Betriebliche Entsorgung und Produktion: Abfallpolitische Rahmenbedingungen und ihre Integration in die Produktionstheorie und die Produktionsprogrammplanung [1. Aufl.] 978-3-8244-7223-9;978-3-322-89640-7

Durch den Wandel des gesellschaftlichen Umfelds und den wachsenden Stellenwert der Umweltpolitik gewinnt die Entsorgung

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Betriebliche Entsorgung und Produktion: Abfallpolitische Rahmenbedingungen und ihre Integration in die Produktionstheorie und die Produktionsprogrammplanung [1. Aufl.]
 978-3-8244-7223-9;978-3-322-89640-7

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XXXVIII
Einleitung und Gang der Untersuchung (Heinz Eckart Klingelhöfer)....Pages 1-4
Grundlagen und abfallpolitische Rahmenbedingungen einer betrieblichen Entsorgung (Heinz Eckart Klingelhöfer)....Pages 5-213
Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie (Heinz Eckart Klingelhöfer)....Pages 215-416
Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die (kurzfristige) Produktionsprogrammplanung (Heinz Eckart Klingelhöfer)....Pages 417-509
Zusammenfassung und Schluß (Heinz Eckart Klingelhöfer)....Pages 511-527
Back Matter ....Pages 529-593

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Heinz Eckart Klingelhöfer

Betriebliche Entsorgung und Produktion Abfallpolitische Rahmenbedingungen und ihre Integration in die Produktionstheorie und die Produktionsprogrammplanung

Klingelhöfer Betriebliche Entsorgung und Produktion

GABLER EDITION WISSENSCHAFT

Heinz Eckart Klingelhöfer

Betriebliche Entsorgung

und Produktion Abfallpolitische Rahmenbedingungen und ihre Integration in die Produktionstheorie und die Produktionsprogrammplanung

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Manfred Jürgen Matschke

Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Klingelhöfer, Heinz Eckart: Betriebliche Entsorgung und Produktion : abFallpolitische Rahmenbedingungen und ihre Integration in die Produktionstheorie und die Produktionsprogrammplanung / Heinz Eckart KlingelhöFer. Miteinem Geleitw. von ManFred Jürgen Matschke. - Wiesbaden : Dt. Univ.-Verl. ; Wiesbaden : Gabler, 2000 (Gabler Edition Wissenschaft) Zugl.: GreiFswaid, Univ., Diss., 1999 ISBN 978-3-8244-7223-9 ISBN 978-3-322-89640-7 (eBook) DOI 10.1007/978 -3-322 -89640-7

Alle Rechte vorbehalten

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2000 Ursprünglich erschienen bei BetriebswirtschaftlicherVerlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden, und Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden 2000. lektorat: Brigitte Siegel / SteFanie Brich

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere fürVervielföltigungen, Ubersetzungen, MikroverFilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. http://www.gabler.de http://www.duv.de Höchste inhaltliche und technische Qualität unserer Produkte istunser Ziel. Bei der Produktion und Verbreitung unserer Werke wollen wir die Umwelt schonen. Dieses Buch ist deshalb auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Einschweißfolie besteht aus Polyethylen und damit aus organischen Grundstoffen, die weder bei der Herstellung noch bei der Verbrennung Schadstoffe freisetzen . Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als Frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Geleitwort Die vorliegende Schrift wurde im September 1999 von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Ernst-Moritz-Amdt-Universität Greifswald unter dem Titel ,,Betriebliche Entsorgung und Produktion. Abfallpolitische Rahmenbedingungen und ihre Integration in die Produktionstheorie und die Produktionsprogrammplanung" als Dissertation angenommen. Ihre Aufgabenstellung ist außerordentlich breit angelegt und zugleich außerordentlich anspruchsvoll; denn die rechtlich oder qualitativ geprägten abfallpolitischen Rahmenbedingungen werden nicht bloß exemplarisch, sondern umfassend in sehr formal ausgerichtete betriebswirtschaftliche Teilgebiete integriert. Im einzelnen möchte Herr Klingelhöfer mit seiner Arbeit I. die abfallpolitischen Rahmenbedingungen einer umfassenden ökonomischen, insbesondere betriebswirtschaftliehen Analyse unterziehen, 2. das abfallpolitische Instrumentarium systematisch und umfassend in eine der zentralen betriebswirtschaftlichen Theorien, nämlich in die Produktionstheorie, die die mengenmäßigen Gesetzmäßigkeiten zwischen Input und Output betrieblicher Leistungserstellungsprozesse untersucht, integrieren sowie 3. darüber hinaus auch in die betriebliche Programmplanung einbinden, bei der es um die Entwicklung und Anwendung von Modellen zur einzelwirtschaftlichen wertorientierten Optimierung betrieblicher Leistungserstellungsprozesse geht. Dieser Aufgabenstellung folgt auch die Gliederung. Im Grundlagenteil werden von Herrn Klingelhöfer im hohen Maße eigenständig juristische und wirtschaftliche Gesichtspunkte der einzelnen Maßnahmen zusammenführend diskutiert und dabei mehrere Instrumente erstmals auf ihre Tauglichkeit auch zur Bewältigung der Abfallproblematik hin untersucht. In diesem Zusammenhang entwickel; er eigene, speziell an die Abfallproblematik angepaßte Varianten bekannter Instrumente (vor allem bei Kompensationslösungen und Zertifikaten) und diskutiert die in der Literatur, in Gesetzen und Rechtsprechung vertretenen Ansätze (speziell bei Abgaben und im Umwelthaftungsrecht). Er weist dabei neben rechtlichen vor allem auch auf wirtschaftliche Grenzen der besprochenen Instrumente hin (insbesondere beim Umwelthaftungsrecht) und entwickelt eigene Vorstellungen zu einer sinnvollen wirtschaftlichen Umsetzung (etwa bei Gebühren und Beiträgen und bei Sonderabgaben). In der Produktionstheorie sind es meines Erachtens vor allem die von ihm entworfenen Modelle zur internen und externen Kreislaufführung, die es verdienen, hervorgehoben zu werden. Sie ermöglichen nicht nur die einfache Erfassung von Zyklen einzelner ganzer Objekte mit fixen Kreislaufquoten, sondern auch typischer Recyclingfragestellungen - speziell variable Rückführungs- oder Wicdereinsatzquoten, Schwund, Komponentenvermehrungen und nicht völlige Ersetzbarkeil sowie darüber hinaus von Zeitaspekten sowohl hinsichtlich der Objekte als auch hinsichtlich der Technologie. Anhand einer eigenständigen Systematisierung der Produktionsheschränkungen gelingt es ihm, die verschiedensten Arten von Umweltschutzrestriktionen (speziell von Recyclingrestriktionen, aber auch von Verfahrensrestriktionen im Falle additiver Umweltschutzmaßnahmen) großenteils erstmals für die Produktionsprogrammplanung verwertbar abzubilden - und zwar selbst von solchen, die bisher für nicht oder für nur teilweise erfaßbar gehalten wurden (wie Massenkonzen-

trations- und Geruchszahlbe:;t:hränkungen). Hervorzuheben ist auch die Anpassung an Objektmengenrestriktionen mit Hilfe von Kreislaufführung und additiven Umweltschutzmaßnahmen. Im Falle der Produktionsprogrammplanung sind die Erfassung von mengenabhängigen Preisen und Gesamtdeckungsbeitragssprüngen sowie die Behandlung der speziell mit der betrieblichen Entsorgung zusammenhängenden Bewertungsprobleme hervorzuheben, insbesondere die Modelle zur Erfassung der additiven Umweltschutzmaßnahmen und des Recyclings, die zu einem partialisierten mehrperiodigen Produktionsprogrammplanungsmodell ausgebaut werden, mit dem sich alle typischen Entsorgungsfragestellungen (zumindest) abbilden lassen. Sehr gefallen hat mir auch die systematische Analyse der Auswirkungen der verschiedensten Produktionsbeschränkungen und des marktwirtschaftliehen abfallpolitischen Instrumentariums, wobei ich die differenzierte Betrachtung der Zertifikate hervorheben möchte. Kompensationslösungen, das Umwelthaftungsrecht und das Umweltstraf- und -ordnungswidrigkeitenrecht wurden meines Wissens im einschlägigen Schrifttum überhaupt noch nicht hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Produktionsprogrammplanung erfaßt. Die Arbeit weist eine thematisch bedingte große Breite und einen hohen Schwierigkeitsgrad auf. Sie ist außerordentlich innovativ und zeichnet sich durch tiefgehende, fast schon pedantische Gründlichkeit in der Darstellung und Sorgsamkeit im Urteil aus. Ihr Kennzeichen ist Präzision in der Gedankenführung und in der Ausdrucksweise, die dem Leser zwar nicht vor den Schwierigkeiten der Materie bewahrt, aber ihn sicher zum Verständnis geleitet. Wer sich auf den Gebieten der Produktionstheorie und der Produktionsprogrammplanung mil dem Problem des Umweltst:hutz auseinandersetzen möchte, kann an dieser Arbeit nicht vorbeigehen, die mit dem Dissertationspreis der Commerzbank-Stiftung für die beste Dissertation des Jahres 1999 auf dem Gebiet der Rechts- und Staatswissenschaften ausgezeichnet worden ist. Ich wünsche ihr eine breite Beachtung in Forschung, Lehre und Praxis.

Prof. Dr. Manfred Jürgen Matschke

Vorwort Dachte ich n gerade bei Umweltschadensfallen nicht immer erfüllt) • Verstoß gegen ein Schutzgesetz mit drittschützender Komponente(§ 823 Abs. 28GB)

2. Kausalzusammenhang zwischen Handlung und Schaden

Gegebenenfalls

analoge Anwendungvon § 906Abs. 2 Satz28GB

subsidiär zur Verschuldenshaftung möglich

3. Rechtswidrigkeit • innerhalb des von ihnen erfaßten Regelungsbereiches sind Vorschriften des Nachbarrechts für dieses Kriterium maßgeblich

.. aber:

Verbleibendes Problem: Kausalzusammenhang => vgl. Unterabschnitt 2.2.3.3.2.3

Beweislastumkehr für V erkehrs(sicherungs )· pflichtverletzungen im deliktischen Umwelthaftungsrecht

4. Verschulden • Verletzung einer Verkehrs(sicherungs)pllicht beinhaltet Verrnutung schuldhaften Handeins • bei§ 823 Abs. 2 8GB nur von Bedeutung. wenn nach Gesetzesinhalt auch unverschuldeter Verstoß möglich

Angemessen~

Sorgfalt kann von Verpflichtung zum Schadensersatz befreien

Verschuldeoshaftung für Umweltschadensf"alle nach § 823 BGB

Abbildung 2.12: Die Verschuldenshaftung nach § 823 BGB beim Vorliegen von Umweltschadensfällen

2 Grundlagen und abfallpolitische Rahmenbedingungen einer betrieblichen Entsorgung

161

2.2.3.3.2.3 Zur Kausalitätsproblematik bei Umweltschäden 2.2.3.3.2.3.1 Grundsätzliche Probleme des Kausalitätsbeweises bei Umweltschäden und Beweiserleichterungen In den bisherigen Ausführungen zur verschuldensunabhängigen Haftung im Nachbarrecht und zur Verschuldenshaftung wurde der Kausalzusammenhang zwischen einer Emission und einer (wesentlichen) Beeinträchtigung sowie zwischen einer Handlung und einem Schaden weitgehend ausgeklammert. Grundsätzlich gilt, daß dieser vom Betroffenen/Geschädigten zu beweisen ist. 1 In den beiden vorangegangenen Unterabschnitten wurde aber bereits deutlich, daß es hinsichtlich anderer Punkte - etwa hinsichtlich des Einhaltens oder Nichteinhaltens von Umweltstandards oder Verkehrs(sicherungs)pflichten- zu Beweiserleichterungen oder gar zur Beweislastumkehr kommen kann. Daß dies über die Anspruchsvoraussetzungen Wesentlichkeit, Ortsüblichkeit und wirtschaftliche Zumutbarkeit der Verhinderung im Falle des § 906 BGB sowie Rechtswidrigkeit und Verschulden im Falle des § 823 BGB erhebliche Auswirkungen auf die Abwehr-, Ausgleichs- und Schadensersatzansprüche haben kann, wurde bereits dargestellt. Offen blieb jedoch, ob sich evtl. nicht auch Rückschlüsse auf die Kausalität zwischen einer Emission (einer Handlung) und einer Beeinträchtigung (einem Schaden) ziehen lassen. Ähnlich wie schon z.T. bei den anderen Anspruchsvoraussetzungen ist nämlich ein Kausalitätsbeweis gerade im Fall von Umweltschäden häufig nur schwer zu führen. Gründe hierfür liegen u.a. darin,2 daß - aufgrund komplexer technischer, medizinischer und chemischer Sachverhalte Ursachen und Zusammenhänge vielfach nur unzureichend bekannt und somit kaum aufzudecken sind, - Emissionen über andere Medien wie die Luft oder das Wasser auf die Umwelt einwirken, - dabei ggf. große Distanzen zwischen Emissionsquelle und Ort der Einwirkung liegen und - häufig die Beeinträchtigung/der Schaden erst mit einem erheblichen Zeitverzug eintritt. Andere beeinträchtigende oder gar schadensverursachende Einflüsse sind daher oftmals nur schwer auszuschließen. Geht man indes davon aus, daß sowohl die Immissions- als auch die Emissionswerte Standards darstellen, die dem Schutze vor Schädigungen (der Gesundheit, des Eigentums etc.) dienen, zumindest aber das Maß zurnutbarer Beeinträchtigung festlegen, so haben sie zugleich große Auswirkungen auf den Kausalitätsbeweis:3 Tritt tatsächlich ein Schaden ein, so ist jedenfalls dann, wenn das Überschreiten der Standards dafür ursächlich gewesen sein könnte (und dies ist- sofern es sich bei ihnen um Obergrenzen handelt- normalerweise anzunehmen)4 , eine hinreichend große Wahrscheinlichkeit dafür gegeben, daß dem Emittenten mit dem Zuweisen der Schadensursächlichkeit kein geringeres Unrecht als einem leer ausgehenden Geschädigten geschieht, dem der vollständige Beweis der Kausalität nicht gelungen ist.s Deshalb ist es nur konsequent, die Beweislast dem Emittenten dafür aufzu-

1 Dies gilt nicht nur im Falle

der Verschuldeoshaftung und der verschuldeosunabhängigen Haftung im Nachbarrecht, sondern auch für die Gefahrdungshaftung des § 22 WHG (vgl. Marburger: Gutachten C, S. 123). 2 V gl. zu der folgenden Aufzählung Baumann: Haftung, S. 437 sowie Engels: Anscheinsbeweis, S. 178 f. 3 Vgl. zum Folgenden BGH, in: NJW 1978, S. 419-421, hier S. 420 sowie Walter: Anmerkung, S. 1158 und Köndgen: Umwelthaftpflichtrecht, S. 353. 4 Dies trifft vor allem bei Grenz-, aber auch bei Richtwerten gewöhnlich zu. 5 Bei Immissionswerten geht es lediglich um eine Beweiserleichterung dafür, daß eine konkrete Immission auch tatsächlich den Schaden verursacht hat (also für die Ursache-Wirkungsbeziehung), nicht jedoch darum zu ent-

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erlegen, daß das Überschreiten der Standards nicht ursächlich für den Schadenseintritt geworden ist.' Weil die Standards aber gerade dem- im Endeffekt erfolgten- Eintreten der Schäden vorbeugen sollten, wird dem Emittenten dieser Unschädlichkeilsbeweis wohl schwerfallen.2 Mag unter dieser Voraussetzung eine Beweislastumkehr aus dem Blickwinkel des Geschädigten wünschenswert und unter juristischen Gesichtspunkten trotz der Gefahr, daß man möglicherweise jemanden für einen Schaden zur Verantwortung heranzieht, der eigentlich nicht von ihm zu verantworten ist, noch gerechtfertigt erscheinen, so kann sie unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten doch problematisch sein: In der Realität geht es häufig nicht um eindeutige Fälle. Ist beispielsweise eine Luftverfrachtung von Schadstoffen möglich (etwa bei Abgasen), besteht ein großes einzelwirtschaftliches Risiko, da jeder Schadstoffemittent bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen auch für einen weiter entfernten Schaden herangezogen werden kann. Mit der Entfernung nimmt aber die Wahrscheinlichkeit zu, daß ein womöglich nicht vom Emittenten verursachter, ihm aber infolge der Beweislastumkehr zurechenbarer Schaden in seinem Einflußgebiet liegt. Die Folge wären große (finanzielle) Belastungen der betroffenen Betriebe zwecks Absicherung gegen alle Eventualitäten. Solange es freilich bei der Voraussetzung für die Beweislastumkehr bleibt, daß ein Umweltstandard verletzt wurde, läßt sie sich auch wirtschaftlich unter dem Aspekt der Internalisierung externer Effekte rechtfertigen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei, - daß durch die Verletzung von Emissions- oder Immissionsobergrenzen Schäden möglich sind, - daß ein Nichteinhalten insofern einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber den sich gesetzeskonform verhaltenden Betrieben bedeuten kann und - daß schließlich das eigentlich gebotene Einhalten der Grenzen ein rein innerbetriebliches Problem (und außerdem eine Verkehrspflicht) darstellt, das deshalb allein in Verantwortung des Betriebes gelöst werden kann. Das Argument, der Schutz vor Schäden stelle auch hier nur eine übermäßige Reglementierung für den potentiellen Schädiger dar und hindere ihn an der gesamtwirtschaftlich nutzbringenden Ausübung seiner Tätigkeit, kann in einer derartigen Situation also allenfalls bedingt richtig sein. 3 Im Gegensatz zum Schrifttum hält die Rechtsprechung indes nach wie vor im Recht der Verschuldenshaftung am Kausalitätsbeweis durch den Geschädigten fest und steht einer Beweislast-

scheiden, welche von mehreren möglichen Anlagen für die Grenzwertüberschreitung verantwortlich ist (vgl. Hager, in: Landmann!Rohmer: Umweltrecht, § 6 UmweltHG Rn. 9). Auf multikausale Fragestellungen winl erst im nächsten Unterabschnitt eingegangen werden. I So fordert es z.B. ein Teil der Literatur. Vgl. hierzu Walter: Anmerkung, S. 1158; Köndgen: Umwelthaftpflichtrecht, S. 353; Baumgärtel: Anmerkung; Marburger!Herrmann: Verteilung, S. 358; Hübner: Haftungsprobleme, S. 451. 2 Vgl. Marburger!Herrmann: Verteilung, S. 358 i.V.m. Marburger: Bedeutung, S. 604. Explizit fordert Marburger: Regeln, S. 448-454 (insbes. S. 453 f.) die Umkehr der Beweislast bei Verletzung der in Anhang C dieser Arbeit erläuterten normativen Standards 'allgemein anerkannte Regeln der Technik' und 'Stand der Technik' und -etwas eingeschränkt- auch bei den "kodifizierten" technischen Regeln (vgl. ebd., S. 473). Im Gegensatz zu Immissionswerten wird im Schrifttum bei Emissionsstandards gerade wegen ihrer (bloß) vorbeugenden Wirkung das Überschreiten nicht immer als Indiz für die Schadensverursachung angesehen (vgl. Rehbinder: Fortentwicklung, S. 158). 3 Anders sieht es hingegen aus, wenn auf die Voraussetzung des Nichteinhaltens von Umweltstandards für die Beweislastumkehr im Kausalitätsbeweis verzichtet oder sogar allgemein jegliches Unaufklärbarkeitsrisiko dem Betrieb angelastet wird. Hierauf wird im Unterabschnitt 2.2.3.3.4.1 noch einmal eingegangen werden.

