Bescheidene Größe: Die Herrschergestalt, der Kaiserpalast und die Stadt Rom: Literarische Reflexionen monarchischer Selbstdarstellung 3525252366, 9783525252369

Bescheidenheit (modestia, civilitas) hat für das Auftreten und die Selbstdarstellung der römischen Herrscher von Augustu

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Bescheidene Größe: Die Herrschergestalt, der Kaiserpalast und die Stadt Rom: Literarische Reflexionen monarchischer Selbstdarstellung
 3525252366, 9783525252369

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V&R

Hypomnemata Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben

Herausgegeben von Albrecht Dihle, Siegmar Döpp, Dorothea Frede, Hans-Joachim Gehrke, Hugh Lloyd-Jones, Günther Patzig, Christoph Riedweg, Gisela Striker Band 137

Vandenhoeck & Ruprecht

Claudia Klodt

Bescheidene Größe Die Herrschergestalt, der Kaiserpalast und die Stadt Rom: Literarische Reflexionen monarchischer Selbstdarstellung

Mit 8 Abbildungen

Vandenhoeck & Ruprecht

Verantwortlicher Herausgeber: Siegmar Döpp

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Klodt, Claudia: Bescheidene Größe : die Herrschergestalt, der Kaiserpalast und die Stadt Rom; literarische Reflexionen monarchischer Selbstdarstellung / Claudia Klodt. [Verantw. Hrsg.: Siegmar Döpp]. Göttingen : Vandenhoeck und Ruprecht, 2001 (Hypomnemata ; Bd. 137) ISBN 3-525-25236-6

Gedruckt mit Unterstützung der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung.

© 2001, Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen. Internet: http://www.vandenhoeck-ruprecht.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeisung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Druck: Hubert & Co., Göttingen. Umschlagkonzeption: Markus Eidt, Göttingen. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Inhalt Vorwort

7

Einleitung

9

I Die Hütte (Vergil, Aeneis 8,337-369) Bescheidene Verhältnisse

11

II Der Palast (Statius, Silvae 4,2) In der Höhle des Löwen

37

III Die Stadt (Ammian, Res gestae 16,10) Hochmut kommt vor dem Fall

63

IV Schlußbetrachtung modestia principis

97

Literatur

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Register

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Abbildungsnachweis

130

Abbildungen

131

Für Klaus Hennemann

Vorwort Dieses Buch ist die erweiterte Fassung eines im Mai 1998 und im Oktober 1999 in Hamburg sowie im Juli 1999 in Rostock gehaltenen Vortrags. Für Anregungen und Hinweise in der Diskussion und für das Manuskript danke ich besonders Frau Prof.Dorothee Gall und den Herren Prof.Jürgen Deininger, Prof.Joachim Dingel, Prof.Helmut Halfmann, Prof.Lambert Schneider und Dr.Lorenz Winkler. Wichtige Impulse gaben die im Rostocker altertumswissenschaftlichen Kolloquium gehaltenen Vorträge von Herrn Prof.Hans Peter Stahl, Pittsburgh, und Herrn Prof.Paul Zanker, Rom, sowie die Rom-Seminare bei Herrn Prof.Eckart Schäfer, Freiburg und mit Herrn Dr.Lorenz Winkler, Rostock. Die Korrekturen der Druckvorlage besorgte Frau Christiane Krause, Hamburg; ihr und meinem anonymen Korrekturleser sei herzlich gedankt. Für die Aufnahme in die Reihe „Hypomnemata" danke ich den Herausgebern, besonders Herrn Prof.Siegmar Döpp. Gedruckt wurde das Buch mit Unterstützung der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung. Hamburg, im Mai 2001 C.K.

Einleitung Cui nihil ad augendum fastigium superest, hic uno modo crescere potest, si se ipse submittat securus magnitudinis suae.

(Plin.paneg.71,4)

Größe ist erstens ein relativer Begriff: sie muß sich messen lassen an ihrer Umgebung. Größe besitzt zweitens Symbolwert: körperliches Überragen dient als Bild für Überlegenheit auf anderen Gebieten. Größe eignet sich deshalb besonders zur Charakterisierung von Herrschern. Unabhängig von ihrer tatsächlichen Körpergröße werden sie in der Literatur wie in der bildenden Kunst als groß dargestellt, nicht selten größer als ihre Umgebung. Dies gilt für Literatur und Kunst, die offiziellpropagandistischen Zwecken dient oder von einer positiven Einstellung gegenüber dem Potentaten geprägt ist. Von seiten der Kritik ist das konträre Verfahren denkbar, die Akzentuierung der körperlichen Kleinheit zur Herabsetzung und Herabwürdigung des Betreffenden. Bescheidenheit ist ebenfalls etwas Relatives. Sie erscheint als ein Weniger in Bezug auf ein Mehr, wobei das Mehr sowohl in der Person selbst als auch in ihrer Umgebung liegt. Der Bescheidene macht sich geringer, als er ist im Vergleich zu denen, über die ihn seine soziale Stellung und seine Verdienste erheben. Bescheidenheit und Größe in ein Bild zu fassen, ist eine fast unlösbare Aufgabe. Den Gestaltern des 'Image' eines Staatsoberhaupts stellt sie sich dort, wo ein Souverän die alleinige Macht besitzt und den Staat in seiner Person nach außen repräsentiert, sich zugleich aber gegenüber seinen Untertanen oder zumindest einem Teil derselben als Mitbürger und Standesgenosse definiert. Seine physische Erscheinung, real in Szene gesetzt oder abgebildet, muß einerseits durch ihre Größe Majestät verkörpern, darf jedoch andererseits nicht über andere hinausragen. Im Folgenden wird betrachtet, wie die römische Literatur der Kaiserzeit als Spiegel von bildlicher Darstellung und architektonischer Inszenierung der Herrscher mit diesem Problem umging, das sich zwar zur Zeit des Augustus anders stellte als unter seinen Nachfolgern und in der Spätantike, jedoch trotz des gewandelten Herrscherbilds nie ganz

Einleitung

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verschwand. Im Speziellen geht es um die Interpretation des Verhältnisses oder vielmehr Mißverhältnisses zwischen der Körpergröße eines Herrschers und der Deckenhöhe eines Gebäudes, das ihn aufnimmt, durch drei Autoren verschiedener Epochen. Das jeweilige Gebäude, welches der Herrscher betritt, in dem er sich befindet oder durch das er hindurchzieht, hat Symbolfunktion für das Selbstverständnis des jeweiligen Potentaten und für die Bedeutung des römischen Reichs und seiner Geschichte; es steht in prospektiver, realer oder retrospektiver Verbindung mit der Heimstatt des Herrschers. Ausgehend von der Schilderung und Beurteilung der Begegnung des Herrschers mit diesem Gebäude stellt sich jeweils die Frage, ob einerseits das Verhalten des Herrschers, andererseits die Erwartung des Autors an den Herrscher mit dem Herrscherideal der jeweiligen Zeit in Einklang steht oder aber im Widerspruch zu ihm. Es handelt sich bei den drei Texten um den Besuch des Aeneas bei Euander aus dem achten Buch von Vergils Aeneis, den Bankettempfang Domitians, welchen Statius im zweiten Gedicht des vierten Silvenbuches beschreibt, und den Einzug des Constantius II in Rom aus dem sechzehnten Buch von Ammians Res Gestae. Jeweils für sich genommen ist über diese drei Passagen, die seit langem und bis in jüngste Zeit das Interesse der altertumswissenschaftlichen Forschung gefunden haben, Wesentliches gesagt. Dies gilt für die Lokalisierung, Identifizierung und Deutung der Casa Euandri und die Symbolfunktion des vergilischen Romspaziergangs, 1 für den flavischen Herrscherkult und die architektonische Aussage des Domitianspalasts im Kontrast zu der des Augustushauses 2 sowie für das spätantike Herrscherbild und AdventusZeremoniell, seine verzerrte Wiedergabe durch Ammian und das spätantike Rombild. 3 Unterzieht man die genannten Passagen jedoch unter dem Aspekt des Verhältnisses von Körpergröße und Gebäudehöhe einer vergleichenden Synopse, so ergeben sich als neue Erkenntnisse auffällige Konstanten bezüglich der Anforderungen an das Verhalten eines römischen Kaisers bei gleichzeitiger auffalliger Veränderung der Wahrnehmung Roms als des Sinnbilds für den Zustand des Imperiums über vier Jahrhunderte. 1

Pichón 1914; Richmond 1914; Fowler '1917; Grimal 1948; 1951; Gransden 1976; Binder 1971. 2 Scott 1933; 1936; Sauter 1934; Tamm 1963; 1968; Cancik 1965; MacDonald '1965; Bek 1983; Newmyer 1984; Royo 1999; Winterling 1999. 3 Klingner 1927; 1941; Alföldi 1934; 1935; Treitinger 1938; Straub 1939; Hartke 1951; MacMullen 1964; Paschoud 1967; Fuhrmann 1968; MacCormack 1972; 1981; Sabbah 1978; 1979; Klein 1979; 1985; Elbern 1990; Dufraigne 1992; 1994; Lehnen 1997.

I Die Hütte (Verg.Aen.8,337-369) Bescheidene Verhältnisse Im achten Buch der Aeneis bringt der Arkaderfürst Euander seinen Gast und neuen Verbündeten Aeneas, der mit ihm gemeinsam vor der Stadt das Herculesopfer gefeiert hat, fur die Nacht in sein Haus. Euanders proleptisch als urbs (306) bezeichnete Stadt heißt Pallanteum und ist eine kleine Siedlung am Tiberknie, just an der Stelle gelegen, wo einmal das Herz von Rom schlagen soll. Der alte König macht sich die Mühe, dem Fremden aus Troja die bescheidenen Sehenswürdigkeiten von Pallanteum zu zeigen, und wählt dafür einen Weg, der in einem Bogen vom Festplatz zur Königsburg führt. Zu sehen gibt es freilich wenig: einen Altar, ein Tor (aram, portam 337f), einige Wäldchen (lucus 342, nemus 345), eine Felsgrotte (sub rupe 343), einen ungerodeten Hügel (silvestribus hórrida dumis 348; silvam saxumque 350; nemus, frondoso vertice collem 351), zwei weitere mit Ruinen {duo ... disiectis oppida muris 355) und eine Rinderweide (armenia ... mugiré 360f). Euander muß deshalb die Bedeutung der einzelnen Örtlichkeiten dem Gast (und damit dem Leser) mit Worten nahebringen; durch seine Erzählungen (344; 346; 351-358), die Vergil mit auktorialen, aus seiner Gegenwart gesprochenen Kommentaren stützt (Romani nomine ... / quam memorant 338f; futuros / Aeneadas magnos et nobile Pallanteum 340f; quem Romulus acer Asylum / rettulit 342f; aurea nunc 348; lautis ... Carinis 361), sowie durch die anachronistischen Bezeichnungen der Lokalitäten (337f; 342; 343; 347; 361) erscheint hinter dem archaischen Urrom wie durch einen transparenten Stadtplan hindurch das Bild des augusteischen Rom (vgl. Abb.l). Ihm gilt in Wirklichkeit das Interesse Vergils.1 Von der Ara Maxima (27If; sie befand sich beim Tempel des Hercules Victor am Südende des Circus Maximus) geht es zunächst 1 Vgl. Fordyce (u.Anm.7) zu 337ff: „Evander had no reason to draw Aeneas' attention to the ingens lucus (342) for its own sake - its interest for Virgil's reader was what Evander did not know, that Romulus was to make it his Asylum".

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I Die Hütte (Verg.Aen.8,337-369)

(dehinc progressus 337) über das spätere Forum Boarium, an dessen Ende Euander auf die Ara und Porta Carmentalis (337f) weist (monstrat 337; die Porta Carmentalis gehörte in historischer Zeit zur Servianischen Mauer). Dann (hinc 342) biegt der Pfad rechts ab in den nachmaligen Vicus Iugarius; man sieht (monstrat 343) zu seiner Linken das Gebiet des späteren Asylum (342) in der Vertiefung zwischen den beiden Kuppen des kapitolinischen Hügels (beim Tempel des Veiovis), zu seiner Rechten am Abhang des Palatin die Luperealgrotte2 (343); außerdem sieht man (nec non ... monstrat 345) vorne am Quirinalabhang das Argiletum (345f), ein Wäldchen für die zwei Wanderer, eine Straße von der Subura zum Forum für Vergils Zeitgenossen. Weiter führt Euander seinen Gast (hinc ad... ducit 347) zum Kapitol oder auf 3 dieses selbst, d.h. auf die südliche Kuppe des Hügels (so ist wohl 347 Tarpeiam sedem et Capitolio zu interpretieren)4 und weist von dort (praeterea ... vides 355f) auf die nördliche Kuppe mit der Arx (in 358 Saturnia genannt) und auf den Ianiculum-Hügel (ibid.). 5 Während er die zugehörigen Geschichten erzählt (talibus inter se dictis 359), ersteigt (subibant 359) 6 man die Anhöhe zum Haus Euanders und sieht dabei (passimque ... videbant 360) auf das Areal des Forum Romanum und 2

Die Situierung des Lupercals macht gewisse Schwierigkeiten. Es befand sich am Fuß des Palatin, in einiger Entfernung zu diesem, unterhalb des Victoria- und Magna Mater-Tempels (Dion.Hai. 1,32,5; Cic.har.resp.24) an der Straße, die zum Circus Maximus führte (Dion.Hai. 1,79,8; Serv.Aen.8,90), d.h. auf der Südwestseite des Palatin, die vom Kapitol her kaum zu sehen ist: vgl. L.Richardson jr., A New Topographical Dictionary of Ancient Rome, Baltimore/London 1992, s.v. „Lupercal" 238f; F.Coarelli, in: Lupercal, Lexicon Topographicum Urbis Romae, hg.v. E.M.Steinby, 6 Bde., Rom 1993-2000, Bd.3, 1996, 198f. Vgl. T.P.Wiseman, Cybele, Virgil and Augustus, in: Poetry and Politics in the Age of Augustus, hg.v. T.Woodman/D.West, Cambridge usw. 1984, 117-128, 126 mit Anm.40; vgl.u.Anm.7. Der ordo naturalis hätte es erfordert, auf das Lupercal zu Anfang des Spaziergangs von der Ara Maxima aus hinzuweisen. 3

P.Grimal, La colline de Janus, RA 24, 1945, 56-87 = ders., Rome. La littérature et l'histoire, Bd.2, Rom 1986, 953-980, hier 957 Anm.15. 4 Anders P.Grimal, La promenade d'Évandre et Énée à la lumière des fouilles récentes, REA 50, 1948, 348-351 = ders., Rome (o.Anm.3) 793-796, hier 795f und nach ihm G.Binder, Aeneas und Augustus. Interpretationen zum 8.Buch der Aeneis, Meisenheim am Glan 1971 (Beiträge zur klassischen Philologie 38), 114-149, hier 125: Tarpeia meine den Nord-, Capitolio den Südhügel. 5 Nach R.Pichon, La promenade d'Évandre et d'Énée au VIII e livre de l'Énéide, REA 16, 1914, 410-416 bezeichnen Saturnia und Ianiculum die Situierung der späteren Tempel des Saturn und Janus auf dem Kapitol, nach Grimal 1945 (o.Anm.3; vgl. Binder [o.Anm.4] 135 Anm.102) die Süd- und Nordkuppe des Kapitols. 6 subire ist an dieser Stelle nicht, wie R.Rees, Revisiting Evander at Aeneid 8,363, CQ N.S.46, 1996, 583-586, hier 585 meint, in der Bedeutung „gelangen zu" gebraucht das verbieten sowohl das Imperfekt als Verlaufs- und Hintergrundtempus als auch das sonst pleonastische ut ventum in 362 - , sondern von „emporsteigen".

Bescheidene Verhältnisse

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der Carinen (361), ein nachmaliges vornehmes Wohnviertel am Esquilin. Oben angekommen, steht man vor dem Haus Euanders {ut ventum ad sedes 362). Aufgrund der Wegschilderung,7 welche die Route durch die Nennung teils berührter, teils nur aus einer Distanz gewahrter Lokalitäten erkennen läßt, muß man schließen, daß sich dieses auf dem Palatin-Hügel befindet, der von der Nordostseite her erstiegen wurde (ein Zeitgenosse Vergils hätte die Via Sacra bis zur Porta Mugonia benutzt und wäre dann nach rechts den Clivus Palatinus hinaufgegangen): anders ist die Sicht auf das Forum und den südwestlichen Esquilinabhang nicht möglich.8 7 Die Route nach den Kommentaren von P.T.Eden, Leiden 1975, K.W.Gransden, Cambridge 1976 (mit Karte des antiken und Übertragung auf das moderne Rom) und C.J.Fordyce, Glasgow/Oxford 1977 sowie Pichón (o.Anm.5) und W.W.Fowler, Aeneas at the Site of Rome. Observations on the Eighth Book of the Aeneid, Oxford/ New York 2 1918 (zuerst 1917). Wenig ergiebig für den Romspaziergang ist H.F.Rebert, Vergil and the Roman forum, CW 24, 1930, 65-68; 73-76. Pichón erkannte, daß Euander und sein Gast nicht im Zickzack sämtliche Sehenswürdigkeiten erwandern, sondern daß auf manche nur gezeigt wird. Zu den einzelnen Örtlichkeiten und Monumenten s. Richardson und Steinby (beide o.Anm.2) jeweils mit weiterführender Literatur. Abbildungen: E.Nash, Pictorial Dictionary of Ancient Rome, 2 Bde., Washington 2 1968 (dt.: Bildlexikon zur Topographie des antiken Rom, Tübingen 1961/1962). Quellen: I.Lugli, Fontes ad topographiam veteris urbis Romae pertinentes, 8 Bde., Rom 1952-1965; D.R.Dudley, Urbs Roma. A Source Book of Classical Texts on the City and ist Monuments Selected and Translated with a Commentary, Aberdeen 1967 (ebenfalls mit Abbildungen); A. van Heck, Breviarium urbis Romae antiquae viatorum in usum, Leiden/Rom 1977. Karten des Romspaziergangs außerdem bei Wiseman 1984 (o.Anm.2) 124, und F.Castagnoli, Roma. Archeologia, in: Enciclopedia Virgiliana, Rom 1987, Bd.4, 544-552, hier 545. Wiseman ist der Ansicht, Euander und Aeneas seien auf der Nova Via direkt am Fuß des Palatin gewandert. Dies steht freilich im Widerspruch zu ad Tarpeiam sedem et Capitolici ducit 347, so daß Wiseman gezwungen ist, den Kapitol-Abschnitt als spätere Hinzufügung zu betrachten (123 Anm.31). 8 O.Richmond, The Augustan Palatium, JRS 4, 1914, 193-226, hier 194-196; ders., Palatine Apollo Again, CQ N.S.8, 1958, 180-184 (gegen J.H.Bishop, Palatine Apollo, CQ N.S.6, 1956, 187-192); Fowler (o.Anm.7) 74f. Servius auctus (zu 363: domus enim, in qua pontifex habitat, regia dicitur ... regiae autem verius meminit dicendo 'tecta subibant pauperis Euandri ' 'Romanoque foro ': quis enim ignorât regiam, ubi Numa habitaverit, in radicibus Palatii fìnibusque Romani fori esse?) und aufgrund seiner Angabe Pichón (o.Anm.5) 415 und Rees (o.Anm.6) identifizieren Euanders Haus mit der Regia. Eine archaische Herrscherburg steht jedoch auf dem höchsten Punkt eines Berges, die Regia liegt nur leicht erhöht über dem Forum. Rees stützt sich auf die These von T.P.Wiseman, The Public Image of Aristocratic and Imperial Houses, in: L'Urbs. Espace urbain et histoire (Ier siècle av.J.-C. - IIIe siècle ap.J.-C.). Actes de colloque international organisé par le Centre national de la recherche scientifique et l'École française de Rome (Rome, 8-12 mai 1985) Rom 1987, 393-413, hier 402 (vgl. ders. 1984 [o.Anm.2] 127f, übernommen auch von Nielsen [u.Anm.51] 174), nach der bis zur Verlagerung des Eingangs im Jahr 3 n.Chr. Augustus' Haus vom Lupercal aus erreicht wurde: Vergils Leser hätten also als Endpunkt der Route nicht die Domus Augusti

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I Die Hütte (Verg.Aen.8,337-369)

Auf den Palatin hätten die beiden Wanderer von der Ara Maxima aus freilich auf einem kürzeren Weg gelangen können, nämlich auf der Südwestseite des Möns Palatinus, wo in historischer Zeit die Scalae Caci hinaufführten. Der Umweg ist allerdings weniger mit dem Alter des Euander (obsitus aevo 307) zu erklären, der den auf dieser Seite steileren Aufstieg gescheut haben mochte, oder aus einer Mischung von Besitzerstolz, Höflichkeit und garrulitas senilis, der etwa die längere Strecke reichere Entfaltungsmöglichkeiten gewährt hätte,9 als vielmehr mit dem übergeordneten Zweck der Aeneis, Augustus und sein Rom zu verherrlichen. Aus bescheidenen, aber frommen Anfängen wird die Stadt zu gewaltigen Ausmaßen und glänzender Pracht erwachsen, wie es die Nymphe Carmentis, deren Ehrenmal als erste Sehenswürdigkeit erwähnt wird, vorausgesagt hat {futuros / Aeneadas magnos et nobile Pallanteum 340f): Romulus, auf den gleich nach Carmentis durch Asylum und Lupercal angespielt ist, wird auf dem Gebiet von Pallanteum Rom gründen, und Spätere werden es groß und schön machen: mit goldenen Tempeldächern wird das früher überwucherte Kapitol erstrahlen (aurea nunc, olim ... hórrida 348; goldgedeckt war seit der Restauration durch Q.Lutatius Catulus nach dem Brand von 83 v.Chr. der Tempel des Iupiter Optimus Maximus);10 wo die Kühe weideten, werden Prachtvillen stehen und das Zentrum der res publica und des imperium Romanum (armenia videbant / Romanoque foro et lautis mugiré Carinis 369f). Der Gang durch das spätere Rom ist also gleichzeitig ein Gang durch seine Geschichte von den Anfangen bis zu Vergils Gegenwart.1 Roms Vorzeit ist präsent in den Burgruinen der Urkönige Janus und Saturn, dem Carmentis-Heiligtum und dem Grab des Argus, seine Gründung ist antizipiert in den Bezeichnungen Asylum, Lupercal und Tarpeia sedes, für die Zeit der Republik stehen das Kapitol als religiöses und das Forum als weltliches Symbol; Roms τέλος ist erreicht in der Regierung des Augustus, mit dem sich, wie wir sehen werden, der Palatin verbin-

assoziieren können. Doch Wisemans einziger Beweis für den angeblichen ursprünglichen Zugang an Magna-Mater-Tempel und Lupercal vorbei ist Verg.Aen.6,777ff. Aus der Seelenschau in der Unterwelt, die einem chronologischen Prinzip folgt, läßt sich jedoch kein Weg durch Rom ableiten. 9 Gransden (o.Anm.7) zu 312: „Evander is one of Virgil's most successful creations: garrulous, pedantic, a keen amateur antiquary". 10 Plin.nat.33,57; Sen.contr. 1,6,4; 2,1,1. Goldene Kassettendecken waren bereits zur Zeit der Zensur des L.Mummius (42 v.Chr.) eingezogen worden. 11 Vgl. vor allem die in Anm.7 genannten Kommentare, Binder (o.Anm.4) sowie M. Pavan/F.Castagnoli, Roma. Storia. Archeologia, in: Enciclopedia Virgiliana, Rom 1987, Bd.4, 515-54, hier 523-525; 552.

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det. Der Weg zu solcher Größe fuhrt über die Tugenden der dementia, die symbolisiert wird durch das Asylum, der Freistatt für Flüchtlinge, und das Lupercal, w o die wilde Wölfin die ausgesetzten Zwillinge säugte; der iustitia, die erscheint im Bild des Aitions, welches das Argiletum etymologisch als letum Argi und den Tod dieses Argus als Bestrafung des Verrats der Gastfreundschaft erklärt (345f), und in dem des Tarpejischen Felsens (347); und der pietas, die in der Götterfurcht der Ureinwohner gegenüber dem auf dem Kapitol spürbaren numen eines unbekannten Gottes (349-354) greifbar ist. Es sind dies drei der vier Tugenden, die der Clupeus Virtutis verzeichnete, welchen der Senat Augustus 26 oder 27 v.Chr. verlieh. 12 Bei Vergil wird als vierte Tugend die modestia hinzukommen. Es fällt auf, daß sich mit keiner der genannten Stätten unmittelbar der Name des Augustus verbindet. Dennoch ist er, allerdings auf sehr subtile Weise, allenthalben präsent. Assoziativ und durch Anspielungen treten seine Leistungen und seine Bauten dem Leser vor Augen. 13 Manche großen und wichtigen Bauten, die dem Ruhm der gens Iulia dienten, sind in spektakulärer Weise abwesend: so das Theater des Marcellus, des Neffen und designierten Nachfolgers des Augustus, und der Tempel des Apollo Sosianus, nach seiner Restaurierung neugeweiht an Augustus' Geburtstag und geschmückt mit der Darstellung des ActiumTriumphes. 14 Beide erhoben sich hinter der Porta Carmentalis; einem 12 Auf dem Clupeus ist die vierte Tugend virtus: R.gest.div.Aug.34; Inschrift auf dem Marmorschild in Arles (F.Benoit, Le sanctuaire d'Auguste et les cryptoportiques d'Arles, RA 39, 1952, 31-67, hier 49f): D.Kienast, Augustus. Prinzeps und Monarch, Darmstadt 3 1999 (zuerst 1982 = 2 1992), 96-98; K.Galinsky, Augustan Culture. An Interpretive Introduction, Princeton 1996, 80-90 (mit Abbildungen). Die virtutes des Clupeus decken sich nicht mit dem Kanon der Herrschertugenden, den die griechische Philosophie ausgebildet hatte: A.Wallace-Hadrill, The Emperor and His Virtues, Historia 30, 1981, 298-323, hier 300-307. 13 Zum Folgenden s. Binder 114-149 und Grimal 1948 (beide o.Anm.4); H.-P.Stahl, Aeneas auf Besuch in Rom: Politische Umleitung einer poetischen Reiseroute (Vergil, Aeneis 8.306-368), Vortrag gehalten am 8.6.1993 in Rostock. Die Bauten des Augustus (auch außerhalb Roms) spielen in der Aeneis durchgängig eine Rolle: J.Morwood, Aeneas, Augustus and the Theme of the City, G&R 38, 1991, 212-233, hier 218f. Zur Prägung des Stadtbilds von Rom durch die Bauten des Augustus s. H.v.Hesberg, Die Veränderung des Erscheinungsbildes der Stadt Rom unter Augustus, in: Kaiser Augustus und die verlorene Republik. Eine Ausstellung im Martin-Gropius-Bau, Berlin 7.Juni-14.August, hg.v. M.Hofter, Mainz 1988, 93-115; D.Favro, The Urban Image of Augustan Rome, Cambridge 1996, 9Iff. 14

Grimal 1948 (o.Anm.4) 794f. Das Theater wurde erst 13 v.Chr. eingeweiht, war aber zur Säkularfeier 17 v.Chr. bereits zumindest teilweise benutzbar, d.h. zu Vergils Lebzeiten sicher schon im Bau. Den Apollotempel, gelegen extra portarti Carmentalem, inter Forum Holitorium et Circum Flaminium (Asc.tog.cand.70,2 Stangl), errichtete C.Sosius COS.32 in den zwanziger Jahren neu. Atia, die Mutter des Augustus, soll diesen

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I Die Hütte (Verg.Aen.8,337-369)

zeitgenössischen Leser mußte sich die Konnotation aufdrängen. Beim Marcellustheater standen wiederum die von Augustus 33 v.Chr. restaurierte Porticus Octavia und hinter dem Theater die Porticus Octaviae, welche die Schwester des Kaisers zu Ehren des 23 v.Chr. verstorbenen Marcellus erbaut hatte. Ebenso assoziierte der Leser notwendig mit dem Argiletum den Janustempel, neben dem die moderne Straße ins Forum eintrat,15 und mit ihm die Schließung durch Augustus nach der Beendigung des Bürgerkriegs am 11 Januar (auf den übrigens auch die Carmentalia fallen) des Jahres 29 v.Chr. und nach dem Kantabrerfeldzug im Jahr 25 v.Chr. 16 Wahrscheinlich konnte man auch an das von Octavian vollendete Forum Iulium auf der anderen, nordwestlichen Seite des Argiletum denken. 17 Dem Forum Romanum selbst hatte Augustus durch seine Bauten, die Basilica Iulia sowie die Kurie, den Caesartempel mit den Rostren und seinen Triumphbogen (sie wurden 29 v.Chr. zusammen eingeweiht), seinen Stempel aufgedrückt. 18 Das Lupercal hatte Augustus wiederhergestellt, ebenso, als zweiter nach Catulus, den Tempel im Apollotempel vom Gott in Gestalt einer Schlange empfangen haben (Suet.Aug.94,4; Cass.Dio 45,1,2). Vgl. Richardson (o.Anm.2) 12f s.v. „Apollo, Aedes", hier 13; 382f s.v. „Theatrum Marcelli", hier 382; A.Viscogliosi, Apollo Sosianus, in: Steinby (o.Anm.2) Bd.l, 1993, 49-54, bes. 49; 51; P.Ciancio Rosetto, Theatrum Marcelli, ibid. Bd.5, 1999, 31-35, hier 31f. 15 Die Lage des Janusheiligtums beschreibt Serv.Aen.7,607 circa imum Argiletum·, vgl. Liv. 1,19,2 ( N u m a ) Ianum ad inflmum Argiletum indicem pacis bellique fecit. 16 Binder (o.Anm.4) 124. 17 Das Forum Augustum hinter dem Forum Iulium wurde erst 2 v.Chr. eingeweiht; Vergil konnte dieses Repräsentationsmonument des Augustus noch nicht erwähnen. Das gilt auch für den 3 n.Chr. erbauten Magna Mater-Tempel auf dem Palatin und für das 4 v.Chr. eingeweihte Larenheiligtum auf der Via Sacra. Von den in R.gest.div.Aug.1921 und bei Suet.Aug.29 bezeugten großen kaiserlichen Bauwerken scheint also nur der Quirinustempel auf dem Quirinal zu fehlen, der allerdings nicht nur weit ab der Route des Aeneas und Euander liegt, sondern auch zu Vergils Zeit erst renoviert war; der Neubau datiert von 16 v.Chr. Es fehlt außerdem das nach dem Feuer von 31 v.Chr. neuerrichtete Pulvinar beim Circus Maximus. Wir kennen allerdings das Einweihungsdatum vieler Bauten des Augustus nicht (Lupercal, Tempel des Iupiter Optimus Maximus und des Iupiter Feretrius auf dem Kapitol, Minerva-, Juno Regina- und Jupiter Libertas-Tempel auf dem Aventin, Penatenheiligtum auf der Velia): vgl. Richardson und Steinby (o.Anm.2) zu den einzelnen Monumenten. 18 P.Zanker, Forum Romanum. Die Neugestaltung durch Augustus, Tübingen 1972, bes. 8-15. Den (Um-)bau der Basilica Iulia (vormals Sempronia) und die Kurie hatte Caesar begonnen. Den Actiumbogen errrichtete 29 v.Chr. der Senat für Octavian, an seine Stelle trat 19 v.Chr. der dreitorige Partherbogen. Später errichtete der Prinzeps zu Ehren seiner Enkel auf der anderen Seite neben dem Caesartempel einen zweiten Ehrenbogen (13 n.Chr.) und anstelle der abgebrannten Basilica Iulia die Basilica Gai et Luci (12 n.Chr.). Wie der Blick eines Besuchers, der das Forum wie Euander und Aeneas vom Vicus Iugarius aus betrat, auf die augusteischen Monumente fokussiert wurde, veranschaulicht Favro 1996 (o.Anm.13) 199.

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des Iupiter Optimus Maximus.19 Den des Iupiter Tonans, aufweichen in den Versen 353f cum saepe nigrantem / aegida concuteret dextra nimbosque eieret angespielt ist, hatte Augustus fur seine Rettung vor einem Blitz 22 v.Chr. neben dem alten kapitolinischen Jupitertempel geweiht.20 Bedeutsam ist auch das fiktive Datum des Romspazierganges, der ja seinen Ausgang beim Herculesfest an der Ara Maxima genommen hatte. In historischer Zeit wurde es am 12. oder 13.August begangen. Am 12.August des Jahres 29 v.Chr. war Octavian nach Italien zurückgekehrt und hatte anschließend vom 13.-15.August seine Siege von Naulochos, Actium und Alexandria gefeiert. Viele Stationen des traditionellen Triumphzuges, der vom Marsfeld durch die Porta Triumphalis über das Forum Holitorium und Forum Boarium, den Circus Maximus und das Forum Romanum zum Kapitol führte, decken sich mit solchen, die die Route des Aeneas und Euander berührte.21 Die Stadtführung in der Aeneis hat somit mehrere Ebenen. Vordergründig fuhrt Euander Aeneas durch Pallanteum. Auf einer zweiten, höheren Stufe fuhrt der Autor den (antiken) Leser durch das ihm bekannte Rom, insofern die Anhaltspunkte, die der Text gibt, bestimmte Bilder von Lokalitäten vor sein geistiges Auge rufen. Auf einer dritten Ebene kehrt der Text die reale Erfahrung der Stadt durch einen Besucher gewissermaßen um. Einem solchen wird durch Straßen, Durchblikke und markante Punkte nahegelegt, bestimmte Verbindungslinien zwischen den Monumenten zu ziehen und so die 'Geschichte', die das Rom des Augustus erzählen will, zur Kenntnis zu nehmen bzw. erst selbst zu erschaffen.22 Vergil hingegen erzählt die 'Geschichte' und bewirkt so, 19

R.gest.div.Aug.l9f. Suet.Aug.29,3· Durch den Neubau dieses Tempels und die Restauration des Iupiter Optimus Maximus-Tempels vereinnahmte Augustus auch das Kapitol, das fur die Leistungen der Republik stand: Favro 1996 (o.Anm.13) 201 f. 21 Pichón (o.Anm.5) 415f; P.Grimal, Énée à Rome et le triomphe d'Octave, REA 53, 1951, 51-61 = ders., Rome (o.Anm.3) 809-819. Die Marschrichtung des Triumphzuges war allerdings im Gegensatz zu der des Aeneas und Euander gegen den Uhrzeigersinn und führte auf der Via Triumphalis östlich am Palatin vorbei: vgl. E.Makin, The Triumphal Route, With Particular Reference to the Flavian Triumph, JRS 11, 1921, 25-36, bes. 34f; E.Kiinzl, Der römische Triumph. Siegesfeiern im antiken Rom, München 1988, 15-19; 33; D.Favro, The Street Triumphant. The Urban Impact of Roman Triumphal Parades, in: Streets. Critical Perspectives on Public Space, hg.v. Z.Çelik/D.Favro/ R.Ingersoll, Berkeley/Los Angeles/London 1994, 151-164, hier 153f; 156 (jeweils mit Karten). Daß Octavians Triumph 29 v.Chr. mit dem Herculesfest zusammenfiel, beruhte auf Zufall, doch Vergil unterlegt dem einen tieferen Sinn: U.Huttner, Hercules und Augustus, Chiron 27, 1997, 369-391, hier 369f; 375f. 22 Vgl. D.Favro, Reading the Augustan City, in: Narrative and Event in Ancient Art, hg.v. P.J.Holliday, Cambridge 1993, 230-257. Favro sieht das „Erzählen der Geschichte" („urban narrative") des von der augusteischen Ideologie geprägten Rom als interak20

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I D i e Hütte ( V e r g . A e n . 8 , 3 3 7 - 3 6 9 )

daß der Leser die Stadt imaginiert. Die Botschaft, welche in der „urban narrative" des von Augustus geprägten Stadbildes die Bauwerke, ihr Bildschmuck und ihre visuellen Bezüge verschlüsseln, ist im Text dechiffriert bzw. durch wortgetragene Chiffren ersetzt und dient nun ihrerseits dazu, die ursprünglichen, bildlichen Träger dieser Botschaft zu enkodieren. Die Verbindung von Lokalitäten mit gedanklichen Inhalten, von Wegen mit logisch-narrativen Abfolgen war in der Antike ewas Vertrautes: die rhetorische Mnemotechnik lehrt, die einzelnen Argumentationsschritte an bestimmte Örtlichkeiten (loci) zu koppeln, die in einer festen Reihenfolge zu durchschreiten sind; Quintilian nennt als Beispiel neben etwa den Zimmern eines Hauses auch den Gang durch eine Stadt.23 In ähnlicher Weise, nur umgekehrt von der Botschaft zum Träger der Botschaft führend, erschließt sich auch die Rombeschreibung Vergils durch einen interaktiven Prozeß. Dies gilt auch für ihren Endpunkt. Der Leser, der sich Vergils Leitung anheimgibt und die angesprochenen Stationen aufgrund seiner eigenen Ortskenntnis zu einem Weg verbindet, realisiert schließlich das Ziel dieses Weges als Schlußglied einer Kette von visuellen Eindrücken, die in seiner Erinnerung eingeprägt sind und durch die Nennung verschiedener loci wachgerufen werden. Ziel- und Endpunkt des Weges aber ist, wie wir schon sahen, der Palatin. Der Name fällt nicht und rückt doch gerade durch diese Enttäuschung der Lesererwartung ins Bewußtsein.2 Auf diesem Hügel nämlich lag nach der Überlieferung Pallanteum, Euanders Siedlung, die, gemäß antiker Etymologie nach Euanders Heimat Παλλάντιον oder nach dessen Großvater (so bei Vergil Aen.8,51-54, vgl. 341) bzw. Sohn Pallas genannt, dem Palatin den Namen gab.25 Palatinus Euander heißt der König in 9,9;26 zu 8,98-100 - Aeneas sieht zum ersten Mal die Häu-

tiven Prozeß zwischen Erbauer und Betrachter. Der Stadtplaner kann die Weg- und Blickrichtung und die Gedanken des Besuchers zwar lenken - Favro zeigt dies am Beispiel des Marsfelds -, doch nicht vollständig bestimmen und ist insofern abhängig von der Entscheidung und von der Mitarbeit des Besuchers. 23 Rhet.Her.3,16,29-19,32; Quint.inst.l 1,17-21, das Zitat 21: quod de domo dixi, et in operibus publicis et in itinere longo et urbium ambitu et picturis fieri potest. 24 Gransden (o.Anm.7) 35: „Indeed, it is a brillantly effective stroke to suppress the name of the Palatine, the walk's goal, altogether: the name is, as it were, conspicuous by its very absence". 25 K.Ziegler, Palatium, RE XVIII 3, 1949, 5-81, hier 16-22. Andere brachten den Namen mit der Feldgottheit Pales oder mit balare, „blöken", in Verbindung. Die tatsächliche Etymologie ist unsicher. 26 Durch den Anachronismus ist angedeutet, daß sich Aeneas, wenn er sich zu Euander nach Pallanteum scheinbar auf einen Nebenschauplatz begeben hat, in Wirklichkeit

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ser von Pallanteum - bemerkt Servius: Palatium vidit und erklärt, daß der Verlauf des Tiber und die nicht vorhandene Bebauung damals freie Sicht vom Fluß auf den Hügel ermöglichten. 27 In Properz' Schilderung der römischen Frühzeit weidet Euanders Vieh dort, wo zur Zeit des Dichters der Tempel des Apollo Palatinus steht.28 Der nächste bedeutende König nach Euander, dessen Siedlung und Wohnung sich auf dem Palatin befand, war Romulus: sein Urrom lag just auf diesem Hügel; 29 bis ins 4.Jahrhundert zeigte man bei den Scalae Caci die Hütte des Stadtgründers.30 Der dritte 'Stadtgründer' aber, der - nach Cassius Dio bewußt in der Nachfolge des Romulus 31 - auf dem Palatin residierte, war Augustus. Folgt man der Wegschilderung bei Ovid, der sein aus Tomis angereistes Buch über Caesar- und Augustusforum, auf der Via Sacra und an Vestatempel und Regia vorbei zum Palatin gelangen läßt, so gewahrte man das Haus des Augustus, sobald man den Tempel des Iupiter Stator (wo heute der Titusbogen steht) am Forum und die zum Palatin führende auf dem richtigen Weg nach Rom ist. Vgl. die Kommentare von P.Hardie, Cambridge 1994, und J.Dingel, Heidelberg 1997, z.St. 27 nec situm praesentem considerare debemus. tunc enim nullis obstantibus aedificiis et Tiberi per Lupercal, ut diximus, fluente, facile mons poterai videri Palatinus. 28 4,l,3f atque ubi Navali stani sacra Palatia Phoebo, /Euandriprofugae procubuere boves. Der Palatin als urzeitliche Rinderweide ist eine gängige Vorstellung: vgl. Ov.ars 3,119 qua nunc sub Phoebo ducibusque Palatia fulgent, / quid nisi araturis pascua bubus erat? sowie die anderen bei Lugli (o.Anm.7) Bd.8,1, 7f aufgeführten Stellen. 29 Die Ausgrabungen von A.Carandini (La nascita di Roma. Dèi, Lari, eroi e uomini all'alba di una civiltà, Turin 1997) haben auf dem Palatin Mauerfundamente aus dem 9. und 8.Jh. freigelegt, welche der Archäologe mit der Gründungsmauer des Romulus identifiziert (54-74 mit Plänen; 255-257; Besprechung von B.Kraatz, ZEIT Nr.27, 25.6.1998, S.32). Carandinis Heranziehung von Vergil, Ovid und anderen Dichtern als beweiskräftige Quellen für die Historizität mythischer Personen und Lokalitäten ist allerdings problematisch, vgl. die Rezension von T.P.Wiseman, JRS 90, 2000, 210-212. 30 Es gab allerdings noch eine zweite Hütte des Romulus auf dem Kapital : A. Balland, La casa Romuli au Palatin et au Capitole, REL 62, 1984, 57-80; C.Edwards, Writing Rome. Textual Approaches to the City, Cambridge 1996, 34-37. Von ihr spricht Vergil innerhalb der Schildbeschreibung (8,654): R.Sarcia, Romolo e la seconda casa, Euphrosyne 20, 1992, 107-130. Zur Situierung der Romulus-Hütte auf dem Palatin s. P.Pensabene, Casa Romuli sul Palatino, RPAA 63, 1993, 115-161. 31 Cass.Dio 53,16,6, zitiert u.S.21 Anm.36. Vgl. Richmond 1914 (o.Anm.8) 195f; Binder (o.Anm.4) 165; M.Royo, Du Palatin au „Palatium". Organisation spatiale et enjeux politiques à l'avènement d'Auguste, in: Continuità e trasformazioni fra repubblica e principato. Istituzioni, politica, società, Bari 1991, 83-101, hier 92-95; ders., Domus Imperatoriae. Topographie, formation et imaginaire des palais impériaux du Palatin (II e siècle av.J.-C. - Ier siècle ap.J.-C.), Rom 1999, 145; 155-157; M.Donderer, Zu den Häusern des Kaisers Augustus, MEFRA 107, 1995, 621-660, hier 658; Carandini (o. Anm.29) 257f. Augustus brachte seine Person mehrfach mit Romulus in Verbindung, in dem er seinen Vorläufer sah: J.Gagé, Romulus - Augustus, MEFR 47, 1930, 138-181.

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Porta Mugonia passiert hatte.32 Octavian, bereits auf dem Palatin geboren, im Carinenviertel aufgewachsen und später am Forum wohnhaft alle drei Regionen finden in der vergilischen Stadtführung Erwähnung-, 3 3 kaufte es 40 oder 39 v.Chr. von den Hortensii. In den Jahren seit 36 erwarb er angrenzende Grundstücke, ursprünglich zur Erweiterung seines Wohnhauses, auf denen er jedoch 28 v.Chr. den bereits erwähnten Apollotempel errichtete.34 Eine Anzahl weiterer Häuser auf dem Palatin-Hügel, in denen Familienmitglieder des Augustus lebten, gehörten zu seiner domus im erweiterten Sinne. Mit der Niederlassung des Augustus auf dem Palatin begann der Name des Hügels allmählich, da auch die Nachfolger auf dem Palatin residierten, synonym zu werden für „Haus des Herrschers". Erstmals ist dies in Ovids Exildichtung zu greifen. Schließlich löste sich im 2.Jahrhundert das Wort Palatium von seinem Ort und fand Eingang in die modernen Sprachen.35 Erhellend ist das Zeugnis des Cassius Dio: 32

trist.3,1,27-32, bes. 31 f inde petens dextram 'porta est' ait 'ista Palati, / hic Stator, hoc primum condita Roma loco est'. Vgl. Bishop (o.Anm.8) 188; Karte der Route des liber in Anhang der Tristien-Ausgabe von J.André, Paris 1968. Ovid schmeichelt Augustus einerseits viel unverhohlener als Vergil, insofern das Forum Augustum als Ausgangspunkt gewählt und die Domus Augusti als Höhepunkt konzipiert ist. Wie Vergil bringt er den Prinzeps (durch die Erwähnung des Vesta-Heiligtums und der Urbs Quadrata des Romulus) mit der Stadtgründung in Verbindung. Andererseits sind das Ziel der Route die Bibliotheken der Stadt, und das Buch wird dort aufgrund der kaiserlichen Verfugung abgewiesen. Einen ähnlichen Weg legt Martials liber zurück, bevor er über Castor- und Vestatempel, Via Sacra und den Palatin mit seinen Kaiserstatuen zum Haus des patronus Proculus kommt (1,70,2-12). 33 Servius erklärt zu Aen.8,361 lautas autem dixit ... propter Augustum, qui natus est in curiis veteribus et nutritus in lautis carinis. Zur früheren Wohnung am Forum vgl. Suet.Aug.72,1 habitavit primo iuxta Romanum forum supra Scalas anularías, in domo quae Calvi oratoris fuerat. 34 Suet.Aug.29,3; Vell.2,81,3; Cass.Dio 49,15,5. Weitere Quellen zur Situierung und Erweiterung bei Lugli (o.Anm.7) Bd.8,1, 155; 159f; M.Corbier, De la maison d' Hortensius à la curia sur le Palatin, MEFRA 104, 1992, 871-916; Donderer (o.Anm.31) 62lf; vgl. die bei A.Winterling, Aula Caesaris. Studien zur Institutionalisierung des römischen Kaiserhofes in der Zeit von Augustus bis Commodus (31 v.Chr.-192 n.Chr.), München 1999, 48 Anm.5 genannte Literatur. 35 Vgl. Ziegler (o.Anm.25) 6-15; Lugli (o.Anm.7) Bd.8,1, 1-7; S.Viarre, Palatium „palais", RPh 3.S.35, 1961, 241-148; B.Tamm, Auditorium and Palatium. A Study on Assembly-Rooms in Roman Palaces during the 1st Century B.C. and the 1st Century A.D., Stockholm/Göteborg/Uppsala 1963, 57-59; H.Castritius, Palatium. Vom Haus des Augustus auf dem Palatin zum jeweiligen Aufenthaltsort des römischen Kaisers, in: Die Pfalz. Probleme einer Begriffsgeschichte vom Kaiserpalast auf dem Palatin bis zum heutigen Regierungsbezirk. Referate und Aussprachen der Arbeitstagung vom 4.6.Oktober 1988 in St.Martin/Pfalz, hg.v. F.Staab, Speyer 1990, 9-47; Royo 1999 (o.Anm.31) 168-171; Winterling (o.Anm.34) 209-217. Ursprünglich hieß nur der Hügel Palatium; nach der Einbürgerung dieses Wortes zur Bezeichnung des Kaiserpalastes

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Die kaiserliche Residenz aber heißt Palatium, nicht daß man jemals beschloß, ihr diesen Namen zu geben, sondern weil Caesar auf dem Palatin wohnte und dort sein Hauptquartier hatte; dabei gewann sein Haus eine gewisse Berühmtheit auch durch den Hügel im ganzen, weil ja dort einstmals Romulus gewohnt hatte. So kommt es, daß, auch im Falle der Kaiser irgendwo anders seinen Aufenthalt nimmt, diese seine Wohnstätte die Bezeichnung Palatium trägt. 36

Die Verbindung Euander - Palatin - Kaiserpalast ist eindeutig vollzogen bei Statius und Martial, w o der Palatin Euandrius Collis heißt, der Palast Parrhasia aula - „parrhasisch" steht für „arkadisch" - und am Ort der veteris penates Euandri lokalisiert wird.37 Anspielungen auf die Aeneisstelle in der spätantiken panegyrischen Literatur im Zusammenhang mit der Erwähnung des Kaiserpalasts auf dem Palatin machen deutlich, daß man das vergilische Domizil Euanders mit der späteren Residenz der Kaiser in Rom selbstverständlich identifizierte. So beginnt Claudian seine Schilderung vom Empfang des Theodosius und Honorius auf dem Palatin mit den Worten ut ventum ad sedes (7,142 = Verg. Aen.8,362), und auch der Panegyricus von 289 n.Chr. zieht eine Verbindungslinie von der Behausung Euanders zur Kaiserresidenz auf dem Palatin.38 Vergil hingegen, mehrere Jahrhunderte früher zu Beginn der Etablierung des Prinzipats, deutet noch verhalten auf die Verbindung Casa

nannte man den Hügel zur Unterscheidung Palatinus Möns (zuerst bei Tacitus). Bei Ovid ist Palatia zunächst (ars 3,119; 389; met.1,176) nicht bedeutungsgleich mit dem Haus des Augustus und verbindet sich erst trist. 1,1,69; 3,1,3Iff; Pont.2,8,17 fest mit diesem (Viarre, anders Winterling). Bei Statius und Martial wird Palatium in beiden Bedeutungen verwendet, das Adjektiv Palatinus wird synonym für „kaiserlich". Daß seit dem 2.Jh.n.Chr. Palatium auch eine Kaiserresidenz außerhalb Roms bezeichnen kann, bezeugt außer Cassius Dio (s.o.) auch z.B. Claudian 28,409: (Roma beschwert sich, daß die Kaiser nicht mehr auf dem Palatin residierten) mea (= Romae) quae cunctis tribuere palatia nomen. Zur lautgeschichtlichen Entwicklung vgl. W.Haubrichs, Zur Wort- und Namensgeschichte eines romanischen Lehnworts: lat. , dt. , in: Die Pfalz 131-157. 36

καλείται δέ τα βασίλεια παλάτιον, οϋχ δτι και εδοξέ ποτε ούτως α υ τ ά όνομάζεθαι, α λ λ ' οτι εν τε τω Παλατίω ό Καίσαρ ωκει και έκει τό στρατήγιον είχε, και τι να και προς την του 'Ρωμύλου προενοίκησιν φήμην ή οικία αύτοΰ άπό του παντός ορούς ελαβε· και δια τούτο καν άλλοθι που ό αυτοκράτωρ καταλύη, την του π α λ α τ ι ο ύ έπίκλησιν ή καταγωγή αύτοΰ ϊσχει. (53,16,5f; Übersetzung O.Veh 1986). στρατήγιον in Bezug auf das Haus des Augustus ist ein Anachronismus. 37 Euandrius Collis Stat.silv.4,l,7f; Parrhasia aula Mart.7,99,3; 8,36,3; 9,11,8; 12,15,1; veteris penates Euandri Stat.silv.3,4,47f. Parrhasia ist der Name einer Landschaft und Stadt in Arkadien, wo Euander herstammt. Parrhasius ist daher kein Synonym für Romuleus, wie Royo 1999 (o.Anm.31) 303 meint. 38 10 [2],l,2f, zitiert u.S.28 mit Anm.59.

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Euandri - Domus Augusti. Durch Hinweise zur Topographie legt er dem Leser nahe, sie aufgrund der Lage miteinander zu identifizieren. 39 So geleitet, vermag dieser eine weitere, ideelle Parallele zwischen den beiden Behausungen zu erkennen: ihre Bescheidenheit. Diesbezüglich sind wir über das Haus des Augustus durch Ausgrabungen und durch das bekannte Zeugnis Suetons informiert. In der Augustusvita heißt es: Er wohnte später auf dem Palatin, aber auch dort nur in dem bescheidenen Hause des Hortensius, das weder durch seine Geräumigkeit noch durch seine Pracht in die Augen fiel, vielmehr nur kurze Säulenhallen aus albanischem Peperin hatte und in den Zimmern keinen Marmorschmuck noch prächtige Mosaikböden besaß. Und über vierzig Jahre lang bewohnte Augustus im Sommer wie auch im Winter hier ein und dasselbe Schlafzimmer!40 Die Betonung der Bescheidenheit des Anwesens ist zwar ideologisch gefärbt, der Bericht übertreibt und wählt aus dem palatinischen Besitz nur das Wohnhaus des Prinzeps aus. 41 Die archäologischen Funde sind allerdings mit der Suetonpassage nicht grundsätzlich im Widerstreit. Ausgrabungen auf dem Palatin seit den sechziger Jahren haben die Überreste des Wohnhauses zutage gefördert. Die enge Nachbarschaft zum Apollotempel und die Verbindung zu diesem mittels einer Rampe zusammen mit den Wanddekorationen im späten zweiten Stil führten

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F.Castagnoli, Palatino (Palatium), in: Enciclopedia Virgiliana, Rom 1987, Bd.3, 930f (vgl. ders., Roma [o.Anm.7] 547; 551) hält die Identifikation nicht für zwingend: „Sulla sua localisazione V. non fornisce alcun elemento; gratuità è la proposta (Fowler 1917) che essa fosse immaginata da V. nella parte di P. dove abitò Augusto". - Mit bloß angedeuteten topographischen Angaben arbeitet Vergil auch im dritten Buch, um das Winterlager der Aeneaden bei Actium zu lokalisieren, wo Augustus 31 v.Chr. das seine aufgeschlagen hatte: H.-P.Stahl, Political Stop-Overs on a Mythological Travel Route: From Battling Harpies To the Battle of Actium. Aeneid 3.68-93, in: ders. (Hg.), Vergil's Aeneid: Augustan Epic and Political Context, London 1998, 37-84, bes. 67. Bei Verg.ecl. 1,1,19-45, Ov.trist.3,1 und Calp.ecl.7, wo die Person bzw. die Wohnung des Prinzeps ebenfalls den Ziel- und Endpunkt des Rombesuchs darstellt, ist diese explizit genannt: G.Luck, Besuch in Rom, in: Festschrift für Robert Muth, hg.v. P.Händel/W.Maid, Innsbruck 1983, 231-236; vgl.o. Anm.32. 40 habitavit... postea in Palatio, sed nihilo minus aedibus modicis Hortensianis, et neque laxitate neque cultu conspicuis, ut in quibus porticus breves essent Albanarum columnarum et sine marmore ullo aut insigni pavimento conclavia. ac per annos amplius quadraginta eodem cubiculo hieme et aestate mansit. (72,1; Übersetzung M.Heinemann 1957). 41 Zu Recht weist hierauf hin F.Feiten, Häuser des Augustus, Jahrb.d.Univ.Salzburg 1985-1987, 163-189, hier 163-166. Vgl. Tamm 1963 (o.Anm.35) 49.

