Beschreibung der ehemaligen venetianischen [venezianischen] Besitzungen auf dem festen Lande und an den Küsten von Griechenland

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Beschreibung der ehemaligen venetianischen [venezianischen] Besitzungen auf dem festen Lande und an den Küsten von Griechenland

Table of contents :
Front Cover
Erster rster Abschnitt Befchreibung der Insel Corfu
Zweyter Abschnitt Römische und griechische Kirche
Dritter Abschnitt Heirathsgebräuche Leichenbes
Bierter Abschnitt Regierung Abel Gerechtig
Fünfter Abschnitt Kriegsmacht Seemacht
Sechster Abschnitt Kultur und Produkte des
Siebenter Abschnitt Veränderungen in den Sitten
Neunter Abschnitt Physischer und politischer
Zehnter Abschnitt Physischer und politischer Zustand
Eilfter Abschnitt Zustand von Vonika
Zwölfter Abschnitt Beschreibung der Insel
Dreyzehnter Abschnitt Physischer und politischer
Zustand der Insel Sante und der Strophaden
Funfzehnter Abschnitt Beschreibung der Stadt
Sechszehnter Abschnitt Lateinische und griechische
Siebzehnter Abschnitt Ackerbau, Producte,
Achtzehnter Abschnitt Blick auf den venetianischen
Neunzehnter Abschnitt Handel der Buchten
Ein und zwanzigster Abschnitt Regierung Sits

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Beschreibung der ehemaligen

venetianischen Besihungen auf dem festen Lande

und an den Küsten von Griechenland.

Nach dem Französischen des

Herrn

Graffet

Saint Sauveur.

erausgegeben von

. m

C.

Mit

Sprenge T.

einer

Charte.

Neimar , im Verlage des Industrie 180 1.

Comptoirs,

10

Bibliothek

neuesten und

wichtigsten

Reisebeschreibungen

zur Erweiterung der Erdkunde

einem

nach systematischen

bearbeitet,

Plane

und in Verbindung mit

einigen

andern

Gelehrten gesammlet

und e

her aus g eg

ben

bon M.

C.

S prengel.

BIBLIOTHER BERN LESEGESELLSCHAFT

and .

Dr

Mit Charten und

Kupfern.

Weimar, im Verlage des Industrie - Comptoirs ,

I 8 Q I,

Stadtbibliothek

BERN

សិស្ស ចុះ

Vorrede.

Die Trimmer der ehemaligen griechischen Besitzungen, des jest erloschenen venetianischen Freyßlaats ,

oder die

Inseln und Festungen, welche ihm von seinen weiland glänzenden Eroberungen , auf und längst den Küsten von Albanien , Livadien , und Mosca übrig geblieben waren , gehörten größtentheils zu den unbekannten Låns dern unsers Welttheils. Unsere besten Erdbeschreiber haben freylich die Namen und Lage der wichtigsten verzeichnet , * aber ihre Eigenſchaften und Merkwürdigke'ten nur kurz berührt , weil sie bey dem Mangel ausführli, cher Landes- oder Ortsbeschreibungen nichts weiter anzu geben wußten. Auch was Herr la Bret im ersten Theil der Vorlesungen über die Statistik , worin er 1783 den damaligen Zustand von Venedig beſchrieb, über diese vont Mutterlande so sehr vernachlässigten Nebenländer sams melte , besteht zum Theil in der Geschichte der größern Inseln und einzelnen geographischen Angaben ,

weil er

über ihre Verfassung , Produkte, Bevölkerung ic, in den von ihm benutzten Quellen keine Aufschlüsse erlangen konnte, oder er dergleichen Notizen aus dem vorigen Jahrs hundert unsern Zeiten anzupaſſen Bedenken trug.

Man

darf in dieser Rücksicht unsern Verfasser nur mit dem Theil seiner eilften Vorlesung vergleichen , worin er die Distrikte aufzählt , welche die Türken im Passarowißer Frieden an Venedig abtraten, und man wird die Armuthfeiner Quellen bey den abgetretenen Festungen Batriato, Vonizza , Prevefa schwerlich verkennen. Der berühmte Krieg , den Venedig von 1645 bis 1669 vier und zwanzig Jahre zur Vertheidigung der Infel Candien mit den Türken führen mußte, und der zweyte Freytag Ende des vorigen Krieg , den eben dieser derts der christlichen Elgue gegen als Mitglied diesen gefährlichen Nachhe glücklicher endigte , verans laßte Schaaren von Europäern nach Griechenland zu zies

11

Borred

hen , theils um Ruhm in den Gefechten mit den Unglaus bigen einzuernten, theils die Ueberbleibsel des Alterthums ungestörter beobachten zu können, Viele von diesen Reifenden haben nachher ihre Tagebücher in verschiedenen Sprachen dem Publikum mitgetheilt.

Weil sie aber auf

ihrem Wege nur einzelne venetianische Niederlassungen und Egyp . berührten , ten oder riechenland überhaupt nebst Kleinaſſen. chte , so Spon und Wheranzog, , wie Aufmerksamkeit ihre Beri entha so Egypten größere ihre und lten oder des Neapolitaners Piacenza * ) nur geringe Aufklärung über das ehemalige Gebiet der Venetianer in Griechenland. Daher war Vincent Coronelli (Siehe deffen Memorie hiftorio grafiche delli Regni della Morea , e luogi adjacenti, Venet. 1685. fol.

Man hat auch von

diesem Buche eine französische 1686 zu Amſterdam gedruckte Uebersetzung) von dem 1687 eine deutsche Uebers setzung in Nürnberg erschien , lange Zeit der Hauptfühe rer in diesen Gegenden . Aber da er in Venedig unter den Augen einer ångstlichen , lichtscheuen Regierung schrieb , durfte er die Mißgriffe in der Behandlung dieser Nebenländer , die Bedrückungen der Unterthanen , und die Beschränkungen ihres Handels nicht berühren noch weniger rügen. Auch hat sich der Zustand dieser Länder seit der Zeit, da er seine Nachrichten sammelte , so veråndert oder vielmehr verschlimmert, daß kaum ein Schat: ten von seiner Schilderung übrig geblieben ist. Georg Wheler bereisete 1675 und 1676 die Levante , lund ließ seine Reise 1682 in Folio englisch zu London drucken. Sie ist nachher häufig in franzöſiſcher , holländischer und andern Sprachen überseht worden. Vor mir liegt eine französische Uebersezzung. Amst. 1689. klein Octav. Seine Reisebemerkungen find häufig mit Jac. Spons Reise nach Dalmatien, Griechenland und der Levante zusammen er schienen. Beyde Werke sind zwar ähnlichen Inhalts , aber ganz von einander verschiedeu ; Spon war auch früher in diesen Gegenden als Wheler. Franz Piacenza starb 1686 als Profeffor der Gevaraphie in Modena. Nach seinem Tode kam von ihm in dieser Stadt heraus : L'Egeo redivivo o fia Chirographia dell' Arcipelago della Grecia, Mores Peloponnefo 1688. 4.

Borrede

III

Neuere Reisebeschreiber von Griechenland, welche dorthin vor der letzten franzöſiſchen Erobèrung von Corfu kamen , haben sich gleichfalls nicht ausführlich darüber eingelassen. Doch in spåtern Zeiten finden sich einige, welche diese zerstreuten Theile des venetianischen Gebiets zum Hauptgegenstand ihrer

Untersuchungen

wählten.

Von ihnen sind blos folgende zu meiner Kenntniß gekoms men. Zuerst Christoph Tentori, der im Jahr 1790 den Staat von Venedig nebst seinen Nebenländern , in zwölf Bånden unter dem Titel : Storia civile , politica , ecclefiaftica , corografica e topographica degli ftati della Republica di Venetia , beschrieb. Da ich aber dies Werk nicht gesehen, noch davon eine nur etwas ausführs liche Anzeige gefunden habe , so kann ich von dem Werth oder Inhalt dieses bånderreichen Werks nichts weiter hinzufügen. Nach ihnen haben die Gebrüder d' Arbois, die unter den franzöſiſchen Truppen an der Einnahme der andern venetianischen Besitzungen , außerhalb des adria= tischen Meerbusens Theil nahmen , diese schnellen Erobes rungen der unzertrennlichen Republik , in dem Memoire fur les trois Departements de Corcyre , d' Ithaque et de la Mer Egee Paris 1798. 8. beschrieben. Sie schils dern hiese jest wieder verlornen Provinzen in gedrungener Kürze nach ihrer Ausdehnung , Bevölkerung , und ihren wichtigsten Produkten. Da sie ihre Nachrichten an Ort und Stelle sammelten , und ihre Beschreibung die erste war, welche die Vortheile diefer Eroberungen für Franks reich darzustellen versuchte , so ward sie mit allgemeinem Beyfall aufgenommen. Indessen haben die Verfasser ihren Gegenstand keinesweges erschöpft, sondern nur einen raschgezeichneten Ueberblick deffelben geliefert , und war ihnen wohl aufhundert und vier Octavſeiten mehr zu leisten übrig, hen Schildeda fie diesen beschränkten Raum , noch mit cder ianis ts t e n e s Staa rung des wehrlosen Zustandes e v überhaupt, deffen ausgeleerter Arsenåle , und eine Reihe von Vorschlägen angefüllt haben, diese Eroberung zur

IV

Borre de.

Erweiterung des franzöſiſchen Handels, und Ausbreitung der neuerlangten Herrschaft in der Levante zu benutzen. Ausführlicher behandelt Herr Andreas Graffet Saint Sauveur denselben Gegenstand in seiner 1800 in Paris gedruckten Voyage hiftorique , litteraire et pittoresque dans les Isles et poffeffions cidevant venetiennes da Levant, drey Bånde, Octav, welche hier theils übersett , theils Auszugsweise verdeutscht sind. Herr Grasz set lebte von 1781 bis 1796 als französischer Conful in Corfu , Zante und den übrigen Besitzungen , der Venez tianer. Sein Amt und langer Aufenthalt an Ort und Stelle sette ihn in den Stand , alle statistische Merkwürs digkeiten dieser Lånder zu erfahren, ihre Verfassung zu beobachten, und die Ursachen ihres Verfalls zu entdecken. Daher wird man in seiner Beschreibung schwerlich etwas vermissen , was zur genauern Kenntniß derselben dient, und er übertrifft alle seine Vorgånger an Ausführlichkeit. Aber eben diese scheint seiner Beschreibung eher nachtheilig als vortheilhaft geworden zu seyn, weil er bey geringfü gigen unbedeutenden Gegenständen zu lange verweilt, oder Begebenheiten einmischt , welche nur geringen Bezug auf venetianische Nebenländer haben , wie die Nachrichten von mehreren griechischen Seeränbern , welche dem les vantischen Seehandel , während der letzten russisch- tura kischen Kriege so schädlich wurden. Er hat sich über dem zu sehr in die Geschichte dieser Länder verloren , und nicht bloß ihre ältesten Schicksale , sondern auch die håufigen Abwechselungen ihrer Oberherrn in mittlern und neuern Zeiten , und die deswegen geführten Kriege nebst ihren nachtheiligen Folgen für die Einwohner behandelt. Er hat zwar bey dieser Arbeit die besten wenig bekannten. Spec i benutzt , wie ber, Corfu den Quirini und Marmora, und bey Zante den Remondini , der Bia schof dieſer Insel war , und ihre Geschichte 1756 in Ves nedig drucken ließ.

Allein, diese Führer leiteten ihn enta

weder von dem rechten Wege ab, oder er benußte ihre Uns

Borrede. tersuchungen ohne Prüfung und Auswahl..

Zeiten und

handelnde Personen sind unter einander geworfen , und höchst felten wird der Zeitraum angegeben , in welchem diese oder jene Begebenheiten vorfielen. Daher enthalten die historischen Abschnitte des Originals, welche über Corfu beynahe den ganzen ersten Band, und über Zante und Cephalonien zum Theil den dritten anfüllen , so geringes Interesse für die meisten Leser , und noch weniger Betehs rung. Von den ältesten Begebenheiten ist darin nur das allgemein bekanntefie wiederholt , und die hier abgebildes ten und beschriebenen Münzen sind långstens durch die Bemühungen gelehrterer Münzkenner erläutert worden. Die neuere Geschichte der angeführten Inseln,' vorzüglich von Corfu, ist zu sehr mit den Verwirrungen des griechiz fchen Kaiserthums , und den Revolutionen einzelner italienischer Staaten verflochten,

diese Vorfälle sind hier

entweder zu kurz berührt , oder in andern Fällen zu auss führlich ausgesponnen , daß man oft die Geschichte des Königreichs Neapel , anstatt der Insel Corfu zu lesen, glaubt, hier war es hinlänglich, bloß die Personen auszuhes ben , die als Eroberer , Beherrscher oder Prätendenten auf die venetianischen Besitzungen wirkten.

Ihr Einfluß

auf den Flor oder Verfall ihrer Erbslaaten håtte von den Verdiensten um ihre Eroberungen geschieden werden müßsen. Um also die Geschichte auch nur der größern Inseln einigermaßen anscheinlich zu machen , würden chronologis sche Berichtigungen , Zusätze mancherley Art , und Ums arbeitung ganzer Abschnitte nöthig gewesen seyn, die man hier um so weniger erwarten durfte, da hier nicht die abz wechselnden Schicksale jener Länder , sondern ihr neueſter Zustand dargestellt werden sollte. Es sind daher alle Abschnitte , welche die Geschichte des wichtigsten Theils der venetianischen Besitzungen enthalten, in der Ueber. fehung weggeblieben. In den übrigen habe ich den Verf. selbst reden laſſen, außer wenn er sich in Digressionen verlor , die ihn ganz

VI

Borrede.

von seinem Gegenstande abführten , oder zu schnell ein Gegenmittel gegen die Gebrechen der ehemaligen Verfas= fung oder auffallende Ungerechtigkeiten zur Hand hatte, oder sich wortreiche Discussionen in wenige Zeilen zusam menziehen ließen. Manche hier erzählte Thatsachen möchte. der Herausgeber nicht geradezu unterschreiben , aber da er außer Stande war dergleichen unwahrscheinlichkeiten zu berichtigen oder zu widerlegen , somag der Verf. für ihre Richtigkeit búrgen. Einen Verstoß dieser Art , welcher unten S. 135 aufmerksamen Lesern nicht unbemerkt bleiz ben wird , können wir jedoch nicht unangezeigt lassen. Dort sagt Herr Graffet , die Dehlerporte der Insel Paro könne man auf 276,676 Franken anschlagen, welche die Einwohner mit sechszehn Procent verzollen müßten. Diesen Zoll berechnet er mir zu 1754 Livres, da er doch seiner eigenen Angabe nach 44,278 Livres bes tragen muß. Das Original ist mit neun und zwanzig Kupfere tafeln versehen , welche griechische Mützen, Alterthümer, Ansichten einzelner Städte und Klöster auf den venetia nischen Besitzungen , die Trachten der Einwohner nebst Abbildungen einiger Hafen und Rheden enthalten. Der en Gries n e Verf. hat noch eine Karte der westlichen Küste von b n hm hrie vo i besc Ges chenland hinzugefügt , umedie genden zu übersehen. Sie unterscheidet sich auf keine Weise von den gewöhnlichen Karten dieser Lånder , und ist im Ganzen zu klein gerathen , so daß man nicht einmal darauf alle in der Beschreibung angeführten Orte findet. wird zum Beyspiel dort , die am Meerbusen von Man ns n ebe Dorfschaften Cattaro Perasto , Risano , und li belegenen hen erg e v . suc G Sie verbiente daher die Ehre des Nachstichs nicht. Dagegen hat die Verlagse, handlung eine andere besorgt , wobey bey r m Mangel an genauen arren , von Griechenland und den benachbar ten türkischen Provinzen , vorzüglich la Rochettes Karte. zum Grunde liegt.

Inhaltsverzeichniß.

Erster rster Abschnitt. Befchreibung der Insel Corfu. Lage. Grösse. Kanal. Kleine Inseln. Klippen. Ankerplate. Winde. Klima. Flüsse. Marmorbruch. Steinkohlen und Schwefelmine. Mineralisches Waſſer. Erdbeben. Produkte. Fische. Vogel. Thierbevol Seite 3 ferung. Zweyter Abschnitt. Römische und griechischeKirche. 13 Dritter Abschnitt. Heirathsgebräuche. Leichenbes gångnisse der Einwohner. 33 Bierter Abschnitt. Regierung. Abel. Gerechtig 44 feitspflege. Fünfter Abschnitt. Kriegsmacht. Seemacht. 72 Sechster Abschnitt. Kultur und Produkte des Bos 103 dens. Industrie. Schifffahrt und Handlung. Siebenter Abschnitt. Veränderungen in den Sitten. 113 Lurus. Achter Abschnitt. Gesellschaften. Caffinos. Theater. Karneval. Andere Festlichkeiten. Chiojira oder Pfers 110 derennen. Neunter Abschnitt. Physischer und politischer Zuz stand der Insel Paro und der Vestungen Bucintro und Parga. Zehnter Abschnitt. Physischer und politischer Zustand von Prevesa. Eilfter Abschnitt. Zustand von Vonika. Zwölfter Abschnitt. Beschreibung der Insel San Maura. Dreyzehnter Abschnitt. Physischer und politischer Zustand der Inseln Thiaqui und Cephalonien. Wierzehnter Abschnitt. Physischer und politischer Zustand der Insel Sante und der Strophaden.

128

145 160

169 181 202

VITE

Inhaltsverzeichniß.

Funfzehnter Abschnitt. Beschreibung der Stadt Zante. Mahleriſche Lage dieſer Stadt. Die Vestung. Der Pallast des Proveditor. Griechische und lateinische Klöster. Bevölkerung. Griechische Kirchen. St. Mars kusplah. Lateinische Kathedralkirche. Bischöflicher Pallast. Hauptwache. Wohnung des Commendanten. Addreßhaus. Bauhof. Gesundheitsbureau. Zollhaus. Leuchthurm St. Niklas . Damm. Fontego oder das öffentliche Kornmagazin. Der Markt. Hauptstraße. Kirchen. Begräbniß eines ruſſiſchen Generals. Lazareth. Arsenal. Soldatenhospital. Gottesacker der Englander. Bevölkerung der Stadt und der Insel. Judenviertel. Seite 217 Garnison. Sechszehnter Abschnitt. Lateinische und griechische க 231 Religion Regierung , Sitten und Kleidung. Siebzehnter Abschnitt. Ackerbau , Producte , Ins dustrie, Handel , Schifffarth. 237 Achtzehnter Abschnitt. Blick auf den venetianischen 243 Handel mit Frankreich. Neunzehnter Abschnitt. Handel der Buchten von Catharo , und der Städte Perasto , Nisano, und 253 Castelnovo. 3wanzigster Abschnitt. Physischer und politischer 256 Zustand der Insel Cerigo und der Klippe Cerigotte. Ein und zwanzigster Abschnitt. Regierung. Sits ten. Gebräuche. Industrie. Handelsverhältnisse der 264 Einwohner von Cerigo.

Beschreibung der

ehemaligen venetianischen Inseln

an der westlichen Küste von Griechenland.

Nach dem Französischen des Herrn Graffet de Saint Sauveur.

M

Erster

Abschnitt,

Beschreibung der Insel Corfu.

Lage.

Größe. Kanal. Kleine Inseln. Klippen. Ankerplåte.

Winde. Klima. Flüsse. Marmorbruch. Steinkohlen und Schwefelmine. Mineralisches Waffer. Erdbeben. Produkte. Fische.

Vögel.

Thiere.

Bevölkerung..

Die Insel Corfu liegt im Eingange des adriatischen Meeres gegen die westliche Küste von Epirus ,

von der

fie durch einen Kanal getrennt wird , der ungefähr zwey französische Meilen breit , sehr schön , sicher , und von Norden nach Süden , oder umgekehrt , zu beschiffen ist. Die Insel bildet beynah ein Dreyeck , und ihr Umfang beträgt ungefähr sechzig französische Meilen.

Der11 Långe nach vom südöstlichen Vorgebirge Blanc bis zum nordwestlichen Sidero ,

erstreckt sie sich unges

fähr zwanzig Meilen ; und in ihrer größten Breite, vom dftlichen Cap Palacrum bis zum westlichen Cap Barbaro kann sie zehen Meilen haben, A

Erster Abschnitt. Der Kanal' von Corfu liegt beynah wie die Insel, südöstlich und nordwestlich). Ehe man in den Kanal eintritt , erblickt man bald zwischen der kleinern Erdzunge und dem Cap Otrante, Die kleine Jufel Fano.

Zwischen Corfu und Fano befin

det sich die kleine Jusel Merlere.

Hafen von Corfu .

Wenn man in den Kanal

eingefahren ist , so erblickt man bald das Schloß am Meer , und die alte Festung.

Bey dem Vorgebirge der

Klippe Vido wendet man das Schiff nach den Mauern der Stadt zu . Man kann dann überall gut ankern ; eben so auch unter den Mauern der neuen Festung. Bey W.

N. W. Wind segelt man zwischen der

Klippe Calviero und dem Lazzaretto.

Das Meerschloß

und die alte Festung weisen den Weg zum Ankergrund .

Die Stadt Corfu ist von Venedig zweyhundert Meilen, und vom Cap d'Otrante ungefähr dreyßig ents fernt.

Die Insel Corfu liegt im 37° 48" Breite, und

39° 40" Långe. In dem W. N. W. Theil der Insel liegt der Hafen Gouin.

Er bildet ein Becken, dessen enger Eingang

sich sehr gut vertheidigen ließe , wenn man auf die beys den vorspringenden Spitzen Batterien anlegte.

Die

Berge und Hügel , die ihn umgeben , decken ihn gegen alle Winde. Dieser Hafen, in dem sich einige Magazine mit Lakelwerk und andern Schiffsbaumaterialien , und ein Schuppen befindet , worin Masten liegen , und die Zimmerleute arbeiten, diente bisher zum Ausbesseru kleiner Schiffe.

Wenige Häfen sind zur Anlegung eines

großen Werfts so günstig gelegen,

Gouin . als als Gouin,

Aus

Beschreibung der Insel Corfu.

5

den nahen Wäldern von Albanien kann man das erfors derliche Bauholz im Ueberfluß bekommen, und zwar ohne beträchtliche Kosten.

Aus Furcht,

ihrem Arsenal zu

schaden , ließen die Venetianer den , Vortheil , den der Hafen Gouin darbot , unbenußt, und gebrauchten diefen Ort bloß zum Ausbessern der Schiffe , die sie mit großen Unkosten in ihrer Hauptstadt erbauen mußten. Der Eingang des Hafens von Gonin wird nach und nach durch den Sand verschlämmt, den das Meer und die Winde daselbst hinführen.

Mit einer oder zwey solcher

Maschinen , deren man sich zur Reinigung der Kanále bedient, könnte man diesem Ucbel leicht vorbeugen, In dem mitternachtlichen Theile der Insel wat vor Zeiten der Hafen der alten Stadt Chrifopolis gelegen. Dieser ist heut zu Tage nichts weiter als ein sehr fiſch, reicher Teich , und führt jetzt den Namen seines Bes fibers, Calichiopulo.

Man sieht kaum noch einige

Spuren dieser Stadt , deren Namen schon ihre ehemalige Pracht verkündet. große Revolutionen ,

Ihr Hafen ist entweder durch oder nach und nach verschlämmt

worden ; er würde gegenwärtig für die Marine von gros Ber Wichtigkeit seyn. Die herrschenden Winde find im Herbste und Wins ter, der D. , D. S. D. , der S.und der S. O. Wind ; im Frühling und Sommer der N. , der N. N. . , der N. . und der O. N. O. Wind. Diese Winde find zuweilen sehr beständig ; ihre erste Heftigkeit dauert aber gewöhnlich nur drey Tage.

Die Lage mehrerer Ankers

plåge sichert sie gegen die westlichen Winde,

6

Erster Abschnitt. Das Klima ist mild , aber sehr veränderlich ; so

daß oft auf einen hohen Grad der Hize empfindliche. Kälte folgt.

Dieser Wechsel rührt von der Veränderlich-

keit der Winde her.

Die Nord- und Ostwinde bringen

Kålte ; da die lehtern über den Schnee der Berggipfel von Epirus streichen ; der Südwind hingegen wird von einer niederdrückenden Hiße, oder von Nebeln und Regen begleitet , die der Geſundheit sehr nachtheilig sind.

Der

Inselbewohner verwahrt sich gegen den schädlichen Einfluß dieser Witterung durch dicke Bekleidung , die ihn in einer gelinden , aber anhaltenden Tranſpiration erhält. Diese Ausdünstung wird ihm aber sehr nachtheilig, wenn Hie Nordwinde schnell in die Stelle des Südwindes trea ten , und die Kålte die offnen Schweißlöcher angreift, Um sich gegen Verkältung , Schnupfen und dergleichen Krankheiten , die hier sehr gewöhnlich sind , zu verwah ren , muß man bey dem ersten Zeichen dieser Verände rung noch mehrere Kleidungsstücke anlegen, Der beträchtlichste Fluß der Insel ist der Mensogni. Er nimmt seinen Lauf nahe an dem Vorgebirge Gara dichi , von D. S. D. , und fließt gegen N. N. W. inş Meer. Südlich , im Innern des Landes, entspringt noch der kleine Fluß Potamo , sein Wasser ergießt sich nörd lich ins Meer.

An seinem Ausflusse liegt ein kleiner.

Flecken gleiches Namens.

Behde Wasser

verdienen

kaum den Namen der Flüsse , da sie nicht einmal Kahne tragen können.

Sie nuhen nur dadurch , daß sie einige

Mühlen treiben, und die benachbarten Felder bewässern,

Beschreibung der Insel Corfu.

die wegen Mangel am Regen sonst sehr von der Dürre Leiden würden.

Man könnte sie aber schiffbar machen, i.

und so der Kultur des Landes durch einen leichtern Trans port aufhelfen . Nördlich,

beynah zwey Meilen tief ins Land

hinein , erstreckt sich ein Bruch von grauem Marmor. Die Landbefizer , auf deren Grund und Boden ersich bes findet , vernachläffigten ihn lange Zeit,

Endlich fiel es

jemand ein , ihn bearbeiten zu lassen; aber kaum hatte er eine gewisse Quantität nach Neapel eingeführt , als fich der Senat dieses Bruches bemächtigte ; um nur ans dern keinen Vortheil zu gewähren , denn seit dieser Zeit liegt er wieder unbenutt .

In den Zimmern eines ves

netianischen Nobili habe ich verschiedene gut bearbeitete Srücke dieses Marmors gesehen, Im Jahr 1765 stieß man bey Ausbesserung der Festungswerke ,

am Fuße einer Bastion , in geringer

Liefe , auf eine Ader von Steinkohlen , die ganz den Englischen glichen.

Sie brannten lange ,

ehe fie zut

Asche würben , und gaben beym Brennen einen starken Geruch nach Erdpech.

Funfzig Schritte davon entdeckte

man 1780 beym Graben einer Cisterne dieselbe Steins kohlenadern .

Dennoch fiel die venetianische Regierung

nicht darauf, diefe Grube zum Vortheil des Landes zu benutzen. Westlich liegt im Innern der Insel ein Gebirge, zum Theil aus weißen Gestein bestehend , der wie Gyps aussieht , und viel Schwefel enthält.

Die Schäfer der

Gegend sind die einzigen , die daraus Nußen ziehn ; ins

Erster

8

Abschnitt .

dem sie sich seiner zum schnellen Anmachen des Feuers bedienen.sening rela Dort befindet sich auch in der Mitte einer Ebene eine reiche mineralische Quelle , deren Wasser die benachbarten Bewohner zum Abführen gebrauchen.

Die wie-

derholten Versuche der Aerzte haben die Wirksamkeit desselben außer allen Zweifel geseht ; es wirkt aber nur dann am schnellsten und sichersten , wenn man es an Ort und Stelle gebraucht, so wie es frisch emporquillt. Die Insel Corfu ist dem Erdbeben sehr unterwors fen : ihre Erschütterungen sind aber nicht heftig , und richten selten Schaden an.

Die Steinkohlen- und

Schwefelminen scheinen auf einen unterirdischen Feuera behälter hinzuweisen .

Man hat übrigens bemerkt,

daß die Erschütterungen fast immer denselben Gang neh men ; uämlich von N. W. nach S. D. Die Produkte der Insel für die physischen Bedürfnisse der Einwohner fallen nicht so reichlich aus , wie Das Korn und übrige Getreide fie es wohl könnten. reicht nur auf drey , höchstens vier Monate hin.

Der Wein langt auch nur zu ihrem Verbrauche auf einige Monate ; Fommen.

den übrigen lassen sie aus Dalmatien

Olivendhl ist das Hauptprodukt.

In gewöhnlichen

Jahren werden davon 250,000 Krüge gewonnen. Außer der eigenen Consumtion bleibt den Landbewohnern noch so viel übrig , daß sie damit zum Theil die fremden Les bensmittel bezahlen, die nöthigen Kleider anſchaffen, auch etwas zurücklegen. können.

Dieser Artikel könnte noch

Erfter Abschnitt.

9

mehr erweitert und vergrößert werden , wenn eine durch Handelsfreyheit belebte, thåtigere Industrie den Opes rationen der Natur beſſer zu Hülſe kåme. Die Salinen sind auch nicht unbeträchtlich ; denn außer dem , daß sie die Insel hinlänglich mit Salz vers sehen , gehen auch jedes Jahr mehrere Ladungen nach Venedig. An Waldung ist die Insel ganz arm .

Die Feu

rung und das Bauholz zu den Häusern und Ausbessern der Schiffe kommt aus Albanien.

Die Planken und

Bretter zur Schiffsverkleidung werden ihnen von Bea nedig zugeschickt. Bäume ,

Man sieht auf der Zusel weiter feine

als Olivenbüsche.

Es hält sich daher hier

auch kein wildes Thier und gewöhnlich nur sehr wenig Vögelwildpret auf. Raubvögel sind sehr selten ; höchstens trifft man einige Falken und Geyer an. Tauben , Wachteln , Schnepfen , Krammetsvdgel und dergleichen , giebt es natürlich auch nur wenige, weil sie wenig Getreide finden. nur dann die Infel , treibt.

Diese Vögel besuchen

wenn die Kålte sie aus Epirus

Wasserschnepfen, Papageyen Taucher, wilde Enten und Waſſerhühner , halten sich wegen der vielen Morås fte in Menge hier auf. Fische sind im Ueberfluß da.

Ihren Fang überlass

fen aber die faulen Corfuer den Neapolitanern , die von Otranto kommen.

Gegen das Cap Sidero und das Cap

Το

Beschreibung der Insel Corfu.

Blanc fischten sie auch Korallen, aber nur in unbeträchtlicher Menge. In dem See Calichiopulo fängt man einen Fisch, den die Griechen Chiefali nennen , wahrscheinlich wegen der Größe seines Kopfs : der von vortrefflichem Geschmack ist.

Sein Rogen wird mit den Eyern eines andern Fiz

sches, den man aus den See Bacintro bekommt , zus fammengemengt, und daraus ein sehr gesuchter Caviar bereitet.

Man salzt sie ein , räuchert sie und bewahrt

fie in Oehl.

Sie erhalten sich lange gut , wenn man sie

nur gegen Feuchtigkeit sichert. Die ganze Insel ist mit Bergen und Hügeln bedeckt, zwischen welchen man einige nicht sehr große Thäler ans trifft.

Wiesen mangeln gänzlich ,

daher können keine

Kühe und Ochsen , sondern nur einige Ziegenheerden ges * halten werden ; deren Milch und Kåse etwa auf zwey Monate langt.

Das Schlachtvieh ,

als die Ninder,

Hammel, und selbst das Federvich bekommen sie , nebst Getreide, aus der Türkey. Der Gartenbau wird sehr schlecht betrieben : daher ble durch den Homer so berühmten Gärten des Alcinous nur noch in der Erinnerung existiren. Die Schuld hiervon Hegt wahrscheinlich mehr in der Faulheit der Menschen, als im Boden.

Eine Hauptursache ist auch der Mangel

an Quellen und die daraus entstehende Schwierigkeit der Bewässerung ,

Die Cisternen trocknen oft ganz aus.

Eben deshalb hat auch das Gemüse, ob es gleich reichlich 1 pächst , sehr wenig Saft. Dies ist auch der Fall mit Den Baumfrüchten ; die Orangen und Citronen ausges

11

Erster , Abschnitt,

nommen , die man aber durch das zeitige Übbrechen für die Gesundheit schädlich macht.

Die Insel wird in vier kleine Provinzen getheilt, welche die Infulaner Balies nennen.

Die erste gegen

Morgen ist Leschimo ; die zweyte, die gegen Abend liegt, heißt Agiru ; die dritte , die sich in der Mitte der Insel befindet , ist Mezzo ; und die vierte gegen Mitternacht, Bros. Die Provinz Lesthimo war senst durch die alte Stadt Gardichi , dem Sit eines Bischofs nierkwürdig . Sie lag ungefähr zwey Meilen weit vom Meerufer ; heut zu Tage ist sie nur ein kleiner Flecken, wo man noch die Spuren eines alten Forts findet.

Dieser Theil der Ins

sel hat ungefähr zwanzig Dörfer und acht bis ueunhundert Seelen. Das gegen Abend liegende Agiru , ist das fruchts barste Eebiet.

Es befinden sich in ihm wohl funfzehn

Dörfer und acht tausend Seelen. Auf der Stelle , wo g gegenwärti ein Kloster griechischer Mönche steht , lag sonst eiene Stadt, die durch die Sarazenen zerstört wurde. f Au ihr ihre Ruinen ließ der Kayser Alerius Comnenus

das kleine Fort des heiligen Engels bauen ;

1403 vera

suchten die Genuesen bey ihrer Landung es einzunehmen, aber umsonst.

Zur Zeit der venetianischen Regierung

stand dieser Posten unter dem Commando eines vorneha men Insulaners , der vom Rath der Edeln ernannt wurde. Er residirte daselbst ein Jahr , und dann wurde wieder ein anderer in seine Stelle gesetzt, Die Provinz Mezzo ist die größte ; sie schließt die Stadt Corfu und einige dreyßig Dörfer in sich.

Jere

12

Beschreibung der Insel Corfu.

Bevölkerung soll über fünf und zwanzigtausend Seelen

steigen. Oros soll einige zwanzig Dörfer , und sechs bis fiebentausend Menschen haben.

In diesem Laudstriche

befand sich die berüchtigte Caffiopea.

Cicero sagt in

einem Briefe , daß er von dem Hafen Corupe abgereift, und nach zurückgelegten hundert und zwanzig Stadien, den andern Tag bey Cassiopea angekommen sey.

Dies

stimmt sehr genau mit der Lage von Cassopo überein.. Unter der

venetianischen Regierung

konnte die

ganze Bevölkerung der Insel, mit Land und Seetruppen, sechzigtausend Seelen betragen.

13

Zweyter

Religion.

Abschnitt.

Römische Kirche.

s herrschte die römische und griechische Religion auf dieser Insel.

Zur erstern bekannten sich , die Regierung,

die Land- und Seetruppen , und eine kleine Zahl Auslånder, die in Corfu ihren Wohnsiz aufgeschlagen hatten : zur andern die eingebohrnen Jusulaner. Die Kirche von Corfu war seit den ersten Jahrhuns derten des Christenthums der Sitz eines Bischofs ; der Pabst Gregor III. erhob ihn im Jahr 1600 zum Erzs bischof.

Der neue Erzbischof wurde vom Senat vor-

geschlagen, und vom Pabste bestätigt.

Seine Einnahme

betrug nach unserm Gelde 11 bis 12000 Livres. Kapitel bestand aus zehn Domherrn.

Das

Ihre Kanonikate

konnten acht bis neunhundert Franken werth seyn.

Diese,

Gelder wurden aus der Kasse der Republik gezogen, worin der Ertrag der Insel und die Gelder flossen , die jährlich von Venedig zur Bestreitung der noch übrigen Kosten des Civils, des Militairs und der Marine geschickt wurden.

Jeder Domherr bekam noch überdies monatlich

ungefähr hundert Pfund Zwieback. Der Weihbischof, der von dem Kapitel erwählt als for wurde, genoß nicht mehrere Einkünfte, übris gen Kollegen,

14

Zweyter Abschnitt. Die Kathedralkirche war zu gleicher Zeit die Pfarre

kirche.

Einer von den Domherren , den der Erzbischof

ernannte, verfah den Dienst des Pfarrers.

Die geles

gentliche Einnahme dieses Amts war eine Vermehrung feines Kanonikats .

Der Erzbischof besaß mehrere Häus

fer, die zu Wohnungen für die Pfarrherren bestimmt was ren ; da diese aber als Eingebohrne der Insel unter den Ihrigen lebten , so wurden sie vermiethet , und die Miethe zur Unterhaltung der Kirche verwandt. Der Erzbischof hatte seinen Sekretair und einea Kanzler , der gewöhnlich ein Notarius war , die die bis schöfliche Jurisdiction verſahen. Jedes Jahr ernannte das Kapitel drey Syndici, oder Prokuratoren der Kathedralkirche , welche die Verwaltung der kleinen Einkünfte verschiedener Brüderschaf= ten über sich nehmen mußten , deren Oberhäupter sie zu gleicher Zeit waren.

Diese Syndici wurden aus dem

Adel genommen, und die griechische Religion schloß sie man s nicht von diesem Dienste aus ; sie folgten einer dem ans dern ; während ihrer jährlichen Verrichtungen. Ihren

Dienst beynt römischen Gottesdienst

Che fie antraten,

pflegten sie gewöhnlich zuvor , zu Beruhigung ihres Ges wissens, einer griechischen Messe beyzuwohnen. Ihr Kirchenstuhl war mit ihren Wappen geziert, und mit einem carmoifinrothen Tuch bedeckt , worauf ein Kruzifirzwische zwey Wachskerzen stand. Sie empfien gen die gewöhnlichen Ehrenbezeugungen :

man berdua

cherte sie, und gab ihnen das Evangelium zum Küſſen,

15

Beschreibung der Insel Corfu. Der zum Erzbischof erwählte Prälat ,

hielt bey

feiner Ankunft einen öffentlichen Einzug , wobey er von der Regierung und dem Militair empfangen wurde.

Nachher begab er sich im bischöflichen Staate, von dem Klerus , dem Hofstaate , dem Generalprovedis tor, den vornehmsten Land- und See

Officieren , den

Syndici und den Vornehmen der Stadt begleitet, auf einen offnen Platz , wo ein Thron mit einem Baldachin für ihn errichtet war.

Hier verrichtete er sein Geber

und theilte den bischöflichen Seegen aus.

Von hier

gieng der Zug in derselben Ordnung, unter dem Beyfalls geschren des Volks , und unter dem Lårm der Kanonen und Glocken, in die Kathedralkirche.

Nachdem der Erzs

bischof hier wieder sein Gebet verrichtet hatte , wurde er in den erzbischöflichen Pallast eingeführt , dessen Pfors ten mit Blumen

und Laubguirlanden geziert waren,

Ward ein Eingebohrner der Insel zum Erzbischof era wählt, so erwies man ihm noch mehrere Ehrenbezeuguns gen ; indem man ihm auf der Esplanade Triumphbögen von Myrthen und Blumen errichtete, und seinen Weg mit Blumen bestreute. Wenn der Erzbischof in seinem Staate und mit feinem Gefolge bey einer Wache vorbey kam, so mußten ihm die militairischen Ehrenbezeugungen gemacht werden. Nach

einem Befehl

des Senats

von Venedig,

mußte der General mit seinem Gefolge, das auch wohl fein Hof genannt wurde, Gottesdienst mit beywohnen.

an den Hauptfesttagen dem Der Erzbischof begab sich

in seinen Feyerkleidern an der Spitze des Klerus zur Kirchthüre : zu gleicher Zeit traf auch der General in ſeis

16

t Zweyter Abschnit .

Beide traten nun zue

nem größten Staate daselbst ein.

sammen , der Erzbischof aber zur Rechten, in die Kirche. Dem bischöflichen Thron gegenüber , war zur Linken im Chor der Sitz des Generals errichtet.

Beym Heraus-

gehn wurde dasselbe Ceremoniel beobachtet ;

der General

behauptete alsdann aber die rechte Hand.

Außer der Kathedralkirche gab es noch zwey andere Kirchen in Core. die eine war der heiligen Jungfrau, die andre, die sonst die Metropolitankirche gewesen war, dem heiligen Arsen gewidmet ;

in der alten Festung

befand sich auch noch eine Kapelle.

In der Stadt waren drey Klöster vom Orden des heiligen Franziskus , deren Mönche ganz allein von den Rathspersonen in Venedig abhingen, denen das geistliche Departement übergeben war.

Dem Erzbischof brauch-

ten sie bloß den gehörigen Respekt zu beweisen.

Jedes

Kloster genoß eine gewisse Einnahme , die der Senat ihm angewiesen hatte; und das übrige erbettelten sie sich, mit dem ihnen eigenen Eifer.

Aus diesen Klöstern nahm

man die Feldprediger für die Marine.

Zu diesem Posten .

drångten sie sich sehr , weil er, vermittelst der Waaren, die ihnen von den Kaufleuten zum Verhandeln mit gege= ben wurden , eine gute Nebenrevenue abwarf.

Sie was

ren zug zu gleicher Zeit auch die Beichtvåter des Schiffvolfe.

Die Ceremonien der lateinischen Kirche waren ganz dieselben , wie in der übrigen Christenheit.

27 .

Beschreibung der Insel Corfu.

Griechische

Kirche.

Die griechische Kirche zu Corfu hatte zu ihrem Oberhaupt einen Protopapa ,

der von dem gesammtent

Klerus und der Noblesse gewählt wurde.

Diese Stelle

bekam nur immer ein Geistlicher, der aus einer adlichen Familie abstammte.

Auf das Verdienst des Bewerbers

ward keine Rücksicht genommen , sondern nur auf seinen Credit und seine Frengebigkeit.

Vor der Wahl gieng er,

von seinen Anverwandten und Freunden begleitet, zu den Vornehmen und zu den Popen , um ihre Stimmen zu ers betteln , die sich über die tiefen Bücklinge freuten , die fie bey diesen Gelegenheiten öffentlich empfiengen. Feyerlichkeit der Wahl geschah in den Saal ,

Die

wo die

Noblesse ihre Zusammenkünfte hielt, und der in der Mitte der großen Esplanade erbaut ist.

In seinem Innern be-

fanden sich ringsherum Bänke, und im Hintergrunde e ein kleine hölzerne Balustrade , die eine mit einem Tepund die Site des GeneralproveHäupter der Regierung verschlöß. übrigen der und bitors, pich bedeckte Tafel,

Die venetianischen Nobili , die zu ihrem Hofstaat gehdrs und ihre Adjutanten standen ihnen zur Seite. Dies ses waren die einzigen Personen , die mit Waffen in den Versammlungen erscheinen durften.

Der Adel und die

Popen saßen auf den äußern Bänken. Ein Faute (Stadt oder Rathsdiener ) , der in einen weiten Rock vom groben blauen Tuch gekleidet war , und eine eben folche Mütze aufhatte ,

auf deren filbernen. Platte die

Wappen der Stadt standen , nannte mehrmals mit lauter Stimme den Namen eines der Mitbewerber, Die Candidaten ftanden mit entblößten Häuptern ganz des B Grassets Reisen.

18

Zweyter Abschnitt.

müthig an der Thüre , und suchten durch oft wiederholte tiefe Bücklinge ihre Mitbürger zu günstigen Stimmen zu bewegen.

Zwey andre Fauten theilten nachher aus eis

nem Korbe, den sie von der Tafel genommen hatten, die kleinen Stimmkugeln unter den Adlichen und Popen aus: der General allein bekam zwey.

Ein vierter Fante

sammelte nachher die Kugeln in einer Büchse , die nur eine äußre Oeffnung , innerlich aber zwey Abtheilungen hatte, so daß man es nicht sehen konnte , in welche die Kugel

geworfen wurde.

Beym Sammeln rufte der

Fante immerfort den Namen des Candidaten aus , über den gestimmt wurde , und dieser hörte nicht auf, sich in einem fort tief zu verneigen. Der General zählte nach dem Sammeln die Stimmen für und we

Er rufte darauf den Erwählten,

der nicht lange auf sich warten ließ.

Unter dem lauten

Geschrey des Beyfalls und der Glückwünsche bedankte fich der Candidat bey dem General , deſſen Stimme den Ausschlag gab.

Dieser erwiederte seinen Dank mit einer

kleinen Verbeugung und einem Tone ,

der seine Ober-

herrschaft über ihm zu erkennen gab.

Unterdessen war

das Volk zu dem Throne herbey geströmt.

Die Fantes.

machten ihm die Wahl bekannt , warfen ihre Mützen emz por, und begleiteten mit durchdringendem Pfeifengetdse das Jubelgeschrey der Umſtehenden. Man bekleidete: hierauf den neuen Protopapa , (Erzpopen ) mit seinem feyerlichen Habit.

Es bestand aus einem langen Man-

tel von rothem Sammet, einem Unterrock mit engen Aere meln, einer Binde und einer Müge von demselben Zeuge, und einem großen Hute, der mit demselben Sammte aus

Beschreibung der Insel Corfu.

19

geschlagen , und mit zwey ungeheuren ſeidenen Troddeln verziert war.

Der Hirtenstab war aus mehrern Stücken

Elfenbein zusammengesetzt , großen Knopfe.

und endigte sich in einem

Sobald er eingekleidet war, setzte er

fich auf einen Großvaterstuhl, den ihm der General zus schickte. Für diese Ehre mußte er ſechzehn franzöſiſchę Livres bezahlen. Die Ursache dieses Tributs hab ich nicht erfahren können.

Vier nervigte Fantes erhoben

nun mit Entzücken das Kirchenhaupt auf ihre Schultern, auf denen er wegen den vielen Anstößen nicht eben ganz ficher saß.

Er wurde nun sogleich von einem Haufen

Volk umringt , deſſen Zudrängen ihn zu berühren oft die Segnungen unterbrach, die er reichlich austheilte. ter Kanonenschüssen

und dem Geläute

Un-

aller Glocken

wurde er auf diese Weise in die griechische Kathedralkirche getragen , wo eine lange Litaney gesungen oder vielmehr geschrien wurde.

Man brachte ihn nachher auf dem

Großvaterstuhl in seine Behausung , wo er mit mehrerer Ruhe die Glückwünsche seiner Verwandten und Freunde empfieng.

Der Zumult bey diesem Zuge war so groß,

daß die ihn begleitenden Truppen nicht im Stande waren, den General ganz gegen die convulsivischen Anfälle des freudigen und eifrigen Volkes zu schüßen : sein herzogs licher Mantel und seine lange Perücke kamen ihm dabey sehr schlecht zu statten. Die Nengierde trieb mich an , den Protopapa, den ich kannte, in fein Haus zu begleiten.

Hier fand ich

eine große Tafel mit einer Menge von Erfrischungen bes reitet , woraus ich vermuthete,

der Candidat müßte

schon vorher von der Gewißheit seiner Wahl versichert

B 2

20

Zweyter Abschnitt.

feyn.

Mein Nachbar bestätigte meinen Zweifel über die

Unparteylichkeit der Stimmenſammlung , indem er mir sagte, daß sie mehr oder weniger theuer von , den Candis baten erkauft würden. Der Adel und die Geistlichkeit saßen bey diesem twohl Schnaufe unter einander , und ließen es sich schmecken.

Es war lustig und ärgerlich anzusehen , mit

welcher Gierde sie alle, selbst die, die sonst einen Anstrich Die von Bildung zeigten , über das Essen herfielen. Geistlichen wurden durch ihre langen und weiten Kleider zwar etwas in der Schnelligkeit des Zulangens gehindert, dafür konnten sie aber desto mehr Früchte und Gebackenes einſacken, als die andern.

Als diese Gesellschaft sich ges

fåttigt und ihre Taschen vollgefüllt hatte, so ließ man noch einige angesehene Personen hinzu.

aus andern Stånden

Alle wunderten ſich ſehr , wie ich in einem so

interessanten Augenblicke so kaltblütig bleiben konnte. Nachher theilte man unter das Volk, das unter den. Fenstern zu jubeln und zu schreien fortfuhr, einiges Brot und geringe Geldmünzen aus.

Dieses sind die Ces

remonien , die bey jeder neuen Wahl eines Protopapa statt fanden,

Der Protopapa vor Corfu genoß vor denen auf den andern Inseln den Vorzug , daß er den Titel des Großen führte. Er stand unmittelbar unter dem Patriarchen von Constantinopel,

und hatte bischöfliche Gewalt.

Er

verrichtete alle Funktionen der Bischöfe , und besaß, wie fie das auszeichnende Vorrecht des Bischofs, den Hirtens ſtab beym Gehen auf die Erde ſtåmmen zu dürfen,

Beschreibung der Insel, Corfu. Der Besitz dieses Poftens dauerte nur fünf Jahre. Nach Verlauf dieser Zeit trat er wieder in die Klaffe der Ein etwas höherer Grad gewöhnlichen Popen zurück. von Ansehn, und das Recht , einen karmosinrothen Gürtel tragen zu dürfen , war alles , was nach den Ges sehen von dieser ehemaligen Würde übrig blieb. Seine Einkünfte waren zufällig , und nur sein Las lent , sie bey

günstigen Gelegenheiten zu vergrößern,

konnte ihm allein die Ausgaben ersetzen , die seine Ers nennung kostete. Die Kathedralkirche hatte auch ihre Domherren, wie die lateinische; sie geuofſen, aber keine firen Pråbenden. Die Ehre, sich an der Spize des Klerus zu befinden, war der einzige Vortheil ihres Kanonikats.

Ihre Auss

zeichnung war ein violetter Gürtel , und ein dergleichen Cordon mit einer kleinen seidenen Troddel um ihren Hut. Die Heirathen , Taufen und Beerdigungen , warfen ihs nen auch einige Einkünfte ab ; gewöhnlich erhielt bey dere gleichen Fällen der Protopapa eilf, und jeder Domherr drey Livres und eine Wachskerze. Der allereinträglichste Artikel , und zu gleicher Zeit auch das kräftigste Mittel, um das Volk in dummer Leichtgläubigkeit zu erhalten , kationen.

waren die Erkommunis

Unter dem geringsten Vorwande konnte ein

Grieche seinen Nachbar erkommuniciren lassen ;

dieser

konnte aber eben so leicht ein Gleiches gegen jenen bes wirken ; wodurch die Erkommunikation , die sein Feind über ihn hatte aussprechen laſſen ,

aufgehoben wurde.

Ein und derselbe Priester diente mit gleichem Eifer beyden Parteyen.

Diese Blige der griechischen Kirche kamen

22

Zweyter Abschnitt.

den Schwachköpfen , die davon Gebrauch machten , sehr theuer zu stehen.

Diese Ceremonie ward öffentlich auf der Straße dessen vorgenommen ,

der erkommunizirt werden follte.

War man reich genug , um die größern Kosten bestreiten zu können , ſo ließ man lieber den Protopapa selbst an der Spitze des Klerus das Anathema aussprechen , weil man es denn für wirksamer hielt.

Er fand sich an dem

angezeigten Ort in einem Trauerhabit ein, und hielt eine beynah ganz schwarze Kerze in seiner Hand.

Vor ihm

her wurde ein großes Kruzifir und eine schwarze Fahne getragen ; auch sein Gefolge war ebenfalls in Trauer ge= fleidet.

Der Protopapa begleitete die Verfluchungen , die er aussprach , mit Gestikulationen , die mir völlig fonvulfivisch schienen , und beym Weggehen schüttelte er den Staub von seinem Talare ab.

Von diesem Augenblicke

an war der Erkommunizirte von allen Kirchen , und von der Theilnahme an den Gebeten der Gläubigen ausges schlossen , und er konnte nicht anders, als durch eine Gegenerkommunikation wieder in seine Rechte eingesetzt werden.

War er nicht im Stande , die dazu erforderlichen

Unkosten aufzutreiben , so war es oft der Fall , daß der Exkommunizirte seine Rache aufs höchſte trieb , und endlich seinen Feind ermordete.

Das Volk zitterte vor res

ligidsem Schauer und Angst bey diesen Erkommunikatio nen , und war fest überzeugt , daß in dem Augenblick, wenn das Anathema ausgesprochen werde , die Erde er: bebe.

Ich sah Personen, die vor Schrecken laut schrieen,

Beschreibung der Insel Corfu.

23

und fich so geberdeten, als wenn sich wirklich die Erbe unter ihnen erschütterte. Nicht allein die Priester wandten dies Ansehn , das ihnen die herrschende Unwissenheit und die abgeschmackten Vorurtheile über das Volk gaben , bey jeder Gelegenheit zu ihrem Vortheile an ; sondern auch die Regierung suchte es zu ihrem Nußen zu gebrauchen.

Ich war Zeuge, daß

man diese Bannflüche gegen ganze Dorfschaften in solchen Fällen schleuderte , wo man sich fürchtete, die Gewalt der Waffen vergeblich zu brauchen. Dieses Mittel fonderte diese Dorfschaften gänzlich von allen andern Eins wohnern ab, und die unglücklichen Exkommunizirten was ren froh, wenn sie nach geleisteter Beobachtung der Bea fehle, wegen deren Widersetzung fie aus dem Schooße der Kirche ausgestoßen waren , durch die Bezahlung einer Contribution darin von neuem wieder aufgenommen wurs den.

Das Mittel der Gegenerkommunikationen fand,

wie es sich von selbst versteht , gegen die Regierung nicht flatt. Der Protopapa hatte einen Diakonus und einen Subdiakonus unter seinen Befehlen ,

die er sowohl zu…….

seinen häuslichen Diensten , als auch zu Kirchenverrichtungen gebrauchte.

Seine Wohnung allein wurde auf

Kosten der Stadt unterhalten. Die Kathedralkirche hatte ihre Syndici oder Pros kuratoren , deren Verrichtungen und Tracht eben dieselben waren, wie bey der lateinischen Kirche.

Die Anzahl der griechischen Kirchen war sehr bes › trächtlich.

Für eine jede wurde der Priester jährlich in

einer Versammlung der Pfarrkinder ernannt.

Er befam

Bweyter Abschnitt.

24

keinen festen Gehalt.

Viele von den Kirchen, besonders

die , auf dem Laude, waren von Privatpersonen erbauet, die als Eigenthümer , den Popen für sich allein bestimms ten den sie haben wollten.

Sein Loos war von dem seiz

ner Collegen in nichts weiter verschieden , als daß er seis nen Dienst gewöhnlich auf Lebenszeit behielt." Die reichste dieser Kirchen war die , worin ſich die Reliquien des heiligen Spiridions fanden , für den die Fateiner, wie die Griechen, eine besondere Ehrfurcht zeig= ten .

Die Abkömmlinge der Familie , die diese geehrten

Ueberreste besaß, genießen noch gegenwärtig ein scheinba= res Eigenthumsrecht über sie.

Sie hatten das Recht,

den sie bedienenden Popen zu ernennen . Dieses Amt wurde als eins der besten immer einem aus der Familie übertragen ; der überdies die Aufsicht über die Verwaltung der Kircheneinfünfte hatte.

Ihm war ein Kapitel von

zehn Pråbendarien zugeordnet, die gleiche Auszeichnuma gen mit denen der Kathedralkirche genoffen.

Drey Syna

dici hatten die Verwaltung über die der Kirche zugehda gen Fouds. Das Fest des heiligen Spiridions wurde mit dent größten Pompe gefevert.

Acht Tage vorher wurden die

Pforten, Fenster und der Thurm der Kirche mit Myra then und Lorbeerreisern geziert.

Auf der am Thurme

befindlichen eisernen Ballustrade. feste man an den vier Ecken mit langen Stangen vier Flaggen auf, unter denen sich jedesmal die des heiligen Markus , die Russische und die Englische befand ; zur vierten wählte man abwechselnd, die Dänische, Schwedische oder Holländische : niemals aber die Türkische oder Französische.

Diese acht Lage

25

Beschreibung der Inset Corfu.

hindurch wurden die Glocken unaufhörlich fort geläutet. Den Abend vor dem Feste wurde unter dem Glockenges läute aller Kirchen und unter Kanonendonner, der Kasten, worin der ganze Leichnam des Heiligen sehr wohl aufbes wahrt war, der Verehrung des Volkes ausgesetzt.

Der

Kasten war von Ebenholz und mit sehr gut gearbeiteten und vergoldeten Silberblechen bedeckt , und mit vielen kostbaren Steinen reichlich beseßt.

Durch den gläsernen

Deckel sah man den Heiligen im bischöflichen Gewande darin liegen.

Dieser Ceremonie wohnte das ganze Gous

vernement bey.

Ein Commando von 60 Soldaten hatte

die drey darauf folgenden Lage und Nächte vollauf zu thun, um das Volk in Ordnung zu erhalten, das mit mehrerm Zumulte als Andacht herbeyströmte , um den Schutz des Heiligen zu erflehen.

Nachher erfolgte eine.

Prozession , zu der die Popen von allen andern Inseln und selbst von Morea in Haufen herbeyeilten.

Der Ka-

ften wurde auf einer Trage von sechs Popen in priesterlicher Kleidung getragen ; den darüber erhobenen Himmel hielten abwechselnd der General , der Proveditor der Fes stung, der Bailo oder Stadtvoigt und die Syndici der Stadt.

Vorher giengen die Hautboisten des Generals,

welche wie seine übrige Bedienten die Staatslivree angezo gen hatten.

Die Truppen flanden unter den Waffen,

und ein Theil derselben begleitete den Zug.

Er begab

sich zuerst zu der alten Festung , deren verschiedene Bats terien ihn mit ein und zwanzig Kanonenſchüſſen begrüßs ten ; von da gieng er rings um die Esplanade ; und als er zu dem gegen die See zu gelegenen Wällen der Stadt ankam, falutirten ihn alle Kriegsschiffe mit einer Ara

26

Zweyter Abschnitt.

tillerie und Musquetenſalve : und die Galeeren und Galioten folgten ihm långst den Wällen am Ufer nach. Feuern hörte während dieser Zeit gar nicht auf.

Das In den

Straßen, wodurch die Prozession zog, waren die Fenster der Häuser mit verschiedentlich bunten Teppichen geziert . Sie dauerte übrigens sehr lange , da man sehr langsam marschierte, und der Zug auch oft durch Kranke aufgehalten wurde, die man zu ihrer Heilung unter den Kas sten des Heiligen stellte.

Sie fielen öfters in schreckliche

Berzuckungen ; welche die verschlagenen Popen gut zu benußen wußten , um dabey die Leichtgläubigkeit der Religiösen in Contribution zu sehen.

Während die Re-

liquien des Heiligen ausgesetzt waren, war auch die ganze Kirche voll Kranke , die daselbst geduldig die versprochene Befferung erwarteten.

Während dieser Zeit hatten die Popen viel zu thun, um dem devoten Publiko Genüge zu leisten, welches sich Evangeliumsbücher , Kerzen, Tücher, Bånder und ders gleichen , durch sie mit dem heiligen Körper in Berühauch gut bezahlt rung bringen ließen, wofür sie aber wurden. Diese Reliquien wurden auch mit dem größten Vertraun auf Hülfe bey großen allgemeinen Unglücksfällen öffentlich ausgefeßt. Die Kirche besißt einige Landgüter ,

die ihr von

Privatpersonen geschenkt sind ; und noch immer erhielt sie sowohl von den Einwohnern ,

als auch von religiösen

Fremden und von den Kaufleuten ansehnlich Geschenke, die sich hiedurch des Beystandes des heiligen Spiri

Beschreibung der Insel Corfu .

27

dions zu ihren Unternehmungen und Reiſen zu verschaf fen fuchten. Unter den Schätzen der Kirche bemerkte ich viele goldene Lampen ; von denen die größte ein Geschenk des Sultan Solimanns war, das er ihr 1537 bey seinem Rückzuge machte , nachdem er Corfu vergeblich belagert hatte.

Die Insulaner sagen ; er habe sie mit Zaubermits

teln voll gefüllt , um dadurch die Schäße , die er nicht erobern können , in Asche zu verwandeln .

Dergleichen

thörichte Märchen erweckt bey den abergläubischen Gries chen der unbeschreibliche Haß , den sie gegen die Türken haben : und man findet selbst gebildete Leute, die fie für wahr halten.

Die Reliquien des heiligen Arsenius , der der erste Bischof auf der Insel war, wurden von den Lateis nern und Griechen ebenfalls sehr verehrt.

An seinem

Namenstage verrichteten die Geistlichen von beyden Rez ligionsparteyen den Gottesdienst gemeinschaftlich, in der ihm zu Ehren in der alten Festung erbauten Kirche. Die Menge der verschieden farbigen Wachskerzen , gewährte dem Auge ein schönes Schauspiel ; desto mehr litten aber die Ohren durch den vermengten mißtönenden Gesang des lateinischen und griechischen Klerus. In der Nacht vom grünen Donnerstage bis zum Charfreytage, hålt der Klerus einer jeden Kirche und Kapelle sein heiliges Grab und seine Prozession ; wobey der heilige Leichnam mit vielen brennenden Kerzen und mit dem möglichsten Pompe herumgetragen wird.

Alle diese

Prozessionen kommen nachher auf der großen Esplanade zuſammen , und verwandeln die Nacht in einen schönen

28

Zweyter Abschnitt. Die Kirchen wetteifern , sich an Erleuchtung und

Tag.

Pracht einander zu übertreffen.

Alle Kirchen sind offen ;

alle Straßen und öffentliche Plätze voll Menschen , die von einem heiligen Grabe und einer Prozession zur andern gehen.

Die Damen , die sonst nur in einer vergitterten

Loge in der Kirche sich aufhalten, haben diese Nacht alle mögliche Freyheit.

Man benutzt sie auch ; führt långst

entworfene Plåne aus , macht neue Bekanntschaften, und erneuert die alten.

Diese religiösen Nachtwandelungen

endigen sich mit Schmausereien , von denen man nicht immer ganz friedlich nach Hause geht.

Den Tag darauf

erzählt man sich allerhand Neuigkeiten und Histörchen.

Aus einem besondern Aberglauben lassen sich viele in dieser Nacht ein Hemde verfertigen , daß eine ungleiche Zahl von jungen Mädchen, die alle Marie hießen, von Mitternacht an bis vor Tages Anbruch, zuschneiden, nåhen , waschen und völlig fertig plåtten müſſen.

Ein

folches Hemde soll die unschätzbare Kraft besigen , den, der es trägt, unverwundbar zu machen. In den ersten Tagen des Aprils trug man eine Fahne herum, auf die der erstandene Lazarus dargestellt war.

Sie war mit den lächerlichsten Verzierungen, mit

falschen Perlschnüren , Schnupftüchern , Båndern, fleis nen Spiegeln , Bildern , Spielsachen und Puppen bes hangen.

Ihr Tråger war nicht weniger bizarr angezo:

gen, und hatte über seinen Kleidern einen rothen Weiber rock an, der mit Bandschleifen befestigt war, terbrach oft seinen Gang ,

Er uns

und führte einen muntern

Tanz auf, wobey er die Fahne schwang .

Er sang auch

einige griechische Lieder , die von der Auferstehung des

29

Beschreibung der Insel Corfu. Lazarus handelten. die

Bärenführer

Eine eben solche Dudelpfeiffe, wie haben,

begleitete

nebst

einer gros

Ben Trommel diesen Gesang ;, dessen Refrain die Umste henden wiederholten ,

die zuweilen auch mit tanzten.

Besonders geschah dieser Gesang und Tanz vor den Thu: ren der Reichen; die dafür etwas Geld aus den Fenstern warfen ; worin sich nachher der Fahnenträger und die Musikanten theilten.

Wer die Fahne tüffen wollte,

mußte auch etwas bezahlen , und nach vollendetem Zuge wurden die aufgehangenen Kleinigkeiten , Spielwerke und Zierrathen an die Devoten verkauft, die damit ihre Betts stellen schmückten . Am ersten Tage des Mays trugen eine Menge Lands Leute , die mit Flinten , Pistolen und Meffern bewaffnet waren, einen mit Vorsicht entwurzelten Oliven Orangenbaum in der Stadt herum.

oder

Die Dudelpfeiffe

und die Trommel gingen vor dem Zuge her, und spickten verschiedene Tänze , die von einer ausgesuchten Zahl junger. Leute aufgeführt wurden.

Man begab sich nachher vor

das Haus des ältesten Syndicus der Stadt , und pflanzte in seiner Gegenwart den Baum ; worauf er diese Gesellschaft mit einem Mahle bewirthen mußte. Die Kirchweihe war besonders auf dem Lande, ein großes Feft.

Die Popen schmückten dann schon einige

Tage vorher mit ihren Eingepfarrten die Kirche innerlich und äußerlich mit Blumenguirlanden und Reisern aus. Rings um die Kirche herum ward von grünen Bäumen, Teppichen, und Seegeltüchern ein bedeckter Gang aufge führt , zu dessen Verzierung nicht allein Blumen , sondern die dazu sehr gern hergegebnen Bilder des ganzen Dorfes

Zweyter Abschnitt.

30

angewandt wurden.

Man konnte nichts bizarreres sehen

als diese Gallerie; heilige und profane Bilder waren bunt unter einander vermischt.

Neben einer weinenden Mag-

dalene , oder einer heiligen Jungfrau , buhlte eine Lais mit ihren Reizen : hier sah das Auge das schöne Bild des Friedens , dicht neben an ein gråsliches Schlachtgetummel; dort fiel der Blick von dem erhabnen Portrait eines Königs , oder einer Königin , auf eine luftige Wirthshausszene.

In dieser Art Saal tanzten die jungen Leute

zur Dudelpfeiffe und Trommel ;

und spielten das ben

diesen Festen übliche Penté mé mia , oder Fünf und Eins. Es ist dies eine Tafel , worauf eine Stange errichtet ist, von der eine Kugel herabgeworfen wird , die auf die mit der Zahl 5 bezeichnete Knote fallen muß , die unterhalb angebracht sind , wenn man gewinnen soll.

Rings herum saßen Fleischer , die ihre Waaren und angezapften Weinfässer vor sich hatten , und zugleicher Man schmauste

Zeit Gast- und Schenkwirthe waren. auf öffentlicher Straße.

Die Mahlzeit bestand aus gan=

zen Schöpfen die man eben erst tödtete , und dann ſogleich braten ließ.

Die Gåste setzten sich auf die Erde

und verzehrten unter den umliegenden Eingeweiden ihre Portionen.

Eine starke Patrouille hatte viel zu thun

um die öffentliche Ruhe zu erhalten , die häufig durch Schlägereyen unterbrochen ward , die um desto gefähr licher waren , da die Griechen dieser Insel beståndig bes waffnet gingen. Die Popen waren während dieſem Feste auch immer sehr mit den Gebeten beschäftigt, die ein jeder aus dem Volk sich von ihnen hersagen ließ ; doch über-

31

Beschreibung der Insel Corfu.

nahmen sie gern diese Mühe , da sie dafür gut bezahlt wurden.

Es fehlt auch auf dieser Insel nicht an griechischen Mönchs- und Nonnenkidstern.

Diese genießen gewisse

feste Einkünfte ; deren Verwaltung nebst der Besorgung der äußern Angelegenheiten drey Administratoren übers geben ist , welche die Brüder oder Schwesterschaft jähre lich von neuem ernennt. Diese Klöster sind eine wahre Last für den Staat; nur einige Nonnenconvente nehmen Pens fionaire auf, die& darin bleiben , bis ihre Eltern auf ihre Verheirathung denken.

Ihre ganze Erziehung besteht

darin , daß sie im Stricken und Filetmachen unterrichtet werden ; selten lernen einige nåhen , und noch seltener schreiben und lesen. · Die Mädchen , die diese Kenntniffe aus dem Kloster bringen , flaunt.

werden als Wunder ange=

Wie es im Innern dieſer Häuser zugeht ,

kann

ich nicht sagen ; da dies Erwähnte alles ist , was ich mit der größten Mühe von ihnen habe erfahren können. Die Unwissenheit der Popen übertrifft alle Vorstele lung , die man sich von ihr machen kann.

Die höchstens

ihre Sprache zu lesen und zu schreiben verstehen , gelten für Gelehrte.

Ich habe viele gekannt , die von diesen

Kenntnissen gar nichts wußten, die nicht im Stande was ren, eine andere Messe und andere Gebete zu verrichten, als die fie auswendig gelernt hatten, und die ohne Rücksicht der Schicklichkeit bey jeder Gelegenheit von ihnen N.. bergesagt wurden. So traf es sich oft , daß der Pope, wenn er um Regen bitten sollte , und ein solches Gebet nicht gelernt hatte, um heiteres Wetter betete. Una geachtet dieser Verwechselung bekam der Unwiſſende eben

32

Zweyter Abschnitt.

so gut seine Bezahlung dafür , als der besser Unters richtete,

Die griechische Kirche zu Corfu hat indeß auch Månner geliefert, die sich durch ihre Kenntnisse ausges zeichnet haben.

Man fand auch noch eine kleine Anzahl

geschickter Geistlichen , die meist solchen reichen Familien angehörten, die im Stande gewesen waren , sie nach Stalien gehen zu laſſen , um sich da die Kenntnisse zu ers werben, wozu in ihrem Vaterlande gar keine Geles genheit war.

Der größte Theil der griechischen Geistlichen mahlte eine Art Bilder, deren Verkauf ein Erwerbsmittel für fie war.

Das Gemählde wurde auf ein stark mit spas

nisch Weiß belegtes Holztåfelchen aufgetragen: die Far ben dazu wurden mit Eyweiß angemacht.

Der Gegens

ſtand war immer ein Heiliger ; eine Madonna, der heilige Schatten brachte man gar Spiridion und so weiter. nicht an , und das Colorit war immer dasselbe.

Alles

was Fleisch seyn sollte, wurde schwarz gemahlt , und der. Grund gewöhnlich vergoldet. kauften ,

Ehe sie diese Bilder vers

wurden sie eingefegnet.

Ihr Abgang war

ziemlich beträchtlich , da alle Griechen , Weiber, etwas darin suchten,

besonders die

über ihrem Bette eine

große Anzahl solcher Bilder aufzuhängen, vor denen fie Tag und Nacht eine Lampe brennend erhalten.

chen

griechiſ Die verschiedenen Ceremonien leder.

Kirche werde ich nicht beschreiben , da man sich darüber

Beschreibung der Insel Corfu.

33

in andern Berken hinlänglich unterrichten kann.

Nur besondere Gebräuche , die über den Charakter des Volks und die Natur seiner Regierung Licht verbreiten, sind die Gegenstände , deren Beschreibung ich liefern will,

Dritter

Abschnitt

Heirathen.

Wenn ich hier die fremden Gebräuche beschreibe, die ich bey denHeyrathen und andern feyerlichen Verhandlungen beobachtet habe, so muß ich erinnern, daß fie nur auf dem Lande statt finden , wo man noch nicht , wie in der Hauptstadt zum Theil , italianische Sitten und Sprache angenommen hatte.

Die ehelichen Verbindungen , die

das Glück einer ganzen Familie entscheiden , wurden in diesem Lande gewöhnlich von den Eltern verhandelt und geschlossen.

Waren die Våter mit einander einig , so

zahlte der Vater des Mädchen , dem Vater des jungen Mannes die Summe der Mitgift.

Einige Tage darauf

stattete dieser in Begleitung feiner Eltern bey seiner Geliebten den ersten Besuch ab , die umringt von den Ihrigen >

ganz fittsam und jungfräulich seine Huldigungen aufs nahm.Er beſchenkte sie mit einem Ringe und umarmte fie.

Die Verbindung ward nun als unwiderruflich bes Grassets Reifen.

&

Dritter Abschnitt.

348 kannt gemacht. andere

Auf diesen Besuch folgten noch zwey

mit demselben Ceremoniel und mit neuen Ges

schenken. Beyde Verlobte hatten Anverwandte oder Zeus gen um sich , die jedesmal dem Beſuche beywohnten, und den geschlossenen Contrakt unterzeichneten.

Ihre An-

Diese Assistenten waren vers

zahl war nicht bestimmt.

bunden , den Verheiratheten ein Geschenk zu machey, woa durch zwischen den erstern und letztern eine Art bürgerlicher Verwandtschaft gestiftet wurde, deswegen suchte man sich reiche Personen dazu aus , deren Credit eine Hülfsquelle zum Fortkommen darbot. Die kirchliche Ceremonie gieng im Hauſe der Braut vor sich.

Man machte dazu einen Tisch in der bestens

meublirten Stube zurecht..

In der Mitte ward ein

Evangelienbuch zwischen zwey Kerzen gelegt , und auf der einen Seite ein Pråsentirteller mit einem Glaſe, einer kleinen Weinflasche und mit einem Stückchen Brot ges stellt ;

auf der andern Seite gleichfalls ein Pråſemirs

teller mit zwey wollenen Kränzen , die mit rosenfarbigen Båndern durchflochten waren.

Die Eltern ,

Anver-

wandte und Freunde beyder Verlobten standen längs den Wänden der Stube , die Braut in der Mitte, zwischen ihrer Mutter und dem nächsten Anverwandten.

Die

verheiratheten Frauenspersonen standen auf beyden Seis ten , nach dem Grade der Verwandtschaft.

Die Måd-

chen befanden sich in einer andern Stube.

Sobald der

Pope augekommen war , warf er sich in Anwesenheit der Gesellschaft in seine priesterliche Tracht, und stellte sich vor den Tisch.

Er gab alsdann den Verlobten und den

Anverwandten Kerzen,

die er eben eingeſegnet hatte,

Beschreibung der Insel Corfu.

35

Hierauf nahm der Bräutigam die Braut bey der Hand, und , trat mit ihr hinter den Popen ,

und alle beyde

faßten den Zipfel seines langen Talares an ; die Anvers wandten folgten ihnen paarweise nach.

Jest ward die

kirchliche Trauung nach griechischem Ritual vorgenom Nach ihrer Beendigung flocht man die beyden

men.

Kerzen der jungen Eheleute zu einem Kranze zusammen, so daß ihre beyden Enden einen Griff bildeten , der mit rosenfarbenen Båndern gebunden und umwunden wurde. Dieser Kranz wurde oben über das hochzeitliche Lager bez Die Vereinigung der beyden Kerzen war ein

festigt.

Symbol des guten Verständniſſes ,

das zwischen den

Verehelichten immer herrschen sollte.

Der Pope ents

fernte sich hierauf, nachdem er die Gaben der Freyge= bigkeit von den Getrauten und ihren Anverwandten ems pfangen hatte. Zufolge eines alten heiligen Gebrauchs, weinte die Braut in dem Augenblicke , der ihren Zustand ånderte.

Die Mutter und die Anverwandten beantwors

teten ihre Thränen ebenfalls mit Weinen , Lobeserhebuna gen und Ermahnungen.

Unterdessen erscholl das ganze

Dorf von Büchsen und Pistolenschüssen , und vom Jua belgeschrey seiner Einwohner.

Die Verheirathete . brach

nun, von ihrer Mutter und der nächsten Anverwandtin gez führt, auf, um sich in das Haus ihres Gemahls zu bes geben, der schon zu ihrem Empfange vorangegangen war.

Vor der jungen Frau, die von einem großen Zuge

Landleute beyderley Geschlechts begleitet wurde,

gieng

ein Pfeifer und Trommelschläger , die Tänze spielten, welche von zwey jungen Leuten , die sich bey den Zipfeln eines Schnupftuchs angefaßt hatten, aufgeführt wurden, € 2

ter

Drit

36

t

hnit

Absc

.

Bey der Ankunft in ihrer neuen Behausung empfleng fie ihr Gemahl an der Spitze seiner ganzen Familie.

Hier

erneuerten sie in Thränen Complimente nnd Ermahnuns gen.

Nachdem man die gewöhnlichen Erfrischungen eine

genommen hatte , gieng man in die Kammer , wo das hochzeitliche Bett mit der möglichsten Sorgfalt aufges stellt war.

Jeder betrachtete und untersuchte es aufs

genaueste ;

einige erschöpften sich mit Segnungen und

Glückwünschen, andere, die die schönen Geister spielten, erlaubten sich die plattesten Plaisanterien .

Endlich gieng

man aus einander , und überließ den jungen Eheleuten die Ruhe , die sie gewiß nöthig hatten und wünschten. War die eheliche Pflicht vollzogen , so. kündigte der Gemahl seinen Triumph mit einem Pistolenschuß an, und der Tambour verkündigte gleich dieses Glück und den Sieg dem ganzen Dorfe.

Viele Gruppen von jungen

Leuten brachten nun die Nacht mit Tanzen vor dem Hause zu , wobey man mitunter Flinten und Pistolen abfeuerte; sie wurden übrigens reichlich mit Erfrischungen bewirthet. Den andern Morgen versammelten sich die Eltern und Anverwandten, um zu hören , wie die Sachen abs gelaufen waren.

Das Publikum ermangelte nicht, ſich Die folgenden Tage

allerhand darüber zu erzählen. empfieng und gab man Viſiten.

Das hochzeitliche Hemde

war ein kostbares Andenken , das die Verheirathete mit Sorgfalt zeitlebens aufbewahrte.

Den Morgen nach

der Hochzeit ward dieses Hemde auf einem Tische ausges breitet, und mit Backwerk, umsetzt.

Kuchen und Weinflaschen

Jeder besah es, um sich mit seinen Augen von

Beschreibung der Insel Corfu.

37

der Wahrheit des ehelichen Triumphes zu überzeugen, und nahm ſeinen Theil von der aufgetragenen Mahlzeit. Man tanzte nachher eine Stunde um den Tisch herum, und feuerte.von neuem Flinten ab.

Darauf wurde das

Hembe auf einer hohen Stange als ein Siegeszeichen beym Spiel der Pfeife und Trommel, umringt von jungen Tänzern, in dem ganzen Dorfe herum getragen. Man gab es endlich der Mutter zurück , die es in eine kleine Kiste legte, und es so der Tochter wieder überlieferte. In andern Dörfern wurde das Hemde einzig und allein den Verwandten beyder Familien gezeigt.

Diese Ceres

monie diente, um sich von der Jungfrauschaft der Neuvermählten zu überzeugen.

Es wäre das größte Unglüď

für ein Mädchen , wenn ihr Hemde keine Flecken zeigte. Sie wurde alsdann ihrer Familie sogleich wieder zurück gegeben , und hatte unter ihren Mitbürgern keine Achtung mehr zu erwarten.

Daß diese geforderten Zeichen

oft sehr betrüglich seyn können, davon konnte man keinen Griechen überzeugen. In andern Gegenden herrschte auch die Gewohnheit , daß bey dem ersten Zusammenkommen des Schwies gersohns und Schwiegervaters, der erste von lettem durch eine derbe Ohrfeige adoptirt wurde, die jener mit bescheis dener Ehrerbietung annahm . Je tiefer ein Volk in der Finsterniß der Unwiſſenheit begraben liegt , je grdber und abgeschmackter find auch die Geburten feines Aberglaubens. So glaubte man hier , daß wenn in dem Augens wo die beyd Verlobten das Ja aussprechen, · Gesellschaft drey Knoten in eine Schnur ein Feind in

Blicke

Dritter Abschnitt.

38

knüpfe , mit Anwendung einiger Worte, die ich nicht weiß ,

und sie dann ins Meer oder ins Feuer werfe,

daß dann der junge Ehemann gebunden und unfähig werde,

die eheliche Pflicht zu vollziehen.

Um diesen

Zauber zu zerstören , legte man ein Pistol , das mehrern Meuchelmördern gehört hatte, unter das Kopfkissen : ihm schrieb man die Kraft zu, daß es nicht allein die traurige Bindung ldsen, sondern die Vollziehung der ehelichen Pflicht beschleunigen1 könne. Leider waren solche Inftrumente gar nicht schwer und selten zu bekommen. Ein ander Mittel gegen diesen Zauber war dies , daß der Vater und die Mutter mit einem Fuße auf des Bräutigams Fuß treten mußten , in dem Augenblick , wenn er das Ja aussprach : jeder geschürzte Knoten mußte sodann ohne

Ein anderer Gegenzauber bestand. darin, daß man den Bräutigam vor der Trauung band ; Wirkung bleiben.

diese Bindung erhielt und löste sich nach Belieben ,

und

die Eltern hatten dann nicht nöthig , jenen erwähnten Punkt der Ceremonie abzuwarten.

Blieb das Herz der Getrauten unempfindlich gegen die Liebe ihres Mannes, so war doch nicht alle Hoffnung des Triumphes für ihn verloren.

Er bemühte sich dann,

ihr einige Haare abzuschneiden, ohne daß sie es gewahr wurde, und ſtahl ihr eine " Kleinigkeit , die sie noch als Mädchen besessen hatte ; diese beyden Stücke warf er mit einem lebendigen schwarzen Hahne unter dem Gemurmel einiger mir unbekannten Worte in einem brennenden Ofen, den er sogleich verschloß.

Sobald der Hahn vers

verzehrt wurde, glaubte man , daß die Kålte der Person,

39

Beschreibung der Insel Corfu.

bie dieses Opfer veranlaßt hatte, in die feurigste Liebe verwandelt werde. Zu den Laufen der Kinder nahm man auch wie bey ben Trauungen Gevattern , und zwar reiche Leute , die gutes Geschenk geben, und den Pathen unterſtüßen kounten.

Die Weiber glaubten , daß man durch bloßes Be-

trachten und Ansehn, ihren Kindern ein Unglück zufügen könne.

Solchen Blicken schrieben sie beynah alle Krank-

heiten zu , die in den Kinderjahren gewöhnlich sind. Um folchen Uebeln vorzubeugen ,

mußte man selbst beym

Kareffiren dem Kinde ins Gesicht speyen und sagen : Gott bewahr es vor Unglück ;

that man es nicht, so ers

mahnte die Mutter aufs dringendste dazu , indem sie fchrie

, spent es doch nur an ! " Leichenbeg å ng niff e.

Ichwerde auchhier, wie überall, nur die Gebräuche erzählen , wodurch sich die Einwohner dieser Inseln gang. besonders auszeichneten. Die Achtung und Fürsorge für die Todten find allen Zeiten und allen Religionen eigen.

Die Art , wie man

ihnen die letzte Verehrung beweist , war von jeher vers schieden , und richtet sich noch heut nach dem Eindrucke, den der Gedanke von der Vernichtung des Menschen auf die Nationen macht. Man kennt die Ceremos nien, die bey den alten Griechen üblich waren ; Empfindungen der Natur ,

die

Freundschaft und religiöser

Sinn lagen dabey zum Gründe.

Das , was den gries

chischen Ritus bey diesen Fällen ausmacht ,

werde ich

nicht beschreiben, weil man dies schon in andern Were ken findet.

Dritter Abschnitt.

40

Sobald einer starb , so fiengen seine Anverwandten sogleich an, an seiner Beerdigung zu arbeiten , ehe noch die natürliche Wärme des Körpers erloschen war.

Diefer Gebrauch hatte etwas Empörendes ; und ein Frember konnte leicht daraus schließen , daß die Insulaner zårtneigung eben nicht empfänglich seyn möchten. In ich zwen Stunden nach dem Tode war nicht allein das Leichens begångniß, sondern auch schon die Beerdigung vorüber.

Man nåbte den Leichnam in eine Art Hemde ganz ein, so daß bloß der Kopf und die Hände herausragten, und legte ihm dann die besten Kleider oder 1 seine Amtstracht an, wenn der Verstorbene in öffentlicher Bedienung gefunden hatte. So angezogen wurde er aufeine mit einem rothen Teppich bedeckte Bahre gelegt ; unter sein Haupt ein Kiffen , in ſeinen Hånden ein Cruzifix, und in dem besten Zimmer öffentlich ausgestellt , bis der Klerus anfam.

Von diesen Formalitäten konnte nur der Fall bes

freyen, wenn die Krankheit oder die Lodesart es erfors derten, daß der Leichnam in einen Sarg mußte verschlos sen werden.

War der Verstorbene von Adel , so wurde

fein gezogener Degen kreuzweis mit der Scheide über den Körper gelegt.

Vier Fantes der Obrigkeit trugen die

Bahre, und die drey Syndizi der Stadt und ein Adlicher hielten die vier Zipfel des Leichentuchs . War es ein Geistlicher , so saß er in seinem pries sterlichen Ornate auf einem Lehustuhl , und wurde von vier Popen getragen. War es eine unverheirathete Mannsperson oder ein Mädchen , so sette man auf den Kopf einen Blumens Franz mit einem rosenfarbenen Bande umwunden. Das

Beschreibung der Insel Corfu .

41

Geläute , die Anzahl der Lichter und des Gefolges hieng von den Kosten ab, die man darauf verwenden wollte. Unterbeffen hörte man im Haufe des Verstorbenen nichts als Klagetöne und Schluchzen ; besonders äußerten die Frauenzimmer

die

auffallendsten

Kennzeichen

des Schmerzens. Sie riffen sich die Haare aus , schlugen fich, und verwundeten ihr Gesicht.

Man rief den Verstors

benen bey seinem Namen ; man fragte ihn, warum er fein Haus, fein Weib und feine Kinder verlassen habe ? Hatte er Leiden gehabt , so zählte man umständlich die Beműhungen und Sorgen her , die man für ihn gehabt und übernommen hatte.

War es ein junger Mann, so sprach

man von der Heirath ,

die er würde gemacht haben :

von den glücklichen Folgen dieser Verbindung ; von den Kindern , die er würde erzeugt haben.

Alle diese Weh-

klagen ertönten in einer gewiffen Cadence , und in einem sehr traurigen singenden Lone.

Man gieng nachher zu

den Lobeserhebungen des Verstorbenen über : man ering nerte sich seiner guten Eigenschaften und Tugenden. , er war so sanft, so edel , so ein guter Vater , und doch hat er sterben müffen ! -

Man erzählte die merk

würdigsten Umstände feines Lebens : oder jene schöne That geholfen ?

Wozu hat dir diese

Was hat dir dein Sieg

über deine Feinde , jene Reise , diese glückliche Spekus lation genutzt ? —

Alte diese Fragen richteten sie an

den Todten, und forderten ihn mit lautem Geschrey zu ihrer Beantwortung auf. Diese Klage- und Trauertône schienen nachher von denen der Freud abgelöst dazu wers den.

Die Gesichter verwandelten sich in der That und

schienen zu lächeln ; der Gesang bekam auch eine muntre

Dritter Abschnitt. Wendung

und Melodie.

Die Grimassen waren aber

hierbey eben so häßlich und entstellend wie vorher. Nachbarschaft ermangelte

Die

nicht in das Wehklagen der

traurigen Familie einzustimmen.

Das Geschrey war so

stark, daß man håtte glauben sollen , sie wollten zu Ehren des Todten die Lebenden damit tödten.

Sobald als der

Leichnam von dem Klerus gehoben wurde, warf man große eiserne und thönerne Töpfe aus dem Hause auf die Straße und zerbrach irdne Vasen.

Man goß Wasser aus , als

eine Erfrischung für die Seele des Verstorbenen ; und besprengte hiermit reichlich die Personen , die die Tugenden der Verstorbenen , am besten beurtheilen konnten ; dies geschah aus jedem Hause, vor dem der Zug vorüber kam. Der Leichnam ward in der Mitte der Kirche wåhrend der gottesdienstlichen Verrichtungen niedergesetzt. Nachdem die Gebete geendigt waren , kamen die Verwandten und Freunde des Verstorbenen , und küßten ihn Den Mund , auf die Nase , auf Augen und Ohren. ht te Jeder flüster ihm etwas leise zu ; vielleic um ihm eine e n h e c g glückli Reise zu wünsch , oder einen Auftra in die n e b e g e u t r and Wel mitz . Man hielt es für eine große g n u t n i e h k c n Höflich und Auszei , wenn man einen Fremde hmen e n d e n d i n e u dazu einl , an diese Küff und Absch Theil t gige n ä r e l o m h e w c e h t n t s n u e t i b n z n ; e a A hä ma als ein g n u n t n h h e Zeich der Verac angese . Man hatte mich auch s aden l a r m e e s n r e i u h e z di E eingel , und nur mit Schwie e d s n t r a i n rigke und unter dem Vorw des zu große Schme e rbenen och inmal b u t s a h n r r ze , de mi nic erl , den Versto n e it e e mlichk zu sehen , befrent ich mich von dieſer Unanneh .

Den Todren , dessen Anzug den Popen überlassen wurde, begrub man nachher in der Kirche.

Nur die sehr

Beschreibung der Insel Corfu.

43

armen und geringen Leute beerdigte man auf dem daran stoßenden kleinen Kirchhof. Man errichtete den Todten keine Monumente ; ein Stein, auf dem ihre Nahmen und der Todestag gestochen wurden, überlieferte allein

den Nachkommen ihr Ans

denken. Die Trauer für einen Water

oder eine Mutter

dauerte ein Jahr, und war nach der Entfernung der Vers wandtschaft kürzer.

Sie bestand in einer schwarzen Klei-

dung, in einem schwarzen Hemde und in einer totalen Bernachläffigung des Anzugs.

Der gemeine Mann trug

bey diesen Gelegenheiten die schlechtesten Kleider , und behielt ein und daffelbe Hemde die ganze Trauerzeit hins durch an.

Diese Bezeugung des Schmerzens war eben so

ekelhaft , als schädlich für die Gesundheit. Alle drey Monate setzte man auf die Grabflåte geröstetes Korn, Brot , Kuchen , Wein und Oehl , und lud mit Erneuerung der Wehklagen den Verstorbenen zu diesen Speisen ein ; die Popen ließen sie sich dann statt feiner recht wohl schmecken. An das Wiederkommen der Todten glaubte man allgemein.

Jedes widerwärtige Ereigniß schrieb man

den Seelen der Verstorbenen zu, die Gebete verlangten. Die Popen suchten mit vielem Fleiße diesen Glauben zu erhalten , der ihnen so einträglich war , und den fie gut zu benutzen wußten.

Solche Irrthümer wird man gern

einem ganz unwissenden Volke verzeihn, wenn man sieht, daß ähnliche noch unter Menschen herrschten Aufklärung Anspruch machen wollen,

die auf

44

Vierter

Abschnitt.

Regierung .

Die Regierung der Insel Corfu , des Hauptortes der ehemaligen venetianischen Vesikungen in der Levante, war aus verschiedenen Mitgliedern zusammengesetzt , die vom Senat ernannt und aus dem venetianischen Adel gé= nommen wurden. Der Vornehmste hatte den Titel : Generalproveditor. Er gelangte .. diesem Posten, nachdem er die ersten Grade des militärischen Seedienstes durchgegangen war.

Zu-

weilen ertheilte der Senat diese Stelle auch einem Senator. Er hatte das Oberkommando über die Land- und Seemacht , über die Justiz , über die Finanzen und Polizey. Diesem General gab der Senat noch einen Secretair zur Hülfe , der das Detail beforgen und die Berichte über die innern

und

hatte.

Einen Theil ſeiner Geschäffte verrichtete der Dol-

äußern Staatsangelegenheiten abzustatten

metscher für die orientalischen Völker, der auch vom Senat ernannt wurde.

Alle Sachen , worin Türken mit vers

flochten waren , gehörten zu seinem Ressort. Der Senat erwählte auch einen Schatzmeister , dou dem Generalproveditor von der Verwaltung der Finanzen Rechnung ablegen mußte.

Aus seiner Kaffe wurden die

Staatsbeamten und die Seetruppen befoldet , und alle die verschiedenen Unkosten bestritter , deren Aufwand - die Regierung nöthig fand.

Er hatte auch die Aufsicht über

die Proviant- und Munitionsmagazine der Land- und

Beschreibung der Insel Corfu . Seemacht. Inseln.

45

Er ernannte Steuereinnehmer der andern

Diese Stellen waren sehr einträglich und daher !

auch sehr gesucht. Der Generalproveditor erwählte ſich einen Kanzler, der zur Instruction und Expedition der Prozesse beuimmt war.

Den Eid der Treue leistete dieser Staatsbediente

dem Senat. Diese Kanzler bilderen in Venedig ein Corps, in dem man nur vermittelst einer bestimmten Summe Sie avancirten .von der Geldes aufgenommen wurde. Kanzlerstelle eines Proveditors zur andern ; weiter ers streckte sich ihre Laufbahn nicht.

Ein anderer Staats-

beamte führte unter dem Titel des Dispacifta die Corres spondenz mit dem Senat , den Staatsinquisitoren.

dem Rath der Zehner und

Er arbeitete mit dem Secretair.

Ein jeder dieser Minister hatte sein Büreau für fich , und eine Menge Unterbedienten unter seinen Befehlen.

Der General ernannte einen Obersten der Provinz, dem die Inspektion über die Garnisonen der Inseln anvertraut war. Sonst waren ihm sier Adjutanten untergeordnet, von denen ein jeder seine besondern Verrichtungen hatte. Der erste, der aus dem Corps der Ingenieurs genommen wurde , hatte die Aufsicht über die Festungswerke , und legte dem Oberingenieur Rechnung ab. Der zmente war ein Artillerie : Offizier , der nicht

nur die Geschäffte seines Faches besorgte , sondern hauptsächlich die Ceremonien studieren mußte, die in gewissen Festtagen der Generalproveditor zu beobachten verbunden war.

Verstand er den Coder der Etiquette , dann galt

er für einen verdienstvollen Mann,

Er begleitete den

ter

Wier

46

t

hnit

Absc

.

General bey allen seinen öffentlichen Verrichtungen und leitete seinen Gang.

Ein anderer Offizier , war Cavales

rizzo , Stallmeister seiner Excellenz , und hatte zugleich die oberste Aufsicht über die Hausdienerschaft des Generals. Die beyden andern Adjutanten waren Offiziere der italiåniſchen oder sclavoniſchen Truppen ; sie beförderten die Befehle , die Ordre des Generals nach" den verschies Sie standen in der Antichambre und mels denen Posten. Sr. deten wie gemeine Bedienten die Personen an , -die 4 Exellenz sprechen wollten ; für diesen unangenehmen und wenig ehrenvollen Dienst entschädigten sie sich durch Er= pressungen, die sie sich von den Unglücklichen geben ließen, die um Gerechtigkeit flehten , oder Gesuche anzubringen hatten, Für die Besorgung der Marine , hatte der General auch einen Offizier um sich,

den er sich selbst wählte.

Die zweyte Person beym Gouvernement war der Befehlshaber der Festung.

Er hatte so wohl bürgerliche,

als militairische Verrichtungen. Als Capitain der Festung stand er nach dem General an der Spitze des ganzen Militårs , und hatte die besondre Aufsicht über verschiedene Posten und Festungsarbeiten ; die daben dirigirenden V Offiziere mußten ihm Rechnung ablegen. Die Insel Paro und Parga gehörten zu seinem Departement.

Die

Gouverneurs von beyden Inseln standen unter seinen Bes fehlen , wie wohl er nur den von Paro zu ernennen hatte. Als zweyter Proveditor besaß er die nächtliche Polizey; das, was während der Nacht vorfiel , wurde vor seinem Tribunal entschieden,

Ein Kanzler und ein Adjutant

47

Beschreibung der Insel Corfu.

hildeten , wie die Venetianer sagen ,

la Corte , feinen

Gerichtshof. Der Baile war Richter aller bürgerlichen Prozesse, und besorgte zugleich die Polizey des Tages.

Ihm was

ren zwey Råthe zur Seite gesetzt , die, wie er, venetianiz sche Nobili waren.

Unter ihm standen alle die Staats-

beamten , die vom Rath der Noblesse ernannt wurden ; als die Syndizi , die Gesundheitsproveditoren , die über die Straßen gefeßten Aufseher , u. s. w.

Er hatte auch

einen Kanzler und einen Adjutanten. Die neue Festung hatte einen

adlichen Venetianer

zum Commendanten, den der Senat erwählte ; er führte den Titel: Erster Capitain , oder Capitaingrande ; ein einziger Adjutant machte seinen Hof aus. Alle diese verschiedenen Beamte standen unter dem Generalproveditor.

Dieser bekleidete seinen Posten drey

Jahr , die andern nur zwey Jahr; sie kehrten dann auf ihre Koften nach Venedig zurück , um neue Aemter vom Senat zu erlangen,

Ihre Gehalte waren sehr måßig,

auch nur mit einigen kleinen Vorrechten verknüpft ; fie suchten sich aber auf andere Art zu entschädigen , bedachten in allem nur ihr Interesse ;

und

wie dies bey allen

Regierungen der Fall ist , bey denen so wie bey dieser als les für Geld erkauft werden kann. Ihre Wohnungen waren öffentliche ,

dem Staat

gehörige Gebäude. Der neue Generalproveditor wurde immer ein Jahr vor dem Abtritt feines Vorgängers ernannt.

Er konnte

so schon vorher alle Vorbereitungen und Maßregeln trefs : fen, um den möglich größten Nußen aus seinem Genes

Bierter Abschnitt.

48

ralat ziehen zu können.

Sonst reiste er von Venedig

nach seiner Provinz mit einer kleinen Eskadre von Schifs fen oder Galeeren ; aber seit einigen Jahren wurde ihm zu seiner Fahrt nur ein Schiff , selten eine Fregatte oder Schebecke bewilligt.

Wenn er in dem Hafen einfuhr,

wurde er von den Schiffen und Galeeren desselben salus tirt , und die ganze Garnison trat unter das Gewehr. Sobald er ans Land gestiegen war, mit seinem Gefolge ins Palais. wartete

ihn

begab

er sich.

Sein Vorgänger ers

daselbst mit dem größten Ceremoniel in

seinerStaatstracht ; diese bestand aus dem sogenannten herzoglichen Mantel , einem langen römischen Talar von rothem Sammte , gefüttert mit Goldstoff; aus einer uns geheuren Perücke, so wie

sie

unter

Ludewig XIV.

Mode waren , und einem Hute ; das Unterkleid , die Strümpfe und die Schuhe waren auch roth.

An seiner

Seite hatte er einen Degen mit einem gewaltig großen goldnen Knopf, und in seiner Hand den Commandostab. Gravitätisch gieng er seinem Nachfolger bis an die Treppe entgegen , beyde traten dann zu gleicher Zeit in den Audienzsaal, der alte General aber zur Rechten , und setzten sich in großen Lehnstühlen von rothem über und über mit Gold gestickten Sammte

vor eine Tafel,

auf der has

Evangelienbuch auf einem Kissen von Goldstoff lag. Die ganze Versammlung blieb stehen.

Der Kanzler des neuen

Generals las mit lauter Stimme das Dekret des Senats, das ihm das Gouvernement der Inseln übertrug. Nachn alsche dem dies verlesen war , übergab ihm des der Adjutant des Comporigen Generals den Stab , mandos. - Der Stab war bey den Venetianern das

Beschreibung der Inset Corfu. auszeichnende Symbol der Autorität.

49

Nur Personen die

hohe Aemter bekleideten durften ihn tragen , und diese erg mangelten auch nicht von dieser Formalität Gebrauch zu machen. ~ Der Ex - General gieng sogleich in ein anderes h Zimmer , wo er den Ornat ablegte, den er nicht mehr tragen durfte; nämlich den rothen Mantel.

Die übrigen

Stücke behielt er an und konnte fie so lange tragen , bis er nach Venedig abreißte.

Bey dieser Ceremonie wurs

den, wie gewöhnlich bey jeder andern , Erfrischungen auf Unkosten des Ex- General aufgetragen.

Denselben Lag

zog er aus dem Palais in ein anderes Haus , wo er feine Abreise erwartete ; ihm allein bewilligte der Senat ein Schiffzu seiner Rückkehr. Einige Zeit nach seiner Ankunft, feyerte der neue Generalproveditor seinen öffentlichen Einzug ; wozu die Zubereitungen auf Unkosten der Stadt giengen. Ich will hier das Fest umständlich beschreiben , wels ches bey dem Antritt des legten Generalproveditor statt fand.

Es war Herr Widmann.

Im Julius 1794

fam er in Corfu Man hatte ihn mit der größten an. u an. Ungeduld erwartet ; da er im Dienst der M Marine sich.

einen so guten Ruf erworben hatte, daß B.man allges mein überzeugt war , er werde fern von den Räubereven feines Vorgängers , das Glück ſeiner Regierung in der Beförderung des Wohls der Insulaner suchen . In dieser, allgemeinen Erwartung übertrafen die Zubereitungen, die zu seinem Einzug gemacht wurden , alle vorigen Festlichs Feiten dieser Art, an Pracht. Graffets Reisen.

D

Vierter Abschnitt .

50

Einige Tage nach seiner Ankunft errichtete man einen Triumphbogen aus hölzernen Saulen , die wie Marmor gemahlt waren und von der alten Festung, durch die Wasserstraße , und der Länge nach queer über die Ese and itali griechisch Aufa Fassade standen lateiniſche, gieng. planade Inschriften zu Ehren des neuen Generals .

Vorn befanden sich vier Statuen , die die น Gerechtigkeit ; die Macht ; den Ueberfluß , und die Religion darstellten.

Der Saal des Raths diente zu einem

Concertsaal, wo das Orchester , größtentheils Liebhaber, Symphonien aufführte.

Die Hauptstraßen der Stadt

waren mit Stoffen von verschiedenen Farben ausgeziert, und mit einer Menge Gemåhlde geschmückt, die jeder begierig hergab.

Auf dem Gipfel der Häuser sah man

Fahnen und Schiffsflaggen wehen .

In kleinen Entfer

nungen von einander waren auf der Wasserstraße mehrere Orchester und Credenztische mit Erfrischungen hingestellt. In den Portalen mehrerer Häuser hatte man das Bildniß des Generals angebracht ; umkränzt mit Blumenguirlan= den und Lorbeerzweigen ; unter denselben las man Verse zu feinem Lobe. Lobe. Der zur Feierlichkeit bestimmte Tag Ta wurde benmMufconceding mit 21 Kanonenschüffen

verkündet , die von jeder Batterie der Festung und auf den Schiffen und Galeeren abgefeuert wurden.

Dieſe

festen zogen zugleich mit ihren Flaggen und Wimpeln in Parade auf.

Gegen 10 Uhr des Morgens begaben sich

die vornehmsten der Regierung , die Commendanten der Marine, mit allen venetianischen Edelleuten in Staatsuniform ; die vornehmsten Offiziere der Landtruppen an Der Spiße des Stabs der Garnison ; die Syndici der

51

Beschreibung der Insel Corfu.

Stadt und alle Staatsbeamten begleitet von einem zahl reichen Gefolge der Vornehmsten des Landes ins Palais, wo der General in Feierkleidern sie in der Mitte feines ganzen Hofstaats empfieng.

Nach einer kleinen Rede,

die der älteste Syndicus der Stadt hielt , fehte sich der Zug in Bewegung.

Vor dem General giengen seine Ad-

jutanten, ſein Oberster oder Major der Provinz , seine Minister, feine Kapelle und seine ganze Dienerschaft in Paradelivrée ; zur Seite und hinter ihm marschirren feine Garden und mehrere Compagnien Soldaten ; seine Wagen und die Kutschen anderer Großen folgten in der Linie mit langsamem Schritte nach.

Wie der General aus den

Thoren der Festung trat , falutirten alle Batterien mit

21

die von den Schiffen und Galeren

fogleich beantwortet wurden. Sobald er auf der Esplas sclavonischer Artillerie dreymaranischer , nade erschienTruppen , feuertenunddrey Regimenter italianischer,

und mach ten darauf verschiedene militärische Evolutionen.

So

kam der General umgeben von einem Haufen Volks unter den Triumpfbogen ; e trat nur auf Teppiche , die pon den Juden so wie er vorwärts schritt vor seinen Füßen ausgebreitet wurden.

Er begab sich nun in die Kirche

des Heil. Spiridions , wo ihn der Protopapa und der ganze griechische Klerus nachgieng.

Der Sarg des Heilis

gen war offen , und nach einem kurzen Gebete gieng er in derselben Ordnung in fein Palais zurück. Den ganzen Tag über tanzten viele Gruppen junger Leute auf der Esplanade, wo die Stadt Wein und Erfrischungen auss theilen ließ.

Auch wurden verschiedene Spiele gespielt;

von denen die Cocagne das fonderbarste ist , das nach der D 2

Bierter Abschnitt.

52

Zeit, als die venetianische Eskadre vor Malta gelegen hatte, oauf dieser Insel war eingeführt worden .

Es

werden auf einem kleinen aufgerichteten Schiffsmast ein lebendiger Hammel , Hühner , Schinken und andre Lebensmittel befestigt ; der Mast ist überall stark mit Seife bestrichen , und nun kommt es darauf an , daß man ohne irgend eine Hülfe an demselben hinaufflimmt , wenn man einen Preis davon tragen will .

Der Sieger der ihn

gewinnt , wird von seinem Gefolge mit einer Lorbeerkrone gekrönt und im Triumph nach Hause geführt , wo man von den Früchten seines Sieges sogleich ein Mahl-zubereitet . In der Nacht war die ganze Stadt , alle Schiffe und Galeeren erleuchtet.

Die letzten gewährten beson

ders ein schönes Schauspiel , da der ganze Rumpf, die Masten , Segelstangen und Haupttaue mit Lampen bes Bey den Mandvern die sie machten,

hangen waren.

zeigte sich immer eine neue ſchöne Anſicht. Zugleich ward ein sehr schönes Feuerwerk abgebrannt.

Das Theater

war mit Wachslichtern erleuchtets und ein Chor Musta fanten begannen ein Stück, das zu Ehren des Generals componirt war. ausgetheilt.

In allen Logen wurden Erfrischungen

Dieses Fest dauerte drey Tage , es sollte

eigentlich eine ganze Woche fortgesetzt werden , aber Herr Widmann bat aus Schonung für seinen Vorgänger, den man bey dieser Gelegenheit täglich durch die kränkendften Satyren zu årgern suchte, die Syndici der Stadt, es zu beendigen. Die Wache des Generals war zwey Compagnien italianischer und sclavonischer Truppen anvertraut ; die

Beschreibung der Insel Corfu. lehtern ,

53.

die aus Carabiniers bestanden begleiteten ihn

jedesmal , wenn er ausgieng ; und hatten die Auszeich nung , daß sie auf ihren Müßen ein silbernes Blech trus gen , worauf sein Wappen gestochen war.

Ueberdies hatte er noch zwölf Hellebardiers ; fie waren Soldaten die an den Ceremonientagen einen weiten rothen ( dalmatischen Lalar trugen, ་ der mit Seide und zwar nach den Wappenfarben des Generals gestickt war ; ihre Westen , Beinkleider und Strümpfe waren von ders selben Farbe ; und auf dem Kopf hatten sie einen mit Silber bordirten Hut.

Ihre Waffen waren lange Helles

barden , auf deren Eiſen das Wappen des Generals ge= Sie umgaben ihn bey allen öffentlichen

stochen war.

Verrichtungen und wurden von einem Capitain der itas lianischen Zufanterie commandirt. Ihr Anzug hieng sonst in dem ersten Saal des Pallastes , neben einer steinernen Figur , die vom Fuß bis auf den Kopf gerüstet war, und einen langen Degen in der Hand hielt.

Denn auffer den

Ceremonientage trugen diese Soldaten ihre gewöhnliche Kleidung , statt der Hellebarde hatten ſie dann eine kurze Pike auf deren Eisen auch das Wappen des Generals zu´ fehen war.

Sie verrichteten keine militärischen Dienſte,

ſondern mußten nur die Personen herbeyrufen , die vor dem Tribunal des Kanzlers und des Secretårs erscheinen follten.

Weigerten sich diese Personen Folge zu leisten ;

so mußten sie zum Beweise ihres ausgerichteten Befehls ein Pfand mitbringen.

Dieses lette sette sie oft unans

genehmen Behandlungen aus ; nach ihrem Bericht wurde ihnen dann aber auf Unkosten des Citirten eine Patrouille mitgegeben, mit der sie wieder in sein Haus, zurückkehrten.

Bierter Abschnitt.

54

Die Lage , wo der General öffentlich erscheinen mußte , wurden des Morgens von zwey Tambours ans gekündigt , die durch die ganze Stadt liefen ; dies nannte. man Chiamar Corte , oder den Hof ausrufen.

Die vors

nehmsten Offiziere der Land- und Seetruppen an der Spike eines zahlreichen Gefolges von Beamten und die Syndici der Stadt mit vielen Adlichen begaben sich dann in ihrer Staatstracht nach dem Pallast des Generals, um ihn in die Kirche zu begleiten und ihn hernach wieder in sein Haus zurückzuführen. Die Wohnung des Generalproveditors wurde nach ſeinen Mitteln und Geschmack ausstaffirt.

Da die meis

sien nicht reich und wegen ihrer Posten doch zu einem großen Aufwand verbunden waren , fo borgten sie sich von den Juden in Venedig alles , was sie nöthig hatten ; sogar die Möbeln , die Livréen , das Silbergeschirr , und zugleich noch eine Summe Geld.

Sie mußten zum wes

nigsten drey Hautboisten haben ,

welche während ihrer

Mahlzeiten

abwechselnd das Horn und die Trompete

blasen mußten, vier Lievreebedientenfund zwey Laufer. Die Etikette erforderte es ,

daß

jedes Jahr fünfmal die Geistlichkeit ,

der

General

den venetianis

schen Adel , das Militår , den Landadel und die Bürs gerschaft, jede Klaſſe besonders, festlich bewirthen mußte. So glänzend diese Gastmähler auch waren , so kosteten fie ihm doch nichts , sondern waren für ihn vielmehr eins träglich.

Die Tafel wurde beständig aufs reichlichste

von den Infulanern selbst versorgt , die auf diese Art sich empfehlen wollten , und die Gåste genoffen diese Ehre auch nicht umsonst.

Es war Gebrauch , daß jeder eins

Beschreibung der Insel Corfu.

55

geladene Insulaner beym Aufstehn von der Tafel auf eine geschickte Art unter seinem Teller eine Anweisung auf so und so viel Pfunde Dehl verbarg ; die bey der nächsten Ernte in Natura oder in Gelde zahlbar waren. Alle: diese Scheine wurden von einem Adjutanten sorgfältig gesammelt und dem General überbracht ; dieser ordnete fie nach ihrem Werthe , und darnach maß er die Höflich keitsbezeigungen ab , die er einem jeden beym Weggehn erwieß. Die Einkaffirung des versprochenen Dehls wurde einem Adlichen des Landes übertragen , den der General in Geldangelegenheiten zu seinem Agenten erwählte , und der daben auch seinen Nugen bedachte. Diese Oehlscheine waren nicht die einzige Abgabe wels che die bezahlen mußten, so zu diesen feyerlichen Gastmåhlern eingeladen wurden ; fie mußten überdies den Domestiken ein Neujahrsgeschenk geben.

Diese Sitte findet noch in

Italien statt und dient den Dienſiboten zu einer Entſchås digung für ihren geringen Lohn.

In Venedig ist ein fols

cher erniedrigender Gebrauch auch bey den Truppen eins geführt , wenn man am Neujahrstage bey dem General proveditor und den andern Vorstehern der Regierung seis nen Glückwunsch abstattet.

Die Pforten des Pallastes

waren dann mit Laubwerk und Papierguirlanden, geziert, auf denen die Wappen seiner Exellenz gemahlt waren ; und in kleinen Entfernungen von einander ſtanden bis in den Saal , wo der General die Visiten annahm , kleine Tische,

auf denen sich große Becken befanden, in die

die Vorübergehenden

ein Stück Geld werfen mußten.

Neben jedem Tische stand ein Corporal , oder Sergeant, der nicht unterließ sie darum zu ersuchen.

Den andern

r

Bierte

56

itt

Abschn

.

Lag liefen die Tambours , begleitet von zwey Soldaten die statt der Bajonette kleine Wimpel auf ihren Gewehren trugen , durch die ganze Stadt, und besuchten die Häuser der Beamten, wo sie sich diesen eingeführten Tribut reis jede Klaffe von Soldaten auf diese fammelte chen ließen. Wache , und Jede Weise Geschenke . Diese Sitte allein

reicht schon hin um sich einen Begriff von dem Verfall und der Verachtung zu machen , worin sich das Militár bey den Venetianern befand. Job Die Einführung der andern Glieder der Regierung wurde mit denselben Formalitäten wie die des Generals vollzogen ; nur genossen sie nicht die Ehre des öffentlichen Einzuges und das Recht der feyerlichen Gastmåhler. Der Proveditor der Festung trug einen schwarzen Lalar wie der General, dasselbe Kleid, die rothen Strumpfe und die große Perücke. Das Costům des Bailo und der Råthe war ganz daffelbe , nur mit dem Unterschiebe, daß sie blos ein schwarzes Kleid trugen.

a Der erste

Capitain oder Commendant der neuen Festung trug die Uniform der Marine.

Die beyden erstern waren verbuns

den, zwey Livreebedienten und einen Laufer zu halten ; die Råthe und der erste Capitain durften nur einen Bes dienten haben.

Adel. Der Adel entstand auf der Insel Corfu, so wie ben andern Völkern.

Unter den verschiedenen Oberherrn, die

Diese Jusel beherrschten, erhielt er in günstigen Zeiten Vorrechte zum Geschenk , oder er erkaufte sie in kritischen Umständen.

Das ehrenvollste , was er daben erwerben

57

Beschreibung der Insel Corfu.

konnte, war dies : daß er Versammlungen halten, auch andern den Adel ertheilen konnte.

Es gab eine Zeit, wo

diese Berathschlagungen ohne Beyseyn des Gouverneurs geschahen ; aus Furcht vor Conspirationen nahm ihm aber der Senat von Venedig dies Recht , und erlaubte ihm nur in Gegenwart des Proveditors zusammen zu kommen. Es wurde keiner in den Adelstand erhoben, der nicht Siß und zu einer ausgezeichneten Familie gehörte , die Sit Stimme im Rath hatte.

Die Familie des Bewerbers

mußte beweisen, daß sie seit drey Generationen kein Handa werk oder mechanisches Gewerbe getrieben hatte, und daß sie überdies ein gewisses Einkommen befäßen.

Es mußte

eine Summe von 200 venetianiſchen Dukaten oder Zechis. nen, die ungefähr 2400 Franken betragen, vorausbezahlt werden.

Dieses Geld wurde im Leihhause niedergelegt.

Die Unkosten die man zu Erkaufung der Stimmen und zur Feyerlichkeit der Wahl nöthig hatte, waren auch sehr. beträchtlich.

Der Erwählte mußte noch fünf Jahre war-

ten , ehe er den Versammlungen beywohnen durfte, und nach Verlauf von zehn Jahren konnte er sich erst um ira gend ein Amt bewerben. Der Senat von Venedig hatte sich das Recht vors behalten Adliche ohne Zuziehung des Raths von Corfu erwählen zu können : jedoch mußte dieselbe Summe von 200 Goldzechinen niedergelegt , und auch die andern era wähnten Bedingungen erfüllt werden.

In diesem Fall

gieng aber das erforderliche Geld nach Venedig , in dem ersten im Lande blieb.

was

Nichts war hier gewöhns

licher, als Grafen , die aber vor dem Landadel Vorzüge verlangten.

Man kann kein Bolk finden , wo der Adel .

Bierter Abschnitt.

58

so thdricht und kindisch von diesem Vorrecht eingenommen war, als hier : Jeder rühmte sich von den berühmtesten Familien abzustammen.

Sie stiegen sogar mit ihren

Verfahren bis in die Zeiten der alten Griechen und Römer herauf, und viele leiteten ihren Ursprung von orientalischen Kaysern her. groß es auch ist ,

Das ottomannische Reich würde , so in sehr kleine Stücken zerfallen seyn,

wenn alle von diesen Leuten einen Antheil hätten bekommen sollen , die hier einen Anspruch darauf zu haben vors gaben.

Sie führten daher auch in ihren Wappen den

kayserlichen Adler.

Ihre Såle glänzten von Stamms

bäumen und mit den Gemåhlden ihrer Urvåter, die die Eitelkeit der vorgeblichen Nachkommen bewiesen.

Von

ihrem Lande und der Stadt Corfu hegten sie auch eine große Idee, weil sie nie eine größere gesehen hatten, oder davon nichts wissen wollten; sie setzten sie immer. Rom , Paris und London zur Seite.

Von ihrem Vers

mögen sprachen sie auch nur unter großen Vergleichun gen. Diese kleinlichste Großthuerey ist aber die allge= meine Krankheit vieler Einwohner der Levante. ) Jedes Jahr erwählte man in einer allgemeinen Bersammlung des Adels , die fünfhundert Adlichen , die allein den Rath ausmachten , und die verschiedenen Aems ter besetzten. Die drey vorzüglichsten waren die Stadt.

Syndici der

Ihnen war ein Theil der Polizey , die Aufsicht

über die Kornmagazine und über den Preis und die Güte der Lebensmittel anvertraut, die auf die Märkte gebracht wurden.

Auch hatten sie die Gerichtsbarkeit in kleinen

Prozessen , deren Gegenstand die Summe von zehn Ze

Beschreibung der Insel Corfu.

chinen nicht überstieg.

59

Von ihrer Sentenz appellirte

man an das Tribunal des Generalproveditors . dies aber niemals sehr rathsam ,

Es war

noch für den Beutel

Unter ihren Befehlen standen die Glieder

vortheilhaft.

des Marktamts , die vom Adel ebenfalls , aber aus der Klasse der Bürger ernannt wurden.

Ihr Geschäfft war

unter den Augen ihrer Obern das Gewicht der Bäcker, Fleischer , Fisch und Koruhändler zu untersuchen.

Sie

zogen hinter ihren Vorgesetzten , die mit einem langen schwarzen Talar , und einer großen Perücke gravitåtiſch voran giengen , ziemlich schmutzig , aber mit einem gros Ben Degen einher.

Der Krämer oder Victualienhånds

ler, der über einen Betrug ertappt wurde , Waare,

verlor seine

und wurde zuweilen auch festgesetzt.

Dieſe

Syndici hatten auch die Aufsicht über die Straßen , und ihre Reparatur. anvertraut ;

Die dazu erfoderliche Kaffe war ihnen

ihre Einkünfte bestanden in einer kleinen

Abgabe, die von dem auf der Insel eingeführten Getraide bezahlt wurde.

Das Getreide , das man in den öffents

lichen Magazinen zur Vorbeugung einer Brotnoth aufs zuschütten pflegte, kauften die Syndici ein. auch eine besondere Kaffe vorhanden.

Hierzu war

Die dazu nöthigen

Fonds wurden sehr vortheilhaft angelegt , denn man vers kaufte das Korn um einen viel höhern Preis als man es eingekauft hatte.

Diese Syndici hatten ferner unter den

Befehlen des Bailo eine allgemeine Aufsicht über die Stadts polizen.

Die Unterposten waren auch mit Adlichen bes

feßt, die der adeliche Rath ernannte. Sie hatten endlich auch das Recht , den Gerichten des Proveditors über Leben und Lod beyzuwohnen , die

60

Bierter Abschnitt,

Revision der Criminalprozesse zu verlangen , ihre Fehler zu rügen , und die gefällten Sentenzen aufzuheben.

Sie

machten aber davon aus Furcht, sich dadurch den Haß und die Rache des Proveditors zuzuziehen , keinen Ges brauch. Die Syndici hatten keinen festen Gehalt, fie wußten sich aber auf andere Art schadlos zu halten.

Die

Ehre ihres Postens bestand darin , daß sie an der Spike des Adels den Generalproveditor bey allen öffentlichen Verrichtungen begleiteten , und in der Kirche unmittelbar hinter dem venetianischen Adel saßen. Ursprünglich spielten diese Magistratspersonen eine eben so wichtige als ehrenvolle Rolle ; sie waren die Vertheidiger ihrer Mitbürger beym Oberherrn ; und giengen damals oft selbst nach Venedig , um in dem Schooße des Senats die Klagen und Beschwerden der Insulaner niederzulegen.

In den letzten Zeiten hielten sie sich schon

geehrt genug, wenn sie sich dem Generalproseditor ndz hern durften , und bey Feyerlichkeiten zu seiner Tafel zus gelassen wurden, deren Unkosten sie größtentheils trugen, Nach diesen sogenannten Syndicis kamen die drey Gas, nitatsråthe

man nannte sie Proveditori alla Sanità. Sie

hatten unter ihren Befehlen einen Kanzler ; der ein Verzeich niß über die Ankunft und Abfahrt der Fahrzeuge, und über die Berichte der Capitaine hielt, von denen man täglich dem General und den andern Behörden Abschriften zuschickte. Sie sollten über alles wachen , was auf die Gesundheit der Einwohner Einfluß haben konnte ; ein Arzt unterrich tete sie hierüber , und die vorfallenden Ereignisse mußten fie dem General melden.

Sie standen in unmittelbarem

Beschreibung der Insel Corfu.

61

Briefwechsel mit dem Sanitätstribunal in Venedig , und empfiengen von ihm Befehle.

Ihre Zusammenkünfte

hielten sie in einem kleinen Hause am Ufer des Meers, an das eine griechische Kapelle fließ ;

die dem Heil,

Rochus gewidmet war. Das Tribunal , wo sie ihre Sihungen hielten, war mit ihren Wappen ausgeziert , und ſie genossen dieselben Ehrenbezeugungen als die Syndici ; nur hatten sie kein besonderes Costům, Die traurigen Verheerungen der Pest hatten zur Errichtung dieses Collegiums Veranlassung gegeben ; defa sen Hauptzweck war ,

ihre Einführung von den Otto-

mannen und andern Nationen der Levante zu verhindern. Die Venetianer waren die ersten , die die dazu nöthigen Vorbauungsmittel trafen : deren Einrichtungen und Gea seze nachher von andern Nationen angenommen würden, Es gab hier auch ein solches Gebäude , wo die Waaren, die aus der Levante kamen niedergelegt , und die Reisendertiert wurden , bis nach Verlauf eiz ner gewiffen Zeit aller Verdacht einer Ansteckung wegfiel. Die Art , wie dieses

zareth in den letzten Zeiten der

venetianischen Regierung unterhalten wurde, zeigte deuts lich, daß man seire Nothwendigkeit und Nützlichkeit ganz vergessen hatte.

