach dieser Logik gäbe es eine eigene Handlungsform der Berichterstattung, und staatliche Berichte, die sich in die Formvoraussetzungen nicht einfügen ließen, würden schlicht als Nicht-Berichte bezeichnet. Gedanklich liefe das darauf hinaus, solche Berichte in andere Formen einzuordnen und sie als lediglich falsch bezeichnet zu deklarieren. Man kann eine entsprechende Überlegung bereits darin erblicken, wenn in der Literatur allgemeine Aussagen zu Berichterstattung getroffen werden, der Verfassungsschutzbericht aber als Ausnahme benannt wird286. Eine solche Vorgehensweise wäre seitens der herrschenden Lehre aber bereits widersprüchlich: Man kann nicht einerseits ein Modell damit begründen, es sei gesetzlich angelegt, und andererseits gesetzlich einem bestimmten Typus zugeordnete Informationsmaßnahmen dann zu Ausnahmen von eben diesem Modell erklären, wenn sie mit dem Modell nicht mehr kompatibel sind. Entweder liegt der gesetzgeberischen Bezeichnung einer Informationsmaßnahme ein normativer Wert zugrunde oder nicht. Darüber hinaus müsste auch eine solche Vorgehensweise zumindest erklären, was denn nun die Merkmale der staatlichen Informationsmaßnahme Bericht sind. Fixierbare und abgrenzbare Merkmale staatlicher Berichterstattung, die über das Ziel der Informationsvermittlung, welches sämtlichen Informationsmaßnahmen innewohnt, hinausgehen, sind aber wie bereits ausgeführt nicht bestimmbar. An sich besteht schon keine zwingende Notwendigkeit mehr, dem Einwand, Abgrenzungsschwierigkeiten seien juristischer Standard und daher als Kritik am 284

Maiwald, Berichtspflichten, S. 55–56, 212. Maiwald, Berichtspflichten, S. 55. Die Einschätzung Maiwalds stammt zwar aus dem Jahr 1992, sie dürfte jedoch bis heute zutreffend sein. 286 Schoch, VBlBW 2014, 361, 364; Schoch, NJW 2012, 2844, 2845. Freilich liegt dieser Deutung Schochs ein hohes Maß an Interpretation zugrunde. Man kann ihn auch so verstehen, dass seine Aussage, beim Verfassungsschutzbericht sei es anders, sich nur auf seine vorherige Bewertung, im Rahmen amtlicher Berichterstattung stellten sich kaum rechtliche Probleme, bezieht. Selbst, wenn diese Interpretation korrekt sein sollte, so erscheint es dennoch notwendig, sich mit dem (eventuell auch nur potenziellen) Einwand, bei solchen Berichten handle es sich nicht um Berichte im Sinne des Modells, auseinanderzusetzen. 285

174

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

Modell der herrschenden Meinung untauglich287, etwas zu entgegnen, da es schon an den Voraussetzungen der Anerkennung einer eigenen Handlungsform fehlt. Der Vollständigkeit halber sei dazu aber noch Folgendes gesagt: Zwar ist es korrekt, dass rechtswissenschaftliche Abgrenzungsprobleme regelmäßig auftreten. Sie haben aber dennoch Relevanz. Wenn eine feste Abgrenzung überhaupt nicht möglich ist, weil einerseits sowohl feste Merkmale der einzelnen Typen fehlen, wie es hier für die Berichterstattung der Fall ist, als auch andererseits der Abgrenzungsmechanismus sich aufgrund der Steuerungsunsicherheit von Informationen und ihrer Kooperationsabhängigkeit als praktisch untauglich erweist, so hat eine derartige Typisierung wenig Erkenntniswert. Den Einwand fehlender Abgrenzbarkeit einfach beiseite zu wischen, ist angesichts der Formungsaufgabe der Rechtswissenschaft unverantwortlich. Die Ziele der Formenlehre werden ins Gegenteil verkehrt, wenn das angebotene Formenmodell in der Praxis aufgrund von Abgrenzungsproblemen die rechtswissenschaftliche Handhabung von Verwaltungshandlungen verkompliziert statt vereinfacht288. cc) Zwischenergebnis Es bleibt also festzuhalten: Berichterstattung als multifunktionales Mittel staatlichen Informationshandelns bildet mangels abgrenzbarer berichtsspezifischer Merkmale keine eigene Form staatlichen Informationshandelns. b) Berichterstattung als Unterfall eines anderen Typus staatlichen Informationshandelns Damit ist die Antwort zur Frage, ob Berichterstattung möglicherweise einer anderen Form staatlichen Informationshandelns zuzuordnen sein könnte, bereits gegeben. Zwar wurde Berichterstattung teilweise einem der anderen Typen staatlichen Informationshandelns im Modell der herrschenden Lehre zugeordnet, wenn man es nicht für eine eigenständige Kategorie hielt. So hätten Berichte etwa im Verhältnis zu Aufklärung „trotz nuancieller Unterschiede einen identischen Informationsgang“ 289, hier wird Berichterstattung also mit Aufklärung gleichgesetzt. Angestoßen durch die Rechtsprechung des BVerfG290 wurde Berichterstattung auch als reines Mittel der Öffentlichkeitsarbeit i. e. S., also der Information über Staatstätigkeit zugeordnet291.

287

Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 75. Ähnlich zum Modell der herrschenden Lehre insgesamt Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 23. 289 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 8. 290 BVerfGE 44, 125, 152. 291 Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 355; Mandelartz, LKRZ 2010, 371, 372; Palm, in: FS VerfGH NRW, S. 319, 321; zumindest ohne expliziten Widerspruch zu die288

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

175

Letztlich können aber aus den bereits geschilderten Gründen diese Zuordnungsversuche nicht überzeugen. Berichterstattung fehlt es nicht nur an Merkmalen zur Bildung eines eigenständigen Typus, ihre multifunktionelle Einsetzbarkeit292 verhindert gleichzeitig auch die Zuordnung zu einer anderen Kategorie staatlichen Informationshandelns nach dem Modell der herrschenden Lehre, die alle an eine bestimmte Funktion anknüpfen. c) Berichterstattung als Typensammlung? Ist Berichterstattung also weder eigene Form noch eine Unterart eines anderen Typus staatlichen Informationshandelns, so könnte man noch überlegen, ob staatliche Berichterstattung einfach eine Bündelung verschiedener Typen staatlichen Informationshandelns ist und man innerhalb eines Berichts verschiedene Typen differenzieren könnte. Fraglich ist schon, ob dieses Vorgehen für Berichterstattung überhaupt praktikabel ist, denn es wurde schon gezeigt, dass häufig selbst einzelne Aussagen mehrere Funktionen zugleich verfolgen können293. Zudem ändert dieses Vorgehen – selbst wenn es praktikabel wäre – nichts an den bisherigen Erkenntnissen: Ein eigener Informationstypus des Berichts existiert dann nicht, es gibt dann nach wie vor nichts, was Berichterstattung zu einer abgrenzbaren Handlungsform macht. Insbesondere lassen sich aus den geschilderten Gründen294 keine genuin berichtsspezifischen Inhalte identifizieren. Mit anderen Worten: Es wäre vielleicht möglich, innerhalb eines Berichts einzelne Aussagen zu sezieren, die tendenziell den Typen der Warnung oder der Aufklärung zuzuordnen sind, aber man könnte keine reinen ,Berichtsaussagen‘ identifizieren, da Berichterstattung sich nur durch Tatsachenmitteilung definiert, aber anders als Warnungen oder Aufklärung nach dem Modell der herrschenden Lehre keine spezifische Steuerungsfunktion verfolgt295. Ob das Ermitteln anderer Typen in einzelnen Aussagen innerhalb eines Berichts sinnvoll ist, hängt davon ab, ob diesen Typen anders als staatlicher Berichterstattung juristische Aussagekraft innewohnt296.

ser Deutung auch Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 330; auch Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 48, scheint ihnen diese Funktion zuzumessen, allerdings lehnt er das Modell der herrschenden Lehre auch insgesamt ab, Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 23–24. 292 s. o. Kap. 3 II. 2. a) aa) (1), S. 165. 293 Es sei insoweit auf das Beispiel oben Kap. 3 II. 2. a) aa) (2), S. 168 verwiesen, bei dem einem einzelnen Satz praktisch alle Typen des Modells der herrschenden Lehre zugeordnet werden konnten. 294 s. o. Kap. 3 II. 2. a) aa) (2), S. 168. 295 s. o. zur Berichtsdefinition Kap. 1 I., S. 29 sowie zu den verschiedenen Folgefunktionen der durch Berichterstattung vermittelten Informationen oben Kap. 2 I. 6., S. 50. 296 Dazu sogleich Kap. 3 II. 3., S. 176.

176

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

d) Zwischenergebnis zur Einordnung der Berichterstattung Staatliche Berichterstattung hat sich im Rahmen dieser Untersuchung als Querschnittsphänomen erwiesen. Zur Anerkennung als eigene Kategorie staatlichen Informationshandelns im Modell der herrschenden Lehre fehlt es staatlicher Berichterstattung einerseits an festen berichtsspezifischen Merkmalen und andererseits – und dies erscheint als wesentlicher Unterschied gerade zu den anderen Typen – einer festen über die Informationsvermittlung hinausgehenden Funktion, die sie zu den anderen Typen abgrenzt. Diese Multifunktionalität macht es gleichzeitig auch unmöglich, Berichterstattung insgesamt einem anderen Typus zuzuordnen. Ob und zu welchem Typus ein Bericht zugeordnet werden kann, ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls. 3. Rückschlüsse aus der Berichterstattungspraxis für die Typisierung staatlichen Informationshandelns? Es bleibt festzuhalten, dass das Modell der herrschenden Lehre der Aufgabe, praktische staatliche Berichterstattung dogmatisch zu erfassen, nicht gewachsen ist. An diese Erkenntnis schließt sich die Frage an, ob dieses Modell nun wirklich „rechtsdogmatisch anschlussfähig“ 297 ist, oder ob man es vor diesem Hintergrund nicht im Gegenteil grundlegend in Frage stellen sollte. a) Besonderheit staatlicher Berichterstattung als Gegenargument Bevor eine inhaltliche Auseinandersetzung zu dieser Frage erfolgt, sei bereits vorweggenommen, dass nicht jedes Argument, welches gegen die Einbeziehung von Berichterstattung in das Modell der herrschenden Lehre spricht, geeignet ist, das Gesamtmodell in Frage zu stellen. Dies gilt für die Multifunktionalität der Berichterstattung298, die in diesem Modell naturgemäß Einordnungsschwierigkeiten hervorbringen musste. Denn das Modell der herrschenden Lehre grenzt die einzelnen Typen unter anderem nach ihrer Funktion ab oder ordnet zumindest jedem Typus einen bestimmten über die reine Informationsvermittlung hinausgehenden Hauptzweck zu. Information über Staatstätigkeit richte sich auf Akzeptanzsicherung299, Aufklärung auf eine Bewusstseinserweiterung der Bürger, an die sich auf Basis eines Eigenentschlusses eine Verhaltensänderung anschließe300, eine Empfehlung bringe eine staatliche Präferenz unter gleich ungefährlichen kon297

Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 74. s. o. Kap. 3 II. 2. a) aa) (1), S. 165. 299 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 21–22; Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 13; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 76. 300 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 7–8; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 82– 83; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 23; Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 15, der allerdings die Bewusstseinsbildung in den Fokus rückt. 298

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

177

kreten Verhaltensweisen hervor301, eine Warnung diene der Gefahrenabwehr302. Die Funktion von Berichterstattung kann aber, wie ausgeführt wurde, nicht auf eine singuläre Funktion begrenzt werden, sondern ist kontext- und gegenstandsabhängig. Dieses Fehlen funktionaler Abgrenzbarkeit dürfte als Gegenargument auf die übrigen Typen im Modell der herrschenden Lehre nur bedingt übertragbar sein, da den anderen Typen einigermaßen klare Funktionen zugeordnet werden können. Man könnte Berichterstattung insoweit auch einfach als informationellen Sonderfall betrachten, der aber dennoch keinen Grund bietet, das Gesamtmodell in Frage zu stellen. b) Kritik an der Struktur der Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben Jedoch bietet auch die übrige Typisierung einigen Anlass für Kritik. Zwar mag man den anderen Typen eine abgrenzbare Funktion zuordnen können, jedoch zeigen sich in der Abgrenzungspraxis erhebliche Schwierigkeiten. Dies sei zunächst an der Information zur Erfüllung von Staatsaufgaben gezeigt, die in Aufklärung, Empfehlung und Warnung differenziert wird. aa) Warnung und Empfehlung Am eindrücklichsten zeigen sich die Schwierigkeiten an der Aufteilung von Warnung und Empfehlung. Als Abgrenzungskriterien werden drei Gesichtspunkte genannt: Bei einer Empfehlung sei das staatlicherseits präferierte Verhalten eine Variante unter mehreren gleich ungefährlichen, während bei einer Warnung das Befolgen des Verhaltensappells die einzig ungefährliche Möglichkeit sei. Daher sei die Warnung steuerungsintensiver als die Empfehlung303. Als zweiter Abgrenzungsgesichtspunkt wird zwischen dem positiven Nahelegen (Empfehlung) und dem negativen Abraten einer Verhaltensweise (Warnung) unterschieden. Schließlich könne man Empfehlungen und Warnungen nach ihrem Schutzgut – Gemeinschaftsgüter einerseits und Individualgüter andererseits – differenzieren304. Der Trennung gefährlich/ungefährlich als erstes Abgrenzungsmerkmal fehlt es an differenzierender Prägnanz: Da die Wirkung einer Informationsmaßnahme von der Kooperation im Sinne der Folgebereitschaft der Adressaten abhängt, muss 301 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 10; Leidinger, DÖV 1993, 925, 926; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 87; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 26. 302 Leidinger, DÖV 1993, 925, 926; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 27; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 11; Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 17; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 25; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 28. 303 Insgesamt zur Differenzierung oben Kap. 3 II. 1. b) bb)–cc), S. 160. 304 Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 93–95.

178

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

auch auf deren Perspektive abgestellt werden, insbesondere soweit es um die Wirkungsintensität geht. In Bezug auf eine Empfehlung wird aber der durchschnittliche Adressat die Handlungsalternativen niemals als gleich ungefährlich betrachten. Vielmehr liegt es aus Sicht des Durchschnittsbürgers nahe, den umgekehrten Schluss zu ziehen: Empfiehlt die Regierung ein bestimmtes Verhalten, hat sie dieses gegenüber den anderen als besser bewertet, sei es als besser für die Gesellschaft, die Gesundheit des einzelnen, die Umwelt oder für jedes sonstige anerkannt schützenswerte Rechtsgut. Andernfalls würde der Staat dieses bestimmte Verhalten nicht empfehlen305. Insbesondere bei Empfehlungen für Verhaltensweisen, die für individuelle Rechtsgüter vorteilhaft sein sollen, dürfte die Differenzierung zwischen gefährlichen und ungefährlichen Handlungsalternativen für den Steuerungsadressaten nicht mehr spürbar sein306. Dies wird umso deutlicher an der weiteren Umschreibung dieser Abgrenzungsregel mit den Worten, bei einer Warnung habe der Adressat im Gegensatz zu einer Empfehlung keine vernünftige Alternative mehr307. Wann dieses Maß der Alternativlosigkeit erreicht ist, lässt sich nicht objektiv bestimmen, sondern hängt von der Bewertung durch den Adressaten ab: Eine Verhaltensweise, die für den einen nie in Frage käme, ist für den anderen Alltag308. 305 Zu Recht weist Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 23 darauf hin, dass schon aus dem reinen Tätigwerden oder Nicht-Tätigwerden der staatlichen Stelle entsprechende Schlüsse gezogen werden können. Vgl. auch Augsberg, Informationsverwaltungsrecht, S. 206–207, der von der „Meta-Information“ spricht, die Entscheidung für eine Informationshandlung basiere auf guten Gründen, die stets mit jeder Informationshandlung verbunden sei. 306 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 27 erkennt daher an, dass eine Empfehlung vom Effekt her einer Warnung gleichstehen kann. Seine Ausführungen kann man als widersprüchlich ansehen, wenn er einerseits annimmt, eine Empfehlung könne aufgrund eines Gefahrentatbestandes erfolgen, dies aber andererseits gerade zum Merkmal der Warnung macht, Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 28, und er trotz dieser Überschneidung an der Differenzierung festhalten will. In ähnliche Widersprüche verstricken sich C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 29; Leidinger, DÖV 1993, 925, 926 und R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 26: Erfolge eine Empfehlung für ein Verhalten, bei dem alle Alternativen gefährlich seien, so handle es sich um eine positiv formulierte Warnung. Nach diesen Ausführungen würde es sich bei konsequenter Betrachtung auch bei einer Empfehlung für eine Verhaltensweise, bei der eine Alternative gefährlich und eine andere ungefährlich ist, immer noch um eine Empfehlung handeln. Nach ihren eigenen Ausführungen dürfte aber bei einer Empfehlung keine der Alternativen gefährlich sein, da nach ihrer Auffassung allein Warnungen Gefahrabwehrbezug haben, vgl. R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 25–26; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 27–29; Leidinger, DÖV 1993, 925, 926. 307 Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 17; Leidinger, DÖV 1993, 925, 926; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 11; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 27–28; Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation, S. 19; Käß, WiVerw 2002, 197, 200. 308 Erneut sei das Beispiel des Rauchens bemüht: Während manche es für vollkommen unverantwortlich halten, ihre Gesundheit durch das Rauchen zu gefährden, ist diese Bedrohung für andere vollkommen irrelevant.

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

179

Zudem fällt es schwer, die polizeirechtliche Orientierung dieser Differenzierungsmethode aufrecht zu erhalten: Sie orientiert sich am Gefahrbegriff, der sich aber hier kaum gewinnbringend nutzen lässt. Denn wenn jeder Empfehlung eine ,besser/schlechter‘ Bewertung der Handlungsoptionen zugrunde liegt, so dient die Empfehlung der Verhaltensweise X der Vermeidung des Schadens, den die alternative Verhaltensweise Y zufügen würde, wenn der Empfehlung nicht gefolgt würde. Wäre dies anders, so käme es gar nicht zu einer Empfehlung, weil beide Handlungsalternativen gleichwertig wären. Daher enthält eine Empfehlung der einen Verhaltensweise immer auch eine Warnung vor der Ausübung der anderen309. Mit anderen Worten: Letztlich dienen auch Empfehlungen dem Ziel, einen bestimmten Schaden für ein bestimmtes Rechtsgut zu vermeiden. Empfiehlt etwa eine Behörde den Kauf umweltfreundlicher Toilettensteine, dient dies gerade der Vermeidung von Umweltschäden, die beim Kauf umweltbelastender Toilettensteine entstehen würden310. Geht es aber letztlich bei beiden Typen um Schadensvermeidung durch Verhaltenssteuerung, so erscheint die Differenzierung in die auf Gefahrabwehr bezogene Warnung und die Empfehlung einer präferierten Handlung unter gleich ungefährlichen Alternativen als nicht durchhaltbar, denn dann handelt es sich bei beiden Maßnahmen letztlich um Gefahrabwehr311. Erweist sich dieses Merkmal als haltlos, so kann es noch weniger auf die Frage der Formulierung ankommen. Dieses Abgrenzungskriterium lässt keinerlei Schluss auf die Wirkungsintensität zu: Auch eine positiv formulierte Empfehlung kann im Einzelfall erheblich eindringlicher sein als eine negativ formulierte Warnung312. Man stelle sich etwa vor, der Staat würde nicht vor einer Sekte warnen, sondern den Beitritt zu einer staatsfreundlichen Religionsgemeinschaft nachdrücklich empfehlen. Es darf bezweifelt werden, ob diese Formulierung für die nicht empfohlenen Religionsgemeinschaften weniger benachteiligend wäre als eine direkte Warnung. Zudem kommen in solchen Konstellationen erhebliche Gleichheitsprobleme hinzu313. Stellt man allein auf dieses Merkmal ab, so hinge es letztlich vom Formulierungsgeschick der staatlichen Stelle ab, ob es sich um eine Empfehlung oder Warnung handelt. Ein Erkenntnismehrwert, vor allem ein juristischer, ist mit einer solchen Unterscheidung nicht mehr verbunden314. Damit ist auch die Frage, 309 Gröschner, DVBL 1990, 619, 621; Akkermann, Harmonisierung von öffentlichen Warnungen, S. 15–16; auch Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 366 hält eine genaue Unterscheidung von Warnung und Empfehlung für tatsächlich kaum möglich. 310 Beispiel angelehnt an R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 28, der allerdings dennoch an der Differenzierung Warnung/Empfehlung festhalten will. 311 So im Ergebnis auch Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 24. 312 Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 366. 313 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 27. 314 Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 366; ebenfalls kritisch v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 24.

180

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

ob eine Warnung stets intensiver auf das Verhalten des Adressaten einwirkt, beantwortet: Dies hängt von der Formulierung und den Begleitumständen der jeweiligen Maßnahme ab und kann nicht pauschal festgestellt werden, nur weil in einem Fall ein bestimmtes Verhalten nahegelegt und im anderen Fall vor einem bestimmten Verhalten gewarnt wird315. Damit bleibt das Abgrenzungskriterium des Schutzguts. Zunächst ist dazu festzustellen, dass hieraus für mittelbar Betroffene keine Unterschiede erwachsen. Es spielt zum Beispiel für den Hersteller keine Rolle, ob sein Produkt boykottiert wird, weil es durch eine staatliche Stelle als schädlich für ein Gemeinschaftsgut oder als schädlich für ein Individualrechtsgut angeprangert wurde316. Aber auch aus Sicht des Informationsadressaten ist die scheinbar so einleuchtende Trennung von Gemeinschafts- und Individualrechtsgütern weniger eindeutig, als sie scheint. Denn der Schutz von Gemeinschafts- und Individualrechtsgütern lässt sich nicht einfach trennen. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass Informationen bezüglich des Umweltschutzes für Einzelne schon auf Basis des reinen Problemwissens317 verhaltenssteuernd wirken, etwa weil sie durch eine schlechtere Umweltsituation mittelbar Auswirkungen auf ihre Individualgüter befürchten müssen: In einem verdreckten See möchte niemand schwimmen, und wer die Auswirkungen des Klimawandels betrachtet, kann diese auch als Bedrohung der eigenen Lebenssituation erfassen318. Vermeintliche Gemeinschaftsgüter können durch den Informationsadressaten also durchaus als Individualrechtsgüter betrachtet werden, zumindest aber dürfte einer Vielzahl der Adressaten die Wechselwirkung zwischen Gemeinschaftsgütern und Individualrechtsgütern bewusst sein. Betrachtet man diese Kritikpunkte an den Abgrenzungsansätzen zusammengenommen, so reicht es nicht aus, einen fließenden Übergang von Warnungen und Empfehlungen anzunehmen319. Eine echte Abgrenzung von Warnungen und Empfehlungen ist nicht möglich.

315

Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 366. Insoweit fehlt es auf dieser Ebene bereits an den unterschiedlichen Folgen, die Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 95 für die Anerkennung als getrennte Handlungsformen selbst voraussetzt. 317 Dieses hält Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 94 bei Gemeinschaftsgütern für nicht ausreichend. 318 So fürchten nach einer Umfrage des US-amerikanischen Pew Research Center 60 % der Deutschen, dass sie persönlich durch den Klimawandel geschädigt werden, http://www.pewglobal.org/2015/11/05/1-concern-about-climate-change-and-its-conse quences/ (Stand: 27.03.2017). 319 Einen solchen Übergang geben auch Vertreter der herrschenden Lehre zu, etwa Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 17; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 27; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 86. 316

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

181

bb) Warnung/Empfehlung und Aufklärung Hat sich die Differenzierung von Warnung und Empfehlung damit als rein semantische Unterscheidung offenbart, folgt die Frage nach der Abgrenzbarkeit von der staatlichen Aufklärung. Wesentliche Abgrenzungsmerkmale sind hier die Funktion und das Abstraktionsniveau: Staatliches Informationshandeln in Form der Aufklärung schließe Informationslücken, um Verhaltensänderungen zu erreichen und trete nur ohne die konkrete Nennung von Personen, Produkten oder Gruppierungen und ohne die ausdrückliche Formulierung der gewünschten Verhaltensänderung in Erscheinung320. Die Funktion erscheint dabei als kaum hilfreiches Abgrenzungskriterium: Auch Warnungen und Empfehlungen vermitteln nach der Definition der herrschenden Lehre Informationen in der Hoffnung auf eine Verhaltensänderung. Selbst bei einer Warnung besteht nicht mehr als genau diese Hoffnung, denn trotz aller eindringlicher Formulierungskunst: Kooperiert der Warnungsadressat nicht und lässt sich von der Warnung nicht überzeugen, wird er nicht danach handeln und die Warnung bleibt wirkungslos321. Das heißt umgekehrt formuliert: Letztlich arbeiten auch Warnungen und Empfehlungen mit Aufklärungsmethoden322. Eine klarere Abgrenzung lässt sich zwar über das Abgrenzungskriterium des Abstraktionsniveaus erreichen, weil sich durch Analyse der Informationsmaßnahme bestimmen lässt, ob eine Informationsmaßnahme eine konkrete Verhaltensweise nahelegt/von ihr abrät oder nur auf abstrakter Ebene Informationen ohne konkrete Handlungsaufforderung weitergibt. Fraglich bleibt aber, was dadurch erreicht wird. In der Literatur wurde vertreten, eine Aufklärung sei weniger oder überhaupt nicht eingriffsintensiv für potenziell betroffene Dritte323 und 320 Zu den Abgrenzungsmerkmalen der Aufklärung siehe auch oben Kap. 3 II. 1. b) aa), S. 159. 321 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 88: „Im Rechtssinne entscheidet der einzelne letztlich selbst, ob er der staatlichen Warnung nachkommt; mit Verwaltungszwang durchsetzbar ist sie nicht“. 322 So auch Brandt, Umweltaufklärung, S. 91–92; im Ergebnis wohl auch Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 36–37: „Weitere Mittel der Umweltaufklärung sind Empfehlungen und Belobigungen. [. . .] Ein Mittel der Umweltaufklärung kann auch die Warnung sein“. Allerdings ist hier nicht ausgeschlossen, dass Porsch den Begriff der Aufklärung einfach als Oberbegriff für verhaltensbeeinflussende Informationsmaßnahmen verwendet. Ähnlich auch Gröschner, DVBL 1990, 619, 620, der für Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben den Begriff der Öffentlichkeitsaufklärung verwendet. 323 Woraus etwa die rechtsdogmatische Konsequenz gezogen wird, für Aufklärungsmaßnahmen reiche eine generalklauselartige Aufgabe, für eine Warnung benötige man eine genau bestimmte gesetzliche Befugnisnorm, so etwa Gröschner, DVBL 1990, 619, 622.

182

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

habe auch beim Adressaten nur einen schwachen verhaltensbeeinflussenden Effekt324. Diese Befunde lassen sich aber in der Realität nicht konsequent durchhalten, da die Wirkung auch einer Aufklärungsmaßnahme nicht allein von ihrem Inhalt abhängig ist: Aus den Umständen oder der Art und Intensität der Aufklärung und sogar schon aufgrund dem bloßen Tätigwerden der staatlichen Stelle325 kann die Aufklärung erheblich schärfere Effekte haben, als es auf den ersten Blick scheint. Da auch der Aufklärung ein (verdeckter, da nicht konkret formulierter) Verhaltensappell zugrunde liegt, kann ihr auch eine empfehlende oder warnende Wirkung zukommen326. Was ist also letztlich der Unterschied zwischen Aufklärung und Empfehlung nach diesem Modell? Sowohl die konkret formulierten Warnungen und Empfehlungen als auch die abstrakt formulierte Aufklärung wünschen eine Verhaltensänderung der Informationsadressaten. Der einzige Unterschied ist letztlich das Maß kognitiver Eigenleistung, die der Adressat erbringen muss, um das staatlicherseits erwünschte Verhalten zu erkennen: Während bei einer Warnung oder Empfehlung das gewünschte Verhalten oder das zu kaufende/zu boykottierende Produkt konkret benannt ist, muss bei der Aufklärung der Adressat anhand der gegebenen Informationen das entsprechende Verhalten erst noch durch eigene Initiative ermitteln327. Dies dürfte im Zeitalter der allgemeinen Verfügbarkeit von Informationen durch das Internet und entsprechende mediale Berichterstattung niemanden mehr vor große Herausforderungen stellen. Man bedenke aber, dass diese vermeintlich mildere informationelle Steuerung im Einzelfall sogar einschneidender wirken kann als eine konkrete Produktwarnung. Denn im Rahmen der durch kognitive Eigenleistung zu erbringenden Konkretisierung der allgemeinen Aufklärung auf eine konkrete Verhaltensempfehlung können Fehler passieren, die zu eigentlich unerwünschten Reaktion führen. Man stelle sich etwa vor, eine staatliche Stelle betreibe Aufklärung über die Umweltschädlichkeit einiger industrieller Produkte. Gelingt es dem Verbraucher nicht, die Konkretisierung

324 Die Aufklärung gilt als das am wenigsten verhaltensbeeinflussende Informationsmittel, so etwa Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 13; ähnlich Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 37. 325 Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 23. 326 Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 23; Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 38: „Zu beachten ist allerdings bereits an dieser Stelle, dass die Grenze zwischen Aufklärung und Empfehlung fließend verläuft, denn im Grunde lässt sich an jedes aufklärende Informieren gleichzeitig auch eine Empfehlung anschließen“; ähnlich kritisch auch v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 22: „Ein solchermaßen schematisches Vorgehen wird dem Wesen staatlichen Informationshandelns kaum gerecht“; Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 149: „Und eine absolut sachlich gegebene Information kann dem Rezipienten ebenso wie eine Warnung erscheinen“. 327 So auch Brandt, Umweltaufklärung, S. 91; ähnlich Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 119–120.

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

183

korrekt vorzunehmen, etwa weil er die falsche Gruppe von Produkten für umweltschädlich hält, kann dies zu einem Boykott der ,falschen‘ eventuell sogar umweltfreundlichen Produkte führen328. Das gilt umso mehr, je mehr Energie staatlicherseits in die Aufklärungskampagne investiert wird329. Dieses Risiko wird zumindest kleiner, wenn eine konkrete Verhaltensaufforderung mit der Informationsmaßnahme verbunden wird330. Dabei soll nicht abgestritten werden, dass auch bei einer konkreten Verhaltensempfehlung seitens der Adressaten eine ,überschießende Umsetzung‘ geschehen kann, etwa auch bei einer Warnung vor konkreten glykolhaltigen Weinen der Konsum auch unbedenklicher Weine zurückgeht, aber bei einer konkreten Warnung wird zumindest das Risiko, dass ,es den Falschen trifft‘, staatlicherseits minimiert331. Letztlich suggeriert damit auch die scheinbar so klare Differenzierung zwischen abstrakter Aufklärung und konkreten Warnungen und Empfehlungen eine Trennschärfe, die es in der Wirklichkeit nicht gibt332. Auch hinsichtlich ihrer Wirkungsintensität lassen sich keine pauschalen Aussagen treffen, welcher Typus nun stärker auf die Öffentlichkeit einwirkt333. Von ihrer Funktion und Wirkungs-

328 Zu einer vergleichbaren Reaktion kam es im der Glykol-Entscheidung des BVerfG zugrunde liegenden Sachverhalt, vgl. BVerfGE 105, 252, 254: „Die als ,Glykolskandal‘ (Hervorhebung im Original) bekannt gewordenen Vorgänge waren Gegenstand zahlreicher Presseberichte und ab Mai 1985 auch Anlass von Erörterungen im Deutschen Bundestag sowie in den zuständigen Ausschüssen. In der Bevölkerung herrschte eine erhebliche Beunruhigung, zumal nicht genau bekannt war, welche Weine mit DEG versetzt waren und welche gesundheitlichen Folgen der Genuss eines solchen Weines haben konnte. Die Verunsicherung führte zu einem massiven Rückgang des Konsums insbesondere österreichischer und deutscher Weine. Es wurde eine Existenzgefährdung der in der Weinwirtschaft tätigen Unternehmen befürchtet. Vor diesem Hintergrund gab das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit Ende 1985 eine [. . .] ,Vorläufige Gesamt-Liste der Weine [. . .], in denen Diethylenglykol (DEG) [. . .] festgestellt worden ist‘, heraus“. An diesem Sachverhalt lässt sich gut beobachten, wie gerade das Fehlen konkreter Produktbezeichnungen und Verhaltensempfehlungen zu einer überzogenen Reaktion führt. Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 123 bewertet in diesem Fall die konkrete Nennung der Hersteller glykolversetzter Weine daher nicht unbedingt als besonders intensiven Eingriff in deren Rechte, sondern als Maßnahme zugunsten der Weinabfüller, die kein Glykol zugefügt hatten. 329 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 356 gibt daher zu, dass eine mit hohem sozialem Druck geführte Aufklärungskampagne einer Warnung oder Empfehlung gleichstehen kann. 330 Brandt, Umweltaufklärung, S. 91–92 geht daher zu Recht davon aus, dass eine konkrete Verhaltensaufforderung einer Informationsmaßnahme nicht ihren Aufklärungscharakter nimmt, sondern diesen im Gegenteil sogar verstärkt. 331 Auch wenn Augsberg, Informationsverwaltungsrecht, S. 207 darin zuzustimmen sein dürfte, dass sich ein solcher „spill-over-Effekt“ wohl nie ganz vermeiden lässt. 332 So auch Born, Datenschutzaufsicht, S. 302. 333 So wohl auch Born, Datenschutzaufsicht, S. 301–302; Schlecht, Behördliche Warnungen, S. 22–23; Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167, 175.

184

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

weise her sind sie weniger unterschiedlich, als es das Modell der herrschenden Lehre impliziert334. c) Kritik an der Differenzierung Informationen über Staatstätigkeit/Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben Da die Typisierung innerhalb der Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben sich als weniger klar erwiesen hat als zunächst gedacht, erscheint es auch angezeigt, die grundsätzliche Aufteilung in Informationen über Staatstätigkeit und Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben zu hinterfragen. Die Unterscheidung erfolgt primär anhand des Informationsbezugs bzw. des Informationsgegenstands335. Beziehe sich die Informationsmaßnahme auf Staatstätigkeit, stelle diese dar und werbe für sie um Akzeptanz, handele es sich um Informationen über Staatstätigkeit oder Öffentlichkeitsarbeit i. e. S. Verhaltenssteuernde Wirkung komme dieser Informationstätigkeit nicht zu. Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben dagegen beträfen Gegenstände außerhalb des engeren Tätigkeitsfelds der informierenden staatlichen Stelle. aa) Die Abgrenzung anhand des Informationsgegenstands Problematisch an dieser Abgrenzung ist zunächst die ihr zugrunde liegende Zweiteilung in Informationen über die rein staatliche Sphäre und Informationen über die außerstaatliche oder gesellschaftliche Sphäre. Diese Zweiteilung lässt sich jedenfalls im Bereich staatlichen Informationshandelns nicht aufrechterhalten. Dies begründet sich einerseits durch die Aussagekraft, die die staatliche Informationshandlung zur Erfüllung von Staatsaufgaben auch über staatliche Stellen hat. Das Aussenden solcher Informationen lässt eine Vielzahl von Rückschlüssen auf die Tätigkeit der informierenden staatlichen Stelle zu. Man denke etwa an den Umweltzustandsbericht336 der Bundesregierung, der von seiner gesetzlichen Konzeption her den Umweltzustand beschreiben soll, was man ohne große Probleme zunächst außerhalb des engeren Tätigkeitsfelds staatlicher Stellen einordnen würde. Dennoch lässt der Bericht Schlüsse auf die Tätigkeit der Regierung zu: Er zeigt zunächst, dass die Bundesregierung Umweltinformationen sammelt und auswertet sowie in ihre Politik einbezieht. Ein Umweltzustandsbericht, der einen positiven Umweltzustand belegt, impliziert gleichzeitig erfolgreiche Umweltschutzmaßnahmen der Regierung. Entspricht der im Bericht dargestellte Umwelt334 Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 25 beschreibt sie als „drei verschiedene Ausdrücke für ein gleiches Ziel“. 335 Siehe dazu oben Kap. 3 II. 1., S. 155. 336 Zu diesem Bericht und den Abweichungen der Berichterstattungspraxis von der gesetzlichen Konzeption s. o. Kap. 2 II. 2., S. 71.

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

185

zustand dagegen etwa nicht den persönlichen Eindrücken der Adressaten, lässt sich daraus ein Schluss in die andere Richtung ziehen, nämlich dass die Bundesregierung den Umweltzustand entweder beschönigt oder nicht korrekt auswertet. Nicht zuletzt kann man aus der Bewertung und ihrer Darstellung im Bericht auch einiges über die Arbeitsmethodik der informierenden Stelle erfahren: Nach welchen Maßstäben wird der Umweltzustand bewertet, welche Aspekte des Umweltzustands erachtet die Bundesregierung als besonders wichtig? Letztlich lässt sich so aus einer eigentlich nicht staatsbezogenen Informationsmaßnahme Wissen über staatliche Tätigkeit gewinnen. Ein anderes Beispiel hierfür ist die Berichterstattung des Bundesrechnungshofs337, die nicht nur der Finanzkontrolle, sondern auch der Selbstdarstellung und Imagebildung des Bundesrechnungshofs dient, indem seine Fachkompetenz demonstriert wird338. Auch staatliche Informationsmaßnahmen, die nach dem Modell der herrschenden Lehre der Gefahrenabwehr dienen und als Warnung zu bewerten wären, stärken gleichzeitig das Vertrauen in einen handelnden und damit schützenden Staat339. Dieser Effekt mag im Einzelfall sogar stärker sein als die eigentliche Verhaltenssteuerung bezüglich der Gefahrabwehr. Letztlich ist jede staatliche Informationstätigkeit mit staatlicher Selbstdarstellung verbunden340, und damit auch mit den ihr typischerweise innewohnenden rechtlichen Risiken bis hin zur unzulässigen Wahlwerbung341. Man betrachte nun auf der anderen Seite Informationsmaßnahmen über Staatstätigkeit, die klassische Öffentlichkeitsarbeit i. e. S. Auch aus eigentlich staatsbezogenen Informationen können Informationen über außerstaatliche Vorgänge gezogen werden, denn Staatstätigkeit bezieht sich in vielen Fällen auf außerstaatliche Vorgänge. Erstattet das Bundeskartellamt einen Jahresbericht über seine Tä337 Das Beispiel ist allerdings etwas anders gelagert als der Umweltzustandsbericht, da der Bundesrechnungshof im Rahmen seiner Prüfung über andere staatliche Stellen informiert, nämlich über Stellen des Bundes, welche das Haushaltsgesetz und den Haushaltsplan vollziehen, Vogt, Informationstätigkeit des BRH, S. 54. Das Muster des Beispiels bleibt aber gleich: Obwohl der Bundesrechnungshof nicht über sich selbst informiert, sondern über etwas Externes, wird durch diese Information zugleich der Bundesrechnungshof dargestellt. Ob dieses Externe nun eine andere staatliche Stelle ist oder einen Gegenstand außerhalb der staatlichen Sphäre betrifft, ist für diesen Effekt nicht von Bedeutung. 338 Zu diesem Beispiel ausführlich Vogt, Informationstätigkeit des BRH, S. 208–209. 339 Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 24; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 40; Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 3; Jensen, Öffentlichkeitsarbeit im Internet-Zeitalter, S. 12; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 77: „gewollte Nebenwirkung“. 340 So auch Di Fabio, JuS 1997, 1, 7; Schlecht, Behördliche Warnungen, S. 7 Fn. 28; Jensen, Öffentlichkeitsarbeit im Internet-Zeitalter, S. 12. 341 Ähnlich Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 39, der auch eine unmittelbar wahlbeeinflussende Wirkung staatlicher Umweltaufklärung für möglich hält. Zur Frage, ob die besonderen verfassungsrechtlichen Grenzen für Informationsmaßnahmen in der Vorwahlzeit auch auf Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben anwendbar sind, siehe auch unten Kap. 4 III. 2. c) bb), S. 264.

186

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

tigkeit, so liegt auf den ersten Blick eine staatsbezogene Informationsmaßnahme vor342. Da das Bundeskartellamt sich aber mit außerstaatlichen Vorgängen, nämlich der Wettbewerbssituation auf dem Markt beschäftigt, erhält man über die Tätigkeitsinformation zugleich auch Informationen über Wettbewerber343. So stellt sich nun die Abgrenzungsfrage: Informiert der Jahresbericht des Bundeskartellamts über ein Verfahren gegen einen kartellrechtswidrig agierenden Anbieter, ist dies noch Information über die Aktivität des Bundeskartellamts oder schon eine Informationsmaßnahme zulasten des Anbieters? Dies gilt umso mehr für staatliche Informationsmaßnahmen, die ausdrücklich sowohl Informationen über staatliche Tätigkeit als auch über außerstaatliche Vorgänge beinhalten. Ein Beispiel hierfür findet sich im Datenschutzrecht344: Der Tätigkeitsbericht des BfDI zum Datenschutz beinhaltet aufgrund gesetzgeberischer Anordnung in § 26 Abs. 1 BDSG sowohl Informationen über die staatliche Tätigkeit des BfDI als auch über wesentliche Entwicklungen im Datenschutz, was eher dem Bereich außerhalb der Staatstätigkeit zuzuordnen sein dürfte345. Eine strikte Trennung dieser Bereiche erschiene angesichts der Tätigkeit des BfDI auch kaum durchführbar. Gerade die Verzahnung von Informationen über die Tätigkeit des BfDI und die damit in Verbindung stehenden Entwicklungen im Datenschutz verleihen dem Bericht erst seinen Informationswert. Es zeigt sich also, dass eine klare Trennung von Informationen über Staatstätigkeit und Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben nicht möglich und in vielen Fällen auch gar nicht unbedingt wünschenswert ist. bb) Die Trennung von Bewusstseins- und Verhaltensbeeinflussung Auch die von der herrschenden Lehre vorgenommene Einteilung in einerseits lediglich bewusstseinsbeeinflussende Informationen über Staatstätigkeit und andererseits verhaltenssteuernde Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben ist mit Zweifeln zu sehen. Das ergibt sich nicht nur aus den soeben aufgezeigten Überschneidungen, sondern auch bei reinen Informationen über Staatstätigkeit, soweit solche überhaupt existieren. Auch diese können letztlich verhaltensbeein342 Vgl. Kloepfer, Information als Intervention, S. 7, laut dem es bei dem Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamts zu einem großen Teil um die öffentliche Kontrolle kartellbehördlicher Tätigkeit gehe, aber nicht allein darum. 343 Dies hat für Informationsmaßnahmen bezüglich Bußgeldfestsetzungen Kloepfer, Information als Intervention, umfassend untersucht. 344 Ähnlich Born, Datenschutzaufsicht, S. 301: „Denn eine Information, die einen festgestellten Verstoß gegen das Datenschutzrecht zum Inhalt hat, wird man zugleich als Öffentlichkeitsarbeit (Anm. des Verfassers: i. e. S.) durch eine Wissenserklärung und als eine Warnung vor dem das Gesetz Missachtenden ansehen können“. 345 Jedenfalls soweit der Staat nicht etwa durch Gesetzgebungsakte selbst wesentliche Entwicklungen des Datenschutzes prägt. Vgl. zum mehrgliedrigen Gegenstand des Berichts des BfDI zum Datenschutz oben Kap. 2 II. 3. a), S. 82.

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

187

flussend wirken346. Denn wenn Öffentlichkeitsarbeit auf die Sicherung von Akzeptanz zielt, so knüpfen an diese Akzeptanz zumindest mittelbar erwünschte Folgehandlungen an: Wer aufgrund von Öffentlichkeitsarbeit i. e. S. ein positives Staatsbild hat, der wird eher zur Wahl gehen und staatstragende Parteien wählen, staatliche Normen eher befolgen347, obwohl sie vielleicht aus einer politisch unerwünschten Richtung kommen348, belastende Bescheide eher akzeptieren. Wer von der Tätigkeit und Kompetenz einer Behörde überzeugt ist, wird ihre Angebote eher wahrnehmen und ihre Aufgabenerfüllung eher akzeptieren, zum Beispiel den BfDI auch tatsächlich informieren, wenn er einen Verstoß gegen Datenschutzregeln vermutet. Dies alles dient staatlicherseits dazu, die „Erzwingung des Rechtsgehorsams“ 349 zu vermeiden und staatliche Aufgabenerfüllung zu erleichtern. Diese Erleichterung erfolgt gerade dadurch, dass aufgrund der gesteigerten Akzeptanz die durch Öffentlichkeitsarbeit i. e. S. derartig bewusstseinsbeeinflussten Adressaten Staatstätigkeit störende Maßnahmen unterlassen und Staatstätigkeit unterstützende Maßnahmen unternehmen. Sie geschieht mit anderen Worten durch Verhaltensänderungen, die durch Informationen über Staatstätigkeit bewirkt worden sind. Umgekehrt heißt das: Auch Öffentlichkeitsarbeit dient der Verhaltensbeeinflussung der Bürger, denn genau das ist das langfristige Ziel einer gesteigerten Staatsakzeptanz. Diese Art der Verhaltenslenkung mag erheblich mittelbarer sein als eine direkt formulierte Warnung vor einem Produkt, aber im Kern ist eben doch eine Verhaltenssteuerung bezweckt. Dem kann man auch nicht entgegenhalten, die Steuerungswirkung staatlicher Informationen sei ungewiss350. Denn hinter staatlichem Informationshandeln steht immer die Erwartung einer Beeinflussung des Bürgers, andernfalls wäre sie sinnlos351. 346 Die Eignung hierzu hat grundsätzliche jede Informationsmaßnahme, dies geben auch Vertreter der herrschenden Lehre zu, obwohl sie der Öffentlichkeitsarbeit eigentlich keine verhaltenssteuernde Wirkung attestieren, etwa Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 90. 347 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 313–314 erkennt im Kern genau das an, wenn er davon spricht, dass Öffentlichkeitsarbeit Legitimität staatlicher Regeln sichern soll. 348 Quaritsch, Probleme der Selbstdarstellung des Staates, S. 11 bringt diesen in der Demokratie angelegten Konflikt auf den Punkt: „Im übrigen werden dem Bürger politische Alternativen offeriert; es wird dennoch erwartet, daß der Bürger trotz Parteinahme dem politischen Gegner gehorcht, wenn und weil dieser die leitenden Staatsorgane besetzt hat“. Um diesen Konflikt zu überleben, sei der Staat von permanenter „MassenLoyalität“ abhängig. Eine soziale Organisation und gerade der Staat müsse Dasein, Ziele und Zielverwirklichungen dauernd vorweisen, um sich als sinnvoll und vertrauenswürdig zu präsentieren und diese Loyalität herzustellen, Quaritsch, Probleme der Selbstdarstellung des Staates, S. 10–11. 349 Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 13. 350 Vgl. kritisch zur Wirksamkeit insbesondere von Wahlwerbung und Öffentlichkeitsarbeit im engeren Sinn Schürmann, NVWZ 1992, 852, 854 m.w. N. 351 Voßkuhle, in: Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 349, 388; ähnlich auch Engel, in: HbdStR, § 80 Rn. 6; Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation, S. 18; ähnlich auch Augsberg, Informationsverwaltungsrecht, S. 206.

188

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

Auch eine Differenzierung nach lediglich bewusstseinsbeeinflussenden und verhaltenssteuernden Informationsmaßnahmen ist also nicht wirklich aussagekräftig, da Bewusstseinsbeeinflussung mittelbar immer auch Verhaltensbeeinflussung bezweckt und auch bewirken kann. cc) Differenzierung anhand der informierenden staatlichen Stelle Nicht weiterführend ist schließlich auch eine Differenzierung anhand des Akteurs. So wurde etwa argumentiert, bei Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben handle es sich um Verwaltungstätigkeit, Öffentlichkeitsarbeit i. e. S. sei dagegen Regierungstätigkeit352. Denn es ist unstrittig, dass auch Verwaltungsbehörden die Kompetenz haben, über ihre Tätigkeit Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben353. Zudem kommt es auch seitens Regierungsorganen regelmäßig zu Informationsmaßnahmen, die nach dem Modell der herrschenden Lehre Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben wären und nach diesem Argument Verwaltungstätigkeit darstellen354. Eine Unterscheidung anhand des Akteurs ist also unabhängig von der nicht zweifelsfrei zu beantwortenden Frage, wann Regierungs- und wann Verwaltungshandeln vorliegt, nicht möglich und auch nicht sinnvoll. dd) Zwischenergebnis Es hat sich damit gezeigt, dass nicht nur die Abgrenzung innerhalb der Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben in vielen Fällen nicht gelingt, sondern schon die grundlegende Zweiteilung zwischen diesen Informationsmaßnahmen und solchen über Staatstätigkeit in vielen Fällen nicht durchführbar ist, da Informationsmaßnahmen nur in den seltensten Fällen lediglich staatstätigkeitsbezogen oder frei von jedem Staatsbezug sind. Das Unvermögen des Modells der herrschenden Lehre, Berichterstattung dogmatisch in einen fest abgrenzbaren Katalog von Informationshandlungsformen einzuordnen, bleibt damit kein Sonderfall. Die rechtsdogmatische Anschlussfähigkeit355 dieses Modells kann am Ende

352

Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167, 174 in Bezug auf Warnungen. Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 97: „Wer eine Staatsaufgabe wahrnimmt, darf auch über deren Wahrnehmung informieren“; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 77: „Die Öffentlichkeitsarbeit (Anmerkung des Verfassers: i. e. S.) ist das Recht und die Aufgabe aller Staatsfunktionen, also der gesetzgebenden Körperschaften und ihrer Untergliederungen, der Regierung und Verwaltung (Hervorhebung nur hier) sowie der Gerichte“. 354 Zugegeben wird dieses Vorgehen seitens der Regierungsorgane auch kritisiert, andererseits wird gerade Regierungsorganen die Kompetenz zu derartigen Informationsmaßnahmen häufig unter dem Gesichtspunkt der Staatsleitung zugesprochen. Vgl. dazu unten Kap. 4 II. 4. c) aa), S. 250. 355 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 74. 353

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

189

nicht bestätigt werden356. Vielmehr scheint das Gegenteil der Fall zu sein: Mangels einer auch nur einigermaßen trennscharfen Abgrenzungsmöglichkeit zwischen verschiedenen Informationshandlungen muss der rechtliche Wert dieses Differenzierungsansatzes in Zweifel gezogen werden. d) Folgen für die Differenzierung von staatlichen Informationshandlungen Welche Folgen sind nun aus diesem Befund zu ziehen? Sollte man im Katalog staatlicher Handlungsformen jede weitere Differenzierung einstellen, oder verbleibt der Typisierung nach diesem Modell ein Rest an Erkenntniswert? aa) Die rechtliche Relevanz der Unterscheidungen nach diesem Modell Die Frage, ob und inwieweit staatliches Informationshandeln in verschiedene Typen oder gar Handlungs- und Rechtsformen zu unterteilen ist, hat mehr Relevanz, als es auf den ersten Blick scheint. Zwar wurde einer Typisierung und dogmatischen Ausformung verschiedener Informationshandlungen teilweise jegliche rechtliche Relevanz abgesprochen oder ihre Bedeutung wurde zumindest relativiert357. Das ändert aber nichts daran, dass andererseits im Zuge der Ausformung von informationsrechtlichen Handlungsformen immer stärker versucht wird, unterschiedliche normative Konsequenzen an die verschiedenen Typen anzubinden. So werden etwa an Informationen über Staatstätigkeit und Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben ausdrücklich unterschiedliche Rechtmäßigkeitsanforderungen gestellt358. Auch in der Rechtsprechung hat diese Unterscheidung zu der Konsequenz geführt, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Öffentlichkeitsarbeit im Vorwahlkampf nicht geprüft wurden, da man die staatliche Informationshandlung der Informationstätigkeit zur Erfüllung von Staatsaufgaben zuordnete und daher den Anwendungsbereich für die Kriterien nicht eröffnet sah, die das BVerfG an Öffentlichkeitsarbeit im Vorwahlkampf stellt359. 356 Damit ist zugleich gezeigt, dass auch das Identifizieren von Typen staatlichen Informationshandelns innerhalb eines Berichts juristisch mehr Probleme schafft als löst, dazu s. o. Kap. 3 II. 2. c), S. 175. 357 Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 23–24: „Der Unterscheidung fehlt die Notwendigkeit“; Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 366 hält eine Trennung von Warnung und Empfehlung auch rechtlich für unnötig; ähnlich auch Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 149, nach der mit der richtigen Begründung nahezu jeder konkrete Fall zu jedem Begriff zugeordnet werden kann. 358 Z. B. Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 31–32. 359 So entschieden vom VerfGH NRW, NVWZ 1992, 467, 468; kritische Besprechung dazu bei Schürmann, NVWZ 1992, 852; siehe hierzu umfassend unten Kap. 4 III. 2. c) bb), S. 264.

190

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

Ähnliche Differenzierungsversuche finden sich innerhalb der Informationstätigkeit zur Erfüllung von Staatsaufgaben, wenn es etwa heißt, für Aufklärung genüge eine generalklauselartig formulierte Aufgabe, für eine Warnung sei dagegen eine tatbestandlich genau bestimmte Ermächtigung vonnöten360. Ein anderer Ansatz hält vor Warnungen und Empfehlungen eine Anhörung der Betroffenen für erforderlich, bei der Aufklärung aber nicht361. Auch hinsichtlich der Frage einer Äußerungskompetenz wurde schon zwischen Warnungen und Empfehlungen differenziert362. Das Problem dabei ist: Je mehr die von der herrschenden Lehre unternommene Aufteilung staatlichen Informationshandelns in unterschiedliche Typen mit rechtlichen Konsequenzen verknüpft wird, umso mehr besteht das Risiko, dass zentrale Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen ausgeblendet werden, wenn die Zuordnung zu einem Typus erfolgt. Denn wie dargestellt wurde, ist eine Abgrenzung insbesondere unter Wirkungsgesichtspunkten häufig schwierig bis unmöglich. Die Anknüpfung an scheinbar feststehende Typen mit unterschiedlichen Wirkungen und Funktionen kann also dazu führen, dass wesentliche faktische Wirkungen einer Informationsmaßnahme ausgeblendet werden, weil sie in dem zugeordneten Typ nicht vorkommen sollten363. Dasselbe sieht man am soeben benannten Rechtsprechungsbeispiel364, in welchem Informationsmaßnahmen bewusst nicht auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Öffentlichkeitsarbeit in Wahlkampfzeiten geprüft wurden, da man für derartige Informationshandlungen den entsprechenden Anwendungsbereich nicht als gegeben ansah, obwohl das BVerfG ausdrücklich keine Einschränkung des Anwendungsbereichs dieser Grundsätze vorgenommen hat365.

360 Gröschner, DVBL 1990, 619, 622; eine ähnliche Differenzierung schlägt R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 144 vor. 361 C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 192–193. 362 Voitl, Warnkompetenzen, 25: „Bloße Empfehlungen [. . .] sind unter Kompetenzgesichtspunkten unbedenklicher als echte Warnungen“. 363 Versteht man etwa Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 31–32, wörtlich, so ist eine Informationsmaßnahme immer entweder Öffentlichkeitsarbeit i. e. S. oder selbst Aufgabenvollzug und auch allein nach den jeweiligen Maßstäben zu beurteilen. Dieses Risiko sieht auch v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 21, wenn er von der Gefahr der Suggestion einer trennscharfen Unterscheidung zwischen einzelnen Erscheinungsformen spricht. 364 VerfGH NRW, NVWZ 1992, 467. 365 So die berechtigte Kritik von Schürmann, NVWZ 1992, 852, 853; laut Schürmann, NVWZ 1992, 852, 853 wurden seitens des BVerfG sogar im Gegenteil Maßnahmen, die nach der Zweiteilung der herrschenden Lehre recht eindeutig Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben sind, als Öffentlichkeitsarbeit bezeichnet. Allerdings hat das BVerfG in den von Schürmann zitierten Fällen die Grundsätze seiner Rechtsprechung zu Öffentlichkeitsarbeit im Vorwahlkampf nicht geprüft. Kritisch zu der Entscheidung des VerfGH NRW auch Mandelartz, DÖV 2009, 509, 512. Zu diesem Problem außerdem s. u. Kap. 4 III. 2. c) bb), S. 264.

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

191

Das Risiko, aufgrund einer solchen pseudotrennscharfen Unterteilung staatlichen Informationshandelns Wirkungen einer Informationsmaßnahme aus der rechtlichen Bewertung auszublenden oder zu unterschätzen366, dürfte in Zukunft eher zu- als abnehmen. Denn rechtswissenschaftliche Typisierungen sind in der Regel der Ausgangspunkt, um durch immer weitergehende dogmatische Ausarbeitungen die Entwicklung zu Handlungs- und am Ende auch zu Rechtsformen voranzutreiben367. Nicht weniger ist auch das erklärte Ziel rechtswissenschaftlicher Typisierungsversuche. Wie sonst sollte man die Aussage, das Typisierungsmodell sei rechtswissenschaftlich anschlussfähig368, verstehen? Es reicht auch nicht aus, die Abgrenzungsschwierigkeiten einfach als juristischen Alltag zu marginalisieren369. Um den Systemcharakter der Handlungsformenlehre zu bewahren, ist es im Gegenteil erforderlich, nicht abgrenzbaren Maßnahmen die Anerkennung als Handlungsform zu verweigern370. Darüber hinaus geht es hier nicht nur um Fragen der Abgrenzung: Eine Abgrenzungsproblematik impliziert, dass es lediglich schwierig zu bestimmen ist, zu welcher Fallgruppe eine bestimmte Maßnahme gehört, eine feste Zuordnung zu einer der beiden Gruppen aber möglich ist. Informationsmaßnahmen dagegen können gleichzeitig die Wirkungen mehrerer Typen im Modell haben. Die Fokussierung auf Abgrenzung im Sinne von eindeutiger Zuordnung führt zu der fatalen Verschleierung von Wirkungseffekten. Insoweit geht die Problematik über einfache Abgrenzungsschwierigkeiten hinaus. bb) Das Argument normativer Anlegung eines differenzierten Modells Auch das Argument, das Modell der herrschenden Lehre sei vom Gesetzgeber durch die entsprechende Normierung einzelner Typen angelegt und bedürfe zu ihrer Vollendung lediglich einer Systematisierung geltenden Gesetzesrechts371, führt hier nicht weiter. Hier gelten dieselben Einwände, die diesem Argument schon bei der Einordnung staatlicher Berichterstattung372 die Berechtigung genommen haben: Um allein von der gesetzlichen Nennung auf die Anlegung einer Typisierung zu schließen, fehlt es der Verwendung der Begriffe durch den Ge-

366 VerfGH NRW, NVWZ 1992, 467, 469 erkennt die potenziell positive Beeinflussung der Bürger für die Landesregierung im der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt durchaus an, hält diese aber für legitim, da es sich bei der Informationsmaßnahme um Aufgabenerfüllung handle und eine Regierung nicht in der Vorwahlzeit lahmgelegt werden dürfe. 367 s. o. Kap. 3 I. 1. b), S. 128. 368 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 74. 369 So aber Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 75. 370 Lehr, Lenkung durch Handlungsformen, S. 18 m.w. N. 371 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 73–74. 372 s. o. Kap. 3 II. 2. a) bb), S. 170.

192

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

setzgeber an normativem Gehalt. So finden Begriffe wie Warnung oder Aufklärung in verschiedenen Gesetzen Erwähnung, aber legaldefiniert werden sie nicht373. Vielmehr handelt es sich bei der gesetzlichen Verwendung dieser Begriffe häufig um eine einfache Übertragung aus der Alltagssprache, ohne dass es zu einer genauen verwaltungsrechtlichen Definition kommt374. Hinzu kommt eine vielfach unterschiedliche Verwendung desselben Begriffs je nach Zusammenhang. Beispielhaft ist zunächst der Streit zum Begriff der Öffentlichkeitsarbeit, bei dem bis heute keine allgemein anerkannte Definition vorliegt375, obwohl die Rechtswissenschaft seit über 50 Jahren376 um diesen Begriff kreist. Ein anderes Beispiel für einen Begriff, dem der Gesetzgeber keine einheitliche Bedeutung zumisst, ist die Aufklärung. Zu nennen ist hier etwa die Kontroverse um den Begriff Aufklärung in § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UBAG. Hier bestand Streit über die Frage, ob gestützt auf diese Norm das Umweltbundesamt durch Informationsmaßnahmen Grundrechte Dritter belasten darf377. Hier wurden insbesondere auch historische und teleologische Gesichtspunkte in Bezug auf die Situation des UBA in die Diskussion einbezogen, die sich nicht auf den Begriff der Aufklärung verallgemeinern lassen378. Ein anderes Beispiel, welches zeigt, dass auch der Gesetzgeber keine allgemeinen Rechtsbegriffe schaffen wollte, sondern vielmehr Aufklärung, Empfehlung und Warnung als jeweils bereichsspezifische Begriffe verwendet, ist § 16 BVerfSchG. Dort ist ausdrücklich von Aufklärung der Öffentlichkeit die Rede. Im Anschluss daran heißt es, dass dabei, also im Rahmen der Aufklärung, personenbezogene Daten bekannt gegeben werden dürfen, mit allen damit verbundenen Konsequenzen für die Betroffenen379. Genau diese auch grundrechtsbelastende Erwähnung personenbezogener Daten darf

373 Schlecht, Behördliche Warnungen, S. 13; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 27; Born, Datenschutzaufsicht, S. 302. 374 Schlecht, Behördliche Warnungen, S. 11. 375 Mandelartz, DÖV 2009, 509, 510; Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 73. 376 Man denke nur an die frühe Arbeit von Leisner, Öffentlichkeitsarbeit, S. 13–40, der sich dem Begriff über die Aufgaben und Tätigkeit des Bundespresseamtes nähert, aus dem Jahr 1966. 377 Bejahend Brandt, Umweltaufklärung, S. 88–95; Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 77–81; Mohr, NuR 1989, 101, 105: „Somit folgt aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Einrichtung des Umweltbundesamtes die Befugnis des Umweltbundesamtes in diesem Bereich aufklärend tätig zu werden, zu warnen und zu empfehlen (Hervorhebung nur hier)“; Ablehnend Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 41: „Diese Kompetenz (Anm. der Verfassers: zur Aufklärung der Öffentlichkeit gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UBAG) schließt nicht solche Verlautbarungen des Umweltbundesamts ein, die über eine „Aufklärung“ (Hervorhebung im Original) hinausgehen“; v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 50–51; Gärditz, EurUP 2017, 112, 117; wohl auch Gröschner, DVBL 1990, 619, 621, da er nur generelle Empfehlungen vom Begriff der Aufklärung umfasst sieht. 378 Brandt, Umweltaufklärung, S. 92–95. 379 Siehe dazu oben Kap. 2 II. 1. a), S. 60.

II. Berichterstattung als Element staatlichen Informationshandelns

193

nach der herrschenden Lehre in einer der Aufklärung zuzuordnenden staatlichen Informationshandlung nicht vorkommen380. Aufklärung erweist sich also nicht als einheitlicher Rechtsbegriff, sondern der Gesetzgeber verwendet ihn kontextabhängig. Dieser Befund lässt sich auf alle Begriffe übertragen, die die herrschende Lehre ihrem Modell staatlichen Informationshandelns zugrunde legt und spiegelt sich auch in der rechtswissenschaftlichen Auseinandersetzung wider. Zwar ist man sich innerhalb der herrschenden Lehre bezüglich einer Aufteilung in Informationen über Staatstätigkeit und Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben sowie der Unterteilung letzterer in Aufklärung, Empfehlung und Warnungen einigermaßen einig, im Detail besteht aber über Abgrenzungsmöglichkeiten und Begriffsbildungen Streit, sodass die Art der Begriffsbildung teilweise mangels positivrechtlicher Fixierung als reine „Frage des persönlichen Geschmacks“ 381 bezeichnet wurde382. Auch auf der Ebene des Gesamtmodells kann daher das Argument, die Differenzierung nach dem Modell der herrschenden Lehre sei durch den Gesetzgeber normativ vorgegeben und bedürfe nur der Systematisierung, letztlich nicht überzeugen. cc) Begrenzung des Modells auf eine reine Typisierung ohne rechtsdogmatische Aussagekraft Welche Schlussfolgerung lässt sich nun aus diesem Befund ziehen? Man könnte überlegen, jeglichen Strukturierungsversuch staatlichen Informationshandelns aufzugeben und staatliches Informationshandeln insgesamt einheitlich zu behandeln. Die vollständige Aufgabe des Modells der herrschenden Lehre würde aber zugleich den (aus den benannten Gründen freilich begrenzten, aber doch vorhandenen) Erkenntniswert ignorieren, der dem Modell der herrschenden Lehre durchaus innewohnt. Das Modell führt aber nur dann nicht zur Missachtung von tatsächlichen Wirkungen staatlichen Informationshandelns, wenn man es auf eine reine Typisierung ohne zwingende rechtsdogmatische Konsequenzen beschränkt. Ein gewisser Erkenntniswert wohnt dem reinen Typisierungsmodell inne, wenn man ihm – neben einer rein erläuternden Wirkung383 – eine Art indizieller Bedeutung bei der rechtlichen Bewertung staatlichen Informationshandelns zu380

s. o. Kap. 3 II. 1. b) aa), S. 159. Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167, 176. 382 Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen, S. 167, 176; Schlecht, Behördliche Warnungen, S. 11. 383 Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 23, 24 spricht dem Modell „eine gewisse Nachvollziehbarkeit“ nicht ab, ihm komme „eine gewisse erläuternde Wirkung“ zu. 381

194

Kap. 3: Berichte im System staatlichen Informationshandelns

misst384. Zumindest im Regelfall wird eine auf konkrete Gefahren bezogene sicherheitsrechtliche Warnung nicht im Schwerpunkt der staatlichen Selbstdarstellung dienen385 und ihre Wirkungen werden in der Regel bezüglich der staatlichen Selbstdarstellung geringer sein als etwa ein die eigene Arbeit umfassend positiv schildernder Tätigkeitsbericht386. Eine Einordnung in die Typisierung nach dem Modell der herrschenden Lehre ermöglicht daher, eine erste Vermutung zu treffen, in welchem Bereich eine Informationsmaßnahme im Schwerpunkt ihre Wirkung erzielt und wo daher ihre rechtlichen Probleme liegen werden387. Es müssen jedoch damit zugleich die Grenzen dieses Modells benannt werden: Es handelt sich um nicht mehr als eine Vermutung. Die Zuordnung zu einem Typ entbindet nicht von der Prüfung, ob im Einzelfall trotz scheinbar eindeutiger Zuordnung nicht doch atypische Wirkungen vorliegen, die andere Rechtsprobleme aufwerfen388. Insbesondere dürfen nicht pauschale rechtliche Konsequenzen mit der Zuordnung zu einem Typ verbunden werden389. Letztlich ist auch eine Weiterentwicklung dieses Typisierungsmodells zu Handlungs- oder gar Rechtsformen kaum denkbar. Da die faktischen Wirkungen staatlichen Informationshandelns von Einzelfall zu Einzelfall verschieden sind, fehlt es an der Abgrenzbarkeit, die notwendig ist, um wirklich subsumtionsfeste Rechtsformen zu bilden. Solange der Gesetzgeber sich nicht entscheidet, unter Verwendung von Legaldefinitionen den Begriffen des Modells normative Bedeutung zu verleihen390, kann daher aus dem Modell der herrschenden Lehre nie mehr als eine Typisierung werden. Als solche hat sie einen zwar begrenzten, aber vorhandenen Nutzen. 384

So auch Born, Datenschutzaufsicht, S. 301. Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 40. 386 Diese Regel funktioniert allerdings nur solange, wie diese beiden Beispiele dasselbe Maß an öffentlicher Wahrnehmung erfahren. Eine umfassend verbreitete Warnung kann auch in Bezug auf die Selbstdarstellung des Staates eine stärkere Wirkung haben als ein Tätigkeitsbericht, der von niemandem gelesen wird, soweit man überhaupt versuchen will, derartige Wirkungsgewichtungen vorzunehmen. 387 Ähnlich Born, Datenschutzaufsicht, S. 301; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 20: „Sie gestattet eine grobe Orientierung darüber, welche verfassungsrechtlichen Sicherungsmaßnahmen den Grundrechtsberechtigten schützen können“. 388 Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 23–24 spricht aufgrund dessen sogar dem Modell insgesamt die Existenzberechtigung ab. Soweit soll hier nicht gegangen werden, da die durch eine Typenzuordnung begründete Vermutung zumindest im Ansatz eine erste Orientierung im Umgang mit einer Informationsmaßnahme bieten kann. 389 Ähnlich Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 41: „Die Bezeichnung hat letztlich keine rechtliche Relevanz. Öffentlichkeitsarbeit ist kein subsumtionsfester Rechtsbegriff, die Rechtsgrundlagen und die Grenzen müssen vielmehr am konkreten Einzelfall herausgearbeitet werden“. 390 Freilich kann auch die Normierung einzelner Typen, selbst wenn sie unter Verwendung von Legaldefinitionen erfolgt, die Steuerungsunsicherheiten und Wirkungsüberschneidungen der einzelnen Typen nicht beseitigen. Der Gesetzgeber könnte höchstens anordnen, sie zu ignorieren. Ob dies dann sachgerecht wäre, steht angesichts der Wirkungsvielfalt staatlichen Informationshandelns auf einem anderen Blatt. 385

III. Zwischenergebnis

195

III. Zwischenergebnis zur Berichterstattung staatlicher Stellen im System staatlichen Informationshandelns In diesem Kapitel ging es um die Verortung staatlichen Informationshandelns im Verwaltungshandeln und um die Rolle staatlicher Berichterstattung in diesem Informationshandeln. Auf der ersten Ebene hat sich erwiesen, dass es sich bei staatlichem Informationshandeln um informelles Verwaltungshandeln handelt, welches wiederum eine Unterform des schlichten Verwaltungshandelns ist. Auf der zweiten Ebene hat sich die teilweise vertretene Hypothese, bei Berichterstattung handle es sich um eine eigene Handlungsform im System staatlichen Informationshandelns, nicht bestätigt. Vielmehr zeigt die praktische Berichterstattung, dass die Bildung abgrenzbarer Handlungsformen innerhalb des staatlichen Informationshandelns weder gesetzgeberisch intendiert noch faktisch durchführbar ist. Funktion, Wirkung und rechtliche Grenzen staatlicher Berichterstattung sowie jedes staatlichen Informationshandelns müssen daher einzelfallabhängig bestimmt werden.

Kapitel 4

Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung Ist erwiesen, dass staatliche Berichterstattung innerhalb staatlichen Informationshandelns keine eigenständige Handlungs- oder gar Rechtsform darstellt, so heißt dies nicht, dass es keine typischen Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung gäbe. Im Folgenden werden dazu anhand von vier Problemkreisen die häufigsten Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung behandelt.

I. Erster Problemkreis: Die Berichtsgrundlage Diverse Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung knüpfen an die Berichtsgrundlage an. Es geht dabei um die Frage, ob diesen Berichtsgrundlagen überhaupt rechtliche Verbindlichkeit zukommt (1.), und soweit ja, inwieweit sich aus dieser Verbindlichkeit normative Vorgaben für die inhaltliche Ausgestaltung des Berichts ergeben (2.). 1. Die Rechtsverbindlichkeit der Berichtsgrundlage Als Grundlagen staatlicher Berichte wurden Gesetze, Beschlüsse von Bundestag und Bundesrat sowie Eigeninitiative identifiziert. Probleme hinsichtlich der Rechtsverbindlichkeit stellen sich dabei nur bei Gesetzen und Beschlüssen, da in diesen eine staatliche Stelle von einer anderen aufgefordert und gegebenenfalls verpflichtet wird, einen Bericht vorzulegen. Die Frage der Rechtsverbindlichkeit von Berichtsersuchen durch Gesetz und Beschluss hängt daher anders formuliert mit der Berechtigung einer staatlichen Stelle zusammen, eine andere Stelle zur Vorlage eines Berichts zu verpflichten. a) Die Verbindlichkeit von Berichtsersuchen durch Gesetz Nur scheinbar unproblematisch ist die Verpflichtung einer staatlichen Stelle durch Gesetz. Hier wurde zwar lange Zeit einhellig eine echte Rechtspflicht jeder im Gesetz verpflichteten Stelle angenommen, den durch das Gesetz angeforderten Bericht auch vorzulegen1. 1 Maiwald, Berichtspflichten, S. 137; Linck, DÖV 1979, 116, 119; Kirchhof, Verwalten durch mittelbares Einwirken, S. 121; „gesetzlich begründete Pflichten“; Ismayr, ZParl 21 (1990), 553 spricht davon, Berichtspflichten seien „gesetzlich fixiert“; Derlien, ZParl 6 (1975), 42: „gesetzliche Berichtspflichten“; Maunz/Dürig/Klein, GG-

I. Die Berichtsgrundlage

197

Diese Front hat jedoch Risse bekommen, soweit es sich bei der verpflichteten Stelle um die Bundesregierung handelt. Begründet wird dies mit verfassungsrechtlichen Erwägungen: Ein Verfassungsorgan, namentlich der Bundestag, könne nicht durch einfaches Gesetz die im Grundgesetz austarierte Funktionenbalance zwischen sich und der Bundesregierung zu seinen Gunsten verschieben2. Eine solche Verschiebung sei nur durch eine explizite Verfassungsänderung möglich, die aber eine Textänderung voraussetze3. Berichtspflichten, die nicht durch die Verfassung vorgegeben seien, stellten solche Verschiebungen dar, da der Bundestag einseitig Pflichten der Bundesregierung ihm gegenüber begründe4. Einfachgesetzliche Berichtspflichten an die Bundesregierung als Verfassungsorgan seien daher nur rechtlich verbindlich, wenn sie sich aus der Verfassung entnehmen ließen5. Andernfalls komme ihnen keine rechtliche Verbindlichkeit zu6. aa) Zulässigkeit einfachgesetzlicher Regelungen im verfassungsrechtlichen Inter-Organverhältnis von Bundestag und Bundesregierung Diese scheinbar plausible Argumentation leidet schon an einer unzureichenden Analyse der Adressierung staatlicher Berichterstattung. Denn die Adressierung richtet sich einerseits nicht nur an den Bundestag, sondern häufig wird in Berichtsgesetzen direkt die Öffentlichkeit adressiert. Andererseits wirken auch Berichte, die formal an den Bundestag adressiert sind, unmittelbar auf die Öffentlichkeit ein7. Diese Argumentation bezieht sich aber allein auf das Binnenverhältnis Bundesregierung – Bundestag. Ihr liegt ein Umkehrschluss zugrunde, gestützt auf die Prämisse, bei den im Grundgesetz genannten parlamentarischen Informationsmitteln handle es sich um eine abschließende Sonderregelung8. An Kommentar, Art. 43 Rn. 116; Lorz/Richterich, in: Hb. Parlamentsrecht, § 35 Rn. 88: „Informationspflicht“; Klein, in: HbdStR, § 50 Rn. 38; J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 106; implizit auch Hölscheidt, DÖV 1993, 593, 599, wenn er Berichtsbeschlüssen nur dann Rechtsverbindlichkeit beimisst, wenn sie „auf der Verfassung oder auf Gesetzen beruhen“; Magiera, in: Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, § 52 Rn. 40; wohl auch Vonderbeck, in: Parlamentarische Informationsund Redebefugnisse, S. 9, 27; Grimm, ZRP 2000, 87, 89, wenn er davon ausgeht, dass die Parlamente über künftige Berichterstattung im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens beschließen sollen; Stoll, Sicherheit als Aufgabe, S. 438: „aufgrund besonderer gesetzlicher Regelungen abzugebenden (Hervorhebung nur hier) Berichte“. 2 Waechter, ZG 1996, 84, 85. 3 Waechter, ZG 1996, 84, 85–86. 4 Waechter, ZG 1996, 84, 85–86. 5 Waechter, ZG 1996, 84, 86; zustimmend Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 534– 535. 6 Waechter, ZG 1996, 84, 86–88; dieselbe Schlussfolgerung zieht Kornmeier, Einsatz von Drohnen, S. 316. 7 Siehe zur Kategorie des Berichtsadressaten oben Kap. 2. I. 4., S. 48. 8 So scheint sie Waechter, ZG 1996, 84, 86 zu bewerten.

198

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

die Öffentlichkeit gerichtete Berichte werden nicht betrachtet. Eine solch partielle Betrachtung führt zu bemerkenswerten Ergebnissen. Nach ihrer Logik sind gesetzliche Berichtspflichten an den Bundestag unverbindlich, aber was ist mit Berichtspflichten an die Öffentlichkeit, etwa mit § 11 UIG oder § 16 Abs. 2 S. 1 BVerfSchG? Der Umkehrschluss bezieht sich allein auf das Binnenverhältnis Bundestag – Bundesregierung, sodass solche Gesetze eine echte Rechtspflicht darstellen dürften9. Bei konsequenter Betrachtung hinge die Rechtsverbindlichkeit eines Berichtsgesetzes danach davon ab, ob der Bundestag formal eine Berichterstattung an sich oder die Öffentlichkeit verlangt. Damit ist letztlich für die Bundesregierung nichts gewonnen. Schon hieran zeigt sich, dass diese Auffassung wenig kompatibel mit der Rechtswirklichkeit ist. Allerdings ist auch die rechtliche Prämisse der abschließenden Sonderregelung angreifbar. Es ist nämlich keineswegs anerkannt, dass das Grundgesetz die Beziehungen zwischen den Staatsorganen (auch hinsichtlich parlamentarischer Informationsrechte) abschließend regelt10. Im Gegenteil kennt das Grundgesetz zum Beispiel auch ungeschriebene Gesetzgebungsaufträge, die sich etwa aus einem besonderen Regelungsbedürfnis ergeben, ohne dass ein expliziter Regelungsauftrag formuliert wird11. Es wäre daher falsch zu schließen, es „sei ein Regelungsauftrag überall dort zu verneinen, wo er nicht auch grammatikalisch besonders kenntlich gemacht“ 12 wurde. Denn die Verfassung regelt nur das Grundsätzliche13 und weist dem Gesetzgeber die Aufgabe zu, die verfassungsrechtlich vorgegebene Ordnung einfachgesetzlich auszugestalten14. Um von einer abschlie9 Sähe man dies anders, so wäre konsequent jede einfach-gesetzliche Informationsverpflichtung der Bundesregierung – man denke nur an die Informationsfreiheitsgesetze – mangels verfassungsrechtlicher Anerkennung nicht bindend. Ein kaum vorstellbares Ergebnis, zu dem aber auch Waechter nicht kommen kann, da er aus der verfassungsrechtlichen Binnenbeziehung zwischen Bundestag und Bundesregierung argumentiert und die Öffentlichkeit als Adressaten nicht betrachtet. 10 Magiera, in: Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, § 52 Rn. 40. Auch Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 66–67 scheint es für unproblematisch zu halten, dass das Parlament über die im Grundgesetz genannten Instrumente hinaus Informationsrechte entwickelt. Dies abzulehnen unterstellt ihm aber Waechter, ZG 1996, 84, 86 Fn. 10. 11 Denninger, JZ 1966, 767, 768 nennt als Beispiel etwa, dass aus Grundrechten wie der Rundfunkfreiheit oder institutionellen Garantien ein „Verfassungsauftrag“ zur Regelung der entsprechenden Materie im Sinne der Grundrechtsgewährleistung bzw. Institutsgarantie abzuleiten ist; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 246. 12 Denninger, JZ 1966, 767, 768. 13 Üblich ist in dem Zusammenhang die Metapher von der Verfassung als „Rahmenordnung“, etwa bei Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 1 Rn. 140; Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 535; Magiera, in: Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, § 52 Rn. 40; vgl. auch Isensee, in: HbdStR (1992), § 162 Rn. 43: „Rahmen bedeutet jedoch auch, daß die Verfassung nicht identisch ist mit dem Ganzen der Rechtsordnung, vollends, dass sie nicht das Ganze des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens reguliert“. 14 Denninger, JZ 1966, 767, 768: „Der Verfassungsgeber gefällt sich in der Rolle des vielbegehrten und überforderten Künstlers, der ein großes Wandgemälde nur skizzenhaft entwirft, die Ausführung der Einzelheiten aber getrost seinen Adepten überlässt“.

I. Die Berichtsgrundlage

199

ßenden Sonderregelung im Grundgesetz auszugehen, ist also eine besondere Begründung vonnöten. Diese Begründung soll das Argument leisten, die parlamentarischen Informationsrechte seien jeweils einzeln historisch erstritten und man müsse daher davon ausgehen, dass darüber hinaus keine ungeschriebenen Kontrollrechte anzuerkennen seien15. Dies mag für die Verfassung einer konstitutionellen Monarchie möglicherweise ein bedenkenswerter Topos sein. Allerdings enthielten schon Verfassungen des 19. Jahrhunderts ungeschriebene Informationsrechte von Parlamenten. So hielt man etwa die Aufnahme eines parlamentarischen Fragerechts in die Verfassung des Norddeutschen Bundes oder in die Verfassung v. 1871 für überflüssig, da es als selbstverständlich vorausgesetzt wurde16. Eine Art numerus clausus ausdrücklich normierter Informationsrechte anzunehmen, erscheint vor diesem Hintergrund selbst für die Verfassungen konstitutioneller Monarchien als fragwürdig. Spätestens unter der liberalen und auf dem Demokratieprinzip beruhenden Verfassung des Grundgesetzes aber kann dieser historische Gesichtspunkt nicht pauschal herangezogen werden17. Dagegen spricht die gewandelte Vorstellung von den Beziehungen zwischen Parlament und Regierung: Ging man in konstitutionellen Monarchien noch von einem Dualismus der Gewalten aus, ist in der parlamentarischen Demokratie des Grundgesetzes das Verhältnis von Bundestag und Bundesregierung durch die über den Bundestag abgeleitete demokratische Legitimierung der Bundesregierung geprägt18. Nicht zuletzt besteht durch schlichte Berichtspflichten nicht wirklich das Risiko einer Funktionsverschiebung zwischen Bundestag und Bundesregierung. Einerseits sticht eine gesetzliche Verpflichtung zur Berichterstattung in ihrer Intensität nicht soweit heraus, dass sie im Vergleich zu anderen Informationsinstrumenten des Bundestages eine besondere Belastung darstellen würde19. Eine faktische Überlastung der Exekutive durch eine übergroße Zahl von Berichterstattungspflichten ist nicht erkennbar20, im Gegenteil wird umso häufiger nach 15

Waechter, ZG 1996, 84, 86–87. Bodenheim, ZParl 11 (1980), 38, 46. 17 Im Ergebnis ähnlich Kornmeier, Einsatz von Drohnen, S. 316, die meint, man könne aus der Existenz einzelner normierter Informationspflichten weder zwingend auf eine allgemeine Berichtspflicht schließen noch einen Umkehrschluss machen, andere Informationspflichten bestünden daneben nicht. 18 Vgl. dazu Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 514–515. 19 A. A. Waechter, ZG 1996, 84, 86, mit dem Argument, Berichterstattungspflichten per Gesetz seien antragsunabhängig und enthielten in der Regel eine Aufforderung zu regelmäßiger und umfassender Berichterstattung. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass dieselbe Belastung der Exekutive auch über andere Informationsmittel erreicht werden kann. Dazu wäre lediglich erforderlich, dass die Parlamentarier die entsprechenden Anfragen mit entsprechenden Vorgaben regelmäßig stellen. Hierin liegt also kein wesentlicher Unterschied zwischen Berichterstattung und sonstigen Informationsrechten. 20 Dies gibt auch Waechter, ZG 1996, 84, 86–87 zu. 16

200

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

einem Ausbau des staatlichen Berichtswesens verlangt21. Auch inhaltlich belastet eine Berichterstattungspflicht die Bundesregierung nicht mehr als ein anderes Informationsrecht des Bundestages, denn auch einfachrechtliche Berichtspflichten unterliegen inhaltlichen Grenzen22 wie etwa dem Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung23. Gesetzliche Berichtspflichten begründen damit keine unzulässige Funktionsverschiebung im Verfassungsgefüge. Ihnen kommt Rechtsverbindlichkeit zu. bb) Verfassungsrechtliche Informationsansprüche als Grundlage gesetzlicher Berichtspflichten Selbst wenn man dies anders sehen würde, so würde daraus nicht zwingend die rechtliche Unverbindlichkeit oder gar Unzulässigkeit einfachgesetzlicher Berichtspflichten folgen. Denn dann könnte es sich bei einfachrechtlichen Berichtspflichten noch immer um Ausprägungen verfassungsrechtlicher Informationsrechte des Parlaments handeln24, sodass sie nicht in Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Funktionengefüge stünden, sondern sich gerade aus diesem ergäben. Diese Möglichkeiten seien hier nur angedeutet, denn eine Rückführung einfach-rechtlicher Berichtspflichten auf einen verfassungsrechtlichen Informationsanspruch ist nicht nötig. Es bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen gesetzliche Berichtspflichten, sodass diesen gem. Art. 20 21

Z. B. Grimm, ZRP 2000, 87, 89 für den Bereich der Gesetzesevaluierung. Diese müssen nach Magiera, in: Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, § 52 Rn. 41 aus der Verfassung heraus im Einzelfall entwickelt werden; so auch Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 535. 23 Magiera, in: Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, § 52 Rn. 76; Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 538; vgl. zum Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung als Grenze auch verfassungsrechtlicher parlamentarischer Informationsrechte ausführlich Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 218–224; speziell zu dieser Grenze bei Berichtspflichten Maiwald, Berichtspflichten, S. 180–181. 24 Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 246 hält einfachrechtliche Ausgestaltungen eines verfassungsrechtlichen parlamentarischen Informationsanspruchs für zulässig. Dabei scheint er auch Berichtsgesetze als solche Ausgestaltungen zu betrachten, Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 239. Kazele, VerwArch 101 (2010), 469, 470, nimmt wohl eine Art verfassungsrechtlicher Gesamtschau vor, um ein solches Informationsrecht des Parlaments zu begründen, allerdings ohne auf Berichte einzugehen. Auch auf seinen Ansatz ließen sich Berichtsgesetze wohl aber stützen. Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 534–536 stützt Informationsbegehren des Bundestages auf einen aus den Organkompetenzen folgenden Informationsanspruch des Parlaments. Kornmeier, Einsatz von Drohnen, 316–317 stellt auf den Informationsanspruch der Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 GG ab. Damit dürfte das parlamentarische Frage- und Interpellationsrecht gemeint sein, dazu unten Kap. 4 I. 1. b) aa) (2) (a) (bb), S. 207. 22

I. Die Berichtsgrundlage

201

Abs. 3 GG aus sich heraus Rechtsverbindlichkeit innewohnt. Ein verfassungsrechtlicher parlamentarischer Informationsanspruch wird aber für die Rechtsverbindlichkeit von Berichtsersuchen durch Beschluss noch eine Rolle spielen25. cc) Zwischenergebnis Es bleibt damit dabei, dass einfachrechtliche Berichtspflichten echte Rechtspflichten darstellen. Dies gilt auch für einfachrechtliche Berichtspflichten der Bundesregierung. b) Die Verbindlichkeit von Berichtsersuchen durch Beschluss Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob auch Berichtsersuchen durch Beschluss rechtliche Bedeutung zukommt. Es bietet sich an, Beschlüsse von Bundestag (aa) und Bundesrat (bb) getrennt zu untersuchen. aa) Beschlüsse des Bundestages Zunächst seien Beschlüsse des Bundestages betrachtet. Beschlüsse des Bundestages, die insbesondere die Regierung zu Berichterstattung auffordern, haben schon quantitativ seit jeher eine enorme Bedeutung26. Daher ist auch die Frage ihrer Rechtsverbindlichkeit von Relevanz. Während Beschlüsse, deren Rechtsverbindlichkeit sich ausdrücklich aus der Verfassung27 selbst oder einfachem Gesetz28 ergibt, hier keine besonderen Probleme aufwerfen, ergibt sich weder aus der Verfassung noch aus einfachem Recht eine ausdrücklich normierte Pflicht der Regierung29, Berichtsersuchen durch Beschluss zu beantworten. Berichtsbeschlüsse des Bundestages sind daher nur rechtsverbindlich, wenn sich ein Geltungsgrund entweder aus der Rechtsnatur parlamentarischer Beschlüsse (1) oder 25

Vgl. dazu sogleich Kap. 4 I. 1. b), S. 201. Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 294; Maiwald, Berichtspflichten, S. 137. 27 Z. B. die Zitierung eines Regierungsmitglieds, Art. 43 Abs. 1 GG; Aufhebung der Immunität, Art. 46 Abs. 2 GG; Feststellung von Spannungs- oder Verteidigungsfall, Art. 80 a Abs. 1, 115 a Abs. 1 GG. 28 Z. B. § 26 Abs. 2 S. 1 BDSG. 29 Hier wird sich auf die Verbindlichkeit von Berichtsbeschlüssen gegenüber der Bundesregierung beschränkt. Theoretisch sind auch andere Adressaten denkbar, etwa nachgeordnete Verwaltungsbehörden. Es kommt jedoch soweit ersichtlich praktisch nie vor, dass der Bundestag ausdrücklich eine nachgeordnete Behörde oder andere staatliche Stellen zu Berichten auffordert, ohne dass ihm dieses Recht ausdrücklich gesetzlich eingeräumt ist, z. B. § 26 Abs. 2 S. 1 BDSG. In solchen gesetzlich vorgesehenen Fällen ist die Verbindlichkeit ohnehin unproblematisch. An praktischen Beispielen von an andere staatliche Stellen als die Bundesregierung adressierten Berichtsbeschlüssen ohne entsprechende gesetzliche Grundlage fehlt es aber, sodass hierauf nicht näher eingegangen werden soll. Vgl. zu dieser eher akademischen Frage die Ausführungen bei Maiwald, Berichtspflichten, S. 159–166, der allerdings in seiner Diskussion verschiedener Adressaten nicht konsequent genug zwischen Gesetz und Beschluss differenziert. 26

202

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

aus einem ungeschriebenen verfassungsrechtlichen Informationsanspruch (2) ergibt. (1) Rechtsnatur, Zulässigkeit und Verbindlichkeit von allgemeinen Parlamentsbeschlüssen Beschlüsse gehören – neben Gesetzen und Wahlen – zu den parlamentarischen Handlungsformen30. Endgültige Klarheit über die rechtsdogmatischen Konturen parlamentarischer Beschlüsse besteht nicht. Einigkeit liegt nur insoweit vor, dass sie vom Gesetzesbeschluss im Rahmen des formellen Gesetzgebungsverfahrens zu unterscheiden sind31. Für solche Beschlüsse ist der Terminus des schlichten Parlamentsbeschlusses üblich32. Die grundsätzliche verfassungsrechtliche Zulässigkeit von schlichten Parlamentsbeschlüssen ist unproblematisch für alle Beschlüsse, die im Grundgesetz oder einfachem Gesetzesrecht ausdrücklich vorgeschrieben sind33. Nicht völlig unproblematisch ist dies für schlichte Beschlüsse ohne ausdrückliche normative Anordnung34. Einigkeit besteht zumindest insoweit, dass Art. 42 Abs. 2 GG keine Aussage über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Parlamentsbeschlüssen trifft. Denn Art. 42 Abs. 2 GG ist eine „Regel des objektiven Verfassungsrechts, die sagt, wann ein Beschluss des Bundestages vorliegt“ 35. Da30 Luch, in: Hb. Parlamentsrecht, § 10 Rn. 5; Epping/Hillgruber/Brocker, BeckOK GG, Art. 42 Rn. 17. 31 Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 294; Sellmann, Schlichter Parlamentsbeschluß, S. 15; Butzer, AöR 119 (1994), 61, 66–67; im Ansatz auch Luch, in: Hb. Parlamentsrecht, § 10 Rn. 13. 32 Der Begriff geht zurück auf Thoma; vgl. zur Begriffsgeschichte Butzer, AöR 119 (1994), 61, 69–71. Schlichte Parlamentsbeschlüsse werden begrifflich teilweise in der Literatur auch enger gefasst, etwa indem innerparlamentarische Rechtsakte (so Achterberg, Parlamentsrecht, S. 738) oder aufgrund verfassungsrechtlicher Anordnung rechtsverbindliche Beschlüsse (so Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 48) aus dem Begriff ausgeschieden werden. Da Berichtsbeschlüsse aber keine innerparlamentarischen Rechtsakte sind, sondern vielmehr das Inter-Organverhältnis zwischen Bundestag und Bundesregierung betreffen und auch nicht ausdrücklich im Grundgesetz vorgesehen sind, kommt diesen Begriffsstreitigkeiten hier keine Bedeutung zu, da es sich nach allen Ansichten um schlichte Parlamentsbeschlüsse handelt, vgl. allgemein Butzer, AöR 119 (1994), 61, 71. 33 Achterberg, Parlamentsrecht, S. 741; kritisch gegen auf einfachem Gesetzesrecht beruhende schlichte Beschlüsse Luch, in: Hb. Parlamentsrecht, § 10 Rn. 21, mit dem Argument, dadurch könne die Legislative sich in eine Entscheider-Position im Rahmen der Gesetzesausführung bringen, die verfassungsrechtliche Kompetenz der Exekutive sei. Zumindest für die hier interessierenden Berichtsbeschlüsse scheint das aber kein relevantes Problem zu sein. 34 Ausgeklammert werden hier Beschlüsse, die auf die GO BT gestützt werden, da es sich bei dieser um reines parlamentarisches Innenrecht handelt, die insbesondere andere Staatsorgane nur binden kann, soweit sich dies durch eine Ermächtigung der Verfassung begründen lässt, Sachs/Magiera, GG, Art. 40 Rn. 22; Epping/Hillgruber/Brocker, BeckOK GG, Art. 40 Rn. 30; Achterberg, Parlamentsrecht, S. 747. 35 BVerfGE 2, 143, 161.