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zur Identifikation mit der literarisch bezeugten Domus Augusti. 42 Es handelt sich um ein für einen Römer der Oberschicht durchschnittlich großes Stadthaus ohne übertriebene Ausstattung. Zwar gibt es Marmormosaikböden, doch nur in einigen Repräsentationsräumen; dasselbe gilt für Stuckdecken und Marmorsockel. 43 Die sonstige Wanddekoration besteht in perspektivischer Architekturmalerei. Die erhaltenen und ausgegrabenen Räume lassen eine Anordnung um ein Atrium und ein Peristyl erkennen, wie sie für ein römisches Haus typisch ist (vgl. Abb.2). Die einzelnen Zimmer sind klein: die beiden größten Räume, der Saal Β (zwischen zwei Bibliotheken) und der peristyle Oecus O messen 10,50m χ 6,70m bzw. 8,80m χ 6,20m.44 Das Ganze macht den Eindruck eines „elegant but not sumptuous house of its time". 45 Die einfache Lebensweise des Augustus hebt Sueton auch sonst hervor (in ceteris partibus vitae contentissimum fuisse constat 72,1); mit Hinblick auf seine Häuser heißt es: Große, prächtige Paläste konnte er nicht leiden. Das von seiner Enkelin Julia mit verschwenderischer Pracht erbaute Landhaus ließ er bis auf den Grund niederreißen, seine eigenen, so einfach sie auch waren, schmückte er nicht mit Statuen und Gemälden, sondern mit Laubengängen und Parks, sowie mit Altertümern und Raritäten aus. (...) Wie sparsam Augustus in Mobilar und Hausgerät war, erkennt man an den noch heute erhaltenen Ruhebetten und Tischen. Das meiste davon ist kaum fur einen

42 Vgl. die Veröffentlichungen von G.Carettoni (aufgeführt bei Winterling [o.Anm. 34] 52 Anm.27 und Royo 1999 [o.Anm.31] 384f), besonders: I problemi della zona augustea di Palatino alla luce dei recenti scavi, RPAA 39, 1966/1977, 55-75; La decorazione pittorica della casa di Augusto sul Palatino, MDAI(R) 90, 1983, 373-419 = dt., erw., ohne Anmm.: Das Haus des Augustus auf dem Palatin, Mainz 1983; Le costruzioni di Augusto sul Palatino, in: Roma repubblicana dal 270 A.C. all'età augustea, Rom 1987, 77-83; Die Bauten des Augustus auf dem Palatin, in: Kaiser Augustus (o.Anm. 13) 263-267. Die Identifikation des Hauses des Augustus mit der Casa di Livia durch Richmond 1914 (o.Anm.8) hat sich als unrichtig erwiesen. Wohl gehörte die Casa di Livia zum Komplex der Häuser auf dem Palatin, welche die kaiserliche Familie bewohnte. Daß Suetons Beschreibung sich auf die (einzig später nicht zerstörte oder überbaute) Casa di Livia beziehe, glauben wieder Feiten (o.Anm.41) 166, welcher dieses Haus mit der früheren domus Hortensii identifiziert, und Donderer (o.Anm.31) 625; 629; 646; 649-660, der meint, dieses Haus sei in der Antike als Augustusheiligtum bewahrt geblieben und zugänglich gewesen. Winterling hingegen hält das von Carettoni ausgegrabene Haus für das von Sueton beschriebene (55, vgl.u.Anm.52). 43 Carettoni, Haus des Augustus (o.Anm.42) 11. 44 Carettoni, Haus des Augustus (o.Anm.42) 37; 52. 45 Richardson (o.Anm.2) s.v. „Domus: Augustus" 118.

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I Die Hütte (Verg.Aen.8,337-369) gewöhnlichen Privatmann elegant genug. Selbst das Bett, in dem er schlief, soll niedrig und sehr bescheiden gepolstert gewesen sein.46

Zur Eindämmung des Bauluxus empfahl der Prinzeps per Edikt die Lektüre einer Rede des P.Rutilius Rufus „Über das bei Hausbauten einzuhaltende Maß" (ibid.89,2). Das Haus des Vedius Pollio, nach Ovids Worten so groß wie eine ganze Stadt, welches er geerbt hatte, ließ er abreißen und errichtete an seiner Statt die Porticus Liviae, um seinen Mitbürgern ein Beispiel zu geben.47 Eingedenk der bei Cicero formulierten Warnung: odit populus Romanus privatam luxuriam, publicam munificentiam diligif48 errichtete er über ganz Rom hin große und prachtvolle öffentliche Bauten (die freilich nicht allein dem Nutzen der römischen Bürger und der Ehre der Götter, sondern auch dem eigenen Ruhm frommten); sein privates Haus hingegen ging nicht über den Standard des damals für einen nobilis Üblichen hinaus.49 Dessen einziger besonderer Schmuck waren seit 27 v.Chr. der Eichenkranz ob cives servatos und die beiden Lorbeerbäume seitlich des Eingangs.50 Eine besondere Weihe verlieh dem Haus die räumliche Nähe zum Apollotempel. Die Anregung hierfür hatten hellenistische Herrschersitze gegeben. Doch Augustus wollte sich nicht als Gottkönig präsentieren, sondern im Gegenteil seine Person von der Gottheit, die den (von ihm ge-

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ampia et operosa praetoria gravabatur. et neptis quidem suae Iuliae, profuse ab ea exstructa, etiam diruit ad solum, sua vero quamvis modica non tarn statuarum tabularumque pictarum ornatu quam xystis et nemoribus excoluit rebusque vetustate ac raritate notabilibus. ... instrumenti eius et supellectilis parsimonia apparet etiam nunc residuis lectis atque mensis, quorum pleraque vix privatae elegantiae sint. ne toro quidem cubuisse aiunt nisi humili et modice instrato. (72,3-73; Ubersetzung M.Heinemann 1957). 47 fast.6,639-648. Vgl. P.Zanker, Drei Stadtbilder aus dem augusteischen Rom, in: L'Urbs (o.Anm.8) 476-489, hier 477-483; Royo 1994, 231-233; 1999, 189f (beide o. Anm.31). 48 Mur.76. Vgl. H.Drerup, Zum Ausstattungsluxus in der römischen Architektur. Ein formgeschichtlicher Versuch, Münster 2 1981 (zuerst 1957), 5f; P.Zanker, Augustus und die Macht der Bilder, München 1987, 141f; Kienast (o.Anm.12) 237f. Noch Plinius d.Ä spricht innerhalb des Abschnitts über große, prächtige und teure Bauten in Rom, nachdem er diverse öffentliche Bauten als bewundernswert herausgehoben hat, mit gemischten Gefühlen von der extravaganten Summe, die der Volkstribun Clodius fur sein Privathaus ausgegeben hatte (36,103), und kritisiert die luxuriösen Privatresidenzen Caligulas und Neros ( U l f ) sowie die übertrieben kostspielige Ausstattung der Theater des Scaurus und Curio (113-120): Edwards (o.Anm.30) 102-105. 49 Royo 1991, 97-99; (o.Anm.31); 1994 (u.Kap.II Anm.10) 223-225. 50 Quellen bei Lugli (o.Anm.7) Bd.8,1 156-158. Ob es wie Caesars Domus Publica seit 12 v.Chr., als auch Augustus Pontifex Maximus wurde, einen Tempelgiebel besaß, ist nicht gesichert: Donderer (o.Anm.31) 626.

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lenkten) Staat beschützte, separiert halten.51 Wenngleich de facto der Großteil des Palatin im Besitz der kaiserlichen Familie war, die dort in mehreren Häusern residierte, und zur domus des Augustus bisweilen auch die Heiligtümer des Apollo, der Magna Mater, der Vesta und des Romulus gezählt wurden, so vermied Augustus doch optisch den Eindruck einer geschlossenen Anlage und Herrscherburg. Vielmehr waren die Häuser und der Tempel durch Straßen und vereinzelte Häuser anderer nobiles getrennt und nur unterirdisch miteinander verbunden. 52 Nur ein Haus, die von Sueton beschriebene frühere domus Hortensii, war

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Als Muster scheint vor allem die Königsburg von Pergamon gedient zu haben: P.Zanker, Der Apollontempel auf dem Palatin. Ausstattung und politische Sinnbezüge nach der Schlacht von Actium, in: Città e Architettura nella Roma Imperiale. Atti del Seminario del 27 ottobre 1981 nel 25 e anniversario dell'Accademia di Danimarca, ARID Suppl.10, 1983, 21-40, hier 24. Zanker fuhrt dies auf den Mangel an fiir die neue Herrschaftsform geeigneten Vorbildern zurück, Feiten (o.Anm.41) 173-187 hingegen sieht hierin wie auch aus der Anlage der italischen Villen des Augustus ein Anzeichen dafür, daß Octavian nach dem Sieg bei Actium sich ganz ähnlich wie Antonius zunächst als hellenistischer Herrscher stilisierte. Ebenso I.Nielsen, Hellenistic Palaces. Tradition and Renewal, Aarhus 1999 (Studies in Hellenistic Civilization 5), 173-179. Royo 1999 (o.Anm.31) 152-167, bes. 164; 167; vgl. 179 betont jedoch, daß trotz der religiösen Implikationen, welche die Nähe zum Heiligtum nach hellenistischem Vorbild mit sich brachte, das Haus selbst nur das eines aristokratischen privatus in republikanischem Verständnis darstellte. Zur ideologischen 'Botschaft' des Bauschmucks am Apollotempel s. neben Zanker B.Kellum, Sculptural Programs and Propaganda in Augustan Rome: The Temple of Apollo on the Palatine, Diss.Harvard Univ., Cambridge 1982, vgl. Kellums gleichnamigen Aufsatz in : The Age of Augustus. Interdisciplinary Conference Held at Brown University, April 30-May 2, 1982, hg.v. R.Winkes, Louvain-la-Neuve 1985, 169-176; E.Lefèvre, Das Bild-Programm des Apollo-Tempels auf dem Palatin, Konstanz 1989 (Xenia24). 52 Betont von Donderer (o.Anm.31) 625f. Aus den Darstellungen auf der Sorrentiner Basis, Ov.trist.3,1,29-52 und Sol. 1,18 schließt man, daß die genannten Heiligtümer, Porticus, Bibliotheken sowie ein Park als Teile der domus Augusti verstanden wurden: N.Degrassi, La dimora di Augusto sul Palatino e la base di Sorrento, RPAA 39, 1966/ 1967, 77-116, hier 91-97; Feiten (o.Anm.41) 165-173; vgl. die Rezensionen von Carettoni, Haus des Augustus (u.Anm.42), durch A.Wallace-Hadrill, JRS 75, 1985, 248; E.Ehrhard, Gnomon 60, 1988, 641f; J.Meischner, Gymnasium 93, 1986, 232; Donderer (o.Anm.31) 625f; Winterling (o.Anm.34) 50-55. Winterling schließt aus Zeugnissen über die Nutzung von Teilen des palatium durch Angehörige des Augustus (Suet.Cal. 10,1; Otho 1,1; gramm.17; Cass.Dio 53,27,5; 60,2,5; Ios.ant.Iud.19,117) und über den Bedeutungsumfang der Bezeichnung domus Palatina (Ov.fast.4,951-954; Suet.Aug. 23,3), daß diese „ein Gebäudeensemble , das aus (ehemals von republikanischen Adelsfamilien bewohnten) Häusern und Heiligtümern bestand" (54). Zumindest zwei von ihnen hatten eine beträchtliche Größe. Das von Sueton (Aug.72,1) beschriebene eigentliche Wohnhaus des Prinzeps sei als „Haus im Haus" zu betrachten (55). Zur ideologischen Funktionalisierung des Palatin durch Augustus mittels der dort errichteten Bauten s. Zanker 1983 (o.Anm.51); F.Kolb, Rom. Die Geschichte der Stadt in der Antike, München 1995, 332-337.

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durch seine Fassade als Wohnhaus des Prinzeps kenntlich, und dieses reihte sich zugleich ostentativ unauffällig unter die Häuser der Standesgenossen ein, eine Art römische Downing Street Nr. 10. Eine ähnliche Verbindung von (relativ) einfachem Äußeren und hohem Symbolwert, von privater Anspruchslosigkeit bei gleichzeitigem Einsatz für das Gemeinwohl kennzeichnet nun auch die Behausung Euanders und ihre Bewohner. Sie ist ärmlich und klein: mehrfach hebt dies Vergil hervor, wenn er von der Ankunft bei den tecta ... pauperis Euandri (359f) und dem Eintritt angusti subter fastigio tecti (366) erzählt und auch den Besitzer selbst von seinen res egenae (365) sprechen läßt. Doch das Bewußtsein seiner Armut drückt Euander keineswegs nieder. Er ist vielmehr stolz, dem Gast etwas Besonderes zu 'bieten': seine Wohnung ist nämlich sozusagen der Höhepunkt der Stadtführung, denn sie beherbergte den Hercules persönlich. Euander (dem Vergil bei aller Würde auch komische Züge gegeben hat) weist sogleich, als man vor dem Haus steht, auf diese Tatsache hin, in derselben Weise mit Anapher des deiktischen Pronomens den Satz beginnend wie bei seinen Erklärungen zu den bisherigen Sehenswürdigkeiten (362f).53 Für Aeneas ist es allerdings nicht einfach eine Art touristischer Höhepunkt, im selben Haus zu übernachten wie Hercules: er tritt damit vielmehr auch symbolisch in die Fußstapfen seines großen Vorgängers. Sinnfällig wird dies durch die zweifache Verwendung von subire mit Bezug sowohl auf Aeneas (ad tecta subibant /pauperis Euandri 359f) als auch auf Hercules (haec ... limina victor / Alcides subiit 362f).54 Aeneas steht typologisch in einer Linie mit Hercules: beide sind Gäste des Euander, beide erdulden siegreich von Juno auferlegte labores, beide befreien Italien von Landesverwüstern: Hercules von Cacus, dem menschenfressenden Ungeheuer - Euander hatte Aeneas die Geschichte soeben (185-272) erzählt - , Aeneas von Turnus, dem furienbesessenen Kriegstreiber. Am Ende dieser Linie steht bei Vergil Augustus, der am Tag des Hercules Invictus seinen Triumph über Antonius und die ägyptischen monstra feierte55 als der 'wahre' Befreier, Befrieder und Kul53 haec ... limina victor / Alcides subiit, haec illum regia cepit; vgl. 185ff non haec sollemnia nobis, / has ex more dapes, ha ne tanti numinis aram / vana superstitio ... / imposuit; 314 haec nemora indigenae Fauni Nymphaeque tenebant; 35 If hoc nemus, h une ... frondoso vertice collem /... habitat deus·, 355f haec duo praeterea disiectis oppida muris /... vides. 54 Gransden (o.Anm.7) zu 363. 55 Grimal 1951 (o.Anm.21); Binder (o.Anm.4) 141-149; W.Heilmann, Aeneas und Euander im achten Buch der Aeneis, Gymnasium 78, 1971, 76-89, hier 85. Aeneas und Hercules sowie Augustus und Hercules werden auch an anderen Stellen der Aeneis und speziell des achten Buches zueinander in Beziehung gesetzt (z.B. nimmt Aeneas in

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turbringer über den selbsternannten, der sich per Genealogie und Habitus als Hercules stilisiert hatte56 - und den Fehler begangen hatte, sich weg von Rom hin zu Alexandria zu orientieren.57 Den durch diesen Sieg gewonnenen Frieden und die daraus resultierende Herrschaft des Augustus aber symbolisiert der Palatin: dort wird Augustus - so ist es auf dem Schild des Aeneas verheißen - im Tempel des Apollo von Actium die Unterwerfung der Welt annehmen und so das vollenden, was seine Vorgänger Hercules, Euander, Aeneas und auch Romulus begonnen haben. Auf dem Palatin kulminieren sowohl der Romspaziergang in der Mitte des achten Buches als auch der Durchgang durch die römische Geschichte in der Schildbeschreibung am Ende desselben. 58 Daß man den Text bereits in der Antike in dieser Weise teleologisch verstand, beweist ein späterer panegyrischer Text, der an die Aeneisstelle anknüpft und die Präfiguration durch Hercules auf einen anderen Kaiser überträgt. Die Rede vor Maximinian, gehalten 289 n.Chr. anläßlich der Gründungsfeier Roms, hebt die Verbindung Hercules-PalatinKaisersitz unter Bezugnahme auf den Besuch des Helden bei Euander 8,177f und 552f jeweils auf einer Löwendecke Platz): H.Schnepf, Das Herculesabenteuer in Virgils Aeneis (VIII 184f.), Gymnasium 66, 1958, 250-268; H.Bellen, Adventus dei. Der Gegenwartsbezug in Vergils Darstellung der Geschichte von Cacus und Hercules (Aen.VIII 184-275), RhM 106, 1963, 23-30; G.K.Galinsky, The HerculesCacus-Episode in Aeneid VIII, AJPh 87, 1966, 18-51, bes. 25-51; Heilmann 83-88; J.W.Zarker, The Hercules Theme in the Aeneid, Vergilius 18, 1972, 34-48 (Forschungsüberblick und Kritik); G.K.Galinsky, The Herakles Theme. The Adaption of the Hero in Literature from Homer to the Twentieth Century, Oxford 1972, 131-149; J.G.A.M. Lenssen, Hercules exempli gratia. De Hercules-Cacus-Episode in Vergilius Aeneis 8.185-305, Lampas 23, 1990, 50-73 (kritisch bezüglich der Präfiguration des Aeneas durch Hercules); W.Schubert, Zur Sage von Hercules und Cacus bei Vergil (Aen.8,184279) und Ovid (Fast. 1,543-586), JAC 6, 1991, 37-60. 56 Antonius als Hercules: Plut.Ant.4,1-3; App.civ.3,16; Non.283,36-38; A.R.Anderson, Heracles and His Successors. A Study of a Heroic Ideal and the Recurrence of a Heroic Type, HSPh 39, 1928, 7-58, hier 42-44; L.R.Taylor, The Divinity of the Roman Emperor, Middletown 1931, 107; U.Huttner, Marcus Antonius und Herakles, in: Rom und der Griechische Osten. Festschrift für Hatto H.Schmidt zum 65.Geburtstag, hg.v. C.Schubert/K.Brodersen, Stuttgart 1995, 103-112. Augustus setzte sich selbst im Folgenden nicht weiter zu Hercules in Bezug, doch tut dies neben Vergil mehrfach auch Horaz: Anderson 44f; Grimal 1951 (o.Anm.21) 817f; Binder (o.Anm.4) 147f; Cancik (u.Kap.II Anm.23) 84; Huttner 1997 (o.Anm.21). Tiberius in seiner Leichenrede auf Augustus stellte diesen als Weltretter noch über den mythischen Helden (Cass.Dio 56,36,4f). Als Hercules stilisierten sich später verschiedene Kaiser (Sauter [u.Kap.II Anm.46] 78-85), besonders aber Commodus und Maximinian (A.Alföldi, Insignien und Tracht der römischen Kaiser, MDAI(R) 50, 1935, 1-158 = ders., Die monarchische Repräsentation im römischen Kaiserreich, Darmstadt 1970 u.ö., 122-276, hier 224). 57 Cass.Dio 50,3,5-4,1; Favro 1996 (o.Anm.13) 98f; Edwards (o.Anm.30) 47f. 58 S. Binder (o.Anm.4) 142; 146; 149 mit weiteren Parallen zwischen Romführung und Schildbeschreibung 119; 125f.

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hervor, um den als conditor zu ehren:

urbis gepriesenen Maximinianus Herculius

Denn es ist in der Tat eine wahre Überlieferung, die über den Ursprung jener Stadt auf uns gekommen ist, daß ein König aus der Fremde in ihr den ersten Wohnsitz eurer göttlichen Hoheit, jenes erhabene und ehrwürdige Palatium, gegründet, Herkules mit seiner Anwesenheit als Gast ihm hingegen heilige Weihe verliehen hat, (...) daß eben jener Begründer deines Geschlechts und Namens nach siegreich vollbrachter Tat zu den Mauern von Pallanteum gekommen ist und daß er, bei aller Bescheidenheit des königlichen Sitzes zur damaligen Zeit dennoch mit höchster Verehrung empfangen, ihm die ersten Anfänge künftiger Größe verliehen hat, auf daß jene Stätte einmal Wohnsitz von Caesaren sein konnte, die einst den Herkules gastlich aufgenommen hatte.59 Der Weg zum Gipfel der Macht freilich fuhrt über den Pfad der Bescheidenheit. Der gewaltig große Held läßt sich unter das Dach von Euanders enger Hütte fuhren und nimmt dort mit einem Lager aus Blättern und Fell vorlieb (wir erinnern uns an das niedrige, schlechtgepolsterte Bett des Augustus und an sein anspruchsloses einziges Schlafzimmer): angusti subter fastigio tedi ingentem Aenean duxit stratisque locavit effultum foliis et pelle Libystidis ursae. (366-368) ingens Aeneas (367) steht in pointiertem Gegensatz zu angusti subter fastigia tecti (366), und angusti ist sicherlich ein Wortspiel mit Augusti,60 ein weiterer Hinweis für die Identifizierung der Casa Euandri mit der Domus Augusti; ingens weist noch einmal auf die Ähnlichkeit des Aeneas mit Hercules. Der Held ist wie Hercules, den das hyperbolisch als regia bezeichnete Gebäude gerade eben faßt ( c e p i t 6 i 363), eigentlich

59 de origine illius civitatis accepimus primam in ea sedem numinis vestri, sanctum illud venerandumque Palatium, regem advenam condidisse sed Herculem hospitem consecrasse (...); principem ilium tui generis ac nominis Pallantea moenia adisse victorem et, parva tunc licet regia, summa tarnen religione susceptum futurae maiestatis dedisse primordio, ut esse posset domus Caesarum quae Herculis fuisset hospitium. (10 [2],l,2f; Übersetzung B.Müller, demnächst erscheinend). 60 Gransden (o.Anm.7) zu 366. 61 O.Hey, ThLL Bd.3 s.v. „capio" 339,9-18 subsumiert die Stelle zwar unter den Beispielen für „aufnehmen" (locus capit: magis de actu recipiendi), doch gehört sie eigentlich in die nachfolgende (18-74) Kategorie „de capacitate (maxime per negationem ... locus aliquem non capit i.q. locus alicui aut nimis angustus aut parum dignus est vel certe videtur)", in welcher auch vielfach der Gebrauch von nicht negiertem capere

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zu groß für das Haus, in das er eintritt. Es ist klein, 62 eng und, wie sich aus einer früheren Stelle ergibt, niedrig: Pallanteum, wie es Aeneas zuerst gewahrt, ist eine Ansammlung verstreuter Gebäude, deren Höhe Vergil in vergleichenden Kontrast zu den gen Himmel strebenden Bauten6 seines Rom setzt: cum muros arcemque procul ac rara domorum teda vident, quae nunc Romana potentia cáelo aequavit, tum res inopes Euandrus habebat. (98-100) Auch das Haus, worin Euander selbst übernachtet64 und von dem aus er sich anderntags zu Aeneas begibt (hospitis Aeneae sedem et secreta petebat 463), ist niedrig: ex humili tecto (455) wecken ihn Morgensonne und Vogelsang. Nichtsdestoweniger verfügt es über ein culmen (456) und ein limen altum (461), übertragen zu verstehen in dem Sinne, daß dem Haus des Fürsten qua Fürstenresidenz Hoheit eignet. 65 So ist auch an unserer Stelle die fast ein Oxymoron bildende Zusammenstellung von fastigia, „Giebel" mit dem Attribut angusti tecti (366) zu interpretieren. Das Unstandesgemäße der Unterbringung ist durch subire (359)

belegt ist. Vgl. OLD s.v. „capere" Nr.25; 26 und z.B. Ov.fast. 1,199 dum casa Martigenam capiebatparva Quirinum (im Kontext zitiert u.S.33). 62 parva tunc licet regia Paneg.10 [2], 1,3. 63 Die von Augustus erbauten Tempel erreichten durch ihre Podien, langen Säulenschäfte und hohen Kapitelle eine zuvor in Rom ungekannte Höhe. Dies war kein Zufall, sondern Programm: Favro 1996 (o.Anm.13) 150f; zur Größe der augusteischen Bauten generell 180-182. Vgl. auch Verg.ecl.l,l,24f haec tantum alias inter caput extulit urbes / quantum lenta soient inter viburno cupressi und Ov.fast, 1,209f (Kontrast zu den niedrigen Gebäuden der Frühzeit) postquam fortuna loci capit extulit huius / et tetigit summo vertice Roma deos und Plin.nat.3,67 quodsi quis altitudinem tectorum addat, ... fateaturque nullius urbis magnitudinem in toto orbe potuisse ei comparari. 64 Offenbar nicht dasselbe Haus wie das, in dem Aeneas schläft: Fowler (o.Anm.7) 78. Euander scheint seinem Gast die eigene Wohnung überlassen zu haben. Eden (ibid.) zu 461 ist allerdings mit Mackail aufgrund von 467f mediisque residunt / aedibus der Auffassung, Aeneas und Euander schliefen in verschiedenen Räumen desselben Gebäudes, ebenso Castagnoli, Palatino (o.Anm.39) 930 und ders, Roma (o.Anm.7) 547. Bei Euanders Behausung handele es sich nicht um eine Hütte, sondern eine „abitazione abbastanza sviluppata" mit mehreren Räumen, wie aus 461; 463 und 367f hervorgehe. 65 Ähnlich Eden (o.Anm.7) zu 461. J.C.Yardley, Evanders's altum limen·. Virgil Aen. 8,461-2, Eranos 79, 1981, 147f erklärt die konkrete Unvereinbarkeit von humile tectum und altum limen damit, daß Vergil hier wie schon beim Romspaziergang in der Urzeit seine Gegenwart antizipiere: „Virgil is once more making a contrast between the grandeur of the present (the great houses on the Palatine with their custodes) and the simplicity of the past (Evander's lowly dwelling with its guard-dogs)". Mir scheint, daß bei der ersten Erwähnung des Euanderhauses die ideologische Konnotation „Bescheidenheit" im Vordergrund steht, bei der zweiten ein würdiger Rahmen für eine wichtige politische Konferenz geschaffen wird.

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und effultum (368) gemildert: wenigstens liegt Euanders Hütte erhöht, wenigstens ist das Lager des trojanischen Königs hochaufgeschüttet. Die Würde des Wirtes und des Gastes bleibt so gewahrt, trotz des durch die Antithese angusti - ingentem (366) klar zutage tretenden Mißverhältnisses zwischen der Körpergröße des Aeneas und der Enge der Behausung Euanders. Aeneas ist ingens als Held und als Sohn der Göttin: Körpergröße ist ein bezeichnendes Merkmal, das Götter und Heroen von gewöhnlichen Sterblichen unterscheidet, μέγας zusammen mit ήύς ist ein stereotypes Beiwort homerischer Kämpfer;66 den Gliedern von Helden wurde Riesenmaß zugeschrieben. 67 Daß Homer den Göttern und Göttinnen „eine körperliche Größe gegeben, die alle natürliche Maße weit übersteiget" und sie noch größer als die Heroen gebildet habe, beobachtete schon Lessing, der dies mit einigen Iliasstellen belegt. 68 Auch in der Odyssee finden sich Beispiele: schöner und größer als Penelope ist Kalypso, räumt Odysseus ein; Artemis überragt die sie begleitenden Nymphen. 69 μέγας bzw. magnus und ihre Superlative sind häufige Beiwörter von Göttern.70 Durch ihre Größe offenbart sich eine Gottheit in Menschengestalt: so vermutet Anchises in Aphrodite bereits zu Anfang, da sie 66

M.Bissinger, Das Adjektiv ΜΕΓΑΣ in der griechischen Dichtung, Diss.München 1966, 18ff; H.Bernsdorff, Zur Rolle des Aussehens im homerischen Menschenbild, Göttingen 1992 (Hypomnemata 97), 20ff; Tabelle im Anhang. 67 Antike Angaben zu ihren Körper- und Knochenmaßen gesammelt bei S.Eitrem, Zu Philostrats Heroikos, SO 8, 1929, 1-56, hier 53-56. 68 Laokoon, Kap.12, S.103-106 mit Anm.3 in Band 5,2 der Ausgabe von W.Barner, Frankfurt a.M. 1990. Lessing nennt 11.21,407 (Ares, von Athene niedergestreckt, bedeckt sieben Hufe); 5,744 (Athenes Helm ist mit den Kämpfern von hundert Städten geschmückt ); 13,20 (Poseidon gelangt mit vier Schritten von Samos nach Aigai); 18,518f (Ares und Athene auf dem Schild Achills sind größer als die menschlichen Figuren). 69 Kalypso: Hom.Od.5,216f. Artemis: 6,107f, vgl. h.Ap,197f; Verg.Aen. 1,501; Ov. met.3,181f. Statius benutzt das Motiv scherzhaft, wenn er Venus über die Braut Violentilla sagen läßt: celsae procul aspice frontis honores / suggestumque comae. Latías metiere quid ultra / emineat matres, quantum Latonia nymphas / virgo premit quantumque egomet Nereidas exsto (silv. 1,2,113-116, vgl. 14f). Violentilla wirkt größer durch ihre hochgetürmte Festtagsfrisur: R.Gelsomino, La Violentilla di Stazio (Silvae 1,2) ed una signora della sesta satira di Giovenale (474-507), in: Studi di poesia latina in onore di Antonio Traglia II, Rom 1979, 841-870, bes. 849-53, F.Vollmers Kommentar (Leipzig 1898) zu Stat.silv. 1,2,113. I.B.Carter, Epitheta deorum, quae apud poetas Latinos leguntur, Leipzig 1902, in Anhang unter magnus, ingens u.a.; Bruno Müller, ΜΕΓΑΣ ΘΕΟΣ, Diss. Halle 1913 (Auflistung jeweils ohne Unterscheidung von konkreter und übertragener Bedeutung); Bissinger (o.Anm.66) 64-74. μ έ γ α ς wird auch von einzelnen Körperteilen der Götter gesagt: Athenes Finger (scherzhaft) Ar.Eq.l 170; Rheas Schoß und Arm Call.Iov.14; 30: H.J.Rose, Rez.Sauter(u.Kap.II Anm.46), Gnomon 1 1, 1935, 51-53, hier 53 mit Anm.l.

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sich ihm als Kore naht, aufgrund ihres hohen Wuchses eine Göttin, doch als sie ihre Göttlichkeit wieder annimmt, „da wuchs sie mit dem Haupt gleich bis ans Dach der wohlgezimmerten Hütte".71 Größe kennzeichnet auch einen Heros nach seiner Apotheose oder die Erscheinung eines divinisierten bzw. in göttliche Sphären entrückten Menschen. 7 Auch bei Aeneas zeigt sich die göttliche Abstammung am Wuchs: unter dem Gewicht des ingens Aeneas droht Charons Kahn zu sinken {simul accipit alveo / ingentem Aenean, gemuit sub pondere cumba 6,412f); über den gestürzten und getöteten Gegner fällt der riesige Schatten des Aeneas 73 (lapsumque superstans / immolât ingentique umbra tegit, 10,540f); von Venus wunderbar geheilt, stürmt der Held, nunmehr ein ingens, zum entscheidenden Kampf gegen Turnus (portis se extulit ingens 12,441). ingens wird auch von seiner Lanze, seinem von Vulkan gefertigten Schild und von seinen Sorgen gesagt:74 seine Kraft, aber auch seine Sendung übersteigen Menschenmaß. Aeneas' Eintreten in Euanders bescheidenes Haus - Urvorlage ist die Aufnahme des Odysseus bei Eumaios - trägt zum einen Züge einer Theoxenie bzw. der gastlichen Aufnahme eines gewaltigen Helden bei einem armen Wirt: es gleicht etwa dem Eintreten der großen Götter Jupiter und Merkur in das kleine Häuschen von Philemon und Baucis und dem der Ceres in die Hütte des Celeus (una recepii, / parva quidem Ov.met.8,629f; teda ... quantulacumque casae fast. 4,516; nec exiguae despice tecta casae 526; parvos initura penates 531) oder aber auch der Einkehr des Herakles bei Molorchos 75 und der

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h.Ven.82; 85; 173f. Vgl. Athene (Hom.Od. 13,289); Demeter (h.Cer.275); Virtus (Stat.Theb. 10,645f mit 678f). Weitere Stellen, wo eine göttliche Erscheinung an ihrer übermenschlichen Größe als solche kenntlich ist, fuhrt M.Clauss, Kaiser und Gott. Herrscherkult im römischen Reich, Stuttgart/Leipzig 1999, 310 an (POxy 11,1381,118120; Tac.ann.l 1,21,1; Herodot 6,117; 8,38.). Er weist auch auf eine bei Herodot 1,60 erzählte Geschichte hin, wo sich Peisistratos von 'Athene' selbst in die Stadt geleiten ließ. Als Göttin fungierte eine mit einer Rüstung ausstaffierte Frau von außergewöhnlicher Körpergröße. 72 Hercules: Ov.met.9,269f; 273; Romulus-Quirinus: fast.2,503; Plut.Rom.28,1; Creusa: Verg.Aen.2,772f: H.Wagenvoort, Roman Dynamism. Studies in Ancient Roman Thought, Language and Custom, Oxford 1947, 122. 73 Der Körperschatten, nicht die Todesnacht ist gemeint, wie P.Venini, Ingenti ... umbra tegit (Aen. 10,541), Athenaeum 61, 1983, 266-269, gezeigt hat. Servius z.St. zieht konkrete (magnitudine corporis sui auf clipei) wie auch übertragene (morte) Bedeutung in Betracht. Zu Aeneas' Gestalt vgl. auch 12,701-703; 708; 789 (Endkampf mit Turnus). 74 Stellen bei Binder (o.Anm.4) 145 Anm.152. 75 Supplementum Hellenisticum 259,3f στέγος ούδ' οσον [...] παιδί νέμουσα μέρος geht allerdings wohl auf die Dürftigkeit des Mahls bei Molorchos, nicht auf die Kleinheit der Hütte: P.A.Rosenmeyer, The Unexpected Guests: Patterns of Xenia in

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des Theseus auf niedrigem, schlechtgedecktem Schemel in der Hütte der alten Hekale. 76 So wie diese beiden Helden, bevor sie den Nemeischen Löwen bzw. den Stier von Marathon töten, in einem einfachen Quartier logieren, ist für Aeneas Euanders Hütte Station auf dem Weg zur Beseitigung des Turnus, die für die Gründung Roms und die Zivilisierung der Welt erforderlich ist. Zum anderen entspricht das Bild vom großen Aeneas in der bescheidenen Hütte einem Topos, der sich in allen Idealisierungen Ur- und Frühroms - vornehmlich durch die Elegiker 77 - und den Geißelungen zeitgenössischer Dekadenz und luxuria findet, nämlich dem Gegensatz zwischen den gewaltigen Leistungen der Vorfahren und ihrer pauperlas, die häufig an der Kleinheit und Ärmlichkeit ihrer Häuser und Tempel festgemacht wird. 78 Speziell die Antithese 'Größe des Bewohners Kleinheit der Behausung' begegnet auch in Ovids Fasten:

Callimachus' 'Victoria Berenices' und Petronius' Satyricon, CQ N.S.41, 1991, 403413, hier 409. (Ich danke Herrn Prof.Martin Hose, München, für diesen Hinweis.) 76 Call.Hec.240f; 263; 355 Pfeiffer mit dem Kommentar von A.S.Hollis, Oxford 1990. Rosenmeyer (o.Anm.75) 404 Anm.9 gibt eine Auflistung weiterer Szenen, wo ein Gott oder Held gastliche Aufnahme bei einem bäuerlichen Wirt findet. Die hellenistische Tradition sowie das Nachleben der Vergilstelle in der englischen Literatur bei Hollis S.341-354; Gransden (o.Anm.7) 26-28 und ders., The Pastoral Alternative, Arethusa 3, 1970, 103-127; 177-196, hier 112ff. 77 Tib. 1,10,19-24; 2,5,21-38 (vgl. W.Wimmel, Tibull II 5 und das elegische Rombild, in: Gedenkschrift für Georg Rohde, hg.v. G.Radke, Tübingen 1961, 227-266, zur Entwicklung nach Tibull 259-262: weitere Literatur u.Anm.81); Prop.4,1,1-38 (eine an das achte Aeneisbuch erinnernde Periegese durch Rom: K.H.Weber, Properz IV 1,1-70 und das achte Buch der Aeneis, Latomus 37, 1978, 489-506; J.van Sickle, Propertius (vates): Augustan Ideology, Topography and Poetics in Eleg.IVJ, DArch 8, 1974-1975, 116-145); Ov.fast. 1,197-208 (vgl. S.Döpp, Virgilischer Einfluß im Werk Ovids, München 1968, 77-86). 78 Tib. 1,10,20 stabat in exigua ligneus aede deus\ 2,5,26 et stabant humiles in Iovis arce casae. Prop.4,l,5ffictilibus crevere deis haec aurea templa / nec fuit opprobrio facta sine arte casa; 9f qua gradibus domus ista, Remi se sustulit olim: / unus erat fratrum maxima regna focus. Ov.fast. 1,199-201 (oben zitiert), einfaches Lager noch 205f; trist.3,1,30 haec fuit antiqui regia parva Numae. Vgl. Val.Max.4,4,11 namque per Romuli casam perque veteris Capitola humilia tecta et aeternos Vestae focos, fictilibus etiam nunc vasis contentos, iuro nullas divitias talium virorum paupertati posse praeferri. Die früher so einfache und nun so stolz aufragende domus in Prop.4,1,9 (Interpunktion des Verses nach W.S.Watt, Propertius 4.1.9, CQ N.S.25, 1975, 155f) wird gedeutet als Casa Romuli, als Quirinustempel auf dem Quirinal und als das Haus des Augustus. Mit dem letzteren identifizieren sie L.Krahner, Versuch einer analyse der elegie des Properz IV, 1, v.1-70 ed.Hertzb., Philologus 27, 1868, 58-87, hier 67-70; A.Dieterich, Die Widmungselegie des letzten Buches des Propertius, RhM 55, 1900, 191-221, hier 193f; R.Lucot, Domus Remi (Properce IV,1,9-10), Pallas 5, 1957, 63-70; J.Beaujeu, La frère de Quirinus (À propos de Virgile, Eneide 1,292, et de Properce

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pluris opes nunc sunt quam prisci temporis annis, dum populus pauper, dum nova Roma fuit, dum casa Martigenam capiebat parva Quirinum, et dabat exiguum fluminis ulva forum. Iuppiter angusta vix totus stabat in aede inque Iovis dextra fictile fulmen erat. (1,197-202) Freilich hat dort das Jupiterbild, das kaum in seinem Tempelchen Platz hat, etwas Komisches, und nicht umsonst läßt Ovid die Klagen über die Entwicklung der avaritia vom doppelköpfigen Janus vortragen, der ihre Anfänge schon in der 'guten alten Zeit' bemerkt und die Vorzüge der Gegenwart und ihres Reichtums durchaus anerkennt (221-226). 9 Bekannt ist Ovids Enthusiasmus für den cultus seiner eigenen Zeit, der aus unzivilisierter Wildnis Roms Pracht erst erschaffen habe. 80 Er steht jedoch in deutlichem Gegensatz zur eskapistisch-retrovertierten FrühromIdylle Tibulls 81 und zum augusteischen Patriotismus des späten Properz wie eben auch Vergils, insofern bei diesen früheren Dichtern sowohl die bescheidenen Anfange geehrt als auch die geschichtliche Entwicklung gepriesen werden und der Glanz des augusteischen Rom nicht per

IV, 1,9), in: Mélanges de philosophie, de littérature et d'histoire ancienne offerts à Pierre Boyancé, Rom 1974, 57-72, hier 68-72; vgl. Weber 492 Anm.l 1. 79 Vgl. Döpp 1968 (o.Anm.77) 83f („Die Bewunderung fur das Alte wird ironisiert"); P.Hardie, Janus in Ovid's Fasti, MD 26, 1991, 47-64, bes. 62f; Edwards (o. Anm.30) 57-63 zu Schilderungen Frühroms in den Fasten, welche die römischaugusteischen Ideale der simplicitas und rusticitas parodieren. 80 ars 3,113-128 simplicitas rudis ante fuit; nunc aurea Roma est / et domiti magnas possidet orbis opes. / aspice, quae nunc sunt. Capitolio, quaeque fuerunt: / alterius dices illa fuisse Iovis. / curia Consilio nunc est dignissima tanto, / de stipula Tatio regna tenente fuit. / quae nunc sub Phoebo ducibusque Palatia fulgent, / quid nisi araturis pascua bubus erst? usw. Wie wenig sich Ovids Gegenwartsbegeisterung mit den politisch-moralischen Zielen des Augustus vertrug, zeigt sich auch dort, wo der Dichter dem Bauprogramm des Prinzeps eine frivole Funktion unterlegt und die mit politischer Bedeutung befrachteten Plätze und Bauten zu Treffpunkten der Geschlechter degradiert, in ihrem Bildschmuck Anreiz zu Ehebruch bemerkt (ars l,67ff; 3,387-396; noch trist. 2,279-302; eine gewisse recantatio 3,12,17-26 und Pont. 1,8,25-38, da puellae in der dortigen Aufzählung von zum Teil identischen Lokalitäten nicht vorkommen). Vgl. Döpp 1968 (o.Anm.77) 80-82; Edwards (o.Anm.30) 23-25. 1 H.Merklin, Zu Aufbau und Absicht der Messalinus-Elegie Tibulls, in: Forschungen zur römischen Literatur. Festschrift zum 60.Geburtstag von Karl Büchner, hg.v. W.Wimmel, Wiesbaden 1970, 301-314, bes. 304-307; 312f (Tibulls Romvorstellung ist im Gegensatz zu der Vergils antiaugusteisch); R.J.Ball, Tibullus 2.5 and Vergil's Aeneid, Vergilius 21, 1975, 33-50 (Die Lokalisierung einer ehemaligen Kuhwiese auf dem Palatin, des Herrschers Wohnort, ist möglicherweise boshaft und Ausdruck von Tibulls Feindschaft gegenüber Augustus: 37; 45f); C.Neumeister, Tibulls Rom-Elegie (II 5), in: Filologia e forme letterararii. Studi offerti a Francesco Della Corte, Bd.3, Urbino 1987, 157-172 (melancholisch-nostalgisches Rombild Tibulls).

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se, sondern als Leistung römischer virtutes, besonders des Augustus, verherrlicht wird.82 Um daher würdig die Reihe großer Römer zu eröffnen und in Wirklichkeit göttliche Statur zu erreichen, muß zur äußeren die innere Größe kommen: aude, hospes, contemnere opes et te quoque dignum finge deo rebusque veni non asper egenis. (364f) ermahnt seinen Gast der alte Euander. Kühn sich über die Normen gewöhnlicher Leute hinwegsetzend, 83 soll Aeneas Reichtum und Äußerlichkeiten verachten und sich so der Bezeichnung „Gott" würdig erweisen: durch sein Verhalten soll er sich Unsterblichkeit verdienen und zeigen, daß tatsächlich Göttliches in ihm wohnt. In diesem Sinne ist das schwierige 84 te quoque dignum finge deo zu verstehen, und so verstand 82 Vergil und Properz begreifen die römische Geschichte als Heilsgeschichte, an deren Anfang Euander und an deren Ende Augustus steht. Für Lukan, dessen Besichtigung der Ruinen Trojas durch Caesar (9,966-999) eine Negativvariante des vergilischen Romspaziergangs darstellt, ist das Imperium sine fine aufgrund des Bürgerkriegs der Vernichtug verfallen: Edwards (o.Anm.30) l l f . Prudenz (c.Symm.2,298-302), der nach christlicher Eschatologie das römische Reich und Kaisertum als Zwischenstadium auffaßt, das für den Sieg des Christentums notwendig war (vgl. Vittinghoff [u.Kap.III Anm.56]), verspottet Roms kleine Anfänge. Das Alte, dessen Erneuerung die Heiden forderten, sei nicht unbedingt bewahrenswert: sonst müßte man j a wie Romulus und Euander Strohhütten bewohnen, auf Heubetten schlafen und sich in Felle kleiden: ipse casas fragili texat gens Romula culmo: / sic tradunt habitasse Remum. regalía faeno / fulera supersternant aut pelle Libystidis ursae (~Verg.Aen.8,368) / conpositam chlamyden villoso corpore gestent. / talia Trinacrius ductor vel Tuscus habebant (~ Verg. Aen.8,100; Tuscus ductor meint Euander). Ambrosius (epist. 18,30) kritisiert wiederum die luxuria der - heidnischen - Römer: omitto absconditam pretio humum et pastorales casas auro degeneri renitentes. 83 Fordyce (o.Anm.7) zu 364 vergleicht Horazens sapere aude (epist. 1,2,40). H. Walter, Aeneas am Scheidewege (Verg.Aen.8,362-365), in: Memores tui. Studi di letteratura classica ed umanistica in onore di Marcello Vitaletti, hg.v. S.Prete, Sassoferrato 1990, 197-209, hier 203-206, sieht Aeneas an dieser Stelle in der Situation des Hercules, der sich zwischen Ε υ δ α ι μ ο ν ί α und ' Α ρ ε τ ή - letztere war bei den Stoikern mit Verachtung des Reichtums verknüpft - entscheiden muß, und versteht aude im Sinne von 'Wagnis der Lebenswahr. 84 Dryden bemerkte zu 364f (zitiert bei Gransden [o.Anm.7] z.St.): „I contemn the world when I think of it, and myself when I translate it". Die verschiedenen Auffassungen der Bedeutung von deo im Überblick bei Eden (o.Anm.7) z.St. und Walter (o.Anm. 83) 197-199. deo auf Hercules zu beziehen, verbietet quoque, auf Jupiter als gemeinsamen Vorfahren die Tatsache, daß Jupiter im Kontext keine Rolle spielt. Daß deo, was durch die Brachylogie Schwierigkeiten bereitet, prädikativ aufgefaßt werden muß - „daß du ein Gott bist bzw. wirst" - , hat Walter 200f überzeugend gezeigt; seinen Parallelen möchte ich Sen.Med.928 materque tota coniuge expulsa redit hinzufugen. Nicht anschließen kann ich mich Walters Auffassung (201-203), finge sei im Sinne von „stelle

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es auch die Antike. Servius erklärt die Stelle compone te in similitudinem numinis (Serv.auct. sane quidam deo pro immortalitate dictum volunt). Juvenals Anspielung auf die Vergilstelle läßt erkennen, daß auch er in deo einen Bezug auf die göttliche Abstammung und die Divinisierung des Aeneas sah, der in diesem Punkt dem Hercules nicht nachstand: nam cum sis conviva mihi promissus, habebis Euandrum, venies Tirynthius aut minor ilio hospes (et ipse tarnen contingens sanguine caelum) alter aquis, alter flammis adsidera missus. (11,60-63)

Seneca zitiert Vergils Worte zweimal als Illustration stoischer Maximen: in den Rang eines Gottes erheben den Menschen Gleichgültigkeit gegenüber Reichtum (nemo alius est deo dignus quam qui opes contempsit, epist. 18,13, das Vergilzitat 12) sowie seine virtus und nicht etwa sein Stand (subsilire in caelum ex ángulo licet; exsurge modo 'et te quoque dignum finge deo '31,11). Aeneas' Bescheidenheit ist hier aber nicht so sehr die Tugend eines stoischen Weisen als vielmehr die eines wahren Römers; in ihr ist die persönliche Anspruchslosigkeit des Augustus vorweggenommen, dessen Haus Ovid später einmal als tecta digna deo (und den Hausherrn als Quasi-Jupiter) bezeichnen sollte, nicht wegen seiner Pracht - von der Größe oder dem Material des Hauses ist gar nicht die Rede - 8 5 , sondern wegen der Beutewaffen, des Eichenkranzes und der Lorbeerbäume, die den Eingang schmücken und die Verdienste des Prinzeps symbolisieren (trist.3,1,33-48, das Zitat 34). Die Rückkehr zur einfachen Lebensweise der maiores, so propagierte es Augustus, garantiere die Größe Roms, und er lebte dies seinen Mitbürgern vor; verderblich sei die luxuria des Antonius, der in Ägypten inmitten der Schätze und Reize Kleopatras verweichlicht sei. Auf diesem Hintergrund ist die spartanische Bewirtung des Aeneas durch Euander auch im Kontrast zu sehen zu seiner Aufnahme in Didos reichem Palast:

dich dir vor" statt von „mache dich" und der ganze Teilsatz et te quoque dignum fìnge deo als Einschub zu verstehen, da Vorbedingung für die Unsterblichkeit nicht die Bescheidenheit, sondern große Taten seien. Dem widersprechen die auch von Walter zitierten Senecastellen (o. im Text) und die Nachbildung bei Sil.6,537f (Aufforderung an den Sohn des Regulus) tu quoque, care puer, dignum te sanguine tanto /fìngere ne cessa. 85 I.Iacopi, Domus: Augustus (Palatium), in Steinby (o.Anm.2) Bd.2, 1995, 46-48, hier 46 sieht in tecta digna deo und der Beschreibung Ovids zu Unrecht einen Widerspruch zu der Suet.Aug.72 geschilderten Bescheidenheit des Anwesens.

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I Die Hütte (Verg.Aen.8,337-369) at domus interior regali splendida luxu instruitur, mediisque parant convivía tectis: arte laboratae vestes ostroque superbo. (1,637-639)

In Didos purpurnem Polsterbett vergißt Aeneas beinahe Rom und seine göttliche Sendung; das harte Lager bei Euander stärkt ihn für seine Aufgabe, die er am folgenden Tag in Gestalt des Schildes auf sich nehmen wird.86 Nicht das schon prächtig aufragende Karthago, das Aeneas bei seiner Ankunft neiderfüllt-sehnsüchtig bewundert (1,418-438), die urbs parata, durch welche Dido ihn führt (4,74f) und wo sie ihm Anteil an der Herrschaft geben will, darf er nach Jupiters Willen weiterbauen87. Statt des bequemen muß er den mühseligen Weg wählen und durch persönlichen Verzicht die Voraussetzung dafür schaffen, daß lange nach seinem Tod auf dem Boden der ärmlichen Siedlung, die er mit Euander durchwandert, gemäß dem fatum sich das mächtige Rom erheben kann.

86

Gransden 1970 (o.Anm.76) 117f; 1975 (o.Anm.7) 28f. Dido und Euander haben insofern Ähnlichkeit miteinander, als beide, einstmals flüchtig, inzwischen eine neue Heimat gegründet haben, wo sie den noch flüchtigen Aeneas aufnehmen. Beide versprechen den Trojanern Hilfe mit fast denselben Worten (1,571 vgl. 8,171). 87 Er betätigt sich dort als Erbauer der neuen Stadt (4,260), nachdem die in 1,423429 geschilderten Arbeiten wegen Didos Verliebtheit zum Erliegen gekommen sind (4,86). Dies ist aber, wie Mercur ihn ermahnt, nicht seine Aufgabe, ebensowenig wie das Miniatur-Troja des Helenus {parva Troia, simulata Pergamo 3,349f) ein τέλος darstellt: Morwood (o.Anm.13).