Diese Anstalt, die Schutzwehr für die

Gesundheit der Infulaner , und ihr Zufluchtsort ; wenn die Noth sie zwang , ihre Lebensmittel bey ihren Nach barn zu suchen, stand unter diesen Proveditori alla fanità, deren geringer Eifer und Unwissenheit leider gleich viel dazu beyträgen , ihren Zweck ganz zu vernachläſſigen,

62

Wierter Abschnitt.

Die Lage dieses Lazarethe war die glücklichste zur Beförderung seines Zweckes.

Es war auf einer kleines

Insel gebaut, die ungefähr eine Meile von der Stadt ent+ fernt lag , und deren geringer Umfang sehr ihre Bewas chung erleichterte.

Sie war einem Prior anvertraut,

der das vorstellt , was zu Marseille der Capitain des Lazareths ist.

Er kaufte in Venedig diesen Platz , und die

damit verbundenen Einkünfte auf fünf Jahre. tern wurden dadurch sehr geschmålert ,

Die lets

daß man sehr

leicht für eine mäßige Summe die Erlaubniß ungehindert in die Stadt zu kommen , von den Gesundheitsråthen ers kaufen konnte. Das Lazareth bestand in einem ziemlich schlecht ges bauten viereckigten Gebäude; vor dessen Eingang sich ein kleiner Damm befand , an dem m die Schalupen aulegten ; zugleich war daselbst auch ein Bad für die Kranken, und 1 zum Waschen ihrer Kleider eingerichtet. Das Innere war in mehrere Zimmer abgetheilt , gehalten wurden.

zwölf italienischen Soldaten. eine kleine griechische. geweiht war.

die sehr unreinlich

Die Wache bestand aus zehn oder Es befand sich dort auch die dem Heil. 3 Rochus

Die Einkünfte des Popen , der sie be

diente, bestanden in einer kleinen Abgabe, von den Waa ren, welche die Quarantaine halten mußten. ufdiRuinen Noch stehen auf dieser Insel n adie einer kleis e h

nen lateinischen Kapelle, die

Grabstäte eines

Ambassadeurs von Venedig gebaut hatte, der hier an der Pest gestorben war. Die Behandlungsart der Angesteckten , die ich selbst bey einem venetianischen Schiffe , das die Pest von Ale-

Beschreibung der Insel Corfu.

63

randrien brachte , mit angesehn habe, war folgende. Auf die Erklärung des Schiffers , daß die Pest am Bord sey, schickten die Geſundheitsråthe sogleich eine Galiote zu defsen Bewachung und Verhinderung aller Communikation mit den Einwohnern.

Einige Tage nachher ließ man die

Equipage und alle Effekten auf der kleinen Insel des Lazas Die Unglücklichen warfen ihre Kleider reths ausladen . ab, um ein Hemde aus grober Leinewand anzuziehn, das mit Theer getränkt war.

t Alle Tage mußten fie fich

zweymal in Gegenwart der Gesundheitsråthe und des ers ften Arztes ver Hospitåler baden , und ihre Haabseligkeis ten selbst lüften. Viere von ihnen starben. brannte alles, was sie um sich gehabt hatten

Man verihre Körper

wurden von ihren Gefährten in tiefe Gruben geworfen, und sogleich mit ungelöschtemKalk bedeckt.

Das Schiff

wurde gänzlich entwaffnet, und auf zwanzig Tage lang ;; man zog es nachher wieder hervor, in die Tiefe aber vor dem achten Tag durfte sich ihm Niemand nåe hern.

Nach dieser Zeit gieng die Equipage wieder an

Bord.

Fünf Galeerensclaven erhielten ihre Freyheit und

eine kleine Summe Geldes , um die gestorbenen Matros sen zu ersehen. einer Fregatte ,

Das Schiffgieng nun, unter Begleitung die es nie aus dem Gesichte verlieren

durfte, nach Benedig ab, wo es wieder eine Quarantaine von zwey und achtzig Tagen auszuhalten hatte. Die Zeit der Quarantaine, die auf den ehemaligen venetianischen Inseln gehalten wurde, war so kurz, daß man sie bey den italieniſchen und französischen Anstalten, wo die Schiffe hernach eintrafen , gar nicht in Anschlag brachte .

64

Bierter Abschnitt . Wenn das Gouvernement Nachricht erhielt ; daß

fich in einer der Gegenden , mit denen die Insel in bes sonderer Verbindung stand ,

Spuren der Pest zeigten,

so wurden drey außerordentliche Geſundheitsaufseher ans gestellt, die die andern in ihren Verrichtungen unters stüßten.

Alle Stellen der Küste, wo man heimlich laus

dén konnte, wurden von Insulanern bewacht.

Man ber

mannte auch eine gewisse Anzahl Barken , deren jede von Adlichen kommandirt wurde , die sich alle vier und zwans zig Stunden ablösten.

Sie mußten auf dem Meere die

Wache halten, und die Landposten vifitiren. Zuweilen errichtete man selbst zwischen den vers schiedenen Inseln eine Quarantaine; wenn man nämlich erfuhr , daß einige Personen durch Nachlässigkeit der Wache, oder Bestechung der Aufseher aus den Sichers heitsanstalten entflohen waren.

Ein großer Theil des

Volks , der von der Zufuhr von einer Insel zur andern lebte, litt dadurch immer großen Schaden.

Denn die

Unkosten der Quarantaine übertrafen so sehr den kleinen Gewinn , den sie machen konnten ; daß sie der Seefahrt, wodurch sie sich ihren Lebensunterhalt verschafften , ganz entsagen mußten.

Der Rath ernannte auch drey Richter der ersten Vor ihr Tribunal gehörten die Prozesse, Instanz . deren Gegenstand nur die Summe von zehn Zechinen bes trug.

Von ihrer Sentenz appellirte man an den Genes

ralproveditor , was aber in keiner Rücksicht zu rathen war.

Diese Richter hielten alle Tage in dem Saal des

Raths ihre Sizungen ,

Beschreibung der Insel Corfu,

65

Die drey Administratoren des Leihhauses , die die Fonds beffelben verwalteten , wurden auch vom Adel erwählt. Drey Aufseher wachten unter den Befehlen der Syndici , über die Unterhaltung und Reinlichkeit der Straßen. Drey Friedensrichter mußten den Folgen plötzlich entstehender Zänkereyen oder Streitigkeiten zuvorkommen, oder ihnen Gränzen setzen.

Sie suchten die Parteyen in

Gute zu vereinen ; widersetzten sie sich aber , so legten fie ihnen Arrest auf, und gaben davon sogleich dem Proveditor Nachricht.

Dieses Tribunal war wegen der vielen

kleinen Händel errichtet worden, dem größten Theil zweyer oder

die zuweilen unter

mehrerer Familien ge

führt wurden; da aber die Schiedsrichter mehrentheils in dem Streit mit verflochten waren , so gewährte diese Einrichtung gar nicht ihren beabsichtigten Nußen. Die Gouverneurs Stellen von Parga , Paro, und dem Schloß des heiligen Engels wurden auch von dem Die Befehle ertheilte aber nur der Provez: Abel besetzt. ditor der Festung . Alle diese Posten waren, wie das Syndicat, mit keiz nem festen Einkommen verbunden , und darum wurden fie Ehrenamter genannt , und nur mit Adlichen besetzt. Die andern Subalternenstellen , deren Anzahl auch sehr groß war , erhielten Personen aus dem Bürgerſtande. Es traf sich zuweilen , daß der Erwählte den Pos sten, mit dem er beehrt wurde , nicht seinem Gesuche,. ſondern dem allgemeinen Wunſche ſeiner Mitbürger vers dankte , weigerte er sich in diesem Falle , ihn anzunehs ← Grassets Reisen.

66

Bierter Abschnitt.

men; so mußte er eine Geldstrafe von zweyhundert Ze chinen erlegen.

Solche Beyspiele ereigneten sich aber

sehr selten.

Gerechtigkeitspflege. Das Gesetzbuch, das in Corfu und in den andern venetianischen Inseln eingeführt war , war das römische Recht.

Der Generalproveditor besaß die höchste richters

liche Gewalt ; er konnte nicht nur in Civilsachen , son dern auch über Leben und Tod der Insulaner entscheiden. Bar man mit feinem Urtheil nicht zufrieden, so hatte. man noch in allen Prozessen das Mittel , an die verschie denen Tribunale in Venedig appelliren zu können. Dann konnte man aber zum wenigsten gewiß seyn , daß durch langsamen Gang der Sache , sowohl der Kläger , als auch der Beklagte ruinirt wurden. Deffenungeachtet er griff man dieses Rechtsmittel sehr oft in Civilprozeſſen, aber sehr selten bey criminellen Vorfällen.

Eine schäd

liche Nachsicht, deren Beweggrund der niedrigste Eigennuh war , machte, daß das Schwert der Gerechtigkeit sich selten über die Schuldigen erhob. Während der ganzen Zeit meines Aufenthalts auf diesen Inseln , wurden nur drey oder vier Todesurtheile gefällt. schrecklichsten Verbrecher ,

Sie trafen die

die deffenungeachtet dem Tode

würden entgangen seyn, wenn sie gehörig große Summen håtten zahlen können , oder wenn sie ihre Schandthaten an· Fremden ausgeübt , oder die Regierung den Unwillen der Einwohner nicht håtte befürchten dürfen.

Vor uns

gefähr fünf und dreyßig Jahren wurde im Canal son Corfu die Mannschaft eines fremden Schiffes von Leuten

67

Beschreibung der Insel Corfu.

aus der Burg Manduchio , an deren Spitze sich ein Ads licher befand , ermordet.

Man ergriff bernah alle Mör-

der und auch den Adlichen .

Durch Bezahlung einer

großen Summe verschaffte sich der Lette sogleich wieder seine Freyheit ; bey den andern, die nur weniger geben konn= ten , verwandelte man die Todesstrafe in Galeerenstrafe auf einige Jahre, und nur ein junger Bauer, der vielleicht die wenigste Schuld hatte , wurde hingerichtet , um doch einigermaßen den Geſetzen Gen❀ge zu leisten .

Der að-

liche Anführer dieser Mörderbande mußte sich bloß auf einige Zeit aus dem Lande entfernen. Sein Mantel, den man am Bord gefunden, und wodurch man ihn entdeckt hatte, wurde in der Kanzley des Generals aufgehoben, und dem jedesmaligen Nachfolger übergeben.

Auf diese

Art wurde seine Familie gezwungen , jährlich einen Tria but zu entrichten , damit die Sache nicht von neuem wies. der aufgewärmt würde.

Håtte man diese Strafbaren

nach Venedig geschickt , so wåren sie gewiß dem Tode nicht entgangen ; denn die venetianische Politik hätte eine solche Nachsicht, wodurch ſie compromittirt werden konnte, nicht zugelassen. Die Gerechtigkeit schlummerte indeß nicht immer so anf diesen Inseln.

In den Zeiten , wo außere Gefahs

ren die Verwalter derselben von ihrem Mißbrauch abhielten, sah man sie den Gesetzen gemåß handeln.

Sonst

find die Zeiten des Krieges für die Völker sehr traurig ; hier fand unter der venetianischen Regierung das Gegens theil statt.

Der Friede war für die Jusulaner nicht die

glückliche Zeit der Sicherheit und der innern Ruhe ; Misbräuche und willkürliche Eingriffe « nahmen dann durch € 2

68

Wierter Abschnitt.

die Nachlässigkeit oder schändliche Politik des venetianischen Senats aufs schrecklichste überhand ;

denn er bes

kümmerte sich nur dann ernstlich um diese Juſeln , wenn Gefahr war ,

ihren Besitz verlieren zu können .

Die

Gouverneurs ,

denen man in solchen Zeiten das Kom-

mando übertrug , waren Senatoren , die durch ihre Mos ralität und ihre Kenntnisse sich auszeichneten , und deren Richtschnur eine Bürgschaft war , daß sie aus Eigennuß Den anvertrauten Posten nicht verrathen würden.

Bey

ihrer Rückkunft nach Venedig mußten fie überdies Res chenschaft von ihrer Verwaltung geben , und sich öffents lich gegen die Klagen und Beschuldigungen der Insulaner verantworten.

Dieser Gebrauch war das sicherste Mits

tel allen Mißbrauchen vorzubeugen.

Alles dies hat sich

bald geändert; das Gesetz , nach dem der Generalproveditor von seiner Verwaltung Rechnung ablegen soll , ist in Vergessenheit gerathen , und dem unterdrückten Insu laner gewährte man kein Gehör , um die Gerechtigkeit des Senats anflehn zu können.

Wenn es in den letzten

Zeiten auch einige Oberbefehlshaber gab ,

die von den

schrecklichen Verbrechen ihrer Vorgänger und Nachfolger frey waren , so beförderten sie doch durch ihre Sorglosigkeit und Unerfahrenheit , die sie den hånden ihrer untreuen Minister überlieferten ,

dieselben Unordnungen.

Als dem venetianischen Senat luft eines Theils seiner Lånder ,

durch

den

Ver-

und den Verfall der

Marine , die Gelegenheiten zur Versorgung seines zahle reichen, vom Glück nicht begünstigten, Adels sehr vermins dert ward , vertheilte man die Regierung dieser Inseln

Beschreibung der Insel Corfu.

69

und der andern Besitzungen in der Levante, unter eineMenge venetianischer Patrizier, die unter der Aufsicht des Generalproveditor standen.

Diese Agenten, die nicht allein

arm , verschuldet , und mit großen Familien verbunden waren, sondern überdies noch den thörichten Dunkel hats einen ihrer patrizischen Würde gemäßen Aufwand führen zu müſſen , ſuchten nur bey ihrem mittelmäßigen Gehalt, der zu dieſen Forderungen nicht hinreichte , alle Mittel zur Bereicherung hervor , sie mochten nun recht oder unrecht seyn.

Sie berechneten schon vorher, ehe fie

die ihnen anvertrauten Posten antraten , wie viel sie ere werben könnten , und benußten nachher jede Gelegenheit desto begieriger, da die Verwaltung ihres Amts nur bes stimmte Jahre dauerte.

Daß ein solches Amt zum Bes

ften der Unterthanen , und nicht zu ihrem Vortheil ers richtet sen, kam ihnen nie in den Sinn. Jedes Jahr machte der Generalproveditor eine Reise nach allen Inseln , unter dem scheinbaren Vorwande, die Verwaltung der verschiedenen Gouverneurs zu untersu chen , eingeschlichenen Mißbräuchen abzuhelfen , und deu Jusulanern zu ihrem versagten Recht zu verhelfen. Diese Reiſen geschahen mit vielem Pomp , und waren in der That nichts weiter, als eine Spekulation, auch die Eina wohner der andern. Inseln in Contribution zu sehen. Eine der reichlichsten Quellen für die Habsucht dieser Gouverneurs waren die Untersuchungen , die unter dem Vorwande des Staatsinteresses angestellt wurden. Man kennt das schreckliche Tribunal und die grausamen Prozeduren der Inquisition von Venedig ;

dieses Amt

verrichtete auf diesen Inseln der Sekretair des Generals

Bierter Abschnitt .

70.

An den Eingängen seines Hauses war in der Mauer ein verschloßner Kasten angebracht, wozu nur proveditor.

er den Schlüssel hatte.

In diesem konnte jeder Denun

ciationen, die er unterschreiben mußte, ohne Gefahr vers rathen zu werden , hineinstecken.

Auf diese Art wurde

oft der rechtschaffenste Mann unvermuthet , und ohne den Urgeber und die Ursache seines Unglücks zu wissen , in den Schlund der Inquisition gestürzt.

Geld war hier

der Köder, womit man den Cerberus einschläfern konnte; der Sekretair bestimmte selbst die Summe , die für ihn Der und ffür den General ausgezahlt werden mußte. Unglückliche hatte nachher noch den Schrecken , daß ihm unter Bedrohung von Todesstrafe ewiges Stillschweigen aufgelegt wurde ; und so konnte er dann in den Schooß seiner Familie zurückkehren.

Die Inquisition von Venedig unterhielt auf den Inseln eine unzählige Menge geheimer Spione , die nicht allein die Insulaner , sondern auch die Mitglieder des Gouvernements beobachten mußten. Die Zahl solcher nie des Verfalls driger Agenten Thermometer dorbenheit, Schwäche ist wohl und das sicherste eine er der Ver-

Regierung. Zuweilen fchickte der Senat auch Staatsinquifitoren nach den Juseln.

Ihre Sendung , die Folge einer

geheimen Politik, erfüllte alles mit Schrecken.

Sie was

ren eine wahre Geißel für die Insulaner ; ohne ein äuße res Kennzeichen zu tragen, verbargen sie selbst ihren Charakter.

Sie waren mit der größten Macht versehn, und

ihr Despotismus kannte keine Grånze. Alles war zu Venedig für Geld zu haben ; die ge= ringsten Aemter wurden verkauft , nur die nicht, die für

71

Beschreibung der Insel Corfu.. die venetianischen Patrizier bestimmt waren;

diese sah

man übrigens bloß als Mittel an , den verarmten Fami lien aufzuhelfen, und ihnen Gelegenheit zur Bereicherung zu geben.

Daher entstanden die Räubercyen und Plünde

rungen , deren Opfer die armen Insulaner waren. Wie weit die Habsucht des Gouverneurs auf den Inseln gieng , läßt sich schwerlich beschreiben.

In Zante war ich Zeuge, wie Landleute sich die Freyheit, einen gewissen Mord zu begehen, im voraus von einem Proveditor erkauften.

Ich habe einen Tarif

für die Erlaubniß Waffen tragen zu können gesehn ; für ein Gewehr mußte dreymal mehr bezahlt 1 werden , als für ein paar Pistolen, für diese wieder mehr als für einen Dolch.

Ich sah einen Proveditor, der sich von Unglück-

lichen , die feine Geldgierde in Ketten hatte schmieden lassen, die Erlaubniß erkaufen ließ , den Körper eines ihrer Gefährten beerdigen zu dürfen, der schon zwey Tage Gefahr seßte. todt ar , und dessen Fäulniß ihr Leben in Ich war Augenzeuge , wie das eben so barbarische Weib dieses Kannibalen eine weinende Mutter , die mit sechs jungen Kindern zu ihren Füßen lag , von sich stieß , weil fie um die Befreyung ihres Mannes aus dem Gefångniſſe weil er zwölf bat, i das er war geworfen worden , n e r n l e h t l nte ; wovon r drey Tha e a h n e z c o d f e i o k b n e r die Hälfte von seiner Excellenz mit der Verpflichtung erborgt hatte, den doppelten Betrag in Früchten wieder zu erstatten,

deren Preis willkürlich bestimmt wurde.

Man nahm diesen Unglücklichen alles, bis auf ein Brot von zwey Pfunden.

Fünfter Abschnitt.

72

Aus Schonung für meine Leser, will ich nicht mehr dergleichen Geschichten anführen, von denen mir eine ununzählige Menge zu Gebote stånde. Der eben so unkluge als grausame Grundsatz der venetianischen Aristokratie war :

die Provinzen so viel

als möglich von der Hauptstadt entferut zu halten , und zwar in einem Zustande der Unterjochung und moralischer Abstumpfung , damit ihr knechtischer Gehorsam gesichert wäre, und ihnen gar nicht einmal der Gedanke an die Abschüttelung des Joches einfallen könne. Hiernach wird man sich gar nicht wundern , wenn die größten Unordnungen auf diesen Inseln herrschten; sich jeder selbst Recht zu schaffen füchte ; ganze Familien in dffentlichem Kriege lebten ,

und um eine Kleinigkeit

Personen zu bekommen waren , lich aus dem Wege schafften.

die den Gegner heims

Jeder folgte seinen Leidens

schaften.

Fünfter

Abschnitt.

Kriegsmacht.

Corfu , die Hauptinsel der Republik Venedig, war zugleich auch der Land

Vereinigungsort ihrer

levantiſchen

und Seemacht. Das Jugenieurcorps, die Artillerie, und die italidz

nische und sklavonische Jufanterie bildeten zusammen die Garnison. Das erste Corps bestand aus Offizieren , Compagnien eingetheilt waren.

die in

Sie fiengen vom Fähns

Beschreibung der Insel Corfu.

73

drich an und stiegen so zu den höhern Posten , die alle nach dem Alter des Dienstes auf gleiche Art mit den Offis ziersgraden der andern Truppen rangirten.

Diese In-

genieurs erhielten ihren Unterricht in der Militairſchule zu Verona.

Ihre Aufnahme in dieses Collegiunt follte

eigentlich eine Belohnung für die Dienste ihrer Familien feyn , war aber meistentheils nur die Folge von Begüns ſtigung und Familienverbindungen. den

Auf diese Art wur-

auch größtentheils die Offiziersfiellen der anderu

Truppen besetzt.

Nachdem diese militairischen Eleven,

den zu ihrem Fache gehörigen Unterricht einige Jahre hindurch erhalten hatten , mußten sie sich in Gegenwart der weisen Männer oder gran Savi

) , (du fage- grand

de Veniſe) , der das Kriegsdepartement verwaltete, einer Prüfung unterwerfen.

Ihre hierin bewiesenen Talente

und Fortschritte sollten über ihre Aufnahme in den Dienst entscheiden.

Die sich durch Talente am meisten auszeich

neten , oder am meisten begünstigt wurden , kamen zum Ingenieurcorps , das die größten Besoldungen und vora zügliche Achtung genoß. Diese Ingenieurs waren in den festen Plätzen der Republik vertheilt.

Sie besorgten die Ausbesserung und

Erweiterung der Festungswerke , und selbst den Bau der Unter diesem Namen war sonst ein wichtiges Collegium vorhanden, das aus sechszehn Personen bestand. Alles was im großen Rath von Venedig beschlossen ward , mußte vorher von ihnen geprüft und überlegt werden. Von den weifen Männern wurden alle Verordnungen des Senats ausgefertigt, sie hatten die Aufsicht über die Armee und gen Staatsa das Seewesen , und ihr Einfluß auf alle wichtigen sun s e t l e r angelegenheiten war sehr groß.i Vo . le Br über die Statistik. Erster Theil. S. 251 c.

Fünfter Abschnitt.

74

anstoffenden Häuser ,

die dem Gouvernement gehörten.

Die Kosten, die sie in ihrem Anschlage forderten , ließ man ihnen ohne strenge Prüfung reichen ;

oft forderte

man ihnen nicht einmal den Riß zu dem zu errichtenden Werke ab.

Diese Nachlässigkeit begünstigte die großen

Verschleuderungen die dem öffentlichen Schatz ſehr zur Laſt fielen.

Die zwölf Ingenieurs die sich zu Corfu befan-

den , wurden nach Erforderuiß der Umstände , oder nach der Caprice des Generals oft nach den andern Inseln geschickt.

Er verschaffte ihnen dadurch Gelegenheiten sich

etwas erwerben zu können .

Sie mußten ihn auch zu-

weilen auf seinen Reisen begleiten , von denen fie aber gar keinen Nutzen hatten.

Der größte Theil der In=

genieurs erwarb sich in wenigen Jahren ein ansehnliches Vermögen , und deshalb wurde die Aufnahme in dieses Corps fehr gesucht. Auf diese folgte die Artillerie.

Davon stand ein

Regiment von neun Compagnien , jede von funfzig Mann, in Corfa.

Außer der Sorge für den Unterhalt und für

die Dienstübungen der Soldaten harten die Offiziere noch die Aufsicht über die Geschütz- und Munitionsmagazine. Am Bord der Kriegsschiffe wurde ihnen auch die Befor gung des Pulvers und der Artillerie anvertraut. Die italianische Infanterie bestand aus neun Regimentern , deren jedes so viele Compagnien und MannMan theilte als ein Artillerieregiment.

schaft hatte ,

dieseInfanterie in Provinzial- und geworbene Regimenter Die ersten führten den Nas ven unbestimmten Namen. men von den Städten , wo sie im Kriege errichtet waren. Ihre Zahl stieg auf viere, das Regiment Verona, Padua,

Beschreibung der Insel Corfu. Rovigo und Treviso. Vorrecht,

75

Diese Städte hatten noch das

die vakanten Stellen dieser Regimenter mit

ihrem Adel beseßen zu können.

Diese. Offiziere genoffen

auch immer den Vorzug , wenn sie sich mit andern von gleichem Range um höhere Grade bewarben. Die geworbenen Regimenter erhielten ihren Namen von dem Obersten , der an ihrer Spite stand.

Jeder

vornehme venetianische Unterthan oder Ausländer konnte diese Stelle erhalten.

In Ansehung der Uniform fand

zwischen ihnen und den Provinzialregimentern kein Unterschied weiter statt ,

als daß der jedesmalige Anfangs,

buchstabe des Obersten auf dem Rücken der Soldatens montur genäht

Diese Soldaten wurden zum See -

und Landdienst gebraucht. Ferner befanden sich in Corfu zwey Regimenter Sklavonier ,

die Anzahl ihrer Compagnien und ihrer

Mannschaft war beyuah dieselbe, Regimentern. diese ;

wie bey den andern

Sie genoffen eine größere Achtung als

die sie vielleicht in frühern Zeiten , jeht aber so

wenig, wie die erstern verdienten. gens derselbe.

Ihr Dienst war übri-

Die Art, wie anfänglich die sklavonischen

Compagnien gebildet wurden ,

konnte dazu beytragen,

daß sie Soldaten hatten , die sich , wenn auch nicht im Mandvriren , doch in der Bravour und in Subordination auszeichneten. Jeder Capitain errichtete seine Compagnie, Sie nahmen und rekrutirte sie in seinem Vaterlande. 13 Sie nur junge Leute an, die sie kannten, und diese begaben sich gern unter die Befehle eines Landsmannes , deffen guter Behandlung sie überzeugt waren.

von

Der Solz

dat, der wieder zu den Seinigen zurückkehrte , wurde nur

Fünfter Abschnitt .

76

dann gut aufgenommen und von seinen Bekannten geachtet , wenn er ein gutes Zeugniß von seinem Chef mits brachte.

Dieser nützliche Gebrauch ist nach und nach ganz

abgekommen.

Die flavonischen Regimenter werden wie

die übrigen zusammengebracht.

Der größte Theil der

Soldaten waren zwar Sklavonier , sie wurden aber, ohne Rücksicht auf ihre vatcrländische Gegend, angeworben, und mit Ausländern vermischt.

Alle diese Truppen wurden aus den italianischen Städten der Republik rekrutirt.

Auf der Insel Lido,

die ungefähr anderthalb Meilen von Venedig entfernt liegt, sammelte man die Rekruten , die nach der Levante bestimmt waren.

Sie konnten selten gute Soldaten ab-

geben ; denn größtentheils waren es Deserteurs aus be nachbarten Staaten ; oder Verbrecher , lebenslänglich dienen mußten. sund , und

die zur Strafe

Viele waren schon unge-

die tauglichern verloren durch die schlechte

Nahrung , Unreinlichkeit ihrer Quartiere , und durch das ungewohnte Elima ihre Gesundheit.

Alle zwey Tage

Bekam jeder Soldat drey Pfund schwarzen Schiffszwieback, und ungefähr vier Sous nach französischem Gelde.

Die

Kleidung, die sie erhielten, bestand in einem Hemde von der gröbsten Leinewand ; in einem Rocke, Weste und Beinkleidern von schlechtem Tuche : in wollenen Strümpfen, die oft schon getragen waren ; in Schuhen , die aus dem schlechtesten Led gemacht wurden, und in einem ledernen

Kaſket. Die Uniform der Artillerie war eisengrau , Aufschläge schwarz , Weste und Beinkleider gelb.

die

Beschreibung der Insel Corfu.

77

Die italianische Infanterie hatte weiffe Röcke mit blauen Aufschlägen . Die sklavonische Uniform war eine Mischung von Der Rock bestand

levantischer und ungrischer Tracht.

in einem langen Ueberrock, der über die Waden reichte, und war

dunkelrotly; die Weste, ein Gilet mit zwey

Reihen Knöpfen besetzt ,

und die Beinkleider lang und

anliegend ; beyde Stücke waren blau.

Die Stelle der

Schuh und Strümpfe vertraten kleine Halbstiefeln ; auf dem Kopf hatten sie eine Filzmüße, die mit schwarzem Tuch überzogen war , und an der seitwårts ein rother Zeuga lappen herabhieng. Jeder Soldat hatte auch einen kleinen Mantel, und statt des Bettes eine wollene Decke zum Einhüllen. Alle drey Jahr bekamen sie neue Montur , und in den Cafernen und Quartieren , die größtentheils nur aus Ruinen bestanden , herrschte die größte Unsauberkeit. Die Republik verwandte so viel auf das Militair, daß die Soldaten eben so gut wie bey andern Nationen in Löhnung und Kleidung hätten können gehalten werden . Dieser Verfall und das Elend der Truppen entstand daher nur aus der hier überall herrschenden Verkäuflichkeit, aus dem geringen Eifer ,

der Unerfahrenheit und Un- 、

fähigkeit der Personen , denen die militairische Verwaltung anvertraut war.

Den Zwieback für die Truppen lieferte gewöhnlich ein Jude; nach dem Cóntrakt follte er ihn zwar von der bestén Art anschaffen, dazu hinreichend ;

und die bewilligte Summe war

da er aber dem venetianischen Nobili,

der ihm die Lieferung zugewandt hatte, eine ansehnliche

78

Fünfter Abschnitt .

Summe und noch andern Personen Geschenke geben mußte, so konnte er ihn nur von der schlechtesten Sorte liefern, wenn er einigen Gewinn haben wollte.

War er nicht

schon aus verdorbenem Mehl zubereitet , so verdarb er doch gewiß in den Magazinen zu Venedig ,

wo man ihn

eine lange Zeit liegen ließ , ohne die gehörige Vorsicht anzuwenden , das Verderben zu verhüten.

Den Zwie-

back des heiligen Markus hielt mag sonst für den besten auf der See ; er erhielt sich lange , ohne zu verderben, wenn er nur trocken aufbewahrt wurde , und hatte überz dies einen beffern Geschmack und gab beffere Nahrung, als andere Gattungen.

Er sah schwarz aus , war nicht

wie der französische in dünne Kuchen , sondern in dicke Stücke

gebildet und hårter gebacken als dieser , daher

er beym Anfeuchten auch mehr aufschwoll. Seine Zu? bereitung wurde von der Regierung eben so geheim gehalten , als die Operationen in ihren Glasfabriken. Die Arbeiter, die in den dazu eingerichteten Bäckereyen ange= stellt waren , durften auch eben so wenig wie die Glasarbeiter aus der Stadt herausgehn.

Man hat Beweise,

daß sich dieser Schiffszwieback viele Jahre erhalten hat, ohne zu verderben ; er ließ sich daher am besten zur Verproviantirung einer Festung gebrauchen.

Die Soldaten bekamen nicht allein schlechtern Zwies back als ihnen bestimmt war, sondern nicht einmal die. gehörige Quantitåt ; denn die Capitains , die den Sold und die Lebensmittel für ihre Compagnien auf einen ganzen Monat bekamen und sie nach und nach austheilen follten , behielten immer einen Theil davon zurück.

Beschreibung der Insel Corfu.

79

Mit den Montirungsstücken gieng es eben so. Die Regierung bezahlte für gute , und schlechte wurden ausgetheilt. Alles was der Soldat während den drey Jahren, ba er wieder neu gekleidet wurde , brauchte , mußte er sich von seinem Capitain geben lassen.

Dieser zog den

Werth von der Löhnung ab ; und so blieb dem Soldat oft nichts als sein Zwieback übrig , der zu ſeiner Erhaltung nicht zureichte.

Trieb er irgend ein Gewerbe , um sein

Leben zu fristen, so mußte er seinem Offiziere von dem Ertrag etwas für die Erlaubniß abgeben , auch den bea zahlen, der seine Dienste verrichtete.

Unter gleichen Bes

bingungen dienten viele in den Häusern als Dienstboten, oder arbeiteten auf dem Felde.

Die nichts weiter hatten,

als die kleine Entschädigung , die sie von denen bekamen, deren Dienste sie verrichteten , lebten im größten Elende, das fie oft zu Verbrechen verleitete.

Sie konnten sich

zu ihrer Nahrung nichts weiter anschaffen , als etwas

salznen Kåse und rohes Gemüse oder Zwiebeln.

Sie

waren sehr froh, wenn sie sich etwas zu einem Glase Wein ersparen konnten , um auf wenige Augenblicke ihren Verstand und das Gefühl ihrer Leiden zu vertrinken.

Zu dieser elenden Kost gesellte sich auch die Unreins lichkeit; sie hatten kein Hemde zum Wechſeln und schliefen meistentheils auf bloßer Erde , da sie ihre Mäntel vera kauft hatten.

Aus dieser Lebensart mußten natürlich

viele Krankheiten entstehn , die ihr Elend noch vermehrten, Man sah daher selten , daß ein Soldat gesund von der Armee kam,

80

Fünfter Abschnitt.

Die Regimenter hatten keine Feldscherer , folglich auch keine Feldapotheken ; es war daher unmöglich einem Bleſſirten oder Kranken schnell Hülfe zu leisten.

Sie

mußten erst viele Lage schmachten , eheſie in ein Hospital gebracht werden konnten.

Diese schienen auch mehr für

die Bereicherung ihrer Verwalter eingerichtet zu seyn als für die Erhaltung des Lebens derer , die das ihrige für den Staat aufgeopfert hatten.

Das Hoſpital in Corfu

lag am Ufer des Meers in einer Tiefe , wo die Luft nicht Es war in verschiedene, sehr nies.

zum gesundesten war.

drige Såle abgetheilt , durch deren kleine Fenster kaum etwas frische Luft eindringen konnte.

Die Lager bestans

den aus Stroh und einer Matte , ohne Linnen und Vors • Auf die Verschiedenheit der Krankheit nahm

hänge.

man gar keine Rücksicht.

Die erste Medizin die jedesmal und dieser Befehl vorgeschrieben wurde , war die Diát ; des Arztes wurde mit der schrecklichsten Pünktlichkeit bes folgt.

Theure Arzneymittel waren gänzlich verbannt

Die Såle wurden sehr selten gereinigt.

Vier oder fünf

Soldaten von der Wache , die am Eingang des Hospitals standen , bedienten die Kranken ; wofür sie etwas weniges erhielten.

Der Soldat, der ins Höſpital kam, er-

hielt von dem Tage an weder seine Portion Zwieback, noch seine Löhnung ;

beydes erhielt der Administrator.

Kas

men sie etwa wieder gesund heraus , so hatten sie dies einzig und allein ihrer Natur und nicht der genoffenen Hülfe zu verdanken.

Der

Grund

dieser elenden Ves

fchaffenheit des Hospitals lag noch darin , daß der Vors steher desselben , seine Unterbedienten und selbst die Ges fundheitsoffiziere ihre Stellen erkaufen mußten,

Beschreibung der Insel Corfu.

81

Ich will jetzt zu dem militairischen Dienst übergehn, Zu den , was ich schon von den Ingenieurs geſagt habe, kann ich nichts mehr hinzuſeßen. Der Artillerieoffizier mußte feine Soldaten in den Evolutionen und in der Behandlung der Waffen und der Kanone unterrichten. Musquete

und

Diese Kanoniers waren mit einer

einem Bajonette bewaffnet.

Die fie

kommandirten besaßen selten Diensteifer und die erforder= lichen Kenntniſſe.

Die Hoffnung , sich unter seinen Ge fährten auszeichnen zu können , die besonders beyni Milis tair ein großer Sporu ist , fehlte dem venetianischen Offiziere gänzlich.

Er mochte seinen Dienst schlecht oder gut

versehn, so ward er deswegen nicht mehr und nicht we niger geachtet.

Von solchen Truppen ließ sich daher nur

wenig erwarten ,

und die Republik konnte daher nur

durch ihre Politik mit den benachbarten Mächten den Fries Den erhalten. Das Avancement gieng nach dem Alter des Dienstes. Zuweilen erhob der Senat auch wegen einer auszeichnen den Handlung einen Offizier zu einem höhern Grade ; so daß er den Titel und die Einkünfte desselben genoß , ohne die höhere Stelle wirklich zu bekleiden. Sobald eine Capitainsstelle erledigt wurde, mußten sich die Offiziere , die darauf Anspruch machen konnten, einer öffentlichen Prüfung vor einem Major , Obristlieutenant und Obristen

unterwerfen ,

und Beweise von Cou nte r=" ihren theoretischen und praktischen Kenntnissen ablegen, erercierett. und eine Compagnie Die Candidaten ließen nicht , schon vorher ihren Richtern die Cour gu mauen und alle mus Mittel anzuwenden , ihre

Graffers Reisen .

$

82

Fünfter Abschnitt.

Gunft zu gewinnen.

Die abgelegten Proben wurden

von den Richtern mit vieler Nachsicht beurtheilt ; der Bewerber brauchte nur etwas Dreiftigkeit zu zeigen und er ward aufgenommen. Eben ein solches Examen stellte man auch bey der Erledigu. einer Majorsstelle an. erstreckte sich dann auf die militairische Taktik , auf die Vertheidigung und den Angriff der Festungen , der Låger, und über die verschiedenen Positionen vor dem Feinde, Diese Prüfung endigte sich mit dem Mandoriz

u. s. w.

ren eines ganzen Bataillons. Der neue Major hatte ww übrigens von seinen Richtern nicht mehrere Strenge zu befürchten als der Capitain.

Die Nachlässigkeit und Uns

wissenheit der höhern Staatsoffiziere , die bey dem Avancement entschieden , ermunterte die Bewerber eben nicht sehr ihre Kenntniffe zu zeigen.

Sie stiegen so nach und

nach zu den obersten Graden ohne mehr zu wissen , als fie in den untersten gewußt hatten.

Was konnte man

nun von dem gemeinen Mann erwarten, da die , welche fie bilden und kommandiren sollten , so unwissend und nachlässig

in

ihrem Dienste waren ?

Die Republik

Venedig hatte für ihre Truppen die Grundsäge und Marimen des Grafen Schulenburg angenommen.

Dieser General hat in einem Werke , das den Titel : le Maréchal

führt, die militairische Taktik vom Dienste des gemeinen Mannes an , bis zu dem des Generals aufs umstånda lichste abgehandelt.

Dieses Werk follte jeder venetianische

Offizier besitzen und studieren.

Wenn die Rekruten in Venedig angekommen waren, so wurden sie sogleich unter die Compagnien der vers schiedenen Regimenter vertheilt,

Man gab dann dem

Beschreibung der Insel Corfu.

83

italianischen Infanteristen seine Flinte und Bajonett; dem Artilleristen , wie ich schon gesagt habe, eine kurze Musquete.

Der Sklavonier erhielt außer der Flinte

einen langen , schweren Såbel , der ihn im Exerzieren sehr hindern mußte.

Der so bewaffnete Rekrute wurde

mun , ohne weitery Aufschub wie Soldat zum Dienst gebraucht.

der best unterrichteste

Die Sorge seiner weitern

Ausbildung überließ man dem Corporal feiner Compagnie. Dieser konnte beym besten Willen ihn nicht mehr lehren, als er selbst wußte ; was gewöhnlich nicht vom Belang war.

Hieraus kann man sich schon die Unordnung und

Berwirrung vorstellen ,

die bey dem Mandvriren eines

ganzen Corps herrschte. Der Soldat war ganz unſchuls dig bey den F die er in den Evolutionen machte, da er sie oft gar nicht einmal dem Namen nach kannte ; und doch ließ der Offizier , um seine eigne Unwissenheit den Augen des Publikums zu verbergen , so einen Uns glücklichen deshalb aufs årgste fuchteln. Hunger und die schlechteste Behandlang die sich nur denken läßt , waren das Loos des venetianischen Soldaten, während der sechs Jahre , sollte.

die seine Kapitulation dauern

Wer sich den Abschied erkaufen wollte,

mußte

sechs Zechinen geben , und doch wurde er dafür nicht Selten ward der Soldar nach einer immer bewilligt. Selten sechsjährigen Dienstzeit losgelassen.

Die Geldprellerey

des Capitains beraubte ihn von neuem seiner Freyheit. Sie schoffen ihm , wie schon oben erwähnt worden , seine Bedürfnisse vor ; und nicht genug daß sie schon hierbey ihren Gewinn hatten , brachten sie es auch dahin , daß bie Soldaten beständig ihre Schuldner waren , und keine

$ 2

Fünfter Ubschnitt.

84

Hoffnung zur Befreyung hatten.

Forderte der Soldat

deffen ungeachtet nach Verlauf der sechs Jahre seinen Abfchied , so mußte er entweder auf der Stelle seine Schuld bezahlen , oder von neuem ſich unter das Joch schmiegen. Die Furcht den kleinen Gewinn zu verlieren den die Compagnie Chefs von jedem Soldaten machten, gab zu dieser schändlichen Art von Prellerey Veranlassung. fernung der Juseln von der Haupthadt a dern Betrügereyen Gelegenheit.

Die Ents) { noch zu ans

Starb ein Soldat , dez

fertirte er oder kaufte er sich los , so blieb sein Name dennoch drey bis vier Monate auf der Liste der Dienste: thuenden Soldaten , und der Capitain zog die ganze Zeit hindurch seine Löhnung Compagnien gefehn ,

und Brotportion.

Ich habe

die nur aus funfzehn Mann bez

ſtanden , nnd doch ward der Sold und die Portionen volks ständig ausgezahlt.

An die regulirten Truppen welche die Republik zu Corfu unterhielt , schloß sich die Bürgermiliz .

Es war

ein Corps von fünfhundert Mann , die aus der Klaſſe der Handwerker genommen und von Landadlichen befehligt wurden. linge.

Sie nannten sich Scolari , militairische LehrSie bekamen keinen Sold und keinen Proviant,

nur von der allgemeinen Steuer wurde ihnen etwas era lassen.

Ihr ganzer Dienst bestand darin ; daß sie den

Artilleristen bey dem fonntåglichen Mandøriren mit den Kanonen etwas Hülfe leisteten. Sie atten keine Uni form , und jeder konnte sich auf seine Kosten bewaffnen, In den Fällen wo die Anzahl der regulirten Truppen für den Dienst nicht zureichte,

war die Bürgermiliz vers

Beschreibung der Insel Corfu. pflichtet sich zu stellen.

85

Jeder Soldat bekam dann tåg-

lich ein Pfund Zwieback.

Die Dorfschaften formirten Miliz.

auch eine besondere

Sie waren in Compagnien getheilt,

die von

Infulanern kommandirt wurden , deren Chef gewöhnlich ein verabschiedeter Obrister war. fich Cernide.

Diese Miliz nannte

Sie stand auf demselben Fuß als die Bürs

germiliz ; and ward besonders zur Erhaltung der Sicherheit und Ruhe im Innern der Jusel gebraucht. In Corfu hielt fich ein Generalsergeant und mehrere Brigadiers auf; von denen einer die Verrichtungen des Commandanten der Festung versah.

Selten schickte hiera

zu die Republik einen Generallieutenant.

Der Senat

bewilligte diesen Offizieren der Armee nach der Verschie denheit ihres Grades , eine gewisse Anzahl Freywächter. Diese Soldaten existirten nicht, ihre Unterhaltungskosten und Sold war aber jenen als ihr Gehalt angeschlagen. In den Landtruppen diente kein venetianischer Edelmann, nicht so wohl wegen der geringen Achtung in der sie stans den,

als weil das Gouvernement sich fürchtete einem

Theil seiner Mitglieder eine solche Macht in die Hände zu geben.

Ueberall karakterisirte Mißtrauen die venetia-

nische Politik. In Corfu war gar kein Arsenal zur Verfertigung, auch

nicht einmal zur Ausbesserung der Kriegsgeråthi

ſchaften. geschickt ,

Venedig Alles bis auf die Lavetten mußte von V in den Magazinen verschloffen werden. und

Ein großer Theil der Festungsartillerie war nicht einmal mentirt

er

Fünft

86

nitt

Absch

.

Der venetianische Truppenetat zeigte den Nachbarn am deutlichsten , wie friedlich die Republik gesinnt warer reichte bloß bin die Unterthanen im Gehorsam zu erz halten , die so schon durch die geheimen Operationen einer grausamen

und im Dunkeln handelnden Regierung in

knechtischer Furcht und Schrecken lebten. Kunſt and Natur haben zur Vertheidigung und zur Festigkeit von Corfu das Ihrige beygetragen.

Die im

Schatz des heiligen Markus verschlossenen Reichthümer hätten der Republik Truppen und Generåle verschafft, wenn sie

einen mächtigen Nachbar

hätte befürchten

müſſen.

2 eemacht. Nach dem Verluste von Cypern , Candia und Morea wurde Corfu natürlicherweise zum Vereinigungsort der venetianischen Seemacht in der Levante erwählet. Sie war in zwey Eskadren getheilt ; die erste hieß armata futtile ; fie bestand aus Galeeren , Galioten und andern kleinen Ruderfahrzeugen : die zweyte hieß armata groffa

und bestand aus Kriegsschiffen , Fregatten und

Schebecken. Die Armata futtile behauptete , als die älteste, den Vorrang ; ihr Ursprung verschwand in den frühsten Zeiten der Schifffahrt.

Die Beschaffenheit der Küsten und der

verschiedenen Ankerplåge der venetianischen Seestaaten hatte ihre Beybehaltung unter mancherley Abänderungen veranlaßt ,

da man sie hingegen bey andern Nationen

nach und nach abgeschafft hat.

Ihr Zustand richtete sich

87

Beschreibung der Insel Corfu.

nach dem Steigen und Fallen der venetianischen Macht. In den letzten Zeiten hatte sie wenig zu bedeuten, und man zählte im Hafen von Corfu nur ſechs bis sieben Galeeren, ebensoviel Galioten und einige Brigantinen.

Diese An-

zahl reichte indeß hin, um auf den Kandlen die diese ehes maligen venetianiſchen Inseln unter ſich bilden, die Schifffahrt und den Handel zu schüßen. Die vornehuiſten Offiziere dieser Eskadre , deren Oberbefehlshaber

der

Generalproveditor war , waren

folgende. Der Capitain di golfo ; oder Viccadmiral.

Alle

Jahr gieng er in der guten Jahrszeit mit einem kleinen Geschwader von Galeeren , Galioten und Brigantinen in See ;

um an den Küsten von Dalmazien und im Golfo

zu kreuzen,

Seine viereckige Flagge wehte am großen

Mast. Der Proveditor d'armata , oder Generallieutenant, dessen viereckige Flagge sich am Fockmast befand. Er kreuzte an den Küsten von Albanien und in dem Canal von Corfu. Der Governator degli condannati , Befehlshaber per Verbrecher oder Chef der Eskadre.

Seine Flagge

oder Besansmast.

Ihm war die

wehete vom Hinter

Bewachung der Gewässer zwischen den Jufeln anvertraut. Jede Galeere wurde von einem Capitain, der ein venetianischer Nobili war , kommandirt ; dessen Flagge eine dreyeckige Gestalt hatte. Alle Verzierungen des Vorder-

und Hintertheils

jeder Galeere giengen auf Kosten deffen , der sie kommans dirte , und wurden dem Vorgänger von seinem Nachfol

88

Fünfter Abschnitt.

ger abgekauft.

Manche behielten sich auch etwas den

Bildhauerarbeiten zurück und brachten fie an ihren Haus fern als Trophäen ihres ehemaligen Dienstes an.

Die Admiralgaleere hieß Bastarda , und war viel größer als die andern. Sie wurde nur vom Generalproveditor be und trug immer selbst im Hafen die Ehrenzeichen des Oberbefehlshabers , nåmlich die beyden viereckigen Flaggen am Haupt und Fockmast, und drey vergoldete Laternen am Hintertheil. Befand sich der Capitain di golfo in Corfu , fo wehte seine Flagge nur am Fockmast.

Diese Abstuffung mußte auch unter

allen andern Befehlshabern beobachtet werden , wenn sie mit ihren Obern zusammen stießen.

Mit lächerlicher

Sorgfalt ſuchten ſie diese Kränkung ihrer Eitelkeit zu verz meiden. Die Galeeren waren auf dem Vordertheil mit einem Achtzehn Pfunder und vier Sechs Psündern, die Flanken und das Hintertheil mit Steinstücken bewaffnet.

Die

Equipage bestand aus dreyßig Matrosen ; einer Compagnie, sklavonischer Soldaten , und einigen Artilleristen.

Die

Ruderbänke waren mit hundert und zwanzig bis hundert und dreyßig Verbrechern besetzt, und so bestand die ganze Mannschaft ungefähr

aus zweyhundert und

funfzig

Köpfen. Die Galioten hatten auf dem Vordertheil vier Sechs- Plünder, und waren mit zwey Compagnien sklavonischer Soldaten bemannt, die sowohl Soldaten als Matrosen and Ruderdienste versahen.

Sie hatten keinen

Feldprediger und keinen Schiffschirurgus ,

und wurden

von einem sklabonischen Capitain kommandirt.

Beschreibung der Insel Corfu.

89

n Die Brigantine , eine Art halber Galioten , was ren mit zwey großen Steinstücken bewaffnet , und mit achtzehn Sklavoniern bemannt , die ein Fähndrich kommandirte... Die Uniform der Galeeren war Scharlach; das Unterfutter , die Aufschläge, wie auch die Weste und Beins kleider waren weiß , und diese wie der Hut mit goldnen Treffen besetzt.

Die Offiziere hatten nach der Verſchie-

denheit ihres Grades statt der Tressen , mehr oder weniger reich gestickte Borten.

Jeder von den Schiffscapiz

tains hatte zwey junge venetianische Adliche bey sich, die den Titel führten : Nobili di galera. Die Armata grofa bestand gewöhnlich nur aus sechs oder sieben Kriegsschiffen, von 64 bis 74 Kanonen ; drey bis vier Fregatten von 30 bis 36 und aus einigen Schebecken von 26 bis 30 Kanonen : diese Anzahl ward aber bey der geringsten Bedrohung der Republick vermehrt. Diese Eskadre stand so wie die Galeeren unmit= telbar unter dem Generalproveditor , ihre übrigen Offia ziere waren : der Capitain delle navi , Viceadmiral, der Amirante , Generallieutenant ; und der Patrona , Chef der Eskadre. Alle diese Befehlshaber ließen ihre Flaggen in ders selben Ordnung wie auf den Galeeren wehen. Jeder von ihnen hatte einen Kanzler , der die Verz brechen untersuchte, die auf der Eskadre, in der Division oder auf dem Schiff begangen wurden.

Zur See konnte

von ihren Sentenzen nicht appellirt werden , ſelbſt dann nicht, wenn sie das Leven absprachen.

Fünfter Abschnitt.

90

Die Verwaltung der für die Flotte bestimmten Gelder war einem Jutendanten anvertraut , der Sopra masser hieß.

Alle Commissaire und Schreiber der

zur Eskadre gehörigen Fahrzeuge standen unter seinen Befehlen. Auf jedem Kriegsschiff, jeder Fregatte oder Sches becke befand sich ein venetianischer Edelmann , der den Titel des Governator di nave (Schiffscapitain) führte ; in seiner Ermangelung wurde das Kommando zwiſchen einem Obersten der Landtruppen und einem Seeoffizier getheilt , und der letztere Capitain genannt. Die Uniform der Kriegsschiffe war in allen Stücken wie auf den Galeeren , nur nicht scharlach, sondern dunkelblau.

derCapi Befehlshaber Flotte Der Titel da Mar war die Benennung aller Sie mußten wie der Generals proveditor wenigstens dres Musikanten haben , die ihre Livree trugen; zwey Laufer und zwey Bedienten. Sie hatten auch wie die Generále der Galeeren, zwey junge venetianische Patrizier bey sich. Die Capitaine der Galeere und der Kriegsschiffe durften nur zwey Bedienten haben. Die Marine war das einzige militairiſche Corps, in dem der venetianische Adel seinem Vaterlande dienen durfte. Die sich hierzu bestimmten , wurden in der zu Venedig errichteten Marin : Schule unterwiesen. Aus ihr kamen sie als Nobili di nave 6 di galera auf die Galeere , oder auf Kriegsschiffe.

Sie durften sich gar

keinem Eramen über ihre Fortschritte und Talente unters werfen.

Die Schiffe bestiegen sie nur dann, wenn sich

91

Beschreibung der Insel Corfu. ihre Befehlshaber einschifften ,

und schienen überhaupt

nur zur Vermehrung des Hofstaats derselben bestimmt zu feyn, die ihnen auch auf dem Lande Tisch und Wohnung gaben;

Dieſe Nobili di nave thaten gar keine Dienste,

und der größte Theil von ihnen hatte einen schrecklichen Abscheu vor allen ernstlichen Beschäftigungen,welches wahr= scheinlich von dem nårrischen Stolze herrührte , den man ihnen schon in der frühesten Jugend einflößte.

Sie fas

men von Venedig , ohne die geringsten Kenntniffe von dem Stande zu haben , den sie erwählt hatten, und wie der Dünkel gewöhnlich ein treuer Gefährte der Unwissens heit ist, so glaubten auch sie alles zu wissen.

Ihr gans

zes Verdienst bestand darin , daß ſie mächtigen Familien angehörten. Die Laufbahn als Nobile di nave dauerte vier Jahre, nachher wurde er zum Governator di nave oder der Galeere ernannt.

Er kommandirte alsdann ein Kriegs

fchiff oder eine Galeere , deren einfachste Mandvers ihm oft ein Geheimniß waren.

Er hatte am Bord die höchſte

Macht aber die Equipage und über das Militair. Offiziere mußte er an seinem Tische speisen.

Die

Nachdem

er den Dienst eines Governator di nave drey Jahre lang verrichtet hatte , gieng er nach Venedig zurück , wo er sich mit seines Gleichen um den Posten eines Patrona bewarb, von dem er nachher zum Viceadmiral stieg , und endlich bis zum höchstem Grade der Armata groffa ges langte.

Bey den Galeeren fiengen diese hdheren Grade

mit dem Posten des Governator degli condannati an, und endigten mit dem des Capitain di golfo.

Da, wo

biefe Leute Kenntnisse gebrauchten , mußten sie Hülfe bey

Fünfter Abschnitt.

92

den Subalternen suchen ; nur fahen was nöthig war.

mit deren Augen allein fie Zu diesen höhern Posten,

die viel Aufwand erfoderten , stiegen nur solche Adliche, die sehr reich waren, und bey dem måßigen Gehalte noch das Erforderliche aufbringen konnten. Die Governatori di nave , die nicht so reich waren, vertiefen die Marine, um an einem der Tribunale zu Venedig , oder bey einem Provinzialgouvernement angesetzt zu werden.

Hatten

fie ihr Vermögen verbessert , so konnten sie die Laufbahn der Marine wieder antreten . Di geschah aber selten. Seeoffiziere wurden alle die genannt , die fich mit der Regierung des Schiffs beschäftigten.

Ihr Corps

bestand aus den Capitains, Lieutenants, ersten, zweyten, dritten und vierten Piloten, Pilotinen und den Eleven des Steuerwesens, die sämmtlich unter den Befehlen des venetianischen Adels standen ,

der in der Marine diente.

Seit einigen Jahren hatte ihnen der Senat bewilligt, Uniform ,

aber ohne Treffen tragen zu dürfen.

wurden aus den Kauffartheyschiffen genommen ,

Sie

und er-

hielten ihre Bestellungen vom Seedepartement des großen Naths zu Venedig .

Ihre Anstellung kostete ihnen zwar.

eine ansehnliche Summe , diese wußten sie aber mit be trächtlichen Interessen wieder zu gewinnen , wenn ſie bis zum Capitain gestiegen waren ; denn alsdann hatten sie wie die Capitains der Landtruppen die Vertheilung der Provisionen und des Solds , so wie den Verkauf der ndthigen Kleidungsstücke. Alles was der Matrose brauchte, mußte er von ihnen nehmen, und überdies handelten sie auch mit Wein , Brantwein , Kåse und gesalzenem Fleis sche.

Pickelschöpfenfleisch , das besonders stark abgieng,

93

Beschreibung der Insel Corfu.

bieß Caftradina.

Zu diesem Handel hielten sie sich einen

besondern Unterbedienten, der auch seinen Vortheil dabey bedachte.

Jeder Capitain der Truppen , aus denen die

Garnison bestand, trieb einen ähnlichen Handel; und der Plah dazu war die erste Batterie, die deshalb gar nicht ihrer Bestimmung gemäß zu gebrauchen ware

Von den

Materialien , die am Bord gebraucht wurden, zogen die Capitains auch einen kleinen Gewinn. Der Generalproveditor und jeder Capo da mar suchte sich einen aus seinen Offizieren heraus, dem er das Detail seines Dienstes übertrug ,

welcher Almiraglio,

der kleine Admiral genannt wurde. -

Der dem Capitain delle navi zugeordnete Offi-

zier, hielt sich im Hafen Gouin auf, wo , unter seiner Aufsicht das Kalfatern der Schiffe besorgt wurde. Ez war dies einer der einträglichsten Posten.

Die Erhal-

tung und Ausbesserung derFahrzeuge brachte große Summen ein.

Alle Arbeiter, die er nach seiner Willkühr be-

zahlte , hiengen unmittelbar von ihm ab. ner die Polizey des Hafens , ihm auch.

Er hatte fer-

und der Fischfang gehörte

Die Admiralstelle bey dem Arsenal von

Venedig war der höchste Posten , den diese Capitains ers halten konnten.

Ungeachtet des Verfalls , worin sich die Republik befand , hatte sie doch noch Quellen genug, um eine Marine unterhalten zu können , die ihren Nachbarn Respekt einflößen mußte.

Ihr Territorium war reich an Schiffs-

holz , Hanf, Eisen u. f. w., und so auch an Matrosen. Dieselben Mißbräuche, die bey den Landtruppen herrscha ten , fanden aber auch bey den Schiffsequipagen statt.

FünfterAbschnitt.

94

Der größte Theil der Matrosen waren Unglückliche , die entweder aus Noth oder Verbrechen, oder von dem Arm der Gerechtigkeit zu diesem Dienst gezwungen wurden. Die besten Matrofen dienten auf den Kauffartenschiffen. In Venedig versammelte man alle Matrofen , und theilte sie besonders nach der Gegend , aus der sie her waren, in drey Klassen. Die Schiffe giengen aus dem Hafen Quieto nach Istrien, wo sie ihre Rüftung, Artillerie, und ihre Manns schaft so ziemlich vollzählig aufnahmen. Bey ihrer Ankunft war diese aber immer beträchtlich vermindert. nicht bloß eine Folge der Nachlässigkeit ,

Dies war

sondern eine

Spekulation der Capitains , von denen man nie Rechene ſchaft, noch ein Journal über ihre Fahrt abfoderte.

Obs

gleich die Fahrt nicht von langer Dauer ist , so fuhr man doch in jedem dalmatischen Hafen ein.

Der An-

blick des Landes, die schon ausgestandenen Leiden und die Bedrohung der fünftigen , erregte in den meisten Matrofen die Sehnsucht nach ihrer Freyheit, und der Capitain selbst begünstigte ihre Flucht, wenn sie ihm nur das lies Ben, was sie zu fordern hätten. Die Rationen und Löhnungen der Deserteurs , deren Abgang in den Liſten nicht angegeben wurde, genoß nun der Capitain so lange, bis eine Revue am Bord des Schiffes gehalten wurde.

Die

Generale theilten gewöhnlich diesen Gewinn , und waren daher sehr nachsichtig gegen diese Betrügereien , die man ibrigens auch mit allerhand Scheingründen zu bemänteln abte. So bald die Schiffe auf der Rhede von Corfu geans It waren , eilten die Land

und Seeoffiziere in die

Beschreibung der Insel Corfu.

95

Stadt; und es blieb nur so eine kleine Anzahl Matrosen am Bord , daß sie das Fahrzeug kaum bedienen konnten, wenn je ein Sturm ausgebrochen ware, was man doch besonders auf einer Rhede immer befürchten nuß.

Sie

verließen sich deshalb auf den guten Ankergrund , und auf den Schuß, den der Felsen von Vido gewährt.

Die

neue Garnison wurde sogleich ausgeschifft, und in die Cafernen der Festung einquartiert. Sollte ein Schiff eine weitere Reise machen, so ers nannte der Generalproveditor den Offizier der Truppen und der übrigen Mannschaft.

Dieser Capitain bekam

derr Titel eines Direttore , wenn das Fahrzeug von keis venetianischen Adlichen

nem

bestiegen wurde ,

hatte das Commando über das ganze Militair,

und Man

gab ihm zugleich eine Instruktion über die Einrich und Absicht seiner Fahrt , zeichnete.

die der General unters

Der Seecapitain erhielt auch eine besondere

Instruktion für sich.

Kam es wirklich auf eine kriegeri-

ſche Unternehmung an , so waren die Befehle immer so gestellt , daß man sie nach den verschiedenen Umständen erklären konnte. auf den Offizier.

Die Verantwortung fiel dahn jedesmal Diese elenden Kunstgriffe verriethett

recht offenbar die Schwäche der immer schwankenden und in Furcht lebenden Republik. Da die Herrschaft auf dem Schiffe zwischen dem Direttore und dem Schiffscapitain getheilt war , so ents standen daraus , wenn diese beyden nicht einig waren, oft die verdrüßlichsten Unannehmlichkeiten für das Militair und die Marrosen, und der Dienst mußte folglich dadurch Teiden,

Waren sie einstimmig , so machten sie gemeins

er

Fünft

9.6

nitt

Absch

.

schaftliche Tafel, zu der die vornehmsten Offiziere mit zuges laffen wurden ; waren sie es nicht ; so besorgte jeder für sich ſeinen Tiſch, und die dazu nöthigeProviſion und Fencrung. Der Heerd war gemeinschaftlich.

Ein Soldat kochte für

den Capitain der Landtruppen , und ein Matrose für den Schiffscapitain.

Jede Partey suchte den Kochtopf ihres

Obern am besten zu bedenken und zu vertheidigen , und so kam es in der Küche oft zu heftigen Schlägereyen zwis schen den Soldaten und Matrosen , wobey das Essen vers schüttet wurde , und der arme hungri um sein Offizier Mittagsbrot, und um den Antheil an den Kosten der Zubereitung fam . Der Soldat und Matrose, deren Kost und Kleidung äußerst schlecht waren , mußten sich zu ihrer Lagerstätte irgend einen Winkel im Schiffe aufsuchen.

Die hieraus

entstehenden Uebel wurden noch durch die herrschende Uns reinlichkeit vermehrt , welche die Luft verpestete, die fie, einathmeten.

Man sorgte nicht für ihre Reinigung, fons

dern beschleunigte ihr Verderben durch eine unbegreifliche Unsauberkeit.

Epidemische Krankheiten waren daher auf

diesen Fahrzeugen gar nicht selten. Für Medikamente , die, Verpflegung der Kranken, und für das , was die Leiden der Menschheit in dergleis chen traurigen Zuständen lindern kann , war hier eben so schlecht gesorgt , wie in den Lazarethen.

Jedes Schiff

hatte zwar seinen Chirurgus , aber selten besaß er die erforderlichen Kenntnisse , und wenn er auch eine Ausnah me machte , so fehlten ihm doch die gehörigen Mittel, fie anwenden zu können.

Beschreibung der Insel Corfu.

97

Die Fahrten der venetianischen Marine erstreckten sich auf bloßes Umherkreuzen in den Gewässern , die der Republik gehörten. Zweck.

Dieses Kreuzen erfüllte nie seinen

Denn erftlich

machte die Beschaffenheit

der

Mannschaft und der Schiffe es oft unmöglich, die See eine beträchtliche Zeit halten zu können, und ferner unterblieb dies auch wegen des persönlichen Intereffe der Befehlshaber. Jeder Capitain nahm eine Ladung Waaren mit, deren Verkauf ihm desto vortheilhafter war , da er keine Fracht und Zölle bezahlen durfte.

Ihr Absatz und

der neue Ankauf anderer Artikel zur Rückreise , erforderte einen

bald

mehr

bald

in den verschiedenen Häfen.

weniger

langen Aufenthalt

So glichen diese Streifzüge

der venetianischen Schiffe völlig den Reisen unserer Handlung capitaine, die eine Karavane nach der Levante uns . ternahmen. Der Herbst und der Winter wurden auf die Ausbesserung der Schiffe perwandt, die in dem Hafen Gouin geschah.

Dieser Hafen ist ungefähr zwey Meilen von

Corfu entfernt ; sein Umfang beträgt beynah eine Meile. Er ist gegen alle Winde gesichert , und hat einen sehr ens gen Eingang. Die Schiffe warteten zum Ein- und Auslaufen einen ruhigen Zeitpunkt ab, und wurden von Gas Man konnte do leeren herein bugsirt. überall ankern und ganz nahe ans Land kommen.

Sie wurden dann

zum Ausbessern auf einen Damm gezogen , den eine ins Meer laufende Landzunge bildete. fehlte

An süßem Wasser Der 1 Flecken es den Schiffen daselbst nicht.

Gouin ist unbeträchtlich ; seine Einwohner beſtanden bloß aus Handwerkern und Hand angern , die für die Marine Graffers Reisen.

&

Fünfter Abschnitt.

98

arbeiteten , und ihn während des Sommers verlassen mußten , weil die Luft wegen der vielen nahen Moråſte und Untiefen des Hafens sehr ungesund war , und anhals tende Fieber hervorbrachte.

Alle Gebäude , die man

hier zum Dienst für die Marine errichtet findet , sind das Werk verschiedener Capitani delle navi .

Der eine hat

die Ringmauer, der andere das Haus des Commandanten , ein dritter ein Magazin u. f. w. aufgebaut.

Ihre

Namen und Wappen prangen an diesen Gebäuden ,

ob

fie gleich immer auf Unkosten der Republik aufgeführt wurden.

Das Gebäude des hier residirenden Capitan delle navi war sehr mittelmäßig.

Es enthielt sieben bis acht

Stuben und einen großen Saal , wo die Waffen der auf dem Kiel liegenden Schiffe aufgestellt wurden.

Die Of=

fiziere, die Beamten und der Amiraglio bewohnten kleine schlecht gebaute Häuser.

Ein großer Schuppen war der

Aufbewahrungsort der Masten, und zugleich die Arbeitsståtte für die Zimmerleute und Schreiner.

Die Schmiede

war nicht größer als die gewöhnliche Werkstatt eines Kleinschmidts : in einer andern bereitete man den Schiffstheer zu.

In einem großcy Magazine , das aber auch

schlecht gebaut war , befanden sich Taue, und alles das 'was zum Takelwerk gehört.

Es war aber so schlecht

versehen, daß man wegen der nöthigen Materialien haus fig seine Zuflucht zu den Magazinen in Corfu nehmen mußte ; und da man sie nur zur See konnte kommen las sen, so wurden die Arbeiten hierdurch oft sehr verzögert. Deshalb legte man auch 1786 eine bequeme Straße von Corfu nach Gouin an , die 1790 vollendet ward.

Beschreibung der Insel Corfu.

99

Aus Mangel an Arbeitern und Materialien konnten die Schiffe hier bloß kalfatert werden ; um einen neuen Kiel zu bekommen , werden :

mußten sie nach Venedig gebracht

und doch kann kein Ort zur Anlegung von

Schiffswerften beſſer und günstiger liegen als Gouin . Aus einer elenden Politik versagte sich die Republik die großen Vortheile, welche sie dort hätte erlangen können . ' Jeder Capitain beflieg nur immer ein und dasselbe Schiff; wurde dies zum Abtakeln nach Venedig geschickt, so hörte sein Dienst auf.

Um ein neues Commando zu

erhalten , mußte er wieder neue Kaufgelder darauf vers wenden.

Doch konnte er dieses auf einige Zeit sparen,

wenn er durch Geschenke die Aufseher , die über die nothwendigen Ausbesserungen der Schiffe gesetzt waren , bes wegen könnte , ihm ein Certifikat auszustellen, daß sein Fahrzeug die See noch halten könne.

Diese Schiffe blies

ben dann zuweilen noch einige Jahre ohne Aktivität in. dem Hafen bey Corfu, und wurden erst dann nach Venedig geschickt , wenn ſie gar nicht mehr zu gebrauchen waren . Alles was zum Takelwerk gehört , wurde jährlich von Venedig nach Corfu abgesendet , und das schadhafte das hin wieder zurückgeliefert.

Von den Unterschleifen , die

hierbey begangen wurden , kann man sich gar keinen Begriff machen. Venedig hatte für seine Seemacht kein besonderes Seereglement ; in allen Theilen des Dienstes entschied bloß das alte Herkommen.

Die Generale übten eine

unumschränkte Herrschaft aus , und die Governatori di nave , und die fopra comiti di galera besaßen auch eine fehr weit ausgedehnte Macht.

G

Fünfter Abschnitt.

100

Sobald die Republik bey einem ausgebrochenen Krieg unter den andern europäischen Seemächten wegen der Sicherheit ihrer Gewässer und der levantischen Befizungen besorgt war , eilte fie, die Anzahl ihrer Schiffe zu vermehren.

Dies Counte sehr geschwind geschehen,

da man in dem Arsenal von Venedig immer welche in Bereitschaft liegen hatte.

In diesen Fällen ward ein Ca,

piton delle navi ftrafordinario zum Oberadmiral der Marine ernannt ,

der von dem Generalproseditor gar

nicht abhieng.. Wenn die kriegführenden Mächte in die Nepublik drangen , sich über ihre Bewaffnung zu erkläe ren , oder eine Partie zu ergreifen; so suchte sie zu ihrer Ausflucht mit einer der barbarischen Mächte zu brechen, von der sie nichts zu fürchten hatte , und wo der Nachtheil ganz allein auf den levantischen Handel fiel. Machten die Umstände diesen Scheintrieg nicht mehr nothwendig , so erkaufte man wieder den Frieden für jeden Preis. Auf diese Art brach sie in dem letzten Kriege zwischen Rußland und der Türkey mit Tunis ,

und unter dem

Vorwand dieses Bruchs hielt sie eine beständige Obser vationsflotte , und vermied jede Erklärung für eine oder die andere Partey.

In dieser Poche vertraute sie ihre Seemacht dem Chevalier Emo, der sich als Capitan delle navi ftraf ordinario nach Corfu begab.

Dieser Admiral, der viel

leicht mehr Staatsmann als Krieger war , benahm sich mit einer solchen Geschicklichkeit und Feinheit,

daß er

dem Ansehn seiner Stelle auch nicht das geringste vergab. Er bediente fich seiner unumschränkten Macht und des

Beschreibung der Insel Corfu.

ΙΟΙ

Zutrauens des Senats , um die Mißbräuche und Mångel der Marine abzustellen , und sie, so zu sagen, neu unzuschaffen.

Bis jetzt hatte sie bloß aus Kriegsschiffen

und Fregatten bestanden , er ließ auch kleine Fahrzeuge als Corvetten , Kutter , und Goletten zu ihr stoßen , die die hohe See halten und bessere Dienste leisten konnten als die Schebecken.

So viel als es die Verfassung von

Venedig zuließ , ånderte er auch die Bauart der Schiffe nach den neuern beſſeru Grundsätzen .

Er bewirkte die

Aufnahme fremder Baumeister und Arbeiter im Arsenal von Venedig , und hatte dergleichen beständig am Bord Er feuerte die jungen venetianischen B Patrizier zur Nacheiferung an , unterdrückte ihren Dün-

seines Schiffes.

tel , entriß sie dem Hang zu Vergnügungen und zum Müßiggang , und nöthigte sie an den Dienst Theil zu nehmen.

Er widmete besondere Aufmerksamkeit auf die

Seeoffiziere; er zeichnete den Verdienstvollen aus , und belebte das ganze Corps mit einem neuen Geist, indem er ihnen höhere militairische Grade vom Senat verschaffte. Den Dienst der Galeeren, die kostbar waren und zu nichts taugten , ließ er durch Galioten von einer neuen Bauart verrichten , die die hohe See befahren, und hundert Sklas vonier als Equipage aufnehmen konnten.

Hiezu fügte

er Kanonierschaluppen , die eine vier und zwanzigpfůns dige Kanone führten . gänzlich umzuändern,

Seinen Plan , die Armata fottile und mit der Armata groffs zu

vereinen, konnte er aber nicht durchsetzen , weil dadurch eine Menge Versorgungen für den venetianischen Adel eingegangen wären.

Durch diese Beabsichtigung des

allgemeinen Besten machte sich indeß der Ritter den gan-

102

Fünfter Abschnitt.

zen venetianischen Adel zum Feinde.

Er verbesserte

auch das Loos der Matrosen , ließ ihren Sold vermeh ren ,

verminderte so viel als er konnte die Bedrückun-

gen , die sie von den Offizieren erlitten , und ließ ihnen einen vollständigen Winter und Sommeranzug reichen. Er legte auch in Corfu ein Hospital für die Marine an. Den Hafen Gouin hätte er gern auf das beste benutzt, und alle die Anstalten daselbst errichtet , für die er geeigs net ist ; die Verfassung von Venedig hemmte aber jeden seiner Schritte.

Er beschloß auch die Anzahl der Ma-

trosen zu vermehren ; die ganze Schiffsmannschaft auf den Fuß zu sehen , wie man sie bey andern Seetruppen fand , und ein von den Landsoldaten ganz abgesondertes Dalmatien konnte diese

Corps Marinen zu errichten.

Mannschaft liefern , die um desto vorzüglicher gewesen wäre , da die Einwohner meist seekundige Leute sind. Dieser Admiral beschäfftigte sich auch mit der Abfassung besonderer Kriegsartikel für die Marine , aber der Tod raubte ihn vor desfen Beendigung der Republik. Er starb zu Malta, und wie man ſagt, an den Folgen einer Vers giftung.

Die Größe seines Ruhms, die den Senat ver-

serdunkelte,

macht diese Vermuthung nur allzuwahrs

scheinlich.

Nach seinem Tode bekam Gondolmer das Commans do über die venetianischen Flotte.

Er hatte den Ritter

Emo auf allen Seezügen begleitet , besaß aber weder die Talente feines Vorgängers ,

noch Empfänglichkeit für

deffen Plane.

er Schnelle fiel daher die

Mit

Marine wieder in ihr Nichts zurück,

Beschreibung der Insel Corfu.

103

Die Insnlaner dienten nie auf den Schiffen der Re publik ; wenn sie zum Dienst aufgefordert wurden , so pflegten sie Fahrzeuge auf ihre eigene Kosten

auszus

rüſten.

Sechster

Abschnitt.

Cultur und Produkte des Bodens. Industrie. Schifffahrt und Handlung.

Die

Volksmenge der Insel Corfu beträgt höchstens,

wie schon oben angegeben ist,

60000 Seelen .

Der

fünfte Theil davon bewohnt die Hauptstadt ; die andern n ht en zerstreut . Wen iert auf dem schic und an den Küst dfind man die Geschichte und die Revolutionen von Corfu ftus diert, so sieht man daß in den åltern Zeiten die Anzahl seiner Einwohner bey weitem beträchtlicher gewesen seyn muß.

Dies wird auch dadurch bestätigt , daß im Alters

thum hier viele Städte vom ersten Range blühten , die an Größe und Pracht die einzige übertrafen , die jetzt noch vorhanden ist.

Troß dieser größeren Menge hatten fie die nöthigen Lebensmittel im Ueberfluß und konnten damit nicht nur ihreNachbaren, sondern auch ganze Armeen ihrer Bundesgenossen versehen.

Die Lager des Octavins und Anto-

nius wurden durch ihre Unterstützung oft der Hungers-

Sechster Abschnitt.

104

noth entrissen.

In weniger entfernten Zeiten finden wir

auf Corfu nie das schreckliche Bild des Hungers ; seine eignen Hülfsquellen sicherten es gegen diese Geiffel der Menschheit.

Heut zu Tage aber lebt es in Rücksicht der

ersten Lebensbedürfnisse ganz von der Gnade und Willkår seiner Nachbarn.

Der Boden hat seine Natur nicht

verändert ; seine Fruchtbarkeit und die Milde des Clima find nicht zerstört,

noch durch die traurigen Ereignisse

verändert worden ,

die dieses Eiland in den Zustand der

Dürftigkeit verseht haben.

Die Erde hat einzig und

allein die nervigten Arme verloren , die ihre Kräfte uns terſtüßten.

Unterſtüßungen und Aufmunterungen haben

gar nicht oder nur sehr schwach den gesunkenen Landbau wieder beleben können. Die venetianische Regierung hatte ! zwar das Gesetz gegeben : daß das Land , das fünf Jahre unbebaut gelegen hatte , dem als Eigenthum zugehören follte , der ihr diese Vernachlässigung anzeigte ;

es hatte

aber keinen Nugen , da sie nicht zu gleicher Zeit auch die Mittel zu dessen Anbau an die Hand gab. Die Sacer kann jetzt ihre Einwohner nicht ernähren,

Das Getreide und der Wein , die gewonnen werden; langen nur auf vier bis fünf Monate.

Nur Dehl und

Salz find allein im Ueberfluß, und gewähren die einzigen Handelsartikel.

Die

Fischerey könnte

eine

reichliche

Hülfsquelle zum Unterhalt darbieten, wegen der Trägheit der Insulaner wird benutzt.

sie aber bloß von Neapolitanern

Die Jagd ist nicht vom Belang.

bau wird auch nicht gehörig hetrieben .

Der GartenDas kleine und

große Vich muß von den Nachbarn genommen werden.

Beschreibung der Insel Corfu. Nur

einige Ziegenheerden

105

werden unterhalten , deren

Milch zu Kåsen verwandt wird.

Die jährliche Dehlernte beträgt im Durchschnitt 250,000 Krüge (jarres) von denen einer nach unserm

,000 Livres. 2,750eilf Franken Gelde kostete : der ganze Werth beträgt also De Den eignen Verbrauch , der ziem lich beträchtlich seyn mußte , da man sich zu den Speisen und zum Brennen ganz allein des Dehts bediente, kann man auf 750,000 Livres anschlagen ;

es blieben also

zum Handel noch 2,000,000 Livres übrig.

Das verz

käufliche Produkt der Salinen , nach Abzug des eignen Verbrauchs , betrug ungefähr 80,000 Livres.

An Li-

queurs und Töpferwaaren verkauften sie höchstens für 50,000 Livres . Für die ?und andre Abgånge des großen und kleinen Vichs erhielten sie ungefähr 50,000 Livres.

Die ganze Summe ihrer Ausfuhrartikel betrug

daher 2,180,000 Livres.

Mit dieser Summe mußten

sie die von ihren Nachbarn eingeführten Produkte und Handelswaaren faldiren. Das Getreide , Vieh und Federvieh, was sie von den Türken erhielten , kostete mehr als 1,500,000 Livres. Ihre Kleidungsstücke und allerley Artikel des Lurus ers forderten 660,000 Livres.

Kurz , man wußte, daß

die ganze Einfuhr von Corfu auf 2,500,000 Livres stieg. Sie übertraf also die Ausfuhr um 480,000 Livres. Man nahm an , daß dieses Deficit, ersetzt werde : erstlich , durch den Verdienst , den sich eine kleine Anzahl Insulaner dadurch erwarb , daß sie jährlich in das tur kische Gebiet giengen , um daselbst beym Ackerbau und

106 .

Sechster Abschnitt.

in der Ernte zu helfen ,

zweytens durch das Schiffer-

John ; drittens durch den Gewinn der Industrie und viera tens durch die Vortheile des Transitohandels. Der erste Verdienst , den die Einwohner durch die Ackerbestellung ihrer Nachbarn erhielten , war wohl offens bar mehr ein Schaden für das Land , als ein Gewinn, da dieserhalb ein großer Theil des eignen Bodens unbebaut liegen blieb.

Die Ursache , warum der Insulaner

sich zu diesen Arbeiten auf einige Zeit aus seinem Vaterlande entfernte , war nicht die Undankbarkeit des Bodens oder der geringe Umfang deffelben , sondern der Mangel an den erforderlichen Mittel die Kräfte der Erde zu unterstützen , fie bearbeiten und besåen zu können.

Der ganze

brauchbare Boden ist das Eigenthum einer sehr kleinen Anzahl Einwohner, denen es an allem fehlt , um ihn benutzen zu können ; kaum ziehen sie so viel daraus , als sie zum eigenen Unterhalt brauchen ; an Ueberschuß zum Ver=" kauf ist gar nicht zu denken. Es ist wahr , das Schifferlohn trug etwas zur Auss füllung der Lücke der natürlichen Produkte bey ; konnte er aber nicht mehr einbringen ?

Denselben traurigen Er-

eignissen , welche Bevölkerung und

Ackerbau

herabge=

bracht hatten , war auch der Verfall der Schifffahrt von Corfu zuzuschreiben.

In

dem goldnen Zeitalter

der

Griechen , unter der Herrschaft der Römer und lange nachher blühte sie ; aber heut zu Tage bestand sie nur aus einigen Barken, die von einer Insel zur andern fuhren, und

aus zwev oder drey Fahrzeugen von 2 bis 3000

Tonnen , die die Küsten von Italien und der Levante bes reiften.

Beschreibung der Insel Corfu.

107

Die Industrie hätte können den Mangel der natürs lichen Produkte ersehen. ftande befand sie sich !

Aber in welchem clenden Zus

Um Industrie zu beleben , muß

man die nöthigen Materialien haben , woran man ſeine Lalente anwenden kann ; hat man diese nicht selbst , so muß man sie von andern erhandeln ;

wo hatten aber.

jetzt die Corfuaner die Mittel fie zu erkaufen ?

Sonst

freylich führten sie Kunstprodukte aus, die ben ihren Nachbarn Bewunderung erregten, und ihnen selbst Reichthümer verschafften.

Das Genie war freylich nicht vernichtet,

die Regierung hatte es aber in einen lähmenden Todes. schlumnter versenkt. Der Transitohandel konnte wohl so viel einbringen, um die Schulden an die Türken zu tilgen , und man hätte recht gut diese Spekulationen noch weiter ausdehnen können.

Die Lage der Insel ist dazu geeignet ;

die Re-

gierung benahm aber den Kaufleuten die dazu erforders lichen Mittel und beschränkte die Freyheit ihrer Spekulationen. Die Fortschritte anderer Nationen in der Schiffa fahrt und in der Handlung , und die Entdeckung des Vorgebirges der guten Hoffnung haben der Republik ihr Uebergewicht zur See und ihren Alleinhandel mit den indischen Waaren vernichtet.

Ihre Spiegel- und Spitzen-

manufakturen , ihre Eisenfabriken , wodurch sie es sonst den andern Nationen zuvorthat , haben mit ihrer Marine, und Handlung ein gleiches Schicksal erfahren.

Endlich

verlor sie mit einem großen Theil ihrer Besitzungen den Handel mit verschiedenen Materialien, die sie roh verz

Sechster Abschnitt.

108

faufte,

und deren Verarbeitung keinen Gewinn mehr

brachte. Zurückgebracht auf ihre eignen Inseln suchte sie die Produkte derselben nicht zum Besten ihrer Einwohner, sondern bloß zum Vortheil der Hauptstadt anzuwenden . Sie nahm das System an , das leider nur allzuvielen Beyfall bey den Nationen gefunden hat , die ihre Macht jenseit des Meeres

verbreitet haben.

Sie zwang die

levantischen Besitzungen ihre Produkte nach Venedig zu schicken , und durch ihre Conſumtion die sinkende Induſtrie dieser Stadt aufzuhelfen. Ihre falsche Politik rieth ihr überdie die Susulaner so viel als möglich von sich abhängig zu machen.

So wurden also

alle Gefehe- der

Aus- und Einfuhr dieser Inseln einzig und allein auf das Interesse der Hauptstadt berechnet.

Die vorzüglichsten

Produkte von Corfu , Dehl und Salz, mußten ausschlief= fungsweise nach Venedig geschickt werden.

Beraubt von

der Konkurrenz der Käufer mußte sich der Eigenthümer derselben jedes Gebot des venetianischen Negotianten ges Ueberboten sich auch die venetianischen

fallen lassen.

Handlungshäuser , so wäre der Preis für diese Artikel doch gewiß noch höher gestiegen ,

wenn auch Kaufleute

von andern Nationen mit in Konkurrenz håtten kommen können.

Die Art des Dehlhandels war besonders für

ben Eigenthümer nachtheilig.

Maklerjuden , die von

ihren Handlungshäusern in Venedig abhiengen , hatten in Corfu Comptoire errichtet , in denen die Insulaner die Früchte ihrer Arbeiten abſeßten und das dafür eintauſchten, was ihnen fehlte.

Jene immer geldgierigen Wesen stu:

dierter hier wie überall bald das Geheimniß aus, das

109

Beschreibung der Insel Corfu.

Vermögen und die Güter des ganzen Volks in ihre Ge= walt zu bekommen.

Sie verfolgten mit aufmerksamen

Augen die schnellen Fortschritte des Lurus und richteten sich nach dem herrschenden Geschmack in Rücksicht ihrer Waaren.

Auf eine geschichte Weise nåhrten und vera

mehrten sie den Hang nach kostbaren Bequemlichkeiten. des Lebens , und durch Ablieferung derselben im voraus, machten sie bald die Gutsbesizer zu ihren Schuldnern. Diese hatten keine andre Mittel die Schuld zu bezahlen als ihre Produkte , deren Preis jene willkürlich bestimma teu.

Der Lurus erzeugte bald Abneigung gegen alle

Arbeiten ; die Jusulaner wollten genießen ,

aber die Ges

nüsse nicht mit dem Preis ihrer Bemühungen erkaufen. Die Juden gaben Credit und ließen sich nachher mit Wucherzinsen die Schuld wieder bezahlen.

Zu dieser

Art vom Monopol, welche das Vermögen der Insulaner und ihren Erwerb verminderte,

gesellren sich die Bes

drückungen der Repräsentanten der Republik und ihrer Subalternen.

Ihre Plünderung betraf vorzüglich die

reichen Einwohner der Stadt ,

die troh ihrer Verarmung

ihrer Eitelkeit keine Schranken sehen konnten.

Sie verz

wandten das letzte, was sie noch besaßen, lieber auf äußern Staat als auf die Unterhaltung von Arbeitern , die ihnen wieder einiges Vermögen hårten verschaffen können : oder fie suchten sich wegen der Prellereyen ,

die sie von der

Regierung erfuhren, durch einen hårtern Druck der Landbewohner zu entschädigen.

Einige Geschenke

an ihre

Vorgesetzten , deren Beyspiel sie folgten , sicherten fie gegen die Rache und gegen die Klagen dieser armen Opfer. Wie konnte unter folchen Umständen der Ackerbau Forts

110

Sechster Abschnitt.

schritte machen ?

Mußte nicht der Landmann ein Land

verlassen , zu dessen Benukung für ſeinen Unterhalt ihm Wenn der Landbau im Die Freyheit geraubt war ? Sterben liegt, wie kann da die Industrie blühen , zumal w nn die Gewalt der Regierung den Künften überall Hindernisse in den Weg stellt ? Mit dem Verfall beyder muß auch der Sechandel und die Schifffahrt sinken. Wir wollen nun die Summe der Aus- und Einfuhrmit einander vergleichen.

Die

2,180,000 Livres ,

erste betrug

2,080,000 Livres an Salz und Dehl ausschließlich nach Venedig giengen.

Wem dieses Privilegium zum Vor-

theil gereichte, haben wir gesehen.

Der Werth der Ar

tikel , die zum freyen Handel erlaubt waren , belief sich höchstens auf 100,000 Livres . Die ganze Einfuhr betrug 2,500,000 Livres.

Der

größte Antheil hiervon gehörte den türkischen Ländern. Das , was Venedig nach Corfu schickte, 200,000 Livres werth.

war ungefä

Triest , Livorno , Senegaglia

und andre Håfen des mittelländischen Meeres schickten ungefähr für 280,000 Livres Waaren.

Den Gewinn,

den diese Plätze machten , hätte den Kaufleuten von Mars seille zukommen sollen.

Denn es waren lauter Artikel des

Lurus ; nich in Italien erzeugt , sondern von Marseille geholt .

Wenn sich der Corfuaner unmittelbar zur zur ersten

Quelle gewandt håtte , so hätte er den Gewinn der ersten und zweyten Hand erspart. Wir wollen nun die Zölle und Abgaben berechnen,

welche die Republik von der Ein- und Ausfuhr zog.

III

Beschreibung der Insel Corfu.

Das Dehl war einem Zolle unterworfen , der nach der Beschaffenheit des Käufers sehr verschieden

war.

Der Jusulaner mußte funfzehn Procent , jeder Venetia= ner achtzehn Procent geben.Der Handel war fast gänzlich in den Händen der venetianischen Juden.

Zu sechzehu

Prozent gerechnet betrug also der Zoll für die Oehlaus. fahre

220,000 Livr.

Das Salz gab neun Prozent, dies machte

7,200

Die andern Artikel erlegten von Werth vier Procent,dies machte

4,000

Die ganze Summe der Zölle, die Venedig von den Exporten der Jusel zeg,

231,200

betrug also

Die Waaren , die von Benedig eingeführt wurden, gaben sechs Procent ,

die aus dem Auslande acht Pro-

cent.

Der Zoll der von Venedig eingebrachten Artikel war 12,000 Livres. Der aus dem Auslande

184,000

Dies betrug zusammen 196,000 Livres. Der ganze Handel brachte also an Zoll 427,000 Livres ein . Wenn man die Natur dieser Zölle betrachtet , so sieht man deutlich, daß sie für die Cultur des Bodens, für die Industrie und dem Handel gleich nachtheilig was ren.

So vermehrte der Oehlzoll noch mehr den Verlust,

den der Jufulaner schon dadurch erlitt, daß er den Ueberschuß dieser Waare , den er nicht brauchte , allein nach Venedig verhandeln mußte.

Anders ist es ,

wenn man

Sechster Abschnitt 20.

112

solche Artikel mit Söllen belegt , deren Ausfuhr dem allgemeinen Besten schädlich ist.

Man hatte diese Zölle,

beſonders den aufß Oehl, wohl darum so hoch augeſchlagen , um einigermaßen die Auslagen wieder zu erhalten, Menn man die der Besitz von Corfu jährlich kostete. zu diesen Zöllen noch die Abgabe rechnet,

die auf die

Köpfe des Volks vertheilt war, so zog Venedig im Gans zen von Corfu 600,000 Livres,

deffen Ausgaben für

die Landesregierung , für die Land- und Seemacht übers stiegen diese Summe ausehnlich.

Das, was die andern

Inseln eintrugen , reichte ebenfalls nicht hin , dieses Deficit zu decken.

Venedig mußte deshalb jährlich beträchts,

liche Summen nach Corfu schicken. fie aber vermindert werden schrecklichen

können ,

Um vieles håtten wenn man den

Verschleuderungen_in__der_Aominiſtration

Gränzen geseht hätte. Der Besitz von Corfu war also für Venedig sehr låstig , und nur die Nützlichkeit seiner Lage , die es zum Vollwerk der italianischen Provinzen gegen die Unternehs mungen der Türken machte, konnte einige Entschädigung gewähren.

113

Siebenter

Abschnitt.

Veränderungen in den Sitten.

Lurus.

Sobald die Einwohner von Corfu unter die Herrschaft von Venedig gekommen waren;

nahmen sie nach und

nach die Sitten und Gebräuche ihrer neuen Beherrscher an , und ahmten, wie das immer der Fall ist , leichter ihre Laster als ihre Tugenden nach , selbst die Sprache wurde verändert. Das griechische wurde durch die schlechte Abänderung vieler italianischen Worte ein elen, le griechische Sprache nur vom ge des Gemisch : und meinen Mann in der Stadt und vom Landvolk beybehalten.

Die wohlhabenden Einwohner der Stadt, und die,

deren Beschäftigung Umgang mit Fremden erfoderte, sprachen meist italianisch , das aber durch ihren eigenen Dialekt auch sehr unverſtändlich wurde.

Die öffentli

chen, auch größtentheils die Handlungsgeschäfte wurden in venetianischer Sprache abgemacht , daher mußte sie in Corfu sehr gemein, wenn auch nicht herrschend werden. Die Zeit bewirkte nach und nach Veränderungen , von denen einige dem

Insulaner zum Vortheil gereichten,

indem sie ihn mehr

civilisirten,

andere aber das Ges

gentheil verursachten, indem sie ihm unbekannte Bes dürfnisse und den Hang nach neuen Genüſſen einfldßten.

Diese Veränderung in den Sitten , im Geschmack

und in den Neigungen der Insulaner , datirt ihren UrGraffets Reisen.

2 $

Siebenter Abschnitt.

114

sprung von keiner sehr entfernten Zeit.

Ihr Fortgang

wurde durch die Unruhen der Kriege, die Venedig führte, sehr aufgehalten , und nur erst seit den Jahren , da die Republik den Frieden ångstlich zu erhalten suchte , war er merklich. Es ist nicht viel über sechszig Jahre her , daß das weibliche Geschlecht in Corfu noch in einer Art von Sklaverey seufzte : die Frauen verlebten ihre traurigen Lage in dem entfernt gelegensten Zimmer : ein dichtes Gitter verschloß ihre Fenster , so daß sie nichts sahen ,

auch

nicht gesehn werden konnten , und durften sich nur den Augen ihrer Angehörigen zeigen.

Die Mädchen durften,

ehe sie verheirathet waren, nicht ausgehn, auch nicht einmal in die Kirche.

Selten erschienen fie in den Gesells

schaften, die bey ihren Eltern zusammen kamen.

Bers

dammt zu dem einzigen Umgange mit ihren Dienstboten, mit denen sie die niedrigsten Geschäfte des Hauswesens theilen mußten , hielten sie sich sehr glücklich , wenn sie zuweilen zu der Tafel ihrer Männer zugelassen wurden. Hier war es ihre Pflicht , diese vorher zu bedienen , und dann erst war es ihnen erlaubt , felbst einige Nahrung zu nehmen. Die Abgezogenheit des weiblichen Geschlechts fand zwar schon bey den alten Griechen statt; sie war bey diesen aber ehrenvoll , und die Frauen und Mädchen 1 durften nie niedrige Geschäffte angreifen , erschienen zuweilen auch öffentlich.

Die verächtliche und niedrige

Behandlung , die sie hier erduldeten, war erst eine Folge des Verfalls und der Verschlimmerung der Sitten.

Der

Ehemann und der Vater glaubte hier nur dann die Lus gend seiner Frau und die Unschuld seiner Tochter zu

Beschreibung der Insel Corfu.

115

fichern, wenn er sie von alten Weibern bewachen und mit Riegeln verschließen ließ.

Eine Frau , die nur für die

Augen ihres Tyrannen sichtbar war,bedurfte keines kosts spieligen Anzugs.

Es war also auch kein Wunder, daß

fich bey dieser Behandlung ihre Talente nicht entwickelten. Sie waren abgeftumpfte Wesen , die nur athmeten, um zu zittern.

Sie wurden nicht angeführt , nicht

aufgemuntert zu weiblichen Arbeiten ;

daher beschränkte

fich ihre ganze Geschicklichkeit auf das Stricken grober Strümpfe ein.

Die Gattin konnte ihren Mann , der

sie nur zu seinem Vergnügen gebrauchte , nicht auf die -Versüßung ihres Lebens dachte , nicht lieben ; sondern Sie suchte sich zu mußte ihn hassen und verabscheuen. entschädigen , und es war ihr sehr zu verzeihen , wenn ihre Lugeud fiel.

Zwietracht entspann sich nun im

Schooß der Familie , und verbreitete ihre Verheerungen auch außerhalb.

Der Mann suchte im Blute seines Nes

benbuhlers seine Schande abzuwaschen, und die Verwandten von diesem råchten wieder seinen Tod.

Auf diese Art

entsprangen die kleinen Kriege , die beständig unter den Infulanern wütheten.

Diese Uebel hörten in dem Aus 112 genblick auf, als die Frauen ihr Joch gebrochen sahen,

und es ihnen nun endlich erlaubt war, zu lieben und auf Gegenliebe zu hoffen.

Diese glückliche Epoche wurde

durch die beständige Verbindung mit Fremden herbey ges führt, deren Gebräuche und Sitten man unmerklich aufs nahm.

Verschiedene von den vornehmen Venetianern,

und viele Offiziere die sich in Corfu aufhielten, vermähle ten, sich mit Eingebohrnen der Insel.

Die Frau verließ

nun die Lebensart ihres Landes , und nahm die des Vas $ 2

116

Siebenter Abschnitt.

terlandes ihres Mannes an.

Ihre Gegenwart ; der Ans

blick der Freyheit , ihre Erzählung von den Süßigkeiten und Annehmlichkeiten des Lebens, die sie genoß, schmolz nach und nach die harten Herzen der Våter nnd Ehemanner. Sie ließen endlich ihre Frauen und Töchter an den unschuldigen und nützlichen Bergnügungen einer anståns digen Gesellschaft Theil nehmen , und diese wurden nun bald ihre schönste Zierde. Der Lurus entstand , er gab aber dem Insulaner nur eitle und prekaire Genüſſe , die zu dem Verfall des Ackerbanes und zur Erniedrigung des Werths der einheis mischen Produkte das ihrige beytrugen.

Anders ist die

Wirkung des Lurus bey Völkern, die reich an Kenntniſſen und Materialien zur Induſtrie find, hier wird er nüßlich; feht eine Menge sonst müßiger Aerme in Bewegung , ers nährt Künste und Manufakturen ;

eröffnet neue einheis

mische Quellen des Reichthums , und zieht den ausländischen an sich.

Auf Corfu mußte dies wegfallen; da der

Geist der Thätigkeit von dem Despotismus der Regies rung unterdrückt wurde, und es an eignen Produkten zur e Ernährung der Künste fehlte. et Insulaner Der reiche id h d t b e h n l sic k so ic a , u warf nun seine wie die, die ihn regierten. bey.

Nur das Volk behielt jene

Sie bestand in einer wollenen rothen Müße , in

einem kurzen Gilet von Tuch : gewöhnlich von dunkley Farbe, im Winter war es mit Pelzwerk ausgeschlagen, im Sommer trug er ein linnenes. Es war mit zwey Reis hen großer silberner Knöpfe besetzt.

Die Beinkleider was

ren außerordentlich weit , und reichten bis auf die Was den herab.

Um die Hüfte wurde eine Binde von rother

1171

Beschreibung der Insel Corfu.

Molle oder Seide gewunden : die Strümpfe waren wollen, und die Schuhe mit großen silbernen Schnallen befestigt. Seine Haare ließ der Insulaner wachsen ,

frifirte fie,

und schlug sie seitwärts in einer Falte der Müge ein. Auf seinen Schnurrbart hielt er sehr viel.

Das Ab.

schneiden desselben war für ihm die größte Beschimpfung, und die empfindlichste Strafe.

Der lange Dolch , der

im Gürtelsteckte, war nicht blos ein Gewehr zum Schmuck. Bey rauther Witterung warf er sich in einen Mantel von grobem Zeuge und brauner Farbe , der keinen Regen durchließ. DieFrauen trugen ein dicht anliegendes Corſet ohne Aermel , ein Oberkleid , dessen Farbe von der des Cora sets recht abstach ; eine Schürze von indiſchen geblüms tem Zeuge, ohne Bruftlah und Schuhe , die bis auf den Kudchel herauf reichten .

Die Haare flocht man , und

ließ sie lang herunter hången.

Ein sehr großes weißes

mousselines Tuch diente zum Kopfpuß, und zugleich auch zum Halstuch.

In einem gewissen Alter trugen sie auch

einen langen kamelotenen Mantel von grauer Farbe. Die Landbewohner , deren Tracht auf jedem Dorfe etwas anders ist, haben die Verzierungen der Treffen und Stickereien angenommen.

Ueber ihr Corset tragen

fie ein langes in Falten gelegtes Kamisol , das um die Hüfte herum mit starken soldnen Schnüren befestigt wird, an denen sich vorne zwey vergoldete silberne Bleche, als Schloß befinden.

Die Enden der Schnur hången

an beyden Seiten herunter, und sind mit sehr großen ver goldeten Silberherzen verziert.

Den Hals schmücken sie

auch mit goldnen oder vergoldeten Kreuzen.

Ihre Obers

118

Siebenter Abschnitt 2c.

kleider find mit Gold oder Silbertreffen besetzt , und ihre Schuhe sind niedrig. Auf dem Kopfe tragen sie ein ernes Luch , das mit einer silbernen Nadel befestigt

wird , und dessen vier Zipfel nach dem Winde flattern. Ihre Haare find frifirt , herum .

und wogen um den Nacken

Um sich mit diesem Staat und dieſem Flitterpuke, den sie selbst nicht durch eigne Arbeit sich verschaffen konnten, sondern von Venedig oder von den Ausländern kaufen mußten, versehen zu können , entzogen sie fich und den ihrigen oft die unentbehrlichsten Lebensbedürfs nisse: so groß war ihre Eitelkeit und Sucht zum Glåns zen.

Die vornehmen wie die geringsten Bürger hungers

ten oft und versahen ihre Zimmer mit den schlechtesten Möbeln, um sich nur prächtig kleiden zu können , um auf der Straße den Schein der Reichen zu haben,

819

Achter

Gesellschaftens lichkeiten.

Caffinos.

Abschnitt.

Theater.

Karneval. Andere Fests

Chiostra oder Pferderennen.

Die ' Annahme venetianischer Sitten und Gebräuche vers anlaßte in Corfu bald die Entstehung der Gesellschaften. Sie fanden lange Zeit nur in einer kleinen Anzahl vor Familien statt , deren Verwandte mit einigen Freunden zuſammen kamen .

Endlich führten die venetianischen

Patrizier und Offiziere in diesen Cirkeln , die in ihrem Vaterlande üblichen und weniger kostspieligen Cassinos ein ; von denen bald mehrere in Corfu entstanden. In dem ersten kam blos die venetianische Noblesse

zuſammen. In dem zweyten der Landadel. Das dritte bildeten die Militairpersonen , die aber auch die Beamten unter sich aufnahmen , um die Kosten dieser Versammlung zu verringern. Ein viertes war seit einigen Jahren von den Offis zieren der Marine errichtet worden.

Der Urheber deffels

ben hatte die Idee , den Genuß des Angenehmen und Nüßlichen zu vereinen.

Er wollte den jungen Eleven

der Marine, die sich hier in den Stunden , wo die Ges sellschaft nicht zusammen kam, versammeln sollten, tågs lich Unterricht im Seewesen geben.

Der Plan war

ſchôn ; das Caſſino wurde errichtet, der Saal aber , den

120

Achter Abschnitt.

man für den Unterricht der jungen Leute bestimmte, wurde leider bald nichts weiter als ein Ort des Vergnügens für fie. Die Errichtung eines Cassino mußte zuvor von der Regierung erlaubt werden, und deßhalb mußte man ihr jedesmal den Plan dazu einschicken. Die Mitglieder solcher Gesellschaften zahlten eine kleine Summe bey ihrem Eintritte , und waren verbun den , eine monatliche Bensteuer zu geben.

Eines von

ihnen sorgte für den Versammlungsort und für dessen Möblirung.

Es waren gewöhnlich mehrere Zimmer, in

einigen wurde blos gespielt ; in den andern unterhielt man fich oder las die venetianischen Zeitungen ; Corfu erlaubt waren. besondere Stube.

die allein in

Für Tabaksraucher war auch eine Unter den Versammlungszimmern

wohnte der Caffeeschenk , dem man zu seinem Etablissement gewisse Vorschüsse gab ,

und der

Aufseher über das Ganze war.

u gleicher Zeit

Außer den Vortheilen

der Bewirthung bekam er monatlich einen gewiffen Gez halt ;

wofür er Lichter und Karten anschaffen mußte.

Am Eingang der ersten Stube befand sich eine Tafel, auf Funft der die Namen derMitglieder angeschrieben : wurden. Gleich bey der ersten Zusammenkunft wählte man nach ron Beamte. Der erste

der Mehrheit der Stimmen

war Präsident , und mußte über die Erhaltung der Orde Der zweyte besorgte

nung in der Gesellschaft wachen.

Der dritte die bendthigten Anstalten und Bedürfnisse. Er bezahlte die Ausgaben, hatte die Kaffe unter sich.

und mußte darauf sehen ; daß ein gewisser Etat , für den er verantwortlich war , beständig rückständig blieb.

Alle

Beschreibung der Insel Corfu.

121

Monate war eine allgemeine Zusammenkunft , wo jeber feine Meinung über Veränderungen und Verbesserungen vortrug : und neue Mitglieder vorgeschlagen wurden. Die Mitglieder konnten zu jeder Stunde des Tages hier unter sich zusammen kommen .

Diese Einrichtungen was

ren hier um desto nützlicher , da man in Privathäuſern keine Gesellschaften zu halten pflegte.

Wenn man Ge

schäfte abzuhandeln hatte , so bediente man sich des Cass finos dazu .

Jedes Mitglied hatte das Recht , seine

Freunde mit zu bringen.

Vereinigte sich des Abends

die ganze Gesellschaft in einem Saale; so enthielt man. sich aller Gespräche über

politische Gegenstände und

Staatsangelegenheiten , und sprach nur über gleichgül tige Dinge und Luftpartien. mit zugelassen ward ,

Ehe das schöne Geschlecht

entstanden hier oft handel , da

man sich zu gar keinen Rückhalt verbunden hielt : nach ihrer Aufnahme wurden diese Gesellschaften erst angenehm und friedlich.

Zuweilen gab man Feten in diesen Caffis

nos , ein Mittagsessen , ein Conzert oder einen Ball f. w., wozu die Kosten unter den Mitgliedern gleich vertheilt wurden.

Jeder brachte so viel Damen mit, als

er nur konnte , um das Fest recht glänzend zu machen. Die verschiedenen Caſſinos wetteiferten ,

sich in

Politesse und Lurus zu übertreffen . Diese Vergnügungen langten noch nicht hin, um die müßigen Stunden der ersten Klaffe der Einwohner auszufüllen .

Einige Offiziere vereinigten sich mit jun.

gen Leuten von Corfu zur Errichtung verschiedener Liebs habertheater.

Die kleinen Stücke die

sie aufführten,

waren freylich mittelmässig oder gar unter aller Kritik ;

122

Achter Abschnitt.

indeß waren sie für dieses Publikum immer gut genug. Der Saal , der zu den Zusammenkünften der GeschäftsLeute und Negotianten 1633 war gebauet worden, wurde nun zu einem öffentlichen Schauspielhaus umgeändert, und jährlich 10,000 Franken zu seiner Unterhaltung zus sammengeschossen . Das Junere war in drey Reihen Logen abgetheilt, die man auf den ganzen Herbst und auf die KarnevalsZeit, wo allein gespielt wurde , miethete. seine Loge nach seinem Geschmack aus.

Jeder zierte

Im Hintergrunde

standen gewöhnlich aufeinem Geſimſe ein oder zwey Wachslichter , deren Licht von mehrern Spiegeln reflektirt wurde, und eine schöne Erleuchtung gab. 1 Die Bühne selbst war sehr klein und die Dekorationen und das Coſtům äußerst dürftig und schlecht.

Am Eingange stand Wache und

die Bude eines Limonadeschenken.

Außerdem befand sich

hier noch eine Art Küche ; wo die Bedienten des Generalproveditor und der übrigen Militair- und Civilbeamten, Die für ihre Herren nöthigen Erfrischungen zubereiteten. Es war nämlich bey dem edeln Venetianer gegen den guten Zon, sich aus der Bude des Limonadeschenken bedienen zu laffen, Die Polizey und die Aufsicht über das Theater war einem der Generale der Marine anvertraut , der deshalb den Titel des Preside del teatro führte.

Er ließ auch

durch seinen Adjutanten das Miethsgeld für die Logen einsammeln, und sorgte

für die Verschreibung neuer

Schauspieler und ihre Besoldung. Anfänglich besuchten blos Männer das Schauspiel ; dann ließ man auch das weibliche Geschlecht hinzu , aber

Beschreibung der Insel Corfu. nur in vergitterten Logen.

323

Da dies am Sehen hinderte,

so wurde denselben erlaubt in Masken zu erscheinen. Nachher kamen auch diese ab , und die Frauen und Mådchen erhielten endlich völlige Freyheit.

e

Lange Zeit hindurch kamen nur herumziehende Schaus spieler nach Corfu ; die Stücke , die sie aufführten, fielen in das niedrig Komische , und waren von ihnen selbst verfertigt. Die fünfHauptrollen, die darin vorkamen, waren der Arlequin und Brigella; ſie ſprachen den bergamaſkischen Dialekt ; der Pantalon sprach Venetianisch ; Tartaia

(der

der

Stammler) stotterte Florentinisch, und

endlich der Doktor Balançon , déffen Sprache Bolognes sisch war.

Die Verschiedenheit dieser Dialekte machte

diese Comedien aufferordentlich lustig.

Der wachsende Geschmack an Musik , machte diese Schauspiele bald unſchmackhaft, und führte an ihrer Stelle die komischen Opern und Ballette ein.

Die ganze Zeit

hindurch , in der gespielt wurde , gab man nie mehr als Pallette , von denen die sechs sechs Opern und zwölf lehten ? gewöhnlich in schlechten Pantominen bestanden. Die Musikanten des Generalproveditor und der verschie denen Seeoffiziere machten das Orchester aus ; zuweilen gesellten sich hierzu auch Musikliebhaber. Für die Plätze auf der Gallerie zahlte man nach unserm Gelde sechs und für die auf dem Parterre acht Sous. Das Theater wurde jedesmal am Tage des heiligen Stephans eröffnet.

Der Generalproveditor erschien als-

dann mit den übrigen Großen im Gefolge ihres Hofstaats und im größten Pomp.

Sie hatten allein das Recht,

ihre Logen mit purpurrothem. Sammt oder Tuch auss

124

Achter Abschnitt.

schlagen zu lassen, Logen,

daher hießen diese Logen die rothen

Der Generalproveditor, deffen Loge dem Theater

gegen über lag ; genoß hier dieselben Achtungs- und Ehrenbezeugung

, die man den Fürsten und Königen

erweist ; auch unterließ er nicht sich dasselbe Ansehn zu geben.

Er verließ nie seinen Sitz und alle andre , außer

den Generålen , mußten in seiner Loge stehen. In den Logen herrschte , selbst während dem Spiel die größte Freyheit , man aß , trank und spielte , und gab wenig auf das aufgeführte Stück Acht. Für die Schauspielerinnen, die sich durch ihre Schönheit oder durch ihr Spiel auszeichnete , sammelte man zuz weilen von den Umstehenden ein Geschenk, das ihnen nach Beendigung des Stücks überreicht ward.

Das gab zu

heftigen Streitigkeiten unter den Nebenbuhlern Anlaß, und wurde deshalb abgeschafft.

Um die Schauspielerin

nen zu entschädigen , führte man nachher Maskenbålle ein, die zum Besten der begünstigten Aktriçen auf dem Die Aktriçe, welcher diese Theatersaal gegeben wurden. Einnahme bestimmt war, saß am Eingange , und jeder Theilnehmer machte ihr ein Geschenk , das Cavalchina genannt wurde. Die Lage des Karnevals waren die Blüthenzeit aller möglichen Lustparthien und Vergnügungen, in ihnen wurs den auch die besten Stücke aufgeführt. diefer Zeit gaben auch gesellschaften Zu Tragödien und Comidien . Das schöne Geschlecht durfte

aber nicht mitspielen ; Mannspersonen,

ihre Rollen übernahmen junge

Beschreibung der Insel Corfu. -

125

Zuweilen wurden auch Conzerte im Schauspielhause aufgeführt.

Der Zulauf war dann jedesmal außeror-

dentlich groß. Verschiedene Gesellschaften vereinigten sich zu Privats bållen ; denn der Tanz wurde von den meisten Einwohnern leidenschaftlich geliebt. Der Generalproveditor ,

die Befehlshaber , ihre

Damen und der venetianische Adel erschienen die ganze Zeit hindurch nur maskirt.

Ihr Domino kam eigens

thümlich den venetianischen Patriziern zu , und kein Infulaner durfte es wagen , ihn zu tragen. einem langen , schwarzseidenen Mantel ;

Er bestand in über ihm hieng

eine Art Hemde, das auch schwarz und mit Spißen besetzt war und eine Kappe hatte , mit der man sich den Kopf bedeckte.

Der Huth hatte drey Spißen.

Die

Månner trugen weiße; die Frauen schwarze Halbmasken. Diese Tracht hieß la Bauta.

Die Caffinos waren während dieser Zeit noch sehr glänzend Die Landleute ftrömten haufenweis in die Stadt, um sich auf der großen Esplanade an den nårriſchen und lächerlichen Verkleidungen

zu

fuhren in Wagen herum ,

um an diesem Schauspiele

ergötzen.

Die Großen

Theil zu nehmen . Unter allen Bergnügungen des Karnevals war das Chiostra , oder Pferderennen , das glänzendste und ins teressanteste.

Es wurde in der Mitte des Karnevals auf

einer der größten Straßen angestellt, die mit der Esplanade in Verbindung stand.

Auf Beyden Seiten wurden Büh

nen für die Zuschauer und ein erhabner Siz für den Ges

126

Achter Abschnitt .

neralproveditor und ein hohes Orchester für die Musis kannten errichtet.

Jener theilte den Preis des Sieges

aus , diese feyerten ihn.

Die Ritter , die auf das kost-

barste gekleider, und deren Pferde ebenfalls auf das reichste aufgezäumt waren ,

stellten sich, mit dem , Herold des

Spiels an ihrer Spike, an die Barriere der Rennbahn. Pomp , begleitet Der General begab sich im vollen ེན von einem zahlreichen Gefolge , auf seinen Sit; seine Läufer und die der andern Patrizier standen den Kämpferu zu Befehl , und liefen einen Augenblick eher , als die ans dern in die Laufbahn eingelassen wurden.

Die Ritter

brachen zuerst die Lanzen gegen eine hölzerne Figur, die zur rechten der Bahn stand.

Auf ein gegebnes Signal

der Trompete begann nachher das Ringelrennen. Ritter zeigte sich mit

Jeder

aufgehobner Lanze , und mußte

dreymal hintereinander den eisernen Ring treffen , wenn Die Sieger stellten sich

er den Sieg gewinnen wollte.

dann vor dem General , der ihnen eine Lanze überreichte, an welcher der Preis befestigt war. Zulett kämpften zwey und zwey Nebenbuhler zusammen , unter dem Lerm der Trompete und dem Jubelgeschrey der Menge.

Der Senat

von Venedig schickte selbst die beyden Preise ; der erste war ein vollständiger reich bordirter Anzug ; der andre Dieser Wettlauf hieß ,

ein Stück Gold oder Silberstoff.

Chiostra publica , und bloß der Adel des Landes konnte um den Preiß ftreiten. Die Schranken der Reitbahn blieben die übrige Zeit des Carnevals hindurch stehn.

Alle Tage kamen junge

Leute die hier ihre Geschicklichkeit übten , und zuweilen auf das groteskeste gekleidet waren,

Beschreibung der Insel Corfu.

127

Einige Tage nach der Chiostra publica , wurde eine andre in der alten Festung angestellt , welche die Chiostra degl' arlioti hieß.

Blos die Handwerksleute

wurden

hier zur Bewerbung des Preiſes zugelaſſen , der in einer filbernen Tasse bestand , welche der Proveditor der Festung austheilte.

Diese Arlioti waren Abkömmlinge des neapolitanis schen Adels ; die , ' nachdem sie Wunder der Tapferkeit in der Vertheidigung ihres Vaterlandes gegen die Türken gezeigt hatten ; ihre Güter und Vaterland aus Treue für die Republik verließen ,

und sich nach Corfu begaben.

Hier warteten sie vergebens auf die Erkenntlichkeit des Senats von Venedig.

Sie versanken in die äußerste

Dürftigkeit , und haben sich endlich unter die Klaſſe des übrigen Volks verlohren , die von der Arbeit einzig und allein leben muß,

128

Neunter

Abschnitt.

Physischer und politischer Zustand der Jusel Varo , und der

Vestungen Bucintro und Parga.

Physischer Zustand der Insel Paro.

Vier Seemeilen südlich von Corfu liegt die Insel Paro. Sie ist Eyrund und erstreckt sich der Länge nach von Nords oft nach Südwest : sie kann sechs Seemeilen im Umfange haben. Nordöstlich in der Mitte hat sie einen Hafen , in

dem ein kleines Eiland liegt.

Auf diesem sieht eine grie

chische Kirche, die der heiligen Jungfrau gewidmet ist; und deren Thurm eine Leuchte trågt , die auf den Ort der Bucht hinweißt , wo ziemlich große Fahrzeuge einLaufen können ; an andern Stellen ist sie sehr seicht.

Ges

wöhnlich versieht man sich hier mit Wasser , welches ſehr gut und in Menge vorhanden ist. Dieser Hafen heißt Gai.

Paulus redet von ihm

in seinen Briefen und auf der Stelle, wo das Haus gefanden hat, das dieser Apostel während seines Aufent halts allhier bewohnt haben soll, hat man eine Kirche. erbauet.

Nochbefinden sich hier die beyden kleinen Buchten Laca und Longon , kleine

in die aber nur Barken und sehr

Fahrzeuge einlaufen

können.

Am Ufer dieser

Buchten und des Hafens Gai stehen die meisten Häuſer

Beschreibung der Insel Paro 2c.

der Infulaner.

129

Hier findet man auch einige Caffeehauser

und Buden , wo man allerhand Lebensmittel verkauft. d Buden 16 Das Clima ist hier so milde wie auf Corfu. Die Einwohner sind starke und gesunde Leute , diejenigen

ausgenommen

welche in der Nähe des Hafens Gai wohnen,

Von den seichten Stellen desselben steigen in der Hiße des Sommers böse Dünste empor , welche die Luft verderben und dreytägige Fieber verursachen , die aber zum Glüc nicht von langer Dauer sind.

Durch Ausgraben dieser

Stellen könnte man dem Uebel abhelfen , auch zugleich den Hafen zur Aufnahme großer Schiffe geschicht machen. Erdbeben find hier sehr selten , und werden nur dann verspürt , wenn man in Corfu Erschütterungen empfunden hat. Der Bodeu ist bergigt und voll Felsen.

Das wes

nige Getreide was hier angebaut wird und worunter fich auch etwas Gerste befindet, langt nur auf einen Monat. Gemüse wächst auch nur in sehr geringer Menge. Eine Art wilder Erbsen , auf deren Anbau man einige Sorgs wird von den Infulanern getrocknet

falt verwendet ,

und auf diese Art lange Zeit erhalten. Troß der Unfruchtbarkeit des Bodens , gewährt die Insel doch einen angenehmen Anblick.

Sie ist voll Berge, mit Olivenbäumen bewachsen sind , und wischen r n hne zerstreut liegen . n deren Thäler die Hütte der Einwo m u r a thum ; diese Frucht e ist ihr einzig Reich Der Dehlb e s s t i f n f und darum zieht und ihnen , alle Bedürf verscha lt n pflegt man ihn auch mit der größte Sorgfa . die

Man berechnet das Sehl , welches man in der Erntes zeit gewinnt , auf 5,000 Krüge (jarres) und das , was Offers Reisen,

I

Neunter Abschnitt

130

man in den Jahreszeiten erhält ,

wo die Baume auss

zuruhen scheinen , jedesmal über 10,000 ; men 35,000 Krüge . als das von Corfu.

Dieses

also zusam

Dehl ist weit besser,

Die Ursach hievon liegt nicht allein

im Boden , sondern auch in der mühsamern und schnellert Zubereitung des Sehls. Man sammelt hier die Stiven sogleich als fie ans Jo fangen herunter zu fallen , und bringt fie hne Zeitz verlust unter die Presse. Auf s läßt mau sie hin= gegen zu lange liegen ,

ehe man sie preßt und dadur

verderben sie und geben ein schlecht schmeckendes Dehl. Die reichen Einwohner kaufen das Dehl der übrigen, und heben es in Behältern auf, die in der Nähe threr Hauser in Felsen gehauen sind.

Hier soll es sich auch weit besser

halten als in den Krügen und andern Gefäffen, worin es in Corfu aufbewahrt wird.

In den Gegenden der Insel , wo die heftigen Weste und Nordwestwinde die Anpflanzung derOehlbäume nicht zulassen; zieht man Wein , der ziemlich gut ist und auf vier Monate für die Bedürfnisse der Einwohner ausreicht. Die Mühe und außerordentliche Beschwerde, die der Weins bau hier erfordert, find ein schöner Beweis von der Thås tigkeit der Parinoten.

Zu jedem Weinstocke müssen fie

eine Vertiefung in den Felsen hauch , die sie mit kleinen' Steinen und Gideo & sie von unten ausfüllen , diese müssen müſſen ſie uf schleppena ; und mit großen Steinen und einem herauf Graben umgeben , damit sie von dem herabschiessender' Regenwasser nicht fortgeriffen wird.

Baumfrüchte sind selten ;

die Mandelh aber , die

hier wachsen , sind von außerordentlich gutem Geschmack ,

Beschreibung der Insel Paro 26.

131

Die Jagd ist außerst unbedeutend und erstreckt sich bloß aufWachteln und einige andere Vogel , die zuweilen vom festen Lande herüberkommen , und wegen Mangel an Nahrung nicht lange hier verweilen. Der Fischfang giebt wegen der Liefe des Meeres eine reiche Ausbeute , kann aber nur mit großen und ſtars ken Nehen betrieben werden.

Zur Zeit der Ströme wer-

ben auch Muscheln in Menge ans Land geworfen.

