Brandenburgisch-preußische Geschichte für heranwachsende Jugend, Band 1 [Zweite verbesserte und vermehrte Auflage, Reprint 2022] 9783112683521

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Brandenburgisch-preußische Geschichte für heranwachsende Jugend, Band 1 [Zweite verbesserte und vermehrte Auflage, Reprint 2022]
 9783112683521

Table of contents :
Durchlauchtigster Kronprinz, Gnädigster Fürst und Herr!
Vorrede
Inhaltsanzeige
Einleitung
Erster Zeitraum. Don den ältesten Zeiten bis zur Gründung der Mark Brandenburg von Albrecht dem Bären 1157
Erster Hauptabschnitt. Don den frühesten Zeiten bis zum Ende der Völkerwanderung 500 nach Christi Geburt, handelnd von den ältesten Bewohnern der Mark Dran, benburg re.
Zweiter Hauptabschnitt. Von der Völkerwanderung bis zu Karl dem Großen, von 350 bis gegen das Ende des achten Jahrhunderts, handelnd von der Völkerwanderung und den Slaven
Dritter Hauptabschnitt. Von den Kriegen zwischen den Deutschen und Slaven, vom Ende des achten bis in die Mitte des zwölften' Jahrhunderts; oder von Kari dem Großen bis zur Gründung der Mark Brandenburg durch Albrecht den Bären, 789 bis 1157 — 368 Jahr oder ungefähr 3 3/4 Jahrhundert
Zweiter Zeitraum. Don der Gründung der Mark Brandenburg durch Albrecht den Bären bis zum Regierungsantritte der Hohenzollern. 1157 — 1417 — 260 Jahr
Erster Hauptabschnitt. Von dem Zeitalter der askanischen Fürsten in der Mark Brandenburg bis zum Regierungsantritte der baierschen Fürsten. 1157 bis 1324 = 167 Jahr
Zweiter Hauptabschnitt. Von dem Zeitalter der baierschen Fürsten in der Mark Brandenburg bis zum Regierungsanfänge der Böhmen = Luxenburger. 1324 — 1373 = 49 Jahr
Dritter Hauptabschnitt.. Von dem Zeitalter der Böhmen= Luxenburger in der Mark Brandenburg bis zum Regierungsantritte der Hohenzollern. 137? — 1417 = 44 Jahr. Ein Zeitraum von beinah einem halben Jahrhundert
Anmerkungen
Einige räthselartige Fragen über das Gelesene
Nothwendige Verbesserung

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Kronprinzen von Preußen und Markgrafen

von Brandenburg

ehrfurchtsvoll rugeeignet

Durchlauchtigster Kronprinz,

Gnädigster Fürst und Herr!

Königlichen Hoheit überreich' ich in tiefster Ehrfurcht den ersten Theil eines Werkes, das die Geschichte eines treuen Vol­ kes enthält, zu dessen künftigem Beherrscher Höchstdieselben von der Vorsehung aus­ erkoren sind. Nur die historische Wahrnehmung, -aß gerade die edelsten, weisesten Fürsten un­ hochherzig preiswürdigsten Thronfolger in je­ dem Zeitalter mit der Geschichtsmuse, als einer belehrenden, warnenden und ermun­ ternden Freundinn, im traulichen Vereine ge­ lebt, nur diese historische Wahrnehmung hat mir den Muth gegeben, mit einem erlauch­ ten, jedem redlichen Brandenburger theu­ ren Namen ein Buch zu zieren, das zum Nutzen und Vergnügen der aufblühenden

Jugend aus reiner Vaterlandsliebe geschrie­ ben worden. Wenn Stoff und Bearbeitung deffelben,

wenn folglich Auswahl und Darstellung der Begebetrheiten Allerhöchst Dero gnädi­

gen Beifall erhalten, und zum Lesen reizen: so hab' ich mein Ziel erreicht, so bin ich be­ lohnet und entschuldiget zugleich.

Ich ersterbe mit der tiefsten Ehrfurcht

Ew. Königlichen Hoheit

Berlin,

den i2. Mai i8n. onterthänigst treu gehorsamster

August Hartung.

Vorrede. , Ulm, 1778. 21. Vatioiniiini menicum D. F. Hermanni monachi in Lenxn etc. Mit Anmerkungen. 8. Vertin, 1746.