I. Die Berichtsgrundlage

203

mit ist aber noch nichts darüber gesagt, ob das Parlament im konkreten Fall überhaupt berechtigt war, einen Beschluss zu fassen oder ob diesem Rechtsverbindlichkeit zukommt. Auch unverbindliche oder gar unzulässige Beschlüsse fallen unter den Anwendungsbereich von Art. 42 Abs. 2 GG36. Dennoch werden schliche Parlamentsbeschlüsse zumindest heute wohl einhellig für verfassungsrechtlich zulässig erachtet37. Die Begründungen für eine allgemeine Befugnis des Bundestages zur Fassung schlichter Parlamentsbeschlüsse fallen aber zumindest sprachlich erheblich auseinander. Ins Feld geführt werden etwa die Kontroll- und Kreationsfunktion des Parlaments38, weitergehend die allgemeinen „zentralen Parlamentsaufgaben“ 39, die verfassungsrechtlich vorausgesetzte Teilhabe des Parlaments an der Staatsleitung40 bzw. die Teilnahme des Kollegialorgans Parlament am Entscheidungsfindungsprozess in der pluralistischen Demokratie41. Alle diese Gesichtspunkte haben etwas für sich42, einer Festlegung auf einen Aspekt bedarf es zumindest hier nicht. Sie alle drücken einen Kerngedanken aus: In einer parlamentarischen Demokratie muss es dem Bundestag als zentralem Träger demokratischer Legitimation möglich sein, seinen Willen zu artikulieren43. Als Kollegialorgan ist eine solche Artikulation aber nur im Rahmen eines (Mehrheits-)Beschlusses möglich44. Eine Beschränkung 36 H. M., Epping/Hillgruber/Brocker, BeckOK GG, Art. 42 Rn. 17–18; Maunz/ Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 42 Rn. 80; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 298; Sachs/Magiera, GG, Art. 42 Rn. 9; Sester, Parlamentsbeschluß, S. 22; a. A. M/K/S/Achterberg/Schulte, GG, Art. 42 Rn. 31; Münch/Kunig/Versteyl, GGK I, Art. 42 Rn. 20, die Entschließungen nach § 88 GO BT aus dem Anwendungsbereich ausscheiden wollen, wofür sie allerdings keine Begründung anführen; kritisch gegen diesen Ausschluss daher Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 42 Rn. 80. 37 Sester, Parlamentsbeschluß, S. 21; Achterberg, Parlamentsrecht, S. 743; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 298; Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 42 Rn. 80; Luch, in: Hb. Parlamentsrecht, § 10 Rn. 37; Butzer, AöR 119 (1994), 61, 69; implizit auch Sellmann, Schlichter Parlamentsbeschluß, S. 24–27; Maiwald, Berichtspflichten, S. 137–138; Linck, DÖV 1979, 116, 119 und Hölscheidt, DÖV 1993, 593, 599, wenn sie die Rechtsverbindlichkeit solcher Beschlüsse thematisieren, was notwendig die allgemeine Zulässigkeit der Handlungsform voraussetzt; Nachweise zu den früheren Zweifeln an der allgemeinen Zulässigkeit von schlichten Parlamentsbeschlüssen finden sich bei Sellmann, Schlichter Parlamentsbeschluß, 23–24 und Achterberg, Parlamentsrecht, S. 741 Fn. 172. 38 Achterberg, Parlamentsrecht, S. 743. 39 Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 298–299. 40 Klein, in: HbdStR, § 50 Rn. 14. 41 Butzer, AöR 119 (1994), 61, 69. 42 Angesichts der Einigkeit im Ergebnis und der langen parlamentarischen Übung käme wohl auch eine Anerkennung der Zulässigkeit aus Verfassungsgewohnheitsrecht in Betracht. 43 Luch, in: Hb. Parlamentsrecht, § 10 Rn. 35 kommt daher zu dem Ergebnis, der Bundestag habe ein „umfassendes parlamentarisches Diskursrecht“. 44 Luch, in: Hb. Parlamentsrecht, § 10 Rn. 37; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 299; Butzer, ÄöR 119 (1994), 61, 69.

204

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

der Äußerung des parlamentarischen Willens auf die Handlungsform der Gesetzgebung lässt sich dem Grundgesetz nicht entnehmen45. Dem Parlament steht es daher frei, im Rahmen verfassungsrechtlicher Grenzen schlichte Parlamentsbeschlüsse zu fassen. Strikt von der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zulässigkeit ist die Frage nach der rechtlichen Verbindlichkeit von schlichten Bundestagsbeschlüssen gegenüber anderen staatlichen Stellen46 zu trennen. Gleichwohl wird teilweise aus der Stellung des Parlaments heraus für eine allgemeine Verbindlichkeit auch schlichter Parlamentsbeschlüsse argumentiert47. Allein die Mitglieder der Legislative seien unmittelbar demokratisch legitimiert, was den Vorrang parlamentarischer Akte gegenüber der Exekutive rechtfertige48. Eine Trennung zwischen rechtlicher und politisch-faktischer Verbindlichkeit gehe an der Verfassungswirklichkeit vorbei49, weil ein Beschluss des Bundestages die Mehrheitsverhältnisse im Plenum feststelle, sodass einem Beschluss eine konkludente Drohung innewohne, den Beschluss bei Nicht-Beachtung durch die Exekutive die förmliche Gestalt eines Gesetzes zu verleihen50. Eine Unterscheidung hinsichtlich ihrer Wirkung sei daher lediglich unter formalen Aspekten tragfähig51. Diese Argumentation ist mit dem Anspruch angetreten, aus Effizienzgesichtspunkten die Substituierbarkeit des förmlichen Gesetzes durch schlichte Bundestagsbeschlüsse zu prüfen52. Ihr liegt damit eine gewisse Ergebnisorientierung53 zugrunde. Es mutet schon seltsam an, dass zur Begründung der Rechtsverbindlichkeit einer Handlungsform erforderlich ist, die Ersetzung mit einer anderen zweifelsfrei rechtsverbindlichen Handlungsform anzudrohen. Hierin liegt eine unzulässige Vermischung von faktischer und rechtlicher Verbindlichkeit54. Eine aus politischen Gründen anerkannte faktische Verbindlichkeit vermag jedoch eine rechtliche Verbindlichkeit nicht zu begründen, sondern muss sich aus der Verfassung ergeben55. Auch die grundsätzliche Unterstellung, bei Nichtbefolgung

45 Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 299; von einer nur durch die Verfassung begrenzten Formenwahlfreiheit geht auch Luch, in: Hb. Parlamentsrecht, § 10 Rn. 60 aus. 46 Eine Rechtsverbindlichkeit gegenüber den Bürgern kommt schon aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes nicht in Betracht, vgl. Sester, Parlamentsbeschluß, S. 285. 47 Dies vertritt in jüngerer Zeit wohl nur Butzer, AöR 119 (1994), 61. 48 Butzer, AöR 119 (1994), 61, 96–97. 49 Butzer, AöR 119 (1994), 61, 91. 50 Butzer, AöR 119 (1994), 61, 93–94. 51 Butzer, AöR 119 (1994), 61, 94–95. 52 Butzer, AöR 119 (1994), 61, 81. 53 Dies konstatiert Luch, in: Hb. Parlamentsrecht, § 10 Rn. 20 allen Versuchen, eine pauschale Rechtsverbindlichkeit zu begründen. 54 Diese Kritik arbeitet Sester, Parlamentsbeschluß, S. 302 präzise heraus. 55 Sester, Parlamentsbeschluß, S. 303.

I. Die Berichtsgrundlage

205

eines Beschlusses werde das Parlament stets die konkludente Drohung einer Positivierung wahrmachen, geht sowohl an der politischen wie auch an der rechtlichen Wirklichkeit vorbei. Politisch wird sich die Regierungsmehrheit häufig hüten, bei Nichtbeachtung eines Parlamentsbeschlusses den politischen Konflikt durch die Normierung ihres Beschlusses zur Eskalation zu treiben, und rechtlich ist eine Parlamentsmehrheit allein zumindest bei zustimmungspflichtigen Bundesgesetzen nicht ausreichend, um die Drohung auch tatsächlich wahrwerden zu lassen56. Es ist richtig, dass die demokratische Legitimation des Parlaments stärker ist als die der Exekutive, aber das Grundgesetz hat das Mittel, mit welchem die Legislative ihre hierauf gegründete Kompetenz, anderen Staatsorganen rechtsverbindliche Vorgaben machen zu können, eindeutig bestimmt, und dies ist das förmliche Gesetz57. Effizienzgründe alleine können nicht ausreichen, dieses verfassungsrechtliche Kompetenzgefüge quasi im Bedarfsfall zurücktreten zu lassen. Es bleibt also dabei, dass Beschlüsse des Bundestages nur dann Rechtsverbindlichkeit verlangen können, wenn sie sich auf Verfassungsrecht oder einfaches Recht stützen können58. Dies gilt auch für Berichtsbeschlüsse. (2) Bundestagsbeschlüsse als Ausprägung eines verfassungsrechtlichen Informationsanspruchs Daher ist fraglich, ob Beschlüsse des Bundestages, die die Bundesregierung um einen Bericht ersuchen, Ausprägung einer verfassungsrechtlichen Kompetenz des Bundestages sind, von der Exekutive Informationen zu verlangen. Verfassungsrechtliche Informationsansprüche werden aus verschiedenen verfassungsrechtlichen Regelungen hergeleitet59. (a) Verfassungsrechtliche Informationsansprüche des Bundestags gegen die Bundesregierung Neben den Möglichkeiten, sich selbst zu informieren (sog. Selbstinformation60), stehen dem Bundestag Mittel zur Verfügung, um Informationen von an56

So die zutreffende Kritik von Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 301. Sester, Parlamentsbeschluß, S. 306–307. 58 So auch die ganz h. M., Luch, in: Hb. Parlamentsrecht, § 10 Rn. 21; Achterberg, Parlamentsrecht, S. 747; Maiwald, Berichtspflichten, S. 138; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 302; Klein, in: HbdStR, § 50 Rn. 13–14; Sester, Parlamentsbeschluß, S. 306; Hölscheidt, DÖV 1993, 593, 599; Linck, DÖV 1979, 116, 119; Magiera, in: Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, § 52 Rn. 34 Fn. 54. 59 Vgl. dazu allgemein die Darstellung der verschiedenen Ansätze bei Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 156–164, 172–185. 60 Ein Beispiel für ein Mittel der Selbstinformation wäre etwa der Untersuchungsausschuss. Vgl. dazu sowie zu anderen Mitteln der parlamentarischen Selbstinformation insgesamt Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 123–147. 57

206

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

deren staatlichen Stellen (Fremdinformation), insbesondere von der Bundesregierung zu erlangen. Im hiesigen Rahmen geht es um Berichtsbeschlüsse und daher um reaktive parlamentarische Informationsrechte, die erst durch Initiative des Bundestages angestoßen werden61. Als potenzielle Stützen für die verfassungsrechtliche Rechtsverbindlichkeit von Berichtsbeschlüssen kommen hier das Zitierrecht (aa) sowie das allgemeine Frage- und Interpellationsrecht in Betracht (bb). (aa) Das Zitierrecht des Bundestages Das Zitierrecht des Bundestages folgt aus Art. 43 Abs. 1 GG. Danach können sowohl der Bundestag (als Plenum)62 als auch seine Ausschüsse die Anwesenheit jedes Mitglieds der Bundesregierung verlangen. Als Instrument der Regierungskontrolle dient es der Verwirklichung der Verantwortlichkeit der Regierung63 gegenüber dem Parlament und ermöglicht dem Parlament die Einflussnahme auf die Regierung, denn durch die Anwesenheit der Regierungsmitglieder wird dem Parlament besonders effizient ermöglicht, der Bundesregierung eigene Standpunkte zu verdeutlichen und Kritik zu äußern64. Man kann dem Zitierrecht sogar eine gewisse Sanktionswirkung zusprechen, da die Herbeirufung wohl häufig ein Ausdruck der Unzufriedenheit des Parlaments mit dem entsprechenden Regierungsmitglied sein wird65. Verfahrensmäßig erfolgt zuerst ein Antrag auf Herbeirufung durch eine Fraktion oder durch fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages, § 42 GO BT66, worüber dann im Wege des schlichten Parlamentsbeschlusses gem. Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG entschieden wird67. Es handelt sich also um einen Mehrheitsbeschluss68. 61

Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 61–63. Lorz/Richterich, in: Hb. Parlamentsrecht, § 35 Rn. 61; Sachs/Magiera, GG, Art. 43 Rn. 3. 63 Lorz/Richterich, in: Hb. Parlamentsrecht, § 35 Rn. 58; Maunz/Dürig/Klein, GGKommentar, Art. 43 Rn. 37; Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 518. 64 Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 42 Rn. 36; J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 99; Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 518. 65 J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 99–100; Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 42 Rn. 36. 66 Vgl. zum Verfahren und zum notwendigen Quorum zur Stellung eines Zitierantrags Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 42 Rn. 41. 67 Lorz/Richterich, in: Hb. Parlamentsrecht, § 35 Rn. 63. 68 Daher kritisch gegenüber der Effektivität des Zitierrechts als Mittel parlamentarischer Kontrolle Mundil, Opposition, S. 175; Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 43 Rn. 44–45 weist aber zu Recht darauf hin, dass auch die Mehrheitsfraktionen eine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung haben und in der Rechtspraxis bisher auch kein Bedarf nach einer Anpassung der Regelung geltend gemacht wurde. Auch ginge die Behauptung zu weit, das Zitierrecht sei angesichts der Notwendigkeit eines Mehrheitsbeschlusses zahnlos, denn Zitierbeschlüsse werden seit Beginn der Bundes62

I. Die Berichtsgrundlage

207

Umstritten ist, ob das Recht aus Art. 43 Abs. 1 GG mehr als das Einfordern eines persönlichen Erscheinens umfasst. Konkret geht es darum, ob und inwieweit das herbeigerufene Mitglied der Bundesregierung dazu verpflichtet ist, Fragen zu beantworten, an den Verhandlungen teilzunehmen und dem Parlament insgesamt Rede und Antwort zu stehen. Während der Wortlaut nur von Anwesenheit spricht, kommt die herrschende Meinung im Rahmen einer teleologischen Auslegung dazu, eine Pflicht der Regierung zur Beantwortung von Fragen zu bejahen69. Führt man sich die Kontrollfunktion des Zitierrechts vor Augen, so kann Anwesenheit nicht nur „stummes Dabeisitzen“ 70 bedeuten, sondern muss auch die Pflicht der Regierungsmitglieder beinhalten, auf Anfragen „Rede und Antwort“ 71 zu stehen. Zwar wäre auch ein reines Dabeisitzen nicht sinnlos, denn zumindest das Anhören der Parlamentsmeinung und die Information der Regierung könnte so erzwungen werden72. Die Wortlaut-Beschränkung auf Anwesenheit lässt sich aber auch historisch erklären und es ist nicht unüblich, dass insbesondere Verfassungsnormen mit ursprünglich konstitutionellem Hintergrund in der parlamentarischen Demokratie eine andere, gegebenenfalls parlamentsfreundlichere Auslegung erfahren73. Auch das Verantwortungsverhältnis der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag spricht dafür, über die Anwesenheit hinaus eine Antwortpflicht der Bundesregierung anzunehmen74. Die Auslegung, die auch eine Antwortpflicht annimmt, verdient daher Zustimmung. (bb) Das Frage- und Interpellationsrecht des Bundestages Von Antwortpflichten im Rahmen eines Zitierbeschlusses zu unterscheiden ist die verfassungsrechtliche Pflicht der Bundesregierung, Fragen des Parlaments zu republik immer wieder mit Mehrheit beschlossen, vgl. den Nachweis bei Achterberg, Parlamentsrecht, S. 464. 69 Bejahend: J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 99; Sachs/Magiera, GG, Art. 43 Rn. 6; BK-Grundgesetz/Schröder, Art. 43 Rn. 32; Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 43 Rn. 69–74; Lorz/Richterich, in: Hb. Parlamentsrecht, § 35 Rn. 60; Dreier/Morlok, GG, Art. 43 Rn. 11; Schmidt-Bleibtreu/ Kluth, GG, Art. 43 Rn. 17; Epping/Hillgruber/Brocker, BeckOK GG, Art. 43 Rn. 9; Kirchhof, Verwalten durch mittelbares Einwirken, S. 120; Lepsius, KJ 2009, Beiheft 1, 81; Hölscheidt, DÖV 1993, 593; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 164; Mundil, Opposition, S. 173–174; Maiwald, Berichtspflichten, S. 139; Vonderbeck, in: Parlamentarische Informations- und Redebefugnisse, S. 9, 20–21; Bodenheim, ZParl 11 (1980), 38, 41; Ablehnend Achterberg, Parlamentsrecht, S. 462–463; unentschieden M/ K/S/Achterberg/Schulte, GG, Art. 43 Rn. 12–14. 70 Die Formulierung geht zurück auf Anschütz, WRV-Kommentar, S. 213, und wird noch heute gern zur Auslegung der Norm zitiert, etwa bei Maunz/Dürig/Klein, GGKommentar, Art. 43 Rn. 69. 71 Anschütz, WRV-Kommentar, S. 213. 72 Achterberg, Parlamentsrecht, S. 463. 73 Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 43 Rn. 73. 74 J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 99.

208

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

beantworten75, das sogenannte Interpellationsrecht. Danach sind auch Minderheiten oder einzelne Mitglieder des Bundestages berechtigt, der Bundesregierung Fragen zu stellen und diese ist grundsätzlich verfassungsrechtlich zur Antwort verpflichtet76. Anders als das Zitierrecht richtet sich das Fragerecht nicht an einzelne Regierungsmitglieder, sondern an die Bundesregierung insgesamt77. Eine Präsenzpflicht zur Beantwortung von Anfragen besteht nicht78. Zu den vom Interpellationsrecht umfassten Fragerechten gehören vor allem die in den §§ 100– 106 GO BT formalisierten Fragerechte79. Während die Existenz des parlamentarischen Interpellationsrechts wohl einhellig anerkannt ist, ist die verfassungsrechtliche Herleitung nicht immer klar gewesen. Die früher herrschende Meinung leitete das Interpellationsrecht aus dem Zitierrecht gem. Art. 43 Abs. 1 GG her, sog. Konkretisierungsthese80. Diese Auslegung hatte aber Schwächen: Die Interpellationsrechte sind überwiegend und waren auch historisch schon immer Rechte, die auch Minderheiten zustanden, während das Zitierrecht einen Mehrheitsbeschluss voraussetzt81. Das Zitierrecht richtet sich an einzelne Regierungsmitglieder, das Interpellationsrecht an die Regierung insgesamt82. Anders als beim Zitierrecht kommt es bei der Beantwortung von Anfragen, die auf dem Interpellationsrecht beruhen, auf die Anwesenheit der befragten Regierung nicht an, je nach gewähltem Fragemittel ist auch die schriftliche Beantwortung ausreichend83. Zudem wurde bereits die Antwortpflicht im 75 Die gelegentlich anzutreffende Unterscheidung in ein Fragerecht des Parlaments und eine davon zu unterscheidende Antwortpflicht der Regierung (vgl. etwa Abmeier, Befugnisse des Abgeordneten, S. 185) wird hier nicht aufgegriffen, da sich das Recht eines Parlaments, Fragen zu stellen, seit jeher „von selbst versteht“, Bodenheim, ZParl 11 (1980), 38, 46. Wenn hier also von einem Fragerecht die Rede ist, so ist damit zugleich stets eine korrespondierende Antwortpflicht der Regierung gemeint. 76 Sachs/Magiera, GG, Art. 43 Rn. 2; Brenner, Reichweite und Grenzen des parlamentarischen Fragerechts, S. 11; Holzner, DÖV 2016, 668, 670. 77 J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 100. 78 J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 100. 79 J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 100; ausführlich zu ihrer Anwendung Mundil, Opposition, S. 175–177 und Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 43 Rn. 89–95. 80 So noch Stern, Staatsrecht Bd. II, S. 55–56; Maiwald, Berichtspflichten, S. 146– 155; weitere Nachweise zu dieser älteren Auffassung bei Maunz/Dürig/Klein, GGKommentar, Art. 43 Rn. 79. 81 Deutlich Bodenheim, ZParl 11 (1980), 38, 40, nach dem es ein seltsames Ergebnis wäre, wenn „ausgerechnet eine Verfassung von der liberalen Substanz des Grundgesetzes mit parlamentarischer Rückbindung der Regierung an das Vertrauen des Parlaments [. . .] das parlamentstraditionell minoritäre Fragerecht der letzten 130 Jahre zu einem bloßen Recht der Mehrheit habe verkümmern lassen wollen“; Abmeier, Befugnisse der Abgeordneten, S. 185. 82 Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 43 Rn. 80; J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 101; Lorz/Richterich, in: Hb. Parlamentsrecht, § 35 Rn. 68. 83 Lorz/Richterich, in: Hb. Parlamentsrecht, § 35 Rn. 68.

I. Die Berichtsgrundlage

209

Rahmen einer Zitierung nach Art. 43 Abs. 1 GG über den Wortlaut hinaus hergeleitet und eine darüber hinausgehende Auslegung, die auch Minderheitsrechte ableitet, würde die Wortlautgrenze endgültig überstrapazieren84. Das Interpellationsrecht lässt sich mit deutlich weniger Widersprüchen aus anderen verfassungsrechtlichen Positionen herleiten. Die heute herrschende Meinung leitet das Interpellationsrecht im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerfG85 zu Recht im Ausgangspunkt aus den Statusrechten der Bundestagsabgeordneten gem. Art. 38 Abs. 1 GG ab86. Diese verleihen dem einzelnen Abgeordneten ein Recht darauf, dass „ihm grundsätzlich diejenigen Informationen nicht vorenthalten werden, die ihm eine sachverständige Beurteilung [. . .] ermöglichen“ 87. Es geht also darum, den Abgeordneten die zur Ausübung ihres Mandats notwendigen Informationen zu verschaffen88. Eine alleinige Ableitung aus Art. 38 Abs. 1 GG wäre zwar schwierig, weil dieser die rechtliche Stellung des Abgeordneten innerhalb des Parlaments regelt, sodass es systematisch fragwürdig erschiene, allein hieraus einen Anspruch im Inter-Organverhältnis gegen die Bundesregierung zu begründen89. Dieser Widerspruch wird aber aufgelöst, wenn man die Ableitung aus Art. 38 Abs. 1 GG in das Beziehungsgeflecht zwischen Parlament und Regierung einbettet90, was das BVerfG tut, indem es diese Ableitung mit dem Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 2 GG verbindet91. Im systematischen Zusammenhang mit den Prinzipien der Regierungskontrolle durch das Parlament92, der Verantwortlichkeit der Regierung ge84

Mundil, Opposition, S. 178. BVerfGE 70, 324, 355; BVerfGE 124, 161, 188; BVerfG JZ 2015, 84, 86. 86 Zustimmend Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 43 Rn. 82–84; BK-Grundgesetz/Schröder, Art. 43 Rn. 6; Epping/Hillgruber/Brocker, BeckOK GG Art. 43 Rn. 10; Schmidt-Bleibtreu/Kluth, GG Art. 43 Rn. 18; Sachs/Magiera, GG, Art. 38 Rn. 41; Lorz/Richterich, in: Hb. Parlamentsrecht, § 35 Rn. 69; J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 101; Mundil, Opposition, S. 179–180; Hölscheidt, DÖV 1993, 593, 595; Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament, S. 24; Holzner, DÖV 2016, 668, 669; Lepsius, KJ 2009, Beiheft 1, 81, 82; Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 519; Brenner, Reichweite und Umfang des parlamentarischen Fragerechts, S. 19; wohl auch Kazele, VerwArch 101 (2010), 469, 470. 87 BVerfGE 70, 324, 355. Die Entscheidung erfolgte zum Haushaltsplan, das BVerfG hat diesen Anspruch aber explizit auf andere Bereiche erstreckt, jüngst etwa auf die Rüstungsexportkontrolle, vgl. BVerfG JZ 2015, 84. Insoweit verfängt die Kritik bei Maiwald, Berichtspflichten, S. 144, die letztlich auf die Annahme einer nicht generalisierungsfähigen Einzelfallentscheidung hinauslief, zumindest heute nicht mehr. 88 BVerfGE 105, 252, 270. 89 Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 167–168; ähnlich Mundil, Opposition, S. 179. 90 Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 43 Rn. 84. 91 BVerfG JZ 2015, 84, 85–86. 92 Brenner, Reichweite und Grenzen des parlamentarischen Fragerechts, S. 15–17; die Anknüpfung an Art. 38 Abs. 1 GG als Grundlage ist speziell hinsichtlich der Kontrollfunktion des Parlaments auch konsequent, weil die Kontrolle der Regierung nicht 85

210

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

genüber diesem93 und dem Prinzip der Gewaltenteilung sowie dem Prinzip der Verfassungsorgantreue94 erscheint das Statusrecht des einzelnen Abgeordneten als verfassungsrechtlich anschlussfähiger Anknüpfungspunkt für ein parlamentarisches Fragerecht95. Dieser Befund steht auch nicht in Widerspruch zur Annahme einer Antwortpflicht im Rahmen einer Zitierung gem. Art. 43 Abs. 1 GG96. Vielmehr stehen Zitier- und Fragerecht selbstständig nebeneinander97. Beide sind Ausprägungen des angesprochenen Beziehungsgeflechts zwischen Regierung und Parlament98. Ihre strukturellen Unterschiede lassen sich aus unterschiedlichen Funktionen begründen: Wie ausgeführt hat ein Beschluss nach Art. 43 Abs. 1 GG auch eine sanktionierende Wirkung und stellt aufgrund der daraus folgenden persönlichen Anwesenheitspflicht ein Kontrollmittel von besonderer Schärfe dar99. Ebenfalls kein zwingendes Argument gegen die Anknüpfung an Art. 38 GG ist die Möglichkeit der Selbstinformation des Parlaments100. Zwar stehen dem Bundestag Mittel zur Verfügung, eigene Informationen zu erlangen101, dennoch hat die Exeallein dem Parlament als Ganzem obliegt, sondern auch durch Minderheiten und jeden einzelnen Abgeordneten ausgeübt wird, Abmeier, Befugnisse des Abgeordneten, S. 185– 186, 189–190. 93 BVerfG JZ 2015, 84, 86. 94 Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 172–182; BK-Grundgesetz/Schröder, Art. 43 Rn. 7. 95 A. A. Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 158–164, 167–183. Dieser trennt allerdings die Statusrechte der Abgeordneten von den parlamentarischen Kontrollkompetenzen und aus dem Prinzip der Gewaltenteilung folgenden Kooperationspflichten und prüft diese getrennt als einzelne verfassungsrechtliche Grundlagen für die Herleitung eines parlamentarischen Informationsanspruchs. Für eine solche Trennung gibt es aber keinen dogmatischen Grund, vielmehr ergänzen sich diese Anknüpfungspunkte und ermöglichen in einer verfassungsrechtlichen Gesamtschau auch die widerspruchsfreie Ableitung eines verfassungsrechtlichen Informationsanspruchs in Form des Frage- und Interpellationsrechts. Von einer solchen Ergänzung gehen auch aus Mundil, Opposition, S. 179–180; Maunz/Dürig/Klein, GGKommentar, Art. 43 Rn. 84; Epping/Hillgruber/Brocker, BeckOK GG, Art. 43 Rn. 10. 96 So aber Maiwald, Berichtspflichten, S. 144. 97 Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 43 Rn. 85; Lorz/Richterich, in: Hb. Parlamentsrecht, § 35 Rn. 67–68; Sachs/Magiera, GG, Art. 43 Rn. 2; von einem selbstständigen Nebeneinander der beiden Rechte gehen wohl auch J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 98–102; Dreier/Morlok, GG, Art. 38 Rn. 45; Hölscheidt, DÖV 1993, 593, 595 und Lepsius, KJ 2009, Beiheft 1, 81, 82 aus. Teilweise wird das Zitierrecht auch als Ausschnitt des Interpellationsrechts angesehen, Epping/Hillgruber/Brocker, BeckOK GG Art. 43 Rn. 10. 98 Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 43 Rn. 85. 99 J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 99–100. 100 So aber Maiwald, Berichtspflichten, S. 145. 101 Umfassend zu den parlamentarischen Selbstinformationsrechten Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 123–147. Dazu kommen Informationsoptionen über den Wissenschaftlichen Dienst und die Mitarbeiterstäbe von Fraktionen und Abgeordneten.

I. Die Berichtsgrundlage

211

kutive insbesondere hinsichtlich der Gesetzgebung schon aufgrund des durch die Ministerien zur Verfügung stehenden Beamtenapparats und einer Nähe zum Gesetzesvollzug einen Informationsvorsprung gegenüber den einzelnen Parlamentariern102. Eine Kontrolle der Exekutive bedarf auch der Information gerade aus der Exekutive heraus103. Solche Informationsrechte haben auch einen vertrauensbildenden Zweck104, was kaum im Wege der Selbstinformation erreichbar wäre. Die Ausübung seiner Aufgaben – genannt seien hier nur die Aspekte Gesetzgebung und Kontrolle – seitens des Bundestages setzen voraus, dass das Parlament an den Informationen der Regierung partizipiert105. Würde man dies anders sehen, so könnten insbesondere die Abgeordneten der Opposition informationell gegenüber den regierungstragenden Abgeordneten in Nachteil geraten106. Aus all diesen Gründen lässt sich ein Informationsanspruch der Bundestagsabgeordneten gegenüber der Regierung rechtfertigen107. Ein Vergleich mit anderen Bundesorganen wie dem Bundesrat108 ist schon deswegen abwegig, weil eben anders als diese die Bundesregierung dem Bundestag verantwortlich ist. Zusammenfassend lässt sich daher festhalten, dass den Bundestagsabgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 i.V. m. Art. 20 Abs. 2 GG das Frage- und Interpellationsrecht gegenüber der Bundesregierung zusteht und dieses neben dem Zitierrecht des Art. 43 Abs. 1 GG besteht. (b) Berichtsbeschlüsse als Ausprägung eines verfassungsrechtlichen Informationsanspruchs Sind somit die verfassungsrechtlichen Informationsansprüche aufgezeigt, ist zu fragen, ob Berichtsbeschlüsse sich als Ausprägung eines dieser Ansprüche erweisen und daher auch rechtliche Verbindlichkeit gegenüber der Bundesregierung verlangen können. 102 Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 523; Magiera, Parlament und Staatsleitung, S. 310; Holzner, DÖV 2016, 668–669: „Da die Regierung über umfangreichere und qualitativ höherwertige Informationszugänge verfügt als das Parlament, wird durch die Informationsbeschaffung das Informationsdefizit des Parlaments ausgeglichen“. 103 Magiera, Parlament und Staatsleitung, S. 310: „Das Parlament muß informiert sein, vor allem über die Regierung und ihre Tätigkeit, wenn es – mitentscheidend oder kontrollierend, präventiv oder sukzessiv – seine Aufgaben im differenzierten Zusammenwirken mit der Regierung wirksam erfüllen soll“. 104 Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 43 Rn. 78. 105 Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 526; er zeigt auch nachvollziehbar auf, wie dieser Informationsvorsprung sich andernfalls in einem Übergewicht der Regierung im Bereich der Gesetzgebung auswirkt, vgl. Brüning, der Staat 43 (2004), 511, 524; ähnlich auch Magiera, Parlament und Staatsleitung, S. 314, nach dem die Selbstinformation des Parlaments die Fremdinformation durch die Regierung nur ergänzen, aber nie ersetzen kann. 106 Mundil, Opposition, S. 180; Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 525. 107 A. A. Maiwald, Berichtspflichten, S. 144–145. 108 Maiwald, Berichtspflichten, S. 144.

212

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

(aa) Berichtsbeschlüsse als Ausprägung des Zitierrechts? In Betracht kommt zunächst eine Ableitung des Rechts zur Fassung verbindlicher Berichtsbeschlüsse aus dem Zitierrecht des Bundestages, Art. 43 Abs. 1 GG109. Für die Annahme würde konzeptionell sprechen, dass das Zitierrecht ebenfalls durch Mehrheitsentscheidung in Form eines Beschlusses ausgeübt wird, hier also eine verfahrensmäßige Parallele zu Berichtsbeschlüssen vorliegt110. Dem Einwand, Art. 43 Abs. 1 GG erfasse als Adressaten nur einzelne Regierungsmitglieder, während Berichtsbeschlüsse in der Regel die ganze Bundesregierung adressieren, wird mit dem Argument begegnet, im Recht, einzelne Regierungsmitglieder herbeizuzitieren und zur Antwort zu verpflichten, sei a maiore ad minus das Recht enthalten, auch Informationsverlangen an die Regierung insgesamt zu richten111. Darüber hinaus seien die Mitglieder der Bundesregierung und die Bundesregierung als Organ insgesamt nach Art. 62 GG ohnehin identisch112. Systematisch sprächen auch Art. 53a Abs. 2 GG sowie Art. 53 S. 3 GG für dieses Verständnis. Art. 53a Abs. 2 S. 2 GG sehe vor, dass die Rechte des Art. 43 Abs. 1 GG unberührt blieben, und spätestens aus dem systematischen Zusammenhang mit Art. 53a Abs. 2 S. 1 GG, der eine Unterrichtungspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Gemeinsamen Ausschuss vorsieht, gehe hervor, dass auch die Regelung des Art. 53a Abs. 2 S. 2 GG ebenfalls von einer aus Art. 43 Abs. 1 GG statuierten Informationspflicht ausgehe113. Art. 53 S. 3 GG sehe eine Informationspflicht der Bundesregierung zugunsten des Bundesrates vor und eine solche sei für den Bundestag nur deswegen nicht geschaffen worden, weil diese in Art. 43 Abs. 1 GG vorhanden gewesen sei114. Zwar ist zutreffend, dass sowohl Berichts- als auch Zitierbeschlüsse durch Mehrheit getroffen werden, dies allein sagt aber noch nichts darüber aus, ob gerade das Zitierrecht Berichtsbeschlüsse inhaltlich umfasst. Die Gleichsetzung von Bundesregierung und Mitgliedern der Bundesregierung, die zur Begründung dieser Auffassung herangezogen wird, übersieht gerade die Wertung des Art. 43 Abs. 1 GG, der einzelne Mitglieder adressiert und damit für den Anwendungsbereich des Zitierrechts nicht auf das Kollegialorgan insgesamt abstellt. Diese Unterscheidung ist auch faktisch bedeutsam115, denn bei einer an die Bundesregierung gerichtete Frage entscheidet sie, wer für die Beantwortung zuständig ist, 109 So Maiwald, Berichtspflichten, S. 154; Vonderbeck, in: Parlamentarische Informations- und Redebefugnisse, S. 9, 29–30. 110 Maiwald, Berichtspflichten, S. 140. 111 So Vonderbeck, in: Parlamentarische Informations- und Redebefugnisse, S. 9, 29: „Dies überschreitet nicht den Rahmen einer Zitierung, sondern ist weniger als das an bestimmte Regierungsmitglieder gerichtete Verlangen“. 112 Maiwald, Berichtspflichten, S. 147. 113 Maiwald, Berichtspflichten, S. 148–149. 114 Maiwald, Berichtspflichten, S. 152. 115 Die streitet Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 165 ab.

I. Die Berichtsgrundlage

213

während diese Entscheidung bei einer Zitierung das Parlament trifft. Dies mag häufig auf die gleiche Person hinauslaufen, aber gerade bei kritischen Themen mit personeller Verknüpfung zu einem bestimmten Regierungsmitglied mag es im Sinne einer Kontrolle erforderlich sein, diese Entscheidung nicht dem Kontrollierten zu überlassen. Darüber hinaus ist ein Informationsverlangen an die ganze Regierung kein Minus gegenüber dem Herbeizitieren, sondern ein Aliud. Wie bereits ausgeführt wurde, hat der Zitierbeschluss eine konfrontative Wirkung zwischen einem einzelnen Regierungsmitglied und dem Parlament mit sanktionierender Wirkung116. Es ermöglicht eine personale, kurzfristige und direkte mündliche Auseinandersetzung mit dem Regierungsmitglied in der Parlamentsöffentlichkeit117. Ziel ist mit anderen Worten die persönliche Konfrontation118. Es ist etwas völlig anderes, einen umfassenden und in der Regel schriftlichen Bericht vorzubereiten und abzugeben119, eine derartige Konfrontation ist für Berichterstattung eher untypisch. Im Rahmen von Berichterstattung der Bundesregierung an den Bundestag ist persönliche Anwesenheit in der Regel auch kein relevanter Faktor120. Das an Art. 53 S. 3 GG anknüpfende systematische Argument ist schon aufgrund funktionaler Unterschiede in den Beziehungen zwischen Bundesregierung und Bundestag einerseits und Bundesregierung und Bundesrat andererseits zweifelhaft121, denn anders als dem Bundestag ist die Bundesregierung dem Bundesrat nicht verantwortlich122. Doch selbst wenn man der Prämisse zustimmen würde, dass der Bundestag hinsichtlich seiner Informationsrechte nicht hinter dem Bundesrat zurückbleiben darf, so folgt daraus jedenfalls nicht zwingend, dass sich ein entsprechender parlamentarischer Unterrichtungsanspruch gerade aus Art. 43 Abs. 1 GG ergibt. Art. 53a Abs. 2 S. 2 GG wiederrum sagt ebenfalls nichts über den Umfang des aus Art. 43 Abs. 1 GG folgenden Zitierrechts aus. Zwar ist zutreffend, dass Art. 53a Abs. 2 S. 1 GG von Unterrichtungspflichten spricht. Nimmt man jedoch wie hier eine Pflicht der Regierungsmitglieder an, im Rahmen einer Zitierung Rede und Antwort zu stehen, so kann man genau hierin die entsprechende Unterrichtungspflicht sehen. Den Schluss, es müsste darüber hinaus auch umfassende, gegebenenfalls schriftliche Berichterstattung unabhängig von der Anwesenheit einzelner Regierungsmitglieder im 116

J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 99–100; ähnlich Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 166. 117 Teuber, Parlamentarischen Informationsrechte, S. 164 spricht von „einem wechselseitigen Rede und Antwortspiel“. 118 Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 43 Rn. 80. 119 Linck, DÖV 1979, 116, 119; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 165; auch Vonderbeck, in: Informations- und Redebefugnisse, S. 9, 29 gibt dies zu und versucht sich zu behelfen, indem er in die Anforderung eines schriftlichen Berichts eine hilfsweise Aufforderung zu mündlicher Berichterstattung hineinliest. 120 Dies gibt auch Maiwald, Berichtspflichten, S. 140 zu. 121 Brüning, Der Staat 43 (2004), 511, 533–534. 122 Epping/Hillgruber/Dörr, BeckOK GG, Art. 53 Rn. 14.1.

214

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Plenum von Art. 43 Abs. 1 GG umfasst sein, trägt das systematische Argument aber nicht mehr. Das müsste sich vielmehr aus der Auslegung von Art. 43 Abs. 1 GG ergeben, wogegen aber wie dargelegt durchgreifende Bedenken bestehen. Angesichts der ohnehin schon über den Wortlaut hinausgehenden Annahme einer Antwortpflicht würde es Art. 43 Abs. 1 GG endgültig überdehnen, parlamentarische Ersuchen um Berichterstattung auch als Ausfluss des Zitierrechts anzusehen. Berichtsbeschlüsse können daher nicht auf das Zitierrecht gem. Art. 43 Abs. 1 GG gestützt werden. (bb) Berichtsbeschlüsse als Ausprägung des Frageund Interpellationsrechts? Berichtsbeschlüsse könnten aber eine Ausprägung des parlamentarischen Frage- und Interpellationsrechts und daher verfassungsrechtlich verbindlich für die Bundesregierung sein. Diese Möglichkeit wurde bisher nur vereinzelt angesprochen123 und kaum ausführlich diskutiert. Sowohl Berichtsbeschlüsse als auch das parlamentarische Frage- und Interpellationsrecht richten sich auf die Erlangung von Informationen zugunsten des Parlaments. Insoweit besteht zumindest eine funktionale Wesensverwandtschaft. Es kommen aber auch Argumente gegen eine Zuordnung von Berichtsbeschlüssen zum Frage- und Interpellationsrecht in Betracht. (a) Kein abgeschlossener Katalog von Interpellationsrechten Zunächst müsste das Frage- und Interpellationsrecht selbst offen für diese Zuordnung sein. Versteht man die von Frage- und Interpellationsrecht erfassten Fragerechte als einen abgeschlossenen, durch die §§ 100–106 GO BT konkretisierten und formalisierten Katalog124, so ist kein Raum, darüber hinaus auch noch Berichtsbeschlüsse dem Interpellationsrecht zuzuordnen. Es ist aber kein Grund ersichtlich, warum das verfassungsrechtliche Frage- und Interpellationsrecht nur einen formalisierten Fragenkatalog enthalten soll und nicht offen für andere oder neue Frageformen sein soll. Dagegen spricht schon die historische Entwicklung des Interpellationsrechts, denn die in den §§ 100–106 GO BT geregelten Fragerechte wurden erst nach und nach normiert und dem Interpellationsrecht zugeordnet. Interpellation umfasste ursprünglich nur die Große Anfrage125, während 123 Ausdrücklich bejahend Schmidt-Bleibtreu/Kluth, GG, Art. 43 Rn. 19; Luch, in: Hb. Parlamentsrecht, § 10 Rn. 22. 124 So wohl Lorz/Richterich, in: Hb. Parlamentsrecht, § 35 Rn. 67; Magiera, in: Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, § 52 Rn. 16; J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 100; Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 43 Rn. 76; wohl auch Linck, DÖV 1983, 957, 961. 125 J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 100 Fn. 387.

I. Die Berichtsgrundlage

215

heute weitere Rechte dazu gezählt werden126. Schon daher wäre es seltsam, von einem numerus clausus der vom Frage- und Interpellationsrecht umfassten Fragerechte auszugehen. Die ausdrückliche Normierung einzelner Rechte in der GO BT dient dagegen dem Schutz der Funktionsfähigkeit der Regierung, indem die Fragerechte in verfassungskonformer Weise in ihrer Ausübung eingeschränkt werden127. Das heißt jedoch nicht, dass eine Regelung eines Fragerechts in der GO BT Voraussetzung wäre, um vom verfassungsrechtlich gewährleisteten Frage- und Interpellationsrecht überhaupt umfasst zu sein. Gibt es also keinen abgeschlossenen Katalog von parlamentarischen Fragerechten128, so können auch Berichtsbeschlüsse vom verfassungsrechtlichen Frage- und Interpellationsrecht erfasst sein. (b) Strukturelle Unterschiede zwischen Berichtsbeschlüssen und Interpellation? Problematischer erscheinen dagegen die strukturellen Unterschiede zwischen Berichtsbeschlüssen einerseits und den anerkannten Frage- und Interpellationsrechten andererseits. Die klassischen Interpellationsrechte sind typischerweise Minderheitenrechte 129, Berichtsbeschlüsse bedürfen eines Mehrheitsbeschlusses. Auch die Geschäftsordnung des Bundestages behandelt Berichte als Unterrichtungen und damit anders als die klassischen Interpellationsrechte. Zudem könnte man erwägen, in Berichtspflichten eine Prinzipienumkehr der Informationsgewinnung im Vergleich zu Fragerechten im Sinne der §§ 100–106 GO BT zu sehen: Wird ein Berichtsbeschluss gefasst, so kommt die Regierung in eine Bringschuld: Sie muss die wesentlichen Informationen zum Berichtsgegenstand zusammentragen und prägnant präsentieren, während eine Frage seitens der Abgeordneten voraussetzt, dass diese überhaupt wissen, was sie erfragen wollen130. Hier wird also die Bestimmung des Informationsinhalts in hohem Maße aus der Hand des Parlaments gegeben. Auch das BVerfG hat sich zum Verhältnis von Frage- und Interpellationsrecht und staatlicher Berichterstattung geäußert: „Die Berichtsform unterscheidet sich systematisch von der Frage- und Antwortstruktur des Interpellationsrechts. Sowohl die Struktur und der Gehalt der Information als 126

Etwa die in §§ 104–106 GO BT normierten Rechte. Klein, in: HbdStR, § 51 Rn. 33. 128 Die Reichweite des Begriffs der Interpellation ist ohnehin strittig, vgl. M/K/S/ Achterberg/Schulte, GG, Art. 43 Rn. 4–5, die ebenfalls von einem offenen Interpellationsrecht ausgehen: „Dazu gehören insbesondere (Hervorhebung nur hier) die geschäftsordnungsmäßigen Fragerechte (Hervorhebung im Original)“. 129 BVerfGE 70, 324, 355; Lorz/Richterich, in: Hb. Parlamentsrecht, § 35 Rn. 68; Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 266; Magiera, in: Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, § 52 Rn. 16–17. 130 Zu diesem Unterschied J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 106. 127

216

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

auch ihr Zeitpunkt werden beim Rüstungsexportbericht nicht durch die Abgeordneten, sondern durch die Bundesregierung bestimmt. Bereits deshalb ist ein allgemeiner Bericht dem parlamentarischen Fragerecht grundsätzlich nicht gleichwertig“ 131. Diese Einwände sind jedoch weniger gravierend, als es zunächst den Anschein hat. Geht es hier um die Frage, ob Berichtsbeschlüsse des Bundestages als Ausfluss des parlamentarischen Frage- und Interpellationsrechts Verbindlichkeit beanspruchen können, so ist die scheinbar so eindeutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts schon nicht auf diese Frage übertragbar. Denn in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall ging es um eine andere Art Bericht, nämlich um die Frage, ob die Bundesregierung durch die Vorlage ihres Rüstungsexportberichts ihre Pflicht, parlamentarische Anfragen zu erfüllen, bereits erfüllt habe132. Es ging also darum, ob durch den Rüstungsexportbericht das Informationsinteresse der Abgeordneten bereits befriedigt wurde und insoweit darüber hinausgehende Anfragen kein berechtigtes Interesse verfolgen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht zu Recht verneint, denn beim Rüstungsexportbericht handelt es sich um einen Bericht, der aus Eigeninitiative der Bundesregierung heraus erstattet wird133. Bei einem aus Eigeninitiative veröffentlichten Bericht entscheidet allein der Berichterstatter, welche Informationen in welcher Präzision er vorlegt134. Der hier zu klärende Fall ist aber umgekehrt: Bei einem durch Bundestagsbeschluss initiierten Bericht bestimmt der Bundestag durch die Formulierung der Grundlage, welche Informationen die Bundesregierung als Berichterstatter zu erbringen hat. Der strukturelle Unterschied, den das BVerfG richtigerweise festgestellt hat, liegt also in der Konstellation eines Berichtsbeschlusses durch den Bundestag nicht vor. Dann nämlich ist der Berichtsbeschluss nichts anderes als eine (in der Regel135) weit formulierte Frage, die durch den Bericht

131

BVerfG JZ 2015, 84, 93. BVerfG JZ 2015, 84, 93. 133 Die Berichtsgrundlage ist ein Kabinettsbeschluss vom 19.01.2000, vgl. BTDrucks. 14/4179, 1. 134 Die mangelnde Präzision des Berichts ist ein weiterer Grund, warum das BVerfG den Bericht nicht als ausreichende Erfüllung des parlamentarischen Informationsinteresses ansieht, BVerfG JZ 2015, 84, 94. 135 Es existieren auch Beispiele für Berichtsbeschlüsse, die mit sehr konkreten Fragestellungen verbunden wurden. Ein Beispiel ist etwa der im Rahmen dieser Abhandlung behandelte Erfahrungsbericht ÜGRG, s. o. Kap. 2 II. 7., S. 106. Im zugrunde liegenden Berichtsbeschluss wurde explizit nach der Angemessenheit bestimmter einzelner Regelungen gefragt, BT-Drucks. 17/7217, 3–4. Hier zeigt sich die Parallele zur Frage-Antwort-Struktur, die das BVerfG JZ 2015, 84, 93 als wesentliches Merkmal des Interpellationsrechts betrachtet, besonders deutlich. Dieselbe Struktur liegt aber auch offener formulierten Berichtsbeschlüssen zugrunde, denn der Beschluss gibt auch dort den Rahmen des zu erstattenden Berichts vor und determiniert insoweit lediglich den inhaltlichen Antwortspielraum der Bundesregierung großzügiger, als dies eine konkrete Einzelfrage in einem Berichtsbeschluss tut. 132

I. Die Berichtsgrundlage

217

der Regierung beantwortet wird. Damit ist auch dem Einwand begegnet, ein Berichtsbeschluss folge im Gegensatz zu Frage- und Interpellationsrechten einem umgekehrten Informationsgewinnungsprinzip136. Denn letztlich muss auch derjenige, der einen Bericht anfordert, den Mindestinhalt des Berichts durch Angabe eines Berichtsgegenstands umschreiben. Dass die Bundesregierung in der Regel einen sehr weiten Antwortspielraum hat, liegt letztlich daran, dass der Bundestag ihr diesen durch eine weite Formulierung des Berichtsgegenstands zugestanden hat. Daher kann von einer wirklichen Prinzipienumkehr nicht die Rede sein. Zudem steht es dem Parlament frei, den Antwortspielraum durch einen entsprechend präzisen Beschluss einzugrenzen137. Damit bleibt die Frage, ob das Mehrheitserfordernis zur Fassung eines Berichtsbeschlusses eine Rückführung auf das Interpellationsrecht unmöglich macht, weil es sich bei diesen klassischerweise um Minderheitenrechte handelt. Grundsätzlich ist zunächst festzustellen, dass auch innerhalb der parlamentarischen Informations- und Kontrollinstrumente verschiedene Mehrheitserfordernisse nichts Ungewöhnliches sind. Während das Recht, Einzelfragen an die Regierung zu stellen, gem. § 105 GO BT jedem Abgeordneten zusteht, bedürfen etwa die Große Anfrage und die Kleine Anfrage Unterstützung durch eine Fraktion oder fünf Prozent der Abgeordneten138, §§ 75 Abs. 1 lit. f, Abs. 3, 76 Abs. 1 GO BT. Dies gilt auch für weitere Kontrollinstrumente: Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bedarf gem. Art. 44 Abs. 1 GG der Zustimmung durch ein Viertel der Mitglieder des Bundestages, ein Zitierbeschluss nach Art. 43 Abs. 1 GG einer Beschlussmehrheit. Betrachtet man diese Instrumente nun hinsichtlich ihrer Kontrollschärfe gegenüber der Regierung, so lässt sich bei aller begründeten Vorsicht vor Pauschalierungen wohl die Regel aufstellen, dass ein Informations- und Kontrollinstrument umso mehr Zustimmung im Bundestag finden muss, je schärfer die Kontrollwirkung des Instruments und die Einwirkungsmöglichkeit auf die Regierung ist139. Dies scheint den Widerspruch zwischen Frage- und Interpellationsrecht und Berichtsbeschlüssen auf den ersten Blick zu verschärfen, denn es wirkt zunächst seltsam, dass der Untersuchungsausschuss, ein besonders intensives Kontrollinstrument140, einem geringeren Quorum unter136

J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 106. Ein Beispiel für entsprechend präzise, unmittelbar in Frageform angeforderte Berichte liefert das europäische Recht, vgl. dazu oben die Untersuchung des Erfahrungsberichts UI-RL, Kap. 2 II. 8., S. 119. 138 Zu den unterschiedlichen Verfahren bei den in den §§ 100–106 GO BT normierten Fragerechten Lorz/Richterich, in: Hb. Parlamentsrecht, § 35 Rn. 71–83. 139 Diesen Gedanken ziehen Linck, DÖV 1983, 957, 960 und J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 99–100 heran, um das Mehrheitserfordernis eines Beschlusses nach Art. 43 Abs. 1 GG zu begründen. 140 BVerfGE 124, 78, 114: „Das in Art. 44 GG gewährleistete Untersuchungsrecht gehört zu den ältesten und wichtigsten Rechten des Parlaments“; M/K/S/Achterberg/ Schulte, GG, Art. 44 Rn. 1: „das zentrale Kontrollinstrument des Bundestages“. 137

218

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

liegen soll als der Berichtsbeschluss. Dieser Widerspruch lässt sich aber auflösen. Zunächst handelt es sich bei Berichtsbeschlüssen in der Regel um die parlamentarische Frageform, die für die Regierung häufig weitreichende Folgen hervorruft, was den Aufwand hinsichtlich Informationsgewinnung, -verarbeitung und -weitergabe angeht141. Dies gilt umso mehr im Falle einer angeordneten Regelmäßigkeit der Berichtserstattung, welche langfristig einen Informationsfluss etabliert142. Durch einen Bericht können umfassende Informationen zu einem gesamten Themenbereich gesammelt werden, wogegen die normierten Fragerechte der §§ 100–105 GO BT eher auf prägnante Einzelfragen ausgerichtet sind143. Für Einzelfragen ergibt sich dies aus § 105 GO BT, der von kurzen Einzelfragen spricht, für Große Anfragen aus § 100 S. 1 2. Hs GO BT, nach dem Fragen kurz und bestimmt gefasst sein müssen144. Gerade hier können Berichte ein funktionelles Ergänzungsmittel zu den normierten Fragerechten sein, da sie auch offen und mit sehr weiten Berichtsgegenständen angefragt werden können. Erweist sich der Bericht somit als potenziell informationsträchtigeres Fragemittel des Bundestages, so ist es innerhalb des geschilderten Systems zunächst einmal konsequent, dass für ihn eine größere Unterstützung erforderlich ist als etwa für eine Große Anfrage. Zwar ist es dann immer noch nicht vollständig stringent, wenn Berichtsbeschlüsse mehr Zustimmung erfordern als etwa die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Man könnte aber auch schon die Vergleichbarkeit der beiden Instrumente bezweifeln, denn beim Untersuchungsausschuss handelt es sich um ein Mittel der Selbstinformation, während das Anfordern von Berichten ein Mittel der Fremdinformation ist145. Der Untersuchungsausschuss ist insbesondere ein Kontrollmittel, um Missstände aufzudecken oder Skandale öffent141 Daraus speist sich wohl die Annahme von J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 106, es komme zu einer Prinzipienumkehr bei der Art der Informationsgewinnung, die aber wie ausgeführt im Ergebnis keine Zustimmung verdient, da durch den Berichtsbeschluss der wesentliche Inhalt vorgegeben wird. 142 Zum Problem der Diskontinuität bei Berichtsbeschlüssen s. u. Kap. 4 I. 1. b) aa) (3), S. 220. 143 Dem widerspricht nicht, dass vereinzelt Berichtsanforderungen auch sehr konkrete Einzelfragen beinhalten, s. o. Kap. 4 Fn. 135. Die dortige Gleichsetzung mit den normierten parlamentarischen Fragerechten bezieht sich auf die grundlegende FrageAntwort-Struktur des Informtionsmittels, die unabhängig davon besteht, ob ein offener oder genau bestimmter Berichtsbeschluss gefasst und die Frage insoweit offen oder konkret gestellt wird. Geht es hier um die unterschiedlichen Mehrheitserfordernisse, so besteht im Rahmen eines Berichtsbeschlusses die Möglichkeit, umfassendere Informationen abzufragen, als dies üblicherweise mit den normierten Fragerechten möglich ist. Dieser höhere Gestaltungsspielraum des Parlaments rechtfertigt das Mehrheitserfordernis. Zwar kann der Bundestag sich dazu entschließen, diesen Gestaltungsspielraum nicht auszuüben und konkrete Fragen zu stellen, der grundsätzlich weitere Gestaltungsspielraum besteht aber gleichwohl. 144 Roll, GO-BT-Kommentar, § 100 Rn. 1. 145 Vgl. zu dieser Einordnung sowie den dogmatischen Unterschieden zwischen den beiden Typen parlamentarischer Informationsregelungen Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 60–64, 123–124.

I. Die Berichtsgrundlage

219

lichkeitswirksam zu verhandeln146. Als „politisches Kampfmittel“ 147 ist er ein Instrument der Opposition148, die aber im parlamentarischen Regierungssystem strukturell keine Mehrheit im Parlament bildet. Aufgrund dieser Ausrichtung des Untersuchungsausschusses auf Problemfelder der Regierung wäre der Untersuchungsausschuss seiner Effektivität beraubt, bedürfte es zu seiner Einsetzung einer Mehrheit149. Ein Minderheitenquorum ist also gerade Funktionsbedingung eines parlamentarischen Untersuchungsrechts. Berichterstattung durch die Bundesregierung ist dagegen ein grundsätzlich neutrales Informationsmittel: Eine Berichtspflicht verschafft dem Parlament zunächst einmal nur ein Mehr an Informationen150, diese kann der Regierungskontrolle, aber ebenso der positiven Selbstdarstellung der Regierung oder der reinen sachlichen Informationsgewinnung dienen und insoweit Handlungen des Parlaments vorbereiten151. Hier hat also häufig das gesamte Parlament ein berechtigtes Interesse an einem Mehr an Information. Diese strukturellen Unterschiede zwischen parlamentarischem Untersuchungsrecht einerseits und Berichtsbeschlüssen andererseits zeigen, dass die Regelung von Art. 44 Abs. 1 GG hinsichtlich der notwendigen Unterstützung für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses keine Aussagekraft hinsichtlich der Frage haben kann, ob Berichtsbeschlüsse vom Frage- und Interpellationsrecht des Parlaments gedeckt werden. Zwar kann man, selbst wenn man Untersuchungsausschüsse ausklammert, immer noch anmerken, dass ein Mehrheitserfordernis für ein Interpellationsrecht ungewöhnlich ist. Man kann sich dies jedoch zu einem gewissen Teil auch aus historischen Entwicklungen erklären, denn Interpellationsrechte haben eine lange verfassungsrechtliche Tradition und sind gewachsene Instrumente, was sich in einem gewissen Mangel an Stringenz niederschlagen kann152. Vor diesem Hintergrund kann dem Argument, ein Mehrheitserfordernis sei für Interpellationsrechte untypisch, nur noch geringes Gewicht beigemessen werden. Dies gilt umso mehr, als Berichtsersuchen durch Parlamentsbeschluss seit jeher eng mit der parlamentarischen Interpellation verwandt sind153, auch bei diesen handelte es sich ursprünglich um Mehrheitsrechte154. 146 Das BVerfG hat das Recht nach Art. 44 GG daher als „Aufklärungsmittel im Rahmen der politischen Kontroverse“ bezeichnet, BVerfGE 105, 197, 225–226. 147 Glauben/Brocker, Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, Kap. 1 Rn. 10. 148 Glauben/Brocker, Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, Kap. 1 Rn. 8; Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 44 Rn. 3. 149 Glauben/Brocker, Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern, Kap. 1 Rn. 8. 150 J. Schmidt, Legitimationswirkung der parlamentarischen Kontrolle, S. 106. 151 Siehe zu den vielfältigen Funktionen von staatlicher Berichterstattung oben Kap. 2 I. 6., S. 50. 152 So J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle, S. 99 für das Mehrheitserfordernis beim Zitierrecht. Der Gedanke dürfte übertragbar sein, da auch Berichtsersuchen an eine Regierung durch Beschluss eine lange verfassungsrechtliche Tradition haben, vgl. zur Geschichte von Berichtspflichten an Regierungen Maiwald, Berichtspflichten, S. 33–57. 153 Maiwald, Berichtspflichten, S. 37.

220

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Zwar haben sich viele Interpellationsrechte zu Minderheitenrechten weiterentwickelt, allein die Tatsache aber, dass dies für Berichtsersuchen durch Beschluss nicht gilt, löst diese historische Verbindung nicht auf. Dies spricht aber dafür, den verfassungsrechtlich verbürgten parlamentarischen Informationsanspruch des Frage- und Interpellationsrechts auch auf Berichtsersuchen durch Beschluss zu erstrecken. Hinzu kommt ein weiteres Argument: Geht man auf die Grundintention des aus Art. 38 Abs. 1, 20 Abs. 2 GG abgeleiteten Interpellationsrechts zurück, dem Parlament und den Abgeordneten die Möglichkeit zu verschaffen, an die zur Ausübung ihrer Rechte notwendigen Informationen zu gelangen, so dient das Auferlegen einer Berichterstattungspflicht genau diesem Zweck und fügt sich somit insgesamt in das System parlamentarischer Interpellation ein. Erkennt man die verfassungsrechtliche Verbürgung des parlamentarischen Informationsinteresses des Bundestages gegenüber der Bundesregierung grundsätzlich in Form eines Frage- und Interpellationsrechts an, so ist letztlich kein entscheidender Grund ersichtlich, warum dieses Interesse nicht auch durch die Aufforderung in Beschlussform, einen Bericht vorzulegen, wahrgenommen werden können soll. (g) Zwischenergebnis Berichtsbeschlüsse des Bundestages sind als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Informationsanspruchs aus Art. 38 Abs. 1, 20 Abs. 2 GG, des parlamentarischen Frage- und Interpellationsrechts zu bewerten. Liegt somit ein verfassungsrechtlicher Geltungsgrund vor, sind derartige Berichtsbeschlüsse für die Bundesregierung rechtsverbindlich155. (3) Problem der Diskontinuität für Berichtsbeschlüsse Damit stellt sich die Folgefrage, wie sich der Grundsatz der parlamentarischen Diskontinuität auf diese Beschlüsse auswirkt. Es soll hier nicht um die eher praktische Frage gehen, ob Berichte sich als Vorlage erledigen, wenn sie nach Ablauf einer Legislaturperiode vorgelegt werden156. Es geht stattdessen um die Frage, ob die These, dass die durch Beschluss begründete Rechtspflicht, einen Bericht vorzulegen, ihren Geltungsanspruch verliert, wenn eine neue Legislaturperiode beginnt157, zutreffend ist. Die praktischen Probleme liegen auf der Hand: Ist diese 154

Maiwald, Berichtspflichten, S. 37. So auch bejahend Schmidt-Bleibtreu/Kluth, GG, Art. 43 Rn. 19; Luch, in: Hb. Parlamentsrecht, § 10 Rn. 22; Kornmeier, Einsatz von Drohnen, S. 316. 156 Vgl. dazu Linck, DÖV 1979, 116, 121; Maiwald, Berichtspflichten, S. 193–198 m.w. N. 157 Unabhängig von der Frage, ob sie Berichtsbeschlüsse überhaupt für rechtsverbindlich halten oder nicht, unterwerfen jedenfalls die folgenden Autoren Berichtsbeschlüsse dem Grundsatz der Diskontinuität: Linck, DÖV 1979, 116, 121–123; Maiwald, 155

I. Die Berichtsgrundlage

221

These zutreffend, so verlieren Berichtsbeschlüsse, die eine regelmäßige Berichterstattung158 oder die Vorlage eines Berichts in einer späteren Legislaturperiode159 verlangen, massiv an rechtlicher Bedeutung. In der Sache geht es hier um die Reichweite der sachlichen Diskontinuität160. Der Grundsatz der sachlichen Diskontinuität besagt, dass alle beim Bundestag eingebrachten, aber noch nicht abschließend beratenen Anträge, Vorlagen usw. erledigt sind und gegenstandslos werden, solange sie nicht durch endgültige Annahme oder Ablehnung Erledigung gefunden haben161. Der Grundsatz ist in § 125 S. 1 GO BT niedergelegt162, hat allerdings nach herrschender Meinung Verfassungsrang163, wobei nicht eindeutig ist, ob der Geltungsgrund in Verfassungsgewohnheitsrecht164 oder in einem in Art. 20 Abs. 2, 38 Abs. 1, 39 Abs. 1 GG zum Ausdruck gekommenen „Prinzip der sich periodisch erneuernden Repräsentation“ 165 in der parlamentarischen Demokratie166 oder einer Zusammenschau aus beidem167 zu finden ist. Vom Grundsatz der sachlichen Diskontinuität werden inhaltlich zunächst alle noch nicht abgeschlossenen Beratungsgegenstände erfasst168. Legt man diesen Maßstab hier an, so könnte man das Problem auf den ersten Blick für erledigt erklären, denn Berichtsbeschlüsse haben den Willensbildungsprozess des BunBerichtspflichten, S. 198–200; Hömig/Stoltenberg, DÖV 1973, 689, 694; Maunz/Dürig/ Klein GG-Kommentar, Art. 39 Rn. 57 Fn. 2; differenzierend Jekewitz, JÖR 27 (1978), 75, 144, der dabei die Kontrollfunktion als wesentliches Differenzierungsmerkmal heranzieht. 158 Z. B. BT-Drucks. 14/5323, 3: „Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Deutschen Bundestag im dritten Jahr jeder Legislaturperiode (Hervorhebung nur hier) einen Fortschrittsbericht zur Entwicklung der verschiedenen Felder des Geoinformationswesens im nationalen, europäischen und internationalen Kontext zu erstatten“. 159 Z. B. BT-Drucks. 10/6369, 4. 160 Zur Differenzierung des Begriffs in personelle, institutionelle und sachliche Diskontinuität Michael, in: Hb. Parlamentsrecht, § 49 Rn. 23; vgl. auch die Abgrenzung zur Differenzierung in formelle und materielle Diskontinuität als alternatives Modell bei Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, S. 391–392, die aber letztlich auch das dreiteilige Modell befürwortet. 161 Hömig/Stoltenberg, DÖV 1973, 689; Jekewitz, JÖR 27 (1978), 75, 83. 162 Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 39 Rn. 53. 163 Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 39 Rn. 61; Hömig/Stoltenberg, DÖV 1973, 689, 690; Ossenbühl, in: HbdStR, § 102 Rn. 43; ablehnend Michael, in: Hb. Parlamentsrecht, § 49 Rn. 43; Münch/Kunig/Versteyl, GGK I, Art. 39 Rn. 26. 164 Ossenbühl, in: HbdStR, § 102 Rn. 43. 165 Jekewitz, Der Grundsatz der Diskontinuität, S. 330. 166 Jekewitz, Der Grundsatz der Diskontinuität, S. 330–331; Schmidt-Bleibtreu/ Kluth, GG, Art. 39 Rn. 5; Hömig/Stoltenberg, DÖV 1973, 689, 690; ähnlich Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, S. 399–400, die den Schwerpunkt zumindest bezüglich der sachlichen Diskontinuität auf das Demokratieprinzip legt. 167 So wohl Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 39 Rn. 61. 168 Schmidt-Bleibtreu/Kluth, GG, Art. 39 Rn. 7.

222

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

destages bereits durchlaufen169. Der Bundestag hat mit Mehrheit einen entsprechenden Beschluss gefällt. Ist der innerparlamentarische Willensbildungsprozess aber abgeschlossen, so wird die Entscheidung des Parlaments dem Bundestag insgesamt zugerechnet170. Aus diesem Grund sind etwa noch innerhalb der Wahlperiode gefasste Gesetzesbeschlüsse unstrittig nicht vom Grundsatz der Diskontinuität erfasst171. Dennoch hat die These, Berichtsbeschlüsse verlören aufgrund der sachlichen Diskontinuität mit dem Ende der Legislaturperiode ihre (rechtliche oder auch nur politische) Verbindlichkeit, viel Zustimmung erfahren172. Methodisch erfolgt dies, indem der Geltungsbereich der sachlichen Diskontinuität teleologisch erweitert wird. Ausgangspunkt ist der Sinn der sachlichen Diskontinuität, der darauf gerichtet sei, ein neu gewähltes Parlament soweit wie möglich von Präjudizierungen und Vorbelastungen durch das Vorgängerparlament freizustellen173. Es gelte ein „Verbot des Hinüberwirkens“ 174 vom alten Bundestag auf den neuen. Eine solche Präjudizierung sei für Berichte mit Kontrollfunktion gegenüber der Regierung zu bejahen175. Darüber hinaus ergebe sich aus der Wahl der Bundesregierung durch den Bundestag und der Begrenzung ihrer Amtszeit durch die Wahlperiode des Bundestages, dass ein solches Verbot des Hinüberwirkens nicht nur einen neuen Bundestag, sondern auch eine neue Bundesregierung betreffe176. Eine Pflicht einer neuen Bundesregierung, einem neuen Bundestag aufgrund des Ersuchens eines alten Bundestages zu berichten, sei ohnehin fragwürdig177. Für dieses Ergebnis spreche auch die Verwandtschaft der Berichtsersuchen durch Beschluss mit den anderen Informationsmitteln des Parlaments. Solche Mittel wie die Große oder die Kleine Anfrage unterfielen ebenfalls dem Grundsatz der sachlichen Diskontinuität178.

169 Zur Relevanz dieses Merkmals als Abgrenzungsgrund Schmidt-Bleibtreu/Kluth, GG, Art. 39 Rn. 5. 170 Schmidt-Bleibtreu/Kluth, GG, Art. 39 Rn. 5: „Sie sind aus dem Bereich des Grundsatzes der Diskontinuität ,verabschiedet‘ (Hervorhebungen im Original)“. 171 Ossenbühl, in: HbdStR, § 102 Rn. 41; Schmidt-Bleibtreu/Kluth, GG, Art. 39 Rn. 5; Achterberg, Parlamentsrecht, S. 211; Jekewitz, JÖR 27 (1978), 75, 136–138 mit Erläuterungen zu verschiedenen Konstellationen im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens, etwa bei Anrufung des Vermittlungsausschusses. 172 Linck, DÖV 1979, 116, 121–123; Maiwald, Berichtspflichten, S. 198–200; Hömig/Stoltenberg, DÖV 1973, 689, 694; Maunz/Dürig/Klein GG-Kommentar, Art. 39 Rn. 57 Fn. 2. 173 Linck, DÖV 1979, 116, 122. 174 Maiwald, Berichtspflichten, S. 199. 175 Linck, DÖV 1979, 116, 122. 176 Maiwald, Berichtspflichten, S. 199. 177 Maiwald, Berichtspflichten, S. 200. 178 Hömig/Stoltenberg, DÖV 1973, 689, 694; zustimmend Maunz/Dürig/Klein, GGKommentar, Art. 39 Rn. 57 Fn. 2.

I. Die Berichtsgrundlage

223

Zunächst sei hier das teleologische Argument betrachtet, welches auf die Vermeidung einer Präjudizierung des neuen Bundestages abstellt. Eine solche Präjudizierung ist weniger eindeutig, als sie auf den ersten Blick erscheint. Denn Sinn und Zweck der sachlichen Diskontinuität ist lediglich, Vorfestlegungen zu vermeiden. Es geht darum, dass dem neu gewählten Bundestag die volle Entscheidungsautonomie verbleibt und er nicht durch Entscheidungen des Vorgängers gebunden ist179. Die fortgesetzte Rechtsverbindlichkeit eines Berichtsbeschlusses bringt aber keine derartige Bindung, weil der neu gewählte Bundestag selbst entscheiden kann, ob und inwieweit er sich mit einem aufgrund dieses Beschlusses vorgelegten Bericht befasst. Er hat ebenso die Möglichkeit, solche Berichte schlichtweg nicht zu beachten180. Auch hier gilt, dass Berichte dem Parlament nur ein Mehr an Informationen verschaffen. Welche Folgerungen das einzelne Parlament daraus zieht, bleibt aber ihm überlassen. Betrachtet man diesen Punkt für das Verhältnis zwischen Bundestag und Bundesregierung, so ist die These, eine neue Bundesregierung dürfe nicht präjudiziert werden, in dieser Pauschalität ebenfalls nicht richtig. Auch für eine neue Bundesregierung gilt die Pflicht, die ihr obliegenden Aufgaben zu erfüllen, das Gebot der sachlichen Kontinuität in der Aufgabenerledigung181. Insoweit ist die personell-konkrete Zusammensetzung eines Organs von der verfassungsrechtlichen Existenz des Gesamtorgans getrennt zu betrachten; nach dem sog. Grundsatz der Organkontinuität bleibt die Identität des Bundestages als Institution unabhängig von ihrer personellen Zusammensetzung bestehen182. Daher bleiben auch Rechtshandlungen im Außenverhältnis, die dem Bundestag zugerechnet werden, wirksam183. Legt der Bundestag nun der Bundesregierung eine (verfassungsrechtlich zulässige) Rechtspflicht auf, so besteht diese grundsätzlich über die Wahlperiode hinaus, wenn sich nicht aus der Natur der Rechtspflicht heraus etwas anderes ergibt. Zieht man gesetzliche Berichtspflichten zum Vergleich heran184, ist vollkommen klar, dass die sachliche Diskontinuität hier nicht eingreifen kann, obwohl man mit der Begründung, die gegen eine Verbindlichkeit von Berichtsbeschlüssen argumentiert, 179 Hierzu überzeugend Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, S. 400–402; die Kritik von Linck, DÖV 1979, 116, 122, die daran ansetzt, dass jedenfalls eine faktische Belastung des neuen Parlaments mit eventuell nicht mehr akuten Informationsbedürfnissen entstehen kann, vermag bei diesem engen Verständnis der Funktion sachlicher Diskontinuität nicht mehr durchzugreifen, da es nicht um ein Freihalten von jeglicher spürbarer Arbeitsbelastung geht, sondern um das Freihalten von Entscheidungsräumen. 180 In diesem Fall kann der Bundestag den Berichtsbeschluss des vorherigen Bundestages schlicht aufheben. Vgl. auch Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip, S. 402. 181 Michael, in: Hb. Parlamentsrecht, § 49 Rn. 63. 182 Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 39 Rn. 48; Schmidt-Bleibtreu/Kluth, GG, Art. 39 Rn. 4, 9. 183 Maunz/Dürig/Klein, GG-Kommentar, Art. 39 Rn. 50. 184 Der Vergleich relativiert sich natürlich vor dem Hintergrund, dass Gesetze als Handlungsform ohnehin einen Anspruch auf unbeschränkte Geltung haben, solange sie nicht aufgehoben werden oder befristet sind.

224

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

hier letztlich auch eine Präjudizierung von Bundestag und Bundesrat annehmen müsste. Es ist aber selbstverständlich, dass eine Bundesregierung auch an Gesetze vorheriger Bundestage gebunden ist. Ein anschauliches Beispiel in diesem Zusammenhang sind aber auch Beschlüsse zum Einsatz der Bundeswehr im Ausland, deren Verbindlichkeit vom Grundsatz der sachlichen Diskontinuität ebenfalls nicht berührt wird185. Letztlich wird man dies für alle Beschlüsse des Bundestags annehmen müssen, denen auf verfassungsrechtlicher Grundlage Rechtsverbindlichkeit zuzumessen ist186. Dies muss dann aber auch für Berichtsbeschlüsse gelten187, die ihren Geltungsanspruch ebenfalls aus dem Grundgesetz ableiten188. Dem neuen Bundestag werden keine Entscheidungsräume genommen, da er es selbst in der Hand hat, den Bericht ausführlich, knapp oder gar nicht zu behandeln. Dann liegt aber der Grund für die Geltung des Prinzips der sachlichen Diskontinuität nicht vor und für eine teleologische Erweiterung des Anwendungsbereichs ist kein Raum. Etwas anderes kann hier nur gelten, wenn der verfassungsrechtliche Geltungsgrund der Berichtsbeschlüsse hier ausnahmsweise doch durch die Diskontinuität aufgehoben wird. In dem Zusammenhang ist das zweite Argument zu beachten, nachdem Berichtsbeschlüsse mit anderen Informationsinstrumenten des Bundestages gleichzusetzen sind, die aber der Diskontinuität unterliegen189. Die diesem Argument zugrunde liegende Annahme einer verfassungsrechtlichen Verwandtschaft zwischen Berichtsbeschlüssen und anderen Mitteln der Interpellation wird hier geteilt190. Zweifelhaft erscheint dagegen die zweite Prämisse dieses Arguments, nämlich dass parlamentarische Anfragen und Interpellationsmittel überhaupt dem Grundsatz der sachlichen Diskontinuität unterfallen. Zwar ist Kontrolle der amtierenden Regierung ein Aspekt der parlamentarischen Interpellation, es geht aber auch um das Erlangen sachlicher Informationen und ihre öffentliche Verhandlung durch das Parlament191. Diese Aspekte spielen auch zum Ende der Legislaturperiode eine Rolle und betreffen die Bundesregierung nicht zwingend in ihrer personellen Zusammensetzung, sondern können sie auch 185

Schmidt-Bleibtreu/Kluth, GG, Art. 39 Rn. 5. So auch Schmidt-Bleibtreu/Kluth, GG, Art. 39 Rn. 5, der davon ausgeht, dass dies für alle „echten“ Bundestagsbeschlüsse gilt. Damit dürften alle Beschlüsse gemeint sein, die aus verfassungsrechtlichem Grund Rechtsverbindlichkeit verlangen können. Vgl. zur Terminologie oben Kap. 4 Fn. 32. 187 So dürfte auch Schäfer, Der Bundestag, S. 90 zu verstehen sein, wenn er sagt, dass durch Beschluss angeforderte Berichte sich nicht an die konkret-individuelle Zusammensetzung des Parlaments richten, sondern „an den Bundestag als Verfassungsorgan, dessen Bestehen vom Ende der Wahlperiode nicht betroffen wird“. Diese Organkontinuität übersieht dagegen Maiwald, Berichtspflichten, 200, wenn er neuen und alten Bundestag als personenverschieden betrachtet. 188 s. o. Kap. 4 I. 1. b) aa) (2) (b), S. 211. 189 Hömig/Stoltenberg, DÖV 1973, 689, 694; Maiwald, Berichtspflichten, S. 200. 190 s. o. Kap. 4 I. 1. b) aa) (2) (b) (bb), S. 214. 191 Michael, in: Hb. Parlamentsrecht, § 49 Rn. 64. 186

I. Die Berichtsgrundlage

225

als Organ adressieren192. Ob parlamentarische Anfragen also immer dem Grundsatz sachlicher Diskontinuität unterfallen, ist weniger eindeutig, als es dieses Argument vermuten lässt193. Selbst wenn man dies anders sieht und parlamentarische Anfragen vom Diskontinuitätsgrundsatz als erfasst ansieht, so sprechen zumindest im konkreten Fall gewisse strukturelle Unterschiede zwischen Berichtsbeschlüssen und sonstigen Interpellationsmitteln gegen eine Gleichsetzung in Bezug auf die Anwendung des Diskontinuitätsgrundsatzes. Letztlich läuft auch dieses Argument darauf heraus, dass eine Kontrolle der Bundesregierung durch einen vorherigen Bundestag, dem sie nicht verantwortlich ist, vermieden werden soll194. Die im Zusammenhang der Diskontinuität problematischen Berichtsbeschlüsse sind aber die, die eine regelmäßige Erstattung oder eine Erstattung in einer späteren Legislaturperiode verlangen. Solche Berichtsbeschlüsse werden jedenfalls dann mit der sachlichen Diskontinuität für vereinbar gehalten, wenn sie keine Kontrollfunktion verfolgen195. Eine unzulässige Ausübung von Kontrolle dürfte aber gerade für diese Beschlüsse regelmäßig nicht anzunehmen sein, wenn das richtige Maß an das Vorliegen einer Kontrollfunktion angelegt wird. Eine solche unzulässige Kontrolle wird nämlich nur vorliegen, wenn ein Berichtsersuchen als direkte „Kontrollmaßnahme eines konkreten Parlaments gegenüber einer konkreten Regierung gedacht ist“ 196. Ist eine regelmäßige Berichterstattung angeordnet, so liegt hierin in aller Regel keine Kontrolle einer konkreten Regierung, sondern es soll insgesamt ein Informationsfluss unabhängig von der aktuell berichterstattenden Regierung etabliert werden. Auch Berichte, die in einer späteren Legislaturperiode vorgelegt werden sollen, betrachten in der Regel eine Entwicklung über einen längeren Zeitraum, sodass auch hier die Kontrolle der konkret berichterstattenden Regierung nicht im Vordergrund steht. Wenn überhaupt wird nur eine Kontrolle der Bundesregierung als Organ erreicht, nicht der konkreten personellen Bundesregierung. Darin liegt ein struktureller Unterschied etwa zu parlamentarischen Anfragen, die in der Regel von einem konkreten Parlament an die gegenwärtig amtierende Regierung gestellt werden. Insoweit sind solche 192 Michael, in: Hb. Parlamentsrecht, § 49 Rn. 62 sieht dagegen wohl sogar nur die Bundesregierung als Gesamtorgan als betroffen an. 193 Von einer Kontinuität geht Michael, in: Hb. Parlamentsrecht, § 49 Rn. 62–65 aus. 194 Hömig/Stoltenberg, DÖV 1973, 689, 694 beziehen sich in ihrer Begründung ausdrücklich auf die Kontrollfunktion sowohl parlamentarischer Anfragen als auch der Berichtsbeschlüsse. 195 Das Abstellen auf Kontrolle als Berichtsfunktion hat erstmalig Jekewitz, Der Grundsatz der Diskontinuität, S. 311 entwickelt; zustimmend Lemke, Parlamentspraxis des Schleswig-Holsteinischen Landtags, S. 174–175; auch Maiwald, Berichtspflichten, S. 200 und Linck, DÖV 1979, 116, 122 halten das Abgrenzungskriterium grundsätzlich für dogmatisch zutreffend, gehen aber davon aus, dass diese Funktion faktisch immer vorliegt (Maiwald) oder keine hinreichende Abgrenzbarkeit bietet und daher ganz verworfen werden sollte (Linck). 196 Jekewitz, Der Grundsatz der Diskontinuität, S. 311.

226

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

langfristig angelegten Berichtsbeschlüsse funktional betrachtet eher mit Berichtsgesetzen zu vergleichen als mit den anderen Mitteln parlamentarischer Anfragen. Ausnahmsweise mag zwar auch bei einer regelmäßigen oder in einer späteren Legislaturperiode terminierten Berichtspflicht die Kontrolle der Regierung bezweckt sein. In einem solchen Einzelfall mag der Beschluss dem Grundsatz der sachlichen Diskontinuität unterfallen. Einen Grund, aufgrund von Abgrenzungsschwierigkeiten alle Berichtsersuchen dem Grundsatz der Diskontinuität zu unterwerfen, besteht aber nicht197. Berichtsbeschlüsse unterliegen damit im Regelfall nicht dem Grundsatz der sachlichen Diskontinuität. Seinem eigentlichen Anwendungsbereich unterfallen sie ohnehin nicht, da der parlamentarische Willensbildungsprozess abgeschlossen ist und sie als rechtsverbindliche Parlamentsbeschlüsse mit Außenwirkung anzusehen sind. Für eine teleologische Erweiterung des Anwendungsbereichs besteht üblicherweise kein Raum, da der Entscheidungsspielraum künftiger Bundestage nicht beeinträchtigt wird und auch keine unzulässige konkrete Kontrolle einer nicht verantwortlichen späteren Bundesregierung erfolgt. Für dieses Ergebnis spricht rechtspolitisch198 auch die verbreitete Praxis, Berichte aufgrund von Berichtsbeschlüssen unabhängig vom Ablauf einer Legislaturperiode zu erstatten199. Aus Klarstellungsgründen wäre es zu empfehlen, § 125 GO BT um eine Regelung zu ergänzen, die festlegt, dass Berichtsersuchen nicht vom Diskontinuitätsgrundsatz erfasst sind. Entsprechende Regelungen sind in den Geschäftsordnungen der Landtage Rheinland-Pfalz, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern bereits enthalten200. (4) Zwischenergebnis Verlangt der Bundestag durch Beschluss einen Bericht von der Bundesregierung, so ist dieser als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Interpellationsrechts für die Bundesregierung rechtsverbindlich. Es besteht auch kein verfas197 So auch Lemke, Parlamentspraxis des Schleswig-Holsteinischen Landtags, S. 174–175. 198 Natürlich ist dies kein rechtsdogmatisch zwingender Grund, man kann der Praxis aber eine gewisse indizielle Bedeutung zusprechen. 199 Dies erkennen auch Stoltenberg/Hömig, DÖV 1973, 689, 694 an. Diverse Beispiele aus der Praxis nennt Lemke, Parlamentspraxis des Schleswig-Holsteinischen Landtags, S. 175–176. 200 § 116 Abs. 3 GO LT Hessen; § 117 S. 2 GO LT Rheinland-Pfalz; § 113 Abs. GO LT Mecklenburg-Vorpommern. Bemerkenswert sind insbesondere die Regelungen in Hessen und Mecklenburg-Vorpommern, die allein Ersuchen um regelmäßige Berichterstattung vom Diskontinuitätsgrundsatz ausnehmen. Linck, DÖV 1979, 116, 122 Fn. 56 hält solche Regelungen aufgrund seines weiteren Verständnisses der Diskontinuität dagegen für verfassungswidrig. Spätestens an dieser Stelle dürfte deutlich werden, dass die weite Auslegung Lincks nicht mehr zu einer Wahrung von Entscheidungsspielräumen des Parlaments beiträgt, sondern dieses im Gegenteil in seinen autonomen Entscheidungen beschränkt.