Von Vieh findet man hier nur einige Ziegen und Fle Fleisch und Ges

Maulesel , die zum Transport dienen.

treide bekommen die Insulaner von dem benachbarten fés ften Lande; fie brauchen aber nur wenig , da sie äußerst frugal leben und gewohnt sind , sich mit Gemüse und Wurzeln zu befriedigen.

nund Das nöthige Salz zu ihren Speisen und zum Eins falzen des Dehls erhalten sie, wie auch ihre Kleidungss stücke und andre Bedürfnisse von Corfu. Die Stämme und Zweige der Dehlbäume, die keine Früchte mehr tragen , reichen zu ihrer Feuerung bin ; die wegen des gelinden Klima blos in den Küchen statt findet, und bey den einfachen Speisen der Insulanet , die fie oft nur kalt geniessen ,

nicht viel Brennholz erfordert.

So wie diese Insel arm an heilsamen Kräutern ist : so wachsen hier auch gar keine giftige.

Eben so ist sie

gänzlich frey von gefährlichen Insekten und kriechendem Was man davon zum Verfuch Sierher ges Ungeziefer. bracht haben soll , ist jedesmal ausgestorben. Die Anzahl der Einwohner , die außer dem Hafen Gal ganz zerstreut leben und keine Dörfer haben , soll sich Auf 7 bis 8000 Seelen belaufen. 32

Neunter Abschnitt.

132

Eine Secmeile füblich von Paro liegt die kleine Jusel Antiparo Antiparo , die ungefähr eine Meile im Umfange haty Sie hat auch nicht die geringste Bucht ; ihr Boden , der lange Zeit ganz brache lag, scheint, aber für die Cultur sehr empfänglich zu seyn.

Es wachsen darauf nur einige

kleine wilde Gesträuche, die den Parinoten mit zur Seuss rung dienen.

Sie ist bis jetzt noch immer unbewohnt.

Einige Parinoten hatten zwar versucht, sich daselbst aus zubauen ; sie wurden aber bald von von den Seeräubern , die von dem festen Lande und den benachbarten Jufeln kamer, verjagt.

Da diese Infel ganz eben und also gegen die

Winde nicht gesichert ist , so ließen sich zwar keine Baume auf ihr anpflanzen , aber wohl Getreide; gas für die Bes dürfnisse der Parinoten ziemlich hinreichen könnte.

Seit

einigen Jahren ist sie von der Republik einem Offiziere zur Belohnung seiner Dienste geschenkt worden.

Dieser

hat sie einigen Parinoten in Pacht gegeben, die einen Theil zu bearbeiten angefangen haben , und auf dem andern Vich weiden lassen.

Die Hirten,

enen die Bewa

chung deſſelben anvertraut ist , erleiden aber oft Angriffe von den Seeräubern , die ihre Heerden wegführen.

Politischer Zustand der Insel Paro. Ohne Zweifel hat die Insel Paro vor Zeiten einen Theil von Corfu ausgemacht und ist durch ein Erdbeben von ihr getrennt worden.

Die Gestalt der sich gegenüber

liegenden Felsenküsten und die Gleichheit des Bodens chen dies mehr als wahrscheinlich.

Das Stillschweigen

alter Schriftsteller , machte es sogar glaublich , daß selbst nach der Eroberung von Troja Paro noch gar nicht vor:

Beschreibung der Insel Paro ic.

133

handen war , denn wie fame es , daß sie diese Insel gar nicht erwähnen , da sie doch sonst die ganze Gegend be schreiben. Zur Zeit des Plinius , war sie unter dem Namen von Ericnsa bekannt : wie und warum diese Benennung in Paro ist umgeändert worden , darüber habe ich gar keine Auskunft erhalten können.

Sie hat immer zu Corfu gehört ; war eine lange oir unbewohnt und diente h zur Weide des Viehs, das in der guten Jahrszeit von jener Insel hingebracht wurde , bis sich denn endlich einige Corfuaner dort ans Diese Kolonisten hood fick h bauten. und nach vermehrt und den Geist der Thätigkeit immer erhalten. Die Revolutionen, die Corfu erlitt, trafen diese Insel ebenfalls , da ihre Einwohner zu schwach waren irgend einen Feind vertreiben zu können ; und so waren zu Zeiten des Krieges balo Freunde ,

bald Feinde oder auch Sees

rauber in ihrem Hafen; welche lettre ihn noch oft befits chen , und Menschen als Sklaven fortführen. Auf dem kleinen Eilande, welches in der Nähe liegt, stehen noch die Ruinen von einem kleinen Fort , das die Neapolitaner aufgeführt haben , als sie Herren von Corfu waren.

In dem Innern welches von einer Mauer und

vier Thürmen umgeben ist , wurde jetzt etwas Gerste und Gemüse angebaut. Die Parinoten bekannten sich alle zur griechischen Religion nnd der Clerus stand unter einem Protopapa, der von dem von Corfu ernannt wurde, uns ganz von

ihm abhieng.

Kirchen waren beynah so viel als Ein-

wohner , da jede Familie eine kleine Kapelle besaß.

Neunter Abschnitt.

134

Der Abel des Landes bestand in drey oder vier der wohlhabendsten Familien ; die sich in Venedig den Grafen Sie allein.kleideten sich oder Rittertitel erkauft hatten. französisch;

genossen, aber keine auszeichnende Achtung

unter ihren Mitbürgern,

Kein Raths- oder Regierungscollegium fand hier statt. Nahm sich die Gemeinheit vor , • der Regierung etwas vorzuschlagen , oder fie um etwas zu bitten , so versammelten sich die Ersten des Landes zur Berathſchlas gung. Der Festungsprovèditor von Corfu hatte unter den Befehlen des Generals die besondre Aufsicht über Paro. Er ernannte alle zwey Jahre einen der ersten der Inselbewohner , der die Polizey besorgen , und im Fall eines Angriffs die Einwohner zur Vertheidigung anführen mußte, Alle Ereignisse die ins Criminal

und Civilfach einschlus

gen, mußte er dem Proveditor melden.

Dieser Posten

wurde mit mehr oder weniger als 500 Krügen Dehl ers fauft ; je nachdem viele oder wenige Bewerber waren, Vor Zeiten hatten sich die Insulaner in ihren Versamma lungen diesen Vorsteher selbst gewählt.

Die Wahl fiel

dann immer auf einen Insulaner , den sie durch Chikanen recht in Unkosten setzen wollten.

Diesem Vorsteher, der Fader Capitain hieß , gab der Proveditor vier Fåhudriche , die

die Zölle in dem Hafen Gai und den beyden andern Buchten einnehmen mußten.

Sie fommandirten noch

die Miliz , die aus unbefoldeten Landleuten bestand, wels che Cernides genannt wurden. Der Hafen von Paro war der feste Posten einer Galiote , die ungefähr mit 60 sklavonischen Soldaten bes

Beschreibung der Insel Paro ic mannt war.

Sie

335

mußte die Insel bewachen und die

Zolleinkünfte der Regierung gegen Schleichhändler sichern. Zu diesem Endzwecke befand sich an den Buchten Lacca und Longon eine Besatzung von acht Manu, denen ein Unteroffizier vorstand.

Der Capitain der Galiote hatte

für sich und einen Theil seiner Mannschaft eine Wohnung auf dem Lande, welche die Gemeinheit unterhalten mußte. In der guten Jahrszeit befuhr dieses kleine Fahrzeug die Küste der Insel, um die Varken zu vifitiren , die vom Lande stießen.

Alles wurde dem Proveditor der Festung

berichtet und nach seinen Befehlen angeordnet. Das Sanitätscollegium von Corfu ernannte jedes Jahr drey Einwohner zu Gesundheitsbeamten ; sie stellten die Påſſe für die abfahrenden Fahrzeuge aus , visitirten die ankommenden , und ſtanden übrigens ganz unter den Befehlen jenes Collegiums. Dehl war der einzige Handlungsartikel dieser Insel, und gab dieselben Zölle wie in Corfu. Die jährliche Dehlernte bestand wie gesagt , in 35,000 Krügen ; dies machte den Krug zu eilf Livres oder einem Thaler achtzehn Groschen gerechnet, die Summe von 385,000 Livres. Ein Drittel hiervon gieng für die eigne Consumtion der Infulaner ab ; also blieben nur noch nach Abzug des Zolls von 16 Procent, der 1754 Livres , 3.S. 9 D. betrug, 274,913 Livres für die Ausfuhr

übrig.

Diese besorgten

die

Eingebohrnen

felbst.

Die Summe, welche das nöthige Korn und die ans dern Artikel kosteten , die aus der Türkey und von Corfu hergebracht wurden , überstieg bey weitem jenen Ertrag

Neunter Abschnitt .

136 der Ausführ.

Dieses Deficit mußte also durch andere

Erwerbsarten ersetzt werden.

Alles benußte der Paris

note, es blieb ihm also nichts weiter zum Verdienst übrig, als seine Felsen.

Einige bestanden aus einer weichen

Steinart ; diese brach er in Quadersteine ;

aus den hår:

tern fabrizirte er Mühlsteine zu großen und kleinen Mühe ken ; beyde wurden nach Corfu gebracht.

Ein anderer

Theil der Einwohner suchte seinen Unterhalt zur See. Andere bebauten den Boden benachbarter Länder , und einige giengen nach Corfu , wo sie kleine Schenkwirths schaften anlegtén. Am meisten beschäfftigte sie ab der Schleichhandel mit ihremOehl nach dem festen Lande. Hier verkauften sie es sehr vortheilhaft für alle Arten der ers ften Lebensbedürfniffe. Die Sitten , die Erziehung , die Unwissenheit, der Charakter , (ihre größere Thätigkeit ausgenommen ) und die Nationaltracht waren ganz dieselben, wie auf der Ins fel Corfu.

Die Frauen wurden aber beffer und freyer bes

handelt, und die Sprache war nicht so sehr mit gråcisirs ten italianischen Wörtern angefüllt.

Von Bucintro.

Vier Seemeilen nördlich von Corfu liegt auf der Küste von Albanien , die kleine Festung Bucintro.

Die

Schiffe können nur eine Seemeile von derselben anfern, in der Nähe eines Fluffes , der von der nördlichen Seite der Landgebirge herabströmt.

Seine Mündung ist durch

Schilf und andere Gewächse so verengt , daß nur eine Galiote einlaufen kann.

Weiter herauf bildet er einen

See von drey bis vier Meilen im Umfange, der ebenfalls

Beschreibung , von Bucintro.

voll Schilf und Wassergewächse ist ,

137

und sowohl viele

wohlschmeckende Fische als auch reichliches Vogelwildpret liefert.

Das Territorium

von Bacintro erstreckt

fich ungefähr drey Meiten weit in Albanien hinein.

Es

ist beynah gänzlich unangebaut , und bloß mit Brennund einigem Bauholz bewachsen , Sehlbäume stehen. mur wenige um die Festung.

Die Furcht vor den Plünderuus

Diese liefern gen der Albanier verhindert den Anbau. Korn und Vieh nach Bucintro, das von hier nach Corfit Den hier von den Fischern verfertigten

geführt wird.

Das Schilfufer und die

Caviar schätte man sehr hoch;

vielen Sümpfe , die vom Anschwellen des Sces und des Kleinen Fluffes durch Regen

und Schneewaffer um Bu-

e · Luft so sehr ; cintro herum entstehen , verschlimmern die daß im Sommer die Garnison der Festung alle zwey Lage, und im Winter wenigstens alle acht Tage abgelöst werden mußte. Die Jagd , selbst von großem Wildpret , als von Schweinen ,

Hirschen . u. f. w. war in diesem Gebiete

fehr reichhaltig. Die Festung liegt auf einer Erdzunge , welche sich in den kleinen Fluß hineinzieht.

Sie besteht bloß aus

einem dreyfeitigen Thurme , den die Venetianer nach der letten Belagerung von Corfu bauten , und in den Ruiaufges nen eines vierseitigen Thurms , den die Türken führt hatten.

Der erste ist ungefähr fünf und zwanzig r Fuß hoch, und dreyßig auf ebe Seite breit, die Mauer 1 jjeder ist beynah zwölf Fuß dick.

Auf dem Thurm stand eine An den drey Batterie von zwölf metallenen Kanonen. Ecken sind kleine Gebäude aufgeführt ,

die in zwey

Neunter Abschnitt .

138

Stockwerke getheilt sind; in dem ersten standen zwey Fleine Kanonen , und die obern waren zu Wohnungen eingerichtet.

Das eine dieser Gebäude bewohnte der

Gouverneur, und zeichnete sich außerlich bloß durch einen Balkon aus , der nach dem Fluß hin zeigte.

In dem

zweyten hielt sich die Garnison auf, und das dritte befaß ein Gesundheitsbeamter , der die Påſſe der anlandenden Barken visitirte.

In dem Thurm war eine kleine

Kapelle, in der alle hohe Festtage von einem Mönch aus. Corfu die Meffe gelesen wurde.

Zur Seite stand eine

Bude zum Verkauf allerhand Lebensmittel für die Solda ten , und in der Mitte befand sich das Pulvermagazin. ht us einem doppels a Heste Der Eingang auf die Erdzunge en ten Thore , das so niedrig daß man sich bück muß.

Eine sehr enge freinerne Treppe führt auf den Thurm hinauf und ein zwanzig Fuß breiter Graben umgiebt die ganze Festung .

Auf der Seite nach Albanien zu ist

noch ein anders Thor mit einer Zugbrücke . Auf einer Anhöhe am Ufer des Sees, höchstens eine Meile von Bucintro ſieht man die Ruinen einer ala ten Stadt.

Diese kostbaren Ueberreste waren sonst für

Liebhaber ein Fundort sehr interessanter Alterthümer ges wesen: die meistentheils in die Kabinette einiger venetias Die wenigen Denka Generale gekommen find. nischen ålere m der Baukunst , die dem Zahn der Zeit widerflanden, verrathen noch die ehemalige Pracht dieser Stadt. Der Umkreis dieser Ruinen beträgt ungefähr vier Meis len.

Man nennt diese Stelle Paleo caftro , und Paléo-

poli. Lage und Ueberreste der Gebäude zeigen sehr deuts lich, daß hier Buthrotum die Hauptstadt von Chaouien

Beschreibung von Parga.

139

gestanden hat, die durch die Thränen berühmt ist , mit denen die unglückliche Andromache , das dem Hektor ers richtete Denkmal beneßte.

Dieser Posten stand unter einem Befehlshaber , der alle fünf Jahre vom Sendt ernannt wurde.

Gewöhn

lich war es ein verabschiedeter Offizier , der aber wenigs stens den Grad eines Lieutnants haben mußte. General allein legte er von allen Rechenschaft ab.

Dem Die

ganze Einnahme deſſelben bestand bles in dem viel Gea winn abwerfenden Verkehr , das er mit den Albaniern treiben durfte , und in den Geschenken der Fischer, die alle unter ihm ftanden., Big Mann.

Die Garnison bestand aus dreys

Die Wache , die immer bey den Kanonen

des Forts stand , und eine Galiote , oder wenigstens eine Brigantine hielten die Albanier in Respekt , deren Nachbarschaft sehr oft beunruhigende Angriffe veranlaßte. Der Kommandant hatte überdies noch eine Barke zu seiz nem Befehle,

Physischer Zustand von Parga. Oftnordöstlich von der Insel Paro liegt auf der wests Es hat lichen Küste von Albanien das Gebiet Parga. höchstens zwey Seemeilen im Umfange, reicht ungefähr eine halbe Meile tief ins Land hinein , und wird von einer hohen Gebirgskette begränzt, in der sich eine Menge Hügel befindet , find.

die mit Brenn- und Bauholz bedeckt

Die Küste bildet an dieser Stelle einen Halbzirkel

von ungefähr anderthalb Meilen Ausdehnung : und dies ses Gestade wird durch einen hohen Felsen getheilt , der auf der Spige einer Landzunge steht.

Dieser kegelförs

Neunter Abschnitt.

140

mige Felsen ist auf seinem Abhange mit Häusern bebaut, die aber über das Meer erhaben stehn, so daß die Wellen fie nicht erreichen können.

Die Gebäude fichen über cina

ander, sind hoch und haben drey Stockwerke, Die Stra and eng u steh ein . Auf dem Gipf nd abschü t e el ffig Ben der heiligen Jungfrau geweihte Kirche , eine Leuchte für die Schiffer trägt.

deren Thurm

Von der Landseite

ist dieser Haufen Häufer mit einer starken Ringmauer umgeben, auf der eine Batterie Kanonen aufgestellt ist. Diese Anstalt heißt die Festung , die wegen ihrer natürli n Loge keine größeren Morfo nöthig hat. Auf der Seefeite werden die Einwohner durch den steilen senkrechten Abhang ihres Felsens geschützt , der der gar keine Landung erlaubt. Der Ankerplatz nimmt nur Barken auf. Zur line ken seines Eingangs befindet sich Dammnden , den die ein · ihrer Barken selbst aufgeführt Einwohner zur

haben.

Es stehen in dieser Gegend zwey kleine Kirchen

und zwey Wassermühlen, die das a Wasser zweyer Ströme von außerordentlich guter Beschaffenbeit bewässert , auch mehrere Baumgarten, in denen viel Citronen und Oran gebäume angepflanzt find.

In der Mitte dieser Gärten

steht das Landhaus eines Primateno der ersten des Landes ; es ist ein hoher Thurm,

auf den man auf steinernen

Stuffen steigt , und nur durch eine Zugbrücke mit dem Wohngebäude in Verbindung steht.

Dergleichen Wohnungen sieht man häufig in der Türken. Am Ufer giebt es mehrere Magazine. Das Klima ist hier sehr gesund ; die Einwohner se hen daher größtentheils sehr wohl aus , find. stark und

141

Beschreibung von Parga. erreichen du chu hohes Alter.

Die gewöhnlichen Krankheis

ten befiehen plos bløs in rheumatischen Zufällen und Seitenstechent die sich durch die freye Lage ihres Wohnorts und durch Erkältungen nach den schweren Arbeiten ihres Ackerbaus leicht erklären lassen. Von Erdbeben weiß man hier gar nichts.

kleine Gebiet von Parga ist sehr fruchtbars Korn , Wein und Sehl ;

Das

es erzeugt

auch verfertigt man Liqueurs.

Die beyden letzten Artikel reichen aber nur zum eignen Berbrauch hin. Vom Wildpret findet man nur Geflügel; aber in reichlicher-Menge.

Das andere Wild wird durch die

Nachbarschaft der albanischen Dörfer verscheucht, .... Der Fischfang reicht auch nur für das Bedürfniß der Einwohner zu. Jeugen, ver ganzen angebauten Gebiets läßt Die keine Bichweiden zu. Man hålt also blos einige Ochsen zum Feldbau ; das andere Vieh bekommen sie von ihren er ten im v Verz Nachbarn, mit denen ihre Fehr stehn, Holz fehlt ihnen auch nicht, sie hauen es in den

nah liegenden albanischen Wäldern,

und führen davon

noch vieles den benachbarten Inseln zu.

Bey diesem

Holzfällen gerathen fie oft in kleine Kriege mit den Albaniern , die aber nicht von langer Dauer sind . Die ganze Bevölkerung steigt ungefähr auf 4000 Seelen , von denen der größte Theil auf dem Felsen dem Dorfe , das rechts vom wohnt : die übrigen leben in Abhange des Felsens am Ufer liegt.

Neunter Abschnitt..

142

Politischer Zustand von Parga. Bis zu dem Passarowißer Frieden, der 1718 zwie schen den Venetianern und Türken geschlossen wurde, ges. hörte Parga zu Albanien ; von dieser Zeit erst kam es unter venetianische Herrschaft.

Es ist eine Art von

Vorposten, die dem Besitzer blos dazu dient , die Ope= rationen des Feindes in Albanien verzögern zu können . Die griechische Religion war die einzige herrschende, die Popen standen unter dem Bischof von Paravaitia in Albanien , der sie einweihte , und alle Jahr einmal diese Kirche besuchte.

Auch befand sich hier eine kleine lateinische Kirche. für den Kommandanten , die Garnison , und durchreis sende Fremde ; sie wurde von einem Franziskaner Mönch y voirdouri and versehen. Die Regierung von Warga wurde von den Geſundheitsbeamten dent Aufseher über die Lebensmittel und den Syndiken ernannt. Leztere mußten besonders für die Ans Kornmodate but füllung eines tragen , wozu jeder Einwohner einen kleinen Beytrag lieferte. Unter andern Privilegien genoffen die Einwohner noch folgende Vorz rechte; sie waren freh von allen Auflagen ,

Kopfsteuern,

Ein- und Ausfuhrzöllen , und hatten die Freyheit Tabak anpflanzen und fabriziten zu dürfen.

In den andern

Besitzungen der Republik durften sie nur die Hälfte der gewöhnlichen Zölle entrichten.

Die Befehlshaberstelle

Pieses Ortes erwählte den ein Adlicher von , und von der Corfu unmittelbar von Parga erhielt erhielt allemal das Conseil unter den Befehlen des Festungsproseditors von Corfu stand.

Gewöhnlich war es ein Syndikus oder Gesunds

Beschreibung von Parga.

143

heitsbeamter der letzten Stadt, oder ein Dokter der Rechte. Die Gemeinheit gab ihm Wohnung und monatlich 100 Livres , was er nebenben erwarb , mochte sich eben, so hoch belaufen. Dieser Befehlshaber entschied unwiederruflich alle Prozesse , deren Gegenſtand nicht über 150 Livres betrug. In Criminalsachen übernahm er bloß die erste Einleitung, die er dem Festungeproveditor · von Corfu überschickte, der fie dann durch eine Commission an Ort und Stelle beendigen ließ.

Der Kanzler des Befehlshabers wurde

vom Regierungsrath von Parga ernannt. ein gelehrter Mann ,

Er war schon

wenn er einige griechische Worte

schreiben konnte.

Die Garnison bestand aus einer Compagnie italiàs nischer Truppen.

Sie war in einem Gebäude einquars

tiert, das noch am Thor der Ringmauer lag , die die Festung vorstellte.

Alle Einwohner von Parga waren

Soldaten, ohne wie die Cernides der Inseln , sterrollen eingeschrieben zu werden.

in Mu-

Sie waren fast tågs

lich mit den Albaniern im Handgemenge , um ihre Eins fälle abzuwehren. Die Ausfuhr der albanischen Produkte , die sie allein betrieben , da sie ihre eignen selbst verbrauchten, machte , ten.

daß sie sich sehr mit der Schiffart beschäfftig=

Dieser Handel wurde zuweilen durch die kleinen

Kriege unterbrochen , die sie mit den Albaniern führten. Nach einigen Flintenschüssen

wurden sie jedoch ges

wöhnlich , beendigt.

Den Fahrzeugen dieser Gegend war nicht immer zu trauen ; sie waren oft mit Räubern besetzt, die aufschlecht

144

Neunter Abschnitt se.

bewaffnete Handlungsschiffe lauerten ,

welche ,

um ihr

Verbrechen zu verheimlichen, ins Meer versenkt wurden, nachdem sie die Equipage ermordet und geplündert hatten. Vey ihrem Rückzuge mußten sie oft ihre Beute mit denen theilen , die ihre Unternehmung hätten verhindern sollen. Der Karakter der Bewohner von Parga hat das frolze und barbarische der Albaner. schlecht genoß volle Freyheit.

Das weibliche Ge-

Aber eine Frau , der man

eine. Galanterie zumuthete , wozu sie nicht Neigung hatte, wartete nicht erst auf die Rache ihres Mannes : ein Stein, ein Meffer , oder was sie bekommen konnte , waren dann

feine ne müßige Waffen.

Die Kleidung der Männer gleicht

fo wie ihre Sitten und Erziehung der albanischen und der Tracht von Corfu. Beständig gehen sie bewaffnet.

Ihre

Befehlshaber , die Ungerechtigkeiten begiengen , wurden von ihnen oft festgesetzt,

bis sie auf ihre Klagen in

Corfu ihrer Bestrafung gewiß waren.

145

Zehnter

Abschnitt.

Physischer und politischer Zustand von Prevesa. Vonizza und San Maura.

Physischer Zustand von Prevesa.

Wenn man von Parga die Küste von Albanien süddstlich verfolgt , so stößt man auf die Mündung des Meerz buſsens von Arta : wo Prevesa auf der Gränze der türkiz schen Provinz Xeromero liegt , die bey den Alten Acarna nien heißt.

Diese Mündung wird nordöstlich von einem

Hügel gebildet , auf dessen Gipfel eine Kirche des heiligen Georgs und eine Windmühle steht , die man sehr Die Schiffart in dieser Meerenge ers weit sehen kann. forderte wegen der vielen Untiefen ? Aufmerksamkeit, und deshalb unterhielt hier die Republik einen Piloten, der die Fahrzeuge regieren mußte, wenn sie an der Mündung ankamen, und ihr Capitain ihm das gehdrige Zeis chen mit einem Kanonenſchuſſe gegeben hatte.

Gut wäre

es gewesen , wenn man auch ein Nachtfeuer angebracht hätte. Wenn man den erwähnten Hügel umfahren hat, so erblickt man sogleich die Häuser von Prevesa, die alle langs der Küste erbaut find.

Sie sind nicht sehr hoch,

und beynah alle von Backsteinen aufgeführt, die von einer röthlichen Erde in der freyen Luft getrocknet werden. Graffers Reisen.

K

Zehnter Abschnitt .

146

Die Gestalt des Gebiets von Prevesa ist beynah dreyeckig , und hat ungefähr fünf Meilen im Umkreis. Die Gränzen hatte der Passarowißer Frieden bestimmt.

Die Rhede von Prevesa beträgt in der Långe ans derthalb, und in der größten Breite eine Meile. Schiffe von jedem Range können hier ankern , und werden von den beyden Anhöhen Chiefalo und Scafidachi gegen die Winde geschützt.

An der nordöstlichen Seite dieser Rhede giebt

es einen kleinen Hafen , ganz nahe am Lande , der wes gen seiner Tiefe Vathi heißt.

Er dient nicht blos zum

Ausbessern , sondern auch zurt Erbauung ganz neuer Fahrzeuge von jeder Größe , nur nicht zu Kriegsschiffen, wozu er zu klein ist.

Zwischen der Burg von Prevesa

und diesem kleinen Hafen befindet sich auf der Küste eine füße Quelle , die Megalivrisi oder der große Brunnen heißt. Nicht weit von der Burg bildet im Winter der Zus sammenfluß der Gewäſſer, und der Schnee von dem als banischen Gebirge Meer ergießt .

einen kleinen Fluß ,

der sich ins

und zwey Wassermühlen in Bewegung

fekt. Die Nachbarschaft des mit Schnee bedeckten albas nischen Gebirges , die Moråste und viele seichte Stellen des Meerbusens von Arta erzeugen , eine sehr ungefunde Luft.

Der oft schnell eintretende. Nordwind nöthigt die

Einwohner , selbst in der größten Sonnenhite fich warm zu kleiden.

sehr gemein.

Verkältungen und Bruftflüsse sind daher

147

Beschreibung von Prevesa.

Zuweilen empfindet man Erdstdße, gewöhnlich sind fie aber nur eine Folge von den Erschütterungen ,

die

San Maura erleidet. Das Gebiet von Prevesa war damals, als die Re publik es besetzte , ganz mit Bauholz bedeckt : und der Senat hatte zur Erhaltung dieser schönen Quelle an Schiffsmaterialien , den neuen Einwohnern ,

denen er

Land zum Anbau anweiſen ließ , aufs scharfste verboten, Bäume zu fållen ; auf allen war das Zeichen des heiligen Markus eingehauen. Deffen ungeachtet haben aber die Bionofoner , die von dem kleinen Lande , was ihnen angewiesen war, nicht leben founten , nach und nach dies fen Wald auf eine listige Weise gefällt , und so ihren Aufenthalt , außer den übrigen Vortheilen auch gesunder gemacht.

Es ist nur noch ein kleines Gehölz übrig

geblieben , das wahrscheinlich ein gleiches Schicksal er= fahren wird. Da der Boden wenig zum Kornban , sondern mehr

1

zur Baumzucht geeignet war , so haben die Einwohner Dehlbäume angepflanzt ; deren gutes Fortkommen die Mühe des Anbaues balo reichlich belohnte. Die Pflans zungen geschehen im April und May. Man minimt einen Oehlbaum von anderthalb Fuß Höhe , beraubt ihn seiner Blätter , pfropft ihn in dem Augenblick , wenn man ihn gepflanzt hat , und, bedeckt ihn dann mit Erde. Der Baum fordert nun weiter keine Pflege, als daß man ihn, wenn er Blåtter treibt, gegen die Gefräßigkeit der Thiere, mit einem Zaun sichern muß.

Die Prevesaner sammeln

mit größerer Sorgfalt , als auf andern Inseln geschieht, die Früchte zur rechten Zeit zum Preſſen , K 2

und daher

Zehnter Abschnitt.

48

kommt es , daß ihr Dehl an Geschmack und +Weiße bey weitem alles übrige Dehl übertrifft , das in den andern venetianischen Besitzungen zubereitet wird.

Noch erzies

len sie aber nicht mehr : als sie selbst brauchen. Die andern Fruchtbäume , als Citronen , Orangen Ein Stamm u. f. w. , gedeihen hier auch sehr gut. von einem Fuß Höhe, der ohne alle Zubereitung gepflanzt wird; trågt am Ende zweyer Jahre schon Früchte.

Sie

find aber gewöhnlich von einem sehr faden Geschmack. Dies ist auch der Fall mit den Rosinen , und darum les Meinbau und , holen lie gen sie sich auch nicht aufden ber ihren Wein von Arta und San Maura. Kräuter wachsen im Ueberfluß. Das Gemüſe ſieht schön aus, hat aber sehr wenig Saft.

Diese Unschmack-

haftigkeit kommt wahrscheinlich vom Brunnenwasser, mit dem man es bewässert , her.

und von dem fandigen Boden

Es reift hier übrigens wie auch die Baumfrüchte

eher, als auf den Inseln. Das Korn von Prevesa läßt sich nicht lange aufbes wahren,und giebt ein sehr schwammiges und etwas schwärz= liches Brot.

Der türkische Waizen ist zwar von sehr gu=

ter Beschaffenheit , wächst aber ärmlich.

Die Jagd liefert in allen Jahrszeiten reiche Beute ; Hasen und ander Wildpret im Winter;

so wie auch

Schweine, Hirsche und andere Thiere, wenn man etwas ins türkische Gebiet hinein geht.

Im Sommer fångt

man alle Sorten von Flügelwildpret. Der Prevesaner hat Ueberfluß an Fischen von aller Art und gutem Geschmack ; daher verkauft er auch viele derselben frisch und eingesalzen an seine Nachbaren ;

Beschreibung von Prevesa. einige räuchert er ,

149.

und verfertigt auch sehr

guten

Caviar, Von Vieh befinden sich hier nur kleine Ziegenheers deu , aus deren Milch man Kåse zubereitet : sonst giebt es nur noch eine gewiffe Anzahl Lastvieh und Zugochsen. An Weiden fehlt es aber nicht.

Das nöthige Schlachts

sich bekommen sie von den Türken . Ihr Salz erhalten sie aus den Salinen von Sans Maura. Außer der Burg von Prevesa giebt es keine andere Wohnungen, weil die Nähe der Albanier den Aufenthalt auf dem Lande unsicher macht. Die Volkszahl soll sich auf sieben bis achttausend Seelen belaufen.

Politischer Zustand von Prevesa. Der Meerbusen von Prevesa hieß bey den Alten Sinus Anactorius , von der nahgelegenen Stadt Anacto. rium; und der von Arta , Sinus Ambracius.

Die erste

Zeit, wo man gewisse Nachricht hat, daß das Gebiet von Prevesa anfieng bewohnt zu werden , scheint nicht über die Gründung der benachbarten Stadt Nicopolis hinaus zu gehn : die als Denkmal des Sieges bey Actium von den Römern erbaut ward.

Die Stadt Prevesa liegt

.kaum eine Meile weit von den Ruinen jener alten Stadt. täglichNähe findet, einige Diese und haben die Antiken aller Art , die man hier noch neuere Geographen zu der irrigen Meynung verleitet , daß Prevesa auf einen Theil dieser alten Stadt erbaut wåre. Erobeben ,

Sie wurde theils vom

und nachher von den

Barbaren zerstört.

Zehnter Abschnitt .

150

Mehrere Jahrhunderte nach ihrer Vernichtung wurde erst Prevesa aufgebaut. Nicht weit von dem Hafen Vathi findet man noch unzählige Ruinen , an denen man die kostbaren Spuren alter Baukunft und Bildhauerarbeit erkennt, die unsern Eben so hat man auch Künstlern zum Muster diente. in Prevesa interessante Antiken ,

Medaillen ,

Cameen,

Basen und Inschriften gefunden ; die meistentheils in die Kabinette verschiedener venetianischer Gelehrten und Lieb haber der Alterthümer gekommen sind.

Erst vor unge-

fähr zwanzig Jahren machte ein Hirt eine Entdeckung, die der Aufmerksamkeit werth ist.

Er stand auf seinen Stock

gelehnt, als sich der Boden unter ihm senkte, und er mit Hülfe eines andern Landmannes ein ſteinernes Grabmal entdeckte.

Sie fanden in demselben eine Menge Medails

len , Goldmünzen , ein Göhenbild von demselben Metall und mehrere Ringe , deren Steine aber von wenigem Werthe waren. Der Gouverneur bemächtigte sich dieses Fundes , nachdem er die Entdeckung erfahren hatte, und ließ weitere Nachsuchungen ansiellen , die aber vergeblich waren.

Noch heut zu Tage finden die Landleute beym

Adern Medaillen , Gold,

Silber

und Kupfermünzen,

Cameen und geschnittene Steine, worunter sich oft sehr kostbare Stücke finden.

Nicht weit vom Hafen Wathi sieht man noch ein. ganz unversehrtes steinernes Grab , das bleyfarben ausficht.

Es ist sechs Fuß lang , und zwey Fuß breit und

tief.

Die Trauervasen , Thrånen und Aschenkrüge, die

man aus ihm herausgenommen hat, waren aus einer röthlichen, sehr harten Erde verfertigt.

Beschreibung von · Preveſa.

151

Auf der einen Seite des Grabes ſtand folgende Inſchrift. ΚΟΡΝΗΛΙΑ

OEONIE ΕΤΩΝ

ΕΞΕ

ΣΙΛΒΑΝΟΣ

ΣΙΟΥ

ΥΙΟΣ ΕΤΩΝ ΟΖ ΧΑΙΡΕ Cornelia, Lochter des Theon , alt 65 Jahr ; Sylvanus , Sohn des Sius , alt 76 Jahr,

Heil ! Dieses Denkmal scheint nicht über die Zeiten der Römer hinauszugehn.

Als die Türken noch Herren von Prevesa waren, haben sie hier eine Festung gebaut , die ganz der von San Maura gleicht , aber nicht von gleichem Umfange ist.

Ihre Mauern waren ungefähr eilf Fuß dick, und

von einem sehr harten Stein aufgeführt , in der Mitte hatte man einen großen Thurm errichtet , der zum Mas gazin für die Munition diente.

Dieses Fort beherrschte

eine weite Ebene , die sich nach und nach zu einem Hügel erhob.

Die Untiefen erlaubten den Fahrzeugen nicht,

fich der Küste zu nähern ; eine Landung war daher ſehr schwer zu unternehmen.

Als Venedig durch den Passarowißer Vertrag in Besitz von Prevesa kam , bestanden die hier befindlichen Bohnungen aus sechzig kleinen Hirten und Fischerhütten, die mit Stroh bedeckt waren , und aus zwey oder drey beffer gebauten Häusern,

Der Frieden , die Handlung

152

Behnter Abschnitt.

des Meerbusens von Arta , und der Fischfang machten, daß nach und nach viele Anführer der griechischen Trups pen aus den benachbarten türkischen Ländern flohen, und sich auf diesem Gebiete mit ihren Familien niederließen. Viele Vornehme sind ihrem Beyspiele nachgefolgt. Diese Einwanderungen dauern noch heut zu Tage fort , vera mehren die Bevölkerung von Prevesa , und geben Hoffnung, daß es einst eine ansehnliche Stadt werden kann. Die Prevesaner standen seit der Zeit der venetianis ... schen Herrschaft unter dem Bischof von Arta und Les panto. Prevesa.

Jedes Jahr besuchte der Prålat die Kirchen von Die venetianische Regierung schickte ihm zu

seiner Reise eine Brigantine , und erwies ihm alle mög liche Freundschaftsdienste .

Gegen die Popen war er sehr

ffreng, und erpreßte von ihnen unter allerhand Vorwäne. den viel Geld.

Die Repräsentanten der Republik dul-

beten dies nicht allein, sondern waren ihm dazu auch bes hülflich ; weil man gern seine Freundschaft zu erhalten suchte, da sie wegen seines Ansehns bey den Albaniern von großem Nuken seyn konnte.

Er besaß das Recht,

am Weihnachtsfest drey Gefangenen die Freyheit schenken zu können , nur mußten sie nicht Todesverbrecher seyn.

ein.

Diese Befreyung brachte ihm immer einiges Geld Bey seiner Ankunft in Prevesa brachte er dent

Gouverneur jedesmal Wachslichter ,

Kälber , Hüner,

Lobak und türkische Pfeiffen zum Geschenk mit, Die Primaten von Prevesa bilden ein Collegium, das die Municipalbeamten erwählte.

Ste versammels

ten sich dazu in einer Kirche, nachdem der schlechte Saal,

Beschreibung von Prevesa.

153

der ihnen gehört hatte , und an der Festung lag , in eine Art von militairischem Hospital war verwandelt worden.

Der Gouverneur dieses Orts, der jedesmal ein ves netianischer Edelmann war , und alle zwey Jahr vom Senat ernannt wurde , hing gänzlich von den Befehlen 1 bes Proveditor von San : Maura ab. Er hatte zivey Kanzler unter sich , der eine gab sich mit den Criminals 'sachen ab , die ihm aber nicht viel Mühe verursachten, da fie gewöhnlich nit Geld abgemacht wurden.

Als

Faktor des Proveditors erwarb er sich auch ein gutes Mebenverdienst. ~~ Der andere Kanzler beſorgte die Civila und Staatsgeschäfte, führte die Correspondenz ,

und

ftellte die Påffe für die Handlungsbarken aus, 1597 Von der alten Festung , die nah an der Mündung bes Hafens stand , und 1701 von den Venetianern zerz stört wurde, sind nur noch einige geringe Ucberbleibsel zu sehen.

Die Türken bauten ſie nachher eine halbe

Meile tiefer ins Land hinein. Sie besteht aus einem viereckigten Wall , der mit Pallisaden von Eichenftämmen umgeben war , von denen aber viele in die Küche der Proveditoren gekommen sind, bie mehr für diese , als für die Sicherheit des Landes bes forgt waren.

Ringsherum geht noch ein Graben , der

nicht sehr tief ist und nie Waffer enthält.

Die beyden

Spißen idiefes Forts , die den Flecken und den Hafen beherrschen , sind mit zwey Bastionen versehen , auf denen zwey Batterien von schweren Canonen errichtet sind ; viele von ihnen waren so wie die Stücke , die auf dem Wall standen , gar nicht montirt.

Zwischen diesen beyden Bas

flionen legt das Thor des Forts , das immer offen stand;

Behnter Abschnitt.

154

und nie einen Mann Wache hatte.

Im Innern wohnte

der Proveditor und die Besatzung, die aus acht Soldaten In einem andern kleiz

und einem Unteroffizier bestand.

nen Gebäude hielten sich vier Artilleristen auf, zugleich diente es auch zum Magazin får Kriegsbedürfnisse. Noch waren hier drev Brunnen und eine lateinische Kirche , des ren Gottesdienst von zwey Franziskanermönchen

auf

Unkosten der Republik besorgt wurde.

Zur Bewachung des Hafens diente eine Galiote und eine oder zwey Brigantinen ; erstere war mit funfzig flavonischen Soldaten und einem Capitain , jede der lezs ten mit funfzehn bis achtzehn Mann besetzt.

Man ges

brauchte diese Soldaten auch zur Erhaltung der Ordnung und Ruhe

auf dem Lande.

Diese kleinen Fahrzeuge

kreuzten auch abwechselnd im Meerbusen von Arta und beschůzten die Handlungsbarken , die dahin fuhren. Diese Schifffahrt wurde oft von türkischen und selbst noch öfter von prevesauischen Seeräubern gefährdet , deren Verbre chen die Regierung ungestraft hingehen ließ. Die Repue༤ , blik unterhielt auch beständig zwey Detaschements griechis scher Truppen , jedes von vier und zwanzig Mann , welche die Gränzen mußten .

gegen das türkische Gebiet bewachen

Wurden die feindlichen Angriffe der Albanier

für Prevesa beunruhigend , so eilte der Proveditor von San Maura mit einer Verstärkung von italianischen und sklavonischen Truppen herbey.

Diese kleine Kriege waren

niemals von Dauer oder blutig.

Die Prevesaner die

ihren Wohnsitz zu San Maura aufgeschlagen hatten, mußten sich bey diesen Vorfällen an das kleine Hülfs-

Beschreibung von Prevesa. corps anschließen ;

155

nur unter dieser Bedingung war es

ihnen vergönnt hier zu wohnen.

Der Prevesaner zieht aus seinem Boden kein Produkt , das er verhandeln , oder an seinen Nachbar gegen andre Waaren umtauschen könnte. Alles was er gewinnt, braucht er selbst, und das erste Bedürfniß , das Korn, fehlt ihm sehr.

Was ihu dafür entschädigt und noch

überdies reinen Gewinn bringt ist erstlich der reiche Fischfang und dann besonders der Transporthandel.

Dieser

wird mit vieler Thätigkeit betrieben und ist sehr eintråglich, ob er gleich nur auf Barken geschieht, und sich nur auf die Küstenländer und nahe liegenden Inseln beschränkt. Sie führen den Albaniern ausländische Waaren und Lurusartikel zu , und führen dafür deren natürlichen Produkte nach andern Ländern,

In ihrem Karakter , in ihren Sitten und Gebräus chen, gleichen sie sehr ihren Nachbaren.

Von diesen

nehmen ſie auch viele Wörter in ihrer Sprache , die eis gentlich die griechische ist, auf. ganz albanisch.

Ihre Tracht ist beynah

Albanier waren auch die ersten Ansiedler

dieser Gegend , und sie haben troß der Veränderung ihrer Herren , dieselben Neigungen und Gewohnheiten beybehalten.

Die Frauen genießen die Annehmlichkeiten der Freyheit ; fie theilen mit ihren Männern die geselligen Vers gnügungen des Lebens , und sind viel sanfter als die vou Parga.

Behnter Abschnitt.

156

Albaniens Handel über Prevesa. Die Lage von Prevesa an den Küsten von Albanien und am Eingange des Meerbusens von Arta macht diesen Ort zu einer Niederlage türkischer Waaren sehr geschickt, und dies Verkehr hätte für die Republik Venedig vors theilhaft werden können, da sie hier keinen Rival zu bes fürchten hatte.

Durch diesen Handel konnten ihre Inseln

Produkte erlangen , an denen die Einwohner ihre Talente hätten üben können , und wodurch denn gewiß Künste und Industrie unter ihnen in Aufnahme gekommen wären. Die unterdrückende und falsche Politik von Venedig fand es aber nicht für gut die dazu ndthigen Handlungsvers bindungen mit den türkischen Ländern einzugehn : sie suchte blos die nahen Paschas ben friedlichen Gesinnungen zu erhalten , damit fie gegen ihre Besitzungen auf dem festen Lande nicht feindselige Plåne entwerfen möchten , und die für die Insulaner nöthige Ausfuhr der ersten Lebensbes dürfnisse aus Albanien ungestört erlaubten. Aus einer gewiſſen Unthätigkeit ließ es also die Res publik geschehen, daß sich andre Mächte dieses so wicha tigen Handels bemächtigten , der für sie viel vortheils hafter gewesen wäre.

Die Mittel , welche die besten zu

der Errichtung dieser neuen Handelsetabliſſements mit vielem Glück anwendeten , waren nicht allein das Stuz dium der Landesprodukte , und der Bedürfnisse der Eins wohner von Albanien ; sondern auch das Studium des Karakters und der politischen Marimen der verschiedenen Paschas, die dieses Land beherrschten, und besonders ihre Einmischung in die Streitigkeiten und Verhältnisse, in benen sie unter sich , oder mit der ottomanischen Pforte

Beschreibung von Prevesa. standen.

157

Auf diesem Wege erhielt Frankreich die vielen

Handelsverbindungen mit diesen verschiedenen Låndern, und so erhielt zum Beyspiel noch Spanien , durch die Aussöhnung der Pforte mit dem mächtigen Pafcha von Skutari ,

von diesem

leztern

große Begünstigungen.

Dieses einzige Mittel zur Errichtung fester und vortheilhafter Handelsverbindungen vernåchläffgte Venedig gånze lich.

Es bemühte sich gar nicht durch reelle Dienste die

Freundschaft dieser Paschas zu erhalten, und konnte daher von ihnen auch keine Begünstigungen erwarten. Der Handel, den Frankreich mit Albanien führte, ers streckte sich blos aufBauholz für das Arſenal von Toulon. Anfänglich geschah er durch griechiſche Kaufleute , die mit dem Minister der Marine einen Handel schloffen , und Borschüsse erhielten.

Ihr Gewinn erregte bald die Cons

kurrenz der Kaufleute von Marseille ;

sie schlugen den

Ministern vortheilhaftere Bedingungen vor, und erhielten von diesen nicht allein ansehnliche Vorschüsse , auch Zimmerleute aus dem Arsenal von Toulon.

sondern Diese

nenen Entrepreneurs wählten sich Durazzo zum Etablissement und Aufenthaltsort.

Ihre ersten Unternehmungen

giengen glücklich ; nachher aber legten ihre Nebenbuhler durch allerhand Intrigen iha die griechischenKaya nen viele Hindernisse in den Weg.

Auch führen sie fort

in denselben Wäldern Holz zu fällen , das sie nach Neapel und Maltha versandten. Durch diese Nebenbuhler stieg der Preis , den man ben verschiedenen Paschas, in deren Gebieten die Wälder 3. Erlaubniß lagen, für die des Fällens zahlen mußte. Man konnte sich auf ihr Wort nie verlassen ; der geringste Vor-

Zehnter Abschnitt.

158

wand diente ihnen zur Brechung ihres Worts , und man . mußte wieder eine größere Summe bewilligen.

Die bes

waffneten Albanier , die man zur Wache für die Sichers heit der Arbeiter beym Fällen und Bearbeiten des Holzes brauchte , vermehrten die Unkosten noch mehr.

Wie man

an . den Küsten keine schickliche Wälder mehr fand ,

fo

wandte man sich zwar in das Innere des Landes ; der Transport war aber so kostspielig , daß man diesen Holzhandel bald ganz aufgeben mußte. J. B. Lasalle , Vorſteher eines der größten Handlungshäuser von Marseille, ein äußerst thätiger und spez kulativer Kopf faßte den Plan diesen für Frankreich so wichtigen Holzhandel mit Albanien wieder herzustellen. Er verschaffte sich durch die franzöſiſche Regierung und ihre Confuls Addreſſen an die Paschas dieser Länder, und reiste 1784 von Marseille ab , um den schicklichsten Ort für diesen Handel , den er ins Große zu führen gedachte, auszusuchen.

Prevesa entsprach am besten seinen Unter-

nehmungen.

Hier ließ er sich nieder und suchte nun durch

alle mögliche Mittel und von seiner Regierung unterstüßt, den Pascha von Janina , Ali zu seinem Freunde zu bes kommen , in dessen Wäldern von Eeromero er das Bauholz fållen und bearbeiten wollte.

Sein großer Geist

und seine unermüdete Thätigkeit siegte über alle Hindernisse und Unglücksfälle , die er erlitt.

Seine Unter-

nehmung gieng so glücklich von statten , daß.er nicht allein mit einigem Gewinn Bauholz nach Frankreich schickte, sondern daß er auch in dem Hafen Vathi ordentliche Schiffswerfte und ein großes Magazin anlegre.

Die

dazu erforderlichen Materialien erhielt er durch seine Vers

Beschreibung von Prevesa. bindungen aus den Magazinen von Corfu.

159 Das Aus-

laufen einer ansehnlichen Fregatte von seinem Stapel ſeßte ſeine schon immer an seinem Untergang arbeitenden Neider und Feinde in Feuer, unter denen sich auch Venedig be fand.

Alles wurde angewandt ihm die Unterstützung des

Paschas Ali von Janina zu entziehen ;

aber vergeblich.

Endlichwurde Lasalle im August 1792 aufder Straße nicht weit von seinem Hause in Prevesa durch zwey Pistolenschüsse ermordet.

Das Benehmen der venetianischen Rez

gierung bey diesem Vorfall bestärkt nur allzusehr den Verdacht , daß sie bey diesem Morde mit im Spiel war. Der Tod dieses großen Mannes sette dem glücks lichen Erfolg seiner großen Staats- und Handlungsunternehmungen ein Ende.

Seine Anlagen blieben wie

verlassen in den Händen zweyer jungen Leute, die feine Gehülfen gewesen waren ,

und deren Unerfahrenheit

die

Kenntnisse und Thätigkeit des verlornen Aufsehers nicht aubte sichDer t me,r der ersehen r, glkonnte. wa nicheine e mit Lafalle verwandt sicher, und begab sich in ein französisches Comptoir in der Levante.

Sein Ges

fährte blieb allein zurück ; er war nichts weiter als ein Aufseher über die Besitzung in Vathi ; die sich täglich ihrem Verfall immer mehr näherte.

160

Eilfter

Abschnitt.

Zustand von Vonizza

Das Vorgebürge Scafidachi gegen Norden von Prevesà und das Cap Chiefalo, bilden den Paß, durch den man in den Meerbusen von Arta einfährt.

Hat man diese

Fahrt zurückgelegt, so erblickt man bald Vonizza. Dieſer beynahe eine halbe Meile hinter demPaß, und Ort liegtvierd zwey

Prevesa. Dies

Gebiet

grånzt an die türkische

Xeromero, die fons Acarnania hieß.

Provinz

Seine Gränze ist

auch nach dem passarowißer Frieden durch venetianiſche Man und ottomanische Comiffarien berichtigt worden. kam hier wie bey Prevesa darin überein , daß der Lauf eines Pferdes , während einer Stunde nach den verschie denen Richtungen des Windes , die Gränzen bestimment sollte.

Es durchlief ungefähr 25 italianische Meilen,

und dies ist der wirkliche Umfang dieses Gebiets. Eine halbe Meile östlich von der Festung erhebt sich eine kleine Insel aus dem Meere die höchstens eine Meile im Umfang hat ; sie ist angebaut und hat eine Kapelle.

Außer der, Rhede von Vonizza giebt es hier keis nen Ankerplatz.

In jener kann man sich leicht mit

Waſſer versehen ,

da die

Ströme vom Gebürge von

Xeromero fich hier ins Meer ergießen.

Der beträchtlich-

ste, der zu Paradiſſi entſpringt , ist der alte Berdas ; er

Beschreibung von Vonizza.

161

fällt gleich hinter der Festung in die Rhede von Vonizza ; und treibt mehrere Mühlen, auf denen nicht allein die hie figen Einwohner , sondern auch die von Prevesa ihr Ges treide mahlen.

In seinem Wasser wåſcht man auch die

Wolle, aus der man die großen Decken verfertigt, die Schiavine genennt werden. Am Fuß eines Berges der im Hintergrunde der Bucht von Vonizza liegt , entspringt eine sehr reiche jalzige Quelle , deren heilsame Kräfte man noch nicht untersucht hat.

Man findet in dieser Gegend noch mehrere dieſer ·

Art. Die Erdbeben find hier selten und werden nur dann verspürt , wenn die Insel San - Maura ſtarke. Erschüttes rungen erlitten hat. Das Klima von Vonizza ist sehr ungeſund und für die Fremden gefährlich.

Die verdorbene Luft rührt von

den Untiefen , Moråsten und Sümpfen her , die sich hier in großer Menge befinden.

Die gewöhnlichsten Kranks

heiten sind dreptågige Fieber, die sich schwer heilen lassen, und mit Verstopfungen endigen.

Die Einwohner sehen

daher auch sehr ungesund aus und sind im Herbst, wenn fie sich nicht recht gut verwahren , häufig den Schlags flüssen ausgesetzt.

Außer der Luft soll auch das Wasser,

deffen sich die weiter ins Land wohnenden Einwohner bes dienen , zu diesen Krankheiten beytragen.

Sie schöpfen

es aus kleinen Bächen , deren Ufer mit Platanen bewachs sen find.

Im Herbst fallen ihre Blåtter, die mit einer

Art feiner Federchen bedeckt sind, ins Wasser, und das durch soll es verderben. Grassets Reisen.

L

162

Eilfter Abschnitt. Das Gebiet von Vonizza besteht aus einer ziemlich

ausgedehnten Ebne, die von der Festung und von einigen. andern weniger beträchtlichen Bergen beherrscht wird . Die Erde ist fruchtbar , aber die Anzahl Einwohner reichte nicht zur Kultur hin.

Sie beschränkten sich blos auf das

Getreide, deſſen ſie bedurften. Der türkische Waizen wächſt sehr üppig, wahrscheinlich wegen der vielen Bäche, die Weinbau treiben fie gar nicht, das Land bewässern. auch ziehen sie fast gar keine Obstbäume.

Oehlbänmé

könnten sie leicht ziehen , da man in den Gehölzen herum eine Menge wilde findet, die man blos pfropfen dürfte, angepflanzt, wenig auchvon Gemüse wird nisse San holen sie sich Mauro Alle diese Bedürfe ፡

Beynah alle Hügel find mit Waldungen bewachsen , in denen sich Holz zum Häuser und Schiffbau findet.

Die Thaler sind voll von

Platanen , Weiden und andern Bäumen , die einen feuchten Boden lieben. Die Beschaffenheit des Bodens und der wenige Anbau desselben macht , daß die Vonizzaner reich an Weiden Sie halten deshalb Kühe, Schaafe, Ziegen, Büffel

find .

und Schweine ;

deren Produkte,

als Wolle, Haute,

Butter und Kåse fie nach S. Maura fahren , und dafür ihre fehlenden Bedürfnisse eintauſchen.

Die Butter und der Kåse , find wegen der geringen Sorgfalt , die man auf ihre Zubereitung verwendet , sehr schlecht.

Bor ungefähr funfzig Jahren unterhielt hier

die Republik ein kleines Corps Kavallerie. Die Jagd ist an Thier E und Flügelwildpret reich. Der Vonizzaner hålt aber bloß wilde Schweine, und Füchse eines Schusses werth,

Hirsche

Beschreibung von Bonizza.

163

Die Küsten haben auch · Fische und Muscheln von allen Arten im Ueberfluß ; jene sind aber gemeiniglich von keinem guten Geschmack ; wahrscheinlich kommt dies von den vielen stehenden Gewässern her, in denen sie sich näh ren.

Die Vonizzaner brauchen daher auch nur zwey

oder drey schlechte Kähne zum Fischfang. Die ganze Volksmenge soll nur in 2000 Seelen beſtehn , die in vier Dorfschaften leben.

zunge

Das erste Dorf heißt Mirtafft und ist auf der Erda aut, welche die eine Küste von der Bucht Vos

nizza bildet, und der Festung gegen über liegt.

Dieses

Dorf enthält ungefähr dreyßig Häuser , oder vielmehr Hütten mit Strohdächern , außer einigen , die mit Zies geln gedeckt sind.

Darin befindet sich das griechische

Mönchskloster, das Santa Venekanda genennt wird, dem dies Dorfgehört. Die Mönche hången von dem Kloster der Heiligen Jungfrau ab , das auf einem Felsen des zwischen Bonizza und Arta gelegenen Meerbusens steht.

Dieser

Felsen heißt Coronist und gehört den Türken. Das Terris torium von Mirtaſſi Mirtassi ist von allen Abgaben frey.

Das zweyte Dorf heißt die Burg ; es ist das größte, and liegt unter der Festung gegen Ostsüdost.

Es zählt

vier und zwanzig Häuser, von denen einige zwey Stock werk hoch sind ; auch giebt es hier einige Fleischer und Handwerksbuden . Das dritte, Bucali , liegt von jenem eine Viertels meile entfernt an der Küste, und enthält ungefähr vierzig schlechte Hütten .

Das vierte steht auf der kleinen Landspite, die unmittelbar von der Festung nach der Küste des Hafens £ 2

164

Eilfter Abschnitt.

führt.

Es heißt die verschlossene Burg, weil es son dem

einen Flügel der Festung bis zum Hafen mit einer Mauer umgeben ist;

in der sich ein Thor

Nachts geschlossen wird.

befindet , das des

In diesem Dorfe findet man

noch die besten Häuser , sonst hielten sich hier auch einige, venetianische Offiziere auf. Hier wohnte der Stellvertreter des Proveditors , sein Haus lag auf der Spitze des Dammes , an dem man landete.

Nicht weit davon stand

eine lateinische Kirche und ein Barfüßer Couvent.

E8

wohnte aber nie mehr als ein einziger Mönch darin , der von der Republik seinen hinlänglichen Unterhalt bekam. Auch befand sich hier eine kleine griechische Kirche der heiligen Jungfrau gewidmet.

Die Festung Vonizza ist ein längliches Viereck, mit ziemlich starken Thürmen und Bastionen versehen , die aber nicht sehr im Stande gehalten wurden.

Sie hatte

zwey Ausgänge , einer führte nach der großen der andre nach der geschloffenen Burg.

Die wenigen eisernen und

metallenen Kanonen , die aufgestellt waren , hatten keine Lavetten, und die meisten konnten gar keinen Dienst mehr leisten.

Alle die Gebäude, welche die Festung umschloß,

als die Cafernen für die Soldaten , die Magazine und die Wohnung des Proveditors and der Offiziere, waren gånzlich eingefallen , nichts war mehr übrig als die Mauern Diese Festung könnte nach ihrer glücklichen Lage sehr von Bedeutung und der Schlüssel vom Meerbusen Arta seyn. Sie bestreicht das Meer und die Ebne, wird von keinem nahen Berg beherrscht , und ist weitläuftig genug , eine starke Garnison aufnehmen zu können.

um

Der Mans.

Beschreibung von Vonizza.

165

gel an türkischen Festungen in der Nähe macht sie noch wichtiger. Politischer Zustand von Bonizza.

Die Einwohner von Bonizza bekennen sich sämmt¿ lich zur griechischen Kirche ; ihre Popen standen unter dem Bischoffvon San Maura. Zur römisch katolischen Kirche hielten sich blos die Gouvernementspersonen und die Garnison. Der Proveditor , der hier die Regierung führen mußte , war immer ein venetianischer Edelmann , den der Senat ernannte , und der eben so wie der von Prevesa unter den Befehlen des Proveditor von San Maura stand. Seine Stelle ward alle zwey Jahre von neuem beseßt. Außer seinem Gehalte genoß er noch einige kleine Rechte, die erst nach und nach durch alten Gebrauch gesetzlich geworden waren. allen

Sie bestanden in kleinen Abgaben von

aaren , die man aus dem Hafen Bonizza aus-

führte.

Ferner mußten ihm die Einwohner wöchentlich

ein vierspänniges Fuder Holz liefern , und einen Bedienten halten.

Endlich mußte ihm jeder Eigenthümer einer

Heerde jährlich ein Schaaf, und jeder Vornehme des Lan= des ein Paar Kapaunen und einen Kuchen schenken.

Die Garnison bestand aus acht Soldaten und einem Unteroffizier.

Die Kranken brachte man zu Waffer in

das Hospital von Maura . Vor zwölf Jahren hatte man hier auch eine Regies rung errichtet , wie zu Prevesa.

Sie versammelte sich

bey dem Proveditor und ernannte durch Stimmenmehrheit die Municipalbeamten ,

166

Eilfter Abschnitt.

Eine schlechte Hütte , die auf dem Landungsdamm stand ,

diente zum Versammlungsort der Gesundheitss

commiffarien.

Der Zoll war dem Zöllner von Maura verpachtet, und wurde von einem seiner Gehülfen eingenommen.

Die Einwohner von Bonizza sollen einen fähigern und lebhaftern Verstand haben als die Einwohner von Prevesa. Da ihre Anzahl aber so klein ist, so können sie sich mit nichts weiter, als mit dem Landbau beschäfftigen, und ihr ganzer Handel besteht blos in der Ausfuhr ihres überflüßigen Getreides und Viehes.

Ihr Karakter ist sehr ſauft, und

besonders zeichnet sich diese Sanftheit bey dem weiblichen Geschlechte aus. Alle diejenigen welche von Thiaqui und Cephalonien fliehen , um in San : Maura eine Freyflåtte zu suchen , empfangen so wie die durchreiſenden griechis schen Mönche die freundlichste Aufnahme und Unters stützung. Ihre Geistlichen versehen sie auf das reichlichste mit allem , was sie selbst besißen.

Ihre Kost ist sehr

frugal und. besteht meist nur in einem großen Brote von türkischem Korn.

Sie breiten dasselbe auf ein Kohl- oder

anderes großes Blatt aus , damit es sich nicht an die Backschaufel anhängt , wenn sie es in den Ofen schieben,

Ihre Tracht ht ist beynahe albanisch.

Die Beamten

zeichneten sich durch ein langes Kleid, eine gestreifteJacke und durch einen runden , oder aufgeschlagenen Huth aus, den sie auf ihre rothe Kappe stürzten.

Die übrigen true

gen eine weiße Kappe, einen Mantel , und ihr Hemde

Beschreibung von Vonizza. hieng über die Beinkleider.

167

Die Frauen kleiden sich hier

wie zu Prevesa; nur hångt ihr lauges Tuch , womit fie sich den Kopf bedecken , hinteu bis auf die Beine herab. Durch die Anfälle der Albanier, zu denen sich auch Räuber aus Prevesa und selbst aus Vonizza gesellen, wers den sie oft beunruhigt , geplündert , und ihrer Heerden beraubt.

Haben einige von ihnen das Unglück in die

Gefangenschaft dieser Räuber zu fallen , so werden sie zu Sklaven gemacht , und auf das grausamste behandelt. Man bindet sie in den entfernt liegenden Wäldern an Båume , und martert sie so lange , biß fie in Briefen ihre Eltern oder Verwandte bitten , die geforderte Summe zur Freylaffung zu bezahlen.

Kommt diese nicht bald,

so schneiden sie dem Gefangenen die Nase oder ein Ohr ab, und schicken dies ſeinen Angehörigen zur Erinnerung an die Bezahlung.

Erhalten sie eine abschlägige Ant-

wort, so stillen sie ihre Rache durch den Tod des armen Schlachtopfers.

Erhalten, sie die geforderte Summe, so

-lassen sie den Gefangenen frey ; 'und glauben die verübte Grausamkeit dadurch wieder gut zu machen , daß sie ihm den Bart scheeren. Die Republik unterhielt hier eine Compagnie von vier und zwanzig Mann Laudtruppen ,

die Armatolier

genannt wurden , sie waren dazu bestimmt , die Einfälle Räuber abzuwehren, Da diese Armatoder banischen lier selbst Land- und Heerdenbesitzer waren , so verrichtes ten sie, aus Furcht vor der Rache der Räuber , selten ihren Dienst.

von Prevesa,

Ihr Befehlshaber war der Commandant

168

Eilfter Abschnitt.

Beschreibung von Bonizza.

Vonizza ist das Anactorium der Alten , von dem nur noch sehr geringe Spuren übrig geblieben sind. Eine. Meile weit von der Festung sieht man die Ruinen eines vierseitigen Gebäudes ; man kann aber nicht erkennen, was es sevn mag.

Auf der Gränze von Prevesa und

Vonizza nehmen die Ruinen eine beträchtliche Strecke ein ; es sind Ueberreste von Mauern und großen Quaderſteinen aufgeführt , und ohne Kalk zusammen

gefügt.

Ues

brigens scheinen diese Ruinen älter zu seyn , als die von Nicopoli,

169

3w difter

Abschnitt.

Physischer Zustand der Insel Santa oder Sans Maura.

Die Infel San 8 Maura liegt zwischen Corfu und Ces phalonien ; sie ist beynah rund , und hat ungefähr zwane zig Meilen im Umkreise.

Sie ist fast durchaus mit Ber-

gen und Hügeln bedeckt , bis auf eine schöne Ebene, die fich längst der nordöstlichen Küste zwey Meilen weit ers streckt , und wenigstens eine halbe Meile breit ist.

Auf

ihr liegt am Ufer des Meers die kleine Hauptstadt AmaMan richi , der Sitz der venetianischen Regierung. follte diese Insel, eigentlich eine Halbinsel nennen ; denn fie hångt mit dem festen Lande durch eine Sandbank zus ſammen ; die faſt fünf viertel Meilen lang ist, und von der nördlichen Landspike , unweit dem Meerbusen von Arta an , mit der Küste dieser Insel parallel fortläuft. Sie hält in ihrer größten Tiefe sechs Fuß Waffer. Diese Sandbank, auf der die Feftung von San- Maura erbaut ist, ward einstens von den Corinthern durchschnitten. Die Infulaner haben die venetianische Regierung vergeblich darum ersucht , dieses Werk wieder herstellen zu dürs fen, da es für ihren Handel und den Transport ihrer Lebensmittel außerordentlich vortheilhaft seyn würde. Zwischen der Insel und dem festen Lande können nur sehr kleine Fahrzeuge durchkommen ; jedes größere Fahrzeug muß sich außerhalb der Insel an der westlichen Küste ders

Zwölfter Abschnitt.

170

der aber nur

selben halten, wo ein kleiner Hafen ist,

zwey Fahrzeuge von hundert bis hundert und funfzig Tonnen aufnehmen kann.

Flüsse

giebt

es hier

gar nicht , sondern bloß

einige Quellen füßen Wassers von vortrefflicher Gûte. Zwey liegen nicht weit von Amarichi.

Lange Zeit hat

es aber der Stadt am Wasser gefehlt ,

bis endlich ein

Proveditor die alten Kandle wieder reinigen ließ,

die

das Wasser von dem großen Brunnen, der ungefähr eine Meile weit liegt , in die Stadt leiten. In einem von Bergen umgebenen Thale, zwey Meilen von der Stadt bilden die herabfeßenden und auf schwellenden Bäche in der Mitte des Oktobers einen Leich von ansehnlichem Umfange.

Gegen Ende des Maimo-

nats ist er wieder ganz vertrocknet , und bildet nun eine schöne sehr fruchtbare Ebene. und das Gemüse,

Das Getreide, die Früchte

was dort angebaut wird ,

gehört

dem benachbarten griechischen Mönchskloster , das dem heiligen Johannes geweiht ist. Die höchsten Berge liegen mitten auf der Insel, ſie und die kleinern sind aber nicht mit Holz bewachſen . Die wenigen Eichen , die man hier findet , stehen auf der Küste von Vasilichi.

An Sehl und Mandelbäumen ist

die Insel aber sehr reich.

Die letztern wachsen auf der

Ebene von Amarichi zu einer außerordentlichen Größe. Das Dehl ist von gutem Geschmack , aber viel gelber als das in Provence und Toscana gewonnene. Die kleinen Gehölze, die selbst um die Stadt herunt stehen , liefern Brennholz im Ueberfluß; daraus auch sehr hübsche und ſtarke Zäune.

man macht

Beschreibung der Insel San Maura.

171

Metalle scheint die Infel gar nicht zu enthalten, auch findet man keine mineralischen Quellen.

L Im Herbst und Winter ist das Klima sehr anges nehm , im Sommer muß man aber die schrecklichste Hike ausstehn.

Die Gegend der Insel, die dem festen Lande

gegenüber liegt , und besonders die um die Stadt herum, ist wegen der Dünste , die aus den seichten Stellen des Meeres und den vielen Sümpfen der Küste hervorsteigen, nicht sehr gesund.

Die östlichen Winde ; welche die pe=

stilenzialischen Dünfte vom Meerbusen Arta herüber füha ren, verschlimmern noch mehr die Atmosphäre, und vers ursachen viele dreytägige Fieber..

Im Sommer herrschen Nord - und West , im Wins ter Süd- und Ostwinde. Den Erdbeben ist diese Insel sehr ausgesetzt ; es vergeht kein Monat , in dem man nicht häufige Erschütz terungen empfindet , die oft so stark sind , daß sie die fea stesten Gebäude beschädigen.

Seit dem lehten schrecklis

chen Erdbeben von Calabrien hat die Insel besonders viel durch fie gelitten.

Die Erschütterungen entstehen hier

unmittelbar , und lassen also vermuthen , daß sich hier ein unterirdisches. Feuer befindet. Die

Ebene von Amarichi

ist

außerordentlich

fruchtbar, fie trågt Getreide von aller Art, Dehl, Wein, Flachs , und ist reich an Fruchtbäumen , Orangen und Citronen.

besonders an

Der Boden der Berge ist ges

wöhnlich steinigt; er könnte aber auch mit Nußen bes baut werden, wenn es nur nicht an Menschen fehlte.

Zwölfter Abschnitt.

172

DieWeine von Leucadia wurden von den Athenienfern sehr geschätzt ; man hielt sie aber wegen der Vers ſetzung mit Gyps für schädlich. Der Fischfang gewährt reiche Ausbeute , besonders an Austern und Muscheln ; auch fångt man Fische, welche die Griechen Octopodia (acht Füßler) nennen , und den Tintenfisch.

Aus den Lagunen erhält man eine Art Aale

von fünf bis sechs Fuß Länge, und von der Dicke cines Manusarms.

Man salzt und räuchert sie.

Von den

andern Infulanern werden sie sehr gesucht , besonders zur Fastenzeit. In den Gebirgen hält sich auch viel Wildpret auf. Das Gemüse wächst sehr üppig ,

und hat einen

vortrefflichen Geschmack , besonders die Artischoken.

In

den verschiedenen Gärten , die man um die Stadt herum antrifft, wird es mit besonderer Sorgfalt angebaut. An Vieh ist die Insel nicht reich; man hålt nur einige Schaaf- und Ziegenheerden ,

und

eine Anzahl

Maulesel, die man zur Arbeit und zum Transport braucht. Der Handel will nicht viel sagen.

Die Salinen,

die das beträchtlichste Produkt lieferten ,

waren einem

Partikulier von der Regierung verpachtet.

Das meiste

Salz gieng nach Venedig , auch wurden zuweilen einige Ladungen nach Schweden ausgeführt. Da man hier fast gar keine Schiffe hat, so bedient mon sich der Prevesanischen Fahrzeuge.

Vor zehn Jah-

ren ließ sich indeß ein Infulaner eine schöne Vrigge von zweyhundert Lounen bauen.

Dieser Versuch zeigt, daß

Beschreibung der Insel San : Maura.

173

die Einwohner sich sehr leicht die Frachtkosten ersparen Fönnten, die sie den Prevesanern zahlen. Die alte Stadt Leucadia, von der diese Insel sonst ihren Namen führte , scheint an der Küste ungefähr eine drittel Meile füblich von der jetzigen Hauptstadt gelegen zu haben.

Man sieht daselbst noch einige Ueberreste von

einer Mauer griechischer Art. Amarichi , der Sitz der Regierung , nachdem sie die Festung verlassen hat , ist schlecht gebaut und sehr unrelich.

Erst vor einigen Jahren hat man die Haupt-

straße , die nach) den kleinen viereckigen Plaße des heiliz gen Markus führt, gepflastert.

Auf diesem Platz sieht

auf der einen Seite die lateinische , und auf der andern die griechische Kirche des heiligen Spiridions.In der einen Ecke steht das Haus des Proveditors , und in der Mitte wurde vor einigen Jahren eine in den Ruinen von Nicopolis gefundene Marmorsäule aufgerichtet , auf die man den Löwen des heiligen Markus gesezt hat. Die Haule find meist nur ein Stockwerk hoch, manche haben Gallerien ; alle aber sind ohne Geschmack und Plan aufgeführt, und verrathen nicht einmal eine Idee von Baukunst.

Die Festung von San - Maura wurde im dreyzehnten Jahrhundert von einem Prinzen aus der Familie der Tochis , auf der Sandbank , die diese Insel mit dem

Stadt Lande Amaricverbindet hi durch ,eineerbauet. Wasserleitun festen and mit der Sie g stand n rbindu in Be die eine halbe Meile lang , und von den Türken unter Bajazet auf der Lagune aufgeführt war.

Dieses Ge

bäude hat sehr durch Erdbeben gelitten , und die Leitung

174

Zwölfter Abschnitt.

Es ist , die des Wassers ist ganz vernichtet worden. Seitenmauern abgerechnet , drey Fuß breit , und dient nur noch zu einem sehr gefährlichen Wege für Fußgånger. Man zählt dreyhundert und siebenzig Bogen , von denen der mittelste sehr hoch und breit ist.

Beym Herauf- und

Herabgehn steigt man auf drey Stufen.

Diese Waſſers

leitung ist die große Merkwürdigkeit von San - Maura. Die Festung ist irregulair, und mit fünf Thürmen bes feßt. Für die venetianiſche Garnison, die kaum aus zweyhundert Mann bestand , war fie groß genug .

Shre Lage

macht sie sehr fest , da sich wegen der Lagunen ,

von des

nen fie umgeben ist , nur ganz flache Fahrzeuge ihr nås hern können. Die Wohnungen des ordentlichen und außerordentlichen Proseditors , die in ihren Ringmauern standen , haben die Erdbeben niedergestürzt.

Es befand

sich auch daselbst die Wohnung des Commandanten , des Schahmeisters, die Cafernen und ein Franziskanerkloster, worin der Vicarius des Bischofs von Zante wohnt. Nahe daran stand eine griechische Kirche des heiligen Timotheus und der heiligen Maura.

Die Verehrung dieser Heiligen

foll die Familie der Tochis aus Spanien gebracht habent. Man stüßt diese Vermuthung auf die kostbare Kapelle,

die in der Kathedralkirche ... Toledo , dieser Heiligen zu Ehren erbaut ist. In Amarichi zählt man vierzehn griechische Kirchen, die schönste ist die der heiligen Mina : und auf der ganzen Insel fünf griechische Mönchsklöster. Die Anzahl der Dörfer beläuft sich auf einige dreyfig; das beträchtlichste ist das des heiligen Peters , das nicht weit vom Hafen Vasilichi liegt,

Der Proveditor

175

Beschreibung der Insel Sans Maura.

besuchte es alle Jahre einmal, um einige Contributionen für sich zu erheben. Die Volksmenge foll ungefähr 16000 Seelen bes tragen , von denen 6000 die Stadt bewohnen.

Politischer Zustand der Insel San Maura. Zuerst hieß die Insel bey den Alten Neritis , und dann Leucadia.

Ihre ersten Bewohner. waren wahrs

scheinlich Acarnanier.

dt Leu cate in die Sta es, daß Stelle einer Nach

gils

Aeneide

scheint

damals nicht sehr beträcht= lich, und die Insel blos durch den Tempel des Apollo berühmt war, der damals auf dem höchsten Vorges birge stand. Der Name Leucadia ist wahrscheinlich der Insel wegen ihrer weißen Felsen gegeben , und nachher durch den von San Maura verdrängt worden ; weil man die Reliquien dieſer Heiligen hier beſonders verehrt. Die Ruinen des Apollo Tempels haben noch lange Zeit, dessen ehemalige Pracht bewiesen , sie haben auch noch heut zu Tage die Aufmerksamkeit anderer Gelehrten an sich gezogen.

Herr Ossur von Petersburg ,

der

auf seiner Reise nach dem Archipelagus hierher verschlas gen wurde, hat sie zulegt besucht.

Nachdem er lange

die Schutthaufen nichts sagender Steine durchsucht hatte, fand er endlich einen mit griechischen Karakteren, die fich * auf eine Grabstätte bezogen.

Er ließ nachgraben , und

entdeckte ein steinernes Grab ; indem er mehrere Rollen von einer Art Papier fand, das sich völlig erhalten hatte. Er entrollte sie mit der größten Sorgfalt, und fah , daß

176

Zwölfter Abschnitt.

fie ein Gedicht der Sapho von Mytilene enthielten, das den Namen Phaoniade führte.

Es bestand aus eis

ner Sammlung von Hymnen und Oden , in denen diese berühmte Dichterin ihre Leidenschaft für den Phaon bes fang.

Dieses Gedicht war noch nicht auf uns gekoms

men , ob es gleich die Alten gekannt haben. Ovid hat vielleicht aus diesem Gedicht den Inhalt Sapho e der an Phaon geschöpft. seiner schönen Herr Offur vertraute dieses Werk einem seiner Freunde 1. an, der es in italianischen Versen übersetzte. Er erhielt es nachher mit der Uebersetzung zurück und war im Begriff den Tert mit Noten herauszugeben , der Tod entriß ihn aber dieser interessanten Arbeit. Nach vielen vergeblichen Bemühungen habe ich ein Exemplar von der erwähnten Uebersetzung , die sehr selten geworden ist , auf einige Augenblicke zu sehen bekommen .

Der Vorbericht dieses

Werkes fagt nicht wie , wenn , und durch wen die Phaoniade ist entdeckt worden ; auch steht auf dieser Uebersetzung weder der Name des Uebersetzers noch ihr Druckort. Das Stillschweigen über diesen wichtigen Punkt , und das wes nige Feuer, welches in diesen Gedichten herrscht , lassen. beynah vermuthen , daß es nicht eine Uebersetzung ; son: dern eine Nachahmung oder ein eigenes Machwerk des vorhergenannten Verfassers ist.

Der Felsensprung von Leucate ist lange Zeit die Strafe der Verbrecher gewesen; Aus Menschlichkeit band man ihnen Flügel und viele große lebendige Vdgel an ; wodurch der Sprung mehr zu einem Fluge ward. Unten standen mehrere Barken , die den Gefallenen aus dem

Beschreibung der Insel San : Maura,

177

Wasser zogen und ihn retteten, wenn er am Leben ges blieben war.

Die Venetianer haben diese Insel seit 1716, da fle ihnen von den Türken abgetreten wurde, bis auf die Ans kunft der Franzosen besessen. fluchtsort vieler Judenfamilien , nien vertrieben hatte.

Sie war langeder Zus die man aus Epas

Die Einwohner dieser Insel bekennen sich zur gries chischen Kirche.

Der Klerus war sehr zahlreich, so uns

wiffend wie auf den übrigen Inseln,

aber fromm und

fittsam ; er stand unter einem Erzbischof, der gemeinschaftlich von dem Klerus dem Adel und den Vorstehern der Regierung erwählt wurde. Nur immer ein Adlicher des Landes gelangte zu dieser Würde, die ungefähr 600 Franken eintrug.

Die Kirche des heiligen Maura galt

für eine der ältesten , und gehörte zu dem Patriarchát von Conflantinopel. Das Corps der Adlichen war auch sehr zahlreich; alle Jahre versammelten sie sich im Aprif, um die Syndizi , Justitiarien , Gesundheits- und andere Municipalbeamten beamten zu зи erwählen , 1788 wurde diese Versammlung Clean Musſchuß i funfzig Mitgliedern Mitgliedern'eeingeſchränkt, ingeschränkt, der die Wahlen nur in Gegenwart der Repräsentanten der Republik vornehmen durfte. Die Häupter der Regierung waren zwey Proveditoren aus der venetianischen Noblesse , welche alle zweh Jahre vom großen Rath von Venedig ernannt wurden. Der erste führte den Titel eines außerordentlichen Proves ditors.

Ihm war ' die politische und dkonomische Vers

waltung der ganzen Insel und der Plate Plähe Prevesa uns Grassets Reisen .

Swölfter Abschnitt .

178

Bonizza auch das Oberkommande der Truppen anvertraut. Er schlichtete alle Prozesse und Streitigkeiten , die sich zwischen den

Einwohnern

und Auswärtigen ,

den Bewohnern einer andern Insel

entspannen.

oder In

Nothfällen , als z. B. bey Einfällen der Albanier in Prevesa oder Vonizza , war er verbunden , sich an Ort und Stelle zu verfügen. Zu seinen Befehlen hatte er eine Galiote, zwey kleine Brigantinen und eine Feluke, die mit sclavonischen Soldaten besetzt waren.

Zur Inftruis

rung und Führung der Prozesse hielt er sich einen Kanzs ler , und zur Ausführung seiner Aufträge einen Adjus tanten.

Der zweyte Proveditor , welcher der Ordinarius hieß, richtete in den Civil und Criminalsachen , die blos Einwohner der Insel betrafen.

Er hatte auch seinen

Kanzler, Adjutanten, und wie der erste eine Garde von funfa zehn bis zwanzig Mann , die von einem Offizier koms mandirt wurden.

Sie kleideten sich beyde wie der Fea

stungsproveditor von Corfu.

Sie legten dem Genes

ralproveditor der Inseln Rechnung ab. Zwey italianische und zwey sclavonische Compagnien, die zusammen höchstens zweyhundert Mann ausmachten, waren die Garnison der Festung und der Insel.

Sie

wurde von einem Obristlieutenant kommandirt , der zus gleich Commendant war.

Von den Infulanern waren

auch vierhundert Mann enrollirt, fie bekamen aber keinen Sold, und standen unter einem Capitain , den der Ges neralproveditor von Corfu ernannte.

Diese Miliz war

" zur Aufrechthaltung der Ordnung im Innern der Insel bestimmt.

Beschreibung der Insel San Maura

179

Der Karakter ber Einwohner, ist janft, friedlich und leichtgläubig. 7 An Thätigkeit, Energie und Ehrs geiz fehlt es ihnen sehr ;

alle ihre Wünsche beschränken

sich auf den Besitz eines mittelmäßigen Vermögens. In ihren Gebräuchen gleichen sie sehr den Griechen von Morea.. Das weibliche Geschlecht ist meist schön ;

genießt alle mögliche Freyheiten, und liebt sehr den Putz. ༈ ། Ihre Tracht ist wie die männliche orientaliſch, ^2- Alle ihre Kleidungsstücke bis aufs Hembe befehen ſie reichlich mit Gold oder Silbertreffen und seidenen Stickereyen.

Das

Hochzeithemde, was der, Bräutigam seiner Braut schenkt, ist von weißer Seide , und an den Ermeln und am Bus fen mit Gold gestickt.

Wenn er seine Neyvermählte mit

Musik in sein Haus führt , so trägt man in ihrem Ges folge alle die Sachen ihrer Mitgift öffentlich T zur Schau. Man sieht erstlich eine große Schüffel , in der die mitges gebne Geldaussteuer liegt ;

dann große offne Kasten,

worin Kleidungen und die Wäsche verwahrt sind, dieſem folgt das Hochzeitbette in voller Parade , kommen die Küchengeräthe:

und zuleht

Den Tag darauf wird hier

wie auf allen übrigen Inseln das hochzeitliche Hemde feyerlich besichtigt.

Die festlichen Gastereyen dauern ges

wöhnlich noch acht Tage nachher fort. Sobald sich die Vermählten bey der Trauung die Hånde gegeben haben , trennt sie ein junger Mann von einander.

Durch dieses Mittel glauben ſie , werde das

erstgebohrne Kind ein Knabe,

In einigen Dörfern wird der junge Ehemann am Morgen des Hochzeitrages in die Mitte eines Hofes

180 Zwölfter Abschnitt. Beschreib. d. Jusel San 2 Maura, oder freyen Plazes geführt, und auf einen Stuhl gesetzt ; zwey junge Leute stellen sich neben ihn ; der eine kömmt and frisirt ihn ; der andere seift ihn ein und rasirt ihn. Dies dauert bis zum Untergang der Sonne.

Zu seinen

Füßen steht ein Becken, in das ein jeder ein Stück Geld hineinwirft.

Die Neuvermählte

siht unterdessen #in

den schönsten Kleidern geschmückt auf Kissen in dem Hins tergrunde einer Kammer , die mit ihrer ganzen Ausstats tung ausgeziert ist.

Ihre Anverwandten und einige

Freunde leisten ihr hier Gesellschaft. In Wenio Häusern pflegt man die Speisen selbst zu kochen, sondern schickt die in einer Pfanne zubereites ten Speisen in die Gemeindfen.

181

Dreyzehnter

Abschnitt.

Physischer und politischer Zustand der Inseln Thiaqui und Cephalonia.

Physischer Zustand von Thiaqui.

Die Insel Thiaqui , dftlich von Cephalonien, ist nur A durch einen zwey Meilen breiten Canal von letterer getrennt.

Ihre Geſtalt ist ein långlichtes Viereck, und ihr

Umfang beträgt ungefähr zehn Meilen , ihre Länge aber vier , und die größte Breite anderthalb Meilen. Die Vorgebirge gegen Norden und Süden heißen alle beyde St. Johannes : es sind hohe Felsen , an die man dicht heranfahren kann.

Die verschiedenen Klippen, welche Thiaqui umgeben , find zum Theil bebauet. Aber ihr Hauptnußen besteht in Viehweiden.

Im Sommer

muß man das Vieh wegtreiben , weil sich kein Wasser darauf findet ; in den andern Jahreszeiten sammelt sich das Regenwasser in den natürlichen und künstlichen Hdlungen. Cephalonien fångt bey dem Vorgebirge Fiscardo an , und bildet mit Thiaqui einen Canal von ungefähr fieben Meilen.

Wegen der großen Tiefe kann man darin

nicht ankern , man würde auch überbies sehr heftigen Windstößen ausgesetzt seyn.

Nur kleine Fahrzeuge, und

auch nur diese bey günstigem Winde wagen es durch den

Dreyzehnter Abschnitt .

182

An dem Hafen Thiaqui , welcher von

Canal zu segeln.

ungemeiner Sicherheit ist , liegt das ansehnlichste Dorf, und nahe dabey eine Quelle, welche die Schiffe mit Wass fer versieht.

Eine Erdzurge trennt diesen Hafen von

einem kleinern ,

der nur Fahrzeuge von hundert und

funfzig Tonnen aufnehmen kann , ist als der erste.

aber

eben so sicher

Am Ufer stehen blos einige Fischerhütz

ten , die Wohnungen liegen auf den Bergen. die meisten W Thiaqui ist mit Felsen bedeckt , welche dem Ackers Bau unübersteigliche Hindernisse entgegen setzen , indeffen ernten die Einwohner mehr Getreide als sie verzehren kömen.

Der Ueberrest und die Produkte der bebanten

Klippen werden nach Cephalonien und Zante ausgeführt, welche sich gern damit versorgen, da das Korn von beſſerm Gehalt , als auf Morea ist. Die Insel bringt funfzig bis sechzig Centner trockne Corinthen hervor , dieses und eine sehr kleine Quantitat Der Dehl machen die Hauptartikel der Ausfuhr aus. Wein reicht gerade zur eigenen Konjumtion hin. Jagd giebt es fast gar nicht , aber die Fischerey ist sehr ergies big. Die Gårtnerey schränkt sich auf einige wenige Ges müse und Früchte ein. gut in Thiaqui.

Federvieh zieht man vorzüglich

Die Truthühner gedeihen dort vora

trefflich , werden ſehr groß , und find vorzüglich zu Gea schenken bestimmt,

Die Insel wird von Erdstößen , boch ohne Scha. den heimgesucht , es sind aber nur Folgen der Erdbeben auf St. Maura oder Cephalonien.

183

Beschreibung von Thiaqui.

Die ganze Bevölkerung von Thiaqui wird aufſechs bis sieben tausend Seelen angegeben , die in vier bis fünf Dörfern , deren

vorzüglichstes Vathi

heißt, zerstreut

leben.

Politischer Zustand von Chiaqui. 1 Thiaqui hat mehrere Namen gehabt ; aber Dulis chium und Ithaca kommen am häufigsten vor. Sie machte einen Theil der Besitzungen des berühmten Ulyſſes aus , und seine Einwohner fochten unter dieses Helden Anführung vor Troja. In der Geschichte hat die Insel immer eine sehr

untergeordnete Rolle gespielt, da sie beständig von dem benachbarten größern Cephalonien abhängig war, und mit diesem ein Eigenthum der Griechen, Römer, byzantinischen Kaiser und endlich der Venetianer wurde,

Spuren des

Alterthums finden sich nirgends mehr. Die Bewohner von Thiaqui bekennen ſich zur griež chischen Kirche, und die Geistlichkeit steht unter einem Protopapa , hängt.

der vom Erzbischoff von Cephalonien abs

Kirchen und Klöster find so zahlreich wie auf den

übrigen Inseln : der r lehteren giebt es vier von der Regel des heiligen Bafilius , aber alle find sehr arm , und ohne Einkünfte außer den milden Gaben der Frommen.

Das

Kloster der heiligen Jungfrau von Catara ist hundert, so wie das des heiligen Nicolaus von Maurena etwa funfzig Jahraft

und beyde wurden von Privatleuten gestiftet.

Das Kloster des Erzengels Michael liegt auf einem hohen Berge, und besteht aus einem einzigen Mönche und cinem dienenden Laienbruder ; die bloß von Almosen leben :

184

Dreyzehnter Abschnitt .

das vierte liegt im Dorfe Droi.

Frauensstifter und las

teinische Kapellen giebt es nicht. Thiaqui ward von einem cephalonischen Edeln regiert, den der Senat in Argostoli wählte. Sein Amt das nur ein Jahr dauerte , schränkte sich auf Erhaltung der Ruhe, und Befolgung der Criminal

und Civilgesetze ein , wos

son er dem Proveditor von Cephalonien Rechenschaft ge= ben mußte.

Dieser Edle schickte bey Processen einen von.

feiner Canzley an Ort und Stelle , um den Handel zu schlichten.

Obgleich dieser Posten eben nicht sehr einz träglich war , schmeichelte er doch dem Ehrgeiz der Eephalonier , und ward nur solchen gegeben , die schon die ersten Stellen bekleidet hatten. Die vornehmsten der Insel versammelten sich jährlich unter Vorsitz des Gouverneurs in einer Kirche , und ers nannten die Municipalobrigkeiten . Die Besatzung bestand aus zehn bis zwölfitalianischen Soldaten von dem cephalonischen Regiment, die ein Unteroffizier kommandirte :

Sie lagen im Hause des Gous

verneurs , und wurden alle Monate abgelöset.

Sitten , Gebräuche , und Lebensart der Einwohner von Thiaqui , fiimmen so sehr mit denen der Cephalonier überein , daß sie keine Merkwürdigkeit darbieten , die das Aufzeichnen verdienen.

Physischer Zustand von Cephalonien.. Cephalonien liegt westlich von Albanien , und öftlich von Romelien im Golfo von Patras.

Ihre Gestalt ift

rund, und ihr Umfang betrågt etwa sechzig Meilen.

Beschreibung von Cephalonien.

185

Die vorzüglichsten Vorgebürge find nördlich Cap Fiscardo und südlich Capra : dieses letztere liegt sehr hoch, und ist mit einem dickem Walde, der Schwarzwald be= nannt , gekrönt. Der nordöstliche Hafen ist mit hohen Bergen ums geben, und so geräumig, daß eine ganze Flotte der größs ten Kriegsschiffe sicher darin vor Anker liegen könnte. Am Ende des Hafens liegen zwey Buchten, welche sehr viele Galeeren faffen können.

Sie werden von Moråsten

umschlossen, welche zwar Ueberfluß am Sumpfwildpret haben, aber die Luft in dieser Gegend sehr ungesund maФер Auf dem höchsten Berge am Hafen steht eine dem heiligen Theodor geweihte Kirche , welcher Heilige auch dem Hafen den Namen giebt.

Nördlich liegt der Felsen

Guardiani, mit einem griechischen Mönchskloster , und einer Mariencapelle.

Deftlich entspringt eine Quelle, wel-

che die Schiffe, und das benachbarte Argostoli mit Wasser versorgt , auf der andern Seite liegt das Städtchen Liruri dicht am Hafen, in einer sehr glücklichen Lage für den Handel. Am östlichen Ufer liegt eine Kirche und ein Kloster der heiligen Familie geweiht.

Es wird von achtzehn

Mönchen bewohnt , die sich bey Landungen der Seeräuber in einen vier Stockwerk hohen Thurm retten , auf dessen obern Theil vier Kanonen stehen. immer ein Vorrath von Lebensmitteln.

In dem Thurm ist

Gewehren , Munition , und

Auf derselben Küste liegt eine Höhle , welche von den prächtigsten Farben schimmert , und ganz das Werk der Natur ist. Sie wimmelt von wilden Lauben , die

nter

Dreyzeh

186

t Abschnit .

von den Einwohnern gefangen werden , indem man Neke vor den Ausgang derselben spannt , und die Tanben durch Lärmen herausscheucht . Weiterhin liegt eine andre Grotte, die merkwürdige Figuren von Tropfstein , und viele offi cinelle Pflanzen enthält. In diese und viele andre kleinere Höhlen , begeben sich die Hirten des Nachts mit ihren Heerden , und schla fen auf heu, nur im Winter mit ein paar Schaaffellen. bedeckt. Korn ist auf der Insel, der vielen Felsen wegen, nicht hinreichend vorhanden , und muß von Morea geholt werden : sechs bis sieben Millionen Pfund Corinthen und ziemlich viel Dehl , sind die einzigen Handelsprodukte.

Die Insel bringt auch sehr gute Baumwolle hervor, bie theils auf Cephalonien , theils auf den benachbarten Inseln verbraucht wird.

Dies war einer der Artikel, auf

welche die venetianischen Seeoffiziere bey ihren Expedis tionen ihr Augenmerk richteten.

Auch wird Seide, zwar

in geringer Menge gewonnen , sie ist aber von befferer Güte, als die von Morea. Die Tafel

und Liqueurweine werden größtentheils

auf der Insel serbraucht.

Man hat versucht ihn auszu-

führen, aber die Einnahme war geringe ,

da die Ge-

schicklichkeit der Cephalonier sehr gute Liqueure zu bereiten, nicht bekannt genug ist. " Der größte Theil dieser Ge tränke wird von den Einwohnern ihren Gönnern in Benebig und Corfu geschickt.

An Früchten und Gemüsen ist Cephalonien nicht reicher als die andern Inseln.

Der Gartenbau ist noch

in der ersten Kindheit und wird durch die Vörurtheile der

187

Beschreibung von Cephalonien

Landleute noch lange darin bleiben.

Man sammelt auf

Cephalonien eine Art Wintermelonen, Namens Bacchieri, welche die bräunlich grünen Malthefermelonen an Ges ſchmack noch übertreffen .

Wenn man ſie aufhängt, hals

ten fie fich lange Zeit.

Im März wirft man zwanzig

oder weniger Samenkörner zusammen in kleine Graben, deren man viele hinter einander zieht. Sobald die Stengel hervorschießen , wählt man vier bis fünf der stärksten in jedem Graben und reißt alle übrigen aus.

Die erstern

dungt man sorgfältig und schützt jede Pflanze durch einen kleinen Wall vor der zu großen Sonnenhite.

Im De

cember find sie reif. Aus Mangel an Weide giebt es wenig Vieh auf der Insel.

Das Rindvich und die Hämmel, welche von

den Insulanern verzehrt werden , kommen von Morea. Bloß Ziegenheerden giebt es auf der Insel , deren Milch zu gesalzenen Kåsen verbraucht wird , die man in Dehl aufbewahrt.

Die Ziegenhaare mischt man mit Wolle,

and verfertigt eine Art Teppiche daraus , welche Zenie heißen, und in Venedig zu Göndeldecken benutzt werden. Au einer Ziegenheerde hatte ich Gelegenheit eine bes . fondere Merkwürdigkeit zu beobachten.

Ich hielt mich

auf dem Lande bey einem vornehmen Geistlichen auf, und trank alle Morgen ein Glas Milch.

Der Grieche, wels

cher mir aufwartete, hatte eine Ziege gewöhnt, sich durch einige Rofinen auf meine Stube locken zu laſſen. Tages bemerkte ich ,

Eines

daß ihre Zähne von einer schönen :

goldgelben Farbe waren. Ich öffnete ihr den Mund, rieb die Zähne , aber die Farbe ward noch glänzender.

Dieſe

Entdeckung interesfirte mich sehr ; ich hätte meine Ziege

188

Dreyzehnter Abschnitt.

nicht mit Amalthea der Amme des Donnergottes vers tauscht. Ich theilte die Beobachtung meinem Wirthe mit, und er zeigte uns auf einer benachbarten Wiese über zweys hundert Ziegen mit eben so schön vergoldeten Zähnen. Ein aufgeklärter Arzt , den ich um Auflösung dieses Råthſels bat, wies mir einen goldnen Ring , der halb in Sils ber verwandelt zu sein schien , und versicherte mir daß das scheinbare Silber nur eine Linctur sey , welche durch das schårfste Reiben sich nicht herunterbringen ließ. hatte ,

Er

als er von St. Maura nach Cephalonien fuhr,

unterweges auf einer kleinen unbewohnten Klippe Pflans zen gesammelt , und fand auf der Rückkehr seinen Ring fast ganz versilbert.

Da er ihn vergebens rieb , schrieb

er die Veränderung einer der gesammelten Pflanzen zu. Er machte den Versuch auf der Stelle mit einem andern goldnen Ringe, hatte aber den Kummer zu bemerken, daß er die rechte Pflanze verloren habe, und konnte den rohen Schiffspatron und die dummen Passagiere nicht bereden umzukehren.

Es ist gewiß zu bedauern , daß wir keine

Kenntniß von zwey Pflanzen haben , welche durch ihre Wirkungen, die sie so bestimmt auf zwey so harte Dinge, als den Schmelz der Zähne und das Gold, äußern, große Kräfte verrathen. Es ist gewiß, daß Cephalonien Ueberfluß an offici nellen Kräutern hat ; das Kraut , dessen Wirkung ich bes ſchreiben will , wird den Leser eben so wie anfangs mich, überraschen.

Im Jahre 1785 landete die französische

Corvette la Semillante unter Anführung des Lieutenants Duboscage , welcher zu Zeiten ſehr an der Gicht litt. Ich rieth ihm den Doktor Zulatti um Rath zu fragen,

Beschreibung von Cephalonien.

189

welcher em geheimes Mittel wider diese Krankheit besigen Duboscage nahm den Vorschlag an ,

follte.

und bes

suchte zuerst mit seinem Chirurgus vier der geheilten GichtFranken. Die Dauer und der Grad der Krankheit waren verschieden.Äst gun ein fiebzigjähriger Mann , war seit Dren L zwanzig Jahren gichtisch. und der Arzney halfen ihm so , daß er fünften Tage aufſtehen Der erfte,

fünf

konnte, und seit sechs Jahren ist er von Gichtschmerzen befreyet.

Der andere von acht und vierzig Jahren war

fünfzehn Jahr krank, und ward durch drey Dosen , so wie der dritte sechs und sechzig jährige , und seit fünf und dreyßig Jahren Leidende, durch fünf Dosen geheilt. Der letzte war ein acht und zwanzigjähriger sehr starker sclavonischer Offizier, und zwey Dosen waren hinreichend, Ihn von seinen Schmerzen zu befreyen.

Seit neun Mo-

naten hat er nie wieder geklagt.

Alle vier Genesene beschrieben die Heilungsmethode auf folgende Art : im heftigsten Anfall des Schmerzens, gab man ihnen eine Taſſe Tasse mit einer weißlichen geschmacklosen Arzeney.

Nach einer Stunde verminderte diese bie

Schmerzen und bewirkte starken Schweiß und häufigen Urin : die folgenden Doſen brachten dafſelbe hervor , und als die Schmerzen völlig aufhörten , verfiel der Kranke in eine gänzliche Abspannung. Man kam ihm durch ſtårFende Mittel in Hülfe, und er ward geheilt. Gesalzene Speisen und hißige Getränke waren ihm auf immer ver boten. Der Doktor fagte uns, daß ihm ein bloßer Zufall, zur Entdeckung dieser Pflanze verholfen habe : feine Köchin

Dreyzehnter Abschnitt.

190

fand sie unter dem Sallat , und brachte sie ihm , als er eben mit einer chemiſchen Operation beschäfftigt war. Er zerlegte fie, und ihre Eigenschaften erregten seine Neus gierde.

Als Arzneymittel brauchte er sie zufällig zum

erstenmale bey einem Gichtbrüchigen, und mit dem besten Erfolg. Nach vielen Versuchen auf Morea entschloß er sich es auch an seinen Landsleuten zu versuchen , aber immer nur während der Erise.

Aus diesem Grunde weigerte er

fich auch hartnäckig dieses Mittel dem Capitain Dubos cage außer den Anfällen zu geben , weil er dann nicht für die Folgen stehen könne.

Noch weniger aber war er zu

bereden seine Entdeckung , ohne große Belohnung bekannt zu machen. Im Frühling gewinnt Cephalonien

viel Manna,

welches denselben Geschmack wie das von Calabrien hat; es wird aber nicht benutzt.

Fischfang und Jagd find so

unbeträchtlich , wie auf den übrigen Inseln , doch ist es der erstere mehr aus Trägheit der Bewohner.

Das eins

zige Wild find Füchse.

Erdbeben sind auf der Insel häufig , und während derselben dünsten die Brunnen Schwefel aus. Das Clima ist gemäßigt , aber veränderlich. Regen t im Soms 1/

mer selten, und gewöhnlich erst im November

im Winter-

giebt es häufige Gewitter , und die Luft ist so gelinde, daß die wilden Rosen und andere Blumen im Ueberfluffe wachsen.

Von der großen Fruchtbarkeit der Weiber und

den geschwänzten Mißgeburten , die Morosino erwähnt, bemerkt man nichts mehre

Beschreibung von Cephalonien.

191

Wilhelm Eton ) spricht von einer Indigo und Kaffeeplantage, die auf dieser Jusel existirt haben soll, Ein Cez der wahre Zusammenhang aber ist folgender.

*) Der oben benannte Britte war vom Handel der Levante no ber benachbarten Länder gründlich unterrichtet. Nächs und dem er seine Kenntnisse in diesem Fache auf den anges schensten Komtoren, in London , Livorno no und 2Aleppo weitert hatte, ernannten ihn die Holländer zum Consul in Bassora. Hier zwangen ihn Unruhen, seine Stelle aufs hierauf Persien , Arabien zugeben, und er durchreiiete d und Indien. Nach seiner Rückkehr in Europa , wandte den neu erlangten südlichett er nach Rußland, um in de Hafen den Handel mit Constantinopel über das schwarze Meer zu erweitern , und hieltt sich in den Jahren 1777 bis 1781 in Constantinopel , Taganrock und den Krims mischen Seehäfen auf. Weil er hier mit seinen Gesellschefs tern und dem russischen Hofe in Streitigkeiten gerieth, so kam er wieder nach England zurück. Hier hat er 1798 " seine Beobachtungen über das türkische Reich und die Resultate seiner mehrjährigen Erfahrungen , über defen fortdauernden Verfall in einem besondern Werke gefams melt. Dasselbe führt den Titel : Survey of the turkiſh Empire by W. Eton. Es ist durch eine deutsche Uebers fehung bekannt genug , erschöpft aber bey vielen lehrreis chen Nachrichten den Gegenstand nicht , weil er dabey Nebengbsichten hatte. Nach diesen sollte Grosbrittannien die Türken, seiner eigenen Handelsvortheile und Verbins dungen mit Rußland wegen , aus Europa vertreiben , das türkische Gebiet entweder theilen oder in einen neuen chriftlichen Staat verwandeln. Was er vom verunglückten. Indigo Bau des Herrn Carburi erfahren hatte, beweist viels ſeine genaue Kundschaft von den Entwürfen , welche andere Nationen oder einzelne Abentheurer auszuführen fuchten , von denen die Levante seit dem ersten ruſſiſchen Kriege wimmelte. Du er wahrscheinlich lange nach Herrn Graffet Saint Sauveur das türkische Reich verließ, und Eton mehr in den östlichen als westlichen Häfen der Levante beschäftigt war , so konnte ihm leicht das vers anglückte Projekt des Abentheurers unbekannt bleiben.

192

Dreyzehnter Abschnitt.

phalonier , Namens Carburi hatte nach langem Ums herschweifen eine französische Dame verleitet , ihn nach Cephalonien zu begleiten , unter dem Vorwand , daß er eine große Indigopflanzung daselbst besäße.

Er gieng

auch wirklich nach Venedig, machte dem Senat sein Project bekannt , und erhielt den Grafentitel.

Da aber we-

der seine Umstände , noch die Insel selbst eine Pflanzung möglich machten , so miethete er zwanzig Bauern von Morea , um einen Sumpf am cephalonischen Hafen urs bar zu machen; diese Bauern behandelte er so schlecht, und bezahlte sie so unrichtig , daß sie ihn erſchoffen , woSeine durch die ganze Unternehmung beendigt ward. Wittwe heyrathete einen Venetianer auf Corfu, und die Carburis

Bauern wurden auf die Galeeren geschickt. Vermögen aber ward vom Proveditor confiscirt.

Das schlechte Wasser , und die zur Fastenzeit håufig genossenen gesalzenen Fische , machen die Krake ? zu einem Nationalübel. Das beste Mittel dagegen ist das Bestreiche mit Schwefel. Cephalonien enthält drey Städtchen ; den Hauptort , Liruri, und die Festung Aro.

Argostoli, Dörfer

giebt es beynahe hundert und dreyßig , und die Totals summe der Bevölkerung steigt aufzwanzigtausend Seelen. Man findet hier fünf und zwanzig griechische , und drey lateinische Klöster.

Lettere sind schlecht besetzt, aber

das kleinste griechische Kloster enthält zwanzig Mönche.

Beschreibung der Städte Argostoli , Liruri und Aro. Argostoli , die Hauptstadt von Cephalonien , liegt auf der Westseite des südlichen Ankerplages , und ist von

Beschreibung von Argostoli , Liruri und Aro.

allen Seiten mit hohen Bergen umgeben.

193

Sie besteht

aus niedrigen , schlecht gebauten , und von Erdbeben bez schädigten Häusern , so daß man sie nur mit einem uns serer Dörfer vergleichen darf. Vom Hafen her fållt einem zuerst das Lazareth, ein artiges viereckiges Gebäude in die Augen , das an jeder Seite mit einem Thurm versehen ist.

Das Innere

besteht aus einigen Zimmern für die Fremden und zwey Waarenlagern. Dabey it in kleine Kapelle und die Wohnung des Papa oder Priesters.

Der Administra

tor des Lazareths bewohnt die ganze Fronte , so wie die Wache von fünf bis sechs Mann das Parterre.

Die

Schiffe aukern hinter einigen Klippen , die einem Damm sehr ähnlich sind. Weiter vorn ist die Quelle,

welche die Schiffe

und auch die Einwohner der Stadt mit Wasser versicht. Letztere holen es in Tonnen, die gerade ein Boot , Cos rinthio genannt , ausfüllen.

Die Häuser in der Nähe.

der Quelle hången nicht zusammen , sondern sind durch Die Wohdie Ruinen ehemaliger Gebäude getrennt. nungen dicht am Ufer haben alle einen kleinen steinernen Vorsprung in die See , wodurch die Küste wie gezähnt aussieht.

Ben vielen Wohnungen ist die Thüre in zweyten Stockwerk, und man steigt durch eine Treppe von außen hinan.

Das Parterre wird nämlich nur als Keller bes

nugt ,

unr Wein ,

Dehl

u.

s.

w.

aufzubewah-

ren , da die Erdbeben keine unterirdischen Gewölbe ers Jauben. Grassets Reifen.

N

194

Dreyzehnter Abschnitt. Die Stadt liegt am Fuß eines Hügels, worauf ein

Kein einziges der Dorf mit einigen Windmühlen steht. Aus öffentlichen oder Privatgebäude verdient einige samkeit.

Der Proveditor wohnt zur Miethe in einem

Privathause, in dessen Parterre man die Wache und ein Gefängniß angelegt hat.

Ein großer Saal ohne andre

Meublen als Bänke , diente zum Audienz - und Gesellschaftszimmer. Zu den Berathschlagungen des Adels dienten ehedem blos vier Mauern ohne Dach, und nur bey Regenwetter zog man in eine Kirche. Da das Amt eines Gouverneurs nur zwey Jahr

dauert, so hålt es keiner der Mühe werth, etwas auf Ausbesserung der Wohnung zu verwenden.

Auch der

Kanzler und sein Gericht befand sich in diesem Hause. Die Caserne für die Soldaten liegt gerade gegenüber. Der Markt ist ein großer Plaß , der durch den Eins sturz vieler Häuser entstanden ist, und auch St. Markusplak genannt wird.

Ein Krämer hatte eine elende Bude

daselbst errichtet, die er ein Kaffeehaus nannte , man zuweilen zur Erhohlung hin gieng.

und wo

Auch hatten die

vornehmsten Einwohner ein Gebäude mit einem großen Saal , an diesem Plaß erbaut , das zum Leihhaus , und zu den Versammlungen des Adels diente.

Am Ufer steht das Haus der Pestcomission .

Es

enthält nur eine Stube und Kammer ohne Fenster, um die Comissarien vor der Zudringlichkeit der Neuigkeitsforscher zu bewahren. In Argostoli ist ein Franziskanerkloster ,

dessen

Kirche die einzige mit einem Glockenthurm versehene ist. Bey den griechischen Kirchen steht vorn oder an der Seite

Beschreibung von Argostoli, Lirurt und Aro.

195

eine Art von Schwibbogen, unter dem die Glocken hången. Oft hången sie nur an einem Balken , der über zwey Cya pressen liegt.

Sie sind halbmondförmig , und geben den

Bewohnern der übrigen

Inseln oft Gelegenheit zum

Spott. Am Hafen stehen Flotte ,

einige Werfte zum Bau der

welche die zahlreichste

im ganzen Archipelaz

gus ist. Liruri die zweyte Stadt liegt norddftlich vom Haupts hafen, gut zum Handel und gesünder als Argostoli : auch haben die Erdbeben hier nicht solche Verwüstungen ans gerichtet , wie dort. Deffentliche Gebäude giebt es nicht ; der Commendant wohnt zur Miethe und seine Truppen liegen in einem Magazin.

Hier steht die lateinische Cas

thedralkirche , die der Bischof eben besuchte,

und die

Pferde und Maulesel , zu deren Stallung die Griechen fie benugt hatten , daraus entfernte.

In den Straßen liegt

so viel Schutt , das es schwer hålt darin zu gehn. Vor einigen Jahren fand man in einem hiesigen , Brunnen, einige alte Büsten , Münzen und Zähne, wels che dem Generalproveditor der Inseln als Geschenk übers reicht wurden. Obgleich der Lurus so erstaunend beschränkt zu Ars gostoli ist , so ist er doch zu Liruri noch geringer.

Die

angesehensten Bürger tragen Müßen , und nehmen Hut und Degen nur , wenn sie nach Argostoli gehn. Zwey Meilen von Argostoli liegt Aro , das P 1595 von den Venetianern auf einem steilen Felsen erbaut ward, so daß man bloß auf einigen schmalen Treppen hinauf tam.

Die Vestungswerke sind der Lage wegen , schlecht

N 2

Dreyzehnter Abschnitt .

196

und unregelmässig , da dieses Fort aber blos den Ufer , bewohnern zur Zuflucht gegen Corsaren dienen soll , erreichen sie ihren Zweck vollkommen .

Am Fuße des Fel-

sens von Aro liegt eine Bay für etwa fünf Galeeren, die aber von den Regengüſſen allmählig verschlemmt wird. B In der Vestung liegt die griechische Cathedralkirche , und die Wohnung wo der Erzbischof ſich aufhalten soll.

Auf einem benachbarten Berge liegt ein griechisches Mönchstloster, welches das reichste iin Cephalonien ist. Die Bewohner desselben befißen die Reliquien des heil. Erasmus , zu denen die Infulaner ein besondres Vertrauen haben. Sein Körper liegt in einem sechs Fuß hohen filbernen Sarge, und wird am Namenstage die dieses Heiligen , so wie bey allen öffentlichen Unfällen gezeigt, Weiber

und Mannsklöster sind zahlreich, allein auf

der ganzen Insel findet man nicht eine einzige Schuls anfialt.

Religion. Die Anzahl der Bekenner der lateinischen Kirche, schränkt sich beynah blog auf die Glieder der Regierung; und auf die Soldaten ein. Das Kloster des heiligen Franz er in Argostoli versah auch Lixuri mit einem Priester, Zedder aber nur an den Festtagen in der kleinen , da befindlichen Capelle

las.

Religiöse Handlungen wurden schon,

seit langer Zeit nicht ausgeübt. Zuweilen kam der Bis schoffvon Zante nach Argostoli , um die Sacramente, die er allein reichen konnte , auszutheilen , und die Sas chen , die von ihm abhiengen, zu entscheiden,

Beschreibung von Cephalonien.

197

Schon zu den Zeiten des griechischen Kaiserthums war Cephalonien ein Bisthum : und als es an Venedig kam ,

wurde es zu einem Erzbisthum erhoben.

Die

beständigen Streitigkeiten die aus den Anmaſſungen der cephaloniſchen Erzbischöfe über die Kirchen in Zante entstanden , verursachten ein Decret des Senats , daß die Cephalonier zwar das Recht den Prälaten zu wählen be halten , aber immer den dritten Bischoff aus Zante nehmen sollten. Die Wahl wird immer verschoben bis der Generalproveditor Cephalonien besucht : welcher bey dieser Handlung den Vorsitz hat ,

und die neue Wahl bestätigt.

Ich hatte Gelegenheit diese Feyerlichkeit mit anzusehn. Die ungeheure Menge Popen, welche sich zur Wahl vers ſammelt hatten , machten es nöthig , diese unter freyem Himmel in einem mit Mauern umgebnen Garten vorzunehmen. An einer Seite stand ein Thron für den Generalproveditor , und vor ihm Lehnstühle für die Räthe und den Adel , nebst einem Tisch auf dem das Evangelium und der Schleyer lag , den der Bischof trägt , wenn er nicht in pontificalibus ift.

Der General kam in der Unis

form des Proveditors , von vielen Offizieren , Råthen und Adlichen begleitet , und setzte sich auf den Thron ſo wie fein Gefolge auf die Seffel.

Sogleich beseßten Sol-

daten den Eingang , und die Rathsdiener vertheilten die Votirkugeln unter die schon versammelten Popen. waren nur zwey Candidaten ; aber beyde von großem Anz hang.

Die Wahl war sehr stürmisch, und hätte auf eine

verdrießliche Art ein Ende nehmen können. Endlich stellte das Ansehn des Generals , und die Reden der Vernünf-

Dreyzehnter Abschnitt.

198

tigsten die Ruhe wieder her. ausgeschloſſen ,

Beyde Candidaten wurden

und alle Stimmen vereinigten ſich auf

einen alten Mönch ,

der sich durch seine Tugenden ein

großes Ansehen erworben hatte.

Der Erwählte nåherte

fich dem General , und dieser befestigte den bischöflichen Schleyer an seiner Müße. Der Prålat ward auf einem Armſeſſel, unter dem Länten der Glocken, dem Donner der Canonen, und dem . Freudengeschren des Volks , in die Cathredalkirche getras gen, wo er sein Gebet verrichtete, und eben so nachHause gebracht.

Hier umringten ihn eine Menge Menschen,

um ihm Glück zu wünschen.

Er lebte aber nicht lange,

und nach seinem Lode bestieg endlich einer der obeners wähnten Candidaten ,

den bischöflichen Stuhl.

Der Erzbischof von Cephalonien hieng im Geiſtlia chen vom Patriarchen zu Constantinopel ab.

Er hatte

keine bestimmten Einkünfte , aber die Accidentien machten etwas Beträchtliches aus . Jährlich bereifete er alle Dörfer, und alle zwen Jahr die Kirchen von Zante, und dies war feine Haupteinnahme.

Außer den Beschäfftigungen die

sein Amt nothwendig machte, als Ehescheidungen , Pries e

fterweihe, und dergleichen ; verrichtete er in jedem Dorfe wo er sich aufhielt , alle Functionen der Landprieſter. Der Landmann dünkte sich glücklich, wenn sein Kind von: dem Haupt der Kirche getauft ,

oder seine Ehe von ihm

eingeſegnet ward und zufrieden mit seinem eingebildeten Glück , bezahlte er ohne Anstand, die Pflicht der Danks barkeit nach Bermögen. Diese kleinen Einnahmen håtten ihm ein gutes Auss kommen gesichert , wenn er nicht die Summen hätte ers

Beschreibung von Cephalonien. fehen müssen, die ihm sein Ehrgeiz kostete.

199 Die Stimme

des Generals , die Minister und Diener desselben , sogar der Wahlpriester mußten bezahlt werden.

Welch ein anz

genehmes Schauspiel bot vor Zeiten eine Bischofswahl bar, wo bie zahlreiche Versammlung der Diener der Kirche, den besten unter ihnen , an ihre Spike setten ! Den griechischen Bischöfen ward dieselbe Ehre als den latzinischen erwiesen.

Ein Senatsschluß ndthigte so-

gar die Mitglieder der Regierung , an einigen feyerlichen Aufzügen Theil zu nehmen.

Bey den Etikettebesuchen

beobachtete man beym Proveditor dasselbe Ceremoniel, wie bey den lateinischen Bischöfen.

Regierung, Adel, Handel , von Cephalonien. Der Proveditor, welcher Cephalonien regierte, ward vom venetianischen Senat und aus den venetianischen Nobili erwählt.

Zu Råthen hatte er zwey andre Patris

cier, welche mit ihm in Argostoli residirten.

Der Coma

mendan von Aro , hatte auch den Titel Proveditor, war aber von dem zu Argostoli abhängig ; der oberste Kriegsbefehlshaber stand in Liruri.

Die Besakung machte höchstens dreyhundert Mann aus.

Die Bauern waren wie auf den übrigen Inseln

unter dem Namen Cernide enrollirt.

Ein Eingebohrner

hatte das Amt den schwarzen Wald zu lichten , und von Räubern rein zu halten.

Er führte den Titel ; Capitan

del Bofco , und hatte Hauptmannsſold. Der griechische Adel erwählte , wie auf den übrigen Inseln, die Glieder der Municipalstellen .

Wer vom Adel

fich auf Corfu befand, durfte in den dasigen Rathsvers

200

Dreyzehnter Abschnitt.

fammlungen mit stimmen ;

der Adel von Corfu hatte

dasselbe Recht in Cephalonien. Den Handel den Cephalonien mit Corinthen und Dehl zur Zeit der Venetianer trieb , will ich bey Zante mit anführen.

Die Einwohner haben sich vorzüglich der

Schifffarth befliffen; chenland ,

ihre Marine ist die beste in Griez

und sie unterlassen nichts um sie im besten

Stand zu erhalten.

Sobald als Rußland durch den Bes

fit der Krimm ſich der Schifffarth auf dem schwarzen Meer versicherte , verließen viele Cephalonier die venez tianische Flagge und folgten der russischen.

Sie bes

fuhren zum erstenmal das schwarze Meer , brachten ita= lianische Waaren nach Cherson , und holten Eisen, Hanf, und Caviar von daher.

Von letzterm verzehren die Gries

chen sehr viel ; sie würzen ihn mit Dehl und Citronens ſaft. Die Cephalonier sind fein, geschickt, und sehr ausetwas geseht sich ulaner , so schreckt ihn abInfulaner Unternehmungen dauernd beyvor ihren . nich Hatts ein und wie ein wahrer Proteus , nimmt er alle Gestalten an die ihm zu Erreichung

seines Zwecks nöthig scheinen.

Diesen

Charakter bemerkt man vorzüglich bey den Vornehmen. Argostoli war in hundert verschiedne kleine Factionen zers theilt , und die venetianische Politik arbeitete daran ſie mehr zu unterhalten , als zu unterdrücken.

Sie sind rach

süchtig und ränkevoll , und man kann aber ihnen keiness ·་ weges großes Talent zu allen Wissenschaften absprechen. Cephalonien har dem Auslande , Staatsmänner , Generale und Gelehrte gegeben..

Gastfreyheit ist noch eine

Beschreibung von Cephalonien.

201

Haupttugend des Cephaloniers , er liebt die Fremden, und ist er gleich so stolz wie alle Griechen, so läßt er doch ihren Verdiensten Gerechtigkeit wiederfahren.

Die übrigen nicht so gastfreundlichen Griechen beschuldigen die Cephalonier , daß ihre Gastfreyheit nur vom Eigennutz erzeugt werde : indem sie glaubten, sich, wenn fie einmal in das Vaterland der Fremden kåmen , eine gute Aufnahme zu verschaffen.

Diese Infulaner lieben das Vergnügen der Gesellschaft sehr , und ihre Weiber genießen alle Freyheit.

In

ihren Gebrauchen und Sitten haben sie nichts , das sie vor den übrigen Griechen auszeichnete.

202

Bierzehnter

Abschnitt.

Physischer und politischer Zustand der Insel Zante und der Strophaden.

3 ante.

Zante liegt nahe bey Cephalonien, an der Westküste von Morea, und hat etwa zwanzig Meilen im Umfang. Sie ist vier bis fünf Meilen breit und sieben lang. Die Hauptvorgebirge find Schinari und Scopo. Mähe von beyden sind Untiefen ,

Ju der

die bey Scopo heißt

St. Spiridion.

Schinari bildet einen kleinen Hafen von ziem licher Sicherheit.

Nahe dabey liegt ein ansehnliches

Dorf und eine Quelle , weiterhin einige unbeträchtliche Salzwerke.

Die Küste bietet einen sehr lachenden Ans

blick dar, den im May der angenehme Geruch der Corins thenblüthe sehr vermehrt. Bisweilen muß man das letztere Vergnügen theuer bezahlen , indem am Ufer von Schinari einige tiefe His len sind , aus denen eine weiße Fettigkeit von dem abz schenlichsten Geruch hervorquillt.

Die Einwohner bedies

nen sich derselben , um die Geschwüre ihres Viehs damit aber kein Chemist ist im Stande, den Ursprung zu reiben, T Will und die Bestandtheile dieser Fettigkeit anzugeben.

Beschreibung von Zante.

203

man es aufbewahren, ſo zerfließt es in eine gelbe Feuchtigkeit. Der Berg Scopo ist' ziemlich hoch , und enthielt einen alten Tempel der Diana Opitis geweiht.

Jeht

fieht man keine Spur von ihm , allein es findet sich in einer Kirche ein Stein , dessen griechische Aufschrift deuts lich zeigt, daß er zum Altar in diesem Tempel gedient · Das Portal derselben Kirche besteht aus vier

habe.