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umkehr noch zurückhaltend gegenüber.' Immerhin läßt sie dem Geschädigten aber im Falle eines Nichteinhaltens von Immissions- oder Emissionswerten zum Nachweis der Ursächlichkeit Be· Weiserleichterungen zugute kommen und zieht in Einzelfallen sogar eine Umkehr der Beweislast in Betracht. 2 Eine Beweiserleichterung des ersten Anscheins (Prima-facie-Beweis, Anscheinsbeweis)3, auf deren Anwendbarkeit im Umweltschutz schon früh hingewiesen worden ist,4 bietet sich hierbei insbesondere dann an, wenn zu der Grenzwertüberschreitung noch ein Verstoß gegen die Verkehrspflichten oder die Sorgfaltspflicht i.S.d. § 276 Abs. I Satz 2 BGB oder gegen Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB tritt.5 Trotzdem ist ein Anscheinsbeweis mit zwei Nachteilen verbunden:6 Einerseits kann er ggf. (insbesondere hinsichtlich der Typik7) leicht durch den Anspruchsgegner erschüttert werden, 8 andererseits kann er nicht bei mehreren potentiellen Verursachern angewandt werden.9- Sein Einsatzgebiet schränkt sich damit stark ein. Abhelfen könnte man der leichten Erschütterbarkeit des Anscheinsbeweises wohl bloß durch eine Erschwerung der Bedingungen, wofür man beispielsweise nJ.!r ein umfassenderes Geschehen unter der Typik zusammenzufassen bräuchte. 10 Im Endeffekt führte dies aber lediglich dazu, daß die Grenzen zwischen dem Anscheinsbeweis und einer Beweislastumkehr verschwömmen. 11 Das widerspräche freilich dem Charakter eines Anscheinsbeweises, denn bei ihm geht es in seiner Ausrichtung auf das Prozeßrecht zuerst um erkenntniswissenschaftliche Gesichtspunkte, nicht jedoch um normative Überlegungen wie etwa die Zumutbarkeit. 1 Somit bliebe als Alternative, möchte man sich mit den genannten Nachteilen einer Erschwerung der Erschütterbarkeit nicht abfinden, lediglich - im Anschluß an die obigen Forderungen des Schrifttums - die Beweislastumkehr unter besonderen Umständen auch hinsichtlich der Kausa-

I Vgl. hierzu Steffen: § 823 Rn. 496 und Rn. 523. 2 Vgl. zur Beweiserleichterung BGH, in: NJW 1978, S. 419-421, hier S. 420, zur Beweislastumkehr BGH, in: NJW 1983, S. 2935-2937, hier S. 2936 f.; beide wurden bekräftigt durch BGHZ 92, S. 143-152, hier S. 146 f. (= BGH, in: NJW 1985, S. 47-49, hier S. 48). 3 Nach der Regel eines Anscheinsbeweises ist ein regelmäßiger Geschehensablauf dann als bewiesen anzunehmen, wenn ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der Lebenserfahrung auf diesen Verlauf hinweist, und au· ßerdem der zu betrachtende Fall zugleich die Merkmale des Üblichen und Typischen aufweist (vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, Vor§ 249 Rn. 163; Steffen: § 823 Rn. 508). Es ist also mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, daß der geltend gemachte Schaden vom Beklagten verursacht wurde. Zu den zu einer solcher ,,Lebenserfahrung" führen könnenden Wahrscheinlichkeiten (und hier insbesondere bei mehreren möglichen Ursachen) vgl. BGH, in: NJW-RR 1988, S. 789 f., hier S. 790 m.w.Nachw. Vgl. Diederichsen: Umweltschäden, S. 489 f. Vgl. hierzu LG Münster, in: NJW-RR 1986, S. 947-954, hier S. 950 und S. 953. Gründe hierfür sind, daß der Emittent durch sein Verhalten die Aufklärung der Tatsachen im Prozeß erschwert oder gar vereitelt hat und über· dies dem Schaden näher steht. Vgl. zur Verwendung des Anscheinsbeweises bei SchutzgeseiZ· oder Verkehrsptlichtverletzungen außerdem Deutsch: Beweis, S. 439 f. 6 Vgl. Waller: Anmerkung, S. 1158 f.; Landsberg!Lülling: Umwelthaftungsrecht, S. 139; Marburger/Herrmann: Verteilung, S. 358; Deutsch: Beweis, S. 440; Schimikowski: Umwelthaftungsrecht, S. 39-42 und S. 49 m.w.Nachw. Ausführlich zur Rechtsprechung hinsichtlich des Anscheinsbeweises in der Umwelthaftung vgl. Engels: Anscheinsbeweis, S. 178-187. 7 Zur Bedeutung von Typik und Atypik des Sachverhaltes vgl. Steffen: § 823 Rn. 511-516. 8 Vgl. auch BGH, in: NJW-RR 1988, S. 789 f., hier S. 790: Selbst bei zwar tatsächlicher, aber trotzdem nur rein theoretischer Möglichkeit der zweiten Ursache reicht der Anscheinsbeweis nicht mehr für den Beweis der ersten; es muß der ,.für das praktische Leben brauchbare Grad von Gewißheit" (ebd.) und nicht nur eine größere Wahrscheinlichkeit vorliegen. Vgl. außerdem Steffen: § 823 Rn. 516. 9 Man wird beispielsweise bei mehreren möglichen Schädigem wohl schwerlich einen Geschehensablauf finden, der so typisch ist, daß er mit annähernder Gewißheit nur von einem bestimmten Täter verursacht sein kann. 10 So Steffen: § 823 Rn. 509. II Vgl. Marburger: Bedeutung, S. 604 sowie Marburger/Herrmann: Verteilung, S. 358 und Steffen: § 823 Rn. 509.

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lität. Hierfür verlangt der BGH im Bereich des Deliktsrechts indes, daß der Schädiger entweder gegen eine Verkehrs(sicherungs)pflicht oder gegen ein Schutzgesetz verstoßen hat und daß gleichzeitig die jeweilige Verhaltensanweisung nach Wesen und Zweck eine Befreiung des Geschädigten von dem Nachweis fordert, daß der Gefahrbeitrag tatsächlich durch die betreffende Schutzgesetz- oder Verkehrs(sicherungs)pflichtverletzung gegenwärtig geworden ist.2 Immerhin finden sich aber mittlerweile erste Schritte in Richtung einer Beweislastumkehr unter besonderen Umständen in der Produkthaftung.J Als Ausweg im Falle mehrerer möglicher Verursacher schließlich eröffnet der BGH die Beweiserleichterung über § 287 ZP04 , wonach das Gericht in bestimmten Situationen "unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung" die Anteile an der Haftung bestimmen kann.s Ein Überschreiten von Umweltstandards führt also auch bei mehreren potentiell Schadensverantwortlichen zu Beweismaßsenkungen für den Geschädigten hinsichtlich des kausalen Zusammenhanges zwischen haftungsrelevanter Ursache und möglichen Folgen und somit zumindest zu einer anteiligen Haftung der in Frage kommenden Emittenten. Nichtsdestotrotz sind es gerade solche Situationen, in denen ein Schaden viele verschiedene Verursacherhaben kann (Multikausalität), die das Problem des Kausalitätsbeweises zu einer der größten und zugleich häufigsten Schwierigkeiten des Umwelthaftungsrecht werden lassen. Sie sind Thema des folgenden Unterabschnitts.

2.2.3.3.2.3.2 Das Problem der Multikausalität von Umweltschäden und die daraus folgenden Auswirkungen auf die Haftung der (potentiellen) Verursacher Kommen für einen Schaden mehrere verschiedene Verursacher in Frage (Multikausalität), so können hieraus beträchtliche Probleme für die Haftung resultieren. Schließlich ist keineswegs klar, gegen wen sich die aus den Gesetzen folgenden Ansprüche zu richten haben: Große Entfernungen zwischen Emittenten und Betroffenen (z.B. bei Luftverfrachtung von Schadstoffen) sowie das Zusammenwirken verschiedener Ursachen, die für sich genommen zwar unschädlich sein können, zusammen aber durch ihre Menge oder aufgrund von - oftmals noch nicht einmal bekannten- Reaktionen die Umwelt gefährden, Jassen die verursachungsgerechte Zurechnung einer wesentlichen Beeinträchtigung oder eines Schadens auf die verschiedenen Emissionsquellen häufig aussichtslos erscheinen.

1

Vgl. Steffen: § 823 Rn. 509 m.w.Nachw. Indes beeinflußt die juristische Wertung das Einsatzfeld des Anscheinsbeweises, und materiellrechtliche Gesichtspunkte wirken auf die Anscheinsregeln (vgl. ebd.). 2 Vgl. Steffen: § 823 Rn. 524. Vgl. außerdem BGH, in: NJW 1983, S. 2935-2937, hier S. 2936 f. Doch selbst wenn die Voraussetzungen einer Anwendung der Kausalitätsvermutung im Bereich von § 823 Abs. 2 BGB ge· geben sind, präferiert der BGH den Anscheinsbeweis als grundsätzlich richtigeren Ansatzpunkt (vgl. Steffen: § 823 Rn. 526). 3 Vgl. das Urteil zur Explosion einer Limonadenflasche in BGHZ 104, S. 323-337 sowie bekräftigend BGH, in: BB 1993, S. 248-250, wo auch Nachweise zu kritischen Ansichten zu finden sind (vgl. ebd., S. 249). Nach Engels: Anscheinsbeweis, S. 178 handelt es sich bei der Limonaden-Entscheidung aber noch um eine Beweismaßsenkung, da die Haftung am wahrscheinlichen Zeitpunkt der Aasehenbeschädigung anknüpfe und nicht dem Hersteller das Risiko der Unaufldärbarkeit der tatsächlichen Fehlerquelle auferlegt würde. Zivilprozeßordnung (ZPO) vom 30. Januar 1877 i.d.F. vom 12.9.1950 (BGBI. I S. 533). Vgl. BGH, in: NJW 1978, S. 419-421, hier S. 420 und BGHZ 66, S. 70-78, hier S. 75-77, bekräftigt durch BGHZ 92, S. 143-152, hier S. 147 (= BGH, in: NJW 1985, S. 47-49, hier S. 48).

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Konkret gilt dies etwa im Falle des Waldsterbens: Obwohl vom BGH "dem Grunde nach für entschädigungswürdig und entschädigungsbedürftig"I gehalten, scheitert der Schadensersatz - einerseits anband der großen Entfernungen des Schadstofftransports, der Vermischung verschiedener Emissionsbeiträge und der nicht bestimmbaren Vielzahl der Emittenten (u.a. Hausbesitzer und Autofahrer), wodurch eine individuelle und nachweisbare Zuordnung der schadensverursachenden Immissionsbeiträge zu identifizierbaren Emittenten praktisch unmöglich wird, und - andererseits - soweit sich die Forderung ersatzweise oder aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des enteignungsgleichen oder des enteignenden Eingriffs gegen die öffentliche Hand richtet daran, daß es sich um eine politische Entscheidung handele, die Sache des Gesetzgebers sei. 2 Eine gerechte Lösung, die den Geschädigten Schadensersatz zukommen läßt, wird sich in solchen Fällen mit vielen verschiedenen möglichen, im einzelnen aber unbekannten Verursachern haftungsrechtlich wohl nicht finden lassen. 1m Interesse der Geschädigten könnte hier allenfalls ein Ausgleich seitens des Staates helfen. Da dies aber die Verursacher externer Effekte weiterhin bevorzugt, müßte man zur Finanzierung eines solchen Ausgleichs auf andere abfallpolitische Instrumente zurückgreifen. Hierfür bieten sich beispielsweise Abgaben an;3 denkbar wäre aber ebenso, den Erlös aus der Erstvergabe von Zertifikaten zu verwenden. Doch selbst wenn die möglichen Verursacher bekannt sind, kann eine derartige Multikausalität mit erheblichen Problemen in der Beweisführung verbunden sein, denn es muß noch keineswegs klar sein, wer von ihnen tatsächlich und mit welchem Anteil für den Schaden oder die Beeinträchtigung verantwortlich ist. Die weitere Vorgehensweise ist nun davon abhängig, - ob es ,Jediglich" um die Abwehr wesentlicher Beeinträchtigungen geht oder - ob ein Anspruch auf Ausgleich oder Schadensersatz besteht. Sind die Einwirkungen eines Emittenten schon allein für sich wesentlich, so kann für diesen auf die früheren Ausführungen zu den§§ 906 BOB und 14 BlmSchG verwiesen werden. Sind hingegen alle Beeinträchtigungen jeweils für sich unwesentlich, in ihrem Zusammenwirken aber wesentlich, so hat der von den Immissionen Betroffene einen Abwehranspruch wahlweise gegen jeden einzelnen der Emittenten, bis die Beeinträchtigungen insgesamt unwesentlic!J. werden. Analog zur früher behandelten Situation des Vorliegens lediglich einer einzelnen abwehrfahigen Beeinträchtigung besteht auch bei solcherart abwehrfähigen Beeinträchtigungen kein Ausgleichsanspruch.4 Ist jedoch keine einzige der Beeinträchtigungen nach § 906 Abs. 2 Satz 1 BOB abwehrbar, so entsteht dem Betroffenen wieder ein Ausgleichsanspruch durch unmittelbare oder analoge Anwendung des§ 906 Abs. 2 Satz 2 BOB. Hinsichtlich der Kausalität von Immissionen mit mehreren bekannten (möglichen) Verursachern lassen sich nun für Ausgleichs- oder Schadensersatzansprüche -je nach Kenntnisstand

BGH, in: NJW 1988, S. 478-482, hier S. 481 (= BGHZ 102, S. 350-368, hier S. 363). Vgl. hierzu BGH, in: NJW 1988. S. 478-482 (= BGHZ 102, S. 350-368; Waldschaden-Urteil) mit einer Anmerkung von Hippe! (vgl. Hippe!: Anmerkung); vgl. außerdem Baumann: Haftung, S. 437. 3 So z.B. auch Marburger: Gutachten C, S. 124 f., der für durch Abgaben gespeiste Entschädigungsfonds plädiert. V gl. aber die Ausführungen zu den Pigou-Abgaben in Unterabschnitt 2.2.3.1.1.1 dieser Arbeit sowie die in Unterabschnitt 2.2.3.1.1.2 besprochene Problematik des Einsatzes von Umweltabgaben. 4 Vgl. Bassenge, in: Palandt, BGB, § 906 Rn. 35 m.w.Nachw.

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2 Grundlagen und abfalipolitische Rahmenbedingungen einer betrieblichen Entsorgung

über die potentiellenVerursacherund ihre Schadensanteile- insgesamt die folgenden vier Fälle unterscheiden: I I . Die Anteile an der Schadensverursachung sind individuell zurechenbar (Teilkausalität, additive Kausalität, lineare Schadenssteigerung). 2. Alle in Frage kommenden potentiellen Verursacher sindjeweils für sich allein auch ursächlich für den Schaden. 3. Von mehreren in Frage kommenden potentiellen Verursachern ist der tatsächliche Schädiger nicht zu ermitteln, jeder von ihnen könnte den Schaden aber ebenso allein zu verantworten haben (alternative Kausalität). 4. Die Verursacher sind zwar bekannt, nicht jedoch ihr Anteil am Schaden (Anteilszweifel). Hilft hier selbst eine Anteilsschätzung nicht mehr weiter, so ist danach zu differenzieren, a) ob der Beitrag eines jeden einzelnen zumindest geeignet war, den gesamten Schaden zu verursachen, b) ob erst das synergetische Zusammenwirken der von verschiedenen Emittenten herrührenden Inunissionen zu einem Schaden führt (progressive Schadenssteigerung) oder c) ob der einzelne potentielle Verursacher lediglich linear und/oder progressiv an der Schadensentstehung beteiligt war und eine genauere Abgrenzung der Art der Beteiligung nicht möglich ist. Zu 1.: Der einfachste der genannten vier Fälle ist noch der erste: Sind bestimmte Anteile an der Schadensverursachung individuell auf die Emissionen allein eines Störers zurückzuführen (Teilkausalität, lineare Schadenssteigerung), so haftet auch nur er für diese Anteile.2 Ist eine exakte Zuordnung zwar nicht möglich, kann den Beteiligten aber seitens des Gerichts durch Schätzung "unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung" gemäß § 287 ZPO ein solcher abgrenzbarer Anteil an dem Schaden zugeordnet werden, so erfolgt eine Haftung im Verhältnis der geschätzten Anteile) Gleiches gilt, wenn der Schaden durch Zusammentreffen gleichartiger Immissionen entsteht und der Geschädigte dadurch in Beweisschwierigkeiten hinsichtlich der tatsächlichen Anteile der einzelnen Schadensursachen kommt. 4 - § 287 ZPO geht damit der weiter unten (im vierten Fall) dargestellten Kausalitätsvermutung nach § 830 Abs. I Satz 2 BGB mit gesamtschuldnerischer Haftung der Beteiligten vor.s

I Vgl. inhaltlich zum Folgenden Köndgen: Umwelthaftptlichtrechl, S. 353-355, Medicus: Zivilrecht, S. 781 f., Larenz/Canaris: Schuldrecht, S. 658-661; Baumann: Haftung, S. 438; Bassenge, in: Palandt, BGB, § 906 Rn. 36 sowie Schimikowski: Umwelthaftungsrecht, S. 20 f. und S. 47 f. Vgl. BGHZ 66, S. 70-78, hier S. 71 und S. 76 sowie BGHZ 72. S. 289-298, hier S. 297. Vgl. ferner Larenz/Canaris: Schuldrecht, S. 575 f., 580 f. und S. 657 f. Vgl. BGHZ 66, S. 70-78, hier S. 71 und S. 76. Köndgen: Umwelthaftptlichtrecht, S. 353 weist allerdings darauf hin, daß der BGH durch dieses Urteil gegen seine eigene Prämisse verstoße, § 287 ZPO dürfe nur bei haftungsausftillender Kausalität angewendet werden. Mit der Verwendung auch bei haftungsbegründender Kausalität will derBGH demnach klar das Beweismaß senken (vgl. Engels: Anscheinsbeweis, S. 183 m.w.Nachw.). Bei haftungsbegründender Kausalität geht es um die Feststellung des haftungsrechtlich relevanten Zusammenhangs zwischen dem Verhalten des angeblichen Schädigers und dem eingetretenen Verletzungserfolg, bei der haftungsausfüllenden Kausalität um den Umfang des zu ersetzenden Schadens (vgl. Grunsky, in: MünchKomm, Vor § 249 Rn. 37). 4 Vgl. BGHZ 66, S. 70-78, hier S. 76. 5 Vgl. BGHZ 85, S. 375-387, hier S. 383, BGHZ 101, S. 106-113, hier S. 113 sowie Larenz/Canaris: Schuldrecht, S. 575 f. und S. 659 f. Hager hingegen tritt auch in diesen Fällen für eine gesamtschuldnerische Haftung eines jeden der Beteiligten ein, solange es dem nicht gelingt, die Irrelevanz der von ihm verursachten Immissio-

2 Grundlagen und abfallpolitische Rahmenbedingungen ei11er betrieblichen Entsorgung

167

Zu2.: Auch der Fall, daß alle in Frage kommenden potentiellen Verursacher jeweils für sich allein auch ursächlich für den Schaden sind, bereitet noch keine allzu großen Schwierigkeiten. 1 Ihnen kann die Haftung nämlich entsprechend der Nebentäterschaftsregel gesamtschuldnerisch zugerechnet werden - selbst wenn der Schaden ohne die Mitwirkung eines konkreten einzelnen ebenso allein durch die übrigen entstanden wäre. Die Einleitung einer zur Auslösung eines Fischsterbens ausreichenden Menge Gift in ein Gewässer, befreit also nicht schon deshalb von der Haftung, weil ebenso jemand anderes eine tödlich wirkende Dosis eingeleitet hat.2 Zu 3.: Mit dem dritten Fall beginnen indes die Schwierigkeiten, da die wirkliche Verursachung des Schadens nicht bekannt ist (Urheberzweifel).3 Hat jeder der beteiligten potentiellen Verursacher tatsächlich unerlaubt und Schuldhaft gehandelt (oder unterliegt er einer Gefährdungshaftung)4 und hätte jeder zudem den zu ersetzenden Schaden in seiner Gesamtheit auch alleinS verursachen können, so kann auch jeder von ihnen allein der tatsächliche Schädiger gewesen sein (alternative Kausalität). Deshalb eröffnet hier § 830 Abs. I Satz 2 BGB als Lösung des Haftungsproblems die gesarntschuldnerische Inanspruchnahme eines jeden der in Frage kommenden potentiellen Verursacher nach § 840 Abs. 1 BGB.6 Schließlich soll der Geschädigte nicht ersatzlos bleiben, "obwohl er mit Sicherheit entweder gegen den einen oder einen anderen 'Beteiligten' einen Ersatzanspruch hat"7• Jeder der Beteiligten habe in dieser Situation eine Gefährdung rechtlich zu verantworten, und es sei im Zweifel nicht sein Verdienst, "wenn nicht seine eigene, sondern eine fremde Gefährdungshandlung ursächlich geworden sein sollte"s. Stützt sich der Anspruch hingegen nicht auf eine unerlaubte Handlung, sondern gern. § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB auf nachbarrechtlichen Ausgleich einer Beeinträchtigung, so sollen die Störer nach zwei etwas älteren Urteilen des BGH selbst bei alternativer Kausalität nicht als Gesamtschuldner,

1

2

3

4

5

7

8

nen flir den Gesamtschaden zu beweisen (vgl. Hager: Umweltschäden, S. 1969 und Hager: Umwelthaftungsgesetz, S. 140). Zur Kritik an diesem Vorschlag Hagers sei auf die späteren Ausführungen unter 4. zur progressiven Schadenssteigerung verwiesen, die sich analog auf die hier geschilderte Situation übertragen lassen. Vgl. hierzu und zum anschließenden Beispiel Medicus: Zivilrecht, S. 781, Larenz/Canaris: Schuldrecht, S. 580583 sowie Mertens, in: MünchKomm, § 830 Rn. 5 f. Zum Beispiel vgl. außerdem die Ausführungen zu :"

II:

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als Produktionsfaktoren

Wiedereinsatz von Produkten

Betrieb

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Rückstände (Besei tigung)

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Rückstände

Produkte

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3 Integration der Abfallentstehung und -enrsorgung in die Produktionstheorie

219

Auf einer zweiten Ebene kann man nun die in diesem Zusammenhang betrachteten Objekte I auf der In- und Outputseite der Produktion gemäß den Ausführungen in Unterabschnitt 2.1.4.1.1 nach ihrer einzelwirtschaftlichen Erwünschtheit beurteilen. Analog zu der Einteilung der ausgebrachten Kuppelprodukte in erwünschte Produkte, unerwünschte Abfälle (Abprodukte) und neutral bewertete Beiprodukte läßt sich auch auf der Einsatzseite der Produktion in - den einzelwirtschaftlich erwünschten (Wieder-)Einsatz von Abfallen, - den einzelwirtschaftlich unerwünschten (obgleich für eine Produktion mit positivem Ergebnis aus naturgesetzliehen Grün~en unvermeidlichen) Verbrauch traditioneller Produktionsfaktoren (Produktionsfaktoren i.e.S., Einsatzfaktoren i.e.S.) und - das Einfließen neutral bewerteter Faktoren in den Produktionsprozeß unterscheiden.2 Zu letzteren - auch als Beifaktoren3 bezeichnet - gehören neben den wiedereingesetzten neutralen Rückständen aus einzelwirtschaftlicher Sicht vor allem freie Umweltgüter wie die Luft, für deren Nutzung kein Entgelt zu zahlen ist. Erläuterungsbedürftig mag dabei vielleicht trotz der Ausführungen in Unterabschnitt 2.1.4.2.3 der einzelwirtschaftlich erwünschte Einsatz von Abfällen in der Produktion sein, wurden doch Abfälle in Unterabschnitt 2.1.4.1.1 outputseitig generell als unerwünscht bezeichnet: Sofern es sich nun um den Einsatz von Abfallen im Sinne eines hineinführenden Recyclings handelt, bei dem Wiedereinsetzender und Abfallerzeuger nicht identisch sind, kann der Abfalleinsatz nach Dyckhoff als Teil der Produktion im weitesten Sinne aufgefaßt werden (und zwar als Dienstleistungsproduktion, die das Bedürfnis nach Erfüllung der Entsorgungsfunktion befriedigt), weil durch die Beseitigung negativer Werte eine Wertschöpfung stattfindet.4 Überwiegen aus der einzelwirtschaftlichen Sicht des Wiedereinsetzenden die Erlöse durch die Annahme von Abfallen Dritter die Kosten der Entsorgung, so kann der Abfalleinsatz sogar Sachziel der Produktion sein; andernfalls wird der Entsorgende zumindest insofern einen positiven Nettonutzen haben, als er andere Produktionsfaktoren i.e.S. substituieren kann.s Da er aber nicht der Erzeuger der Abfälle ist, besteht kein Widerspruch zur bisherigen Auffassung, denn für den Erzeuger überwiegen nach wie vor die Kosten.