I. Die Berichtsgrundlage

227

sungsrechtlicher Grund, derartige Beschlüsse dem Grundsatz der Diskontinuität zu unterwerfen. bb) Beschlüsse des Bundesrates Auch der Bundesrat nutzt die Berichterstattung durch die Bundesregierung als Informationsmittel201, und auch der Bundesrat hat die Bundesregierung schon durch Beschluss zu Berichterstattung aufgefordert oder die Beantwortung bestimmter Fragen im Rahmen eines Berichts gefordert202. Es stellt sich damit auch für derartige Bundesratsbeschlüsse die Frage, ob der Bundesregierung eine Rechtspflicht zur Berichterstattung auferlegt wird. Diese Frage ist so explizit bisher in der Literatur nicht erörtert worden, anders als die Konstellation eines Berichtsersuchens durch Bundestagsbeschluss203. Maßgebend für die Beantwortung ist erneut die Frage, ob ein solcher Beschluss seine Rechtsverbindlichkeit als Ausprägung eines verfassungsrechtlichen Informationsanspruchs aus dem Grundgesetz ableiten kann204. (1) Informationsansprüche des Bundesrates gegenüber der Bundesregierung Das Verhältnis von Bundesrat und Bundesregierung regelt Art. 53 GG. Als Grundlagen verfassungsrechtlicher Informationsansprüche des Bundesrates kommen Art. 53 S. 1 GG und Art. 53 S. 3 GG in Betracht. Aus Art. 53 S. 1 GG folgt das Recht des Bundesrates, die Teilnahme der Mitglieder der Bundesregierung an den Verhandlungen des Bundesrates sowie seiner Ausschüsse verlangen zu können. Zwar besteht keine parlamentarische Kontrolle der Bundesregierung durch den Bundesrat, das Zitierrecht des Art. 53 S. 1 GG rechtfertigt sich aber als allgemeines Kontrollrecht zwischen unterschiedlichen Verfassungsorganen, um den zur gemeinsamen Aufgabenerledigung notwendigen

201 Laut statistischen Angaben des Bundesrates hat sich der Bundesrat in den Jahren 1949–2013 mit insgesamt 5793 sogenannten Sonstigen Vorlagen befasst, zu denen neben Entschließungen auch Berichte und Unterrichtungen zählen, vgl. Bundesrat, Handbuch, S. 315. Allerdings wird nicht aufgeschlüsselt, wie viele dieser Vorlagen Berichte waren. 202 Z. B. BR-Drucks. 584/06 (B), 1–2; BR-Drucks. 390/15 (B), 3; BR-Drucks. 352/ 08 (B), 1. 203 s. o. Kap. 4 I. 1. b) aa), S. 201. 204 Der Diskussion, ob Bundesratsbeschlüsse gegenüber der Bundesregierung schon als Rechtsform verbindlich sind, bedarf es anders als bei Bundestagsbeschlüssen (oben Kap. 4 I. 1. b) aa) (1), S. 202) hier von vornherein nicht. Der Bundesrat hat gegenüber der Bundesregierung keine Kreationsrechte und verfügt auch nicht über eine unmittelbare demokratische Legitimation, sodass es keinerlei verfassungsrechtlichen Anknüpfungspunkt gibt, von einer allgemeinen Weisungsbefugnis durch Beschluss des Bundesrats gegenüber der Bundesregierung auszugehen. Dergleichen wurde auch nie vertreten.

228

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Kontakt zu gewährleisten205. Dennoch ist eine Parallele zu Art. 43 Abs. 1 GG erkennbar, und so wird wohl einhellig derselbe Schluss gezogen: Über die Anwesenheitspflicht hinaus begründe ein Beschluss nach Art. 53 S. 1 GG auch die Pflicht der Mitglieder der Bundesregierung, Fragen zu beantworten206. Anders als bei Art. 43 Abs. 1 GG spricht dafür hier sogar der Wortlaut, denn Art. 53 S. 1 GG verlangt Teilnahme an der Sitzung, was sprachlich über eine reine körperliche Anwesenheit hinausgeht. Art. 53 S. 3 GG verpflichtet die Bundesregierung, den Bundesrat über die Führung der Geschäfte auf dem Laufenden zu halten. Hier wird eine dauerhafte Informationspflicht der Bundesregierung festgeschrieben, die nicht von einer konkreten Aufforderung abhängig ist, vielmehr muss die Bundesregierung von sich aus tätig werden und den Bundesrat kontinuierlich informieren207. Die grundsätzliche Ausgestaltung als Pflicht der Bundesregierung heißt aber nicht, dass der Bundesrat auf den Inhalt der Unterrichtungen nach Art. 53 S. 3 GG keinen Einfluss hat. Im Gegenteil begründet auch Art. 53 S. 3 GG eine Pflicht zur Beantwortung von Fragen des Bundesrates, wenn der Bundesrat ein Informationsbedürfnis gegenüber der Bundesregierung äußert208. Wird gegen diese Auslegung des Art. 53 S. 3 GG vorgebracht, es bestehe dafür kein Grund, weil Art. 53 S. 1 GG einen Informationsanspruch beinhalte209, so ist dies kein zwingendes Argument. Ein aus Art. 53 S. 3 GG gefolgertes Fragerecht beeinträchtigt nicht die Geltendmachung eines Fragerechts aus Art. 53 S. 1 GG, vielmehr können beide problemlos nebeneinander stehen210. Letztlich wird erst dadurch die Parallelität zum Informationsverhältnis zwischen Bundestag und Bundesregierung hergestellt211. Es ist kein Grund ersichtlich, warum das GG die Geltend205

BK-Grundgesetz/Schöbener, Art. 53 Rn. 17. BK-Grundgesetz/Schöbener, Art. 53 Rn. 18; Dreier/Bauer, GG, Art. 53 Rn. 10; Reuter, Hb. Bundesrat, Art. 53 Rn. 23–25; Epping/Hillgruber/Dörr, BeckOK GG, Art. 53 Rn. 7–8; M/K/S/Korioth, GG, Art. 53 Rn. 6; Maunz/Dürig/Maunz, GG-Kommentar, Art. 53 Rn. 7; Herzog, in: HbdStR, § 58 Rn. 38; Lang, ZParl 2001, 281, 286; wohl auch Schüle, in: FS Bilfinger, S. 441, 450. 207 Reuter, Hb. Bundesrat, Art. 53 Rn. 36: „Die Unterrichtung des BR ist eine ,Bringschuld‘ (Hervorhebung im Original) der Bundesregierung“; Maunz/Dürig/Maunz, GG-Kommentar, Art. 53 Rn. 12; Dreier/Bauer, GG, Art. 53 Rn. 13; BK-Grundgesetz/ Schöbener, Art. 53 Rn. 31. 208 Reuter, Hb. Bundesrat, Art. 53 Rn. 37; Maunz/Dürig/Maunz, GG-Kommentar, Art. 53 Rn. 12; Schmidt-Bleibtreu/Odendahl, GG, Art. 53 Rn. 14; wohl auch Lang, ZParl 2001, 281, 288; Schüle, in: FS Bilfinger, S. 441, 454; nicht ganz eindeutig BKGrundgesetz/Schöbener, Art. 53 Rn. 32; a. A. Epping/Hillgruber/Dörr, BeckOK GG, Art. 53 Rn. 17; M/K/S/Korioth, Art. 53 Rn. 6. 209 So M/K/S/Korioth, GG, Art. 53 Rn. 6. 210 So auch Maunz/Dürig/Maunz, GG-Kommentar, Art. 53 Rn. 12; Dreier/Bauer, GG, Art. 53 Rn. 13 Fn. 59; wohl auch Reuter, Hb. Bundesrat, Art. 53 Rn. 37. 211 Der parallele Aufbau von Art. 43 Abs. 1 GG und Art. 53 S. 3 GG wird von M/K/ S/Korioth, GG, Art. 53 Rn. 6 als Argument herangezogen, um für ein Fragerecht lediglich aus Art. 53 S. 1 GG zu plädieren. Wie oben Kap. 4 I. 1. b) aa) (2) (a) (bb), S. 207 206

I. Die Berichtsgrundlage

229

machung eines Informationsbedürfnisses des Bundesrates von der persönlichen Anwesenheit eines Regierungsmitglieds abhängig machen soll212. Sähe man dies anders und spräche man dem Bundesrat kein Recht zu, bestimmte Informationsverlangen über Art. 53 S. 3 GG geltend zu machen, so müsste der Bundesrat sich entweder mit den von der Bundesregierung ausgewählten Informationen begnügen oder müsste durch eine Zitierung eine offene Konfrontation herbeiführen213. Ein auf Art. 53 S. 3 GG gestütztes Fragerecht ist eine sinnvolle informationelle Ergänzung dieser Informationswege. Art. 53 S. 3 GG begründet also ebenfalls ein verfassungsrechtliches Fragerecht des Bundesrates gegenüber der Bundesregierung. Ob dieses Fragerecht nur durch den Bundesrat als Organ oder auch durch einzelne Landesregierungen ausgeübt werden kann214, bedarf hier keiner Diskussion, da jedenfalls Berichtsbeschlüsse stets durch das Organ Bundesrat gefasst werden. (2) Berichtsbeschlüsse des Bundesrates als Ausprägung von Art. 53 GG Fraglich ist nun, ob Berichtsbeschlüsse des Bundesrates als Ausprägung eines dieser Ansprüche zu bewerten sind. Gegen eine Zuordnung zu Art. 53 S. 1 GG sprechen dabei dieselben Gründe, die schon gegen eine Zuordnung von Berichtsbeschlüssen des Bundestages zu Art. 43 Abs. 1 GG gesprochen haben215: Das Vorlegen eines Berichts verlangt keine persönliche Anwesenheit und Berichtsbeschlüsse adressieren in der Regel die Bundesregierung als Gesamtorgan, während ein Zitierbeschluss nach Art. 53 S. 1 GG nur einzelne Mitglieder der Bundesregierung verpflichtet. Art. 53 S. 3 GG dagegen adressiert als Verpflichtete die Bundesregierung als Organ und stimmt insoweit mit den meisten Berichtsbeschlüssen überein, die sich ebenfalls an die Bundesregierung als Organ wenden.

ausgeführt, steht auch im Verhältnis zwischen Bundestag und Bundesregierung neben dem Informationsrecht aus Art. 43 Abs. 1 GG ein weiteres Fragerecht, nämlich das aus Art. 38 Abs. 1 i.V. m. Art. 20 Abs. 2 GG folgende Frage- und Interpellationsrecht. Der von Korioth herangezogene Vergleich spricht also gerade für ein zweites Fragerecht aus Art. 53 S. 3 GG, da das Grundgesetz auch an anderen Stellen mehrere Informationsansprüche von Verfassungsorganen nebeneinander stehen lässt. 212 So im Ergebnis auch Maunz/Dürig/Maunz, GG-Kommentar, Art. 53 Rn. 12: „Für eine restriktive Auslegung besteht kein Anlaß“. 213 Siehe zum konfrontativen Charakter eines Zitierbeschlusses schon oben Kap. 4 I. 1. b) aa) (2) (b) (aa), S. 212. Der Gedanke einer Sanktionierung dürfte sich dagegen nicht übertragen lassen, da die Bundesregierung in ihrem Bestand vom Willen des Bundesrats unabhängig ist. 214 Die Frage ist strittig, ein entsprechendes Fragerecht auch von Landesregierungen bejahen Lang, ZParl 2001, 281, 287–290; Schmidt-Bleibtreu/Odendahl, GG, Art. 53 Rn. 14; ablehnend BK-Grundgesetz/Schöbener, Art. 53 Rn. 32; Maunz/Dürig/Maunz, GG-Kommentar, Art. 53 Rn. 13. 215 Siehe dazu oben Kap. 4 I. 1. b) aa) (2) (b) (aa), S. 212.

230

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Geht man wie hier davon aus, dass aus Art. 53 S. 3 GG ein verfassungsrechtlich verbürgtes Fragerecht des Bundesrates folgt, so dürften Berichtsbeschlüsse des Bundesrates als weit formulierte Fragen216 von diesem Fragerecht umfasst sein. Es folgt dann aus Art. 53 S. 3 GG die Pflicht der Bundesregierung, der Aufforderung zur Berichterstattung nachzukommen und einen entsprechenden Bericht vorzulegen, solange die Berichtsanforderung sich in den inhaltlichen Grenzen des Art. 53 S. 3 GG bewegt. Diskontinuitätsprobleme stellen sich nicht. Der Bundesrat ist ein permanentes Bundesorgan, dessen Mitgliederbestand sich nur hinsichtlich einzelner Mitglieder, aber niemals vollständig ändert, sodass seine Beschlüsse dem Grundsatz der Diskontinuität nicht unterliegen217. cc) Der Adressatenkreis verbindlicher Berichtsbeschlüsse Steht somit fest, dass Berichtsbeschlüsse des Bundestags und des Bundesrates Rechtspflichten begründen können, so muss gleichzeitig klargestellt werden, dass der Adressatenkreis solcher verbindlicher Beschlüsse durch die Verfassung beschränkt ist. Ihre Verbindlichkeit erlangen Berichtsbeschlüsse als Ausprägungen verfassungsrechtlicher Informationsansprüche. Folglich können sie auch nur gegenüber denjenigen staatlichen Stellen Rechtsverbindlichkeit beanspruchen, die durch die Verfassung zur Beantwortung von Informationsbegehren verpflichtet sind. Sowohl das parlamentarische Frage- und Interpellationsrecht als auch das Fragerecht aus Art. 53 S. 3 GG richten sich an die Bundesregierung, die insoweit verpflichtet werden kann. Richtet sich ein Berichtsbeschluss dagegen an staatliche Stellen, die nicht durch das Grundgesetz zur Beantwortung verpflichtet sind, so kann aus diesen Informationsansprüchen für solche Beschlüsse auch keine Rechtsverbindlichkeit abgeleitet werden. Berichtsbeschlüsse des Bundestages oder des Bundesrates, die sich zum Beispiel an die Länder als gesetzesvollziehende staatliche Stellen richten, sind danach nicht verbindlich. Gleichwohl dürften sie als unverbindliche politische Bitten auch nicht unzulässig sein. c) Zwischenergebnis Wird eine staatliche Stelle durch ein Gesetz zur Berichterstattung verpflichtet, so handelt es sich dabei für die entsprechende Stelle um eine echte Rechtspflicht. Dasselbe gilt zumindest für Beschlüsse des Bundestages und des Bundesrates, wenn diese die Bundesregierung zur Berichterstattung auffordern. 216 Im Rahmen eines Berichtsbeschlusses können aber auch sehr konkrete Fragen gestellt werden, vgl. z. B. BR-Drucks. 584/06 (B), 1–2. 217 Herzog, in: HbdStR, § 59 Rn. 6; Maunz/Dürig/Maunz/Scholz, GG-Kommentar, Art. 51 Rn. 13.

I. Die Berichtsgrundlage

231

2. Normative Vorgaben für die Berichterstattung aus der Berichtsgrundlage Die Rechtsverbindlichkeit der Berichtsgrundlage beeinflusst die Berichterstattung staatlicher Stellen auf mehreren Ebenen. Sie betrifft die Frage des Ob, also ob überhaupt eine Pflicht zur Berichterstattung besteht und der Adressat der Berichtspflicht einen Bericht vorlegen muss. Auf dieser Ebene lag bisher der Schwerpunkt der Diskussion über staatliche Berichterstattungspflichten 218. Die Rechtsverbindlichkeit der Berichtsgrundlage betrifft aber auf einer weiteren Ebene auch das Wie der staatlichen Berichterstattung: Werden in einer verbindlichen Berichtsgrundlage Vorgaben über den Inhalt oder die Ausgestaltung des angeforderten Berichts gemacht, so sind diese Vorgaben für den Berichterstatter grundsätzlich ebenfalls verbindlich219. Auch auf dieser Ebene können Rechtsprobleme auftreten. Daher verdienen derartige normative Vorgaben eine genauere Betrachtung. a) Beispiele für normative Vorgaben der Berichtsgrundlage Zur Veranschaulichung sollen zunächst einige Beispiele für normative Vorgaben gezeigt werden. aa) Vorgaben über die Periodizität Unmittelbar anschaulich wird der Begriff der normativen Vorgaben an Regelungen zur Berichtsperiodizität 220. Macht eine rechtsverbindliche Berichtsgrundlage Vorgaben zu der Frage, wann und wie häufig ein Bericht vorzulegen ist, so ist der Berichterstatter zur entsprechenden Vorlage verpflichtet. Rechtliche Probleme kann dies aufwerfen, wenn der derartig bestimmte Vorlagezeitpunkt aus übergeordneten Gesichtspunkten an sich unzulässig ist. Denkbar ist dies, wenn ein Bericht derartig terminiert wird, dass er in die Vorwahlzeit fällt und mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Öffentlichkeitsarbeit in der Vorwahlzeit in Konflikt gerät221.

218 Zu diesem Thema etwa Maiwald, Berichtspflichten, S. 135–155. Seine Ausführungen zu Berichtsinhalten sind dagegen nahezu ausschließlich deskriptiv, Maiwald, Berichtspflichten, S. 157–170. 219 Zu Ausnahmen hiervon s. u. Kap. 4 I. 2. b), S. 233. 220 Vgl. dazu schon die Ausführungen oben Kap. 2 I. 5., S. 49 zu den verschiedenen Ausgestaltungsmöglichkeiten unter funktionellen Gesichtspunkten. Dazu auch Maiwald, Berichtspflichten, S. 166–169, der allerdings keine rechtlichen Probleme anspricht. 221 Zu einer derartigen Konstellation s. u. Kap. 4 III. 2. c) cc) (1), S. 269.

232

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

bb) Vorgaben über die Berichtsform, -veröffentlichung und -ausgestaltung Gelegentlich finden sich auch Vorgaben zur Berichtsform oder die Art der gewünschten Veröffentlichung. Als Formvorgaben kommen insbesondere mündliche222 und schriftliche223 Form in Betracht224. Ebenso finden sich in einigen Berichtsgrundlagen Vorgaben zur Veröffentlichung von Berichten. Neben der Anordnung, dass eine Veröffentlichung zu erfolgen hat225, können auch Verpflichtungen über die Art der Veröffentlichung auferlegt werden, etwa dass die Veröffentlichung auf einem Internetportal stattfinden soll226 oder zur Verbreitung eines Berichts elektronische Kommunikationsmittel zu verwenden sind und der Bericht in einem leicht zugänglichen Format zu halten ist227. Das kann rechtliche Relevanz haben, wenn Berichte sich als Grundrechtseingriff erweisen und eine stärkere Verbreitung des eingreifenden Berichts eine stärkere Belastungswirkung für den Grundrechtsträger hat228. Vereinzelt sind auch Vorgaben zur Berichtsausgestaltung gemacht worden. Damit sind nicht Anforderungen im Sinne eines zulässigen Inhalts gemeint, sondern Anforderungen an die Art der sprachlichen oder gestalterischen Darstellung. Das ist etwa der Fall, wenn bei einem an die Öffentlichkeit gerichteten Bericht eine verständliche Darstellung verlangt wird229. cc) Vorgaben über den Berichtsinhalt Rechtlich am interessantesten sind Vorgaben über den Inhalt. Hier sind verschiedene Konstellationen denkbar. Wohl immer in einer Berichtsgrundlage enthalten ist die Bestimmung des Berichtsgegenstands. Diese Bestimmung kann sich auf die schlichte Nennung des Themas beschränken und die Bestimmung der einzelnen zu diesem Thema gehörigen Inhalte dem Berichterstatter überlassen, möglich ist aber auch eine genaue Definition des Berichtsgegenstands und/oder die Angabe von Mindestinformationen230. Darüber hinaus können sehr konkrete Vor-

222

Z. B. § 22 Abs. 3 S. 5 NDSG. § 2 Abs. 2 S. 3 ZDG (BGBl. I 2005, 1346); § 114 Abs. 1 GWB; § 6 Abs. 2 S. 2 NKRG; § 7 Abs. 2 S. 1 PKGrG; § 2 Abs. 1 WBeauftrG. 224 Maiwald, Berichtspflichten, S. 169. 225 Z. B. § 11 S. 1 UIG; § 22 Abs. 3 S. 2 HeimG (BGBl. I 2001, 2970); mittelbar auch § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG. 226 § 34 Abs. 1a S. 1 Nr. 2 AMG (BGBl. I 2005, 3394); § 47h Abs. 2 S. 4 GWB. 227 § 11 S. 2 i.V. m. § 10 Abs. 3 UIG. 228 Zu Berichten als Grundrechtseingriff s. u. Kap. 4 IV. 2. c) aa) (2), S. 316. 229 § 11 S. 2 i.V. m. § 10 Abs. 3 S. 1 UIG. 230 Z. B. § 2 Abs. 1 S. 2 StabG; § 86 Abs. 1, 2 BBiG. 223

I. Die Berichtsgrundlage

233

gaben zu Detailfragen gemacht werden, die im Bericht zu beantworten sind231. Es ist aber auch der umgekehrte Fall denkbar, dass etwa bestimmte Inhalte ausdrücklich nicht im Bericht vorkommen dürfen, z. B. dass die Veröffentlichung personenbezogener Daten ausdrücklich ausgeschlossen232 oder nur unter bestimmten Umständen zulässig ist233. b) Grenzen der Verbindlichkeit von normativen Vorgaben aufgrund der Art der Berichtsgrundlage Bisher wurde nur geklärt, dass durch Gesetz und Beschluss überhaupt Berichtspflichten geschaffen werden können. Es erscheint jedoch nicht ausgeschlossen, dass gewisse normative Vorgaben hinsichtlich des Wie der Berichterstattung in einer Berichtsgrundlage keine Rechtsverbindlichkeit besitzen. Das Problem stellt sich schon strukturell nicht, wenn ein Gesetz als Berichtsgrundlage normative Vorgaben macht. Solange das Gesetz nicht gegen verfassungsrechtliche Grenzen verstößt, ist eine solche Vorgabe gem. Art. 20 Abs. 3 GG bindend234. Weniger eindeutig ist dies aber für Beschlüsse des Bundestages und des Bundesrates. Diese sind nicht schon als solche rechtsverbindlich für den Berichterstatter, sondern sie erlangen ihren Geltungsanspruch aufgrund ihrer Rückführung auf verfassungsrechtliche Informationsansprüche235. Deren funktionale Grenzen begrenzen auch die Rechtsverbindlichkeit von solchen Berichtsbeschlüssen. Zur weiteren Verdeutlichung sei dies für das parlamentarische Frage- und Interpellationsrecht auf die genannten Beispiele bezogen. Sinn des Frage- und Interpellationsrechts ist es, den Parlamentariern die für ihr Mandat notwendigen Informationen zu verschaffen. Dieser Sinn bestimmt die Grenzen der Verbindlichkeit eines Berichtsbeschlusses, der sich auf das Interpellationsrecht aus Art. 38 Abs. 1 i.V. m. Art. 20 Abs. 2 GG stützt. Ein Anspruch auf jedwede Information besteht nicht236. Es muss vielmehr ein Bezug zur parlamentarischen Aufgabe des Abgeordneten bestehen. 231 Ein besonders eindrückliches Beispiel dafür liefert der Erfahrungsbericht UI-RL, s. o. Kap. 2 II. 8., S. 119. Ähnlich sind auch Berichtsbeschlüsse zur Evaluation, wenn Antworten zu spezifischen Detailfragen verlangt werden, z. B. BT-Drucks. 17/7217, 3–4. 232 Z. B. § 25 S. 3 BEEG; § 39 Abs. 2 S. 3 BGleiG (BGBl. I 2015, 642, 643); § 25 S. 2 ContStifG (BGBl. I 2009, 1537); § 24 S. 3 SGleiG (BGBl. I 2004, 3822). 233 Z. B. § 7 Abs. 3 PKGrG; § 16 Abs. 3 BVerfSchG. 234 Maiwald, Berichtspflichten, S. 170. Siehe auch unten Kap. 4 II. 2., S. 242. 235 s. o. Kap. 4 I. 1. b) aa) (2) (b), S. 211 und Kap. 4 I. 1. b) bb) (2), S. 229. 236 Brenner, Reichweite und Grenzen des parlamentarischen Fragerechts, S. 22 beschreibt dies für die parlamentarische Interpellation wie folgt: „Daher ist insoweit zunächst festzustellen, dass ein allgemeiner auf beliebige Gegenstände bzw. auf Wissensvermittlung jeglicher Art gerichteter Informationsanspruch des einzelnen Abgeordneten gegenüber der Exekutive nicht besteht. Der Abgeordnete hat vielmehr einen Informa-

234

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Für den Informationsanspruch des Bundesrates aus Art. 53 S. 3 GG dürften die Ausführungen entsprechend gelten. aa) Verbindliche Vorgaben über den Inhalt in Beschlüssen Verlangt der Bundestag durch Beschluss einen Bericht, so übt er damit sein Frage- und Interpellationsrecht aus, Art. 38 Abs. 1 i.V. m. 20 Abs. 2 GG. Dies dient der Erlangung der für die Arbeit des Bundestages notwendigen Informationen237. Vorgaben über den Berichtsgegenstand, notwendige Mindestinformationen in einem Bericht oder über die Beantwortung von Detailfragen dienen der Befriedigung des Informationsbedürfnisses des Bundestages und sind daher funktional vom Frage- und Interpellationsrecht umfasst, es sei denn, sie beziehen sich auf einen außerhalb der Berichtskompetenz liegenden Gegenstand238. Strukturell sieht man insbesondere an Vorgaben über zu beantwortende Detailfragen erneut die Ähnlichkeit und Verwandtschaft von Berichtsbeschlüssen und anderen Mitteln der parlamentarischen Interpellation. bb) Verbindliche Vorgaben über die Periodizität in Beschlüssen Ähnlich zu bewerten sein dürften Vorgaben über die Periodizität. Wird eine regelmäßige Berichterstattung verlangt, so ist zunächst kein Grund ersichtlich, warum dies nicht ebenfalls als Ausdruck des parlamentarischen Informationsbedürfnisses zu betrachten ist. Letztlich liegt hierin nur eine Arbeitserleichterung, der Bundestag könnte denselben Beschluss auch einfach jeweils erneut fassen, dieser Aufwand wird durch die Anordnung einer regelmäßigen Berichterstattung erspart. Rechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht239. Etwas problematischer erscheint die Vorgabe eines genauen Berichtszeitpunkts. Hier geht es letztlich um die Frage, ob der Bundestag im Rahmen seines Interpellationsrechts (mit-)zubestimmen hat, wann seine Frage beantwortet wird. Verfassungsrechtlich ist im Rahmen der parlamentarischen Interpellation eine Antwort geschuldet, und sie hat vollständig, wahrheitsgemäß und unverzüglich zu erfolgen240. Verallgemeinernd kann man also sagen, dass das Interpellationsrecht den Informationsbedarf des Bundestages zeitnah befriedigen will. Wird sei-

tionsanspruch, der bezogen ist auf die Erfüllung der ihm durch sein Mandat zukommenden parlamentarischen Aufgaben und Befugnisse“. 237 s. o. Kap. 4 I. 1. b) aa) (2) (a) (bb), S. 207. 238 Zur Berichtskompetenz s. u. Kap. 4 II., S. 240. 239 Zum Problem der Diskontinuität s. o. Kap. 4 I. 1. b) aa) (3), S. 220. 240 Lorz/Richterich, in: Hb. Parlamentsrecht, § 35 Rn. 70; Schmidt-Bleibtreu/Kluth, GG, Art. 43 Rn. 20; ähnlich auch Epping/Hillgruber/Butzer, BeckOK GG Art. 38 Rn. 113.

I. Die Berichtsgrundlage

235

tens des Bundestages ein Informationsbedarf für einen Zeitpunkt in der Zukunft antizipiert, so gibt es keinen rechtlichen Grund, diesen nicht vom Interpellationsrecht als umfasst anzusehen. Sähe man dies anders, so könnte der Bundestag die Bundesregierung zwar stets zu einer unverzüglichen Antwort verpflichten, aber nie zu einer Antwort mit größerem zeitlichen Abstand, obwohl dies seinem Informationsinteresse und damit dem Anliegen des parlamentarischen Interpellationsrechts viel besser entsprechen könnte. Es liegt vielmehr im Sinn der Autonomie des Bundestages, diesen selbst entscheiden zu lassen, wann er bestimmte Informationen vorgelegt haben will. Sollte das Informationsbedürfnis zwischenzeitig erlöschen, kann der Bundestag einen entsprechenden Beschluss problemlos aufheben oder auf eine umfassende Behandlung des Berichts verzichten. Folglich ist auch die Bestimmung eines Berichtszeitpunkts vom verfassungsrechtlichen Frage- und Informationsrecht umfasst und eine entsprechende Vorgabe in einem Berichtsbeschluss für die Bundesregierung verbindlich. cc) Differenzierung bei Vorgaben über Ausgestaltung, Verbreitung und Form in Beschlüssen Anders zu bewerten dürften jedenfalls teilweise Vorgaben in Beschlüssen über Ausgestaltung, Verbreitung und Form zu erstattender Berichte sein. Vorgaben über die Ausgestaltung in Beschlüssen können nur vom Interpellationsrecht umfasst sein, wenn sie dazu dienen, dem Informationsbedürfnis des Bundestages Rechnung zu tragen. Wird dagegen zum Beispiel in einem Beschluss eine einfache Darstellung gefordert, um den Bericht hinterher besser in der Öffentlichkeit verbreiten zu können, so zielt die Vorgabe nicht auf Information des Bundestages, sondern auf die Nutzung des Berichts zur Information und Beeinflussung der Öffentlichkeit. Zwar wird man der parlamentarischen Interpellation als Mittel der Kontrolle eine gewisse Öffentlichkeitsfunktion nicht absprechen können, eine öffentliche Auseinandersetzung zwischen Parlament und Regierung soll aber im Parlament stattfinden. Eine Vorgabe, die einer weiteren Verwendung des Berichts nach dem parlamentarischen Verfahren dient, ist dagegen nicht mehr von der Funktion der Interpellation umfasst und daher unverbindlich. Welchen Zweck eine derartige Vorgabe verfolgt, kann nur im Einzelfall bestimmt werden. Besonders das Beispiel der einfachen Darstellung ließe sich auch nach diesem Maßstab recht eindeutig als nicht mehr von der Interpellation umfasst ansehen: Man kann unterstellen, dass Abgeordnete des Deutschen Bundestages in der Lage sind, einen Bericht zu verstehen und auszuwerten, der nicht bewusst in einer besonders verständlichen Darstellung gehalten ist. Dasselbe gilt umso mehr für Vorgaben, die eine stärkere Verbreitung staatlicher Berichte herbeiführen sollen. Ein Beschluss, der etwa die Bundesregierung auffordert, einen Bericht als Broschüre herauszugeben, hat keinen Bezug mehr zur Parlamentsinformation. Es ist nicht Sinn des Interpellationsrechts, dem Parla-

236

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

ment die Möglichkeit zu geben, die Regierung zu einer bestimmten Form staatlichen Informationshandelns gegenüber der Öffentlichkeit zu verpflichten. Auch derartige Vorgaben sind daher unverbindlich. So sind auch Vorgaben hinsichtlich der Form innerhalb eines Beschlusses zu bewerten. Das Frage- und Interpellationsrecht gewährleistet die Vermittlung von Informationen, sagt jedoch nichts darüber aus, ob der Bundestag bestimmen kann, in welcher Form diese Informationen zu vermitteln sind. Können Informationen in gleicher Art und Weise mündlich oder schriftlich mitgeteilt werden, so erfüllen beide Berichtsformen den Berichtauftrag241. c) Ausgestaltung normativer Vorgaben durch den Berichterstatter Nachdem nun geklärt ist, wann welche normativen Vorgaben der Berichtsgrundlage rechtsverbindlich sind und daher vom Berichterstatter zu beachten sind, stellt sich die Folgefrage, wie der Berichterstatter mit diesen Vorgaben umzugehen hat. Vorgaben hinsichtlich der Periodizität und der Ausgestaltung enthalten in der Regel Handlungsanweisungen für den Berichterstatter, denen dieser schlicht nachzukommen hat242. Problematisch dagegen können Vorgaben hinsichtlich des Berichtsgegenstands sowie des Mindestinhalts eines Berichts sein. Sie bedürfen der Interpretation und der inhaltlichen Ausgestaltung durch den Berichterstatter. Diesem steht dabei grundsätzlich ein Ermessensspielraum zu, was Art und Weise sowie den Umfang der Antwort betrifft243. Dabei wird ein Berichterstatter aber regelmäßig folgende Gesichtspunkte zu beachten haben: Zuerst wird die Frage zu beantworten sein, wie der Berichtsgegenstand zu verstehen ist. Der Berichterstatter muss also nach pflichtgemäßem Ermessen definieren, welche Informationen mit der Bestimmung gerade dieses Berichtsgegenstands verlangt werden. Wird zum Beispiel gem. § 11 S. 1 UIG ein Bericht über den Umweltzustand verlangt, so hat die Bundesregierung für sich zu beantworten, welche Informationen zur Beschreibung des Umweltzustands gehören. An 241 So auch Maiwald, Berichtspflichten, S. 170, der die Verbindlichkeit eines Berichtsbeschlusses allerdings aus Art. 43 Abs. 1 GG entnimmt (Konkretisierungsthese). Etwas anderes ist vorstellbar, wenn eine Form erkennbar hinter der anderen zurückbleibt. Enthält ein Bericht große Mengen statistischen Materials, so erschiene ein mündlicher Bericht wenig funktionell. Allerdings würde auch ein derartiger Bericht durch die parlamentarische Protokollführung verschriftlicht, sodass letztlich auch hier kein Defizit vorläge, Maiwald, Berichtspflichten, S. 170. 242 Ordnet eine Berichtsgrundlage beispielsweise an, dass ein Bericht alle vier Jahre vorzulegen ist und dabei erstmalig Vorlage an einem bestimmten Datum zu erfolgen hat, so ist für den Berichterstatter eine klare Handlungsweise vorgegeben, die er entweder befolgt oder nicht befolgt. Hier gibt es wenig Spielraum für Unklarheiten oder Interpretation. 243 Brenner, Reichweite und Grenzen des parlamentarischen Fragerechts, S. 29 zu parlamentarischen Anfragen.

I. Die Berichtsgrundlage

237

normative Vorgaben wie § 11 S. 3 UIG ist sie dabei gebunden und hat diese jedenfalls anzugeben. Daran anschließend hat der Berichterstatter zu bestimmen, in welchem Umfang welche Informationen angegeben werden müssen, um den Berichtsgegenstand erschöpfend darzustellen. Insbesondere ausweichende oder nichtssagende Antworten sind unzulässig244. Der Berichterstatter befindet sich hier im bereits im Rahmen der Begriffsdefinition angesprochenen Spannungsverhältnis245, der „Gradwanderung zwischen Informationsüberversorgung und ausreichender Steuerungsinformation“ 246: Einerseits müssen alle relevanten Informationen angegeben werden, andererseits müssen auch komplexe Themen hinreichend komprimiert dargestellt werden, um den Berichtsadressaten nicht mit zu vielen Informationen zu überlasten. Im Grundsatz wird man dem Berichterstatter insbesondere hinsichtlich des Umfangs des Berichts einen besonders weiten Entscheidungsspielraum zugestehen müssen. Auch nach diesem weiten Maßstab aber wird es zu jedem Berichtsgegenstand objektiv bestimmbare Mindestinformationen geben, die der Berichterstatter jedenfalls lückenlos mitzuteilen hat247. Tut er dies nicht, so handelt der Berichterstatter rechtswidrig. Hat der Berichterstatter nach diesem Maß die zu berichtenden Informationen bestimmt, so müssen die Angaben im Bericht zutreffend sein, also entweder den Tatsachen entsprechen oder zumindest nach bestem Wissen des Berichterstatters vorgelegt werden248. Zuletzt wird vom Berichterstatter zu verlangen sein, dass der Bericht für den Berichtsadressaten aus sich heraus verständlich, also sein objektiver Erklärungsgehalt nachvollziehbar ist249. Der Maßstab an diese Verständlichkeit dürfte je nach Adressat differenzieren: Ist ein Bericht durch die Berichtsgrundlage für die Öffentlichkeit bestimmt und diese Vorgabe verbindlich250, so wird der Bericht in der Regel in einfacherer Sprache zu fassen sein als ein Bericht für Parlamentarier. 244 So auch Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 225; Brenner, Reichweite und Grenzen des parlamentarischen Fragerechts, S. 29 bezüglich parlamentarischer Anfragen. 245 s. o. Kap. 1 I. 2. b), S. 32. 246 Gebhard, in: Die moderne Verwaltung, S. 145, 146. 247 Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 225 bezüglich parlamentarischer Anfragen. 248 Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 225; Brenner, Umfang und Reichweite des parlamentarischen Fragerechts, S. 33 bezüglich parlamentarischer Anfragen. Zum Gebot der Richtigkeit staatlichen Informationshandelns darüber hinaus s. u. Kap. 4 IV. 2. c) cc) (2) (c) (bb), S. 329. 249 Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 225 bezüglich parlamentarischer Anfragen. 250 Aus genannten Gründen ist das nur der Fall, wenn die Vorgabe bezüglich der Adressierung in einem Gesetz erfolgt. Das Frage- und Interpellationsrecht umfasst nicht das Recht des Bundestages, Berichterstattung an die Öffentlichkeit zu verlangen, s. o. Kap. 4. I. 2. b) cc), S. 235.

238

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

d) Normative Vorgaben als inhaltliche Grenze der Berichterstattung Wurde somit bestimmt, wie der Berichterstatter verbindliche normative Vorgaben auszugestalten hat, so stellt sich des Weiteren die Frage, ob er über diese Vorgaben hinausgehen kann. Insbesondere hinsichtlich verbindlicher normativer Vorgaben bezüglich des Berichtsgegenstands erscheint fraglich, inwieweit diese zugleich die Grenze für den zulässigen Berichtsinhalt liefern. Mit anderen Worten: Darf der Berichterstatter den Berichtsgegenstand nach eigenem Gutdünken erweitern, indem er einen zweiten Berichtsgegenstand neben den normativ vorgegebenen Berichtsgegenstand setzt, oder ergänzen, indem er zusätzliche Informationen aufnimmt? Diese Frage hat sich im Rahmen der Untersuchung des Umweltzustandsberichts251 und des Erfahrungsberichts ÜGRG252 bereits gestellt. Nun soll das Problem von den beiden Berichten abstrahiert betrachtet werden. aa) Grenzen der Ergänzung des Berichtsgegenstands Ausgangspunkt der Diskussion bleibt die Berichtsgrundlage, denn sie gibt den normativen Rahmen des Berichts insbesondere durch Angabe des Berichtsgegenstands vor. Unproblematisch sind insoweit alle Informationen, die zwar nicht direkt Teil des Berichtsgegenstands sind, aber geeignet sind, das Verständnis für den Berichtsgegenstand zu fördern. Das ist etwa beim Umweltzustandsbericht anzunehmen, wenn Informationen angegeben werden, die zwar nicht direkt den Umweltzustand darstellen, aber Ursachen für Umweltbelastungen erläutern und Wirkungszusammenhänge aufzeigen253. Eine solche Ergänzung bleibt aber nur zulässig, solange sie umfangmäßig eine wirkungsvolle Ergänzung bleibt. Wird durch derartige Ergänzung der Schwerpunkt des Berichts neu gesetzt, etwa indem man den Umweltzustandsbericht in einen Umweltpolitikbericht umwidmet und den Umweltzustand nicht im erforderlichen Maße darstellt, so ist diese Art der Berichterstattung nicht länger im Sinne der Berichtsgrundlage. Letztlich handelt es sich bei einem derartig abgewandelten Bericht um eine ausweichende oder nichtssagende Antwort auf die Berichtsfrage, die im Hinblick auf das Informationsinteresse des Berichtsadressaten qualitativ einer Antwortverweigerung gleichsteht254. Ein so handelnder Berichterstatter verletzt seine Antwortpflicht. Das gilt umso mehr, wenn ein Berichterstatter einen Bericht gänzlich abwandelt und ihm einen anderen Gegenstand gibt, als die Berichtsgrundlage ursprünglich verbindlich vorgeschrieben hat. Eine solche offene Abweichung dürfte aber eher die Ausnahme sein. 251

s. o. Kap. 2 II. 2. c) aa), S. 77. s. o. Kap. 2 II. 6. c) aa), S. 110. 253 Dazu schon oben Kap. 2 II. 2. c) aa), S. 77. 254 Brenner, Umfang und Reichweite des parlamentarischen Fragerechts, S. 32 zu parlamentarischen Anfragen. 252

I. Die Berichtsgrundlage

239

bb) Grenzen der Erweiterung des Berichtsgegenstands Von einer solchen verdeckten oder offenen Abwandlung eines einzelnen Berichtsgegenstands zu unterscheiden ist die Konstellation, dass der Bericht um einen weiteren Gegenstand offen ergänzt wird. Es wird also das Berichtsersuchen sachlich vollständig beantwortet, aber der Berichterstatter liefert darüber hinaus auf eigenen Entschluss hin weitere Informationen. Vereinfacht ausgedrückt: Der Berichterstatter gibt neben dem durch Gesetz oder Beschluss angeforderten Bericht einen weiteren auf Eigeninitiative beruhenden Bericht im selben Dokument ab. Als Beispiel liefert ein Umweltzustandsbericht zwar alle erforderlichen Informationen zum Umweltzustand, enthält aber auch eine umfassende Darstellung der Umweltpolitik. Ein solches Vorgehen dürfte jedenfalls dann zulässig sein, wenn sich nicht aus der Berichtsgrundlage ergibt, dass der Bericht sich ausschließlich mit dem benannten Gegenstand zu befassen hat, und die Darstellung des Umweltzustands nicht unter der Erweiterung des Gegenstands leidet. Ob die Berichtsgrundlage eine ausschließliche Behandlung des vorgegebenen Gegenstands anordnet, ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln. Leitfrage dafür ist, ob es mit Sinn und Zweck des Berichts zu vereinbaren ist, dass im Bericht andere Themen behandelt werden. Ein Beispiel für eine solche Auslegung stellt die Untersuchung des Umweltzustandsberichts dar, bei dem gute Gründe dafür sprechen, eine derartige Erweiterung für unzulässig zu halten255. Im Regelfall wird man davon ausgehen können, dass eine Erweiterung des Berichtsgegenstands um ein zweites Thema Informationen hinzufügt, die für die Erreichung des Berichtszwecks überflüssig oder sogar hinderlich sind, weil sie den Leser mit irrelevanten Informationen überlasten und dadurch die Rezeption des Berichts erschweren. Daher sind solche Erweiterungen grundsätzlich mit Skepsis zu betrachten. Ist eine Erweiterung nicht schon durch die Berichtsgrundlage ausgeschlossen, so belastet sie dennoch die Darstellung des normativ vorgegebenen Berichtsgegenstands, wenn aufgrund der Erweiterung der Bericht nicht mehr hinreichend komprimiert ist, um dem Adressaten eine angemessene Informationsgewinnung zu ermöglichen. Das kann etwa der Fall sein, wenn Informationen zu mehreren Berichtsgegenständen vermischt werden. Der Umweltzustandsbericht 2010 stellt nicht Umweltzustand und Umweltpolitik nebeneinander dar, sondern betrachtet im Schwerpunkt die Umweltpolitik (was schon ein eigener Mangel ist) und enthält nur vereinzelt und über den Gesamttext verstreut Informationen über den Umweltzustand. Diese vermischte Darstellungsmethode erschwert es zusätzlich, sich einen Gesamteindruck über den Umweltzustand zu bilden, da der gesamte Text auf die Umweltzustandsinformationen hin durchsucht werden muss. Diese Aufgabe wird anspruchsvoller, je länger ein Bericht wird. Ein gewisser Aus255

s. o. Kap. 2 II. 2. c) aa), S. 77.

240

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

gleich kann dadurch geschaffen werden, dass die Berichtsgegenstände im Berichtstext komplett getrennt voneinander behandelt werden. Jedenfalls muss es möglich sein, dass der normativ vorgeschriebene Berichtsgegenstand immer noch erschöpfend, aber hinreichend komprimiert dargelegt wird und seitens des Adressaten ohne relevanten Mehraufwand erfasst werden kann. 3. Zusammenfassung zum ersten Problemkreis Im ersten Problemkreis staatlicher Berichterstattung standen die Rechtsprobleme der Berichtsgrundlage im Fokus. Es hat sich herausgestellt, dass jedenfalls Berichtsgesetze eine echte Rechtspflicht zur Berichterstattung begründen. Dasselbe gilt auch für Berichtsbeschlüsse, die die Bundesregierung zur Berichterstattung an Bundestag und Bundesrat auffordern. Die Verbindlichkeit derartiger Beschlüsse ergibt sich für Bundestagsbeschlüsse aus dem Frage- und Interpellationsrecht der Abgeordneten, Art. 38 Abs. 1 i.V. m. Art. 20 Abs. 2 GG. Solche Beschlüsse unterliegen nicht dem Grundsatz der Diskontinuität. Für Berichtsbeschlüsse des Bundesrates ergibt sich ihre Rechtsverbindlichkeit aus Art. 53 S. 3 GG. Normative Vorgaben in verfassungsmäßig zustande gekommenen Berichtsgesetzen sind unabhängig von ihrem Inhalt für den Berichterstatter verbindlich. Für Berichtsbeschlüsse gilt dies nur, soweit diese funktional vom verfassungsrechtlichen Informationsanspruch des Bundestages oder des Bundesrates erfasst sind. Das ist zu bejahen für Vorgaben über den Inhalt, die Periodizität und den Berichtszeitpunkt, aber abzulehnen für Vorgaben über Form, Verbreitung und Darstellung eines Berichts. Die Ausgestaltung eines Berichts steht im pflichtgemäßen Ermessen des Berichterstatters. Ergänzungen oder Erweiterungen eines Berichts insbesondere hinsichtlich des Berichtsgegenstands sind nur zulässig, wenn sie Sinn und Zweck des Berichts nicht beeinträchtigen.

II. Zweiter Problemkreis: Die Berichtskompetenz Die Berichtskompetenz betrifft die Frage, welche Inhalte überhaupt von wem zum Gegenstand eines Berichts gemacht werden dürfen. Zunächst bedarf dabei die Frage, ob Berichterstattung überhaupt der Kompetenzordnung unterliegt, einer kurzen Erörterung, da dies teilweise bestritten wurde (1.). In diesem Problemkreis setzen sich sodann die Unterschiede hinsichtlich der Berichtsgrundlage fort: Während bei Berichtsgesetzen weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten bestehen (2.), begrenzt ihre verfassungsrechtliche Funktion bei Berichtsbeschlüssen die Kompetenzen von Bundestag und Bundesrat (3.). Wird ein Bericht dagegen aufgrund eigener Initiative vorgelegt, so ist unter der

II. Die Berichtskompetenz

241

Berichtskompetenz die Frage zu verstehen, ob der Berichterstatter überhaupt das Recht hat, sich zur Berichterstattung über einen bestimmten Gegenstand zu entscheiden (4.). 1. Das Recht zur Berichterstattung als Teil der staatlichen Kompetenzordnung Teilweise wurde behauptet, staatliche Berichterstattung sei bereits kein Bestandteil der staatlichen Kompetenzordnung, also quasi kompetenzfreies Handeln. Ein Ansatz will jedenfalls informelle Verwaltungshandlungen von der Bindung an die Kompetenzordnung ausnehmen, die ohne Verwendung von Sach- und Personalmitteln vorgenommen werden256 und nicht regelungsersetzenden Charakter haben257. Beispiele dafür seien Reden des Bundespräsidenten oder der Inhalt der parlamentarischen Debatten, aber auch Regierungsberichte258. Solche Maßnahmen bewegten sich in einem verbandskompetenzfreien Raum259. Selbst wenn man die rechtliche Prämisse, sach- und personalmittelfreies Handeln sei kompetenzfrei, für zutreffend halten würde, so wäre schon die Schlussfolgerung bezüglich der Kompetenzfreiheit von Berichterstattung fehlerhaft. Denn die Erstattung von Regierungsberichten erfordert regelmäßig den Einsatz von Personal- und häufig auch Sachmitteln260. Der faktische Anwendungsbereich der Lehre vom kompetenzfreien Raum ist daher für staatliche Berichterstattung ohnehin klein. Doch die rechtliche Prämisse selbst ist schon nicht überzeugend: Art. 30 GG trifft eine grundlegende Aussage über die Erfüllung staatlicher Aufgaben, die nicht nach Handlungsformen oder Inhalten differenziert261. Insbesondere hinsichtlich staatlicher Öffentlichkeitsarbeit hat das BVerfG bereits frühzeitig entschieden, dass sie nicht außerhalb der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung steht262

256

Isensee, in: HbdStR, § 133 Rn. 112; offengelassen bei Heintzen, NJW 1990, 1448,

1449. 257 In diese Richtung Pietzcker, in: HbdStR, § 134 Rn. 25: „Je stärker die schlichte Äußerung regelungsähnlichen oder regelungsersetzenden Charakter hat, [. . .], um so deutlicher sind aber auch die Kompetenzgrenzen einschlägig“; implizit klingt dies auch bei Heintzen, NJW 1990, 1448, 1449 an, wenn er meint, dass jedenfalls Warnungen regelungsersetzend seien und deswegen der Kompetenzordnung unterlägen. 258 Isensee, in: HbdStR, § 133 Rn. 112; zumindest bezüglich maßnahmenvorbereitenden Regierungsberichten auch Voitl, Warnkompetenzen, 22–23. 259 Zur Lehre vom verbandskompetenzfreien Raum allgemein vgl. Voitl, Warnkompetenzen, S. 17–18 m.w. N. 260 Etwa bei einer Verbreitung eines Berichts in Broschürenform, so auch Voitl, Warnkompetenzen, S. 24–25. 261 Maunz/Dürig/Korioth, GG-Kommentar, Art. 30 Rn. 19. 262 BVerfGE 44, 125, 149; BVerfGE 105, 252, 268; implizit auch BVerfGE 105, 279, 301, wenn die Staatsleitung als Informationskompetenz herangezogen wird. Siehe dazu auch unten Kap. 4 II. 4. c), S. 250.

242

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

und damit seine eigenen Aussagen bezüglich einer möglichen Kompetenzfreiheit bestimmter hoheitlicher Handlungen263 relativiert. Mit Blick auf die differenzierungsfreie Grundaussage des Art. 30 GG geht die herrschende Meinung heute zu Recht davon aus, dass staatliches Informationshandeln Art. 30 GG unterliegt und sich an der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung messen lassen muss264. Eine Ausnahme kommt wenn überhaupt nur für politische Reden und Meinungsäußerungen ohne Festlegungen rechtlicher oder tatsächlicher Art in Betracht265. 2. Kompetenz zur Berichterstattung aufgrund von Gesetzen Wird einer Regierung oder Behörde durch ein Gesetz die Pflicht auferlegt, einen Bericht zu erstatten, so weist ihr dieses Gesetz grundsätzlich auch die Kompetenz zur Berichterstattung zu. Berichterstattung aufgrund von Gesetzen ist unter Kompetenzgesichtspunkten nur dann problematisch, wenn das Berichtsgesetz selbst mit der Verfassung unvereinbar ist. Rechtsfolge eines Verfassungsverstoßes ist nach herrschender Meinung im Regelfall die Nichtigkeit des verfassungswidrigen Gesetzes ex tunc266. Denkbar sind Verstöße von Berichtsgesetzen etwa, wenn das Berichtsgesetz des Bundes den Gegenstand eines Berichts derartig konkretisiert, dass vom Bericht Informationen aus dem Kompetenzbereich der Länder verlangt werden267. Andere verfassungsrechtliche Positionen, die einem Berichtsgesetz entgegenstehen könnten, wären etwa der Kernbereich der Exekutive für die Regierung268 oder der Kernbereich der Justiz269. Als weitere verfassungs-

263 In BVerfGE 12, 205, 244 hatte das BVerfG noch offengelassen, ob Art. 30 GG „jede staatliche Tätigkeit schlechthin erfasst“; BVerfGE 22, 180, 216 hatte sogar explizit entschieden, dass es „unter dem Gesichtspunkt des Art. 30 GG ohne Bedeutung“ sei, wenn die Bundesregierung Bestrebungen auf dem Gebiet der Jugendhilfe durch Informationsmaßnahmen anrege. 264 Dreier/Wittreck, GG, Art. 30 Rn. 18; Sachs/Erbguth, GG, Art. 30 Rn. 33; Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 55; Pietzcker, in: HbdStR, § 134 Rn. 29; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 172; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 129; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 49; implizit Leidinger, DÖV 1993, 925, 933; Bethge, JURA 2003, 327, 329; wohl auch Schmidt-Bleibtreu/Sannwald, GG, Art. 30 Rn. 20, der allerdings bloße Anregungen nicht von Art. 30 umfasst sieht, wohl aber Warnungen und gezielte Öffentlichkeitsarbeit; Maunz/Dürig/Korioth, GGKommentar, Art. 30 Rn. 19 sieht sogar die Lehre vom verbandskompetenzfreien Raum insgesamt als überwunden an. 265 Münch/Kunig/Gubelt, GGK I, Art. 30 Rn. 7; Schmidt-Bleibtreu/Sannwald, GG, Art. 30 Rn. 20. 266 Schmidt-Bleibtreu/Hofmann, GG, Art. 20. Rn. 58; Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1375–1376; Löwer, in: HbdStR, § 70 Rn. 114; Maunz/Dürig/Grzeszick, GG-Kommentar, Art. 20 VI. Rn. 43–45 m.w. N. auch zur Gegenauffassung. 267 Linck, DÖV 1979, 116, 120; Maiwald, Berichtspflichten, S. 173. 268 Maiwald, Berichtspflichten, S. 180; Schmidt-Bleibtreu/Kluth, GG, Art. 43 Rn. 22; Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament, S. 35. 269 Maiwald, Berichtspflichten, S. 181–182.

II. Die Berichtskompetenz

243

rechtliche Grenze für Berichtsgesetze kommt der Fall in Betracht, dass ein Berichterstatter bestimmt wird, der für den Gegenstand keine direkte oder mittelbare Informationsverantwortung trägt270 oder faktisch keine Informationen zu diesem Gegenstand haben kann271. Innerhalb dieser recht weiten verfassungsrechtlichen Grenzen besteht Gestaltungsfreiheit für den Gesetzgeber. Zulässig sind dann sowohl Bestimmung der Adressierung des Berichts272 als auch andere normative Vorgaben273. Zudem kann Berichterstattung in Berichtsgesetzen jede zulässige Berichtsfunktion verfolgen274. 3. Kompetenz zur Berichterstattung aufgrund von Beschlüssen Berichtsbeschlüsse werden durch Bundestag und Bundesrat gefasst. Sie erlangen ihre Rechtsverbindlichkeit durch ihre Rückführung auf verfassungsrechtliche Informationsansprüche. Die Funktionen dieser verfassungsrechtlichen Ansprüche begrenzen zugleich die Kompetenz von Bundestag und Bundesrat, solche Berichtsbeschlüsse zu fassen275. Zunächst gelten für derartige Berichtsbeschlüsse die verfassungsrechtlichen Grenzen, die schon für Berichtsgesetze gelten: Beschlüsse des Bundestages und des Bundesrates müssen die Kompetenzen der Länder beachten sowie den Kernbereich der Exekutive oder der Justiz276. Von besonderer Bedeutung ist hier die Beachtung der Grenzen des Verantwortungs- und Kompetenzbereichs des Berichterstatters277. Dies hängt mit der Funktionsverbundenheit von Berichtsbeschlüssen zusammen und sei am Beispiel des Bundestagsbeschlusses näher erläutert. Der verfassungsrechtliche Informationsanspruch des Bundestages aus Art. 38 Abs. 1 i.V. m. Art. 20 Abs. 2 GG278 verfolgt den Zweck, dem Bundestag die ihm zur Ausübung seiner Aufgaben notwendigen Informationen zu verschaffen und

270 Linck, DÖV 1979, 116, 121; Schmidt-Bleibtreu/Kluth, GG, Art. 42 Rn. 22; Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament, S. 31. 271 Maiwald, Berichtspflichten, S. 186 begründet dies schlüssig damit, dass Niemand über das ihm Mögliche hinaus verpflichtet werden kann. 272 Das ist etwa bei Berichterstattung aufgrund von Beschlüssen problematischer, vgl. sogleich Kap. 4 II. 2., S. 242. 273 s. o. Kap. 4 I. 2. b), S. 233. 274 Zu den Berichtsfunktionen s. o. Kap. 2 I. 6., S. 50. 275 Zu den funktionalen Grenzen hinsichtlich des Frage- und Interpellationsrechts siehe bereits oben Kap. 4 I. 2. b), S. 233. 276 Maiwald, Berichtspflichten, S. 173, 180–182. 277 Für den parlamentarischen Informationsanspruch: Brenner, Reichweite und Grenzen des parlamentarischen Fragerechts, S. 51–54. 278 Zu ihm bereits ausführlich oben Kap. 4 I. 1. b) aa) (2) (a) (bb), S. 207.

244

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

richtet sich an die Bundesregierung279. Die zentralen Aufgaben in diesem Zusammenhang sind Gesetzgebung und Kontrolle der Regierung280. Das heißt bezogen auf Berichtsbeschlüsse, dass eine Kompetenz zur Begründung einer Berichtspflicht nur für die Berichtsfunktionen der staatlichen (konkreter gesetzgeberischen) Handlungsvorbereitung, der Evaluation und der Kontrolle besteht281. Es handelt sich um einen staatsinternen Informationsfluss. Dagegen stünden Berichtsbeschlüsse, die etwa auf Selbstdarstellung der Regierung gegenüber der Öffentlichkeit oder auf warnende oder aufklärende Wirkung gerichtet wären, außerhalb der durch den verfassungsrechtlichen Informationsanspruch vermittelten Kompetenz und wären daher nicht rechtsverbindlich282. Die Regierung kann nicht durch Beschluss zur direkten informationellen Einwirkung auf die Bevölkerung verpflichtet werden. Folglich besteht auch keine Kompetenz, in einem Beschluss die Öffentlichkeit als Berichtsadressat zu bestimmen oder Vorgaben über die Verbreitung des Berichts zu machen283. Eine mittelbare Beeinflussung durch die Parlamentsöffentlichkeit (Plenardebatte, Veröffentlichung in den Drucksachen) dagegen ist als bloßer Reflex des staatsinternen Informationsflusses kein Problem284. Entsprechende funktionale Grenzen ergeben sich bei Bundesratsbeschlüssen aus Art. 53 S. 3 GG, aus dem solche ihre Verbindlichkeit ableiten285. Maßgebend dürfte die Auslegung des Begriffs der „Führung der Geschäfte“ sein, auf den die Informationspflicht beschränkt ist. Dies umfasst alle Regierungsgeschäfte, also alle Bereiche, die zur staatsleitenden Tätigkeit der Bundesregierung gehören, einschließlich der Ministerialverwaltung286. Zu den Geschäften im Sinne der Norm gehören auch Angelegenheiten der Bundesverwaltung sowie die allgemeine politische Lage287. Ein Berichtsbeschluss, der zur Information über 279 Weshalb dem Bundestag z. B. auch keine Kompetenz zusteht, andere Stellen wie etwa die Länder zur Berichterstattung durch Beschluss zu verpflichten, dazu s. o. Kap. 4 I. 1. b) cc), S. 230. 280 Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 191–192; Maiwald, Berichtspflichten, S. 172–173, der bezüglich der Gesetzgebungs- und Kontrollfunktion von einer Annexkompetenz zur Information im Sinne einer Informationszuständigkeit des Bundestages spricht. 281 Zu diesen Berichtsfunktionen oben Kap. 2 I. 6., S. 50. 282 Gleichwohl aber wären sie als unverbindliche politische Bitten auch nicht pauschal rechtswidrig. 283 Dazu schon oben Kap. 4 I. 2. b) cc), S. 235. 284 So auch Huber, JZ 2003, 290, 295. 285 s. o. Kap. 4 I. 1. b) bb) (2), S. 229. 286 Ganz h. M.: Reuter, Hb. Bundesrat, Art. 53 Rn. 38; Dreier/Bauer, GG, Art. 53 Rn. 14; Epping/Hillgruber/Dörr, BeckOK GG, Art. 53 Rn. 18; Schüle, in: FS Bilfinger, S. 441, 456; ähnlich Maunz/Dürig/Maunz, GG-Kommentar, Art. 53 Rn. 14: „alle Aufgaben, die der Bundesregierung und ihren Mitgliedern auf Grund der Verfassung obliegen“; Lang, ZParl 2001, 281, 283. 287 Epping/Hillgruber/Dörr, BeckOK GG, Art. 53 Rn. 18.

II. Die Berichtskompetenz

245

Erfahrungen beim Gesetzesvollzug (Evaluationsfunktion) auffordert, dürfte von diesem Maßstab problemlos erfasst sein. Im Gegensatz zum Frage- und Interpellationsrecht fungiert die Unterrichtungspflicht aus Art. 53 S. 3 GG lediglich als Unterrichtungsnorm, nicht als Kontrollrecht des Bundesrates gegenüber der Bundesregierung288. Berichtsbeschlüsse, die nicht auf Unterrichtung (etwa zum Zweck der Handlungsvorbereitung), sondern gezielt auf Kontrolle gerichtet sind, sind nicht mehr vom Art. 53 S. 3 GG gedeckt und insoweit unverbindlich289. Die Grenzen sind hier also enger als bei Beschlüssen des Bundestags. Sowohl bei Bundestags- als auch bei Bundesratsberichtsbeschlüssen wird die Kompetenz, eine Berichtspflicht zu begründen, von funktionalen verfassungsrechtlichen Grenzen beschränkt. Diese zu ermitteln, ist eine Frage des Einzelfalls, die aber aufgrund der Multifunktionalität von Berichterstattung Schwierigkeiten hervorbringen muss. Zumindest eine Missbrauchskontrolle ist aber möglich und geboten290. 4. Kompetenz zur Berichterstattung aus eigener Initiative Bei Berichtsgesetzen und Berichtsbeschlüssen stellt sich die Kompetenzfrage aus Sicht der den Bericht anfordernden Stelle. Sie liegt anders, wenn der Berichterstatter auf eigene Initiative handelt. Dann muss ihm selbst die Kompetenz zustehen, durch Informationsakte zu handeln. Wann eine staatliche Stelle ohne gesetzliche Regelung die Kompetenz für staatliches Informationshandeln hat, wurde von Rechtsprechung und Lehre umfassend diskutiert. Dabei haben sich Grundsätze herausgebildet, die auf staatliche Berichterstattung konkretisiert werden müssen. a) Der Informationsgegenstand als Ausgangspunkt der herrschenden Lehre Die wohl herrschende Lehre knüpft an die ihrem Typologisierungsmodell zugrunde liegende Zweiteilung an und differenziert auch hinsichtlich der Kompetenzbegründung nach Informationen über Staatstätigkeit und Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben291.

288

Reuter, Hb. Bundesrat, Art. 53 Rn. 40. Ähnlich: Reuter, Hb. Bundesrat, Art. 53 Rn. 40, nach dem in solchen Fällen ein sachlich begründetes Informationsinteresse im Einzelfall ausgeschlossen sein kann. 290 Teuber, Parlamentarische Informationsrechte, S. 218; Brenner, Reichweite und Grenzen des parlamentarischen Fragerechts, S. 67–68; Maiwald, Berichtspflichten, S. 187. 291 Siehe dazu bereits oben Kap. 3 II. 1., S. 155. 289

246

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

aa) Information über Staatstätigkeit Die Kompetenz zur Information über Staatstätigkeit, also zur informationellen Selbstdarstellung der Behörde und ihrer Tätigkeit, folge danach als Annexkompetenz zu den jeweiligen Aufgaben der staatlichen Stelle292. Die Begründung der Informationskompetenz erfolgt damit über die Auslegung der aufgabenzuweisenden Kompetenzvorschrift293. Die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer solchen Annexkompetenz zur Information über Staatstätigkeit wird aus dem Demokratieprinzip und einem daraus folgenden Prinzip der Publizität der Verwaltung hergeleitet294. Dabei geht es um die Herstellung des bereits beschriebenen Grundkonsenses über die durch das Grundgesetz gesetzten Werte und die von ihm konstituierte Staatsordnung295. bb) Information zur Erfüllung von Staatsaufgaben Im Gegensatz zur Information über Staatstätigkeit soll eine Kompetenz für Informationstätigkeit zur Erfüllung von Staatsaufgaben nur vorliegen, wenn eine entsprechende Aufgabenzuweisung vorliegt296. Der Unterschied soll darin liegen, dass es gerade nicht um Herstellung eines Konsenses gehe und man sich daher nicht auf Demokratieprinzip und Publizitätsgrundsatz stützen könne297. b) Das Problem der Überschneidung aufgrund der Multifunktionalität von Berichten Diese Systematisierung führt zu einer vermeintlich einfachen Formel: Ist einer staatlichen Stelle eine Aufgabe zugewiesen, so darf sie aufgrund der Annexkompetenz über deren Durchführung informieren. Zudem darf sie zur Aufgabenerfül292 Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 70; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 81–82; Robbers, AfP 1990, 84, 85; Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 98; Gusy, DVBL 2013, 941, 943; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 60; Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 245–248; Heintzen, NJW 1990, 1448, 1450; Gersdorf, AfP 2016, 293, 294; aus österreichischer Perspektive Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 238; ähnlich auch Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 421–422 aus Schweizer Perspektive. 293 Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 82. 294 Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705, 2707; Robbers, AfP 1990, 84, 85; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 83. 295 Zu dieser verfassungsrechtlich determinierten Funktion s. o. Kap. 3 II. 1. a), S. 156. 296 Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 71; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 84; Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705, 2707; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 60; Di Fabio, JuS 1997, 1, 3; wohl auch Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 421; Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 236–237, 239–240; ähnlich Voitl, Warnkompetenzen, S. 52–77, wenn umfassend begründet wird, warum jedenfalls die Warnung nicht auf eine Annexkompetenz gestützt werden kann. 297 Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 71.

II. Die Berichtskompetenz

247

lung Informationsmittel mit dem Ziel der Verhaltenssteuerung einsetzen, die Kompetenz hierzu ergibt sich dann unmittelbar aus der Aufgabenzuweisung298. Es wurde bereits umfassend dargelegt, dass die schlichte Trennung von Information über Staatstätigkeit und Information über Staatsaufgaben in der Praxis nicht durchführbar ist299, insbesondere im Rahmen der hier interessierenden staatlichen Berichterstattung und ihrer Multifunktionalität. Die Vertreter der herrschenden Lehre geben dies auch für den Bereich der Kompetenzbestimmung zu300. Wie bereits gezeigt wurde, verfolgt staatliches Informationshandeln in der Regel sowohl Funktionen hinsichtlich der Verhaltenssteuerung als auch der Konsensbildung, beide Elemente hängen zusammen301. Es liegt auf der Hand, dass die „Vielfalt der Annexverbindungen“ 302 hier dazu führen kann, dass mehrere staatliche Stellen einen Bezug zu einem Sachverhalt haben und somit sie alle in der ein oder anderen Form eine Kompetenz haben, sich zu diesem Gegenstand zu äußern. Man denke etwa an komplexe Planungsverfahren von Großprojekten, bei denen verschiedenste Kompetenzbereiche wie Verkehr, Wasser, Städtebau, Finanzen, Denkmalschutz, Artenschutz, Brandschutz usw. betroffen sein können und bei denen unterschiedliche Interessen zu entgegengesetzten Informationsmaßnahmen staatlicher Stellen führen können303. Nur eine scheinbare Relativierung erfährt dieser Befund durch die vermeintlich Überschneidungen ausschließende Deckung von Annexaufgabe und Aufgabenzuweisung. So wurde – analytisch wohl zutreffend – darauf hingewiesen, dass die Aufgabe, über die berichtet wird, und die Aufgabe, zu deren Erfüllung die Information dient, meist identisch und derselben Behörde zugewiesen seien304. Mit anderen Worten: Wenn einer Behörde eine Aufgabe zugewiesen wird, hat sie sowohl die (Annex-)kompetenz zur Darstellung der eigenen Tätigkeit als auch unmittelbar aus der Aufgabenzuweisung die Kompetenz, Informationen als Handlungsmittel zur Erfüllung dieser Aufgabe einzusetzen. Fälle, in denen es trotz dieser vermeintlich leichten Abgrenzung anhand der Aufgabenzuweisung zu Überschneidungen kommt, sind aber keine „Ausnahmefälle“ 305, sondern vielmehr die Regel. Das ergibt sich für viele Gegenstände schon aus der föderalen 298 Damit ist noch nichts darüber gesagt, ob die staatliche Stelle auch die Befugnis zum Grundrechtseingriff durch Information hat. Siehe dazu sowie zum Vorbehalt des Gesetzes unten Kap. 4 IV. 2. c) cc) (2) (a), S. 318. 299 s. o. Kap. 3 II. 2., S. 162 und Kap. 3 II. 3., S. 176. 300 Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 72; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 84. 301 s. o. Kap. 3 II. 3. c) bb), S. 186. 302 Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 245. 303 Ein aktuelles Beispiel wäre etwa das umstrittene Projekt „Stuttgart 21“. Vgl. zu den mit diesem Projekt verbundenen Problemen Franzius, GewArch 2012, 225. 304 Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 73. 305 So aber Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 74.

248

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Regierungs- und Behördenstruktur306. Man denke etwa an den Bereich des Verfassungsschutzes: Hier agieren neben dem BfV 16 Landesämter für Verfassungsschutz, die sich alle mit ähnlichen oder teilweise auch denselben Vorgängen beschäftigen. Diese 17 Behörden haben danach alle die Kompetenz, Informationsmaßnahmen hinsichtlich dieser Vorgänge durchzuführen, etwa über eine von ihnen beobachtete Partei zu berichten. Während diese Form von Überschneidung aufgrund der föderalen Behördenstruktur wohl kaum zu vermeiden ist307, können sich Überschneidungen auch nur aus inhaltlichen Berührungspunkten ergeben. Hat etwa der Bund die Gesetzgebungskompetenz, der Gesetzesvollzug liegt aber bei den Ländern, so haben sowohl der Bund als auch die Länder im Zuge ihrer Annexkompetenz die Berechtigung zur Information über das entsprechende Gesetz308. Hinzu kommt, dass es je nach Formulierung der Aufgabenzuweisung fraglich sein kann, welchem Sachbereich eine konkrete Informationsmaßnahme zuzuordnen ist309. Zuletzt kann die Selbstdarstellung einer staatlichen Stelle (durchaus unvorsätzlich) in den Aufgabenvollzug einer anderen Behörde eingreifen310. Diese Überschneidungen sind misslich. Mit ihnen gehen alle Probleme einher, die sich durch die Aufgabenwahrnehmung mehrerer Behörden typischerweise einstellen. Mehrere Stellen behandeln dasselbe Problem und verbrauchen dazu Ressourcen; bei sich inhaltlich widersprechenden Aussagen geht der Steuerungseffekt verloren oder es kommt sogar zum Informationschaos mit Verunsicherungen in der Bevölkerung, was die Konsensbildungsfähigkeit des staatlichen Informationshandelns gefährdet, und im Falle einer Grundrechtsbelastung sieht sich der Betroffene gezwungen, sich nicht nur mit einer, sondern gegebenenfalls mit mehreren Behörden auseinanderzusetzen311. Gleichwohl dürfte es im Bereich des staatlichen Informationshandelns nahezu unmöglich sein, den Anspruch aufrechtzuerhalten, dass eine Äußerungskompetenz stets nur einer Behörde zustehen könne und eine Überschneidung von Zuständigkeiten auszuschließen sei312. Denn aufgrund der Steuerungsunsicherheit 306

Bumke, DV 37 (2004), 3, 15. Es sei denn, man würde die Aufgabe der Information der Öffentlichkeit über Maßnahmen des Verfassungsschutzes exklusiv einer Behörde zuweisen. 308 Beispiel nach Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 99. 309 Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 245. 310 Vgl. etwa das bei Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 74 konstruierte Beispiel einer Veröffentlichung von Forschungsergebnissen als Darstellung der Tätigkeit einer Behörde, die aber zugleich aufgrund ihres Informationsgehalts gefahrenabwehrende Wirkung hat und damit in die Aufgabenerfüllung der Gefahrabwehr einer anderen Behörde eingreift. 311 Nachdrücklich C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen der Bundesregierung, S. 167–169; Leidinger, DÖV 1993, 925, 933; Heintzen, NJW 1990, 1448, 1449; kritisch auch Papesch, Staatliche Informationstätigkeit, S. 123. 312 So aber C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 167–169; Leidinger, DÖV 1993, 925, 933. 307

II. Die Berichtskompetenz

249

und Multifunktionalität von Informationen lässt sich die Wirkung einer Information nicht sicher antizipieren. Solange man an der Prämisse festhält, dass jeder staatlichen Stelle als Annex die Kompetenz zur Information über eigene Maßnahmen zusteht und eine Aufgabenzuweisung ausreichen soll, um den Einsatz staatlichen Informationshandelns als Instrument zu ermöglichen, ist es unmöglich, Überschneidungen von Äußerungskompetenzen auszuschließen. Wenn demgegenüber so getan wird, als könnten viele Fälle recht eindeutig bestimmt werden313, so wird dabei an die nicht überzeugende Typisierung in Öffentlichkeitsarbeit i. e. S. einerseits und Warnungen andererseits angeknüpft. Damit entscheidet die Formulierungskunst der Behörde, und die faktischen Steuerungswirkungen, die auch aus einer schlichten Tatsachenmitteilung erwachsen können, werden zugunsten einer vermeintlich klaren Kompetenzabgrenzung ausgeblendet314. Eine wirklich überschneidungsfreie Kompetenzordnung im Bereich des staatlichen Informationshandelns ließe sich wohl nur erreichen, wenn man die Berechtigung zu (jedem!) staatlichen Informationshandeln von einer entsprechenden Befugnisnorm abhängig machen würde und so durch den Gesetzgeber die Informationskompetenz zu einem bestimmten Gegenstand bei einer bestimmten staatlichen Stelle zentralisiert würde. Damit wäre die – aus den benannten Gründen für das Funktionieren der staatlichen Ordnung notwendigen315 – Selbstdarstellung staatlicher Stellen und der Einsatz von Informationsmitteln insgesamt aber in weiten Teilen ausgeschlossen. Die Vorteile einer überschneidungsfreien Zuordnung rechtfertigen nicht, konsensbildende und transparenzschaffende Informationsmaßnahmen in einem solchen Umfang einzuschränken316. Die heute wohl herrschende Meinung geht daher davon aus, dass die Informationsbefugnisse staatlicher Stellen als Ausnahme zum Verbot der Doppelkompetenzen nicht überschneidungsfrei geordnet sind und daher mehrere staatliche Stellen berechtigt sein können, sich zum selben Gegenstand zu äußern317. Die Nachteile einer 313 Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 75, meint etwa, es sei zulässig, dass eine Behörde im Rahmen ihrer Annexkompetenz aus ihrer Aufgabenerfüllung erlangte Erkenntnisse mitteilt, die Umsetzung der Erkenntnisse in eine staatliche Warnung sei aber Aufgabe der zuständigen Gefahrabwehrbehörde. 314 So auch die berechtigte Kritik von Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 85, der allerdings ebenfalls eine rein sicherheitsrechtlich motivierte Warnung den Sicherheitsbehörden zuordnet und damit nicht die Konsequenz aus seiner eigenen Beobachtung zieht; Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 255 fragt dagegen auch in der Konsequenz, ob die Differenzierung zwischen Selbstdarstellung und Aufgabenerfüllung durch Information „nicht doch allzu künstlich ist“. 315 Siehe dazu schon oben Kap. 3 II. 1. a), S. 156. 316 So auch Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 75. 317 BVerfGE 105, 252, 271: „Die Informationskompetenz der Bundesregierung endet nicht schon dort, wo zur Bewältigung der Krise zusätzlich (Hervorhebung nur hier) ein Handeln von Staatsorganen mit anderer Verbandskompetenz in Betracht kommt, etwa das der Landesregierungen“; BVerwG NJW 1989, 2272, 2274; Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, 257; Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen, S. 75; Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705, 2708; Bumke, DV 37 (2004), 3, 15; Gusy, in: Grundlagen des VerwR

250

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

strukturell bedingten Doppelzuständigkeit lassen sich jedenfalls für sensible Bereiche damit abmildern, dass dort durch gesetzliche Regelung die Informationskompetenz einer staatlichen Stelle exklusiv zugewiesen und dadurch die (Annex-) Kompetenzen anderer Behörden ausgeschlossen werden318. Es sei nochmal betont, dass dies keine Loslösung des staatlichen Informationshandelns aus der Kompetenzordnung bedeutet. Es besteht lediglich die Möglichkeit von Doppelzuständigkeiten. Die Zuständigkeit im Einzelnen muss sich aber jeweils aus der Aufgabenzuweisung ergeben. Das heißt für staatliche Berichterstattung, dass eine staatliche Stelle nur im Rahmen ihrer Aufgabenzuweisungen zu Informationsmaßnahmen berechtigt ist und sich die Berichtskompetenz nach diesen Aufgabenzuweisungen richtet. c) Informationskompetenz ermitteln: Das Beispiel der Staatsleitung als zuständigkeitsbegründende Norm für die Bundesregierung Nach alldem ist die Kompetenz für staatliches Informationshandeln – und damit auch für staatliche Berichterstattung – trotz vorkommender Überschneidungen scheinbar nach klaren Grundsätzen bestimmbar. Versucht man nach diesen Grundsätzen Verbands- und Organkompetenz einer staatlichen Stelle zu bestimmen, so können aber im Rahmen der Auslegung der (vermeintlich?) kompetenzbegründenden Norm erhebliche Unsicherheiten über Inhalt und Reichweite auftreten. Nirgendwo zeigt sich das deutlicher als am vieldiskutierten Topos der Staatsleitung, aus dem vom BVerfG in zwei der wohl kontroversesten Entscheidungen des Gerichts319 eine Verbands- und Organkompetenz der Bundesregierung gefolgert wurde. aa) Die Staatsleitung als Grundlage einer Informationskompetenz für die Bundesregierung Ausgehend von der bereits angesprochenen und grundsätzlich zutreffenden Prämisse, dass in einer Aufgabenzuweisung grundsätzlich auch die Ermächtigung zum Informationshandeln mitinbegriffen sei, setzt das BVerfG an der Regierungsaufgabe der Staatsleitung an320. Die Aufgabe der Staatsleitung werde auch durch Informationsverbreitung erfüllt. Die regierungsamtliche ÖffentlichBd. II, § 23 Rn. 99; Pietzcker, in: HbdStR, § 134 Rn. 28; M/K/S/März, GG, Art. 30 Rn. 49; Münch/Kunig/Gubelt, GGK I, Art. 30 Rn. 7; Schmidt-Bleibtreu/Sannwald, GG, Art. 30 Rn. 20; wohl auch Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 69–70. 318 Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 99 spricht zutreffend von zuständigkeitsklärenden statt zuständigkeitsbegründenden Regelungen und befürwortet ebenfalls eine Konzentration der Zuständigkeit. 319 BVerfGE 105, 252 (Gylkol); BVerfGE 105, 279 (Osho). Zu ihren grundrechtlichen Implikationen s. u. Kap. 4 IV. 2. c) aa), S. 299. 320 BVerfGE 105, 252, 268.

II. Die Berichtskompetenz

251

keitsarbeit umfasse nicht allein Selbstdarstellung, sondern ebenfalls die Aufgabe, über „wichtige Vorgänge auch außerhalb oder weit im Vorfeld ihrer eigenen gestaltenden politischen Tätigkeit zu unterrichten“ 321. Es sei ein Element der Staatsleitung, in einer auf Selbstverantwortung ausgelegten politischen Ordnung die Bürger durch rechtzeitige Information zur Mitwirkung an der Problembewältigung zu befähigen. Dazu gehöre es auch, auf Krisen schnell und sachgerecht zu reagieren und den Bürgern Orientierung zu verschaffen322. Ist derartig die grundsätzliche Aufgabe zum Informationshandeln begründet, wird daraus sogleich Organ- und Verbandskompetenz hergeleitet. Die Verbandskompetenz des Bundes ergebe sich aus der Aufgabe der Staatsleitung, wenn eine gesamtstaatliche Verantwortung bestehe323. Damit sei zugleich eine andere Regelung im Sinne von Art. 30 GG getroffen, für das Informationshandeln der Regierung seien die Art. 83 ff. GG nicht maßgebend, da es sich bei der Staatsleitung nicht um Verwaltung im Sinne der genannten Normen handle324. Die Organkompetenz für die und innerhalb der Regierung ergebe sich aus Art. 65 GG325. bb) Die Mängel einer Informationskompetenz der Staatsleitung Diese Konstruktion ist in der Rechtswissenschaft in vielerlei Hinsicht326 diskutiert und kritisiert worden, auch hinsichtlich der Kompetenzbegründung zugunsten der Bundesregierung aus dem Topos der Staatsleitung. Während der Ansatz, aus der Staatsleitung gubernative Informationsbefugnisse abzuleiten, grundsätzlich auch Anhänger gefunden hat327, wird in Bezug auf die beiden Entscheidungen primär die Überdehnung des Begriffs kritisiert. So sei im konkreten Fall die Informationsmaßnahme kein gubernativer Akt, sondern eindeutig als Verwaltungshandlung zu bewerten328. Es fehle nämlich bei den Warnungen vor Jugendsekten oder glykolhaltigen Weinen an einem Bezug zur richtungsgebenden und führenden Tätigkeit, die die Staatsleitung einer Regierung ausmache329. Die Not321

BVerfGE 105, 252, 269; BVerfGE 105, 279, 302. BVerfGE 105, 252, 269; BVerfGE 105, 279, 302. 323 BVerfGE 105, 252, 270; BVerfGE 105, 279, 306. 324 BVerfGE 105, 252, 271. 325 BVerfGE 105, 252, 270. 326 Dazu auch unten Kap. 4 IV. 2. c) aa), S. 299. 327 BVerwG NJW 2006, 1303, 1304; OVG München DVBL 2012, 383, 385; Kloepfer, Verfassungsrecht I, § 22 Rn. 12; Münch/Kunig/Gubelt, GGK I, Art. 30 Rn. 7; Schmidt-Bleibtreu/Sannwald, GG, Art. 30 Rn. 20; wohl auch Frenz, DVBL 2012, 387; Bethge, JURA 2003, 327, 330: „Mit der zutreffenden Einordnung staatlichen Informationshandelns in die Kompetenz der Bundesregierung zur obersten Staatsleitung“; ähnlich auch Bumke, DV 37 (2004), 3, 13: „Die Führungsaufgabe der Regierung“; insbesondere im parlamentarischen Kontext auch Huber, JZ 2003, 290, 295. 328 Huber, JZ 2003, 290, 295; Murswiek, NVWZ 2003, 1, 7; Hellmann, NVWZ 2005, 163, 166. 329 Huber, JZ 2003, 290, 295. 322

252

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

wendigkeit staatlicher Informationen präjudiziere nicht, von wem diese Informationen zu leisten seien, man könne nicht eine Zuständigkeit durch das Abstellen auf eine „Servicementalität“ 330 der Bürger begründen. Bei Fragen der Zuständigkeiten komme es grundsätzlich nicht darauf an, ob eine Angelegenheit überregionale oder ausländische Bezüge habe331. Nicht zuletzt sei der Begriff der Staatsleitung ohnehin schwierig zu umfassen und abzugrenzen332, weshalb man bei konsequenter Anwendung der Rechtsprechung des BVerfG der Bundesregierung letztlich eine Äußerungskompetenz zu jedem Thema zusprechen müsste333. Viele der Kritikpunkte haben ihre Berechtigung. Wie ausgeführt lassen sich zwar Kompetenzüberschneidungen bis zu einem gewissen Grad nicht vermeiden. Es ist jedoch hinsichtlich der Vermeidung der damit einhergehenden Nachteile334 nicht hilfreich, wenn sowohl für Bundes- als auch für Landesregierungen aus dem unbestimmten Begriff der Staatsleitung praktisch eine informationsrechtliche Allzuständigkeit für Regierungen begründet wird, zu der dann potenziell auch noch die Informationskompetenz zuständiger Verwaltungsbehörden tritt335. Dieser Befund verschärft sich, wenn das BVerfG die Staatsleitung sogar für die Bundeszentrale für politische Bildung als Kompetenzgrundlage heranzieht336, was sich nicht unmittelbar aufdrängt337. Zwar wird man eine Informationskompetenz für den Kernbereich gubernativer Tätigkeit annehmen müssen, die Grenzen des Begriffs dürften aber gesprengt sein, wenn eine Regierung durch Informationsmaßnahmen konkrete Gefahrenabwehr im Einzelfall betreibt und dazu konkrete Unternehmer benennt338. Insbesondere sollte es nicht bei bereits bestehenden Informationszuständigkeiten darauf angelegt werden, durch die Staatsleitung Doppelzuständigkeiten bewusst herzustellen339. 330

Cremer, JuS 2003, 746, 749. Hellmann, NVWZ 2005, 163, 166; Huber, JZ 2003, 290, 296; Gurlit, DVBL 2003, 1119, 1333; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 112; dagegen wohl offen für eine solche Argumentation zumindest bei Gegenständen innerhalb der Staatsleitung v. Coelln, JA 2003, 116, 118. 332 Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 25; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 112. 333 Murswiek, NVWZ 2003, 1, 7; Schoch, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 50 Rn. 13 spricht zutreffend von einer „kaum handhabbaren ,Großformel‘ (Hervorhebung im Original)“. 334 s. o. Kap. 4 II. 4. b), S. 246. 335 So explizit BVerfGE 105, 252, 272; Murswiek, NVWZ 2003, 1, 7 beschreibt dies treffend mit der Schaffung einer „flächendeckenden Doppelkompetenz“. 336 BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2011, 511, 512. 337 Vgl. die Kritik von Schoch, NVWZ 2011, 193, 196–197 und Schoch, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 50 Rn. 14b. 338 So auch Huber, JZ 2003, 290, 296; Murswiek, NVWZ 2003, 1, 7. 339 Ähnlich, wenn auch allgemeiner Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 69– 70, der über die Auslegung einzelner Kompetenztitel Überschneidungen soweit möglich verhindern möchte. Das BVerfG jedenfalls hält an seiner Rechtsprechung fest und hat 331

II. Die Berichtskompetenz

253

cc) Folgen für die staatliche Berichterstattung Was heißt dies nun für die staatliche Berichterstattung? Im Kern bleibt es dabei, dass sich die Berichtskompetenz aus der Aufgabenzuweisung ergibt. Unabhängig von einzelnen (in der Regel) einfachrechtlichen Aufgabenzuweisungen können (ausschließlich340) Bundes- und Landesregierungen aus ihrer verfassungsunmittelbaren Aufgabe der Staatsleitung die Kompetenz herleiten, die Öffentlichkeit über „wichtige Vorgänge auch außerhalb oder weit im Vorfeld ihrer eigenen gestaltenden politischen Tätigkeit zu unterrichten“ 341. Dies kann auch durch staatliche Berichterstattung über wichtige Vorgänge geschehen. Bei der Anwendung dieses Maßstabs ist aber darauf zu achten, dass es sich bei den betroffenen Informationen auch wirklich um Gegenstände der Staatsleitung und nicht um Verwaltungshandeln handelt, welches nur aufgrund eines überregionalen Bezugs zur Staatsleitung umbenannt wurde. Generell empfiehlt es sich, von der Berichtskompetenz der Staatsleitung zurückhaltend Gebrauch zu machen, um Doppelzuständigkeiten zu vermeiden. Dabei ist zu beachten, dass mit der Begründung einer Berichtskompetenz aus der Aufgabe der Staatsleitung ohnehin noch nichts zu der Frage gesagt ist, ob mit einer solchen Kompetenz zugleich die Befugnis zu grundrechtsbelastendem Informationshandeln besteht. Ihr wird an anderer Stelle nachgegangen342. 5. Zusammenfassung zum zweiten Problemkreis Die Berichterstattung staatlicher Stellen bewegt sich nicht in einem kompetenzfreien Raum, sondern ist an die verfassungsrechtliche Kompetenzordnung gebunden. Ob eine staatliche Stelle über eine Berichtskompetenz verfügt, bestimmt sich nach der jeweiligen Berichtsgrundlage. Berichtsgesetze weisen die Aufgabe der Berichterstattung zu und begründen stets eine Berichtskompetenz, solange die Gesetze selbst nicht mit Verfassungsrecht unvereinbar sind. Strengere Anforderungen gelten für Berichtsbeschlüsse: Neben den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grenzen werden sie durch funktionale Grenzen des sie tragenden verfassungsrechtlichen Informationsanspruchs begrenzt. Wahren Beschlüsse von Bundestag und Bundesrat diese Grenzen, so begründen auch sie die Berichtskompetenz des Berichterstatters. Unverbindliche Beschlüsse dagegen berühren und erweitern die Kompetenzen der Berichterstatter nicht. Wird der Berichterstatter nicht aufgrund einer Verpflichtung durch Gesetz oder Beschluss, sondern aufgrund eigener Initiative aktiv, so ist er zur Berichtstätigdie Staatsleitung jüngst in BVerfG NVWZ 2015, 209, 211–212 erneut als Kompetenzgrundlage herangezogen. 340 Es sei nochmal auf BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2011, 511, 512 und die berechtigte Kritik von Schoch, NVWZ 2011, 193, 196–197 hingewiesen. 341 BVerfGE 105, 252, 269; BVerfGE 105, 279, 302. 342 s. u. Kap. 4 IV. 2 c) cc) (2) (a) (bb), S. 321.

