Beiträge zur Geschichte des Stiftes Werden [13 - 15]

Table of contents :
Front Cover
Dreizehntes Heft. ...
PRANAZRE ...
II. ...
S ...
Inthroniſation des Abtes Johann V. ...
Sobald die Prozession auf das Chor der Kirche gelangt war...
Beilage I. ...
Johann Julius Hecker. ...
Bestand in Werden ein ...
333 ...
Mitglieder - Verzeichnis. ...
Mitteilungen des Vereinsvorstandes. ...
Inhaltsverzeichnis. ...
...
Kloster - ...
ist übrigens für die letztere, streng genommen, nicht ...
den Gewölben des Mittelschiffes und im Vierungsturm herrscht ...
ม ...
höht und ein neuer Helm aufgesetzt, zu welchem die ...
Höhenmasse nach passt sie gut in eine dieser jetzt vermauerten ...
Urteile von Sachverständigen über die ...
Benediktinerordens u. den Gründer der Abtei Werden, nämlich ...
Feier des 1100 jährigen Todestages des hl. Ludgerus ...
7 ...
Zum Andenken ...
14 ...
zusammen gekommen sein. Wir glauben nicht zu ...
Herzen gehende Predigt über den Glaubensboten, den hl. ...
Gebet entgegengezogen. Am Ende der Brücke erwartete die ...
Augenblick; der ganze Dom bis zum letzten Platz mit ...
11 ...
mit fliegenden Fähnchen, durchzogen zu dem Ende das blühende ...
Gegen 3, beziehungsweise 5 Uhr traten die Pilger die ...
1 ...
einzig da. War es für die Gesamtheit ein erhebender ...
Anhang. ...
Die über die einzelnen Vorgänge bei Oeffnung und ...
Nallet. Theodor van Gülpen pastor prím. ...
Zu der Frage über den freiherrlichen Charakter ...
Literatur. ...
jenen Abt, der, bis in sein hohes Alter ...
Miszellen. ...
- ...
vorhanden. Ich erwähne das Bild des Herrn Ed. ...
Chronik des historischen Vereins ...
Mitglieder-Verzeichnis. ...
Inhalts-Verzeichnis. ...
...
1. Kapitel. ...
die Bürger, wie schon Ende des 13. Jahrhunderts und ...
Familie stammt. Auch in der Gemeinde Überruhr war ein ...
Unrecht „in die Hände der Ketzer" gekommen, ...
2. Kapitel. ...
fälischen Kriegsschauplatz ein überraschend plötzlicher Umschwung ...
Beziehungen seines Anwalts Hürding¹) zu dem Verſuch aus, ...
3. Kapitel. ...
1 ...
schwer fiel, Brinkmann, ihren Prediger, aus eigenen ...
E ...
um so die Sache auf sich beruhen laſſen zu können...
wirksam geweſen ſind, muß dahingestellt bleiben. Daß aber ...
So kam der 18. Oktober 1636 und damit der Zeitpunkt...
4. Kapitel. ...
Das Stiftsgebiet als Ganzes aber litt auch jetzt, ebenso ...
vom „Gericht Werden“ und von „kurfürstlichen Untertanen...
...
wie es eben der dreißigjährige Krieg mit seinem wechselvollen ...
Gericht zu verpfänden.') Auf dem gleichen Wege ...
gem. anderen Teil der Münſterkirchen von St. Peters Turm ...
Also alles bei dem Altherkommen und in terminis gerührten ...
9) Tun die Märkischen Bedienten zu Werden nicht allein ...
• ...
" ...
1 ...
Originale (desselben Ausstellers) mit demselben Wortlaute werden ...
ſein, weil in beiden (älteren) Urkunden verschieden ...

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BARVARD YEKSIY LIBRARY

Beiträge

zur

Geſchichte des Stiftes Werden

Herausgegeben

von dem Historischen Verein für das Gebiet des ehemaligen Stiftes Werden.

Dreizehntes Heft.

1909.

Druck von f. flothmann, G. m. b. H., Kettwig, Essen, Kupferdreh.

081730.

Yer49.8

OMANSAR SEVEKT Y&ZEEE!

Harvard College Libran

AUG

7

1913.

Hohenzollern Collection Gift of A. C. Coolidge

PRANAZRE RETTY

EFERARY

Aus Kettwigs Vergangenheit. Von W. Hartmann , Rektor der h. Stadtſchule in Kettwig.

Die heute bei Kettwig über den Ruhrfluß führende Brücke ist noch jung, ſie ſtammt aus dem Jahre 1865. Ehe ſie exiſtierte, wurde der Verkehr durch eine Fähre (Ponte, auch Gierponte) ver mittelt ; nur über den ſog . Mühlengraben (Mühlenſtrang) führte schon seit 1786 eine ſteinerne Brücke.¹)

Aber nicht immer ging auf

dem Hauptstrome die Fähre, sondern bis zum Jahre 1635 war schon eine steinerne Brücke vorhanden gewesen, die beide Ruhrufer miteinander verband.2)

Wann diese erbaut ist, hat sich bislang

auf Grund urkundlicher Überlieferung nicht feststellen laſſen, jeden falls war sie im 16. Jahrhundert vorhanden.3)

Nach einer Be

') Der Mühlengraben war auch schon früher überbrückt gewesen ; dieſe Brücke war aber durch das Wasser zerstört worden. Sie war aus Holz und wird als „brügel" mehrfach in den Akten des Königl. Staatsarchivs zu Düſſel dorf Werden VII, 10 d erwähnt. 2) Wo diese ältere Brücke über den Fluß führte, ergibt sich unzweifelhaft aus der von Kößſchke im 10. Heft der Beiträge zur Geſchichte des Stiftes Werden, S. 128 ff. besprochenen, im Königl. Staatsarchiv zu Düſſeldorf befindlichen Karte aus dem Jahre 1582 von einem Feldmesser " de lacu “ aus Kalkar. Auf dieser Karte ist die Brücke an derselben Stelle eingezeichnet, wo sie auch heute steht, d. h. zwischen der Einmündung des Roßdellerbaches und dem Gehöft „ Munter broed". Dort treffen sich die Wege von „ Minttert" bezw. Düsseldorf, von „Oeffte“ bezw. Werden und von Roßdelle bezw. Heiligenhaus. Auf dem rechten Ufer find Wege eingezeichnet von Kettwig nach " Müllem“ über Zum Stadt“, nach „Müllem“ über „ Schuhren“ und „ Des Roßkoitten", zur Werdener Brücke. Der legte Rest der alten Brücke ist wohl auf dem rechten Ufer in einem Pfeilerrcst erhalten, auf dem heute das dem Konditor Herrn Karl Schürenberg gehörende Haus z . T. steht. Davon, daß die alte Kettwiger Brücke auch für die weitere Umgebung wichtig war und dem Orte Kettwig eine ihm sonst nicht zukommende besondere Bedeutung verlieh, zeugt der Mülheimer Kinderreim, den man bei lange an haltendem Regen als Beschwörungsformel zu ſingen pflegte : Rege, Rege, Schure, Möllem op der Ruhre. Kettwig op der Brügge, Do schuwen all de Mügge. Wat Gott weit, wat Gott weit, Dat die Schur wirr över geiht. 1*

GRANNARA YHELETTRIC merkung in dem ,, Vntertenigst wollbegründten Bericht und bitt : Der Semptlichen Erben der Kettwicher gemarden betreffendt dieselbe gemarck“, ¹) deſſen unten noch weiter Erwähnung zu tun ſein wird , eingegangen in „ Embrich“ am 21. Juli 1633, alſo an die klevische Regierung gerichtet,

iſt „ die brück viel jünger dan die Müllen “.

Die Kettwiger Mühle aber wird zuerst erwähnt, wenigstens soweit dem Verfaſſer das Material bisher zugänglich geworden ist, in einer Urkunde des Jahres 1372,2) in der Graf Engelbert von der Mark, der Vogt des Stiftes Werden, anerkennt, daß ihm ganz beſtimmt umgrenzte Rechte im Stiftsgebiete zustehen, darunter „ die Mölen to Kettwich“, die er vom Abt zu Lehen habe.

Nun

hat sich zwar aus den mir bekannten Archivalien und der bezüg= lichen Litteratur auch nicht feststellen laſſen, wie alt die Kettwiger Mühle ist, doch dürfte man kaum fehlgreifen mit der Annahme, daß diese nicht viel jünger ſein wird als die Zugehörigkeit des „ Sadelhofes " Kettwig zum Werdener Kloster. Dies war nach Müllers (lekten Landrichters des Stiftes Werden) Geschichte des Stiftes Werden schon vor dem Ausgange des 12. Jahrhunderts der Fall Verſtärkt wird diese Vermutung

noch durch die Tatsache,

daß

wenigstens schon seit dem 12. Jahrhundert eine Pfarrkirche (des hlg. Petrus ) in Kettwig existierte ; denn durch eine Urkunde vom 19. Mai 1199 wird der Zehnte in der Pfarre Kettwig durch Papſt Innocenz III. dem Abt Herbert verliehen.³)

Zu dieser Zeit muß

also doch wohl auch schon ein Dorf Kettwig in einiger Größe vor handen gewesen sein, dessen

Einwohner

hauptsächlich Ackerbau

trieben und eine Gelegenheit, ihr Getreide in nächster Nähe malen zu können, mit Freuden begrüßten.

Sicherlich hat der Abt sich

nicht lange bedacht, wie früher zu Werden, so auch hier eine Mühlenanlage zu schaffen, für die ihm in der Ruhr eine vorzüg liche Waſſerkraft zur Verfügung stand.

Sezt man auf Grund dieſer

Erwägungen nun die Gründung der Kettwiger Mühle in das 13. Jahrhundert, so steht nichts im Wege, unter Berücksichtigung der oben erwähnten Notiz

aus dem Bericht der Kettwiger Marken

1) S. Beilage V. *) S. Beiträge", 1. Heft, S. 26. Ebenda, 2. Heft, S. 76.

5

Erben an die kleviſche Regierung, den Bau der früheren „ steinernen“ Brücke in das 14. Jahrhundert zu ſehen.¹) Was Jacobs in seinem Aufſaße über die „ Zerstörung der Werdener Ruhrbrücke durch Hochflut im Jahre 1533 « 2) als be ſtimmend für die Errichtung einer Brücke über die Ruhr in Werden anführt, galt — freilich wohl in etwas geringerem Maße – auch für die Pfarre Kettwig . Auch diese hatte ihre Pfarrkinder auf beiden Seiten des Flusses , und diese waren zur Befriedigung ihrer religiösen Bedürfniſſe auf die Kettwiger Kirche angewieſen. Bei Hochwaſſer aber und während eines großen Teiles des Winters konnte die Passage über die Ruhr mit Kähnen nicht vermittelt werden.

Dann

konnten

also weder die Pfarrangehörigen

der

linken Ruhrseite zum Kirchdorfe gelangen, noch war der Priester imstande, die Kranken an jenem Ufer mit Troſt und Sakrament zu versehen. Es kommt hinzu , daß wichtige Straßen hier über die Ruhr führten.

Abgesehen von der alten Heerstraße, die noch heute den

Namen der Frankfurter Straße trägt, liefen auf der linken Ruhr ſeite die Straßen nach Broich (Mülheim) und Düſſeldorf, die von Kettwig aus ihre Fortseßung nach Eſſen, Dortmund usw. fanden. Das sind gewiß der Gründe genug, die den Bau einer Brücke in alter Zeit erklären .

Gebaut ist die Brücke, falls wir der Äußerung

des Pfalzgrafen Philipp Wilhelm von Neuburg in einem Schreiben vom 17. Mai 16633) Glauben beimeſſen können,

nach der einer

ſeiner Vorfahren die Brücke zu Kettwig „ vor langen Jahren“ hat erbauen laſſen, von dem Schirmvogte des Stiftes, einem Grafen von der Mark, der einerseits seinen Schußbefohlenen in der Abtei, die ja zu beiden Seiten der Ruhr ſich ausdehnte, und deren Grenze Kettwig gegenüber nur eine kurze Strecke oberhalb der Brücke wieder landeinwärts lief, eine Wohltat erwies , und andererseits sich selbst eine ergiebige Einnahmequelle verſchaffte ; denn , wie billig, wurde von denjenigen, welche die Brücke benuzten , ein Zoll erhoben, ¹) Bestätigt wird dieſe Annahme anſcheinend durch eine von Közſchke, Urbare der Abtei Werden a. d. Ruhr, Bonn 1906, S. 434 f. veröffentl. Urkunde vom 31. Dez. 1390, worin Abt Bruno von Rennenberg dem Fischer Philipp die Fischerei in der Ruhr von der Brücke bei Kettwig bis zur Mühle bei Barnscheid verleiht, falls hier nicht die ältere Brücke über den Mühlengraben gemeint ist. 2) Beiträge", 4. Heft, S. 33 f. Das Schreiben befindet sich im Königl. Staatsarchiv zu Düſſeldorf.

6

und zwar durch den Grafen von der Mark. Abtes Hermann

vom

Ein Schreiben des

12. Dezember 1561 zeigt, daß dieſer für

sich und seine Wein-Fuhren freie Passage über die Brücke bean ſprucht, einmal, da ſeine Vorgänger auch zollfrei geweſen ſeien, und zum andern, weil er zur Unterhaltung der Werdener Brücke große Aufwendungen machen müſſe.¹) In der Tat hatte man in Werden mit der dortigen Ruhr brücke großes Unglück ; 1533 war sie „ durch eine Überschwemmung und die Gewalt des Waſſers am 6. Januar weggerissen und in den folgenden Jahren durch den Abt Johann wieder aufgebaut“ , und zwar „ mit großen Kosten und Bögen aus Quaderſteinen und auch viel fester und widerstandsfähiger als die frühere hergestellt". — Eine größere Beſchädigung ſcheint im Winter 1568/69 auch die Kettwiger Brücke betroffen

zu haben,

wie

man

aus dem

Schreiben der Räte des Herzogs von Cleve, Jülich und Berg d . d . Cleve, 31. Januar 1569 an den herzogl . Rentmeister Ketler in Werden schließen muß.

Dieser wird darin angewiesen, Sorge zu

tragen, daß die „ durch den jungsten grotenn water vnd yß an kaſten vnd pilarn “ erheblich beschädigte „ brugge tho Ketwich negst der Bergscher syden“ wiederhergestellt werde ; auch soll der Rent meister die Pächter der ,, moelen" anhalten, die Schlacht wieder auszubeſſern , wozu ſie nach ihrem Pachtvertrage verpflichtet seien.²) Wenn Hölterhoff³) in ſeiner „ Vaterlandskunde“, S. 89 mit

der

Bemerkung recht hat, daß 1583 der Kölner Erzbischof Gebhard Truchseß in dem von ihm zu seiner Behauptung im Erzbistum geführten Kriege eine Abteilung Reiter und Fußvolk entsandt habe, um die Kettwiger steinerne Brücke zu zerstören und sich so vor den Streifereien der Baiern zu sichern, so ist der Schaden wohl bald wiederhergestellt worden ; wieder in Benuzung .

denn jedenfalls

ist die Brücke 1591

Ein Schreiben der herzogl. Räte d . d . Düſſeldorf, 15. Aug. 1591 an den Abt Heinrich IV. ( Duden) , das auf „, onlengſt geübten mutwillen vnd

ongebürliches

Verhalten eßlicher

dero

Brüggen

zu Ketwig bestelter Soldaten " Bezug nimmt und Bestrafung sowie strengeres Regiment für die Zukunft verheißt, zumal vom Bürger 1) S. Beilage I. *) S. Beilage II. 3) Hölterhoff, Vaterlandskunde.

Solingen 1841.

7

7

meister und Rat zu Werden eine ähnliche Beschwerde wie von dem Abt eingelaufen sei, lehrt, daß die Kettwiger Brücke besonders befestigt war. Der Abt hat anscheinend darzutun verſucht, daß die Erhaltung der Befestigungen auf Grund alter Privilegien Sache des Herzogs sei. Dieser aber verweiſt darauf, daß die Befestigung, die dem Stifte Werden doch zu gut komme, mit erheblichen Kosten der Grafschaft Mark erbaut ſei , und will nichts weiteres vornehmen. Die Befestigung, bezw . die Brücke scheint ehemals von Soldaten besetzt gewesen zu sein und der Abt den Rat gegeben zu haben, dieſe Beſagung einzuziehen . Nun wird ihm seitens der herzogl. Regierung vorgeworfen, daß infolge seines eignen Anratens der Unfug und die Beschädigung stattfinden konnte, er also auch dafür aufkommen möge.¹)

Daß

die Kettwiger Brücke besondere Be=

festigungen hatte, läßt schon Gregor. Overhams Bericht²) vermuten, der erzählt : ,, Im Jahre 1598 am 14. Oktober drang Franz Mendoza, der Führer des ſpaniſchen Heeres , mit 25000 Mann in Cleve, die Grafschaft Mark und Weſtfalen ein und verwüſtete ringsum alles in furchtbarer Weise. Ebenso plünderte er das Dorf Kettwig wie ein feindliches ; es wurde ausgeraubt mit Ausnahme deſſen, was auf der Brücke in Sicherheit blieb. Es hatten sich nämlich einige dorthin geflüchtet und sich mannhaft freilich vergebens, da die Spanier die Brücke ein verteidigt, — nahmen.“

Auf eine unbefeſtigte Brücke würde kaum jemand ſeine

Habseligkeiten gerettet haben. Nach Einziehung der militärischen Brückenwache haben dann wohl die Bewohner Kettwigs laut Anordnung des Abtes Hein richs IV. (Duden) den Wachtdienst auf der Brücke versehen müſſen. Wir entnehmen dies aus einem Schreiben³) des Drosten Jorg Sieberg zu Füerdt d . d . Blankenſtein, 10. Jan. 1604 an den Abt Conrad (II.) , welches dem Richter Alexander Duden die Brücken wacht in der unruhigen Zeit „ als ein gefährlich Paß “ besonders empfiehlt unter Hinweis auf die Verordnung des vorigen Abtes, nach der die Hausleute zu den Tag- und Nachtwachen herangezogen werden sollten, wenn auch Hans von Bachum sich beklage und beschwere, (über diesen Hans von Bachum, der mehrfach erwähnt 1) S. Beilage III. S. Jacobs, Werdener Annalen" im 5. Heft der „Beiträge“ , S. 111 . Im Königl. Staatsarchiv zu Düſſeldorf.

8

wird, habe ich bislang nichts Näheres auffinden können) .

Der

Droste hält die Unterhaltung der Schlagbäume für nötig und hat dieserhalb mit der Ritter- und Landschaft Rücksprache genommen, erklärt sich auch bereit, im Interesse des Stiftes jederzeit mit den Ständen zu konferieren. Den Bewohnern des Stiftes freilich bereitete

diese Heran

ziehung zur Brückenwacht wenig Freude, und schon am 6. Febr. 1604 wenden sie sich mit einer Bittſchrift¹) an den Abt, um durch seine Vermittlung den Drosten Sieberg zu veranlaſſen, von der Heran ziehung

der

Kettwiger

Hausleute

zur

Brückenwacht abzusehen.

Sie berufen sich darauf, daß ſchon der vorige Abt sie von der Ver pflichtung befreit habe (es müßte dies alſo eine zweite Verfügung des vor. Abtes gewesen sein, durch die er seine erste, von Sieberg angezogene, aufhob) , da ihnen als einfältigen Hausleuten allerhand „ Ungütlichkeit und frembde ungewönliche Anmutungen angefertigt ; “ auch sei dem Stift mit solcher Wacht nichts oder gar wenig ge dient ; ferner ſei in Betracht gekommen die „ ußgeſtandene beſchwerr, alß daß diß Stifft von andern benachbarten mit langhweilig über heuffiger Raub, lichen

Inlagerungen, Kriegs verderblichen übertzügen, ·· (unleserliches Wort), brand und andern unzeh=

Bedrangnuſſen

ganz ußgeäſet ( ?) , auch diese wacht gegen

Altherkommen diesem Stifft

uffgedrungen, und zu mercklicher be Sie ver

hinderung unserer heußlich nötigen Arbeitt gereichte“. weisen

darauf, daß

die Reichsunmittelbarkeit des Stifts

ihnen

Reichs- und Kreiskontributionen verursache ; daß sie „ in ikig ver dorbenem Zustande mit diesen und dergl. frembden oneribus von Tag zu tage widder

dieses Stifts

Freiheit

und

altherkommen

ſollen belastet werden, ond in vnserer geringen hußhaltung, vnd nötigem Ackerbaw vnd beßereien ( -Aufbesserung der Ländereien) behindert, daß

wir hinferner nit allein gebührliche Steuern dan

auch die schüldige Pfechte nit würden bezalen noch ußdauren künnen.“ Endlich bringen sie vor , daß die diesseits der Ruhr Wohnenden Ufer)

,,der

(wohl

v.

Werden

mehrentheil

aus gesagt, also am linken dieſes Stiffts Underthanen“ C durch

die Kettwiger Brücke keinen Schuß genießen ; „jenseits der Rhure (also wohl am rechten Ufer) ſei die Brückenwacht nicht allein für

¹) Im Königl. Staatsarchiv zu Düſſeldorf.

9

die Untertanen des Stifts Werden, sondern

für das ganze Land

von der Mark, besonders für die angrenzenden Stifter und Herr lichkeit,

als Essen,

deren Eingeſeſſene

Rellinghausen und aber

Broich,

von

Bedeutung,

nie zu der Wacht herangezogen ſeien.

Indes wünschen die Bewohner nur Befreiung von der regel mäßigen Brückenwache, für den Notfall erklären sie sich jetzt zur Wacht bereit, wie sie es unter dem

vorigen Abt

geweſen ſeien.

In einem „ Schreiben¹) Rdi Domini Abbatis, ſo dem Herrn Droste zu Blankenstein, neben

der von den Vnderthanen vberge

benen Supplication belangendt die wacht vff der Kettwiſcher Brucke, zugestelt 7. Feb. 1604, “ tritt der Abt dem Geſuch ſeiner Unter tanen bei und verweist darauf, daß er die vom Kaiſer auferlegten Reichssteuern nicht habe zahlen können ; wenn er nun ferner noch infolge der Zahlungsunfähigkeit ſeiner Untertanen bleibe, so werde dies dem Stift

im Rückstand

zum Verderben

gereichen. Ist auch nit ohne, daß beide Hanß von Bachum vnd der •

„ So

(unleserliches Wort) Hugenpott ſo zur vffſicht der Brüggen bestellt nit soviel der Haußleute Dienſt (damit auch wenig außzurichten) alß Ihr eigen nuß ſuchen“ usw. Der Abt will die „ beharrliche Continuation der wacht vber die Vnderthanen nit gestatten." Wie hier so tritt auch in einem Schreiben²) vom 10. März 1606 (Conzept schreibens Herrn Abt Conradi ahn dem Werdensch Droſten wegen der Kettwicher Brügge) der Abt für die Stiftseingeſeſſenen ein. Der Drost hat im „ nahmen der Herren Deputierten aus Ritterschaft und Stede der seuchen

Johans

Graffschaft Mard ein

von Barchum

ungesteum an

(sic ! oben Bachum !)

und

seiner

Zuſtendt um (?) ißlich brandtholz off der Ketwiger brüggen “ ge= ſtellt und geäußert, daß Joh. v. Barchum ſich ſolches bei den Unter tanen des Abts

zu verſchaffen hoffe.

Der Abt lehnt ein solches

Anſinnen ab, weil dergl. von den armen Leuten nicht zu verlangen ſei ;

dabei verweiſt

er

auf einen

Syburg ( od. „ Sieberg“) vom

gründlichen Bericht an

3. Jan. 1602.

Es

Droſt

wird auch an

geführt, daß viele Untertanen des Abts auf der bergiſchen Seite wohnen, die von der Defenſion der Brücke keinen Nugen haben ; und endlich wird hervorgehoben,

welchen

Schaden

das Stift in

den letzten Jahren durch die städtiſchen überzüge, Einquartierung ¹) Jm Königl. Staatsarchiv zu Düſſeldorf. *) Desgl.

10

und Brandſchahung (der

Städtischen u . anderen)

erlitten habe.

Auch gibt der Abt abermals zu bedenken, daß er trok Anstrengens starker Exekutionsmittel wegen der Unvermögenheit der Leute die schuldigen Steuern nicht habe beitreiben können . Das gleiche Eintreten für die Bewohner Kettwigs finden wir bei dem Abt Hugo (Preutaeus) in ſeinem

an

den Herrn Statt

halter zu Düſſeldorf gerichteten Schreiben¹) [ Pro Kettwigensibus] vom 12. Mai 1618.

Darin

ſezt er auseinander, daß nach altem

Herkommen bei dem Versorgen der Brücke zu Kettwig mit Soldaten (diese sind also inzwiſchen wieder an Stelle der „Hausleute “ ge= treten) und Brandholz ebensoviel von der bergischen als von der märkischen Seite beigesteuert werden muß .

Neuerdings aber haben

die bergischen Beamten wegen der im Herzogtum Berg angeſeſſenen Untertanen den Kettwigern allein jene Laſten aufhalsen wollen . Der Abt bittet „ an stadt Landtfürstliche obrigkeit bey den bergischen beampten die Anordnung thun ( zu) wollen , damit in diſſem ſoll hinforo gleichheit ghelten, vnd ein oder ander theill vber alt her kommen und vermeugen nit beschwert werden meugen ." Eine militärische Besakung findet sich auch später noch auf der Brücke, wie mehrere erhaltene Schreiben beweisen ; so zunächst eine Stelle aus der Bittſchrift²) des Abtes Hugo an „ Pfalz-Neuburg (der inzwischen in Beſik des bergischen Landes gekommen ist) , die gravamina des Stifts Werden betreffend " , vom 11. Dezember 1625. Hier wird angeführt, daß am 13. Jan. 1625 der Kommandant auf der Kettwiger Brücke

den Werdenschen

Pferde und Kühe hinterhalten habe.

Untertanen einige

Diese Maßregel sollte ein

Druck auf den Abt sein wegen der Entrichtung der nach Auffassung des Vogtes seitens des Abtes oder

seiner Untertanen auf der

Brücke zu bewerkstelligenden Lieferungen (Brandholz, Kerzen), der sog. Servisen.

Von diesen „ Servisen “ handelt auch ein undatiertes

und unadreſſiertes Schreiben³) Wolfgang Wilhelms, „ Pfalz Graven bey Rhein “ (Conzept) , ' wohl an den Werdener Rentmeister ge = richtet und ohne Zweifel in das Jahr 1625 zu setzen .

Darin

wird erwähnt, daß sich „ Vnſer (des Pfalzgrafen als Herzogs von Berg) hauptmann Retgern von Lanßberg, wegen deß holkes, ſo 1) Im Königl. Staatsarchiv zu Düſſeldorf. 2) Desgl. S. Beilage IV.

11

noethwendig off beruirte Bruck (die Kettwiger kann nur gemeint ſein) mueß beigeſchafft werden , vnderth. beklagen vnd bitten thuet.“ Es wird Befehl erteilt, das nötige Holz aus den nächstgelegenen Ortschaften „ pro quota“ anzufahren .

Der genannte Retger von

Lanzberg ist doch fraglos der Kommandant der Kettwiger Brücke, der darüber Beschwerde geführt hat, daß seinen Leuten das not wendige Brennholz nicht geliefert wird . _______ Hierher gehört ferner das Schreiben ') Wolfgang Wilhelms Düsseldorf,

5.

Jan.

Thomassen Borken. "

1626

an

von Pfalz-Neuburg,

„ Vnseren

rechteren

zu

d. d.

Werden

Dieſer ſoll dem Abt Hugo zu Werden „ die

Servisen," welche er vor einiger Zeit für Soldaten entrichtet hat, die auf die Kettwiger Brücke gelegt sind, erlaſſen, aber bei „ dem veſten vnseren rhaett Directoren vnserer Graffſchafft Mark vnd lieben getrewen, Dietherich Syberg, " Fürsorge tragen, daß solche „ Servis" aus gemeinen

Mitteln „ vnser grafschafft mitteln, wie

von alterß preuchlich, vnd wir Ermeten Directoren befehlen, bey geschafft

werde"

(Unterschrift :

Wonßheim ;

Schreiber :

Wilh.

Volder). Diese Weisung an den Richter Borcken ist wohl die Wirkung einer „ supplicatio (Bittſchrift) ahn Irre Fürſtl. Orchl. (von Pfalz Neuburg) wegen Schließ ( ? Schloß?) vnd Kettwiger Seruyß“, die im Conzept erhalten und mit der Jahreszahl 1626 versehen ist. Darin bringt der Abt eine abermalige Beſchwerde an, weil trok mehrfacher schriftlicher und mündlicher Vorstellungen darüber, daß von den ganz ausgemiergelten " Untertanen des Stiftes Werden Besteuerung wegen Holz- und Kerzengeld zur Besazung der Kett wiger Brücke verlangt

werde, nicht nur keine Abhilfe geschehen,

sondern im Gegenteil neue ungewöhnliche Auflagen gemacht seien ; auch für die auf das Fürſtl. Haus „ binnen Werden “ gelegten Sol daten ſei „ Seruyß“ mit Betten, Laken, Kerzen, Holz uſw. verlangt. Der Richter zu Werden aber, Thomas Borden, sei mit Pfändung gegen die betrübten Untertanen vorgegangen. - Demgegenüber werden die,, ohngewöhnlichen collectationes"und die Einquartierungs lasten in Erinnerung gebracht, durch welche die Untertanen gänzlich ruiniert seien ; und dies alles , trotzdem das Stift reichsunmittelbar und alſo „ an den anwachsenden Beſchwerniſſen“ gar nicht intereſ siert sei, die Untertanen also auch mit Kriegslasten nicht bedrückt ¹) Im Königl. Staatsarchiv zu Düſſeldorf.

12

werden dürften . Diese könnten durch solche ungewöhnlichen Auf lagen auch zur Widerseßlichkeit gegen die „ Contributionen und schuldige Reichs -Kreyßsteuern “ angeleitet werden . „ Gelangt demnach ahn Ew. F. D. meine diemütige pitt wollen den vorg. Richter zu Werden ernstlichen beuelehn , das Er meines angehorigen Stiffts Vnterthanen mit dem angemuteten Seruyß, vnd Darreichung, bett, lacken, holk(,) Kerzengelt ond anders ferner nit beſchweren , noch derohalb mit arreſten oder pfändung gegen dieſelbe in eingerley (?) weiß procedirn, darahn geſchicht was der schuß und ſchirm Ver wantniß gemeß, vnd thue darumb deßen“ uſw. Falls aber wider Erwarten ſeiner Bitte nicht entsprochen werden solle, ſo ſei er Eids und Pflicht halber genötigt, gegen die zugefügten Beschwer niſſe zu protestieren, wie er durch vorliegendes Schreiben proteſtiert und sich „ alle behelff rechtens “ vorbehalten haben will. Das nächste die Brücke betreffende Schriftstück, das sich in den Akten findet, ist nun die oben ( S. 4) schon erwähnte Bittſchrift¹) ſämtlicher Erben der Kettwiger Gemarken an den brandenburgi schen Kurfürsten, den

nunmehrigen Grafen von der Mark und

Schirmoogt der Abtei, das übergeben ist in Emmerich am 21. Juli 1633. Aus diesem geht hervor, daß die Brücke einer gründlichen Repa ratur bedarf.

Auf Befehl des Kurfürsten hat daher der kurfürſtl.

Richter zu Werden, Chriſtian Rodt, die Erben der Kettwiger Ge marken zu sich kommen laſſen und ihnen eröffnet, der Kurfürſt erachte sich für berechtigt, in ihren Waldungen das nötige Holz fällen und es dann an die Brücke fahren zu lassen .

Die Gemarken

Erben halten nun entgegen, obwohl die anderweiten Gerechtſame der Erben verschieden seien (halb, ganz , dubel) , haben doch alle an das Holz gleiches Anrecht.

Nun sei der Kurfürst als Besizer

der Mühle, eines „ Dubel-Erbes“ , zwar berechtigt, „ ein dubels ge= walt Maſt zu bedreiben “ , habe aber nicht mehr zu beanspruchen als jeder andre Erbe ; auch sei seit Menschengedenken früher nie ein solcher Anspruch geltend gemacht.

Wohl habe man seit alters

zum notwendigen Aufbau der verfallenen Behausungen oder auch behufs anderer Bauten den Erben etwas Bauholz durch die Vor steher zuweisen zu laſſen gepflegt — und dies sei auch zum Not, bau der landesfürſtl. Mühle und zur „ Juſtificirung der Mißtehter“

')

. Beilage V.

13

geschehen

9 aber bretter und Lattenholz sei nie verabfolgt.

mals haben

Nie

auch die Vorgänger des Kurfürsten oder deren Be

amte unentgeltlich aus den Marken Holz beansprucht zur Erbauung, Reparierung und Unterhaltung der Brücke oder der dazu gehörenden Schiffe ; ja der Landesfürſt habe nicht einmal eine besondere Holz gerechtigkeit wegen Instandhaltung der Mühlenschlacht, sondern die Mühlenpächter hätten jederzeit die zur Schlacht nötigen Schiffe und Pfähle sich anderweit besorgen müſſen. — Schon am 31. Juli 1633 erhält der Werdener Richter und Rentmeiſter Chriſtian Rhodt die vom 25. Juli 1633 datierte Antwort¹) der cleviſchen Regierung auf diese Bittschrift. Darnach behält die Regierung sich vor, ſich über die Markengerechtigkeit des Kurfürsten genauer zu informieren , und beauftragt auch den Richter, ein gleiches zu tun . Im vor liegenden Fall aber soll er den Bittstellern erklären, daß die Fi nanzen des Kurfürsten 3. 3. den Ankauf von Holz für einen der artigen Bau nicht gestatten.

Man möge auch in Erwägung ziehen,

daß die Beschädigung größtenteils zu einer Zeit entstanden ſei, wo der Kurfürſt das „ ampt “ Werden noch nicht beſeſſen, ſondern dies noch unter der Gewalt des Herrn Pfalzgrafen gestanden habe, und endlich möge man bedenken, daß außer der Beschaffung des Holzes zur Ausbeſſerung der Brücke noch mancherlei erforderlich ſei. Die Erben mögen alſo in diesem Falle, ohne daß ihren Ge rechtſamen dadurch Eintrag geschehen solle, das nötige Holz ver Zugleich aber wird der Richter angewieſen, abfolgen lassen . falls die Erben sich hierzu nicht sollten verstehen wollen, trok ihres Protestes das nötige Holz fällen und anfahren zu laſſen. Die Reparatur wird dann auch wohl sicherlich ausgeführt und die Brücke wieder in einen sicheren und haltbaren Zustand versezt sein.

Schade nur, daß ihr Beſtand trozdem nicht mehr

Nach Küch, „ Zur Politik Wolfgang Wilhelms von Pfalz Neuburg «2) waren noch im Dezember 1634 an der Brücke und auf Schloß Landsberg durch die Schweden, welche lange dauern ſollte.

diese beiden Punkte besezt hatten, neue Befestigungswerke angelegt worden, wozu das Landvolk das nötige Holz hatte liefern müſſen ; auch zur Schanzarbeit war es herangezogen. Aber trok dieſer

1) S. Beilage VI. *) Im 12. Heft der Beiträge zur Geſchichte des Niederrheins, Düſſeldorf 1897.

14

Vorsicht, und troßdem der an der Kettwiger Brücke kommandierende schwedische Oberleutnant Korter auf einen Angriff der in Kaiſers werth stehenden kaiserlichen Truppen des Generals Westfalen ge faßt war, gelang es doch zwei Kaiſerswerther Kompagnien am 11. April 1635, die Brückenbesaßung zu überrumpeln. nun am folgenden Tage hessische Truppen

Als aber

den Kaiserlichen die

Brücke wieder entriſſen und im Bergischen Kontributionen einzu treiben begannen, beſchloß Wolfgang Wilhelm Gewalt anzuwenden ; er entsandte seinen Oberst Moretti in der Nacht des 30. Sept. , und am 2. Okt. sezte sich dieser znnächſt in Besitz des Schloſſes Landsberg.

War ihm dies ohne Kampf gelungen, so wurde doch

bei der Kettwiger Brücke hartnäckig gestritten. Geschütz

gegen

die

Troßdem Moretti

Schanze spielen ließ, hielten sich die Heſſen

tapfer, und erst als eine unterhalb der Brücke über den Fluß ge sette, aus Reitern und Fußvolk gemischte Schar ihnen

in den

Rücken kam , kapitulierten sie, als sie nur noch einen Fähndrich und 35 Mann zählten .

Auf Morettis Befehl

wurde

nun die

Schanze geschleift und die Brücke bis auf die Pfeiler abgebrochen. Die Zerstörung wird kaum ſo gründlich geweſen ſein, daß sie ſich mit einigen Opfern und gutem Willen ausbeſſern laſſen.

nicht hätte wieder

Aber wir sahen bereits oben, wie

schwer es

hielt, die Waldbeſizer zur Hergabe von Holz zu bewegen .