II Der Palast (Stat.silv.4,2) In der Höhle des Löwen Rund ein Jahrhundert nach Vergils Verklärung der Bescheidenheit des Aeneas beziehungsweise Augustus besang ein anderer Dichter das Haus eines anderen Herrschers, wo er, der Geringere, Gast des Höherstehenden gewesen war. Um 95 n.Chr. gab Domitian einen großen Bankettempfang für Senatoren und Ritter, zu dem auch der dem Hof nahestehende Poet Statius geladen war. Das Fest fand statt in der 92 n.Chr. fertiggestellten Residenz Domitians auf dem Palatin, der sogenannten Domus August(i)ana 2 . Für die hohe Ehre der Einladung bedankt sich Statius mit einem Gedicht, silv.4,2, das eine Ekphrasis des Palastes und des Festsaales enthält (18-31). Letztere soll uns hier interessieren. Parallel zu ihr sind eine Reihe von Martialepigrammen zu betrachten, die den Palastneubau sowie dort gefeierte Bankette zum Thema haben. 3 Der Palast Domitians unterschied sich grundlegend vom Haus des Augustus. In den Dimensionen und der Ausstattung dieser Häuser spiegelt sich das völlig verschiedene Selbstverständnis der beiden Herrscher. Für Augustus als primus inter pares war es ein politisches Gebot gewesen, die anderen nobiles im privaten Bereich auf keinen Fall zu 1 Senatoren und Ritter: Stat.silv.4,2,32f. Das Bankett stand wohl nicht in Verbindung mit Domitians 17.Konsulat, da silv.4,2 keinerlei Anspielung darauf enthält: K.M. Coleman, Statius Silvae IV Edited with an English Translation and Commentary, Oxford 1988, 83. Das 4.Silvenbuch ist 95 n.Chr. ediert (Coleman XIX). 2 Es handelt sich um inschriftliche Varianten: Richardson (o.Kap.I Anm.2) s.v. „Domus Augustiana" 114f. Zur Erklärung der antiken Bezeichnung s. Winterling (o.Kap.I Anm.34) 70 Anm.129. Im modernen Sprachgebrauch wird bisweilen sprachlich und sachlich unkorrekt (vgl.u.Anm. 19) zwischen Domus Augustana als Privattrakt und Domus Flavia als Staatstrakt unterschieden: W.MacDonald, The Architecture of the Roman Empire. I: An Introductory Study, New Häven/London 2 1982 ('1965), 49; L. Sasso d'Elia, Domus Augustana, Augustiana, in: Steinby (o.Kap.I Anm.2) 40-45, hier 41f. 3 Palast: Mart.7,56; 8,36; 9,79; 12,15, vgl. Stat.silv.l,l,34f; 3,4,47-49; 4,1,7-9. Bankette: Mart.8,39; 9,91; 13,91. Alle Quellen zur Domus Augustana bei Lugli (o.Kap.I Anm.7) Bd.8,1, 81-189.

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II D e r Palast (Stat.silv.4,2)

übertreffen; repräsentative, religiöse und Staatsverwaltungsfunktionen erfüllte der Apollotempel n e b e n seinem Wohnhaus; letzteres war seinem Zuschnitt und seiner Verwendung nach nichts anderes als ein (vornehmes) Privathaus.4 Domitian hingegen, der dominus et deus,5 errichtete einen gewaltigen Neubau über mehr als die dreifache Fläche dessen, was der gesamte Baukomplex des Augustus auf dem Palatin (inklusive Apollotempel, Porticus und zwei Bibliotheken) eingenommen hatte (vgl. Abb.3);6 das Wohnhaus des Augustus, welches dessen Nachfolger zwar nicht mehr benutzt, beim Bau ihrer eigenen Residenzen jedoch pietätvoll geschont hatten, ließ Domitian für seine palatinischen Bauprojekte zuschütten.7 Der von seinem Architekten Rabirius geschaffene neue Palast hingegen, nur einmal noch von Severus erweitert, blieb hinfort Residenz der römischen Kaiser bis zum Ende des Weltreichs.8 Man betrachtete ihn nicht mehr als Privathaus an, sondern als Staatsgebäude: DOMUS PUBLICA benannte ihn Nerva, und Trajan betrat ihn ut si privatam domum? Domitians Neubau ist als „die erste Palastanlage im modernen Sinn" bezeichnet worden.10 Das Wohnhaus des Augustus und die benachbar4

Kienast (o.Kap.I Anm.12) 204-208 (Augustus als princeps neben anderen principes); 237f (Domus Augusti Privathaus); vgl.o.Kap.I S.25f mit Anm.51 und 52. 5 Nach Suet.Dom. 13,2 und anderen Quellen benutzte Domitian diesen Titel. Die moderne Forschung ist allerdings skeptisch: B.W.Jones, The Emperor Domitian, London/New York 1992 (= 2 1993), 108f; vgl. Clauss 1999 (o.Kap.I Anm.71) 120f. 6 Anlage des Augustus: 150m χ 80m (Carettoni, Haus des Augustus [o.Kap.I Anm.42] 9) = 12.000m 2 , das Wohnhaus allein 350m 2 (Iacopi [o.Kap.I Anm.85] 47. Domus liberiana: 117,60m χ 132,30m = über 15.000m 2 (C.Krause, La Domus Tiberiana e il suo contesto urbana, in: L'Urbs (o.Kap.I Anm.8) 781-789, hier 782). Domus Augustana (Gesamtanlage): 40.000m 2 (MacDonald [o.Anm.2] 202). 7 Carettoni, Haus des Augustus (o.Kap.I Anm.42) 16; Richardson (o.Kap.I Anm.2), s.v. „Domus: Augustus", 118; Donderer (o.Kap.I Anm.31) 629. Es wich nicht der Domus Augustana, sondern einem nicht näher bestimmten Bauprojekt Domitians auf dem Palatin: C.Krause, Wo residierten die Flavier? Überlegungen zur flavischen Bautätigkeit auf dem Palatin, in: Arculiana. Recueil d'hommages offerts à Hans Bögli, hg.v. F.E.König/S.Rebetez, Avenches 1995, 459-467, 465. Nie zerstört wurde in der Antike die sogenannte Casa di Livia (o.Kap.I Anm.42). 8 Constantius wohnte bei seinem Rombesuch 357 n.Chr. auf dem Palatin (Amm. 16,10,13, s.u.), ebenso noch 571 n.Chr der Gotenbezwinger Narses: Tamm 1963 (o.Kap.I Anm.35) 154; MacDonald (o.Anm.2) 47. 9 Nerva: magno quidem animo parens tuus hanc ante vos principes arcem publicarum aedium nomine inscripserat Plin.paneg.47,4. Trajan: paneg.23,6 lobt Plinius die Bescheidenheit Trajans, der bei seiner Ankunft in Rom das palatium aufgesucht habe ut si privatam domum peteres. 10 Kolb (o.Kap.I Anm.52) 397: unter einem Palast sei zu verstehen ein „großes, mehrstöckiges Gebäude mit Prunksälen, insbesondere mit Repräsentations- und Audienzhallen, mit prachtvollen Wohnräumen und großen Zimmerfluchten" (392). Winter-

In der Höhle des Löwen

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ten Häuser seiner Familienmitglieder hatten nur einen losen Verband von Privathäusern gebildet; weder optisch noch unter funktionalem Aspekt konnte das Ensemble als Palastbau gelten. 11 Tiberius hatte auf dem Palatin nichts verändert, Caligulas (bald beseitigte) Erweiterungen basierten nicht auf einer strukturellen Neukonzeption. 12 Erst der vielleicht von Agrippina angeregte Neubau des Claudius, die sogenannte Domus Tiberiana, ein einheitliches, festungsartiges Gebäude von adäquater Größe mit Räumlichkeiten für größere Personenzahlen, erfüllte die Bedürfnisse eines Regierungssitzes, war jedoch architektonisch eher funktional als repräsentativ.13 Er wurde später von Nero, Vespasian und ling (o.Kap.I Anm.34) 48 und 74f nennt als Kriterien die Möglichkeit, eine große Anzahl von Personen zu empfangen und zu bewirten, und die der Kontrolle der Zugänge. Entscheidend war weiterhin die Monopolisierung des Palatinhügels (noch bis 41 n.Chr. gab es dort Privathäuser neben denen der Kaiser), aber auch die Beschränkung auf diesen (den Versuchen Caligulas und Neros, den Palast auf das Kapitol bzw. den Esquilin auszuweiten, war keine Dauer beschieden). Zum Folgenden vgl. Kolb 392-399; Winterling 47-75 sowie Tamm 1963 (o.Kap.I Anm.35); E.Frézouls, Les Julio-Claudiens et le Palatium, in: Le système palatial en Orient, en Grèce et à Rome. Actes du Colloque de Strasbourg 19-22 juin 1985, hg.v. E.Lévy, Straßburg 1987, 446-462; H.P.Isler, Die Residenz der römischen Kaiser auf dem Palatin. Zur Entstehung eines Bautypus, AW 9,2, 1978, 3-16; A.A.Barrett, Caligula. The Corruption of Power, London 1989, 203207; G.Wataghin Cantino, Le sedi di potere, in: Civiltà dei Romani. Il potere e l'esercito, hg.v. S.Settis, Milano 1991, 106-122, hier 106-116; M.Royo, Le Palais dans la ville. Formes et structures topographiques du pouvoir impérial d'Auguste à Néron, MEFRA 106, 1994, 219-245; ders. 1999 (o.Kap.I Anm.31), bes. 303-368; R. Sablayrolles, Domitian, l'Auguste ridicule, Pallas 49, 1994, 113-144, hier 117-123; Krause 1995 (o.Anm.7). Zu den Ausgrabungen auf dem Palatin s. G.Carettoni, La X regione: Palatium, in: L'Urbs (o.Kap.I Anm.8) 771-779; J.R.Patterson, The City of Rome. From Republic to Empire, JRS 82, 1992, 186-215, hier 204-207; E.Papi, Palatium, in: Steinby (o.Kap.I Anm.2), Bd.4, 1999, 22-38 (mit Literatur S.37f). 11

S.o.Kap.I S.25 mit Anm.52. Winterling (o.Kap.I Anm.34) 56-59 mit Literatur in Anm.56. Die Idee des Wohnens bei der Gottheit, die im Haus des Augustus durch die unterirdische Rampe realisiert wurde, welche es mit dem Apollotempel verband, erscheint bei Caligula hypertrophiert: er machte den Castortempel zum vestibulum seines Hauses. (Allerdings handelt es sich nicht um eine organische Verbindung von Tempel und Palast, den Durchgang schuf eine brückenartige Hilfskonstruktion, vgl. Tamm; Winterling.) Zwischen den Statuen der Dioskuren stehend ließ er sich anbeten. Außerdem verband er den Palatin mit dem Kapitol und begann den Bau einer neuen Residenz neben dem kapitolinischen Tempel, um Jupiter näher zu sein (Suet.Cal.22,2; 4; Cass.Dio 59,28,2f; 5). Vgl. E.B.van Deman, The House of Caligula, AJA 27, 1923, 383-424; Tamm 1963 (o.Kap.I Anm.35) 67-71; dies., Ist der Castortempel das vestibulum zu dem Palast des Caligula gewesen?, Eranos 62, 1964, 146-169; Barrett (o.Anm.10) 207-210; H.Hurst, Domus Gai in: Steinby (o.Kap.I Anm.2) Bd.2, 1995, 106-108; Royo 1999 [o.Kap.I Anm.31] 258-266). 12

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Vgl. Krause 1987 (o.Anm.6); ders. in: Domus Tiberiana. Nuove Ricerche - studi di restauro, Zürich 1985, dt.Text = Domus Tiberiana. Neue Forschungen - Studien zur Restaurierung, Zürich 1985, bes. 17-20; 59-62; 91-102; ders. 1995 (o.Anm.7) 462;

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II Der Palast (Stat.silv.4,2)

D o m i t i a n im oberen Teil umgebaut und als D é p e n d a n c e des Hauptpalasts zu v e r s c h i e d e n e n Z w e c k e n auch v o n späteren Kaisern w e i t e r g e nutzt.' 4 A l s privates R e f u g i u m j e d o c h diente er nie, d i e s e Funktion erfüllten fur die Kaiser vor D o m i t i a n ihre in v e r s c h i e d e n e n Stadtteilen g e l e g e n e n horti urbani}5 N e r o s D o m u s A u r e a w i e d e r u m , w e l c h e die Flavier, um sich v o n d e m verhaßten V o r g ä n g e r zu distanzieren, nicht b e w o h n t e n , 1 6 sondern mit den Titusthermen, d e m K o l o s s e u m und d e m Forum Pacis überbauten, war e i n e V i l l a gigantischen A u s m a ß e s , ein paradiesisches G e f i l d e für den Privatgebrauch d e s Kaisers, aber kein Palast mit Kapazitäten für große E m p f ä n g e oder A u d i e n z e n . 1 7 W i e der Prinzipat sich graduell aus der republikanischen V e r f a s s u n g e n t w i c k e l t hatte, s o w a r e n auch die ersten Kaiserresidenzen k e i n e einheitlich konzipierten Bauten, sondern durch s u k z e s s i v e Erweiterung und Z u s a m m e n l e g u n g v o n vorhandener B a u s u b s t a n z entstanden. Erst unter D o m i tian wurde die M a c h t formal monarchisch und fand nunmehr Ausdruck in der g e s c h l o s s e n e n baulichen Organisation, Größe und Pracht s e i n e s Palasts. D e n alten, claudischen Regierungsbau, den e i n e Kryptoporticus Winterling (o.Kap.I Anm.34) 61-65. Daß es sich um eine einheitliche, multifunktionale Anlage gehandelt habe, bestreitet Royo 1999 (o.Kap.I Anm.31) 300. Erhalten ist fast nur die Terrasse, auf der sich der Palast erhob. Der rechteckige, fast quadratische Grundriß und die gleichförmig rechteckige, netzartige Raumaufteilung ist allerdings im Gegensatz zum Raffinement des Domitianspalasts ohne Spannung. Zumindest einen großen Repräsentations- und Bankettsaal muß es gegeben haben: Otho verköstigte im Triclinium der Domus Tiberiana achzig Gäste, die teilweise mit Gattin kamen: Plut.Otho 3,6-8; vgl. Tamm 1963 (o.Kap.I Anm.35) 191; Winterling 63. Die archäologisch nachweisbaren großen Säle der Domus Tiberiana sind allerdings erst aus flavischer Zeit: Frézouls (o.Anm.10) 453; Krause 1995, 464-466. 14 Nero gliederte ihn in seine Domus Aurea ein, er bildete darin den offiziellen Repräsentationsbereich, Wohntrakt war der villenartige Teil auf dem Esquilin. Domitian wohnte zuerst in der Domus Tiberiana (Tac.ann.15,39,1), Vespasian regierte dort, spätere Kaiser lebten zeitweise in ihr. Sie blieb Bestandteil der Residenz: Krause 1995 (o.Anm.7), bes. 460; 462-466. 15 Frézouls (o.Anm.10) 456-462 nennt als Gründe dafür, warum die ersten Kaiser keinen eigentlichen Palast erbauten, neben der Wahrung des Anscheins der res publica restituía den Mangel an Bedarf fur ein zentrales Regierungsgebäude, insofern die republikanischen, dezentral agierenden Magistrate zunächst beibehalten wurden, und die Bevorzugung des Wohnens in Landvillen bzw. Urbanen horti durch die Julio-Claudier, wie es dem aristokratischen Ideal entsprach. Vgl. Royo 1994 (o.Anm.10) 236-245; ders. 1999 (o.Kap.I Anm.31) 195-207, bes. 200. 16 Vespasian wohnte in der Horti Sallustiani: Cass.Dio 65,10,4. Galba, Otho und Vitellius hatten die Domus Tiberiana, Otho und Vitellius auch die Domus Aurea benutzt: Winterling (o.Kap.I Anm.34) 69fmit Anm. 125-128. 17 Winterling (o.Kap.I Anm.34) 67-69 mit Literatur in Anm. 117. Vgl. außerdem Steinby (o.Kap.I Anm.2) Bd.2, 1995, 49-64 s.v. „Domus Aurea" (verschiedene Autoren). Das negative zeitgenössische Urteil bei Plin.nat.36,111; Suet.Nero 31, vgl. 39,2; Tac.ann. 15,42,1; Mart.epigr.2.

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mit dem neuen Palast verband, gab Domitian nicht auf, degradierte ihn jedoch optisch gegenüber seinem eigenen Neubau, indem er seine repräsentative Frontseite abwertete. 18 In Domitians neuem Palast waren erstmalig organisch in einer Anlage integriert Prunk- und Audienzsäle für das Hofzeremoniell (Nr. 1-14, 17-19 und 27 auf Abb.4), Privaträume für die kaiserliche Familie (die um das versunkene Gartenperistyl auf der Südseite des Palasts in zwei Etagen angeordneten Gemächer) 19 und ein abgeschlossener Gartenpark, (der sogenannte Hippodrom Nr.28). 20 Von einem (postulierten) 21 Kolonnadenvorhof (1-3) aus führte der Haupteingang (17) 22 zum vestibu18 Ursprünglich besaß der Palast einen Zugang sowohl von der zum Forum gelegenen Nordseite als auch von der Area Palatina auf der Ostseite, ersterer wurde aufgegeben. Krause 1985 (o.Anm.13) 98 spricht im Zusammenhang mit den domitianischen Umbauten an der Domus liberiana von einer „Umwandlung einer ehemals symmetrisch geschlossenen Frontseite in eine straßenflüchtende Rückseite. Der Verzicht des domitianischen Konzepts auf Frontalität und Fassade gegen das Forum spiegelt (...) den Funktionswechsel der Domus Tiberiana wider. Mit der Inauguration der Domus Flavia und Augustana verlor die Domus Tiberiana die Bedeutung des 'Palatium', die damit auf den Neubau überging." Folgerichtig wurde erst seit dieser Zeit der zuvor palatium genannte claudische Palast als „Domus Tiberiana" von dem neuen palatium, dem flavischen Neubau, in den Quellen unterschieden (100). Vgl. Krause 1995 (o.Anm.7) 462; 464. 19 Nur diese Räume dienten dem Privatgebrauch des Kaisers und nicht, wie früher angenommen, der ganze östliche Trakt: G.Wataghin Cantino, La Domus Augustana. Personali e problemi dell'architettura flavia, Turin 1966. Die großen Säle 18 und 19 und erforderlichenfalls die an sie angrenzenden kleineren Räumlichkeiten wurden für offizielle Zwecke genutzt, wie der breite Durchgang Nr. 11 zwischen den Peristylhöfen Nr. 10 und 19 beweist. Die privaten Räume im Untergeschoß hingegen sind relativ klein und nur über eine steile Treppe erreichbar. Während Neros Domus Aurea als eine villa rusticana mitten in der Stadt flir die Privaträumlichkeiten des Kaisers ungeheuer viel Fläche bedeckte, war Domitians Residenz eine Art kompakte, auf mehrere Niveaus zusammengeschobene Villa.: P.Zanker, Die neue Residenz Domitians als Ausdruck kaiserlicher Selbstdarstellung, Vortrag gehalten in Rostock am 9.1.2001; vgl. Winterling (o.Kap. I Anm.34) 71 f. 20 In Wirklichkeit ein versunkener Garten und keine Rennbahn: MacDonald (o.Anm.2) 68f; M.A.Tomei, Nota sui giardini antichi del Palatino, MEFRA 104, 1992, 917-951, hier 934-937. 21 Reste einer Säulenvorhalle sind nur an der Nordwestseite des Palastes gefunden worden, doch eine solche ist auf der Nordostterasse zu ergänzen: H.Finsen, Domus Flavia sur le Palatin. Aula Regia - Basilica, ARID 2, Kopenhagen 1962, Suppl, 11 ; 14f; MacDonald (o.Anm.2) 52. 22 Der Zugang erfolgte von Norden über den steilen clivus Palatinus: M.A.Tomei, II Palatino, Rom 1992, 24. Nach B.Tamm, Das Gebiet vor dem Repräsentationspalast des Domitian auf dem Palatin in forschungsgeschichtlicher Beleuchtung, Opuscula Romana 6, 1968, 145-191, hier 147-152 erlauben Befund und Quellenlage keine definitive Aussage, wo sich der offizielle Eingang befand. Finsen 1962 (o.Anm.21) 33f, und ders., La Résidence de Domitien sur le Palatin, ARID 5, Kopenhagen 1969, Suppl., 9f, lokalisier-

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lum (18), das als Empfangssaal für salutationes gedient haben dürfte, und zu den Sälen 4-6, in denen Audienzen, Beratungen mit dem concilium oder auch Bankette stattfinden konnten. Eindrucksvolle Sichtachsen ergaben sich in Nord-Süd-Richtung erstens vom Propylon über die Empfangshalle und das östliche Peristyl zum halbrunden Stirnraum (1720), zweitens vom Mittelsaal (5) über das westliche Peristyl (10) zum Triclinium (13) mit seiner Apsis, an das sich seitlich zwei Nymphäen (12; 14) anschlössen. Die Ost-West-Achse verlief vom oktogonalen Oecus (8), der von zwei Brunnen (7; 9) flankiert wurde, über den westlichen Peristylhof (10), dessen Mitte durch ein Wasserbecken mit Fontäne gebildet wurde, einen Durchgang (11) und das zweite, östliche Peristyl mit einem weiteren Wasserbecken, in dessen Mitte sich auf einer Insel ein Tempelchen (19) erhob, zu einem östlich abschließenden Raum mit zwei Apsiden (27) entsprechend dem Oecus (8) auf der Westseite. An den Stirnseiten der Festsäle 4, 5 und 13 befand sich eine Apsis, an den Längswänden gab es dort Säulengänge (4), aediculaartige Nischen für Götterbilder (5) bzw. Sicht- und Lichtdurchbrüche im Wechsel mit Säulen (13). Überraschende optische Effekte lieferten die spiegelnden Wasserflächen, das seitlich von den Brunnenräumen einfallende Licht und die raffiniert hintereinandergeschachtelten, halb verstellten Durchblicke; farbig und prächtig schimmerte der bunte, glattpolierte Marmor der Säulen, Bassins, Bodenmosaike und Wandverkleidungen und das Gold der Deckentäfelung.23 Größe und Höhe der Räume waren beträchtlich: der große Mittelsaal etwa, modern „Aula Regia"24 genannt, mißt 31,44m χ 32,10m, der Speisesaal, in der Antike Iovis cenatio (Hist.Aug.Pert. 11,6) geheißen, te ihn jedoch vor Saal Nr. 18. Unrichtig ist die Annahme, als Eingang habe Oecus 8 an der Westseite gedient. Auch die Exhedra über dem Circus Maximus hatte nicht die Funktion eines Portals: Royo 1999 (o.Kap.I Anm.31) 322-326. 23 Zur Struktur und Wirkung der Domus Augustana s. Finsen 1962 (o.Anm.21); 1969 (o.Anm.22; jeweils mit Photos und großem Plan); MacDonald (o.Anm.2) 47-74, Tafeln 37-72 H.Cancik, Untersuchungen zur lyrischen Kunst des P.Papinius Statius, Hildesheim 1965 (Spudasmata 13), 71-74; Wataghin Cantino 1966 (o.Anm.19); Tornei, Palatino (o.Anm. 22) 23-33; Richardson (o.Kap.I Anm.2) s.v. „Domus Augustiana", 114-117; F.Coarelli, Guida Archeologica di Roma, Milano 2 1995 (dt.: Freiburg, Basel, Wien 4 1989) 166-177; Sasso D'Elia (o.Anm.2) 40-45; Kolb (o.Kap.I Anm.52) 397-399; Royo 1999 (o.Kap.I Anm.31) 318-326 sowie die Literatur in Anm.26. Zur ideologischen Aussage des Bauwerks s. MacDonald 71-74. Nach seiner Interpretation suggerieren die hintereinandergeschalteten Räume mit scheinbar endlosen Durchblicken die Ewigkeit des Gottkaisers; die runden und polygonalen Formen stellen eine bewußte Abkehr von der rechteckigen Bauweise der republikanischen Zeit dar. Vgl. auch Coarelli 175f. 24 Dazu B.Tamm, Aula Regia, ΑΥΛΗ and Aula, in: Opuscula Caroli Kerényi XIX IAN D.A. MCMCXVII, hg.ν. G.Säflund, Stockholm 1968, 135-243, hier 135-140.

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29,05m χ 31,64m; 25 die Decken über diesen Räumen werden mit einer Höhe von über 30m rekonstruiert.26 Die Gebäudefront vor den Sälen 4-6 ist vielleicht auf einer Münze von 95/96 v.Chr. dargestellt. 27 Die Abbildung zeigt einen imposanten dreistöckigen Prospekt, dessen fastigium an das eines Tempels erinnert. Die über 200m lange Säulenfassade dominierte den Hügel und bot den von der Stadt Hinaufblickenden einen majestätischen Anblick. 28 Auch die Rückfront mit der apsidialen 'Kaiserloge' oberhalb des Circus Maximus präsentierte sich auf ihren gewaltigen Substruktionen als eindrucksvolle, platzbeherrschende Masse. Symbolisierten Größe und die beherrschende Lage auf dem Gipfel des Palatin die Macht des dominus Domitian, so zeigte ihn die Raumform der Repräsentationssäle auch als deus: Die Apsis ist ein der Sakralarchitektur entnommenes Element, 29 sie dient - vornehmlich in einer Tempelcella - der Aufnahme einer Götterstatue. Hier übernimmt der Kaiser auf dem Thron bzw. der Kline, welche auf einem erhöhten, durch eine Marmorschranke abgetrennten Podest standen, als lebendi25

MacDonald (o.Anm.2) 57. Die für uns wegen Stat.silv.4,2,30f interessante Frage, ob die Banketträume der Domus Augustana eine Gewölbe- oder Flachdecke trugen, war in der archäologischen Forschung umstritten. Für eine Überwölbung sprach sich MacDonald (o.Anm.2) 56-63; 202 aus, dem sich Cancik (o.Anm.23) 69; 71; 75 anschloß. Der sakrale Charakter der bei Stat.silv.4,2, Mart.7,56 und 8,36 mit dem Himmel konnotierten Räume (s.u.S.49f) lege zwingend nahe, daß diese ein Tonnen- oder Kuppelgewölbe getragen hätten. Doch aus technischen Gründen kommt wegen der zu geringen Wandstärke nur eine Flachdekke über dem Triclinium und der Aula Regia in Frage: Finsen 1962 (o.Anm.21) 24-30; C.F.Giuliani, Domus Flavia: Una nuova letture, MDAI(R) 84, 1977, 91-106, bes. 97-99; 106; S.Gibson/J.Delaine/A.Claridge, The Triclinium of the Domus Flavia: A New Reconstruction, PBSR 62, 1994, 67-97, hier 77-81. Für eine horizontale Überspannung sprechen auch die Stat.silv.4,2,31 erwähnten laquearía sowie vielleicht 23f effusaque impetus aulae / liberior campi (Gibson/Claridge/Delaine, vgl. aber u.Anm. 36). Eine Baldachindecke wirkte nicht weniger imposant als ein Deckengewölbe, wie die Bewunderung antiker Autoren für die gewaltige Horizontaldecke des Diribitoriums (Plin.nat. 36,102; Cass.Dio 55,8,4) oder der Basilica Ulpia (Pausan.5,12,6; 10,5,11) deutlich macht. 27 E.Nash, Der Wohnpalast der Caesaren auf dem Palatin, AK 1, 1958, 24-29; Tamm 1963 (o.Kap.I Anm.35) 214; Giuliani (o.Anm.26) mit Umzeichnung des Münzbildes (93; 95) und Rekonstruktionszeichnungen des Palastes; MacDonald (o.Anm.2) 55f; Sasso D'Elia (o.Anm.24) 43; in Frage gestellt von Royo 1999 (o.Kap.I Anm.31) 347-353 mit Literatur 348 Anm.206 sowie Zanker 2001 (o.Anm.19), nach deren Dafürhalten ein sakrales Gebäude, vielleicht das Templum Gentis Flaviae, dargestellt ist. 28 „An architectural incarnation of majesty", MacDonald (o.Anm.2) 71 29 Tamm 1963 (o.Kap.I Anm.7) 147-182 untersucht Apsidenräume als Vorläufer des „Auditoriums" (Nr.4) der Domus Augustana und findet diese Architekturform grundsätzlich für sakral geprägte Bereiche - Nymphaeum, Tempelcella, Kultnischen in öffentlichen und privaten Gebäuden, Grabkammern - verwendet. 26

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ges numen Platz und Funktion des Kultbildes. Apsis und Podest lenken die Aufmerksamkeit auf ihn, die Schranke isoliert ihn von den gewöhnlichen Sterblichen. 30 Der Kaiser an der Stirnseite der Aula Regia ist Hauptgottheit, die Götter in den seitlichen Nischen werden zu Nebengottheiten degradiert. Mit vergleichbarem Anspruch hatte Domitian im Jupitertempel auf dem Kapitol seine Bildnisse in Silber und Gold - ein in der Regel für Götterstatuen verwendetes Material - aufstellen und sich dort opfern lassen. 31 (Er wich damit ab von der Gepflogenheit früherer 'guter' Kaiser, die sich nicht inmitten der Götter verehren ließen.) 32 Der Palast ist zugleich Regierungssitz und Kultstätte der Kaiserverehrung. Domitian selbst bezeichnete ihn als pulvinari

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H.Kahler, Rom und sein Imperium, Baden-Baden 1962, 118f. Suet.Dom.13,2; Eutrop.7,23,2; Stat.silv.5,1,189-191; Cass.Dio. 67,8,1. Plinius (paneg.52,3; 7) rühmt, daß von Trajan nur ein oder zwei Statuen im vestibulum des Jupitertempels stünden, während zuvor dort alles mit Domitianbildern vollgestanden habe. Auch auf dem Palatin stand Domitians Bild als Jupiter: Mart. 1,70,6; 9,24,6. Vgl. M.P.Charlesworth, Einige Beobachtungen zum Herrscherkult, besonders in Rom, in: Römischer Kaiserkult, hg.v. A.Wlosok, Darmstadt 1978 (WdF 372), 163-200, hier 187190; Clauss 1999 (o.Kap.I Anm.71) 129f, generell zum Kaiserkult Domitians 119-132. 32 Es war ein wesentlicher Unterschied, ob ein Kaiserstandbild als Kult- oder Ehrenstatue zu gelten hatte: A.Alföldi, Die Ausgestaltung des monarchischen Zeremoniells am römischen Kaiserhofe, MDAI(R) 49, 1934, 1-118 = ders., Die monarchische Repräsentation im römischen Kaiserreiche, Darmstadt 1970 u.ö., 3-117, hier 65. Die Aufstellung der Kaiserstatue im Kultzusammenhang mit Götterbildern hatte schon Augustus eingeführt, doch gab es noch keine eigentlichen Kultbildgruppen: H.G.Niemeyer, Studien zur statuarischen Darstellung der römischen Kaiser, Berlin 1968, 23; 36. Tiberius (Suet.Tib.26,1, vgl. Cass.Dio 57,9,1) wollte seine Statuen nur inter ornamenta aedium und nicht inter simulacra deorum aufgestellt haben. Domitian hingegen verstand seine Bildnisse als Kultbildnisse, was später verurteilt wurde (o.Anm.31). Die Priesterkrone der Flaviales trug eine Statuette Domitians als vierte neben denen Jupiters, Junos und Minervas (Suet.Dom.4,4). Ähnlichen Anstoß hatte bereits Nero erregt, dessen Statue neben dem goldenen Minervabild in der Kurie bzw. der Mars-Ultor-Statue im Tempel des Gottes plaziert wurde (Tac.ann. 13,8,1; 14,12,1), und noch mehr Caligula, der Götterstatuen sein Portrait aufsetzen und seiner lebensgroßen Kultstatue seine eigenen Gewänder anziehen ließ, selbst im Götterkostüm auftrat und sich im Castortempel, den er zur Vorhalle seines Palastes umgestaltet hatte, zwischen den Kultstatuen der Dioskuren leibhaftig anbeten ließ (Suet.Cal.22,2f; 4; 33; 52; vgl. außerdem o.Anm.12; u.Anm. 54 und Kap.IV Anm.32). 33 Suet.Dom.13,1. Martial spricht vom Domitianspalast als sacro veneranda ... Palatia clivo (1,70,5; Clauss 1999 [o.Kap.I Anm.71] 129). Später zeigt er sich befriedigt, daß die fur einen Menschen zu prunkvollen Gerätschaften aus dem Domitianspalast entfernt und in den Jupitertempel gebracht worden sind (12,15, vgl. Plut.Publ.15). Belege zum sakralen Charakter der Behausungen römischer Herrscher generell bei Alfoldi 1934 (o.Anm.32) 31-33. Daß jedoch die frühchristliche Basilika architektonisch den Kaiserpalast (griech./lat. basilica) nachbilde, wie man geglaubt hat (vgl. MacDonald [o.Anm.2] 53 Anm.21), weist Brandenburg (u.Kap.III Anm.42) 43 zurück. 31

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Eine bedeutsame Neuerung lag auch in der Situierung und optischen Orientierung des rückwärtigen Speisesaals (13).34 Die triclinia und oeci der Adelshäuser waren in der Weise konzipiert, daß sie nicht so sehr von außen her für Besucher einsichtig waren (wie das tablinum vom vestibulum und atrium her im vorderen, öffentlichen Teil des Hauses), als vielmehr die drinnen Speisenden, d.h. die Familie und ihre persönlichen Gäste, dazu einluden, den Blick nach draußen in den Peristylgarten oder auf den quasi gerahmten Ausschnitt einer Landschaft schweifen zu lassen. Illusionistische Wanddekoration verstärkte häufig den paradiesartigen Charakter der triclinia, die sich im rückwärtigen, privaten Teil der domus befanden. In der Domus Augustana hingegen zieht der Kaiser in der zentralen Apsis den Blick der Gäste und der draußen im Peristylhof (10) Stehenden auf sich. Die Öffnungen zu den Nymphäen (12; 14) sind mehr Lichtdurchlaß als Durchguck für die Speisenden und illuminieren das triclinium von der Seite her mit bunten Farben. Das ehemalige Refugium für Genuß und Entspannung im Privaten ist zur Bühne für eine öffentliche Vorstellung geworden. Die perspektivischen Vorgaben und ideologischen Aussagen der Architektur und Ausstattung der Domus Augustana haben ihren Niederschlag in der Palastbeschreibung des Statius gefunden. Sie bildet in etwa das Zentrum des Gedichts, welches sich in drei Abschnitte gliedert. Das Proömium (1-17), worin sich Statius rückblickend sein Erlebnis als Gast des Kaisers vergegenwärtigt, und der Schlußteil (57-67), eine Glückwunschadresse an den Gastgeber verbunden mit einer vorsichtig formulierten Bitte, die zukünftige Ehrungen des Dichters betrifft, rahmen den deskriptiven Mittelteil (18-56). In ihm sind zunächst die Räumlichkeiten des Banketts geschildert (18-31), dann dieses selbst (32-37) und schließlich die Erscheinung des über das Fest präsidierenden Kaisers (38-56). Die Ekphrasis des Palastes ist in die Abschnitte „draußen" (18-26a) und „drinnen" (26b-31) untergliedert.35 Das erste Wort tectum sowie

34 S. zum Folgenden L.Bek, Questiones Convivales. The Idea of the Triclinium and the Staging of Convival Ceremony from Rome to Byzantium, ARID 12, 1983, 81-107. Die Orientierung der Blickrichtung von außen nach innen läßt sich für die Triclinien der Privathäuser aus den Ruinen in Pompeji und den Villenbeschreibungen des Plinius und Martial erschließen. Das triclinium der Domus Augustana läßt sich architektonisch nicht aus den Speiseräumen römischer Privathäuser ableiten: Tamm 1963 (o.Kap.I Anm.35) 204f. 35 Dies hat Cancik (o.Anm.23) nicht gesehen, da er den impressionistischen Charakter der Schilderung, die ein „Raumerlebnis" und nichts Konkretes wiedergebe, in den Vordergrund stellt (69).

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moles und aula in V.23 bezeichnen das Gesamtgebäude;36 der Vergleich mit der Königsburg des Picus (18, s.u.S.60f) sowie mit der regia Jupiters und anderen sedes von Göttern37 (20-22) kann sich ebenfalls nur auf den ganzen Palast beziehen; auch wo von der horizontalen und vertikalen Erstreckung innerhalb von campus und aether (23-25) die Rede ist - „weithin erstreckt sich der gewaltige Baukörper, die Wucht des langhingebreiteten Palastes dehnt sich freier als das offene Land, umschließt und überdeckt viel von der oberen Luftregion" -, 3 8 liegt es nahe, an die äußeren Gebäudemaße zu denken. Die Hervorhebung der Säulenvielzahl zu Beginn des Abschnitts dürfte den majestätischen Eindruck wiedergeben, den der Kolonnadenvorhof der Domus Augustana beim Betrachter hinterließ, der sie oben auf dem Palatin liegen sah oder frontal vom Vorplatz, der area Palatina aus, betrat. Hingegen sind die in V.29 angesprochenen Säulen und Säulenbasen im Inneren anzunehmen, da von bunten Marmorsorten die Rede ist (26b-29), ebenso ist die in V.30f angesprochene große Höhe, da eine goldene Kassettendecke erwähnt ist, notwendig die eines Innenraumes. (Zu spekulieren, um 36

Anders Tamm 1968 (o.Anm.24): aula bezeichne hier den Festsaal, ebenso wie (möglicherweise und konnotativ) in Lucans Beschreibung von Kleopatras Bankett (10,116) und in einigen Martialgedichten über Feste im Haus Domitians (5,6,8; 7,99,3; 9,11,8; 16,3; 36,10; 12,15,1; nicht aber 8,36,3). Erstmalig sei das Wort aula, das zuvor „umzäunter Bereich" und „Königshof' bedeutete, in Statius' Ekphrasis der Höhle des Schlafs (Theb.10,115) für einen Innenraum verwendet; ansonsten benutze es auch Statius für ganze Gebäude (Königspaläste bzw. Teile solcher, Tempel, tempelartige Burg des Mars). Bei den Historiographen bezeichne aula synonym mit domus, aedes, Palatium den Kaiserpalast. Warum also, muß man nach Tamms Ergebnissen fragen, sollte gerade an unserer Silvenstelle aula nicht in dieser Bedeutung verwendet sein? Zu Unrecht fuhrt auch Lugli (o.Kap.I Anm.7) Bd.8,1, 184 Mart.7,99,3; 9,11,8 und 12,15,1 {Parrhasia aula) unter den Stellen für Räume im Inneren der Domus Augustana an. Zum Bedeutungswandel des Worts aula, das schließlich „ H o f ' im übertragenen Sinn bezeichnete, s. auch Winterling (o.Kap.I Anm.34) 195-203. 37 Nach dem Kommentar von F.Vollmer (P.Papinius Statius Silvarum libri herausgegeben und erklärt, Leipzig 1898) sind Bona Dea, Merkur und die anderen Götter, die als „Nachbarn" Domitians Tempel auf dem Palatin besaßen, gemeint, nach Coleman (o.Anm.l) zu V.21 alle Götter des Himmels schlechthin. 38 Lateinisch zitiert u.S.50. Vgl die Übersetzung von Coleman (o.Anm.l) S.9: „So great extends the structure and the sweep of the far-flung hall, more expansive than that of an open plain, embracing much enclosed sky". Ähnlich übersetzt J.H.Mozley, London/Cambridge (Mass.) 1928 u.ö. Unrichtige Wiedergabe der Stelle in der deutschen Übertragung von H.Wissmüller, Neustadt (Aisch) 1990. Die Stelle ist schwierig, doch dürfte liberior zu campi gehören: vgl. den Apparat der Ausgabe von E.Courtney, Oxford 1990, sowie Coleman im Kommentar zu V.24 gegen Vollmer (o.Anm.36), der nach liberior als zu tanta und effusae gehörig interpungiert: „The sense is that Domitian's palatial structure is more spacious than a stretch of open ground. (...) Just as the ground area is more spacious than a plain, so the roof-space appears to enclose part of the upper atmosphere".

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welchen der Festsäle es sich handelt, ist müßig: bei einer sehr großen Zahl Geladener, wie sie die hyperbolische Formulierung hic cum Romuleos proceres trabeataque Caesar / agmina mille simul iussit discumbere mensis V.32f umschreibt, genügt ein Saal allein nicht, es müssen im Triclinium, in der Aula Regia und in der Basilica Klinen aufgestellt gewesen sein.)39 Daß in diesen Räumen montes, saxa und ganze Orte, die für Marmorgewinnung berühmt sind, an Glanz, und die Decke mit dem Himmel an Höhe wetteifern, ist reine Hyperbole und stört nicht die Vorstellung eines geschlossenen Raumes. Vorherrschend ist in diesem zweiten Unterabschnitt der Eindruck der Oberflächenbeschaffenheit, während es im ersten um Quantität, d.h. um Würde und Größe des Palastes geht. Den Übergang vom Äußeren zum Inneren des Palastes leistet die Person des Kaisers, der das Haus „erfüllt" (implet 26). ingenti genio in V.26 entspricht tectum ingens in V.18. Der erste Abschnitt wird mittels dieser Klammer als Einheit markiert. Die Klammer drückt aus: Haus und Bewohner sind einander würdig. An die Schilderung des Saales (26b-31) schließt die der Bewirtung in diesem Saal (32-37) organisch an und an sie wiederum die des Festgebers. Die Bewegung der Beschreibung zeichnet die Abfolge der Eindrücke eines Besuchers nach. Sie verläuft von außen nach innen, wandert dann vom Gebäude, bei dessen Einzelheiten sie verweilt, zu den darin befindlichen Menschen, bis sie am Ende (38-56) in dem über das Fest präsidierenden Hausherrn im Zentrum des Hauses zur Ruhe kommt. Das 'Auge des Betrachters' nimmt denselben Weg wie das eines Tempelbesuchers, der vom Vorplatz des Heiligtums allmählich zum Kultbild in der Cella vordringt.40 Es folgt den baulichen Vorgaben der Palastanlage, insofern es nicht so wie das eines Gastes, der sich in einem herkömmlich angelegten triclinium zum Essen niedergelassen hat, frei von innen nach außen schweift, sondern quasi von außen nach innen gerichtet ist und auf die Person des Kaisers im Innersten des Raums fokussiert wird.41 39 So Zanker 2001. (o.Anm.19) Winterling (o.Kap.I Anm.34) 73 kommt bei seinen Berechnungen der Raumkapazitäten auf 32 triclinia = 288 Personen für die Aula Regia und 24 triclinia = 216 Personen fur den Speisesaal. Aus Mart.8,39,lf qui Palatinae caperei convivía mensae / ambrosiasque dapes non erat ante locus geht hervor, daß Domitians Vorgänger nicht über Räumlichkeiten für so große Bankette verfugten. Vgl. abero.Anm.13 und u.Anm.70. 40 Vergleichbar ist die Technik der Bescheibung in Prop.2,31, der Elegie über den palatischen Apollotempel: Verf., Platzanlagen der Kaiser in der Beschreibung der Dichter, Gymnasium 105, 1998, 1-38, hier 6-8. 41 Vgl. Bek (o.Anm.34) lOlf. Statius, der Domitian wie die Vision eines Gottes wahrnehme, sei in der Rolle eines „outside looker-on, (...) because his eye is directed not towards the surroundings of the room, but inwards at the centre-figure of the ban-

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II Der Palast (Stat.silv.4,2)

Der adorado der Göttlichkeit Domitians, welcher in der Bewegungssrichtung der Palastbeschreibung durch ein Mittel der Form Ausdruck verliehen ist, dienen auf der Ebene des Worts die rhetorischen Vergleiche des Palasts mit den Wohnungen der Götter (19-22), denen wir uns gleich zuwenden wollen. Noch deutlicher ist sie im Proömium des Gedichts artikuliert, wo Statius von sich selbst als Gast im Verhältnis zu Domitian als Gastgeber spricht. Unter dem überwältigenden Eindruck der Präsenz des Kaisers ist der Dichter während des Banketts, wie er schreibt, einer anderen Wahrnehmung nicht wirklich fähig gewesen (38-40), und er gibt sich in der fingierten Situation der Entstehung des Gedichts wie immer noch in Trance. Den Kaiser aus nächster Nähe zu sehen, mit ihm speisen und wie von gleich zu gleich ohne Etikette, ohne sich zu erheben,42 verkehren zu dürfen, das erscheint ihm, als hätte er bei Jupiter selbst zu Tisch gesessen (10b-17);43 Domitian in heiterer Feststimmung ist wie Mars, Pollux, Bacchus oder Hercules, wenn sie nach dem Kampf rasten, ja wie Jupiter, der sich bei seinem Lieblingsvolk beim Mahl und Siegeslied über die Giganten entspannt (41-56).44 Das Bankett beim Kaiser hat stark religiösen Charakter; es erinnert fast an eine christliche Eucharistiefeier, wenn Statius sagt, an diesem Tag sei er erst wirklich geboren worden (12f).45 Die Gleichsetzung Domitians mit Jupiter ist eine Standardfloskel der adulatio bei Statius und Martial, die Domitian als deus praesens und irdischen Jupiter dem Himmelsherrscher durch Bezeichnung oder Vergleich ebenbürtig an die Seite stellen oder ihn sogar über den Gott erheben (und damit weit über quet. He is not (...) casting a casual glance at the Emperor as did the dining Roman patricians at the landscape. His gaze is intense and (...) directly fixed at his radiant face from a position opposite. (...) The feeling inspired by this inward view is awe rather than delight." Cancik (o.Anm.23) 69 will hingegen eine fur einen überkuppelten Raum typische kreisförmige Blickbewegung Decke - Wände - Boden mit Säulenbasen - Decke feststellen. 42 iacens 16; non adsurgere fas est 17. Cass.Dio 67,4,4 berichtet als Besonderheit, daß bei einer öffentlichen Speisung Domitians das Volk auf seinen Plätzen sitzen bleiben durfte. Normalerweise sitzt der Ranghöhere, der Rangniedrigere steht; es ist ein Zeichen von civilitas, wenn sich ein Kaiser zum Empfang seiner Gäste erhebt: AlfÖldi 1934 (o.Anm.32) 42-45. - Liest man mit Markland und Courtney in V.6 non surgere statt des überlieferten consurgere, ist die Klimax vorweggenommen: Coleman (o.Anm. 1) zu V.6, vgl.u.Anm.73. 43 Martial würde lieber als bei Jupiter im Himmel bei Domitian, „meus Jupiter", auf dem Palatin speisen (9,91). 44 Martial vergleicht ein Siegesmahl Domitians für das Volk mit Jupiters Götterfest nach der Gigantenschlacht (8,49) und die Feste im Speisesaal des neuen Palastes mit denen beim Götterkönig (8,39). 45 T.W.T.Vessey, Mediis discumbere in astris: Statius, Silvae, IV,2, AC 52, 1983, 206-220, hier 210.

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die Formen des Jupiter-Augustus-Vergleichs bei Horaz oder selbst Ovid hinausgehen). 46 Domitian selbst dokumentierte seine Nähe zu Roms höchstem Gott, den er als seinen Retter aus dem Kapitolbrand im Bürgerkrieg ansah, durch den Neubau bzw. die Restaurierung dreier Tempel und die Einrichtung der kapitolinischen Spiele sowie in der Münzprägung, wo er sich selbst in der Pose und mit den Attributen Jupiters darstellte. 47 Jupiter auf Erden muß ein seiner würdiges Haus bewohnen. Der Palast erscheint bei Statius bald als Tempel, bald als Himmel. Aussage der Architektur und des Gedichtes sind deckungsgleich. Wie christliche Kirchen als „Haus Gottes" das Himmlische Jerusalem, einen „Himmel in Stein" 48 verkörpern, so ist das Haus Domitians eine Art zweiter Olymp. Seine Säulen sind so zahlreich, daß sie, so scherzt Statius, sollte Atlas einmal frei haben, Himmel und Götter tragen könnten; Nachbar Jupiter auf dem Kapitol staunt über den Bau, die Götter freuen sich, daß des Kaisers Wohnung der Jupiters gleich ist; den wirklichen Himmel zu bewohnen (nämlich nach seinem Tod und seiner Apotheose) kann sich Domitian also ruhig Zeit lassen (19-22). 49 Der heitere Ton macht die Übertreibungen der adulatio reizvoll und leicht. An die Seite stellen läßt sich ein Martialepigramm, das ebenfalls den Domitianspalast mit einem Himmel wie mit einem Tempel und den Kaiser mit Jupiter gleichsetzt (7,56): der fromme Architekt habe sich von Himmel und

46 F.Sauter, Der römische Kaiserkult bei Martial und Statius, Stuttgart/Berlin 1934 (Tübinger Beiträge zur Altertumswissenschaft 21), 54-78; K.Scott, Statius' Adulation of Domitian, AJPh 54, 1933, 247-259, hier 248; ders., The Imperial Cult under the Flavians, Stuttgart/Berlin 1936, 133-140; Clauss 1999 (o.Kap.I Anm.71) 125f. 47 Alfóldi 1935 (o.Kap.I Anm.56) 221; Scott 1936 (o.Anm.46) 139f; J.R.Fears, The Cult of Jupiter and Roman Imperial Ideology, ANRW 2,17,1, 1981, 3-141, hier 77-80; abschwächend bezüglich einer direkten Identifikation Domitians mit Jupiter auf Münzbildern ders., Princeps a Diis Electus. The Divine Election of the Emperors as a Political Concept at Rome, Rom 1977, 222-226. 48 So der Titel des Führers von K.Kunze durch das Freiburger Münster, Freiburg/ Basel/Wien 9 1995. Vgl. Cancik (o.Anm.23) 69f. 49 Vers 22 ist überliefert nec magnum properes excedere caelum. Gronovius änderte zu escendere, das den korrekten Wortlaut darstellen dürfte und von den Herausgebern übernommen wurde, Lundström hielt excedere und konjizierte ne in. Attraktiv erscheint zunächst der Vorschlag von H.J.van Dam, Notes on Statius Silvae IV, Mnemosyne 4.S.45, 1992, 190-224, hier 198-200: nunc magnum properantem excedere caelum, „you who are now eager to exceed the great heaven with the palace": der Wunsch fur ein langes Leben (57-62) dürfe an diesem Punkt nicht vorweggenommen werden, hier ginge es Statius wie Martial in 8,36,7-12 um die übergroße Höhe des Palastes. properantem würde aber nur passen, wenn der Palast noch nicht fertig wäre. Der Statiusstelle ist vergleichbar Mart.8,39,5f (über den Speisesaal im neuen Palast) esse velis, oro, serus conviva Tonantis: / at tu si properas, luppiter, ipse veni.

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II Der Palast (Stat.silv.4,2)

Sternen für den Bau auf dem Palatin inspirieren lassen; falls man in Olympia einmal einen anständigen Zeustempel errichten wolle, würde man dafür sicher gerne auf den Baumeister „unseres Jupiter" zurückgreifen. 50 Die Nähe zur Göttersphäre kommt in der Höhe des Palastes zum Ausdruck, die Statius wie Martial hervorheben und mittels poetischen Übertreibungen umschreiben. Höher, als ein menschliches Auge reicht, erscheint bei Statius der Festsaal, weit geht der Blick nach oben, man glaubt, den Himmel über sich zu sehen, der eine vergoldete Kassettendecke bekommen hat:51 longa supra species: fessis vix culmina prendas visibus auratique pûtes laquearía caeli. (30Í)

Massig und wuchtig {moles, impetus 23) erstreckt sich der Komplex auf der Erde und umfaßt auch viel Luftraum: tanta patet moles effusaeque impetus aulae liberior campi multumque amplexus operti aetheros. (23-25)

Nach Martial (8,36) ragt der Bau höher als die Pyramiden, höher als alle sieben Hügel Roms oder Ossa und Pelion aufeinandergetürmt, seine Spitze ist heiter, wenn es auf Erden donnert, sie sieht die Sonne vor ihrem Aufgang, berührt die Sterne und ist so hoch wie der Himmel. Einer allerdings, auch darin sind sich Statius und Martial einig, ist noch größer als das gigantische Gebäude: es ist der Kaiser selbst: et tantum domino minor;52 ille penates implet et ingenti genio iuvat. (25f)

schreibt Statius, und Martial, der die Domus Augustana stufenweise immer höher gebaut hatte, relativiert ihre Höhe zuletzt in der Schlußpointe, die den Kaiser noch über den Himmel hinaushebt:

50 Bei Martial steht außerdem der Palatin mit der Domus Augustana auf gleicher Stufe mit den astra (9,91,1). Der Tempel der Gens Flavia mit dem Grab der Julia auf dem Grund von Domitians Geburtshaus ist ebenbürtig einem Himmelsbau (9,1,10), dem auf Kreta gezeigten Jupitergrab (9,34) und den Orten, wo Jupiter geboren und aufgezogen wurde (9,20,6-8). 51 Der Glanz des Goldes imitiert das Sonnenlicht, vgl. Prud.perist.l2,49f (von der Peterskirche) bratteolas trabibus sublevit ut omnis aurulenta / lux esset intus ceu iubar sub ortu; vgl. Cancik (o.Anm.23) 76. 52 Dieselbe Formulierung silv.2,6,35 von der Schönheit des puer delicatus des Flavius Ursus, welche nur hinter der des dominus zurückstehe.