1

2

3 4

5

'Objekt' soll hier im Dyckhoffschen Sinne "funktionell als ein Bündel von Eigenschaften" (Dyckhoff: Produktionswirtschaft, S. 98) verstanden werden, die für das bewertende Wirtschaftssubjekt sowohl vorteilhaft als auch nachteilig sein können und entsprechend den früheren Ausführungen zur Zielsetzung (vgl. Unterabschnitt 2.1.4.1.1 dieser Arbeit) in ihrer Gesamtheit bewertet werden. Sie können materieller und immaterieller Natur sein und sich sowohl auf den Input als auch den Output des Produktionsprozesses beziehen. Vgl. Dyckhoff: Berücksichtigung, S. 291 f. und Dyckhoff: Produktion, S. 66 f. Etwas anders hingegen Dinkelbach/Rosenberg: Produktionstheorie, S. 9-18 und Dinkelbach: Aspekte, Sp. 1339-1341, die in Faktoren, erwünschte und unerwünschte Nebenfaktoren unterscheiden. Ihre erwünschten Nebenfaktoren entsprechen zwar in dieser Arbeit in etwa den eingesetzten Abfallen; neutrale Faktoren werden jedoch nicht berücksichtigt, und unerwünschte, deren Inanspruchnahme zu unerwünschten Auswirkungen auf die Umwelt führen kann, sind mit dem hier betrachteten System nur begrenzt vereinbar: Wird Kühlwasser einem Fluß entnommen und tritt mit der anschließenden Wiedereinleitung eine nicht unproblematische Erwärmung ein (vgl. Dinkelbach/Rosenberg: Produktionstheorie, S. 16), so ist diese Erwärmung nicht Folge des Faktoreinsatzes i. w.S., sondern einer Objektausbringung. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Unerwünschtheil für die betriebswirtschaftliche Produktionstheorie nur von Bedeutung ist, sofern sie nicht bloß von der Gesellschaft festgelegt wird, sondern auch ein;;elwirtschaftlich in das Zielsystem eingeht. In diesem Falle sind solche unerwünschten Nebenfaktoren im hier vertretenen System aber schon als Produktionsfaktoren i.e.S. berücksichtigt. V gl. Dyckhoff: Berücksichtigung, S. 291 f. und Dyckhoff: Produktion, S. 66 f. Vgl. Dyckhoff: Reduktion, Sp. 1461 f. Zur Entsorgung als Funktion vgl. Matschke/Lemser: Entsorgung. Besteht kein Kontrahierungszwang, so wird in einer marktwirtschaftlich organisierten Gesellschaftsordnung niemand, der ausschließlich rational handelt, ohne Nutzenzuwachs die Abfalle Dritter (hineinfiihrend) rezyklieren.

220

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

Problematisch scheint indes die Abfalleigenschaft zu sein, wenn der Wiedereinsetzende mit dem Abfallerzeuger identisch ist Selbst dieser Widerspruch löst sich aber nicht nur unter Umweltschutzgesichtspunkten, sondern auch ökonomisch auf, wenn man sich die formale Betrachtung wie folgt vorstellt: Die Kosten, die mit dem (Wieder-)Einsatz von Abfallen verbunden sind, werden komplett der Abfallentstehung zugerechnet; der Nutzen der Abfallbewältigung (ersparte Kosten für die Vermeidung eines herausführenden Recyclings oder einer Beseitigung) wird isoliert gesehen. Aus Gründen der Konsistenz erfordert die Abfalleigenschaft des betreffenden Outputs aber weiterhin, daß die mit ihm verbundenen Kosten in summa immer noch höher als sein Nutzen sind, so daß er alles in allem unerwünscht bleibt Bei Kosten-Nutzen-Gleichheit handelte es sich nämlich um ein Beiprodukt, bei überwiegendem Nutzen sogar um ein (Neben-)Produkt Insgesamt ergibt sich dann unter Berücksichtigung des Kriteriums der einzelwirtschaftlichen Erwünschtheil nach obiger Einteilung die folgende güterstromorientierte Darstellung des Produktionsprozesses (vgl. Abbildung 3.2):

Produktions-

Produkte

faktorcn i.e.S.

Abfälle

-- - - - -·;..

~-

Abbildung 3.2: Güterstromorientierte Darstellung des Produktionsprozesses unter Berücksichtigung des Kriteriums der einzelwirtschaftlichen Erwünschtheil

Durch Umordnung nach dem Kriterium der Erwünschtheil und Anlegen eines im Hinblick auf das verfolgte Zielsystem geeigneten Wertmaßstabes, der den Folgen des Produktionsprozesses entsprechend dem Grade der einzelwirtschaftlichen Erwünschtheil eine quantifizierbare Nutzengröße zuordnet (wie z.B. Kosten für einzelwirtschaftlich unerwünschte und Erlöse für einzelwirtschaftlich erwünschte Ergebnisse), gelangt man schließlich zu der in Abbildung 3.3 angegebenen wertmäßigen Darstellung des Produktionsprozesses:

221

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

unerwünscht (z.B. Kosten)

neutral (kein Wert)

erwünscht (z.B. Erlöse)

Einsatz von Produktionsfaktoren i.e.S.

Erzeugung von Produkten

Erzeugung von Abfall

Einsatz von Abfall

Einsatz von Beifaktoren

Abbildung 3.3: Wertmäßige Darstellung des Produktionsprozesses nach dem Grad der Erwünschtheit (hier am Beispiel von Kosten und Erlösen)

Als einzelwirtschaftlich erwünscht werden sich demnach bei isolierter Betrachtung die Erzeugung von Produkten und der Einsatz (d.h. die weitere Nutzung) von Abfällen in der Produktion, als unerwünscht der Verbrauch von Produktionsfaktoren i.e.S. und die Entstehung von Abfallen zusammenfassen lassen. Dem Einsatz von Beifaktoren und der Ausbringung von Beiprodukten steht das Wirtschaftssubjekt hingegen indifferent gegenüber. Diese neutral bewerteten Objekte weisen keinen insgesamt positiven oder insgesamt negativen Zielbeitrag auf, so daß sie beim Anlegen des Wertmaßstabes im Hinblick auf eine Maximierung der Zielerreichung oftmals nicht mehr weiter berücksichtigt zu werden brauchen. Verfolgt das beurteilende Wirtschaftssubjekt beispielsweise das Ziel der Gewinnmaximierung und verwendet infolgedessen Kosten und Erlöse zur Bewertung der unerwünschten und erwünschten Objekte, so werden die neutralen Objekte einen Wert von null erhalten und somit für die eigentliche Optimierung häufig keine Rolle mehr spielen.' Die Vorgehensweise auf dem Weg zu einer solchen Einstufung, die auch Limitierungen der Produktion durch (vermeintlich) neutrale Objekte berücksichtigt, kann indes recht aufwendig sein und setzt i.d.R. die Lösung eines totalen Produktionsprogrammplanungsproblems voraus. Grundlage der folgenden Betrachtungen, welche die bisherigen Überlegungen formalisieren und ausweiten, soll die von Koopmans 1 1951 entwickelte lineare Aktivitätsanalyse sein. Sie stellt einen Spezialfall der später entwickelten allgemeinen Aktivitätsanalyse dar und zeichnet sich durch ihre Nähe zu der linearen Optimierung und den hierauf basierenden Modellen der Produk-

1 Auf Probleme, die sich aus der ex post nicht immer richtigen Ex-ante-Einstufung eines Objektes als 'neutral' ergeben können (weil es etwa die erwünschten Ergebnisse der Produktion limitiert), wird im Unterkapitel 3.3 zur Effizienz näher eingegangen werden. V gl. außerdem zur Bewertung die Ausführungen im Rahmen der Produktionsprogrammplanung im vierten Kapitel.

222

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

tionsplanung aus, was ihr eine hohe Relevanz für die Praxis zukommen läßt. 2 Immerhin erlaubt dies die Überführung von produktionstheoretischen Problernen in numerisch lösbare der linearen Optimierung; und vielfach bereitet es bei den heute zur Verfügung stehenden Rechnerkapazitäten kaum Schwierigkeiten, nichtlineare produktionstheoretische Problerne (wie z.B. auf Basis der Gutenberg-Produktionsfunktion) durch lineare zu nähem.J

3.1.2 Grundlagen der linearen Aktivitätsanalyse4 3.1.2.1 Aktivität und Technologie Ausgangspunkt für die Aktivitätsanalyse ist die Aktivität (Produktionsalternative, Produktion). Eine Aktivität stellt eine Transformation einer Kombination von Einsatzmengen I = (r 1, ... , rm)';;:: Qin eine Kombination von Ausbringungsrnengen x = (x 1, ... , xn)';;:: Q dar. Sie läßt sich in Form eines Input-/Outputvektors .!1!. schreiben

und demnach als Produktionspunkt im (rn+n)-dirnensionalen Objektraum auffassen.s Zerlegt man nun, den Ausführungen des letzten Abschnitts folgend, die beiden Vektoren I und x entsprechend der Erwünschtheil der betrachteten Objekte in die (Teil-)Vektoren IF = (rFI • · · ·• rFmFak)'

;::Q

der traditionellen Faktoreinsatzmengen (Produktionsfaktoren i.e.S.),

IN= (rNI• ... , rNmBf)'

1

4

5

;o:Q

der Beifaktoren,

IA = (rAI• ... , rAmAbf)' ;::Q

der eingesetzten Abfälle,

Xp = (XpJ• ... , XPnPro)' ;::Q

der ausgebrachten Produkte,

Vgl. Koopmans: Activities. Debreu: Theory, S. 37-49 erweiterte sie und integrierte sie in die mikroökonomische Gleichgewichtstheorie. Vgl. hierzu Dyckhoff: Aktivitätsanalyse; Dyckhoff: Produktion, S. 36; Wittmann: Produktionstheorie, S. 102. Zu Näherungen der nichtlinearen Gutenberg-Produktionsfunktion durch lineare Leontief-Produktionsfunktionen vgl. Unterabschnitt 3.1.3.1. Vgl. flir die folgenden Ausführungen (speziell zu den Unterabschnitten 3.1.2.1 und 3.1.2.2) Koopmans: Activities; Koopmans: Allocation, S. 71-83; Debreu: Theory, S. 37-49; Wittmann: Produktionstheorie, S. 1-20 und S. 102-113; Nikaido: Theory, S. 180-185; BoVOpitz: Aktivitätsanalyse; Kistner: Kostentheorie, S. 54-64 und S. 239-245; Kistner: Produktionstheorie; Hildenbrand/Hildenbrand: Modelle, S. 22-34; Fandel: Produktion, S. 35-48; Schulz: Leistungsverflechtung, S. 159-182; Dyckhoff: Aktivitätsanalyse, Sp. 59-65; Dyckhoff: Grundlagen, S. 9-12; Dyckhoff: Produktion, S. 48-58, S. 73-87 und S. 155-173; Steven: Effizienz, S. 130-134 und Steven: Produktion, S. 82-86; Dinkelbach!Rosenberg: Produktionstheorie, S. 28-40. Können alle Objekte sowohl Input als auch Output sein, so gilt m = n. Auf Schwierigkeiten mit dieser Vorstellung wird weiter unten im Zusammenhang mit dem Brutto- und dem Nettoprinzip eingegangen werden.

223

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

der Beiprodukte und der ausgebrachten Abfälle, so erhält man aus der oben angegebenen eine im folgenden hin und wieder benötigte, etwas differenziertere Darstellungsweise des Input-/Outputvektors !ll. einer Aktivität: 1

r,. ~"[J"l:~ Xn

rl

!F !N

=

rmFak+mBf+mAbf

!A

X]

!p

= (rF'• rN'· rA';Kp', KN'· KA')'_

!N XnPro+ nB p+ nAbf

!A

In der Regel wird dem Produzenten aber nicht nur eine einzige Aktivität, sondern eine Vielzahl zur Verfügung stehen. Die Menge aller dem Produzenten technisch möglichen Aktivitäten bezeichnet man als Technologie(menge) T, d.h.:2

Da die durch den Input-/Outputvektor !ll. repräsentierte Aktivität (m+n)-dimensional ist, muß das auch flir die Technologiemenge T gelten. Als Nachteil der hier gewählten und auch als Bruttoprinzip (Bestandsversion, stock version) bezeichneten Darstellung der Aktivitäten und Technologie mag man freilich empfinden, daß sie sehr umfangreich ist und daß Input und Output nach Art und Anzahl eindeutig festgelegt sind.3 Statt dessen verwendet die Literatur häufig das Nettoprinzip (Fiußversion, flow version), das die Aktivität als Saldo JI!.Netto

= .K - r darstellt. 4 Für cpENetto> 0

ist das E-te

Objekt dann als Output, für cpENetto < 0 als Input zu interpretieren. Läßt sich somit die Bestandsversion leicht in die Flußversion überführen, so ergibt sich in der Umkehrung das Problem, daß

Die Schreibweisen mit den mehrfachen Transpositionen sind zwar etwas unübersichtlicher, haben aber den Vorteil der Kürze. Die in der Literatur z.T. gewählte Einführung der Aktivität als Zeilenvektor hingegen fühne später bei der Rechnung mit Matrizen zu übermäßig langen Zeilen und Zweifachtranspositionen, wäre also insgesamt noch unübersichtlicher. Eine Einführung zunächst als Zeilenvektor und an anderer Stelle als Spaltenvektor (so z.B. bei Kistner: Kostentheorie und Kistner: Produktionstheorie) oderzweierverschiedener Vektoren soll indes aus Gründen der Systematik vermieden werden. 2 JR'f"" steht im folgenden für den von den nichtnegativen reellen Zahlen aufgespannten (m+n)-dimensionalen Raum (inkl. des Nullvektors): ~+n = (!j! e R"'+n I !I!~ Q}. 3 Vgl. BoVOpitz: Aktivitätsanalyse, S. 212. 4 Voraussetzung für die Saldierung ist jedoch, daß bei allen drei Vektoren an gleicher Stelle jeweils physisch gleiche Objekte stehen. Das läßt sich bewerkstelligen, indem JS. und r geeignet um Nullen ergänzt werden. Gibt es zum selben Zeitpunkt keine physisch gleichen Objekte als Input und Output der Produktion, so führt dies dazu, daß die drei Vektoren !!!Netto, JS. und [in Nettodarstellung ebenso wie !I! nach dem Bruttoprinzip m+n Dimensionen aufweisen. I

224

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

zu einer in Flußversion dargestellten Aktivität häufig mehrere Input-/Output-Kombinationen passen, wenn es Objekte gibt, die sowohl in die Produktion einfließen als auch aus ihr herauskommen- die Bestandsversion enthält also mehr Informationen als die Flußversion.l Der Nachteil einer eindeutigen Festlegung der Objekte in der Bestandsversion schließlich relativiert sich zumindest in bezug auf die Stellung im Produktionsprozeß (Einsatz oder Ausbringung), wenn man alljene Objekte, die bei der Zusammenstellung des Produktionsprogramms sowohl Produktionsfaktor i.w.S. als auch Ausbringung werden können,2 auch doppelt (nämlich als Inputs und Outputs) berücksichtigt und das Ergebnis des Optimierungsprozesses abwartet. An eine Technologie sollen nun einige allgemeine Anforderungen gestellt werden:3 1. T ist im !Rf+n abgeschlossen. Die Technologiemenge T ist im mf+n abgeschlossen, wenn jeder ihrer Häufungspunkte Element von T ist (das Komplement mf+n \T von T ist dann offen). 4 Dadurch wird gewährleistet, daß der Rand einer Technologie T Teilmenge von T ist. 5 Dies ist sowohl für mathematische als auch ökonomische Betrachtungen von wesentlicher Bedeutung, da wirtschaftliche Betrachtungen der Produktion (etwa zur Effizienz) hauptsächlich den Rand der Technologie betreffen. Da man eine Aktivität (also einen Produktionspunkt), der man sich entsprechend der Definition eines Häufungspunktes beliebig durch zulässige Aktivitäten nähern kann, in der Regel auch realisieren kann,6 bedeutet die Forderung der Abgeschlossenheil einer Technologie T keine große Einschränkung.

2. Unmöglichkeit des Schlaraffenlandes, Energieerhaltungssatz und Äquivalenz von Masse und Energie: Je nach Grad der Einbeziehung von Objekttypen und Naturgesetzen lassen sich drei alternative Formulierungen dieser Forderung unterscheiden: mit r = Q =>

.lf. = Q,

b) !1!.= (r';.lf.')' e T mit r=Q

.lf.=Q

a) !1!. = (r'; .lf.')' e T

und

I Berücksichtigt man aber die zeitliche Differenz zwischen Einsatz und Ausbringung, so wird bezogen auf eine Aktivität normalerweise kein Objekt im gleichen Zeitpunkt Input und Output sein. Die Darstellungen sind dann äquivalent. Ausführlich zu den beiden Versionen vgl. Nikaido: Theory, S. 182-185; vgl. außerdem Schulz: Leistungsverflechtung, S. 118-120 und Dyckhoff: Produktion, S. 57 f. 2 Das heißt nicht, daß sie Produktionsfaktor i.w.S. und Ausbringung gleichzeitig werden müssen, sondern genauso, daß sie je nach Zusammenstellung des Produktionsprogramms mal das eine, mal das andere sein können. 3 Vgl. zu deren kritischer Diskussion insbesondere auch Dyckhoff: Produktion, S. 73-87, Dyckhoff: Berücksichtigung, S. 298-300 und Dyckhoff: Grundlagen. S. 9-12. 4 Ein Punkt Q e ~+n ist dann Häufungspunkt der Technologie T, wenn sich in jeder E-Umgebung, d.h. im Innern einer (m+n)-dimensionalen Kugel mit Q als Mittelpunkt und beliebog kleinem Radius E, von Q verschiedene Punkte der Technologie- also zulässige Aktivitäten !I! = ((; ~.')'- befinden. Vgl. hierzu Bronstein/ Semendjajew: Mathematik, S. 242 f. 5 Q ist ein Randpunkt der Technologie T, wenn sich in jeder E-Umgebung von Q sowohl Punkte der Technologie Tals auch ihres Komplementes ~+n \T befinden. Vgl. Bronstein/Semendjajew: Mathematik, S. 243. 6 Unter naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten sind durchaus Ausnahmen wie 0 Kelvin oder ein Entropieniveau von 0 denkbar (vgl. Dyckhoff: Produktion, S. 79).

225

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

c ) .!ll. =(IF , , IN ,, IA ,; lip ,, l!:N ,, liA ')'

E

T

. mit

(!!:AF)=Q -_, (-_rXAp)=Q.