254

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

keit nur berechtigt, solange sich diese thematisch auf Gegenstände aus dem Aufgabenbereich des Berichterstatters begrenzt. Für Bundes- und Landesregierungen ist der besondere verfassungsrechtliche Kompetenztitel der Staatsleitung zu beachten. Grundsätzlich zulässig, aber nicht wünschenswert ist das Bestehen von Doppelzuständigkeiten innerhalb dieses Systems. Hier ist der Gesetzgeber dazu aufgerufen, insbesondere in kritischen Bereichen durch exklusive Informationsaufgabenzuweisungen an eine staatliche Stelle ein Informationschaos auszuschließen.

III. Dritter Problemkreis: Berichterstattung unter dem Gebot der parteipolitischen Neutralität Es war bereits vielfältig vom Nutzen staatlichen Informationshandelns – und in diesem Zusammenhang vom Nutzen staatlicher Berichterstattung – die Rede. Als Mittel kommunikativer Auseinandersetzung ist staatliches Informationshandeln ein Mittel der Staatspflege, ermöglicht im Bereich staatlicher Selbstdarstellung die Kommunikation unpopulärer Maßnahmen, kann die Bürger über ihre Rechte aufklären oder über Gefahren informieren. Für staatliches Informationshandeln streiten damit Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip343 sowie im Bereich der Gefahrenabwehr die staatliche Schutzpflicht für Leib und Leben seiner Bürger. Die Teilnahme am öffentlichen Diskurs durch staatliche Stellen ist „nicht nur verfassungsrechtlich zulässig, sondern notwendig und gewünscht“ 344. Dem unbestreitbaren Nutzen staatlichen Informationshandelns können aber andere Rechte und Rechtsgüter von vergleichbarem Gewicht entgegenstehen und dem Einsatz staatlicher Informationsmittel Grenzen setzen. Eine solche Grenzziehung folgt regelmäßig aus einer Kollision der Ziele des staatlichen Informationshandelns mit einem Gebot staatlicher Neutralität. 1. Gebote staatlicher Neutralität im Recht Im geltenden Recht finden sich sowohl explizite als auch implizite Neutralitätsgebote in bereichsspezifischen Ausprägungen345. Ein staatliches Neutralitätsgebot lässt sich im Wesentlichen dadurch charakterisieren, dass in einem Konflikt, (Rechts-)Streit oder Wettbewerb Dritter staatlicherseits nicht zugunsten oder zulasten einer Konfliktpartei (sachwidrig) interveniert werden darf 346. Eine 343 Vgl. Engel, in: HbdStR, § 80 Rn. 5 zur Rechtfertigung von Öffentlichkeitsarbeit, der den Begriff aber im weiten Sinne verwendet und wohl staatliches Informationshandeln insgesamt meint. 344 Barczak, NVWZ 2015, 1014, 1015. 345 Gusy, NVWZ 2015, 700; Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 302. 346 Gusy, NVWZ 2015, 700, 703, der in dem Zusammenhang nur von einem Wettbewerbsverhältnis spricht. Ähnlich Schlaich, Neutralität als verfassungsrechtliches Prinzip, S. 221: „,Neutralität‘ (Hervorhebung im Original) beschreibt in einem ersten

III. Berichterstattung unter dem Gebot der parteipolitischen Neutralität

255

solche Intervention kann auch eine staatliche Informationshandlung sein: Das Werturteil einer mit staatlicher Autorität ausgestatteten Stelle kann die Erfolgschancen einer Konfliktpartei beeinträchtigen. Neutralitätsgebote dienen der Verhütung einer solchen Wettbewerbsverzerrung347. Ihre verfassungsrechtliche Wurzel finden solche Neutralitätsgebote häufig in Gleichheitsrechten und teilweise auch in Freiheitsrechten, soweit diese eine gleichheitsmäßige Freiheitsausübung im Wettbewerb gewährleisten348. Staatliche Neutralitätsgebote existieren etwa gegenüber Religionsgemeinschaften349, bei der Vergabe staatlicher Aufträge, im Verwaltungsverfahren, im Beamtenrecht und in der Rechtsprechung350. Von besonderer Bedeutung für staatliches Informationshandeln ist das Gebot staatlicher Neutralität im Stimmenwettbewerb politischer Parteien. 2. Das Gebot der parteipolitischen Neutralität Das Gebot parteipolitischer Neutralität wurde wesentlich durch eine Leitentscheidung des BVerfG konturiert351. Es folgt einerseits aus der besonderen Bedeutung des Wahlakts für die Demokratie, also aus dem Demokratieprinzip, Art. 20 Abs. 2 GG352. Im Wahlakt finden die Staatsorgane und alles Staatshandeln letztlich ihre demokratische Legitimation. Diese Legitimation kann nur begründet werden, wenn die Wahlen frei sind. Zu dieser freien Wahl gehört der freie offene Meinungsbildungsprozess, der letztlich zur Wahlentscheidung zugunsten einer Partei führt353. Um die Integrität des Wahlakts zu erhalten und um zu gewährleisten, dass die Willensbildung sich vom Volk zu den Staatsorganen vollzieht, ist es den Staatsorganen untersagt, sich mit politischen Parteien und Wettbewerbern zu identifizieren und sie unter Einsatz staatlicher Mittel zu unterstützen oder zu bekämpfen354. Zweite Grundlage des Gebots parteipolitischer Neutralität ist das verfassungsmäßige Recht der Wahlbewerber auf Chancengleichheit bei Wahlen, Art. 21 Grundgedanken, der ihre negative Ausrichtung heraushebt, die Nicht-Einmischung (Hervorhebung im Original)“. Zugleich betont Schlaich, Neutralität als verfassungsrechtliches Prinzip, S. 222 aber die Schwierigkeit, den Begriff der Neutralität definitorisch abschließend zu erfassen. Ähnlich auch Eder, Rote Karte gegen Spinner, S. 32–33. 347 Engel, in: HbdStR, § 80 Rn. 11. 348 Gusy, NVWZ 2015, 700, 701; vgl. auch Payandeh, Der Staat 55 (2016), 519, 544–547 zu einzelnen betroffenen Grundrechten. 349 BVerfGE 105, 279, 294 nimmt eine Pflicht des Staates an, „sich in Fragen des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses neutral zu verhalten“. 350 Gusy, NVWZ 2015, 700; Eder, Rote Karte gegen Spinner, S. 33–34; umfassend zu geltenden staatlichen Neutralitätsbindungen Schlaich, Neutralität als verfassungsrechtliches Prinzip, S. 44–120. 351 BVerfGE 44, 125; bestätigt in BVerfGE 63, 230. 352 BVerfGE 44, 125, 140. 353 BVerfGE 44, 125, 139. 354 BVerfGE 44, 125, 140–141.

256

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Abs. 1, 38 Abs. 1 GG355. In einem freiheitlich-demokratischen Staat muss eine Minderheit immer die Option haben, sich im Wettbewerb der politischen Meinungen durchzusetzen und zur Mehrheit zu werden. Gleiche Chancen im Wahlwettbewerb sind damit ein unabdingbares Element des freien Willensbildungsprozesses356. Eine die Chancengleichheit beeinträchtigende unterschiedliche Behandlung von Parteien ist ohne besonderen zwingenden Grund verfassungsrechtlich untersagt357. Das BVerfG hat auch staatliches Informationshandeln358 als grundsätzlich geeignet angesehen, in unzulässiger Art und Weise parteiergreifend auf den Wahlkampf einzuwirken359. Es hat daher vier Grenzen staatlichen Informationshandelns formuliert, die auch und teilweise ganz besonders für staatliche Berichterstattung gelten. Nur eine andeutungsweise Behandlung kann hier die Kritik erfahren, die das Urteil in der Literatur teilweise hervorgerufen hat. Die Entscheidung und ihre wesentlichen Inhalte waren nicht unstrittig360. Sie haben jedoch in der Rechtsprechung durch die Bank positive Rezeption und Zustimmung erfahren361, und auch das BVerfG lässt keine Anzeichen erkennen, an den Grundaussagen des Urteils Änderungen vorzunehmen362. Sie werden teilweise auch herangezogen, um an-

355

BVerfGE 44, 125, 144. BVerfGE 44, 125, 145. 357 BVerfGE 44, 125, 146. 358 Wenn das BVerfG von Öffentlichkeitsarbeit spricht, so dürfte damit staatliches Informationshandeln gemeint sein, wie es begrifflich in dieser Untersuchung zugrunde gelegt wurde, s. o. Kap. 3 I. 3. a), S. 142. 359 BVerfGE 44, 125, 147. 360 Zust. etwa Häberle, JZ 1977, 361: „ein Markstein in der Geschichte des deutschen Parlamentarismus“ m.w. N. zu zustimmenden Stimmen in den Medien in Fn. 1; zust. auch Seifert, DÖV 1977, 288; Prommer, Novellierungsbedarf, S. 206 spricht von einer „wegweisenden Entscheidung“; positiv wohl auch Peilert, in: Verfassungsrechtsprechung, S. 293, 298; kritisch dagegen Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 367–397; Engel, in: HbdStR, § 80 Rn. 41: „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist zu einseitig“; kritisch auch Hufen, LKRZ 2007, 41, 45; vgl. zur Kritik an dem Urteil auch das abweichende Votum des Richters Rottmann, BVerfGE 44, 125, 181–197; in eine andere Richtung kritisch äußert sich Vierhaus, Umweltbewusstsein, S. 482–493, der ein umfassendes Verbot selbstdarstellerischer Öffentlichkeitsarbeit fordert und dem das BVerfG nicht weit genug gegangen ist. 361 Vgl. die Nachweise bei Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 44 Fn. 85; aus jüngerer Zeit VerfGH Saarland, Urteil v. 29.09.2011 – Lv 4/11 –, Rn. 152, zitiert aus juris; VerfGH Saarland, NVWZ-RR 2010, 785; VerfGH RLP, Beschluss v. 21.05.2014 – VGH A 39/14 –, Rn. 17, 20–25, zitiert aus juris; OVG Weimar, Urteil v. 26.02.2009 – 2 KO 238/08 –, Rn. 44–55, zitiert aus juris; VG Meiningen, Gerichtsbescheid v. 06.05.2009 – 2 K 112/09 Me –, Rn. 25, zitiert aus juris. 362 Vgl. jüngst die Entscheidungen BVerfG NVWZ 2014, 1156, 1158 und BVerfG NVWZ 2015, 209, 210–211, wo die Kernaussagen von BVerfGE 44, 125 zur Entwicklung des Prüfungsmaßstabs herangezogen werden. 356

III. Berichterstattung unter dem Gebot der parteipolitischen Neutralität

257

dere Neutralitätspflichten zu konkretisieren363. Auch in der Literatur dominieren mittlerweile Diskussionen darüber, wann die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze anzuwenden sind364, ob und wie sie auf andere Staatsorgane als die Regierung übertragen werden können365 und wie in dem Zusammenhang mit anderen Informationsinstrumenten umzugehen ist366. Daher wird hier lediglich die Rechtsprechung des BVerfG rezipiert und unter besonderer Berücksichtigung berichtsspezifischer Probleme ihre Anwendung erörtert367. a) Anwendungsbereich Die Grenzen der politischen Neutralität sind nur auf staatliche Stellen anwendbar. Diese Selbstverständlichkeit wird in der Handhabung komplexer, wenn man in Rechnung stellt, dass insbesondere einzelne Amtsträger in der Regel zeitgleich Parteimitglieder oder selbst Wahlbewerber sind und als solche wie jeder andere Bürger auch das Recht haben, sich an öffentlichen Auseinandersetzungen zu beteiligen und als Parteimitglieder Wahlwerbung zu betreiben368. Die Abgrenzung, ob ein Amtsträger Äußerungen in eben dieser Rolle oder als Parteipolitiker bzw. Privatmann spricht, erfordert eine Prüfung im Einzelfall. Abgrenzungskriterien sind etwa der Rückgriff auf die mit dem Amt verbundene Autorität, die Verwendung von Staats- und Hoheitszeichen, der Einsatz von Sach- oder Finanzmitteln oder auf inhaltlicher Ebene das Tätigen von Äußerungen, die nur mit der spezifischen Stellung als Amtsträger erfolgen können369. Berichterstattung erweist sich vor diesem Hintergrund als vergleichsweise unproblematisch in ihrer Zuordnung: Soweit es sich um amtliche Publikationen 363 Etwa OVG Koblenz NVWZ-RR 2013, 853, 854–855, wo die Grundaussagen der BVerfG-Judikatur zur Konkretisierung der beamtenrechtlichen parteipolitischen Neutralitätspflicht herangezogen werden. 364 Siehe dazu hinsichtlich der personalen Zuordnung einer Äußerung sogleich Kap. 4 III. 2. a), S. 257. 365 Jüngst wurde dies diskutiert für den Bundespräsidenten, vgl. BVerfG NVWZ 2014, 1156–1159; Barczak, NVWZ 2015, 1014, 1019–1020; ausführlich Eder, Rote Karte gegen Spinner, S. 64–116. 366 Mandelartz, DÖV 2009, 509, 516–517, der mit Blick auf strukturelle Unterscheidungen etwa einen Tag der offenen Tür aus dem Anwendungsbereich bestimmter Grenzen ausscheiden lassen möchte. 367 Eine grundsätzliche methodische Kritik findet sich bei Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 367–397 und Engel, in: HbdStR, § 80 Rn. 14–44. 368 BVerfG NVWZ 2015, 209, 213; Barczak, NVWZ 2015, 1014, 1015; treffend Studenroth, AöR 125 (2000), 257, 269: „Derjenige, der zufällig auch Amtsinhaber ist, verfügt über die gleichen Rechte wie derjenige, der es zufällig (noch) nicht ist“. Kritisch gegen diese strikte Trennung von Amtsträger und Privatperson Payandeh, Der Staat 55 (2016), 519, 529, 534–537. 369 Zu den Kriterien Studenroth, AöR 125 (2000), 257, 272–276; Barczak, NVWZ 2015, 1014, 1016; Mandelartz, DÖV 2015, 326, 327–328; kritisch gegen diese Kriterien Payandeh, Der Staat 55 (2016), 519, 541.

258

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

handelt, gehören diese in die Sphäre staatlichen Handelns370. Berichte werden in der Regel auch nicht von einzelnen Amtsträgern, sondern von Behörden insgesamt unter Einsatz von Sach- und Personalmitteln abgegeben. Auch Berichte, die gegenüber dem Parlament abgegeben werden, sind problemlos dem Amtsträger in seiner spezifischen Funktion zuzuordnen: Regierungsmitglieder oder der BfDI berichten dem Parlament als Minister bzw. Beauftragter, nicht als Privatmann oder Parteifunktionär. Berichte, die von Amtsträgern erstattet werden, stützen sich darüber hinaus auch inhaltlich auf die Autorität des Amtes und die durch dieses Amt zur Verfügung stehenden Informationen371. Im Bereich der Berichterstattung sind Abgrenzungsschwierigkeiten daher in aller Regel nicht zu befürchten. b) Die vier Grenzen der politischen Neutralität Ist geklärt, dass eine Informationshandlung der staatlichen Sphäre zuzuordnen und daher den aus dem Gebot der parteipolitischen Neutralität folgenden Regeln unterworfen ist, so ergeben sich vier Grenzen372 für staatliches Informationshandeln. Es bietet sich an, diese nach ihrer temporären Geltung zu differenzieren: Zwei Grenzen gelten absolut, zwei Grenzen lediglich relativ-temporär in der Vorwahlzeit373. aa) Absolute Grenzen Als absolute Grenzen werden hier solche bezeichnet, die unabhängig von einer zeitlichen Nähe zu Wahlterminen Geltung beanspruchen. (1) Absolut-formelle Grenze Als absolut-formelle374 Grenze kann das Verbot bezeichnet werden, im Rahmen staatlichen Informationshandelns Publikationen derart zu gestalten, dass der

370

BVerfG NVWZ 2015, 209, 213; Studenroth, AöR 125 (2000), 257, 274. Vgl. Barczak, NVWZ 2015, 1014, 1016, nachdem die Neutralitätspflicht etwa dann gilt, wenn ein Amtsträger sich auf von seiner Behörde erhobene Zahlen stützt. 372 Teilweise wird in dieser Aufzählung auch noch die sog. „kompetenzielle Grenze“ erwähnt, vgl. etwa Mandelartz, DÖV 2009, 509, 516; Mandelartz, LKRZ 2010, 371, 372. Hierzu wurde im Rahmen des 2. Problemkreises der Berichtskompetenz das Notwendige bereits gesagt, s. o. Kap. 4 II., S. 240. 373 Diese Aufteilung, die in dieser Eindeutigkeit nicht überall gezogen wird (z. B. fehlt sie bei Prommer, Novellierungsbedarf, S. 210), wird durch das BVerfG ausdrücklich angelegt, vgl. BVerfGE 63, 230, 245, wo ausgeführt wird, dass bis zum Beginn der Vorwahlzeit die allgemeinen Regeln zur Zulässigkeit staatlicher Öffentlichkeitsarbeit einen ausreichenden Schutz des Meinungsbildungsprozesses gewährleisten; so auch Häberle, JZ 1977, 361, 366; Mandelartz, LKRZ 2010, 371, 372–373. 374 Terminologisch angelehnt an Mandelartz, LKRZ 2010, 371, 372, der dies als „formale Neutralitätsgrenze“ bezeichnet. 371

III. Berichterstattung unter dem Gebot der parteipolitischen Neutralität

259

informative Gehalt eindeutig hinter die reklamehafte Aufmachung zurücktritt375. Anzeichen dafür sind eine hohe Dichte von Bildern etwa der Regierungsmitglieder und das positive Betonen ihrer persönlichen Qualitäten376. Staatliches Informationshandeln darf nicht unter Vortäuschung der Befriedigung eines Informationsinteresses zur Sympathiewerbung für einzelne Amtsträger werden. Ein gewisses Maß an Adressatenorientierung im Sinne einer ansprechenden Gestaltung bleibt aber zulässig und zur Erlangung von Aufmerksamkeit in der Mediendemokratie notwendig377. Insbesondere an die Öffentlichkeit adressierte Berichte in Hochglanzbroschüren neigen hier zur Ausreizung der verfassungsrechtlichen Grenzen. Ein gutes Beispiel dafür ist der 18. Bericht zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik 2013/2014 der Bundesregierung378, der eine Vielzahl von Bildern des amtierenden Ministers – immer in Gegenwart lachender und zufriedener Menschen – zeigt, ihn regelmäßig zitiert und kein kritisches Wort zur eigenen Politik verliert. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass derartige Jubel-Publikationen die Seriosität staatlichen Informationshandelns gefährden und daher auch funktional kontraproduktiv sind379. Dies kommt zu den durch die Sympathiewerbung für den amtierenden Minister resultierenden potenziellen Schäden für die Chancengleichheit der Parteien hinzu. (2) Absolut-inhaltliche Grenze Ein absolut-inhaltliches Verbot gilt für jede Veröffentlichung, die die Regierung oder allgemeiner das Amt als von gewissen Parteien getragen darstellt und für diese Parteien wirbt oder umgekehrt Oppositionsparteien und konkurrierende Wahlbewerber herabwürdigt380. In dem Zusammenhang ist es ebenfalls unzulässig, wenn eine Regierung zum Ausdruck bringt, personell im Amt bleiben zu wollen. Ein Indiz in diese Richtung könne eine Information über die eigene Leistung sein, verbunden mit dem als Versicherung, der informierende Amtsträger gewährleiste eine sichere Zukunft, getarnten Appell zur Wahl des Amtsträgers381. 375

BVerfGE 44, 125, 150–151. BVerfGE 44, 125, 151. 377 VerfGH RLP, NVWZ 2007, 200, 201; zust. Hufen, LKRZ 2007, 41, 44–45; allgemein zur Bedeutung der Gestaltung Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 73–74. 378 Der Bericht kann unter https://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/content blob/670488/publicationFile/205472/AKBP-Bericht_2013-2014.pdf (Stand: 09.01.2017) abgerufen werden. 379 Mandelartz, DÖV 2009, 509, 515 Fn. 60; besonders kritisch Vierhaus, Umweltbewusstsein, S. 494–495: „Das Aussehen des jeweiligen Amtsinhabers stellt weder eine Sachinformation dar, noch erhöht es die Transparenz oder Publizität des Staatshandelns“. In der Folge wird ein absolutes Verbot des Einsatzes von Lichtbildern gefolgert, Vierhaus, Umweltbewusstsein, S. 496. 380 BVerfGE 44, 125, 150. 381 BVerfGE 44, 125, 150. 376

260

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Berichterstattung eignet sich insbesondere in Form der Tätigkeitsberichtserstattung, teilweise aber auch in Form der Erfahrungsberichterstattung bei der Evaluation staatlicher Maßnahmen, dazu, die eigene Tätigkeit positiv darzustellen382. Im Rahmen ihrer Informationstätigkeit haben amtliche Berichterstatter alle Äußerungen zu unterlassen, die direkt oder indirekt eine Fortsetzung der eigenen guten Leistungen in Zukunft in den Raum stellen und dadurch implizit einen Wahlaufruf für den berichterstattenden Amtsträger oder die berichterstattende Regierung beinhalten. Davon ausdrücklich nicht erfasst ist die sachlichneutrale Ankündigung und Erläuterung geplanter zukünftiger Maßnahmen383. Die absolut-inhaltliche Grenze gerät vor allem unter Spannung bei der kritischen Auseinandersetzung von Amtsträgern mit Parteien, die verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen. Eine Verletzung kommt insbesondere in Betracht, wenn Regierungsmitglieder konkurrierende Parteien (nachhaltig) verfassungsfeindlicher Bestrebungen bezichtigen und dies auf sachfremden Beweggründen beruht384. Für staatliche Berichterstattung ist dies wohl lediglich für die Verfassungsschutzberichterstattung relevant. Hier regelt § 16 Abs. 2 BVerfSchG bereits, dass eine Berichterstattung nur bei hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkten für das Vorliegen von verfassungsfeindlichen Bestrebungen zulässig ist. Bei Vorliegen dieser Anhaltspunkte ist eine Berichterstattung nicht sachfremd. bb) Temporäre Grenze Die temporären Grenzen des aus der Chancengleichheit der Parteien folgenden Neutralitätsgebots gelten nicht zeitlich unbeschränkt, sondern nur in relativer Nähe zu einem Wahltermin. Dahinter steht der Gedanke, dass staatliches Informationshandeln insbesondere dann die Chancengleichheit der Parteien beeinflussen kann, wenn es unmittelbar vor der Wahlentscheidung Einfluss auf die Wähler zu nehmen versucht. In der heißen Wahlkampfphase befindet sich der freie und offene Willensbildungsprozess auf der Zielgeraden385 und wird daher durch weitere Grenzen geschützt. Andersherum formuliert: An sich mit der Chancengleichheit der Parteien vereinbare – also inhaltlich und formell neutrale – Infor-

382 383 384

Siehe zu den Berichtsarten oben Kap. 2 I. 2. b), S. 44. Zur Planungsfunktion staatlicher Berichterstattung s. o. Kap. 2 I. 6. b) dd), S. 58. Barczak, NVWZ 2015, 1014, 1019 m.w. N. zur Rechtsprechung in diesem Be-

reich. 385 Es ist wohl mittlerweile anerkannt, dass immer mehr Wähler ihre Wahlentscheidung erst unmittelbar vor dem Wahltermin treffen. Das Risiko von Verzerrungen im Stimmenwettbewerb ist unmittelbar in Wahlnähe also besonders erhöht. Davon geht auch das BVerfG aus, vgl. BVerfGE 44, 125, 152: „Je näher die Veröffentlichungen an den Beginn der ,heißen Phase‘ (Hervorhebung im Original) des Wahlkampfs heranrücken, desto weniger können ihre Auswirkungen auf das Wahlergebnis ausgeschlossen werden“. So auch Eder, Rote Karte gegen Spinner, S. 61.

III. Berichterstattung unter dem Gebot der parteipolitischen Neutralität

261

mationshandlungen können aufgrund zeitlicher Nähe zu einem Wahltermin unzulässig werden386. Ein eindeutiger Zeitpunkt, ab wann die Vorwahlphase beginnt und damit die temporären Grenzen gelten, lässt sich nicht pauschal bestimmen387. Als Orientierungspunkt jedenfalls für Bundestagswahlen, welcher häufig als Stichtag verwendet wird388, hat sich das Datum etabliert, an dem durch den Bundespräsidenten der Wahltag festgelegt wird, § 16 BWahlG389. Eine Vereinbarung der Pressesprecher von Bund und Ländern und eine daran anknüpfende Staatspraxis haben sich auf eine Vorwahlzeit von fünf Monaten verständigt390. Im Einzelfall können aus sachlichen Gründen andere Zeiträume zu veranschlagen sein391. Ohnehin dürfte es, bei allen Nachteilen, die dieses Vorgehen für die Rechts- und Planungssicherheit der staatlichen Informationsakteure hat, vorzuziehen sein, nicht pauschal von einem starren für jeden Wahlkampf geltenden Zeitraum auszugehen392, sondern einzelfallabhängig zu entscheiden und die Anforderungen graduell zu erhöhen, je näher die Informationshandlung dem Wahltermin kommt393. Befindet man sich in der Vorwahlzeit, so gelten für staatliche Akteure zusätzlich eine quantitative und eine qualitative Grenze. (1) Temporär-quantitative Grenze Die quantitative Grenze kann man mit dem BVerfG wie folgt charakterisieren: „Als Anzeichen für eine Grenzüberschreitung zur unzulässigen Wahlwerbung kommt weiterhin ein Anwachsen der Öffentlichkeitsarbeit in Wahlkampfnähe in Betracht“ 394. Diese Grenze erklärt sich vor dem Hintergrund, dass innerhalb der allgemeinen rechtlichen Grenzen und der insgesamt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel eine Regierung grundsätzlich selbst entscheiden kann, ob und inwieweit sie im Wege staatlichen Informationshandelns Selbstdarstellung betreibt oder zu öffentlichen Fragen Stellung nimmt. In unmittelbarer Wahlkampfnähe sieht das BVerfG auch bei sachlich-neutralen Informationsmaßnahmen ei386

Studenroth, AöR 125 (2000), 257, 267–268. BVerfGE 44, 125, 153. 388 Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 348. 389 BVerfGE 44, 125, 153; BVerfGE 63, 230, 245. 390 Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 348; Mandelartz, LKRZ 2010, 371, 373. 391 VerfGH Saarland, Urteil v. 01.07.2010 – Lv 4/09 –, Rn. 75, zitiert aus juris: Drei Monate; kritisch gegen eine Frist von drei Monaten Mandelartz, LKRZ 2010, 371, 373; einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten grundsätzlich für ausreichend hält dagegen Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, 350–351; wohl ebenfalls für eine eher flexible Handhabung Payandeh, Der Staat 55 (2016), 519, 540. 392 So aber Mandelartz, LKRZ 2010, 371, 373. 393 VerfGH RLP, NVWZ-RR 2014, 665, 666; Barczak, NVWZ 2015, 1014, 1019; Gusy, NVWZ 2015, 700, 703–704. 394 BVerfGE 44, 125, 151. 387

262

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

nen potenziellen Missbrauch, wenn diese in massiv gehäufter Form etwa zu Wahlkampfthemen erfolgen395. Aufgrund ihres Zugriffs auf die Ressourcen des Regierungsapparats könnten Regierungsparteien schon mengenmäßig eine Informationsdominanz erlangen und die Opposition und ihre abweichenden Vorstellungen und Auffassungen durch schiere Masse ,überfluten‘ und untergehen lassen396. Ein Missbrauch neutraler Informationen zu Wahlkampfzwecken wird in diesem Zusammenhang dadurch indiziert, dass die Frequenz staatlichen Informationshandelns ohne erkennbaren Anlass in Wahlkampfnähe massiv erhöht wird. Ein Zusammenhang zwischen Wahltermin und dem plötzlichen Anwachsen der Informationstätigkeit ist dann naheliegend397. (2) Temporär-qualitative Grenze Eine weitere wahlkampfbedinge Grenze ist die an den Inhalt anknüpfende qualitative Grenze. Sie bezieht sich auf die staatliche Selbstdarstellung und geht einen Schritt über die absolut-inhaltliche Grenze hinaus: Generell unzulässig ist eine mit einer Wiederwahlaufforderung verbundene Selbstdarstellung398. In zeitlicher Nähe zum Wahltermin hat das BVerfG aber auch schon die bloße neutrale Information über Leistungen und Erfolge der Regierung für unzulässig erklärt, „insbesondere in Form von sogenannten Arbeits-, Leistungs- und Erfolgsberichten“ 399. Durch die besondere Nähe zum Wahlzeitpunkt sei ein Einwirken auf die Wahlentscheidung der Bürger zu befürchten, was letztlich auf ein parteiergreifendes Einwirken in den Wahlkampf zugunsten der amtierenden Regierung herauslaufe. Auch solche Veröffentlichungen hätten in der heißen Wahlkampfphase in aller Regel den Charakter von Werbemitteln zugunsten der Regierungsparteien400. Derartig „bilanzierende Veröffentlichungen“ 401, wie es typischerweise Tätigkeits- und Erfahrungsberichte sind, werden ohne Rücksicht auf den Umfang ihrer Verbreitung untersagt. Es ist nicht Aufgabe einer Regierung im Wahlkampf, ihre Leistungen amtlich zu bewerten. Die Diskussion der Regierungsbilanz ist Gegenstand des freien Diskurses und dem Meinungsbildungsprozess im Wahlkampf überlassen, an welchem sich die Regierungsmitglieder und Amtsträger als Privatpersonen beteiligen und dort auch über ihre Leistungen im Amt zulässigerweise berichten können402. 395

Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 355. Ähnlich Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 329, der von einem „massiven Überraschungsangriff auf den politischen Gegner“ spricht. 397 Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 329 Fn. 86. 398 s. o. Kap. 4 III. 2. b) aa) (2), S. 259. 399 BVerfGE 44, 125, 152. 400 BVerfGE 44, 125, 152; pointiert Vierhaus, Umweltbewusstsein, S. 498: „Für eine staatsfinanzierte schönfärberische Regierungsgeschichtsschreibung fehlt es an einer verfassungsrechtlichen Legitimation“. 401 Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 352. 402 Studenroth, AöR 125 (2000), 257, 275–276. 396

III. Berichterstattung unter dem Gebot der parteipolitischen Neutralität

263

c) Ausnahmen Insbesondere für die temporären Grenzen kommen teilweise Ausnahmen in Betracht. Das BVerfG selbst hat ausdrücklich Raum für Ausnahmen gelassen, indem es „informierende wettbewerbsneutrale Veröffentlichungen aus akutem Anlaß“ 403 von den aufgestellten Beschränkungen ausgenommen hat404. aa) Sachliche Information aus akutem Anlass An der Ausnahme für sachlich-wettbewerbsneutrale Veröffentlichungen aus akutem Anlass zeigt sich, dass der Entscheidung des BVerfG letztlich eine Abwägungsentscheidung zwischen den Vorteilen staatlichen Informationshandelns und den potenziellen Risiken einer Stimmenverzerrung bei Wahlen und daraus folgenden Schäden für die Chancengleichheit der Parteien zugrunde liegt. Nicht umsonst spricht das BVerfG hinsichtlich seiner Grenzen von Indizien, Hinweisen und Anzeichen für eine unzulässige Wahlbeeinflussung405. Ist eine Information wettbewerbsneutral gehalten und aus akutem Anlass geboten, mag sie zwar immer noch geeignet sein406, Einfluss auf die freie Willensbildung zu nehmen, aber in solchen Fällen überwiegt das Interesse der Gesellschaft an der Durchführung der Informationshandlung. Dies ergibt sich zum einen aus dem akuten Anlass, der ein erhöhtes Interesse an der Durchführung der Informationshandlung begründen kann, und zum anderen aus der neutralen Gestaltung, die eine vergleichsweise weniger influenzierende Wirkung auf den Wahlakt haben dürfte als eine anlasslose Werbemaßnahme407. Aus akutem Anlass geboten sind vor allem solche Maßnahmen, deren Verschiebung bis nach einer Wahl zu einer Verfehlung der Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit führen würde408. Die Anforderungen an einen akuten Anlass werden dabei nicht allzu hoch angesetzt, es bedarf keines nationalen Notstands. Das BVerfG hat es etwa ausreichen lassen, wenn eine Änderung an der Rechtslage vorgenommen und diese durch amtliche Informationen erläutert wurde409. Darüber hinaus kommen auch die Replik auf einen kommunikativen Angriff auf die Politik der Regierung410 oder nach teilweise 403

BVerfGE 44, 125, 153. BVerfGE 44, 125, 153. 405 BVerfGE 44, 125, 150–151. 406 BVerfGE 44, 125, 140: „Politisches Programm und Verhalten der Staatsorgane wirken unablässig auf die Willensbildung des Volkes ein und sind selbst Gegenstand der Meinungsbildung des Volkes“. 407 Ähnlich Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 362, der noch weiter geht und bei reinen Tatsachenmitteilungen oder Warnungen und Empfehlungen davon ausgeht, dass diese in der Regel keinerlei wahlwerbende Wirkung haben. 408 Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 362. 409 BVerfGE 63, 230, 246. 410 Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 363. 404

264

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

vertretener Ansicht die Antwort auf eine konkrete Frage im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung in Betracht411. bb) Bereichsausnahme für Information zur Erfüllung von Staatsaufgaben? Aus dem Bisherigen lässt sich ersehen, dass die vom BVerfG gezogenen Grenzen auf eine Prüfung, Bewertung und Abwägung im Einzelfall zielen und insbesondere sachlich-neutrale Informationen aus akutem Anlass zulassen. Eine vom VerfGH NRW412 begründete Strömung versucht, die Handhabung dieser Grundsätze durch eine gewisse Pauschalierung zu vereinfachen. Der VerfGH NRW hat angeknüpft an die Differenzierung zwischen Informationen über Staatstätigkeit und Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben. Die streitgegenständlichen Müllspartipps wurden als Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben bewertet. Die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze seien auf derartiges Informationshandeln nicht anwendbar413. Dies läuft letztlich auf die Anerkennung einer Bereichsausnahme hinaus: Information zur Erfüllung von Staatsaufgaben werden jedenfalls von den temporären Grenzen im Vorwahlkampf ausgenommen. Die Zweiteilung in staatstätigkeitsbezogene und aufgabenerfüllende Informationshandlungen findet hinsichtlich der aus dem Gebot der parteipolitischen Neutralität folgenden Grenzen, insbesondere auch der nur temporär im Vorwahlkampf geltenden Grenzen, keine Stütze in der Judikatur des BVerfG414. In seiner späteren Rechtsprechung zu amtlichen Warnungen415 hat das BVerfG derartige Informationshandlungen nicht aus dem Anwendungsbereich dieser Grenzen ausgenommen416. Zwar hat das BVerfG die Rechtsprechung des VerfGH NRW aufgenommen, aber nur um festzustellen, dass staatliches Informationshandeln mehr sei als staatliche Selbstdarstellung417. Solche Informationshandlungen wurden aber nicht von den Neutralitätsgrenzen ausgenommen, die Grenzen wurden vielmehr im konkreten Fall schlicht nicht geprüft. In anderen Fällen hat das BVerfG 411 So Mandelartz, DÖV 2015, 326, 328, der es für politisch unmöglich hält, unter Berufung auf die Regeln der Vorwahlzeit eine Antwort zu verweigern; a. A. implizit VerfGH RLP, NVWZ-RR 2014, 665, 667–668, wo die strengen Maßstäbe der Vorwahlzeit auch auf Äußerungen in einer Diskussionsveranstaltung angewandt werden. 412 VerfGH NRW, NVWZ 1992, 467. 413 VerfGH NRW, NVWZ 1992, 467, 468–469; zustimmend Palm, in: FS VerfGH NRW, S. 319, 327–331; i. E. ebenso Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 89– 90, ohne auf diese Entscheidung einzugehen; für „regierungsamtliche Öffentlichkeitsarbeit“, also für Information über Staatstätigkeit hält die Kampagne dagegen Mandelartz, DÖV 2009, 509, 513. Die grundsätzliche Zweiteilung befürwortet Mandelartz allerdings auch, er kommt nur im konkreten Fall zu einem anderen Ergebnis. 414 So auch Schürmann, NVWZ 1992, 852, 853. 415 Gemeint sind die Entscheidungen BVerfGE 105, 252 und BVerfGE 105, 279. 416 A. A. Peilert, in: Verfassungsrechtsprechung, S. 293, 297. 417 BVerfGE 105, 252, 269; BVerfGE 105, 279, 302.

III. Berichterstattung unter dem Gebot der parteipolitischen Neutralität

265

Maßnahmen, die gut als Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben bewertet werden können, anhand der von ihm entwickelten Maßstäbe geprüft418. Das BVerfG zumindest scheint also davon auszugehen, dass die Neutralitätsgrenzen für jedes staatliche Informationshandeln gelten. Die Tatsache, dass der VerfGH NRW de facto von der Rechtsprechung des BVerfG abgewichen ist, ist für sich allein allerdings kein zwingender Grund, die konstruierte Bereichsausnahme für aufgabenerfüllendes Informationshandeln abzulehnen. Eine pauschale Abgrenzung wäre zumindest vorteilhaft hinsichtlich der Rechtssicherheit, sodass staatliche Stellen die Zulässigkeit ihrer Informationshandlungen leichter antizipieren könnten. Der VerfGH NRW hat seine Differenzierung eher handlungsformenorientiert begründet. Grundsätzlich sei unabhängig von der jeweiligen Handlungsform jede Maßnahme der Regierung, also z. B. das Einbringen eines populären Gesetzesentwurfs, geeignet, die Chancen der Regierung in Wahlnähe zu erhöhen. Vergleichbare Maßnahmen könne die Opposition ebenfalls vornehmen. Es müsse gewährleistet sein, dass eine Regierung bis zum Ablauf ihrer Amtszeit in vollem Umfang handlungsfähig bleibe und alle potenziell zur Verfügung stehenden Handlungsformen nutzen könne419. Für diese Differenzierung wurde außerdem angeführt, dass eine andere Entscheidung letztlich darauf hinausliefe, jedes staatliche Informationshandeln in Wahlkampfnähe in Hinsicht darauf justiziabel zu machen, ob ein akuter Anlass für dieses Handeln bestanden habe, was einerseits die Gerichte überfordere und andererseits die Eigenständigkeit der Exekutive im Sinne der Gewaltenteilung in Frage stelle420. Letztlich können diese Argumente nicht überzeugen. Zunächst einmal wäre eine Bereichsausnahme nur scheinbar rechtssicherer als die Einzelfallprüfung des BVerfG. Es wurde bereits umfassend ausgeführt, dass eine eindeutige Zuordnung einer Informationshandlung entweder zur Information über Staatstätigkeit oder zur Information zur Erfüllung von Staatsaufgaben nicht möglich ist, sondern dass praktisch für jede Informationsmaßnahme Doppelwirkungen möglich und in der Regel vorhanden sind421. Ist man mit dem VerfGH NRW zu einer klaren Abgrenzung gezwungen, so muss diese letztlich an der Wirkungsdiversität staatlichen 418 Z. B. BVerfGE 63, 230, wo Anzeigen und Broschüren geprüft und im Ergebnis für zulässig erklärt wurden, die der Erläuterung einer neuen Rechtslage dienten. Die Erläuterung von Gesetzen ist aber nicht nur Selbstdarstellung, sondern auch Aufklärung, vgl. Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 24. Aufklärung wiederum ist Erfüllung von Staatsaufgaben, weshalb nach Auffassung des VerfGH NRW diese Maßnahmen überhaupt nicht hätten geprüft werden dürfen. Weitere Beispiele benennt Schürmann, NVWZ 1992, 852, 853 in Fn. 27. 419 VerfGH NRW, NVWZ 1992, 467, 468–469. 420 So Palm, in: FS VerfGH NRW, S. 319, 331. Hier tritt der Bruch mit der Rechtsprechung des BVerfG besonders deutlich zu Tage, denn dieses hatte eben einen akuten Anlass verlangt. 421 s. o. Kap. 3 II. 3. c), S. 184.

266

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Informationshandelns scheitern. Es werden also durch diese Bereichsausnahme keine klaren Abgrenzungen ermöglicht, sondern schwierige Wertungsfragen des Einzelfalls nur auf eine andere Ebene verschoben. Relevanter erscheint dagegen das Argument, eine Regierung müsse grundsätzlich bis zum Ablauf einer Legislaturperiode voll handlungsfähig bleiben. Dem steht jedoch das Modell des BVerfG nicht entgegen. Die wettbewerbsneutrale Informationstätigkeit aus akutem Anlass wird seitens des BVerfG zugelassen, und an den Anlass werden keine hohen Anforderungen gestellt422. Es ist nicht einmal ausgeschlossen, dass auch bei Anwendung der Maßstäbe des BVerfG die Müllkampagne für zulässig hätte bewertet werden können. Der Vorteil der Lösung des BVerfG liegt in der Einzelfallgerechtigkeit, die durch eine Einzelfallbewertung hergestellt werden kann. Denn es ist durchaus denkbar, dass auch sachliche Informationen chancenverzerrend in den Wahlkampf einwirken, obwohl es keinen dringenden Grund gegeben hat, sie vor einem Wahltermin zu publizieren und daher kein überwiegendes Interesse an der Informationsmaßnahme bestanden hat423. Einer solchen Abwägungslösung verweigert sich der VerfGH NRW durch die Annahme eines pauschalen Überwiegens des Interesses an der Aufgabenerfüllung. Damit werden wesentliche Wirkungen staatlichen Informationshandelns ausgeblendet. Die differenzierte Lösung des BVerfG, die auch schwerpunktmäßig aufgabenerfüllende Informationen grundsätzlich den Grenzen des aus der Chancengleichheit der Parteien folgenden Neutralitätsgebots unterwirft, ermöglicht demgegenüber ein sachlich angemessenes Vorgehen im Einzelfall. Dieses ist auch für staatliche Berichterstattung angezeigt, die abhängig vom jeweiligen Einzelfall sowohl auf Information über Staatstätigkeit als auch auf Aufgabenerfüllung gerichtet sein kann424. Selbst wenn man dies anders sehen und staat422

s. o. Kap. 4 III. 2. c) aa), S. 263. Gerade diese Fälle stehen gedanklich hinter den vom BVerfG gesetzten temporären Grenzen: Solche Informationen sind grundsätzlich zulässig und wünschenswert, in unmittelbarer Wahlnähe kann ihr Nutzen im Einzelfall aber hinter den Schäden für die Chancengleichheit der Parteien zurückbleiben und aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Einschränkung geboten sein. Gerade durch eine ausufernde aufgabenerfüllende Informationstätigkeit in der Vorwahlzeit kann eine Regierung sich als besonders zupackend darstellen, eine Erhöhung der Auflage oder des Umfangs kann daher Wahlwerbung indizieren, vgl. Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 364. Entgegen Palm, in: FS VerfGH NRW, S. 319, 330 liegt in der Wirkung der Information durchaus ein Unterschied zu anderen Maßnahmen: Staatliche Informationshandlungen zielen auf eine intellektuelle Einwirkung und werden dazu der breiten Bevölkerung bekannt gemacht. Es geht also gerade um eine Wissens- und Willensveränderung bei den Bürgern. Hier ist die Gefahr einer gleichzeitigen Willensbeeinflussung des Wahlbürgers gegenüber anderen Maßnahmen eben doch erhöht. Dass jedes politische Handeln auf die Willensbildung der Bürger einwirken kann, hat das BVerfG bei seiner Entscheidung nicht verkannt, BVerfGE 44, 25, 140. Offensichtlich hat es aber die Informationstätigkeit einer Regierung als in solchem Maße die Chancengleichheit beeinträchtigend angesehen, dass für diese Tätigkeit besondere Grenzen zu gelten haben. 424 Zur Multifunktionalität von Berichterstattung s. o. Kap. 3 II. 2. a) aa) (1), S. 165. 423

III. Berichterstattung unter dem Gebot der parteipolitischen Neutralität

267

liches Informationshandeln zur Aufgabenerfüllung pauschal bis zum Wahltag uneingeschränkt zulassen wolle, so gäbe es darüber hinaus keinen zwingenden Grund, dies gerade für die Regierung zuzulassen. Es wäre genauso möglich, die Informationstätigkeit auf nachgeordnete Behörden zu delegieren. Dadurch würde das die Chancengleichheit der Parteien gefährdende Risiko, dass Informationshandeln sich in der Vorwahlzeit zugunsten der Regierung auswirkt, jedenfalls spürbar reduziert, weil in der Wahrnehmung der Bevölkerung die Verbindung von Maßnahme und Regierungsmitglied abgeschwächt wird425. Eine Notwendigkeit, dass gerade die im Wahlkampf stehende Regierung vollen Zugriff auf die Instrumente staatlichen Informationshandelns benötigt, besteht daher entgegen dem VerfGH NRW nicht. Damit bleibt noch der Einwand, die Prüfungsmaßstäbe des BVerfG würden Gerichte überfordern und die Eigenständigkeit der Exekutive gefährden426. Hinsichtlich der Überforderung der Gerichte haben sich, knapp 40 Jahre nach der Leitentscheidung des BVerfG, diese Sorgen nicht bestätigt. Insbesondere hinsichtlich der Frage, ob ein akuter Anlass vorlag, können die Gerichte unter Zugrundelegung der eher weichen Maßstäbe des BVerfG und bei einem gewissen Respekt vor einer Einschätzungsprärogative der Exekutive wertend entscheiden, ob ein sachlicher Grund für die Maßnahme vorgelegen hat427. Bei Einhaltung dieser Maßstäbe besteht auch kein Grund zur Besorgnis um die Eigenständigkeit der Exekutive. Es wurde bereits angedeutet, dass auch nach den Maßstäben des BVerfG eine im Ergebnis gleichlautende Entscheidung hätte ergehen können. Dennoch ist eine so kritische Betrachtung der Rechtsprechung des VerfGH NRW erforderlich. Das Problem liegt erneut in den auch an dieses Urteil anknüpfenden Versuchen, feste Handlungsformen staatlichen Informationshandelns zu etablieren, denen dogmatische Bedeutung zugesprochen wird428. Das ist insbesondere auch gut erkennbar an Untersuchungen staatlicher Warnungstätigkeit, bei denen pauschal zwischen Warnungen und Informationen über Staatstätigkeit (terminologisch dann häufig als regierungsamtliche Öffentlichkeitsarbeit bezeichnet) abgegrenzt wird, in denen das parteipolitische Neutralitätsgebot dann ausgeblendet wird429 oder nur auf 425 Vgl. zu diesem Ansatz Engel, in: HbdStR, § 80 Rn. 36, der zutreffend von „Entkopplung“ spricht. 426 Palm, in: FS VerfGH NRW, S. 319, 331. 427 Selbst der VerfGH NRW lässt eine solche Hintertür offen, indem er eine Missbrauchsgrenze zieht und auch Grenzen unterhalb der Missbrauchsschwelle erwägt, VerfGH NRW, NVWZ 1992, 467, 469. Damit erfolgt gleichzeitig eine Relativierung der vorher vorgenommenen Teilung in Informationen zur Aufgabenerfüllung und Informationen über Staatstätigkeit. 428 Erneut sei auf Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 74 und seine Auffassung der rechtsdogmatischen Anschlussfähigkeit der Typisierung der herrschenden Lehre verwiesen. 429 Z. B. Schneider, Staatliche Informationstätigkeit; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen. Diese Untersuchungen grenzen Aufklärung, Warnung und

268

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

derartig bestimmte selbstdarstellerische Informationen über Staatstätigkeit bezogen werden430. Zu den Risiken dieses Vorgehens wurde bereits einiges gesagt431. Pauschale Ausschlüsse, wie sie der VerfGH NRW mit seinem „terminologischen Kunstgriff“ 432 vorgenommen hat, sind abzulehnen. Stattdessen unterliegt grundsätzlich jedes staatliche Informationshandeln den vom BVerfG gezogenen Grenzen433, auch wenn schwerpunktmäßig aufgabenerfüllende Informationstätigkeit seltener in Konflikt mit diesen Grenzen geraten wird. cc) Zufälliger Zusammenfall von Wahlkampf und Berichterstattung Als weitere Ausnahme von den nur in der Vorwahlzeit geltenden Grenzen des Gebots der parteipolitischen Neutralität kommt ein zufälliger Zusammenfall von Informationstätigkeit und Vorwahlzeit in Betracht. Gemeint sind damit Fälle, in denen es der Informationsakteur nicht in der Hand hat, ob und wann er eine Informationsmaßnahme vornimmt. Das ist für staatliche Berichterstattung von besonderer Relevanz und an ihr wird zugleich deutlich, welche Fälle damit gemeint Empfehlung von regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit (i. S. v. Informationen über Staatstätigkeit) ab und verlieren zum Gebot der parteipolitischen Neutralität kein Wort, wenn sie die Rechtmäßigkeitsbedingungen derartigen Informationshandelns erläutern. Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 32 sagt sogar ausdrücklich, dass sie typenabhängig unterschiedlichen Rechtmäßigkeitsanforderungen unterliegen, behandelt dann aber das Gebot der parteipolitischen Neutralität zumindest noch auf einer halben Seite, Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 239; ähnlich R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 152; ähnlich auch und damit inkonsequent geht Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 167 vor, obwohl er ursprünglich die Differenzierung deutlich kritisiert hatte, vgl. Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 22–25. Der umgekehrte Fall ist bei Mandelartz, DÖV 2009, 509, 513 zu sehen, der „verbraucherbezogene Öffentlichkeitsaufklärung“ in der Vorwahlzeit pauschal für zulässig hält. Dieser Befund mag sich zum Teil aus den jeweiligen Untersuchungsschwerpunkten und -perspektiven der Arbeiten ergeben, zeigt aber dennoch die bedenkliche Tendenz auch in der Rechtswissenschaft, nach festen Typen staatlichen Informationshandelns zu differenzieren und unterschiedliche Rechtmäßigkeitsmaßstäbe an Informationsmaßnahmen anzulegen, abhängig von der Zuordnung zu einem entsprechenden Informationstypus. Hier zeigt sich die Neigung, diesen Typen Handlungs- oder gar Rechtsformcharakter zuzumessen, was aus den genannten Gründen zu wirklichkeitsfernen Annahmen führt, vgl. oben Kap. 3 II. 3., S. 176. 430 Etwa Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 311–448, der anknüpfend an eine Aufteilung in Öffentlichkeitsarbeit im Sinne von Informationen über Staatstätigkeit, Aufklärung, Empfehlungen und Warnungen unterschiedliche Rechtsfragen erörtert. 431 s. o. Kap. 3 II. 3. d) cc), S. 193. 432 Schürmann, NVWZ 1992, 852, 854. 433 So i. E. auch BVerfGE 63, 230, 246; implizit auch Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 363–364; Engel, in: HbdStR, § 80 Rn. 6, 36, wenn aufklärendes Handeln ebenfalls bewertet und keine Differenzierung zwischen Warnungen und Selbstdarstellung vorgenommen wird; wohl auch Gusy, NVWZ 2015, 700, 701, der ebenfalls keine typisierende Unterscheidung nach Informationsarten vornimmt; i. E. auch Eder, Rote Karte gegen Spinner, S. 150, 152.

III. Berichterstattung unter dem Gebot der parteipolitischen Neutralität

269

sind. Viele auf Beschluss oder Gesetz beruhende Berichtspflichten für die Bundesregierung sehen eine periodische Berichterstattung oder eine Berichterstattung zu einem bestimmten Zeitpunkt vor434. Wie ist es nun zu bewerten, wenn aufgrund solcher externer Vorgaben staatliche Berichterstattung in den Vorwahlzeitraum fällt? Solche Kollisionen von Berichtspflichten und Vorwahlzeiträumen wurden bisher, soweit dazu Stellungnahmen erfolgt sind, überwiegend für unproblematisch und die Informationstätigkeit für zulässig gehalten435, teilweise unter Heranziehung der Ausnahme des akuten Anlasses436. Problematisch hieran ist eine gewisse Missbrauchsmöglichkeit durch kollusives Zusammenwirken der Beteiligten. Zwar werden Berichtspflichten durch Beschluss oder Gesetz gegenüber der Bundesregierung durch das Parlament begründet, die Gestaltung dieser Pflichten liegt aber systembedingt in den Händen der die Regierung stützenden Mehrheitsparteien. Diese haben durch die entsprechende Ausgestaltung der Berichtspflichten nicht nur die Möglichkeit, der Regierung eine Plattform für sog. „Jubelberichte“ 437 zu geben438, sondern können durch kollusives Zusammenwirken mit der Regierung das Verbot von Erfolgsberichten in der Vorwahlzeit sogar ganz umgehen439. Solcher Missbrauch kann in zwei Formen vorliegen: Die Umgehung der Neutralitätsgrenzen durch Adressierung einer staatlichen Stelle statt der Öffentlichkeit oder die Konstruktion eines akuten Anlasses durch eine gesetzliche oder durch Beschluss begründete Berichtspflicht. (1) Umgehung durch parlamentarische Behandlung von Berichten? Die erste Missbrauchsmöglichkeit kann zu einer Umgehung führen, indem ein Regierungsbericht den ,Umweg‘ über das Parlament geht. Es ist wohl unbestrit434

Vgl. die Beispiele oben in den Kap. 2 Fn. 60–62 sowie in den Kap. 2 Fn. 64–66. Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 352, 362–363; wohl auch OVG Münster NVWZ-RR 1989, 149, 151, wenn für einen kommunalen Umweltzustandsbericht moniert wird, dass eine solche Pflicht zur Erstattung gerade in der Vorwahlzeit etwa durch einen entsprechenden Ratsbeschluss nicht vorgelegen hat; differenzierend Linck, DÖV 1979, 116, 123–124; weitergehend Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 181, der Berichte unbeschränkt für zulässig hält. 436 So Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 362–363, der jedenfalls gesetzliche Berichtspflichten unter diesen Begriff fasst. 437 Linck, DÖV 1979, 116, 118. 438 Linck, DÖV 1979, 116, 118; Maiwald, Berichtspflichten, S. 113. 439 Linck, DÖV 1979, 116, 123–124; Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 352; Ismayr, ZParl 21 (1990), 553, 554 hält eine genaue zeitliche Festlegung dagegen für geeignet, ein Zusammenfallen von Berichterstattung und Vorwahlzeit zu verhindern, da die Regierung nicht mehr über den wahltaktisch sinnvollen Berichtszeitpunkt entscheiden kann. Dieses Risiko dürfte allerdings vor dem Hintergrund der diesbezüglich strengen Rechtsprechung des BVerfG ohnehin eher gering sein. 435

270

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

ten, dass der Informationsaustausch zwischen Regierung und Parlament bis zum Ende der Legislaturperiode im vollen Umfang gewährleistet sein muss und dass die Regierung das Parlament aus eigener Initiative informieren kann. Es ist daher auch möglich, dass die Regierung in Eigeninitiative bis zum Ende der Wahlperiode Berichte an das Parlament erstattet. Hier ist zu differenzieren: Jedenfalls unzulässig ist, wenn ein solcher Bericht zwar formal an das Parlament adressiert wird, aber dann wahlwerbend ausgestaltet auch in der Öffentlichkeit aktiv verteilt wird440. Schwieriger zu bewerten ist der Fall, dass ein Bericht auf Druck der Mehrheitsfraktionen auf die Tagesordnung gesetzt wird und dadurch eine parlamentarische und folglich öffentlichkeitswirksame Behandlung erfährt441. Zwar mag die Öffentlichkeitswirksamkeit einer parlamentarischen Debatte sogar höher sein als die Wirkung einer reinen Verteilaktion der Regierung, jedoch findet im Parlament zugleich eine kritische Auseinandersetzung mit den Berichtsinhalten durch die Oppositionsfraktionen im Rahmen einer Aussprache statt. In solchen Fällen liefern Berichte die Grundlage für einen Diskurs442. Die Verzerrung der Chancengleichheit, die das BVerfG insbesondere in der Verteilung von Erfolgsberichten in der Vorwahlzeit gesehen hat, begründet sich jedoch auch dadurch, dass die Regierungsfraktionen bei solchen Publikationen einen einseitigen Zugriff auf eine staatlich finanzierte Selbstdarstellungsmöglichkeit haben, die den Oppositionsfraktionen nicht zukommt443. Die Behandlung eines Berichts auf der parlamentarischen Bühne dagegen schafft auch der Opposition Selbstdarstellungsmöglichkeiten. In aller Regel wird daher die Behandlung solcher Berichte im Parlament verfassungsrechtlich zulässig sein444. Für dieses Ergebnis sprechen auch die Vorteile der Berichterstattung für die parlamentarische Arbeit, die notwendig Informationsweitergabe der Regierung an das Parlament voraussetzt445. Zudem wäre es ein seltsames Ergebnis, kurz vor Parlamentswahlen die parlamentarische Auseinandersetzung über die Regierungsarbeit einzustellen, indem man

440 Linck, DÖV 1979, 116, 123–124; wohl auch Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 352. 441 Linck, DÖV 1979, 116, 123–124, der sogar davon ausgeht, dass die öffentliche Wirksamkeit einer parlamentarischen Behandlung über der einer Verteilung durch die Regierung liegt. 442 s. o. Kap. 2 I. 6. b) bb) (1), S. 56. 443 Deutlich Engel, in: HbdStR, § 80 Rn. 13: „Wenn Regierungskommunikation einen werbenden Effekt hat, stehen den regierenden Parteien im Kampf um die nächste Wahl mehr Ressourcen zur Verfügung als der Opposition. Ja mehr noch: Diese zusätzlichen Ressourcen verschafft sich die Regierung aus Steuern“; Payandeh, Der Staat 55 (2016), 519, 526; Eder, Rote Karte gegen Spinner, S. 134–135. 444 So i. E. auch Linck, DÖV 1979, 116, 124; weiter geht noch Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 352, der sogar eine Verteilung für zulässig hält, solange sie nicht wahlwerbend ausgestaltet ist. 445 Vgl. zu den informationellen Vorteilen der Exekutive und der Notwendigkeit der Weitergabe von Informationen an das Parlament schon oben Kap. 4 I. 1. b) aa) (2) (a) (bb), S. 207.

III. Berichterstattung unter dem Gebot der parteipolitischen Neutralität

271

ihre Behandlung aufgrund der Öffentlichkeit des Parlaments verbietet. Selbst wenn die Regierungsfraktionen und die Regierung kollusiv zur Umgehung des Verbots von Berichten in der Vorwahlzeit zusammenwirken würden, bestünde vor dem Hintergrund der ausgleichenden Wirkung einer parlamentarischen Debatte kein Grund, die Behandlung eines Berichts für verfassungswidrig zu erklären446. Die absoluten Grenzen der parteipolitischen Neutralitätspflicht gelten ohnehin, und die parlamentarische Debatte bietet den Wahlchancen der Opposition im Übrigen genügend Schutz. Das Verbot, diese Berichte dann zu verteilen und zu bewerben, bleibt dabei natürlich bestehen. (2) Umgehung durch kollusives Schaffen von Berichtspflichten in der Vorwahlzeit Andere und letztlich schwierigere Fälle der kollusiven Umgehung der Grenzen der Vorwahlzeit sind denkbar, wenn Berichtspflichten durch Gesetz oder Beschluss begründet werden, die absichtlich zu einer Erstattung in der (voraussichtlichen447) Vorwahlzeit verpflichten. Durch Gesetz kann sogar grundsätzlich verbindlich festgelegt werden, dass ein Bericht gegenüber der Öffentlichkeit zu erstatten und dieser bekannt zu machen ist448. Die Erfüllung von gesetzlichen oder auf parlamentarischen Anfragen beruhenden Berichtspflichten wurde bisher für unproblematisch zulässig gehalten449. Die Bewertung solcher Fälle erfordert Vorsicht450. Es dürfte im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten, die kollusive Absicht hinter einer solchen Gestaltung zu ermitteln. Ein Indiz könnte eine Formulierung der Berichtspflicht sein, die das Zusammentreffen von Vorwahlzeit und Berichtszeitpunkt zur zwingenden Folge macht. Das ist etwa der Fall, wenn die Vorlage der Erstattung zum Ende einer oder jeder Wahlperiode verlangt wird451. Kommt dies mit einer ausdrücklichen Adressierung an die Öffentlichkeit und der Verpflichtung zusammen, den erstatteten Bericht öffentlich zu verteilen und/oder bekannt zu machen und ist Gegenstand des Berichts schwerpunktmäßig das Handeln der Regierung, so 446 A. A. Linck, DÖV 1979, 116, 124, der auf die Kollusionsabsicht abstellt und solche Fälle für verfassungswidrig hält. 447 Klammert man den Sonderfall der vorzeitigen Auflösung des Parlaments aus der Betrachtung aus, so lässt sich der Vorwahlzeitraum einigermaßen präzise prognostizieren. 448 Siehe zu den verbindlichen normativen Vorgaben durch Berichtsgesetze oben Kap. 4 I. 2. b), S. 233. 449 Linck, DÖV 1979, 116, 119; Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, S. 352. Beide haben ein Missbrauchsrisiko aber auch nur für auf Eigeninitiative beruhende Berichte diskutiert. 450 Allgemeiner, aber im Ansatz ähnlich Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit, S. 173–174, der die Anwendbarkeit eines Kollusionsverbots in der Praxis mangels praktikabler Kriterien bezweifelt. 451 Z. B. BT-Drucks. 15/5337, 6.

272

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

deutet dies darauf hin, dass die Berichtspflicht in der Absicht geschaffen wurde, das Verbot der Erfolgs- und Leistungsberichterstattung zu umgehen. Solche Fälle dürften allerdings die Ausnahme sein. Liegt eine derartige kollusive Umgehung des Verbots der Erfolgsberichterstattung in der Vorwahlzeit vor, so ist diese grundsätzlich mit dem Gebot der parteipolitischen Neutralität unvereinbar und das Verdikt der Verfassungswidrigkeit liegt nah. In Einzelfällen mag das Problem durch eine verfassungskonforme Auslegung zu lösen sein, indem der Berichtszeitpunkt unmittelbar nach die Wahlen oder in den Bereich außerhalb des Vorwahlzeitraums gelegt wird. Ist eine solche Auslegung mit dem Wortlaut der Berichtsgrundlage eindeutig unvereinbar, weil diese eine Erstattung in der Vorwahlzeit erzwingt, und ist eine kollusive Absicht gegeben, so bleibt nur die Folge der Verfassungswidrigkeit der Berichtsgrundlage. In einem solchen Fall besteht keine Berichtspflicht für den Berichterstatter452, der Bericht darf (jedenfalls in der Vorwahlzeit) nicht erstattet werden453. Von diesem materiellrechtlichen Ergebnis zu unterscheiden ist die Frage, ob der Berichterstatter dies selbst feststellen darf oder wie die Berichtsgrundlage sonst verfahrensrechtlich aus der Welt geschafft werden kann, denn die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes stellt „durchweg keinen offenkundigen Tatbestand“ 454 dar. Insoweit stellt sich für Berichtsgesetze die Frage nach der Normverwerfungskompetenz des Berichterstatters455. Soweit sich Berichtsgesetze an die Bundesregierung richten, könnte diese einen Normenkontrollantrag beim BVerfG stellen456. Dies dürfte in der Praxis jedoch kaum relevant sein, da in einer derartig kollusiven Fallgestaltung die Bundesregierung ein wahltaktisches Interesse an der Erstattung des Berichts hat. Es ist damit an den Oppositionsparteien, verfassungsrechtliche Bedenken gegen ein solches Gesetz vor das BVerfG zu tragen457. Ist der Zusammenfall von Berichtszeitpunkt und Vorwahlzeit dagegen tatsächlich Zufall, so sind daraus folgende Beeinträchtigungen der Chancengleichheit 452 Rechtsfolge eines Verfassungsverstoßes ist nach h. M. die Nichtigkeit ipso jure und ex tunc, Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1375–1376; Löwer, in: HbdStR, § 70 Rn. 114; Schlaich/Korioth, Bundesverfassungsgericht, Rn. 378–383 m.w. N. auch zur Gegenauffassung. 453 Denkbar ist es, dass der Berichterstatter trotz der fehlenden Rechtspflicht zur Berichterstattung den Bericht dennoch vorlegt. Dies kann etwa aus politischen Gründen der Fall sein. Der Bericht wird dann aus Eigeninitiative erstattet. Auch dann gelten aber die Grenzen der Vorwahlzeit, weshalb der Bericht nur vor der Vorwahlzeit oder nach den Wahlen erstattet werden dürfte. 454 Ossenbühl, in: HbdStR, § 101 Rn. 5. 455 Allgemein dazu Maurer, VwAT, § 4 Rn. 64–65 m.w. N. 456 Dazu auch unten Kap. 5 I. 1., S. 339. 457 Der verfassungsprozessuale Rechtsbehelf hierzu ist der Organstreit, s. u. Kap. 5 I. 1., S. 339.

III. Berichterstattung unter dem Gebot der parteipolitischen Neutralität

273

der Parteien lediglich ein Reflex einer grundsätzlich zulässigen und wünschenswerten Informationshandlung. Solche Zufälle können etwa bei periodischer Berichterstattung auftreten, wenn aufgrund vorgezogener Neuwahlen die Vorwahlzeit mit dem Berichtszeitpunkt zusammenfällt. Auch bei hoher Erstattungsfrequenz wie etwa jährlich vorzulegenden Berichten ist ein gelegentlicher Zusammenfall von Berichterstattung und Vorwahlzeit kaum zu vermeiden. Das Verdikt der Verfassungswidrigkeit erscheint für solche Fälle zu weitgehend und sollte auf die Kollusionsfälle beschränkt bleiben. dd) Zugang zu Berichten im Internet Das Internet als Verbreitungsort staatlicher Berichterstattung erlangt mehr und mehr Bedeutung und hat bei einigen Berichten die Verteilung als Broschüre bereits als Hauptverbreitungsmittel abgelöst458 oder vollständig ersetzt459. Niedrige Zugangsschwellen für den Adressaten und deutlich reduzierte Kosten in Erstellung und Verbreitung460 machen das Internet zu einem Motor staatlicher Transparenz, schaffen aber genau deswegen auch Möglichkeiten für ein besonders leichtes Einwirken auf den Prozess der politischen Willensbildung461. Fraglich ist nun, ob und inwieweit die aus dem Gebot parteipolitischer Neutralität folgenden Grundsätze auch auf den Zugang zu Berichten im Internet Anwendung finden können. Zunächst einmal ist zu betonen, dass die absoluten Grenzen der parteipolitischen Neutralität auf Informationen im Internet übertragen werden können und auch dort Anwendung finden462. Direkte Wahlwerbung, sei sie formell oder inhaltlich konzipiert, verletzt auch im Internet das Gebot der parteipolitischen Neutralität. Die temporären Grenzen erweisen sich als schwieriger anzuwenden: Gilt in der Vorwahlzeit ein Verbot des Anwachsens der Veröffentlichung von Informationen, und gilt dort ebenfalls ein Verbot der Leistungs- und Erfolgsberichterstattung? 458 Betrachtet man beispielsweise den Jahreswirtschaftsbericht 2014, so stehen 4.300 gedruckten Exemplaren 28.191 Zugriffe auf der Homepage des Ministeriums gegenüber, vgl. zu den Nachweisen oben Kap. 2 Fn. 419 und 420. 459 Der bereits erwähnte 18. Bericht zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik 2013/2014 der Bundesregierung etwa kann soweit ersichtlich nur im Internet (s. o. Kap. 4 Fn. 378) abgerufen werden, ist aber nicht als Broschüre erhältlich. 460 Gusy, DVBL 2013, 941, 942; ausführlich zu den Vorteilen der Internetnutzung aus Sicht des Informierenden Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 243–244. 461 Kube, in: HbdStR, § 91 Rn. 72, der von „oftmals subtilen Verknüpfungs- und Verweismöglichkeiten“ und „vielfältigen suggestiven Gestaltungsoptionen“ spricht. 462 Mandelartz/Grotelüschen, NVWZ 2004, 647, 650; Knebel/Schoss, DÖV 2016, 105, 107–108; Prommer, Novellierungsbedarf, S. 214; Jensen, Öffentlichkeitsarbeit im Internet-Zeitalter, S. 172; ähnlich Kube, in: HbdStR, § 91 Rn. 72, wenn er eine strikte Trennung von Amt und Partei und die Wahrung der Objektivität der Darstellung im Internet fordert.

274

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Dies wurde teilweise unter Berufung auf strukturelle Gründe bestritten. Der Unterschied zwischen sogenannter herkömmlicher Öffentlichkeitsarbeit soll darin liegen, dass sie dem Bürger „sozusagen aufgedrängt“ 463 werde und der Bürger keine eigene Aktivität entfalten müsse, um mit ihr konfrontiert zu werden464. Informationen im Internet dagegen müssten vom Bürger gezielt aufgesucht werden. Besuche der Bürger gezielt eine Internetpräsenz einer staatlichen Stelle, so sei dies mit der Bitte um die gezielte Zusendung einer Broschüre vergleichbar465. Die temporären Grenzen der Vorwahlzeit seien daher auf das Internetangebot der Bundesregierung nicht anwendbar466. Etwas anderes gelte nur, wenn derartige aufzusuchende Angebote selbst gezielt beworben würden, etwa durch Banner-Werbung auf anderen Seiten oder das Zusenden nicht angeforderter E-Mails467. Dieser Ansatz knüpft letztlich an die Differenzierung in aktive und passive Publikumsinformation an468. Sie geht von der zutreffenden Prämisse aus, dass es auch in der Vorwahlzeit zulässig ist, Informationsbegehren des Bürgers zu entsprechen, wenn dieser selbstbestimmt eine bestimmte Information verlangt. Bestimmt der Bürger selbst den Inhalt der Information, so liegt kein unzulässiger Übergriff in die parteipolitische Neutralität vor. Das entscheidende Abgrenzungskriterium ist also für das hier interessierende Gebot der parteipolitischen Neutralität, ob über den Informationsinhalt und die Weitergabe der Information die anbietende staatliche Stelle oder ein nachfragender Bürger entscheidet469. Sind die Prämissen zutreffend, so erscheint allerdings der Schluss, dass mit dem Aufsuchen einer Internetpräsenz der Regierung alle temporären Grenzen nicht mehr gelten470, als zu weitgehend. Richtig ist, dass die reine Option, einen Bericht im Internet abzurufen, zulässig ist. Es macht keinen Unterschied, ob man einen Antrag auf Informationszugang stellt oder dieselbe Information gezielt im Internet abruft, die der Staat dort für Interessierte vorhält471. Es besteht also 463

Mandelartz/Grotelüschen, NVWZ 2004, 647, 650. Mandelartz/Grotelüschen, NVWZ 2004, 647, 650; Mandelartz, DÖV 2009, 509, 515–517; zustimmend Jensen, Öffentlichkeitsarbeit im Internet-Zeitalter, S. 172. 465 Mandelartz/Grotelüschen, NVWZ 2004, 647, 650; zustimmend Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 45. 466 Mandelartz, DÖV 2009, 509, 517; Mandelartz/Grotelüschen, NVWZ 2004, 647, 650; Prommer, Novellierungsbedarf, S. 214–215. 467 Mandelartz, DÖV 2009, 509, 517; Mandelartz/Grotelüschen, NVWZ 2004, 647, 650. 468 s. o. Kap. 3 I. 3. a), S. 142. 469 Terminologisch angelehnt an Gusy, DVBL 2013, 941, 945. 470 Dafür Mandelartz, DÖV 2009, 509, 517; Mandelartz/Grotelüschen, NVWZ 2004, 647, 650; wohl auch Jensen, Öffentlichkeitsarbeit im Internet-Zeitalter, S. 172–173. 471 Prommer, Novellierungsbedarf, S. 214 attestiert Regierungsseiten treffend einen „archivähnlichen“ Charakter. Die Gestaltungsmöglichkeiten einer Regierungsseite gehen aber über diese Archivfunktion hinaus. 464

III. Berichterstattung unter dem Gebot der parteipolitischen Neutralität

275

keine Notwendigkeit, ältere Inhalte gezielt zu löschen472. Es muss aber sichergestellt sein, dass der Bürger selbstbestimmt gerade diese Information sucht. Von Regierungsseite müssen in der Vorwahlzeit gezielte Werbemaßnahmen (etwa durch das Öffnen neuer Fenster oder Banner-Werbung) unterbleiben, und zwar auch auf der eigenen Homepage473. Denn es ist ohne weiteres denkbar, dass Bürger, die eine Regierungshomepage aufsuchen, gerade diese Information nicht haben wollten oder überhaupt nicht an sie gedacht haben und sie ihnen damit letztlich doch aufgedrängt wird. In Zeiten fortschreitenden E-Governments ist es häufig notwendig, sich Informationen im Internet zu verschaffen oder dort an Verfahren teilzunehmen. Man denke etwa an die Internetplattformen zur Vergabe öffentlicher Aufträge474. Würde hier ein Regierungsbericht präsentiert oder beworben, so läge doch eine Parallele zur Anzeige in der Zeitung oder einem öffentlichen Plakat vor475. Damit gilt für die Veröffentlichung von Berichten auf den Internetseiten einer Regierung in der Vorwahlzeit das Folgende: Ein Zugänglichmachen von Berichten ist grundsätzlich auch in der Vorwahlzeit zulässig. Mit dem Gebot der parteipolitischen Neutralität in der Vorwahlzeit unvereinbar ist es dagegen, diese Berichte aktiv zu bewerben476. Ein solches Bewerben liegt mittelbar auch dann vor, wenn die Zugriffsmöglichkeit auf einen Bericht üblicherweise nur schwer auf einer Internetseite zu finden ist, gerade in der Vorwahlzeit aber an einer deutlich leichter zu findenden Stelle in der Seitenstruktur oder direkt auf der Startseite platziert wird. Solche Maßnahmen sind geeignet, die Anzahl der Zugriffe signifikant zu erhöhen477. Setzt eine staatliche Stelle einen Erfolgsbericht in diesem Zeitraum auf die Startseite ihrer Internetpräsenz, so ist dies vergleichbar mit dem aktiven Verteilen dieser Berichte als Broschüre478. Daraus folgt umgekehrt natür472 Prommer, Novellierungsbedarf, S. 214; Jensen, Öffentlichkeitsarbeit im InternetZeitalter, S. 172. 473 Mandelartz/Grotelüschen, NVWZ 2004, 647, 650 halten allein Banner-Werbung auf regierungsfremden Seiten für unzulässig. 474 Vgl. etwa die Vergabeplattform des Bundes, abrufbar unter https://www.everga be-online.de/start.html;jsessionid=10DAC131614907E6EE2B385DCC521517?0 (Stand: 09.01.2017). 475 Diese Beispiele verwenden Mandelartz/Grotelüschen, NVWZ 2004, 647, 650 zum Plausibilisieren ihrer Abgrenzung. 476 Etwa durch Banner-Werbung oder Pop-Ups, vgl. Prommer, Novellierungsbedarf, S. 214; Jensen, Öffentlichkeitsarbeit im Internet-Zeitalter, S. 173. 477 Dies übersehen Prommer, Novellierungsbedarf, S. 214 und Jensen, Öffentlichkeitsarbeit im Internet-Zeitalter, S. 172–173, wenn sie meinen, dass die Zugriffshäufigkeit durch die Regierung nicht beeinflussbar sei. 478 Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Bürger autonom entscheidet, ob er der Präsentation auf der Startseite folgt und den Bericht dann auch aufruft. Auch eine Broschüre muss am Ende der Leser selbst aufschlagen oder kann sie ungelesen entsorgen. Die Grundsätze der parteipolitischen Neutralität in der Vorwahlzeit verbieten es schon, dem Bürger die Broschüre gezielt in die Hand zu geben. Materiell liegt dieselbe Situation vor, wenn ein Bericht auf einer Homepage derartig promi-

276

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

lich kein Gebot, einen Bericht auf einer Internetseite ,bewusst zu verstecken‘. Zur Vermeidung des Verdachts der gezielten Bewerbung in der Vorwahlzeit sollte stattdessen einfach davon abgesehen werden, die Position der Abrufmöglichkeit für staatliche Informationen in der Vorwahlzeit gezielt zu verändern. In einem Satz zusammengefasst: Unzulässig sind alle Maßnahmen, die über das reine Zugänglichmachen hinausgehen, weil diese strukturell einem Aufdrängen der Information gleichen479. 3. Zusammenfassung zum dritten Problemkreis Staatliche Berichterstattung steht wie das staatliche Informationshandeln insgesamt unter dem Gebot parteipolitischer Neutralität. Daraus folgen absolute Verbote für direkte inhaltliche Wahlwerbung sowie eine übermäßig reklamehafte Aufmachung. Speziell in der Vorwahlzeit gelten temporär ein Verbot des anlasslosen Anwachsens und ein Verbot der Leistungs-, Erfolgs- und Arbeitsberichterstattung. Ausnahmen bestehen nur für sachliche Informationen aus aktuellem Anlass, nicht aber als Bereichsausnahme für aufgabenerfüllende Informationshandlungen oder Publikationen im Internet. Der zufällige Zusammenfall der Erfüllung von Berichtspflichten mit der Vorwahlzeit ist dagegen zulässig, solange er nicht kollusiv herbeigeführt wurde.