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haec, Auguste, tarnen, quae vertice siderapulsai par domus est cáelo, sed minor est domino. (Ili) Bei aller für den Manierismus typischen Freude am witzigen concetto gibt diese für uns absurde Hyperbole den Kaiser keineswegs der Lächerlichkeit preis und ist nicht etwa als Verspottung von Größenwahn zu werten. Die zeitgenössischen Leser kannten den Code und verstanden die Botschaft. 53 Nicht als Mensch, sondern als Gott, genau genommen als lebendige Statue eines Gottes wird der Kaiser vorgestellt. Er sitzt auf seinem Thron in seinem Tempel-Palast wie der berühmte Zeus des Phidias, von dem es bei Strabon (8,3,30) heißt, die Sitzstatue sei so groß gewesen, daß sie, hätte sie sich erheben können, das Dach des Tempels zu Olympia durchstoßen hätte. Mit dieser Phidiasstatue wird Domitian in einem Martialepigramm (9,24) sogar explizit in Verbindung gebracht: sein Marmorbild als das eines heiteren Jupiter übertrifft die Elfenbeinstatue des Zeus. 54 magnus, maximus, tantus usw. sind häufige Epitheta Domitians (und speziell seiner Hand).55 Meist bezieht es sich in übertragenem Sinn auf die Majestät und Göttlichkeit des Kaisers, doch an einigen Stellen, wo mit dem Gegensatz „groß-klein" gespielt ist, meint es durchaus die physische Größe: so in Mart.4,8,10: 53

Vgl. D.Kreikenbom, Griechische und Römische Kolossalportraits bis zum späten ersten Jahrhundert nach Christus, Berlin/New York 1992 (JDAI Erg.H.27), 103: „Die geradezu offizielle Interpretation der Palastanlage auf dem Palatin durch Statius leistet die wichtigste 'Lesehilfe' für den Apparat vergöttlichender Formeln. Im Zusammenhang mit der Bewertung des Kolossalportraits verdient besonders der Passus Beachtung, der sich auf die Ausmaße bezieht: Der Bau sei gewaltig, aber doch klein in Relation zu seinem Besitzer, der ihn ausfülle. Reale Größe des Monuments und bildliche Größe Domitians stehen in Abhängigkeit." 54 Qu is Palatinos imitatus imagine vultus / Phidiacum Latio marmore vicit ebur? (lf). Vgl. auch Mart.7,56 (s.o.S.49f), wo der Palast auf dem Palatin über den Zeustempel in Olympia gestellt wird. An Sitzstatuen von Kaisern im Jupiterkostüm war man seit Augustus und besonders seit Claudius gewöhnt: Niemeyer (o.Anm.32) 59-61. Caligula hatte den Plan, die Zeusstatue des Phidias von Olympia nach Rom zu transportieren und dort, mit seinen eigenen Gesichtszügen versehen, als Kaiserkultbild aufzustellen (Suet. Cal.22,2; 57,1; 3; Cass.Dio 59,28,3f; Jos.ant.Jud.19,1,8-10): Kreikenbom (o.Anm.53) 80. 55 Sauter 96-105 mit Rez. Rose (o.Kap.I Anm.70) 53; Scott 1936, 117 (beide o. Anm.46); G.Thiele, Die Poesie unter Domitian, Hermes 51, 1916, 233-260, hier 253 zu Mart.6,1,4 (von seinem Buch) audebit minus anxius tremensque magnas Caesaris in manus venire: Es „liegt die Vorstellung von dem Gegensatz zwischen einem zarten Gebilde und der 'Riesenfaust' des Monarchen zugrunde, man wird daher das magnus im eigentlichen Sinn verstehen müssen (statt etwa = 'bedeutend'); diese Vermutung wird bestätigt durch das zweite Vorkommen der erwarteten Vorstellung IV 8,10 ingentique tenet pocula parca manu, besonders aber durch dieselbe blanditia bei Statius III 4,61, wo der Mundschenk glücklich gepriesen wird, der berufen ist ingentem totiens contingere dextram".

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II Der Palast (Stat.silv.4,2)

Caesar / ingentique tenet pocula parca manu oder 9,20,3 f vom Geburtshaus Domitians, das vom Quäken des in/ans dominus (2) „erscholl" und dessen Boden die gewaltigen Händchen beim Kriechen stützte: quantis sonuit vagitibus et quas (=quantas) / vidit reptantis sustinuitque manus\ Martial übertreibt in epischem Stil.56 Das Bild im zweiten Beispiel ist dem des exiguo magnus in aere deus (Mart.9,43,2) vergleichbar, womit eine Herculesstatuette gemeint ist, die auch Statius besingt (silv.4,6) und an der auch er bestaunt, in welch kleines Maß Lysipp den gewaltigen Gott gedrängt und dennoch die ganze Größe und Kraft des Gottes ausgedrückt habe (35-49). Fasziniert hat jeweils das Paradox des Größeren im Kleineren, das Mißverhältnis von Inhalt und Form; ermöglicht wird das Paradox dadurch, daß die Form - also der Palast, der Kinderkörper, die Statuette - eindeutig materiell ist, der Inhalt - also die Gottheit - aber sowohl geistig als auch physisch aufgefaßt werden kann. Während freilich die zum Vergleich angeführten Gedichte vom Gegensatz maius-minus leben, übertrifft in der Palastbeschreibung den Superlativ noch einmal ein Komparativ: ein normaler Mensch ist schon viel kleiner als ein normales Haus, aber der Kaiser überragt noch den riesigen Palast. Größe eignet, wie wir sahen, den Göttern. Die Gottheit des Prinzeps hängt an seinem genius. Er war normalerweise Gegenstand des Kaiserkults, ihm und dem numen Domitians erweisen Statius und Martial immer wieder ihre dichterische Reverenz.57 Domitians physische Größe wird deshalb mit seinem genius in Verbindung gebracht: dieser ist ingens (26). Eine erhellende Parallele bietet das Gedicht silv.1,1 über die kolossale Reiterstatue Domitians. Statius sieht das Bild nicht als Ehren-, sondern als Kultstatue an, d.h. die Person Domitians und das Standbild sind identisch:58 das Bild wird angeredet wie eine Person, es werden 56 Vgl. Stat.Theb.4,792. An unserer Stelle sowie in 6 , l , 4 f (zitiert o.Anm.55) und Stat.silv.3,4,61 nehmen Sauter (o.Anm.46) 103f und O.Weinreich, Studien zu Martial, Stuttgart 1929 (Tübinger Beiträge zur Altertumswissenschaft 4), 145 eine übertragene, Thiele (o.Anm.55) 253 hingegen eine konkrete Bedeutung von magnus bzw. ingens an. Das poetische Spiel mit dem Groß-Klein-Gegensatz zeigt, daß Thiele recht hat. Allerdings ist nicht, wie er meint, die bei Sueton (Dom. 19) bezeugte athletische Kraft des Bogenschützen Domitian die Grundlage dieser adulatio - es müßte dann j a auf seine Arme abgehoben sein - , sondern die Vorstellung der physischen Größe von Göttern. 57

Sauter 41-47; Scott 1933, 250f; 1936, 113-125 (alle o.Anm.46). Das poetische Spiel basiert auf der römischen Auffassung, nach der Bild und Kaiser tatsächlich austauschbar waren und bei Triumphen, Anerkennungen, Absetzungen und der damnatio memoriae das Bild juristisch die Person ersetzen konnte: vgl. etwa Suet.Cal.22,3 (Kaiserkult); Tac.hist. 1,36,1; 41,1 (Othos Erhebung zum Kaiser); Hist.Aug.Hadr.6,3 (Triumphzug des verstorbenen Trajan); H.Kruse, Studien zur offiziellen Geltung des Kaiserbildes im römischen Reiche, Paderborn 1934, 12-22 (1.-3.Jh.); 58

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ihm Eigenschaften und Aktionspotential unterlegt. Gleichzeitig erscheint es an anderen Stellen wieder als bloßes Standbild; von der Spannung zwischen lebendiger Gottheit und totem Material bezieht das Gedicht seinen Reiz.59 Es ergeben sich Vergleichspunkte sowohl zur Palastbeschreibung, insoweit Statue und Domus Augustana 'Behältnis' des kaiserlichen Genius sind und gewaltigen Raum in Rom einnehmen, als auch zu der des Kaisers selbst. Das Kolossalbild ist groß, hoch, raumumfassend und schwer. Es ist größer als das trojanische Pferd (11-13), viel höher als das Reiterstandbild Caesars (vix lum in e fesso / explores quam longus in hunc despectus ab ilio 87f, vgl. 4,2,30f fessis vix culmina prendas / ν is i bus), es „umfaßt" das ganze Forum Romanum (If quae superimposto moles geminata colosso / stai Latium complexa forum?60 vgl. 4,2,23-25 tantapatet moles effusaeque impetus aulae / liberior campi multumque amplexus operti / aether os), der Boden stöhnt unter dem Gewicht trotz der Basis, die Atlas samt dem Himmel tragen könnte (56-60, bes. 56f vix sola sufficiunt insessaque pondere tanto / subter anhelat humus\ vgl. 4,2,19f [Atlas]). Das Gewicht rührt freilich nicht von der Menge des verwendeten Materials, das Statius an anderer Stelle (41f) durchaus hervorhebt: hier (57f) sagt er ausdrücklich: nec ferro aut aere, laborat / sub genio. Es ist das Gewicht, das dem Kaiser als Gott eignet, ebenso wie Mars, dessen Pferd stolz sein großes Gewicht trägt (magnoque superbii / pondere 19f), oder wie Minerva, deren (Statuetten-) Gewicht der größere (als Koloß gebildete) Gott Domitian leicht auf der Hand trägt (laevam Tritonia virgo / non gravai 37f). Nach dem gleichen Prinzip spüren - um einige einschlägige Stellen aus der antiken Literatur anzuführen - Atlas das Gewicht Jupiters (0v.fast.3,330; Stat.Theb.7,4), des vergöttlichten Hercules (Ov.met. 9,269f; 273; Sen.Herc.O.12; 1599) und der Götter allgemein (Stat.Theb. 5,430, vgl. 1,209; vgl. Petron.124 vers.264f [Tellus]), die Insel Delos das des Kindes Apollo (Stat.Theb.4,803), die Hadesschwelle das der

Alföldi 1934 (o.Anm.32) 65-79; Niemeyer (o.Anm.32) 20; 22; T.Pekáry, Das römische Kaiserbildnis in Staat, Kultur und Gesellschaft, dargestellt anhand der Schriftquellen, Berlin 1985 (= Das römische Herrscherbild 3,5), 134-142 (damnatio memoriae). Vgl.u. Kap.III S.86f mit Anm.83 und 84. 59 Vgl. die Interpretation bei Cancik (o.Anm.23) 96-100 sowie R.L.Gordon, Art History in Schools: Three Points of View, Art History 2, 1979, 5-34, bes. 13-15 zur eigentümlichen Vermischung von Größe und Schwere als Materialeigenschaft, anthropomorph-physischer Qualität und Metapher für Göttlichkeit im Umgang mit Götterstatuen in der Antike. 60 Auch hier ein paradoxes Mißverhältnis zwischen Enthaltendem und Enthaltenem: s. Verf. (o.Anm.40) 30f.

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II D e r Palast (Stat.silv.4,2)

Juno (Ov.met.4,449), ein Streitwagen das der Athene (Hom.I1.5,838f) oder des Apollo (Ov.met.2,161f; Stat.Theb.7,742f; 750f), ein Schiff das des Dionysos (h.Bacch.7,18; Ov.met.3,621f), des Aesculap (15,693f) oder des Aeneas (Verg.Aen.6,412f). Mit ihrem Gewicht drücken auch Caesar den Kahn nieder (Lucan.5,585f), Honorius wie eine ägyptische Götterstatue seine Träger (Claud.8,569f; 585) und nach ihrer Divinisierung Nero die Himmelsachse (Lucan.l,56f) oder Theodosius den Atlas (Claud.7,108), der unter der Vielzahl der verstirnten Kaiser stöhnt (Iuv.13,46-49). 61 Aus der christlichen Vorstellungswelt wäre die Christophoruslegende zu vergleichen. 62 In der Palastbeschreibung in silv.4,2 ist nicht das Gewicht, sondern die Ausdehnung des genius thematisiert.63 Mittels seines gewaltigen Genius, ingenti genio, „füllt" Domitian das Haus, penates64 implet, dieselbe Vorstellung liegt der Formulierung des Plinius zugrunde, der von Trajan sagt (paneg.15,4): quod denique tectum magnus hospes impleveris65 Der Reiz der beiden statianischen Gedichte liegt in der Diskrepanz zwischen sichtbarer, erfahrbarer Welt und dem unsichtbaren Numinosen, das gleichwohl physikalische Eigenschaften besitzt und konkret, nicht metonymisch-abstrakt gedacht wird.

61 Stellen bei Cancik (o.Anm.23) 93-95; Wagenvoort (o.Kap.I Anm.72) 113-121; J.Kovacs, Euripides, Troades 1050: Was Helen Overweight?, CQ N.S.48, 1998, 553556, hier 554f. Anders als Kovacs würde ich die Euripidesstelle (ΕΚ μή νυν νεώς σοι ταύτόν έσβήτω σκάφος. ΜΕ τί δ'εστι; μείζον βρΐθος ή πάροιθ'εχει; - Hekabe: „Doch steige nicht mit dir ins selbe Schiff!" - Menelaos: „Warum? Hat sie jetzt mehr Gewicht als zuvor?") allerdings nicht in die Reihe der durch Gewicht von Götter beschwerten Fahrzeuge einordnen, dagegen scheint mir ή πάροιθ' zu sprechen: Halbgöttin war Helena von Beginn ihres Lebens an, vergöttlicht wurde sie erst nach der Heimkehr nach Sparta. 62 Sauter (o.Anm.46) 43. 63 Für das überlieferte iuvat konjizierte Schwartz (Progr. Rostock 1889, 12) gravai, was Coleman (o.Anm.l) mit Hinweis auf silv. 1,1,18-20; 56f übernimmt (vgl. zu 4,2,26), van Dam (o.Anm.49) 200 konjizierte sacrai mit Bezug auf Plin.paneg. 15,4 (dort unrichtig zitiert 24,4). gravai wäre aber nur sinnvoll in Bezug auf den Fußboden, nicht auf das ganze Haus, iuvat ergibt einen guten Sinn: der Genius des Kaisers beglückt die (rangniedrigeren) Penaten mit seiner Anwesenheit, so wie sich in V.21 die (ranggleichen) olympischen Gottheiten über die standesgemäße Unterbringung Domitians freuen (laetantur). Auch R.Corti, Commentare le Silvae di Stazio (a proposito di un'edizione e commento al IV libro), Maia 43, 1991, 115-142, hier 125-127, lehnt mit Hinweis auf silv. 1,1,6If iuvat ipsa labores / forma dei praesens die Konjektur gravai ab. 64 penates ist zeugmatisches Objekt zu implet, wo es metonymisch, und zu iuvat, wo es proprie gebraucht ist. Parallen zu penates implere bei Sauter (o.Anm.46) 44. 65 Vgl. auch Stat.silv.3,1,28 (von Hercules und seinem neuen Tempel) hue ades et genium templis nascentibus infer (Corti [o.Anm.63] 127).

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Die so ins Bild gesetzte Gottheit Domitians ist allerdings von ganz anderer Art als die, derer Aeneas sich als würdig erweisen sollte und die Augustus später verkörperte. Bescheidenheit ist ihr fremd. Wohl beschreiben die Verse 40ff den Kaiser als ruhig, heiter, milde66 und bescheiden {modeste 42; vexilla submittere ibid. bezieht sich auf das Senken der Fasces als Zeichen von Respekt)67 und seine Züge als vom Wein gelöst (54). Doch diese Haltung kostet ihn Mühe und seine Miene verbirgt etwas: tranquillum vultu sed maiestate serena mulcentem radios submittentemque modeste fortunae vexilla suae; tarnen ore nitebat dissimulatus honos. (41-44)

Seinen Kritikern zufolge war die Bescheidenheit Domitians, die sich auch in seinen Gesichtszügen ausdrückte, Maske und Heuchelei. Unter dem Eindruck der letzten Regierungsjahre beurteilen die Historiographen rückblickend in dieser Weise sein Verhalten von Beginn an: ignotis adhuc moribus crebro oris confusio pro modestia accipiebatur (Tac. hist.4,40,1); simplicitatis ac modestiae imagine ... simulans (4,86,2); simulavit ... mire modestiam (Suet.Dom.2,2); nach Cassius Dio war Domitians hervorstechendste Eigenschaft die Hinterlist (καί έπίβουλος και κρυψίνους. τό δόλιον εχων 67,1,1). An anderer Stelle spricht Sueton schon dem jungen Domitian jede Leutseligkeit ab und wirft ihm Überheblichkeit vor: ab inventa minime civilis animi, confìdens etiam et cum verbis tum rebus immodicus (12,3). Sein Aussehen trug ihm Sympathie und den Ruf der Bescheidenheit ein,68 doch vermochten seine

66 Auch hier parallelisiert der Dichter Domitian mit Jupiter, denn: „His diction comes from the vocabulary of weather: tranquillum, serena, mulcentem, radios, nitebat"·. Coleman (o.Anm. 1) zu V.41. Man ist an den Jupiter der Thebais erinnert, der den versammelten Göttern trotz seiner demonstrativen Freundlichkeit Angst einflößt (s.u.S.58 mit Anm. 74). 67 Coleman ( o . A n m . l ) zu V.42-3. 68 vultu modesto ruborisque pleno, Suet. Dom. 18,1; 'usque adhoc certe et animum meum probastis et vultum ' 2; Tac.hist.4,40,1 (oben zitiert). Anders Agr.45,2 saevus ille vultus et rubor, quo se contra pudorem muniebaf, Plin.paneg.48,4 ipse occursu quoque visuque terribilis: superbia in fronte, ira in oculis, femineus pallor in corpore, in ore impudentia multo rubore suffusa (A.Wallace-Hadrill, Civilis Princeps. Between Citizen and King, JRS 72, 1982, 32-48, hier 42 Anm.71; Coleman [o.Anm.l] zu V.42-3 und 43). Nach Mart.9,79 färbte der pudor des Hausherrn auch auf den Hof ab: Oderai ante ducum fámulos turbamque priorem /et Palatinum Roma supercilium: / at nunc ... / tarn placidae mentes, tanta est reverentia nostri, / tarn pacata quies, tantus in ore pudor. / nemo suos - haec est aulae natura potentis - / sed domini mores Caesarianus habet.

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II Der Palast (Stat.silv.4,2)

Mienen angeblich jede Regung zu simulieren,69 und seine Jovialität soll oft Vorspiel zu besonderer Grausamkeit gewesen sein (Suet.Dom. 11 ; Cass.Dio 67,1,3). Cassius Dio berichtet von einem makabren Scherz Domitians, der den Bankettsaal wie für ein Totenmahl ausstaffieren ließ, so daß die Geladenen glaubten, ihre Liquidierung stehe unmittelbar bevor (67,9). Plinius schildert in seinem Panegyricus, wie die Besucher die Burg (arx) Domitians, in der dieser sich hinter Riegeln verschanzt habe und deren Wächter Angst, Schrecken und Grausamkeit gewesen seien, wie die Höhle einer blutgierigen Bestie nur gezwungen und unter Todesangst betraten und stets rasch wie in Flucht wieder verließen; Trajan hingegen im selben Palast, nunmehr eine publica aedes und communis domus, besuche man gern, lange und in Sicherheit und nehme fur sein eigenes bescheidenes Zuhause von dort das Vorbild der Bescheidenheit des Prinzeps mit sich {ut ad parvos penates et larem angustum ex domo principis modestiae et tranquillitatis exempla referantur, 47,6; man ist an das Haus des Augustus erinnert). An Trajans mensa communis in seinem von civium celebritas geschützten Haus, wo dieser oft in großem Freundeskreis speise, herrsche ex convictu nostro mutua voluptas aus gleichberechtigter Hin- und Widerrede, während Domitians superbia um ihn her nur solitudo und vastitas geschaffen habe (47-49). Sueton berichtet, Domitian habe, selbst ein mäßiger Esser (und Trinker, Mart.4,8,10), häufig und großzügig Gastmähler gegeben, doch diese rasch beendet, um wieder allein sein zu können (21, vgl. Plin.paneg.49,6: er habe allein gespeist vor Ankunft der Gäste und sich bald wieder vom Gastmahl für private Vergnügungen zurückgezogen) und habe überhaupt viele Stunden des Tages alleine verbracht (3,1, vgl. Tac.Agr.42,2). Für römische Begriffe pervertiert ein Bankett fur Hunderte von Gästen, an dem der Gastgeber selbst nicht eigentlich als

69 fronte laetus, pectore anxius Tac.Agr.39,1; speciem ... doloris animo vultuque (codd.; animi vultu Baehrens) prae se tulit 43,3, vgl. 42,3; Cass.Dio 67,1,3; 2,6. Die Unterstellung der antiken Historiker, daß im Verhalten Domitians alles Heuchelei gewesen sei, ist mit Sicherheit ungerechtfertigt: s. etwa K.H. Waters, The Character of Domitian, Phoenix 18, 1964, 49-77, hier 52; 57; 69. Generell wird „schlechten" Herrschern die Neigung zur dissimulatio unterstellt: vgl. etwa Suet.Cal.10,2; für fiktive reges P. Venini, Echi senecani e lucanei nella Tebaide. Tiranni e tirannidi, RIL 99, 1965, 157167, hier 160; 165f. Bei Domitian war simulatio jedoch, glaubt man Sueton, ein wesenseigener Zug: U.Lambrecht, Suetons Domitian-Vita, Gymnasium 102, 1995, 508-536, bes. 518 mit Anm.27 und 28. Lambrecht weist nach, daß Tacitus, Plinius und Cassius Dio, die von einem statischen Charakter einer Person ausgehen, die positiven Eigenschaften und Taten Domitians aus dessen Jugend und erster Regierungsphase als Verstellung 'wegerklären', da sie nicht in ihr Menschenbild passen, Sueton hingegen von einem Charakterwandel Domitians ausgeht.

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Tischgenosse teilnimmt, die Idee des con-viviums.70 Plinius spricht von convictus simulatio (paneg.49,6). Die Isolation, von Domitian als Chiffre für Erhabenheit und Göttlichkeit intendiert, wird von seinen Kritikern als unheimlich empfunden und als Bürgerferne und Zeichen von Arroganz gedeutet, 71 der die abstinentia et moderatio insequentium principum (Suet.Dom.23,2) positiv entgegengehalten wird. Dieses vom Haß der Senatsopposition entstellte Bild Domitians als das eines Schreckensherrschers, welches die ihr angehörenden oder nahestehenden Schriftsteller überliefert haben, hat die Forschung seit längerem revidiert. Nicht grausame Willkür, sondern berechtigte Gründe und Befürchtungen fuhren zur Verbannung und Hinrichtung verschiedener Aristokraten, wobei jedoch z.B. Claudius hier deutlich mehr Todesurteile und Ermordungen zu verantworten hatte als Domitian. 72 70 Vgl. Winterling (o.Kap.I Anm.34) 145-160. Traditionell gruppierten sich neun Speisende auf den drei Klinen, für die ein Triclinium berechnet war, größere Speisezimmer und -gesellschaften galten als extravagant (Vitr.6,3,10; Plut.mor.679 B). Volksspeisungen (epulae) fanden im öffentlichen Raum statt; die Zahl der in den Palast Eingeladenen blieb unter den ersten Kaisern moderat. Caligula, Claudius und Nero gingen dazu über, mehrere hundert Gäste zu offiziellen cenae zu bitten, Claudius auf regelmäßiger Basis (hundert: Sen.dial.4,33,4; sechshundert: Suet.Claud.32; den ganzen Senat: Suet.Nero 43,1). Domitian lud noch mehr Personen in seinen Palast (Mart.8,39,lf; Stat.silv.4,2,32f), so daß diese cenae vollkommen unpersönlichen Charakter hatten, und beobachtete seine Gäste, statt mit ihnen das Mahl einzunehmen (Plin.paneg.49,6). Schon in der Anlage des Speisesaals der Domus Augustana wird deutlich, daß die Vorstellung eines Gastmals unter Freunden hier aufgegeben ist: s.o.S.45 mit Anm.34; Tamm 1963 (o.Kap.I Anm.35) 216. 71 Vgl. Waters (o.Anm.69) 53; Jones (o.Anm.5) 32f; 198; C.Urner, Kaiser Domitian im Urteil antiker literarischer Quellen und moderner Forschung, Diss.Augsburg 1993 (1994), 237f; 249; P.Southern, Domitian. Tragic Tyrant, London/Bloomington 1997, 119-125 (psycholologische Deutung von Domitians Hang zur Isolation). Domitians Zurückgezogenheit wird als charakterlich bedingter Wunsch nach Alleinsein, nicht als Ausdruck seiner Herrschaftsauffassung verstanden: „His preference for his own company and inability to mix widely amongst the aristocracy were fatal defects, enabling his opponents to describe him as morose and gloomy, quite unlike his gregarious father and brother" (Jones 198). Nach K.Strobel, Domitian - Kaiser und Politik im Spannungsfeld des Überganges zur Monarchie des 2.Jh.n.Chr., Pallas 40 (Les Années Domitien. Colloque organisé à l'université de Toulouse-Le Mirail par J.-M-Pailler et R.Sablayrolles les 12, 13 et 14 octobre 1992), 1994, 359-395, hier 370-373 hatte die Unnahbarkeit Domitians ihre Ursachen sowohl in seiner Introvertiertheit als auch in seinem Programm.: während Augustus, Vespasian und später Trajan ihre faktisch absolute Macht hinter civilitas verbargen und auf Akzeptanz setzten, legte Domitian seine Machtstellung offen, indem er seine Person im Stil hellenistischer Monarchen überhöhte. - 'Gute' Kaiser pflegten mit anderen leutselig zu verkehren und erlaubten den freien Zugang zum Palast: z.B. Hist.Aug.Hadr.20,1 ; Paneg.3 [11],26,4 (Julian); weitere Stellen bei Alföldi 1934 (o.Anm.32) 26 mit Anm.4. 72 J.J.Hartmann, De Domitiano imperatore et de poeta Statio, Mnemosyne Ν.S.44, 1916, 338-372, bes. 338-350; J.Schilp, Die politischen Ideen und Probleme der domi-

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II D e r Palast (Stat.silv.4,2)

Doch sein Selbstverständnis als Gottkaiser bleibt problematisch und war es in hohem Maße für seine Zeitgenossen. Statius versucht, Domitian als erhaben und bürgernah zugleich darzustellen. Doch die humanitas gerät zur Herablassung, die Serenität erscheint gekünstelt, und wenn der Dichter die Leutseligkeit des Kaisers mit der eines Mars, Pollux oder Hercules in einer Kampfpause vergleicht (46-51), erweckt er unwillkürlich den Eindruck, als habe er sich so behaglich wie in der Höhle des Löwen gefühlt. Die Ehre der Einladung erhebt ihn zwar {domina consurgere73... mensa 6, discumbere in as tris 10) doch zugleich fühlt er sich inadäquat (sufficiam? 8, non ... digna loquar 10, wenngleich topisch), wie ein Kind (13) und ein niedrigeres Wesen (14-17). Domitians Gäste gleichen in ihrer Befangenheit den von Jupiters hoheitsvoller Präsens eingeschüchterten Göttern in der Ratsversammlung der Olympier aus dem ersten Buch von Statius' Thebais: der alle überragende Himmelsherrscher versetzt trotz seiner freundlichen Miene die einberufenen Mitgötter in Ehrfurcht und Schrecken, so daß sie sich nicht zu setzen und nicht zu sprechen wagen.74 Die Übertreibungen, die Breite und Höhe des Domitianpalastes anschaulich machen (23-25) und seine Grandiosität preisen wollen, lassen, selbst unter Abzug modernen Umweltbewußtseins und unter Berücktianischen Zeit gesehen aus den Werken der zeitgenössischen Dichter Martial, Statius, Silius Italicus, Diss.Marburg 1944, 160-162; Waters (o.Anm.69) 71-76; Jones (o.Anm. 5) 180; 188; 192; Urner (o.Anm.71) 210f; 224f; 248-250; 301-310; 321. Domitian war außerdem entgegen antiker Darstellung ein fähiger Administrator und ein besonnener, nicht erfolgloser oberster Feldherr, dessen absolutistische Herrschaftausübung nicht, wie bei Caligula, krankhafter Selbstüberschätzung entsprang, sondern dazu dienen sollte, ein Regierungsprogramm durchzusetzen: K.Christ, Zur Herrscherauffassung und Politik Domitians. Aspekte des modernen Domitianbildes, SZG 12, 1962, 187-213, vgl. Strobel (o.Anm.71). 73 Ich verstehe mit Vollmer (o.Anm.37) z.St. consurgere als Wortspiel: „während man bei gewöhnlichen Mahlzeiten accumbit, also eine tiefere Lage einnimmt, ist das accumbere mensa domina (schon rein äußerlich wegen der Höhe des Palatin, noch mehr der Ehre wegen) fur St. einem consurgere gleich, ein trockener Witz, der auf der Anschauung des discumbere in astris, zu denen man j a auch in die Höhe klettern muß, beruht". 74 197-213, besonders 20Iff: mediis sese arduus (!) inferí / ipse (ipsum, ipsum ~ silv.4,2,40) deis, placido quatiens tarnen omnia vultu, (~ silv.4,2,41) / stellantique local solio; nec protinus ausi / caelicolae, veniam donee pater ipse sedendi / tranquilla iubet esse manu. (~ silv.4,2,15-17) ί... compressa metu servantes murmura venti /aurea tecta replent. ... /postquam iussa quies siluitque exterritus orbis. Statius' Götterversammlung gibt nach dem Vorbild Ovids (met. 1,163-252) eine vom Prinzeps einberufene Senatssitzung wieder, wo keine Diskussion stattfindet, sondern die Götter dem Vorsitzenden akklamieren. Die Ähnlichkeit zu silv.4,2 notiert W.J.Dominik, The Mythic Voice of Statius. Power and Politics in the Thebaid, Leiden/New York/Köln 1994 (Mnemosyne Suppl.136), 162f.

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sichtigung römischer imperialer Begeisterung, sogar die Natur zu unterwerfen, 75 ein Gefühl von Bedrückung, Gefahr und Ausweglosigkeit entstehen. 76 Die natürlichen Verhältnisse sind ins Paradoxe verkehrt, wenn eines Bauwerks massige Gewalt {moles, impetus) über die Grenzen von etwas per se Grenzenlosem (liberior campi) quillt und sich über den eigentlich alles andere umarmenden freien Himmel stülpt (,multumque amplexus operti / aetheros).77 ille penates / implet in V.25f entspringt gegenüber Vergils haec illum regia cepit (Aen.8,363) einer völlig veränderten, Subjekt und Objekt unnatürlich vertauschenden Sichtweise. Domitians Genius scheint sich im Palast bis in den letzten Winkel auszubreiten und für nichts sonst Raum zu lassen, während Hercules sich den Grenzen des Gemäuers anpaßt. Zwischen Hercules und Aeneas/Augustus war bei Vergil das tertium comparationis die Bescheidenheit, das Sichkleinmachen sowie der labor, zwischen Hercules und Domitian ist es bei Statius die Massigkeit (gravis 7 8 50) und die Entspanntheit.79 Im Riesenpalast Domitians erfährt sich der 75 Bei Statius z.B. silv.3,1,166-170; 2,252-259 mit dem Kommentar von H-J.van Dam, Leiden 1984 (Mnemosyne Suppl.82), S.227 mit weiterer Literatur, besonders H.Drerup, Architektur und Symbol. Zur zeitgenössischen Bewertung der römischen Architektur, Gymnasium 73, 1966, 181-196. 76 Dominik (o.Anm.74) 163, weniger zutreffend auf die aurea teda Jupiters, von deren Größe nichts ausgesagt ist, prinzipiell jedoch richtig für den Palast Domitians: „In both scenes Statius conveys an impression of massive size and weight (Theb. 1.197-213; Silv.4.2.18-37). The initial impresssion of the descriptions is favourable to Jupiter and Domitian, since the size and weight of their edifices merely bear physical testimony to the grandeur and stateliness of their rule. Upon closer reflexion the implications of the enormous size of the structures become apparent. Physical size translates into imperial dominance and oppression. The suggestion conveyed is that the colossal edifices of the gods and Domitian physically dominate their respective environments in the same manner that the oppressive rule of Jupiter and Domitian weighs upon the world and Rome." Vgl. außerdem o.Anm.60. 77 Vgl.o.Anm.38 und Coleman (o.Anm. 1) zu V.24: „Just as the ground area is more spacious than a plain, so the roof-space appears to enclose part of the upper atmosphere, which is precisely the element of the universe which cannot be contained. The sky is naturally assumed to be open. (...) The paradox of a covered sky (operti aetheros) is appropriately hyperbolic." 78 gravis geht auf die Proportionen des Helden, nicht auf seine Stimmung: Coleman (o.Anm. 1 ) zu V.50 gegen Vollmer (o.Anm.37) z.St. 79 hórrida iussa in V.50 bewertet den labor klar negativ, vgl. 3,3,57f hórrida pacta des Eurystheus. Eine ähnliche Abwertung in Mart.9,65 sowie Stat.silv.3,1 und 4,6. Domitian hatte auf der Via Appia einen neuen Herculestempel errichtet, der Kopf des Kultbilds war ein Kaiserportrait. Hätte der Held von Anfang an solche Züge besessen, schreibt Martial, so wären ihm all die unangenehmen Aufgaben erspart geblieben und die Liebe der Götter mühelos zugefallen (6,65). In zwei anderen Epigrammen dienen die Herculestaten allerdings als positive Kontrastfolie fur die noch größeren Leistungen Domitians (5,65; 9,64; zur Stilisierung Domitians als Hercules bei Martial und in der

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Gast als Zwerg, fühlt sich durch die massige Präsenz des Hausherrn erdrückt. Euanders enge Hütte bietet dem Gast die Chance, zu seiner wahren Größe zu wachsen. Der üppige Empfang in Didos domus ... regali splendida luxu (Verg.Aen. 1,637) war, wie wir gesehen haben, fur Aeneas' Aufnahme bei Euander eine negative Kontrastfolie, für das Fest Domitians sind die regia Sidoniae convivía ... Elissae (1) ein positiver Vergleich, mit dem Statius das Gedicht einleitet. 80 Die Ekphrasis des Palastes beginnt mit einer Anspielung auf die im siebten Buch der Aeneis beschriebene regia Pici, wo König Latinus die Troianer empfängt. Aufgrund ihrer Lage, ihres Schmucks und ihrer Funktionen ist in ihr wahrscheinlich eine Präfiguration des kapitolinischen Jupitertempels zu sehen. In der Antike

bildenden Kunst vgl. Sauter 80-84; Scott 1936, 141-146 [beide o.Anm.46], Cancik [o.Anm.23] 84). Hellenistischer Prägung ist die leicht komische Herculesgestalt in Statius' Gedicht über den neuen Tempel des Pollius Felix in Surrentum (silv.3,1). Der Held braucht dort keine Not, Armut und Knechtschaft zu befurchten (22; 29-31; 40), sondern soll Waffen und Löwenhaut (vgl. 4,2,51) ablegen und in Festlaune erscheinen wie bei Auge oder den Thespius-Töchtern. Übrigens ist auch dieses Gottes Tugend nicht die Bescheidenheit: statt des fur ihn unangemessenen alten, zu kleinen Heiligtums fordert und bekommt er ein größeres, würdigeres (102-109) und setzt einzig für die Bewerkstelligung dieses Baus seine Riesenkräfte ein (19-22; 110-114; 125-129). Der Schöpfer des Hercules im achten Aeneisbuch hätte bei aller Unterschiedlichkeit des Genus und der Funktion möglicherweise den des Statius als zu unwürdig, unverschämt und egoistisch empfunden. Die Herculesstatuette des Novius Vindex (beschrieben in silv.4,6), angeblich ein Werk des frühhellenistischen Bildhauers Lysipp, ist in der Haltung der des Hercules, der als Bild für Domitians Jovialität dient, auffallend ähnlich (5058, vgl. 4,2,50f): nec torva effigies epulisque aliena remissis gebe er sich wie bei Molorchus, Auge oder beim Mahl im Olymp: sic mitis vultus, veluti de pectore gaudens / hortatur mensas. Eine Hand hält den Trinkbecher, die andere „hat die Keule nicht vergessen" (meminit); er sitzt auf einem mit dem Löwenfell bedeckten Felsen (aspera sedes / sustinet et cultum Nemeaeo tegmine saxum, vgl. 4,2,51 gaudebat strato latus adclinare leoni). Dieser 'bukolische' Hercules-Typus ist verwandt, aber nicht identisch mit dem burlesken der Komödie, in der Herakles als gewaltiger Esser und Trinker erscheint (zu letzterem Galinsky 1972 [o.Kap.I Anm.55] 81-98). - In der sogenannten Basilica wurden eine Bacchus- und eine Herculesstatue sowie eine - heute verschollene - Jupiterstatue aus Grünschiefer gefunden, die in der Aula Regia gestanden haben müssen. Sie können aber Statius nicht direkt inspiriert haben, da ihre Pose nicht der in den Versen 49-51 geschilderten entspricht: Bacchus ist im aus der Wandmalerei bekannten Typus dargestellt, wo der Gott auf einen Satyr gestützt Ariadne betrachtet, Hercules stehend (J.Sieveking, Zwei Kolosse vom Palatin in Parma, JDAI 56, 1941, 72-90). 80 In V.10 discumbere in astris spielt Statius noch einmal auf das Didomahl an: vgl. Verg.Aen. 1,700 discumbitur ostro·. Vollmer (o.Anm.37) z.St. Zum ganzen Abschnitt vgl. Cancik (o.Anm.21) 83f.

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hat man darin jedoch das Haus des Augustus auf dem Palatin erkennen wollen. 81 Von ihr heißt es bei Vergil: tectum augustum, ingens, centum sublime columnis. (7,170) Bei Statius wird dies aufgenommen und überboten: tectum augustum, ingens, non centum insigne columnis ( 18) ist der Palast, die Zahl seiner Säulen übersteigt vielmehr die des 'Vorgängerbaus' bei weitem, ja übersteigt irdisches Maß. Eine solche Aussage ist Programm: die Vorzeit ist überwunden, sie hat keine Orientierungsfunktion mehr, diese übernimmt die Gegenwart. 82 Die alten Normen sind ersetzt durch neue. Der frühe Prinzipat propagierte vorsichtig Bescheidenheit und mos maiorum, der konsolidierte legitimiert sich selbstbewußt durch Prachtentfaltung und Stolz auf die eigene Zeit. Ein letztes Textbeispiel aus einem anderen Gedicht der Silven mag dies noch untermauern: in silv.3,4 setzt Statius den Domitianspalast direkt zur Wohnung Euanders83 und zur Aeneis in Bezug: veterisque penates Euandri, quos mole nova pater inclitus orbis excolit et summis aequat Germanicus astris. (47-49) Anstelle der niedrigen Hütte steht nun ein massiger Bau (moles nova), dessen Höhe dem Himmel (aequat astris) und dessen Herr dem ober81 Die Lage summa urbe, die Säulen, die Beutewaffen und Statuen und die polyfunktionale Verwendung als Tempel, Kurie, Bankettsaal und Ort der Herrschaftsinauguration (170-191) sind vom Iupiter-Capitolinus-Tempel übertragen: Fordyce (o.Kap.I Anm.7) zu 170ff; W.A.Camps, A Second Note on the Structure of the Aeneid, CQ N.S.9, 1959, 53-56, hier 54. Servius aber schreibt zu 7,170: domum, quam in Palatio diximus ab Augusto factam, per transitum (Übertragung, Allegorie) laudai: quam quasi in Laurolavinio vultfuisse; vgl. zu 173; 175; 11,235. 82 Vgl. Vessey (o.Anm.45) 216f, sowie S.Newmyer, The Triumph of Art over Nature: Martial and Statius on Flavian Aesthetics, Helios 11, 1984, 1-7, hier 4f. Newmyer erkennt in der Hyperbole das charakteristische Stil- und Ausdrucksmittel sowohl der flavischen Architektur und Kunst als auch der poetischen Herrscherpanegyrik der Zeit: „When Martial and Statius praise the triumph of art over nature which they observe in Flavian architecture and single out physical size as an attribute of greatness in art, they are transferring to aesthetic categories which are borrowed from the language and iconography of Flavian imperial cult." Die Dichter begeisterten sich fur die Größe etwa des Kolosseums (Mart.epigr. 1 ; 2) und befinden, die eigene Zeit übertreffe die Vorzeit, mit der sie die ihre vergleichen, aufgrund ihrer phantastischen Errungenschaften (z.B. Stat.silv. 1,6,39f i nunc saecula compara, Vetustas, /antiqui lovis aureumque tempus). 83 Für weitere Gleichsetzungen von Palatin/Euanderhaus und Domitianspalast bei Statius und Martial s.o.Kap.I S.21 mit Anm.37.

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sten Gott {pater orbis) gleich ist. Nicht, wie Statius behauptet, ausgeschmückt (excolit) hat Domitian Euanders Haus: er hat es sozusagen abgerissen und ersetzt. Zwischen den Anfängen Roms und Domitians Herrschaft gibt es keine echte Kontinuität, es hat ein Wertewandel stattgefunden. Bezeichnend ist der Vergleich mit der Vorlage des Statius, der uns schon bekannten Stelle Verg.Aen.8,99: quae nunc Romana potentia caelo aequavit, tum res inopes Euandrus habebat.

Augustus machte ganz Rom groß, Domitian seinen eigenen Palast. An die Stelle von Bescheidenheit und Engagement für das Gemeinwesen sind Prachtentfaltung und Selbstdarstellung, an die Stelle von innerer ist äußere Größe getreten.

III Die Stadt (Amm. 16,10) Hochmut kommt vor dem Fall Fast dreihundert Jahre später und, wenn man so will, anderthalb Jahrtausende nach dem legendären Besuch des Aeneas bei Euander 1 sollte der Rombesuch eines anderen bedeutenden Gastes von der Propontis die Aufmerksamkeit eines lateinischen Autors finden. Im Jahre 357 n.Chr. zog Kaiser Constantius Π nach dem Sieg über den Usurpator Magnentius in Rom ein. Das Ereignis schildert der Historiker Ammian im sechzehnten Buch seiner Res Gestae. Rom hatte inzwischen seine Stellung als Reichshauptstadt an Konstantinopel abgetreten, die Kaiser residierten in Mailand, Trier und York, in Sirmium, Antiochia, Nikomedia und Thessalonike; die Reformen Diokletians und Konstantins hatten den Staat neu strukturiert und dem römischen Kaisertum ein neues Gesicht gegeben, äußere Bedrohungen das Imperium Romanum nach vielen Jahrhunderten des Friedens in Gefahr gebracht, im Inneren hatte das Christentum den Sieg über die Heidengötter davongetragen. Die alte Hauptstadt wahrte jedoch als Gegenpol zum christlichen Byzanz immer noch Bedeutung und Würde als Zentrum der paganen Kultur und als Monument der großen heidnischen Vergangenheit. Ammian, gebürtiger Grieche aus Antiochia und Offizier unter Constantius II und Julian, der sich später in Rom niederließ und dort in den achziger und neunziger Jahren sein Rom-patriotisches Geschichtwerk verfaßte, bewundert die Leistungen und die Kultur der großen Zeit 1

Der Chronograph Eratosthenes setzt den Fall Trojas ins Jahr 1183. R.Krautheimer, Rom. Schicksal einer Stadt 312-1308, München 1987 (engl. Princeton 1980) 14-16; S.Elbern, Das Verhältnis der spätantiken Kaiser zur Stadt Rom, RQA 85, 1990, 19-49, bes. 22-25. Die imperialistische Romidee der augusteischen Zeit wich seit den Adoptivkaisern einer von Griechen (Aelius Aristides) formulierten zivilisatorischen Romidee, wo Rom als Kulturmittelpunkt fungierte: M.Fuhrmann, Die Romidee der Spätantike, HZ 207, 1968, 529-561 und in: Brechungen. Wirkungsgeschichtliche Studien zur antik-europäischen Bildungstradition, Stuttgart 1982, 75-95; 215-231 sowie in: Rom als Idee, hg.v. B.Kytzler, Darmstadt 1993, 86-123 (hiernach zitiert). Zum spätantiken Rombild vgl.u.Anm.30 und S.77-81. 2

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III Die Stadt (Amm. 16,10)

Roms, bewundert auch den heidnischen Julianus Apostata für seine Hochschätzung der philosophisch-rhetorischen Bildung3 und der virtutes der früheren guten Kaiser, die Julian sich zum Vorbild nimmt.4 Äußerlichkeiten verachtend, persönlich anspruchslos, freundlich im Umgang bis zum Vorwurf der Vernachlässigung seiner Würde, milde und freigiebig, ein ausdauernder und tapferer Soldat und ein fähiger und glücklicher General, verkörpert Julian für Ammian den perfekten Herrscher. Problematischer ist sein Verhältnis zu Julians Vorgänger, dem christlich-byzantinischen Constantius II. Argwöhnisch und grausam, ohne Rednertalent und ohne militärische Erfolge, jedoch eitel und mit den Erfolgen anderer prunkend, obendrein unter dem Einfluß seiner Frauen, Eunuchen und Hofschranzen, hat er in Ammians Einschätzung mehr Fehler als Vorzüge, und unter den letzteren tragen die hervorstechendsten, Selbstbeherrschung und Aufrechterhaltung der kaiserlichen Würde, den Charakter von Arroganz.5 3

D.Holtkamp, Die Bildung der Herrscher im Urteil der kaiserzeitlichen Historiker, Di ss. Konstanz 1969, 94-97. 4 Julians besonderes Vorbild war Mark Aurel (Iul.ad Them.253a; Amm.16,1,4; Eutr.10,16,3;). In Ammians Urteil wird Julian selbst zum Vorbild späterer boni principes (16,5,16). Listen 'guter' Kaiser - Trajan, Hadrian, Marc Aurel, Antoninus Pius, Constantii, Claudii - , denen die spätantiken Herrscher nacheiferten, bei W.v.Sydow, Zur Kunstgeschichte des spätantiken Portraits im 4.Jahrhundert n.Chr., Bonn 1969, 52-54. Für Listen 'guter' und 'schlechter' Kaiser bei Tacitus und Plinius s. A.Sterz, Ammianus Marcellinus' Attitudes toward Earlier Emperors, in: Studies in Latin Literature and Roman History II, hg.v. C.Deroux, Brüssel 1980, 487-514, 491 Anm.17; A.Brandt, Moralische Werte in den Res gestae des Ammianus Marcellinus, Göttingen 1999 (Hypomnemata 122), 95, vgl. 119. 5

Vgl. die Nekrologe 21,16 und 25,4 sowie die Darstellungen des Verhaltens der beiden Kaiser in konkreten Situationen: R.C.Blockley, Ammianus Marcellinus. A Study of his Historiography and Political Thought, Brüssel 1975 (Collection Latomus 141), zu Constantius 38-41 innerhalb des Kapitels „The 'Bad' Emperors" (30-54), zu Julian 3054 „Julian: The Ideal Emperor"; A.Brandt (o.Anm.4) 22-40, vgl.u. Kap.IV Anm.24. Die Eitelkeit des Constantius wird gerügt 15,5,35; 16,12,68-70 (er schreibt sich fremde Erfolge zu); 15,5,37; 17,4,12 (er hört auf Schmeichler), seine trotz angeblicher Nachahmung der civiles principes zur Schau getragene superbia 15,1,3; weitere Stellen mit Beweisen seiner Arroganz s. Blockley 39 mit Anm.45. Julian hingegen bemüht sich um civilitas und wahrt das rechte Maß zwischen zuviel und zuwenig Autorität (civilitati admodum studens, tantum sibi arrogans, quantum a contemptu et insolentia distare existimabat 25,4,7), ja setzt sich dem Vorwurf von übergroßer popularitas aus (ibid. 18 popularitatis cupiditate cum indignis loqui saepe affectans). Julians Vergessen seiner Würde wird kritisiert von manchen 22,7,1 humilior princeps visus est in officio pedibus gradiendo cum honoratis, quod laudabant alii, quidem ut affectatum et vile carpebant); von Ammian selbst ibid.3 exsiluit indecore et, qui esset, oblitus ... per ostentationem intempestivam ... nimius captator inanis gloriae visus (vgl.u.Anm.87; E.A.Thompson, The Historical Work of Ammianus Marcellinus, Groningen 1969, 82f). (Das Problem des Widerstreits der Leutseligkeit mit der Würde stellt sich auch Hist.Aug.Hadr.20,1.)

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Im Zusammenhang mit dem Rombesuch kritisiert Ammian an Constantius zunächst seine Verletzung der 'political correctness' und seine Prunkliebe, die keine Entsprechung in seinen Verdiensten habe: er triumphiere gegen das Herkommen über einen Bürgerkriegsgegner;6 nie habe er ein fremdes Volk besiegt und dessen Gebiet dem Reich eingegliedert;7 nie habe er, wenn es die Lage erforderte, in vorderster Constantius und Julian sind von Ammian als Gegensatzpaar komponiert, dieser „pompous and arrogant", jener „unmindful of his dignity" (Blockley 50; vgl. H.Drexler, Ammianstudien, Hildesheim/New York 1974 [Spudasmata 31], 85f; 97). civilitas lobt Ammian nur bei Julian (Brandt 213), Arroganz tadelt er am meisten bei Constantius (218; 228). 6 Für Valerius Maximus (2,8,7) noch undenkbar und auch in der Spätantike trotz ständiger Usurpationen nicht unproblematisch. Julian (or.l,33d-34a; 3[2],56c-d; 95c) und Themistios (or.3,43a) versuchen, den kritischen Punkt zu entschärfen, indem sie Magnentius als Barbaren und Staatsfeind bezeichnen. Claudian (28,394-402) beklagt, daß die Kaiser Rom nur noch beträten, um über Bürgerkriegsgegner zu triumphieren. Konstantin hatte über Maxentius triumphiert, Theodosius triumphierte über Maximus und Eugenius. Das Siegesfest des Constantius galt sowohl der Beseitigung des Magnentius als auch der Niederwerfung der Alamannen - vgl. die Inschrift auf der Basis des damals aufgestellten Obelisken (o.Anm.51), Dessau ILS 1,736,4; 24 triumfìs (sie!) und AnnEpigr 1969/1970 Nr.27 adventus ad Urbem domini nostri Constanti Maximi vicions et triumphatoris mit P.Dufraigne, Adventus Augusti, Adventus Christi. Recherche sur l'exploitation idéologique et littéraire d'un cérémonial dans l'antiquité tardive, Paris 1994, 78f (Literatur zum Rombesuch des Constantius 187 Anm. 180) - und stand vielleicht im Zusammenhang mit den Vicennalien des Kaisers: J.A.Straub, Vom Herrscherideal in der Spätantike, Stuttgart 1939 = Darmstadt 1964, 176-180; J.Ceska, En marge de la visite de Constance II à Rome en 357, SPFB 10, 1965, 405-415 (mir nicht zugänglich); Y.M.Duval, La venue à Rome de l'empereur Constance II en 357, d'après Ammien Marcellin (XVI, 10,1-20), Caesarodunum 5, 1970, 299-304, hier 299f; R.Klein, Der Rombesuch des Kaisers Konstantius II im Jahre 357, Athenaeum Ν.S.57, 1979, 98115 (= ders., Roma versa per aevum. Ausgewählte Schriften zur heidnischen und christlichen Spätantike, hg.v. R.v.Haehling/K.Scherberich, Hildesheim/Zürich/New York 1999 [Spudasmata 74], 50-71), hier 99-103; S.G.MacCormack, Art and Ceremony in Late Antiquity, Berkeley/Los Angeles/London 1981, 40-42; V.Neri, Costanzo, Giuliano e l'ideale del civilis princeps nelle Storie di Ammiano Marcellino, Rom 1984, 46-49; M.McCormick, Eternal Victory. Triumphal Rulership in Late Antiquity, Byzantium, and the Early Medieval West, Cambridge usw. 1986, 80-85; A.Demandt, Die Spätantike. Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian 284-565 n.Chr., München 1989, 85 mit Anm.32; Elbern (o.Anm.2) 45 Anm.248; H.Brandt, Geschichte der römischen Kaiserzeit. Von Diokletian und Konstantin bis zum Ende der konstantinischen Dynastie (284-363), Berlin 1998, 155f. Ammians Kritik richtet sich hier vermutlich gegen Theodosius, der 389 n.Chr. in Rom seinen Sieg über den Usurpator Maximus gefeiert hatte. Ammian war Augenzeuge dieses Einzugs gewesen, während er den des Constantius wohl nicht miterlebt hatte: G.Sabbah, La méthode d'Ammien Marcellin. Recherches sur la construction du discours historique dans les res gestae, Paris 1978, 327-332; ders. 1979 [u.Anm.53] 29; Dufraigne 78f; 194; 209f, dagegen Neri 54f. 7 Vgl. 21,16,15: ut autem in externis bellis hic princeps fuit saucius et afflictus, ita prospere succedentibus pugnis civilibus tumidus ...; quo pravo proposito magis quam

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Schlachtreihe gekämpft;8 dem römischen Volk biete er statt echter Vorteile einen prächtigen Triumphzug, ein oberflächliches Vergnügen, welches das Volk gar nicht gewohnt sei und nicht schätze;9 zum Maßstab hätte er sich die Bescheidenheit und die Leistungen einiger früherer Kaiser nehmen sollen, die sich für ihr öffentliches Auftreten mit Liktoren begnügt, aber für den Staat an der Seite ihrer Soldaten ihr Leben riskiert hätten10 (16,10,1-3). Das ist freilich eine sehr tendenziöse Kritik: erstens hatte Constantius 356 n.Chr. die Alamannen besiegt, was dem Reich nach langer Zeit wieder Frieden gebracht hatte," zweitens erwies der Kaiser dadurch, daß er sein Siegesfest traditionsgemäß in Rom, der „Mutterstadt der Triumphe", feierte, den Römern eine besondere Ehre: so empfindet es Themistios in seiner zu diesem Anlaß verrecto vel usitato, triumphalis arcus ex clade provinciarum sumptibus magnis erexit in Galliis et Pannoniis, titulis gestorum afflxis, se (quoad stare poterunt monumenta) lecturis. Ammian verkennt, daß Constantius bei der Verteidigung der Reichsgrenzen eine defensive Taktik verfolgte: R.Blockley, Ammianus Marcellinus. A Selection, with Introduction, Notes and Commentary, Bristol 1980, 29 zu 16,10,2. 8 Ammian rügt die odiosa sui iactatio des Constantius, der sich die Erfolge seiner Generäle selbst zuschreibe und entgegen der Wahrheit behaupte, er habe in vorderster Reihe gekämpft (16,12,69f, vgl. im Gegensatz dazu das Idealbild bei Plin.paneg.17,3). Die Kritik ist tendenziös, denn seit Augustus gehörte der Sieg dem Prinzeps, unter dessen Auspizien er erfochten wurde (nur der Kaiser und seine Familie hatten das Recht, zu triumphieren: Mommsen StRl,135f, vgl. 465-467): s. Blockley 1975 (o.Anm.5) 39f. Auch die generelle Aberkennung militärischer Kompetenz und Erfolge durch Ammian entspricht nicht der tatsächlichen Leistung des Constantius, ebensowenig wie der Preis Julians als Feldherrn dessen Versagen im Perserkrieg spiegelt: R.Klein, Julian Apostata, Darmstadt 1978 (WdF 509), 12-14 mit Anm.20. 9 In Wirklichkeit waren Triumphzüge von den Römern herbeigesehnte Ereignisse, vgl.u.Anm. 13. Prächtige pompae aus jüngerer Vergangenheit belegen Hist.Aug.Gall. 7,4-9,8 (Gallienus) decennio celebravit novo genere ludorum, nova specie pomparum, exquisito genere voluptatum (7,4); Aurelian.33,1-34,6 Aureliani triumphus fuit ... speciosissimus (33,1). 10 S. die erklärenden Anmerkungen in den Ammian-Übersetzungen von W.Seyfarth (Bd.l, Berlin 1968) und O.Veh (Zürich/München 1974, Erläuterungen von G.Wirth) und den Kommentar von Blockley 1980 (o.Anm.7) 30 zu 16,10,3; Klein 1979 (o.Anm. 6) 99 Anm.4. Angespielt ist auf Caesars versuchte Überquerung der stürmischen Adria im Bürgerkrieg, die devotio des Claudius II, um den Sieg über die Goten zu sichern, und die Auskundschaftung des Perserlagers durch Galerius. Zwei der drei Beispiele 'hinken': Caesar war kein Kaiser (fur alle Genannten ist Ammians 'ideologische' Bezeichnung principes nicht eigentlich zutreffend), Claudius Gothicus starb nicht in der Schlacht, sondern später an einer Seuche. Nach P.de Jonge, Philological and Historical Commentary on Ammianus Marcellinus XVI, Groningen 1972, 113 z.St. handelt es sich bei den Deciern um C.Messius Quintus Traianus Decius und seine Söhne Herennius und Hostiiianus: Decius und Herennius fielen in Kämpfen mit den Goten. Dagegen spricht jedoch der Wortlaut alium (Singular!) ad Deciorum exempla vovisse pro re publica spiri tum (16,10,3). " Vgl.o.Anm.6.