Auch

den Landesfürſten fehlte es an Geld in den unruhigen Kriegszeiten, und im Falle der Wiederherstellung der zerstörten Brücke wußte niemand, ob die Zerstörung sich nicht in kurzer Frist wiederholen würde, ſodaß Geld , Material waren .

und Arbeit

umsonst

aufgewandt

Vielleicht sah man auch die Erschwerung des Ruhrüber

ganges auf beiden Ufer wegen der durch den Krieg stets drohenden Überraschungen gar nicht ungern : die Wiedererbauung der Brücke unterblieb einſtweilen, die Zerstörung des Werkes durch Menschen hand wird durch Hochwasser und Eisgang noch vervollſtändigt ſein. Der Verkehr wurde nunmehr durch eine Fähre vermittelt. Durch den kurfürſtl. Richter und Rentmeiſter Chriſtian Rodt zu Werden wird am 13. April 16401) einstweilen (,, nachdem wegen des Fehrs zu Ketwich vnd deſſen Verpfachtung von der Landes obrigkeit bißnoch zu keine ordentliche Anordnung einkommen, gleich

1) Das Schreiben befindet sich im Königl. Staatsarchiv zu Düsseldorf.

15

woll aber nötig erachtet, daß zur Fortpflanzung der Kirchen vnd Gemein dhaſelbſt

auch sonsten oben genanntes fehr ſeinen gepür

lichen Wortgang haben moge“) „ Gördte Jostes , eingesessenem zu besagtem Ketwich hiermit vergunnt

vnd zugelaſſen,

daß er be

ſagtes Fehr auf sich nehmen vnd die Schiffart alßvort iko anſtehen ſolle". Dafür muß er im Mai des k. Jahres an den p . Rodt für die kurf. brandenburg. Kammer zu Emmerich 25 Thlr. zahlen. Diese Pacht soll nachgelaſſen werden, wenn „ immittelst von der kurfürstl. Regierung hierüber ein anderes statuiert wird." Demselben Gördte (oder Gordt) Joſtes (oder Goſtes) ſoll laut Bericht des Ludwig Fabricius zu Werden vom 24. März 1645 an den Kurfürsten

von Brandenburg die Fähre zu „ Ketwich annoch

auf etliche Jahre übertragen werden " (Wie Ew. F. D. geruhen auß eingelegter authentisirter copyen gnedigst zu ersehen, daßge ſtalt der endgestandene Rentmeiſter Chriſtian Rodt nach abreißung der brücken zu Ketwig daß fähr daselbsten, worfür Ew . F. D. zur Halbscheit interessieret, ahn Gordten Gostes in Anno 1640 jährlich vor 25 Thaler current verpfachtet“ uſw.) , und laut Poſt ſcriptum der kurfürstlichen Amtskammer vom 1. April 1645 wird dem Pächter die Fähre auf 6 Jahre verpachtet ; er hat zu dreien aufzukündigen.

Der Pachtzins beträgt 25 Thlr.

Auch soll ihm

zum Bau eines Fährschiffes unentgeltlich Holz angewiesen werden. Damit aber hatte es seine Schwierigkeit, denn laut Bericht des Werdener Rentmeisters

vom

29.

April

1645

wollten die von

Landsberg als die Markherrn das Holz nicht hergeben ; und des ſelben Inhalts ist ein Bericht vom 24. Mai 1646 an den Kur fürsten, der betont, daß die Marken ein Dubbelerbe seien, und daß der Markherr das Holz

nicht anweiſen wolle, „ vnd vordem

seien kein sehr, Sondern eine ſteinerne Brücke zu Ketwig geweſen “. Da ſei nur Holz zu den Mühlen nötig geweſen.

Schon am 28.

Mai 1646 ergeht darauf die Verfügung seitens kurfürstlicher Re gierung :

„Verhalte euch darauff gnedigst

wir unß genugsamb zu erinnern

nicht,

wie

wiſſen , daß zu Kettwich eine

Steinern Bruck geweſen, indeme aber dieselbe noch zur Zeit nit wieder kan erbawet werden, vndt daß Fehrschifflein, zur accommo dation aller ab- vndt anreißenden gemeint, vndt angesehen

ist"

usw. Der von Landsberg werde wohl nicht weiter in Anweisung des Holzes diffikultieren“, da solches ohne Präjudiz der Erben

16

und ihrer Gerechtigkeit sein, auch citra consequentiam angesehen werden solle. Ob nun wirklich der von Landsberg nicht länger diffikultiert und Gördte Jostes unentgeltlich Holz zu einem Fährschiff erhalten hat, ist aus den Akten nicht ersichtlich.

Beilagen.

I. *) Schreiben des Abts Hermann vom 12. Dez. 1561. ,,Unser freundlich Gruß u . waß wir ehren u . liebes vermuegen zuvor / Ehrenthaffter u. hochgelerter besonder vilgünſtiger Her u. freundt / Wir stellen in Gheynen zwivel Ew. Liebden wißen sich sovil den Ketwiſchen Zoll antrifft, wilcher gestalt Ew. 2. sprochen,

wilche den

bedechtlich noch zu erinnern /

wir leßlich derwegen zu Xancten ange

auff damalß unser anhalten denn beſcheit

geben, daß dieſelb der ſachen im besten Ingedenk ſein / und am fürderlichsten befordern helffen wollen / mit dem angehenckten Be ſcheidt, ſovern wir einigen ſchein u. beweiß deß ebangerechten Zolß halber hinder unß hetten u. finden wurden, daß wir denselbigen überschicken deden. Nun ist es nyt eher / daß nit allein wir / sonder auch unſere Hern vurfaren / jeder Zeit deß gedachten Zolf halber, weil ein mirckliches alhie zu underhaltung unser Brüggen zu Werden daruff gehet / frei und ledig gestanden / unſers gefallens mit unseren u. deß Stiffts noitturfftigen winen / haben / faren u. paßieren muegen / nie von Innen

gefordert,

geschwigen

daß sie

etwas soltten gegeben haben“ Unterschrift : „ Von Godtes genaden Hermann zu Werden u . Helmsteden Abt. “

*) Die im Folgenden abgedruckten Beilagen befinden sich im Königl. Staats archiv zu Düſſeldorf Regiſtratur-Repertorium von Werden VII, 10.—

17

II. Schreiben der Räte des Herzogs von Cleve, Jülich u. Berg an den Rentmeister Ketler in Werden d. d. Cleve, 31. Jan. 1569. „ Erbar guder frundt

Alß ghy vnß nu geschreuen wie an

der ſchlachten vnd bruggen tho Werden geſunderheit an der bruggen tho Ketwich negſt der Bergscher ſyden an kaſten vnd pilarn durch den jungsten grotenn water vnd yß gheyn geringer schade beschehen Mit verhaepeningen die

affgedreuene houwſteyne vnd

anderen

weder tho bekhommen vnd in vnseres gnedigen Fursten vnd Herrn beſte tho verbruycken Sulchs alles hebn wy vernommen und ſihen van wegen Irer F. D. vur guyt an dat ghy mit vpmackinge der Bruggen tho Ketwich die handt so voell muglich daran halden vnd befurderen Darmit dieſeluige anstundt vnderfangen vnd so baldt muglich tho den meesten profyt oerer F. D. weder upgemaakt in vorigen weſen gebracht vnd gehalden vnd die onkhosten so uoell Irer F. D. deser oert (?) tho dragen geburt mit klarem bericht thor reckeningen

gebracht

werden,

Wie ghy

dan

oeck by

den

pachteren oerer F. D. moelen tho Werden vnd Ketwich anthomanen vnd die handt tho halden weten Dat die schlachten vermuge oerer pachtungh wederumb opgemaakt vnd vnderhalden werden --- Ver= sehen vnd verlaten wy vnß also Datum Cleve den letsten Januarij Anno uſw. Unsers gnedigen Fursten vnd Herrn Hertoug tho Cleve und Bergh Rhede by haue.“ ©

Gulich

III. Schreiben der

Rhete, Bei Hoffe Unsers gnedigen Fürsten und

Herrn Herzogen“, d. d. Düſſeldorf, 15. Aug. 1591. „ An den Hern Heinrichen, der frey weltlichen Stiffter Werden u . Helmstetten Abten. (Eingangsformel) .

Was Ew. Ehrw. wegen etlicher dero

Brüggen zu Ketwig bestelten Soldaten vnlengſt geübten mutwillens vnd vngebürlichen Verhaltens , ahn ons onder andern geſchreben, das haben wir vernommen, sinthemal nun Vnserm gnedigen fürsten ond Herrn Herzogen zu Cleve uſw. von Bürgermeister vnd Raht alda zu Werden gleichmaßige Clage einkommen, haben Ire F. Gn . 2

18

erheischender nottrufft nach Ihrem Directorn in Marc gnediglich befholen, darüber vmſtentlichen bericht einzunimmen, die Theter der gebur zu bestraffen, vnd ſunſten die ernſte Versehung zu thun, Das seine onderhabende Soldaten allenthalber In gutem Regiment erhalten, vnsere Vnderthanen aber [über ?] Vngebur ferner zu clagen, vnd wir zu andern Inſehens nit verursacht.

Was aber

die Befestigung dero Brüggen zu Ketwig, vnd Ew. Ehrw . derwegen angezogene privilegia ond alte vertrege belengendt, Sein Ihre F. Gn. oder wir solchen Privilegien und Vertregen

zu

wider,

Ichtwes auch Im geringſten vorzunimmen, oder zu gestatten, nit gemeint. ― So ist aber Ew . Ehrw. genugsam bewust, Das solche Vestung erheischender onvermeitlicher Nott derselben vnd Ihrem Stifft selbsten zu gutem, nit ohn großmirdliche dero Graffſchaft Marc Koſten erbowet worden, Haltens auch darfür, da Ew. Ehrw . zu Verſchonung derselben Koſten, Ihrer F. Gn. vns , oder bemelter Graffschaft, einen andern beßern Vorſchlag , vnd zutreglichere Mittell angezeigt, deſſfalls

man wurde Ew. Ehrw. In deme gern gefolgt,

vnd ſunſten

gegen

Ihren

willen

nichts

auch

vorgenommen

haben, wie denn auch Deputirte der Graffschaft Mark Izo alhie gegenwurtig, denen wir Ew . Ehrw. meinongh angezeigt, woll erleiden thonnen, da Ew. Ehrw. die bißhero gewohnliche Besazung der Brüggen zu Ketwig vnnotig, vnd angegebener Gestalt, dieſelbe zu verwalten gnugsam erachten.

Das darhinne Ew. Ehrw. recht

vnd vorschlag gefolgt, vnd vnnotige Kosten versparet, Da aber darauf sich ein beschwerlichers zutragen mochte, hatten Ew. Ehrw. ver nunfftiglich zu ermeßen, Das man dieſelbe dafür anzuſehn, wilchs wir also Ew. Ehrw. auff Ihr Schreiben In endtwurt nit verhalten mugen, dieselbige dem Almechtigen befhelendt,“ usw.

IV . [Unvollständiges Concept eines Schreibens Wolfgang Wilhelms von Pfalz-Neuburg, Herzogs von Jülich u . Berg, gerichtet an den Werdener Rentmeister (?) und in das Jahr 1625 zu ſehen ?] : Von Gottes Gnaden Wolfgang Wilhelm, Pfalz Grave bey Rhein. ,,Lieber Dener, waß wir euch vnlengst, wegen der ſerviſen of der Ketwicher Brügge zuschrieben & gnedigst bevehlen laßen, deſſen wißt Ihr Euch gutter maßen zue erinnern ; Nue thuet sich

19

onser hauptmann Retgern

von Lanßberg,

wegen deß holkes , ſo

noethwendig off beruirte Bruck mueß beigeschafft werden, vnderth. beklagen & bitten, inmaßen hiebeiverwarth abſchriftl . zu ersehen, wahn eß da anderß nit ſein kan, dan daß die Noeturfft ahn Holk, wie bishero beschehen, auß den oertern so ahm negsten gelegen , & ohn eß zu bekommen pro quota beygefahrt werde ; so sehen wir nit, wie deßfalß einige verenderung zu machen, sondern mueß daer mitt, wie bißhero observirt worden, gehalten werden : Ist derowegen unser gnedigste

meinung & bevelch, daß Ir daß holk betrifft daran ſeiet, daß daselb wie“ •

alß viel

V. Untertenight wollbegründte Bericht u. bitt : Der Semptlichen Erben ― der Kettwicher gemarden betreffendt dieselbe gemard. Pr. Embrich, d . 21. Julii Ao 1633. ,,Durchleuchtigster Churfürst gnedigster Herr uſw.

Ew . Chur

fürstl. Durchlaucht konnen wir Semptliche Erben der Kettwicher Holzgemarcken vnderteningſt anzufügen, nit vorbeygehen, waß Maßen dero Richter zu Werden Christinan Rodt, Jüngst vnß sampt ond sonders vor sich bescheiden laſſen,

einen

von Ewer.

Churf. Dhlt, betreffendt die Reparirung der Kettwicher brügen, gnedigst außgangen befellig,

darinen sich sehen,

daß

daß

hierzu

Nottige holz auß deroselben gewelts genohmen werden solle, vor geleßen, Marckt,

& solche wortt dahin erkleret, daß auß besagter vnser dazu

Ew.

Churf. Dhlt.

berechtiget wehren , solch holk

abzufellen & Nacher der brücken zuführen, ihm befohlen würde Wan nun, gnedigster Churfürst & Herr dißes eine hiebeuoren onerhorte beschwernuß verursachen würde, Alß konnen wir nit vnderlaſſen Ew. Churf. Dhlt . ,

S

waß eß mit sothaner Marckt für

1

ein eigentliche vnd wahrhaffte Beschaffenheit habe, vndertennigſt zu berichten, Ob woll zu berürtter Marcken onderscheidliche Erben

:

gehoren & intressiret ſeindt, deren Etliche nur ein halb,

1. ell

ein ganzes, & etliche Dubell oder mehr gewalt ( = Waldung) zur

Th

kein der intreßirten Erben Dubel Recht an geholze biß dahero pretendirt, weniger genoßen hat, Sondern wer auß den Erben 2*

andere

Zeit der Maſt zu bedreiben & zu genießen berechtiget, daß dennoch

20

nur ein halb gewalt Maſt mit Schweinen bedreibt, der ist an holk eben souiel berichtiget, Mast bedreiben mag‫و‬

alß

welcher

ein Dubel gewalt an

Derwegen ob woll Ewer Churf. Dhlt. gleich dero hochloblicher vorfahren vnsern gnedigsten Landtsfürſten & Herren Chriſtmilten andenckens wegen der Müllen zu Kettwich

als

ein Dubel Erbe

ein Dubels Gewalt Mast zu bedreiben berechtiget,

& biß dahero

durch ein zeitlichen Rentmeiſter zu Werden haben bedrieben laſſen, so ist doch ganz ohne,

daß dieselbe für

zehen ,

zwenzig ,

drißig,

virgig, fünfftig, & mehr Jaren, dan sich Menschengedencken erstreckt, an holk gerechtigkeit mehr pretendirt oder gefordert, den ein ander gemein Erbe, ſondern iſt jederzeit obſeruirt & herkomen, wie Man Etwa zu zweyen Jaren den Semptlichen Marcken-Erben stackenholtz durch die fürstehere zuweißen pflegt, daß alß den Landtsfürſtlichen Rentmeistern gleich einem gemeinen Erben

daß ſtackenholz vnd

mehr nit gewießen wirdt, geſtalt dan derselben Fürstlichen Rent meiſterey Lagerbücher & alſte Register,

dahin wir vnß referiren,

solches & kein anders nachweißen werden g Ob wol dan auch von alters hergebracht worden, daß gleicher gestalt, wie Man Etwa zum nottigen baw der verfallenen behau sungen oder andern angehorenden gebawen den Erben Etliche vorsteher zuweißen pflegt, Also auch zum Nottbaw der Landtsfürſtlichen Müllen ond Juſtificirung der Miß

bawholzer durch die

tehter den werckmeistern oder Zimmerleutten jederzeit nott türfftig holz, Jedoch auſſerhalb bretter & lattenholzer, gewiesen worden g Ganz ohne aber, daß jemahlen vorige vnsere Gnedigste Landts fürsten & herren,

oder dero

beampten

vorzeiten

zu

erbawung,

Reparazion, & onderhaltung der brücken alda, oder dazu gehorenden schiffen Eing geholz auß vnser obgemelten Marcken ohne entgeltniß gefordert, geſchweigen auff ein Marckenrecht empfangen haben , Sonder vilmehr kan auff Richtig erfordern beſcheinet werden, wan vor

dißen

Einig

geholtz zu

verfertigung

newer ſteinſcheiffen,

steigen, holz, oder brettern fenster oder andere bretter, auch zu pfellen, oder andern behueff der brücken , wie daß Nahmen haben mochte, von Notten gewessen vnd beygeschafft werden müßen, daß alfdan solches alles der Fürstliche Rentmeister mit barem gelt von andern Eingekaufft, auff Kettwich zu der brücken gestellet, & jederzeit den Kosten bey seinen Rechnungen Eingebracht habe, die

21

auch also angenohmen worden, wie die bey deren Landtsfürſtlichen Rechenkamer Registraturen noch erfindlich & drauß zu referieren 3 Welche freiheit vnser Marcken auch daher bestetiget wirdt. daß ob woll wie vorgemelte Ew. Churf. Dhlt. wegen der Müllen darzu gleich einem andern Erben mit berechtiget sey, dennoch die Müllenschlacht zu der Marcken kein gerechtigkeit gehabt, ſondern die Müllenpächter jederzeit die zur Schlacht nottige schiff & pelle anderwerts auff ihre

kosten suchen & beybringen müßen, ohne

daß ihnen auff vnser Marcken daß geringſte dazu jemahl gewießen worden, derwegen ſchlißlich erfolgt daß vil winger die brück die viel jünger ist dan die Müllen, zu dißer so alten Marcken sich berechtigen moge Wan den Ewer Churf. Dhlt. auß dißem allen gnugsam ver stehen konen,

daß wie zu der brücken ohne entgeltniß kein holts

auß vnßer gemarcken folgen zu laſſen ſchuldig,

Alß

gelangt an

Ew. Churf. Dhlt. vnßer vntertenigſte bitt Die geruhen in anſehung dißer vnd aller

anderer vmbſtenden zu

erkennen,

Kettwicher brücken halben zu vielgemelter vnser

daß

ihr der

gemarcken

kein

Recht zu Reparazion competiere, Sonder wir bey der von alters herbrachter freiheit derselben Manutenirt, & hingegen ime Chriſtian Roden Richter & Rentmeistern zu Werden Mandirt & befohlen werden moge, vnk dabey Rewig verpleiben zu laſſen & deß ange maißten holz hawens sich darin gar zu enthalten, Daran geschieht, waß dem allgemeinen, auch besondern Marcken Rechten u . der billigkeit gemeß , vnd sind uerdienen schuldig vnd gefließen a

wirs

ontertenigst

zu

Ew. Churf. Dhlt. vntertenigst gehorsampst Semptliche Erben der Kettwicher Marden :

VI . Schreiben der cleviſchen Regierung an den Rentmeifter Chriftian Rodt zu werden vom 25. Juli 1633. ,,Dem Erbarenn

vnserm gutem freunde,

Richterenn vnd Nentmeisteren zu Werden . Erbar guter freundt,

Chriſtian

Rhodt,

(pr. 31. Julii 1633.)

Vonn I. Churfürstl. Dhl . zu Brandenburg, vnsers gnedigstenn Herrn Regierung, ist uns zugeschickt, vnd habt ihr ab der einlage

22

zuerſehen, waß die Semptlichen erben der Kettwicher Gemarckenn supplicatiue gesucht & gebett Ob nun wol ons zur

Zeit nicht bewust,

wie



vmb g.

supplicanten angeben eigentlich bewandt, & dahero wir gemeinet ſein, ex registratura vns den bericht beibringen weit hochg. I. Churf. Dhl. vf der

zu

laſſen,

wie

gemarckenn berechtiget, & ob

dieselbe dergestalt enge eingeſpannen ( = eingesponnen),

daß zu

einer sölcher algemeinen notturfft & gemeinem Dienst, wie dieses, dz bedurffende holz darauß nit solle nehmen mögen, wie ihr dann gleichfalß hiemit beuelicht werdet, euch darüber zuerkündigenn So laßenn wir

doch Ihr

angeben

vor dißmal

auf seiner

wurde & onwurde beruhenn, & verordnen hiemit, daß Ihr denn geerbten zu gemut fuhret, welcher gestalt I. Churf. Dhl. ießiger Cammerstat nicht erleiden kan, in dieſen & dergleichen zu gemeinem Dienst & geryff gereichendem baw, holk anzukauffen In fernerer erwegung dieser schade an der Ketwicher brüggen zu der zeit mehrenteils entstandenn, alß I. Churf. Dhl. dz ampt Wehrdenn noch nicht, sondern d . Herr Pfalzgraff selbiges

eingehabt, dabe

nebenst außerhalb dieſem holz noch eine ansehentliche außlage zu der reparation erfordert wirdt, vnd derwegen Sie die geerbten, mit vorbehaltt Ihrer angezogener berechtsamkeit, die notturfft vor dißmal solle außfolgen laſſen Zum fall aber dieselbe, vber vermuten, darzu nit verstehen wollen, habt ihr hierdurch weiterenn beuehl, Ihrer protestation & einrede onerachtet, die behueffung an holk zu verbeßerung besagter brüggen, pellenn & anfhuerenn & Euch daran nichts behindern zu laßen.

Versehen & also zu geschehen .

Datum Cleve denn 25. Julii Ao 1633. Churfürstl. Brandenburg. zur Cleuisch & Marckisch. amptscammeren verordnete Rhete. (gez.) Ferd. vom newenhoff uſw.



Inthroniſation des Abtes Johann V. am 24. April 1520.

Von P. Jacobs. Johann Kruyshaar

oder ,

wie

er sich

nach humanistischem

Brauche nannte, Johannes Cincinnius hat nicht blos durch eine Lebensbeſchreibung des hl . Ludgerus¹),

wofür er aus den vitae

s. Ludgeri ſowie den Halberstädtischen und Münsterischen Bischofs chroniken seine Nachrichten schöpfte, sich einen Namen in der Ge ſchichte des Werdener Kloſters erworben, ſondern er hat auch der Abtei sehr eifrig seine Dienste gewidmet durch eine umfassende archivaliſche Tätigkeit und hierbei durch zahlreiche Aufzeichnungen und gelegentliche Bemerkungen um die zeitgenöſſiſche Geſchichte sich verdient gemacht.

Nach Kötschke2)

war

er

im Jahre 1506

mit

Schreibarbeit bei den Werdener Kellnereirechnungen und vielleicht ſchon 1505 bei den Lehenbüchern beſchäftigt. unterzog er einer

Die Urkundenbeſtände

genauen Durchsicht und Ordnung

und

machte

sich überhaupt mit der archivalischen überlieferung der Abtei aufs genaueſte vertraut. Er nennt sich Registrator der Abſchriften älterer Register, die unter Abt Johann V. in einem Lehenbuche zusammen gefaßt wurden,

und

wird

Archivdirektor bezeichnet. Duden berichtet³) , gesezt.

die

im Lehenbuche des Jahres 1546 als

Im Jahre 1542 und 43 hat er, wie

Neueinrichtung der Bibliothek

ins Werk

über seine Persönlichkeit erzählt noch der Deutsche Abts

katalog ) : „ Anno 1555 hier mit Tod abgegangen Johannes Kraus haar von der Lippstadt, hier zwar nit Profeß, ſondern Koſtgänger ') Die Vita s. Ludgeri, die er im Jahre 1512 ins Niederdeutsche übertrug, wurde im Jahre 1515 zu Köln in der Officina literaria von Quentell gedruckt. Siehe hierzu Diekamp, Vitae s. Ludgeri Einl. XCVIII ff. 2) Kötschke, die Urbare der Abtei Werden. Vorb . LXVIII u. f. 3) Jacobs, Werdener Annalen , S. 95. Ebendaselbst Anmerkung Nr. 135.

24

und Vicarius des Altars st . Benedicti, auch deren Herrn Prälaten Antonii und Johannis Kapellan, ein sehr gelehrter und erfahrener Mann, wie aus seinen Büchern ,

damit er unſere Bibliothek ge

ziert, und Schriften, damit er diesem Gotteshaus genuget, noch leuchtet." Von der Hand des Priesters und Beneficiaten Kruyshaar im Jahre 1520 geschrieben und einem Lehengüterverzeichniſſe beigefügt, finden sich im Düsseldorfer Staatsarchiv (Ms. C. 48 BII . 123-126) Briefe und Nachrichten , welche sich auf die Inthroniſation des Abtes Johannes

aus Gröningen

Abtes Antonius Grimholt beziehen . als Kaplan ſowohl des

nach dem

Tode des

Da der Schreiber derselben

verstorbenen

wie des

neuen Abtes

an

diesem Vorgange unmittelbar beteiligt war, so ist an der Zuver lässigkeit seines Berichtes nicht zu zweifeln ,

und

es ist deshalb

auch im folgenden gegenüber abweichenden Angaben anderer Au toren an ſeinen Mitteilungen festgehalten worden.

Die Schilderung

selbst wirft Licht auf die Stellung und Beziehungen des Werdener Abtes zum Herzoge von Cleve, zu ſeinen Vasallen und Nachbarn ſowie zur Einwohnerſchaft des Stiftsgebietes .

Wegen des Inte

reſſes für die Lokalgeschichte sollen die Einladungsschreiben des Abtes Johannes an den Herzog von Cleve und an die Werdener Vasallen ſowie die Berichte über die Vorgänge bei der Inthroniſation des Abtes Johann hier näher erörtert und in den Beilagen abgedruckt werden.¹) Für das Stift Werden war der Wechsel in der Person des Abtes ein bedeutungsvolles Ereignis, galt es doch dem Inhaber der höchsten

weltlichen und

geistlichen Macht im Stiftsgebiete,

dem Landesherrn und obersten Seelsorger. Segnete ein Abt das Zeitliche, so ordnete das Kapitel der Konventualen die Trauer feierlichkeit an.

Mit der

Todesanzeige

ging

eine Verordnung

über das Trauergeläute an den Magistrat, der dann den Rott meiſtern die Weiſung zugehen ließ , von dem Tage des Todes bis zum Tage der Beerdigung und der

Nikolaikapelle

dreimal

täglich

in der Münsterkirche

mit sämtlichen Glocken

durch ihre Rott

1) Gregor Overham berichtet in ſeinen Annalen § 726 und 785 über die Einführung der Aebte Adolf von Spiegelberg (1403) und Johann Steď (1439) in Gegenwart vieler Vasallen und über die Ableistung des Huldigungseides seitens der Bewohner von Stadt und Stift Werden .

25

genoſſen zu läuten, und zwar morgens von 7-8 Uhr, mittags von 11-12 Uhr und abends von 4-5 Uhr . So war es wenigstens in dem letzten Jahrhundert vor Aufhebung der Abtei Brauch, wie aus mehreren im Werdener Stadtarchiv befindlichen Schriftstücken hervorgeht¹) und so dürfte auch Jahrhunderte worden sein.

Pontifikalinsignien bekleidet

auf

einem Paradebett

wobei die Officiere und Mannschaften des tingentes unter der schauluſtig Ordnung aufrecht zu des Abtes

vorher

verfahren

Die Leiche des verstorbenen Abtes wurde mit den

pflegte

sich herandrängenden Menge die

erhalten hatten.2) das

Werden aufzufordern,

ausgestellt,

abteilichen Kreiskon

Kapitel

Gleich

nach dem Tode

den Bürgermeister

der Stadt

die Stadttore bewachen zu laſſen, damit

allen böswilligen Elementen der Zulauf verwehrt werde.³)

Zu

der feierlichen Beerdigung, die in der Regel der Abt eines benach barten Benediktinerklosters vornahm, wurden außer dem Herzog von Cleve, der als abteilicher Schuhvogt auch von dem Ableben des Abtes sofort Nachricht durch das Kapitel erhielt, sämtliche 1) In einem Schreiben der abteilichen Kanzlei vom 29. November 1774 heißt es: "Da des Herrn Anselmi Reichsabten zu Werden und Helmstedt Hochwürden und Hochwohlgeboren Guaden Unser gnädiger Landes- und Juris diktionsherr zum höchsten Leidwesen dero sämtlicher getreuen Untertanen das Zeitliche mit dem Ewigen verwechselt, so wird solches dahiesigem Stadt-Magistrat mit dem ernstlichen Befehl bekannt gemacht, das in dergl. Fällen den Tag hin durch zu dreien verschiedenen malen in dahieſiger Münsterkirchen und der Kapellen S. Nicolai übliche Trauergeläute, als mal des Morgens frühe von 7 bis 8, sodann von 11 bis 12 Uhren Mittags und ferner des Abends von 4 bis 5 Uhren unter der hiesigen Bürgerschaft zu veranstalten und damit morgen als dem 30. M. c. den würklichen Anfang machen, fort bis auf den Tag der würk lichen Beerdigung Hochderoselben" Leichnams Abends 5 Uhr einschließlich zum leştenmal continuiren zu laſſen.' Die Verfügung des Magistrats, auch vom 29. November datiert, hat folgenden Wortlaut : „Nachdem es dem Allwaltenden Gott gefallen, Ihro Hochw. und Hochwohlg. Gnaden Herrn Anselmum Reichsabten zu Werden und Helmstedten aus diesem zeitlichen ins ewige zu verseßen und solches heute Abend Magistratui zur Verordnung des gewöhnlichen Trauergeläutes unter der Bürgerschaft notificieret worden, damit solches des morgens von 7 bis 8, mittags von 11 bis 12 und abends von 4 bis 5 Uhr verrichtet, auf morgen früh, den 30. dieses angefangen und bis auf den Tag der Beerdigung Abends um 5 Uhr continuirt werde ; als wird solches denen Rottmeistern und zwar zuvörderſt der Rotte Nr. 1 hierdurch bekannt gemacht, mit dem Befehl, besagtes Trauergeläut in der Münsterkirche und Nikolaikapelle durch ihre Leute und Rottgenossen, soviel dazu gefordert werden, obgedachter- und gewöhnlichermaß morgen früh um 7 Uhr anzufangen und bis auf den Tag der Beerdigung abends 5 Uhr fortzusehen, welches ein Rottmeister dem andern zu communiciren ." 2) Siehe Beiträge VIII S. 137, wo der Fähnrich Klövekorn über seine Tätigkeit bei der Leichenparade des 1774 verstorbenen Abtes Anselm berichtet. 3) Vgl. S. 35 Note a.

26

Vasallen des Stiftes, die benachbarten Adligen und alle Bewohner von Stadt und Land eingeladen. So waren auch zur Beisetzung des Abtes Anton Grimholt, der am 13. Juni 1517, am Samstag der Frohnleichnamsoktav

gestorben

war

und

am Sonntag,

den

14. Juni¹) beerdigt wurde, unter anderen erſchienen : Graf Wirich von Limburg, Herr zu Broich, der Droste von Werden Bernard von Vitinghof genannt Schelen, der Droste Lutter von Elner auf Landsberg, Johann von Elner auf Oefte, Johann von Hugenpoet, Johann Stecke auf Baldenen, der Richter des Amtes Angermund Hermann von Elſe und Dietrich von Ulenbroich. Die Beerdigung nahm Abt Gerhard von St. Martin in Köln vor, der auch den feierlichen Leichengottesdienst hielt. Im Anschluß hieran, also noch im Monate Juni, wurde zum Nachfolger des Abtes Anton durch einstimmigen Beschluß aller Konventualen der Prior Johannes aus Gröningen in Holland zum Abte von Werden gewählt . Nach= dem er auf dem Jahreskapitel der Bursfelder Union zu Seligen stadt den Eid der Treue geleistet hatte, erteilte ihm auf Grund einer Bulle des Papstes Innocenz VI. vor Ende des Jahres 1517 der Erzbischof von Köln Hermann

von Wied

die

päpstliche Be

ſtätigung, wofür er demselben ein Geschenk von 60 Rhein. Gold : gulden zur Anschaffung eines edlen Pferdes überreichen ließ.2) Die Benediktion

erhielt er durch den erzbischöflichen Suffragan Cyrene, im Kloster St. Martin zu Köln .

Dietrich, Bischof von

Am 26. Auguſt 1518 wurden ihm durch den erzbischöflichen Kanzler Dr. Degenhard Witten auch die vom Kaiser Maximilian erteilten Regalien³) übermittelt, womit die Einweiſung in den weltlichen Besitz der Abtei und die damit verbundenen Vorrechte vollzogen war. Indes dauerte es noch nahezu 2 Jahre, ehe seine feierliche Einführung oder Inthronisation in Werden sſtattfand . In den letzten Jahrhunderten vor der Säkulariſation pflegte auch eine besondere Einholung des neu erwählten Abtes in das

1) Siehe Beilage I. Es ist der folgende Sonntag als Beerdigungstag be zeichnet ; da aber die hierzu erschienenen Gäste schwerlich schon am Tage nach dem Tode des Abtes alle zur Stelle waren, so dürfte der in einer Inschrift auf dem noch vorhandenen, in der nördlichen Seitenwand des Chores einge= mauerten Grabstein angegebene 23. Juni zutreffender sein. 1) Greg. Overh. § 854. Greg. Overh. § 866 bringt die Urkunde, wodurch Kaiser Karl V. im Jahre 1520 dem Abte Johann die Regalien erteilte mit der Auflage, den dem Kaiſer zu leistenden Eid in die Hände des Erzbischofs von Köln abzulegen .

27

Werdener Stiftsgebiet stattzufinden .

An

der

Kettwiger

Brücke

wurde er von den Behörden und der Schüßengeſellſchaft Kettwigs in Empfang genommen und ins Dorf geleitet, Begrüßung stattfand .

Hiernach gaben ihm

wo eine feierliche die

Kettwiger

das

feierliche Geleite bis zum Bilstein, der Grenze der Pfarre Werden. Den neuen Abt empfingen hier das abteiliche Kreiskommando und die Werdener Schützengesellschaft,

wobei der Schüzenoberst eine

feierliche Anſprache zu halten pflegte.¹) Abt in Zeiten,

Das Schiff, welches den

wo keine Ruhrbrücke vorhanden war,

machte auf dem Fluße eine dreimalige Umdrehung.

übersezte, Handelt es

sich bei dieser Einholung mehr um eine einfache interne Festlichkeit der Werdener Stiftsbewohner, so gestaltete sich die Inthronisation eines neuen Abtes zu einer Feier mit großartigem äußerem Pomp, zu der Hoch und Niedrig von Nah und Fern herbeizueilen pflegte.2) Die feierliche Einführung oder Inthroniſation des Abtes Johann V. vollzog sich am 24. April 1520.3) Jahres,

Im Anfange des

am Tage Mariä Reinigung, hatte der Abt nach altem

Brauche ein Generalmandat in betreff ſeiner Einführung erlaſſen, welches

an den Kirchtüren aller Pfarreien,

Lehngüter belegen

waren,

angeheftet

in denen abteiliche

werden sollte.

Sämtliche

1) In einer Festschrift des Werdener Schüßenvereins vom Jahre 1884 wird das urkundliche Material über mehrere solche Einholungen mitgeteilt, auch find dort einige Ansprachen des Schüßenobersten wiedergegeben. Interessant ist eine Eifersuchtsscene zwischen den Werdener und Kettwiger Schüßen, die dadurch hervorgerufen wurde, daß der vorlegte Abt, Bernhard Birnbaum, am Tage seiner Einholung die Kettwiger Schüßen zu sich auf die Abtei eingeladen hatte. Die Werdener Schüßen wollten ihnen die Rückkehr durch die Stadt nicht erlauben und hielten den Plak vor dem Abteigebäude beſeßt. Alles Verhandeln zwischen den Abteiherren und den Chargierten der Schüßengesellschaft half. nichts. Es gab keinen andern Ausweg , als die Kettwiger heimlich durch ein abteiliches Hinterpförtchen herauszulaſſen, von wo sie dann über den Paſtoratsberg den Heimweg nach Kettwig suchten. 2) Kötschte schreibt (Werdener Urbare a. a. O. S. XXXVI und XXXVII) : „ Ein gewiſſer Glanz der Lebenshaltung ward nicht verſchmäht ; bei feierlichen Anläßen, wie bei der Einführung eines neuen Abtes und der Huldigung von Stadt und Land Werden, ward gern äußere Pracht unter Aufgebot vornehmer Würdenträger entfaltet. Eine stattliche Schar von Dienstmannen stand zu des Abtes Verfügung ; auf etwa 100 wird die Menge derer einzuschäßen sein, die um das Jahr 1410 mit Dienstmannsgut nach Lehenrecht ausgestattet, ihm den Treueid geschworen hatten ; auch im 15. Jahrhundert fehlt es an Beiſpielen nicht, daß Freie Aufnahme unter die Dienstmannen St. Ludgers begehrten . Eine kleinere Zahl hatte dem Abte gegen den Empfang von Mannlehengut Huldigung geleiitet, aber Herzöge und Grafen befanden sich darunter. *) Duden (Werd . Annalen S. 90) bezeichnet den 6. März 1520 als Tag der Inthronisation, was aber offenbar ein Irrtum ist.

28

Vasallen lud er durch besonderes Schreiben¹) forderung,

daß

Misericordia Domini morgens 7 Uhr möchten.

ein mit der Auf

sie mit ihren Hofesleuten am

Dienstag

in Werden sich

nach

einfinden

Außerdem sandte er am 11. April 1520 ein Einladungs

ſchreiben²) an den Herzog von Jülich, Cleve, Berg mit der Bitte, zu seiner Einführungsfeier entweder persönlich zu erscheinen oder einen seiner Räte zu entfenden, der ihm bei der Huldigung der Bürgerſchaft zur Seite stehe

und

der

auch für den Fürſten die

Belehnung mit den Gütern entgegennehme, die Lehen der Abtei ſeien.

Von den

am

Einführungstage in Werden

Räten des Fürſten erhielt für

erschienenen

denselben Jaſper von Elverfeld,

Droste in Wetter und Hörde die Belehnung³) und leistete dem Abte die Huldigung.