Jnhaltsanzeige. Einleitung.

S. i — 6.

E-kster Zeitraum. Von den ältesten Zeiten bis zur Gründung der Mark Brandenburg von Albrecht dem Bä­

ren n57« Erster Hauptabschnitt. Von den frühesten Zeiten bis zum Ende der Völker/ Wanderung $co nach Ehrigl Geburt, handelnd von den ältesten Bewohnern der Mark Bran­ denburg rc. I. Don den ältesten Bewohnern der brandenburgisch­ preußischen Staate». S. 7 — 27. 11. Von den Kriegen mit den Römern. S. »7 — 51.

Zweiter Hauptabschnitt. Von der Völkerwanderung bis zu Karl dem Gro­ ßen, von 3$-o bis gegen das Ende des achten Zahrhrhunderts. I. Von der Völkerwanderung von 350 — 500. A. Uebersicht der Völkerwanderung. S. 31 — 38, B. Hauptfolgen der Völkerwanderung. I. Allgemeine Zerstörung und Veränderung der Länder, des Bo­ den», der Städte, Menschen, Künste, Wissenschaf­ ten und Sprachen. S. 38. H. Veränderung der Regierungeform. S. 39. in. Ausbreitung des LehnwA

x

Inhalt-anzeige.

feite. 6. 4„ — 44. IV. Ausbreitung des Christenthumes. S. 44 — fi* II. Don den Slaven. G. 51 — 62.

Dritter Hauptabschnitt. Don den Kriegen zwischen den Deutschen und Slaven , vom Ende des achten dis in die Mitte des zwölften Jahrhunderts/ oder von Karl dem Großen bis zur Gründung der Mark durch Al­ brecht den Bären. 789 ** ns7 = ?68 Zahr. I. Kaiser Karl der Gloße. S. 6a — 68. IL Heinrich der Städt*-Erbauer. S. 63 — 71. IIL Kaiser Otto l. uiu)Cti ihre» Lehnsherren zu empfehlen; zuletzt aber betrachteten die Kinder der Väter Land und Würde als cm Eigenthum ihrer Familie, und nahmen beides in ruhigen Besitz. So wurden die Vasallen überall bedeutende Manner im Staate, empörten sich nicht selten gegen ihreii Landes - und Lehnsherrn, und spiel­ ten zwar nur kleine, aber fürchterliche Despoten. 4. Steigen der Hofdiener. Die Landherren dachten auf Vcrtheidigungsmittel, und hoben daher ihre Hofdicner (MhiUtiales), um diese den mächtigen Vasallen entgegen sehen zu können. Die Geschäfte des Mnndichenkcn, Haus­ hofmeisters, Marschalls (1.), Jägermeisters re., die

sonst Unfreie verrichteten, wurden nun ansehnliche, mit beträchtlichen Einkünften verbundene Ehrenäm­ ter. Die Unfreien rückten also in die Klasse der Freien und Edlen, und Freie und Edle bewarben sich bald selbst um diese einträglichen Hofämter (2.). Der Landesherr erhielt dadurch eine neue Stütze, mußte fie aber theuer erkaufen, und verlor daher von der »»der» Seite an seinen Einkünften.

Die Vasallen, welche ihrZoch abgeschüttelk, und sich zu regierenden Fürsten gemacht hatten, ahniten diesem Beispiele überall nach: denn oud) sie hielten

Von der Völkerwanderung.

43

einen Hofstaat, und hoben ihre Hofdiener äußere ordentlich. Jenes Emporstreben

der mächtigen Vastillen,

und dieses Steigen der Hofdiener hatten auf das

Ganze einen nachtheiligen Einfluß: denn die kleinern edlen und freien-Allodienbesitzer wurden nun von au len Seiten gedruckt, und manche geriethen in eine Art Leibeigenschaft, und in die Klasse der Unfreien. Einige nahmen daher aus Furcht ihr freies Eigenthum von mächtigen Nachbaren als abhängiges Lehen, und andere wurden aus Eitelkeit oder Ehrgeiz freiwillig

Vasallen der Großen.