Säulen von cipolinischem Marmor. Jeht sicht auf dem Berge eine griechische Kirche uns serer Lieben : Frauen gewidmet, und ein großes Mönchskloster von der Regel des heiligen Bafilius , Aufsicht eines Abts.

unter 3 der Diese lettere Stelle ist eine der

einträglichsten auf der Jusel , und ward nur an Adliche vergeben.

Das reiche Kloster ward oft um Gelübde ab-

zulegen besucht , aber eben so oft um Luftreisen dahin zu machen.

Man hielt ein ländliches Mahl, und tanzte

darauf nach dem Schall einer Geige und einer elenden Lever.

Wurden diese Instrumente etwa noch vom Oboe

und der Trommel begleitet , fo war jedes feine Ohr ges nöthigt , sich zu entfernen.

Die Priester entschädigten

sich beym Weine für das Vergnügen des Lanzes , dem fie mehr aus Zwang als aus Abneigung entfagten.

Der Hafen Chierri ist immer eine Zuflucht der Sees Im Jahr 1781. nahm ein engliſcher rauber gewesen. Kaper die französische Fregatte la Marie, und brachte die Ladung nach Chierri ,

wo sie verkauft ward , und

trok aller Klagen bey den Engländern und Venetisvern verloren blieb.

Bierzehnter Abschnitt.

204

Im Jahr 1783 kant ein englisches Schiff dicht vor den Hafen Chierri , und blieb zwey Tage dort liegen, ohne daß jemand ans Land kam.

Der Pope des Insels

chens Marotonifi ließ sich aus Neugier in einem Boote hinbringen , und fand auf dem Verdeck nur drey Leute, einen Sclavonier ,

einen Albaneser , und einen jungen

Griechen von Paros . habe sie verfolgt ,

Diese erzählten , ein Seeräuber das

Schiffsvolk habe sich in der

Schaluppe davon gemacht , und sie ihrem Schicksal über: laffen ; doch wären sie glücklich entflohn , schliefe eben ,

der Capitain

und wünschte nur einige Matrosen von

Zante zu haben.

Der Priester benachrichtigte den engli

schen Consul und den Proveditor davon, welche aber der Sache keinen Glauben beymaßen , sondern verlangten, er solle einen der Leute ans Land locken , welches ihm auch mit dem Albanier gelang .

Man bemächtigte sich

seiner , und er gestand im Verhöre folgendes. Das Schiff sey wirklich englisch , Großherzogin von Toskana.

und heiße die

Der Sclavonier, Namens

Osegovich , habe sich långst an den Venetianern ,

die

ihn für einen Mord hatten aufhängen wollen , zu råchen gewünscht ,

und deshalb ihm , " (dem Albanier)

und

dem Griechen den Plan , sich des Schiffs zu bemächtigen mitgetheilt. Dies gelang auch, dut ordung eines Theils der Mannschaft , und Verjagung der andern in die Schaluppe.

Die Frau des Capitains ward gezwunz

gen Mannskleider anzuziehn , und nebst zwey Seekadets ten Matrosendienste zu thun. Osegovich suche jest Mas trosen, um das Schiff nach Maina zu bringen , und

habe in seinem Zimmer ein Faß mit Pulver und eine

Beschreibung von Zante.

205

brennende Lunte bereit, um sich bey der geringsten Ges fahr in die Luft zu sprengen . Der engliſche Consul begab sich sogleich allein an Bord, und Osegovich zeigte ihm den Paß. ful stellte sich alles richtig zu finden ,

Der Cons

und bat ihn um

Erlaubniß , die Frau des Capitains und die Cadetten am Ufer frische Luft schöpfen zu lassen.

Durch diese List

wurden alle dren gerettet. Nan kamen sechs in Matroſen verkleidete Soldas ten an Bord , ergriffen Osegovich nebst dem Griechen, besetzten das Schiff, und brachten die Verbrecher nach Zante.

Man machte ihnen den Prozeß, und alle drey

wurden erſchoffen , und ihre Köpfe am Meeresufer aufs gespießt.

Der Geist des Osegovich spukte nach der Meis

nung des Pöbels daselbst, und ein Dichter benutzte die ganze Anecdote,

um ein Trauerspiel daraus zu ver-

fertigen. Ich selbst war auf meiner Reise von Marseille nach Zante in Gefahr, von einem Griechen Namens Lica, der ein neapolitanisches Schiff gekauft hatte, weggenommen zu werden.

Zwey russische Kriegsschiffe retteten uns,

wurden aber doch von dem Corsaren übel zugerichtet. Dieser LLica ward endlich gefangen , und auf die Galees ren von Corfu gebracht , wo er sich aber nach einigen Jahren loskaufte. Im Jahr 1789 diente Chierri den russischen Corfaren zur Zuflucht , welche ihre Prisen dort verkauften, und auch von den Einwohnern unterstügt wurden, bis die venetianische Regierung ein Schiff dorthin verlegte. Chierri ift der einzige Ort der diesseitigen Küste, der den

206

Bierzehnter Abschnitt.

Schiffern einen muntern Anblick gewährt ,

alles übrige

besteht aus steilen Felsen. Nahe bey dem Dorfe Chierri liegt eine große fans . dige Ebene , die blos zum Corinthenbau dienlich ist. Die Luft ist hier ungesund , wie die Bewohner der umlies genden Gegend durch ihre gelbe Farbe beweisen.

Mits

ten in der Ebene befinden sich zwey Theerquellen, die aus tiefen Löchern entspringen.

Ueber dem Theer steht eint

Fuß hohes Wasser, das immer kühl bleibt , so wie auch der Theer, ob er gleich heftig braust , Sommer und bey Erdbeben.

vorzüglich im

Letztere sind nicht heftig,

und man glaubt dieses den Theerquellen verdanken zu müssen.

Viele Reisende glauben, daß die ganze Gegend

umher hohl sey , und daß die Ebene ehedem ein Pechsee gewesen , bis ihn die Erdbeben verschütteten ; eine Stelle des Herodot scheint daſſelbe zu beweisen. Leichte Körper , die man in die Quellen wirft, fins det man nach einiger Zeit auf dem Meere schwimmen. Fm April füllen fich die Löcher bis an den Rand ;

die

Einwohner holen den Theer mit Eimern heraus , und schütten ihn in Gråben , wo das Wasser abläuft , und füllen ihn sodann in Faffer ; bis zu hundert und funfzig Pfund.Ein Pfund kostet drey bis vier Sous franzdſiz schen Geldes.

Das Wasser aus den Löchern schmeckt salzig , und riecht nach Theer: die Einwohner brauchen es wider das Fieber und andere Zufälle, wie auch die fremden Schiffer gegen den Scorbut.

Die Griechen trinken davon wenn

fie auch völlig gesund sind.

Man gebraucht das Pech

zum Calfatern der Schiffe, und es giebt bey hinlånglis

Beschreibung von Zante.

207

cher Menge den vortrefflichsten Mörtel ab , wie man an den Steinen sehen kann , womit die Insulaper die Pech, gråben einfassen.

Sie halten so fest zusammen , daß

man fie eher zerbrechen als trennen kann. An der Nordostseite von Zante giebt es ein schwef= ligtes Wasser, das die Bauern zur Heilung ihres Viehs besonders bey der Krätze anwenden. Sie waschen dasselbe amit , und der Erfolg ist immer glücklich). Das Wasser ist klar, schmeckt salzig und riecht nach Schwefel.

Eine

andere Quelle ist ein sicheres Purgiermittel , so wie eine dritte vollkommen nach Del schmeckt.

Am Ufer sind eis

nige , die einen Fuß hoch salzig und darunter süß sind. An den Felsen befinden sich sehr tiefe Hdlen, die man aber nicht untersuchen kann , weil es unmöglich ist, einen Begleiter zu finden. Die Erdstöße, die von Nordost nach Südwest sich verbreiten , sind nicht gefährlich, wohl aber die, welche mitten auf der Insel entstehn , und sich nach allen Seis ten verbreiten, und fast alle fünf und zwanzig Jahr wies Derkehren.

Das letzte dieser Art war den. zweyten Nos

vember 1790, sehr verwüstend , über zwanzig

Pers

sonen kamen ums Leben, und alle Oehl- und Korinthenvorräthe in Zante wurden verschüttet. Zante verdient den Titel Blume der Levante, den ihr die Italianer geben , wegen ihrer großen Fruchtbarkeit ; denn sie bringt außer zehntausend Tonnen Wein, vierzig bis funfsig Millionen Centner Rosinen hervor.

Zwey

Drittel des nöthigen Getreides holen die Infulaner aus. Morea

and bezahlen es baar,

208

Vierzehnter Abschnitt. n guten Jahren soll Zante wohl zwölf Millionen.

Centner Corinthen hervorbringen.

Der Weinstock, wele ! cher ſie trågt ist niedrig , und wird an Pfählen gezogen. Die Trauben ähneln dez Johannisbeeren , nur daß die Beeren dichter sitzen und keine Kerne haben.

Wenn sie

noch nicht ganz reif sind, haben sie eine angenehme Säure, welche die zu große Süßigkeit mindert.

Im October

gråbt man die Erde sorgfältig um, důngt den Stock mit fettem Mist, und beschneidet ihn im März.

Im Ende.

des Julius werden die Trauben gelesen , und vierzehn Tage lang getrocknet.

Wenn es während dieser Zeit regnet , so deckt man die Trauben sorgfältig zu , da zu viel Regen sie gänzlich verderben kann , daß sie das Vieh nicht einmal frißt. Sobald sie hinlänglich trocken sind , leert man die Traus ben ab, und füllt die Beeren in Säcke , welche man in die Magazine (Seraglie) bis zur Versendung hinlegt. Jeder Bauer bringt seine Rosinen in das Magazin, welches aus hölzernen Bohlen besteht , und erhält dafür einen vom Eigenthümer unterschriebenen und unterſiegels ten Zettel. noten.

Diese Zettel gelten im Handel wie Banko-

Erst kurz vor der Einschiffung werden die Cos

rinthen in Fässer gepackt.

Jedes Magazinn kann drey

bis vierhundert tausend Pfunde halten. Man verfertigt aus den Corinthen einen süßen dhe lichten Wein , der sehr gut für den Magen ist.

Man

läßt die Corinthen etliche Tage trocknen , preßt sie, und mischt den dicken Saft mit etwas Wasser, nige Zeit gelegen hat , wird er klar,

Wenn er eis

Beschreibung von Zante.

209

Es giebt noch zwey Arten Corinthenweine , welche Der eine heißt Generoide , und sehr süßlich schmecken. wird aus einer Traubenart bereitet , welbe im ersten Fahr große Beeren , in den folgenden aber eben so kleine wie die übrigen Corinthen hat. Der andere heißt Muscato, weil er aus dem Muse cateller gemacht wird.

Da es keine Keller der Erdbeben :

wegen giebt , hålt sich der Wein nicht gut : wau macht einen sehr starken Essig Eſſig darans.

Zuweilen hält er sich

dreyßig Jahr , und ist dann vortrefflich , auch das Verz schicken übers Meer ist ihm zuweilen mehr nüßlich als schädlich. Die weißen und rothen Tischweine find stark und berauschend, weil der Erdboden, worauf der Wein wächst schwefelhaltig ist.

Die schlechten Weine werden von den

Verkäufern mit allerley berauschenden Ingredienzen gemischt, wodurch sie zwar beſſer bezahlt, aber auch ungefunder werden. Aller Wein welcher jährlich gepreßt wird , beläuft fich auf zehntausend Fässer ; es ist hinlänglich , um die Insel und die hier ankommenden Schiffe zu versorgen. Auch an Oehlbäumen hat die Insel Ueberfluß : es giebt davon zwey Arten,

die erste einheimische heißt

Nostrani, die andere Dacoron, von dem Ort auf Morea , wo sie her find.

Die Nostrani sind hoch; und schon im

September reif, die Dacoron niedriger , und können erst immar gesammelt werden. Die Einwohner von Zante, schütteln die Bäume nicht , sondern nehmen die Oliven mit der Hand ab.

Ehe man das Devl auspreßt,

that man ein Zehntel Salz dazu. Grassets Reisen ,

Die Nosirani geben

210

Bierzehnter Abschnitt.

ein Viertel, und die Dacoron ein Drittel Saft.

Zuerst

zerquetscht man fie auf einer Mühle, welche von einem Pferde bewegt wird, und bringt sie dann unter die Presse, Das Dehl, welches nicht versendet , sondern auf der Jufel verbraucht wird , macht man mit mehr Sorgfalt. Man salzt die Oliven nicht ,

wodurch dem Dehl der

scharfe Geschmack benommen wird , und läßt sie vier bis fünf Tage trocknen, ehe man das nun sehr klare Dehl auspreßt. Das zur Ausfuhr bestimmte Sehl wird in steinerne Krüge gethan, und wie die Korinthen in die Seraglie ges bracht. Man benußt es vorzüglich in den Seifen ken , und es ist so gut wie das peleponnefische.

Die

Olivenkerne werden vom Volk zur Heizung der Backöfen benußt, da es am Holze fehlt , das man nur in geringer Menge von Albanien und den Klippen um Morea holt. Das auf der Insel verfertigte Salz reicht zur Consumtion , aber nicht zum Einsalzen der Oliven hin ; man muß daher das übrige von St. Maura einführen. Flüsse giebt es auf der Insel nicht ; im Herbst und Wins ter nur bildet das Regenwasser einen Waldstrom , Fina mara, kleiner Fluß , genannt. Die Einwohner rühmen ihren Gartenba sehr, und u

er ist wirklich vorzüglicher als auf den übrigen Inseln . Die Früchte würden sehr schön seyn , wenn man sie nicht immer aus Furcht vor Diebereyen , oder bey einer Gelez genheit sie vortheilhaft zu verkaufen , zu früh abnahme . Das Gemüse schmeckt nach dem Erdreich,

daß es dem Fremden schwer fällt sich daran zu gewöhnen . Nach

Körbel Sauerampfer , und andern der gew hnlichsten

Beschreibung von Zante. Küchenkräuter , frågt man vergeblich. ift nicht immer zu haben.

211

Selbst Petersilie

Die Einwohner gebrauchen.

sehr häufig eine Art kleiner Gurken , welche sie Zuchette Sie verzehren fie gekocht oder als Salat. Die nennen. Soldaten und Matrosen essen sie roh , ziehn sich aber durch ihren Genuß Coliken zu. Das gemeine Volk ißt Bohnen , Erbsen und vors züglich Kichern roh , und hebt die Blätter und Stiele auf,

um am Johannistage ein

Freudenfeuer

anzu=

zünden.

Der Broccoli ist eins der häufigsten Gemüse , und. wird wie die Gurken bereitet , auch thut man zuweilen Rosinen daran.

Man liebt auch die Auberginen sehr,

schneidet sie entzwey und bereitet sie mit Oehl- , Salz- und Pfeffer.

In jedem Garten ist ein Brunnen zum Be=

gießen ; es giebt zwar Quellen genug, aber entfernt, und zwischen Felsen, Wälder findet man nicht , aber einzelne Gehölze von Myrthen, Dehl- und Lorbeerbäumen. Virgil nennt die Insel zwar das waldigte Zante , aber er meynt ents weder diese Büschel fruchttragender Bäume, oder es gab zu seiner Zeit mehr Holz darauf.

Wildpret ist selten , und aus Mangel an Wald und Sümpfen giebt es weder Land : noch Wasservögel.

Im

Frühling geht jährlich ein Trupp Jáåger von Zante in die Bålder aufMorea, und kommt mit der Beute zurück, die fie selten verkaufen , sondern größtentheils mit ihren Familien verzehren . Auch der Fischfang ist nicht ergiebig , sondern die Fischer find genöthigt auf die benachbarten Küsten zu fahs 2

212

Bierzehnter Abschnitt.

ren ; fie falzen die wenigen kleinen Fische in- und ausi wendig ein , aber sobald das Wetter die Rückkehr der Fis scherbarken verzögert ,

verdirbt die

Ladung dennoch.

Frische Fische sind so theuer , daß nur die Reichsten fie sich verschaffen können.

Die Bewohner des Dorfes Agala auf der Südseite der Insel haben eine Fischeren , welche der Jagd ähnelt. Die Felsen ,

welche das Dorf von der Küste trennen,

sind sehr gefährlich zu besteigen, aber die Bauern, welche die Uebang kühn gemacht hat , wagen sich mit großer Leichtigkeit dorthin .

Sie binden einen Strick um einen

Baumstamm auf der Spitze der . Felsen , und das andere. Ende desselben um den Leib.

Dicht am Meer find Hd-

Ien , worin ſich viele Meerkålber aufhalten.

Der Jäger

muß bis an den Hals untertauchen , um zum Eingang Der Hdle zu gelangen, und hält sich mit einer Hand an dem Strick , und mit der andern ein Pistol. Nun misß ser er dem Thier eine tödtliche Wunde am Kopfe beybringen, sonst springt es augenblicklich ins Meer.

Sobald es

todt ist , zieht ihn der Jäger in der Höle das Fell ab, und schneidet das Fett aus: das übrige läßt er den Vd geln und Wellen.

Aus dem getrockneten Fell verfertigen

die Bauern Schuhe , die sie der Dauer wegen den rinds ledernen vorziehen.

Das Fett wird geschmolzen und als

Lampendhl verbrannt : es giebt ein helles Licht , hat aber einen unerträglichen Geruch. Rindvich , Schaafe und anderes Vieh kommt von Moreà, da der Mangel an Weide den Einwohnern nicht erlaubt ,

etwas anders als einige Ziegen zu halten.

Aus ihrer Milch verfertigen sie Käse , aber es werden

213

Beschreibung von Zante.

eine Menge Kafe aus Morea eingeführt , die sehr hart und salzig sind.

Auch Federvieh kommt daher , fo

wie Caviar von

Constantinopel und dem schwarzen

Meer.

Die übrigen Salzspeisen werden von den Eng-

ländern nach Zante gebracht , und machen die Hauptnahrung der Jusulaner aus. Zur Zeit der Ernte gehn vier bis füuftaufend Bauern von Zante nach Morea, um dort zu arbeiten.

Man

bezahlt sie mit Korn , wovon sie nach der Rückkehr in ihre Heimath etwa drey Monat leben können.

Die

ganze Bevölkerung besteht aus funfzigtausend Seelen, die in einer Stadt und fünf und vierzig Dörfern leben. Man wird im Sommer sehr von zwey Arten Müks * ken geplagt ; deren Stich äußerst empfindlich ist. Die erste Art heißt Mussoni, ist klein , und macht ein lautes Geräusch.

Sie dringen in die Stuben , und ſo-

gar in Speisen und Getränke ein.

Ehe man des Abends

Licht bringt, sucht man diese unbequemen Gåste dutch Rauch und Tücher zu vertreiben , aber die Fenster schlies Ben so schlecht , daß sie haufenweise wieder hineinstürzen.

Sie sehen sich an die Wände , und man entfernt sie durch brennende Wachsstöcke , die man so hålt , daß fie in die Flamme fliegen.

. Des Nachts thut man am

besten , das Bette mit Vorhängen von Baumwolle zu umgeben , die im Lande verfertigt werden ,

und Mos

schali heißen. Die andere Art ist eine weiße Fliege , welche Pas patas heißt, weil sie gar nicht lärmt.

Der Stich ist

noch empfindlicher als der von den vorigen Mücken. Es entstehen große Beulen , die Stunden lang schmerzen,

214

Bierzehnter Abschnitt. Giftige Insecten sind sehr häufig und vorzüglich in

den Häusern , wo sie durch die herrschende Unreinlichkeit ernährt werden.

Unter denen, deren Biß man für tödte

zeichnet sich ein Wurm mit

lich dålt,

chen Menge sehr kurzer Füße aus.

einer unendli

Er ist einen bis ans

derthalb Zoll lang , von grauer Farbe , und läuft sehr schnell.

An feuchten Mauern sieht man sie häufig,

Die Insulaner nennen sie Galera , wahrscheinlich ist es eine Art Scolopendra.

Man fürchtet auch eine gewisse Spinne sehr, welche, zum Geschlecht der Mauerspinne zu gehören scheint , fie hat die Größe einer Nuß , schwarze Farbe und starke Klauen.

Sie vergråbt sich in der Erde neben Hecken

und Büschen , in einem dres bis vier Zoll tiefen Loche, das sie mit ihrem Gewebe überzieht.

Dieses Loch ist mit

einem Deckel versehen , den sie mit Spinneweben befes fligt und mit Erde bedeckt. dieses Lochs

Sie sitzt auf dem Boden

und läßt die Thüre halb offen ; sobald sich

eins der Insecten, von denen sie sich nåhrt, zeigt, schließt fie die Thüre und bemächtigt sich der Beute.

Heraus

wagt sie sich selten, da ihr langsamer Gang den Insecten Gelegenheit giebt, leicht zu entwischen. zwey Stunden tödten.

Ihr Biß soll in

Das einzige Mittel ist, den verz

wundeten Theil abzuschneiden.

Auf dem Lande ist diese

Spinne sehr häufig , und sie wird auch zuweilen mit den Reißbündeln ,

welche die Bauern verkaufen ,

in die

Stadt gebracht. Auf den Mauern findet man häufig eine Art schwars zer Eideren , von der Größe und Gestalt der französis

Beschreibung von Zante.

215

fchen: fie liebt Ruinen , und ihr Biß soll ebenfalls tödte lich seyn.

Die Insulaner nennen fie Luzerton.

Eine andere Art Eideren Namens Luzerta, ist kleiner wie die vorige, und von grauer Farbe. nicht so gefährlich.

Ihr Biß ist

Die Eideren laufen sehr schnell, sos

bald man sich ihnen nåhert, sehen sie einen starr an, und bey der kleinsten Bewegung entfliehen sie.

Sie nåhren

fich von Fliegen und Mücken, die sie sehr geschickt zu bes lauern wissen, Der Stich der Skorpionen ist nicht tödtlich ; vers ursacht aber vier und zwanzig Stunden lang so lebhafte Schmerzen , daß gewöhnlich ein heftiges Fieber darauf erfolgt.

Ein gewiſſes Kraut , Scorpio Corto ,

Skorz

pionskraut genannt , ist ein sicheres und schnelles Mittel wider das Gift dieſes Thiers. Schlangen und Vipern find felten , klein und uns ſchädlich. besitzen.

An officinellen Pflanzen soll Zante Ueberfluß

Der Leser wird es mir ohne Zweifel danken , wenn ich ihm beschreibe, wie man zu Zante die rachitischen Personen behandelt ; da die Kunst der Aerzte bey dieser Krankheit so oft ohne Erfolg ist.

Sobald die Krankheit

fich zeigt , giebt man dem Kranken ein gelindes Abfühs rungsmittel von Senesblåttern.

Dreymal des Tages

muß er sechs Unzen eines dicken Syrups nehmen , der aus Ariftolochia longa , Cardus fanctus , Scolopendria und Verbena bereitet wird.

Der kranke Theil wird mit

demselben Syrup gebadet und gerieben.

216 Bierzehnter Abschnitt.

Beschreibung von Zante.

Nachdem man diese Kur acht Tage lang , während welcher der Kranke das Bett, hüten muß, fortgesetzt hat, erholt er sich wieder. Es ist gebräuchlich , den neugebornen Kindern die ersten Tage einige Löffel dieses Syrups zu geben , und vielleicht hat dies zur Folge ,

daß man die englische Die mehres Krankheit sehr selten auf der Insel antrifft.

ften Patienten sind Fremde, die Weiber gebrauchen dieses Mittel nur im letzten Mondsviertel, und lassen sich nicht ausreden , seyn würde.

daß es zu ieder andern Zeit ohne Wirkung

217

Funfzehnter

Abschnitt.

e e t erisch Lage diefer tadt ng der Stad Zant . Mahl . S ung . D ische t ditor Griech Die Vest Pallas des Prgove . ische irchen ische löster Bevölkerun K und latein K . . Griercchhe . h i a e k spl nisch Kathedral öfs St. Marku . Latei e . Bisch s wach ung es oamumendan t licher Pallas . Haupt . Wohn d sbuCre s u ßha dheit of ten . Addre . Bauh . Gesun . Bolls o thurm t. iklas amm . Fonteg oder haus . Leuch S Nin D . z e a h g c a i traße l m s t t Korn das öffen . Der Mark . Haupt . n bniß ines ussischen enerals eth r a z a l r G L Kirche . Begrä e . ." pita r l tenhos esacke der Engländer Arsena . Sgolda . Gott . kerun iertel Bevöl der Stadt und der Jufel . Judenv . n o s Garni .

lichen Seite der Insel am Abhange Soft Zante liegt auf der eines Bergs , der sich unmerklich bis zum Meeresufer neigt.

Sie liegt in einem halben Kreise, den in Süden

der Berg Scopo begränzt.

Die Häuser sind ,

aus

Furcht vor dem Erdbeben, niedrig ; die Banart ist beffer, und nicht so ärmlich wie auf den übrigen Zuseln.

Die

Gebäude , welche auf den höchsten Orten stehen , durch. Oliven getrennt ,

und Cypressenwäldchen, oder durch kleine Gårten frönen gleichsam die Stadt und bieten dem

Auge des Fremden einen bezaubernden Anblick dar.

So

bald er aber diesen lockenden Ort betritt, hat er Gelegen heit, sich zu überzeugen , wie wenig man dem Aeußern trauen darf.

218

Funfzehnter Abschnitt. Ein hoher Berg beherrscht die Stadt , und auf seis

nem Gipfel ist die Vestung erbauet ;

der Weg , welcher

hinaufführt , ist steil, und nur für Fußgänger oder gut abgerichtete Pferde gangbar. Am Fuße des Verges findet man eine Anzahl gesattelter Esel und Maulthiere , deren Führer jeden einladen , sich ihrer zu bedienen.

Dies rief

mir die Posten am Berge Cenis ins Gedächtniß.

Der

erste Posten der Vestung ist ein Thor mit einer Zugbrücke,. welches vier oder fünf Soldaten in einer elenden Hütte bewachen.

Am Eingange der Vestung liegt ein Dorf,

Namens Vucoli , deffen Einwohner als die rachsüchtigsten und blutgierigsten Menschen bekannt sind.

Hinter zwey

andern Posten von derselben Art als der erste liegt eine ziemlich unscheinbare griechische Kirche. Man steigt darMönchsauf durch eine enge Straße bey einem grie kloster vorbey , und kommt so auf eineniArt sse von dffentng he ie d o die Gefä , welc lichem Plaze. Rechts Venetianer niemals leer ließen , und links die Wohnung und die Gerichtsstuben des Kanzlers und anderer Civilbedienten:

Am Ende des Plates stand der Pallast des Proves ditor, ein ziemlich elendes Gebäude.

Man trat zuerst

in einen Vorsaal , wo sich die Garde seiner Excellenz , die aus etwa dreyßig Soldaten bestand , aufhielt ; wie im vordersten Saale beym Generalproveditor hieng auch hier ein ungeheures Gemälde mit dem Wappen des Gouver neurs.

Sechs Hellebarden und die Mäntel der Helles Cine an der Mauer.

bardiere paradirten gleichfalls

schlechte Pritsche für die Soldaten nahm die andre Seite des Vorjaals ein.

Aus diesem Vorsaale kam n man in den

219

Beschreibung von Zante.

Saal, wo der Proveditor Gericht hielt, und wo sich die Adlichen versammelten , wenn das schlechte Wetter seine Excellenz verhinderte, sich in die Stadt zu begeben.

An

der Decke war Themis mit allen ihren Attributen abges bildet.

Da ich einstmals einem Prozesse beywohnte, nås

herte sich mir einer von den Klågern , wunderte sich, daß ich dieses Gemahlde so oft anblickte, und erklärte es mir folgendermaßen :

Was Sie da ſehen ,

ist das Bildeniß_

einer Buhlerin, ihre Gunstbezeugungen find für Geld feil , und ich habe nie etwas von ihr erhalten können. Die Vernunft ist für mich in dem gegenwärtigen Prozeß, wie in funfzig andern.

Ich habe alle funfzig verloren,

und werde diesen and) verlieren. Er irrte sich nicht, schien aber sein Unglück ſehr gleichmüthig zu ertragen. Die Möbeln des Saals bestanden in einem kleinen, mit einem Teppich bedeckten Tische , auf dem das Evans gelienbuch lag, drey Armstühle für den Proveditor und zwey Rathe, und gegenüber eine Bühne für den Redner. Während dieser sprach, ſtanden die Procuratoren bey ihm, welche die Acten und das Gesetzbuch hielten , woraus sie einzelne Stellen , nachdem es der Redner verlangte, ablasen. Die Zuhörer von Stande hatten gleichfalls Stühle. Wenn sie alle Reden bis zu Ende hören müssen , was ren sie sehr zu bedauern.

Eine hölzerne Treppe führte zu den Zimmern des Proveditor.

Ich habe nichts darin gesehen ,

was die

Neugierde der Lefer befriedigen könnte. Neben dem Pallaste des Proveditor wohnten die beyden Räthe, die der Senat ernannte , in einem Hause, welches der Regierung gehörte.

Seitdem dieses gänzlich

220

Funfzehnter Abschnitt.

zusammenfiel , mietheten sich die Herren in die Stadt ein, und erhielten etwas Gewisses zur Entschädigung . Dasselbe geschah mit dem Proveditor selbst, weil das letzte Erdbeben seinen Pallast zerstörte. Die Vestungswerke bestehen blos aus Mauern , die Südlich an mehrerern Stellen beschädigt sind. sliegt ein Marku wehte ; ten wo die Flagge des

Ravelin ,

etwa zwanzig eiferne Kanonen lagen in der Vestung, aber die mehresten in schlechtem Zustande und ohne Lavetten. Dft

mußte man sie durch Böller verstärken ,

um die

Grüsse der fremden Kriegsschiffe zu beantworten. Die Vestung hat eine vortreffliche Quelle , welche Entweder wegen der Nachbarschaft Narauzera heißt. Me einiger Orangenbäume, oder um den vortrefflichen Geschmack des Waffers zu beschreiben.

Diese Quelle ver-

sieht einen Theil der Stadt mit Wasser , aber der Transport auf Mauleseln macht es sehr theuer. giebt es mehrere Cisternen. ziscanerkloster.

Außerdem

Nahe dabey Tiegt ein Fran-

Der Convent bestand aus einem einzigen

fetten Mönche, der in aller Frömmigkeit die Einkünfte verzehrte , welche für zwölf Conventualen bestimmt waren. Kirche und Kloster waren auch in schlechtem Zustande. Der Proveditor ließ alle Sonn- und Fefitage die

Messe ben st

lesen , und hatte zu diesem Zwecke einen

Caplan aus Venedig mitgebracht. Italien, Spanien ,

Man weiß , daß in

und sonst auch in Frankreich jeder

Angesehene oder Reiche sich darauf etwas zu Gute that, einen eignen Beicht hater zu haben , der gewich den Herrn im Hause spielte.

Beschreibung von Zante.

221

Was die Fremden am meisten bewegt, die Vestung von Zante zu ersteigen , ist die außerordentlich schöne Auss ficht,

die man gegen Ofen auf eine weite Ebue hat.

Diese Ebue allein bringt den größten Theil aller Produkte der Insel hervor. Sie bestehet aus Landhẩuſern, Weinden. Penhainen , Gärten , Kornfeldern und Weis bergen, den.

Zur Zeit der Weinlese oder Dehlernte kann man

nichts schöneres sehen , als das Leben , welches auf dies ſem Gemahlde herrscht , das vom Meere begrenzt wird. Diese Ebne hat etwa fünf Meilen Länge und viertehalb Breite.

Bis zum Jahre sechszchuhundert drey und siebzig

war sie ein Sumpf, den der Proveditor Angelo Barbarigo austrocknen ließ.

Die ganze Bevölkerung der Vestung machte zur Zeit der Venetianer , die Garnison mitgerechnet , vierhundert und funfzig Köpfe aus. Die merkwürdigsten Gebäude auf dem Abhange des Berges sind die Kirchen.

Die erste lateinische ist dem

heiligen Elias geweiht , und ward durch einen Canonicus des Domcapitels versehen. artiges Haus ,

Dieser bewohnt ein kleines

und besaß einen großen Küchengarten,

dessen Produkte seine Bedürfnisse weit überstiegen. Die griechischen Kirchen sind folgende : St. Johann in L geh an ein M , wel anc ört ; em önchs che ada klo ste Spil , oder Ana d La Mad , S.r Geo fom rg ei iot onn i t r Gre unad die Eliisasa . a ban skap i elle Wenn man von der Vestung und dem Berge hers unterkommt, trifft man den St. Markusplak , welcher mitten in der Stadt liegt.

Er ist klein , dreyeckig , mit

Quadersteinen gepflastert , und von elenden Häusern um-

222

Funfzehnter Abschnitt.

geben. Links liegt ein Kaffeehaus , das durch eine große Weinlaube vor der Sonne geschüßt ist. Die jungen Leute T bringen daselbst einen großen Theil des Tages mit Kartenund Billardspiel zu. Man sieht ferner eine kleine griechische Kirche , und dabey die lateinische Kathedralkirche des heiligen Markus. Diese Kirche hat außer dem Hochaltar nur zwey kleine Kapellen , ward aber in gutem Zustande erhalten . hångt mit dem bischöflichen Pallaste zusammen.

Sie

In die-

sem befindet sich eine Gemahldegallerie , welche die vers schiednen Bischöfe von Zante gesammelt haben.

In dem

Saale, wo der Bischof Audienz gab, war eine Art Thron mit einem Baldachin anfgéſchlagen , vor welchem ein Bets stuhl und ein großes Crucifir stand.

Die Cathedralkirche

ist von Häusern umgeben, welche zur Wohnung der Doma herren bestimmt find.

Nahe dabey war A die Hauptwache ein elendes Gebäude mit.

mit etwa dreyßig Soldaten ,

einer hölzernen Barriere, und zwey alten Kanonen auf verfaulten Lavetten.

Der Offizier bewohnte ein kleines

Stübchen, worein das Licht durch ein Gitterfenster ohne Glas fiel.

Zwey andre Löcher dienten zum Aufenthalte

der Soldaten und Gefangenen. Auf der rechten Seite des Plages stand das Haus des Commendanten , und neben an das Leihhaus, welches aus einem einzigen großen Saale bestand.

Dieser Saal

diente zur Aufbewahrung der Pfånder in dreyfach verschloßnen Schränken , und zur Versammlung des Adels. Am Ende stand eine Bühne mit Schranken umgeben. Hier saßen der Proveditor und seine Råthe.

Unter dem

Beschreibung von Zante.

223

Saale war das Magazin für die Soldaten , wo man auch Zwieback für die Kriegsschiffe aufbewahrte. Das Addreßhaus ward im Jahr 1670 gestiftet ; es soll ein Capital von 150,000 Livres besitzen.

Seit

den Revolutionen auf Morea hat es einen sehr glücklichen Fortgang gehabt , da eine Menge Griechen mit ihren tosts barsten Habseligkeiten nach der venetianischen Insel flohen. Das Haus steht unter der Direction dreyer Administras toren , welche der versammelte Adel ernennt. Das Archiv der Stadt wird gleichfalls hier aufbewahrt. Etwas weiter davon am Ufer des Meeres ist eine Art Rhede , um Barkeu , Kahne und Kauffahrthevſchiffe zu erbauen.

Die größten halten zweyhundert bis zwey=

hundert funfzig Tonnen. Auf demselben Plaße ist das Büreau der Gesundheit. Es ist ein kleines Haus mit zwey Zimmern : in dem einen versammeln sich die Commissaire des Gesundheitsgerichts, in dem andern der Kanzler und seine Affefforen. In dies n k en dreyeckige ran mit klein sem Zimmer stand einF Flaggen , um die Schiffe damit zu zeichnen , welche man ausrüstete , wenn die Pest auf dem festen Lande ausbrach, um heimliche Landung zu verhindern.

Gegenüber ist ein

anderes Haus, welches auch den Gesundheitscommiffarien gehört.

Oben ist ein Saal , vier kleine Stuben und eine

Küche , wo man zuweilen fremben Passagieren zu wohnen erlaubte , welche während dem Aufenthalt ihres Schiffs and kommen wollen . ans Dieses Haus hieß die Contumaz.

Der untere Theil diente zur Niederlage der Waaren, welche in den dicht dabey vor Anker liegenden Schiffen

Funfzehnter Abschnitt.

224 waren.

Es ist mit einem, eisernen Gitter verschlossen,

dessen Oeffnungen groß genug find , Korn durch zu schaus An verschiednen Orten fehen Schildwachen , daß

feln.

niemand der Quarantaine haltenden Personen in die Stadt komme.

Indeß konnte man die Erlaubniß leicht durch

ein Trinkgelo an den Aufseher bekommen. Das Zollhaus ist ein schlechtes Gebäude, und ents hält oben zwey Zimmer für die Beamten, und unten eine Wachtstube für sieben oder acht sclavonische Soldaten, Diese lettern unwelche die Zollbedienten unterstüßten. terhielten auch eine mit Sclavoniern bewaffnete Barke, welche Achtung gaben , d bracht werden konnte.

nichts heimlich aus Land ge

In dieser Gegend liegt die gries

chische Kirche des heiligen Nicolaus , auf deren Glockenz thurm man des Nachts einige abreunend erhäl um den Schiffen zu leuchten.

Oft genug aber waren die .

Laternen nicht angezündet , wenn sich der Priester das Dehl zueignete, welches er zu ihrem Unterhalte erhielt. Diese Kirche giebt einem benachbarten Damm den Namen, welcher für die Galeeren , Barken und flachen Kauffartheyschiffe zum Hafen dient.

Ehedem stand hier

eine kleine Festung , wo der Gouverneur wohnte , und welche mit ihren Kanonen den Hafen deckte.

Sie ward

aber auf Klage des türkischen Hofes geschleift , weil man nur Kauffartheyschiffe hier aufnahm.

Die Zollbedienten

hatten hier einen kleinen Posten, welcher la piccola dogana oder der kleine Zoll hieß. Nahe dabey liegt ,ein viereckiger Plak, auf dem Es ist nur ein

das Fontego oder Kornmagazin steht.

Stockwerk hoch und mit Gitterfenstern versehen,

Man

Beschreibung von Zante.

225

legte von jeder Ernte etwas zurück , um in Jahren des Mangels Vorrath zu haben. Eine sehr enge Gasse führt von hier zum Markt, welcher den Namen piazza dell' erbe führt. Die Bauern bringen hieher ihre Früchte und Gemüse.

Es stehen dort

eine Menge Buden , wo man gesalzene Speisen , wie Caviar , Kabbeljan , Heeringe und dergleichen verkauft : andre handeln mit Korn von Morea.

Diese Victualiens

håndler bildeten eine eigne Jnnung unter dem Namen frailla degli fromagieri , welche alle für einen für Be zahlung ihrer Waaren gut sagten , so daß die Groshåndler, von welchen sie diese nahmen , keine Gefahr dabey hatten.

Man fristete ihnen die Bezahlung beynahe auf

ein ganzes Jahr.

Mitten auf dem Markte steht ein

Kaffeehaus , wo bloß der Adel zugelassen ward.

Eine

unbequemere und schmutzigere Lage konnte man nicht leicht wählen. Von dem Markte kommt man in die Calle larga, oder große Straße, welche ziemlich gut gebaute Häuser enthält.

Sie endigt sich bey einer Sandgrube , neben

welcher die beyden ſchönſten und reichsten Kirchen aller griechischen Inseln stehen.

Die erste ist dem heiligen

Dionyfius geweiht , und mit vielen Gemåhlden italianis scher Künstler geziert.

Griechische Bildhauerkunst und

Vergoldung ist darin verschwendet. ,

Ein Priester von

Zante hat eins der vorzüglichsten Stücke gemahlt.

Ez

ist drey Fuß hoch, und so lang wie das Chor , wo die Weiber stehen.

Es stellt eine Proceffion des heiligen

Dionysius vor , enthält über dreyhundert Figuren , und man hat mich versichert, daß der größte Theil den OriGrassets Reisen.

226

Funfzehnter Abschnitt.

ginalen ähnlich sey.

Die Kirche ist mit einer großen

Menge silberner Lampen und andern Opfern geschmückt. Der Körper des heiligen Dionysius liegt in einein , mit vergoldetem Silberblech beschlagenen Sarge, welcher sehr Künstlich gearbeitet ist.

Ein Convent griechischer Mönche

des heiligen Basilius unter der Aufsicht eines Abts, verfehen den Gottesdienst.

Sie wohnen in einem gut ge=

bauten Kloster, worin

aber eine

große Unreinigkeit

herrscht. Die Kirche der Erscheinung (Phaneromenie) hat ohne Zweifel den nächsten Rang nach obiger.

Sie ist an

Vergoldung und Gemåhlden so reich, wie jene, und wird von einer großen Anzahl schöner Lampen erleuchtet.

Auf

Zante sind überhaupt die gottesdienstlichen Gebäude weit größer und prächtiger , als auf den übrigen Inseln.

Die

Furcht vor den Erdbeben hat sie auch nicht verhindert sehr hohe Glockenthürme, darauf zu setzen.

Wenn man diesen Weg verfolgt , kommt man über den Fluß auf einer kleinen ſteinernen Brücke von drey Schwibbogen.

Weiterhin am Ufer des Meers steht die

griechische Kirche des heiligen Constantins , deren Fasade aus einem Portico von acht Säulen besteht.

Hier liegt

ein rußischer General begraben , welcher im letzten Kriege Rußlands mit der Pforte im Hafen von Zaute starb. Die venetianische Regierung zeigte bey dieser Gelegenheit ihre Der kommandirende Offizier, gewöhnliche Schwäche. welcher dem verstorbenen General nachfolgte , verlängte den Körper am Lande zu begraben.

Der Proveditor ants

wortete , daß sein Geschwader in Quarantaine wäre, und der Körper daher im Lazarethe begraben werden müßte.

Beschreibung von Zante.

227

Der rußische Offizier aber , anstatt den Vorschlägen der Regierung zu gehorchen , befahl so gleich den Körper ans Land zu sehen.

Man salutirte ihn von jedem Schiff mit

neunzehn Kanonenschüßen , und alle Truppen begleiteten ihn.

Sie landeten an der Sandgrube , und die Truppen

stellten sich in zwey Reihen , zwischen denen man die Leiche, von allen Staabsoffizieren begleitet , trug.

Der Pros

veditor glaubte, daß man nach dem Lazarethe gehen würde, und schickte einen Theil seiner Truppen zum Empfang der Leiche ab.

Die Rußen begaben ſich aber in die Kirche

des heiligen Constantin , wo sie nach gehaltnem Gottesdienst den General begrüben.

Darauf machten sie einige

militairische Evolutionen , wodurch sie eine Menge Insulaner verleiteten , sich auf dem Geschwader einzuſchiffen. Diese Aufführung des rußischen Offiziers , die wider die Gefundheitsgesetze aller Völker lief, und die Neutralitåt einer freundschaftlichen Macht beleidigte, hätte doch ges wiß eine Ahndung verdient.

Wie oft entstanden nicht

aus ähnlichen Kleinigkeiten blutige Kriege! Das Lazareth besteht aus vier viereckten Höfen, und zur welche mit niedrigen Mauern umgeben sind , Niederlage der Quarantaine haltenden Waaren dienen. Es enthält einige Zimmer für die Passagiere.

Das obere

Stockwerk der Seeseite bewohnet der Aufseher des Lazareths , und das untere die acht Mann starke Wache.

Die

Nordostwinde verhindern gewöhnlich die Fahrzeuge zu landen, welchem Uebel aber durch einen kleinen Damm, mit geringen Kosten håtte abgeholfen werden können. Antonius - haben haben Einige Mönche vom Orden des heiligen Antonius dicht beym Lazareth eine Kirche und ein Hospital , wo fie

P 2

Funfzehnter Abschnitt .

228

die katholischen Kranken mit vieler Sorgfalt pflegen. Auf der andern Seite steht die Kirche des heiligen Rochus, deren Priester die griechischen Patienten besorgeir. Beym Ausgange des Lazareths findet man die von den Insulanern so sehr gerühmten Gårten , an denen aber nichts vorzügliches ist , als daß man kleine Luftparthien daselbst im Schatten der Oehlbäume anstellen kann .

Das Arsenal ist ein großes , halb offnes Gebäude, wo man zuweilen Thaue , Anker , Lavetten und Takels . werk verwahrte.

Der Seeoffizier , welcher die Aufsicht

darüber hatte, führte dèn Titel Amiraglio.

Seine Pflicht

war den fremden Fahrzeugen die sichersten Plätze im Hafen anzuweisen und zu sorgen , daß keines an das andre stieß. Er mußte auch dafür sorgen , daß der Leuchtthurm St. Niklas beständig erhellt war , und daß bey Stürmen die Fahrzeuge, die sich in Noth befanden , Hülfe ers An ihn wandte man sich, um geschickte Schiffer, hielten. durch den Archipelagus oder Golfo von Venedig zu ers halten.

Außer seinem Sold erhielt er von jedem Schiffe,

welches einlief, einen Thaler , und einen halben von jeder Barke.

Die Fischerkähne mußten ihm einen Theil ihres

Fangs abgeben. Zunächst stößt man auf das Soldatenhospital, das in zwey Såle getheilt ist.

Der unterste enthält vierzig

elende Betten, in deren jedem zwey Kranke , oft von y en Der Schmuß, der lagen. Gebrechen ganz verschiednen nt be en ie st t n i en Tod . a e e e P m d d t an Arzneyen und das kårgliche , ungesunde Eſſen Die Stellen des Administrators , des Arztes , und der übrigen Aufseher waren verkäuflich.

Der oberste Saal diente zur

229

Beschreibung von Zante.

Auferziehung der Findelkinder , die ebenfalls zwey und zwey in einer Wiege lagen.

Der Staat bezahlte eine

mehr als hinlängliche Summe für jedes , aber die Todten wurden erst nach mehrern Monaten aus dem Verzeichniß gestrichen , und die Lebendigen so behandelt , daß man die Nachlässigkeit der Regierung verdammen muß. Gegenüber dem Hospital liegt eine lateinische Kirche, die der Jungfrau Maria heilig ist ; sie gehört zu einem, zweyhundert Jahr altem Franziskanerkloster ,

von der

verbesserten Regel.

Wenn man die Küste immer weiter nach Norden verfolgt, trifft man einen ffeilen Pfad an , der zu einent Hügel leitet , auf deſſen Spiße der Begräbnißplaß der hier verstorbnen Engländer ist. Es giebt nichts mahlerischers als diesen Gottesacker er ist mit Mauern umgeben, und ein Priester der dabey in der Kapelle St. Georgs wohnt , hat die Aufsicht darüber.

Jeder englische Capis

tain over Passagier giebt ihm etwas , wovon er sich und seine Kirche hinlänglich erhält. `Inwendig ist der Kirchhof mit Cypressen und andern Trauerbäumen besetzt, und voller Mausoleen auf Säulen , und Marmortafeln.

In

einer Ecke ist eine Grotte mit dem Grabe eines brittischen Confuls

die Wände sind mit Epheu bedeckt , das um die

ausgehauenen Sinnbilder ranket , und eine lateinische Ins schrift verkündet die Tugenden und den Todestag des Agenten.

Alle übrigen Leichensteine tragen englische oder

lateinische Inschriften mit dem Wappen des Verstorbenen.

Am nördlichsten Ende der Stadt fließt die Quelle Crio nero , welche das Uferviertel von Zante beschließt.

230

Funfzehnter Abschn. Beschreibung von Zante.

Die Stadt selbst soll etwa zwölftausend , so wie die ganze Insel fünf und vierzig bis funfzig tausend Seelen enthalten.

Etwa funfzig Dörfer liegen in der Ebne und

den Bergen zerstreut.

Die Juden , etwa zweytausend an derZahl, haben ein eignes Stadtviertel inne , das mit Mauern umgeben, Eine Synas und dessen Thore mit Wachen besetzt sind. goge besitzen sie nicht , sondern verfammeln sich in einem Saale bey dem Rabbiner.

Die Garnison ift dreyhundert Mann stark , und das Landvolk wie auf den übrigen Inseln unter dem Namen Cernide enrollirt.

234

Sechszehnter Abschnitt.

Lateinische und griechische Religion , Regierung , Sitten und Kleidung.

Man schreibt der heiligen Veronica die Ehre zu , die Bea wohner von Zante zur chriftlichen Religiou bekehrt zu haben. Zu der Zeit als die griechische und lateinische Kirche noch vereinigt waren , war Zante der Sitz eines Bischofs den der Pabst ernannte. Einer dieser Bischöfe war bey Unter dem berühmten Concilium von Nicåa zugegen. der Regierung Pabst Leo des Weisen ward Zante für Keine fuffragan von dem Bisthum Corinth erklärt. der bekannten Christenverfolgungen hat die Einwohner von Zante beunruhigt.

Als die Lateiner Herren des Morgenlandes wurden, setzten sie in Griechenland catholische Bischöfe ein. Zante hatte dasselbe Schicksal: diese Aenderung empörte die InSie

ſulaner , welche fåmtlich griechische Chriſten waren.

vereinigten sich mit den übrigen Griechen und brachten ihre Klagen auf dem florentinischen Concilium an. Man entschied daß alle diese Kirchen zugleich einen griechiſchen und einen lateinischen Bischof haben sollten , und nach dem Lode eines von beyden zu keiner neuen Wahl ges schritten werden dürfte , als bis der andre auch gestorben wäre. Das Hochstift Zante blieb lange unbesetzt , oder die vom Pabst ernannten Bischöfe residirten wenigstens nicht hier : so daß die Catholiken auf die Dienste einiger Franzisfaner eingeschränkt waren , deren Kloster von den Türken

232

Sechszehnter Abschnitt.

verbrannt , und die Kirche daher in· ein Magazin verlegt Bey der Besißnehmung der Venetianer waren

ward.

alle Lateiner zur griechischen Religion übergegangen, und die Kirchen lagen in Ruinen , bis ein abgeschickter Geists licher die Erlaubniß erhielt , sie wieder aufzubauen. Leo der zehnte ernannte Ferdinand von Medicis zum Erzbischof von Zante, und dieser war der erste , der feine Dioeces besuchte : aber erst unter Sirtus V. ward. eine Cathedralkirche erbaut, und Zante für suffragan von Corfu erklärt,

Die Einkünfte des Bischofs betrugen

etwa tausend und zweyhundert Thaler.

Er mußte aber

für die Erhaltung der Kirche (aber nicht der Klöster) sorgen . Der neue Bischof mußte sich die Bulle selbst aus Rom holen , und dort examiniren laffen , wodurch er immer einige Jahre aufgehalten ward. Das Capitel bestand aus acht schlecht dotirten Doms herrn.

Diese Prälaten hatten außer dem Pfarrer blos.

den Rang vor den übrigen Priestern voraus. Der Bis T schof hatte wie der von Corfu seinen kleinen Hof, und erhielt feyerliche Besuche von der Regierung .

Solange die Lateiner Herrn von Constantinopel waren, standen die griechischen Dioecesen unter einem besondern Geistlichen ,

welcher den Titel Protopapa

führte.

Bey Gelegenheit der Ordinationen und dergleichen , worüber er keine Macht hatte wandte er sich an den nächsten Prålaten. Als die Jusel venetianisch wurde, erlaubte der Senat dem Adel, alle fünf Jahr einen Protopapa zu wäh

len, der vom griechischen Erzbischof zu Cephalonien abhieng.

233

Beschreibung von Zante.

Die griechische Cathedralkirche St. Nicolaus wird vom Protopapa und sechs 'Capitularen versehen.

Die

griechischen Kirchen sind zahlreich, und schöner als auf den übrigen Inseln. 3 Eine der vorzüglichsten ist die des heiligen Dionysius , die zum Kloster des heiligen Basi= lius gehört.

Die Mönche deſſelben sind sehr reich, und

die Strophadeninsel gehört ihnen.

Auf dieser haben

fie auch ein Stift , welches weiter unten beschrieben werden soll. Die Regierung bestand aus drey venetianischen Edelleuten, nämlich einem Proveditor und zwey Råthen, die der Senat ernannte , und dieselben Functionen wie die von Cephalonien hätten. nen Kanzler , Adjutanten ,

Der Proveditor hatte seis u. f. w.

Auch der Adel

ſland im nåmlichen Verhältniß wie dort. Als die Venetianer von Zante Besitz nahmen, fanden fie die Insel durch die Verheerungen der Türken und die dar auferfolgten Auswanderungen sehr entvölkert. Der Senat unterließ nichts , um neue Einwohner hinzuziehn , und die Einrichtung eines Adels , so wie die sanfte Regierung verursachte bald ein Zuströmen von vielen Italienern, die dort durch den Krieg vertrieben oder durch die Hoffnung einer angenehmern Lage hingelockt waren.

Die Besatzung bestand aus

dreyhundert Mann,

unter dem Commando eines Obristen.

Die Cernide

oder Landmiliz stand unter einem Adlichen , welcher Sopraintendente hieß. Unordnung und schlechte Handlungen fielen auf Zantehäufiger als irgendwo vor. Durch die Habsucht der Regierenden entstanden und erhielten sich die schånd-

Sechszehnter Abschnitt.

234

lichsten Mißbrauche.

Jeder Proveditor brachte eine

Summe Zechinen , oft von Juden erborgt mit , welche unter die Bauern ; unter dem Borwand sie zu unterstüßen vertheilt ward ; aber nach einem Jahre mußten sie den doppelten Preis an Waaren erlegen.

Einwendungen,

man brauche keine Hülfe , wurden mit Gefängniß be straft, und die Freyheit war nur für Geld wieder zu er< langen.

Diese Erpressungen hießen Prostichii.

Die

Vornehmen konnten ihren Landsleuten nicht helfen , fie hieltennes es also für das beste , sie mit auszuplündern .

Hierdurch entstand ein so bitterer Haß der Bauern, gegen den Adel und die Bürger , daß sie oft bewaffnet in die Stadt drangen, und nur durch Geld von Empdrungen abzuhalten waren.

Mehr als einmal wollten sie

aus Rache , blind gegen ihr eigues Interesse, die Weinpflanzungen verbrennen. Kein Verbrechen war so häufig als der Mord. Die Sicherheit vor der Strafe reizte einen Bürger gegen den andern ſumme.

und die Ahndung war eine geringe GeldDie Mörder griffen das Schlachtepfer nicht

öffentlich an , sondern im Augenblicke des höchsten Vertrauens ,

und das Volk stürzte augenblicklich herbey,

nicht um zu helfen , sondern sich an der Angst des Sterbenden zu weiden. Die meisten Leute von Ansehn hatten solche Bravi in ihrem die für ein geringes Geld die Feinde ihrer Patrone kaltblütig hinrichteten.

Dessenungeachtet

wäre nichts leichter als Ruhe und Ordnung bey diesem Bolke einzuführen , wie die rühmlichen Bemühungen ciniger Proveditoren bewiesen haben.

Was diesen braven

235

Beschreibung von Zante.

Männern an Beute und Raub entgieng, ward ihnen durch die Dankbarkeit des Volks doppelt erſeßt. Die Zwiftigkeiten unter den Familien von Zante hörten nicht auf, weil die Regierung fie beförderte : Gastfreyheit war auchdaher hier nicht so allgemein wie in Cephalonien , der Nachbarschaft ungeachtet. findet sich blos bey den Reichen .

Erziehung

Befinden sich drey

Söhne in einer Familie , so studirte der älteste Medizin oder die Rechte, auf irgend einer italianischen Universis tåt ,

der zweyte ward ein Geistlicher ,

widmete sich der Deconomie,

und der dritte

um das gemeinschaftliche

Vermidgen zu verwalten, Die Weiber leben in einer Art von Sclaveren, wie die von Corfu vor hundert Jahren.

Ihre Hauptbeschäf

tigung ist das Baumwollenspinnen mit der Spindel. Dieses Garn heißt Salioto , weil sie es beym Spinnen mit Speichel beneßen.

Strümpfe aus dieser Baumwolle 1 gestrickt , wurden dreymal so theuer als seidne bezahlt. Die Peloponneser auf Zante wußten aus diesem Talent

der Weiber ihren Vortheil sehr gut zu ziehen.

Wenn die Frauenzimmer ausgehen ,

bedecken sie

das Gesicht mit einerschwarzsammtnen Maske , die mit Spitzen besetzt ist.

Ihre Kleidung besteht in einem weis

ßen , über den Kopf geschlagenen Mantel , einer schwarz atlaffenen Jacke und einer kattunenen Schürze. Ihre Kopfbedeckung besteht in einem dreyeckigen Hut den fie mit Federn und Blumen schmücken .

Die Bauerweiber

haben blos einen feinen Schleyer auf, den sie aber zus rückschlagen.

Zur Fastenzeit darf kein Weib mit der

Maske ausgehn ,

236

Sechzehnter Abschnitt. Beschreibung von Zante.

Die Kleidung der Männer stimmt völlig mit der von Corfu überein , nur die rothe Mühe und der große Mantel wird blos von den Matrosen getragen. Die f A.. Städter tragen im Sommer eine gestrickte durchbrochne Mühe : die Haare haben sie fast ganz abgeschos ren, aber den Schnurrbart lassen sie stehen. kleider sind enge und kurz.

Ihre Beins

Im Winter tragen fie einen

Mantel, doch viel leichter als den der Matrosen : und im Sommer einen leinewandnen , der auf einer Schulter. hångt.

Ihre Schuhe schnallen sie mit dicken silbernen

Spangen zu . Die Bauern tragen einen sehr dicken Mantel, der nur bis an die Hüften geht. Pistolen und Dolch machen den gesuchtesten Theil des Anzugs aus.

237

Siebzehnter

Abschnitt.

Ackerbau , Producte , Industrie, Handel , Schiffarth.

n allen venetianischen Besitzungen in der Levante, Vo Son ein sch t die Insel Zante am vorzüglichsten von der Natur begünstigt zu seyn .

Die gute Lage und ihre Fruchtbars keit haben ihr schon bey den Alten Lobeserhebungen erworben. Strabo , Plinius und Herodot rühmen

fie, und selbst die Dichter geben ihr Beynamen , welche Eigenschaften bezeagen obige . In den Zeiten , als die Einwohner keine Bedürf nisse kannten , setzte sie der Weinstock und der Oehlbaum in den Stand, das wenige zu bezahlen , was ihnen Fremde zuführten.

Als aber Handel und Schiffarth sich.

ausbildeten , und Kenntniſſe an zu blühen fiengen , ånderten sich die Verhältnisse.

Man bauete weniger Korn,

weil die edlern Früchte hinreichend geschätzt wurden , um für den Ueberfluß Korn von denen zu kaufen, deren Boden nichts besseres trug.

Die Corinthen find für Zante

geworden , was Zucker und Caffee für Westindien ist. Anfangs behandelte man sie blos als Arzney oder Leckers bissen : aber die große Begierde der Nordländer nach dies fer Frucht verwandelte bald die Kornfelder

in Wein:

berge, und gewiß würde Zante dem wetteifernden Moreg zuvor gekommen seyn, wenn nicht eine übel verstandene Politik dieses Produkt mit Einſchränkungen belegt

238

Siebzehnter Abschnitt.

håtte , die dem Lande und Eigenthümer gleich schädlich waren.

Die griechischen Inseln hatten das Schicksal aller ausländischen Besitzungen , nur für einen Gegenstand an= gesehn zu werden , welcher zur Bereicherung der Hauptstadt diente.

Man glaubte in den Produkten der Inseln

eine Hülfe wider den zunehmenden Verfall zu finden. Die Corinthen , welche schon neun Prozent erlegten, mußten noch vier und vierzig Livres (oder vier Zechinen) vom Scheffel bezahlen.

Bald fügte man das Noviſſimo,

eine neue Auflage von zwey und zwanzig Livres vom Scheffel ein.

Der Proveditor erhielt zwey , und jeder

Rath eins vom hundert. Gunsten

der

Das Noviſſimo war blos zu

venetianischen

Schiffe,

welche Pickel-

fleisch und dergleichen nach Venedig brachten , nachdem fie Corinthen exportirt hatten.

– and

Durch dieses verderbliche System wurden einige Uns terthanen reich, und eine Menge arm. Da nun die Corinthen von Morea nur drey Prozent erlegten , wos

mittelle durch alle angelockt , undndurch Kriege die Engs länder oft Käufer Meere verjagt wurs aus dem den: so ward dadurch der Absaß so vermindert ,

daß die

Einwohner der Inseln genöthigt waren , einen Theil als verdorben wegzuwerfen , und mit dem andern das Vieh zu füttern.

Ward hierdurch nicht der Eigenthümer arm,

und der Staat seiner Einnahme verlustig ?

Da man besorgte , die Verkäufer möchten wie die Corfuaner beym Dehl den Preis verschweigen oder ges

239

Beschreibung von Zante.

ringer ansetzen, erfand man eine Anordnung , die eine neue Laft für den Befiher ward.

Der Käufer mußte bey

der Regierung die verkäufliche Quantität angeben.

Diese

wählte aus den Adel , den Bürgern und der Kaufmannschaft fünf Personen , welche sodann den Preis festſetzten ,

und durch Trompetenſchall dem Publico bekannt

machten.

Man hatte den russischen Fahrzeugen vom schwars. zen Me das Novissimo erlassen ; auch dies hatte keiz nen Nutzen , die Consumtion der Colonie Cherfon war unbeträchtlich, und die Schiffart dorthin durch die Kriege mit

den

Türken beständig unterbrochen.

Hingegen

konnte diese kleine Erleichterung keinen Fremden zu lå: ftigen Speculationen reizen.

Endlich beschloß der Se-

nat, vom Proveditor zu Zante genaue Aufschlüsse über den Anbau und die Ausfuhr der Corinthen zu fordern. Die Eingebornen bemühten sich, diese Gelegenheit zu benutzen , und ernannten einen Gesandten ,

welcher

die wahre Lage des Handels , und die Mittel ihm aufzuhelfen ,

vorstellen sollte.

Allein

dieser Deputirte

wandte seine Diåten auf Privatgeschäfte, und eine zweyte Gesandtschaft hatte keinen beffern Erfolg. Der Werth aller

Corinthen betrug

gewöhnlich

neun bis zehn Millionen Livres , und tausend Pfund kosteten höchstens hundert und zehn Livres , die der Kåufer aber wohl für zweyhundert und zwanzig Livres wieder verkaufte.

Durch Minderung der Abgaben würs

den sich bald mehr Käufer gefunden , und die Eigenthüs mer mehr angebauet haben, so daß der Staat nichts an

210

Siebzehnter Abschnitt.

Einkünften verloren håtte, und es venetianischen Schife fen leichter gewordeu wäre ,

die Corinthen selbst aus-

zuführen. Der Hauptartikel der Ausfuhr ist nach den Corins then ist das Oehl.

Nach Abzug des auf der Insel ver,

brauchten betrug es sechzig bis siebzig tausend Livres. Dieses Oehl durfte wie das von Corfu nur in Venedig verhandelt werden. Wein und Liqueurweine werden auf der Insel vertrunken , und nur die einlaufenden Schiffe und die Patronen in Venedig erhielten einen Theil davon. Industrie vermehrte die Einnahme nicht.

Ziegen-

harne Teppiche für die venetianischen Gondeln giengen Was die See: nur als Geschenke nach der Hauptstadt. lente durchHin

und Herschiffen zwischen den Inseln, und

die Bauern durch Arbeiten in Morea zur Erndtezeit ver dienten , gieng für Bedürfnisse wieder ins Ausland. Von Morea erhielt Zante Korn, Vieh , frische und gesalzene Fische, das übrige von Italien über Corfu, aber Mit Morea in Herdas wenigste aus Venedig selbst. Lebensmittel zu ist unmöge wetteifern der gung lich , aber in Absicht der Kunstproducte mit Corfu wåre fehr leicht. Ehedem holten die Einwohner von Zante die ausländischen Waaren selbst aus Livorno , Neapel und andern Orten , bis die Revolutionen in Morea eine Menge Flüchtlinge nach Zante trieben.

Diese sogen sogleichy

Vortheil von der geringen Thätigkeit ihrer Gastfreunde, und da die ungeheuren Abgaben ihnen keinen Profit von

Beschreibung von Zante.

241

der Korinthenausfuhr versprachen, so richteten sie ihr Au1 genmerk auf die Einfuhr.

Beym eröffneten Handel mit

Rußland brachten sie zantische Seide ,, Baumwolle und Seife nach der Krim , und holten von dort Eisen , Cas viar und Pöckelfleisch, das sie mit Vortheil in Zante verkauften , und dadurch die Einwohner von Morea aufs munterten ihrem Beyspiel zu folgen.

So verbesserten

sie nicht allein ihren Zustand , sondern gaben auch ihren Landsleuten dazu Gelegenheit,

Dies ist das treue Gemåhlbe des zantischen Han= dels zur Zeit ber venetianischen Herrschaft.

Der Vors

theil war nicht ganz auf Seiten der Insulaner ,

aber

durch die Erleichterungen , von denen ich bey Corfu gesprochen habe, wäre es leicht gewesen , ihnen den Ausschlage geben , und die Einwohner aus der zwangs vollen Lage, in der sie seufzten , hervorzuziehen. Das teutsche Reich, Frankreich, Spanien , England, Holland , Neapel und Ragusa hatten Residenten in Zante, deren Stellen wie die der Consuln auf den übrigen Inseln von den fremden Gesandten in Venedig vergeben wurden.

Gewöhnlich nahm man Eingeborne,

die auf diese Stellen so erpicht waren , daß sie mit gros Ben Summen die Stimme der Gesandten , und die dazu erforderliche Bestätigung des Senats zu Venedig erkaufs ten, wodurch sie aber auch einigermaßen von den Placke reyen des Proveditor befreyt waren.

Ihre Besoldung

bestand in den Geschenken der Schiffscapitaine , sie Unterstützung verschafften.

denen

Man sieht leicht , daß

diese Art Consuln von keinem großen Nußen seyn konnten. Grassets Neisen.

£

242 Siebzehnter Abschnitt.

Beschreibung von Zante.

Bis 1778 hatte Frankreich keine andern Agenten auf den venetianischen Inseln, als die vorher genannten ; allein in diesem Jahr wurde ein Oberconſul nach Venedig geschickt, um vorzüglich die Vertilgung der Seeräus ber beym Senat zu befördern.

Er ernannte die Unters

consuln , deren Bestallung der Senat in Venedig bes stätigte. Rußland beschloß auch für die Inseln Agenten zu ernennen , weil es bey seinen Absichten auf Griechenland von ihnen Vortheile erwartete.

Die Pforte hatte keine

Agenten in Zante ; ein Eingeborner besorgte die türkische Flagge, der seine Befehle vom Generalproveditor zu Corfu erhielt.

243

Achtzehnter

Abschnitt

Blick auf den venetianischen Handel mit Frankreich,

In den åltern Zeiten hatte Venedig den blühendſten Handel, und war Beherscherin der Schiffarth. Der Han del nach Ostindien und Affen ´über Alexandrien , so wie der levantische , war in dessen Hånden.

Durch Entz

deckung des Vorgebirges der guten Hoffnung , nahm der ostindische Handel einen andern Weg, und der venetias sche erlitt einen großen Stoß , bis er zu unsern Zeiten ganz unbedeutend geworden ist. Die häufigen Fahrten über ein fremdes ſtürmisches Meer, erforderten eine gänzliche Reform in der Schiffs= baukunst.

In Venedig traten die Navi alte an die

Stelle der Galionen.

Da aber der Adel, in dessen Håns

den der Handel war , sich dieses zu gemein gewordenen Gewerbes entschlug , ward die Regierung genöthigt, den Bau der neuen Schiffe durch anſehnliche Unterſtüßungen zu begünstigen. Die Navi alte unterhielten auch die Verbindung mit der Levante und den übrigen europäischen Reichen sehr gut, bis der Friede mit den Staaten der Barbarey die Ursache ward , daß drey bis vierhundert kleine Fahrs zeuge diese großen Schiffe verdrängter : und hierdurch ward der venetianische bisherige Activhandel beträchtlich permindert. Später wurde durch den zunehmenden Hans 2.2.

244

Achtzehnter Abschnitt.

delsgeist der Gränznachbaren von Venedig , und vorzüglich durch die Bemühungen der Kaiserin Königin Maria Theresia zur Aufnahme von Triest , der Activhandel immer mehr verringert , so daß mit der Zeit dieser Hafen das werden mußte , was Venedig vorher gewesen war, und hatte die Republik ihre fernere Eristenz behalten , so wåre Venedig ein Handelsplaß geworden , der auf dem adriatiſchen Meere das kleinste Verkehr gehabt hatte.

Dies läßt sich klar beweisen : die Produkte der venetianischen Lombardei sind sehr ansehnlich. dort eine Menge Seide ,

Wolle,

Man gewinnt Getreide,

Hanf,

Flachs und andere wichtige Artikel. Indeffen dienen diese Produkte bey dem Verfall der

venetianischen Manu-

facturen nur dazu, um Fremde zu beschäfftigen.

Fran-

zosen und Engländer haben ein solches Uebergewicht auf den Märkten von Bergamo und Verona , daß die Seide beyder Provinzen größtentheils nach England und Lyon ausgeführt wird.

Die Luchfabriken sind eben so sehr

gefallen , die Tücher von Padua und andern Orten der Lombardei waren freylich von geringerer Güte , als die feinen englischen und französischen , indeß doch von ders selben Beschaffenheit, als die deutschen und holländischen. Allein selbst in Venedig hatten sie so geringen Werth, daß sie selbst den geringen Credit verloren , den sie doch verdienten.

Gute Leinwand ward in Bergamo , Linosi

und andern Orten berfertigt ; aber die Venetianer gaben der schlesischen und holländischen Leinwand einen höhern Werth , so daß ihr Gebiet von fremden Manufacturwaa = ren überschwemmt ward.

Es war zwar ein Verbot ges

gen die Einfuhr dieser fremden Handelsartikel vorhan-

Benetianischer Handel.

245

ben , um den Absatz einheimischer Fabrikwaaren zu beför dern , aber dies ward in den Provinzen und der Haupts ftadt keinesweges beobachtet.

Die levantischen Inseln erhielten alle ihreKleidungsstücke und Artikel des Lurus fast einzig von Sinigaglia, Jährlich kamen von dieser Messe Schiffe mit verbotenen Waaren nach Corfu , Zante 2c.

Ihre Einfuhr ward

durch die venetianischen Befehlshaber befördert , weil fie' davon Vortheile zogen. Es liegt in der Natur aristokratischer Staaten, daß fie an alten Geseßen, Verordnungen und Gewohnheiten fest hången, die man långst gegen andere håtte vertauschen sollen.

Die Regierung von Venedig befolgte vorzüglich

diese schädliche Marime. ten war äußerst lebhaft.

Ihr alter Handel nach Egyp Durch denselben vertauschten

( fie einheimische Natur- und Kunstprodukte gegen Waas ren des Orients.

Baarschaften waren bey diesem Vers

kehr n nicht nöthig, und die eingeführten morgenländischen Maarenfebr man wieder in andern Ländern ab. Das durch ward dieser Handel für Venedig sehr vortheilhaft. Aber in neuern Zeiten war die Nachfrage nach venetianis fchen Fabrikaten so sehr gefallen, daß man in Egypten weder Tücher noch Goldstoffe verlangte , und selbst die Glastorallen geringern Absaß hatten. Etwas Schreibpas pier fand mau freylich, aber davon ward wenig eingeführt. Zuletzt verfiel der egyptische Handel so sehr , das zwey Drittheile der dort eingekauften Waaren, wie Kaffee, Specereyen , Baumwollenwaaren, Saffran ic. mit baas rem Gelde bezahlt werden mußten.

Beym Kaffee verlor

Venedig sehr viet, und es war zu verwundern , daß fie

Achtzehnter Abschnitt.

246

fich damit auf diesem Wege versorgten , da der westins dische wohlfeiler zu haben war. blos im Lande

verbraucht,

Der levantische ward und

kostete ansehnliche

Summen. Frankreich mußte nach seiner Lage, und der Bes schaffenheit seiner Producte das Uebergewicht im italianischen Handel haben.

Die Verschiedenheit der venetianis

schen Producte , und die ansehnliche Bevölkerung dieses ehemaligen Freystaats håtte die französischen Kaufleute reizen müssen , diesen Handel auszudehnen.

Dazu war

aber vor allen ein Kommerztractat nöthig , der eben so bestimmt und deutlich seyn mußte , als die bisherigen mit der ottomannischen Pforte. Venedig mußte das Verbot der Einfuhr des westins dischen Kaffee und anderer Artikel aufheben, auch die Eins fuhrzölle herunter sehen. Die Einfuhr französischer Fabrikwaaren nach Dalmatien und den venetianischen Ins seln konnte freylich nie bedeutend werden , aber sie wür den auf diesem Wege neuen Absatz ins türkische Reich ge= funden haben. Marseille konnte den Inseln auf geradem Wege die Artikel zuführen, welche sie bisher von Sinigaglia, Triest und Livorno erhielten.

Dagegen konnte Marseille desto

größere Vortheile von der Ausfuhr dieser Inseln ziehen. In Frankreich ist zwar der Verbrauch der Korinthen nicht ansehnlich, allein diese konnten von hier wieder nach England, Holland, den nordischen Reichen und Nordamerika erportirt werden.

Wegen der hohen Ausfuhrzölle aber

konnte Marseille diese Spekulation bisher nicht wagen, und holte daher diesen Artikel aus Morea.

Die Dehlerporten

Venetianischer Handel.

247

konnten wegen der hohen Zölle nicht beträchtlich seyn, zuz mal da man daſſelbe zu gleichen Preisen in Morca, Candien und andern Inseln erhalten konnte.

Wir hatten auf dem Fall eines Kommerztractats nach Venedig fünf bis sechs Ladungen Zucker versenden können.

Dafür würden wir einige Ladungen Hanf und

Schiffbauholz erhalten haben.

Benedig kann zweyerley

Arten von.Hanf ausführen, die eine welche Montagnana heißt , wächst im Gebiete dieser Errepublik.

Die ans

dere beffere Sorte, die man auch in Ancona einkaufen kann , kommt von Bologna.

Der französische Generalconful für Venedig mit zehntausend Livres Gehalt , war so wenig von Nuker als die ehemaligen Titularconfuln auf den Inseln, and war nur das Werk eines Ministers , der auf Kosten der Nation einer seiner Creaturen einen einträglichen Posten verschaffen wollte,

In diesem Theil des Drients hatte,

Frankreich gar keine Handelsverhältniſſe , und die franzda fische Flagge erschien nur selten auf diesen Meeren. Im Jahr 1784 bildete sich das erste französische Handelshaus in Prevesa , für albauisches Schiffholz, wie oben bereits gesagt worden, und das zweyte in Zante im Jahr 1790 , um Reglife (eingekochten Süßz holzfaft) und Olivendht für Marseille zu verfertigen. Allein, ob man gleich mit diesem Gewerbe die Einfuhr des Pöckelfleisches , und die Exportation der Corinthen verband, so wäre sie doch beynah gefallen , wenn sie sich durchImportation des levantischen Getreides in die südlichen Provinzen von Frankreich nicht gehalten hätte. Von der Zeit an fieng ་ das französische Generalcousulat der

248

Achtzehnter Abschnitt.

griechischen Inseln an Nußen zu stiften , da die Lage der Inseln zwischen Italien und der Türkey , den Consul in den Stand setzte alle Unternehmungen Venedigs wider den französischen Handel , genau zu beobachten.

Handel mit Triest, Istrien, 7 St. Veit, Carlobago und Portore.. Der Handel Venedigs mit der Küste von Destera reich, scheint mir nicht außer dem Zwecke dieses Werks zu netianischem liegen, zumal da dieser Gebion le Theil Deutschlands ganz von ves

umgeben ist, und Venedig selbst jetzt einen Theil der österreichischen Besitzungen ausmacht .

Seitdem die österreichische Regierung ihr, Augens genmerk darauf gerichtet hat , den Hafen von Triest be quem und sicher einzurichten , ist dieser Ort schnell einer der vorzüglichsten Handelsplätz Schlese des adriatischen Meeres ien, Mäh Ungar ren ; n Böhmen , geworden. und andre teutsche Provinzen schicken ihre Waaren nach Triest, woher sie in der Folge nach Syrien , Caramanien , Candien ,

Smyrna , Salonich und den griechis

schen Inseln ausgeführt werden ; indessen andere deutsche und ungrische Produkte wohlfeiler auf der Donau nach Constantinopel gelangen. Wollene Tücher giengen häufig nach der Türkey, seitdem es an französischen fehlte. Das gemeine Volk und die Matrosen der venetias

nischen Inseln liebtenfehr . Art Zeug , welche Corame s Die und von Triest oder Sinigaglia kam. Böhmische Crystalle und Glaswaaren machten gleichfalls einen Haupts artikel im levantischen Handel aus.

Triest sette jährlich

mehrere Ladungen Bohlen , Nägel , u. f. w. , so wie Ungarn Pöckelfleisch und Tabak ab.

Der ungrische

Benetianischer Handel.

24 $

Schnupftabat , Terzato genannt , ward in der Levante allgemein gebraucht ; aber die Ausfuhr des Pdckelfleis sches hat sich sehr vermindert , seitdem ein großer Theil der ungrischen Viehweiden zum Kornbau benußt wors den ist.

Indeffen hat dieser Handelszweig die Aufmerksam keit der französischen Negozianten auf sich gezogen , wels che die Marine, und vorzüglich die touloner Flotte , hins långlich damit versahen , weil zu Kriegszeiten das irlåndische Pokelfleisch zu theuer, und nur mit Schwierigkeiten zu bekommen war. Der Orient führte dagegen nach Triest aus Syrien, Smyrna , Conftantinopel , und Salonich :

Baumwolle,

Wolle, Wachs, Tabak in Blättern, Ochsenhäute, Bergs alaun , und Knoppern.

Alles machte jährlich etwa huur-

dert Schiffsladungen , von hundert bis zweyhundert Lonnen aus.

Von Apulien und Abruzzo giengen große

Transporte Dehl , so wie aus Marseille dren bis vier R Ladungen Caffee, und fünf bis sechs Ladungen ucker nach Triest.

Alles dieses ward weiter nach Deutschland

verfahren. Die venetianischen Schiffe waren die zahlreichsten in Triest.

So viel Mühe sich auch Venedig gab diesen

Handelsplaß zu unterdrücken , so konnte es ihm nicht gez lingen, weil auf der ganzen anstoffendenKüste von Istrien keine Handelsstadt liegt, sondern die Einwohner sich blos vom Fischfang nåhren.

Die Venetianer zogen sonst aus

Istrien das mehreste Krumholz für ihre Kriegsschiffe. St. Veit, Carlobago und Portore , liegen an dem Meerbusen, welcher Istrien östlich begränzt.

St. Veit

Achtzehnter Abschnitt.

450

(Fiume) war der Hauptort unter diesen , allein er ist durch den schnellen Anwachs von Triest sehr herunterges kommen.

Von hier ward etwas Terzatotabak , nebst

Schiffsplanken und Eisenwaaren ausgeführt.

In Por, Bösters

tore werden Fahrzeuge von den schönen Eichen , reichischen Croatiens erbauet.

Dies brachte Joseph II.

auf die Idee, hier ein Arsenal anzulegen.

Dies glân

zende Projekt verschwand aber von selbst , da es an der Hauptsache , an Seeleuten fehlte, die wegen Mangel an Schifffarth auf dieser Küste gar nicht zu haben waren. Der erste Versuch des Schiffbaues in Portoré waren zwey Fregatten zur Beschüzzung des Handels ;

da aber der

Kaiser die Unmöglichkeit seines Unternehmens bald einfah, schenkte er sie seinem Bruder dem Großherzog von Los cana, welcher sie besser benutzen konnte. Da Desterreich jetzt die ganze venetianische Küste bes fist, so könnte es diesen álten Entwurf leicht ausführen. So lange aber Frankreich,

Corfu ,

den Schlüssel des

adriatischen Meeres in Händen hat , könnte es diese aufs keimende Seemacht leicht zerstören.

Dalmatischer Handel. Eine lange Reihe kleiner Inseln bildet mit der dals ' matischen Küste verschiedne sichere Canale ; die aber nur für kleine Fahrzeuge schiffbar sind.

Zehn Meilen süd-

dftlich von Portore liegt Zara die Hauptstadt von Obers dalmatien.

Die bosnischen und croatischen Ochsen, wels

che von hier nach Benedig gehn , ausgenommen, ist Zara kein Gegenstand des Handels.

In Zebenico , einem eben

fo unbedeutenden Ort , hatte Frankreich einen Viceconful,

Benetianischer Handel.

251

welcher blos die Correspondenz von Paris und Constantis nopel besorgte. Nahe dabey liegt Spalatro die Hauptstadt von Nieberdalmatien , von hier gewinnt das Land ein ganz andres Ansehn , es hört auf unfruchtbar und unintereffant für den Handel zu seyn , weil die Einwohner sich der Schifffarth bekannt machen. Der große Meerbusen in der Nachbarschaft von Spalatro von Narenta , schließt die Inseln Brazza, Lesina , Solta, Zerona , Bue , und andre ein, die eine Menge des schönsten Weins geben.

Die benach-

barte Küste ist soreichlich mit Korn versehn, daß der vierte Theil davon ausgeführt wird.

Von dem (Wein geht der

größte Theil nach den venetianischen Inseln, und etwas auch nach Venedig. So lange Corfu der Sitz der Land- und Seemacht གྲན བྱས་ པ :1:| ཀ་ von Venedig war, ward hier eine ansehnliche Menge dals matischer Weine verzehrt.

Die Cephalonier fanden ihren

Vortheil dabey ihn mit ihren Schiffen nicht nach Venedig, sondern den rußischen Handelsstädten am schwarzen Meer zuführen .

Spalatro hatte aber auch einen beträchtlichen Trans fitohandel , indem es die bosnischen Waaren als , Wolle, Seide, Wachs ,

Honig,

Corduan , und Ochsenhäute

nach Italien, und Deutschland beförderte.

Alle diese

Waaren mußten in dem großen Lazareth mitten in der Stadt Quarantaine halten , wodurch die Pest aber oft in der ganzen Provinz verbreitet ward.

Natürlich machte

dies dem Staat mehr Kosten, als die Erbauung eines neuen Lazareths in einer menschenleeren Gegend.

252

Achtzehnter Abschnitt. Venetianischer Handel.

Chevem giengen fast alle Waaren nach Venedig, und der kleine Rest nach Aucona , aber seit der schnellen Aufnahme von Triest , gehen dorthin drey Viertel dieser Waaren , auf hundert kleinen Fahrzeugen , und höchstens ein Viertel nach Venedig.

Frankreich hat gar keine Ver

bindung mit Spalatro , es würde aber diejenigen Waaren welche in der Türkey beliebt sind , vielleicht hier gut abs sehen , z. B. Tücher , Caffee , Indigo, Zinn , und ders gleichen. Indessen hat ein französisches Handelshaus , welches sich in Absicht des bosnischen Handels in Ragusa ansezte, aus mir unbekannten Gründen , keinen Fortgang gehabt , und sich bloß auf Bauholz an der türkischen Küste eingeschränkt. Die Erlaubniß dieses Holz zu fållen gab der Pascha von Scutari ; dieser hatte die List bekannt zu machen , es fey ein Firman oder Befehl des Großherrn dazu vonndthen.

Hierdurch war er im Stande , für die Erlaubniß,

die nun eine große Gefälligkeit schien , eine ansehnliche Summe fordern zu können.

Diese Habsucht des Pascha

zwang auch endlich das französische Handelshaus auf die Vortheile Verzicht zu thun , nachdem sie einige Schiffe erbaut , und einige Ladungen Holz nach Malta und LouIon gesandt hatten. Bey Einführung des Zuckers , Caffees u. f. w. in

Bosnien , hätte Frankreich die Nachbarschaft von Venedig und Triest nicht zu fürchten , da diese nicht im Stande find diese Artikel aus der ersten Hand, oder so wohlfeil zu liefern.

Dies würde

auch auf die Ausfuhr von

Spalatro großen Einfluß haben.

253

Neunzehnter

Abschnitt.

Handel der Buchten von Cattaro , und der Städte Perasto, Rifano , und Castelnovo.

Seitwarte von Ragusa find die Buchten von Cattaro des letzten Orts , den die Venetianer an der albanischen Gränze besaßen.

Diese Mündungen werden durch einen

langen , gekrümmten Canal gebildet, an deſſen Ende die Stadt Cattaro liegt.

Die Einwohner sind betriebſam,

gute Schiffer und die Stadt hat beträchtlichen Handel, Cattaro ist die einzige Gränzvestung gegen die Türs ken, aber mit einer schwachen und schlecht erhaltnen Besatzung versehn.

Ein venetianischer Senator ,

welcher

den Titel eines Extraordinairenproveditor führte ,

be-

ſorgte alle Grånzangelegenheiten, und ſtand in dieſer Hinficht , unmittelbar unter dem Senat.

Was seine übris

gen Verrichtungen betraf, hieng er vom Generalproves ditor von Zara ab.

Bey außerordentlichen Fällen begab

fich dieser nach Cattaro und die Autorität des extraors. dinairen Proveditor war dann suspendirt. Die Einwohner von Montenegro versahen Cattaro mit Lebensmitteln aller Art , und Bosnien lieferte das Fleisch.

Troß der Unfruchtbarkeit des Bodens lieferte die Gegend hinreichend Dehl ,

Wein und allerley Früchte.

Die Kornernte war unbeträchtlich, auch hielten sie einiges Rindvich , da die Einwohner durch den Seedienst mehr

254

Neunzehnter Abschnitt.

Die Ufer des Meerbusens sind auf beyden

verdienten.

Seiten mit Städten und Dörfern besået, und geben Reis Die Handelsorte dess

senden eine angenehme Ansicht.

selben , sind Perasto, Rifano, Versagna , und Dobatra. Um den Handel dieser Orte beurtheilen zu können, muß man in åltere Zeiten zurückgehen zurückgehen..

Ehe Venedig

mit den Staaten der Barbarey Friede geschlossen hatte, trieben die Einwohner von Cattaro und der benachbarten Städte ihren Handel mit Tartanen von einer besondern Bauart.

Sie waren sehr stark bemannt , und die Bes

satzung, welche man aus den Landleuten zu nehmen pflegte, waren eben so gute Seeleute, als Soldaten. Damit segelte man nach Morea, Athen , Negropont , Candien und den andern griechischen Inseln , und diese Fahrzeuge erhielten so wie die ehemaligen Nave alte, durch die Braz sour ihrer

Mannschaft die Ehre der

venetianischen

Flagge. Nach geschlossenem Frieden mit den barbarischen Seeräubern , wurden diese Tartanen , deren Ausrüstung viele Kosten verursachte , eben so wie die Nave alte, mit kleinern weniger bemannten Fahrzeugen vertauscht! Ihre Anzahl kann man wohl auf hundert und funfzig ſchäßen, welche italianische und andere Waaren nach Constantinopel , Theffalonich, Smirna , und Håfen bringen.

andern

levantischen

Die ganz kleinern Schiffe dienen blos

zum dalmatiſchen Küſtenhandel , • und die venetianischen Inseln mit den Waaren der Hauptstadt zu versehen. Während der Kriege der europäischen Seemächte hete der Handel dieser Seestådte , und vorzüglich ist Perasto dadurch reich geworden.

Risano und Versagna

Handel der Buchten von Cattaro 2c..

255

trieben außer dem Seehandel auch ein lebhaftes Verkehr mit Bosnien.

Sie holen daher viel Rindvieh für eigenen

Verbrauch, auch zu gewissen Jahreszeiten eine Menge Schaafe, deren Fleisch hernach gesalzen oder geräuchert wieder selbst nach Venedig ausgeführt wird.

Eben das

hin und nach den venetianiſchen Jnseln pflegten sie auch Wolle, Talg und Häute zu exportiren. Da die Schifffarth der vornehmste Nahrungszweig dieser Küstenbewohner ist, und der undankbare Boden ihnen nur geringen Unterhalt darbietet , so wandern sie häus fig aus.

Bey den Seekriegen im mittelländischen Meere

dienen sie häufig als Matrosen auf fremden Schiffen, und die rußische Flotte hatte während der lezten Türkenkriege viele von diesen Leuten.

Viele von ihnen sind nach der

Krim gezogen , seitdem diese Halbinsel unter rußischer Herrschaft sieht.

Die

venetianische Flotte unter dem

Ritter Emo hat diese Gegend ebenfals ( entvölkert , indem die Einwohner auf derselben als Soldaten oder Matroſen Dienste nehmen müssen.

An der Mündung des Meera

busens von Cattaro liegt Castelnovo am Abhange eines alb den Mauern eser der Küste erbauet . * Außerh di Berges alte Lazareth erbauet , das sonst zur ift des Stadt Aufbewahrung türkischer Waaren diente , die etwa aus Gegenden kamen ,

wo die Pest wůtete.

Aber dieser

Handel hat sich durch verkehrte Anstalten der venetianis schen Regierung ganz von hier weggezogen , daher sich die Einwohner von Castelnovo blos vom italianischen Küstenhandel nähren.

256

Zwanzigster Abschnitt.

Physischer und politischer Zustand der Insel Cerigo und der Klippe Cerigotte.

Physischer Zustand der Insel Cerigo.

Die Insel Cerigo liegt beym Eingange des Archipelagus, nördlich von Canea und südlich von Morea. Sie hat zwanzig Meilen im Ujunge, über acht Meilen in der Långe und fünfe oder sechse in ihrer größten Breite. Ihre Gestalt ist länglich. Plinius seht die

Insel Cerigo nur fünftausend

Schritt vom Vorgebirge Malea auf Morea, jest Cap Santo Angelo. Auch Strabo sezt fie vierzig Stadien aeus und Salauria, Egina und Salamiz. Ptolem von Malea neben

Creta oder Candia.

bringen sie in die Nähe von Dies ist richtig denn von der Burg

Cerigo entdeckt man bey heiterm Wetter Candia sehr leicht.

Sinan Cigale der berühmte türkische Admiral,

nannte sie nach ihrer Lage die Laterne des Archipelagus. Sestlich dicht bey der Küste liegen drey Klippen , welche die Dragoneren heißen. Die Corsaren und vorzüglich die Maltheſer kreußzten gewöhnlich des Sommers um diese Felsen, und lauerten tutmeg er vo n Cerigoauch ,Kauffarthenschiffe. nahmen auf die welches die BewohnSie zur fr das Vieh n Weide auf diese Infelchen brachten.

Beschreibung der Insel Cerigo.

257

Südlich zwey Meilen vom Ufer liegt eine andere Klippe, welche Ovo genannt wird.

Sie hat den dritten

Theil einer Meile im Umfange, und gleicht einem Zuckerplåtchen.

Es ist ein unfruchtbarer Felsen , an dem man

nicht landen kann : aber es ist nahe dabey sehr tief.

Der

Felsen erhebt sich senkrecht von der Meeresfläche zu einer Höhe von fünfhundert Fuß.

Es soll eine Art rothhaa-

rigter Kaninchen darauf geben , verbürgen.

aber ich kann es nicht

Drey Meilen davon trifft man zwey andere

kleine Klippen , welche Coffé heißen. Nach dem Strabo gab es zu seiner Zeit einen guten Hafen auf der Insel und nach dem Pausanias eine Rhede bey Cythere.

Damals mochte der Ankergrund für die

Schiffe dieserZeiten gut genug seyn, für die heutigen Fahr zeuge ist er nicht zu gebrauchen. Långs dem Hafen von Cerigo findet man viele Ruinen , welche von der alten Stadt des Königs Menelaus seyn sollen.

Am besten hat

fich ein in den Felsen gehauener Schwibbogen erhalten, der nach der Aussage der Eingebohrnen ein Bad der He lena war, von deren Schlosse man auch noch Ueberbleibsel fieht, aber Wheler glaubt daß fie von einem alten Tempel

a eb e eine vom e Nicolaus e Meng f eine au BergMeilen großHafen man sieht weit ausg St. ) . m Drey find

Kuinen , und darunter Stücke eines Venustempels, wela che heut zu Tage Paleo Castro heißen,

*) Der Engländer Georg Wheler war 1675 auf dieser Insel. Seine Reise erschien zuerst in London 1682. Fol. und ist nachher in einer französischen Uebersehung häufig in Lyon, Utrecht und Amsterdam gedruckt worden. Grassets Reisen.

R

Zwanzigster Abschnitt.

258

Cerigo ist größtentheils mit Felsen bedeckt , seine .. Producte sind kärglich, und die Einwohner arm .

Indessen

ernten sie mehr Getreide als sie verzehren , und führen das meiste davon nach Zante und Cephalonien. Das Korn ist von weit befferer Beschaffenheit als das welches von Morea kömmt, daher es auch vorzüglich gesucht wird. aber wenig Flachs

Die Insel bringt hinreichend Oehl , und Baumwolle hervor ; auch Wein.

Sie müssen aber

von lezterm eine große Menge von Morea und Candien. einführen. Sie unterhalten Ziegenheerden , deren Milch sie zu gesalzenen Kåsen verbrauchen : das Rindvich kommt von Morea , aber die Consumtion ist gering. Unter den Früchten und Gemüsen zeichnet sich eine Art sehr kleiner Zwiebeln von vortrefflichem Geschmack und eben so kleiner Oliven aus.

Die Cerigoten bedienen sich ihrer zu Ge

schenken an Freunde und Gönner..

Man sammelt eine

Menge sehr geschäßten Honig , der auch meist in gleicher Absicht ausgeführt wird.

Auf Cerigo werden zwey Arten reitet.

Litörweine bes

Die erste heißt Liatico , und ist dieselbe, die ich

beh Zante erwähnt habe: die zweyte ist ein weißer , sehr werden twein. ch ggeliebt ; Diese tikel sin Muska süßer d sieGeträn länglisehr delsar hin nicht ke zum Han sie gehen also blos als Geschenke an Protectoren aus der Insel. Cerigo ist sehr heftigen Windstößen ausgesetzt, daß sie welche Bäumedadurch auswurzel ne die Pflanzen verbrennen und die vielen Schaden verursachen.

Das

Federwildpret ist häufiger als auf den übrigen Inseln, weil es mehr Nahrung findet.

Di: Wachteln von Cerigo

Beschreibung der Insel Cerigo.

259

find berühmt ; die Einwohner sammeln sie und machen sie in Weinessig mit trocknen Corinthen ein.

Haasen und

Caninchen sind fast die einzigen vierfüßigen Thiere. Zur Feurung bedient man sich der Wurzeln und Dornen : Heizung bedürfen sie nicht , und ihre Mässigkeit schränkt das Küchenfeuer ein. Die Küsten von Cerigo find sehr fischreich,

aber die

Einwohner überließen die Vortheile des Fischfangs , und vorzüglich der Corallenfischerey den Neapolitanern , bis diese wegen Verminderung der Corallen und aus Furcht vor Corfaren darauf Verzicht leisteten. Das Clima ist sehr mässig , aber so veränderlich wie auf den übrigen Juseln.

Die Luft ist rein , aber vorzüg-

lich den Schwindsüchtigen sehr gefährlich.

Brüche sind

eine ordentliche Localkrankheit , so daß beynahe der funfa zigste Mensch damit behaftet ist.

Die Aerzte schreiben

dieses Uebel dem Einflusse der Luft zu , es kann aber auch erblich sein, oder von zu häufigem Genuß des Dehls und des Gemüses herrühren. Die Alten gaben der Insel Cerigo den Beynamen Porphyris oder Porphyrissa , wegen der dort vorhandenen sortrefflichen Purpurschnecken.

Plinius und die Neuern

leiten es vom Ueberfluß des Porphyr's her, den man aber nie benutzt hat. Am Fuße des Verges Santa Sophia , der diese Bes nennung von der daraufſtehenden Kirche gleiches Namens hat, ist eine merkwürdige Höhle : der Eingang ist leicht, und bildet einen geräumigen Vorsaal ; das I geht in Krümmungen fort , und von beyden Seiten sieht man kleine Plätze und enge Wege.

Die Höhle ist voll Tropfs R 2

260

Zwanzigster Abschnitt.

stein , der verschiedene sehr natürliche Gestalten bildet. Man hat sich nie weit in die Höhle gewagt , weil man aus Mangel an Luft zu ersticken oder sich in den Krummungen zu verirren befürchtete. andere Höhlen auf Cerigo.

Man findet noch viele

Erdbeben sind selten , und

thun wenig Schaden.

Ein Botaniker würde sich auf dieser Insel nüßlich beschäftigen können.

Der Lotus edulis cretenfis ; der

außerhalb Creta so selten gefunden wird , ist hier sehr häufig.

Man findet auch den unächten Dictamus , den

man von dem ächten cretensischen, welchem er sehr ähnlich ist, wohl unterscheiden muß.

Der unächte hat weiße

und purpurne Blumen , die vor dem Aufbrechen in einer weißen Knospe fißen .

Die Vlåtter find größer und runs

der, der Stengel aber dicke und sammtartig. Es wächst auf Cerigo eine Art Salvey mit aschs grauen und sehr wohlriechenden Blättern , deren Früchte. den Gallåpfeln gleichen ; auch das Tragoriganum oder der Bocksmajoran, seines starken Geruchs wegen so genannt, ist häufig. Nahe bey der Stadt ist ein Hügel , Namens Turs covani , (der Türkenberg) welcher inz aus versteinerten Menschenknochen zu bestehen scheint.

Einige geben vor,

daß dieser Ort lange zum Begräbnißplatz gedient habe, als die Türken Meister von Cerigo waren, welche bekannts lich die weise Gewohnheit haben , die Todten in einiger Entfernung von der Stadt zu begraben : andere gehen. g big der Sündfluth zurück , und geben diesen versteis nerten Knochen denselben Ursprung , wie der ungeheuren.

Beschreibung von der Insel Cerigo.

261

Menge verfteinerter Muscheln , die man im Innern der Inseln selbst auf den Bergen findet. Büsching behauptet , daß es auf Cerigo eine Art wilder Efel gebe , in deren Kopfe man einen kleinen Stein findet , der durch seine Berührung verschiedene Krankheis ten ohnfehlbar heilt , und vorzüglich eine leichte Geburt befördert

). Ich läugne die Eriſtenz der Esel aufCerigo

nicht, sondern nur das Daseyn dieser wunderbaren Esel. Man heilt die Krankheiten durch die gewöhnlichen Mittel wie überall , und die Weiber kommen ohne Wunderwerk nieder. Mitten auf der Insel soll es eine Quelle geben, deren Kräfte noch nicht Neugierige genug angelockt haben , um wiederhohlte Versuche zu machen.

Wer davon trinkt,

verliert auf der Stelle Luft und Vermögen, der Venus zu opfern.

Wenn das Gewäffer wirklich diese Eizenschaft

hätte, wie mich mehrere Eingebohrne versichert haben, so würde diese Quelle merkwürdig für die Menschheit seyn. Kenner mögen entscheiden. Die Stadt Cerigo liegt dftlich auf einem Hügel am Ufer des Meeres ; sie ist unbeträchtlich und bietet blos den Anblick eines Haufens geschmackloser Häuser dar, die Teraſſen ſtatt der Dächer haben , welche lettere den häus figen Stürmen nicht widerstehen würden.

Von Norden

wird sie durch ein Fort vertheidigt , welches mehrere Gebäude , und auch das des ehemaligen venetianischen Befehlshabers einschließt.

Auch eine lateinische Kirche zum

*) Ju Büschings Erdbeschreibung fiebente Auflage. Th. I. B. 2. S. 1821 findet sich in der Beschreibung von Cerigo nicht die mindeste Spur von diesem wunderbaren Stein.

262

Zwanzigster Abschnitt.

Erlöser war daselbst.

Südlich am Meere liegt ein griez

chisches Kloster der Jungfrau Maria Mertidia heilig, welche diesen Namen von ihrem Bilde , daß man auf einer Myrthe fand , führt.

Diese Kirche hatte vier Altåre

außer dem Hochaltar , auf welchem das durch viele Wuns der berühmte Bild stand.

Als man es fand , waren nur

die Köpfe der Maria und des Christkindes übrig ; sie wur den mit Goldplatten ergänzt , und in einen mit Juwelen besetzten Rahmen gefaßt.

Es steht in einer Nische, die mit

einem vergoldeten Gitter und drey Schlössern verschlossen ist : ein Schlüssel war in den Hånden des Proveditor, der andere beym Syndicus , und der dritte beym Adminis strator der Klostergüter.

Der Convent besteht aus Måns

nern und Weibern , die unter der Aufsicht eines Abres stehn. Deftlich eine viertel Meile von der Stadt liegt ein Mönchsklofter dem heiligen Martin geweiht , welches die Kirchspiele mit Priestern versorgte.

Der ganze Convent

béstand aus drey Mönchen , die ein hinlängliches Eiskommen genossen , wozu noch die Geschenke der Frommen famen. Die griechischen Kirchen sind sehr zahlreich , und man zählt mehrere Mönchs- und Nonnenkloster. Das merkwürdigste ist St. Johannes von der Grotte, auf einem Felsen neben der Festung ganz darin ausgehauen. Die wenn sie eben herunters Felsen hängen so herüber , als Die Cerigoten haben eine besondere stürzen wollten, Ehrfurcht für diesen Ort , weil sie vorgeben , daß St..

Johannes hier seine Offenbarung geschrieben habe.

Beschreibung von der Insel Cerigo.

263

Die griechische Cathedralkirche liegt mitten auf der Insel.

Der Bischof von Cerigo hielt blos an den Haupts

festtagen das Hochamt. Die Kirche ist dem heiligen Theodor geweihet , und im Jahr 1028 vom griechischen Kayfer Romanus 11 erbauet. Nach der Landessage soll der heilige Theodor von Coron nach Cerigo gekommen seyn , und in der Kirche St. Sergius und Bachus als Eremit gelebt haben.

Er

that Wunder während seines Lebens , und nach seinem Lode. Die Einwohner von Morea , welche damals ihr Vieh zur Weide nach Cerigo brachten,, Zeugen dq= Als der Ruf bis nach Constantinopel draug , ließ von. der Kaiser diese, Kirche bauen. eine Menge Einwohner

Aus Frommeley zog

der benachbarten Inseln nach

Cerigo. Man zählt auf derselben an dreyßig Dörfer , und in diesen und der Stadt halten sich beynahe achttausend Seelen auf.

264

Ein und zwanzigster Abschnitt.

Regierung.

Sitten.

Gebräuche.

Industrie. Handelsverhälts

nisse der Einwohner von Cerigo.

Die Jufel Cerigo wurde zu den Zeiten der Venetianer durch einen Proveditor und zwey Rathe ,

welche venes

tianische Edelleute waren , und jährlich vom Senat ers nannt wurden , regiert. Die Cerigoten hatten wie die übrigen Insulaner eis nen Adel , welcher Vorrechte besaß , und die Municipals stellen besetzte : dieser und die Geistlichkeit wählten gemeinschaftlich den griechischen Erzbischof, dem die Res publik die Einkünfte von gewissen kleinen Ländereyen und Accidentien des Bisthums angewiesen hatte. Die Sitten der Cerigoten sind einfach , Kleidung und Gebräuche sind beynahe eben so wie auf Corfu und Die reichern Bürger gehen französisch gekleidet. Bey diesen allein, sich einige Bildung , die sie

Zante.

in Italien erhalten : sie ist aber geringe.

Die einzige

Merkwürdigkeit, die ich zu beobachten Gelegenheit hatte, war eine Hochzeit. Ichward zu diesem Fest auf ein Dorf gebeten ; nach

den gewöhnlichen Ceremonien ward die Frau von einer zahlreichen Begleitung von Verwandten beyder Familien, ihrem Manne zugeführt.

Vor der Hausthüre hatte man

mehrere Ackergeräthschaften zusammen gebunden , und eis

Handelsverhältnisse der Einwohner von Cerigo.

265

nen Pflug , dessen Eisen auswärts gedreht war, hinges feht.

Die Mutter des Mannes kam heraus ,

Schwiegertochter zu empfangen.

um die

Dieses Bündel , sagte

fie, zeigt eure Verbindlichkeit, mit eurem Manne die Feldarbeit zu theilen ; eure Hände müssen diesen Pflug führen , wagt.

auf dem ihr euren ersten Tritt ins Haus Zu gleicher Zeit reichte sie ihr die Hand , und

half ihr auf den Pflug .

Sie theilte hierauf ein kleines

Brot aus Mais und Honig unter die Vermählten , und sprach : möchtet ihr wie die Bienen , die immer Honig in ihre Körbe tragen, Ueberfluß in cure Familie bringen! Industrie giebt es fast gar nicht bey den Cerigoten, die größtentheils mit dem Ackerbau beschäfftigt sind, welcher ihnen die nothwendigsten Bedürfniſſe verſchafft. Sie haben auch einige Barken, womit sie die Küsten der nåchſten türkischen Provinzen und Inseln beschiffen.

Vor-

züglich häufig befahren sie die Håfen von Maina , wohin fie einen Theil ihrer Producte bringen.

Diese Verbins

dung mit einem barbarischen Volke, könnte für Cerigo von Nutzen seyn , wenn es einer Regierung unterworfen wäre , welche diese Vortheile gehörig aufzusuchen wüßte. Maina ist ein wenig bekanntes Land , da Fremde es nicht bereisen , und sich blos in den Häfen aufhalten. Mit vielen Schwierigkeiten

habe ich

zufällig

einige

Nachrichten über dies Land und ſeine Bewohner gesam melt: sie können nüglich seyn, und ich glaube mich nicht von dem Zicle meines Werks zu entfernen , wenn ich sie hier einschalte.

Maina ist in vier Capitanien oder kleine Cantons vertheilt.

Die erste liegt gegen Norden, und heißt Zers

ster

Ein und zwanzig

266

tt.-

Abschni

nata : sie ist die fruchtbarste , vorzüglich reich an Oehl, und enthält vierzehn Dörfer. auch nördlich ,

hat Ueberfluß an Baumwolle und zehn (schlechtes Land)

liegt Cacovuglia

Südlich

Dörfer.

Zigos , die zweyte , liegt

welche diesen Namen von ihrer bergigten und unfruchtba ren Beschaffenheit führt. Hier wohnen die wildesten Mainotten ; man sieht keine Dörfer , die Wohnungen liegen zerstreut , und jede Familie lebt für sich. Die vierte Provinz liegt gegen Often , und heißt Scutari.

Sie enthält ein kleines Städtchen von etwa

vierhundert Häusern , und ist ziemlich fruchtbar.

Der

Bey oder Befehlshaber wird vom Großherrn ernannt. Er

wird immer

aus den vornehmsten

des

Landes

gewählt , und wohnt in dem Canton , wo seine Güter liegen.

Dieser Bey seht über jedes Dorf einen Capitain,

um die Abgaben zu erheben. Der Mainotte ist unwissend , rachsüchtig.

Er

setzt

einer Familie zu seyn.

seine

grausam und sehr

Ehre

darin,

Haupt

Wenn ein Mainotte von einem

andern umgebracht ist, vereinigen sich sämmtliche Verz wandte, seinen Tod zu rächen.

Man läßt den Bart

wachsen , bis man völlige Genugthuung erhalten hat. Man belagert den Mörder und seine ganze Familie in ih ren Wohnungen .

Die Häuser sind ganz von Stein,

und können dergleichen Anfälle aushalten.

Man erinnert

sich noch einer Familie , welche sich mehrere Jahre lang vertheidigte , und da sie selbst nicht nach Nahrung aus gehen konnte , von dem lebte , was ihr, ihre Freunde auf



eine sehr geschickte Art zusteckten.

Diese waren nämlich

zu schwach , um sie öffentlich zu unterstützen , sie misch=

Handelsverhältnisse der Einwohner von Cerigo.

267

ten sich daher des Nachts unter die Feinde , und indem fie ſich ſtellten , als wären sie von ihrer Parthei , so warfen ſie ſtatt der Steine Brot , Kåse und Früchte ins Haus.

Die Weiber der Mainotten dürfen ihre Freyheit genießen, aber die geringfie Untreue würde beyden Schuldigen das Leben kosten. Die Bewohner von Cacovuglia haben noch bis jeht zur Kopfbedeckung einen eisernen Helm.

Diese arme

Provinz hat auch großen Waſſermangel; man behilft ſich mit Cisternen , welche eins der vorzüglichsten Güter auss machen.

Wenn ein Einwohner sich verheirathet, ist die

Hauptsache, die Cisterne zu messen , welche die vorzugs lichste Mitgift ist,

Je mehr Waffer Leym Hochzeits

schmause verzehrt wird , für desto reicher wird man ge= halten.

Diese Verschwendung macht Aufsehen ,

und

man ermangelt nicht , im ganzen Canton bekanut zu mas chen , wie viel Waſſer getrunken worden. Die Eingebornen von Cacovuglia sind in Betreff der Religion außerordentlich leichtgläubig und einfältig. Sieser Bergbewohner beichtete einem Priester mit Thrånen in den Augen, daß er das Unglück gehabt habe, beym Trånken des Lastviches etwas Wasser zu verschütz ten.

Der Priester fand das Verbrechen ungeheuer, und

abſolvirte ihn nur nach einer Buße von sechszehn Kannen Dehl.

Die Kirchen werden von diesen Räuberbanden so

geehrt, daß sie keine Thüren haben , und ihre Reichthus mer offen da stehn. Die Bewohner der Ufer sind alle gute Schwimmer : fie üben sich in dieser Kunst, um sich dadurch des Nachts

268

Ein und zwanzigster Abschnitt.

der Schiffe , die an der Küste vor Anker liegen , zu bes mächtigen .

Sie schwimmen hin , und schneiden unbe-

merkt die Taue entzwey , und wenn das Fahrzeug ans Land geschleudert wird , so wird es ausgeplündert.

Zu

wellen bieten sie den Schiffer ihre Hülfe an , aber er ist verlohren , sobald er unvorsichtig genug ist , sie an Bord zu nehmen.Ender alles wird ermordet, oder sie fühs ren diese Unglücklichen fort , und halten sie bis zur AusDie Häfen von lösung in der hårtesten Gefangenschaft . Maina sind der Zufluchtsort aller Seeräuber , weil sie da sehr wohl aufgenommen werden. Nur diese Betrachtungen haben die französischen Kaufleute in Coron und den Handelsstädten auf Morea abhatten konnen , auf die Ausfuhr von Maina zu specu liren. i Der Vortheil , bleibt den Sclavoniern und venes d tianischen Griechen, welche allein diese gefährlichen Striche befahren, aber doch nicht die nöthige Vorsicht versäumen . Die Ausfuhr beträgt ungefähr : 5000 Fässer Olivenöht werth 70000 türkische Piast.

6000 Sken ) Seide -

60000 .

4000 Oken Zinnober

32000 12000

4000 Oken Knoppern 10000

30000 Oken Honig 10000 Oken gelbes Wachs

20000

werth 204000 türkische Piast. Dieses beträgt ungefähr 500000 Livres ,

aber man

könnte diese Summe leicht vermehren . Mit einem Theil dieser Einnahme bezahlen die Mas linotten das Korn , welches sie von, Morea erhalten, mit " Eine Oke wiegt gewöhnlich drittehalb Pfunde.

26.9

Bon der Insel Cerigotte.

dem übrigen kaufen sie von den Fremden Kleider und die nothwendigsten Bedürfnisse.

Das Oehl führen blos die

Sclavonier aus , und bringen es nach Triest, Genua, Livorno und andern italianischen Städten : Seide und Knoppern holen die Griechen.

Der Zoll für Aus- und

4 Einfuhr beträgt drey Procent. Die griechischen und sclavonischen Schiffe , welche Maina besuchen , haben immer eine zahlreiche und wohlbewaffnete Mannschaft , und führen Kanonen. Die franz zösischen Levantefahrer hingegen find so schlecht bewaffnet, daß sie sich nicht dahin wagen dürfen.

Sobald aber

eins der französischen Kriegsschiffe, welche den Handel in der Levante decken , Befehl erhielte, zur Zeit der Ausfuhr bey Maina zu kreuzen , würde dieſes Hinderniß gehoben seyn.

Da der Handel die verschiedensten Völker

vereinigt , warum sollte dieses nicht auch in Maina' ges schehen können.

Von der Insel Cerigotte. Destlich von der Insel Cerigo liegt ein Inselchen, Namens Cerigotte, welches die Seefahrer bloß ihrer Sichers heit wegen bemerken.

Cerigotte ist von jeher der Schlupf-

winkel der türkischen und venetianischen Räuber gewesen. Die Einwohner bestehen aus verjagten Griechen und Tür ken, welche die Seeräuber aufnehmen, ihre Beute verheimlichen , und zuweilen für sich behalten , wenn sie stärker find ; mit Ackerbau beschäfftigen sie sich wenig. Die Einwohner von Cerigo , welche sie schonen, vertrauen ihnen zuweiten Heerden an , um sie auf die Weide zu führen.

Diese Räuber wohnen einzeln in eben

270

Ein und zwanzigster Abschnitt xc.

den Hütten , die auf der Insel zerstreut liegen.

Sie ge-

nießen der ungebundensten Frenheit, und kennen kein ans der Necht als daß des Stärkern.

Einige kleine Fahrzeuge

dienen ihnen zum Fischfang und zu Fahrten nach Cerigo. Sie rüsten diese zuweilen aus , wenn sich die Gelegenheit darbietet , ein Kauffarteyschiff mit Vortheil anzugreifen. Sm Jahre 1786 verursachten die Räubereyen der Einwohner von Cerigotte sehr lebhafte . Klagen von Seiten der Türken beym venetianischen Senate.

Der General-

proveditor aller griechischen Inseln erhielt Befehl , die Korsaren zu verjagen , eine kleine Colonie dort zu er: richten , und ein Fort zur Beschützung aufzubauen ; es ist aber nicht zur Ausführung gekommen. Cerigotte war bey den Alten unter dem Namen Aegiala bekannt , welches von Epla , dem heutigen Svo zu unterscheiden ist.

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Cerigotto

Oertl. Länge vonLondon.

GeographischeMeilen 20

21

22

Schilderung bes

Handels

Griechenland ,

von

besonders

der

Stadt

Thessalonich.

Entworfen von Felix

Beau jour ,

ehemaligem französischen Consul daſeibst.

Herausgegeben ♡ 9 n M.

C.

Sprengel.

Weimar,

im Verlage des Industrie- Comptoir , s 1801 .

Vorrede.

Die Auflösung des franzdfischen Handels in der Levante und die Rückkehr so vieler Personen in ihr Vaterland, die in den vornehmsten türkischen Handelsplågen als Consuls und Oberconfuls angestellt waren , hat zufällig über jene Gegenden mancherley Licht verbreitet. Die Berichte, welche jene Handelsaufseher an ihre Behörden über den Zufland des levantischen Handels , und die Verbefferungen, deren er fähig war, von Zeit zu Zeit absenden mußten, oder die Bemerkungen, welche sie an Ort und Stelle über die Waaren machten welche bey Türken und Griechen den meisten Abgang finden , oder was sie über die Concurrenz der verschiedenen europäischen Nationen in diesem Verkehr, und den Gewinn oder Verlust derselben niederschrieben, wurden endlich aus ihren Schreibepulten oder Taschenbüchern erlöst , und vermehren die Kenntnisse des großeu Publicums. Unter mehreren Schriften, welche seit kurzem diesen Gegenstand oder einzelne Theile desselben in Frankreich

II

Borrede.

behandelt haben , verdient Herrn Beaujours Gemåhlde des griechischen Handels vorzügliche Aufmerksamkeit, bisher nur Bruchstücke darüber vorhanden waren.

da

Was

früher über diesen Gegenstand zu meiner Kenntniffe gelangt ist, besteht einige veraltete Nachrichten ausgenommen nur in zwey kleinen Aufsätzen. Der erste findet sich im Jahrs gang 1779 des Journal del Agriculture et du Com. merce , und beschreibt die vorzüglichsten Waaren, welche Salonichi 1776 se ausführte, wie ſich die europäischen Nas die tionen in Ausfuhr theilten , und was sie dagegen. den Griechen übermachten.

Er ist auch schon im zweyten

Bande meiner Beyträge zur Völker und Länderkunde deutsch vorhanden.

Der zweyte hat Hrn. Berenger zum

Verfasser, der in den 1787 deutsch übersetzten Briefen über die Provence, den sieben und dreyßigsten Brieffür den levan: tischen Handel der Franzosen bestimmte. Da er darin aber diesen Handel im allgemeinen beschrieb, so mußte er sich bey Salonichinur kurz faffen, Herr Beaujour hingegen lebte als französischer Consul zehn Jahre in Thessalonich dem Mits telpuncte des griechischen Handels , und beobachtete die

Ke denn er sammelte Bemera rkseine umfa z ßt war kungen von 1787 bis 1797. neueste Epoche desselben ,

nur den eigentlichen Handel jener reichen Stadt , allein gelegentlich hat er so viele treffliche Nachrichten über die Ein- und Ausfuhr von Morea, Candien, Constantinopel und anderer Handelsplåge mitgetheilt, und so mancherley

Borrede.

III

bisher unbekannte Zweige des türkischen Handels berührt, daß seine Schrift auch über solche Gegenstände , die nicht eigentlich zu seinem Plan gehören, die herrlichsten Belehrungen ertheilt.

Eigentlich besteht sein Werk aus vier Hauptabs schnitten. verzeichnet ,

In dem ersten hat Hr. Beaujour alle Waaren welche Thessalonich zu Lande und Wasser

bisher auszuführen pflegte.

In dem zweyten zeigt er

welche Waaren dieser Handelsplatz für seine Exporten wieder empfängt , und darunter find englische Uhren, deutsche Wollen und Glaswaaren nebst Pelzwerk aus dem russischen Reiche beträchtliche Artikel .

Im dritten wer

den einige allgemeine Bemerkungen über den Werth des griechischen Handels überhaupt , Thessalonichs Verkehr mit andern levantischen Handelsplägen, den Wechselcurs und Nachrichten von türkischen Münzen, Maaßen und Ges wichten gegeben.

Zuleht untersucht Hr. B. die Vorso

theile und Nachtheile verschiedener in Frankreich zur Emporbringung des levantischen Handels bisher beobachteten Einrichtungen , daß Marseille ein Freyhafen ist , daß les vantische Waaren von hier zollfrey ins Ausland verführt werden können , daß diese, wenn sie auf fremden Schiffen eingebracht werden, zwanzig Procent Zoll erlegen müffen, und andere hieher gehörige Verfügungen , er beurtheilt auch Frankreichs bisheriges politisches und Handelsvers hältniß mit der Levante.

Da vie hier behandelten Ges

IV

Borrede.

genstände nur eigentlich den französischen Kaufmann, der felbft Versendungen dahin macht , oder machen will, intereffiren kommen , Hr. B. bey seinen Vorschlägen vieles als bekannt voraussetzt , das nur Eingeweihte in diesem Verkehr verstehen , manche von seinen Ideen nicht ohne genaue Prüfung , dazu hier der Ort nicht war , dem Pus Blikum vorgelegt werden konnten, auch in diesem Abschnitt manches wiederholt wird , was er früher bald ausführlicher bald kürzer entwickelte , so ist er in dieser Uebers sekung weggeblieben.

Sonst ist sie dem Original wörts

lich treu geblieben, einzelne Stellen ausgenommen, z. B. bey den öffentlichen Gebäuden und Alterthümern von Salonichi , wo mir eine Abkürzung nöthig ſchiến.

Inhalt.

Erfter Abschnitt.

Topographie von Macedonien.

6, 3

Beschreibung von Salonichi.

Zweyter Abschnitt. Artikel der Ausfuhr. Baumwolle. Taback.

Getreide.

Wolle. Honig. Det. Korinthen. 20

Fárberröthe. Kermes . Seide zc.

Dritter Abschnitt. Türkisch Garo.

Saffian.

aus Macedonien.

Türkische Teppiche.

86

Einfuhr fremder Waaren, Engs

Tuchwaaren.

dische Baumwollenwaaren. Goldarbeiten.

Avats

Caputröcke von Zagora.

Vierter Abschnitt. lischer Handel.

Verarbeitete Artikel der Ausfuhr.

Uhren. Zinn.

Chalons. Ins

Bley.

Juwelen.

Koloniewaaren.

Fünfter Abschnitt.

Teutscher Handel.

108 Tücher.

Glaswaaren.

Cattune. Musseline. Glatte Leinwand. Porcellain. 1 Stahlwaaren. Kupfer und

Goldarbeiten.

Factoren und Canáåle des deutschen Hans

Leinenwaaren.

dels.

Geldzahlungen und Wechselgeschäfte.

139

VIII

Secher Abschnitt. Feuergewehre. waaren.

Italienischer Handel.

Tücher.

Glaswaaren.

Sammet.

Glaskorallen. allen, Seidens Glasfor Papier. 1 Wollene Mügen. Hols

ländischer Handel. Russischer Handel. Pelzhandel. Zobel. Hermelin.

Grauwerk.

Schwarzer Fuchs. Ungebohrne

Lámmerfelle.

S. 163

Siebenter Abschnitt. Französischer Handel. Tücher. Franzöſiſcher Zuder. Indigo. Caffee. 7 Handelsgewinn. Uebersicht des ganzen Handels. Túrs Müßen.

kischer Handel.

Gewichte,

Maaße und Münzen.

192

Schilderung des

Handels

von

Griechenland,

besonders

der

Stadt

Thessal

onich ;

entworfen von

Felix

Beau jour,

ehemaligem franzöſiſchen Consul daſelbſt.

Schilderung

des

griechischen

Handels,

entworfen

Felip

Beaujo ut.

• Erster

Abschnitt.

Salonicht oder Thessalonich ist der vorzüglichste Hats delsort in ganz Griechenland.