In der ursprünglichen, nur auf erwünschte Produkte lip und Produktionsfaktoren i.e.S. rp bezogenen Fassung der Aktivitätsanalyse ist a) mit den hier verwendeten Symbolen wie folgt zu schreiben: .!ll. =(rF'; lip ')' e T mit IF

=Q ~ l!:p =Q, d.h.,

ohne den Einsatz von Produkti-

onsfaktoren i.e.S. erhält man auch keine erwünschten Erzeugnisse. Entsprechend besagt dann die aus dem Einbezug der Umwelt resultierende Formulierung a) der Forderung, daß es keine Produktion gibt, die ohne Input zu einem Output gelangt. Ohne Einsatz ist nur die triviale Produktion .!ll. = ((; Ji')' = Q möglich (also das Nichtstun, der Produktionsstillstand ). 1 Dies folgt bereits aus dem Energieerhaltungssatz i. V.m. der nach Einstein gegebenen Äquivalenz von Masse und Energie. Weil diese beiden Gesetzmäßigkeilen aber auch in umgekehrter Richtung gelten, ist es sinnvoller, anstelle von a) gleich die Fassung b) zu wälilen.2 Aufgrund ihres Bezugs bloß auf erwünschte Produkte lip und Produktionsfaktoren i.e.S. rp beinhaltete die ursprüngliche Formulierung der Forderung aber noch einen über den einfachen naturgesetzliehen Zusammenhang hinausreichenden Anspruch, den unter zusätzlichem Einbezug der Umwelt die Fassung c) zum Ausdruck bringt. Danach soll ausgeschlossen werden, durch die Produktion erwünschte Ergebnisse zu erzielen (Einsatz von Abfallen, Erzeugung von Produkten), ohne im Gegenzug unerwünschte (Einsatz von Produktionsfaktoren, Erzeugung von Abfällen) in Kauf zu nehmen.J Ein Zweckertrag ohne Mittelaufwand ist ökonomisch nicht untersuchenswert, da man solch ein Perpetuum mobile sofort produzieren ließe (unter gleich bleibender Voraussetzung sogar unendlich häufig und unendlich viel).

3. /"eversibilität.

Die lrreversibilität folgt aus dem Entropiegesetz und besagt, daß mit Ausnahme des Produktionsstillstands .!ll.

= ((; ]!;')' =Q keine zulässige Aktivität .!ll. = (rF'· IN'· rA'; lip',

l!:N'· liA')'

In der Praxis besteht die Möglichkeit des Produktionsstillstandes freilich nicht immer. Für bestimmte immaterielle Inputs wie (über ein bestimmtes Maß hinaus zusätzliche) geistige menschliche Arbeit muß der umgekehrte Zusammenhang (ohne Output kein Input) nicht gelten. Geistige menschliche Arbeit, Rechte, Informationen und Dienstleistungen können anderen Gesetzmäßigkeilen folgen. Sieht man allerdings die Faktorkombination und -transformation als Produktion an, so wird man davon ausgehen können, daß dwch die Kombination und Transfonnation von zwei oder mehreren Inputs per definitionem etwas anderes entsteht (evtl. ebenfalls immaterieller Natur und nicht unbedingt etwas Besseres). Variante c) trifft keine Aussage darüber, ob dwch eine Aktivität Abfälle ohne Faktoreinsatz i.e.S. erzeugt oder Produktionsfaktoren ohne die Entstehung von Abfallen eingesetzt werden können. Da aber Forderung b) aus naturgesetzlichen Gründen fortgilt, bleiben zumindest die Fälle einer Ausbringung ganz ohne Einsatz und eines Einsatzes ganz ohne Ausbringung ausgeschlossen (wenn wenigstens ein Objekt materieller oder energetischer Natur ist). Denkbar sind hingegen die Aktivitäten((; xl' (fF'; ll.p 1' und ((; 11.}' ([A '; liA ')', wobei freilich

=

4

=

darauf hingewiesen werden soll, daß im Sonderfall gleichbleibender Art und Menge der Objekte von Anfang bis Ende des Produktionsprozesses lediglich eine Variante der trivialen Produktion vorliegt. Bei dieser auch in der Literatur zu findenden Darstellung gilt implizit die schon im Zusammenhang mit dem Nettoprinzip getroffene Aussage, daß dieVektorenrund 11. ggf. geeignet um Nullen zu ergänzen sind, weil aus formalen Gründen an gleicher Stelle der Vektoren((; x')' und (x'; rl' jeweils gleiche Objekte zu stehen haben.

226

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

umkehrbar ist I Durch Setzen des Outputs einer Aktivität als Input einer zweiten kann man also nicht wieder den ursprünglichen Input der ersten erzielen.

4 _ Möglichkeit der nichttrivialen Produktion: a) 3 m_

=Cr'; x')' e T mit x ;e Q,

b) 3 !Q_ = (IF'• IN', IA'; Xp', XN'· XA ')' E T

mit (IA'; !p')' ;C Q.

In ihrer ursprünglichen Fassung, die den Output x auf die erwünschten Produkte Xp und den Input r auf die Produktionsfaktoren i.e.S. IF beschränkt, wird Forderung a) (mit den nunmehr angepaßten Symbolen) wie folgt formuliert: 3 m_ = (IF'; Xp')' e T mit Xp ;e Q. Damit soll gewährleistet werden, daß es tatsächlich Aktivitäten gibt, die zu einem positiven Output an erwünschten Produkten führen. Erweitert man die einfache Betrachtung der Produktion aber auf sämtliche materiellen und energetischen In- und Outputs der Produktion, so folgt die herkömmliche Schreibweise 3m_=((; x1' e T mit x ;e Q eigentlich schon aus dem Energieerhaltungssatz i.V.m. der Energie-Massen-Äquivalenz (und damit auch aus Forderung 2b), sobald r ;e Qist Eine Ausbringung ohne Einsatz ist nämlich bei Einbezug aller Objekte nicht möglich. -Formulierung a) hat damit keine besondere wirtschaftliche Bedeutung mehr. Möchte man der Forderung aber auch bei Einbezug der Umwelt wieder einen eigenständigen ökonomischen Sinngehalt zukommen lassen, welcher dem ursprünglichen nahekommt, so muß man sie wie oben unter b) aus dem Blickwinkel der Erwünschtheil stellen. Dann gewährleistet die Vereinbarung der Möglichkeit einer derartigen nichttrivialen Produktion, daß eine Technologie nicht nur ökonomisch unsinnige Aktivitäten und den Produktionsstillstand erlaubt, sondern auch solche mit erwünschtem Ergebnis - nämlich der Ausbringung von Produkten oder dem Einsatz von Abfällen.

5. Möglichkeit der Verschwendung:2

m_ =(rp',

IN'· rA'; .lf.p', XN'· .lf.A')'

e T selbst dann, wenn (rp'; .lf.A')' ; 0 nur den Fall der Nutzung des Prozesses

ß betrifft, nicht

allerdings die Nichtnutzung, sind die beiden Grenzen tbß,min und tbß,max noch mit einer Binärvariable rnß zu multiplizieren: mit Wird nun der Prozeß

rnße{O;l}.

ß zur Produktion eingesetzt (d.h. tbß > 0 und damit roß=

1, weil sonst die

Obergrenze nicht erfüllt ist), erhält man die bekannten Grenzen tbß,min und tbß,max. Bei Produktionsstillstand hingegen führt die Untergrenze zu rnß = 0, und es folgt tatsächlich tbß = 0.

3.4.1.4 Absolute Beschränkungen der Produktionsfaktoren i.e.S. Die eingesetzten Produktionsfaktoren i.e.S. [F werden i.d.R. durch die vorhandenen Lagerbestände und die Beschaffungsmöglichkeiten der Unternehmung nach oben (rF 0 ) begrenzt. 1 Beispielsweiseaufgrund von Verträgen, sich ändernden gesetzlichen Regelungen oder dringenden Lagerräumungen (etwa wegen begrenzter Haltbarkeit der Produktionsfaktoren oder weil die erforderlichen Räumlichkeiten anderweitig benötigt werden) kann sich aber auch ein Mindestverbrauch [Fu ergeben.2 Allgemein lassen sich derartige absolute Restriktionen durch Einschränkung der allgemeinen Darstellung auf die mFak Einsatzfaktoren i.e.S. rF wie folgt formulieren:

MrF gibt dabei als mFakxq-dimensionale Teilmatrix der Technologiematrix M in ihren q Spalten an, in welchen Quantitäten [FB,ß die insgesamt mFak Produktionsfaktoren i.e.S. bei einmaliger Durchführung einer jeden der q Basisaktivitäten ~B,ß e Teingesetzt werden.

3.4.1.5 Reine Beschränkungen im Bereich der Produktverantwortung nach dem Kreislaufwirtschafts· und Abfallgesetz

Im Rahmen der Produktverantwortung können insbesondere die nach § 23 KrW-/AbfG möglichen Rechtsverordnungen zu absoluten Beschränkungen der Produktion führen: Regelungen, die das Inverkehrbringen von Produkten begrenzen oder gar ganz verbieten, sind zunächst als Produktmengenrestriktionen wie in Unterabschnitt 3.4.1.2 zu interpretieren:3 1 2

Mengenabhängige Preisfunktionen werden im Abschnitt 4.1.3 behandelt. Arbeitsrechtlich mag z.B. die Situation gegeben sein, daß ein Arbeitnehmer gerichtlich einen Beschäftigungsanspruch erwirkt. Für den Betrieb resultiert hieraus ein Mindestfaktoreinsatz. 3 Im Falle eines völligen Verbotes ist die obere Grenze des betreffenden Produktes gleich null zu setzen.

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

~Pu

315

wird man dabei meist auf null setzen dürfen, da es unwahrscheinlich ist, daß im Rahmen der

Produktverantwortung Mindestmengen bestimmter Erzeugnisse verlangt werden_ Ferner setzen Rechtsverordnungen nach§ 23 Abs. 1-3 KrW-/AbfG nicht unbedingt am ganzen Erzeugnis an, sondern an seiner Beschaffenheit. Das heißt in formaler Betrachtung, daß die einzelnen Produkte xph in ihren Komponenten xph,ro (mit 0> = 1, ... , il) untersucht werden müssen. Bezieht sich eine solche Verordnung auf die Komponenten pro Produkt, so wird es sich freilich eher um eine später noch als Spezialfall der gemischten Beschränkungen erörterte relative Restriktion handeln. Trotzdem läßt auch sie sich noch als absolute Beschränkung betrachten, wenn gewisse schädliche Komponenten gar nicht in das Produkt eingehen dürfen. Sie sind dann nämlich von der erzeugten Produktmenge unabhängig und müssen gleich null gesetzt werden. I Andere hingegen sind vielleicht in ihrer Menge zu erhöhen, um die Produktion insgesamt (und somit das einzelne Erzeugnis) umweltfreundlicher zu gestalten. Da solche Mindestmengen i.d.R. aber auf das Erzeugnis bezogen sind, wird man zumindest bei ihnen nicht umhinkönnen, sie als relative Restriktion aufzufassen. Für die hier betrachteten reinen Beschränkungen darf man deshalb weiterhin von dem auf Komponenten bezogenen absoluten Untergrenzenvektor ~Pu =Q ausgehen. Formal hat die Einführung der Komponentenbetrachtung auf die angegebene Schreibweise der Restriktion lediglich die Auswirkung, daß die Dimension des Produktvektors ~p. der Begrenzungsvektoren Q, .ll.pu (soweit betrachtet) und -0'. yh • • ... ,

Immerhin kann aber für die nicht umweltverträgliche Entsorgung nicht nur eine Produktkomponente alleine, sondern häufig auch das Zusammenwirken mehrerer verantwortlich sein, so daß der Vektor i!ykomp nicht auf ein Skalar zusammenschrumpfen muß (obwohl dies durchaus möglich ist)2. Insgesamt ergibt sich auf diese Weise für die y-te relative Beschränkung im Rahmen der Produktverantwortung zunächst die folgende Formel:

o :;;(!!~ompr!~~mp =

Iay,Ol·xPh,Ol:;;;

b~obi ·xph

Ol=l

0 :;;; {akomp)'· Mkomp. A.:;;; bo,obj. Mobj . A. -Y -xPh yh -xPh -

1

Andernfalls handelt es sich um eine der früher erläuterten reinen oder gemeinsam-absoluten Restriktionen. der Vektor der zu regulierenden Kompo-

2 Wird Aykomp nur als Skalar angegeben, so hätte selbstverständlich auch

nenten .X.phkomp des h-ten Objekts auf die zugehörige Komponente reduziert zu werden.

331

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

mit

und

Mobj = 1,. Mkomp -xPh - -xPh ·

1' =(1, ... , 1) steht dabei für den Q-dimensionalen Zeilenvektor, dessen jede seiner Q Stellen mit einer 1 belegt ist. Er ist erforderlich, um die einzelnen Produktkomponenten gemäß der in Unterabschnitt 3.1.2.3 gegebenen Bilanz zum Produkt zu aggregieren.t Durch die zwecks Vermeidung von Mißverständnissen wieder aufgegriffene Unterscheidung in die Schreibweisen - xph für das Produkt als einzelnes Objekt und M~~h = (xph B, 1, xph B, 2, ... , xphB,q) für die zugehörige, ebenfalls auf das einzelne Produkt als Objekt bezogene und somit nur einen Zeilenvektor darstellende Teilmatrix der (objektbezogenen) Technologiematrix M>bi einerseits sowie - !S~~mp und M~~~Pflir die entsprechenden Größen in Komponentenschreibweise andererseits wird angedeutet, daß sich bei einfacher Übersetzung der Vorschrift für die Wahl der Bezugsgröße anfänglich durchaus eine andere Darstellung anbietet (nämlich jene als Objekt). Das hätte hier nämlich den Vorteil, daß die Bezugsgrundlage leichter als ein Produkt erkennbar wird. Gegenüber der aus der Übersetzung der Vorschrift heraus keineswegs unbedingt auf der Hand liegenden Betrachtung des Produktes in seinen Komponenten und deren anschließender Aggregation durch den (auf das Produkt xph bezogenen) Vektor

(12~komp) '= b~obj · !' = !'

in Komponenten-

schreibweise zu einer Bezugsgröße wäre so vor allem der formale Aufwand geringer. Trotzdem wird man später zum Finden des unter dem verfolgten Zielsystem optimalen (z.B. gewinnmaximalen) Produktionsprogramms eher die Komponentendarstellung auch der Bezugsgröße wählen, um für das Optimierungsverfahren gleiche Variablen zusammenzufassen. Schließlich täuscht die anfänglich gewählte naheliegende Schreibweise darüber hinweg, daß die Beschränkung auch das Produkt Xph (und zwar nicht im Sinne einer Objektsorte, sondern einer Objektart) als abhängige Variable seiner Komponenten reguliert. -Die nur der Vollständigkeit halber aufgeführt erscheinende Massenbilanzgleichung ist also wirklich einzusetzen.

Darüber hinaus wird man feststellen, daß bei Zusammenfassung der einzelnen Beschränkungen zu einem System selbst bei nur einem von null verschiedenen Element by~~ o,obj je Restriktion "( (mit h nicht notwendig in allen Restriktionen gleich) die xph der rechten Seiten i.a. nur dann zum Produktvektor ~Pobj aggregiert werden können, wenn man immer den vollen Vektor hyo,obj berücksichtigt. Denn aus mathematischer Sicht entscheidet allein er für jede einzelne Restriktion

y, welches konkrete Produkt xph aus dem Produktvektor die Bezugsgröße bildet. Also bleibt die Matrix ß.o,obj als Zusammenfassung der Vektoren Chyo,obj)' unverzichtbar, obwohl sie je Zeile wie (hyo,obj)'- allenfalls ein Element by~~o,obj

* 0 zur Auswahl des jeweils ,,richtigen" Produkts

xph als Bezugsgröße aufweisen wird.

1

Sollten die Anteile am Objekt nicht in Fonn der für diese Restriktionsart naheliegenden Massenbilanz darzustellen sein, ist hier und im folgenden der Vektor 1' =(I, ... , I) u.U. wieder durch lnYPh- = (gwPh.!• ... , gwPh.n) zu

332

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

Diese Einwände berücksichtigt, erhält man für die zuvor schon angegebene y-te Restriktion: 0 ~ (akomp)'· xkomp ~ bo,obj .J'. xkomp -Y -Ph yh - -Ph

=(bo,obj)'· EM. xkomp -Y -P

0 ~ (akomp)'· Mkomp. A. ~ (bo,obj)'· EM. Mkomp. A. -Y -xPh -Y -xP -

!'

0'

0'

Q'Q' ]

0' 0'

r

mit der hier nPro x (nPro ·.0.)- dimensionalen Matrix EM = [ :

xkomp = xobj (oder alternativ: -EM · -P -P

und

EM. Mkomp = Mobi). -xP -xP -

Die Matrix EM dient also wie in Unterabschnitt 3.1.2.3 allgemein dazu, alle durch l2y0 ' 0 bj aus dem Vektor J!.pobj ausgewählten Produkte xph als Summe ihrer Komponenten darzustellen- oder andersherum betrachtet: Durch Multiplikation mit dieser Matrix kann eine auf Objekte als Bezugsgrundlage bezogene Restriktion in eine auf Objektkomponenten als Bezugsgrundlage bezogene umgewandelt werden. 1 Dies gestattet, die einzelnen im Bereich der Produktverantwortung gern.§ 23 KrW-/AbfG möglichen relativen Restriktionen zu folgendem System zu aggregieren: 0 ~ A komp . X komp ~ Bo,obj . X obj = Bo,obj . EM . X komp - -xP -P -P -i'

o- ~ -xP A komp. Mkomp. A. ~ Bo,obj . Mobj. A. = Bo,obj. EM. Mkomp. A. -xP - -xP - -xP mit

1

A~~mp = (ayh) als auf die Produktkomponenten bezogene Teilmatrix von .Akomp

ersetzen (und entsprechend später die Matrix EM durch QYL). Beim weiteren Rechnen mit der allgemeineren Ver riante in Ausnahmefoillen auftretende Probleme formaler Art sind Thema des Anhangs G dieser Arbeit. Prinzipiell j!ilt das Gesagte nicht bloß im Hinblick auf die Bezugsgröße, denn ein lediglich objektbezogener Vektor a.yobJ läßt sich durch Multiplikation mit einer auf seine Dimension abgestimmten Matrix EM (oder ggf. QYl) genauso in einen komponentenbezogenen verwandeln. Diese Feststellungen behalten ihre Gültigkeit auch bei Zusammenfassung mehrerer Beschränkungen zu einem System und der damit einhergehenden Verwendung von Matrizen, wie die nachstehenden Umformungen zeigen.

333

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

und ß.o,obj = (b~obj) als Matrix der Bezugsgrößenkoeffizienten in Objektdarstellung (oder alternativ: ß.o,komp = ß.o,obj · EM = ( b~komp) als Matrix der Bezugsgrößenkoeffizienten in Komponentenschreibweise ). Da ferner alle Matrizen und der Prozeßniveauvektor a, in allen ihren Elementen per definitionem nichtnegativ sind, kann die jeweils erste Ungleichung ersatzlos gestrichen werden. Bringt man dann noch alle Variablen auf eine Seite der Ungleichung, so erhält man schließlich das nachstehende System relativer Restriktionen aufgrund möglicher Rechtsverordnungen im Rahmen der Produktverantwortung nach § 23 KrW-/AbfG: 1 A komp _ Bo,obj . EM). X komp = (A komp _ Bo,obj . EM). Mkomp . A. s; O. (-xP -P -xP -xP -

3.4.2.2.3 Sonstige relative Beschränkungen beliebiger Inputs Relative Inputrestriktionen beschränken den Einsatz eines oder mehrerer Produktionsfaktoren i.w.S. im Hinblick auf die Menge eines oder mehrerer Outputs gemeinsam, u.U. auch bezogen auf den Einsatz von Produktionsfaktoren i.w.S. Damit entspricht eine normale Inputbegrenzung in allgemeiner Formulierung den in Unterabschnitt 3.4.2.2.1 genannten Typen (I) oder (2), so daß man ein entsprechendes System nach den gleichen Umformungen wie folgt schreiben kann:

~~ {!)- ~r ·I ~ Q

und

(Buf~!r)-A -r M -r ·M -r }A.~O - -

und

B0 A · -r - -r -r

{!) ~ !

( -r A ·M Bo ·(Mr -r _ -r M

-X

-X

0

0

0

0

-0

)}A.-

~Q

~~.r mit:

~r

=(a'th}•

~~

= 0

0

0

0

= ( b~) und

~~ = ( b~) analog zu ~~.

~~.r

I

Daß.pkomp gleich viele Zeilen wie ß_o,obj hat und in der Spaltenanzahl mit EM (oder mit ~ und der Zeilenanzahl von M,/omp übereinstimmt, können die Subtraktion und:· die anschließende Matrizenmultiplikation durchgefühn werden.