5. Druck der kleineren Vasallen.

Da die Fürsten nun zu ihrer Hofhaltung mehr als sonst brauchten, und überdieß an ihren Einkünf­

ten verloren: so forderten sie eben so drükkende, als entehrende Lehnsleistungen (3.). Rechtliche Män­ ner mußten gleich den Bedienten aufwarten, und für ihren Herrn den Zweikampf übernehmen-; und recht­

liche Frauen Kammerjungferndienste verrichten, und sich wohl gar, um die Ehre ihrer Fürstinn zu retten; der Feuer- und Wasserprobe (4.) unterziehen. Der Lehnsherr nahm es seinen Vasallen übel, wenn sie sich in seiner Gegenwart räusperten, oder eine Fliege von der Nase jagten. Auf die Art lebte der größte Theil der Europäer im tiefen Drukke. Erst im zwölf­ ten Jahrhunderte begann die Milderung dieses trau­ rigen Zustandes. Das Emporblühen der Ritterschaft, die Kreuzzüge, das Entstehen der Städte und des Bürgerstandes, die Anwendung des Schießpulvers,

44

Von der Völkerwanderung.

die Erfindung der Vuchdrukkerei und die Entdekkmr-

gen fremder Länder und Meere trugen vorzüglich ()i& -u bei.

Doch davon nachher.

Jetzt noch eine andere

Ao-ge der Völkerwanderung, und zwar die so wohkthätige

IV. Ausbreitung des Chl isienthums. Zesus Christus, der Wohlthäter des Men»

schcnqcschlechts, wurde vor Lande,

dem

heutigen

811 Lahren im )üdischen

Palästina,

geboren.

gründete er eine neue beglükkende Religion,

Hier

und

lehrte i) das Dasein eines gütigen Gottes, den er

unter dem lieblichen Bilde eines Vaters darsiellte; 2) die Erhaltung und.Regierung der Belt durch eine attwaltende Vorsehung; und 3) die Unsterblichkeit

der Seele,

„a. Liebe Gott über alles, und demen

Nächsten als dich selbst!



b. Handle gegen alle

Menschen so, wie du wünschest, das; sie gegen dich

Handleu sollen!"

Dreß sind die Hauptsätze seiner auf

Liebe gegründeten Moral. Eine solche Religion fand bald Anhänger, und

Verbreitete sich in kurzer Zeit über Asien, das nörd­

liche Afrika und das benachbarte südöstliche Europa.

Die Völkerwanderung wirkte hieztt wohlthätig mit. Die Gothen waren unter allen Deutschen die er­

sten Christen, und ihnen folgten bald die Vanda­ len.

Nachher waren es besonders Prinzessinnen,

die, durch das sanfte Christenthum beglückt, die neue Lehre in fremde Staaten trugen.

Prinzessinn Klotilde

Die burgundische

veranlaßte am Ende des

fünften Jahrhunderts die Taufe unter den Franken;

Von der Völkerwanderung

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die fränkische Prinzessinn Bertha brachte das Chri­

stenthum am Ende des sechsten Jahrhunderts nach Drittannien; und Dobra waka, eine böhmi­ sche Prinzessinn, verbreitete unter ihrem Gemahle Mi es ko 96 • die Lehre Zefu in Polen. In Deutsch­ land, besonders in Hessen und Thüringen, prebigte vorzüglich B 0 nifacius oder Winnefried die 7»» neue Lehre mit glücklichem Erfolge. Auf Menschen­ wohl hatte das Christenthum einen gesegneten Ein­ fluß: denn es bewirkte überall i.

Milderung der rohen Sittern

Die Menschenopfer wurden abgeschafft, die Ta­

feln der Deutschen nicht mehr mit Pferdefleisch be­ seht, der wilde Kriegesgeist gezähmt, die unbändige

Freiheit gezügelt, der grausame Aberglaube gemildert/ und der Raub - und Rachsucht gesteuert. Das Christenthum lehrte, die Menschen mehr nach wesentlichen, als nach zufälligen Vorzügen zu würdigen, und hob den Unterschied der Geburt, deS

Geschlechtes und des Standes vor der Gottheit völlig auf. Die stolzen Edlen, die sich über ihre Weiber erhoben, und mit tiefer Verachtung auf ihre Leib,

eigenen blickten, beteten nun mit Weibern und Die, uern gemeinschaftlich zur Gottheit, gingen in ver, mischten Reihen zum Tische des Herrn, und lernten so im Mitchnsten den Mitmenschen achten. Bei der Geburt eines sehnlich gewünschten Sohnes, bei der Genesung einer theuren Gattinn, eines geliebten Kindes,

kurz bei manchen frohsn Ereignissen im

46

Von der Völkerwanderung.