Auch waren

zahlreiche Vasallen

ihre Lehen in Empfang zu nehmen . hoven und Kalkofen,

die

erschienen , um

Die Beſiker der Höfe Bark

als Erbzinsleute

ohne Einladung von

selbst zu kommen pflegten, leiſteten nach altem Herkommen während des Hochamtes ihr Servitium , wofür sie beim Mahle im Kloſter bewirtet wurden. Einer freundlichen Aufforderung des Abtes Folge gebend, steuerten die Pächter des Hofes Schapheim im Ge biete von Tecklenburg , sowie die Pächter des Hofes Lengerich zu den lehnsherrlichen Einkünften des Jahres 1518 eine beträchtliche Summe Geldes bei. Die große Zahl der erſchienenen vornehmen Gäſte gestaltete die Einführungsfeier zu

einer überaus glänzenden .

Es waren

teils auf Einladung, teils aus eigenem Antriebe anwesend : Für den Herzog von Cleve der Propst von Aldenzel, Kanzler, Sybert von Ryswik und Jasper von Elverfelde, Droste in Wetter und Hörde, jeder mit 6 Pferden, Wyrich von Dhun, Graf zu Limburg, Herr von Oberſtein, Falkenstein und Broich mit 6 Pferden, Wilhelm von Limburg, Herr in Styrum usw. mit 4 Pferden, Heinrich von Bodenswyngel, Komthur in Welheim mit 6 Pferden, Bertram von Lügelrat, Herr in Hardenberg, Hofmarschall usw. mit 6 Pferden , 1) 1) *) lehnung

Das Schreiben ohne Datum an die Vasallen abgedruckt in Beilage II. Die Einladung an den Herzog in Beilage III. Auch der Herzog von Braunschweig pflegte durch einen Gesandten die Be mit Helmstädt nachzusuchen und zu erhalten.

29

Bernard von Vitinghof genannt Schell, Droste von Werden und abteilicher Truchseß mit 3 Pferden,

Goswin

Stecke

auf Baldenen,

abteilicher Marschall

mit

2 Pferden, Johan von Schuren zu Schuir, abteilicher Mundſchenk mit 2 Pferden,

Lutter von Elner,

Droste auf Landsberg mit 3 Pferden,

Johann von Hugenpoet mit 2 Pferden , Dietrich von Uhlenbroich mit 2 Pferden, Wennemar von Bodenswyngel, Droste in 5 Pferden ,

Wengede

mit

Adrian Sobbe von Grünberg mit 5 Pferden, Jodokus von Mecheln zu Zantfoert mit 6 Pferden, Weſſelin Hasenkamp mit 4 Pferden , Bernard von Heyden, mit 3 Pferden,

Lutter Stael von Heisingen mit 2 Pferden, Johann Aschenbröck zu Ouſthus mit 2 Pferden, Jaspar Frydag in Schorlick mit 3 Pferden, Melchor von Delwick mit 4 Pferden, Johann Schelle auf dem Berge mit 2 Pferden, Johann von Steinhus , Senior zu Essen mit 2 Pferden, Johann von Steinhus, deſſen Sohn, Kanonikus in Essen mit 2 Pferden, Theodor Varenhorst, Kanonikus in Eſſen mit 1 Pferde, Heinrich Smerlink, Bürgermeister

mit 5 Pferden, Adolf Borgarz , Bürgermeiſter Johann Schrywers, Werdener Richter

mit

Johann Ulenbroek, Pastor in Marlen mit

einem

Pferde,

einem Pferde,

Rotgher, Paſtor in Kettwig mit einem Pferde, Adolf von Limburg, Eſſener Richter und mehrere andere mit 4 Pferden . Folgende 3 Namen sind durchſtrichen, sie waren wohl einge laden, aber nicht gekommen : Nikolaus von Ankenberg mit 4 Pferden, Heinrich Kreuſen mit einem Pferde, Gerhard, Paſtor in Homberg mit einem Pferde. Die Feier vollzog sich nach folgender Festordnung ¹ ) : 1) Siehe Beilage IV.

30

Zwischen 7 und 8 Uhr versammelten sich alle Vaſallen, die an dem Reiterzug teilnehmen wollten, mit dem Abte oberhalb der abteilichen Kurie.

Hier ordnete sich der Zug und setzte sich

in dieser Reihenfolge in Bewegung.

An der Spike ritten der ab

teiliche Droste und Truchseß Bernhard von Vietinghoff gen . Schele und der abteiliche Mundschenk Johannes von Schür mit drei oder vier ritterbürtigen Begleitern.

Dann folgte der Paſtor von Neu

kirchen Nikolaus Hoppenbrower mit dem Kreuze des hl . Lud gerus, hierauf der abteiliche Marschall Goswin Stecke von Balde ney mit weißem Stabe.

Nunmehr erſchien der Abt zu Pferde

zwischen den Grafen Wyrich von Limburg und Wilhelm von Styrum, unmittelbar gefolgt von seinen 2 Kaplänen Gobelinus und

Johannes (d. i. Kruyshaar) und 5 Dienern, lektere alle in

gleicher Tracht.

Hieran schloß sich dann der Reiterzug der Va=

ſallen, zu zwei und zwei geordnet ſowohl beim Auszuge wie bei der Rückkehr in die Stadt .

Außerhalb des Hectores, durch welches

ausgezogen wurde, hatten sich auf Befehl des Bürgermeisters 12 bewaffnete Bürger aufgestellt,

die

nach Vorbeigang des lezten

Festteilnehmers das Tor schloßen und den Schlüßel dem Bürger meister zustellten.

Der Zug nahm seinen Weg an der Neukirche

und Viehausen vorbei zum Schwarzen , von dort nach Heidhauſen und dann an Barkhoven vorbei zur Stadt zurück ; es iſt dies der etwa 1½ Stunden weite St. Ludgerusweg, ¹) den noch jezt alljährlich am Sonntag nach Kreuzerfindung die sog. Feldprozeſſion geht. Während dieser Zeit hielt der Prior in der Münſterkirche ein feierliches Hochamt vom hl . Ludgerus mit Gesang und Orgelbe gleitung, Bei der Rückkehr wurde vor dem Borntore, wo die 12 be= waffneten Bürger wieder Aufstellung genommen hatten, um das Tor zu öffnen und zu schließen , kurze Zeit halt gemacht, damit der Reiterzug, wenn er auf dem abschüssigen Wege vom Borner berge etwa in Unordnung geraten, sich wieder in Ordnung wie beim Auszuge aufstellen konnte. Sobald der Zug auf dem Markte vor der Nikolaikapelle

angekommen

war,

stieg

der

Abt vom

1) Im Volksmund St. Luersweg " genannt, weil es derselbe Weg ist, den der mit dem Sarge des hl. Ludgerus beladene und von Ochsen gezogene Wagen nach der Legende gemacht haben soll.

31

Pferde, welches der abteiliche Marschall Goswin Stecke in Emp fang nahm, das er aber später gegen ein mit dem Abte verein bartes Lösegeld ihm die Kapitelsherren

zurückstellte. des Klosters

Aus der Kapelle kamen unter Vorantritt der

jezt

älteren,

um den Abt zu empfangen und in die Kapelle zu geleiten .

Hier

legte er seine Reitkleider ab und bekleidete sich mit den prieſter lichen Gewändern, der Albe, Stola, Dalmatik und dem Chormantel, Inful und Hirtenstab. Inzwischen waren alle Vasallen ab gestiegen und sammelten sich vor der Kapelle, während ihre Pferde in die Gasthäuser geführt wurden. Der Abt kam dann mit dem Konvente aus der Kapelle und stellte sich umgeben von den Ge sandten des Herzogs und

den Vasallen bei den

Löwen¹) auf,

während unterhalb derselben auf dem Markte der Bürgermeister, die Scheffen, der Rath , und die hierzu

insgesamt

eingeladene

Bürgerschaft Aufstellung genommen hatten . Hierauf forderte der Droste oder Vogt von Werden den abteilichen Schreiber auf, die Privilegien des Abtes

zu verlesen,

was

damals

der

erwähnte

Paſtor Nikolaus tat, und befahl dem Bürgermeister, daß er die Schlüſſel der Stadttore dem Abte überliefere. Die Stelle des Privi legs,

wonach die Werdener Bürger dem Abte

als

ihrem Erb

und Grundherrn Huldigung leisten und dem Fürsten als Vogt Treue geloben mußten, wurde von dem Schreiber des Abtes auf Befehl des Vogtes mit lauter Stimme und in Absätzen vorgelesen, die von den

anwesenden Bürgern mit erhobenen Fingern der

rechten Hand nachgesprochen wurden. Der Wortlaut des Huldigungs eides ist folgender : „ Wy borgemeister, schepen, rait und gemeynt von Werden sweren und laven unsem erwerdigen lieven Heren Hern Joann abt deß stichts sent Ludghers to Werden truw und hoult to syn, als wy unsern rechten erff und gronthern schuldig synt to doen und vort dem dorluchtigen hogebaren fürsten und herren hern Johann eldesten soene tot Cleve, Hertoghen tot Guy lich, tot dem Bergh, graven tot ter Marde, Ravensborgh und Kazenellenbogen etc. als eynem graven to der Marck, unsem g. I. ¹) Gemeint sind damit zwei Löwenfiguren, die, aus Stein gefertigt, vor der Nikolaikapelle aufgestellt waren. Sie waren liegend dargestellt und ruhten auf Pfeilern, die die zum Eingang der Kapelle führende Treppe flankierten. Vor den Löwen auf dem Markte fand das Gericht statt ; zwischen ihnen stehend nahm bis zur Aufhebung der Abtei der abteiliche Richter die neugewählten Magistratsmitglieder sowie die Beamten der Abtei in Eid und Pflicht. Vgl. Müller, Stift Werden , S. 20 und Anlage 6.

32

heren,

laven wy

truwheyt

als unsem gnedigen erffvaegt

und

schermherren ; dat uns got so help und syne heylige evangelium. Amen." Das eidliche Gelöbnis des Abtes, welches er nach Ablegung der Mitra vorlas , indem er die rechte Hand auf das geöffnete und vom Diakon vorgehaltene Evangelienbuch legte, lautete : „ Wy Jo hannes von godes gnaden abt des stichts sant Ludghers to Werden laven dem borgermeister, schepen , raide und gemeynde van Werden unsen lieven getruwen, se to halde by genaden und by eren pri vilegien und rechten, de se van wegen unses stichts van Werden hebe, als wy van rechte dat schuldich syn to doen, so uns gott helpe und dat heylige evangelium . Hierauf gab

der

Abt

Amen . “

dem Bürgermeister die Schlüßel der

Stadttore zurück mit der Weiſung, ſie in Verwahr und Gebrauch zu nehmen, wie er es mit heiligem Eide versprochen habe. Nachdem dieser Akt vollzogen war , ordneten sich die Anwe ſenden zu einer Prozeſſion, die um die Löwen herum über den Markt zum Kirchhof zog . Hierbei wurde folgende Reihenfolge beobachtet :

Zuerst kamen die Schüler mit Fahnen, hinter ihnen die Paſtoren der beiden Kirchen mit ihren Vikaren, denen der ganze Klosterkonvent folgte ; hierauf zwei Schüler als Kerzenträger mit dem Thuriferar in der Mitte, ein Diakon mit dem Kreuze des hl. Ludgerus und ein Subdiakon mit dem Evangelienbuch, sodann der abteiliche Marschall mit vergoldetem Szepter vor dem Abte, ¹ ) der zwischen den beiden genannten Grafen einherschritt ; es schlossen sich der Chorkaplan in Chorkappe und der abteiliche Schreiber in Röcklein an. Hierauf folgten die Vasallen zu zwei oder drei und zuletzt der Bürgermeister, die Scheffen und die ganze Gemeinde. Nachdem die Prozeſſion auf dem Kirchhof angekommen

war,

stimmte

der

Sänger

das

Responsorium

,,Audi Israel " an, das bis zum Eintritt in die Kirche unter *dem Läuten sämtlicher Glocken, worunter auch die Sturmglocke war, wiederholt wurde. 1) Am Schlusse der Beilage IV wird berichtet, daß nach altem Herkommen der abteiliche Kämmerer den Abtsſtuhl in der Prozeſſion vor dem Abte zu tragen pflegte. Indes war der zeitige Kämmerer Johann von Strunkede zur Einführungsfeierlichkeit nicht erschienen und auch nicht eingeladen worden, weil für seinen Dienst keine besonderen Einfünfte in der Lehensliste vorgesehen waren und er auch sonst allgemein mißliebig war.

33

Sobald die Prozession auf das Chor der Kirche gelangt war, präludierte der Organist das „,, Te Deum laudamus " , das im Wech ſelgesange bis zum Schluße geſungen wurde, worauf der Abt knieend die Verſikeln und die Kollekte vom hl . Geist anschloß. Das feier liche Hochamt vom hl. Geiste, das nun folgte, hielt der Abt nicht selbst, obgleich er es eigentlich hätte halten sollen, indes konnte wegen der Zerstreuung und Ermüdung, die mit der ganzen Feier verbunden ist, nach altem Herkommen das Hochamt auch von einem anderen Abte oder dem Prior celebriert werden . Nach dem Hochamte wurde für den Konvent sofort das Mittag= essen im Krankenſaale besorgt, wobei die Brüder sich an Tischen gegenüber saßen und auch die übliche Leſung hielten .

Die Bürger

der Stadt, die zum Eſſen eingeladen worden waren, ſpeiſten im Refektorium an 8 langen Tiſchen ; die Kolonen aber, die wie die Erbpächter von Barkhoven und Kalkofen von selbst zum Essen zu kommen pflegten, waren im Kreuzgange untergebracht. Eſſen wurde Wein

und Bier

verabreicht.

Indes

Bei dem

hatten

sich

zum Mittageſſen eine große Menge Uneingeladener eingefunden, Männer und Frauen aus dem Essener Gebiet und dem bergischen Lande, sowie aus der nächsten Umgebung, die man nicht abweiſen wollte und konnte.

Obgleich die Küche, die an diesem Tage unter

der Leitung des Johann Aschenbröck von Ouſthus stand, nur auf die Eingeladenen vorbereitet war, wurden sie doch alle gesättigt und ausreichend bewirtet.

Die Vaſallen und ihr Gefolge nahmen

mit dem Abte an zehn Tischen im Abtssaale Plaz.

Auch waren

einzelne Frauen von Vaſallen und Bürgern zum Eſſen geladen. Nur an diesem Tage war den Frauen der Eintritt in den inneren Raum des Klosters gestattet, der sonst durch die Klosterregel streng verboten war. Damit aber kein weibliches Wesen in ihren Schlaf ſaal eindringe, hatten die Brüder den Aufgang zur Treppe abge= schloßen.

Die

Aufwartung während des Mahles besorgten nach

der Sitte an Fürstenhöfen der Truchseß Bernard Scheele, Droste von Scheppen, der Marschall Johann Stecke aus Baldeney und der Mundschenk Johannes von Schür.¹)

1) Roskamp berichtet in seinem Abtskataloge (Vgl. Werdener Annalen S. 36, Anm. 39), daß unter Abt Volkmar (971-974) die 4 Erbämter des „Truchseß, Schenken, Kämmerers und Marschalls " geftiftet worden seien, und legt dar, welche Verrichtungen den Inhabern der einzelnen Aemter bei der Ein 3

34

Der ganze Verlauf der Inthroniſationsfeier läßt die rechtliche Stellung des Abtes ſowie das patriarchaliſche Verhältnis, in dem er zu den Stiftsbewohnern stand, klar hervortreten .

Als Fürst

einer reichsunmittelbaren Abtei, deren Gesandter auf der rheini ſchen Prälatenbank im Reichstage den Vorsik führte,

als Herr

zahlreicher Vasallen und als Lehensherr ausgedehnter Besiktümer, bei dem sogar der Herzog von Cleve und der Herzog von Braun schweig die Lehenserneuerung durch einen Gesandten zu erhalten pflegten, nahm der Abt eine hochgeachtete Stellung ein, wie auch die zahlreiche Teilnahme der benachbarten Fürsten, Grafen und Adligen an der Einführungsfeierlichkeit bekundet .

Für die Bürger

Werdens und die schauluſtige Menge der Umgegend war der ſtattliche Reiterzug mit so vielen hohen Gäſten, Abt und Geistlichkeit hoch zu Roß in der Mitte, ein herrliches Schauſpiel. Dabei öffnete an dieſem Tage die Abtei bereitwilligst ihre Tore sowie Küche und Keller, und alle, ob eingeladen oder uneingeladen, wurden , ein jeder nach ſeiner Stellung und seinem Range, gebührend bewirtet.

In der Tat

eine schöne Bekundung des innigen Verkehrs zwiſchen Fürſt und Volk, ein anſprechendes Bild wohlwollender landesväterlicher Fürsorge. führung eines Abtes oblagen. Als im 13. Jahrhundert über die Einkünfte der Erbämter Streitigkeiten entstanden, wurden mit den einzelnen Erbbeamten Ver gleiche geschlossen (gedruckt : Müller, a. a. O. Anl. 9, 10, 11 und 12 und Röschte, Werdener Ürbare a. a. D. S. 242 ff.)

35

Beilage

I.

Aufzeichnungen aus dem Jahre 1520 . Manuskript im Düsseldorfer Staatsarchiv C, 48 fol. 124. Notata et signata sunt haec in anno salutis 1520. D. Antonius Grymmolt 53. abbas huius monasterii Werdenensis obiit a ) in anno Christi 1517 die 13. mensis junii scilicet sabbato infra octavas corporis Christi.

Et dominica sequenti sepultus in

presentia reverendi patris d . Gerardi abbatis monasterii divi Martini Coloniensis, qui ad hoc fuit vocatus et rogatus a fratribus loci, qui et fecit sacrificium exequiarum astante plurima multitudine et vasal lorum ad hoc vocatorum et plebis, videlicet nobilis Wirici comitis de Limborgh domini in Broke etc. ac validorum virorum Bernardi de Vitinchave dicti Schelen, drossati Werdensis, Lutteri de Elner, drossati de Lansberg, Joannis de Elner in Ovete, Johannis de Hugen poit, Gossuini Stecke in Baldeney, Hermanni de Else, judicis officii de Angermont ac Theodorici de Ulenbroick etc. D. Joannes de Groningen abbas modernus successor eius fuit. electus eodem anno die b) mensis junii. Et recepit confir mationem suam a reverendißimo d . Hermanno de Weyda archiepis Coloniensi vigore commißionis cuiusdam bullae apostolicae Innocentii sexti summi pontificis Romani et benedictionem a reverendo patre d . Theodorico episcopo Cyrenensi, suffraganeo eiusdem d. archiepiscopi Coloniensis in Colonia in monasterio s. Martini. copo

(Constabat antem hoc negocium ut patet in registro suorum recep torum et expositorum .) Obtinuit idem d. Joannes abbas suam investituram in tempo ralibus sive regalia ab imperiali maiestate Maximiliani semper augusti in anno sequenti scilicet 1518 die 26. mensis augusti per venerabilem d. Degenhardum Witten doctorem et reverendißimi d. archiepiscopi

a) Hierauf bezieht sich folgende Notiz am Kopf der Seite : "Mortuo semper abbate capitulum postulat a preconsule civitatis Werdensis, ut portas oppidi custodiri faciat, ne a malignis fiat invasio seu invito capitulo. Et tunc capitulum scribit literas ad d. gratiosum principem advocatum petens a sua gratia assistentiam sicut promittit in reversali semper, quando d. Clyvensis suum ab abbate acceptat feudum. b) Lücke in der Vorlage. 3*

36

Coloniensis supramemorati cancellarium procuratorio nomine.

(Con

stabant vero ut in eodem ante memorato registro d . abbatis videri potest. Exemplar eorum regalium require ante tabulam libri feuda torum dicti d. abbatis similiter postea ab imperiali maiestate Caroli quinti moderni.) In anno antem 1520 circa purificationem Marie idem d . Joannes abbas emisit mandatum generale publicum,

ut ab antiquo

huius

abbatiae mos et consuetudo fuit, affigendum ad valvas ecelesiarum omnium parrochiarum, in quibus vel vasalli habitare vel bona feudalia situata fore noscuntur. (Cuius tenor et exemplar require ibidem ante tabulam libri feudatorum eiusdem d. abbatis. Nomen claturam parochiarum vero vide post repertorium bonorum feudalium .) Eodem anno feria tertia post dominicam Misericordia domini scilicet pridie divi Marci evangeliste facta est introductio sive inthroni zatio eiusdem d. Joannis abbatis in hoc oppido suo Werdenensi, et recepit homagium et iuramentum fidelitatis ab eisdem ut ab antiquo moris esse solet.

Antecedenter antem idem d. abbas misit

epistolam ad illustrissimum principem d. Joannem iuniorem ducem Clyvensem, Juliacensem et Montensem etc. cum instantia,

ut gratia

sua dirigere dignaretur de suis consiliariis Werdenam, qui vice et nomine gratiae suae astarent eidem d . abbati in receptione homagii a civibus et communitate oppidanorum huius loci.

Et quia etiam tunc

vacabat vasallagium ex parte dicti d . gratiosi principis in feudis, quae idem d. gratiosus tenet a d. abbate, ideo etiam petiit idem d. abbas in eadem epistola et requisivit, ut etiam tunc fieret acceptatio eorundem feudorum nomine procuratorio suae gratiae per aliquem de eisdem d . consiliariis, sicut et factum est, ut patet in libro feudatorum eiusdem d. Joannis abbatis. (Exemplar epistolae iam memoratae vide supra in folio precedenti .) a)

Ad diem introductionis d . abbatis prescriptum venerunt ex parte principis gratiosi praefati venerabilis d . Sybertus de Riswyck, praepo situs Aldenzelensis, cancellarius etc. et validus Jasperus de Elverfelde, officiatus in Wetter et Hoerde a consiliis dicti d . gratiosi principis procuratorio nomine.

Et dictus Jasperus officiatus fuit protunc etiam

a) Der Text dieses up gudenstagh in den paschen anno 1520" [April 11 ] datierten Schreibens findet sich fol . 123 derselben Handschrift, abgedruckt in Beilage II.

37

infeodatus et fecit homagium d . abbati nomine eiusdem d. gratiosi ut patet in ante memorato libro feudorum dicti d . abbatis folio IX. unacum exemplari procuratorii memorati. Fuerunt etiam precedenter requisiti litones sive curtiales curtium Barchaven et Kalchaven ac certe aliae, quae ab antiquo olim spectare dinoscebantur ad abbatiam Werdenensem pro jure contributionis ad regalia secundum antiquam consuetudinem .

Qui eodem die intro

ductionis solverunt singuli suam taxam et in prandio hic in monas terio reficiebantur.

Quantum quisque teneatur solvere patet in libro

de juribus curtis Barchaven.

Litones etiam curtis Schapem in terri

torio Teckeneborgensi ex amicabili requisitione d. abbatis contribu erunt ad regalia anno precedenti etc. XVIIIº unam notabilem summam pecuniae propinantes, videatur in registro receptorum et expositorum ejusdem d. Joannis abbatis. ut patet ibidem.

Similiter etiam litones curtis Lengerick

Die introductionis suprascripta fuerunt presentes hic in Werdena, qui eam sua presentia decorarunt, infrascripti comites, proceres, vasalli equestris ordinis viri, quorum bona pars fuit invitata, praesertim hic in territorio commorantes et circum circa vicini et amici quidam sponte sua ob amicitiam suam ad monasterium hoc accesserunt et quidam ut reciperent sua feuda. (Exemplar epistolae invitorialis ad vasallos et amicos require supra ante precedens folium .) a) Nomine principis d. ducis Clyvensis venerabilis Sybertus de Ryswyck praepositus Aldenzelensis etc. cancellarius etc. Jaspar de Elverfelde, drossatus in Wetter et Hoerde a consiliis etc., quisque cum sex equis. Nobilis Wyricus de Dhuna, comes in Lymborch dominus de Ober steyn, Falckensteyn et Broke etc. cum vj equis. Nobilis Wilhelmus de Lymborgh dominus in Styrem etc. cum iiij equis. Venerabilis d. Hinricus de Bodenswyngel, commendator in Welhem cum vj equis. Bertram de Luyẞelraidt dominus in Hardenberge, marscalcus curie etc. cum vj equis. Bernardus de Vytinchaven dictus Schelle, drossatus Werdenensis cum iij equis, dapifer noster. a) fol. 123 dieser Handschrift. Das Schreiben ist nicht datiert, ver mutlich wurde es am selben Tage ausgefertigt, wie das an Herzog Johann, abgedruckt in Beilage III.

38

Gossuinus Stecke in der Baldeney noster marscalcus cum ij equis. Johann van Schuren ter Schuren, pincerna noster cum ij equis. Lutterus de Elner, drossatus in Lansberg cum iij equis. Johan de Hugenpoyt cum ij equis. Theodericus de Ulenbroicke cum ij equis. Wenemarus de Bodenswingell, drossatus in Mengede cum v equis. Adrianus Sobbe de Grymberg cum v equis.

Iodocus de Mechelen ter Zantfoert cum vj equis. Wesselus Hasenkamp cum iiij equis. Bernardus de Heyden cum iij equis. Lutter Staell de Heysingen cum ij equis. Johan Asschenbroeck ten Ousthuß cum ij equis. Jasper Frydach in Schorlick cum iij equis. Melchior de Delwick cum iiij equis.

Johan Schelle upem Berge cum ij equis. Johan vam Steynhuys, senior in Assindia cum ij equis. D. Johannes de Steynhuys, filius eius canonicus ibidem, cum ij equis. D. Theodoricus Varenhorst, canonicus ibidem, cum i equo. Hinricus Smeelinck, consul Adolffus Borchardz, concul

cum v equis.

Johan Schryvers judex Werdenensis cum j equo.

D. Johannes Ulenbroeck, pastor in Marler, cum uno equo. D. Rotgherus, pastor in Kettwich cum j equo. Adolffus de Lymborch, judex Assindensis cum iiij equis.

Et ceteri

plures. a)

Beilage II . Einladungsschreiben an die Werdener Vafallen ohne Datum . Manuskript im Düſſeldorfer Staatsarchiv C, 48 fol. 123 v.

Johannes etc. Erentveste und fromme

(ieve) getr(ewe) .

Als wy durch ver

heincknisse godes wiewal unwerdich hyr tot eynen abt und heren erwelt und gekoren synt, heben wy upgesat wie van oldes gewoent a) Durchgestrichen sind folgende Namen : Nicolaus de Asschenberg cum iiij equis. Hinricus Kreusen cum j equo. D. Gerhardus pastor in Homberg cum j equo.

39

lich uns tot Werden up dinxstaghe na dem sonnendaghe Misericordia Domini yrstkomende to vurmiddaghe will got intofoeren laten, dar tho wy oick mer junckeren und haveluyde unse eerliche manne van leen hebn doen verschryven.

Is daromb unse gesynnen und

begeerte U. L. oick na bewantenisse

up

den

vors.

dinxstagh to

seven uren vurmiddaghe alhyr tho Werden by uns willen erschynen umb de infoeringhe eirlichen helpen to

vollentreicken

foren und

unser keyserlicher abdien gerechticheyt mede to underhalden, des wy so eyn gantz vermoeden tot U. L. draghen, begern doch mit diessem eyne weder antwort uns na to richten. Gode bevoelen . Geschr. etc.

Beilage III . Einladungsschreiben an Johann von Cleve. 1520 April 11. Manuskript im Düſſeldorfer Staatsarchiv C , 48 fol. 123. Deme hogeboren durchluchtigen fursten und hern hern Johann aldste soene tot Cleve, herthogen tot Guylche tot dem Bergh, graven tot ter Marck, tot Ravensborgh und Katzenellenbogen etc. mynem g. 1. hern und fursten. Myne inige gebeth und underdanigen willigen dienst, durluch tige hogebaren furst, gnedige lieve here.

Als ich hyrbevorns na doetlichen afganck myns vurfaeders hern Anthonn lavelicher ge dechtnis, abt tot Werden, to syn plege wederomb tot eynen abt darselves wie wal unwerdich erwelt und gekoren byn, heb ich mit

thoraide myner manschap upgesat, wie van aldes gewoentelich, my tot Werden in to voeren laten und nementlich up ten neisten dins dach na dem Sonnendach Misericordia Domini yrstkomende tytlich to vormiddaghe de infoering to gescheen, dar tho ich asdan myne manne van leen verschreven heb und sodan u . f. g. van my und mynen gotzhuse oick etlige leen to entfangen und dair geven van den borgern und undersatten to Werden als vur eynen erfvaegt und schermhern wederomb hulde und eyde to entfangen hebn, bidd ich u. f. g. oitmoedelich, so u. f. g. gelegenheit nyt also en sy in perso nen daselft to erschynen. asdan imantz urer rede up den vurs. Dins dach to vurmiddage tot Werden to hebn my ynstat u. f. g. der vors. manschap halven tdoen und weder van den undersaten to nemen

40

und to entfangen, des sich to beyden syden bethemen und geboeren sall. Dar u. f. g. und mynem gotzhuse eynen jderen to den synen geschie, will ich des an u . f. g. also eyn gantz vertroesten und ver moeden hebn und derselber u. f. g. dach und nacht mit unsern inigen gebede to dienen byn ich alltijt guetwillich und unverdraten . Gescreven up gudensdach an den paschen anno XV¢ XXº. Johannes van godes vursychticheit abt des stichtz sent Ludgers to Werden.

Beilage IV. Feftordnung für die Einführungsfeier des Abtes Johann am 24. April 1520. Gleichzeitige Niederschrift im Düsseldorfer Staatsarchiv Ms. C, 48 fol. 124 v- 126 Processus introductionis d. Joannis abbatis in ipso die feria tercia pridie Marci evangeliste Anno domini 1520.

[April 24]

In primis omnes vasalli cum abbate equitaturi erant infra sep timam et octavam horas super curiam abbatiae in monasterioª) .

Hora

octava exiit equitatus tali ordine : Ante omnes Bernardus de Vit inchave dictus Schele dapifer sive drossatus curiae et Johannis de Schuren pincerna cum tribus aut quattuor adjunctis equestris ordinis viris equitabant previi ante abbatem. Deinde d. Nicolaus Hoppen brower, pastor novae ecclesiae, cum cruce s. Ludgeri solus.

Post

hunc Gossuinus Stecke in Baldeney, marscalcus curiae, cum albo baculo solus proxime ante abbatem . inter nobilem Wyricum

Continuo d . abbas equitavit

comitem de Lymborch et Wilhelmum de

Styrem . Tum frater Gobelinus conventualis et d. Joannes de Lippia tanquam duo capellani post abbatem, deinde v eius famuli sub uno habitu et

vestitu .

Postea totus equitatus vasallorum bini et bini

ita equitando praesertim exeundo et rursus intrando oppidum ; equi tando per viam sancti Ludgeri. per preconsulem³)

ordinat

exiebatur et rediebatur,

XII

In exitu et reditu equitatus fuerunt cives

in armis ante portas, qua

qui steterunt ex adverso viae foris ante

a) In der Vorlage beginnt fast jeder Satz mit einer neuen Zeile. Diese Absätze sind in dem Abdruck unberücksichtigt geblieben, soweit nicht der Inhalt einen Absatz rechtfertigte. b) Die Vorlage setzt immer preconsul für proconsul .

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portas

et expectabant ibi

usque ad ultimum tuncque clauserunt

portam et deportaverunt claves suo preconsuli ad forum . ) Interea temporis celebrabat in monasterio solenniter prior missam scilicet de sancto Ludghero cantando in organis.

Ante portam fontis redeundo pausabatur ad parvam moram, ut equitatus conveniret per

viam declivem de monte et sese rursus

ordinaret ut prius in exitu.

Cum ventum erat ad forum ante capellam s. Nicolai d. abbas descendit de equo, et Gossuinus Stecke mars calcus acceptavit sibi equum, cui abbas

insederat,

de

more sed

restituit propter conventionem per abbatem prius cum eo factam. Mox aderant domini capitulares de conventu ex capella senioribus praecedentibus et recipientes d. abbatem duxerunt ad capellam. Ubi abbas sese exuit vestibus, quibus equitavit, orreis et calcariis et in duit se rursus vestimentis ac ornamentis sacris alba, stola et dal matica levitica et desuper cappa chorali cum infula et baculo pastorali. Interim vasalli descendebant de equis et equi omnes ducebantur ad hospicia et omnes venerunt ante capellam. Paratis cunctis venit d. abbas una cum conventu ex capella versus forum iuxta leones ordinata ibi statione, ubi d. missi prin. cipis generosi venerunt circa d . abbatem stantes et vasalli circum circa ad audiendum et videndum. Infra leones ibi in foro stabant preconsul, scabini, consulatus et tota communitas Werdenensium de mandato sui preconsulis convocati.

Tunc drossatus sive officiatus

Werdenensis iussit scribae d. abbatis legere abbatis regalia, quod tamen pro nunc fecit d . Nicolaus pastor supra memoratus. Illis perlectis iussit idem officiatus preconsuli civitatis, quatenus ipse claves portarum oppidi traderet d. abbati ad manus suas. Deinde iussit seribae d. abbatis praefato legere punctum istum ex privilegio, quemadmodum oppidani Werdenenses debent abbati domino suo praestare homagium et d. gratioso principi fidelitatem ut advocato promittere. Cuius privilegii exemplar sive copiam habes in maiori libro feudorum ante librum d . Ade abbatis. Sequitur forma homagii, quod eis a scriba d. abbatis aperta voce articulatim praelegetur et communitas erectis in altum digitis dextrae manus articulatim pronunciabunt : ,,Wy borgermeister, schepen, rait und gemeynt van Werden sweren und laven unsem eirwerdigen lieven heren hern Johann abt diss stichtz sent Ludghers to Werden

c) Dieser Satz ist am Rande zugesetzt.

42

truw und hoult to syn, als wy unsem rechten erff und grontherrn schuldich syn to doen und vort dem dorluchtigen hogebaren fursten und herren hern Johann

eldesten soene

tot Cleve, hertoghen tot

Guylich, tot dem Bergh, graven tot ter Marcke, Ravensborgh und Katzenellenbogen etc. als eynem graven to der Marcke, unsem g. 1 . heren, laven wy truwheyt als unsem gnedigen erffvaegt und schermherren. dat uns got so help und syne heylige evangelium, Amen." Sequitur forma,

quomodo abbas eis repromittit.

Quam abbas

per se legit, ponendo manum suam dextram super apertum

ple

narium, quod ei diaconus tunc coram tenet infula deposita : „ Wy Johannes van godes gnaden abt des stichtz sant Ludghers to Werden laven dem borgermeister, schepen, raide und gemeynde van Werden unsen lieven getruwen, se to halden by genaden und by eren pri vilegien und rechten, de se van wegen unses stichtz van Werden hebn, ols wy van rechte dat schuldich syn to doen, so uns got helpe und dat heylige evangelium. Amen." Postea d. abbas restituit preconsuli civitatis claves portarum et commisit eidem eas custodire et earundem curam et rationem habere sicut juramenti sacramento promisit Postmodum ivit processio ordinata ut sequitur descendendo circa leones per forum versus coemeterium : In primis scholares praecedentibus vexillis. Post quos pastores ecclesiarum et vicarii. Tunc conventus totus monasterii. Deinde ceroferarii duo scholares et thuribularius medius.

Deinde diaconus cum cruce s. Ludgeri et subdiaconus cum

plenario evangeliorum. deaurato ante abbatem. nominatos. superpellicio.

Post illos marscalcus curiae cum sceptro Continuo d . abbas inter duos comites supra

Subinde capellanus Chori in cappa et scriba abbatis in Postmodum vasalli bini vel terni subsequendo.

Pos

tremo preconsul, scabini et tota communitas. Processione veniente ad coemeterium cantor incepit responsorium ,,Audi Israel" repetendo usque ad ecclesiam. Et interim compulsabantur omnes campanae, etiam de stormklocke. In ecclesia itum est ad chorum et organista incepit : ,,Te deum laudamus" et chorus prosequebatur vicissim continuando usque ad finem et abbas subiunxit versiculum et collectam de sancto spiritu genibus. Demum incipiebatur summa missa solemniter de sancto spiritu, quae per d . abbatem celebrari debuisset, sed propter

flexis

43

distractionem

et curas per alium abbatem vel per priorem fieri

Post summam missam immediate conventus expediebatur cum refectione prandii in firmatorio, ubi sedebant fratres ad mensas ex adverso insimul cum lectione solita. In prandio aderat magna multitudo hominum virorum et mulierum, quorum maxima pars non poterit.

erat vocata, tam ex incolis Werdenensibus, ex Assindia et circum circa accurens, quam ex colonis nostris et ex terra Montensi, qui nequa quam potuerunt reiici et vix credi potuit unde cibarentur. Tamen dante deo laudabiliter refecti sunt. Vasalli omnes et eorum comitiva discubuerunt in aula abbatiali cum abbate ad x mensas. Cives autem et huiusmodi in refectorio ad iiij longas mensas.

Coloni vero in ambitu et ubique dabatur

vinum et cerevisia pro potu.

Suntque omnes probe refecti licet co

quina tantum pro invitatis fuerat disposita; invitati enim fuerant ex incolis Werdenensibus scabini , consulatus, vasalli et qui monasterio nostro sunt pensionarii ac alias dediti. Ex extraneis praeter vasallos nobiles, qui supra enumerati (?) adfuerant, invitati fuerunt certi amici ex Assindia de canonicis et primoribus civitatis.