Ich kann daher das Ges

målde von dem griechischen Handel nicht anfangen , ohne vorher einen Blick auf diese Stadt und überhaupt auf das prachtige Macedonien geworfen zu haben, das stolá jer auf den Reichthum seines Bodens und seiner Erzeuge niffe , als auf seinen Alexander ist.

Topographie von Macedonien. Die Provinzen Griechenlands verlohren mit der Es ges Freyheit auch ihre Namen und ihre Grenzen. 2

Erster Abschnitt. rieth alles durch die Eroberung in die größte Verwirrung , die dem Sieger eigenthümliche militärische Verfaſſung wurs de durchgängig eingeführt , und zugleich zerstückelte Sultan Murad II . das ganze Land in militärische Abtheilungen, welche schon in allen seinen asiatischen Staaten eingeführt waren. Diese Divisionen sind unter den Namen von Par schalicks, Musselimlicks , Woiwodalicks , und Agalicks bea Fannt.

Die größten unter ihnen sind

und die kleinsten die Agalics . ver unabhängig , üben

die Paschaliks,

Sie sind alle von einans

und die damit belehnten Statthalter

die oberste Gewalt

des

Monarchen

in ihrer

größten Ausdehnung aus. Sie vereinigen in sich alle Zweige der Staatsverfassung , ausgenommen die Gerichtsbarkeit in Streithändeln , die dem Kadi vorbehalten ist, and lassen mit der Kaltblütigkeit eines Fleischers , der ein Thier,abschlachtet , in ihrer Gegenwart einem Menschen den Kopf abschlagen , oder thun es wohl gar mit eigener Gewöhnlich verkauft die Pforte die StatthalHand terschaften an den Meistbietenden ; zuweilen werden sie Die Stelle auch als Gnadenbezeigungen verschenkt. dauert nur von einem Beiramsfest bis zum andern *), d. h.

*) Die Türfen feiern unter dem Nahmen Beiram zwey große en ersten drey Tagen Feste. Das erste fållt in den Monats Thawal gleich nach dem Fastenmonat Ramadan , Seiram . An diesem Feste pflegen sie und,heist der große gewöhnlich sich und ihre Leute zu kleiden. Der zweyte oder kleine wird den zehnten des Monats Sulhadsje gez feyert. Man nennt es gewöhnlic aber unrichtig das türkische Osterfest. Da die Mohamedaner nach Monde monaten rechnen, und diese abwechselnd dreyßig und neun und zwanzig Tage enthalten, so fallen diese Feste in allen

Jahrszeiten.

Topographie von Macedonien..

5

ein Jahr , man kann sie aber mit Geld auf zwey Beirams verlängern,

Ist eine Stadt mit ihrem Pascha oder iha

rem Muffelim nicht zufrieden , so bietet fie , um ihn los zu werden , eben so viele Beutel

) an , als er selbst

zu geben im Stande wäre , um die Stelle zu behalten, und dann wird die Sache nach dem höchsten Gebot ents schieden.

Auf dieselbige Art werden auch die Woiwodas

licks und Agalicks vergeben , nur ist mit diesen in manchen Gegenden ein Privilegium auf ewige Zeiten verbunden, was gewöhnlich Familien zu Theil wird , die dem Staat vorzüglich wichtige Dienste geleistet haben. z. B. die Ghavrinos ,

So besigen

die Macedonien erobert haben,

mehrere Agalicks auf ewige Zeiten.

In der Regel wers

den aber alle diese Stellen wie Meierhöfe von dem Meists bietenden in Pacht genommen , und seit der Regierung Abdul- Ahmid's, der eigentlichen Epoche von der das ottomanniſche Reich sich seinem Verfall mit schnellern Schritten nåherte, sind nicht selten folche Agalicks in Griechenland von albanischen Abentheurern mit Gewalt der Waffen erobert worden , und dann mußte ihuen die Pforte jedesmal die Belehnung , die sie ihnen nicht mehr verweigern konnte , aus scheinbarem freyem Willen ertheilen.

In

neuern Zeiten haben sogar mehrere solcher Agas sich auf dieselbige Art in den Besitz von Woiwodalicks gesezt , und wenn sieso fortfahren , so ist zu vermuthen , daß sie sich auch bald der Paschalicks bemächtigen werden.

Die Pa=

*) Große Summen rechnet man in Constantinopel nach Beus teln. Ein Beutel in Golde ist 15000 Zechinen oder Dukaz ten ; ein Beutel in Silber oder Piastern , die gewöhnliche Rechnung , beträgt fünfhundert Thaler.

Erster Abschnitt.

fchas von Scutari und Janina find schon wirklich auf diese Weise zu ihren Statthalterschaften gelangt , und es ist zu befürchten ,

daß sie ihre Lehne in erbliche Fürstenz

thümer verwandeln werden.

Die Beys von Seres und

von Melenik in Ober , und die von Zigna und Katherin in Untermacedonien besigen ihre Agalicks ebenfalls auf dieselbige Art. Alle heutigen Eintheilungen von Griechenland eriexis stiren daher nur in unsern Erobeschreibungen ;

es gilt

in der That gar keine , weil ihrer zu viele sind.

Um jes

doch mit einiger Ordnung zu Werke zu gehen , will ich hier die alten Eintheilungen angeben, und die vorzüglichften Unterabtheilungen , die sich in demselben befinden,

Macedonien bildet ein großes eingefaßtes Becken, in Form eines Halbcirkels , dessen Diameter vom Meer bespült und sehr unregelmäßig ausgeschnitten ist.

Gegen

Morgen und am Anfang des Halbcirkels ist der Berg Pangaus , von dem die Insel Thasos eine Fortsetzung it, und der sich von la Cavala bis in die Gegend von Soz phia erstreckt.

Nordwärts wird dieser Halbeirkel von

dem Scomius begrenzt , einem Berge, der eigentlich nur ein Arm von dem Pangaus ist, dieser letztere nimmt nörds, lich von Strumzza eine andere Richtung , und läuft von Often nach Westen bis nach Uskup . Hier senkt er sich, und bildet einen langen und schmalen Pag durch wel chen der Arius oder Verdar in Macedonien einfirömt, Auf dem rechten Ufer des Flusses erhebt sich der Berg Scardus, der in gerader Linie von Monastir nach Ochrida läuft, wo er sich in mehrere Zweige theilt , die verschie dene Richtungen nehmen ;

derjenige aber , der sich am

Topographie von Macedonien.

7

meisten gegen Süden hinzieht , vereinigt sich mit dem Olympus. Diese berühmte Gebirgskette , seht dann den Halbeirkel weiter fort , und schließt ihn endlich bey dem Thal Tempe , wo das Meer ihn scharf abſchneidet , so daß dadurch eine fünfhundert Klaftern hohe und jdhe Fels ſenwand entstehet.

Auf diesem Felsen steht das Schloß

Platamona, welches Macedonien gegen Westen schüßet, so wie es gegen Osten durch das Schloß in Cavala ge= deckt wird,

Die beyden Påffe bey Uskup und Ochrida

find nicht mit so starken Schuhwehren versehen ; wenn ke jedoch nur gehörig besetzt wåren, so würde es fast eben so schwer seyn durchzukommen , weil der Weg durch den Paß bey Uskup durch die Waldströme, die sich von den Gebirgen in den Verdar herabstürzen, gänzlich zu Grunde gerichtet , und der Paß bey Ochrida zum großen Theil durch die Gewäſſer überschwemmt ist , die sich in den lychnidischen See ergießen.

Durch den unregelmäßigen Ausschnitt des Diame ters werden gegen Süden zwey große correspondirende Meerbusen gebildet, nämlich der von Amphipolis und der ven Salonichi, auchnoch zwey kleinere auf beyden Seiten der Chalcidischen Halbinsel , diese Halbinsel erhält ihre Form durch eine Gebirgskette, die sich vom Scomins nòrdwärts von Strumzza abſondert, Macedonien von Norden nach Süden durchschneidet , und sich bey der Erdenge von Athos verliert. Der Berg Athos selbst, und die Inseln Scopoli und Sciatho sind weiter nichts als Verlängerungen dieser Gebirgskette, die man im eigentlichsten Verstande für das Gerippe , wodurch ganz Macedonien zusammen gehalten wird , ansehen kann.

Dieses Gebirg hat wies

Erster Abschnitt.

8

der verschiedene Aerme, von denen einige vstwärts gehen, und sich bey la Cavala mit dem Pangåus vereinigen, andere aber in parallelen Richtungen westwårts laufen, bis an die Berge von Vodina , von da durch den nördlichen Theil von Pierien streichen , und sich ebenfalls an den Olympus anschließen. Durch diese vielen Berge , die sich durchschneiden, entstehen in Macedonien eine Menge großer Ebenen. So findet man gegen Often die Ebene von Philippi , gegen Norden die von Seres , westwärts die Ebene von Katherin , und südlich die von Pella.

Die Chalcidische

Halbinsel ist ein rauhes, bergichtes Land ; die einzige darin befindliche Ebene von einiger Bedeutung ist die von Calamari, die sich in einer Menge Krümmungen von dem Innern des Thermäiſchen Meerbusens, oder des von Sas lonichi , bis auf die Halbinsel Caſſauder erstreckt.

Dieſe

Halbinsel ist der anmuthigste und reizendste Theil von ganz Macedonien ; die lieblichsten Tannenwälder schmücken fie mit ewigem Grün .. Die Eb ene von Philippi hat sechs Stunden von Norden nach Süden , und drey oder vier von Osten nach Es führen zwey Wege in dieselbe , der eine

Westen .

liegt , und der, s Vor andere geht südwestlich von Prava nach Salonichi . be di w Eb de Se dieser leztern e rühmte r ene urde ffnung kommt von Angistha , das nordwestwårt

Schlacht geliefert , gieng .

in der Roms Freyheit zu Grunde

Man sieht noch heut zu Tage die zwey Anhdhen ,

auf denen die Låger von Brutus und Caffius stunden ; die von Octavius und Antonius waren gegenüber , mehr westwärts .

Beyde Armeen waren durch einen kleinen

Topographie von Macedonien.

Bach von einander getrennt , der bey seinem Ausfluß ins

Meer einen Sumpf erzeugt.

An diesen Sumpf lehnte

fich der rechte Flügel des Antonius , und seine Linie ers streckte sich bis an die Straße von Salonichi.

Octavius

stüßte seinen linken Flügel an die Verge von Prava , und sein rechter stieß an die Linie des Antonius ;, ſein Centrum stand zwischen Gråben , die durch die von den Bergen herabstürzenden Ströme ausgeschwemmt werden, und ihm zu natürlichen Bollwerken dienten.

Nordwärts von

beyden Armeen waren unzugängliché Sümpfe und Mo. råste.

Brutus und Caffius hatten sich, man weiß nicht

warum , mit dem Rücken an den Pangåus gestellt.

In

dieser Stellung mußte nothwendig ihre Armee entweder fiegen , oder ganz aufgerieben werden ; und dies erflårt vielleicht die Verzweiflung dieser beyden Römer , die von so vielen Geschichtschreibern als höchst übereilt getadelt ist.

Octavius und Antonius hingegen konnten sich, im

Fall einer Niederlage auf der Straße nach Salonichi zuz rück ziehen , ohne daß ihr Marsch in diesen engen Paſſen, wo tausend Mann ein Heer von hundert tauſend aufhalten können , im mindesten beunruhigt werden konnte. Die Ebene von Seres erstreckt sich von dem See Amphipolis bis nach Melenik in einer Långe von mehr als funfzehn Stunden , und ihre Breite betrågt drey bis vier Stunden .

Dieses prächtige Thal , das in ganz Roman-

ien wegen des Reichthums an Produkten berühmt ist, wird durch den Strymon , der an dem Fuße des Scomius entspringt , in zwey Theile getrennt, Die Ebene von Katherin ist ostwärts durch die

Berge von Pydna verschlossen , gegen Westen durch den

Erster Abschnitt.

Olympus , gegen Süden durch das Meer und nördlich durch die Pierischen Gebirge,

die von Karaveria an sich

von Osten nach Westen bis an den Olympus erstrecken. Das Thal hat ohngefähr funfzehn bis achtzehn Stunden im Umkreis. Die Ebene von Pella endlich , durch deren Mitte der Verdar strömt, erstreckt sich von Salonichi bis an die Anhöhen um Jenidge. von Bergen

Nördlich wird sie durch eine Kette

verschlossen , die wie ein fester Wall das

Innere des Meerbusens umringt ,

und sich westwärts

bis nach Vodina , oftwårts aber bis an den See Amphia polis hin erstreckt.

Wo die Berge dem Meer am nächsten

find , beträgt ihre Entfernung nur eine Stunde ; die größte Breite der Ebene ist ohngefähr vier Stunden, Der Berg Kurtiach , der zwey Stunden nordöstlich von Salonichi liegt, ist der höchste unter allen nach Süden laufenden innern Bergen ;

er ist fünfhundert und funfzig

Klafter über die Meeresfläche erhaben.

Er wird stufens

weise niedriger , je mehr er sich dem östlichen Ufer des Thermäiſchen Meerbusens nähert, und verliert sich an demselben in einen sanften Abhang, auf welchem Salo· nichi, in Form eines halben Mondes , gebaut ist. Die Rhede, welche diesen halben Mond bespült ,

ist auf allen

Seiten verschlossen , ausgenommen gegen Südwest. Auf der Südseite liegen die beyden Vorgebürge Cara Burun, die auch gewöhnlich Cara Bernus heißen.

Der große

Burun liegt drey Stunden vom Hafen entfernt , und bile det einen über eine Stunde langen Vorsprung ins Meer; der kleine Burun, der sich nur auf dreyhundert Klafter 'ins Meer erstreckt, und eigentlich die Einfassung der Rhede

Topographie von Macedonien.

II

gegen Often ausmacht , ist anderthalb Stunden von Sas Jonichi entfernt .

Gegen Westen liegen große Haufen

pon Schlamm , die

der Werdar herbeyführt , der seit

Alexanders Zeiten das Land ,

das er durchströmt , fast

um zwey Stunden verlängert hat, Die Weite des Thermäiſchen Meerbusens beträgt pon dem Cap Pailluri bis an das Cap St. Georg ohns gefähr funfzehn Stunden ; er verengert sich aber gegen die Spitze von Caffander und ist nur noch acht Stunden breit.

Die Tiefe des Meerbusens , oder vielmehr seine

Långe, beträgt, von dem Cap Paillari bis an die Rhete ppn Salonichi , sieben und zwanzig Stunden. Salonichi liegt in 40° 41′ 10″ nördlicher Breite ; feine Långe , nach dem Meridian von Paris berechnet, ift 20° 28'.

Das Schloß Volo ist von Dapper zu hoch

angegeben ; es muß in 39° 25' bestimmt werden. Athen hat 37 58 1 Breite , und Corinth 37° 55′ 54". Die Oberfläche

von ganz Griechenland beträgt

sechstausend einhundert und funfzigQuadratmeilen ; hievon kommen zweytaufend auf Macedonien, tausend siebenhun dert auf Epirus von dem Meerbusen lo Dring an bis zu dem di Carta , und zweytausend vierhundert und funfzig aufdas südliche Griechenland. Die Volkszahl in Macedonien beläuft sich auf 700,000 Seelen ; es kommen also dreyhundert und sieb zig auf eine Quadratmeile.

Das Land Zagora ist unter

allen griechischen Provinzen am besten bevölkert , und Epirus und Morea am schlechtesten.

In dem erstern

kommen sechshundert und dreyzehn Menschen auf eine Quadratmeile, und in Morea nur preyhundert.

Die

12

Erster Abschnitt.

Bevölkerung von Theffalien beläuft sich auf 300,000 Seelen , und die von Epirus , das doch noch einmal so Aetolien, Phocis, Boes Attica hat

groß ist, nur auch 400,000 .

otten haben kaum 200,000 Einwohner.

nach der genauesten Berechnung nicht volle 24,900, und Morea, das doch tausend Quadratmeilen groß ist, hat Die ganze Bevölkerung

nicht 400,000 Einwohner.

von Griechenland kann nicht über 1,920,000 Seelen berechnet werden. Macedonien , Theffalien,

und der östliche Theil

von Phocis und Bootien find fruchtbare Länder.

Das

Erdreich in Attica ist äußerst leicht , und nur Gerste und Oehlbäume gedeihen darin.

In Morea hingegen kann

alles mögliche gebaut werden ; in seinen Thälern · wächst der schönste Weizen , und feiue Berge sind mit den treffs lichsten Viehweiden bedeckt.

Epirus hingegen ist durch-

gängig rauh und bergicht, und unter allen Provinzen die unfruchtbarste. Die Landesproducte von Macedonien allein betra gen so viel wie die aus den sämmtlichen übrigen Provin, zen Griechenlands .

Besser vertheilt sind jedoch die Pro-

ducte des Kunstfleißes .

Theffallen zeichnet sich vor allen

aubern Provinzen durch Industrie aus ;, dann kommen Epirus, Morea , Attica , und endlich Macedonien , der unter dem Namen Livadien bekannte Theil von Booz tien.

Das übrige Bootien , nebst Phecis , Locris und

Aetolien besitzen keine Art von Industrie,

Man findet in Griechenland vier große Paschalics, nämlich von Tripoliza ,

von Egripos oder Negropont, Das Paschalickfyon von

von Janina und von Salenichi,

Beschreibung von Salonichi.

13

Tripoliza begreift ganz Morea in sich , das von Egripos erstreckt sich über die Insel dieses Namens , über ganz Bdotien und den dftlichen Theil von Phocis,

Naupaċ-

tus oder Lepanto hat einen eigenen kleinen Pascha, Athen und Livndien stehn unter der Herrschaft von Woiwoden ; Larissa wird von einem Muſſelim regiert , und das Land Zagora , oder das alte Magnesien sieht unter seinen eiges nen Grafen. Dem Pascha von Janina gehört ganz Epirus *), und dem von Salonichi ist die ganze südliche Hälfte von Macedonien unterworfen.

Der nördliche Theil wird von

beſondern Beys regiert, und Pierien steht unter der Herrschaft des Agas von Katherin ; dieser kleine Erdengott ist in der Herrschaft über den Olymp an die Stelle Jupiters getreten.

Beschreibung von Salonichi.

Salonichi Bder Thessalonich war ehemals bis zur Regierung Caffanders unter dem Namen Therma bekannt ; dieser erweiterte aber die Stadt, und gab ihr den Namen von seiner Gemahlin Thessalonica , die Philipps zweyte Tochter und Alexanders Schwester war.

Sie liegt öft-

lich in der äußersten Tiefe des Thermäiſchen Meerbusens, und ist halb auf den Hang des Berges Kurtiach erbaut. Von der Rhede ausgesehen gleicht die Stadt einem halben Mond , sie hat die Gestalt eines Halbcirkels , dessen Durchmesser der Långe nach an dem Meere liegt , die Ich übergehe hier mit Stillschweigen die beyden kleinen Paschalicks von Aulon oder Valona , und von Delvino, die Zeit zu Zeit von dem Pascha von Janina überfallen und gebrandschaßt werden.

14

Erster Abschnitt.

Länge dieses Diameters beträgt neunhundert Klafter und die Circumferenz des Vogens , der gegen Norden sehr excentrisch ist , beläuft sich auf siebenzehnhundert Klafter. Die Mauern werden ringsberum von kleinen Thürmen bestrichen , und sind von Backsteinen auf einem Fundas ment von Quadern von ungeheurer Dicke erbaut.

Die

Häuser formiren auf dem Hang der Anhöhe ein Amphis theater; sie haben fast alle Gårten , und die ganze Stadt Allein wie gewährt von fern einen reizenden Anblick. erstaunt man bey dem Eintritt in dieselbe , wenn man nichts als enge und krumme Straßen , schlecht gebaute Häuser und nicht einen einzigen öffentlichen Plaß erblickt, δει gepflastert wåre. Salonichi ſieht in der That nicht beffer aus , als bey uns manche Dörfer ; dennoch aber ist es eine der schönsten Städte im türkischen Reiche. Es giebt Städte , die durch keine Revolution köns nen zu Grund gerichtet werden , weil sich alle günstigen Umstände vereinigen , um die Bevölkerung immer wieder zu vermehren. Unter diese gehören in der Türkey Constans tinopel und Alexandrien , die in der Mitte zwischen zwey Meeren liegen ; eben so ist auch Salonichi hieher zu recha ien , das durch seine Lage in einem weiten Meerbusen der Mittelpunct des Handels von der ganzen Europäischen Türken wird. alonichi äußerst wichtig ; aber als Festung ist es von Als Handelsstadt ist daher keiner Bedeutung .

Es hak

bloß ein Schloß , daß in der obern Mitte des Halbeirkels liegt , und zwey Bastionen an den beyden Seiten des Diameters , mit Batterien , die das Meer

bestreichen.

Dies sind alle Festungswerke ; es ist übrigens kein Graben

15

Beschreibung von Salonichi.

um die Stadt, und die Wälle sind nicht mit Mauern gez füttert.

Die Rhede könnte jedoch auf das vortrefflichste

vertheidigt werden ,

wenn auf der Spike des kleinern

Caps Burun eine Schanze angelegt würde , in dem gegens wärtigen Zustande iſt ſie aber der allerschwächsten Escader Preis gegeben ; jedes Kriegsschiff kann sich ungehindert nähern , und die Stadt beschießen , die zu ihrer ganzen Vertheidigung nicht vier Canonen ohne Lavetten , und nicht einen einzigen Canonier hat , der im Stande ist, sie zu richten.

Salonichi wird von einem Pascha von drey Ross schweifen und einem Mollah vom ersten Rang regiert ; der letztere genießt mit den Mollah's von Mecca und Das mascus gleichen Rang , und hat wie diese niemand über fich als die beyden Cazi - Asſkers, und den Scheik - Islam, oder großen Muphti.

Er empfängt von diesem aus Cons

ftantinopel die Investitur , und hat den Vorsig in allen Moscheen,

ohne einer davon insbesondere vorzustehen.

Der Pascha vereinigt in seinen Hånden alle Zweige der bürgerlichen Gewalt, ausgenommen die Gerechtigkeitss Seiner Beſtima mung nach in ollah vorbehalten ist. pflege, die dem er hier ganz despot , an der Stelle und nach Auftrag des Großsultans deſſen oberster Stellvers treter , in der Wirklichkeit aber kann er seinen Dess potismus nur über die Rayas ausüben , denn wenn er einen Türken seine schwere Hand will fühlen lassen, so wird sie ihm oft durch die Beys gelähmt.

Ueberhaupt

ist die ottomannische Staatsverfassung eine wahre miliz tåriſche Aristocratie ; wer nicht die Waffen trågt , ist vers Hammt, unter dem schmähligsten Druck zu seufzen.

Erster Abschnitt.

16 Die

*), rialabgabe führt den Namen Miri 77

und wird in Natur bezahlt ; sie beträgt den zehnten Theil des Ertrags .

Die Auflage auf Lebensmittel ist nochneu,

und war unter der Regierung Abdul : Hamid's noch ganz unbekannt.

Die übrigen Imposten sind in Griechenland ,

wie überhaupt 1 im ganzen Reich,

durch die berühmte

Commission eingeführt worden , die den Namen NisamDiedith führt. Ju dem Paschalick von Salonichi ist der Miri für vierhundert und funfzig Beutel verpachtet. Die neuen

Auflagen sind noch nicht lange genug eingeführt , um ihVon jedem Stüc ren Ertrag genau angeben zu können . kleinen Vieh wird ein Para bezahlt , von einem Ochsen ein Piaster , von der Ocke Wein zwey Para **) ; für alle übrigen Lebensmittel wird mit dem Einnehmer wegen der Abgabe gehandelt . Der Pascha zieht den Zehnten von ohngefähr zwanzig Dörfern , die unmittelbar ihm angewiesen sind, and vers pachtet ihn für sechszig bis siebzig tausend Piaster. Eben

* Miri ist eigentlich die Hauptstaatscaffe des türkischen einmal firirten Reichs , aus welcher alle gewöhnlichen`, Ausgaben bestritten werden . Die zweyte Hauptcaffe heißt Chasine , und ist eigentlich die Privatcaffe des Großfultans die häufig durch Confiscationen bereichert wird. Davon werden nicht einmal die Kosten der Hofhaltung bestritten, sondern diese wird aus dem Miri besoldet . Zuweilen schieft aber der Sultan bey außerordentlichen Vorfällen dem Miri große Summen vor , und so war diese Caffe 1776. ihm 45,500,000 Piafter schuldig .. ** So heißt eine kleine Silbermünze aus dreyliAspern bèstes hend. In Egypten heißt sie Medin , Meidin, und enthält nach deutschem Gelde zwischen acht und neun Pfenning .

Beschreibung von Salonichi.

17

so viel tragen ihm die die Accidenzien ein , und die Avas nien oder ungerechte Erpreffungen wenigstens 100,000 Piaster,

auch wohl 200,000 , wenn er unmenschlich 1 Iht er 1 habſüchtig und hart , so kann er in der kurzen Zeit von sechs Monaten das ganze Land zu gesinnt ist.

Grunde richten . Die städtischen Ausgaben werden son den drey Ge meinden , der türkischen , griechischen , und jüdischen bes ftritten.

Die türkische Gemeinde steht unter einen Math

von sechs Agas, die alle mächtige Beys find .

Derjenige

unter ihnen , ter den Vorsitz führt , ist Herr von der Stadt, und der Pascha hat sich sehr vor ihm zu fürchten. Die griechische Gemeinde wird hier , wie in allen ber ottomannischen Herrschaft unterworfenen Ländern. von Proefti oder Aeltesten regiert. hen unter ihren Rabbinen , Makami heißt ,

Die Juden aber stes

deren Vorsteher der große

und eine außerordentliche Macht besitzt.

Er begiebt sich gewöhnlich unter den Schutz von Franks reich oder England, und da sich alsdann die Türken nicht mehr au seiner Person vergreifen dürfen , so spielt er die Rolle eines wahren Königs der Juden.

In Rücksicht der Gerechtigkeitspflege sind die Griez chen und Juden eben so wie die Türken dem Mollah uns terworfen.

Allein gemeiniglich

unterwerfen fie

ihre

Streitigkeiten der Entscheidung ihrer geistlichen Ober häupter , als Schiedsrichter , und diese geben ihren Auss sprüchen durch den Bannstrahl Gewicht.

Auf diese Art

ist der Spruch des Bischofs oder des Rabbinen zwar nicht gesehmäßig aber doch in der That verbindlich und keiner weitern Appellation unterworfen, denn der Baunstrahl 23 Beaujours Beſchr,

Erster Abschnitt.

18

hat hier noch die nämliche Wirkung , die er ehemals auf uns in der finsterften Epoche des Mittelalters gehabt hat.. Der letztere Oberrabbiner stand unter dem Schutz von Frankreich, und der Fluch , den er aussprach , war so kräftig und verbreitete ein solches Entsehen , daß häufig Våter , von denen deshalb ihre Kinder weggelaufen wa ren , und Männer, die ihre Weiber verlassen hatten , zu mir kamen , und mich um Schutz gegen die schreckliche, Tyrannei des Rabbinen anflehten. Der Karatsch war eine Art von Kopffleuer, die von Griechen und Juden entrichtet wurde; die letztern hatten fich ein für allemal -um die Summe von 36 000 Piaster Darüber verglichen. Die Griechen hatten in den letzten Jahren fünftausend Karatschen bezahlt ; wenn man nun auf vier Köpfe einen rechnet , der dieser Steuer unterworfen ist , so muß hiernach eine Bevölkerung von 15 bis 20,000 Seelen angenommen werden. Auch wird man diese Rechnung ungefähr richtig finden , wenn man weiß, daß die Kinder in den Städten diese Steuer schon vom achten , und auf dem Lande vom fünften Jahre an bezahlen.

Wenn ein Vater über das Alter seines Kindes

streiten will, so meſſen die Einnehmer den Kopf des Kindes mit einer Schnur , die ihnen zum bestimmten Maaße. dient ; da sie aber die Schnur nach Willkühr kürzer machen können, so muß der arme Grieche jedesmal Unrecht haben.

Diese Einnehmer sind alte Männer , die einen

so geübten Blick haben, daß sie jedem Menschen an den. Gesichtszügen seinen Stand ansehen, und ihnen nie einer entwischen wird.

Dafür fordern sie aber auch niemals

von irgend einem den Karatsch zum zweytenmal,

Erster Abschnitt.

Beschreibung von Salonichi.

19

Alle türkischen Einwohner sind hier Janitscharen, und als solche wirkliche Soldaten. man in einem Lande ,

Nun aber rechnet

wo jeder Bewohner Soldat ist,

auf eineu jeden eine Frau und zwey Kinder; da nun in Salonichi siebentausend Janitscharen ausgehoben werden können , so würde hieraus eine Bevölkerung von 28 bis 30,000 Türken folgen.

In den Regiſtern der Janit-

scharen Ortas , oder Compagnien , find 13,000 Mann eingeschrieben; dies kommt aber auf die angegebene Ans zahl heraus , denn jeder Janitschar läßt seinen Sohn, sobald er geboren wird , in die Register eintragen. Die Anzahl der Juden kann nicht mit derselbigen Genauigkeit bestimmt werden ; die Berechnung , die mir am wenigsten unvollkommen schien, setzte sie auf 12,000 Seelen. Nach allen diesem kann die Bevölkerung von Salo nichi zu 60,000 Seelen angenommen werden. Hierunter befinden sich 30,000 Türken ,

15,000 Griechen , und

12,000 Juden ; der Rest von ungefähr 2000 Seelen besteht aus fränkischen Kaufleuten, aus Maminen , die halb Türken und halb Juden sind, aus Tschinghenesen, den Zigeunern in der Türkei , und aus schwarzen Sklas ven, die hier alle unter dem Namen Araber begrif fen werden.

B2

Zweyter

Artikel

Abschnitt.

der Ausfuhr.

Ich fange das Gemåhlde des griechischen Handels mit den Artikeln der Ausfuhr an, die ich sämmtlich nach eins ander anführen werde.

Baumwolle aus Macedonien.

Die Baumwolle , die in der Handlung unter dem Namen Baumwolle von Salonichi bekannt ist , insgesammt aus dem Canton Seres.

kommt

Diese macedoni

sche Stadt ist in der ganzen europäischen Türkei wegent ihres reichen Marktes berühmt. Sie liegt funfzehn Stunden nordwestlich von Salonichi , und mitten in einer gros Ben Ebene macht.

die der Strymon bewässert und fruchtbar

Dieser Fluß entspringt an dem Fuße des Sco-

mius , und fällt nach einem Lauf von zwanzig Stunden in den Meerbusen von Amphibolis. gestüm reißender Strom ,

Bald ist er ein uns

bald ein friedlicher , sanfter

Bach, nach der Verschiedenheit der Jahrszeiten.

Int

Frühjahr überschwemmt er die ganze Ebene, und bedeckt fie mit fruchtbarem Schlamm , den er von den benach barten Bergen losreißt ; im Sommer hingegen scheint er in seinem tiefen und gewundenen Bette sich mühsam forts zuschleppen.

Das Thal , das er durchströmt , ist von

allen Seiten verschloffen , ausgenommen gegen Süden,

Baumwolle aus Macedonien .

wo der Fluß sich ins Meer stürzt.

20

Die Berge gegen

Often find die höchsten Gebirge des Pangåus ; nordwärts zieht sich der Scomius hin , und westlich der Berg Cercina. Dieses ganze Thal ist ausschließend der Baumwolle ges widmet ; es liegen in demselben beynahe dreyhundertDdrs fer, die, wenn man von dem Gipfel des Cercina herabfieht, sich einander zu berühren , und nur eine ungeheuer große Stadt auszumachen scheinen. Alle diese Dörfer sind zu Big bis vierzig in Agaliks vertheilt , der Aga bezieht

von seinen Vasallen den Zehnten von der Baumwolle, und muß in Kriegszeiten eine gewisse Anzahl von Truppen zur Armee führen . Die bedeutendsten unter diesen Agaliks sind die von Drama , von Zigna und von Seres. Der Aga von Seres hat fünftausend Mann in seinen Diensten , und gilt für den mächtigsten Bey in ganz Macedonien . Die Agas leben in ihren Schlössern , umringt von einer albanischen Garde , und führen Kriege mit einans & der , wie unsere alten Ritter zur Beit Zeit des des Faustrechts. Der Sieger verbrennt die Pflanzungen des Besiegten, raubt ihm seine Weiber und sein Vieh , und seine verhees renden Streifereien werden nur durch gewisse Musulmånnische Feste unterbrochen , während welcher alle Feindseligkeiten durch eine Art von Gottes frieden aufhören.

Diese Feudalgebräuche ,

die sogar in dem schö-

nen Clima von Griechenland Wurzel gefaßt haben, be: ftätigen die Meinung , daß das gesammte Feudalsystem aus den Ebenen der großen Tartarei zu uns gebracht ist.

22

Zweyter Abschnitt.

Die ottomannische Pforte unterhålt ins geheim diese Streitigkeiten der Agas , und sieht sie sich einmal gendthigt , fich für irgend eine Parthie zu erklären , so übers schickt sie dem schwächern die Schnur , und dem stårs kern die Roßschweife.

Durch Straflosigkeit aufge-

muntert plündern die mächtigern Agas das ganze Land, und häufen schnell ungeheure Schäße auf.

Dann sucht

der Divan sie durch den Reis von irgend einer glänzenden Bedienung in die Stadt zu locken , und sobald er verſichert ist, daß sie ihm nicht mehr entwischen können , so läßt er ihnen durch einen Capidgi den Kopf oder den Beus tel abfordern. Auf diese Art fließen alle Erpressungen der Agas in den Schatz des Großherrn.

Ich werde bey Erwäh-

nung der Griechen noch öfters von diesen Agas reden múſsen , denn wenn man von der Heerde spricht , so kann man die Wölfe nicht mit Stillschweigen übergehen , die fie verschlingen.

Die Baumwolle ,

die in Macedonien gewonnen

wird , kommt von einer jährlichen Staude , die drey bis vier Fuß hoch wächst.

Ihre Frucht besteht aus einer

länglichten Capfel, deren Saamenkörner mit einem weis Ben, seidenartigen Flaum umwickelt sind.

Dieser Flaum

liegt so dicht und gedrångt in der Capsel , daß wenn man ihn einmal herausgenommen hat , es ganz unmöglich ist, In gutem Boden kann ihn wieder hinein zu bringen. man von dem Morgen jährlich zwen bis dreyhundert Olen Baumwolle ernoten ; wenn die Dke nun einen Piafter gilt, so giebt dieses einen Ertrag von zwey bis dreyz hundert Piastern.

Es ist kein Landesprodukt vorhanden,

Baumwolle aus Macedonien.

23

das einträglicher wåre ; daher breitet sich aber auch die Cultur der Baumwolle immer mehr aus , und seit einigen Jahren sind die besten Felder in ganz Macedonien darauf verwendet worden , obgleich die Ebene von Seres , weil fie gegen alle Winde geschätzt ist,

dazu am geschickte-

ften ist. Man unterscheidet in Macedonien fünferley Arten von Baumwolle , nämlich die Tſchesme , die Uchur , die Cantar ,

die Parili

und die Eira Baumwolle .!

Die

erste Sorte ist die allervorzüglichste, und wird aus der Mitte der Capfel genommen.

Die zweyte ist die Zehn-

tenbaumwolle, die der Aga aus den sämmtlichen Vorråthen der Bauern aussuchen läßt.

Die Cantarbaumwolle

ist diejenige , die von den Agas auf ihren eigenen Feldern gewonnen wird ;

weil diese Felder mit mehr Aufwand

bestellt werden, und die Baumwolle auch mit mehr Sorgfalt zubereitet wird , so ist diese Sorte fast eben so schön wie die vorhergehenden.

Den Namen Tarili führt die

Baumwolle von einer Dorfgemeinde ,

der eine gewiſſe

Quantität als Tare aufgelegt wird, um dem Aga die rückständigen Schulden zu bezahlen. Man sammelt fie in einem öffentlichen Magazin, und verkauft sie für Rechnung des Ganzen.

Alle andere Baumwolle wird unter

dem Namen Cira oder gewöhnliche Baumwolle begriffen. Sämmtliche Sorten werden in Bündeln verkauft, die mit zwey langen Strohfeilen zusammen ' gebunden sind , und sieben bis achthundert Drachmen *) Baum-

*) Hundert und achtzig Drachmen geben in Constantinos pel auf ein Notal , oder ein Pfund sechs Unzen französisch Gewicht.

24

Zweyter Abschnitt.

wolle enthalten.

Die Strohseile dürfen eigentlich nur

zwanzig Drachmen wiegen , allein oft werden sie aus Betrug dreyßig bis vierzig Drachmen schwer gemacht. Die Stadt Seres ist der gemeinschaftliche Marktplatz, wo fich im Winter alle Sonntage die Bauern aus dem ganzen Thal versammeln. Einige bieten ihre ſelba geerntete Baumwolle zum Verkauf an , andere suchen, die Baums wolle , die sie einzeln und in kleinen Quantitäten gekauft haben , jest wieder im Großen abzusetzen , nachdem sie Die dieselbe auf eine eigene Weise zubereitet haben. Käufer sind Kaufleute in Seres, die für entfernte Häuser Commission übernehmen ,

und Factoren ,

die von den

Fränkischen Kauflenten in Salonichi dahin geſchickt wers den.

Diese Factoren müssen mit großen Suninten Gela

des versehen seyn , denun ſie müſſen, drey Viertheile der gekauften Baumwolle noch vor der Ablieferung derselben baar bezahlen.

Sie kaufen die Waare, ohne sie gesehen

zu haben, und reisen nur in die Dörfer, um sie einpacken Auf diese Art werden ohne

und abführen zu lassen.

Mäckler , ohne schriftlichen Contract ,

ohne Garantie,

und bloß durch mündliche Accorde , die aber stets aufs' getreueste gehalten werden , unermeßliche Geschäfte ges macht.

Entsteht jedoch einmal ein Streit zwischen Kaua

fer und Verkäufer , so läßt sie der Bey von Seres vor sich kommen , und entscheidet ohne daß eine weitere Aps pellation Statt findet.

Der jebige Bey ist zwar ein

bloßer Tartar , allein er verbindet mit seiner Rohheit eis nen solchen geraden Sinn ,

daß in seinem Agalik aus

Furcht keine Betrügereien verübt werden.

25

Baumwolle aus Macedonien.

Die Abgaben von der Baumwolle an den Großherrn schränken sich auf das sogenannte Bedeat ein , das von der Oke Baumwolle einen Asper beträgt , und in Seres bezahlt wird , und einen Zoll von anderthalb Aspern, der zu Salonichi bey der Ausfuhr zur See bezahlt wird. Daher wird von der Baumwolle ,

die zu Lande nach

Leutschland und Dalmatien verführt wird ,

nur allein

das Bedeat entrichtet. Die jährliche Baumwollenerndte im Thal von Ses res wird zu 70,000 Ballen gerechnet.

Der Ballen entz

hält zwey Tengs, jeden zu sechzig Büudeln, und an Ges wicht ungefähr hundert Oten reine Baumwolle. Der Preiß ist zwischen achtzig bis hundert und sechs zig Aspern für die Ofe ; nimmt man den Mittelpreiß von hundert und zwanzig Aspern , oder einem Piaster an, so ergiebt sich , daß die bloße Baumwollencultur Macedonien jährlich ungefähr 700,000 Piaster einträgt.

Dies

ser Ertrag steht dem von den reichsten Colonien in den Antillen zur Seite, und macht die Grundlage von dem ganzen Handel mit Europa aus, durch welchen die maces donische Baumwolle in alle europäische Länder verschickt wird.

Die Leutschen allein führen jährlich über 30,000+

Ballen davon aus : die Franzosen 12,000 ; 4000 Bale len werden nach Venerig , 1500 nach Livorno, und eben so viel nach Genua verschickt.

Nach London gehen zwey

Schiffsladungen , und eine nach Amsterdam .

Im Gans

zen werden jährlich wenigstens 50,000 Ballen ausgez führt , deren Werth fünf Millionen Piafter beträgt. Ju Griechenland selbst werden

10,000 Ballen

verbraucht. Dies würde unglaublich viel scheinen , wenn

26

Zweyter Abschnitt .

man nicht wüßte , daß die Türken ihre Matrazen, Sophas und Bettdecken mit Baumwolle füllen ,

und daß

außerdem die Vorschrift ihrer Religion, nach welcher den Leichen von beyden Geschlechtern, ehe fie begraben wers den, alle Deffnungen und natürlichen Canale des Körpers mit Baumwolle müssen zugestorft werden , die Kons fumtion dieses Products noch sehr vermehrt. Der Ueberreft der gewonnenen Baumwolle wird ges sponnen, so wie alle die in andern Gegenden, als in dem Canton Seres geerntet wird , und die von dem griechis schen Bauer für seine häuslichen Bedürfnisse ausschlie Bend bestimmt ist. Diese Baumwolle ist gråber als die erstere, aber långer und deshalb geschickter zum Spinnen ; sie wächst vorzüglich bey Panomi und Mafilica in dem alten Chalcis , in den Pharsalischen Feldern und bey Caripa in Thessalien. Dieganz Masse der Baumwolle kann auf 20,000 Ballen geschätzt werden.

Hievon verbraucht Salonichi

zweytausend Ballen in seinen Fabriken von groben TůFabriken zu Karas Veria ebenso viel verarbeiten die chern; oder Veria oder dem alten Beroea , zu Pestemals, oder Bades tüchern , davon die Türken in ihren öffentlichen Bådern und zu ihren häuslichen Abwaschungen eine sehr große Menge brauchen.

Zwischen zwölf und funfzehuhundert

Ballen werden in Drama verarbeitet, und zehn bis zwölfhundert in den Fabriken von gröbern Cattun zu Seres, mit welchem fast alle Sophas in der gauzen Türkei überzogen sind.

Die meiste gesponnene Baumwolle wird je

doch in Toruovo, einer kleinen Stadt in Thessalien, drey Stunden nordwestlich von Larissa , verbraucht.

Baumwolle aus Macedonien.

27

Die Fabriken zu Tornovo find durch ganz Romanien wegen der Schönheit ihrer Aladjiats berühmt. Dieses sind leichte , aus Baumwolle und Seide gewebte Zeuge, die in dem europäischen Handel vortheilhaft bekanut sind. Sie werden besonders zu Kleidungen der echischen Damen gebraucht, und man rechnet, daß jährlich zwischen drey bis viertausend Ballen gesponnener Baumwolle darauf verwendet wird, Zehntausend Ballen werden in

den Fabriken in

Theffalien roth gefårbt , und nach Teutschland , Pohlen Rußland und in die Schweiz verschickt. Wir wissen aus Erfahrung , daß , wenn die rohe 6/ Baumwolle funfzig werth ist, so ist der Werth der gesponnenen hundert. Nun gehen aber nur höchstens zehn Pros cent hieben verloren , folglich gewinnt jedes Land , das feine Baumwolle selbst spinnt , vierzig Procent am Ara beitslohn. In Theffalien und Macedonien werden 20,000 Ballen Baumwolle gesponnen ,

und 10,000 gefärbt.

Der Gewinn des Färbens muß wenigstens zu zwanzig Procent angenommen werden : man kann ihn jedoch mit dem Gewinn von der Spinneren nicht in Vergleich stellen, er bereichert im Grunde nur einige Capitalisten , die Spinnerey aber trägt sehr wesentlich zum Wohlstand des Volkes bey.

Der große Vortheil der Spinnerey, besteht darin, daß die nämliche Hand , die die Baumwolle fået und erndtet, diesem Produkt der Natur durch eine so höchst einfache Kunst auch noch eine andere Form geben , und dadurch dessen. Werth erhöhen kann.

Sehr einträglich

28

Zweyter Abschnitt.

ist zwar diese Arbeit im Einzeln nicht , allein man hat sie beständig zur Hand , und kann damit alle leeren Augens blicke ausfüllen .

Man läßt sie ruhen, sobald man etwas

nüglicheres zu thun findet , und kehrt bey dem ersten rus higen Augenblick wieder zu ihr zurück. Die Spinnerey füllt alle sonst verlornen Minuten des Lebens aus , bes schafftigt schwache Greise und Kinder , und verschafft ih= nen den nöthigen Unterhalt ; -ſie ſchüßt in der That ein ganzes Land gegen den Müßiggang , Uebel , die aus ihm entspringen.

und gegen alle

In einem Lande, das weniger mißhandelt würde als Macedonien , könnte der Bauer, wenn er zugleich Spinner ist, sich zu einem gewiffen Wohlstand empor ar= beiten , weil er durch den Profit des Spinnens mehr in Stand gesetzt würde , mehr auf den Ackerbau zu verwen den, und folglich seine Erndten zu vermehren.

Allein in

Griechenland zieht nach der jetzigen Lage der Dinge der Bauer aus seinem doppelten Fleiß keinen weitern Nußen, als daß er nicht ganz so elend ist , als er ohne Spinnerey feyn würde , und daß die Agas eine Ursache mehr haben, ihn zu pressen ,

ohne ihn gerade Hungers sterben zu

lassen.

Cabal aus Macedonien. Nach der Baumwolle ist der Tabak der wichtigste r fe Arti der Ausfuhr von Griechenland. Frage a , ob der Getrais ufgewo Man hat die rfen mehr Nußen brächte als der ni beban den Macedon iern cht Tabakb ? Es ist nämlich zu bemerke , daß in jedem n au Boden , der zum Tabak tauglich ist , auch alle Getrai-

Tabal aus Macedonien.

dearten vortrefflich gedeihen.

29

Als in den letzten Jahren

des vorigen Jahrhunderts wegen der drückendsten Huns gersnoth wiederholte Empörungen in Conſtantinopel auss brachen, so hatte Mustapha II. die Absicht , Macedonien zu einer der Vorrathskammern des Reichs zu machen, und sein Divan verbot daher den Tabaksban. Seitdem wurde jedoch dieſes uneingeschränkte Verbot in eine sehr starke 2 Abgabe verwandelt , und hierbey ist es seitdem ges

blieben. Wåre bey dieser erlassenen

Verfügung nicht die

Rede von einem türkischen Disan, so könnte man von Mustaphas Rathgebern große Einsichten in die Landôkonomie vermuthen.

Die Labalspflanze gedeiht in der

That nirgends , als in dem allervorzüglichsten Erdboden, und auch dieser , wenn man ihn nicht über die Maaßedingt, wird sehr bald erschöpft.

Hiezu kommt noch,

daß die Pflanze so stark den Saft der Erde an fich zieht, daß sie auch den benachbarten Feldern ihre Fettigkeit ents zieht. Allein, ungeachtet der drückenden Auflagen , die auf dem Tabaksbau liegen , haben dennoch die macedoniz i schen Bauern sich nicht davon abhalten lassen. Sie glauben die Masse ihres Getraides verdoppelt zu haben, wenn fie den Gewinn von ihren Feldern durch die Art : der Cultur verdoppeln. Das Interesse ist hierin ihr Füh- i rer, und sie haben Recht, daß sie diesem Instinct folgen, : denn es ist kein Boden in der Welt so zuträglich dem Tabaksbau wie der ihrige.

Er ist so fett, daß er durchs

aus ſtark ſaugende Pflanzen nöthig hat ; die 看 dicke ſalpez terichte Luft,

die Lage am Fuß des Pangaus ,

des

Zweyter Abschnitt.

за

Olymps und anderer hohen Berge , welche unaufhörlich einen Kreis von Dünsten um das ganze Land herumziehen, ferner die beständigen Anschwemmungen des Meeres, des Strimons , des Agius und tausend andere Ursachen , ge= ben dem Thier

und Pflanzenreich einen solchen Reichthum

an Lebenskraft , daß man in keinem andern Laude einen Begriff davon hat.

Die Natur hatin Macedonien ein

Uebermaaß von Kraft , die Pflanzen haben zu viel Saft, und die Thiere zu viel Stärke. Ein mit Tabak bepflanztes Stück Land giebt einen doppelt so starken rohen Ertrag als ein mit Gerraide bes stelltes Feld ;

allein der Bau und die Behandlung des

Tabaks erfordert so viele Sorgfalt und Arbeit ,

daß der

Vortheil wieder beträchtlich dadurch vermindert wird. Auffallend ist es , daß die Bauern ,

die Tabak bauen,

selten wohlhabend ſind , und daß es weit schwerer ist, die Abgaben von ihnen zu erhalten , als von den Getraide bauern. Dieser Umstand spricht eigentlich nicht zum **** Vortheil des Tabakbaues ; er hat in der That nichts mit dem System dieses Zweiges der Cultur gemein, denn die Tabakspflanzungen werden allgemein den Getraidefeldern vorgezogen , und die Türken haben sich dieselben fast ausschließend vorbehalten, den Griechen aber die Ges traidefelder überlassen.

Sie stehen auch in einem weit

theurern Preis , und müssen doch folglich auch mehr eins tragen , als die lettern , denn sonst würde der Eigennuk das günstige Vorurtheil für dieselben bald zerstören. Man muß daher die Verschiedenheit zwischen der Lage anur in

des Tabaksbauern und des Getraidebauern ihrer persönlichen Industrie aufsuchen.

Die Griechen

Tabat aus Macedonien.

31

find nicht so schlechte Landwirthe als die Türken ,

mun

aber sind die Griechen die Getraidebauern , und die aller meisten Tabakspflanzungen befinden sich in den Händen der Türken. Die Güte des Tabaks ist verschieden , nach den Cantonen , worin er wächst.

Diese Cantone formiren

nordwärts von Salonichi einen halbeirkel, deffen Durch meffer ungefähr fünf und zwanzig Stunden lang ist.

Er

erstreckt sich von Westen nach Osien von dem Fluß Vers dar bis an den Fluß Mesto , jenseits Cavala. Der Canton Jenitza. (Jenidge) ist der erste am Ans fang des Halbcirkels gegen Westen , der vom der kleinen la Stadt Jenika , die dicht bey den Ruinen des alten Bel liegt , feinen Damen hat.

Er hat ungefähr zehn Stunz

den im Umkreis , und begreift zwölf Dörfer in fich , die fåmmtlich den Tabakbau treiben.

Dieser Tabak ist un,

ter dem Namen , Jenidge , Verdar im Handel bekannt. Sein Blatt ist klein , dem Blatt unseres Nußbaums in der Form ähnlich, goldgelb von Farbe, sehr wohlriechend und von einem angenehmen Geschmack .

Die Ofe von

Dieser Sorte kostet gewöhnlich siebenzig bis achtzig Aspern, und man kann den sämmtlichenErtrag des Cantons Jenika, jährlich auf fünftausend Vallen , jeden zu hundert Oken rechnen. Weiterhin in dem Halbcirkel liegt der Flecken KaraDagh, zu dem ungefähr dreyßig kleine Dörfer gehören, deren Bewohner in den fetten Aeckern, die zunächst ihre Wohnungen umgeben ,

ebenfalls Tabak bauen.

Der

Kara - Dagh ist aber nicht so gut wie der Jenidge ; die

Zweyter Abschnitt.

14

Oke davon kostet funfzig bis sechzig Aspern , und jährlich werden 12 bis 15000 Ballen geerndtet.

Neben Kara Dagh liegt der Flecken Jolbachi , zü dem nur vier oder fünf schlechte Dörfer gehören , die jährlich vier bis fünftausend Ballen Tabak produciren. Der Jolbachi hat sehr viel Aehnlichkeit mit dem Karas Dagh , und wird deshalb auch um den nåmlichen Preis verkauft , ob er gleich nicht ganz so gut ist. Man muß jedoch Keuner seyn, um ihn unterscheiden zu können. An den Canton Jolbachi grenzt der Canton Petrich, der funfzehn große Dörfer in sich faßt.

Diese haben eine

höchst angenehme Lage auf Auhöhen, die von hohen Bergen gedeckt werden,

und diese glückliche Lage ist dem

Labaksbau ausnehmend zuträglich.

Durch eine Menge

von Quellen wird der Erdboden beständig feucht erhalten, und der Tabak erhält eine Kraft, die er in den benachbarten Distrikten nicht hat.

Daher haben auch die Blåts

ter des Petrich eine andere Gestalt und einen ganz andern Geschmack , als alle übrigen Sorten von macedonischem Tabak.

Der Preiß dafür ist fünf und dreyßig bis viers.

zig Aspern für die Oke, und der jährliche Ertrag 20,000 Ballen. Strumzza ist eine kleine Stadt , die vier und zwane zig Stunden nordwärts von Salonichi, und in der Mitte des oben angegebenen Halbcirkels liegt.

Zu derselben

gehören ungefähr zwölf Dörfer , die sich sämmtlich auf den Tabakbau legen.

Diese Sorte ist die gemeinste , da

fie aber in dem einen Dorfe besser ist als in dem andern, so ist der Verkaufspreis sehr verschieden.

Die Oke foa

Tabat aus Macedonien.

33

kostet zwischen dreyßig bis funfzig Aspern, und die jährliche Erndte beträgt 15 bis 18000 Ballen.

In dem westlichen Theil des Halbcirkels ,

näher

bey Cavala als bey Salonichi liegen noch die Landschaf= ten Negrocomp, Prava , Muſtegna , Demioli , Cavala, und Jenidge - Kara. Mit Jenidge 3 Verdar fångt der Halbcirkel in Westen an , und Jenidge - Kara schließt ihn gegen Often .

Dieser Flecken liegt an dem Mesto , am

Fuß der dftlichen Berge des Pangaus , vier Stuyden nordwärts von dem alten Abbera, vou dem an der Küste 24 des Meeres noch einige Spuren vorhanden sind. Die Anhöhen, die Jenidge umringen , find im Frühjahr alle mit Tabakpflanzen bedeckt.

Ihre dunkelgrüne Farbe

slicht mit den kahlen Felsen des Pangaus und dem schlame migten Wasser des Mesto stark ab, und giebt einen sehr malerischen Anblick. Der Tabak aus dem Canton Cavala wird um fechsig bis achtzig Afpern für die Oke verkauft , und der jährliche Ertrag beträgt 40,000 Ballen.

Unter diesen

verschiedenen Sorten , die alle vorzüglich gut sind, zeichnet sich dennoch der Jenidge- Kara besonders aus. Er ist unstreitig der beste Tabak in ganz 4 Macedonien ; seine Blätter find klein , der Geruch ist sehr balsamisch , der Geschmack äußerst lieblich.

und

Der Preis diefer Sorte

zeigt auch schon , wie sehr ihn die Türken schäzen , denn die Oke davon wird für fünf bis sechs Piafter verkauft. Seine Güte ist jedoch fast von einem Felde auf das andere fehr verschieden , wie man eben dasselbe bey dem Tockayer Wein findet.

Dicht neben einem Feld , woraufdie auss

erlesenste Sorte von Tabak gewonnen wird , C Beaujours Beschr.

wächst oft

Zweyter Abschnitt.

34

der allermittelmäßigste , jedoch arter er im Ganzen gel nommen immer mehr aus , je weiter die · Felder von Jes nidge entfernt liegen.

Man darf daher kaum eine Quas

dratmeile rechnen , auf der diese auserlesene Sorte ges wonnen wird.

Er wird fast insgesammt nach Constans

tinopel geschafft , zum Gebrauch für die Großen. Aus allem bisher angeführten erhellet, daß die vers schiedenen Sorten von Tabak, wonnen werden ,

die in Macedonien gez

unter drey allgemeinen Benennungen

begriffen werden können , nåmlich : der Petrich , der Jes midge und der Kara : Dagh. schen Handel nur diese

Auch sind in dem europåi-

drey Namen bekannt.

Der

Petrich hat große Blåtter , und wird am häufigsten im Ausland gefunden ; der Jenidge hat fleine , unregelmas Big ausgeschnittene Blätter , und ist die mildeste, beste und kostbarste Sorte.

Der Kara: Dagh halt in Rücks

ficht der Größe und der Güte der Blåtter das Mittel zwischen jenen beyden.

Die Sorten von Labak aus den

andern Cantonen befinden sich zwischen diesen dreven, und werden nur nach geringen Verschiedenheiten von ihs. nen abgesondert.

Rechnet man nun die ganze Summe des Ertrags zusammen, so ergiebt es sich, daßjährlich gegen 100,000. 100 , ‫ܘܘܘ‬ Ballen Tabak in Macedonien gewonnen werden. Hie von wird bey der Ausfuhr ein Zoll von zwölf Aspern für die Oke bezahlt , und der Mittelpreis der Oke beträgt sum wenigsten sechs und dreyßig Aspern.

Hieraus folgt

nun , daß der Tabaksbau Macedonien jährlich vier Millionen Piafter einträgt , wovon ein Drittheil vermittelst des Zolles in den Schatz des Sultans fließt,

Tabat aus Macedonien.

35

Der Kauf des Tabaks geschieht auf zweyerley Art; entweder nimmt man seine Bedürfnisse in den Magazinen zu Salonichi , oder man schickt Handlungsdiener in die Distrikte, die mit den Pflanzern selbst handeln, und den Labak nach eigener Angabe behandeln lassen.

Bey dies

fer letztern Verfahrungsart können zwar zehn Procent ges wonnen werden , allein man ist auch einem starken Risi co unterworfen.

Vor der Ablieferung des Tabaks můs

sen nämlich drey Viertheile der Kaufsumme bezahlt were den, und man läuft Gefahr, diesen Vorschuß zu verliez ren , da der arme Bauer in diesem Lande , wo das Feudalsystem in seiner ganzen Strenge herrscht ,

den Ers

pressungen der Beys häufig unterworfen ist. Sonderbar ist übrigens der Gebrauch , daß Käufer und Verkäufer nur über die Quantität mit einander hans deln ; der Preis wird von dem Zolleinnehmer in Salonichi bestimmt.

Zu diesem Ende reist derselbe jährlich

gegen Ende Octobers in die Messe nach Doglia , einem Flecken nahe bey Petrich. Hier kommen Deputirte aus allen Gegenden, wo Tabak gebaut wird , zusammen, tragen dem Zelleinnehmer ihre Gründe vor , und dieser, oft ohne die Gründe angehört zu haben, bestimmt willkührlich den Preis , und schreibt ihn mit eigener Hand auf einen hölzernen Pfeiler,

der auf dem Marktplat

steht. Die Factoren packen hierauf den gekauften Labak in eine besondere Art von grobem Luch , das Abats heißt , und schicken ihn nach Salonichi. Hier wirs er in den Magazinen aufgeschüttet , bis er ganz aufhört zu € 2

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gåhren, und dann schifft man ihn für den Ort seiner Bes stimmung ein. Im Ganzen verbraucht die europäische Türkei jähra lich 40,000 Ballen von macedonischem Tabak; Egypten 30,000 , die Barbaren 10,000 .

Nach Italien werden.

20,000 Ballen geschickt , und noch vor kurzem gingen jährlich zehn bis 12,000 Ballen in die dstlichen Provins zen von Teutschland.

Allein feitdem der Tabaksbau in

Ungarn eingeführt , und so sehr begünstigt ist , haben die Sendungen nach Teutschland ganz aufgehört, und auch die nach Italien sind durch die Concurrenz mit dem Ungarischen Tabak sehr vermindert worden. Getreide aus Theffalien und Macedonien. Das hier folgende Gemåhlde von dem Getreidehan del wird die nöthigen Aufschlüsse über die Bevölkerung von Macedonien geben.

Diese Provinz ist wegen der

außerordentlichen Fruchtbarkeit des Bodens eine der am wenigsten entvölkerten in der Türkei.

Aus ihrer gerins

gen Bevölkerung wird man auf den jetzigen Zustand des türkischen Reichs schließen , und die Idee von der Macht desselben berichtigen können. Die Lage von Macedonien ist äußerst glücklich. Nordwärts wird es von dem Pangåns , dem Scomins und andern Bergen begrenzt dftlich umschließt es denBerg Athos , und westlich den Olymp. Gegen Süden wird es von dem Meer bespült , und hat durch deffen Abschwemmungen die Gestalt eines einwärts gebogenen Halbcirkels bekommen. Durch diese einem Hufeisen ähnliche Gestalt wird es von Natur in drey Theile ein

Getreide aus Thessalien und Macedonien.

37

getheilt , die alle drey eine gleich vorzügliche Fruchtbarkeit haben , nämlich in den obern Theil des Halbcirkels, der das eigentliche Macedonien ausmacht, in den öftlichen Theil, den ich von dem Berg Athos benennen werde, und in den westlichen Theil Olymp.

oder die Gegend um den

Diese drey Theile von Macedonien übertreffen

an Fruchtbarkeit sogar die reichen Ebenen von Sicilien ; die Gegend um den Berg Athos ist unter ihuen wieder die vorzüglichste.

Ja die Felder von Panomi und Cas-

fander geben , wenn der Pflug kaum ihre Oberfläche umgeworfen hat , eine weit reichere Erudte als die besten Felder in den fruchtbarsten Gegenden von Europa , wenn sie mit dem größten Fleiß und der angestrengtesten Mühe bestellt werden , der Weizen hat daselbst einen Ueberfluß an Nahrungssaft, und würde darin ersticken , wenn man ihufnicht abschneiden oder durch Schafe abfreffen ließe. Diese drey Distrikte sind in Agaliks abgetheilt. Der Aga zieht einen mehr oder weniger beträchtlichen Zins von den Getreidefeldern ,

und der Großherr den

Zehnten von dem ganzen reinen Ertrag.

Zur Einsammlung

desselben wird jährlich von der Pforte ein besonderer Beams ter ernannt , der den Namen Iſtiradgi führt. Das Wort Iftira bezeichnet die Gegend , worin er sein Land zu verwalten hat , so wie auch den Gegenständ desselben, nåmlich die Abgabe.

Die Jftira von Salonichi begreift das

Land in sich, das zwischen dem Verðar und dem Sirys mon liegt ; sie erstreckt sich sogar noch jenseits des Verdar, über den ganzen Canton Jenidge hinaus, bis nach Karas Veria.

Dieses Land wurde im Jahr der Hegira 830.

oder 1427. der christlichen Zeitrechnung von Murad II.

Zweyter Abschnitt .

38

an Gazi : Ghavrinos , einen seiner Generale abgetreten. Feldzuge ganz Macedo Dieser hatte in einem einzigen nien erobert, und Salonichi, die Hauptstadt, mit Sturm eingenommen.. Weil nun Macedonien das Was terland Alexanders gewesen ist,

so glaubte Murad in

der Eroberung desselben einen ganz besondern Ruhm zu finden , und wollte daher auch den Sieger großmüthig bes Johnen.

Zu diesem Ende schenkte er ihm alles Land,

das er von einer Morgenröthe bis zur andern durchreiten könnte.

Ghasrinos befand sich gerade tamals zu Je-

nidge ; von diesem Punkt gieng er also aus , hielt sich zuerst füdwärts und ritt dann wieder gegen Norden, fo daß er ungefähr einen Cirkel beschrieb.

Er hielt zu Co.

lakia stille , einem Flecken auf dem linken Ufer des Vers dar , vier Stunden von Salonichi ; hier warf er seinen Topus

) zur Erde , um gleichsam die Grenze seiner

neuen Besitzungen dadurch zu bestimmen.

Er war schon

durch sechs und neunzig Dörfer gekommen ,

und nach

einer Tradition würde er noch weiter haben reiten können, und wahrscheinlich würde ihm Salonichi selbst noch zu Theil geworden seyn, wenn er nicht wäre durch das Krås hen eines Hahnes betrogen worden , der vor der Zeit den Morgen ankündigte.

Dieses geschenkte Land wurde von

allen Abgaben befreyt, ausgenommen von der Istira, und es gehört noch heutiges Tages mit allen ursprünglichen Befreyungen der Familie Chavrinos , die eine der vora

* Der Topus ist eine Art kleiner Keulen , welche die Türken an ihrem Sattel tragen, und der bey ihnen ein Ehrenzeis chen ist ; auf der einen Seite bángt der Sábel , und auf der andern der Topus.

Getreide aus Thessalien und Macedonien.

nehmsten in ganz Griechenland ist.

39

Kein Glied derselben

kann durch die Schnur umkommen , und bey schweren Verbrechen haben sie das Privilégium des Muphti , daß fie in einem Mörser zerstoßen werden. Wo die Iftira von Salonichi aufhört , 爵 da fångt gegen Westen die von Idolo an, und begreift die ganze Gegend um den Olymp, ferner den Canton Zagora, der das alte Magnesien ist , die Meerbusen von Idolo und von Zeiton , und überhaupt den Theil von Theſſalien, der zu dem Muffelimlik von Larissa gehört.

Dieses

Muffelimlik erstreckt sich über das ganze Land , das die Alten unter den Namen Phocis und Pelasgien kannten, und das zwischen Macedonien, dem Meer, dem Berg Deta und einer von Süden nach Norden gezogenen Linie liegt, welche bey dem alten Hypate anfängt , sich durch die Pharsalische Ebene zieht , und bey Oloofson endigt.

Ez

ist die fruchtbarste Gegend in 4Thessalien. Die Istira von Orphano begreift den östlichen Theil

von dem Distrikt des Athos in sich,

und erstreckt sich

Längs der Seeküste hin von der Spitze dieses Gebirges bis an die Insel Thasos, einige Stunden jenseits Cavala. Landeinwärts macht sie einen halbcirkel , dessen Mittelpunkt bey Orphano , nahe bey den Ruinen von Amphis polis if , und dessen halber Durchmesser ungefähr zehn bis zwölf Stunden betragen kann. In den Distrikten von Wolo und von Salonichi iſt die Abgabe der Iftira ein für allemal fest bestimmt , in dem Distrikt von Orphano aber richtet sie sich nach dem Ertrag der Erndte.

Der Regel nach muß sie jedoch den

Zehnten des jährlichen Ertrags in allen drey Distrikten

40

Zweyter Abschnitt.

ausmachen ; in der That aber beträgt sie überall nur den Zwölften.

Das Getreide wird in Macedonien nach Quilots gemessen , welche den Namen Quilots von Stambul füh Ein jeder wiegt zwey und zwanzig Oken , und ihe

ren.

rer vier können ungefähr einem Pariser Septier (ein Septer der zwölf Scheffel oder Boisseaur enthält) gleich geschäßt werden.

Wenn der Iftiradgi das Getreide ems

pfångt , so zahlt er dem Eigenthümer zwanzig Paras für das Quilot , und erhält Den so viel von dem Groß, herrn wieder vergütet.

Auf den Preis macht er also

keinen Gewinn , desto mehr aber aufdas Gemäß ; dieses ist gehäuft voll , wenn er Getreide einnimmt , aber tief gee strichen , wenn er es in die Magazine nach Constantinos pel schickt.

Außerdem erhebt der Iftiradgi noch 20,000

Quilots für seine eigene Rechnung , und bezahlt zwanzig Para für den Quilot , den er wieder für zwey Piaster verkauft.

Hieran allein macht er einen Gewinn von

30,000 Piastern.

Der Distrikt Salonichi giebt jährlich für die Istira 120,000 Quilots Getreide ; das von Idolo nur 80,900. In beyden ist diese Summe unter die steuerbaren Unters thanen nach einem alten Cataster bestimmt vertheilt , und leidet weder in guten noch in schlimmen Jahren die mins deste Abänderung.

In dem Landstrich von Orphano

hingegen richtet sich die Abgabe nach der Verschiedenheit der Erndten ; doch kann man sie, ein Jahr ins andere gerechnet , zu b0,000 Quilots angeben. Nach diesen Angaben , die aus den Registern der Iftira selbst gezogen sind , ist es leicht , bie ganze Maffe

Getreide aus Theffallen und Macedonien.

41

von Getreide zu berechnen , die jährlich in diesem, dem kaiserlichen Zehnten unterworfenen Theil von Macedos nien und Theffalien gewonnen wird. Die 120,000 Quilots von Salonichi , die 80,000 von Idolo und die. 60,000 von Orphano machen zusammen 260,000 Quis lots ; da nun diese augenommene Quantität nur

der

zehnte oder eigentlich nur zwölfte Theil von der jährli chen Erndte ist, so folgt daraus , daß alle mit einander 3,120,000 Quilots , oder ungefähr 800,000 Pariser Sestern (leptiers) gewinnen. Die Quantität eines ausgeführten Products kann Allein diese

nur nach Zollregistern bestimmt werden.

werden hier schlecht geführt , und man kann sich nicht Sobald jedoch die Rede. durchaus auf sie verlassen. von Artikeln ist , die für die ottomannischen Håfen ausgeführt werden , so hat man keinen Grund , vorsetzliche Verfälschungent anzunehmen. fern

daher

die Zollregister

In dieser Hinsicht lies einen vollständigen

Bes

weis , und gewöhnlich beweisen sie noch mehr , denn es ist natürlich, daß manche Artikel der Aufsicht der Zolls beamten theils entgehen , theils gefliffentlich vor ihnen verheimlicht werden. Nun findet sich aber in den Zollregistern nichts von dem Getreide, das vermittelst der Iftira außer Landes gehet ; allein außerdem geben sie an , daß jährlich unges fähr dreyßig

Schiffsladungen Getreide aus den Has

fen von Idolo , Salonichi nnd Orphano nach Constantis nopel, und vierzig Ladungen nach andern ottomannischen Håfen ausgeführt werden. j Man kann überdies anneh men, daß wenigstens zehen Ladungen heimlicher Weise

Zweyter Abschnitt .

42

aus den Håfen von Zeiton und Cassander fortgeschickt werden, in welchen gar kein Zollbeamter angestellt ist, und wo die Schleichhändler sogar oft durch die bewaffne werden. Dies ten Schiffe des Großherrn selbst unterstüßt beträgt also zusammen achtzig Schiffsladungen. Schwerer zu bestimmen ist die Getreideausfuhr nach europäischen Håfen ,

denn sie ist nach türkischen Ges

sehen streng verboten.

In den europäischen Handelsta:

bellen werden diese Ladungen gewöhnlich unter dem Ausdruck Rimessen nach Frankreich oder nach Italien en versteckt; nun erhellt aber aus den Auszüg die inder französischen und italianischen Consularçanzley verfer tigt sind ,

daß diese Rimessen ein Jahr ins andere ges

rechnet, 200,000 Piaster für Frankreich, und 600,000 für Italien betragen,

Dies macht nach dem Marktpreis

des Getreides ungefähr vierzig Schiffsladungen ; nimmt man hierzu die obigen achtzig Ladungen für die ottomans nischen Hafen, so beträgt die gesammte Ausfuhr ungefähr hundert und zwanzig Schiffsladungen .

Auf jede Schiffsladung können 10,000 Quilots gerechnet werden ;

die hundert und zwanzig Schiffsla-

dungen betragen also 1200,000 Quilots.

Den jähr 20,000

lichen Ertrag der Ernte habe ich oben zu n, diesem der Istira Quilots berechnet , folglich werden niin, unterworfenen Theil von

Thessalien und Macedonien

1,920,000 Quilots Getreide oder ungefähr 500,000 Pariser Sester (Septiers) perzehrt. Gewöhnlich rechnet man auf einen Menschen im Durchschnitt jährlich anderthalb solcher Sester , allein in

Getreide aus Theffalien und Macedonien. einem Lande ,

43

wo die Bauern einen großen Theil des

Jahres bindurch sich mit Gerste und Mais nåhren , und wo sie überhaupt weit weniger essen , als die 1 Bauern in unsern nördlichern Gegenden , kann man höchstens einen Sefter annehmen. Hierzu kommt noch, daß in den Ländern wo Sklas verey herrscht, nur die Herren sich satt eſſen , die Bauern aber arbeiten und hungern. Man wird also nicht viel von der Wahrheit abweis chen, so wenig es nämlich bey solchen Rechnungen mögs lich ist , wenn man für die jährliche Consumtion eines jeden Menschen einen Sester rechnet ; hieraus aber folgt eine Bevölkerung von 500,000 Seelen.

Die Richtigs

keit dieser Angabe scheint wirklich außerZweifel zu seyn. Es ist übrigens in der Türkei nicht möglich, eben so genaue Angaben der Bevölkerung zu liefern wie in Europa , denn die Gebornen werden dort nicht wie bey uns , in öffentliche Register eingetragen .

Die Zahl der

Unterthanen , die nicht Muselmanner sind , könnten nach δρυ Karatsch berechnet werden , den sie bezahlen müſſen ; da jedoch nicht nur die Juden , sondern auch die meisten griechischen Gemeinden mit dem Einnehmer dieser Abgabe für eine gewisse jährliche Summe übereingekommen sind, und immerfort dieselbige bezahlen , so kann man auch hierauf keine gewisse Rechnung bauen. In mehrern Landschaften hat sich sogar die Anzahl der Karatschzettel feit der Zeit der Eroberung durchaus nicht verändert ; nur der Preis eines Zettels ist gestiegen und gefallen, zwis schen zwey bis zehn Piaster ,

denn es muß jährlich die

nämliche Summie von dieser Abgabe in den kaiserlichen

Zweyter Abschnitt,

44

Schatz geliefert werden ,

die Anzahl der Unterthanen,

die dieser Kopfsteuer unterworfen find, mag nun zu- oder abnehmen.

Daher kommt es auch,

daß in Cypern

zwölf Piaster für den Karatsch bezahlt werden, und hingegen in • manchen Kreisen von Thessalien mur hundert Para, denn diese beyden Länder stellen die beyden Ertres me der ottomannischen Bevölkerung dar. In Salonichi werden an Griechen undJuden 10,000 folcher Zettel ausgetheilt ; in dem ganzen Paschalik Ma= cedonien aber bringt der Karatch jährlich dem Großherrn und seinen

300,000 Piaster , 100,000 Piaster ein.

Abgeordneten

noch

In dem Muſſelimik Lariſſa er-

trågt er für den Großherrn und seine Beamten zusammen 100,000 Piaster.

Berechnet man nun diese Abgabe

nach einem Mittelanschlag , etwa sechs Piaster auf den Kopf, so ergiebt sich eine Bevölkerung von 80,000 Seelen, die dem Karatsch unterworfen sind. Wenn man 4 jedoch bedenkt, daß diese Abgaben nur von dem männli chen Geschlecht , und zwar erst von dem Alter von fünf und acht Jahren an , bezahlt wird , so sieht man , daß in den nicht muselmännischen Familien, die dem Karatsch unterworfenen Köpfe sich wie eine zu vier verhalten, und folglich bezeichnet der Karatch eine Bevölkerung von 320,000 Seelen.

Von den 500,000 Seelen ,

die

nach der Consumtion des Getreides angenommen werden, bleiben also 180,000 übrig, die auf die Türken zu rechnen sind. Diese Berechnung stimmt auch mit den militärischen Recrutirungslisten zusammen ,

dem einzigen Maaßstab,

am mit einiger Genauigkeit die ottomannische Volksmenge

Getreide aus Theffalien' und Macedonien. zu berechnen.

45

Das Pafchalick von Salonichi hat nebst

dem Musselimlic von Larissa in den gewöhnlichen euros päischen Kriegen funfzehn tausend Mann zu stellen.

Aus

den Familien , die zu militärischen Corporationen gehd ren, wie z . E. zu den Ortas der Janitschaaren oder zu den Compagnien der Spahis , werden nach dem Mittels fuß von zehn Seelen eine ausgehoben ; hiernach beträgt die Volkszahl der Türken 150,000 Seelen.

Die Anz

zahl derjenigen Muselmanner , die zu keiner militärischen

beläuf t sich höchste ren Corporation gehören und30,00 0 Seelen. Beledis führen, ns , auf den Namen Im Ganzen beträgt also diese Rechnung die oben angenommene Summe von 180,000 Seelen. 180,000 Muselmanner

und 320,000

Nicht:

Muselmanner machen zusammen 500,000 Seelen , und dies ist die Volksmenge , in deren Bestimmung die jährz liche Consumtion an Getreide, der Karatsch und die milia tärischen Aushebungen ſåmmtlich übereinstimmen.

Jeder

von diesen drey Maaßstäben liefert für sich allein betrachtet nur Wahrscheinlichkeiten ,

und keinesweges zuverlässige

Angaben , wenn aber aus allen dreyen die nämlichen Refultate hervorgehen, so gewinnt die Berechnung der Volksmenge einen Grad von Autoritát , der nur durch Man darf pofitive Thatsachen widerlegt werden kann. daher für gewiß annehmen , daß in dem Theil von These falien und Macedonien , welcher der Istira unterworfen ist, die Volksmenge sich nicht über 500,000 Seelen bes läuft.

Das Paschalick von Salonichi , das ganz Unter-

Macedonien in sich begreift , enthält siebenhundert Quadratſtunden, und das Muſſelimlick von Larissa dreyhundert ;

ter

Zwey

46

t

hnit

Absc

.

es kommen also in beyden Statthalterschaften fünfhundert Menschen auf eine Quadratstunde.

Man vergeffe jedoch

nicht, daß hier bloß von dem bevölkertsten Theil von Macedonien die Rede ist , denn Obermacedonien und Epirus sind wahre Eindden *)).. Diese Volksmenge ist nun auf folgende Art vers theilt:

In Salonichi ſind 60,000 Seelen ;

1 30,000 ;

in Larissa ,

alten Edessa , 12,000 ; achttausend ;

in Seres,

20,000 ; in Vodina , oder dent in Kara - Veria ,

in Jenidge , sechstausend ;

oder Beroca, in Turnavos,

sechstausend ; in Pharsale , fünftausend ; in Zeiton, viers tausend; in Cavala, dreytausend , tausend.

und gold , drey=

Dies macht zusammen 157,000 Seelen , die

in Städten wohnen , und diese Volkszahl verhält sich zu den 343,000 Seelen , die auf dem Lande wohnen , wie I zu 3. Diese unverhältnißmäßige Vertheilung der Eine

wohner ist abscheulich.

In denjenigen ' von unsern euro

päischen Staaten , worin das Volk mit indirecten Aufs lagen überladen ist, und wo die Regierung die Städte mit ihren Beamten vollstopft, verhält sich demohngeachtet die Bevölkerung der Städte zu der des platten Landes nur wie 1 zu 5 , und es ist außer Zweifel , daß ein Land, worin die Bewohner der Städte nur den sechsten oder den fiebenten Theil von der Bevölkerung des Ganzen ausmachten , eine weit größere Volksmenge enthalten würde, denn die weise Vertheilung der Volksmenge ist eines von *) Wenn man die Bevölkerung von Untermacedonien mit der von Obermacedonien zusammen berechnet, so kommen kaum dreyhundert und siebzig Seelen auf eine Quadratstunde.

Getreide aus Thessalien und Macedonien. ben großen Mitteln , sie zu vermehren.

47

Man kann von

dieser Vertheilung der Einwohner in Macedonien auf den elenden Zustand des Landes schließlu .

Die Wuth , in

den Städten zu leben , herrscht hier wie bey uns , nur mit dem Unterschied ,

daß unsere Landleute

Gewinn,

Wohlstand und Vergnügungen in den Städten ſuchen, die griechischen Bauern hingegen ihre Dörfer verlassen, um der Wuth und den Expreſſungen der Beys zu ents gehen.

Wenn man Macedonien nach seinen natürlichen Vors zügen betrachtet , so kann man sich kein Land in Europa denken, wo die Einwohner mehr Mittel in Hånden hårten glücklich zu seyn.

Wirft man aber einen Blick auf seine

politische Verfassung , so findet man , daß sich alle Greuel einer barbarischen Regierung vereiniget haben , um ein Land , das durch die Fruchtbarkeit des Bodens und den Reichthum seiner mannigfaltigen Produkte

eines der

ſchönſten und glücklichſten auf dem Erdboden ist, zu zera fiören und zu verwüsten.

Die Hälfte von Macedonien liegt wüste , das dritte Viertel wird wegen des bösartigen Systems der Brache nicht angebaut, und der Ackerbau ist bey den Griechen in einem solchen elenden Zustande, daß das wirklich bes stellte vierte Viertel nicht den dritten Theil von den Produkten liefert , die man bey besserer Bearbeitung daraus gewinnen könnte. Demohngeachtet producirt dieses Land, noch in ſeinem jeßigen elenden Zustande, jährlich 809,900 Sester Getreide, 100,000 Ballen

Tabak , 80,000 ,

er

Zweyt

48

nitt

Absch

.

Ballen Baumwolle, und mehr als die Hälfte von diesen baare Bezahlung außerhalb Landes, Nachr Produkten geht Nach dieser hichst beträchtlichen Ausfuhr zu urs theilen , könnte man leicht den Zustand des Landmannes für glücklich halten ;

allein man würde sich sehr irren.

Dieser scheinbare Ueberfluß an Produkten giebt keinen Beweis für das Glück der Unterthanen , denn er ist nicht der Ueberschuß über ihre Bedürfnisse.

In denjenigen

Ländern , wo die Bauern ihre staatsbürgerlichen Rechte in der vollsten Ausdehnung genießen , wie in dem größten Theil von Europa dieses der Fall ist, werden nicht eher Produkteverkauft, als bis man die eigenen Bedürfnisse bes friediget hat,

und dann ist dasjenige was ausgeführt

wird, der wahre Ueberfluß.

Allein wenn in einem Lande

die Unterthanen beynahe den Negern gleich gehalten wers den , die durch Peitschenhiebe von einigen wenigen Weiſſen zur Arbeit angetrieben werden , so kann nie ein ganz richtiges t Verhältniß zwischen der Ausfuhr und den Vors n it habe . Tausende müssen arbeiten , damit E råthen schwelgen können; das Produkt der Arbeit eines ganzen Distrikts wird von etlichen. kleinen Tyrannen vers schlungen;

sie lassen dem unglücklichen Arbeiter nicht

einmal das Nöthigste zur Befriedigung seiner Bedürfnisse, und was sie nicht selbst verzehren können , das verkaufen fie, um ihre Fantasten zu befriedigen.

In Macedonien

sterben die Bauern vor Hunger , während die Großen in Gold und Ueberfluß schwelgen. Nach allen noch vorhandenen Zeugnissen der alten Schriftsteller scheint der Theil von Griechenland , von or die Red ist , unt Alexa , e er der Regieru dem hier nders ng

49

Getreide aus Thessalien und Macedonien.

über eine Million Einwohner ernährt zu haben.

Heut-

zutage leben nicht über 500,000 Menschen darin , und auch über diese in der That ſtarke Volksmenge muß man noch erstaunen , wenn man bey der großen Menge unangebauter

oder

wieder verlassener Felder die ungeheure

Quantität der Ausfuhr in Erwägung zieht, wodurch den Einwohnern nur äußerst wenig zum Lebensunterhalt übrig bleibt. Allein in diesem Lande ist die Natur unaufhörlich beschäfftigt, den Fehlern der Regierung entgegen zu ars beiten.

Das Clima ist bewunderungswerth ; es außert

feinen mächtigen Einfluß nicht nur auf das Menschengeschlecht , dem es mehr Feuer und Fruchtbarkeit giebt, fondern es wirkt auch im Allgemeinen auf die animalische und vegetabilische Natur ,

indem es sie lebendiger und

zum Zeugen und Hervorbringen geschickter macht.

In

den nördlichen Theilen der Erdkugel darf eine Regierung nur eine einzige fehlerhafte Vorkehrung treffen , um sogleich eine Abnahme der Volkszahl zu bewirken , und fallen dergleichen wiederholt vor, so wird das Menschengeschlecht bald dünne gefået seyn; dahingegen in den südlichen Lans dern durch die unvernünftigfte unter allen denkbaren Verz fassungen es noch nicht zur Ausrottung der Bevölkerung, die immer wieder aufs neue empor keimt , hat gebracht werden können.

Die Siege Carls XII, haben Schweden

zur Eindde gemacht , aber weder die sinnlosen Thorheiten der Regierung , noch der Unsinn des Fanatismus und des Aberglaubens haben es dahin bringen können, die lachenacedoniens za entvölkern. den Thäler Siciliens und Man lebt hier in dem Lande von Pyrrha und Deucalion ; die Menschen wachsen hervor wie die Bäume im Walde, Beaujours Beschr.

D

Sweyter Abschnitt .

59

und die Steine, die man zur Erde wirft , verwandeln fich in Menschen. Bey allen den herrlichen Provinzen, aus denen das ottomannische Reich besteht, kann man aunehmen , daß in ihnen die Natur alles aufs vortrefflichste geschaffen, die Regierung aber alles verdorben hat !

Wolle aus

Macedonien und Albanien. 1

Der Ackerbau kann nur unter guten Regierungs verfassungen in Flor kommen ; er liegt folglich in Gries chenland durchaus zu Boden.

Der am wenigsten verz

nachlässigte Zweig der Landökonomie ist die Viehzucht, denn auch ohne Cultur trägt der Boden Futterkräuter Griechenland ist gleichsam wieder in feine heroischen Zeiten zurück gekehrt ; es ist voll von Schäfern und Räubern, aber zum Unglück wird kein Hercules oder Theseus mehr geboren. Das Land ernährt eine große Menge Vieh , denn drey Viertheile desselben liegen ungebaut.

Unwissenheit

und Barbarey können die Fruchtbarkeit unterdrücken , die nur Belohnnug des Fleißes und der Cultur ist, aber keis nesweges die, von der Natur freywillig hervorgebrachte. Ein guter Boden , sey er auch ganz vernachläſſigt, wird doch unfehlbar Viehweiden geben.

Griechenland hat unter allen Ländern des Erdbo dens die anmuthigste Mannigfaltigkeit des Clima's ; es ift ein Inbegriff von allen Himmelsstrichen.

Alle Pflans

zen die zwischen den Wendecirkeln wachsen , gedeihen in seinen Ebenen und auf seinen Hügeln; auf den Bergen aber kommen auch die Pflanzen der nördlichsten Gegens

Wolle aus Macedonien und Albanien. den fort.

51

Der Olymp , der Vindus, der Parnaß und

die Berge Arcadiens unterhalten auf ihren Seiten und Gipfeln eine ewige Kühlung ; dahingegen in den Thälern, ein beständiger Frühling die zu ihren Füßen liegen , angeba uten Gefilde bringen von Alle nicht herrscht. felber Thimian , Quendel , Majoran und alle aromatis schen Pflanzen hervor.

Man sieht, wie sehr dieses Land

sur Viehzucht geschickt seyn muß ; auch findet man wirke lich zahlreiche Heerden darin , und sogar werden sechs Monate im Jahr alle Heerden der benachbarten Länder darin ernährt.

Wenn bey herannahendem Winter die.

albanischen Schäfer ihre Berge verlassen müssen , so trein ben sie ihre Heerden in das schönere Griechenland , wo sie kräftigere und reichere Weiden finden.

Nach einem gez

schloffenen Vergleich haben sie das Triftrecht auf allen unangebauten Låndereyen , und ob sie gleich von den tys rannischen Beys oft unbarmherzig gebrandschatt werden,' so kostet ihnen im Ganzen dieses Ueberwintern doch sehr wenig.

Unter den byzantinischen Kaisern waren durch die Vermischung mit afrikanischen und asiatischen Schafen die griechischen Rassen veredelt worden ;

aber seitdem

man diese Methode nicht mehr befolgt , find sie wieder aus der Art geschlagen.

So sehr man sie aber auch verz

nachlässiget, so haben sie doch keinesweges alle ihre Schönheit verloren . Ein griechischer Hemmel ist im Durchschnitt dreyßig

bis achtzehn bis sechs und dreyßig Zoll lang , fünfzehn Zoll hoch, und wiegt wenigstens dreyßig , oft sogar bis funfzig Pfund ,

Die Raffe in Livadieni D2

noch schöner

Zweyter Abschnitt.

52

als die in Theffalien und Macedonien ; ihre Wolle ist Die äußerst kraus , aber sehr weich und seidenartig. große Mannigfaltigkeit von Hügeln , Thälern , Seen und Bächen macht Livadien zu einem reizenden Lande : bis andie Meeresküste hin wächst Pimpernell und Heilig - Heu, und alle Hügel sind mit wohlriechenden Kräutern bedeckt. Ueberall findet das Vieh die herrlichste Weide und das mildeste Klima.

Die vorzüglichsten unter diesen Triften

find wieder die auf dem Deta und dem Parnaf; die Schafe, die darauf weiden , haben ein ganz besonders wohlschmeckendes Fleisch,

und tragen eine vorzüglich

schöne Wolle. Am meisten sind die Schafe in Attica aus der Art geschlagen ; dies ist das Land der Ziegen und der Helden. Seine ganze Schönheit aber scheint das Schafvieh in den Bergen Arcadiens beybehalten zu haben.

Es wird aber

auch besonders sorgfältig gepflegt und sehr reinlich gehalten ; dafür vereiniget es in sich alle Vollkommenheiten der benachbarten Rassen , ohne irgend einen von ihren Fehlern zu haben.

Man erkennt hier noch heut zu Tage

die schönen Heerden , die im Alterthum so berühmt was ren , wie ihre Hirten.

• Die Halbinsel Morea ist überhaupt sehr geschickt zur Viehzucht ; doch ist es seltsam , daß in einigen Ges genden die Schafe sehr gut gedeihen , in den dicht an= grenzenden aber höchst elend sind.

An den Ufern des

Alpheus und des Panisus weiden die vortrefflichsten Schafheerden , da hingegen die Ufer des Eurotas und die Seeküsten von Argos kaum elende Ziegen kümmerlich nåhDie albanische Revolution hat Morea den uners

Wolle aus Macedonien und Thessalien.

53

fehlichsten Schaden zugefügt , und besonders wird der Ackerbau sich sobald nicht wieder erholen. ermordeten die Männer, Heerden fort.

Die Albaner

und führten die Weiber und

Auf dieses Unglück folgte wie gewöhnlich

ein zweytes ; nach dem Krieg entſtund eine schreckliche Hungersnoth , wodurch die Schäfer genöthigt wurden, Da auch das Land nur

Fleisch anstatt Brodt zu effen.

wenig Früchte lieferte , weil es ' an Hånden fehlte, sie zu bearbeiten , so wollten sich die Beys an den Waldungen erholen, und ließen ohne Schonung so ungeheure Schläge fällen, daß es die verderblichsten Folgen nach sich zog. Die dürren Landstriche wurden häufiger , die Viehweiden nahmen ab , und die Schafe fanden keinen Schuß mehr gegen die brennende Sonnenbike.

Daher entstand der

Verfall der Rasse , und überhaupt Hat Morea jeht nicht mehr den vierten Theil seiner ehemaligen Heerden. Die Viehzucht ist derjenige Zweig der Oekonomie, den man in der Türkei am wenigften vernachlässigt hat ; es mag dieses eine Folge der Barbarey oder eine maschinenmäßige Anhänglichkeit an alte Sitten und an das Hirtenleben , das einzige Gewerbe der Tartaren seyn.

Auch

hat sich durch die Methode der Wanderungen die Feinheit der Wolle erhalten , und durch Beybehaltung des, Hürdens schlags ist die Auŝartung der Raſſen verhütet worden. In Griechenland läßt man , wie in Spanien , die Heerden reisen , um sie das ganze Jahr hindurch in ima mer gleicher Temperatur zu erhalten ; fie bringen den Winter in den Thälern und den Sommer auf den Bergen " Bortheil in Hieben hat man deu zul. Griechenland , daß dieWanderungen weder ſo lang dauern

54

Sweyter Abschnitt.

noch so mühsam sind, weil das ganze Land in allen Richtungen von hohen Bergen durchschnitten wird.

Auch zwängt man hier die Heerden nicht in enge bumpfige Ställe zusammen , wo die feuchte und verdors bene Luft ihnen faulichte Krankheiten und Entzündungen zuzieht.

Die Natur hat sie ja nicht vergebens durch

warme Pelze gegeu rauhe und unfreundliche Witterung geschützt !

Auch wird durch die freye Luft , den Thau,

den Regen und die Sonnenstralen die Wolle viel weißer, weicher, feiner und elastischer.

Unsere Schäfer fürch

ten sich noch immer vor der großen Kålte , und doch bleis ben den ganzen Winter hindurch mitten unter Schnee und Eis die Heerden auf den Gipfeln des Olymps und des Athos inimer unter freyem Himmel. Die griechische Wolle wird in dem Handel nach ihs rer Qualität in verschiedene Sorten eingetheilt ; die vors züglichsten davon sind die Surge : Wolle (die unges waschene , wie sie von den Schafen kommt ) und dies Pelade- Wolle , die durch eine Beize von den Fellen abgelöst wird.

Bey der erstern unterscheidet man wieder

dreyerley Grade der Feinheit, nämlich ganz feine, grobe und Bajawolle ; die letztere ist die von den Schenkeln und Schwänzen.

Im Handel ist alle Wolle eine Mischung

von diesen dreyerley Sorten , schwarze Wolle kömmt.

wozu noch ein Zehntel

Der Grad der Mischung , die

nach den Jahrgången bald mehr oder weniger feine, mehr oder weniger grobe Wolle enthält , bestimmt jedes Mal bie Güte der in den griechischen Häfen gekauften Surges Wolle.

Bolle aus Macedonien und Theffalien.

55'

Die Peladewolle kommt von Schafen, an Krankheiten sterben oder geschlachtet werden.

die Sie

wird durch eine Kalkbeize von den Fellen abgesondert , ist kurz und mager, und ob man sie gleich wäscht , so wie fie von den Fellen herab gemacht wird , so kann man sie doch niemals ganz von den Kalktheilen reinigen , die sich barin festſehen und ihr Gewicht vermehren.

Die Bastardwolle iſt diejenige, die den lebens digen Schafen ausfällt ; sie ist kurz, rauh und unrein. Die Schäfer mischen sie zwar unter die Surgewolle, aber bey dem Auslesen wird sie unter die grobe geworfen. Gewaschene oder Gunwolle heißt endlich diejenige, die abgeschoren wird ,

uachdem man die Schafe vorher zu

wiederholten Malen in ein fließendes Wasser getrieben hat. Sie ist lang und schön , aber nicht in großer Menge zu bekommen.

Auch wird sie noch einmal so theuer vera

kauft, als die beste von den übrigen Sorten , weil durch das Waschen die Hälfte verlohren geht.

Dieser Verlust

ist jedoch nicht so bedeutend, wenn die Wolle auf dem Rücken des Thieres selbst gewaschen wird.

Der größere und beſſere Theil der Surgewolle kommt ans Albanien und den Ebenen von Larissa ;

es werden

jährlich 4 bis 500,000 Oken davon nach Salonichi ges bracht.

Diese gehen sämmtlich durch die Häfen von .

Dalmatien nach Venedig.

Es

wird zwar eine noch

weit größere Quantität von den Heerden gewonnen , allein 200,000 Oken bleiben zu Mayada , einem Flecken, in dem

jährlich aus dieser

Wolle

70,000

Stúde

er

Zweyt

56

Abats

itt

Abschn

verfertigt werden.

.

Alle Wolle, die jenseits

des Strymons und in dem östlichen Macedonien gewonnen wird, geht nach Cavala oder nach Adrianopel.

In

Philipopoli werden 50,000 Dken in einer Abatsfabrik verbraucht , die jährlich 15000 Stücke liefert.

Diefe

Abats gehen alle nach Smyrna , und werden von da nach Anadolien , Syrien und Arabien verschickt. sowohl Surge

Alle Wolle,

als Peladewolle, die aus Livadien kommt,

wird auf den Küsten von Zagora zur Fabrikation von Cas putrdchen verbraucht.

Morea verbraucht die seinige bey-

nahe ebenfalls ganz ;

es werden aufdieser Halbinsel nicht

über 12,000 Cantaar Wolle gewonnen , und hievon ge hen eine, höchstens zwey Schiffsladungen aus dem Has fen von Patras , oder dem von Coron ins Ausland.

1 Salonichi ist der große Marktplaß der griechischen Wolle ; hieher wird sie von Jenidge, Doiram, Strumzza und Seres geliefert.

Der ganze Vorrath , der aus die-

fen verschiedenen Orten hier zusammen kommt , beläuft fich auf 300,000 Oken , und die herrlichen Ebenen um Salonichi liefern`allein 200,000 Oken für den europäis schen Handel.

fen.

Alle macedonische Wolle ist dem Hum unterwor Diese Abgabe ist verpachtet ; die ganz Anstalt

heißt Beylik , und wird von einem Juden administrirt, der den Namen Beylikgi führt.

Dieser hat das Recht,

den fünften Theil von aller Wolle für eine Entschädigung von vier Para für die Oke wegzunehmen.

Dieses Pris

vilegium ist ein Tribut , den die ottomanische Unwissen *) Eine Art von grobem Luch. packung des Tabaks.

Siehe oben S. 35 bey Vers

Wolle aus Macedonien und Theffalien.

57

heit der Industrie bezahlt ; es wurde nämlich der jüdischen Nation zugestanden ,

als sie von Ferdinand und

Isabelle aus Spanien vertrieben wurde , und unter der Regierung Vajazeds II. in Salonichi Schuß und freye Religionsübung erhielt.

Damals waren die castilis

schen Wollmanufacturen die vorzüglichsten in ganz Euros pa, und die Juden , die fast vou allen die Direction hats ten , kannten das ganze Verfahren und alle Geheimniſſe t Diese Kenntnisse boten sie dem Sultan an,

derselben.

und machten sich auheischig , alle Tücher zu verfertigen, die zur Kleidung der Janitscharen , seiner Garde, erfors derlich wären. Man bestimmte dafür die jährliche Quantität von tausend Stücken blauen Tuch , und zweyhundert Stücken rothen.

Diese Tücher werden durch den

Pascha auf Kosten der Regierung zu Lande nach Conſtan= · tinopel geschickt ; ihre Quantität bleibt immer dieselbige, allein die Qualität wird von Jahr zu Jahr schlechter, ein. Betrug, den die Schwachheit der Miniſter zuläßt.

Der

Beylikgi erhält jährlich 25000 Piaster für die Kosten . der Fabrikation , und ein türkischer Beamter , der aber mit der jüdischen Habsucht einverstanden ist ,

hat die

Aufsicht darüber.

Ursprünglich durfte der Beylikgi dieses Recht nur bis auf 30,000 Oken ausdehnen , er gab aber zu verste= hen, daß diese Quantität nicht hinreichend wäre, und ers hielt deshalb die Erlaubniß , 50,000 Oken voraus wegzunehmen.

Heut zu Tage maßt er sich über alle Welle

ohne Unterschied das schändlichste Monopol an.

Unter

dem Vorwand, daß ihm noch an der Quantität die er nde thig hat etwas fehle, kauft er immer ført, deun er weiß,

Zweyter Abschnitt.

58

daß er die Wolle an die fränkischen Kaufleute mit großem Vortheil wieder verkaufen kann , und wenn diese sich mit der türkischen Compagnie, die diesen Hagtreibt,

oder auch numittelbar mit den Schäfern in einen Handel einlassen wollen , so fordert der Beylikgi von dem Käufer eine besondere Abgabe, dafür daß er von seinem Rechte absicht.

Sie wird zwischen ihnen wie eine Waare behan

delt , und beträgt zwischen fünf und zwölf Aspern für die Oke, je nachdem das Verlangen nachWolle dringend, und dieser Artikel mehr oder weniger selten ist.

Der Preis der Wolle beträgt zwischen funfzehn bis fünf und zwanzig Paras für die Ole. Schiffsladung davon nach Venedig ,

Es

geht

eine

eine andere nach

Ancona , und ziven bis drey nach Genua und Livorno. Nach Marseille gehen dreytausend Ballen , jeder von einhundert Oken ; die Franzosen haben hiebey den dop= pelten Gewinn , daß sie von den Türken die rohe Materie nehmen

und sie ihren in Zücher verarbeitet wieder zus

rück schicken.

Jede Schiffsladung kann zu sechshundert

Ballen gerechnet werden , Die ist zwanzig Paras.

und der Mittelpreis für die Es kommt also durch die Wolle

eine sehr bedeutende Summe Geldes nach Griechenland. Venedig schickt jährlich 35,000 Piaster dahin , Ancona, 25,000 Genua und Livorno, 60,000 ; und Marseille, 150,000 ; die Totalsumme beträgt 270,000 Piaster. Die Engländer und Holländer haben sich auf die griechiz sche Wolle nie eingelassen.

Bienen und Honig vom Berg Hymettus.

59

Bienen und Honig vom Berg Hymettus. Honig und Del sind die zwey vorzüglichsten Artikel der Ausfuhr aus Attica.

Das Verfahren bey der Bie-

nenzucht ist viel einfacher als bey uns , und nähert sich dem im Alterthum gebräuchlichen ;

es wird daher nicht

uninteressant seyn , wenn ich hier eine kurze Nachricht bavon mittheile.

Attica ist das wahre Land der Bienen. ,

Thymian,

Majoran , wilder Quendel bedecken alle ſeine Hügel, und feine Thaler sind mit Salbey , ausgelegt.

Ginster und Rosmarin

Gerade diese aromatiſchen Kräuter sind, wie

bekannt , die Lieblingsnahrung der Bienen. Die Athenienser haben eine ganz eigenthümliche Art von Bienenkdiben ; sie haben eine cylindrische Gestalt, gebrannter Erde, und haben drey Fuß Höhe, find on zwey im Durchmesser und dabey einen beweglichen Deckel. Die Außenseite und der Boden im Innern find mit einem Firniß überdeckt ; das ganze Innere bleibt übrigens rauh, weil die Bienen sonst Mühe hätten ihre Waben zu bes festigen.

Die Körbe werden so viel als möglich gegen Osten oder gegen Westen gesetzt.

Die Stellung gegen

orden

ist wegen der kalten Winde , die von den Gebirgen her wehen , den Bienen im Winter äußerst schädlich ;

und

die gegen Süden ist ihnen, wegen der drückenden Hitze, im Sommer nicht weniger verderblich. In einigen Mos nte nate besonders im Julius und August , müssen sogar die Körbe mit Laubwerk überdeckt werden , um sie gegen die Sonnenstrahlen zu schüßen.

60

Zweyter Abschnitt.

Man kennt dort unsere Art nicht , die Bienenkörbe an einem Orte beysammen zu haben, sondern sie sind überall auf den Feldern aufgestellt , so wohl in Thälern als auf Anhöhen.

Die einzige Vorsicht , die man anwendet, ist,

daß man sie gegen einen Zaun oder eine Mauer anstellt. Die stillsten und am wenigsten bevölkerten Gegenden , wie 3. E. die Klöster, sind die wo die Bienen am allerbesten gedeihen ; sie lieben in diesem heißen Clima die einsamen, kühlen Orte und die schattigen Thäler.

Ich selbst habe

beträchtliche Schwärme in alten Baumstämmen , mitten unter den düstern Tannen und den Lauinen des Parnaſſes gefunden.

Auch halten sie sich gern in der Nähe von

Nasenplätzen und von Wasser auf, und die Griechen has ben so viel Gefälligkeit für sie ,

daß sie aus den Bächen

in den Feldern kleine Teiche ableiten , die ihnen zur Tränke dienen ; sie werfen sogar Stückchen Holz hinein oder leichte Steinchen ,

damit die Bienen sich darauf sehen können,

ohne Gefahr zu laufen.

Die Art wie dieses Insect vermehrt wird , ist höchst einfach.

Die Bauern nehmen einen leeren Korb , legen

einige Honigwaben hinein , reiben ihn mit Meliſſenkraut, und während die Bienen aus einem alten Korb schwäre men, sehen sie den neuen Korb an die Stelle des alten. Die Bienen werden bey ihrer Rückkehr durch die Aehn= lichkeit getäuscht , kriechen in diese fremde Wohnung, die fie für die ihrige hatten und auf diese Art bekommt man zwey Körbe anstatt eines einzigen.

Diese Verfahrungs-

art ist schon vorlängst durch Hrn . Schirach angerühmt worden ; sie kommt von dem Berge Hymertus ,

und

61 Bienen und Honig vom Berg Hymettus. die neuern Griechen haben sie von den alten gelernt, wie man aus Plinius und Columella bereifen könnte. Um

die Bienenkörbe zu verstärken , werden die

schwächern Schwärme mit einander vereinigt.

Dies ist

sehr vortheilhaft , denn die Erfahrung hat gelehrt , daß ein Korb, der aus viertausend Bienen beſleht, sechs Pfund Honig giebt, daß er hingegen vier und zwanzig Pfund Honig liefert , wenn er aus achttausend Bienen besteht. Ein Korb also , der noch einmal so viel Bienen enthält, liefert viermal mehr Honig. Die Bienen schwärmen in Griechenland zwey , drey und wohl gar viermal im Jahr ,

allein selten gedeihen .

mehr als die beyden ersten Schwärme , denn die andern kommen durch frühzeitige Kälte oder Mangel an Nahs rung häufig um.

Auch sind diese letztern Schwärme

bey weitem nicht so theuer , als die Frühlingsschwärme; ein Schwarm, der vor der Hälfte des Junius entstanden ist, gilt drey bis vier Piaster , einer aber von September ist nicht zwey werth.

Die verderbliche und in der That grausame Methode, die Schwärme zu tödten um die Körbe zu leeren , ist ein barbarischer Gebrauch , den die nordischen Völker aufges bracht haben , und der bey den Griechen nie bekannt war. Nach Italien wurde er durch die Gothen gebracht , und es erforderte ein eigenes Strafgesetz eines Großherzogs von Toscana , um ihn in diesem Lande wieder abzus schaffen. Da die Bienen nicht selten aus Mangel an Lebensmitteln im Winter sterben, so wird in einigen Theilen von Griechenland , und besonders zu Damala , dem alten

62

Zweyter Abschnitt.

Trözene, die in Mesopotamien übliche Methode befolgt, daß die Körbe während dieser Jahrszeit in dunkle und von allem Geräusch entfernte Winkel aufgestellt werden. In dieser dunklen Ruhe fallen sie in eine Art von Betäus bung , die sie vom Hunger befreyt , und in der sie äußerst wenig Nahrung zu sich nehmen.

Daher haben sie im

Frühling noch hinlänglich starke Vorråthe ', um ihre erste Brut zu besorgen und zu ernähren.

Der Attische Honig und besonders der vom Berg Hymettus, haben ihren alten Ruhm bis jezt erhalten, und verdienen ihn auch vollkommen.

Der beste Honig , den

wir in Europa kennen , der von Mahon und von Nars bonne, kann weder in Rücksicht seiner Süßigkeit , noch seines Parfüms mit dem Attischen verglichen werden. Er ist zwar röthlich von Farbe, aber demohngeachtet von der helleften Durchsichtigkeit.

Am meisten unterscheidet

er sich dadurch von unserm Honig , daß er dick ist ohne Körner zu haben oder fest geronnen zu seyn. Das Attische Wachs hingegen ist nicht so gut wie das unsrige ; auch wird es schlecht gereiniget , und, wenn es im Kessel geschmolzen ist , nicht sorgfältig genug alle heterogene Materie davon abgesondert. Dievier ansehnlichsten Klöster auf dem BergHymets tus unterhalten ohngefähr dreytauſend Bienenkörbe. Ein anderes , das nicht unter diesen vier begriffen ist , hat Deren allein zwölfhundert.

Alle diese Klöster besitzen

mehrere Meyerhöfe , die sie durch ihre Mönche verwalten laffen ; die Zahl der Bienenkörbe , die in diesen erhalten werden , nehme ich nur zu zweytausend an ; dies macht zusammen sechstausend zweyhundert Körbe. Eben so viele

Bienen und Honig vom Berg Hymettuk. mögen ohngefähr die Bauern in Attica besihen ;

63 folglich

kann man annehmen , daß ohngefähr zwölftausend Körbe im Lande unterhalten werden.

Jeder Korb liefert ein

Jahr ins andere gerechnet , · dreyfig Pfund Honig und zwey Pfund Wachs ; das Land gewinnt also jährlich 360,000 Pfund

Honig und 24,000 Pfund Wachs.

Diese Berechnung stimmt mit der von den Kaufleuten ans genommenen überein ;

nach derselben werden in guten

Jahren dreptausend türkische Cantaars Honig, und zweys hundert Cantaars Wachs gewonnen.

Der Canfaar wiegt

vier und vierzig Oken, und die Ofe vierzig Unzen ; wors aus man ungefähr das obige Resultat erhält. Das Pfund Honig kostet acht bis zehn Paras, und das Pfund Wachs einen Piaster ;

der Geldertrag für

Attica beläuft sich demnach auf 114,000 Piaster. Atheu. berbraucht aber selbst dreyhundert und fünfzig Cantaars Honig und zwanzig Cautaars Wachs , das heißt etwas über den zehnten Theil von dem ganzen Ertrag des Lans des ; es müssen alfo dafür von der obigen Summe wieder eilf bis zwölftausend Piaster abgerechnet werden. Man anuehraen , um kann also wenigstens 100,000 m die durch diesen Artikel die Bilanz der Ausfuhr erhöht wird. Attica muß in mittelmäßigen Jahren den vierten Theil von seinem zur Consumtion nöthigen Getreide eins führen ; ich habe aber berechnet ,

daß diese Einfuhr durch

den einzigen Artikel des ausgeführten Honigs gedeckt. wird.

Man sieht leicht ein, daß der Athenienfische Henig

nur darum in einem so hohen Preise steht , weil er in dem griechischen Handel zu den Artikeln des Lurus gehört,

Zweyter Abschnitt.

64

Der größte Theil davon geht nach Conftantinopel , wo er in dem Pallast des Kaysers und in den Serails der Großen verzehrt wird.

Loudon und Marseille sind außerdem die einzigen europäischen Städte , wohin eine kleine Quan:

tität geschickt wird, und diese kommt nicht in den Handel, fondern die Kaufleute verschenken sie an ihre Freunde. Dieser Zweig der Landökonomie ist demnach dem kleinen Ländchen Attica von äußerstem Nußen.

Es ent-

hålt nur zwanzigtausend Seelen auf einer Oberfläche von neunzig Quadratſtunden ,

das Land ist äußerst bergicht,

und taugt wenig zum Ackerbau.

Auch ist von jeher die

Bienenzucht darin begünstigt worden.

Unter den Pas

låologen war in einer besondern Verordnung dem gries chischen Bauer , der einen Bienenſchwarm erzöge , eine Prämie versprochen ; dieselbige Verordnung hat Kayser Joseph II. in unsern Tagen für seine Erbstaaten wieder erneuert, allein er hatte sie aus alten italieniſchen Geſetzs büchern geschöpft, die solche aus den Verordnungen der griechischen Kayser entlehnt hatten.

Noch heutzutage ist

die Bienenzucht in Griechenland sehr begünstigt ; durch eine Verordnung von Suleyman II , die in mehrern Pros schen Reichs , besonders aber in vinzen des Attica noch in voller Kraft ist , dürfen die Bienenkörbe zur Abzahlung der rückständigen Auflagen nicht confiscirt werden , so wenig wie in manchen andern Låndern die Werkzeuge des Ackerbaues . Wenn man in Attica den Getreidebau und die Cul-

tur der Obstbäume mit einander vergleicht, so findet man, daß ein Morgen Land , der mit Getreide bestellt ist , ohns gefähr hundert Piaster abwirft, daß er hingegen ein huns

a.

3

Oliven und Deht aus Attica:

65

bert und sechszig bis ein hundert und achtzig Piafter eins trågt, wenn er mit Obstbäumen bepflanzt und mit Kraus tern, die nach dem Geschmack der Bienen sind , bejået Die Cultur der Obstbäume und die Bienenzucht era

ist.

fordern zwar eine strenge Aufsicht , und geben täglich viele Arbeit allein die Obstcultur verschafft dem Lands mann so viele Früchte, daß er andere Lebensmittel dadurch ersparen , und einen großen Theil des Jahres hindurch feine Familie damit ernähren kann *).

Oliven und Dehl aus Attica. Die Cultur des Dehlbaums war von jeher Liebs lingsbeschäftigung der Athenienser.

Unter Cecrops und

seinen Nachfolgern erhielten die Pflanzer für jeden Baum eine Prämie von einer Drachme , Groschen.

oder ungefähr vier

Während der ganzen Dauer der Republik

war es bey schwerer Strafe verboten , in einem fremden Felde einen Oehlbaum umzuhauen ; ja man durfte sogar auf seinem eigenen Felde jährlich nicht mehr als zwey umhauen ,

wenn es nicht zu einem besondern von den

Göttern bestimmten Gebrauch geschah.

Die Folge von

diesen Gesetzen war , daß alle Anhöhen in Attica mit Oehlbäumen bedeckt waren , und noch heut zu Tage exis stiren die Abkömmlinge derselben.

Sie beschatten die

Seiten der Anhöhen mit ihrem blaſſen Grün , das mit dem dunkeln Grün der Wiesen und der graulichschwarzen *) Der Geschmack der Athenienser ist ihrem Lande angemess fen. Sie effen außerst gern Obst , machen sich aber nicht viel aus Fleischspeisen. Auch ist ihr Tisch gewöhnlich sehr arm an Gerichten , aber reich an Nachtisch, Beaujours Beschr.

&

Zweyter Abschnitt.

66 Farbe der

obern

Felsen einen

angenehmen

Abstand

macht. Es giebt in Griechenland sehr viele verschiedene Arten von Oliven ; die drey vorzüglichfien idarunter find die Colymbaden , die Raphas , und die Coros 7 neiden. Die erstern haben ungefähr eine Länge von н деб Linien und eine Breite von sieben bis acht Linien ; die Raphas sind kaum halb so groß , und die Mitte zwiz schen beyden halten die Coroneiden. Die Colymbaden haben unter allen Sorten am meis sten Fleisch, und bey ihrer Größe sind sie auch von vors züglichem Geschmack.

Sie werden alle eingemacht, und

find für die Tafeln der Großen bestimmt. Die Raphas find rund und haben ein festes Fleisch ; sie geben nur wenig , aber ein sehr feines Del.

Die Coroneide ist die

allerfruchtbarſte Sorte , und enthält am meiſten dhlichte Substanz.

Der Baum , der sie hervorbringt , gedeiht

auf den Vorbergen der höchsten Gebirge ; so lange er jung ist , trägt er regelmäßig Früchte, wenn er aber alt wird, fo kann man nicht mehr in jedem Jahr bestimmt auf te Erudte rechnen. eine Die Kunst , die Oliven einzumachen , versteht man

zu Athen in der höchsten Vollkommenheit .

Diese Frucht

hat von Natur einen bitterlichen Geschmack ,

der ihr

durch das Einweichen in Salzwasser benommen werden muß. In diese Salzbrühe werfen die Griechen Fenchel, mel , Coriander , s und andere wohlriechende Blåtter; ja fie thun sogar manchmal Rosenholz hinein, wenn sie den Oliven einen angenehmen Geruch geben wollen.

Oliven und Deht aus Attica.

67

Die Cultur des Oehlbaums ist dem attischen Gebiete ganz besonders vortheilhaft.

Ein mit diesen Bäumen bes

pflanzter Morgen Landes trägt ein Drittheil mehr ein, als jeder anderer Morgen ; man kann sich hievon durch folgende Berechnung überzeugen.

Wenn man annimmt , daß ein Morgen neunhuns dert Ruthen enthält, und daß die Entfernung eines Baus mes vom andern fünf Ruthen beträgt, so können auf einem Morgen hundert und achtzig Olivenbäume wachsen. Es sind zwar nicht alle Stellen immer genau ausgefüllt, und sie können es nicht seyn wegen der Unebenheit des Erdbodens.

Beläuft sich aber auch der Abgang auf ein

Drittheil des Ganzen , so bleiben immer noch für den Morgen hundert und zwanzig Bäume übrig.

In guten Jahren trägt ein mittelmäßiger Dehlbaum ein Maaß Oliven, aus dem zwanzig Pfund Dehl gewonnen wer den; da aber die Erndten nicht in jed em Jahr so ergiebig so kann man den jährlichen Mittelergiebig find , eines Baumes auf zehn Pfund Deht annehmen.

Hiernach

gewinnt man vom Morgen zwölfhundert Pfund Sehl. Das Pfund kostet sechs bis acht Paras , was ungefähr nach sächsischem Geld einen Groschen drey Pfennige macht ; folglich besteht der ganze Ertrag von einem mit Sehlbåus men bepflanzten Morgen Landes in fünfund siebenzig Rthl. sächsischen Geldes.

Der beste Morgen hingegen , wenn

er mit Getreide bestellt ist , bringt nicht mehr als funfe zehn bis zwanzig Centner Weizen hervor , was nach dem Werth desselben im Lande kaum .funfzig Rthlr. ausmacht. Hieben ist noch zu bemerken , daß die Cultur des Dehla Baumes nicht kostspieliger ist als die des Weizens.

&$ 2

68

Zweyter Abschnitt .

Die Cultur des Oehlbaumes schickt sich überdies auch ganz vorzüglich für den politischen Zustand von Attica , denn eine verlassene Olivenpflanzung geht nicht sogleich zu Grunde, wie z. B. ein Weinberg, und ist durch einige Sorgfalt auch bald wieder in Ordnung zu bringen.

Für die griechischen Bauern' ist dieses ein

schäzbarer Vortheil , denn wenn sie gendthigt sind , der Rache oder der Laune eines Türken durch die Flucht zu entgehen , so können sie, sobald der Zorn ihres Despoten besänftigt ist, wieder zu ihren Feldern zurückkehren , die ihnen zuverlässig sogleich wieder den nöthigen Unterhalt für sich und ihre unglückliche Familie liefern. Die Oliven sind wie alle Producte des Ackerbaues dem Zehnten unterworfen.

Sultan Selim II. wollte

noch überdies einen Para auf jeden Baum legen , allein ich habe Bauern gesehen, die ihre Bäume lieber umhieben, als daß sie die neue Abgabe bezahlten.

Der athenienfis

sche Bauer ist auf so vielerley Art gedrückt,

und sein

Eigenthum ist ohnehin schon so schwankend , daß eben damals manche von ihnen ihre Oehlbäume um zwey Piaster für das Stück verkauft haben ,

das heißt um einen

Preis , der geringer ist , als der jährliche Ertrag des Baas beste Dehl wird aus der grünen , das heißt noch nicht vollkommen reifen Olive gewonnen ; dies ist das Sommerdhl, das bey den Alten so berühmt war. Allein diese noch grüne Olive giebt nur wenig Dehl , und der Pflanzer muß wegen der Quantität seine Entschädis gung in der Qualität finden. Je reifer überhaupt die Oliven sind , desto setter und desto weniger angenehm

69

Oliven und Dehl aus Attica.

wird das Dehl ; je grüner hingegen die Olive noch ist, id desto vorzüglicher wird dasselbe , und desto mehr hat es den Geschmack der Frucht, der von allen Liebhabern fo sehr geschikt wird. Dasjenige Dehl , das durch das bloße Pressen aus den Oliven gewonnen wird, ist das klarske und reinste ; inan kennt es unter dem Namen Jungferndhl. Das gemeine Dehl ist dasjenige , so sich von dem schon gepreßten Kuchen nur vermittelst eines Aufguffes von Wass fer absondert.

Dieses Wasser muß siedend heiß seyn,

und man ſchöpft es daher aus einem, Keffel , unter dem beständig

ein starkes Feuer

unterhalten wird.

Auf

Diese Art kommen beyde Flüssigkeiten mit einander vers mischt in den Bottich , können aber leicht von einander getrennt werden, weil das Oehl vermöge feiner geringern specifischen Schwere oben schwimmt. So wie das Dehl gepreßt ist, wird es in große Urs nen von gebrannter Erde gefüllt , und diese reihenweis in gewölbte Keller , unter den Häusern gestellt.

Zur Aufs

bewahrung des Dehls werden durchaus kühle Orte erfors seineHitze mosphäre in , wodurch feinsten Gährung dert , weilgeråth es sonst durch die der Atmosphäre in Theile verduns sten.

Deswegen werden auch die Urnen auf das sorgs

fältigste verstopft.

In jede Urne wird ein Schwamm

geworfen , weil dieser die Eigenschaft hat , die fettesten und måſſerigten Theile des Oehls an sich zu ziehen. Das attische Oehl ist das beste in Griechenland ; auch wird es mit der meisten Sorgfalt zubereitet.

Ein

Theil davon geht nach Constantinopel, Salonichi und Smyrna , wo es in den Serails verbraucht wird ; der

Zweyter Abschnitt .

70

andere Theil wird nach Marseille transportirt, wo man es mit Provencerdhl vermischt , und dann für die Tafeln der reichen Pflanzer in die Antillen schickt.

Es wird in kleinen Maaßen zu zwölf Pfund vere kauft.

In Attica werden jährlich 200,000 solcher athes

niensischer Maaße gewonnen , und der Mittelpreis eines Maaßes ist zwey Piaster.

In Attica selbst werden

30,000 Maaß Dehl für den Tisch, und 20,000 Maaß in den Fabriken verbraucht ; im Ganzen also 50,000 Maaß.

Folglich werden

* 450,000 Maaß Dehl

ausgeführt , welche zusammen 300,000 Piafter werth Es ist die stärkste Summe in dem Verzeichniß der

find.

atheniensischen Ausfuhrartikel. Dieser Handel ist jetzt fast ausschließend in den Hånden eines italianischen Arztes.

Es ist lobenswürdig

an ihm , daß er lieber Geld verdienen, als Menschen umbringen will , allein ich nehme es ihm in meiner Eigenschaft als Consul höchst übel , daß er ein Monopol damit treibt ,

und manchem ehrlichen Franzosen ,

der

ebenfalls mit Dehl handeln möchte, den größten Schaden zufügt. Der Transport des Dehls geschieht in Fässern, und da in Griechenland keine verfertigt werden , so müſſen Die Laduns sie von Marseille herbey gebracht werden. Igen geschehen in allen Jahrszeiten ; da aber das Dehl wes gen des milden Clima's nie gerinnt oder dick wird , To müssen die Fässer genau verkittet werden , um das Auslaufen zu verhindern. Die fremden Kaufleute dürfen übrigens nicht auf das Wort kaufen , wie es zuweilen geschieht , denn die

Corinthen oder kleine Rosinen.

71

neuern Athenienser sind in Rücksicht auf Betrügereyen so L

gewandt wie ihre Våter.