334

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

Obergrenzen wird man in der Regel dann setzen, wenn es darum geht, das Entstehen von Schadstoffen durch die Produktion zu unterbinden: Was gar nicht erst in die Produktion hineingelangt, kann auch nicht herauskommen. Als Untergrenzen hingegen sind Inputrestriktionen sinnvoll, wenn etwa Abfalle IA mit bestimmter Zusammensetzung in der Produktion einzusetzen und unschädlich zu machen sind.! Dann ist es nämlich häufig erforderlich, in gewissen Mindestmengen zusätzliche Einsatzfaktoren i. w. S. dem Produktionsprozeß beizugeben, um z.B. chemische Substanzen zu neutralisieren oder zu binden. 2 Bezugsgröße der Restriktion ywäre damit der einzelne (etwa h-te) AbfallrAh oder auch mehrere Abfälle gemeinsam (d.h. verschiedene, durch den Vektor .b.u y;::: Q zu aggregierende Elemente des objektbezogenen Vektors IAobj gleichzeitig), die zusammen unschädlich gemacht werden sollen. Die Matrix ß.ur der Bezugsgrößenkoeffizienten läßt sich deshalb auf eine Teilmatrix .!lurA,r reduzieren; entsprechendes gilt für den Vektor r (auf IA) und damit für die Technologiematrix M (auf M..A)• soweit sie die Bezugsgrundlage betreffen. Daneben ist gerade beim Einsatz von Abfällen genauso möglich, daß die Bezugsgröße nicht durch ganze Abfallobjekte, sondern nur durch einzelne oder mehrere Komponenten des Abfalls (der Abfälle) gebildet wird, weil etwa nach deren Bindung, Beseitigung oder Umwandlung der verbleibende Rest (der dann vielleicht gar kein Abfall mehr ist) einer höherwertigen Verwertung oder einer günstigeren Beseitigung zugeführt werden kann.J Da durch Multiplikation mit .:iner passend dimensionierten Matrix .EM. (oder ggf. ~)-wie im letzten Unterabschnitt gezeigt die Vektoren und Matrizen der Beschränkungs- und Bezugsgrößenkoeffizienten bei Bedarf in Komponentenschreibweise umgewandelt werden können, ist dies in der oben angegebenen Formel schon berücksichtigt. Als weiteres Anwendungsfeld der gefundenen Formel läßt sich schließlich auch eine in Grenzen frei variierbare Outputherstellung, wie sie z.B. bei elastischen Mischrezepturen auftritt, sehen: Hier können etwa zur Nahrungsmittel- oder Tierfutterproduktion oder in der Kraftstofferzeugung jeweils mehrere Inputs mit jeweils bestimmten Mengenspannbreiten je Outputeinheit eingesetzt werden. 4 Der einzelne Prozeß (d.h. einige der rl·~ oder r~.wB'~) ist damit zwar bis zu einem gewissen Grade variabel, so daß er wegen fehlender lnputlimitationalität nicht mehr

1

2

4

Bei einer den Einsatz von Abfällen in der Produktion vorschreibenden Auflage wird es sich zwar nonnalerweise um eine absolute Grenze oder um eine noch in Unterabschnitt 3.4.2.3 zu besprechende Verpflichtung zur Kreislaufführung handeln. Denkbar wäre sie aber in Fonn einer relative Restriktion etwa im Zusammenhang mit der Erteilung einer Betriebsgenehmigung für eine Entsorgungsanlage. Ein weiteres Anwendungsgebiet kann in der Verknüpfung mit anderen abfallpolitischen Instrumenten liegen -z.B. als Voraussetzung für eine (vom Betrieb vielleicht schon einkalkulierte) Subventionsgewährung oder in Verbindung mit einer Kompensationslösung. Als Beispiel wäre an die Zugabe von Kalk bei der Rauchgasentschwefelung zu denken, um so schweflige Säure und/oder Schwefelsäure zu neutralisieren. Weitere Beispiele finden sich bei Bilitewski/Härdtle/Marek: Abfallwirtschaft, S. 315-319. Die Matrix I!." rA.r der Bezugsgrößenkoeffizienten bezieht sich dann zweckmäßigerweise gleich auf Komponenten. Ähnlich wie in Unterabschnitt 3.4.2.1 im Zusammenhang mit der Herleitung der Matrix Akomp beschrieben, kann natürlich auch die Matrix B."rA.r so fonnuliert werden, daß sie die Gesamtquantität einer gleichen Komponente mehrerer Objektarten (etwa zusammen zu behandelnder Abfälle) zur Bezugsgröße werden läßt. Vgl. Müller-Merbach: Konstruktion, S. 61 f.

335

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

ohne weiteres durch die lineare Aktivitätsanalyse abgebildet werden kann, 1 doch wurde in Unterabschnitt 3 .1.3 .2 beschrieben, wie dies trotzdem gelingt. Ist nun nicht schon durch die lineare Technologie festgelegt, in welchen Anteilen minimal oder maximal ein oder mehrere Produktionsfaktoren i.w.S. zusammen in die Ausbringung einzugehen haben, sondern etwa durch bestimmte Qualitätsanforderungen an den Output, so heißt das letztlich nichts anderes, als daß eine relative Inputrestriktion zu beachten ist: Bezugsgröße der Beschränkung sind die betreffenden ausgebrachten Objekte; begrenzt werden ein oder mehrere Einsatzfaktoren i.w.S. gleichzeitig.

3.4.2.2.4 Sonstige relative Beschränkungen beliebiger Outputs Ähnlich wie sich das System relativer Inputrestriktionen aus den Beschränkungstypen (1) und (2) des Unterabschnitts 3.4.2.2.1 ergibt, läßt sich aus den früheren Mustern (3) und (4) ein System relativer Outputrestriktionen ableiten, das je nach Dimensionierung der Matrizen und Vektoren für Beschränkungen auf Ebene der Objekte oder der Komponenten in gleicher Weise gilt:

und

Bu·(Mr)-A M _, ·M _, )·A.SO - (_, _,

mit:

A, = (a-y~~). ~~ =

0

0

0

0

und

A·M_, -Bo·(Mr))·A. _, M, (_,

0

0

0

0 = { b~)

und

s;Q

~~ = { b~) analog zu ~~.

Das Anwendungsfeld der gefundenen Formel ist relativ breit: Zunächst eignet sie sich, den noch verbleibenden Fall einer in Grenzen frei variierbaren Inputnutzung abzubilden (was durchaus auch im Bereich der Abfallwirtschaft von Bedeutung sein kann); daneben erfassen derartige Beschränkungen ausgebrachter Objekte aber vor allem eine breite Palette an Restriktionen, die in der Abfallpolitik i. w. S .1 in unterschiedlichsten Formen auftreten können. Hierzu gehören etwa verschiedene Ausbringungsbegrenzungen der FCKW -Halon-Verbots-Verordnung, insbesondere aber die schon in Unterabschnitt 2.2.2.2 angesprochenen Emissionsrestriktionen der TA Luft, stellt doch gerade diese Vorschrift eine sehr ergiebige Quelle verschiedenartigster Beispiele solcher Outputrestriktionen dar - und zwar sowohl auf Objekt-, als auch auf Komponentenebene. Speziell handelt es sich dabei um Beschränkungen des Massenverhältnisses, des Emissionsgrades, der Massenkonzentration, der Geruchszahl und des Massenstromes, deren

1 V gl. zu solchen nichi-inputlimitalionalen Darstellungen Müller-Merbach: Konstruklion, S. 57-63 sowie Dyckhoff: Produklion, S. 241-246.

336

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

jeweiliges Grundmuster kurz erläutert und im Hinblick einer Eingliederung in die Produktionstheorie auf Basis der linearen Aktivitätsanalyse betrachtet werden soll_2

3.4.2.2.4.1 In Grenzen frei variierbare Inputnutzung Bei einer in Grenzen frei variierbaren Inputnutzung, wie sie z.B. bei elastischer Kuppelproduktion auftritt, können aus einem vorgegebenen Inputobjekt oder einer festen Mischung von Faktoreinsatzmengen i.w.S. verschiedene Outputmengen in mehreren möglichen Verhältnissen erzeugt werden (d.h. einige der Xv B,ß oder der Xv 00B,ß sind variabel). So lassen sich in der Mineralölverarbeitung Rohöle in unterschiedliche Zwischenprodukte aufspalten,3 oder beim hineinführenden Recycling müssen die Rezyklate etwa aufgrundbestimmter gesetzlicher Vorschriften innerhalb gewisser Spannweiten zu unschädlicheren Outputs umgewandelt werden. Für eine solche eingeschränkt frei variierbare Inputnutzung gilt damit das gleiche wie vorher im Falle einer in Grenzen frei variierbaren Outputherstellung: Der einzelne Prozeß ist zwar bis zu einem gewissen Grade variabel, so daß er wegen fehlender Outputlimitationalität nicht mehr ohne weiteres durch die lineare Aktivitätsanalyse abgebildet werden kann, 4 doch wurde auch für diesen Fall in Unterabschnitt 3. 1.3.2 beschrieben, wie das trotzdem gelingt Ist nun nicht schon durch die lineare Technologie festgelegt, in welchen Anteilen minimal oder maximal bestimmte Kuppelprodukte zusammen aus einer vorgegeben zusammengesetzten Menge verschiedener EiDsatzfaktoren i.w.S. zu entstehen haben, sondern ist beispielsweise beim Recycling bestimmten gesetzlichen Richtlinien zu genügen, so heißt das letztlich nichts anderes, als daß eine relative Outputrestriktion zu beachten ist: Bezugsgröße der Beschränkung sind die betreffenden Inputmengen; begrenzt werden ein oder mehrere Outputs gleichzeitig.

3. 4. 2. 2. 4. 2 Massenverhältnisrestriktionen Die vor dem Hintergrund der bisherigen Schilderungen relativer Restriktionen klassische Form stellt wohl jene des in Abschnitt 2.1.3c der TA Luft definierten Massenverhältnisses dar (andere Vorschriften sprechen vom 'Frachtwert'S oder vom 'Massengehalt'6): Sie bezieht die Masse emittierter Stoffe (d.h. in der Notation dieser Arbeit: ~N und ~A) auf jene der erzeugten (~p) oder verarbeiteten ,,Produkte (Emissionsfaktoren)"7 (d.h. hier: r) und beschränkt sie nach oben. Reguliert werden dabei einzelne Objekte/Objektkomponenten alleine (z.B. staubforrnige Emissionen je t Koks beim Koksdrücken, Fluorwasserstoff je t Aluminium in der Aluminiumherstellung 1 Der Abfallpolitik Lw.S. soll der in dieser Arbeit nicht nur auf feste Abfalle beschränkte Abfallbegriff zugrunde gelegt sein. 2 V gl. dazu auch den Abschnitt 2.1 der TA Luft. Für alle im folgenden aufgeftihrten Restriktionsgrundmuster gibt es ab Abschnitt 2.3 der Vorschrift Beispiele. 3 V gl. Müller-Merbach: Konstruktion, S. 56. 4 Vgl. zu solchen nicht-outputlimitationalen Darstellungen Müller-Merbach: Konstruktion, S. 53-57 sowie Dyckhoff: Produktion, S. 246-248. 5 Vgl. z.B. Abschnitt 2.2.3 Rahmen-AbwasserVwV. Bezugsgröße ist dort freilich die dem wasserrechtlichen Soscheid zugrundeliegende Produktionskapazität, die keineswegs mit der Istleistung übereinstimmen muß, sondern normalerweise (kurzfristig) konstant ist. Dann handelt es sich bei dem so bestimmten Frachtwert aber nicht mehr um eine relative, sondern um eine (ggf. gemeinsam-)absolute Beschränkung. 6 Vgl. §§ 2 Abs. I, 3 Abs. I, 5 Abs. I und 6 Abs. I FCKW-Halon-Verbots-Verordnung. 7 Abschnitt 2.1.3c der TA Luft. Der Begriff 'Produkte' der Vorschrift um faßt also neben den erwünschten Outputs des Produktionsprozesses auch die Produktionsfaktoren i.w.S.

337

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

oder Schwefel in festen und flüssigen Brennstoffen bei Anlagen zur Herstellung von Holzfaserplatten oder Holzspanplatten) oder auch mehrere zusammen (z.B. Restgehalte an Vinylchlorid im Polymerisat bei der PVC-Herstellung); gleiches gilt für die Bezugsgröße.l Damit lassen sich die das Massenverhältnis (nach oben) begrenzenden Vorschriften gemäß den bisherigen Ausführungen allgemein wie folgt abbilden:

A . -xN ) _ Bo . ( M -r ( -(xN,xA) ( M MxA MxP

0

0

0

0

)J . -'A. -< -

O

Bo -r,(xN,xA) mit

~0

=

0

0

0

0

=(b~)

und

~(xN,xA) = (a"fh)·

~~P.(xN,xA)

Der die Matrizen kennzeichnende (Teil-)lndex "(xN,xA)" soll in diesem Zusammenhang andeuten, daß nicht die ganze Ausbringung x, sondern nur ein Teil davon - nämlich die Beiprodukte und die Abfalle- der (gemeinsamen) Regulation unterliegt

Beispiel 3.4: Massenverhältnisrestriktionen am Beispiel der FCKW -Halon-Verbots-Verordnung Exemplarisch vorgeführt seien solche relativen Beschränkungen der Ausbringungsmenge auf Komponentenebene in Form einer Massenverhältnisrestriktion anhand der §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 und 6 Abs. 1 FCKW-Halon-Verbots-Verordnung. Sie verbieten u.a. die Herstellung von Druckgaspackungen, Kälte-, Reinigungs-, Lösungs- und Löschmitteln, wenn der Massengehalt für die in§ 1 Abs. 1 und 2 FCKW-Halon-Verbots-Verordnung genannten dreizehn FCKW und Halone zusammen 1% übersteigt (im Falle der Löschmittel: wenn der Massengehalt der in§ I Abs. I Nr. 8-10 FCKW-Halon-Verbots-Verordnung genannten drei Halone zusammen 1% übersteigt). Bis auf§ 6 Abs. 1 FCKW-Halon-Verbots-Verordnung, der nur drei Komponenten (Halone) eines Löschmittels zusammen beschränkt, wird durch diese Vorschriften also jeweils der Anteil von insgesamt 13 Komponenten (d.h. FCKW und Halone) zusammen an jeweils einem Produkt nach oben begrenzt Der Vektor llykomp der y-ten Restriktion hat folglich dreizehn (im Falle des § 6 Abs. 1 FCKW-Halon-Verbots-Verordnung: drei) von null verschiedene gleich große Koeffizienten zur Aggregation der gemeinsam beschränkten und gleich gewichteten Massen zu einer Gesamtmasse, die dann mit der durch den Vektor hyo,obj ~ Q gesetzten Obergrenze in bezugauf das Produkt verglichen wird. Da nur jeweils ein Produkt (das h-te) Bezugsgröße der y-ten Restriktion ist, kann bei einem Vektor der Bezugsgrößenkoeffizienten in Objektdarstellung nur das Element b')h o,obj 1

'#

0 sein: Setzt man etwa alle 13 (im Falle der

Vgl. in der angegebenen Reihenfolge die Abschnitte 3.3.!.!!.1, 3.3.4.lb.l, 3.3.6.3.1, 3.3.4.lh.l der TA Luft.

338

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

Löschmittel: alle 3) von 0 verschiedenen Koeffizienten im Vektor i!ykomp jeweils auf 1, so gilt byho,obj

= 1%.1 Nach Umwandlung in einen Vektor .b.yho,komp

der Bezugsgrößenkoeffizienten

in Komponentendarstellung müssen demnach alle Komponenten des betreffenden h-ten Produk-

tes diesen Wert annehmen. 2 Ist damit die Grundstruktur der genannten Beschränkungen nach der FCKW-Halon-VerbotsVerordnung erklärt, so soll noch kurz anhand einer kleinen Weiterführung des Beispiels der Rest der Restriktion konkretisiert werden: Angenommen, ein Betrieb stelle nun - Druckgaspackungen xp 1 mit den zusätzlichen Restkomponenten xp 1, 14 und XpJ,I5• - Kältemittel xP2 mit den (im Vergleich zu Druckgaspackungen anderen) Restkomponenten xP2,16 und xP2,17 sowie - Löschmittel xp3 mit der auch im Kältemittel enthaltenen Restkomponente xp 3,!6 und der zusätzlichen Restkomponente Xp3,18 in nichtnegativer Linearkombination von q =2 Basisaktivitäten her, d.h.:J

mit den Komponenten

XpJ,I6 = XpJ,I7 = Xpt,18 = 0, xP2,14 = xP2,15 = xP2,18 = 0 und Xp3,1 = ··· = Xp3,7 = Xp3,11 = ··· = Xp3,!5 = Xp3,17 = O.l

Dann hat Mxlomp als Teilmatrix der Technologiematrix Mkomp in Komponentendarstellung insgesamt 3 · 18 =54 Zeilen für die drei Produkte in Komponentendarstellung (falls man tatsächlich jeweils alle Q = 18 Komponenten je Produkt aufführt) und q =2 Spalten für die hier nicht näher spezifizierten Produktvektoren XpB,I,komp und XpB, 2,komp der beiden Basisaktivitäten. Entspre-

=o.t' 1..2)' der Prozeßniveaus aus q =2 Zeilen. Die Beschränkungs-

chend besteht der Vektor A 1

2

3

Alternativ könnte man beispielsweise auch b)'ho.obj =I setzen, mit der Folge, daß alle 13 (im Falle der Löschmittel: alle 3) von 0 verschiedenen Elemente des Vektors~komp jeweils den Wert 100 annähmen. Vgl. hierzu und zur Umwandlung zwischen diesen beiden Darstellungsformen die Ausführungen im Unterabschnitt 3.4.2.2.2 zu den relativen Restriktionen im Bereich der Pmduktverantwortung. Das Bezugsobjekt ergibt sich nach der in der Vorschrift unterstellten Massenbilanz aus der Summe der Massen seiner Komponenten. Also bedeutet I% Anteil am Produkt nichts anderes als I% Anteil an der Summe aller Komponentenmassen. Die Restkomponenten sollen hier als Zusammenfassung aller weiteren relevanten Komponenten zu in festen Relationen steuerbaren Einheiten zu verstehen sein.

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

339

koeffizientenmatrix Ax komp = Axlomp enthält drei Zeilen (für die drei Restriktionen) und ebenfalls 54 Spalten, sofern sie mit dem vollen 54-zeiligen Produktvektor xlomp = Mxlomp ·

b.

multipliziert wird. Von diesen 3 · 18 Spalten sind aber in der ersten Zeile nur die den 13 Komponenten xp 1, 1, ... , xp 1, 13 zugeordneten Koeffizienten von null verschieden. Da die 13 FCKW und Halone gleichgewichtig zusammen limitiert werden, sind diese Koeffizienten auch gleich groß. Entsprechendes gilt in der zweiten Zeile im Hinblick auf die Komponenten xP2,l• ... , xp2 , 13 und in der letzten Zeile für die Komponenten xp 3,8, Xp3, 9 und xp 3,10 .2 Die Werte der Koeffizienten können sich von einer Zeile zur anderen unterscheiden, da es sich um andere Restriktionen y handelt. Die Matrizen Bu.komp = Bu,komp und Bo,komp = Bo,komp der Bezugsgrößenkoeffizienten -x -xP,x -x -xP,x schließlich weisen ebenfalls drei Zeilen für drei Restriktionen und 54 Spalten für die drei Produkte in Komponentenschreibweise auf. Da die Restriktionen sich jeweils nur auf ein Produkt als Ganzes beziehen- und zwar zuerst auf xp 1, dann auf xpz und zuletzt auf xp3 - sind in der ersten Zeile dieser Matrizen lediglich die ersten achtzehn Stellen von 0 verschieden, in der zweiten Zeile nur die Stellen 19 bis 36 und in der Ietzen bloß die Stellen 37 bis 54, wobei alle das gleiche Produkt betreffenden Koeffizienten gleiche Werte aufweisen - d.h. jeweils 1%, wenn Axlomp

·1 =(13, 13, 3)' ist. 3

3.4.2.2.4.3 Beschränkungen des Emissionsgrades Gewissermaßen eine Variante des Massenverhältnisses stellt der in Abschnitt 2.1.4 der TA Luft definierte Emissionsgrad dar. Im Unterschied zu jenem ist für den Emissionsgrad allerdings die Masse des beschränkten luftverunreinigenden Stoffes in den zugeführten Brenn- oder Einsatzstoffen die Bezugsgröße. Damit bietet sich hier eine Komponentenbetrachtung an, wobei sich die Bezugsgröße der y-ten Restriktion durch Aggregation gleicher Komponenten (etwa der hten) verschiedener Einsatzobjekte über den Zeilenvektor (hyo,komp)' der Matrix ß.o,komp ergibt. In Übertragung der Ausführungen des Unterabschnitts 3.4.2.1 auf die Bezugsgrundlage heißt das, daß zuerst die jeweils h-te Komponente in allen m Einsatzobjekten mit eins und alle anderen Komponenten mit null zu gewichten sind. - Man erhält so die insgesamt in die Produktion gelangende Menge der h-ten Komponente. Da aber nicht dieser Wert die Grenze der Ernissionen darstellt, sondern beispielsweise im Falle des Abschnittes 3.3.4.ld.2 der TA Luft für bestimmte Clausanlagen nur 0,5% davon, ist der sich bis hierhin ergebende Bezugsgrößenvektor noch mit dem geforderten Emissionswert zu multiplizieren. (Dies setzt voraus, daß im beschränkenden 1

2 3

Ob im Löschmittel die Komponenten xp3, 1 = ... =xp 3_7 =XpJ,II = ... = XpJ,IJ = 0 sind, ist für die Umsetzung der Vorschrift ohne Belang, weil nur XpJ,S• xPJ.9 und XpJ,IO reguliert werden. Die Numerierung der beschränkten Koeffizienten entspricht der Einfachheit halber derjenigen der Vorschrift. Die Gleichung Axlomp · 1 = (13, 13, 3)' besagt, daß die beschränkten Komponenten eines Produktes jeweils mit 1 gewichtet werden, weil alle ihre Koeffizienten gleich groß sind. Da die Masse aller limitierten Komponenten zusammen nur 1% jener des gesamten Produkts ausmachen darf und sich das Produkt aus den Massen seiner Komponenten zusammensetzt, erhalten die je Zeile 18 von 0 verschiedenen Bezugsgrößenkoeffizienten dann den Wert 1%. Um jeweils 18 von 0 verschiedene Bezugsgrößenkoeffizienten handelt es sich deshalb, weil

340

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

Vektor .!!.ykomp die aggregierenden Koeffizienten der ebenfalls h-ten Komponente aller betroffenen Einsatzobjekte wie im Beispiel 3.4 eins betragen.) Im resultierenden Vektor hyo,komp steht dann an der jeweils h-ten Stelle eines jeden Einsatzobjektes der vorgegebene Emissionswert

(0,5%); alle übrigen Koeffizienten sind null. Allgemein ergibt sich nach diesen Vorarbeiten für ein System von Emissionsgradbeschränkungen die folgende, dem System von Massenverhältnisrestriktionen nicht unähnliche Darstellung: A komp . (~N) _ Bo,komp . rkomp < 0 -(xN,xA) X -r,(xN,xA) --

-A

J

MkompJ _ Bo,komp . Mkomp . A. < O A komp . ( -xN [ -(xN,xA) M~~mp -r,(xN,xA) - r ---

mit

Bo,komp _ {bo ) -r,(xN,xA) yh

und

komp

(

)

~(xN,xA) = ayh '

wobei aber zu berücksichtigen ist, daß es sich hier um eine Komponentenbetrachtung handelt.