Coloni vero nostri

litones de curtibus Barchaven et Kalchaven per se solent venire ad prandium et solvunt suam contributionem sub summa missa. tantum die admittuntur mulieres, nunquam

alias

Isto

ut intrent claustra monasterii et

quamdiu viguit regularis observantia ;

fueruntque

vicinorum vasallorum uxores ac civium pariter invitatae ad istud pran dium. Tamen ad dormitorium fratrum nulla mulier isto die ascen dit, ita fratres recludebant aditum per gradus.

In aula abbatiali ad

mensam abbatis ministrabant eo dumtaxat in prandio Bernardus Schele drossatus Werdenensis de

Schepen, dapifer abbaciae Werdenensis,

Gossuinus Stecke in Baldeney, marscalcus, Johannes de Schuren, pincerna, quisque suum debitum exercens officium sicut mos est in curiis principum.

Ante coquinam director constitutus

et ordinatus

fuit validus Johannes Asschenbroek de Ousthuß, qui fuit ibi multum necessarius et utilis.

Camerarii quartum officium abbatie Werdenensis

debuisset exequi Johan de Strunckte et in processione ante abbatem deportavisse sellam abbatialem sicut deceret etc. Sed quia non inve nitur in registro feudorum, que vel qualia habeat emolumenta talis officians pronunc aut feuda, ob quae potuisset requiri ad comparendum huc in ista introductione, etiam quod est homo talis, qui omnibus existit exosus, sic dissimulatum est cum eo nec fuit requisitus.

Johann

Julius Hecker.

Zur zweihundertsten Wiederkehr seines Geburtstages . dem Direktor Dr. Heinrich Kiehl.

Von

Wiſſenſchaftliche Beilage zu

den Schulnachrichten des Königlichen Kaiser Wilhelms-Realgym= nasiums zu Berlin 1908.

S. 1-9 .

Mit einem Bildniſſe Heckers .

Der Gründer der preußischen Realschulen Johann Julius Hecker, geboren im Monate November 1707 - der Tag der Geburt ist nicht bestimmt zu ermitteln von seinem Vater, Stadtsekretär

zu Werden a. d . Ruhr , empfing

dem Rektor der Werdener

Hecker,

Stadtschule und

und später als Gymnasiast in Essen von

seinem Hauswirt, einem für wiſſenſchaftliche Untersuchungen be sonders befähigten Apotheker, Liebe und Vorständnis für die Naturwissenschaften, und diesem Wissenszweige blieb er auch später in seiner auf einem anderen Gebiete liegenden Berufstä tigkeit ein treuer Freund . sich dem

Studium

An der Univerſität zu Halle, wo er

der Theologie

und Pädagogik widmete,

ge=

wann auf ihn besonderen Einfluß der Philanthropiſt Auguſt Her mann Franke, für den der Rektor des Gymnaſiums in Eſſen Joh. Heinr. Zoph, selbst ein Schüler Frankes den sehr beanlagten jungen Mann

begeistert

hatte.

Nach Beendigung ſeiner

Universitäts

ſtudien wurde Hecker erst 22 Jahre alt an das von Franke be gründete Pädagogium zu Halle berufen. ausgedehntes Gebiet unterrichtlicher

und

Hier fand er ein weit erziehlicher Tätigkeit ;

alte Sprachen, Religionslehre, Geschichte, aber

auch Arithmetik,

Botanik, Chemie, ja Anatomie waren hier die von ihm vertre

45

tenen Lehrfächer. Seine besondere Begabung für Erziehung und Nach sieben Unterricht wurde in weiteren Kreisen bekannt. Jahren angestrengter Tätigkeit, die ihm Liebe bei ſeinen Schü lern und Hochachtung bei seinen Amtsgenoſſen einbrachte, folgte er einem ehrenvollen Rufe des Königs Friedrich Wilhelm I., der ihm die Stelle eines Predigers, Lehrers, Schulinspektors an dem „ Großen

Militär-Waiſenhaus “

zu Potsdam übertrug und ihm

außerdem dadurch einen Beweis seines besonderen Vertrauens gab, daß er ihn zu Miterzieher der Königlichen Prinzen bestimmte. Der

König

hatte Gelegenheit, in beiden verantwortungsvollen

Stellungen die Fähigkeiten und Erfolge des erst 28 jährigen Pä dagogen persönlich kennen zu lernen, und als es sich um die Be sezung der lutherischen Pfarrstelle an der durch Friedrich Wilhelms Freigebigkeit erbauten Dreifaltigkeitskirche in Berlin handelte, da dachte der König ſofort an den von ihm geschätzten Prediger Hecker und gab ihm mit der Berufung den besonderen Auftrag „ den Leuten auf der Friedrichsſtadt den Herrn Jeſum zu predigen und sich der Jugend recht anzunehmen ; denn daran sei das meiste gelegen". Nach beiden Richtungen hin bewies Hecker hier ein volles Menschenalter hindurch einen außerordentlich regen Eifer. Neben seiner seelsorgeriſchen Tätigkeit, bei der er sich besonders der wirtschaftlich

schlecht

und sich durch Predigt,

gestellten Gemeindemitglieder annahm Katechese,

persönliche Einwirkung und

nicht zum mindeſten durch selbstlose Freigebigkeit den Weg zum Herzen zu bahnen wußte, fand er ein zweites Gebiet der Tätig keit, wo er auch sein organisatorisches konnte, bei der Einrichtung der Dreifaltigkeitskirche.

Talent

erfolgreich zeigen

niederer und höherer

an

die

Schulen ,

in der die Kinder „ nicht nur im Lesen und Christentum

ſondern

auch

im

Nachdem er zunächst für

Schulen ,

Schreiben und Rechnen

unterrichtet"

werden sollten,

„mehr Lehrer, mehr Schulräume" geschaffen hatte, ging er mit frischem

Mute

daran,

höhere Ziele zu stecken.

dem

Schulwesen in der Friedrichsſtadt

Er gründete eine Lateinſchule, in der

auch Griechisch, Französisch, Geschichte, Erdkunde gelehrt wurde. Daneben eröffnete er zu Anfang des Monats Mai 1748 eine „Ökononisch-Mathematiſche Realschule“ und zwar mit der näheren Begründung, daß es „ daran in Teutſchland zum merklichen Schaden vieler Tausend Menschen bisher noch gemangelt habe“ doch könn

46

ten durch deren Einrichtung manche, „ die nicht eigentlich ſtudieren sollten und doch eine natürliche Fähigkeit besäßen, angeführt wer den, auf andere Weise brauchbar zu ſein und

künftig durch die

Feder, durch die Handlung, durch Pachten , Wirtſchaften auf dem Lande, durch schöne Künſte, durch gute Manufakturen und Profef ſionen sich wohl fortzubringen und als geschickte und geübte Mit glieder des gemeinen Wesens zu leben “ .

Unterrichtsgegenstände

der Realschule waren : Religionslehre, Arithmetik, Geometrie, An leitung zur Mechanik und Architektur, Unterweiſung im Zeichnen, Naturlehre". Bei allem geht seine Absicht dahin, die jungen Leute durch die geistige Schulung zu befähigen, in ihrem künftigen Berufe das Nötige beſſer und geschwinder zu erfaſſen ;

er will

also das Nämliche erzielen, was unsere Realschulen und Ober realschulen ebenfalls bezwecken, die übermittlung allgemeiner Bil dung, allerdings auf einem anderen Wege, als dies auf den hu manistischen Schulen erstrebt wird. Eigentümlich berührt uns ſeine Ansicht von den Schulferien . „Weil es bekannt “, so schreibt er in den Schulnachrichten von Ostern 1748 , "" was für Schaden es bringe, wenn die Schuljugend ganze Tage oder Wochen Ferien hintereinander hat, so werden Hundstage-, Jahrmarkts- und andere in den meisten Schulen ge wöhnliche Ferien bei uns gar nicht statuiert. " Die Anerkennung, deren sich der selbstlose, menschenfreund liche, unermüdlich schaffende Schulmann bei dem König Friedrich Wilhelm I. erfreute, ging auf deſſen Nachfolger über.

Dies be

zeugt ein eigenhändiges Schreiben Friedrichs II., in dem der große König mit besonderer Befriedigung von dem erfolgreichen Fort gange der Schuleinrichtungen Heckers spricht und dem münd lichen Vortrage dieses Mannes

über seine Veranstaltungen und

Erfahrungen entgegen sieht. Nach einem

Leben voll

Arbeit und

reicher

Erfolge starb

Hecker am 29. Juni 1768, nachdem er zu ſeiner Befriedigung es erlebt

hatte,

daß

Schulen

ähnlicher Art

nach dem

Vorbilde

der Berliner Realschule in Wittenberg, Stargard , Zülichau , Bres lau, Erlangen entstanden. Doch war für diese Art höherer Schulen die rechte Zeit noch nicht gekommen : sie konnten sich auf die Dauer nicht halten.

Es scheint der Umstand noch erwähnenswert, daß

47

die in Heckers Realschule betätigte Unterrichtsmethode , die be sondere Wertschätzung der Anschauung ,

welche der gedächtnis

mäßigen Aneignung vorangehen müſſe, in den katholischen Schulen Schlesiens und Österreichs Eingang gefunden hat .

Kempen (Rhein) .

Dr. Franz Koch.

Bestand

in Werden

ein

Kollegiatkapitel ? Von Franz Josef Bendel. In

einem

vor

längerer

Zeit

erschienenen

Aufsake

hat

Schulte ¹) darauf aufmerkſam gemacht, daß Werden in älterer Zeit ein freiherrliches Kloster gewesen ist.

Daneben werden in ge

nanntem Aufſage vom Verfaſſer Anschauungen vertreten, welche darauf hinauslaufen, daß in Werden neben der alten berühmten Benediktinerabtei noch ein Kollegiatkapitel bestanden haben soll. Da die bisherige Forschung davon keine Kenntnis

erlangt hat,

so scheint es angemeſſen, zu dieſer Anschauung Stellung zu nehmen. Die lauten :

auf

unser

Thema

bezüglichen

Stellen bei

Schulte

( S. 173) , „ Ich werde nachher zeigen, daß zwiſchen Konvent und Kapitel geschieden werden muß“. (S. 175) , „ Die Werdener Geschichtsforscher haben sich die Sache bisher nicht besonders klar gemacht,

aber es ist kein

Zweifel : in Werden gab es neben dem Konvente edel freier Mönche, von denen aber wohl nur sehr wenige Prieſter waren, Kapitulare, Kanoniker, unadelige Prie ſter, die keine Ordensgelübde abzulegen hatten. Beweis ist nicht schwer . . ."

Der

Der Verfasser sucht diesen Beweis zunächst aus einigen Tra= ditionsnotizen des 11. Jahrh. zu erbringen, in denen unter den Zeugen

neben

den Mönchen des

Klosters

(fratres

monasterii)

noch drei bis vier Kleriker genannt sind, die bald als clerici, bald sacerdotes oder canonici bezeichnet werden .

Aus dem Bei

1) Westdeutsche Zeitschrift, XXV, S. 178 ff., und abermals abgedruckt „Beiträge", XII, S. 165 ff. Ich zitiere nach letterem Drude.

49

ſat ,nostri ergibt sich, daß dieſelben zur Abtei in näherer Be ziehung standen und alſo nicht etwa dem Kölner Domſtift angehören . Schäfer¹) hat bereits früher darauf

hingewiesen ,

daß diese

sacerdotes offenbar Weltgeistliche sind , welchen die pfarrliche Seel ſorge in der Salvatorkirche und in den Filialen S. Lucius und S. Clemens, meines Erachtens vielleicht auch der Gottesdienst in der Nikolauskapelle am Markte, anvertraut war, deren Ausübung durch Mönche ja

sowohl Benediktus' Regel als das kanoniſche

Gesetz mit dem Ordensleben unvereinbar erklärten und daher miß billigten.

Es wird also das Vorhandensein solcher Weltpriester

in Werden um jene Zeit umsoweniger auffallen dürfen, als kurz vorher die cluniacenser Reform in vielen deutschen Klöstern und wohl auch in Werden zur Durchführung gelangte.

Auch darin

wäre nichts Merkwürdiges zu erblicken, wenn diese Pfarrer und Kapläne

in

älterer

Zeit

gemeinsam

nach

kanonischer

Regel

— gelebt hätten, da sie jedoch nur bis Mitte des 11. Jahrh. als canonici bezeichnet werden. Allein es wäre verfehlt, daraus ſchließen zu wollen, daß sie ein organiſiertes Kollegiatkapitel ge bildet haben. Eine solche Annahme scheint zwar begünstigt durch zahlreiche Urkunden der Abtei, in denen unter den Zeugen auch ein Propst und Decan vorkommen ; jedoch handelt es sich da keineswegs um die gleichnamigen ersten Dignitäre eines Kollegiat tapitels ,

sondern

ist oberster der

Gütertrennung

Rolle.

um

Klosterämter

Wirtschaftsbeamter zwischen

des

Abt

der Abtei. 2) Klosters ³)

und

Konvent

Der Propst

und spielt ſeit eine

erhöhte

Der Decan ist Stellvertreter des Abtes in verschiedenen

öffentlich rechtlichen und geistlichen Angelegenheiten. Seit dem 12. Jahrh. wird er übrigens nicht mehr Decan, sondern Prior genannt. In Urkunden steht sein

Name

vor dem des Propstes .

Beide,

Propst und Decan, sind Mönche 4), vereinigen öfter auch noch ein anderes Klosteramt mit dem ihrigen und steigen nicht selten zur Würde des Abtes

empor.

Die

gleiche Organiſation

(abbatissa,

1) Römische Quartalschrift, XX, S. 105. 2) Ueber ihre Befugnisse vgl . Benedicti regula monachorum, cap. 21 . (decani), cap. 65 (praepositus). 3) Dafür bieten die Geschichtsquellen des Kloſters zahlreiche Belege. 4) Daran hält auch Schulte fest.

50

decana praeposita,) können wir auch im benachbarten Stifte Eſſen beobachten ¹) ; sie entspricht eben der Regel S. Benedikts . Schulte beruft sich zur Bekräftigung seiner Ansicht noch auf eine Urkunde vom J. 1452. 2) dieselbe beginnt alſo :

„Wij Con

rayd van Gelijchen, van got gnaden abt, Johan van Lymburch provest, Evert van Lymborch coster, kellener,

[Wilhelm van Rifferſchiet

Ernst van Otyngen portener ³)] ind vort wij gemeine

capittelspersonen des gestichtes ind moinsters to Werden, Herman , ten Hoerne, Herman Hoveken, Bernt Buth, Johan Volmer, Tho mas van Geseke, Evert Hoveke, ind vort wij gemeyn scheppen, rait ind ganz gemeynheit der statt

Werden."

Dazu

bemerkt

Schulte : „ Auf den ersten Blick meint man erst die Würden

•" dann aber die gewöhnlichen Mönche zu erhalten. träger Beides ist ein Irrtum. Ich werde nachher zeigen, daß zwischen Konvent und Kapitel geschieden werden muß .“

Er ist also der

Meinung, daß nur die fünf zuerst genannten Inhaber der Klo ſterämter dem Konvente angehören, in den sechs folgenden „ ge= meinen kapittelspersonen " dagegen sieht er Mitglieder eines Kol legiatkapitels .

Warum ?

Schulte will

beweisen, daß Werden

ein freiherrliches Kloster geweſen ſei ; da nun unter den „ kapitels personen" mehrere Nichtadelige vorkommen, so müssen diese aus dem eigentlichen Kloſterverbande ausgeſchieden und in einer eigenen Categorie untergebracht oder die Annahme eines freiherrlichen Klo sters muß aufgegeben werden .

Wäre Schultes Deduktion richtig,

müßte man annehmen, daß es neben den Mönchen wirklich ein beſon deres Kollegiatkapitel gegeben hätte, dann müßte man mit Notwen digkeit aus der betreffenden Stelle auch folgern, Rat und Schöffen gehören nicht

zur Bürgerschaft

von Werden,

neben der „gemeinheit der ſtatt W. "

da sie

gesondert

angeführt werden.

Aber

jene Formel iſt alt und einfach übersetzung der lateinischen : nos abbas, prior, custos, etc. totusque conventus ..." Auch der Ge brauch der Ausdrücke conventus und capitulum gestattet nicht die von Schulte gemachte Unterscheidung ; mitunter besteht allerdings zwischen beiden Bezeichnungen insofern ein Unterſchied,

als bei

1) Vgl. beispielsweise die Urkunde vom J. 1054 bei Sacomblet, Urk.-Buch I. G. 122. 2) S. 173 . ³) Das in Klammern ſtehende ist in der Abſchrift am Rande hinzugefügt

51

getrennter Güterverwaltung unter dem Konvente die Gesamtheit der Mönche ohne den Abt zu verstehen ist, u. zw . als juriſtiſche Person, welche in Klosterangelegenheiten

ein

Zustimmungsrecht

besitzt, mit eigenem Siegel siegelt, 2c.; Kapitel dagegen bedeutet zunächst

die Versammlung

aller

stimm-

und

wahlberechtigten

Mönche ¹) dann die Gesamtheit aller dieser, also Abt und Konvent zusammen. Sehr oft aber werden beide Ausdrücke gleichwertig für einander und sogar pleonastisch neben einander gebraucht 2). Für die Annahme eines Kollegiatkapitels in Werden fehlt daher auch der Schein irgend welches Beweises.

Es wäre auch

zu merkwürdig, daß in den Werdener Geschichtsquellen, urkund lichen, wie erzählenden, sich keine deutlichere Spur davon erhalten haben sollte und insbesondere, daß solches den beiden Historio graphen des Klosters, Duden und Overham, unbekannt geblieben wäre. Aus der erwähnten Urkunde von 1452 ergeben sich übrigens für die Geschichte der Abtei Werden zwei weitere wichtigere Fol gerungen : Sind die sechs namentlich angeführten Kapitelherren als Konventualen, also als Mönche, anzusehen, und das sind sie zweifellos, dann war Werden mindestens um die Mitte des 15. Jahrh. kein Freiherrliches Kloster. Da aber der bekannte Passus im Diplom Rudolfs von Habsburg durchaus für die Annahme Schultes spricht, so muß in der Zwischenzeit der Umschwung erfolgt sein .

Und die Ursache ?

Sie wird darin zu suchen sein,

1) Daher z. B. in der bereits citierten Anniverſarſtiftung des Abtes Gerold (Crecelius, n. 90) : hanc cartam subscribi praecepit et in capitulo cunctis fratribus regulariter tradidit ; und am Schluße derselben Urf.: facta est . . . haec . • • donatio anno mill. XL VII . . . coram cunctis fratribus in capitulo , V. Non. Maj. 2) Von vielen Beispielen nur diese: in der bekannten Vergleichsurkunde von 1317, Juli 24 (Lacomblet, Urk -Buch, III, S. 162) heißt es bezüglich der Aufsicht über die vier Stadttore: porta per quam itur versus Veyhus prope aulam seu camnatum, pertineat ad capitulum , sed sit sub custodia prae positi; hier fann selbstverständlich nur der Konvent gemeint sein (vgl. Punkt 10 : İtem familia abbatis, praepositi et conventus ecclesiae nostrae . • ). ferner Lacomblet, III, S. 841 : den abt ind myt allen des Capittelsheren van Werden ; und weiter unten : Abt van Werden ind syn Capittelsheren. Um auch ein Beispiel von anderwärts zu bringen, verweise ich auf fol genden Bassus in der Urkunde Bischof Albrechts von Würzburg für das Bene diftinerkloster S. Stephan daselbst, aus dem J. 1348, Jan. 2 (Mon. Boica, XLI, S. 316, betrifft die Reformation des Klosters) : abbas ... convocet et assumat omnes suos conventuales ac capitulares confratres ad trac tandum desuper et habendum consilia singulorum.

52

daß der Andrang der Adeligen in das Kloſter nachgelaſſen hatte und der Personalbestand zur Ausübung des Klostergottesdienstes nicht mehr ausreichte. Einen bestimmten Anhalt hierfür bietet die Mitteilung Overhams, daß Abt Konrad zur Ausübung der gottesdienstlichen Verrichtungen fremde Mönche habe kommen laſſen. ¹)

Wahrscheinlich wird übrigens schon im

Bürgerschaft Leben

von Werden,

erlangt

14. Jahr. die

welche 1317 Anteil am öffentlichen

hatte, bemüht gewesen sein, ihren Söhnen den

Eintritt in das wohlhabende Kloster durchzuſehen, und der bisher adelige Konvent beschränkte sich darauf, die ersten Klosterämter in seiner Gewalt zu behalten ( vgl. Urk. vor 1452) , bis die Ein führung der Bursfelder Reformation 1474 auch mit diesem Stan desvorrechte endgiltig aufräumte. Eine andere Folgerung betrifft die Zahl der Mönche. Köschte 2) behauptet, der ganze Konvent sei um die Mitte des 15. Jahrh. auf fünf Mitglieder zuſammengeſchrumpft. iſt nicht zutreffend ;

Auch das

denn mit dem (in der Urkunde von 1452

nicht genannten) Prior ergibt sich für diese Zeit ein Mitglieder stand von zwölf Konventualen . 3) kann alſo werden .

auf einen bedeutenden

Nach dieser Seite wenigstens Niedergang

nicht

geschlossen

auctor porro dissolutionis praecipuus ¹) Greg. Overham §. 803: fuisse traditur Conradus abbas ipse, qui nequidem sacerdos fuisse perhibe tur, qui externos conduxit religiosos, qui divina peragerent. Magno studio itaque laboratum ab ordinis S. Benedicti praelatis et vicinis principibus ec clesiasticis, ne tam sancta fundatio et cultus Dei in antiquo S. Ludgeri mona sterio Werthinensi interiret. 2) Werdener Urbare, Vorrede S. 3 Be the ter tutti for de sus, baß Mitte des 14. Jahrh. der Prior auch das Amt des custos bekleidete, zu schließen, dies sei aus Mangel an Con ventualen geschehen, wie Kötschke (a. a. D.) es tut ; denn derartige Ämter kumulierung kommt auch Mitte des 11. Jahrh. , alſo zur Zeit der erſten Glanz periode des Klosters, wiederholt vor.

333

53

Chronik des hiftorischen Vereins für das Gebiet des ehemaligen Stiftes Werden für 1907 und 1908.

Der Verein

zählt

165 Mitglieder,

darunter 4 Ehrenmit

glieder und 5 Gemeinden . Während durch Tod und freiwilligen Austritt 21 Mitglieder ausschieden, sind 27 Neuanmeldungen zu verzeichnen. Generalversammlungen wurden gehalten am 27. März 1908 im Gasthofe „Deutscher Kaiser " zu Werden und am 2. März 1909 im Jägerhof zu Kettwig . zu erfreuen.

Beide hatten sich zahlreichen Besuches

In der ersteren Versammlung wurden zwei Vor

träge gehalten, nämlich von Herrn Wilhelm Mintrop, dem Eigen tümer des Gutes Barkhoven, über den Oberhof Barkhoven und Ortsgebräuche aus alter Zeit und vom Herrn Pfarrer Dr. Jacobs über die Feierlichkeiten bei der Einführung des Werdener Abtes Johann V. im Jahre 1520. Hefte abgedruckt, während

Der lettere Vortrag ist in dieſem

der erstere in der Werdener Zeitung

zur Veröffentlichung gelangte.

In der leztjährigen Versammlung

behandelte ein Vortrag des Herrn Rektor Hartmann

Geschicht

liches aus Kettwig, ſpeziell die Kettwiger Brücke ; der Vortrag ge= langt

in

diesem Hefte

zum

Abdruck.

Ferner

verbreitete sich

Herr Friedrich Flothmann über die Kettwiger Mark.

Letterer

Vortrag ſoll in einem demnächſtigen Hefte veröffentlicht werden. Die Rechnungslage für das Jahr 1907 ergab bei einem Be stand von M. 1014,85 aus dem Jahre 1906 eine Einnahme von M. 692,68 und eine Ausgabe von M. 755,79.

Das Jahr 1908

brachte eine Einnahme von M. 773,87 und eine Ausgabe von M. 1485,76 , sodaß ein Kaſſenbestand von M. 239,85

verblieb .

Durch das Entgegenkommen des Herrn Bürgermeisters Breuer und des Stadtverordnetenkollegiums von Werden ist dem Verein

54

ein Raum zur Unterbringung der Bibliothek im Nebengebäude des Rathauses eingeräumt worden . In bälde wird dieselbe dort untergebracht

und

den Vereinsmitgliedern

zugänglich

gemacht

werden. Ein Katolog über den Beſtand der Bibliothek iſt in Arbeit und wird demnächst zur Veröffentlichung gelangen.

Verzeichnis

der Geschichtsvereine, mit denen der hiesige Verein im Schriften austausche steht : 1. Aachener Geschichtsverein. 2. Dortmund ,

Historischer

Verein

für

Dortmund

und die Grafschaft Mark. 3. Düsseldorfer Geſchichtsverein . 4. Elberfeld , Bergischer Geschichtsverein. 5. Essen , Historischer Essen.

Verein

6. Frankfurt a. Main , Altertumskunde.

für Stadt und Stift

Verein

für

Geschichte

und

7. Freiburg , Deutscher Geschichtsforsch. - Verein Kantons Freiburg.

des

8. Giessen , Oberhessischer Geschichtsverein. 9. Hannover , Historischer Verein

für Niedersachsen . 10. Hannover , Verein für Geschichte der Stadt Han= nover. 11. Heidelberg , Hiſtoriſch - philoſophiſcher Verein . 12. Köln , Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde . 13. Lemberg , Historischer Verein. 14. Mitau , Kurländische und Kunst.

Gesellschaft für

Literatur

15. Mülheim , Geschichtsverein . 16. Münster und

Paderborn ,

Verein für

vaterlän

dische Geschichte und Altertumskunde. 17. Niederrheinischer Geschichtsverein . 18. Osnabrück , Verein für Geschichte und Landeskunde 19. Recklinghausen , Verein für Orts- und Heimats kunde im Beste und Kreise Recklinghausen.

55

20. Stockholm , Kongl. Vitterhets - Hiſtorieoch quitets - Academien.

Anti

21. Wezlar , Geschichtsverein. 22. Witten ,

Verein für Orts- und Heimatkunde

in

der Grafschaft Mark. 23. Wolfenbüttel , Geſchichtsverein für das Herzogtum Braunschweig.

56

Mitglieder - Verzeichnis .

A. Ehrenmitglieder. 1. Clemen Paul, Dr., Univ .-Prof. u . Prov . - Konſ. , Bonn . 2. Effmann Wilhelm, Dr., Univ.-Profeſſor, Bonn. 3. Gottlob Adolf, Dr., Univ .-Profeſſor, Münster. 4. Jostes Franz, Dr., Univ .-Professor, Münster.

B. Mitglieder. 1. Albermann Wilhelm, Profeſſor Cöln. 2. Algermiſſen, Dr. med ., Arzt, Kupferdreh . 3. Anders , Rendant, Kettwig v. d . Brücke.

4. Arnst Paul, Klempnermeister, Werden . 5. Beer M. Frau, Kommerzienrat, U.-Bredenen. 6. Bellenberg Ludger, Dr., Pfarrer, Nothberg Kr . Düren . 7. Bendir Karl, Justizrat, Werden. 8. Berg Robert vom, Rentner, Kettwig. 9. Berger Tillmann, Kaufmann, U. -Bredeney . 10. Bernsau Joh . Wilh., Gutsbesizer, Bredenen . 11. Bertrams Franz, Pfarrer, Denklingen. 12. Bertrams Wilhelm, Hauptlehrer, Schuir. 13. Bickmann Ludg. , Steinbruchbesizer, Heidhausen. 14. Börk Richard, Gaſthofbesizer, Bonn. 15. Bottlenberg Frhr. von dem, gt. v . Schirp , Baldeney. 16. Brahm Elise, Lehrerin, Werden . 17. Breuer Joſef, Bürgermeiſter, Werden . 18. Brocker, Lehrer, Holsterhausen. 19. Brodzina Richard, Stadtſekretär, Werden. 20. Bruckmann Johann, Ehrendomherr und Pfarrer, Cöln. 21. Beitelsmann Ludger, Gutsbesizer, Heidhausen. 22. Classen Johannes, Kaufmann, Aachen.

57

23. Coenen, Oberlehrer, Werden. 24. Engels Karl, Gerichtsassessor, Werden.

25. Engelhardt Karl, Amtsgerichtsrat, Werden. 26. Ewald Heinrich, Stadtbaumeister, Werden. 27. Fell, Pfarrer, Heiſingen. 28. Ferber Clemens, Rentner, Werden. 29. Feuser Heinrich, Bäckermeister, Werden . 30. Flothmann Friedrich, Rendant, Kettwig . 31. Flügge Wilhelm, Buchdruckereibesizer, Werden. 32. Flügge Elise, Lehrerin, Heidhauſen. 33. Foerstner, Oberlehrer, Werden . 34. Franzen, Kaplan, Werden. 35. Frielingsdorf Paul, Bauunternehmer, Werden. 36. Fuchte Dr. , Schulrat, Eſſen. 37. Funke Joh. Wilh. , Kaufmann, Werden. 38. Führkötter Ludger, Reſtaurateur, Hügel. 39. Füth, Dr. med., Arzt, Coblenz . 40. Gerling Friedrich, Fabrikant, Schuir. 41. Gerz B., Gerichtssekretär, Bochum. 42. Gisbert Lambert, Dechant, Werden . 43. Göbel , Oberlehrer, Werden. 44. Göbbels, Polizeikommiſſar, Werden. 45. Greeven, Lic. Pfarrer, Werden. 46. Grevel Wilh., Rentner, Düſſeldorf. 47. Grotkamp Johann, Wirt, Werden . 48. Grüter Leo, Dr. med ., Arzt, Werden . 49. Grüter Alphons , Kaplan, Cöln . 50. Hartmann Wilhelm, Rektor, Kettwig. 51. Haverkamp Aug., Rentner, Werden . 52. Haverkamp Heinr. Frau , Werden .

53. Heimbach Nikolaus, Kaufmann , Werden. 54. Heinke Edmund, Amtsgerichtsrat, Werden . 55. Hellings Wilhelm, Pfarrer, Capellen, Kr. Grevenbroich. 56. Hicking Alb . , Dr., Frau , Sanitätsrat, Werden. 57. Höfer Clemens, Kaufmann , Werden. 58. Hövel, Freiherr von, Reg. -Präsident, Coblenz. 59. Hopmann Adolf, Fabrikbesizer, Werden . 60. Huffmann Ernst, Fabrikbesitzer, Werden.

58

61. Hülsmann, Direktor der Handelschule Amſterdam. 62. Hülsmann Friz, Hauptlehrer, Hamm. 63. Humpert Johann , Rentmeister, Kupferdreh. 64. Hartmann Theodor, Landwirt, Heidhauſen. 65. Humann Georg, Dr., Rentner Aachen. 66. Jacobs Peter, Dr., Pfarrer, Werden . 67. Jansen Nik., Kaplan, Werden. 68. Jordan P. , Landbauinspektor, Werden . 69. Jung August, Fabrikant, Fischlaken. 70. Kahmann Ludger, Buchhalter, Werden. 71. Kattenbusch Ferdinand, Dr. , Profeſſor, Göttingen. 72. Kaulard Joh. , Kaplan, Werden . 73. Keller Ludwig, Betriebsleiter, Werden . 74. Kimmeskamp Elise , Lehrerin, Fischlafen. 75. Kimmeskamp L. , Rentner, Fiſchlaken am Schwarzen . 76. Klane Wilhelm, Rentner, Bredenen

77. Klein Johann, Pfarrer, Rescheid . 78. Kluſemann Herm. , Dachdeckermeiſter, Werden. 79. König Alois, Rendant Werden . 80. Königstein Johann , Gasthofbesizer, Werden. 81. Knörchen Pet. , Schlachthofdirektor, Werden. 82. Kranz Gisbert, Dr. med., Arzt, Werden . 83. Kronenberg Clemens, Kaufmann , Werden. 84. Krupp Frau , Geheimrat, Exzellenz , Hügel. 85. Krupp von Bohlen und Halbach Gustav, Dr., Legationsrat, Hügel. 86. Küppers Peter, Hauptlehrer, Werden . 87. Landwehr, Oberlehrer, Werden . 88. Lazz Guſtav, Anstreichermeister, Werden . 89. Lehrerbibliothek, Kettwig. 90. Lindlar, Kaplan, Kettwig. 91. Linneborn, Fabrikbesizer, Werden . 92. Luhmann Wilhelmine, Lehrerin, Fiſchlaken. 93. Luig Bernh. , Kaufmann , Werden .

94. Mackenberg, Dr., Arzt, Kettwig. 95. Maas Ludger, Gutsbesizer, Fischlaken. 96. Maas Ludger, Gutsbesizer, Hamm . 97. Mintrop Wilhelm, Gutsbesizer, Heidhausen.

59

98. Mittweg Albert, Kaufmann, Werden . 99. Müller Leo, Hauptlehrer, Werden . 100. Müller Hans, Steuerinspektor, Werden . 101. Müller Wilhelm , Fabrik-Direktor, Werden. 102. Nienhaus, Oberpoſtaſſiſtent, Kettwig. 103. Niermann, Dr. med., Arzt, Linn . 104. Dertgen Heinrich, Pfarrer, Bredenen. 105. Ostrop Franz, Gutsbesizer, Bredeney. 106. Oßmann Joh. , Grubenverwalter, Heidhausen. 107. Overhamm Aug., Rentner, Werden . 108. Overhamm Gregor, Apotheker, Werden. 109. Pellengahr, Rechtsanwalt, Werden. 110. Plückthun Heinr. Rentner, Werden . 111. Preutenborbeck, Wilh. , Gutsbesizer, Heidhausen. 112. Quadflieg, Pfarrer, Simmerath, Krs . Montjoie. 113. Rensing, Franz , Dr., Professor, Anholt. 114. Reßemann , Bergrat, Schuir.

115. Röhrig Joh., Kaplan , Neuß. 116. Rindskopf Otto, Kaufmann, Werden . 117. Rötger, Landrat a. D. , Direktor , Eſſen . 118. Roſauer Wilhelm, Pfarrer u. Def., Kettwig. 119. Schanz Otto, Dr. , Progymnasialdirektor , Werden . 120. Schaphaus Alois, Bürgermeister Werden-Land. 121. Schiller Adolf, Kaplan, Werden . 122. Schlechtendahl von, Hauptmann , Berlin. 123. Schmachtenberg J., Gutsbesizer , Kettwig . 124. Scheidt Frau, Geh. Kommerzienrat, Kettwig . 125. Schmidt Karl , Grubendirektor, Godesberg . 126. Schmidtman H. , Buchhalter , Heidhausen . 127. Schmit Friedr., Apotheker , Werden . 128. Schneider, Dr. med., General -Oberarzt, Neiße. 129. Schürenberg Heinrich, Kaufmann , Werden . 130. Schürmann Herm ., Kaufmann , Werden. 131. Schulten Gertrud , Hauptlehrerin , Werden . 132. Schützdeller Franz , Grubenverwalter, Hamm . 133. Servos Johann, Hauptlehrer , Fischlaken . 134. Siepentothen H., Stadtrentmeiſter, Werden . 135. Simon Leopold , Wittwe, Rentnerin.

60

136. Sonnenschein Wilh . , Wittwe, Rentnerin, Werden . 137. Spee von Hubertus , Graf, Linnep . 138. Spelten Josef, Dr. med. , Arzt, Werden. 139. Stockebrand H. L., Bäckermeister, Werden. 140. Strenge Adalbert, Juſtizrat, Werden. 141. Strötgen Paul, Gemeinderentmeister, Werden . 142. Strötgen Theodor, Kaufmann, Heidhausen. 143. Surman Elise, Lehrerin, Werden. 144. Thelen Wilh., Religions- und Oberlehrer, Werden . 145. Thomer Josef, Rentner , Cöln . 146. Tönnißen , Pfr. u. Def. , Borbeck. 147. Vogelsang Robert, Kaufmann, Werden . 148. Vogelsang Heinr . , Gewerke, Recklinghauſen. 149. Vooſſen Hugo, Rentmeister Linnep. 150. De Vries , Lehrer, Werden . 151. Waldthausen A. von, Gewerke, Eſſen . 152. Wieſe Math. , Fabrikbefizer, U.-Bredeney. 153. Wimber Adolf, Hauptlehrer, Heidhausen. 154. Wintgen Johann, Kaufmann , Düſſeldorf. 155. Wirk Josefa, Hauptlehrerin, Werden. 156. Wusthof Julius, Kaufmann, Werden. 157. Stadtgemeinde Werden. 158. Stadtgemeinde Kettwig . 159. Gemeinde Werden-Land. 160. Gemeinde Bredenen . 161. Gemeinde Kupferdreh.

61

Mitteilungen

des

Vereinsvorstandes.

Als Beilage zu dieſem Hefte wird eine diplomatiſch-hiſtoriſche Untersuchung von Dr. Franz Josef Bendel über : Die älteren Urkunden der deutschen Herrscher für die ehemalige Be nediktinerabtei

Werden

a.

d.

Ruhr,

herausgegeben ,

welcher

vier Urkunden, Facsimile-Tafeln in Lichtdruck, beigefügt find.

zu

Den

Vereinsmitgliedern wird diese Arbeit als Festgabe

dem

1100 jährigen Jubiläum des hl. Ludgerus

übergeben anftelle einer anfänglich in Aussicht genommenen, be: sonderen Festschrift, von der auch aus dem Grunde Abstand ge nommen worden ist, weil die Feftfeier in Werden wegen drin gender Reparaturarbeiten an

der Pfarrkirche auf das

Jahr verschoben werden mußte.

nächſte

62

Inhaltsverzeichnis.