Ich habe selbst den Fall ers

lebt , daß sie ihr Oehl` verfälschten;

sie vermischen es

nåmlich mit einem Decoct von Gurken, der sich leicht mit allen dhlichten Substanzen vermischt.

Doch ist diese

Art von Betrug nicht allgemein genug , um der Nation einen Vorwurf deswegen zu machen.

Corinthen , oder kleine Rosinen. Der corinthischeWeinstock ist eine vier bis fünfFuß hohe Staude; er ist folglich kleiner als der unfrige, aber das gegen dicker und reicher an Holz , Wurzeln und Schößlinge.

er treibt auch mehr

Seine Blätter sind größer,

Stumpfer , weniger ausgeschnitten ,

und oberhalb von

einem zartern Grün , unterhalb aber weißlichter.

Seine

Früchte sind von der Größe der Johannisbeeren ; zuerst sind sie grün , dann werden sie roth, und wenn sie ganz reif find , so haben sie eine dunkelpurpurne fast schwarze Sie sind füß von Geschmack, und sogar, wenn Farbe. fie zu reif oder getrocknet sind, eben so wie die Muskatellertrauben gelinde reizend ; frisch haben sie jedoch eine liebliche, angenehme Säure. niger Kerne ,

Sie haben übrigens wes

und mehr Saft als unsere Weintrauben..

Die ersten Corinthen , die man in Europa zu sehen bekam , wurden im Anfang des vorigen Jahrhunderts von Corinth dahin gebracht ; aus diesem Grund nannte man sie corinthische Trauben. Allein The find in Morea selbst nicht einheimisch;

denn vor dem sechzehnten Jahr-

hundert erwähnt ihrer kein einziger Schriftsteller , und durch die aufmerksamsten Untersuchungen , die ich theils

Zweyter Abschnitt .

72

in Griechenland , theils in den ionischen Inseln darüber angestellt habe , bin ich überzeugt worden, daß der corinthische Weinstock gegen das Jahr 1580 von Naria nach Morea gebracht ward.

Zwar findet man heut zu

Tage auf dieser Insel des Archipels keinen einzigen Stock mehr , allein auch aus dem corinthischen Gebiet ist er gänzlich verschwunden , ob es gleich außer Zweifel ist," daß er zur Zeit der Venetianer sehr häufig daselbst anges baut wurde. heut zu Tage wird er vorzüglich in den Gebieten

Er gedeiht auf der son Vostika und Patras gebaut. ganzen Meeresküste von Achaja , und auf der jenseitigen

Küste in einigen Gegenden von Aetolien und -Locris . Auf der Küste von Elis ist er aus der Art geschlagen ; dagegen kommt er auf der gegenüber liegenden Jusel Zante, und auf den Inseln Ithaca und Cephalonien fort. Er verlangt einen leichten , dürren und steinigten Boden, 4: und gedeiht in einem festen, feuchten und fetten durchaus Besonders liebt er die Nachbarschaft des Meeres, nicht. und in den Berggegenden , wo die salzigte Luft ihn nicht Außer in berühren kann , ist er nicht fortzubringen . Morea und den Jonischen Inseln hat man noch nirgends gesucht ihn anzubauen ; er könnte jedoch ohne Zweifel in mehrere Gegenden des südlichen Europa's verpflanzt wers den , vorzüglich aber in die Gegend von Syracusa , und Sie haben mit Morea einerley Clima in die von Cadir. und Temperatur , ihr Boden ist leicht und steinicht , und fie liegen ebenfalls am Meer . Bey der Cultur des corinthischen Weinstocks wird im Ganzen daffelbige Verfahren beobachtet wie bey dem

Corinthen oder kleine Rosinen.

73

unsrigen, in einigen Puncten weicht es jedoch von diesem ab. In Columella findet man eine vollständige Bes schreibung davon , die noch ganz auf unsere Zeiten paßt, so wenig ist seit zweytausend Jahren daran geändert wors den.

Ich will nicht behaupten , daß dieses Verfahren

das vorzüglichste ist ; ich habe es jedoch aufmeinem Landgute bey Pella selbst befolgt, und meine Weinstöcke find vortrefflich fortgekommen.

Ich weiß noch nicht, ob der

Boden ihnen auch in der Länge zuträglich seyn wird, aber ich hoffe es.

Ich werde dadurch das Land bereicheru,

das Alexandern hervorgebracht hat , und wenn ich meine Corinthen nicht alle selbst zu genießen bekomme, so werde ich doch die Freude haben , daß sie mir von den Enkeln des Antiochus uud Seleucus gestohlen werden, die, wenn fie mit Lumpen bedeckt und barfuß sich auf meinen Wies fen herum balgen , sich von dem Ruhm ihrer Ahnen gewiß nichts träumen laſſen. Dieser Weinstock fångt erst in seinem siebenten Jahre an Trauben zu tragen ; seine eigentliche Fruchtbarkeit erhält er aber nur im zwölften Jahr.

Dagegen

dauert er aber auch wenigstens achtzig Jahr , und wenn er recht gut unterhalten wird , über

ein Jahrhundert.

Auf der Insel Zante versteht man sich auf seine Behand lung vorzüglich gut.

Dort eriflirt noch der Weinberg,

aus dem der große Schulenburg Trauben gegessen hat ; er ist noch gegenwärtig sehr fruchtbar. Die Trauben werden gegen Ende des Julius reif und gut, zum Effen ; die Weinlese ist aber doch erst zu Ende Augusts , wenn nämlich die rothe Farbe der Beeren fich in ein dunkles Purpurroth verwandelt hat.

Dieſe

Zweyter Abschnitt.

74

Weinlese geschieht von Weibern und Kindern ; die Traus ben werden in Körben gesammelt und auf die Lenne ge= tragen ,

deren eine in jedem Weinberg angebracht ist.

Diese Tennen formiren ein länglichtes Viereck , das ein wenig abhängig ist, damit das Wasser ungehindert abs laufen kann.

Der Boden der

Tennen ist

von Erde,

aber so fest gestampft , daß er ganz glatt und glånzend ist. Auf diese Tennen werden die Trauben eine neben der andern hingelegt ;

hier bleiben sie Tag und Nacht

liegen, müſſen aber alle vier und zwanzig Stunden sorgfältig umgewendet werden.

Ist die Witterung schön,

so trocknen die Trauben in acht bis zehn Tagen ; fällt hingegen Regenwetter ein , so werden zwanzig bis dreyßig Tage dazu erfordert.

Wenn der Regen anhålt , so geht

die ganze Erndte zu Grunde , und solten sich auch die Trauben erhalten, so verlieren sie doch ihre Güte und können nur um

einen sehr geringen Preis

verkauft

werden.

Sind die Trauben gehörig getrocknet , so werden die Beeren vermittelst kleiner hölzerner Rechen davon ab gesondert, sorgfältig von allen etwa hineingefallenen frems den Körpern gereinigt , und in Körben in die Magazine ng ffnu , getragen. Diese Magazine haben oben ine De und unten eine kleine Thüre ; sonst sind sie ringsum hermetisch verſchloſſen.

Aber auch diese Thüre wird nur zur

Zeit des Verkaufs geöffnet, und die Körbe mit Corinthen werden durch die obere Oeffnung , im Dache , hineinges hoben, und auf einander gehäuft , bis das Magazin ganz voll ist.

Wenn man die Corinten nachher in Tonnen

Corinthen oder kleine Rosinen.

75

füllt, so werden sie mit bloßen Füßen hineingeſtampft, damit sie theils weniger Platz einnehmen , theils von der äußern Luft nicht berührt werden , und sich beffer halten. Auf diese Art können sie bis an das Ende der Welt vers schickt werden. Man macht aus diesen Trauben auch einen guten Wein,

der ausnehmend stark ist; allein sie geben nur

äußerst wenig, so daß kein Weinbergbeſitzer ſeine Trauben auf die Kelter schicken mag.

Hiezu kommt noch, daß

dieser Wein sehr leicht fauer wird , und sich durchaus nicht transportiren läßt. Die meisten sogenannten kleinen Rosinen gehen in das nördliche Europa ; die Engländer beſonders verbraus chen eine ungeheure Quantität davon, nicht nur an viele Speisen, besonders in ihren Puddings , sondern sie braus chen sie auch in den Brandtweinfabriken , und man hat mich sogar versichert, was ich jedoch nicht bestimmt sagen kann , daß fie in mehrern Manufakturen sich ihrer zum Reinigen der Wolle und Seide bedienen.

Die Franzosen

brauchen sie nur in den Apotheken , und die Italiåner zu einigen wenigen Speisen. Sonderbar ist es , daß die Marseiller Kaufleute, die doch einen so starken Handel nach Morea treiben , sich mit diesem Artikel nie haben abgeben wollen.

Kaufleute

von Livorno und Triest kaufen die Rosinen an Ort und Stelle , auf Rechnung von Häusern in London , Amster dam und Hamburg. Zu diesem Commissionshandel ho man die Franzosen ohngeachtet aller Zuredungen und des Ueberaugenscheinlichen Vortheils nie bewegen können. haupt hat seit langer Zeit die französische Regierung ihre

ter

76

Zwey

nitt

Absch

.

Niederlassungen in Morca sehr vernachlässigt ; auch find die Comptoire zu Patras , Modon und Navarin schon ganz eingegangen , und in denen von Napoli und Coron nehmen die Geschäfte immer mehr ab. Die jährliche Corinthenerndte in Morea kann man im Durchschnitt auf zehn Millionen Pfund berechnen. Hievon liefert Patras mit seinem Gebiet vier Millionen, und der Canton Vostika zwey ; die übrigen vier Millionen werden auf den Seeküsten von Achaja und Aetolien ges wonnen.

Von diesen Früchten werden im Lande selbst

wenige verzehrt, und man kann gewiß annehmen , daß jährlich acht Millionen Pfund verkauft werden; welches acht Zehntheile des ganzen Ertrags ausmacht. nehmen die Engländer fünf Achttheile ,

Hieson

Holland , die

Niederlande und Dänemark zwey Achttheile , und in das lezte Achttheil theilen sich Frankreich und Italien. In den lehtern Jahren haben tausend Pfund Corin.‫י‬ then , mit Inbegriff aller Abgaben und Kosten , achtzig Piaster gekostet. ungeheuer ,

Allein diese Abgaben und Kosten sind

und verdoppeln beynahe den Ankaufspreis,

denn da in den türkischen Zollstädten kein bestimmter Tarif vorhanden ist, so ist man gänzlich der Willkühr des Zollbeamten überlassen und wird von diesem auf gut türkisch geprellt.

Wollte man jedoch bey diesen starken Abgaben es für vortheilhafter halten, in den ionischen Inseln und besonders in Zante Corinthen einzukaufen , wo sie wenige stens eben so gut als in Morea find , so würde man sich gewaltig irren.

Es müssen nicht nur daselbst fast die

nämlichen Arten von Abgaben bezahlt werden, sondern

77

Fårberrsthe oder Aly , Zari aus Bootien.

man fordert noch eine Abgabe von zwey Zechinen für tauſend Pfund mehr als in Morea , und hiezu ist ganz neuerlich noch eine andere Abgabe von zwey Zechinen gekommen, welche beyde die Zollbeamten zu Santa Maura la dogana nova und noviſſima nennen.

Wenn in Morea

das tausend Pfund Rosinen bey dem ersten Ankauf funfzig Piaster kostet, so kommt es mit den Abgaben und Kosten über achtzig Piaster zu stehen ; in Zante hingegen kommt. es bey dem nämlichen Ankaufspreis gegen neunzig Piafter.

Färberröthe oder Aly Zari aus Bootien. Die levantische Fårberröthe führt in der Handlungss sprache den Namen Aly- Zari ; sie ist eine Abart von der unsrigen , und unterscheidet sich von dieser bloß durch den schwächern Stengel , durch glättere Blåtter und durch das zartere Mark der Wurzeln, Sie wird erst im vierten oder fünften Jahr ausges graben , und hat folglich Zeit dick zu werden , und sehr viele und schöne Wurzeln zu treiben.

Hierin liegt auch

das ganze Verdienst der levantischen Fårberrdthe.

Ein mit diesem Produkt besåeter Morgen Landes Berlauf von vier Jahren 4,000 Oken frischer giebt nach Wurzeln , die getrocknet sich ohngefähr auf sechshundert Oken vermindern .

Von der getrockneten

Fårberröthe

wird die Oke um dreyßig bis vierzig Paras verkauft. Der ganze Ertrag beläuft sich alſo anfſechshundert Piaster, oder jährlich auf ein hundert und funfzig Piaster , und kommt folglich dem des Getreides vollkommen

gleich,

Hierbey muß aber noch bemerkt werden, daß die Färbera. röthe bey weitem nicht so viel Aufwand erfordert , und

78

Zweyter Abschnitt.

in Länder gepflanzt werden kann , worin kein Getreibe fortkommt.

Ihr Anbau ist daher sehr vortheilhaft , und könnte gewiß auch in den südlichen Gegenden von Europa mit Erfolg betrieben werden , wodurch diese Länder von dem Tribut befreit würden , den sie durch den Handel mit Färberröthe nach Smyrna und nach Bootien bezahlen můffen. Durch ihren wohlfeilen Preis wird die Färberröthe ausnehmend nüßlich für unsere Fårbereven ; sie giebt eine sehr dauerhafte rothe Farbe , die der Wirkung der Luft, der Sonne und aller Proben widersteht, und den zusam mengesetzten Farben Haltung giebt.

Sie ist jedoch nicht

ganz rein , sondern fållt ein wenig in das Rothfahle, was allen Wurzelfarben, eigenthümlich ist.

Man sucht

diese falsche Farbe durchWaschen in starker Lauge zu vers treiben , oder durch allerhand Mittel zu verbessern. In der großen Ebene von Bootien werden jährlich zwölfhundert

Säcke Aly- Zari

eingeerndtet.

Hievon

werden in Griechenland zum Färben der gesponnenen Baumwolle siebenhundert Såcke gebraucht ; die übrigen fünfhundert Säcke werden nach Livorno, Triest und Marseille verführt.

Der Sack hålt hundert Oken , und die

Oke kostet zwanzig bis fünf und zwanzig Paras.

Scharlachbeeren oder Kermes. Der Kermes , der in dem Handel auf dem mittel ländischen Meer unter dem Namen Scharlachbeeren bes kannt ist , ist ein Gallinfect , das auf einer kleinen Art von Steineichen lebt , wie die Cochenille aufdem Nopal.

Scharlachbeeren oder Kermes.

79

Man findet diese Steineiche in erstaunender Menge auf der ganzen Küste von Bootien und Phocis , so wie auf den Auhdhen , die gegen den Helicon und den Parnaß zu liegen.

Sie wächst nur in steinigtem , unfruchtbarem

Boden , und macht , nebst einigen elenden Weinbergen, fast den ganzen Reichthum von allen den Dörfern aus, die in den Gegenden liegen , wo ehmals Delphos, Crissa, Cypariffa - Daulis, Anticyra, Bulis und andere merkwürs dige Orte stunden.

Ascra ,

die

Vaterstadt

Hesiods,

Hippocrene, die Grotte und der heilige Hain der Musen find heutzutage ganz versteckt unter dichten Gebüschen von dieser Steineiche. Der Kermes entsteht aus einem En, und hat nach feiner Verwandlung eine spherische Gestalt , ungefähr wie die Affeln oder Kellerläuſe ;

er nåhrt sich nicht von den

Blåttern , indem er sie zeruagt wie die Raupen , sondern er saugt nur mit seinem Rüſſel den Saft aus ihuen. Das Männchen ist kleiner als das Weibchen ; Flügel und springt1 so schnell wie ein Floh.

es hat zwey Im Früh-

ling läuft das Weibchen von Ast zu Ast; sobald aber der Sommer herbeykommt , so bleibt es auf einem Punkt des Baumes festliegen, und wird in diesem Zustand der Unbeweglichkeit von dem 'Männchen befruchtet. Hierauf Sein Aeußeres behält aber legt es Eyer und stirbt. nachher nicht mehr die thierische Gestalt, wie die Cochenille, sondern nach und nach verschwinden alle animalische Züge, und man sieht bald nichts weiter als einen kleinen Gallapfel , worin die Eyer enthalten sind. Die Kermeserndte, die im Frühjahr statt hat, ist mehr oder weniger ergiebig, je nachdem der Winter ftrenger oder

Zweyter Abschnitt.

80

gelinder war , denn diese Thierchen sind äußerst empfind lich gegen die Kålte ; daher auch die schönsten von den Eichen gewonnen werden ,

die nahe am Meer stehen.

Das Geschäft des Einsammlens geschieht durch Weiber, die die Kermes mit den Någeln von den Zweigen abkraßen . Wenn die Blätter des Baumes durch den Chau ers weicht werden , so ist es leichter die Insecten herabzus bringen ; daher geschieht das Einsammeln vor Sonnens aufgang. Wenn es vorüber ist , so besprengt man die Kermes mit Weinessig , um die kleinen Männchen , die in den Eyern stecken , zu tödten , denn ohne dieſe Vorsicht urden sie davon flegen.

Hierauf werden sie getrocknet,

und in einem Sack gerieben , um sie glänzend zu machen. Durch dieses Reiben erhalten sie die Gestalt von kleinen Beeren , die unter dem Namen Scharlachbeere bekannt find.

Sie geben die schöne rothe Farbe,

die vor dem

Gebrauch der Cochenille so geschäßt und berühmt war.

Der Canton Livadien , der ungefähr einen halben Durchmesser von sechs bis sieben Stunden um die Stadt dieses Namens herum enthält , bringt im Durchschnitt jährlich sechstausend Oken Kermes hervor.

Hievon wer-

den an Ort und Stelle , in den dortigen Fabriken von Kattun und groben Tüchern ,

zweytausend Oken vers

braucht , und viertausend Oken werden nach Italien und. Frankreich verschickt.

Die Oke kostet im Ankauf sechs

bis sieben Piaster ; Livadien gewinnt also in jedem Jahr fünf und zwanzig bis dreyßigtausend Plaster durch den Kermes.

Set de Seide. Thessalien liefert den größten Theil

aller Seide,

die als Handelsartikel nach Salonichi kommt, und zwar ist Zagora der Cauton von Theſſalien , der am meisten hervorbringt.

Dieſer Landftrich iſt das alte Magnesien,

und besteht aus vier und zwanzig Dörfern , die an dem Fuß des Pelions und des Offſa liegen , und der Sultanin Valide zugehören.

Das Clima in diesem Canton ist so

gelind und die Luft so rein , daß die Seidenwürmer in Kammern aufbewahrt werden , die von allen Seiten offen sind.

die sie hervorbringen,

Auch würde die Seide,

ausgezeichnet schön seyn , wenn die Einwohner mit mehr Sorgfalt die Blätter aussuchten , der Würmer dienen sollen.

die zur Nahrung

Zagora

liefert

jährlich

25,000 Oken Seide ; hievon werden im Lande zu Vers fertigung von Schnupftüchern fünftausend Olen vers braucht , fünftausend gehen in die Manufacturen von Turnavos , ſechstausend nach der Insel Scio , eben so viele werden zu Lande nach Teutschland ausgeführt, und dreytausend aus den Häfen von Dalmatien nachh Venedig.

Mehrere Nationen, z. E. 1 die Franzosen, has

ben jedoch ganz aufgehört , sich mit diesem Artikel aba zugeben , weil er zu einem unsinnig hohen Preise gesties gen ist. Die Oke Seide wird heut zu Tage mit funfzehn bis achtzehn Piaster bezahlt, und doch ist die Seide aus Zagora für die meisten europäiſchen Fabriken , z. E. für alle Gazefabriken ,

viel zu rauh und bey weitem

nicht so gut wie die Seide aus Sicilien und Calabrien.

Beaujours Beschr.

$

Zweyter Abschnitt.

82

Wachs. Die chalcidische Halbinsel bringt jährlich zwischen 30 und 40,000 Oken Wachs hervor , die Insel Thasos . 25000, und aus den ottomannischen Provinzen an der Donau kommen 90,000 Oken. Die Oke wird um. sechzig bis achtzig Paras verkauft.

Es werden jährlich

15000 Ofen nach Marseille, und 40,000 nach Venez dig geschickt ; alles übrige Wachs geht in die verſchiedene Handelsståbte Italiens.

Hafenfelle. In Albanien , Theffalien und Macedonien werden jährlich ungefähr 10,000 Oken Hafenfelle gesammelt. Hievon wird die Hälfte von den Griechen selbst nach Triest und Venedig verführt , die andere Hälfte aber in Salonichi von den frånkischen Kaufleuten aufgekauft. Die Franzosen ischicken

jährlich acht bis neunhundert

Oken davon nach Marseille.

Die Winterfelle sind die

besten , denn sie haben långere, dickere und ſeidenartigere Haare.

Neun oder zehn Felle machen eine Oke, und tr zwey Felle kosten zehn bis zwölf Paras. Man sieht, daß dieses keinesweges ein wichtiger Artikel ist, allein die Huthfabriken haben die macedonischen Haasenfelle doch unumgänglich nöthig.

Daher haben auch die Engläns

der neuerlich angefangen , sich mit dieſem Artikel zu versehen.

Kreuzbeeren .

(Graine d'Avignon) .

Dieses Product kommt aus Albanien und Theffalien nach Salonichi.

Es ist die Frucht des Wegedorns

83

Opium.

oder der Creuzbeerstaude ; die Beeren sind von der Größe der Pfefferkörner , haben einen zusammenziehenden bita tern Geschmack, und sind von Farbe grüngelb.

Man

braucht sie zum Gelbfärben , allein wenn sie auch die als lervorzüglichste Zubereitung bekommen ,

so erhält sich

dennoch die Farbe nicht , sondern verſchießt bald. Sie werden jedoch zu gewöhnlichen Farben immer gebraucht und gesucht werden, denn ſie ſind außerordentlich wohls' feil; die Ofe davon kostet in Salonichi nicht mehr als funfzehn Paras.

Die Franzosen haben sich mit diesem

Artikel weniger abgegeben als die Engländer ; man kann annehmen , daß die erstern jährlich ungefähr für 10,000 Piaster , und die lehtern für 15000 Piaster solcher Bees xen ausgeführt haben.

Opium. Die Franzosen nehmen von Salonicht für 12,000 Piaster Opium , und die Italiåner für 18000 Piafter, Die schlechteste Sorte wird in Griechenland gewonnen, und die reinste kommt aus Anadolien.

Die Türken bes

halten zu ihrem eigenen Gebrauch dasjenige Opium, was von Natur aus den Mohnköpfen heraustropft , und vers kaufen nur das an Fremde , so durch Einschnitte oder durch Auspreſſung aus den Pflanzen gewonnen wird.

In der ganzen Türkei wird das Opium theils wie ein einschläferndes , theils wie ein reizendes Mittel ge, braucht.

Diejenigen Türken , die täglich davon gebraus

chen , heißen Theriakis.

Die meisten suchen sich durch

dasselbe in eine Art von angenehmer Lethargie zu vers setzen , in der sie zwischen Leben und Tod zu schweben F

2

Zweyter Abschnitt, 84

scheinen.

Dieser Zustand , in dem die Dentkraft ges

lähmt , das Empfindungsvermögen aber nicht unters drückt ist , hat für die Türken so Große Reize , daß es viele Theriakis giebt , die in ihrem Leben nichts weiter thun , als Caffee trinken , Tabak rauchen und Opium einnehmen .

Einer meiner Dollmetscher hatte Umgang

mit einem Effendi ,

der täglich dreyßig Tassen Caffee

trank , eben so viele Pfeifen Tabak rauchte , und drey Drachmen Opium verschluckte ; seine ganze übrige Nahrung bestand tåglich in vier Unzen Reis. Ich hatte die Neugierde , diesen sonderbaren Mann kennen zu lernen und fand in ihm eine wandelnde Mumie, deren Muskeln ganz eingetrocknet schienen . Bu bemerken ist noch, daß allen Theriakis das Rücks grad ganz krumm gebogen ist. Andere Türken suchen sich durch diesen Saft zu dem Genuß der Liebe anzureizen , oder auch sich in eine fröhliche Trunkenheit zu verſetzen .

Die Janitscharen,

wenn sie ins Treffen gehen, nehmen Opium ein , wie unsere Soldaten Brandtewein trinken.

Das türkische

Opium reizt die Sinne oder beruhigt sie , je nachdem es eine Zubereitung erhalten hat. Das in dow Handel gewöhnliche Opium muß, wenn es gut ist , im frischen Zustande hart , etwas schleimig, und glänzend seyn , sobald es trocken wird.

Es wird

oft mit mancherley Harzen , auch wohl mit Mehl verschte der m wirdistvia leicht Betrug mischt allein das ver,fäl Spiu Gr zu entdecken , denn recht hart , und wenn man es entzwey bricht , so zieht es keine Fåden,

85

Gummi Tragant. Gummi Tragant.

Es fließt entweder von Natur oder durch gemachte Einschnitte

aus der

Tragant staude,

oder dem

Bocksdorn , die in den Thälern Griechenlands ſehr Man braucht es in den Apos Es wer theken, den Fabriken und bey den Mahlern.

häufig angetroffen wird.

den jährlich aus Griechenland durch fränkische Kaufleute fünftausend Oken von diesem Gummi ausgeführt.

Die

Oke kostet im Ankauf fiebenzig bis achtzig Paras ; das Ganze beträgt also eine Summe von Fern

10,000 Pias

86

Dritter

Abschnitt.

Berarbeitete Artikel der Ausfuhr.

Diese bestehen in rothem Baumwollengarn ,

Saffian,

Teppichen , seidenen Frauenkleidern und einigen groben Tüchern, die unter den Namen Cajots bekannt sind.

und Abats

Es verlohnt sich der Mühe , fie einzeln

hier durchzugehen.

Rothes Baumwollengarn,

oder Türkischgarn. 1

Die schöne rothe Farbe , die man in dem ottomans nischen Reich dem Baumwollengarn giebt , ist unter dem Namen Türkischroth in Europa bekannt.

Da man

allgemein dafür hält , daß durch das Verfahren bey dent Färben dieses eigenthümliche Roth hervorgebracht wird, so wird es nicht uninteressant seyn , wenn ich dieses Ver fahren , so wie es in den griechischen Fabriken beobachtet wird , hier mittheile, und bemerke nur vorläufig , d in diesen Fabriken gewöhnlich so viel Strången Garn, als fünf O dreyßig Oken wiegen, zu gleicher Zeit bear

beitet werden ,

Das erste Verfahren ist das Kochen der gesponnes nen Baumwolle, um sie zum-Fårben geschickt zu machen. Hiezu werden anderthalb Oken Sode in zwanzig Oken Wasser aufgelöst; dann wird die Baumwolle fünf bis

Nothes Baumwollengarn oder Türkischgarn .

sechs Stunden darin gesotten ,

87

und hierauf in reinem

Waffer wieder ausgewaschen. Das zweyte Bad, worein die Baumwolle geworfen wird, besteht aus Sode und Schafmist , die im Wasser aufgelöst werden.

Um die Auflösung

zu erleichtern,

wird die Sode und der Mist in einem Mörser zerstoßen. Diehierbo beobachtete Proportion ist eine Oke Mist und Wenn diese sechs Oken Sode zu vierzig Oken Waſſer. Ingredienzen sich gehörig vermischt haben , so wird das Ganze durch ein Haarfieb , in ein Laugenfaß gegossen ; hier that man noch sechs Oken Olivendhl dazu ,

und

rührt es so lange um, bis es so weiß geworden ist wie Milch. Hierauf wird die Baumwolle in dieses - Wasser getaucht , und wenn sie gehörig davon durchdrungen ist, so ringt man sie aus und läßt sie wieder trocknen.

Die

ses Bad muß drey bis viermal wiederholt werden , denn durch dasselbe erhält eigentlich die Baumwolle die zur Farbe erforderliche Güte.

Jedes Bad besteht aus den

nämlichen Ingredienzen , und muß fünf bis sechs Stuns den dauern.

Zu bemerken ist , daß nach demselben die

Baumwolle jedes Mal getrocknet werden muß, ohne vorz her ausgewaschen zu werden.

Nur nach dem letzten Bad

darf man sie ausspülen , und dann ist die Baumwolle so weiß , wie wenn sie auf der Wiese wåre gebleicht worden. In unsern Fårbereyen ist dieses Mistbad ganz unbes kannt.

Zur Firirung der Farben kann es zwar nichts

beytragen , allein diese Excremente enthalten bekannters maßen eine Menge von flüchtigem Alkali , das die Eis genschaft hat, die rothe Farbe herauszutreiben.

Wahr-

Dritter Abschnitt.

88

scheinlicher Weise hat daher das türkische Roth hauptsächs lich diesem Ingredienz seine Lebhaftigkeit und seinen Glang zu verdanken , so viel ist wenigstens gewiß , daß man auch den türkischen Saffian mit Hundsmiſt zubereitet, weil man gefunden hat , daß die Farbe durch ihn erhöht wird. Auf das Miftbas folgt die Galläpfelfarbe.

Man

wirft nämlich die Baumwolle in laues Waffer ,

worin

fünf Oken fein zerstoßene Gallåpfel

abgefotten find.

Diese Operation macht die Baumwolle geschickter , sich mit den Farben zu fåttigen , und giebt diefen mehr Fes ftigkeit und Körper. Hierauf folgt die Alaunbereitung, die darin besteht, daß die Baumwolle zweymal in einem Zwischenraum von zwey Tagen in ein Wasser gelegt wird , worin fünf Oken Alaun und fünf Oken Waffer , die durch eine von der Sode alkalisirte Lauge gemischt sind. Diese Operation muß mit Sorgfalt behandelt werden, denn durch sie wird eigentlich der Farbestoff mit der Baumwolle verbunden, und gegen die zerstörende Wirkung der Luft gesichert. Wenn das Garn zum zweyten Mal aus diesemBade kommt, fo wird es ausgerungen , und in einem Sad von dünner Leinwand in fließendes Waffer gelegt. Nach allen diesen Operationen wird endlich zum Färben geschritten , und die Farbe auf folgende Art zus bereitet.

Man thut in einen Kessel hundert Oken Wass

fer und fünf und dreyßig Oken Aly zari , oder Färbers rdthe.

Diese wird vorher gepülvert, und mit Ochsens

oder Schaafblut übergoffen. Farbe verstärkt,

Durch das Blut wird die

und je nachdem man sie heller oder

Rothes Baumwollengarn oder Türkischgarn.

89

Dunkler haben will , wird mehr oder weniger Blut darůz ber gegossen.

Unter dem Kessel wird beständig ein mås

Big starkes Feuer unterhalten , und wenn die Mischung anfängt heiß zu werden, so taucht man das Garn hinein, damit das Feuer es nicht erwische.

Hierauf wird es auf

Stricke gehängt , die an kreuzweis über den Keffel angebrachten Ståben befestigt werden , und sobald die Farbe vollkommen siedet , so werden die Ståbe weggenommen, . Hier läßt man es so daß das Garn in den Keffel fällt. fo lange, bis die Farbe auf ein Drittheil verzehrt ist. Hierauf wird das Garn herausgenommen und in reinem Waffer gewaschen. Die letzte Vollkommenheit bekommt die Farbe in einem durch Sode alkalisirten Wasserbad.

Dieſe lette

Operation ist die allerschwerste und delikateste, denn durch fie bekommt die Farbe ihren eigentlichen Ton. Das Garn wird in dieſem Bade über einem anhaltenden Feuer so lange gefotten, bis die Farbe so ist, wie man sie vers Die ganze Kunst besteht darin , daß man den

langt.

wahren Zeitpunct trifft, wo das Garn vom Feuer genommen werden muß , und sorgfältige Arbeiter wenden daher alle Aufmerksamkeit an, um den wahren Augenblick nicht zu verfehlen.-

Die vorzüglichsten Fabriken von türkischem Garn in Griechenland sind in Theffalien , und zwar zu Boba, Kapsami , Turnavos , Larissa , Pharsala, und in allen Dörfern , die an dem Fuße des Ossa und des Pelion liegen.

Unter den Thålern , die um diese Berge herum

liegen ,

war von jeher das von Tempe wegen seiner

Schönheit berühmt.

Es wird durch eine Menge von

90

Dritter Abschnitt .

ten deren Wasser in den , spiegelhellen Bächen du Fårbereyen vorzüglich gut zu gebrauchen ist ; es sind daher auch eine Menge Fabriken in diesem Thale angelegt, unter denen jedoch die zu Ambelakia die allerberühmtesten und merkwürdigsten sind. Das Dorf Ambelakia liegt auf dem Abhang des Offa und auf dem rechten Ufer des Peneus, zwischen Lariffa und dem Meer.

Es gleicht durch die lebhafte Thắ-

tigkeit , die darin herrscht ,

mehr einem holländischen

Flecken als einem türkischen Dorse.

Es verbreitet durch

seine Industried Leben und Bewegung in der ganzen Ges e n la iss n nFleiß en , und durch seinen gend umher tritt Teutschland t eh h l t iec it unfz ge erhä n e n r e S f . V i G e Jahren ist seine Bevölkerung auf das dreyfache gestiegen, und beträgt gegenwärtig viertausend Seelen.

Alle Ein-

wohner leben in und von Fårbereyen , und man kennt unter ihnen den Müßiggang nicht. Auch ist die Stlaveren, die rings um fie in den Ebenen , die der Peneus bewässert , ihre Geißel schwingt , nie bis zu ihnen vorgedrungen ; fie dulden gar keine Türken unter sich, und werden nach der Weise ihrer Vorfahren durch selbst ge= wählte Obrigkeiten regiert.

Zweymal haben die rohen

Muselmanner von Larissa aus den Versuch gewagt , ihre Berge zu ersteigen und ihre Häuser zu plündern , aber beyde Male sind sie von den Einwohnern , die schnell den Weberstuhl verließen , um die Musquete zu ergreifen, zus rückgeschlagen worden. Jedermann , auch sogar die Kinder , sind hier mit der Färberen beschäfftigt , und während die Männer das Garn fårben , spinnen und bereiten es die Weiber.

Rothes Baumwollengarn oder Türkischgarn.

91

Ich werde in der That nie diesen merkwürdigen Ort bera geffen, wo alle Einwohner von dem Ertrag ihrer Fabriz ten leben , und sämmtlich nur eine Familie von Brüdern und Freunden bilden. Die schöne Verfassung , die von den Jesuiten in den Wäldern von Paraguay gestiftet wer A den sollte , findet man hier auf dem beschneiten , felfig= ten Offa wirklich eingeführt. Es scheint Sauberey zu feyn, wenn man auf einmal in den Griechen ganz ans dere Menschen findet ; sie sind fleißig und nachdenkend, an die Stelle der Nationaleitelkeit sind großmüthige Ge= fiunungen getreten , und hohe Ideen von Freyheit keimen auf einem Boden , den seit zwanzig Jahrhunderten Sklas Der ganze Charakter der alten Griechen

verey entehrt.

zeigt sich wieder mit seiner vorigen Energie ,

und alle

Talente , alle Tugenden des alten Griechenlandes erwaz chen wieder in diesem wilden , neuern.

entlegenen Winkel des

Man findet in Ambelakia vier und zwanzig Fabriken ,

in denen jährlich

2500 Ballen

türkisch Garn,

jeder Ballen von hundert Oken gefärbt werden.

Diese

2500 Ballen gehen sämmtlich nach Teutſchland , und zwar über Pest und Wien nach Leipzig , Dresden , Ansa bach, Bayreuth u. s. w.

In den meisten dieser Städte

haben die Kaufleute von Ambelakia eigene Comptoire, worin sie das türkische Garn unmittelbar an die teutschen Manufakturiſten abſeßen. Man hat auch in Europa vielfältige Versuche gemacht , das Baumwollengarn roth zu fårben , und sos gar haben sich griechische Färber in der Mitte dieses Jahre hunderts in Montpellier niedergelassen , und solche Fas

Dritter Abschnitt.

32

briken auf griechischem Fuß errichtet.

Die französischer

Fårber lernten ihnen bald ihre Handgriffe ab , und jetzt wird in Languedoc , Bearn , Rouen , Mayenne u. f. w. eine Menge Garn auf levantische Art roth gefärbt. Dema ungeachtet hat man die rothe Farbe , die dem türkischen Garn, so aus der Levante kömmt, eigenthümlich ist, noch nicht nachmachen können ; sie behålt immer einen Glang und eine Lebhaftigkeit , die von der unsrigen nicht ers reicht wird.

Es fragt sich aber , woher denn dieser Vors

zug eigentlich kommt ?

Viele Färber behaupten , der

Schafmist trage am meisten dazu bey ;

andere sagen,

das türkische Roth erhalte hauptsächlich daher seine Schöns heit, daß man das Garn jedes Mal, wenn es aus einem Bade kommt, wieder sorgfältig ausspühlt ,

indem die

Farbe dadurch desto leichter eindringe und sich inniger mit dem Garn vermische.

Auch scheint das vollkoms

mere Austrocknen nach jedem Bad ein wesentliches Erz forderniß zu seyn , es mag geschehen auf welche Art es wolle, im Schatten oder in der Sonne. In vielen Fabriken wird auch Urin Waffers genommen ,

anstatt des

allein im Sommer geht dieser zu

bald in Fanlniß über.

Anstatt der Gallapfel wird in

manchen Orten Sumach oder ein 1: anderes gemeineres zus fammenziehendes Mittel genommen , wie z. E. Granas tenrinde, oder Wurzeln von Nußbäumen , Erlen und Eichen. Ueberhaupt ist das Verfahren der Griechen äußerst zusammengesetzt ; sie brauchen zu ihrer Farbe über funfa zehn

verschiedene Ingredienzen,

und jede Quantitåt

Garn, die gefärbt wird, kostet über einen Monat Arbeit,

Saffian

93

Es ist daher äußerst schwer , die ganze Fabrication richtig zu beschreiben , und ich will mir nicht anmaßen , daß nicht auch in meiner Darstellung sich Fehler sollten einges schlichen haben,

Gaffian. Die Art wie der türkische Saffian zubereitet wird, ist bey uns ganz unbekannt , und man wird sie auch so bald noch nicht vollkommen kennen lernen , weil die Saffianmacher eine Innung ausmachen , in der alle Mitz glieder durch einen Eid zur Beobachtung des. strengsten Geheimnisses verpflichtet werden.

Ich habe, um das

hinter zu kommen , weder Mühe noch Geld gespart, und doch kann ich nur unvollständige Nachrichten darüber mits theilen , denn ungeachtet des Ansehens , das mir meine Stelle gab , war es mir doch nicht möglich, die Fabriken zu besuchen, und ich mußte mich daher bloß mit den Rapporten von unwiſſenden Türken begnügen , die noch -überdies von meinen Dolmetschern , die keine Idee von Kunstfleiß hatten , vielleicht unrichtig überseßt sind. Aber dennoch halte ich diese Nachricht für zulänglich , Sachverständige auf den wahren Weg zu leiten.

um

Voll-

ständigere Nachrichten darf man bey der jeßigen Lage der Dinge zuverläſſig von keinem Reisenden erwarten , denn wenn diese auch Geduld genug håtten , um mit den groz ben und argwöhnischen Arbeitern sich in das Detail der Fabrication einzulassen , so fehlen ihnen doch die erfors derlichen Localkenntnisse. Besonders excelliren die Türken in der Verfertigung des rothen Saffians.

Es werden hiezu Bocks

und

Dritter Abschnitt .

94

Ziegenhåute genommen , und um Zeit , Arbeit und Farbestoffe zu sparen , immer sechs und dreyßig Stück zugleich zubereitet.

Man hat in Europa lange behauptet,

daß zum Abhäten der Haute in der Levante nur Salz . und Gallåpfel gebraucht würden ;

allein dies ist grund-

Zwar erfordert dieses Abhåren in einem Lande, falsch. wo die oLuft so außerordentlich trocken ist nur eine leichte Beike ; es ist jedoch ganz außer Zweifel , daß man sich in allen türkischen Gerbereyen des Kalks dazu bedient, Die Felle werden , immer zu sechs Stück zusammengebunden , in eine Kalkgrube geworfen, und hierauf wieder in klarem Wasser ausgewaschen, und im Schatten ge trocknet.

Dann legt man sie auf einander und läßt sie

so lange liegen , bis sie sich erhitzt haben , und die Haare leichter losgehen.

Diese werden hierauf mit der Hand

oder mit einem besonders dazu bestimmten Messer ausgeriffen ; dies muß jedoch sehr geschickt verrichtet werden, denn die Schönheit des Felles hångt nicht nur davon ab, sondern auch die Haare selbst werden vortheilhafter vers kauft , wenn sie gut ausgerissen und lang sind.

Hierauf werden die Haute aufs néue in die Kalkum sie auch auf der Seite gegen das

grube gelegt ,

Fleisch zu reinigen , wie man sie durch die vorige Beite auf der äußern Seite gereinigt hat. Auf diese Art schai 4 ben die türkischen Gerber die Haute auf beyden Seiten, ohne das weitläuftige Verfahren nöthig zu haben , das die unsrigen hierbey beobachten . Auch nach dieser zweyten Kalkbeite werden die

Haute wieder in fliessendem Wasser ausgewaschen , und Zur daun in ein Decoct von Huudsexcrementen gelegt.

Saffian.

95

Zubereitung dieses Decocts werden dreyßig Pfund solcher Excremente und dreyßig Pfund Waffer in einen großen Kessel gethan, und diese Mischung , wenn sie anfängt zu kochen , mit hölzernen Ståben fleißig herumgerührt. Ist das Decoct fertig , so werden die Haute hineingetaucht ; dies geschieht jedoch mit großer Vorsicht und nur allmählig.

Der Arbeiter faßt zu diesem Ende jede Haut

einzeln an beyden Enden , und fährt damit ganz leicht Guf der Oberfläche des Decocts verschiedene Male hin und her.

Wenn auf diese Art die Häute nach und nach eins

getaucht worden sind , so wirft man sie endlich ganz in die Kufe und läßt sie zwölf Stunden darin liegen. Hiera auf werden sie in fliessendem Wasser vom Unrath gesäus bert , und drey Tage lang zur nochmaligen Reinigung in einen Absud von Kleien gelegt.

Durch diesen Absud wer-

den die Häute wieder weicher und geschmeidiger ,

und

dadurch die übermäßige Zusammenziehung , die eine Wir kung des Decocts von Hundsexcrementen ist , wieder gut gemacht.

Wenn die Haute aus diesem Kleienbad herauskommen, so werden sie abermals in klarem Wasser gewaschen, stark ausgerungen um sie weicher zu machen, und dann eingesalzen,

Man streuet nämlich eine Schichte fein

gestoßenes Salz auf die Seite der Häute, die zum Färben bestimmt ist , und legt sie daun sämmtlich auf Haufen ; je långer sie so liegen bleiben , desto besser werden sie, denn das Salz stärkt das Leder und macht es geschmeidig. Dies ist eine so wesentlich wichtige Operation , daß die guten Gerber und die nicht gerade nöthig haben , ihre

ter

Drit

96

t

hnit

Absc

,

Auslagen bald wieder zu gewinnen , die Hånte oft zwey Monate lang in dieser Salzbeißze liegen lassen.

Zuleht kommen endlich noch die Haute in ein Des coct vou trockenen Feigen.

Man läßt nämlich in einem

Kessel für jede Haut vier und zwanzig Unzen Feigen, und also für die ganze Maffe vier und funfzig Pfund kochen, und schüttet den dadurch gewonnenen Syrup überdie Haute.

Hierin müssen sie so lange liegen bleiben,

bis sie unmittelbar darauf gefärbt werden sollen.

Der

Feigensaft , der in die Haute dringt , soll nicht nur das Leder weich und geschmeidig , sondern auch besonders gez schickt machen, die Cochenille und andere Farbestoffe ans zunehmen. Wenn die Haute aus dem Feigenbad herauskomも men , so werden sie noch in Alaun getaucht , und dann gestreckt oder ausgedehnt.

Dies ist die lehte Zubereitung, e arbe. und es fehlt ihnen nun nichts weiter als Di F

feinen

Die schöne rothe Farbe , die dem türkischen Saffian vorzüglichsten Werth giebt, besteht aus einer

Mischung von verschiedenen Ingredienzen , wovon auf sechs und dreyßig Häute folgende Proportionen genoms men werden :

130

Cochenille

Curcuma, oder Gelbwurz

45

Gummi = Gutte

15

Arabisches Gummi

ΤΟ

Weiffer gepülverter Algun Granaten Rinde

10

Citronensaft Wasser

120 Pfund,

Quentchen,

IO

Saffian,

97

Der Alaun wird nur nach und nach in die Miſchung gethan, und zwar zuerst drey bis vier Quentchen ; dann wird die Dosis immer vermehrt bis zu zehn oder zwölf Quentchen.

Alle übrigen Farben werden in den ange=

führten Proportionen in einen Kessel geschüttet und etwa zwey Stunden lang sehr stark gekocht, bis daß das Waffer um ein Zehntheil vermindert ist.

Hierauf fångt die ei-

gentliche Operation des Fårbers an, woben zu bemerken ist , daß das Farbewasser möglichst gespart werden muß, um für die ganze Masse von Häuten damit auszulangen. Man schöpft deshalb das Wasser in kleinen Quantitäten aus dem Kessel, und gießt es in ein daneben befindliches großes Gefäß, in der das Fårben vorgenommen wird. Zuerst legt der Arbeiter die Haut einfach zusammen , so daß die Seite, wo das Haar geseffen , auswärts kommt, und taucht sie ganz fachte in das Farbewasser , indem er fie an den beyden äußersten Enden hålt.

Hierauf spannt

er sie auf den Schabebock , und dreht sie stark mit den Händen.

Unterdessen wird abermals Farbewaffer in das

Gefäß gegossen , und die Haut noch einmal eingetaucht. Diese Operation wird so lange wiederholt , bis man die Haut für gefärbt genug hålt , oder bis sie, wie die Türs ten sagen, Farbe genug getrunken hat. Hier auf låßt man sie abtropfen, und wirft sie dann aufs neue in eine Kufe mit Waffer, worein Sumachblätter und puls Auf zwey Hänte verifirte Galläpfel gethan werden. werden drey Pfund Sumach , ein Pfund Galläpfel und drey Pfund Waffer genommen. Das Wasser muß sehr heiß, jedoch nicht siedend seyn , wenn der Sumach und bie Galläpfel hineinkommen . Maricheinlich for durch G Beaujours Beschr.

Dritter Abschnitt.

diese Operation die aufgetragene Farbe befestigt und ihre Lebhaftigkeit erhöht werden . Sind die Häute von diesem Wasser gehörig durchs 10 werden sie gestreckt und mit einem in reinem weicht, Hierauf wird Wasser durchnåsten Schwamm gerieben.

der Saffian polirt, und erhält durch verschiedene hölzerue äußerst glatte Instrumente den nöthigen Glanz; zugleich werden dadurch die überflüssigen Partickeln von Sumach und Galläpfeln , die sich darin festgesetzt haben können, Zuletzt wird das Leder aufeinem

vollends weggeschafft.

glatten Marmor mit Bimsstein gerieben, Narben zu geben . Dies ist das Verfahren , d

um ihm die

bey dem Zubereiten

und dem Färben des rothen Saffians beobachtet wird. Einige Färber rühmen sich zwar ,

daß sie noch besondere

Geheimnisse besitzen , allein diese schränken sich bloß dars daß durch Beymischung einiger Pflanzensäfte der Farbe stärkere Schattirungen gegeben werden können. auf ein ,

Wenn 3.. E. das Roth etwas zu schwach ist, so mischen urbe , um sie zu verstärken , und fie Curcuma in die ist es zu dunkel, so erhellen sie es durchBorar. In der Färberen , wie in der Mahlerey , hat man den Vortheil, , che sie aufgetragen daß man die Farben werden . Der gelbe Saffian wird eben so zubereitet wie der rothe; uns liefert zu diesem die Cochenille den Haupts farbestoff und zu jenem die Kreuzbeere.

Die Türken ges

ben dem Saffian auch andere Farben , allein nur in dem rothen und gelben haben sie ihre eigentliche Stärke, Ihre schwarze Farbe hat weniger Glanz als die unsrige , ihre

Saffian.

99

grüne hält nicht, und ihre blaue verschießt noch schneller.

Saff in ian annehmen Türken man uns zu machen, daß un ImdeGanzen rken r Kunst,kann s die Tü eben so sehr übers treffen, als wir ihnen in der Zubereitung aller übrigen Lederarten überlegen sind. In Macedonien, so wie in allen an der Donau ges

13 Provinzen hat man vortreffliche Büffel und Ochsenhåute ; allein man versteht es nicht, sie zu gerben,

legenen

Man legt sie zwar wie bey uns in Gruben , und bestreut fie mit Lohe allein diese Gruben find schlecht eingerichtet, nicht tief genug und die Häute werden nicht lang genug darin gelaffen. Die stärksten Häute erhalten in der Türket nur zwey oder drey Lohen , dagegen ihnen bey uns fünf bis sechs gegeben werden.

Das türkische Leder bleibt

daher immer roh, weil es nicht genug Nahrung bekommt ; aus dieser Ursache zieht es sich , wird nicht wasserdicht, und fault sehr leicht. En anderes Fehler der türkischen Gerber besteht

barin , daß sie ohue Unterschied alte und neue Lohe nehmen. Je frischer jedoch die Lohe ist, desto mehr Stärke hat fie , denn ihre vorzüglichste Wirksamkeit liegt in ihrer adftringirenden Eigenſchaft ;

es ist also natürlich, daß

Die alte Lohe weniger wirksamt ist. Auch verfertigen die Türken diese Arten von Leder nur zu ihrem Gebrauch, dagegen fie eine außerordentliche der im Handel den Nahmen Corduan Quantität führt, ins Ausland verkaufen.

Die vorzüglichsten gries

chischen Fabriken , die diesen Handel unterhalten, sind die zu Larissa in Theffalien , zu Janina in Epirus und zit Salonichi in Macedonien .

Nur allein die Teutschen

Dritter Abschnitt.

100

kaufen jährlich für sechzigtausend Piaster Saffian in diesen Fabriken.

In Conftantinoper werden aus diesem Saffian Brieftaschen , Gürtel , tartarische Gewehrgehänge , Schabe racken und noch viele andere allerliebste Arbeiten verfertigt. Die Stickerey auf denselben , ist so künstlich gemacht, littern und Plättchen bedeckt zu daß sie mit goldenen seyn scheint , und doch sind es nur mehr oder weniger platte Goldfäden

mit denen dort so fein und zierlich in

Leder gestickt wird , wie bey uns in seidenen Zeugen. Es ergiebt sich aus meiner obigen Beschreibung von der Zubereitung des Saffians , daß die vorzüglichsten venommen Operationen , die in der Levante dabey

indem werden, in den Kalkgruben , in dem Decoct von Hundsexcrementen ,

in dem Kleien- und Feigenbad , und in

der Alaunbereitung bestehen , durch welche letztere die Haute unmittelbar zur Farbe tüchtig gemacht werden. Heutzutage wird zu dieser Farbe Cochenille genommen, da aber die türkischen Saffianfabriken schon zur Zeit der Araber geblüht haben , so ist wahrscheinlich in frühern Zeiten Kermes dazu genommen worden . Zur Grubenbereitung bedient man sich der Käppchen oder Kelche der Eicheln , oder auch der Gallåpfel.

Zu

Uskup in Servien nimmt man dazu die Rinde von einer Fichte die auf den höchsten Gipfeln des Scardus wächst, vertrit Sumac der Galläpin Die fel. die Stelle der vertrittt der Griechenland Gårbereyen inheinigen und hat den Vorzug, daß er weniger adstringirende Theile enthält , und Deshalb das Leder nicht so austrocknet..

101

Saffian

Ehe man den gelben Saffian fårbt , wird er ins Treibfaß eingesetzt ,

um die Farbe zu bekommen ;

rothe hingegen wird vorher gefärbt.

der

Dies ist die kas

racteristische Verschiedenheit zwischen beyden Arten von Zubereitungen ;

der Grund davon ist schwer einzusehen,

denn wenn durch das Treiben die rothe Farbe lebhafter und dauerhafter wird, wie man angiebt , so sollte auch in den Baumwollenfärbereyen die rothe Farbe erst nach der Galläpfelfarbe aufgetragen werden , was jedoch nicht geschieht.

Die gelbe Farbe besteht hauptsächlich in Kreuzbeeren, Alaun ', Curcuma , Citronensaft und Granatrinde.

Die

Türken behaupten , daß die beyden letztern Ingredienzen dieser Farbe ihre eigenthümliche Schönheit geben.

Eine Bemerkung muß ich indessen beyfügen,

die

in der Beschreibung von dem Verfahren der Türken bey ihrer Saffianbereitung von wesentlicher Wichtigkeit ist. Sie find dabey weniger verschwenderisch mit den Flußarbeiten als wir , und dies ist vielleicht eine der vorzugs lichsten Ursachen von der großen Geschmeidigkeit ihres Leders.

Das Wasser hat die Wirkung , das Leder zu

hårten , und ihm die Consistenz und Steifigkeit des Pers gaments mitzutheilen. Daher haben die Türken an die Stelle des gewöhnlichen Waschens im Wasser das Eins tauchen der Häute in dhlichte Flüssigkeiten eingeführt, und hierdurch weich.

wird ihr Saffian so äußerst sanft und

102

Dritter Abschnitt . Türkische Teppiche. Die in Salonichi fabricirten Teppiche haben zwar

nichtt ganz die Schönheit der Smyrnischen , sind durchaus von derselbigen Güte. Handel

unter

allein sie

Man kennt sie im

dem Namen türkischer Teppiche.

Die

Stühle, worauf sie verfertigt werden , gleichen im Kleiz nen denen , worauf man unsere haute - liffe Tapeten Sie sind aus den nämlichen Theilen zusammenz webt. gesezt , allein man beobachtet ein ganz anderes Verfah ren, um das Sammtartige hervorzubringen,

und die

Zeichnung hineinzuwirken . Die Türken verfertigen alle ihre Teppiche stückweise, und dann sehen sie diese Stücke einzeln zusammen wie Theile einer eingelegten Arbeit , und verfertigen ein Ganzes daraus , worin die Zeichnung durch die lebhaftes

ge wird i Farben ausgedrückt ist. Auch ausgesuchtest sten ena und rti en von on ihnen auf eine ganz andere das Art gewirkt , und hierdurch unterscheiden sich die oriens talischen Teppiche von den unsrigen ; allein es ist nicht ihr wesentlichster Vorzug, fon wenn die türkischen Teppiche ihren alten Ruhm noch fortdauernd. verdienen, so haben sie ihn einzig der außerordentlichen Schönheit der Farben und der Wolle zu verdanken. Die Türken gehen bey der Auswahl der ersten Mas terien mit ausnehmender Sorgfalt zu Werke. Die Fåden werben genau ausgesucht , gleich sind ,

damit alle einander möglichst

und eben so sorgfältig suchen sie auch die

markigste Wolle aus , damit der Sammt ihrer Teppiche elastischer und zur Auffassung der Farbeschattirungen ges schickter werde.

Auch betreiben sie das Weben selbst mit

103

Türkische Teppiche. einer Aufmerksamkeit ,

die ins Kleinliche geht ,

damit

burchaus keine lose , durchsichtige Flecken hineinkommen. Hierin besteht auch die wahre Schönheit der türkischen Teppiche, denn die Farben werden desto vollkommener in einander verſchmelzt , und der Teppich selbst erhält den hohen Grad von Elasticitat , der es so angenehm macht, barauf zu treten.

Man geht auf einem solchen Teppich

wie auf der weichsten grünen Wiese herum.

Freylich werden durch diese firenge Auswahl der Materie und durch die höchstgenaue Sorgfalt bey der Berarbeitung derselben die Preise der Teppiche sehr erhöht und wirklich verdoppelt.

Auch können sie in Rücksicht

der Wohlfeilheit mit den englischen Teppichen nie in Cons currenz treten. kauft,

Ich habe dergleichen in Salonichi gez

die ziemlich unter die mittelmäßigen gehörten,

und dennoch kamen sie mir höher zustehen , als die allervorzüglichsten aus andern europäischen Fabriken.

Sie

machen daher in dem Handel' einen bloßen Artikel des Lurus aus , denn man wird ſie in Europa nie anders als zu Decorationen brauchen , wie z. B. das japanische Porcellain. Es läßt sich daher auch nichts genaues über diesen Gegenstand , als Handelsartikel anführen , denn unter allen europäischen Handelsplähen find London und Marseille die einzigen, welche jährlich ungefähr hundert solcher Teppiche einführen, und auch diese wenige machen keinen eigentlichen Handelsartikel

aus , sondern

die

Schiffsofficiere und Matrosen nehmen sie nebenher für eigene Rechnung mit,

104

Dritter Abschnitt.

Seidene Frauenzimmerkleider , oder Chemisen: In dem südlichen Theil von Macedonien werden. jährlich funfzehn bis zwanzigtausend Oken Seide gewons nen ; diese Seide ist weit schöner als die von Zagora und wird sämmtlich im Lande selbst gesponnen und verarbeitet. Aus einem Theil davon wird eine Art von Shawls be reitet , die Pochs heißen , und mit denen die Janitscharen ihre Turbans zu umwickeln pflegen;

aus dem andern,

Theil werden Frauenzimmerkleider fabricirt , die man als einkostbares Ueberbleibsel aus dem schönen Zeitalter des griechischen Kunstfleißes ansehen kann.

Wenn man mit

diesen Zeugen dasjenige vergleicht , was uns die Alten von ihrer Gaze aus Cos erzählt haben , so glaubt: man, daß in den neuern Zeiten nur die Seide an die Stelle des Flachses getreten ist

Diese Kleider bestehen.

aus den feinsten , dünnesten Gewebe , und find dabey. von einer elastischen Weichheit , die in keiner europäischen Fabrik nachgemacht wird. Die Alten legten dieſem zars ten Gespinnste die Namen : gewebter Wind , Wolke von Linnen , Luftgewand bey ; find in der That faracteristisch ,

diese Ausdrücke .

und die anacreontischen

Dichter erhoben in ihren Versen mit besonderm Vergnigen die Durchsichtigkeit dieser Gewänder,

Unter allen Dichtern wollte nur allein der alte Horaz nicht zugeben,

daß seine Lycina ihm wie ein Schatten erschiene, und obwohl bekleidet dennoch nackend sich zeigte ; referunt jam tibi purpurae.

nec cose

Es war jedoch bloß Eifers

sucht , die ihn so sprechen machte.

In der That mahlen

die griechischen Chemisen das Nackende beffer , als alle Leinwand , und zeichnen bestimmter die Umrisse ab ; fie

Abat

aus Macedonien.

105

scheinen von den Händen der Grazien für Liebesgötter gewebt zu seyn. Aus Salonichi werden

jährlich 10.000 solcher

Chemisen ausgeführt, t und das Stück wird mit acht bis zehn Piaster bezahlt. äußerst

In allen türkischen Städten werden sie

geschäßt , denn sie übertreffen bey weitem an

Schduheit und Güte alle , welche jezt in Smyrna und auf der Insel Chio gewebt werden.

Die allerfeinsten werden

nach Constantinopel geschickt, wo sie von den Damen im Serail , und auch von den vornehmsten Griechinnen zum großen Staat getragen werden. Bey uns sind sie bis jetzt nur ein Gegenstand der Neugierde gewesen , und nie in den Handel gekommen. Abats aus Macedonien. Dies sind grobe Tücher, die zur Kleidung für die Armen bestimmt sind ; sie halten gewöhnlich sechs Ellen in der Länge und eine halbe in der Breite.

Man braucht

sie auch zum Einpacken der beffern Sorten von Tabak. Sie werden von den Yeuruks verfertigt , selbst darein kleiden. der alten Colonisien ,

die sich auch

Diese Yeuruks find Abkömmlinge die zur Zeit der Eroberung von

Macedonien aus Turkomannien dahin verpflanzt worden find, um die besiegten aber nicht unterjochten Griechen im Zaum zu halten.

Sie bewohnen noch heutzutage die

Dörfer, die ihnen damals angewiesen wurden , dieſe lies gen alle auf Anhöhen, von denen sie die Ebenen be herrschen.

Bey dem geringsten Ausbruch von Unruhe

bewaffnen sich die Veuruks und gehen in die Dörfer hins ab , um die Ordnung darin wieder herzustellen.

Das

Dritter Abschnitt.

106

griechische Bolt ist nicht wie manche andere Völker der Sklave von einem oder mehrern Despoten , sondern son einem ganzen Volk ,

das beständig das Schwerd über

feinem Haupte schwingt.

Die Yeuruks find sämmtlich

Ackerbauer oder Schäfer , und haben die einfachen und wilden Sitten der Turkomannen , ihrer Vorfahren , nach Griechenland verpfanzt.

In Kriegszeiten dienen sie bey

den Armeen als Schanzgråber ; in den beyden lezten Kriez gen hat man sie auch in regulirte Compagnien organisiren wollen , allein es ist nicht gelungen ,

denn sie können

durchaus an keine Disciplin gewöhnt werden.

Auch

herrscht die größte Abneigung zwischen ihnen und den Janitscharen , denn diese sind fast alle von griechischer Herkunft , und fürchten und verachten jene groben Bergbewohner. Uebrigens find diese Veuruks die arbeitsamste Mens schenklasse in Macedonien.

Die Fabrikation der Tücher,

womit sie ihre Freistunden ausfüllen , und die sie als eine. Nebensache zum Vergnügen treiben, giebt ihnen einen bez deutenden Verdienst neben dem Ertrag ihres Feldbanes und ihrer Heerden.

Sie verfertigen jährlich zwischen

70 und 80,000 Stücke solcher Tücher, wovon jedes für zwey Piaster verkauft wird.

Der größere Theil davon

geht nach Smyrna und nach Anadolien ; nach Italien werden fünftausend Stück geschickt , und ehemals giens gen 7 bis 8oao nach Marseille,

die von hier weiter

nach den Antillen zur Kleidung der Neger versandt wurz ben. Durch übertriebene Speculationen stieg diese Quans titat im Jahr 1788 auf 30,000 Stück , und im Jahr 1789 noch höher.

Allein durch dieses Uebermaaß vers

107

Caputrocke aus Zagora.

loren die Tücher ihre Preise , und viele Kaufleute büßten große Summen dabey ein.

Die Folge davon war , daß

fie den Artikel ganz aufgaben ; im Jahr 1790 wurden kaum zweytausend Stücke Abats nach Marseille geschickt, und im Jahr 1791 nicht funfzehnhundert.

Durch den

Krieg ist das Gleichgewicht wieder hergestellt worden, und hoffentlich wird beym Frieden dieser Handelsartikel seinen vorigen Gang wieder einschlagen.

Caputrocke aus Zagora.

Diese Ueberröcke sind in allen Häfen des mittellåns bischen Meeres sehr berühmt. groben Plüsch verfertigt, Dörfern fabrizirt.

Sie werden aus einem

den man in den zagorischen

Er ist so gut und dicht gewebt , daß

er ganz undurchdringlich gegen Wasser ist.

Die Caputs

rode gehen aus Zagora nach Salonichi oder auch nach Wolo, und werden aus benden Plähen weiter verschickt. Jährlich gehen davon über fünftausend in die Häfen des Archipels , nach Gorien und Egypten ungefähr zweytaus fend, und den übrigen Håfen des mittelländiſchen Meeres, und eben so viel nach dem adriatischen Meere,

Jeder

Caputrock kostet, je nachdem er fein ist, zehn bis zwanzig Piaster, und dieser Artikel ist für die Schiffscapitáns, die ihn nebenher für eigene Rechnung laden , größten Wichtigkeit.

von der

108

ierter

Abschnitt.

Einfuhr fremder Waaren.

Bis hieher habe ich die Ausfuhr aus Griechenland nach ihren einzelnen Artikeln beschrieben ;

auf dieselbige Art

will ich jetzt auch das Gemälde von der Einfuhr aufstellen , und dabey den griechischen Handel mit den verschiedenen europäischen Nationen einzeln durchgehen. Ich mache mit dem englischen Handel den Anfang .

Englischer Handel.

Die Franzosen and Engländer sind

unter allen

frånkischen Nationen *) die einzigen, die in Salonichi eine eigene, haben.

vollkommen eingerichtete Verfassung

Sie halten nicht nur einen Consul daselbst , der

öffentlich diesen Zitel führt , sondern dieser besitzt auch eine bestimmte Gerichtsbarkeit, die sich über alle Comptoire der Nation erstreckt , und diese zusammen genommen bilden eine Art von Colonie , die nach ihren Nationalgesetzen regiert wird.

Sind aber wohl die bürgerliche Eristenz

und die Unabhängigkeit , deren sich diese beyden Natio= *) Man giebt in der Levante allen Europäern den Namen, Franken , und Nation heist dort das Corps der Kaufs leute aus einem Lande. So sagt man , die französis sche Nation , die englische Nation u. s. w.

109

Englischer Handel.

nen zu erfreuen haben, der Kosten werth , die sie verurs sachen ? Und wenn sie bloß unterhalten werden, um dem Nationalstolz zu schmeicheln, find sie dann nicht vielmehr drückend für den Handel ?

So viel ist wenigstens gewiß,

daß Frankreich seine consularischen Administrationen in der Levante zu sehr vervielfältigt hat, und es wäre sehr zu wünschen, daß die Regierung alle Confuls in den fleis nern Seestädten abschaffte , und nur die in den größern mit allen Vorrechten und Auszeichnungen , die den Vors sichern des französischen Handels zukommen , hielte.

beybes

Alle englischen Confuls sind weit besser befoldet

als die französischen ,

und leben mit einem gewissen

Glanz ; dieser Glanz entscheidet aber den Rang der Nation nen in den Augen der Unwissenden und Thoren , die in allen Ländern der Welt die größere Anzahl ausmachen. Wenn man überdies unter den auswärtigen Agenten gute Subjecte haben will , so muß man deren so wenige haben als möglich ist, damit fie arbeiten , aber man muß sie reichlich bezahlen , damit sie gut arbeiten. Die Englän= der haben aus dem nämlichen Grunde gute Confuls, aus dem sie gute Handarbeiter haben. Der englische Handel nach der Levante ist in den Hånden einer Compagnie, die unter König Jacob I. im Jahr 1606 errichtet worden ist.

Jeder protestantische

Engländer kann sich darin aufnehmen lassen,

wenn er

bey seinem Eintritt zwanzig Guineen bezahlt ,

und noch

eine Guinee und einige Schillinge für kleinere Kosten und Nebengebühren.

Die Mitglieder der Compagnie , deren

jest vierhundert sind , dürfen allein in die Häfen der Les vante Handlung treiben, und zwar nur mit Schiffen, die

IIO

Bierter Abschnitt.

der Compagnie zugehören.

Sie müssen bey ihrem Eine

tritt einen Eid ablegen , daß sie niemand zu solchen Spes culationen ihren Namen leihen wollen ; auch machen sie sich durch eben diesen Eid verbindlich, die türkischen Pros ducte nur im Tausch gegen Nationalproducte anzuneh men *). , Alle baaren Nemessen sind ihnen untersagt, und fie dürfen nur von einem Hafen in den andern für ges kaufte Waaren Geldsummen auszahlen lassen.

Kein

englischer Kaufmann , der nicht Mitglied der Compagnie ist, darfnach der Levante Handel treiben , außer wenn er eine Abgabe von zwanzig Rthl. an die Compagnie bezahlt ; was also eben so viel als eine förmliche Ausschließung von diesem Handel ist **).

Die Compagnie steht unter eis

*) Es ist wirklich unbegreiflich , wie sich eine solche Unges reimtheit in eine englische Verordnung eingeschlichen hat, denn wenn die englischen Waaren keinen Abfah finden, oder mit Verlust verkauft werden, so müßten sich die Kaufs leute entweder zu Grund richten oder alle Handelsoperatios nen ganz einstellen. Der Grundsah , niemals um Gold zu kaufen, damit die Bilanz nicht zum Nachtheil ausfällt, ist eine von den alten Schimären, von denen senst die Han, delsverfassung aller Nationen angesteckt war. **) Die Existenz dieser Compagnie ist eine der vorzüglichsten Ursachen, warum der englische Handel in der Levante nie recht empor kommen kann. Die kleine Anzahl von Mit, gliedern derselben können alle ihre Capitalien auf die sicherste und vortheilhafteste Art in den alten gewohnten Handels; 3weigen unterbringen , und brauchen sich keine große Mühe zu geben , um uene aufzusuchen oder erloschene wieder zu beleben. Es liegt in den Geist von allen Compagnien, deß sie einen mittelmäßigen aber sichern Vortheil einem sehr großen Gewinn , der aber noch ungewig ist , vorziehen, und mit diesem Geiste treibt man gewöhnlich morgen die nämlichen Geschäfte wie gestern. Wenn einer oder mehrere Kaufleute einen ganz neuen Handelszweig eröffnen , so is

Englischer Handel,

III

nem Gouverneur , der auf Lebenszeit ernannt wird, und hat einen Schatzmeister und einen Sekretär , deren Stels len jedoch nicht lebenslänglich dauern.

Ein Ausschuß

von dreyzehn Mitgliedern beſorgt die Direction der Geschäfte , und legt zu gewissen

bestimmten Zeiten den

fämmtlichen Mitgliedern in einer allgemeinen Versammzs lung Rechenschaft ab.

Es ist kein Handelsvertrag gål-

tig, wenn ihn nicht die dreyzehn Commissarien unters Die Compagnie ernennt und besolder schrieben haben. den Gesandten und die Confuls , und der König ertheilt ihnen das Patent.

Hievon ist nur allein der Conful in

Alexandrien ausgenommen , der von dem König ernannt und besoldet wird , denn weil dieser hauptsächlich dafür zu sorgen hat, daß sich der Handel mit Jndien nicht durch die Meerenge von Sues ins mittelländische Meer zieht, so ist er eher ein Agent von der ostindischen Com pagnie als ein Aufseher über den engliſchen Handel. Die

es billig,daß fie für ihre geitagte Unternehmung auf einige Zeit ein Monopol erhalten , damit fie für die bestandene Gefahr Erfah bekommen, und die Früchte ihres gemachten Aufwandes , ohne sie mit andern zu theilen , einerndten können : es ist für sie ein Erfindungspatent. Wenn hingegen die Dauer dieses Monopols uneingeschränkt ist, fo wird der Zweck verfehlt, und nur eine einzelne Familie. dadurch bereichert , anstatt die ganze oder ein anſehlicher Theil der Nation. In der Cammér der Lords ist auch dies se Frage schon zu verschiedenen Malen verbandelt, aber noch nie unter ihrem wahren Gesichtspunct angesehen worden. Man hat immer die levantische Compagnie mit der ostindis schen verglichen , allein dieſe legtere ist nicht nur eine Hans delsgesellschaft, sondern auch eine souveräne Macht. Sie henust Indostan eben so unumschränkt , wie Djezzar Pas fcha sein Paschalik von Acre.

Bierter Abschnitt.

112

übrigen Consuls find alle Mitglieder der levantischen Compagnie; fie legen den gewöhnlichen Eid ab , auch geloben sie noch durch einen den Testeid *), und über beſondern Eid , daß sie schleunig und nach den Geſetzen, auch ohne alles Ansehen der Personen ,

Recht sprechen

wollen. Die Engländer haben ihre Comptoire in der Bevante T feit langer Zeit nicht durch neue verniehrt , aber jedes von ihren Häusern setzt ansehnliche Capitalien um , die brey französische Häuser nicht aufzubringen im Stande find.

Das Verfahren ist äußerst weise und ökonomisch,

denn es ist mit Handelsunternehmungen wie mit der Bes nutzung von Feldgütern ; die größten geben immer am meisten Gewinn, und bey den kleinern verschlingen die Kosten den Ertrag.. Die Waaren, welche die Engländer in Griechenland absetzen, bestehen in Lüchern, Chalons , Leinenwaaren, Zinn , Bley , rohem und verarbeiteten Eisen , Juwelen und einigen Coloniewaaren.

Uhren,

Ich will diese vers

schiedenen Artikel einzeln hier durchgehen.

Luchwaaren. Ehemals waren die englischen Luchwaaren in der Levante äußerst beliebt.

Im Jahr 1731 fiengen sie an

*) Dieser Eid ward 1673 unter der Regierung Carl II. eine geführt , und jeder der in England ein Amt bekleiden will, muß vorher den König als Oberhaupt der englischen Kirche anerkennen , in Gegenwart zweyer Zeugen in einer Episcopalkirche communiciren , und vermittelst dieses Eides die Transsubstantion abschwören.

113

Tuchwaaren.

ihren Credit zu verlieren', unter bem erften Minifter von Maurepas, der den französischen Fabriken alle mögliche Aufmunterung verschaffte, und auch die vorherige Aufs ficht darüber in ihrer ganzen Kraft wieder herstellte. Seit dieser Zeit sind die englischen Tücher immer mehr und mehr gefallen.

Der Absatz der sogenannten Londres

nahm von Jahr zu Jahr mehr ab , denn sie konnten die g vonmit den französischen Londrins, die eine Nachs ahmun Concurrenz

nicht aushalten. Die Londres ahmung von jenen find , Lucher, und haben↑ daher ihren find leichte und grobe Namen, weil die ersten Fabriken davon in London errichs tet waren.

Anfänglich bestund das Assortiment eines

Ballen davon in einem Drittheil grüner , einem Drits theil blauer und einem Drittheil rother , mit Krapp ges · färbtr Tücher. Heut zu Tage werden aber Assortimente bestellt , die ganz aus blauen Tüchern bestehen. Von diesem Artikel werden jährlich nach einem uns gefähren Ueberschlag , für 15,200 Piafter verbraucht. Besser haben sich die Mahouds erhalten, eine Sorte von Zuch, die die Londres an Güte übertrifft.

Sie sind

sehr schon gewebt , und von einer Leichtigkeit , die von ben Franzosen noch nicht hat können nachgemacht werden. Auch sind sie feiner gefärbt , und haben einen Glanz, wodurch sie noch schöner aussehen.

Die Türken machen

aus diesem Tuch ihre Frühlings- und Herbstkleider , und es würde noch weit mehr davon abgesegt werden , wenn fie nicht so ausnehmend theuer wåren. Der Verbrauch dieses Artikels beträgt jährlich uns gefähr 74,520 Piaster.

Beaujours Beschr.

Bierter Abschnitt.

114

Chalous.

Der englische Chalon ist eine Art von dichtem Sarsch, und erst vor kurzem in der Levante in Aufnahme gekommen.

Er übertrifft an Güte des Gewebes die

'allerschönsten französischen Sarsche , und dieses Zeug hat die Engländer wegen des abnehmenden Credits ihrer aren t Tuchwa en er hat dem französischen Handel mi denn geracht , ein Tücher tödtlichen Streich verseßt.

Der

englische Chalon nimmt es mit dem von Angora auf, denn dieser hat zwar ohne allen Vergleich ein noch schdneres Gewebe, aber in Rücksicht auf Glanz steht er jenem weit nach. Der wohlfeile Preis der Chalons hat sehr wesents lich zu ihrem starken Absatz beygetragen.

Dieser beträgt

jährlich eine Summe von 180,000 Piaster.

Indianische Baumwollen waaren. Es wird in der Levante eine große Menge von ins dianischen Nesseltüchern und andern Waaren verbraucht. Die erstern braucht man daselbst zu Leibgürteln und Turs bans , auch zu Schleiern für Frauenzimmer , und zu der mit ndfich wos Art von Scherpen , die Macrama heißen , ufie n e n hin n ken die Griec ihren Buse bedec eu,gewenn sie fich dfa. nz e l l h c n n wo fentli zeige . Die Baum diene zur Kleic n e n n n n ten e e i dung für die reich Türk den schöns ; sie werd n e g n o e n r z n e seide Zeuge vorge , weil sie leicht sind und n e t z r fich besse wasch lassen . Ihr Absat nimm jedoch ima

äßt nd um mer mehr ab , ob sie gleich noch sehr gesch u z en h c n i e l n n g t t e e a n n a ß d i r e e a o r t g l r t e i e e g S g w ; al fie ig d ß r ä n r e m a e b r m find so übe theu , daß nie als die Wei

Indianische Baumwollenwaaren.

115

der Beys und der Aga's im Stand find sie zu tragen. Die weniger reichen Frauenzimmer nehmen zu ihrer Kleis dung Zeuge, die in den vorzüglichsten Städten des Reichs fabrizirt werden, und besonders in Constantinopel, Aleppo und Damascus.

Sie sind nach dem Master der india-

nischen Zeige verfertigt, und wenn gleich diese noch einen großen Vorzug vor ihnen haben in Rücksicht auf Güte und Feinheit, so kommen sie ihnen doch, was Zeichnung und Geschmack aubelangt, vollkommen gleich. In Aleppo und Damascus giebt es sogar einige Fabriken , worin Baumwollengarn, das in Indien gesponnen ist, verars beitet wird , und wo so ausnehmend schöne Zeuge verfers tigt werden, daß ſie , auch in Rücksicht auf das Gewebe den allerbesten Zeugen aus Bengalen den Rang streitig machen.

Wenn jedoch der Gebrauch der indianischen Zeuge in der Türkei abnimmt , so wird dagegen der von Nef= feltüchern täglich stärker.

Die Engländer haben in dies

fem Artikel den größten Absah.

Sie schicken sie zur See nach Smyrna, und von da ' gehen sie weiter in

die übrigen Häfen der Levante.

Einige in Indien an-

fäffige säſſige englische Kaufleute hatten den Versuch gemacht, diesen Handel durch Egypten zu treiben ; fie wurden aber durch das unglückliche Schicksal, das in Jahr 1779 die Caravane auf dem Weg von Sues nach Cairo erlitt, davon abgeschreckt. Es wird allgemein dafür gehalten *), 52

*) Ich hatte sehr gewünscht , daß der Ritter Ainslie fich wer gen des Verbrechens gerechtfertigt hätte, das ihm ganz

116

Bierter Abschnitt.

englischer Gesandter zu Gülfe der Araber die Constantinopel selbst war , der mit

daß es der Ritter Ainslie ,

Caravane plündern ließ , um die Kaufleute in Bengalen in Schrecken zu sehen , weil sie sonst wahrscheinlich ihren Plan , sich diese leichte und kurze Communication mit Conftantinopel zu eröffnen ben.

nicht würden aufgegeben has

Seit dieser Zeit werden alle indianischen Neffeltus

cher , die nicht durch armenische Kaufleute und den Weg von Bassora in die Türkei kommen , auf englischen Schif Holland sowohl Allein kommen zu in fen dahin gebracht , oder Land aus

Holland als in durch Teutschland . England müssen so beträchtliche Abgaben davon bezahlt werden , daß weder Engländer noch Holländer in diesem Handelszweig je einen wesentlichen Vorzug vor den Ars meniern erhalten können .

Wenu Frankreich nach dem

Frieden seinen Handel nach Ostindien wieder anfängt , so wäre es allein im Stande , mit dieſen drey Nationen ju wetteifern , und sogar den Sieg davon zu tragen , denn es würde seine Ladungen nach Marseille schaffen , und von da wären sie sehr leicht in die türkischen Häfen zu verschicken . Der ganze jährliche Verbrauch von indianischen Zeugen beträgt in Salonichi eine Summe von fünf bis sechsmal, 100,000 Piaster , und hievon macht der Antheil der Engländer ungefähr 100,000 Piafter aus. Allein diese Summe ist unbedeutend gegen die Consums tion dieses Artikels in Constantinopel ,

wo sie gewiß

Europa vorivirft , denn es ist ein schrecklicher Gedanke, daß ein Mann von Ehre das blinde Werkzeug der Rache von einer Compagnie von Kaufleuten hat werden können .

inn.

117

an acht bis zehn Millionen Piaster beträgt ,

und in

dem ganzen ottomannischen Reich zuſammen genommen macht sie eine unermeßliche Summe aus,

3 in n. Es werden jährlich zu Salonichi fünf bis sechshuns bert Cantaars englisches Zinn abgesetzt , und der Cans tar um achtzig bis hundert Piaster verkauft.

In Fries

denszeiten wird dieses Zinn unmittelbar hieher geschickt, in Kriegszeiten aber kommt es über Livorno. Es wird in Fäßchen gebracht , die alle , einmal wie das andere, hundert und achtzig Oken wiegen.

Das englische Zinn wird hier wie überall äußerst hoch geschäßt.

Das beste kommt aus den Grafschaften

Cornwallis und Devonshire.

Auch wird im Nothfall

aus Spanien , durch Italien oder über Marseille , eine Art von Zinn genommen , das sehr weich ist und aus Amerika kommt.

Es wird in Mulden von Merzig Oken

nach Salonichi gebracht. Es kommt ferner eine ziemliche Quantität deutsches Zinn nach Griechenland.

Dasjenige , so que den Berg-

werken zu Schlackenwald in Böhmen und zu Altenberg in Sachsen kommt , wird für das beste gehalten und am meisten gesucht. Das Zinn, das aus Hamburg kommt , wird in Mulden zu zwey und zwanzig Oken, oder in ganz kleinen Stangen gebracht , die die Form von Backsteinen haben ; daher es auch Backstein- Zinn genannt wird.

Bierter Abschnitt.

118

Die jährliche Consumtion von Zinn beträgt unges fähr acht und funfzigtausend sechshundert und sechs und sechzig Piaster.

Blei.

Die englische Factorey setzt jährlich tausend Cantaars Bley *) in Platten ab. Der Preis eines Cantaars ist siebzehn Piaster. Sie verkauft auch Pürschbley oder Schrot ;

man

kann aber die Quantität davon nicht wohl bestimmen, weil sie von Jahr zu Jahr verschieden ist.

In strengen

Wintern ist der Absatz davon sehr stark , weil die Bauern sich alsdann nicht auf dem Felde beschäftigen können, und sich daher ganz dem Vergnügen der Jagd widmen.

Die Franzosen können es in diesem Artikel den Engländern nie gleich thun , denn ihre Bleyminen sind sehr arm , und das meiste Bley , das in Frankreich selbst ge= braucht wird , kommt in Mulden aus England.

Der

große Vorzug des englischen Bleyes besteht in seiner ausnehmenden Reinigkeit ; man findet es nur selten mit ans dern Materien vermischt. Die Consumtion des Artikels beträgt

17,000

Piaster.

*) Hawkins , der 1787 in der Levante war , berechnet die brittische Einfuhr an Bleykugeln und Schrot nach der Le: vante auf 2800 Centner, G. Comparative Eltimate of the advantages Great Brittain would derive from Commercial Alliance with the Ottomann Port in Preference to Ruffia. London 1791.

Eisen.

Uhren.

119

Rohes und verarbeitetes Eifen. Die Engländer verkaufen hier jährlich für zehn bis 15,000 Piaſter rohes und verarbeitetes Eisen. fern in die Levante,

Sie lies

wie in ganz Europa, die feinften

und best gearbeiteten Stahlwaaren ; allein die Türken find hierin leicht zu befriedigen, und ziehen die teutſchen Stahle waaren , wegen ihrer wohlfeilen Preiſe jenen vor. Seit wenigen Jahren haben die griechischen Klemps ner Geschmack an dem englischen Eifen gewonnen , weil es ſich unter dem Hammer am leichteſten ziehen läßt; doch ist dieser Handelsartikel erst im Entstehen. Die Consumtion dieses Artikels beträgt ungefähr 10,000 Piafter.

Uhren. Dieser Artikel ist von ausnehmender Wichtigkeit, und die Engländer gewinnen durch denselben so ungeheure Summen, daß sie gewiß jede Idee übertreffen, die man Sie sehen

fich in Europa davon gemacht haben kann.

jährlich in Salonichi dreyßig Dußend Uhren ab ; eben so viele in Morea ; dreyhundert Duhend in Constantinopel; vierhundert Dußend zu Smyrna , hundert und funfzig Egypten. Jede Uhrzweyhundert ist achtzig bis Dutzend in Syrien, und funfzig Dugend in hundert und zwanzig Piaster werth , wenn man sie aber im Durchschnitt zu hundert Piaster annimmt , so trågt dieser einzige Artikel den Engländern eine Summe von 1,332,000 Piaster ein. In Salonichi beträgt die Summe des Absatzes 36,000 Piaster.

120

Bierter Abschnitt.

Man begreift nicht recht , wie jährlich eine so uns geheure Menge Uhren in der Türkey können verkauft werden.

Der englische Uhrenmacher Prior , der die stärk

ften Lieferungen davon macht , gab selbst einmal gegen einen meiner Freunde sein Erstaunen darüber zu erkennen, und sagte im Scherz : die Straßen in den türkischen Städten müßten alle mit englischen Uhren gepflastert seyn.

Man wird sich jedoch über diese starke Consumtion von Uhren weniger wundern, wenn man bedenkt, daß in der Türkei, wo fünfmal im Tag die Stunde des Gebets mit der größten Genauigkeit bestimmt werden muß , der Ge= brauch der Sonnenuhren ganz unbekannt ist , und auch nirgends öffentliche Stadtuhren angetroffen werden. Alle Uhren , die für die Levante bestimmt sind, has ben einen türkischen Stundenzeiger ,

und drey Gehäuse,

wovon zwey von Silber , und das dritte , äußerste von Schildkrötenschaale sind.

Dieses Schaalengehäuse ist so

äußerst schön und vortrefflich gearbeitet, daß es einen der größten Vorzüge der englischen Uhren ausmacht.

Man

Fann übrigens nicht bestimmen , aus welchem Grunde die Türken drey Gehäuse über ihre Uhren verlangen , ob es wegen der Dauerhaftigkeit geschieht, oder bloß aus Laune. Sie tragen die Uhren in einen kleinen seidenen Beutelchen im Busen , und sagen , das äußerste Gehäuse schütze die 1hr gegen den Schweiß ; allein der Schweiß verdirbt weit leichter die Schildkrötenschaalen als das Silber.

Wahrs

scheinlich wollen sie die dreyfachen Gehäuse , weil es der Gebrauch ist , und der Gebrauch macht bey ihnen die Mede.

121

Uhren.

Die großen , flachen Uhren werden von den Türken am meisten gesucht; wenn sie dergleichen kaufen , so mas chen sie sie nicht auf wie wir , um das Werk

besehen,

fondern ſie beurtheilen ihre Güte bloß nach dem Gewicht. Sogar die türkischen Uhrenmacher , die im Großen eins kaufen , und dann im Einzelnen wieder verkaufen, sind nicht viel bessere Kenner ; sie sehen sich bloß nach dem Namen des Meisters um , der auf dem Zifferblatt steht. Am meisten Ruf haben bey ihnen Georg Prior, Benjamin Barber und Perigal.

Prior ist in ganz Europa bekannt,

und verdient seinen Ruhm.

Er setzt seinen Nameu nur

auf die ganz guten Uhren , die in ſeiner Werkstatt gemacht werden; die übrigen erhalten irgend einen angenommenen Namen, und zwar gewöhnlich Georg Karl.

Auch Ben-

jamin Barber braucht für seine Fabrikuhren eines anges nommenen Namens , und da er oft den Namen, Georg Karl darauf schreibt,

eben , so wie Prior , so hat dieses

einen schon lange dauernden Proceß zwischen beyden Künstlern veranlaßt. Perigal arbeitet weit zierlicher als Prior und Bars ber, aber weniger dauerhaft und gründlich.

Markwick

und Markham sind heutzutage bloß idealische Namen ; ehemals gab es ein solches Haus , und da es erlosch, so borgten einige Uhrmacher in London diesen Namen , um die Türken nicht durch ihre eigenen, ihnen fremde Namen abzuschrecken.

Diese verschiedenen Meister haben an dem levantis schen Uhrenhandel folgenden Antheil.

Prior liefert vier

Zehntheile , Barber zwey Zehntheile , Verigal ein Zehns

122

Bierter Abschnitt.

theil , Markwick und Markham eben so viel , und noch einige andere Meister zwey Zehntheile.

Goldene Uhren gehen wenig ab ; sie betragen kaum den zwanzigsten Theil von dem ganzen Absatz , denn die Mujulmänner halten sie nach ihrer Religion für einen überflüssigen Staat.

Repetiruhren werden höchstens nur

von Paschas und Bey's gekauft ; will sich einer eine solche Uhr anschaffen , so giebt er gewöhnlich einem in seiner Residensstadt ansåßigen englischen oder französischen Kaufmann den Auftrag, und bestimmt namentlich den Kunstler , von dem sie feyn soll , z. E. Georg Prior zu London, Die emaillirten und Berthond oder Breguet zu Paris. oder mit Zierarthen versehenen Gehäuse haben bey ihnen allgemein den Vorzug , und sehr häufig lassen sie dieselben mit Brillanten einfassen. Die Engländer haben in ihrem levantischen Uhrenhandel keine andern Nebenbuhler als die Genfer , allein diese können nicht gegen sie aufkommen , weil sie sich nicht eben so sclavisch wie die Engländer nach dem schiefen, wunderlichen Geschmack der Türken richten , und weil sie auch das Schildkrötengehäus , das die beyden silbernen Capseln einschließt , fertigen können.

nicht eben so schön und zierlich vers

Die Versuche , die man in Frankreich

gemacht hat , sind noch weniger geglückt. Fm Grunde ist aber die wahre Ursache von dem schlechten Credit ,

worin die französischen und Genfer-

uhren ungeachtet ihrer wohlfeilen Preise stehen , in ihrem. unzuverlässigen Gang , Arbeit zu suchen.

und der gar nicht dauerhaften

Juwelen und Goldarbeiten.

123

Durch schlechte Waare werden endlich die Käufer abgeschreckt , und so dumm auch der Türke ist , so läßt er fich doch in die Länge nicht betrügen. Seit funfzig Jahren hat sich der Handel mit Uhren in Europa wenigstens verdoppelt, und wahrscheinlich wird er mit den Fortschritten der Cultur immer mehr zunehmen, denn für den gebildeten Menschen ist die Zeit ein kostbares Eigenthum und ihr Werth macht das Instrument , das fte eintheilt , zum Bedürfniß. Dieser Zweig des Handels verdient daher die Aufmerksamkeit einer jeden

weisen

Regierung.

Die Franzosen haben sehr viele vortreffliche Arbeiter, in dieser Kunst geliefert , und wenn deffenungeachtet die Engländer und Genfer diesen ganzen Zweig von Industrie ausschliessend an sich gezogen haben, so liegt der Grund davon in der, den Franzosen von jeher eigenthümlichen Thorheit , alle diejenigen gering zu achten , die sich mit mechanischen Künsten abgeben.

Daher haben sich ihre

vorzüglichsten Künstler immer genöthigt

gesehen , ihr

Vaterland zu verlassen. Juwelen und Goldarbeiten. Gewöhnlich schicken die Engländer mit ihren Uhren auch einige Kostbarkeiten an Dosen, Ketten, Armbändern u. dergl.

Sie müssen sich aber sehr in Acht nehmen, daß

fie lauter glatt gearbeitete Waaren liefern ; denn die mit erhobener Arbeit werden im Lande selbst fabricirt. Die Kunst in Gold zu arbeiten ist noch jest in Gries chenland wie sie zur Zeit Homers gewesen ist. Wir übertreffen die Griechen und Türken bey weitem in allen sol-

Bierter Abschnitt.

124

chen Arbeiten , wo es auf Schönheit

der Form , Ges

schmack in Zeichnung und Zierlichkeit der Arbeit ankommt ; dagegen verstehen sie sich vortrefflich darauf, die verz schiedene Metalle in einander zu verschmelzen und mit einander zu verbinden , und man sieht auf ihren Gürteln, Säbelgriffen und Dolchscheiden äußerst schöne, von ihnen selbst verfertigte Arbeiten, die in der That mit der so gerühm ten Kunst auf dem Schild des Achilles verglichen werden können. Man kann sich eine richtige Idee davon machen, wenn man uralte Golbarbeiten betrachtet, besonders frans zösische, die zu Paris ungefähr zur Zeit Earls IX, vera fertigt wurden , sie stellen mehrere Gegenstände dar , die bloß durch die mannichfaltige Verbindung von Gold und Silber herausgehoben sind. Die Kunst dieser Arbeiten besteht in einer Menge . kleiner , zusammengelöteter Stücke, die durch die Vera schiedenheit der Farben die Zeichnung aus der Fläche hers vorheben , und ein sehr angenehmes Gemählde bilden.

Auch auf Filigranarbeiten verstehen sich die Türken sehr gut , und nur die in Venedig verfertigten können den ihrigen an die Seite gestellt werden. In den letztern Jahren sind von Paris und London einige Edelsteine hieher geschickt worden , die wegen der unglücklichen Ereignisse in Europa aus dem Occident wies der nach dem Orient zurück giengen ; allein diese Specus lation ist nicht geglückt , denn man hatte dabey zu wenig auf den Geschmack derer , die sie kaufen sollten , Rückficht genommen.

Die Türken tragen keine andere Dias

manten als weiße , die als Rosetten und Brillans ten geschliffen sind.

Allein ungeachtet dieses herrschens

Juwelen und Goldarbeiten.

125

den Geschmacks habe ich dennoch in der Türkei wenig reine und ganz fleckenlose Diamanten gesehen; dies kommt wahrscheinlich von der Ungeschicktheit der türkischen Juwelirer her,

die beym Zerspalten des Gesteines den

rohen Diamanten Nisse beybringen.

Zu den allerschönsten türkischen Diamanten , die das hellefte Wasser haben, sucht man vergebens das Feuer und den Glanz , den ihnen die europäischen Steinschneider zu geben wissen.

Der Kayser trägt zwar einige ganz

außerordentlich schöne Diamanten, allein sie sind alle von französischen Juwelirern geschliffen worden.

Aus

dem Saphir , dem Amethist , dem Topas und einigen andern harten und durchsichtigen Steinen , die die befondere Eigenschaft haben , daß sie im Feuer ihre Farbe verlieren, werden eine Menge falscher Diamanten gemacht, und in der Türkei für ächte verlauft.

Dies Geschäft

wird besonders von den Juden getrieben, die hier wie überall die Augen zu blenden suchen, um das Geld der Betrogenen ungestraft stehlen zu können. In den türkischen Bezesians , oder Hallen, wo die Waaren zum Verkauf ausgelegt werden , verkaufen bie europäischen Kaufleute mancherley kleine Arbeiten von Email , und ich habe sehr schlechte Producte von dieser Art in den Hånden von Beys gesehen, die durch den bloßen Glanz des Emails entzückt waren.

Man könnte

ohne Zweifel hierin noch viel weiter kommen, wenn nur die Künstler keine Figuren auf ihre Arbeiten mahlten , die durch die mohamedanische Religion verboten find, sondern bloß Landschaften und Blumen.

Einige teutsche Künst

ler haben sehr glückliche Proben damit gemacht ; beson-

Bierter Abschnitt.

126

ders mahlen sie Nelken und Rosen, die äußerst geschmacks voll emaillirt sind.

Noch vor ihnen hatte ein Schwede,

Namens Zink , durch seine schönen Zeichnungen und die Pracht seiner Farben Aufsehen. erregt; er scheint in der That nicht nur ein ganz eigenes Verfahren gekannt, sondern auch besondere Substanzen zu seinen Farben genoms men zu haben , denn sonst hätten seine Arbeiten nicht in dem hohen Grade Lebhaftigkeit , Wahrheit und Freyheit des Pinsels athmen können, wodurch sie die Annehmlichkeit der Natur und ihr Colorit so täuschend vorstellen.

Die Consumtion dieser Artikel beträgt ungefähr 30,000 Piaster. Coloniewaaren. Die Coloniewaaren , die von den Engländern in Griechenland abgesetzt werden ,

bestehen in folgenden :

vier Fäßchen weißen Ingwer , neuntausend Piaster, dreyßig Ballen Pfeffer , sechstausend Piaster, 1 vier FässerZucker in Hüten, zweytausend Piaster,

zwölf bis

funfzehn Fässer Indigo, zwanzigtausend Piaster,

drey

bis vier Fässer Cochenille, zehntausend P. Diese Cochenille ist weit schöner als die von Havanna, und wird immer fünf und zwanzig Rthlr. theurer verkauft.

Hiezu kommen

noch zwey bis dreytausend Oken Campescheholz, und einige Fässer Caffee aus Granada und Jamaica.

Der

letzte Artikel ist ein ganz neuer Handelszweig , von dessen Aufnahme sich jedoch nicht viel versprechen läßt. Man zieht diesem Caffee , der große , gelbe Bohnen hat , den von Martinique vor , weil dieser an Gestalt und Farbe dem Caffee von Mokha , der der erste in der Welt ist, am

Coloniewaaren.

nächsten kommt.

127

Der Geschmack ist in dem Handel nur

der zweyte Sinn , und das ſicherste Mittel die Käufer zu locken, ist, wenn die Waare dem Auge gefällt.

Darum

wird in der Türkei der Caffee von Martinique fast eben so theuer wie der von Mokha verkauft. Auch haben in den lehtern Jahren die Eugländer Proben mit Zucker von Jamaica gemacht ; allein es läßt Sie habe fich ebenfalls nicht viel davon erwarten. achtzehn Fåffer mit Syrup nach Griechenland geschickt, allein die ungeheuren Kosten , die davon bezahlt werden müſſen, und in gar keinem Verhältniß mit seinem Werth stehen, ferner der beträchtliche Abgang an der Waare, wodurch sie nothwendig äußerst theuer werden muß , und Aberhaupt die Schwierigkeit des Abſaßes laſſen einen uns glücklichen Ausgang diefer Speculation vorher sagen.

Consumtion dieser Coloniewaaren : 47,000 Piafter. Generalſumme aller bisher angeführten Artikel der Einfuhr:

558,320 Piaster. Ich füge nun hier noch einen Brief bey , den ich in

frühern Zeiten an einen Kaufmann in Marseille geschrieben habe, und der , um den Gegenstand ,

wovou hier die

Rede ist, zu erschöpfen , durchaus hieher gehört.

Man

wird daraus sehen , daß es den Franzosen nicht sehr schwer fallen würde , den Engländern den Handel mit indischen Zeugen gan aus den Händen zu reißen.

Ich weiß zwar

recht wohl , daß der Handel nach Indien einen Theil unseres baaren Geldes unwiederbringlich verschlingt, und daß für alle europäischen Nationen Indien ein Abgrund ist , der alles an fich reißt , oh ohne je wieder etwas heraus zu geben.

Allein ich weiß auch,

daß die einzige Art,

Bierter Abschnitt .

128

diesen Handel mit dem wenigsten Nachtheil zu treiben, darin besteht, daß er durch Commiſſionen geschieht, denn Dies ist das einzige Mittel unsere Consumtion durch den Profit von unsern abgefeßten Waaren zu bezahlen.

Die

Franzosen werden diese Art von Handel leichter treiben können, als die Engländer , wenn sie nur erst ihre Vore Handels darf keiner Der Flor Des theile kennen lernen. Bleichgültig seyn , oder sie wird durch Armuth Nation In der Verfassung , worin und Mangel dafür bestraft. fich gegenwärtig Europa befindet, hört man zwar häufig auf den Lurus schmålen , aber man findet niemand , der geneigt ist , demselben zu entsagen.

So lange wir aber

auf die Produkte von Indien nicht vollkommen Verzicht thun können und wollen, so müssen wir entweder den Engländern zinsbar ,

oder ihre Nebenbuhler in dieſem

Handel werden.

Schreiben an einen Kaufmann in Marseille über den Indischen Zeughandel. Ich sende Ihnen , mein Bester ! auf Ihr Verlans gen, einige Muster von indianischen Zeugen und Nessels tüchern, die jest in der Levante am meisten abgehen. In Griechenland ist zwar die Consumtion davon nicht sehr stark, aber in Constantinopel, diesen Wohnsitz des Musule männischen Lurus und der wollüftigsten Trägheit, machen die Engländer und Holländer

große Geschäfte damit.

Der Gewinn von beyden Artikeln ist sehr beträchtlich, und ich freue mich, daß Sie den Entschluß gefaßt haben, ihn nach dem Frieden mit den Kaufleuten von London

Schreiben über den Indischen Zeughandel. und Amsterdam zu theilen.

129

Sie fürchten sich jedoch, wie

Sie sagen, vor der Concurrenz mit ihuen, und besonders vor der mit den Armeniern , die diesen Handel über Bas= fora treiben ; besonders aber fürchten sie sich vor dem ersten Bersuch, und verlangen deshalb meinen Rath. Es kommt mir vor , mein Bester ! als wenn Sie es für råthlicher hielten , mit den Engländern in Concurrenz zu treten, als mit den Armeniern ; allein Sie haben Unrecht, und ich will Ihnen beweisen , daß Sie mit eben so viel Gewißheir eines guten Erfolgs sich mit dem einen wie mit dem andern in

einen Wettstreit einlassen können.

Es

tommt alles barauf an , daß Sie Ihre Speculation gut berechnen, und in den Sendungen der Waaren mitKluge heit zu Werke gehen ; dann kann man Ihnen den besten Erfolg prophezeihen , und daß Sie sogar Ihre Nebenbühler hinter sich zurüď laffen werden.

Selbst die Kauf.

leute in Constantinopel werden durch den Erfolg ihrer ersten Unternehmungen aufgemuntert werden , Ihrem Beyspiel nachzuahmen , und Sie werden dann die Freude haben, daß Sie dem Handel dieser Nation einen neuen Weg öffnen , der durch Ihr eigenes Vaterland gehen, und es bereichern wird. Es ist eine erprobte Erfahrung , daß je mehr Dekos nomie bey dem Handel beobachtet wird , desto vortheils hafter ist er ; man kann alsdann wohlfeiler verkaufen, und die größere Wohlfeilheit ist in dem Handel derHaupts grund des Vorzugs. Wenn die französische Regierung in Zukunft noch irgend einen Anspruch auf den ostindischen Handel mas chen will, so wird ſie höchstwahrscheinlich ihre Befizuns Beaujours Beschr.

Bierter Abschnitt.

J30

gen in Asien nicht aufgeben und darauf bestehen ,

daß ihr

Chandernagor wieder zurückgegeben werde , denn durch diese Niederlassung bekommen wir im Kleinen die name lichen Handelsartikel ,

die England aus Calcutta , dem

Marktplatz von Bengalen im großen zicht. Wir dürfen also mit Recht Gleichheit in der Güte und im Preis der Baums wollenwaaren voraussehen, und es ist bloß noch die Frage von der Art, wie diese Waaren auf die ökonomischste Art an die Orte ihrer Bestimmung gelangen können. So lange der indische Handel nicht durch Egypten getrieben wird, was übrigens sein eigentlicher , naturs licher Weg ist , se bleibt der Weg um das Vorgebirg der guten Hoffnung der allervorzüglichste, weil er nicht nur der sicherste, sondern auch am wenigsten kostspielig ist. Hievon will ich Sie durch eine kurze Darstellung zu übers zeugen suchen. Constantinopel ist der Sitz des armenischen Handels mit diesen Waaren , wie London es für den englischen Handel , und Amſterdam für den holländiſchen ist.

Die

Armenier senden die Zahlungen, die sie für ihren indischen Handel bestimmen , in eine ihnen gelegene türkische Hans delsstadt , gemeiniglich nach Constantinopel oder Smyrna, Diese Zahlungen bestehen zu drey Viertheiten in baarem Gelde , und zu einem Viertheil in Waaren.

Durch bes

foudere Umstände wird manchmal von diesem Verhältniß abgewichen , allein im Allgemeinen muß in allen Zahlun gen das baare Geld über die Hälfte betragen.

Aus

diesen Handelsplågen werden Waaren und Gelder mit Caravanen nach Diarbekir,

von da nach Bagdad und

von Bagdad nach Bassora geschickt ; von hier gehen sie

Schreiben über den Indischen Zeughandel.

131

dann zu Wasser nach Calcutta , das die Niederlage aller Baumwollenwaaren , und folglich der Ort ist, mit dem Constantinopel unter allen andern indischen Städten am meisten in Verbindung steht..

Seitdem die englische Compagnie den Kaufleuten ihrer Nation

den indischen Zwischenhandel frey

ge=

geben hat , nehmen die Armenier ihren Rückweg von Calcutta durch den persischen Meerbusen , und zwar unter englischer Flagge.

Diese Flagge ziehen sie vor , weil sie

Gelegenheit haben, engliſch- ostindische Compagnieſchiffe, die gerade müßig liegen , für sehr mäßige Sammen zu miethen.

Auf diesen Schiffen bringen sie ihre Waaren

bis nach Mascate , Ormus , Bender - Abaſſi oder sonst einem Hafen im perſiſchen Meerbusen.

Von hier wer

den sie in sogenannte Saiken, eine Art von Schiffen, die nur in dem levantischen Handel bekannt find, gela= den, und den Fluß aufwärts bis nach Bassora gebracht. Bassora ist der große Stap elor t der indiſchen Waas t führ rden . e Türkei einge e e i n d w Sren, i die Nur wenige bis nach Sues , feitdem die Engländer den Handel alle auf dem rothen Meere an sich gerissen haben ; gen kommen nach Bassora, und werden vou hier auf drey verschiedenen Wegen weiter geschickt , nämlich über Diars bekir, Aleppo und Damascus. Der Weg über Diarbekir ist der gewöhnlichste. Die Ballen werden zu Bassora in Kähne geladen , und den Tiger aufwärts bis nach Bagdad oder Mosul geführt ; wel von hier gehen sie mit Caravanen nach wo sie umgepackt und auf Mauleseln geschickt werden.

32

nach Constantinopel

Bierter Abschnitt.

132

Die zweyte Straße führt immer längs der Wüste t und den Krümmungen des hin ; die Caravanen wagen es nicht, aus Furcht vor Wassermangel ; sich von dem Fluß zu entfernen .

Die Waaren werden auf

Cameelen von Bassora nach Aleppo , und von dort nach Alexandrette gebracht ,

wo sie wieder eingeschifft und an

den Ort ihrer Bestimmung verfandt werden. Die Straße über Damascus ist die allerkürzeste, denn fie führt mitten durch die Wüste ; fie wird jedoch 2 am seltensten gewählt , weil die Caravanen Gefahr laus fen vor Durst umzukommen.

Man geht von Damascus

nach Berytus oder Baruth , einer Rhede auf der syris schen Küste , die von den Schiffen, welche Ladungen nach Constantinopel einnehmen wollen, häufig besucht wird. Bilden

Sie sich

aber nicht ein , daß diese drey

Straßen so kurz find , als man sich vielleicht vorstellt. Es gehören drey Monate dazu , um von Calcutta in den Schiffen das Inne . mit Ben ; re persischen Meerbusen zu kommen kann man aber nicht in

dieses Meerbusens

einlaufen , und muß daher die Waaren ausladen , und arabische Kähne miethen, um sie den Fluß aufwärts zu bringen. Man rechnet einen Zeitverlust von einem Monat, um gegen den reißenden Strom fich fortwinden zu laffen, benn Segel können hieben gar nicht gebraucht werden. Die Reise zu Land von Bosfora nach Constantinopel erfordert wenigstens sechs Monate , folglich muß auf die ganze Reise ein Jahr gerechnet werden, und die Hinreise erfordert nicht viel weniger Zeit. zwey Jahre dazu ,

Es gehören also fast

um eine solche Speculation auszus

führen, während welcher Zeit die Waaren unaufhörlich

Echreiben über den Indischen Zeughandel.

133

auf der Straße sind , und zwar bloß auf Gefahr des Eigenthümers , denn an Affecuranzen ist hierbey gar nicht zu denken, Auch find unglückliche Ereignisse teine Seltenheit. In dem perſiſchen Meerbusen wird die Schifffarth durch eine Menge Untiefen erschwert ; der Tiger ist ein äußerst reißender Strom, besonders nach seiner Vereinigung mit dem Euphrat ; hieraus folgt ,

daß die Saiken , die zum

Transport der Waaren gebraucht werden , häufig Gefahr laufen Schiffbruch zu leiden.

Auf dem Weg , den die

Caravaneu nehmen , find nicht weniger Gefahren zu überstehen.

Die Schaaren von Reisenden , die mit ihren Mauleseln und Cameelen die • Wüsten von Arabien und

Mefopotamien durchziehen ,

. werden nicht selten unters

wegs ganz oder zum Theil geplündert, und wenn fie das Glück haben , den räuberischen Horden der Araber, Kurs deu und Turkomannen zu entgehen , so fållt es ihnen eben so schwer, fich den Avanien oder Brandschatzungen der Paschas und Beys zu entziehen, welche unter den Namen Geleit

und Durchpassirungsgeld versteckt,

oft auch

ohne allen weitern Vorwand geradezu eingefordert werden.

Könnten sie aber nur dann , wann sie diese wills

führlichen Abgaben bezahlt haben, ihre Reise ungebins dert weiter fortsetzen ;

allein sehr oft werden die Cara-

vanen durch die Unruhen in Anadolien gezwungen, ganze Monate lang auf einer Stelle liegen, zu bleiben. Zu allen diesen Nachtheilen kommit nun noch, daß durch den Transport zu Land die Waaren mehr bes schädigt werden, als durch den zur See.

Der Weg ist

so außerordentlich weit, und die Ballen müssen so oft ums

Bierter Abschnitt.

134

gepackt werden , daß man den Schaden , der dadurch vers ursacht wird, wenigstens auf fünf Procent rechnen kann.. Der Weg über Bassora ist überhaupt so kostspielig , daß was im ersten Ankauf in Calcutta hundert Piaster kostet, auf hundert und siebzig Piaster zu stehen kommt , bis es n den Gez nach Constantinopel geschafft ist, und wenn man winn der Armenier auf ein Jahr nur zu funfzehn und auf zwey Jahre zu dreyßig Procent annimmt , was doch in der That außerst wenig ist , so sieht man , daß die Waare vom ersten Ankauf bis zum Verkauf um hundert Procent im Preise steigt, und daß alle Artikel in Constantinopel, zum wenigsten noch einmal so theuer verkauft werden müſſen , als sie in Calcutta gekostet haben. Aus der beyliegenden Factur können Sie Sich iüberzeugen , daßf Sie Sich meine Rechnung vollkommen richtig ist ; Sie werden finden , daß blos die Frachtkosten von dem Eingang in den persischen Meerbusen bis nach Bassora 1 Procent kostet ; hier müssen zehn Procent an Zoll bezahlt werden , zwölf Procent zu Diarbekir oder zu Mosul, und zwölf Procent Geleit oder Durchyarungsgeld auf dem übrigen Theil. des Weges.

Ich will die Transportkosten, welche steigen

und fallen , nicht in Rechnung stellen , so wenig wie die außerordentlichen Abgaben , die in allen Paschalicks bes zahlt werden müssen, und auf die man doch im voraus mit Gewißheit rechnen kann ,

weil sie einem niemals era

laffen werden. Erlauben Sie mir nur noch einige nåhere Erläutes rungen, und Sie werden mit mir eingestehen , daß der Weg zur See weit ökonomischer und sicherer ist als der zu Lande.

Schreiben über den Indischen Zeughandel .

135

Seit dem Decret der constituirenden Nationalvers ſammlung , wodurch alle privilegirte Compagnien abge= schafft wurden , ist es Ihrer Willkühr überlassen , aus welchen unter allen französischen Hafen Sie ihre Waaren abschicken wollen , Interesse folgen.

und Sie dürfen hiebey ganz Ihrem Wenn Sie in Marseille eben so gut

wie sonst irgendwo Ihr Sortiment zusammenbringen kön nen, so ziehen Sie gewiß diesen Hafen wegen der Nähe der Levante vor.

Sie

können

miethen , das unmittelbar nach

dafelbst ein Schiff Chandernagor fährt ;

hier wird ihr Correspondent die Ladung in Empfang nehmen, das Schiff mit indianischen Waaren befrachten und es wieder nach Marseille zurückgehen lassen.

Bey

seiner Ankunft werden Sie Sorge tragen , daß die neue Ladung sogleich in die Schiffe gepackt wird , die nach der Levante beſtimmt ſind.

Ich sehe hieben voraus , daß Frankreich und die Türkei in ihrem Handel nachIndien einen gleich schnellen Absatz ihrer Waaren haben.

Ich könnte jedoch ohne

Bedenken uns hierin den Vorzug zugestehen ,

und es

würde ihn uns schwerlich jemand streitig machen wollen, denn es weiß jedermann , daß in Bengalen das Bedürfs niß nach den Producten unseres Kunstfleißes weit größer ist als nach denen des türkischen , und daß auch außers dem unsere Sendungen halb in baarem Geld, und halb in Waaren bestehen , da hingegen die Türken fast nichts als gemünzte Metalle dahin schicken.

Es ist wenigstens

außer allem Zweifel, daß durch die Geschicklichkeit und Thätigkeit unserer Correspondenten unsere Handelsges

Bierter Abschnitt.

136

schäfte in Indien weit schneller und vortheilhafter getries ben werden. Ferner muß man bemerken, daß der Weg zur See weit wenigern unglücklichen Zufällen unterworfen ist, und daß , wenn auch diese Unfälle auf beyden Wegen einans der gleich wären , man doch bey diesem den wichtigen Vortheil hat, daß man sich vermittelst der Affecuranzen gea gen sie sicher stellen kann. Auch bleiben auf diesem Wege die Waaren nie so lange unterwegs, es müßte deun seyn, daß die Schiffe ganz außerordentlich durch Stürme gemißs handelt würden. Die Schiffahrt ist in unsern Tagen sehr Bervollkommnet worden , und Sie wissen

daß wenn eine

Meise ein Jahr dauert , sie schon für sehr lang gehalten wird.

Von Marseille nach der Levante dauert die Fahre

nur einen Monat, und durch diesen Umweg werden Waas renbeschädigung ,

willkührliche Auflagen und die unges

heuren Kosten des Landtransports vermieden. Ganz unwiderleglich wird jedoch der große Vorzug, ben der Weg zur See bor dem zu Lande hat , dadurch erwiesen , daß die Engländer und Holländer auf allen Märkten in der Levante gemeinschaftlich mit den Armes niern ihre ostindischen Waaren verkaufen ,

und fie oft

noch wohlfeiler ablaffen als die lettern , ob fie gleich in Holland und England mit ungeheuern Abgaben belegt find. Die vorzüglichsten unter diesen Abgaben " find in beyden Ländern die Kosten für die Direction der Coms pagnien , die Auflagen auf den baaren Ertrag des Vera kaufs, die jährlichen Abgaben an den Staat für die Rechte ber Compagnie, die Dividenden der Actionnåre ,

die

Provifion des Commissionårs in Europa , der Gewinn

Schreiben über den Indischen Zeughandel

197

besjenigen, der die Expedition der Waaren in die Les vante besorgt, und endlich noch die Abgaben an das Cons Sie sehen wohl , daß höchstbedeutende Summen

sulat.

auf die ersten Ankaufspreise der Waaren geschlagen wers den müffen.

Sie werden in der That dadurch verdops

pelt, und die Sache ist so wichtig , weil in ihr der eins sige Grund zu fuchen ist,

warum die Engländer den

Handel der Armenier nicht schon gänzlich zu Grunde ges richtet haben , daß ich Sie bitte, noch einen flüchtigen Blick auf das folgende Verzeichniß dieser Abgaben zu werfen : Schiffsfracht von Calcutta nach Umſterdam oder London

2 Proc.

Affecuranz Kosten für die Direction der Compagnien -

12

Bölle

18

86

4

Dividende der Actionnåre

6

Schußgeld

15

Provision des Commiſſionårs

4

Gewinn für den Geschäftsführer, der die Ers pedition der Waaren in die Levante bes

8

forgt Schifföfracht von London oder Amſterdam nach der Levante Affecuranz

Abgaben an die Confuls Summa 74 Proc.

Fügen Sie nun zu diesen Kosten noch die Provis fion des Commissionårs in der Levante, die schweren türs

Vierter Abschnitt.

138

Fischen Zölle , und einige kleinere Unkosten , hinzu, so ist es leicht begreiflich, daß der Handelmit Baumwollenwaaren aus Bengalen wegen ihrer außerordentlich hohen Preise durchaus nicht sehr weit getrieben werden kann. Nunmehr kehre ich von dieser langen , aber nothwendigen Entwickelung wieder zu Ihnen zurück , mein Bester!

und frage Sie, ob Sie nicht zuverlässig im

Stande wåren, mit weit geringern Kosten diesen Hanbel zu treiben ? hältnissen ,

Sie befinden sich in ganz andern VerKals und hätten nichts weiter zu bezahlen , als

eine Abgabe von fünfProcent in l'Orient oder in Toulon, und zwar nach einer höchstmäßigen Schätzung der Waaren, ferner zwey Procent an das Confulat zu Marseille, und eine Provision an den Correspondenten in tem Hafen , worin ihre Schiffe bey der Rückkehr aus Indien landen werden . Die übrigen Kosten sind ebenfalls nicht bedeutend, und können , aufs höchste berechnet, zwölf Procent ausSie werden folglich im Stande seyn , wohl.

machen.

feiler zu verkaufen, ats alle ihre Concurrenten, und wenn Ihre erste Speculation mit Klugheit ausgeführt. wird, so kann man Ihnen einen höchst ansehnlichen Gewinn das von dersprechen.

Diefen Gewinn zahlen Ihnen bloß

Fremde, er ist die Frucht Ihrer Kenntnisse,

und Sie

können sich seiner ohne Gewissensbisse erfreuen.

Die

Kaufleute des Sites , wo Ihr Hauptcomptoir ist, werden zwar sobald als möglich Ihrem Beyspiel folgen, und durch die Concurrenz mit diesen wird Ihr Gewinn geschmälert werden. Allein Sie werden die Freude erleben, Ihren Landsleuten einen neuen Handelszweig eröffnet zu Haben, sind west haben , und wenn Sie einmal an Ihrem prächtigen Ha=

Fünfter Abschnitt.

Teutscher Handel.

139

fen spazieren geben , und hören , daß nm Sie herum mit indischen Baumwollenwaaren Geschäfte gemacht werden, fo können Sie mit inniger Zufriedenheit ausrufen : dies fen Handels zweig . habe ich eröffnet ! Leben Sie wohl , mein Bester ! 1 Ich habe Sie schon manchmal zu einer guten Handlung aufgefordert , heute fordere ich Sie zu einer großen auf.

Fünfter

Abschnitt.

Teutscher Handel. Der Kaiser hat zwar eine Factorey und einen Eonsul zu Salonichi ; da aber der türkische Handel in seinen Staaten ganz frey ist , so haben ihn die Griechen an sich n rey macht sehr wenis Seriffe , und die Facto Geschäfte. Unter allen Ländern , die mit der europäischen Türkey Handel treiben, hat Teutschland unstreitig den größten und ausgebreitetsten.

Die Leutschen ziehen aus Maces

donien eine ungeheure Menge Baumwolle, die in mehs reren Candlen durch das ganze nördliche Europa verbreiz tet wird.

Diese Baumwolle geht zu Laude nach Sems

lin , und von da auf der Donau bis nach Wien.

Von

Wien wird sie durch ganz Teutſchland und in die nördliche Schweiz von dem Veltlinerland bis nach Constanz , und

Die übrigen ns Stapelstädte für die macedonische Baumwolle fi Orfos

von da weiter bis nach Basel geschickt.

wa in dem Temeswärer Bannat , das in der nämlichen Linie wie Semlin liegt, und hinter dieser Linie Hermanns stadt und Brossau (Broos) in Siebenbürgen,

teutsche Handel erstreckt sich über alle Theile von Griechenland;

er beschäftigt • sich jedoch mir einer

Menge so mannigfaltiger Gegenstände , daß er bis jetzt

Fünfter Abschnitt.

140

vor den Augen des handelnden Europa's fast ganz vers borgen geblieben ist.

Man hat ihn erst in dem letztern

Krieg zwischen Desterreich und den Türken genauer ken= nen gelernt , denn weil damals alle innere Communicaz tion abgebrochen war , so wurde nothwendig Salonichi der Stapelort für alle türkischen Waaren, die über Trieste giengen anstatt sonst auf der Donau.

Nunmehr konnte.

man erft die verschiedenen Artikel der teutschen Ausfuhr mit einiger Genauigkeit berechnen , und man fand nach den zuverlässigsten Angaben, daß sie sich auf eine Summe von 5,000,000 Piaster belaufen.

Den dritten Theil

von dieser Summe bezahlen die Zeutschen in Producten ihres Kunstfleißes , und besonders in Lüchern und Leins wand; die beyden übrigen Drittheile werden in Thalern und Zechinen bezahlet.

Ihre Waarenlieferungen betras

gen nie mehr als 2,000,000 ,

und manchmal nur

1,500,000 Piaster; sie bestehen immer in Tüchern, Leins wand , Glaswaaren , Eisen und Stahlwaaren, und in Bergoldeten Arbeiten.

Zücher. Nur die leichten Tücher , die nach den englischen Londres. gemacht sind ,

und deshalb auch den Namen

Londres führen, finden in der Levante Absatz.

Es giebt

zweyerley Arten davon , die sogenannten ersten und zweyten Londrins . In Frankreich werden die ersten Londrins ganz aus spanischer Wolle verfertigt, das heißt der Eintrag sowohl als der Aufzug oder Zettel. In Leutschland aber wird schlesische Wolle , und in England Landeswolle darunter

Tücher.

gemischt.

141

Der Aufzug besteht aus dreytauſend Fåden in

Rinden oder Blättern , die zwey Ellen breit sind , damit noch eine Breite von einer und einer viertel Elle übrig bleibt, ohne das Sahlband oder den Anschrot, wenn das Luch aus der Walkmühle zurück kommt.

In den zweys

ten Londrins ist der Aufzug von gemeiner Wolle, und der Eintrag, in Frankreich, von der

zweyten spanischen

Sorte, in andern Låndern aber von der zweyten gewöhnes lichen Sorte.