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faßten panegyrischen Rede. 12 Schließlich würdigten die Kaiser seit Diokletian die Stadt selten, manche nie eines Besuchs, selbst Julian hat Rom niemals betreten; der letzte triumphale Einzug eines Kaisers, der des Konstantin 312 n.Chr., lag 45 Jahre zurück.13 Natürlich entsprechen auch die exempla kaiserlicher modestia weder dem gewandelten Herrscherbild noch ganz den historischen Tatsachen. 14 Sie entsprechen aber dem von Ammian gezeichneten Bild Julians, dessen Anspruchslosigkeit und Wagemut er im Nachruf mehrfach preist.15 Die Begeisterung Ammians als eines ehemaligen Kriegsmanns (ut miles quondam, 31,16,9) fur Julians Soldatentugenden ist verständlich und hat auch ein Pendant 12 or.3,42c-d, das Zitat - μητρόπολις των τροπαίων - 42b: Straub (o.Anm.6) 176f; Alföldi 1943 (u.Anm.33) 50-54; H.Brandt (o.Anm.6) 156. 13 Straub 175; Demandt 1989, 376 (beide o.Anm.6); H.Halfmann, Itinera principum. Geschichte und Typologie der Kaiserreisen im Römischen Reich, Stuttgart 1986, 61 f mit Anm.207; 147f; Elbern (o.Anm.2) 20; 28; 31-34; 40; 43-49. Konstantin hatte allerdings auch seine Decennalien und Vicennalien 315 und 326 in Rom gefeiert. Constans war nie nach Rom gekommen. - Im Panegyricus auf das sechste Konsulat des Honorius betont Claudian, wie dringlich der Besuch des Kaisers in Rom vom Senat erwartet wurde, und läßt Roma auftreten, die sich über Vernachlässigung durch die Kaiser beklagt: in hundert Jahren habe sie erst drei Kaiser gesehen, auch Honorius habe nach dem Sieg über Gildo seinen Triumph nicht in Rom gefeiert, obwohl alles dafür vorbereitet gewesen sei. (Daß der Kaiser nach Rom komme und dort triumphiere, fordert Roma auch bei Prudenz, c.Symm.2,731f und fordert Symmachus als Praefectus Urbi epist.6,52.) Wie eine Mutter hat Rom ein Recht auf Honorius, wie eine Mutter die Braut, so hat Rom sich selbst fur ihn geschmückt (28,331-425; 603ff). Rom und der Palatin brauchen ihren „Gott", ohne den sie leer und ohne Ehre sind; umgekehrt kann nur Rom würdige Heimat des Weltherrschers sein (1-52). Honorius wird an seine Liebe zu Rom erinnert, die er bei seinem ersten Besuch noch als Kind an der Seite des Vaters gefaßt habe und die ihn seither Rom seiner Geburtsstadt Konstantinopel vorziehen lasse (53-87): A.Cameron, Claudian. Poetry and Propaganda at the Court of Honorius, Oxford 1970, 365; S.Döpp, Zeitgeschichte in Dichtungen Claudians, Wiesbaden 1980 (Hermes Einzelschriften 43), 229f; 2400· Die Rivalität zwischen Konstantinopel und Rom thematisieren auch Themistios, der als Gesandter Konstantinopels zu Constantius' Feier nach Rom kommt (or.3,42c-d: Konstantinopel neide Rom den Triumph des Constantius nicht) und Julian (or.l,8b-c Bidez: Konstantinopel steht so hoch über anderen Städten wie Rom über Konstantinopel). In Paneg.ll [3], 12,lf sucht die gentium domina Roma einen Blick auf den Kaiser Maximinian im benachbarten Mailand zu erhaschen. Der in Rom einziehende Konstantin wird mit dem Exilheimkehrer Cicero verglichen (Paneg. 12 [9], 19,5 Cic.Pis.52): Dufraigne 1994 (o.Anm.6) 75f mit Anm.213, vgl. 177. 14

Zu den exempla o.Anm.10, zum Herrscherbild u. S.84 mit Anm.74. Julian kämpfte in vorderster Front (24,2,14f; 4,4f; 6,11; 25,4,5; 10 und die Aufforderung durch Constantius (!) 15,8,13), aß einfache Soldatennahrung (16,5,3; 21,9,2; 25,2,2; 4,4; vgl. Paneg.3 [11],11,4; Lib.or.18,216; Zos.3,5,3) und teilte die Mühen der Soldaten (25,4,5; 12f, vgl. Lib.or. 18,226): Blockley 1975 (o.Anm.5) 74; 88 Anm.91; K.Rosen, Studien zur Darstellungskunst und Glaubwürdigkeit des Ammianus Marcellinus, Heidelberg 1970, 221 Anm.4; A.Brandt (o.Anm.4) 80, generell zur Wichtigkeit, die Ammian den Feldherrntugenden der Kaiser beimißt, 79-82; 318-383. 15

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in den Lobpreisungen und Tugendkatalogen anderer Kaiser der Zeit.16 Doch handelt es sich um einen Topos aus den Charakterschilderungen aller großen Feldherrn wie Hannibal, Catilina oder Caesar bzw. um eine Qualität, die epische Helden auszeichnet,17 nicht um eine zeitgemäße Herrscherfahigkeit; Julians Unvorsichtigkeit beim Überfall der Perser vor Ktesiphon 363 n.Chr. hat ihm den Tod und das Reich in beträchtliche Schwierigkeiten gebracht.18 Es folgt die Beschreibung des Einzuges und des Empfangs in Rom. Stereotype Bestandteile der Adventus-Zeremonie19 werden genannt: die 16 Etwa in denen des Knaben Honorius, dessen asketisches Kriegstraining bei jüngsten Jahren und dessen Gemeinschaft mit den gewöhnlichen Soldaten bei labores Claudian (7,39-50; 8,337-352) hervorhebt. Vgl. auch Them.or.9,121b über Valentinian. Daß der Kaiser an Kampf und Mühen partizipiert, loben vor Ammian an Trajan Plinius paneg.13; 17,3; 19,2-4, an Hadrian Aelius Spartianus, Hist.Aug.Hadr. 10,2; 4f, an Konstantin Paneg.4 [10],29,3-6; 8 [5],14,3-5 und an Constantius (!) Julian or.3(2),87d-88a Bidez (Kriegstraining): Blockley 1975 (o.Anm.5) 88 mit Anm.86. Auch viel spätere Jahrhunderte rühmten die Herrscher, die die Unannehmlichkeiten des Krieges unterschiedslos mit ihren Soldaten trugen; man denke an Shakespeares Heinrich V vor der Schacht von Agincourt (4. Akt, 1.Szene). 17 Zu einem solchen wird Julian von Ammian hier und anderswo stilisiert: P.Dufraigne, Quelques remarques sur Yadventus chez Ammien Marcellin et les panégyristes, in: De Tertullien aux Mozarabes. I. Antiquite tardive et christanisme ancien (III e VI e siècles). Mélanges offerts à Jacques Fontaine, hg.v. L.Holtz/J.-C.Fredouille, Paris 1992, 497-509, hier 499f. 18 Den Kaiser, der sich ohne Panzer, nur mit einem Schild geschützt, und ohne seine Leibwache in den Verteidigungskampf stürzte, traf eine Lanze (Amm.25,3,2-6). Sein hastig ernannter Nachfolger Jovian schloß mit den Persern Frieden um den Preis der Aufgabe von seit Jahrhunderten römischem Gebiet: Drexler (o.Anm.5) 81. ' 9 Zu dieser Alföldi 1934 (o.Kap.II Anm.32) 91-99; O.Nussbaum, Geleit, RAC 9, 1976, 908-1049, darin Adventus Augusti 968-977; S.MacCormack, Change and Continuity in Late Antiquity: The Ceremony of Adventus, Historia 21, 1972, 721-752; dies. 1981 (o.Anm.6) 13-89; J.Lehnen, Adventus Principis. Untersuchungen zum Sinngehalt und Zeremoniell der Kaiserankunft in den Städten des Imperium Romanum, Frankfurt a.M. usw. 1997 (Prismata 8). Adventuszeremonie und kaiserlicher Besuch einer Stadt sind geschildert in den Panegyrici Latini - Plin.paneg.22f (Trajan in Rom); Paneg. 11 [3],9-12 (Diokletian und Maximinian in Mailand); 8 [5],19 (Konstantin in London); 5 [8],7,6-9,6 (Konstantin in Autun); 12 [9],19f; 4 [10],30,5-32,1 (Konstantin in Rom); 3 [11],8 (Julian an der Donau); 2 [12],37; 47,3 (Theodosius in Haemona und in Rom) - , bei Claudian - 7,126-141 (Honorius mit Theodosius in Rom), 8,565-610 (Honorius in Mailand); 28,53-76 (Honorius mit Theodosius in Rom); 369-383 (Triumphvorbereitungen für den Sieg über Gildo); 494-639 (Honorius in Rom) - und in der Historia Augusta (o.Anm.9). Ammian schildert den Einzug Julians in Vienne (15,8,21f), Sirmium (21,10,lf), Konstantinopel (22,2,3-5) und Antiochia (22,9,14). Einen Überblick über die literarischen Adventusschilderungen bieten Dufraigne 1994 (o.Anm.6) 180-233 und Lehnen 27-37. Reliefs mit Adventus-Darstellungen befinden sich auf dem Galeriusbogen in Thessaloniki (Nordostseite des Südwestpfeilers: H.P.Laubscher, Der Reliefschmuck des Galeriusbogens in Thessaloniki, Berlin 1975, Profectio 61-64, Taf.45-50; M.S.Pond Rothmann, The Thematic Organization of the Panel Reliefs on the Arch of

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große Militärbegleitung, die gewaltige Menge von Vornehmen und einfachen Leuten, die zur Begrüßung des Kaisers zusammengeströmt ist, dessen Prunkwagen, die Feldzeichen in Drachengestalt und die Panzerreiter (16,10,4-8); später in Rom weitere feste Programmpunkte eines Kaiserbesuchs wie adlocutio an das Volk, Anhörung des Senats, Einzug in den Palast und Zirkusspiele (13). 20 Ein Topos allerdings fehlt: Constantius erreicht Rom nicht mit wunderbarer Geschwindigkeit 21 und Galerius, AJA 81, 1977, 427-454, Profectio 442; 452f.) und auf dem Konstantinsbogen in Rom (Ostseitenfries und zugehörige zwei Eckfriese; die Prozession bewegt sich von der Porta Flaminia zum Elefantenbogen auf dem Marsfeld: H.P.L'Orange/A.v.Gerkan, Der spätantike Bildschmuck des Konstantinbogens, Berlin 1939, 72-80, Ingressus Taf.3b; 12; 13; 18c-d). Der Einzug Konstantins ist dargestellt auf dem Arras-Medaillon in Oxford, Ashmolean Museum (der Kaiser zu Pferd vor den Toren Londons, begrüßt von der knieenden Stadtgöttin: RIC 6,143f; 167; E.M.Wightman, Roman Trier and the Treveri, London 1970, 59 und PI.2) und auf dem Ticinum-Medaillon in Paris, Bibliothèque Nationale, der des Constantius auf einer Silberschale in St.Petersburg, Eremitage (vgl.u.Anm.78 mit Abb.7). Zu bildlichen Adventusdarstellungen allgemein G.Koeppel, Profectio und Adventus, BJ 169, 1969, 130-194; T.Hölscher, Victoria Romana. Archäologische Untersuchungen zur Geschichte und Wesensart der römischen Siegesgöttin von den Anfangen bis zum Ende des 3.Jhs.n.Chr., Mainz 1967, 51-59; D.Stutzinger, Der Adventus des Kaisers und der Einzug Christi in Jerusalem, in: dies. (Hg.), Spätantike und frühes Christentum. Katalog der Ausstellung im Liebighaus Museum alter Plastik, Frankfurt am Main 16.Dezember 1983 bis 1 l.März 1984, Frankfurt 1983, 284-307. 20 M i l i t ä r g e l e i t : Plin.paneg.22,2 (Militärbegleitung in Zivil) Claud.7,133ff; 8,568; Galeriusbogen; Konstantinsbogen, Ostseite (Ingressus: Infanterie und Kavallerie). Z u r B e g r ü ß u n g e n t g e g e n k o m m e n d e S c h a r e n : Plin.paneg.22,2-4; Paneg.8 [5], 19,1 (Konstantin in London); 7 [6],8,7; 12,19 (Konstantin in Rom); 5 [8],8,1 (Konstantin in Autun); 3 [11],7,2 (Julians Donaufahrt); Amm.15,8,21; 21,10,1; 22,2,4; 9,14 (Julian überall begeistert empfangen); Paneg.2 [12],37 (Theodosius in Haemona); Claud.7,126-128 (Theodosius und Honorius in Rom); Galeriusbogen. P r u n k w a g e n : Plin.paneg.22,1 (Trajan verzichtet auf Wagen oder Träger); Paneg. 12 [9], 19,1; 4 [10],31,1 (Konstantin in Rom); 2 [12],47,3 (Theodosius in Rom teils auf einem Wagen, teils zu Fuß); Claud.7,130 (Theodosius' Wagen in Rom bescheiden nur mit Lorbeer geschmückt); 8,568ff (Honorius' goldener Thron in Mailand auf Schultern getragen); 28,369f (Wagen mit zwei Schimmeln für Afrikatriumph); Galerius- und Konstantinsbogen (Thron auf Rädern von Pferden gezogen). D r a c h e n z e i c h e n : Claud.7,138-141; 28,566-568 (vgl.u.Anm.27); Konstantinsbogen, Ostseite. K a t a p h r a k t e n : CIaud.28,569-574 (vgl.u.Anm.86). A d l o c u t i o v o n d e n R o s t r e n u n d S e n a t s a u d i e n z in d e r K u r i e : Paneg. 12 [9],20,1 f (Konstantin gibt römischem Senat auctoritas wieder); 5 [8],9 (beneficia Konstantins in Autun); 2 [12],47,3 (Theodosius in Rom); Claud.28,587-602 (Honorius in Rom); Konstantinsbogen, Nordseite (Oratio, Liberalitas). P a l a s t : Plin.paneg.23,6; Claud.7,142; 28,53-55; 71 (vgl.u. Anm.43). S p i e l e : Amm.21,10,2; Paneg.12 [9],19,6. 21 Ein Zeichen von Göttlichkeit: Paneg. 11 [3],8; W.Hartke, Römische Kinderkaiser. Eine Strukturanalyse römischen Denkens und Daseins, Berlin 1951, 307-312, dagegen C.J.Classen, Nec spuens aut os aut nasum tergens vel fricans (Amm.Marc.XVi 10,10), RhM 131, 1988, 177-186, hier 185. Die Panegyrik spiegelt realpolitische Sachzwänge der Spätantike: „Die militärische Lage an den Grenzen nötigte die Kaiser, mit ihren

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wird beim Einzug nicht als Gottheit adoriert - anders als sonst die einziehenden Kaiser und anders als Julian, den, in übermenschlich raschen Eilmärschen angerückt, in Vienne, Sirmium, Konstantinopel und Antiochia 22 das Volk als sidus, als Heiland und Himmelsgesandten und wie ein numen auf einem Götterwagen begrüßt.23 Der Einzug des Constantius in der alten Reichshauptstadt und der Julians in der neuen ist ein aufeinander bezogenes Gegensatzpaar (auf den Bezug weist die fast gleichlautende Formulierung 16,10,4 und 22,2,4) 24 : hier ostentativer Pomp, ein schwerfälliger Zug, teure und langwierige Vorbereitungen {multa quaeque consumpta sunt in apparatu 16,10,4) bei fehlender Legitimation des Anlasses und des als militärischer Anfuhrer verächtlichen Constantius, dort keinerlei Gepränge, aber ein siegreicher General, der Kaiserwürde und Regierungssitz wie im Sturm nimmt, ein bewunderter, vom Volk ersehnter und vom Himmel zur Herrschaft bestimmter Held. An Constantius' Einzug beeindrucken die reinen Äußerlichkei-

Truppen von einem Reichsende zum anderen zu jagen, die Hast wird in den Quellen zum Topos und kündigt ein Ideal des vierten Jahrhunderts an": Halfmann (o.Anm.13) 56f mit Anm.175, das Zitat 56. Vgl. Amm.22,2,2 celeritatem negotiis suis aliquotiens profuisse expertus zieht Julian rasch nach Konstantinopel ein. Lehnen (o.Anm.19) 72f und 109-112 betont deshalb gegen Hartke, daß celeritas nicht Bestandteil des Zeremoniells der Kaiserankunft ist. Aus Roman visere gestiebat und transcurso Ocriculo (16,10,1; 4; „er fuhr ohne Halt durch O.") läßt sich nicht ableiten, wie Hartke sowie Lehnen 109 es tun, daß auch Constantius' Anmarsch eilig erfolgte. 22 Interpretation dieser vier Adventusszenen bei Dufraigne 1994 (o.Anm.6) 184-187. 23 Schnelligkeit der Ankunft Julians: 21,9,6; 10,1; 22,2,2-5; 26,5,11; Paneg.3 [11], 6,4-7,3; Greg.Naz.in luí. 1 = or.4,47f (PG 35, 572f). Anrufung der einziehenden Kaiser als Gottheit sowie sidus- und Sonnensymbolik in diesem Zusammenhang: MacCormack 1972 (o.Anm.19) 727ff; Halfmann (o.Anm.13) 59; 148-151; Lehnen (o.Anm.19) 70-74;. Den von MacCormack fur Julian S.734 und 1981 (o.Anm.6) 45-49 genannten Stellen 21,10,2; 22,2,3-5; 9,14 wäre noch hinzuzufügen 15,8,21. MacCormack führt den Unterschied zwischen Ammians Behandlung von Constantius und Julian in diesem Punkt darauf zurück, daß dem heidnischen Kaiser Göttlichkeit beigelegt werden durfte, dem christlichen nicht. 24 16,10,4 stipatusque agminibus formidandis, tamquam acie ducebatur instructa, omnium oculis in eum contuitu pertinaci intentis ~ 22,2,4 stipatusque armatorum et togatorum agminibus, velut acie ducebatur instructa, omnium oculis in eum non modo destinato, sed cum admiratione magna defixis. Die Ähnlichkeit der Formulierung notieren Straub (o.Anm.6) 185f, MacCormack 1981 (o.Anm.6) Anm.159 zu S.47 und Dufraigne 1994 (o.Anm.6) 191 Anm.196: „Dans des contextes d'un parallélisme évident, l'intention d'opposer les deux attitudes est manifeste". Constantius' Versuch, sich der alten Hauptstadt als Herrscher zu präsentieren, verläuft kläglich, Julian hingegen erreicht in der neuen seine definitive Anerkennung als Kaiser. Zu den kontrastierenden Schilderungen von Constantius' Einzug in Rom und Julians Einzug in Konstantinopel s. Neri (o.Anm.6) 5lf. Vgl. auch u.S.93f.

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ten,25 besonders Größe, Glanz - und Abstrusität: Ammian verweilt bei den Lichteffekten am goldschimmernden und edelsteinbesetzten Wagen und auf den Rüstungen der Infanterie, 26 malt die Lebensechtheit der Drachenfahnen 27 und die Statuenhaftigkeit der lückenlos gepanzerten Kataphrakten 28 und notiert die Größe des paradierenden Heeres, das Perser und Germanen hätte in Furcht versetzen können 29 (6-8). Dem kaiserlichen Heer entspricht auf der anderen Seite die Masse und die ethnische Vielfalt der Menschen, die sich gelegentlich des Kaiserbesuchs in der alten Reichshauptstadt, dem asylum mundi totiusi0 (6), zusammengefunden haben. Auch die anderen 'Wunder' des kaiserlichen Triumphzugs finden ihren Meister in den Wundern Roms, der „Heimstatt des Reichs und aller Tugenden" (imperii virtutumque omnium larem 13). Es ist nun der Kaiser, der staunt und aus dem Staunen nicht mehr herauskommt (stupebat 6; obstipuit, praestrictus 13; haerebat attonitus 15; cum stupore ... horrendo 17): über die besagte Menge und Multinationalität der Bevölkerung Roms, über das Forum, wo sich die frühere Macht manifestiert (perspectissimum priscae potentiae forum 13), über die dicht an dicht stehenden Mirakel, die den Blick blenden, wohin er auch fallt (perque omne latus, quo se oculi contulissent, miraculorum densitate praestrictus ibid.), über die Sehenswürdigkeiten Roms insgesamt (17) und besonders das riesige Trajansforum (15).31 25 Bei Julian wird der Prunk des Adventus gerechtfertigt: avidius pomparti regiam in principe legitimo cernens Amm. 15,8,21. 26 Der blendende Glanz der Waffen und Feldzeichen dient sonst dazu, Fremde und Feinde zu beeindrucken (Amm.18,2,17; 29,5,15; vgl. Claud.7,134-136) und zu erschrecken (27,2,6; 28,5,3; 31,10,9 splendore conspicui proculque nitore fulgentes armorum imperatorii adventus iniecere barbaris metum): R.MacMullen, Some Pictures in Ammianus Marcellinus, Art Bulletin 46, 1964, 435-455, hier 441 Anm.28. 27 Auch von Claudian mehrfach notiert: spirisque remissis / mansuescunt varii vento cessante dracones 5,364f; hic pietà draconum / colla levant, multusque turnet per nubila serpens / iratus stimulante Noto vivitque receptis / ßatibus et vario mentitur sibila tractu 7,139-141; quid fixa draconu / ora velini? ventis fluitent an vera minentur / sibila suspensum rapturi faucibus hostem? 28,566-568: Straub (o.Anm.6) 182 Anm.48; MacMulIen (o.Anm.26) 440; Dufraigne 1994 (o.Anm.6) 166 mit Anm.83; 190 mit Anm. 192. 28 S.u.Anm.86. clibanarii sind ein fester Bestandteil von advew/ws-Schilderungen: Dufraigne 1992 (o.Anm.17) 506 mit Anm.57. 29 Zur martialischen Sprache vgl.u.Anm. 112. 30 Dies ist keineswegs wegwerfend gemeint, sondern als Preis: Hartke (o.Anm.21) 307 Anm.2. Umgekehrt ist bei Claud.24,150-159 und Rut.Nam. 1,63-80 durch Roms Zivilisationsleistung jeder Ort des Imperiums für jeden zur Heimat und der orbis zur urbs (Rut.Nam. 1,66) geworden: H.Fuchs, Zur Verherrlichung Roms und der Römer in dem Gedichte des Rutilius Namatianus, BZG 42, 1943, 37-58. Vgl. auch Sen.dial. 12,6,2f. 31 Vgl. Edwards (Kap.I Anm.30) 97.

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III D i e S t a d t ( A m m . 1 6 , 1 0 )

Mit dem Betreten Roms geht eine Veränderung mit Constantius vor, die nicht allein auf eine Lockerung des Rituals nach der Ankunft in der Stadt zurückzufuhren ist32 und ganz gewiß nicht auf eine versehentliche Vermischung constantiusfreundlicher und -feindlicher Quellen durch Ammian.33 Vielmehr hat Ammian bewußt das Verhalten des Herrschers vor und in Rom antithetisch gestaltet,34 und es ist in der Tat so, daß „der 32 Dies tut MacCormack 1972 (o.Anm.19) 736 Anm.96 und 1981 (o.Anm.6) 42f. Traditionell zeigen die Kaiser in Rom selbst gegenüber Volk und Senat civilitas (vgl.u.S.81f mit Anm.68): Trajan: Plin.paneg.22f; Konstantin: Paneg.4 [10],31,1; 34,4; Theodosius: Paneg.2 [12],47,3 - Pacatus scheint hier allerdings eher auf einen Unterschied im Verhalten gegenüber den Angehörigen der verschiedenen Schichten abzuheben: ut te omnibus principem, singulis exhìbueris senatorem - ; Claud.28,58-64; 587617 (vgl. Cameron 1970, 382f und Döpp 1980, 237-239 [beide o.Anm.l3]: Claudian betone beim Einzug des Honorius in Mailand [8,565-610] das Zeremonielle, bei dem in Rom mit Theodosius [s.o.] das Volkstümliche). Darüberhinaus besteht generell ein Unterschied zwischen dem Verhalten der Kaiser beim Einzug in eine Stadt und dem, das sie nach der Adventus-Zeremonie in der Stadt an den Tag legen, wie aus den Schilderungen der Besuche von Diokletian und Maximinian in Mailand und von Konstantin in Autun (11 [3],10-12; 5 [8],8f) sowie aus dem Vergleich der bildlichen Darstellung von Adlocutio und Congiarium mit der der Adventus-Szene auf dem Konstantinsbogen hervorgeht: beim Einzug zeigen sie sich würdevoll und vom Volk abgesondert, in der Stadt als in die Kommunität integrierte Bürger. MacCormacks Beobachtung ist richtig für das historische Faktum, aber nicht entscheidend für die künstlerische Absicht: es ist nicht zu verkennen, daß Ammian Einzug und Aufenthalt in der Stadt in polemischer Weise gegensätzlich gestaltet hat. 33 R.Laqueur, Das Kaisertum und die Gesellschaft des Reiches, in: ders. (Hg.), Probleme der Spätantike, Vorträge auf dem 17.Deutschen Historikertag gehalten, Stuttgart 1930, 1-38, Exkurs 4 „Über den Bericht des Ammianus Marcellinus betreffend den Besuch des Kaisers Konstantius in Rom", 33-36, und A.AlfÖldi, Die Kontorniaten. Ein verkanntes Propagandamittel der stadtrömischen heidnischen Aristokratie in ihrem Kampfe gegen das christliche Kaisertum, Budapest/Leipzig 1943, S.51 Anm. 19 erklären die Diskrepanz zwischen den Partien, wo das Verhalten des Constantius negativ bewertet wird (16,10,1-12 [vor der Stadt]; 15-17 [auf dem Trajansforum]; 17,4 [Aufstellung des Obelisken]), und 16,10,13f damit, daß Ammian für die moderatio des Kaisers in Rom selbst die Schilderung seines Rombesuchs bei Symmachus (rei.3,7, s.u.S.82) zur Vorlage genommen habe. Alföldi glaubt, der „höhnische Grundton" gegenüber Constantius sei dem Bericht Ammians ursprünglich fremd gewesen und sei aus den Annalen des Nicomachus Flavianus hineingeraten. Zur Frage, welche Quellen Ammian für den adventus des Constantius in Rom benutzte, s. Dufraigne 1992 (o.Anm. 17), bes. 499; 505. 34 N.H.Baynes, rez. J.Vogt/E.Kornemann, Römische Geschichte, JRS 25, 1935, 8187, hier 87; Straub (o.Anm.6) 183-190; Klein 1979 (o.Anm.6) 105f mit Anm. 19 gegen Laqueur und Alföldi; ebenso Lehnen (o.Anm.19) 21 Of mit Anm.90. Als Triumph Roms über Constantius ist nach Sabbah 1978 (u.Anm.113; vgl. Dufraigne 1994 [o.Anm.6] 191 f) der Wandel im Verhalten des Kaisers zu interpretieren, nach H.-A.Gärtner, Kaiser Constantius II. besucht Rom, Ktema 19, 1994, 294-298, als temporäre Hinwendung des Constantius zur Menschlichkeit. Nach Classen 1988 (o.Anm.21) ist von Ammian keine Kritik an Constantius intendiert.

H o c h m u t k o m m t v o r d e m Fall

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Kaiser beim Betreten Roms die Peripetie erlebt".35 Das Gesehene flößt ihm Respekt ein, so daß er den Römern gegenüber Maß und Sitte wahrt und sich anders gibt als in den Provinzstädten (reverenter modum ipse quoque debitum servons, non enim ut per civitates alias ad arbitrium suum certamina finiri patiebatur, sed, ut mos est, variis casibus permittebat 13f, vgl. noch beim Einzug talem se tamque immobilem, qualis in provinciis suis visebatur, ostendens 9). 36 Seine unnahbare Haltung vor Roms Toren (9-12), auf die sogleich einzugehen ist, legt er ab zugunsten eines jovialeren Benehmens, spricht zu Senat und Volk, läßt den Römern die gewohnten Freiheiten 3 und zeigt menschliche Regungen wie Staunen (s.o.) und Freude (laetitia fruebatur optata; dicacitate plebis oblectabatur) (13). Auf Ansprache in der Kurie und von den Rostren, Empfang im Palast auf dem Palatin und Spiele (13f) folgt eine Stadtbesichtigung (ΜΙ?). 38 An den Bauwerken beeindruckt Constantius in geradezu kindlicher Weise 39 vor allem immer wieder deren Größe (quidquid viderai primum, id eminere inter alia cuneta sperabat 14). Die Aufzählung der einzelnen Stätten erfolgt, anders als beim Rombesuch des Aeneas, nicht entlang einer Route (vgl. Abb.5), und auch nicht nach einem chronologischen Prinzip; sie ist jedoch ebenfalls ein Durchgang durch die römische Geschichte, allerdings als reine Rückschau, nicht als fingierte Zukunftsvision. Es erscheinen sakrale wie profane Bauten, letztere ohne

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Formulierung Laqueurs (o.Anm.33) 36, der dies gerade abstreitet. Vgl Heliogabal in Rom: ubi primum ingressus est urbem, omissis quae in provincia gerebantur... (Hist.Aug.Heliog.3,4). 37 Zu diesen MacCormack 1981 (o.Anm.6) Anm. 142 zu S.42. Von Diokletian, Konstantin und Honorius ist überliefert, sie hätten sich so über das Volk von Rom geärgert, daß sie die Stadt verließen: Cameron 1970 (o.Anm.13) 384. 38 Bezugnehmend auf die Lücke, die eine Handschrift in 16,10,4 zwischen apparatu und secunda angibt, will sich Flavio Biondo erinnern, in einem anderen Exemplar an dieser Stelle gelesen zu haben, daß Constantius bereits bei der Annäherung an die Stadt sich von seinem Begleiter, dem Perserprinzen Hormisdas, einem Experten für persische Architektur, die Bauwerke Roms erklären ließ; die Dichte der Bebauung zwischen Ocriculum und Rom hätte den Eindruck erweckt, es handele sich um eine durchgehende Stadt. Dies aber beruht auf einer Kontamination mit Amm.10,16,16, wo der Prinz eine Bemerkung zum Trajansforum macht, wie A.Cameron, Biondo's Ammianus: Constantius and Hormisdas at Rome, HSPh 92, 1989, 423-436 wahrscheinlich machen konnte (er spricht von „garbeled collection" des Biondo). Die Lücke ist zu klein, an der Via Flaminia standen nur Gräber und einige Villen; Ammians Rückverweis in Bezug auf Hormisdas 10,16,16 muß auf einen längeren Bericht gehen. 36

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Dufraigne 1992 (o.Anm.17) 508 spricht von einer „admiration un peu naïve". Vgl. Neri (o.Anm.6) 53: „Costanzo, nell'ottica di Ammiano, di Roma non pùo se non restare impressionato dall'aspetto monumentale e non sul piano storico e religioso ma esclusivamente dalle dimensioni e dall'altezza in particolare degli edifici".

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III Die Stadt (Amm. 16,10)

solche mit politischer Bedeutung, da Forum und Palatin schon zuvor (13) erwähnt wurden. Genannt sind Bauten für die Götter und fur das ganze römische Volk, darunter besonders die Vergnügungsstätten, die bei Vergil keine Rolle gespielt hatten. Auswahlkriterien sind Größe, Einzigartigkeit der architektonischen Leistung und der Aspekt der Dauer. Ohne Bedeutung ist, ob der Bauherr ein 'guter' oder ein 'schlechter' Kaiser war: die Bauten Domitians, den Ammian verurteilt,40 erscheinen neben denen Vespasians, Trajans und Hadrians. Republikanisches erscheint neben Kaiserzeitlichem, doch würdigt Ammian keine architektonischen Errungenschaften seines eigenen Jahrhunderts, denn in seiner Aufzählung fehlen Basiliken und Triumphbögen und damit deren imposanteste Vertreter, die von Konstantin vollendete Maxentiusbasilika und der Konstantinsbogen.41 Auch Christliches, etwa die Lateran- und Petersbasilka, die Constantius als bedeutende Gründungen seines Vaters Konstantin, auch wenn sie abseits des Zentrums lagen, mit Sicherheit besucht hat, blendet Ammian (ebenso wie Vergil Republikanisches) ganz aus (vgl. Abb.5).42 Anders als bei Vergil endet die Besichtigung 40 14,11,17; 15,5,35; 18,4,5; 21,16,8; drei der vier Stellen sind Vergleiche der saevitia des Constantius und des Domitian. Vgl. Sterz (o.Anm.4) 495. 41 Vgl. Edwards (o.Kap.I Anm.30) 98 - sie hebt hervor, daß die jüngsten der erwähnten Bauten aus hadrianischer Zeit stammen und damit 200 Jahre vor dem Rombesuch des Constantius erbaut wurden, sowie E.Wirbelauer, rez. Lehnen (o.Anm.19), Gymnasium 107, 2000, 264f, hier 265: „Daß es sich hierbei (bei der Stadtbeschreibung seil.) um eine eigene Sicht handelt, wird schon deutlich, wenn man sich die damalige Silhouette Roms vorstellt, in der nicht nur Foren und Thermen, sondern gerade die Neubauten der konstantinischen Zeit dominiert haben müssen". Die Maxentiusbasilika war „a triumph of engineering, the central nave having been the largest cross-vaulted hall in antiquity. (...) The basilica was a great masterpiece and has been admired by architects and artists throughout its history" (Richardson [o.Kap.I Anm.2] s.v. „Basilica Constantini", 52). Claudian 28,51 nennt in seinem Rompreis sehr wohl innúmeros arcus als Denkmäler stolzer Siege. Bei Ammian sind unter den für ihre Größe bewunderten lavacro allerdings die Konstantins- und Helenabäder und insbesondere die sehr großen Diokletiansthermen subsumiert. Der Venus et Roma-Tempel und das Pompeiustheater waren unter Maxentius und Diokletian restauriert worden, die Agrippathermen vielleicht unter Konstantin und Constantius. Ein Überblick über die Bauten des 4. Jahrhunderts bei Krautheimer (o. Anm.2) 16-19. 42 J.Matthews, Ammianus and the Eternity of Rome, in: The Inheritance of Historiography 350-900, hg.v. C.Holdswort/T.P. Wiseman, Exeter 1986, 17-29, hier 24; H. Brandt (o.Anm.6) 158. Zu den Kirchen, welche 357 n.Chr. in Rom existierten (insgesamt sieben Basiliken neben einer Anzahl kleinerer Kirchen), s. H.Brandenburg, Roms frühchristliche Basiliken des 4.Jahrhunderts, München 1979; Krautheimer (o.Anm.2) 33-39. Die von Konstantin und seiner Familie erbauten Basiliken waren groß, doch äußerlich schlicht und lagen außerhalb des Zentrums auf kaiserlichem Privatgrund, um die paganen Römer nicht zu provozieren (Krautheimer 40-42, anders J.R.Curran, Pagan City and Christian Capital. Rome in the Fourth Century, Oxford 2000, 70-115). - Im Gegensatz zu Ammians Gewichtung von Roms Denkmälern sind es beim Rombesuch

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nicht auf dem Palatin, denn Constantius hat seine Heimat (im ideellen und wörtlichen Sinn) für eine andere eingetauscht; er ist auf dem Palatin nur noch Gast (in palatium receptus favore multiplici 13, im Gegensatz dazu inprovinciis suis 9). 4 3 Programmatisch am Anfang steht als größter Tempel des größten Gottes der Jupitertempel auf dem Kapitol, „so hoch, wie Göttliches über Menschlichem steht" (lovis Terpei delubro quantum terrenis divina praecellunt 14): eine Erinnerung daran, daß Roms Größe und die heidnische Religion von Anfang an untrennbar verbunden sind, und zugleich eine Kritik an Constantius' Auftreten als gottähnlicher Herrscher (s.u.S.87-89). Für Ammian war wie für Vergil und Horaz das Kapitol ein Symbol der Ewigkeit Roms. 44 Mit hyperbolischen Vergleichen wird die Größe der nächsten Bauten anschaulich gemacht:45 Die Thermen46 (eindrucksvollstes erhaltenes Zeugnis sind die Caracallathermen, die größten mit einer Grundfläche von über elf Hektar erbaute Diokletian) erstrecken sich über die Fläche ganzer Provinzen (lavacro in modum provinciarum exstructa 14), das aus heimischem Travertin festgefugte Kolosseum (noch heute das Wahrzeichen Roms,47 seine Höhe beträgt

des Sidonius 467 n.Chr., der in epist.1,6,2 Rom durchaus traditionell im Sinne Ammians als Hort von Bildung und Recht und als Haupt und Heimat der Welt preist, weder die antiken Bauten noch auch das Geschäft, derentwegen er gekommen ist, sondern die christlichen Apostelkirchen, die ihm plötzlich als wahres Ziel der Reise erscheinen (epist.1,5,9). Sidonius schildert seine Ankufi in Rom als Bekehrungserlebnis: U.Eigler, Horaz und Sidonius Apollinaris. Zwei Reisen und Rom, JbAC 40, 1997, 168-177, bes. 174-176. 43 Für Honorius hingegen ist der Palatin (postulierte) Heimat: sedes (Claud.7,142; vgl.o.S.21); tuas ... penates (28,53); domus (71). Der Adventus-Zug endete traditionell auf dem Palatin: Lehnen (o.Anm.19) 165; 188f. 44 Capitolium, quo se venerabilis Roma in aeternum attollit 22,16,12; Verg.Aen. 9,448; Hor.carm.3,30,8; Stat.silv. 1,6,102: Edwards (o.Kap.I Anm.30) 87f. Eine übermenschliche Leistung sieht auch Cassiodor im kapitolinischen Tempel, den wie Ammian zugleich das Trajansforum besonders beeindruckt: Troiani forum vel sub assiduitate videre miraculum est; Capitolio celsa conscendere, hoc est humana ingenia superata vidisse var.7,6. 45 Die Übertreibungen sind dem orbis-urbs-Paradox verwandt und besagen: Rom enthält die ganze Welt: Matthews (o.Anm.42) 21, vgl. Edwards (o.Kap.I Anm.30) 97 sowie 99f zu derselben Vorstellung bei Plinius d.Ä. 46 Von den Thermen des Agrippa, Nero, Titus, Trajan, Caracalla, Diokletian, Konstantin und der Helena sind Reste erhalten. Zu den im Folgenden genannten Bauwerken vgl. die Kommentare von de Jonge und Blockley und die Anmerkungen von Seyfarth (alle o.Anm.10), die Fußnoten bei H.Brandt (o.Anm.6) auf S.156-158 und die in Kap.I Anm.2 und 7 genannten archäologischen Handbücher. 47 So wurde es schon früher empfunden: Ps.Beda PL 94,543 quandiu stat Colisaeus, stat et Roma; quando cadet Colisaeus, cadet et Roma; quando cadet Roma, cadet et mundus.

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III D i e Stadt (Aram. 1 6 , 1 0 )

fast 50m) erheben sich weiter in die Höhe, als ein Menschenauge reicht {amphitheatri molem solidatam lapis Tiburtini compage, ad cuius summitatem aegre visio humana conscendit 14), das Pantheon (der größte Kuppelbau der Antike) ist wie ein halbkugelförmiges Stadtviertel (Pantheum velut regionem teretem speciosa celsitudine fornicatam 14), hoch ragen die von den Statuen früherer Kaiser gekrönten, von innen mit Wendeltreppen ersteigbaren Ehrensäulen (elatos vertices scansili suggestu concharum priorum principum imitamenta portantes 14; gemeint sind die Trajans- und Markussäule, beide ca. 30m hoch, und vielleicht auch die halb so hohe des Antoninus Pius). In Form einer percursio nennt Ammian noch Hadrians Tempel der Venus und Roma,48 Vespasians Forum Pacis, auf dem Marsfeld das Pompeiustheater (Roms erstes Steintheater), Domitians Odeum (eine Musikhalle) und Stadium (dessen Form die Piazza Navona bewahrt) - alles herausragende Sehenswürdigkeiten Roms49 - und „andere Zierden der Ewigen Stadt" (.aliaque... decora urbis aeternae 14). Schließlich besucht Constantius das Trajansforum (15f). Es ist das mit Abstand größte der Kaiserforen. Keinem anderen Bauwerk zu vergleichen, von gigantischen Ausmaßen und der Nachwelt unerreichbar, bewundern es nach Ammians Meinung selbst die Götter. Constantius ist überwältigt und frustriert: nie wird er Ähnliches schaffen können {verum cum ad Troiani forum venisset, singularem sub omni caelo structuram, ut opinamur, etiam numinum assensione mirabilem, haerebat attonitus per giganteos contextus circumferens mentem nec relatu effabiles nec rursus mortalibus appetendos. omni itaque spe huiusmodi quidquam conandi depulsa ... 15). Als er erwägt, wenigstens ein kolossales Reiterstandbild seiner selbst in der Art der Trajansstatue zu errichten, verspottet ihn sein persischer Begleiter, er müsse zunächst einen ähnlichen Stall bauen.50 Er entschließt sich zuletzt, im Circus Maximus 48

Die Bezeichnung Ammians, Urbis templum, entspricht spätantiker Romideologie: H.Brandt (o.Anm.6) 156 Anm.549. 49 Der Venus und Roma-Tempel war „probably the largest and most splendid temple of Rome" (Richardson [o.Kap.I Anm.2] s.v. „Venus et Roma, Templum" 409), das Forum Pacis erklärt Plinius (nat.36,102) zusammen mit der Basilica Aemilia und dem Augustusforum zu den drei schönsten der Welt (pulcherrima operum quae unquam vidit orbis), das Pompeiustheater ist noch für Cassius Dio (39,38,1) ein Bauwerk, worauf seine eigene Zeit stolz ist, das Odeum - es bildete wahrscheinlich mit dem Stadium einen Komplex - zählt Polemius Silvius chron.I MGH Auct.ant.9 p.545 unter die sieben herausragenden Sehenswürdigkeiten Roms. so Constantius, der einen Zug gegen die Perser plant, versucht sich hier in die Nachfolge des berühmten Dakersiegers zu stellen: Dufraigne 1994 (o.Anm.6) 192 Anm.202. Dieser Versuch mißglückt: F.Wittchow, Exemplarisches Erzählen bei Ammianus Marcellinus. Episode, Exemplum, Anekdote, München/Leipzig 2001 ( B z A 144),

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einen Obelisken aufzustellen (16,10,17, vgl. 16,17,4;51 indem Ammian den Bericht von der Aufstellung weit von dem der Rombesichtigung trennt, suggeriert er, daß dieses Monument des Constantius mit denen der früheren Kaiser nicht zu vergleichen sei. Dabei kann sich der 32,5m hohe Obelisk, der größte in Rom und der Welt, mit ihnen durchaus messen). An Ende der Besichtigung ist Constantius so beeindruckt, daß er alles, was er über Rom gehört hat, für ignorante oder böswillige Untertreibung erklärt, während sonst die Leute doch zur Übertreibung neigten {de fama querebatur ut invalida vel maligna, quod augens omnia semper in maius erga haec explicando, quae Romae sunt, obsolescit, 17). Über Ammians Rom liegt eine Aura des Übermenschlichen, ja Heiligen. Seine Aufzählung der Sehenswürdigkeiten ist ein „von Unsagbarkeitstopoi erfüllter Mirabilien-Katalog, in dem sich die Mystik des Musealen eigentümlich mit der Mystik der religiösen Weihe vermischt".52

301-304. Die Formulierungen, welche das Trajansforum quasi in den Olymp wachsen lassen, rücken den Versuch der aemulatio durch Spätere in die Nähe der zum Scheitern verurteilten Hybris der Giganten gegenüber den Göttern: Sabbah 1978 (o.Anm.6) 33 lf. Vgl. Neri (ibid.) 54-56, der sich gegen die Auffassung Hartkes (o.Anm.21) 333 wendet, welcher hier Constantius gegenüber Theodosius abgewertet sieht: Theodosius nämlich, der sich als imitator Troiani verstand, hatte in Konstantinopel das am Trajansforum orientierte Forum Tauri erbaut und in dessen Mitte er eine Säule errichtet, die sein Reiterstandbild trug. Sabbah 1978 (o.Anm.6) 33lf sieht auch an dieser Stelle eine Kritik Ammians an Theodosius mitimpliziert. Zum Verständnis der abwertenden Äußerungen des Perserprinzen Hormisdas über Rom s. R.O.Edbrooke, Constantius II and Hormisdas in the forum of Trajan, Mnemosyne 4.S. 28, 1975, 412-417; Cameron 1989 (o.Anm.38) 429-433; Dufraigne 1994, 193. 51 Ammian berichtet, der Obelisk stamme aus dem Tempel des Sonnengottes in Theben. Augustus, der zwei andere Obelisken nach Rom schaffen und dort aufstellen ließ, habe diesen aus Pietät - nicht, weil er zu groß gewesen sei - am Standort gelassen. Konstantin habe ihn abbauen lassen, zu Recht ohne Scheu vor einem Religionsfrevel, denn er wollte ihn ja in Rom, dem Tempel der ganzen Welt, neu errichten (nihilque committere in religionem rede existimans, si ablatum uno templo miraculum Romae sacraret, id est in templo mundi totius, 17,4,13). Doch Konstantin führte sein Vorhaben nicht mehr aus, und erst sein Sohn ließ den Obelisken verladen. Mit hohem technischen Aufwand wurde er über das Meer und den Tiber aufwärts nach Rom gebracht und im Circus Maximus aufgestellt. Er steht heute vor der Lateranskirche. Der Text auf der verlorenen Basis ist abschriftlich überliefert (Dessau ILS 1,736). Die Masse und Höhe des Obelisken ist dort mehrfach hervorgehoben (9; 12; 19; 20; 23). Ammian, der die ägyptischen Inschriften auf dem Stein selbst in Übersetzung ausfuhrlich wiedergibt (17,4,19-23), übergeht bezeichnenderweise den titulus der Basis mit der Ehrung des Constantius. Zum Monument s. Richardson (o.Kap.I Anm.2) s.v. „Obeliscus Constantini" 273; J-C.Grenier, Obeliscus Constantii, in: Steinby (ibid.) Bd.3, 1996, 356f. 52 Fuhrmann (o.Anm.2) 112. Zu den in Anm.58 von Fuhrmann angefüllten vornehmlichen Belegstellen asylum mundi totius (16,10,5), imperii virtutumque omnium lar (13) und augustissima omnium sedes (20) wäre noch urbs aeterna (14) hinzuzufügen. Anderswo nennt Ammian die Stadt Rom caput mundi (14,6,23), urbs venerabilis (5)

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III Die Stadt (Amm. 16,10)

Sein Rombild, das hier zum Ausdruck kommt, hat nichts zu tun mit der wirklichen Stadt, wie Ammian sie erlebte und in den Exkursen (14,6; 28,4) mit einer an Juvenals Romsatire erinnernden Bitterkeit zeichnet.53 Es ist vielmehr „ein eigentümlich spätantikes Bild der Stadt Rom, von bewußterer Liebe entworfen, als man sie früher empfunden hatte. Rom ist als Heimat des Reiches und allen Wertes angeschaut; das gibt allem Sichtbaren Bedeutung und eine gewisse Weihe. Die geschichtliche Größe ist alles; die Gegenwart kann sich nicht dagegen behaupten, sie fühlt ihren Abstand, ihr bleibt nur ehrfürchtiges, man möchte sagen andächtiges Schauen."54 Die Spätantike hatte ein ideales Rombild hervorgebracht.55 Die schweren innen- und außenpolitischen Krisen des Reichs, also die Schwächung der Regierungsfähigkeit der - oft unmündigen - Kaiser durch ständige Usurpationen, die Gebietseinbußen aufgrund von Niederlagen gegen militärisch überlegene „Barbaren", welche im Zuge der Völkerwanderung das Imperium von Osten und Norden her bedrängten und ihm seine Ohnmacht bei Adrianopel (378 n.Chr.) und durch die Erstürmung der Hauptstadt selbst (410 n.Chr.) schmerzlich bewußt machten, der Verlust von Wohlstand und Bildung führten zu der uneingestandenen Erkenntnis, daß die Blütezeit Roms vorüber war. Sie drückt sich aus etwa im Bild der ehrwürdigen Greisin Roma, das im Zusammenhang mit dem Streit um den Victoria-Altar von Symmachus

und urbs sacratissima (27,3,3): A.Demandt, Zeitkritik und Geschichtsbild im Werk Ammians, Bonn 1965, 115. 53 Vgl. Straub (o.Anm.6) 200-203; Demandt 1965 (o.Anm.52) 115-118; F.Paschoud, Roma Aeterna. Etudes sur le patriotisme Romain dans l'occident Latin à l'époque des grandes invasions, Neuchatel 1967, 59-67; G.Sabbah, Rome éternelle et Rome temporelle dans la Res gestae d'Ammien Marcellin, VL 73, 1979, 22-31, hier 26f. Juvenal-imitatio in den Romexkursen Ammians postuliert R.Rees, Ammianus Satiricus, in: The Late Roman World and its Historian. Interpreting Ammianus Marcellinus, hg.v. J.W.Drijvers/D.Hunt, London/New York 1999, 141-155 mit weiterer Literatur zu den Romexkursen 151 Anm.10. 54 F.Klingner, Vom Geistesleben im Rom des ausgehenden Altertums, in: ders., Römische Geisteswelt, 5 München 1965 u.ö. (zuerst in: Vorträge und Schriften des Freien Deutschen Hochschulstifts, Frankfurt 1941) 528-578, hier 539. 55 Hierzu F.Klingner, Rom als Idee, Die Antike 3, 1927, 17-34, auch in: ders., Geistesleben (o.Anm.54) 645-666 und in: Rom als Idee, hg.v. B.Kytzler, Darmstadt 1993, 13-30; ders 1941 (o.Anm.54); Paschoud (o.Anm.53); Fuhrmann (o.Anm.2); R.Klein, Symmachus. Eine tragische Gestalt des ausgehenden Heidentums, Darmstadt 1971, 99160; ders, Das spätantike Romverständnis vor Augustinus, BJ 185, 1985, 97-142; ders., Die Romidee bei Symmachus, Claudian und Prudentius, in: Colloque Genevois sur Symmache à l'occasion du mille six centième anniversaire du conflit de l'autel de la Victoire, hg.v. F.Paschoud Paris 1986, 111-144 (= ders., Roma versa per aevum [o.Anm.6] 437-459).