3.4.2.2.4.4 Massenkonzentrationsrestriktionen Eng verwandt mit Massenverhältnisrestriktionen sind Beschränkungen der Massenkonzentration, die nach Abschnitt 2.1.3a der TA Luft als Masse emittierter Stoffe (d.h. wieder ~N und ~A)

auf das Volumen von Abgas bezogen wird. Prinzipiell ist allerdings auch das Volumen ande-

rer Trägermedien als Bezugsgrundlage für Massenkonzentrationsrestriktionen möglich (im Gewässerschutz z.B. Wasser). I Dasjeweilige Trägermedium selbst kann oftmals als neutraler Output ~N aufgefaßt werden - dann nämlich, wenn es den Betrieb infolge einer direkten Abgabe an die Umwelt ohne großen zusätzlichen Aufwand verläßt (eine ggf. zu durchlaufende Reinigung ist in der Regel den enthaltenen Schadstoffen, nicht dem eigentlichen Trägermedium zuzurechnen);

1

jedes Produkt in mathematisch vollständiger Komponenlenschreibweise aus 18 aufzusummierenden Komponenten besteht, von denen einige freilich gemäß Annahme 0 sind. Vgl. z.B. die Anhänge der Rahmen-AbwasserVwV. Auch die EU greift auf diesem Gebiet durch Richtlinien ein. Hier ist etwa als Rahmenrichtlinie die Richtlinie des Rates vom 4. Mai 1976 belreffend die Versehrnutzung infolge der Ableitung bestimmter gefahrlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft (76/464/EWG), ABI. EG Nr. L 129, S. 23 zu nennen, deren Tochterrichtlinien u.a. Grenzwerte ftir Emissionsnonnen sowie Qualitälsziele für einzelne Industriezweige festlegen (und zwar insbesondere in der Fonn von Massenkonzentrationen). Vgl. dazu beispielsweise den Anhang II der Richtlinie des Rates vom 12. Juni 1986 betreffend Grenzwerte und Qualitälsziele ftir die Ableitung bestimmter gefahrlicher Stoffe im Sinne der Liste I im Anhang der Richtlinie 76/464/EWG (86/280/EWG), ABI. EG Nr. L 181, S. 16 und die Richtlinie des Rates vom 16. Juni 1988 zur Änderung von Anhang II der Richtlinie 86/280/EWG betreffend Grenzwerte und Qualitälsziele für die Ableitung bestimmter gefahrlicher Stoffe im Sinne der Liste I im Anhang der Richtlinie 76/464/EWG (88/347/EWG), ABI. EG, Nr. L 158, S. 35. Überblicksartig zu diesen Vorschriften vgl. etwa Matschke: Produktion, S. 361 f.

3 Integration der Abfallentstehung und ·entsorgung in die Produktionstheorie

341

manchmal ist es aber auch als unerwünscht (Abfall l'A) zu betrachten. I Weiterhin wird sich häufig eine Komponentendarstellung als sinnvoll erweisen, da die emittierten Stoffe - einzeln oder gemeinsam- im Trägermedium reguliert werden.2 Ebenso wird in der Regel das Trägermedium seinerseits in Komponenten zu betrachten sein. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um Bestandteile von Abgas handelt, da Abgas (im Unterschied etwa zu Wasser) nicht nur eine durchlaufende Größe ist, sondern meist selbst als Konglomerat nicht explizit erwünschter Kuppelprodukte anzusehen ist, von denen ein Anteil von der (den) zu regulierenden Substanz(en) gebildet wird.3 Speziell Abgase liefern damit ein Beispiel, bei dem man davon ausgehen muß, daß sich auch das Trägermedium als Bezugsgröße der Restriktion aus mehreren Objektkomponenten (ggf. verschiedener Objekte) gemeinsam zusammensetzt, und zwar aus allen im Abgas vorhandenen. 4 Bei anderen Trägermedien wie Wasser, die nicht unmittelbar am Prozeß beteiligt sind, sondern durchlaufende Größen darstellen, ist dies zunächst nicht unbedingt einsichtig. Dort sind drei Fälle zu unterscheiden:s 1. Ist es eine Größe, die linear mit dem jeweiligen Prozeßniveau A. variiert, so ist es sinnvoll, sie direkt als Objekt des Produktionsprozesses zu modellieren (und zwar sowohl als Input- als auch als Outputobjekt). Dann ist es auch kein Widerspruch mehr, ein lediglich der Verdünnung dienendes Trägermedium mit den enthaltenen Substanzen als Ergebnis des Produktionsprozesses und somit wie das Abgas als Konglomerat von Kuppelprodukten zu betrachten, die in ihren Komponenten gemeinsam die Bezugsgröße einer relativen Restriktion bilden.

2. Ist das Trägermedium indes eine Größe, die unabhängig vom Produktionsprozeß konstant bleibt (etwa das Wasser eines nicht zu großen ab- und zuflußlosen Sees), so läßt sich die eigentlich relative Restriktion in eine reine umrechnen.6 Da solche Beschränkungen aber schon in Abschnitt 3.4.1 behandelt worden sind, kann für alles Weitere auf dort verwiesen werden.

3. Im Falle nichtlinearer Variationen mit dem Prozeßniveau A. ist wieder eine Diskretisierung analog zu den Ausführungen des Unterabschnittes 3.1.3.1 von Nutzen: Die insgesamt eingesetzten und ausgebrachten Mengen (und damit das Prozeßniveau A.) sind abhängig von der Produktionszeit und -geschwindigkeit (Intensität). Von diesen beiden wird zwar die Produk1

Diese Feststellung schließt nicht aus, daß mit dem Abgas auch einzelne erwünschte Komponenten verloren gehen (wie z.B. in Form von Abwärme, die bei anderer Technik vielleicht noch genutzt werden könnte). Insgesamt werden diese aber meislens von den nicht explizit erwünschten aufgewogen. 2 Dies gilt vor allem, wenn die in das Trägermedium eingeleiteten Stoffe selbst nicht in reiner Form, sondern nur als Mischungen, Lösungen, Emulsionen, Verbindungen etc. auftreten. Allerdings soll diese Annahme nicht ausschließen, daß im Einzelfall - etwa dann, wenn die beschränkte Substanz in ,,Reinform" innerhalb des Trägermediums vorliegt- nicht trotzdem eine Objektbetrachtung ausreichend sein kann. Zu gemeinsam regulierten Stoffen vgl. z.B. den Abschnitt 2.3 der TA Luft (zu krebserzeugenden Stoffen). Beispiele für einzeln (Kohlenmonoxid) und gemeinsam regulierte Stoffe (z.B. Schwefeldioxid und -trioxid) enthält der Abschnitt 3.3.8.1.1 der TA Luft für Anlagen zur teilweisen oder vollständigen Beseitigung fester oder flüssiger Stoffe durch Verbrennen. 4 Diese Aussage klingt zwar trivial -es ist aber wichtig, daß das Abgas für eine Massenkonzentrationsrestriktion auch tatsächlich in Komponentenform betrachtet wird. 5 Dieser Zusammenhang wird in der Literatur zum Einbezug von Massenkonzentrationsrestriktionen in die Produktions- und Kostentheorie auf Basis der Produktionsfunktion vom Typ B nicht gesehen (vgl. Plein: Umweltschutzorientierte Fertigungsstrategien, S. 130-133 und Ventzke: Produktionsplanung, S. 81 f.). Im einfachsten Fall reicht hierfür die Multiplikation der Bezugsgröße mit der insgesamt vorhandenen Menge dieser (ggf. durch mehrere Objekte oder Komponenten gemeinsam gebildeten) konstanten Größe. Unter Umständen hat aber noch- z.B. über einen weiteren Faktor - eine Bereinigung um Störeinflüsse stattzufinden (im Beispiel des Sees etwa um den Austausch mit der Atmosphäre oder um nicht gleichmäßige Durchmischungsgrade).

342

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

tionszeit Ld.R kurzfristig keinen Einfluß auf die Menge des Trägermediums im Verhältnis zu den übrigen Objekten des Prozesses haben, sehr wohl aber die Intensität. 1 Modelliert man das Trägermedium also wie unter I. als Input- und Outputobjekt, so erhält man insgesamt wieder einen intensitätsabhängigen Prozeß, der sich - wie in Unterabschnitt 3.1.3.1 beschrieben - durch viele lineare Prozesse mit konstanten Intensitäten und unterschiedlichen Mengenverhältnissen der beteiligten Objekte untereinander nähern läßt. Ist auch dies geschehen, können Änderungen des Produktionsniveaus durch Wahl einer oder mehrerer der konstanten Intensitäten mit jeweiliger zeitlicher Anpassung realisiert werden, und man hat letztlich wieder eine Näherung an die unter I. geschilderte Situation erreicht. 2 Als Resultat dieser Unterscheidung und der vorangehenden Überlegungen läßt sich demnach festhalten, daß neben den begrenzten Substanzen die Bezugsgröße einer (echten) relativen Beschränkung in Form einer Massenkonzentrationsrestriktion normalerweise desgleichen als gemeinsame Betrachtung mehrerer Objektkomponenten (ggf. verschiedener Objekte) anzusehen ist. Das Trägermedium ist also in seine Bestandteile zu zerlegen, wobei aber in vielen Fällen eine Zerlegung in regulierte Objektkomponenten und eine Restkomponente ausreichen dürfte. Häufig ist es sogar sinnvoll, das Trägermedium auf der Outputseite des Produktionsprozesses gar nicht mehr in verschiedene Objekte zu differenzieren, sondern es selbst als ein einziges Objekt xTM aufzufassen, da der Bezug der regulierten Komponenten auf alle Komponenten zusammen erfolgt - unabhängig davon, ob sie tatsächlich bloß in einem oder gar in mehreren möglicherweise im Trägermedium enthaltenen Objekten vorkommen. Entsprechend stellen dann die limitierten Substanzen nur noch beschränkte Komponenten dieses einen übergeordneten Objekts 'Trägermedium' dar - selbst wenn sie in der zu regulierenden Form eigentlich auf verschiedene im Trägermedium vorkommende Objekte verteilt sein sollten. Ist eine derartige Zusammenfassung problernlos möglich, was immer von den Vorgaben der Realität abhängt (beim Abgas als tatsächlich im Produktionsprozeß erzeugten Output wird man davon ausgehen können, bei durchlaufenden Objekten wie Wasser als Hauptbestandteil des Trägermediums hingegen nicht unbedingt), so hat das den großen Vorteil, daß sich die Matrizen A. .B.u und 1!0 nur noch auf maximal n Komponenten statt auf bis zu (nBp + nAbf) · n Komponenten in nBp Beiprodukten und nAbf Abfallen beziehen - konkrete Rechnungen werden dadurch stark vereinfacht. Dargestellt werden soll das Trägermedium hier als Vektor

XTMkomp

seiner

Komponenten, wobei nach dem früher Gesagten offen gelassen sein soll, ob es sich um ein Beiprodukt oder einen Abfall handelt. Damit erhält man abgeleitet aus der allgemeinen Formel ein System von Massenkonzentrationsrestriktionen wie folgt:

1 Bei einer Ausdehnung der Produktionszeit werden zwar beispielsweise mehr Abgase entstehen - genauso aber

auch mehr Produkte und sonstige Ausbringungsmengen. Zugleich steigt- bedingt durch den Energieerhaltungssatz und die Energie-Massen-Äquivalenz- der Verbrauch an Produktionsfaktoren i.w.S. Bezogen auf gleich lange Zeitspannen werden die Mengen der verschiedenen Objekte also normalerweise in einem (annähernd) konstanten Verhältnis zueinander stehen- vorausgesetzt alle übrigen Bedingungen bleiben ebenfalls konstant. 2 Dabei sind wieder die in Unterabschnitt 3.1.3.1 aufgeführten Nebenbedingungen zu beachten, welcbe einerseits die Verbindung zwischen Objektmengen (und damit Prozeßniveaus) und der Zerlegung in Intensitäten und Produktionsreiten herstellen und andererseits für die Einhaltung der Kapazitätsrestriktionen (d.h. der Anforderungen an die Betriebszeit) des jetzt in Teilprozesse aufgeteilten ursprünglichen intensitätsabhängigen Prozesses sorgen.

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

343

A komp _ Bo,komp J'. Xkomp = (A komp _ Bo,komp ) . Mkomp. A < O (-x1M -x1M,x1M -1M -x1M -x1M,x1M -x1M - --

mit

Bo,komp = {bo ) A komp = (a ) -yh • -x1M -yh -x1M,x1M

und

B,l,komp XB,2,komp B,q,komp) M komp -_ (!1M -x1M , -1M , ... ,!1M .

Ist eine Zusammenfassung in einem Objekt 'Trägermedium' XTMkomp dagegen nicht möglich, muß es bei der nachstehenden, aufgrund der Dimensionierung der Vektoren und Matrizen oft wesentlich komplexeren Darstellung bleiben: 1

-Bo A (-(xN,xA) -(xN,xA),(xN,xA) )·(!N)-(A x - -(xN,xA) -Bo -(xN,xA),(xN,xA) )·(MxN)·A.'l P.I;Jll · x>'l P,l

40% · xP,I = z~.I · xP,J s; xP,J

s;

2

und

xN.I =

3

ß'

L L x~.J·

ß=lj=l

ß=Jj=l

Einsetzen der in Beispiel 3.3 vorgegebenen Verlustanteile vN,I = v 1N,J = v2N,J = 118 liefert mit den dort ermittelten (und in die Zyklenmatrizen eingetragenen) Kreislaufquoten sowie unter Berücksichtigung des Zusammenhanges

~-14· tb 1i 14

= 6·tb 1i [ME]



lj

rxP,I'

~-2·tb 2 i = ~-tb 2 i [ME]

.. 2j fiur xP,I'

4

)"

lj fü rxN,J•

I



7

14

)'

-·14·tb J =8·tb J [ME] 7 2.

- · 2 · tb J = tb J [ME]

2

(mit ME für Mengeneinheiten) die folgenden Bedingungen:

für x 2N,J j

366

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

~

29 II 12 7 13 7 21 22 1 23 -·8·tb +0·8·tb +-·8·tb +-·tb +O·tb +-·tb 80 48 8 4

21 II 4 12 11 13 31 21 1 22 3 23 --·tb +-·tb --·tb --·tb +-·tb --·tb 10 5 30 40 10 20

~

0

für das Mindestrecycling des neutralen Outputs und

für die Höchstquote des Eigenverbrauchs der ersten Produktkomponente. Hinzu kommen die beiden als Kapazitätsrestriktionen zu interpretierenden Nebenbedingungen: tb 11 + tb 12 + tb 13 ~TB = 20 [ZE]

und

tb 21 + tb22 + tb23 ~ TB = 20 [ZE].

In diesem System von neuen Restriktionen treten die variablen Kreislaufquoten nicht mehr auf, sondern nur noch die verschiedenen Produktionszeiten, über die nach Lösung des zugehörigen Produktionsprogrammplanungsproblems die Zuordnung zu den einzelnen aus Beispiel 3.3 bekannten Teilprozessen

ßj und damit zu den Zyklenmatrizen Z~j und den einzelnen rückzuführen-

den Anteilen erfolgt. Über die während dieser Teilbetriebszeiten tb~j verwendeten Kreislaufquoten zp, 1 ; 1 ~j (die im übrigen mangels Komponentenschwund mit den Wiedereinsatzquoten identisch sind) lassen sich dann wegen der Tatsache, daß der Eigenverbrauch der ersten Produktkomponente die Rückführung des ganzen Produktes bedingt, auch die Quoten zp~j

= zp, 1 ; 1 ~j =

zP,I;2~j bestimmen. Insgesamt wurde dann der über die Teilmengen gernittelte Anteil ~2 3 ~Lz;,1;1 · x~.l

L

2 3

LL

L

o:c~=--'1'-"j=__;1:.._______ ~=1j=11J.e{F1;F2}

ZP,1;1 =-

~-

w

z;, 1 ;1J.I"x~.l

2 3 ~-

L

w

LZ~ ·x~

_ .,_~=--'1'-"j=__;l:..____ = Zp

-

Xp

3 Integration der Abfallentstehung und -elltsorgung in die Produktionstheorie

mit:

und

2

Xp =

L.

367

3 ".

L,x~

ß=lj=l

der in der Betriebszeit TB erstellten Menge xp des Produktes eigenverbraucht. 1

3. 4. 2. 3. 2 .I. 2 Gemeinsam-absolute Kreislaufquotenbeschränkungen Ähnlich wie schon für die Objekt- und Komponentenmengen geschildert, ist es auch für die Kreislauffühlung (speziell für das Recycling) durchaus denkbar, daß der kreislaufzuführende Anteil in Form einer gemeinsam-absoluten Restriktion bezogen auf zwei oder mehrere Objekte/ Komponenten gleichzeitig, d.h. auf eine ganze Objekt- oder Komponentengruppe (im folgenden jeweils durch den Index Grp gekennzeichnet), vorgegeben wird. Beispielsweise könnten verschiedene Flaschen- oder Dosentypen unabhängig von der Farbe, Größe oder Form zusammengefaßt werden, so daß sich die Zyklusbeschränkung dann auf den rückzuführenden Anteil aller Flaschen oder aller Dosen (alternativ etwa auch: aller grünen Flaschen oder aller Getränkedosen) gemeinsam bezieht. 2 Denkbar ist ebenfalls, daß eine bestimmte giftige Komponente (oder gar deren mehrere) unabhängig davon, in welcher konkreten Outputobjektsorte sie vorkommt, mit vorgegebenen Anteilen in die Produktion zurückgeführt werden muß. Nur bezogen auf die Kreislaufquoten ließe sich eine derartige Beschränkung in Analogie zu den Ausfüluungen in Unterabschnitt 3.4.2.1 nun zunächst wie folgt formulieren:

wobei zuGrp und z0 arp die vorgegebenen Unter- und Obergrenzen für die ganze Objekt- oder Komponentengruppe angeben, während Jl für den Vektor der Beschränkungskoeffizienten ah steht. Er ist noch genauer zu betrachten, haben doch Recyclingquoten als relative Größen (nämlich rückzuführende Mengen im Verhältnis zu den ausgebrachten) den Nachteil, daß bei ihrer Zusammenfassung zu einer Gesamtquote auch die Bezugsmengen berücksichtigt werden müssen, d.h. hier die verschiedenen Xv für Zy oder xv,Ol für ZviD,Ol· Dafür gehen im Gegenzug alle später wiedereinzusetzenden Objekte Xv (Komponenten xv,Ol) mit gleichem Gewicht in die Beschränkung ein, und die Unter- und Obergrenzen des einzuhaltenden kreislaufzuführenden Anteils

za,p

der gesamten Objektgruppe (Komponentengruppe) liegen weiterhin zwischen 0 und l. - Die Elemente ah des Koeffizientenvektors ll der gemeinsam zu regulierenden Objekte (Komponenten) haben also die Mengen der verschiedenen kreislaufzuführenden Ausbringungsobjekte xv (Komponenten xv,Ol) auf die Gesamtmenge xarp der von der Restriktion betroffenen Objektgruppe (Komponentengruppe) zu beziehen. Das bedingt, daß alle der gemeinsam-absoluten Kreislaufquotenbeschränkung unterliegenden Objekte oder Komponenten in einer gemeinsamen Maßein-

1 Wegen Xp = 14/6 · xP.I und xpßi = 14/6 · xp}i sowie zpßj = zp_ 1}i = zp, 1,2ßi sind die Ausdrücke gleich. 2 Wenngleich das gewählte Beispiel in der Praxis eher für eine Anforderung an das externe Recycling in Frage kommt (obwohl es etwa in einem Getränkebetrieb auch für die Kantine gelten kann und insofern durchaus als Anwendungsfall für eine Beschränkung des internen Recyclings geeignet ist), so verdeutlicht es doch auf einfache Weise das zugrundeliegende Prinzip.