Aus Kettwigs Vergangenheit.

Von W. Hartmann

S.

1-22

G.

23-43

S.

44-47

G.

48-52

Chronik des Vereins und Mitgliederverzeichnis .

G.

53-60

Mitteilungen des Vereinsvorstandes

S.

61

Inthronisation des Abtes Johann V. am 24. April

1520.

Von P. Jacobs

Hecker, Lebensbild desselben . Von Gymnasialdirektor Dr. Koch

Bestand in Werden Kollegiatkapitel ? Josef Bendel

Von Franz

·



Beiträge

zur

Geschichte

des

Stiftes

Werden .

Herausgegeben

von dem Historischen Verein für das Gebiet des ehemaligen Stiftes Werden .

Wierzehntes Heft.

1910.

Druck von W. Flügge in Werden a . d . Ruhr.

Die

Wiederherstellungsarbeiten

an der ehemaligen Abteikirche in Werden .

Mit 18 Abbildungen. Von Regierungsbaumeister P. Jordan in Stendal.

Mit Ende des Jahres 1909 hat nach mannigfachen Unter brechungen der letzte Abschnitt der bereits im Jahre 1840 be gounenen Wiederherstellungsarbeiten an der ehemaligen Abtei kirche in Werden a. d. Ruhr seinen endgültigen Abschluss ge funden, so dass die Schönheit dieses ebenso kunstgeschichtlich interessanten wie auch durch seine edle Architektur hervor ragenden Baues für die Allgemeinheit wieder zur gebührenden vollen Geltung kommt. Im Nachstehenden soll über diese Wie derherstellungsarbeiten berichtet werden. Zunächst dürfte jedoch eine Darstellung der Baugeschichte der Abteikirche in grossen Umrissen am Platze sein ; dieselbe kann um so kürzer gehalten werden, als bereits Veröffentlichun gen vorliegen, und zwar 1) Stüler u. Lohde ,,Die Abteikirche zu Werden, in der Zeitschrift für Bauwesen, Jahrg. 1857 , 2 ) Cle men, Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, 2. Bd . III, 1893, 3) Eff mann, Die Karolingisch-Ottonischen Bauten zuWerden, 1. Bd . 1899.

Den Ergebnissen der in genannten Arbeiten gemachten

Untersuchungen schliesst sich die nachstehende Darstellung im allgemeinen an, insbesondere denjenigen des letztgenannten sehr eingehenden Werkes .

Eine Uebersicht über die verschiedenen Bauteile, aus wel chen das Bauwerk entstanden ist, gibt Abb. 1 , der Lageplan von Abtei und Kirche ; derselbe stellt den Baubestand Ende des 18. Jahrhunderts dar, also kurz bevor die bis dahin reichsfreie fürstliche Abtei durch den Reichsdeputationshauptschluss dem 1*

1

preussischen Staate einverleibt wurde. sind

Die Hauptbestandteile

die Krypta, die eigentliche Abteikirche, die Peterskirche

und die Vorhalle .

Der Zustand der Bauanlage, wie derselbe bis

zum Jahre 1256 vorhanden war, ist in den Abbildungen 2 und 3 dargestellt.

Kloste-r

Klostergarten

Frenzgang

Ludgeriden. Frippla

Kapitelgebände (önde 18.Jahrhunderts) Kuenzgang Ockonomichof

utfliiget erba Jahr 18. im N(ordhu nzgang Are

-Mauer

Quadrum Ableckuchez

Erste vonLudgerns erbante. piirche Schüler kirchhof

Frenzgang Kirchhof

Abteigebände Ferbaut 1725–1875)

C

Stile Vorplatz

5

Abb. 1.

15

1: 1000 20 25 30 35 40

45 SFOTO

Lageplan der Abteikirche und Abteigebäude am Ende des 18. Jahrhunderts

Die Krypta. Der älteste noch vorhandene Bauteil, der Rest der Ludgeri krypta mit der Grabstätte des Stifters, war bereits im Jahre 830 vollendet ; der dreischiffige Bau der Ludgeridenkrypta dagegen stammt aus dem 11. Jahrhundert. Die Bezeichnung ,, Krypta“

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Maßstab 1 : 400.

Abb. 2 und 3.

Grund

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34 und Nordansicht der Kirche bis 1256.

ist übrigens für die letztere, streng genommen, nicht zutreffend , dieses Bauwerk ist vielmehr eine an den Chor der Kirche an gelehnte selbständige Grabkapelle und als solche wegen ihrer Gewölbekonstruktion kunstgeschichtlich von Wichtigkeit . Die erste Abteikirche ( Salvatorkirche) . Ueber der Grabesgruft erhob sich der Chor der im Jahre 875 geweihten Klosterkirche, der Salvatorkirche, einer drei schiffigen Basilika, bei welcher nach Effmann Stützenwechsel angewendet war. Von dieser ersten Kirche sind jetzt nur noch geringe Reste vorhanden . Die Peterskirche. Der Salvatorkirche wurde bald nach ihrer Einweihung ein weiterer interessanter, zentral gestalteter Bau im Westen vor gesetzt, die Peterskirche, welche für die besonderen Zwecke der Pfarrgemeinde bestimmt war. Die Vorhalle. Als letzter Hauptbestandteil entstand sodann nach in zwischen erfolgter Veränderung eines kleineren älteren Vor baues im 12. Jahrhundert die grosse westliche Vorhalle, das Pa radies. Neubau der Abteikirche. Nach einem verheerenden Brande im Jahre 1256 , der die Salvatorkirche fast gänzlich zerstörte , die Peterskirche jedoch fast unberührt liess, wurde sogleich ein Neubau begonnen, es entstand die Abteikirche in ihrer in allen wesentlichen Teilen jetzt noch vorhandenen Gestalt . Die Abbildungen 4 bis 6 stellen den Zustand des Baues im Jahre 1275, dem Jahre der Weihe der Kirche, dar. Bei diesem Neuban wurden auch mit der Peterskirche verschiedene Veränderungen vorgenommen, um sie mit der neuen Kirche zu einem einheitlichen Raum zu vereinigen. Die neue Kirche trägt im Aeussern im allgemeinen noch romanischen Charakter, im Innern überwiegen bei weitem die frühgotischen Elemente, wenn auch, wie bei allen Ueber gangsbauten die romanischen Formen noch lebendig sind, so besonders in zahlreichen Laubkapitälen. Die innere Ge wölbekonstruktion und die damit eng zusammenhängende Pfeiler- Gliederung tragen durchaus frühgotischen Charakter, in

den Gewölben des Mittelschiffes und im Vierungsturm herrscht bereits die

Sprache der entwickelten Gotik.

Was

übrigens

das Gewölbesystem des Mittelschiffes anbelangt, so möchte ich im Gegensatz zu Effmann (Seite 381/382 ) es als zweifellos an sehen, dass anstatt der zur Ausführung gekommenen einfachen oblongen Kreuzgewölbe dieselbe sechsteilige Gewölbeanlage , wie im Chor, auch für das Schiff im ursprünglichen Bauplane ge legen hat ; die Anordnung der Pfeiler und Dienste lässt nicht gut einen andern Schluss zu ; wäre diese Gewölbeanlage zur Aus führung gelangt , so hätte das Innere einen völlig einheitlichen Charakter erhalten. Beim Vergleich mit ungefähr gleichzeitigen Bauten der Rheinlande fällt nun ganz ausserordentlich die Aehnlichkeit der Formen auf, wie sie in der im Jahre 1236 erbauten Stiftskirche in Gerresheim angewandt sind (vergl. Clemen, die Kunstdenk mäler der Rheinprovinz, 3 Bd . I. ) Die Scheidebögen des Mittel schiffs, die Gewölbe des Chorhauptes haben die gleiche eigen artige Ausbildung, gleiche Formen haben die Gewölberippen, die Schildbögen, die Schaftringe und anderes ; ebenso wie im Chor der Werdener Kirche sind auch in Gerresheim im Chor unl Querschnitt die Rippen mit den originellen Schilden versehen, auch die einfache Dekoration dieser Schilde wiederholt sich in beiden Kirchen ; nur ist in Gerresheim, wo auch die ganze Kirche geringere Abmessungen hat, alles kleiner u. zierlicher gehalten. Wenn nun auch beide Bauten nicht gut von demselben Bau meister herrühren können , da die Gerresheimer Kirche bereits (nach Clemen) 1236 vollendet,

die Werdener,

wie

oben er

wähnt, erst 1256 begonnen ist, so ist die Abhängigkeit des letzteren Baues von dem älteren wohl zweifellos. Nur bei der Einwölbung des Mittelschiffes, Ausbildung des Vierungsturmes, ebenso des Westfensters und Westportales machen sich andere Einflüsse geltend.

Im Vergleich nun mit anderen bedeutenden

Bauwerken ungefähr derselben Stilperiode gehört die Werdener Abteikirche sicherlich in ihrer ganzen vielgestaltigen Anlage mit Querschiff, Vierungsturm und Emporen und mit der ausser ordentlich edlen und kräftigen Gliederung ihrer Bauformen, be sonders was das Innere anbelangt, bei aller Einfachheit zu den schönsten und wirkungsvollsten Werken der deutschen mittel alterlichen Kunst.

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Abb. 4 .

Grundriß der Kirc

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e nach dem 1275 vollendeten Neubau.

stab 1 : 400.

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Abb. 5.

Längenschnitt der Kirch

7000

nach dem 1275 vollendeten Neubau.

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Abb. 6.

Nordansicht der K

- nach dem 1275 vollendeten Neubau .

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7

Umänderungen bis 1840. In der Gestalt, welche das Bauwerk Ende des 13. Jahrhun derts erhalten hat, ist es, wenigstens im wesentlichen, bis heute geblieben. Welche Veränderungen an einzelnen Bauteilen je doch bis Anfang des vorigen Jahrhunderts vorgenommen sind, veranschaulicht die Aufnahmezeichnung aus den Jahre 1840 Abb. 7 nach Stüler

und Lohde.

Diese

Veränderungen



be

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00000 00

Maßstab 1 : 800. Abb. 7.

Nordansicht der Abteikirche vor der Restauration von 1840-1850. (Nach Stüler - Lohde) .

stehen, was die äussere Erscheinung betrifft, vor allem in der Umgestaltung der Turmhelme, Erhöhung des Mittelschiff daches, Zerstörung des grössten Teiles des Paradieses und der Vorbauten vor den zwei nördlichen Portalen ;

der so charakte

ristische gewundene Helm des Vierungsturmes stammt jeden falls aus dem 16. Jahrhundert, die etwas plumpe Barockhaube des Westturmes aus dem Anfange des 18. Jahrhunderts. Im Innern erlitt die Kirche Veränderungen durch den Einbau einer Orgelempore im Mittelschiff der alten Peterskirche und die da mit verbundene Vermauerung der Emporen- Arkadenöffnungen

8

daselbst, sodann durch Schliessung bezw. Zerstörung des grossen Westfensters und Erhöhung des Fussbodens im Westbau. Einen ganz neuartigen Charakter jedoch erhielt die Erscheinung des Kirchen-Inneren hauptsächlich durch die Beschaffung

neuer

ausserordentlich prächtiger Ausstattungsstücke. Während der Regierungszeit des Abtes Coelestin ( 1706-1718 ) wurden die Aufbauten auf dem Hochaltar und den zwei Seitenaltären in ba rocken Formen erneuert, Orgel und Kanzel und andere Stücke neu beschafft. Der Hochaltar übrigens ist, nebenbei bemerkt, als Stiftung desselben mit dem Wappen des Kurfürsten von der Pfalz, Johann Wilhelm, Herzogs von Jülich und Berg, des damaligen Schirmvogtes der Abtei, geschmückt. Mehrere Ende des 18. Jahrhunderts aufgestellte Beichtstühle in Empire formen machten sodann die Erscheinung des Innern noch man nigfaltiger. Wiederherstellungs - Arbeiten. Mit den ersten planmässigen Wiederherstellungsarbeiten der besonders in den Wirren der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhun derts arg verwahrlosten Kirche wurde auf besondere persön licheAnregung des damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm im Jahre 1840 begonnen. Im Innern bestanden dieselben zunächst in umfangreichen eigentlichen Unterhaltungsarbeiten wie der Erneuerung zerstörter Gewölbe, beschädigter Werkstücke, des Putzes usw. Ausserdem wurden verschiedene Umänderungen vorgenommen. Nach Abbruch der oben erwähnten Orgelempore im Mittelschiff wurde die Orgel auf eine vor der Westwand neu errichtete Empore versetzt, die vermauerten Bogenarkaden der Emporen der Peterskirche wurden wieder geöffnet, sodann wurde dadurch in den bisherigen Bestand eingegriffen, dass die Seiten schiffe von Abteikirche und Peterskirche sowohl zu ebener Erde wie auf den Emporen durch Einbrechen grosser Tür- bezw. Gurt bogenöffnungen in die trennenden Wände behufs Gewinnung einheitlicher Räume miteinander verbunden wurden : eine Mass nahme, welche, wie weiter unten berichtet schwer rächen sollte .

wird,

sich

später

Das Aeussere erhielt sodann eine ganz neue Erscheinung durch die Veränderung des Westturmes, die barocke Haube wurde beseitigt, das Mauerwerk des Turmes um ein Geschoss er

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Abb. 8.

Nordansicht der Kirche na

Tr

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Wiederherstell

ungsarbeiten von 1840-1850.

höht und ein neuer Helm aufgesetzt, zu welchem die Osttürme von St. Gereon in Köln das Vorbild abgaben. Dass die ur sprüngliche vierseitige Pyramidenform des Helmes den damali gen Wiederherstellern noch nicht bekannt war, ist zu bedauern , ihre Erneuerung wäre wohl geeigneter gewesen als die zur Aus führung gekommene Form (vergl. Abb. 8) . Doch kann jetzt mit dieser nun vorhandenen wenigstens die ausserordentlich schöne Patina der Kupferbedachung aussöhnen. Erneuert wur den sodann die beiden Portale an der Nordseite, jedoch ohne dass die zum Teil jetzt noch vorhandenen Reste wieder verwen det oder nur einigermassen als Vorbild gedient hätten. Im Jahre 1884 begann sodann ein neuer Abschnitt der Wie derherstellungsarbeiten. Den Anlass dazu gaben verschiedene erhebliche bauliche Schäden, welche durch das Läuten von Glocken in dem hierzu in keiner Weise geeigneten Vierungs Diese Instandsetzungsarbeiten turm hervorgerufen waren. waren nicht unbedeutend . Noch grössere Schäden ähnlicher Art hatten sich sodann am Westturm und an dem darunter gelege nen Mauerwerk herausgestellt und wurden

durch das Läuten

der im Westturm untergebrachten Glocken noch wesentlich ver schlimmert. Die eigentliche Ursache der Bewegungen im Mauerwerk war jedoch die oben erwähnte in den vierziger Jah ren ausgeführte Durchbrechung der Zwischenwände in den unteren und oberen Seitenschiffen ; man hatte damals nämlich übersehen, dass diese Zwischenwände als Widerlagsmauern der die Turmlast tragenden grossen Gurtbögen zu dienen hatten. Um dem Turm

wieder genügende Standfestigkeit

zu geben ,

wurde nach längeren Vorarbeiten ausser Anbringung einer kräf tigen Verankerung schliesslich im wesentlichen die Wiederher stellung des früheren Zustandes vor 1840 zur Ausführung ge bracht.

Ausser diesen Sicherungsarbeiten wurden weiter in die

sem Wiederherstellungsabschnitt einschneidende Aenderungen vorgenominen, welche weniger zur Erhaltung des Bauwerkes als zur Herstellung des ursprünglichen Zustandes dienten ; es waren dies hauptsächlich die Erneuerung des Mittelschiffdaches in der alten niedrigeren Form, die Erneuerung des Helmes des Vie rungsturmes, die Oeffnung und Wiederherstellung des West fensters sowie der Abbruch der Orgel. Während der Erneuerung des

Daches in ursprünglicher

10

Form wohl ihre Berechtigung nicht abgesprochen werden kann, wenn auch der Stimmungswert des stolzen hohen Daches da durch verloren ging (vergl. Abb. 7) ,

so muss dagegen die Um

änderung der eigenartigen gedrehten Form der Faltenpyramide des Vierungsturmes in die geometrisch richtig gerade Form als weniger glückliche Massregel angesehen werden , denn damit verloren die Kirche und die StadtWerden ein weithin bekanntes Wahrzeichen. rem

Bedenken

Der Entschluss hierzu scheint erst nach länge auf

erneutes

Werdener Kirchengemeinde

Drängen

gefasst

von Mitgliedern der

zu sein, welchen die ja

etwas lustige Form des Turmhelmes ihres ehrwürdigen Gottes hauses nicht würdig genug erschien.

Umsomehr muss jetzt je

doch die Beseitigung der eigenartigen Form bedauert werden, als das Aeussere der Kirche schon durch die Arbeiten in den vierziger Jahren ein reichlich nüchternes Aussehen bekommen hatte, nicht zum wenigsten auch durch die sehr unerfreulich wirkenden schmalen Zementfugen des unregelmässigen, früher mit glattem Putz versehenen, Bruchsteinmauerwerks . Uebrigens weist Effmann ( Seite 261 ) das ehemalige Vorhandensein von Putz sogar noch am Aeussern der Peterskirche nach . Eine für den Innenraum ausserordentlich einschneidende Massregel war die oben erwähnte Oeffnung des grossen ver mauertenWestfensters . Der Beweggrund hierzu war ausser dem Bestreben, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, der Wunsch, dem Innern mehr Licht zuzuführen und sodann durch Einsetzung von figürlichen Glasmalereien in das neue Fenster eine neue glänzende Wirkung zu erzielen. Nun stand jedoch vor der Westwand die in den vierziger Jahren hierher versetzte Orgel aus dem 18. Jahrhundert, deren Beseitigung durch Oeff nung des Westfensters erforderlich wurde .

Wenn auch das

Orgelwerk nicht mehr tauglich und dessen Ersetzung durch ein neues gerechtfertigt war, so hatte dieses Schicksal jedoch der Orgelprospekt keineswegs verdient ; war derselbe auch kein Kunstwerk ersten Ranges, so doch sicher eine sehr schöne Ar beit, den anderen Ausstattungsstücken in nichts nachstehend. (Vergl. Abb. 9. ) Wie wenig Verständnis damals für die Barock kunst vorhanden war, beweist ein von einem Orgelbauer im Jahre 1881 abgegebenes Gutachten über diese alte Orgel, in wel chem es heisst : ,,Das Gehäuse ist ein wahres Monstrmn der

}

1

Abb. 9.

Die aus dem Jahre 1708 stammende, 1886 abgebrochene Orgel.

12

Schreiner-Architektur des vorigen Jahrhunderts. " Wenn dies. Urteil zutreffend wäre, mit welchem Ausdruck müsste man wohl so manche Originalschöpfungen von Orgelbauern aus der Zeit um 1881 bezeichnen ! Als Ersatz für die abgebrochene sollte nun eine neue Orgel gebaut werden, welche in zwei Teile geteilt zu beiden

Seiten

des Westfensters ihren Platz erhalten und dasselbe gänzlich freilassen sollte ; die Ausbildung des Gehäuses hierzu sollte nach der ersten Absicht in mittelalterlichen Formen geschaffen wer den.

Es bestand ja damals noch, wie anderswo, so auch hier das

Bestreben, die Kirche von allen Zutaten späterer Zeiten zu rei nigen, insbesondere alles Barocke hinauszuwerfen und durch nene Schöpfungen in mittelalterlichen Formen zu ersetzen. Be sonders anstatt des barocken Hochaltars einen neuen rola nischen zu bekommen, war das in Werden am meisten ersehnte Ziel. Gewiss kann nicht bestritten werden , dass auch ohne den prächtigen Barockaltar bei der ausserordentlich schönen Gliede rung des Chores sich eine vorzügliche architektonische Wirkung ergeben würde. (Vergl. Abb. 10. ) Und trotz der Schönheit des

Maßstab 1 : 500. Abb . 10.

Chor der Abteikirche.

vorhandenen Altaraufsatzes bleibt es bedauerlich, dass der früher vorhanden gewesene gotische Tafelaltar vom Meister Jan. Ioest von Kalkar verschwunden ist.

(Vergl. Gisbertz . Zur Ge

schichte der Oelgemälde der Werdener Abteikirche,

Beiträge

zur Geschichte des Stiftes Werden, 7. Heft. 1898. ) Heute jedoch noch den barocken Altar zu beseitigen, das ist wohl für niemand

13

hr denkbar, damals jedoch war dazu bereits die Zustimmung der massgebenden Behörde gegeben worden. Unterbrechung und Wiederaufnahme der Wiederherstellungsarbeiten.

Alle diese Pläne. kamen jedoch nicht zur Ausführung, eben so auch nicht die schon beschlossene und vorbereitete Errich tung eines in mittelalterlichen Formen entworfenen, im Nord osten der Kirche gedachten, freistehenden Turmes zur Unter bringung der Glocken, wozu der Westturm auch jetzt nach Ausführung der Sicherungsarbeiten als zu schwach angesehen wurde. Die Arbeiten wurden nämlich im Jahre 1894 infolge eines Rechtsstreites zwischen Fiskus und Kirchengemeinde unterbrochen und erst im Jahre 1907 wieder aufgenommen. In diesem Zeitraum von 13 Jahren hatten sich mit der Ent wickelung des Verständnisses für

eine pietätvolle Denkmal

pflege in vieler Hinsicht auch die Anschauungen darüber ge ändert, in welcher Weise die an der Abteikirche noch ausstehen Wiederherstellungsarbeiten auszuführen seien. Erster Grundsatz war es jetzt, keine unnötigen Veränderungen vorzu

den

nehmen und von den Schöpfungen der Kunst späterer Zeiten nichts zu entfernen . Insbesondere wurden wie für andere Ar beiten, hauptsächlich für die Unterbringung der Glocken und die Gestaltung des Orgelprospektes andere Richtlinien aufge stellt ; es wurde bereits im Jahre 1901 angeordnet, dass die Er richtung eines, die Erscheinung der Kirche nur beeinträchtigen den besonderen Glockenturmes zu unterbleiben habe und zu nächst Versuche zur Unterbringung des Geläutes im Westturm angestellt würden, nötigenfalls unter weiterer Sicherung dessel ben durch Einbringen von sichtbaren hölzernen Ankern. Weiter sollte derOrgelprospekt allerdings,wie früher schon beabsichtigt , zweigeteilt , jedoch im Einklang mit den übrigen Ausstattungs stücken in barocken Formen gehalten werden. Die verschiede nen in der Zeit von 1907 bis 1909 ausgeführten Arbeiten be trafen nun die Instandsetzung der Vorhalle , Unterbringung der Glocken , Erneuerung des Innenputzes , Herstellung einer Innenbemalung, Wiederherstellung der Ausstattungsstücke , Aufstellung der neuen Orgel, farbige Verglasung des Westfen sters, Einbau von Windfängen, Erneuerung des Fussbodenbe lages und anderes mehr.

14

Instandsetzung der Vorhalle.



Die erste Arbeit , mit welcher nach dem Stillstand begonnefi

wurde, war die Erneuerung des schlichten, aber wirkungsvollen Westportales aus dem 13. Jahrhundert. In schlechtem Zu stande befindlich, war dasselbe 1893 abgebrochen worden , weil es damals in der Absicht lag, die früher runde Portalnische wiederherzustellen.

vorhandene halb

Der Wiederaufbau ge

schah nach Massgabe der noch genügend vorhandenen Reste ge nau in der ursprünglichen Form, auch in Bezug auf die Anlage der Treppenstufen. Dazu wurde es nämlich erforderlich, den Fussboden im Innern der Kirche unter der Orgelempore um vier Stufen zu senken, also um dasjenige Mass , um welches er ur sprünglich in der ganzen Ausdehnung der Westkirche tiefer ge legen hatte. Durch diese Massregel wurde eine Art Vorraum im Innern der Kirche geschaffen, in welchem der Eintretende von dem tieferen Standpunkt aus einen noch wirkungsvolleren Ein druck erhält als vorher. Das Steinmaterial des alten Portales war der schöne dunkle gelblichbraune Tuffstein aus den schon in der Römerzeit benutzten, im Nettetal bei Andernach bezw. im Brohltale gelegenen Brüchen, woher auch die Bausteine für die Mehrzahl der rheinischen Kirchen genommen worden sind. Bei derWiederherstellung des Portales jedoch war es nicht angängig, dieses allzuweiche Material wieder zu verwenden, da es wohl für glatte Flächen und einfache Glieder, welche in nicht erreich barer Höhe liegen, sehr geeignet ist , jedoch nicht für profilierte Architekturteile , welche der Beschädigung ausgesetzt sind. Es ist daher Tuffstein aus den Brüchen bei Ettringen gewählt wor den, welcher in Struktur und Farbe dem alten Tuffstein noch am nächsten kommt, dabei jedoch bedeutend härter ist und mit der Zeit eine ganz ausserordentliche Festigkeit

erhält.

Ganz

ungeeignet wäre jedenfalls der Tuffstein aus den Brüchen bei Weibern und Umgegend gewesen, welcher ein zu gleichmässiges Aussehen und zu helle weisse Farbe hat. Leider ist dieses Mate rial jedoch, wie bei fast allen Instandsetzungen rheinischer Kir chen, so auch bei den früheren an der Abteikirche verwendet worden ; die damit hergestellten neuen Teile werden niemals das gute Aussehen der alten bekommen und gegen diese stets her ausfallen. Die Arbeiten an dem Vorhallen-Torso sodann be standen in der Erneuerung des 1893 abgebrochenen Gewölbes,

15

der Erneuerung der Dachkonstruktion , Aufbringen einer Kupferbedachung sowie Instandsetzung der Aussenmauern, ins besondere der Westfront, welche an Stelle des im Anfang des 19. Jahrhunderts aufgesetzten Ziegelsteingiebels einen solchen aus Bruchsteinen in einfachsten neutral gehaltenen Formen erhielt. Unterbringung des Geläutes. Die Glocken sind in der geräumigen Glockenstube des West turmes untergebracht worden , die Errichtung eines besonderen freistehenden Glockenturmes ist also unterblieben, auch die Sicherung durch Einziehen von Ankern hat sich als nicht not wendig herausgestellt. Es ist sogar möglich geworden, sechs Glocken im Gesamtgewicht von zusammen 7800 Kg. gemein sam zum Läuten zu bringen, ohne dass irgendwelche schädliche Erschütterungen des Mauerwerkes eingetreten sind. Dies ist er reicht durch geeignete Konstruktion des eisernen Glockenstuh les und Anwendung der von C. A. Bierling Köpcke in Dresden konstruierten einfachen u. gediegenen , auch äusserlich gut aus gebildeten Aufhängevorrichtung. Das Prinzip bei derselben ist Verlegung der Auflegepunkte in Höhe des Schwerpunktes der Glocke und entsprechende Konstruktion des Klöppels zur Erzielung des richtigen Anschlags. Erneuerung des Innenputzes. Diese Arbeit stellte sich in bedeutend grösserem Umfange als notwendig heraus, als es anfangs den Anschein hatte. Der Putz war nämlich fast durchweg in den vierziger Jahren bereits erneuert worden, jedoch aus so minderwertigem Material und in so mangelhafter Ausführung, dass nur wenige Stellen davon Mittelalterlicher Putz war jetzt erhalten bleiben konnten. unter dem neuen an manchen Stellen noch vorhanden, ebenso solcher aus der Barockzeit ; diese Reste waren fast alle noch im guten Zustande. Funde. Beim Entfernen des schlechten späteren und Blosslegen des alten Putzes bezw. des Mauerwerkes wurden nun verschiedene interessante Funde gemacht, welche an dieser Stelle beschrieben werden sollen.

16

An den vier Emporen-Arkaden der Peterskirche zeigte sich zwischen dem grossen, die zwei kleinen Bögen umrahmenden Bogen und dem Rücken des Bogenfeldes eine ringsherum durch gehende offene Fuge, und es traten an der Laibung des umspan nenden Bogens Spuren geometrisch-ornamentaler frühroma nischer Bemalung zu Tage, deren Farben in weiss, grau, gelb und rot noch ganz frisch erhalten waren, sich über die ganze Laibung hin, also auch über den Rücken des Bogenfeldes hin weg erstreckten.

Die daraus zu ziehende überraschende Folgerung liegt zu Tage.

Die in

dem grossen

Bogen befindliche

Säulen- und

Begenstellung ist nicht ursprünglich . Das ursprüngliche innere System der Peterskirche bekommt daher ein viel einfacheres Aussehen. Wann sind nun die Bögen und Säulen mit ihren noch recht archaistischen Formen eingesetzt worden ? Zur Beantwortung dieser Frage konnten zunächst nur Ver mutungen ausgesprochen werden. Einen Anhalt dazu gab je doch sogleich ein weiterer interessanter Fund . In dem Mauer

(RADIA

Maßstab 1:20. Abb. 11.

Alte Fenstersäule (Fundstück) .

werk eines der genannten Bogenfelder der Emporen-Arkaden fanden sich drei Werkstücke aus Tuffstein , welche zusammenge setzt sich als frühromanische Säule von quadratischem Quer schnitt mit Sockel, Kapitäl und Kämpferstein ergaben. (Vergl. Abb. 11. ) Es spricht nun nichts dagegen und ist wohl das wahr scheinlichste, dass diese Säule in eine der früheren Arkaden des Obergeschosses des Turmes der Peterskirche gestanden hat. Dem

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Abb. 12.

Aufgedeckte romanische Malerei im südlichen Seitenschiff der Peterskirche.

17

Höhenmasse nach passt sie gut in eine dieser jetzt vermauerten Oeffnungen hinein. Uebrigens finden sich auf dieser Säule Reste eines ganz dünnen Putzüberzuges und braunrote Farb spuren, aus welchen auf eine weitere farbige Behandlung des Acusseren der Peterskirche zu schliessen, wohl nicht unstatthaft wäre. Unter der Voraussetzung nun, dass das beschriebene Fund stück aus dem Turm stammt, würde sich als weitere Folgerung nachstehendes ergeben. Da beim Umbau der Kirche im 13. Jahrh. die Turmarkaden der Ostmauer des Petersturmes mit der Erneuerung dieser Mauer entfernt wurden (vgl. Effmann Seite 389) , ist es sehr wahrscheinlich, dass in dieser Zeit des Neubaues der Abteikirche auch die Turmarkadensäule in dem Bogenmauerwerk der Emporenarkade, in welchem sie aufgefun den wurde , vermauert worden ist.

Danach müssten also

die

Säulen und Bogenstellungen in den Emporen des Westturmes während des Neubaues im 13. Jahrhundert eingesetzt sein. Weiter sodann ist wohl anzunehmen, dass diese Emporensäulen aus der zerstörten Salvatorskirche herrühren, ihrer ganzen Her stellung nach können sie auch sehr wohl aus der Zeit der Er bauung derselben stammen. Ein noch wesentlich wertvollerer Fund war dann

aber

die Aufdeckung von zum Teil noch gut erhaltenen frühroma nischen figürlichen Malereien, welche sich in den tiefen östlichen Nischen der Seitenschiffe der Peterskirche unter dem Putze der vierziger Jahre vorfanden . (Vergl. Abb. 12.) Die Laibungen der Bögen sind in Querzonen eingeteilt , mit je einer besonderen Darstellung. Diese Darstellungen bilden auf der südlichen und nördlichen Seite je einen Zyklus für sich.

Im südlichen Bogen

befinden sich Szenen aus der Legende der thebaischen Legion, wie besonders die Inschrift : ,,Maximianus rex" klar beweist. Im nördlichen Bogen dagegen, wo die Malerei allerdings weni ger gut erhalten ist, sind Szenen dargestellt aus I. Buch Moses, Kapitel 18 und 19 , Besuch der 3 Männer bei Abraham, Sodoma und Gomorra . Ausser diesen und den bereits von Effmann veröffentlichten früher aufgedeckten Resten frühromanischer Bemalung haben sich noch in den Quertonnen der Seitenschiffgewölbe Spuren von figürlichen Malereien gefunden, welche die Gewölbe einst in ganzer Ausdehnung bedeckten. Doch waren diese Reste sehr 2

18

gering und unbestimmt, auch in so schlechtem Zustande, dass nichts erhalten werden konnte. Weitere kleinere Funde wur den sodann gemacht bei der ebenfalls nach Bemalungsresten vor genommenen Untersuchung der Wände und Gewölbe des Baues des 13. Jahrhunderts. Insbesondere stellte es sich dabei heraus, dass sämtliche Nischen im Vierungsturm mit Figuren ge schmückt gewesen waren, nicht nur die drei östlichen, wie von Stüler und Lohde angegeben, jedoch waren von diesen Figuren nicht viel mehr als die Füsse erhalten

Ausmalung der Kirche und Instandsetzung der Ausstattungsstück e. Die neue Ausmalung hat sich nun an die aufgefundenen Reste der ersten Bemalung aus dem 13. Jahrhundert ange schlossen. Das System derselben war einfach und schlicht . Die Flächen waren weiss ,

die

wichtigsten Architekturteile,

das

eigentliche Architekturgerüst, wie Mauerecken , Pfeiler, Gurt bögen, Scheidebögen, Rippen usw. hellgrau mit weissen Fugen ; die

zahlreichen wulstförmig

profilierten Bögen in

den Ar

kaden, an den Fenstern und Gewölbeschilden waren durchweg farbig

bunt gehalten mit mannigfachen

trischen und ornamentalen Musterungen.

einfachen

geome

Die farbigen Gesimse

hatten aufgemalten Blätterschmuck, die Emporensäulen waren schwarz , Kapitäle

verschiedenfarbig, anscheinend unter Vor

wiegen von grün und gelb, jedoch ohne Vergoldung, welche sich nur an den Schlusssteinen vorfand. Als besondere Bereicherun gen kamen hierzu auf 2 Gurtbögen im Mittelschiff Ornament friese und, in sehr wirkungsvoller Weise, einfache geometrische Begleitfriese neben den Rippen im Chor, Querschiff und den Seitenschiffen. Ausserdem sind Reste spätgotischer Ornamentbemalung in den Gewölben des Mittelschiffes unter dem Westturm aufgefun den und erneuert worden. Nicht festgestellt werden konnte jedoch die ursprüngliche Behandlung der zahlreichen Dienste. Stüler und Lohde stellen zwar als mittelalterlich hin die allerdings vorhanden gewesenc prächtige Färbung derselben, goldene Spiralbänder auf blauem Grunde, ebenso den Schmuck mit goldenen Sternen auf den blaugefärbten Rippen , Schildbögen und Gurtbögen . Zunächst lag

Abb. 13.

Ansicht des Chores, Hochaltar und Chorgestühl,

20

ja auch keine Veranlassung vor, an dem mittelalterlichen Ur sprung dieser Färbung zu zweifeln ; bei der jetzt vorgenommenen Untersuchung jedoch ergab sich , dass, abgesehen von den Dien sten, unter diesem, zu oberst liegenden , blau-goldenen Anstriche noch andere Bemalungsschichten sassen, von denen die oben be schriebene gotische Bemalung die unterste Schicht war. Daher kann das Blau-Gold nur aus der Barockzeit stammen, vermut lich aus dem Anfange des 18. Jahrh., wo auch die neuen reich vergoldeten Ausstattungsstücke aufgestellt wurden ; als Beweis dafür kann auch gelten eine Stelle in einer alten Chronik, dem im Pfarrarchiv aufbewahrten „ Catalogus omnium Abbatum“, wo es von der Tätigkeit des oben bereits erwähnten Abtes Coe lestin heisst ,,Cuius zeli fuerit in promovendo cultu divino , ecclesia ad decorem exornata et ligna ac lapides auro obducti clamant. "

aus

Nun konnten jedoch die unteren Malschichten nur auf den Tuffsteinen hergestellten überputzten Architekturteilen

festgestellt werden, während auf den aus Ruhrkohlensandstein hergestellten Diensten ausser der goldblauen Bänderung keine p Spuren weiter zu entdecken waren ; auf diesem harten spröden Gestein hatte die Farbe nur schlecht gehalten, und anscheinend hatte *** auch ein Oelfarbenanstrich, welcher wohl als Grundlage für die Aufbringung der ca. 15 cm breiten goldenen Bänder aufgetragen war, alle früheren Spuren beseitigt . Nur ein Dienst in

Querschiff zeigte ein

kleines Stück alter Färbung,

roten

Grund mit gelben Fugen ; wenn damit nun auch noch nicht be wiesen ist, dass alle Dienste so gefärbt gewesen waren, so könnte eine solche Bemalung doch sehr wohl wesen sein.

die

ursprüngliche ge

Bei Erneuerung der Bemalung jedoch ist auf das

System der Bänderung zurückgegriffen worden, welche ja in go tischer Zeit auch beliebt war ; dunkelgrauem

es sind ockergelbe Bänder auf

Grunde aufgemalt

worden.

Ist

die Wirkung

auch bei weitem nicht so glänzend , wie bei der ehemaligen ba rocken Bemalung, deren Wirkung wohl auch etwas aufdringlich gewesen sein mag, so fügt sich diese einfache Färbung der Dienste doch gut in das mittelalterliche System ein. Ausserdem erforderte auch der Reichtum der barocken Ausstattungsstücke eine gewisse Zurückhaltung .