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geprägt und von Ambrosius und Prudenz übernommenen wurde, 56 oder in der Gleichsetzung der Kaiserzeit mit dem senium der römischen Geschichte. 57 Während die Christen in der neuen Lehre den Weg zur Erneuerung einstiger römischer Größe sehen, 58 besteht dieser für die Heiden in der Rückwendung zum Alten, freilich mit verschiedener Gewichtung. Bei Symmachus, dem Senator aus alter römischer Familie, liegt diese im Sinne Ciceros auf der Senatsautorität und auf der Religion, bei Ammian, dem griechischen Reichsrömer und Soldaten, auf den militärischen und philosophisch-moralischen Herrschertugenden59 (Ammian

56

Symm.rel.3,9f; Ambr.epist.18,7; Prud.c.Symm. 1,507-513; 542f; 2,81; 640-643; 653-662; auch Claud. 15,21-25; 208-212; 26,52f; F.Vittinghoff, Zum geschichtlichen Selbstverständnis der Spätantike, HZ 198, 1964, 529-574, hier 557-564. Zum Streit um den Victoria-Altar s. H.A.Pohlsander, Victory: The Story of a Statue, Historia 18, 1969, 588-597, zur Geschichte in der Spätantike 593ff; R.Klein, Der Streit um den VictoriaAltar, Darmstadt 1972; R.H.Barrow, Prefect and Emperor. The Relationes of Symmachus A.D.384. With Translation, Introduction and Notes, Oxford 1973, 34-47; J.Wytzes, Der letzte Kampf des Heidentums in Rom, Leiden 1977 (Études préliminaires aux religiones orientales dans l'empire Romain 56); K.Thraede, Das antike Rom in Augustins De civitate Dei. Recht und Grenzen eines verjährten Themas, JbAC 20, 1977, 90-148, bes. 91-97; S.Döpp, Prudentius' Gedicht gegen Symmachus. Anlaß und Struktur, JbAC 23, 1980, 65-81. Cicero ist der erste, der die Stadt Rom personifiziert (Pis.52, vgl. Patria Catil.4,18 und später Lucan.l, 185-192: Edwards (o.Kap.I Anm.30) 115. Zur Personifikation und Symbolfunktion der Roma s. U.Knoche, Ein Sinnbild römischer Selbstauffassung, in: Symbola Coloniensia. Iosepho Kroll sexagenario ... oblata, Köln 1949, 143-162; Die Augusteische Ausprägung der Dea Roma, Gymnasium 59, 1952, 324-349 (= ders., Vom Selbstverständnis der Römer. Gesammelte Aufsätze, hg.v. F.Bömer/H.J.Mette, Heidelberg 1962 [Gymnasium Beiheft 2], 125-143; 145-173). 57 Allerdings bereits von der Zerstörung Karthagos, seit Caesar oder Augustus und mit unterschiedlichen Phasen der Verjüngung: Lact.epit.7,14-16 nach Sen.d.Ä.; Flor. epit.praef.4-8 (Hadrianszeit); Amm. 14,6,3-6; Hist.Aug.Car.2f (spätes 5.Jh.): W.Richter, Römische Zeitgeschichte und innere Emigration, Gymnasium 68, 1961, 286-315, Exkurs „Die Lebensalter des römischen Staates" 310-315; R.Häussler, Vom Ursprung und Wandel des Lebensaltervergleichs, Hermes 92, 1964, 313-341; Demandi 1965 (o.Anm.52) 118-147; Sabbah 1979 (o.Anm.53) 24-26; J.M.Alonso-Núñez, The Ages of Rome, Amsterdam 1982. Während die beiden älteren Autoren von einer zyklischen Vergreisung und Wiederverjüngung ausgehen, ist für Ammian und Flavius Vopiscus, den Verfasser der Carus-Vita, Rom ewig. Die Spätantike als Zeit des Niedergangs, anders als die stabilere frühe Kaiserzeit, brauchte diesen Glauben (Núfiez 26). 58 Bei Prudenz erblondet die verjüngte Roma (c.Symm.2,657f, vgl. Claud. 15,208212 - Verjüngung durch Jupiters Zuspruch - ; Rut.Nam.1,115f). Prudenz sieht Roms Größe durch den Christengott garantiert, während sie für Symmachus an der alten Religion hängt und durch die neue gefährdet ist. Ambrosius stellt den Glauben über die weltliche Größe und trennt das alte Rom von der neuen Zeit; Augustinus in de civitate Dei schließlich entkoppelt unter dem Eindruck der Einnahme Roms Gottesstaat und römischen Staat vollständig. 59 Ammian schreibt nicht aus der Senatsperspektive, sondern er schreibt Kaisergeschichte. Die Nekrologe erwähnen nicht einmal das Verhältnis des Kaisers zum Senat,

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III D i e Stadt ( A m m . 16,10)

erwähnt die Entfernung des Victoria-Altars aus der Kurie, die Constantius bei seinem Rombesuch veranlaßte,60 trotz seiner Kritik am Verhalten des Kaisers in Rom ebensowenig61 wie die spätere Wiederaufstellung des Altars wohl durch Julian, während seine Entfernung durch Gratian 382 n.Chr. die bekannten jahrelangen Auseinandersetzungen zwischen dem Stadtpräfekten Symmachus und seinen christlichen Kontrahenten hervorrief). Der Gegenwartspessimismus hindert jedoch Ammian ebensowenig wie Claudian, Rutilius Namatianus und auch den Christen Prudenz6 daran, sich nostalgisch am Glanz der Vergangenheit zu berauschen und sich unverdrossen an die verheißene Ewigkeit Roms zu klammern.63 In diesem Zusammenhang weisen Roms Bauten als Symbol über sich selbst hinaus. Ammian an die Seite zu stellen wären hier Claudians Rombeschreibungen in den Gedichten auf das Konsulat des Stilicho (22,397-405; 24,130-135) und das sechste Konsulat des Honorius (28,42-52) sowie die des Rutilius innerhalb des Rompreises zu Beginn sondern nur das zum Heer. Der Senat stellt nur e i η Element des verehrungswürdigen alten Rom dar: Sterz (o.Anm.3) 489. 60 Symm.rel.3,4 divi Constanti factum diu non stetit\ 6f (die Entfernung des Altars im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen während Constantius' Rombesuch); Ambr. epist. 18,32 Constantius ... contaminan seputavit, si aram illam videret. iussit auferri... Zu den Gründen fur die Entfernung s. R.O.Edbrooke Jr., The Visit of Constantius II to Rome in 357 and its Effect on the Pagan Roman Senatorial Aristocracy, AJPh 97, 1976, 40-61, hier 58. 61 Daß Ammian auch kein Jupiteropfer auf dem Kapitol erwähnt, welches die heidnische Triumphzeremonie krönte, dürfte den Grund haben, daß der Christ Constantius es wie sein Vater Konstantin nicht darbrachte: Duval (o.Anm.6) 303. 62 Claud.24,130-177; 28,39-52; Prud.c.Symm.l,408ff; 2,35ff; perist.2; 12; Rut.Nam. 1,1-164; Texte gesammelt in: Roma Aeterna. Lateinische und Griechische Romdichtung von der Antike bis in die Gegenwart, hg.v. B.Kytzler, Zürich/München 1972. Keiner der Genannten war Stadtrömer: Claudian war wie Ammian geborener Grieche, Rutilius Gallier. Vgl. zu Claudian: Cameron 1970 (o.Anm.13) 349-389 „Claudian and Rome"; P.Riedl, Die Romidee Claudians, Gymnasium 102, 1995, 537-555, zu Rutilius: Fuchs (o.Anm.30) 51-58. Riedl sieht allerdings bei dem Panegyriker Claudian keine wehmütige Vergangenheitsverklärung und keine pessimistische Dekadenzatmosphäre, sondern Selbstbewußtsein bezüglich den Gegenwart, die der großen Vergangenheit zwar verpflichtet, aber auch gewachsen ist. 63 Demandt 1965 (o.Anm.53) 142-147; Klein 1971 (o.Anm.55) 146, vgl. Vittinghoff (o.Anm.56) 548-550; 564f. Der Ewigkeitsglaube erscheint besonders tragisch bei Claudian 26,54-60, acht Jahre vor der Einnahme Roms durch Alarich; von dieser fast unbeeindruckt zeigt sich Rutilius (1,119-140) sieben Jahre nach der Katastrophe. Paschoud (o.Anm.53) 151-155; 165-167 ist der Auffassung, daß beide Dichter in Wirklichkeit nicht mehr an ihre eigenen Verkündigungen glauben. Bei Ammian findet sich der Ewigkeitsgedanke 14,6,3 victura, dum erunt homines, Roma. Sechzehnmal nennt er Rom urbs aeterna·. Demandt 1965, 115 Anm.89; J.M.Alonso-Nufiez, La vision historiográfica de Ammiano Marcelino, Valladolid 1975, 144.

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von De reditu suo (1,93-114). Hervorgehoben sind stets Größe, Höhe, Glanz und Heiligkeit. Von Giganten oder den Göttern selbst erbaut und geschützt und der Götter würdig, blenden seine Hügel, Tempel, Säulen, Statuen und Triumphbögen, ja Aquädukte und Thermen mit ihrem Glanz den menschlichen Blick und erheben sich in göttliche Sphären bis zu den Sternen und zum Olymp. Zahlreiche Trophäen an den Bauwerken bewahren die ruhmreiche Vergangenheit; künstliche und natürliche Bewässerung, Gärten mit Vögeln und ein ewiger Frühling machen die ganze Stadt zu einem locus amoenus und versetzen sie in die Goldene Zeit. 64 Bisweilen begrüßen die personifizierten Bauten und Monumente selbst einen kaiserlichen Gast, indem sie ihn umarmen oder zu seinen Ehren in die Höhe zu wachsen scheinen. 65 Den Verfechtern der heidnisch-nostalgischen Romidee erscheint es daher nur natürlich, daß die Kaiser - selbst die christlichen - der alten Haupstadt Respekt erweisen und ihre Traditionen ehren. Rom darf erwarten, daß die Kaiser ihr ihre Aufwartung machen. 66 Bei Claudian legt Theodosius dem Knaben Honorius ans Herz, als Herrscher Menschenmaß zu wahren (neu pete praescriptos homirti transcendere fines) und 64

Claud.24,130-135 proxime dis consul, tantae qui prospicis urbi, / qua nihil in terris complectitur altius aether, / cuius nec spatium visus nec corda decorem / nec laudem vox ulla capit; quae luce metalli / aemula vicinis fastigio conserti astris; / quae septem scopulis zonas imitatur Olympv, 28,42-52 attollens apicem subiectis regia rostris / tot circum delubro videt tantisque deorum / cingitur excubiis! iuvat infra tecta Tonantis / cernere Tarpeia pendentes rupe Gigantas (Amm. 16,10,14 lovis Tarpeia delubro) / caelatasque fores mediisque volantia signa / nubibus et densum stipantibus aethera templis / aeraque vestitis numerosa puppe columnis / consita subnixasque iugis inmanibus aedes, / naturam cumulante manu, spoliisque micantes / innúmeros arcus. acies stupet igne metalli / et circumfuso trepidans obtunditur auro (vgl. Amm. 16,10,13 praestrictus). Rut.Nam.1,50 non procul a caelo per tua tempia sumus mit dem Kommentar von E.Doblhofer, Heidelberg 1977, z.St.; 93-102 percensere labor densis decora alta trophaeis, / ut si quis stellas pernumerare velit, / confunduntque vagos delubro micantia visus: / ipsos crediderim sie habitare deos. / quid loquar aerio pendentes fornice rivos, / qua vix imbríferas tolleret Iris aquas; / hos potius dicas crevisse in sidera montes, / tale Giganteum Graecia laudai opus. / intercepta tuis condenturflumina muris, / consumunt totos celsa lavacro lacus ...(anders als Ammian und Claudian verweilt Rutilius nicht bei den heidnischen Tempeln, weil diese durch die Christianisierung zunehmend verwahrlost und verfallen waren: Doblhofer zu 1,113f). 65 Paneg. 12 [9], 19,1 tecta ipsa, ut audio, commoveri et altitudo culminum videbatur attolli', Claud.28,3 5f ecce Palatino crevit reverentia monti / exsultatque habitante deo; 643-645 consule laetatur post plurima saecula viso / Pallanteus apex; agnoscunt Rostra curules / auditas quondam proavis; vgl. Paneg. 11 [3],11,3 (Mailand) tecta ipsa se, ut audio, paene commoverunt; 5 [8],7,6 (Autun) portas istius urbis intrasti, quae te habitu ilio in sinum reducto et procurrentibus utrimque turribus amplexu quodam videbantur aeeipere. Vorlage ist Cic.Pis.52 etiam moenia ipsa viderentur et tecta urbis oc templa laetari. Vgl. Dufraigne 1994 (o.Anm.6) 177f. 66 S.u.Anm.13.

III Die Stadt (Amm. 16,10)

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gegenüber den Römern als den Herren der Welt zurückhaltend aufzutreten (8,304-311). Er selbst geht mit gutem Beispiel voran: wie einst Trajan, Hadrian und andere 'gute' Kaiser schreitet er ohne Militärschutz zu Fuß durch die Stadt,6 redet und scherzt mit den Einwohnern und besucht Arm und Reich,68 se melioribus addens / exemplis civem gereret; inclinât populo regale modestia culmen (Claud.28,58f). Sein Sohn befreit die Senatoren von der Pflicht, vor seinem Wagen einherzugehen (Claud.28,551, anders bei Konstantin, Paneg.4 [10],31,1), und gibt sich getreu seines Vaters Lehren und Exempel als civis (hunc civem, dominos venisse priores 559, vgl. tu civem patremque geras 8,294). Wie das Volk ihm, so bezeigt er dem Volk Verehrung (28,612617 plebis adoratae reboat fragor 616). Liegt hier der Akzent auf der Achtung gegenüber Volk und Senat, so betont Symmachus' Bericht von Constantius' Rombesuch dessen Ehrfurcht vor der alten Religion und ihren Symbolen. Obwohl selbst Christ, bewahrte und förderte er Roms heidnische Kulte und ehrte seine heiligen Stätten (per omnes vias aeternae urbis laetum secutus senatum vidit placido ore delubra, legit inscripta fastigiis deorum nomina, percontatus templorum origines est, miratus est conditores rel.3,7).69 67

Trajan zu Fuß: Plin.paneg.22,lf, vgl. 14,1; 24,2; 83,8 und die zwei unteren Stadtreliefs des Bogens von Benevent; Septimius Severus teilweise zu Fuß: Cass.Dio 75,1,3, anders Hist.Aug.Sept.Sev.7,1; Severus Alexander ebenfalls teilweise zu Fuß: Hist.Aug. Alex.57,4. Aurelians Benutzung eines Wagens war von seiner Verwundung entschuldigt (Hist.Aug.Aurelian.5,4). Vitellius wurde zum Vorwurf gemacht, daß er zu Wagen bzw. zu Pferd in Rom einzog (Tac.hist.2,89,1, vgl. Suet.Vit.10,2), Vgl. auch u.Anm.87. Indem der Kaiser beim Adventus zu Fuß ging, demonstrierte er seine civilitas·. Lehnen (o.Anm.19) 176; 204-207. 68 Claud.28,55-64, vgl. den adventus des Theodosius in Paneg.2 [12],47,3: quis in curia fueris, quis in rostris; ut pompam praeeuntium ferculorum curru modo, modo pedibus subsecutus alterno clarus incessu nunc de bellis, nunc de superbia triumpharis; ut te omnibus principem, singulis exhibueris senatorem; ut crebro civilique processu non publica tantum opera lustraveris sed privatas quoque aedes divinis vestigiis consecraris, remota custodia militari tutior publici amoris excubiis mit C.E. V.Nixon /Β. Say lor Rodgers, In Praise of Later Roman Emperors. The Panegyrici Latini. Introduction, Translation, and Historical Commentary, Berkeley/Los Angeles/Oxford 1994, 515 Anm.168. Plinius rühmt von Trajan, dieser habe Senatoren und Ritter mit Kuß und Namen begrüßt, sei für jedermann zugänglich gewesen und sei ohne Leibwache und ohne Soldaten in Uniform zu Fuß in Rom eingezogen (paneg.22-24). Ähnlich wird auch Hadrian gepriesen (Hist.Aug.Hadr.9,7). An Konstantin wird Umgänglichkeit sowohl anläßlich seines Besuchs in Rom als auch in Autun hervorgehoben (Paneg.4 [10],34,4; 5 [8],9,5f). Vgl. Lehnen (o.Anm.19) 204 zu Trajan, 213 zu Theodosius. Grundsätzlich zur Bedeutung kaiserlicher civilitas im Adventuszeremoniell Straub (o.Anm.6) 190-196; Halftnann (o.Anm.13) 117-124 und Lehnen 197-228. 69 Ganz anders zu bewerten ist die christliche Demut, die Eusebius von Caesarea Konstantin beim Einzug in Rom unterstellt: obwohl er von einer riesigen Menge emp-

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Constantius' Respekt vor Rom bei Ammian ist von anderer Art: er folgt nicht interessiert einer Führung und informiert sich durch Fragen und Lesen, sondern er läßt sich von den Bauten überwältigen. Die Stadt ist die Handelnde, der Kaiser bleibt passiv. Ammian zeigt ihn, anders als Symmachus, weder als ευεργέτης, welcher dem Senat und der Priesterschaft beneficia gewährt, noch als den Urheber der Entfernung des Victoria-Altars noch als Bauhern, insofern er den Bericht von der Aufstellung des Obelisken von dem des Rombesuchs fortrückt; in seinen diesbezüglichen Ambitionen sieht sich Constantius vielmehr sofort durch die Bemerkung des Hormisdas frustriert. Auch die von ihm gezeigte civilitas ist nicht von derselben Art wie die des Theodosius in Rom oder des Julian in Konstantinopel, da er nur mit der plebs im Zirkus, nicht aber auf gleicher Ebene als Senator mit den Senatoren wirklich kommuniziert. Er bleibt in der Stadt ein Fremder und beträgt sich wie ein ziemlich unbedarfter Tourist, der sich nicht mit der historischen und kulturellen Tradition Roms auseinandersetzt, sondern allein die Größe und Höhe seiner Bauten anstaunt. Eben noch Objekt des Schauens und Staunens anderer (omnium oculis in eum contuitu pertinaci intentis 16,10,4), ist er nun in der Rolle des Zuschauers und des Mediums, aus dessen Blickwinkel der Leser den Rombesuch miterlebt.70 Während in den panegyrischen Adventus-Schilderungen Claudians und der Panegyrici Latini die personifizierten ehrwürdigen Monumente auf den Anblick des Kaisers reagieren,71 verharren sie hier reglos und gleichgültig. Nicht ist, wie dort, ihr 'Blick' auf den Kaiser als zentrale Figur gerichtet, sondern der seine auf sie. Die Stadt hat dem Kaiser Bewunderung aufgezwungen. Sie hat ihn auch aus seiner emotionalen Reserve gelockt. Beim Einzug nämlich zeigte sich Constantius noch völlig unbeeindruckt: die tosenden Jubelrufe quittiert er ohne Regung (non ... cohorruit talem se

tamque immobilem, qualis in provinciis suis visebatur, ostendens 9), allein auf seinem Wagen blickt er starr geradeaus, als wäre sein Nacken gepanzert, bewegt er sich wie eine menschliche Statue keinen Zoll, ob der Wagen ruckt oder die Nase kitzelt (velut collo munito rectam aciem

luminum tendens nec dextra vultum nec laeva flectebat tamquam figmentum hominis nec, cum rota concuteret, nutans nec spuens aut os aut fangen und als Heiland begrüßt wird, „machte ihn diese Ehre nicht hochmütig, sondern er dankte Gott als dem Urheber seines Sieges" (De vita Constantini l,39,2f). 70 Neri (o.Anm.6) 50-53 mit Anm.137. Zum Verhältnis der Darstellungen von Constantius' Rombesuch bei Symmachus und Ammian s. D.Vera, La polemica contro l'abuso imperiale del trionfo: rapporti fra ideologia, economia e propaganda nel Basso Impero, RS A 10, 1980, 89-132, hier 111-128. 71 O.Anm.65

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III Die Stadt (Amm. 16,10)

nasum tergens vel fricans manumve agìtans visus est unquam 10; die trivial-realistischen Einzelheiten der Beschreibung haben etwas Karrikierendes und Despektierliches.)72 Es ist dieselbe Haltung, die bei Xenophon (von dem Ammian hier abhängig ist) Kyros seinen persischen Würdenträgern ans Herz legt, die öffentlich nicht ausspucken, sich nicht schneuzen, nichts in den Blick fassen und sich über nichts verwundern sollen, um den Unterschied ζμ den Untertanen deutlich zu machen und sich Autorität zu verschaffen.73 Sie entspricht dem spätantiken (auch sonst an dem des persischen Hofes orientierten) Herrscherbild: der Kaiser, selbst göttlich oder seit den christlichen Herrschern Stellvertreter Gottes, ist heilig und hat mit gewöhnlichen Sterblichen nichts gemein. In seiner Gegenwart herrscht kultisches Schweigen, er kommuniziert mit seinem Rat nur durch Winke, Schriftstücke und Gaben empfängt man von ihm mit verhüllten Händen, bei Audienzen macht ihn ein Vorhang unsichtbar; auch die ihn umgebende Pracht, der den Himmel imitierende Baldachin über ihm und das Porphyrpodest, das ihn stets erhöht, sondert ihn von allen anderen ab und erhebt ihn über sie.74 Auch die bildliche Darstellung der spätantiken Kaiser zeigt diese unbewegt und allem Irdischen entrückt. Die einansichtige frontale Ausrichtung der Statuen,75 deren Seiten und Rückenpartien oft nur rudimentär ausgearbeitet sind, und ihre häufige Aufstellung in Nischen und 72

Bemerkt von Dufraigne 1994 (o.Anm.6) 190f. Kyrop.8,1,42 έμελέτησε ... ώς μή πτΰοντες μηδέ άπομυττόμενοι φανεροί εΐεν, μηδέ μεταστρεφόμενοι έπί θέαν μηδενός, ώς ούδέν θαυμάζοντες. Zuvor (40f) heißt es, Kyros habe sich selbst und seiner Umgebung Kleidung und Schuhe sowie Schminke, besonders der Augen, verordnet, worin und wodurch man schöner und größer wirke als von Natur, um so von den Untertanen als eine Art höheres Wesen wahrgenommen zu werden. Spucken, schneuzen und dergleichen galt bei den Persern allgemein nicht als fein: 1,2,16. Die Parallele zu Ammian notierte zuerst E.R.Goodenough, The Political Philosophy of Hellenistic Kingship, YC1S 1, 1928, 55-102, hier 79 Anm.84. Vgl. Straub (o.Anm.6) 184; M.P.Charlesworth, Imperial Deportment. Two Texts and Some Questions, JRS 37, 1947, 34-38. 74 Alfoldi 1934 (o.Kap.II Anm.32) 33-38; O.Treitinger, Die oströmische Kaiser- und Reichsidee nach ihrer Gestaltung im höfischen Zeremoniell, Jena 1938 = Darmstadt 2 1956, 49-123 „Die Absonderung des Kaisers", bes. 52-65; J.Martin, Spätantike und Völkerwanderung, München 3 1995 (zuerst 1987), 101. Das Hofzeremoniell hinterläßt auf den Betrachter den Eindruck, bei den spätantiken Kaisern „handle es sich eher um starre Verkünder überirdischer Machtvollkommenheit als um politisch handelnde Regenten ihrer Zeit": Klein 1979 (o.Anm.6) 98. 75 Die Einansichtigkeit der Statuen führte dazu, daß zwischen Rundplastik und flachem Bild nicht mehr unterschieden wurde. Für beide konnte in der Spätantike das Wort στήλη verwendet werden: R.H.W.Stichel, Die Römische Kaiserstatue am Ausgang der Antike. Untersuchungen zum plastischen Kaiserportrait seit Valentinian I (364-375 v.Chr.), Rom 1982, 23f; 34f. 73

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Apsiden (wie in der Maxentiusbasilica) präsentiert sie dem Betrachter als zu adorierende Götterbilder und verwehrt eine freie Auseinandersetzung mit dem Abgebildeten 'von Mensch zu Mensch' durch Herumgehen um die Statue. Nie ist der Kopf gesenkt, der starr nach vorne gerichtete Blick geht über den Betrachter hinweg, so daß keine Kommunikation stattfinden kann. Der Körper wird zum Träger des Gewandes und seiner Ranginsignien, 76 das Standmotiv unter dem unorganischen Arrangement der Falten ist nicht mehr erkennbar. Das Gesicht erscheint als expressive Maske, alterslos und eklektisch zusammengesetzt aus verschiedenen Formelementen wie den auf der Stirn eingeritzten Pathosformeln und den überdimensionierten, 'transzendentalen' Augen wie bei einer Ikone. Es herrscht völlige Ruhe und Symmetrie. Das Individuelle tritt zurück, dargestellt ist die abstrakte Majestät des Kaisertums als Institution.77 Hieratische Starre kennzeichnet den Kaiser auch bei Adventusdarstellungen auf spätantiken Münzen, wo er, die eine Hand erhoben, die andere hält Szepter oder Globus, auf dem von einer Pferde- oder Elefantenquadriga gezogenen Wagen sitzt oder steht.78 Eben so ist Constantius

76 Seit Konstantin tragen die Kaiser in der bildlichen Darstellung das Diadem: Stichel (o.Anm.75) lOf. Als Herrscher sind sie überdies durch Aufstellungsort und -art, Größe (u.S.90) und Material - oft Gold oder Porphyr - gekennzeichnet. 77 P.Zanker, Prinzipat und Herrscherbild, Gymnasium 86, 1979, 353-368, hier 366; H.P.L'Orange, Das spätantike Herrscherbild von Diokletian bis zu den KonstantinSöhnen 284-361 n.Chr., Berlin 1984 (= Das römische Herrscherbild 3,4), 78-80 (am Beispiel des Konstantinkolosses); Martin (o.Anm.74) 99; F.A.Bauer, Stadt, Platz und Denkmal in der Spätantike. Untersuchungen zur Ausstattung des öffentlichen Raums in den spätantiken Städten Rom, Konstantinopel und Ephesos, Mainz 1996, 333-336 (Statuen des 5. und 6.Jhs.). Es ist kein Zufall, daß spätantike Herrscherportraits oft nicht sicher identifiziert werden können (man denke nur an die ununterscheidbaren groben Physiognomien auf den Münzbildern: Demandt 1989 [o.Anm.6] 225). Dies hängt vielmehr mit der künstlerischen Absicht zusammen, eine Institution, nicht eine Person darzustellen. In derselben Weise sind die Häufigkeit der Wiederverwendung von Kaiserbildern und die relative Seltenheit von damnatio memoriae und Bildersturz in der Spätantike zu interpretieren: Bauer 339-349. Das Ideal der similitudo stammt ursprünglich aus der Darstellung der Tetrarchen und wird später als dynastisches Prinzip übernommen, die Concordia imperatorum soll gleichmäßige herrscherliche Verläßlichkeit und damit Ruhe garantieren in einer unter den Unruhen ständiger Usurpationen leidenden Welt: L'Orange 3-13; J.Engemann, Herrscherbild, RAC 14, 1988, 966-1047, hier 972f. 78 Z.B. F.Gnecchi, I Medaglioni Romani 1, Mailand 1912 = Bologna 1947, Taf.5,1; 2; 10,7; 8; 11,1; 15,1; 36,15: Straub (o.Anm.6) Anm.57 zu S.184. Adventusdarstellungen, wo der Kaiser auf einem Wagen sitzt, gibt es erst seit dem 3. Jh., zuvor zieht er nur zu Pferd ein: Koeppel (o.Anm.19) 186. Der Wagen dient der göttlichen Erhöhung des Kaisers, die erhobene Rechte ist ein Machtgestus: Lehnen (o.Anm.19) 149-156; 176180.

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III Die Stadt (Amm. 16,10)

auf einer Goldmünze dargestellt, die wohl anläßlich des von Ammian erzählten Ereignisses geprägt wurde (Abb.6). Er steht frontal auf einem sechsspännigen, reichverzierten Triumphalwagen, flankiert von zwei Victorien, das mit dem Diadem gekrönte Haupt von einem Nimbus umgeben. 79 Eine silberne Largitionsschale (Abb.7) zeigt ihn zu Roß einziehend, ebenfalls in reicher Gewandung und mit Nimbus, bekränzt von einer Victoria und begleitet von seinem Schildträger. Im Dreiviertelprofil ist er dem Betrachter zugewandt, jedoch ohne Blickkontakt zu den anderen Figuren. Von seiner Umgebung entrückt nimmt er diese ebensowenig wahr wie in der Schilderung Ammians, wo er auf den Jubel des Volks nicht reagiert. 80 Die gleichsam göttliche Erscheinung der Kaiser präsentiert sich der Menge wie ein Gnadenbild in einer Prozession. Claudian vergleicht den Einzug des Honorius in Mailand auf den Schultern junger Vornehmer mit der pompa eines ägyptischen Götterbildes (sie numina Memphis / in vulgus proferre solet; penetralibus exit /effigies 8,570-572). 81 Bei Ammian wird Constantius selbst zur reglosen Statue (tamquam figmentum hominis 16,10,10, „wie ein künstlicher Mensch"). 82 Constantius tritt sozusagen an die Stelle seines eigenen Standbildes. Es ist die logische Umkehrung der antiken, schon seit dem frühen Prinzipat vertrauten Vorstellung, daß die Kaiserstatue den Herrscher in einem zeremoniellen Akt vertreten kann. 83 Dies gilt in der Spätantike verstärkt: anstelle des Herrschers wird seinem Bild gehuldigt, bei Regierungsantritt übersandte Kaiserbildnisse werden mit Heilrufen empfangen und mit einem Ehrengeleit in die Stadt gebracht wie beim Adventus

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J.P.Kent/B.Overbeck/A.U.Stylow, Die Römische Münze, München 1973, Nr.690 Taf. 148; S.169; Klein 1979 (o.Anm.6) 101 Anm.8; Dufraigne 1992 (o.Anm.17) 504. Die Victorien versinnbildlichen die Siege über Magnentius und über die Perser. 80 Schale in der Eremitage zu St.Petersburg: R.Delbrueck, Spätantike Kaiserportraits von Constantinus Magnus bis zum Ende des Westreichs, Berlin/Leipzig 1933 (Studien zur spätantiken Kunstgeschichte 8), 147-151, Taf.57. Die Art der Darstellung ist instruktiv, da von früheren Adventus-Darstellungen, etwa der Konstantins (vgl.o.Anm.19), wesentlich unterschieden: ohne Zeit- und Raumbezug (d.h. ohne Bewegungsrichtung und ohne Grundlinie) und ohne Blickkontakt zu den umgebenden Personen, den kleiner gezeichneten Figuren der Victoria und eines Soldaten, präsentiert sich Constantius fast frontal dem Betrachter: MacCormack 1972 (o.Anm.19), 739f; 1981 (o.Anm.6), 43f. 81 Zur Verwandtschaft der Vorstellungen bei Claudian und Ammian MacCormack 1981 (o.Anm.6) 54f. 82 Übersetzung von Klingner 1941 (o.Anm.58) 538. 83 Kruse (o.Kap.II Anm.58); R.Browning, The Riot o f A.D. 387 in Antioch. The Role o f the Theatrical Claques in the Later Empire, JRS 42, 1952, 13-20, hier 20 mit Anm.78-82; Stichel (o.Anm.75) 5-7; Pekáry (o.Kap.II Anm.58) 1-3; Engemann (o.Anm. 77) 1038-1041; Bauer (ibid.) 317f. Vgl.o.Kap.II Anm.58.

H o c h m u t k o m m t vor d e m Fall

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des lebendigen Herrschers;84 entsprechend ist ein Vergehen an einer Kaiserstatue gleichbedeutend mit einem Vergehen am Kaiser selbst. Gleichzeitig wird vom Herrscher erwartet, daß er wie ein άγαλμα, είκών oder ίνδαλμα ist.85 An die Selbstbeherrschung der Person, die nicht als lebendiges Individuum, sondern als zeitlose Verkörperung der Institution des Kaisertums erscheinen soll, werden also hohe Anforderungen gestellt. Ihre Entindividualisierung nimmt jedoch der adoratio durch die Untertanen das Anstößige, da sich diese nicht eigentlich auf eine Person, sondern auf die abstrakte Majestät des Kaisertums richtet. Ammian jedoch versagt dem feierlich-zeremoniösen Auftritt des Constantius ein adäquates Verständnis. Die kaiserliche Haltung hat bei ihm wenig Würdevolles. Constantius' Starrheit, vorweggenommen in der seiner gepanzerten Begleitung 86 (catafracti équités, ...ut Praxitelis manu polita crederes simulacra, non vivos 8), von der sie sich qualitativ nicht unterscheidet (velut collo munito 10), erscheint vielmehr skurril, ja als ein Zeichen von Entmenschlichung. Sie hat ihr extremes Gegenbild etwa in der Szene, wo Julian als Augustus bei offizieller Gelegenheit erregt aufspringt und einem gemeldeten Philosophen zu Begrüßung

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Das Zeremoniell war identisch: Kruse (o.Kap.II Anm.58) 34-50; Nussbaum 976f und Lehnen 178; 308 mit Anm.24 (beide o.Anm.19). 85 So bei Themistios: MacMullan (o.Anm.26) 439 Anm.18; vgl ders. 439: „At the same time that imperial statues were coming to resemble their subjects by being borne about in processions, carried in chariots, wreathed and hailed and adressed as witnesses to oaths, the emperors themselves copied their own statues". F.M.Wassermann, The Frontality of the Portraiture of the Late Empire and Ammianus' Description of Constantius, CW 47, 1953, 4 sieht in Constantius' durch übermenschliche Selbstbeherrschung ermöglichten Unbeweglichkeit eine Entsprechung zur Frontalität der spätantiken Kaiserportraits mit ihrem starr nach vorne gerichteten Blick. 86 Vgl. MacMullen (o.Anm.26) 440: Die clibanarii „contributed to parades and martial ceremonies exactly the quality desired in the emperor himself: dramatic immobiliy". Panzer und Masken bedeckten den ganzen Körper der clibanarii oder Kataphrakten einschließlich ihrer Füße und Hände sowie die Brust ihrer Pferde, ließen ihnen allerdings ihre Beweglichkeit: Iul.or.l,37c-38a; 3 (2),57c Bidez; Paneg.4 [10],22,4; Claud. 3,357f; 28,569-574. Auch Julian und Claudian erscheinen sie wie lebendige Erzstatuen: ιππέων πλήθος, καθάπερ α ν δ ρ ι ά ν τ α ς έπί των 'ίππων όχουμένους, οΐς συνήρμοστο τ ά μέλη κ α τ ά μίμησιν της ανθρωπινής φύσεως Iul.or. 1,37d-38a; ά τ ε χ ν ώ ς ώσπερ ανδριάντες 3 (2),57c; quos operit formatque chalybs; coniuncta per artem / flexilis inductis animatur lamina membris; / horribilis visu; credas simulacra moveri / ferrea cognatoque viros spirare metallo Claud.5,557-560; 'quanam de gente' rogabat / 'ferrati venere viri? quae terra metallo / nascentes informât equos? num Lemnius auctor / indidit hinnitum ferro simulacraque belli / viva dedit? ' 28,570-574. Während bei Ammian die Starrheit der Kataphrakten derjenigen des Kaisers entspricht, kontrastieren das Funkeln der Edelsteine und das Wehen der Drachenfahnen mit ihr: Sabbah 1978 (o.Anm.6) 571.

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III Die Stadt (Amm. 16,10)

buchstäblich entgegenrennt. 87 Die göttliche Überhöhung des Kaisers geht einher mit einem Verlust an wesenhaft Menschlichem, und Ammian war nicht der einzige Zeitgenosse, der so empfand: Synesius etwa klagt gegenüber Honorius, heutzutage verkröchen sich die Kaiser im Palast und trauten sich nicht unter die Sonne, „um nicht von Menschen als Menschen erkannt zu werden". 88 Das alte, senatorisch geprägte Ideal der civilitas bestand weiter neben dem neuen, seit Diokletian verbindlichen des entrückten Gottkaisers bzw. heiligen Stellvertreters Gottes und vertrug sich in Wirklichkeit mit diesem nicht. Ammians Kritik richtet sich freilich nicht gegen die Ideologie oder Institution, sondern gegen die Person. Er ist sich zwar sehr wohl bewußt, daß die hieratische Starrheit des Constantius zeremoniöser Ausdruck seiner in göttliche Sphären reichenden Majestät ist, die sich in übermenschlicher, dem Kaiser allein eigener Selbstbeherrschung manifestiere (erant tarnen haec et alia quaedam in citeriore vita patientiae non mediocris indicia, ut existiman dabatur, uni illi concessae 11 ). Der von Constantius angenommene (affectabat 11) zeremonielle Gestus aber paßt nach Ammians Meinung zu dessen sonstiger Anmaßung, wie die Zusammenstellung mit den anderen, explizit getadelten Formen der Selbstisolation in 12 zeigt: Ammian kritisiert nämlich die Haltung des Constantius im Folgenden in Verbindung mit dessen grundsätzlicher Weigerung, andere Menschen neben sich im Wagen 89 oder als Mitkonsul zu dulden, worin er vom

87 exsiluit indecore et, qui esset, oblitus effuso cursu a vestíbulo longeprogressus ... 22,7,3, gelobt hingegen von Libanios, or. 18,155f, der auch or.l,129f positiv hervorhebt, daß Julian bei seiner (des Libanios) Rede vor Begeisterung unruhig geworden und schließlich aufgesprungen sei und die Arme ausgebreitet habe. Ammian freilich, der Julian sonst für seine civilitas lobt; meint hier, Julian sei zu weit gegangen. Vgl. auch die Begrüßung der neuen Konsuln durch Julian statim e solio ... exsiluit vultu trepido atque satagente ... quam longissime nobis obviam procederei laboravit Paneg. 3 [11],28,2-4, sowie Paneg.3 [11],29,5; 30,2; Amm.22,7,1 (Julian geht mit den Konsuln und Honoratioren ein Stück zu Fuß). Vgl.o.Anm.5 und Neri (o.Anm.6) 61-67. 88 Περί β α σ ι λ ε ί α ς 16D Terzaghi μή φωραθείητε ύπό των άνθρώπων οντες άνθρωποι. Paneg.2 [12],21 lobt Theodosius, weil er seinen Palast verlasse und sich dem Volk zeige, während andere ihre maiestas gefährdet sahen, wenn sie sich nicht wie ein Kultbild in einem Heiligtum im Palast einschlössen, und sich selbst außerhalb des Palastes in einer geschlossenen Sänfte und von ihrer Leibwache vom Volk abschirmen ließen. Paneg.12 [9],14,3f interpretiert die Zurückgezogenheit des Maxentius als Furcht. Auch die Isolation durch velum erregte Anstoß: Alföldi 1934 (o.Kap.II Anm.32) 37. 89 Wenn ein Kaiser jemanden neben sich im Wagen sitzen ließ, war dies ein besonderer Beweis von civilitas·. Alföldi 1934 (o.Kap.II Anm.32) 110 mit Anm.7. Julian handelt so bei Amm.22,9,13. Hier und generell sieht Baynes (o.Anm.43) 87 einen intendierten Gegensatz Constantius - Julian. Duval (o.Anm.6) 301 f meint, Ammian spiele an unserer Stelle darauf an, daß Julian als Familienmitglied, Caesar und Alamannensieger ein Platz im Triumphwagen gebührt hätte.

Hochmut kommt vor dem Fall

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Usus früherer Kaiser abweiche, als Arroganz (1 lf). 90 Auch im Nekrolog erscheinen diese Details als charaktertypische, ja physiognomische Merkmale des Constantius (quod autem nec os tersisse unquam vel nares in publico nec spuisse nec transtulisse in partem alterutrum vultum aliquando est visus 21,16,7; luce oculorum edita 19).91 Sie zeichnen einen Herrscher aus, von dem am Anfang desselben Abschnittes gesagt wird, er halte sich stets auf dem „Kothurn"92 der Kaiserhoheit und verachte in seinem „hohen und großen Geist" jegliche popularitas (imperatoriae auctoritatis coturnum ubique custodiens popularitatem elato animo contemnebat et magno 21,16,1). Am ärgsten äußert sich die Hochnäsigkeit des Constantius paradoxerweise aber gerade da, wo er seine immobilitas aufgibt, als er nämlich die Tore Roms passiert: bei jeder Durchfahrt bückt sich Constantius und das bei seiner Kleinwüchsigkeit 93 und der Höhe der Stadttore:94 90 Hartke (o.Anm.21) 314 gegen Straub (o.Anm.6) 183. Classen 1988 (o.Anm.21) meint, Ammian wolle Constantius hier allein anschaulich „charakterisieren, nicht kritisieren" (Zitat 181). Die Charakterisierung ist jedoch eindeutig negativ, da Ammian dieses Detail in eine Reihe mit anderen, am Ende des Abschnittes klar verurteilten Anzeichen von Hochmut stellt, deren Funktion nur in der Parallele zu Constantius' starrer Haltung auf seinem Wagen bestehen kann, da sie im Kontext der Szene sonst erheblich stören würden. A.Brandt (o.Anm.4) 205 ist mit Bezug auf Classen der Meinung, Ammian zolle Constantius' Haltung als einer Form von magnaminitas Bewunderung. 91 Diese Form der Selbstbeherrschung wird dort freilich unter den bona aufgelistet. Der nach oben gerichtete Blick, der im Abschnitt figura situsque membrorum genannt wird, ist kein physischer Defekt, sondern ein bewußt angenommener Habitus, der übermenschliche Hoheit und Entrückung signalisieren soll: alle Kaiserportraits der Zeit weisen ihn auf, s.o.S.85. Augensenken (supercilia humum spectantiä) interpretiert Ammian als Zeichen von puritas und verecundia (27,3,15): Sabbah 1978 (o.Anm.6) 424. In den Kaiserportraits sieht Engemann (o.Anm.77) 978 eine Entwicklung von „charismatischer Ruhe" bei Konstantin hin zu „starrer Unnahbarkeit" bei Constantius. 92 coturnus ist bei Ammian mit superbia konnotiert, vgl.27,11,2; 28,4,27: Neri (o.Anm.6) 7 mit Anm. 15. 93 Im Nekrolog heißt es, er habe kurze, krumme Beine gehabt (brevissimis cruribus et incurvis 21,16,19). Die Angabe des Georgios Kedrenos (Bonner Ausgabe 1, S.521), Constantius sei großgewachsen (εύμήκης) gewesen, welche Blockley 1980 (o.Anm.7) 33 zu 16,10,10 anfuhrt, ist als die eines byzantinischen Chronisten um 1100 n.Chr. kein ernstzunehmendes Gegenzeugnis zu Ammian, dem Zeitgenossen und Offizier des Constantius. Kedrenos, der an den Beginn der Herrschaftszeit jedes Kaisers eine Kurzcharakteristik von dessen Erscheinung und mores stellt, weicht auch bezüglich der Haarfarbe des Constantius (έπίξανθος, blond - subniger, schwärzlich Amm.21,16,19) von Ammians Angabe ab und hat vielleicht ein Kontrastbild zu Julian, den er als klein und dunkel beschreibt (S.531), erfunden. Möglicherweise geht seine Angabe sogar auf ein Mißverständnis unserer Ammianstelle zurück (es wäre nicht das einzige in dieser Art, vgl.u.Anm.107); in Ammians Charakterschilderung des Constantius, die Kedrenos gekannt zu haben scheint, hat er zumindest einiges nur halb verstanden (vgl. S.521 Z . l - 8 mit Amm.21,16). perhumile prädikativ aufzufassen („sich tief bücken"), wie Blockley

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III Die Stadt (Amm. 16,10)

corpus perhumile curvabat portas ingrediens celsas (10). perhumile Ammian hat das Wort nur hier95 - steht in pointiertem Gegensatz zu celsas. Dies ist keineswegs eine Unterwürfigkeitsgeste vor der Majestät Roms. Es ist - von Constantius' Seite - vielmehr die lebendige, gestische Inszenierung der göttlichen Größe seiner kaiserlichen Majestät. Die alte Vorstellung von der physischen Größe der Götter ist hier auf den christlichen Stellvertreter Gottes auf Erden übertragen.96 Die bildende Kunst der Zeit legt ein deutliches Zeugnis davon ab, wie himmelhoch man sich die Kaiser der Spätantike erhaben dachte - man denke nur an das gigantische Kolossalbild Konstantins aus der Maxentiusbasilika oder das des Constantius selbst aus dem Kolosseum in zehnbzw. siebenfacher Lebensgröße (Abb.8).97 Auffallend häufig werden in der Spätantike Kaiserstatuen auch auf hohen Basen und in luftiger Höhe auf Säulen oder Ehrenbögen plaziert, so daß der Betrachter zu ihnen hinaufsehen muß.98 Nicht nur zwischen Herrscher und Untertan entsteht auf diese Weise ein Gefalle, auch unter den Kaisern und ihren Nachfolgern wird die Rangfolge durch das Größenverhältnis ausgedrückt, wie Münz- und Reliefbilder von Konstantin bzw. Theodosius mit ihren

vorschlägt, scheint mir der Parallelismus der Antithese corpus perhumile -portas celsas gerade nicht nahezulegen. Classen 1988 (o.Anm.21) 185 mit Anm.43 (bei ihm versehentlich humile) hat auf jeden Fall unrecht, wenn er meint, die Beobachtung Hartkes (u.Anm.109), Ammian mache hier den Gestus des Kaisers lächerlich, sei durch Blockleys Fund „gegenstandslos": Selbst bei Annahme einer normalen Statur wirkt der Gestus befremdlich und wird durch den Kontext mit den anderen Äußerungen von Constantius' superbia negativ präsentiert. 94 Die Scheitelhöhe der Stadttore, die Constantius von Ocriculum kommend passieren mußte, beträgt zwischen 5 und 6, die lichte Höhe etwa 3,50 Meter: Hartke (o.Anm. 21)313 Anm.6. 95 Vgl. G.J.D.E.Archbold, A Concordance to the History of Ammianus Marcellinus, Toronto 1981; M.Chiabò, Index verborum Ammiani Marcellini, Hildesheim/Zürich/ New York 1993; I.Viansino, Ammiani Marcellini rerum gestarum Lexicon, Hildesheim/Ziirich/New York 1985. Das Simplex ist häufig benutzt. 96 Die christliche Kaiserideologie übernahm manches aus dem paganen Kaiserkult und trennte insbesondere oft nicht recht zwischen Göttlichkeit und Gotterwähltheit des Herrschers: W.Enßlin, Gottkaiser und Kaiser von Gottes Gnaden, SBAW 1943, 6 (gek. in: Das byzantinische Herrscherbild, hg.v. H.Hunger, Darmstadt 1975, 54-85), bes. 65ff. 97 Die Fragmente der Statuen befinden sich heute im Konservatorenpalast. Vgl. Delb r ü c k (o.Anm.80) 121-130, Taf.37-43; 139-144, Taf.52-54; L'Orange (o.Anm.77) 7074; 85, Taf.50-55 (neue Funde zum Konstantinskoloß); K.Fittschen/P.Zanker, Katalog der römischen Portraits in den Capitolinischen Museen und den anderen kommunalen Sammlungen der Stadt Rom, Bd.l, Mainz 1985, 147-152; 152-155. Bei Constantius ist die Benennung umstritten. 98 Engemann 980-983; Bauer 336-338 (beide o.Anm.77). Plin.nat.34,27 schreibt über Säulenmonumente und Statuen auf Bögen: columnarum ratio erat attolli super ceteros mortales, quod et arcus significai novicio invento.

Hochmut kommt vor dem Fall

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Söhnen, den Prinzen, zeigen." Constantius' Geste ist ein inszeniertes Bild und soll wie eine Metapher gelesen werden, die veranschaulicht, wie hoch der Kaiser über alles irdische Maß erhaben ist: er paßt nicht einmal unter dem Bogen eines Stadttors durch.100 Daß Constantius speziell die Durchgangssituation durch ein Tor zur Demonstration wählte, mag einerseits mit der Bedeutung zusammenhängen, die das Stadttor als Stadtgrenze, wo der einziehende Kaiser empfangen wurde, im Adventus-Zeremoniell und in Adventus-Darstellungen besitzt, 101 andererseits mit der in der Spätantike aufgekommenen Form der bildlichen Darstellung, den Kaiser mit einer Bogenarchitektur zu umgeben, 102 und der Bevorzugung von Standorten in der Nähe von Bögen für statuarische 99 Konstantin mit Constantius II und Constantinus II (kleiner) und Constans (deutlich kleiner): Goldmedaillon von Konstantinopel (L'Orange [o.Anm.77] 68). Konstantin mit den drei Caesares Crispus, Constantius II und Constantinus II bzw. Constantius II zwischen Constans und Constantinus II: Miliarense von 324/325 n.Chr. und Goldmedaillon von 339/340 n.Chr. (Kent/Overbeck/Stylow [o.Anm.79] Nr.646 und 666). Theodosius mit Valentinian, Arkadius und Honorius: Missorium des Theodosius I von 388 in Madrid, Sockel des Theodosius-Obelisken (N-W-Seite) im Hippodrom von Istanbul (Engemann [o.Anm.77] lOOOf)· Vgl. F.Kolb, Zur Repräsentation der Herrscher in der Spätantike, Vortrag bei der 24.Tagung der Mommsen-Gesellschaft im Mai 1997 in Halle, erscheint demnächst als Kapitel der Monographie „Spätantike Herrscherideologie". Die Veranschaulichung von Rangfolge beginnt freilich schon bei Augustus, wenngleich in zurückhaltender Form: auf der Gemma Augustea ist Augustus größer als seine Nachfolger Tiberius und Germanicus, wobei das Mißverhältnis durch die sitzende Haltung des Prinzeps weniger krass erscheint. Auch auf dem Konstantinsbogen (vgl.o.Anm.19) ist die sitzende Gestalt des Kaisers proportional größer als die der ihn umgebenden Soldaten und Bürger (in der Adventusszene wegen der Zerstörung der Figur nur schlecht erkennbar). 100 Darstellungen, auf denen der Kaiser die ihn umgebenden Bauwerke überragt etwa auf dem Galeriusbogen oder dem Arrasmedallion, wo Kaiser (und Heer) größer sind als die Stadttore, vgl.o.Anm. 19 - können nicht zum Vergleich herangezogen werden, da diese Disproportionalität zwischen Mensch und Bauwerk auch außerhalb der Spätantike generell auf Relief- und Münzdarstellungen zu beobachten ist, selbst z.B. auf den sehr realistischen Reliefs der Trajanssäule, wo etwa in der Lustratio-Szene im Lager die Lagermauer viel kleiner als der Kaiser und die Soldaten ist. (Ich danke Herrn Dr.Lorenz Winkler, Rostock, fur diesen Hinweis.) 101 Koeppel (o.Anm.19) 148ff; 193; Nussbaum (o.Anm.19) 972f. In Paneg.5 [8],7,6 (zitiert o.Anm.65) heißt es, daß die Tore Autuns den einziehenden Konstantin zu umarmen scheinen. 102 Engemann (o.Anm.77) 1033-1035. Als Beispiel können neben dem Theodosiusmissorium (o.Anm.101) mit direktem Bezug auf Constantius die erwähnte Münze mit der Darstellung von Konstantin und seinen drei Söhnen in einer Bogenarchitektur (Kent/Overbeck/ Stylow [o.Anm.79] Nr.646) und der Kalender von 354 dienen, wo Constantius mit Nimbus und Szepter, im Prachtgewand auf einem Podest thronend, in einer Aedicula mit zwei seitlichen Vorhängen abgebildet ist: J.Strygowski, Die Calenderbilder des Chronographen vom Jahre 354, JDAI Erg.H.l, 1888, Taf.34; vgl. 35 (Gallus).