Der Aufzug enthält zweytauſend ſechsa

hundert Fåden in Rinden zu zwey Ellen weniger ein Sechstel, damit das Tuch nach der Walkmühle noch eine Breite von einer Elle und ein Sechstel habe. Die in Teutschland fabricirten Tücher sind in der Levante unter verschiedenen Namen bekannt ; ſie ſind jes doch alle Nachahmungen von den französischen Londrins, und weichen

darin

von

ihnen ab,

daß fie in dem

Gewebe beffer, aber weniger Güte in Rücksicht der Bereis tung und der Farben haben.

Es fehlt den französischen

Lüchern an Dichtheit , weil der Aufzug nicht gehörig ges webt, und zu dem Eintrag nicht Wolle genug genommen wird; daher sind sie alle zu locker, und man kann diesen Fehler sogleich an ihnen bemerken.

Unter dem ersten Ministerium von Maurepas wurs den in der Levante die englischen Tücher von den franzis fischen verdrängt; ihr Flor dauerte vom Jahr 1750 bis 1782.

Von dieser Zeit an gerieth der Handel damit

immer mehr in Verfall.

Im Jahr 1783 seßten die

Engländer große Quantitäten von Chalons ab; sogleich schrieb jemand in die Welt , daß die englischen Chalons dem französischen Luchhandel Eintrag thäten, und jeders

Fünfter Abschnitt.

142

mann wiederholte es. Im Jahr 1785 kamen die ersten teutschen Tücher in die Türkey , und es hatte den Anschein, als wenn sie leicht und schnell würden abgesetzt werden können . Allein der Krieg , 7 der darüber auss brach, verhinderte ihren Verkauf, und erst nach dem Gefchäfte gest Frieden konnten mit diesen Tüchern

macht werden .

Sie kamen bald sehr in Ausnahme,

und nun rief wieder jedermann , nach der Versicherung eines Reisenden , daß die teutschen Tücher die franzöſiz schen Londrins verdrängt hätten. Hätte i dieses nur als Muthmaßung geånßert , so wäre in der That einiger Grund dazu da gewesen ; allein man mußte auch zugleich dabey sagen , daß durch die Unruhen in Frankreich die Fabriken in nordnung gefonimen sind , und daß wäh rend des Krieges der Verkauf unserer Fabrikate ins Ausland nothwendig flocken mußte. In Ermangelung fran zösischer Tücher versah man sich daher mit teutschen, und nur auf diese Art sind die französischen Manufacturen von den teutschen verdrängt worden. Dagegen ist aber auch nicht zu leugnen , daß wegen

der übermäßigen

und

fortdauernden Betrügereyen der

französischen Fabrikanten die Türken schon im Jahr 1782 angefangen haben , einen Widerwillen • gegen die franzö fischen Tücher zu fassen ; daß alle freniden Wollenwaaren in Aufnahme kamen , so wie die unsrigen ihren Credit verloren ; und daß dieser noch immer mehr sinkende Credit, nebst denZerrüttungen , die durch den Krieg bewirkt werden, die eigentliche Ursache von der totalen Stockung ist, in welcher sich gegenwärtig der französische Tuchhandel befindet.

Twoch ear.

143

Eben so wehr ist es , daß er sich nicht mehr von dem Schlag erholen wird , den ihm die fremden Tücher verseht haben , wenn die Regierung ihn nicht besonders aufmuntert , und wenn nicht die alten Verordnungen über die Inspection der Tuchfabrication , die seit dem Jahr 1782 so schändlich übertreten und seit der Revolution ganz und gar vergessen sind ,

wieder erneuert werden;

Vorzüglich muß die Fabrication der zweyten Londrins aufgemuntert werden , denn dieſe ſind so wohlfeil , daß auch der große Haufen fie kaufen kann, und folglich sind fie der wesentlichste Artikel für den Luchhandel nach der Levante.

Alle übrigen Tücher gehören nur zum Sortis

ment ; nun ist es aber äußerst beschwerlich, die Bestel lungen zu theilen ,

um das Sortiment vollständig zu bes

kommen , und man wird daher für die Nebenartikel ders jenigen Nation immer den Vorzug geben , die den Haupts artikel liefert. Wir müssen uns nur durch den Mißcredit nicht abz schrecken lassen , in den unsere Tücher gekommen find. Es wird zwar mehr Zeit erfordert, den Schaden zu heilen. als ihn hervorzubringen ; allein durch Versuche mit recht guten Waaren kommt man doch ans Ziel, und keine Art von vorgefaßter Meinung kaun lange gegen Erfahrung und Thatsachen Stand halten. legenheit des unglück

Ich kann jedoch bey Ges

Schicksals , das unser Tuch-

handel in der Levante erlitten hat , die Bemerkung nicht unterdrücken, daß die Verfahrungsart der Luchfabrikans ten in Languedoc auf eine empfindlich fühlbare Art bes wiesen hat, daß derjenige Fabrikant ,

der viel gewinnen

will , nicht lange gewinnt , daß durch schlechte Waaren

Fünfter Abschnitt.

344

die Manufacturen in übeln Nuf kommen , und daß durch die Betrügereyen einiger Individuen dem Handel einer ganzen Nation ein tödtlicher Schlag beygebracht werden kann.

In Frankreich haben Regierung und Privatleute

mit zu viel Gleichgültigkeit auf unsere Manufacturen hers abgesehen , die doch die Hauptgrundlage von dem Reich, thum der Staaten find ; es ist endlich einmal Zeit, daß der Nationalgeist den schamlosen Unternehmungen der Habe fucht einen Zaum anlege , daß die öffentliche Meinung den schlechten Bürger brandmarke , der den allgemeinen Credit seinem Privatvortheil aufopfern zu dürfen glaubt, und daß die Regierung der öffentlichen Meinung zu Hülfe komme , und denjenigen Manufacturiflen, der nicht genug rechnen kann , um dauernde Vortheile einem vorüberge= henden Gewinn vorzuziehen , und der durch vorseßliche Betrügereyen die Manufacturen der ganzen Nation in. Mißcredit bringt, aufdas strengste und unerbittlich strafe. Es steht bey uns , die ersten Tuchmanufacturisten in Eus ropa zu werden.

Keine Nation versteht besser als wir

das Weben, und keine besser das Färben; der ArbeitsJohn ist bey uns gering , und wenn unsere Wolle wegen ihrer Seltenheit theuer ist, so hängt es von uns ab, auf unsern vielen Weiden unsere Schafheerden zu vermehren. Wenn diese Vorzüge, die wir besigen, nicht gehörig gee. nugt werden , so ist es einzig und allein die Schuld der Regierung. Man begreift in der Türkei die teutschen Tücher, von denen die unſrigen verdrängt worden sind , unter der

allgemeinen Benennung :

Leipziger Tücher , weil

fie gewöhnlich auf der Messe zu Leipzig eingekauft werden .

Tücher..

145

Sie sind derb, kernhaft, wollreich und doch dabey fanft anzufühlen.

Die Sortimente beſtehen aus Tüchern von

den ungewöhnlichsten und seltsamsten Farben ; allein diese Farben gefallen den Türken , weil sie in die Augen fallen. Die leipziger Tücher kommen nicht in Ballen an , sondern Stückweise, und werden ohne Muster und Factur , bloß mit Einwilligung beyder Theile verkauft.

Diese Art pon

Handel ist sehr vortheilhaft für den kleinen Kaufmann, der nicht immer Vermögen genug hat , um ganze Ballen auf einmal zu kaufen ;

auch dem Verkäufer ſelbſt iſt ſie

sehr zuträglich, denn er kann gegen baare Bezahlung vers Laufen, oder ist doch wenigstens nicht genöthiget, langen Credit zu geben... Die schönsten. Leipziger Tücher werden zu Achen fabricirt , und besonders werden die von den Ges brüdern Clermont mit Recht hochgeſchäßt.

Die Uchener

Fabriken sind vorzüglich durch ihre schönen Farben und ihre gut gewählten Sortimente in die Höhe gekommen. Die Befiher derselben haben sich immer nach dem Ges schmack des Käufers gerichtet , und wenn nur die Farbe gefällt , so untersucht dieser gewöhnlich nicht sehr genau die innere Beschaffenheit des Tuches.

Dies ist besonders

der Fall mit den Türken , die nur einen einzigen Sinn, und das Gefühl ganz in den Augen zu haben scheinen. Auch werden in Achen Mahuds verfertigt , die den Englischen nachgemacht sind; allein die Copien werden nie den Originalen gleich kommen , weil sie ihnen in der Farbe nachstehen. Dies ist jedoch ein sehr wesentlicher Pankt; denn ein Sortiment von Mahuds besteht aus den lebhaftesten und delicatesten Farben, wie z. B. auss Beaujours Beſchr.

Fünfter Abschnitt .

146

Rosenfarb,

Himmelblau , 1 Feuerfarb,

Zeifiggelb und

Blaßgrún. Mit befferm Erfolg hat man die venetianischen Sahen nachgemacht.

Die achener Saven haben auch

dem Absatz der venetianischen großen Schaden gethan, ohne ihn jedoch ganz zernichten zu können, denn sie koms men ebenfalls , wie bey den Mahuds , in den feinen Far= ben ihrem Vorbild nicht gleich. Die venetianischen Sayen werden, ungeachtet ihrer ausnehmend hohen Preise, noch sehr lange in 1 der Levante den Vorzug vor allen übrigen Lebhafs behalten , denn sie übertreffeu alle andern in derr tigkeit ihres Scharlachs und der Schönheit ihres Hoch-

roths , oder ponceau ; und gerade diefe beyden Farben brauchen die Türken am meisten und liebsten zu ihren Caftans. Ehe ich diesen Artikel über den teutschen Tuchhandel endige, muß ich die Frage noch berühren , die jetzt, wo ein Theil dieses Handels zu unsern Eroberungen gehört, wesentlich wichtig ist, ob es nämlich vortheilhafter für Frankreich wäre , die niederländischen oder die langues dockischen Fabriken aufzumuntern und zu begünstigen ? oder , was ganz dasselbe ist , den Tuchhandel nach der Levante über Marseille und das Meer , oder durch Teutschland und auf der Donau zu führen ? - Die Frage ist nicht schwer zu beantworten, wenn man bedenkt, daß bey jeder Art von Handel die Fracht den reinsten Gewinn eintrågt , in dem einen von den obigen Fällen aber kommt@ Diese Fracht den Teutschen , und in dem andern den Eina wohnern der Provence zu gut.

Es ist hier der Ort nicht,

um dieGründe auseinander zu setzen , warum es vortheilsa

Leinenwaaren.

Cattune. 147

hafter für uns ist, die Einfuhr der spanischen Wolle , die man in den Fabriken des südlichen Frankreichs braucht, als die der schlesischen Wolle, die in den nördlichen Pros vinzen verarbeitet wird *), zu begünstigen ; ich will nur noch die einzige Bemerkung beyfügen , daß die großen verschiedener Art in einem und demselbigen Fabriken einande r gegenseitth Land sichvon schädlich sind, und daß daher die Franzosen in ihren neuen Departementen vors zugsweise vor allen andern Fabriken die Leinwandfabriken begünstigen und unterstüßen müſſen , denn sie sind den Ländern eigenthümlich, die an den Ufern der Maas und des Rheins hin liegen. Uebrigens beträgt die Confumtion des Artikels, von dem hier die Mede war, eine jährliche Summe von 809,800 Piaster **).

Leinen waaren, Der teutsche Linnenhandel begreift Cattune, Muffes Tine und verschiedene Sorten von Leinwand in sich , von welchen drey Artikeln hier einzeln gehandelt werden soll,

Catfun e. Die Cattune, die in der Türkei am meisten gesucht werden, konimen aus den österreichischen Fabriken; auch

Hr. Beaufour muß unter schlesischer Wolle , die in Franks reichs nördlichen Fabriken verarbeitet wird , etwas anders verstehen. Denn bekanntlich wird diese Wolle nicht auss geführt, sondern in den Landesfabriken verarbeitet. **) Wie sehr sich ber teutsche Suchhande aus den oben ans geführten Ursachen vermehrt hat, beweißt das Jahr 1776. in welchem nur für sechstauſend Piaſter nach Thessalonich giengen.

148

t Fünfter Abschnit .

die sächsischen sind zu Constantinopel sehr beliebt, allein in Griechenland wird nur die besondere

Art abgesetzt,

die unter dem Namen Calanca bekannt ist , und zu Plauen im Voigtlande fabricirt wird . Vor der Revolution wurde aus Marseille sehr viele gedruckte Leinwand nach Griechenland geschickt , die der teutschen weit vorgezogen wurde , weil sie feiner im Ges spinnste war, und lebhaftere Farben hatte ; auch war die Seit dem Zeichnung richtiger und besser ausgeführt . Krieg haben aber die Marseiller Fabriken ihre Arbeiten eins

gestellt , die Leutschen hingegen die ihrigen fortgesetzt Beym Frieden dürfen wir

jedoch

die größten

Fort-

schritte in diesem Zweig der Industrie hoffen , denn man kann nichts Schöneres sehen , als die Cattune und die Leinwand , die zu Avignon und in Bearn gedruckt wurs den.

Man hat sich schon seit langem in Europa viele Mühe gegeben , um die Kunst zu entdecken , die Farben zu firiren und ihnen die unveränderliche Dauerhaftigkeit zu geben , die man in den in Bengalen verfertigten Zeugen n Glanz , denn anstatt daß diese ihre so sehr bewundert n eit h as aschen erliere den c önh r h u c , v wer W d d " S en h c r s und gali meh ner nd ie arben er d F u imemt schö viel die Bener s t t p f u bin e e a a n , daß dies fest Ver Ma hat beh . lebh e g ben it en Zeugen daher entsteh , daß die d m dun der Far n en ter ben n ndien it dem Saft von gewiss räu K m I i Far n cht in t hse den ema . Alle , die bey uns nich tweüc wür ang l e s o h u h c r a u en ch s n de ch hab Ver fals , den wie dies ist dur e a en ben o nd op s e wår im Sta wir in eEur igt t geze fte , das f n a n e n h t e e i r i b a e e d h r s d r al in In zu be Fa un dau leb

Musseline oder Nesseltücher.

149

geschieht , daß aber durch die darauf zu verwendendeZeit,. und Arbeit der Preis unserer Waaren außerordentlich hoch kommen würde.

Der wahre Vorzug der indischen Mas

nufacturen besteht daher nicht , wie man geglaubt hat, in einer größern Geschicklichkeit der Arbeiter , einzig und allein in ihrer geringen Bezahlung .

sondern Zehn Ars

beiter in Bengalen kosten nicht so viel wie einer bey und. Auch die Zeit ist in Europa theuer , in Indien aber so wohlfeil wie das Leben der Menschen.

Muffeline oder Neffeltücher. Es werden zwanzigtauſend Stück Muſſelin in Griechenland verkauft , die in Sachsen , Böhmen , Vorder= dsterreich, und in den Schweizer Cantonen , St. Gallen und Appenzell , fabricirt werden. Auch in diesem Artikel könnten wir den Leutschen den Rang ablaufen , denn die gemeinen Muffeline, die allein auf den Märkten in Griechenland Absatz finden, werden alle von Baumwolle aus der Levante gemacht ; nun ist aber der Transport dieser Baumwolle für nns, da wir sie zur See kommen lassen , bey weitem nicht so kostspielig als für die Teutſchen , die die Fracht auf der Achse bezahlen müſſen.

Man könnte die Art von Manu-

facturen in der obern Provence und in dem Delphinat mit Vortheil einführen , denn ſechs Monate im Jahr sind die dortigen Einwohner ohne Arbeit , und folglich für einen geringen Lohn zu bekommen.

Der Fabrikant ,

der die

ersten Weberstühle auf diese hohen Berge brachte , würde in ein Land , das heutzutage das Bild des Todes ist, Leben und Thätigkeit bringen.

150

Fünfter Abschnitt.

Leinwand. Glatte und andere L Ehemals consumirte Griechenland eilf bis zwölfs hundert Stück glatte Leinwand aus Schlesien und Böh men; allein diese Leinwand fångt jest an in Mißcredit zu kommen , weil zu viel schlechte Waare dahin geschickt wird. Man giebt heutzutage der Leinwand aus Kär then und Niederösterreich, die über Triest dahin kommt, den Vorzug ; ob sie gleich nicht so weiß und so schön von Ansehen ist , so ist sie doch in der That nühlicher und trägt sich beffer. * Ueberhaupt ist aber die glatte Leinwand nur ein sehr geringer Handelsartikel ; cinen weit wichtis gern machten die andern aus.

Man verbraucht in Griechenland für funfzigtausend Piaster damastene geföperte und auf mancherley Art gos modelte Leinwand.

In Wien, Triest und Venedig wers

den Tischtücher von solcher Leinwand mit buntſchäckigten Einfassungen verfertigt , und noch andere sonderbare Ars beiten , die in der Türkei für außerordentlich schön gehals ten werden.

Allein alle diese gebildete Leinwand , venes

sianische sowol als teutsche ,

muß der französischen und

holländischen nachstehen, denn sie vereinigt nicht wie diese Feinheit, blendende Weiße , und Mannichfaltigkeit der Zeichnung mit Dauerhaftigkeit.

Wenn die teutsche Leins

wand auf den türkischen Märkten vor der unsrigen den Vorzug hat , so ist es allein auf Rechnung ihres wohls feilen Preises zu schreiben.

Der Artikel beträgt übrigens 385.750 Piafter.

eine Summe vou

Glaswararen.

151

Glas waaren. Der Ruhm der böhmischen Gläser ist in Europa vollkommen gegründet.

Sie haben überall die venetia-

nischen verdrängt , und man zieht sie wegen ihrer glans zenden Durchsichtigkeit allen andern Glåfern vor.

Nur

Frankreich seht noch seine schwarzgrünen Bouteillen in Griechenland ab , denn sie sind weit beffer, als man sie fouft irgendwo finden kann. Die böhmischen Glåſer werden auf der Achse nach Griechenland gebracht, und find so gut eingepackt , daß fie ohne Gefahr diese vierhundert Stunden weite Reife machen können.

Gewöhnlich werden sie von herumzies

henden Kauflenten einzeln verkauft ;

wenn eine Provinz

hinlänglich damit versehen ist, so ziehen ſie in eine andere, und dies so lange ,. bis sie das ganze Land durchreift haben ; dann fangen sie wieder von vorn an. Der Absatz besteht in folgendem :

Quantität.

Sortiment.

Preis.

120 Kisten vergoldete Gefäße 600 Piafter die Kiste. 150

gemeine Gefäße

150 P....

140

Fensterscheiben

300

Hiezu kommen noch Kronleuchter, Erd- und Himà • melskugeln , Schiffs- und andere Laternen , und einige kleinere Artikel. Die Caraffinen und Trinkglåser werden wenig gekauft weil die Türken weder Wein noch Brandtewein trinken.

Die Griechen aber, die den Ruhm

haben , daß sie unmåßige Trinker sind , kennen die vers feinerte Sitte, für jeden Gast ein eigenes Glas auf den

Fünfter Abschnitt.

152

Tisch zu stellen , noch nicht ; ein einziges Glas reicht für alle zu , und sie haben nicht den mindesten Widerwillen, em goldenen Mom Die emaillirten Gläser d die mit ein un wechselsweise daraus zu trinken. find ihnen die liebsten. Ueberhaupt geben alle Einwohner der Levante denjenigen Waaren den Vorzug , die stark in die Augen fallen, und man wird allgemein zwischen den Consumtionen eines bars barischen und eines civilisirten Volkes den Unterschied bemerken, daß das eine in allem, was zu seinem Gebrauch dient , den åüßern Glanz der innern Güte vorzieht , das andere hingegen dem wesentlich beffern den Vorzug vor den Flitterzierrathen giebt , ' die nur durch die Launen der Mode oder einen phantaſtiſchen Geſchmack auf kurze Zeit is Aufnahme gekommen fiud. , Die Kaufleute sollten auf diesen verschiebenen Geschmack der Nationen mehr Rück ficht nehmen, wenn sie ihre Sortimente für das Ausland besorgen.

Wenigstens müssen sie dabey mit der Klugheit

zu Werke gehen, die eine Frucht der Erfahrung ist , denn im Handel kann ein einziger übereilter ober unüberlegter Schritt die schlimmsten Folgen haben.. Hievon hat Marseille in den letzten Jahren ein res

bendes Beyspiel geliefert, denn es kamen Waaren dorther nach Griechenland , die mit der albernsten Unwissenheit afſortirt waren.

Weit beffer kennen die Leutschen , in

Rücksicht auf Glaswaaren , den Geschmack der Türken, und liefern ihnen in der That äußerst schöne Arbeiten. Die Böhmen verstecken das Glas unter einem glänzenden, äußerst polirten Firniß, und geben ihm den Anschein von Porcellån, nicht in Rücksicht auf seine Bestandtheile, sons dern durchdie feinen Umrisse der Fabrikate , die Schöns

Glaswaaren.

53

heit ihrer Zeichnungen , die Lebhaftigkeit der Farben und ben hohen Glanz der Glasur.

Ich habe solche Gefäße 1 gesehen, die so kunstreich überfirnißt waren , daß man fie für das schönste sächsische Porcellån gehalten hätte. Sie würden diesem auch ,

wegen ihrer Durchsichtigkeit

in der That vorzuziehen seyn , wenn sie nicht so zerbrechlich wären.

In dieſen Gefäßen wird in der Levante ge-

wöhnlich den Gästen nach der Mahlzeit Waffer gereicht ; auch werden ihnen bey Ceremonienbefuchen Sorbet , Roz feneffenz und Confituren darin pråsentirt.

Man hat das

her solche Gefäße von aller Größe and von den mannichfaltigsten Formen ; sie dienen zugleich zum Ausschmücken der Zimmer, wo sie aufmannshohen Geſtellen ſymmetrisch aufgestellt werden. Die Consumtion des Artikels beträgt ungefähr 140,000 Piaster.

Porcellá n. Das Porcellán von Seves übertrifft an eleganten Formen, correcten Zeichnungen , Schönheit der Farben und Glasur , alles was man in dieser Art Schönes und Vollkommenes sehen kann ; allein es ist viel zu theuer und. geht daher wenig ins Ausland. ihrige meist aus Teutschland , telemäßigen Fabriken.

Die Türken ziehen das und zwar aus sehr mits

Das Dresdener und Berliner Pors

cellån findet zwar in Conftantinopel selbst einigen Abſatz; aber in den Provinzen durchaus nicht.

In Griechenland

fieht man nichts als Frankenthaler und Wiener Porcels lån, und auchdies macht keinen wichtigen Artikel aus.

Fünfter

154

Abschnitt.

Das zu Frankenthal in der Pfalz verfertigte Porcellan wetteifert mit dem såchsischen in Rücksicht des Glanzes, und ist um ein gutes Drittheil wohlfeiler. Besonders tragen sie zu Frankenthal das Gold so äußerst geschickt auf,

daß man Gefäße ,

die damit überzogen

find, für gediegenes Gold halten könnte. Auch die Zeich, hungen find correct , und die Figuren voll Stärke und Wahrheit des Ausdrucks ; allein die Glasur ist nie so rein und glänzend weiß , wie sie in dem vollkommen schönen Porcellán als charakteristisches Zeichen seyn muß.

Das Wiener Porcellán hat den meisten Absatz in Griechenland , weil es das allerwohlfeilste ist.

Seine

Masse ist schmutzigweiß ; auch fehlt es ihm an Formen und Mahlerey ; die erstern sind durchaus nicht elegant, und die Zeichnungen find geschmacklos.

Der Hauptab C saß dieser Fabrik geht nach der Türkei , und die Türken Find keine Freunde von Veränderungen.

Diese Gewißs

heit des Abjaßes ist vielleicht der Grund von den Mångeln , die der Wiener Porcellånmanufactur , ungeachtet der außerordentlichen Unterstützungen und Aufmunteruns gen, die fie von dem Kaiser erhält , mit Recht vorges worfen werden.

Man behauptet , der Monarch unters

halte darin achtzig Mahler.

Wenn dieses wahr ist,

wendet er in der That sein Geld schlecht an , denn die schönsten Arbeiten, die die Manufactur liefert, find höchs ftens nur wegen ihrer Größe und ihrer sonderbaren Formen bemerkenswerth.

Der Artikel beträgt jährlich ungefähr Piaster.

40,000

Grahlwaaren.

255

Stahlwaaren. Der beste Stahl kommt aus England und Zeutsche land; der erste ist jedoch der vorzüglichste wegen seines feinen Kornes.

Seine Fläche ist glänzend eben, und

selten sieht man brüchige Stellen oder Adern darin.

Der

teutsche Stahl hingegen ist voll von Adern und brüchigen Stellen , dschericht und mit blaffen Flecken überzogen, die besonders ins Auge fallen , wenn er polirt und ges schliffen wird.

Er kann daher nicht sauber verarbeitet

werden, und die Schneide von allen daraus verfertigten Instrumenten bleibt ungleich und weich , fie gleicht ims mer einer Såge, und kann nie vollkommen gut ſchneiden.

In Griechenland braucht man den teutschen Stahl vorzüglich zu Ackerbauinstrumenten ,

denn man hat ges

funden, daß er zu groben schneidenden Werkzeugen besons ders gut ist.

Zu allen feinen und scharfen Instrumenter

aber wird englischer Stahl genommen , der sich besser hämmern läßt.

In Salonichi wird jährlich für 30,000 Piafter ros her , und für 24,000 Piafter verarbeiteter Stahl aus Leutschland verkauft.

Seit

einiger Zeit fangen die

Wiener Stahlfabriken an, in guten Ruf zu kommen ; einer ihrer Arbeiter , Namens Schwarz , hat einen Des gen mit einer geheimen Feder verfertigt , an dem eine so meisterhafte und vollendete Arbeit angebracht ist, daß er für 10,000 Gulden an den König von Neapel verkauft ward.

Der Artikel beträgt 54,000 Piafter.

Fünfter Abschnitt.

156 Kupfer

und Goldarbeiten.

Nach Salonichi kommit sehr viel verarbeitetes Kupferaus Teutschland , z. E. große Kessel , breite und tiefe Vecken , und vielerley Hausgeråthe.

Auch Küchenges

schirre nehmen die Türken aus Leutschland, die besonders in Wien und Neuwied fabricirt werden.

Die Wienerfas

briken liefern jedoch weit bessere Waaren als die Neuwiedter , weil jene aus einem Stücke bestehen , diese hingegen Alle diese aus mehreren zusammen geldtet werden. Waaren werden okenweise verkauft, und kosten weit mehr, wenn sie verzinnt sind , gewöhnlich werden sie aber in Griechenland selbst verzinnt , und es ist nicht zu lengnen, daß die Türken hierin weit geschickter sind als wir Europåer. Die lacirten Waaren gehen ebenfalls sehr stark ab ; man klagt jedoch, daß der Lack nicht dauerhaft sey. Ferner werden in Wien Gold- und Silberdrat, Treffen und Nete verfertigt , die den Lyoner starken Abbruch thun.

Die teutschen Golbarbeiten kommen jedoch

den unsrigen bey weitem nicht gleich, sowohl in Rücksicht des Geschmacks als der Dauerhaftigkeit ; wegen der wohlDie wallachischen

feilen Preise gehen sie aber stark ab.

Bauerinnen, die man in allen Dörfern von Obergriechens land antrifft , tragen an den Sonntagen Halstücher, die mit solchen Nehen eingefaßt sind , und die Griechinnen aus allen Ständen brauchen sie zum Kopfschmuch an ihs ren Hochzeittagen. Die Kunst zu lachiren hat in Teutschland einen hoheu Grad der Vollkommenheit erreicht ; besonders werden Waaren ven Eisenblech auf das lieblichste lackirt , unb

Factoren und Caråle des teutschen Handels.

157

auch in Griechenland sind dieselben sehr beliebt. Der Absat davon ist jedoch nur auf die Städte eingeschränkt ; auf dem Lande kennt man diese Art von Waaren noch gar nicht. Die Confumtion des Artikels beträgt ungefähr 115,000 Piaster.

Alle bisher angeführten Artikel der teutschen Einfuhr machen ujumnien genommen ungefähr eine

Summe von 1,544,559 Plaster aus.

Factoren und Canale des teutschen Handels, おい Der Handel Teutschlands mit der Türkei ist fast gang in den Händen der Griechen , die in beyden Reichen

zerstreut sind ; diese geschmeidigen, intriganten und kühnen. Menschen, die anfänglich nur die Mackler bey diesem Handel machten , ſind jeßt die privilegirten Eigenthümer desselben.

Sie haben in den ansehnlichsten Städten von

Teutschland Comptoire errichtet, and führen den teuts schen Handel auf dieselbige Art , wie die Franzosen und Engländer den türkischen betreiben, sie haben ihn ganz an sich gerissen. Wien auf der einen und Salonichi auf der andern Seite sind die beyden großen Niederlagen für den Handel Die Canåle,

zwischen Griechenland und Leutschland.

Do und die Douau vermittelst deren er getrieben wird , sind Die Der Weg auf der Donau ist. das adriatische Meer. lange der D frequenteste gewesen ; er war zwar koſiſpieliger, aber dafür auch deste kürzer. denselben viele Umwege gespart ,

Es wurden durch und überhaupt alle

Waarensendungen beträchtlich erleichtert , denn die Dos nau kann theils an und für sich, theils durch die Flüsse, die sie aufnimmt , für die große Arterie von Teutschland

158

Fünfter Abschnitt.

angesehen werden.

Hiezu kommt noch, daß die Oesters reicher damals noch keine Seemacht hatten, die doch zur Führung eines Seehandels und zur Beschützung desselben durchaus erforderlich ist.

Auch konnte der Weg über das

adriatische Meer nur von einem unbedeutend kleinen Theile von Teutschland benugt werden, so lange Desterreich bloß den künstlichen Hafen von Trieste besaß, der in zu großer Entfernung von den Ländern des ottomannischen Reiches liegt. Heut zu Tag hingegen, wo diese Macht die Küste von Dalmatien besigt , die mit den vortrefflichsten Håfen überfået ist, und einen Theil der europäischen Türkei ume ringt ; heut zu Tage wo Desterreich sich eine Seemacht erschaffen wird , um seinen Seehandel beschüßen zu kön nen

bin ich vollkommen überzeugt ,

daß sich der

Handel auf dem kürzesten Wege , das heißt über das adriatische Meer in das mittelländische hinziehen wird. Die meisten Gründe , die dem Weg auf der Donau den Borzug geben , existiren nicht mehr ; folglich wird man die damit verbundenen Schwierigkeiten , die groß und in Menge vorhanden sind , desto stärker fühlen.

Die Dos

nau hat einen äußerst trummen , gewundenen Lauf, fie fließt fast immer zwischen Felsen hin, und ist mit einer Menge Inseln und Untiefen bedeckt.

Es ist bekannt, wie

reißend ihr Lauf ist, und hiezu kommen sehr viele ges fährliche Klippen , die sich unter ihrer Oberfläche verbers gen; und zwischen denen der Strom Wirbel bildet , die zur Zeit des niedern Wassers die Schiffarth unmöglich machen.

Wenn man den Fluß hinauf fährt , so kann

man nur selten die Ruder brauchen, und die Segel durchs gus nicht.

Alle Schiffe müssen durch Ochsen fortgezos

Factoren und Candle des teutschen Handels.

159

gen werden, was sehr langsam und kostspielig ist. Auch liegt für die Farth auf der Donau ein großes Hinderniß in der schlechten Bauart der Schiffe.

Sie bestehen blog

aus einem Haufen von elenden Tannenbrettern , die nur durch hölzerue Pflöcke mit einander befestigt werden. Sie find kaum im Stande , den Weg von Ulm oder Regensa burg , wo

sie erbaut werden , bis nach Belgrad oder

Semlin , wo sie landen , zurückzulegen , und laufen in jedem Augenblick Gefahr unterzugehen.

Je tiefer man

nach Ungarn kommt , desto beschwerlicher wird die Schiffs farth auf der Donau , wegen der häufigen Sandbänke, der großen Bäume, die aus den angrenzenden Walduus gen darauf fortgeflüßt werden , der vielen Mühlen, die ſich auf den beyden Seiten des Fluffes befinden , und der Menge von Pfählen , die zur Treibung von Maschinen und Werken bis in die Mitte des Flusses eingerammelt Man hat es zwar in neuern Zeiten versucht, nicht ges dein es ist nich allein Schiffe von Eichenholz zu erbauen , allein

werden.

glückt , dennn auf allen Flüſſen , wo die Schiffe nicht mehr den Strom hinauffahren können , muß man sie leicht verz kaufen können, und daher müſſen ſie dußerst wohlfeil ſeyn. Von der angeblichen Fregatte, die ein gewiſſer Taufferer erbaut hat , ist zwar viel in Europa gesprochen worden ; allein ſie war nichts weiter , als ein sehr schlechtes, flaches Fahrzeug, das man sehr mit Unrecht für vier und zwanzig Kanonen eingerichtet hatte.

Man konnte durchaus keinen

Gebrauch davon machen, denn wenn sie auf dem schwars zen Meer håtte Dienste leisten sollen , so mußte sie einen viel tiefern Kiel bekommen.

160

Fünfter Abschnitt. Alle diese angeführte Gründe machen es mehr als

wahrscheinlich , daß die Oesterreicher wohl den Weg auf der Donau ganz aufgeben werden , und daß überhaupt dieser

Fluß niemals so vortheilhaft für den teutschen

Handel werden kann , als der Rhein und die Elbe es find.

Geldzahlungen und Wechselgeschäfte. Die Summe der Einfuhr aus Teutschland nach Griechenland beträgt , wie

wir gesehen haben ,

nar

1,544,5,50 Master , und steigt in den allerbesten Jahren nicht über 2,000,000 Piaster.

Die Ausfuhr hingegen

ast in jedem Jahr gegen 5000,000 Piaſter *). Die Bilanz ist folglich wenigstens um drey Millionen zum Vortheil der Türken. Diesen Saldo muß nun Desterreich entweder mit baarem Geld, oder mit Papier bezahlen, und daher kommt der Geld

und Wechselhandel , der

zwischen Wien und Salonichi getrieben wird.

Er ist sehr

beträchtlich, denn Oesterreich **) läßt ein Jahr ins andere

Diese Berechnung beweist überhaupt das Steigen des tents schen Handels nach der Levante, denn der Auffah über dieses Berkehr, der 1776. einem österreichischen Minister übergeben berechnete die teutsche Einfuhr nach Salonichi nur wurde, berech 120,000, und die Unsfuhr daher 1,948,000 Piaster. S. Bene er Olterkunde. Il. Th..S. Ette 2c. .2 zurvert **) Nach den Verzeichnissen, die ich in die Hände bekommen habe, während ich Legationssekretát in Teutschland war, sind in den sämmtlichen öfterreichischen Staaten vom Jahr 1741 bis 1770 hundert und vierzig Millionen Gulden für en werden. Von dem den Handel mit der Türkei gefchlagen bis 1797 iſt dieſe Summe in demselben Verbålts 1770 r Jahr niß gestiegen , wie der Handel zugenommen hat, und nach jenen Verzeichnissen hat der Handel um zwey Fünftheile zugenommen.

Geldzahlungen und Wechselgeschäfte.

161

gerechnet , für 6,030,000 Gulden an Thalern und Zes chinen schlagen , um sie in die Türkei zu fchicken ; hievon geht wenigstens ein Drittheil nach Griechenland für die unermeßliche Menge von Baumwolle, die aus Macedos nien nach Wien gebracht wird. Der Banquier Fries macht hierin die meisten Geschäfte, und soll hauptsächlich sein ungeheures Vermögen dadurch erworben haben.

Diese

Geldzahlungen werden manchmal durch ausländische Abrechnungen , oder durch Scontriren mit dem Ausland, noch vermehrt. Desterreich muß in solchen Fällen mehr baares Geld nach Griechenland schicken ;

allein dieses

kommt keinesweges alles auf tentsche Rechnung.

Kauf-

leute in Frankreich , Holland oder Italiev, die Waaren nach Teutschland geschickt, und nunmehr Zahlungen in der Türkei zu machen haben, geben einem Wiener Hanse den Auftrag , ihre Rechnung mit den Türken zu faldiren. Dieses Verhältniß von Handelsplaß zu Handelsplaß, das fich durch ganz Europa erstreckt , und sich auf der einen Seite in Wien und aufder andern zu Salonichi endigt, veranlaßt einen

beträchtlichen Wechselhandel zwischen

Teutschland und Macedonien. Wien ist deshalb der Ort, der für ganz Europa den Curs von Salonichi bestimmt. Dieser Curs war in den letztern Jahren besonders verån derlich; er wechselt aber überhaupt so schnell und häufig ab, daß man in europäischen Handelsplågen kein Beyspiel davon hat.

Der Grund von diesen plöhlichen Vers

änderungen des Curses scheint mir theils in der Ungewißheit über den Zustand der Geldcirkulation zu liegen, worin man sich in der Türkei befindet , und zum Theil in der Geschicklichkeit der griechischen Kaufleute, die den Curs Beaujours Beschr.

362

Fünfter Abschnitt.

in Hånden haben , und wenn sie insgeheim mit einander einverstanden sind , ihn bestimmen können , wie ihr Ins teresse es erfordert.

Dem sey jedoch wie ihm wolle,

genug , diese Abänderungen haben wirklich statt, und die fränkischen Kaufleute haben sich deshalb eingebildet, 1. der Curs sey ihnen bald vortheilhaft , bald nachtheilig. Gewissermaßen scheinen sie hierin Recht zu haben , denn fie urtheilen über den Wechselcurs nur nach ihrem Ins mit den Preiscursen tereffe , d. h. fie vergleichen ihn イタ ihrer Waaren. Allein in der Realität ist der Curs ima mer zum Vortheil von Salonichi gegen alle europäischen Handelsplätze, und dies folgt auch schon aus der Natur des Handels, der zwischen Griechenland und Leutschland geführt wird.

Am Ende müssen jedoch immer die Waas

ren, die ich mehr nehme als der Betrag meiner eigenen Waarensendungen ausmacht,

in baarem Gelde bezahlt

werden , was man nämlich die Bilanz nennt, und diese Bilanz ist immer wenigstens zu drey Fünftheilen zum Vortheil der Türken.

Der Curs ist so sehr vortheilhaft

für Salonichi , daß der Piaster, der nur vier Drachmen wiegt, zwey und ein viertel Drachmen Legirung enthält, und nach seinem wahren innern Werth nur acht und zwanzig französische Sols (acht und einen halben Groschen Sächsisch) gelten sollte, gegenwärtig 1 im Handel für sieben und dreyßig Sols (etwas über eilf Groschen Sachs Sächſ.) genommen wird, und daß er in dem Wechselcurs sogar auf fünf und dreyßig bis vierzig Sols (zehn und ein halb bis zwölf Groschen Sächsisch) steht.

Der türkische Sul-

tan besikt den reichsten Boden auf der ganzen Welt, und

Italienischer Handel. Tücher.

163

um seine Territorialreichthümer, in Zeichen vorzustellen; hat er das allerschlechteste Geld auf der Erde,

Sechster

Abschnitt.

Italienischer Handel. Der Handel der Italiener nach der Levante ist ganz frey, und keiner Art von Regulativ unterworfen.

Ves,

nedig und Livorno haben den größten Theil davon an sich gezogen. In Salonichi hält sich ein Consul von Venedig und einer von Neapel auf.

Der kaiserliche Consul ist

zugleich auch der Toscanische, und der französische Cons sul ist es auch von Rom , Genua und Piemont. Die Waaren, die aus Italien nach Griechenland gebracht werden , bestehen in Lüchern , Feuergewehren, Glaswaaren , Seidenwaaren ,

Papier- und

wollenen

Mützen.

Tücher. Die Tücher werden von den Venetianern eingeführt, und sind in der Levante unter verschiedenen Namen gez kannt.

Die allerschönsten sind die sogenannten Sayen,

diesichbesonders durch ihren dichten Kern und ihre Feinheit vortheilhaft auszeichnen. Sie ſind ſo dicht, daß der stärkste く Regen nicht durchdringen kann, und werden daher haupts sächlich zu Mänteln gebraucht. Sie sind überdies außers ordentlich schön gefärbt , so daß man es, ungeachtet aller Versuche, noch nirgendswo hat dahin bringen können, ihr Hochroth , oder Ponceau in seiner ganzen Schönheit nachzuahmen.

Die Venetianer verfertigen auch sogenannte zweyte Loudrius , nach Art der französischen , allein die Farben £ 2

Sechster Abschnitt.

164

derselben sind bey weitem nicht so schön und dauerhaft. Dies ist aber auch der einzige Vorzug , den wir noch vor den Venetianern voraus haben, und sie werden uns durch ihre wohlfeilen Preise am Ende ganz verdrängen , wenn unsern Fabrikanten nicht eingeschärft wird , daß sie ges

wissenhafter fi

die Breite ihrer Tücher sorgen , ihnew

durch stärkeres Walken mehr Kern geben , und sie nicht Idem Rahmen ziehen, denn hierdurch werso unmäßig den die französischen Tücher alle zu dünne und locker. Die venetianischen Loudrins werden gewöhnlich gez gen die allergemeinsten Landesproducte vertauscht , und haben daher einen sehr beträchtlichen Absatz. Die Confumtion dieses Artikels beträgt jährlich uns gefähr 28,800 Piafter.

Feuergewehre. Die Manufacturen zu Brescia schicken dreyßig Kie sten. mit Feuergewehren auf die Märkte von Griechenland ; unter diesen sind zwölf Kisten mit Flinten , und achtzehn mit Pistolen angefüllt. Der Mittelpreis für eine Flinte ist sechs bis acht Piaster , uns für ein paar Pistolen zehn bis zwölf Piaster.

Die Türken haben die

Laufe gern weiß gefeilt , und ziehen darum die venetias blauck nischen Flinten den unsrigen vor, weil diese hma ange c s Ge zu 5 Dies scheint ein sonderbarer laufen find. feyn , allein er hat einen guten Grund , ihre Büchsenschäfter können keine Flinte pußen , ohne mit der Feile oder den Bimstein über den Lauf zu fahren , wodurch der blaue Anlauf von demselben abgestrichen , ganz unscheinbar gemacht wird.

und er

Eine wahre Sonderbar.

Glaswaaren.

165

keit des Geschmacks zeigen sie aber darin , daß sie die Zündpfannen lieber mit einem harten als sanften und Lichten Ueberschlag verlangen.

Am allerbesten gehen die

Läufe ab , die hinten mit gegrabener Arbeit verziert oder damascirt sind.

Unter den Schäften ziehen sie diejenigen

vor, die mit Gold und Silber belegt , oder mit gegras bener Arbeit verziert sind. Der Artikel beträgt ungefähr 25,000 Piafter.

Glaswaaren, Venedig lieferte ehemals ausschließend alle Arten von Glaswaaren nach der Levante ; in den neuern Zeiten ist ihm aber ein Theil dieses Handels von den Leutschen und Franzosen entzogen worden. Die legtern liefern heut au Lage die Spiegel , und die Tentschen die Gefäße und Schaalen.

Aus Venedig kommen nur noch die allerges

meinsten Fensterscheiben nach Griechenland, und diese find außerst schlecht, grünlich von Farbe, dünne und ungleich. Die Kunst, Spiegel zu

fertigen, war bey den

Venetianern lange ein Geheimniß ; gegen Ende des voris gen Jahrhunderts glückte es aber den Franzosen, dasselbe zu entdecken, und seitdem wurden diese in diesem Zweig der Industrie glückliche Nebenbuhler von den Venetianern, denn fie kommen ihnen im Gießen der Spiegelgläser gleich, und übertreffen sie im Belegen derselben.

Bey dem jest

in Europa herrschenden Ton wird die Spiegelfabrikation immer der einträglichste Zweig von der Glasmacherkunſt bleiben , so wie er 7 ohne Widerrede der industries reichste und angenehmste ist.

In dieser doppelten Rück-

166

Sechster Abschnitt .

ficht verdient er von der Regierung alle mögliche Unters flüßung.

Die ganze Summe dieses Artikels beläuft sich auf 31,500 Piaster.

Glasperlen , Glasforallen. Der einzige Zweig des Glashaudels , den die Ve= netianer ausschließend behalten haben , ist der mit GlasSie schicken jährlich für 40,000 Piaster kleine Glasforallen , die auf mannichfaltige Art gefärbt sind,

perlen.

nach Griechenland ; diese werden in Schnüren aufgereiht, und die gemeinen Weiber trag. ?sie zum Puß in den Haa ren und am Hals.

Diese Glaskorallen werden von aller

Größe und allen Formen verfertigt; es giebt deren , die aussehen wie Perlen , und ihnen an Wasser , Glanz und Farbe gleichen.

Diese Eigenschaften werden aber in den

falschen Perlen durch einen Firniß hervor gebracht, dahins gegen die åchten von Natur dieses herrliche Wasser has ben , das allein ihren Werth bestimmt.

Seitdem man jedoch in Griechenland Geschmack an Edelsteinen bekommen hat, nimmt der Absatz dieser Glass perlen auffallend ab. Si werden jest größtentheils nur noch gekauft , um sie wieder nach Egypten zu verschicken, wo man sie wieder nach Arabien und über das rothe Meer nach Persien versendet,

Die Summe dieses Artikels beträgt etwa 40,000

Piaster.

167

Seidenwaaren.

Seidenwaaren. Die Italiener treiben in Griechenland und in der ganzen Türkei einen sehr beträchtlichen Handel mit Seis denwaaren ,

und keine Nation hat ihr bis jetzt diesen

Zweig der Industrie entreißen können.

Sie führen ihn

mit dem glänzendsten Erfolg seit der Regierung Muhas meds II. , unter der alle Künste und Wissenschaften aus Griechenland weg nach Italien flohen , wo sie unter dem Schuß der Medicis wetteifernd blühten. Auf dem Markt zu Salonichi werden jährlich fies ben bis achthundert Stücke Florentiner Atlas verkauft. Dieser Atlas ist der schönßte unter allen , die in Italien Er kommt in Kiften an , die mehr.

fabricirt werden .

oder weniger Stücke , nach Gutdunken des Fabrikanten oder des Kaufmanns , enthalten. Das Sortiment besteht aus den allerschönsten und lebhaftesten Farben.

Neapel liefert in die Levante Tabin und Moor. Der Tabin ist eine Art von gewåffertem Taffet , wird nach dem Grad seines Glanzes geschätzt.

und

Im We-

ben muß er mit der größten Sorgfalt gekörnt werden, denn je besser dieses geschehen , desto mehr bekommt er durch das Pressen oder Walzen einen der Wasserfläche ähnlichen Glanz. Unter den Mooren sind die von Messina am meis ften in Griechenland beliebt ; jedoch scheint diese Art von Seidenwaaren gegenwärtig nicht mehr so starken Abgang zu finden.

Man zieht jeßt ihnen und dem Atlas die

Gros de Tour vor, weil sie sich besser tragen und nůßlicher find.

Der wesentlichste Unterschied zwischen dent

At as und dem Gros de Tour besteht darin , daß der

168

Sechster Abschnitt.

erstere nur von einer Farbe seyn darf, im Gros de Tour hingegen die Kette von einer , und der Einschlag von einer andern Farbe ist, wodurch eine Menge vort verschiedenen Farbenmischungen bewirkt wird.

In der

Lebhaftigkeit und Beweglichkeit dieser Mischungen besteht Die r Gros de Tour. die vorzüglichste Schönheit schönsten davon werden in Neapel verfertigt , und heißen daher auch Gros de Naples. Es werden jährlich zweys hundert und funfzig Stücke davon in Griechenland abs gesetzt.

Aus Florenz kommt eine Art von Taffet nach Grie chenland , der unter dem Namen Mantini bekannt ist, und dessen Absatz täglich zunimmt.

Er wird befenders

auf dem Lande sehr gesucht , und die Bäuerinnen machen. alle ihre Hochzeitkleider davon.

In den letzten Jahren

find vierhundert Stücke davon verkauft worden. Seitdem sich der europäische Lurus in die Serails eingeschlichen hat , wird der Damast von Genua sehr stark in der Türkei abgesetzt.

In den Provinzen wird jedoch

nur wenig davon verkauft , weil er zu theuer ist. Salonichi ist die einzige Stadt in Griechenland , wohin unge fähr hundert Stücke versandt werden, die eine Einfaffung von goldenen Fraugen haben , und in den Harems der Beys zu Thürvorhängen , Tapeten und Ueberzügen der as verbraucht werden.

Von Bologna kommt über Venedig für 100,000 Piaster Gaze, den die Griechinnen zu ihrem Kopfputz Sie wickeln denselben wie Schnupftücher um Aachen. den Kopf; eines von den Enden kommt unter die Haar: flechten zu liegen , das andere aber hångt nachlässig über

Seldenwaaren,

169

bie Schulter herab, so ungefähr wie man die Ariadne zu mahlen pflegt, wie sie mit ihren Gespielinnen auf der Insel Naros tanzt. Ehemals kamen auch sehr viele seidene Borten , mit und ohne Goldfåden , ferner Schnupftücher für Zurbans, Brocate für türkische Westen und für Mintans oder Jacken a la Galiondgi , nach Griechenland ;

allein die Lyoner

Fabriken haben den italienischen mehrere von diesen Zweis gen des Seidenhandels entriffen.

Sie hätten ihnen auch

noch die übrigen alle entziehen können, hätten sie es nur recht angegriffen.

Die französischen Fabricate find den

italienischen an Schönheit der Arbeit im Ganzen übers legen ; wenn man sich auch noch bemühte, die Schönheit ihres Gewebes nachzumachen, so würde man sie weit übera treffen.

Der wohlfeile Preis der italienischen Waaren

würde dann durch die größere Vollkommenheit der frans zösischen wieder ersetzt ; Marseille håtte den Vorzug vor Genua, Livorno und Venedig gehabt , daß es seine Sors timente ohne Mühe hätte 4 vollständig machen können, und die Folge davon würde ohneZweifel die gewesen seyn, daß wir nach kurzer Zeit eine vortheilhafte Handelsbic lanz erlangt håtten. Die Damaste sind der einzige Artikel , worin die Staliener noch entschiedene Vorzüge vor den Franzosen haben.

Der genuefische Damast wird überall dem Lyoner

vorgezogen , weil er in jeder Rücksicht wesentlich beſſer ift. Diese Vorzüge erhält er jedoch nicht durch die größere Geschicklichkeit der Arbeiter , sondern durch das ganze Vers fahren bey der Fabrication.

Die Staliener zetteln ihre

Ketten beffer an, und wenden mehr Sorgfalt auf die

370

Sechster Abschnitt.

Auswahl der Organ

Ist diese zu fein , so füllt

fie den Stoff nicht gehörig aus , ist sie aber zu grob , so macht sie ihn rauh und spröde.

Die vorzüglichste Eigens

schaft des genuesischen Damastes, welche dem französischen durchaus fehlt , besteht darin , daß er weich und sammits artig ist, wie eine schöne , zarte Haut. sicht des broschirten Taffets haben die Lyoner In Rück ärtig ie ennefer ganz verdrängt , und dies, d G schon gegenw icher ewinn denn die leichten Brocate , G ist ein sehr wesentl nland mmer ehr eliebt leiben und e n h e c d e i r , n r b b s i i G we t z n h t e e r c e Die Türken werd . folgli in große Meng abges n ge Stoffe , die in die Augen fallen und nicht theuer verlan ahn e find ; aus diesem Grund geben sie den mit Goldl

rten affeten en orzug , denn diese Art von Goldd V T broschi n Glanz , und ist am wenigften theuer . e t t i s e n t i b e e a r h d m a en schen ölker wollen mit wenig Unkost V Alle barbari n glänze , G

mmet.

Die Türken confumiren keinen andern als glatten Sammt, und dieser kommt. sämmtlich aus den Manufacturen von Genua, Lucca und Pisa .

Die Italiener

find von jeher im alleinigen Besit des Handels mit glat tem Sammet gewesen ;

sie versorgen die vorzüglichsten

Marktplähe von Europa damit, und selbst die Franzosen haben , ungeachtet der sonstigen Ueberlegenheit ihrer Manufacturen, es ihnen dennoch in diesem Artikel noch nicht gleich thun können.

Die beyden Ursachen des Vorzugs,

den die italienischen Manufacturen mit Recht verdienen find ihre Güte und Wohlfeilheit,

Sammet.

*71

Der italienische Sammet hat weit mehr Leichtigkeit, Glanz und Zartheit, als der französische.

Besonders ist

der schwarze Sammet so außerordentlich schön , französische ihm weit nachstehen muß.

daß der

Er hat mehr Få-

den in der Kette, als der französische , und weniger in dem Eintrag ; hierdurch wird er viel leichter und erhålt einen Glanz , dem der unsrige nie beykommt.

Ueberdies

ist er auch beträchtlich wohlfeiler , erstens, weil die Seide` in Italien wohlfeiler ist als in Frankreich, und zweytens, weil dort der Arbeitslohn geringer ist.

Vor der Revos

lution kostete die Elle zu Lyon vier Livres ( 1 Rthlr. Sächſ.) Macherlohn ; in Genua hingegen kostete sie nur drey Lib. (achtzehn Groschen) und in Lucca gar nur funfzig Sols, oder vierzehn Groschen sächsisch.

Seitdem muß freilich

in beyden Ländern dieser Preis gestiegen seyn , aber diese Vermehrung war doch gewiß verhältnißmäßig.

Durch

- dieſen måßigen Arbeitslohn und durch den niedrigen Preis der inländischen Seide wird in Italien dieser Zweig der Industrie sehr befördert. Ich halte es daher für sehr schwer , daß die Franzosenihn je an sich ziehen können ; allein wenn fie beffere Waare lieferten , so könnten sie wenigstens ihre eigene Consumtion damit bestreiten , wos durch beträchtliche Summen im Lande blieben , und den Manufacturen zu gut kámen , die jest alle ins Ausland gehen , und die italieniſchen Fabriken erhalten helfen. Man weiß bestimmt, daß der fremde Sammet , der vor der Revolution in Frankreich eingeführt wurde , jährlich über drey Millionen Livres , (750,000 Rthlr. sächsisch) betrug ; und dies ist nur nach den Lyoner Zollregistern berechnet ,

und ohne die Contrebande mit in Anschlag zu

Sechster Abschnitt.

372 bringen.

Es äußerte einmal jemand , daß wenn man es

in Lyon dahin bringen könnte , den Sammet und den Das mast eben so gut zu verfertigen wie in Genua, so müßte man eine neue Stadt neben der alten aufbauen.

Dieser

Mann hatte in der That Recht , denn wenn man den Verbrauch dieser beyden Artikel im Lande selbst nur äußerst gering anschlägt, so beträgt er über fünf Millionen Livres (1,250,000 Rthlr. sächsisch) die den neuen Fabriken zu gut kommen würden.

Rechnet man nun eintausend Liv.

oder zweyhundert und funfzig Rthlr. für den Unterhalt einer Familie, die aus fünf Köpfen besteht , so folgt daraus , daß die neuen Fabriken einer neuen Volksmenge von fünf und zwanzigtausend Seelen den nöthigen Unters halt verschaffen würden.

Dieser ganze wichtige Artikel beträgt jährlich eine Summe von 376,350 Piaster.

Papier. Benedig treibt den stärksten Handel mit Papier nach der Türkei.

Das Papier , so von daher geliefert wird,

ist weiß , dick und sehr eben.

Die Türken können das

dünne nicht brauchen , weil sie sich zum Schreiben eines wie eine Feder geschnittenen Rohres bedienen. Das Fioretto

und drey Monden Papier

find die gesuchtesten Sorten, weil sie sehr stark und schwer find ; denn in der Türkei wird alles nach dem Gewicht geschäßt , Weiber , Uhren und Papier.

Besonders aber

geht das Fioretto Papier stark ab, weil es nicht sehr theuer ist.

Die Türken tränken es noch mit aufgelöstem

173

Papier.

Gummi, und geben ihm dann mit dem Polirstein Glanz Nach Venedig schickt unter

allen

italienischen

Städten Genua das meiste Papier nach Griechenland. Das genuesische Papier ist leichter und wohlfeiler, als das venetianische.

Es wird im Winter sehr häufig aus

Spar amkeit zu Fensterscheiben gebraucht. Im Ganzen schickt Italien für mehr als 100,000 Piafter Papier nach Griechenland, und für mehr als eine Million in die ganze Türkei.

Der Artikel ist so beträchts

lich, daß alle Papierfabrikauten sich bestreben sollten, ihn mit den Italienern zu theilen. Marseille ist der einzige Handlungsort , der noch einiges Papier nach der Türkei schickt. Man kennt diese Sorte unter dem Namen Raiſin Papier ; es ist weit vors züglicher als das italienische, das ausdrücklich nach dem Geschmack der Türken verfertiget wird , und es fonte auch in der Türkei die nämliche Zubereitung erhalten; allein dessenungeachtet kann es die Concurrenz mit dem italienischen nicht aushalten, denn es ist viel zu theuer. Der hohe Preis des franzöfifchen Papiers wird durchzweyerley Ursachen hervorgebracht.

Erflens muß

dasselbe bey der Ausfuhr allzustarke Abgaben bezahlen, In vorigen Zeiten , wo diese Abgaben noch leidlich waren, befanden sich alle Papierfabriken in den südlichen Provins zen von Frankreich in einem blühenden Zustande.

B

gab deren damals wenigstens funfzig in der Provinz Ane goumois und eben so viele in der Grafschaft Avignon und der Provence.

Heutzutage find aber alle diese Fabriken

eingegangen, oder doch in einem elenden Zustande.

Die

Regierung muß daher die Abgaben auf das Papier durch-

$74

Sechster Abschnitt.

aus vermindern, und sogar auf eine Zeitlang Prämien auf die Fabrication desselben sehen, wenn es auf den turs kischen Märkten Absatz finden soll. Die zweyte Ursache dieser Theurung ist der hohe Preis der ersten Materie. In Frankreich sind die Lumpen weit seltener und folglich weit theurer als in Italien. Bey den ganz vorzüglichen Sorten von Papier verschwindet jedoch dieser hohe Preis der ersten Materie , wegen der Schönheit ihrer Fabrikation ;

in den mittlern Sorten

hingegen ist er zum Nachtheil von Frankreich äußerst fühlbar. Die Franzosen müssen daher vor allen Dingen darauf denken, wie dieser Preis der ersten Materie vers mindert werden kann. Dasjenige Papier, das hauptsächlich in der Levante abgeht, sind die gemeinen Sorten , sowohl die gummira ten als die nicht gummirten , und ferner die ganz groben Sorten , die zum Verpacken und zum Ersatz der Fensterscheiben verbraucht werden.

Zur Verfertigung dieser

Papiere hat man in Ermanglung der alten ersten Materie sich mehrerer neuer bedient.

Da die Lumpen so

theuer sind , so hat man in mehreren Fabriken sehr glückliche Versuche gemacht , um ihre Stelle durch mancherlen Vegetabilien und durch Rinden von verschiedenen Baus men zu ersetzen, und es sind schon mehrere Bücher auf dieser neuen Art von Papier

gedruckt worden.

Der

Vortheil, der aus der Vervollkommnung dieser neuen Erfindung für den Handel entstehen würde, ist groß und leuchtet von selbst in die Augen. Die Consumtion dieses Artikels beträgt ungefähr 108,000 Piaster,

175

Wollene Müßen. Wollene

Múßen.

Dies ist einer der einträglichsten Artikel des Hans dels mit Griechenland .

Die Müße ist hier das Haupta

stud des Kopfpußes , sie vertritt in der Levante die. Stelle des Hutes.

Die Griechen tragen sie ohne weitere

Verzierung, die Türken aber umgeben sie mit dem Tura bau, und die Weiber von allen Stånden und Claſſen vers zieren sie mit Tüchern, Franſen und anderm Kopfschmuď. Sie find in der Levante unter dem Namen Fez bekannt, weil in dieser Stadt der Barbarey die ersten Fabriken davon errichtet waren.

Heut zu Tage sind die Fabriken

von Tunis die berühmtesten.

Sie werden von da nach

Coron und Modon gebracht , wo sie gegen türkische Rea kruten und Kermes vertauscht werden.

Aus Morea wer

den sie auf die vorzüglichsten Märkte in Griechenland gez schickt, und durch ganz Macedonien häufig verkauft. Vor kurzem verbrauchte noch Griechenland iährlich fünf und zwanzig bis dreyßigtausend Dußend tunesische Tag Mützen, heut zu aber nur noch fünf bis sechstausend Dußend.

Durch die letztere Peft in der Barbarey

hat dieser Zweig der dasigen Industrie einen Schlag bes kommen , von dem er sich schwerlich wieder ganz erholen Fabrikanten verloren durch diese schreckliche Die

wird.

Krankheit ihre Arbeiter , und mußten daher mit der Fas brikation inue halten ; Menge Bankerutte.

hierdurch entstanden aber

eine

Dieses Unglück der Tuneſer mach-

ten sich die Italiener zu Nuge, und durch ihren Verlust bereicherten sich diese.

In Genua , Livorno und Ve-

nedig wurden Müßenmanufacturen errichtet ,

und aus

176

Sechster Abschnitt .

land diesen Manufacturen erhält heut zu Tag Griechen nd use a t h g c en a sse Bedürfni feine e yßi nu mm . ährli s ns Du dre au Ge j ko Be Es Mützen dahin , worunter die aus der Fabrik Alb ug haben . durch ausend Duzend, rno schic kt fünft Vorzbesonders den Livofeines die sich Gewebe unso gute Farben auszeichnen , und aus Venedig kommen jährlich dreytausend Duzend , und zwar aus der vortrefflichen Manufactur von Raut. Das Sortiment bey den Müßen besteht nur aus zwey Farben, nämlich roth und weiß.

Die rothen haben

alle einerley Form , und es werden von dieſen weit größere Quantitäten geschickt , weil die Männer insgesammt keine andere tragen.

Die Form der weißen bingegen ist vers

ånderlich , nach dem Geschmack der reichen Frauen , zu Die Damen in Cone deren Gebrauch sie bestimmt sind. ftantinopel geben den flachen Müßen den Vorzug ; in Griechenland aber ist es Mode, sie spit zu tragen , uns gefähr wie die jonischen Mützen , chinnen ihre Köpfe schmückten.

womit die alten Grie

Nur allein in den Inseln

des Archipels tragen die Weiber rothe Mützen von uns geheurer Größe, und begnügen sich, fie mit einer gols denen Treffe und Fransen einzufassen . übrigen Griechenland

In dem ganzen

werden die Mützen mit

einem

Basma, dem Turban der Weiber , umwickelt , und mit einer Menge von kleinen Zierrathen verschönert.

Die

Frauen der Beys schmücken sie vorn mit einem halben Mond von Perlen. Frankreich ist in Rücksicht des Müßenhandels ein

glücklicher Nebenbuhler von Italien , und vor dem Krieg

Wollene Mügen .

177

fiengen die französischen Mützen schon an , auf allen gries chischen Märkten den Vorzug zu erhalten , aller Glanz gegeben wird ,

weil ihnen

und die Bauern hieran fo

vielen Geschmack fanden , daß sie keine andern mehr kans fen wollten.

Die besten französischen Fabriken sind zu

Orleans, Carcassonne und Marseille, und die beyden vors züglichsten Fabrikanten zu Orleans waren Michel und Henri; der erstere besonders hat es zu einem so hohen Grad von Vollkommenheit gebracht , daß seine Mützen. denen von Tunis an die Seite gestellt werden können. 7 In Carcassone war Forron der beste Fabrikant , und unter denen zu Marseille zeichneten sich Roffel und Bonhomme Im Jahr 1790 wurden funfzehns vortheilhaft aus. taufend Duzend französische Mützen nach Griechenland gebracht, was damals beynahe die Hälfte von allen eins geschickten fremden Mützen ausmachte. Es trägt in Frankreich alles dazu bey , die Mühens Fabrication in einen hohen Flor zu bringen , und die Res gierung kann diesen Zweig der Industrie nicht genug. bes günstigen.

Wir bekommen die rohe Materie in der vors

züglichsten Güte aus der ersten Hand ; die Levante schickt uns ihren Kermes , Spanien seine Wolle , und Amerika alle seine Farbestoffe.

Die Fabrikanten in Italien und

der Barbarey kaufen zu Marseille den größten Theil der Wolle und des Kermes , beiten.

die sie in ihren Fabriken verara

Folglich haben wir einen Vorzug vor ihnen in

Rücksicht der Preise dieser ersten Materien.

Auch dert

Arbeitslohn könnten wir wohlfeiler haben, wenn unsere Fabrikanten die Müßen auf dem Lande und besonders in denjenigen Departementen stricken ließen , wo der Preis M Beaujours Beschr

Sechster Abschnitt.

178

*der Lebensmittel gering ist.

Dieser Zweig der Juduſtrie

würde für das Land von dem äußersten Nußen ſeyn, und es gehörten vielleicht nur einige geringe Pråmien dazu, um unsere Fabrikanten zur Anlegung neuer Stühle aufs zumuntern.

Es giebt in der That keine einzige manufacturirende Nation , die es uns in der Müßenfabrication gleich thun könnte , wenn sie nur einigermaßen bey uns begünstigt würde.

In England ist der Arbeitslohn zu theuer, in

Spanien fehlt es überhaupt an Arbeitern , und alle übris gen Lånder von Europa haben keine hinlänglich feine Wolle.

Die Teutschen haben Versuche mit diesem Zweig

der Industrie gemacht ,

sie sind jedoch nicht geglückt.

Die Qualität der Müßen war zwar ganz leidlich, aber die Farben waren unter aller Critik.

Die Teutschen wer-

den nie gefährliche Nebenbuhler in diesem Artikel werden, denn sie haben keine andere als schlesische Wolle zu vers arbeiten , und diese giebt ihren Müßen nie den Grad von Feinheit und Kern , durch den sich die franzöſiſchen , aus castilianischer Wolle fabricirten Mügen so vortheilhaft auszeichnen.

Der Artikel beträgt übrigens für Italien ungefähr eine Summe von 465,000 Piafter..

Alle bisher

angeführten Artikel der italianischen

Einfuhr nach Griechenland machen zusammengenommen eine Summe von 1,074,000 Piaster aus.

Holländischer Handel.

179

Holländischer Handel. Auch den holländischen Handel führen allein die Griechen.

Der holländische Conſul in Salonichi ist ganz

ohne Geſchäfte; er hat Fremde in seinem Schuß , aber mit seiner eigenen Nation hat er nichts zu schaffen.

Die

Griechen von Salonichi kaufen in Amsterdam in Coms miſſion Tücher ein , die unter dem allgemeinen Namen, holländischer Tücher, bekannt sind.

Sie halten das

Mittel zwischen den Londrins und den leipziger Tüchern; Sie sind stärker als die erstern , und feiner als die andern. Wegen der Güte ihres Stoffes , und ihrer vorzüglichen Derbheit sind die holländischen Tücher von jeher von den wohlhabenden Janitscharen und den reichen Albanesern geſchätzt und vorzüglich

gesucht worden.

Die Janita

scharen brauchen sie besonders zu ihren Caftans , und die Albanier zu ihren Westen und Beinkleidern.

Allein alle

diese Tücher sind schlecht gefärbt, obgleichdie Farbe beym ersten Anblick einen gewiffen Glanz und Schönheit hat. Die Schlechtheit der Farbe äußert sich bey den holländis schen Tüchern weit auffallender,

als bey irgend ane

dern, denn da sie zur Kleidung der Türken genommen werden, die sehr weit ist, so sieht man die Farbe sehr bald in den Falten durch das beständige Reiben verschwinden. Ueberdies können die türkischenKleider wegen ihrerWeite, auf keine andere Art gehörig gemacht werden , als wenn ' das Tuch vorher geneßt und dann mit einem heißen Eisen geglåttet wird, um seiner wellenförmigen Bewegung mehr Festigkeit zu geben.

Hiezu gehdren aber äußerst

dauerhafte Farben, denn es geschieht sehr oft, daß, wenn MR 2

Sechster Abschnitt

180

der Schneider mit dem Biegeleisen über die Nähte fährt, die einfachen Farben, als z. E. Blau , Grün , Zimmtfars ben u. dergl. ganz verschwinden, die gemischten hingegen, wie Violet und Purpur , sich in ganz andere Farben ums åndern. Die Summe dieses Artikels beträgt jährlich funfzigs tausend vierhundert Piaster. Andere Produkte ihrer Industrie schicken die Holz e ſſ länder nicht nach Salonichi ; dagegen aber nü liefern sie jähr= n te lich für funfzigtausend Piaster Gewürze , z . E. Pfeffer, ca s d n Mu u 5 und BluNelken , Zimmt , Ingwer ten. Hiezu kommt noch eine geringe Quantitat Zucker undCaffee, mold sie bloß beyfügen, um mit diesen Waas ren eine oder zwey Schiffsladungen von macedonischer Wolle bezahlen zu können.

Ruffisher Handel.

Der Russische Handel nach der Türkei nimmt täglich zu.

Das schwarze Meer und die Donau sind die beyden

Candle deffelben und Conftantinopel ſein Stapelort. Was hier nicht niedergelegt wird , geht durch die Moldau und Wallachei nach Rumelien , und wird durch die Messen 1 Selivrea und Ozongiova durch dassh Land süds wärts der Donau ausgebreitet.

Die Griechen treiben

diesen Handel ganz allein , denn die Russen sind noch viel ริน

unwissend und

uncivilifirt, um Theil

daran zu

nehmen. Es kommen aus Rußland Seidenwaaren von aller Art nach Griechenland , z. E. Taffete, Gaze, Borten .

181

Rusischer Handel,

ferner Golddrath ,

und goldene Spiken.

Auch wird

Eammet dahin geschickt, allein er findet keinen starken Abſatz , denn es hålt überhaupt schwer , irgend eine neue Waare in Aufnahme zu bringen.

BiharJedoch wird durch die Concurrenz mit diesem Sams met der Preis des genuesischen in Zukunft ohne Zweifel fallen müssen.

Der gemeine russische Sammet ist in Rüd-

ficht der Qualität dem genuesischen ganz gleich , und das bey um ein beträchtliches wohlfeiler, weil die erste Materie in Rußland nicht so theuer ist als in Italien.

Die

Russen verarbeiten nicht nur ihre Seide aus Casan und Aftraçan , sondern sie kaufen heutzutage auch noch die aus dem nördlichen Persien , und besonders aus Ghilan und Mazanderan , die ehemals

durch die Caravanen

von

Erzerum und Teflis nach Smyrna gebracht wurde.

Der

russische Sammet könnte beffer seyn.

hat nur einen Fehler ;

seine Farbe

Das petersburger Cabinet soll jedoch

vor kurzem italianische Fabrikanten ,

die den Ruhm von

vorzüglichen Coloristen besitzen , nach Rußland berufen haben.

Es werden

ungefähr in Salonichi zwanzig bis

fünf und zwanzig Kisten mit russischem Sammet abgesetzt. Man sieht hieraus , daß der Artikel erst im Entstehen ist; er verspricht jedoch den besten Fortgang.

Die Summe des ganzen Handels beträgt ungefähr fechzigtausend Piaſter.

182

Sechster Abschnitt. Welzhandel.

Die Pelzwerke machen den Hauptartikel des russie schen Handels nach Griechenland, so wie überhaupt nach der Türkei aus.

Man weiß in dem übrigen ( Europa

nicht , welch eine Quelle des Reichthums dieſer Handelsz zweig ist.

Ich will ſuchen eine richtigere Idee davon zu

geben. Die Pelze find in Griechenland ein Hauptgegenstand Sie vertreten in der Türkei die Stelle der

des Lurus.

Tressen ; sie sind das Merkmal des Reichthums, das anständ ler ig gekleiKennzeichen der Größe. Man ist nicht col t a a h det, wenn man keine iten ean z o r n e b ll Sa s fo wie auch in a die Pelze zum großen Staat. Ihr Gebrauch ist daher ganz allgemein, und es wird eine ungeheure Menge davon abgefeßt. Diea sen unermeßlichen, immer in gleichem Grade fortdauern denHandel haben die Mächte, die den Norden von Europa inne haben, bis jest immer vergebens gesucht den Russen zu entreiffen . Die besten Pelzwerke kommen aus dem Innern von Rußland.

Die Griechen kaufen ſie in den südlichen Pros

vinzen dieses Reichs ,

auf den Märkten in der Ukråne

und in Pohlen , und verkaufen ſie nachher wieder auf den Messen zu Selivrea und Ozongiova , woher sie durch ganz Rumelien verschickt werden. Die übrigen Provinzen ve des türkischen Reichs holen ihre Bedürfnisse in diesem Artikel aus Constantinopel, wohin die Pelzwaaren von Akermann, Oczakow , Casan und Astracan über das schwarze Meer gebracht werden..

Zobel.

Pelshandel.

Auf den

Märkten

183

von Griechenland wird für

900,000 Piaster Pelzwerk verkauft ; allein dies wird nicht alles im Lande selbst verbraucht.

Salonichi schickt

den dritten Theil davon nach Syrien und Egypten, um damit den Ueberschuß zu bezahlen , der dieſen beyden Pros vinzen aus dem gegenseitigen Handel zukommt. Man nennt rohe Pelzwerke diejenigen , die weder Form noch irgend eine Art von Zubereitung bekommen haben ,

und die gerade noch so sind , wie sie von dem

Körper des Thieres kommen.

Das verarbeitete Pelzwerk

hingegen ist dasjenige , so durch die Hände des Kürschners gegangen ist , und von ihm irgend eine Form erhalten hat. Die gemeinen Pelze werden in der Türkei erst zugerichtet; die reichern aber kommen schon ganz zubereitet dahin. Siberien ist das große Magazin von den allerschönſten Sorten von Pelzwerk. Am meisten hålt man in Griechenland auf folgende Sorten

auf Samur ,

Grauwerk,

oder

schwarzen Fuchs oder Baranken.

Susamur oder

siberische und

Zobel,

Eichhörnchen,

ungeborne Lammer,

Bobel. Man giebt in der Levante dem Zobel Marder den Namen Samur , und dem gewöhnlichen russischen Mars der, der von dem unſrigen nur durch die Farbe der Haare verschieden ist, den Namen Susamur.

Dieser gewöhns

liche Marder lebt unter allen nördlichen Himmelsstrichen ; der Zobel hingegen , der viel kleiner ist , und den man eben wegen seiner Kleinheit die moscowitische Maus ges

184

Sechster Abschnitt.

nannt hat, febt nur in den unermeßlichen Wäldern Sia Sein Fell ist glatt , glänzend und schwarze beriens V braun . Sie werden mit Flinten geschoffen , und zwar bloß für Rechnung des Kaisers , der nicht nur durch die Verbrecher, die zum Eril verdammt find, biefe Jagd treiben läßt, sondern der auch dazu manchmal ganze in Tobolsk cantonnireude Regimenter abschickt ). Die unters jochten Samojeden zahlen ihm ihren Tribut in Mardern, Zur Zeit der Eroberung wurde jeder Kopf zu zwey Fellen taxirt.

Die schwärzesten Zobelfelle werden am meiſten gez fchätzt.

Allein unter dem Polarcirkel werden so gut Bes

trügereyen berübt , wie in der gemäßigten Zone.

Die

Einwohner von Siberien haben die Kunst erfunden **), die gewöhnlichen rothen Marder zu fårben, und sie fo schön alänzend ſchwarz au niachen, als wenn sie von Natur so wären.

Durch Eitronensaft wird diese nach

gemachte Farbe weggefressen, und der Betrug am fichera ften entdeckt

*) Dies längst widerlegte Mährchen ist wahrscheinlich daher entstanden , daß die aſiatiſcheh Nationen dem Kaiser ihren Eribut in Zobels und anderm Pelzwerk erlegen müssen, Jest werden die Zobel meistens in Schlingen gefangen. Aus dem eigentlichen Siberien haben sie sich meistens vers loren , und die besten Felle erhält man nur aus Dauriem oder Gegend von Nertschinsk und Jrkuzk. øder der Gege Man hat mich versichert, daß ein zu Moskau anfäßiger Kaufmann aus Siberien auf diese Art ein unermeßliches Vermögen erworben babe. Er nahm an feinen Operatios neu Saft von Nußbäumen , den er in Wasser auflößte,

Bebel

83

Am allerhöchsten aber werden die Zobelfelle geschäßt, Die bloß aus den Spißen der Schwänze bestehen *). * Dieser Theil des Felles ist der weichſte , kernhafteste und glänzendſte ; es läßt sich aber auch leicht begreifen , wie boch ein Pelz , der bloß aus diesen Theilen zusammenges setzt ist, imPreise zu stehen kommen muß.

Daher trågt

der Großherr bey öffentlichen Feyerlichkeiten Pelze , die bis dreyßigtausend Piaster werth find. Man behauptet, daß die zwey reichen Pelze, die Catharina I. mit ihren ſåmmts lichen Edelsteinen dem Großvezier Baltadgi Mehemet zum Geschenk gemacht habe, um Peter den Großen in dem unglücklichen Feldzug

am Pruth vom gänzlichen

Verderben zu retten , und den türkischen Feldherrn zur Unterzeichnung des Tractats zu Falczyn zu bewegen, mehr als 100,000 Piafter werth gewesen wären , und noch jezt im Serail aufgehoben würden, wo man ſie eina mal im Jahr , nåmlich an dem Tage, wo der Sultan

*) Von allen Schriftstellern , welche den Zobelfang und den russischen Pelzhandel beschrieben haben, erwähnt kein einzis ger diesen Umstand. Indeffen werden von den besten Fet len nur die Rückenstücke genommen , und der Bauch wird PelzeNur , ihrdie dichtesten vorgeben abgeschnitten. Männchen geben die die besten und Werth hängt von den langen schwarzen Haaren ab, die von einerley Länge feyn müssen. Denn die Zobel hátt man für schlecht , bey denen diese Haare röthlich , gelb oder gar weiß sind. Da nun die Da nun die besten Zobel auf der Stelle mit hundert Rubel und darú? ber bezahlt werden, so kann des Großherrn Pelz wohl 30,000 türkische Piaßter gekostet et haben, wenn man zu obigem Preise die Menge der Zobel zu einem Staatspels , den weiten Transport , und den Gewinn der russischen und griechis schen Kaufleute rechnet. S. Friebe über Rußland Th. II, S. 409.70

186

Sechster Abschnitt.

feinen Gemahlinnen ein Fest zu geben pflegt , dffentlich zur Schau legt. Die Zobelfelle haben keine große Zubereitung nde thig.

Der Kürschner hat bloß dafür zu sorgen , daß die

Haare gehörig von einander abgesondert werden, und daß fie sich noch weicher und seidenartiger als von Natur an: fühlen lassen.

Diese köstlichen Pelze werden kistenweiſe

verkauft, die Kiste enthält ein Sortiment von zehn Pas keten, die numerirt find , und von Nr. 1 bis 10 in Schönheit immer abnehmen.

Jedes Paket besteht aus

zwanzig Paar , oder aus vierzig Fellen , und wird für dreyhundert bis auf - dreytausend Piaster verkauft,. der Mittelpreis ist jedoch fünf bis sechshundert Piaster.

Ip

Griechenland werden jährlich sechzig bis siebenzig solcher Pakete oder Zimmer abgesetzt.

Aus einem Paket werden

gewöhnlich neun türkische Westen gemacht , nämlich vier aus den Rückenstücken,

die den Namen Arka führen,

vier aus den Beinen , die Ternak heißen , und eine aus den Hälfen , die Samurpacha genannt wird.

Hermelin.

Hermelin wird gemeiniglich zu den Sommerpelzen genommen , und zwar vorzüglich zu Frauenzimmerkleidern. Seine Schönheit besteht in der weißen Farbe; ollein t zum Unglück ist diese nicht von Dauer , denn die allerschönsten Hermolinpelze werden in freyer Luft gelblich.

Dessenüngeachtet haben sie immer ein ſchöneres

Weiß , als die Felle von den weißen Caninchen , womit man zuweilen jene Pe Die Kürsch zu ersehen sucht. ver in der Levante machen schwarze Fleckchen in die Hers

Grauwert.

187

melinfelle, um die weiße Farbe hervorstechender zu mas chen ; auch befestigen fie mit vieler Geschicklichkeit die Schwänze der Thiere an das Pelzkleid , so daß fie zu Zierrathen dienen , mit denen die Türken beständig spies len , und woran ſie einen ganz eigenen Gefallen finden ; es ist nämlich zu bemerken , daß die reichen Türken den ganzen Tag über auf dem Sopha fißen , die Pfeife im Munde haben und nichts anders thun als sich den "Bart oder den Pelz streichen.

Lott mahlte einmal mehrere

Türken in dieser lächerlichen Stellung, und schrieb unter die Carricatur: türkische Promenade. Auch diese Hermelinpelze werden in Paketen vers kauft, die Soroks heißen,

Ein Sorok enthält vierzig

Felle, und kostet zwanzig bis vierzig Piaster. Der jährs liche Absah mag ungefähr auf acht bis neunhundert Sos roks steigen.

rauwerf Das sogenannte Grauwerk kommt von dem ſiberis schen Eichhörnchen , das aschgraue Haare hat.

Es ist

von dem unsrigen dadurch verschieden, daß es wie diese aber grau wird. Auf dieſes Rücken ist dem im Sommer roth ist , im Binter aber so weiders schön ; am Bauch die Haare Grau find wie die am Hermelin. Wenn ein Pelz abwechselnd aus Fellen vom Rücken und aus Fellen vom Bauch zusammengesezt ist , so ist er Ein Sortiment von desto schduer und desto theurer. Grauwerk besteht aus tausend Fellen ; jedes Laufend ist numerirt , und die kleinsten Nummern bezeichnen immer die ſchönſten Felle.

Die Türken verbrauchen ausnehmend

Sechster Abschnitt.

188

Biel Grauwerk, denn die Mannspersonen füttern thre Lartaren oder Ueberrdce damit , und die Frauenzimmer ihre Djube's , eine Art von Kleidung, die unsern ehemaligen Polonoisen ähnlich sieht.

Zu jedem Pelz

werden eilf Felle gebraucht , nämlich fünf Rückenstücke, die den schönsten und kostbarsten Theil des Felles ausmas chen, und sechs Bauchstücke , die weniger geachtet wer den.

Das Grauwerk wird auch mit Caninchenfellen, die

grauliche Haare haben , nachgemacht ; allein diese Pelze find bey weitem nicht so theuer und so vorzüglich schön, wie die von achtem Grauwerk.

Die Consumtion des

Grauwerks beläuft sich in Griechenland jährlich auf fünfs hundert Sortimente , feden fo Fellen , und ein folches Tausend kostet zwischen dreyhundert bis fünfhunz bert Piafter.

Schwarzer Fuchs. Der schwarze Fuchs ist das allerkostbarste Pelzwerk, und wird sogar theurer bezahlt als der Zobel.

Deshalb

ist er auch in den hohen Reichsämtern das Symbol der Macht ; der Großherr und die Pascha's mit drey Roßschweifen

tragen bey öffentlichen Ceremonien

Pelze von schwarzem Fuchs.

Die vorzüglichsten davon

kommen aus der kleinen Tartarei ; Azow

man kauft sie zu

Caffa und Akermann , und braucht sie vorzüglich.

warm sit zu Winterkleidern , weil sie sehr warm sind . Felle ,

Es giebt

die folche lange seidenartige Haare haben, man bequem ein Hünerey darin verbergen kann.

daß

Salonichi werden jedoch wenige davon

und

In

nur von der gemeinsten Sorte werden jährlich einige das

189

Ungeborne Lammerfelle. selbst untergebracht.

Die schönsten kommen nach Cons

ftantinopel, wo ein einziger solcher Pelz bis auf 50,000 Piaster zu stehen kommt.

Ungeborne Lammerfelle.

Diese ungeborne Lämmerfelle machen in ganz Gries chenland einen sehr reichen Zweig des Pelzhandels aus. Die schönsten werden zu den Calpak's genommen ,

einer

Art von Kopfput , dessen sich der sogenannte griechische Adel bedient, und der zugleich auch das Symbol der geistlichen Würde von allen Claffen ist ; die Popen von allen christlichen Sekten tragen einen solchen Calpak auf dem Kopfe.

Die Lämmer, von deren Häuten man dieses

Pelzwerk macht, werden vor der Zeit der Reife den Müttern aus den Bauchen genommen. Man unterscheider darunter zweyerley Arten, schwarze und graue.

Die erstern kome

men aus der kleinen Tartarei und von den Ufern der Wolga.

Die Wolle davon ist äußerst kraus, kurz, weich

und glänzend schwarz.

Man braucht sie zum Futter der

gemeinern Mützen und zum Verbråmen der Kleider. Das . Paar von solchen Fellen kostet zwischen funfzehn bis funfa sig Piaster , nach dem größern oder geringern Grad ihrer Feinheit; und zum Futter einer Müße wird ein Paar erfordert. Die grauen Felle kommen aus Persien , und stes hen in weit höherm Werth als die schwarzen.

Sie find

noch weit feiner und feidenartiger ; auch sind sie schöner und in kleinere Locken gekräuselt ; allein sie sind so theuer, oge eis daß man nur die weißen Calpak's und niger Ceremonienkleider damit verbråmt.

Die Fürsten

Sechster Abschnitt.

190

von der Wallachei und der Moldau , die Dragomans der. Pforte und aller europäischen Mächte tragen dergleichen Pelzwerk an ihren Calpaks.

Das Paar solcher Felle kos

ftet funfzig bis hundert , ja sogar zweyhundert Piaſter. Auch aus Egypten werden Lämmerfelle nach Sas Ionichi geschickt ; allein sie stehen den vorigen weit nach. Der Verbrauch von diesen verschiedenen Arten von unges bornen Lämmerfellen kann für Griechenland auf 80,000 Piaster gerechnet werden.

Es ist noch nicht lange her, daß auch England Pelzwerke aus Canada nach der Levante schickte.

Ferner kas

men einige Sorten aus Teutschland dahin, die aus Nords amerika geholt waren , und auf den frankfurter und leips ziger Messen gekauft wurden. Allein seit einigen Jahren hat Rußland diesen ganzen Handel an sich gerissen , und der , den andere Nationen nach der Türkei führen , ist so unbedeutend, daß es sich nicht der Mühe verlohnt, ihn einmalIzu zu schäßen. Als man in England merkte , daß man mit den canadischen Pelzwerken auf den griechischen Märkten die Pelzwerke aus dem nördlichen Europa nicht würde verdrången können , so faßte man die Idee , wenigstens den Handel mit russischen Pelzwaaren den Griechen zu ents reiſſen , und man hoffte sie dadurch zu realisiren , daß man diesem Handel die Richtung ins weiße Meer und nach dem Hafen von Archangel zu geben suchte.

Da die Enge

coneinf en mit Producten mehrere Schiffladung ühren , so håt ten sie ihrer Industrie in diesen

länder jährlich

Pelzwerke zur Rückfracht genommen und sie dann weiter in die Levante geschickt.

Hierdurch hätten sie beträchts

191

Ungeborne Låmmerfelle.

liche Kosten gespart , weil sie nicht wie die Griechen die schweren Zölle bey der Einfahrt in Constantinopel, ferner im Lande der Cofacken , in der Tartarei und in Rußland hätten bezahlen müſſen.

Der Transport zur See schien

ihnen überdies weniger kostspielig , als der Transport zu Lande , und fie rechneten in der That sehr richtig ; der ganze Plan war vollkommen gut ausgedacht, und deffens ungeachtet konnte er nicht ausgeführt werden.

Ich vere

muthe, daß man durch den hohen Preis der Affecuranzen bavon abgeschreckt wurde. der langen Seereise , stehen gekommen.

Dena diese wåren ,

wegen

wenigstens auf drey Procent zu

Da nun Pelzwerke eine sehr feine

Waare ist , die wenig Raum einnimmt, so håtten für eine gewöhnliche Kiste , die zweytausend Piaster

werth ist,

sechzig Piaster bezahlt werden müffen ; es kostet aber nicht mehr als fünfzig Piafter,

um zu Lande eine solche Kiste

von Moskau nach Conſtantinopel transportiren zu laſſen. Diese Ersparniß macht äußerst viel aus ,

und hat allers

dings in Erwägung gezogen werden müſſen. Dieser Artikel beträgt übrigens jährlich an 900,000

Piaster. Alle übrigen Artikel der ruffischen Einfuhr nach Griechenland zusammengenommen belaufen sich auf eine Sunime von 960,000 Piafter.

192

Siebenter

Abschnitt

Französischer Handel, n sche ng s s zösi pru del zug in die vor Han des fran er Urs sten äfen er evante erliert ich n en eiten er lich H d L s 12 ii d Z d v h uge ch rst del on alonic uzz o r n t e d e a a r e h e j S H D K . umv en s eri en tnfang enommlich ist er olbert n n t i i n e a M C s derA g dent z n ror in hte n inem ahrhu J so auße ite E alle er mac it e del er rs elle ortschr nah di e dem Han , daß er bey schn F e t n h n nich e c a glei kam . ften Håf Salno hat in deetrenLev eit che r l i b l e n r e r e e d e Lag zu feaifnter natü dies Han aeunsg eilh ank te t h d n n h t r n y e c r köchen . Die vo unkt se ve , di ni s p i l ä t e ei p t t d k o er eur , Tür lieg fast im Mit Sta e d g n e e h t r n c e d h t e n r e s r e , bi fic bi in di Mindis un ka ih Me dus ä t ipel n en m ittell reck des Arch erst , mit alle Håf i nmg e du men n re uf ie eichtest bin . kom Art in Ver a d l sche Mee

Diese Stadt ist die Niederlage des ganzen französ fischen Handels nach Griechenland , und der Ort wo die ansehnlichsten Comptoire, bieser Nation errichtet sind. Diese

Comptoire

verkaufen

Tücher , Müßen , Golde

waaren , Caffee, Zucker , Indigo und andere Produkte der Colonien, Rucher

Aus Marseille werden zweyhundert und funfzig Ballen Tücher nach Salonichi geschickt.

Der Baller

wird für tauſend bis zwölfhundert Piaster verkauft,

und

Tücher.

Müßen.

193

dieser Artikel beträgt also eine Summe von 250,000 Piaster. Unser Tuchhandel nimmt täglich ab, je mehr die sogenannten leipziger Tücher in Aufnahme kommen ; es hångt jedoch von der Regierung ab,

dem Tuchhandel

wieder aufzuhelfen , wenn sie nur die sonstige Aufsicht darüber wieder herstellen will .

Bey gleichen Preisen

werden die Türken immer unsere leichten Londrins wegen der Schönheit und der Lebhaftigkeit ihrer (Farben , allen andern Tüchern vorziehen.

Múken. Ehemals schickten wir funfzehntausend Dußend Müßen nachGriechenland, durch deren Verkauf 100,000 Piaster in die Caſſen unserer Comptoire kamen ;

allein

ſeit demKriege hat dieſe Quantitåt gewaltig abgenommen. Die italienischen Handelsplåße haben sich durch unsern Berluft bereichert. Unsere Mützenfabrication ist jedoch des größten Lobes werth , und die Fabriken zu Orleans stehen denen zu Tunis nicht nach.

Sie sind ihnen sogar im Striden, in

dem festen Gewebe der Maschen , und in der Schönheit der Farben gleich gekommen.

Ihr einziger Fehler liegt

in der Form , die sie den Müßen geben.

Die Türken

find große Kinder , die bloß darum die Müßen von Tunis den französischen vorziehen , und die letztern Copien sind.

weil die erstern Originale Wir müssen ihre Augen

täuschen , wenn wir aus ihren Beuteln schöpfen wollen,

Beaujours Beschr.

n

194

Siebenter

Abschnitt.

Gold wa are en. Der Absatz unserer Goldwaaren nimmt immer mehr ab, anstatt zu steigen, weil die Lyoner Fabrikanten sich nicht nach den Launen der Griechen bequemen wollen. Sie verlangen lauter kleine Fransen, Spißen und ane dere dergleichen Zierrathen ; die großen Galonen werden nie ihr Glück machen.

Der Grund davon ist höchst einfach;

überall find die Galonen hauptsächlich zum Gebrauch der Frauenzimmer , und diese wollen hier nichts anderes has ben , als Dinge, die recht glänzen und in die Augen fallen.

Daher haben die Galonen aus Venedig und Cons

stantinopel, die unåcht aber sehr glänzend sind, die frans zösischen verdrängt.

Es werden jezt im Ganzen nicht

über 40,000 Piaster für solche Lyoner Goldarbeiten ges wonnen , da ehemals der Absatz davon beynahe 100,000 Piafter eingetragen hat.

Caffee.

Wir verkaufen jährlich nach Griechenland zwölfs tausend Cantaars Eaffee, die eine Summe von 500,000 Piaster ausmachen ; dies ist aber unser vorzüglichster Ars tifel. Unter allen Caffeeforten aus den Aytillen ist der von Martinique der beliebteste. Er hat eine kleine, runde Bohne, die dunkelblau aussieht. Das davon bereitete Getränk hat einen balsamischen Geruch , und einen töst

der türGeschmack kischenRe lichen Die . gi e Einfuhr dieses Caffees wird von begünstiget , ob er gleichge bar ihren Verhältnissen mit Mekka und Djedda, welche durch Die Religion geheiligt sind ; Eintrag thut.

Der Grund

Zucker.

195

Bavon mag wohl der feyn , weil der Caffee aus unsern Jufeln immer durch Waaren bezahlt wird , die wir aus der Türkei nehmen ; dagegen die Türken den Mokacaffee in baaren venetianischen Zechinen bezahlen müssen.

3uder. Unsere Comptoire zu Salonichi verkaufen jährlich zwölfhundert Cantaars Zucker ,

theils roh , theils in

Hüten, und der Ertrag davon beläuft sich auf 40,000 Piaster. Der Zucker der aus Egypten kommt , thut der Cons fumtion des unsrigen Abbruch. Er ist zwar nicht so schön von Ansehen, aber er ist süßer. In Egypten wächst unstreitig das beste Zuckerrohr in der Welt ; dagegen hat die Trägheit und Unthätigkeit der Einwohner den höchsten Grad erreicht, und wird durch die Tyrannei der Regierung noch mehr befördert. Sollten einmal die Egyptier mehr Zuckerplantagen anlegen , und sich die Mühe geben , ihren Zucker selbst zu raffiniren, so werden sie im Staube seyn , die ganze Levante damit zu verfolgen. Das Frühjahr ist die Jahrszeit , wo unser Zucker absatz am stärksten ist, denn alsdann bereiten die Griechen und Türken ihren unvergleichlichen Rosenzucker.

Auch

nehmen die Einwohner der Levante französischen Zucker zu ihrem Sherrbet ; es ist Schade , daß fie nicht auch zu ihrem Caffee Gebrauch davon machen , denn unser Absatz würde nicht nur dadurch verdoppelt werden , sondern der Caffee selbst würde auch angenehmer zu trinken seyn. Sie haben aber nie dazu gebracht werden können , dieſen Ges 1 2

196

Siebenter Abschnitt.

brauch von uns anzunehmen.

Durch das häufige Tabaks

rauchen wird der Gaumen hart und abgeſtumpft ;

wahrs

scheinlich wollen nun die Türken , die starke Raucher sind, dem Caffee feinen ihm eigenthümlichen bittern Geschmack, der in dem Gaumen einen angenehmen Kikel erregt, nicht durch den Zucker entziehen.

Indigo.. Wir verkaufen in Griechenland jährlich dreyhundert Cantaars Indigo ,

die

ungefähr

120,000 Piaster betragen.

eine

Summe von

Der Indigo von Jamaica

und St. Domingo wird hier am meisten gesucht. Der schöne Indigo muß aus flachen Stückchen von mittlerer Größe bestehen , mit Silberflittern überzogen und entzündbar seyn ;

ferner muß er auf dem Wasser

schwimmen und eine schöne blaue oder violette Farbe has ben.

Die Wahl der Farbe muß sich nach der Qualität

des Wassers richten , das in den Orte, wohin der Indigo kommen soll , zu haben ist , denn nicht für jede Art von Die blaue Wasser sind beyde Farben gleich zuträglich. vermischt sich leichter mit dem Wasser von Salonichi, die violette hingegen besser mit dem in Lariſſa, und in Livadia muß man einen violetten Indigo wählen , der ins dunkels fupferfarbige fållt. Der Indigo ist übrigens die Waare , die hier unter allen am meisten verfälscht wird.

Außerdem daß schon

bey der ersten Bearbeitung durch zu starkes Auspressen dettes aus dem der Indigo gewonnen wird , und durch Vermischung desselben mit Schieferstaub und anz

Sndigo.

197

dern ähnlichen Materien , Betrügereyen vorgehen , ' wird er auch noch von den Juden in Griechenland mit geraspels tem Bley vermischt.

Dieses Bley verbindet sich mit dem

Indigo , nimmt seine Farbe an , und gleicht ihm im Aeußern ganz vollkommen.

Es hilft nichts, daß die

türkischen Kadis die Juden auf die Bibel schwören laffen, daß ihr Indigo nicht verfälscht ist ; die Juden schwören ohne Bedenken falsche Eide, und die türkischen Kaufleute werden nach wie vor betrogen. Das einzige Mittel , es nicht zu werden , besteht darin, daß man beym Einkaufen des Indigos in den jüdischen Magazinen nicht nur seine Farbe und fein Gewicht untersucht, sondern auch seine Zertheilbarkeit oder Auflöslichkeit.

Zu diesem Ende muß er ins Waffer ges

legt werden , und derjenige Indigo ist der vorzüglichste, der sich am besten auflöſt und in die kleinsten homogenen Theile zertheilen läßt.

Derjenige ist folglich der schlech

teste, der am meisten Unreinigkeiten auf dem Boden des Gefäßes absetzt.

Ist er aber verfälscht , ſo ſondern sich

die heterogenen Theile davon ab , und find ganz unaufs Idsbar. Die Juden in Salonichi machen Indigo , wie unsere Wirthe Wein.

Sie nehmen dazu zehn Theile Mehl,

einen Theil reinen Indigo , und fünf Theile Indigo

der

in Tafeln und schon ganz verfälscht von Constantinopel kommt ; diese fremdartigen Materien werden untereinander gemischt, zu einem feinen Pulver zerstoßen und dieses alsdann durch eine Auflösung von arabiſchem Gummi in einen Teig verwandelt.

Aus diesem Teige machen fie

hierauf kleine Kuchen oder Tafeln , laſſen diese in der

Siebenter Abschnitt.

198

Sonne trocknen, zerbrechen sie wieder in kleine Stückchen, die sie zu einem groben Pulver zerreiben , und bestreuen endlich

dieses

künstliche Gemengsel mit einer geringen

Quantität von åchtem Indigo Pulver. Im Jahr 1789 kam eine ve Menge Indigo von St. Domingo nach Salonichi ,

daß der Preis desselben

auf einmal um fünf und zwanzig Procent fiel.

Et

mußte wieder nach Marseille und Genua zurückgeschickt werden , wo er noch immer besser verkauft werden kounte als in der Levante ,

und mehrere Kaufleute gewannen

durch diese Wiederausfuhr über zwanzig Procent.

Hier

auf schloffen die französischen Kaufleute unter sich einen Verein ab,

um dem immerzunehmenden

Fallen des

Preises Einhalt zu thun ; es wurde ausgemacht , daß der Indigo auf dem Markt zu Salonichi nicht anders als um neun Procent über den Preis , den er in Marseille gålte , abgelassen werden sollte , und um auch jedem Un= terschleifzuvorzukommen, wurde zu gleicher Zeit verboten, ihn gegen andere Waaren umzutauschen.

Der Seeminis

ster , dem damals die Direction über den auswärtigen Handel übertragen war , genehmigte diese seltsame Uebers einkunft , ungeachtet der Consul die dringendsten Vorstellungen dagegen machte , und voraus sagte , daß wenn der Verein aufrecht erhalten würde ,

die Levantiner ohne

allen Zweifel den Indigo in Livorno einkaufen , und die französischen Kaufleute den ihrigen alsdann in den Magaz zinen behalten würden. traf auch buchstäblich ein. Fremde, die ließen.

Die Prophezeihung des. Consuls Die Käufer wandten sich an

ihnen den Indigo weit wohlfeiler übers

Französischer Handelsgewinn.

199

Einige andere Artikel Aus Marseille werden jährlich siebzig Cantaar Cos chenille ungefähr 60,000 Piaster an Werth , nach Sas Ionichi geschickt ; ferner funfzig Cantaar Pfeffer von Goa und aus Holland , die

fünftausend Piafter betragen ;

einige andere Specereien für achttausend Piaster ; Fers nambuck- und Campescheholz für 10,000 ; Arzneywaas ren , gebrannte Wasser, Syrup von allerley Art, Papier, Bley , und Schrot für 30,000 Piaſter.

Französischer Handelsgewinn. Alle Artikel der französischen Einfuhr machen zus sammengenommen eine Summe von 1,163,000 Piafter aus ; die Ausfuhr 1,310,000 Piaſter ;

nach Frankreich hingegen beträgt nämlich 1,000,000 in Baum-

wolle, 150,000 in Wolle , 60,000 in Wachs, Abats, Caputriden, Hafenfellen , Creuzbeeren, und 100,000 in Getreide.

Die Summe der Einfuhr , so wie die der

Ausfuhr , bleibt immer dieselbige ; denn wenn der eine Artikel abnimmt, so nimmt dagegen ein anderer zu. Die Verschiedenheit in der Bilanz , beträgt daher fast immer hundert und funfzig bis zweyhunderttausend Piaſter , und felten weicht sie hievon ab.

Ist sie jedoch beträchtlicher,

so find Getraideladungen die Ursache davon, und in einem folchen Fall muß dieses Mehr durch baares Geld oder Wechsel berichtiget werden.

Constantinopel schickt als-

dann einen Theil dieses Geldes nach Salonichi , das es durch den Ueberschuß seiner Ausfuhr gegen die Einfuhr gewonnen hat.

Es ist überhaupt ein seltener Fall , daß

200

Siebenter

Abschnitt.

das Scentriren in den verschiedenen Handelsplåten der Türkei zum Nachtheil von Salonichi ausfällt; es ist fast immer zu seinem Vortheil ,

und man kann hieraus die

günstige Lage dieses Plates kennen lernen. Es ist nicht wohl möglich , von dem jährlichen Ges winn aus dem französischen Handel nach Griechenland mit Genauigkeit eine Mittelsumme anzugeben , denn die mans cherley dem Handel eigenthümlichen Zufälle machen den Gewinn steigend und fallend , und diese Zufälle treten in Salonichi häufiger ein als anderswo , wegen der allge= meinen Unzuverlässigkeit des Vermögensstandes.

Man

kann indessen , wie ich glaube, doch eine ungefähre Bez rechnung darüber anstellen ,

wenn man die Geldzinſen

zum Maaßstab nimmt. Diese richten sich im Steigen und Fallen nach dem Gewinn , den der Handel abwirft.

Es ist billig , daß.

von diesem Gewinn die Hälfte zur Bezahlung der Zinsen voraus erhoben wird.

theil des Kaufmanns.

Die andere Hälfte ist der Vors In den barbarischen Ländern,

wie in der Türkei , stehen jedoch die Interessen immer, hds her als in civilifirten Staaten , weil in denselben der Ges ngern winn, der aus der Industrie fließt, wegen der Seri Concurrenz weit größer ist. Auch sind darin die Lände htet reyen wohlfeiler , und dessenungeac fruchtbarer und r einträgliche , weil in diesen Ländern nur der allerfruchtte barste bestgelegens Boden urbar gemacht und angebaut aßen en wird; nun stehen aber die. Geldintereſſ bekannterm immer in gleichem Verhältniß mit dem Ertrag der Låna Dereyen,

Franzosischer Handelsgewinn. Diese

201

Interessen find also in Griechenland der

wahre Maaßstab von dem Gewinn , den der Handel abs wirft, wie sie überhaupt in allen Ländern der Thermos meter des Reichthums und der Armuth sind.

Der tus

gendhafte Brutus , der nach dem Zeugniß seines Freuns des Cicero in seiner Statthalterschaft Cypern Geld zu acht und vierzig Procent ausleiht , erinnert mich an den barbarischen Diezzar, der in seinem Paschalik Acre zu eben so viel Procenten leiht , und diese ungeheuren Zinsen geben keine beffere Idee von der römischen Regierung als von der türkischen, und von dem Zuſtand des neuern Ch. perns als von dem des alten Italiens. Je mehr man 1 reist, desto mehr wird man überzeugt, daß die meisten

Wie will man alten Geschichtschreiber Betrüger find . die Welt belehten , wenn man sie hintergeht ! Im Durchschnitt find in Griechenland die gewöhnlichen Zinsen zwanzig Procent ; man kann folglich den reinen Gewinn vom Handel auf zehn Centner rechnen. Die hingeschickten Waaren geben einen Profit von fünf ( und zwanzig Procent , dagegen beträgt der Verlust auf die dort wieder eingekauften funfzehn Centner. Ich folge in dieser Angabe des Verlustes der Sprache derKaufleute, die nicht immer die Ideen richtig ausdrücken.

Der Ver-

lust von funfzehn Procent entsteht eigentlich nicht aus dem Ankauf der Waaren , denn diese werden ja von dem auf die eingeführten Waaren gemachten Gewinn bezahlt ; sondern er wird durch den Wechselcurs verursacht , weil man in der Türkei mit Piastern einkauft , und in Frankreich gegen Thaler wieder verkauft.

Um nun die Piaster

in Thaler umzusetzen , verliert man funfzehu Procent,

202

Siebenter Abschnitt.

was jedoch bloß seinen Grund in der Verschiedenheit des Geldes hat. Desfenungeachtet hat man in Marseille geklagt, daß Schaden als Mußen n Griechenlandiemehr der Handel inach fe e e n l r e ´ ch re brachte, üg ist keinesweges toungegründet. en rs und diese d Klage r e c nn t r t n a ö e e n u d k F B 6Die U

die Kaufleute einer Nation zu Grunbe richten , ohne daß die Nation aufhört , einen vortheilhaften Handel zu führen. Wenn der Factor einen unrechtmäßigen Gewinn zieht , so wird dieser von dem rechtmäßigen Gewinn des Kaufmanns genommen , und jenter wird reich , während dieser zu Grunde geht.

Wenn freylich der Kaufmann

immer verliert , so wird er es überdrüssig, und auf diese Art können die Betrügereyen der Factoren am Ende auch den Handel einer ganzen Nation

zu Grunde richten,

Diese Bemerkung ist in der That so wichtig ,

daß jede

weise Regierung fie immer vor Augen haben sollte ; bes sonders muß die unfrige mehr Sorgfalt und Behutsamkeit bey der Auswahl der Personen auwenden , die nach der Levante geschickt werden.

Es werden hiezu erprobte

Grundsähe und eine unerschütterliche Rechtschaffenheit erfordert ,

denn man hat es unaufhörlich mit Gries

chen und Italienern zu thun , den beyden verdorbens ften Nationen auf dem ganzen Erdboden. Nicht minder verderblich für den Handel ins Ausland ist die Habsucht einiger Kaufleute.

Ueberhaupt ira

ren sich alle Kaufleute, die ihre Kunden prellen , gewals tig in ihrer Rechnung .

Sie vertreiben sie durch unmås

BigePreife oben so gut wie durch eine grobe Behandlung, und sie realisiren die Fabel von der Henne mit den goldes

Französischer Handel.

203

nen Eyern , indem sie ein måßiges , aber beständig forts dauerndes Einkommen dem Reiz eines augenblicklichen, vorübergehenden Gewinnes aufopfern.

Um die bisher gegebenen Nachrichten von dem gries chischen Handel ganz zu vollenden , und ſie ſåmmtlich in ein Ganzes zusammen zu fassen , füge ich hier noch ein Generalverzeichniß aller Einfuhr- und Ausfuhrſummen ben , mit Bemerkung der Nationen , die diesen Handel führen.

Man kann dadurch desto leichter den Flor der

Handlung der verschiedenen Nationen von einander bes rechnen , und der Unterschied in den Totalsummen giebt die Bilanz des griechischen Handels.

Generalverzeichniß. Ausfuhr aus Griechenland.

Europäischer Haus Fel.

Einfuhr nach Griechenland.

558,320 P.Englischer Handel. 558,320 P. Türkischer Handel 1,544,559 4,063,000 Italienischer Han del 1,150,000 644,400 HolländischerHan: 140,000 del 100,400 1,000,000 Russischer Handel 960,000

1,310,000

Französischer Handel 1,163,000

8.821.320 V. 13,691,920

P.4,970,670 P.

Siebenter Abschnitt.

204

Aus dieser Tabelle sieht man , daß die Totalsums me der fränkischen Ausfuhr aus Griechenland beynahe neun Millionen Piaster ausmacht. Diese neun Millio nen werden theils mit baarem Gelde , theils mit Waaren bezahlt.

Die Engländer und Ruſſeu sind die einzigen,

die alles ohne Geld faldiren ; die ersteren nämlich mit ihs ren Uhren , ihren Muſſelinen und Chalons , und die andern mit ihren Pelzwerken.

Die Teutschen bezahlen ein

Drittheil mit Leinwand und mit ihren Leipziger Tü 1 chern, die andern zwey Drittheile aber in Zechinen und kaiserlichen Thalern.

Die Italiener bezahlen die eine

Hälfte mit Coloniewaaren , Müßen und Seidenwaaren, und die andere Hälfte in venetianischen Zechinen.

Die

Holländer bezahlen den kleinsten Theil in Zechinen , den weit größern aber in Specereyen.

Die Franzosen endlich bezahlen vier Fünftheile mit Waaren , und das andere Fünftheil in Thalern, die von den Tentschen über Augs-

burg nach Marseille geschickt werden, um ihre Bilanz mit Frankreich dadurch zu saldiren. Die Summe der Einfuhr nach Griechenland beläuft sich nicht über fünf Millionen ; die Bilanz ist folglich um ungefähr vier Millionen zum Vortheil von Griechenland. Wenn in den übrigen Provinzen des türkischen Reichs die Bilanz eben so nachtheilig ist , so muß der Handel nach der Levante, so wie der nach Indien, nach und nach alles Geld in Europa verschlingen.

Die Preise für die eingeführten Waaren sowohl, als für die ausgeführten richten sich durchgängig nach denen, die auf den Märkten zu Salonichi festgesetzt werden. Ich habe in meiner obigen Tabelle die Transportkosten nicht

Französischer Handel.

205

mit begriffen , denn sie sind zu wandelbar ; man kann fie jedoch nach einer ungefähren Schäßung zum

zehnten

Theil von dem Preis der Waaren berechnen.

Die

Hälfte dieser Waaren geht auf der Donau und durch Leutschland, die audere nimmt den Weg zur See.

Der

Ertrag des Transportes zu Land wird von den Türken und den Teutschen gewonnen ; der Ertrag des Seetranss portes wird unter die Griechen , Franzosen und Italies ner vertheilt.

Die Bewohner der griechischen Inseln ges

winnen die Hälfte davon , die Franzosen ein Viertel, und die Ragusaner und Sclavonier das andere Viertel. Gewöhnlich hält man dafür , daß der Handel nach der Levante vortheilhafter für die Franken als für die Türken ist , weil ihn erstere activ treiben , und die andern passiv. Bey näherer Untersuchung findet man jedoch diese Idee durchaus falsch. Der Handel nach der Les vante ist im Gegentheil für die einen eben so vortheilhaft wie für die andern , denn bey jedem freywilligen Um tausch gewinnen beyde contrahirende Theile zu gleicher Zeit.

Es ist nicht wahr , wie man gesagt hat, daß der

Activhandel immer vortheilhafter sey als der Passivhans del. Die Natur hat keine Preise der Dinge festgesetzt ; sie sind stets das Resultat vom Ueberfluß oder Mangel, fo wie auch von dem größern oder geringern Verlangen nach den gegenseitigen zum Lausch vorgelegten Artikeln.

Je

mehr folglich der Handel paffiv ist, desto nützlicher muß er werden , denn derjenige , der das Anerbieten macht, ein Product gegen ein anderes auszutauschen, zeigt ein größeres Verlangen das andere Product zu befißen , und läuft daher Gefahr , mehr dafür geben zu müſſen. … Ich

206

Siebenter

Abschnitt.

weiß wohl , daß wenn listige Verschlagenheit mit Unwifs senheit unterhandelt, diese natürliche Ordnung der Dinge zuweilen umgekehrt wird ;

allein wir sind doch in der

That den Türken nicht so außerordentlich überlegen , daß wir im Stande wåren , ihnen Glaskugeln Ifür Goldftaub zu verkaufen.

Folglich ist die Theorie von Activ- und

eine wahre Schimåre.

Jeder Handel ist

nüßlich , in so fern er die Nationalthätigkeit vermehrt, allein er ist es gewiß immer für beyde Nationen, die mit einander handeln , denn sonst würde er nicht statt haben ; nur ausgemachte Narren laſſen ſich lange betrügen , und wer wollte ganzen Nationen den Menschenverstand ab sprechen ?

Wenn man vielleicht diefe ganze Materie

recht gründlich untersuchte , so. würde man finden , daß alles was man Gewinn des Handels nennt, sich doch am Ende ganz allein auf den Gewinn reducirt, der auf dem Transport gemacht wird.

Hieraus würde folgen , daß

nur diejenigen Nationen wahre Handelsnationen sind, die fich ein Geschäft daraus machen , Waaren zu verführen. So viel ist wenigstens ausgemacht , daß den Franzosen in dem Handel nach der Levante der Transport den reins ften Gewinn abwirft.

Um übrigens nur einigermaßen

richtig zu beurtheilen , wer in dem Handel nach der Les vante am meisten gewinnt , ob die Türken oder, die fråns Fischen Nationen , die mit ihnen handeln ? so müßte man vor allen Dingen den Werth der Arbeit *) in beyden Låns

*) Die Arbeit ist der wahre Werth aller Dinge ; das Geld ist nur ihr Nominalwerth. Nach Smith ändert sich die Subsistenz des Arbeiters , oder der wahre Werth der Ars

Franzosischer Handel.

207

bern genau kennen , der zuverlässig der einzige Maasstab ist ,

um den wahren Werth aller Dinge bestimmen zu

beit, nach den Umständen ; sie ist überflüffig reichlich in feinem Staat, der sich zu hohem Wobisland erhebt , gerine ger in einem folchen , der still steht und nicht vorwärts tommt , noch weit geringer in dem , der zurückgeht und in Verfall geráth. 1 Durch den Werth der Arbeit in Gries chenland wird aber diese Theorie nicht bestätigt. Die Tags arbeit des Bauern trägt ihm nicht mehr als zwanzig bis fünf und zwanzig Paras ein , dagegen die eines Künstlers mit drenßig bis vierzig bezahlt wird. Eine Oke Rindfleisch kostet sechs Paras, und eine Oke Hammelfleisch zwölf. Dieser Unterschied in dem Preise des Rind ፡ und des Hammelfleisches entſpringt aus der Natur derselben, das Hammelfleisch ist nämlich in Griechenland von vorzüglicher Güte , das Rindfleisch aber záhe. Die Oke Brodt kostet vier Paras , folglich gilt eine Oke Hammelfleisch drey Oken Brodt , und eine Oke Rindfleisch gilt anderthalb Oken Brodt. Der Preis des Getreides steht in Verhältniß mit dem Preiſe des Brodtes ; das griechische Quilot kostet dritthalb Piaster und wiegt zwey und zwans zig Oken. Ein Bauer kann jährlich ungefähr ſechs bis ſies ben Quilots Getreide effen : hieraus ergiebt sich , daß ein Taglöhner auf dem Lande in sechs und dreyßig bis vierzig Arbeitstagen so viel Brodt verdienen kann , als er auf das ganze Jahr nöthig hat. Dieser Taglöhner ist nur an ho, hen Festtagen Fleiſch , nämlich an den Festen des heil. Georgs und des heil. Demetrius , ferner Weihnachten und Ostern. Für andere Nahrungsmitel als , für Sardellen, Caviar , Früchte und Gemüſe , giebt er im Jahr höchstens achtzehn bis zwanzig Piaster aus , folglich kann er in achts zig Arbeitstagen seinen ganzen Unterhalt verdienen , und in hundert und sechzig Tagen verdient er mit dem feinigen auch noch den für ſeine Frau. Auf den Unterhalt eines Kindes, das noch nicht vermögend ist zu arbeiten , rechnet man gewöhnlich die Hälfte von dem für eine erwachsene Person ; er verdient folglich in zweyhundert Tagen auch noch den Unterhalt seines Kindes. Auch arbeitet wirklich ein griechischer Bauer nicht mehr als zweyhundert Eage

Siebenter Abschnitt.

208

können .

Man müßte wissen ,

in welchen Verhältniſſen

der Arbeitslohn in beyden Ländern gegen einander steht ; allein wer getranet sich,

diese Kenntnisse P zu besitzen ?

Man müßte ferner genau wissen , welcher Summe von Arbeit jede auszutauschende Waare gleich kommt.

Wenn

man nun nach allem diesem auch noch die Quantität dieser Waaren genau erführe, dann erst würde man im Stande feyn , mit einiger Zuverlässigkeit von dem Gewinn oder Verlust der einen oder der andern Nation zu sprechen. Allein ich wiederhole es : keine von beyden verliert , sonst hörte der Handel auf.

Für uns

ist es jedoch jest weit intereſſanter zu

wissen , auf welche Art die große Masse von Waaren, die

im Jahr; außer hundert Festtagen , die er fenert , bringt er seine ganze übrige Zeit damit zu , daß er duf der Either spielt und den Romeca tanzt. Seine Frau siht vom Morgen bis auf den Abend auf ihrem Sopha , und steht nicht auf, als um ihr Mittagessen und Henne zu holen, um sich die Augenbraunen und die Nägel damit zu fårben. Der übermäßige Gewinn der Männer rührt von der Trågs heit der Weiber her. d henlan entsteht Dieser hohe Werth der Arbeit in Griec ley rsachen ämlich us angel n rbeitern aus zweyer U , n a M a A s und aus der großen Menge von Festen , die in dem griechi er e feben Calend stehen . Ein Griech kann in drey Tagen h n en nur an znweye arbeit ; folglic muß er in zweyen so viel ne ls r n reyen erdienen ürde verdie a e i d v w . Wenn die kas e hen tholisc dLänder wegen ihrer vielen Festtag es nie zu dem ie an n r t t s s l r u m h d o d r een Fl Wo un sd de In bringe können, n funden rden anti ch r t s e e d t n o e ä n r e e i p L d i g w , so müſſen sche eligion ingeführt n e die Länder , in welche die griechi R . hen e ist , aus dem nämlicben Grund noch weit hinter den kas i hen urückble tholisc z .

Französischer Handel.

200

burch den fränkischen Handel in Griechenland bleibt, im Lande vertheilt wird. Die französischen erhält ,

bleiben

Waaren ,

welche

Salonichi

nicht lange dort, sondern der Hana

del bemächtiget sich ihrer, zertheilt sie, und verbreitet sie bur

ganz Griechenland, Die Consumtion davon in Salonichi selbst ist sehr gering ; die genauesten Berecha nungen geben nicht mehr an als jährlich 30,000 Oken Caffee, fünf und zwanzig Ballen Tücher ,

Müßen , und 12,000 Oken Indigo.

21,000

Der Zucker hins

gegen, der schon mehr ein Artikel des Lurus ist, und die Cochenille , deren Verarbeitung nur in großen Städten Statt haben kann , werden hier in größern Quantitäten verbraucht, und selten weiter verschickt, außer etwa nach Seres , Lariffa, Janina oder in eine andere benachbarte Stadt ; höchstens gehen sie zuweilen wegen der höhern Preise nach Adrianopel ,

Smyrna und Constantinopel.

Ju Salonichi allein werden jährlich wohl tausend Cents ner Zucker conſumirt ; der größte Theil davon wird jedoch von den Zuckerbeckern zum Einmachen der Früchte verbraucht, das Uebrige aber in den Serails der Beys. und in den Caffeehäusern zum Sherbet. M Cochenille werden nicht über achthundert Oken serbraucht ; sie wird zum Färben der Pochs verwendet , die zum Köpfschmucď der Janitscharen gehören , vorzüglich aber braucht man sie zum Färben de

berühmten rothen Saffians , dessert

Fabrikation in den Hånden von funfzig türkischen23 Meis stern ist , die durch ihr Meisterrecht in dem Befih17 groBer Privilegien stehen , und mit ihren Gesellen und Ars beitern ein der Landesregierung sehr oft furchtbares Corps Beaujours Beschr.

Siebenter Abschnitt.

210

Es ist immer von der Parthey desjenigen

ausmachen.

Beys , der es am besten bezahlt, und man sucht es das her gewöhnlich bey allen geheimen Planen zuerst auf seine Seite zu ziehen. die Gerberp

Die sämmtlichen Meister , so wie alle treibenden , find macedonische Berge

bewohner, die den Namen Arnauten führen ; unter Alexander bestand diese ganze Nation aus lauter Helden, heut zu Tage sind sie aber nichts weiter , als die besten Lasttråger in der Türkey. Die verschiedenen Märkte in dem Innern der euros päischen Türkey find die Candle ,

durch welche die in

Salonichi nicht consumirten Waaren weiter geschafft were den. Durchdie M zu Zeiton , die zu Anfang Aprils J Statt hat, werden die fränkischen Waaren durch Thessa lien verbreitet ; durch die Messe zn Selimia , * die im Junius anfängt,

kommen fie in die an der Donau

gelegene ottomannische Provinzen ,

und die Meſſen zu

Negrocomp, Olooson und Ozongiova, die zu Ende Seps tembers und im Anfang Octobers fallen , Servien ,

versorgen

Albanien und ganz Obergriechenland mit dies

sen Artikeln.