IV. Vierter Problemkreis: Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung Im vorherigen Problemkreis ging es um Grenzen, die staatlicher Berichterstattung durch das aus der Chancengleichheit der Parteien folgende Neutralitätsgebot gezogen sind. Es existieren darüber hinaus jedoch weitere Grenzen staatlicher Berichterstattung. So kann man ganz grundsätzlich fragen, ob und inwieweit das Grundgesetz für eine Bürgerbeeinflussung durch staatliches Informationshandeln überhaupt offen ist, wann also der Staat durch Berichterstattung die Bürger gezielt ansprechen darf (1.). Darüber hinaus ist zu klären, ob und wann Bürger selbst Gegenstand staatlicher Berichterstattung sein können (2.). nent platziert wird. Die Möglichkeit, dass es zu einem solchen Angebotsanstieg kommt, gibt auch Jensen, Öffentlichkeitsarbeit im Internet-Zeitalter, S. 172 zu, auch wenn er sie nicht für maßgebend hält. 479 Im Ergebnis wohl ähnlich Prommer, Novellierungsbedarf, S. 214–215, wenn sie einschränkt, dass die quantitativ-inhaltlichen Beschränkungen der Vorwahlzeit für Öffentlichkeitsarbeit im Internet nur dann nicht gelten, wenn „sie nicht aktiv auf den Bürger ,zugeht‘ (Hervorhebung im Original), ohne dass dieser dies will oder zumindest beeinflussen kann“.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

277

1. Der Bürger als Ziel staatlicher Berichterstattung Es war bereits vielfach davon die Rede, dass der Staat durch staatliches Informationshandeln das Bewusstsein und letztlich auch das Verhalten der Adressaten beeinflussen und steuern möchte480. Während wohl grundsätzlich jedes staatliche Handeln in irgendeiner Form das Bewusstsein der Bürger berühren kann481, ist dennoch fraglich, ob dies unter dem Grundgesetz gerade in Form des staatlichen Informationshandelns geschehen darf. Dieser Form der Beeinflussung könnten eine negative Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 2. Hs. GG, die Meinungsbildungsfreiheit und der Grundsatz der staatsfreien Willensbildung sowie das Allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG entgegenstehen. a) Die negative Informationsfreiheit Die Informationsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 2. Hs. GG betrifft in ihrer positiven Ausprägung den Zugang zu allgemein zugänglichen Informationen, also den Prozess der Informationsentgegennahme und -beschaffung482. Als negative Informationsfreiheit kommt dagegen der Schutz vor aufgedrängter Information in Betracht. Ob es eine solche negative Informationsfreiheit gibt, wird nicht einheitlich beurteilt483. Letztlich kann dies hier aber offenbleiben, denn staatliches Informationshandeln, jedenfalls aber staatliche Berichterstattung dürfte praktisch niemals einen Eingriff in ein solches Recht darstellen484. Unabhängig von den Streitigkeiten um den Eingriffsbegriff im Bereich staatlichen Informationshandelns485 kommt ein Eingriff in eine negative Informationsfreiheit – soweit man eine sol480

s. o. Kap. 2 I. 6. b) aa) (2), S. 52 und Kap. 3 II. 3. c) bb), S. 186. Vgl. etwa zur Bewusstseinsbeeinflussung durch das Setzen positiven Rechts Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 41–42. 482 Jarass/Pieroth, GG, Art. 5 Rn. 25 m.w. N. 483 Die heute wohl h. M. bejaht dies, so etwa Jarass/Pieroth, GG, Art. 5 Rn. 25; Schmidt-Bleibtreu/Odendahl, GG, Art. 5 Rn. 13; Münch/Kunig/Wendt, GGK I, Art. 5 Rn. 26; BK-Grundgesetz/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 Rn. 174; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 124; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 73–74; Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 118–119; Verneinend: Papesch, Staatliche Informationstätigkeit, S. 112; Gramm, Der Staat 30 (1991), 51, 75; nicht ganz eindeutig bei Epping/Hillgruber/Schemmer, BeckOK GG, Art. 5 Rn. 31, wenn das Allgemeine Persönlichkeitsrecht für naheliegender gehalten wird; offengelassen bei Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 77; ähnlich auch Schlecht, Behördliche Warnungen, S. 85. 484 So auch hinsichtlich des staatlichen Informationshandelns: Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 77; Schlecht, Behördliche Warnungen, S. 85; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 124; schon die Eröffnung des Schutzbereichs lehnt wohl Epping/Hillgruber/Schemmer, BeckOK GG, Art. 5 Rn. 31.1 ab. 485 Diese betreffen den Eingriff in Grundrechte von Bürgern, die zum Gegenstand staatlicher Berichterstattung gemacht werden, während es hier um Berichterstattung an Bürger als Adressaten geht. Zu diesen Streitigkeiten umfassend Kap. 4 IV. 2. c), S. 299. 481

278

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

che überhaupt anerkennt – nur in Betracht, wenn dem Informationshandeln des Staates praktisch nicht mehr ausgewichen werden kann486. Für staatliches Informationshandeln insgesamt, zumindest aber für staatliche Berichterstattung erscheint es praktisch nicht vorstellbar, dass der Staat ein Verbreitungssystem anwendet, bei dem der Lektüre staatlicher Berichterstattung nicht ausgewichen werden kann487. Über das Internet verbreitete Berichte müssen durch den Nutzer aufgerufen werden488 und das reine Anzeigen eines Berichts auf einer Homepage dürfte die Zumutbarkeitsschwelle bereits nicht überschreiten489. Als Broschüren verteilte Berichte können dagegen, selbst wenn sie als Postwurfsendung erfolgen, ohne weiteren Aufwand entsorgt werden490. Im Ergebnis begegnet die bloße Konfrontation der Bürger mit Berichtsinhalten damit keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. b) Die Meinungsbildungsfreiheit und der Grundsatz der staatsfreien Willensbildung Über die Konfrontation hinaus könnte jedoch die damit einhergehende Beeinflussungsabsicht verfassungsrechtlich problematisch sein. In der demokratischen Verfassung des Grundgesetzes muss sich der Prozess der Meinungs- und Willensbildung „vom Volk zu den Staatsorganen, nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin, vollziehen491“. Einwirkungen auf diesen Prozess durch staatliche Stellen bedürfen danach eines sie verfassungsrechtlich legitimierenden Grundes492. Unabhängig von seiner genauen verfassungsrechtlichen Verortung493 han486 BK-Grundgesetz/Degenhart, Art. 5 Abs. 1 und 2 Rn. 174; Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 120; Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 77; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 74. 487 So auch für das staatliche Informationshandeln insgesamt Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 77; Schlecht, Behördliche Warnungen, S. 85; i. E. auch Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 124–125. Nicht völlig ausgeschlossen sein dürfte ein Eingriff bei dem von Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 121 konstruierten Beispiel eines Lautsprecherwagens, der mit Werbebotschaften durch die Stadt fährt, welches aber für Berichte ersichtlich keine Rolle spielt. 488 Suchen Benutzer eine Information gezielt auf, liegt ohnehin kein Eingriff vor, vielmehr wird von der positiven Informationsfreiheit Gebrauch gemacht, vgl. Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 124–126. 489 Etwas anderes wäre nur denkbar, wenn das Lesen eines Berichts zur Bedingung gemacht würde, um Zugriff auf andere Inhalte zu bekommen. Dergleichen ist jedoch soweit ersichtlich nicht praxisrelevant. Die Problematik liegt hier anders als im Bereich der parteipolitischen Neutralität, weil dort schon das hervorgehobene Anbieten von Informationen problematisch sein kann, während es hier um ein Aufdrängen gehen muss. Dazu s. o. Kap. 4 III. 2. c) dd), S. 273. 490 Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 120. 491 BVerfGE 20, 56, 99. 492 BVerfGE 20, 56, 99.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

279

delt es sich bei dem Grundsatz der staatsfreien Meinungs- und Willensbildung um ein zentrales demokratisches Element. Läge in staatlichem Informationshandeln eine Umkehrung des Prozesses zur einer staatsgesteuerten Meinungs- und Willensbildung, so wäre das Mittel des staatlichen Informationshandelns verfassungsrechtlich unzulässig. Ein solches Totalverbot staatlichen Informationshandelns wird jedenfalls heute aber nicht mehr ernsthaft vertreten. Bereits das BVerfG selbst hat festgestellt, dass staatliche Selbstdarstellung im Rahmen von Öffentlichkeitsarbeit bezüglich dieses Grundsatzes keine Bedenken entgegenstehen494. Der legitimierende Grund für die Zulässigkeit der Selbstdarstellung liegt in der Herstellung des in der Demokratie notwendigen Grundkonsenses495. Wie bereits gezeigt wurde, wohnt jedem staatlichen Informationshandeln ein Stück weit staatliche Selbstdarstellung inne, sodass dieser Gesichtspunkt für eine generelle verfassungsrechtliche Zulässigkeit staatlichen Informationshandelns spricht. Als weitere Ansätze für eine verfassungsrechtliche Legitimation staatlichen Informationshandelns können die gewandelte Kommunikationsaufgabe des Staates zur Lösung gesellschaftlicher Probleme496, die Ermöglichung demokratischer Teilhabe und verantwortungsbewusster Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte durch Information497, die Kompetenzzuweisung einer Aufgabe als rechtliche Fixierung eines durch den Gesetzgeber legitimierten Ziels498 oder die Steuerungsineffizienz anderer Steuerungsmittel499 herangezogen werden. Teilweise wird die Legitimität der Bewusstseinsbeeinflussung sogar für selbstverständlich gehalten500. Es ist nicht erforderlich, sich für einen dieser Legitimationsansätze zu entscheiden. Wie gesagt wird eine „strikte Schweigepflicht“ 501 für staatliche Stellen jedenfalls heute nicht mehr ernsthaft verlangt502. Solange staatliches Informa493 Strittig ist etwa, ob die Meinungsbildung von der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 1. Hs. GG erfasst ist, dafür: Maunz/Dürig/Grabenwater, GG-Kommentar, Art. 5 Rn. 75; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 37; dagegen: Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 107. 494 BVerfGE 20, 56, 100. 495 BVerfGE 44, 125, 147. Siehe dazu außerdem oben Kap. 3 II. 1. a), S. 156. 496 BVerfGE 105, 252, 268–269; BVerfGE 105, 270, 301–302. 497 Gusy, NJW 2000, 977, 978. 498 Degenhart, AfP 2010, 324, 327: „Gefordert ist eine jeweils konkrete aufgabenbezogene Funktionszuweisung“. 499 So Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 138. 500 v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 74: „Auszugehen ist dabei davon, dass es dem Staat im Grundsatz nicht verwehrt sein kann, Einfluss auf die Präferenzstrukturen der Verbraucher zu nehmen“. 501 Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 136. 502 Selbst Vierhaus, Umweltbewusstsein, S. 533–554, die wohl kritischste Stimme aus der Literatur der letzten 30 Jahre, fordert kein vollständiges Verbot staatlichen Informationshandelns, sondern nur ein Verbot staatlicher Selbstdarstellung und ansonsten die

280

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

tionshandeln nicht das Maß eines staatsgelenkten Meinungsdiktats erreicht, bestehen hinreichend legitime Gründe, die Beeinflussung der Bürger durch staatliche Informationen für verfassungsrechtlich zulässig zu halten. Auch gegenüber Berichterstattung bestehen damit keine durchgreifenden Bedenken. c) Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht Ist somit geklärt, dass es verfassungsrechtlich zulässig ist, den Bürger durch staatliche Informationen anzusprechen und auch dadurch Einfluss auf dessen Meinung zu nehmen, so bleibt zu klären, ob bestimmte Formen der Beeinflussung durch die Grundrechte des Informationsadressaten ausgeschlossen sein können. Denkbar ist das, wenn sich bestimmte Methoden staatlicher Kommunikation als Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG erweisen. Problematisch können insoweit Kommunikationstechniken sein, die Zugriff auf die inneren Überzeugungen suchen und diese auf unzulässige Art und Weise verändern wollen, indem sie den freien Willen des Bürgers missachten und ihm damit faktisch die Entscheidung abnehmen, der Information des Staates zu folgen oder nicht503. Eine derartige Missachtung der freien Entscheidung der Adressaten dürfte regelmäßig vorliegen bei gezielter Desinformation oder dem bewussten Verschweigen relevanter Fakten504. Ein ähnlicher Fall liegt vor, wenn staatliche Stellen zur Durchsetzung des kommunikativen Ziels auf die Anwendung „psychologischer Tricks“ 505 zurückgreifen und insoweit manipulieren anstatt zu überzeugen506. Diese Fallgruppe manipulativen Einwirkens ist zu unterscheiden von Veranschaulichungen und Plausibilisierungen, die eher dazu dienen, überhaupt eine inhaltliche Auseinandersetzung herzustellen507. Auch hier sind im Bereich staatlicher Berichterstattung derartige Formen der Manipulation in der Praxis bisher kaum relevant geworden. Selbst die eher ,farSubsidiarität des staatlichen Informationshandelns gegenüber individueller Umweltberatung und gegenüber Umweltinformation durch Private. 503 Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 112–113. 504 Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 113–114; i. E. auch Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 37. Siehe aber zur denkbaren Rechtfertigung staatlicher Desinformation in Ausnahmesituationen sowie allgemein zum Gebot der Richtigkeit staatlichen Informationshandelns unten Kap. 4. IV. 2. c) cc) (2) (c) (bb), S. 329. 505 Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 79, die das Problem allerdings unter dem Gesichtspunkt psychologischen Zwangs eher bei der Allgemeinen Handlungsfreiheit ansiedelt. 506 Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 79; Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 114–115 nennt als Beispiel für eine solche unzulässige Werbetechnik das Platzieren subliminaler Botschaften. 507 Vgl. Lüdemann, Edukatorisches Staatshandekn, S. 115; ähnlich auch Gramm, Der Staat 30 (1991), 51, 75: „Das Persönlichkeitsrecht wird nicht schon durch staatliche Werbung verletzt“.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

281

benfrohe‘ Ausgestaltung einiger Berichte dürfte eher noch in den Bereich (grundsätzlich) zulässiger Veranschaulichung fallen508. d) Zwischenergebnis zur Zulässigkeit der Adressierung von Bürgern Damit bleibt festzustellen, dass es verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig ist, Bürger durch staatliches Informationshandeln anzusprechen und dadurch Einfluss auf ihr Bewusstsein, ihre Meinung und Haltung zu nehmen. Verfassungsrechtlich untersagt sind staatlichen Stellen lediglich bestimmte Formen der Kommunikation. 2. Der Bürger als Objekt staatlicher Berichterstattung Während die Adressierung der Bürger durch staatliche Berichterstattung also kaum rechtlich begrenzt ist, sind dagegen der (negativ-abwertenden) Behandlung von Bürgern und Unternehmen vielfältig rechtliche Grenzen gezogen. Diese sollen im Folgenden betrachtet werden. Dazu wird zunächst auf die Praxis der Berichterstattung rekurriert, in der Private, seien es natürliche oder juristische Personen, häufig Erwähnung und auch Bewertung finden (a)). Das Recht setzt dieser Bewertung Privater sowohl auf der einfach-rechtlichen (b)) wie auf der verfassungsrechtlichen (c)) Ebene Grenzen. a) Private in der staatlichen Berichterstattung Es wurde bereits umfassend ausgeführt, dass staatliche Berichte nicht nur die Selbstdarstellung staatlichen Handelns, sondern auch die (kritische) Befassung mit gesellschaftlichen Vorgängen beinhalten können. Je nach gesellschaftlichem Vorgang ist es alles andere als fernliegend, im Bemühen um eine umfassende Darstellung auch Informationen über einzelne natürliche oder juristische Personen zu vermitteln. In Erinnerung gerufen seien dazu einige Beispiele, die teilweise bereits in der Untersuchung der Berichtspraxis zur Sprache kamen: Der Bericht des BfDI zum Datenschutz setzt sich kritisch mit datenverarbeitenden Unternehmen auseinander und nennt diese konkret509, der Evaluationsbericht VIG bezichtigt einen eingetragenen Verein eines Verhaltens, welches dieser bestreitet510, und der Bericht einer Enquete-Kommission des Bundestages zu einer religiösen Bewegung löst einen der meist diskutierten Rechtsstreitigkeiten der 508 Auch hier eignet sich der Umweltzustandbericht wieder als besonders anschauliches ,buntes‘ Beispiel. Die damit verbundenen rechtlichen Probleme ergeben sich nicht aus der generellen Unzulässigkeit dieser Gestaltung, sondern dem speziellen normativen Kontext des Umweltzustandsberichts, s. o. Kap. 2 II. 2., S. 71. 509 Vgl. dazu sowie insbesondere zu der Frage, ob der BfDI dazu überhaupt ermächtigt ist, oben Kap. 2 II. 3. c) aa), S. 88. 510 s. o. Kap. 2 II. 7. c) bb), S. 117.

282

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

jüngeren Vergangenheit aus511. Besonders eindrücklich zu beobachten ist derartige Berichterstattung in den Verfassungsschutzberichten, bei denen es regelmäßig zur Nennung konkreter natürlicher Personen kommt512. Es liegt nahe, dass es bei einer derartigen Auseinandersetzung mit natürlichen oder juristischen Personen zu massiven faktischen Belastungen der betroffenen Personen kommen kann. Das Recht zieht solchem Informationshandeln daher sowohl auf der einfach-rechtlichen als auch der verfassungsrechtlichen Ebene Grenzen. b) Einfach-rechtliche Grenzen Bereits das einfache Recht enthält diverse Vorschriften zum Schutz der Rechte natürlicher und juristischer Personen vor der Weitergabe von Informationen durch staatliches Informationshandeln. Häufig handelt es sich bei solchen Regelungen um die einfach-rechtliche Etablierung eines verfassungsrechtlich determinierten Schutzes, insbesondere dienen solche Vorschriften häufig dem Schutz der informationellen Selbstbestimmung als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG. Von besonderer Relevanz ist das alle staatlichen Stellen bindende Recht des allgemeinen Datenschutzes (aa)). Darüber hinaus bestehen einige bereichsspezifische Geheimhaltungsvorschriften, die auch im Rahmen staatlicher Berichterstattung zu beachten sind und daher überblicksartig vorgestellt werden sollen (bb)). aa) Datenschutzrecht Trotz bereits vorher bestehender Regelungen erzielte das Datenschutzrecht seinen Durchbruch durch die verfassungsrechtliche Etablierung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung im Volkszählungsurteil513 des BVerfG514. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben prägen das einfachrechtliche Datenschutzrecht bis heute und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wird vor allem durch das BDSG sowie die korrespondierenden Landesdatenschutzgesetze konkretisiert515. Für die hier interessierende Berichterstattung staatlicher Stellen sind davon vor allem die Regelungen für sog. öffentliche Stellen zum Umgang mit personenbezogenen Daten von Interesse516. Hier sei exemplarisch das BDSG betrachtet517. 511

BVerfGE 105, 279, 281. Konkrete Beispiele aus dem Verfassungsschutzbericht 2013 werden oben in Kap. 2 II. 1. b) bb), S. 64 aufgezeigt. 513 BVerfGE 65, 1. 514 Umfassend zur Geschichte des Datenschutzrechts Simitis/Simitis, BDSG, Einleitung: Geschichte – Ziele – Prinzipien, Rn. 1–126. 515 Durner, JuS 2006, 213, 214. 516 Das BDSG enthält allgemeine Vorschriften für den Umgang mit personenbezogenen Daten, darüber hinaus aber auch spezielle Regelungen für sog. öffentliche und 512

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

283

Zuerst stellt sich dabei die Frage, ob und inwieweit Berichterstattung staatlicher Stellen dem Anwendungsbereich des BDSG unterfällt. Das BDSG ist im Bereich der öffentlichen Stellen anwendbar auf alle Stellen des Bundes, für Stellen des Landes gilt (auch bei Vollzug von Bundesrecht) das jeweilige Landesdatenschutzrecht518. Gegenüber bereichsspezifischen Datenschutzregelungen ist es gem. § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG subsidiär, wenn und nur soweit tatsächlich Deckungsgleichheit hinsichtlich des zu regelnden Sachverhalts zwischen dem BDSG und der bereichsspezifischen Norm besteht519. Ob das Spezialgesetz dabei ein höheres oder niedrigeres Schutzniveau etabliert, ist für § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG irrelevant520. Das heißt für die hier interessierende Berichterstattung, dass das BDSG nur dann einer Informationsweitergabe im Weg stehen kann, wenn in der gesetzlichen Berichtsgrundlage keine eigenständigen Regelungen zum Umgang mit personenbezogenen Daten gemacht wurden. Enthält die Berichtsgrundlage dagegen eigene Regelungen über den Umgang mit personenbezogenen Daten, so sind diese allein maßgeblich, soweit ihr Regelungsbereich reicht. Ein gutes Beispiel hierfür ist § 16 Abs. 3 BVerfSchG, nach welchem personenbezogene Daten veröffentlicht werden dürfen, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppierungen erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegen. Das BDSG spielt damit gem. § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG521 für die Veröffentlichung personenbezogener Daten im Verfassungsschutzbericht keine Rolle. Die Anwendbarkeit des BDSG kann neben der Subsidiaritätsregelung auch durch bereichsspezifische Kollisionsregeln wie

nicht-öffentliche Stellen. Da es hier um Berichterstattung staatlicher Stellen geht, interessieren in diesem Zusammenhang nur die Regelungen für öffentliche Stellen. Vgl. zum Aufbau des BDSG Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, Rn. 203–208, zur Abgrenzung von öffentlichen und nicht öffentlichen Stellen Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, Rn. 259–269. 517 Die Grundstrukturen zwischen BDSG und den Landesdatenschutzgesetzen sind aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben sehr ähnlich, Durner, JuS 2006, 213, 214, weshalb eine exemplarische Darstellung des Bundesrechts für die hiesige Untersuchung genügt. 518 Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, Rn. 198; Durner, JuS 2006, 213, 214. 519 Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, Rn. 199; anschaulich Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG, § 1 Rn. 24 mit dem Begriff der „Tatbestandskongruenz“. 520 Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG, § 1 Rn. 24; Plath/Plath, BDSG/ DSGVO-Kommentar, § 1 BDSG Rn. 36; Simitis/Dix, BDSG, § 1 Rn. 172, allerdings mit einer Einschränkung für untergesetzliche Normen. 521 Die Subsidiarität des BDSG ergibt sich für die Verfassungsschutzberichterstattung aufgrund des § 16 Abs. 3 BVerfSchG aus § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG und nicht aus § 27 BVerfSchG. Diese Regelung gilt expressis verbis nur für die Erfüllung der dem BfV gem. § 3 BVerfSchG zugewiesenen Aufgaben. Der Verfassungsschutzbericht wird dagegen gem. § 16 Abs. 2 BVerfSchG durch das Bundesministerium des Innern erstattet, auf welches § 27 BVerfSchG nicht anwendbar ist.

284

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

etwa § 27 BVerfSchG ausgeschlossen sein522. Das ist vor allem dann von Bedeutung, wenn zwar keine vorrangige Datenschutzregelung im Sinne des § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG vorliegt, aber die subsidiäre Geltung des BDSG für bestimmte Bereiche dennoch ausgeschlossen werden soll. Schlüsselbegriff und zentrales Schutzobjekt des Datenschutzes nach dem BDSG sind die bereits mehrfach erwähnten personenbezogenen Daten, was auch in § 1 Abs. 1 und Abs. 2 BDSG zum Ausdruck kommt523. Diese werden in § 3 Abs. 1 BDSG legaldefiniert als Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Explizit nicht Schutzgegenstand des BDSG sind damit alle Daten über juristische Personen und Personenvereinigungen, solange diese nicht selbst personenbezogene Daten über natürliche Personen, etwa über Mitglieder enthalten524. Daraus folgt für die hier interessierende Berichterstattung, dass der Umgang mit sämtlichen Daten juristischer Personen oder Personengruppierungen sowohl im Bereich der Berichtserstellung als auch der Berichtsveröffentlichung und -verbreitung durch das BDSG nicht beschränkt wird525. Zu den persönlichen Verhältnissen gehören im verfassungsrechtlich gebotenen weiten Verständnis Identifikationsmerkmale, äußere Merkmale und innere Zustände, zu den sachlichen Verhältnissen gehören Informationen über Vermögens- und Eigentumsverhältnisse, Kommunikationsund Vertragsbeziehungen sowie sonstige Beziehungen zu Dritten und der Umwelt526. Eine Information ist für eine öffentliche Stelle bestimmbar und damit personenbezogen, wenn sie aufgrund weiterer bei ihr vorhandener Informationen den Bezug zu einer bestimmten Person ohne unverhältnismäßigen Aufwand herstellen kann527. Durch Anonymisierung oder Pseudonymisierung kann der Personenbezug von Daten aufgehoben werden, sodass diese Daten dann aus dem Anwendungsbereich des BDSG herausfallen528. Ein erhöhtes Schutzniveau gilt für sensible Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG.

522 Vgl. dazu sowie zum Verhältnis von § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG zu bereichsspezifischen Kollisionsregelungen mit einigen Beispielsnormen Engelien-Schulz, UBWV 2014, 364, 366–368. 523 Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, Rn. 214. 524 Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, Rn. 214; Simitis/Dammann, BDSG, § 3 Rn. 17, 19. 525 Gleichwohl kommt dadurch ein Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der entsprechenden juristischen Personen gem. Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG in Betracht, Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG, § 3 Rn. 11. 526 Auflistung nach Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, Rn. 217 mit weiteren Beispielen zu den einzelnen Unterarten. 527 Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, Rn. 219; Gola/Schomerus/Gola/Klug/ Körffer, BDSG, § 3 Rn. 10. 528 Plath/Plath/Schreiber, BDSG/DSGVO-Kommentar, § 3 BDSG Rn. 56; Kühling/ Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, Rn. 226–228.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

285

Ist nach diesen Maßstäben das BDSG anwendbar, so folgt daraus, dass jedenfalls bei der Erstattung aller Berichte, die auf Beschluss oder Eigeninitiative beruhen, beim Umgang mit personenbezogenen Daten die Regelungen des BDSG oder bei öffentlichen Stellen der Länder der Landesdatenschutzgesetze zu beachten sind. Bei Berichten, die auf gesetzlicher Grundlage erstattet werden, gilt dies nur, wenn das BDSG nicht subsidiär oder durch Spezialregelung ausgeschlossen ist. Grundaussage des BDSG ist ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt: Jede Erhebung, Nutzung oder Verarbeitung von personenbezogenen Daten ist nur zulässig, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist oder der Betroffene eingewilligt hat, § 4 Abs. 1 BDSG. Bei jedem Umgang mit personenbezogenen Daten ist darüber hinaus der Grundsatz der Datenvermeidung und Datensparsamkeit zu beachten, § 3a BDSG. Daher ist im gesamten Berichterstattungsprozess der Umgang mit personenbezogenen Daten auf das notwendige Minimum zu beschränken und soweit möglich mit Pseudonymisierung und Anonymisierung zu arbeiten529. Dies kann sich sowohl im Bereich der Erstellung (1) als auch im Bereich der Erstattung und Veröffentlichung (2) von Berichten auswirken. (1) Das BDSG als Grenze im Rahmen der Erstellung von Berichten Abhängig vom Gegenstand des Berichts kann es notwendig sein, umfassendes Datenmaterial zu sammeln und auszuwerten, um ein vollständiges Bild über den Berichtsgegenstand zu vermitteln. Sind personenbezogene Daten darunter, so unterliegt der Umgang mit ihnen grundsätzlich dem Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 BDSG. Unproblematisch zulässig ist das Sammeln und Auswerten der personenbezogenen Daten bei Vorliegen einer wirksamen Einwilligung der Betroffenen, § 4 Abs. 1 BDSG530. Liegt eine solche nicht vor und ist auch kein Spe529 Es ist nicht ganz eindeutig, wie § 3a BDSG rechtlich zu qualifizieren ist. Die wohl h. M. geht von einer echten, wenn auch nicht sanktionsbewehrten Rechtspflicht aus, so etwa Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, Rn. 296; Simitis/Scholz, BDSG, § 3a Rn. 57; davon scheint auch das LG Köln auszugehen, wenn es die Möglichkeit eines Verstoßes gegen den Grundsatz andeutet, was für die Annahme einer Rechtspflicht spricht, LG Köln, Urteil v. 09.05.2007 – Az. 26 O 358/05 –, Rn. 34, zitiert aus juris; ähnlich das LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 01.12.2011 – Az. L 3 U 7/10 –, Rn. 48, zitiert aus juris, wo § 3a BDSG aufgrund von § 1 Abs. 3 BDSG für subsidiär gehalten wurde. Eher von einem Programmsatz bzw. einer Zielvorgabe gehen Gola/Schomerus/Gola/ Klug/Körffer, BDSG, § 3a Rn. 2 und Plath/Schreiber, BDSG/DSGVO-Kommentar, § 3a BDSG Rn. 14 aus. Unabhängig von der Frage, ob es sich nun um Zielbestimmung oder echte Rechtspflicht handelt, sollten öffentliche Stellen dem Grundsatz der Datenvermeidung und Datensparsamkeit Beachtung schenken, da er als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verfassungsrechtlich determiniert ist, vgl. Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, Rn. 294. 530 Zu den Voraussetzungen der Einwilligung des Betroffenen Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, Rn. 299–330.

286

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

zialgesetz einschlägig, so muss das Sammeln und Auswerten sowie jeder sonstige Umgang mit den personenbezogenen Daten durch das BDSG zugelassen sein. Regelungen hierzu finden sich in den §§ 12 ff. BDSG531. Das Sammeln personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen ist als Erhebung von Daten in § 13 BDSG geregelt. In der Regel genügt es, wenn die Kenntnis der Daten zur rechtmäßigen532 Erfüllung der Aufgaben der verantwortlichen Stelle erforderlich ist. Besteht also eine Aufgabe zur Berichterstattung, sei es durch Gesetz oder Beschluss, und wird diese rechtmäßig wahrgenommen, so ist die Erhebung personenbezogener Daten – die Erforderlichkeit der Kenntnis vorausgesetzt – grundsätzlich zulässig. Problematischer kann dies sein, wenn ein Bericht aus Eigeninitiative erstellt wird. Findet sich für diesen keine Aufgabenzuweisung533, so wird eine Erhebung personenbezogener Daten von der Einwilligung der Betroffenen allein abhängig sein. Lässt sich die Erhebung an eine Aufgabe anbinden, so ist darüber hinaus die gegenwärtige Erforderlichkeit für eine rechtmäßige Datenerhebung notwendig534. Daran ist mit Blick auf die Grundwertung des Verbots von § 4 Abs. 1 BDSG ein strenger Maßstab anzulegen, Erforderlichkeit ist nur gegeben, wenn die öffentliche Stelle die Aufgabe ohne Kenntnis „im Sinne einer conditio sine qua non nicht, nicht vollständig, nicht rechtmäßig oder nicht in angemessener Zeit erfüllen könnte“ 535. Für die Erhebung sensibler Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG gelten die strengeren Maßstäbe des § 13 Abs. 2 BDSG. Kommt es zu einer Speicherung, Veränderung oder Nutzung personenbezogener Daten, so richtet sich dies nach § 14 BDSG. Die Zulässigkeit dieser Maßnahmen setzt ebenso wie die Erhebung die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung voraus536, hinzu kommt aber die strenge Zweckbindung der Maßnahmen, nach der diese Maßnahmen nur zu dem Zweck zulässig sind, zu dem sie erhoben wurden oder zu dem sie gespeichert wurden, wenn keine Erhebung vorangegangen 531 Dort finden sich die sog. Generalklauseln zur Datenerhebung und Verarbeitung durch öffentliche Stellen, Durner, JuS 2006, 213, 216–217. 532 Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG, § 13 Rn. 2; Simitis/Sokol/Scholz, BDSG, § 13 Rn. 19–20; Plath/Roggenkamp, BDSG/DSGVO-Kommentar, § 13 BDSG Rn. 5. 533 Zu beachten ist dabei, dass grundsätzlich jeder staatlichen Stelle als Annexkompetenz das Recht zukommt, über ihre Aufgabenwahrnehmung zu informieren und Informationsmaßnahmen als Mittel der Aufgabenerfüllung einzusetzen, s. o. Kap. 4 II. 4. a), S. 245. Die Hürde einer Aufgabenzuweisung wird sich daher in der Regel überwinden lassen, da es untypisch wäre, wenn eine staatliche Stelle einen Bericht vorlegt, der sich nicht irgendwie auf ihre Aufgaben zurückführen lassen würde. 534 Diese dürfte im Rahmen staatlicher Selbstdarstellung zumeist fehlen, die Kenntnis personenbezogener Daten ist für die Darstellung der eigenen Tätigkeit einer Behörde wohl kaum erforderlich. 535 Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG, § 13 Rn. 3. 536 Hierin ergeben sich auch inhaltlich keine Unterschiede zu den Voraussetzungen des § 13 BDSG, Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG, § 14 Rn. 5.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

287

ist, § 14 Abs. 1 BDSG. Eine Vornahme dieser Maßnahmen für einen anderen Zweck ist nur nach Erlaubnistatbeständen des § 14 Abs. 2 BDSG zulässig. Für Berichterstattung heißt das, dass personenbezogene Daten nur dann im Prozess der Berichterstellung verändert, genutzt oder gespeichert werden dürfen, wenn sie zu genau diesem Zweck erhoben oder gespeichert wurden. Eine Verwendung personenbezogener Daten aus anderem Zusammenhang für Berichterstattung setzt die Erlaubnis nach § 14 Abs. 2 BDSG voraus. Für Berichterstattung von Interesse dürften dabei die Ausnahmen der Erlaubnis durch andere Rechtsvorschrift, der Einwilligung und der allgemeinen Zugänglichkeit der Daten sein, § 14 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5 1. Alt. BDSG. Gesondert hinzuweisen ist auf die Ausnahmebestimmung der Veröffentlichungsbefugnis, § 14 Abs. 2 Nr. 5 2. Alt. BDSG537. Darf die verantwortliche Stelle die Daten auch veröffentlichen, was in der Regel bei Berichterstattung das Ziel des Verarbeitungsprozesses ist, so darf sie sie auch vorab für andere Zwecke als bei Erhebung verwenden, nutzen oder ändern. Erneut gelten für sensible Daten verschärfte Voraussetzungen, § 14 Abs. 5 BDSG. (2) Das BDSG als Grenze im Rahmen der Erstattung von Berichten Die Erstattung von Berichten kann aus datenschutzrechtlicher Sicht besonders problematisch sein. Die Weitergabe von personenbezogenen Daten in einem Bericht stellt grundsätzlich unproblematisch eine Übermittlung im Sinne des § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG dar. Das Übermitteln von personenbezogenen Daten an andere Stellen ist in §§ 15–16 BDSG sowie in § 4b BDSG für die Übermittlung an ausländische Stellen normiert. Erfolgt eine solche Übermittlung von personenbezogenen Daten in einem Bericht, der nicht veröffentlicht wird, so ergeben sich für die Anwendung des Datenschutzrechts keine Besonderheiten: Erstattet eine staatliche Stelle einer anderen einen Bericht, so ist dies grundsätzlich nach § 15 BDSG zu bewerten538, 537 Die Berechtigung zur Veröffentlichung von Daten ist letztlich eine Frage der Erstattung von Berichten und ihrer datenschutzrechtlichen Zulässigkeit, dazu sogleich Kap. 4 IV. 2. a) bb), S. 287. 538 Ein solcher Fall liegt etwa häufig vor bei der Berichterstattung der Regierung an das Parlament. Die Veröffentlichung solcher Berichte erfolgt erst bei Aufnahme in die Bundestagsdrucksachen durch das Parlament, was ein eigenständiger Verarbeitungsvorgang ist und getrennt von der Übermittlung durch die Regierung an das Parlament zu bewerten ist. Nach Franke, Die Regelung des Datenschutzes im Parlament, S. 64–65 sind auf solche parlamentarischen Verarbeitungsvorgänge die Regeln des BDSG nicht anzuwenden. Das ist natürlich anders, wenn die Regierung selbst den Bericht zeitgleich mit der Weitergabe an das Parlament im Internet auf ihrer eigenen Homepage veröffentlicht. Es würde den Rahmen dieser Untersuchung überdehnen, die datenschutzrechtlichen Besonderheiten des Parlamentsrechts darzustellen. Dazu monografisch Franke, Die Regelung des Datenschutzes im Parlament.

288

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

im Fall einer Berichterstattung an eine nicht öffentliche Stelle nach § 16 BDSG. Hier stellen sich keine besonderen Probleme. Staatliche Berichte werden in der Regel jedoch durch Veröffentlichung jedermann zugänglich gemacht, insbesondere wenn sie im Internet abrufbar gemacht oder als Broschüre verteilt werden. Enthalten diese Berichte personenbezogene Daten, so hat grundsätzlich die gesamte Öffentlichkeit Zugriff darauf. Da es bei staatlicher Berichterstattung häufig genau darum geht, die Berichtsinhalte einer möglichst breiten Öffentlichkeit zugänglich und bekannt zu machen, ist die datenschutzrechtliche Zulässigkeit solcher Berichterstattung potenziell besonders relevant. Der Begriff der Veröffentlichung ist als solcher im BDSG nicht geregelt539. Das Veröffentlichen einer Information im Sinne einer allgemeinen Zugänglichmachung, sei es durch die Ermöglichung des Informationsabrufs im Internet oder durch analoge Methoden wie etwa die Verteilung von Broschüren, ist aber vom Begriff der Datenübermittlung nach § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG erfasst540. Es erscheint aber fraglich, ob die Regelungen der §§ 4b, 15 f. BDSG auf die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten im Internet überhaupt anwendbar sind. Werden personenbezogene Daten im Internet veröffentlicht, so stehen sie grundsätzlich für jedermann zum Abruf bereit und jedermann kann berechtigt darauf zugreifen, vgl. § 3 Abs. 4 Nr. 3 lit. b BDSG, und zwar unabhängig davon, ob der Zugriff von einer öffentlichen, einer nicht öffentlichen oder einer ausländischen Stelle erfolgt. Damit liegt auch eine Übermittlung an jedermann und letztlich eine Übermittlung an öffentliche, nicht öffentliche und ausländische Stellen vor, wenn und soweit diese auf die Daten zugreifen, die zum Abruf bereitgehalten werden541.

539 Erwähnt wird er nur in § 1 Abs. 3 BDSG hinsichtlich der Subsidiarität und in anderem Zusammenhang in § 41 Abs. 2 BDSG, wo es um die Deutsche Welle geht. 540 Ganz h. M.: BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NVWZ 1990, 1162 bezeichnet eine Bekanntgabe als „die intensivste Form einer Übermittlung personenbezogener Daten“; OVG Lüneburg NJW 1992, 192, 195; OVG Koblenz, Urteil v. 10.09.2007 – Az. 2 A 10413/07 –, Rn. 24, zitiert aus juris; Simitis/Damann, BDSG, § 3 Rn. 157; Gola/ Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG, § 3 Rn. 33; Schaar, Datenschutz im Internet, Rn. 207; Plath/Plath/Schreiber, BDSG/DSGVO-Kommentar, § 3 BDSG Rn. 46; Taeger/Gabel/Buchner, BDSG, § 3 Rn. 35–36. A. A. EuGH, DuD 2004, 244, 247–249, wobei zu beachten ist, dass die Auslegung des EuGH sich nicht allgemein auf den Begriff der Übermittlung bezogen hat, sondern auf die speziellere Übermittlung in ein Drittland i. S. d. Art. 25 der EG-Datenschutzrichtlinie (RL 95/46). Hier sprechen besondere Gründe des Einzelfalls und der gesetzgeberischen Konstruktion der Datenschutzrichtlinie (vgl. die Überlegungen des EuGH, DuD 2004, 244, 249) dafür, die Auslegung des EuGH nicht auf den Begriff des Übermittelns i. S. v. § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG zu übertragen, vgl. dazu auch Taeger/Gabel/ Buchner, BDSG, § 3 Rn. 36. 541 Eine Übermittlung liegt erst beim Abrufen der Daten vor, Taeger/Gabel/Heckmann, BDSG, § 15 Rn. 9.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

289

Man kann wohl davon ausgehen, dass das BDSG solche Fälle nicht regeln wollte oder solche zumindest bei Erlass der entsprechenden Regeln des BDSG nicht bedacht wurden. Die Systematik hinsichtlich der Übermittlung von personenbezogenen Daten an andere Stellen baut ersichtlich auf der grundlegenden Differenzierung nach dem Adressaten der Übermittlung auf 542, eine Regelung für eine gleichzeitige Übermittlung an verschiedene Stellen gibt es nicht. Zwar könnte man überlegen, in solchen Fällen die §§ 4b, 15 und 16 BDSG kumulativ anzuwenden, jedenfalls hinsichtlich § 4b BDSG steht man damit aber genau vor der Problematik, die den EuGH dazu bewegt hat, Veröffentlichungen aus dem Begriff herauszunehmen. Dann nämlich wäre die Veröffentlichung im Internet praktisch unmöglich, da es immer ein Drittland ohne entsprechendes Datenschutzniveau gibt543, an welches aufgrund der Offenheit des Internets auch übermittelt würde, was zumindest nach § 4b Abs. 2 S. 2 BDSG problematisch wäre. Gegen die Lösung des EuGH sprechen aber berechtigte Schutzinteressen der Betroffenen gegenüber einer Veröffentlichung ihrer Daten im Internet544, die dann vom BDSG überhaupt nicht erfasst würden. Würde man dagegen zumindest für § 4b BDSG das Begriffsverständnis des EuGH zugrunde legen und die Veröffentlichung im Internet nur als Übermittlung im Sinne der §§ 15 f. BDSG verstehen, so würde man einen einheitlichen Begriff künstlich aufspalten, was insbesondere der Regelungssystematik des BDSG zuwiderliefe, welches den Begriff in § 3 Abs. 4 Nr. 3 BDSG einheitlich definiert. Hinzu kommt, dass die Einzelregelungen der §§ 15 f. BDSG nicht wirklich zu dem Fall der Veröffentlichung im Internet passen. Dies zeigen jedenfalls alle Regelungen, die an eine vorherige Anfrage der Übermittlung durch die datenempfangenden Stellen abstellen, etwa §§ 15 Abs. 2 S. 2, 16 Abs. 1 Nr. 2 BDSG. Betrachtet man die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten im Internet (auch) als Übermittlung an nicht öffentliche Stellen, so wären die Empfänger, und damit letztlich jedermann, nach § 16 Abs. 4 BDSG an den Erhebungszweck gebunden, worauf dann auch hinzuweisen wäre. Für eine Verwendung zu einem anderen Zweck müsste jedermann das Einverständnis der veröffentlichenden Stelle einholen, § 16 Abs. 4 S. 3 BDSG. Hieran erkennt man, dass die Regelung für Fälle konzipiert ist, in denen personenbezogene Daten gezielt an einen Dritten oder eine beschränkte Gruppe von Dritten übermittelt werden, nicht aber für eine Veröffentlichung im Internet an die Allgemeinheit. Was heißt dies nun für die Praxis und wie ist mit Veröffentlichungen im Internet umzugehen? Es bleibt dabei, dass die Veröffentlichung im Internet begrifflich 542 Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, Rn. 490; Simitis/Damann, BDSG, § 15 Rn. 6; Auernhammer/Eßer, DSGVO/BDSG-Kommentar, § 15 Rn. 3; Taeger/Gabel/Heckmann, BDSG, § 15 Rn. 3, der daher auch davon ausgeht, dass keine Anwendungskonkurrenz zwischen den Normen bestehen kann. 543 Vgl. die Erwägungen des EuGH, DuD 2004, 244, 249. 544 Simitis/Dammann, BDSG, § 3 Rn. 157.

290

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

eine Übermittlung darstellt. Diese unterfällt dem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 BDSG. Eine Erlaubnis kann üblicherweise auf dreierlei Art erlangt werden, durch Einwilligung, Regelung im Spezialgesetz oder die Generalklauseln des BDSG, konkret die §§ 4b, 15 und 16 BDSG545. Da diese aus den genannten Gründen eine Veröffentlichung im Internet nicht sinnvoll regeln und eine solche auch ersichtlich nicht regeln sollten, ist ihr Anwendungsbereich teleologisch zu reduzieren und sie sind auf Veröffentlichungen im Internet nicht anzuwenden. Damit besteht aufgrund von § 4 Abs. 1 BDSG ein Verbot zur Veröffentlichung im Internet, es sei denn, der Betroffene willigt wirksam ein oder ein Spezialgesetz ermächtigt546 die Behörde speziell zur Veröffentlichung der Information. Für dieses Ergebnis spricht ein weiteres: Bei der Veröffentlichung im Internet handelt es sich um eine besonders intensive Form der Übermittlung547. Für besonders intensive Eingriffe reichen aber generalklauselartige Ermächtigungen in aller Regel nicht aus, sondern es müssen gezielt spezialgesetzliche Eingriffsbefugnisse mit detaillierten Regeln zu den Eingriffsvoraussetzungen vorhanden sein548. Die Anwendung der Generalklauseln des BDSG erschiene auch vor diesem Hintergrund verfassungsrechtlich problematisch. Für staatliche Berichterstattung gilt damit das Folgende: Die Veröffentlichung personenbezogener Daten in einem Bericht unterliegt dem Verbot des § 4 Abs. 1 BDSG. Sie kann bei Bestehen einer spezialgesetzlichen Befugnisnorm zulässig sein, dann sind aber entsprechende Regelungen im Berichtsgesetz zu verlangen. Beruht ein Bericht dagegen auf Eigeninitiative oder Beschluss, so ist eine Veröffentlichung nur bei Einwilligung des Betroffenen zulässig. Ein Rückgriff auf die Erlaubnisvorschriften des BDSG ist aus den genannten Gründen gesperrt. Derartige Fälle stellen bisher in der Praxis wohl die Ausnahme dar, da in der Regel im Rahmen staatlicher Berichterstattung entweder keine personenbezogenen Daten genannt werden oder aber eine spezialgesetzliche Regelung besteht549. In der Rechtsprechung finden sich bisher soweit ersichtlich nur Fälle zur Veröf545 Durner, JuS 2006, 213, 215–216; Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, Rn. 490: „Zulässigkeits-Dreiklang“. 546 Beispiele für solche Spezialgesetze wären etwa § 16 Abs. 3 BVerfSchG oder § 40 Abs. 1 u. Abs. 1a LFGB, soweit es dort um die Veröffentlichung des Namens des Herstellers geht. 547 BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, NVWZ 1990, 1162; OVG Lüneburg NJW 1992, 192, 195; Schaar, Datenschutz im Internet, Rn. 207; Gola/Schomerus/Gola/ Klug/Körffer, BDSG, § 3 Rn. 33; Auernhammer/Eßer, DSGVO/BDSG-Kommentar, § 3 Rn. 58. 548 Durner, JuS 2006, 213, 216; Simitis/Dammann, BDSG, § 15 Rn. 3: „Übermittlungen mit größerer Eingriffstiefe bedürfen einer bereichsspezifischen Eingriffsgrundlage“. 549 Etwa § 16 Abs. 3 BVerfSchG. Ein anderes Beispiel dürften die §§ 11 S. 2, 10 Abs. 6, 9 Abs. 1 UIG für den Umweltzustandsbericht sein.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

291

fentlichung von Beschäftigtendaten der öffentlichen Stellen, für die aber zumeist Sondervorschriften gelten550, sodass die beschriebene Konkurrenzproblematik hinsichtlich der §§ 15 f. BDSG nicht besteht. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Tendenz, mehr und mehr Informationen im Rahmen allgemeiner Transparenzbemühungen im Internet zu veröffentlichen, wird die Problematik der Behandlung personenbezogener Daten in Internet-Publikationen in Zukunft an Bedeutung gewinnen. (3) Perspektive DSGVO Auch für die Behandlung personenbezogener Daten innerhalb staatlicher Berichterstattung stellt sich die Frage, wie sich die rechtlichen Rahmenbedingungen aufgrund der weiteren europarechtlichen Überformung des Datenschutzrechts durch die DSGVO551 verändern werden. (a) Die wesentlichen Aussagen der DSGVO Ab dem 25.05.2018 wird die DSGVO als unmittelbar geltendes Recht in allen Mitgliedsstaaten der EU den Schutz personenbezogener Daten prägen. Ihr Anwendungsbereich erstreckt sich dabei sachlich auf jede ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung von personenbezogenen Daten sowie auf die manuelle Verarbeitung, wenn die Daten in einem Dateisystem gespeichert werden oder künftig gespeichert werden sollen, Art. 2 Abs. 1 DSGVO. Ausgenommen sind im behördlichen Bereich die Strafverfolgung und die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit, Art. 2 Abs. 2 lit. d DSGVO552. Anders als das BDSG differenziert die DSGVO bei der Verarbeitung nicht nach der Natur des Verarbeiters, erfasst also sowohl Private als auch staatliche Stellen553. Die räumliche Anwendbarkeit auf innerhalb der EU belegene Verarbeiter – und damit auch auf staatliche Stellen – versteht sich von selbst554. Die DSGVO orientiert sich in ihrer Grundstruktur explizit am deutschen Datenschutzkonzept555 und hält an dem Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt fest, welcher in Art. 6 Abs. 1 UA 1 DSGVO angelegt ist, wenn es heißt, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten nur bei Erfüllung einer nachstehenden Bedingung rechtmäßig ist. 550 Z. B. OVG Koblenz, Urteil v. 10.09.2007 – Az. 2 A 10413/07 –, zitiert aus juris; ausführlich zur Veröffentlichung von Beschäftigtendaten öffentlicher Stellen im Internet Guckelberger, ZBR 2009, 332. 551 VO 2016/679/EU; zur DSGVO siehe auch oben Kap. 2 II. 3. c) aa) (2), S. 93. 552 Diese werden allerdings durch die neue RL 2016/680/EU abgedeckt, vgl. Schantz, NJW 2016, 1841, 1842. 553 Pfeifer, GewArch 2014, 142, 143–144. 554 Paal/Pauly/Ernst, DSGVO, Art. 3 Rn. 2. 555 Pfeiffer, GewArch 2014, 142, 143.

292

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Unter personenbezogenen Daten versteht die DSGVO nach der Legaldefinition des Art. 4 Nr. 1 1. Hs. DSGVO alle auf eine identifizierte oder identifizierbare Person556 bezogenen Informationen. Noch unklar ist, ob für eine Identifizierbarkeit genügt, dass irgendjemand eine Identifizierung vornehmen kann (absoluter Personenbezug), oder ob es auf die Identifizierbarkeit durch den Verarbeiter ankommt (relativer Personenbezug)557. Anders als das nach Erheben, Verarbeiten und Nutzen differenzierende BDSG stellt die DSGVO auf den einheitlichen Begriff der Verarbeitung ab, der jeglichen direkt oder indirekt auf personenbezogene Daten einwirkenden Vorgang umfasst558. Auch die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten wird hiervon begrifflich erfasst, was sich insbesondere an dem in Art. 4 Nr. 2 DSGVO benannten Beispiel der Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder anderen Form der Bereitstellung belegen lässt559. Eine Offenlegung scheint dabei aber nicht grundsätzlich an die Öffentlichkeit erfolgen zu müssen, sondern begrifflich erfasst wird auch die Offenlegung gegenüber bestimmten einzelnen Personen560. Um als staatliche Stelle eine rechtmäßige Datenverarbeitung vorzunehmen, muss – neben der Beachtung der in Art. 5 DSGVO niedergelegten Grundsätze561 – eine der in Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. a–f DSGVO genannten Bedingungen vorliegen. Neben der Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. a DSGVO sind für staatliche Stellen insbesondere die Zulässigkeitsgründe der Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. c und e DSGVO von Bedeutung562. Danach erforderlich ist eine ob-

556

Damit sind natürliche Personen gemeint, vgl. ErwGr. 14 S. 2 DSGVO. Für einen absoluten Personenbezug: Piltz, K&R 2016, 557, 561; Pfeifer, GewArch 2014, 142, 143; für einen relativen Personenbezug: Plath/Schreiber, BDSG/DSGVOKommentar, Art. 4 DSGVO Rn. 9–11; Auernhammer/Eßer, DSGVO/BDSG-Kommentar, Art. 4 Rn. 15; wohl auch Schantz, NJW 2016, 1841, 1842–1843. 558 Plath/Schreiber, BDSG/DSGVO-Kommentar, Art. 4 DSGVO Rn. 12–13; ähnlich Härting, DSGVO, Rn. 330. 559 Ähnlich Paal/Pauly/Ernst, DSGVO, Art. 4 Rn. 30. 560 Für dieses Verständnis spricht etwa ErwGr. 46 S. 2 DSGVO, wo die Rede von der Offenlegung gegenüber einem Empfänger ist; ähnlich die Formulierung in Art. 14 Abs. 3 lit. c DSGVO. 561 Diese sind nicht bloß programmatische Zielbestimmungen, sondern konkret wirksam, Paal/Pauly/Frenzel, DSGVO, Art. 5 Rn. 1–2; i. E. ebenso Schantz, NJW 2016, 1841, 1843; Piltz, K&R 2015, 557, 564; Härting, DSGVO, Rn. 86. 562 Pfeifer, GewArch 2014, 142, 144. Die Bedingung des Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. d DSGVO ist nach ErwGr. 46 S. 2 DSGVO nur subsidiär heranzuziehen. Außerdem dürften Fälle, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten – sei es nun im Rahmen der Erstellung oder im Rahmen der Veröffentlichung eines Berichts – zum Schutz lebenswichtiger Interessen erforderlich ist, eher die Ausnahme bleiben. Die Bedingung des Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. f DSGVO scheint dagegen auf den ersten Blick naheliegender zu sein, sollte aber nach ErwGr. 47 S. 5 DSGVO nicht für Behörden herangezogen werden, vgl. Paal/Pauly/Frenzel, DSGVO, Art. 6 Rn. 26. 557

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

293

jektiv-rechtliche563 Pflicht des Verantwortlichen zur Verarbeitung (lit. c) oder die Erforderlichkeit der Verarbeitung zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe (lit. e). Beide Zulässigkeitstatbestände schaffen aber nicht von sich aus eine Rechtsgrundlage zur Verarbeitung, sondern es bedarf einer weiteren Rechtsgrundlage564, die sich nach Art. 6 Abs. 3 UA 1 DSGVO aus Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedsstaaten ergeben kann. Die Bundesregierung hat mit dem BDSG-Entwurf den ersten Schritt zur Schaffung einer solchen Rechtsgrundlage gemacht565. Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des künftigen BDSG lassen sich bereits unmittelbar durch die DSGVO einige Veränderungen im Vergleich zur bisherigen Rechtslage feststellen: So entfallen etwa die Zulässigkeitsgründe des § 14 Abs. 2 Nr. 3 u. 5 BDSG, da sie keine Stütze in der DSGVO finden566. Damit entfällt die Zulässigkeit einer Verarbeitung, wenn die Daten allgemein zugänglich sind, was auch für Berichterstattung von Bedeutung sein dürfte567. Nur angedeutet seien hier auch die umfassenden Rechte der von Datenverarbeitung betroffenen Personen. Insbesondere die Informationsrechte der DSGVO dürften dabei, soweit personenbezogene Daten künftig im Rahmen von Berichterstattung zu verarbeiten sind, für staatliche Stellen einen erheblichen Mehraufwand verursachen568. Als besonders problematisch hatte sich die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten durch staatliche Berichterstattung erwiesen, die nach geltender Rechtslage nicht auf das BDSG, sondern nur auf ein spezielleres Gesetz gestützt werden kann569. Hinsichtlich einer Veröffentlichung von personenbezogenen Daten ist aus Sicht der DSGVO zu sagen, dass sie eine solche zwar sprachlich 563 Eine vertragliche Verpflichtung genügt nicht, Paal/Pauly/Frenzel, DSGVO, Art. 6 Rn. 16. 564 Schantz, NJW 2016, 1841, 1843; vgl. auch die Begründung zum BDSG-Entwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/11325, 81. 565 Dazu sogleich Kap. 4 IV. 2. b) aa) (3) (b), S. 294. Die Berechtigung der Nationalstaaten zur Schaffung einer solchen Regelung folgt aus Art. 6 Abs. 2 DSGVO, vgl. zu dessen inhaltlichen Vorgaben und dem Zusammenspiel mit Art. 6 Abs. 3 DSGVO Benecke/Wagner, DVBL 2016, 600, 601 noch zu einer (wortgleichen) Entwurfsfassung. 566 Pfeifer, GewArch 2014, 142, 144. Eine ähnliche Regelung findet sich zwar in Art. 9 Abs. 2 lit. e DSGVO, diese bezieht sich jedoch nur auf das Verbot der Verarbeitung besonders sensibler Daten. Darin liegt aber keine Erlaubnis zur Verarbeitung, es dürfte sich nur um eine Befreiung vom Verbot des Art. 9 Abs. 1 DSGVO handeln. I. E. ähnlich Härting, DSGVO, Rn. 459, wenn er auf Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. f DSGVO zur Rechtfertigung der Verarbeitung in Betrieben abstellt. 567 Siehe dazu bereits oben Kap. 4 IV. 2. b) aa) (1), S. 285; implizit auch Piltz, K&R 2015, 557, 567, wenn er Art. 6 Abs. 1 UA 1 DSGVO und Art. 9 Abs. 2 DSGVO kumulativ anwendet. 568 Pfeifer, GewArch 2014, 142, 145; ausführlich zu den Rechten der Betroffenen und den Pflichten des Verantwortlichen Piltz, K&R 2016, 629–636, 709–717. 569 s. o. Kap. 4 IV. 2. b) aa) (2), S. 287.

294

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

erfasst, wenn als Verarbeitung in Art. 4 Nr. 2 DSGVO auch die Offenlegung definiert wird, worunter auch die Veröffentlichung fällt570. Jedoch enthält die DSGVO weder ein Verbot noch eine unionsrechtliche Ermächtigung für die Veröffentlichung, es finden sich hinsichtlich der Offenlegung von personenbezogenen Daten nur einige spezielle Rechte und Regelungen zum Schutz des Betroffenen571. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass die DSGVO eine Veröffentlichung von personenbezogenen Daten nicht grundsätzlich für unzulässig hält572, dazu aber eine Ermächtigungsnorm aus Unionsrecht oder nationalem Recht erforderlich ist. Ob eine Veröffentlichung personenbezogener Daten in Zukunft nach dem allgemeinen Datenschutzrecht zulässig sein wird, hängt damit maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung der künftigen Normen im BDSG ab. Die DSGVO allein schafft insoweit keine Ermächtigung hierzu und ändert die bestehende Rechtslage nicht. (b) Ein neues BDSG – Lösung der Veröffentlichungsproblematik? Das gibt Anlass, sich nochmals mit dem BDSG-Entwurf 573 der Bundesregierung auseinanderzusetzen. Betrachtet man diesen, so könnte man überlegen, ob die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten entweder auf § 3 BDSG-Entwurf 574 oder unter Umständen auf § 25 BDSG-Entwurf 575 gestützt werden könnte. § 3 BDSG-Entwurf ermächtigt öffentliche Stellen unter bestimmten Voraussetzungen zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Geht man davon aus, dass der Begriff der Verarbeitung hier mit dem Begriff der DSGVO deckungsgleich ist, so scheint der Wortlaut die Veröffentlichung grundsätzlich zu erfassen. Die Regelung ist jedoch nach der Konzeption der Bundesregierung ausdrücklich als Ersatz für den Regelungsgehalt der §§ 13 f. BDSG gedacht576, die eine Übermittlung und Veröffentlichung nicht regeln. Zudem ist § 3 BDSG-Entwurf ohnehin nur als subsidiäre Rechtsgrundlage für Eingriffe von geringem Gewicht konzipiert577, bei der Veröffentlichung personenbezogener Daten handelt es sich aber um einen erheblichen Eingriff. Angesichts dieser Einwände könnte eine Veröffentlichung personenbezogener Daten trotz des offenen Wortlauts nicht auf § 3 BDSG-Entwurf gestützt werden, wenn der Entwurf unverändert Gesetz würde. 570

s. o. Kap. 4 Fn. 559. Z. B. Art. 14 Abs. 3 lit. c DSGVO; Art. 17 Abs. 2 DSGVO; Art. 48 DSGVO. 572 Auch eine solche Regelung wäre vor dem Hintergrund des Eingriffsgewichts einer solchen Veröffentlichung nicht unvorstellbar. 573 BT-Drucks. 18/11325. 574 BT-Drucks. 18/11325, 16. 575 BT-Drucks. 18/11325, 29. 576 So die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/11325, 81. 577 BT-Drucks. 18/11325, 81; Greve, NVWZ 2017, 737, 738. 571

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

295

§ 25 BDSG-Entwurf soll die Übermittlung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen regeln, soweit damit eine Zweckänderung im Verhältnis zum ursprünglichen Erhebungszweck einhergeht. Schon die begriffliche Parallele zu den §§ 15 f. BDSG zeigt, dass § 25 BDSG-Entwurf den Regelungsgehalt der ursprünglichen Vorschriften übernehmen will578. Der Begriff der Übermittlung würde also auch hier die Veröffentlichung erfassen579. Die Parallele zur Regelung der § 15 f. BDSG schafft aber auch für die Regelung des Entwurfs dasselbe Problem, welches bereits oben zur geltenden Rechtslage zur Ablehnung einer Veröffentlichungsbefugnis führen musste: Die Regelungen sind darauf ausgelegt, dass Daten von einer Stelle an eine bestimmte andere Stelle weitergegeben werden. Das zeigt auch hier die Anknüpfung an die Differenzierung nach dem Adressaten: § 25 Abs. 1 BDSG-Entwurf betrifft die Übermittlung an öffentliche, § 25 Abs. 2 BDSG-Entwurf die Übermittlung an nicht öffentliche Stellen. Erneut macht diese Differenzierung die Handhabung einer Veröffentlichung schwierig, die sich als Übermittlung an jedermann und damit kumulativ an öffentliche, nicht öffentliche und ausländische Stellen darstellt580. Auch im neuen BDSGEntwurf scheint der Gesetzgeber an diese Konstellation nicht gedacht zu haben. Somit dürfte sich eine Veröffentlichung personenbezogener Daten auch auf § 25 BDSG-Entwurf nicht stützen lassen. Unabhängig davon wird dort nur der spezielle Fall der Übermittlung bei Zweckänderung geregelt581. Der (wohl häufigere) Fall, dass personenbezogene Daten für die Erstellung eines zur Veröffentlichung gedachten Berichts erhoben und dann veröffentlicht werden, würde folglich ohnehin nicht vom Anwendungsbereich der Norm umfasst. Nach alledem ist festzustellen, dass die DSGVO und der BDSG-Entwurf, so er unverändert Gesetz würde, an der bestehenden Rechtslage nichts ändern: Eine Veröffentlichung personenbezogener Daten ist und bliebe nach dem allgemeinen Datenschutzrecht unzulässig. Sie kann nur rechtmäßig sein, wenn in einem entsprechenden Berichtsgesetz eine Ermächtigung hierzu ausdrücklich geschaffen wird. bb) Bereichsspezifische Geheimhaltungsvorschriften Neben dem allgemeinen Datenschutzrecht gibt es bereichsspezifische Geheimhaltungsvorschriften582, die die Weitergabe bestimmter Informationen untersagen 578

Dies ist auch erklärte Absicht der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/11325, 96. Dazu oben Kap. 4 IV. 2. b) aa) (2), S. 287; ähnlich Greve, NVWZ 2017, 737, 738: „Fortführung der §§ 15, 16 BDSG a. F“. 580 s. o. Kap. 4 IV. 2. b) aa) (2), S. 287. 581 Dies ergibt sich systematisch aus der Stellung im Abschnitt zur Verarbeitung für andere Zwecke und aus der erklärten Absicht der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/ 11325, 96. 582 Die folgende Liste dient nur der exemplarischen Betrachtung und erhebt bei weitem keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es würde diese Untersuchung überdehnen, jede einfach-rechtliche Geheimhaltungspflicht staatlicher Stellen zu betrachten. 579

296

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

(1). Diese Geheimhaltungsvorschriften betreffen teilweise personenbezogene Daten, teilweise aber auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Erstattet eine staatliche Stelle einen Bericht, so gelten auch dafür diese Geheimhaltungsvorschriften, sofern keine Ausnahmen vorgesehen sind. Zudem gibt es einige Regelungen, die speziell für einzelne Berichte gelten (2). (1) Allgemeine Geheimhaltungsvorschriften Zu nennen sind hier exemplarisch: • Das Steuergeheimnis, § 30 AO: Gewährleistet wird grundsätzlich umfassender Datenschutz hinsichtlich personenbezogener Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen in Steuersachen583. Neben den in § 30 AO genannten Gründen kann eine Berechtigung zur Offenlegung von dem Steuergeheimnis unterliegenden Informationen auch durch ein Berichtsgesetz geschaffen werden, dann liegt die Ausnahme des § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO vor. Bei Berichtsersuchen durch Beschluss kann sich eine Berechtigung aus § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO ergeben584. An das Steuergeheimnis gebunden sind alle Amtsträger i. S. d. § 7 AO, also auch solche, die nicht in der Finanz- und Steuerverwaltung tätig sind585. • Das Statistikgeheimnis, § 16 BStatG: Es besteht für alle Amtsträger und die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten, die mit der Durchführung von Bundesstatistiken betraut sind, die Pflicht, für die Erstellung der Bundesstatistik gemachte personenbezogene Daten586 geheim zu halten. Die Geheimhaltungspflicht trifft also nicht nur die Mitarbeiter statistischer Ämter, sondern auch Erhebungsbeauftragte und teilweise auch sonstige Vertragspartner587. Zu beachten sind insbesondere die Ausnahmevorschriften für die Weitergabe dieser Daten an das Parlament, § 16 Abs. 4 BStatG588. • Das Sozialgeheimnis, § 35 SGB I: Jedermann hat einen Anspruch auf die Wahrung seiner Sozialdaten, worunter nach § 67 Abs. 1 SGB I Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimm583

Klein/Rüsken, AO, § 30 Rn. 1. Maiwald, Berichtspflichten, S. 178. 585 Zur Bestimmung des Amtsträgers i. S. d. AO vgl. die Kommentierung bei Klein/ Gersch, AO, § 7. 586 Das Gesetz formuliert zwar „Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse“, dies entspricht jedoch der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 BDSG, und man kann davon ausgehen, dass ein Gleichklang der Begriffe gewollt ist, so im Ergebnis auch Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rn. 13, wenn auf die Legaldefinition des BDSG (a. F.) abgestellt wird. 587 Zur Bestimmung der nach § 16 BStatG zur Geheimhaltung Verpflichteten siehe die Kommentierung bei Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG, § 16 Rn. 17. 588 Maiwald, Berichtspflichten, S. 177. 584

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

297

baren natürlichen Person fallen. Den Sozialdaten gleichgestellt sind Betriebsund Geschäftsgeheimnisse, § 35 Abs. 4 SGB I. Der Anspruch auf Wahrung richtet sich gegen die Leistungsträger, welche in § 12 S. 1 SGB I legaldefiniert und in den §§ 18–29 SGB I aufgeführt werden. Eine weitere Ausgestaltung des Sozialgeheimnisses mit umfassenden Datenschutzregelungen findet sich in den §§ 67a ff. SGB X589. • Die Verschwiegenheitspflichten in der Finanzdienstleistungsaufsicht, §§ 9 KWG, 8 WpHG590: Besondere Geheimhaltungsvorschriften gelten auch für die Beschäftigten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, und zwar sowohl im Bereich des Kreditwesens wie auch im Wertpapierhandel. Hier werden alle Tatsachen, an denen die beteiligten Institute oder Dritte ein Geheimhaltungsinteresse591 haben, insbesondere auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, geschützt. (2) Geheimhaltungsvorschriften in Berichtsgesetzen Als Geheimhaltungsvorschriften speziell in Berichtsgesetzen sind zu nennen: • § 34 Abs. 1a S. 2 u. 4 AMG: Die zuständige Bundesbehörde hat personenbezogene Daten sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bei der Veröffentlichung eines Beurteilungsberichts nach § 34 Abs. 1a S. 1 Nr. 2 AMG zu streichen, wenn nicht ihre Veröffentlichung zum Schutz der Gesundheit erforderlich ist. Diese Spezialvorschrift zeigt insbesondere gut, wie der Gesetzgeber die Veröffentlichung personenbezogener Daten im Internet regeln kann, immerhin sieht § 34 Abs. 1a S. 1 AMG die Veröffentlichung auf einem Internetportal vor. • § 25 S. 3 BEEG: Der Bericht über die Auswirkungen des Betreuungsgelds darf keine personenbezogenen Daten beinhalten. • § 39 Abs. 2 S. 3 BGleiG: Dasselbe gilt für den Bericht zum Bundesgleichstellungsgesetz. • § 25 S. 2 ContStifG: Ebenfalls gilt ein solches Verbot für den Bericht über die Auswirkungen des Gesetzes über die Conterganstiftung für behinderte Menschen.

589 Zur Systematik des Sozialdatenschutzes Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/ Greiner, Sozialrecht-Kommentar, § 35 SGB I Rn. 1. 590 Eine weitere strukturell vergleichbare Vorschrift ist § 10 BörsG, wobei die Börsenaufsicht durch eine oberste Landesbehörde wahrgenommen wird, vgl. § 3 Abs. 1 S. 1 BörsG. 591 Ein solches besteht auch für personenbezogene Daten, sodass auch für diese die Geheimhaltungsvorschriften greifen, Schwark/Zimmer/Beck, Kapitalmarktrechtskommentar, § 8 WpHG Rn. 8.

298

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

• § 24 S. 3 SGleiG: Ein entsprechendes Verbot besteht auch für den Bericht über die Situation der Soldatinnen im Vergleich zur Situation der Soldaten. • § 16 Abs. 3 BVerfSchG592: Die Bekanntgabe personenbezogener Daten im Verfassungsschutzbericht ist zulässig, soweit dies für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppierungen erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegen. • §§ 11 S. 2, 10 Abs. 6, 9 Abs. 1 UIG: Im Umweltzustandsbericht dürfen personenbezogene Daten, Urheberrechte sowie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nur unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UIG veröffentlicht werden593. • § 4d Abs. 4 S. 2 FinDAG: Speziell im Bereich der Finanzdienstleistungsaufsicht gilt ein Gebot, die Jahresberichte der BaFin derart zu gestalten, dass kein Rückschluss auf die beteiligten Personen oder Unternehmen möglich ist. • § 33 S. 2 2. Hs. BNDG: Im Rahmen seiner Berichterstattung an Bundeskanzleramt und die zuständigen Bundesministerien ist der BND auch berechtigt, personenbezogene Daten weiterzugeben. cc) Zwischenergebnis zu den einfach-rechtlichen Grenzen der Berichterstattung Bereits auf der einfach-rechtlichen Ebene bestehen vielfältige Schutzvorschriften für die Behandlung des Bürgers in staatlichen Informationshandlungen, insbesondere auch in Berichten. Von besonderer Bedeutung als „Auffanggesetz“ 594 ist das BDSG, welches einen Schutz personenbezogener Daten insbesondere vor Veröffentlichung gewährleistet, wenn keine spezialgesetzlichen Regelungen bestehen. Auch die neue DSGVO der EU wird daran voraussichtlich nichts ändern. Schutz für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse besteht auf einfach-rechtlicher Ebene nur in einigen bereichsspezifischen Geheimhaltungsvorschriften. Es wurde bereits angedeutet595, dass viele dieser einfachrechtlichen Grenzen verfassungsrechtlich determiniert sind. Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Behandlung des Bürgers in Berichten wirken sich nicht nur in den Bereichen aus, für die keine einfach-rechtliche Regelung besteht, sondern prägen auch die Anwendung des einfachen Rechts, welches stets im Einklang mit eben dieser Determination angewandt werden muss, andernfalls droht das Verdikt des Verfassungsverstoßes. Im Folgenden soll daher untersucht werden, welche Grenzen das Verfassungsrecht staatlicher Berichterstattung über Private setzt. 592 593 594 595

Zum Verfassungsschutzbericht siehe bereits oben Kap. 2 II. 1., S. 60. Siehe dazu bereits oben Kap. 2 II. 2. c) bb), S. 80. Gola/Schomerus/Gola/Klug/Körffer, BDSG, § 1 Rn. 23. s. o. Kap. 4 IV. 2. b), S. 282.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

299

c) Verfassungsrechtliche Grenzen: Die Grundrechte Die Entwicklung anwendbarer und dogmatisch widerspruchsfreier verfassungsrechtlicher Grenzen für staatliches Informationshandeln beschäftigt Rechtsprechung und Literatur seit mehreren Jahrzehnten. Die dabei bestehenden Schwierigkeiten erklären sich bis zu einem gewissen Grad daraus, dass im Rahmen dieser Entwicklung nicht nur die Spezifika staatlicher Informationshandlungen zu beachten sind, sondern die Judikatur gerade in diesem Bereich auch durch grundrechtsdogmatische Fundamentaldiskussionen aufgeladen wurde. Viele Aussagen in der Rechtsprechung des BVerfG erklären sich wohl auch nur vor diesem Hintergrund. Um dem mit staatlicher Berichterstattung konfrontierten Rechtsanwender hier handhabbare Maßstäbe zur Verfügung zu stellen, ist es notwendig, diese Judikatur zunächst genauer zu betrachten. Unabhängig von der Frage, ob die Judikatur im Einzelnen Zustimmung verdient, kann man wohl festhalten, dass die Voraussetzungen rechtmäßigen staatlichen Informationshandelns jedenfalls inhaltlich weitestgehend konsentiert sind596 und die Probleme eher in der Frage liegen, in welchen Fällen welche Voraussetzungen gelten oder eben nicht gelten. Im Anschluss an die Auseinandersetzung mit der BVerfG-Rechtsprechung werden diese Maßstäbe zur verfassungsrechtlichen Begrenzung staatlichen Informationshandelns unter besonderer Berücksichtigung der Berichterstattung dargelegt. aa) Glykol und Osho – Eine „Kurskorrektur“ 597 in der Grundrechtsdogmatik? „Paukenschlag“ 598, „grundrechtliches Sonderregime“ 599, „kopernikanische Wende rückwärts“ 600, „rechtsdogmatische und rechtsstaatliche Ratlosigkeit“ 601, aber auch „Meilensteine der Entwicklung602“; „Markstein im Verwaltungskommunikationsrecht“ 603 und „echte Rechtsprechungsklassiker“ 604: Diese kleine Auswahl an Zitaten zeigt die Bedeutung, aber auch die Kontroverse605 der beiden 596

Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 109. So der Begriff von Merten, in: HbdGR, § 56 Rn. 76. 598 Huber, JZ 2003, 290, 291. 599 Huber, JZ 2003, 290; ähnlich Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1226; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 111: „Sonderdogmatik“. 600 Höfling, in: FS Rüfner, S. 329, 330. 601 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 113. 602 Martini/Kühl, JURA 2014, 1221. 603 Kaiser, Die Kommunikation der Verwaltung, S. 273. 604 Rusteberg, Gewährleistungsgehalt, S. 77. 605 Selten dürfte Rechtsprechung des BVerfG so einhellig Kritik erfahren haben. Eine durchweg positive Bewertung erhalten die Entscheidungen fast nie, eine Ausnahme stellt in diesem Zusammenhang Kaiser, Die Kommunikation der Verwaltung, S. 273–275 dar; in der Tendenz ebenfalls wohl positiv Bumke, DV 37 (2004), 3, 21–29. Stellvertretend für die vielerseits erhobene Fundamentalkritik dagegen Murswiek, NVWZ 597

300

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

aufeinander Bezug nehmenden Leitentscheidungen 606 des BVerfG zum staatlichen Informationshandeln auf. Bis heute gehen die Deutungen darüber, was überhaupt Inhalt der Entscheidungen ist, teilweise weit auseinander. Im Glykol-Fall607 entschied das BVerfG, dass die Veröffentlichung einer Liste glykolversetzter Weine den „Gewährleistungsbereich des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit“ 608 nicht „beeinträchtigte“ 609, solange sie den rechtlichen Vorgaben für staatliches Informationshandeln Folge leiste: Das Vorliegen einer Kompetenz sowie die Wahrung der Zuständigkeitsordnung, außerdem die Beachtung der Gebote der Richtigkeit und Sachlichkeit von Informationen610. Eine Beeinträchtigung des Gewährleistungsbereichs liege bei Informationshandeln vor, wenn es in „Zielsetzung und [. . .] Wirkungen Ersatz für eine staatliche Maßnahme sei, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre“ 611; verlangt wird dazu ein „funktionales Äquivalent“ 612. Erst bei Vorliegen eines Äquivalents seien die rechtlichen Anforderungen, die an Grundrechtseingriffe zu stellen seien, auf staatliches Informationshandeln anzuwenden613. Im Osho-Fall614 nahm das BVerfG zwar für einen Teil der Äußerungen der Regierung „mittelbar faktische Beeinträchtigungen des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG“ 615 an, verlangt dafür jedoch keine einfach-gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, sondern lässt den nach Auffassung des BVerfG zugleich kompetenzbegründenden Topos der Staatsleitung als Ermächtigung für diese mittelbar-faktischen Beeinträchtigungen ausreichen616. Das Erfordernis einer einfachgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage wird damit verneint, aufgrund komplexer 2003, 1; Huber, JZ 2003, 290; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 111–113; Bethge, JURA 2003, 327; Hellmann, NVWZ 2005, 163; Sachs, in: FS Selmer, S. 209. 606 BVerfGE 105, 252 (Glykol); BVerfGE 105, 279 (Osho). 607 Der Sachverhalt der Entscheidung ist oben in Kap. 3 Fn. 328 wiedergegeben. 608 BVerfGE 105, 252, 272. 609 BVerfGE 105, 252, 272. 610 BVerfGE 105, 252, 268. 611 BVerfGE 105, 252, 273. 612 BVerfGE 105, 252, 273. 613 BVerfGE 105, 252, 273. 614 Sachverhaltszusammenfassung nach Martini/Kühl, JURA 2014, 1221: „Religiöse Gruppierungen um den indischen Mystiker Rajneesh, der sich später Osho nannte, zogen wegen ihrer Praktiken im Umgang mit ihren Mitgliedern die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich. In die Diskussion schaltete sich auch die Bundesregierung ein. Im Rahmen von Antworten auf Parlamentarische Anfragen und anderen öffentlichen Äußerungen warnte sie vor der ,destruktiven‘ (Hervorhebung im Original) und ,pseudoreligiösen‘ (Hervorhebung im Original) ,Jugendsekte‘ (Hervorhebung im Original), die ihre Mitglieder manipuliere. Einige Mitglieder veranlasste das zum Austritt und besorgte Eltern zur Intervention zum Wohle ihrer der Bewegung zugeneigten Kinder. Die Bewegung sah sich dadurch in ihrer Religionsfreiheit aus Art. 4 I GG verletzt“. 615 BVerfGE 105, 279, 301. 616 BVerfGE 105, 279, 301–309.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

301

Geschehensabläufe bei mittelbar-faktischen Beeinträchtigungen seien diese einer Normierung faktisch entzogen, eine sinnvolle Regelung ihrer Voraussetzungen sei nicht möglich617. Schon in dieser Zusammenfassung fallen Begrifflichkeiten auf, die einer Erklärung bedürfen, da sie teilweise von der üblichen Terminologie abweichen. Einer näheren Betrachtung bedürfen die Begriffe des Gewährleistungsbereichs (aa) und des funktionalen Äquivalents in Abgrenzung zur mittelbar-faktischen Beeinträchtigung (bb). Diese Vorklärung ist notwendig, um überhaupt eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerfG führen zu können (cc). (1) Der Gewährleistungsbereich – Deutung eines grundrechtsdogmatischen Begriffs Nirgendwo zeigt sich die Unsicherheit über das Verständnis der Rechtsprechung des BVerfG so sehr wie beim Begriff des Gewährleistungsbereichs618. Während der Beschluss in der Anfangszeit teilweise einfach als schlampig formuliert619 gedeutet wurde oder man annahm, die Formulierungen dienten schlicht einer Verdeutlichung von Wirkungsunterschieden hinsichtlich der Art der Grundrechtsbelastung620, sieht die mittlerweile wohl herrschende Deutung in dem Beschluss den Versuch, eine „Kurskorrektur“ 621 in der Grundrechtsdogmatik einzuschlagen. Das BVerfG wolle mit dem Begriff des Gewährleistungsgehalts Abschied davon nehmen, weite Schutzbereichsdefinitionen vorzunehmen und den Schwerpunkt der Grundrechtsprüfung auf die Rechtfertigungsebene zu legen. Stattdessen seien schon auf der Ebene des Schutzbereichs – oder dann eben Gewährleistungsbereichs – Schranken zu ziehen und die Schutzbereiche insgesamt enger zu fassen622. Methodisch erfolge dies, indem man unter dem 617

BVerfGE 105, 279, 304–305. BVerfGE 105, 252, 268, 273. Im Osho-Beschluss findet der Begriff keine Verwendung. 619 Murswiek, NVWZ 2003, 1, 2; ähnlich Hellmann, NVWZ 2005, 163, 164; gänzlich ignoriert wird der Begriff Gewährleistungsgehalt von Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 112; ignoriert wird er im Ergebnis auch bei R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 96 wenn er meint, das BVerfG sei hinsichtlich des Schutzbereichs „der herkömmlichen Grundrechtsdogmatik gefolgt“. 620 So die Interpretation bei Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 62 unter Rückbezug auf Klement, DÖV 2005, 507, 510–511. Diese Deutung bezieht sich schwerpunktmäßig allerdings ohnehin nicht auf den Begriff des Gewährleistungsbereichs, sondern der mittelbar-faktischen Beeinträchtigung. 621 Merten, in: HbdGR, § 56 Rn. 76. 622 Diese Deutung der BVerfG-Judikatur nehmen vor: Böckenförde, Der Staat 42 (2003), 165, 178; Hoffmann-Riem, in: Haben wir wirklich Recht?, S. 53, 72–73; Kahl, Der Staat 43 (2004), 167, 173–176; Hoffmann-Riem, Der Staat 43 (2004), 203, 217– 219; Kaiser, Die Kommunikation der Verwaltung, S. 273–274; Rusteberg, Gewährleistungsgehalt, S. 85–93; Rottmann, Schutzbereich und Gewährleistungsbereich, S. 34–36; Peine, in: HbdGR, § 57 Rn. 44; Merten, in: HbdGR, § 56 Rn. 76–78; wohl auch: Höf618

302

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Gesichtspunkt des Schutzbereichs die Betroffenheit eines Grundrechts prüfe und unter dem Gesichtspunkt des Gewährleistungsbereichs kläre, ob und inwieweit aus der (thematischen) Betroffenheit des Grundrechts umfangmäßig auch subjektive Abwehrrechte folgen623. (2) Das funktionale Äquivalent – mittelbar faktische Belastung – moderner Eingriffsbegriff? Dieses Verständnis des Begriffs des Gewährleistungsbereichs hilft auch bei der weiteren Deutung der Ausführungen des BVerfG hinsichtlich des Terminus eines funktionalen Äquivalents in Abgrenzung zu mittelbar-faktischen Beeinträchtigungen. Nach der Erläuterung des BVerfG liegt ein funktionales Äquivalent vor, wenn eine Maßnahme „in der Zielsetzung und ihren Wirkungen Ersatz für eine staatliche Maßnahme ist, die als Grundrechtseingriff 624 zu qualifizieren gewesen wäre“ 625. Ein solches Äquivalent hat das BVerfG in der Listenveröffentlichung im Rahmen des Glykol-Beschlusses nicht erblickt. Der Begriff des funktionalen Äquivalents erscheint für sich betrachtet von der bis dahin vorliegenden Rechtsprechung zum Grundrechtseingriff durch Information nicht weit entfernt zu sein: In der bis dahin geführten Diskussion hatte sich herausgebildet, dass ein (mittelbarer) Grundrechtseingriff vorliegen soll, wenn unter Inanspruchnahme staatlicher Autorität zielgerichtet und vorhersehbar oder in Kauf genommen schwerwiegende Einbußen grundrechtlicher Freiheit herbeigeführt werden626. Dieser Maßstab ist mit der Definition des funktionalen Äquivalents durch das BVerfG weitestgehend kompatibel627. Liegt danach ein mittelbarer Grundrechtsling, in: FS Rüfner, S. 329, 332–334; Knebel/Schoss, DÖV 2016, 105, 107; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 58; ähnlich wohl auch Sachs, in: FS Selmer, S. 209, 213, wenn er davon spricht, dass das BVerfG den „sog. Schutzbereich der Grundrechte ,funktional‘ (Anführungszeichen im Original) reduziert“. 623 Rottmann, Schutzbereich und Gewährleistungsbereich, S. 49. 624 Damit dürfte ein klassischer Grundrechtseingriff im Sinne eines finalen, unmittelbaren, imperativen und rechtsförmigen Vorgangs gemeint sein, vgl. BVerfGE 105, 279, 299–300. 625 BVerfGE 105, 252, 273; ähnlich BVerfGE 105, 279, 303. 626 So die Zusammenfassung von Schoch, NVWZ 2011, 193, 195 m.w. N. zur Rechtsprechung; ähnlich R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 85; Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 103–113 mit einer Darstellung der Diskussion bis zu den Glykol- und Osho-Beschlüssen des BVerfG. Der mittelbare Grundrechtseingriff ist von dem Fall zu unterscheiden, in dem die Veröffentlichung einer Information selbst schon einen unmittelbaren Eingriff darstellt, etwa bei Veröffentlichung negativer Tatsachen, die eine Person in ihrem verfassungsrechtlich geschützten guten Ruf aus Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigen. Die Beeinträchtigung tritt dann ohne weitere Reaktionen der Öffentlichkeit ein, vgl. dazu Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 103–105. 627 So auch Schoch, NJW 2012, 2844, 2846, der beide Ansätze kombiniert.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

303

eingriff bzw. das funktionale Äquivalent eines Grundrechtseingriffs vor, so sollen die klassischen rechtsstaatlichen Anforderungen, insbesondere der Vorbehalt des Gesetzes gelten628. Schwierig einzuordnen sind dagegen die Ausführungen des BVerfG zu mittelbar-faktischen Belastungen. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleiste keinen Schutz vor „der Verbreitung zutreffender und sachlich gehaltener Informationen [. . .], selbst wenn die Inhalte sich auf einzelne Wettbewerbspositionen nachteilig auswirken“ 629. Mittelbar-faktische Grundrechtsbeeinträchtigungen verlangten keine über die Aufgabenzuweisung der Staatsleitung hinausgehende gesetzliche Ermächtigung, es sei denn, sie stellten sich als funktionales Äquivalent zu einem Grundrechtseingriff im herkömmlichen Sinne dar630. Solche mittelbar-faktischen Grundrechtsbeeinträchtigungen sollen dann nur „nach Maßgabe der rechtlichen Vorgaben für staatliches Informationshandeln“ 631 geprüft werden. Insbesondere letztere Aussage gibt dogmatisch gewisse Rätsel auf. Zwar erscheint es noch nachvollziehbar, zwischen mittelbaren Grundrechtseingriffen bzw. einem funktionalen Äquivalent einerseits und mittelbar-faktischen Beeinträchtigungen (wohl im Sinne einer bloßen Reflexwirkung632) zu differenzieren. Geht man aber mit dem BVerfG davon aus, dass die Listenveröffentlichung kein funktionales Äquivalent darstellt und der Schutz- bzw. Gewährleistungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG nicht eröffnet ist, so hätte die Prüfung an dieser Stelle eigentlich beendet werden müssen633. Stattdessen scheint das BVerfG davon auszugehen, dass auch unterhalb der Eingriffsschwelle allgemeine Anforderungen an staatliches Informationshandeln zu stellen seien634. Diese Grenzen ergeben sich dann aber nicht mehr aus der Grundrechtsbetroffenheit, sondern aus der Handlungsform des staatlichen Informationshandelns635. Besonders bemerkenswert daran ist, dass bei Verstoß gegen diese allgemeinen Vorgaben ein nicht gerecht628 BVerfGE 105, 279, 303; ein Anwendungsfall dieses Maßstabes ist der Beschluss „Junge Freiheit“, BVerfGE 113, 63, 76 78; zum Vorbehalt des Gesetzes bei staatlichem Informationshandeln, insbesondere zur Frage, ob die Aufgabenzuweisung der Staatsleitung dem noch genügt, s. u. Kap. 4 IV. 2. c) cc) (2) (a), S. 318. 629 BVerfGE 105, 252, 265. 630 BVerfGE 105, 279, 303. 631 BVerfGE 105, 252, 268. 632 So wohl auch die Deutung bei Bethge, in: HbdGR, § 58 Rn. 24–25; ähnlich Bumke, DV 37 (2004), 3, 21. 633 Rusteberg, Gewährleistungsgehalt, S. 86. 634 Rusteberg, Gewährleistungsgehalt, S. 86–87; Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1222–1223; ähnlich Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 109–110; ähnlich auch Bumke, DV 37 (2004), 3, 27–28. 635 Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1223 spricht von „sachimmanenten Legitimitätsgrenzen“; Rusteberg, Gewährleistungsgehalt, S. 87; Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 109; i. E. ähnlich, wenn auch in der Herleitung anders Bumke, DV 37 (2004), 3, 27–28.