häuslichen l'ebcn wurde nun mit dankbarem Herzen manchen leibeignen die Freiheit geschenkt. Die christlichen Versammlungen brachten die Menschen mehr an einander, und bescherten größere Geselligkeit. Vorher war die Ehe oft nur em Kauf oder ein Tausch, und kaum ein Vertrag, den man nicht selten willkürlich brach; jetzt aber wurde sie nach wechselseitiger Uebereinstimmung der Herzen geschlos­ sen, und durch des Priesters Hand am Altar: gehn, liget. Folglich konnte die Gattinn nicht mehr versto, ßen werden. Ueberdieß erlaubte das Christenthum

nur eine rechtmäßige Gattinn, und verdammte da, der die Vielweiberei. Auf die Art erhielt das weib, liche Geschlecht Menschenrechte, und das häusliche Glück zugleich einen neuen Zuwachs. Eine gemeinschaftliche Religion wurde nun eben­ falls ein Band, das Einheimische und Fremde um, schlang, den oft zu kekken Nationalstolz milderte, uub den Nationalhaß schwächte. Man ehrte daher auch

im gefangenen Feinde den Mitchristen, behandelte ihn menschlicher, und verurtheilte ihn nicht mehr

zum Tode. Das Christenthum brachte rMrdießnoch mancher­ lei Gutes mittelbar hervor: denn es wirkte -. a) Auf Anbau des Verstandes; b) auf all, gemeine Ordnung und Sicherheit; und c) nebenher auf Künste und nützliche Fertig keiten. Um die heiligen Bücher der Religion und die ge, schnebenen Gesetze zu verstehen, mußte man lesen.

Von der Völkerwanderung. schreiben und Sprachen erlernen.

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Die Geiste

lichen gaben darin zuerst Unterricht. Die wohlthä­ tige Lese-, Schreib - und Sprachkunde kam also in Umlauf, und setzte den Verstand in Thä­ tigkeit. Zn allen christlichen Staaten entstand ein mäch­ tiger Priesterstand, der Ordnung, Sicherheit und Landeskultur beförderte. Er musterte die Fürsten und deren Diener, und zähmte die vornehmen Sünder, indem er sie zu harten Büßungen verurtheilte, urch

auf die Art die öffentliche Polizei übte. Um die lei­ dende Unschuld, um den verfolgten Schwachen gegen

drn Mächtigen zu schützen, bestimmte er die Wohnun­ gen der vornehmen Geistlichen und die heiligen Altäre in den Kirchen zu Asylen oder Zufluchtsörtern. Die Unglücklichen, welche die zu schwache weltliche Obrig, keit gegen wüthende Verfolger nicht beschirmen konnte, fanden also hier Schutz und Sicherheit. Bei der Kommunion gebrauchte man brennende Wachslichter und Wern. Daher förderten die Geist­ lichen überall Bienenzucht und Weinbau. Folglich hatte das Christenthum auch auf Erwerbsfleiß und Landeskultur einen wohlthätigen Einfluß.

Die Versammlungen der Christen erforderten Kirchen und allerlei Geräthschaften, die theils zur Bequemlichkeit, theils zur Pracht dienten. Dieser Umstand beförderte überglr die Baukunst, und verarg folgte die Menschen, in Holz, Stein und Metall zu arbeiten. Folglich kamen mancherlei Künste und nütz, liebe Fertigkeiten m Umlauf. — Mir dem Christen thume stand endlich auch m naher Verbindung

Von der Völkerwanderung.

4S

z. D a 6 M ö n ch s w e s e n. Es nahm im viert?» Jahrhunderte in Aegypten feinen Anfang.

von Theben.