So ist es er

reicht worden, dass gerade durch die schlichtere Bemalung die

FF IP

14. .Abb Marienaltar Der

I

1Abb .. 5. Der Apostel altar

22

Schönheit der architektonischen Gliederung des Innenraumes erst wieder klar in die Erscheinung tritt und zur gebührenden Wirkung kommt und dass wiederum diese Wirkung noch ausser ordentlich gesteigert wird durch den grösseren Reichtum und

• die grössere Pracht der Ausstattungsstücke. Diese kamen bisher in ihrem ziemlich verwahrlosten Zu stande kaum zur Geltung ; die Instandsetzungsarbeiten haben an ihnen überall den alten Zustand wiederhergestellt. Dieselben erscheinen nunmehr, abgesehen von dem ganz dunkel gebeizten Gestühl, den ebenso behandelten Chorstühlen und Beichtstüh len , in schwarzem Anstrich, zum Teil ait aufgemalter weisser Marmorierung und mit vergoldetem Ornament zumeist auf weissem Grunde . Ausserdem sind die Figuren ganz oder zuu Teil vergoldet.

Die Abbildungen 13 bis 17 zeigen

die Ausstat

tungsstücke nach ihrer Wiederherstellung .

Veränderungen auf der Orgelempore. Die

wohl

einschneidendste

und

für

die

künstlerische

Stimmung wichtigste Aenderung jedoch, welche das Innere der Kirche erfuhr, geschah durch die Aufstellung der neuen Orgel auf der Westempore, und die farbige Verglasung des Westfen sters, wo bisher seit dem Jahre 1887 durch eine weisse Notver glasung ernüchterndes kaltes Licht ungehindert im Uebermass hereinfiel. Der Entwurf zum Orgelprospekt war nun keine gewöhn liche und leichte Aufgabe und verschiedene Lösungen waren seinerzeit schon versucht worden ; da nun bei der neu aufge nommenen Entwurfsarbeit sich die oben erwähnte Forderung , die Orgel aus zwei gänzlich getrennten Teilen zu errichten, unter den gegebenen örtlichen Verhältnissen als ästhetisch un möglich erwies, so ist ein mittlerer verbindender Teil zwischen den beiden seitlichen Hauptteilen der Orgel hergestellt worden. Dadurch ergab sich dann auch eine ausserordentlich günstige Ge staltung des Prospektes, welcher dem Charakter der vorhande

nen

Ausstattungsstücke entsprechend in lebhaft bewegter Grundrissgestaltung und in reichen barocken Formen gehalten ist . Die Abb. 17 und 18 zeigen die Orgel nach ihrer Fertigstel lung. Die Gestaltung der Brüstung der Empore schliesst sich in wesentlichen derjenigen der früher vorhanden gewesenen an.

******

Abb. 16.

Mittelschiff und Chor.

24

Die Ausbildung der im allgemeinen in Grisaille gehaltenen, nt drei farbigen Medaillons im Masswerk versehenen Vergla sung des Westfensters fügt sich der durch den Prospekt ge schaffenen Umrahmung sehr glücklich ein. Die Polychromierung des Prospektes und der Brüstung ist den anderen Stücken entsprechend in schwarz, gold und weiss gehalten unter reicherer farbiger Behandlung krönenden Teile.

der be

Verschiedenes. Zur Belebung einzelner, sonst doch etwas kahl und nüchtern gebliebener Wandflächen dienen eine grössere Anzahl an den Wänden

des Querschiffes,

Schiffes und Chores angebrachter

Tafelgemälde, welche meist von der Hand tüchtiger hollän discher Maler des 16. Jahrhunderts stammen. Ausserdem tragen zum Schmuck der Kirche verschiedene polychromierte Heiligen figuren aus mittelalterlicher und späterer Zeit bei. Schliesslich helfen auch die neubeschafften bronzenen B2 leuchtungskörper für elektrisches Licht die reiche Wirkung des Inneren noch mehr zu beleben und vollständig zu machen. Diese Beleuchtungskörper sind in ähnlichen Formen gehalten wie die jetzt in der Krypta befindlichen alten Kronleuchter, welche früher in der Kirche selbst hingen. In Bezug auf die neueingebauten im Stile der Beichtstühle gehaltenen 3 Windfänge, welche zu einer Vereinheitlichung der Gesamtstimmung beitragen, kann auf die Veröffentlichung im Zentralblatt werden.

der Bauverwaltung, Jahrgang

1906,

verwiesen

Der Fussbodenbelag bestand bisher durchweg aus Ruhrkoh lensandstein- Platten, in welchen auch die Erneuerung vorge sehen war . Da es jedoch nicht möglich war, dies Material in genügender Menge und zu einem einigermassen normalen Preise zu beschaffen, weil die Platten in den Ruhrkohlensandstein brüchen nur noch ganz vereinzelt und zum Teil unter allzu grosserArbeitsaufwendung gebrochen werden, so ist die Erneue rung des Belages, soweit nicht noch brauchbare alte Platten wie der verwendet werden konnten, in roten Wesersandsteinplatten erfolgt.

Der Fussboden des Chores dagegen ist auf Wunsch und

Abb. 17.

Mittelschiff mit Kanzel und neuer Orgel.

26

Kosten der Kirchengemeinde mit einfarbigen gelblich-weissen Platten aus Salzburger Marmor belegt worden. Von denjenigen nun , welche sich um die Ausführung der Arbeiten verdient gemacht haben, sollen hier wenigstens di Urheber der eigentlich künstlerischen Arbeiten genannt werden. Die Herstellung der neuen Bemalung war zufolge Vereinbarung der verschiedenen in Betracht kommenden Behörden und der Kirchengemeinde dem Maler Bardenhewer in Köln übertragen ; die Instandsetzung und Polychromierung der Ausstattungs stücke einschliesslich des Orgelprospektes, wie auch die Erneue rung der Bemalung verschiedener Figuren, hat der Maler Rosen thal in Köln, die Restaurierung der Altarbilder der inzwischen verstorbene Maler Aschenbroich in Düsseldorf ausgeführt ; die Bildhauerarbeiten zum Orgelprospekt und zur Emporenbrüstung stammen von den Bildhauern Kröner und Polder in Koblenz , das Orgelwerk hat Stahlhuth in Aachen gebaut. Während die Glasmalereien des Westfensters aus der Werkstatt von Lauter bach in Hannover herrühren , hat Prof. Geiges, Freiburg i . B , die Figurenfenster im Chor und Querschiff ausgeführt. Die Be leuchtungskörper hat W. Mans in Frankfurt a. M. hergestellt. Im übrigen sind nach Möglichkeit heimische und rheinische Unternehmer mit den Arbeiten betraut worden. Mit der Bau leitung und vorher der Ausarbeitung der Entwürfe und Kosten anschläge war der unter der Königl. Regierung in Düsseldorf stehende Verfasser dieses beauftragt worden, während die Ober leitung, abgesehen von der Mitwirkung der Konservatoren, vom Geh. Oberbaurat Hossfeld ausgeübt wurde. Dass die Wiederherstellung des Inneren jedoch in so voli kommenem Masse hat geschehen können, ist zum guten Teil dem grossen Verständnis und Entgegenkommen zu verdanken , welches die Gemeinde gezeigt hat, insbesondere der Kirch n vorstand und ihr Vorsitzender, Herr Dechant Gisbertz, und so dann den von der Gemeinde für die Ausschmückung der Kirche zur Verfügung gestellten, aus freiwilligen Beiträgen stammen den Mitteln, welche beweisen, mit wie grosser Liebe die Ge meindeglieder an ihrem altehrwürdigen Gotteshause hängen . Zum Schluss soll noch dem grössten Bedauern darüber Aus druck gegeben werden, dass es nicht gelungen ist, das Werk der Instandsetzung jetzt vollständig zum Abschluss zu bringen, dass

Abb. 18.

Die neue Orgei.

28

nämlich die solange schon geplante Regulierung des vollständig verwahrlosten Kirchplatzes nicht hat zur Ausführung kommen können.

Da die erhoffte Uebernahme des grösseren Teiles der

Kosten seitens des Fiskus nicht angängig, die Kirchengemeinde die Kosten hierfür allein aufzubringen aber nicht in der Lage war,

so

konnte der bereits

für

die

Ausführung

vorbe

reitete Entwurf für die Umgestaltung des Platzes nicht verwirk licht werden. Das ist um so bedauerlicher, als der jetzt so öd Kirchenvorplatz, wie nur selten ein Platz vermöge seiner gan zen Lage und seiner Höhenverhältnisse dazu ganz hervorragend geeignet ist, zu einer interessanten und imponierenden architek tonischen Platzgestaltung umgebildet zu werden . Eine solche vornehme, wenn auch einfache, architektonische Ausbildung wäre sicherlich allein geeignet , die jetzt recht flaue Gesamtwir kung von Kirche und Platz gewaltig zu steigern und beide zu einem machtvollen einheitlichen Architekturbilde zu vereinigen. Leider ist in Werden der anderswo längst aufgegebene Frei legungsgedanke , welchem so manches schöne Architekturbild zum Opfer gefallen ist, noch nicht verschwunden und die einmal schon ganz ausgegebene Absicht, die Erhöhung der Platzterrasse abzutragen und eine von der Strasse aus bis zur Kirche gleich mässig ansteigende Fläche zu schaffen, so dass die Kirche nur ja von jedem Standpunkt aus auch ganz überblickt werden kann, scheint wieder die Oberhand gewinnen zu wollen, wahrlich sehr zum Schaden des Kirchen- und Strassenbildes. Möchte diese ausserordentlich wichtige Sache einen guten Ausgang nehmen und möchte die Gemeinde sich auch entschliessen , die alte Kreu zigungsgruppe an der Nordwestecke der Kirche zu erneuern u. sodann gerade an diesem so ausserordentlich geeigneten Platz wieder aufzustellen, damit die Erscheinung des sonst SO wir kungsvollen Acusseren des Bauwerkes nicht noch nüchterner werde, als sie bereits durch die mannigfachen Restaurationen geworden ist, damit vielmehr das Aeussere dem prächtigen In neren möglichst gleichwertig werde. Die Abbildungen 1-9 sind dem Werke von Effmann , die Karolingisch Ottonischen Bauten zu Werden, 1899 , 10-12 der im Verlage von Wilhelm Ernst & Sohn in Berlin erscheinenden Denkmalpflege, 1910 , 13-18 dem Jubiläumshefte von Flügge, 1910, entnommen : für die freundliche Ueberlassung der Druckstöcke sei auch hier der ergebenste Dank ausgesprochen.

Urteile

von

Sachverständigen

vierungsarbeiten

an

der

über

die Reno

Pfarrkirche.

Mitgeteilt von Dr. P. Jacobs.

Dass die altehrwürdige Abteikirche, die in ihrem schmuck losen, um nicht zu sagen verwahrlosten

Zustande lange Zeit

das Bild einer trauernden Witwe darbot, nunmehr die gebüh rende Ausstattung erhalten hat, ist hauptsächlich das Verdienst der energischen und überaus kunstverständigen Tätigkeit des Herrn Bauinspektors Jordan , der das zur Ausführung brachte, was von Pfarrer und Kirchenvorstand ein Jahrhundert lang, nämlich seit der Aufhebung der Abtei im Jahre 1803 schon er strebt und in zahllosen Eingaben erbeten, aber nur in so unzu reichendem Masse erreicht worden war, dass ältere Leute nicht mehr daran glaubten, die Pfarrkirche jemals in allen Teilen wiederhergestellt und entsprechend ausgestattet zu sehen. Frei lich waren die jetzt vollendeten umfassenden Restaurationsar beiten auch nur dadurch möglich, dass die preussische Regie rung, der als Rechtsnachfolgerin der früheren Abtei die Bau pflicht obliegt, die nötigen Mittel in reichem und vollen Masse bereitstellte und die katholische Kirchengemeinde für die Ar beiten, die über die fiskalische Baupflicht hinausgingen,

wie

Polychromierung der Kirche, Vervollkommnung des Geläutes usw. aus den Sammlungen des Ludgeri-Bauvereins aufkommen konnte, wie in dem vorhergehenden Aufsatze bereits hervorge hoben worden ist . Durch den zur Wiederherstellung u. Verschö nerung der Pfarrkirche i . J. 1875 von Pfarrer Horbach in Ver bindung mit den derzeitigen Pfarrgeistlichen und einflussreichen Gemeindemitgliedern gegründeten Verein waren nämlich 33030 Mark gesammelt worden.

Diese Summe mit den aufgelaufenen

Zinsen sowie der Ertrag von neuerdings veranstalteten Samm 400

30

lungen und Schenkungen¹ ) standen jetzt zu Verfügung. Es wur den daraus für die Ausmalung der Kirche 19 000 M., für elek trische Lichtanlage 8700 M., für eine vollkommenere Ausstat tung der Orgel und des Geläutes 17 000 M. , für gemalte Fenster 20 000 M. sowie mehrere Beträge für sonstige Arbeiten, insge sam: 78 000 M. gezahlt, während die Regierung für die Gesamt arbeit, wozu auch eine vollständige Renovierung des Kirchen mobilars kam, ca. 90 000 M. verausgabte. Wiederholt erschien eine Ministerialkommission, bestehend aus den Geheimräten Hossfeld und Lutsch (Berlin), dem Provinzialkonservator Prof. Dr. Clemen (Bonn) und den zuständgen Regierungsbeamten in Werden, um mit der Bauleitung u. dem Kirchenvorstande über die nötigen Restaurationsarbeiten zu beraten u. zu beschliessen. Wenn es sich auch nicht ermöglichen liess, diese Arbeiten schon im Jahre 1909, dem 1100 Todesjahre des hl. Ludgerus, zu voll enden, so gelangten sie doch im folgenden Jahre vor Beginn des Ludgerus-Jubiläums rechtzeitig zum Abschluss . Alle Einhei mische und Fremde sprachen über die herrlich ausgestattete Kirche ihre volle Bewunderung aus. Dass auch das Urteil der Sachverständigen ein durchaus günstiges ist, erhellt aus folgen den gutachtlichen Aeusserungen. Ueber den Orgelbau erstattete am 7. Oktober 1909 Herr Prof. F. W. Franke, Lehrer am Konservatorium in Köln, fol gendes Gutachten : ,, Die von Herrn Orgelbaumeister Stahlhuth in Aachen für die ehemalige Abteikirche in Werden a. d. Ruhr neuerbaute und daselbst aufgestellte Orgel habe ich im Auf trage des Herrn Kgl. Landbauinspektors Jordan am 2. Oktober d. J. einer eingehenden Prüfung unterzogen. Nach gründlicher Einsichtnahme in alle Einzelheiten der Aufstellung, der Into nation, ihres Pfeifenwerkes, ihrer Spielart, ihrer technischen und musikalischen Qualitäten kann ich das neue Orgelwerk als in allen Teilen wohlgelungen, allen kontraktichen Abmachungen entsprechend bezeichnen und seine Uebernahme in das Inventar der Kirche hierdurch befürworten ." 1 ) Eine Stiftung 1 der Fräulein Anna Maria Butenberg von 6000 M. für einen Muttergottesaltar, die durch Zinsen auf 9000 M. angewachsen waren, wurde mit Zustimmung der Familie und Genehmigung der Erzbischöflichen Behörde zur Herstellung eines Marmorbelags und für gemalte Fenster im Chore der Kirche verwandt.

È1

Es werden hierauf einzelne Abweichungen von der amtlich genehmigten Disposition angeführt, die aber aus künstlerischen Gründen nur zu billigen seien, und dann fortgefahren : „ Die Intonation des Gesamtwerkes und aller Einzelstimmen ist aufs beste gelungen und in vielen Einzelheiten von ausserordentlich schöner Klangwirkung. Die Windzuführung ist allen Stärke graden des Tones angemessen, gleichmässig und stetig beim Ge brauch des vollen Werkes sowohl als im Wechsel aller nur mög lichen Register-Verbindungen und Kombinationen . Die Anlage des Spieltisches ist praktisch und übersichtlich ; Spielart und Pneumatik genügen allen Anforderungen und Vortragsmanic ren ; keine der vielen spieltechnischen Einzelheiten hat ge legentlich der stundenlangen Vorführung des Werkes versagt. Das so ausserordentlich klangschöne und reichhaltige Werk kennen gelernt und gespielt zu haben, hat mir einen ungetrüb ten künstlerischen Hochgenuss verschafft ; ich stehe nicht an die Orgel den besten und anerkanntesten Instrumenten der Neu zeit gleichzustellen und die Firma Stahlhuth meiner besonderen Anerkennung zu versichern, umsomehr, als die Herstellung und Zurichtung des Ganzen mit grösster Sorgfalt vorgenommen worden ist und sich von fabrikmässiger Herstellung ersichtlich ferngehalten hat. Um die neue Orgel vor unbefugten IIänden zu bewahren, sei der Königlichen Bauleitung sowie dem hochw. Kirchenvorstande der Erlass von Bestimmungen empfohlen, welche ihre Pflege ud Instandhaltung sicherzustellen geeignet sind."

Die neuen Glocken hat Herr Domkapellmeister Cohen einer eingehenden Prüfung unterzogen und darüber folgendes anerkennende Gutachten abgegeben :

"" Für die Abteikirche zu Werden a . d. Ruhr hat die Glocken giesserfirma F. Otto in Hemelingen bei Bremen ein neues Ge läute geliefert, welches am 25. Mai d. J. einer genauen Prüfung unterzogen worden ist . Ueber das Ergebnis desselben gibt fol gender Bericht Aufschluss : Durch Vertrag war für das Sechs Geläute die melodische Tonfolge c, d, f, g, a, b festgesetzt wor den. Zur Ermittelung des Toninhaltes der Glocken wurden die mit Laufgewichten versehenen Appun'schen Gabeln angewandt. “ Der Befund wird im einzelnen mitgeteilt und dann fortgefah ren : ,,Hieraus ergibt sich, dass die d-, f- und a- Glocken ganz

32

genau im Normalton stehen, während die

c-Glocke um eine

Schwingung, die b-Glocke um 134 Schwingung zu tief und die g- Glocke um ungefähr 2 Schwingungen zu hoch stehen .

Diese

Abweichungen sind so minimal, dass die Reinheit der Tonfolge kaum merklich getrübt erscheint.

Da der Glocken k l a n g nicht

aus einem , sondern aus einer Summe von Tönen besteht, so ist die Schönheit des Klanges hauptsächlich bedingt durch die harmonische Vereinigung sämtlicher, einer Glocke inne wohnenden Töne.

In dieser Hinsicht zeigte das Geläute (von

der Mitteilung der einzelnen vermerkten Tonbilder wird hier abgesehen) , dass die Terzen und Ober-Oktaven rein klingen, während die Quinten und Unter-Oktaven etwas nach oben streben. Der Klang sämtlicher Glocken ist klar, abgerundet, volitönend und wohllautend, und die Wirkung des ganzen Ge äutes ist erhaben und majestätisch. Für die Konstruktion sind die Massverhältnisse der sogenannten dicken Rippe angewandt worden.

Das Gewicht beträgt : 1 ) der c-Ludgerus-Glocke 2800

Kilo , 2) der d-Petrus- Glocke 2000 Kilo, 3 ) der f-Marien- Glocke 1152 Kilo , 4 ) der g-Glocke d. i. Clemens-Glocke 842 Kilo , 5) der a-Stephanus-Glocke 576 Kilo, 6 ) der b-Nicolaus-Glocke 486 Kilo. Kilo.

Das ganze Geläute hat demnach ein Gewicht von 7856

Die Inschriften und Bildwerke sind klar und sauber ausge prägt, und der Guss wurde in jeder Beziehung als einwandfrei befunden. Die Armatur wurde nach einem patentierten System der Firma C. A. Bierling in Dresden beschafft. Montage u. Auf hängung besorgte dieselbe Firma und zwar in so ausgezeichneter Weise, dass eine verhältnismässig ganz geringe Kraft zum Läu ten erforderlich ist und auch der Druck der Schwerkraft ganz wesentlich reduziert erscheint. Auf Grund vorstehender Unter suchungen können sämtliche Glocken als wohlgelungene Erzeug nisse der Giesserkunst beurteilt werden . " ) Von den sechs Glocken tragen fünf als Inschrift einen Hexameter, und zwar die Hauptglocke, die nach dem hl. Lud gerus benannt ist, die Worte : 1 ) Ein Mißstand beruht indes darin, daß nur 3 Glocken unten in der Kirche geläutet werden können, während zum Läuten der übrigen ein sehr unbequemer Aufstieg in den Turm nötig ist. Abhilfe kann nur die in Aussicht genommene Anlegung eines elektrischen Geläutes bringen.

33

Omnia Ludgerus dispellat ab urbe pericla. (Halte doch fern der Stadt Ludgerus alle Gefahren. ) Die Glocke Peter und Paul : Voce mea Petrum laudo Paulumque patro no s.

(Lobpreis singet mein Mund

den Beschütern Petrus und

Paulus.) Die Marienglocke : Ora pro nobis coeli regina Maria. (Fürsprach erhebe für uns, du Fürstin des Himmels, Maria. ) Die Glocke Lucius und Clemens :

Lucius et Clemens nos omnes hic tueantur. (Lucius möge und Clemens uns alle beschützen hienieden. ) Die Stephansglocke : Levitae Stephano praesens campana vovetur. (Stephanus ist, dem Leviten, geweiht gegenwärtige Glocke. ) Die Nikolausglocke, für deren Inschrift die Forf eines Chro nicons gewählt ist, das die Jahreszahl 1909 ergibt : ¹) NICOLAO EPISCOPO

LAETI

BENEDICAMVS

(Nikolaus, den Bischof, lasst uns freudig preisen . ) Vorstehende Glockeninschriften sind von Herrn Progym nasialdirektor Dr. Schanz verfasst. Die feierliche Taufe der Glocken wurde am 9. Mai 1909 vom Dechanten Gisbertz vorgenommen. Ueber die Bemalung endlich urteilt ein Kunstkenner und Schriftsteller auf diesem Gebiete in einem Briefe, der in Nr. 191 der ‫ ور‬Kölnischen Volkszeitung" vom 7. veröffentlicht worden ist, wie folgt: ,,Als ich kürzlich auf der Durchreise ihre

März 1910

schöne

Abtei

kirche besuchte, war ich überrascht, das Bauwerk in farbigem Schmucke wieder zu finden. Durfte man die Kirche in bezug auf Innenwirkung zu den schönsten spätromanischen Kirchen rechnen, so hat sie durch die neue Bemalung noch wesentlich gewonnen. Es sind hier nur die konstruktiven Glieder, die Pfei ler, Säulen, Rippen und Bogen sowie die Fenstereinfassungen ¹) Da der Name Nikolaus wegen der metrischen Messung der drei ersten Silben die atticistische Form Nicoleos erschien ungeeignet --- im Hexameter in keinem Kasus verwendbar ist, so wurde die Form des Chronikons genommen.

34

bemalt, die Wandflächen als füllende Teile aber unbemalt ge lassen. Gerade hierdurch ist die architektonische Wirkung un gemein erhöht und dem Bauwerke eine ausserordentliche Klar heit und Ruhe verliehen.

Diese würde durch eine

figürliche

Bemalung der Flächen sehr beeinträchtigt, wenn nicht ganz auf gehoben, ohne dass in anderer Hinsicht ein Ersatz geschaffen wäre. Denn Darstellungen in naturalistischer Auffassung sind als Wandschmuck eines monumentalen Gebäudes, namentlich einer alten Kirche , nicht zulässig und Figuren, welche dem Stil des Bauwerkes entsprechen, stehen zu sehr im Gegensatze zu dem Geschmack unserer Zeit . Sie werden niemals volkstümlich werden und als Andachtbilder wirken . Nur hätte, was die Far benwirkung betrifft, für die Wand- und Gewölbeflächen

viel

leicht ein wärmerer, d . h . gelblicherer Ton, gewählt werden kön nen, als Gegensatz zu dem kalten Grau, welches zur Hervor hebung der konstruktiven Teile vorwiegend verwendet worden ist. Erscheint die Ausmalung der Werdener Kirche als ge radezu vorbildlich für ähnliche Bauwerke, so darf von der jetzt in Angriff genommenen Glasmalerei der Fenster, die vor dem Feste fertiggestellt sein soll , auch erwartet werden, dass da durch die verschiedenen Farbentöne in Zusammenklang treten." Ueber die Glasmalereien, die bis jetzt indes nur in dem Westfenster hinter der Orgel sowie in den Fenstern des Chores und des Querschiffes fertiggestellt sind, liegt das Gut achten eines Sachverständigen nicht vor. Das Westfenster ent hält drei Medaillons, von denen das obere die hl. Cäcilia , das zur Rechten den königlichen Sänger David und das zur Linken Papst Gregor den Grossen, den Begründer des Choralgesanges, darstellt. War die Lichtfülle, die dieses Fenster in seiner einfachen Verglasung früher in die Kirche bis auf das Chor einfallen liess, eine zu gewaltige und die Wirkung des Bauwerkes störende , so ist der durch die Malerei gemilderte Lichteffekt jetzt ein überaus wohltuender und wirkungsvoller geworden. Recht ansprechend sind auch die in den Rosetten des Chores dargestellten vier Evangelisten sowie das Lamm Got tes mit anbetenden Engeln zur Rechten und zur Linken in den drei Rundfenstern im hohen Chore. Von den fünf Chorfenstern ist das mittlere durch den Hochaltar verdeckt, von den vier übri gen enthalten zwei in figürlichen Darstellungen den Stifter des

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Benediktinerordens u. den Gründer der Abtei Werden , nämlich den hl. Benediktus auf der Epistel- und den hl. Ludgerus auf der Evangelienseite, während die beiden anderen Fenster mit Tep pickmustern gefüllt sind. Im Querschiff endlich sind auf der Südseite, wo der Apostelaltar steht, in dem Mittelfenster der hi . Petrus und in den beiden Fenstern zur Rechten und zur Linken der hl. Johannes und der hl. Jacobus, auf der Nordseite dagegen, in dem sogenannten Muttergotteschor die Krönung Mariens mit der hl. Barbara und Katharina zur Seite dargestellt. Was endlich die Renovierung des Kirchenmo bilars betrifft, so sind Hauptaltar und die beiden Seitenaltäre von neuem prächtig polychromiert worden, die Kanzel hat eine kunstsinnige und überaus reiche Wiederherstellung erfahren, auch die Beichtstühle, das Chorgestühl sowie die beiden auf der Nordseite hergestellten Windfänge sind durch Beizung auf einen kräftigen dunkelbraunen Ton gebracht, wie oben schon des näheren mitgeteilt ist. Hierdurch hat das Kirchenmobilar einen harmonischen und stimmungsvollen Zusammenklang mit der Ausmalung der Kirche gewonnen, was überaus gefällig und vornehm wirkt. Da der am Windfange des Westportales vor gesehene Teppichvorhang zur Abwendung der Zugluft sich nicht als ausreichend erwiesen hat, ist dort neuerdings auch eine Tür angebracht worden, wodurch dem Uebelstande abgeholfen ist.¹)

Zu den unausgeführt gebliebenen Arbeiten gehört ausser der Regulierung des Kirchplatzes, worüber in dem vorhergehen den Aufsatze bereits berichtet worden ist, die Wiederherstel lung des sogenannten Kalvarienberges , einer Kreuzi gungsgruppe, den Heiland mit den beiden Schächern am Kreuze darstellend , die an der Nordwand der Peterskirche aufgestellt , wegen Baufälligkeit geraume Zeit mit einer Bretterwand ver deckt, neuerdings aber ganz entfernt worden ist. Als Grundstock zu den für den Wiederaufbau dieser Gruppe sich ergebenden Kosten hat Herr Pfarrer Gisbertz aus dem Opfer, welches bei Gelegenheit des 1100jährigen Ludgerusjubiläums eingekommen ¹) Dem Pfarrer der katholischen Pfarrgemeinde und Vorsitzenden des Kirchenvorstandes , Herrn Dechanten Gisbertz, wurde nach Beendigung der Wiederherstellungsarbeiten an der Pfarrkirche als besondere Anerkennung von Sr. Majestät dem König von Preußen der rote Adlerorden dritter Klasse verliehen . 3*

Mary

36

War,

2000 M.

bestimmt.

Sodann ist die Heizung

der

Kirche, über deren Anlage lange Verhandlungen stattgefun deu haben, weil die Anschauungen über die Wahl des auszufüh renden Heizsystems zwischen Regierung und Kirchenvorstand wesentlich voneinander abwichen, aus dem Grunde nicht zur Ausführung gekommen, weil zuletzt von massgebender Seite ihr Bedürfnis nicht anerkannt wurde. Indes besteht in den wei testen Kreisen der Pfarrgemeinde der dringende Wunsch und die Hoffnung, dass dieser doch recht fühlbare Mangel in nicht zu ferner Zeit Abhilfe finden möge.

Feier des 1100 jährigen Todestages des hl . Ludgerus zu Werden in der Zeit vom

7. bis 22.

Mai 1910

mit einem Bericht über frühere Jubiläumsfeierlichkeiten. Von Dr. J. Unsere Zeit ist überaus reich an Festfeiern der verschieden sten Art und jeglichen Charakters, aber nur selten dürfte eine Feier unter so allgemeiner Teilnahme und mit so wahrer und voller Begeisterung begangen worden sein, wie das 1100jährige Jubiläum des hl . Ludgerus zu Werden in der Zeit vom 7. bis 22. Mai 1910. Fast alle öffentlichen Blätter Rheinlands und Westfalens, u. zwar ohne Unterschied der Parteistellung haben auf die denkwürdige Festfeier hingewiesen und über ihren Ver lauf berichtet ; ¹ ) vom schlichten Manne bis zum vornehmen Mal 2 ) Es seien hier nur erwähnt die Kölnische Zeitung , die in Nr. 510 schreibt, daß die Festfeier in Werden mit dem Wallfahrtsleben in Kevelaer und Lourdes » äußerlich verglichen werden könnte, aber innerlich einen solchen Vergleich nicht zuläßt. Es handelt sich um ein kirchlich-historisches Pest, um die Verehrung eines Mannes, der unter Karl dem Großen als Apostel im Siegeszug des Christentums mit voranschritt. Der aus dem heutigen Holland stammende erste Bischof von Münster, der heilige Ludgerus , der Karl dem Großen geholfen hat, die Friesen und Sachsen für das Christentum zu ge winnen, und der als Kind noch den Apostel der Deutschen, den heiligen Bo nifazius gesehen hat, hatte an der Ruhr die Abtei Werden gegründet« . Es wird dann die Kirche und die Feier am ersten Tage näher beschrieben und mit den Worten geschlossen : > Um die Abteikirche zu besuchen und das sel tene Fest zu beobachten, haben sich bereits an den ersten Tagen auch zahl reiche Nichtkatholiken in dem reichgeschmückten Werden eingefunden. Die Rheinisch - Westfälische Zeitung brachte zur Werdener Ludgerifeier in Nr. 502 einen schwungvollen Artikel unter der Ueberschrift : >> Des Heiligen Urstände, worin nach begeisterter Schilderung der Festlichkeiten am ersten Tage ausgeführt ward ; Das ist ein Aufleben des Mittelalters in seiner glutigen

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teserritter hat die

Bevölkerung, vom einfachen Kleriker bis

zum römischen Kardinalate hat die Geistlichkeit daran teilge nommen. War es bei den Einen die religiöse Sinnesrichtung, die zur Verehrung des apostolischen Mannes, des hl. Ludgerus führte, so war es bei den Andern seine menschliche Grösse, wie sie im Lichte der Forschung vergangener Zeiten erstrahlt , und sein vorbildliches Leben und segensreiches Wirken , das Aner kennung und dankbares Gedenken weckte.

Bei den Bewohnern

des ehemaligen Stiftes Werden und der Diözese Münster kam noch als besonderes Motiv hinzu , dass sie in dem hl. Ludgerus ihren besonderen Wohltäter erblicken und verehren , erstere den Stifter der Abtei und Erbauer des ersten Gotteshauses in Wer Jnbrunst, in seiner wunderfrohen Glaubensseligkeit ! Die translatio , die Ein bringung der Reliquien eines Heiligen an die zu seiner Verehrung bestimmte Stätte, galt in der Frühdämmerzeit des Christentums in deutschen Landen über all als das bedeutungsvollste Ereignis in der ganzen Entwickelung eines Ortes. Wie tief mußte gar die Beisetzung der sterblichen Ueberreste des heiligen Ludger die Gemüter ergreifen ! Seine Ordensbrüder wie die Gesamtbe völkerung in und um Werden fühlten, daß sie mit ihm einen ungewöhnlich Sinnigen, Be gabten, Tätigen, Erfolgreichen unter den Sendboten der neuen Heilslehre zur verdienten Rast in den Schoß der Erde legten. Und dies Gefühl wehmütigen Stolzes wirkt bis auf den heutigen Tag bei jedem nach, der sich mit Treue und Hingebung ins deutsche Altertum versenkt und sich Ludgerus Erscheinung und Wirken richtig vergegenwärtigt. « Es folgt dann eine Lebensbeschreibung des Heiligen in Anlehnung an die vitae d . Ludgeri und den Heliand, und es wird Ludger als einer der allerletzten Zeugen und Miterleber der deutschen Urzeit, des unverfälschten Germanentums gefeiert. Zum Schlusse heißt es: >> Wochen strahlenden Glanzes und Stolzes für den Niederruhrgau heben an. Nach dem Anschauen dieser Festzeit wird man gestehen : Zu Werden in der Gruft liegt einer der Höchsten und Vornehmsten aus der Altväterzeit gebettet, ein echter Germane, wenn er auch im Gewande des römischen Sendboten ein herwandelte, der seinen deutschen Natursinn schon durch die Wahl des Ortes bewies, wo er sich für immer der Mutter Erde ans Herz legen wollte. > Geschichtsquellen des Bistums Münster« 1881 S. 45 : » Supervenit solhempnitas ejusdem sancti Ludgeris. Auf Grund der vitae und anderer Quellen verfaßte der Werdener Mönch Johannes Kruyhaar oder Johannes Cincinnius, wie er sich latinisierend nannte, im Anfange des 16. Jahrh. eine Lebensbeschreibung Ludgers, die im Jahre 1515 zu Köln bei Quentell gedruckt wurde. Weitere Bearbeitungen sind von : Luise von Bornstedt, Der hl . Ludgerus, Münster 1842, Behrens, Leben des hl. Ludgerus, Apostels der Sachsen und Geschichte des Reichsklosters zu Helmstedt, 1843 , Helmstedt ; Hüsing, Der hl. Ludger, Münster 1878 ; Pingsmann, Der hl. Ludgerus, Freiburg i . B. 1879 ; Böser, Am Grabe des hl. Ludger, Festgabe zum Jubeljahre 1909, Münster 1909 und Bahlmann, Ludgerus- Legenden , Münster 1909. 2) Siehe Diekamp, vitae a. a. O. S. 227 f.

40

jedoch aus einem unbekannten Grunde auf das Jahr 1710 ver schoben. Es wird hierauf deshalb ausdrücklich hingewiesen, weil in der Folgezeit noch mehrmals eine Verschiebung der Fest feier eintrat. In einem Gebetbuche¹ ) wird berichtet : Die Verehrer des hl. Ludgerus vereinigten sich zu einer vierwöchi gen Andacht, während welcher sie täglichen Gebeten am Grabe des Heiligen oblagen und jeden Mittwoch durch Empfang der hl. Sakramente der Busse und des Altars und andere Andachts übungen heiligten.

Zahlreiche Pilger, darunter der Münster

sche Bischof Ferdinand von Fürstenberg, besuchten im Jahre 1710 das Grab des hl. Ludgerus.

Im Anschlusse an die Feier

verordnete Abt Coelestin, dass jeden Mittwoch eine feierliche Messe mit Litanei zu Ehren des hl. Ludgerus an dessen Grabe gehalten werden solle , die sogenannte Kluftmesse, die heut noch jeden Mittwoch stattfindet und von den Gläubigen mit Vor liebe besucht wird, er errichtete auch eine besondere Bruder schaft zu Ehren des hl. Ludgerus, die sogenannte Ludgeribru derschaft, die vom Papst Clemens XI. am 15. Januar 1712 be stätigt wurde. Trotz der überaus schwierigen Zeitverhältnisse , nämlich nur wenige Jahre, nachdem die Abtei aufgehoben und ihr Ver mögen vom Staat eingezogen worden war, und unter der fran zösischen Fremdherrschaft, wurde im Jahre 1809, vom 3. bis 17. September, das 1000jährige Jubiläum zur Erinnerung an den Tod des hl. Ludgerus mit grosser Feierlichkeit begangen. ") Auf Veranlassung des früheren Konventualen Schwane, der da mals Pfarrer von Borbeck war, hielt der Vikar J. H. Bückmann von Borbeck die Festpredigt . ")

Als Jubiläumsandenken wurde

folgendes Erinnerungsblatt

ausgegeben : 1 ) Das Gebetbuch wurde im Jahre 1833 gedruckt als : Vollständiges Andachtsbuch zum Gebrauch der Bruderschaften des heiligen Rosenkranzes und des heiligen Bischofs Ludgerus, Patrones der Stadt und des ehemaligen Stiftes Werden, welche in der Pfarrkirche zu Werden gehalten werden. Aus Anlaß des letzten Ludgerusjubiläums, wo auch die beiden Bruderschaften erneuert wurden, ist es in erweiterter Form, wodurch es gleicherweise für Prozessionen und Wallfahrten dienen kann, neu herausgegeben. (Verlag W. Flügge, Werden.) 2) . Die Urkunden über die Eröffnung und Schließung des Reliquienschreines. Anhang Nr. 1 und 2 . 3) Das Manuskript dieser Predigt befindet sich noch im Pfarrarchiv zu Borbeck, Dieselbe ist auch bei Baedeker in Essen in Druck erschienen .