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III Die Stadt (Aram. 16,10)

Kaiserbildnisse.103 So standen Reiterbilder von Konstantin und Constantius rechts und links vor dem Septimius-Severus-Bogen auf dem Forum Romanum, welche so groß gewesen sein dürften, daß die Reiter zumindest unter den seitlichen Bogendurchgängen sich tatsächlich hätten durchblicken müssen.104 Ammian aber, der auf die kleine physische Statur des Kaisers eigens hinweist, mißversteht absichtlich die Aussage des Gestus, indem er die Metapher ins Wörtliche 'rückübersetzt' und so das Verhalten des Kaisers ins Lächerliche und Absurde zieht.105 Statius hatte das Metaphorische seines Bildes und damit die Würde des Kaisers gewahrt, insofern er vom genius Domitians gesprochen hatte. Ammian hingegen behandelt Constantius wie einst Crassus den Volkstribunen Memmius, über den der Redner witzelte, er komme sich so groß vor, daß er vor dem Durchschreiten des (besonders hohen) Fabierbogens106 den Kopf einziehe (ita sibi magnum videri Memmium, ut in forum descendens caput 103

Stichel (o.Anm.75) 15f zählt neun Beispiele von Aufstellungen vor Stadt- und Palasttoren. Das Besetzen von Passagepunkten durch Kaiserdenkmäler bringt den Bürger in unausweichlichen Kontakt mit diesem: Bauer (o.Anm.77) 74; 363. Der Equus Theodosii auf dem Konstantinsforum in Konstantinopel war selbst als eine Art Bogen gestaltet: das Denkmal stand auf einem Sockel mit vier Pfeilern, unter dem man hindurchgehen konnte. 104 Der Mittelbogen des Septimius-Severus-Bogens ist 12 m, die Seitenbögen sind 7,80 m hoch. Sockel und Basis des Constantius-Reiterdenkmals sind ca. 4m hoch (Sockel: 2,20 m; Basis: 1,80 m) und stehen heute etwa 3 m unterhalb des ursprünglichen Niveaus des Bogendurchgangs (J.Bergemann, Römische Reiterstatuen. Ehrendenkmäler im öffentlichen Bereich, Mainz 1990, 121 Nr.E5); die darauf montierte Reiterstatue dürfte mindestens die doppelte Höhe der Basis gehabt haben. Aus der Inschrift der Basis geht hervor, daß das Ehrendenkmal für Constantius 352/353 anläßlich des Sieges über Magnentius geweiht wurde. Sie steht vor dem Nordpropylon des Septimius-SeverusBogens auf der forumszugewandten Seite als Pendant zum Reiterstandbild Konstantins, das nach C.F.Giuliani/P.Verduchi, L'Area centrale del Foro Romano, Florenz 1987, 69ff wahrscheinlich vor dem Südpropylon auf der Basis stand, dort, wo heute die Decennalienbasis steht (Bergemann 120f Nr.E4; Richardson [o.Kap.I Anm.2] s.v. „Equus Constantii"; „Equus Constantini" 144; P.Verducci, Equus: Constantinus, in: Steinby [ibid.] Bd.2, 1995, 226f; L.Chioffi, Equus: Constantius, in: Steinby Bd.2, 1995, 227. Photo des Bogens und der Basen bei Nash [o.Kap.I Anm.7] 126). 105 M.Roberts, The Treatment of Narrative in Late Antique Literature. Ammianus Marcellinus (16.10), Rutilius Namatianus and Paulinus of Pella, Philologus 132, 1988, 181-194, hier 184 meint, daß dem zeitgenössischen, an Majestätsinszenierungen gewohnten Zuschauer der Widersinn von Constantius' Geste im Gegensatz zum modernen Leser nicht aufgefallen sei; erst die anachronistisch skeptische Betrachtung Ammians mache ihn sichtbar. Vgl. aber u. Kap.IV S. 108f mit Anm.33. 106 Zum Fornix Fabianus B.Andreae, Archäologische Funde und Grabungen im Bereich der Soprintendenzen von Rom 1949-1956/57, AA 72, 1957, 110-358, hier 166168; Künzl (o.Kap.I Anm.21) 50f; Richardson (o.Kap.I Anm.2) s.v. „Fornix Fabinanus" 154 und L.Chioffi, Fornix Fabianus in: Steinby (ibid.) Bd.2, 1995, 264-266.

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Hochmut kommt vor dem Fall ad fornicem

Fabiatium

demitteret:

C i c e r o erzählt d i e s in d e o r a t . 2 , 2 6 7

zur Illustration v o n T e c h n i k e n zur H e r a b s e t z u n g e i n e s

Prozeßgegners

m i t t e l s H y p e r b o l e ) . 1 0 7 D a b e i v e r m o c h t e n i c h t nur d i e b i l d e n d e K u n s t , s o n d e r n a u c h d i e Literatur der Z e i t m i t a b s u r d e n V o r s t e l l u n g e n m e n s c h licher Körpergröße durchaus ernsthaft umzugehen: z.B. sagt Eunapios, d e s s e n G e s c h i c h t s w e r k A m m i a n für s e i n e R e s G e s t a e w a h r s c h e i n l i c h v e r w e n d e t hat, v o n s e i n e m v e r e h r t e n L e h r e r P r o h a i r e s i o s : Seine Körpergröße konnte man kaum abschätzen, so sehr übertraf sie alle Vorstellungen. Denn er schien über neun Fuß hoch zu sein, so daß er wie eine Kolossalstatue aussah, selbst wenn man ihn neben den höchstgewachsenen Zeitgenossen sah. (vita sophistarum 4 8 7 ) (...) Sie bestaunten die Schönheit und Größe seines Körpers. Sie blickten zu ihm auf wie zu einer Statue oder einem Koloß; so sehr übertraf seine Erscheinung alles menschliche Maß. (492) 1 0 8 H i e r d i e n t d i e - o f f e n b a r u n a n s t ö ß i g e - Ü b e r t r e i b u n g der V e r s i n n b i l d l i c h u n g der ü b e r r a g e n d e n g e i s t i g e n F ä h i g k e i t e n e i n e s b e w u n d e r t e n P h i l o sophen. A m m i a n hingegen entheiligt das Bild, deckt die Übertreibung a u f u n d kritisiert s o m i t subtiler B o s h a f t i g k e i t d i e superbia

des Con-

s t a n t i u s . 1 0 9 S e i n G r o ß t u n durch S i c h - k l e i n - m a c h e n w i r d entlarvt u n d d e m S p o t t p r e i s g e g e b e n , anstatt d a ß s e i n e M a j e s t ä t g e f e i e r t w ü r d e . D e n G e g e n s a t z b i l d e t Julian b e i m E i n z u g in K o n s t a n t i n o p e l ( e i n e , w i e g e 107

A.D.Leeman/H.Pinkster/E.Rabbie, M.Tullius Cicero De oratore libri III. Kommentar. 3.Band, Heidelberg 1989, S.298 z.St. Wenn der Ausspruch witzig sein soll, muß magnum hier „wichtig", „bedeutend" heißen. Quint.6,3,67 quod refert Cicero de homine praelongo 'caput eum ad fornicem Fabianum ojfendisse' vergröbert und verdirbt die Pointe. - Andreae (o.Anm.106) 167 (ebenso Kiinzl, ibid) mißversteht sie, wenn er vom Fabierbogen sagt, daß dieser „kleine Ausmaße gehabt haben muß, weil Cicero (de or.2,66,267) berichtet, daß Memmius, als er den Bogen durchschritt, sich gebückt habe, um nicht anzustoßen". - Ein anderes Beispiel für einen witzigen Vergleich der Körpergröße eines Menschen mit der Höhe eines Monuments ist Mart.8,60 summa Palatini poteras aequare Colossi, / sißeres brevior, Claudia, sesquipede. 108 το δέ μέγεθος ήν ήλίκον α ν τις οϋ πιστεύσειεν, ά λ λ α είκάσειεν μόλις, άνεστηκέναι γαρ εις ενατον πόδα κατεφαίνετο, ώστε κολοσσός έδόκει, παρά τους μέγιστους όρώμενος των καθ'έαυτόν άνθρώπων (487); του τε σώματος α ύ τ ο ΰ τό κάλλος και τό ϋψος έτεθήπεσαν, ώσπερ ες ανδριάντα τινά και τό κολοσσόν μόλιν άναβλεποντες· ούτω τ α π ά ν τ α ήν υπέρ άνθρωπον (492); Übers, bei Ρ.Zanker, Die Maske des Sokrates. Das Bild des Intellektuellen in der antiken Kunst, München 1995, 289. Seneca stellt sich in epist.115,4 vor, daß der animus eines vir bonus, sofern er sichtbar wäre, dessen Gesicht größer und strahlender als das eines normalen Menschen und damit gottähnlich mache: si quis viderit hanc faciem altiorem fulgentioremque quam cerni inter humana consuevit, nonne velut numinis occursu obstupefactus résistât? 109 Die Parallele zur Cicero-Stelle und die Deutung des Ammian-Passus als Kritik an Constantius wird Hartke (o.Anm.21 ) 313-315 verdankt.

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III D i e Stadt ( A m m . 16,10)

sagt, auf den Adventus des Constantius in Rom bezogene Passage). Die Menge kommt, um ihn zu sehen, weil er, obwohl so jung und kleingewachsen,110 so rasch so vieles geleistet und erreicht hat: die Antithese exiguo corpore, /actis ingentibus (22,2,5) drückt Lob und Bewunderung aus. Doch bevor der Leser diesen Fernbezug realisiert, springt ihm im nächsten Abschnitt ein anderer Kontrast in die Augen. Zwei Welten prallen aufeinander: Constantius' „starrem Übermenschentum begegnet nun das alte Rom".111 Der Kaiser und die Stadt sind als Antagonisten gezeichnet: wie ein Eroberer zieht Constantius mit seiner gewaltigen Truppenmacht in die Stadt ein,112 entschlossen, sich durch nichts aus der Ruhe bringen zu lassen und die Oberhand zu behalten. Sie aber ist die Siegerin: während Constantius' Unbewegtheit Pose bleibt, die an Roms Erhabenheit zerbricht, bewahrt Rom, die ewige Stadt, tatsächlich unveränderliche Ruhe und Würde.113 Der zunächst unbewegte und stolze, sich über alles so erhaben dünkende Kaiser verliert angesichts der Größe der Bauten des heidnischen Rom die Contenance, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus und wird schließlich ganz kleinlaut. Zu Ammians tiefer Befriedigung hat 'sein' Rom den ungeliebten Constantius, den Widersacher seines Helden Julian und Vertreter einer neuartigen, Ammian unsympathischen Herrschaftsauffassung, buchstäblich in Dies stimmt überein mit der äußeren Beschreibung im Nekrolog, mediocris erat staturae 25,4,22, unrichtig von Sabbah 1978 (o.Anm.6) 427 mit Anm.88 als Idealgröße zwischen den Extremen verstanden. Sabbah weist aber zu Recht darauf hin, daß physiognomische Theorien und die Physiognomien der Kaiser für Ammians Beschreibungen von Bedeutung sind (424-428). Ammian vermerkt z.B., daß Jovian zu groß war (25,5,6; 10,14). 111 Klingner 1941 (o.Anm.54) 538. 112 stipatusque agminibus formidandis tanquam acie ducebatur instructa 16,10,4; tamquam Euphraten armorum specie territurus aut Rhenum altrinsecus praeeuntibus signis 6; Sabbah 1978 (o.Anm.6) 570 „deux antagonistes sont au prises, Rome et Constance (...) leur rencontre s'exprime en termes dynamiques de combat et de victoire", vgl. ders. 1979 (o.Anm.53) 27f; Dufraigne 1992 (o.Anm.17) 508 und 1994 (o.Anm.6) 191: Rom trete als „la véritable héroïne" in Erscheinung. Sabbahs weitere Belege für militärische Ausdrucksweise in Anm.83 überzeugen nicht. Halfmann (o.Anm.13) 147 weist darauf hin, daß seit dem 3.Jahrhundert der Einzug eines Kaisers nach Rom mit dessen Machtübernahme in Verbindung stand, woraus sich die stark militärische Prägung von Adventusszenen erkläre. Lehnen (o.Anm.19) 76 betont, daß der Triumphalcharakter des Adventus nie aufgegeben wurde. 113 Sabbah 1978 (o.Anm.6) 570, vgl. 552: Der Rombesuch des Constantius konstruire „oppositions entre le mouvement et l'immobilité", zwischen „Constance avant et après", seinem Auftreten in den Provinzen und in Rom. Ammian stelle einander wertend gegenüber das Ideal des princeps civilis und die Realität des christlichen Autokraten sowie die alte Hauptstadt Rom und die neue Konstantinopel. Zu Rom als urbs aeterna bei Ammian vgl.o.Anm.63.

Hochmut kommt vor dem Fall

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die Knie gezwungen und seine Aufgeblasenheit auf die Größe reduziert, die seiner wirklichen - körperlichen und inneren - entspricht. Der sich zu groß schien, als daß er unter den nach Rom führenden Torbögen durchgepaßt hätte, muß die Stadt selbst aus der Froschperspektive erleben . n T Wie in einer Tragödie folgt auf Selbstüberschätzung, Hybris, notwendig der Fall. Die Rolle der strafenden Götter spielt die heilige Stadt. Theodosius verdient sich bei Claudian für seine civilitas bei seinem Rombesuch das Lob: inclinât ... regale modestia culmen (28,64).'15 Trajan, der rund dreihundert Jahre zuvor in Rom Einzug gehalten hatte, hob sich, wie Plinius rühmt, bei dieser Gelegenheit wohltuend dadurch von seinen Vorgängern ab, daß er zu Fuß ging und so die Menschen um ihn herum nur durch seine natürliche Körpergröße überragte116 (tu sola corporis proceritate elatior aliis et excelsior, non de patientia nostra quendam triumphum, sed de superbia principum egisti paneg.22,2), während die früheren principes hoch zu Wagen oder auf den Schultern von Trägern in die Stadt eingezogen seien, gerade als hätten sie es verlernt, ihre Füße zu gebrauchen" 7 (ganz ähnlich wie Ammian verspottet hier Plinius die zur Schau gestellte göttliche Erhabenheit als Verlust von Menschlichkeit). Trajan wird von Plinius mehrfach dafür gelobt, daß er, wörtlich genommen und bildlich gesprochen, sich auf das gleiche Niveau wie seine Mitbürger begebe und, indem er sich beuge, an Größe gewinne: cui nihil ad augendum fastigium superest, hic uno mo-

114 Vgl. Neri (o.Anm.6) 53: „È stato ben visto il contrappunto ironico tra l'altezza reale di Constanzo, che è assai modesta, e l'altezza dell'immagine ideale nella quale egli si identifica al punto da chinarsi per passare sotto le porte della città; io ritengo che esso continui nell'attenzione che l'imperatore presta all'altezza dei monumenti romani per cui non vede intorno a sé che inarrivabili altezze"; ebenso 55 „il contrappunto polemico tra la bassa statura di Constanzo e l'altezza dei monumenti". Vgl. auch Matthews (o.Anm.42) 21, der zu 16,10,14 ad cuius summitatem aegre visio humana conscendit beobachtet: „we almost hear ... the cricking of Constantius' neck as he strains upwards, that neck he had held firm, as if in a vice, in order to hold it steady and prevent the betrayal of amazement, on his first entry to Rome". 115 Vgl. auch Hist.Aug.Pius 6,4 imperatorium fastigium ad summam civilitatem deduxit, unde plus crevit. 116 Daß Trajan zu Fuß gehe, rühmt Plinius auch sonst auffällig häufig an diesem Prinzeps, vgl.o.Anm.67. Trajan war groß gewachsen, vgl. paneg.4,7. 117 emines excellis ut Honor, ut Potestas, quae super homines quidem, hominum sunt tarnen, ante te principes fastidio nostri et quodam aequalitatis metu usum pedum amiserant. illos ergo umeri cervicesque servorum super ora nostra, te fama, te gloria, te civium pietas, te libertas super ipsos principes vehunt; te ad sidera tollit humus iste communis et confusa principis vestigia 24,4f.

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III Die Stadt (Aram. 16,10)

do crescere potest, si se ipse submittat (paneg.71,4).118 Dasselbe Bild wie der Panegyriker der Zeit um 100 n.Chr. benutzt der spätantike Historiograph mit umgekehrtem Vorzeichen zum Zweck der Herabsetzung. Constantius, den nicht modestia, sondern superbia veranlaßte, sein Haupt zu neigen, wird bei Ammian von der angemaßten Höhe seiner gottähnlichen Majestät heruntergestoßen.

1,8

Die Stelle sei in ihrem Kontext (71,1-5) zitiert. Plinius spendet Trajan dafür Lob, daß er sich von seinem erhöhten Sitz erhoben hat (devexus in planum), um den neuen Amtsinhabern zu gratulieren, was der Senat bejubelt:) „tanto maior, tanto augustior!" nam cui nihil ad augendum fastigium superest, hic uno modo crescere potest, si se ipse submittat securus magnitudinis suae, ñeque enim ab ullo periculo fortuna principum longius abest quam humilitatis (3-5). Die sichtbare Geste des Kaisers wird aufgenommen durch die bildliche Sprache des Panegyrikers. Vgl. auch 62,8 sowie 61,1-3 (zwei Senatoren bekleiden neben Trajan das dritte Konsulat) quanti tunc illi quantusque tu! accidit quidem ut corpora quamlibet ardua et excelsa procerioribus admota decrescant, item ut altissimae civium dignitates collatione fastigii tui quasi deprimantur, quantoque propius ad magnitudinem tuam ascendermi, tantum etiam a sua descendisse videantur. illos tamen tu, quamquam non potuisti tibi aequare cum velles, adeo in edito collocasti, ut tantum super ceteros quantum infra te cernerentur.

IV Schlußbetrachtung modestia

principis

Es ist an der Zeit, die bisher einzeln betrachteten Schilderungen des Verhaltens dreier verschiedener Herrscher in einer vergleichbaren Situation einer abschließenden Zusammenschau zu unterziehen und in Hinblick auf das Herrscherbild der Zeit und das Verhältnis der drei Autoren zu dem jeweiligen Herrscher und zu ihrer Zeit auszuwerten. Zunächst sind äußerliche Unterschiede festzuhalten. Bei Vergil tritt ein fremder Fürst aus Troja nach einem Gang durch das spätere Rom, die ihm verheißene Heimat, unter das Dach eines ansässigen Fürsten. Aeneas präfiguriert Augustus, Euanders Hütte das Haus des Augustus. Die fiktive Begebenheit wird erzählt im Nationalepos der Römer. Bei Statius ist der Dichter selbst Gast im Palast des Kaisers. Er schildert sein persönliches Erlebnis in einem Dankgedicht an Domitian. Bei Ammian zieht der römische Kaiser, der in Konstantinopel residiert, zu Wagen in die ehemalige Hauptstadt ein und besichtigt sie. Das historische Ereignis ist dargestellt in einem julianfreundlichen Geschichtswerk. Aeneas und Constantius sind Gäste, Domitian ist Gastgeber. Die motivische Gemeinsamkeit besteht darin, daß in allen drei Fällen die Körpergröße eines Herrschers im Verhältnis zu der eines Gebäudes, das ihn aufnimmt, eine Rolle spielt. Bei Aeneas und Domitian stellt die Herrscherresidenz auf dem Palatin ein zusätzliches verbindendes Element dar, bei Aeneas und Constantius die Besichtigung der Stadt Rom. Der wesentliche Unterschied liegt im Verhalten der drei Personen. Der große Held und König Aeneas bescheidet sich mit einem kleinen Haus. Auf Äußerlichkeiten gibt er nichts, er vermeidet es, seinen Wirt zu beschämen. In seiner Bescheidenheit tut sich seine innere, moralische Größe kund, die ihn zum Herrscher legitimiert. Die Mahnung Euanders hat Resonanz gefunden. Aeneas ist ein vorbildlicher Gast. Er und sein Gastgeber begegnen sich auf gleichem Fuß. Sie sprechen miteinander und werden Freunde. - Domitian bewohnt einen riesigen Palast. Seine Präsenz sprengt jedoch dessen Grenzen, außer für ihn bleibt

IV Schlußbetrachtung

98

für niemanden Raum. Sein Gast fühlt sich nach eigener Aussage erhoben, dem Eindruck des Lesers nach aber erdrückt. Domitian signalisiert durch die Einladung und den Aufwand der Bewirtung Interesse an seinen Untertanen und bemüht sich, mit seinen Gästen auf gleicher Ebene zu verkehren, doch zu einem echten Gespräch kommt es nicht. Der Gast verfallt in ein starres Staunen. Obwohl Domitian, anders als Aeneas und Constantius, als Du von einem Ich angeredet wird, erscheint er isoliert. Er bleibt einsam auf seiner Höhe und wird als fremdes, übermenschliches Wesen wahrgenommen. Domitian ist ein engagierter, aber kein erfolgreicher Gastgeber. - Constantius kommt als Gast und Fremder in die frühere Hauptstadt seines Reiches. Statt sich ihrer ehrwürdigen Tradition respektvoll zu beugen, demonstriert er gerade im Gestus des Sich-Bückens Überlegenheit. Seine starre Haltung allein auf dem Wagen gebietet Abstand, er läßt (zunächst) keine Kommunikation zu. Er wird als Statue wahrgenommen. Seine Einschätzung der Größenverhältnisse ist verkehrt und wird durch das Romerlebnis, das den Kaiser zum Staunenden degradiert, zurechtgerückt, seine angemaßte Größe demontiert. Sein Betragen als Gast ist ungebührlich und erfahrt die verdiente Zurechtweisung. Natürlich liegt den drei Darstellungen jeweils ein verschiedenes Herrscherbild zugrunde. Augustus als Begründer des Prinzipats mußte sich erstens noch sowohl aus Geschichte und Mythos als auch durch seine Leistungen und moralische Vorbildhaftigkeit legitimieren und durfte zweitens den Schein der Gleichheit innerhalb der Aristokratie nicht verletzen. 1 Mit der restitutio rei publicae war offiziell die alte republikanische Verfassung wieder in Kraft, und Augustus überragte seine Standesgenossen vorgeblich allein an auctoritas, nicht an Machtbefugnis. 2 Deshalb bedient er sich für seine Selbstdarstellung als Herrscher, jedenfalls seit 27 v.Chr., verhältnismäßig subtiler Mittel. Auf 1

H.Kloft, Aspekte der Prinzipatsideologie im frühen Prinzipat, Gymnasium 91, 1984, 306-326, hier 322: „Die Bürgerlichkeit des Kaisers, die sich in der civilitas, der modestia bzw. moderatio dokumentierte und auf die Augustus und besonders Tiberius großen Wert legten, banden den Herrscher ein in einen Kreis von Gleichen, relativierten seine Person und gaben den ehemaligen Standesgenossen das beruhigende Gefühl, daß der Prinzeps einer von ihnen war". Für Augustus wie für die Nobilität war es ein schwieriger Balanceakt, nicht zuwenig und nicht zuviel Unterwürfigkeit zuzulassen bzw. zu zeigen. 2 R.Gest.div.Aug.34. Die Macht sicherte er sich de facto durch tribunicia potestas und imperium proconsulare, doch er lehnte die Übernahme der Diktatur, der lebenslänglichen Zensur und des lebenslänglichen Konsulats ab, um nach außen den Anschein der Alleinherrschaft zu vermeiden: Kienast (o.Kap.I Anm. 12) 204-212; J.Bleicken, Augustus. Eine Biographie, Berlin 1998, 297-369, bes. 304f; 324; 351ff; vgl. 387-389 zur Ideologie und Selbstdarstellung.

modestia principis

99

offiziellen Abbildungen mit mehreren erscheint er kaum größer als die anderen Figuren,3 kolossale Statuen seiner Person gestattete er in Rom und Italien nicht, sondern nur in den Provinzen 4 (das Kolossalbild auf dem Mausoleum ließ erst Tiberius postum für den divinisierten Prinzeps aufstellen); 5 auch seine Bauten übertrafen die der Republik nicht so sehr durch Quantität als durch Qualität.6 Seine Verehrung als Gott untersagte er den Römern und erlaubte in Rom nur die seines numen oder genius in Kultgemeinschaft mit anderen Gottheiten; Kultstatuen seiner selbst und Heiligtümer für seine Person ließ er außer in den Provinzen nicht zu.7 3 In der Opferszene der Ara Pacis sind Augustus, Livia und die Nachfolger des Prinzeps nur unwesentlich größer als die anderen Teilnehmer an der Zeremonie, die sich im übrigen entspannt unterhalten und nicht in starrer Ehrfurcht auf Augustus zentriert sind. Konstantin hingegen überragt auf den spätantiken Friesen des Konstantinbogens seine Begleiter merklich (vgl.o.Kap.III Anm.99). 4 Im Metroon von Olympia stand Augustus in anderthalbfacher Lebensgröße als Zeus, außerdem überlebensgroß im Sebasteion von Caesarea (ebenfalls als Zeus neben Roma im Typus der Hera von Argos) und im Athena-Heiligtum von Pergamon. In der Republik gab es keine überlebensgroßen Ehrenstatuen, da man mit der Überdimensionierung Göttlichkeit konnotierte; Kolossalstatuen ehrten die hellenistischen Herrscher, vielfach als deren Kultstatuen in Kultgemeinschaft in Göttertempeln aufgestellt: Kreikenbom (o.Kap.II Anm.53) passim, bes. 54; 61-74; 112f; S.R.F.Price, Rituals and Power. The Roman Imperial Cult in Asia Minor, Cambridge usw. 1984, 187f; Pekáry (o.Kap.II Anm.58) 81. Clauss 1999 (o.Kap.I Anm.71) 307f schließt aus einer Münzdarstellung, wo der Kopf des Kaisers eine Tempelgebäude zur Gänze ausfüllt ( B M C Ionia 319, Nr.69), auf eine Kolossalstatue des Augustus im Tempel von Teos. 5 Tiberius gestattete auch erstmals die Aufstellung seines eigenen kolossalen Bildnisses in Rom (auf dem Caesarforum), doch handelte es sich um eine Stiftung der östlichen Provinzen. Die vierzehn Kolossalstatuen des Augustus in Italien, deren Überreste wir kennen, stammen sämtlich aus tiberischer bis claudischer Zeit: Kreikenbom (o. Kap.II Anm.53). Die Kolossalstatue des Apollo im Tempel des Gottes bzw. in der palatinischen Bibliothek, die angeblich die Züge des Prinzeps trug, wurde ebenfalls erst in nachaugusteischer Zeit aufgestellt. Wie groß die Augustusstatue in der Vorhalle des Pantheons und die zur Quadriga auf dem Augustusforum zugehörige Figur des Prinzeps waren, ist nicht festzustellen. Unsicher ist die Benennung und Datierung des Kolosses, dessen Basis zusammen mit Körperfragmenten in einem Saal im Forum Augustum gefunden wurde. Der bei Mart.8,44,7 erwähnte colossus Augusti meint Domitian: Kreikenbom 61-64. 6 Bleicken (o.Anm.2) 535. Vgl. allerdings Favro 1996, 150f; 180-182 (o.Kap.I Anm. 13). 7 Freilich wußte Augustus in Rom seine Person geschickt mit Gottheiten wie Apollo, Vesta, Mars Ultor, Pax, Concordia, Salus oder Fortuna Redux zu verbinden. Sein Genius wurde in der Hauptstadt zusammen mit den Laren, den Staatsgöttern und in anderen Kultgemeinschaften verehrt, nur in den Municipien gab es eigene Tempel und Priester fur den genius Augusti sowie Heiligtümer für Augustus selbst zusammen mit Roma. Daß Agrippa das Pantheon zu einer Kultstätte fur die kaiserliche Familie machte, verhinderte der Prinzeps; beider Statuen standen nur in der Vorhalle. Erst nach dem Tod des Augustus wurde unter Tiberius ein Tempel für ihn beschlossen. Vgl. Taylor (o.Kap.I

100

IV Schlußbetrachtung

Domitian hingegen forderte göttliche Verehrung. Er ließ in der Nachfolge Caligulas und Neros seine Statuen neben denen von Göttern in Heiligtümern aufstellen8 und errichtete eine Vielzahl kolossaler Standbilder von sich selbst, deren herausragendstes und für seine Standesgenossen provokantestes sein Reiterstandbild in der Mitte des Forum Romanum war; auch auf dem Palatin oder in dessen Nachbarschaft stand eine weit überlebensgroße Statue Domitians.9 Sein Vater hatte den Kaiserkult in allen Provinzen reichsweit verbindlich gemacht.10 Der Prinzipat als Staatsform ist unangefochten, Domitian als Herrscher durch dynastische Erbfolge legitimiert. Die Selbstdarstellungen des Prinzeps sind nicht mehr auf die Senatsaristokratie, sondern auf das Heer, das ihn einsetzt, und auf das Volk ausgerichtet, die Bildersprache der Repräsentationsmonumente, die im frühen Prinzipat mit AnspielunAnm.56) 181f; 191; 202-204; 222f; 245f; L.Cerfaux/J.Tondriau, Un concurrent du christianisme. Le culte des souverains dans la civilisation Gréco-Romaine, Tournai 1956, 313ff; C.Habicht, Die augusteische Zeit und das erste Jahrhundert nach Christi Geburt, in: Le culte des souverains dans l'empire Romain, hg.v. W.den Boer, Vandœuvres 1972 (Entretiens sur l'antiquité classique 19), 39-99, hier 49ff; D.Fishwick, The Imperial Cult in the Latin West. Studies in the Ruler Cult in the Western Provinces of the Roman Empire, 4 Bde., Leiden usw. 1987-1992 (Études préliminaires aux religions orientales dans l'empire Romain 108), 83ff; 375ff; J.R.Fears, Herrscherkult, RAC 14, 1988, 1047-1093, hier 1059-1063; Bleicken (o.Anm.2) 378-386; Kienast (o.Kap.I Anm.12) 244-257. Im Gegensatz zu den obengenannten Autoren ist M.Clauss, Deus praesens. Der römische Kaiser als Gott, Klio 78, 1996, 400-433 (vgl. die Monographie [o.Kap.I Anm.71] 17ff), hier 412f; 417-419; 432 der Auffassung, daß es keinen Unterschied mache, ob numen oder Person göttlich verehrt würden. Augustus sei vor und auch nach seiner Übernahme der Herrschaft durchaus zu Lebzeiten als Gott verehrt worden. Daß er Tempel nur in den Provinzen und seinen Kult nur in Tempelgemeinschaft mit Roma zugelassen habe, wie Sueton (Aug.52) und Cassius Dio (51,20,6-8) berichten, wiederlegten die epigraphischen Quellen. 8 Vgl.o.Kap.II S.44 mit Anm.3 lund 32. 9 8 m als Standbild bzw. 4,5 m als Sitzbild, die größte bekannte Panzerstatue; vgl. Mart.l,70,5f: K.Stemmer, Fragment einer kolossalen Panzerstatue Domitians? Zur Kolossalität in flavischer Zeit, AA 1971, 563-580, hier 567; Kreikenbom (o.Kap.II Anm.53) 106. Der Equus Domitiani auf dem Forum Romanum wird auf 3-5fache (Bergemann [o.Kap.III Anm.104] 165) bzw. 6-7fache Lebensgröße (Stemmer 575) geschätzt. Zur Herrschaftsauffassung Domitians und zur Abkehr vom Scheinbild der Gleichheit aller Adligen, die in der Wahl des Aufstellungsortes mitten auf dem bis dahin freien Forum Romanum zum Ausdruck kommt, s. Zanker 1972 (o.Kap.I Anm.18) 26f; 50. Trotz des Bildersturms nach der damnatio memoriae sind noch eine ganze Reihe kolossaler Statuen Domitians nachweisbar, z.T. mit umgearbeitetem Kopf und dem Portrait späterer Kaiser: Kreikenbom 103-108. Seine Kolossalstatue in Ephesus war mit Lanze 7-8m hoch: Price (o.Anm.4) 187. 10 Zu Vespasian s. diesbezüglich Dahlheim, W.: Geschichte der römischen Kaiserzeit, München 2 1989 (zuerst 1984), 24f; 183; D.Fishwick, The Development of Provincial Ruler Worship in the Western Roman Empire, ANRW II 16,2, 1978, 1201-1253, hier 1219-1233; Fears 1988 (o.Anm.7) 1063-1065.

modestia

principis

101

gen arbeitete, hat eine Vergröberung erfahren. 11 Sie wirbt nicht um Anerkennung durch Gleiche, sondern will Untergebene beeindrucken und schafft so notwendig Distanz. Die christlichen Kaiser schließlich sind nicht mehr durch Abstammung, Leistung oder Charisma, sondern durch Gottesgnadentum legitimiert. Sie verkörpern nicht nur irgendeinen oder auch den höchsten Gott des Pantheon, sondern stehen für d e n e i n e n Gott. Ihre Person ist heilig, man begegnet ihnen nur im strengen Zeremoniell der adoratio. Der kostbare Prunk der kaiserlichen Repräsentation soll den Herrscher seinen Untertanen weithin sichtbar machen und ihn als übermenschlichen Repräsentanten Gottes legitimieren. Demselben Zweck dient auch die gigantisch-kolossale Dimensionierung der Kaiserbildnisse und deren Plazierung auf Säulen- und Bogenmonumenten. Ihr aufwärts gerichteter, 'transzendenter' Blick nimmt kein Gegenüber wahr. Zugleich wird der Kaiser seinerseits nicht als menschliches Individuum, sondern als Verkörperung der Institution des Kaisertums erfahren, welcher er seine Person unterzuordnen hat. 12 Das Abstrahieren von der Person erleichtert, j a ermöglicht erst - anders als bei Domitian, der noch nicht scharf zwischen Individuum und Kaiseridee getrennt hatte die adorierende Unterwerfung der Untertanen unter die Hoheit des Kaisers. Die Pracht und Dimensionierung der Repräsentation kompensiert den realen Machtverlust der Kaiser und des Reiches und erlaubt den Untertanen die Identifizierung mit dem Imperium Romanum trotz dessen augenscheinlichen Verfalls. So betrachtet, sind alle drei Kaiser in ihrer Zeit vorbildliche Herrscher. Augustus hatte allerdings das Glück, in Vergil einen sensiblen, loyalen Dichter zu finden, der seine Ideen von einer moralischen Erneuerung mittrug und an die Erfüllung der römischen Geschichte in seiner Gegenwart glaubte. - Statius besaß einen feinen Sinn für optische Effekte und lag mit seinem manieristischen Stil ganz im Trend der Zeit, war aber ein unpolitischer Mensch ohne tieferes Geschichtsbewußtsein, 13 der auch dem Kaiser persönlich nicht nahestand. 14 Seine

" T.Hölscher, Staatsdenkmal und Publikum. Vom Untergang der Republik bis zur Festigung des Kaisertums in Rom, Konstanz 1984 (Xenia 9), bes. 35. 12 O.Kap.III S.83-88; 90-92. 13 Seine Thebais und Achilleis sind, anders als Vergils historisch-mythologisches Epos und auch ganz anders als die Epen des Lucan, Silius Italicus und selbst Valerius Flaccus, ohne jeden Zeitbezug. Zu Unrecht sehen F.Ahl, Statius 'Thebaid'. A Reconsideration, A N R W II 32,5, 1986, 2803-2912 und Dominik (o.Kap.II Anm.74) in der Thebais ein Domitian-kritisches Epos: vgl. die Rezensionen von W.Kißel, Gnomon 62, 1990, 462; S.Franchet d'Espèrey, RPh 68, 1994, 33f; S.T.Newmyer, CO 72, 1994-1995,

102

IV Schlußbetrachtung

Domitiangedichte sind artistische Pflichtübungen. Es gibt keine Anzeichen, daß seine prodomitianische Haltung und seine Begeisterung für die kaiserliche Prachtentfaltung einer entgegengerichteten inneren Überzeugung widerspräche.15 Gleichzeitig verrät jedoch das Portrait Domitians beim Gastmahl ein gewisses Unbehagen des Dichters in der Nähe des Kaisers. - Ammian ist ein retro vertierter Patriot, den es schmerzt, daß Rom seinen Zenit bereits überschritten hat, und der sich dies zugleich nicht wirklich eingesteht. An Constantius legt er denselben Tugendmaßstab an wie Vergil an Augustus und ist notwendig enttäuscht. Dem Wandel des Herrscherideals verschließt er sich. Ammians Ablehnung des orientalisch-spätantiken Herrscherzeremoniells und sein Rückgriff auf das republikanisch-römische modestia-ldeal sind vielleicht eine Überkompensation des aus dem Osten stammenden Wahlrömers. Anders als der (ebenfalls griechischstämmige) Dichter und Dichtersohn Statius hat der Historiker und nüchterne Kriegsmann aus Antiochia dem Glanz und der Pracht des kaiserlichen Auftretens nichts abgewinnen können. In dieser Weise ist Statius (und Domitian) seiner Zeit voraus,16 während Ammian (und Julian) hinter der Entwicklung zurückgeblieben ist. Resümierend ließe sich über die Behandlung der 143f; ders., BMCRev 6, 1995, 186-193; P.Hardie, CR N.S. 46, 1996, 27f; N.Austin, Prudentia 28, 1996, 49-51; G.W.Harrison, CW 90, 1006, 466f. 14 A.Hardie, Statius and the Silvae: Poets, Patrons and Epideixis in the GraecoRoman World, Liverpool 1983, 11 meint allerdings, daß der Vater des Statius Domitian unterrichtet habe. Die an den Kaiser gerichteten Silven (1,1; 1,6; 2,5; 3,4; 4,1-3) sowie die in das Proömium der Thebais unorganisch eingeschobene Eulogie Domitians (1,1731) sind im selben offiziell-adulatorischen, menschlich distanzierten Ton gehalten; es handelt sich möglicherweise z.T. um Auftragswerke. Statius war Domitian für eine Wasserleitung zu seinem Albaner Landgut (silv.3,1,61-64) sowie für seine Siege bei den Augustalien (silv.5,3,225) und bei den Albanischen Spielen (silv.3,5,28-31) verpflichtet, welch letztere Ehre unser Gedicht am Ende auch erwähnt, allerdings als lange zurückliegend (63-67) - wohl eine in eine Danksagung eingebettete sanfte Erinnerung an den Kaiser, ihn bei den nächsten Dichterwettkämpfen wieder zu berücksichtigen. Bei den kapitolinischen Spielen hatte Domitian Statius nicht den ersten Preis zuerkannt, was diesen schwer enttäuschte (silv.3,5,31-33; 5,3,231-233). Vielleicht wollte er sich deshalb von Rom in seine Heimatstadt Neapel zurückziehen (silv.3,5); J.Garthwaite, Domitian and the Court Poets Martial and Statius, Diss. Cornell Univ., Ithaca, N.Y. 1978, 130-146. 15 Ganz anders F.M.Ahl, The Rider and the Horse: Politics and Power in Roman Poetry from Horace to Statius, ANRW 2,32,1, 1984, 40-110, hier 85-102. 16 Vgl. Lehnen (o.Kap.III Anm. 18) 199 Anm.9: „Den von Domitian verkörperten und wesentlich geprägten Entwicklungstendenzen der römischen Monarchie sollte in der Spätantike zuletzt unter Entwicklung der christlichen Herrschertheologie die Zukunft gehören: Steigerung des absoluten Anspruches, Überhöhung durch Kult und Zeremoniell, Betonung des militärischen Faktors des Kaisertums, Verstärkung der Hofstruktur usw".

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drei Kaiser durch die drei Autoren sagen: Vergil verneigt sich bewundernd vor Augustus, Statius macht einen Bückling vor Domitian, Ammian zeigt Constantius postum seine Verachtung und versetzt ihm einen Tritt. Vergils Einstellung deckt sich mit der allgemeinen Akzeptanz, die der überwiegende Teil der Bürger aller Schichten, von den Bürgerkriegen erschöpft und durch die Zurückhaltung des Augustus und seine Anknüpfung an die von je her geltenden römischen Werte gewonnen, dem Prinzeps und dem Prinzipat weitestenteils entgegenbrachten; die Erinnerung an Augustus als den Befreier von den Schrecken der Triumviratszeit hatte die Erinnerung an ihn als Mitverursacher dieser Schrecken überlagert.17 - Statius' Haltung gegenüber Domitian steht im Widerspruch zu der des Senatsadels, jedoch im Einklang mit der der nichtsenatorischen Bevölkerung, welcher Statius auch selbst angehörte. Bei ihr dürfte Domitian beliebt gewesen sein: sie profitierte von der wirtschaftlichen und außenpolitischen Stabilität unter Domitian und dem Bauprogramm des Prinzeps;18 auf ihre Unterhaltung und ihr Selbstwertgefuhl als Römer zielte die Zurschaustellung kaiserlicher maiestas, welche den alten Senatsadel als Überlegenheitsdemonstration eines die Grenzen nicht achtenden Standesgenossen aus einer Aufsteigerfamilie erboste. - Ammians modestia-ldea\ wurde sogar durch die panegyrische Literatur der Zeit an die Kaiser herangetragen, es koexistierte mit dem Bild vom über allem Irdischen stehenden Kaiser. Doch anders als die Panegyriker läßt der Historiker das neue Herrscherbild neben dem alten nicht gelten, ausschließlich in den alten römischen Werten, verkörpert in der Person Julians, sieht er das Heil. Ammians Rückwärtsorientierung ist symptomatisch für die Angst einer Nation in der Krise, die sich an ihrer großen Vergangenheit wie an einem proba-

17

Bleicken (o.Anm.2) 51 Of; 538f. Vgl.o.Kap.II Anm.72. Zur Stabilität der Währung, dem Wiederaufbau Roms nach dem Brand von 64 und der religiösen und moralischen Erneuerung, welche Domitian zu seinen Anliegen machte, Jones (o.Kap.II Anm.5) 72-109; zu seiner defensiven, antiexpansionistischen Taktik in Germanien, Dakien und Britannien Jones 127; 145; 150f; Christ 1962 (o.Kap.II Anm.72) 207-212. Christ 211 konstatiert eine Diskrepanz zwischen Domitians exponierter Herrscherauffassung („fast maßlose Ansprüche, radikale Distanzierung von der Tradition, Übersteigerung und Überhöhung mit allen Mitteln") und seiner „durchaus soliden äußeren Politik" („nüchterne, realistische, der jeweiligen Problemlage durchaus angemessene, fast bescheiden anmutende Konzeption, die eher ein Zuwenig behaupten als nach einem Zuviel ausgreifen wollte und dem Pomp und Pathos des herrscherlichen Gebarens wenig entsprach"). - Nach Suet.Dom.23,1 reagierte der Senat auf Domitians Tod enthusiastisch, das Volk indifferent, das Militär voller Zorn; es wollte Domitian divinisieren. 18

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ten Erfolgsrezept festhält und sie gleichsam beschwört, als könne sie so ihre bevorstehende Auflösung verhindern. 19 Welchen Platz schließlich in der Empfindung unserer drei Autoren ihre jeweilige eigene Zeit in der römischen Geschichte einnimmt, wird deutlich aus der unterschiedlichen Rolle, welche die Stadt Rom in den drei behandelten Passagen spielt. Vergils gegenwärtiges Rom ist groß und prächtig, das von ihm geschilderte Urrom klein und ärmlich. Der Blick richtet sich in der Fiktion des Epos in die Zukunft, vom Standpunkt des Autors und des Lesers aus in die Vergangenheit. Der Vergleich fallt zum Vorteil der Gegenwart aus, achtet jedoch die Vergangenheit als Keimzelle dieser Gegenwart. Ein kontinuierlicher, durch menschliche Anstrengung und göttliche Bestimmung ermöglichter Fortschritt führt vom Urrom zum Rom des Augustus, das als Vollendung und Höhepunkt erscheint, ohne daß hierdurch die Perspektive in die Zukunft verstellt wäre. 20 Der Weg des Aeneas und Euander ist zwar umständlich und mühsam, hat aber ein Ziel, den Palatin, welches erreicht wird: der Heimatsuchende kommt an. In der Palastbeschreibung des Statius ist die Umgebung des Palastes nicht thematisiert. Majestätisch thront der fertiggestellte Palast auf dem Palatin und in ihm der Kaiser beim ruhigen Genuß. 21 Es gibt keine Bewegung oder Suche, präsentiert wird ein statisches Bild. Der neue Palast hat die mythischen und historischen Vorgängerbauten übertrumpft, die Vorzeit ist überwunden. Ammians Rom ist ein Monument der Vergangenheit, welches als übermächtig groß und unerreichbar für die hilflose Gegenwart empfunden wird. Die Blickrichtung ist retrospektiv. Die Kontinuität zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist zerrissen, so daß sich auch kein in die Zukunft reichendes Band anknüpfen läßt. Constantius' Weg durch Rom hat kein bestimmtes Ziel. Sein Endpunkt ist nicht mehr der Palatin, denn der Kaiser hat Rom als tatsächliche und ideelle Heimat aufgegeben. Trotz allen Pomps wirkt Constantius' Triumphzug durch Rom kläglich, da der Kaiser vor der Vergangenheit versagt; er erweist sich ihrer unwürdig. Die Leistung des Augustus hingegen, der die Her-

19

Vgl.o.Kap.III S.80 mit Anm.63 (Ewigkeit der Stadt Rom). K.Gaiinsky, Das Augusteische in der Augusteischen Kultur, Vortrag bei der 24.Tagung der Mommsen-Gesellschaft, Halle 21.-24.5.1997, betont, daß Augustus und die Verfechter seiner Ideen den erreichten Punkt keineswegs als Endpunkt verstanden, nach welchem der Abstieg vorgezeichnet sei, sondern aus dem Erreichten die Verpflichtung ableiteten, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzuschreiten. 21 Augenfälliger als in unserem Gedicht wird die Zentrierung der gesamten Stadt und der gesamten römischen Geschichte auf Domitian als autokratischen Herrscher in silv.1,1, der Beschreibung des inmitten des Forum Romanum situierten kolossalen Reiterstandbildes des Kaisers: Verf. (o.Kap.II Anm.40) 30-33. 20

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ausforderung der Vergangenheit gemeistert hat, rechtfertigt den herrlichen Triumph, auf den die Stationen des Weges der zwei Wanderer vorausdeuten. In Vergils Rombild spiegelt sich die Zufriedenheit seiner Zeit mit dem Erreichten, verhaltener Stolz sowie Zuversicht in Bezug auf die Zukunft, in dem Ammians Resignation und nostalgische Sehnsucht nach vergangenen, besseren, ruhmreicheren Zeiten. Statius interessiert die Einbindung des status quo in die geschichtliche Entwicklung nicht. Bei ihm sind das Auftreten des Herrschers und dessen Leistung deckungsgleich, während Ammian und Vergil ein Mißverhältnis konstatieren: Vergil zugunsten, Ammian zuungunsten des Kaisers. Offenbar unverzichtbarer Bestandteil des kaiserlichen Auftretens ist in allen drei Schilderungen, wenngleich in unterschiedlicher Ausprägung und Gewichtung, die modestia. Dies fällt auf gerade angesichts der Verschiedenheit von Gattung und Anlaß des jeweiligen Werks, von Umständen und Person der geschilderten Begebenheit und von Herrscherideal und politischer Realität der Zeit der Abfassung. Bescheidenheit und Umgänglichkeit - lateinisch modestia, moderado, civilitas, humanitas, iucunditas und hilaritas 22 - haben in der Tat Schriftsteller der gesamten römischen Antike unter die Herrschertugenden gezählt und an verschiedenen Kaisern gerühmt.23 Das Ideal der Bescheidenheit, geboren aus der politischen Notwendigkeit bei der Überführung der Republik in die Monarchie unter Beibehaltung der republikanischen 22

Zum Wortfeld und zur Wortgeschichte vgl. I.Lana, Civilis, civiliter, civilitas in Tacito e Suetonio. Contributo alla storia del lessico politico romano nell'età imperiale, AAT 106, 1972, 465-487; R.Seager, Ammianus Marcellinus. Seven Studies in His Language and Thought, Columbia 1986, 22; 36-39 (civilis auch bei Tac., Plin.paneg. und mehreren spätantiken Autoren); M.Vielberg, Pflichten, Werte, Ideale. Eine Untersuchung zu den Wertvorstellungen des Tacitus, Wiesbaden/Stuttgart 1987 (Hermes Einzelschriften 52), 134-150; T.J.Moore, Artistry and Ideology: Livy's Vocabulary of Virtue, Frankfurt a.M. 1989 (Beiträge zur klassischen Philologie 192), 75-78; J.Christes, Modestia und moderatio bei Tacitus, Gymnasium 100, 1993, 514-529; K.Scheidle, Modus optumum. Die Bedeutung des „rechten Maßes" in der römischen Literatur (Republik-frühe Kaiserzeit), untersucht an den Begriffen „Modus-Modestia-ModeratioTemperantia", Frankfurt a.M. usw. 1993 (Studien zur klassischen Philologie 73), 23-33; Wallace-Hadrill 1982 (o.Kap.II Anm.68) 43 Anm.91 (zu Sueton); Lehnen (o.Kap.III Anm. 19) 200 Anm. 15 und 16. 23 Vgl. innerhalb der Zusammenstellung von Herrschertugenden bei L.Wickert, Princeps, RE 22,2, 1954, 1998-2296 (Teilabdruck in: Ideologie und Herrschaft in der Antike, hg.v. H.Kloft, Darmstadt 1979 [WdF 528], 339-369) hier 2231; Wallace-Hadrill 1981 (o.Kap.I Anm. 12) 312 Anm.67, 316 Anm.80 und 317 (Sueton und Plinius), Seager (o.Anm.22) passim (Tac.; Plin.paneg.; Paneg.; Aur.Vict.Caes.; Eutr.; Symm.; Auson.; Ps.Aur.Vict.epit.; Hist.Aug.); L.K.Born, The Perfect Prince According to the Latin Panegyrists, AJPh 55, 1934, 20-35 (Spätantike), moderatio u.ä. erscheint jedoch nicht in bezeugten Standardgruppierungen mehrerer virtutes (vgl. Wickert 2231-2234; WallaceHadrill l.c).

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IV Schlußbetrachtung

Verfassung, verselbständigte sich im Verlauf der Kaiserzeit als Charakteristikum eines 'guten' Kaisers und trat auch dann nicht außer Kraft, als sich Herrschaftsform und Herrscherbild so weit verändert hatten, daß es letzterem im Grunde diametral widersprach, modestia, moderatici, civilitas, humanitas und temperantia werden auch in der spätantiken Historiographie und Panegyrik durchweg an den Kaisern gelobt bzw. vermißt und ihr Gegenteil verurteilt.24 Anders als viele andere Tugenden und Eigenschaften, Errungenschaften und Glücksgüter, die römische Herrscher für sich beansprucht haben - etwa iustitia, dementia, fides, pietas, virtus, libertas, auch concordia, felicitas, fortuna, honos, pax, salus, valetudo - , wurde jedoch modestia nie personifiziert, nie auf Münzen geprägt, nie kultisch verehrt.25 (Es ist ihr, soweit ich sehe, auch keine moderne umfassendere

24 Daß civilitas außer bei Ammian auch bei Eutrop (ca. 3 64) und in der Historia Augusta (nicht hingegen bei Aurelius Victor) zur positiven Charakterisierung von Herrschern dient, zeigt N.Scivoletto, La civilitas del IV secolo e il significato del Breviarium di Eutropio, GIF 22, N.S.l, 1970, 14-45, hier 18-24; Lehnen (o.Kap.III Anm.19) 208f. In den Panegyrici Latini spielt modestia auch außerhalb von a¿ve«/í'o-Schilderungen grundsätzlich durchaus eine Rolle. So rühmt Paneg.3 [11],27,3 die mansuétude, modestia und civilitas Julians, der selbst auf dem Höhepunkt seines Glücks nie hochmütig geworden sei. Für Ammian war Mäßigung die entscheidende Herrschertugend (Seager [o. Anm.22] 1 : „His admiration of moderation and detestation of excess are perhaps the most fundamental principles that determine his judgements of men and their behaviour"; vgl. 131), doch verwendet er weniger das Wort civilis als solche Ausdrücke, die ein Größenverhältnis beschreiben, um einen civilis princeps zu loben (vgl. Seager 22; u.S. 109). Nach A.Brandt (o.Kap.III Anm.4), 70-72; 200; 211-217, bes. 216f) besitzt civilitas unter Ammians Herrschertugenden keinen hohen Stellenwert. Wichtiger sei die Wahrung der Würde, die durch ein Zuviel an civilitas gefährdet sei. Dieser These steht entgegen, daß das Gegenteil der civilitas, Arroganz, nach Brandts Erkenntnissen zu den am schwersten getadelten vitia zählt (217-228, bes. 228). Eine wichtige Erkenntnis Brandts ist, daß bei Ammian und in den spätantiken Panegyrici civilitas sich bereits darin äußert, daß der Herrscher überhaupt Umgang mit den Untertanen pflegt, während es bei Tacitus und Plinius noch auf die Art des Umgangs ankommt (215-217). civilitas und ihr Gegenteil sind im übrigen bei Ammian nicht nur auf den Herrscher beschränkt, sondern auch auf Miltärs, Würdenträger und ausländische Potentaten bezogen; sie wird, wenn sie als Herrschertugend auftritt, nicht nur auf den persönlichen Umgang angewandt, sondern weiter gefaßt, z.B. in Bezug auf Unterordnung unter die Gesetze. 25 Vgl. H.L.Axtell, The Deification of Abstract Ideas in Roman Literature and Inscriptions, Diss.Chicago 1907; T.Hölscher, Geschichtsauffassung in der römischen Repräsentationskunst, JDAI 95, 1980, 265-321, hier 273ff; 297ff; J.R.Fears, The Cult of Virtues and Roman Imperial Ideology, ANRW II 17,2, 1981, 827-948, bes. 889-910, vgl. 890 Anm.293: „There is no evidence for the worship of Moderatio or Temperantia either in the Roman state cult or in private cult in the West."; C.J.Classen, Virtutes Imperatoriae, Arctos 25, 1991, 17-39 = ders., Zur Literatur und Gesellschaft der Römer, Stuttgart 1998, 243-254.