Es ist noch nicht lange her, daß die fränkischen Kaufleute selbst Faktore auf alle diese Messen schickten ; allein diese wurden nicht nur von den Agas schrecks lich in Contribution gesezt,

sondern auch sehr häus

Aus dieser Ursache hat fig von Räubern geplündert . heut zu Tag die Beschickung der Meffen ganz aufgehört, und alle Geschäfte werden sogleich in Salonichi mit ins ländischen Kaufleuten getrieben , die jedoch nicht anders

Französischer Handel,

211

als in Terminen bezahlen, und daher bloß Zwischenhända

ler find. Gut verkaufen heißt in der Levante nicht wie bey uns, um hohe Preise verkaufen, sondern es heißt, an Leute vers Taufen, die bezahlen können. Bey dem levantischen Handel weiß der allergeschickteste Kaufmann weit weniger als ein bloßer Handlungsdiener, der eine genaue Kenntniß der Pers fonen besigt. Denn das allerschwerste Fach in diesem Hans Man kann es in del ist das Eintreiben der Schulden. Griechenland , so wie in Egypten ,, nie dahin bringen, daß man von einem Schuldner eine Forderung einkaffirt, ihm zugleich für

ohne

eine neue

Summe Credit zu

geben.

In einem gut regierten Lande ist die Eintreibung der Schulden ein sehr leichtes Geschäft , weil alle Vers träge pünktlich erfüllt werden müssen : allein in Griechens land belasten die Gesetze den Schwachen , und binden den Stärkern nicht.

Der Reiche besticht sie mit seinem Gelde,

und der Mächtige übertritt fie mit offenbarer Gewalt. Die türkische Regierungsform mag in Constantinopel dess potisch seyn ; aber so viel ist zuverlässig , daß sie in den Provinzen eine wirkliche militärische Aristocratie ist , die sich mehr oder minder der zu Tunis und Algier nähert, aber im Grunde überall dieselbige ist.

Der Janitschar

zahlt , wenn er will ; und wenn er nicht will , so kann emit Gewalt dazu gezwungen werden; die Gewalt nur aber ist in seinen Händen. Man hat also gegen den inländischen Kaufmann keine andere Garantie, als seine eigene Moralitat ; diese 5 2

Siebenter Abschnitt

212

ist aber sehr schwach , denn die Pest der Beyspiele richtet Der Janitschar, der Kaufmann ist,

fie zu Grunde.

zahlt nur wenn sein Interesse es erfordert , deß er seinen Credit erhalte, auf den er entweder die Hoffnungen seis nes Standes, oder auch die Projecte seiner Ehrfucht grüns det.

Sobald man aufhört ihm zu verkaufen, so hört er

auf zu bezahlen.

Der folgende Vorfall , der mir ſelbſt

neuerlich begegnet ist, kann zum Maaßstab seiner Treulos figkeit dienen.

Ich drang in einen Janitscharen ,

der

für einen der reichsten Kaufleute gehalten wurde , daß er einem Franzosen seine Schuldforderung bezahlen möchte. Den Gründen, die ich anführte , setzte er läppische Auss flüchte entgegen , und ich mochte sagen was ich wollte, so beharrte er auf seiner Weigerung.

Endlich wurde ich

böse , und drohte ihm mit dem Pascha und der Schnur. Er hörte mich mit der allergrößten Kålte an, und gab endlich zur Antwort : „ Ich weiß , daß Sie mich können ftranguliren lassen, aber ich weiß auch , daß Sie es ,,nicht thun werden ; denn im Grunde , was könnte Ihr „ Kaufmann dadurch gewinnen ?

Che ich stürbe, würde

,,ich mich für Fallit erklären , und dann liefe er Gefahr, e fein ganze Forderung zu verlieren ; dahingegen, wenn ,,er fich mit mir verstehen will, er nur einen Theil davon ,,verlieren kann." Die Treulosigkeit der Türken ist jedoch nicht die eins zige Ursache, warum es so äußerst schwer ist , seine For derungen bezahlt zu bekommen ;

ein anderer wichtiger

Grund davon liegt in der schrecklichen Verarmung des Landes , die eine nothwendige Folge der schlechten Res gierungsverfassung ist,

Franzosischer Handel.

213

Der Despotismus macht jedes Vermögen unsicher, denn am Ende wird es fast immer von ihm verschlungen. Er seht der Induſtrie Grenzen, denn es liegt einem nicht batan zu gewinnen , wenn man nicht versichert ist , daß man das Erworbene behalten darf; er hemmt endlich die Circulation des Geldes , denn es häuft sich bey denen auf, die es beſitzen, weil sie das höchste Jutereſſe haben es zu verbergen.

Durch den Mangel der Circulation

wird aber der Verkauf in Terminen defto nothwendiger und gefährlicher. Wenn man nicht bezahlt wird, so kann man selbst nicht bezahlen. Die nämlichen Ursachen, wodurch die Schwierigkeit entsteht , ſeine Schulden einzukaſſiren , find auch die wes fentliche Veranlassung der außerordentlich hohen Geldzins sen.

Natürlich fordert der Darleiher desto größere Zins

sen, je weniger er wegen der richtigen Rückzahlung ſeines Capitals gesichert ist. In einem Lande, wo das Vermögen gleichförmiger vertheilt ist, wird weniger Mangel an Geld verspürt ; und wo die Nachfrage geringer ist, da ist auch das Geld wohlfeiler.

Der Despotismus hingegen giebt den Einen

Alles , und nimmt Alles den Andern ; er befördert mehr als irgend eine andere Verfassung die Ungleichheit der Reichthümer.

Dies ist der Grund , warum in den asias insen weit höher stehen als in tischen Ländern die den europäischen. Man könnte sogar zum Maaßstab für diese Zinsen den höhern Grad des Despotismus anneh men; fie betragen z. B. zwanzig Procent in der Türkei, fünf und zwanzig in Perfien und dreyßig in Indostan, øder , um bestimmter zu reden , die Geldintereffen stehen.

Siebenter Abschnitt.

214

zwar in den angeführten Staaten in der genannten Pros greffion , allein sie haben keinen eigentlichen festen Maaßstab, sondern richten sich wie überall nach den augenblicks lichen Bedürfnissen.

In dem frånkischen Handel in der

Levante werden zwölf Procent Intereffen bezahlt , außer dem Handel aber zwanzig bis fünf und zwanzig ,

und

sehr oft wird nicht anders als gegen Pfänder geliehen. Sobald nicht eine solche Art von bestimmter Sicherheit gegeben wird , so ist es ein seltener Fall , wenn man das Capital wieder zurück erhält , es mag aus Unvermögen oder aus bösem Willen geschehen.

Die Interessen were

den im Anfang ziemlich pünktlich abgetragen ; bald aber wird auch hiermit inne gehalten, und zuletzt verschwinden Capital und Zinsen. Die Franken bekommen immer Geld für geringere Interessen geborgt, denn man ist überzeugt, daß es nebst den Zinsen wieder zurück bezahlt wird.

Dessenungeachtet

müssen sie weit höhere Zinsen geben als in Europa , denn man fürchtet sich hier sehr vor Unglücksfällen.

en ist. That selt Geld Hiezu in der kommt nun noch,Die in Griechenland das daß rth Seltenheit kann uns ter zweyerley Gesichtspuncten betrachtet werden, als zuDie erstere fällige und auch als absolute Seltenheit. entsteht durch die Abänderungen , denen fich die fremden Münzen, die zu Folge der Bilanz eben so häufig und gangbar

sind ,

als

die

inländischen , in der Türkei

unterwerfen müssen. Steht nach der Meinung des Divans eine

oder die

andere

dieser Münzen

zu hoch ,

so

bestimmt der Grosherr durch einen Firman ihren Werth. Die Firmans werden befolgt, in sofern es den Paschas

Französischer Handel.

215

gefällig ist, daher werden fie in einigen Provinzen volls zogen , und in andern nicht.

In jedem Lande muß sich

die Verordnung des Fürsten in Betreff des Werthes der Münzsorten , nach dem Werth richten , den ihnen der Handel beylegt.

Der Münztarif der Pforte hat daher

keine andere Wirkung, als daß die fremden Münzsorten fich in einer immerwährenden Fluctuation befinden , ins dem sie nämlich da zusammenströmen, wo sie hoch stehen, und aus den Provinzen , in denen fie fallen , gleichsam verschwinden ; sie wandern beständig zwischen Smyrna, Alexandrien und Salonichi hin und her.

Daher entstehen

manchmal an dem einen Orte Momente von gänzlichem Mangel an fremdem Gelde , während an dem andern der größte Ueberfluß herrscht.

Hiezu geſellt sich gewöhnlich

noch der Wucher des Aufwechſelns , der seine Rechnung bey diesen Abänderungen vortrefflich findet ; dieſer Wucher ist überhaupt eines von den größten Uebeln , durch die der Handel mit der Türkei erschwert wird.

Er ist

auch zum großen Theil schuld daran, daß man so dußerst schwer zu seiner Bezahlung gelangen kann . Die absolute Seltenheit des Geldes ist die Wirkung von allen diesen Ursachen, und von noch mehrern andern. Mit Gold könnte man den ganzen Divan erkaufen ; das ས her kommt der allgemeine Gebrauch aller Beys und aller Agas, daß fie in den Provinzen fich Schätze sammeln, um sich damit zur Zeit der Noth von der Schnur loszus kaufen, oder auch sich Paschaliks damit zu erhandeln, Durch dieses. Schäßefammeln wird eine ungeheure Menge von baarem Geld der Circulation entzogen , und liegt todt in den Coffern der Großen ,

während es in dem

Siebenter Abschnitt.

216

Handel aufs nüglichste könnte verwendet werden..

Cia

anderer Grund , wodurch diese Seltenheit vermehrt wird, ist, weil der türkische Sultan einer der größten Falsche münzer unter allen Fürsten in Europa ist, und man daher bey jeder Veränderung in den Münzen ihre Verfälschung zu befürchten hat.

Bey jeder neuen Regierung werden

pie Münzen verändert , und jedes Mal schlechter.

Die

alten Piaster werden dann sorgfältig aufgekauft ; allein die Privatleute finden ihre Rechnung beffer dabey , folche zu behalten, als in die Münze des Grosherrn zu schicken, und lassen sie daher von den Goldschmieden einſchmelzen, oder schicken sie heimlicher Weise nach Teutschland.

Seit

zwanzig Jahren ist der innere Werth des Piafters um die Hälfte verringert worden. Man kann in der That sagen,, der Großherr hat keine reelle , fondern bloß eingebildete Münzsorten, Man sollte glauben, in der Verfaſſung liegen ,

diese vielen Mißbräuche, die müßten nothwendig die Maſſe

des Handels immer mehr vermindern , allein man würde ſich ſehr irren.

In dem Handel vermehrt sich der Ges

winn nach Maaßgabe der Gefahr.

Handelnde Nationen

lassen sich von baukerutten Völkern nicht so leicht hinter das Licht führen, wenn sie mit ihnen Gefahr laufen, fo verkaufen sie ihnen auch desto theurer ,

und für einen

Berluft, den fie leiden , halten sie sich durch einen dope pelten Gewinn schadlos.

Der Handel muß abnehmen,

fagt man , weil das Land verarmut ; und das Land vers armt, weil die Masse der Erzeugnisse abnimmt.

Dies

ist vollkommen richtig ; allein mit der Masse der Erzeugniffe nimmt auchimmer die Bevölkerung ab, und es bleibt

Französischer Handel.

217

daher der nåmliche Ueberschuß zurück.

Wenn die Beys

wenigerGetreide haben , so ernåhren sie weniger Menschen aufihren Gütern, denn sie schaffen piel lieber ihre Bauerk als ihre Pferde ab.

Mit dem Lurus der Pracht haben

fie, seitdem der europäiſche Geschmack und europäiſche Ideen bey ihnen Eingang gefunden haben, Lurus der Bequemlichkeit verbunden .

auch den

Diese neu anges

nommene Bedürfnisse haben die Folge , daß sie, anstatt vorher die Subsistenz eines Districts, jeßt die von zweyen verzehren. Darum aber nimmt die Consumtion von europäischen Waaren nicht im mindesten ab.

Sie hat im

Gegentheil durch die Fortschritte des Lurus ſeit zwanzig Fahren um ein Drittheil zugenommen, wie man fich leicht. überzeugen kann , wenn man einen Blick auf die Register des europäischen Handels wirft.

Diese Zunahme kann

jedoch nicht von Dauer seyn , denu es ist nicht möglich, Haß man mit einem Lande , das immer mehr in Verfall und Armuth geråth , lange eineu vortheilhaften Handel führen kann.

Schon jetzt merkt man hier und da eine

wirkliche Abnahme, und Salonichi felbst stellt ein Beya spiel davon auf.

Zwar beruht die Abnahme des Handels

von Salonichi hauptsächlich auf andern Ursachen , die ich hier ausführlicher angeben will, allein zuverlässig hat die Verarmung des Landes auch großen Theils das ihrige dazu beygetragen. Bis ins Jahr 1775 hat der Handel von Salonicht beständig zugenommen , und von da bis ins Jahr 1781 hat er sich in gleichem Flor erhalten.

In der erstern

Epoche wurden für Bulgarien , für Servien , Bosnien, Albanien und Morea , das durch die albanische Revolus

Siebenter Abschnitt.

218

tion alle ſeine fränkischen Niederlassungen

verloren que

durchaus die nöthigsten Waaren aus Salonichi geholt. Im Jahr 1778 wurden Ausgang

und Transitozölle anges

legt, von denen zuvor der Handel in das Innere des Landes

verschont

gewesen war

Dies war der erste

Schlag , der dem Flor biefer Handelsstadt_beygebracht wurde.

Unmerklich aber machte auch der Handelsgeist

größere Fortschritte , seine Canåle.

und vermehrte seine Quellen und

Die fränkischen Kaufleute zu Abrianopel

wurden es überbrüssig , daß sie immer nur die Factoren von denen in Constantinopel seyn sollten , und da sie nåe here und beffere Gelegenheit hatten , als die Kaufleute in Salonichi ,

die 1 vorzüglichsten Meffen in Rumelien zu

besuchen, besonders die zu Ozongiova und zu Selimia, welche die Hauptmeffen in der ganzen europäischen Türkei find , so fiengen sie an , für eigen Rechnung Handel zu treiben.

Sie besuchten nunmehr alle diese Meffen , und

thaten den Kaufleuten in Salonichi durch ihre Concurrenz den größten Abbruch.

Die Lage

von Abrianopel ist

äußerst vortheilhaft ; durch die Nähe des Hafens von Enos , und durch die Schifffarth auf der Marizza wird . der Transport der Waaren nicht nur sehr erleichtert, sondern verursacht auch weit weniger Kosten als der Transport auf der Achse.

Wenn die Kaufleute zu Adrianopel

ihre Vortheile zu benußen wissen, so kann man ihnen mit vollem Recht den glänzendsten Wohlstand prophezeien; indem sie den fränkischen Handel aus dem Hafen von Salonichi weg , und in den von Enos hinziehen , werden fie fich auf Kosten aller frånkischen Kaufleute in Griechens land unermeßlich bereichern.

219

Französischer Handel.

Der Handel von Salonichi hat aber nicht nur im Norben und Often der europäischen Türkei abgenommen, sondern auch im Süden und Westen.

Morea hat nach

hergestellter Ruhe seinen Handel wieder von neuem anges fangen.

Zu Arta, zu Prevesa und auf der ganzen Küfte

von Albanien sind neue Comptoire errichtet worden. Aus den Håfen des vormals venetianischen Dalmatiens wers den heutzutag in alle türkische um sie herum liegende. Proz vinzen die Waaren geliefert , die dort verbraucht werden, und Ragusa verſieht seit einigen Jahren Bosnien damit. Diese neue Richtung , die der Handel nimmt , Natur angemessen ; aber,

ist der

auffallend und unbegreiflich ist es

daß Teutschland , das alle Coloniewaaren aus

Hamburg zieht , seit einiger Zeit die ottomannischen Pres vinzen , die an der Donau liegen , damit überschwemmt, und daß sie von da bis in das Innere von Griechenland hineingeschafft werden. Dies sind die wahren Ursachen , die den Handel von Salonichi eingeschränkt haben , und die noch weit mehr zu seinem Verfall beytragen ,

als die Verarmung des

Landes, Es ergiebt sich aus allem , was ich bisher angeführt habe, daß der europäische Handel in der Levante eben so abnehmen wird , wie es mit dem Handel in Indien der Fall ist.

Die Europåer werden in Zukunft immer wenia

ger baares Geld in die levantiſchen Håfen schicken , allein sie werden stets die nämliche Quantität von ihren Waaren dort abseßen , weil die Gewohnheiten und der kurus bleis bend sind.

Es wird also eine richtigere Bilanz zwischen

Einfuhr und Ausfuhr statt haben, bis endlich die levans

220

Siebenter Abschnitt.

tischen Länder so gan

werden zu Grunde gerichtet seyn,

daß sie nicht mehr im Stande sind ,

die ausländischen

Waaren zu bezahlen , und dann wird aller Handel aufe hören.

Türkischer Handel , Gewichte, Maaße und Münzen.

5. Ich kann diese Schilderung von dem griechischen Handel nicht beschliessen , ohne noch einige Nachrichten über den Handel von Salonichi mit den andern Städten der Türkei beygefügt , und die Maaße, Gewichte und Münzen dieses Reiches angezeigt zu haben. Salonichi erhält aus Egypten Mokacaffee , Flachs, Leinenwaaren , Gummi ,

Weihrauch , Salmiack , Mas

terialwaaren und Hennepulver *). Artikel zusammengenommen

Diese verschiedenen

betragen ungefähr

eine

Summe von 800,000 Plaster ; die Bezahlung derselben geschieht durch 20,000 Ballen Tabac, und der Uebers ßt schuß , der auf 150,000 Piaster geschä wee kann, wird mit baaren Thalern oder Zechinen saldirt. Syrien schickt nach Salonichi für 200,000 Piaster Galläpfel , Eisenplatten , und grobe Zeuge von Aleppo Damascus, Für diese Waaren holt es aus Salos und nichi Abats, Cochenille, und 100,000 Piaster an baarem Gelde , womit de Ueberschuß seiner Sendungen faldirk wird.

*) Die Henneftaude gehört zu der Familie des Purpurweides Die Blätter werden gepulvert, richs oder Blutkrautes. und mit Limonienſaft in einen Teich verwandelt , den man als ein cosmetisches Mittel braucht,

Türkischer Handel, Gewichts, Maaße u . Münzen.

221

Von Smyrna kommen Seife, Aly- zari , und ges trocknetes Obst ; diese werden gegen Abats und Caputs röcke umgetauscht.

Den wichtigsten Zweig des Handels

zwischen Smyrna und Salonichi machen die Wechselge schäfte,

die durch die beständigen Abänderungen

des

Werthes der Geldſorten unausgesezt im Gang sind , und immer von neuem Nahrung bekommen, Aus derInsel Candien werden Dehl , Seife, Citros nen , und Orangen geliefert.

Dies alles wird theils mit

Sode, theils mit baarem Geld bezahlt ; der ganze Artikel beträgt 100,000 Piafter. Von den Inseln des Archipels und besonders aus Chio werden Baumfrüchte , Weine und allerhand Seidenwaaren, z. E. Taffete , dergl. eingeführt.

Gürtel ,

Schnupftücher und

Dagegen giebt Salonichi rohe Seide,

und Abats zurück, und saldirt den Rest mit baarem Gelde. Die Waarenlieferungen aus Chio können zu 800,000 Viaster berechnet werden. Nach den Dardanellen werden Caputröcke und Abats verschickt , und man bekommt von daher Eicheln (Knoppern) von einer besondern Art von Eichbäumen , die auf der Küste von Troja wachsen ; die Käppchen davon wers den in den türkischen Gerbereyen gebraucht. Aus der Barbaren kommen schwarze Sklaven und tunesische Mützen.

Diese leztern werden in die Håfen

von Morea geschickt , mit denen die Barbarey wegen der Rekrutirung ihrer Miliz in starkem Verkehr steht , und dort gegen Kermes ausgetauscht.

Aus Morea kommen

fie auf die Messen von Theffalien und Albanien ; hier wers

222

Siebenter Abschnitt.

ben sie gegen andere Waaren umgehandelt , und bis nach Salonichi gebracht . Von Conftantinopel zieht endlich Salonichi seidene Stoffe, Gold- und Silber - Brocate

gelben Saffian,

verarbeiteten Bernstein , kostbare Tobackspfeifen , einige Circaſferinen , Juwelen und Galanteriewaaren und überhaupt alle Artikel die zum türkischen Lurus gehören. Der Werth dieser Einfuhr, der beynahe aufeine Million Piaster steigt , wird mit Getreide, Taback, und seidenen Frauenz zimmerkleidern saldirt.

Mit Getreide wird gewöhnlich

allein die ganze Schuld bezahlt ;

zieht hingegen Cons

ſtantinopel seine Bedürfnisse an Getreide über das schwarze Meer, so muß Salonichi mit baarem Geld oder mit Rie messen jene Schuld bezahlen.

Gewichte. Die türkischen Ole und die Dragme. vierzig Oken,

Gewichte sind der Cantaar , die Der Cantaar wiegt vier und

und die Oke hat vierhundert Dragmen.

Die Dragme, die das Element des türkischen Gewichtes ist, kommt ganz unserm Queutchen gleich, und betrågt den achten Theil einer Unze.

Der Cantaar wiegt folglich

hundert sieben und dreyßig Pfund acht Unzen nach Tafels gewicht * ) ,

und die Oke drey Pfund ,

zwey Unzen.

*) Tafelgewicht ist ein besonderes , in den füblichen Provinzen von Frankreich gebräuchliches Gewicht , das zwar auch wie das Markgewicht sechzehn Unzen bat , die ungen sind aber nicht so schwer, indem sechzehn Unzen Tafelgewicht nach Verschiedenheit der Orte ungefähr dreyzehn bis vierzehn Unzen Markgewicht ausmachen.

Gewichte.

Maaße.

Silbermünzen .

223

Nach dem alten französischen Gewicht betrug das Pfund nach Markgewicht zwölf Unzen , und das Pfund Tafels gewicht sechzehn Unzen, ſo daß zwischen beyden ein Unters schied von fünf und zwanzig Procent Statt hatte.

Ra a te. Die türkischen Maaße sind der Pic, zur Ause messung von Tüchern , Zeugen c. und das Quilot, für Getreide und andere Såmereyen.

Der Pic ist fünf

und zwanzig Zoll groß ; ein und drevviertel Pics machen eine französische Elle.

Ein Quilot von Salonichi hålt

drey und drey Viertel Quilots von Constantinopel , das im gemeinen Leben nur der Quilot von Stambul heißt.

Vier und ein halbes Quilot von Stambul machen

eine sogenannte Marſeiller Last , und einen und ein Fünfe theil Pariser Sefter aus. Genauer wird man jedoch die türkischen Maaße bes urtheilen können , wenn ich noch ihre Verhältnisse mit Das Quilot von Salonichi den Gewichten beyfüge. wiegt fünf und achtzig Oken , und das von Stambul zwey und zwanzig.

Die Marseiller Last kann zu drey=

hundert Pfund und der Pariser Sester zu zweyhundert und funfzig Pfund berechnet werden.

ilber mú n´ze ¤. Die in der Türkei gangbaren Münzen find theils diejenigen , die der Grosherr selbst prågen läßt ,

theils

ausländische , die ausdrücklich für den Handel nach der Levante, geschlagen werden.

Siebenter

224

Abschnitt.

türkischen Münzen Zum Maaßstab aller übrigen s ig h erz Para wert ist . Sie i n v e dient eine Silbermünze, die heißt bey den Türken

in der gewöhnlichen Sprache

Grusch, und Aslanli in der Kunstsprache.

Dies

ist der eigentliche türkische Thaler , den man in dem europäischen Handel unter dem Namen des türkischen Piasters kennt , und der nach dem gegenwärtigen Wechselcars uns gefähr zwölf Gr. sächsisch, oder zwey französische Livres gilt.

Der Para, deren vierzig einen Piaster ausmachen,

hat folglich den Werth von einem französischen Sols, oder viertehalb Pfennige sächsisch. Ehemals

wog

der Piaster sechs Dragmen , und

wurde wie die meisten europäischen Münzen aus eilfLoth feinem Silber geprägt.

Sultan Achmed III, der zu Aus

fang dieses Jahrhunderts regierte, war der erste Gross herr , der es wagte , die Münzen zu verfälschen , und neue Abgaben aufzulegen.

Er mußte jedoch mit beyden

Unternehmungen inne halten , weil soust eine Empdrung unausbleiblich erfolgt wäre.

Die türkischen Kaiser köns

nen zwar ihrer Raubsucht gegen alle und jede Beamte des Reichs den Zügel schießen lassen , denn diese sind doch nichts weiter als ihre Sklaven ;

allein sie können die ane

dern Musulmanner weder an ihrer Ehre angreifen und beleidigen , noch auch ihres Vermögens berauben , denn diese stehen unter dem Schuß der Gesetze.

Achmed III. verfälschte den Piaster um ein Zehns theil; seitdem haben alle,

die in den Münzstädten zu

Cairo und Constantinopel geprägt wurden , nie mehr Zus fat bekommen , als die Piaster von Achmed , bis auf die Regierung Muhammeds , in der Mitte, dieses Jahrhuns

Silbermünzen,

225

derts; dieser aber verringerte das Gewicht und zu gleicher Zeit auch Schrot und Korn derselben.

Seine Piaster

wiegen nicht mehr als füuf und ein halb Dragmen , und haben ein Drittheil Zusatz.

Seit dieser Epoche ist die

Verfälschung immer årger geworden.

Deshalb find auch

alle alten Piaster durchaus verschwunden , und man sieht heutzutag keine mehr in der Circulation als die von den drey lettern Regierungen.

Der Piaster von dem Sultan

Mustapha, der auch anfångt selten zu werden , wiegt fünf Dragmen ; er enthält zwey und ein halb Dragmen in feinem Silber , und zwey und ein halb Dragmen Zua fat, oder , nach unserer Art zu reden , ihr Korn ist zu sechs Loth. Der Piaſter von Abdul -a Ahmed wiegt eine halbe Dragme weniger , als der von Mustapha , ¡ und enthält wie jener die Hälfte fein Silber und die Hälfte Zusah; folglich ist er bloß durch den Unterschied im Ges wicht um ein Zehntheil schlechter.

Die Sarrafs, oder

Wechsler, kaufen die Piaſter von den Sultanen Mustapha und Abdul- Ahmed um einen etwas höhern Preis

ein,

als der gewöhnliche Piaster gilt , und schicken sie in die Münze nach Constantinopel , wo sie umgeschmolzen wera den.

Hierdurch verſchwinden auch diese Piaster in solcher

Menge, daß man in dem türkischen Handel bald gar nichts mehr wird zu sehen bekommen , als die Piaster von der jetzigen Regierung , die wahre Kupfermünze find.

Diese Piaster von Selim III. wiegen vier Dragmen, und enthalten ein und dreyviertel Dragmen fein Silber, " und zwey und ein viertel Dragmen Zusak. Die Dragme feines Silber kostet sechzehn Paras , nach dortigem Geld ; Beaujours Beschr.

Siebenter Abschnitt.

226

folglich hat der Piaster einen innern Werth von acht und zwanzig Paras.

Der Sultan gewinnt also zwölf Paras

durch die Ausmünßung. Die Dragme ist bey uns einem Quentchen gleich; acht Quentchen machen eine Unze und. acht Unzen eine Mark; wenn man nun die Mark fein Sila ber zu vier und funfzig Livres , oder dreyzehn Rthlr. zwölf Gr. sächsisch annimmt , was sie ungefähr kostete, als ich Frankreich verließ , und folglich die Unze zu sechs Pfund funfzehn Sols , oder 1 Rthlr. sechzehn Gr. sächsisch, und die Dragme zu sechzehn Sols acht Den. , oder fünf Gr. sächsisch , so ist der Piaster seinem inneren Gehalt nach"

r acht Gr. sächsisch in dep aber jetzt Daß er Sols werth. , oder 1 Den. acht und zwanzig Curs auf fünf und er eilf bis zmore in steht, dreyßig bis vierzig Sols , z hat seinen Grund bloß darin , daß die Handelsbilan durchaus zum Vortheil der Türkei ist.

Der Asper ist das Element aller türkischen Münzen. Er gilt ungefähr vier Den. oder ungefähr ein drey achtel Pfennig , wenn man den Piaster zu zwey Livres oder zwölf Gr. rechnet.

Drey Aspern machen nämlich einen

Para , und vierzig Para machen einen Piaster.

Folgens

des sind die gewöhnlichsten Münzsorten : Der Asper, als erstes Element , ist eine kleine Kupfermůnze, so wie auch der Para , der drey Aspern gilt , eines Pfennigs ist.

und von der Größe

Der Bechlik ist die kleinste

Silbermünze , und von einerley Korn wie der Piaster ; er gilt fünf Paras ;

der Onluk gilt zehn Paras.

Der Virmilik gilt zwanzig Paras ; dreyßig Paras.

der einfache Izlote,

Der neue Izlote, oder der Grusch,

Silbermünzen.

Goldmünzen.

227

und in dem fränkischen Handel der eigentlich sogenannte Piafter, sechs und vierzig Paras. - Der Altmichlik, sechzig Paras. - Der Ikilik , achtzig Paras. -Der Yusluk , hundert Paras.

Diese lettere ist die größte

Silbermünze von dem nämlichen Korn wie der Piafter, so wie der Bechlik die kleinste ist.

Den Yusluk nennen

die Franken auch den türkischen Thaler , weil er vor seiner leßten Umprågung die größte Aehnlichkeit mit den öfterreichischen Thalern hatte.

Dies sind die türkischen Silbermünzen , die zu den fremden, in der Türkei gangbaren, gehören, sind der dents sche Thaler, der in der Türkei Caragrusch, in Egypten Pas take , und in dem frånkischen Handel Taleri heißt.

Er

ſteht gegenwärtig auf drey Piaster , dreyzehn Paras ; er wiegt acht vierzehn ſechszehntel Dragmen, und beſteht aus eilflöthigem Silber.

Der spanische, oder sogenannte sevillanische Piaster , ist von feinerm Korn als der Thaler , und ob er ſchon nur acht achtſechzehntel Dragmen wiegt , so gilt er -doch drey Plaster und zwölfParas. Der sächsische Thaler gilt drey Piaster acht Paras ;

der venetianische Ducaten,

drey Piaster, zwölf Paras ; und der raguſiſche , zwey Piaster, fünf Paras,

Go I d m úu zen. Die türkischen Goldmünzen sind : Die Fundukli die Zermahbub

und die Meshir - Zechinen,

P 2

228

Siebenter Abschnitt.

Die Fundukli Zechine wiegt ein und ein sechszehntel Dragme.

Das Gold wird in der Türkei nach Metis

calen und nach Karaten verkauft. Sechszehn Karate machen eine Dragme , und vier und zwanzig Karate ein Metical.

Das Meticalgold kostet neun Piafter , und ein

Karat funfzehn Paras ; folglich kostet eine Dragme sechs. Piaster.

Wir haben oben gesehen , daß die Dragme

Silber sechszehn Paras gilt, die Proportion, zwischen Gold und Silber ist folglich in der Türkei wie eins zu funfzehn.

In Europa ist sie jedoch wie eins zu vierzehn.

Das Gold muß auch nothwendigerweise in der Türkei theurer seyn als das Silber , schon darum weil größere Summen vor der Raubsucht der Regierung verborgen werden können. Wer hier baares Vermögen besitzt, sucht es in Gold umzusehen !

Die Fundukli Zechine wiegt siebzehn Karat ;

fie

enthält dreyzehn Karat reines Gold und vier Karat Zufat, oder, nach unserer Art zu reden , sie hat ein Korn von ungefähr neunzehn Karat.

Diese Zechine hat folg

lich nur einen innern Werth von hundert fünf und neunzig Paras, oder von vier Piastern, fünfund dreyßig Paras. Allein der Großherr hat ihren Werth auf sieben Piaster bestimmt , und sie wird auch dafür im Handel und Wana del genommen .

Die Zermahbub - Zechine, die auch Stambuli Zechine genannt wird , um sie von denen in Cairo ausges prägten , die Meshir

Zechinen heißen, zu unterscheia

den , wiegt dreyzehn Karat,

Sie enthält zehn und ein

Goldmünzen.

229

achtel Karat feines Gold , und ihr innerer Werth beträgt. drey Piaster ein und zwanzig Paras ;

allein der Grosz

herr verkauft sie für fünf Piaster.

Eben so ist es nur Wille des Sultans , daß die Meshir Zechine, die in Cairo geprägt wird, vier Piaster

·

gilt , denn sie wiegt nur dreyzehn Karat , und enthält nicht mehr als acht und ein halb Karat feines Gold, wornach ihr wahrer Werth nur drey Viaſter acht Paras ift.

Von ausländischen Goldmünzen sind in der Türkei gangbar:

Die ungarischen und venetianischen Zechinen,

Die ungarischen Zechinen heißen Madgiar und gelten sieben Piaster.

Sie wiegen eine Dragme und ihr

Korn ist drey und zwanzig Karat,

Die venetianische Zechine , die fieben und ein halb Piaster gilt, und ein und ein ſechszehntel Dragme wiegt, ist die beliebteste Geldsorte in der Türkei , und wird übers haupt im ganzen Orient für die erste unter allen Münzen gehalten.

Sie hat das allerfeinste Korn ,

das man

kennt , und das nur möglicher Weise verarbeitet werden Nach dieser venetianischen Zechine find die hol-

kann.

ländischen und toscanischen Zechinen die gesuchtesten Goldmünzen.

Alle andern Geldforten werden in der Levante blos als Waare behandelt ,

und wenn ihr Korn vorher ge

Siebenter Abschnitt.

230 hörig

erprobt

worden ,

Goldmünzen.

nach dem Gewicht verkauft.

Große Summen werden in der Türkei nach Beuteln berechnet.

Ein Beutel ist ein idealisches Maaß,

fünfhundert Piaster enthält.

das

Der Zoll zu Salonichi ist

für siebenhundert Beutel verpachtet , und der zu Larissa für dreyhundert Beutel.

Bemerkungen

über

die

Maratten,

porzüglich

ihre Verfassung und Kriegsmacht ;

W.

H.

Tone.

Bemerkungen über die erdi

Maratten,

vorzüglich ihre Verfassung

W.

H.

und Kriegsmacht ;

Tone.

b wir gleich über dieſes ſeit etwa hundert Jahren bes rühmte Volk wegen ſeiner Kriege mit England und dermas Kigen Verbreitung über den ansehnlichsten Theil von Hindostan mancherley Nachrichten besigen , so erschöpft doch Feiner, welcher uns diese glücklichen Räuber kenntlich zu machen suchte, die Geschichte und heutige Verfassung der Maratten.

Ihre alte Geschichte ist in Dunkelheit vers

hüllt, und ihre neuere so verwickelt , daß wir nicht eins mal die Namen aller Fürsten wissen , welche die eroberten Provinzen Hindostans unter sich getheilt haben, brits tische Heere find als Feinde und Alliirte durch ihr Ges biet gezogen, aber ihre Tagebücher haben uns nur die Namen der vornehmsten Städte und Festungen erhalten, Die fiee auf ihrem Zuge berührten oder in der Nähe und in der Ferne erblickten.

Die Maratten selber scheinen auch

234

Bemerkungen über die Maratten.

Fremben so viel möglich ihre Einrichtungen zu verbergen. Daher wurden die brittischen Truppen, welche fich 1790 mit den Maratten vereinigten , um Tippo Saheb zu bez kriegen, auf ihrem Hin - und Rückmarsch durch das Gebiet des Peischwa nie durch ansehnliche Städte, sondern immer in einer Entfernung derselben z so daß sie blos Dorfschaften und kleine Orte zu sehen bekamen.

So lange wir uns also mit fragmentarischen Bey-

trägen über diese Hauptzertrümmerer des mogolischen Reichs in Hindostan begnügen müssen, so werden fols gende Bemerkungen an Ort und Stelle gesammelt *), von einent Verfasser , der noch unter den Maratten lebt, und selbst beym Pejschwa in Kriegsdiensten steht , hier nicht am unrechten Orte stehen , um so mehr , da er über ihre Sitten und Einrichtungen manches bisher Unbekanns ie frühern Schilderun diefer Nas te erzählt, und die tion) fo mannigfaltig berichtigt. Tone indiefem

Ich habe zwar Hrn.

Aufsatz gewöhnlich selbst reden lassen,

jedoch zuweilen ihn abgekürzt,

wenn er sich in Wies

derholungen oder Discuffionen verlor , welche ihn von Auch habe ich zuweilen. feinem genstande abführten, kleine Einschiebsel gewagt, wenn mir seine Bemerkungen nicht jedermann verständlich schienen, oder er in Indien bes An-, kannte, und mit den dortigen Staatseinrichtungen, Ans ftalten und Gebrauchen, vertraute Leser vorausfeste, Was ren dergleichen Aufklärungen und Zufäße im Terte nicht

* Seine kleine bey Debrett in London 1799 gedruckte Schrift ticular Inftitutes of the fo be ne particular heißt Attempt to illuftrate frate to Mahrattah People principally relative to their Syftem of Finance and War. 8. diode

Bemerkungen über die Maratter

235

möglichy, so sind diese von mir in den Anmerkungen ans gebracht. Zu den indischen Einrichtungen voriger Zeiten gehört unter andern die Absonderung der alten Bewohner durch Rang und Ansehen von einander. Die alte Eintheilung in vier Hauptkaſten iſt långſt erloschen, oder durchHeirathen, und Vernachlässigung der alten Vorschriften , so zerrůts tet , daß es kaum möglich ist, die daher entstandenen Volksklassen zu unterscheiden

oder einmal

anzugeben,

Kaiser Acbars Landbuch, das sein Bezier Abul Fazel in den ersten Jahren des siebzehnten Jahrhunderts zusammentrug , bemerkt unter andern , daß die Unterschiede des Vaterlandes , der Gewerbe , und des Ranges der Vorfahren, so unendliche Nuancen in den Kasten gemacht has ben, daß es unmöglich ist, alle Unterabtheilungen zu' nen= nen. An einer andern Stelle fagt eben dieser Verfasser bey dem Kehteries, der Kriegerkaste, zu denen die ersten Großfürsten der Maratten gehörten , man zähle damals schon fünfhundert Abstuffungen , und es gebe eigentlich keine wahre Kehteries mehr , einige wenige ausgenommen, welche aber zu ſeiner Zeir keine Waffen führten *) .

Die Maratten oder der ursprüngliche Theil dieses Volks stehen auf keiner hohen Stuffe der indischen Rangordnung, und sind nur einige Grade über die Kasten erhos Sie folgen nach den

ben , die man für unrein hålt.

Kasten , die man Daira oder Perwarri

) nennt.

Da

*) L. Ajeen Akbery. Vol. III . S. 84. 87. **) Da Herr Lone diese Kaste nicht näher erklärt hat , so habe ich über die Bedeutung ihres Namens nichts Auffla-

Bemerkungen über die Maratten .

236

fie aber wegen ihrer niedrigen Kaſte von den höhern Ståns den nicht geehrt werden, so haben sie sich durch Tapferkeit in Kriegsdiensten Achtung verschafft , und diesem Eis fer sich auszuzeichnen , muß man zum Theil den bewun bernswürdigen Fortgang

marattiſcher Unternehmungen

zuschreiben. Die Hindus beobachten vorzüglich bey ihren Speis fen besondere Vorschriften.

Die Braminen dürfen nichts

anrühren was Leben hat *).

Die andern Kasten , je

weiter sie sich von dieser obersten entfernen, find weniger eins geschränkt bis auf die untersten, welche alle Speisen, außer Rindfleisch genießen können.

Die höhern Kasten dürfen

nur zu bestimmten Zeiten und unter besondern Umständen effen.

Sie müssen ihre Speisen selbst bereiten , oder wes

nigstens von Leuten ihrer Kaste bereiten lassen, doch dies ist nicht überall eingeführt.

Sie dürfen nicht zweymal

von den zubereiteten Gerichten effen , müssen sich bey ihren Mahlzeiten entblößen, wenn jemand von einer andern

Da aber zur dritten indischen rendes finden können. Hauptkaffe Bies , Wafflar , auch Hanianen' genannt, Ackerleutee und Hirten H gerechnet werden , ſo ſcheinen die Maratten zu ihr zu gehören. Ihre Glieder dürfen auch die heilige Schnur der Braminen tragen. *) Auch davon finden sich Ausnahmen. Herr Dalrymple, der im ersten Stück des oriental Repertory E. 49.Beine Menge Kasten aufführt , und dabey bemerkt, fie Fleisch effen dürfen oder nicht , nt unter den ersten die Worrias und Gundabraminen. Diese dürfen Fische, Wildprett , Hammelfleisch aber kein Geflügel effen. Ein Gleiches fagt Kaiser Acbars Landbuch. Th. III. S. 247. daß sonst auch Braminen in den Häusern der Kehteries, und Bies gespeiset , und diese wieder in den Häusern der Braminen gegessen hätten.

Bemerkungen über die Maratten.

237,

Kaste in den Cirkel tritt , worin ein Bramine sein Effen kocht, so werden dadurch für ihn die Speisen unrein. Es giebt noch eine Menge religidser Anordnungen beym Waschen , Beten 2c., welche sehr låstig sind , und bey eia ner kriegerischen Lebensart nachtheilige Folgen haben köns

nen.

Glücklicher Weise ist der Maratte von allen dies

fen Ceremonien befreyet. Er kann alle Speisen genießen, nur Rindfleisch nicht.

Er kann sein Mahl zu allen Zeis

ten bereiten , und alle Speisen genießen , die für höhere Kasten eingerichtet sind.

Beten und Waschen werden

von ihm nicht nothwendig erfordert , er kann beydes zu allen Zeiten verrichten , oder auch nach Belieben aufschie " Diese Vortheile verglichen mit den mancherley

ben.

Einschränkungen , welche andere Kasten von einander aba sondern , machen die Maratten zum militärischen Leben vorzüglich geschickt.

Seine Kaste, nach welcher er zur

arbeitenden Klaſſe gehört, bildet ihn, Strapahen und den Einfluß der Witterung auszuhalten , erhebt ihn aber auf der andern Seite wieder , um mit Braminen ungehindert umgehen, und ihre bessern Kenntnisse benutzen zu können. Endlich ist der Marattenstamm ſehr zahlreich, und wegen seiner Menge kann er erwarten , in ſeinen Kriegsuntere nehmungen glücklich zu seyn.

Mehrere ; · Geſchichtschreiber haben bemerkt ,

daß

Nationen, die sich noch im Hirtenzustande befinden, gute Krieger abgeben.

Dies paßt vorzüglich auf die Marat-

ten , die sich meist von Feldarbeiten nåhren.

Die drey

großen Stämme, woraus die Maratten fast einzig bestes hen, sind die Koonby ober Ackerslente, die Dungu oder

238

Bemerkungen über die Maratten .

Schäfer *) , und Cowla oder Kuhirten.

Von dieser Abs

stammung kann man die große Simplicitât der Sitten herleiten , die überall unter den Maratten herrscht. mer erzählt,

Ho=

daß Prinzessinnen zu seiner Zeit an den

Fluß gegangen waren, um ihre Kleidung selbst zu wa= schen.

Ich habe es selbst gesehen , daß die Tochter eines

mächtigen Marattenfürsten , der eine größere Armee ins Feld stellen konnte , als alle Griechen vor Troja zusam menbrachten , Brot mit eigenen Hånden backte, und alle Haushaltungsgeschäfte besorgte.

Ich habe selbst einen

andern berühmten Marattenfürsten gesehen , selber das Feuer beforgen, um sich für die Nacht zu erwärmen, und eben denselben zu einer andern Zeit blos auf einer Satteldecke ruhend seinen Schreibern Antworten und Befehle diktiren ,

und übrigens in dieser Lage alle Staatsge=

fchäfte handhaben.

In ihren Ideen ,

Begriffen und

Kenntnissen ist der geringste Maratte nicht über den vors nehmsten erhaben,

Es scheint unter ihnen eine Gleichheit

*) Co gehörte der 1793. verstorbene Marattenfürst . Madaji Scindiah , der mächtigßte unter allen , zu der Klaſſe der Patel oder Ackerleute , er behauptete aber den Rang der aus dem Kehteries. Sein Nachbar Tukaji Holkar war Stamm der Schäfer entsproffen . Afiatic. Mifcellany VII, n. I. S. 103. Die Familie der Marattenfürsten in Gu acrarte leitet ihren Ursprung vom Stamm der Hirten (her. Moores Narrative of Captain Littles Detachment, 6.430. Hingegen gehört der Rajah von Berar zur Fas und ist ein Cheterie milie des Stifters des Marattenstaats , und oder Rasbutte , und Purseram Bhow, dessen Gebiet in den südlichen Districten des Peischwa liegt , ist ein Bramine wie der Peischwa.

Bemerkungen über die Maratten.

239

des Karakters obzuwalten , und der unterste kennt und braucht keine andern Ausdrücke als der Oberſte *) Im Ganzen sind die Maratten ein ungelehrtes Volk. Daher sind sie gezwungen , in Regierungs- und Finanzgeschäften Braminen zu brauchen.

Diese

ehemaligen

Staatsdiener sind allmählig zur Oberherrschaft gelangt, und jetzt stehen Braminen an der Spike einer jeden marat= tischen Regierung.

Der alte Einfluß der Nation in die

wichtigsten Geschäfte hat aufgehört , seitdem der Ab. kömmling des ersten Oberhaupts des berühmten Sevagi als Gefangener in Setterah lebt , und die Regierung in Punah von Braminen verwaltet wird **).

Diese sind

Was Herr Tone oben erzählt , wird ebenfalls von andern bestätigt, welche die Maratten in ihrer gewöhnlichen Lebenss weise zu beobachten Gelegenheit hatten. So pflegte souf der Peischwa , der erste unter allen Marattenanführern, so lange das wirkliche oder vermeinte Oberhaupt , in der Fes frung Setterah nach indiſcher Weise gefangen ist , beym Abmarsch der Truppen jeden der geringsten Oberbefehlsbas ber öffentlich zu umarmen , und jedermanu fonnte ohne Umstände zu ihm fømmen. Dies ist aber ſeit geraumer Beit abgeschafft , weil einer von den niedern Officieren sich wirklich .an der Person des Pesciva vergriffen haben soll. (W. Chambers Account of the Marattah State, Lond, 1787. S. 37.). Doch unterscheiden sich die Oberhäupter durch orientalische Pracht auf ihren Feldzugen von den niedern, und Purſeram Bow, einer von den kleinern Fürsten , der 1790 die Maratten gegen Tippo Sulton befehligte . wollte lieber einem Mannóvre der englischen Truppen nicht beys wohnen , weil er ſeinen Elefanten verlaſſen, und ein Pferd besteigen folite , um die Evolutionen anzusehen , oder sich von den Vorzügen der europäischen Waffengeschicklichkeit, vor der indischen zu überzeugen. *) Unbedingt kann man unmöglich des Verfassers Meynung benpflichten. Der lehte von Sevagis Nachkommen oder ch in Setterah, und wird als das Obers Verwandten lebt noch

240

Bemerkungen über die Maratten.

allerdings geschickter , die öffentlichen Angelegenheiten zut besorgen.

Ihr höfliches Betragen , ihre ausgezeichnete

Gewandtheit , ihr lebhafter Verstand , ihr scharfer Blick und vor allen ihr Gleichmuth zeichnen sie bey allen dis plomatischen Geschäften aus. Seite.

Dies ist aber ihre beste

Im übrigen besitzen sie keinen Funken von Zus

verlässigkeit , sie haben alles Gefühl von Mitleid verloren, Dankbarkeit kennen sie nur dem Namen nach , sind Sklaven der unersättlichsten Haabsucht , und mit einem Wort, für sie sind alle Empfindungen der Moralitåt vera Ioren.

Man glaubt gemeinhin, die Braminen hätten einen unbegrenzten Einfluß auf die indische Nation. fie besitzen dieses Uebergewicht keinesweges.

Allein

Ich weiß

es, daß sie häufig als Verbrecher oder Schuldige hart ten bingerichtet bestraft, ja auf Befehl der Marattenfürs A find. Es ist freylich das Verbot gegründet, das Blut eis es Braminen, zu vergießen , aber sie werden auf andere Weise getödtet.

Der verstorbene Marattenfürst Lucaji

Holkar, der den westlichen Theil von Malwa beherrschte, der zur Zeit nach seinem Nachfolger Caffey Row gehört, ließ seinen braminischen Minister auf folgende Art hine richten , daß er ihn in Del getunkten Zeugen einwickeln, und so verbrennen ließ.

Sonst ist ihre gewöhnliche

Strafe, ihren Körper ſo lange in kaltes Waſſer zu halten,

haupt der ganzen Nation angesehen , auch sind die machtigsten Marattenfürsten , der Peischwa und einige geringere Oberhäupter ausgenommen, wirklich marattiſchen Ursprungs. Er zeigt auch bald hernach , daß A die Braminen doch dem Willen der Fürsten unterworfen sind.

Bemerkungen über die Maratten.

245

bis er zu schwellen anfängt , wonach der Lod`nicht lange auszubleiben pflegt.

Andere oder geringere Miſſethåter werden bey den Maratten auf mancherley Weise bestraft.

Nase und Oh

ren abſchneiden fållt häufig vor , wird aber auf Lodesz Strafe erkannt , so pflegt man den Verurtheilten so lange von einem Elefanten schleifen zu laffen , bis er das Leben berliert.

Eine andere Art besteht darin , den Kopf des

Verbrechers in einen Sack zu stecken ,

und mit einem

schweren Hammer zu zermalmen. Doch ist die allgemeinſte Todesstrafe, dem Verurtheilten Arm und Beine abzus hacken , und ihn in diesem Zustande liegen zu laſſen , bis er seinen Geist aufgiebt.

Dies geschieht meiſtens auf die

grausamste martervollste Art mit einem gemeinen Scheers messer ,

und der Scharfrichter gehört

Volksklasse.

zur niedrigsten

Wenn man dergleichen Todesstrafen mit

angesehen hat , so bedenkt man sich keinen Augenblick der gewöhnlichen Meinung zu widersprechen, die Hindus wåe ren von Natur nicht blutdürſtig,

Jeht darf man nicht mehr die Braminen als blos geistliche Personen betrachten.

Sie beschäftigten sich

vielleicht ehemals mit Andachtsübungen , und blos relia gidsen Verrichtungen ,

aber gegenwärtig hat diese ura

sprüngliche Absonderung aufgehört , und man findet jest Braminen , die Kaufleute , Banquiers , Kriegszahlmeis ster und Soldaten sind.

Der einzige wirkliche Geistliche,

oder blos mit religiösen Geschäften Beschäftigte, von dem ich je in Hindostan gehört, und den ich selber bort ges Lone Bemerk,

1242

Bemerkungen über die Maratten.

troffen habe , war der Guru *) , aber nicht von der bras minischen , sondern von der Byragtaste.

Vielleicht ist die Toleranz anderer Religionspars thehen der edelste Theil des braminischen Karakters.

Ein

Hindu kann sich nicht vorstellen , daß es möglich sey, ans dere wegen blos fpeculativer Grundsätze zu verfolgen. In Punah , der Hauptstadt der Maratten , und der Resis denz des Peischwa , findet man mehrere Moscheen und eine christliche Kirche , wo die Bekenner beyoer Religionen ihren Gottesdienst ohne Hinderniß abwarten können. DieMaratten **) waren vor etwa vierzig Jahren ein kaum dem Namen nach bekanntes Volk, dessen Vater

*) Was für eine Art indischer Geißtlichen Herr Tone unter diesem Namen verfteht , wird von ihm nicht näher erklärt. Fra Paolino de San Bartholomeo , der in seiner Reise nach Ostindien so treffliche Aufschlüffe über die Küste Mas labar gegeben hat , nennt S. 295 diejenigen Bramine Guz ruh , welche die Moral und andere philosophischen Wiſſens schaften lehren. Sonst hießen die er ersten zehn Oberhäupter Auch nennt man in Bengalen die Gifs Guru . schiedenen tibetanischen Lamen Guru .

vers

**) Der Name der Maratten ist in Indien sehr alt , ob er gleich später in Europa bekannt wurde. Ferishta nnennt in seiner Geschichte von Dekan translated by J. Scotr. Vol. I. S. 32.) schon ums Jahr 1370 einen Fürsten der Marats Baglana durch feine ten Namens Geodeo , der sich e påter fömmt der Name Streifereyen berühmt machte. bey ihm auch hâäufig vor, ob gleich die Maratten , eben fo oft Bergies und selbst Sevagis Anhänger mit dem Nas men Bergies bezeichnet. Auch in Kaisers Akbars Lands buch erscheint der Name der Maratten schon. Hier wird (Vol. III. S. 89.) gelegentlich unter den verschiedenen indischen Mundarten , der Marattehdialect aufgeführt, ohne etwas von dem Volke anzumerken, das sich desselben bes diente.

Bemerkungen über die Maratten.

243

land bald nach dem eigentlichen Hindostan verseßt ward. Allein sie sind ursprüngliche Bewohner der Halbinsel Des kan, obgleich ihre Fürsten , unter denen die Nation so furchtbar wurde, von den Rasbutten oder der Kriegerkaste stammten , und zu ihren Anherrn , die alten berühmten Rajas von Chitor in der Provinz Agimere zählten.

Die

alte Heimath der Maratten bestand aus den Provinzen Kandeisch und Baglana , nebst der Küste Konkan.

Ges

gen Norden begrenzte der Nerbuddafluß ihr Gebiet , und jenseit desselben wohnen die råuberischen Völkerschaften, die Gracias und Bills * ), und man wird schwerlich weiter nordwärts wirkliche Maratten finden.

Gegen Westen

erstreckt sich das alte Gebiet der Maratten längst der Seeküste von Suratte bis an die Grenze von Canara. Gegen Süden macht Zippos ehemaliges Gebiet die Grenze, und hier scheinen sie außer auf ihren Streifzügen nicht über den Fluß Tombadra gekommen zu seyn , weil dort die Einwohner Telingas **) stud. Des Nizams von Des 2.2

*) Beydes find Namen wenig bekannter roher Völkerschaften, welche in dichten Waldungen oder gebirgigten Gegenden zers freut leben und die Caravanen plündern, Bills findet man vom Fluffe Nerbudda bis im äußersten Nordea von Agis Anquetil du Peron , der 1756 von Anrungabat mere. nach Suratte durch das Gebiet der Maratten reisete, fand an mehreren Orten dieffeit des Nerbudda Haufen von Bills. Von den Gracies , f. meine Geschichte der Marats ten. S. 27. Die Dichaten , welche weiter unten vorkoms men , wohnten ehedem in Guzeratte, und nachher in Agra. Sie waren von 1760 bis 1770 berühmter als gegenwårs tig f. Sullivan. S. 227. **) Nach indischen Traditionen wohnten ursprünglich sechs 1 vers schiedene Völkerschaften oder Stämme in Dekan. Malas

244

Bemerkungen über die Maratten .

kan Länder machen die östliche Grenze.

Hier wohnen.

ebenfalls Telingas, die von den Maratten in der Sprache und Karakter verschieden sind.

In diesem ziemlich an-

fehnlichen Bezirk von funfzehn bis ein und zwanzig Grad, nördlicher Breite liegen die alten Wohnplähe der Maratten , ehe sie in unserm Jahrhundert ihre Herrschaft so weit, vorzüglich nordwärts ausdehnten.

Sie sind von

Natur befestigt, und bestehen aus Gebirgen und engen Pässen, alle durch Festungen pertheidigt, in welchen man die ersparten Schäße verwahrt , und die als Zuflucht bey unglücklichen Feldzügen oder Niederlagen dienen.

Kein

Land ist für einen Vertheidigungskrieg so gut beschaffen, so daß wenn die Maratten auch auf ihren Streifzügen geschlagen oder zurückgedrängt werden, sie dennoch in ihrem eigenen Lande unüberwindlich find.

Ich habe auf

einem Marsch durch die Provinz Candeisch an zwanzig Ein Festungen nach verschiedenen Richtungen gezählt. so beschütztes Land ist unbezwinglich , und von dieser Wahrheit ward Kaiser Aurung zwar überzeugt , als er es zu erobern versuchte.

Allein selbst auf dem Gipfet

feiner Allgewalt in Dekan hielt ers für besser, den das mals noch unbedeutenden Sevagi , den eigentlichen Stifa ter des Marattenstaats laufen zu lassen , als diesen Feind ſeiner neuen Eroberungen zu verfolgen , dessen flüchtige Schaaren er freylich zerstreuen , aber nie überwältigen konnte.

Diesen anfänglich unbedeutenden Räuberschwärs

men ist es zuletzt geglückt, die Verwirrungen zu benugen,

bar, Carava, Merhat, Telinga , Oriah oder Oriffa und Gundiyansia.

Bemerkungen über die Maratten.

245

welche nach Aurungzebes Ableben entstehen mußten , um die besten Provinzen von Hindostan zu erobern , oder zu brandſchaßen und auszuplündern , wenn solche von ihren neuen Eroberungen zu entfernt lagen. Diese pldßlichen unerwarteten Glückszufälle bey den Thronstreitigkeiten , unter den kaiserlichen Prinzen und den Empörungen der Statthalter in den Provinzen , has ben den Maratten unverdient einen Ruf verschafft, und - daher haben Gelehrte sich Mühe gegeben , die Etymologie ihres Namens zu entwickeln.

Holwell leitet ihren

Namen vom indischen Worte Maha , groß , und Rattor dem Namen einer beſondern Kafte her , und glaubt , die Maratten gehörten zu den Rasbutten, von denen jedoch, der große Volkshaufen ganz und

gar verschieden ist.

Denn die Rasbutten , oder die angesehenſten der indiſchen Kriegerkaste, (Cheteries ) unterscheiden sich durch Statur und äußeres Ansehen von den Maratten , da diese im ganzen unterscht ,

und meistens schlecht geformt sind.

Ihre Schriftzüge ſind auch ganz und gar verschieden, fie bedienen sich des in Dekan allgemein üblichen Alphabets, dahingegen die Rasbutten die Marwarri öder nördlichen Schriftzeichen brauchen. Herr Major Rennel , dem die Geographie von feften Lande von Hindostan und Dekan, ihre ganze heutige Kenntniß verdankt , leitet den Namen der Maratten von einem District Mehrut *) ab.

Ich habe nie gefun-

* Mebrut ist allerdings der alte Name eines Distrikts in der Provinz Baglana , welche fich sonst in Dekan vom Fluffe Tapti , bis in die Nachbarschaft von Puhna erstreckte, Fes rihta nennt dieſe Provinz häufig in seiner Geschichte von Des

246

Bemerkungen über die Maratten.

den, daß die Hindus als Volk ihren Namen von ihrem Wohnort entlehnen.

Ihre Kaste, oder ihr Stamm borgt

nie den Namen seines Wohnorts , sonst müßten wir auch die Länder aufsuchen , worin Gracias , Bills und Dsha: ten (Jautes) wohnen , oder ehedem herumzogen. Die Verfassung der Maratten ist weder monarchiſch noch aristocratisch oder democratisch. Der Peischwa kann nicht geradezu befehlen , es giebt keinen erblichen Adel unter ihnen , und das übrige Volk nimmt an der Landess regierung oder der gesetzgebenden Gewalt keinen Antheil. Der Marattenstaat läßt sich daher mit Teutschland vergleichen , er ist eine wahre militairische Republik , de= ren Hånpter von einander unabhängig sind , jedoch den der Peischwa in Punah für ihren Obern anerkennen , wiederum als der erste Minister des in Satterah gefans genen Kaja anzusehen ist.

Ihre Abhängigkeit ,

von

dem Großfürsten (Maha Raja) in Setterah ist aber blos



dem Scheine nach.

Der unglückliche Nachfolger des

Sevagi, ob er gleich aller Gewalt beraubt ist , genießt indessen gewisse einmal hergebrachte Vorzüge. Der Peischwa wird nur von ihm eingesetzt , indem er von seiz

kan. Die erste Meldung derselben fällt in das Jahr 1374. Mehrut würde gewiß auch in Akbars Landbuch vorhanden feyn , båtte dieser Kaiser seine siegreichen Waffen so weit Dekan als seine Nachfolger verbreitet. Der Verfasser des verfiſchen Geſchichtbuchs Rbazanah e Naamerah, woraus Herr W. Chambers 1786. im N. I. B. II. des Afiatic. Mifcellany die Geschichte der Maratten übersehte , nennt ihr Vaters land ebenfalls Mehrat , welches nach ihm ein Theil der als ten Proving Deogir war , die hernach Dewlatabad genannt ward

Bemerkungen über die Maratten.

247

ner Hand des Khelat oder orientalische Staatskleid ems pfångt.

Zieht der Peischwa zu Felde , so muß er vorher

von dem gefangenen Rajah um eine Abschiedsaudienz ans suchen.

Das Land um Setterah herum ist von allen

Kriegskosten und Beschwerden frey.

Betritt ein Marats

tenfürst den zu dieſer Vestung gehörigen Bezirk , so muß er alle Zeichen seiner Würde ablegen , und darf diegroßen Heerpauken , die ein Elefant immer im Gefolge indischer Fürsten trägt, nicht rühren laſſen.

Dies sind die einzi-

gen Ehrenbezeugungen, welche dem titulåren Oberhaupt der Maratten von seiner ehemaligen Würde übrig geblieben sind, der sonst als Staatsgefangener von geringen Eins künften lebt.

Der gegenwärtige Maharaja war vor

etlichen Jahren ein bloßer Reuterofficier , weil er aber von Sevagis Geblüte stammte, so ward er nach dem Lode des letzten Fürsten aus seiner glücklichen Dunkelheit auf den Thron im Kerker erhoben.

Alle Einrichtungen dieses sonderbaren Volks reißen die Neugierde, weil sie eben so sehr von den orientaliſchen, Die Länder der als den europäischen verschieden sind. verschiedenen Fürſten liegen untereinander zerstreuet und vermischt.

Das Gebiet des Peischwa erstreckt sich långst

der Küste von Concan, aber ihm gehören auchProvinzen, welche nordwärts von Delhi liegen.

Es ist gar nicht

ungewöhnlich, daß Districte oder einzelne Städte, zweyen oder mehreren Fürsten gehören , ja der Peischwa und sein Nachbar der Nizam von Dekan besitzen einige gemeins schaftlich.

Ein so zerstückeltes Gebiet, scheint die Stärke

des Ganzen zu schwächen , ich weiß aber nicht ob sie abs fichtlich oder zufällig so vertheilt sind,

248-

Bemerkungen über die Maratten.

Der Peischwa, ob er gleich als Oberherr des ganzen Marattenstaats anerkannt wird , besitzt für sich kein ans fehnliches Gebiet.

Die Stadthalterſchaft Ahmedebad in

der Provinz Guzeratte ist die größte von seinen Låndern, und trägt ihm etwa sechs Millionen Rupien ein. Mehrere von den hohen Staatsbeamten in Puhna besiten in dens füdlichen Gebiet des Peischwa ,

ansehnliche Lehne ganz

von ihm unabhängig wegen ihrer hohen Stellen.

Purs

seram Bow , der die Maratten im vorleßten mysorischen Kriege befehligte , und dessen Residenz Taigon (Tafgon) heißt , hat drey Millionen Einkünfte , Rastia und andere Marattenfürsten der zweyten Klasse besigen ebenfals in den Ländern des Peischwa ansehnliche Districte.

Daher

find die Einkünfte des Peischwa von seinen Laudbesitzungen unbeträchtlich.

Allein feine vornehmste Einnahme

besteht aus den Contributionen oder Geldunterstützungen, -die ihm die ander Marattenfürsten zahlen müssen , so daß man sie jährlich auf vier Crore oder vierzig Millioneu Rupien ſisäßt. In dem Reichsrath von Punah sind alle hohen Stellen erblich.

Der Dewan oder Minister , der Furs

navese oder Schahmeister der Chitnavese oder Staatsfecretair , selbst die Befehlshaber der Truppen oder der Führer des Reichspaniers

),

besitzen diese Aemter für

sich und ihre Nachkommen , und kein Peischwa hat es

* Diese Fahne heißt bey den Mavatten Ferriput , und ist eigentlich eine kleine in der Mitte ausgeschnittene Standarte von Goldstoff. Sie wird nur bey der Armée geführt wenn der Meischwa mit ins Feld zicht.

Bemerkungen über die Maratten.

$49

noch gewagt hierin eine Veränderung zu machen , die niedrigen Stellen werden aber nach Verdienst oder nach Billkühr vergeben. Bey der marattiſchen Regierung ist dieses merks würdig , daß sie beſtändig ſich im Kriegszustande befindet. Dies rührt vorzüglich von der schwankenden , Staatsverfassung her ,

unsichern

und daß die neueroberten Pros

vinzen nur durchs Schwert im Gehorsam erhalten werden. Sie müssen überdem den Chout oder den vierten Theil der Landeseinkünfte , den die Nachbaren nur gezwungen bes zahlen, mit den Waffen in der Hand eintreiben , überdem ist der Krieg für sie eine reichliche Erwerbsquelle , daher. sie die verschiedenen Provinzen beständig ansplündern, die fich ihnen noch nicht unterworfen , oder welche sie noch nicht ganz wie die Fürstenthümer der Rasbatten in Agia mere , die Provinzen Bundelkund , haben.

Gohud , uuterjocht

Diese militairische Streifzüge heißen bey den

Maratten Mulukghere ,

vom persischen Worte Muluk

Land , und Ghere Besitz nehmen.

Die Kriegszüge find

mit großen Kosten verknüpft , daher die Fürsten in diesem Fall häufig ihre Territorialeinkünfte zu anticipiren pflegen. Diese werden reichen Banquiers verpfändet , welche den Vorschuß in dem schlechtesten Gelde bezahlen, uad wenigIn solchen ftens dreyßig Procent Provision nehmen. Districten ,

welche unter der Verwaltung der Fürsten

ſtehen་ , werden die Abgaben nach uralter Weise gehoben. Die Zölle von den eingeführten Waaren steigen nicht über fünf Procent , von der Butter aber follen fie funfzig bez tragen.

Die Einkünfte von den Låndereyen , oder die

Hälfte des reinen Ertrages, der Chout den der Nizom bea

250

Bemerkungen über die Maratten.

zahlen muß , und die Beute welche die Maratten von dem Mulukghere heimbringen , sind die vorzüglichsten Geldquellen ihrer Regenten.

Sie betragen zwar jährlich

ungeheure Summen , allein ihre Ausgaben übersteigen die Einnahme gar sehr. Das von ihnen eroberte durch Streifereyen und Plünderungen erschöpfte Hindostan ist außer Stande

eine einzige Rupie aufzubringen.

Die

großen Reichthümer dieser ehemals so blühenden Provinzen sind für die Circulation ganz verloren, und in den Schatzkammern einzelner Großen vergraben. mangel ist

Der Geld-

in den nördlichen Provinzen so groß , daß

Scindiahs Nachfolger der Oberherr derselben seit zwey Jahren Geld von der Stadt Punah hat erpreffen müffen, um seine zahlreichen Truppen zu besolden. In den verschiedenen indischen Staaten hat der eis gentliche Landesherr wenig zu sagen , außer wenn dieser Sein erster Minister hat ein Mann von Lalenten ist. alle Gewalt in Händen, und diese Stelle erhält derjenige, der das ansehnlichste Geschenk darbringen oder in Nothfällen Geld schaffen kann.

Ein indischer Minister der in solchen Fällen eine leere Kaffe34hat , wird sicher seiner Dienste entlassen.

Nachdem der Fürst das Geſchenk ers

halten , welches oft einige Lac Rupien beträgt , so sucht Der Käufer dieser Stelle fich wegen seiner Auslagen zu entschädigen , und jetzt sind Bestechungen aller Art Thür und Thore geöffnet.

Ein jedes Amt noch so klein wird

dem Meistbietenden überlaſſen ,

ohne auf die Person' des

neuen Käufers oder deſſen Geſchicklichkeit zu ſehen. Posten der

Steuereinnehmer ,

Die

Vestungscommendanten

und Dorfschulfen werden alle öffentlich verkauft.

Ders

Bemerkungen über die Maratten.

251

jenige der eine solche Stelle gekauft hat weiß nicht ob er fie das nächste Jahr noch inne hat , daher sucht er nur feine Habsucht zu befriedigen.

Er erpreßt von dem uns

glücklichen Landmann , den Schweis seiner Arbeit , und plündert die Unterthanen aus.

Wird ein solcher Tyrann

abgesetzt , so hören damit die Leiden der Unterdrückten nicht auf, denn sein Nachfolger der ebenfalls für ſeine Stelle bezahlt hat , ist eben so raubgierig und ohne alle Grundsätze . 1 Daher befißt der größte Theil der Einwohner ganz und gar kein Vermögen.

Sehr wenige von den Marat-

ten haben Gelegenheit Geld zu erwerben , die Braminen ausgenommen , welche die ersten Staatsämter bekleiden. Ihr Geiz ist grenzenlos ,

und wenn ja das gierige Geld-

anhäufen eine Thorheit ist, so finder diese bey ihnen statt. Denn wenn der Fürst auch den Braminen ihre Gelders pressungen Jahre lang hingehen läßt ,

so erregen ihre

schnell erlangten Reichthümer doch zuletzt seine Aufmerkfamkeit , und fie müssen ihm am Ende ihre Schäße auss liefern , und vielleicht ihr Leben in irgend einer Weftung, als Staatsgefangene beſchlieſſen.

Stirbt er in seinem

Posten , so wird sein Vermögen zum Besten des Fürsten confifcirt , doch erhält seine Familie alsdann eine Penſion, oder wird auf andere Weise versorgt.

Dieser Gebrauch

das Bermögen reicher Staatsdiener an sich zu ziehen, gea hört zu den zufälligen Einkünften der Fürsten , und die Maratten bezeichnen diese Einnahme mit einem besondern Namen.

Im Ganzen giebt es wol keine Regierung als die marattische , unter welcher die Unterthanen alles Schutes

Bemerkungen über die Maratten .

252

Unter einer Regierung bloß auf Raub-

beraubt sind.

fucht , Bestechung und Unsicherheit gegründet , läßt fich noch öffentliche Sicherheit ers Daher rührt auch das unbeschreibliche Elend

weder häusliches Glück , warten.

des gemeinen Volks , und Unterdrückung , Armuth und Hunger scheinen zu den Eigenthümlichkeiten des Landes zu gehören.

Wenn man die große Fruchtbarkeit Indiens

bedenkt, so ist es fast unerklärlich , daß deſſen Provinzen fo oft von Hungersnoth heimgesucht werden, da der Boe den des Jahres zwey bis dreyfältig trägt , so sieht man leicht daß das Uebel in den Erpressungen und der Habsucht der Regenten liegen muß.

In einem Lande wo

Revolutionen so häufig sind , verschwindet allmählig jes der Sporn zur Industrie.

Der Landmann, der seinou

Boden dies Jahr anbauet, ist nicht versichert, daß er ihn das kommende behalten werde.

Oder bleibt er im Befik

seines Guts, so ist es wahrscheinlich , daß ein Truppencorps in seiner Nachbarschaft Quartier erhält.

Kaum

kann ihn ein größeres Unheil treffen , denn ein Haufen Maratten richtet gleiche Verwüstungen als Myriaden Heuschrecken an.

Das Eigenthum der Freunde ist ihren

Räubereyen eben so ausgesetzt als das feindliche.

Daher

erzeugt der Landmann nicht mehr Getreide als er zu seinem nöthigen Unterhalt braucht ,

da nun gar keine

Magazine oder Vorrathshäuser vorhanden sind , so ents steht bey großer Dürre , oder wenn zu viel Regen fällt, alsbald eine Hungersnoth.

Die Einwohner verlassen

ihre Wohnungen und flüchten sodann nach der Käfte oder in audere o wo der Mangel nicht so groß ist. Die Menge Menschen , die dort auf einmal ankommen,

Bemerkungen über die Maratten.

253

veranlassen bald Theurung und endlich ebenfalls Hungerős noth , und nun verbreitet sich die Plage allgemein.

Zu

dieser Zeit erblickt der Reisende den höchsten Grad des menschlichen Elends.

Hunger, Nacktheit , und Seus

chen, und das Ende von allen den Tod. find mit Leichnamen ,

Die Straßen

und die Landwege mit Todtens

gerippen bedeckt , und jeder Ueberlebende ist ein Bild des äußersten Elends und der Verzweifelung.

Wegen dieser

so oft entstehenden Hungersnoth , find die indiſchen Pros vinzen, so schlecht bevölkert , und man kann sicher bes haupten, daß in dem ganzen Lande, Bengalen und Bahar ausgenommen von funfzig Morgen kaum einer angebauet ist, und das angebaute Land dient, zum sichern Zeichen der guten oder schlechten Bevölkerung.

Es ist nicht uns

gewöhnlich , daß große Städte, bey einer solchen Landplage dreyviertel ihrer Einwohner verlieren ,

und das

platte Land eben so viel , daher werden ganze Districte menschenleer,

und die Felder bewachsen mit Gesträuch

und Dornen. Oben ist bereits bemerkt worden , daß die Maratten im beständigen Kriege leben.

Am Feste Dussera, welches

jährlich zu Ende des nordwestlichen Monſuns fällt , wird des Fürsten Hauptpanier aufgesteckt , seine Staatszelte werden aufgeschlagen, und es wird schnell ein Lager for: mirt.

Hier werden die Operationen des kommenden

Jahres bestimmt , ob man wirklich Krieg anfangen , oder bloß den Tribut eintreiben , oder auf Streifereyen ausgehen will.

Lehteren sind vorzüglich die Länder der

Rasbutten , der nördliche Theil von Guzeratte, nebst andern kleinen Bezirken ausgefeßt , da der übrige Theil

254

Bemerkungen über die Maratten.

von Hindostan und Dekan entweder von den Maratten. erobert , oder in den Hånden der Engländer und ihrer Aliirten ist. Wenn die ganze vereinigte Macht der Maratten ins Feld zieht wie 1794. in dem Kriege mit dem Nizam von Dekan geschah , so wird die Armee in drey Abtheis lungen abgesondert , von denen jede eine besondere Stele lung nimmt.

Die erste besteht aus der Avantgarde und

ihrer ganzen Infanterie.

Ihr Befehlshaber ist der Fah-

nenträger des Peischwa , obgleich jedes Oberhaupt ſeine eigenen Truppen anführt.

Das Centrum dient eigents

lich zum Reservecorps und ist bloß mit der nothwendige ften Bagage und Artillerie versehen.

Das Hintertreffen

befehligt der Peiſchwa in Person , und bey demſelben bez findet sich der ganze Artilleriepark, nebst der Bagage der Armee. Die Maratten greifen den Feind nicht leicht an, bes vor sie mit ihm unterhandelt haben ,

und kann der Zwift

mit Geld ausgeglichen werden , so ziehen sie eine ansehns liche Summe allemal den militärischen Operationen vor. Selbst wenn sie in der Nachbarschaft der feindlichen Armee stehen , lassen sie sich selten in ordentliche Gefechte ein, sie müßten denn selbst angegriffen werden, sondern sie bleis ben lange Zeit in ihrem Lager stehen , suchen nur ihren Gegnern die Zufuhr abzuschneiden , und das umherlies gende Land auszuplündern. Die Hauptstärke der Maratten besteht in ihrer zahls reichen Cavallerie, welche man in vier verſchiedene Klaſſen eintheiten kann , die erste Klaſſe heißt bey ihnen Baugiers. Sie bestehen aus den Haustruppen der Fürsten ;

diese

Bemerkungen über die Maratten.

255

liefern und unterhalten auch die Pferde. Mannschaft und Pferde sind vortrefflich , und der Reuter bekömmt etwa acht Rupien monatlichen Sold. Helen Die zweyte Klaſſe wird von den sogenannten Sillas bars oder schwer bewaffneten gestellt.

Sie machen mit

den Fürsten einen Kontract, so und so viel Pferde und Reuter zu stellen , so gut fie mit ihm einig werden köns nen, und erhalten gewöhnlich fünf und dreyßig Rupien monatlich, den Sold des Reuters mit eingerechnet. Zur dritten Klaſſe gehören die Freiwilligen , die ihre eigenen Waffen und Zeug mitbringen ,

und monatlich

vierzig bis funfzig Rupien Sold nach dem Werth und der Beschaffenheit ihres Pferdes erhalten. Die vierte Abtheilung der Reuterei besteht aus den sogenannten Pindarins.

Dies find bloß Räuberhaufen

die keinen Sold bekommen, nur von Plündern leben, und dem Fürsten den vierten Theil der gemachten Beute abgeben müssen.

Sie sind aber so schlechte Soldaten , und

so schwer in Ordnung zu halten , daß man diese Pins darins

nur bey den Armeen einzelner Marattenfürsten

findet. Die auf diese Weise zusammengebrachte Armee steht unter gar keiner Zucht.

Keiner dient eine gewiſſe be=

stimmte Zeit , sondern kann das Heer wieder verlaſſen, wenn es ihm beliebt. Sie leisten auch keine andere Dienste als in wirklichen Gefechten , und daß man eins zelne Reuter als Pikete ausstellt , oder auf Kommando ausschickt.

Die Reuterei der Maratten wird sehr unor" dentlich und schlecht bezahlt. Selbst die erste Klaſſe ders selben erhält statt des Soldes im Felde alle Tage eine

256

Bemerkungen über die Maratten. welche kaum hinreicht ihren

Quantitat groben Mehls ,

Die Silladars stehen sich nicht beffer.

Hunger zu stillen.

Nach seinem Kontracte mit der Regierung ist ihm ein Stück Landes angewiesen seine Pferde zu weiden.

Dort

lebt er mit seiner Familie wenn er nicht zum Dienst bes rufen wird , und sucht seine Pferde zu vermehren , vore züglich Staten zu ziehen , aus denen größtentheils die Reuterpferde der Maratten bestehen.

Es ist nicht unges

wöhnlich, daß ein Silladar, der bloß nebst einem Pferde Dienste nimmt ,

in wenigen Jahren Befißer einer an

fehnlichen Stuterey ist.

Sie befißen mancherley Mes

thoden ihre Stuten fruchtbar zu machen , und dreffiren ihre Füllen sehr früh , daher fie schnell die zum Reuten erforderlichen Kräfte erlangen.

Diese anhaltende Sorge

die Pferde zu pflegen ,

und zu warten , ist die

falt ,

Felds Hauptursache der ungeheuren Menge womit sie ihre en word züge eröffnen. Aber außer ihrer eigenen Zucht nach den indischen Jahrmärkten eine Menge Pferde von Caudahar und den nördlichen Provinzen gebracht , doch dergleichen bekommt man bey den gemeinen Maratten` nicht viele zu sehen .

Bey einem Kriegsaufbruch muß

der Silladar seine Pferde vorher muſtern laſſen. Musterung besorgt ein Bramine,

Die

der aber vorher durch

ein Geschenk gewonnen werden muß ; sonst würde er nicht die kleinsten elendsten Gåule für Reuterpferde passiten lassen , und Futtersäcke und Stricke, womit die Maratten ihren Pferden auf der Weide die Füße zusammenbinden, statt wirklicher Pferde aufzeichnen, die sich vorgeblich auf der Grafung befinden sollen.

Die Fürsten werden bey

dieser Gelegenheit auf alle mögliche Art betrogen , und

Bemerkungen über die Maratten.

257

fie suchen sich wieder von ihrem Verlust durch schlechte und unregelmässige Bezahlung zu erholen.

Denn wenn

ein Reuter vom Rückstande ſeines Soldes auf ein ganzes Sahr endlich die Bezahlung von sechs Monaten erhålt, fo glaubt er recht gut bezahlt zu seyn , und kann es auch glauben , da ihm Pferde bezahlt werden , die nur auf der Musterrollé existiren. Die Freywilligen stehen sich noch schlechter, weil man den Sold von den Maratten , wie unten gezeigt werden soll , mit Gewalt erpreffen muß. Ein anderer großer Fehler bey der Marattischen Cavallerie besteht darin ,

daß die Pferde den Reutern

größtentheils eigenthümlich gehören.

Sie wagen fich

daher nicht leicht in Gefahr , weil sie nach dem Verlust thres Pferdes nicht länger dienen kdunen.

Dies erstickt

bey ihnen alle Bravour und den Trieb sich auszuzeichnen, weil sie nur auf die Erhaltung ihres Pferdes bedacht sind. Es wird freilich dem Reuter so bald er Dienste nimmt fein Pferd taxirt , aber hat er es einmal auch in einer wirklichen Schlacht verloren , fo erhält er entweder keine Schadensersetzung, oder eine so geringe, die dem Verlust keinesweges angemessen ist.

Wird daher ein Silladar

disgustirt, so kann er ohne alle Hinderniß selbst im Ans gesicht des Feindes die Armee verlassen.

Auch ist es

nicht ungewöhnlich, daß reiche Silladars Reuter zum Dienst nicht bloß bey einem, ſondern verfchiedenen, Marats tenfürsten stellen , felbst wenn diese mit einander in Fehben verwickelt sind.

Um den rückständigen Sold gewiß zu erlangen , ist bey allen indischen Truppen, Maratten, sowohl als Mos hametanern der sogenannte Dherna eingeführt,

Bones Bemerf.

R

Dieser

258

Bemerkungen über die Maratten.

besteht darin , daß man den Schuldner , er mag seyn wer er will , in Arrest seßt , oder auf andere Art seiner Freyheit beraubt , bis entweder Unterpfand gegeben , oder die Schuld bezahlt wird. Jeder , der in den Diensten indischer Fürsten oder dortigen Großen steht , kann auf diese Art feine Forderung von dem Fürsten selber , ster oder Zahlmeister eintreiben.

deſſen Minis

Der geringste Soldat

wird daran nicht gehindert , noch weniger sein Betragen als Meuterey betrachtet , und er verliert dadurch in den Augen seines Befehlshabers nicht das mindeſte. Defters dauert der Dherna eine ziemliche Zeit, und es ist einerley ,

ob man damit den Fürsten oder seinen

Minister belegt, weil der Erfolg immer derfelbe bleibt; denn wenn der Minister im Dherna siht , so macht sich der Fürst eine Ehre daraus während dieser Zeit nicht zu 19 effen und zu trinken. Der Minister muß gleiche Fasten halten, er darf weder sichwaschen noch beten, oder sich von dem Platz bewegen wo er sich befindet , auch wird er zus weilen mit bloßem Kopfe in die Soune gestellt *), bis der Schuldner befriedigt ist.

Diese Art zu seinem Rechte zu

gelangen , ist so allgemein ,

daß ich glaube, die meisten

Marattenfürsten, welche überhaupt schlechte Bezahler find, müssen beynahe die Hälfte ihrer Zeit in einer Art von Dherna zubringen. *) Nujufkhan einer der letzten Minister und Feldherren des Grosmoguls , welcher 1782. starb, ward nach der Erobes rung von Agra von seinen unbezahlten Soldaten in den Oberna gefeßt , und mußte an einem heißen Tage in der brennenda ften Sonnenbiße mit bloßem Kopfe stehen , sie befreyeten ihn aber wieder , als er ihnen einen Theil des rückständigen Goldes bezahlte.

Bemerkungen über die Maratten.

Es

giebt

259

noch andere Arten des Dherna gegen

Schuldner oder Ehrenschänder.

Bey der ersten geht der

Gläubiger an die Thür seines Schuldners und fordert Bezahlung.

Erhält er diese nicht , so hat er zu diesem

Behuf ein schweres Gewicht bey der Hand , das er sich auf den Kopf legt, und dabey schwört , diese Stellung nicht eher zu ändern , als bis er befriedigt worden.

Zu

gleicher Zeit stößt er gegen den Schuldner die hårteßen Verwünschungen aus , wenn er in dieser Stellung seinen Geist aufgeben sollte. Dieses Mittel verfehlt selten seinen Zweck, and die Bezahlung erfolgt gewöhnlich. Sollte aber der Gläubiger in diesem Dherra wirklich sterben, so wird das Haus des Schuldners niedergeriffen , und er nebst seiner ganzen Familie zum Besten der Erben des Gläubigers als Sklaven verkauft. Die zweyte Art von Dherna ist viel schrecklicher, und wird daher sehr selten ausgeführt.

Bezahlt der

Schuldner nämlich auf die mündliche Erinnerung des Gläubigers nicht , so thürmt dieser einen großen Holzhaufen vor deffen Hause auf.

Oben auf demselben wird

eine Kuh oder Kalb gestellt, auch wohl eine alte Frau, die Mutter oder eine andere Verwandte des Gläubigers, ge setzt , die den Haufen anzuzünden droht , wenn keine Zah lung erfolgen sollte.

Sie belegt den Schuldner nyt Flüs

chen und Verwünſchungen , jener Welt zu verfolgen.

und droht ihn in Liefer und Dieser Dherna ist in Dekan

unbekannt , findet aber bey den Maratten statt, der Civil

die wes

noch Kriminalgesetze haben.

Außer den Reutern haben die Maratten auch In-

fanterie bey ihren Armeen.

Sie selber dienen nur im

R 2

Bemerkungen über die Maratten .

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äußersten Nothfall als Jufanteristen , und überhaupt find die wenigsten Soldaten bey ihren Armeen wirkliche Mas ratten.

Die Seapois unter den Truppen der verschies

denen Fürsten laffen fich meistens in Hindostan anwerben, und sind größtentheils Rasbutten oder von der Purvias taste.

Sie sind stark und athletisch gebauet, und gehören

dem Ansehen und der Figur nach zu den schönsten Mannse personen.

Sie besitzen schnelle Fassungskraft , Lapfers

keit und Sparsamkeit, find aber dabey untändig und zum Eigentlich sind sie Abentheurer die Aufruhr geneigt. jedem dienen , der sie gut bezahlt , und ziehen daher von Hindostan nach Dekan wo sie Purbasics , d. i. Fremde genannt werden.

Vaterlandsliebe kennen sie gar nicht,

und sie würden ohne Bedenken und Gefühl ihren eigenen Geburtsort ausplündern . Auch dienen viele Muselmånner unter den Márat: ten, und sie erlangen ansehnliche

Befehlshaberstellen .

Durch den Umgang mit den Hindus nehmen sie nach und nach ein gefälliges höfliches Betragen an, das sonst ihrem Karakter ganz fremb ist.

Sonst ist die Infanterie der

meisten Marattenfürsten nicht zahlreich, und hat, Scins hostes Ansehen. diahs Brigaden ausgenommen, einsehr

Dieser verstorbene Fürst war der einzige , der ein starkes en oßenpäisch Fuß errichtete. Korps Infanterie ganzgrauf Er war ein Mann von großen Talenten und sein Ehrgeiz war diesen gleich.

Als er 1791. wieder nach Dekan

zurückam , war er Vezier des Großmoguls oder vielmehr wirklicher Kaiser von Indien ,

und er kam nach

Punah um zugleich erster Minister beym Peischwa zu werden. Hätte er diese Würde erlangen können , so wäre

1961

Bemerkungen über die Maratten,

ſein Ansehen , und ſeine Macht größer geweſen als je ein indischer Kaiser in der glänzendsten Periode seiner Herrs fchaft besaß.

Ein Mann der so ausgedehnte Plane ents

warf, konnte nur große Thaten verrichten , und der Auss gang entſprach seinen Entwürfen.

Er legte Stückgieſſes

repen in Agra an , ließ in eigenen Fabriken alle seine Ges wehre verfertigen , und ermunterte verdiente europäische Offiziere in seine Dienste zu treten. Unter andern war er ſo glücklich Hrn. de Boigne ſeinen nachherigen General der Infanterie in seine Dienste zu bekommen ,

einen

Mann von den erſten militärischen Talenten und ausges breiteten politischen Kenntniſſen,

Er war unermüdet,

im Kriege so wohl als bey Unterhandlungen , zeigte ſeine glänzenden Eigenschaften auf einem großen Schauplage erweiterte Scindias Beſizungen , nach allen Seiten , und erwarb für sich ein ansehnliches Vermögen.

Die Armee

welche de Boigne für seinen Herrn zuſammenbrachte, bes ftand aus etwa 20,000 Mann regulärer

Infanterie,

zehntausend Nezibs die gleich beschrieben werden sollen, und sechszigtauſend gut geübter Reuter nebst einem ans fehnlichen Train Artillerie , welcher mit allen Erforder= nissen versehen war. Die Nezibs find mit Luntenflinten bewaffnet , und bestehen aus Indiern und Rohillas , lektere haben nach der Zerstörung ihrer Staaten in den nördlichen Gegenden von Auhd, meist bey dem Scindia Dienste genommen. De Boigne hat diese in Indien sehr gewöhnlichen Flinten noch mit Bajonetten versehen.

Man braucht zwar låns

gere Zeit diese Gewehre zu laden, aber sie schieffen weiter und die Kugel trifft gewisser.

Jedoch nach langer und

262

Bemerkungen über die Maratten.

vieler Uebung haben die Nezibs

dahin gebracht , daß

fie auch geschwind feueru können.

Sie sind außerdem

mit Schilden und Schwertern bewaffnet , und bedienen fich beym Angriff vorzüglich des Säbels . Diese furchtbare Armee verschaffte dem Scindia in Hindostan ein größeres Ansehen , seiner Nation besaß.

als irgend ein Fürst

Aber sein Nachfolger Dowlut Row

Scindiah besitzt seines Vaters Klugheit und Ansehen nicht. Seitdem er seinen ersten Minister ins Gefängniß gewors fen, hat

er keinen andern wieder ernannt , und seine

Rathgeber sind unerfahrne junge Leute ,

die sich als Bes

dienten und Sclaven bey ihm eingeschmeichelt haben. Scindias Ausgaben übersteigen seine Einnahme sehr weit, sein Land ist erschöpft und bringt jezt beynahe nichts hers vor, weil es so lange der Schauplaß von Räubern und Unterdrückern war.

Jetzt ist diesem Fürsten um seine

zahlreiche Armee zu erhalten kein anderes Mittel übrig ges blieben , als die Großen in Punah anszüplündern.

Dies

hat ihm zwar große Summen eingebracht , allein dieser Zufluß kann nicht lange dauern , und ist diese Quelle eins mal erschöpft , so muß sein Reich zerfallen. Bisher kos Truppen fete ihm der Theil seiner , mit dem er vor kurzem in Dekan stand , monatlich fünf und zwanzig Lac Rupien , die in Hindostan befindlichen lebten bloß vom Rauben , und seine Unterthanen erliegen unter der Last der mannichfaltigsten Erpressungen. Von den übrigen Marattenfürsten scheint der Raja von Berar Modaji Bonſulo , ein Abkömmling vom bes rühmten Sebagi sein Land vernünftig zu regieren , und ein guter Haushalter zu seyn.

Er beherrscht ein ansehns

Bemerkungen über die Maratten.

263

liches Gebiet , das aber nicht von andern marattiſchen Ihm gehört auch die Küste

Besizungen zerstückelt ist.

von Oriſſa, und er mischt sich wenig in die Streitigkeiten von Punah oder die Händel der andern Marattenfürften. Er schränkt sich daher auf ſein Gebiet ein, iſt aber mächtig genug keinen Angriff fürchten zu dürfen.

Seine Kriegs,

macht ist der Zahl nach die zweyte im Range der übrigen Marattenfürßten.

Er hålt zehntausend Mann Fußvolk

auf den Beinen ,

die aber schlecht bezahlt werden , und

daher ein zugellofer Haufe find. er aber zusammenbringen ,

Destomehr Reuter kann

weil er feinen großen Schatz

in seinen Bergvestungen aufbewahrt.

Von Karacter ift.

er ein schwacher muthloser Prinz,

Hollar war so lange er lebte unter den Marattens fürsten seines unter ihnen berühmten Vaters wegen ges achtet.

Ihm gehörten ansehnliche Provinzen in Dekan

und Hindostan , und im leßtern Reiche ein großer Theil von Malwa, daher er auch Subah von Malwa genannt ward.

Sein Vater Malhar Row Holkar mit dem Beys

nahmen des Großen , war einer von den ersten Marattenanführern, welche gegen Norden Eroberungen machten. Sein Sohn konnte, so lange er reglerte, funfzigtausend Reuter marschiren lassen, und hielt au sechstausend Ine fanteristen die ziemlich in Ordnung waren.

Aber gegen

Ende seiner Regierung gerieth er in Verfall, theils wes gen einer Fehde mit Scindia theils wegen der Streitige feiten in seiner Familie.

Ihm folgte sein Sohn Coffey

Row in der Regierung, ein schwacher Prinz der sich ganz von seinen Verwandten leiten läßt.

264

Bemerkungen über die Maratten , Der Peischwa wird freylich als das Oberhaupt der

ganzen Nation angeſehen, aber seine Kriegsmacht ist nicht so furchtbar, als die der vorher genannten Fürften. Seine Residenz ist Punah , in welcher Stadt der Reichthum als ler Marattenfürsten zusammen fließt.

Sie ist schlecht

gebauet, und ist nur durch ihre gute Policei merkwürdig, welche einige tausend Mann beschäftigt.

Des Abends

um zehn Uhr nach dem Kanonenschuß , darf sich niemand auf der Straße blicken lassen, oder er wird von den Paz ten aufgeg riffen , und die ganze Nacht im Arrest behalten , bis ihn der Policeipräsident den andern Morgen wieder frey, läßt.

Es wird so strenge Ordnung ges

halten , daß der Peischwa selber einmal die ganze Nacht im Arrest bleiben mußte, weil er sich zur Nachtzeit außer seinem Pallast gewagt hatte. Der Peischwa will 20,000 , Mann Infanterie im Dienste haben, aber die meiſten ſind bloß in den Musterrollen vorhanden, oder werden als Policenwächter in Punah gebraucht , find aber in einer so. elenden Verfassung und so schlecht bewaffnet ,

daß fie

schwerlich einem einzelnen Bataillon regulårer Seapois, Widerstand leisten können. ist dagegen portrefflich.

Die Reuterey des Verschwa Sie besteht aus den sogenann

ten Maunkarries , oder den Contingenten mehrerer Elefa neu Häuptlinge in Dekan, oder dem eigentlichen Gebiete des Peischwa, welche im vorigen Jahrhunderte das Joch. des Großmoguls abwarfen , und dem Sevagi vorzüglich behülflich waren , den Marattenstaat zu gründen.

Sie

werden am Hofe in Punah sehr hervorgezogen , und ges nießen befondere Vorzüge, unter andern muß der Peischs wa immer aufstehen, oder sich von seinem Musnud, einer

Bemerkungen über die Maratten.

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Art von Thron erheben , wenn einer von ihnen zu ihm kömmt.

Bey feyerlichen Aufzügen stellen fie fich dems

Peischwa gleich.

Sißt er auf einem Elefanten , so bes

steigen fie auch die ihrigen , und reitet er , so seßen sie fich auch zu Pferde.

Eigentlich bezeigen fie nur dem gez

fangenen Großfürsten in Setterah ihre Ehrfurcht , und ziehen dann persönlich ins Feld , wenn der Peischwa beg der Armee ist *). Der Marattenfürft von Guzeratte , Govind Now Guicawar mag ein Crore #) oder zehn Millionen Rupien Einkünfte haben, und kann bey einem allgemeinen Mas rattenkriege

30,000 Reuter zusammen bringen.

Der

Halbbruder des leßtverstorbenen Peischwa plündert jezt Bundelcund , bas Land der Diamanten in der Provinz Agra aus.

Er hat aber nur eine precåre Eriſtenz , und

an Macht und Ansehen steht er weit unter den vorher gea nannten Fürsten.

Die übrigen Heerführer der Maratten

besitzen bloß einzelne Lehne im Gebiet des Peischwa, und können die Hauptarmee nur mit kleinen schlecht bewaffnes ten Haufen verstärken.

Dies ist ein treues Gemahlde

Der gereinigten marattischen Kriegsmacht , die gehdrig disciplinirt, beffer befoldet, und ganz von einem Obers haupte abhängig , den Engländern und andern Mächten

Sie wohnen vorzüglich in den füdlichen Gegenden feines Gebiets, und 1791 war in den weßlichen Ghauts ein solcher Häuptling vorhanden , dem der Distrikt Panella gehörte, (Moores Narrative of Captain Littles Detachement 6, 12, Die Indier berechnen große Summen nach Lac und Erore, ein Lac bedeutet 100,000 , und ein Crore hundert Lac oder zehn Millionen.

266

Bemerkungen über die Maratten.

wohl Besorgnisse erregen könnte.

In dem Kriege, den

die Maratten 1794 mit dem Subah von Dekan führten, war ihre Armee über zweymal hundert tausend Maun stark.

Aber in‫ ין‬Europa hat man von diesem Kriege zur

Zeit keine Nachricht,

Bey den Maratten besteht die Infanterie aus zweyen verschiedentlich unterhaltenen

Corps.

Zur ersten und

besten Art gehört Scindias Infanterie , deren Geschütz, Gewehre, A mmunitio , Kleidungsstück und uorige Ges n e råthschaften dem Fürsten gehören.

Er seht und besoldet

die Befehlshaber. Aber bey andern Fürsten unter andern dem Holkar ist das ganze Korps nebst allen Geräthschaften das Eigenthum edes n Befehlshabers, der dafür von seinem idi t zieh , und i * Subs Besoldung seiner Manns schaft selbst besorgt.

Diese Einrichtung ist eben so feh-

lerhaft als die bey der marattischen Reuterei gewöhnliche, indem schwerlich ein Befehlshaber seine Pflicht so treu und thatig erfüllt, deffen Existenz von der Erhaltung seis ner Mannschaft abhängt.

Denn sollte diese in einem Ger

fecht geschlagen werden ,

oder nur ansehnlichen Verlust

leiden , so sind alle seine Hoffnungen getäuscht, weil der Fürst den erlittenen Schaden aufkeine Weise ersetzt. Sonst wird die Infanterie im Ganzen beffer als die Reuterei bea zahlt , und ein Musketier erhält in Hindostan monatlich sechs und in Dekan neun Rupien, Die Maratten haben jezt die Vorzüge der Infantes rie einsehen gelernt , und geben daher den diſciplinirten Bataillons Vorzüge vor ihrer Reuterei.

Nur hålt es

schwer , die benöthigten Gewehre in den Niederlassungen zu einem festgesetzten Preise zu kaufen.

Da die engs

Bemerkungen über die Maratten,

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lische ostindische Gesellschaft den Verkauf aller Gewehre und selbst der unbrauchbaren in ihren Besitzungen verbos ten hat , so kann diese Anordnung zwar die Vermehrung der indischen Infanterie einige Zeit aufhalten , aber fie wird die Fürsten nöthigen , selbst Gewehrfabriken anzus legen , wie Scindiah schon mit großem Vortheile vers sucht hat.

Seine Gewehre find vortrefflich und viel bess

ſer als die gewöhnlichen europäiſchen. Verbot für sehr unpolitisch.

Ich halte jenes

Denn Gewehre werden ima

mer den Indiern verkauft werden , solange sie solche gut bezahlen, und in diesem Fall wäre es für die Geſellſchaft vortheilhafter , diesen Gewinn zu ziehen, als ihn Privat: personen zu überlassen.

Die Waffen , welche man im

Junern von Hindostan verkauft ,

find gewöhnlich uns

tauglich oder zum Dienſt nicht brauchbar,

daher ift

es gleichviel, in welchen Hånden fie find ,

und wers

den sie dennoch von indiſchen Fürſten gekauft , so kdunen fie ihnen wenig * nüßen , weil sie keine Waffenschmiede haben , unbrauchbare oder schabhafte Gewehre wieder in Stand zu setzen. Da nun die Gesellschaft die Einrichtung getroffen hat , die Läufe zu zerschlagen und nach Europa zurück zu ſchicken , so verliert sie dadurch auf ihren Schiffen Raum, könnte.

der mit bessern Waaren angefüllt werden

Aber ich behaupte auch gerade zu , es erfordert

das Intereſſe der oftindiſchen Geſellſchaft , den indiſchen Fürsten alle ihre alten Gewehre zu verkaufen.

Könnten

diese Gewehre in hinlänglicher Menge erhalten werden, fie würden gewiß eine zahlreichere Infanterie im Verhalts niß ihrer Reuterei zu errichten suchen.

In jedem fünftis

gen Kriege würde die Gesellschaft davon ansehnliche Vors theile ziehen , weil sie dem Feinde besser auf den Leib

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Bemerkungen über die Maratten.

gehen , und dadurch die gewöhnlichen kostbaren , lange dauernden Feldzuge, vermeiden würde , welche sich wegen der Menge indischer Reuter so sehr in die Länge ziehen, indem sich diese nicht leicht in ein ernsthaftes Gefecht eins lassen.

Bestånden die indischen Heere aus einer größern

Menge Fußvolks als gegenwärtig , so würden sie das Gebiet der Gesellschaft nicht so schnell überschwemmen können , als sie jeht mit ihrer leichten Reuterei ungehins dert thun können , und bey Gefechten würde sich bald die Ueberlegenheit des brittischen Fußvolks vor dem ins dischen zeigen. Der Befehlshaber der Artillerie bekleidet einen wichtigen und sehr einträglichen Poften.

Die Kanonen der

Maratten find zwar ziemlich gut gegossen, allein die Rås der sind plump , bestehen gewöhnlich aus einem ganzen oder mehrern zusammengefeßten

Stücken Holz,

und

nußen sich, da sie nicht beschlagen sind, auf den Märschen so ab, daß sie mit der Zeit oval werden.

Doch habe ich

auch bey einigen Armeen sehr gute Lavetten gesehen. Die Kanonen haben kein festgesetztes Kaliber, und sie sind von fehr verschiedener Größe , und die Kugel wird nach jeder Kanone eingerichtet.

Sie brauchen aber nie gegossene,

sondern geschmiedete Kugeln ,

welche durch ihre rauhe

Oberfläche das Geschütz verderben, man kann auch damit nicht so ficher als mit andern Kugeln schießen.

Von dies

fem Geschütz führen ihre Armeen immer eine große oft unnöthige Menge mit sich, weil sie auf die Artillerie sehr viel halten , ob sie gleich nicht verstehen eine Kanone or bentlich zu richten.

Ihr Pulver ist schlecht, wiewohl sie

alle dazu 'nöthigen Ingredienzen besigen,

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Bemerkungen über die Maratten.

Ein marattiſches Lager ist ohne allen Plan und Ordnung aufgeschlagen ,

uud nintmt einen gewaltigen

Raum ein. Sobald das Zelt des Oberbefehlshabers auf, gerichtet ist , so erscheint vor demselben ein förmlicher Markt, wo man alles nöthige kaufen kann , und alle Gewerbe und Handwerke getrieben werden.

Der Fürst

oder Oberbefehlshaber zieht von diesen Krämern, Künstlern and Handwerkern große Summen .

Jede Bude, deren

im Lager auf tauſend gefunden werden , muß ihm etwas gewiffes zahlen ,

und jeder Handwerker ihm´monatlich

fünf Rupien erlegen.

Dieser Abgabe ſind ſelbst die Läns

zerinnen , die bey hunderten bem Lager folgen , unters worfen.

Selbst die Diebe stehen unter seinem Schutz,

wenn ſie dafür monatlich bezahlen.

Des Ministers Zelt steht neben dem fürstlichen. Die andern Befehlshaber wählen ihre Plähe nach Belie ben , haben aber ihre Fahne aufgesteckt, damit ihr Gefolge sich an sie anschließen kann.

Die Menge der Leute

die ein indisches Heer begleiten, ist außerordentlich groß, und man kaun wirklich drey Personen aufjeden wirklichen Soldaten annehmen. 6 DieMe, auf einem best sondern Plaße, gemeinhin auf einer Flanke, aufgefahren Die Infanterie schlägt ihr Lager immer in der Fronte auf, und die Cavallerie wird meist nach allen Richtungen ausgeschickt den Feind zu beobachten , oder Poſten ums Lager zu besetzen. Wenn gleich der Fürst im Felde steht, s ruhen dess wegen die Staats- und andern Geſchäfte nicht.

Jeden

Abend versammelt er sowohl auf Mårschen als an Ruhetagen seine Minister, and alles wird eben so pünktlich und

Bemerkungen über die Maratten.

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ordentlich besorgt, als in seinem Pallast.

Ein jeder,

selbst der niedrigste , kann Audieng erhalten.

Soll die Armee aufbrechen , so bestimmt der Obera befehlshaber den Ort , wo sie sich den folgenden Tag las gern soll.

Diese Nachricht wird von den Leuten des Ges

neralquartiermeisters auf dem Marktplatz bekannt gemacht. Die Infanterie,

welche immer die Avantgarde macht,

bricht vor Aufgang der Sonne auf.

Die Reuterei ist

selten vor neun Uhr Morgens marschfertig , weil sie vors her ihr Frühstück oder . ihre ganze Mahlzeit einnimmt. Die Artillerie setzt sich zuletzt in Bewegung , marschiert ee hr it tfernt er Arm se we en . ganz allein, und ist oft n d Der Oberbefehlshaber zieht mit vielem Pomp einher. Seine Paradeelefanten ,

diejenigen welche seine Fahnen

tragen , seine Handpferde gehen voran, und er folgt von einem auserlesenen Korps Reuter begleitet.

Auf dem

Marsche nimmt er wieder ansehnliche Summen ein , denn feder Ort im Gesichte der Armee , er mag in seinen eiges nen oder fremden Ländern liegen , muß ihm ein Geschenk berehren.

Eben deswegen hålt sich der Artilleriepark so

weit von der Armee , denn dieser fordert nach uraltem Herkommen von jedem Dorf für jede Kanone eine Quans tität Butter , ein Schaaf und eine Ruple , und läßt es selten bey dieser Forderung bewenden.

Ueberdem müssen

die Dörfer Leute stellen das Gepäcke fortzuschaffen, Was gen und Zugochsen liefern , wäre es auch nur um von den Einwohnern Geld zu erpreſſen.

Diese Lieferungen

und andere Erpressungen, seßt der Dorfschulz oder Steuers einnehmer auf die Rechnung des Landesherrn, und zieht

Bemerkungen über die Maratten.

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fie ihm wieder zum Besten der Einwohner bey Berech nung der Steuern und Gefälle ab.

Die marattische Reuterei kann sehr schnelle und lange dauerndeMärsche aushalten,und weder dieMonsuns noch die üngünstigste Witterung kann sie auf ihren Zügen aufhalten. Bey außerordentlichen Fällen kann ein marattischer Reu ter große Strapazen ausdauern.

Er hält den ganzen

Tag über keine ordentliche Mahlzeit, kömmt ein Kornfeld, so streift er einige Aehren ab , die er auf dem Pferde mit seinen Hånden zerreibt, und sich damit nährt.

Sein

Pferd frißt was es unterwegens findet , doch bekommt es auf langen Märschen etwas Opium.

Führt die Ars

mee etwa einen Train schwerer Artillerie , so wird fie dadurch nicht aufgehalten ,

weil die voraus geschickten

Reuter überall Zugvieh zusammen treiben die Artillerie fortzuschaffen.

Doch so schnelle Mårsche sind außeror-

dentliche Fälle; gemeinhin legen die Marattenheere tågs lich nur zwölf englische Meilen zurück,

Eine Marattenarmee braucht allerdings sehr viel Lebensmittel, aber ihre Fürsten denken nicht daran Mas gazine anzulegen, oder Vorråthe anzuschaffen.

Ein jeder

muß für sich sorgen.

Die Getreidehändler ſchicen ges meinhin ihre Leute mit den Streifpartheyen aus, um in

den benachbarten Ortschaften , dürfnisse einzukaufen ,

Getreide und andere Bes

daher leidet ein indisches Lager

felten Mangel an Lebensmitteln, auch sind diese nur fünf Procent theurer als auf den Marktplågen der Städte. Aber außerdem werden die Armeen von herumziehenden

Bemerkungen über die Marattens

972

Getreidehändlern versorgt,

welche Banjaries *) heißen,

und ein besonderer Stamm zu sein scheinen. Diese führen auf Ochsen Getreide aus den entferntesten Gegenden hers bey.

Sie siehen in großen Caravanen mit Weib und tet , Provinz daß fiezur andern , und wurden sonst geach fo sehr Kind von einer

ungehindert mitten durch die streitenden Heere mit ihren Vorråthen zogen ,

aber seit

kurzem haben sie vieles von ihrer alten Unverleßlichkeit verloren , und Tippo hat ihre herumwandernde Magas zine

bisweilen

ausplündern lassen.

Indessen da die

Männer dieses Stammes immer gut bewaffnet reisen, und ihre Caravanen bloß an Lastthieren aus funfzig bis achtzigtausend Ochsen bestehen , so sind sie für sich allein im Stande Streifpartheyen abzuhalten.

Für Getreide

nehmen fie andere Waaren aus Dekan nach Hindostan zurück.

Sie weben auch aus Hanf ein grobes dichtes

Beug, das allgemein gesucht, und zu Kornsäcken und Kas meeldecken verbraucht wird,

Zuweilen beschäftigen fich

diese Banjaries auch mit dem Feldbau , und ich habe ſels ber in einem wüsten Theil von Guzeratte eine ziemliche Anzahl derselben damit beschäftigt gefunden, die sich von ihrer Arbeit reichlichen Gewinn versprachen.

Die Infanterie der Maratten wird immer von euros päischen Offizieren commandirt.

Diejenigen welche Bes

* Sie geboren zur dritten Klaffe , oder der Kafte der Bies Akbars Landbuch neunt Bunniah, und bemerkt dabey, daß zu dieſem Kornhändlerstamm vier und achtzig Unters abtheilungen gehören. Ausführlicher beschreibt diese Bans farries , welcke mit beladenen Lastochfeti umberzichen . 3 More's Account of Captain Littles Detachment , S. 129.

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Bemerkungen über die Maratten.

fehlshaber ganzer Brigaden sind, haben ansehnliche Bea soldung nebst andern Vortheilen.

Der Oberste Perron,

der dem vorher genannten de Boigne als Oberbefehlöa haber der ganzen Infanterie des Scindiah folgte,

und

hernach Generalfeldmarschall des Nizams wurde, hatte monatlich fünftauſend Rupien.

Andere europäische Bea

fehlshaber im Dienste dieses Fürsten erhalten alle Monate eintauſend bis dreytauſend Rupien , eben so reichlich , werden sie von andern indiſchen Fürſten befoldet. Holkar bezahlt dem Befehlshaber seiner Infanterie monatlich breytausend Rupien , und eben so viel erhielt der Oberste Boyd vom Peischwa. Dem verstorbenen Raymond , Bes fehlshaber der Infanterie des Nizam, war ein Lehn zur Bezahlung seines ganzen Korps angewiesen , das jährlich brey Millionen Rupien eintrug.

Europåer die als Sub-

alternoffiziere den Maratten dienen , bekommen monats lich von zweyhundert bis fünfhundert Rupien.

Die Bes

zahlung geschieht zwar nicht pünktlich, sie ist aber ges wiß und kein Verlust dabey zu befürchten ,

auch vers

langt der gewöhnliche Dienst in Friedenszeiten wenig Kosten.

Doch ist im Ganzen für Europåer, welche fich

entschließen indischen Fürsten zu dienen , wenig zu gewins nen ; weil dieſe in ewigen Kriegen verwickelt sind , und die Offiziere ihr Feldgeråth , Laftthiere und Knechte bes ständig bey der Hand haben müssen. welche ein großes Korps kommandiren ,

Nur diejenigen, können etwas

zurücklegen. Wird aber ein Europder krauk oder durch Wunden zum Dienſt untüchti so hat er keine weitere Belohnung zu erwarten. Es ist daher einem jedem Glückss sucher zu ratyen, 上 lieber sein Fortkommen in ben euron

Cones Bemerk.

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Bemerkungen über die Maratten.

päischen Niederlassungen , als Dienste bey einem indischen Fürsten zu suchen. Ich schätze, daß überhaupt in Indien bey den Armeen der verschiedenen , regulåre Truppen haltenden, Fürsten, etwa dreyhundert Europäer angestellt ſeyn mögen. Von dieſen haben etwa ſieben das Oberkommando anſehnlicher Korps, audy Gelegenheit einiges Vermögen zu erwerben. Sechzig andere dienen als Offiziere , und die übrigen meist Ausgetretene aus den europäiſchen Niederlaffungen oder von Schiffen sind als Unteroffiziere und Artilleristen hin und wieder angestellt ; und die meisten dieser Ueberläufer fino Franzosen.

Da sie unter keiner Diſciplin ſtehen , ſo

machen sie ihren Landsleuten durch ihr zugelloses Betras gen wenig Ehre, zeichnen sich aber durch Muth und Unerschrockenheit in Gefechten aus.

Bey den Marattens

fürsten geniessen alle Europäer Vorzüge , welche sie den Hindus nicht verstatten.

Alle europäischen Bedürfniffe,

welche sie verlangen gehen durch das ganze Land zoll und abgabenfrey.

An den indischen Höfen darf sich keiner

ohne Erlaubniß eines Palankins bedienen, aber ein Euros påer braucht diese Vergünstigung nicht.

Unter den Mas

hometanern kann ' er sich frey eines gelben Elefantenfißes bedienen, welche Farbe sonst nur den Nabobs verstattet ist.

Reist er durchs Land, so wird sein ganzes Gepåde

von einem Ort zum andern kostenfrey weiter geschafft, and er genießt in Absicht seiner Person und seines Eigens thums völlige Sicherheit.

Diese lettern Vorzüge ers

laubt man überhaupt allen indischen Militairpersonen.

Zum Besten derer, die künftig Indien bereisen , wi n ll ich hier noch einige dem Lande eigenthümliche Anstalten

275

Bemerkungen über die Maratten.

anführen.

Die Gutmüthigkeit der Hindus ist von jeher

für die Bequemlichkeit der Reisenden besorgt gewesen. Dahin gehören die von Privatpersonen erbauten Hers bergen und Rüheplåte , wie auch die am Wege gegrabes nen Brunnen.

Die Wohlthätigkeit der Judier zeigt sich

auch bey andern von jeher gemachten Einrichtungen.

In

jedem Dorfe werden bloß zum Besten der Reisenden drey Personen auf öffentliche Kosten unterhalten.

Der erste

von diesen ist der Ifhkaur einer von den niedrigen Klaffen, der die Coolies oder Träger zur Fortschaffung der Reisenden und ihres Gepäcks besorgt.

Findet er diese nicht

unter den niedern Kasten , so sucht er sie unter den Golds schmieden aus , und geht auf diese Art alle Volksabthei lungen durch, bis er die erforderliche Mannschaft zusam menbringt, und kann er die nöthige Anzahl nicht erlans gen, so muß zuweilen der Schulze als Lastträger dienen. Ich habe selber mehr als einmal gesehen , daß sich Braminen dieser Last unterwerfen müssen. Jedoch pflegt man nicht leicht einen Muselmann zu diesem Dienst zu zwingen, er mag noch ſo arm und unbedeutend ſeyn .

Dieſe

Träger wechseln am nächsten Orte mit andern ab, und fie erhalten für ihre Bemühung nichts weiter als etwas groz bes Mehl , an ordentliche Bezahlung ist nicht zu denken. Die zweyte Person ist der Wegweiser gewöhnlich einer von den Bills oder wilden Waldbewohnern , welche wie oben bereits gesagt worden , rohe Barbaren sind , mit Pfeil und Bogen bewaffnet umherziehen , und unter dem Schutz irgend eines Fürsten stehen , dem sie einen Theil Von diesen werden zwey bis ihres Raubes abgeben. drey in jedem Dorfe auf Kosten des Ganzen unterhalten.

Bemerkungen über die Maratten.

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Der dritte gehört zu einer so angesehenen Kaste , daß jeder Indier das von ihm zubereitete Effen geniessen kann, ft u n ht erricdies Geschä kann ein Man so wohl , als eine Fra vund Sie kaufen für den Fremden Victualien auf

verrichten.

dem Markte ein , bereiten sie und erwarten dafür keine Belohnung. Ueberdem kann ein Reisender in jedem Dorfe, son dem Schulzen etwas Salz , Korn , Holz und einen Topf fordern sein Essen zu kochen. Bisher habe ich die militärische Verfassung der und auchzu Maratten beschrieben wird aber nöthig zu , es Armeen sie große warum , seyn halten zeigen, wozu sie solche gebrauchen.

Die Länder , welche sich der Herra

schaft dieser Räuberbande unterworfen haben , so werden. fle nou allen indischen Schriftstellern genannt ,

find neu

eroberte Provinzen meist von kriegerischen bisher unaba hängigen Völkern bewohnt , welche mit ihren neuen Herren höchst unzufrieden sind.

Der ehemalige Kaiser

von Delhi war nur ihr Oberherr dem Nahmen nach, und fie bezahlten ihm geringeru Tribut, als den jeht die Maz ratten von ihnen erzwingen. neueroberten,

Jede Rupie muß diesen

aber nicht überwältigten Ländern abges

preßt werden , und daher sind zum Eintreiben der Abs gaben große Heere nöthig.

Die Rasbüttenfürsten halten

es unter ihrer Würde, den auferlegten Tribut gutwillig zu bezahlen.

Ob sie gleich gewiß sind von den Maratten

geschlagen zu werden, so wagen sie doch lieber einen Felda zug um vielleicht ihre alte Independenz wieherstellen zu können.

Ihr Stolz wird bey dem Gedanken verwundet,

einem Volke unterworfen zu seyn , vor dem fie doch als Glieder einer höhern Kaste Rang und Vorzüge besitzen.

Bemerkungen über bie Maratten.

377

Um fo unruhige, wiederspeuftige Provinzen im Gehorsam zu erhalten , ist

die ganze Kriegsmacht der Maratten

immer beschäftigt, und ich zweifle ob die Eroberungen in Hindostan die Kosten einbringen, welche die großen Armeen verursachen. Von allen Fürsten, die den Maratten - Tribut zahlen müssen, könnte sich der Rajah von Iyepor, der måchtigste der Rasbutten in Agimere am ersten von dieser Last befreyen.

Er besitzt große Reichthümer, und seine Unters

thanen gehören zu den tapfersten in Hindostan.

Aber

der jezt regierende Rajah iſt ein unbedeutender Prinz, der seine Zeit mit Frauenzimmern im Zenana tödtet , daher ſonſt Scindiah und Holkar ſein Gebiet mit ihren Heeren zu überschwemmen pflegten. Vor etlichen Jahren zwang ihn Scindias Feldherr de Boigne vor den Thoren seiner Hauptstadt sieben Millionen Rupien zu zahlen , und er gab lieber diese große Summe her, ehe er sich in seiner Vestung belagern ließ.

In der unten versuchten Skizze habe ich von den Einkünften und den Truppen , welche die vornehmsten Marattenfürsten stellen können , eine Uebersicht gegeben . Die ganze Mannschaft ist gerade nicht allezeit vorhanden, aber ich bin überzeugt , daß sie so viel und noch mehr zus fammenzubringen im Stande sind. Ihre Einkünfte bes tragen ebenfalls nicht alleJahre die hier berechnete Summe. Diese richten sich nach den Jahren des Ueberflusses und Mangels, und wenn das Getreide zu ſehr im Preiſe fällt, so hält es schwer die Abgaben vom platten Lande zu erz halten .

Nach meiner Schäßung haben nachstehende Fürs

Bemerkungen über die Maratten.

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ften folgende Einkünfte ,

und können an Reutern und

Jufanterie zusammenbringen :

Rupien. Cavallerie. Infanterie. Zusammen. 40,000 20,000 60,000 Manu , Der Teischwa 4 Crore

Scindiah Bonsulo Holkar Guicamar

60,000

30,000

90,000

solac 10,000 I so Lac 30,000 1 Crore C 30,000

10,000 4,000

60,000 34,000

6

30,000

16 Crore Rupien. 210,000 64,000 274,000 Mann.

Außer diesen ansehnlichen Einkünften von hundeft und sechzig Millionen Rupien oder deutschen Gulden, verwahren manche Fürsten in ihren Bergschlössern einen ungeheuren Schatz,

der aber ganz für die Circulation

verloren ist , und den sie nur bey der dringendsten Gefahr anzugreifen wagen.

Welche große Summen auf diese

Weiſe bey den Marattenfürsten und ihren erstenTh Beams atfas folgenden ten vergraben liegen , kann man aus r Nana der Staatssekretai Koum lett cen schließen.

Peischwa , der im December 1797 gestürzt wurde , und in Guzeratte gefangen saß, aber das Jahr darauf alle feine Würden wieder erhielt, gab selber seine Schätze auf zwanzig Crore, oder zweyhundert Millionen Rupien an, und versicherte, daß im Schaße des Peischwa noch grö ßere Summen verwahrt würden. Betrachtet man nach dem vorher gesagten den Maz rattenstaat im Ganzen , dessen ungeheuren Umfang , aber sehr geringe Bevölkerung , den rastiofen , unbezahmten Geist der eroberten Provinzen , und die Spaltungen un ter den Oberhauptern ,

und Staatspartheyen , so kann

Bemerkungen über die Maratten.

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man ihn unmöglich für so furchtbar halten , als man ihn gewöhnlich in Europa und Judien anzusehen gewohnt ist. Der Marattenstaat ist eine Verbindung ohne Einigkeit, nicht auf Vertrauen , sondern auf Eiferſucht und Mißtrauen gegründet ,

die Oberhäupter find unfähig zum

allgemeinen Besten zu handeln , Privatabsichten geleitet.

und werden nur von

Ihre Regierung ist in den

Hånden habsüchtiger Braminen ,

den treulosesten und

bestechlichsten unter dem ganzen Menschengeschlechte. Ich wünsche meinem Vaterlande keinen Krieg mit den Maratten , sollte es aber dazu kommen, so kann ich ihm den glücklichsten Erfolg vorhersagen,

Inhalt des dritten Theils.

I. Graffet Saint Sauveur Beschreibung der ehemaligen venetianischen Besigungen auf dem festen Lande und an den Küsten von Griechenland. II. Felix Beaujour Schilderung des Handels von Griechens land , besonders der Stadt Theffalonich. III. Cones Bemerkungen über die Maratten , vorzüglich ihre Verfassung und Kriegsmacht.