Die Veranlassung dazu gab Paul

Als christlicher Lehrer vom römischen

Kaiser Deeius verfolgt, begab er sich in Aegyptens Klüfte, lebte hier als Einsiedler, und erreichte ein Alter von 123 Zähren. Sein Beispiel, desgleichen Schwärmerei und Furcht reizten zur Nachahmung, und zahlreiche Eremiten füllten die Geklüfte an. Antonius, ein reicher Bauer, sammelte diese Schwärmer, erbauete ihnen Löhnungen, und er, theilte ihnen Vorschriften. Pachomius, ein ehe, maliger Soldat, jetzt aber ein Invalide, stiftete in Taben na das erste regelmäßige christliche Kloster,

und führte militärische Disciplin ein. Zugleich er, nannt'er Vorsteher, Abbas (Väter), Aebte, legte seinen Untergebenen das Gelübde der Keuschheit, des Gehorsams und der Armuth auf, und gab ihnen eine aus Schaaf- oder Ziegenpelzen verfertigte Kleidung. Diese äußere Einrichtung wirkte allmächtig auf die zum Wunderbaren und Aberglauben geneigten Gemüther.

Männer und Weiber verließen zahlreich

die geschäftige Welt, und begaben sich in die Einsam, feit; so, daß man schon am Ende des vierten Jahr, Hunderts bloß in den großen Klöstern Aegyptens 96,000 Mencbe und Nonnen zählte. Gedankenloses Beten, unnützes Fasten, zwecklose Büßungen und sinnloses Kämpfen gegen den Teufel waren ihre Be, schaftlgungen, die weder der Welt noch ihnen selbst Vortheile gewährten. Von der allgemeinen Schwär, merei hingerissen, fraßen, einige in der Fastenzeit Gras,

Von der Völkerwanderung.

49

Gras, wie die Thiere, aridere wurden Styliten

oder Säulenbewohner, und noch andere Nabet, schauer. Jene standen auf Säulen, setzten ihren Körper den brennenden Sonnenstrahlen und der rau, Heu Witterung aus, und diese saßen gekrümmt auf der Erde, und beschaueteu, um nicht zur Sünde gereizt zu werden, gedankenlos ihren Nabel. Zweckmäßiger, und für die Welt ersprießlicher waren die Mönchsorden, welche der weltsatte Benedikt von Nursia auf Monte Cassino in Italien errichtete: denn die Benediktiner muß­ ten sich nicht nur zur Beobachtung der gewöhnlichen

drei Gelübde, sondern auch überdieß noch zum Anbau des Bodens, zur Verarbeitung der gewonnenen Pro, dukte, und zum Unterrichte der Zugend verpflichten. Sie trieben also Land - und Gartenbau, Viehzucht

und Handwerke, und waren überdieß noch Lehrer der Zugend. Auf das nördliche Europa hatten sie einen

wohlthätigen Einfluß. Aber alles Gute und Schöne in der physischen, wie in der moralischen Welt, ist dem Mißbrauche unterworfen. Daher hatte auch das wohlthätige Ehristenthum durch eine schlimme Anwendung ebenfalls zufällig schlimme Folgen. Denn es veranlaßte

4* L) Herrsch- und Habsucht; K) Religion-, streitigkeiten und Geisteszwang; und c) Aberglauben mancher Art. Die Bischöfe oder Aufseher waren In frtU Heren Zeiten Vorsteher der christlichen Gemeinen, und

sahen mit den Aeltesten auf äußere Ordnung.

l. rheil.

D

Sie

50

Von der Völkerwanderung.

griffen aber bald um sich, wurden herrsch - und hab/, sückrig, legten sich einen besondern Rang bei, wähl, ten eine auszeichnende Kleidung, und errangen 451 ansehnliche Ein künfte. Zn der Mitte des fünf­

ten Jahrhunderts machte sich der Bischof in Rom zum Oberbischof oder Pabst in der ganzen Chri­

stenheit. Bald nachher erklärte er sich sündenfrei, 498 und ertheilte andern Bischöfen zum Zeichen ihrer von ihm bestätigten Würde das Pallium oder den Bischvfömankel.

Am Ende des achten Zahrhunderrs

wurde er durch die Pipiner weltlicher Herr über Land und Leute in Ztalien, und maßte sich das Recht an, die Könige zu salben.