Zum

des bei

der

Andenken

Heiligen

nach

tausend

Jahr

Ludgeri geschehenen

Erhebung.

seiner Reliquien in der St. Ludgerus - Kirche in Werden am 3. Sept. 1809.

Nach ach hingeschwundnen tausend Jahren Eröffnet man hier Sarg und Gruft, Man sieht Gebeine, die einst waren Des Heiden - Lehrers

der zuruft :

Wer will die Heiligen recht chren, Muß folgen Ihrem Beyspiel nach), Wie Sie , stets thun, nach JESU Lehren, Lern Sanftmuth, Demuth, üb' nie Nach .

Wer Glaub', Lieb', Hoffnung übt und hält, Wird einſt auch Heiligen zugezählt .

Auf des Heil . Ludgeri Gruft.

Hier liegt schon tausend Jahr Ludgeri Leib zwar tod Doch lebt

Sein Ruhm bey

uns,

Sein Geist

Himmel fort.

im

42

Die Feier des 1050jährigen Jubiläums wurde wegen der da maligen kriegerischen Unruhen auf das Jahr 1860 verschoben und in diesem Jahre vom 20. Mai bis 3. Juni unter grosser Teil nahme von nah und fern gefeiert. Ein Festkomitee, welches sich aus der St. Ludgeri- Sterbelade gebildet hatte, erliess im April 1860 folgenden Aufruf : In den Wochen vom 20. Mai bis 3. Juni d. J. feiert Wer den ein bedeutungsvolles

Fest,

das

1050jährige Jubiläum

unseres Schutzpatrons, des hl. Ludgerus.

Den Eingesessenen

des alten Stiftes Werden braucht die hohe Wichtigkeit dieser Tage nicht erst dargetan zu werden, es genügt darauf hinzu weisen, dass Werden dem hl. Ludgerus die Begründung seiner materiellen, mehr noch seiner christlichen Existenz verdankt. Der hl. Ludgerus, der Apostel der Sachsen und Friesen, ein würdiger Nachfolger des hl. Bonifatius, des grossen ,,Apostels der Deutschen", brachte unserer Gegend das Licht des Evangeliums, und damit alle Segnungen christlicher Ge sittung und Bildung. Er machte Werden zu seinem Lieb lingsaufenthalte, begründete hier ein bald mächtig aufblühen des Benediktinerkloster, dessen mildes Regiment auch an unseren Ahnen das Sprichwort bewahrheitete,,,dass unterm Krummstab gut wohnen".

Er wollte endlich auch noch im

Tode in seinem ,,lieben Werden " sein und

bestimmte aus

drücklich , dass seine uns kostbaren heiligen

Gebeine

hier

ruhen sollten . Alles dieses ist für uns eine dringende Auffor derung, so vieler Liebe uns stets würdig zu erweisen und jetzt besonders unsere Dankbarkeit vor aller Welt an den Tag zu legen. Die St. Ludgeri-Sterbelade hält sich nun nicht bloss be rechtigt, sondern mehr noch verpflichtet , nicht nur sich an dieser Feier zu Ehren ihres Beschützers mit allem Eifer zu beteiligen, sondern auch die Leitung der äusseren Kundgebung zu übernehmen. Zwar ist das Fest eigentlich ein kirchliches, doch werden unsere Bestrebungen diesem kirchlichen Charak ter keinen Eintrag bringen, da wir nur im strengsten An schluss an das kirchliche Festprogramm , welches hoffentlich bald veröffentlicht werden wird, handeln wollen.

Wir fordern darum alle Eingesessenen des ehemaligen Stiftes und der Pfarre Werden dringend auf, entweder sich als

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Mitglieder unserer

Bruderschaft

einzureihen ,

oder

doch

wenigstens sich uns bei den zu veranstaltenden Festlichkeiten anzuschliessen, denn nur durch allgemeine Beteiligung kann und wird die Feier eine würdige werden.

Im Jahre 1809 , in schwerer, kriegsbedrängter Zeit, war der Zudrang frommer Pilger, sogar aus den fernsten Gegen den Westfalens, ein grossartiger. Die Kinder des hl. Lud

14

T.

gerus werden, des sind wir überzeugt, in ihrem Eifer gegen niemanden zurückstehen wollen . Werden wird auch diesmal zeigen, dass seine kindliche Liebe und Verehrung gegen seinen heiligen Patron seine Erbtugend ist. Ueber den Verlauf der Feier enthält die ,,Neue Ruhr Zeitung" , die später den Namen ,,Werdener Zeitung" ange nommen hat, mehrere Berichte. In Nr. 22 wird vom 20. Mai 1860 berichtet : Heute hat in unserer Stadt die 14tägige Feier des 1050 jährigen Jubiläums des hl. Ludgerus, des Gründers der Abtei Werden, ihren Anfang genommen. Mit dem feierlichen Ein des Herrn Weihbischof Baudri wurde dieselbe zuge

-1.

gestern, als am Vorabende des Festes, eingeleitet . Von dem Kirchenvorstande am Bahnhofe in Altenessen abgeholt, wurde der Herr Weihbischof an der Grenze unserer Pfarre von

716

einer berittenen Ehrengarde begrüsst und hierherbegleitet. Gegen 1 Uhr nachmittags traf derselbe hier ein und wurde an Eingange der Stadt von dem Herrn Dechanten Köll na nn empfangen und in feierlicher Prozession von der städtischen Schuljugend, von weissgekleideten Jungfrauen , den Pfarr- und anwesenden auswärtigen Geistlichen, von dem Gesellenverein, den Mitgliedern der St. Ludgeri- Sterbelade, dem Herrn Bürgermeister Baron v. Se hirp mit den katho lischen Mitgliedern des Gemeinderates, dem Kirchen-, Schul und Armenvorstande und einem Musik- und Gesangchor, dem sich noch eine zahlreiche Schar angeschlossen hatte, durch die mit Bäumen und Girlanden schön geschmückten und reich be flaggten Strassen zur Kirche begleitet , deren weite Hallen die Menge der Anwesenden kaum zu fassen vermochten. Nach Absingung der im Rituale zu dieser Feier vorgeschriebenen Antiphon hielt der Herr Weihbischof an die Anwesenden eine kurze Ansprache, in welcher derselbe hervorhob, wie er sich

44

glücklich schätze, dass er von

Seiner Eminenz dem

Herrn

Kardinal-Erzbischof die hohe Mission erhalten habe, ausser der Spendung des hl. Sakramentes der Firmung zugleich auch die Feier des für Werden und seine Umgebung so bedeutungs vollen Jubiläums des hl. Ludgerus gleichsam einzuleiten. Nach einem gemeinsamen Gebete für die Firmlinge und Erteilung des Segens wurde alsdann die Empfangsfeier gegen 2 Uhr ge schlossen. Um 4 Uhr begab sich der Herr Weihbischof mit den inzwischen auch hier eingetroffenen kirchlichen Würden trägern dem Herrn Bischof Müller , dem Herrn Weih bischof Bossmann, dem Herrn Domdechanten Krabbe und dem Herrn Domkapitular Reissmann aus Münster, nebst dem Herrn Dechanten Köllmann und der hiesigen Geistlichkeit wieder zur Kirche, um den Schrein

der

Reli

quien des hl. Ludgerus zu öffnen. In Gegenwart der Ge nannten, sowie des Herrn Bürgermeisters Baron v. Schirp, des Kirchenvorstandes und einer zahllosen Menge Andächti ger, welche die Räume der Kirche gefüllt, wurden hier die Siegel des vor dem Hauptaltar stehenden Schreines gelöst und die Reliquien herausgenommen und auf den Altar gelegt. Nachdem nun der Schrein mit einem Glasdeckel versehen worden, wurden die Reliquien zum Zwecke der Ausstellung derselben während der Dauer des Jubiläums wieder in den Schrein gelegt . Ueber die ganze Handlung wurde eine Ur kunde aufgenommen, und diese mit den vorhandenen frühe ren Urkunden in dem Schreine eingeschlossen und letzterer alsdann versiegelt.¹ ) Eine Komplet beschloss die erhaben? Feier, welche auf alle Anwesenden sichtlich einen tiefreli giösen Eindruck machte. Abends gegen 9 Uhr endete eine glänzende Illumination der Stadt und ein grossartiger Fackel zug mit einem Musik- und einem Gesangchor an der Spitze, die Feier des gestrigen Tages. · Heute morgen kündigten feierliches Geläute und Böller schüsse in aller Frühe die Eröffnung der Feier des heutigen Tages an. Um 5 Uhr begann der erste Gottesdienst . Um 7 Uhr las der Herr Bischof von Münster die Messe und spendete am Schlusse derselben den Neukommunikanten die hl. Kom munion.

Gegen 9 Uhr hielt der Herr Weihbischof

1) Urkunde, Anhang Nr. 5.

Baudri

45

das feierliche Pontifikalamt unter Assistenz der beiden Her ren Bischöfe aus Münster. Von den beiden hier anwesenden Herren Jesuiten-Patres Simeon und Voiss hielt ersterer an: Schlusse des Hochamtes eine gehaltvolle Rede über die Verehrung der Heiligen im allgemeinen und über die des hiesigen Jubiläums im besonderen. Nach dieser Predigt wur den die Reliquien des hl. Ludgerus in einer ausserordentlich zahlreichen , feierlichen Prozession, wobei die genannten Her ren Bischöfe den sakramentalen Segen erteilten, Stadt getragen.

durch die

Gegen 1 Uhr wurde mit dem letzten Segen

in der Kirche die Vormittagsfeier in einer Weise geschlossen , welche gewiss allen denjenigen in frommer Erinnerung blei ben wird, die sich während derselben in dankbarer Verehrung alles dessen klar bewusst geworden sind, was der heilige Lud gerus Werden und seiner Umgebung war, ist und sein wird.

In Nr. 23 wird der Bericht fortgesetzt, wie folgt : Am Pfingstmontage

bot unsere

schlechten Wetters von früh morgens

Stadt ungeachtet das

des

Schauspiel einer

ungeheuren Menschenmenge, welche teilweise in einer grossen Prozession aus Dilldorf und Umgegend, dann aber auch scha renweise von nah u. fern herbeigeeilt waren. Am selben Tage gegen Abend trafen sodann die ersten Prozessionen aus dem Münsterlande ein, und zwar zunächst eine aus Gross- und Klein- Reken, bald nachher aber jene aus Billerbeck.

Wenn

gleich alle Prozessionen unter dem Geläute der Gocken ein und auszogen, so wurde doch ausnahmsweise die letztere , als aus dem Sterbeorte des hl. Ludgerus kommend und somit nächst Werden zumeist an dessen Jubelfeier beteiligt , beson ders festlich am Eingange der Stadt empfangen.

Demnach

folgten am Mittwoch die Prozessionen aus Essen, Rellinghau sen und Saarn , sowie am Donnerstag jene aus Borbeck und Steele. Wir glauben die Zahl der an den beiden letztgenann ten Tagen hier gewesenen Fremden nicht zu überschätzen , wenn wir dieselbe auf 60 000 angeben, wonach sich leicht er messen lässt , wie ungeheuer der Zudrang der Pilger zu den hì. Reliquien, zu den Predigten der Herren Jesuiten-Patres und überhaupt dem Gottesdienste war. Mit rührender Pietät sahen wir u. a. Mütter mit ihren kranken Kindern auf den Armen zu den heiligen Gebeinen hineilen und mit Inbrunst

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durch den einstigen Träger derselben Gott um die Genesung ihrer Kleinen anflehen . Gestern waren zwar keine Prozes sionen, dennoch von früh bis spät zahllose Fremde anwesend. Der Schlussbericht in Nr. 24 vom 3. Juni 1860 lautet : Gestern war zur Feier des

St.

Ludgeri-Jubiläums

eine

zahlreiche Prozession aus Niederwenigern und der Zöglinge des Waisenhauses in Steele hier. Gegen 3 Uhr nachmittags folgte alsdann die Prozession aus Münster, dessen erster Bi schof bekanntlich der hl. Ludgerus war. Diese Prozession wurde daher gleich jener aus Billerbeck am Eingange der Stadt ausnahmsweise festlich empfangen und zur Kirche begleitet. Gegen 5 Uhr hielt dieselbe ihre eigene Nachmittags-Andacht . Da ausser den Prozessionen an jedem Tage der verflossenen Woche sehr viele Fremde hierhergekommen, so war der Zu drang zu den Reliquien des hl . Ludgerus sowie zum Gottes dienste und zu den Predigten der Herren Patres fortwährend ausserordentlich gross. Heute, Sonntag, am Schlusse der Feier, zeigten die Strassen der Stadt sich in einem besonders festlichen, grünen Frühlingsschmuck.

Schon um 5 Uhr mor

gens verkündeten Böllerschüsse, welche von Stunde zu Stunde erneuert in unserem schönen Ruhrtale widerhallten , den An Nachdem der Gottesdienst von 5 Uhr un fang der Feier. unterbrochen fortgedauert und ausser den Pilgern aus Mün ster sich unzählbare Scharen aus der Nähe und Ferne zu dem selben versammelt hatten, zogen gegen 9 Uhr, kurz vor dem Beginn des Hochamtes, noch hier ein : die Prozessionen aus Heiligenhaus, Velbert, Neviges, Langenberg und Duisburg. Die weiten Hallen unserer schönen Kirche waren jetzt nicht mehr ausreichend, die Menge der Andächtigen aufzunehmen, und noch fortwährend zogen neue Scharen von allen Seiten in unsere Stadt ein . Die Kirche, die grossen freien Plätze vor derselben und alle Strassen der Stadt waren von Menschen angefüllt. Nach beendetem Hochamte zog nun eine ausser ordentlich zahlreiche, feierliche Prozession, in welcher die Ke liquien des hl. Ludgerus herumgetragen wurden, durch die festlich geschmückten Strassen der Stadt .

Eine solche Men

schenmenge, wie sie sich gestern teils an der Prozession be teiligte, teils gedrängt an beiden Seiten derselben alle Strassen füllte, dürfte, so lange Werden existiert, schwerlich hier je

47

zusammen

gekommen

sein.

Wir

glauben

nicht zu über

schätzen, wenn wir behaupten, dass von 11 Uhr vormittags bis 2 Uhr nachmittags 18 000 Fremde hier anwesend waren. Nach der Brückengeld-Einnahme haben vom rechten fer allein 7500 Fremde die Brücke passiert, und dazu noch eine grosse Zahl vom linken Ufer u . die, welche vom rechten Ufer her auf benachbarten Fähren herübergekommen waren. Dass unter diesen Umständen nicht bloss die Gasthöfe, sondern auch die Privatgastfreundschaft sehr in Anspruch genommen und das letzte gewiss gerne ausgeübt wurde , versteht sich hier von selbst . Nachmittags gegen 2 Uhr zogen die auswärtigen Prozessionen in ihre Heimat zurück. Ein Kommen und Gehen, eine wogende Menschenmenge durch die Strassen , zur Kirche und zu den Reliquien des hl. Ludgerus : das war und blieb indes das Bild im Innern der Stadt bis gegen 6 Uhr, wo die Schlusskomplet des Jubiläums begann, an welche sich als dann die letzte Festpredigt des Herrn Paters Simeon an schloss. Mit der Versiegelung¹ ) des Schreines der Reliquien und einem feierlichen Te Deum wurde endlich gegen 8 Uhr abends die vierzehntägige kirchliche Feier des Jubiläums des Gegen 9 Uhr waren die Häuser der Stadt glänzend illuminiert und wurde den Herren Jesuiten-Paters zu Ehren ein schöner Fackelzug veranstaltet hl. Ludgerus würdig beschlossen .

und denselben eine Serenade gebracht .

Jeder Werdener und gewiss auch jeder, der aus Pietät und Verehrung gegen den Gründer der Abtei , dieser 1000jährigen Pflanzstätte zur Verbreitung christlicher Kultur an der Grenze des alten Fran ken- und Sachsenlandes- aus nah und fern hierher gewallt ; jeder, der mit dem Bewusstsein, dass er hier auf klassischem Boden stehe, sich der Grabesstätte und den Reliquien des hl. Ludgerus genaht , wird ohne Zweifel mit uns einverstanden sein, wenn wir sagen : wir haben ein ebenso ernstes, als schö nes und erhebendes Fest gefeiert. Möge es allen im from men Andenken bleiben und durch Ausführung der vielen guten Vorsätze, welche die Festpredigten in tausenden Her zen hervorgerufen haben, segensreiche Früchte tragen.

Eine Festschrift, welche über die Lebensgeschichte des hl. Ludgerus, über

Reliquienverehrung und die

Geschichte von

1) Urkunde, Anhang Nr. 6.

6672

48

Kirche und Kloster zu Werden eine kurze Darstellung gibt, wurde in zahlreichen Exemplaren verbreitet. Einen selten schönen und ewig denkwürdigen Verlauf hat nun aber das 1100 jährige Ludgerusjubiläum ge nommen. Die Diözese Münster feierte dasselbe im Jahre 1909 , während es in Werden, wo die Wiederherstellungs- und Aus schmückungsarbeiten an der Pfarrkirche noch in vollem Gange waren, auf das Jahr 1910 verschoben werden musste . Gewiss werden die herrlichen Festtage für alle Teilnehmer unvergess lich sein und bei ihnen in steter angenehmer Erinnerung blei ben, indes dürften die Mitglieder des historischen Vereins für das Gebiet des ehemaligen Stiftes Werden erwarten, dass der Verlauf dieser Festfeier auch in dem Vereinshefte beschrieben und dadurch für die Nachwelt festgelegt werde.

Für die Diözese Münster¹ ) wurde das 1100jährige Lud gerusjubiläum durch den im ,,Kirchlichen Anzeiger" vom 13. Februar 1908 S. 5 ff. abgedruckten Fastenhirtenbrief des Bi schofs Dingelstadt angekündigt, mit der Verordnung, dass am Feste des hl. Ludgerus, welches, wie in Werden, so auch in der Diözese Münster am zweiten Sonntag nach Ostern gefeiert zu werden pflegt, in allen Pfarr- und Rektoratkirchen ein 13stün diges Gebet mit dem Te Deum zum Schlusse abgehalten werde ; ausserdem solle in Billerbeck, der Sterbestätte des Heiligen, ein 14tägige Feier stattfinden, deren Eröffnung durch eine Männer wallfahrt aus Münster auf den 20. Juni festgesetzt wurde. Die kirchliche Jubelfeier, die am zweiten Sonntag nach Ostern in allen Gemeinden des Bistums abgehalten wurde, ge staltete sich besonders feierlich in hohen Dome zu Münster, wo die Silberstatue des hl. Ludgerus mit den kleinen Reliquien in mitten üppigen Blumenschmuckes auf dem Marienaltar aufge stellt war und der Diözesanbischof das Pontifikalamt hielt , wie in der dortigen Ludgerikirche, die in reichem Flaggen schmuck prangte. Hier war die prachtvolle Statue des hl . Lud 1) Obiger Bericht über die Feier des Ludgerusjubiläums im Münsterlande ist einem freundlichst zur Verfügung gestellten größeren Manuskripte des P. Fidelis Böser entnommen , das hier leider nicht vollständig zum Abdruck ge langen konnte. Dem Verfasser sei auch an dieser Stelle der wärmste Dank ausgesprochen.

49

gerus, ) die sonst in der Nähe des Hochaltars ihren Platz hat, auf der rechten Seite des Chores zwischen Zierstangen und bren- · nenden Kerzen aufgestellt.

An dem Gebete und dem feier

lichen Te Deum zum Schlusse nahm das gläubige Volk allent halben regen Anteil . Den Höhepunkt des Jubiläums bildete naturgemäss die 14- · tägige Festfeier in Billerbeek, wo an Stelle der alten Sterbeka pelle des hl. Ludgerus in neuester Zeit der herrliche Ludgeri dom²) erstanden war. Hier hatte schon am 18. März, gewisser massen als Vorbereitung zur Jubiläumsfeier, eine Mission be gonnen, die am 26. März, dem Sterbetage des hl. Ludgerus, vom Bischofe von Münster mit einem feierlichen Pontifikalamte ge schlossen worden war. herrliches Festkleid

Zu den Junifesttagen hatte die Stadt ein angelegt.

An den

beiden

Seiten

der

Strassen wechselten kleine und grosse Fahnen und Pyramiden , v die aus Wachholderzweigen gewunden waren, und den Gir landen als Stütze dienten, die sich von einer Seite zur anderen schlangen. Triumphbogen mit sinnigen Sprüchen folgten fast unmittelbar aufeinander. Drei Extrazüge brachten Tausende von Männern aus Münster zur Jubiläumswallfahrt.

Unter dem

Geläute der Glocken setzte sich vom Bahnhofe aus der Festzug in Bewegung. Voraus gingen die Zöglinge des theologischen Konvikts, dann die Seminaristen und der Klerus im Chorge wand, dann die Domherren in ihrem violetten Ornat, dann folg ten die Prälaten mit Mitra und Stab, zuerst der Benediktiner abt von St. Joseph, Raphael Molitor, nach ihm der Weihbischof von Münster, Dr. Eberhard Illigens, dann zwei ausländische Bi schöfe, geborene Westfalen, nämlich der Bischof Döring au Indien und der Bischof Döpping von Nepi und Sutri, hierauf

1) Sie gehört der ersten Hälfte des 17. Jahrh. an und ist, wie der Kunst- .-. historiker Nordhoff vor 40 Jahren schrieb, nach den Gröningschen Werken die größte Leistung der Skulptur, welche die neuere Zeit in und um MünsterGai hervorgebracht hat ; würdevoll ist ihre Haltung, so klar dem Jdealismus zu…… neigend die Gewandung, so edel der Ausdruck im Antlitz . 2) Die Kirche, deren Baukosten zum Teil aus der Diözese, in der Hauptsache aber von den Bewohnern Billerbecks aufgebracht worden sind, wurde ent worfen und gebaut von Wilhelm Rinklake, dem jetzigen Pater Ludgerus in Maria-Laach.

50

die Bischöfe von Paderborn, Strassburg und Trier¹ ) sowie der Erzbischof von Utrecht2) , sodann der Bischof von Münster, von

zwei Domkapitularen begleitet . Hinter ihm wurde die silberne Reliquienstatue des hl. Ludgerus aus dem Dom zu Münster ge tragen. Zu ihren beiden Seiten schritten zehn Malteserritter einher in ihren schmucken Uniformen , nämlich Graf Droste zu Vischering, Erbdroste mit seinen beiden Söhnen,

Graf Galen,

Erbkämmerer, Graf Schmiesing (Werne) und die Barone von Dalwigh, Kerkering- Borg, von Ketteler-Harkotten , von Oer und von Twickel (Stovern ) .

Den Schluss bildete

Kardinal-Erzbi

schof Fischer von Köln im Kardinalshut und Purpurmantel mit seinem Gefolge.

Im Ludgeridóme, der bis zum letzten Platze

gefüllt war, hielt Se. Eminenz ein feierliches Pontifikalamt, assi stiert vom Generalvikar v. Hartmann und zwei

Domherren,

während die Prälaten im hohen Chore der heiligen Handlung beiwohnten.

Die liturgischen Gesänge wurden vom Münster

schen Domchore vorgetragen.

Nach Beendigung des Amtes zog

man in Prozession zur Sterbekapelle des hl. Ludgerus im Erdge schoss des Südturmes, wo die Kirchenfürsten einige Zeit im stillen Gebete verweilten.

Bei

dem Festmahle,

welches im

städtischen Rathause stattfand, sprach Kardinal Fischer über die Bedeutung der herrlichen Festfeier und lud zu dem Jubel feste im nächsten Jahre in Werden die Anwesenden ein. Am Nachmittage bewegte sich eine Prozession in derselben Ordnung wie am Festesmorgen zu dem

Ludgeribrunnen , wo nach der

Tradition der hl. Ludgerus getauft und gepredigt hat.

Hier

hielt Bischof Korum von Trier eine begeisterte und tief zu

: ན་ 1 ) Jn Beziehung auf den Bischof von Trier schrieb ein Festartikel in Nr. 25 des Billerbecker Anzeigers vom 20. Juni 1909 : » Auch die Mitra, die St. Ludger einst von sich wies, dient heute zur Verherrlichung seines Festes. Der gegenwärtige Träger des Hirtenstabes, den der hl . Ludger ausschlug, erscheint heute unter den Pilgern zu dessen Sterbestätte . > O Ludgere, der die Friesen Zu dem Glaubenslicht gebracht, Der den Sachsen sich erwiesen Eine Fackel in der Nacht. Dich als Vater wir verehren, Der als Christen uns erzog, Der zur Herd zurückzukehren Uns durch seine Lehr' bewog. «

Möge es bis in die fernsten Zeiten so bleiben, mögen fort wirken die Kräfte, aus denen Dankbarkeit und reicher Segen erspriesst : Gottesliebe und Glaubenstreue ! Wir glauben den Bericht über die Feier des 1100jährigen Todestages des hl. Ludgerus zu Werden in der Zeit vom 7. bis 22. Mai nicht besser schliessen zu können, als mit der Wieder gabe folgenden Allgemeinen Rückblicks in Nr. 114 . der ,,Werdener Zeitung" : ‫ ور‬Verklungen sind die Feiertagsglocken, der letzte Jubelton ist verhallt, die gewohnte Ruhe wieder in unser Städtchen einge kehrt. Werfen wir einen kurzen Rückblick auf die Jubiläums zeit, auf den so glänzenden Verlauf dieser schönen Feier . Wem jubelt nicht das Herz in heiliger Freude, wenn er diese Fest wochen an seinem geistigen Auge vorüberziehen lässt, wenn er all der Segnungen und Guaden gedenkt, die von der himm lischen Wohnung unseres Jubelheiligen herabströmten zu seiner irdischen Ruhestätte . Vor 1100 Jahren, als der hl. Ludgerus starb, erschien ein helles Licht am Himmel, es war das Licht seiner Heiligkeit, der Glanz seiner Tugenden.

Es war zugleich

die Lichtfackel, die er hineintrug in die vom finsteren Heiden

92

wab befallenen Friesen- und Sachsengaue. Dass dieses Licht auch in unserer, als materiell verschrieenen Zeit noch in hellem Glanze leuchtet, das haben die Jubeltage

glänzend bewiesen.

Welche Opferwilligkeit zeigten die Bürger unserer Stadt, un das Fest in jeder Hinsicht so zu gestalten, wie es unseres grossen Heiligen würdig war.

Die grössten Opfer haben sie für das Fest

gebracht, in persönlicher Tätigkeit sowohl, als auch in mate rieller Unterstützung. Diesem opferfreudigen Geiste ist es in erster Linie zu danken, dass so Grossartiges geleistet wurde. Wie ging man Hand in Hand, um die Stadt so herauszuputzen, dass sie gleich einem herrlichen Gemälde das Auge eines jeden Besuchers erfreuen und entzücken musste. Harmonisch und ein heitlich war das Gesamtbild, und doch abgeschlossen für sich bot jede Strasse ein anderes Bild .

Hier zeigte

sich echte Volks

kunst , die gläubigen Herzen entsprungen ist . Besonders ange nehm berührte es, dass fast kein Haus ungeschmückt blieb, dass alle Bürger, ohne Unterschied der Konfession, diesem äusseren Zeichen der Teilnahme Ausdruck verliehen. Wie freudig jubelten am Vorabende des Festes die Glocken, als der erste hohe Gast, Se. Eminenz Kardinal -Erzbischof Fischer von Köln eintraf. Nach feierlicher Begrüssung wurde der der hochw. Herr im Triumphzuge zur Kirche geleitet, wo er die feierliche Oeffnung des Reliquienschreines vornahm. · Nun war der Gnadenquell erschlossen und die Feier konnte ihren Anfang nehmen. Der erste Jubelsonntag brach strahlend an.

Hell und klar

jubelten die Glocken ihren Willkommensgruss über Berg und Tal. Und nun zeigte es sich, wieviel tausendfältige Frucht die Samenkörner getragen, die einst St. Ludger ausgestreut. In hellen Scharen strömten die Pilger zur Jubelstadt ; um seine Für bitte zu erflehen in den Nöten des Lebens . Nie zuvor haben die gastfreundlichen Mauern unseres Städt chens eine so grosse Anzahl hoher Kirchenfürsten beherbergt. Wer zählt die Tausende und Abertausende von Gläubigen, die an der Jubelfeier teilgenommen haben. Welch ein herrliches Bild katholischen Glaubens entfaltete sich hier. Welche Fülle von Gnaden muss sich durch all die heissen Gebete, durch die vielen feierlichen Dankopfer, auf die Bewohner und auf die frommen Pilger im einzelnen ergiessen. Dieses gewaltige Glaubensbekenntnis steht in der Geschichte unserer Gemeinde

einzig da.

War es für die Gesamtheit ein erhebender und trö

stender Anblick, der so recht zeigte, wie fest das Bollwerk gegen den Umsturz von Thron und Altar gefügt ist, wie sehr ist es dann erst für jeden Gläubigen ein neuer Ansporn, festzuhalten an seinem hl. Glauben, seiner hl. Kirche, aufs neue die Treue zu schwören und sie ewig zu bewahren. Und dieses Glaubens bekenntnis wurde besonders geweckt durch die herrlichen Worte, die dem Munde der Kirchenfürsten sowohl als auch der beiden Patres entströmten, die so lebendig die hl. Glaubenswahr heiten in den Herzen wachgerufen haben, die die hl. Flamme aufs neue angefacht und durch ihre Begeisterung für die hl. Sache die Gläubigen mit fortrissen zu dem erneuten Glaubenske kenntnisse. Und dieses Bekenntnis wird manchem Stärke und Trost bringen in dem schweren Lebenskampfe. So werden dice: e Tage köstliche Früchte bringen für Zeit und Ewigkeit. Ein glücklicher Gedanke war es auch, das Leben und Wir ken des Jubelheiligen in Wort und Bild den Gläubigen nahezu bringen durch die Aufführung des Oratoriums ,,St. Ludger". Tiefergreifend wirkten die Darstellungen, unterstützt durch die herrlichen Gesänge, auf die andächtigen Zuhörer.

Diese Art

Gottesdienst hat uns den Heiligen noch näher gebracht. Vier mal musste die Aufführung vor voilbesetztem Hause wiederholt werden und immer zeigte sich das gleiche Interesse . Dank ge bührt an dieser Stelle auch dem Leiter dieser Vorführungen, den Herrn Organisten Koenig, der seine ganze Kraft für das harmonische Gelingen eingesetzt hat . Nicht weniger Dank gebührt der ganzen Werdener Geistlich keit, die ihre Aufopferungsfähigkeit bis zur Erschöpfung ge zeigt hat, ferner auch den weltlichen Behörden, die dafür ge sorgt , dass alles in schönster Ordnung verlief. Dank gebührt auch allen Bürgern, die, sei es in den einzelnen Kommissionen , sei es sonstwie ihr Teil zum Gelingen des Ganzen beitrugen. Wir können es uns nicht versagen, zunächst allen denen , die überall hilfreiche Hand leisteten, zu danken, ganz besonders aber auch zu danken allen denen, die durch ihre zuvorkommende Bewirtung bei den fremden Pilgern allgemeines Lob fanden. Die Gastfreundlichkeit unseres Städtchens ,wird in weiter Runde in bestem Andenken bleiben .

Wohltuend berührte auch das Interesse auswärtiger Blätter,

94

die in Wort und Bild den hl . Ludgerus feierten und über die Jubelfeier regelmässig berichteten, was zu dem ausserordent lichen Besuche der Grabstätte des Heiligen von nah und fern wesentlich beigetragen hat. Endlich sei der schönen und in haltreichen Festschrift gedacht, die in vielen Tausend Exem plaren abgesetzt wurde und als bleibendes Andenken an die Festfeier gewiss in den meisten Familien Werdens und der Um gegend aufbewahrt werden wird. An den Jubiläumstagen haben auch viele alte Werdener, die das Schicksal in fremde Gegenden verschlug, ihre traute Heimat wieder aufgesucht . Mit grosser Freude haben sie ge sehen, dass der alte gläubige Geist der Bewohner noch tief in aller Herzen lebt , dass die Früchte dieses Geistes sich so herr lich an den 1100jährigen Gedenktagen gezeigt haben. Im schönsten Maienwetter gingen die Festtage zu Ende. Ein neues Ruhmesblatt ist der Geschichte Werdens beigefügt . Allgemach gewinnen die Strassen und Plätze wieder ihr gewöhn liches Aussehen . Als dauernde Frucht aber muss zurückbleiben eine lebendige Verehrung

und Nachahmung unseres grossen

Jubelheiligen, die alle Zeitenstürme überdauert.

Anhang .

Vorbemerkung.

Die im Folgenden mitgeteilten Ur

kunden beziehen sich auf die Reliquien des hl. Ludgerus sowie auf die Eröffnung und Wiederversiegelung des Reliquienschrei nes. Dem Willen des Heiligen entsprechend, war sein Körper in Werden beigesetzt worden und hatte dort in einem schmuck losen steinernen Sarge in der unter dem Hochaltar belegenen Grabkammer in der Krypta geruht, bis Abt Adalwig im Jahre 1075 die Gebeine erheben und ihnen in einem auf Marmorsäu len ruhenden prachtvollen Sarkophage auf dem Hochaltar einen Ehrenplatz anweisen liess. Wenn bei der grossen Verehrung , die der hl. Ludgerus genoss, wohl anzunehmen ist, dass beson ders die Orte, zu denen er in naher Beziehung gestanden, den lebhaften Wunsch hegten, in den Besitz von Partikeln seiner hl. Gebeine zu gelangen, so wird von einer Abgabe derselben doch erst in der Mitte des 17. Jahrhunderts berichtet. Bis da hin hatten die Mönche sorgfältig und ängstlich auf der unver sehrten Erhaltung des ihnen anvertrauten kostbaren Schatzes bestanden, und auch jetzt rief es, wie Gregor Overhamm in sei nen Annalen schreibt, den Widerspruch des grössten Teils der Konventualen hervor, als Abt Heinrich Dücker dem am 11. Juni 1654 mit grossem Gefolge zur Wallfahrt in Werden ein getroffenen Fürstbischof Bernhard von Galen zwei Partikeln , nämlich ein Fingerglied und einen kleinen Teil vom Rückgrat des heiligen Körpers zum Geschenke machte. Weiter wird dann berichtet, dass bei der Oeffnung des Reliquienschreines unter Abt Benedikt von Geismar (1728--57) einige losgelöste Knor peln sich vorgefunden hatten, die auf Empfehlung des Kölner Erzbischofs Clemens August I. an die Kirchen in Billerbeck und St. Mauritz in Münster sowie an die Klöster in Abdinghof zu

$6

Paderborn und Freckenhorst verteilt wurden.

Eine genaue

Feststellung der vorhandenen Knochenreste erfolgte bei

Ge

legenheit des 1050jährigen Ludgerusjubiläums durch das Kir chenvorstandsmitglied Dr. med. Bonnenberg. Hierbei wurde eine etwas grössere Partikel, die nicht näher bezeichnet werden konnte, aus dem Sarge herausgenommen und, mit

dem

bi

schöflichen Siegel versehen, ins Parrarchiv gelegt. Pfarrer Horbach liess sie in mehrere kleinere Partikeln zerlegen, von denen je eine die damaligen Pfarrgeistlichen und 4 Kirchenvor standsmitglieder erhielten ; auch überreichten Pfarrer und Kir chenvorstand eine solche dem Erzbischof Paulus Melchers von Köln und dem Bischof Johann Bernhard Brinkmann von Mün ster vor dem Antritt ihrer Verbannung.

Indes sind diese Re

liquien fast sämtlich aus dem Privatbesitze an Ludgerikirchen abgegeben worden , so noch während der letzten Festfeier die im Besitze der Familie Overhamm befindliche an die Pfarrkirche zum hl. Ludgerus in Rüttenscheid .

Bei dem Ludgerusjubiläu

Im Jahre 1860 hatte mit Genehmigung des Erzbischofs Kardi nal Geissel von Köln und unter Zustimmung des Kirchenvor standes der Gemeinde Werden der Bischof Johann Georg Müller von Münster dem Sarge drei Partikeln entnommen , die 1 ) für die Kirche in Billerbeck,

2 ) für die Domkirche und

3 ) für die

Ludgeri-Pfarrkirche in Münster bestimmt sein sollten. Es waren , wie das Kirchenvorstandsmitglied Dr. med. Kranz bei der Eröff nung des Schreines im Jahre 1910 aus

einem Vergleiche

des

jetzigen Bestandes mit den in dem erwähnten Verzeichnissc vom Jahre 1860 aufgeführten Knochenresten schliessen zu kön nen glaubte, die jetzt fehlenden Teile, nämlich ein Halswirbel, ein Sprung- und ein Fersenbein.

Auch bei Gelegenheit des letz

ten, des 1100jährigen Ludgerusjubiläums wurden von Sr. Emi nenz dem Kardinal-Erzbischof Fischer von Köln zwei Bruch stücke von Rippen für den Abt des Benediktinerklosters zu St. Joseph bei Coesfeld und die St. Ludgerikirche in Duisburg sowie auf Anordnung Sr. Eminenz vom Weihbischof Dr. Müller der Bruchteil einer Rippe für den Erzbischof von Utrecht und eine Partikel von den nicht näher bestimmbaren Knochenresten für den Abt von Maria Laach aus dem Sarg herausgenommen. Die Reliquien wurden nicht wieder im Hochaltar, wo sie seit ihrer Erhebung durch Abt Adelwig ruhten, sondern in einem über den. Grabe in der Krypta aufgestellten Schreine untergebracht .