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A b h a n d l u n g g e w i d m e t . ) 2 6 D i e s liegt nicht e t w a daran, daß z w i s c h e n wirkenden Kräften und Gaben einerseits und moralischen Qualitäten andererseits unterschieden w o r d e n wäre: 2 7 Victoria erscheint in der M ü n z p r ä g u n g g e n a u s o w i e d e m e n t i a . D o c h zu moderado bekannte sich e i n z i g Tiberius, der sie als f ü n f t e T u g e n d a u f s e i n e n clupeus virtutis hob. 2 8 Trajan h i n g e g e n , der e b e n f a l l s als bürgerlicher Prinzeps gepriesen und dargestellt sein w o l l t e , gab auf s e i n e n M ü n z e n der moderatío keinen Platz unter den virtutes.29 N a c h Ciceros A u s s a g e gehört sie überhaupt nicht zu den V o r z ü g e n , die an e i n e m Herrscher g e m e i n h i n gepriesen w e r d e n , sondern zählt zu den privatae laudes (freilich bezieht er sich auf den hellenistischen K ö n i g Deiotarus und betont, er selbst halte modestia fur die größte Tugend; das m a g durchaus an die A d r e s s e d e s Diktators Caesar gerichtet g e w e s e n sein). 3 0 G l e i c h w o h l dürfte sie 26

Der wichtige Aufsatz von Wallace-Hadrill, Civilis Princeps. Between Citizen and King von 1982 (o.Kap.II Anm.68) ist hier einzig zu nennen. Er analysiert die politischen Ursachen, weswegen ein Herrscher civilis sein mußte, und die Möglichkeiten, die sich ihm boten, civilitas zu beweisen, zeigt jedoch historische Entwicklungslinien nur in Ansätzen auf und geht nicht auf die Problematik der Unverträglichkeit des civilitasIdeals mit dem spätantiken Herrscherverständnis ein. Das Problem des grundsätzlichen Widerspruchs zwischen herrscherlicher maiestas und moderado bzw. civilitas erörtern kurz Kloft 1984 (o.Anm.l) 322 und Lehnen (o.Kap.III Anm.19) 199f; 208f. - Monographische Untersuchungen existieren etwa zu dementia, Felicitas, Liberalitas, Libertas, Pietas und Salus als Herrschertugenden : vgl. die Literatur bei Fears 1981 (o.Anm.25) Anm.67 S.841-848 - die zwei dort genannten Aufsätze zur moderatio beziehen sich auf die Zeit der Republik - ; Dahlheim (o.Anm.10) 181; 266f, K.Christ, Geschichte der römischen Kaiserzeit. Von Augustus bis zu Konstantin, München 3 1995, (zuerst 1988) 823, und Kienast (o.Kap.I Anm.12) 204f. M.P.Charlesworth, The Virtues of a Roman Emperor. Propaganda and the Creation of Belief, PBA 23, 1937, 105-133 (dt. gek. in: Ideologie und Herrschaft [o.Anm.23] 361-387) erwähnt moderatio nicht. 27 Dies meint Wallace-Hadrill 1981 (o.Kap.I Anm.12) 316. Während pax, concordia, fortuna, salus usw. „almost mystical powers and gifts" darstellten, deren der Kaiser in den Augen der Untertanen teilhaftig sein mußte, um ihr Wohlergehen bewirken zu können, und welche daher in der Münzprägung und auf offiziellen Denkmälern propagiert würden, seien modestia, moderatio und civilitas u.ä. „social virtues, qualities of self-restraint", also menschliche, rational faßbare Eigenschaften, die einem Herrscher idealerweise eigneten und die ihm in literarischen Portraits gegebenenfalls zugeschrieben worden seien. Bisweilen gäbe es Überschneidungen zwischen beiden Typen von virtutes, so bei liberalitas oder dementia. 28 Fears 1981 (o.Anm.25) 890. Auf einer Münze des Tiberius ist der Schild mit den Aufschriften Clementiae et Moderationi abgebildet. 29 Vgl. Fears 1981 (o.Anm.25) 903. Aus dem Panegyricus des Plinius und den Szenen auf dem Trajansbogen von Benevent geht klar hervor, daß moderatio eine große Rolle für das Herrscherverständnis Trajans spielte (Fears 914-918), doch dies fand keinen Niederschlag in der Münzprägung. 30 omnes sunt in ilio rege virtutes, ... sedpraecipue singularis et admiranda frugalitas: etsi hoc verbo scio laudari reges non solere, frugi hominem dici non multum habet laudis in rege: fortem, iustum, severum, gravem, magni animi, largum, beneflcum,

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IV Schlußbetrachtung

eine der wichtigsten kaiserlichen virtutes gewesen sein: von der modestia hing, vor allem im frühen Prinzipat, zu einem wesentlichen Teil das politische - und damit physische - Überleben des Herrschers ab31 sowie sein Platz im Götterhimmel und in der wohlwollenden memoria der Nachwelt. Freilich steht das Wesen der Bescheidenheit selbst ihrer Darstellung entgegen. Ihr Auftritt ist ein Nicht-Auftritt, sie tritt in Erscheinung, wenn ihr Träger zurück- und in den Hintergrund tritt. Sie beweist sich nie allein, sondern stets im Verhältnis zu anderen und kann daher nur als Verhältnisgröße ins Bild gefaßt werden. Die lateinische Sprache hat dies empfunden und im Wort selbst ausgedrückt: modestia enthält den Begriff modus, welcher eine Relation bezeichnet, superbia ist aus der Präposition super entstanden, die ein räumliches Verhältnis anzeigt. maiestas, das lateinische Wort für die „Hoheit" eines Kaisers, beinhaltet den Komparativ maius, konstatiert oder erwartet also einen Größenunterschied zwischen dem Herrscher und seiner Umgebung. Auch die visuelle Sensibilität für optische Relationen war bei den Römern hoch. Es wurde genau beobachtet, ob etwa andere Statuen oberhalb von der des Kaisers aufgestellt waren und in welcher Relation die Größe eines Kaiserbildnisses zu dem einer Gottheit stand.32 Mißverhältnisse zwiliberalem: hae sunt regiae laudes, illa privata est. ... ego tarnen frugalitatem, id est modestiam et temperantiam, virtutem maximam iudico (Deiot.26). Cicero tut so, als habe er Deiotarus gegen der Vorwurf zu verteidigen, er habe sich öffentlich gehen lassen. Tatsächlich hatte man ihn beschuldigt, wegen der militärischen Notlage, in die Caesar geraten war, ein ausgelassenes Freudenfest gefeiert, d.h., im Bürgerkrieg zur Partei der Caesargegner gehalten zu haben. 31 Der 'gute' Kaiser Claudius stellt eine Ausnahme dar, welche die Regel bestätigt: er fiel den dynastischen Plänen seiner Frau zum Opfer. Hellenistischen Herrschern wurde von den Philosophen μετριότης empfohlen, um ihrer Herrschaft Bestand zu verleihen und sich vor Haß zu schützen, der neben Verächtlichkeit die größte Gefahr für einen Monarchen bedeutete: Wallace-Hadrill 1982 (o.Kap.II Anm.68) 33 mit Anm.8; 41 mit Anm.67. 32 Ersteres war in einem bei Tac.ann. 1,74,3 geschilderten Majestätsprozeß von Bedeutung: statuant Marcelli altius quam Caesarum sitam war ein Anklagepunkt. Caligula stellte sich neben das Jupiterstandbild und fragte den Schauspieler Apelles, uter Uli maior videretur (Suet.Cal.33), und als dieser nicht gleich antwortete, ließ er ihn auspeitschen. Zu Anfang seiner Regierungszeit beschloß der Senat für Nero effigiem eius pari magnitudine ac Martis Ultoris eodem in templo (Tac.ann. 13,8,1), später stellte Nero eine Kolossalstatue von sich auf, welche die Höhe ihres Modells, des Helios-Kolosses von Rhodos, um einen Meter überragte (Plin.nat.34,45; Suet.Nero 31,1; Cass.Dio 65,15,1; Notitia urbis regionum XIV; M.Bergmann, Der Koloß Neros, die Domus Aurea und der Mentalitätswandel im Rom der frühen Kaiserzeit, Mainz 1994 [Trierer Winckelmannsprogramme 13, 1993], 9). Plinius tadelt als insania, daß Nero ein 35,5m hohes Gemälde von sich anfertigen ließ (collosseum se pingi CXX pedum linteo, incognitum ad hoc tempus nat.35,51). In Olympia durften keine überlebensgroßen Statuen der Sie-

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sehen Körperwuchs und Statuen- bzw. Gebäudehöhe bei Privatleuten wurden schon in republikanischer Zeit gern von Spöttern notiert.33 Dasselbe Gespür für Größenunterschiede setzt der politische Diskurs in den Jahrhunderten des Prinzipats voraus. Deutlich wird dies aus der Formulierungsnot des Plinius, der im Panegyricus wiederholt Trajans Verzicht auf eine Erhöhung seiner Person mittels eines Wagens o.ä. hervorhebt, sich aber diese optische 'Erniedrigung' des Kaisers sogleich wieder aufzuheben beeilt durch den Hinweis auf dessen hohen, alle überragenden Körperwuchs.34 „Groß" und verwandte Wörter schwanken an diesen Stellen ständig zwischen eigentlicher und übertragener Bedeutung und bezeugen, daß sich der Autor des ideologischen Aussagepotentials, welches im Größenverhältnis zwischen Herrscher und Umgebung enthalten war, unbedingt bewußt war. Besonders aussagekräftig ist diesbezüglich aber auch die Ausdrucksweise Ammians. Als Verfechter von Maß und Zurückhaltung {modus, modestia, moderatio) verurteilt er jedes Zuviel bei der Ausübung und dem Erstreben von Herrschaft in Metaphern wie Übermaß, Exzess, Auswuchs, Grenzüberschreitung, Geschwollensein und Gipfelstreben (immodicus, immodestus, immanis, immensus, nimis, ultra, infmitus, finem/terminum supergredi, tumidus, altius conari u.ä). Die Herrschermacht bezeichnet er als culmen, fastigium oder vertex.iS Bei einem Autor, dessen Sprache in einem solchen Grad mit Bildern von Größenrelationen arbeitet, ist vorauszusetzen, daß auch seine Beschreibung einer Situation, in der reale Größenverhältnisse eine Rolle spielen, eine tiefergehende Aussage chiffriert.

ger aufgestellt werden (Lucían.pro i m a g . l l ) . V g l . Clauss 1999 (o.Kap.I Anm.71) 307309. 33

notatum ab auetoribus et L.Accium poetam in Camenarum aede maxima forma statuam sibi posuisse, cum brevis admodum fuisset Plin.nat.34,19. Zu Cic.de orat. 2,22, 267 und Mart.8,60 s.o. Kap.III Anm.104. 34 S.o.Kap.IIl S.95f mit Anm.l 16-118. Für Plinius war Größe eine positiv zu wertende ästhetische Kategorie. In einem Brief an Tacitus verteidigt er die Länge seiner Reden (wegen der er angegriffen worden war) mit dem Argument: „größer ist schöner" und dem Hinweis darauf, daß dies bei anderen guten Dingen wie z.B. bei Plastiken, Gemälden und lebenden Körpern ebenso sei: vides, ut statuas, signa, picturas, hominum deinde multorumque animalium formas, arborum etiam, si modo sint decorae, nihil magis quam amplitudo commendet (1,20,5). 35 Vgl. Seager (o.Anm.22) passim. Sein Vergleichsmaterial ergibt, daß Ammian diese Metaphern fur die Beurteilung Herrschender auffällig häufig benutzt. Insbesondere gilt dies für nimis (11) und immanis, was Ammian sogar kombiniert (67) und für altius coeptari u.ä. (136) sowie seine Vorliebe für das Wort culmen (123). moderatio galt Ammian als Charakteristikum der römischen Zivilisation, die durch barbarische immanitas und superbia bedroht war: Seager 131.

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IV Schlußbetrachtung

Freilich haben die Sprache und das Bild unterschiedliche Möglichkeiten, durch Größenrelationen etwas auszudrücken. Im Bereich der offiziellen - bildenden Kunst ist die Aussage, die in der Dimensionierung der Herrscherfigur zu den anderen abgebildeten Personen bzw. zum Betrachter liegt, eindeutig und steht im Dienst der jeweiligen Herrscherideologie: Augustus erscheint als besonders verdienter Bürger, Domitian als gottgleicher Herrscher, Constantius als Ikone der Kaisermacht. Der Gestus der Herrscher, die Selbstinszenierung ihrer physischen Person, soweit sie aus den materiellen und schriftlichen Zeugnissen erschlossen werden kann, versuchte, diesem Bild gerecht zu werden, es in die Realität zu übertragen. Das Wort ist ambivalent, da es bei der Wiedergabe von Bildern den physisch-konkreten und den metaphorisch-abstrakten Aspekt von Größe trennen und vermengen, zur Dekkung bringen oder auseinanderklaffen lassen kann. In ihm können auf diese Weise Zustimmung, Kritik und sogar unterschwelliges Gefühl zum Ausdruck kommen. Ausdehnung, Masse und Höhe von kaiserlichen Bauten und Statuen erregen je nachdem ehrfurchtiges Staunen oder abschätzige Kritik. 36 Ein und dieselbe plastische Vorstellung, ein zu großer Herrscher unter einem zu kleinen Gebäude, dient bald dem Preis von als echt empfundener Größe und Bescheidenheit, bald dem offiziösen Beifall für einen selbstherrlich auftretenden, nicht ganz geheuren Mächtigen, bald der Verspottung eher bescheidener Größe und gewaltiger Arroganz.

36 A. Scheithauer, Kaiserliche Bautätigkeit in Rom. Das Echo in der antiken Literatur, Stuttgart 2000, 41 und 222-224 gibt die Stellen, wo antike Autoren horizontale und vertikale Ausdehnung sowie moles antiker Monumente rühmend hervorheben, und weist 240f auf die Ambivalenz solcher Äußerungen hin: während Martial die Höhe des in den Himmel ragenden Domitianspalasts bewundert, mißbilligt er Neros Kolossalstatue und Residenz wegen ihrer an die Sterne reichenden Höhe bzw. ihrer Ausdehnung über die ganze Stadt (epigr.2,1-4); die Verfasser der Historia Augusta unterstellen den 'schlechten' Kaisern überdimensionierte, gigantische Bauprojekte, um sie zu diffamieren. Zur Übernahme von Größe als ästhetischem Wert aus der flavischen Architektur und Kunst durch Statius und Martial in die Dichtung s. Newmyer (o.Kap.II Anm.82).

Literatur 1. Ausgaben, Kommentare, Übersetzungen, Konkordanzen

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im Liebighaus Museum alter Plastik, Frankfurt am Main 16.Dezember 1983, bis 1 I.März 1984, Frankfurt 1983, 284-307 Sydow, W. von: Zur Kunstgeschichte des spätantiken Portraits im 4.Jahrhundert n.Chr., Bonn 1969 Tamm, B.: Auditorium and Palatium. A Study on Assembly-rooms in Roman Palaces during the 1st Century B.C. and the 1st Century A.D., Stockholm/Göteborg/Uppsala 1963 - : Aula Regia, ΑΥΛΗ and Aula, in: Opuscula Caroli Kerenyi XIX IAN D.A. MCMLXVII, hg.v. G.Säflund, Stockholm 1968, 135-239 Taylor, L.R.: The Divinity of the Roman Emperor, Middletown 1931 Thiele, G.: Die Poesie unter Domitian, Hermes 51, 1916, 233-260 Tornei, Μ.Α.: Il Palatino, Rom 1992 Treitinger, O.: Die oströmische Kaiser- und Reichsidee nach ihrer Gestaltung im höfischen Zeremoniell, Jena 1938 = Darmstadt 2 1956 Urner, C.: Kaiser Domitian im Urteil antiker literarischer Quellen und moderner Forschung, Diss.Augsburg 1993 (1994) Venini, P.: Ingenti... umbra tegit (Aen. 10,541), Athenaeum 61, 1983, 66-269 Vera, D.: La polemica contro l'abuso imperiale del trionfo: rapporti fra ideologia, economia e propaganda nel Basso Impero, RS A 10, 1980, 89-132 Vessey, T.W.T.: Mediis discumbere in astris: Statius, Silvae, IV,2, AC 52, 1983, 206-220 Viarre, S.: Palatium „palais", RPh 35, 1961, 241-148 Vittinghoff, F.: Zum geschichtlichen Selbstverständnis der Spätantike, HZ 198, 1964, 529-574 Wagenvoort, H.: Roman Dynamism. Studies in Ancient Roman Thought, Language and Custom, Oxford 1947 Wallace-Hadrill, Α.: The Emperor and His Virtues, Historia 30, 1981, 298-323 - : Civilis Princeps: Between Citizen and King, JRS 72, 1982, 32-48 Walter, H.: Aeneas am Scheidewege (Verg.^e/i.8,362-365), in: Memores tui. Studi di letteratura classica ed umanistica in onore di Marcello Vitaletti, hg.v. S.Prete, Sassoferrato 1990, 197-209 Wassermann, F.M.: The Frontality of the Portraiture of the Late Empire and Ammianus' Description of Constantius, CW 47, 1953, 4 Wataghin Cantino, G.: Le sedi di potere, in: Civiltà dei Romani. Il potere e l'esercito, hg.v. S.Settis, Milano 1991, 106-122 Waters, K.H.: The Character of Domitian, Phoenix 18, 1964, 49-77 Watt, W.S.: Propertius 4.1.9, CQ N.S.25, 1975, 155f Wickert, L.: Princeps, RE 22,2, 1954, 1998-2296 (Teilabdruck in: Ideologie und Herrschaft in der Antike, hg.v. H.Kloft, Darmstadt 1979 [WdF 528], 339-360) Winterling, Α.: Aula Caesaris. Studien zur Institutionalisierung des römischen Kaiserhofes in der Zeit von Augustus bis Commodus (31 v.Chr.-192 n.Chr.), München 1999 Wirbelauer, E.: rez. Lehnen, Adventus Principis, Gymnasium 107, 2000, 264f Wiseman, T.P.: The Public Image of Aristocratic and Imperial Houses, in: L'Urbs. Espace urbain et histoire (I er siècle av.J.-C. - III e siècle ap.J.-C.).

120

Literatur

Actes du colloque international organisé par le Centre national de la recherche scientifique et l'École française de Rome (Rome, 8-12 mai 1985), Rom 1987,393-413 Yardley, J.C.: Evanders's altum limen: Virgil Aen.8,461-2, Eranos 79, 1981, 147f Zanker, P.: Forum Romanum. Die Neugestaltung durch Augustus, Tübingen 1972 - : Prinzipat und Herrscherbild, Gymnasium 86, 1979, 353-368 Der Apollontempel auf dem Palatin. Ausstattung und politische Sinnbezüge nach der Schlacht von Actium, in: Città e Architettura nella Roma Imperiale. Atti del Seminario del 27 ottobre 1981 nel 25 e anniversario dell'Accademia di Danimarca, ARID Suppl.10, 1983, 21-40 - : Augustus und die Macht der Bilder, München 1987 Ziegler, K.: Palatium, RE XVIII 3, 1949, 5-81

Register Kursive Zahlen verweisen auf den Fußnotentext der betreffenden Seite. Ist ein Begriff im Haupt- und Fußnotentext einer Seite erwähnt, so wird nur auf die Seite insgesamt verwiesen.

1. Namen, Sachen, Begriffe

Actium, Sieg von: 15-17; 22; 27 Adventus: Zeremonie 68-71; 81f; 85-87; 91;94; clibanarir. 69; 87; dracones: 69; Kaiser auf einem Wagen o.ä.: 69; 82; 85f; 88; 95; 109; zu Fuß: 82; 95; Ritual in der Stadt Rom gelockert 72; 82 Aeneas: 11; 16; 17; 18; 26-32; 3436; 55; 59; 60; 63; 73; 97; 98; 104 Antoninus Pius: 64 Antonius (Triumvir): 26f; 35 Aufstellung von Kaiserbildnissen / Präsentation der Person des Kaisers: in Apsis / Nische: 43-45; 84f; unter Bogenarchitektur: 91; auf Podest: 43f; 84; 91; auf Bögen und Säulen, neben Bögen: 90-92; 101; zusammen mit Götterbildern 44; 99f; 108

37f; 27; 27; 33; 35; Leistung fur Rom: 14; 26f; 35; 44; 51; 55; 62; 104f; Zurückhaltung: 22-26; 57; 59; 98f; 103 Aurelian: 82 Bescheidenheit: 9; 110; Aeneas 28; 31 ; 34f; Augustus 22-26; 98; civilitas: Ideal: 48; 88; 88; 105107; Augustus: 98; Trajan: 95; Constantius: 83; Julian 64; 88; 106; Theodosius: 82; 95; Honorius: 82; verschiedene Kaiser: 57; 82; modestia / moderatio: Ideal: 102f; 105-109; Tiberius: 107; Domitian: 55; simuliert 55f; Trajan: 56; Constantius: 72; verschiedene Kaiser: 67 Caesar, C.Iulius: 16; 54; 66; 68; 107 Cacus: 26

Argus: 14 Augustus: 14; 91; 97; 101; 102; 104; 104; 110; Bauten: 15-18; 334; 77; Haus auf dem Palatin 19-26;

Caligula: 39; 44; 51; 57; 58; 100; 108 Carmentis: 14

122 Claudius: 39; 51; 57; 57; 64; 108

Register genius / numen des Kaisers: 50; 52-54; 59; 92; 99

Claudius II Gothicus: 64; 66 Hadrian: 64; 68; 74; 76; 82 Clupeus Virtutis: 15; 107 Commodus: 27 Constans: 67; 91 Constantius II: 38; 63-77; 80; 8296; 97f; 102-104; 110

Hercules: 26-28; 31; 34; 35; 48; 52; 53; 54; 58; 59 Hochmut: arrogantia: Domitian: 57; Constantius: 64; 89; 110; superbia: 108; 109; Domitian: 56; Constantius: 93; 96

Decius: 66 Diokletian: 63; 67; 68; 72; 73; 74 Domitian: 37; 40;; 92; 97f; 100103; als Bauherr: 37f; 40f; 59; 74; 76; Charakter: 55-57; 74; Göttlichkeit: 43f; 47-49; 51-55; 100; 110; Vertreter einer neuen Zeit: 58-62; 102 Euander: 11-14; 16; 17; 18f; 21; 26-29; 34-36; 60f; 63; 97; 104 Eugenius: 65

Honorius: 21; 54; 67; 68; 69; 72; 73; 8 lf; 86; 88; 91 Hormisdas: 73; 76; 83 Janus: 12; 14; 33 Jovian: 68; 94 Julian: 57; 63f; 65; 66; 67f; 69; 70; 71; 83; 87f; 93f; 102f; 106 Jupiter: 17; 34; 36; 44; 53; 58; 59; 60; Identifikation mit dem Gott: 39; 48-51; 55;

Galba: 40 Galerius: 66; 68; 69 Gebäudehöhe: 10; Euanders Hütte: 28f; 61; Behausungen mythischer Personen: 31; Domus Augustana: 42f; 46; 49; 50f; 58f; 61; Obeliscus Constantini: 77; Monumente Roms: 28; 32; 61; 74-76; 81; 83; 93; Heiligtümer; 32f; 60; Tore Roms: 89f; Fornix Fabianus: 92f Gebäudemasse: Domus Augustana: 46; 50; 58f; 61; 110; Obeliscus Constantini: 77

Kaiserkult: Augustus: 99; Domit i a n ^ ; 48f; 51-53; 59; 100; Spätantike: 84; 90; 10lf Kaiserresidenz: 20f; 27; 37-41; 44; 46; 75; 97 Kaiserstatue: 108; Augustus: 44; 51; 99; Tiberius: 44; 99; Caligula: 44; 51: 100; Nero: 43; 100; Domitian: 44; 51; 53f; 59; 99; 100; 104; Trajan: 44; 76; Konstantin: 90; 92; Constantius: 76; 90; 92; Theodosius: 77; spätantike Herrscher allgemein 84f; 90-92; 101; in

Namen, Sachen, Begriffe Vertretung der Person des Kaisers 52f; 86f K ö φ e r g r ö ß e : 9; Götter und Heroen: 30f; 90; Menschen: 30; 93; 109; Hercules: 59; Aeneas: 30f; Domitian: 50-53 59f; Trajan: 95; 109; Constantius: 89f; 92; 95; Julian: 94; Jovian: 94; Götterstatuen: 33; 51f; 54; 108; Kaiserstatuen: 51-53; 90; 99-101; 108; 110; Kaiserdarstellungen auf Reliefs und Münzen: 90; 99; Statuen und Bilder von Lebewesen: 109 Körpergewicht: Götter: 53f; divinisierte Herrscher: 54; Kaiser: 54; Hercules: 53; 59; Aeneas: 31; 54; Domitian: 53f; 59 Kolossalstatuen: 52f; 90; 93; 99101; 104; 108; 110

123

Rabirius (Architekt): 38; 49f Rom: 73; 81f; 94; 104f; Bauten: 11-17; 73-77; 80f; 83; auf dem Gebiet des einstigen Pallanteum: 11; 14; 17; 18f; 28; „Mutterstadt der Triumphe": 66f; personifiziert: 79; 81; 83; Rivalität mit Alexandria: 27; mit Karthago (Didos Palast): 35f; 60; mit Konstantinopel: 63: 67; 94; 97 Rombild: 104f; elegisches: 19; 32f; Flavierzeit: 61 f; 104; spätantikes, heidnisch: 63; 71; 76; 77-81; spätantikes, christlich: 34; 75; 79f Romulus: 11; 14; 19; 20; 21; 27; 31

Saturn: 12; 14 Schild des Aeneas: 27; 31; 36

K o n s t a n t i n : 6 3 ; 65; 73;

74; 77;

91; 92;

80;

82;

6 7 ; 6 8 ; 69; 83;

86;

89;

72;

90;

Septimius Severus: 82

99

Severus Alexander: 82 Kyros: 84 Theodosius: 21; 54; 65; 67; 68; 69; Magnentius: 65; 92

72; 77;S\f88;

Mark Aurel: 64

Tiberius: 27; 39; 44; 91; 99

Maxentius: 65; 74; 88

Trajan: 38; 44; 56; 64; 68; 69; 74; 77; 82; 95f; 109

9 0 ; 91;

95

Maximinian: 28; 67; 68; 72 Triumph: 17; 26; 65-67; 105 Maximus: 65 Turnus: 26; 31 Nero: 39f; 44; 54; 57; 100; 108; 110

Valentinian: 68; 91

Nerva: 38

Vespasian: 39; 40; 57; 74; 76; 100

Otho: 40

Vitellius: 40; 82

124

Register

2. O r t e u n d M o n u m e n t e A Rom Altäre: Ara Carmentalis: 11; 14; Ara Maxima: 11; 12; 14; 17; Ara Pacis: 99; Victoria-Altar: 78; 79; 80; 80; 83 Arenen: Amphithetrum Flavium (Colosseum): 40; 75f; 90; Circus Maximus: 11; 12; 16; 17; 76; 77; Odeum: 76; Stadium Domitiani: 76 Basiliken: 74; Basilica Aemilia: 76; Basilica Constantini (vel Maxentii): 74; 90; Basilica Iulia (vel Sempronia vel Gai et Luci): 16; Basilea Ulpia: 43 Bögen: 74; Arcus Augusti: 16; Arcus Constantini: 69; 72; 74; 91; 99; Arcus Gai et Luci: 16; Arcus Septimii Severi: 92; Arcus Titi: 19; Fornix Fabianus: 92f Curia: 16;44; 73 Diribitorium: 43 Ehrensäulen: 76 columna Antonini Pii: 76; columna Marci Aurelii: 76; columna Traiani: 76; 91; spätantike Säulenmonumente 90 Foren: Forum Augustum: 16; 19; 20; 76; 99, Forum Boarium: 12; 17; Forum Holitorium: 15; 17; Forum Iulium: 16; 19; 99; Forum {vel Templum) Pacis: 40; 76; Forum Romanum: 12; 13; 14; 16; 17; 19; 20; 53; 71; 74; 92, 100;

104; Forum Traiani: 71; 73; 75; 76; 77 Frühzeitliche Stätten: Asylum: 11; 12; 15; Casa Euandri: 13; 2If; 26; 28-31; 34; 61f; 97; Casa Romuli: 19; 25; 32; 33; 34; Lupercal: 12; 14; 15; 16; 19; Regia Pici: 46; 60f; Urbs Quadrata: 20; 25 Hügel und Stadtregionen: Campus Martius: 17; 18; 76 Capitolinus mons, Capitolium: 12; 13; 14; 15; 17; 19; 32; 39; 75; 80; Arx: 12; Asylum: 11; 12; 15; Tarpeia rapes: 12; 13; 14; 15 Carinae: 11; 13; 20 Circus Flaminius: 15 Esquilinus mons: 13; 39; 40 Ianiculum: 12 Palatinus mons, Palatium: 12; 13; 14; 16; 17; 18-22; 23; 25; 27; 33; 37; 38; 39; 41; 46; 73; 74; 75; 97; 100; 104; Area Palatina: 41; 46 Quirinalis Collis: 12; 16; 32 Kaiserresidenzen: 20f; 37-41; 75; 97; Horti urbani: 40 Augustus: Casa di Livia: 23; Domus Augusti: 13; 19-26; 28; 35; 37f; 39; 56; 61 Tiberius: 39 Caligula: 24; 39; 44 Claudius: Domus Tiberiana: 39f Nero: Domus Aurea: 24, 39; 41; 110

69; 38; 32;

38; 40;

Orte und Monumente Domitian: Domus Augustana: 37f; 40-47; 49f; 56; 58-62; 110; Kirchen: 44; 74; Lateranskirche: 74; 77; Peterskirche: 50; 74 Kolossalstatuen: Augustus: 99; Constantius: 90; Domitian 52f; 100; 104; Konstantin: 90; Nero: 108; 110; Tiberius: 99 Obeliscus Constantii: 65; 72; 11; 83 Portiken: Porticus Apollinis: 25; 38; Porticus Liviae: 24; Porticus Octavia: 16; Porticus Octaviae: 16 Privathäuser: P.Clodius Pulcher: 24; Q.Hortensius Hortalus: 20; 23; 25; C.Iulius Caesar: 24; Vedius Pollio: 24 Regia: 13; 19; 32 Reiterdenkmäler: Equus Constantii: 92; Equus Constantini: 92; Equus Domitiani: 52f; 100 Rostra: 16; 73 Tore: Stadttore 89; 90; 91; 95; Porta Carmentalis: 12; 14, 15; Porta Mugonia: 13; 20; Porta Triumphalis: 15; 17

125

Straßen: Argiletum: 12; 15; 16; Clivus Palatinus: 13; 41; Scalae Caci 14; 19; Via Nova: 13; Via Sacra: 13; 16; 19; 20; Vicus Iugarius: 12; 16 Tempel: Apollo Palatinus: 19; 22; 24f; 27; 38; 39; 99; Apollo Sosianus: 15; Castor et Pollux: 20; 39; 44; Divus Iulius: 16; Gentis Flaviae: 43; 50; 52; Hercules Victor: 11; Ianus Geminus: 16; Iupiter Optimus Maximus: 14; 16; 17; 33; 39; 44; 46; 49; 60; 61; 15; Iupiter Stator: 19; Iupiter Tonans: 17; Magna Mater: 12; 14; 16; 25; Mars Ultor: 44; 108; Pantheum: 76; 76; 99; Quirinus: 16; 32; Veiovis: 12; Venus et Roma: 74; 76; Vesta: 19; 20; 25; 32 Theater: Theatrum Curionis: 24; Theatrum Marcelli: 15; 16; Theatrum Pompei: 74; 76; Theatrum Scauri : 24 Thermen: 74; 75; Thermae Titi: 40; Thermae Agrippae, Neronis, Titi, Traiani, Caracallae, Diocletiani, Constantianae, Helenae: 75 Tiber: 11; 19; 77

Β Andere Städte Antiochia: 63; 68; 70

Haemona: 68; 69

Autun: 68; 72; 81; 82; 91 Benevent, Trajansbogen: 82, 107

Konstantinopel: 63; 67; 68; 70; 70; 83; 93; Forum Tauri: 77; Forum Constantini: 92

Caesarea, Sebasteieon: 99

London: 69

126

Register

Mailand: 63; 67; 68, 69; 72; 81

Sirmium: 63; 68; 70

Nikomedia: 63

Teos, Atheneheiligtum: 99

Ocriculum: 75; 90

Thessalonike: 63; Arcus Galerii: 68; 69; 91

Olympia 108; Zeustempel: 50; Zeusstatue des Phidias: 51; Metroon: 99

Trier: 63 Vienne: 68; 70

Pallanteum: 11; 14; 17; 18; 28; 29 York: 63 Pergamon: 25; 99

3. Stellen bei antiken Autoren

Ambr.epist. 18,7: 79. 18,30: 34. 18,32: 80

App.civ.3,16: 27 Asc.tog.cand.70,2: 15

Amm.14,6: 77; 78; 79; 80. 14,11,17: 74. 15,1,3: 64. 15,5,35-37: 64; 74. 15,8,13: 67. 15,8,2lf: 68; 69. 70; 71. 16,1,4: 64. 16,5,3: 67. 16,5,16: 64. 16,10,1-3: 66; 70; 72. 16,10,4-12: 69-71; 72; 73; 75; 77; 83f; 86-90; 94. 16,10,13-17: 69; 71-77; 81; 95. 16,10,20: 77. 16,12,68-70: 64; 66. 17,4: 64; 72; 77. 18,2,17: 71. 18,4,5: 74. 21,9,2: 67. 21,9,6: 70. 21,10,lf: 68; 69; 70. 21,16: 64; 65; 74; 89. 22,2: 68; 69; 70; 94. 22,7,1-3: 64; 88. 22,9,14: 68; 69; 70. 22,16,12 : 75. 24,2,14; 67. 24,4,4f: 67. 24,6,11: 67. 25,2,2: 67. 25,3,26: 68. 25,4: 64; 67; 94. 25,5,6: 94. 25,10,14: 94. 26,5,11: 70. 27,2,6: 71. 27,3,3: 78. 27,3,15: 89. 27,11,2: 89. 28,4: 78. 28,4,27: 89. 28,5,3: 77. 29,5,15: 71. 31,10,9: 71. 31,16,9: 67

Aristoph.Equ.il 70: 30 Ps.Beda PL 94,543: 75 Callim.Hec.240f: 32. 263: 32. 355: 32. Iov. 14: 30. 30: 30. Suppl.Hell.259,3f: 31 Calp.ecl.7: 22 Cassiod.var.7,6: 75 Cass.Dio 39,38,1: 76. 45,1,2: 16. 49,15,5: 20. 50,3,5-4,1: 27. 51,20,6-8: 100. 53,1,6: 19. 53,16,5f: 19; 21. 53,27,5: 25. 55,8,4: 43. 56,36,4f: 27. 57,9,1: 44. 59,28,2-5: 39; 51. 60,2,5: 25. 65,10,4: 40. 65,15,1: 108. 67,1,1-3: 55f. 67,2,6: 56. 67,4,4: 48. 67,8,1: 44. 67,9: 56. 75,1,3: 82

Stellen bei antiken Autoren Cedren. 1,521: 89. 1,531: 89 Cic.Catil.4,18: 79. Mur.76: 24. de orat.2,22,267: 93; 109. har.resp.24: 12. Pis.52: 67; 79; 81. Deiot.26: 108 Claud.3,357f: 87. 5,364f: 71. 5,557-560: 87. 7,108: 54. 7,3950: 68. 7,126-141: 68; 69; 71. 7,142: 21; 69; 75. 8,294: 82. 8,304-311: 82. 8,337-359: 68. 8,565-610: 68. 8,568-576: 54; 69; 86. 8,585: 54. 15,21-25: 79. 15,208-212: 79. 22,397-405: 88. 24,130-177: 71; 80; 81. 26,52f: 79. 26,54-60: 80. 28,1-87: 67. 28,42-52: 74; 80; 81. 28,53-75: 68; 69; 72; 75; 82; 95. 28,331-425: 67. 28,369-383: 68; 69. 28,394402: 65. 28,409:27. 28,494-639: 68. 28, 543-577: 69; 71; 72; 82; 87. 28,603ff: 67. 28,612-617: 82

42. 82

127

Pius 6,4:

95.

Sept.Sev.7,1:

Horn.II.5,744: 30. 5,838f: 54. 13,20: 30. 18,518f: 30. 21,407: 30. Od.5,216f: 30. 6,107f: 30. 13,289: 31 Hom.h..: Ap.l97f: 30; Bacch.7,18: 54; Cer.275: 31; Ven.82: 31; 85: 31; 173f: 31 Hor.carm.3,30,8: 75. epist. 1,2,40: 34 ILS 1,736: 65; 77 Ios.ant.Iud.19,1,8-10: 51; 19,117: 25 Iul.or.l,8b-c: 67. l,33d-34a: l,37c-38a: 87. 3 [2],56c-d: 3 [2],57c: 87. 3 [2],87d-88a: 3 [2],95c: 65

65. 65. 68.

Dion.Hal.1,32,5: 12. 1,79,8: 12 Eun.vitasoph.478: 93. 492: 93

Iuv.3: 78. 49: 54

11,60-63: 35.

13,46-

Eur.Tro.1050: 54

Lact.epit.7,14-16: 79

Eus.vita Const. 1,39,2f: 83

Lib.or. l,I29f: 88. 18,155: 18,216: 67. 18,226: 67

88.

Eutr.7,23,2: 44. 10,16,3: 64 Liv.1,19,2: 16 Flor.epit.praef.4-8: 79 Greg.Naz.or.4,47f: 70

Lucan.l,56f: 54. 1,185-192: 5,585f: 54. 9,966-999: 10,116: 46

79. 34.

Herod. 1,60: 31. 6,117: 31. 8,38: 31

Lucian.imag.il: 109

Hist.Aug.Alex.57,4: 82. Aurelian^,4: 82. 33,1-34,6: 66. Car.2f: 79. Gall.7,4-9,8: 66. Hadr.6,3: 52. 9,7: 82. 10,2-5: 68. 20,1: 57; 64. Heliog.3,4: 73. Pert.11,6:

Mart.epigr. 1: 61. 2: 40; 61; 110. 1,70,2-12: 20; 44. 4,8,10: 51; 56. 5,6,8: 46. 7,56: 37; 43; 49; 51. 5,65: 59. 6,1,4: 51. 6,65: 59. 7,56: 49. 7,99,3: 21;46. 8,36:

Register

128 21; 37; 43; 46; 49; 50; 51. 8,39: 37; 47; 48; 49; 57. 8,44,7: 99. 8,49: 48. 8,60: 93; 109. 9,1,10: SO. 9,11,8: 21; 46. 9,20: 50; 52. 9,24: 44; 51. 9,34: 50. 9,43,2: 52. 9,64: 59. 9,65: 59. 9,79: 37. 55. 9,91: 37; 48; 50. 12,15: 21; 37; 46. 13,91: 37 Non.283,36-38: 27 Ov.ars l,67ff; 33. 3,113-128: 19; 21. 33. 3,387-396: 21; 33. met. 1,163-252: 58. 1,176: 21. 2,161f: 54. 3,181f: 30. 3,621f: 54. 4,449: 54. 8,629f: 31. 9,269-273: 31; 53. 15,693f: 54. fast. 1,197-226: 29; 32; 33. 2,503: 31. 3,330: 53. 4,516-531: 31. 4,951-954: 25. 6,636-648: 24. trist. 1,1,69: 21. 2,279-302: 33. 3,1,27-52: 20; 21; 22; 25; 32; 35. 3,12,17-26: 33. Pont. 1,8,25-38: 33. 2,8,17: 21 Paneg. 2 [12],21: 88. 2 [12],37: 68; 69. 2 [12],47,3: 68; 69; 72; 82. 3 [11],6,4-8: 68; 69; 70. 3 [11],11,4: 67. 3 [11],26,4: 57. 3 [11],28,2-4: 88. 3 [11],29,5: 88. 3 [11],30,2: 88. 4 [10],22,2: 87. 4 [10],29,3-6: 68. 4 [10], 30,5-32,1: 68; 69; 72; 82. 4 [10], 34,4: 72; 82. 5 [8],7,6-9,11: 68; 69; 72; 81; 82. 7 [6],8,7: 69. 7 [6],12,19: 69. 8 [5],14,3-5: 68. 8 [5],19: 68; 69. 10[2],l,2f: 21; 28; 29. 11 [3],8: 69. 11 [3],9-12: 67; 68; 72; 81. 12 [9],14,3f: 88. 12 [9],19f: 67; 68; 69; 81

Petron.124 vers.264f: 53 29.

33,57:

Plin.epist.1,20,5: 109. paneg.4,7: 95. 13: 68. 14,1: 82. 15,4: 54. 17,3: 66; 68. 19,2-4: 68. 22f-24: 38; 68; 69; 72; 82; 95. 47-49: 38; 56f. 52,3-7: 44. 61,1-3: 96. 62,8: 96. 71,1-5: 9; 96. 83,8: 82 Plut.Ant.4,1-3: 27. Otho 3,6-8: 40. Pubi. 15: 44. Rom.28,1: 31. mor.679B: 57 Pol.Silv.chron.p.545: 76 POxy 11,1381,118-120: 31 Prop.2,31: 47. 4,1,1-38: 19; 32 Prud.c.Symm. 1,408ff: 80. 1,507513: 79. l,542f: 79. 2,81: 79. 2,298-302: 34. 2,640-662: 79. 2,73lf: 67. perist.2: 80. 12: 50; 80 Quint.inst.6,3,67: 18

93.

11,17-21:

R.gest.div.Aug. 19-21: 16; 17. 34: 15; 98 Rhet.Her.3,16,29-19,32: 18 Rut.Nam.1,1-164: 80. 1,50: 81. 1,66: 71. 1,93-114: 81. 1,115f. 79 Sen.contr. 1,6,4: 14. 2,1,1: 14 Sen.dial.4,33,4: 57. 12,6,2f: 71. epist. 18,12f: 35. 31,11: 35. 115,4: 93. Med.928: 34. Here. 0.12: 53. 1599: 53

Paus.5,12,6: 43. 10,5,11: 43

Plin.nat.3,67:

34,19: 109. 34,45: 108. 35,51: 108: 36,102: 43; 76. 36,103: 24. 36,111-120: 24; 40

14.

129

Stellen bei antiken Autoren Serv.Aen.7,170-175: 61. 7,607: 16. 8,90: 12. 8,98-100: 18f. 8,361: 20. 8,363: 13. 8,364: 35. 10,541: 31. 11,235: 61

57; 103. gramm. 17: 25

Sidon.epist. 1,5,9: 75. 1,6,2: 75

Synes.bas.16D: 88

Sil.6,537f: 35

Tac.Agr.39,1: 56. 42,2: 56. 42,3: 56. 43,3: 56. 45,2: 55. ann. 1,74,3: 108. 11,21,1: 57. 13,8,1: 44; 108. 14,12,1: 15,39,1: 40. 15,42,1: 40. hist. 1,36,1: 52. 1,41,1: 52. 2,89,1: 52. 4,40,1: 55. 4,86,2: 55

Sol. 1,18: 25 Stat.Theb. 1,17-31: 102. 1,197213: 53; 58. 4,803: 53. 5,430: 53. 7,4: 53. 7,742-751: 54. 10,115: 46. 10,645f: 31. 10,678f: 31. silv.1,1: 57; 52f; 54; 102; 104. 1,2,113-116: 30. 1,6: 102. l,6,39f: 61. 1,6,102: 75. 2,5: 102. 2,6,35: 50. 3,1: 59. 3,1,28: 55. 3,1,61-64: 102. 3,1,166-170: 59. 3,2,252-259: 59. 3,3,57f: 59. 3,4: 102. 3,4,47-49: 27; 37; 61. 3,4,61: 52. 3,5: 102. 4,1-3: 102. 4,1,7-9: 27; 37. 4,2,1-17: 43; 45; 48; 58; 60. 4,2,18-31: 37; 43; 45-50; 53; 54; 59. 4,2,32-37: 37; 45; 47. 4,2,38-56: 45; 47; 48; 55; 58; 59; 60. 4,:2,:57-67: 45; 49. 4,6: 52; 59. 4,8,10: 51f. 5,1,189-191: 44. 5,3,225-233: 102 S trab.8,3,30: 51 Suet.Aug.29: 16; 17 20; 52: 100 72f: 20; 22-24; 25; 35. 89,2: 24. 94,4: 16. Tib.26,1: 44. Cal.l0,lf: 25; 56. 22,2-4: 39. 33: 44; 51; 52; 108. 52: 44. 57,1-3: 52. Claud.32: 57. Nero 31: 40; 108. 39,2: 40. 43,1: 57. Otho 1,1: 25. Vit. 10,2: 82. Dom.2,2: 55. 3,1: 56. 4,4: 44. 11: 56. 12,3: 55. 13,1: 44. 13,2: 44. 18,lf: 55. 19: 52. 21: 56. 23:

Symm.epist.6,52: 67. rel.3,4: 80. 3,7: 72; 82. 3,9f: 79

Them.: 87. or.3,42,c-d: 67. 3,43a: 65. 9,121b: 68 Tib. 1,10,19-24.

32.

66f.

2,5,21-38:

32 Val.Max.2,8,7: 65. 4,4,11: 32 Vell.2.81,3: 20 Verg.ecl. 1,1,19-45: 22, 29. Aen.l,418-438: 36. 1,501: 30. 1,571: 36. 1,637-639: 36; 60. 1,700: 60. 2,112t 31. 3,349f: 36. 4,74f: 36. 4,86: 36. 4,260: 36. 6,412f: 31; 54. 6,777ff: 74. 7,170-191: 61. 8,51-54: 18. 8,98-100: 18; 29; 34; 62. 8,171: 36. 8,177f: 27. 8,185-272: 26. 8,337-369: 1 1-15; 17; 18; 21; 26; 28-30; 34; 59. 8,454-468: 29. 8,552f: 27. 8,630-728: 27. 9,9: 18. 9,448: 75. 10,540f: 31. 12,441: 31 Vitr.6,3,10: 57 Xen.Kyr.1,2,16: 84. 8,1,42: 84 Zos.3,5,3: 67

Abbildungsnachweis Abb.l K.W.Gransden, Virgil. Aeneid. Book VIII, Cambridge, Cambridge Univ.Press, 1975, S.x. Abb.2 G.Carettoni, Das Haus des Augustus auf dem Palatin, Philipp v.Zabern, Mainz 1983, S.8. Abb.3 F.Coarelli, Guida Archeologica di Roma, Milano, Mondadori, 1974, S.136. Abb.4 W.MacDonald, The Architecture of the Roman Empire. An Introductory Study, Bd. 1, New Haven/London, Yale Univ.Press, 2 1982, P1.40. Abb.5 R.Blockley, Ammianus Marcellinus. A Selection, with Introduction, Notes and Commentary, Bristol, Bristol Classical Press, 1980, S.34, mit Ergänzungen nach R.Krautheimer, Rome. Profile of a City, 312-1308, New Yersey, Princeton Univ.Press, 1980, S.4 Abb.l. Abb.6 J.P.Kent/B.Overbeck/A.U.Stylow, Die Römische Münze, München, Hirmer, 1973, Taf. 148 Abb.7 R.Blockley, Ammianus Marcellinus. A Selection, with Introduction, Notes and Commentary, Bristol, Bristol Classical Press, 1980, S.34. S.28. Abb.8 H.P.L'Orange, Das spätantike Herrscherbild von Diokletian bis zu den Konstantin-Söhnen 284-361 n.Chr. (= Das römische Herrscherbild 3,4), Berlin, Gebr. Mann, 1984, Taf.52b.

Abbildungen

Protohistorical • '(^panne^o^ï Lupercali?) ~

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AVENTINVS

metres

Abb. 1 : Die Stationen des Romspaziergangs des Aeneas und Euander.

132

Abbildungen

Abb.2:Das Haus des Augustus auf dem Palatin. A Atrium, Β Tablinum (?), 0 Oecus, R Eingang zur Rampe, r Rampe zwischen Wohnhaus und Apollotempel, S Versammlungssaal.

Abbildungen

133

Arcus Titi

F O RU

CIRCUS

MAXIMUS

Abb.3:Der Palatin mit den Kaiserpalästen. 1 Hütte des Romulus, 2 Magna Mater-Tempel, 3 Haus des Augustus, Casa di Livia, 4 Apollotempel, 5 Domus Tiberiana, 6 Domus Augustana. Der Palast Domitians ist mehr als dreimal so groß wie das Haus des Augustus und der Apollotempel zusammen.

134

Abbildungen

Abb.4:Domus Augustana. 1-3 Kolonnadenvorhof, 4-6, 18-19 Audienzräume (4 sog. Basilica, 5 sog. Aula Regia, 6 sog. Lararium), 7, 9 Brunnen, 8, 27 Oeci, 10, 18 (?), 19, 33 Peristyle, 11 Durchgang, 12, 14 Nymphäen, 13 Triclinium (sog. Cenatio Iovis), 17 Eingang, 28 Garten (sog. Hippodrom).

135

Abbildungen

ÎSPoUa

P o n s MUIVRJS

(3km north of the city)

\

REGIO REGIO

.Oomus \Augustona

REGIO

.Stadium

^Columna M Aurelii

•ontheon lOdeum

Thermae Constontini REGIO

ITheatrum ι Pompeii

REGIO

REGIO

Pons λ " * Aureli us

REGIO

REGIO XIV

REGIO"

Lateran

REGIO Thermae \ SCaracallae REGIO XIII

REGIO

Abb.5: Die Stationen der Rombesichtigung des Constantius. Von Ammian nicht erwähnte zeitgenössische Sehenswürdigkeiten: A Lateranbasilika (S.Giovanni in Latemo), Β S.Croce, C St.Peter, D Basilica Apostolorum (S.Sebastiano), E SS.Marcellino e Pietro (weiter östlich an der Via Labicana), S.Lorenzo fuori le mura, G S.Agnese, H S.Paolo fuori le mura, J Maxentiusbasilka, Κ Konstantinsbogen. Die Kirchen A, C-F und Η sind Gründungen Konstantins, Β erbaute seine Mutter Helena, G seine Tochter Constantia.

136

Abbildungen

Abb.6:Goldmedaillon, Antiochia, ca. 357/361 n.Chr. (R): Constantius im Triumphalgewand auf einem reichverzierten sechsspännigen Triumphwagen, flankiert von zwei Victorien mit Kranz und Palmzweig. Der Kaiser, dessen Haupt von einem Diadem bekrönt und von einem Nimbus umgeben ist, hält in der Linken den Globus, die Rechte hat er im Segensgestus erhoben.

Abbildungen

137

Abb.7: Silberne Largitionschale in St.Petersburg, Eremitage (Umzeichnung): Adventus des Constantius II. Der von einem Nimbus umgebene Kaiser in perlen- und edelsteinbesetzter Gewandung und mit Diadem sitzt zu Pferd. In kleinerem Maßstab links ein Soldat der Leibwache, der einen Schild mit dem Christogramm trägt, rechts eine den Kaiser bekränzende Victoria.

138

Abbildungen

Abb. 8 Bruchstücke vom Körper des Konstantinkolosses im Hof des Konservatorenpalastes in Rom.

Hypomnemata Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben

136: Christian Hänger

Die Welt im Kopf Raumbilder und Strategie im Römischen Kaiserreich 2001. Ca. 280 Seiten und 11 Abbildungen, gebunden. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 3 4 - X

135: Fortunat Hoessly

Katharsis: Reinigung als Heilverfahren Studien zum Ritual der archaischen und klassischen Zeit sowie zum Corpus Hippocraticum 2001. Ca. 312 Seiten, gebunden ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 3 3 - 1

134: Sigrid Mratschek

Der Briefwechsel des Paulinus von Nola Kommunikation und soziale Kontakte zwischen christlichen Intellektuellen 2001. Ca. 700 Seiten mit 18, teilweise farbigen Abbildungen, gebunden ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 3 2 - 3

133: Paul Schubert

Noms d'agent et invective: entre phénomène linguistique et interprétation du récit dans les poèmes homériques

131: Tobias Reinhardt

Das Buch E der Aristotelischen Topik Untersuchungen zur Echtheitsfrage 2000. 237 Seiten, kart. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 2 8 - 5

130: Jürgen Paul Schwindt

Prolegomena zu einer „Phänomenologie" der römischen Literaturgeschichtsschreibung

Von den Anfängen bis Quintilian 2000. 249 Seiten, kart. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 2 7 - 7

129: Claudia Schindler

Untersuchungen zu den Gleichnissen im römischen Lehrgedicht 2000. 315 Seiten mit Tabellen und Register, kart. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 2 6 - 9

128: Jörg Hardy

Piatons Theorie des Wissens im „Theaitet" 2001. 331 Seiten, kart. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 2 5 - 0

2000. 89 Seiten, kart. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 3 0 - 7

132: Andreas Bagordo

Beobachtungen zur Sprache des Terenz Mit besonderer Berücksichtigung der umgangssprachlichen Elemente 2001. 178 Seiten, gebunden ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 2 9 - 3

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Vandenhoeck Ruprecht

Hypomnemata Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben

127: Gesine Manuwald

122: Axel Brandt

Die Cyzicus-Episode und ihre Funktion in den Argonautica des Valerius Flaccus

Moralische Werte in den Res gestae des Ammianus Marcellinus

1999. 292 Seiten, kart. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 2 4 - 2

1999. 447 Seiten, kart. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 1 9 - 6

126: Stephanos Matthaios

Untersuchungen zur Grammatik Aristarchs: Texte und Interpretation zur Wortartenlehre 1999. 707 Seiten, kart. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 2 3 - 4

125: Friedemann Buddensiek

Die Theorie des Glücks in Aristoteles' Eudemischer Ethik 1999. 288 Seiten, kart. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 2 2 - 6

124: Georg Wöhrle

Telemachs Reise Väter und Söhne in llias und Odyssee oder ein Beitrag zur Erforschung der Männliehkeitsideologie in der homerischen Welt 1999. 170 Seiten, kart. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 2 1 - 8

123: Hans Bernsdorff

Das Fragmentum Bucolicum Vindobenense (P. Vindob. Rainer 29801) Einleitung, Text und Kommentar 1999. 177 Seiten und 1 Tafel mit 2 Abbildungen, kart. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 2 0 - X

121 : Paula Perlman

City and Sanctuary in Ancient Greece The Theorodokia in the Peloponnese 2000. 327 Seiten mit 29 Abbildungen und Tafeln, kart. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 1 8 - 8

120: Alan J. Nussbaum

Two Studies in Greek and Homeric Linguistics 1998. 177 Seiten, kart. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 1 7 - X

119: Margarita Sotlriou

Pindarus Homericus Homer-Rezeption in Pindars Epinikien 1998. X, 295 Seiten, kart. ISBN 3-525-25216-1

118: Georg Schwertlob Korzeniowski

Verskolometrie und hexametrische Verskunst römischer Bukoliker 1998. X, 390 Seiten, kart. ISBN 3 - 5 2 5 - 2 5 2 1 5 - 3

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