Die übrigen Bischöfe mußten zwar das Pallium vom Pabste aus Rom holen, die andern Zeichen ih­ rer Würde aber, als Ring und Stab, erhielten sie

von ihren Landesherren. Der Ring, ein Sinnbild der Liebe, sollte den Bischof an seinen Kirchsprengel fesseln, und der krumme Stab ihn erinnern, seine Gemeinen, so wie der Hirte seine Heerde, zu führen und zu leiten. Zndeß hatten sich sämmtliche Geistliche schon Local- Immunität, oder völlige Freiheit

ihrer Wohnungen erworben. Folglich waren diese uneingeschränkte Sicherheit«- und Freiheits-Stätte. Bald errangen sie auch Real- und PersonalZ m m un i t ä t. Jene gewährte ihnen völlige Freiheit ihrer liegenden Gründe, folglich auch Steuerfreiheit, und diese sicherte die Freiheit ihrer Person, die von keiner weltlichen Obrigkeit belangt werden konnte.

Nur eine kurze Zeit lebten die Christe«« in Einig­ kett.

Schon am

Ende des ersten Jahrhunderts

Von der Völkerwanderung.

51

schlossen verschiedene Gemeinen ein großes Verein/

und nannten dasselbe katholisch oder rechtgläubig. Nun wurden die übrigen verfolgt, und in Glauben«, fachen Befehle gegeben. Zugleich verbreitete man Irrthümer und Aberglauben aller Art. Man ver, ehrte die Bilder der Heiligen und deren Ueberbleibsel oder Reliquien. Man besuchte die Gräber Jesu, Petri und anderer Heiligen, und versprach sich durch Wallfahren nach solchen heiligen Oertern Befreiung physischer und moralischer Uebel. Die byzantinischen Geistlichen erfanden im vierten Jahrhunderte das Fegefeuer, worin die abgeschiedenen Seelen marter­ voll für ihre Sünden büßen mußten. Mitleid und Habsucht erfanden indeß ein Brandpflaster, die See­ lenmessen. Diese und ähnliche Glaubenslehren verbreiteten sich über den ganzen Erdboden.

II.

Von den Slave«. t. Abstammung und Ausdehnung.

Die Slaven, asiatische Völker, waren schott den Gothen unter dem Namen Sarmaten am 676

Don bekannt. In und nach der Völkerwanderung zogen sie nach Ost-Nord-Europa, und nahmen bis von den suevischen Bundesgenossen theils verlasse­ nen, theils nur schwach bevölkerten Länder in Besitz. Sie dehnten sich außerordentlich weit aus, denn ihre Gränzkn waren westlich: die Niederelbe, die thürin­

ger Saale, der Döhmerwald, die Cne und die Kra»

D

a

Bo« den Slaven.



ner-Alpen; östlich reichten sie bis an die Wolga; südlich

berührten sie Dalmatiens Küsten und da6

adriatische Meer; nördlich wurden ihre Länder von der Ostsee und dem Ladogasee begränzct. Wir gedenken indeß hier mir derjenigen Slaven, die sich in unserm Vaterlande ansiedclten, und sich Mit den hier und dort zurück gebliebenen Deutschen vermischten. Nach und nach besetzten unter verschiß denen, theils früher, theils spater entstandenen Na­ men 1) d-e Porussen Preußen; 2) ein Zweig derSvrben Schlesien; und 3) die Lutizer Pom­ mern, Westpreußcn und das Brandenburgische. Zn Pommern erhielten sie nachher den Namen Pom­ mern, das heißet: Meeranwohner; in West­ preußen Pommerellier, das heißet: Klein­ meer-Anwohner; im Brandenburgischen aber hießen sie Wilzen oder Wenden, und im benach­ barten Mecklenburgischen Obotrite». r. Körperbau.

Sämmtliche slavische Völker hatten einen starken, nervigtcn Körper.

Die Geschmeidigkeit desselben zei,

get sich noch bei ihren entfernten Nachkommen in den noch üblichen masurischen, kosakkischen, und andern slavischen Nationaltänzcn. Zhre Gesichtsfarbe war schwarzbraun, ihr Auge lebhaft, und ihr Haar schwarz.