368

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

heit gemessen werden können (etwa als Stückzahl, als Volumen in I oder als Masse in g, kg oder t). Soll die Restriktion aber überhaupt einen Sinn haben, wird diese Voraussetzung erfüllt sein, denn von nicht über einen einheitlichen Maßstab vergleichbaren Größen wird i.d.R. auch kein gemeinsamer Rückführungsanteil zarp bestimmbar sein. Insgesamt ergibt sich damit nach Multiplikation mit xarp die folgende Formulierung gemeinsam-absoluter Beschränkungen der Kreislaufquoten:t

zh und xh stehen dabei im Falle des Bezugs auf die Rückführung von Objekten der Reihe nach für alle von der Restriktion erfaßten Zv und xv, im Falle des Bezugs auf kreislaufgeführte Komponenten sukzessive für alle beschränkten Zvro,ro und xv,ro· Eventuelle Verluste vv,ro von Komponenten vor deren Wiedereinsatz (Index: we) sind wie bisher durch eine zusätzliche Nebenbedingung für den Zusammenhang zwischen den betroffenen Rückführungs- und Wiedereinsatzquoten zu berücksichtigen:2 m

LZ~~.I!ro = (1- Vv.ro}. Zvro,ro ={I- Vv,ro}. Zv, 1!=1

wenn die Restriktion schon durch die Rückflihrung der Komponenten erfüllt wird. Sind die vorgeschriebenen Anteile bei komponentenbezogenen Restriktionen auch tatsächlich wiedereinzusetzen, so gilt bei Auftreten von Schwund:J we,u. ~X < ZGrp k hh

m

1:(1-vh)·zh,roh ·xh =

L Izh,~roh ·Xh

h

h 1!=1

Proz _ ( Q ) + q>EOP,dir _ ~Proz,EOP _

+ ( ~EOP,Filt Q )

q>dir

mit

(

rProz

)

(rEOP,dir)

= ~Proz~~Proz,EOP + ~EOP,dir

als Vektor der bei Produktion und Reinigung von außen bezogenen Produktionsfaktoren i.w.S. und direkt nach außen abgegebenen schadstoffreduzierten Ausbringung sowie mit !Q.EOP,dir als Vektor der beim Betrieb des EOP-Prozesses zusätzlich von außen eingebrachten und nach außen abgegebenen Objekte. Die vom eigentlichen Produktionsprozeß ausgebrachten Objektmengen xProz sinken demnach um die der EOP-Maßnahrne zugeführten Mengen !.Proz,EOP auf !.Proz,dir- freilich um den Preis, daß auch bei der Filterung bestimmte Outputmengen xEOP entstehen und daß ggf. zusätzliche Inputs fOP,dir einzusetzen sind. Gleichung (3) auf die Einsatzfaktoren i.w.S. des aggregierten Input-/

402

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

Outputvektors anzuwenden wäre theoretisch zwar möglich, erscheint aber als wenig sinnvoll, da man gewöhnlich eher an den zusätzlich von außen in die EOP-Maßnahme einzubringenden Produktionsfaktoren i.w.S. r:oP,dir alsan-bezogen auf den aggregierten Prozeß- internen Größen interessiert ist .AProz,urrr der vom eigentlichen Produktionsprozeß ursprünglich abgegebenen Schadstoffe auf xdirJ (XProz,ger ( -N _ -N Xdir - XProz,ger -A -A

+ -N XBOP,dir) _ + XBOP,dir -A

(XProz,urJ (X Proz,S _ -N XBOP,dir) -N -N XProz,ur - XProz,S _ XBOP,di~ -A -A -A

des ausbringungsseitig schadstoffreduzierten Input-/Outputvektors *dir zu verringern.' Die sich im Filter ansammelnden Ausbringungsmengen sind dann meistens wieder nur für sekundäre Betrachtungen mit im Verhältnis zu ihrer Gesamtmenge weniger restriktiv wirkenden Beschränkungen von Interesse; ihre Gefaßtheit im Filter und die dadurch bedingte höhere Konzentration ermöglichen evtL sogar eine weitere Nutzung. Alternativ oder auch ergänzend zur ausbringungsseitigen Schadstoffverminderung ist ebenso vorstellbar, daß im Zuge einer Inputbegrenzung die Einsatzmengen der Produktionsfaktoren i.w.S. von Croz,ur = rBOP,ur + rroz,dir auf rroz,gcr = rroz,BOP + rProz,dir reduziert werden sollen, während die im Filter eingesetzten und die von ihm ausgebrachten Objekte (außer l>.BOP,Proz) erst bei weiterführenden Überlegungen von Bedeutung sind. Auf dieses und auf das zuvor genannte Ziel des Einsatzes einer vorgeschalteten Umweltschutzmaßnahme, die beide auch unabhängig von Verfahrensauflagen bestehen können, wird im Abschnitt 3.4.4 eingegangen werden. Genauso wie bei der Einführung einer EOP-Technologie sind schließlich auch im Falle der Einführung einer BOP-Technologie alle weiteren betroffenen reinen linearen Prozesse in der beschriebenen Weise zu betrachten. Sind ferner mehrere lineare BOP-Prozesse in Reihe geschaltet, so ist die geschilderte Vergehensweise - ausgehend von der letzten Reinigungsstufe - mehrfach hintereinander anzuwenden, wobei der auf der jeweils vorhergehenden Stufe zu reinigende Produktionsprozeß formal aus der zuletzt bestimmten Einheit von Produktionsprozeß und vorgeschalteter Umweltschutzmaßnahme gebildet wird. Entsprechend sind die verschiedenen Prozesse unter zusätzlichem Rückgriff auf die Ausführungen des letzten Unterabschnitts beim kombinierten Einsatz von BOP- und EOP-Maßnahmen sukzessive zusammenzufassen.

3.4.3.3 Änderungen der Verfahrensbedingungen Anforderungen an die Verfahrensbedingungen lassen sich mit dem bisher behandelten Instrumentarium der linearen Aktivitätsanalyse recht leicht abbilden: Sobald eine Änderung der Verfahrensbedingungen dazu führt, daß sich die Einsatz- und/oder Ausbringungsverhältnisse untereinander ändern, hat man es prinzipiell mit einem neuen linearen Prozeß zu tun. Selbst wenn kontinuierliche Änderungen der Verfahrensbedingungen möglich sind, schränkt das die Anwendbarkeit der linearen Aktivitätsanalyse nur insoweit ein, als man diese Änderungen nicht exakt durch lineare Prozesse darstellen kann, sondern sich mit Näherungen zu begnügen hat. Eine grundsätzliche Möglichkeit zur Durchführung solcher Näherungen

1

Zumindest ein Teil der mit (I )-(9) ausgedrückten Beziehungen bleibt damit neben der neuen Technologienebenbedingung weiterhin für die Produktionsprogrammplanung von Interesse und ist folglich zu integrieren.

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

409

wurde mit der Diskretisierung in Unterabschnitt 3.1.3.1 vorgestellt. auf die an dieser Stelle verwiesen sei. Liegen nun Restriktionen hinsichtlich des Einsatzes bestimmter Verfahrensbedingungen vor (etwa Verbote, Gebote, vorgeschriebene prinzipielle Änderungen), so führt die Darstellung verschiedener Verfahrensbedingungen als unterschiedliche lineare Prozesse dazu, daß wieder die Vorgehensweise des Unterabschnitts 3.4.3.1 gewählt werden kann.

3.4.4 Anpassung an reine oder gemischte Objektmengenbeschränkungen durch Änderungen der Verfahrenstechnologie oder der Verfahrensbedingungen und/oder durch Recycling In den bisherigen Abschnitten dieses Unterkapitels 3.4 zu den Beschränkungen der Produktion ist danach unterschieden worden, ob Objektmengen (rein oder gemischt) oder ganze Prozesse durch Verfahrensauflagen limitiert werden. Nun wurde aber im letzten Abschnitt gezeigt, daß bei Änderungen der Verfahrenstechnologie oder -bedingungen sich zugleich die lineare Technologie und damit die erstellbaren Input-/Outputkombinationen ändern können. Führt etwa der Einsatz einer sauberen Technologie im Rahmen des produktionsintegrierten Umweltschutzes hinsichtlich der beschränkten Schadstoffkontingente zu einer geringeren relativen Knappheit, so läßt sich analog zu den Ausführungen gegen Schluß des Unterabschnitts 3.4.3.1 durch eine Erweiterung der bisherigen linearen Technologie um die Prozesse dieser sauberen Technologie oder- falls nötig- auch durch Ersatz bisheriger Prozesse durch die neuen eine größere Menge an erwünschten Ergebnissen der Produktion erzielen.' Für die weiteren Optimierungsüberlegungen in der Produktionsprogrammplanung zur Anpassung an die gegebenen Schranken wird man dann nicht mehr mit der alten linearen Technologie, sondern mit der geänderten arbeiten - d.h., die Überlegungen der Abschnitte 3.4.1 und 3.4.2 bleiben gültig, setzen aber die geänderte Technologie voraus. Ausdrücklich sei in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, daß Recyclingprozesse (die letztlich für fixe oder diskretisierte Kreislaufquoten ebenso als Verfahren interpretiert werden können) in gleicher Weise zu berücksichtigen sind und insofern die Anpassung an vielerlei im Umweltbereich vorkommende Restriktionen erleichtern. Sofern es sich um Zyklen und nicht nur um ein einfaches hinein- oder herausführendes Recycling handelt, ändert sich die Menge der von außen bezogenen und (im Falle der internen Kreislaufführung) der nach außen abgegebenen Objekte. Bezieht sich nun eine Beschränkung auf gerade diese Objekte (oder deren Komponenten), was etwa bei Umweltschutzauflagen häufig zutrifft, so ist für sie statt mit dem Input-/Outputvektor des eigentlichen Produktionsprozesses - bei fixen Kreislaufquoten mit dem angepaßten Vektor lll.auß der Gleichungen (5) oder (5b) aus Abschnitt 3.2.1 bzw. mit lll.tauß der Gleichung (5c) aus Abschnitt 3.2.2,

1

Im Unterschied zu den Verfahrensauflagen ist es hier nicht zwingend notwendig, einen alten Prozeß zu ersetzen. Bei alleiniger Anpassung an Objektmengenbeschränkungen steht es dem Betrieb frei, wie er sich anpaßt. Deshalb wird er zwar den neuen Prozeß in seine Technologie aufnehmen, den alten aber unter produktionstheoretischen Gesichtspunkten nur streichen, wenn dieser dominiert wird oder wenn sich alter und neuer Prozeß gegenseitig ausschließen.

410

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

- bei variablen Kreislaufquoten mit den entsprechenden Größen aus den Gleichungen (6), (6b) oder (6c) besagter Abschnitte sowie den jeweils zugehörigen Nebenbedingungen zu arbeiten.t Formal nur geringfügig anders als bei der Verwendung sauberer Verfahren und von Recyclingprozessen sieht es aus, wenn man die Möglichkeit hat, additive Umweltschutzmaßnahmen einzusetzen. Deren Einführung kann sich lohnen, solange - an die im Filter angereicherten Stoffe xEOP,Filt (oder xBOP.Filt) verhältnismäßig weniger restriktive Anforderungen zu stellen sind als an die gesamte (ursprüngliche) Ausbringungsmenge xProz (im Falle einer BOP-Maßnahme: xProz,ur) des eigentlichen Produktionsprozesses und solange außerdem - für die direkt nach außen abgegebene schadstoffreduzierte Ausbringung xhdir= xh Proz.dir + xh EOP,dir = xh Proz _ xh Proz,EOP + xhEOP.dir < xh Proz (bei vorgeschaltetem Filter: xhdir = xh Proz,ger + xh BOP,dir = xh Proz.ur _ xh Proz.S + xh BOP,dir < xh Proz.ur) für mindestens eines der durch die Schadstoffmengenrestriktion beschränkten xh gilt. Sie wird zumindest zu keiner Verschlechterung hinsichtlich der Ausbringung gegenüber dem Fall der Nichteinführung führen, wenn außer den weniger restriktiven Anforderungen an die im Filter angereicherten Stoffe xEOP,Filt (oder xBOP,Filt)

(oder- bei vorgeschalteter Umweltschutzmaßnahme:

für alle der durch die Schadstoffmengenbegrenzung limitierten xh gilt. 2 Im Falle der Anpassung an eine Beschränkung der Inputs des eigentlichen Produktionsprozesses nach oben lautet die entsprechende Bedingung dafür, daß sich der Einsatz einer BOP-Maßnahme lohnen kann: rJ_Proz,ger = rJ_Proz,BOP + rJ_Proz,dir < r·BOP,ur + r·Proz,dir _ r·Proz,ur J J - J

1

Die Gleichungen (5) und (6) müßten jeweils bei Bedarf- wie in Abschnitt 3.2.1 kurz beschrieben - an den Fall mehrerer kreislaufgeführter Objekte angepaßt werden. Beispielsweise schreibt Abschnitt 3.1.9 der TA Luft, daß sich Geruchszahlen von mehr als I00.000 (die gern. den Ausführungen in Unterabschnitt 3.4.2.2.4.5 durchaus von mehreren geruchsintensiven Substanzen xh gemeinsam verursacht werden können) durch Abgasreinigungsanlagen um über 99% verringern lassen.

3 Integralion der Abfallentstehung und -e/1/sorgung in die Produktionstheorie

411

für mindestens eines der durch die Restriktion nach oben begrenzten rj. Zumindest zu keiner

Verschlechterung kommt es, wenn r·Proz,ger _ r·Pmz,BOP + r·Proz,dir < r·BOP,ur + r·Proz,dir _ r·Proz,ur J

- J

J

-

J

J

- J

für alle der durch die Beschränkung nach oben begrenzten rj erfüllt ist. Voraussetzungen für eine derartige Anpassung an Limitierungen der Faktoreinsatzmengen (i.w.S.) des eigentlichen Produktionsprozesses sind neben den insgesamt weniger restriktiven Anforderungen an die im Filter angereicherten Stoffe KBOP,Filt (gegenüber jenen an die gesamte ursprüngliche Ausbringungsmenge KProz,ur) ebenso verhältnismäßig weniger einschneidend wirkende Begrenzungen der direkt vom Filter an die Umwelt abgegebenen schadstoffreduzierten Ausbringung KBOP,dir (im Vergleich zu den Auflagen bezüglich KProz,ur) und der Inputs rBOP des Filters (gegenüber jenen für lroz,ur). Je nachdem, ob die additive Umweltschutzmaßnahme optional zu- und wegschaltbar ist oder ob sie - einmal zugeschaltet - dauerhaft (d.h. zumindest kurzfristig nicht lösbar) mit dem eigentlichen Produktionsprozeß verbunden ist, hat man dazu in einem ersten Schritt entweder die lineare Technologie Turn die jeweiligen in Unterabschnitt 3.4.3.2 bestimmten aggregierten Prozesse aus jeweils einem eigentlichen Produktions- und einem Umweltschutzprozeß zu erweitern oder in der linearen Technologie T die bisherigen eigentlichen Produktionsprozesse durch diese aggregierten Prozesse zu ersetzen. Ein Großteil der Produktionsbeschränkungen wird sich dann auf die aggregierten Mengen ~agg beziehen und ist folglich bereits erfaßt. In die (bisherigen) Bedingungen derjenigen einzuhaltenden Outputrestriktionen, welche die an den Markt oder an die Umwelt abgegebenen Ausbringungsmengen betreffen, d.h. speziell in die Schadstoffemissionsbeschränkungen, gehen im zweiten Schritt jedoch i.d.R. nicht die aggregierten Größen Kagg' sondern die direkt nach außen abgegebenen schadstoffreduzierten Mengen Kdir ein. Entsprechend sind für die Inputbeschränkungen des eigentlichen Produktionsprozesses nicht die aggregierten Einsatzfaktoren i.w.S. ragg , sondern bei Anpassung mit Hilfe vorgeschalteter Umweltschutzmaßnahmen die gereinigten Mengen lroz,ger von Interesse. Zumindest ein Teil der in den Unterabschnitten 3.4.3.2.1 und 3.4.3.2.2 mit (1)-(8) und (1)-(9) ausgedrückten Beziehungen ist damit ebenfalls in das Produktionsprogrammplanungsproblem zu integrieren, um die hier geforderten Zusammenhänge darstellen zu können. Im dritten Schritt schließlich ist das bisherige System von Restriktionen um weitere Begrenzungen zu ergänzen, welche die vorher nicht benötigten Anforderungen an die im Filter angesammelten Schadstoffe KEOP,Filt oder KBOP,Filt berücksichtigen. Im Falle von Limitierungen der Mengen an Produktionsfaktoren i.w.S. für den eigentlichen Produktionsprozeß treten ggf. weitere Schranken für die von den BOP-Prozessen direkt nach außen abgegebenen Stoffe KBOP,dir und für ihre Inputs ~OP hinzu. Alle zusätzlichen (Objektmengen-)Restriktionen des dritten Schrittes können dabei prinzipiell verschiedener Art sein, werden sich aber gemäß den Ausfüh-

412

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

rungen in den Abschnitten 3.4.1 und 3.4.2 formalisieren und damit (für spätere Betrachtungen) weiterverarbeitbar machen lassen. Ferner ist in diesem Zusammenhang daran zu denken, daß nicht nur die Outputs des eigentlichen Produktionsprozesses, sondern auch die im Filter angesammelten Schadstoffe vielfach rezyklierbar sind (beispielsweise in der chemischen Industrie). Formalließen sich beide Fälle im hier behandelten Rahmen in der Weise berücksichtigen, daß im Hinblick auf den Recyclingprozeß die additive Umweltschutzmaßnahme und der eigentliche Produktionsprozeß als Einheit gesehen und die herausgefilterten Schadstoffe sodann wie gehabt zurückgeführt werden. Dazu ist in die Gleichung (6b) aus Abschnitt 3.2.1, welche der Ermittlung der von außen bezogenen Einsatzfaktoren und der nach außen abgegebenen Ergebnisse der Produktion ~auß dient, anstelle des Input-/Outputvektors ~ für die Durchführung des eigentlichen Produktionsprozesses die aus eigentlichem Produktionsprozeß und additiver Umweltschutzmaßnahme aggregierte Größe ~agg einzusetzen- oder entsprechend die zeitangepaßte Größe .!14agg anstelle von ~t in die Gleichung (6c) aus Abschnitt 3.2.2 zur Bestimmung von ~tauB_ Bezogen auf diesen "größeren" Prozeß werden alle auftretenden Kreisläufe wie bisher berücksichtigt, wobei sich die Recyclinganteile z/ilt oder zv,tint,Filt für die sich im Filter ansammelnden zurückzuführenden Stoffe aus deren Verhältnis zur aggregierten Gesamtmenge des betreffenden Outputs Xv agg resp. xv.tagg errechnen lassen.! Wird ein Objekt sowohl aus dem Filter mit der Quote z/ilt oder Zv.tint,Filt als auch aus dem übrigen Output mit der Quote Zydir oder Zv,tint,dir (intern) rezykliert, ergibt sich die (Gesamt-)Recyclingquote zv bzw. Zv,tint als Mittel der beiden Einzelquoten:2

z _ V-

zdir . Xdir+ ZFilt. XEOP,Filt V

V

V

V

zdir . {xagg _ XEOP,Filt) + ZFilt . XEOP,Filt V V V V V

Xdir+ XEOP,Filt V

V

oder

zint v,t

zint,dir. Xdir+ zint,Filt _XEOP,Filt V,t V,t V,t V,t Xdir+ XEOP,Filt v,t

v,t

zint,dir. (xagg _ XEOP,Filt)+ zint,Filt. XEOP,Filt V,t V,t V,t V,t V,t xagg v,t für nachgeschaltete Umweltschutzmaßnahmen und Gegebenenfalls ist mit weiteren Rückflüssen in späteren Perioden zu rechnen. Nach der fiüher vorgeschlagenen Systematik besteht die einfachste Vorgehensweise in solchen Fällen jedoch darin, sie in das externe Recycling zu integrieren. Vgl. dazu Fn. I aufS. 289. 2 Zum gleichzeitigen Einsatz verschiedener additiver Umweltschutzmaßnahmen vgl. die Ausftihrungen zum Schluß des Unterabschnitts 3.4.3.2.2. 1

3 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die Produktionstheorie

z

Zdir _ dir+ ZFilt _XBOP,Filt V Xv V V v Xdir+ XBOP,Filt _

V

413

Zdir. (xagg _ XBOP,Filt) + ZFilt. XBOP,Filt V V ·V V V

V

oder

zint V,t

zint,dir. Xdir+ zint,Filt. XBOP,Filt V,t V,t V,t V,t dir+ XBOP,Filt V,t Xv,t

zint,dir. (xagg _ XBOP,Filt) + zint,Filt. XBOP,Filt V,t V,t V,t V,t V,t

für vorgeschaltete Umweltschutzmaßnahmen. Die Gleichungen (6b) und (6c) lassen sich dann wie folgt schreiben:

(Sb)

e,h), und die Objektteilmengenbeschränkungen, die Reihenfolgebedingungen und die ursprüngliche reine Objektmengenrestriktion sind prozeßspezifisch zu fassen. I mq>e, 1 wurde in der angegebenen Fassung des Problems zusätzlich zu dessen früherer Formulie-

rung eingeführt, um Gesamtdeckungsbeitragssprünge beim Start der Produktion berücksichtigen zu können. Außerdem lassen sich nach der dafür erforderlichen Ergänzung der ersten Objektteilmengenrestriktion um diesen Faktor neben den Reihenfolgebedingungen auch alle Objektteilmengenbeschränkungen - wie geschehen - in allgemeiner Form zusammenfassen. Falls hingegen (etwa bei Mengenrabatten) 6.GDB-q>e,l = 6.GDB+ q>E,l = 0 zu setzen ist, hat die vorgenommene Anpassung der ersten Objektteilmengenbegrenzung auf die Lösung keinen Einfluß. Die Technologienebenbedingungen

für die gegebenen Kuppelproduktionsverhältnisse sind nicht mehr erforderlich, sobald sie konsequent in Zielfunktion und (sonstigen) Nebenbedingungen eingesetzt sind. Ist dies geschehen, dürfen auch die Nichtnegativitätsbedingungen für +

-

I,t.GDB~e,h · !lle,Erw• e,N• e,Un ;:: 0,

Ganzzahligkeitsbedingungen:

Für den umgekehrten Fall, daß der Grad der Erwünschtheit mit der Menge steigt, bleibt das System mit einer Ausnahme identisch- die Reihenfolgebedingungen sind nun erforderlich: '" 'YE, U n = M -q>E . -A.un -> cno 'YE, Un . mq>E, N

Die Ausführungen dieses Abschnitts abschließend, soll noch auf die bekannte Tatsache verwiesen werden, daß ex ante alle Kosten langfristig variabel sind. Das heißt aber auch, daß mit dem beschriebenen Instrumentarium bei Unterstellung einer zeitabhängigen Zielfunktion (wie sie etwa in Unterabschnitt 4.2.3.2 für das externe Recycling entwickelt werden soll) selbst die mit einer heutigen oder zukünftigen Entscheidung verbundenen, für spätere Perioden dann (kurzfristig)

442

4/ntegration der Abfallentstehung und -•ntsorgung in die (kurifristige) Produktionsprogrammplanung

fixen Kosten über Gesamtdeckungsbeitragssprünge in allen den Perioden integriert werden können, in denen sie anfallen.' Letztlich gelangt man auf diese Weise zu einer investitionstheoretischen Betrachtung, hat also Produktionsprogramm- und Investitionsplanung miteinander verknüpft. Dazu müssen- unabhängig von der Periode t+t ihres Anfalls- alle Zahlungen einer in t getätigten Investition Inv mit derselben Schaltvariable rntinv verknüpft werden, damit die ganze Zahlungsreihe als Einheit der Investitionsentscheidung unterliegt.2

4.2 Besondere Bewertungsprobleme im Zusammenhang mit der betrieblichen Entsorgung

4.2.1 Die Bewertung der betrieblichen Entsorgung und die dabei entstehenden Probleme Für entstandene Abfälle entstehen dem Betrieb Kosten, die vor allem aus der notwendigen Behandlung, dem Transport und der Beseitigung oder dem Recycling entstehen. Soweit dies variable Kosten sind, lassen sie sich in einem Entsorgungskostensatz berücksichtigen, der dann in die Produktionsprogrammplanung einzugehen hat. Gegebenenfalls erzielbare Erlöse im Rahmen eines herausführenden Recyclings sind von diesem abzuziehen, so daß er nur die Nettokosten erfaßt.3 In den bisherigen Betrachtungen ist dies bereits geschehen, indem den im Produktionsprozeß entstandenen Abfällen ein Preis I2xA < Q zugeordnet wurde (vgl. Abschnitt 4.1.1). Sich mit der Menge ändernde Entsorgungskosten und sprungfixe Kosten durch das Zuschalten von Behandlungsanlagen werden dabei wie in Abschnitt 4.1.3 geschildert berücksichtigt. Letztlich verdeutlicht diese Vorgehensweise auch hier wieder, daß die Bewertung und Handhabung von Schadstoffemissionen nur einen Spezialfall im Rahmen der betrieblichen Entsorgung i.w.S. darstellt: Sobald die Entstehung von Schadstoffen nicht nur gesamt-, sondern auch einzelwirtschaftlich als unerwünscht angesehen wird, wird ihnen ein negativer Preis zugeordnet; Maßnahmen zu ihrer ggf. erforderlichen Unterbindung unterscheiden sich in formaler Betrachtung nicht von jenen der Abfallentstehung. Formal für alle weiteren Perioden Stationarität oder bestimmte andere funktionale Zusammenhänge für die Entwicklung der in die Planung eingehenden Parameter Preise, Zinsen und Recyclingquoten unterstellt. 4 Dann lassen sich nämlich häufig durch Grenzwertbetrachtungen selbst für einen unendlichen Planungshorizont noch optimale Produktionsprogramme bestimI Für die mit dem Verfahren erzeugten Mengen geschieht diese Kopplung in den Nebenbedingungen analog zu den früheren Objektteilmengenrestriktionen aus Abschnitt 4.1.3, während sie in der Zielfunktion ganz normal als mit Preisen bewertete Mengen eingegliedert werden. Sprungfixe Erlöse und Kosten hingegen sind je Periode als Gesamtdeckungsbeitragssprünge um ßGDB+,+t+ll nach oben oder um ßGDB-,+t+ll nach unten zu integrieren freilich für alle Perioden mit derselben Schaltvariablen m~~f.~. Zum Problem der Investitionsrechnungen auf der Grundlage von Zahlungs- oder Erfolgsgrößen vgl. Lücke: Investitionsrechnungen (zum Beweis des LückeTheorems vgl. etwa Hering: Investitionstheorie, S. 152-154). 2 Vgl. zu solchen Restriktionen die Ausführungen in Unterabschnitt 3.4.2.3.3.1. Auch bei fixen externen Recyclingquoten können allerdings insofern Rücknahmeverpflichtungen bestehen, als die entsprechend der dann festen Verweilzeitverteilung am Markt anfallenden Rückstände etwa über einen festen Zeitraum tatsächlich zu rezyklieren und nicht anderweitig zu entsorgen sind. 3 In der Literatur wird in solchen Situationen, wo nur einige der künftigen Handlungsalternativen und Daten bekannt sind und in der offenen Planungsperiode stets neue Informationen hinzutreten, auch von 'offenen Entscheidungsfeldern' gesprochen (vgl. Adam: Planung, S. 91 und S. 188). In der Regel wird man aber in praktischen Anwendungen ohnehin nicht alle künftigen Perioden mit gleicher Genauigkeit vorausplanen, sondern etwa rollierende Planungsverfahren zum Einsatz bringen. 4 In der Literatur zur Kontrolltheorie werden -wenngleich aus anderer Perspektive und zu abweichenden Problemstellungen- auch andere Endbedingungen aus formaler Sicht diskutiert. Vgl. dazu etwa Feichtinger/Hartl: Kontrolle, S. 186-194 und S. 197-201 sowie die Fallstudien zur Produktion und Lagerhaltung in ebd., S. 237-282 (und dort insbes. S. 251-255).

462

4 Integration der Abfallentstehung und - 0 größer als die Betriebszeit tbß, so sind die Basisaktivitäten ll!B,ß entsprechend um den Faktor 1/a kleiner als die durch das (mathematische) Produkt~ · Jl gebildeten Vektoren, welche die Objektmengen bei Durchführung des Prozesses ~ mit der (konstanten) Intensität dß in einer Zeiteinheit angeben. - Die auf Prozeßniveaus bezogene Technologiematrix M läßt sich also in eine mit Betriebszeiten korrespondierende umwandeln.

4/ntegration der Abfallentstehung und -entsorgung in die (kurifristifie) Produktionsprogrammplanung

475

Grundtypen zu untersuchen. 1 Eine Ableitung entsprechend der jeweils tatsächlich vorliegenden Restriktion ist dann gemäß den früher geschilderten Spezifizierungen möglich. Reine Objekt(mengen)beschränkungen lassen sich nach Unterabschnitt 3.4.1.1 in allgemeiner Form wie folgt schreiben: 2

Da sie gern. Unterabschnitt 3.4.2.1 als Spezialfall der gemeinsam-absoluten Beschränkungen mit

aufgefaßt werden dürfen, sollen sie gleich mit diesen zusammen abgehandelt werden. Der Abgrenzung dieser Restriktionsformen gegenüber anderen diene der Index ga. Für relative Beschränkungen (i.e.S.) schließlich wurde in Unterabschnitt 3.4.2.2.1 die Form

entwickelt Für sie wird im folgenden zusätzlich der Index rel verwendet Überlegt man sich ferner, daß eine Restriktion vom ,,;?:"-Typ in eine vom "!>"-Typ durch Multiplikation mit -I umgeformt werden kann und daß Begrenzungen nach unten und nach oben nicht die gleichen Objektkombinationen betreffen müssen (durch die Indizes u und o auch für die Matrizen Ader Beschränkungskoeffizienten und für die jeweilige Anzahl r der Nebenbedingungen eines Typs kenntlich gemacht), erhält man nach Einsetzen der Technologienebenbedingung !11- = M · ll. auch in die Zielfunktion für ein System gemeinsam-absoluter und relativer Objektmengenbeschränkungen der Produktion nach oben und nach unten die folgende Formulierung eines primalen Produktionsprogramrnplanungsproblems: max.

u.d.N.:

I

2

-Au· M· -A. , B,ß 8 ·ß nicht nur bis m+n, sondern bis (m+n)·Q zu laufen hat. bei einmaliger Durchflihrung der Basisaktivitäten m

477

4/ntegration der Abfallelllstehung und -elltsorgung i11 die (kurifristige) Produktionsprogrammp/anUilg

(I)

r~3. _"" L. y=l

m+n

r:a m+n

"" a" -q>~'~ .~opt +"" "" ao .rnB.~ .~opt L. ga,ye c y L. L. ga,ye -re "r" +y E=l y=l E=l ga

m+n( ) R +fr~l opt L L b"rel,ye- a"rel,ye · !JleB," · ~r" +f" +y plpl

p

p

r~l m+n + ~ "" {ao bo ) '"B.~ ~opt L. L. rel,ye- rel,ye · -re · "r" +f" +f" +y y=l E=l ga ga rel

=>

J.P.opt

{~}

0

für

ß = 1,

... , q

Diese erste Bedingung ist aus ökonomischer Sicht dahingehend zu verstehen, daß man den linearen Produktionsprozeß rr~ nicht mit einem Prozeßniveau A.~.opr > 0 fahren sollte, wenn der bei einmaliger Durchführung der Basisaktivität g!,B.~ erzielbare zusätzliche prozeßspezifische

Deckungsbeitrag (g!,8 ·~r

· 12 nicht ausreicht, die Opportunitätskosten aller durch

die dabei

eingesetzten und ausgebrachten Objekte !JleB.~ (mit E = 1, ... , m+n) in Anspruch genommenen Restriktionen auszugleichen. Kommt es indes zu einem solchen Ausgleich (und ist das Primalproblem außerdem in seiner Optimallösung nicht entartet), wird man den Prozeß rr~ zur Produktion einsetzen, d.h. mit einem Prozeßniveau A.~.opt > 0 fahren. 1

(2)

Lq m+n L a"ga,ye . q>B.~. A,ß.opt E

~=I

(3)

Lq m+n L aoga,ye . q>B.~. A,ß.opt E

~=I

{-} - b" > ga,y

=>

~~pt {~} o

für

y = 1,

... ,

r~.

E=l

{-} - bo < ga,y

E=l

Aus der zweiten und dritten Beziehung, welche die gemeinsam-absoluten Beschränkungen der Produktion betreffen, läßt sich schließen, daß eine Erhöhung von b 0 ga,y (oder eine Verminde-

I

Im (primalen) Entartungsfall der Optimallösung des Primalproblems ist t..ß,opt = 0 möglich. Es existieren dann u.U. mehrere optimale Lösungen des Dualproblems mit gleichem Zielfunktionswert (d.h., die Schattenpreise C,..,"P' der Restriktionen müssen nicht eindeutig sein).

478

4 Integration der Abfallentstehung und -entsorgung in die (kurifristige) Produktionsprogrammplanung

rung von bu ga,y) unter Erfolgsgesichtspunkten nur sinnvoll ist, wenn die betreffende Restriktion keinen Schlupf hat, die Grenze b0 ga,y (oder bu ga,y) also genau eingehalten wird. Der Gesamtdeckungsbeitrag steigt dann um den Schattenpreis ~Yopt ~ 0 der Begrenzung, sofern es zu keinem Basiswechsel kommt. 1 Hat die Restriktion hingegen noch Schlupf, ist b 0 ga, y mithin noch nicht ausgeschöpft (oder hat man noch nicht bis bu ga,y vermindert), steigert eine Erhöhung von b 0 ga,y (eine Verminderung von buga,y) nicht den Gesamtdeckungsbei trag, und es gilt: ~Yopt = 0.

(4)

~ m;n (bu _ a rel,)'t u ) . q>B,ß .1J3.opt ..(.., ..(.., rel,)'t E ß=l E=l

{=}< 0

(5)

~ m;n(ao ..(.., ..(.., rel,)'t -borel,)'t )·'"B,ß.J..ß,opt -rE ß=l e=I

{=}< 0

In ähnlicher Weise wie zuvor die Bedingungen (3) und (4) 'sind schließlich auch die beiden letzten Beziehungen (4) und (5) für relative Beschränkungen (i.e.S.) zu interpretieren. Im Unterschied zu den zuvor behandelten gemeinsam-absoluten Begrenzungen der Produktion sind hier allerdings die Bezugsgrößenkoeffizienten b 0 rel,)'t und bu rel,)'t einer Restriktion y stets im Zusammenhang mit den Koeffizienten a0 rel,)'t und aurel,)'t der durch diese Restriktion gemeinsam

limitierten Objekte zu sehen. Schließlich geht es in der ursprünglichen Formulierung einer solchen Produktionsbegrenzung um Verhältnisse der beschränkten Objekte zur Bezugsgröße. Die Aufweichung eines solchen vorgegebenen Verhältnisses wird allenfalls dann zu Schattenpreisen

1

Umgekehrt dürfte man, solange kein Basiswechsel eintritt, bis zu f..y0 P' Dabei ist im Hinblick auf das Geheimhaltungsinteresse des Anlageninhabers im Gegensatz zum Informationsbedürfnis des Geschädigten zu berücksichtigen, daß selbstverständlich eine Interessenahwägung stattzufinden hat und daß im übrigen ein zur Verschwiegenheit verpflichteter Sachverständiger zwischen Geschädigten und Anlageninhaber geschaltet werden kann. Die Behörde braucht gern. § 9 Satz 2 UmweltHG keine Auskunft zu geben, wenn sie dadurch an ihrer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung gehindert würde oder das Wohl des Bundes oder eines Landes durch das Bekanntwerden des Inhaltes Nachteile erlitte.6 Gleiches gilt auch hier, wenn Vorgänge aufgrundeines Gesetzes oder wegen ihres Wesens, d.h. insbesondere wegen berechtigter Interessen der Beteiligten oder Dritter, geheimzuhalten sind. Ähnlich wie oben hat es dabei wieder zu einer Interessenahwägung zu kommen.7

So aber Feldhaus: Umwelthaftungsgesetz, S. 163 und Landsherg/Lülling: Umwclthaftungsrecht, S'. 186 f. Nach der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes soll er es auch nicht. Vgl. BT·Drs. IIni04, S. 19. J Vgl. hierzu Kahler, in: Staudinger, BGB, Umwelthaftungsgesetz § 8 Rn. 32 und Schimikowski: Umwelthaftungsrecht, S. I08 f. 4 Vgl. Gouwald: Umwelthaftungsgesetz. S. 461: Schmidt-Salzer: Umwelthaftungsgesetz. S. 15 und SchmidtSalzer: Umwelthaftungsrecht, S. 720. Weitere Verweise bei Kohler, in: Staudinger, BGB, Umwelthartungsgesetz § 8 Rn. 32. Gesetzliche Vorschri!ien in diesem Sinne können z.B. beamtenrechtliche Vorschriften sein. Zum überwi.:genden Interesse des Inhabers gehört der Schutz von Fabrikations- und Betriebsgeheimnissen, nicht ohne weiteres aber, daß er sich durch die Aussage einer strafbaren Handlung bezichtigen müßte. Vgl. hierzu und zum Folgenden ausführlich die amtliche Begründung des Gesetzentwurfes. BT·Drs. ttni04, S. 19 f.; Landsberg!Lülling: Umwelthaftungsrecht, S. 189-191; Peter, in: Salje: Umwelthaftungsgesetz § 8 Rn. 19-31; Kohler, in: Staudinger, BGB, Umwelthaftungsgesetz § 8 Rn. 56-62; Schmidt-Salzer: Umwelthaftungsrecht, S. 744-750. Die Behörde ist nach § 9 Satz 2 UmweltHG nicht verpflichtet, die Auskunft zu verweigern; sie darf es aber. Die engen Voraussetzungen des§ 9 Satz 2 UmweltHG lassen jedoch eine Auskunftserteilung in vielen der dort genannten Fälle ausscheiden. Eine Beeinträchtigung ihrer Aufgabenerfüllung liegt für die Behörde z.B. vor, wenn die Auskunftsersuchen so zahlreich sind, daß sie den Geschäftsgang zusammenbrechen lassen. Das Wohl des Bundes ist gefährdet, wenn durch die Auskunft etwa dessen !reundschaftliches Verhältnis zu einem anderen Staat oder zu internationalen Organisationen gefährdet wird. Vgl. hierzu Landsberg/Lülling: Umwelthartungsrecht, S. 202-204 und Peter, in: Salje: Umwelthaftungsgesetz § 9 Rn. 11-13. Kritisch zum Auskunftsverweigerungsrechi der Behörden vgl. Gottwald: Umwelthaftungsgesetz, S. 462. Er fragt u.a. danach, ob so z.B. Pflichtverletzungen bei Genehmigungen oder Überwachungen vertuscht werden können (und verweist auf die fehlende Pflicht zur strafrechtlichen Selbstbelastung). Dem Wesen nach geheimzuhalten sind auch hier Fabrikations- und Betriebsgeheimnisse. Vgl. zu diesen Regelungen Landsberg!Lülling: Umwelthaftungsrecht, S. 204 f. und Peter, in: Salje: Umwelthaftungsgesetz § 9 Rn. 14-19.

546

Anhang

Anhang G: Zum Zusammenhang zwischen Objekt- und Komponentenschreibweise bei dimensionsverschiedenen Komponenten In Unterabschnitt 3.1.2.3 wurde die Aggregation von Komponenten zu einem Objekt angesprochen, die beispielsweise für bestimmte - meist massenbezogene - Restriktionsformen eine große Rolle spielen kann. 1 Es zeigte sich, daß für Konstellationen, in denen Objekte und (ggf. verschiedene) Komponenten gemeinsam in bestimmten Beziehungen zueinander betroffen sind, massenbilanzähnliche Darstellungsformen wegen der ftir die praktische Anwendbarkeit erforderlichen Dimensionsgleichheit häufig ausreichen. Eine Verallgemeinerung auch für dimensionsverschiedene Komponenten und Objekte ist jedoch möglich und kann im Einzelfall durchaus zweckmäßig sein.2 Hier soll nun der formalen Vollständigkeit halber untersucht werden, wie die Austauschbeziehungen zwischen Objekten und Komponenten auch auf Basis einer solchen allgemeineren Formel abgebildet werden können. Zu betrachten sind dabei die nachstehenden Problemstellungen: I . Zwischen zwei oder mehreren in einer bestimmten Beziehung stehenden Objekten, bei denen innerhalb dieser Beziehung die Darstellung der Objekte als Summe ihrer Komponenten von Bedeutung ist, werden physisch gleiche Komponenten transferiert. 1 2. Bei einem als Summe seiner Komponenten zu betrachtenden Objekt ändert sich die Zusammensetzung durch Mengenvariation der das Objekt bildenden Komponenten (etwa infolge von Komponentenverlusten oder -zuwächsen). Zu 1.: Dieser Fall könnte dann Schwierigkeiten bereiten, wenn mindestens eine physisch gleiche Komponente in den beiden Objekten jeweils anders gewichtet ist, weil sich beispielsweise die Gesamtteilezahlen der Objekte unterscheiden. Um einen solchen Austausch trotzdem formal richtig abzubilden, wäre die Multiplikation mit einer Komponentenaustauschmatrix M erforderlich. Soll etwa die an h-ter Stelle im Input-/Outputvektor .!Q.l.komp stehende Komponentenmenge