304

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

fertigter Grundrechtseingriff vorliegen soll636. Selbst eine lediglich mittelbar-faktische Grundrechtsbeeinträchtigung soll dann unzulässig sein und kann dann in „einen Grundrechtseingriff umschlagen“ 637. Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass das BVerfG wohl ein zweistufiges Rechtmäßigkeitskonzept für staatliches Informationshandeln etablieren wollte638. Auf der ersten Stufe stehen mittelbar-faktische Belastungen, die zwar den Schutzbereich des thematisch einschlägigen Grundrechts berühren, aber noch nicht die Schwelle des funktionalen Äquivalents erreichen und den Gewährleistungsbereich eines Grundrechts noch nicht beeinträchtigen. Für diese gelten dann nur die allgemeinen Voraussetzungen staatlichen Informationshandelns: Das Vorliegen einer Kompetenz sowie die Wahrung der Zuständigkeitsordnung, außerdem die Beachtung der Gebote der Richtigkeit und Sachlichkeit von Informationen639. Erreicht eine Informationshandlung die Schwelle des funktionalen Äquivalents, so kommen die allgemeinen Schranken staatlicher Grundrechtseingriffe, insbesondere der Vorbehalt des Gesetzes640 und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Anwendung. (3) Eine Korrektur der Kurskorrektur des BVerfG? Mithilfe der vorgenommenen Deutung der BVerfG-Judikatur lassen sich einige Friktionen, die in der Rechtsprechung ausgemacht wurden, zumindest abmildern. Und dennoch steht die Rechtsprechung des BVerfG vor so vielen dogmatischen wie praktischen Problemen, dass sie in der Summe keine Gefolgschaft verdient. (a) Inkonsistenz der Rechtsprechung Die Beschlüsse geben selbst mit der vorgestellten Deutung immer noch kein konsistentes Bild ab und ihre Maßstäbe werden weder erläutert noch konsequent angewandt. Dies zeigt sich schon in den Beschlüssen selbst: Das hier vertretene Verständnis stützt sich weitestgehend auf die Interpretation des Glykol-Beschlusses. Im Osho-Beschluss werden dagegen einige Aussagen getroffen, die diesem Verständnis entgegenstehen. So heißt es, dass die angegriffenen Äußerungen eine „mittelbar-faktische Wirkung“ 641 hatten. Terminologisch müsste damit eine Belastung unterhalb der Schwelle des funktionalen Äquivalents vorliegen, denn an 636

So wird man wohl BVerfGE 105, 252, 273 deuten müssen. Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1225. 638 So auch Martini/Kühl, JURA 2014, 1221–1225; zu diesem Ergebnis führt auch die Erläuterung von Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 109–110. 639 BVerfGE 105, 252, 268. 640 Die Ausnahme, die das BVerfG hier wiederrum zugunsten der Staatsleitung zugelassen hat, wird sogleich noch behandelt, s. u. Kap. 4 IV. 2. c) cc) (2) (a) (bb), S. 321. 641 BVerfGE 105, 279, 300–301. 637

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

305

sich ist Terminus der mittelbar-faktischen Belastung gerade kein funktionales Äquivalent, sondern befindet sich auf der darunter liegenden Stufe. Gleichwohl kommt es zu einer Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes642, welchen das BVerfG aber nicht zu den allgemeinen Anforderungen an staatliches Informationshandeln zählt643. Bei konsequenter Anwendung der eigenen Maßstäbe hätte diese Prüfung der Verhältnismäßigkeit hier unterbleiben müssen, es sei denn, das BVerfG ist doch von einem funktionalen Äquivalent durch die beanstandeten Äußerungen ausgegangen. Eine entsprechende Feststellung im Einzelfall nimmt das BVerfG nicht vor644. In diese Richtung deutet aber die Prüfung eines Gebots religiöser Neutralität, die das BVerfG aus Art. 4 Abs. 1 u. 2 GG herleitet645. Hat das BVerfG einen Eingriff angenommen, so erklärt dies zumindest auch die Prüfung der Verhältnismäßigkeit. Zugleich setzt sich der Beschluss dann aber terminologisch in Widerspruch zum Glykol-Beschluss: Dort waren lediglich mittelbar und faktisch wirkende Beeinträchtigungen nur an allgemeinen Voraussetzungen zu messen, zu denen ein Neutralitätsgebot nicht zählte. Da das BVerfG keine Erläuterung seiner Begrifflichkeiten vornimmt646, bleibt daher die Prüfung im OshoBeschluss kaum erklärbar. Jedenfalls verwendet das BVerfG in den Beschlüssen anscheinend den Begriff der mittelbar-faktischen Belastung nicht konsequent. Hinzu kommt, dass die Entscheidung auch im konkreten Fall zu seltsamer Subsumtion neigt: Warum eine Liste, die ausdrücklich als Warnung wirken soll647, nicht die Schwelle des funktionalen Äquivalents erreicht oder warum die kritischen Äußerungen über eine Sekte nicht final darauf gerichtet sein sollen, neben der Aufklärung der Bevölkerung der Sekte einen Nachteil zuzufügen648, bleibt fraglich649. Man kann sich in Teilen des Eindrucks nicht erwehren, dass gerade hinsichtlich des Glykol-Beschlusses der Versuch gemacht wurde, um die Annahme eines (mittelbaren) Grundrechtseingriffs bzw. eines funktionalen Äquivalents herumzukommen, indem man die Finalität der Beeinträchtigungen möglichst wenig thematisiert hat650. Bei einer derartig restriktiven Handhabung wird 642

BVerfGE 105, 279, 308–310. BVerfGE 105, 252, 268; zu den damit verbundenen Problemen für den Rechtsschutz der Bürger siehe sogleich Kap. 4 IV. 2. c) aa) (3) (b), S. 307. 644 So im Ergebnis auch Lenski, ZJS 2008, 13, 15. 645 BVerfGE 105, 279, 294–295. 646 Rusteberg, Gewährleistungsgehalt, S. 93. 647 BVerfGE 105, 252, 274. 648 BVerfGE 105, 279, 300. 649 Huber, JZ 2003, 290, 294; v. Coelln, JA 2003, 116, 118; Rusteberg, Gewährleistungsgehalt, S. 88, 90; Höfling, in: FS Rüfner, S. 329, 334; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 112. 650 Bumke, DV 37 (2004), 3, 21–22. Die Beschlüsse stehen insgesamt unter dem Verdacht, vom Ergebnis her gedacht zu sein, so auch R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 101; ebenfalls den Verdacht „finaler Subsumtion“ äußern Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1226. 643

306

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

jedenfalls nur selten ein funktionales Äquivalent zu bejahen sein, was unmittelbar Auswirkungen auf den Grundrechtsschutz hat651. Auch die Folgerechtsprechung des BVerfG greift nicht durchgängig zu einheitlichen Maßstäben. Problematisch ist hier der Kammerbeschluss im Fall Löw652. In diesem Fall nahm das BVerfG eine Grundrechtsbeeinträchtigung im allgemeinen Persönlichkeitsrecht aufgrund stigmatisierender Wirkungen für den Beschwerdeführer an653. Obwohl es nicht auf den Begriff des funktionalen Äquivalents rekurriert, kann man bei dieser Terminologie davon ausgehen, dass das BVerfG hier von dem Vorliegen der Voraussetzungen eines solchen Äquivalents ausgegangen ist654. Damit müssten nach dem zweistufigen Modell des BVerfG auch die eingriffsabhängigen Rechtfertigungsvoraussetzungen anzuwenden sein655, insbesondere der Vorbehalt des Gesetzes656. Im Kammerbeschluss wird aber keine einfachrechtliche Befugnisnorm verlangt, sondern es genügt nach Auffassung des BVerfG die Aufgabe der Staatsleitung, die solche Eingriffe legitimieren könne, ohne dass es einer weiteren gesetzlichen Ermächtigung bedürfe657. Jedenfalls im Osho-Beschluss war die Nichtanwendung des Vorbehalts des Gesetzes zumindest konsequent, wenn das BVerfG lediglich mittelbar-faktische Beeinträchtigungen und kein funktionales Äquivalent angenommen hat658. Hier geht das BVerfG einen Schritt weiter und wendet den Vorbehalt des Gesetzes auch auf der zweiten Stufe nicht an. Mal abgesehen davon, dass die Lösung über die Aufgabe der Staatsleitung auch im Einzelfall Skepsis verdient659, so handelt es sich um einen offenen Bruch mit den selbst aufgestellten Grundsätzen hinsichtlich der Rechtfertigung eines funktionalen Äquivalents, der aber nicht erörtert wird660. Man kann sich des Verdachts nicht erwehren, dass das BVerfG sich selbst über die Anwendung seiner Prüfungsmaßstäbe unklar ist. Vor dem Hintergrund dieser Widersprüchlichkeiten schon in der Rechtsprechung des BVerfG selbst kann es nicht überraschen, dass die Entscheidungen allgemein Ablehnung erfahren haben, obwohl sie inhaltlich teilweise völlig unter651

Siehe dazu sogleich Kap. 4 IV. 2. c) aa) (3) (b), S. 307. BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2011, 511. 653 BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2011, 511–512. 654 So auch die Deutung bei Schoch, NVWZ 2011, 193, 195. 655 s. o. Kap. 4 IV. 2. c) aa) (2), S. 302. 656 BVerfGE 105, 279, 303. 657 BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2011, 511, 512. 658 Ob diese Einschränkung des Vorbehalts des Gesetzes Zustimmung verdient, ist eine andere Frage. Zur Reichweite des Vorbehalts des Gesetzes s. u. Kap. 4. IV. 3. c) bb) (2) (a), S. 318. 659 Bei der handelnden Behörde handelte es sich um die Bundeszentrale für Politische Bildung. Man kann zu Recht fragen, inwieweit dieser die Aufgabe der Staatsleitung überhaupt zukommt. Dazu ausführlich Schoch, NVWZ 2011, 193, 197. 660 So auch Schoch, NVWZ 2011, 193, 197. 652

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

307

schiedlich verstanden werden661. Solange das BVerfG davon absieht, seine Prüfungsmaßstäbe theoretisch zu unterbauen, zu erläutern und sich mit der rechtswissenschaftlichen Kritik auseinander zu setzen662, bleibt seine Prüfungsmethodik mindestens intransparent. Die Praxis steht damit vor dem Problem, dass es fast unmöglich erscheint, aus der Rechtsprechung des BVerfG einheitliche Maßstäbe zu entwickeln. (b) Verkürzung des Grundrechtsschutzes Das zweistufige Modell der Rechtsprechung birgt darüber hinaus auch Verkürzungen im Grundrechtsschutz. Durch eine restriktive Handhabung hinsichtlich der Eröffnung des Gewährleistungsbereichs und des Vorliegens eines funktionalen Äquivalents kommen auch die einen Eingriff voraussetzenden rechtsstaatlichen Sicherungen nicht mehr zur Anwendung. Betroffen sind vor allem der Vorbehalt des Gesetzes und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es ist historisch gesicherter Bestand des Verfassungsrechts, dass jedenfalls Eingriffe in Grundrechte unter dem Vorbehalt des Gesetzes stehen, also nur durch oder aufgrund eines formellen Gesetzes erfolgen dürfen663. Im Duktus des BVerfG gilt der Vorbehalt des Gesetzes aber nur für Informationsmaßnahmen, die die Schwelle des funktionalen Äquivalents erreichen. Durch die restriktive Annahme der Voraussetzungen eines solchen Äquivalents verkleinert das BVerfG zugleich den Anwendungsbereich des Vorbehalts des Gesetzes und nimmt eine Vielzahl von Belastungen davon aus664. Für staatliches Informationshandeln war dies wohl auch das Ziel der Differenzierung665. Führt man sich die erheblichen faktischen Belastungen vor Augen, die mit staatlichem Informationshandeln verbunden sein können, und verneint zugleich mit dem BVerfG selbst bei starken Anzeichen für ein finales Einwirken das funktionale Äquivalent, so können Belastungen bis zur Existenzvernichtung der Betroffenen666 ohne Ermächtigung durch den Gesetzeber erfolgen. 661

Siehe dazu schon oben Kap. 4 IV. 2. c) aa) (1), S. 301. Die mangelnde Auseinandersetzung mit dem Schrifttum sowie der Judikatur insbesondere des BVerwG wird dem BVerfG im Hinblick auf seine Rechtsprechung zum staatlichen Informationshandeln regelmäßig vorgeworfen, etwa bei Huber, JZ 2003, 290, 296–297; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 113; Schoch, NVWZ 2011, 193, 197. 663 Huber, JZ 2003, 290, 294; zur historischen Entwicklung des Gesetzesvorbehalts als Eingriffsvorbehalt vgl. Maunz/Dürig/Grzeszick, GG-Kommentar, Art. 20 VI. Rn. 77–78. 664 Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1226. 665 Murswiek, NVWZ 2003, 1, 5; Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1226. Dies kann man sogar für wünschenswert halten, wenn man die so ausgeschlossenen rechtsstaatlichen Sicherungen als Hindernis für ein „kommunikationsfreundliches Rechtsregime“ bewertet, so Kaiser, Die Kommunikation der Verwaltung, S. 273–274. 666 Damit kann sie in ihrer Wirkung nicht nur äquivalent zu einem klassischen Eingriff sein, sondern sogar massiv darüber hinausgehen, Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 662

308

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Dasselbe gilt für den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Auch zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme kommt es nur, wenn diese Maßnahme überhaupt in den Schutzbereich eines Grundrechts eingreift667. Da sich mittelbarfaktische Belastungen nach der Rechtsprechung des BVerfG nur an den allgemeinen Anforderungen messen lassen müssen, kommt es für diese mittelbar-faktischen Belastungen konsequenterweise auf die Verhältnismäßigkeit nicht mehr an, da das BVerfG die Verhältnismäßigkeit nicht als allgemeine Anforderung staatlichen Informationshandelns betrachtet668. Damit spielt theoretisch das Gewicht einer Belastung unterhalb der Schwelle des funktionalen Äquivalents keine Rolle und die Rechtmäßigkeit bleibt unberührt, solange nur die formbezogenen allgemeinen Voraussetzungen vorliegen669. Dieses Ergebnis scheint selbst dem BVerfG zu weit zu gehen, wenn es ohne Bejahung eines funktionalen Äquivalents im Osho-Beschluss doch die Verhältnismäßigkeit prüft670. Geht man mit der hiesigen Deutung davon aus, dass mit mittelbar-faktischen Beeinträchtigungen eigentlich nicht finale Reflexwirkungen gemeint sind, so ist es nicht völlig neben der Sache, dass diese einer gesetzlichen Regelung kaum zugänglich sind671. Indem das BVerfG aber für das funktionale Äquivalent derartig hohe Anforderungen stellt, führt es faktisch auch einen Dispens von Gesetzesvorbehalt und Verhältnismäßigkeit für eine Vielzahl von Informationshandlungen herbei, denen sowohl eine erhebliche Belastungswirkung als auch die Finalität nicht abgesprochen werden können. Dies reduziert den Grundrechtsschutz, der durch die ursprüngliche Erweiterung des klassischen Eingriffsbegriffs672 erreicht wurde und erscheint rechtsstaatlich nur schwer erträglich. Insoweit ist die Vorgehensweise des BVerfG in der Tat eine „kopernikanische Wende rückwärts“ 673.

S. 71; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 91; Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation, S. 102; Lehr, Lenkung durch Handlungsformen, S. 215; aus diesem Grund für eine extensive Schutzbereichsbestimmung schon Robbers, AfP 1990, 84, 86. Ein besonders anschaulicher und praxisrelevanter Bereich für die Existenzbedrohlichkeit staatlichen Informationshandelns ist der Bereich der Verbraucherinformation, vgl. Ossenbühl, NVWZ 2011, 1357, 1358. 667 Epping/Hillgruber/Huster/Rux, BeckOK GG, Art. 20 Rn. 191. 668 BVerfGE 105, 252, 268. Das ist letztlich konsequent, da Verhältnismäßigkeit schon begrifflich eine Belastung voraussetzt und auch staatliches Informationshandeln ohne Belastungswirkung denkbar ist. Für derartiges Informationshandeln ist Verhältnismäßigkeit kein anwendbares Kriterium. 669 Rusteberg, Gewährleistungsgehalt, S. 87. 670 s. o. Kap. 4 IV. 2. c) aa) (3) (a), S. 304. 671 So auch Murswiek, NVWZ 2003, 1, 5. 672 Zu diesem Prozess und seiner Notwendigkeit Bethge, in: HbdGR, § 58 Rn. 16–20. 673 Höfling, in: FS Rüfner, S. 329, 330.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

309

(c) Dogmatische Fragwürdigkeit eines überdifferenzierten Grundrechtskonzepts Zu diesen beiden Punkten treten fragwürdige Konstruktionen innerhalb des Modells hinzu. So ist es zumindest seltsam, handlungsformbedingte Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen aufzustellen, bei deren Verstoß pauschal eine nicht rechtfertigbare Grundrechtswidrigkeit angenommen werden kann. Begreift man diese als objektive Kriterien jeglichen staatlichen Informationshandelns, so stellt sich die Frage, warum schon reflexartige mittelbar-faktische Beeinträchtigungen einer Rechtfertigung bedürfen. Bloße Reflexwirkungen hat der Grundrechtsträger üblicherweise „ersatzlos und klaglos hinzunehmen“ 674. Endgültig fragwürdig wird es, wenn bei Verstoß gegen diese an die Handlungsform anknüpfenden allgemeinen Kriterien diese reflexartige Belastung in einen – auch noch nicht rechtfertigbaren – Grundrechtseingriff umschlagen soll675, obwohl man sich unterhalb der Schwelle des Grundrechtseingriffs bzw. des funktionalen Äquivalents bewegt. Die Kritik, die hier eine Vermischung oder sogar Gleichsetzung von Eingriffs- und Rechtfertigungsprüfung annimmt, ist insoweit nicht unberechtigt676. Das Vorgehen des BVerfG mag sich – überspitzt formuliert – auch mit Angst vor der eigenen Courage erklären lassen: Durch die Einführung der Lehre vom Gewährleistungsbereich hatte das BVerfG die angegriffenen Handlungen in weiten Teilen von den aus einem Grundrechtseingriff folgenden rechtsstaatlichen Bindungen befreit677. Gleichzeitig wollte man wohl staatlichen Stellen nicht völlig freie Hand lassen und hat, um wenigstens irgendeine Form von Sicherung zu gewährleisten, handlungsformbedingte Kriterien aufgestellt678. Die Notwendigkeit für diesen Kunstgriff hat das BVerfG durch seine Restriktionen hinsichtlich der Annahme von Schutzbereichseröffnung und eines Grundrechtseingriffs oder funktionalen Äquivalents letztlich selbst geschaffen. Die dogmatischen Probleme dürften zu einem guten Teil daher rühren, dass die Einzelfallentscheidungen wohl versucht haben, eine Richtungsänderung in der Rechtsprechung zu etablieren, die unmittelbar an die Frage anknüpft, wie Schutzbereich und Eingriff bei Grundrechten bestimmt werden sollen. Diese Frage berührt die Grundlagen des Grundrechtsverständnisses und wird losgelöst von den

674

Bethge, in: HbdGR, § 58 Rn. 25. Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1225. 676 Huber, JZ 2003, 290, 292–293; Hellmann, NVWZ 2005, 163, 165–166. 677 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 112 spricht vom Höhepunkt der Beseitigung verfassungsrechtlicher Bindungen für staatliches Informationshandeln. 678 Rusteberg, Gewährleistungsgehalt, S. 87; Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1223 sprechen vom „Informationstätigkeitsvorbehalt als ,kleiner Schwester des Gesetzesvorbehalts‘ (Hervorhebung im Original)“. 675

310

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

beiden hier besprochenen Beschlüssen kontrovers diskutiert679. Allerdings handelt es sich trotz der grundsätzlichen Bedeutung des Streits für das Grundrechtsverständnis nicht um ein genuines Problem staatlichen Informationshandelns680, zudem hat der Streit auf das Ergebnis im Regelfall geringe Auswirkungen681. Gerade im Bereich des staatlichen Informationshandelns fehlt dem Ansatz des BVerfG die Notwendigkeit. Das zeigt wiederum die weitere Rechtsprechung des BVerfG, die in späteren Entscheidungen weder auf den Gewährleistungsbereich noch auf die mittelbar-faktischen Beeinträchtigungen rekurriert, sondern hinsichtlich Schutzbereich und Eingriffsbestimmung problemlos ohne diese Figuren zu Lösungen kommt682. Einen wirklichen Mehrwert oder eine gesteigerte Rationalität in der Grundrechtsprüfung hat das zweistufige Modell des BVerfG nicht gebracht. Selbst wenn man die Lehre vom Gewährleistungsbereich grundsätzlich befürwortet, so kann jedenfalls ihre Anwendung auf das staatliche Informationshandeln durch das BVerfG in der Form nicht überzeugen683. Das Gericht zwingt sich selbst letztlich zu dogmatischen Verrenkungen, um die Nachteile der von ihm etablierten Lehre auszugleichen, indem es etwa Rechtfertigungsanforderungen für Reflexwirkungen fordert und unklare Begriffe verwendet. Dieselben Prüfungspunkte hätten inhaltlich problemlos in eine konventionelle Grundrechtsprüfung überführt werden können684. Inhaltlich ist es dem BVerfG mit dieser Rechtsprechung lediglich gelungen, den Anwendungsbereich von Gesetzesvorbehalt und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zurückzudrängen. Sein Ziel mag das BVerfG damit erreicht haben685, aber einer widerspruchsfreien Dogmatik hat es in der Tat „einen Bärendienst erwiesen“ 686. 679 Siehe zusätzlich zu den bereits in Kap. 4 Fn. 622 genannten Quellen noch Isensee, in: HbdStR, § 191 Rn. 83 m.w. N. in Fn. 172. 680 Dazu sei nochmal auf die Rechtsprechungsanalyse von Kahl, Der Staat 43 (2004), 167, 170–174 verwiesen. Die meisten dort aufgeführten Entscheidungen haben keinerlei Bezug zu staatlichem Informationshandeln. 681 Isensee, in: HbdStR, § 191 Rn. 83. 682 Gemeint sind der Beschluss „Junge Freiheit“ (BVerfGE 113, 63–88) und der Kammerbeschluss in der Sache „Löw“ (BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2011, 511–513). Zumindest was diese beiden Prüfungspunkte angeht, haben beide Beschlüsse auch von dezidierten Kritikern der BVerfG-Rechtsprechung keine Kritik erfahren, vgl. etwa Schoch, NVWZ 2011, 193, 194–195; Murswiek, NVWZ 2006, 121, 122– 123. 683 So auch Rusteberg, Gewährleistungsgehalt, S. 93, der daher versucht, die Lehre vom Gewährleistungsgehalt losgelöst von den beiden Entscheidungen weiterzuentwickeln. 684 Vgl. Bumke, DV 37 (2004), 3, 21, nach dem die Gebote der Richtigkeit und Sachlichkeit Ausprägungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darstellen. An entsprechender Stelle ließen sich diese Gebote auch in einer ,klassischen‘ Grundrechtsprüfung einbringen. Siehe dazu unten Kap. 4 IV. 2. c) cc) (2), S. 317. 685 Ein Ziel, welches man ohnehin nicht teilen muss, s. o. Kap. 4 IV. 2. c) aa) (3) (b), S. 307. 686 Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1226.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

311

Ohnehin ist fraglich, ob eine immer weitere Ausdifferenzierung in mehrstufige Modelle schon auf Schutzbereichs- und Eingriffsebene der Anwendung der Grundrechte in der Praxis tatsächlich weiterhilft. Zu Recht ist die Forderung nach Komplexitätsreduktion im Bereich der Grundrechtsdogmatik erhoben worden687. Es wurde schon früh bezweifelt, dass das zweistufige Modell des BVerfG auf europäischer Ebene Anschluss würde finden können688. Im Bereich der Europäischen Grundrechtecharta sind jedenfalls keine Tendenzen erkennbar, eine engere Definition der Schutzbereiche vorzunehmen oder den Eingriffsbegriff restriktiver zu handhaben689. Im Gegenteil: Der EUGH legt einen weiten Beeinträchtigungsbegriff zugrunde690. Eine Korrektur der Kurskorrektur des BVerfG wäre somit auch im Sinne einer spannungsfreien und anschlussfähigen Grundrechtsdogmatik. (4) Ablehnung der BVerfG-Judikatur Nach der hier vorgenommenen Deutung der BVerfG-Judikatur hat das BVerfG mit dem Versuch, die Lehre vom Gewährleistungsgehalt zu etablieren, ein zweistufiges Rechtmäßigkeitskonzept für staatliches Informationshandeln entwickelt. Eine genauere Betrachtung hat gezeigt, dass dieses Modell keine Zustimmung verdient. Die Rechtsprechung des BVerfG ist für sich betrachtet schon so widersprüchlich, dass sie ungeeignet ist, allgemeine Maßstäbe zu entwickeln. Das bringt ohnehin die Einschränkung mit sich, dass letztlich die Deutung der Judikatur ein permanentes ,Fischen im Trüben‘ bedeutet. Zumindest in der Handhabung des BVerfG werden für vielfältige Belastungen durch staatliches Informationshandeln unter Inkaufnahme dogmatischer Widersprüchlichkeiten zentrale rechtsstaatliche Sicherungsmechanismen ausgeschaltet. Dies kann nur zur Ablehnung der Rechtsprechung des BVerfG in der von ihm praktizierten Form führen. bb) Lösung durch eine großzügigere Annahme eines funktionalen Äquivalents Die Probleme des vom BVerfG konstituierten Modells sind offensichtlich. Sie können aber durch Modifikationen hinsichtlich der Anwendung des Modells in weiten Teilen ausgeglichen werden, ohne den offenen Bruch mit der Judikatur des BVerfG zu fordern. Den Weg hierzu hat das BVerwG vorgezeichnet (1). Dies 687

Huber, JZ 2003, 290, 297; Bethge, in: HbdGR, § 58 Rn. 47. Huber, JZ 2003, 290, 297; Kahl, Der Staat 43 (2004), 167, 197–199 in Bezug auf die Lehre vom Gewährleistungsgehalt insgesamt; Schoch, NVWZ 2011, 193, 198. 689 Kahl, Der Staat 43 (2004), 167, 197–198. 690 Frenz, Hb. EuR IV, Rn. 493, 495, 497; Calliess/Ruffert/Kingreen, EUV/AEUVKommentar, Art. 52 GRCH Rn. 56 m.w. N. 688

312

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

führt mittelbar zur Zusammenführung der beiden Stufen des Modells des BVerfG in eine einheitliche Prüfung (2). (1) Das funktionale Äquivalent in der Rechtsprechung des BVerwG Das BVerfG hat weder in den Beschlüssen Glykol und Osho noch in seiner späteren Rechtsprechung Maßstäbe dargestellt, wann die Schwelle des funktionalen Äquivalents erreicht und eine Maßnahme als einem Eingriff gleichstehend zu bewerten sein soll691. Dies ermöglichte dem BVerwG, den Begriff aufzunehmen und Maßstäbe für die Annahme eines Äquivalents zu entwickeln. Eine Maßnahme sei äquivalent zu einem Grundrechtseingriff, wenn sie sich wie ein solcher dadurch kennzeichne, „dass der Staat zielgerichtet zu Lasten bestimmter Betroffener einen im öffentlichen Interesse erwünschten Erfolg herbeiführen will. Seine Maßnahme muss eindeutig auf einen nachteiligen Effekt abzielen, der bei dem Betroffenen eintreten soll, und darf diesen Effekt nicht lediglich als Begleiterscheinung mit sich bringen“ 692. Das BVerwG entwickelt damit das Kriterium der Finalität zur Klammer, die den mittelbaren Geschehensablauf zu einer einheitlichen Grundrechtsbeeinträchtigung zusammenfasst693 und zum zentralen Kriterium zur Ermittlung eines funktionalen Äquivalents694. Es nutzt so die Möglichkeit, die vorherige Diskussion um den mittelbaren Grundrechtseingriff mit dem funktionalen Äquivalent zusammenzuführen, erweitert aber durch eine großzügigere Handhabung der Kriterien zugleich die Möglichkeit, ein funktionales Äquivalent anzunehmen695. Neben dem Vorteil, dass das BVerwG durch das Abstellen auf Finalität wenigstens ein anwendbares Kriterium zur Bestimmung eines funktionalen Äquivalents zur Verfügung stellt, weitet es durch seine großzügigere 691 Im Beschluss Junge Freiheit wird zwar bejaht, dass die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht einem Eingriff gleichsteht, dies wird aber mit dem Charakter des Verfassungsschutzberichts als Gefahrenabwehrmittel und seiner spezifischen Wirkung im Einzelfall erklärt, vgl. BVerfGE 113, 76–78. Allgemeine Ausführungen zum Prüfungsmaßstab enthält der Beschluss nicht, vgl. Lenski, ZJS 2008, 13, 16. 692 BVerwG NJW 2006, 1303, 1304; BVerwG NVWZ-RR 2015, 425, 426. 693 Vgl. BVerwG NJW 2006, 1303, 1305: „Unerheblich ist, dass die nachteiligen Wirkungen [. . .] die Kl. erst über das Verhalten des Dritten, nämlich ihres Geschäftspartners, erreicht haben. Das von der Bekl. mit der Herausgabe der Schutzerklärung verfolgte Handlungsziel fasste den gesamten Geschehensablauf zu einer einheitlichen grundrechtsbeeinträchtigenden Handlung zusammen“; ähnlich Ossenbühl, NVWZ 2011, 1357, 1359, wenn er von einer „die Ursachenkette übersteuernden Finalität der hoheitlichen Maßnahme“ spricht. 694 Lenski, ZJS 2008, 13, 16. 695 Auch in der Literatur lautet ein Vorschlag zum Umgang mit der Judikatur des BVerfG, durch eine großzügigere Annahme eines funktionalen Äquivalents und damit einem weiteren Eingriffsbegriff den mit der Rechtsprechung verbundenen Problemen aus dem Weg zu gehen, vgl. etwa Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 189; Martini/ Kühl, JURA 2014, 1221, 1226; Schoch, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 50 Rn. 13 spricht von einer „gewissen Distanzierung“ des BVerwG von der BVerfG-Judikatur, die er der Sache nach für zutreffend hält.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

313

Annahme eines solchen Äquivalents den Vorbehalt des Gesetzes und die Prüfung der Verhältnismäßigkeit wieder aus696 und schließt damit die Lücken, die durch die Rechtsprechung des BVerfG im Grundrechtsschutz entstanden sind697. In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte hat dies dazu geführt, dass viele Informationsmaßnahmen aufgrund des Fehlens einer gesetzlichen Ermächtigung erfolgreich angegriffen wurden698. (2) Mittelbare Abkehr vom zweistufigen Modell des BVerfG Mittelbar hat das BVerwG damit einen Weg gefunden, stillschweigend das zweistufige Modell des BVerfG eines Großteils seiner Relevanz zu berauben. Durch die Ausweitung der Annahme eines funktionalen Äquivalents wird die restriktive Linie des BVerfG unterlaufen699. Das Modell des BVerfG hat sowohl dogmatische wie praktische Probleme und damit erheblich zur Rechtsunsicherheit beigetragen700. Letztlich ermöglicht die Ausweitung des Begriffs des funktionalen Äquivalents durch das BVerwG die Rückkehr zu einem einstufigen Prüfungsmodell, bei dem die verfassungsrechtliche Prüfung einer Informationsmaßnahme davon abhängt, ob nach diesen Kriterien ein funktionales Äquivalent und damit ein mittelbarer Grundrechtseingriff vorliegt oder nicht. Oberhalb dieser Schwelle liegende Maßnahmen sind nach den allgemeinen Kriterien für Grundrechtseingriffe zu behandeln. In diese Prüfung können die Kriterien, die das BVerfG auf der ersten Stufe seines Modells angelegt hat701, integriert werden. Maßnahmen unterhalb dieser Schwelle, denen wenn überhaupt nur noch eine Reflexwirkung geringer Intensität zukommt, berühren den Schutzbereich der Grundrechte nicht mehr und lösen daher auch keinen Rechtfertigungszwang aus702. cc) Die verfassungsrechtlichen Grenzen staatlicher Berichterstattung im Einzelnen Sind die abstrakten Maßstäbe damit geklärt, sollen diese nun inhaltlich genauer betrachtet und auf die Berichterstattung konkretisiert werden. Dazu bedürfen zunächst die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen ein Bericht ein funktionales Äquivalent darstellt, einer weiteren Spezifizierung (1). Sodann werden die einzelnen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen untersucht (2). 696 So hinsichtlich des Vorbehalts des Gesetzes zustimmend auch Lenski, ZJS 2008, 13, 17. 697 s. o. Kap. 4 IV. 2 c) aa) (3) (b), S. 307. 698 Vgl. die Rechtsprechungsübersicht bei Schoch, VBlBW 2014, 361, 367–368. 699 So auch Schoch, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 50 Rn. 14. 700 Ähnlich Schoch, VBlBW 2014, 361, 368. 701 Das Vorliegen einer Kompetenz, die Wahrung der Zuständigkeitsordnung und die Beachtung der Gebote der Richtigkeit und Sachlichkeit von Informationen, BVerfGE 105, 252, 268. 702 So wohl auch Bethge, in: HbdGR, § 58 Rn. 22–25.

314

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

(1) Das funktionale Äquivalent und staatliche Berichterstattung Nach der Rechtsprechung des BVerwG liegt ein funktionales Äquivalent jedenfalls dann vor, „wenn der Staat zielgerichtet zu Lasten bestimmter Betroffener einen im öffentlichen Interesse erwünschten Erfolg herbeiführen will“ 703. Ist damit das Merkmal der Finalität zum entscheidenden Kriterium bestimmt704, so müssen zunächst die Anforderungen der Finalität spezifiziert werden, um es auf staatliche Berichterstattung anwenden zu können. (a) Die Finalität als zentrales Kriterium eines funktionalen Äquivalents Es dürfte in der Verwaltungsrechtsprechung und der Literatur weitestgehend anerkannt sein, dass ein funktionales Äquivalent jedenfalls vorliegt, wenn eine gezielt herbeigeführte Verhaltensänderung Dritter zu bezweckten Nachteilen bei einem Grundrechtsträger führt705. Betrachtet man die Rechtsprechung des BVerwG genau, so zeigt sich, dass der Begriff der Finalität nicht zwingend nur zielgerichtete und beabsichtigte Herbeiführung von Nachteilen heißen muss. „Der nachteilige Effekt darf nicht nur zufällig eintreten oder unvorhersehbare Folge des staatlichen Handelns sein“, heißt es direkt im Anschluss an die Definition einer eingriffsgleichen Maßnahme706. Wenn das BVerwG formuliert, dass unvorhersehbare Maßnahmen jedenfalls kein funktionales Äquivalent darstellen, so könnte man daraus den Umkehrschluss ziehen, dass Vorhersehbarkeit für die Annahme einer Finalität unter Umständen ausreichen kann. Dafür spricht auch der Verweis des BVerwG auf seine ältere Rechtsprechung707. Dort hatte das BVerwG keine zielgerichtete beabsichtigte Belastung verlangt, auch wenn diese zur Begründung eines Eingriffs natürlich ebenfalls – und unabhängig von dem Vorhandensein einer erheblichen Beeinträchtigung708 – ausgereicht hat. Statt-

703

BVerwG NJW 2006, 1303, 1304; BVerwG NVWZ-RR 2015, 425, 426. s. o. Kap. 4 IV. 2. c) bb) (1), S. 312. 705 Bethge, in: HbdGR, § 58 Rn. 37; Ossenbühl, NVWZ 2011, 1357, 1359; dies war auch schon vor den Glykol- und Osho-Beschlüssen Konsens in der Rechtswissenschaft, vgl. aus der älteren Literatur Di Fabio, JuS 1997, 1, 5; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 70. 706 BVerwG NVWZ-RR 2015, 425, 426. 707 BVerwG NVWZ-RR 2015, 425, 426 verweist u. a. auch auf BVerwG NJW 1996, 3161. 708 Vgl. Di Fabio, JuS 1997, 1, 5: „Wenn eine staatliche Stelle das Verhalten der Öffentlichkeit in ihrem Sinne zu beeinflussen versucht und die dann auch tatsächliche eintretende gewünschte Verhaltensänderung ihrerseits unmittelbare Auswirkungen auf grundrechtlich geschützte Positionen hat, besteht keine Veranlassung, die Voraussetzungen des Eingriffs an Hilfsmerkmalen wie die ,Schwere‘ (Hervorhebung im Original) der Beeinträchtigung zu binden“; so auch C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 70. 704

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

315

dessen sollte es auch ausreichen, wenn staatliche Verlautbarungen „als nicht bezweckte aber voraussehbare und in Kauf genommene Nebenfolge eine schwerwiegende Beeinträchtigung“ 709 mit sich brachten. Man wird den Verweis wohl so verstehen müssen, dass auch dieser Begründungsansatz für einen Grundrechtseingriff seitens des BVerwG als funktionales Äquivalent anerkannt wird710. Als zweite Option zur Begründung eines funktionalen Äquivalents kommt damit alternativ zu einer Finalität i. e. S. die Schwere einer nicht beabsichtigten, aber als mögliche Folge erkannten und in Kauf genommenen Beeinträchtigung in Betracht711. Finalität ist insofern nicht mit dem aus dem Strafrecht bekannten Begriff der Absicht zu verwechseln712, auch wenn Absicht jedenfalls zur Begründung eines funktionalen Äquivalents ausreicht. Dafür spricht auch, dass das BVerwG selbst in der Subsumtion zu dieser Definition auf die faktischen Wirkungen der Maßnahme abstellt713. Man kann den tatsächlichen faktischen Wirkungen insoweit eine Indizwirkung für die Finalität zumessen714. Diese Vorgehensweise ist auch im Sinne einer möglichst spannungsfreien Übereinstimmung mit der Judikatur des BVerfG, nach dem für die Frage, ob ein funktionales Äquivalent vorliegt, nicht nur auf die Zielsetzung, sondern auch auf die Wirkung der Maßnahme abzustellen ist715. Damit schließt das BVerwG endgültig die Lücke zu seiner ursprünglichen Auffassung zur Eingriffsqualität von staatlichen Informationshandlungen716 und bringt diese mit dem Begriff des funktionalen Äquivalents zusammen, wie es teilweise auch in der Literatur vorgeschlagen wird717. Dieses Vorgehen verdient aufgrund der besseren Handhabbarkeit der Kriterien jedenfalls Zustimmung gegenüber der konturenlosen Verwendung des Begriffs durch das BVerfG.

709

BVerwG NJW 1996, 3161 m.w. N. zur älteren Rechtsprechung. Ähnlich i. E. Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1226; Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation, S. 99. 711 Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1226; i. E. auch Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 44; a. A. Lenski, ZJS 2008, 13, 17, die die Intensität der Beeinträchtigung als Indiz für die Finalität i. e. S. heranziehen will. 712 So schon C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 65, 70. 713 BVerwG NVWZ-RR 2015, 425, 426. 714 Ähnlich Lenski, ZJS 2008, 13, 17. 715 BVerfGE 105, 252, 273; BVerfGE 105, 279, 303. Auch in BVerfGE 113, 63, 77– 78 hat das BVerfG auf faktische Wirkungen zur Bestimmung eines funktionalen Äquivalents zurückgegriffen. 716 s. o. Kap. 4 IV. 2. c) aa) (2), S. 302. A. A. Lenski, ZJS 2008, 13, 16, die wohl von einem engen Finalitätsverständnis des BVerwG ausgeht. Dann macht der Verweis auf die ältere Rechtsprechung, die gerade keine strenge Finalität verlangt hat, aber keinen Sinn. 717 Schoch, NJW 2012, 2844, 2846; ähnlich auch Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1226. 710

316

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

(b) Berichte als funktionales Äquivalent Damit steht fest, dass ein funktionales Äquivalent in zwei Konstellationen vorliegen kann: Entweder zielt staatliches Informationshandeln direkt auf die Herbeiführung von Nachteilen für eine grundrechtlich geschützte Position, die Benachteiligung wird also als Zweck der Maßnahme seitens der staatlichen Stelle subjektiv angestrebt. Oder die Maßnahme hat eigentlich ein anderes Ziel, die Möglichkeit der Nachteilszufügung wird aber erkannt und als Nebenfolge in Kauf genommen, woraufhin ein Nachteil auch tatsächlich eintritt. Die Bestimmung der ersten Alternative, also eines Eingriffs aufgrund von Finalität i. e. S., steht vor der Schwierigkeit, eine subjektive Absicht zu bestimmen, die einerseits nicht eindeutig und andererseits vielschichtig sein kann. Sie ist nicht unbedingt eindeutig, weil aufgrund der komplexen Geschehensabläufe bei staatlichen Informationshandlungen vielfältige Motive in Betracht kommen718. Staatliche Berichterstattung bietet hierfür aufgrund ihrer Multifunktionalität ein besonders anschauliches Beispiel719. Damit ist zugleich das zweite Problem angesprochen: Informationshandlungen und insbesondere Berichterstattung ist vielschichtig, weil sie mehrere Funktionen zugleich verfolgen kann720. Hier einen Hauptzweck zu bestimmen, der die Herbeiführung eines Nachteils für eine grundrechtlich geschützte Position sein soll, kann sich im Einzelfall als schwierig erweisen721. Häufig wird die zweite Möglichkeit, ein funktionales Äquivalent herzuleiten, weiterhelfen: Unabhängig vom Hauptziel eines Berichts dürfte es jedenfalls in der Regel möglich sein, zu prognostizieren, ob die Berichtsinhalte die Möglichkeit einer Einbuße an einer grundrechtlich geschützten Position beinhalten. Wird dies seitens des Berichterstatters in Kauf genommen, so liegt ein funktionales Äquivalent vor. Das ist jedenfalls immer der Fall bei gezielten personenbezogenen Äußerungen mit nachteiligen Effekten beim Betroffenen722, vor allem wenn sie zu einer Stigmatisierung des Betroffenen führen723. 718 Lenski, ZJS 2008, 13, 16–17, die gerade deswegen das objektive Kriterium der Intensität der Beeinträchtigung als Indiz für Finalität i. e. S. heranziehen will. 719 Zu den Berichtsfunktionen s. o. Kap. 2 I. 6., S. 50 und zur Multifunktionalität von Berichterstattung Kap. 3. II. 2. a) aa) (1), S. 165. 720 Maiwald, Berichtspflichten, S. 95 spricht von der „Ambivalenz“ des Berichtswesens. In welchem Umfang Berichte mehrere Funktionen zugleich verfolgen können, wurde auch in der Untersuchung der Berichtspraxis gezeigt, vgl. etwa die Kategorisierung des Verfassungsschutzberichts, s. o. Kap. 2 II. 1. a), S. 60 oder des Tätigkeitsberichts des BfDI zum Datenschutz, s. o. Kap. 2 II. 3. a), S. 82. 721 Das Kriterium der Finalität i. e. S. ist daher schon in der älteren Literatur Kritik ausgesetzt gewesen und verschiedentlich erweitert worden, vgl. etwa Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 182–184. 722 Schoch, NVWZ 2011, 193, 195; Gärditz, EurUP 2017, 112, 117. 723 OVG Mannheim, Urteil v. 24.11.2006 – 1 S 2321/05 –, Rn. 26, zitiert aus juris; bestätigt durch BVerwG NVWZ 2008, 1371, 1372; zustimmend auch Schoch, NVWZ 2011, 193, 195.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

317

Mit Vorsicht zu betrachten sind dagegen alle Versuche, die Bestimmung des Eingriffscharakters einer staatlichen Informationshandlung an die (vermeintliche) Handlungsform anzuknüpfen724. Für staatliche Berichterstattung hilft dieser Ansatz ohnehin nicht weiter, denn diese ist selbst kein funktional abgrenzbarer Typus staatlichen Informationshandelns und lässt sich auch keinem anderen Typus zuordnen725. Aber auch hinsichtlich anderer Typen staatlichen Informationshandelns bestehen Abgrenzungsschwierigkeiten und auch vermeintlich steuerungsschwache Informationshandlungen können erhebliche Steuerungseffekte auslösen726. So kann eine besonders intensiv geführte Aufklärungskampagne im Ergebnis dieselben Konsequenzen für einzelne Grundrechtsträger haben wie eine konkrete Warnung727. Das Abstellen auf nicht abgrenzbare vermeintliche Informationshandlungsformen birgt auch hier das Risiko, grundrechtsbelastende Effekte zu verschleiern. Dem Informationstypus kann daher, soweit er überhaupt abgrenzbar ist, nicht mehr als eine Indizwirkung beigemessen werden728. (2) Anforderungen an die Rechtfertigung Liegt nach den beschriebenen Maßstäben ein funktionales Äquivalent durch einen Bericht vor, so ist dieser gleich einem (klassischen) Grundrechtseingriff zu behandeln und bedarf der Rechtfertigung. 724 So wurde in der Literatur vertreten, eine Warnung sei immer als Grundrechtseingriff zu bewerten, C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 94–95; Leidinger, DÖV 1993, 925, 929–930; bemerkenswerterweise auch Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 149, obwohl sie an derselben Stelle die Unterscheidbarkeit unterschiedlicher Informationstypen bezweifelt. Bei einer Empfehlung sei darauf abzustellen, ob sie konkret oder generell formuliert sei, Leidinger, DÖV 1993, 925, 929–930; weiter C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 96, der Empfehlungen wohl generell als Grundrechtseingriff ansehen will. Eine Aufklärungsmaßnahme etwa habe dagegen nie Eingriffscharakter, C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 96; Leidinger, DÖV 1993, 925, 929– 930. Skeptisch auch Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 118–120. 725 s. o. Kap. 3 II. 2., S. 162. 726 Zur Kritik an der Typisierung staatlichen Informationshandelns siehe umfassend oben Kap. 3 II. 3., S. 176; vgl. außerdem das empirische Argument bei Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 119–120. 727 Vgl. dazu bereits umfassend oben Kap. 3 II. 3. b) bb), S. 181. 728 Zum beschränkten Nutzen als Indiz s. o. bereits Kap. 3 II. 3. d) cc), S. 193. Wie hier auch Born, Datenschutzaufsicht, S. 301; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 20: „Sie gestattet eine grobe Orientierung darüber, welche verfassungsrechtlichen Sicherungsmaßnahmen den Grundrechtsberechtigten schützen können“. Widersprüchlich verhält sich das BVerfG, wenn es einerseits beim Verfassungsschutzbericht auf dessen Warncharakter abstellt, um ein funktionales Äquivalent zu begründen, BVerfGE 113, 63, 77–78, und andererseits im Glykol-Beschluss den Warncharakter einer Information bejaht, das funktionale Äquivalent aber verneint, BVerfGE 105, 252, 274.

318

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

(a) Vorbehalt des Gesetzes Zu den notwendigen Kernelementen der Rechtfertigung eines Grundrechtseingriffs gehört der Gesetzesvorbehalt. Im Bereich staatlichen Informationshandelns ist die Gültigkeit dieses Grundsatzes gleichwohl bestritten worden – unter anderem vom BVerfG selbst729. Daher bedarf der Vorbehalt des Gesetzes hier einer genaueren Betrachtung. Sodann können seine Konsequenzen für staatliche Berichterstattung aufgezeigt werden. (aa) Die Geltung des Vorbehalts des Gesetzes für staatliches Informationshandeln „Durch die Wahl eines solchen funktionalen Äquivalents eines Eingriffs kann das Erfordernis einer besonderen gesetzlichen Grundlage nicht umgangen werden“ 730. Mit dieser Aussage des BVerfG könnte man die Diskussion um die Notwendigkeit einer einfach-gesetzlichen Befugnisnorm vermeintlich beenden. In Wahrheit ist die Situation komplizierter. Das BVerfG hat zumindest in den Beschlüssen Glykol und Osho ein erheblich engeres Verständnis eines funktionalen Äquivalents an den Tag gelegt731 und würde viele Informationsmaßnahmen, die nach hiesigem Verständnis bereits ein funktionales Äquivalent darstellen, wohl nur als faktisch-mittelbare Beeinträchtigung bewerten. Für diese gelte der Vorbehalt des Gesetzes aber nicht. Das BVerfG begründet dies mit dem komplexen Geschehensablauf, der staatlichem Informationshandeln zugrunde liege732. Es lasse sich nicht abstrakt und prognostizierend sinnvoll regeln, wann es aus welchem Anlass zu welcher Art von Informationshandlungen komme733. Eine entsprechende gesetzliche Regelung müsse so abstrakt und generalklauselartig gehalten sein, dass damit „ein Gewinn an Messbarkeit und Berechenbarkeit staatlichen Handelns“ 734 nicht erreicht werden könne735. Es dürfte zutreffend sein, dass jedenfalls völlig unvorhersehbare Auswirkungen einer Handlung auch vom Gesetzgeber nicht vorhergesehen werden müssen 729

BVerfGE 105, 279, 303–305. Auch in der Verwaltungsgerichtsrechtsprechung gab es Tendenzen, die Gültigkeit des Vorbehalts des Gesetzes für staatliches Informationshandeln einzuschränken, etwa BVerwG NJW 1989, 2272. 730 BVerfGE 105, 279, 303. 731 s. o. Kap. 4 IV. 2. c) aa) (2), S. 302. 732 BVerfGE 105, 279. 304. 733 BVerfGE 105, 279, 304–305; ähnlich in der Begründung schon BVerwG NJW 1989, 2272, 2274: „Eine detaillierte gesetzliche Regelung ist wegen der Vielgestaltigkeit der möglichen Eingriffslagen und -wirkungen praktisch nicht möglich und daher verfassungsrechtlich nicht geboten“. 734 BVerfGE 105, 279, 305. 735 BVerfGE 105, 279, 305.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

319

und daher tatsächlich nicht ex-ante gesetzlich regelbar sind736. Auch Reflexwirkungen unterfallen nicht dem Vorbehalt des Gesetzes737, wobei sie in der Regel schon nicht die Schwelle des Eingriffs bzw. des funktionalen Äquivalents erreichen dürften, wenn man Finalität als zentrales Kriterium heranzieht738. Gerade für das funktionale Äquivalent ist die Situation jedoch eine andere. Das leuchtet unmittelbar ein (und wird auch vom BVerfG selbst nicht abgestritten739), wenn eine Grundrechtsverkürzung bezweckt wird und Finalität i. e. S. vorliegt. Wenn man eine Verkürzung grundrechtlicher Freiheit beabsichtigt, so sieht man dies notwendigerweise als Folge seiner Maßnahme voraus. Aber auch für die zweite Möglichkeit, ein funktionales Äquivalent zu begründen, ist letztlich eine Normierbarkeit gegeben. Das BVerfG hat darauf abgestellt, dass Anlass, Zweck, Thema und Wirkungen von staatlichem Informationshandeln zu vielschichtig für eine gesetzgeberische Prognose seien740. Zwar ist diese Analyse hinsichtlich der Wirkungen des Informationshandelns nicht unzutreffend: Die Reaktion der Öffentlichkeit auf eine staatliche Informationshandlung hängt von der autonomen Entscheidung der Informationsempfänger ab741. Dies ist jedoch kein Grund, den Gesetzgeber vom Vorbehalt des Gesetzes zu befreien. Eine exakte Prognose aller denkbaren Wirkungen einer staatlichen Aufgabenwahrnehmung wird vom Gesetzgeber nicht erwartet742. Stattdessen muss er bei der Ermächtigung zur Aufgabenerfüllung prognostizieren, bei welcher Aufgabenwahrnehmung es typischerweise zu einem Grundrechtseingriff kommen kann743. Ist dies ex-ante vorhersehbar, so gibt es keinen Grund, warum dies grundsätzlich unnormierbar sein soll744. Bei der 736 Hillgruber, in: HbdStR, § 200 Rn. 93, 106; wohl auch Bethge, in: HbdGR, § 58 Rn. 106: „Mittelbare bzw. faktische Kollateralschäden hoheitlichen Handelns sind nicht immer prognostizierbar und legiferierbar“; zu betonen ist, dass auch dann Abwehransprüche in Betracht kommen, vgl. Huber, JZ 2003, 290, 295. Dies übersieht wohl Klement, DÖV 2005, 507, 512. 737 Bethge, in: HbdGR, § 58 Rn. 25; Peine, in: HbdGR, § 57 Rn. 52: „Für nichtfinales Staatshandeln mag das überzeugen. Zu einem Eingriff, der nicht beabsichtigt ist, kann im Vorhinein nicht ermächtigt werden“. 738 s. o. Kap. 4 IV. 2. c) cc) (1) (a), S. 314. 739 BVerfGE 105, 279, 304: „Ebenso kann er (Anm. des Verfassers: Der Gesetzgeber) die Voraussetzungen gezielter (Hervorhebung nur hier) und unmittelbarer Eingriffe normieren“. Die Argumentation des BVerfG geht denn auch mehr dahin, die Bestimmbarkeit von Zweck und Wirkungen ex-ante für unmöglich zu erklären, vgl. BVerfGE 105, 279, 305. 740 BVerfGE 105, 279, 304–305. 741 Vgl. zu dieser Konsensabhängigkeit staatlichen Informationshandelns bereits oben Kap. 3. I. 3. c) cc), S. 147. 742 Huber, JZ 2003, 290, 294; zustimmend Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 133; ähnlich auch Wißmann, Generalklauseln, S. 300. 743 Huber, JZ 2003, 290, 294–295. 744 Hillgruber, in: HbdStR, § 200 Rn. 108; Bumke, DV 37 (2004), 3, 20; ähnlich Peine, in: HbdGR, § 57 Rn. 52 für schlichte Hoheitsakte insgesamt, worunter auch staatliches Informationshandeln fällt.

320

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

negativen oder stigmatisierenden Nennung von Personen oder Produkten etwa sind die negativen Folgen für grundrechtlich geschützte Positionen im Einzelfall vielleicht nicht sicher vorhersehbar, aber doch zumindest als regelmäßige Folge prognostizierbar745. Selbst wenn derartige Sachverhalte nur in allgemeinen Generalklauseln verarbeitet werden können, so haben auch diese Generalklauseln einen rechtsstaatlichen Wert746. Denn die ausdrückliche gesetzgeberische Ermächtigung zu einem Eingriff durch staatliches Informationshandeln beinhaltet zumindest die Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers, diese Form des Eingriffs zu legitimieren. Staatliches Informationshandeln ist im Vergleich ein relativ steuerungsunsicheres Mittel: Vom Ignorieren bis zu einer ,überschießenden‘ Umsetzung durch den Informationsadressaten, bei der etwa auch harmlose Produkte boykottiert werden747, ist jede Reaktion denkbar. Staatliches Informationshandeln als Steuerungsmittel einzusetzen, ist daher mit Risiken verbunden. Die gesetzgeberische Ermächtigung beinhaltet die Entscheidung des Gesetzgebers, diese Risiken in einem konkreten Aufgabenbereich einzugehen und staatliches Informationshandeln als legitimes Instrument einsetzen zu wollen748. Dies erscheint auch aus Gründen der demokratischen Legitimation staatlichen Informationshandelns als erforderlich749. Die Vielschichtigkeit der Materie senkt nur die Anforderungen an die Regelungsdichte einer Norm, befreit aber nicht von der Pflicht, überhaupt eine Befugnisnorm zu schaffen750. Zudem besteht die Möglichkeit, auch Vorgaben zu Anlass, Ziel und Thema staatlicher Informationstätigkeit zu machen und insofern dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot zu entsprechen751. Hierzu finden sich in der Gesetzgebungspraxis vielfältige Beispiele752. Exemplarisch genannt sei hier § 40 LFGB. An ge745

Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 134: Klement, DÖV 2005, 507,

513. 746 Das BVerfG hatte den Erkenntniswert einer allgemeinen Generalklausel bestritten, BVerfGE 105, 279, 305. Dies kann vor dem Hintergrund der völlig anerkannten polizeirechtlichen Generalklauseln nur erstaunen, Hillgruber, in: HbdStR, § 200 Rn. 108; Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1226; Klement, DÖV 2005, 507, 514. Ausführlich zur Legitimität der polizeirechtlichen Generalklauseln Wißmann, Generalklauseln, S. 228–230, der sie allerdings für einen historisch begründeten Sonderfall hält, dessen Legitimation man nicht einfach auf andere Generalklauseln übertragen könne. Gleichwohl lehnt auch Wißmann die Schlussfolgerung des BVerfG hinsichtlich der Entbehrlichkeit von Generalklauseln ab, vgl. Wißmann, Generalklauseln, S. 137– 140, 177. 747 Dazu schon oben Kap. 3 II. 3. b) bb), S. 181 am Beispiel einer vermeintlich eingriffsneutralen Aufklärungsmaßnahme. 748 Ähnlich Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 140. 749 Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1226. 750 Bumke, DV 37 (2004), 3, 20; Klement, DÖV 2005, 507, 514; Gusy, NJW 2000, 977, 985. 751 Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 134. 752 Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der Gesetzgeber anscheinend bemüht ist, die These der mangelnden Normierbarkeit von staatlichem Informationshan-

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

321

setzlichen Berichtspflichten wurde bereits gezeigt, wie zum Inhalt der Informationsmaßnahme Vorgaben gemacht werden können753. Sowohl in der Theorie als auch in der gesetzgeberischen Praxis ist die Theorie mangelnder Normierbarkeit daher widerlegt. Somit bleibt festzuhalten, dass der Vorbehalt des Gesetzes für staatliches Informationshandeln ohne Einschränkung gilt. Fehlt es an einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage, so hat Informationshandeln, welches als funktionales Äquivalent zu bewerten ist, zu unterbleiben754. (bb) Unentbehrlichkeit einer einfach-gesetzlichen Regelung – Keine verfassungsunmittelbare Befugnis aus der Kompetenz der Staatsleitung Eine solche formal-gesetzliche Grundlage kann auch nicht durch das Abstellen auf eine verfassungsunmittelbare Ermächtigung substituiert werden. Das BVerfG hatte im Osho-Beschluss entschieden, dass die Kompetenz der Bundesregierung zur Information sich aus der Aufgabe der Staatsleitung ergebe755. Eine solche verfassungsrechtliche Aufgabenzuweisung genüge angesichts der Unnormierbarkeit staatlichen Informationshandelns auch als Ermächtigungsgrundlage für faktisch-mittelbare Beeinträchtigungen756. Unabhängig vom schwierig zu deutenden konkreten Beschluss gibt es auch in Rechtsprechung757 und Literatur758 den Ansatz, die verfassungsrechtliche Aufdeln durch eifrige gesetzgeberische Aktivität zu widerlegen und eine Vielzahl von einfach-rechtlichen Regelungen zu staatlichem Informationshandeln geschaffen hat. Schon dies widerlegt an sich die These der mangelnden Normierbarkeit, so auch Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 134; Gurlit, DVBL 2003, 1119, 1125. 753 s. o. Kap. 4 I. 2. a) cc), S. 232. 754 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 134. 755 Was schon unter Kompetenzgesichtspunkten kritisch zu sehen war, s. o. Kap. 4 II. 4. c) bb), S. 251. 756 BVerfGE 105, 279, 302–304. 757 Jedenfalls im späteren Kammer-Beschluss in der Sache „Löw“ hat auch das BVerfG die Staatsleitung als Ermächtigungsgrundlage für einen Eingriff durch Informationshandelns ausdrücklich ausreichen lassen und insoweit diese Auffassung vertreten, BVerfG, 1. Kammer des Ersten Senats, NJW 2011, 511, 512. 758 Schröder, in: HbdStR, § 64 Rn. 29; Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit, 194–196; zustimmend wohl auch Münch/Kunig/Mager, GGK I, Art. 65 Rn. 13; noch weitergehend vielleicht Bethge, JURA 2003, 327, 332, wenn er meint, der Verweis auf die Staatsleitung sei unnötig, „besser und ausreichend wäre es gewesen, wenn das Bundesverfassungsgericht sich darauf beschränkt hätte, unter Verzicht auf vage gesetzliche Generalklauseln auf das Dilemma der Unnormierbarkeit zu verweisen“, wobei nicht ganz klar ist, ob Bethge selbst das ebenfalls so sieht oder nur meint, das BVerfG wäre mit dieser argumentativen Linie konsequenter gewesen; zumindest für die Gubernative implizit bejahend wohl auch Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 144, 151– 165, wenn sie die Übertragbarkeit der Rechtsprechung zu gubernativem Informationshandeln auf administratives Informationshandeln prüft.

322

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

gabe der Staatsleitung als verfassungsunmittelbare Ermächtigung für Grundrechtseingriffe heranzuziehen. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass eine verfassungsrechtliche Aufgabenzuweisung implizit die Befugnis zu einem Grundrechtseingriff enthalten kann. Wenn die Ausübung einer durch die Verfassung verbindlich vorgegebenen Aufgabe zwingend zu Grundrechtseingriffen führen muss, so ist damit entschieden, dass die Verfassung derartige Grundrechtseingriffe legitimieren will759. Auch in einem solchen Fall ist eine einfach-gesetzliche Regelung aber nicht entbehrlich, denn der genauere Rahmen der grundrechtseingreifenden Aufgabenerfüllung bedarf nach wie vor der Konkretisierung760. Der argumentative Ansatz des BVerfG geht nun dahin, aus der Unnormierbarkeit der Materie zu schließen, dass eine als solche konzipierte Befugnisnorm inhaltlich kaum über die bloße Aufgabenzuweisung hinausgehen könne und daher keinen Mehrwert habe. Eine detailliertere Regelung eines Eingriffs ist in dieser Logik nicht möglich und daher entbehrlich, sodass eine Aufgabenzuweisung genügen soll. Die Prämisse der mangelnden Normierbarkeit dieses Ansatzes ist schon widerlegt761. Zudem beinhaltet die Schaffung entsprechender Generalklauseln immerhin die Wertentscheidung des Gesetzgebers zur Legitimation staatlichen Informationshandelns in einem bestimmten Bereich762. Der verfassungsgerichtliche Verzicht auf diese Generalklauseln beruht wohl auf der Annahme, dass überall dort, wo der Staat Aufgabenerfüllung betreibt, auch das Mittel staatlichen Informationshandelns zur Verfügung stehen muss und präzise Ermächtigungsgrundlagen dieser universalen Einsetzbarkeit staatlichen Informationshandelns im Weg stünden, weil sie nicht jede denkbare Konstellation erfassen763. Den Beweis, dass die universale Einsetzbarkeit staatlichen Informationshandelns auch verfassungsrechtlich geboten und gegenüber dem Vorbehalt des Gesetzes vorzuziehen ist, bleibt diese Argumentation schuldig764. Über die Kompetenz der Staatsleitung

759

Hillgruber, in: HbdStR, § 200 Rn. 109. So überzeugend Hillgruber, in: HbdStR, § 200 Rn. 109. Eine Ausnahme hiervon kann nur in Betracht kommen, wenn die Verfassung selbst die Konkretisierung vornimmt. Dies wird angedacht für Art. 13 Abs. 7 1. Alt. GG, so etwa Maunz/Dürig/Papier, GG-Komentar, Art. 13 Rn. 118; Epping/Hillgruber/Fink, BeckOK GG, Art. 13 Rn. 29; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann, GG, Art. 13 Rn. 40; ablehnend: Jarass/Pieroth, GG, Art. 13 Rn. 35. 761 s. o. Kap. 4 IV. 2. c) cc) (2) (a) (aa), S. 318. 762 s. o. Kap. 4 IV. 2. c) cc) (2) (a) (aa), S. 318. 763 Vgl. dazu die Analyse von Klement, DÖV 2005, 507, 514. 764 Klement, DÖV 2005, 507, 514. Eine ähnliche Wertung wie das BVerfG nimmt wohl auch Kaiser, Die Kommunikation der Verwaltung, S. 273–274 vor, wenn sie von dem Verzicht auf den Gesetzesvorbehalt zugunsten eines „kommunikationsfreundlichen Rechtsregimes“ spricht. Was hier betrieben wird, ist schlicht Rechtspolitik: Wer das kommunikationsfreundliche Rechtsregime um jeden Preis will, ist auch bereit, zentrale rechtsstaatliche Sicherungen dafür zu opfern. 760

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

323

kann der Regierung letztlich eine Äußerungskompetenz zu jedem Thema zugesprochen werden765. Bei konsequenter Betrachtung steht der Bundesregierung dann auch in jedem thematischen Bereich die Berechtigung zu Eingriffen durch staatliches Informationshandeln zu766. Die Entscheidung, wo staatliches Informationshandeln die Schwelle des funktionalen Äquivalents erreichen darf, ist dann nicht mehr dem Gesetzgeber überantwortet, sondern der Regierung. Das ist vor dem Hintergrund der auch aus dem Demokratieprinzip767 folgenden Wesentlichkeitslehre768 höchst fragwürdig769. Zudem zeigt sich am Begriff der Staatsleitung, warum die Idee verfassungsunmittelbarer Befugnisnormen grundsätzlich Skepsis verdient. Sinn des Vorbehalts des Gesetzes ist es auch, dem potenziellen Adressaten einer staatlichen Maßnahme Voraussetzungen, Verfahren und Folgen einer staatlichen Intervention transparent und das staatliche Handeln vorhersehbar zu machen770. Dies mag im Einzelfall bei einfach-rechtlichen Aufgabennormen der Fall sein, sodass sie ausnahmsweise zugleich auch eine Befugnisnorm darstellen können771. Verfassungsnormen dagegen sind vage und allgemein formuliert772 und nicht als Befugnisnormen konzipiert. Das gilt besonders für den Begriff der Staatsleitung, der eigentlich zur Bestimmung der Regierungsaufgaben herangezogen wird773 und der neben der Regierung auch andere Verfassungsorgane betrifft774. Ein derartig interpretationsbedürftiger Begriff ermöglicht keine Berechenbarkeit hinsichtlich potenzieller Grundrechtseingriffe, legt weder Tatbestand noch Rechtsfolge fest und genügt nicht den rechtsstaatlichen Anfor-

765

s. o. Kap. 4 II. 4. c) bb), S. 251. Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 113 hat treffend beschrieben, dass dadurch die Staatsleitung zur „holistischen Wunderwaffe zur Rechtfertigung gezielten staatlichen Informationshandelns“ gerät. 767 Epping/Hillgruber/Huster/Rux, BeckOK GG, Art. 20 Rn. 176. 768 Insbesondere die Berührung grundrechtlich geschützter Lebensbereiche soll danach dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben, vgl. Sachs/Sachs, GG, Art. 20 Rn. 117 m.w. N. 769 So auch C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 150; a. A. Schmidt-Bleibtreu/Hofmann, GG, Art. 20 Rn. 71. 770 Lerche, in: HbdGR, § 62 Rn. 35; Bethge, in: HbdGR, § 58 Rn. 103; Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 235. 771 Ausführlich dazu Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 135–138. 772 Bethge, in: HbdGR, § 58 Rn. 104. 773 Merkmale der politischen Staatsleitung sind nach Sachs/Oldiges, GG, Art. 62 Rn. 27: ein vorausschauender und planender Charakter, „das Richtungsweisende in der Gestaltung der gesellschaftl. Verhältnisse“ sowie „das Vermögen zu Anstoß und Innovation, zur Erkenntnis und Artikulation von Problemlagen, zur Auffindung von Lösungswegen und zur Setzung von Prioritäten“, was bei unbefangener Betrachtung wenig mit konkreten grundrechtsbelastenden Informationsmaßnahmen zu tun hat. Schröder, in: HbdStR, § 64 Rn. 4 hält den Begriff insgesamt für „nur begrenzt aussagefähig“. 774 Darauf weist Bethge, JURA 2003, 327, 330 zu Recht hin; vgl. zum Anteil des Parlaments an der Staatsleitung die umfassende Untersuchung von Magiera, Parlament und Staatsleitung, S. 218–268. 766

324

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

derungen an eine Befugnisnorm775. Eine verfassungsrechtliche Ermächtigung zu grundrechtsbelastendem Informationshandeln kann in der Staatsleitung nicht erblickt werden. Es bedarf einer einfach-rechtlichen Befugnisnorm. Das heißt insbesondere für die hier interessierenden Regierungsberichte, dass auch diese, selbst wenn sie von der Kompetenz der Staatsleitung umfasst sind, für eine ein funktionales Äquivalent darstellende Berichterstattung eine einfachgesetzliche Befugnisnorm benötigen. (cc) Der Vorbehalt des Gesetzes für staatliche Berichterstattung Ist staatliche Berichterstattung im Einzelfall ein funktionales Äquivalent zu einem Grundrechtseingriff, so muss sie sich auf ein formelles Gesetz zurückführen lassen, welches materiell als Befugnisnorm ausgestaltet ist. Die Notwendigkeit eines formellen Gesetzes bedeutet für staatliche Berichterstattung, die aufgrund eines Beschlusses oder aufgrund von Eigeninitiative erfolgt, dass im Rahmen der Berichterstattung keine inhaltlichen Aussagen getroffen werden dürfen, die vorhersehbar oder gar beabsichtigt Einbußen an grundrechtlich geschützten Positionen herbeiführen. Das gilt auch für Berichte, die primär der Informationsversorgung durch das Parlament dienen776. Enthalten an das Parlament adressierte Berichte Informationen über Personen und Produkte, die aufgrund der Öffentlichkeit der parlamentarischen Berichterstattung vorhersehbar dazu geeignet sind, eine Stigmatisierung in der Öffentlichkeit herbeizuführen und damit ein funktionales Äquivalent darstellen, so kann dies verfassungsrechtlich nur zulässig sein, wenn Berichtsgrundlage ein formelles Berichtsgesetz ist777. Zwar ist die Aufgabe der Regierung, das Parlament mit Informationen zu versorgen, verfassungsrechtlich determiniert, jedoch entbindet dies nicht von einer einfach-rechtlichen Befugnisnorm778. Die formale Adressierung an das Parlament kann insoweit nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch im Rahmen der Parlamentsinformation vorhersehbar und in Kauf genommen Stigmatisierung auftreten kann779. Umgehen lässt sich das Problem durch eine Ge775 Gusy, NJW 2000, 977, 985 in Bezug auf Art. 65 GG, in welchem er aber die Staatsleitung normativ verortet, vgl. Gusy, NJW 2000, 977, 980. 776 Vgl. hierzu bereits, wenn auch nur bezogen auf die Weitergabe personenbezogener Daten und einen damit verbundenen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, Maiwald, Berichtspflichten, S. 174–180. 777 So i. E. wohl auch Maiwald, Berichtspflichten, S. 174–176, der nur einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung thematisiert. 778 A. A. wohl Huber, JZ 2003, 290, 295. 779 Dass dies unproblematisch für zulässig gehalten wird, ist vor dem Hintergrund, dass die Öffentlichkeitsfunktion der parlamentarischen Berichterstattung anerkannt ist, erstaunlich. Vgl. zur Adressierung staatlicher Berichterstattung oben Kap. 2 I. 4., S. 48.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

325

heimhaltung der stigmatisierenden Informationen gegenüber der Öffentlichkeit, wofür aber hohe Hürden bestehen780. Dabei genügt es nicht, wenn dieses Berichtsgesetz lediglich eine Berichtspflicht auferlegt, sondern es muss darüber hinaus als zum Grundrechtseingriff ermächtigende Befugnisnorm ausgestattet und auch als solche erkennbar sein781. Der Vorbehalt des Gesetzes weist im Bereich der Grundrechte dem Gesetzgeber Entscheidungen über den schonenden Ausgleich kollidierender (Grund-)Rechtspositionen zu und überlässt diesem die Entwicklung normativer Maßstäbe zur Lösung solcher Kollisionen782. Hat der Gesetzgeber dazu keine Maßstäbe entwickelt, weil er die mögliche Betroffenheit von Grundrechten gar nicht erkannt hat, so hat er materiell auch keine Ausgleichsentscheidung angelegt. Dann liegt zwar ein formelles Gesetz vor, materiell aber keine Befugnis zu einem Grundrechtseingriff. Dies kann im Einzelfall für staatliche Berichterstattung problematisch sein, weil viele Berichtsgesetze den Berichtsgegenstand nur abstrakt bestimmen und keine näheren Vorgaben über den zulässigen Inhalt machen783. In solchen Fällen ist durch Auslegung zu ermitteln, ob das konkrete Berichtsgesetz die Möglichkeit, dass der Berichtsinhalt mit Grundrechten in Konflikt stehen könnte, erkannt hat und im Rahmen der Berichterstattung ermöglichen wollte, um die Berichtsziele zu erreichen. Ein klares Anzeichen hierfür sind etwa konkrete Regelungen zum Umgang mit personenbezogenen Daten oder Betriebsund Geschäftsgeheimnissen784 oder zur Abwägung der Berichtsziele mit den Interessen der im Bericht negativ erwähnten Personen785. Lässt sich durch Auslegung keine Befugnis zu einem Grundrechtseingriff erkennen, so ist der Bericht eingriffsneutral zu gestalten. Dies dürfte in der Regel durch eine entsprechende Abstraktion in der Darstellung zu erreichen sein.

780

Ähnlich Maiwald, Berichtspflichten, S. 179–180 zu personenbezogenen Daten. Ossenbühl, NVWZ 2011, 1357, 1360. 782 Lerche, in: HbdGR, § 62 Rn. 13; vgl. auch BVerfG NJW 2003, 3111, 3116: „Nach der Verfassung sind die Einschränkung von grundrechtlichen Freiheiten und der Ausgleich zwischen kollidierenden Grundrechten aber dem Parlament vorbehalten, um sicherzustellen, dass Entscheidungen von solcher Tragweite aus einem Verfahren hervorgehen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und die Volksvertretung dazu anhält, Notwendigkeit und Ausmaß von Grundrechtseingriffen in öffentlicher Debatte zu klären“. 783 Z. B. § 94 AufenthG (BGBl. I 2008, 162): „Die Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration erstattet dem Deutschen Bundestag mindestens alle zwei Jahre einen Bericht“; § 2 Abs. 1 WBeauftrG: „Der Wehrbeauftragte erstattet für das Kalenderjahr dem Bundestag einen schriftlichen Gesamtbericht (Jahresbericht)“. 784 Solche Regelungen bestehen etwa für den Umweltzustandsbericht, was dafür spricht, dass das UIG für diesen die Befugnis zum Grundrechtseingriff schaffen will, siehe zu diesem Beispiel oben Kap. 2 II. 2. c) bb), S. 80. Solche Regelungen fehlen dagegen im BDSG für den Bericht des BfDI zum Datenschutz, was gegen eine solche Befugnis spricht, s. o. Kap. 2 II. 3. c) aa), S. 88. 785 Z. B. § 16 Abs. 3 BVerfSchG. 781

326

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Von dieser einfachrechtlichen Auslegungsfrage zu unterscheiden und ebenfalls im Einzelfall zu beantworten ist die Frage, ob eine derartig auslegungsbedürftig formulierte Ermächtigungsgrundlage noch dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht. Insbesondere im Bereich des informationellen Selbstbestimmungsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG fordert das BVerfG im Sinne besonders strenger Bestimmtheitsanforderungen normenklare Regelungen, an denen der betroffene Bürger Art und Umfang eines Eingriffs erkennen kann und die den Behörden und der Justiz klare Handlungs- und Kontrollmaßstäbe an die Hand geben786. Insoweit verfassungsrechtlich unzulässig wäre es, eine Eingriffsbefugnis in einem Berichtsgesetz derartig anzulegen, dass sie nur durch besonders kunstfertige Auslegung als solche erkennbar und damit quasi in der Norm ,versteckt‘ wäre. Betrachtet man exemplarisch das Beispiel des Umweltzustandsberichts in dieser Untersuchung, so dürfte die dortige Auslegung aber die Grenzen des Bestimmtheitsgrundsatzes noch nicht verletzen. Zwar finden sich detaillierte Regelungen zum Umgang mit personenbezogenen Daten nicht unmittelbar in der Berichtsgrundlage des § 11 UIG, die Verweiskette über § 10 Abs. 6 UIG, der wiederum auf § 9 UIG verweist, stellt aber ausreichend bestimmte Regelungen zur Verfügung787. (b) Wahrung der Kompetenzordnung Staatliches Informationshandeln muss als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung die Kompetenzordnung wahren. Das gilt auch für staatliche Berichterstattung. Zur Bestimmung der Berichtskompetenz wurde bereits Stellung genommen788. Für den hier interessierenden Bereich der ein funktionales Äquivalent darstellenden Berichtserstattung dürfte die Bestimmung der Berichtskompetenz in der hier vertretenen Konzeption selten Schwierigkeiten machen, da in einem solchen Fall stets eine einfach-rechtliche Befugnisnorm verlangt wird, welche zugleich die Zuständigkeiten klären dürfte. Fehlt eine solche Befugnisnorm, so ist der grundrechtsbelastende Bericht schon wegen Verstoß gegen den Vorbehalt des Gesetzes rechtswidrig, unabhängig von der Berichtskompetenz. (c) Gebot der Verhältnismäßigkeit und seine besonderen Ausprägungen im staatlichen Informationshandeln Zentrale Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für ein als funktionales Äquivalent zu bewertendes staatliches Informationshandeln ist die Wahrung des Gebots der 786 Schmidt-Bleibtreu/Hofmann, GG, Art. 20 Rn. 86; Maunz/Dürig/Durner, GGKommentar, Art. 10 Rn. 136 m.w. N. zur verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. 787 A. A. Hegele, in: Umweltschutz durch Umweltinformation, S. 101, 140; zu diesem Beispiel s. o. Kap. 2 II. 2. c) bb), S. 80. 788 Dazu s. o. Kap. 4 II., S. 240.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

327

Verhältnismäßigkeit789. Staatliches Informationshandeln muss ein verfassungsrechtlich legitimes Ziel verfolgen und zur Förderung dieses Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sein790. Von besonderem Interesse sind die Merkmale der Erforderlichkeit und der Angemessenheit. Hinsichtlich der Erforderlichkeit sind für die Frage, ob der Staats unter gleich geeigneten Mitteln mit dem staatlichen Informationshandelns das mildeste Mittel ausgewählt hat791, die Besonderheiten staatlichen Informationshandelns zu beachten: Staatliches Informationshandeln ist in seinen Wirkungen von externen Faktoren, vor allem der Annahme und Umsetzung durch die adressierte Öffentlichkeit abhängig. Dies kann dazu führen, dass die Wirkungen einer staatlichen Informationsmaßnahme bei besonders starker Reaktion durch die Öffentlichkeit die Wirkungen einer vergleichbaren Verbotsverfügung oder anderer Maßnahmen übersteigen können792 und diese übersteigerte Reaktion durch die informierende staatliche Stelle kaum wieder eingefangen werden kann793. Da diese Wirkungen nicht sicher prognostizierbar sind, ist auf der Ebene der Erforderlichkeit besonders genau zu prüfen, ob das Ziel nicht durch eine mildere und besser steuerbare Maßnahme genauso gut erreicht werden kann794. Abzulehnen sind pauschale

789 Schoch, NJW 2012, 2844, 2848; Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 110; Leidinger, DÖV 1993, 925, 933; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 242; Faber, Schutz vor herabsetzenden Äußerungen des Staates, S. 154; Robbers, AfP 1990, 84, 88; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 195– 196; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 143; Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation, S. 101; implizit auch BVerfGE 105, 252, 273, wenn von den „für Grundrechtseingriffe maßgebenden rechtlichen Anforderungen“ die Rede ist. 790 Schoch, NJW 2012, 2844, 2848; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 195–196; Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation, S. 101. 791 Maunz/Dürig/Grzeszick, GG-Kommentar, Art. 20 VII. Rn. 113. 792 Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation, S. 102; Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 211; vgl. auch Reimer, JöR 58 (2010), 275, 288, der diese Steuerungsunsicherheiten hinsichtlich einer staatlichen Anprangerung als Sanktion anschaulich umschreibt: „Die für die materiale Sanktionswirkung entscheidenden Reaktionen der ,Öffentlichkeit‘ (Hervorhebung im Original) lassen sich nicht vorwegnehmen. Bei einer Solidarisierung der Öffentlichkeit mit dem Angeprangerten geht die Sanktion ins Leere; bei einer Überreaktion gerät sie übermäßig“; positiv formuliert bei Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 54–55, die die Anwendung von Informationsmaßnahmen als Sanktionsmittel als „vielfach effektiver als klassisches Ordnungsrecht“ bewertet. 793 Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 211; Ossenbühl, NVWZ 2011, 1357, 1361; Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 150; ähnlich, wenn auch unter dem Gesichtspunkt der (fehlenden) Geeignetheit, Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 431: „Trefferunschärfe des Instruments“. 794 Leidinger, DÖV 1993, 925, 932; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 196; Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 211; Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 431–432.

328

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Vermutungen, aufgrund der fehlenden Regelungswirkung und der daraus folgenden Wahlfreiheit hinsichtlich der Beachtung oder Nichtbeachtung sei staatliches Informationshandeln gegenüber regelnden Maßnahmen wie z. B. einem Verkaufsverbot grundsätzlich als milder einzustufen795. Diese Gesichtspunkte spielen auch für die Angemessenheit eine Rolle, in der es darum geht, ob der Nutzen der Maßnahme nicht außer Verhältnis zu den damit einhergehenden Beeinträchtigungen steht796. Dieses Risiko der Unbeherrschbarkeit staatlichen Informationshandelns ist zusammen mit dem Anlass, dem Gegenstand und auch der konkreten Formulierung der Informationsmaßnahme in die Abwägung mit einzubeziehen797. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Unbeherrschbarkeit hat der Gedanke, für staatliches Informationshandeln ein „Gebot der restriktiven, „vorsichtigen“ (Hervorhebung im Original) und verantwortlichen Handhabung des Instruments“ 798 anzunehmen, viel für sich. Neben diesen allgemeinen Elementen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sind noch zwei Besonderheiten des staatlichen Informationshandelns zu betrachten: Das Gebot der Richtigkeit und das Gebot der Sachlichkeit staatlichen Informationshandelns. Das BVerfG hat sie als allgemeine Voraussetzungen staatlichen Informationshandelns bewertet799, zumindest für den hier interessierenden Bereich der Rechtfertigung von Grundrechtseingriffen dürfte eine Verwurzelung beider Gebote zumindest auch im Verhältnismäßigkeitsprinzip zutreffender sein800.

795 So z. B. Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 110; wohl auch Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel, S. 32–33; eine ähnliche Tendenz hat auch das BVerfG, wenn es Informationshandeln als Element einer „auf möglichst geringe Beeinträchtigung Dritter gerichteter Krisenbewältigung“ bewertet, BVerfGE 105, 252, 270; nach Lenkungsintensität differenzierend Lehr, Lenkung durch Handlungsformen, S. 214. Ablehnend wie hier auch Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 211; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 243; Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln, S. 104. Eine Schlussfolgerung in die andere Richtung zieht dagegen wohl Ossenbühl, NVWZ 2011, 1357, 1361, der von einem pauschalen Vorrang des klassischen ordnungsrechtlichen Instrumentariums ausgeht, zumindest soweit mit der Maßnahme Gefahrenabwehr betrieben werden soll. Vorzugswürdig dürfte eine Bewertung im Einzelfall gegenüber allen pauschalen Vermutungen sein. 796 Maunz/Dürig/Grzeszick, GG-Kommentar, Art. 20 VII. Rn. 117 m.w. N. 797 Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 214. 798 So Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 214. 799 s. o. Kap. 4 IV. 2. c) aa) (2), S. 302. 800 So auch Bumke, DV 37 (2004), 3, 21; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 142; Ingold, Desinformationsrecht, S. 55; implizit Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 205, die diese Gebote unter dem Gesichtspunkt der Geeignetheit bei der Verhältnismäßigkeit anspricht.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

329

(aa) Exkurs: Die objektive Bedeutung von Richtigkeit und Sachlichkeit als allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen Die Gebote von Richtigkeit und Sachlichkeit werden hier aus grundrechtlicher Perspektive betrachtet. Neben dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann man beide Gebote aber auch grundrechtsunabhängig objektivrechtlich verorten. So wird das Gebot der Richtigkeit auch aus dem Demokratieprinzip nach Art. 20 Abs. 2 GG gefolgert, zumindest soweit Informationstätigkeit sich auf die demokratische Willensbildung bezieht801, Zudem ist das Gebot der Richtigkeit als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips gem. Art. 20 Abs. 3 GG anzusehen802. Das Gebot der Sachlichkeit kann auch aus dem Willkürverbot hergeleitet werden803, sodass es sich auch als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips erweist804. Diese objektiv-rechtliche Verwurzelung der Gebote der Richtigkeit und Sachlichkeit ist vor allem relevant, weil unabhängig von der konkreten Betroffenheit eines Grundrechts bei einem Verstoß gegen diese Gebote eine staatliche Informationshandlung objektiv rechtswidrig sein kann, auch wenn mangels Betroffenheit eines subjektiv-öffentlichen Rechts eine Klage durch Privatpersonen in einem solchen Fall keine Aussicht auf Erfolg hätte805. Staatliche Berichterstattung ist aufgrund der objektiv-rechtlichen Dimension der Gebote der Richtigkeit und Sachlichkeit stets an diese gebunden, sie beanspruchen allgemeine Geltung806. Verstöße gegen das Gebot der Richtigkeit und der Sachlichkeit sind folglich neben einer in Betracht kommenden Grundrechtsverletzung auch mit dem Rechtsstaatsprinzip und unter Umständen mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. (bb) Gebot der Richtigkeit Staatliches Informationshandeln steht unter dem Gebot der Richtigkeit807. Staatlicherseits verbreitete Informationen dürfen nicht erwiesenermaßen unwahr 801 Vgl. zur Bedeutung einer wahrheitsgemäßen Informationstätigkeit staatlicher Stellen für die demokratische Willensbildung und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen Ingold, Desinformationsrecht, S. 69–75; ähnlich die Verortung auch bei Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 205. 802 Vgl. zur Herleitung Ingold, Desinformationsrecht, S. 76–86, der auf das Gebot der Rechtswahrheit abstellt; i. E. ebenfalls auf das Rechtsstaatsprinzip stellen R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 150; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 195 und Leidinger, DÖV 1993, 925, 932–933 ab. 803 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 142; ähnlich auch Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 433 aus Schweizer Perspektive. 804 Zur Herleitung des Willkürverbots aus dem Rechtsstaatsprinzip Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 44 m.w. N. 805 Vgl. zum Rechtsschutz Privater gegen staatliches Informationshandeln unten Kap. 5 II., S. 344. 806 Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 109; Reimer, in: JöR 58 (2010), 275, 293.

330

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

sein808. Das bewusste Verbreiten falscher Informationen ist verfassungsrechtlich unzulässig. Bedeutung hat dies vor allem für staatliche Tatsachenbehauptungen, die als solche dem Beweis zugänglich sind und deren Richtigkeit objektiv ermittelbar ist, während staatlicherseits geäußerte Werturteile eher unter dem Gesichtspunkt des Sachlichkeitsgebots zu betrachten sind809. Erscheint eine Information ex-ante richtig, erweist sich ex-post aber als falsch, so kann die Verbreitung gleichwohl gerechtfertigt sein, wenn die Abwehr dringender Gefahren ein Handeln unter unvollständiger Sachverhaltskenntnis erfordert und die Unsicherheit kenntlich gemacht wird810. Ist die Richtigkeit einer Information auch ex-ante unklar, so kann dennoch eine Verbreitung erfolgen, wenn der Sachverhalt soweit möglich aufgeklärt wurde und auch hier auf die Unsicherheit hingewiesen wurde811. Wird die Unrichtigkeit nach der Verbreitung bewiesen, so hat jede weitere Verbreitung zu unterbleiben und soweit möglich eine Korrektur zu erfolgen812. Zur Richtigkeit einer Information gehört auch, diese nicht durch Weglassen wesentlicher Informationen zu verzerren oder zu verfälschen813. Unproblematisch sind Zusammenfassungen und Komprimierungen

807 BVerfGE 105, 252, 268, 272–273; Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 109; Schoch, NJW 2012, 2844, 2848; Bumke, DV 37 (2004), 3, 21; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 143; Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1223. Das Gebot wird teilweise auch als Gebot der Wahrheit bezeichnet. Es hatte schon vor der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Glykol-Beschluss viel Zustimmung in der Literatur erfahren, aus der älteren Literatur etwa Robbers, AfP 1990, 84, 88; Leidinger, DÖV 1993, 925, 932; Di Fabio, JuS 1997, 1, 6. 808 Ein Beispiel für einen Bericht, bei dem dies in Frage stand, ist der Evaluationsbericht VIG, s. o. Kap. 2 II. 7. c) bb), S. 117. 809 C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 195; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 172–173; Di Fabio, JuS 1997, 1, 6; vgl. auch die Aufteilung bei Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 143–144; ähnlich auch v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 99; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 233–234. 810 Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1224 bezeichnen dies als „ähnlich wie im allgemeinen Polizeirecht“; ähnliche Erwägungen macht auch Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 112–113. Im Ergebnis dürfte die Bewertung den Grundsätzen des subjektiven Gefahrbegriffs entsprechend vorzunehmen sein. 811 BVerfGE 105, 252, 272; Schoch, NJW 2012, 2844, 2848; Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 210. 812 Implizit BVerfGE 105, 252, 273; Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 437; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 113. 813 C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 195; Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 109; Robbers, AfP 1990, 84, 88; Reimer, in: JöR 58 (2010), 275, 293; v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 98–99. Teilweise wird dies auch als eigenständiges Gebot der Vollständigkeit aufgeführt, etwa bei Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 143 oder Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 241. Dabei handelt es sich aber nur um eine Einteilungsfrage ohne materielle Bedeutung.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

331

ohne Auswirkungen auf die inhaltlichen Aussagen814. Dies gilt umso mehr für staatliche Berichterstattung, die häufig sehr breite Berichtsgegenstände darstellen muss. Obwohl das Gebot der Richtigkeit häufig als absolutes Prinzip angesehen wird815, sind doch Situationen denkbar, wo eine Verwendung staatlich verbreiteter falscher Informationen gerechtfertigt sein kann. Denn das gezielte Verbreiten einer falschen Information kann zum Schutz von Verfassungsgütern überragender Bedeutung erforderlich sein816. Eine Rechtfertigung kann unter dem Gesichtspunkt kollidierenden Verfassungsrechts trotz der Verwurzelung des Gebots der Richtigkeit in fundamentalen verfassungsrechtlichen Prinzipien in Betracht kommen817. Denkbar ist dies etwa in konkreten Terrorszenarien818. Da es sich dabei aber um extreme Ausnahmekonstellationen handelt, dürfte die praktische Relevanz dieses Problems für staatliche Berichterstattung insgesamt gering sein, sodass es hier bei dieser Andeutung des Problems sein Bewenden haben soll819. Jedenfalls sollte die Annahme steter Verfassungswidrigkeit der bewussten Verbreitung einer unwahren Information820 in dieser Pauschalität nicht gezogen werden. (cc) Gebot der Sachlichkeit „Informationen unterliegen wie jedes Staatshandeln dem Sachlichkeitsgebot“ 821. Die Äußerung von Wertungen ist grundsätzlich zulässig, darf aber nicht aus sachfremden Erwägungen geschehen822. Die Bewertung muss auf Basis erwiesener oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigter Tatsachen mit

814 v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 99; Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 435. 815 In diese Richtung etwa R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 150; Di Fabio, JuS 1997, 1, 6; v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 35; Faber, Schutz vor herabsetzenden Äußerungen des Staates, S. 148–149; Schneider, Staatliches Informationshandeln, S. 205; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 234. Man kann auch BVerfGE 105, 252, 273 so verstehen, wo es heißt, dass die „Rechtfertigung der Weiterverbreitung der als unrichtig erkannten Information ausgeschlossen“ sei. 816 Schmalenbach, NVWZ 2005, 1357, 1358; Ingold, Desinformationsrecht, S. 86– 87. 817 Ingold, Desinformationsrecht, S. 86–87. 818 Schmalenbach, NVWZ 2005, 1357, 1358; Ingold, Desinformationsrecht, S. 19 jeweils mit Beispielen aus der bundesrepublikanischen Geschichte. 819 Vertiefend Schmalenbach, NVWZ 2005, 1357 und monografisch Ingold, Desinformationsrecht. 820 s. o. Kap. 4 Fn. 815. 821 BVerfGE 105, 252, 272. 822 Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1224; v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 36.

332

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

entsprechender Begründung erfolgten823. Äußerungen „ins Blaue hinein“ 824 sind staatlichen Stellen verwehrt825. Unsachliche oder herabsetzende Formulierungen und Polemik sind unzulässig, insgesamt gilt für die Abgabe von Wertungen eine Pflicht zur Zurückhaltung826. Eine gewisse Zuspitzung kann unter Umständen aber legitim sein827. Die Bewertung muss im Einzelfall erfolgen828, wobei der Anlass, die Adressaten und das kommunikative Umfeld der Situation für die Bewertung eine Rolle spielen können829. Ob die in dieser Untersuchung behandelten Berichte diesem Anspruch noch genügen, darf bei einzelnen Berichten bezweifelt werden. Zumindest der Bericht des BfDI zum Datenschutz dürfte mit dem Polemik-Verbot unvereinbar sein830. (d) Pflicht zur vorherigen Anhörung Schließlich stellt sich noch die Frage, ob vor Veröffentlichung eines als funktionales Äquivalent zu bewertenden Berichts eine Anhörung des betroffenen Grundrechtsträgers zu erfolgen hat. Fehlt es an einer gesetzlichen Regelung831, kann sich gleichwohl die Erforderlichkeit einer Anhörung unmittelbar aus dem verfassungsrechtlichen Recht auf rechtliches Gehör ergeben. Dieses folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip gem. 823 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 144; Di Fabio, JuS 1997, 1, 6; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 242; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 118. 824 v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 100. 825 v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 100. 826 Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23 Rn. 109; v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, S. 113; Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 435; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 116; ähnlich auch Bumke, DV 37 (2004), 3, 21; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 195. 827 C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 195; Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 435; Schoch, NJW 2012, 2844, 2848 bewertet die Rechtsprechung als „Mitunter [. . .] zu Gunsten der öffentlichen Hand recht großzügig“. 828 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 144; Schoch, NJW 2012, 2844, 2848; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 173; implizit auch C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 195. 829 Vgl. OVG München NVWZ 1995, 793 796, wo u. a. darauf abgestellt wurde, dass der Antragsteller selbst „die öffentliche Auseinandersetzung in zum Teil sehr aggressiver Wortwahl führt“; zustimmend C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 195; Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen, S. 173. 830 Vgl. dazu die vielfältigen Beispiele, die im Rahmen der Untersuchung aufgezeigt wurden, s. o. Kap. 2 II. 3. b) bb), S. 85. 831 Es gibt nur wenige explizite Anhörungsregelungen in Berichtsgesetzen. Zu den seltenen Beispielen gehören § 17 Abs. 1 FlUUG (BGBl. I 1998, 2470) und § 27 Abs. 3 S. 2 SUG (BGBl. I 2012, 390). Anders gelagert sind Anhörungspflichten, die sich nicht speziell an einzelne vom Bericht betroffene Bürger wendet, sondern der Allgemeinheit Gelegenheit zur Stellungnahme bietet, sei es vor oder nach Erstattung eines Berichts, vgl. etwa § 122 Abs. 2 S. 1 TKG; § 33 Abs. 2 ARegV.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

333

Art. 20 Abs. 3 GG832 und dem Gebot zur Achtung der Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG833. Es beinhaltet, dass dem Einzelnen die Möglichkeit gegeben wird, vor einer Entscheidung, die seine Rechte beeinflusst, Stellung zu nehmen und dadurch Einfluss auf das Verfahren sowie dessen Ergebnis zu nehmen834. Eine positivrechtliche Verankerung hat dieser Grundsatz in § 28 VwVfG gefunden835. Auf das staatliche Informationshandeln ist § 28 VwVfG nicht unmittelbar anwendbar836. § 28 VwVfG setzt den Erlass eines Verwaltungsakts im Verwaltungsverfahren voraus, staatliches Informationshandeln ist jedoch mangels Regelungswirkung kein Verwaltungsakt837 und erfolgt damit außerhalb eines Verwaltungsverfahrens i. S. d. § 9 VwVfG838.