3. Herzensbildung.

Ihrer Denkungsart nach waren sie sich zwar sämmtlich ähnlich, indeß hatten doch die zwischen der

Von den Slaven-

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Elbe und Oder wohnenden Slaven vor ihren Mit­ brüdern Vorzüge. Die Gastfreundschaft ro^tr ihnen heilig: denn in jedem Hause sahe man im

Speisezimmer einen besetzten Tlsch für entehrende Fremde. Wer das Gastrecht verletzte, dessen Haus wurde deü Flammen übergeben. Vertrauungs, voll gegen ihre Mitmenschen kannten sie weder Schloß noch Riegel. Die- Freiheit war ihnen theuer, daher ihr Muth im Kriege groß und ausdauernd. Bei den rauhen Tönen ihrer Thier­ hörner, ihrer Sackpfeife und Leier, so wie überhaupt bei Musik, Gesang und Tanz übersießen sie sich sorglos der allgemeinen Fröhlichkeit, genesi'en der frohen Gegenwart, und dachten weder der Ver­ gangenheit, noch der Zukunft. 2(n diesen Zügen er­ kennet man noch ihre spätern Nachkommen. Zu ihren Fehlern gehörten besonders ihre Ge­ fräßigkeit, ihre Trunkliebe, ihre Unsau­ berkeit, und vorzüglich ihre Harte gegen Wer­ ber, Kinder, Sklaven, Alte und Ausländer. Wei­ ber, Kinder und Sklaven hatten, wie ernst bei den stolzen Römern, keine Menschenrechte, und hingen gänzlich von der Willkühr ihrer Hausdespoten ab. Schwächliche Kinder wurden, wie ehemal m Sparta, ausgesetzt oder getödtet, und die abgelebten, stumpfen Alten, wie noch jetzo bei einigen wilden Negerstam­ men in Afrika, erschlagen. 4. Verstandeübildung und mechanische Fertigkeiten.

Die Bekanntschaft mit den Byzantinern, Go­ then und Römern, die von ihnen den Bernstein er,

H4 handelten,

Von den Slaven. desgleichen die Nachbarschaft mit den

Norddeutschen waren ihnen vcrtheilhaft. Frühere und höhere Kultur erreichten daher die Slaven zwi-

scheu der Elbe und Oder. Sie trieben Feld- und Gartenbau. Auf ihren Aekkern sahe man Ge, treibe, Hirse, Mohn, Flachs, Hanf und Waid, und in Pommern zog man in Gärten Obst, Gemüse und verschiedene Kohlarten. Nickt minder verstan­ den sie sich auf die V i e h z u ch t. Besonders zahlreich waren ihre Pferde- und Rinder-Heerden. Die Fi­ scherei beschäftigte viele Menschen: denn sie ver, standen überdieß das Räuchern und Einsalzen der Fi­ sche. Diese Wohlthat, die Fische durch Einsalzen

aufzubewahren, ging aber lejder verloren, und erst her Niederländer Beukelsen erneuerte jene Kunst im sechszehnten Jahrhunderte in Dierfliet, indem jr hier das Einsalzen der Häringe abermal erfand. Auf das Forstwesen verwendeten die Slaven ebenfalls Sorgfalt. In Pommern und Branden­ burg bepflanzten sie vorzüglich die Sandhügel, und verhüteten dadurch das Verbreiten des Flugsandes, her in unserer Zeit so manche fruchtbare Gegend be­ deckt. Für die Bienenzucht sorgend, hieben sie in die Kiehnbäume Buten oder Löcher, worein die Bienen ihren Honig trugen, aus weichem man dell wohlschmeckenden, rauschenden M e t h 6cr

reitete. Mit der Kunst, im Holze und im Thone zu arbeiten, den gewonnenen Flachs zu spinnen, Und daraus Zeuge zu weben, waren sie sehr vertraut. Noch in unsern Zeiten zeichnen sich ihre Nachkom-

Von den Slaven.

55

men, die Pommern und besonders die Schlesier, in Spinnen und Weben rühmlichst aus. Ihr Handel blieb lange Zeit nur Tauschhan­ del. Schlachtvieh, Sklaven und geraubte Menschen, die man zu Hunderten wie Hunde zusammen kup,

pelte, waren die Produkte, gegen welche fremde Fa­ brikate, und überhaupt ausländische Waaren emge-

tauschet wurden. Handelsplätze waren besonders vor und in dem zehnten Jahrhunderte: 1) Druso (Elbing), r) Gidanik (Danzig), 3) Julin auf der In­ sel Wollt», 4) Stettin, das hohe Wälle und Mauern, 900 reiche Familien, und zwei W^ -eu-