97

Die

über

die

einzelnen

Vorgänge

bei Oeffnung

und

Schliessung des Reliquienschreines aufgenommenen Proto kelle sind mit den Gebeinen des hl. Ludgerus im Sarge ver schlossen ; Abschriften davon befinden sich im Pfarrarchiv der kath . Kirchengemeinde . I. Das am 19. Mai 1960 von Dr. med. Bonnenberg aufgestellte und vom Kölner Weihbischof Dr. Baudri beglaubigte Ver zeichnis der vorhandenen Reliquien führt for gerde ' Knochenteile auf : Cranium (Schädel) ,

maxilla inferior

(Unterkiefer) ,

alas

(Träger), epistropheus (Dreher) , 5 fernere Halswirbel, 7 Brust wirbel, 5 Lendenwirbel, os sacrum (Kreuzbein ) , 2 ossa ( Lenden wirbel) ,

2 scapulae (Schulterblätter),

2 claviculae

( Schlüssel

beine), 2 ossa humeri (Oberarmknochen) , 2 ulnae (Ellbogen), 2 radii (Speichen) , 2 ossa femoris ( Oberschenkelknochen ) , 2 tibiae (Schienbeine),

2

fibulae

(Wadenbeine ) ,

2

patellac

(Kniescheiben) , 1 talus ( Sprungbein) , 1 calcaneus (Fersenbein) , 6 ziemlich erhaltene Rippen, 7 Fragmente von Rippen, 1 os metacarpi (Mittelhandknochen), viele nicht näher bestimmbare Fragmente von Knochen der Hand- und Fusswurzel, der Mittel band, des Mittelfusses und der Phalangen.

II. Protokoll vom 4. Oktober 1809 .

Werden, den 4. Oktober 1809 . Im Jahre eintausend achthundert und neun, dem tausend jährigen Todes-Jahre des hl. Ludger, wurde zu diesem Anden ken im Monate September zufolge eines apostolischen Breve ein Erinnerungs- Fest gefeiert . Um diese Feierlichkeit zu er höhen und das Andenken lebhafter zu machen, ist beschlossen worden, die Gebeine des hl. Ludger dem Volke zu zeigen. Die Kiste,

worin diese Gebeine ruhen, ward am dritten

September, Nachm. um drei Uhr, von dem Offizial Hr. Aloys Brockhof aus Essen, in Gegenwart des Hr. Pastors van Gülpen , der HH. Kapläne Fried. Neuhaus, Vitus Lemmers, Adolph Vie 7

98

hoff, Rektor Schaetzer, des Hr. Landr. Müller, der HH. Kirch · meister Hiegemann, Franken und übrigen Kirchmeister von dem Bande eröffnet , nachdem das Siegel des vorletzten Hr.

Abts

Bern. Bierbaum untersucht und richtig befunden war. Nach ge endigter Feier geschah in Gegenwart der HH. K. Vitus Lem mers, Adolph Viehoff, A. Schaetzer, des Hr. Landr. Müller, der HH. Kirchm. Hiegemann und Franken die

Versiegelung

dieser Kiste mit dem Kirchen- und Gerichts-Siegel durch den Pastor p. van Gülpen und den Hr. Landr. Müller.

gez. van Gülpen p. p. A. Viehof, A. Schaet Müller, Hiegemann,

zer, Vit. Lemmers, Franken.

III. Protokoll vom 9. Oktober 1827.

Werden, den 9. Oktober 1827. Im Jahre Tausend achthundert und sieben und zwanzig bei Gelegenheit, wo der Hochwürdigste Bischof von Samaria Karl Adalbert, Weihbischof von Köln, Freiherr von Beyer, ehemali ger Abt zu Hamborn den Christgläubigen der Pfarrgemeinde Werden und den angrenzenden Pfarren Heisingen, Mintard , Kettwig, Homberg und Saarn das heilige Sakrament der Fir mung ertheilte, wurde den neunten Oktober der Kasten, worin die Gebeine und übrigen Reliquien des hl. Ludgerus ruhen , Nachmittags um vier Uhr von dem erwähnten Weihbischofe in Gegenwart des Herrn Pastors van Gülpen, des Bruders des Herrn Weihbischofs Victor Freiherrn von Beyer, Kapitular der Abtei Hamborn, des Herrn Domvikars u. Kaplan J. L. Nallet , des Herrn Vikarius Wolfius, des Herrn Kirchmeisters Joh. Ovram eröffnet und dem Volke gezeigt, nachdem die Siegeln des Landrichters Herrn Müller und der Pfarrei untersucht und richtig befunden waren. Darauf geschah die Versiegelung des Kastens durch den oben erwähnten Herrn Weihbischof und den Herrn Pfarrer van Gülpen. Urkund dessen ist dieses unterschrieben und besiegelt worden. L. S. gez. Carl Adalbert Freiherr von Beyer , Bischof von Samaria,

Weihbischof von Köln.

J. L.

99

Nallet.

Theodor van Gülpen pastor prím.

Victor liber baro de Beyer, canonicus abbatiae Wolfius, Kaplan. Hamborniensis . Johann Overham m. IV . Protokoll vom 10. September 1845 . Werden, den 10. September 1845 . Im Jahre der gnadenreichen Geburt unseres

Herrn und

Heilandes Jesu Christi Eintausend achthundert fünf und vierzig am zehnten des Monat September, an welchem Tage der Hoch würdigste Erzbischof von Iconium , Herr Johannes von Geissel , Coadjutor des Erzbischofs von Köln und Apostolischer Admi nistrator des Erzbisthums Köln , der Pfarrgemeinde Werden, so wie der angrenzenden Pfarrgemeinde Kettwig das h. Sakrament der Firmung spendete, wurde nachmittags fünf Uhr in Gegen wart des vorgenannten Hochwürdigsten Herrn Erzbischofes so wie des zeitigen Pfarrers der Gemeinde Werden,

Herrn Köll

mann, ferner des Domkapitulars von Speyer, Herrn Cronauer, des Domkapitulars Baudri von Köln, des stellvertretenden Bür germeisters Herrn Dr. Neuhaus, und der Kirchenvorstandsmit glieder, des Herrn Wilh. Enshoff, Wilhelm Neustein, Carl Hiegemann und H. Küpper der Schrein, in welchem die Gebeine und übrigen Reliquien des hl. Ludgerus ruhen, eröffnet und dem versammelten Volke vorgezeigt, nachdem die

Siegel gehörig

untersucht und richtig befunden worden waren. Nach geschehener Vorzeigung wurde der Reliquienschrein wieder in Gegenwart der obenerwähnten Herren gehörig

ver

schlossen und mit dem Insiegel des Hochwürdigsten Herrn Erz bischof-Coadjutors, sowie dem Pfarrsiegel der kathol. Pfarrge meinde zu Werden und des Bürgermeisters derselben Stadt ver siegelt. Zu Urkund dessen ist gegenwärtige Verhandlung am Tage, Ort und Stunde wie oben bemerkt, aufgenommen, vorgele : en und unterschrieben worden. Ita testor gez. Johannes v. Geissel , Erzbischof Coadjutor von Köln . Köllmann , Pfarrer. Cro nauer, Domkapitular in Speyer. Dr. Neuhaus, 7*

100

Beigeordneter Bürgermeister. Franz Wilh . Ens hoff. Wilhelm Neustein. Carl Hiege mann. H. Küpper. Bandri, Domkap.

V. Protokoll vom 19. Mai 1860 .

Werden, den 19. Mai 1860 . Im Jahre des Heiles Ein Tausend achthundert sechzig am neunzehnten des Monates Mai, am Vorabende des Tages, an welchem das 1050jährige Jubelfest des heil. Ludgerus begann, wurde in Gegenwart des Hochwürdigsten Herrn Weihbischofes Dr. Baudry, des Hochwürdigsten Herrn Bischofes von Münster des Hochwürdigsten Herrn Domdechanten Dr. Georgius, Krabbe von Münster und mehrerer anderer Herren Geistlichen, insbesondere des zeitigen l'farrers von Werden, Herrn Dechant Köllmann, ingleichen des Herrn Bürgermeisters von Schir, und des gesamten Kirchenvorstandes, der Schrein, in welchem die Gebeine und übrigen Reliquien des heiligen Ludgerus ruhen, eröffnet . Die Siegel wurden unverletzt aufgefunden. Es fan den sich die Gebeine nach dem beiliegenden, bei dieser Gelegen heit aufgenommenen und untersiegelten Verzeichnisse vor. Be hufs der öffentlichen Ausstellung der heil. Gebeine während der 14tägigen Festzeit wurde der Reliquienbehälter mit einem Glasdeckel versehen und gehörig versiegelt, um nach beendig ter Feier in gewohnter Weise mit einem hölzernen Deckel wie der versehen zu werden.

Zu Urkund dessen ist gegenwärtige Verhandlung am Tage wie oben aufgenommen, vorgelesen, unterschrieben und unter siegelt worden. L. S.

L. S.

gez. Baudry Epp. Ar i. p. suffr. Colon. Joan nes Georgius . indignus successor s. Ludger1. KöllJoannes Bossmann suffr. Monasteri . mann , Dechant und Pfarrer. Bar. von Schirp. Dr. Krabbe, Domdechant. Neustein. Küp per. Frz. Wilh. Enshoff. Dr. Bonnenberg. Overham m.

101

VI . Protokoll vom 3. Juni 1860 .

Im Jahre des Heiles Ein Tausend achthundert sechszig, den dritten Juni, am Schlusstage der 14tägigen 1050jährigen Jubel feier zu Ehren des hl. Ludgerus, wurde der laut Protokoll vom 19. Mai d. J. mit einer Glasdecke versehene und gehörig ver siegelte Behälter der Reliquien des genannten Heiligen wieder geöffnet, um, wie vor der Feier, wieder mit einem hölzernen ――――― Deckel verschlossen und versiegelt zu werden. Auf den An trag des Hochwürdigsten Herrn Bischofes Johannes Georg von Münster sind mit Genehmigung Sr. Eminenz des Herrn Kardi nal und Erzbischofes Johannes von Geissel und unter Zustim mung des Kirchenvorstandes der Gemeinde Werden drei kleine Reliquien 1 ) für die Pfarrkirche zu Billerbeck, 2 ) für die Dom kirche, 3 ) für die Ludgeri-Pfarrkirche zu Münster aus dem Sar kopbage herausgenommen und dem hierzu von dem Hochwür digsten Herrn Bischof Johann Georg bevollmächtigten General vikar Herrn Brinkmann zur Ueberbringung an die drei ge nannten Kirchen mittelst Urkunde vom heutigen Tage über geben worden ; im übrigen sind alle Reliquien, wie sie beim Beginne der Jubiläumsfeier sich vorfanden, im Reliquienkasten belassen und derselbe sorgfältig verschlossen und versiegelt worden. Da sowohl der Herr Kardinal Erzbischof Johannes von Geissel, wie der Herr Weihbischof Dr. Baudri an der Schluss feier theil zu nehmen behindert waren , so wurde durch Verfügung des Erzbischöflichen General-Vikariates vom 21. Mai d. J. der Herr Landdechant und Pfarrer Köllmann von Werden beauftragt , den Akt der Verschliessung und Versiege lung vorzunehmen. Es waren ausser dem letztgenannten Herrn Dechant Köll mann unter anderen als Zeugen zugegen : die Kirchenvorstands mitglieder Küpper, Dr. Bonnenberg, Franz Overhamm, und der Örtsbürgermeister Herr Baron von Schirp.

Zu Urkund dessen haben die benannten Anwesenden nach geschehenerVerlesung dieser Urkunde, welche in Duplo ausgefer tigt wurde , un Ein Exemplar im Pfarr-Archiv niederzulegen, eigenhändig unterschrieben und untersiegelt mit dem

Pfarr

102

und Bürgermeister- Siegel, welche Siegel auch dem Sarkophage aufgeprägt sind. gez. Köllma n n, Landdechant und Pfr. Dr. Bon L. S.

nenberg. L. S.

Fr. Overhamm.

Alex. Bar. von

Schirp , Bürgermeister. VII. Protokoll vom 21. Juni 1875. Actum Werden, den 21. Juni 1875.

Im hohen Auftrage Sr. Erzbischöflichen Gnaden , des Hoch würdigsten Herrn Erzbischofes zu Köln, Herrn Dr. Paulus Mel chers, wurde heute von dem unterzeichneten Dechanten in Gegenwart der mitunterzeichneten Mitglieder der Geistlichkeit und des Kirchenvorstandes und des Herrn Bürgermeisters Frhr. von Schirp zu Werden der Schrein der Reliquien des h. Lud gerus geöffnet, um benannte Reliquien durch angemessene Be festigung auf besonderen Kissen vor einer in losem Zustande durch Rütteln und Reibung zu befürchtenden Beschädigung zu bewahren. Vor der Oeffnung wurde konstatiert, dass der Ver schluss, bestehend aus zwei Streifen Seide, die mit vier Siegeln der Stadt und der Kirche an Deckel und Schrein befestigt waren, vollständig unverletzt sei. Bei der Oeffnung fanden sich, wie solches von den Anwesen den durch Augenschein konstatiert wurde, die Reliquien nach dem vom Hochwürdigsten Herrn Weihbischofe Dr. Baudri am 19. Mai 1860 beglaubigten Verzeichnisse vor. Zu Urkund dessen ist gegenwärtige Verhandlung am Tage wie oben aufgenommen, vorgelesen , unterschrieben und unter siegelt worden. L. S. gez. B. Horbach, Pfarrer. Dechant Boreno , Pfarrer.

J. Th. van Oberger,

Jaegers, Kaplan.

I. S.

Kaplan .

F. H.

P. Jacobs , Kaplan. B. Ber

chem, Pfarrer von Lamersdorf. O. Prüssen , Vi kar. Freiherr von Sehirp , Bürgermeister.

VIII . Actum Werden, den 21. Juni 1875 .

ww . w

Nachdem die Reliquien bei geschlossenen Türen einzeln herausgenommen und auf die dafür bestimmten Kissen durch die

103

hierzu beauftragten Schwestern vom h. Kreuze aus dem Kran kenhause zu Werden befestigt worden waren und das Vorhan densein sämtlicher vorgefundenen und in dem Verzeichnisse vom 19. Mai 1860 näher bezeichneten Reliquien von sämtlichen im Eröffnungsprotokolle Genannten und Mitunterzeichneten festgestellt worden, wurden dieselben in den dazu bestimmten Schrein zurückgelegt und letzterer

nach

Verschluss mit den

Siegeln der Pfarre und der Stadt Werden versiegelt. Zu Urkund dessen ist gegenwärtiges Protokoll am Tage wie oben aufgenommen, vorgelesen, unterschrieben und untersiegelt worden.

L. S.

gez. B. Horbach, Pfarrer. Dechant Boreno ,

L. S.

Jaegers, Kaplan . P. Jacobs , Kaplan. B. Ber chem, Pfarrer von Lamersdorf. O. Prüssen , Vi kar. Freiherr von Schirp , Bürgermeister.

Pfarrer.

J. Th. van Oberger,

Vorstehende Protokoll-Abschriften sind

Kaplan .

sämtlich

F. H.

am 21.

Juni 1875 vom derzeitigen Pfarrer B. Horbach ausgefertigt und ihre Uebereinstimmung mit den Original-Protokollen nigt worden.

beschei

IX . Protokoll vom 7. Mai 1910 .

Im Namen der heiligsten und ungeteilten Dreifaltigkeit. Amen. Da im Vorjahre wegen der Renovation der Werdener Kirche der elfhundertste Jahrestag des Todes des hl. Ludgerus nicht gefeiert werden konnte, erschien es gut, das Gedächtnis des hl. Bekenners Gottes, des Apostels Frieslands und Sachsens, des ersten Bischofs von Münster und des Stifters des Werdener Klosters in diesem Jahre 1910 15 Tage hindurch, beginnend mit dem 8. Mai, dem fünften Sonntag nach Ostern, in feier licher Weise zu begehen und seine hl. Reliquien zur Verehrung der von allen Seiten zusammenströmenden Gläubigen auszu setzen.

Um diese Feier zu eröffnen und auch selbst dem hl. Bi

schof seine Verehrung zu erweisen, reiste Se. Eminenz der Hochw. Herr Erzbischof von Köln, Antonius, unter dem Titel der h .

Martyrer

Nereus und

Achilleus Kardinalpriester der

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hl. römischen Kirche, tags vorher am 7. Mai nach Werden ; dort wurde er nachmittags 4 Uhr von Klerus und Volk feierlich empfangen und in die ehemalige Abteikirche, jetzige Pfarr kirche geleitet, welche in den letzten Jahren renoviert und herr lich ausgeschmückt worden ist .

Nach Erteilung des bischöf

lichen Segens und Verrichtung der üblichen Gebräuche begab er sich in die Sakristei, wo der Sarkophag mit den hl. Reliquien bereits Aufstellung gefunden hatte.

Zugegen waren vom Wer

dener Klerus die hochwürdigen Herren Pfarrer und Dechant Lambert Gisbertz und seine Vikare : Adolf Schiller, Friedrich Franzen, Johann Kaulard und Leo Fahlenbock, denen sich ange schlossen hatte der Religionslehrer des Progymnasiums Wilhelm Thelen, ausserdem der Bürgermeister der Stadt Werden Joseph Breuer und sein Kollege von Werden-Land Aloys Schaphaus und die Werdener Kirchmeister : Heinrich Feuser, Clemens Ferber, Johann Wilhelm

Funcke,

August Haverkamp,

Peter

Hött, Dr. med. Gisbert Kranz, Albert Kückelmann, Ludger Maas und Friedrich Rose. Als besonders bestellter Notar war anwesend Dr. theol. et jur. can. Joseph Vogt, Professor Priesterseminar zu Köln. In Gegenwart aller dieser befahl

Se. Eminenz

der

am

Herr

Erzbischof, vom Pfarrer darum gebeten, zur Erhebung der Re liquien zu schreiten. Nach Wegnahme des Schreindeckels wurde der längliche, viereckige, an der Stirnseite zugelötete Metall kasten herausgehoben, in dem eine Holzkiste von derselben Ge stalt eingeschlossen war, die mit den Siegeln der Pfarre und Stadt Werden verschlossen war. Diese wurden unverletzt ge funden ; auf Befehl Sr. Eminenz des Herrn Erzbischofes wurde der Deckel entfernt, so dass die hl. Gebeine sichtbar wurden. Sie wurden inzensiert und von den Anwesenden andächtig ver ehrt ; dann wurden durch mich, den oben genannten Notar, die den hl. Gebeinen beiliegenden Aktenstücke verlesen, von denen das eine am 21. Juni 1875 bei der letzten Oeffnung des Schrei nes, das andere aber mit einem Verzeichnis der in dem Schreine befindlichen Reliquien am 3. Juni 1860 abgefasst worden war. (Das Verzeichnis ist abgedruckt in Nr. 1 des Anhanges.) Darauf wurde der Arzt Herr Gisbert Kranz , einer der Kirch meister, von Sr. Eminenz dem Herrn Kardinal gebeten,

die

einzelnen Gebeine zu besichtigen und zu prüfen ; er willfahrte



3

105

dem Auftrage und erklärte dann, dass alle oben genannten Ge beine noch im Schreine vorhanden seien ausser einem Halswir bel, einem Sprungbein und einem Fersenbein, welche wahr scheinlich im Jahre 1860 herausgenommen wurden, wie in dem Protokolle notiert ist, und auf Bitten des Hochwürdigsten Herrn Bischofs von Münster der Pfarrkirche zu Billerbeck, der Domkirche zu Münster und der St. Ludgeripfarrkirche zu Mün ster geschenkt worden sind. Da der Hochwürdigste Herr Raphael Molitor, Abt des Be nediktinerklosters St. Joseph bei Coesfeld, der selbst der Hand lung beiwohnte, inständig bat, seiner Kirche eine Reliquie "des hl. Ludgerus zu schenken, nahm Se. Eminenz der Hochwürdigste Herr Erzbischof ein Bruchstück einer Rippe aus dem Schreine und übergab es ihm ; desgleichen entnahm er ein anderes Bruch stück einer Rippe für die St. Ludgerikirche in Duisburg in der Diözese Münster. Darauf wurde das Haupt des hl. Bekenners in weisse Seide eingehüllt und auf ein weissseidenes Kissen gelegt, die übrigen hl . Gebeine aber mit einem Tuche aus weisser Seide zugedeckt. Dann wurde, damit die hl. Reliquien von allen gesehen werden könnten, die Holzkiste mit einer Glasscheibe geschlossen, mit einem weissseidenen Bande zugebunden und mit den Siegeln des Herrn Erzbischofs, der Pfarre und der Stadt Werden versiegelt .

Alles dieses ist geschehen zu Werden, am 7. Mai 1910. von der vierten Nachmittagsstunde an, in Gegenwart der oben Ge nannten, deren Unterschriften zur Bezeugung der Wahrheit hier folgen : gez. Antonius Card. Fischer, Erzbischof von Cöln. Gisbertz, Pfr. Dechant. Thelen, Religionslehrer. Fahlenbock, Hauskaplan. Franzen, Kpl. Schiller, Kpl. Kaulard , Kpl. Der Klerus der Werdener Kirche. Breuer, Bürgermeister der Stadt Werden. Schaphaus, Bürgermeister von Werden-Land. Die Bürgermeister von Werden- Stadt und Werden-Land. August Haverkamp . Gisbertz, Pfr. H. Feuser. Dr. med. G. Kranz. J. W. Funcke. Fr. Rose. Cle mens Ferber. P. Hött.

L. Maas. A. Kückelmann,

Mitglieder des Werdener Kirchenvorstandes.

106

Ueber all das oben Augeführte habe ich,

der unterzeich

nete besonders bevollmächtigte Notar, diesen öffentlichen Akt aufgenommen und unterzeichne zur Beglaubigung gez. Dr. Jos. Vogt, besonders bevollmächtigter Notar.

X. Protokoll vom 13. Mai 1910 .

Verhandelt zu Werden, am 13. Mai 1910, neun ein halb Uhr abends. Heute hat im Auftrage Sr. Eminenz des Hochwürdigsten Herrn Kardinals und Erzbischofs Antonius Fischer der unter zeichnete Dechant

Gisbertz in Anwesenheit der nachstehend

mitunterzeichneten Zeugen die Siegel gelöst,

die

Glasscheibe

entfernt und den am Samstag, den 7. Mai a . cr. provisorisch an gebrachten , die Gebeine des hl . Ludgerus verhüllenden Seiden schleier beseitigt und anstatt dessen einen durchsichtigen Gaze schleier angebracht, darauf den Schrein mit dem Glasdeckel interimistisch geschlossen und mit dem Kirchensiegel versiegelt.

gez. Gisbertz , Pfr., Dechant . H. Feuser, stellvertr. Vorsitzender des Kirchenvorstandes. Dr. med. Kranz, Mitglied des Kirchenvorstandes. August Haverkamp, desgl. J. W. Funcke, desgl . Dr. Jacobs, Pfarrer der Strafanstalt . Breuer, Bürgermeister der Stadt Werden (Ruhr) . I. Fahlenbock, Hauskaplan des Dechanten Gisbertz .

Zu

der Frage

über

den

freiherrlichen Charakter

von Werden und über das Bestehen eines

Kollegiatkapitels daselbst. Eine Replik von Aloys Schulte. In meiner Abhandlung

,,War Werden ein freiherrliches

Kloster ?" habe ich behauptet, dass es neben dem aus adligen Mönchen bestehenden Konvente ein Kapitel,

Kapitulare,

Ka

noniker, unadelige Priester gab, die keine Ordensgelübde abzu legen hatten.

Bendel in seinem Aufsatze : „ Bestand in Werden

ein Kollegiatkapitel ?" leugnet die Existenz solcher Kanoniker nicht, doch erhebt auch er, wie es brieflich von anderer Seite schon geschehen war, gegen die Existenz eines organisierten Kollegiatkapitels Einspruch .. Ich zog damals eine Urkunde von 1452 heran , die, wie sich jetzt herausstellt , nicht nur ich missverstanden habe, sondern auch Bendel in der gegen mich gerichteten Polemik. Die Ur kunde beginnt : ,,Wy Conravd van Gelychen, van : gotz gnaden abt, Johann van Lymburch provest, Evert van Lymborch coster, | Wilhelm van Rifferschiet kellener, Ernst van Otyngen por tener ] ind vort wy gemeine capittelspersonen des gestichtes ind moinsters to Werden, Herman ten Horne, Herman Hoveken, Bernt Buth, Johan Volmer, Thomas van Geseke, Evert Hoveke, ind vort wy gemyn scheppen ; raet ind gantz gemeynheit der statt Werden." Daraus habe ich geschlossen : 1-5 sind Mönche , 6--11 Ka pitelspersonen. Bendel aber 1-5 sind die Dignitäre, 6-11 die Mönche. Beides ist falsch, und richtig ist folgendes : Die fünf zuerst genannten sind allerdings Dignitäre, sie sind aber die : ,,gemeine cappitelspersonen des gestichtes ind moinsters to Wer

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den." Die Namen 6-11 sind aber die

gemeyn scheppen" der

Stadt Werden ; jene sind Mönche, diese Laien. Ich wandte mich nämlich nach Düsseldorf an das Staats archiv un Auskunft über eine zweite Stelle der Urkunde , erfuhr dass dort eine gleiche Anordnung sich finde, erhielt dann aber auch mitgeteilt, dass die Namen 6-11 auch in andern Urkun den vorkommen, und zwar als Schöffen von Werden. 1453 9. Dezember : Bernt Buth , Johan Volmer, Tho mas van Gesecke. 1458 19. Februar : Thomas von Gesecke.

1459 20. Juni : Evirt Hoeffken. 1459 6. Dezember : Bernt Buth.

Diese Urkunde beginnt :

,,Wy Aleff Strave richter ter tyt, Bernt Buth, Evert Hoeffken , Thomas van Geseke schepen und vort wy gemeyne schepene des gerichtes to Werden . . ." Die Sache

ist dadurch vollständig aufgeklärt, die Namen

6--11 beziehen sich gar nicht mehr auf das Stift und Münster zu Werden. Damit fallen nun auch sowohl meine wie Bendels Schlüsse fort , das von mir angenommene ,,Kapitel", wie die gegen den freiherrlichen Charakter von Werden seitens Bendel geltend ge machten Bedenken . Indem er zweifellos" die sämtlichen elf Personen als Mönche ansprechen zu dürfen glaubte, schloss er 1 ) der Konvent war damals nicht mehr ausschliesslich freiherr lich , sondern nur die ersten Klosterämter waren es noch, im übrigen habe die Werdener Bürgerschaft für ihre Söhne

den

Eintritt in das Kloster durchgesetzt, 2) Kötzschke's Behaup tung, der ganze Konvent sei um die Mitte des 15. Jahrhunderts auf fünf Mitglieder zusammengeschrumpft, sei irrig.

Diese , be

reits von Berlière in der Revue bénédictine, 26 , 303 * übernom menen Behauptungen sind also hinfällig. Es bleibt bei meinem Nachweis, dass bis zur Bursfelder Reform Werden freiherrlich war, aber schliesslich nur noch ein paar Mönche hatte, die nicht einmal für die Dignitäten ausreichten. Es lag in Werden ganz so wie auf der Reichenau, in St. Gallen und Einsiedeln am Ende ihrer freiherrlichen Periode, worüber jetzt mein Buch Der Adel und die deutsche Kirche im Mittelalter (Kirchenrechtliche Abhandlungen, herausgegeben von Stutz, Heft 63 u. 64, Stutt

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gart, Enke ) S. 4 u. 242f zu vergleichen ist. Eine Frage, ob Wer den freiherrlich war oder nicht, existiert meines Erachtens nicht mehr.

Es erübrigt mir nun noch, Herrn Archivdirektor Geheim rat Dr. Ilgen zu danken.

-080

Erwiderung. Meinen Ausführungen im vorigen Hefte dieser Zeitschrift (S. 48 ) hatte ich den Titel gegeben : „ Bestand in Werden ein Kollegiatstift ?" Ich habe dort nachgewiesen , dass Herr Prof. Schulte, der diese Frage bejahte, sich im Irrtum befinde , dass alle von ihm zugunsten seiner Ansicht

vorgebrachten

Argu

mente nicht stichhaltig sind und dass daher diese Frage entschie den zu verneinen sei. Insbesondere hatte ich betont, dass die in der Urkunde von 1452 unter 6--11 genannten Personen kei nesfalls Kanoniker, Mitglieder eines Kollegiatstiftes, sind. Was die Träger dieser Namen sonst sind, das ist für unsere Frage voli kommen gleichgültig, und die ganze Angelegenheit wäre damit eigentlich erledigt gewesen. Aber Herr Prof. Sch. hat in vor stehender Replik diese Hauptfrage ein bisschen zu viel in den Hintergrund gerückt, und sich mehr mit nebensächlichen Din gen beschäftigt, die ihn dabei zu einem neuen Irrtum verleitet haben.

Gewiss stelle ich nicht in Abrede (von ,,leugnen" kann

man hier doch wohl nicht sprechen ! ) , dass um die Mitte des 11 . Jahrh. vorübergehend unter den Zeugen von Werdener Urkunden auch ,, canonici" vorkommen ; später aber nie mehr. Damit ist doch zugunsten eines Kollegiatstiftes in Werden gar nichts bewiesen. Herr Prof. Sch . beschäftigt sich dann mit den zwei Folge rungen , die ich meinen Ausführungen am Schlusse hinzugefügt hatte . Ich hatte nämlich gesagt : ,, Sind die sechs namentlich ge nannten Kapitelsherren als Konventualen, also als Mönche anzu sehen, und das sind sie zweifellos, dann war Werden mindestens um die Mitte des 15. Jahrh. kein freiherrliches Kloster." Ich hätte

•110

richtig sagen sollen : Sind die sechs ... Personen . ·

als

Mönche anzusehen, und das sind sie nach Schulte zweifel los, dann . . . Ob die Voraussetzung wirklich zutreffe , dies zu untersuchen, hatte ich damals nicht nur keine Gelegenheit ich befand mich zur Erholung im Hochgebirge , sondern , wie ich glaubte, auch gar keine Veranlassung.

Ich hatte nämlich

angenommen, dass Herr Prof. Sch. mit derselben Sorgfalt, de er auf Erforschung der Herkunft der Werdener Mönche ver wendete, auch den Standesverhältnissen der unter 6-11 genann ten Personen nachgegangen und dabei zu dem sicheren Ergeb nisse gekommen sei, dass diese Personen Angehörige des Kio sters sind. Die Sicherheit, mit welcher Herr Prof. Sch. seine Be hauptung vortrug, liess zunächst nicht einmal das Bedenken in mir aufkommen, dass schon die symmetrische Konstruktion dies s ersten Satzes in der Urkunde von 1452 die Annahme des Herrn Prof. vollkommen ausschliesst . Denn der Satz lautet : Wy Kon Her rad ... ind vort wy gemeine capitelspersonen "" man ten Horne, ind vort wy gemeyn scheppen. Man braucht also den Satz nur richtig zu lesen, um sofort zu erken nen, dass die Namen 6-11 selbstverständlich Schöffen bezeich nen. Wer da noch im Zweifel war, wird durch vorstehende von Herrn Prof. Sch. mitgeteilte Feststellung des kgl . Staatsarchivs in Düsseldorf wohl zur Genüge überzeugt sein.

Mit der Vor

aussetzung fällt natürlich auch die von mir gezogene Folge rung, die ja nur die Schwierigkeit zu lösen versuchte, dass es be reits vor Anschluss an die Bursfelder Union in Werden nicht adelige Mönche gegeben haben soll, und ich stehe gar nicht an, mich der Anschauung des Herrn Prof. Schulte anzuschliessen, dass Werden bis 1474 freiherrlich war, wenngleich sein diesbe züglicher Nachweis nur ein Wahrscheinlichkeitsbeweis genannt werden darf, da wir, soweit mir bekannt ist, keine vollständigen Verzeichnisse über den jeweiligen Personalstand der Abtei be sitzen . Meine zweite Folgerung lautete : es sei nicht zutreffend, wenn behauptet werde, der Personenstand der Abtei sei im 15. Jahrh. auf fünf Personen zurückgegangen. Diese Folgerung muss ich insoweit einschränken, als die unter 6-11 genannten Personen nicht zum Konvente gezählt werden dürfen. Aber wenn Herr Prof. Sch. nun aus der Urkunde von 1452 folgern

111

will, dass die unter 1-5

genannten Personen wirklich

den

ganzen Konvent ausmachten, indem er behauptet, diese fünf Personen seien eben ,,die gemeinen Kapitelspersonen" , so erlaubt er sich damit eine ganz unzulässige Interpretation. es z. B. in unzähligen Urkunden heisst : nos •

Denn wenn abbas, •

prior totusque conventus . . ., so wird doch niemand im Ernste behaupten, Abt und Prior bilden zusammen den ganzen Kon vent ! Das ist auch juristisch unmöglich ; denn seit der Abtren nung der abteilichen Mensa bildet der Konvent neben dem Abte eine juristische Person mit eigener Verwaltung, die in allen Fragen, die das ganze Kloster betreffen,

seine

Zustimmung

geben, in den diesbezüglichen Urkunden neben dem Abte aus drücklich genannt werden und diese Urkunden mit eigenem, dem Konventsiegel, siegeln darf und muss, die sogar das Recht hat, in eigenen Angelegenheiten auch selbständig (ohne den Abt) zu urkunden. Der Abt ist erster im Kapitel, gehört aber nicht zum Konvent. Wenn es nun in der Urkunde von 1452 heisst : wy • abt, .

provest, . . custer ind vort wy gemeine capitelsper

sonen, so kann das doch wohl nichts anderes heissen als :

wir

Abt, Propst, Kustos, und ferner wir „ gemeine " Kapitulare , oder und ferner wir anderen Kapitulare. Was sollten dent sonst die Worte ind vort (= und ferner, und ausserdem) be deuten ?

Sollte der Satz den Sinn haben, den ihm Herr Prof.

Schulte unterlegt , dann müsste und würde er ohne Zweifel lau ten wir (Konrad ) Abt und der ganze Konvent, nämlich Propst , Kustos , [ Kellner, Portner ] .

Aus dem gegebenen Wortlaute der

Urkunde muss man aber unbedingt folgern, dass es neben den (unter 2-5) genannten Kapitularen des Klosters noch andere gegeben habe.

Ist es doch kaum denkbar,

dass der Konvent,

der noch über genügend Mitglieder verfügte, um das Amt eines Portners zu besetzen, für das erste und wichtigste Amt, das des Priors, niemand gehabt haben sollte.

Man entgegne nicht, dass

ja das gemeinsame Leben längst aufgegeben und aus den Dig nitäten lediglich Pfründen geworden waren, denn das gilt für den Prior so gut wie für die anderen Dignitäre. Aber auch da von abgesehen, nötigt schon der Wortlaut der Urkunde zu obi ger Interpretation . Ob nun diese „ gemeine kapitelspersonen “ hier den Dignitären gegenübergestellt werden sollen, oder ob damit die Gesamtheit der Kapitulare neben dem Abte (wie to

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tusque conventus) gemeint ist , das wage ich nicht zu entschei den. ) Wenn es noch eines weiteren Argumentes bedarf, dass die Interpretation des Herrn Prof. Sch. unzulässig ist, dann möchte ich noch auf die zweite ehemals umstrittene Stelle derselben Urkunde hinweisen : Herman ten Horne, gemyn scheppen

"

Herr Prof.

Sch.

..ind vort wy müsste

konsequent

interpretieren, die unter 6-11 genannten Personen seien gemeinen Schöffen".

die

Das ist nun aber ganz bestimmt nicht der

Fall. Die aus fast genau derselben Zeit ( 2. Hälfte des 15. Jahr hunderts) uns überlieferte Werdener

Gerichtsordnung2)

setzt

nämlich die Zahl der Schöffen ausdrücklich auf zwölf fest, von denen bei schweren Fällen mindestens sieben zugegen sein muss ten. ) Erst viel später wurde die Zahl der Schöffen auf acht redu ziert ; ) inúmer also beträgt ihre Gesamtheit mehr als sechs und die sechs in der Urkunde von 1452 genannten können nicht ,, die gemeinen Schöffen" (d. i. das gesamte Schöffenkollegium) sein. Auch hier will ich die Frage unerörtert lassen, ob die sechs ge nannten Schöffen etwa als potiores gegenüber den ,,gemeinen " Schöffen aufzufassen sind, oder ob unter letzteren das Schöffen kollegium überhaupt zu verstehen ist . Mit Unrecht bezeichnet Herr Prof. Sch. meine Ausführun gen als eine gegen ihn gerichtete Polemik' . Obgleich er bereits seinem ersten Aufsatze eine persönliche Note gegeben hatte, be stand und besteht für mich kein Anlass, das Gebiet sachlicher Kritik mit Polemik zu vertauschen. Dr. Franz J. Bende l. 1) Da die Urkunde nur in Abschrift überliefert ist, so wäre nach meiner Ansicht beides (d . h. entweder das eine , oder das andere) möglich. Jn der Abschrift sind bekanntlich die Namen des Kellners und Portners am Rande nachgetragen, also vielleicht im Original gar nicht enthalten. Dann wären natürlich Kellner und Portner unter den gemeinen Kapitelspersonen inbegriffen und » gemein> gemeinen Schöffen Jtem dar synt 12 geswarene schepen mit enen richter, die mynen ge nedigsten heren und den gerichte vereidt syn,