832 Sachs/Degenhart, GG, Art. 103 Rn. 8; Hochhuth, NVWZ 2003, 30, 33; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 231; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 192; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 135; Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 196; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 146; Leidinger, DÖV 1993, 925, 934; Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 251; Brandt, Umweltaufklärung, S. 148; aus österreichischer Perspektive Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation, S. 199. 833 Dieses verbietet, den Menschen zum rein passiven Objekt staatlichen Handelns zu machen, Hochhuth, NVWZ 2003, 30, 32–33; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 192; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 143–144; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 146. Art. 103 Abs. 1 GG ist daneben jedenfalls in unmittelbarer Anwendung unanwendbar, da Art. 103 Abs. 1 GG nur das gerichtliche, nicht aber das Verwaltungsverfahren betrifft, Hochhuth, NVWZ 2003, 30, 33; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 192 Fn. 777. Auch eine entsprechende Anwendung, wie sie etwa Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 231–233 vorschlägt, wird überwiegend abgelehnt, vgl. Maunz/Dürig/Remmert, GG-Kommentar, Art. 103 Abs. 1 Rn. 52. Sachs/Degenhart, GG, Art. 103 Rn. 8; Epping/Hillgruber/Radtke/Hagemeier, BeckOK GG Art. 103 Rn. 3; Brandt, Umweltaufklärung, S. 148. Hinsichtlich des Inhalts des Rechts auf rechtliches Gehör dürfte diese Frage keine große Bedeutung haben, sodass darauf nicht weiter eingegangen wird. 834 Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff, VwVfG, § 28 Rn. 2; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 192; Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation, S. 103. 835 Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff, VwVfG, § 28 Rn. 4; Hochhuth, NVWZ 2003, 30, 32–33; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 192; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 231. 836 Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 196; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 192; Faber, Schutz vor herabsetzenden Äußerungen des Staates, S. 146; Brandt, Umweltaufklärung, S. 147–148; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 143; Leidinger, DÖV 1993, 925, 934; Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 68. 837 Siehe dazu oben Kap. 3 I. 3. b), S. 144. 838 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 68; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 231–232; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 146; Leidinger, DÖV 1993, 925, 934; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 143; Brandt, Umweltaufklärung, S. 147.

334

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Umstritten ist dagegen die Frage, ob § 28 VwVfG analog anzuwenden ist. Während die Literatur dies überwiegend unter Heranziehung der verfassungsrechtlichen Verankerung des Rechts auf rechtliches Gehör bejaht839, finden sich in der Rechtsprechung hierzu ablehnende Aussagen840. Das OVG München hat Bezug genommen auf die Rechtsprechung des BVerfG im Glykol-Beschluss, wo ausgeführt wurde, dass eine Anhörung der Betroffenen lediglich „gegebenenfalls“ 841 zu erfolgen habe, im Umkehrschluss also nicht immer verbindlich vorgeschrieben sei842. Da die Frage einer Anhörungspflicht für staatliches Informationshandeln insgesamt nicht geklärt sei und selbst bei Annahme eines solchen Rechts wohl nur ein heilbarer Formfehler vorliege843, könne dies jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zum Erlass einer einstweiligen Anordnung führen844. Auch das OVG Kassel bezog sich in seinem die Verfassungsschutzberichterstattung betreffenden Beschluss zunächst auf die Gylkol- und Osho-Rechtsprechung des BVerfG, die staatliches Informationshandeln der Staatsleitung zuordne und eine darüber hinausgehende Ermächtigungsgrundlage nicht verlange845. Sodann bezieht das OVG sich auf die ältere BVerfG-Rechtsprechung, dass die faktischen Nachteile einer solchen Veröffentlichung Art. 21 GG nicht berührten846. Da es nicht um den Erlass rechtsverbindlicher Akte gegenüber dem Bürger gehe, sei im Gegensatz zum Verwaltungsverfahren ein Recht auf vorherige Stellungnahme „weder normativ vorgesehen noch rechtlich erforderlich“ 847. Für die betroffene Partei reiche es aus, dass sie sich gegen die veröffentlichten Informationen durch entsprechende Gegenerklärungen zur Wehr setzen könne848. Die Argumentation beider Gerichte ist schon deswegen problematisch, weil sie sich wesentlich auf die Glykol- und Osho-Rechtsprechung des BVerfG stützt, die 839 Hochhuth, NVWZ 2003, 30, 30–33; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 28 Rn. 4a; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 147–148; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 192; ausführlich Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 196–200; Leidinger, DÖV 1993, 925, 934; Bumke, DV 37 (2004), 3, 29; Boddenberg, Negative Produktinformation, S. 144; Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation, S. 105; Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 253. 840 OVG Kassel NVWZ 2003, 1000, 1001; OVG München NVWZ 2003, 998, 999– 1000; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 17.10.2011 – Az. OVG 10 S 22.11 –, Rn. 28, zitiert aus juris; ebenfalls ablehnend Bader/Ronellenfitsch/Herrmann, BeckOK VwVfG, § 28 Rn. 5. 841 BVerfGE 105, 252, 272. 842 OVG München NVWZ 2003, 998, 999. 843 OVG München NVWZ 2003, 998, 999. 844 OVG München NVWZ 2003, 998, 999–1000. 845 OVG Kassel NVWZ 2003, 1000, 1001. 846 OVG Kassel NVWZ 2003, 1000, 1001. 847 OVG Kassel NVWZ 2003, 1000, 1001. 848 OVG Kassel NVWZ 2003, 1000, 1001.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

335

wie bereits ausgeführt keine Gefolgschaft verdient849. Selbst bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des BVerfG wendet das OVG München dessen Maßstäbe aber nicht konsequent an. Denn die Ausführungen des BVerfG, bei denen nur von einer gegebenenfalls erforderlichen Anhörung die Rede ist, erfolgen zur Anwendung des Gebots der Richtigkeit, welches unabhängig vom Vorliegen eines funktionalen Äquivalents Geltung beansprucht850. Zu dem hier in Rede stehenden funktionalen Äquivalent eines Grundrechtseingriffs nahm auch das BVerfG die Geltung der „für Grundrechtseingriffe maßgeblichen rechtlichen Anforderungen“ 851 an. Kerninhalt des Rechts auf rechtliches Gehör ist es, vor dem Eingriff in Rechte des Betroffenen, insbesondere in Grundrechte, diesem die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dabei handelt es sich um eine maßgebliche rechtliche Anforderung852. Die BVerfG-Judikatur spricht also im Gegenteil für die Annahme einer Anhörungspflicht. Damit ist auch dem OVG Kassel schon in weiten Teilen geantwortet: Die rechtliche Erforderlichkeit ergibt sich aus dem Gebot des rechtlichen Gehörs. Dass insbesondere die Verfassungsschutzberichterstattung einen Grundrechtseingriff darstellen kann, steht seit dem Junge-Freiheit-Beschluss fest853 und die Ausführungen des OVG Kassel hierzu sind überholt. Völlig neben der Sache liegt die Argumentation schließlich, wenn auf die Unterscheidung zwischen rechtsförmigen Maßnahmen einerseits und unverbindlichen Maßnahmen andererseits abgestellt wird. Die Unkontrollierbarkeit der Reaktion der Informationsadressaten schafft ohnehin ein besonderes Risiko854 und die faktische Belastungswirkung solcher Informationshandlungen kann der rechtsförmiger Grundrechtseingriffe mindestens gleichkommen855 oder sie sogar übertreffen856. Ob Gegendarstellungen des Betroffenen wirklich geeignet sind, diese Wirkungen abzumildern, hängt vom Einzelfall ab und kann nicht pauschal angenommen werden857. 849

s. o. Kap. 4 IV. 2. c) aa) (3), S. 304. s. o. Kap. 4 IV. 2. c) aa) (2), S. 302. 851 BVerfGE 105, 252, 273. 852 Vgl. Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 135: „juristisch ist der Grundsatz des rechtlichen Gehörs ein auch bei staatlichen Informationsmaßnahmen geltendes fundamentales rechtsstaatliches Gebot“. 853 s. o. Kap. 2 II. 1. c) aa), S. 68. Der Beschluss (BVerfGE 113, 63) selbst sagt allerdings nichts zum Gebot des rechtlichen Gehörs. 854 Dazu schon unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit oben Kap. 4 IV. 2. c) cc) (2) (c), S. 326. 855 Das erkennt sogar das BVerfG mit seinem funktionalen Äquivalent an, bei dem es neben der Zielsetzung auch um die Wirkungen der Maßnahme geht, BVerfGE 105, 252, 273. 856 s. o. Kap. 4 Fn. 666. In dem Zusammenhang weist Hochhuth, NVWZ 2003, 30, 31 zu Recht darauf hin, dass rechtsförmige Maßnahmen dagegen in der Regel vollständig wieder aus der Welt geschafft werden können und auch deswegen Realakte wie das Informationshandeln schwerer wiegen können als rechtsförmige Akte. 857 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 70; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 193; Engel, Staat850

336

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Gerade die Irreversibilität staatlichen Informationshandelns ist eines der wichtigsten Argumente für eine Verfahrensbeteiligung der Betroffenen vor Veröffentlichung der Information, da sich deren Folgen in der Regel nicht mehr rückgängig machen lassen858. Eine vorherige Beteiligung ist hier schon aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes geboten859. Zudem dient eine Anhörung vor Veröffentlichung auch den Interessen der Behörde, da sie relevante Sachverhaltsinformationen erfragen und Missverständnisse aufklären kann860, was mit Blick auf das Gebot der Richtigkeit von Bedeutung ist. Vor diesem Hintergrund ist die Frage, ob die Voraussetzungen einer Analogie im Sinne von planwidriger Lücke und vergleichbarer Interessenlage vorliegen861, gar nicht entscheidend862. Das Gebot rechtlichen Gehörs gewährt unabhängig von einer analogen Anwendung von § 28 VwVfG einen verfassungsunmittelbaren Anspruch darauf, dass dem Betroffenen eine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wird, wenn sich die Veröffentlichung als funktionales Äquivalent herausstellt. Es bietet sich aber an, dieses Recht durch eine analoge Anwendung von § 28 VwVfG zu konkretisieren, solange keine eigenen Beteiligungsvorschriften vorgesehen sind oder eine Analogie aus sonstigen Gründen nicht in Betracht kommt863. Folglich gelten dann auch die Ausnahmevorschriften des § 28 Abs. 2 und 3 VwVfG in für das staatliche

liche Informationstätigkeit, S. 232; Leidinger, DÖV 1993, 925, 934; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 147–148; vgl. auch Reimer, JöR 58 (2010), 275, 288– 289, der davon ausgeht, dass publizistische Gegenmaßnahmen die Informationshandlung auch ins Leere laufen lassen können und der daher davon ausgeht, staatliches Informationshandeln (als Sanktionsmittel) „oszilliert – je nach konkreter ambiance (Hervorhebung im Original) [. . .] zwischen Übermaß und Fehlschlag“. 858 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 70; Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 135; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 147; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 232; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 193; Leidinger, DÖV 1993, 925, 934; Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz, S. 222. 859 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 232; Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 70; Leidinger, DÖV 1993, 925, 934; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 147. 860 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 70; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 148; Leidinger, DÖV 1993, 925, 934; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 193. 861 Vgl. die ausführliche Prüfung bei Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 196–200, die anhand einer Analogie-Prüfung aufbaut und die verfassungsrechtlichen Elemente in diese Prüfung einbezieht. 862 Schoch, in: HbdStR, § 37 Rn. 135. 863 Es sind Fälle denkbar, in denen eine analoge Anwendung von § 28 VwVfG nicht in Betracht kommt, weil der Gesetzgeber explizit keine Beteiligungsrechte schaffen wollte. Fehlt es insoweit an einer Planwidrigkeit der Lücke, besteht für eine analoge Anwendung kein Raum. Eine solche Vorschrift kann dann aber als Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot auf rechtliches Gehör selbst wiederum verfassungswidrig sein.

IV. Der Bürger als Ziel und als Objekt staatlicher Berichterstattung

337

Informationshandeln modifizierter Fassung864. Eine analoge Anwendung auch des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG liegt dann zwar nahe865, sollte aber zurückhaltend angewandt werden, weil anders als bei einem Verwaltungsakt die Wirkung staatlichen Informationshandelns eben nicht ex post beseitigt werden kann und es daher umso bedeutender ist, auch tatsächlich vor der Veröffentlichung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben866. Auch hier gilt wieder, dass es für die Erforderlichkeit einer Anhörung nur auf das Vorliegen eines funktionalen Äquivalents ankommt. Pauschale Anknüpfungen an Typen staatlichen Informationshandelns etwa in die Richtung, dass eine Anhörung nur vor konkreten Warnungen oder Empfehlungen erforderlich sei und vor Aufklärung unterbleiben könne867, sind allenfalls als Orientierungshilfen denkbar, können aber nicht als Rechtsregeln angewandt werden, da die Wirkungen einer Informationsmaßnahme sich nicht allein anhand des Typs bemessen868. Insoweit gilt es seitens der informierenden Behörden zu antizipieren, ob und gegenüber wem sich die Informationshandlung als funktionales Äquivalent darstellen könnte und diesem Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben869. Da Finalität zentrales Kriterium des funktionalen Äquivalents ist und es ohnehin auf die Ziele und die Wirkungsantizipation der informierenden Behörde ankommt870, ist dies für die Behörden auch möglich. Für staatliche Berichterstattung heißt das, dass schon bei Erstellung des Berichts potenziell Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist, bevor eine Veröffentlichung erfolgt. Das ist unproblematisch möglich bei konkreter negativer Nennung von natürlichen oder juristischen Personen. 3. Zusammenfassung zum vierten Problemkreis Natürliche und juristische Personen werden in vielfältiger Form zum Gegenstand staatlicher Berichterstattung gemacht. Das Recht setzt dem auf mehreren Ebenen Grenzen.

864 Ausführlich zur Anwendung des § 28 Abs. 2 VwVfG auf staatliches Informationshandeln Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 197–199; einschränkend dagegen C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 194, der lediglich § 28 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 VwVfG für relevant hält. 865 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 233; R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln, S. 148; wohl auch Schneider, Staatliche Informationstätigkeit, S. 200. 866 Hochhuth, NVWZ 2003, 30, 31–32. 867 So Tschannen, ZSR N. F. 118 (1999), 353, 449; implizit auch C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 193; Leidinger, DÖV 1993, 925, 934; Kopp/ Ramsauer, VwVfG, § 28 Rn. 4a. 868 Siehe dazu schon oben Kap. 3 II. 3. b) bb), S. 181. 869 Brohm, DVBL 1994, 133, 136. 870 s. o. Kap. 4 IV. 2. c) cc) (1) (a), S. 314.

338

Kap. 4: Die Rechtsprobleme staatlicher Berichterstattung

Einfach-rechtlich ist insbesondere das Datenschutzrecht zu beachten, im Übrigen kennt das Fachrecht vielfältige Geheimhaltungsvorschriften. Verfassungsrechtlich schützen die Grundrechte vor insbesondere negativer Berichterstattung. Erweisen sich Berichte als unmittelbarer Grundrechtseingriff 871 oder als funktionales Äquivalent zu einem (klassischen) Grundrechtseingriff, so bedürfen sie der Rechtfertigung. Dazu muss die Berichterstattung auf einer einfach-rechtlichen Befugnisnorm beruhen und verhältnismäßig, insbesondere inhaltlich richtig und sachlich gehalten sein. In der Regel ist eine vorherige Anhörung des Betroffenen erforderlich.

871

Siehe zur Unterscheidung oben Kap. 4 Fn. 626.

Kapitel 5

Rechtsschutz und Staatshaftung Staatliche Berichterstattung kann unter vielen Gesichtspunkten Gegenstand rechtlicher Streitigkeiten sein. Somit stellt sich abschließend die Frage, ob und wie vor Gerichten bei solchen Streitigkeiten Rechtsschutz gesucht werden kann. Insbesondere für natürliche und juristische Personen des Privatrechts ist darüber hinaus relevant, ob für rechtswidrige Berichterstattung Restitution oder Kompensation im Wege der Staatshaftung erlangt werden kann. Es bietet sich an, in der Betrachtung zwischen Streitigkeiten unter staatlichen Stellen einerseits (I.) und Streitigkeiten zwischen einer staatlichen Stelle und einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts andererseits (II.) zu differenzieren.

I. Rechtsschutz unter staatlichen Stellen Im Wesentlichen kommen nur zwei Gründe in Betracht, Rechtsschutz hinsichtlich staatlicher Berichterstattung zu suchen. Es kann darum gehen, die Berichterstattung abzuwehren oder zumindest ex post für unzulässig erklären zu lassen (1.). Oder es kann das Ziel sein, die Berichterstattung einer staatlichen Stelle zu erzwingen (2.). Beide Fälle dürften in überwiegender Anzahl nur im Verfassungsprozess in Betracht kommen. Der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz ist daneben nur in Sonderkonstellationen interessant (3.). 1. Abwehr staatlicher Berichterstattung durch andere staatliche Stellen Auch staatliche Stellen können ein Interesse daran haben, Berichte anderer staatlicher Stellen abzuwehren. Das ist insbesondere denkbar, wenn solche Berichte in die Kompetenzen einer anderen staatlichen Stelle übergreifen. Dergleichen ist vorstellbar, wenn eine dem Bund zuzurechnende staatliche Stelle1 einen Bericht veröffentlicht, der kompetenzwidrig zu Angelegenheiten der Länder Stellung nimmt oder wenn ein Bericht in den geschützten Kernbereich der Justiz eingreift2. Ein anders gelagerter Fall ist der, dass eine zur Berichterstattung ver-

1 Bund und Länder müssen sich die Handlungen und Unterlassungen ihrer Organe zurechnen lassen, Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1084. 2 Vgl. dazu sowie zu weiteren Beispielen oben Kap. 4 II. 2., S. 242.

340

Kap. 5: Rechtsschutz und Staatshaftung

pflichtete staatliche Stelle die verpflichtende Berichtsgrundlage für rechtswidrig hält und daher klären möchte, dass aufgrund dessen eine Rechtspflicht nicht besteht3. In beiden Fällen ist das Mittel zur Abwehr in der Regel die Klage vor dem BVerfG. Behauptet ein Verfassungsorgan, durch staatliche Berichterstattung in seinen verfassungsrechtlichen Rechten verletzt zu sein, so kann es hiergegen mit dem Organstreitverfahren gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG vorgehen, da es sich bei Berichterstattung um eine rügefähige Maßnahme handeln kann4. Wehrt sich ein Land gegen Berichterstattung einer Stelle des Bundes, so ist der Bund-Länder-Streit gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 3 GG, §§ 13 Nr. 7, 68 ff. BVerfGG einschlägig5. Ähnliches gilt für einen Berichterstatter, der feststellen lassen will, dass eine Pflicht zur Berichterstattung nicht besteht, weil die Berichtsgrundlage gegen Verfassungsrecht verstößt6. Auch hier kommt je nach Konstellation entweder ein Organstreitverfahren oder ein Bund-Länder-Streit in Betracht. Alternativ kann, soweit die betroffene Stelle in diesem Verfahren antragsberechtigt ist7, bei Berichtsgesetzen auch eine abstrakte Normenkontrolle erhoben werden8, Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, §§ 13 Nr. 6, 76 ff. BVerfGG.

3 Vgl. zu den Grenzen normativer Verbindlichkeit von Berichtsgesetzen und Berichtsbeschlüssen sowohl hinsichtlich des Ob als auch des Wie staatlicher Berichterstattung oben Kap. 4 I., S. 196. 4 In der Judikatur des BVerfG wurde bereits häufiger ein Organstreitverfahren gegen staatliches Informationshandeln angestrengt. Ein Beispielsfall, in dem u. a. versucht wurde, Informationstätigkeit staatlicher Stellen durch ein Organstreitverfahren abzuwehren, ist BVerfG NJW 1996, 2720. Das BVerfG bewertete den Antrag hinsichtlich der Veröffentlichung der Informationen zwar für unzulässig, dies erfolgte jedoch nur deswegen, weil u. a. der Antragsteller selbst bereits im Vorhinein die angegriffenen Informationen veröffentlicht hatte, BVerfG NJW 1996, 2720, 2721. Damit fehlte hinsichtlich dieses Einzelfalls das Rechtsschutzbedürfnis, Löwer, in: HbdStR, § 70 Rn. 24. In anderen Fällen hat das BVerfG die Antwort auf mündliche Anfragen im Wege des Organstreitverfahrens überprüft, vgl. Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1032 m.w. N. Diese Grundsätze dürften auf staatliche Berichterstattung problemlos übertragbar sein. Ähnlich Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Bethge, BVerfGG-Kommentar, § 64 Rn. 30–31 allgemein zu staatlichen Informationshandlungen. 5 Vgl. Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Bethge, BVerfGG-Kommentar, § 69 Rn. 45 allgemein zu staatlichen Informationshandlungen. 6 Z. B. bei einem Berichtsbeschluss dadurch, dass dieser die Grenzen des zugrunde liegenden Informationsanspruchs überschreitet, vgl. Maiwald, Berichtspflichten, S. 206. 7 Antragsberechtigt im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle sind lediglich die Bundesregierung, Landesregierungen sowie ein Viertel der Mitglieder des Bundestages, Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Abs. 1 BVerfGG. 8 Die abstrakte Normenkontrolle einerseits und der Organstreit oder der Bund-Länder-Streit andererseits stehen selbstständig nebeneinander, Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 719.

I. Rechtsschutz unter staatlichen Stellen

341

2. Durchsetzung staatlicher Berichterstattung durch andere staatliche Stellen Umgekehrt zu der Abwehrkonstellation ist es möglich, dass eine an sich zur Berichterstattung verpflichtete staatliche Stelle – etwa weil sie die pflichtbegründende Berichtsgrundlage für rechtswidrig hält – einen Bericht pflichtwidrig nicht erbringt. Auch hier kann durch das Organstreitverfahren Abhilfe geschaffen werden. Zwar kann in diesem Verfahren nur die Auslegung des Grundgesetzes Verfahrensgegenstand sein, sodass nicht unmittelbar das Berichtsgesetz oder der Berichtsbeschluss überprüft wird9. Sowohl Berichtsgesetze als auch Berichtsbeschlüsse können aber im Einzelfall Konkretisierungen verfassungsrechtlicher Informationsansprüche sein10. Handelt es sich bei dem Berichtsgesetz oder dem Berichtsbeschluss um eine solche Konkretisierung, so wird letztlich der zugrunde liegende Informationsanspruch überprüft11. Inhalt und Reichweite des Informationsanspruchs des Bundestages ist zulässiger Gegenstand eines Organstreitverfahrens12. Dasselbe gilt für Beschlüsse des Bundesrates, auch der Bundesrat müsste dann im Wege des Organstreitverfahrens vorgehen, um eine Verletzung des Art. 53 S. 3 GG13 geltend zu machen14. Handelt es sich bei einem Berichtsbeschluss nicht um eine Konkretisierung eines Informationsanspruchs15, so ist er ohnehin nicht rechtsverbindlich, sodass eine prozessuale Durchsetzung nicht in Betracht kommt16. Berichtsgesetze dagegen sind zwar schon per Rechtsform verbindlich. Allerdings ist die Beachtung einfachen Gesetzesrechts grundsätzlich kein justiziabler Gegenstand des Organstreitverfahrens, da das streitige Rechtsverhältnis ein Verfassungsrechtsverhältnis sein muss, es also um Streit über sich unmittelbar aus der Verfassung ergebende 9

Maiwald, Berichtspflichten, S. 205–206. Siehe zum verfassungsrechtlichen Informationsanspruch des Bundestages und seiner Konkretisierung durch Gesetze einerseits oben Kap. 4 I. 1. a) bb), S. 200 und durch Beschluss andererseits oben Kap. 4 I. 1. b) aa) (2) (b), S. 211. Zum verfassungsrechtlichen Informationsanspruch des Bundesrates und seiner Konkretisierung durch Berichtsbeschlüsse s. o. Kap. 4 I. 2. b) bb) (2), S. 229. 11 Maiwald, Berichtspflichten, S. 206. 12 Maiwald, Berichtspflichten, S. 206; Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament, S. 73; Lepsius, KJ 2009, Beiheft 1, 81, 91. 13 s. o. Kap. 4 I. 1. b) bb) (2), S. 229. 14 Der Bundesrat ist als oberstes Bundesorgan im Organstreitverfahren parteifähig, Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 1002. 15 Dies dürfte zu bejahen sein bei allen Berichten, die ausschließlich oder ganz überwiegend der Information der Öffentlichkeit dienen. Beim Umweltzustandsbericht oder beim Verfassungsschutzbericht zum Beispiel erscheint die Annahme, diese seien gezielte Konkretisierung eines parlamentarischen Informationsrechts, eher fernliegend. 16 Siehe zur (fehlenden) Verbindlichkeit von allgemeinen Beschlüssen oben Kap. 4 I. 1. b) aa) (1), S. 202. 10

342

Kap. 5: Rechtsschutz und Staatshaftung

Rechte oder Pflichten handeln muss17. Eine Durchsetzung einer einfach-rechtlichen Berichtspflicht, die nicht Konkretisierung eines verfassungsrechtlichen Informationsanspruchs ist, erscheint daher mit dem Mittel des Verfassungsprozesses nur schwer erreichbar. Etwas anderes ist nur denkbar, wenn man einen allgemeinen verfassungsrechtlichen Gesetzesvollzugsanspruch des Gesetzgebers gegenüber der Exekutive annimmt18. Ein verfassungsrechtlicher Anknüpfungspunkt für einen derartigen Vollzugsanspruch kann im Prinzip der Organtreue erblickt werden19. Bejaht man die Existenz eines derartigen Gesetzesvollzugsanspruchs des Gesetzgebers, so ist dieser ebenfalls im Wege des Organstreits durchzusetzen20. Dann kann der Bundestag auch sämtliche sonstigen Berichtsgesetze mithilfe des Organstreits durchsetzen21. 3. Verwaltungsprozessuale Durchsetzung und Abwehr von Berichten durch staatliche Stellen Nicht ausgeschlossen erscheint es auch, dass eine staatliche Stelle verwaltungsprozessual vorgeht, um die Berichterstattung einer anderen staatlichen Stelle abzuwehren oder zu erzwingen. Dies dürfte aber nur in besonderen Fällen möglich sein. Ausgeschlossen sind schon sämtliche Streitigkeiten verfassungsrechtlicher Art, also solche, in denen Verfassungsorgane oder andere Träger des Verfassungslebens über die Auslegung von Verfassungsrecht streiten22, da in diesen der Verwaltungsrechtsweg bereits nicht eröffnet ist, § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO. Damit fallen sämtliche geschilderten Streitigkeiten zwischen Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung, bei denen es um die Reichweite von verfassungsrechtlichen Informationsansprüchen geht, von vornherein aus dem Verwaltungsrechtsweg heraus. Bei Berichtsgesetzen23, die dagegen keine Konkretisierung verfassungsrechtlicher Ansprüche beinhalten, dürfte es staatlichen Stellen in aller Regel schwerfallen, ein die Klagebefugnis begründendes subjektiv-öffentliches Recht auf Erstattung eines Berichts herzuleiten, sodass eine Klage spätestens an § 42 17

Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, Rn. 989. Dazu ausführlich Durner, JZ 2015, 157. 19 Zur Herleitung Durner, JZ 2015, 157, 161–162; einen alternativen Begründungsansatz bietet Möstl, AöR 142 (2017), 175, 196. Dieser führe aber zum selben Ergebnis wie der Begründungsansatz Durners, vgl. Möstl, AöR 142 (2017), 175, 197. 20 Durner, JZ 2015, 157, 163. 21 Natürlich bestehen daneben die Einfluss- und Kontrollrechte des Bundestages gegenüber der Exekutive. Da dieser Abschnitt rechtsschutzzentriert ist, bleiben diese aber hier außer Betracht. 22 Sogenannte doppelte Verfassungsunmittelbarkeit, vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, § 40 Rn. 32. 23 Berichtsbeschlüsse sind ohne Rückführung auf verfassungsrechtliche Ansprüche ohnehin unverbindlich, s. o. Kap. 4 I. 1. b) aa) (1), S. 202. 18

I. Rechtsschutz unter staatlichen Stellen

343

Abs. 2 VwGO scheitert, soweit es um die Erzwingung staatlicher Berichterstattung geht24. „Behörden haben Kompetenzen, keine Rechte“ 25. Die Abwehr staatlicher Berichterstattung könnte dagegen in Fällen denkbar sein, in denen staatliche Stellen ausnahmsweise doch durch Berichterstattung in subjektiven Rechten betroffen sind. Man kann hier zwei Konstellationen unterscheiden, für die eine solche i. S. v. § 42 Abs. 2 VwGO rechtsverletzende Berichterstattung möglich ist: Die Betroffenheit von staatlichen Stellen in Selbstverwaltungsrechten oder der Schutz von Kompetenzen durch verwaltungsgerichtliche Organstreitigkeiten. Der Grundsatz, dass staatliche Stellen sich nicht auf Grundrechte berufen können26, erfährt eine wichtige Durchbrechung im Bereich der Selbstverwaltung. Einigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften stehen anerkanntermaßen verfassungsrechtlich gewährleistete subjektive Rechtspositionen zu. Davon betroffen sind die körperschaftlich verfassten Religionsgemeinschaften 27, die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten28, die Universitäten29 und die Kommunen30. Verkürzt eine staatliche Stelle durch einen Bericht diesen Körperschaften die Möglichkeit der Ausübung ihrer grundrechtlichen Freiheit bzw. ihrer kommunalen Selbstverwaltung, so kann darin eine taugliche Rechtsverletzung liegen und Klagebefugnis i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO gegeben sein. Ein Beispiel hierfür wäre ein abwertender Bericht eines Landeswissenschaftsministeriums über eine bestimmte Universität, der deren Renommee nachhaltig schädigt und dadurch die Möglichkeiten zur Ausübung der Wissenschaft einschränkt. Ein Eingriff in die Rundfunk-

24 Es sei denn, ein Berichtsgesetz dient im Sinne der Schutznormtheorie gerade dem Schutz eines öffentlichen Trägers und soll ihm ein subjektives Recht auf Berichterstattung verleihen. Schutzgesetze für staatliche Stellen sind aber ohnehin schon selten, Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14 Rn. 96. 25 Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14 Rn. 107. 26 H. M., BVerfG NJW 1967, 1411, 1. Leitsatz; Maunz/Dürig/Herdegen, GG-Kommentar, Art. 1 Abs. 3 Rn. 51; Jarass/Pieroth, GG, Art. 19 Rn. 24; Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann, GG, Art. 19 Rn. 23; kritisch zumindest für Selbstverwaltungskörperschaften Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14 Rn. 97, der zumindest diese auch durch andere Grundrechte wie Art. 14 GG geschützt sieht. 27 Diesen steht kraft ihrer Eigenart als nicht im Staat wurzelnde Körperschaft Grundrechtsschutz zu, Maunz/Dürig/Herdegen, GG-Kommentar, Art. 1 Abs. 3 Rn. 51; Jarass/ Pieroth, GG, Art. 19 Rn. 29; Schmidt-Bleibtreu/Hofmann, GG, Art. 19 Rn. 24; Epping/ Hillgruber/Germann, BeckOK GG, Art. 4 Rn. 32–35.1; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14 Rn. 97. 28 Dies folgt aus dem ihnen durch die Rechtsordnung zugewiesenen Lebensbereich des grundrechtlich geschützten Rundfunks aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, Schmidt-Bleibtreu/Hofmann, GG, Art. 19 Rn. 24; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14 Rn. 97; Jarass/Pieroth, GG, Art. 5 Rn. 53. 29 Diese können sich auf das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG berufen, Schmidt-Bleibtreu/Odendahl, GG, Art. 5 Rn. 46; Epping/Hillgruber/ Kempen, BeckOK GG, Art. 5 Rn. 185. 30 Die Gewährleistung kommunaler Selbstverwaltung findet ihre verfassungsrechtliche Stütze in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, vgl. dazu Jarass/Pieroth, GG, Art. 28 Rn. 43.

344

Kap. 5: Rechtsschutz und Staatshaftung

freiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG würde sich aufdrängen, würde in einem Bericht empfohlen, bestimmte Rundfunkanstalten nicht mehr zu verfolgen. Von dieser Konstellation zu unterscheiden ist der Fall, dass ein Organ oder Organteil einer juristischen Person des öffentlichen Rechts Inhaber einer wehrfähigen Rechtsposition ist, die sich aus seiner einfach-rechtlichen Stellung ergibt31. Damit ist der verwaltungsprozessuale Organstreit angesprochen, bei dem ein Organ oder Organteil seine Organrechte gegen ein anderes Organ derselben juristischen Person32 verteidigt. Erforderlich zur Annahme eines solchen wehrfähigen Organrechts ist, dass die Rechte des Organs ein Balancesystem in einem möglichen Interessenkonflikt mehrerer Organe herstellen33 und sie diese Rechte zur Wahrung eigener Interessen erhalten haben34. Eine Vielzahl von wehrfähigen subjektiven Rechtspositionen ist anerkannt im Bereich kommunaler Organe35. Für den Bereich staatlicher Berichterstattung denkbar ist etwa, dass ein Organ durch Berichterstattung eine derartige Ansehensminderung eines Organteils herbeiführt, dass dieses Organteil seine Organrechte nicht mehr ausüben kann. Darin kann eine Verletzung der Organrechte liegen36. In derartigen Ausnahmekonstellationen können ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch sowie ein öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch in Form des Widerrufsanspruchs in Betracht kommen. Ist eine so beschriebene Sonderkonstellation gegeben, unterscheidet sich die Durchsetzung dieser Ansprüche prozessual nicht erheblich von der Durchsetzung durch Private, die sogleich Gegenstand der Betrachtung sein wird.

II. Rechtsschutz privater natürlicher oder juristischer Personen Suchen natürliche oder juristische Personen Rechtsschutz bezüglich staatlicher Berichterstattung, so geht es in wohl allen Fällen um die Abwehr staatlicher Berichterstattung zum Schutz subjektiver Rechte. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass auch Privatpersonen einen Anspruch auf staatliche Berichterstattung geltend machen. Dies würde jedoch voraussetzen, dass diese Privatperson ein subjektives 31

Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 80. Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 80; Wiese, Beteiligung des Staates im Verwaltungsprozess, S. 154. 33 Wiese, Beteiligung des Staates im Verwaltungsprozess, S. 154. 34 Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 80. 35 Vgl. dazu Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 652–694. 36 Zu dieser Form der Organrechtsverletzung Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten, S. 731 mit dem Beispiel, dass an die Ansehensminderung die Verweigerung der Informationsweitergabe an dieses Organteil anschließt, weil man es nicht mehr für vertrauenswürdig hält. Das Beispiel scheint auf staatliche Berichterstattung übertragbar zu sein. 32

II. Rechtsschutz privater natürlicher oder juristischer Personen

345

Recht auf Erstattung eines Berichts hat, da andernfalls eine Klage37 jedenfalls an der Klagebefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO38 scheitern würde. Ein solches subjektives Recht könnte ohnehin nur durch Gesetz begründet werden39. Dazu wäre im Sinne der Schutznormtheorie zu verlangen, dass die gesetzliche Berichtsgrundlage nicht nur dem Interesse der Allgemeinheit, sondern zumindest auch dem Individualinteresse eines bestimmbaren Kreises einzelner Betroffener zu dienen bestimmt ist und der Kläger zu diesen individualisierbaren Betroffenen gehört40. Dies dürfte in der Praxis kaum der Fall sein. Die Betrachtung konzentriert sich daher auf die rechtliche Bekämpfung staatlicher Berichterstattung. Zu unterscheiden sind hier die präventive Abwehr staatlicher Berichte (1.), die Bekämpfung ex post nach Veröffentlichung im Wege der Restitution (2.) sowie die Kompensation41 für veröffentlichte rechtswidrige Berichte (3.). 1. Die präventive Abwehr staatlicher Berichterstattung Zur Wahrung seiner subjektiven Rechte ist es für den Betroffenen die günstigste Form des Rechtsschutzes, die diese Rechte bedrohende Berichterstattung präventiv abzuwehren. Das Mittel hierzu ist der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch, der auf staatliches Informationshandeln anwendbar ist42. Seine Herleitung ist umstritten, Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Anspruchs stehen aber fest und er ist auch gewohnheitsrechtlich anerkannt43. 37 Da es sich bei Berichterstattung um Informationshandeln und damit um schlichthoheitliches Verwaltungshandeln handelt, wäre ein solches Begehren im Wege der Leistungsklage zu verfolgen. 38 Das Erfordernis der Klagebefugnis gem. § 42 Abs. 2 VwGO gilt nach heute wohl nahezu einhelliger Auffassung bei Leistungsklagen analog, Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 17 Rn. 8; Eyermann/Happ, VwGO, § 42 Rn. 80; Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 62 m.w. N. auch zur früher vereinzelt vertretenen Gegenauffassung. 39 Zwar ist, etwa unter dem Gesichtspunkt grundrechtlicher Schutzpflichten, nicht auszuschließen, dass eine staatliche Stelle zur Information der Öffentlichkeit verpflichtet ist, ähnlich Schoch, NJW 2012, 2844, 2850; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 185. In diesen Fällen dürfte es aber jedenfalls keine einklagbare Pflicht geben, dies gerade mit dem Informationstypus des Berichts zu tun. 40 Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 78; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 14 Rn. 71– 73; Schoch, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 50 Rn. 135, 142; ausführlich Posser/ Wolff/Schmidt-Kötters, BeckOK VwGO, § 42 Rn. 151–164. 41 Zur Differenzierung von Restitution und Kompensation Sauer, JuS 2012, 800–801. 42 Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 290; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 357–358. 43 Durner, JuS 2005, 900; Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 18– 19; ähnlich auch Papesch, Staatliche Informationstätigkeit, S. 142; ausführlich zur Herleitung dieses sowie des verwandten Folgenbeseitigungsanspruchs Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 360–366; Enders, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 53 Rn. 35–36.

346

Kap. 5: Rechtsschutz und Staatshaftung

Der Tatbestand des öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs setzt einen hoheitlichen rechtswidrigen Eingriff in ein subjektiv-öffentliches Recht voraus, welcher unmittelbar bevorsteht oder noch andauert44. Staatliche Berichterstattung kann ein rechtswidriger Eingriff in subjektive Rechte, vor allem Grundrechte sein45. Der „neuralgische Punkt des Tatbestands des Unterlassungsanspruchs ist die Begehungsgefahr“ 46, also das unmittelbare Bevorstehen oder Andauern dieses Eingriffs. Letztlich kann hier nur eine Bewertung des Einzelfalls erfolgen47. Um von einem unmittelbar bevorstehenden Eingriff auszugehen, bedarf es einer gewissen Wahrscheinlichkeit des Eingriffs, was objektiv bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage zu ermitteln ist48. Es bieten sich gewisse Anlehnungen an den Maßstab des polizeirechtlichen Gefahrbegriffs an49. Inhaltlich erstreckt sich der Unterlassungsanspruch auf sämtliche rechtswidrig getroffenen Informationshandlungen, unabhängig davon, ob es sich um Tatsachen oder Wertungen handelt oder ob mitgeteilte Tatsachen wahr oder falsch sind50. Der Unterlassungsanspruch ist prozessual vor den Verwaltungsgerichten durchzusetzen51. In der hier zunächst besprochenen präventiven Form erfolgt dies durch die vorbeugende Unterlassungsklage als Unterform der allgemeinen Leistungsklage52. Für diese ist aufgrund der an sich auf repressiven Rechtsschutz ausgerichteten Konzeption der VwGO ein besonders qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis erforderlich53. Ein solches liegt vor, wenn es für den Kläger nicht zu44

C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 33. s. o. Kap. 4 IV. 2. c), S. 299. In aller Regel wird es sich bei derartig betroffenen subjektiven Rechten um Grundrechte handeln, möglich ist aber auch, dass die Unterlassung einer Beeinträchtigung eines einfach-rechtlichen subjektiv-öffentlichen Rechts begehrt wird, vgl. Ossenbühl/ Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 374–375; Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 39. 46 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 81. 47 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 81; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 290. 48 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 249; ähnlich Enders, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 53 Rn. 25 „konkrete Anhaltspunkte“. 49 Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 85; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 290. 50 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 248; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 373. 51 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 102; Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 87. 52 Kopp/Schenke, VwGO, Vorb § 40 Rn. 8a; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 16 Rn. 1; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 249–250; Faber, Schutz vor herabsetzenden Äußerungen des Staates, S. 251. 53 Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 86; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 290; Ossenbühl, Umwelt45

II. Rechtsschutz privater natürlicher oder juristischer Personen

347

mutbar ist, auf den nachgängigen Rechtsschutz verwiesen zu werden, etwa weil gravierende Eingriffe drohen oder irreversible Tatsachen geschaffen werden54. Da die Veröffentlichung negativer Information regelmäßig in ihrer Wirkung nicht oder nicht vollständig beseitigt werden kann, ist dies bei staatlichem Informationshandeln und also auch bei staatlicher Berichterstattung in der Regel der Fall55. Gegebenenfalls kann es notwendig sein, den vorbeugenden Rechtsschutz mit dem vorläufigen Rechtsschutz gem. § 123 VwGO56 zu kombinieren57. Auch wenn bereits die Veröffentlichung eines Berichts erfolgt ist, kann ein Unterlassungsanspruch in der Form geltend gemacht werden, dass die weitere Verbreitung des Berichts in der Zukunft unterlassen werden soll. Damit wird die Wiederholung der belastenden Informationshandlung zumindest für die Zukunft ausgeschlossen, weshalb man auch dann von einer präventiven Abwehr (weiterer) Berichterstattung sprechen kann58. Im Vergleich zur Abwehr noch vor erstmaliger Berichterstattung besteht in der Regel kein Problem, eine Begehungsgefahr zu belegen, da die Erstbegehung durch die erstmalige Veröffentlichung des Berichts eine Wiederholungsgefahr indiziert59. Dies beruht auf der allgemeinen Lebenserfahrung, dass staatliche Stellen durch die Wiederholung und gezielte Weiterverbreitung ihrer Informationshandlungen bestrebt sind, deren Wirkung zu verstärken60.

pflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 96; Eyermann/Rennert, VwGO, Vor §§ 40–53 Rn. 25; für Realakte a. A. Kopp/Schenke, VwGO, Vorb. § 40 Rn. 33–35. 54 Eyermann/Rennert, VwGO, Vor §§ 40–53 Rn. 25; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 290; Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 86; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 255–256. 55 Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 290. 56 Dieser ist im Gegensatz zu § 80 Abs. 5 VwGO einschlägig, da die Veröffentlichung von Informationen keinen VA darstellt, s. o. Kap. 3. I. 3. b), S. 144 und Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 256. 57 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 102. 58 Vor diesem Hintergrund erklärt sich, warum gelegentlich auch der Unterlassungsanspruch der Restitution zugeordnet wird: Das weitere Unterlassen der belastenden Maßnahme dient insoweit auch der Wiederherstellung des Ursprungszustands, vgl. Enders, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 53 Rn. 37. 59 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 249; Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 81–82; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 290; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 367; Enders, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 53 Rn. 25. 60 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 82; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 249.

348

Kap. 5: Rechtsschutz und Staatshaftung

2. Die Restitution nach Veröffentlichung eines Berichts Ist die Berichterstattung bereits erfolgt, so kann der Betroffene neben der Unterlassung für die Zukunft61 Restitution, also die Beseitigung der Störung durch Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands62, begehren. Restitution kann durch den öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch erfolgen, der voraussetzt, dass ein hoheitlicher Eingriff in ein subjektives Recht vorliegt und noch andauernde, rechtswidrige und unmittelbare Folgen existieren, deren Beseitigung möglich und zumutbar ist63. Dieser Anspruch konkretisiert sich im Bereich staatlichen Informationshandelns als öffentlich-rechtlicher Widerrufsanspruch64. Der Anspruchsinhalt des Folgenbeseitigungsanspruchs ist auf reale Wiederherstellung des Status quo ante gerichtet65. Daraus folgen in der Konstellation des Widerrufsanspruchs Probleme für den Anspruchsinhalt. Anerkannt ist, dass die Behauptung falscher Tatsachen öffentlich widerrufen werden kann66. Umstritten ist dies dagegen hinsichtlich rechtswidriger, aber wahrer Tatsachenveröffentlichungen sowie hinsichtlich von Wertungen67. Bezüglich wahrer Tatsachen wird dies damit begründet, ein Widerruf beinhalte implizit immer das Eingeständnis, etwas Unwahres behauptet zu haben. Würde man daher den Widerruf rechtswidriger, aber inhaltlich wahrer Tatsachenbehauptungen zulassen, konstruiere man eine rechtliche Pflicht, eine unwahre Tatsachenbehauptung aufzustellen68. Wer61 Nach Sauer, JuS 2012, 800, 801 ist der Unterlassungsanspruch grundsätzlich zwar dem Bereich der Restitution zuzuordnen, genau genommen sei er aber „eher ein Präventionsanspruch“. 62 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 245–246; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 367, Sauer, JuS 2012, 800–801. 63 Durner, JuS 2005, 900; Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 37 sowie ausführlich zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen Rn. 41–65. 64 Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 67; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 372; vgl. zur Abgrenzung dieses Widerrufsanspruchs zum Unterlassungsanspruch Enders, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 53 Rn. 28. 65 Durner, JuS 2005, 900; Sauer, JuS 2012, 800, 801; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 368; Enders, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 53 Rn. 39; Papesch, Staatliche Informationstätigkeit, S. 144–145; Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 79; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 246–247. 66 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 247; Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 80; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 372; Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 70. 67 Die h. M. lehnt dies ab: BVerwG NJW 1984, 2591; OVG Münster NVWZ 2012, 767, 769; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 247; Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 80; Tremml/Karger/Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 419; wohl auch Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 372; Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 70 und Zott, Aktive Informationen des Staates, S. 218 hinsichtlich des Ausschlusses von Wertungen. 68 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 80; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 247.

II. Rechtsschutz privater natürlicher oder juristischer Personen

349

tungen seien nicht widerrufsfähig, weil sie sich nicht an den Kriterien von wahr oder unwahr messen lassen können69 und zudem niemand gezwungen werden könne, eine einmal vorgenommene Wertung zu widerrufen70. Betrachtet man zunächst wahre Tatsachenbehauptungen, so ist selbstverständlich, dass ein Widerruf hier nicht dergestalt aussehen kann, dass eine wahre Tatsache im Rahmen des Widerrufs letztlich als unwahr bezeichnet wird. Der Schluss, diese Behauptung liege implizit in jedem Widerruf, verhaftet aber zu sehr am Begriff. Man könnte überlegen, ob es nicht möglich wäre, einen Anspruch dergestalt zuzulassen, dass die berichterstattende staatliche Stelle immerhin bekannt macht, dass sie die Information nicht hätte veröffentlichen dürfen. Dagegen spricht aber, dass es beim Folgenbeseitigungsanspruch darum geht, die Wirkungen des eingreifenden staatlichen Handelns zu beseitigen. Man muss aber bezweifeln, dass eine solche Information hinsichtlich von Tatsachenbehauptungen, die auch im Rahmen der Folgenbeseitigung nicht als unwahr dargestellt werden können, durch eine solche Mitteilung beseitigt werden könnte. Die Öffentlichkeit hat Kenntnis dieser Tatsachen und wird sie dennoch aufgrund ihres Wahrheitsgehalts in ihr Verhalten einbeziehen. Dass die staatliche Stelle nicht berechtigt gewesen wäre, sie überhaupt mitzuteilen, dürfte daran nichts ändern. Insofern liegt eine Vergleichbarkeit mit der Veröffentlichung eines Betriebsgeheimnisses vor: Die Folgen der Veröffentlichung können nicht beseitigt werden, das Geheimnis ist keines mehr71. Aufgrund der faktischen Unmöglichkeit der Folgenbeseitigung kommt daher eine Restitution hinsichtlich wahrer Tatsachenbehauptungen tatsächlich nicht in Betracht. Rechtswidrig abgegebene Wertungen kann man dagegen differenziert betrachten. Zwar ist zutreffend, dass Wertungen nicht mit den Kriterien wahr/unwahr erfasst werden können. Auch hier kann man aber erwägen, ob neben dem Widerruf in Form der Verlautbarung, die vormalige Veröffentlichung sei inhaltlich falsch, nicht andere Möglichkeiten des Widerrufs bestehen. Anders als bei wahren Tatsachenbehauptungen besteht nämlich für Wertungen die Möglichkeit, ihre

69 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 247; Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 80; Enders, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 53 Rn. 80, der dieses Problem allerdings dadurch relativiert sieht, dass hoheitliche Äußerungen nur funktionsbezogen zu rechtfertigen seien und personenbezogene herabsetzende Äußerungen dem Staat ohnehin nicht zurechenbar seien. Zurechenbare staatliche Wertungen dagegen hätten immer eine Tatsachenbasis, die man entsprechend überprüfen könne. 70 Das BVerwG scheint diesen dem Zivilrecht entstammenden Grundsatz auch auf staatliche Stellen anwenden zu wollen, in diese Richtung deutet zumindest BVerwG NVWZ 2010, 186, 187; so auch OVG Münster NVWZ 2012, 767, 769. 71 Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 285.

350

Kap. 5: Rechtsschutz und Staatshaftung

Folgen zumindest abzuschwächen72. Die belastende Wirkung einer Wertung liegt häufig darin, dass die Öffentlichkeit sich die (zumeist) negative Wertung einer staatlichen Stelle zu Eigen macht. Macht dieselbe staatliche Stelle jedoch bekannt, dass sie an ihrer Wertung nicht mehr festhält und zu einer Neu-Bewertung gekommen ist, so entzieht sie selbst der ursprünglichen Veröffentlichung die staatliche Autorität, welcher diese ihre Wirkung verdankt. Eine solche Form des Wertungs-Widerrufs ist in der Regel möglich und zumutbar73. Insbesondere kann sich eine staatliche Stelle nicht darauf berufen, ein Widerruf einer Wertung sei aufgrund der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG unzumutbar74. Damit ist auch das Argument, niemand könne zum Widerruf einer Wertung gezwungen werden, für staatliche Stellen widerlegt, einem solchen Zwang steht bei staatlichen Stellen die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht entgegen75. Diese Art des Widerrufs ist keine Form des Schadensersatzes, denn hierdurch wird nur die Wirkung der ursprünglichen Veröffentlichung reduziert und die Störung beseitigt, also sich eben dem status quo ante soweit möglich angenähert76. Daher kann auch ein Widerruf von Wertungen in Betracht kommen77. Prozessual gilt für den Widerrufsanspruch dasselbe wie für den Unterlassungsanspruch: Er ist vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen, statthafte Klageart ist auch hier die allgemeine Leistungsklage78. Der Widerruf muss in der Form erfolgen, in der auch die eingreifende Information veröffentlicht wurde79.

72 So auch Faber, Schutz vor herabsetzenden Äußerungen des Staates, S. 202; Faber, NVWZ 2003, 159, 163; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 286. 73 Faber, NVWZ 2003, 159, 163; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 286. 74 Faber, Schutz vor herabsetzenden Äußerungen des Staates, S. 201; Faber, NVWZ 2003, 159, 163, die zu Recht darauf hinweist, dass hier ein Unterschied zu den parallelen zivilrechtlichen Widerrufsansprüchen besteht. Ähnlich auch Papesch, Staatliche Informationstätigkeit, S. 146. 75 Ähnlich auch Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1227 Fn. 56; für den Widerruf zumindest rechtlicher Wertungen offen wohl auch Fehling/Monsees, ZJS 2015, 613, 615. 76 Faber, NVWZ 2003, 159, 162. 77 So auch Faber, NVWZ 2003, 159, 162–163; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 286; Papesch, Staatliche Informationstätigkeit, S. 147–148; Martini/Kühl, JURA 2014, 1221, 1227 Fn. 56; Fehling/Monsees, ZJS 2015, 613, 615 für einen Widerruf hinsichtlich einer juristischen Bewertung. 78 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 248; Papesch, Staatliche Informationstätigkeit, S. 149; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 399–400. 79 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 247; Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 79–80. Dies ergibt sich daraus, dass der Widerruf hier eine Negation der ursprünglichen Äußerung im Sinne eines actus contrarius darstellt. Vgl. zu diesem actus-contrarius-Gedanken Enders, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 53 Rn. 69–70.

II. Rechtsschutz privater natürlicher oder juristischer Personen

351

3. Die Kompensation für veröffentlichte Berichterstattung Schließlich kann für den von Berichterstattung Betroffenen noch Kompensation in Betracht kommen. Anders als die Restitution, die auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands gerichtet ist, leistet Kompensation einen Ausgleich für erlittene Schäden in Geld80. Kompensationsansprüche können daher neben Restitutionsansprüchen zur Anwendung kommen81, da der Betroffene durch solche die bereits erlittenen Schäden nicht auszugleichen, sondern nur die „Quelle der Rechtsgutsverletzung zu stopfen“ 82 vermag. Als Kompensationsanspruch kommt vor allem der Amtshaftungsanspruch in Betracht (a). Daneben ist auch an die Kompensationsansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff sowie enteignendem Eingriff und Aufopferung zu denken (b). a) Der Amtshaftungsanspruch Der Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V. m. Art. 34 S. 1 GG ist die wichtigste Haftungsnorm im Bereich der Kompensation und hat auch für staatliches Informationshandeln eine hohe Bedeutung83. Tatbestandlich setzt der Amtshaftungsanspruch zunächst das Handeln eines Beamtem im haftungsrechtlichen Sinn voraus, der in Ausübung eines öffentlichen Amts tätig wird84. Für die hier interessierende staatliche Berichterstattung ist dies in der Regel ohne weiteres zu bejahen: Sie erfolgt in Ausübung öffentlich-rechtlicher Aufgaben, da sie erkennbar kommunikativer Akt einer staatlichen Stelle und nicht Ausdruck einer persönlichen Auffassung ist. Sachlicher Zusammenhang und Zielsetzung sowie bei Vorhandensein die Berichtsgrundlage in Form von Gesetz oder Beschluss sprechen eindeutig für einen öffentlich-rechtlichen Charakter85. 80

Sauer, JuS 2012, 800, 801. Nach Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 397 stehen etwa Amtshaftungsund Folgenbeseitigungsanspruch nebeneinander. 82 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 82. 83 Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 168 bezeichnet den Amtshaftungsanspruch als „zentrales Rechtsinstitut des deutschen Staatshaftungsrechts“. Seine Bedeutung für das staatliche Informationshandeln wird dadurch deutlich, dass in Abhandlungen zum staatlichen Informationshandeln im Bereich der Staatshaftung der Amtshaftungsanspruch oft den meisten Raum erhält, vgl. Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 250–253; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 34–37. 84 Durner, JuS 2005, 793, 794; Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 101, 110. 85 Zu diesen Kriterien Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 170–171. Insgesamt zur Abgrenzung von staatlichen und privaten Äußerungen bereits oben Kap. 4 III. 2. a), S. 257. 81

352

Kap. 5: Rechtsschutz und Staatshaftung

Diese Amtsausübung muss eine Amtspflicht verletzt haben. Die wichtigste Amtspflicht ist die Pflicht zu recht- und gesetzmäßigem Verhalten, die sich aus Art. 20 Abs. 3 GG ergibt86. Über diesen Anknüpfungspunkt lassen sich für das staatliche Informationshandeln eine Vielzahl von Amtspflichten konkretisieren87, die zum Großteil den verfassungsrechtlichen Grenzen staatlicher Berichterstattung hinsichtlich der Behandlung Privater88 entsprechen. Es besteht eine Amtspflicht, nicht gerechtfertigte Grundrechtseingriffe zu unterlassen89, was implizit einschließt, dass solche Berichterstattung den Geboten der Verhältnismäßigkeit, Sachlichkeit und Richtigkeit zu entsprechen hat, innerhalb der Zuständigkeitsgrenzen erfolgen muss und vor Veröffentlichung eine Anhörung zu erfolgen hat90. Für staatliche Berichterstattung von Relevanz dürfte auch die Amtspflicht zur ordnungsgemäßen Sachverhaltsermittlung sein91, um für staatliches Informationshandeln eine zutreffende Tatsachengrundlage zu schaffen. Weitere spezifische Amtspflichten können sich aus der Berichtsgrundlage ergeben, soweit es sich um ein Berichtsgesetz handelt und es Vorgaben hinsichtlich des zu erstattenden Berichts macht. Die notwendige Drittbezogenheit dieser Amtspflichten ergibt sich, soweit Grundrechtseingriffe im Raum stehen, schon aus dem Charakter der Grundrechte als absolut-subjektive Rechte92. Im Rahmen staatlichen Informationshandelns besteht daher in der Regel keine große Schwierigkeit, Drittschutz zumindest für die im Bericht behandelten natürlichen oder juristischen Personen zu begründen93. Verstößt dagegen ein Berichterstatter gegen eine Amtspflicht, die sich nur aus 86 Durner, JuS 2005, 793, 795; Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 116; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 46–47; Morlok, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 54 Rn. 45. 87 Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 184. 88 s. o. Kap. 4 IV. 2. c), S. 299. 89 Morlok, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 54 Rn. 64: „Diese Rechtspflicht [. . .] begründet für jeden Amtswalter die Amtspflicht, sich grundrechtsgemäß zu verhalten (Hervorhebung im Original)“. 90 So auch die Konturierung bei Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 251; Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 83; ausführliche Erläuterung der einzelnen Gesichtspunkte als Amtspflicht bei Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 192–196, 200–219. 91 Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff, VwVfG, § 24 Rn. 61. Speziell für staatliches Informationshandeln auch implizit OLG Stuttgart NJW 1990, 2690, 2691 (Birkel-Nudeln): Dort wird eine Amtpflichtverletzung abgelehnt, weil die Behörde den Sachverhalt ordnungsgemäß ermittelt habe, was voraussetzt, dass eine Pflicht zur Sachverhaltsermittlung besteht. 92 Durner, JuS 2005, 793, 795: „Verletzung seiner subjektiven Rechte“; Papesch, Staatliche Informationstätigkeit, S. 161; Morlok, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 54 Rn. 62, 64. 93 Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 234–235.

II. Rechtsschutz privater natürlicher oder juristischer Personen

353

der Berichtsgrundlage ergibt, ohne dass dieser Verstoß einen Grundrechtseingriff darstellt, so ist das Berichtsgesetz durch Auslegung daraufhin zu untersuchen, ob die dort konstituierten Amtspflichten nur zum Schutz der Allgemeinheit, oder gerade auch zum Schutz von Dritten bestehen und der Anspruchsteller zum geschützten Personenkreis gehört94. Während auch dies hinsichtlich im Bericht behandelter Privater gut möglich ist, erscheint die Annahme drittschützender Amtspflichten gegenüber den Adressaten staatlicher Berichte als schwierig: Die hier behandelten Berichte adressieren die Öffentlichkeit, mit anderen Worten die Allgemeinheit, sodass es schwer fällt, einen abgrenzbaren Personenkreis zu identifizieren, dessen Schutz der Bericht über die Allgemeinheit hinaus bezwecken soll95. Eine Drittbezogenheit von Berichtspflichten gegenüber den Adressaten lässt sich wenn überhaupt nur konstruieren, wenn man eine Berichtspflicht als Konkretisierung grundrechtlicher Schutzpflichten ansieht und so subjektiv-öffentliche Rechte in die Auslegung einbezieht96. Eine solche Determination dürfte eher im Bereich der Abwehr akuter Gefahrensituationen denkbar sein97, für die im Regelfall langfristig agierende Berichterstattung sollten solche Fälle kaum relevant sein. Aus dieser Amtspflichtverletzung muss adäquat kausal98 ein Schaden bei der betroffenen Person erwachsen sein. Zur Beurteilung dessen ist zu fragen, welchen Verlauf die Ereignisse bei amtspflichtmäßigem Verhalten des Amtswalters genommen hätten und welche Auswirkungen dies auf das Vermögen des Betroffenen gehabt hätte99. Hinsichtlich Ermessensentscheidungen ist zu differenzieren, ob bei amtspflichtmäßigem Verhalten eine andere Ermessensentscheidung hätte getroffen werden müssen und dann der Schaden nicht oder nicht in dieser Höhe entstanden wäre100. Ein Indiz für einen kausal verursachten Schaden ist etwa ein

94 Durner, JuS 2005, 793, 795; zur Anwendung dieser Kriterien Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 60–62; Morlok, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 54 Rn. 62. 95 Der Schutz der Allgemeinheit für sich genügt nicht, es bedarf darüber hinaus eines gesondert geschützten Personenkreises, vgl. Morlok, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 54 Rn. 60; speziell zu diesem Problem im Bereich staatlichen Informationshandelns Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 236. 96 Zu dieser Form grundrechtlicher Determination ausführlich Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 237–240; ebenfalls eine stärkere Einbeziehung grundrechtlicher Schutzimplikationen fordert Morlok, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 54 Rn. 62–66. 97 Die von Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 238 benannten Beispielsnormen haben alle einen derartigen Hintergrund. 98 Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 155; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 73; Tremml/Karger/Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 168. 99 Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 155; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 252. 100 Durner, JuS 2005, 793, 796; Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 156; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 243; Tremml/Karger/Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 170.

354

Kap. 5: Rechtsschutz und Staatshaftung

Umsatzrückgang in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit einer staatlichen Informationsmaßnahme101. Wird durch einen Bericht eine bestimmte belastende Information erstmalig veröffentlicht, so bestehen hinsichtlich der Kausalität keine Zweifel102. Dies gilt auch bei Überreaktionen in Medien und Bevölkerung, denn auch für diese Überreaktion ist das erstmalige Veröffentlichen der Information durch eine staatliche Stelle conditio sine qua non103. Die Bewertung ist schwieriger, wenn eine Information bereits vorher bekannt war und die staatliche Stelle sie nur aufgreift und wiedergibt. Durch die Aufnahme in einen staatlichen Bericht wird die Information aber gleichermaßen mit staatlicher Autorität versehen, sodass in der Regel jedenfalls der Umfang104 des Schadens durch die staatliche Maßnahme kausal erhöht wurde105. Als deliktsrechtliche Vorschrift verlangt der Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 Abs. 1 S. 1 BGB ein Verschulden des Amtswalters, also Vorsatz oder Fahrlässigkeit106. Zwar sind an der Erstellung und Verbreitung staatlicher Berichte in der Regel eine Vielzahl von Amtswaltern beteiligt, es ist jedoch nicht erforderlich, einen konkreten verantwortlichen Amtswalter zu ermitteln: Die Rechtsprechung hat die Beurteilung des Verschuldens zunehmend „entindividualisiert“ 107 und stellt auf den objektiv-abstrakten Maßstab eines mit den erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnissen ausgestatteten Durchschnittsbeamten ab108. Zum Nachweis genügt damit, dass die erforderliche Sorgfalt von der staatlichen Stelle insgesamt nicht erbracht wurde109, ein häufiger Topos in diesem Zusammenhang ist das Organisationsverschulden110. Allgemein wird man im Bereich des aktiven

101 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 85; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 244. 102 Papesch, Staatliche Informationstätigkeit, S. 163; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 243–244. 103 Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 244. 104 Zur Ermittlung der Schadenshöhe Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 246–251. 105 Ausführlich Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 244–246; Papesch, Staatliche Informationstätigkeit, S. 163–164. 106 Durner, JuS 2005, 793, 796. 107 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 86; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 252; Tremml/Karger/Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 153. 108 Tremml/Karger/Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 153–154; Baldus/Grzeszick/ Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 161; Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 252. 109 Engel, Staatliche Informationstätigkeit, S. 252; Tremml/Karger/Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 154. 110 Durner, JuS 2005, 793, 796; Tremml/Karger/Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 154; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 256.

II. Rechtsschutz privater natürlicher oder juristischer Personen

355

staatlichen Informationshandelns und insoweit auch bei staatlicher Berichterstattung hohe Sorgfaltsanforderungen stellen müssen111. Schließlich darf der Amtshaftungsanspruch nicht ausgeschlossen sein. Von besonderer Bedeutung für staatliche Berichterstattung ist der Ausschlussgrund des § 839 Abs. 3 BGB, nach dem der Ersatzanspruch nicht eintritt, wenn der Geschädigte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch ein Rechtsmittel abzuwehren. Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB sind alle in Betracht kommenden Rechtsbehelfe im weitesten Sinne112. Bezüglich staatlicher Berichterstattung wird man jedenfalls verlangen müssen, dass der Geschädigte (auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes) Unterlassung und Widerruf im beschriebenen Umfang113 vor Gericht zu erlangen versucht114. Dies gilt nicht, wenn es dem Geschädigten unmöglich war, Rechtsbehelfe einzulegen, weil er von der Veröffentlichungsabsicht der staatlichen Stelle keine Kenntnis hatte und auch nicht haben musste, etwa bei unterbliebener Anhörung115. Der Amtshaftungsanspruch ist vor den Zivilgerichten, Art. 34 S. 3 GG, und dort vor dem Landgericht geltend zu machen, § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG116. Der Anspruch ist auf Geldersatz117 in Höhe des negativen Interesses gerichtet118. b) Weitere Kompensationsansprüche des Staatshaftungsrechts Neben dem Amtshaftungsanspruch sind noch Ansprüche aus enteignendem und enteignungsgleichem Eingriff sowie Aufopferung denkbar. Der enteignende und der enteignungsgleiche Eingriff stützen sich (nach Ablösung der Institute von Art. 14 GG) als richterrechtliche Fortbildung auf den Aufopferungsgedanken der §§ 74, 75 der Einleitung zum Preußischen Allgemeinen 111 C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 36; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 257. 112 Tremml/Karger/Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 213; Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 195; kritisch gegen diese weite Handhabung Ossenbühl/ Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 96. 113 s. o. Kap. 5 II. 1., S. 345 und Kap. 5 II. 2., S. 348. 114 C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 36–37; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 269. 115 Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 269. 116 Durner, JuS 2005, 793, 797; Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 221; umfassend zur Zulässigkeit einer Amtshaftungsklage siehe Tremml/Karger/ Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 521–554. 117 Dies ergibt sich konstruktionsbedingt aus der Struktur der über Art. 34 GG auf den Staat übergeleiteten Haftung des Beamten, vgl. Durner, JuS 2005, 793, 797; Sauer, JuS 2012, 695, 696 sowie speziell für staatliches Informationshandeln Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 272–273. 118 Tremml/Karger/Luber, Amtshaftungsprozess, Rn. 256; C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen, S. 37.

356

Kap. 5: Rechtsschutz und Staatshaftung

Landrecht und sind mittlerweile gewohnheitsrechtlich anerkannt119. Übereinstimmend verlangen beide Ansprüche, dass durch hoheitliches Handeln eine Beeinträchtigung des durch Art. 14 GG geschützten Eigentums unmittelbar herbeigeführt und dem Eigentümer dadurch ein Sonderopfer auferlegt wird120. Der Unterschied zwischen beiden Ansprüchen besteht darin, dass beim enteignungsgleichen Eingriff das hoheitliche Handeln rechtswidrig gewesen sein muss, während es beim enteignenden Eingriff um rechtmäßiges Handeln geht121. Beim enteignungsgleichen Eingriff wird das Vorliegen eines Sonderopfers durch die Rechtswidrigkeit indiziert, beim enteignenden Eingriff muss es sich um eine unvorhergesehene Nebenfolge des rechtmäßigen Hoheitshandelns handeln, die den Betroffenen in einer solchen Schwere betrifft, dass er über die Schwelle des Zumutbaren hinaus belastet wird122. Beide Ansprüche sind nicht auf Schadensersatz, sondern auf Entschädigung gerichtet und können durch Mitverschulden entsprechend § 254 BGB ausgeschlossen sein123. Für das staatliche Informationshandeln kommt den Ansprüchen ohnehin nur Bedeutung zu, soweit Eingriffe in das Eigentum im Raum stehen. Das kann hinsichtlich des enteignungsgleichen Eingriffs der Fall sein, wenn durch staatliche Berichterstattung rechtswidrig eigentumsrechtliche Positionen, z. B. exklusive Nutzungsmöglichkeiten von Immaterialgüterrechten oder Betriebsgeheimnissen124, verloren gehen125. Das Kriterium der Unmittelbarkeit ist wertend zu betrachten, insbesondere bei finalen Eingriffen ist regelmäßig Unmittelbarkeit anzunehmen, obwohl mit den Reaktionen der Öffentlichkeit notwendige Zwischenschritte existieren können126. Mithilfe der Indikation des Sonderopfers durch die Rechtswidrigkeit wird man auch ein Sonderopfer zumeist bejahen können127. 119 Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 440, 443, 470; ausführlich zur Begründung des enteignungsgleichen Eingriffs Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 259–273 und zum enteignenden Eingriff Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 325–337. 120 Durner, JuS 2005, 900, 901. 121 Durner, JuS 2005, 900, 902; Sauer, JuS 2012, 800, 803. 122 Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 452, 476; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 311, 344; Papesch, Staatliche Informationstätigkeit, S. 165; Sauer, JuS 2012, 800, 803. 123 Durner, JuS 2005, 900, 902; Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 456, 462, 480–481. 124 Die Zuordnung von Betriebsgeheimnissen zum Schutzbereich des Art. 14 GG ist umstritten, vgl. Epping/Hillgruber/Axer, BeckOK GG, Art. 14 Rn. 50 m.w. N. 125 Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 276. 126 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 90–91; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 276–277. 127 Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 277; zurecht weist allerdings Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 91–92 darauf hin, dass dies im Einzelfall trotz der Rechts-

II. Rechtsschutz privater natürlicher oder juristischer Personen

357

Problematisch ist dies dagegen beim enteignenden Eingriff, bei dem ein Sonderopfer explizit begründet werden muss: Im Rahmen einer eingreifenden aber rechtmäßigen Informationsmaßnahme handelt es sich in aller Regel nicht um unvorhergesehene oder atypische Nebenfolgen, sondern um jedenfalls in Kauf genommene Nachteile, die aufgrund einer Abwägung als tragbar angesehen wurden128. Von daher wird der enteignende Eingriff nur in sehr unwahrscheinlichen Konstellationen denkbar sein129. Weitere Einschränkungen erfahren beide Ansprüche im Bereich staatlichen Informationshandelns durch das Mitverschulden entsprechend § 254 BGB. Es wird verlangt, dass Betroffene zuvor versucht haben, Rechtsmittel einzulegen130. Hier gilt dasselbe wie zum Amtshaftungsanspruch: Betroffene müssen, soweit dies möglich und zumutbar war, zuvor versucht haben, Unterlassung und ggfs. Widerruf (auch im einstweiligen Rechtsschutz) gerichtlich durchzusetzen131. Für Ansprüche aus enteignungsgleichem und enteignendem Eingriff sind nach § 40 Abs. 2 S. 1 1. Alt. VwGO die Zivilgerichte zuständig132. Zuletzt kann noch an eine Entschädigung durch den allgemeinen Aufopferungsanspruch gedacht werden. Der allgemeine Aufopferungsanspruch wird ebenso wie der enteignungsgleiche und der enteignende Eingriff in einer Mischung gewohnheits- und richterrechtlicher Rechtsfortbildung aus den §§ 74, 75 der Einleitung zum Preußischen Allgemeinen Landrecht abgeleitet133. Er ist gerichtet auf den Ausgleich von Sonderopfern, die dem Einzelnen durch hoheitliches Handeln unmittelbar in immateriellen Rechtsgütern wie Leben, Gesundheit und Freiheit zum Wohle der Allgemeinheit zugefügt werden134. Nach überwidrigkeit abzulehnen sein kann, etwa wenn eine Information eine ganze Branche betrifft. 128 Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 277–278. 129 Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 278 konstruiert den Fall, dass eine geschützte Position für ein Unternehmen existenzielle Bedeutung hat, dies aber für die Behörde unvorhersehbar sein musste und eine Anhörung rechtmäßiger Weise unterbleiben durfte; Papesch, Staatliche Informationstätigkeit, S. 166 scheint einen Anspruch aus enteignendem Eingriff sogar für ausgeschlossen zu halten. 130 Durner, JuS 2005, 900, 902; Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 93. 131 Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, S. 93. 132 Kopp/Schenke, VwGO, § 40 Rn. 61; Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 467, 493; kritisch zur Begründung, aber im Ergebnis ebenfalls diese Zuordnung befürwortend Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 324, 349–350. 133 Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 329; Durner, JuS 2005, 900, 903; Osterloh, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 55 Rn. 49. 134 Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 328; Durner, JuS 2005, 900, 903; Osterloh, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 55 Rn. 49.

358

Kap. 5: Rechtsschutz und Staatshaftung

wiegender Auffassung insbesondere der Rechtsprechung stellen Eingriffe in Wettbewerbs- oder Erwerbsschutz aus Art. 12 GG kein taugliches Rechtsgut des Aufopferungsanspruchs dar135. Abgesehen vom beeinträchtigten Rechtsgut ergeben sich tatbestandlich ansonsten nur wenige Unterschiede zum enteignungsgleichen und zum enteignenden Eingriff136. Die Rechtswidrigkeit der Eingriffsmaßnahme kann als Indiz für ein Sonderopfer herangezogen werden137, ist aber nicht notwendige Bedingung eines Aufopferungsanspruchs. Dieser kann auch bei rechtmäßigem Hoheitshandeln in Betracht kommen. Auch hier findet § 254 entsprechende Anwendung im beschriebenen Umfang, es ist also insbesondere die vorherige Einlegung von Rechtsbehelfen zur Abwendung des Schadens zu verlangen138. Für staatliches Informationshandeln und damit auch für staatliche Berichterstattung dürfte – jedenfalls solange man keine Erweiterung des Rechtsgüterschutzes auch auf andere Rechtsgüter wie Ehre, informationelle Selbstbestimmung oder Berufsfreiheit annimmt139 – der Aufopferungsanspruch nur selten Bedeutung haben. Eine unmittelbare Beeinträchtigung von Leben oder Gesundheit durch einen staatlichen Bericht erscheint nur schwer konstruierbar140. Selbst in diesen Ausnahmefällen müsste dann noch ein Sonderopfer vorliegen, welches man zwar bei rechtswidrigem Informationshandeln als indiziert ansehen kann, welches bei rechtmäßigem Handeln aber gesondert zu begründen wäre141. Sollte Bei dem enteignungsgleichen und dem enteignenden Eingriff handelt es sich um spezielle Ausprägungen dieses allgemeinen Aufopferungsgrundsatzes, weshalb in deren Anwendungsbereich kein Raum für den allgemeinen Aufopferungsanspruch besteht und über diesen nur immaterielle Rechtsgüterbeeinträchtigungen entschädigt werden können, vgl. Durner, JuS 2005, 900, 903; Osterloh, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 55 Rn. 48. Auch spezielle gesetzlich geregelte Sonderopferlagen gehen dem allgemeinen Aufopferungsanspruch vor, Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 149. 135 Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 333; Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 283–284 m.w. N. zum Streit. 136 Durner, JuS 2005, 900, 903; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 136. 137 Baldus/Grzeszick/Wienhus, Staatshaftungsrecht, Rn. 346. 138 Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 137. 139 Dafür: Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 138; Maunz/Dürig/Papier, GGKommentar, Art. 34 Rn. 673; Osterloh, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 55 Rn. 53 hält die Zurückhaltung der Rechtsprechung im Ergebnis zwar für begrüßenswert, jedoch in sich nicht für konsequent. 140 Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 280–281 hält dies nur für möglich, wenn die Informationsmaßnahme gezielt zu einem gesundheitsschädigenden Verhalten aufruft und ein gewisses psychologisches Zwangselement enthält. 141 Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit, S. 282 schlägt den Fall vor, dass der Staat zu einem bestimmten Verhalten aufruft, welches für den Großteil der Verbraucher unschädlich ist, aber eine einzelne Person in atypischer Weise eine schwere Gesundheitsschädigung erleidet.

III. Zwischenergebnis zu Rechtsschutz und Staatshaftung

359

trotz dieser Schwierigkeiten im Einzelfall ein Aufopferungsanspruch aufgrund staatlicher Berichterstattung bestehen, so ist dieser Anspruch vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen, § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO142.

III. Zwischenergebnis zu Rechtsschutz und Staatshaftung Den mit staatlicher Berichterstattung verbundenen Rechtsproblemen kann auf vielfältige Weise mit den Mitteln des Rechtsschutzes begegnet werden. Rechtsstreitigkeiten zwischen staatlichen Stellen werden dabei in der Regel als verfassungsrechtliche Streitigkeiten vor dem Bundesverfassungsgericht auszutragen sein, das Vorgehen vor den Verwaltungsgerichten ist in nicht verfassungsrechtlichen Streitigkeiten unter bestimmten Voraussetzungen aber denkbar. Wollen natürliche oder juristische Personen des Privatrechts gegen staatliche Berichterstattung vorgehen, so sind sie zuallererst auf den verwaltungsrechtlichen Primärrechtsschutz verwiesen und müssen (vorbeugend) Unterlassung und bei erfolgter Berichterstattung soweit möglich Widerruf im Wege der Leistungsklage durchsetzen. Auf der Ebene des Sekundärrechtsschutzes versprechen vor allem der Amtshaftungsanspruch und der enteignungsgleiche Eingriff Kompensation für erlittene Schäden. Beide sind aber davon abhängig, dass zuvor die Abwehr der Berichterstattung durch Unterlassung und Widerruf geltend gemacht wurde, soweit dies den Betroffenen möglich war.

142 Osterloh, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 55 Rn. 56; Kopp/Schenke, VwGO, § 40 Rn. 61.

Fazit Diese Untersuchung hatte sich das Ziel gesetzt, das staatliche Berichtswesen in seinen Facetten zu beleuchten und sodann rechtsdogmatisch zu erfassen. Es hat sich gezeigt, dass die These von staatlicher Berichterstattung als Querschnittsphänomen zutreffend ist: Berichte sind ein vielgenutztes Mittel, um Informationen unter staatlichen Stellen oder an die Öffentlichkeit zu vermitteln. Dabei unterscheiden sie sich aber ganz erheblich in ihren Ausgestaltungen und verfolgen dabei sehr unterschiedliche Zwecke. Diese Multifunktionalität musste Folgen für die Einordnung des staatlichen Berichtswesens in die Handlungsformenlehre haben. Noch recht problemlos haben sich Berichte dem Bereich des aktiven staatlichen Informationshandelns zuordnen lassen. Sie sind damit Teil des informellen Verwaltungshandelns, welches wiederum dem schlichten Verwaltungshandeln zuzuordnen ist. Eine darüber hinausgehende Differenzierung hat sich jedoch als unpraktikabel, wenn nicht gar als unmöglich erwiesen. Differenzierungsversuchen, die nach Informationen über Staatstätigkeit einerseits und Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben andererseits unterscheiden, entzieht sich das Berichtswesen. Umso weniger kann man das Berichtswesen einem spezielleren Informationstypus zuordnen, vielmehr kommt es auf den Einzelfall an, ob ein Bericht die Funktion der Öffentlichkeitsarbeit i. e. S., der Aufklärung, der Empfehlung oder der Warnung oder eine Mischung aus diesen Funktionen verfolgt. Genausowenig kann man Berichte als von diesen Typen abgrenzbare eigene Handlungsform ansehen. Aufgrund ihrer Multifunktionalität haben Berichte letztlich nur ein verbindendes Merkmal: Sie vermitteln in komprimierter und sachlicher Form Informationen über einen bestimmten Gegenstand. Dies gilt jedoch letztlich für jedes staatliche Informationshandeln und ist als Abgrenzungsmerkmal damit insignifikant. Es bleibt also nur der Schluss zu ziehen, dass staatliche Berichte keine eigene Handlungsform innerhalb des Systems staatlichen Informationshandelns sind. Abschließend kann daher vor pauschalierter Beurteilung staatlicher Berichterstattung nur gewarnt werden. Gleichzeitig hat die Untersuchung staatlicher Berichterstattung gezeigt, wie wenig rechtliche Aussagekraft auch den anderen Typen staatlichen Informationshandelns zukommt. Es haben sich Berichte und innerhalb dieser Berichte auch einzelne Aussagen gefunden, die praktisch die Merkmale aller Typen erfüllen. Angesichts der nur schwer prognostizierbaren Reaktion der Öffentlichkeit auf

Fazit

361

staatliche Informationen begründet die Annahme, man könne fest abgrenzbare Typen staatlichen Informationshandeln zu Handlungsformen verdichten und feste Voraussetzungen und Rechtsfolgen mit ihnen verbinden, das Risiko, wesentliche und rechtsrelevante Wirkungen einer einmal derartig festgelegten Informationsmaßnahme auszublenden. Die Aufspaltung staatlichen Informationshandelns in Formen wie Warnungen oder Öffentlichkeitsarbeit i. e. S. darf daher nicht mehr sein als eine rechtlich unverbindliche Typisierung. Mit diesen Typen kann man zwar wahrscheinliche Reaktionen zu antizipieren versuchen, sie entbinden aber nicht von einer Überprüfung im Einzelfall. So kann etwa auch eine vermeintliche Warntätigkeit unter dem Gesichtspunkt der parteipolitischen Neutralität ausnahmsweise als kritisch zu bewerten sein. Da Berichterstattung ein Querschnittsphänomen ist, kann sich aus staatlichen Berichten eine Vielzahl unterschiedlichster Rechtsprobleme ergeben. Die mangelnde Fixierbarkeit staatlicher Berichterstattung als Handlungsform verlangt insoweit vom mit Berichterstattung konfrontierten Rechtsanwender ein hohes Maß an Sensibilität im Umgang mit staatlichen Berichten. Im staatlichen Binnenraum kann sich die Frage stellen, ob eine staatliche Stelle eine andere zur Berichterstattung verpflichten und inwieweit sie hierzu inhaltliche Vorgaben machen kann. Im Verhältnis zu den Bürgern stellen sich im Zusammenhang mit staatlicher Berichterstattung sämtliche Probleme, die für das staatliche Informationshandeln insgesamt seit vielen Jahren diskutiert werden. Nach den im Rahmen dieser Untersuchung dargestellten Maßstäben muss eine Berichtskompetenz vorliegen und der Bericht darf weder ein Verstoß gegen verfassungsrechtliche Neutralitätsgebote noch ein ungerechtfertigter Grundrechtseingriff sein. Es gelten insoweit die allgemeinen Voraussetzungen staatlichen Informationshandelns. Eine weitere Spezifizierung dieser Voraussetzungen für Berichterstattung hat sich aufgrund der Unmöglichkeit der Bildung einer Berichtshandlungsform als nur eingeschränkt möglich erwiesen. Die Untersuchung konnte aber auch zeigen, dass die Lösung der Probleme staatlicher Berichterstattung einer solchen Spezifizierung nicht zwingend bedarf, sondern dass sich diese Probleme mit den allgemeinen Methoden ohne Bildung neuer Handlungsformen oder neuer Theorie wie der Lehre vom Gewährleistungsbereich ebenfalls lösen lassen. Erweisen sich Berichte als rechtlich problematisch, so stellen Verfassungs- und Verwaltungsprozessrecht ausreichende Rechtsbehelfe zur Verfügung, um dem Einzelnen Schutz gegen staatliche Berichterstattung zu ermöglichen.

Zusammenfassung in Thesen 1. Ein Bericht lässt sich als die sachlich-neutrale Darstellung eines Themas, Geschehens oder Sachverhalts auf der Grundlage von Tatsachen und durch die Wiedergabe dieser Tatsachen definieren, wobei der Bericht diese Tatsachen in der Regel inhaltlich vollständig, aber komprimiert darstellt. 2. Berichterstattung staatlicher Stellen lässt sich systematisch erfassen durch eine Kategorisierung nach der Berichtsgrundlage, dem Berichtsgegenstand, dem Berichterstatter, der Berichtsadressierung, der Berichtsperiodizität und den Berichtsfunktionen. 3. Obwohl sich bestimmte Kategorien von Berichten unterscheiden lassen, besteht, wie die Berichtspraxis zeigt, kein einheitliches Vorgehen, was Konzipierung, Darstellung und Ausgestaltung von Berichten staatlicher Stellen angeht. Gleichwohl treten vielfältige rechtliche Probleme auf, die teilweise genuin berichtsspezifisch sind, teilweise aber auch die typischen Streitigkeiten um das staatliche Informationshandeln widerspiegeln. 4. Bei schlichtem Verwaltungshandeln handelt es sich um Verwaltungshandeln, welches eine Regelungswirkung weder intendiert noch bewirkt. Bei informellem Verwaltungshandeln handelt es sich um nicht regelndes Verwaltungshandeln, welches nicht oder nur in vergleichsweise geringem Umfang normativ vorgeprägt ist und welches eine tradierte formalisierte Handlungsform ergänzt oder ersetzt, indem es den erwünschten Steuerungserfolg im Wege der Konsensfindung und auf Basis von Freiwilligkeit und Akzeptanz der Beteiligten erreicht. Das informelle Verwaltungshandeln ist eine Unterform des schlichten Verwaltungshandelns. 5. Staatliches Informationshandeln ist die antraglose Weitergabe von Informationen an eine breite Öffentlichkeit aufgrund staatlicher Initiative. Dabei handelt es sich um eine Unterart des informellen Verwaltungshandelns. 6. Die herrschende Lehre unterteilt das staatliche Informationshandeln in Informationen über Staatstätigkeit und Informationen zur Erfüllung von Staatsaufgaben. Informationen über Staatstätigkeit dienten danach der Selbstdarstellung staatlicher Stellen. Die Information zur Erfüllung von Staatsaufgaben wird in Aufklärung, Empfehlung und Warnung weiter ausdifferenziert und soll anders als Informationen über Staatstätigkeit Verhaltenssteuerung bezwecken, wobei zwischen den Typen durch die Funktion und die Intensität der Verhaltenssteuerung abgegrenzt werde.