märkte hatte; s) Lebus, das zwölf Thore mtd jo,ooo Einwohner zählte; und 6) Wratislav (Breßlau), das sich mächtig in Schlesien erhob. Besonders merkwürdig war die Räuberrepublik in der Zornsburg auf der Insel Rügen im zehnten Jahr, hunderte. Deutschheit, Weiber und Christenthum waren daraus verbannt. Die Mitglieder durfte» nicht unter is, und nicht über 50 Jahr alt sein. Verwegener Muth, Gefühllosigkeit gegen körperli­ chen Schmerz, blinder Gehorsam und tiefe Verschwie­ genheit waren Haupteigenschaften der Genossen. Hiebei bemerken wir, daß viele der übrigen Städte und Dörfer in Preußen, Schlesien, Pom­ mern, Brandenburg:c. eingewanderten Deutschen ihr Dasein verdanken; allein die Orrs- und FamilienNamen aus itz, ow, oder jetzt au, sind slavischen Ursprunges, z. D. Kyritz, Treptow, Putlitz, Roch ow rc.

h6

Von den Slave«. 5. Häusliche Verfassung. Der Hausvater hatte mehrere geraubte oder er,

handelte Frauen, die aber so sehr im Drukke lebten, daß sie weder mit ihm am Tische essen, noch mit ihm auf einem Nachtlager ruhen dursten. Starb der Despot, so mußten sich seine Frauen entweder er, worden, oder auf den Scheiterhaufen werfen, um ihren Herrn auch jenseit des Grabes zu bedienen. Der Reichthum bestand in Weibern, Knechten^ Mägden und Hausthieren. Diese bewohnten mit ih,

rem Herrn

ein mit Srroh oder Schilf gedecktes

Blockhaus, oder eine aus Flechtwerk bestehende, mit,Lehm verklebte Hütte, deren innerer Raum

nur durch Hürden für die so verschiedenen Geschöpfe getrennt war. Daher die Unsauberkeit, die durch den Druck der Weiber, welche nur in einem freien Zu,

siande der Neigung zur Reinlichkeit folgen können, noch vergrößert wurde. Zum Ausbewahren und zum Verbergen der Nahrungsmittel und anderer Dinge hatte man Gruben und Schlupfwinkel. Fleisch, Brot, Butter und Käst waren ihre ge, wöhnlichen Speisen, und Gerstenbier, Stutenmilch und Mcth ihre vorzüglichen Getränke. Ihre Geschirre verfertigten sie aus Holz, Me, (all, Horn und Leder. Die Kleidung war mor-genlandisch, also lang,

weitfaltig, und meist aus Pelz bestehend. Wollen, zeug und gefärbte Leinwand gehörten zur Pracht. Die Manner trugen Pelzmützen, und die Weiber schlugen ein Tuch um den Kopf. Die Fußbedekkung bestand theils aus Bast, theils aus Leder.

Don den Slaven. Staatöverfaffung.

Die Staatsverfassung war anfangs patriarchisch^ Zede Familie bildete für sich ein kleines Ganze, und der Hausvater stand an der Spitze. Eine allgemeine Sprache und eine allgemeine Religion waren die lot­ sen Bande, welche die einzelnen Familien einigerma­

ßen zusammen hielten. Raub- und Rachsucht und gemeinschaftliche Gefahren veranlaßten größere und kleinere Vereine. An der Spitze derselben standen bald Zupane (Beamte), Starosten (Aelteste) und Bajoren (Krieger, Ritter), bald Knesen (mächtige Besitzer utib Richter), Woiwoden (Kriegesoberste und Herzoge) und Krolen (Für­ sten und Könige). Zeder Krole hatte eine Burg, die gewöhnlich durch Graben, Erdwälle und Palllsaden befestiget, und durch Sumpf und Morast gedeckt war. Derglei­ chen Burgen waren Brennibor (Brandenburg), das heißet Waldburg, Kamin, Posen, föne; se n re. Jede dieser fürstlichen Burgen war heilig, folglich ein Asyl für den Krolen und dessen Die­ ner. Volksversammlungen schrankten die Herrscher überall ein; indes; entrichtete das Volk freiwillig Steuern, nnb bearbeitete die Aekker sejyes Kroleh

uneutgcldlich.

Das Gericht wurde in heiligen Hainen unter einem Eichbaume gehalten, und das Urtheil der Richter im Namen des Prove (