Zusammenfassung in Thesen

363

7. Berichterstattung ist ein multifunktionales Informationsmittel, welches stets mehrere Funktionen zugleich verfolgt. Sie kann eine verhaltenssteuernde Wirkung bereits über die bloße Mitteilung von Tatsachen erreichen. Auch der Gesetzgeber hat keine Handlungsform staatlicher Berichterstattung normativ ausgestaltet. Mangels abgrenzbarer berichtsspezifischer Merkmale bildet Berichterstattung keine eigene Form staatlichen Informationshandelns. Aufgrund ihrer Multifunktionalität kann sie auch keinem anderen Informationstypus zugeordnet werden. 8. Die praktische Berichterstattung zeigt darüber hinaus, dass die Bildung abgrenzbarer Handlungsformen innerhalb des staatlichen Informationshandelns weder gesetzgeberisch intendiert noch faktisch durchführbar ist. Die Trennung nach Verhaltens- und Bewusstseinsbeeinflussung sowie nach Steuerungsintensität kann in der Praxis nicht zu tragfähigen Abgrenzungen führen. Die Anerkennung abgrenzbarer Handlungsformen innerhalb des staatlichen Informationshandelns ist daher abzulehnen. Funktion, Wirkung und rechtliche Grenzen staatlicher Berichterstattung sowie jedes staatlichen Informationshandelns müssen einzelfallabhängig bestimmt werden. Die Zuordnung zu einem bestimmten Informationstypus kann dabei nicht mehr als ein Indiz für die Zwecksetzung und Wirkung einer Informationshandlung sein. 9. Eine Rechtspflicht zur Berichterstattung kann durch Gesetz oder Beschluss des Bundestages oder Bundesrates begründet werden. Während das Gesetz als solches rechtsverbindlich ist und durch Gesetz jede staatliche Stelle zur Berichterstattung verpflichtet werden kann, solange verfassungsrechtliche Grenzen eingehalten sind, besteht eine Berichtspflicht aufgrund eines Beschlusses nur, wenn der Beschluss sich als Ausprägung eines verfassungsrechtlichen Informationsanspruches erweist. Der Bundestag kann Berichtsbeschlüsse dabei auf das parlamentarische Frage- und Interpellationsrecht stützen, der Bundesrat auf Art. 53 S. 3 GG. Derartige Beschlüsse unterliegen in der Regel nicht dem Grundsatz der Diskontinuität, eine Rechtspflicht begründen können sie aber nur gegenüber der Bundesregierung als verfassungsrechtlich Informationsverpflichtete. 10. Die Berichterstattung staatlicher Stellen bewegt sich nicht in einem kompetenzfreien Raum. Ob eine staatliche Stelle über eine Berichtskompetenz verfügt, bestimmt sich nach der jeweiligen Berichtsgrundlage. Verfassungsmäßige Berichtsgesetze weisen die Aufgabe der Berichterstattung zu und begründen stets eine Berichtskompetenz. Die Kompetenzbegründung durch Beschlüsse wird durch funktionale Grenzen des sie tragenden verfassungsrechtlichen Informationsanspruchs begrenzt. Wird der Berichterstatter aufgrund eigener Initiative aktiv, so ist er zur Berichtstätigkeit nur berechtigt, solange sich diese thematisch auf Gegenstände aus dem Aufgabenbereich des Berichterstatters begrenzt. Für Bundes- und

364

Zusammenfassung in Thesen

Landesregierungen ist der besondere verfassungsrechtliche Kompetenztitel der Staatsleitung zu beachten. 11. Staatliche Berichterstattung steht wie das staatliche Informationshandeln insgesamt unter dem Gebot parteipolitischer Neutralität. Daraus folgen absolute Verbote für direkte inhaltliche Wahlwerbung sowie eine übermäßig reklamehafte Aufmachung. Speziell in der Vorwahlzeit gelten temporär ein Verbot des anlasslosen Anwachsens und ein Verbot der Leistungs-, Erfolgs- und Arbeitsberichterstattung. Ausnahmen bestehen nur für sachliche Informationen aus akutem Anlass, nicht aber als Bereichsausnahme für aufgabenerfüllende Informationshandlungen oder Publikationen im Internet. Der zufällige Zusammenfall der Erfüllung von Berichtspflichten mit der Vorwahlzeit ist dagegen zulässig, solange er nicht kollusiv herbeigeführt wurde. 12. Natürliche und juristische Personen werden in vielfältiger Form zum Ziel und Gegenstand staatlicher Berichterstattung gemacht. Während die Adressierung der Bürger durch Berichterstattung keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, setzt das Recht der Behandlung der Bürger als Gegenstand eines Berichts Grenzen. Einfach-rechtlich ist vor allem das Datenschutzrecht zu beachten. Verfassungsrechtlich schützen die Grundrechte vor insbesondere negativer Berichterstattung. Erweisen sich Berichte als unmittelbarer Grundrechtseingriff oder als funktionales Äquivalent zu einem (klassischen) Grundrechtseingriff, so bedürfen sie der Rechtfertigung. Dazu muss die Berichterstattung auf einer einfach-rechtlichen Befugnisnorm beruhen und verhältnismäßig, insbesondere inhaltlich richtig und sachlich gehalten sein. In der Regel ist eine Anhörung des Betroffenen erforderlich. 13. Den mit staatlicher Berichterstattung verbundenen Rechtsproblemen kann auf vielfältige Weise mit den Mitteln des Rechtsschutzes begegnet werden. Rechtsstreitigkeiten zwischen staatlichen Stellen werden dabei in der Regel als verfassungsrechtliche Streitigkeiten vor dem Bundesverfassungsgericht ausgetragen, das Vorgehen vor den Verwaltungsgerichten ist in nicht verfassungsrechtlichen Streitigkeiten unter bestimmten Voraussetzungen aber denkbar. Wollen natürliche oder juristische Personen des Privatrechts gegen staatliche Berichterstattung vorgehen, so sind sie zuallererst auf den verwaltungsrechtlichen Primärrechtsschutz verwiesen und müssen (vorbeugend) Unterlassung und bei erfolgter Berichterstattung soweit möglich Widerruf im Wege der Leistungsklage durchsetzen. Auf der Ebene des Sekundärrechtsschutzes versprechen vor allem der Amtshaftungsanspruch und der enteignungsgleiche Eingriff Kompensation für erlittene Schäden.

Literaturverzeichnis Abbé, Sophia Elena, Verbraucherschutz durch Transparenz? Eine verfassungs- und verwaltungsrechtliche Studie zur Veröffentlichung amtlicher Ergebnisse der beim Lebensmittel-Einzelhandel durchgeführten Lebensmittelkontrollen, Berlin 2017 (zitiert: Abbé, Verbraucherschutz durch Transparenz). Abmeier, Klaus, Die parlamentarischen Befugnisse des Abgeordneten des Deutschen Bundestages nach dem Grundgesetz, Berlin 1984 (zitiert: Abmeier, Befugnisse des Abgeordneten). Achterberg, Norbert, Parlamentsrecht, Tübingen 1984 (zitiert: Achterberg, Parlamentsrecht). – Allgemeines Verwaltungsrecht. Ein Lehrbuch, 2. Aufl., Heidelberg 1986 (zitiert: Achterberg, VwAT). Akkermann, Günther, Die Harmonisierung von öffentlichen Warnungen. Eine Darstellung am Beispiel des Lebensmittelrechts, Regensburg 1998 (zitiert: Akkermann, Harmonisierung von öffentlichen Warnungen). Alpmann, Josef/Krüger, Rolf/Wüstenbecker, Horst, Brockhaus Studienlexikon Recht, 4. Aufl., München 2014 (zitiert: Alpmann/Krüger/Wüstenbecker, Studienlexikon). Anschütz, Gerhard, Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919. Ein Kommentar für Wissenschaft und Praxis, 14. Aufl., Bad Homburg vor der Höhe 1965 (Nachdruck der 14. Aufl., Berlin 1933) (zitiert: Anschütz, WRV-Kommentar). Auernhammer, DSGVO/BDSG. Datenschutz-Grundverordnung, Bundesdatenschutzgesetz und Nebengesetze, hrsg. von Eßer, Martin/Kramer, Phillip/v. Lewinski, Kai, 5. Aufl., Köln 2017 (zitiert: Auernhammer/Bearbeiter, DSGVO/BDSG-Kommentar). Augsberg, Ino, Informationsverwaltungsrecht. Zur kognitiven Dimension der rechtlichen Steuerung von Verwaltungsentscheidungen, Tübingen 2014 (zitiert: Augsberg, Informationsverwaltungsrecht). Bader, Johann/Ronellenfitsch, Michael (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar VwVfG, 35. Edition, Stand: 01.04.2017, München (zitiert: Bader/Ronellenfitsch/Bearbeiter, BeckOK VwVfG). Baldus, Manfred/Greszick, Bernd/Wienhus, Sigrid, Staatshaftungsrecht. Das Recht der öffentlichen Ersatzleistungen, 4. Aufl., Heidelberg 2013 (zitiert: Baldus/Grzeszick/ Wienhus, Staatshaftungsrecht). Barczak, Tristan, Die parteipolitische Äußerungsbefugnis von Amtsträgern. Eine Gratwanderung zwischen Neutralitätsgebot und politischem Wettbewerb, in: NVWZ 2015, 1014–1020.

366

Literaturverzeichnis

Battis, Ulrich, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl., Heidelberg 2002 (zitiert: Battis, VwAT). Bauer, Hartmut, Informelles Verwaltungshandeln im öffentlichen Wirtschaftsrecht, in: VerwArch 78 (1987), 241–268. – Verwaltungsrechtslehre im Umbruch? Rechtsformen und Rechtsverhältnisse als Elemente einer zeitgemäßen Verwaltungsrechtsdogmatik, in: Verw 1992, 300–326. Benda, Ernst/Klein, Eckart/Klein, Oliver, Verfassungsprozessrecht. Ein Lehr- und Handbuch, 3. Aufl., Heidelberg 2012 (zitiert: Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht). Benecke, Alexander/Wagner, Julian, Öffnungsklauseln in der Datenschutz-Grundverordnung und das deutsche BDSG – Grenzen und Gestaltungsspielräume für ein nationales Datenschutzrecht, in: DVBL 2016, 600–608. Berg, Wilfried, Die behördliche Warnung – eine neue Handlungsform des Verwaltungsrechts, in: ZLR 1990, 565–576. Bethge, Herbert, Zur verfassungsrechtlichen Legitimation informalen Staatshandelns der Bundesregierung, in: JURA 2003, 327–333. – Mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigungen, in: Merten, Detlef/Papier, Hans-Jürgen (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Band III: Grundrechte in Deutschland: Allgemeine Lehren II, Heidelberg 2009, 113–160 (zitiert: Bethge, in: HbdGR, § 58). Blohm, Hans, Berichtswesen, Betriebliches, in: Dummer, Wolfgang (Hrsg.), Management-Enzyklopädie Band I: Absatzplanung bis Bundesbank, München 1969, 892– 904 (zitiert: Blohm, Management-Enzyklopädie). Böckenförde, Ernst-Wolfgang, Schutzbereich, Eingriff, Verfassungsimmanente Schranken. Zur Kritik gegenwärtiger Grundrechtsdogmatik, in: Der Staat 42 (2003), 165– 192. Boddenberg, Bastian, Negative Produktinformation. Die Rechtmäßigkeit von staatlichen, staatlich finanzierten und privaten negativen Produktinformationen, Berlin 2015 (zitiert: Boddenberg, Negative Produktinformation). Bodenheim, Dieter, Das parlamentarische Fragerecht unter dem Grundgesetz, in: ZParl 11 (1980), 38–53. Bohne, Eberhard, Der informale Verfassungsstaat. Eine empirische und rechtliche Untersuchung zum Gesetzesvollzug unter besonderer Berücksichtigung des Immissionsschutzes, Berlin 1981 (zitiert: Bohne, Der informale Rechtsstaat). – Informales Verwaltungs- und Regierungshandeln als Instrument des Umweltschutzes. Alternativen zu Rechtsnorm, Vertrag, Verwaltungsakt und anderen rechtlich geregelten Handlungsformen, in: VerwArch 75 (1984), 343–373. – Informales Verwaltungshandeln, in: Kimmenich, Otto/von Lersner, Heinrich u. a. (Hrsg.), Handwörterbuch des Umweltrechts, Band I: Abfallabgabe – Mosel, 2. Aufl., Berlin 1994 (zitiert: Bohne, in: HdUR I).

Literaturverzeichnis

367

Böhret, Carl/Konzendorf, Götz, Handbuch Gesetzesfolgenabschätzung (GFA). Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften, Baden-Baden 2001 (zitiert: Böhret/Konzendorf, Hb. GFA). Bonner Kommentar zum Grundgesetz, hrsg. von Kahl, Wolfgang/Waldhoff, Christian/ Walter, Christian, Loseblattsammlung, Stand: 186. Ergänzungslieferung 2017, Heidelberg (zitiert: BK-Grundgesetz/Bearbeiter). Born, Tobias, Die Datenschutzaufsicht und ihre Verwaltungstätigkeit im nicht-öffentlichen Bereich, Frankfurt am Main 2014 (zitiert: Born, Datenschutzaufsicht). Brandt, Edmund, Umweltaufklärung und Verfassungsrecht, Taunusstein 1994 (zitiert: Brandt, Umweltaufklärung). Brenner, Michael, Reichweite und Grenzen des parlamentarischen Fragerechts, BadenBaden 2009 (zitiert: Brenner, Reichweite und Grenzen des parlamentarischen Fragerechts). Brockhaus, Enzyklopädie in 30 Bänden, Band III: AUSW – BHAR, 21. Aufl., Leipzig 2006 (zitiert: Brockhaus-Enzyklopädie). Brohm, Winfried, Rechtsstaatliche Vorgaben für informelles Verwaltungshandeln, in: DVBL 1994, 133–139. Brüning, Christoph, Der informierte Abgeordnete. Die Informationspflicht der Regierung als „Bringschuld“ gegenüber dem Parlament, in: Der Staat 43 (2004), 511–541. Bull, Hans-Peter, Öffentlichkeitsarbeit unter gerichtlicher Kontrolle – wie unabhängig sind die Datenschutzbeauftragten?, in: Arndt, Hans-Wolfgang/Knemeyer, FranzLudwig u. a. (Hrsg.), Völkerrecht und deutsches Recht. Festschrift für Walter Rudolf zum 70. Geburtstag, München 2001, 421–430 (zitiert: Bull, in: FS Rudolf). Bulling, Manfred, Kooperatives Verwaltungshandeln (Vorverhandlungen, Arrangements, Agreements und Verträge) in der Verwaltungspraxis, in: DÖV 1989, 277–289. Bumke, Christian, Publikumsinformation. Erscheinungsformen, Funktionen und verfassungsrechtlicher Rahmen einer Handlungsform des Gewährleistungsstaates, in: DV 37 (2004), 3–33. Bundesamt für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz, Der Jahresbericht 2013. Bevölkerungsschutz geht alle an, Bonn 2014 (zitiert: Jahresbericht BBK 2013). Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundesamt für Verfassungsschutz. Aufgaben, Befugnisse, Grenzen, Köln 1998 (zitiert: BfV, Aufgaben, Befugnisse, Grenzen). Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Tätigkeitsbericht zum Datenschutz für die Jahre 2011 und 2012 – 24. Tätigkeitsbericht –, Bonn 2013 (zitiert: 24. Tätigkeitsbericht Datenschutz). Bundesministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2013, Berlin 2014 (zitiert: Verfassungsschutzbericht 2013). Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bundesbericht Forschung und Innovation 2014, Berlin 2014 (zitiert: Bundesbericht Forschung und Innovation 2014). Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Waldbericht der Bundesregierung 2009, Berlin 2009 (zitiert: Bundeswaldbericht 2009).

368

Literaturverzeichnis

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bericht der Bundesrepublik Deutschland über die bei der Anwendung der Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen gewonnenen Erfahrungen, abrufbar unter http://www.bmub.bund.de/fileadmin/bmu-import/files/pdfs/allge mein/application/pdf/ui_richtlinie_umsetzungsbericht_bf.pdf (Stand: 12.11.2015) (zitiert: Erfahrungsbericht UI-RL). – Umweltbericht 2010. Umweltpolitik ist Zukunftspolitik, Berlin 2010 (zitiert: Umweltzustandsbericht 2010). Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Jahreswirtschaftsbericht 2014. Soziale Marktwirtschaft heute – Impulse für Wachstum und Zusammenhalt, Berlin 2014 (zitiert: Jahreswirtschaftsbericht 2014). Bundesrat, Handbuch des Bundesrates für das Geschäftsjahr 2015/2016, Berlin 2015 (zitiert: Bundesrat, Handbuch). Burmeister, Joachim, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, in: VVDSTRL 52 (1993), 190–247. Butzer, Hermann, Der Bereich des schlichten Parlamentsbeschlusses. Ein Beitrag insbesondere zur Frage der Substitution des förmlichen Gesetzes durch schlichten Parlamentsbeschluß, in: AöR 119 (1994), 61–106. Calliess, Christian/Ruffert, Matthias (Hrsg.), EUV/AEUV. Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit Europäischer Grundrechtecharta. Kommentar, 5. Aufl., München 2016 (zitiert: Calliess/Ruffert/Bearbeiter, EUV/AEUV-Kommentar). Coelln, Christian v., Zulässigkeit staatlicher Informationen zum Verbraucherschutz, in: JA 2003, 116–188. Creifelds, Carl/Weber, Klaus (Hrsg.), Rechtswörterbuch, 21. Aufl., München 2014 (zitiert: Creifelds, Rechtswörterbuch). Cremer, Hans-Joachim, Der Osho-Beschluss des BVerfG – BVerfGE 105, 279, in: JuS 2003, 747–751. Czerwick, Edwin, Strukturen und Funktionen der Verwaltungskommunikation, in: DÖV 1997, 973–983. Danwitz, Thomas v., Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen, Köln 2003 (zitiert: v. Danwitz, Verfassungsfragen staatlicher Produktempfehlungen). Degenhart, Christoph, Der Staat im freiheitlichen Kommunikationsprozess: Funktionsträgerschaft, Funktionsschutz und Funktionsbegrenzung, in: AfP 2010, 324–331. Denninger, Erhard, Verfassungsauftrag und gesetzgebende Gewalt, in: JZ 1966, 767– 772. Derlien, Hans-Ulrich, Das Berichtswesen der Bundesregierung – Ein Mittel der Kontrolle und Planung, in: ZParl 6 (1975), 42–47. Dickertmann, Dietrich/Diller, Klaus, Der Subventionsbericht des Bundes, in: WiSt 1986, 601–608. Di Fabio, Udo, System der Handlungsformen und Fehlerfolgenlehre, in: BeckerSchwarze, Kathrin/Köck, Wolfgang u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht. 31. Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mit-

Literaturverzeichnis

369

arbeiter der Fachrichtung „Öffentliches Recht“, Bremen 1991, 47–65 (zitiert: Di Fabio, in: Wandel der Handlungsformen). – Grundrechte im präzeptoralen Staat am Beispiel hoheitlicher Informationstätigkeit, in: JZ 1993, 689–697. – Risikoentscheidungen im Rechtsstaat. Zum Wandel der Dogmatik im öffentlichen Recht insbesondere am Beispiel der Arzneimittelüberwachung, Tübingen 1994 (zitiert: Di Fabio, Risikoentscheidungen). – Information als hoheitliches Gestaltungsmittel, in: JuS 1997, 1–7. Doll, Hans-Jürgen, Der Verfassungsschutzbericht – ein unverzichtbares Mittel zur geistig-politischen Auseinandersetzung mit dem politisch motivierten Extremismus, in: NVWZ 2005, 658–661. Dorer, Peter/Mainusch, Helmut/Tubies, Helga, Bundesstatistikgesetz. Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke mit den Leitsätzen des Volkszählungsurteils, Mikrozensusgesetz und Volkszählungsgesetz, Kommentar, München 1988 (zitiert: Dorer/Mainusch/Tubies, BStatG). Dreier, Horst, Informales Verwaltungshandeln, in: StWStP 1993, 647–681. – (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Band II: Artikel 20–82, 3. Aufl., Tübingen 2015 (zitiert: Dreier/Bearbeiter, GG). Droste, Bernadette, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, Stuttgart 2007 (zitiert: Droste, Hb. VerfSchR). Durner, Wolfgang, Grundfälle zum Staatshaftungsrecht, in: JuS 2005, 793–797 (1. Teil); JuS 2005, 900–904 (2. Teil). – Zur Einführung: Datenschutzrecht, in: JuS 2006, 213–217. – Der Gesetzesvollzugsanspruch des Gesetzgebers gegenüber der Exekutive, in: JZ 2015, 157–163. Eder, Christian, „Rote Karte“ gegen „Spinner“? Bedeutung und Reichweite staatlicher Neutralitätspflichten in der politischen Auseinandersetzung, Berlin 2017 (zitiert: Eder, Rote Karte gegen Spinner). Ehlers, Dirk, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, in: DVBL 1986, 912–922. Ehlers, Dirk/Pünder, Hermann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl., Berlin 2016 (zitiert: Ehlers/Pünder/Bearbeiter, VwAT). Enders, Christoph, Abwehr und Beseitigung rechtswidriger hoheitlicher Beeinträchtigungen, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard/Voßkuhle, Andreas (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band III: Personal, Finanzen, Kontrolle, Sanktionen, Staatliche Einstandspflichten, 2. Aufl., München 2013, 1171–1241 (zitiert: Enders, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 53). Engel, Christoph, Öffentlichkeitsarbeit, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band IV: Aufgaben des Staates, 3. Aufl., Heidelberg 2006, 477–505 (zitiert: Engel, in: HbdStR, § 80).

370

Literaturverzeichnis

Engel, Thorsten, Die staatliche Informationstätigkeit in den Erscheinungsformen Warnung, Empfehlung und Aufklärung, Bochum 2000 (zitiert: Engel, Staatliche Informationstätigkeit). Engelien-Schulz, Thomas, Anwenden oder Nicht – dies ist hier die Frage. Zum Verhältnis bereichsspezifischer und allgemeiner datenschutzrechtlicher Bestimmungen an ausgewählten Beispielen, in: UBWV 2014, 364–369. Epping, Volker/Hillgruber, Christian (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Grundgesetz, 32. Edition, Stand: 01.03.2017, München (zitiert: Epping/Hillgruber/Bearbeiter, BeckOK GG) Ernst, Christian, Die Verwaltungserklärung. Die einfache verwaltungsrechtliche Willenserklärung als Handlungsform der Verwaltung, Berlin 2008 (zitiert: Ernst, Verwaltungserklärung). Europäische Kommission, Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Erfahrungen aus der Anwendung der Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen, abrufbar unter https:// ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2012/DE/1-2012-774-DE-F1-1.Pdf (Stand: 25.01.2017) (zitiert: Kommissionsbericht UI-RL). Eyermann (Begr.), Verwaltungsgerichtsordnung Kommentar, hrsg. von Geiger, Harald/ Happ, Michael u. a., 14. Aufl., München 2014 (zitiert: Eyermann/Bearbeiter, VwGO). Faber, Martina, Der Schutz der Ehre und des Rufes vor herabsetzenden Äußerungen des Staates, Stuttgart 1999 (zitiert: Faber, Schutz vor herabsetzenden Äußerungen des Staates). – Folgenbeseitigungsanspruch nach ehrverletzenden Meinungsäußerungen, in: NVWZ 2003, 159–164. Fehling, Michael, Informelles Verwaltungshandeln, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/ Schmidt-Aßmann, Eberhard/Voßkuhle, Andreas (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band II: Informationsordnung, Verwaltungsverfahren, Handlungsformen, 2. Aufl., München 2012, 1457–1521 (zitiert: Fehling, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 38). Fehling, Michael/Monsees, Carolin, Entscheidungsbesprechung zu BVerwG, Urt. v. 20.11.2014 – 3 C 27.13, in: ZJS 2015, 613–619. Feik, Rudolf, Öffentliche Verwaltungskommunikation. Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärung, Empfehlung, Warnung, Wien 2007 (zitiert: Feik, Öffentliche Verwaltungskommunikation). Feldkamp, Michael, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1990 bis 2010, Baden-Baden 2011 (zitiert: Feldkamp, Datenhandbuch Bundestag 1990 bis 2010). Fluck, Jürgen/Fischer, Kristian/Martini, Mario (Hrsg.), Informationsfreiheitsrecht mit Umweltinformations-, Verbraucherinformations- und Informationsweiterverwendungsrecht. IFG/UIG/VIG/IWG Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: 35. Ergänzungslieferung 2017, Heidelberg (zitiert: Fluck/Fischer/Martini/Bearbeiter, Informationsfreiheitsrecht).

Literaturverzeichnis

371

Franke, Daniela, Die Regelung des Datenschutzes im Parlament, Mainz 1996 (zitiert: Franke, Die Regelung des Datenschutzes im Parlament). Franzius, Claudio, Stuttgart 21: Eine Epochenwende?, in: GewArch 2012, 225–236. Frenz, Walter, Handbuch Europarecht, Band IV: Europäische Grundrechte, Berlin 2009 (zitiert: Frenz, Hb. EuR IV). – Anmerkung zu BayVGH, Beschluss vom 09.01.2012 – 12 CE 11.2685, in: DVBL 2012, 387–388. Gärditz, Klaus-Ferdinand, Umwelt-Aufklärung der Öffentlichkeit als wissenschaftliche Wahrheitspflege?, in: EurUP 2017, 112–125. Gebhard, Rainer, Berichtswesen als Controllinginstrument für Rat und Verwaltungsführung, in: Hill, Hermann/Klages, Helmut (Hrsg.), Die moderne Verwaltung. Gestaltung durch Information, Stuttgart 1999, 145–158 (zitiert: Gebhard, in: Die moderne Verwaltung). Gentzcke, Dieter, Informales Verwaltungshandeln und Umweltstrafrecht. Eine verwaltungs- und strafrechtsdogmatische Untersuchung am Beispiel der behördlichen Duldung im Wasserrecht, Freiburg im Breisgau 1990 (zitiert: Gentzcke, Informales Verwaltungshandeln). Gersdorf, Hubertus, Staatliche Kommunikationstätigkeit. Voraussetzungen und Grenzen der Teilnahme des Staates an öffentlicher Kommunikation, in: AfP 2016, 293–301. Glauben, Paul/Brocker, Lars, Das Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern. Handbuch mit Kommentierungen zum PUAG, 3. Aufl., Köln 2016 (zitiert: Glauben/Brocker, Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern). Gola, Peter/Schomerus, Rudolf u. a., Bundesdatenschutzgesetz Kommentar, 12. Aufl., München 2015 (zitiert: Gola/Schomerus/Bearbeiter, BDSG). Göpfert, Ingrid, Berichtswesen, in: Handelsblatt, Wirtschafts-Lexikon. Das Wissen der Betriebswirtschaftslehre, Band II: Aufw – Cons, Stuttgart 2006, 692–702 (zitiert: Göpfert, in: Wirtschaftslexikon). Gramm, Christof, Aufklärung durch staatliche Publikumsinformation. Staatshandeln als Aufklärung, in: Der Staat 30 (1991), 51–80. Greve, Holger, Das neue Bundesdatenschutzgesetz, in: NVWZ 2017, 737–744. Grimm, Christoph, Gesetzesfolgenabschätzung – Möglichkeiten und Grenzen – aus der Sicht des Parlaments, in: ZRP 2000, 87–91. Grimm, Christoph/Brocker, Lars, Die Rolle des Parlaments im Prozeß der Gesetzesfolgenabschätzung, in: ZG 1999, 58–67. Gröschner, Rolf, Öffentlichkeitsaufklärung als Behördenaufgabe, in: DVBL 1990, 619– 629. Grüter, Manfred, Umweltrecht und Kooperationsprinzip in der Bundesrepublik Deutschland, Düsseldorf 1990 (zitiert: Grüter, Umweltrecht und Kooperationsprinzip). Guckelberger, Annette, Personalisierte Behördenauftritte im Internet, in: ZBR 2009, 332–339.

372

Literaturverzeichnis

Gurlit, Elke, Konturen eines Informationsverwaltungsrechts, in: DVBL 2003, 1119– 1134. Gusy, Christoph, Der Verfassungsschutzbericht, in: NVWZ 1986, 6–12. – Verwaltung durch Information. Empfehlungen und Warnungen als Mittel des Verwaltungshandelns, in: NJW 2000, 977–986. – Die Informationsbeziehungen zwischen Staat und Bürger, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard/Voßkuhle, Andreas (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band II: Informationsordnung, Verwaltungsverfahren, Handlungsformen, 2. Aufl., München 2012, 235–320 (zitiert: Gusy, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 23). – Der transparente Staat, in: DVBL 2013, 941–948. – Anmerkung zu BVerwG, Urt. v. 26.6.2013 – 6 C 4/12, in: NVWZ 2014, 236–237. – Neutralität staatlicher Öffentlichkeitsarbeit – Voraussetzungen und Grenzen, in: NVWZ 2015, 700–704. Häberle, Peter, Öffentlichkeitsarbeit der Regierung zwischen Parteien- und Bürgerdemokratie. Zum Urteil des BVerfG vom 2. März 1977, in: JZ 1977, 361–371. Härting, Niko, Datenschutz-Grundverordnung. Das neue Datenschutzrecht in der betrieblichen Praxis, Köln 2016 (zitiert: Härting, DSGVO). Hatschek, Julius/Kurtzig, Paul, Deutsches und Preussisches Staatsrecht, Band I, 2. Aufl., Berlin 1930 (zitiert: Hatschek, Staatsrecht Bd. I). Hegele, Dorothea, Der lange Weg der Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie in das deutsche Recht. Defizite und Chancen, in: Hegele, Dorothea/Röger, Ralf (Hrsg.), Umweltschutz durch Umweltinformation. Chancen und Grenzen des neuen Informationsanspruchs, Berlin 1993 (zitiert: Hegele, in: Umweltschutz durch Umweltinformation). Heintzen, Markus, Hoheitliche Warnungen und Empfehlungen im Bundesstaat, in: NJW 1990, 1448–1451. – Staatliche Warnungen als Grundrechtsproblem, in: VerwArch 81 (1990), 532–556. – Behördliches Informationshandeln bei ungewissem Sachverhalt. Zugleich zur Frage der Übertragbarkeit zivilrechtlicher Grundsätze auf behördliches Informationshandeln, in: NuR 1991, 301–306. – Die öffentliche Warnung als Handlungsform der Verwaltung, in: Becker-Schwarze, Kathrin/Köck, Wolfgang u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht. 31. Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachrichtung „Öffentliches Recht“, Bremen 1991, 167–186 (zitiert: Heintzen, in: Wandel der Handlungsformen). Hellmann, Vanessa, Eine Warnung vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Glykol-Entscheidung des BVerfG vom 26.6.2002, in: NVWZ 2005, 163–166. Henneke, Hans-Günter, Informelles Verwaltungshandeln im Wirtschaftsverwaltungsund Umweltrecht. Zwischenbilanz zur Erfassung eines seit zehn Jahren benannten Phänomens, in: NuR 1991, 267–275.

Literaturverzeichnis

373

– 30 Jahre LVwG, 20 Jahre VwVfG – Stabilität und Flexibilität des Verwaltungshandelns, in: DÖV 1997, 768–781. Hermes, Georg, Schlichtes Verwaltungshandeln, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/ Schmidt-Aßmann, Eberhard/Voßkuhle, Andreas (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band II: Informationsordnung, Verwaltungsverfahren, Handlungsformen, 2. Aufl., München 2012, 1523–1575 (zitiert: Hermes, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 39). Herzog, Roman, Aufgaben des Bundesrates, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band III: Demokratie – Bundesorgane, 3. Aufl., Heidelberg 2005, 965–979 (zitiert: Herzog, in: HbdStR, § 58). – Zusammensetzung und Verfahren des Bundesrates, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band III: Demokratie – Bundesorgane, 3. Aufl., Heidelberg 2005, 981–998 (zitiert: Herzog, in: HbdStR, § 59). Hillgruber, Christian, Grundrechtlicher Schutzbereich, Grundrechtsausgestaltung und Grundrechtseingriff, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band IX: Allgemeine Grundrechtslehren, 3. Aufl., Heidelberg 2011, 981–1031 (zitiert: Hillgruber, in: HbdStR, § 200). Hirsch, Bernhard/Weber, Jürgen u. a., Controlling in öffentlichen Institutionen. Rollen – Handlungsfelder – Erfolgsfaktoren, Berlin 2012 (zitiert: Hirsch/Weber, Controlling in öffentlichen Institutionen). Hochhuth, Martin, Vor schlichthoheitlichem Verwaltungseingriff anhören? Drei Thesen zur Dogmatik des Realhandelns, in: NVWZ 2003, 30–35. Hoffmann-Riem, Wolfgang, Enge oder weite Gewährleistungsgehalte der Grundrechte?, in: Bäuerle, Michael/Hanebeck, Alexander u. a. (Hrsg.), Haben wir wirklich Recht? Zum Verhältnis von Recht und Wirklichkeit. Beiträge zum Kolloquium anlässlich des 60. Geburtstags von Brun-Otto Bryde, Baden-Baden 2004, 53–76 (zitiert: Hoffmann-Riem, in: Haben wir wirklich Recht?). – Grundrechtsanwendung unter Rationalitätsanspruch. Eine Erwiderung auf Kahls Kritik an neueren Ansätzen in der Grundrechtsdogmatik, in: Der Staat 43 (2004), 203–233. – Rechtsformen, Handlungsformen, Bewirkungsformen, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard/Voßkuhle, Andreas (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band II: Informationsordnung, Verwaltungsverfahren, Handlungsformen, 2. Aufl., München 2012, 943–1023 (zitiert: Hoffmann-Riem, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 33). Höfling, Wolfgang, Kopernikanische Wende rückwärts? Zur neueren Grundrechtsjudikatur des Bundesverfassungsgerichts, in: Muckel, Stefan (Hrsg.), Kirche und Religion im sozialen Rechtsstaat. Festschrift für Wolfgang Rüfner zum 70. Geburtstag, Berlin 2003, 329–340 (zitiert: Höfling, in: FS Rüfner). Höfling, Wolfram/Engels, Andreas, Parlamentarische Eigenkontrolle als Ausdruck von Beobachtungs- und Nachbesserungspflichten, in: Kluth, Winfried/Krings, Günter (Hrsg.), Gesetzgebung. Rechtsetzung durch Parlamente und Verwaltungen sowie

374

Literaturverzeichnis

ihre gerichtliche Kontrolle, Heidelberg 2014, 851–870 (zitiert: Höfling/Engels, in: Gesetzgebung, § 34). Höland, Armin, Zum Stand der Gesetzesevaluation in der Bundesrepublik Deutschland. Praktische und methodische Anmerkungen, in: ZG 1994, 372–379. Hölscheidt, Sven, Frage und Antwort im Parlament, Rheinbreitbach 1992 (zitiert: Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament). – Information der Parlamente durch die Regierungen, in: DÖV 1993, 593–600. Holznagel, Bernd, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: HoffmannRiem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard/Voßkuhle, Andreas (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band II: Informationsordnung, Verwaltungsverfahren, Handlungsformen, 2. Aufl., München 2012, 321–364 (zitiert: Holznagel, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 24). Holzner, Thomas, Parlamentarische Informationsansprüche im Spannungsfeld zwischen demokratischer Kontrolle und Staatswohlinteressen, in: DÖV 2016, 668–674. Hömig, Dieter/Stoltenberg, Klaus, Probleme der sachlichen Diskontinuität, in: DÖV 1973, 689–694. Honegg, Sarah, Die Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation als Mittel zur Beseitigung informationeller Ungleichgewichte, Hamburg 2015 (zitiert: Honegg, Verwendung von staatlicher Verbraucherinformation). Horváth, Péter/Gleich, Ronald/Seiter, Mischa, Controlling, 13. Aufl., München 2015 (zitiert: Horváth/Gleich/Seiter, Controlling). Hösli, Peter, Möglichkeiten und Grenzen der Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln, Zürich 2002 (zitiert: Hösli, Verfahrensbeschleunigung durch informell-kooperatives Verwaltungshandeln). Huber, Peter, Die Informationstätigkeit der öffentlichen Hand – ein grundrechtliches Sonderregime aus Karlsruhe?, in: JZ 2003, 290–297. Hufen, Friedhelm, Legitimität und Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit von Landesregierungen. Der Streit um den „Tag der offenen Tür“ in der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, in: LKRZ 2007, 41–47. – Verwaltungsprozessrecht, 10. Aufl., München 2016 (zitiert: Hufen, Verwaltungsprozessrecht). Ingold, Albert, Desinformationsrecht: Verfassungsrechtliche Vorgaben für staatliche Desinformationstätigkeit, Berlin 2011 (zitiert: Ingold, Desinformationsrecht). Isensee, Josef, Verfassungsrecht als „politisches Recht“, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band VII: Normativität und Schutz der Verfassung – Internationale Beziehungen, Heidelberg 1992, 103–163 (zitiert: Isensee, in: HbdStR (1992), § 162). – Die bundesstaatliche Kompetenz, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band VI: Bundesstaat, 3. Aufl., Heidelberg 2008, 455–513 (zitiert: Isensee, in: HbdStR, § 133). – Das Grundrecht als Abwehrrecht und als staatliche Schutzpflicht, in: Isensee, Josef/ Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland,

Literaturverzeichnis

375

Band IX: Allgemeine Grundrechtslehren, 3. Aufl., Heidelberg 2011, 413–568 (zitiert: Isensee, in: HbdStR, § 191). Ismayr, Wolfgang, Berichte der Bundesregierung im Prozeß parlamentarischer Willensbildung, in: ZParl 21 (1990), 553–559. Jarass, Hans/Pieroth, Bodo, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Kommentar, 14. Aufl., München 2016 (zitiert: Jarass/Pieroth, GG). Jekewitz, Jürgen, Der Grundsatz der Diskontinuität der Parlamentsarbeit im Staatsrecht der Neuzeit und seine Bedeutung unter der parlamentarischen Demokratie des Grundgesetzes. Eine rechtshistorische und rechtsdogmatische Untersuchung, Berlin 1977 (zitiert: Jekewitz, Der Grundsatz der Diskontinuität). – Der Grundsatz der Diskontinuität in der parlamentarischen Demokratie. Zugleich eine Untersuchung auf rechtshistorischer und rechtsvergleichender Grundlage, in: JÖR 27 (1978), 75–166. Jensen, Marco Arne, Rechtsprobleme regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit im Internet-Zeitalter, Hamburg 2006 (zitiert: Jensen, Öffentlichkeitsarbeit im InternetZeitalter). Junggeburth, Christoph, Die Beobachtung politischer Parteien durch das Bundesamt für Verfassungsschutz im Lichte der V-Mann-Affäre des NPD-Verbotsverfahrens. Entwicklung eines rechtlichen Rahmens zur „Freiheit der Feinde der Freiheit“, Hamburg 2012 (zitiert: Junggeburth, Die Beobachtung politischer Parteien). Kahl, Wolfgang, Vom weiten Schutzbereich zum engen Gewährleistungsgehalt. Kritik einer neuen Richtung der deutschen Grundrechtsdogmatik, in: Der Staat 43 (2004), 167–202. Kaiser, Anna-Bettina, Die Kommunikation der Verwaltung. Diskurse zu den Kommunikationsbeziehungen zwischen staatlicher Verwaltung und Privaten in der Verwaltungsrechtswissenschaft der Bundesrepublik Deutschland, Baden-Baden 2009 (zitiert: Kaiser, Die Kommunikation der Verwaltung). Käß, Robert, Die Warnung als verwaltungsrechtliche Handlungsform, in: WiVerw 2002, 197–211. Kauß, Udo, Gerichtliche Kontrolle unabhängiger Datenschutzbeauftragter. Anmerkung zu BGH vom 9. Dezember 2002 – Az. 5 StR 276/02, in: DuD 2003, 370–371. Kazele, Norbert, Arkanbereich der Exekutive? Zum Verhältnis der Exekutive zu den anderen Gewalten im demokratischen Rechtsstaat, in: VerwArch 101 (2010), 469– 481. Kempen, Bernhard, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung. Die öffentliche Verwaltung zwischen öffentlichem und privatem Recht, München 1989 (zitiert: Kempen, Formenwahlfreiheit). Kippes, Stefan, Bargaining. Informales Verwaltungshandeln und Kooperation zwischen Verwaltungen, Bürgern und Unternehmen. Eine empirische Untersuchung an Hand des Vollzugs des Umweltschutzrechts unter besonderer Berücksichtigung des Problemfelds „Altlastensanierung“, Köln 1995 (zitiert: Kippes, Bargaining).

376

Literaturverzeichnis

Kirchhof, Paul, Verwalten durch mittelbares Einwirken, Köln 1977 (zitiert: Kirchhof, Verwalten durch mittelbares Einwirken). Klein, Daniel, Umweltinformation im Völker- und Europarecht. Aktive Umweltaufklärung des Staates und Informationszugangsrechte des Bürgers, Tübingen 2011 (zitiert: Klein, Umweltinformation im Völker- und Europarecht). Klein, Franz, Abgabenordnung – einschließlich Steuerstrafrecht –, 13. Aufl., München 2016 (zitiert: Klein/Bearbeiter, AO). Klein, Hans Hugo, Stellung und Aufgaben des Bundestages, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band III: Demokratie – Bundesorgane, 3. Aufl., Heidelberg 2005, 711–740 (zitiert: Klein, in: HbdStR, § 50). – Status des Abgeordneten, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band III: Demokratie – Bundesorgane, 3. Aufl., Heidelberg 2005, 741–767 (zitiert: Klein, in: HbdStR, § 51). Klement, Jan Henrik, Der Vorbehalt des Gesetzes für das Unvorhersehbare. Argumente gegen zu viel Rücksicht auf den Gesetzgeber, in: DÖV 2005, 507–515. Kloepfer, Michael, Information als Intervention in der Wettbewerbsaufsicht. Rechtsfragen zur Öffentlichkeitsarbeit des Bundeskartellamts, Tübingen 1973 (zitiert: Kloepfer, Information als Intervention). – Staatliche Informationen als Lenkungsmittel. Dargestellt insbesondere am Problem behördlicher Warnungen und Empfehlungen im Umweltrecht, Berlin 1998 (zitiert: Kloepfer, Staatliche Informationen als Lenkungsmittel). – Informationsrecht, München 2002 (zitiert: Kloepfer, Informationsrecht). – Verfassungsrecht, Band I: Grundlagen, Staatsorganisationsrecht, Bezüge zum Völker- und Europarecht, München 2011 (zitiert: Kloepfer, Verfassungsrecht I). – Umweltrecht, 4. Aufl., München 2015 (zitiert: Kloepfer, Umweltrecht). Knack, Hans Joachim/Henneke, Hans-Günter (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Kommentar, 10. Aufl., Köln 2014 (zitiert: Knack/Henneke/Bearbeiter, VwVfG). Knebel, Sophie Victoria/Schoss, Robin Christopher, Umfang und Legitimationsprobleme staatlichen Informationshandelns im Internet, in: DÖV 2016, 105–112. Knickrehm, Sabine/Kreikebohm, Ralf/Waltermann, Raimund (Hrsg.), Kommentar zum Sozialrecht. VO (EG) Nr. 883/2004, SGB I bis SGB XII, SGG, BAföG, BEEG, Kindergeldrecht (EStG), UnterhaltsvorschussG, WoGG, 5. Aufl., München 2017 (zitiert: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Bearbeiter, Sozialrecht-Kommentar). König, Klaus, Evaluation als Kontrolle der Gesetzgebung, in: Schreckenberger, Waldemar (Hrsg.), Gesetzgebungslehre. Grundlagen – Zugänge – Anwendungen, Stuttgart 1986, 96–108 (zitiert: König, in: Gesetzgebungslehre). Kopp, Ferdinand/Ramsauer, Ulrich, Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar, 18. Aufl., München 2017 (zitiert: Kopp/Ramsauer, VwVfG). Kopp, Ferdinand/Schenke, Wolf-Rüdiger, Verwaltungsgerichtsordnung. Kommentar, 23. Aufl., München 2017 (zitiert: Kopp/Schenke, VwGO).

Literaturverzeichnis

377

Kornmeier, Claudia, Der Einsatz von Drohnen zur Bildaufnahme. Eine luftverkehrsrechtliche und datenschutzrechtliche Betrachtung, Berlin 2012 (zitiert: Kornmeier, Einsatz von Drohnen). Krause, Peter, Rechtsformen des Verwaltungshandelns. Überlegungen zu einem System der Handlungsformen der Verwaltung, mit Ausnahme der Rechtssetzung, Berlin 1974 (zitiert: Krause, Rechtsformen). Krebs, Walter, Verwaltungsorganisation, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band V: Rechtsquellen, Organisation, Finanzen, 3. Aufl., Heidelberg 2007, 457–520 (zitiert: Krebs, in: HbdStR, § 108). Kube, Hanno, Neue Medien – Internet, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band IV: Aufgaben des Staates, 3. Aufl., Heidelberg 2006, 843–884 (zitiert: Kube, in: HbdStR, § 91). Kühling, Jürgen/Seidel, Christian/Sivridis, Anastasios, Datenschutzrecht, 3. Aufl., Heidelberg 2015 (zitiert: Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht). Kunze, Klaus, Verfassungsschutz ist nicht gleich Schutz der Verfassung. Die Parteipolitik färbt das Bild der zu schützenden Verfassung, in: Knüther, Hans-Helmut/Winckler, Stefan (Hrsg.), Der Verfassungsschutz. Auf der Suche nach dem verlorenen Feind, München 2000, 141–154 (zitiert: Kunze, in: Der Verfassungsschutz). Ladeur, Karl-Heinz, Die Kommunikationsinfrastruktur der Verwaltung, in: HoffmannRiem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard/Voßkuhle, Andreas (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band II: Informationsordnung, Verwaltungsverfahren, Handlungsformen, 2. Aufl., München 2012, 35–106 (zitiert: Ladeur, in: Grundlagen des VerwR Bd. II, § 21). Landmann/Rohmer, Umweltrecht Kommentar, hrsg. von Beckmann, Martin/Durner, Wolfgang u. a., Loseblattsammlung, Stand: 83. Ergänzungslieferung 2017, München (zitiert: Landmann/Rohmer/Bearbeiter, UmweltR). Lang, Joachim, Zum Fragerecht von Landesregierungen im Bundesrat, in: ZParl 2001, 281–290. Lehr, Katja, Staatliche Lenkung durch Handlungsformen, Frankfurt am Main 2010 (zitiert: Lehr, Lenkung durch Handlungsformen). Leidinger, Tobias, Hoheitliche Warnungen, Empfehlungen und Hinweise im Spektrum staatlichen Informationshandelns. Zum aktuellen Stand der Diskussion in Rechtsprechung und Literatur, in: DÖV 1993, 925–935. Leisner, Anna, Kontinuität als Verfassungsprinzip unter besonderer Berücksichtigung des Steuerrechts, Tübingen 2002 (zitiert: Leisner, Kontinuität als Verfassungsprinzip). Leisner, Walter, Öffentlichkeitsarbeit der Regierung im Rechtsstaat. Dargestellt am Beispiel des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Berlin 1966 (zitiert: Leisner, Öffentlichkeitsarbeit). Lemke, Helmut (Hrsg.), Parlamentspraxis des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Mit Kommentierungen zur Geschäftsordnung, Kiel 1982 (zitiert: Lemke, Parlamentspraxis des Schleswig-Holsteinischen Landtags).

378

Literaturverzeichnis

Lenski, Sophie-Charlotte, Staatliches Informationshandeln als Grundrechtseingriff. Zur Anwendung der Osho-Rechtsprechung in der verwaltungsgerichtlichen Praxis, in: ZJS 2008, 13–17. Lepsius, Oliver, Volksvertreter fragen – die Regierung schweigt: Aushöhlung der parlamentarischen Kontrolle?, in: KJ 2009, Beiheft 1, 81–92. Lerche, Peter, Vorbehalt des Gesetzes und Wesentlichkeitstheorie, in: Merten, Detlef/ Papier, Hans-Jürgen (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Band III: Grundrechte in Deutschland: Allgemeine Lehren II, Heidelberg 2009, 301–331 (zitiert: Lerche, in: HbdGR, § 62). Lewinski, Kai v., Formelles und informelles Handeln der datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörden, in: RDV 2001, 275–281. – Tätigkeitsberichte im Datenschutz, in: RDV 2004, 163–168. Linck, Joachim, Berichte der Regierung an das Parlament, in: DÖV 1979, 116–124. – Zur Informationspflicht der Regierung gegenüber dem Parlament, in: DÖV 1983, 957–964. Link, Peter/Dorp, Tomas van, Überlange Gerichtsverfahren. Bilanz zum Rechtsschutz bei Verzögerung arbeitsrechtlicher Prozesse, in: AuA 2015, 340–342. Loeser, Roman, Das Berichtswesen der öffentlichen Verwaltung. Öffentliche Verwaltung im Rahmen unterschiedlicher Rechtsformen, Baden-Baden 1991 (zitiert: Loeser, Berichtswesen). Lorz, Ralph Alexander/Richterich, Maike, Regierung im Parlament, in: Morlok, Martin/ Schliesky, Utz/Wiefelspütz, Dieter (Hrsg.), Parlamentsrecht. Praxishandbuch, BadenBaden 2016, 1063–1111 (zitiert: Lorz/Richterich, in: Hb. Parlamentsrecht, § 35). Löwer, Wolfgang, Zuständigkeiten und Verfahren des Bundesverfassungsgerichts, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band III: Demokratie – Bundesorgane, 3. Aufl., Heidelberg 2005, 1285–1526 (zitiert: Löwer, in: HbdStR, § 70). Lübbe-Wolff, Gertrude, Rechtsprobleme der behördlichen Umweltberatung, in: NJW 1987, 2705–2712. Luch, Anika, Handlungsformen, in: Morlok, Martin/Schliesky, Utz/Wiefelspütz, Dieter (Hrsg.), Parlamentsrecht. Praxishandbuch, Baden-Baden 2016, 394–429 (zitiert: Luch, in: Hb. Parlamentsrecht, § 10). Lüdemann, Jörn, Edukatorisches Staatshandeln. Steuerungstheorie und Verfassungsrecht am Beispiel der staatlichen Förderung von Abfallmoral, Baden-Baden 2004 (zitiert: Lüdemann, Edukatorisches Staatshandeln). Magiera, Siegfried, Parlament und Staatsleitung in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes. Eine Untersuchung zu den Grundlagen der Stellung und Aufgaben des Deutschen Bundestages, Berlin 1979 (zitiert: Magiera, Parlament und Staatsleitung). – Rechte des Bundestages und seiner Mitglieder gegenüber der Regierung, in: Schneider, Hans-Peter/Zeh, Wolfgang (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Handbuch, Berlin 1989, 1421–1446 (zitiert: Magiera, in: Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, § 52).

Literaturverzeichnis

379

Maiwald, Christian, Berichtspflichten gegenüber dem Deutschen Bundestag, Frankfurt am Main 1993 (zitiert: Maiwald, Berichtspflichten). Mandelartz, Herbert, Öffentlichkeitsarbeit der Regierung. – Begriff, Instrumente und Begrenzungen in der Vorwahlzeit, in: DÖV 2009, 509–517. – Grenzen regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit, in: LKRZ 2010, 371–374. – Informations- und Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung. Zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Sache „Schwesig“, in: DÖV 2015, 326–329. Mandelartz, Herbert/Grotelüschen, Henning, Das Internet und die Rechtsprechung des BVerfG zur Öffentlichkeitsarbeit der Regierung, in: NVWZ 2004, 647–650. Mangoldt, Hermann v./Klein, Friedrich/Starck, Christian (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Band II: Art. 20–82, 6. Aufl., München 2010 (zitiert: M/K/S/Bearbeiter, GG). Martin, Jule, Das Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit. Neue Impulse aus dem Umweltrecht des Mehrebenensystems, Berlin 2012 (zitiert: Martin, Steuerungskonzept der informierten Öffentlichkeit). Martini, Mario/Kühl, Benjamin, Staatliches Informationshandeln, in: JURA 2014, 1221–1236. Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, hrsg. von Herzog, Roman/Scholz, Rupert u. a., Loseblattsammlung, Stand: 80. Ergänzungslieferung 2017, Berlin (zitiert: Maunz/ Dürig/Bearbeiter, GG-Kommentar). Maunz, Theodor/Schmidt-Bleibtreu, Bruno/Klein, Franz u. a. (Hrsg.), Bundesverfassungsgerichtsgesetz Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: 51. Ergänzungslieferung 2017, München (zitiert: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Bearbeiter, BVerfGG-Kommentar). Maurer, Hartmut, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl., München 2011 (zitiert: Maurer, VwAT). Mayer, Otto, Deutsches Verwaltungsrecht, Band I, 3. Aufl., München 1924 (zitiert: Mayer, Dt. VerwR I). Merten, Detlef, Grundrechtlicher Schutzbereich, in: Merten, Detlef/Papier, Hans-Jürgen (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Band III: Grundrechte in Deutschland: Allgemeine Lehren II, Heidelberg 2009, 3–85 (zitiert: Merten, in: HbdGR, § 56). Meßerschmidt, Klaus, Gesetzgebungsermessen, Berlin 2000 (zitiert: Meßerschmidt, Gesetzgebungsermessen). Michael, Lothar, Rechtsetzende Gewalt im kooperierenden Verfassungsstaat. Normprägende und normersetzende Absprachen zwischen Staat und Wirtschaft, Berlin 2002 (zitiert: Michael, Rechtsetzende Gewalt). – Folgen der Beendigung: Elemente der Diskontinuität und der Kontinuität, in: Morlok, Martin/Schliesky, Utz/Wiefelspütz, Dieter (Hrsg.), Parlamentsrecht. Praxishandbuch, Baden-Baden 2016, 1571–1603 (zitiert: Michael, in: Hb. Parlamentsrecht, § 49).

380

Literaturverzeichnis

Michaelis, Lars Oliver, Politische Parteien unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes. Die Streitbare Demokratie zwischen Toleranz und Abwehrbereitschaft, BadenBaden 2000 (zitiert: Michaelis, Politische Parteien unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes). Mohr, Peter, Umweltberatung durch Privatpersonen und Behörden. Ein Beitrag zu den Rechtsgrundlagen der Umweltberatung für die privaten Haushalte, in: NuR 1989, 101–106. Monopolkommission, Wettbewerbspolitik: Herausforderung Digitale Märkte. Sondergutachten 68, abrufbar unter http://monopolkommission.de/images/PDF/SG/SG68/ S68_volltext.pdf (Stand: 25.01.2017) (zitiert: 68. Sondergutachten der Monopolkommission). Morlok, Martin, Retrospektive Kompensation der Folgen rechtswidrigen Hoheitshandelns, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard/Voßkuhle, Andreas (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band III: Personal, Finanzen, Kontrolle, Sanktionen, Staatliche Einstandspflichten, 2. Aufl., München 2013, 1243–1295 (zitiert: Morlok, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 54). Mössle, Wilhelm, Regierungsfunktionen des Parlaments, München 1986 (zitiert: Mössle, Regierungsfunktionen). Möstl, Markus, Verfassungsfragen der Flüchtlingskrise 2015/2016, in: AöR 142 (2017), 175–246. Müller, Stefan, Das datenschutzpolitische Mandat des BfD, in: RDV 2004, 211–214. Münch, Ingo v./Kunig, Phillip (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Band I: Präambel – Art. 69, 6. Aufl., München 2012 (zitiert: Münch/Kunig/Bearbeiter, GGK I). Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, hrsg. von Joecks, Wolfgang/Miebach, Klaus, Band I: §§ 1–37 StGB, 3. Aufl., München 2017; Band V: §§ 263–358 StGB, 2. Aufl., München 2014 (zitiert: MüKo-StGB/Bearbeiter). Mundil, Daniel, Die Opposition. Eine Funktion des Verfassungsrechts, Berlin 2014 (zitiert: Mundil, Opposition). Murswiek, Dietrich, Das Bundesverfassungsgericht und die Dogmatik der mittelbaren Grundrechtseingriffe. Zu der Glykol- und der Osho-Entscheidung vom 26.6.2002, in: NVWZ 2003, 1–8. – Der Verfassungsschutzbericht – das scharfe Schwert der streitbaren Demokratie. Zur Problematik der Verdachtsberichterstattung, in: NWVZ 2004, 769–778. – Neue Maßstäbe für den Verfassungsschutzbericht. Konsequenzen aus dem JF-Beschluss des BVerfG, in: NVWZ 2006, 121–128. – Verfassungsschutz durch Information der Öffentlichkeit – Zur Entwicklung der Verfassungsschutzberichte seit dem JF-Beschluss, in: Dix, Alexander/Franßen, Gregor u. a. (Hrsg.), Jahrbuch Informationsfreiheit und Informationsrecht 2009, Berlin 2009, 57–104 (zitiert: Murswiek, in: Jb. Informationsfreiheit und Informationsrecht 2009).

Literaturverzeichnis

381

Nomos Kommentar Strafgesetzbuch, hrsg. von Kindhäuser, Urs/Neumann, Ulfrid/Paeffgen, Hans-Ulrich, Band I: §§ 1–79b StGB, 5. Aufl., Baden-Baden 2017 (zitiert: NKStGB/Bearbeiter). Oebbecke, Janbernd, Beratung durch Behörden, in: DVBL 1994, 147–154. Oppenhoff, Christian Friedrich, Die Rechtsprechung des Königlichen Obertribunals in Strafsachen, Band IV, Berlin 1864 (zitiert: Oppenhoff, Die Rechtsprechung des Königlichen Obertribunals in Strafsachen). Ossenbühl, Fritz, Die Handlungsformen der Verwaltung, in: JuS 1979, 681–687. – Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, Köln 1986 (zitiert: Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen). – Informelles Hoheitshandeln im Gesundheits- und Umweltschutz, in: Jb. UTR 3 (1987), 27–48. – Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band V: Rechtsquellen, Organisation, Finanzen, 3. Aufl., Heidelberg 2007, 183–221 (zitiert: Ossenbühl, in: HbdStR, § 101). – Verfahren der Gesetzgebung, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band V: Rechtsquellen, Organisation, Finanzen, 3. Aufl., Heidelberg 2007, 223–259 (zitiert: Ossenbühl, in: HbdStR, § 102). – Verbraucherschutz durch Information, in: NVWZ 2011, 1357–1363. Ossenbühl, Fritz/Cornils, Matthias, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl., München 2014 (zitiert: Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht). Oster, Jan, Das informell-kooperative Verwaltungshandeln im Umweltrecht. Begriffliche Abgrenzung, Erscheinungsformen und rechtliche Bewertung, in: NuR 2008, 845–850. Osterloh, Lerke, Retrospektive und prospektive Kompensation der Folgen rechtmäßigen Hoheitshandelns, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard/Voßkuhle, Andreas (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band III: Personal, Finanzen, Kontrolle, Sanktionen, Staatliche Einstandspflichten, 2. Aufl., München 2013, 1297–1426 (zitiert: Osterloh, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 55). Paal, Boris/Pauly, Daniel, Datenschutz-Grundverordnung, München 2017 (zitiert: Paal/ Pauly/Bearbeiter, DSGVO). Palm, Heinz, Die Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung vor dem Verfassungsgerichtshof. Verfahren über die Werbung für ein Abfallvermeidungskonzept, in: Bertrams, Michael (Hrsg.), Verfassungsgerichtsbarkeit in Nordrhein-Westfalen. Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen, Stuttgart 2002, 319–338 (zitiert: Palm, in: FS VerfGH NRW). Papesch, Eike, Staatliche Informationstätigkeit im System des öffentlichen Rechts. Insbesondere bei der Erfassung und Steuerung von Gefahrenlagen: Pflichten, Grenzen und Haftungsfragen, Marburg 2000 (zitiert: Papesch, Staatliche Informationstätigkeit).

382

Literaturverzeichnis

Pauly, Walter, Grundlagen einer Handlungsformenlehre im Verwaltungsrecht, in: Becker-Schwarze, Kathrin/Köck, Wolfgang u. a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im Öffentlichen Recht. 31. Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachrichtung „Öffentliches Recht“, Bremen 1991, 25–45 (zitiert: Pauly, in: Wandel der Handlungsformen). Payandeh, Mehrdad, Die Neutralitätspflicht staatlicher Amtsträger im öffentlichen Meinungskampf. Dogmatische Systembildung auf verfassungsrechtlich zweifelhafter Grundlage, in: Der Staat 55 (2016), 519–550. Peilert, Andreas, BVerfGE 44, 125 – Öffentlichkeitsarbeit. Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung als Verletzung des Demokratieprinzips und der Chancengleichheit im Wahlkampf, in: Menzel, Jörg/Müller-Terpitz, Ralf (Hrsg.), Verfassungsrechtsprechung. Ausgewählte Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in Retrospektive, 3. Aufl., Tübingen 2017, 293–299 (zitiert: Peilert, in: Verfassungsrechtsprechung). Peine, Franz-Joseph, Der Grundrechtseingriff, in: Merten, Detlef/Papier, Hans-Jürgen (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Band III: Grundrechte in Deutschland: Allgemeine Lehren II, Heidelberg 2009, 87–112 (zitiert: Peine, in: HbdGR, § 57). – Allgemeines Verwaltungsrecht, 11 Aufl., Heidelberg 2014 (zitiert: Peine, VwAT). Petersen, Frank/Hermanns, Isabella, Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der Regelungen zur gewerblichen Sammlung von Abfällen (Monitoring-Bericht), in: AbfallR 2014, 138–141. Pfeifer, Markus, Auswirkungen der EU-Datenschutz-Grundverordnung auf öffentliche Stellen, in: GewArch 2014, 142–146. Philipp, Renate, Staatliche Verbraucherinformation im Umwelt- und Gesundheitsrecht, Köln 1989 (zitiert: Philipp, Staatliche Verbraucherinformationen). Pietzcker, Jost, Zuständigkeitsordnung und Kollisionsrecht im Bundesstaat, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band VI: Bundesstaat, 3. Aufl., Heidelberg 2008, 515–565 (zitiert: Pietzcker, in: HbdStR, § 134). Piltz, Carlo, Die Datenschutz-Grundverordnung, in: K&R 2016, 557–567 (1. Teil); K&R 2016, 629–636 (2. Teil); K&R 2016, 709–717 (3. Teil). Plath, Kai-Uwe (Hrsg.), BDSG/DSGVO. Kommentar zum BDSG und zur DSGVO sowie den Datenschutzbestimmungen des TMG und TKG, 2. Aufl., Köln 2016 (zitiert: Plath/Bearbeiter, BDSG/DSGVO-Kommentar). Porsch, Winfried, Warnungen und kritische Äußerungen als Mittel gemeindlicher Öffentlichkeitsarbeit, Würzburg 1997 (zitiert: Porsch, Warnungen und kritische Äußerungen). Posser, Herbert/Wolff, Heinrich Amadeus (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar VwGO, 41. Edition, Stand: 01.04.2017, München 2016 (zitiert: Posser/Wolff/Bearbeiter, BeckOK VwGO). Prommer, Jennifer, Novellierungsbedarf im Parteienrecht. Eine Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Privilegien politischer Parteien anhand ausgewählter Problemstellungen, Baden-Baden 2014 (zitiert: Prommer, Novellierungsbedarf).

Literaturverzeichnis

383

Prommer, Jennifer/Rossi, Matthias, Das neue Verbraucherinformationsgesetz, in: GewArch 2013, 97–105. Quaritsch, Helmut, Probleme der Selbstdarstellung des Staates, Tübingen 1977 (zitiert: Quaritsch, Probleme der Selbstdarstellung des Staates). Reimer, Franz, Adverse Publizität. Der Pranger im Verwaltungsrecht, in: JöR 58 (2010), 275–299. Remmert, Barbara, Schlichtes Verwaltungshandeln, in: JURA 2007, 736–743. Reuter, Konrad, Praxishandbuch Bundesrat. Verfassungsrechtliche Grundlagen, Kommentar zur Geschäftsordnung, Praxis des Bundesrates, 2. Aufl., Heidelberg 2007 (zitiert: Reuter, Hb. Bundesrat). Richter, Walter/Dreyer, Matthias, Vom operativen zum strategischen Controlling, in: Hill, Hermann/Klages, Helmut (Hrsg.), Die moderne Verwaltung. Gestaltung durch Information, Stuttgart 1999 (zitiert: Richter/Dreyer, in: Die moderne Verwaltung). Rinke, Franziska, Der Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen – die Richtlinie 2003/4/EG und deren Umsetzung in deutsches Recht, München 2009 (zitiert: Rinke, Der Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen). – Anmerkung zum Bericht der Bundesrepublik Deutschland über die bei der Anwendung der Richtlinie 2003/4/EG über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen gewonnenen Erfahrungen, in: NuR 2010, 389–392. Robbers, Gerhard, Schlichtes Verwaltungshandeln. Ansätze zu einer dogmatischen Strukturierung, in: DÖV 1987, 272–280. – Behördliche Auskünfte und Warnungen gegenüber der Öffentlichkeit, in: AfP 1990, 84–88. Roll, Hans-Achim, Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Kommentar, BadenBaden 2001 (zitiert: Roll, GO-BT-Kommentar). Roller, Steffen, Rechtsschutz bei überlangen Verfahren – eine Zwischenbilanz, in: DRIZ 2015, 66–69. Roßnagel, Alexander (Hrsg.), Handbuch Datenschutzrecht, Die neuen Grundlagen für Wirtschaft und Verwaltung, München 2003 (zitiert: Roßnagel/Bearbeiter, Hb. Datenschutzrecht). Roth, Wolfgang, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten. Das subjektive Recht im innerorganisatorischen Verwaltungsrechtskreis und seine verwaltungsgerichtliche Geltendmachung, Berlin 2001 (zitiert: Roth, Verwaltungsrechtliche Organstreitigkeiten). Rottmann, Elke, Schutzbereich und Gewährleistungsbereich der Grundrechte. Grundrechtsdogmatische und rechtsstaatliche Überlegungen auf Basis der Analyse des Glykolurteils des BVerfGs, Hamburg 2012 (zitiert: Rottmann, Schutzbereich und Gewährleistungsbereich). Rusteberg, Benjamin, Der grundrechtliche Gewährleistungsgehalt. Eine veränderte Perspektive auf die Grundrechtsdogmatik durch eine präzise Schutzbereichsbestimmung, Tübingen 2009 (zitiert: Rusteberg, Gewährleistungsgehalt).

384

Literaturverzeichnis

Rüthers, Bernd/Fischer, Christian/Birk, Axel, Rechtstheorie mit juristischer Methodenlehre, 9. Aufl., München 2016 (zitiert: Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie). Sachs, Michael, Informationsinterventionismus und Verfassungsrecht, in: Osterloh, Lerke/Schmidt, Karsten/Weber, Hermann (Hrsg.), Staat, Wirtschaft, Finanzverfassung. Festschrift für Peter Selmer zum 70. Geburtstag, Berlin 2004, 201–226 (zitiert: Sachs, in: FS Selmer). – (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 7. Aufl., München 2014 (zitiert: Sachs/Bearbeiter, GG). Sander, Hilmar, Politische Parteien im Visier des Verfassungsschutzes. Ein Beitrag zur Bestimmung der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die nachrichtendienstliche Beobachtung politischer Parteien, dargestellt am Beispiel der „Republikaner“, in: DÖV 2001, 328–335. Sauer, Heiko, Staatshaftungsrecht. Eine Systematisierung für die Fallbearbeitung, in: JuS 2012, 695–699 (1. Teil), JuS 2012, 800–805 (2. Teil). – Juristische Methodenlehre, in: Krüper, Julian (Hrsg.), Grundlagen des Rechts, 2. Aufl., Baden-Baden 2013, 172–192 (zitiert: Sauer, in: Grundlagen des Rechts). Schaar, Peter, Datenschutz im Internet. Die Grundlagen, München 2002 (zitiert: Schaar, Datenschutz im Internet). Schäfer, Friedrich, Der Bundestag. Eine Darstellung seiner Aufgaben und seiner Arbeitsweise, 4. Aufl., Opladen 1982 (zitiert: Schäfer, Der Bundestag). Schantz, Peter, Die Datenschutz-Grundverordnung – Beginn einer neuen Zeitrechnung im Datenschutz?, in: NJW 2016, 1841–1847. Schindler, Peter, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages: 1949 bis 1999. Eine Veröffentlichung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Band I: Kapitel 1–6, Baden-Baden 1999 (zitiert: Schindler, Datenhandbuch Bundestag 1949 bis 1999 Bd. I). Schlaich, Klaus, Neutralität als verfassungsrechtliches Prinzip. Vornehmlich im Kulturverfassungs- und Staatskirchenrecht, Tübingen 1972 (zitiert: Schlaich, Neutralität als verfassungsrechtliches Prinzip). Schlaich, Klaus/Korioth, Stefan, Das Bundesverfassungsgericht. Stellung, Verfahren, Entscheidungen, 10. Aufl., München 2015 (zitiert: Schlaich/Korioth, Bundesverfassungsgericht). Schlecht, Jutta, Behördliche Warnungen vor gesundheitsgefährdenden Produkten, Göttingen 2001 (zitiert: Schlecht, Behördliche Warnungen). Schmalenbach, Kirsten, Wenn der Staat lügt: Desinformation im demokratischen Rechtsstaat, in: NVWZ 2005, 1357–1361. Schmidt, Christian, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen der Bundesregierung. Zugleich eine kritische Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur regierungsamtlichen Öffentlichkeitsarbeit, Aachen 2003 (zitiert: C. Schmidt, Verhaltenslenkende Informationsmaßnahmen).

Literaturverzeichnis

385

Schmidt, Jörg, Die demokratische Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle. Eine verfassungsrechtliche Untersuchung über Grundlage, Gegenstand und Grenzen der parlamentarischen Kontrolle unter besonderer Berücksichtigung der ministerialfreien Räume und der Privatisierung, Berlin 2007 (zitiert: J. Schmidt, Legitimationsfunktion der parlamentarischen Kontrolle). Schmidt, Rolf, Staatliches Informationshandeln und Grundrechtseingriff, Grasberg bei Bremen 2004 (zitiert: R. Schmidt, Staatliches Informationshandeln). Schmidt-Aßmann, Eberhard, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns. Ihre Bedeutung im System des Verwaltungsrechts und für das verwaltungsrechtliche Denken der Gegenwart, in: DVBL 1989, 533–541. – Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee. Grundlagen und Aufgaben der verwaltungsrechtlichen Systembildung, 2. Aufl., Berlin 2004 (zitiert: Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee). Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG. Kommentar zum Grundgesetz, hrsg. von Hofmann, Hans/ Henneke, Hans-Günter, 13. Aufl., Köln 2014 (zitiert: Schmidt-Bleibtreu/Bearbeiter, GG). Schmieszek, Hans-Peter/Langer, Olaf, Der Pranger: Instrument moderner Finanz- und Wirtschaftsregulierung, in: WM 2014, 1893–1901. Schnapp, Friedrich, Logik für Juristen. Die Grundlagen der Denklehre und der Rechtsanwendung, 7. Aufl., München 2016 (zitiert: Schnapp, Logik für Juristen). Schneider, Hans, Gesetzgebung. Ein Lehr- und Handbuch, 3. Aufl., Heidelberg 2002 (zitiert: Schneider, Gesetzgebung). Schneider, Imke, Staatliche Informationstätigkeit als Steuerungsmittel im Umweltrecht, Frankfurt am Main 2012 (zitiert: Schneider, Staatliche Informationstätigkeit). Schoch, Friedrich, Entformalisierung staatlichen Handelns, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band III: Demokratie – Bundesorgane, 3. Aufl., Heidelberg 2005, 131–227 (zitiert: Schoch, in: HbdStR, § 37). – Neuere Entwicklungen im Verbraucherinformationsrecht, in: NJW 2010, 2241– 2247. – Die Schwierigkeiten des BVerfG mit der Bewältigung staatlichen Informationshandelns, in: NVWZ 2011, 193–198. – Amtliche Publikumsinformation zwischen staatlichem Schutzauftrag und Staatshaftung. Das Verbraucherinformationsrecht als Modell der amtlichen Publikumsinformation, in: NJW 2012, 2844–2850. – Gerichtliche Verwaltungskontrollen, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard/Voßkuhle, Andreas (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts, Band III: Personal, Finanzen, Kontrolle, Sanktionen, Staatliche Einstandspflichten, 2. Aufl., München 2013, 743–1047 (zitiert: Schoch, in: Grundlagen des VerwR Bd. III, § 50).

386

Literaturverzeichnis

– Amtliche Publikumsinformation im Spiegel der Rechtsprechung, in: VBlBW 2014, 361–369. Schomerus, Thomas/Schrader, Christian/Wegener, Bernhard (Hrsg.), Umweltinformationsgesetz Handkommentar, 2. Aufl., Baden-Baden 2002 (zitiert: HK-UIG/Bearbeiter). Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch Kommentar, bearb. v. Eser, Albin/Perron, Walter/ Eisele, Jörg u. a., 29. Aufl., München 2014 (zitiert: Schönke/Schröder/Bearbeiter, StGB). Schreckenberger, Waldemar, Sozialer Wandel als Problem der Gesetzgebung, in: VerwArch 68 (1977), 28–44. Schröder, Meinhard, Aufgaben der Bundesregierung, in: Isensee, Josef/Kirchhof, Paul (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band III: Demokratie – Bundesorgane, 3. Aufl., Heidelberg 2005, 1115–1131 (zitiert: Schröder, in: HbdStR, § 64). Schröder, Rainer, Verwaltungsrechtsdogmatik im Wandel, Tübingen 2007 (zitiert: Schröder, Verwaltungsrechtsdogmatik). Schuldt, Lasse, Geheimnisverrat. Die Beteiligung von Journalisten an der Verletzung von Dienstgeheimnissen, Berlin 2011 (zitiert: Schuldt, Geheimnisverrat). Schüle, Adolf, Die Informationspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Bundesrat, in: Max-Planck-Institut für Ausländisches Öffentliches Recht und Völkerrecht, Völkerrechtliche und Staatsrechtliche Abhandlungen. Carl Bilfinger zum 75. Geburtstag am 21. Januar 1954, gewidmet von Mitgliedern und Freunden des Instituts, Köln 1954, 441–471 (zitiert: Schüle, in: FS Bilfinger). Schulte, Christof (Hrsg.), Lexikon des Controlling, München 1996 (zitiert: Schulte, Controlling-Lexikon). Schulte, Martin, Informales Verwaltungshandeln als Mittel staatlicher Umwelt- und Gesundheitspflege, in: DVBL 1988, 512–520. – Schlichtes Verwaltungshandeln. Verfassungs- und verwaltungsdogmatische Strukturüberlegungen am Beispiel des Umweltrechts, Tübingen 1995 (zitiert: Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln). – Wandel der Handlungsformen der Verwaltung und der Handlungsformenlehre in der Informationsgesellschaft, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.), Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, Baden-Baden 2000, 333–348 (zitiert: Schulte, in: Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft). Schulze-Fielitz, Helmuth, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung – besonders des 9. Deutschen Bundestages (1980–1983) –, Berlin 1988 (zitiert: Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung). Schuppert, Gunnar Folke, Die Einheit der Verwaltung als Rechtsproblem, in: DÖV 1987, 757–768. – Verwaltungsrechtswissenschaft als Steuerungswissenschaft. Zur Steuerung des Verwaltungshandelns durch Verwaltungsrecht, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/SchmidtAßmann, Eberhard u. a. (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts.

Literaturverzeichnis

387

Grundfragen, Baden-Baden 1993, 65–114 (zitiert: Schuppert, in: Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts). – Verwaltungswissenschaft. Verwaltung, Verwaltungsrecht, Verwaltungslehre, BadenBaden 2000 (zitiert: Schuppert, Verwaltungswissenschaft). Schürmann, Frank, Regierungsamtliche Öffentlichkeitsarbeit im Wahlkampf – Kritische Anmerkungen zu den Müllkampagnen-Urteilen des NRWVerfGH, in: NVWZ 1992, 852–856. – Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung. Strukturen, Medien, Auftrag und Grenzen eines informalen Instruments der Staatsleitung, Berlin 1992 (zitiert: Schürmann, Öffentlichkeitsarbeit). Schüßlburner, Josef, Amtliche Ideologiekontrolle durch verfassungswidrige Verfassungsschutzberichte, in: Knütter, Hans-Helmuth/Winckler, Stefan (Hrsg.), Der Verfassungsschutz. Auf der Suche nach dem verlorenen Feind, München 2000, 155–204 (zitiert: Schüßlburner, in: Der Verfassungsschutz). Schwark, Eberhard/Zimmer, Daniel (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar. Börsengesetz mit Börsenzulassungsverordnung, Wertpapierprospektgesetz, Verkaufsprospektgesetz mit Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung, Wertpapierhandelsgesetz, Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 4. Aufl., München 2010 (zitiert: Schwark/Zimmer/Bearbeiter, Kapitalmarktrechtskommentar). Schwarzer, Markus Maximilian, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit. Eine juristische Untersuchung der Frage, wie der Staat bzw. staatliche Institutionen Öffentlichkeitsarbeit betreiben dürfen, Tübingen 1999 (zitiert: Schwarzer, Staatliche Öffentlichkeitsarbeit). Seifert, Karl-Heinz, Anmerkung zu BVerfG, Urt. v. 2.3.1977 – 2 BvE 1/76 –, in: DÖV 1977, 288–290. Sellmann, Klaus Albrecht, Der schlichte Parlamentsbeschluß, Berlin 1966 (zitiert: Sellmann, Schlichter Parlamentsbeschluß). Sester, Martin, Der Parlamentsbeschluß, Hamburg 2007 (zitiert: Sester, Parlamentsbeschluß). Shirvani, Foroud, Das Kooperationsprinzip im deutschen und europäischen Umweltrecht, Berlin 2005 (zitiert: Shirvani, Kooperationsprinzip). – Parteienfreiheit, Parteienöffentlichkeit und die Instrumente des Verfassungsschutzes, in: AöR 134 (2009), 572–595. Siems, Ulrike, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns, Göttingen 1999 (zitiert: Siems, Der Begriff des schlichten Verwaltungshandelns). Simitis, Spiros (Hrsg.), Bundesdatenschutzgesetz, Kommentar, 8. Aufl., Baden-Baden 2014 (zitiert: Simitis/Bearbeiter, BDSG). Steinbeiß-Winkelmann, Christine/Ott, Georg, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren. Kommentar zu dem Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, Köln 2013 (zitiert: SteinbeißWinkelmann/Ott/Bearbeiter, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren).

388

Literaturverzeichnis

Steinberg, Rudolf, Evaluation als neue Form der Kontrolle final programmierten Verwaltungshandelns, in: Der Staat 15 (1976), 185–210. Stelkens, Paul/Bonk, Joachim/Sachs, Michael (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar, 8. Aufl., München 2014 (zitiert: Stelkens/Bonk/Sachs/Bearbeiter, VwVfG). Stern, Klaus, Schlichte Verwaltungsäußerungen, in: BayVBL 1957, 44–45 (1. Teil), BayVBL 1957, 86–88 (2. Teil). – Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band I: Grundbegriffe und Grundlagen des Staatsrechts, Strukturprinzipien der Verfassung, München 1977 (zitiert: Stern, Staatsrecht Bd. I); Band II: Staatsorgane, Staatsfunktionen, Finanz- und Haushaltsverfassung, Notstandsverfassung, München 1980 (zitiert: Stern, Staatsrecht Bd. II). Stober, Rolf, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, Stuttgart 1989 (zitiert: Stober, HdWUR). Stoll, Peter-Tobias, Sicherheit als Aufgabe von Staat und Gesellschaft. Verfassungsordnung, Umwelt- und Technikrecht im Umgang mit Unsicherheit und Risiko, Tübingen 2003 (zitiert: Stoll, Sicherheit als Aufgabe). Studenroth, Stefan, Wahlbeeinflussung durch staatliche Funktionsträger. Zur Abgrenzung zwischen staatlicher Öffentlichkeitsarbeit und privater Wahlwerbung in Äußerungen von Amtsträgern, in: AöR 125 (2000), 257–279. Taeger, Jürgen/Gabel, Detlev (Hrsg.), Kommentar zum BDSG und zu den Datenschutzvorschriften des TKG und TMG, 2. Aufl., Frankfurt am Main 2013 (zitiert: Taeger/ Gabel/Bearbeiter, BDSG). Teuber, Christian, Parlamentarische Informationsrechte. Eine Untersuchung an den Beispielen des Bundestages und des Landtages Nordrhein-Westfalen, Berlin 2007 (zitiert: Teuber, Parlamentarische Informationsrechte). Thiele, Willi, Reichswirtschaftsrat – Konzertierte Aktion – Bundeswirtschafts- und Sozialrat, in: DVBL 1970, 529–535. Thomé, Sarah, Die Unabhängigkeit der Bundesdatenschutzaufsicht, in: VuR 2015, 130– 133. Tremml, Bernd/Karger, Michael/Luber, Michael, Der Amtshaftungsprozess. Amtshaftung, Notarhaftung, Europarecht, 4. Aufl., München 2013 (zitiert: Tremml/Karger/ Luber, Amtshaftungsprozess). Trossmann, Hans/Roll, Hans-Achim, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages. Kommentar zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages unter Berücksichtigung des Versammlungsrechts. Ergänzungsband, München 1981 (zitiert: Trossmann, Parlamentsrecht Erg.-Band). Tilch, Horst/Arloth, Frank, Deutsches Rechts-Lexikon, Band I: A–F, 3. Aufl., München 2001 (zitiert: Tilch/Arloth/Bearbeiter, Deutsches Rechtslexikon). Tschannen, Pierre, Amtliche Warnungen und Empfehlungen, in: ZSR N. F. 118 (1999), 353–455.

Literaturverzeichnis

389

Ueding, Gerd, Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Band I: A–Bib, Tübingen 1992 (zitiert: Ueding, Historisches Wörterbuch Bd. I). Vierhaus, Hans-Peter, Umweltbewusstsein von oben. Zum Verfassungsgebot demokratischer Willensbildung, Berlin 1994 (zitiert: Vierhaus, Umweltbewusstsein). Vogt, Marten, Zur Informationstätigkeit des Bundesrechnungshofs, Berlin 2013 (zitiert: Vogt, Informationstätigkeit des BRH). Voitl, Alexander, Behördliche Warnkompetenzen im Bundesstaat. Zur Verteilung der Zuständigkeiten für Öffentlichkeitswarnungen im Verhältnis zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, Baden-Baden 1994 (zitiert: Voitl, Warnkompetenzen). Vonderbeck, Hans-Josef, Das Recht des Deutschen Bundestages auf Information durch die Bundesregierung, in: Vonderbeck, Hans-Jürgen, Parlamentarische Informationsund Redebefugnisse, Berlin 1981, 9–46 (zitiert: Vonderbeck, in: Parlamentarische Informations- und Redebefugnisse). Voßkuhle, Andreas, Der Wandel von Verwaltungsrecht und Verwaltungsprozessrecht in der Informationsgesellschaft, in: Hoffmann-Riem, Wolfgang/Schmidt-Aßmann, Eberhard (Hrsg.), Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, Baden-Baden 2000, 349–404 (zitiert: Voßkuhle, in: Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft). Waechter, Kay, Berichtspflichten der Regierung aus einfachem Gesetzesrecht, in: ZG 1996, 84–93. Weber, Jürgen/Schäffer, Utz, Einführung in das Controlling, 15. Aufl., Stuttgart 2016 (zitiert: Weber/Schäffer, Controlling). Wegmer, Andreas, Die staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit. Möglichkeiten des Sekundärrechtsschutzes geschädigter Unternehmer und Verbraucher, Berlin 2016 (zitiert: Wegmer, Staatshaftungsrechtliche Relevanz behördlicher Informationstätigkeit). Weichert, Thilo, Das Äußerungsrecht der Datenschutzaufsichtsbehörden, in: DuD 2015, 323–327 (1. Teil); DuD 2015, 397–401 (2. Teil). Wiese, Anja, Zur Beteiligung des Staates im Verwaltungsprozess, Frankfurt am Main 2014 (zitiert: Wiese, Beteiligung des Staates im Verwaltungsprozess). Wilpert, Gero v., Sachwörterbuch der Literatur, 8. Aufl., Stuttgart 2001 (zitiert: v. Wilpert, Sachwörterbuch der Literatur). Winkler, Markus, Schulinspektionsberichte zwischen Feedbackfunktion und Prangerwirkung, in: JZ 2012, 762–769. Wißmann, Hinnerk, Genealklauseln. Verwaltungsbefugnisse zwischen Gesetzmäßigkeit und offenen Normen, Tübingen 2008 (zitiert: Wißmann, Generalklauseln). Wolff, Amadeus/Brink, Stefan (Hrsg.), Datenschutzrecht in Bund und Ländern. Grundlagen, Bereichsspezifischer Datenschutz, BDSG, Kommentar, München 2013 (zitiert: Wolff/Brink/Bearbeiter, Datenschutzrecht). Wolff, Hans Julius/Bachof, Otto/Stober, Rolf/Kluth, Winfried, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl., München 2007 (zitiert: Wolff/Bachof/Stober, VerwR I).

390

Literaturverzeichnis

Zöllner, Dieter, Der Datenschutzbeauftragte im Verfassungssystem. Grundsatzfragen der Datenschutzkontrolle, Berlin 1995 (zitiert: Zöllner, Der Datenschutzbeauftragte). Zott, Christine, Aktive Informationen des Staates im Internet – Mittelalterlicher Pranger oder modernes Steuerungsinstrument. Eine Analyse der Publikumsinformation unter besonderer Berücksichtigung des Lebensmittel-, Verbraucherinformations- und Sozialrechts, Baden-Baden 2016 (zitiert: Zott, Aktive Informationen des Staates).

Stichwortverzeichnis Absprache 136 f., 150 ff. Allgemeines Persönlichkeitsrecht 277, 280 ff., 306 Amtshaftungsanspruch 351 ff., 357 Anhörung 190, 332 ff., 352 Aufklärung 28, 53 f., 61, 64 f., 72, 79, 84, 89 f., 158 ff., 164, 166 ff., 174, 181 ff., 190, 193 f., 305, 317, 337 Aufopferungsanspruch 355, 357 ff. Berichterstatter 46 f., 236 ff. Berichtsadressat 48 f. Berichtsfunktionen 50 ff. – Aufklärung 53 f., – Evaluation 57 f. – Handlungsvorbereitung 51 ff. – Information 51 – Kontrolle 55 f. – Planung 58 f. – Pranger 55 – Selbstdarstellung 56 f. – Warnung 54 Berichtsgegenstand 38 ff., 238 ff. – Erfahrungsbericht 45 f. – Tätigkeitsbericht 44 f. – Wissensbericht 45 Berichtsgrundlage 42 f. – Berichtsbeschluss 42 f., 201 ff., 233 ff. – des Bundesrates 227, 229 f. – des Bundestages 205, 211 ff. – Berichtsgesetz 42 f., 196 ff. Berichtskompetenz 240 ff. Berichtsperiodizität 49 f., 231, 234 f. Berichtszusage 111 ff.

Bewusstseinsbeeinflussung 51 ff., 158 f., 166 f., 176, 186 ff., 277, 279, 281 Bürgerbeeinflussung 39 f., 48, 276 Demokratieprinzip 157, 199, 209, 246, 255, 323, 329 Diskontinuitätsgrundsatz 220 ff., 230 Empfehlung 158, 160 ff., 168, 176, 177 ff., 190, 192 f. Enteignender Eingriff 351, 355 ff. Enteignungsgleicher Eingriff 351, 355 ff. Ermächtigungsgrundlage 42, 70 f., 80 f., 91 f., 95, 118, 190, 250, 290, 294 f., 300, 303, 306 f., 313, 319 f., 321 ff. Frage- und Interpellationsrecht 206, 207 ff., 214 ff., 224 f., 230, 233 ff., 245 Gesetzesvorbehalt 42, 91 f., 152 f., 303 f., 306 ff., 310, 313, 318 ff. Grundrechtseingriff 68 f., 81 f., 89 ff., 117 f., 232, 277, 299 f., 303 ff., 352 f. – funktionales Äquivalent 118, 301 ff., 311 ff., 332, 335 ff. – Gewährleistungsbereich 300, 301 ff. Grundsatz der staatsfreien Willensbildung 277 ff. Handlungsform 125 f., 128 ff., 146, 152 ff., 161, 163, 171, 173 ff., 189, 191, 202, 204, 241, 265, 267, 303, 309, 317 Indemnität 31 Information über Staatstätigkeit 156 ff., 166, 174, 176, 184 ff., 193, 245 ff., 264 ff.

392

Stichwortverzeichnis

Information zur Erfüllung von Staatsaufgaben 156, 158 ff., 164, 166, 168, 177 ff., 184 ff., 245 ff., 264 f. Informelles Verwaltungshandeln 129, 132 ff., 145 ff. Meinungsbildungsfreiheit 278, 279 ff. Multifunktionalität 165 ff., 171, 245, 246 ff., 316 Neutralitätsgebot, parteipolitisches 254 ff. Öffentlichkeitsarbeit 50, 69, 74, 156 ff., 164 f., 174, 184 ff., 231, 241, 249, 261, 263, 267, 274, 279 Parlamentsbeschluss, schlichter 202 ff. Personenbezogene Daten 61, 81, 89 f., 92, 192, 233, 282 ff., 316, 325 f. Pranger 55, 62 ff., 84, 88 ff., 167, 180 Publikumsinformation 142 ff., 274 Recht auf informationelle Selbstbestimmung 81, 83, 92, 282 Rechtsform 128 f., 131 f., 137 ff., 171, 189, 191, 194 Rechtsverhältnislehre 127 f. Richtigkeitsgebot 118, 300, 304, 328 ff., 335 f., 352

Sachlichkeitsgebot 300, 304, 328, 331 f., 352 Schlichtes Verwaltungshandeln 129, 130 ff., 139 ff., 144, 152, 154 Staatliche Stelle 38 ff. Staatliches Informationshandeln 38, 125, 142 ff., 236, 242, 245 ff., 254 ff., 277 ff., 299 ff., 345 ff., Staatsleitung 203, 250 ff., 300, 303, 306, 321 ff., 343 Unterlassungsanspruch, öffentlich-rechtlicher 344, 345 ff. Unterrichtung 26, 35 ff., 64, 168, 212 f., 215, 228, 245 Verhaltenssteuerung 148, 156 ff., 179 f., 184 ff. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 69 f., 92, 146 Warnung 54, 61, 64 f., 81, 88 ff., 151, 158 f., 161 f., 165 ff., 175, 177 ff., 190, 192 ff., 249, 251, 264, 267, 305, 317, 337 Widerrufsanspruch, öffentlich-rechtlicher 344, 348 ff. Willkürverbot 68, 329 Zitierrecht – des Bundesrates 227 ff. – des Bundestages 206 f., 208 ff., 212 ff.